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Ankündigung.

Die neue dritte Auflage von Band II des Handbuches der klassischen Altertumswissenschaft, die Griechische und La- teinische Sprachwissenschaft enthaltend, gliedert sich in drei selb- ständige Abteilungen, nämlich :

Bd. n, Abt. 1 : Griechische GramniRtik (Lautlehre, Stammbildungs- und Plexionslehre, Syntax) von Dr. Karl Brugmann, ord. Professor der idg. Sprachwissenschaft in Leiprig. Nebst einem Anhang über griech. Lexiko- graphie von Prof. Dr. Leopold Cohn (Breslau). 41 Bog. Lex.-S^.

Geh. 12 cJi Geb. 14 cM [Soeben erschienen!]

Bd. n, Abt. 2: Lateinische Grammatik: Laut- und Flexionslehre von Dr.

Friedrich Stolz, ord. Professor d. Sprachwissenschaft in Innsbruck; Syntax und Stilistik von Dr. J. H. Schmalz, Direktor des Gymnasiums in Rastatt.

Mit Anhang über latein. Lexikographie von Prof. Dr. Ferd. Heer- degen in Erlangen. 37 Bog. Lex.-S^. Geh. 11 Ji Geb. 13 .A

[Soeben erschienen!]

Bd. n, Abt. 3: Rhetorik von Dr. Richard Volkmann, weil. Gymn.-Direktor in

Jauer. Neubearbeitet von Kaspar Hammer, Gymnasialrektor in Speyer, und Metrik von Prof. Dr. Hugo GleditSCh, Oberlehrer am Wilhelms- Gymnasiom in Berlin. [Erscheint im J. 1900!]

In neuen Auflagen sind in letzter Zeit femer erschienen:

Bd. y, 3. Abt: Die griechischen Knltnsaltertflmer. Von Dr. Panl Stengel. Zweite

Auflage, 1898. 15 Bog. Geh. 5 JL Geb. 6 J^ bO ^ Bd. Vn : Oeseblchte der griechischen Litteratur. Von Wilhelm Christ. Dritte Auflage.

1898. 60 Bog. Geh. 16 Ji bO ^ Geb. 18 50 ^. Bd. VUI: Geschichte der Bömischen Litteratur von Martin Schanz. Zweite Auflage.

1. Abt. u. 2. Abt., 1. Hälfte. 1899. 27 u. 24 Bog. Geh. 7 JK 50 ^ u. 7 t>^

Geb. 9 «^ u. 8 .^ 50 ^ [Bd. Vm, 2. Abt., 2. Hftlfte erschemt in 2. Aufl,

im J. 1900.] Bd. IX, 1: Geschichte der byiantioischen Litteratur. Von Karl Knimbacher. Zweite

Auflage. 1897. 76 Bog. Geh. 24 ^ Geb. 26 «.Ä 50 ^

Im übrigen gestatten wir uns auf den hier angehefteten Prospekt zu verweisen.

München, im Oktober 1899.

C. H. Beck'sche Yerlagsbachhandlong

Oskar Beck.

C. H. Beck'sche Verlagsbüchhandlnng Oskar Beck in München.

Soeben ist erschienen:

Die Forschungen

zur

Griechischen Geschichte

1888-1898.

Verzeichnet und besprochen von

Adolf Bauer,

o. ProfeMor a. d. ünivenitit Graz.

IV, 574 S. 8\ Geh. 15 Ji

Inhalt: Einleitung. I, Inschriften^ Papyri, Topographisches, Münzen. II. Die Geschichtsschreiber der Griechen und Quellenkritisches. III. Geschichte des Orients und Griechenlands, Allgemeines. IV. Mnzelarbeiten über Griechische Geschichte: 1, Die Zeit vor den Perserkriegen. 2. Zeitalter der Perserkriege. 3. Vom Ende der Perserkriege bis zum Ende des peloponnesischen Krieges. 4. Vom Ende des peloponnesischen Krieges bis Alexander d. Gr. 5. Zeitalter Alexander d. Gr. 6. Die Nachfolger Alexanders d. Chr., Aetolischer und Achaeischer Bund. V. Chronologie, VI. Verzeichniss der besprochenen Werke und Schriften.

Dieses Werk eine Zusammenfassung dessen, was in dem Dezennium 1888 1898 über griechische Geschichte erschienen ist bildet, und zwar auch in Druckeinrichtung und Ausstattung, die Fortsetzung zu der von Professor A. Bauer in Bursians Jahresbericht für klassische Altertumswissenschaft früher bearbeiteten üebersicht über die Jahre 1881 1888 und wird deshalb, da weder der Jahresbericht, noch andere philologische Zeitschriften eine solche zusammenfassende üebersicht gebracht haben noch auch bringen werden, in erster Linie den Abonnenten von Bursians Jahresbericht willkommen sein. Der behandelte Zeitraum 1888 1898 ist so ungewöhnlich reich an Funden von Handschriften, Urkunden und InschrifteUi in ihn fällt eine so grosse Zahl wichtiger Beisen, Ausgrabungen und geographischer Forschungen, dass eine kritische Zusammenfassung und Verarbeitung wie sie hier geboten ist, den klassischen Philologen und Historikern unentbehrlich sein wird.

,Ein solches grösstenteils bibliographisches Werk kann erschöpfend beurteilen nur wer die gleiche Arbeit gemacht hat wie der Verfasser und ähnlich umfassende Litteratur- kenntnisse besitzt. . . Ich kann nur sagen, dass ich das Werk für sehr übersichtlich und zweckmässig gearbeitet und für hervorragend nützlich halte. Der Verfasser trifft in der Beurteilung durchaus den richtigen Ton ; er berichtet objektiv, ohne doch mit dem eigenen Urteil zurückzuhalten; die Anordnung ist übersichtlich, das Werk wird jedem, der in griechischer Geschichte arbeiten will, ein nützlicher Wegweiser sein und kann aufs beste empfohlen werden. Soweit ich femer nachgeprüft habe, hat der Verfasser auch Voll- ständigkeit in sehr erwünschter Weise erreicht.*

Prof. Dr. B. Niese (Neue Jahrbücher f. d. klass. Altertum 1899 Heft 6/7).

HANDBUCH

DER

KLASSISCHEN

ALTEßTÜMS-WISSENSOHATT

in systematischer Darstellung

mit besonderer Rücksicht auf Geschichte und Methodik der einzelnen

Disziplinen.

In Verbindung mit Gyran.-ßektor Dr. Autenrieth (Nürnberg), Prof. Dr. Ad. Bauer (Graz), Prof. Dr. Blass (Halle), Prof. Dr. Brugmann (Leipzig), Prof. Dr. Busolt (Kiel), Prof. Dr. v. Christ (München), Prof. Dr. Leop. Cohn (Breslau), Prof. Dr. Gleditsch (Berlin), Prof. Dr. 0. Gruppe (Berlin), Prof. Dr. Günther (München), Prof. Dr. Heerdegen (Erlangen), Prof. Dr. Hommel (München), Prof. Dr. Hübner (Berlin), Priv.-Doz. Dr. Judeich (Marburg), Prof. Dr. Jul. Jung (Prag), Prof. Dr. Krumbacher (München), Prof. Dr. Larfeld (Rem- scheid), Dr. Lolling t (Athen), Prof. Dr. Niese (Marburg), Prof. Dr. Nissen (Bonn), Prof. Dr. Oberhummer (München), Priv.-Doz. Dr. Öhmichen (München), Prof. Dr. Pöhlmann (Erlangen), Gymn.-Dir. Dr. 0. Richter (Berlin), Prof. Dr. M. Schanz (Würzburg), Prof. Dr. SchiUer (Giessen), Gymn.-Dir. Schmalz (Rastatt), Prof. Dr. Sittl f (Würzburg), Prof. Dr. P. Stengel (Berlin), Prof. Dr. Stolz (Innsbruck), Priv.-Doz. Dr. Traube (München), Prof. Dr. ünger (Würzburg), Prof. Dr. v. ürlichs f (Würzburg), Prof. Dr. Moritz Voigt (Leipzig), Gymn.-Dir. Dr. Volkmann f (Jauer), Prof, Dr. Windelband (Strassburg), Prof. Dr. Wissowa (Halle)

herausgegeben von

Dr. Iwan von Müller,

ord. Prof. der klassischen Philologie in München.

■•■ *

Zweiter Band, 2. Abteilung.

Lateinische Orammatik.

Dritte Auflage.

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MÜNCHEN 1900 C. H. BECK'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG

OSKAR BECK

LATEINISCHE GRAMMATIK

LAUT- UND FORMENLEHRE. SYNTAX UND STILISTIK

VON

DR. FRIEDRICH STOLZ J. H. SCHMALZ

OBD.PBOFESSOB DEBVEBOLEIGHEKDEN SPRACH- DIBEKTOR DES GTHNABIUMB Zu RASTATT

WISSENSCHAFT IN INNSBRUCK

Mit einem Anhang über Lateinische Lexikographie

▼on

Dr. Ferdinand Heerdegen

Professor an der Universität Erlangen

DRITTE AUFLAGE

MÜNCHEN 1900 C. H. BECK'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG

OSKAR BECK

FOGQ ART MUSEUM HARVARD UNIVERSITY

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Alle Rechte yorbebalten.

O. H. Beck'sche Buchdruckerd in Mördlingeu.

Vorwort zur lateinischen Laut- und Formenlehre.

Einteilung und Anordnung des Stoffes sind in dieser dritten Auflage der lateinischen Lauir und Formenlehre heihehalten worden, da sie sich nach der Meinung des Verfassers als passend und zweckentsprechend erwiesen hahen dürfteU) wohei ich stets im Auge zu behalten bitte, dass das Buch im allgemeinen zunächst doch fOr Philologen bestimmt ist, denen die ausschliesslich sprachwissenschaftliche Anordnung des Lehrstoffes weniger durch- sichtig vorkommen dürfte als den zünftigen Sprachforschem. Es lassen sich hiebei aller- dings manche Unebenheiten nicht yermeiden, die aber doch nicht allzu schwer ins Gevricht fallen dürften. Und einen richtigen Einblick in die historische Entwicklung der lateinischen Sprache, was doch der eigentliche Haupt- und Endzweck dieser Arbeit ist, erlangt der Be- nutzer meiner Bearbeitung der lateinischen Laut- und Formenlehre auf alle Fälle. Auch das Yerhäliaiis des Lateinischen zu der rekonstruieiten indogermanischen Grundsprache er- hellt aus der vorliegenden Darstellung zur Genüge.

Wer die neue Bearbeitung einer genauen Prüfung unterzieht, wird das Streben des Verfassers nicht verkennen, neben der für eine solche Arbeit unerlässlichen Kürze und Bündigkeit möglichst vollständige Heranziehung insbesondere auch der litterarischen Behelfe zu erreichen, die den Benutzern des Buches die Möglichkeit an die Hand geben, jederzeit selbständig die grammatischen Streitfragen zu prüfen und zu beurteilen. Dass öfter, als dem Verfasser Heb war, eine ganz bestimmte Entscheidung nicht getroffen werden konnte und daher die Wahl zwischen mehreren Möglichkeiten der Erklärung offen gelassen werden musste, ist nicht Schuld des Verfassers, sondern liegt in der Natur des Stoffes. Jedesfalls aber wird sich nicht in Abrede stellen lassen können, dass diese Neubearbeitung auch eine gründliche Umarbeitung der früheren Auflage ist und dem heutigen Stande unseres Wissens entsprechen dürfte, das gerade auf dem Gebiete der italischen Sprachenkunde durch die zahlreichen Arbeiten der letzten zehn Jahre so viel sind seit dem Erscheinen der zweiten Auflage verflossen eine ausserordentliche Bereicherung, Vervollkommnung und Ver- tiefung erfahren hat. Wenn der Arbeit trotz aller aufgewandten Sorgfalt sicherlich noch manche Mängel anhaften und nicht alle Versehen und Iirtümei vermieden sind, so darf der Verfasser doch auch auf eine billige Nachsicht Anspruch erheben. Insbesondere bittet er, vor Benützung des Buches einige Druckversehen, die trotz fast durchaus viermaliger Korrektor noch stehen geblieben sind, nach dem beigegebenen Verzeichnis der , Nachträge und Berichtigungen'' zu verbessern. Nicht berücksichtigt sind in dem Verzeichnis die leider an Zahl nicht ganz unbedeutenden Fälle, in denen Spiritus und Accente in griechischen Wörtern und Längenzeichen in lateinischen beim Drucke abgesprungen sind.

'Es schien zweckentsprechend, in dieser neuen Auflage die Paragraphenzählung der früheren beizubehalten. Neu eingeschoben sind die §§ 10 a, 104 a, 104 b, 113 a. Die i^§ 66 und 67 der zweiten Auflage sind in einen zusammengezogen worden, dafür § 67 der jetzigen Bearbeitung neu hinzugekommen.

Wenn auch in dieser neuen Bearbeitung griechische und lateinische Grammatik ge- sondert erscheinen, so setze ich doch voraus, dass die Benutzer meiner lateinischen Laut- ond Formenlehre Brugmann's griechische Grammatik, auf die ich mich wiederholt berufen habe, gleichfalls zur Hand haben, um erforderlichen Falles in derselben sofort die zitierten Stellen nachschlagen zu können.

Endlich sei noch darauf hingewiesen, dass der erste Bogen der lateinischen Laut- lehre schon im August des Jahres 1898 im Reindruck vorgelegen hat, während die Fort- setzung des Druckes erst im März des Jahres 1899 erfolgte und mit Rücksicht auf den gleichzeitigen Druck der griechischen Grammatik von Brugmann verhältnismässig langsam vonstatten ging. (Infolge eines höchst unliebsamen Versehens ist die Benützung von F. Leo, Plautinische Forschungen S. 224 307 [„Auslautendes s und m"] unterblieben. K.N.)

Innsbruck, anfangs September 1899.

Fr. Stolz.

Vorwort zur lateinischen Syntax und Stilistik.

Die lateinische Syntax hat in der dritten Auflage eine vollständige Umarbeitung er- fahren; über die Veranlassung dazu habe ich mich S. 201 der Einleitung ausgesprodien. Einzelne Partien sind aus früheren zerstreuten Regeln oder Bemerkungen neu hergestellt, so die Lehre yom Gebrauch des Gerundivurns und Gerundiums, sowie von den Supina; andere haben eine bedeutende Erweiterung erhalten, so der Abschnitt über die Partizipien. Manches wurde zweckentsprechender untergebracht als &üher, so z. B. die Lehre vom In- finitivus historicus, vom Innnitiv in Verbindung mit Adjektiven u. ft. Unter diesen Umständen konnte auch die frühere Paragraphenzählung nicht beibehalten werden, um so weniger als die Zahl der Paragraphen von 309 auf 351 stieg. Die Orientierung wird aber doch leichter sein als früher, da besondere Register das rasche Finden einer gesuchten Regel ermög- lichen, während früher die Register Griechisch und Lateinisch in vollem Umfang umfassten.

Die Stilistik enthält in der Neubearbeitung die gleiche Anzahl der Paragraphen wie in der zweiten Auflage; Einteilung und Anordnung des Stoffes sind ganz die gleichen ge- blieben. Zu einer Abänderung hatte ich keinen Anlass, namentlich da auch die geplante grosse lateinische Grammatik die von mir gegebene Übersicht festhielt und für die um- fassende Bearbeitung meinen Plan zu Grunde gelegt wissen wiU. Doch ist auch in der Stilistik überall nachgebessert worden, namentlich hat der Abschnitt Über die Negationen eine Umarbeitung und Erweiterung erfahren.

Wie in der Syntax, so hat auch in der Stilistik der Zweck des Buches mir manch- mal die Hände gebunden; oftmals hätte ich mich über einen Punkt gern eingehender ver- breitet oder mehr Einzelheiten beigebracht: aber dann wäre der Umfang des Buches über das Erlaubte hinausgegangen. Die Benutzer und Beurteiler des Buches mögen daher nicht übersehen, dass der Zweck des Handbuches eine erschöpfende Behandlung des Gegen- standes nicht verlangt und der Raum eine solche nicht zulässt.

Die Neubearbeitung war im April 1898 abgeschlossen. Da aber der Druck sich ver- zögerte, musste auf Grund der nach April 1898 erschienenen Litteratur vielfach nachgebessert werden; daher mag manches Übersehen worden sein, hoffentlich nichts Wichtiges.

Die Neubearbeitung ist den beiden hervorragenden Münchener Latinisten, Herrn Pro- fessor Dr. Eduard von Wölfplin und Herrn Professor Dr. Iwan von Müller, gewidmet: beide Gelehrten haben durch ihre Schriften, Wölfflin besonders durch sein Archiv und Müller durch seine Neubearbeitung der Nägelsbach'schen Stilistik, mir so viele Anregung geboten, dass ich mit dieser doais oXlyi] nur zum kleinen Teil eine grosse Schuld abtrage.

Zum Schlüsse bemerke ich noch, dass ich auf Wunsch der Verlagsbuchhandlung, so- weit dies bei der Korrektur möglich war, Verweisungen auf Brdghann's Griechische Gram- matik, in. Auflage, eingefügt habe. Bei der Korrektur hat mich mein Kollege, Herr Pro- fessor Db. Büro, in sachkundigster Weise unterstützt, wofür ihm auch hier bestens ge- dankt sei.

Für die umfassende Bearbeitung der lateinischen Stilistik, mit welcher ich beschäftigt bin, erbitte ich mir gefällige Mitteilungen, gedruckte oder handschriftliche; alles wird mit Dank aufgenommen. Für Berichtigungen und andere Beiträge, die mir zu der hiemit ab- geschlossenen Neubearbeitung von Syntax und Stilistik im Handbuch zugingen, danke ich nochmals verbindlichst.

Rastatt im Oktober 1899.

J. H. Schmalz.

Inhaltsverzeichnis.

Laut- und Formenlehre von Prof. Dr. Fr. Stolz.

Einleitung in die lateinische Grammatik 1 3) . . . .

1. Über Geschichte and Methode der lateinischen Grammatik 1) .

2. Übersichtliche Geschichte der lateinischen Sprache (§2)

3. Stellang des Lateinischen zn den verwandten Sprachen and zu den übrigen italischen Dialekten (§8)

Lateinische Lantlehre 4—74)

1. Schriftzeichen and Orthographie (§4)

I. Bestand and Herkanffc des lateinischen Alphabets . . . . Kurze Geschichte des lateinischen Alphabets . . . .

IT. Die Aspiration in der Schrift

in. Gemination der Vokale, Bezeichnang des t darch eij I longa, Apex lY. Gemination der Konsonanten, Sicilicas

2. Verhältnis des lateinischen Laatbestandes za dem der indogermanischen Grandsprache (§5)

3. Aosfiprache des Latein (§6)

4. Vokale 7—41)

idg. a ä § 7; idg. ^ e § 8; lat. a e neben e a anderer italischer Dia- lekte § 9; idg. d ö § 10; idg. ä d% 10a; idg. I i § 11; idg. ü ü

§ 12; idg. J> 8 12a

Diphthonge (A. Karzdiphthonge. B. Langdiphthonge) (§13) Vokale in konsonantischer Funktion ^ansilbische Vokale) 14)

Vokalablaat (Vokalabstafang) 15—21)

Mleihe § 15; a-Reihe § 16; e-Reihe § 17; ä-Reihe § 18; Ablauts- verhAltnis ö (= idg. ä) a, Schwand § 19; Belege anderer idg. Ablauts Verhältnisse § 20; Ablauts Verhältnis i:i, ü:ti, ä : a §21

Vokalwandel 22—29)

Wesen desselben (§22)

Vokalwandel in nicht zusammengesetzten Wörtern, bez. nur im ersten Gliede (in der Fuge) der Zusammensetzungen: Tonsilben § 23; Vortonige Silben § 24; Nachtonige Silben § 25; Endsilben

§ 26

Schwächung der kurzen Vokale und Diphthonge in der Zusammen

Setzung 27) .... Assimilation von Vokalen 28) Dissimilation von Vokalen 29) Geschichte der Diphthonge 30—35) Kontraktion der Vokale 36) . Svarabhaktische (anaptyktische) Vokale 37)

Seite

3—14

3

9

12

15—106

15—21

15

16

18

19

20

21 21 25-58

25 30 31 34-37

34

37—45

37

38

42 44 45 45 49 51

vin

InhaltsTerseichnia.

von

Prothetische Vokale 38) . Epenthese der Vokale 39) Quantitfttflminderang und -steigenrng der Vokale

5. Liqoidae 42, 43) .

A. Als Konsonanten 42)

B. Als Sonanten (silbische Liquidae) 43)

6. Nasales 44, 45)

A. Als Konsonanten 44)

B. Als Sonanten (silbische Nasale) 45)

7. Verschlusslaute 46—57)

Tonlose und tönende Gattoralis 46, 47) Tonlose und tönende Dentalis 48, 49) Tonlose und tönende Labialis 50, 51) Idg. Aspiratae im Lateinischen 52 57)

8. Spiranten (Reibelaute) 58—61) .

Der palatale Spirant j 58) Der dentale Spirant 8 59) Der labiale Spirant v 60) Der Hauchlaut 61)

9. Lautwandel in Konsonantengruppen und Wandel 62—69) ....

Anlaut 62, 63) . . . Inlaut 64, 65) ...

Auslaut 66) ... . Femassimilation und Femdissimilation AusfaU von Silben 68) . Auslautsgesetze 69) 10. Betonung 70—74)

Wesen des lateinischen Accents

Formen des Accents

Enklisis und Proklisis

Altere Betonung des Lateinischen

Synkope der Vokale

LateiniBohe Formenlehre 75-118) .

1. Deklination des Nomons 75—88)

AUgemeine Bemerkungen 75) Die Stänmie der Nomina 76—78) Allgemeines 76) Übersicht der Stämme 77—78) Konsonantische Stämme 77) Vokalische Stämme 78) Bildung der Kasus 79—88) . Nominativ des Singulars 79) Nominativ des Plurals 80) Akkusativ des Singulars 81) Akkusativ des Plurals 82) Genetiv des Singulars 83) Genetiv des Plurals 84) . Dativ des Singulars (§85) . Lokativ des Singulars 86) Ablativ des Singulars 87) Dativ- Ablativ des Plurals 88)

2. Deklination der Pronomina 89—90)

üngeschlechtige Pronomina 89) Geschlechtige Pronomina 90) . 8. Anhang zur Deklination 91—95) a. Numeralia

anderer kombinatorischer

Konsonanten 67)

(8 40-41)

Laut-

Seite

53

53

53

58-62

58

60

62-65

62

64

65—76

65

69

71

72

76 - 81

76

76

79

80

81-98

81

84

93

94

95

95

98—105

98 100 101 101 104

106-193

106—135

106

106-117

106

108-117

108

113

117-135

117

119

122

122

123

127

128

130

131

133

185-141

135

137

141-153

141

f

InhaltsTerseiohnis.

b. Steigerung der Adjektiva .

c. Nominalkomposition 98 95) . 4. Flexion des Verboms 96—118) .

Vorbemerkungen 96)

Personalendungen: Aktivum 97)

Das Passiynm 98) .

Bildung der Präsensstämme 99—107) .

Allgemeines (§99)

Erste Hauptkonjugation 100, 101) .

Zweite Hauptkonjugation 101—107) Das Perfektsystem 108—111)

Reduplikation 108) ....

Stammbildung 109) ....

Die Perfekta auf -st vi und ui 110)

Flexion des Perfekts 111) Die aus den 5- Aoristen hervorgegangenen Tempora und Modi Das &• Futurum und Imperfektum 113) Periphrastiscbe Bildungen 113a) Modi 114-116) .

Konjunktiv 114)

Optativ 115) ....

Imperativ (§116) Infinitive und Partizipien 117, 118)

Infinitive 117) .

Partizipien (§118)

112)

Syntax und Stilistik von J. H. Schmalz.

auf ein anderes

uus 43—99)

Lateinisohe Syntax 1—351)

Einleitung mit Litteraturverzeichnis Vorbemerkungen 1 7) I. Von den Teilen des Satzes 8-186)

A. Vom Prädikat und Subjekt 8—17)

Von der Kongruenz derselben 18—29)

B. Satzbestimmungen diurch Nomina 30—140)

a. Satzbestimmungen durch Nomina in Beziehung Nomen des Satzes 30—42) tt. Attribut und Apposition 30 39) ß. Prädikativa 40—42) .

b. Satzbestimmungen durch einen Casus obliq a. Allgemeines 43 --44) ß. Akkusativ 45- 55) y. Genetiv 56-71)

d. Dativ 72—82) .

e. Ablativ 83—98) C. Lokativ 99)

c. Satzbestimmungen durch einen Kasus mit einer

100—140)

a. Präpositionen mit dem Akkusativ 101 123)

ß. Präpositionen mit dem Ablativ 124—135)

y. Präpositionen mit dem Akkusativ und Ablativ 136—139)

<f. Abschliessende Bemerkungen 140)

C. Satzbestimmungen durch Adverbia 141, 142)

D. Satzbestimmungen durch das Verbum infinitum 143 186)

a. Vom Infinitiv 143—162)

b. Vom Gerundivum und Gerundium 163—170) a. Allgemeines 163—166)

Präposition

IX

Seite 145 149

153— 19B 153 154 157

159—171 160 160 164

171-179 171 172 174 177 180 183 184

185-189 185 185 187

189—193 189 191

197—426

197-213

214

214-322

214—218

219—223

223-280

223 -227 223-226 226-227 227-260 227-228 228 -234 234 -243 243-248 248-259 259--260

260-280

260-270

270—274

275—277

277—280

280

281—322

281—298

298—307

298—302

X

InhaltayerzeioliniB.

265-273)

^. derandivum nnd Gerundium im Genetiv 167) y. Gerundivum nnd Gerondiom im Dativ 168) (f. Gerondivom and Gerundiom im Akkusativ (g 169) «. Gerundivum und Gerundium im Ablativ 170)

c. Von den Partizipien 171-184) a. Arten der Partizipien 171—175) /}. Attributiver und prädikativer Gebrauch der Partizipien 176

—182)

Coniugatio periphrastica 183) (f. Das substantivierte Partizip 184)

d. Von den Supina 185, 186) II. Der einfache Satz 187—221) .

A. Die Arten des einfachen Satzes 187—200)

a. Behauptungssätze 188)

b. Fragesätze 189—199)

c. Aufforderungssätze 200)

B. Modi, Tempora und Genera Yerbi 201—221)

a. Modi 202—209)

b. Tempora 210—218)

c. Genera Verbi 219-221) m. Die Satzbeiordnung 222—264) IV. Die Satzunterordnung 265—351)

A. Unterordnung ohne Pronomen oder Konjunktion

B. Unterordnung mittels relativer Pronomina und Konjunktionen 274

OÖl) .....

a. Relativsätze 275—286) . U Konjunktionalsätze 287—351) «. Quod 287—292) . jJ. Quia 293) . y. Quam 294—305) cf. Dum 306) . 6. Quem 307—314)

Quoniam 315)

Donec 316) C Ut 317 330) 17. Quomodo 331) *. Ubi 332) . £. Quoad 333) X. Quatenus 334) Ä. Si 335—349) iu. Quin 350) . V, Quo (quo minus, quo setius) 351)

LateiniBche Stilistik 1 -84) ....

1. Eigentümlichkeiten im Gebrauch der Redeteile 1—41)

A. Substantiva 1 und 2) .

B. Adjektiva und Partizipia 3—14)

C. Pronomina 15—29) ....

a. Reflexivum und Reciprocum 15—17)

b. Demonstrativa und Relativa 18—21)

c. Indefinita 22—27) .

d. Pronominale Adjektiva 28—29)

D. Numeralia 30-33)

E. Verba 34-39) .

F. Partikeln 40 und 41) .

2. Wortstellung 42—46)

3. Satz- und Peiiodenbau 47—53)

4. Reinheit und Angemessenheit der Sprache 54 58)

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450—451 451_454

454—458 458—465 465—472 472—479

k

InhaltsTerzeichnia .

XI

5. Reicilixiln und Mannigfaltigkeit der Darstellung 59—72)

6. Einfachheit und Kürze des Ausdrucks 73—84)

Anhang: Lateinische Lexikographie von Professor Dr. Ferdinand Heer- degen (§ 1-31)

1. Geschichte und Litteratur der lateinischen Lexikographie 1 - 16) .

2. Theorie der lateinischen Lexikographie 17—31) . . . .

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495—525 497—509 509-525

Berichtigungen. Nachtrftge und Zusätze. Alphabetische Indices Berichtigungen und Nachträge zur Laut- und Formenlehre Zusätze und Berichtigungen zur Syntax und Stilistik Sachverzeichnis zur lateinischen Laut- und Formenlehre . Lateinisches Wörterverzeichnis zur Laut- und Formenlehre Sachverzeichnis zur lateinischen Syntax und Stilistik Lateinisches Wörterverzeichnis zur Syntax und Stilistik .

527-

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532-

535-

543

561-

566-

574 532 ■534 -542 560 -566 -574

Erklärungsbedürfüge Abkürzungen zur lateinischen

Laut- und Formenlehre.

Arch. f. lat. Lex. = Archiv für lateinische Lexikographie und Grammatik, herausgeg. von

E. WöLPPLIN.

AscoLi, Krit. Stad. = Ejitische Studien zur Sprachwissenschaft von G. J. Ascou. Autori- sierte Obersetzung von R. Mkrzdorf, Weimar 1878. Babtholomae, Stud. = Studien zur indogermanischen Sprachgeschichte 1, 2 von Chr. Bar-

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Von F. Bbchtbl. G Ottingen 1892. Bennbt, Appendix Appendix to Bennet's Latin Grammar. By Charles E. Benvbt. Boston

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zur Schule von W. Brambach, Leipzig 1868. Brugmavn (Delbrück), Grundriss oder Grundr. 1; 1'; 2; 3; 4 = Grundiiss der vergleichenden

Grammatik der indogermanischen Sprachen von E. Bbruomann und B. Delbrück,

I.Band, Strassburg 1886, zweite Bearbeitung 1897; H. Band, erste Hälft» 1889;

zweite Hälft» 1892; III. Band 1893; IV. Band 1897 (die beiden letzten Bände von

B. Dblbrück). Bücheler-Windekildb = Grundriss der lateinischen Declination von F. BOchblbr. Mit des

Verf. Erlaubnis unter Benätzung der französischen Übersetzung von M. L. Havbt

aufs neue herausgeg. von J. Windbkilde, Bonn 1879. Büchbler, Lex. lt. = Lexicon Italicum von F. Büchbleb, Bonner Universitätsschrift 1881. Bull..= Bulletino delF istituto di corrispondenza archeologica. CIL. = Corpus inscriptionum Latinarum I ff. Corp. Gloss. = Corpus Glossariomm ed. G. Götz H V. CoRSSBN 1, n (oder 1, 2) = Über Aussprache, Vocalismus und Betonung der lateinischen

Sprache von W. Corssen, 2. Aufl., Leipzig 1868—1870. CoRSSEK, Beitr. = Kritische Beiträge zur lateinischen Formenlehre von W. Corssen, Leipzig

1863. Corssen, Nachtr. = Kritische Nachträge zur lateinischen Formenlehre von W. Corssen,

Leipzig 1866. Corssen, It. Spr. = Beiträge zur italischen Sprachkunde von W. Corssen, Leipzig 1876. CuRTius, G.' = Grundzttge der griechischen Etymologie von G. Cürtius, 5. Aufl., Leipzig

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Erkl&nmgsbedttrftige Abkürznngen zar Laut- nnd Formenlehre. XIII

FiCK I II = Vergleichendes Wörterbach der indogermanischen Sprachen von A. Fick. 4. Aufl.,

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P. GiLES. Autorisierte deutsche Ausgabe von J. Hertel, Leipzig 1896. (jdtt. g. A. = Göttinger gelehrte Anzeigen. Hbhk, Kulturpflanzen = Kulturpflanzen und Hausthiere in ihrem Obergang aus Asien nach

Griechenland und Italien von V. Hbhn. 6. Aufl. Hbvbt, Pr^cis = Pr^ds de grammaire comparöe du grec et du latin par V. Henry, Paris

1888. Hist. Gramm. = Historische Grammatik der lateinischen Sprache. Bearbeitet von H. Blase

u. s. w. I. Band : Einleitung, Lautlehre, Stammbildungslehre von Fr. Stolz. Leipzig

1894—1895. H&bneb, Grundr. == Grundriss zu Vorlesungen Aber die lateinische Grammatik von E. Hübnbb.

2. Aufl. Berlin 1881.

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Köbtinq, Lex. Lateinisch-romam'sches Wörterbuch von G. Körtino. Paderborn 1891.

Kbbtsghmsb, Einleitung = Einleitung in die Geschichte der griechischen Sprache von Paxtl Krbtschiieb. Göttingen 1896.

K. Z. = Zeitschrift fOr vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen, herausgeg. (begründet) von A. Kuhn, Berlin 1852 ff.

LiKDSAT, Lat. Lang, (oder Lindsat) = The Latin Language. An Historical Account of Latin Sounds, Stems and Flexions von W. M. Lindsay. Oxford 1894.

Löwe, Prodr. = Prodromus corporis glossariorum Latinorum ed. G. Löwr, Lipsiae 1876.

Mahlow, D. 1. V. = Die langen Vokale AEOin den europäischen Sprachen von G. H. Mahlow. Berlin 1879.

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Neüb I n III = Formenlehre der lateinischen Sprache, 1. Bd. 2. Aufl., Berlin 1897, 2. und

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Pbbsson, Wurzelerweiterung = Studien zur Lehre von der Wurzelerweiterung und Wurzel- variation von Per Pbrsson, üpsala 1891.

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Philol. ^ Philologus. Zeitschrift f. klass. Altertum. 1 ff.

VON Planta, Gramm, (oder von Planta) 1, 2 = Grammatik der oskisch-umbrischen Dialekte von Robebt von Planta. 1. Bd. Strassburg 1892; 2. Bd. 1897.

Pr. Lat. m. e. = Priscae Latinitatis monumenta epigraphica ed. F. Ritschl, Berolini 1862.

Rh. M. •= Rheinisches Museum für Philologie. Neue Folge 1 ff .

Ribbeck IE Scaenicae Romanorum poesis fragmenta coli. 0. Ribbeck, ed. II. Lipsiae 1871—1873.*)

DB Saussube, M^m. ~ Memoire sur le Systeme primitif de voyelles dans les langues indo- europ^ennes par F. de Sausscbb. Leipsick 1879.

*) Die 3. Auflage dieses Werkes konnte leider nicht mehr benützt werden.

XIY Erklänmgsbedürftige Abkürziugen zor Laut- und Formenlehre.

SoHSBBB, Z. G. d. d. Spr. = Zur Geschiclite der dentschen Sprache von W. Schebeb. 2. Aufl.

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Sprachen von A. dohlbioheb, 4. Aufl., Weimar 1876. Schmidt, Voc. = Zur Geschichte des indogermanischen Vocalismus von J. Schmidt, Weimar,

1. Bd. 1871, 2. Bd. 1875. Schmidt, Pluralbildungen = Die Pluralbildungen der indogermanischen Neutra von J. Schmidt,

Weimar 1889. Schmidt, Sonantentheorie = Kritik der Sonantentheorie von J. Schmidt, Weimar 1895. Schmidt, Verw. = Die Verwandtschaftsverh&ltnisse der indogermanischen Sprachen von

J. Schmidt, Weimar 1872. Schmitz, Beitr. = Beiträge zur lateinischen Sprach- und Literaturkunde von Da. W. Schmitz,

Leipzig 1877. ScHNBiDBB = Dialectorum Italicarum aevi vetnstioris exempla selecta ed. E. Schneider,

Vol. I., Lipsiae 1886. SoHBADBB, Sprachvei^l.' = Sprachvergleichung und Urgeschichte, 2. Aufl., Jena 1890, ScHüCHABDT, Voc. = Der Vocalismus des Vulgärlateins von H. Scbuchabdt, 8 Bde., Leipzig

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ScHWBizBB und A. Subbbb, I. Teil, Halle a. S. 1888. Seblmavk = Die Aussprache des Latein nach physiologisch -historischen Grundsätzen von

£. Sbblmann, Heilbronn 1885. Sittl, Die lok. Versch. = Die lokalen Verschiedenheiten der lateinischen Sprache von

De. K. Sittl, Erlangen 1882. Skutsch, Forsch. 1 = Forschungen zur lateinischen Grammatik und Metrik von F. Skutsch.

1. Band. Leipzig 1892.

SoLMSEN, Stud. ~ Studien zur lateinischen Lautgeschichte von F. Solmsen. Strassburg 1894. Sprachw. Abb. = Sprachwissenschaftliche Abhandlungen, hervorgegangen aus G. Curtius*

Grammatischer Gesellschaft, Leipzig 1874. Stadelmann, De quant. voc. = De quantitate vocalium Lat. voces terminantium scripsit

J. Stadelmann, Lucemae 1884. Stolz, Verbalflexion = Zur lat. Verbalflexion I. Studien von Fb. Stolz, Innsbruck 1882. Van., Et. W.' = Etymologisches Wörterbuch der lateinischen Sprache von A. Vani£bk.

2. Aufl. Leipzig 1881.

Weise = Die griechischen Wörter im Latein von Da. Fa. 0. Weise, Leipzig 1882 (Preis- schriften der fürstl. Jablonowskischen Ges. 23).

Westphal, Verbalflexion = Die Verbalflexion der lateinischen Sprache von R. Wbstphal, Jena 1873.

Woch. =-• Wochenschrift für klassische Philologie. Berlin.

WoBDSwoBTH = Fragments and Specimens of Early Latin by J. Wobdswobth, Oxford 1874.

Z. f. rom. Phil. = Zeitschrift für romanische Philologie, herausgeg. von Da. E. Gböbeb, 1 ff.

ZvETAiEFF oder ZvET., Inscr. It. med. = Inscriptiones Italiae mediae dialecticae ed. J. Zvbtaieff, Lipsiae 1884.

Laut- und Formenlehre

Von

Dr. Friedrich Stolz,

ord. Professor der vergleichenden Sprachwinenschaft in Innsbruck.

H»nd1mob der klaas. Altertumswissenschaft 11, 2. 3. Aufl. I

Einleitung in die lateinische Grammatik.

1. über Geschichte und Methode der lateinischen Grammatik.^) Während die Ausbildung der griechischen Grammatik, beziehungsweise die spezielle Beschäftigung mit der Sprache, in eine Zeit fallt, in welcher die Entwickelung der Litteratur den Höhepunkt bereits überschritten hatte, sind auf lateinischem Sprachboden Schöpfung der Litteratur und Bildung der Sprache von Anfang an eng verschwistert. So kam es, dass Staats- männer mit grammatikalischen Fragen sich befassten, wie denn der Gensor Appius Claudius bekanntermassen das Alphabet verbesserte. In beson- derem Grade aber waren die Dichter, z. B. Ennius, Accius,Lucilius,^) auch Sprachbildner und in gewissem Sinne Grammatiker, die sowohl praktisch als theoretisch auf die Ausbildung der Sprache tiefgreifenden Einfluss aus- übten. Mit den theoretischen Studien der Griechen wurden die Römer wahrscheinlich zuerst durch den Philosophen Krates von Mallos 595 u. c. (168 V. Chr.) bekannt gemacht. Eine Folge seiner Wirksamkeit ist es wohl, wenn wir von jener Zeit ab auch die römischen Gelehrten und Staats- männer (z. B. Varro, Cäsar) in den Kampf über Analogie [natura, ratio, aequalitas]') und Anomalie [usus, consuetudo, inaequalitas) eintreten sehen, aus dem bekanntlich erstere, allerdings nicht ohne dass an letztere erhebliche Zugeständnisse gemacht wurden, als Siegerin hervorging.*) Überhaupt haben auch in anderer Hinsicht die grammatischen Studien der Römer dieselbe Entwickelung erfahren, wie die ihrer griechischen Meister. Den yi^maai entsprechen wenigstens teilweise die umfangreichen lexikalisch-etymologischen Arbeiten eines Varro, Nigidius Figulus, Verrius Flaccus, zum Teil mit dem ausgesprochenen Zwecke geschrieben, altes, der grossen Masse unverständlich gewordenes Sprachgut durch die Erklärung zu erhalten. Daran schliesst sich, wie bei den Alexandrinern, die Herausgabe der älteren

») Vgl. Histor. Gramm. I 55—67; Schanz 1 de 1. 1. VIII 4.

in diesem Handbuch VIII 1, 118 f. („Die Ent- | *) Vgl. speziell, was Varro betrifft, Schanz

stehong der rGmischen Philologie"). i a. a. 0. S. 285 f.; über Cfisars bieher bezUg-

*) Die Reste dieser grammatikalischen , liehe Thätigkeit ib. 167 f. üeber die sprach-

Thätigkeit des Lucilius in der Ausgabe von bildende und sichtende Thätigkeit der klas-

L. HüLLBB S. 43 ff. sischen Lateiner vgl. die Bemerkungen von

») Vgl. Gellius n, XXV 2 Hertz; Varro \ Thubnbysbn in K. Z. XXX 497 f.

1*

Lateinische Grammatik, a. Einleitong.

Schriftwerke, womit der Grammatiker Valerius Probus aus Berytos den Anfang machte; seine Blütezeit fällt nach Hieronymus in die Regierung des Kaisers Nero. Zahlreiche Kommentatoren, Asper, Flavius Caper, Velins Longus, Terentius Scaurus, haben sodann umfangreiches Material zur Erklärung namentlich der Dichter aufgespeichert. Auch noch in einem anderen Punkte haben die Römer unmittelbar an die Griechen sich angelehnt; wie diese den alten Homeros, haben sie seinen Nachahmer Yergilius in den Mittelpunkt ihrer grammatischen Thätigkeit gerückt.

In der Methode der Grammatik, worunter man bis zum Schlüsse des Altertums die ganze wissenschaftliche Beschäftigung mit der Sprache über- haupt zu verstehen hat, sind die römischen Nationalgrammatiker allerdings ihren griechischen Lehrmeistern völlig sklavisch gefolgt, indem sie das von den Stoikern zu einem gewissen Abschluss gebrachte System der griechischen Grammatik auf die lateinische Sprache übertrugen und die griechischen Termini durch die noch heute üblichen lateinischen ersetzten, von denen bekanntlich „accusativus^ ebenso wie „infinitivus* zur Wieder- gabe der griechischen Ausdrücke „ahiaTixrj'* und „d7J!:aQäfi(paTog'* unrichtig gewählt sind. Aber auch zu selbständiger Weiterbildung und Ausgestal- tung des von den Griechen übernommenen Systems hat sie die Eigenart ihrer heimischen Sprache geführt, i) Die Behandlungsweise der antiken Grammatik [ich spreche zunächst von der Formenlehre] war die etymolo- gische, d. h. die einzelnen Redeteile wurden der Reihe nach abgehandelt. So sind die grossen Werke des Flavius Sosipater Charisius, Dio- medes, Priscianus angelegt, ein umfangreiches, mehr zufiQlig zusammen- getragenes statistisches Material aufhäufend, ohne planmässige Rücksicht- nahme auf historische Gesichtspunkte. Es gehört bekanntlich zu den Eigen- tümlichkeiten wie der späteren, tiefer gesunkenen Zeit überhaupt, so auch der Grammatiker, dass der Nachfolger seinen Vorgänger auf die rücksichts- loseste Weise ausschreibt, ein Umstand, auf den man bei Abwägung der antiken Grammatikerzeugnisse besonderes Gewicht legen muss. [Vgl. je- doch auch die Bemerkungen Brambachs, Neug. 50.] Neben den grossen Lehrgebäuden oder „institutiones'^ schuf das praktische Bedürfnis zum Zwecke des Unterrichts kurzgefasste Lehrbücher „artes",*) deren Vor- bilder man leicht in den griechischen „Tt'xvai" erkennt, die Vorläufer unserer Grammatiken. Gleich der »x^*'X^^** des Dionysios Thrax unter den griechischen Bearbeitungen dieser Art, hat unter den lateinischen die „ars Donati" welche, wie alle Handbücher dieser Art, auf die verlorene „ars grammatica** des Grammatikers Q. Remmius Palaemon (1. Hälfte des 1. nachchristlichen Jahrhunderts) zurückgehen dürfte, die meiste Ver- breitung und am längsten dauernde Verwendung gefunden, und verschie- dene Grammatiker, wie Servius, Pompeius, Cledonius, haben umfang- reiche Kommentare dazu geschrieben. Dogmatisch abgefasste Traktate, die dem (häufig nur vermeintlich) Falschen das Richtige gegenüberstellen,

») Vgl. Histor. Gramm. I 58 und 64 und die dort angeführte Litteratur.

^) F. BöLTE, De artium scriptoribus lati- nis quaestiones, diss., Bonn. 1886.

1. über Geschichte und Methode der lateinieohen Grammatik. (§1.) 5

80 beBonders de orthographia, de accentibus u. s. w. sind bei den jüngeren Grammatikern seit Hadrian beliebt.

Das Hittelalter, seinem grösseren Vorgänger an geistigem Schwünge überhaupt nachstehend, war sicher nicht darnach angethan, auf die gram- matischen Studien, die jetzt ausschliesslich praktischen Zwecken dienstbar gemacht wurden, belebend und befruchtend einzuwirken. Was in dieser Zeit Grammatik heisst, ist ein trockenes Regelverzeichnis, der Niederschlag antiker Gelehrsamkeit. Seit dem Wiederaufblühen der humanistischen Studien fand wohl auch die lateinische Grammatik eifrige Pflege bei Männern, wie Sanctius, Scaliger, Yossius, Ruddimanus, welche auf die Alten zorückgriffen, jedoch im wesentlichen über die Resultate derselben nicht hinauskamen. Für die Verbesserung der Methode ist durch ihre zum Teil sehr umfangreichen Arbeiten wohl soviel wie nichts geschehen. In wieferne anch G. Hermann, dessen Theorien ebenso auf die lateinische Grammatik angewendet werden konnten, wie auf die griechische, einen bleibenden Ein- fluss auf die Methode der Grammatik überhaupt nicht nehmen konnte, weil eben seine Voraussetzungen falsch waren, ist von Brugmann in der Ein- leitung zu der griechischen Grammatik (2. Aufl. S. 6 f.) auseinandergesetzt. Auch Reisig und Haase haben sich in ihren Vorlesungen (von letzterem ist die Formenlehre, , Etymologie'', überhaupt nicht bearbeitet) im wesent- lichen an die antike Grammatik angeschlossen, daher, wenigstens hinsichtlich der Laut- und Formenlehre, keinen Fortschritt zu verzeichnen. Einen An- fang zu besserer Ordnung und umfassender Darstellung des grammatikali- schen Stoffes machte Eonr. Leop. Schneider in seiner „Elementarlehre der lateinischen Sprache*', von welchem Werke nur der erste Teil und die erste Hälfte des zweiten Teiles (die Lautlehre und Deklination umfassend) erschienen sind (Berlin 1819). Jedoch erst durch den Einfluss der ver- gleichenden Grammatik einerseits und der sogenannten historischen andererseits wurde auch die Methode der lateinischen Grammatik zu solcher Vervollkommnung gebracht, dass sie den Anspruch erheben darf, eine «wissenschaftliche'' genannt zu werden. Da ich auf Brugmann's Dar- stellung in der Einleitung zur griechischen Grammatik (2. Aufl. S. 8 ff.) verweisen kann, beschränke ich mich hier darauf, zu bemerken, dass es natürlich auch in der Methode der lateinischen Grammatik einen Gegensatz zwischen „historisch" und „komparativ" nicht gibt, sondern dass diese beiden Richtungen der Forschung sich notwendig bedingen und gegenseitig ergänzen.^) Um jedoch die einzelnen Fortschritte, welche in der wissenschaftlichen lateinischen Grammatik (bez. Laut- und Formenlehre) gemacht worden sind, nach Gebühr würdigen zu können, werde ich im folgenden den Ausdruck „historische Grammatik" beibehalten, und zwar in dem Sinne, v^e er lange das Arbeitsfeld der Grammatik be- herrscht hat. Da die alten Grammatiker, wie bereits oben bemerkt worden ist, die geschichtliche Entwickelung der Sprache beinahe gar nicht ins Auge fassten, so war vor allem ein wenig angebautes Feld das alte Latein. Die Kenntnis desselben beschränkte sich bis ins 19. Jahrhundert

^) Vgl. anch Delbrück, Das Sprachstadium auf den deutschen Universitftten, S. 5.

6

Lateinische Qrammatik. a. Einleitung.

hinein auf die handschriftliche, zum Teil durch die grössten Verderbnisse entstellte Überlieferung. Da war es Friedrich Ritschi, der bei seiner Bearbeitung des Plautus zur Erforschung des alten Latein überhaupt und der Inschriften insbesondere gedrängt wurde. Hiebei hat nun Ritschi mit dem glänzendsten Scharfsinn das früher dunkle Gebiet der archaischen lateinischen Sprache aufgehellt, er „hat in einer Reihe klassischer Unter- suchungen die Entwicklungsgeschichte der lateinischen Sprache vom 6. bis 8. Jahrhundert der Stadt in ihren Grundzügen dargestellt^^) und ist so der eigentliche Schöpfer der sogenannten historischen Grammatik geworden, allerdings zu sehr den Gegensatz zu den Sprachvergleichem betonend.') Ihm verdanken wir es vor allen, dass wir jetzt eine methodisch-kritisch gesicherte Kenntnis der alten, inschriftlich überlieferten Latinität besitzen. Die zahlreichen in üniversitätsprogrammen, in Zeitschriften (bes. im Rheinischen Museum) zerstreuten Schriften Ritschl's sind, soweit sie die lateinische Grammatik betreffen, im 2., 3. und 4. Bande seiner Opuscula gesammelt.^) Von grosser Bedeutung ist auch K. Lachmann's Kommentar zu Lucretius. In Ritschl's Geiste haben 0. Ribbeck und andere Schüler weiter gewirkt. Ohne Zweifel ist auch W. Corssen vornehmlich durch die Forschungen des früher genannten Meisters zu mannigfachen Arbeiten auf dem Gebiete der altitalischen Sprachen überhaupt und des Lateinischen insbesondere geführt worden. In seinem Hauptwerke „Über Aussprache, Vokalismus und Betonung der lateinischen Sprache", in dessen zweite Auf- lage^) auch die Resultate der inzwischen erschienenen „Kritischen Beiträge'' und der .Kritischen Nachträge« aufgenommen sind, suchteer, namentlich in der zweiten Auflage, unter weitläufiger, aber zu wenig umsichtiger Heranziehung der vergleichenden indog. Sprachforschung ein grundlegendes Werk für die historisch-komparative Grammatik der lateinischen Sprache zu schaffen. Doch ist einerseits die Anlage (hauptsächlich wohl durch den ursprünglichen Zweck bedingt) eine wenig durchsichtige (besonders stören viele lästige Wiederholungen), andererseits Corssens Standpunkt in mancher Hinsicht zu eng, so namentlich seine Stellung zur komparativen Grammatik. ö) Dazu kommt noch eine höchst einseitige, verbissene Pole- mik,^) die ganz besonders in seinem letzten Werke ^) hervortritt und ihn sehr oft an der Erkenntnis des Richtigen gehindert hat. Aus den ange- führten Gründen sind Corssen's umfangreiche Arbeiten trotz der unleug- baren grossen Verdienste des Verfassers, namentlich um die sogenannte historische Grammatik im engeren Sinne ^) nicht ohne bedeutende Mängel, die den Wert des Ganzen erheblich herabdrücken und eine neuerliche Prüfung der in denselben enthaltenen Anschauungen dringend notwendig erscheinen liessen, und dies um so mehr, weil seit jener Zeit auch in der

') Bhakbaoh, Neug. 11.

») Vgl. jedoch Opuflc. 5, 578.

•) Ueber Ritsohls Forschungen zur Ge- schichte der latein. Sprache vgl. Ribbeck, N. J. 1857, 305 ff., 1858, 177 ff., 1862, 369 ff.; BuBSiAN, Gesch. d. klass. Phil. eic. S. 832 ff.

*) 1. Aufl. 2 Bde., Leipz. 1858—59; 2. Aufl. 2 Bde., Leipz. 1868—70; die .Kritischen Bei- träge zur latein. Formenlehre^ sind 1868, die

n Kritischen Nachträge" 1866 erschienen.

*) Benfey in , Orient und Occident* 1, 250 f.

«) RiTsoHL, Opusc. 4, 777.

^) Beiträge zur italischen Sprachkunde» Leipzig 1876.

^) Vgl. meine Ausführungen in Histor. Gramm. I 80.

1. über Geschichte und Methode der lateinischen Grammatik. 1.)

indogermanischen Sprachforschung ein gewaltiger Umschwung sich voll- zogen hatte. Im wesentlichen sind die Resultate der Corssen'schen Forschung wiedergegeben in folgenden Büchern: R. Kühner, Ausführliche Grammatik der lateinischen Sprache Bd. I Hannover 1877; Domenico Pezzi, Qram- matica storico-comparativa della lingua Latina, Torino 1872 [bedeutet in manchen Punkten einen Fortschritt über C. hinaus]; J. Wordsworth, Fragments and specimens of early Latin London 1875 (in der Einleitung, welche einen Abriss der Grammatik beibringt) ; i) J. M. Guardia et J. Wierzeyski, Grammaire de la langue latine d'apr^s la m^thode analytique et historique Paris 1876. Das Buch von Dr. H. Merguet, »die Entwick- lung der lateinischen Formenbildung unter beständiger Berücksichtigung der vergleichenden Sprachforschung, Berlin 1870 ** berührt sich naturgemäss vielfach mit Corssens Arbeiten, bedeutet aber nur in einigen wenigen Punkten einen Fortschritt, so z. B. in der Erkenntnis von der ünhaltbar- keit der Erklärung der sogenannten zusammengesetzten Yerbalformen durch die Komposition des Stammes mit Hilfsverben. Auch E. Herzog, Untersuchungen über die Bildungsgeschichte der griechischen und lateini- schen Sprache, Leipzig 1871, bringt nichts Neues von Belang. Eine höchst verdienstvolle, wenn auch rein statistische Arbeit ist F. Neue, Formen- lehre der latein. Sprache, L Bd. 2. Aufl. Berlin 1877, H. Bd. 2. Aufl. Berlin 1875, 3. Aufl. Berlin 1888—1892, JH. Bd. 3. Aufl. von C. Wagener, Berlin 1894-1897, Register von C. Wagener, Berlin 1877.

Speziell von seiten der komparativen Forschung sind die bedeutsamen Arbeiten von G. Curtius hervorzuheben, der in mehreren kleineren üni- versitätsschriften und Abhandlungen (teils in anderen Zeitschriften, teils in den von ihm herausgegebenen „Studien zur griechischen und lateinischen Grammatik*), in dem 1846 erschienenen Buche „die Bildung der Tempora und Modi im Griechischen und Lateinischen*, in seinen „Grundzügen der griechischen Etymologie, 5. Aufl. Leipzig 1879" und in dem „Verbum der griech. Sprache seinem Baue nach dargestellt 1. Bd. 2. Aufl. Leipzig 1877, 2. Bd. 2. Aufl. Leipzig 1880* auch zur Aufhellung des Lateinischen sehr viel beigetragen hat. um von kleineren Arbeiten zu schweigen, erwähne ich weiter „Leo Meyer, Vergleichende Grammatik der griech. und lat. Sprache L Bd. Berlin 1861 und in 2. Aufl. 1882—84, H. Bd. Berlin 1865*, enthaltend die Laut-, Stamm- und Wortbildungslehre. Die zweite Auflage des ersten Bandes kann lediglich als eine grossartige Materialiensammlung bezeichnet werden, da der Autor die von der Wissenschaft seit zwei Dezennien gemachten Fortschritte nur spärlich berücksichtigt hat. Ähnlicher Anlage ist das vortreflEliche Buch von V. Henry Pr^cis de grammaire compar6e du Grec et du Latin, Paris 1888, jetzt bereits in 5. Aufl. er- schienen und auch ins Italienische übersetzt von AI essandro Arrö, Gom- pendio di gramm. compar. del Greco e del Latino, Torino 1896); ferner

^) Eine Uebersicht der alÜaieinischen üeberreste auch von Frbdbrik D. Allbv, Remnaote of early Latin selected and ex- pluned for tlie ose of stndents, Boston 1880 [vgl 0. Kblleb in GOtt. Gel. Anz. 1882, 666 f.] ; E. ScHKBiDEB, Dialectorum italicaram aevi

yetoBtioris exempla selecta. Pars I. Lipedae 1886 (den lateinischen nnd faliskischen Dia- lekt umfassend). [W. M. Lindsay, Handbook of Latin Inscriptions illostrating the Language, London 1898, ist mir nicht zu Gesicht ge- kommen. C. N.]

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Lateinisohe Grammatik, a. Einleitung.

P. Giles, Vergl. Oramm. der klassischen Sprachen. Autor, deutsche Ausg. von J. Hertel, Leipzig 1896, nach dem 1895 erschienenen engl. Original „A Short Manual of Comparative Philology for Classical Students*, ein trotz mancher Mängel im einzelnen empfehlenswertes Buch, vgl. Verf. in Phil. Rundschau 1897 36 ff. King and Cookson, The principles of sound and inflexion as illustrated in the greek and latin languages, Oxford 1888, habe ich nicht einsehen können. Von besonderer Wichtigkeit ist natürlich K. Brugmann, Qrundriss der vergleichenden Grammatik der indogerma- nischen Sprachen, I. Bd. Einleitung und Lautlehre, Strassburg 1886,

2. Aufl. ib. 1897; IL Bd. 1. Hälfte ib. 1889 (Nominalkomposition und Stamm- bildungslehre), 2. Hälfte (Zahl Wortbildung. Kasusbildung der Nomina. Pro- nomina. Verbale Stammbildung und Flexion), ib. 1892.

Mächtig gefördert haben die Kenntnis der altitalischen Dialekte und des alten Latein F. Bücheler's, W. Deecke's, H. Jordan's, G. Lowe's, A. Pauli's u. a. Arbeiten.^) Ein unternehmen von der grössten Bedeutung auch für die Grammatik ist das , Archiv für lateinische Lexikographie und Grammatik, herausgegeben von Prof. E. Wölfflin, Bd. I X, Leipzig 1884 flf. Femer seien noch erwähnt „A. Vanicek, Griechisch- lateinisches etymologisches Wörterbuch, Leipzig 1877", und von demselben Verfasser „Etymologisches Wörterbuch der lateinischen Sprache, 2. umgearbeitete Auflage, Leipzig 1881.'' Beide letztgenannten Werke haben vornehmlich Wert durch die (freilich nicht vollständige Sammlung) des weit zerstreuten, oft schwer zugänglichen Materials.*) Ich mache weiter noch aufmerksam auf Ch. S. Halsey , An Etymology of Latin and Greek Boston 1882 [vgl. G. Meyer, Lit. Centr. 1883, Sp. 29], H. Bröal et A. Bailly, Dictionnaire ötymologique latin Paris 1885 [„Cours superieur^ der „LoQons des mots' vgl. F. Hartmann, Arch. f. lat. Lex.

3, 287], meines Wissens jetzt in dritter Auflage vorliegend, E. R. Wharton, Etyma Latina, London 1890 und nenne als das beste lexikalische Hilfs- mittel K. E. Georges, Ausführliches Lateinisch-deutsches Handwörterbuch 7. Aufl., 2 Bde., Leipzig 1879—80, und desselben Verfassers Lexikon der lateinischen Wortfoimen, Leipzig 1890. S. Reinach, Grammaire Latine Paris 1886 enthält auf S. 251 321 den Versuch eines Abrisses einer wissenschaftlichen Grammatik. Weiter ist zu nennen Schweizer-Sidler

^) Des erstgenannten hochverdienten Ge- lehrten Forschungen sind niedergelegt in einer Reihe Universitätsprogramme von Bonn und Aufsätzen im Rheinischen Museum; femer in dessen „Umbrica Bonnae 1888"; von Debokb's Arbeiten seien hier erwähnt , Erläu- terungen zur Lat. Schulgranmiatik'*, Berlin 1898; Jobdan's, gleichfalls eines gewiegten Kenners der italischen Sprachen, Arbeiten in mehreren Programmen der Universität Königs- berg, in der Zeitschrift Hermes und in dem Buche X Kritische Beiträge zur Geschichte der lai Sprache", Berlin 1879. Von Pauli's scharf- sinnigen Arbeiten sind hier zu erwähnen „Altitalische Studien* Heft I V, Hannover 1888—87. G. Löwe hat der Erforschung der

Glossen seine Hauptthätigkeit zugewandt in seinem Prodromus corporis glossaiiorum Lat " , Lipsiae 1876, und in „Glossae nominum", herausgegeben von G. Götz, Lipsiae 1884. Femer sind hier zu nennen Götz und Gundbb- XA5K, Corpus Glossariorum Latinorum II— V, Lipsiae 1888 ff., und Götz, Liber Glossarum in d. Abb. d. phil.-hist. Kl. d. k. sächs. Ges. d. Wiss. XIII, II; ScHÜTTüER, Zur lat. Glosso- graphie im Arch. f. lat. Lex. 10, 187 f ; Land- graf, Glossographie und Wörterbuch, ib. 9, 355 ff.

') Vgl. übrigens G. Meyeb in Neue Jahrb. f. Phü. u. Päd. Jahrg. 1878, 687 f. und Phüol. Anz. Xni, If.

2. Übersichtliobe Geschiohie der lateinischen Sprache. 2.)

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und Surber, Orammatik der lateinischen Sprache, I. Teil: Gänzlich um- gearbeitete Auflage der im Jahre 1869 erschienenen Elementar- und Formenlehre von H. Schweizer-Sidler, Halle 1888. Ich mache ferner auf- merksam auf den von mir bearbeiteten I. Band des bei Teubner erschei- nenden Werkes „Historische Grammatik der lateinischen Sprache'' (Leipzig 1894 und 1895), enthaltend „Einleitung, Lautlehre, Stammbildungslehre''. Eine ausgezeichnete Darstellung der lateinischen Laut-, Formen- und Wort- bildungslehre haben wir von W. M. Lindsay in dem Buche „The Latin Language" (Oxford 1894), von dem ein kurzer Auszug vorliegt in „A Short historical Latin Grammar" (ib. 1895) von demselben Verfasser. Dieses vortreffliche Werk liegt jetzt auch in deutscher Übersetzung vor: Lindsay, Die lateinische Sprache. Vom Verf. geb. u. durchges. Übers, von H. Nohl, Leipzig 1897. Endlich sei noch aufmerksam gemacht auf „Appen- dix to Bennett's Latin Grammar" (Boston 1895).

In welch umfassender Weise die lateinische Grammatik aus der Lit- teratur der vergleichenden Sprachforschung und der altitalischen Dialekte Nutzen ziehen kann, ist im einzelnen aus der folgenden Darstellung er- sichtlich, weshalb ich es hier unterlasse, darauf einzugehen.

Dr. A. Grafbnhan, GeBchichte der klassischen Philologie im Altertum, 4 Bde., Bomi 1843—1850, Bd. 2 und «3. Prof. E. Reisig's Vorlesungen über lateinische Sprachwissen- schaft, herausgegeben mit Anmerkungen von Dr. Faiedrich Haase, Leipzig 1839, bes. S. 19 f., 28 f., dasselbe neu bearbeitet von H. Hagen, 1. Bd., Berlin 1881, S. 19 ff. Fried- BiCH Haasb, Vorlesungen über lateinische Sprachwissenschaft, herausgegeben von Friedr. Aug. Eckstein, Bd. I, Leipzig 1874, bes. S. 12 f. Dr. Julius Jolly, Die Sprachwissenschaft. D. H. Whitnby*s Vorlesungen über die Prinzipien der vergl. Sprachforschung, f. d. deutsche Publikum bearbeitet und übersetzt, München 1874, bes. S. 652 f. Dr. H. Stbikthal, Die Geschichte der Sprachwissenschaft bei den Griechen und Römern, Berlin 1863, 2. Aufl. 1890—1891. 0. BuRsiAN, Geschichte der klassischen Philologie in Deutschland, München und Leipzig 1883, S. 971 f. B. Delbrück, Einleitung in das Sprachstudium, 2. Aufl., Leipzig 1884 (Bibl. indog. Gramm. Bd. IV). Weitere Litteratumachweise, bes. über grammatische Einzelschriften, Schulgrammatiken u. s. w. bei E. Hübnkr, Grundriss zu Vorlesungen über latein. Grammatik, 2. Aufl., Berlin 1881, S. 17 f. Vgl. auch Fr. A. Eckstein, Lateinischer mid griechischer Unterricht, herausgeg. von Dr. H. Hbyden, Leipzig 1887.

2. Übersichtliche Geschichte der lateinischen Sprache.^) Mit Rücksicht auf die Geschichte der lateinischen Litteratur, mit der natürlich die Sprache in enger Beziehung steht, lassen sich etwa folgende Perioden der Entwicklung der lateinischen Sprache abgrenzen.

I. Vorlitterarische Periode. In das Dunkel dieser in ihren An- fangen prähistorischen Zeit bringt nur die vergleichende Sprachforschung einiges Licht. Aus jenen Zeiten, über die wir bereits historische Kunde besitzen, sind nur spärliche Reste aus altüberlieferten Gesängen (carmen arvale, Carmen Saliare) oder Gesetzesformeln (leges XII tabularum) in teil- weise ganz unursprünglicher Form auf uns gekommen. Erst im 6. Jahr- hundert vor Christus beginnt, wenn auch anfangs sehr spärlich, die inschriftliche Überlieferung; die älteste lateinische Inschrift überhaupt ist die Aufschrift der Fibula von Palestrina aus dem 6. vorchristlichen Jahr-

') Hierüber vgl. die AusfOhrongen des Verf. in Histor. Gramm. I 25 53 nnd 0. Weiss, Charakteristik der lat. Sprache (Leip- zig 1891). Vortrefflich ist Nordbk, Die an- tike Kuistprosa (Leipzig 1897); vgl. insbeson-

dere 156 ff. («Die römische Konstprosa bis auf Augastos'). [ATTBNBEBG,De sermone pedestri Ital. vetustissimo, diss., Greifswald 1898, ist mir noch nicht zu Gesicht gekommen. C. N.j

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Lateinische Grammatik, a. Einleitang.

hundert,^) die älteste in der Stadt Rom gefundene die Duenosinschrift vom Quirinal.*)

n. Archaische Periode von dem Beginne der Litteratur (c. 240) bis Cicero. Die Entwickelung der Sprache wurde, wie bereits angedeutet, durch das Auftreten der ersten Dichter bedeutend beeinflusst. Zwar die älteren (Livius Andronicus, Naevius) hielten fQr das Epos an dem altererbten saturnischen Masse fest und mit ihm bis zu einem gewissen Orade auch an der flüchtigeren, beweglicheren Form, die jedes Volksidiom ohne Lit- teratur charakterisiert. Jedoch ihre Nachfolger, an ihrer Spitze Ennius, haben die lateinische Sprache nicht nur einem fremden Versmasse angepasst, sie haben ihr auch bestimmte Normen geschaffen, durch die der erste An- stoss gegeben wurde zur Sonderung der Sprache der Gebildeten von jener des Volkes und der Bauern. Am konservativsten hält noch eine geraume Zeit der Eurialstil an dem Alten fest, übrigens mit sehr erheblichen Schwankungen, wie man am besten aus der von Schneider S. 162 ff. ge- gebenen Übersicht „De antiquae orationis varietate' ersehen kann, ebenso haben sich manche Archaismen in der Dichtersprache erhalten und auch in dem folgenden Zeitraum behauptet.

Eine stattliche Reihe von Inschriften gibt uns willkommenen Aufschluss nicht nur über die Fortbildung der Sprache der Gebildeten, die wir ja auch aus den litterarischen Produkten dieser Zeit kennen lernen, sondern auch über die Volkssprache.

m. Das goldene Zeitalter der lateinischen Sprache von Cicero bis zum Tode des Augustus (14 n. Chr.). In dieser Zeit wird die Scheidung zwischen dem sermo plebeius und rusticus ^) einer- und dem sermo urbanus andererseits endgültig besiegelt. Ungezwungene Weiterent- wicklung wird nur den ersteren zuteil: die Schriftsprache bewegt sich in fest normierten Bahnen, die nur ein beschränktes Ausweichen gestatten. Insbesondere erlauben sich die Dichter zahlreiche Archaismen und manche Vulgarismen; so Lucretius, CatuUus, Vergilius. Über die in Betracht kommende Litteratur vgl. Hist. Gramm. 1, 45 f. In diese Zeit und die ihr unmittelbar folgende fallt die endgültige Ausbreitung der lateinischen Umgangssprache über ganz Italien.

Die IV. Periode, die der silbernen Latinität, ist die Reaktion des Individuums gegen die strikten Normen und die allseitige gesetzmässige Beschränkung des Sprachgebrauches, die die klassische Zeit sich auferlegt hatte. Sie charakterisiert ganz besonders die Aufnahme von Redewendungen aus der Umgangssprache der Gebildeten und die Durchsetzung des pro- saischen Stiles durch den poetischen. Von der Sprache des Volkes geben uns der Roman des Petronius und die zahlreichen pompejanischen Wand- schriften willkommene Kunde.

^) Vgl. W. Helbio, Mitteü. d. deutschen arch. Inst. Rom. Abteil. II 37 f., F. Dümmler ib. 40 f., G. LiGNAKA ib. 139 f., Büchblbr, Rh. M. 42, 317 ff. Uebrigens kann bezweifelt werden, ob diese Inschrift , reines Latein bietet* (Bbuomann, Grundriss 1" S. XLV Nachtr. zu S. 221).

') Betreffs der Litteratur über die Dvenos- inschnft vgl. unten § 4.

') Bernhabdy, Grundriss der römischen Litteratur^ S. 350 verzeichnet die Litteratur über diesen Gegenstand. Die verschiedenen Bezeichnungen bei Schccuabdt, Vok. 1, 102 f.

8. Übersichtliche Geschichte der lateiniechen Sprache. 2.)

11

Noch ein anderer Versuch wurde gemacht, um der alternden Schrift- sprache neues Leben zuzuführen. In der V. Periode, welche man die archaisierende nennen kann, griff man wieder auf die alte vorcicero- nianische Latinität zurück, ein Versuch, der für den Sprachforscher den Wert hat, dass vieles Archaische, von dem sonst keine Kunde auf die Nach- welt gedrungen wäre, durch eifrige, wenn auch nicht immer glückliche Nachahmer uns erhalten ist. Um die Wende des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts beginnt

Die VI. Periode der lateinischen Sprachgeschichte. Die Schrift- sprache, welche ohnehin immer nur auf einen kleinen Kreis beschränkt gewesen war, wird durch das Eindringen des sermo plebeius und rusticus mit Vulgarismen durchsetzt. Dazu kam noch, dass in den Provinzen mancherlei Eigentümlichkeiten in der Lautgebung, Formenlehre, Syntax und im Wortgebrauche sich geltend machten, welche der herrschenden Umgangssprache eine mehr oder minder eigenartige Färbung verliehen (afrikanisches, gallisches Latein).^) Alle diese Umstände führten den Untergang der Schriftsprache herbei, die am längsten noch im Kreise der christlichen Schriftsteller sich behauptete. So hatte die hochlateinische Schriftsprache ihre Herrschaft nach einer Dauer von ungefähr 800 Jahren eingebüsst, und ihr Erbe trat die Vulgärsprache an, die, von jener zuerst in den Hintergrund gedrängt, in steter Begelmässigkeit sich seit den An- fangen der lateinischen Sprache fortentwickelt hatte. Daher denn die bekannte Erscheinung, dass soviele Vulgarismen und Archaismen sich decken, dass der Romanist mehr Anknüpfungspunkte im archaischen als im klassischen Latein findet. Die ebenso dankbare, als schwierige Auf- gabe, das Hervorwachsen der romanischen Sprachen aus der römischen Umgangssprache zu zeigen und so gewissermassen die Kette der lateinischen Sprachentwickelung zu schliessen, gehört nicht in den Rahmen dieser Arbeit. Diese hat vielmehr im wesentlichen den Zweck, die Laut- und Formenlehre der hoch- oder schriftlateinischen Sprache festzustellen, ihren Bestand mit Zuhilfenahme der archaischen und volkstümlichen Sprache zu erklären und an gelegentlichen Beispielen zu zeigen, wie dieses künst- liche Ctebilde eines beschränkten Kreises durch die im Volksmunde frei und ungezwungen sich fortentwickelnde Sprache allmählich wieder ver- drängt wurde. Über das Verhältnis der romanischen Sprachen zur latei- nischen vergleiche man die vortreffliche Auseinandersetzung von W. Meyer in Gröber's Grundriss der romanischen Philologie I, 352—382 (Strassburg 1886), femer Körting, Handbuch d. roman. Philol. (Leipzig 1896 S. 242 ff.), E. OoRRA, Lingue neolatine (Manuali HöpU), Milano 1894, und meine Aus- führungen in Hist. Gramm. I 21 ff.

Anmerkung 1. Ueber die Geschichte der lateinischen Sprache ygl. Ritschl, Priscae Lat mon. ep. p. Y, Brambach, Neng. 11 ff., Schmalz, Antibarbams (Basel 1886), S. 1 16; aber das Yerhftltnis der lat. Volks- und Schriftsprache Schuchabdt, Vok. 1, 44 ff., Körting,

^) In der angegebenen Beschränkung darf diese Ansicht trotz der gewiss richtigen Aus- föhrangen von Kroll, Rh. M. 52, 569—590, wohl auch jetzt noch beibehalten werden. Der .afrikanische Stil' ist von Norden, Die

antike Kunstj^rosa 588 ff., als eine Erfindung der humanistischen Ciceronianer des 16. und 17. Jahrhunderts erkannt worden; er ist nichts anderes „als der griechische Asianismus (Manierismus) in lateinischem Gewände.'

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Latemisohe Grammatik, a. Einleitung.

Encyklopädie und Itfethodologie der rom. Phil. I 122 f.; Über die Litteratur des Vulg&r- und SpftÜateins von 1877—1883 Sittl in Bübsian's JahreBberichten XL, 317 ff. Vgl. auch Stolz in Ebsch und Grctbsb's Enc. 2. Sekt 42. Tl. S. 187 ff.

Anmerkung 2. Ueber die dialektischen YerhftltniBse des alten Latein hat E. Sittl ,Die lokalen Verschiedenheiten der lateinischen Sprache, Erlangen 1882* jedenfalls zu weit- gehende Ansichten aufgestellt (vgl. v. Hahtel, Phil. Anz. 13, 777 ff. und G. Mbybb und H. ScHucHARDT, Zoitschr. f. rom. Phil. 6, 608 ff.). Jedoch ist sicher, dass die stadtrömische Sprache sich in manchen Punkten von den nahe verwandten Idiomen von Falerii, worüber jetzt handelt Dbeckb, Die Falisker, Strassburg 1888, und Ptaeneste unterachied (z. B. ist hier auch inlautendes idg. bh dh = f). Insoweit wird man daher immerhin auch von dia- lektischen Vei-schiedenheiten der lateinischen Sprache reden dürfen. Vgl. darüber auch Löwe, Acta soc. phil. Lips. 2, 474, Ritschl, Op. 4, 479 ff., Sohuchabdt, Vok. 1, 89 f.

Anmerkung 3. üeber das nach der Wochenschr. f. klass. Phil. 1887, Sp. 1597 von der Academie des inscriptions et helles lettres preisgekrönte Buch von Loth, £tude gramma- ticale et historique de la langue des inscriptions latines comparöe avec celle des ^crivains romains u. s. w. habe ich nichts Weiteres in Erfahrung bringen können.

3. Stelinng des Lateinischen zu den verwandten Sprachen und zu den übrigen italischen Dialekten. Eine weit verbreitete, von nam- haften Forschem vertretene Ansicht lässt die Italiker mit den Griechen aus dem gemeinsamen Grundstamme der Gräko-Italer hervorgehen und nimmt demzufolge einen engeren Zusammenhang zwischen der lateinischen und griechischen Sprache an. Diese Ansicht, ohne Zweifel vornehmlich gestützt durch die in gemeinsamen Bahnen verlaufende geschichtliche Entwickelung der beiden klassischen Völker, erweist sich nach dem gegen- wärtigen Stande der Untersuchung über die Verwandtschaftsverhältnisse der indogermanischen Sprachen als unhaltbar.^) Denn gemeinsame charak- teristische Eigentümlichkeiten, wie sie zu einer Zusammenfassung unter eine engere Einheit unbedingt notwendig sind, fehlen den beiden klas- sischen Sprachen. Überhaupt, wenn das Italische mit einem Zweige der indogermanischen Sprachen in eine innigere Beziehung gesetzt und zu einer engeren Einheit zusammengefasst werden dürfte, so wären dies entschieden die keltischen Sprachen, welche mit dem ersteren einige charakteristische morphologische Eigentümlichkeiten gemein haben: die eigenartige Verwendung gewisser mit dem Kennlaut r gebildeten Verbal- formen, die im Italischen zur Bildung eines neuen Verbalgenus, des Pas- sivums, geführt hat, das 6-Futurum, die Erweiterung der <i-Stämme durch w-Suffixe.*) Jedoch wird es trotz dieser Übereinstimmungen zwischen den italischen und keltischen Dialekten geraten sein, von der Aufstellung einer italo-keltischen Spracheinheit abzusehen. Eine treffliche Auseinander- setzung über diesen Gegenstand, zugleich mit Angabe der Litteratur findet man bei 0. Schrader, Sprachvergl.* 77 f., desgleichen bei Bbuqmann in Tbchmer's Internationaler Zeitschrift für Sprachwissenschaft 1, 226 f. und

^) Daran ändert auch nichts B.W. Leist, Gräko-italische Rechtsgeschichte, Jena 1884; vgl. M. Voigt, Berl. PhU. Woch. 5, 50 f. Wäh- rend die im Texte ausgesprochene Ansicht die Zustimmung sehr vieler Gelehrten ge- funden hat (z. B. von Windisch, bei Gböbbb, Grundiiss der rom. Phil. I, 300, Eöbting, Encyklop. u. Meth. d. rom. Phil. 1, 1 16, Henby, Pröcis [1. Aufl.] 9, Ed. Metkb, Gesch. d. Alter- tums II 38, Bbloch, Griech. Gesch. I 35^), hat sich AscoLi, Sprachw. 6r. (Gütersloh 1887)

8. 55 Anm. wieder für die grftko-italische Hypothese ausgesprochen. Auch Schw^bizbb- Sidleb hat sich in einem Vortrage auf der Philologenversammlung zu Zürich 1887, .Be- ziehungen zwischen Latein und Griechisch", gegen die gräko-italische Hypothese ausge- sprochen (VerhandL d. 89. PhiloL-Vers. S 283 —288).

8) Ueber das Verhältnis des Altgallischen zum Lateinischen vgl. Windisch bei Gböbbr Grundriss d. rom. Phil. I, 300 f. *

8. Stollnng dea LateiniBohen zu den verwandten Sprachen eto. 3.) 13

jetzt besonders bei Kretschmeb, Einleitung S. 154 166, wo am er- schöpfendsten über die sprachlichen Beziehungen des Griechischen und Lateinischen gehandelt ist. Vgl. auch Hist. Gramm. I 5 f. Der Versuch V. Bradke's in seiner Schrift , Beiträge zur Kenntnis der vorhistorischen Entwickelung unseres Sprachstanmies, Giessen 1888^, die gräko-italische Einheit einerseits und die italo-keltische andererseits durch Annahme einer grako-italischen älteren und einer italo-keltischen jüngeren Epoche auf- recht zu erhalten, scheint mir trotz des grossen dabei aufgebotenen Scharf- sinnes nicht gelungen.

Innerhalb der Völker des alten Italien bilden die Lateiner mit den umbrisch-sabellischen Volksstänmien eine ethnographische und sprachliche Einheit, die sich scharf abgrenzt von den übrigen Völkerstämmen des alten Italien, den Ligurem, Japygern, Venetern, Etruskern. Das Volk der Italiker hatte, wohl noch vor seiner Teilung in einzelne Stämme, nach den Aus- führungen Helbig's^) in den Pfahldörfern der Poebene seine ältesten Wohnsitze in Italien. In geschichtlicher Zeit treten uns vornehmlich drei grössere Stämme mit eigenartig entwickelten Dialekten entgegen, Lateiner, ümbrer, Osker. Die umbrisch-oskischen Mundarten, zu denen, soviel wir nach den zum Teil recht dürftigen sprachlichen Resten schliessen dürfen, auch die von Picenum, die der Marruciner, Sabiner, Ves- tiner, Päligner, Marser, Volsker gehörten, treten durch gewisse Eigentümlichkeiten in lautlicher, flexivischer, syntaktischer und lexikalischer Hinsicht in Gegensatz zum lateinischen Dialekt; einige hervorragende sind die Vertretung der indogermanischen labialisierten velaren A;-Laute durch j?, bj die Unterlassung der Verschiebung der uritalischen Vertreter der indogermanischen Aspiraten, Bildung des Inf. Präs. auf -om; die übrigen bei von Planta I 9 ff. Sämtliche italischen Dialekte und Sprachen (mit Ausnahme der griechischen in ünteritalien und Sicilien, die sich am längsten behauptet hat und erst im Mittelalter dem Romanischen weichen musste) sind, wie bekannt, durch die lateinische Sprache verdrängt worden ; zumeist hat sich dieser Prozess vollzogen nach dem letzten Versuch, den die Italiker im Sozialkrieg für die Erhaltung ihrer Individualität machten, worüber man vergleiche Jordan, Krit. Beitr. zur Geschichte der lat. Sprache 130 f., Nissen, Italische Landeskunde I, 466 f.

Die lateinische Sprache ist uns vornehmlich nur durch das Stadt- römische bekannt. Einigermasssen unterrichtet sind wir auch über die in manchen Punkten von der Sprache der Stadt Rom abweichenden Mundarten von Falerii (mit Gapena), Präneste und Lanuvium. Vgl. oben S. 12 und Hist. Gramm. I 15—21.

Anmerknng. Nach Deeckb in Gböbbr's Grundriss d. rom. Phil. I 345 ist das Etrus- kische mit dem Lateinischen and Umbrisch-Oskischen eng verwandt. Diese Auffassung teilen die italienischen Etruskologen, unter ihnen £. Lattes, der sie in einer stattlichen Reihe von Publikationen zur Erklärung der etruskischen Inschriften nutzbar zu machen gesucht hat. Nach meiner Ansicht, die ich trotz der neueren und neuesten Publikationen von E. Lattbs (vgl. Riv. di filoL 1895 und 1896), Pascal und Lbfevrb, Les fitrusques (vgl. I.F. Anz. 8, 222) festhalten zu müssen glaube, ist auch heute noch das Rätsel der Etrusker-

^) Beitrüge zur altitalischen Kultur- und spricht sich aus Ed. Meyeb, Gesch. d. Alt. Eunstgeschichte I, Leipzig 1879. Dagegen | 11506.

14 Lateinische Grammatik, a. Einleitung.

frage nicht gelöst. Jedenfalls ist der indogermanische Charakter der etroskischen Swache anerwiesen, wie wir mit Pauli, Bbcomann (Gnmdr. 1', lO'), v. Planta, Henry in der Ueber- setzung yon Arrö S. 8 f., Skutsch n. a. 6. nach den bisherigen Ergebnissen der Forschung anzunehmen berechtigt sind. Nicht genau dem wirklichen Sachverhalte entsprechend ist die Bemerkung bei Giles S. 14. AnsfOhrlicher ist aber die Frage Histor. Gramm. I 11 f. und in des Verf. Schrift ,Die Urbevölkerong Tirols', 2. Aufl. (Innsbrock 1892) S. 17 ff. und 86 ff. gehandelt. üeber die Denkmäler des umbrischen Dialektes sind zu vergleichen Les tables Ehigubines, Paris 1875, und F. Büchblbb, Umbrica, Bonnae 1883, über die des oskischen J. Zystaieff, Sylloge inscriptionum Oscamm, Petropoli 1878, über die der übrigen mittel- und unteritalischen Dialekte desselben Verfassers Inscriptiones Italiae mediae dialecticae, Lipsiae 1884, und Inscriptiones Italiae inferioris dialecticae, Mosquae 1886. Jetst ist be- sonders zu vergleichen v. Planta, Grammatik der oskisch-umhrischeD Dialekte, I. Bd. (Ein- leitung und Lautlehre), Strassburg 1892; II. Bd. (Formenlehre, Syntax, Sammlung der In- schriften und Glossen, Anhang, Glossar), ib. 1897. Endlich R. S. Corwat, The italic dia- lecte edited with a grammar and glossary, 2 vols, Cambridge 1897 (vgl. Pauli in der Deutsch. Litteraturzeitnng 1898, 11 ff.) Die ältere Litteratur auch bei HObnbr, Grundriss^ S. 11 f.

Lateinische Lautlehre.

1. Schriftzeichen und Orthographie.^

L Bestand und Herkunft des lateinischen Alphabetes. 2)

4. Das älteste lat. Alphabet bestand aus 21 Zeichen, und zwar für die Buchstaben a, b, c, d, e, f, g, h, i, k, l, m, n, 0, p, q, r, s, t, u, x.^) Dieses Alphabet stammt nach den Nach Weisungen Mommsek's^) und Eirch- hoff's^) gleich den Alphabeten der übrigen italischen Sprachen aus dem der campanischen Griechen und bildet mit dem faliskischen eine Gruppe gegenüber dem etruskisch-oskisch-umbrischen.^) Das griech. Stammalphabet

^) Ich habe diese gedrftngte Darstellnng trotz der in diesem Handbuch J, 492 ff., 2. Aufl. 646 ff. gegebenen stehen lassen, um dem Benfltzer meiner Laut- und Formenlehre die üebersicht über die orthographischen Fragen zu erleichtem und ihm lAstiges Nach- schlagen zu ersparen. Ueber die Geschichte der lat. Orthographie vgl. BbakbagHi Neug. 17-69.

2) Zur Entwicklungsgeschichte und For- menlehre der lateinischen Buchstaben vgl. RiTSCBL, Op. 4, 691—726 = Rhein. Mus. 24, 1 32. Einen kurzen Üeberblick über die orthographischen Thatsachen des Lateinischen bietet Ritscul's Syllabus indiciorum potiorum qnae ad definienda tempora inscnptionum latinamm valent in Pr. L. m. ep. 123, 124 = Op. 4, 765 = ScHNBiPEB S. 131. Femer Tg). WoBDswoBTH, Fragments u. s. w. 5 f., Pszzi, Gramm. 35—47, Fabbbtti, Palaeo- graphische Studien, Leipzig 1877, v. Planta 1, 41 ff. Auch soll nicht unerwähnt gelassen werden der Versuch Dbbckb's, Zeitschr. d. deutschen morg. Ges. Bd. 31, der freilich nicht direkt das lat. Alphabet betrifft, aber eine neue Hypothese über den Ursprung des s^nitiBchen Alphabets und mithin der abend- lindisehen Alphabete überhaupt aus der neaassyiischen Keilschrift aufstellt. Vgl. auch den Artikel , Alphabet* von demselben in yBAUMBisTBB, Denkmäler des klassischen

Altertums **, bes. S. 52 53 die beiden Schrift- tafeln. Die neuerdings von Fb. Hommbl (W. Ongrbn, Allg. Geschichte in Einzeldarstel- lungen I, 2, 50) aufgestellte Ansicht, dass das phönikische Alphabet aus der babylonischen Keilschrift abgeleitet sei, bestreitet E. Meybb (W. Oncken ib. I 1, 54 f.). Vgl. auch des letztgenannten Verfassers Geschichte d. Alter- tums 1, 16, 237 f. und Hikbichs in diesem Handbuch I 359 und Labfeld ib.^ 494 f. End- lich sei noch hingewiesen auf die ausfQhr- liche Besprechung von Delitzsch, Die Ent- stehung des ältesten Schriffcsystems durch C. F. L. im Lit. Centralblatt 1898 S. 14—20, insb. S. 20, wo die phönikische Schrift als die selbständige Schöpfung eines Mannes erklärt wird, „von dem allerdings zu vermuten ist, dass er die älteren Schriftsysteme gekannt und ihren Vorzügen und Schwächen nach richtig zu bewerten vermocht. ** Vgl. auch Mitteilungen der vorderasiatischen Gesell- schaft 1897, 4, 316 ff. und Zeitschrift fOr As- syriologie 12 (1897), 274 ff.

') Ueber die Formen der Buchstaben vgl. ausser den angeführten Stellen noch COBSSEN 1, 5.

*) Unteritalische Dialekte 3 f. *) Studien z. Gesch. d. griech. Alph.* 127 ff.

•) Ausser anderem vgl. Nissen, Italische

Landeskunde 1, 520.

16

Lateinische Grammatik, b. Lautlehre.

ist das chalkidische, bez. das der chalkidischen Kolonien (Eirchhoff, Tafel II, 2). Mit diesem teilt es die Form V für /, die ihm bis c. 580 u. c. oder 170 V. Chr. (nach Mommsen, Die unteritalischen Dialekte. S. 29, schwand das Zeichen c. 240 v. Chr. aus dem Gebrauche) eigentümlich war, femer C für Gamma, 9 (Koppa), endlich X mit dem Lautwerte von f.*) Die Buchstabenzeichen für die Aspiraten, ®©0, 0<l>, Nl^, wurden als Zahl- zeichen für 100, 1000, 50 in Verwendung genommen.*) Dabei erfuhr O unter dem Einflüsse desc von centum die Umgestaltung in C C, 0 später CO, vom 2. Jahrhundert nicht selten M, aber nicht ziffermässig verwendet (Mommsen a. a. 0. S. 601), während D = 500 an die ursprüngliche Form erinnert und überhaupt nur durch diese verständlich wird; V, woraus >t -L wurde, wurde erst gegen Ende der Republik durch das Zeichen L ersetzt.^) Dass auch X von dem griech. ^ stamme (nach Abfall der äusseren Begrenzungslinien), wie früher zweifelnd vorgetragen wurde, ist nicht haltbar, vgl. Mommsen a. a. 0. Das fünfstrichige f^ ist in linksläufiger Form (^) auf den Inschriften des Numasios und Duenos*) nachgewiesen, sowie vielleicht in M' = t^ für Manius (vgl. jedoch Hübner in diesem Handbuch 1, 499, 2. Aufl. 656). Der Vulgärschrift gehören an die Zeichen II = E und P = F (auch auf der nicht römischen Inschrift von Rapino, ZvETAiEFF, Inscr. It. med. 6 t. H, 2). Auf der Inschrift des Numasios ist f durch FQ bezeichnet, eine auch auf etruskischen und venetischen Inschriften nachweisbare Kombination der beiden Zeichen. Durch die Hinzufügung des zweiten Zeichens soll offenbar die Tonlosigkeit der Aus- sprache gekennzeichnet werden. Über die ganze Frage vgl. Pauli, Altital. Forsch. 3, 95 ff., Deecke, Die Falisker 276, 1, Hist. Gramm. 1, 83.

Kurze Geschichte des lateinischen Alphabetes.

Das Zeichen I (z), welches im griechischen Mutteralphabet an 7. Stelle stand und natürlich auch von den Italikem übernommen wurde, war in den alten Texten des Carmen Saliare vorhanden ;ö) inschriftlich vielleicht nachgewiesen ist es in der Duenosinschrift,<*) die jedenfalls nicht unter die Mitte des 5. Jahrh. d. St. (4 J. v. Chr.) herabzurücken, vielleicht aber

') Ueber das yorhandensein des x in dem griech. Matteralpbabet und dessen eigen- artige Stellung im lat. Tochieralphabet s. Mommsen, Rh. M. 15, 463 ff. Für x wurde auf älteren bischriffcen xs geschrieben, zuerst CIL. 196, 16 ; 29 exstrad. Diese Schreibweise, die besonderfl zur Zeit der Giacchen häufig vorkommt, findet sich auch auf Inschriften aus der Zeit des Augustus und taucht auch später wieder auf. Man begegnet auf volks- tümlichen und späten Inschnften auch den Schreibungen cx^ cxb, csy xc, xx, sx (Seel- MAVN 352).

«) RiTSCHL, Opusc. 4, 704 f. u. 722 f.; Mommsen, Hermes Bd. 22, 598 ff.

8) RiTSCHL, Op. 4, 723.

^) Die umfangreiche Litteratur, welche sich mit Erklärung und Deutung der Duenos- inschrift befasst, findet man verzeichnet von

Maurenbbbchbr, Phüol. LIV (1895) 620 flf. Vgl. ausserdem noch Geoi in Rendic. d. R. Ac. d. Lincei Ser. V vol. V 85; Lindsat, A Short hist. lat. Gramm. 175, und insbesondere die neueste Bearbeitung der Inschrift durch TmjRNEYSBNinK. Z. XXXV 193ff. Vgl. auch IFAnz. 8, 220 f. Für den lateinischen Cha- rakter der Schrift tritt wohl mit Recht DüMMLBB, Mitteil. d. deutschen Arch. Inst. Rom. Abteilung II, 41, gegen Jordan ein, während Pauli, Altital. Stud. 1, S. 54, die Schrift für etruskisch halten möchte. lieber die erstgenannte Inschrift s. oben § 2, 1.

*) Vgl. Varro 1. 1. 7, 26 M. Dass übrigens Zeul der Name des Sonnengottes sei (RiBBEOK, Gresch. d. röm. Dichtung 1, 6 nach Bbrok), ist mehr als fraglich.

«) Jedoch lesen Br^al Pauli, Conway, Thurnbysbn duenoi ne statt dze noine.

1. SohriftEeichen und Orthographie. 4.) 17

mit Thürneysen a. a. 0. in bedeutend frühere Zeit zu setzen ist, ferner (von Jordan, Krit. Beitr. 155 bezweifelt) auf Münzen in der Form CO^A oder CO^ANO. Endgiltig beseitigt wurde es nach dem Zeugnis .des Marcianus Capella^) von dem Censor Appius Claudius und an seine Stelle das Zeichen für den Buchstaben g gesetzt, dessen Erfindung Mher gewöhnlich dem Spurius Carvilius Ruga c. 462 u. c. zugeschrieben wurde,*) wahrscheinlicher aber nach Jordan's Vermutung^) dem eben genannten Verbesserer des lat. Alph. Appius Claudius zuzuschreiben ist. Das Zeichen selbst wurde mittels eines Häckchens von dem dritten unterschieden, daher C Q Q. Die genaue (Jnterscheidung zwischen den Buchstabenzeichen für die tonlose und tönende Outturalis, c und g {Je war immer nur in beschränktem Gebrauche gewesen, c hatte früher seinem ursprünglichen Werte nach auch für g gedient und hat sich in einigen Wörtern immer behauptet, z. B. in den Sigeln C = Oaius, On, = Gnaeus [Chtaivod]) hat ohne Zweifel ihren Grund in der präcisen Unterscheidung der beiden Laute in der Aussprache, wozu nach Corssen's Vermutung^) die genauere Bekanntschaft mit der griechischen Sprache den Hauptanstoss gegeben haben soU.'^) Das Zeichen K hat sich in der lat. Schrift- sprache nur in wenigen Worten und zwar nur vor a behauptet, häufiger findet es sich auf spanischen, gallischen, britannischen, afrikanischen In- schriften, handschriftlich z. B. in kapiU, Varro bei Non. 48, 26 Müll, und öfter vgl. Ribb. Ind. Verg. S. 429.^) Nachdem bereits seit Übernahme des knmanischen Alphabetes q vor o und u in Gebrauch gewesen war, machte, wie es scheint, Accius vielleicht auf Grund alter Tradition (vgl. Hist. Gramm. 1, 84) einen reformatorischen Versuch, den Gebrauch der Zeichen für den tonlosen Kehllaut zu regeln {k vor a, q vor halbvok. u, c in den übrigen Fällen), jedoch hinsichtlich des k ohne durchdringenden Erfolg.'') Zu Augustus' Zeit wurde das bis dahin aus 21 Buchstaben bestehende Alphabet durch neuerliche unmittelbare Entlehnung aus dem Griechischen um die Buchstaben Y und Z vermehrt. Ersteres wurde in älterer Zeit durch u (daher z. B. in Lehnwörtern cumba cupressus cuprum, turanne Plaut. Pseud. 703 A, und noch auf Münzen v. J. 726 und 727 Jovi Olu(mpio) Aegupto capto) y^) seltener t, einige Male auch durch oe wiedergegeben.^) Letzteres wurde im Anlaute durch s (z. B. Setus CIL. 1, 1047), im Inlaute durch ss wiedergegeben *<>) (z.B. in den zahlreichen griech. Verben auf -/fw, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass der messapisch-tarentinische Dialekt gleichfalls die Formen auf "(atfco hatte. ^^) z wurde auch für (tönendes) s geschrieben, so z. B. in AHavazdis Mon. Anc. 6, 11 neben Artavasdis ib. 5, 26 und 'i 5, 30. Das somit aus 23 Zeichen bestehende Alphabet suchte noch Kaiser Claudius um drei neue Zeichen zu vermehren: h = Mittellaut

1) MoMMBBir, Rom. Forsch. 1, 304. *) Plutarch, Quaest. Rom. 54 u. 59. ») Krit Beiia-. 157. *) 1, 10.

») SiCELMARir 843 f.

*) Sbxlm AHN 842. lieber den Gebrauch TOD e und k siehe Wbissbrodt, Observ. in Sc. de Bacch. 32 f.

7) RiTSCHL, Op. 4, 492 Anm., 687 ; Bersu,

Die Gnfcturalen 52.

») Wbissbbodt^ Miscellanea (1883) 17 f.

^) RiTBCHL, Pr. Lat. m. e. 124, Sohmitz, Beitr. 108, Ribbbok, N. J. 75, 316 ff.; Flbokeisbn 50 Artikel 20; Schuohardt, Yok. 2, 254.

»0) CORSSEN 1, 6.

") Deeckb, Rh. M. 37, 376 Anm. 2. Vgl. Weise 23.

^anclbacli der klMs. Altertniiunrimeiiflchaft. II, 2. S. Aufl.

18

Lateinisohe Qrammaiik. b. Lautlehre.

zwischen u und i, inschriftlich nur für griech. v nachgewiesen,^) j ^= kon- sonantisches V, inschriftlich häufiger nachweisbar, endlich D = &s und ps. Die alphabetischen Reformen des Kaisers überlebten jedoch seine Re- gierungszeit nicht.

IL Die Aspiration in der Schrift.*)

In alter Zeit wurden die griechischen Aspiraten x ^ 9 (ohne Zweifel Tenues mit scharfem nachstürzenden Hauche) >) durch die offenbar am ähn- lichsten klingenden Tenues wiedergegeben, die sich in nicht wenigen Fällen för immer festsetzten, z. B. tüs gr. &vog, Poem (Doirixeg u. a.*) und, wie das häufige Schwanken im Oebrauche der aspirierten und nicht aspirierten Zeichen, sowie die Versetzung der Aspiration, endlich auch der Thatbestand in den romanischen Sprachen lehrt, in volkstümlicher Sprache immer herr- schend blieben. Dagegen machte sich in der lateinischen Schriftsprache das Streben bemerkbar, die griechischen Laute der Aspiraten, die man offen- bar auch möglichst genau nachzusprechen bemüht war, auch durch die Schrift genau zu fixieren. Die ältesten inschriftlichen Beispiele der Schreibung mit h sind triumphans und Achaia neben Corinto (CIL. 1, 541 a. u. 609 = 145 V. Chr.) und Corintho (ib. 546 a. u. 608). In der Schriftsprache ist die Konsonantenaspiration seit c. 100 v. Chr. unbedingte Regel und damit der Gegensatz zur vulgären Sprache besiegelt, in deren Urkunden, wie bereits angedeutet, die Schreibung ohne Aspiration auch in der Kaiserzeit häufig begegnet. Über die letzte Stufe der Wiedergabe von griech. g> durch lat. f (vereinzelt schon seit früher Kaiserzeit, regelmässig seit der 2. Hälfte des 4. Jahrh.) vgl. Mommsen a. a. 0. Über vereinzelte Wiedergabe von griech. ^ durch s in den Tironischen Noten, ein Zeichen vulgärer oder provinzialer Aussprache, Schmitz, Beitr. 109. Die Aspiration des ^ im An- laut und des ^^ im Inlaut griech. Lehnwörter fehlt bei älteren, wie Ri^gium rosa Burrus u. s. w., gelehrte Neigung späterer Zeit hat sie nicht nur in den griechischen Lehnwörtern eingeführt, sondern auch fälschlich auf Wörter anderer Sprachen übertragen, daher immer Rhenus, weniger gut auch Rhdetl rh^da. Auch in echt lateinischen Wörtern treffen ¥rir die Schreibung mit h, so gegen Ende des 7. Jahrhunderts und später gewöhnlich pulcher (^pol-cro- von polire), zuerst auf einer Münze vom Jahre 650 u. c. [CIL 2, 380],^) Cethegus Gracchus, so gräzisierend in den italischen Wörtern phalärica lympha Thalassio,^) Über volkstümliche Aspiration Röscher in Curtius, Studien 2, 143 f. (hinsichtlich des Mate- rials) und Brandis, De aspiratione Latina quaestiones selectae Bonnae 1881. Über die ganze Frage der Aspiration auch Bersu, Die Gutturalen S. 38 f. Über die häufig vorkommenden Schreibweisen crJi trh prh vgl. Kretsghmeb, Die griech. Vaseninschriften 160 f. und Brugmann, Griech. Gramm. ' 80.

1) COBSSEV 1, 27.

') MomiSEir, Hermes 14, 68 f.; Schmitz, Beitr. llOf.; Ritschl, Fr. Lat. m. e. 58; Sbelmann 252 f.; Jobdan, Hermes 15, 541 ff.; Wbisb 70 f.; V. Plahta 1. 61 f.

*) GuBTius, Grdz. 414f.; Blass, Ausspr.' 99 ff.; G. Meybk, Gr. Gramm.* S. 280 ff.

*) 0. Weise 15 f.

*) Brambach, Neug. 287 f. Vielleicht eine Folge etymologischer Spielerei zwischen puleer und noXvxQovq „vielfarbig, bnnt*. Vgl. LiVDSAT, Lat. Lang. 12, Britomann, Gnmdriss V %11.

«) 0. Weise 14.

1. SohriftzeiGhen und Orthographie. 4.) 19

ni. Gemination der Vokale, Bezeichnung des 7 durch ei,

I longa, Apex.

Der Dichter Accius führte zur Bezeichnung von a i^ ü die Gemination der einfachen Lautzeichen in der Schrift ein,^) ohne Zweifel im Anschluss an altitalische Schreibweise.*) Das älteste Beispiel ist paastores auf dem Miliarium Popillianum 622 u. c. Das häufigere inschriftliche Vorkommen dieser Schreibweise, welche nicht annähernd zu allgemeiner Geltung kam, fällt von 620 680 u. c. Vereinzelte Belege derselben finden sich übri- gens in allen Bänden des Corpus inscriptionum; fuuco auf einer Tessera aus guter Kaiserzeit (vgl. auf anderen die Schreibweisen moice cinaid.^) Handschriftliches diee (Quint. 9, 4, 39) ist wahrscheinlich in dice zu ver- bessern,^) Plaut. Merc. 985 ist iuus durch CD bezeugt. Beispiele dieser Schreibweise auch in griechischer Transskription bei Ritschl, Op. 4, 151.

0 wurde nicht verdoppelt, 0) vgl. jedoch falisk. vootum Zvet. Inscr. It. med. 68,*) l von demselben Dichter durch ei bezeichnet) Des Lucilius Bezeichnung der beiden i-Laute, des geschlossenen (tenuis) und des offenen fpinguis) durch i und ei, drang nicht allgemein durch und fand überhaupt in der Zeit des Augustus ihr Ende. ^) Die Schreibung mit ^i verschwindet grösstenteils mit dem Ende des 8. Jahrhunderts der Stadt, wenn auch manche Beispiele sich noch später finden.^) Auf dem Mon. Anc. finden sich nur Dat. Flur, auf -eis und plebeL Nicht selten sind in unseren .Hand- schriften die Spuren dieser Schreibung, so namentlich im cod. A des Plautus, bei Varro, Nonius u. s. w.*o)

I longa, zur Bezeichnung des i seit SuUa's Zeit inschriftlich nachge- wiesen, z. B. CIL. 1, 548 pelIcI und vicvs (a. u. 67*/6). Angeblich ältere Beispiele sind unsicher. ^^) Dasselbe Zeichen wurde auch für j, genauer tf verwendet, z. B. eIvs und dafür auch eIivs und biIvs, worüber Weiss- BBODT, Phil. 48, 444 ff., woselbst auch die ganze Litteratur zusammengestellt ist. Über die Verwendung von I longa für l Corssen, It. Spr. 253 f. Über

1 geminata und longa Schmitz, Beitr. 70 ff. Über ii = i pinguis Kibbeck, Prol. S. 138 f. ii = ii schrieb Cicero nach Quint. 1, 4, 11 (übereinstimmend Velins Longus); auch der Ambrosianus des Plautus hat maiiores aiiebas cuiius

*) Ritschl, Op. 4, 142 f.; Cobssew, 1, 14 f

*) JoBDAV, Krii. Beitr. 125.

>3 BCcHRLBS, Rh. M. 52, 392 f. nach HüLsnr, Miitheil. des rOm. arch. Inst. 1896, 2^8 ff.

«) Mbuhisr, M^m. d. 1. S. d. 1. 1, 34

(BCCHSLBB-WiVDBKILDE § 121).

») Ritschl, Op. 4, 156 f.

*) Nachdem schon Solmsbn, Stadien 89, behauptet hatte, in fal. vootum aas *vovetum diene das oo zur Bezeichnang des zwei- gipfligen Accentes, hat jetzt Bersu, B. B. 23, 252 ff. die Behauptung aufgestellt, dass die Gemination der Vokale nichts anderes gewesen sei als eine besondere Art dialek- tischer Svarabhakti (,Yokalteilang*). Mag dies vielleicht auch von Hause aus richtig ■ein, woftr, wie ich jetzt gegen Hist. Gramm.

1, 617 zugeben muss, gerade fal. vootum zu sprechen scheint, so hat doch in den latei- nischen Beispielen gewiss die Gemination der Vokale nur zur Bezeichnung der Länge zu dienen, was ja Bersu für £e Zeit vom Ende des 6. Jahrhunderts der Stadt (und ftlter ist kein lat. Beispiel) selbst zugibt.

') Ritschl, Op. 4, 359.

*) ib. 376; Brambaoh, Neug. 181 f. Vgl. auch Thurnbyben, E. Z. XXX 498.

^) Weissbrodt, Phil. 43, 444 führt an eidib(us) CIL 6, 1154 v. J. 222 p. Chr.; CoBSSEur I 787.

^oj JjACHUkW zu Lucretius (2. Ausgabe) S. 244, Neue 1, 97, Jobdaw, Krit. Beitr. 237.

") Ritschl, Op. 4, 356 f. und besonders 382 f.

20 Lateinische Grammatik, b. Lautlehre.

u. s. w. (Studemund, Anal. Plaut. 171); vgl. auch Priscian bei Keil, Gr. L. 2, 303, 6 ; Seelhann 236.

Apex, zur Bezeichnung der Länge der Vokale verwendet, i) nicht als Accent, wofür man ihn früher wegen seiner am häufigsten vorkommenden Gestalt (') hielt. Das älteste inschriftliche Beispiel ist dIvo ivlio CIL. 1, 626, ungefähr zehn Jahre älter zwei numismatische.') Trotz sehr häufiger Setzung ist der Apex doch nicht allgemein durchgeführt; über i findet er sich erst auf Inschriften des zweiten und dritten Jahrhunderts {excidere Monum. Ancyr. I 15 ist nach Mommsen auf ein Versehen des Steinmetzen zurückzuführen), gelegentlich auch über Diphthongen.^)

Über I longa und Apex vgl. man die eingehende Schrift von Christiansen, De apicibus et i longis, Husum 1889, und Hist. Gramm. 1, 92 ff. Den eigen- artigen Anschauungen Birt's (Rh. M. 52 Ergänzungsheft 108 f.), womach ü „gelegentlich als Schriftausdruck für t^-Konsonanz beliebt worden" sei, vermag ich nicht zuzustimmen.

IV. Gemination der Konsonanten/) Sicilieus.

Die graphische Seite der Frage ist folgende. Nach dem Zeugnisse des Festus s. v. solitaurilia hat der Dichter Ennius die den Lateinern früher unbekannte Gemination der Konsonanten eingeführt. Das ältere Hinnad, CIL. 1, 530 v. J. 543 u. c. ["Ewa, auf Münzen HENNAION], ist nichts anderes als die buchstabengetreue Wiedergabe der griechischen Form dieses Stadtnamens, wie schon Ritshl a. a. 0. hervorgehoben hatte. Die ältesten lateinischen Beispiele sind essent oppidum possidere veUet turris, daneben allerdings iousit posedisent, auf dem aus d. J. 565 u. c. stammenden Dekret des Aemilius Paulus.^) Die übrigen ältesten Beispiele bei Ritschl 1. 1. 88. Nach demselben Gewährsmanne zeigt sich die Gemination der Konsonanten im Fortschreiten nach 620 u. c. Vollständig durchgedrungen ist sie, von spärlichen Resten abgesehen, kurz nach 640 u. c. Nach den sorgfältigen Untersuchungen von Weissbrodt, Spec. gramm. 23 f. und part. n, 1 13 hat sich die von Ennius eingeführte und geregelte Schreibweise ungefähr bis zum Jahre 640 in offiziellen Denkmälern erhalten; dies er- gibt sich aus dem ziemlich konsequenten Gebrauche des s und ss (ersteres nach langen, letzteres nach kurzen Vokalen), daher z. B. esse essent seit 565 u. c. (nur CIL. 1, 196 und 1166 bilden Ausnahmen), hingegen s im Inf. Perf. und Coniunct. Plusquamperf., wobei allerdings die Quantität des i in 'isse nichts weniger als sicher steht. Nachdem Bährens^) die Frage in einer den Laut- und Bildungsgesetzen der lateinischen Sprache vielfach widersprechenden Weise behandelt hat, ist Seelmann, Ausspr. 109 f. aus- führlich auf sie eingegangen. Die lautphysiologische Seite der Frage, auf die S. mit Recht ein besonderes Gewicht legt, kommt an dieser Stelle für

0 RiTBOHL, Op. 4, 376 f., 389 f., Gorssen I particulasecunda, BmuBbergae 1872. Dbbcke,

1,23 f., ScBxiTz, Beitr. 38f. Rh. M. 36, 577 hält sie für messapiachen

') Braxbach, Neag. 24. Ursprungs.

») Weissbrodt, Phil. 43, 444. I ») Hübhhr, Hermes 3, 242 f., CIL. 2, 5041.

*) Ritschl, Op. 4, 48 f.; 165 f.; Weiss- •) N. .1. Bd. 127, 774—798. BRODT, Spec. grammat., ConflaeDÜbns 1869;

j

d. VerhftltniB des latein Lanibeatandes zu dem der indogerman. Grnndspraohe. 5.) 2 1

uns nicht in Betracht. In dieser Hinsicht werden wir über den grössten Teil der in Betracht kommenden Fälle in dem Kapitel über die Quantitäts- minderung der Vokale zu handeln haben, vgl. § 40, A 3. Hier genüge es, zu betonen, dass im alten Latein auch dort der einfache Laut geschrieben wurde, wo etymologisch nur der geminierte berechtigt war. Dass trotzdem auch in der Aussprache ein anderer Laut als der einfache ge- hört wurde, zeigt wenigstens hinsichtlich des s deutlich die unterbliebene ßhotazierung. Sorgfältigere Fixierung des lautlichen Ausdruckes führte sodann zur regelmässigen Schreibung der Doppelkonsonanten. Unsere Frage ist eine orthographische und darf nicht mit denen der Aussprache verquickt werden, i)

Sicilicus; nur sehr spärlich zur Bezeichnung geminierter Konsonanten angewendet. Inschriftliche Nachweise seines Vorkommens sind mvmiaes^) 8ABELI0 CIL. 5, 1361, osA 10, 3743.

2. Verhältnis des lateinischen Lautbestandes zu dem der

indogermanischen Grundsprache.

5. Über die Laute der indogermanischen Grundsprache vgl. Brugmamn, Griech. Gramm.* 23, Grundriss 1*, 92 f. Denselben Lautbestand weist hin- sichtlich der Konsonanten im allgemeinen mit Ausnahme der tenues aspiratae und mediae aspiratae, welche fehlen, auch das Lateinische auf. An die Stelle der letzteren sind zum Teil (die genaueren Nachweise unten) der Hauchlaut h und der labiodentale (ursprünglich bilabiale) Spirant f getreten. In sonantischer Funktion sind f ^ ^ fp durch en em {in im), f l durch or ol (ur ul) vertreten und ihre Längen durch an am (aus an am) na ma, ar cd (aus ar dt) ra Ul.^)

3. Aussprache des Latein.

6. Zur Bestimmung des Lautwertes der lateinischen Schriftzeichen stehen uns folgende Mittel zu Gebote: 1) die Angaben der alten Gram- matiker über die Natur der Laute; 2) die inschriftlichen Zeugnisse, die, soweit sie das Schriftlatein betreffen, vornehmlich diakritischer Natur sind, z- B. Apex u. s. w.; aber auch volkstümliche Schreibweisen, die wir als phonetische aufzufassen berechtigt sind, sind geeignet, ein Licht auf den Lautwert des Zeichens zu werfen; 3) die Thatsachen der lateinischen Lautlehre; 4) Rückschlüsse aus den romanischen Sprachen und aus der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen; 5) die grie- chische Transscription, welche freilich nur einen bedingten Wert hat, da wir auch die Aussprache des Griechischen, die ja gleichfalls eine tote Sprache ist, nur durch Kombination erschliessen können (über die Ver- wertung vgl. DrrTENBEBGEB, Hormes 7, 129 ff. und 281 ff., und neuerdings EcKiKGEB, Die Orthographie der lat. Wörter in griech. Inschr., München 1893);

^) Vgl. auch Skutsoh, Forsch. 1, 94 und ') f9 ist der velare, n der palatale Nasal.

die dort angef&hrte Litteratnr. Mit g £ sind die ^alatalen , mit q g die ve-

') HObneb, Hermes 3, 413 f.; Brambach, laren, mit g% die labio-velaren Verschluss-

Neag. 26; Chbistiansen, De apicibus etc. 20 f. ; laute der indog. Grundsprache bezeichnet.

22 LateiniBche Grammatik, b. LauÜehre.

6) die lautliche Gestaltung lateinischer Lehnwörter in anderen Sprachen, z. B. im Alt- bez. Neu-Hochdeutschen, z. B. Keller, Kiste u. s. w. Aus der gewissenhaften Kombination der angegebenen Faktoren ergibt sich ein annähernd richtiges Bild von der Aussprache des Latein. Den ersten Ver- such einer wissenschaftlichen Darstellung der Aussprache des Latein hat CoBSSEN in seinem bekannten Werke gemacht. Keinen wesentlichen Fort- schritt bezeichnen £don, Trait^ de langue Latine, Paris 1882, und Schweis- THAL, Essai sur la valeur de Talphabet Latin, Paris 1882. Dann hat E. Seelmann in seinem Buche „Die Aussprache des Latein nach physio- logisch-historischen Grundsätzen, Heilbronn 1885'' den Gegenstand einer ausfuhrlichen Untersuchung unterzogen, welche unsere Kenntnisse aut diesem Gebiete wesentlich gefördert hat. Eingehende lautphysiologische Studien haben es dem Verfasser ermöglicht, durch scharfsinnige Deutung der überlieferten Angaben der Grammatiker in Verbindung mit den übrigen oben namhaft gemachten Faktoren die Natur der lateinischen Laute der Hauptsache nach festzustellen, und es muss ausdrücklich anerkannt werden, dass Seelmanns Buch in dieser Richtung einen wesentlichen Fortschritt bedeutet. Neuestens hat Lindsay in The Latin language p. 13 147 in ausgezeichneter Weise über den Gegenstand gehandelt. Ausserdem vgl. man noch Henby, Pr^cis^ 30 f., 63, Deecke, Erläuterungen 9 ff., Bennet, Appendix 4 ff., Giles, Vergl. Gramm. 90 ff. Über andere zum grösseren Teil wertlose Litteratur vgl. Hist. Gramm. 1, 111. Nach den von Seelmann entwickelten Grundsätzen haben die Engländer angefangen, ihre Aussprache des Latein zu verbessern, vgl. Summary of the pronunciation of Latin in the Augustan period (Academy v. 2/3 1887 S. 186 f., Berl. Phil. Woch. 1887 S. 703) und E. V. Arnold and R. S. Conway, The restored Pronunciation of Greek and Latin, Cambridge 1895. Einige andere mir nicht zugäng- liche Schriften über den Gegenstand in I. F. Anz. 8, 200 f. Freilich wird man zugestehen müssen, dass es wohl niemals vollkommen gelingen wird, die Feinheiten der lateinischen Aussprache in vollem Umfange festzustellen (Tecumer in seiner Zeitschrift 3, 322 f.).

Ohne auf die Beschreibung der lateinischen Laute im einzelnen ein- zugehen,^) bemerke ich im allgemeinen folgendes. Als die Normalaussprache hat die des Schrift- oder Hochlatein am Ende der Republik und in den ersten beiden Jahrhunderten der römischen Kaiserzeit zu gelten. Die früheren Zeiten haben namentlich hinsichtlich der Aussprache der Vokale manche Besonderheiten, während in der Aussprache der meisten Konsonanten zwischen dem älteren und dem Hochlatein kaum wesentliche Unterschiede geherrscht haben dürften. Nach dem zweiten nachchristlichen Jahr-

') In die erste Auflage hatte ich mit Genehmigang des Verfassers E. Seehnann die lautphysiologischen Definitionen der ein- zelnen Laute aufgenommen. Wenn ich jetzt hievon absehe, so geschieht dies nicht etwa deswegen, weil ich dieselben wenigstens der Hauptsache nach nicht mehr für richtig halte, sondern weü ich zugestehen muss, dass eine trockene Angabe der De- finitionen der einzelnen Laute ohne ein-

gehendes Studium des Seelmann'schen Buches, insbesondere der Abschnitte Aber allgemeine Phonetik, nicht den gewünschten Einblick in das Wesen der Aussprache des Latein verschafft. Zur Orientierung über phonetische Fragen sei jetzt auch besonders das Kapitel , Phonetische Vorbemerkungen* in der 2 Aafl. von Bbüghamn's Grundriss 1, 41 72 em- pfohlen.

3. Aussprache des Latein. 6.) 23

hunderte bringt das Eindringen der vulgären Elemente besonders im Yoka- lismus wesentliche Abänderungen hervor, die zum Teil an das archaische Latein anklingen, vielfach aber doch eine andere Begründung haben. Auch in der Aussprache der Konsonanten ergeben sich wesentliche Änderungen, 80 die lautliche Oleichstellung des b mit t?, infolge spirantischer Aussprache des letzteren, die Assibilierung des t vor i -\- Vokal (vulgär ausgedrückt durch tsi tzi zzi zi ^), die Verwandlung von j und v in Spiranten (im 4. oder 5. Jahrhundert) u. s. w. Dass in der Aussprache der Vokale und Diphthonge sich von der ältesten Zeit bis zum Ende der Republik ein entschiedener Wandel vollzogen hat, hat Seelmann S. 158 ff., wie mir scheint, mit Hecht hervorgehoben. Das alte Latein hatte eine entschiedene Hinneigung zu diphthongierender Aussprache der Vokale und eine gewisse Vorliebe für o- und li-farbige Vokale. Auch charakterisiert das archaische und vulgäre Latein ein gewisses Schwanken in der Aussprache der Vokale und infolge dessen die Vertauschung in der Schrift; dies betrifft ? und f, Ö und ü (seltener ü und d), ü und I (eigentlich haben wir im letztange- fuhrten Falle einen o- oder u-artigen Mittellaut anzuerkennen). Bezüglich der Aussprache der einzelnen Laute ist kurz folgendes zu bemerken. Von den Vokalen waren die kurzen e i o u offen, die langen Bl öü geschlossen; auch ä hatte in älterer Zeit einen offeneren Klang als a, fiel aber in der Aussprache der späteren Zeit mit letzterem, abgesehen natürlich von der Dauer des Lautes, zusammen. Im einzelnen gilt betreffs der Aussprache der Vokale und Diphthonge folgendes Schema :

ä lautete wie hochd. a in lachen, man; it. a in padre.

a wie hochd. a in Vater, Gabe; engl, a in father.

^ wie hochd. e in pflegen, Weg, frz. ai in aime etc.^)

wie frz. i in fie, bonti, hochd. e in edel, Hefe.

i wie hochd. i in in, wissen. Tisch; frz. i in fini.

i wie hochd. i in Igel, sie, frz.-ital. i in pie nido.

ö wie nordd. o in Gott, grob, frz.-ital. o in encore, cosa.

ö wie hochd. o in Böse, Sohn, frz. au in faute, it. o in padrone,

u wie nordd. u in Butter, dunkel, engl, u in fuU.

ü wie hochd. u in Mut, Buder,

ae hatte den Laut von engl, a in man mit rasch nachfolgendem e,^)

au wie hochd. au.^)

M Pescatobi, Boll. di fil. class. III 7, 166 ! worden sei. Ich halte dies für das Hoch-

bis 168 and ih. lU 9, 211—213 habe ich nicht einaehen können (handelt über die Aussprache des i nnd d).

*) LuiDSAY, A Short bist. Gramm. 13. E. 6. Sism^ER (Transactions and Proceedings d. 30. Amer. philol. Assoc.), der zur Ansicht neigt, es sei Monophthong gewesen, habe ich nicht einsehen können.

') hl einer umfangreichen Schrift (Rhei- nisches Moaeum N. F. Bd. Ergftnznngs- heft), betitelt «Sprach man avrom oder aanun?* hat Birt nachzuweisen gesucht, dass der Diphthong au wie av gesprochen

lateinische durchaus nicht für erwiesen, wenn auch zuzugeben ist, dass im vulgären Latein und dialektisch der Diphthong au nicht selten auf dem von Birt angedeuteten Wege zu a geworden ist. Noch viel weniger irgendwie wahrscheinlich zu machen ist, dass ou im alt- lat. poumilionam CIL. XIV 4110 wie ov ge- lautet habe. Auch in vielen Einzelheiten kann ich den Ausführungen Birt's ganz und gar nicht beistimmen. Vgl. die Besprechung von W. Mbter-Lürkb in Zeitschr. f* d. öst. Gymn. 1898 S. 227-231.

24 Lateinische Grammatik, b. Lautlehre.

oe wie hochd. ö mit rasch nachfolgendem e, jünger c (Lindsay, Lat. Lang. 44, Bbugmann, Grundriss 1*, 186).

eu mit dem Lautwerte von e -\- u,

ui mit dem Lautwerte von m + i.

Über den sogenannten Mittellaut ü vgl. § 25.

/ war nach der Natur des folgenden Lautes entweder palatal (hell) vor den Vokalen e und t, einem zweiten l und im Wortauslaut oder volar (dunkel) vor ä ö ü und allen Konsonanten ausser l r war das Zungen-r (:= dem englischen r).

m und n (dental) wurden im Anlaut wie im Deutschen gesprochen. Im Inlaut hatte n vor Gutturalen den Lautwert ng. In allen anderen Fällen hatte sowohl n als m im Wort- und Silbenende eine sehr schwache Artikulation.

Von den Verschlusslauten entsprachen c (k) t p den entsprechenden hochdeutschen Lauten, g db den norddeutschen tönenden Lauten derselben Kategorie, q dem engl. q. Aus dem Übergange von tl in cl schliesst man, dass bei der Aussprache des t die Oberfläche der Zunge sowohl die Zähne als den Gaumen berührte.^)

Die Aussprache des f stimmte mit der des deutschen f überein,*) während das lat. h weniger stark artikuliert wurde als das deutsche h und gleicher Natur gewesen zu sein scheint mit dem spiritus asper des Grie- chischen. Es war eigentlich nur „einfaches Aspirationszeichen des folgenden Vokales" (Seelmann 255). s bezeichnete durchaus einen stimmlosen Laut (anders im Altlatein, s. § 59). Konsonantisch fungierende % und u (j v) hatten bis in späte Zeit vokalische Aussprache (i u) und werden engl, y und tt?,8) frz. ou in oui und y in il 7i*y apas und i in occasion verglichen.*)

c (k) war noch bis gegen das 6. Jahrhundert wirklicher Verschluss- laut auch vor den palatalen Vokalen i und e. Bemerkenswert ^vxla Sethia- nische Verfluchungstafeln aus Rom 20, 72 (herausg. von R. Wünsch, Leipzig 1898), jedenfalls dem 5. Jahrh. angehörig. Seine Aussprache vor diesen Vokalen war mindestens seit dem Ende des 3. Jahrhunderts die praepalatale. Dasselbe gilt von g. Über die Aussprache des c vgl. man Corssen I 44 flf., It. Spr. 1 flf., DiEZ, Gramm, d. rom. Spr. I* 249 flf., Seelmann 333 flf. Speziell über ce ci Guarnerio in Suppl. periodici all' Arch. glott. IV 21 51.

Die Assibilierung des t vor i + Vokal ist jedenfalls nicht vor dem 5. nachchristlichen Jahrhundert erfolgt und hat sich erst im 6. allgemein festgesetzt. Mit diesem Prozess, der die häufige Verwechslung der Silben ü und ci zur Folge hatte (z. B. Bonifacius statt Bonifatius), ist nicht zu verwechseln die inschriftlich seit dem 2. nachchristlichen Jahrhundert be- legte Schreibung ci für ti, z. B. mundiciei (136 n. Chr.), disposicionem u. a. bei Seelmann 323. In diesen Fällen handelt es sich thatsächlich um Über- gang des t in k, bez. t' in fc'*.)

1) GiLES 90.

') Allerdings war f bis in die letzten Zeiten der Republik bilabial (vgl. z. B. im fronte CIL. I 1104).

>) Lindsat a. a. 0. 14 u. 15.

*) GiLBS a. a. 0. 91. (Bd. 33), Heft 3.

^) Bbugmann, Ber. d. k. sächs. G. d. W. 1895, 41; Grundriss 1», 532; Lindsay, The Lat. Lang. 88. Ueber die Aussprache der Silben ci und ti vgl. auch Landgraf in den Blättern f. d. Gymnasial-Schulwesen 1897

8. AoBspraohe dea Latein. 6.) 4. Vokale. (§§ 7—8.) 25

X hatte durchaus den Wert von es. Dem Laute des y wird der sog. Mittellaut u in optimus am nächsten gekommen sein, z war stimmhaftes s, wie hochd. s im Anlaut vor Vokalen. Die beiden letzten Laute kamen übrigens nur in Fremd- und Lehnwörtern vor.

Anmerkung. Bezüglich der in neuerer Zeit viel behandelten Frage der Orthoepie vgl. besonders R. Boütbbwek und A. Teogb, Die altsprachliche Orthoepie und die Praxis, Berlin 1878 und ausser der von Hübner, Gmndr. § 20 angeführten Litteratur Büngeb, üeber die lat. Quantität in positionslangen Silben, Progr. v. Strassburg 1880, A. Marx, Hilfs- büchlein ^ die Aussprache der lat. Vok. in positionslangen Silben, Berlin 1888, 2. Aufl. 1889, Bender im Gorrespondenzblatt f&r die Gelehrten- und Real-Schulen Württembergs Jahrg. 30 (1883) S. 349 f.

4. Vokale.*)

7. A, idg. ä = lat. ä, z. B. acies gr. axQoq^ agö gr. a/«, madeö gr.

ftaSäa), saliö gr. alkofiai^ dacruma gr. iaxQVy angö gr. «yy«, arö gr. a^ow,

rapid gr. aQnd^co, sarciö gr. ^amto.^)

Anmerkung. Dass auslautendes indog. ä = lat. ^sei, wie Bbuomann noch Grund- riss 2, 625 für den lat. Ablativ der cons. Decl. angenommen hatte, indem pede wegen gr. aiol. nfcf-a auf ^ped-a zurttckgeführt wurde, wird jetzt von ihm selbst (Gmndr. 1*, 227) als unwahrscheinlich bezeichnet. Vgl. § 86. Wegen inde, das man nach Osthoff, Z. G. d. p. 577 = gr. %v»tt setzte, vgl. ausser Bb^al M6m. d. 1. S. d. 1. 1, 198 jetzt Hibt, IF. 1, 16 und LiNDSAT 570. Jeden^lls ist ^ als ursprünglich anzusetzen, wenn auch die Erklärung des Ausgangs -nde noch zweifelhaft ist.

Idg. CL = lat. ö, z. B. mater dor. iiccxriQ^ clavis dor. xlä(p)ig^ mdlum dor.

fiäXor^ stiävis dor. aövgy fari dor. (pä/xi; desgleichen bei den nominalen

a-Stämmen (im Lat. in den meisten Kasus gekürzt) und den denominativen

Verben auf *äiö; auch im Perfekt, z. B. scabi von scäb-.^) Über la ra na

= idg. J f g vgl. §§ 43, 45. Über sekundäre Veränderungen von a § 24 flf.

8. K idg. d = lat. ^, gr. «, skr. a, z. B. ego gr. «yw, es- gr. «V-, ferö gr. ip€QWy genus gr. y«Vo$, eqtws gr. InTiog Grdf. *ek^o-f decem gr. iäxa, sedeö gr. it^j -que gr. rk skr. ca, lupe gr. Avxe, age gr. aye.

idg. e = lat. i:*)

1. Vor Nasal -j- Guttural, wie cingö (W. qef9q'), quTnque Grdf. *pef9que (mit l nach qutnttis), tiggö gr. %syym] ferner mit -ew- = idg. -t}- oder -jp- inguen gr. arfjji' Grdf. *^^en: singuU Grdf. *s^Afo-, sin-cinium. Ähnlich auch sinciput aus *sSm(i)-capiU.^)

0 In dieser Uebersicht ($§ 7—13) fassen wir in erster Linie (aber nicht ausschliesslich) die Vokale der betonten Silben ins Auge, da über die Yokalgestaltung in unbetonten Sflben in den §§ 24 27 im Zusammenhange gehandelt werden wird. Dabei ist zu be- achten, dass nach dem altlateinischen (alt- italischen) Betonungsgesetz die erste Silbe den Hanptton des Wortes trug.

*) Vgl. die Uebersicht bei Db Sadssurb, M^nn. 55 f.

') De Saussube, M^m. 59.

**) Ausser ftlterer Litteratur (Cobssen 2, durch lat. i hingewiesen.

257; Bbupfacbeb, Oskische Lautlehre 25,

jetzt Meillbt in M^m. d. 1. S. d. 1. 7, 167; 0. HoFFMANN, BB. 18, 156 f.; Pakodi, Arch. glott. Suppl. 1, 1 ff., und neuestens Niedbrmakn, iS und I im Lateinischen (Basler Diss.), Darm- stadt 1897 (dazu Bbugmann, Grundriss V XLII). Auch durch die letztangefUhrte Schrift ist keine vollkommen unanfechtbare Lösung der Frage herbeigeführt worden. Vgl. jetzt darüber von Planta, Arch. f. lat. Lex. 11, 282 f. Im Texte habe ich, dem Charakter dieses Com- pendiums entsprechend, nur auf die unbe- strittenen FftUe der Vertretung von indog. d

'^) Fraglich ist es, ob mit Solmsen, K.

Autbbcht-Eirchhoff, Die umbrischen Sprach- I Z. 34, 97 unmittelbarer Uebergang von -e- in denkm&ler 27 f., J. Schmidt, K. Z. 23, 344) vgl. | -i- anzunehmen ist.

26 LaMnlBohe Grammatik, b. Lanilehre.

2. Vor gn mit Längung des kurzen Vokals in ignis aus *egnis,^) Signum aus *seqimom vgl. in-seque, flgnuni gr. fsxvrj^ und wohl auch dignus aus *deC'no'8.^)

3. In Minerva, alt üfeni^rt^a^ das wir trotz Br^al (vgl. Meillet, De indo-europaea radice '^MEN-, Paris 1897, S. 48, dagegen Niedebmann 96 f.) zu dieser Wurzel stellen, prömenervat Fest. 244 Th., $ini$terW. sen- „ein Ziel erreichen, Erfolg haben, gewinnen*'') ist die Stellung vor der Tonsilbe die Veranlassung zum Übergange von e in i gewesen.^)

4. Aus der Zusammensetzung, wo e infolge der nachtonigen Stellung der Silbe in i überging, verselbständigt^) sind plicö gr. nh'xw, altlat. spicii spiciö^) und wohl auch miniscor. Ähnlich mihi tibi sibi aus *mehi Hebi *sebi in enklitischer Stellung.

5. Dialektisch sind Mircurios Mirqurios (Präneste, CIL. 1, 59), stircus (Spoletium, CIL. 5, 782), fraglich commircium Gr. L. 7, 77, 12 K.

6. In Fällen wie imber a\\& *entbns Grdf. *iji6Än- ai abhrd^ „Wolke", Simplex simplum und wohl noch einigen anderen dürfte doch die Stellung des -em- vor der Doppelkonsonanz den Übergang in -im" veranlasst haben.'')

Anmerkung 1. Die Prftposition en, vgl. ombr.-osk. en-e^) gr. iv, ist lautgesetzlich vor Gutturalen in der Zusammensetzung und in der Stellung im Satee, z. B. inquUinus aus *enquelino8f incitö aus *eneitö, in eaelo aus *en eailöd, in in Ubei^egangen; vgl. den genau entsprechenden Fall mit in priv. aus en- *^-. Manchmal dürfte en- audi infolge von Assi- milation in in- übergegangen sein,"j auch vortonige Stellung mag denselben Uebergang be- wirkt haben. ^^) Durch Beeinflussung von selten des in- ist auch endo- in indu- übergegangen, wie ja überhaupt das letztere durch das erstere abgelöst worden ist, vgl. endoitium Paul. Festi 53 Th. und initium, induperätor und imperätar^^)

Anmerkung 2. Bbugmanit a. a. 0. 128 spricht die Vermutung aus, dass das i in simplum simplex u. s. w. und in der Diminutivendung -illo- -illa, z. B. päxiUus, äxilJa, vexillum dem vorausgehenden s den Ursprung verdanke.

7. In iei ieis mieis ist e durch den Einfluss des folgenden i in i über- gegangen; ei e^, meis sind durch die regelrechten Formen eum ea eös u. s. w. wiederhergestellt worden.

8. Über -e- = -i- durch Assimilation vgl. § 28.

idg. anlaut. ^e = lat. vo^^) vor folgendem gutturalen l und m, volup gr. peXn-, volvö gr. (f:)iXv(o, volö aus *velö, vomö gr. (/sjifitw, desgleichen

^) Ueber das Alter der sekundfiren Länge des -i- vgl. Skütsch, Jambenkürzung und Synizese 5 (Satura Yiadrina 123).

*) üeber lignum vgl. Osthoff I.F. 8, 30 S der das Wort zu gr. hy^yv-g , Rauch, Qualm** stellt

') Bruomann, Rh. Mus. 43, 399 f., weniger wahrscheinlich Wimdisch, E. Z. 27, 169 f.

*) Ueber andere zum Teil zweifelhafte

*^) NiEDEBMANN 101.

^^) Die Formen mit indu scheinen sich allerdings zum Teil lange behauptet zu haben, vgl. induperantes auf einer Inschrift aus der Zeit des Kaisers Commodus, Not. d. scavi 1896, 165. Beeinflussung des endo- durch inde ist mir viel weniger wahrscheinlich (NiKDERMANK s. a. 0. 50). Auch die griechi- schen Lehnwörter incitega Paul. Festi 76 Th.

Fälle s. NiEDEBMANN s. a. 0. 94 ff. ' „machinula, in qua constituebatur in con-

^) Osthoff, M. U. 4,2 Anm. vivio vini amphora, de qua subinde defer-

^ CofissEN 2, 359.

^) Wegen aimpulum «Schöpfkelle*, das eine Stammform *8em-p-y vgl. lit. semiii , schöpfe**, enthalten dürfte, vgl. ausser Beug- MAiw, B. d. k. s. G. d. W. 1897, 23 ff., auch von Planta, Gramm. 2, 194, Solksen, K. Z. 34, 11,

rentur vina** und das sp&te incomma ,Re- krutenmass* (= iyyv&tjxt] und eyxofAfia) sind durch die lat. £omp. mit in- beelnflusst.

^^) Ausser älterer Litteratur (Scbleigbbb, Comp. 82, K. Z. 9, 372; Sselmann 171) vgl. Parodi, Studi it. d. fil. class. 1,439, Osthoff,

Ebbtscbmer, Einleitung 126. Amer. Joum. of. Philol. 24, 50 ff.; Havbt,

^) von Planta, Gramm. 2, 445. Arch. f. lat. Lex. 9, 135 ff. und ganz besonders

*) Bkuomann, Grundriss P, 122. , Solmsen, Stud. 1 ff. Da es bis jetzt nicht

4. Vokale. (§§ 9-10.) 27-

vielleicht in den etruskischen Lehnwörtern Volaterrae velad^ri, Volumnius velimna;^) unter denselben Bedingungen que- = co- in colö für *(iuelö gr. nälofim (dagegen colis für lautgesetzliches *quelis vgl. inquilfnus nach colö colutU), combretum für "^quembrBtom „Binsenart" lit szvefidrai.*)

idg. s^e = lat. S(h in socer für '^s^ecrch gr. (a^JixvQog skr. ^vaiwm-,*) soror für *s^sör ai. sväsar-, somnus für *s?^e2>no- skr. sväpna-, sonit aus *$^feneti skr. svdnati „rauscht''.

Vor gutturalem 2 ist e in o übergegangen auch in holus altlat. heltis Paul. Festi 71 Th., olor mir. e?a, soZwö aus ^se-luö und in den griech. Lehn- wörtern olfva oltvum aus ilai(i:)a^ €lai(f!)ov (Mittelstufe *6leiva, öleivum) ;*) ebenso vor l + Konsonant in voU Grdf. "^vettfij, jünger vuU, vgl. § 101; vor qu in cojwö aus *quequö;^) vor iw in Äomö, alt Äemö^wcm.

idg. (^ ist schon im Italischen zu ou geworden, daher auch lat. sovofn CIL. 1, 588, sovo soveis öfter,«) tov{am CIL. 1, 1290, umbr. tover »tui'*, osk. tuvai „tuae* Grdf. ^se^o- *te^O', vgl. gr. iog frco^;^) novtAS gr. vt{/jog^ novem gr. dvvsa. Nicht ganz klar ist Seispitei CIL. 1, 1110 neben gew. sospes.^) Vgl. ausserdem wegen eu = ou § 35.

idg. e = lat. ?, z. B. /^tore femina gr. 'ß-ijaO^at, sßmi- gr. ij^ut-, rüg-em skr. rdjan-, nere gr. i-ij^cö; sie»i aus *si^m gr. «"lyv. Dass idg. ^ zu lat. l geworden sei in ftUtis umbr. feliuf „lactentes**) (vgl. stisptciö dskniö sub- tllis u. a.,^<>) ist jedenfalls zweifelhaft (vgl. unten § 20).

9. lat. a e neben e a anderer italischer Dialekte: petö volsk. atpatüu, iepar umbr. tapistenu (tepida), trabs umbr. trebeit (stationem habet) osk. trii- biirn (domum), vasculum umbr. vescla. Vgl. jedoch darüber v. Planta, Oramm. 1, 281 f. quattuor umbr. petur- osk. petora (idg. ^qet^er-) ^r*quettuar mag sein a von quarttts bezogen haben. ^^) Wechsel zwischen a und c auch in anderen Fällen, wie aries gr. iQtfpog, margö merges, pariö lit. periü, tarmes terere, maneö gr. fitvw, paUidus gr. rrshog u. a. Jedenfalls liegen zum Teil Abstufungsverhältnisse zu Grunde^ namentlich, wo es sich um die Stellung vor und nach Liquidae und Nasales handelt. Vgl. Hist. Gramm. 1, 160 f.

10. 0. idg. ff (offener als ä, das geschlossener gesprochen wurde) = lat. Ö im Ablaut mit e, z. B. oriar gr. oQrvrm, donius gr. SäfAfo, ob gr. €m\ spandeö gr. anävdia^ toga tegö, torreö gr. Ttgtrofiai; der thematische Vokal 0 beim Verbum; von suffixalen Silben, in denen der o-Laut als

gelangen ist, eine strenge ScheiduDg zwischen idg. V luid V durch znfthren, schreiben wir Ql^rall y.

^) Siehe jedoch Solxsen a. a. 0. 13.

') Vgl. unten § 55. Lautgesetzliches ^cufnbretum (vgl. § 28, 6) aufgehalten durch die Composita mit com. Vgl. BBüOMANif, Gmndnss 1* 142'.

S) Vgl. Hist. Gramm. 1, 854 No. 19.

*) lieber <deum vgl. § 14 B 4.

^) Auch ioeur (seit Augustus) neben iecin4>ri9 rechnet Brugha^n, Grundr. V, 122

Problem d. hom. Textkritik 131 u. 144.

») Nach CoBssEw, It. Spr. 184 und Thub- MBYSEH, Bezz. B. 8, 281 Anm. = ^fülias; gegen ersteren mit Recht Buche leb, Rh. M. 39, 411. SoLMSEK, K. Z. 84, 4, Bbugmann, Grundriss 1', 101 fassen -t- als ursprünglich (Tiefstufe zu -^). Wegen G. Meyer, Alban. Stud. 8, 83 f. s. Pedbbsen, E. Z. 33, 541 (Hist. Gramm. 1, 624) und v. Planta, Gramm. 2, 22'.

^^) Vgl. übrigens wegen deUniö Osthobf, P.-B. Br. 18, 400 und im allgemeinen Bbug- MANK, Grundr. 1', 134 f.

hieher. Vgl. jedoch auch Solmsbn a. a. 0. 17. ") Anders J. Schmidt, K.Z.25,49; Buggb,

*) Ck)B88BM 1, 668. Bezz. B. 14, 57. Oder ist a in diesem Worte

') üeber «M«*, /««« s. § 14 B 4. als „Tief stufen vokal* aufzufassen? Vgl.

•j J. Schmidt, Verw. 57, Bkugmank, Ein Fobtünatow, K. Z. 86, 35.

28 Lateinische Orammatik. b. Lautlehre.

Vertreter von idg. o erscheint, nenne ich das -o- der o-Stämme, z. B. in equ'O-, 'OS in opos CIL. 1, 52, Venös CIL. 1, 57. Über den Übergang dieses o in u, sowie anderer suffixalen ö in ursprünglich unbetonten Mittel- und in Schlusssilben vgl. § 23, 5 ; 26, 3. Über den Übergang von o in i (e) in nachtonigen Silben vgl. § 25.

In Tonsilben ist dieses o zu m geworden:^) 1. in der Verbindung mit nc ngt^ nib, z. B. uncus gr. oyxog, .Bug, Hacken '^y unda gr. oyxog „Masse*; unguis gr. ovv^; umbo umbiltcus gr. ofx^alog;^) 2. vor l -j- Konsonant (mit Ausnahme von l), mag o ursprünglich oder aus e hervorgegangen oder -oJ. = idg. -/- sein, z. B. sulcus gr. 61x6g, pulmentum umhr, pelmner „pul- menti*, fulgur ai. bhpgu- , Geschlecht mythischer Wesen, das zum Feuer in naher Beziehung steht*, unter denselben Bedingungen ist auch lat. o = idg. ä (siehe den folgenden Paragraphen) zu u geworden, vgl. uUra uUimus. Besonders häufig, aber keineswegs konsequent, finden wir noch vor Konsonanten or in ur gewandelt (vgl. Hist. Gramm, a. a. 0.), eine Ver- schiedenheit der Behandlung, die Brugmank a. a. 0. 143 mit der doppelten Gestalt von uridg. f C-or- und -ur-J in Zusammenhang bringt. Betreffs der weiteren verwickelten Einzelheiten dieser Frage ist die Übersicht bei Lindsay oder in der Hist. Gramm, a. a. 0. zu vergleichen.

Älteres vo^ ist vor r s t seit der Zeit des Scipio Africanus in ve- ge- wandelt worden nach Quint. 1, 7, 25;*) hieher gehören vortö vertö, vorstis versus, vortex Vertex, vorrö verrö, voster vester, votö vetö, Voturius Veturii^s und auch die Lehnwörter averta , Felleisen, Mantelsack"*) und veredus.^) Anders, aber mir nicht recht glaubhaft Pedersen, K. Z. 36, 90 f. Die Grammatiker haben aus dieser doppelten Lautgestalt unberechtigterweise Bedeutungsunterschiede herausgeklügelt, z. B. bei vortex und vertex.

Auslautendes ö scheint e geworden zu sein in der 2. sing. imp. dep. u. pass. sequere aus *sequiso gr. in€(a)o.^)

idg. ö = lat. ö, z. B. nös alb. ne (Akk.), nöscö gr. yeyi'aJo'xw, nepös, plörare, söptre W. s^ep', vöx gr. f^en-; in suffixalen Silben: -tör- gr. -rw^ neben -t€Q', -ö«- neben -en-; Abi. sing, auf -öd 87); 1. sing, praes. auf 97).

10a. idg. ä = lat. o^) in ocultts arm. akn „Auge'', odium arm. ateam „ich hasse **.

idg. ä = lat. ö in dönutn, öKm, öcior, ös, pötus.

Nach Thurneysen's Auseinandersetzungen, K. Z. 28, 154 f. hat infolge sehr offener Aussprache des o Übergang von öv in äv stattgefunden und

^) Vgl. Mbykr-Lübke, Phil. Abhandl. f. ' *) Brugmann, Grundriss 1^ 226 Anm. 2

Schweizer-Sidler 1 ff. ; Parodi, Archiv, glott. Suppl. 1, 10 ff.; Brugmann, Grandriss P, 142 f., Hist. Gramm. 1, 145 ff., Lindsay 285 f.

«) lumbrU:u8 (vgl. Hist Gramm. 1, 630) stellt Brugmann, Grandriss V 142 wieder zu epidaur. dsfieXias.

') Vgl. besonders Solmsbn, Studien 19 ff.

^) Nicht, wie früher geschehen ist, von aogtiJQ, sondern mit Solmsen a. a. 0. S. 23 von doQTij .Kleidersack'* abzuleiten.

») Für ♦corcrfu« vielleicht aus gall.*rof«(fo- . Pederskn, K. Z. 36, R6 ff. «Pferd* nach Brugmann,* Grundriss 1'^, 148.

bezeichnet diesen Uebergang jetzt als un- sicher. Betreffs der litteratpr über diese Frage verweise ich auf Hist. Gramm. 1, 352 No. 11.

^) Dieser nicht mit e ablautende Vokal erscheint im Armenischen als a, w&hrend idg. o (Ablaut zu e) als o erscheint. Vgl. Hist. Gramm. 1,361 f. und Brugmann, Grundriss 1^ 158 f. Die Existenz von idg. ä und ä wird neuesiens gelftugnet von

4. Yokalo. (§§ 10a— 12a.) 29

zwar, wie Brugmank, Grundriss 1 ^ 155 Anm. behauptet, nur bei solchen Wörtern, deren o nicht der e-Reihe angehört; man vgl. caveö gr. xo(p)h(o^ cavus gr. xoot , Höhlungen', laver e gr. Xo(f)ä(Oy auris gr. ovg, aifr- gr. ov. In- dessen dürften altlat. vocUvus vocätiö CIL. 1, 198, 77 u. ö. vocutts (Corssen 2, 10) neben jüngerem vactvtis vacatiö vacuus doch vielleicht der e-Reihe an- gehören (vgl. Hist. Gramm. 1, 144, Lindsat, Lat. Langu. 18 und besonders Horton-Smith, Am. Joum. of Phil. 16, 444 flf. und 17, 172 flf. (I. F. Anz. 8, 202 f.) Vgl. auch Bucheler, Rh. M. 52, 391 f. und jetzt auch Pedersen, K. Z. 36, 97 f. unklar ist das Verhältnis von canis (vielleicht = *<^<mis) zu gr. xvw%\ Ein dem Übergang von öv in äv analoger scheint in octavus vorzuliegen. Vgl. auch den umgekehrten Übergang in prän. Quorta Schneider 217, spätl. qiiodraitis (Corssen 2, 65, Brambach, Neug. 71).

11. I. idg. X = lat. y erscheint in den schwachen Stammformen der Yerba, deren starker Stamm ei aufweist, in verbalen Ableitungen und in nominalen Bildungen, z. B. -dico indtcäre causidtctts neben dtcere alt deicere gr. deixvvfu itxtjj ftdes neben conftdö (l = ei) gr. iniO^ov neben nBid-io^ vidSre gr. (p)€lisio ; fCd- findete skr. bhid- ; mc-is skr. vii- ; in Reduplications- silben, z. B. gi-gnö gr. yi-yvofxm. Für altes unbetontes i wird e geschrieben (geschlossenes e) in tempestatebus CIL. 1, 32, fileai und anderen Fällen, worüber vgl. § 25, 4. Über w = er § 23, 1 und 25, 1, über i = e in be- tonten und nachtonigen Silben § 23, 1, im Auslaute § 26, 1, über ri = er z. B. in secemö aus ^se-crinö § 43.

idg. T = lat. f, z. B. v?» gr. (/?)*$, vTrus gr. (f)^og, vfvos ai. jtvds; in-clmö gr. xXtvri; regv-na rad^^- enthalten dasselbe grundsprachliche T, wie die Feminina des Sanskrit. Sufif. -fwo- in suinus u. s. w. Vgl. ferner -F- in s^p-mus u. s. w. ; der Abi. d. S. marTd. Anderes Material suche bei Osthoff, M. U. 4, 4 f.

12. U. idg. ü = lat. w, z. B. müsca gr. [nvTa, iüvenis skr. yüvan-, in den schwachen Stammformen der -e{^- Wurzeln, z. B. föc-e^Tta gr. Xsvxog^ düo- (Nom. dux) neben dücö (f. *detA€ö) got. ^mAaw, /ti^a cönfügT gr. yry?/ ^vyio. Über idg. u neben ! in Stammsilben [eigentlich haben wir es mit dem Mittellaut ü zu thun] vgl. § 23, 4, in nachtoniger Silbe § 25. Wegen des zweifelhaften Überganges von u vor r = idg. s in o (forem nach manchen Sprachforschern = *fusem) vgl. Brugmaxn, Grundriss 1«, 108 Anm.

idg. ü = lat. «7, z. B it^s skr. ^^-^ müs skr. miljf-, m%}d gr. fivxaofiaiy pü^Ueö gr. TTtJ-^-cö, scütum gr. axvrog. Anderes bei Osthoff a. a. 0.

12 a. idg. 9 („Schwa") = lat. a in pater skr. jptVf,- castus skr. ü^fhd- «unterwiesen'', staitus skr. sthitd- (vgl. ^a^u^, ca^MS, eJa^ttö), gravis skr. (/uru- (Bbügmann, Grundriss 1' 176). Andere Belege für diesen Schwavokal s. Hist. Gramm. 1, 113 und Brugmakn, Grundriss 1' 175. Gegen die An- nahme eines idg. 9 neuestens Pedersen, E. Z. 36, 74 ff. Denselben redu- zierten Vokal kann i in dom-i-tor gen-i-tor an-i-mus verUi^stf, vielleicht auch in vomis (2. sing.) skr. vdm-i-^, e in vert-e^rö repräsentieren, doch ist dies wegen des lat. Yokalschwächungsgesetzes in nachtonigen Silben unsicher.

30 LatoiiiMehe OrmamiAtik. b. Laatlohre.

Diphthonge. ▲. Kandiphthoiigo. 13. 1. idg. ai (betont) = lat. a«, ae, z. B. aidSs aesias gr. at&w, eaeeus got. hdihs, caesius lit. skdistas «hell, glänzend', haer&re lit. f/otjertö «zaudere, zögere*,^) tuiedus got. gdits, laevus gr. lawq, saeta skr. s^^- «bindend, fesselnd" (Bruomann, Grdr. 1*, S. 186), scaevus gr. (fxoiog; nae gr. rm, pra6 gr. Tra^/'. Hingegen volkstümlich ^ e in fet;»r gr. ^tmpriq. In unbetonten Silben er- scheint für Ol der Monophthong f, so besonders in der Zusammensetzung, z. B. in-quTrö neben quaerö (vgl. unten § 27); ebenso geht -a>- aus -^i- in rüber im Dativ-Ablativ d. Plur. der o-Stämme (s. unten); über die ganze Frage Osthopf, Z. G. d. P. 197 f., Speubb, M^m. d. 1. S. d. 1. 5, 186 f.

Anmerkung. Der idg. Diphthong -»i- igt im Lateinischen mit -ai- iCUBammengefallen.

2. idg. a^ = lat. au, z. B. auris got. duso (vielleicht äu vgl. Bruo- mann, Grundriss 1*, 155), autem gr. avioq^ augeö got. duka, auröra lit. aussrd »Morgenröte*, hauriö ais. ausa , schöpfen*, pau^per gr. nav-Qog.

Anmerkung, idg. -afi- = lat. au liegt vor in iaurus, restaurärt (Bbugmahn, Gmnd. riös 1«, 198).

3. idg. ei = lat. ei, in deicere gi\ Sefxvvfii, ceivis got. heiwa-frauja „Hausherr*, deivos osk. deivai »divae*, di-feidens gr. rtei&w.

4. idg. e^ = lat. ou und daher mit idg. a^ vollständig zusammen- gefallen. Beispiele s. § 15. Auf Leucesie des SaHarliedes ist kein Gewicht zu legen (Jobdan, Krit. Beitr. 31 ff., Bruomann, Grundriss 1, § 65, 2 Anm., Hist. Gramm. 1, 154).

5. idg. ai (betont) = lat. oi, oe, ü, altl. moincipieis comoin^m] osk. müinikad „communi*, got. gamains , gemein*, oino (unum) oinvorsei gr. mvr^, foidere gr. ninoiO^a. In den Schlusssilben ist oi im oe l geworden, desgleichen -ois aus -Gis zu -?S.

6. Der idg. Diphthong o^ ist in altl. Loucanam Loucilia iousiset nach- zuweisen.

Die Geschichte der Diphthonge s. §30—35.

B. Langdiphthonge.*)

7. Die idg. Langdiphthonge mit gestossenem Accent erscheinen im Lateinischen wie in den anderen idg. Sprachen im Silbeninlaut und uüter bestimmten Bedingungen auch im Auslaut als Monophthonge auf Grund schon ursprachlicher Reduktion, so in Tonsilben z. B. H von W. dhH- in fe-lare, -e^- von W.pöi- in pö-tus; desgleichen vor -m, daher rem dient aus *r^w *d«m idg. Grdf. *r^'^ '^dih^fgL, vgl. Nom. PI. ai. rdy-as ai. N. S. dyaü^ ; dtw aus ^dn6ti^ (vgl. § 91). Langdiphthonge mit schleifendem Accent sind zu den entsprechenden Kurzdiphthongen geworden, von denen sie also in den Einzelsprachen nicht mehr zu unterscheiden sind, ebenso solche mit gestossenem Ton vor s; lat. diBs, navis sind Neubildungen nach dieni, navis navT, das nichtlateinische bös (ursprünglich gr. att. ßovg) ebenfalls nach dem dereinst vorhanden gewesenen Akkusativ *bötn, vgl. umbr. bum*)

*) FicK 2, 78, DE Saüssurb, M^m. 69. dem vgl. noch Strkitbsrg, ürgermanische ') Betreffs der Litteratur ist zu verweisen Gramm. 69 ff. »ufBRüGMANN,Gnindr.l*,205 Anm.2. Ausser- «) v. Planta, Gramm. 2, 165.

4. Vokal«. (§§ 13-14.) 31

gr. dor. ßm\ Im Wortauslaut ist -ei wahrscheinlich schon in der Grund- sprache zu -^ geworden im Dat. sing, der t^-Stämme, z. B. facis (vgl. § 85 Ende), öi ist erhalten im Dat. Sing, der o-Stämme, gr. ihmjf altlat. Numasioi osk. Abellanüi, und i verfiel erst nach lateinischen Lautgesetzen dem Schwund, daher populö. Nach J. Schmidt, Festgruss an 0. v. Böth- lingk (Stuttgart 1888) S. 102, MEBiNaEB, Zeitschr. f. d. öst. Gymn. 1888, 770 beruhen diese Dativformen auf -^i und -ö, ebenso wie die auf -ai und -a schon auf indogermanischem Satzsandhi {-öi ^ai vor Vokalen, -cJ -a vor Kon- sonanten), dagegen mit guten Gründen Brugmann, Grundriss 2, 597 ^ Auch im Dat.-Abl. Plur. der ö-Stamme ist -öi- auf italischen Sprachboden über- gegangen und erst hier ö vor i gekürzt worden,^) woraus dann im Latei- nischen 0€ 7 sich entwickelte. Über den Dat. Plur. der ^ -Stamme vgl. § 88. Derselben Behandlungsweise wie öi im Dat. Sing, der o- Stämme ist auch ai im Dat. Sing, der a- Stämme verfallen, daher Ferania CIL. 1, 169, Mätüta 177, vgl. gr. x^9^9 welche echte und ursprüngliche Dativ- formen repräsentieren. Bezüglich der übrigen Formen vgl. § 85.

Vokale in konsonantischer Funktion (unsilbische Vokale).^)

14. A. idg. i u.

1. idg. { a. Anlautendes idg. i = lat. i cons. [j,); vgl. § 58.

b. Intervokalisches t ist, wie es scheint, schon im Uritalischen geschwunden. Man vergleiche: die Verba auf *-aJ, fümö aus *fümaiö vgl. füma-vf,^) ein Teil der Verba auf -eö, wie neö, ^nS-i-ö ahd. naan, fleö ahd. blau „blase" aksl. hleja^ ^blocke* (?),*) sileö got. sildip (3. Sgl. = •sifejfctt); die Kausativa auf -eö, wie moneö *nione-i'ö skr. niändyami, die abgeleiteten Verba auf -iö, finiö ^ftni-i-ö einige auf -wo, nämlich suö aus *suiö^ und die abgeleiteten Verba auf -t*^, z. B. statuö aus *statuiö. Weitere Belege s. § 107. Vgl. femer aeris aus *aieses, a^ntis aus *aies-nO' skr. dpcts^ pleörSs aus ^plsiöses 92), tres ovEs aus Hreies *oveies 91 A, 80), eum ea aus *e|Owi *eia 90a), queö aus *eiö *queiö 100), meus aus *fneio8; die Adjektive auf -co- wie auret^ aus *awre|0-5.ß) Mit dem Schwunde von intervokalischem i ist identisch der Ausfall des anlautenden {- in Zu- sammensetzungen, wie btgae aus ^bi-iigae ^bi-iugae,^) Komm aus *Äö-{örmö5.7) Betreffs der Composita mit iaciö vgl. § 74. Idg. i ist sonantisch geworden in veniö idg. *g?^iö, morior skr. m^ydte,

c. In trium patrius siem dubitis fiert eins quoius stellt i eigentlich die Lautverbindung -»i- (Vokal + tJbergangslaut) dar; vgl. die Schreibweisen (Uiö u. s.w. S. 19 und osk. fakiiat „faciat", umbr. triiuper „ter*.

d. Postkonsonantisches |. Über die Verbindung von anlautenden imd inlautenden Konsonanten mit % vgl. § 63, 65, 1 und 2. In konsonan- tischer Funktion blieb { nur erhalten als Überrest der Anlautsgruppe d{-,

1) Bvooukmif Grondr. 1*, 800. *) Bbüomahk, Gnindr. 1', 256 f. *) Mablow, B. l. V. 12, Johansson, De der. verb. contr. 99 ff.

*) Bbuom AKN, Grondr. 2, 1086. •) Histor. Gnunm. 1, 472 ff.

36, 281 = ^bi'igae von ag-,

7) So Bbügxamn, Grondr. 1\ 279. Aehn- lieh CüETiUB, G.*, 355 nach Pott; indes möglicherweise = *?uh-vernu8; wieder anders BuBY, BeK. B. 7, 39 (vgl. W. Mbybb, K. Z. 28, 162), Danielsson, Stod. gramm. 52 (vgl.

*) Nach G. Mbtbb, Z. f. d. österr. Gymn. j Peb Pbbsson, Stod. etym. 88).

32

Lateinische Orammatik. b. Lautlehre.

vgl. JoV'is, und analog vielleicht auch im Inlaut pSior aus *pSdiös. Im übrigen ist idg. I in diesem Falle sonantisch (silbisch) geworden. Man vgl. die Adjektiva auf -lo-, wie meditts hom. fiäaaog aus *fA€xHog^ alius gr. alXog\ socius aus *soq^ios (sequi). Dass in vorhistorischer Latinität das Suffix in gewissen Fällen den Lautwert -{o- hatte, zeigen ausser dem angeführten socius auch noch andere Eist. Gramm 1, 258 und 456 aufgeführte Belege. In der Aussprache war i gleichwertig mit -t|-, wie in ftniö, wie man aus der Schreibung mit ii und t longa ersieht.^)

e. Über i in den Diphthongen ai ei oi § 30, 32, 84; in ai Si öi § 13.

2. idg. ^- a. Anlautendes idg. ^ = lat. v; vgl. § 60. Über idg. ^ in anlautenden Eonsonantengruppen § 62.

b. Intervokalisches «^ = lat. v in Jovt skr. dydvi (Lok.), novem skr. ndva, Ovis skr. dvi- u. s. w. Wegen der früher hier vorgetragenen Ver- mutung über den Wechsel von lat. u und v vgl. unten § 73, Anm. 1.

c. -w- vertritt die Lautverbindung -w^- in duo vgl. ved. duvd umbr. tuva (Akk. plur. neutr.); alat. duonoro ved. düvniS' „Verehrung*; su-is aus '^su^'es; in einigen adjekt. Bildungen auf -tuo, wie Fa-tuo-s mü-tuo-s.

d. Postkonsonantisches u. Die im Wortanlaut begegnenden Ver- bindungen von Konsonanten mit u sind in anderem Zusammenhange § 63, 1 und 2 behandelt. Auch im Wortinnem ist idg. ^ konsonantisch geblieben, so in Suffix -uo- z. B. ar-vo-m, heU-vo-s, sal-vo-s, equos u. s. w., dagegen ist -tio- in ard'UO-s mort-uo^s wohl aus -e^o- hervorgewachsen. Inlautendes -rf?/- nach r- = 6 in derbiösus aus *derdu'' skr. dar du- , Aussatz",*) sonst ~d^- = V' in suävis aus *stuidvis skr. sv^adv-t, -6Af^- = -6- in -bü -bam 113).

e. Über a?< o^ (= idg. et^ und o^) § 31, 35, über at^ Et^ (h/^ % 13.

B. Lateinische Vokale in konsonantischer Funktion.

1. Postkonsonantisches % ist konsonantisch gebraucht in södes aus *sit ödESy si audes;^) ferner wird es bei Dichtern ziemlich häufig konso- nantisch gebraucht, so besonders vor unbetonten Vokalen, z. B. abiete ariete Laviniaque Verg., dierecte Plaut.,*) omnia Verg. Aen. 6, 33; aber auch vor betonten Vokalen, Nerienem Enn. ann. 113 Müll., insidiantes ib. 443, oriundi Lucret. 2, 991, vgl. Laghmann im Kommentare und zu 2, 115; 3, 917).«^) Vgl. auch spätes inschr. paretes CIL. 6, 3714, des (= dies) ib. 5, 6244, quescas ib. 2108 u. a.; in den letzten Fällen ist -{: infolge der Vorrückung des Tones auf die nächste Silbe geschwunden.

2. Intervokalisches v erscheint als ^ und schwindet zwischen zwei qualitativ gleichen Vokalen, ö) so in natinari^ ^negotiari" aus *navatinart; . latrtna aus *la^atrina lavatrma; ditias Terent. Andria 797, Heaut. 194 ümpfenbach neben gewöhnlichem dlviHas, ebenso dlüs und dttior neben df^viUs und dlvitior; obUscier Accius bei Nonius 500, 5 M. neben oblfviscf:; Vita aus "^vlvita lit. gyvatä „Leben, Lebensunterhalt"; ftbula aus *fi^ibla

>) Sbelmann S. 287 und oben § 4, III.

«) Van. Et. W.» 121.

') Letzteres, wenn auch in etwas anderer Verbindung Plaut. Trin. 246. Ueber södes vgl. Histor. Gramm. 1, 274; Solmsen, Stu- dien 119.

*) Bbix zu Trin. 457.

^) Fleckeisbn, N. J. 101, 70; Hornino, Z. f. rom. Phil. 7, 572.

^) SoLMSEK, Studien 109 ff., dem Bruo- MANN, Gnmdr. 1*, 319 mit Recht zustimmt.

4. Vokal«. 14.) 33

{ßvere alte Nebenform zu ßgere vgl. § 47); dinai CIL. 5, 782 für dxtünai; ^s für sF t^;*) aud/St für audivit; suEram neben su^vcram. Vielleicht auch glös aus *glo^ö8.

3. Schon vorhistorisch ist der Schwund von v in ei^or^n? sai;or^m aus *dBvorsom *sevars(mi,^) pr^stts aus *prövorsti8 *pröorsus.^) Sehr häufig sind die rekomponierten Formen prövorsus, aliövorsum u. s. w. Femer in söl aus *8a^ol; in e7^5 deum aus *dei^os *deios;^) nach lautgesetzlichem rlii;! *deivöd die Neubildung deivos; ebenso wahrscheinlich auch 6rm't<^ neben Gävius (lautgesetzlich Gaios Gaio Gaiom und andererseits Gavt). Inschrift- liche Formen wie Flaus CIL. 1, 277, vius 1223, aeum 1220 sind nicht die ursprünglichen der Form deus entsprechenden, sondern aus Flavos vlvos aevom, die durch Wiederherstellung des -vo- an die Stelle von *Fläos *vios *aeom getreten waren, nach dem Übergang des -o- in -w-, der im 8. Jahrh. d. St. begann und im ersten nachchristlichen Jahrhundert endgiltig durch- geführt wurde, entstanden, indem v "^or u schwand. Auch sind sie fast nur in der volkstümlichen Sprache im Gebrauch gewesen ;<^) dagegen klassisch houm aus bavom, während hovum auf einem Abschreibefehler beruht (vgl. houum mit Tilgung des ersten u C Cic. de republ. 2, 9, 16), spätl. inschr. eis = civis GEL. 7, 972, quixit quexit (= qui ^ixit), vgl. Weiss- BBODT, Phil. 43, 466.

4. In nachhaupttonigen Silben sind -a^- und -ow- zu -m- geworden, so domut genu% aus *döma^ai gene^ai *döfno^T *gen(^iT, abluö aus *dblavö *dblouö, eluocrus aus *elavacnts, *elo^acrtis, dEnuö aus *d^no^ö de novo, induö aus *indr^ü *ind'Ovö, impluö aus *implo^ö *implovö, vidaa vaeuos aas ^vido^a *vide'^a vgl. skr. vidh-dva *v<iee-^0'S,^) gen. magisträtuos aus *m4igisträte^os; fluere pluere nach den Compositis für *flovere plovere alat. conflavont perplovere; sutis aus sovos (CIL. 1, 1007 sovo und .swow) wegen der häufigen tieftonigen Stellung. Auch -iV- ist in nachhaupttoniger Stellung zu -«- geworden in triduom aus Hri-divo-mJ)

5. Die unbetonten Silben ve vi wurden, wenn e i nicht in letzter Wortsilbe standen, schon in vorhistorischer Zeit in -o- verwandelt. 8) Vgl. cöniiö aus eoventiö *eoontiö; nönus aus ^noveno-s *noonos; mötus vötus aus *ntoveto8 *vovetos, *mootos *vootos; tötus aus Hovetos Hootos {*toveö „stopfe voll*);*) lötus aus *lavetos *laotos; öpilio aus *ovipiUö *oopiUö (wegen apiUö vgl. § 24).

6. Postkonsonantisches u erscheint nach l und r in konsonan- tischer Funktion in solvö aus *se4uö, luere, volvö für *veluö gr. sIvm (über voluö L. MüLLEB, De re metr. 262 f.), milvus aus mtluus, larva aus älterem

^) Nach dem Verhältnifi vis i sis ist za roUis vuUis als yieites Glied Sintis gebildet (SoLMSxir a. a. 0. 119).

*) SoLKSEH a. a. 0. 58 ff.

') Aber rürsus und sürsum sind darcb YokaLByiikope ans *rour«o8 *reur808 *revor80s a. B. w. entstanden. '

«) Bbbsu, Die Gnttoralen 53 ff., Thttb- mrsES, K. Z. 28, 155 f., besonders Solmsbn,

Stadien 68 ff. Aach a/ewm verhält sich zao/Crum i AnsdrQcke f. d. Begr. d. Totalitllt 54. gr. iXia{f)ov nach Bbüomann wie deua zu dirua. \

Btadlmcfa der klam. AlterttmuiwiflReniichftft. II, 2. 3. Aufl. 3

*) Vgl. z. B. ^rivu8 nan rius* App. Probi Gr. L. 4, 199, 2 K., it. rio, und Lindsat, Lat. Langa. 52.

*) Siehe besonders Osthoff, M. U. 4, 158, Z. G. d. P. 259; Bbuomavk, Grondr. 2, 128.

') Bbdomann, Grandr. 1', 319.

^) SouisBN, Stadien 82 ff.; Bruomank, Graudr. 1*, 318 f.

») SoLMSBN, Stadien 90 f.; Bbugmann, Die

34 Lateinische Qrammatlk. b. Lautlehre.

larua; bei Dichtern in quatt^ar Enn. Plaut. (Oeorges s. v.), inschr. und vulgär qtuiUor^) (quattur Löwe Prodr. 423 no. 16 nicht lateinisch, vgl. N. J. 119, 710), ient^is gen^a, in welchen eben angeführten Fällen etwa nicht eine uralte Reminiszenz zu erkennen ist (vgl. ob. A 2 c); über anderes dieser Art Gorssen 2, 751 f., 760 f. und Seelmann 234, der viele derartige Vulgarismen verzeichnet, umgekehrt wird von Dichtern auch konsonantisches u manchmal vokalisch gebraucht, so peluis Laber. 94 Ribb. n siluae aquae (dreisilbig), worüber Lachmann zu Lucret. 6, 552 (dagegen Ritsohl op. 2, 604 ff.).

7. Der Übergangslaut hinter u wurde in der Zeit bis auf Kaiser Augustus nicht bezeichnet, iuenis ist also regelrechte Schreibweise. Seit Augustus kamen in der Sprache der Gebildeten zunächst die Schreibweisen iuvenis, iuventus, iuvö, iüv^, üva, üvSscö^ üvidus auf, um dadurch den laut- lichen Wert des u- = -uff-), das ja inter vokalisch auch als -v- (also Hvenis u. s. w.) gefasst werden konnte, genauer zum Ausdruck zu bringen.') In der gleichen Weise sind die inschriftlichen Schreibweisen suuOy mortutMj posuttU istituuit (die Belege bei Solmsen, Stud. 173) zu beurteilen. 3)

Anmerknng. Die in den frfiheren beiden Auflagen vorgetragene Ansicht angeblich plantlniscber Messungen wie deus ist von Skutsoh, Jambenkürzung und Synizese (Satura Viadrina 122 f.), durch den Nachweis aus der Welt geschafft worden, dass es sich in allen in Betracht kommenden Fällen um Wirkungen des Jambenkflrzungsgesetzes handle. lieber die vulgären Formen do dae s. Sobvchabdt, Yok. 2, 463; 3, 289. Vgl. ausserdem Lindsay, Lat. Langu. 142 ff.

Vokalablaut (VokalabstufUnsr).

Vorbemerkung 1. In den früheren Auflagen bin ich in der Darstellung des Vokal- ablau ts Hübschxann, Das indog. Vokalsystem, Stz^burg 1885, und Brugmann, GnmdriBS 1, 246, gefolgt. Durch zahlreiche Arbeiten, die man in der Hauptsache nach verzeichnet findet in Hist. Gramm. 1, 360 ff. (die wichtigsten und neuesten [ausser den von mir a. a. 0. an- gefahrten noch HiBT «Zur Sonantentheorie* IF. 7, 138 ff. und «Die Abstufung zweisilbiger Stämme* ib. 185 ff. und C. D. Bück ,Some general Problems of Ablaut' in Amer. Joum. of Phil. 17, 267 ff.] bei Bbuomann, Grundr. 1*, 482^) hat sich die Mangelhaftigkeit des früher angenommenen Systems herausgestellt. Neuestens sind dazu gekommen Fobtukatow, Die idg. liquidae im Altindischen, E. Z. 36, 1 ff.; ders., Ueber die schwache Stufe der uridg. ,flE'- Vokale, ib. 38 ff.; Pbdbbsen, Wie viel Laute gab es im Indogermanischen?, ib. 74 ff.; Zdpitza, tr^ und tmt, ib. 54 ff.; Hibt, Grammatisches und Etymologisches P.-Br. B. 23, 288 ff. und Der indog. Ablaut ^ -o in IF. 10, 55 ff. Eine sehr klare Darstellung der beiden Arten des indog. Vokalablauts, des qualitativen (Wechsel von ^ und Ö, ä und ö, e und ö, ä und ö) und des quantitativen ?, a ä, o ö und Vokalschwund) findet man bei Stbbitbbbo, ürgermanische Gramm. S. 36 ff. Wenn auch Bbugmann, Grundriss 1', 484, den „Versuch, den ganzen urindog. Vokalismus auf eine bestimmte Anzahl von Grundvokalen zurQckzufOhren und alles ohne Ausnahme in einer bestimmten Anzahl von sogen. Ablautreihen unterzubringen" mit Recht als hof&iungslos bezeichnet, so treten doch aus der Masse der Ablautserschei- nungen vollkommen ^eichmässig geartete hervor, die wir in der Form von Reihen zu- sammenfassen können. Ich habe d^er im Gegensatz zu Brugmann, dessen Darstellung in der 2. Aufl. des 1. Bandes seines Grundrisses der Noreen's in dessen urgermanischer Laut- lehre gleicht, der Hauptsache nach die ältere Anordnung beibehalten, die doch entschieden den Zwecken der Einzelgrammatik gerechter wird.

Vorbemerkung 2. Bezüglich der lateinischen Vertretung der silbenbildenden indo- germanischen Liquidae und Nasales vgl. §§ 43 imd 45. Ich habe die frdhere Bezeichnnnga- weise derselben f / f^ t^, sowie auch deren Längen beibehalten, obwohl mir natürlich die dagegen vorgebrachten Einwände wohl bekannt sind, und ich dieselben zum Teile gerecht-

^) Gböbbb, Arch. f. lat. Lex. 5, 127 f.

') SoLJfSEN, Studien 158 ff. gebohrt das Verdienst, den richtigen Sachverhalt erkannt zu haben.

') Dies kommt mir jetzt wahrscheinlicher

vor, als die Perfekta dieser Art fttr Analogie- bildungen nach den Perfekten auf -9» zu er- klären (so noch jetzt Kboll, Rh. M. 52 [1897],

573).

4. Vokale. 15.) 35

fertigt finden mnss. Ich Betrachte die oben erwähnten Bezeichnungen als konventionelle Schreibweisen, die uns allerdings zunächst keinen Aufschluss ftber den Laut oder die Laut- gruppe geben, die sie darstellen sollen. Vgl. die Bemerkungen von Wackicbnaoel, Altind. Gramm. I S. 7 und G. Mbybb' X. Hinsichtlich der Litteratnr vgl. man Bbchtbl, Haupt- probleme 118 ff.; J. SoHKiDT, Sonantentheorie und dazu die Besprechung von Brügmann im Litt. Centralblaäi 1895 Sp. 1723 ff.; Fsnnbl, Indo-Germanic Souants and Consonants (vgl. GiLBS, Vergl. Gr. 114 Fnssnote), endlich noch die zusammenfassende, auch die oben aufge- fOhrten neueren Aufsätze berdcksichtigende Darstellung von Bbugmank in seinem Gruud- riss 1 ' 395 ff. und in der Griech. Gramm.' 90 f. Ich halte die Darlegungen Hirts, denen zufolge zwar in Fällen wie idg. *t^68 Vokal + Nasal angesetzt werden müssen, wobei es zweifelhaft ist, oh e 9 oder stimmloser Vokal anzusetzen ist, aber andererseits idg. *p4d'qi mit naaahs sonans, fär sehr wahrscheinlich. Die sogenannten langen sonantischen Liquidae and Nasales, fiber welche die zusammenfassende Darstellung von Hirt, P. Br. B. 23, 288 ff. zu vergleichen ist, stellen den Ablaut zweisilbiger Wurzeln dar. So nimmt nach diesem Grelehrten die Wurzel gene/o folgende G^talten an: 1. bei Betonung der ersten Silbe *g^n9j vgL lat geni-tor geni-tus; 2. bei Betonung der zweiten Silbe *genB/ö (im lateinischen nicht nachzuweisen); 3. die erste Schwundstufe gen9-, lat. gnätus; 4. die zweite Schwundstufe gn9' (im Lateinischen wieder nicht nachzuweisen).

§ 16. ^-Reihe. I. Vollstufe: e\o. IT. Dehnstufe: ("{ö. HL Schwund- stufe (Tiefstufe): »-Null.

a. Vollstufe (e) pät- äs, Schwundstufe pt-s-.: in-s^c-e *in'(s)qti'it;^) s^dr-eö Sidö = *5»-£rrf-ö*) nldus = *nu0d'OS; o-Stufe söl-ium; ddc-et discö = *dUic^cö, o-Stufe döc-eö;^) -s^ns Ordt^sni- neben es4; pdd-iSy tri-pod-äre, e-Stufe: pes; ö-Stufe: vöx,

b. e-Stufe ei-, sret^, bher-, men-, Schwundstufe ^, sni-, bh^-, m^-. eis für *ei-ö X-tum; *bhe^- *bhu~ in fuat fuet, ersteres intransitiv und transitiv, letzteres transitiv,*) superbus für ^super-bhu-s ; nuö für *ne^ö gr. v€va);^) Men-erva mon~eo^ mens für *m^ti' mementö für *mem^t6d osk. me-mn-im „monumentum*^; ^en-us gi-gn-ö malT-gn-us gall. TrutUkn-os gna-tus (vgl. Vorb. 2); teU toUö für H^-nS (vgl. übrigens § 43) Ia4us (vgl. Vorb. 2); oc- cul-ö (-tit- = -e^■) cil'ö clram oc-cuUtt^ {-ul- = -^) ; ster-nere stor^ea tor-us; str-uere stra4us (vgl. Verb. 2); fer-ö fors Grdf. ^bh^^i- für für */or- -^w* -ofw in ü2-€m dönxc-um^)

c. e-Stufe dexk'^ bheugh-, Schwundstufe dl^-, bhügh-; di-feid-ens CIL. 1, 1175 ftd'ö foid-eratei foidere CIL. 206, 93 ßd-es; alat. deic-ere dza^ wahr- scheinlich aus idg. *d^k-S''^) in-dtc-o; alat. doucö für *deucö diic^em; lüc-is lüna für *lottC'Snä alat. losna, lüc^ema.

Vgl. femer: -cellere cuUmm f. HeUmen cuUmus f. *coUmos; domm gr. 6tfAm; ed-ere dn^ns; fer-lre for-äre; iüg-um iüg-is gr. J^evy-vvni,; men-tum min-Bre (wegen i § 8) möns; mord-eö gr. afAegivog; moveö *meveö gr. ä'ii€v(o; neC'ö noc-ere noxa; ped-ere pöd-ex i*p^zdö; pend-ere pond-us; prec-or proc-us ; reg-ö rogus rex (Dehnstufe); terra ex-torr-is; teg-ö tug-urium (Assimilation, vulgär tegurium)^) tog-a teg-ula; veh-ere gr. (f)ox^g veoci;^) rüber gr. i'Q€vd^~(o röb^ö (= *reubigö oder *roubfgö).

<) Brcomahh, M. U. 3, 35 A. Etwas i lieh, P&bllwitz, BB. 22, 76 f.

anders Lihssat, Lat Langu. 311. Eine ganz andere Yennutung hei Süttbrlik, 1F. 4, 101. Vgl. auch Eist Gramm. 1, 157.

<) Vgl. unten § 103.

>) Stolz, Yerhalflexion 68 f.

^) LöWK,Prodr.363,OsTHOFP,M.U.4,25.

') Andeis, mir aher wenig wahrschein-

<) Lbskikr, Ber. d. k. sächs. G. d.W. 36, 94 f.; Thübnbyskn, K. Z. 27, 175.

') Streitberg, Die Entstehung der Dehn- stufe 88 ff.

^) Jobdan, Hermes 6, 193 f.

») Priscian Gr. L. 2, 466, 16 ff. K.; Streit- BERO, Die Entstehung der Dehnstufe 89.

36

Lftteinisohe Gimmmatik. b. Lantlehre.

Mit J=ei di-rus gr. Sei-vog; vfv^ere veitHmt; lib-ö de-ttb-aere gr. Isiß-w; rip-a gr. i'Qsin-w; seräHi umbr. screihtor ^scripti*; vfcus {veicus CIL. 1, S. 598) neben gr. poTxog; vHnum gr. paCvo^^^) vgl. § 34 Anm.

Mit ü = eui Srügere (vgl. rügire) gr. iQsvyw; Uro gr. sva» (fttr *€va<o); glübere ahd. hlioban; trüdere got. uspriutan; dür-äre dt^um arm. tev-e-^m 9 bleibe, daure, halte aus*;*) nümen für * neunten gr. vevfia (Solmsen 1. 1. = *v€V(r'iAa vgl. r^vcTof (ö), ebenso flümen; aber degünere fttr *degüsnere gr. yevsad^cu. ü ist gekürzt wegen des folgenden Vokals: crt4or Grdf. *cre|^ skr. irwrei- , blutigrot"/) die Zeitwörter cluere fluere pluere (alt eonflovont aus ^fle^ont).

Mit t2 = oi; 7t2(2fi5 ?ofdo8 CIL. I 565; lügEre Xotyog; lüridtis XetQog' wxQog Hes.;^) spüma skr. phena- ,, Schaum'.

Dieser Ablaut ist auch für die Deklination und Konjugation von Be- deutung, daher der Wechsel von o und e bei den o-Stänmien, von -os und -es- bei den sigmatischen Stämmen, bei denen auf -men (= Ordf. ^-m^) und -wöw-, auf -en »- -o»-, z. B. carö car-n-is, ratiön-em, bei den Verwandt- schaftswörtem auf -ter {pat^r aus *paUr^ patr-) und den Nom. ag. auf -for, wie datör aus *datör datör-em datr-tx, vielleicht auch beim Participium des Präsens {-ont -ent [= *-p^]), (vgl. § 45), bei der Konjugation der ö-Verba. Das Nähere hierüber wird in Kürze an seinem Platze beigebracht werden.

16. o-Breihe. I. Vollstufe ajo. II. Dehnstufe dp. III. Schwundstufe d-Null. 0 = idg. ä (vgl. § 10*).

äcuö äcies ocris; agö gr. oyfJLog „Schwad*; älere ind^ölBs ad-olescö;^) ad-uncus aus *'(mcu8 gr. oyxog {anms gloss.) gr. äyxdv; in-cohäre osk. kahad „capiat*; hasta umbr. hostatir „hastatis*; loqui gr. laxetv; scabere scobis; tongent praen. tongioneni, osk. tanginom „sententiam*. Über caveö lavö paveö neben gr. &vo^x6og Xo{p)äa) n%oä(a s. § 10.^)

17. «-Reihe. I. Vollstufe: e\ö. [IL Dehnstufe: e\oy) in. Schwund- stufe: ^-Null.

/e-o-T sacerdös aus *sdcrO'döt'',^) fa-c-iö cr^^ditus aus Hrezdaios; vgl. ferner f€8tus (Bbughann, Grundr. 2, S. 136), fanum aus ^fas-no-m; ftös idg. *6Äfö- (Feist, Grundr. d. got. Etym. 20 f.); cedere^) xexaiovxo cädö; nätrix got. nadrs idg. *n9tr6- W. nS- (Feist ib. 81); r^rträtus; sSmen sätus (urspr. sSi' nach Solmsen, XaQKfrrjQia f. F. E. Korsch, Moskau 1896, S. 170* f.) ; spes spätium; fvXrjQa lörum; pUre plöräre.^^) Schwundstufenvokal -^- durch Angleichung an den der e-Stufe, z. B. ferus gr. ^i;p, md-t-ö gr. a-firj-tog ahd. maen = idg. ^). Vgl. ferner noch ß-läre fe-mina gr. ^rj-cd-ai^^^) nSre gr. ^vvi]y sSmi" gr. r^fii-f ventus Grdf. *t7^-n^ gr. *a'pr]'fii.

Anmerkung. Ueber ägö : ^f, -op- : co-epl vgl. § 108b; über cepij pig^% 109c.

^) Einheimisch mit 0. Scbbadbb, Sprach- vergl.' 468 f., Tier- und Pflanzengeographie 26, O. Wbisb 32, 127 A. 9; Reste der Weinrebe sind in den Terramaren nachgewiesen, Helbig, Beitrage 1, 109 f.

') Osthoff, IF. 5, 280; Hübsobxann, Arm. Gramm. 1,497.

») J. Schmidt, Voc. 2, 840.

^) Beohtbl, Dissimilation 22.

») FicK, K. Z. 21, 3.

^) Vgl. noch Osthoff bei HÜbsobmahv, Das indog. Vokalsystem S. 190 f.; Daniblbson bei Pauli, Altit. »tnd. 8, 177 f. Anm.

') In dieser und der folgenden Reihe sind Yollstufe und Dehnstufe zusammengefallen.

8) W. Schulze, K. Z. 28, 281.

*) Kann auch anders aufgefasst werden ; vgl. Hist Gramm. 1, 163. *•) Bbuomank, M. U. 1, 45. ") ürspr. ^-Wurzel.

4, Vokale. (§§ 16—22.) 37

18. ö-Reihe. I. Vollstufe: a|^. [ü. Dehnstufe: alo.] III. Schwundstufe: 3-NuU. sta- in sta-men Sta-tor; ä = idg. 9 in stä-tus skr. sthi^td- si-sti-mus = *8i-8tä-mtiS, fOrTi fa-ma, fä-t~eor. Aus den wenigen einigermassen ge- sicherten Beispielen mögen noch suad-eö suavis, plaga plangö (plag-) her- vorgehoben werden; vieUeicht hieher gehörig auch scapas scöpae scäpula; rädere rödere; nates vdrov; capUale Capitölium.^)

19. Ein Ablautsverhältnis „^ (= idg. a), a, Schwund* liegt vor in d(h num dös^ da-rnttö dor-tus de-d-^. Vgl. femer öcior acupedifis, gr. tttinrj eapulum. Das Ablautsverhältnis ö : o (= idg. ä) ist ersichtlich aus äip oc-ulus; fodf federe^ ödi odiufn.

20. Belege anderer idg. Ablautsverhältnisse sind sfca (vgl. lit. sykis ,Hieb*) sticSna saxwn; felare femina filius vonW. dh^; ös öra ausculum; ad-tU^r^ , anwedeln' lit. vdr-as „Schweifhaar*.*)

21. In der Mehrzahl der Fälle erst lateinischen Ursprungs ist das Ablautsverhältnis % : ^ und ü : ü, zum Teil beeinflusst durch den Übergang von idg. -ei' -e^- in lat. -f- -ä-, vgl. re-hqt*-T re-Uqu-os, vfd-y i^d-Sre^ ß^g-l fug-ere^ iüv-i iüv-are. Auch der Perfektablaut a : a ist nur bei den Wurzeln der d-Beihe ursprünglich, aber durch Analogie auf die der a-Reihe über- tragen. Auch steht das ursprüngliche indog. Verhältnis durchaus nicht inmier sicher in Fällen wie äctts acer, -frägus suffragar, päcäre päx, pläc^re placdre, sägax sägus^ tägat contagEs, vädum vadere u. s. w.

Anmerkung. Die umfangreiche litteratur über den indogermanischen VokaUamus findet man am vollständigsten verzeichnet bei Bbuomakn, Grundriss 1, S. 32 Note 2 und 246, Note 2; desgleichen sind die hauptsftchlichen Arbeiten von G. Mbyeb, Gr. Gr.* S. 32 f. angeftthrt Der Yollst&ndigkeit halber vgl. auch L. Mbtbb, Orient und Occident 1, 55 ff. Ausser den a. a. O. verzeichneten Arbeiten sind mir noch bekannt geworden Mbblo, Ragione del permanere del A e del suo mutarsi in E (0) fin dal' etä protoariana in Rendiconti del R. istitato Lombardo Serie rll vol. XX fasc. XV XVI (ein vergeblicher Versuch, die filtere Ansicht von der ursprünglichen Dreiheit der Vokale (a i u) zu retten) und Fum, Per la fonistoria protaria nota preventiva in Rendiconti d. R. Acad. dei lincei, classe di scienze morali etc. vol. IV, fasc. 8, S. 406 ff. Vgl. auch die Vorbemerkung.

Vokalwandel.

22. Da die Vokale eine fortlaufende ineinander übergehende Reihe bilden, so ist es erklärlich, dass auch bei geringer Veränderung ihrer Ent- stehungsbedingungen Verschiedenheiten in der Aussprache hervorgerufen werden, die der Schreibende bei dem Mangel einer ausreichenden Anzahl von Vokalzeichen durch das Zeichen des nächstverwandten Vokales fixierte, z. B. f-farbiges e durch t, u-flLrbiges o durch u u. s. w. ünläugbar ist auch der konnexive Einfluss benachbarter konsonantischer Laute auf die Färbung der Vokale, trotzdem Gobssen seine Theorie von der Wahlver- wandschaft 4^r Konsonanten und Vokale entschieden übertrieben hat. Von besonderer Bedeutung für das richtige Verständnis der hier einzureihenden Erscheinungen ist die Berücksichtigung des Accentes, die in vielen Fällen das Wesen der Erscheinung erklärt.

Anmerkung. Die im Folgenden verzeichneten Veränderungen betreffen die indg. Vokale a e o u 9, Es schien mir aber im Interesse der Uebersichtlichkeit gut, dieselben

>) Das froher hier angefahrte primär (neben pr%märius) wird von Osthoff IF. 8, 52 als eine Umformung aus prttnus durch Be-

einflussung von Seiten des Komparativs prior erklftrt.

^) SoBMiDT, Pluralbildungen 204,

38

Lateinische Grammatik, b, Lautlehre.

hier im Zasammenliange za behandeln. Vgl. auch Schwbizeb-Sidlbb, Gramm. ', § 43» E. R. Wharton in Transactions of Philol. Society 1888 43 ff., Lihdsat, Lat. Langa. 185 ff und Bbuomann, Grondriss 1', 220 ff.

Vokalwandel in nicht zusammengesetzten WOrtern, bez« nur im ersten Gliede

(in der Fuge) der Znsammensetzmigen.

Tonsilben.

23. 1. i tritt in gewissen Fällen fär e ein, wie bereits § 8 auseinander- gesetzt worden ist; umgekehrt e für t vor r, z. B. serö *9isö; Faleril neben Falisctis; merula ahd. meisa. Jedoch ist dieser Übergang nicht auf Ton- silben beschränkt. ,

2. idg. e in den Verbindungen ve ^e vor / und m und ev e^ wird zu o, vgl. oben § 8; über den umgekehrten Wandel von vo zu ve vgl. § 10.

e wird zu o vor gutturalem /, so in solvö für *sel^ö, helus Paul. Fest. 71 Th. [vgl. heUtores, Löwe, Prodr. 339], klassisch holtcs u. s. w. Vgl. oben § 8.

3. i für u vor Labialen und hinter l, z. B. lubet Übet, letzteres von Havet, M6m. d. 1. S. d. 1. 6, 16*, aus Wendungen wie qut lubet erklärt; clupeus Plaut. Trin. 596 B, Mon. Ancyr. 6, 20, Verg. Aen. 12, 332; simtAS (= sumtis) Suet. Aug. 87, Verg. Aen. 12, 231 Ribb. (vgl. possimus Ind. Verg., Ecl. 7, 23 Ribb.); lunter Unter (Schmitz, Beitr. 102), luwpa Kmpa osk. Dium- pais, fimtis fimum gr. &vfiov (Brugmann, Grdr. 1, S. 43). Wegen siha, das nach Osthopfs Deutung (M. U. 4, 158) früher auch hier aufgeführt worden ist, vgl. Zachariae, K. Z. 34, 453 flf. und Brugmann, Grundriss 1*, 107*. Wegen frlgö vgl. Walde, K. Z. 34, 527.

4. 0 neben gr. v in folium mola nox neben gr. q>vlXov fiilrj, vv^^), wo- bei die Vokaldifferenz bei den ersteren beiden auf einen idg. sonantischen ^-Laut zurückzuführen ist, und in dem Lehnworte storax tnvQaS;^) o für e in dem Lehnworte lopades gr. Xenddeg^ übrigens auch in vulgären Bei- spielen: cönsere censere (mit sekundärer Längung des e bez. o der Stamm- silbe), noxe colligate (Löwe, Prodr. 342, 371), amphctor;^) tonörSs Quint. 1, 5, 22 ist an gr. Tovog angelehnt.^) o &tr u sehr häufig in archaischer und vulgärer Rede, z. B. sortt^ für surrScti4S (Liv. Andr.), eonnus aus Ciceros Zeit,*) u. a., ö für ü in lacöna für lacüna Varro 226, 7 Riese. Vgl. Hist. Gramm. 1, 129 f.

5. Über u an Stelle eines älteren o vgl. § 10. Auch in numerus umerus (vgl. gr. vofiog, umbr. onse) ist u aus altem o hervorgegangen. Hier sei noch hingewiesen auf cum, das regelrecht in gewisser Stellung (vor labialen und gutturalen Lauten) aus com hervorgewachsen ist. In der Zusammensetzung hat com- neben co- con-- die Alleinherrschaft errungen. Siehe Hist. Gramm. 1, 146 und 246. Über archaisches und vulgäres u für o, z. B. frundes Enn. annal. 266 V. (268 M.), frundiferos Naev. 25 R. u. s. w. N. J. 139, 105, wo auch die betreffende Litteratur verzeichnet ist. Über

») G. Mbtbb, Gr. Gr.» § 61.

2) Anderes bei 0. Weibe 36.

') üebrigens kann in diesen drei Fftllen die o-Stofe vorliegen, atnploctor soll nach Lindsat, Lat. Lang. 486 sein o falscher Ana-

logie zu verdanken haben.

*) Vgl. auch ScHucHABDT, Vok. 8, 245.

*) Fböhde, K. Z. 18, 258 f.; Schuchari>t, Vok. 2, 169; 8, 221.

4. Vokale. (§§ 23-25.)

39

tunica s. Hist. Gramm. 1, 147. tulf ist aus tetuU ahstrahiert. Über ov = av vgl. § 10; über vo =^ vu § 28, 1.

Anmerkung. Eigent&mlich ist das Lehnwort agea, gr. dywä (e = l); ebenso die Wiedergabe von Bq^ioc durch Britta und Brutto, Momxsbn, Unterit. Dial. 253.

6. ü aus älterem ö ist wohl anzuerkennen in für neben gr. fp^Q. Vgl. übrigens Hist. Gramm. 1, 151 f.

Vortonige Silben.

24. 6 für a nach «- in xEiünus iEientö für iaiünus iäientö,^) in häufigem inschr. Jenaarius.^) In dem Fremdworte Belmatia neben Dalmatia scheint e ursprünglich, i für a in MithridatSs gr. Mid^qaiaxrfi (Assimilation), o für e vor oder nach i, soMenolavus CIL. 1, 1213, Püotaerus 570, olopantus (elephantus?) CIL. 1, 1091 (Wirkung des gutturalen l). Auf der Yortonigkeit der Silbe beruht der Wechsel von ursprünglichem ü mit ö in Posilla CIL. 1, 953 für PüsiUa, sowie der von ursprünglichem ö mit ü in üpiliö neben öpiliö, cluäca (vulgär) für clooca^ ursprünglicher *clöäca (Mittellaut zwischen ü und ö nach Schulze, Gott. g. Anz. 1895, 550). In monumentum documentum gegenüber rBgimentum u. s. w. beruht der Wechsel von u und % auf Yokalassimilation (Pabodi, Studi it. di Fil. class. 1, 401), vgl. § 28. Auch beachte man, dass nach dem älteren Betonungsgesetze diese Silben, in denen abwechselnd i oder u stand, nachtonige waren. Bemerkenswert sind auch vfnolentus, samndlenius, sanguinolentus mit unerklärtem o.

Nachtonige Silben. 3)

25. idg. a und o, und zwar letzteres in offener Silbe, sind zunächst zu e geworden. Das von urlat. ea o herstammende e blieb in geschlossener Silbe und vor Vokalen. Sonst wurde es in offenen Silben geschlossen aus- gesprochen und in der Schrift, mit Ausnahme der Stellung vor ph f und zum Teil auch vor m, wo es bald durch u^ bald durch i bezeichnet wurde, durch i bezeichnet, o (sowohl ursprüngliches als später aufgekommenes) wurde in schwachtoniger Stellung zu -m- mit Ausnahme vor r, wo es, wie es scheint, verblieb. Die eben angegebenen Veränderungen hingen mit der Stellung im Nachton zusammen. Unabhängig davon sind durch Laut- gesetze, die mit der Schwachtonigkeit nichts zu thun haben, gleichgeartete Veränderungen vor sich gegangen.

Mit Berücksichtigung der eben erwähnten Wandlungen ergeben sich für die Gestaltung der Vokale in nachtonigen Silben ohne Rücksicht auf die ursprüngliche Natur derselben folgende hauptsächlichen Gesichtspunkte:

1. Als Vokal der nachtonigen Silben (die Endsilben sind dabei nicht mit inbegriffen) erscheint vor r, vor mehrfacher Konsonanz, einfachem

0 Skutboh, Arch. f. lat. Lex. 7, 528. Die Etymologie ist zweifelhaft. Auch der neue Ton Pbbllwitz, Deutsche Litteraturzeitong 1898, Sp. 833 gemachte Versuch diesem W<irte etymologisch beizukommen Überzeugt mieh iiicht.

') Andere Beispiele bei Seelmaniv 171. Vgl. auch Bbugmabit 1', 168 und Hist. Gramm.

1, 166 f.

*) Vgl. die AusfOhrungen von W. MbteBi Z. f. rom. Phil. 8, 205 f., die im Folgenden benützt, aber mehrfach richtig gestellt und vervollstftndigt sind; vgl. femer Hist. Gramm. 1, 167—188 und Bbügmahn, Grundriss 1* 221 ff.

40

Lateinisobe

b. Lantlehre.

Vokal und nach i regelmässig e, daher z. B. genetrix,^) legere, Venerem (idg. e);>) peperj (idg. a); daher auch regelrecht die griechischen Lehn- wörter siser camera phaler(u neben gr. <s(aaQov jtaixdqa^) g>dXaQa^ hingegen ö für u in ancora gr. dyxvQa, Caesaris itibaris nectaris haben ihr a vom Nominativ bezogen. Dazu vgl. das Komp. auger augeratus und Priscian bei Keil, Gr. L. 2, 27, 38 neben gew. augur auguratvs. Vgl. femer die Perf. peperc^ fefelJ%, urspr. *peperöf: ^fefelU betont, die griech. Lehnwörter AUxen- trom, talentum, Tarentum, deren Lautgestalt die ursprüngliche Betonung widerspiegelt. Uvirum für *Uverum nach virum, satura (satira) nach satur; so zeigen auch s- und r-Stämme entweder Eindringen des Vokalismus des o-Stammes, vgl. z. B. tempöris neben temper% temperare, decöris^ marmöris, wobei vielleicht auch der umstand massgebend war, dass neben dectis decoris das Masc. decor decöris bestand, oder es ist mit Bbugmann, Orund- riss 1^ 223 tempöris u. s. w., demnach auch -o- als ursprünglich zu fassen; fulguris (dagegen inschr. auch fulgerator) guUuris^) cicuris u. a. mit dem Nom. auf -ur, memöris haben ihr u bez. o wohl vom Nominativ bezogen. Regelrecht erscheinen ebrietas pietas sodetas mit e = idg. o, abietis arietis parietis mit idg. e [vgl. variegäre hietäre in vortoniger Silbe]; ebenso vinea laneea cavea calceus. Ausnahmsweise iunipirus Cato r. r. 122,Varro r. r. 1, 8, 4 Keil. In filia ist i == ii, dafür in älterer Zeit auch fileai Eph. ep. 1, no. 17 S. 12 und sogar fileifaij Hermes 19, 453; vgl. ascea neben fiscia. Taseos = &d(fiog ScHNEiDEB 48, prän. Oveo ib. 168 neben gew. Ovius,

2. Regelmässig behauptet sich lat. o = idg. o in den Verbindungen -eot- -ioUy z. B. dlveolus filiolus, ebenso in der Lautfolge -vo- bis auf Augustus, wo -VW- an dessen Stelle tritt, z. B. parvoltis.^) Hingegen tritt für idg. a e 0 9 sonst vor l sehr häufig der Vokal u ein, der aber durch die gutturale Natur des /, nicht durch die Schwachtonigkeit der Silbe bedingt ist. Man vgl. die Suffixe -bulo- -bula 'Cuh^ aus -blo- -bla -clo-, z. B. stäbtUum, pöcur- lum altlat. pöcolom. Als Vorstufen sind *8tabelom *pöcelom vorauszusetzen (vgl. § 37). Vgl. auch s^dulö aus *sSdolöd se dulo m{alo) CIL. 1, 200, 39. Hierher gehören auch die gr. Lehnwörter, wie pessulus Siculus scopulus gr. 71 daaaXoq Sixelog (fxoneXog, paenula gr. ipaivoXrjg u. a., für welche auch ursprüngliche Formen mit -eU vorauszusetzen sind, vgl. catapuUa gr. xara- näXzrjg, In Fällen wie similat neben regelrechtem simulat liegt Beeinflussung durch das Adjektiv simüis vor, in welchem, wie in den übrigen auf -t'K-, Vokalassimilation stattgefunden hat. In älterer Sprache ist ursprüng-

^) Lacbmann zu Lacret. 1, 1; darnach geneftvus (umgekehrt auch genUrtx). Aller- dings kann das zweite e in genetivus auch durch das erste gehalten worden sein (Brug- MAim a. a. O. 223).

') Möchlicherweise sind ührigens die Grundformen ^legest * Venesem noch vor dem Eintritt des Rhotiftcismus zu *legisi * Venisem umgestaltet und -»- unabhängig von der Tieftonigkeit vor dem folgenden r zu e ge- worden. Vgl. § 23, 1. Ebenso ist cineris aus *cinis-i8 hervorgegangen. Anders ge- artet ist Paperius CIL. 1, 554 neben Papiriue,

älter Papisius 59, 5), da das i der zweiten Sübe lang ist. Vgl. jetzt auch Pbbllwitz, B. B. 24, 99.

*) Dagegen vulgär camara, carcares sisarum, ersteres auch Varro r. r. 1, 52, 2 Keil und 5fter. Auch Yerrius Flaccus woUte camara nach Chabis. bei Keil. Gr. L. 1, 58, 22.

*) Nach Bbuohann, Grundriss 1 « 213, haben diese Worte das -u- durch asaimilie- rende „Einwirkung der ersten Sübe* erhalten. Wie aber ist dann eieur auficufassen?

^) Anderes bei L. Mbybb, BB. 1, 155.

4. Vokale. 25.)

41

lieberes o erhalten, so agolum Paul. Fest. 21 Th. opolöfiös ib. 55, tegolis Plaut. Mil. 160 A.; u. a. W. gr. ^svdvXoq lat. Pseudolus nach Analogie der echtlateinischen Wörter, i)

3. Vor h p f sind die indog. Vokale zu einem ö- oder w-artigen Laut (früher gewöhnlich als Mittellaut ü bezeichnet) geworden, für dessen schrift^ liehen Ausdruck bald u bald i gewählt wurde;*) vgl. den Dat. Abi. Plur. der u-Stamme auf -ubus und "ihm, occupö, dissupö dissipö, Crassupes CIL. 1, 436 neben gew. Crassipes, pontufex ponlifex u. s. w.*) Mit Recht hebt Bbugmann, Grundr. 1*, 224 hervor, dass für diesen Laut durch die Einwir- kung namentlich der Vokale vorausgehender Silben bald reines u, bald reines i sich festsetzte. Er bezeichnet als lautgesetzlich occupö^ aucupö, nuncupö, surruptus, confubemalis, accipiö, münicipium, dbripiö, artifids, tnsiliö.^) Durch analogische Beeinflussung entstandene Kreuzungsformen, wie derupier insuliö. Das Vorhandensein desselben getrübten Lautes vor m ergibt sich aus den Superlativformen auf -iwio- und 'Umo-, wie maximus und maxumtiSj^) den Adjektiven auf -timo' und -tumo^, wie finitimus und ftnitumus, aestimö und aestumö, lacrima und dacruma. Über monum&ntum rEffimentum u. s. w. vgl. § 28. Nur i liegt vor in anima, den Korapositis mit emö und premö in der Endung der 1. plur. -imus des Perf. und Fut. u. s. w. und hat daher als lautgesetzlich zu gelten. Älteres o in fal. Maxomo Zvet. Inscr. It. med. 58, incolofnis Plaut. Truc. 168. Anderes Material s. Hist. Gramm. 1, 181. cove- numis CIL. 1, 532 halte ich mit Corssen 1, 334 Anm. für einen Schreib- fehler.

4. Vor allen anderen einfachen Konsonanten sind in nachtoniger Silbe die idg. Vokale durch i vertreten, z. B. legite, genüus (idg. c), scnica (v. Hmo-) funditus (idg. o), domituSy sisiite Grdf. ^si^sta-te (idg. 9); vgl. ferner agidum Plaut. Trin. 369 B gew. agedum, huncine qtmtinas gew. qtmtenus quippinj u. a.; femer die älteren griech. Lehnwörter wie machina trutina n. a. Für dieses i steht älter und vulgär auch e (geschlossen), daher acetare ,agitare^ Paul. Festil7Th., sineto intercedeto CIL. 1, 206, 134, 164,») iempestätebus Hmedus Naev. nach Non. 376, 12 Müll. u. a., vgl. Hist. Gramm. 1, 184.

Von Ausnahmen erklärt sich iuvenil nach iuvencus, iuventüs; pecudem nach dem Nom., futudit nach tundö; arbutum coluber volucer u. a. verdanken ihr u wohl dem Einfluss des b bez. l ') Andere bis jetzt nicht aufgeführte Ausnahmsfalle erklären sich durch Assimilation der Vokale, so alapa anatis farfartis (vulgär anitis, anites Plaut. Capt. 1003, farferi), barbarus, cannabis, celeber, integer^ vegetus hebetis segetis u. a. Andere Wörter sind offenbar

') Götz, praef. XI.; Wölfflin, Sitzb. d. bayer. Akad. 1887, S. 203 (Wortspiel mit dolus).

•) Seit Cäsar, vgl. Quint. 1, 7, 21, 8cHüCBA]u>T, VoL 1, 53; Wölpfliw, Arch. f. hi Lex. 4, 620. Auf dem Mon. Ancyr. stets f. Vgl. Aber diesen Laut besonders Pabodi in Studi ital. di Fil. class. 1, 416 ff.

*) Anderes bei Gobssen 2, 136 f.

*) Ich fahre diese Formen des Znsammen-

hanges halber hier an, wenn sie auch eigent- lich erst im § 27 angefahrt werden mOssten.

^) Eine erschöpfende Sammlung dieser chronologisch gleichalterigen Formen bietet Brock, Quaest. gramm. cap. duo (Jurjevi 1897) S. 1 ff.

«) CoBSSBN 2, 291 f. ; L. Mbyer Bezz. B. 1, 143 f.; Storm, M6m. d. 1. S. d. 1. 2, 81 f.

^) Vgl. auch Seblmakn 197.

42

Lateinische Qrammatik. b. Laatlehre.

als später eingebürgerte Fremdwörter nicht mehr dem älteren Laut- gesetze verfallen, z. B. hilaris, stomctchus, pelagus, cithara, PegtiSus, petasas^ cerastis.

Endsilben.

26. 1. Bei den Neutris auf -c -ale -are (jünger -al nzr) ist e aus i hervorgegangen,^) ebenso beim Neutrum der Adjektiva auf -is; ante gr. avti. Hingegen sind -ris und re der 2. Sing. Pass. zwei selbständige Formen,') ebenso -vis und ve (vgl. § 69, 3), magis mage und potis pote. e ist zu i gewandelt in den auf s und t ausgehenden Silben: Gen. Sing, auf -is aus •es (vgl. § 84) ; 2. Sing. Praes. legis aus *leges (vgl. § 97) ; 2. Plur. Praes. legitis aus *legetes; 3. Sing. Praes. legit aus *leget und Perf. dedit (vgl. § 111). ündecim duodecim für *ündicem *duodicem sind durch die betreffenden Ordinal- zahlen beeinflusst; s. Eist. Gramm. 1, 139 f.

2. Über auslautendes d = d vgl. § 7.

3. Das ö der o-Stämme, mit Ausnahme derer auf -uo^ und -vo-, bei denen diese Wandlung erst in der ersten Hälfte des ersten nachchrist- lichen Jahrhunderts in die Schriftsprache eindrang, wich seit dem Beginn des sechsten Jahrhunderts endgültig dem u-Laute, vgl. z. B. älteres Manios (Fibelinschrift von Palestrina), praen. Novios PlatUios (Schneider 41), Buenos u. a.; desgleichen das -os der s-Stämme, alt Venös opos,^) und des Gen. Sing, der konsonantischen Stämme mit jüngerem -us, vgl. Cerer-us u. s. w. (s. § 84) neben senatu-os; vgl. ferner den Dat. Plur. auf -hus (vgl. § 88); istud aus *istod; 1. Plur. -mws aus älterem *-mos; 3. Plur. -unt älter -ont (vgl. 8 97); dazu noch die Adverbia auf -tus (vgl. § 88 Anm. 2), aber Fest. 346 Th. quatenoc statt des von Mülleb 258 gelesenen quatenos; älteres -or ist zu 'Ur geworden in femur, iecur. Nur sporadisch und vulgär ist ö bei den o-Stämmen zu ü gesunken, so castud CIL. 1, 813, [oV]latud 193.

4. Über oi (bez. öi) = t in Schlusssilben und ai (bez. ai) = J im gleichen Falle vgl. § 13, 5 und 1.

5. Ob das e in der Schlussilbe von remex, artifex duplex oscen laut- gesetzlich aus a entstanden ist, ist nicht sicher, hospes aus *host{i)pot{i)s *Jiosposs *hospus, eques neben gr. inno-zr^g scheinen ihr e aus den einmal vorhanden gewesenen Formen Viospetis *equetis (Vorstufen zu hospitis equiUs) bezogen zu haben. Vgl. Brugmann, Grundriss 1^, 226 und Hist. Gramm. 1, 192 f. und über hospes speziell Richter, K. Z. 36, 117.

Schwächung der kurzen Vokale und Diphthonge in der

Zusammensetzung.

27. Als Grund dieser Erscheinung ist § 73 die ursprüngliche Be- tonung nachgewiesen. Das Material siehe bei Corssen 2, 396—435. Grund- sätzlich ist a priori festzuhalten, dass dieselben Gesetze, welche wir soeben

1) Dagegen Ritscrl, Op. 2, 622 f., dafür CuRTius, E. Z. 1, 269 f., Corssen 2, 238, Beitr. 546. RiTSCHL hinderte eben sein Op. 4, 414 Anm. aufgestelltes System des Vokalwandels im Altlateinischen an diesem sonnenklaren

Zugeständnis.

') MisTBLi, Zeitschr. f. Völkerpsychologie 14, 316.

») COBSSEN 2, 87.

4. Vokale. (§§ 26—27.) 43

für die nachtonigen Silben der einfachen Wörter erwiesen haben, auch für die Komposita gegolten haben. In der That stimmen z. B. aequiperö cönscendö nuncupö contuhernium u. a. genau mit den aufgestellten Gesetzen überein. Da jedoch die regelrechte Durchfuhrung des Vokalschwächungs- gesetzes durch andere Einflüsse gekreuzt wurde, ist unmöglich zu erwarten, dass wir ein einheitliches Bild der in Frage stehenden Erscheinung er- halten werden. Es darf auch nicht wunder nehmen, dass gegenseitige analogische Beeinflussungen vorliegen. Auch eine bestimmte zeitliche Grenze lässt sich mit Sicherheit nicht aufstellen; wahrscheinlich hörte die strenge Norm mit dem Erlöschen des alten Betonungsgesetzes auf. Nicht wenige zusanmiengesetzte Wörter kennen wir überhaupt nur in rekomponierter Form, wie (davus, concavus, itaque, tmpetus, compedis, viele Yerba mit e im Stamme, z. B. enecö (das lautgesetzliche enicö bei Plautus gewöhnlich), resecö {prösicarier Plaut. Poen. 328, resicäre Cato r. r. 33, 2, 47 Keil, Varro r. r. 1, 31, 2),i) avehö u. s. w.«) Auch Plautus hat rekom- ponierte Formen, z. B. reqaaerms Merc. 633 (dagegen requireres 637), exaesHmö Merc. 566 u. a. Der thatsächliche Verhalt ist folgender:

ä (= idg. a) geht über in ^ in geschlossenen Silben vor gehäuften Konsonanten mit Ausnahme von l 4- Kons, (ausgenommen U)^ vgl. z. B. peregre: ager, biennis: annus, inermis: arma, discerpö: carpö, obtrectö: tractö, eteceptus: captus, cönfesst^S: fateor, regressiis: gradior;^) vor r z. B. comperiö: pariö; in offenen Silben wird dieses e zu i, z. B. crSdittis aus *credefos *cr^datos, cönsHtuö *cünstetuö. Nicht infolge der Nachtonigkeit, sondern lautlicher Prozesse wurde -eng- in -m/jf- verwandelt (vgl. § 8, 1) in attingö^ tnfiringö u. s. w. Über a vor b p f und m vgl. oben § 25, 3. In offenen Silben steht d für a infolge von Assimilation, vgl. d^pedsct, inkcebrae, perpeti, d^feHgäre.

d (= idg. d) in offener Silbe, wenn nicht vor r (vgl. aufero cönserö), wird regelrecht zu l, z. B. Insidet, colligö u. s. w., jedoch sehr häufig ist es, wie bereits oben bemerkt wurde, rekomponiert, z. B. durch Assimilation elegans, aber eligantiam Turpil. 99 Ribb. II. Die Wandlung von ^ in l durch die Mittelstufe e ist regelrecht in den Nominalkomposita wie vfnifer, eenticeps, hospitis für *host[i]pot[i]$ in dem Adverbium tlicö aus *inslocö ; ^) gr. anoxog lat. aplca wird wohl kaum mehr als Kompositum gefühlt worden sein. Regelrecht ist u in adulescEns cünsulö retull u. s. w. wegen l\ Formen wie assoht suboUs sind rekomponiert. Die Diphthonge ai ei oi sind in nachtoniger Stellung, wie in den wortschliessenden Silben, durch ei zu e (geschrieben e) % geworden, vgl. mceideretis Sen. d. Bacch. klass. incidöurspr. *caidö, edicö alt deicö; pomErium aus *p6S'moirioni, vgl. das rekomponierte postmoerium bei Varro und Livius, posimirium Paul. Festi 327 Th.^) In

>) Die Stellen bei Keil, Varro r. r. 2, 2, 85.

') Weitere Belege Hist. Gramm. 1, 185 ; LmroAT, Lat Lang. 198.

>) Aus der Komposition sind fessus und fr€99U8 verselbfstftndigt worden ; vgL Osthoff, Z. G. d. P. 537 f. anh^ ist wß*an^än8lö ^an-enslö mit sekundär gedehntem e hervor-

gegangen.

*) NiBDERXANN, ^undl imLateinischen52.

^) SoLMSBH, IF. 4, 251. Ueber das Wort vgl. MoKHSBN, Rom. Foivchungen 2, 23 ff. (Hermes 10, 40 ff.); Corssbn 1, 708. Ueber die ganze Frage auch Brugmann, Grondr. 1', 227 f.

44

Lateinisoho Grammatik, b. Lautlehro.

oboediö aus *ob'0^izdiö *ob-a^izdiö^) ist oe zu beurteilen wie in foedus u. s. w. (ältere Schreibweise für *ob€dfre oder *obfdire), procürare neben coiraveront ist natürlich rekomponiert; au ist über ou zu u geworden in Eompositis, wie inclüdö aus *inclaudö *incloudö, meistens aber durch Rekomposition wieder hergestellt.

Anmerkung. pHerö scheint mir immer noch am wahrscheinlichBien als Kompositiim aus *periurö {*iurö Nebenform zu turd), umgeformt nach dem Muster von dHerö eierö, aufgefasst werden zu müssen. Vgl. die Ausführungen über dieses Wort in Hist. Gramm. 1, 170.

Assimilation von Vokalen.*)

28. Vollständige oder teilweise Angleichung von Vokalen findet häufig statt in zwei aufeinander folgenden Silben. Erstere ist entweder progressiv oder regressiv. Hinsichtlich des ersteren Falles vgl. man z. B. alapa, cannabis, alacer, adagium, vegetas; segetis tegetis u. s. w. für zu erwartendes *segitis Hegitis u. s. w. Dagegen peditis equüis nach comitis müitis; perpetis im Anschluss an perpetior; cicindela für *cicend&la W. cand-, vgl. cicendula ,Lämpchen', vtgintT aus *vfgentt. Vgl. auch noch aus den zahlreichen vulgären Beispielen oppodum CIL. 1, 200, 81; infistae „infestae" ib. 1009, 15, tonotru u. a. Regressive Assimilation liegt vor in den § 8, 7 aufgeführten Fällen, ferner in nihil nimis nisi, in denen man m- aus ne- herleitet,^) milium gr. fAskhrj ^ Hirse", dnis gr. xovig, tilia gr. nteXäa,^) rtUundus Fest. 354 Th., Lachmann zu Lucretius 2, 402, Varro 1. 1. 5, 26 u. 118; purpurn gr. noqffvqa'^ vulgär lacatiö.^) Vgl. auch noch die spätl. Formen didit didi- cämt doRSSEN 2, 363 und insbesondere die zahlreichen von Parodi gesam- melten Beispiele. Regressive Assimilation durch die Einwirkung eines auf l folgenden i zeigen die Adjektive auf "ili-, die aus solchen auf -uZo- entstanden sein dürften,^) femer facilis neben facul, exüium von exul, ProciUus neben Proculus, Sicilia neben Siculus u. a. Vgl. ferner quisquiliae aus *quesquiliae.'^) Nicht unwahrscheinlich ist regressive Assimilation bei convlcium susp^iö subtilis aus *cofweciom *suspeciö *subtslis.^)

Nur teilweise regressive Assimilation ist mit Parodi a. a. 0. 401 anzunehmen bei documtntum monumentum nocumentum und andererseits alinientum regimentum sedimentum (wahrscheinlich für *regementum *sede' mentuni^ vgl. eUtnentum). Ereuzungsprodukte sind monimentum dlumentum u. s. w.^)

Anmerkung. Nach Bruomann, Grundr. 1', 836 Anm. 2 ist die Assimilation des Vo- kals der Reduplikationssilbe im Perfekt (vgl. § 108) keine lautmechanische, sondern durch die Analogie des Präsens bestimmt.

^) SoLMSBN, Studien 150 f.

') GoBSSBN 2, 353 f., wo jedoch manches nicht hieher Gehörige verzeichnet ist; Dibt- BiCH, Progr. V. Hirschberg 1855; Schweizer- SiDLBK, Granmi.* § 51 ; Brambaoh, Neug. 74 f. und Lindsat, Lat. Lang. 201 (besonders hin- sichtlich der vulgären Fälle); Hist. Gramm. 1, 193 ff.; Bruomann, Grundr. V, 836 und 839; Parooi in Studi ital. di fll. class. 1, 395 ff.

') Jedoch wegen der Quantität des ersten i von niai vgl. Brock, Quaest. gramm. cap. ü, 170 ff.

*) Wegen Hist. Gramm. 1, 637 (Nachtrag zu S. 296) bemerke ich, dass Niedrrmann, ^

und I im Lat. S. 111 und Brugmakv, Grund- riss 1', 511 und 515 an dieser Zusammen- stellung — doch wohl mit Recht fest- halten.

^) Löwe, Glossae nom. 62.

^) Bbuomann, Grundriss 2, 192; Hist Gramm. 1, 513.

') Brugmann, Griech. Gramm.' 70.

") Vgl. Hist. Gramm. 1, 140; Nibdermanv, ^ und t im Lat. 93; Brugmavn, Grundr. 1*, 134 f.

*) Ueber das Vorkommen dieser Formen vgl. Hist. Gramm. 1, 176.

4. Vokale. (§§ 28—30.)

45

Dissimilation von Vokalen.^)

39. Die früher in diesem Paragraphen aufgeführten Fälle erheischen eine andere Erklärung, pietas ebrietas societas (vgl. § 25, 1) sind die laut- gesetzlichen Fortsetzer von *piotas u. s. w., während *vanitas u. s. w. aus *vaneiäs *vanota8 hervorgegangen ist. Vgl. variegäre, hietäre (vom -to- Part. *hietO'). Ursprünglich ist die Lautfolge -fe- in abietis arietis parietis. adiese adiesent d. Sen. d. Bacch. sind jedenfalls nicht aus adiis{s)e adiis(s)ent hervorgegangen, sondern gehören dem -es -Aorist an. laniSnus ali^ius sind wohl sicher nicht aus ^laniinus *ali%nus hervorgegangen.*)

Geschichte der Dlphthongre.

30. ai (osk. ai alt ai, umbr. selten) ist sowohl als Vertreter von idg. ai' als auch als Eontraktionsprodukt') im Gen. Dat. Sgl. und Dat. Abi. Plur. der o-Deklination, hier hervorgegangen aus -öj-, auf den ältesten In- schriften häufig vertreten, worüber die Nachweise im Ind. gramm. des Corp. Inscr. I, bei Gorssen 1, 675 und Schneider, S. 138. Daraus entstand ae\ diesen Übergang zeigen conquaeisivi CIL. 1 551, CaeicianfusJ 378, CaeieiUus 547 b, 1487, Caeidia 9, 3087, wobei ei = i, bez. konsonantisches e nach Brugmank, Grundriss 1*, 187; vgl. Corssen 1, 676, Birt, Rhein. Mus. 34, 33, RiTSCHL, Op. 4, 140 f., Schuchardt, Vok. 3, 39; vgl. auch kor. -a«-, z. B. ^ Ad^avaB(i)a^ Röhl, I. G. A. 20, 4. ae behauptete in der Schriftsprache den Wert eines allerdings nicht allzu scharf hervortretenden Diphthongs sicher bis ins vierte nachchristliche Jahrhundert hinein (Seel- MANN 224), auch die Schreibung mit ai behauptete sich bis in die Eaiser- zeit; vgl. darüber Corssek 1, 681. ae vertritt anscheinend in einzelnen Fällen auch ^, so namentlich in dem griech. Lehnworte scaena, dessen ae nach SoLKSBN Xaqiarr^Qia f. F. E. Korsch S. 171 durch scaina CIL. 1, 1280 als wirklicher Diphthong erwiesen wird. Allerdings bleibt das Verhältnis zu gr. axrivi^ unklar. Auch raeda neben Epihredia weist auf diphthongische Aussprache (urkelt. *reida). saeculum enthält die Schwundstufenform sai- (= idg. S9{), vgl. oben § 17. Saetumus CIL. 1, 48 neben Satumtis ist nicht klar.*) Nicht rein lateinisch sind Cesula Diane (Pisaur.), cedre cedHo (Lex SpoL), Greda (Prän.), pretor (fal.) u. a. Hist. Gramm. 1, 209 an- geführte Belege. In vulgärer Schreibweise trat e an Stelle des ae, ebenso wie ai den Vokal e vertrat. Etwa seit dem vierten Jahrhundert n. Chr. (im unbetonten Auslaut und in vortonigen Silben schon viel früher) fallen

M BiBTBicH, Cominent. etc. 2, 14.

*) Diese Ansieht vertritt Skütsoh, De Dom. lat. Bnff. -no- ope foim. 13 ff. Vgl. da- gegen BBDGXAirN, Gmndr. 1' XLV, woselbst die plausible Ansicht ausgesprochen ist, dass diese Bildungen von Locativen auf -ei oder -ai ausgegangen seien.

*) In a«9 airid kann Verallgemeinerung der schwachen Stammform *al'8' vorliegen (ftr *aies skr. djf<is vgl. aBnus aus *aie8-no-); vgL Osthoff, P.-B. Br. XIII, 405 Anm., dem Bkuomahk, Grondr. 2, S. 392 beistimmt. In* deasen hat man wahrscheinlicher mit Solmsbn, Stad. 192' Synkope {aeris aus *aie8es) anzu-

nehmen. Ueber die Geschichte von ai vgl. Hist. Gramm. 1, 208 ff., Lindsat, Lang. 239 ff. ^) SoLXSEK a. a. 0. Die von Bbugmahit, M. ü. 1, 33 und Maubbnbbeoheb, Arch. f. lat. Lex. 8, 292 f. aufgestellte Ansicht, dass = e sei, ist jedenfalls nach den AusfQhrungen von SoLMSEN zu bezweifeln. Auch die filtere Identifizierung mit ai. samtär (vgl. Sohwbizeb- SiDLEB, E. Z. 4, 68; 0. Meyeb, Quaest. Homer., Bonn 1868, S. 8; Nissen, Das Templum 130; Pauli, Altit. Stud. 4, 41 ff.) ist nicht haltbar. Vgl. übrigens auch Deeckb, Etr. Forsch. 4, 65 f., Skelmann 162 und Hist. Gramm. 1, 209.

46

Lateinisolie Grammatik, b. Lautlehre.

ae und e in Aussprache und Schrift vollkommen zusammen. Vgl. Eist. Gramm. 1, 210. Über das Schwanken zwischen ae und e vgl. Bbakbach, Neug. 204 f. Durch Zusammenziehung entstandenes cd bez. äi bleibt in Gaius maior aio, wobei i = ii; vgl. oben § 4, HI. Ceisia Schneider 49 (prän.) und queistor es ih, 84 sind nicht «cht lateinisch, vgl. auch fal. LeiveUo (= Laeh'o). Über ai = * in unbetonten und Endsilben vgl. § 13, 1 und § 27.

31. au. au ist sowohl als ursprünglicher Diphthong (vgl. § 13, 2), wie als sekundäres Produkt, z. B. au^cella für *avi'Cella, audere avere, cau^^s lautus von cavere lavere, aufugiö ai. ava- „ab, herab", ebenso aus -Äf<-, z. B. naufragus claudere, vgl. § 40, 2, fast in vollem Umfange in der Schriftsprache erhalten. Wegen seiner eigentümlichen Aussprache (äu) ging dieser Diphthong in der archaischen und Yulgärsprache in ö über, z. B. clöstra öspicätur (Diom. bei Keil G. L. 1, 383, 1 und 10), später auch in ü. Zu dem eben Gesagten vgl. man gr. ao = av G. Meter, Gr. Gr.« § 120, sowie die Transskriptionen des lat. au durch gr. ao^) und umgekehrt Laudicaes CIL. 1, 1212 gr. Aaoilxri, Im Schriftlatein haben wir ö == aw in öpiter (vgl. unten § 94) und -m- = -aw- in der Kom- position; Beispielsammlungen bei Gobssen 1, 656 f., L. Meyer, Vergl. Gramm. P 307. Bemerkenswert neben gew. nüga^ naugatoria^ Plaut. Trin. 844 (Ritschl, Op. 2, 425) nogas Merc. 846 B (wohl auf Vokalab- stufung beruhend). Umgekehrt ist au aus ö hervorgegangen in aula = olla Paul. Festi 17 Th. fal. olna Zvet. inscr. It. med. 51, aureae für öreae (aungä), austia CIL. 1, 1463, Plautus, älter Plötus,^) in dem griech. Lehn- worte auriclidlcum (Plautus, dagegen bei Cicero, Vergil, Horaz örichalcum) ; anderes Material bei Thubneysek, K. Z. 28, 159 f., Sohweizer-Sidler, Gramm. ^ § 23, 4, Hist. Gramm. 1, 211. au = a (a^ ä) im Schriftlatein vielleicht in Mars, vgl. Mäurte,^) sicher in dem apulischen Stadtnamen Äsculum neben Ausculum^ daneben auch Osculum und in einer Reihe vul- gärer Beispiele, wie Agustus u. anderen, worüber vgl. Corssen 1, 664, Schmitz, Beitr. 96 f., Löwe, Prodr. 421, Seelmann, Aussp. 223. Vgl. auch die zahlreichen Belege aus Handschriften und Inschriften bei Birt Rh. M. 52, Ergänzungsheft S. 89 f.

32. ei. Seiner diphthongischen Natur ging am frühesten ei verlustig, das nur auf den ältesten Denkmälern mit Sicherheit als wirklicher Diph- thong betrachtet werden kann, z. B. deivos (Duenos- Inschrift), quei CIL. 1, 29. Jedoch kann schon auf der alten lex Spoletina (Schneider 95) dinai „divinae" nur graphische Variante von deina sein (mithin ei == f). Wegen diphthongischer Aussprache des ei bei Plautus s. Hist. Gramm. 1, 212, LiNDSAY 245. In nebentonigen und Schlusssilben ist ei noch früher als in haupttonigen zu e (geschrieben e) und endlich, wie auch in haupt-

^) Sbelmann 223.

*) Wegen des früher nach Havet, M^m. d. 1. S. d. 1. 5, 444 ff., Thubneysbn, E. Z. 28, 157 hier aufgeführten cauda vgl. jetzt Walde, K. Z. 34, 493.

*) Vgl. SoLMSEN, Stud. 76 f., der Mars geneigt ist für eine Kurzform von Mäpors zu

halten (vgl. gr. Jr^io neben JijfAijtijQ), w&hrend in Maurte gegenüber Mavortei CIL. 1, 808 Vokalunterdrückung in der Schrift vorliegen kann. Vgl. über die unsichere Etymologie von Mavora ausser Hist Gramm. 1, 440 Wackernaoel, Altind. Gramm. 1, 207, dem Hirt, P. Br. B. 23, 351 zustimmt.

4. Vokale. (§§ 31-83.)

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tonigen, zu t geworden. Man vgl. in-ceideretis Sc. d. Bacch.^) klass. inc^dö (vgl. oben § 27), Jovd JovB Jovt. Auch in Tonsilben wird e für etymo- logisches ei geschrieben in devas CIL. 1, 814 neben deivos. Ähnlich Lebro CIL. 1, 174 neben prän. Leiber Eph. ep. 1, 21 mit ursprünglichem ei. Aber eompramesise Sen. d. Bacch. dürfte wohl Schreibfehler sein. Etwa seit der Mitte des 2. vorchristlichen Jahrhunderts schrieb man ei auch für idg. t, z. B. audeire CIL. 1, 198, 71, ameicitiam ib. 200, 75 und häufig, sowie auch für i, das auf lat. Sprachboden entstanden ist, z. B. deividunda CiL. 1, 206 A II 55. Vgl. Cobssen 1, 719, Schneider S. 139 f., Lindsay Lat. Langu. 244. Eine bestimmte Regel « für die Bezeichnung des ? durch ei bildete sich nicht heraus, auch des Lucilius § 4 III berührter Versuch, ei und f im Gebrauche bestimmte, durch die von ihm beobachtete Aus- sprache bedingte Sphären anzuweisen, drang nicht durch ; in den Urkunden der Gracchenzeit bis auf Cäsar erscheint in denselben Wortstämmen ei und f promiscue.^) Zu Beginn der Eaiserzeit ist die Bezeichnung des t durch ei nur mehr Antiquität, wenn auch noch nicht gar zu selten belegt. ^) Die Bezeichnung von idg. e durch ei in decreimt CIL. 2, 5041, leigihus (Inschr. v. Palestrina)*) und noch ein paar Fällen ist zu beurtheUen, wie neben f in Schlusssilben. ^) Auch ^ wird, wenn auch selten, durch ei be- zeichnet, so inpeirator CIL. 2, 5041, heicei ib. 1, 1297. Über ei =^ l s. CoBSSEN 1, 788 Anm. Über die hier skizzierten Punkte vgl. bes. RrrscHL, Op. 2, 622 f., CoRSSEN 1, 715 f., Hist. Gramm. 1, 213 flf. Schwanken zwischen und I waltet ob in der Transskription von gr. ei vor Vokalen, z. B. Dareus und Darfws; dass ersteres schwerlich die ältere Form ist, wie Brambach Hilfisbüchlein 33 meint, ersieht man aus Meisterhans Gramm. d. att. Inschr.« 37 f. Vollständig latinisiert sind platda balin^m,^) mus^vus gr. fiovaetog, während AcMvt für *Achaivt *Acheivt hinsichtlich des Suffixes an kypr. 'Axaipoq eine Stütze zu finden scheint. '') et = i = gr. t; in prän. Crisida Creisita (übrigens auch gr. KQKrtjtgy Eretschmer, K. Z. 29, 438 Anm. 2, Ders., Die griech. Vaseninschriften 206 f.). In eius meio peior ist -ft- = -^H-.

33. eu.^) Für Leticesie (Carm. sal.) müsste schon nach uritalischen Lautgesetzen "^Loucesie erwartet werden, es hat daher keine sprachgeschicht- liche Bedeutung.^) Für neuter neutiqimm ist ausdrücklich die dreisilbige Aussprache bezeugt; *<>) denselben Lautwert {e + w) dürfen wir auch für ceu neu seu,^^) heu heus voraussetzen, t (wohl für ü) = eu liegt vor in Uher Grdf. ^leubre-, vgl. § 34 Anm. Wegen spätl. Orphaeus u. ähnlicher

^) Es steht nicht fest, dasB ei in diesem Worte noch diphthongisch ausgesprochen wnrde, was wegen deieererU (W. deif:) der- selben Inschrift von Wichtigkeit wftre.

^) COBSSEH 1, 719.

») VgL Hist Gramm. 1, 215. *) CIL 14. 2892, vgl. Phü. Woch. 2, 91. ») SoLMSSN EF. 4, 249. •) O. Wbisb 36 f.

0 Satcb, Berl. Phü. Woch. 4, 671; 0 HovTMAffN Bbzz. B. 14, 294.

8) BiRT, Rh. M. 34, 1 f.

') JoRDAM, Erit. Beitr. 31 ff., Brügmann, Gnmdr. 1, S. 53.

10) CoNSENTiüs bei Kbil, Gr. L. 5, 389; ausser Bibt, vgl. Schmitz, Arch. f. lat. Lex. 1, 286.

**) seu neben «ei-M sü-ve aus *8eu(e); ceu und neu können ebensogut auf *cei'Ve nei-ve als auf *e€-ve ^ne-ve zurttckgeführt werden. Vgl. Brügmann IP 6, 87 f. ; Grundriss 1 «, 184.

48

Lateinische Grammatik, b. Lautlehre.

Formen (Birt 33) vgl. Seelmann, Ausspr. 229. Gr. Asvxiog AevxavoC AevxoXXog gegenüber lat. Lucius osk. Lüvkanateis «Lucanatis'' Lücullus erklären sich aus dem Anklang an Xsvxoq (etwas anders Yiebeck, Sermo Graecus etc., Göt- tingen 1888, S. 57 f.); übrigens sind seit Claudius die Formen mit -ov- häufiger.^) 34. oL Der Diphthong oi, auf den älteren Urkunden noch vollständig in den Stammsilben erhalten, im Eurialstil noch bis über das Jahr 50 v. Chr. (coir{averunt) CDj.j 12, 5388 v. J. 707 u. c, foidere 1. Jul. mun. v. J. 709 u.c.) vereinzelt angewendet, wobei oi ebenso wie oben ai nur als graphisches Zeichen zu betrachten ist, wofür namentlich das Vorkommen von oi und ü nebeneinander spricht,^) wurde in haupttonigen Stammsilben zu (osk. üi) übergeleitet, z. B. moiros moerus {moerörum noch Yerg. Aen. 11, 382 Ribb.), coirare coerare u. andere Beispiele im Ind. gramm. des CIL. 1. Um die Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. (vgl. usura CiL. 1, 542 (= 9, 4672) V. J. 609 oder 608 d. St.) war durch Assimilation und Verdumpfung des g») (Brugmann, Grundriss 1* 185 setzt die Mittelstufe OQ an) der Übergang in ü bereits vollzogen, der in den meisten Wörtern (ausgenommen foedus Poeni poena impoene Cato ed. Jordan, 37, 21, aber gew. impünis pünlre, Coelitis) Regel geworden ist, z. B. oino CIL. 1 32 oenigenos Fest. 225 Th. ünus, comoinem CIL. 1 196 moenitum Plaut. Bacch. 926 münXre, dazu wohl auch mütö mütuus, loidos CIL. 1 565 loedis Cic. de leg. II 9, 22 (hat also nichts mit den Lydern zu schaffen, wie Ribbece, Gesch. d. röm. Dicht. 1, 10 will) lüdus. Einmal überliefertes couraverunt CIL. 9, 3574 und plouruma ib. 1, 1297 scheinen die oben postulierte Mittelstufe zwischen 0^ und ü vorzustellen. Dialektisch ist prän. coravero CIL. 1, 73 und öfter.*) Sollte vielleicht auch nön neben alat. noenum aus ^ne-oinom diesem Dialekte angehören?^) Übrigens herrschte lange grosses Schwanken zwischen oe und t7, ersteres länger im Kurialstil (Jordan, Krit. Beitr. 239), beide häufig nebeneinander in Varros Schrift De lingua latina. Als orthographische Antiquität hat sich oe behauptet in den oben angeführten Wörtern foedus u. s. w. Über -oi- (idg. und aus -öi-) = b t in nachtonigen und Schluss- silben vgl. § 13, 5 u. 7 und § 27. Zeugen dieses Übergangs sind pömerium und das gr. Lehnwort anqutna „Schlinge des Taus* äyxoivtjy pilumnoe pophe Fest. 244 Th., ploif-ume CIL. 1, 32, oloes Fest. 244 Th. t in quT quTs ist in unbetonter Silbe entsprungen (st qui dli^qui), darnach und nach den mehr- silbigen Formen wie illt üIts auch M Ms (Brugmann, Grundriss 1, S. 75). Als Produkt einer Zusammenrückung erscheint der Diphthong oe in coepT (*cö-^l), coett^ {€0-4108), gr. v wird schon in alter Zeit nicht selten durch oe wiedergegeben, z. B. Cloetemestra.^)

Anmerkung. Dass auch in haupttonigen Silben idg. oi in der Lautfolge ^oi- zu t geworden sei, z. B. in tmum oiyog, mctis olxog, vidit oid$ u. s. w., ist trotz Hirt, Arkiv. f.

^) DiTTENBEROEB, HormeB 7, 312.

«) RiTBCHL, Op. 4, 168, 765.

^) V. Planta, Gramm. 1, 153; Hist. Gramm. 1, 217.

*) BEUOMAim, Grundriss 1*, 186; vgl. auch Hist. Gramm. 1, 131.

*) Ueber die Versuche, die auffällige Lautgestalt von nön zu erklären, vgl. Hist. Gramm. 1, 130 f. und Brugmann, IF. 6, 79 flf.,

der, wie Wackernaoel, Beitr. z. Lehre y. griech. Akzent 19 ' und Maursnbsech£b, Phil. 54, 630 die von Thomas, Class. Rev. 5, 378 aufgestellte Erklärung aus -^ ne (wahrscheinlicher eine hervorhebende Par- tikel als eine zweite Negation) annimmt.

*) RiTscHL, Op. 2, 517, Schmitz, Beitr. 107; anders Corssbn, 1, 710 A., G. Meyer, Gr. Gr.8 § 85.

4. Vokale. (§§ 34-36.)

49

nord. fil. 12, 83 nicht sicher. Vgl. Brugmann, Gnmdriss 1 ^, 186 Anm., der allerdings jetzt Griech. Gramm.* 54^ mit Rücksicht auf Bartholomae, Wochenschr. f. klass. Phil. 1898 Sp. 1055 f. die a. a. 0. vorgebrachten Bedenken als haltlos erklärt und geneigt scheint den Wandel von voi- [uoi) über uei- zu m- anzuerkennen, liber neben loehertätem (Paul. Fest. 86 Th.) fal. loferta osk. Lüvfrels (Gen. d. Sing.) ist am wahrscheinlichsten mit Brugmann, Gmndr. 1', 107 aus Vouh- löub-, lej^- zu erklären. Andere Erklärungsversuche bei J. Schmidt, K. Z. 23, 348 und Dakielsson bei Pauli, Altid. Stud. 4, 156 ff.

35. ou. ou,^) inschriftiich bis zur Zeit des Bundesgenossenkrieges häufig, mit einiger Eonsequenz jedoch nur in ioasi ioudicium ioudico ioudex iourare nachweisbar, neuerdings noutrix (Notizie d. scavi 1895, 436), ist ohne Zweifel ursprünglich echter Diphthong gewesen und daher auch diphthongisch gesprochen worden, wie Kruczkiewicz a. a. 0. mit Recht behauptet; jedoch ist zuzugeben, dass wahrscheinlich schon im 3. Jahr- hundert V. Chr. die monophthongische Aussprache Platz gegriffen hat. In der Schrift ist es gelegentlich noch später verwendet, z. B. saloute CIL. 6, 406, 5. ou ist entweder ursprünglicher Ablaut von eu z. B. in lücif^ aus *loucos oder nach § 8 aus eu hervorgegangen, z. B. doucö für *deucö u. s. W.2) Dieses au wurde in ü umgewandelt, daher dücö; so auch aus ev (ov) hervorgegangenes unbetontes e^ (otf) in ü, z. B. denuö aus *dSneuö *denouö. Vgl. § 14 B 4. Neben ü erscheint dialektisch auch ö, so röbrgö^ prän. losna aus *louC'Snä CIL. 1, 55; 8) alat. nöntiäre nöndinfumj neben noundinum und schriftlat. nündinum Grdf. *ne^^dinom dürften wohl nur graphische Varianten sein.^) Nach Ceci, Arch. glott. ital. Suppl. periodici V, 19 f. wäre haupttoniges ou zu «, vortoniges zu o geworden, jedoch ist auch dieser Versuch, die schwierige Frage zu lösen, keineswegs ein wands- frei. Das inschriftl. poblictis (die Belege Hist. Qramm. 1, 218) und puplkus sind Kreuzungsbildungen aus püblioAS von pübes „was die erwachsenen Männer angeht' und poplicus von poplus, vgl. Püblius und Poplicola,^) In pr{o)bouin CIL. 1, 16 vivous 1418 mögen wohl Schreibfehler vorliegen, nach anderen Gelehrten soll ou einen kurzen Mittellaut bezeichnen.^)

Kontraktion der Vokale. "7)

36. Es braucht wohl nicht ausdrücklich hervorgehoben zu werden, dass es sich hier nur um Vorgänge auf dem Boden der lateinischen Sprache handelt (Gegensatz zu den bereits indog. und urital. Kontraktionen). 1. Zwei gleiche Vokale vereinigen sich zur Länge: <Z = oa in latnna aus lavatrlna Pomp. 53 Ribb. 11, Lachmann zu Lucr. 6, 199, Phrates (Mon. Ancyr. 5, 54; 6, 1) neben Phraätes; ^ = cc in vemens prBndere nemo aus ve{k)emSn8y pre{h)endere *ne{h)emö; pontSs rSs tr&s aus *ponteies *reies freies; d€st Verg. Aen. 10, 378 derit ib. 7, 262, derässe (Lucret), «) reüj^se

^) Sjiuczkiswicz, Z. f. d. Ost. Gymn. 1879, If.; Wbibsbrodt, spec. gramm. alt. 14 f.; RiTscHL, Op. 4, 116, 157 f.

*) Anderes bei Osthoff, Z. G. d. P. 259, 3L U. 4, 158.

') Bbuomanv, Gnmdriss 1', 198.

*) Die Belege s. Hist. Gramm. 1, 131.

») Thtjbkbiseh, K. Z. 30, 490 f.; Wharton Akademy 1886 S. 187 f.; Limdsay, LatLang. 287.

*) LiKDSAT, Lat. Lang. 246; Hist. Gramm.

1, 189 f.

0 Vgl. über den Begriff der Kontraktion BRüOMANN,Grundr. 1*, 840 ff., Griech. Gramm.* 58 f.; CoRSSBN 1, 628 f.; L. Mkyeb» 1, 529 f.; EüHNEB, Lat. Gr. §28 f.; Schweizbr-Sidlbr, Gramm.« § 31—33; Hist. Gramm. 1, 218 f.

«) Nach Velins Longus Gr. L. 7, 65, 2 ff. E. sind dies die lautgesetzlichen Formen, ^eest (leei'rässe die rekomponierten. Aus« f&hrlicheres s. Hist. Gramm. 1, 218 f.

Haodbuch dpr kUum. AltortnniiiwiMienw*liafl. II, 2. 3. Aufl.

50

Laieinisohe

b. Lautlehre.

CoRSSEN 2, 847 und vielleicht auch n^scit (= *ne-e$cit) Leg. XII tab. rel. V, 5 (Scholl c. nee escit); ö = oo in cönestat (= cohonestat) Acc. 445 Ribb. L, cörs aus co{h)ors (inschr. h&ufig auch chors); prörsus aus *proorsus (vgl, § 14 BS); cöpia cöpertvs cöram pröUs aus ^co-opia ^co-opertus ^co^Gram *pro-oles, cöptamus CIL. 1, 532, gew. rekomponiert cooptö; t = ii in ntl bJnms aus m(A)t7 *bi{h)ifnus; abkt abfmus u. s. w. (Arch. f. lat. Lex. 4, 469), petit Verg. Aen. 9, 9. Aber wegen des Gen. sing, und Dat.-Abl. plur. der eo-Stämme, deren -F bez. -is man auch durch Eontraktion erklären wollte, vgl. Eist. Gramm. 1, 220. ü = uu in passum für pcissuum, tüs (Lehnwort) gr. &vog aus *tutis mit Anschluss an die Flexion von iüs rüs. Altlat. ai und t; klass. ae und e gelten als gleichwertig, daher praüor aus ^prau-itor^ praida aus *prai'hida *prai-heda, inschr. praesse (die Formen bei Kühneb, Lat. Gr. 1, S. 90), praensus Plaut. Asin. 569.

2. Bei dem Zusammentreffen zweier ungleichartigen Vokale gelten verschiedene Gesetze. Die Yokalverbindungen eo (-iä z. B. im Nom. Akk. Plur. der neutralen *io-Stämme) ie ue bleiben lautgesetzlich be- stehen. ir%ginta ist nicht etwa fttr urspr. HriOginta (vgl. gr. T^iäxovra) nach Analogie von vt-ginti durch Kontraktion gebildet, sondern irf- ist die alte Form des Nom. Akk. d. Plur.,i) die Formen sts sit sind nicht aus sies u. s. w. kontrahiert, sondern nach dem Plural ^mus sUis uni- formiert.

Bei der Eontraktion zweier ungleichen Vokale ist die progressive Ausgleichung häufiger.^) S -{- ä == in der Zusammensetzung, daher dögö aus ^de^agö (jünger die Vokalschwächung im zweiten Gliede). Jüngeren Datums sind natürlich auch deamare (Terent. Heaut. IV, 6, 20, Afran. 357 Ribb. II), deambulö (Cato u. a.), deargentö (Lucil.), dearfuö (Plaut.), dearmatus (Liv.). 0 -\- ä = ö, in den Gompositis cögö cögitö cöpula aus *c<hagö "^co-^tgüö ^co-apula, ebenso wohl auch combürere = co-amb-ürere,^) sicher porc^ = *pO'arcet. Hingegen sind spätere Neubildungen co-acervö co^agitö co-aUscö (älter cöUscö),^) vgl. prohibeö (pröbeat Lucr. 1, 977) cohibeö neben älterem praebeö (nicht selten praehibeo Plaut.) dsbeö aus *prae{h)äbeö *d€{h)äbeö, 0 -^ ^= ö in cömere cömptionalis Lachmann zu Lucr.* 134 f. promere aus ^co-emere *c<h-einptionälis *pro-emere. Regressive Eontraktion liegt vor bei söl aus '^saol (vgl. § 14 B3), latus aus *laotos (ib. 5), femer in der 1. sing, der Verba auf -are, amö aus ^amäiOy plantö aus ^plantäio, stö aus *stüiö (vgl. Vorbemerkung zu § 99). Ferner in der 2. sing. coni. praes., wie amEs planUs aus *aweä-fö '^plania-e-s.

Wenn der zweite von zwei verschiedenen Vokalen den Ton trägt (nach der jüngeren Betonungs weise), findet keine Eontraktion statt, daher aenus aus "^aiesnos, und bei den Compositis codctus, coegi (danach auch coegisti u. s. w.). Umgekehrt coepi nach coepisti für zu erwartendes *co^pf,^)

') Nach Johansson, E. Z. 30, 402 Anm. ist tri' Ablautstafe za gr. r^ea-.

') Die von Sghwsizer-Sidleb, Gramm.' § 32 aufgestellte Regel, daes zwei ungleich- artige Vokale zur Länge des ersten zu- sammengezogen würden, ist nicht durchaus zutreffend.

•) AsooLi, Due rec. lett. glott. 41 (Uebers, S. 133).

*) Osthoff a. a. 0.; Büohblbr, Rh. M. 33, 35.

») Brugmawn, Grundr. 1«, 845 und Ost- HOFF, Z. G. d. P. 158.

4. Vokale. 37.)

51

Anmerkang. Man hat Kontraktion von a + e angenommen wegen amäte, das auch SoucsBK, Stadien 55 aus *amäiete herleiten will, wegen amä, das man aus *amaie herleitete. Jedoch vergleiche die VerhaUehre. Aehnlich nahm man auch zur Erklärung von audUe au€R zu den Zwischenformen *audiiete *audiie, die niemals existiert haben dürften, die Znflncht. Aach in ßH liegt keine Kontraktion aus i + e vor. Vgl. § 80 Anm.

Anmerkang. In noenum numquam nusguam ntdlus ntUiquam hat Elision des aus- lautenden e von ne- stattgefunden. Unklar ist das Verhältnis von nutiquam u. s. w. zu neuter ne-uter.

Svarabhaktische (anaptyktische) Vokale.^)

37. Über das Wesen dieser Erscheinung, welche in der Entfaltung von Vokalen aus konsonantischen Nasalen und Liquidae besteht, die sich im Inlaut mit anderen Konsonanten berühren, s. Bbuomann, Grundriss 1' 819 f., Griech. Gramm. ' 89. Ein bestimmtes Gesetz fUr das Auf- treten solcher Vokale ist f&r das Lateinische nicht erkennbar. Am häufigsten ist diese Erscheinung in der Lautfolge Verschlusslaut -\- L Als svarabhaktischer Vokal erscheint vor gutturalem l sowie m gewöhn- lich u (älter o), vor r der Vokal e, vor palat. l und n der Vokal t, wobei allerdings die Färbung des svar. Vokals sich sehr häufig nach dem der folgenden Silbe richtete, besonders bei dem aus l entwickelten (Havet, Mäm. d. 1. S. d. 1. 6, 27). Übrigens vgl. § 25. Vor Liquida ist svar. Vokal in folgenden Fällen: die Suffixe -feto- -cZo- entwickeln sich zu -6w?o-, -Cttto- (älter -feoZo- ^colch, z. B. conciliabolum Plaut. Trin. 314, pöcolom (Jordan, Annali dell' inst. 1884, 7), vgl. auch Tuscolana CIL. 1, 1200; tabula fableis CIL. 1, 200, 46 tabolam 196, 26 labelai ib. 29 (Sc. d. Bacch.) umbr. tafie „in tabula*, vgl. nebula aus ^neb^la, vgl. air. nel, doch ist wegen gr. v€^'Xr] auch eine urit. Grundform *nefela möglich;*) saeclum neben saeculum, piacU (Lex. Spol.), vgl. umbr. persclum „sacrificium' pihacio (Abi.), osk. sakaraklüm; singulf {Grit *5^-^Zo ); vgl. ferner umbr. katles catult, osk. pestlum „templum'', vitulus umbr. vitluf „vitulos*^. Man vgl. femer Fastlus CIL. 1, 362 und die gr. Transskriptionen KdrXoq Hgoxkog fQr Catulus Proculus.^) Die ursprünglichen Formen sind in der Volks- und Dichter- sprache stets üblich gewesen: spectacla Plaut. Cure. 647 B, sjaeelfarejs Mon. Anc. IV, 37, congenuclö Cael. Antip., Sisenna neben geniculö, anclö anclabris neben anculö anculus, cailaster neben catulus, vinclum (Suff, -lo-) Varro 1. 1. 5, 62 u. ö.*) Nach Bbuomann, Grundr. 1*, 443 ist pöclum Allegro-, pöcu- lum Lentoform. Der Gebrauch der beiden Formen, von denen übrigens auch pöclum dreisilbige Geltung gehabt haben kann (= *pöcllom), war sicher auch durch Beeinflussung von Seiten der Nachbarsilben bedingt, vgl. figulus: figltnus, discipulus: discipllna, populus: popüct^. Über den plautini- schen Gebrauch vgl. Lindsat, Lat. Lang. 146 f. und 175 f.^) Andere Fälle von

') GoBSsnr (iirationale Vokale) 2, 607 f. J. ScmoDT, Vok. 2, 342 f.; Sobuchabdt, Vok 2, 416 f.; SoBHiTz, Beiir. 105 f.; 0. Wbisb 42; Ebuxbaohbb, E. Z. 27, 514 Anm. 2 Hist Qramin. 1, 195 f.; Aber dieselbe Er BcheiBaiig im Oakischen Eibobhoit, E. Z. 1 86 f.; GoBSBBB 2, 387 f.; Thubbeysbn, E. Z 27, 181 ; RiTSOHL, Op. 2, 482 ff. ; Aber Oskisch UmbriBch im allgemeinen 8. v. Planta Gramm. 1, 251 f. Vgl. auch Brügmanv

önmdr. 1«, 819 f.

>) Brugxakn, Grmidriss V, 222.

>) DiBTBicB, Programm v. Hirschberg 1853 S. 8.

*) Probus, bei Eeil, Gr. L. 4, 119, 11; Stobm, M^m. d. 1. S. d. 1. 2, 81, Brambacb, Neug. 130. Vgl. auch Bbuokakk, Grund- riss 2, S. 192.

^) Plautus hat saeclum und saeculum, periclum und periculumj aber die Deminutive

4*

52

Lateinische Grammatik, b. Lautlehre.

Svarabhakti sind famulus osk. „famel" Qrdf. ^fam-la-, populus poploe (Garm. sal.) poplus (Plautus, Decr. d. Aem. PauUus) umbr. poplom Grdf. "^pa-pTrO" (nach von Planta Gramm. 1, 296; 2, 25 ist *popelos die Grundform), stipu- läre umbr. steplatu 9stipulato(r)^, nömencuUUor neben gewöhnlichem n<?me»- clator, extempulö (Plaut.), discipuhnae; dazu die Lehnwörter HercuUs neben Herein (Hercele CIL. 1, 56 Assimilation) vest. Uerclo osk. Hereklüi,^) Aesculapius gr. ^ÄcxXriniog^ 'üi&v Aescläpiö Aescolüpius (Jobdak-Preller, Böm. Myth.« 2, 241 Anm., Röscher, Lex. d. Mythol. 1, 617; zur Litteratur vgl. auch Hist. Gramm. 1, 199 und Kjellberg, Asklepios (Särtryk ur Spräkweten- skapliga Sällskapets förhandl. 1894—97 i Upsala Univ. Ärsskrift); Patri- coles (Ennius) ist mit Anlehnung an die Namen auf -cola latinisiert ; Vistula sl. Visla (v. FiERLiNGER, K. Z. 27, 479, Hanüsz ib. 28, 210 flf., Müllenhoff, Deutsche Altertumskunde 2, 207). humulus slav. chmeU (Kühk, K. Z. 35, 313 f.). Svar. e liegt vor in inschr. tnagfijsteratus (lex. Luc), magisterare Paul. Fest. 143 Th., infera CIL. 1, 1166 (daselbst auch calecandam), supera 1011, Terebonio 190. Über das eigentlich auch svar. e von -er- = lat silbenbildendem f siehe § 43. Svar. u vor l liegt vor in iugulandes Varro r. r. 1, 16, 6 K.; f in figilinae ib. 1, 2, 22 K.

Vor m haben wir svar. u in den griech. Lehnwörtern dracufna Acume Tecumessa,^)

i erscheint im Gen. d. Sing, der neutralen n-Stämme, z. B. nöminis neben umbr. nonmer, ferner in acintis gr. axvrj, asinus Grdf. *asnos,^) müsimo neben müsmo (Name eines sardinischen Tieres), posimerium (Paul. Festi 327 Th.) gew. pomErium, guminasium Varro r. r. 1, 55, 4 K.; femer in den griech. Lehnwörtern zwischen fiv ipv dv xv xv,*) z. B. mina^^) Daphine, Ariadine, fechina, Procine, cucint^ (xvxvog), lucinus (Xvxvog).^)

Ein aus l vor folgendem Konsonanten entwickeltes u dürfte in volup gr. einig vorliegen.') Sonst nur vereinzelte Schreibungen, wie arimorum, ineritia, superestes, dulicia.^)

Von einzelnen Fällen der Assimilation des svar. Vok. vgl. noch bala- trönes blaterönBs,^) arn^s lit. anti-,^^) humilis similis gr. x^a/iaAog ofialog; eben- so auch in Suflf. -bili-, z. B. stabilis aus *sta'bli';^^) Calvenet[ius] CIL. 1, 1539 a, in den gr. Lehnwörtern Acmemeno trichilifio tricilinium Ysjro r. r. 3, 13, 2, vulgär salapitta (salaputtium) für saJpicta.

auf -ctUo-, wie coreulum poreulus, welche in der VoUusprache auch zn corclum porelus wurden, hatten in der Sprache seiner Zeit stets die nicht synkopierte Form.

^) Jobdan, Erit. Beitr. 2, 15 f., die in- schriftlichen Nachweise bei Jobdan-Pbeller, Rom. Myth.s 2, 278S Bosohsb, Lexikon d. Mythol. 1, 2253 f. Vgl. übrigens Dbeokb, Etr. Forsch. 4, 75.

») Priscian bei Kbil, Gr. L. 2, 29, 5 f., Marius Vict. ib. 6, 8, 8 f.

«) G. Mbyer IF. 1, 319 f.; Schradbb, Sprachvergl. u. Urgesch.^ 885; Hehn, Kultur- pflanzen und Haustiere^ 134.

*) Cobssen 2, 263; Ritschl, Op. 2, 491.

6) Zimhbb, Altind. Leben 50 f.

<) RiTSOHL, Op. 2, 477 ff.; ib. 469 aber dracuma und 473 über techina,

») Gurt. G.* 264.

^) Bbughaitn, Grundriss V, 820 unter Verweisung auf eine mir nicht zugftngliche Abhandlung von Sohluttbb, Am. Joum. of PWl. 17, 473 f.

^) OoBSSBN, 2, 384.

10) J. Schmidt, K. Z. 23, 268, 274.

11) F9l,fertlidy das froher angefahrt wer* den ist, muss durch Synkope aus *fert[i]lid entstanden sein; es ist also die Suffixform 'HU- urspranglich.

4. Vokale. (§§ 38-40.) 53

Volkstümliche Svarabhakti tri£ft man zerstreut auf ziemlich vielen Inschriften; siehe die Ind. zu den einzelnen Bänden des CIL. und Edon, Trait^ de langue Latin 215 f.

Anmerkung. Mit Recht bringt J. Schmidt, Vok. 2, 343 die Erscheinung, dass Konsonant -{• r l in der alten scenischen Poesie nie, sp&ter nicht immer Position bilden, im Gegensaias zu Gorssrn 2, 616 in Kausalzusammenhang mit der Svarabhakti. Das Auf^ ü^ten des reduzierten Vokals zwischen den Konsonanten und r l hinderte die positions- bildende Kraft der Konsonantengruppen. Dies bleibt richtig, wenn man auch mit Haybt, M^m. de 1. S. d. 1. 4, 21 f. «positione* = »conventione" erklärt.

Prothetische Vokale. 0

38. Von der Mitte des zweiten Jahrhunderts n. Chr. an findet sich inschriftlich vor den Eonsonantengruppen sc sm sp st häufig i geschrieben, z. B. iscolasticuSy iscripta u. s. w., ebenso auch e, z. B. espiritum CIL, 9, 6408. Doch ist diese Prothese von i (e) jedenfalls auch schon in der Volkssprache älterer Zeit vorhanden gewesen. Ausfuhrliche Beispielsammlungen bei CoBssEN 2,786, Schmitz, Beitr. 63, Schüchardt, Vok. 2, 337; 2, 365 f.; 3, 271, Seelmann, 317. Über prothetisches i in Handschriften s. auch Lachmann zu Lucret. 4, 283, Ribbeck, Ind. Verg. p. 428.

Epenthese der Vokale.

39. Über diesen Vorgang (Vorklingen eines u oder i) vgl. Bruomann, Grnndr. 1*, 832. Für* das Lateinische ist weder i- noch w-Epenthese nach- zuweisen. Letztere hat man, allerdings schon für die indog. Grundsprache angenommen in kt. taurus gegenüber gall. tarvos air. tarb. Neuerdings hat sich G. Meter, Griech. Gramm. ^ S. 174 für die Annahme dieser vor- einzelsprachlichen Umstellung des ^ mit einer anstossenden Liquida aus- gesprochen, während Brugmann, Grundr. 1*, 261 Anm. 2 sie entschieden ablehnt. Vgl. über taurtss auch des letztgenannten Gelehrten Ausführungen IF. 6, 98 und Grundr. 1*, 174, wo dasselbe wohl mit Recht auf ^td^ro- zurückgeführt wird. Ganz unbegründet ist die Annahme einer Epen- these des i bei caedö laedö, angeblich aus *cadiö Hadiö (Pauli, Altit. Stud. 5, 130). Nicht weniger unsicher sind die von Zimmermann, BB. 23, 263 angenommenen Fälle von i- Epenthese.

Quantitätsminderung und -Steigerung bei Vokalen. >)

Minderung. A. Inlant.

40. 1. Ein Gesetz, welches erst in litterarischer Zeit sich allmählich entwickelt hat und nur in der Kunstsprache der Dichter vollständig durch- gedrungen ist, ist die Kürzung eines langen Vokales vor einem anderen ungleichartigen Vokale, und zwar ohne Unterschied in unbetonten und be- tonten Silben,^) z. B. pius aus p%us (Ennius), vgl. osk. piihiüi „pio*, pre-- hendö,^) audiit aus audiit audTvit; arguT (1. sing, perf.) aus argiu (Priscian);*^)

i) Vgl. Eist. Gramm. 1, 202 f.; Lindsat, LaL Lang. 102 nnd 105 f.; Brugmann, Gnmd- lias 1', 825 Anm. 3.

<) Eist. Gramm. 1, 221 ff.

') y^. fiber diese Erscheinung Sbelm ann

80 f., 93.

^) LiNDSAY, Lat. Lang. 182.

'^) Hierüber vgl. besonders Solnsbn, Studien 166 ff.

54 Lateinisohe Grammatik, b. Laatlehre.

fidel aus fidB. In älterer Zeit unterlagen demselben auch Fremdwörter, so balnifum platdä ol^m neben ßaXavetov nhxtsXa (Xmov. In der Umgangs- sprache war auch der betonte Hiatusvokal von verschiedener Dauer (W. Meybb. K. Z. 30, 335 f.).

Manche Ausnahmen von dieser nicht genau zu formulierenden Regel erklären sich durch die Wirkung der Analogie, so fto fluni fun statt fiö u. s. w. nach /f» fimus fitis.^)

Das Material ist gesammelt bei Corssen 2, 671 f.; vgl. auch Sghweizer- SiDLER, Gramm.* § 48a. Analoge Erscheinungen bietet auch das Grie- chische (G. Meyer, Gr. Gramm. ^ §§ 136, 138, 140). Der lautphysiologische Erklärungsgrund dieser Erscheinung liegt wohl darin, dass durch den Exspirationshub des zweiten Vokales die Tondauer des vorausgehenden Vokales vermindert wird.

2. Kürzung eines langen Vokales in der Stellung vor i f^ Nasalen Liquiden -|- Verschlusslaut bezw. Spirant hat schon im Uritalischen stattgefunden im Part, des Präsens der a- und e-Verba, z. B. *amantis aus *afna^t'is, tacentem aus *tace'nt'em, ebenso in der 3. plur. praes. (vgl. § 107), venttAS aus ^v^^nt^o-s, W. v^- gr. ä-(p)rj'fu; in den Schlusssilben der Dat.- Abl. des Plur. der o- und o-Deklination auf -öis -ais (vgl. § 13, 7). Vgl. noch Brughann a. a. 0. S. 800. Dieselbe Kürzungserscheinung trat neuer- dings im Lateinischen ein, vgl. naufragus doch wohl aus nav{i]fragt^, gatideo aus *gav[i]d€öj ardtis aus äridus, vgl. ventm.

3. Konsonantendehnung. Unter dem Einflüsse des starken ex- spiratorischen Accentes („energisch'' oder „stark geschnitten*', Sievers, Phonetik« 164) werden lange Vokale gekürzt (ib. 205); auf den darauf- folgenden Verschlusslaut wurde ein Teil der dem langen Vokale zustehenden Kraft übertragen, es entstand ein silbenschliessender selbständiger Neulaut, die Implosiva, zu dessen Bezeichnung (in Verbindung mit der folgenden Explosiva) in der Schrift Doppelung gewählt wurde.*) Vgl. z. B. büca, weniger gut bucca (it. bocca), cuppa (cüpa) skr. Mpa-, glütire und gluttire, Jupiter, besser luppiter. In Varro neben Varus u. a. hängt das Doppel-r mit der Kurznamenbildung zusammen (v. Planta, Gramm. 1, 540 unter Ver- weisung auf Brügmank, Grundr. 2, 34 Anm.). coUidie ist aus *quo^i]tei-die durch Vokalsynkope entstanden.') Infolge volksetymologischer Umdeutung ist dccipiter (angelehnt an accipere) aus *acipiter „Taubenstösser" (aci- = ahon in got. ahaks ^ Taube")*) geworden, itissi neben alat. iousi aus *ioussi ist kaum lautgesetzlich entstanden, sondern entweder nach iussus (vgl. percussi : percussus) gebildet oder es sind die Formen des Plurals iussimus mit berechtigtem kurzen Vokal als Ausgangspunkt der Singularformen zu betrachten.*)

^) So erkiftrt diese auffallende Länge I *acu-peter ,der schnellfliegende' (Bbrsu, Die auch V. Planta, Gramm. 1, 253. ! Gutturalen u. s. w. S. 119 f., J. Schmidt,

') Vgl. bes. Sbblmann 96, 112 f., desgl. OsTHOPP, Z. G. d. F. 568 f.

>) J. ScBMiDT, K. Z. 25, 94; Bebsu, Die Gutturalen 90 f., Osthopf, Z. G. d. P. 557.

^) Diese von Holthausbn, IF. 5, 274 auf- gestellte Erklftrung ist der früheren aus

Pluralbildungen 173 f.) ganz entschieden vor- zuziehen (v^. Eist. Gramm. 1, 629, Zus. z. S.223) und wird auch von Uhlbnbeck, P.-Br. B. 21, 98 und Streitbbbo, IF. Anz. 7, 108 ge- billigt.

<^) Osthoff, Z. G. d. P. 583. ioubeoHs

i. Vokale. 40.)

55

Im einzelnen verweise ich hinsichtlieh des Materials in der vor- liegenden Frage auf Pauli, K. Z. 18, 1 f.; Fröhde, K. Z. 22, 257, Bezz. B. 3, 289 f., 8, 164; L. Meyer, Vergl. Gramm.« 1, 378; Cobssbn 1, 249 f.. It. Spr. 236 f.; Jordan, Hermes 8, 217 f.; O.Weise, Bezz. B. 5, 68 f.; Danielsson bei Paxtli, Altit. Stud. 4, 139; Schweizeb-Sidleb, Gramm.« § 71.

Analog ital. brüUo ßfnmina ftggere (Schüchardt, Vok. 1, 186), mhd. muoter näter, nhd. Mutter Natter.

Über die Schwankungen in der Schreibung des einfachen und dop- pelten Konsonanten bei Transskription lat. Eigennamen ins Griechische s. Dittenberger, Hermes 7, 152.

3. In einzelnen Fällen hängt die Kürzung inlautender Vokale mit der Verschiebung des Hochtones zusammen,^) z. B. mütö mUtoniatus. Aus dem- selben Grunde hat Vereinfachung der Doppelkonsonanz stattgefunden in canalis neben canna, farma neben farris (Gen.), pollen und polenia, mamüla mamma, ofella offa (Laghkann zu Lucret. 1, 360). Anderes, zum Teil nicht hieher gehörige Material bei C!orssen 2, 515 f., Schweizer- SmLEB, Gramm. ^ §§ 48 e, 72, 3. Mehreres Singulare gibt Bücheler bei Mabx, Hilfsbüchlein S. V f.

Nicht selten beruht die Quantitätsverschiedenheit auf ursprünglicher Stammesverschiedenheit, z. B. defrütum und defrutum ; so auch n^- und n^- in neqtMfn nifque u. s. w. ; *) pro = gr. ngo (pröfäwus durch Hypostase ge- bildet?) neben pro- aus pröd^^ worüber das Material bei Corssen 2, 482 ; hingegen ist rE- neben r^d^ (das von C!orssen 2, 165 f. angesetzte *rEd mfisste nach Analogie von sed : sH beurteilt werden) aus der Zusammen- setzung erwachsen {rE^spidö u. s. w., während vor einfachem s überall die Kürze ist), dann auch religio rSicio gegenüber älterem r^igiö (relligiö) r^iö. Vgl. auch Lachmann zu Lucret. 5, 614. Auf dichterischer Freiheit beruhen Messungen wie glömus Lucret. 1, 360 (sonst glömtts).

4. Infolge des Anschlusses von Enkliticis hat öfters Kürzung eines auslautenden langen Vokales stattgefunden, so in hodie aus ^^hö-die,^) quoque aus *quö-que, tuquidem, nesdoquis und in anderen Fällen.*)

B. AnBlant.<^)

1. Die von Corssen 2, 436 f. in weitem Umfange angenommene Kür- zung der Endvokale muss nach den Ausführungen von Stadelhann, De quant. voc. erheblich eingeschränkt werden. Allgemein durchgefiihrt wurde die Kürzung nur in iambischen Wortformen mit Ausnahme jener auf -i (-?-), das aus einem Diphthong hervorgegangen war, und damit stimmt auch

d. Sen. d. Bacch. neben gewöhnlichem iabeö was *iudhiiö (ygl. lit jiiS'H ,in zitternde Be- wegimg geraten'*) scheint auf einem Ver- sehen des GraveoTS zn beruhen. Vgl. übrigens andt Hifit. Gramm. 1, 225 und Bbüoxakn, Gnmdriss 2, 1152f.

^) Eist. Gramm. 1, 225 f.; Likdsay, Lat Lang. 118 ff.

') VgL Fkst, Grundz. d. got. Etym. 84. 85.

^) Diese von Solmsen, Stadien 100 auf-

gestellte Erklftrung ist jedenfalls unter mehr- fachen anderen Mögbchkeiten (vgL Hist. Gramm. 1, 109) die weitaus wahrscheinlichste.

*) Litteratumachweise über die ganze Frage bei Wackbrnagel, Beiträge zur Lehre vom griech. Accent 22, wo zuerst eingehen- der darüber gehandelt ist.

^) Vgl. die ausführlichen Darlegungen von LiKDSAT, Lat. Lang. 207 ff.; Hist. Gramm. 1, 227 f.; Brüomann, Grundriss 1«, 914 f.

56 Lateinische Grammatik, b. Lantlehre.

das lambenkürzungsgesetz,^) doch hat sich die Kürzung bei gewissen Kategorien von den iambischen Wortformen aus weiter verbreitet (z. B. Nora. Akk. Plur. der Neutra, Loc. der i-Stämme). Hingegen behaupten jene Silben, die ursprünglich auf einen Konsonanten sich endigten, die Länge, so der Abi. Sing., der Imp. auf -feJ, (urspr. -töd), ebenso die ein- silbigen (si pro cur u. s. w.). Die Abi. auf -^ sind wahrscheinlich Locative (vgl. § 87) mit regelrechter Kürze; in den Imperativen tritt die kurze Messung erst spät auf (Gobssen 2, 487).

2. Von den auf Konsonanten endigenden Silben unterliegen die auf 't und -wi ausgehenden der zwei- und mehrsilbigen Wörter stets der Kür- zung; desgleichen werden die zwei- und mehrsilbigen Passivformen der Verba auf -ar und -^r und die Norainativausgänge -tör -sör -ör -al -flr der zwei- und mehrsilbigen Substantiva regelmässig gekürzt. Auch hier hat die Kürzung wahrscheinlich bei iambischem Wortschluss ihren Anfang genommen und ist durch Analogie auch bei den Wörtern mit anderem als iambischem Ausgang eingeführt worden, um endlich als allgemeine Regel zu gelten.*) Jedoch noch bei den augusteischen Dichtern hat sich eine nicht unbeträchtliche Anzahl von langen Messungen erhalten (s. Corssen a. a. 0.). Bedenklich erscheint es, aus dem einmaligen oder überhaupt seltenen Vorkommen von langen Messungen von Vokalen, die sprach- geschichtlich als Kürzen aufgefasst werden müssen, z. B. -is -U der 2. und 8. sing, der Verba der 8. Konjugation (vgl. § 97), auf ursprüngliche Länge zu schliessen. In diesem Falle werden wir falsche Analogie zur Er- klärung herbeiziehen müssen.

Steigerung.

41. Hauptsächlich kommen hiebei zwei 6tesichtspunkte in Betracht, nämlich die sogenannte Ersatzdehnung ** und die Längung kurzer Vokale vor gewissen Konsonantengruppen.

1. In gewissen Konsonantengruppen hat nach dem Ausfall eines oder mehrerer Konsonanten, und zwar insbesondere eines s (e) in den meisten Fällen schon in der vorgeschichtlichen Latinität, Verlängerung des vorangehenden Vokales der Silbe stattgefunden. 3) Es sind zunächst, fol- gende Konsonantengruppen mit z (das Genauere s. unten §§ 64 und 65): -jsfd- mdtis, ^gzU (bez. -C5?-) pala^ -zU -zm- -zn~ (querela pnmus penis), ^mzU {prelum\ -nzU (pilum), -nzni- (temo), ^csU (ald), -csm- (lama), ^csn- (lüna), "Cst- {Sestius, aber S^xtias), -tstH" (remus), -ndsU (bez. -nfei-, scala). Ausser- dem kommt noch die Lautgruppe -ns in Betracht im Akk. d. Plur., z. B. aprös tris pedes aus "^aprons Hrins *pedens {^ped^s).^) Ferner -»c»- (-»c»-)

') „Eine iaxnbische Silbenfolge, die den aber auch durch Glossen bezeugt), dusmo (?),

Ton auf der Kttrze trägt oder der die ton-

triresmos der Columna rostrata. Allerdings

tragende Silbe unmittelbar folgt, wird pyr- i kann letzteres, obwohl mir dies nicht gerade

rhichisch". Skutsoh, Forsch, z. lat. Gramm. , sehr wiüurscheinlich ist, mit Niedermann, ^

1, 6. und X im Lat. 56^ allenfalls auch auf *re8mO'

*) Vgl. auch Brughaitn, Grundr. 1', 916. zurückgehen. Vgl. auch Bbuomann, Grund-

*) In geschichtliche Zeit ragen FäUe riss 1', 765.

herein, wie cctsnar (aUerdings pälignisch, , *) Vgl. aus historischer Zeit '^sus ans

1

4. Vokale. 41.) 57

in qumi aus *qumcni, coniveö aus *con-cniveö u. s. w. Endlich hat aus- fallendes r Längung bewirkt in pöscö aus *porcscö (porc- = ppk- Schwund- stufe zu prec-), st^sum „russigbrauner Fleck* aus *stuirssom ^simrt-to-m (ahd. stcarz).

Anmerkung. Betreffs des in den froheren Auflagen nach anderen Sprachforschem ohne zureichenden Grund angenommenen Überganges von unbetontem -es- {-ez-) in -i- vgl. Eist. Gramm. 1, 229. Alat. CasmBnae neben Camenae (f&r *Cdmmenae vgl. § 40 A 3) dürfte mit SoLMSBN, Studien 165* f. auf *Cad-8menai (gr. xexadfxeyog) „die GlAnzenden* zurflck- zuf&hren sein.

2. Nasal und Liquida -4- Konsonant bewirken häufig Dehnung des vorhergehenden Vokals. ^) Vor nf und ns «) ist jeder Vokal lang. Von Belehrung sind hiebei die Apices und die griechischen Transskriptionen; vgl. bes. Schmitz, Beitr. 3 f. 27 f. 4 f. 25 f. (Adj. auf -ensis und Part, auf -n5).3) Die angeführten Thatsachen lassen es als unzweifelhaft erscheinen, dass auch in jenen Fällen, wo der Nasal später ausfiel, der vorausgehende Vokal bereits früher gedehnt war, bez. langer nasalierter Vokal gesprochen wurde, der nach Bruomann, Grundriss 1^, 371 erst in der Eaiserzeit zur reinen Vokallänge geworden ist. Gedehnter Vokal erscheint auch vor nc (f9c) -\- t in iünctus sanctus ünctus, die möglicherweise an Stelle von *iünius u. s. w. getreten sind; qumttts aus *quinqutosA) Nach qumtus und qmni auch qumque (inschr. mit I longa) trotz Cobssen's Widerspruch It. Spr. 252 f., vgl. Schmitz, Beitr. 45 unter Verweisung auf Pestus 338 Th., quindecim (Arch. f. lat. Lex. 5, 129). Der Nasal fehlt in laterna (gr. Xafimr^Q) neben besserem lantemay^) serofa gr. yqoinpdg (übrigens wohl Lehnwort aus einem italischen Dialekt wegen /') ; dagegen sind andere von J. Schmidt a. a. 0. aufgeführte Fälle nicht hieher zu stellen, sondern als von einer nicht nasalierten Wurzel- forra herkommend zu betrachten. Auch hübö neben gr. ßofißog neupers. büm^) gehört natürlich nicht hieher. Vgl. auch § 44. Vor r + Konsonant erweisen Vokaldehnung inschr. Maarcus (jedoch s. § 4 III) ördinis u. a. bei J. Schmidt, Voc. 2, 348, Schweizer-Sidler, Gramm.* § 49, Hist. Gramm. 1, 231, LiKDSAY, Lat. Lang. 140 f.

3. Auch vor gn (genauer -gnus -g^ta -gnumy) und gm^) haben wir nach Priscian stets die Länge des Vokals, also benignus mahgntts privjgfius. Den Widerspruch, den die romanischen Fortsetzer gegen Priscians Angabe erheben (vgl. Cocchia, Rassegna critica 64 f., Havet, M^m. d. 1. S. d. 1. 6, 34*) sucht W. Meyer, K. Z. 30, 337 zu beseitigen. Wahrscheinlich handelt es sich um Differenzen zwischen dem klassischen und vulgären Latein.

'önsus, -isis ans -ensis n. a. Auch in vor- historischer 2^it ist die Lfingung wohl schon vor dem Schwund des w erfolgt.

*) J. Schmidt, Vok. 1, 98 f.; Sibvbbs, Phon.« 215; Seelmakh 77, 87.

*) Cicero orator 48 § 159, reproduziert von GellinB IT, XYII H.

') Es ist mir trotz des Einspruchs von Bbugmahn, Grundriss V, 805^ f. nicht un- wahrscheinlich, dass dieseVokaldehnung schon uritalisch ist; vgl. v. Planta, Gramm. 1, 206, Skctbch, lambenkürzung und Synizese 5 (Satora Viadrina 123).

^) üeber die Behandlung dieser Laut-

gruppen 8. Hist. Gramm. 1, 322 und Brug- XANN, Grundriss P, 667. Vgl. unten § 65, 3 c. Die Belege für die Länge des Vokals s. Hist. Gramm. 1, 230.

») BOcHELBB, Rh. M. 78, 393, Schmii;;, Beitr. 143. Uehrigens vgl. Hist. Gramm. 1, 132.

") Spibobl, Die arische Periode 58. Rich- tiger Bruokann, Grundriss 1, § 331 (2. Aufl. S. 511).

') Priscian hei Keil, Gr. L. 2, 82, 7. ScHMirz, Beitr. 56.

^) ^Sl- ptgmentum segmentum; Marx, Hilfshttchlein u. s. w. 2. Aufl. Berlin 1889.

58

Lateinische Grammatik, b. Lautlehre.

4. Der lange Vokal in actum, Uctum, red€mptum (vgl. P€Sijvn[T']a CIGr. 4, 9811 p. 565)0 "• s- w. beruht nach Osthopf, Z. G. d. P. 112 f. auf Übertragung vom Perfektum, während Hirt, IF. 7, 188^ ihn für ursprüng- lich hält. Bezüglich der angeblichen Länge vor -5S- Osthoff a. a. 0. 522 f.

5. Liquidae.

Vorbemerkung. Als sicher kami gelten, dass die idg. Grundsprache zwei Li- quidae, einen r- und ^Laut, besessen hat, welch letzterer durch die Uebereinstimmung der europäischen idg. Sprachen und des Armenischen erwiesen wird. Betreffs der Litfceratur verweise ich Waokbrnagkl, Altindische Gramm. 1, 211 f., G. Mbteb, Griech. Gramm.' 8. 231, GiLES, Vergl. Granun. 108. Neuestens vgl. Fohtunatow, Die idg. Liquidae im Altindischen, E. Z. 36, 1 37 und dazu Bartholox ab, Wochenschr. f. klass. PhiL 1898 1058 f. (vgl. Bruom ANK, Griech. Gramm.* 79 ^). üeber andere Versuche, die ursprOngliche Natur der Liquidae zu bestimmen, vgl. Hist. Gramm. 1, 232.

Ä. Als Konsonanten.

42. idg. (eur.) r = lat. r, z. B. remus gr. iQstfiogy regö gr. op*/«, ruber gr. igv^Qog^ arare gr. aQoiv^ verbum got. waürd, cernere gr. xQiveiv^ trBs ai. trdyas, inter ai. antdr, Suff, -ter -tor. Eine ausführliche auf das Grie- chische und Lateinische sich beziehende Beispielsamnüung bei L. Meter, Vergl. Gramm. 1>, 141 f.

idg. { = lat. 7, z. B. clueö (cluo) gr. xAi'»« skr. ^rw- „hören*, clünis gr. xkoviQ skr. ironi'f lasdvus gr. Iccta skr. 2a^- begehren', linquö gr. leinm skr, rindkti, lätrare ved. rfl- , bellen", -clmö ai. iri- »anlehnen", tollo gr. tAij- skr. <wZ-, Suff, -to- -7a -7m-.

Die nahe Verwandtschaft der beiden Laute r und l hat schon in der idg. Grundsprache zu Austauschungen geführt, die hauptsächlich in Dis- similationserscheinungen ihren Grund haben. ^) Hieher gehören redupli- cierende Bildungen, wie gurgulio, aus der die Simplicia gula und vorare (für *[g'\uaräre) abstrahiert worden sind. Vgl. curvos und coluber, vermis und volvö.^) Auf ursprünglicher Doppelheit mögen Fälle wie balbus balbutio neben gr. ßaQßaqoq (vgl. ai. balbcäa-karöti „er stammelt" und barbaru-s „stammelnd"), glöcire und gracillare {vom Naturlaut der Hühner) u. a. (s. Hist. Gramm. 1, 236) beruhen. Idg. ist die Dissimilation von r^r zu n-r in Cancer aus *carcrO'', vgl. gr. xaQxivog, und gingrire „schnattern".*)

Die Suffixe -a7i- und -cTo- (— idg. -^7o-, vgl. § 48) sind infolge schon uritalischer Dissimilation in Wortstämmen, die l enthielten, zu -an- und "Cro- geworden, vgl. alaris exemplaris lucrum. Bei späteren Bildungen ist diese Dissimilation nicht mehr wirksam geblieben.^) Spezifisch lat. ist

>) Osthoff, Z. G. d. P. 148.

') Vgl. F. Bechtel, lieber gegenseitige Assimilation und Dissimilation der Zitterlante u. s. w. Gottingen 1876 und insbesondere die hOcbst wichtige Schrift von Grakmomt, La dissimilation consonantique dans les langues indo-europ^ennes et dans les lan- gues romanes, Dijon u. Paris 1895 (Revue Bourguignonne de l'enseignement sup^rieur, t. y, No. 4). Manchen beachtenswerten Wink

bietet auch Mbbinoeb, Versprechen und Ver- lesen 8. 89 ff.

*) Bbuomank, Grundr. 1*, 425.

*) Vgl. Bbugmanm, Grundr. 2, 848. We- niger wahrscheinlich ist die Zusammenstellung mit mhd. krtzen gr. yiyygog bei ZupriZA, Die germanischen Guttorale 212. Vgl. auch SoLMSEN, E. Z. 34, 20.

^) Hist. Gramm. 1, 236 und 510.

5. Liqaidae. (g 42.) 59

cnlter aus *certros gr. xeiQw (Skütsch, B. B. 22, 126 f.). Von den übrigen spezifisch lateinischen Dissimilationserscheinungen gehört die weitaus grösste Zahl der Yulgärsprache an. Für das Schriftlateinische liegt Über- gang des l in r durch regressive Dissimilation vor in caeruletis (caelum), Parilia (Pal^) und in dem griech. Lehnworte Aleria neben UXalta,^) Schwund des r durch progressive Dissimilation in praestigiae neben prae- strigiator Plaut.,*) crebescö neben crebresco.^)

Assimilation des r an 7 hat stattgefunden in dem griech. Lehnworte lilium gr. XeiQiov; schwankend Minum und Imnum gr. Xsiqivov.

ürspr. l ist zu d verschoben in dem griech. Lehnworte adeps (spätlat. altpes) gr. aX€ig>a „Salbe, Salböl".

Ohne etymologische Begründung ist r in aplustrum (ajditstre) = gr. ix^XacfTov „das gebogene Schiffshinterteil ^.

Über die im vulgären Latein vorkommenden Dissimilationserschei- nungen vgl. man Eist. Gramm. 1, 236 ff., Lindsay, Lat. Lang. 92 ff., Bruo- uAHVf Grundr. 1*, 440 ff. Hier sei aber beispielshalber hingewiesen auf fraglare neben flagräre^) (progressive Dissimilation), daneben auch fr agare; lölarii neben gew. hrarii Plaut. Capt. ed. Scholl (Personae), Pelegrtnus^) (regressive Dissimilation). Umstellung der beiden Liquidae in zwei auf- einanderfolgenden Silben liegt vor in columüs für *corulntcs von corulus^) (kein Lehnwort, vgl. ahd. hasal Fick II 326, Yanicek, Fremdwörter 69, 0. Weise 77) und in clüstrum = crüstlum;'^) andere Belege aus der spä- teren Volkssprache bei Cobssen 1, 247. Umstellung in derselben Silbe zeigen altlat. Procobera für Porcobera CIL. 1, 199; Trasumennus neben Tarsumermtis, trapezfta und tarpeexta, phyrgiö „Qoldsticker* Plaut. Aulul. 508, corcötarii Safrankleidfärber ^ 521 u. a.^)

Vereinzelt ist im vulgären Latein die Dissimilation von l zu n, z. B. muntu (== ^muÜutn") CIL. 4, 1593; anderes s. Eist. Gramm. 1, 238.

Versetzung der Liquida in eine andere Silbe zeigt cocodrillus neben corcodiUus und crocodülus.^)

Über die beiden verschiedenen ^Laute des Lateinischen (palatal und guttural) vgl. § 6, 8, 23.

Die MouiUierung des l ist eine auf die spätlateinische Volkssprache beschränkte Erscheinung; Belege dafür bei Cobssen 1, 228. fia (= filia) CIL. 1, 1347 ist wohl eine Abkürzung. Vgl. auch Lindsay, Lat. Lang. 98.

») Havet M. d. 1. S. d. 1. 6, 27 ff. Nach *) BOchblbb, N. J. 105, 111; Enobl-

6RAMXoiiT,Ladi8similationcoii80iiaiitiqaell4 brbcht, Sitzb. d. Wien. Akad. CX, 512 f.;

ist 'JXbqiu (spftte Form) eme volksehrmolo- Wölfflih, Arch. f. lat Lex. 4, 8, wo auch

giflche Bfldnng nach aXiqov xongor He^ch. andere Dissimilationserscheinungen bespro-

<) Vgl. BecBBLBBN. J. 105, 109 f.; Hist | chen sind.

Gramm. 1, 237. b) Gobssbk 1, 223.

') 8emjritemu8 mnsB nicht aas *8empe(r)' ") Bbchtbl 20. In den tirolischen (ro-

iernut dmvh regressive Dissimilation hervor- ' manischen) Ortsnamen kommt nur colurus

gegangen, s<mdem kann auch nach Ana- | (colyrus) vor; s. Schkbllbb, Beitr. z. Orts-

logie von aeviternm gebildet sein (Hist. i namenkunde Tirols 3, 75.

Grmmm. 1, 479, Lindsat, Lat. Lang. 562). | ^) Büchblbr, Arch. f. lat. Lex. 1, 111.

püi^eö und putriseö, arch. tlSgus und gew. , ^) Cobssen 1, 246; Ritscbl, Op. 2, 524 ff.;

tergus sind von Haus aus verschiedene Bü- Sbelmann 330; Hist. Gramm. 1, 239.

dungen. ») Schmitz, Beitr. 144.

60

LateiniBche Grammatik, b. Lautlehre.

B. Als Sonanten (silbische Liquidae).

43. Die silbenbildenden idg. Liquidae l und r (auch liquidae sonantes genannt) haben ihren ursprünglichen Sitz nur in unbetonten Silben; sie erscheinen inlautend vor Konsonanten und im Auslaut im Lateinischen regelmässig in der Gestalt von -or- und -oZ-;i) über den weiteren Über- gang von 'Ol- in -uU vgl. § 10. Auslautendes -f wurde zu -wr (vgl. § 26, 3). Man vergleiche : cord- gr. xagita, comu got. haüm, corpus skr. krp' „Gestalt, Erscheinung** av. kdhrp- „Leib"; dormiö gr. rfag^avw;«) fors skr. hhrti" „Tragen, Pflege, Unterhalt **;*) mors skr. mrti-; porrum gr. ngdcov Grdf. ^p^sö", trotz Hehn« 194, vgl. 203 kein Lehnwort, da die Form unbedingt Entlehnung ausschliesst,^) wie bei comus gr. xgdvov; mo-mord-imtis Grdf. *me- wfd- W. merd- (smerd-); por- in poi'-tendo u. s. w. gr. nÜQ;^) porca ahd. furuh, porta W. per- gr. nsiQfo Grdf. *pptdr; ebenso sporta sportula gr. andqxov; portus zd. hu-pGr^dwi f. „mit guter Furt versehen* gall. -ritur für "^-pritu- „Furt;ß) sorheö arm. arbi „ich trank* W. srehh;'') sors Grdf. *s^ti- doch wohl zu serö, vgl. Brügmann, Grundr. 1*, 468 gegen Osthoff, BB. 17, 159; torvus gr. vaQßog „Schrecken, Scheu*; vorsm skr. vrid-. Wahr- scheinlich liegt eine Reminiszenz an den Wechsel von starker und schwacher Stammform vor in vertö und vortö (Grdf. *uertö und *w^)t^) vgl. stark vel' in velim u. s. w. (vgl. § 101), schwach vol- aus *v^-. Auch morsus tostus gehen auf die Grundformen ^fn^dtö- H^sto- zurück; pöscö Grdf. *p^kskö skr. prcchdmi „frage*. Bezüglich des auslautenden -f vgl. femur, iecur vgl. gr. ^Tt^uQy über neben gr. ovS'aQ enthält wohl die starke Form des Suffixes.

Nach den Ausführungen von Brügmann, Grundr. 1*, 453 f. ist aber auch -wr- als Vertreter von idg. -f- anzuerkennen in gurges gurguüö, murmurö, currere,^) gurdus (gr. ßgccörg),^^) surdus (wahrscheinlich zu sordcs), furca, urgeo, urvom. Auch curtus, curvus, fumus (neben fomax), ursus enthalten f, doch ist für sie eine Vorstufe -or- vorauszusetzen (vgl. Hist. Gramm. 1, 146 f., Brügmann, Grundr. 1*, 143).

Silbenbildendes l erkennen wir in doleö ddlXsi- xaxovQyct Hes.,**) muUa aus *mol€ta skr. m^c- „Beschädigung, Versehrung*, in den Part, oc- cuUus Grdf. ^-kltö^s, sepultus, mollis skr. mrdü- „weich, zart, geschmei-

^) Bbugmann, M. U. 2, 154 Anm.; Grandr. 1», 451 fF.; LiNDSAY, Lat. Lang. 278 ff., Die ausserlateinischen Vertreter dieser idg. so- nantischen r und / sind aus den gewählten Beispielen ersichtlich.

«) W. Meykb, K. Z. 28. 172 führt das Wort auf ^dor-dh-miö zurück; jedoch vgl. Eretschmer, Einleitung 148 f.

') De Saussübb, Mäm, 15.

*) O. Weise 128, Bbugmann, Grundr. P, 744.

') So Osthoff, IF. 8, 2, während ich es früher weniger richtig nuQa gleichgesetzt hatte (Arch. f. lat. Lex. 2, 498 f.).

«) Bbüomaitn, Grundr. 1, S. 238 (2. Aufl. 466), Kluge, Et. Wort. s. v. ,Furt".

0 Bbüomann, Grundr. \\ 462.

^) De Saussubb, M^m. 12.

^) Aus ^cursere^ das entweder zu an. hross (Kluge, Et. W. s. v. ,Ross*, Brugxanv, Grundr. 1', 468) oder wahrscheinlicher zu gr. inlxovQos mhd. hurren «sich rasch hewegen*, Solmsen, K.Z. 30, 600 f., Studien 30, Prell- witz, Wort. s. V. „inixovQOf'^) lit. karaziü «gehe schnell*^ (Zufitza, Die germ. Guttur. 128) zu stellen ist.

^^) Weniger wahrscheinlich von Fböhdb, BB. 14, 105 unter Zustimmung von Wackrs- NAGEL, Altind. Gramm. 1, S. 169 zu y.jddhu' «stumpfsinnig*' gestellt.

'^) Allerdings nicht vollkommen sicher wegen lesh. C«'^V^og «zerrissen* u. s. w.; vgl. G. Mbybb, Gr. Gr.» S. 80 f.

5. Liqaidae. 43.)

61

schmeidig,^) also gleich *moldtfis Grdf. ^mldü-, mulceö gr. ßqd^ai^ ßqaxsXv Grdf. **w|A:..«)

Auch -uZ-, bez. -Zw- sind als Vertreter von idg. -^- anzuerkennen, vgl. fulvos neben helvos, Über j,Bast" aus *Iuher neben gr. IhTrca „schäle**.

Antesonantisch erscheinen -ar- und -aZ- als Vertreter von -f- in carö gr. x€iQ(o, pariö lit. periü „brüte**, harv^spex skr. Äirrf „Ader**, varus lit. viros „Pinne**, Salix gr. «i/xij, jpaZea lit. peius „Streu**. 3)

Anmerkang 1. Nach Bbugmann a. a. 0. stehen wahrscheinlich auch morior orior ftr ♦jfMirior *arior (vgl. pariö).

Anmerkang 2. Dass auch -ra- und -la- idg. silhische Liquidae vertreten, wie ich Hist. Gramm. 1, 114 nnd 160 nach Osthoff, M. U. V, XU f. angenommen habe, vgl. fiagräre, frofftUs, glaciesy gradiar, labium, laciö, lapis, rapiö, rcUis, wird von Bbuomann, Grondr. 1', 466 f. bezweifelt.

Anmerkang 3. Idg. r ist nicht = lat. ir, wie Fröhdb, B.B. 7, 115, Pauli, Altital. Stad. 5, 113 behaupten.

Als Vertreter von f und J (vgl. § 15 Vorb. 2) erscheinen ar dl (vor Konsonanten aus ar und äl gekürzt) und ra la.^) Vgl. arduos air. ard „hoch, gross***) Grdf. *fdht^ö~, armus ai. irmd" „Arm", farciö neben frequ^ts, pars Grdf. *p^i- neben portiö mit y, sarpö gr. OQnrj^ „Schössling**; maltas „veteres, moUes** Lucil. nach Non. 1, 37, 8 Müll. Grdf. *mltö' zu mollis; falx zu flectö\ paUeö gr. nehog „bleich, blass**. Vgl. ferner crätes neben got. haürds „Thür"; gränum neben got. kaum; rädix Grdf. *ufd-lC' neben got. waürd „Wurzel**; grätus skr. gürtd- „willkommen**; Stratum Grdf. *stftö-, vgl. ai. sturnd" „hingestreut**, gr. (XTQiorog, quadrä-ginta gr. (dor. ion) TsrQoi- xoiTa. clädes neben per-cellö aus ^per-celd-ö; clämö zu gr. xaXt-(o; lana aus *jflana ai. ürna; latus alt stlatus zu aksl. stelja^ „stemo**; latum zu W. feZ-. Weiteres Material bei Brugmann, Grundr. 1*, 478 ff.

r und l, die auf italischem Sprachboden infolge von Vokalsynkope silbenbildend werden, sind = -er- -cJ-; daher acerlms aus *acr(f)-6o-, daher der Nom. Sing, der ro-Stämme, wie ager für *agro$ gr. dygog *ag^s *ager3 ^agerr,^) so auch conger [ganger) Lehnwort vom gr. y^YY^^^'^ ferner die Deminutiva auf -^^ z. B. agellus aus dgf{o)lo-; ebenso catellus aus *catl{o)ltiS; Uberias aus *lib^{o)tas; die Komposita alterplex puerpera sacerdös (vgl. § 95) für *alt^{oyplec- u. s. w. Erwähnt werden muss auch incertus, das wegen gr. äxQiTog auf *encr{i)tos zurückgeht. Aber zweifelhaft ist es, ob auch cemö tergö durch Abstraktion aus der Zusammensetzung ent- standen sind.'')

') FicK 1, 175; vielleicht aber zu ahd. miUi Klugb, Et. Wort. s. v. ,mild^

*) Das frfiher hier angeführte ulmu8 kann -el -nH' oder -\- enthalten (vgl. Osthoff, Transact. of the Am. Phil. Ass. 24, 61). pulsus volsus werden als verhältnismässig jmige Ana- logiebfldimgen am besten auf *pel80s *velso8 (vgL fdlsus salsus und insbes. mulsits von mel") znrückgefohrt (Osthoff ib. 61 f.).

') Bbugmahn, Grundr. 1', 467.

*) Vgl. J. ScHMU)T, K. Z. 25, 49; Mah-

Low, D. 1. V. 2; Osthoff, Z. G. d. P. 178.

^) Zur Litteratur Hist. Gramm. 1, 621; Wackebkagel, Altind. Gramm. 1, S. 262.

«) Vgl. Hist. Gramm. 1, 239 f. üeber die ganze Frage auch ib. 120.

0 So lehrt Osthoff, M. ü. 4, 1 f. Doch vgl. Peb Pebsson, Wurzelerweiterung 107; Bbügkann, Grundriss 2, 982; Lindsay, Lat Lang. 472. Zusammenfassend Hist Gramm. 1, 120. Wegen tergö vgl. auch Niedeb- hann 74.

62 Lateinische Orammatlk. b. Lantlehre.

Anmerkang. Auf Vokalablaat zweisilbiger Warzeln, seltener auf Wmelerweitemng durch lange Vokale beruht die sogenannte MetathesLs in Fällen, wie cäi-ar-e eUi-rus elä- marej (%r-e8 ere-scere, cer-nere cre-vi, ter-ere trüvi (daraus durch volkstOmliche Abstraktion contrire;^) vgl. strä-tus lä'tt4S m steT" teU\ femer (g)nMfis gnOrrus zu gen-,

6. Nasales.

A. Als Konsonanten.

44. Idg. n, palatal und velar nur vor folgenden palatalen und velaren Lauten, sonst überall dental = lat. n. Dental in nös skr. nas gr. vm, nec-ö gr. i'^xvg, nemus gr. vofjiog, nepös gr. dveipiog; in gr. «V, ianitncSs gr. slvdrsgeg^ senex ivog^ in den meisten Nominalsuffixen mit -n-, in der 3. plur. -nt; palatal in nanciscor (c = ^), angö gr. ayyai {g =z gh); velar in quinque idg. *pef9q^e, unguö.

Idg. m (labial) = lat. m in meto gr. dfiäv, mollis skr. mrdü-, morior gr. juo^-, medius gr. fiäaog, m^sis gr. fiijv äol. gen. firjvvog^ domus gr. Sofiog, komö got. guma, in den nominalen wi-Suffixen, in der 1. plur. -mus, im Auslaut, Akk. sing, auf -m, 1. sing, (sekundär) auf -m, wie era-m, edi-m u. s. w.

n ist schon in uritalischer Zeit nicht selten aus m hervorgegangen infolge lautgesetzlicher Veränderungen in gewissen Eonsonantengruppen, worüber im § 65 gehandelt werden soll. Hier sei auf weniges hingewiesen : tenebrae neben skr. tdmisra „DunkeP, welches sich aus der ursprünglichen Doppelheit Hemsra Hensra und Hemasra- und späterer üebertragung des n erklärt.*) Es sei weiter sentina aus *semtina lit. semiü ^schöpfe" erwähnt und, obwohl der Nasal als Sonant erscheint, des Zusammenhanges halber angeschlossen: centum aus ^ktg^tö^m lit. seimtas\ venia venttim, aus *g^^iö "^g^Tfitum lautgesetzlich entwickelt.^) Abgesehen von diesem lautgesetzlich begründeten Übergang von m in n hat kein Wechsel zwischen den beiden Nasalen stattgefunden, permiti^s und pemicies sind zwei verschiedene Wörter, ersteres wohl zu skr. pra-minati „vernichtet", letzteres zu' nee- gehörig.*) In lat. matula neben gr. avrXov skr. ämatrorfn »Krug, Gefäss** ist m ursprünglich.^) Septunoleim CIL. 1, 1491 kann Schreibfehler sein (vgl. inschr. Septumulenus).

Vereinzelt ist n durch Dissimilation zu l geworden in sterquiJmium für Hterquimnium;^) aber vespertüiö wahrscheinlich Weiterbildung von ^vesper-t'iUs;'^) volkstümlich auch spontaner Austausch in leptis für nepHs,^)

^) Thiblmank, Arch. f. lat. Lex. 8, 559.

*) Bbugmann, Gmndr. 1*, 763. J. Schkidt, Pluralbildungen 364.

*) Osthoff, Z. G. d. P. 505 ; anders Ascoir, Sprachw. Br. 150 ff. Wegen des von Ebetsch- MBR, Einleitung 158' erhobenen Einwandes vgl. Brügmann, Grundr. 1' 368, 5 und Anm. 1. Betrefb sentina vgl. ib. 1', 358. Anders J. Schmidt, Sonantentheorie 63 f.

^) Vgl. CoBSSEK, Beitr. 266 f.; Bebgk, Beitr. 1, 154 f. veiicht ohi^ zureichende Grttode die Identität. Wegen der Belege fftr die erstere Form vgl. Georges, Wortf. s. v., Seelmann 281, Gr. L. 4, 392, 17 adn.Keil. üebri-

gens scheint doch auch nicht ausgeschlossen, dass die Form permities (bez. permicUs) ans pernieies nur durch Verderbnis entstsuiden ist, was ich wegen der Bemerkung Hist. Gramm. 1, 241 ausdrücklich hervorheben möchte.

*) J. Schmidt, K. Z. 23, 277.

^) Bersu, Die Gutturalen 120. Beispiele derselben Dissimilation in anderen Sprachen

bei NiEDBRMANN 98^.

0 PoKRowsKij, E. Z. 85, 289. üeber die früheren Erklärungsversuche s. Hist. Gramm. 1, 239.

«) Löwe, Prodr. 340.

6. Nasales. 44.)

63

lumphieis = nymphis CIL. 1, 1238. Behlai CIL. 6, 2235 ist wohl verschrieben für JBelonaiA)

m ist nicht in b tibergegangen, wie man wegen hibemus neben hiems annehmen zu müssen glaubte, vielmehr liegt hier Übergang der Lautgruppe --mr- in -6r- vor, indem hibemus mit Johansson, K. Z. 30, 441 f. und G. Meyeb, Litt. Centralbl. 1889, Sp. 86 aus *Aetwnno- ^heifrino- *hib^nO', vgl. gr. %€iiA6^voq^ herzuleiten ist. Damit entfallen andere unhaltbare Vermutungen.*) So auch tüher neben tumeö tumuhis aus *iüm'rO' (vgl. skr. tum-rci-s , feist kräftig") mit Übergang in die konsonantische Deklination. Gegen diese Etymologie ohne Angabe von Gründen Pedersen, K. Z. 36, 110. Dagegen ist gener mit Bbüomann, Grundr. 1*, 405^ unmittelbar von der Wurzel gen^ abzuleiten (Grdf. ^gen-ro-).^)

m ist nicht aus v hervorgegangen und ebensowenig aus f, wie von mehreren Seiten angenonmien worden ist; vgl. Gorssen, Beitr. 237 f., 245 f.

Schwund des dentalen -n- hat im vorhistorischen Latein stattgehabt in der Endung -ns des Akk. d. Plur. (vgl. § 82). Wegen des scheinbar widersprechenden Nom. Sing, auf -ns von Partie, und Nom. vgl. § 67. Im historischen Latein ist auch in der Inlautsgruppe -ns- der Nasal, ins- besondere in der Vulgärsprache stark reduziert gesprochen und daher nicht nur in der Schrift nicht bezeichnet worden, sondern auch in der Aussprache endlich gänzlich geschwunden, worüber man vgl. § 41. Von schriftlateinischen Formen kommen insbesondere die Adjektive auf -östis, die Ordinalzahlen auf -^mus und die Zahladverbien auf -ies in Betracht. Im einzelnen vgl. man beispielsweise Alhesia Paul. Festi 3 Th., AlUesis ib. 5, Le^areses ib. 87, foresia Megalesia hortesia Cic. nach Vel. Long, bei Keil, Gr. L. 7, 79, 1 f., von Partizipien des Präsens, z. B. sdes Schneider 95, arquitenes libri Accius 52 Ribb. I, vgl. Ritschl, Op. 2, 715, mostrare bei Plautus sehr häufig, Mostellaria {mostellum Löwe, Prodr. 282), niostrator Verg. Ge. 1, 19 M.S Aen. 3, 26. Andere Belege s. ffist. Gramm. 1, 242 ff., speziell inschr. bei Seelmann 283 f.

Nur graphische Bedeutung ist den Schreibungen thensaurus, Cherro- nensi u. a. beizulegen.^) Die griech. Lehnwörter Atians, Äthamans für *'jtXag, 'J^d/iag sind nach Analogie der lat. Part, auf -ans zu erklären.

Über das inschriftlich nicht gerade selten nachzuweisende Fehlen des n vor f, vor Dentalen und Gutturalen, insbesondere in vulgärer Rede- weise (ein klassisches Beispiel ist die Execrationsinschrift CIL. 10, 8249

>) Jedoch vgl. die Eist Gramm. 1^ 238 angef&lurte abweichende Ansicht von Lattss.

*) Ygl. der VoUst&ndigkeit halber AscoLi, K. Z. 17, 328, Pbk Perssok, Sind. ei^. 123. Die Ansicht von Gkamiiont, La dissonilation ete. 43 f., dass ans *himemo8 durch DiBsimi- lation Mbernus geworden sei, ist durch nichts hegrfindet.

<) Wegen firfiherer Erkl&ningsversnche 8. Bist Gramm. 1, 242.

^) Dies kommt mir jetzt unbedingt wahr- scheinlicher vor (vgl. meine Ausführungen Histor. Gramm. 1, 243, Likdsat, Lat. Lang. 69 und 136^) als die Annahme spontaner Er- zeugung eines Nasals, fUr die ich unter Verweisung auf Schüchabdt, Yok. 1, 112 ff., J. Schmidt, Vok. 1, 98 ff., Kbuszewski, Tech- mer's Internat. Zeitschr. 3, 159, Krbtsohmbb, E. Z. 29, 439 Anm. in den frtiheren Auflagen eingetreten bin.

64 Lateinische Ormmmatik. b. Lautlehre.

= Schneider 389) vgl. Hist. Qramin. 1, 244 ff. und die dort angeführten litterarischen Behelfe.

Anmerkang 1. Ueber die Versuche von Gobssen 2, 633 f. und Büoos, B.B. 14, 68 ff., Ausfall von Nasalen nachzuweisen, vgl. die abweisenden AusfOhrungen von Skutsce, Forsch. 1, 14 ff., auf die auch Hist. Gramm. 1, 245 f. gebührende Rücksicht genommen ist. Campänus neben Capua ist wahrscheinlich volksetymologisch durch campus beeinflusst. Vgl. Schulzk, K. Z. 33, 374; v. Planta, Gramm. 2, 15.

Anmerkung 2. eo- ist nicht auf lautgesetzlichem Wege aus com- {ean- vor fol- gendem c, g, q, d, t, 8) hervorgegangen, wie in der früheren Auflage zu lesen war, sondern eine selbst&ndige Form, wahrscheinlich = germ. ga-,^) Vgl. Hist. Gramm. 1, 246 und 332; LiNDSAY, Lat. Lang. 581; Mathbb, Harvard Studios in Class. Phil. 6. 121 f.

B. Als Sonanten (silbische Nasale).

45. Idg. fffr (und zwar antekonsonantisch, antesonantisch und aus- lautend) = lat. em {im), gr. «(«/*). idg. ^ = lat. en {in), ar. a, gr. oi{av), got. wn. Vgl. setn- gr. Scfia Grdf. *sjp- in sitnilis, alat. semol CIL. I, 1175, semel Sempera) „in einemfort"; mit Übergang des e in i, worüber ich verweise auf § 8, Simplex singuli Grdf. *S7gL-klo-, Über ventum aus *fpHptum und centum aus *kfptO'm wurde bereits oben § 44 gehandelt. Septem decem führen auf die Grundformen *septf^ *dekffi zurück*) (darnach navem aus *ney9),*) vgl. gr. intä iäxa; mginti aus "^vieenti *^fdk^ti. Sonantisches m enthalten auch alat. hemö, got. guma, imber skr. abkra- idg. Grdf. *J!ji6Ä-rö-;6) in vicS- simm steckt Suffix -tf^mo-; im Akk. Sing, der konsonantischen Stämme ist -em = «p; vgl. pedem gr. noia, Grdf. *pedtii.^)

Anmerkung. Brüomann, Grundriss l^ 409 nimmt an, dass antesonantisches ip durch -um- vertreten sei in numerus (gr. y^f4<o vofjLoq) und in den Suffixen -tumo umo- neben 'timO' -imo-

argentum zunächst aus *arg^to-\'^) census für lautges. *c^s^ws idg. *knstO';^) densus ^d^ü^ gr. Saavg (beide letzteren Worte mit sekundärem e, vgl. § 41, 2); emö *gw-^ *fpm6 gr. vifi-w;^) ensis *^/- skr. osf- (mit sekundärem e); iuvencus skr. yuvaSd-, *%u^^k6-; mementö gr. fuficcrw Grdf. *mem^t6d; -mentits gr. -^.laTog Grdf. ^m^tö-; men-ti" Nom. mens skr. mati^ „Andacht, Wunsch, Sinn* got. ga-munds „Andenken" Grdf. *m^t{-; mentum ahd. munt; tentus gr. Tavoq skr. tatd- Grdf. Hnt6-\ tentiö gr. ratfig Grdf. *t^ti-; tenuis skr. tami- Grdf. H^nti-, Mit Übergang des e in i fgnis für *if9gnis skr. agni- aksl. ognY; inguen Grdf. *pfln*5w- gr. ddrjv;^^) lingua Grdf. wahrscheinlich *dpgjiua got. tuggön- ; vielleicht auch pinguis für *penguis Grdf. *ppghü- gr. naxvg^^) (über levis neben iXaxvg vgl. Hist. Gramm. 1, 245) ; stringö für *strengö gr. arqdy^ aiQayysvdo; stranguläre hingegen ist griechisches Lehn-

^) Stbeitbbbo, Perfektive und imperfek- tive Aktionsart im Germ. 35.

') Diese von Bbugmann, Grundr. 1', 358 gegebene Erklärung ist wahrscheinlicher als

wenn das italo-keltische Wort nicht Lehn- wort aus einem idg. Dialekt ist, *f^- als ur- sprünglicher Anlaut vorausgesetact werden (Bbügmakn, Grundriss 1', 479).

die Verbindung des ersten Bestandteils mit ^) Bbugmann, Grundr. 1 § 238 (' S. 666).

skr. 8dnä „von jeher **, got. sinteins , täglich* (Fbist, Grundz. d. got. Et. 101). ') DE Saussubb, M^m. 29.

») Osthopf, Z. G. d. P. 142, BF. 5, 321 flf. ;

Bbugmann, Grundr. 1 S. 201 u. 0.; Bbzzbn-

bbbgbb in seinen Beitr. 10, 72. Dagegen J.

*) Wackbbnagbl, E. Z. 25, 260 f. ! Schmidt, Sonantentheorie 154 ff.

^) Wegenosk.Anafriss ,Imbribu8*vgl. I ^^) Nobebn, Altisl. Gramm. § 71, 4; db

"^ Saussubb, M6m. d. 1. S. d. 1. 6, 53; Bbuomanh,

GruDdr. V, 408.

^0 Allerdings ist diese Zusammenstel- lung durch Brugmann's neueste Ausführungen

V. Planta, Gramm. 1, 320 und 455 f.

ö) Bbugmann, C. St. 9, 306.

») Osthopp, M. ü. 1, 105. Für das Ita- lische und Keltische (vgl. air. argaf) muss,

6. Nasales. 45.) 7. VersolüiiMlante. (Yorbemerkungexi.)

65

wort.^) In suffixalen Silben: Neuh^a auf -men gr. -fia Grdf. *'fn^, z. B. ovofia nömen Qrdf. *nöm^, ebenso 'menfo- gr. -juaro-, z. B. ovofiaTog *av6fi^-Tog. Das Partizipium Präs. von es- -senf kann gleich *s^t sein, vgl. gr. iaaifa skr. satt, aber auch dem dor. ^i^«^ für *(revT€g entsprechen. Auch der Ausgang -^lU des Part. Präs. Act. der thematischen Yerba enthält den schwachen Stamm = -g<- (lat- ferent- = idg. *6Ä6r-g^-). Die starke Form eines solchen Part, von einem unthematischen Verbum liegt in eunt- = *€iont' vor. Über diese vielbehandelte Frage und die zahlreiche darauf bezügliche Litteratur vgl. Hist. Granmi. 1, 351 f. Suflf. -^Qt- in -ösms aus ^-o^ensso- *-ö-«^^^-^o-;2) "inquo^ in prop^inquus u. s. w. skr. -ac- -aüc-, gr. noS-an-ogy^) vielleicht auch 'tifKh = *-^gnö-, vgl. gr. -Tavo-.^)

Auf lateinischem Sprachboden silbenbildend gewordenes n liegt in dem Diminutivsuffiz -ellas, -eUa vor, z. B. gcfnellus columella femella aus ^gemenlos *gem^lO'S, *colum€nla, *colum^la (daher nicht von einem nicht vollkommen sicheren columnella bei Priscian Gr. L. II 110, 14 und 112, 10, vgl. auch WöLFFLiN, Sitzungsber. d. k. b. Akad. d. Wiss. 1894, 106, herzu- leiten), ^femenla *fem^la.

idg. f (vgl. § 15 Vorb. 2) = lat. an- (vor Konsonanten aus ö«-): antae skr. ata , Rahmen einer Thtir"; candeö W. sqend-, vgl. skr. Scandrur- canärd- «Mond"; neben lat. m- = 9, gr. «(v)-, alt e»-, vgl. empos, enfitiare,^) steht osk.-umbr. an-- gr. i'a-rij- = g, vielleicht auch in lat. ampotis (Löwe a. a. 0.). Anderes recht zweifelhafte Material bei Schweizer-Sidleb, Gramm.' § 11, 6. In der Form von ani erscheint idg. g in anas ani-t&s skr. ati- „ein Wasser- vogel" gr. vfjifaa und in ianüru^s gr. elvaTs^eg.^) Im Stammauslaut idg. -51- = -ma- in maieri^s fQr *dmäieries W. dem-; idg. -^ = lat. -na- in gnOr-tus nä-tiö (aber jew5 = "^gt^ti-, Satzdoppelform, wie pars und portiö), gna-rus W. ^en-.

7. Verschlusslaute.

Yorbemerkung. Die AitUnüstionBarfc der tonlosen nnd tönenden Verschlasslaute ist im allgemeinen dieselbe geblieben wie in der indog. Gnmdspraclie.

Tonlose und tönende Gutturalis.'^)

Vorbemerkung. Das von den Lateinern neben e {k) verwendete Schriftzeichen q hat lediglich den Wert der guttoralen Tennis (Asooli, Bbrsu 52), also nur graphische Be-

in IF. 9, 346 ff. sehr fraglich geworden nnd höchst wahrscheinlich Zusammenhang von pinguis mit gr. nifjteXi^ ^Fett" anzunehmen (Grandform *pim'q}iO' •pfngtfo-).

») O. Wbisb 524.

*) Osthoff bei Bbugmank, Grundr. 1 S. 202.

') Bezzbnbbbgbr in seinen Beiträgen 4, 387 ff.; Osthoff, M. U. 4, 249 f.; Peb Pbbsson, Stod. etym. 7.

*) Bruomanii, Grundr. 2 § 69; Babtho- LOJiAB, K. Z. 29, 103.

^) LöwB, Acta soc. phil. Ups. 5, 306.

<) Bbüokavn, Grundr. 1*, 178 u. ö.

') Ich spreche selbstverständlich vom Standpunkte der lat. Spezialgrammatik und habe der Kürze halber den Ausdruck ,Gut- toralis* beibehalten, üeber die jBT-Frage eine

kurze Skizze von Bbuqmann, Ersoh und Gbubbr, Encykl. 32. Tl. und Grundr. 1 S. 289 mit Angabe der Litteratur. Vgl. übrigens auch G. Mbteb, Gr. Gr.* § 183 (S. 254 f.), Pbzzi, Glottologia aria recentissima 4 f., Bist. Gramm. 1, 248 und die dort angegebene Litte- ratur über die palatalen, veburen und labio- volaren Verschlusslaute. Dazu noch Bbug- MAPN, Grundr. 1*, 542 ff. und Zupitza, Die germanischen Gutturale, Berl. 1896. Nach Pbdbbsen, BB. 19, 302 und Hibt, ib. 24,218 292 hat es in der indog. Grundsprache nur zwei Reihen gegeben, da die palatalen imd reinvelaren Verschlusslaute sich aus einer ein- zigen Lautreihe entwickelt h&tten. Regnaud, La thöorie de deux K indo-euro^ens, in Revue de ling. et de phil. comp. XaI Janv.,

Handbuch der klsM. AltertnmswiBieDSchafU II, 2. 8. Aufl.

66

Lateinisohe Grammatik, b. Lautlehre.

deutang.^) Seine Setzung war un^rflnglich nach demselben Gesetze geregelt wie die des griech. ?, es stand vor o und u. Daher inschr. praen. Jjuqarcas, Maq{olnia) (= g, Magolnia Eph. 1, 17); q(olonia) (Bbbsu 36). Inschr. Proqilia nach Proqulus; in qoi (Nom. sing.) der Duenösinschrift für *quoi and umgekehrt oquoHod (Sc. d. Bacch.) liegen höchst wahrschein- lich Schreibfehler vor für *oqoUod = o(c)euUö infolge Verwechslung von qo- und qwh durch schriftonkundige Schreiber. Ebenso -qu- für -cu- in Mirqurioa oqupatum quraverutU pequ- latu u. s. w. (Bebsu 49), daneben und früher inschr. cu bezeugt Vgl. auch umgeKehrt inschr. Äcuino für ÄquinOy mstikes cuam (Ausf. Bei. Bebsü 82^), fal. cuando Zybt. I^cr. It med. 68. Niemals ist qu- = quu-y wie Cobssev 1, 71 f. behauptet hatte: loeüt%i8 secütua nicht aus Voquutus sequiUus, sondern Analogiebildungen nach acutus statütua u. s. w. (Bebsu 122). Der Schreibung mit c an Stelle eines älteren q(u) vor a e i kommt im histo- rischen Latein niemals sprachgeschichtliche Berechtigung infolge Schwunds des u zu, son- dern es sind stets andere Einflüsse massgebend gewesen: Aecetiai (CIL. 1, 43) ist nicht sicher gedeutet (vgL Hist. Gramm. 1, 184; Bbuomank, Ber. d. k. s. G. d.W. 1897, 146); U8C€ cuiuscemodi beruhen auf falscher Analogie (vgl. umgekehrt huitisque), ebenso relieiae exeeiae nach relicuos execuntur u. s. w. (Bebsu 115 f.). Umgekehrt berechtigt auch die Schreibung mit q{u)- statt eines älteren c- nicht zu dem Schlüsse, dass der volare Nachklang sich im historischen Latein entwickelt habe (von Cobssen wiederholt behauptet für qui aus ci, die Stellen bei Bebsu 116). Sanquälis ist Archaismus tfüi^Sancaälis (vgl. pequnia) oder Sabinismus, Päquius wahrscheinlich = Päcuiua nach der Orthographie des Accius; qui für ctZ in einigen Fromd- wörtem wie liquiritia gr. yXvxv^^iC« (vgl. inschr. Cinti = Quinti, i ü wie in Kvvtos Cun[tu8]y) und in vulgärem aquipedium aquifolius; aquipenser für acupenser durch Anleh- nung an aqua (Bebsu 119 f.), dblaqueäre (von lacus) neben richtigem ablacuän Vairo r. r. 1, 29, 1 durch Anlehnung an laqueus. Auch hinter g hat sich im historischen Latein der velare Nachklang nicht entwickelt. Die Fälle, welche dagegen zu sprechen scheinen, sind entweder Schreibfehler wie Langueses neben Langenstum (CIL. 1, 199) oder beruhen auf später Analogiebildung wie Unguere urguBre für älteres lingere urgere, deren g = idg. tOn. Palatalis (Ausf. Bei. Bebsu 109 ff.). Auch fttingm neben insttgäre ist Neubildung (Bbugicank, Grundr. 1*, 603). Aber auch Schwund des älteren u in unguere, dessen Wurzelauslaut = idg. tön. Yelaris ist, Unguere (= *Ung-^^, gr. xiyy-io, vgl. Zupitza, Die germ. Gutturalen 69, 214), ist nicht lautgesetzlich, sondern nur vereinzelt und spät durch Analogie hervor- gerufen (Bebsu 99 ff.), ungella regelrecht als Deminutiv von ungtda, dessen g vor u laut- gesetzlich berechtigt ist.

46. a. Die tonlose indog. Palatalis ^ {k^, k Pick) = lat. c in centuni, dicere, iuvenctis, pectis u. s. w., idg. *dkT^tö-m, *deik', ^uui^-ko-, *peku; idg. k^ = lat. qu-- in qvsror questus skr. Svdsimi ^zische, atme, seufise*;') equos skr. dSva^ idg. ek^o~.

Die idg. reinvelare tonlose Muta q (*», q Pick, q^ v. Planta und Hist. Gramm.) = lat. c in der weitaus überwiegenden Anzahl der Pälle vor Yokalischem Anlaute, z. B. capere, cavtis, cavere, cetttere u. s. w. (die Belege bei Bebsu, S. 169 f.).

Die idg. labiovelare tonlose Muta (Velaris mit Labialisierung) qy^ {q^ V. Planta und Hist. Gramm.) = urit. äi* = a lat. q vor allen Vokalen mit Ausnahme von u (umbr.-osk. p, gr. n vor dunkeln, t vor hellen Vokalen), z. B. quis osk. pis umbr. pisi gr. zig; quo- umbr.-osk. St. po- gr. no-; sequ-itur

und Mbblo, Gonsiderazioni fisiologiche sulla storia delle guttorali ariane, Milano 1886, habe ich nicht zu Gesicht bekommen. Abenteuer- liche Phantastereien Qber den Gegenstand bei Penka, Origines Ariacae S. 139 f. Ffir das Lateinische vgl. speziell Bsrsu, Die Guttu- ralen und ihre Verbindung mit v im Lateini- schen, Berl. 1885 (dazu Thurneysbn, Deutsche Litteraturzeitung 1885 S. 1140 und Schwbizeb- SiDLBR, Woch. f. klass. Phil. 1887 S. 65 ff.). Baüdouin de Courtenat, Gött. gel. Anz. 1888 S. 652 bringt nichts von Belang bei. Eine Uebersicht der hierher gehörigen Wörter bietet auch Schweizer-Sidler, Gramm.' § 53;

ein ausführliches Verzeichnis bei Fick, Sprach- einheit 62 f. und Bebsu a. a. 0.

^) c und q haben von Anfang an den- selben tonlosen Verschlusslaut bezeichnet. Vgl. Hist. Gramm. 1, 250; Güabnerio in SuppL period. alP Arch. glott. 4, 41.

') Das frflher hier angefahrte Tarquinius ist echt lateinisch, vgl. Körte, Verhandl. d. 43. Philologenvers. S. 162 f.

') Kann auch mit gr. xcu-xv« verbunden werden; vgl. Bruomann, Grundr. 1*, 320 und Hist. Gramm. 1, 259 f. Gegen die im Texte stehende Etymologie Hirt, BB. 24, 289.

7. TerschliiMlaiite. 46.)

67

gr. SnBTou. In coquö aus "^quequö gr. nän-tov^ querctis lit. Perkünas „Donner- gott* und quinque für "^penque idg, *pmq}ie hat sich der anlautende Labial dem Velarlaute der folgenden Silbe assimiliert, umgekehrt prope aus "^proque, vgl. proximusA) qua- ging vor folgendem gutturalen l m qu in co über in colö aus *quelö gr. zäXXw M-nls-xfo neben in^quil-fmis, combretum und coquö (vgl. § 8), mithin ist der Übergang von que- in co- jünger als die Schwächung von e in i in nachtoniger Silbe, daher wahrscheinlich auch linquis linquitis u. s. w. lautgesetzlich.

Schon in vorhistorischer Latinität ist quo- zu co^ geworden in colus gr. noXog „Achse*, cotti-die v. St. gtfo-, condire gr. räv&rjg „Näscher*, iectir aus *ieqiior,*)

Übergang von quo in di im S.Jahrhundert: linqtwtit, quont, -^uomque u. 8. w. werden lincunt, -cum, cumque. Wie aiquos aecus auch equos ecus (Bessu 53 flf.), zunächst *aicos "^ecos, die Formen mit qu (equos u. s. w.) nach dem Gen. equi u. s. w. neu gebildet. Die Grammatikertheorie des 2. Jahrhunderts n. Chr. (speziell Velins Longus) hat dann nach Analogie von equi den Nominativ equus geschaffen, ebenso loquuntur relinquunt nach loquiit4r relinquü u. s. w. (Bersü 68 ff.). In den folgenden Jahrhunderten ging quu- auch in die Aussprache über. Beim Relativ regelrecht qua quörum qui u. s. w. ; quöd quom (Konjunktion, auch auf die Präposition übertragen, vgl. SoLMSEN, Stud. 79) mit analogisch wiederhergestelltem qu-. Darüber ausführlich Bebsu S. 53 f. Einmal co = quo G Afranius bei Non. 493, 3 M.

Auslautendes qu = c, daher ne-c aus ne-que {-que = idg. *gi^e umbr. -p in nei-p »non, nee, ne* gr. t^), ac aus *aUc.

ß. = lat. c vor u und Konsonanten; vgl. sterquiJmmm stercus, arqui- tenEns arcus ; die Part. Perf . der auf -qu- (bez. auch -gu-) endigenden Verba, wie coctus *quectos gr. nenvog coquö, 4ictus linquö; Unctus tinguö \x. s. w.; vgl. femer m-sectiön-es insexit inseque inqimm (= Sn-sqiuim) gr. ivvenej^) Jaqtteus lax „Betrug*; qumque quin{c)tus (wegen osk. JIofinTieg = urit. ^penkvto-). In soc-ius sequi, convfc-ium inog^ colliciae „Wasserrinne* liquSre hatte das Suffix die Geltung -j[o- (Bersu 126 f.), daher c für q(u). iecinoris von iecur = *iequor gr. ^nag aus *^eAifw-; torculum (tor quere) musculus aus ^iorkU'lo- mushilo- Horche ^nmsclo" (vgl, § 37).

Anmerkung 1. In vapor Mi^kväpas , Hauch. Dunst'', vanniM ahd. hwennen «schwingen, schBttebi,* invltus preuss. qäU8 ,Wüle' ist idg. q%h zu lat. v- geworden.^) Der gleichfalls froher angenommene Ahfall von c- in uter unde uH, v^l. ali-cunde aii-jcubi, die man zu idg. *j*o- osk. pdtürüs-pid pu-f umbr. pu-fe «ubi'* gr. norsQog stellte, ist mit Bebsü 138 u. a. Gelehrten abzulehnen. Entweder ist ursprüngliches *cubi *cuter infolge falscher Zerlegung von nec'Ubi nee-uter u. s. w. durch ubi tUer yei^ftngt worden oder es sind drei Stftmme u- (ygl. skr. u-bhäü «beide*), q^ ygl. skr. kü-tra .wo" kü-tcts «woher*, und ^o- anzunehmen.')

1) FbObde, Bezz. B. 7, 125. Die Assimi- lation beruht nach Babtbolomab (Berl. Phil. Woch. 1884, 8p. 1324) auf dem Gesetz von der Ersparnng der Arbeit.

') Noch einige andere Fälle bei Brüo- MA]rH,Gnmdr.l',598. Vgl. auch Bersv 134 £f., SourasH, Studien 78 f., E. Z. 34, 546.

*) Wegen eines anderen etymologischen Anknfipfongsversuches vgl. Histor. Gramm. 1. 157.

*) So wird jetzt von den meisten Sprach-

forschem angenommen. Vgl. Hist. Gramm. 1, 259; Bbuomann, Grundr. 1', 321; Zupitza, Die germ. Gutturide 5, 55. Nach Hibt, BB. 24, 290 ist auch £if zu «- geworden in vitrum, vitreus ai. itHträ- «weiss*, ivSta- «weiss, licht, glänzend*. Jedoch scheint mir diese Zu- sammenstellung sehr unsicher. Vgl. Bruo- MAHN, Grundr. 1», 295, 338, 541, wo die ältere Gleichstellung der aind. Worte mit got. hweits u. s. w. festgehalten ist.

^) Die erstere Ansicht stammt von Zübatt

5*

68

LaieiniMhe Grammatik, b. Lautlehre.

Anmerkung 2. Nicht klar ist der Ausfall von u nach e = idg. fc in eanis für *cuonis und vielleicht auch in ceiseus akal. kvasü (Bbbsu 146).')

Anmerkung 8. In echt lateinischen Wörtern ist idg. ^v- niemals durch p- ver- treten, wie oftmals angenommen wurde, s. Gobsssn 1, 115 f.; It. Spr. 121 f.; Sohlbiohbb § 151 Anm. 4; Ascoli, Vorl. 67 f.; Jobdan, Krit. Beitr. 161 f.; FbOhdb, Bezz. B. 8, 166 (später modifiziert ib. 14, 92); 0. Wbisb 25; Buogb, Bezz. B. 14, 63 f. Die dafür angeführten Beispiele sind teils Lehnwörter {EpÖna keltisch, popina (echtiateinisch coqutna) oskisch, poena griechisch), teils beruhen sie auf falschen Etymologien (Bbbsu 136 f., 143).')

47. b. Die idg. tönende Palatalis § = lat. g, z. B. gnö- lit. iinöti „wissen"', genus av. ean- , erzeugen "*, agö skr. djämi, argentum gr. agyTJg.

Die idg. reinvelare Media g (g^ v. Planta und Hist. Gramm.) = lat. g in grüs gr. yäqavog aksl. ieravi , Kranich", gelu aksl. zledica „gefrorener Regen** tegö gr. aräyog lit. stögas „Dach**.

Die idg. labiovelare Media (g* v. Planta und Hist. Gramm.) = urit. gU = a. lat. g^ (umbr. b) nach f9 in unguen umbr. umen fOr *umben „unguen** gr. ädrjv^ unguö umbr. umtu (aus *ofnbetöd) „unguito"; ß. lat. v im Anlaut (umbr.-osk. b, gr. ö vor hellen, ß vor dunklen Vokalen und Kon- sonanten) in venire umbr. benust „venerit* osk. küm-bened „convenit* gr. ßaivia, vivos osk. bivus (Nom. d. Plur.), veru umbr. berus (Dat.-Abl. Plur.), 'Volus volare gr. ßolrj^ vaUre lit. gaUti „können", -vorus gr. ßoQog; im In- laut zwischen Vokalen avilla neben agnas gr. aiivog für ^a/Jvog,*) nüdus *t^o{g)^edO' got. naqaps u. s. w., üva lit. Uga „Beere"; nach r in tarvos gr. Tccgßog „Scheu, Schrecken", pro-termis; urvo-tn Grdf. ^r^Uo^m gr. Qt^ßw „ich drehe im Kreise herum";*) y. lat. g vor Konsonanten in gläns gr. ßdlavog, gravis skr. gurti- und anderen zweifelhaften Fällen bei Bersü 130 f. ; ägmis, migräre gr. dfieißw.

Anmerkung 1. Die froher von mir vertretene Ansicht, dass idg. gtf in gewissen Fftllen = lat. b sei (Bugob, Bezz. B. 14» 59 f. sucht sie zu verteidigen) ist nicht haltbar. boere und blaesus scheinen griechische Lehnwörter zu sein.') bös {Sla lautges. *rö«), baettre lett. gaita „Gang*', bitümen büfö sind aus dem oskisch-umbrischen Dialekigebiet entlehnt,*) die anderen Beispiele sind etymologisch unsicher.

(vgl. Hist. Gramm. 1, 259) und hat froher auch den Beifall Bbügmanh's gefrmden (Grund- nss 1', 604), der aber in den Nachtr&gen zu 1<, 603 f. zu der in der 1. Aufl. S. 823 Anm. 3 ausgesprochenen, oben im Text an zweiter Stelle angeführten Ansicht zurückgekehrt ist. Und sie hat in der That viel fOr sich. Vgl. auch Aufrecht, E. Z. 35, 462.

^) Hist. Gramm. 1, 252; Fbdebsbn, IF. 5, 37.

') palumbes wird von Bbitomann, Grund- riss 1', 224 f. und v. Planta, Gramm. 2, 45 mit paUeö gr. niXeia , wilde Taube ** verbun- den. Vgl. Aber die ganze Frage Hist. Gramm. 1, 269, speziell über tempus noch Osthoff, IF. 8, 35 f. MiKKOLA, ib. 8, 303 nimmt zur ErklArung der Differenz von lupus und Xvxos indog. Wechsel von p und k an.

9) FrOhdb, Bezz. Beitr. 1, 327. Vgl. auch aububulcus, Löwb, Prodr. 348. Jedoch können die lat. Worte auch gv/i enthalten.

^) Trotz der Bemerkungen Hist. Gramm. 1, 635 (Zusatz zu S. 283, wo noch J. Schmidt, Pluralbildungen 1 75 f. nachzutragen ist) scheint mir jetzt für die beiden im Texte aufgeführten

Worte der angenommene Uebergang von -g'-<- in -t^- sicher, den jetzt auch Bruokank, Grund - riss 1>, 599, Solmsbn, E. Z. 34, 26 (für torvus), ZüPiTZA, Die german. Gutturale 30 annehmen. Abzulehnen ist die von Flensburg, Studien auf dem Gebiete der indog. Wurzelbildung (Lund 1897) S. 23^ vorgeschlagene Verbindung von tortfus protervus mit skr. türvati «über- wältigt, überholt*.

«) Bbbsu 140^ 0. Wbisb 28. Doch ist allerdings der Unterschied der Bedeutung bei blaestts der Annahme der Entlehnung sehr wenig günstig (Zupitza, Die germ. Gutt. 82).

^) W. Mbyer, K. Z. 28, 169; Asgoli, Due rec. lett. glott. 16 Anm.; Bbbsu 139; Bbug- MANN, Grundr. 1, S. 324. Nach Fböhdb, Bezz. B. 14, 92 soll das Wort bös vom platten Lande in die Stadt gekommen sein. V^. auch Thurnbtsen, E. Z. 80, 486 f. Ueber die ganze Frage vgl. jetzt ausser Bbuomank, Grundr. 1', 599 f.; cSboi, Gontributi alla fonistoria del Latino (R. Acad. dei Lincei. Estratto dai Rendic. Vol. III 303 ff.). Vgl. auch Hist. Gramm. 1«, 634.

7. VenchliiMlaiite. (§9 47—48.)

69

Anmerkung 2. cönwi fluxi neben eö-mv-Bre fltiere zeigen den ursprünglichen Stammauslaut (-gv- oder gv^-), der vor « in c gewandelt ist. figere neben fivere Paul. Fest. 65 Th., Bebsü 104 ist Aiialogiebildung nach fian, wie umgekehrt vion zu vwere (W. g««i-), gtruai zu struere W. «<«r- «^r-. Vgl. auch cönflugae Liv. Andr. 18 Ribb. I nach conflttxi neben regelrechtem eonfluus fluvius.

Anmerkung 8. g neben urspr. k erscheint in einer Reihe von griechischen Lehn- wörtern vor a 0 u r, z. B. guherncUor, gummi, göhius, Agrigentum.^) Umgekehrt haben wir amurca gr. afio^ytj, clueidätus (Naev.) gr. yXvxlSifeiVy spSlunea gr. ani^Xvy^. Für andere Fftlle hat J. Schmidt, Yoc. 2, 350 Anm. den richtigen Gresichtspunkt der Erkl&mng angedeutet, die Verschiedenheit der Bedeutung, so gurguliö Gurgel und curculiö Eomwurm. Die schwankenden Schreibungen virco (Duenosinschrift), acetat Paul. Fest. 17 Th. neben agitat, eracenies cracUo Tnrp. bei Non. 116, 13 M. neben grcu^is, protnulgare promvlcö (Abi.) Fest. 281 Th. finden ihre Erklftrung in der Verwendung des einen Zeichens C für die tOnende und tonlose Guttnralis. neglegö neben neclegena Fest. 162 Th. und Öfter bei Plautus und Terentius Hind zwei von Haus aus verschiedene Formen. Vgl. über alle diese Punkte die ausführ- lichen Bemerkungen Hist. Gramm. 1, 261 f.

Anmerkung 4. In paciscar und p<ig^ ist der Wechsel der Tennis und Media schon indogermanisch. Ueber pacunt Scholl, Leg. XII tab. rel. 118. Vgl. auch ping-ö gr. noix-lXos, üeber diesen Wechsel zwischen Tennis und Media namentlich im Wurzelauslaut vgl. jetzt Brugxakn, Gmndr. 1>, 629 f.

Anmerkung 5. In einigen inlautenden Lautgruppen ist g ans k hervorgegangen, worüber unten § 65, 2 d und 3 g.

Tonlose und tönende Dentalis.

48. a. idg. t, anlautend und inlautend = lat. t, z. B. tuus tovos gr. T€{f)6gy iS'te gr. t6, tendere gr. zeCva, tr€s gr. nQBigj terminus gr. tsq/icov; vetus gr. f^e'tog, pater gr. navrJQ^ Septem gr. imd; in den Suffixen 'to- -ti- "tör tero-, gr. -to- -T^-(ort-) -rcög- -zeqo,

idg. t erscheint infolge von Verschiebung der Artikulationsstelle im Italischen als Ic im Suffix -Mo- = idg. -tlo-,^) vgl. lat. piä-clu-m piä-culu-m umbr. piha-klu (Gen. Plur.), osk. sakaraklüm „sacrum"; lat. -o^- durch Dissimilation weiter entwickelt zu -cro-, z. B. lavä-crum (vgl. § 42). Die- selbe Verschiebung in lat. stU zu scU, vgl. stlis sclis sclitib . . . CIL. 10, 1249 (andererseits aber Ifs, vgl. unten § 63, 3), stloppus sdoppus, ferner in ancläre gr. ävrXävy crepiculuw und crepitulum, vulgär veclus neben vetulus, vgl. it. vecchio, und einigen anderen von Osthoff a.a.O. beigebrachten Beispielen. 3) Auf spätlateinischen afrikanischen Inschriften ist -fr- in -er- verschoben,^) vgl. päl. pristafalacirix sctcarcmrix „*praestibulatrix *sacratrix**.*) In latere püt&re rutilus neben gr. Xad- nvd- iqvd'Qoq sind t und ^ selbständige Wurzeldeterminative ; ^) patior und na^- sind überhaupt nicht verwandt.^) Inlautendes (2 für f erscheint in quadräginta, quadri-. Über die spätlatei- niscbe Erscheinung der Assibilierung des t vor i -{- Vokal und ihre Ana-

^) Die zahlreichen Beispiele s. Saalfblo, Die Lautgesetze der griech. Lehnwörter 27 f. ; SsELMAinv 346; Lihbbay, Lat. Lang. 74 f. üeberhanpt Eigentümlichkeit des Ynlgär- lateins nach W. Mbybb bei Gböbeb, Grundr. d. Tom. Phü. 1, 365 (32). Vgl. anch fal. gan- legium gondecorant, Zvet. Inscr. It. med. 70 b; gragulus, Varro 1. 1. 5, 76, neben graculus,

*) Vgl. anch Immisoh, Leipz. Stad. 8, 311.

») Bbntey, Gott. gel. A. 1858, S. 1629; B1796B, E. Z. 20, 134 f.; Osthoff, Forsch. 1, 1 f.; Fleohia, Postilla sopra un fenomeno fonetico, Torino 1871; Ascoti, Krit. Stud. 127 f., 144,

407; Stndj critici 2, 108, wo jedoch auch -bro- damit identifiziert wird; dagegen Cobssen, It. Spr. 13 f. Vgl. auch Bbüomann, Grundriss 2 S. 112 f.

^) Vgl. Hoffmann, Dissert. phil. Argento- ratenses sei. L; RGnsch, Berl. Phil. Woch. 4, 1177 f.; Sbblmann 312.

>) Büchelbb, Rh. M. 33, 271 f.; Bugoe, Altit. Stad. 65.

0) CüBTiüs, G.^ 335, 420; Cobssen, Beitr. 75.

^) J. SoHMiDT, Vok. 1, 94 A.

70 Lateinische ChrBouiiatik. b. Lautlehre.

logien in den übrigen italischen Sprachen vgl. ausser den in § 6 gegen Ende stehenden speziell auf die phonetische Seite bezüglichen Bemerkungen noch CoBSSEN 1, 53 ff., Krit. Beitr. 468 ff., Seelmann 321 f.; über die Ver- wechslung von -ti- mit -oi- auch Schmitz, Beitr. 140 f., M. Deloche, Extrait d. M^m. d. TAc. d. inscript. t. 30.

49. b. idg. d = lat. d, z. B. dare gr. diSwfii, decem gr. rf«xa, dens gr. oSovg, deus dlvus gr. iT(p)og^ duo gr. hom. Svw^ edere gr. ii(Oy cord- gr. xaQiia, oppidum gr. nädov, videre gr. pid-.

Urspr. d = r infolge Veränderung der Artikulation;^) wohl nur vulgär und dialektisch, a. im Inlaute, z. B. maredus neben madidus;^) mertdies, wofür man '^medies erwarten sollte, vgl. medialem Paul. Festi 89 Th., und das schon Varro aus *medidies erklärte, ist aus *mediidie *medieidi€ her- zuleiten. 8)

b. Im Auslaute bei den Präpositionen ar, vgl. umbr. arfertur *ad- fertor, flamen* volks. ar- osk. az, klassisch nur in arbiter und arcessere neben ad, apor Paul. Festi 19 Th. neben apud. Die Formen auf r sind entweder vor gewissen Konsonanten (/) b, m) entsprungen oder dialekti- schen Ursprungs.*) Vgl. noch prar = prö{d) Löwe, Gloss. nom. S. 106. Den umgekehrten Wandel zeigt cadüceus, das vom gr. xaQvxeiov entlehnt ist.^) Noch häufiger ist der auf dem gleichen Vorgange beruhende Wandel von urspr. d in l: iBvir gr. iaijQ^ lacruma alt dacruma^^) lingua alt dingua^ olere, olfacere neben odefadt, wobei ohne Zweifel auch volksetymologische Anlehnung an laevus^ locus, lingere, olea oleum mit im Spiele ist,^) Noven- siUs für ^ov&nsides^^) solium solea neben sedere^^) üligö für *üdigö neben üdus, sehr wahrscheinlich femer in malus für mädos ^mazdo- ahd. mastA^) Über diesen wahrscheinlich dialektischen Austausch von l und d vgl. Hist. Gramm. 1, 234 f., Lindsat, Lat. Lang. 286 f., Bbugmann, Grundr. 1^, 533 f. Am ausführlichsten darüber Gonway, IF. 2, 157 ff. Vgl. auch Seelmann, Neue phil. Rundschau 1886, S. 189.

In UlixBs ist dieser Wandel bereits auf griech. Sprachboden voll- zogen worden. 11)

^) SiBVBBS, Phonetik 203. 1 gäbe der litfceratur in Hist. Gramm. 1, 233 f.,

LiNDSAY, Lat. Lang. 287 f.

^) Es dürfte volksetymologisclie Anleh- nung an cadücus vorliegen. Vgl. Hist. Gramm. 1, 265, Lindsat, Lat. Lang. 288.

«) Bei LiY. Andr. nach Paul. Festi 48 Th.; Bebgk, Phil. 14, 187.

^) Bbügmann, Grundr. 1', 531 f. Bezüg- lich lingua vgl. auch Bbchtbl, Dissimilation u. s. w. 21 f.

») Mit Bb^al, Les tables Eugub. 188 und Wissowa, Ind. lect. Marburg, f. d. W. S. 1892/93 YII als 'nov-ensed-es im Gegensatz zu den „dii indigetes* zu erklfiren. Vgl. übri- gens auch BücHBLEB, Lex. It. XXV.; Dbeokb, Etrusk. Forsch. 4, 17 A. 11.

•) CüBTius, G.* 240.

10) Kluge, K. Z. 26, 313.

11) Vgl. die inschriftiichen Belege auf atti» sehen Vasen bei Kbbtschmeb, E. Z. 29, 430 f., Die griech. Vaseninschriften 146 ff.

') Löwe, Prodr. 353. Andere Zeugen des- selben Wandels aus Glossen bei Sghweizeb- Sidleb, Gramm.' § 67, 3. pere8 = pedes wird von Consentius (Keil, Gr. L. 5, 392, 15) aus- drücklich als Barbarismus bezeichnet. Im all- gemeinen Sbelxakn 310 f.; so auch über d = l.

') Dieser Ansicht ist gegenüber der Her- leitung von Stowassbb, Arch. f. lat. Lex. 1, 273 aus *mer% die der Vorzug zu geben. Vgl. HiNTNEB, Progr. d. akad. Gymn. in Vitien 1886 und 1890; Bb^al, Möm. d. 1. S. d. 1. 6, 163 f. (dazu Arch. f. lat. Lex. 3, 566); Hist. Gramm. 1, 233; Sfeijeb, Gott. gel. Anz. 1897, 298; Bbvgkann, Grundr. 1', 534; Gbamxont, La dissimilation consonantique 120 f., wo mit Recht auch volksetymologische Beeinflussung durch meru8 angenommen wird. Ueber die Entstehung des Nominativs mertdiBs durch Hypostase vgl. Useneb, N. J. 117, 74.

^) Vgl. die ausführliche Erörterung mit An-

7. y«nohlii8alaiite. (§§ 49—50.)

71

Über urspr. Z = d s. § 42.

t für d ist geschrieben in den grieeh. Eigennamen Cotönetis neben Cydonius gr, Kvdniviogy EureticE für JEurydicE, citrus neben xäSqog; vgl. femer prän. CkisenterfaJ ÄlixetUrfosJ, CIL. 1, 1501 add. (59 AUxendrom)^) für Cassandra Alexander, ebenso Creisita CIL. 1, 1501 add. d für ^ gelegent- lich auf vulgären Inschriften, z. B. quodannis CIL. 2, 1174 u. ö., imudavit ib. 462.

Über auslautendes t und d vgl. § 69. Über d = idg. dh § 55.

G^finzlich verfehlt ist R. Gbossbb, Sporadische Lautvertretong des grieeh. S durch tat 8, N. J. 115, 387 f.

Tonlose und tönende Labialis.

50. a. idg. p = lat. j?, z. B. pater gr. nanjg, poHs gr. norvia, pecu skr. päiu-, pEs gr. /rot;^; clepere gr. xlänxfo^ Septem gr. «Trxa, serpere gr. l'ip7r6E>. qp- in ap-aye ap^-eriö für *ap-jfmö vgl. skr. opo-var- .aufdecken, enthüllen, öffnen" ^) ap-s (z. B. ap$ ^6 Plaut. Men. 264 und nicht selten in der Zusammensetzung), worin -9 möglicherweise das Genetiv-Ablativ-Suffix (jedoch vgl. unten § 83),') gr. ano; op- inschriftlich und handschriftlich nicht selten belegt, z. B. opservari Gomm. lud. saec. 152, op-secro Plaut. Rud. 1032, op'Stiterit Capt. 801 B, op-trudere Pseud. 945 (andere Belege s. Hist. granun. 1, 268), gr. ini; sup- in sup-stemeTer. Andria 4, 3, 12, sup-ra sup-er gr. vTro.*) Die gewöhnlichen Formen ab, ob (übrigens auch auf idg. *obhi zurückf&hrbar, vgl. Brugmann, Grundriss 1^, 509^), std) sind vor tönenden Lauten entsprungen und verallgemeinert worden, af, vor c l tn s sp v auf Inschriften der Republik {af Capua CIL. 1 551 v. J. 132 ist das älteste Beispiel) und der Eaiserzeit erscheinend,^) ist vielleicht nur eine volks- tümliche, durch Nachbarmundarten beeinflusste Form. ^) a dürfte aus der Zusammensetzung verselbständigt sein.'') aur- ist identisch mit skr. ava- preuss. au-. Die enklitische Form von ab ist po- in po-liö po-situs, porcet ^pa-arcet,^)

Wechsel zwischen Tennis und Media im Wurzelauslaut in alat. scapres «schäbig, krätzig **, scabö^ scapus scapula scabellum.

Durch Assimilation erklären sich bibö für *pibö neben pötm skr. pi- bami, propom CIL. 1, 19. Da in altlateinischer Sprache auch griechische mit n an- und inlautende Wörter mit b geschrieben werden, so Burrus burrus {birrus Löwe, Prodr. 82) buxum carbasus neben Uv^^oq nv^^og nv^og

') Nicht durch etruskischen Einfluss zu erklftren (6. Meteb, H. Schüohabdt, Z. f. rom. Phfl- 6, 620).

*) BBüoxAiur, IF. 1, 174 fif.

*) BsvoiciLNir, Ber. d. kgl. sächB. G. d.W. 1883, 189 f.

*) 8US' neben suhs-, zu erschliessen aus jfuremü sutnpaU Paul. Festi 425 Th., ist aus dem Toriiistorischen ^suztnö abstrahiert. Vgl. SoLMSBH, Studien 63 Fussnote, Bbugmann, Gnmdr. 1', 674 und 764. süraum ist nur aus 9ütar8um *su8vor8um zu erklftren.

^) CoRSSSR 1, 157; Jordan, Krit. Beitr. 312; GsoBOBS, Lex. d. lat. Wortf. s. v.; Arch.

f. lat. Lex. 9, 167 f.

*) Dialektischen Ursprung hftlt jetzt auch V. Planta, Gramm. 2, 455^ unter Verweisung auf LiNDSAY, Lat. Lang. 576, 577 wieder für wahrscheinlicher, nachdem er 1, 477 f. Ent- stehung aus €tb8 -|- r . . ., z. B. af Rötnä aus a(6)* Römäj vgl. fünebri8 aus ^fünesris, an- genommen hatte. Vgl. übrigens noch Gobssen 1, 152 f., BuGGE bei Debgke, Etrusk. Forsch. 4, 115.

') Vgl. ffist. Gramm. 1, 116 und 621 und ausserdem noch Lindsay, Lat. Lang. 576.

8) Osthoff, M. ü. 4, 840 f., Z. G. d. R 25, 611.

72

Lateinische Grammatik, b. Lautlehre.

xagnattog skr. karpasor- „Baumwollstaude, Baumwolle^, so liegt der Qrund dieses Schwankens zweifellos in der nicht deutlich geschiedenen Aussprache der tönenden und tonlosen Verschlusslaute. Damit vergleiche man das Fehlen der Buchstabenzeichen für die tönenden Verschlusslaute in der etruskischen und Sir d g in der altumbrischen Sprache.

Indog. i) ist infolge von Assimilation an den Anlaut der folgenden Silbe (vgl. § 46) durch qu- reflektiert in qumqe, gr. Tiävte urit. *4|fen*ffe idg. *i)e»^6, coquö urit. *kuekuO aus *pekuö, gr. näaaw^ quercus aus ^^percusS)

51. b. idg. h = lat. (, in einer sehr beschränkten Zahl von Beispielen überhaupt nur nachweisbar, so baculum gr. ßäxzQov, balbtis gr. ßdqßaQog^ brevis gr. ßQc^xvg, lübrictiS got. sliupan, labium wahrscheinlich für *lebium nach lamber e fig8, lippa,^) büdna skr. buk-kara- „das Brüllen des Löwen*' aks. buöati „brüllen",*) scabö lit. skabüs „schneidend*.

Über lat. b = urspr. du siehe § 63 ; über b als Vertreter von idg. bh, dh im Inlaute den folgenden Abschnitt.

Vereinzelt ist gr. ß durch p wiedergegeben, so in Canöpus neben Kdv(oßog; vielleicht auch in triunipe triumphus neben gr. x^Qiafißog, wenn es wirklich Lehnwort ist.*)

Im zweiten Jahrhundert nach Christus tritt zuerst v für inlautendes b in der Schrift ein; 5) vereinzelt CIL. 1 1063 libertat^usl auf einer chrono- logisch nicht genau fixierbaren Inschrift (von Corssex übersehen, von Br AHB ACH Neugr. 238 bald nach der augusteischen Zeit gesetzt). In den Handschriften von Varro 1. 1. viel häufiger Savinus als SaUnus. Dieser Vorgang in der Schrift bedeutet Übergang des tönenden Verschlusslautes b in die tönende Spirans v^ der also im 2. Jahrhundert n. Chr. begann; vgl. CoRSSEN, 1 131; ScHUCHARDT, Vok. 1, 131; 3, 39; W. Meyer bei Gröber, örundr. d. rom. Phil. 1, 362 (21).

Anmerkung. In dem archaischen Melerpanta [Bellerophontes) CIL. 1, 60 ist gr. /9 durch m wiedergegeben (volkstflmliche VerbaUhomung wie „Alumento pro Laomedonte" Paul. Festi 13 Th.).*) promoscis yolksetymologisch angelehnt an prömere und öSy vgl. Schmitz, Beitr. 137 f. und Stolz, Lat. Nominalkomposition 34.

Idg. Asplratae im Lateinischen. 7)

62. Igd. gh = lat. A im An- und Inlaute zwischen Vokalen, hiems skr. himd^ „Kälte, Winter" gr. xeiiidv^ humus gr. xccfiai; helus holus aksl. zelije „Grünzeug, Gemüse*' (daneben folus Paul. Fest. 59 Th.); haru-spex lit. zdma „Darm* (daneben fariolus);^) anser für *hanser lit. .i({sis;^) trahere ksl. trezaü „zerreissen", aber tragula aus *tragla; vehö ksl. vezq; meiö für

*) CuBTiUB, 6.' 465; Bbugxanv, Tbch- mer's Int. Z. 1 233; anders über qvüique Ost- hoff, M. ü. 1 94, 234.

*) Kluge s. v. , Lippe".

') Bbügmank, Grundriss 1*, S. 512. Un- richtig behauptet Pauli, Altit. Stud. 4, 34, in echt lateinischen Wörtern sei b kein ursprüng- licher Anlaut.

*) Ausser der Eist. Gramm. 1, 263 f. ci- tierten Litteratur vgl. noch W. Schulze, Gott, g. A. 1896, 240.

6) CoRssEN 1, 131; Bist. Gramm. 1, 287.

*) Jordan 's MaXXBQotptivxrjg (Kr. Beitr. 47)

ist eine unhaltbare Voraussetzung.

7) Gbasshann, K. Z. 12, 81 f.; Ebel, ib. 13, 261 f.; Asooli, ib. 17, 241 f. u. 18, 417 f. = Studj critici 2, 108 f.; Vorlesungen 118 f. Dagegen Gobssen 1, 802 f.; K. Z. 19, 190 f. Femer vgl. ScHJirrz, Beitr. 110 f.; Colutz, Bezz. B. 3, 177 f. ; v. Planta, Gramm. 1, 434 ff. ; Brugmann, Grundr. 1«, §§ 563, 589, 604, 685, 664.

8) Vgl. jedoch auch Kluge, Et. W. s. v. ,Gam". Wegen htra (vielleicht sabinisch für *hBra) vgl. SoLMSBN, K. Z. 34, 2 f.

») Keller, N. J. 87, S. 766.

7. VeraohlnMlaiii«. (§§ 51—54).

73

*meihö skr. wtA- gr. ofiix^Tv; mihi älter wiAe CIL. 1, 1049, umbr. mehe skr.

= lat, g nach » in angö gr. «Vy**» mingö, fingö got. defflra „ich knete* gr. TsVxog idg. *dÄej^Ä-.«)

= f vor urit ?f und u in /crMS aus ^gki^o- gr. ^p lit. tv&ns; fundö got. gitUa.^)

Über das Nebeneinander von A und /* siehe unten.

&3. Idg. g% = lat. h in Ao^to (fostis) got. ^o^fe aksl. ^os/^ (urspr. An- laut g^efA- aus gAs-, vgl. gr. ^svog), pre^hend^ö gr. %avi^avw.

= lat. jr vor r in gradiar got. srn^5 „Schritt* aksl. jfr^^ „ich komme*.

Mg. gifÄ- = lat. f im Anlaute in formus x^cQfiog skr. gharmd- „Glut*, fomus skr. ghrnd „Hitze*,*) of-fendö gr. ^«irc» „schlage*;*) fragrare „stark riechen*, redupl. Bildung, vgl. gr. wf-ip^aivsad^ai ai. ghrati, „riecht*,*) das zu- gleich zeigt, dass inlautendes idg. -g^Ar-, urit. -x'**'- zu -gr- wird; vgl. auch aeger (legn gr. a^x^;'') auch -rgtffc- = -rgf- in tergm gr. (fTäqfpog^ räg^og ,,Fell*. Daher sind lanuv. nebrundin^ prän. nefrön^s^ vgl. gr. v^ypo? ahd. nioro Qrdf. *nßg!fÄr- als Eindringlinge aus dem osk.-umbr. Sprachgebiete zu betrachten. Ebenso wohl auch mufrius „Schwindler* (Petron.) neben echt lat. muger „Falschspieler* skr. muhn „verwirrt, irre werden*, mugdTid- „ver- wirrt".^)

= lat. g^ nach f? in anguis lit. ar^girS „Schlange*, ninguit^) gr. veitpet lit. smgÜ W. sneig»h^.

= lat. V zwischen Vokalen in r^ivis för *nig^i$ {ningues Lucret. 6, 736 Neubildung), cö-mveö got. hneiwan W. knei^h-; voveö skr. vagMt- „der Ge- lobende*.

Wechsel von h (= idg. §h) und f im Anlaute zeigen manche, zum Teil nicht vollständig sichere Beispiele, ^o) so faedus haedt^ aedus, fosUa hostia, fordeum hordeum; vgl. Hist. Gramm. 1, 289.

54. idg. bh = lat. f im Anlaute (vgl. jetzt Berneker in IF. 9, 363 f.) : fari gr. SPijjui, fui gr. yvco, fagtis gr. yryyog (vgl. jetzt Bartholomae IF. 9, 271 f.), fero für gr. (f€Q<o (pcig, fardö gr. (pQoaaw^ folium gr. (pvXXov.

= lat. b im Inlaute (umbr.-osk. /): ambo gr. afi^(o, amb-itus osk. amfr-et „ambiunt*^ orftws gr. opyayd^, umbihcus ofitpaltg (auch idg. -2>Ä- möglich, s. Brugmann, Grundr. 1*, 632), nebula gr. vstfäh]^ sibi osk. sifei,

*) Vgl. Bbvgmann, Grandr. P, 634 wegen des von Ebbtschiibb, Einleit. 138 erhobenen nicht begründeten Einwandes.

*) Kluge, Et W. b. v. »Teig«; Bbuomakn, Grandr. 1* 8. 535 n. 551.

*) Noch einige andere FftUe bei Bbug- MAHK, Grandr. 1', 552. Hinsichtlich der Litte- ratnr vgl. Hist Gramm. 1, 288.

*) De Saussubb, M^m. 17; anders Ebbtsch- XEB, Einleit 147 nach Bbzzenbebgeb in Beinen Beitr. 12, 79.

*) LiniN, BB. 21, 98 f.; Bbugmahw, Grandr. 1«, 591.

•) Vgl. Bbuok ANN, IF. 6, 100 f. Anders, aber viel unwahrscheinlicher Züpitza, Die german. Gnttorale 214 unter Yerweisnng auf

Elüob^ 51 8. V. , Bracke«.

T) Bbugmann, B. d. k. s. G. d. W. 1897, 31 u. 88, Grandr. 1>, 602 u. ö.

8) Vgl. Hist Gramm. 1, 151, wo fälsch- lich müger angesetzt ist (vgl. Ebetschkeb, Einleit 134^). Fflr die obige Zusammenstellung auch Bbugmann, Grandt. 1*, 602. Anders ZuFiTZA, Die german. Gutturale 216, wo ahd. mühhan mühhön «praedari grassari* mühho „Strassenrauber", mhd. vermüchen „ver- stecken' verglichen werden.

>) Dies ist die fCLr die ältere Zeit nach- weisbare Form, ningit analogische Neubil- dung, vgl. Bebsu 103 f.

") CoBSSEN 1, 158; Bbbsu 131.

74

Lateinische Orammatik. b. Laitttehre.

mor-bus mit Suffix -SÄo- (Brügmaän, Grundr. 2 S. 204), jedoch möglicher- weise aus *mor{ij'dhO'S , todbringend'', vgl. Skutsch, Forsch. 1, 42 und SOLMSEN, E. Z. 34, 31.

Im Anlaute wechselt h mit f: ^) hordus fordus, haha faba, hebris febris^ horreum farreum, herba farbea, hüum ftlum, hanuJum fanum, har^na sab. fasma. Die Erklärung dieses Wechsels folgt im § 56.

f als Vertreter von idg. bh im Inlaute in anfr^äctus ,Umbiegung, Krümmung", vgl. amb-agE$^ neben regelrechtem ambric&s ist entweder durch die Anlehnung an frangere zu erklären oder das Wort ist aus dem Osk.- Umbr. entlehnt;*) scröfa, töfus, dazu aus Glossen crefrat (cribrat)^) u. a. (vgl. Hist. Gramm. 1, 290 f.) sind trotz Gobssen^) aus italischen Dialekten entlehnt. So auch Ascoll, Sprachw. Briefe 83 f. ; vgl. auch Bucheleb, Rh. M. 42, 584 f.

66. idg. dh = lat. f im Anlaute: faber ahd. tapfar , gewichtig* aksl. dobrü i,gut*,*^) facereßc-l gr. %C-&rj'iM ^-^ijx-a, suffire gr. ^vw, f^lare ßmina gr. x^rjtf&M.

= b (aus ß im Inlaut vor und nach r,«) vor l und hinter u in barba (für *farba mit Assimilation des anlautenden f) ahd. bart Grdf. *bhardhä^^'^) combret-um „Binsenart^ lit. szvefidrai pl. i,eine Art Schilf oder Rohr* Grdf. *^endÄro-,8) rubro^ gr. iqv&qoq skr. rudhird-, glaber aus idg. ^ghladhro- oder *ghbdhro- ahd. gl^tt, liber osk. Lüvfreis „Liberi* gr. iXev&sqog^ über gr. ol^aq skr. Üdhar^ Suffix -ftro- europ. *-dAro-; vor l in Suflf. -6wZo- -hula ital. -/?t)- -^Ä gr. -^Ao- europ. *'dhlO' z. B. s<a&M?wiw umbr. star-fla-reni „stabularem* ; -6iW- umbr. -/cfo z. B. fa^efele, tiberliefert fa9efete „faci- bile* ; nach w in rubeö rübtis, iubeö iuba lit. jundü „ich gerate in Auf- regung", nühes nkym. ntidd „Nebel* ; M-ftt (darnach ibi) aksl. ktür-de ai. Ati-Aa.^) Aber in lumbus ist -6- aus -äf^ hervorgegangen, urlat. *londuos, vgl. ahd. Zew^iw „Lende* ^ö)

= lat. d im Inlaute (ausser den angegebenen Fällen) (osk. umbr. f): medius skr. mddhya" osk. mefiai, a^es gr. cu&(o^ gaudBrc aus *gäv{i)deö gr. yrj&äco (für *yäf:^ä(o), viduus gr. rji&eog skr. vidhdvor, cr^dö für *cred-dh& skr, irad-dhä' „vertrauen, gläubig sein*^^) rw/ws^^) neben regelrechtem^wfeer ist wieder durch umbrisch-sabinischen Einfluss zu erklären. Auch UfSns,

n CoBSSEN 1, 102; Bbbsu 131.

*) BücHELSBi Lex. It. lY; Hist Gramm. 1, 290 ; y. Planta, Gramm. 2, 455 ; De Saussübb, M4m. 17 erklArt es aus *am-wactU8,

») Löwe, Prodr. 421 f.

*) Beitr. 194 f.

») FiOK, Et. W. 1, 633; Vanioek« 130; Bbüoxank, Gnmdr. 1', 311 n. 513. Diese Etymologie ist der Zusammenstellung mit W. dhe- (Hist. Gramm. 1, 288) vorzuziehen.

•) OsTHOFP, M. ü. 4, 199; Z. G. d. P. 534, Jenaer Lit. 1878, S. 486.

') Für echt lateinisch halte ich das Wort mit Walde, E. Z. 34, 506 gegen Pedebsbn, IF 5, 72 f. An keltischen Einfluss denkt Hobton -Smith, Class. Rev. 10, 429 f. Vgl. das ähnliche vulgäre hiher fOr klass. fiber, bei dem übrigens auch keltischer oder ger-

manischer Einfluss massgebend gewesen sein könnte.

B) Bezz. B. 6, 237; Bbüoxank, Gnmdr. l^ 122 u. d. (Index).

') Bbughanit, Grundr. 1', 536.

^^) BBUOMAim, Grundr. P, 536; J.Scbxii>t, Pluralbildungen 6 f. Gbci, Nuovo contrib. alla fonist. del lat. 19 ff., wo nach Bbüomann, Grundr. P, 535^ der nicht überzeugende Nach- weis versucht ist, dass -udh- im Lat. zu -^id- geworden sei, habe ich nicht einsehen können. Vgl. IF Anz. 8, 203.

^^) credö ist wohl nicht lautgesetzlich ent- wickelt (man erwartet *cre8tö, nicht *crezdö)f vgl. Bbüoxann, Grundr. V, 670; Walde, E.Z. 34, 492 ff.

^>) GoBSSBN, Beitr. 198.

7. VenohliiMlante. (§§ 55-56).

75

wovon alüat. Oufentina (tribus), vgl. den Namen des Flusses Aufidus^ kann nicht echt lateinisch sein.^)

Anmerkung, infrä, infimus skr. adhamd- ,anterster*, hat regelwidriges fy ebenso inferu» skr. ädhara «nnterer* got undar. Nach Bbugmamn, Grondr. 1', 536 Anm. mflsste das f in infrä anf gekommen sein, das übrigens nach THunirBTSEN, K. Z. 30, 491 f. wegen imus ans ^tfw-ffio- auch anf *insräd (nicht nnr auf *^hräd) zurUckgefOhrt werden kann. Vgl. auch Hist Gramm. 1, 290. Nach Asooli, Sprachw. Briefe 83 hat die scheinbare Komposition die r^elrechte Lautgestaltnng von mfero- gehindert faacinum, fctscifiäre, wahrscheinlich entlehnt Ton gr. ßäirxayoi ßaaxaiym (Ostboff, BB. 24, 125 mit Angabe der ftlteren litte- rator), haben den Anlaut nach dem bedeutungsverwandten färi fatiri volketymologisch um- gestaltet

56. Für die Vertretung der idg. mediae aspiratae im Lateinischen ergibt sich nach dem Gesagten folgende Übersicht:

idg. gh gh gtf A hh dh

urit.

lat

XX X^

tanL h f (vortf u. u) hg (vor rvL,l) f

inL h g (nach «)

f P

f f

gy^ nach 49, g vor -r-, v b d h (vor u. nach r,

vor l u. hinter u).

Die idg. med. asp. waren bereits im Uritalischen durch die Mittel- stufen von tenues asp. und tonlosen Affirikaten zu tonlosen Spiranten ge- worden,') wie wir mit Ascoli, dessen Darstellung der vorliegenden Frage uns massgebend erscheint, annehmen.') Die tonlosen Spiranten lat. h = idg. gh und und f = idg. ^A, g»h (ausgenommen nur idg. gifÄr- urit. x^- = lat. gT" und idg. gifA2- = lat. gl') bh und dh verbUeben im Anlaute intakt. Nur h fiel wegen seiner schwachen Artikulation gelegentlich gänzlich weg, z. B. änser (vielleicht zunächst dialektische oder vulgäre Eigentümlichkeit). Vgl. übrigens § 61. Sicher dialektisch ist der Wechsel von h (= idg. §h) und f im Anlaute. Vielleicht faliskischen Ursprungs ist derselbe bei den mit idg. bh anlautenden Worten. Vgl. haba und inschr. foied {= |,hodie'^). Vgl. dazu die Wiedergabe von gr. spir. asper diurch F bezw. C in prän. FdefM Fercles CIL. 1, 1501 add., 1500, ferner prän. Foratia Schneider 200 neben lat. HoroLia und das gleiche Schwanken zwischen h und f im Etrus- kischen (Pauli, Etrusk. Stud. 1, 14 und Altit. Stud. 4, 111 ff.). Über die ganze Frage vgl. Ascou, Due rec. lett. glott. 1 ff. == Sprachw. Briefe 80 f. ; V. Planta, Gramm. 1, 443; Hist. Gramm. 1, 289. Im Inlaut wurden die tonlosen Spiranten zu den entsprechenden Medien verschoben; weiter schwand intervokalisches h = idg. gh^^) intervok. gt/^ = idg. ^h ward zu t;, inlautendes urit. p = idg. dh nach der Natur der umgebenden Laute zu d oder 6.

Die aus idg. med. asp. hervorgegangenen lat. b d g erfuhren in Eon- sonantengruppen dieselbe Behandlung wie idg. b d g.

Anmerkung. Daes noch in geschichtlicher Zeifc der Laut p gesprochen wurde, hat ScBULZB, K. Z. 33, 223 f. aus der Gestalt des aus einem italischen Dialekt entlehnten griech. Wortes UtQa = lat Ubra (mit -6- = urspr. -dh-) mit Recht geschlossen. Vgl. auch Bbug- MÄSV, Gmndr. 1', 535.

^) LtRDSAT, Lat. Lang. 250.

*) Ueber letzteren üebergang G. Metb«, Gr. Gr.» § 210.

*) CuBTivs, G.' 424; v. Planta, Gramm. 1,435.

^) Nach Osthoff, P.-B. 13, 395 ist es

unentschieden, ob '■hi- oder ^gi- als Mittel- stufe anzusetzen ist. Brugmann, Grundr. 1'', 672 erkl&rt maiar aus *magiös *maiiS8, und dies dürfte auch richtig sein. Betreff des Beispiels äiö vgl. Übrigens HCbschxaitk, IF. 4, 117 f. und Bruqman», Grundr. 1«, 672.

76

Lateinische Grammatik, b. Lautlehre.

57. Idg. tenues aspiratae sind nachzuweisen und zwar gpfh in scelus skr. skJialate . strauchelt, geht fehl" gr. atpälXofxcu strauchle ",0 idg. kh in sdndö skr. chinddmi ,, spalte'' gr. crx't«. idg. J* in cangius skr. iaf9khd' „Muschel* gr. Myxog, idg. ph in spernö skr. sphurdh , schnellt, zuckt* ; idg. th im Suffix der 2. Sgl. perf. -<-? gr. -»-a skr. -<Ä-a.«)

Anmerkung. Die nrit. tenues aspinitae scheinen nach b zu tenues geworden zu sein. fidSs «Dannsaite*, das man wolil mit Recht mit gr. vfpidfj „Darm, Darmsaite* zu- sammenstellt, mflsste also auf eine idg. Doppelform phid- zurflckgehen. Dasselbe gilt von fallö, wenn es zu ai. sphaU «aufschlagen* gehört.

8. Spiranten (Reibelaute).

Der Palatale Spirant.

58. Während anlautendes idg. Jod eine doppelte Geltung hatte, ent- weder konsonantische oder halbvokalische, die deutlich noch erkennbar ist durch die verschiedenen Vertreter desselben im Griechischen (spir. asper bezw. lenis und C) ') und Albanesischen ^) sind im Lateinischen beide Laute .zusammengefallen, idg. i = gr. spir. asper: iecur gr. fjnaQ skr. ydkrt-, ianitric^s gr. elvärsQcg skr. ydtar-, idg. J = gr. f : iugum iungere gr. fv/ot* skr. yuj-, iüs gr. Cr^ui; „Sauerteig'', skr. yü^ „Fleischbrühe*, j und i nebeneinander in jugere und iugere (vom Schreien des Hühnergeiers), aber gr. ivyi] für '^pivyrj wegen aßivxTov Hes. Die Beispiele für spätlateinisches z^tattj, z. B. Zanuario CIL. 10,2466, ZovXtas CIG. 6710, bei Corssen 1, 309, ebenso für den umgekehrten Fall; Seelmank 233. In ah^eus ist nicht h = t, sondern Trennungszeichen (vgl. umbr. stahu „sto* pihafi „piatum sit, piatu**). Über lat. i im Inlaute vgl. § 14.

Der dentale Spirant s.

59. 1. Idg. 8 (tonlos) = lat. s im Anlaute, im Inlaute vor tonlosen Verschlusslauten und nach Konsonanten und im absoluten Auslaut: serö für *si-sö gr. i'rjfxi für ♦o'/cjjju*, süs gr. vg, sequi gr. Snsa&ai, senex gr. IVog, sent" gr. a- in aria^ Qrdf. *s«p-, sutcs sovos Grdf. *sevos gr. i{p)ogj stare gr. crrä- crij-, scabö got. skaban „scheeren*, castus skr. M^td- »zurechtgewiesen",*) vestis gr. f«<r- skr. vas- „anziehen*, est gr. iixu, üs-tus neben ürö aus *etiSö vesper lokr. ^eandgiog, quisquiliae gr. xocxvAjuaria;«) dexter gr. ie^iog^ luxus

^) Doch ist die Zugehörigkeit von «c^/t^ nicht vollkommen sicher (BBUOMAzm, Grundr. 1^, 669). Es können auch nur lat. scelus und ^oi. skulan , schuldig sein' zusammengehören (ZuFiTZA, Die german. Gutturale 159).

>) Elüob, E. Z. 26, 88 f.; Bkuomann, Grundr. V, 668 ff.; G. Mbybb, Gr. Gr.» 278 f.; Hist. Gramm. 1, 291. f. (wegen hämus und habere, vgl. auch Zupitza, Die german. Guttu- rale 18, 206); 263 (wegen idg. th mit Rück- sicht auf ZuBATY, K. Z. 31, 6 f.); v. Planta, Gramm. 1, 469 ff. ; Wackernaoel, Altindische Gramm. 1, 118 ff. und neuestens Luft, K. Z. 36, 145 f., wo mir aber nicht alles sicher scheint. Ueber idg. ph- vgl. Bebnekbb, 1F. 9, 363 f.

») G. Schulze, Ueber das VeAältnis des C zu den entsprechenden Lauten der ver- wandten Sprachen, Göttingen 1867. Anders, aber gewiss unrichtig Havet, M^ul d. 1. S. d. L6,325; vgL auch Bbuomanv, Grundr. 1', 278, 793 ; Griech. Gramm.* 129 ; Hist Gramm. 1, 273.

*) G. Meteb, Phil. Abh. z. 70. Geburtstag Hertz' S. 87 Anm. 1.

') So auch Bbugmaiw, Grundr. 1', 171; 527; 728; aber 669 ist castus (Substantiv?) mit xa^uQos zusammengestellt.

^) Reduplizierte Bildung mit dissimilato- rischem, schon voritalischen Schwund des s in der Anlautsilbe, vgl. Hist. Gramm. 1, 300, Bbuomanv, Grundr. l\ 727. Nicht Überzeu- gend ist die Erklftrung von Niedebmann 92.

7. YenchliiMlaiite. 57.) 8. Spiranten (Reibelaute). (§§ 58—59,)

77

gr. Xo^og; ensm skr. asi^^ mSnsis gr. fMtjv äol. Gen. in'^vvog {w = v(f) ; gessi neben gestus.

Anmerkung. Die idg. Laut^ppen sm sn sl sind sowohl im Anlaut als auch im Inlaut bis in das Emzelleben der lateinischen Sprache erhalten geblieben, wie der Vergleich mit der 08k.-umbr. Dialektgruppe zeigt. Vgl. unten § 63, 2.

2. Idg. 5 = lat. r im Inlaute zwischen Vokalen, *) in diesem Falle bereits italisch z (Brugmann, Grundr. 1>, 761), und vor g. Aus älterer Zeit sind namentlich bei Festus und Yarro noch manche Beispiele von erhaltenem s tiberhefert, die man bei Walter p. 4, Jordan 134, Corssen 1, 229 gesammelt findet, z. B. arhosem, heltisa, pignosa, fesias, dasi, vgl. ausserdem Paul. Festi 359 Th., Varro 1. 1. 7, 27 Sp., Vel. Long, bei Keil, Gr. L. 7, 73, 8, Löwe, Arch. f. lat. Lex. 1, 28 esa domna, ders. Act. soc. phil. Lips. 2, 473 f.; inschr. Loses CIL. 1 28. Am auffälligsten zeigt sich dieses Lautgesetz in Fällen wie ger-ö ges-^tum, nefar-ius nefas, füner-is fünes^tus, im Suffix des gen. plur. -rum = idg. *'Som oder *-söm (osk. -zum) ; in der Zusammensetzung dir^ibeö dir-imö neben dis-tineö.

Anmerkung 1. Die frfihere Annahme, dass Minerva aus *Mene8Uä, larva aus ^läsuä^*) caterva ans *eat€suä entstanden seien, wird von Solmsbk, Stad. 137 unter Ver- weisung auf Skutsch, De nom. lat. sufT., -no ope form 7 Anm. 1 besiaritten und eben wegen des Rhotazismus werden mit Recht die Grandformen *Mene8'0v-ä, *la8-0V'ä, *(u;e3-0V'ä aufgestellt, deren unbetontes -ov- zmiftchst zu -u- xmd sp&ter zu -v- geworden ist. So lehrt jetzt auch Bbuohann, Grondr. V, 232; 319; 324. Ueber furvos mid füscus vgl. Solhsen, K. Z. 34, 26; Bbuomann, Gnmdr. P, 108 Anm.

Anmerkung 2. Dass -sn- = -m- geworden sei, ist ebenfalls abzulehnen, veternus kann von veter- abgeleitet sein,*) vema aus *ve8(i)nä W. %Les- , wohnen".^) diurnu8 ist trotz quamdius tamdius ScHucfiABDT, Yok. 3, 282 Analogiebildung nach noctur-nus. Auch Suffix -emo- in hodiemus lueema u. s. w. hat mit s- nichts za äun. üeber diese ganze Frage ▼gl. Hist. Gramm. 1, 281 f. üeber das Verhältnis von alat. Ckum^ntie zu Cametuie ist § 41, 1 Anm. gehandelt earmen hat mit ersterem nichts zu schaffen, sondern gehört zu gr. xtJQ-v^ skr. kärü' aLobs&nger*. Vgl. Hist. Gramm. 1, 282 und Zupitza, Die germ. Gutturale 114.

Anmerkung 3. Lat. s vertritt nach idg. palatalen, volaren und labiovelaren Lauten auch idg. J>-Laute, so in texö ursua, vgl. gr. i^xttoy, ä^xrog, ebenso im Anlaute, vgl. unten 5 Anm. 3 u. § 62, 2. Das Nähere bei BauoiiAim, Grundr. l\ 790 ff. u. Griech. Gramm.* 128 f.

3. Idg. IS (tönend) == lat. r in mergo mergus^ idg. mess^-.^) Idg. 'Zdh- = -5^ in aestas aestus uridg. Grdf. *aidhs-t', daraus * aidzdh-,^) Ähnlich cüstös hasta aus indog. *küdzdh' *küdh^dh- (vgl. gr. x€v&(o) "^^Jmdhzdh- (got. g€Lßd „Stachel").'') Über credö anscheinend aus *crezdö idg. *kred dhe- siehe oben S. 74 Fussnote 11. Über lat. z in anderen inlautenden Konsonanten* gruppen s. § 64, 65.

Anmerkung. Ein sonantisches z {z) sucht Thubnbtseh, E. Z. 30, 351 ff. nachzu- weisen. Vgl. darfiber Waldb, ib. 84, 505 ff.

4. Nach Erlöschen des unter 2) erwähnten Lautgesetzes ist s im Inlaute zwischen zwei Vokalen, wenn der vorausgehende lang war, oft aus

^) Louis Gaussiv, Mäm. d. 1. S. d. 1. 1, 126 f.; Walter, Rhotacism in the old itdian langnages and the exceptions, Leipzig 1877; JoBDAir, Eni. Beitr. 89 166 ; G. Mbteb, Ztschr. t d. 98t. Gymn. 1880, S. 120. R. Sbthoüb €k>irwAT, Vemers Law in Italy, London 1887. Ciavabxlli, Sulla cons. continua S neUe lingue europee, Napoli, ist mir nicht zu Gesicht ge- kommen.

') Zu I#a9e8 gehörig. Vgl. Jobdan-Pbbllbb, Ram. Myih.> 1, 182; Dbbcxb, Etmsk. Forsch. 4,44.

>) Doch vgl. Wackbbnagel, E. Z. SO, 300.

*) Bbugmakn, Grundr. 2, 137; Nibdbb- XABN 86. Auch caverna will Hibt, P.-Br. B. 23, 310 aus *cavesina (zu ahd. hüs) herleiten.

^) So ist mit Brügxann gegen Schmidt and Babtholomae anzunehmen; vgl. Eist. Gramm. 1, 233 und BauGMAim, Grundr. P,723.

«) Bbügmank, IF. 6, 102; Gnmdr. 1», 626. Vgl. auch Walde, K. Z. 34, 488 f.

^) Uebrigens kann in den letzten beiden Fallen auch idg. dh-\'t vorliegen; vgl. Bbüg- mank a. a. 0., der Übrigens custös ansetzt.

n

80

Lateiniache Ghrammatik. b. Lantlelire.

lat. V im Wechsel mit h in fervSre, ferlul^ jüngeren Datums auch ferbeö; die Formen mit -6- scheinen der Vulgärsprache anzugehören, vgl. inschr. Nerba^ berbeces u. a. ; ^) bubtUcus ist entweder mit Ascoli, Sprachw. Briefe 94 zu bubaius (Büffel) zu stellen, vgl. it. bifolco^ oder Gompos., vgl. sthbulctiS;^) zu bubaius gehören jedesffüls bubile, Bubona,

Anmerkung 1. Italia, vgl. osk. Viteliü, lat. vitulus, ist von den unteritaliachen Griechen entlehnt.')

Anmerkung 2. Angeblicher Uebergang von v in f, von Bdgob, E. Z. 20, 15 f. be- hauptet, widerstreitet den Lautgesetzen der lateinischen Spracne ; vgl. Ck)RasBN, It. Spr. 155 f.

Anmerkung 3. Aus «ist nicht g hervorgewachsen, wie man fttr vixi neben t^tver« manchmal angenommen hat; vgl. oben § 47 und ausserdem Cobssbk, Beitar. 70, Nachtr. 82, A. u. V. 1 89; CuKTius, G.» 596 f.

Über lat. v = idg. g»f und gtfA- vgl. § 53.

Der Hauchlaut h.

61. Der tonlose Hauchlaut erscheint im Lateinischen als Residuum der drei Aspiraten. Die eigentümlichen Aspirationsverhältnisse des Latei- nischen^) veranlassten den gänzlichen Schwund des h im Anlaute, anser für *hanser gr. x'/^'i spät ave fttr have ^sei gegrüsst* von W. gha^- „rufen*, vgl. Osthoff, BB. 24, 189 ff., und im Inlaute nach i und zwischen zwei gleichen Vokalen, daher z. B. lien skr. phhdn- vsmens prSndo nemo ml cörs für vehemSns u. s. w. praebSre pröb^re (Lucr.) sind nach Brügmann, Grundriss 1', 679 die Allegroformen. Umgekehrt erscheint h, wo es etymologisch nicht berechtigt war, festgewachsen in hauriö anord. ausa gr. i^avisai i^eUXv Hes.,*) halare zu alum,^) übrigens exalans B, L. G*, Lucil. nach Nonius 279, 27 M. Aber in coerceö und coherceö liegen die beiden St. arc- und herc-y vgl. herctum, zu Grunde.^) Über die häufigen Fälle der Weglassung des h in der Schrift, wo es etymologisch gesetzt werden musste, und den umgekehrten Vorgang, der nicht minder häufig ist (so in dem Fr^ndworte Herucina CIL. 1, 579, aber HENNAION (vgl. S. 20) auch auf den Münzen, vgl. Collitz-Bechtel, Gr. D. 3252), genügt es, auf CoRSSEN 1 103 f., Brambach, Neugestaltung 283 f., Cürtius G.*^ 684, Hist. Gramm. 1, 293 f. zu verweisen. Über das Schwanken in der Schreibung mit und ohne ä, z. B. ortus bei Varro anstatt hortus (ab- geleitet von orior) u. a., vgl. Hist. Gramm. 1, 294 und die dort angeführte Litteratur.

Vgl. auch Bbbsu, Die Gutturalen 138. Da- gegen ohne zureichende Gründe auch Fböhde in Bezz. B. 14, 101 ff. Plaut, voxar, vgl. Koch, N. J. 101, 283 u. 685, sehr zweifel- haft; z. B. trotz voxorem B Trin. 800 von Scholl nicht in den Text gesetzt; neuerdings dafür Fböhde a. a. 0. S. 95 f. Vgl. Hist. Gramm. 1, 149.

1) Eine andere Möglichkeit der Erklä- rung, der auch Nikdsbmann 81 zustimmt, s. Hist. Gramm. 1, 284.

») SüTTEBLiN, BB. 17, 166, dem Bbug- MANN, Grundr. 1', 514 beistimmt, stellt den zweiten Bestandteil zu ahd. pflegan «besorgen, behüten«, W. bleq^h^.

') O.Weise 31; Nissen, It. Landeskunde

1, 58 ff.; V. Planta, Gramm. 1, 88^; E. Pais, Storia d'ItaUa (Firenze 1894) I 387 ff. Niesb, Gott. Gel. Anz. 1885, 243 A. 1 ist ohne zu- reichenden Grund dagegen. Vgl. übrigens auch Heistebbebgk, Ueber den Namen Italien, Freiburg und Tübingen 1881.

*) Seelxann 256; Hist. Gramm. 1, 292; LiNDSAY, Lat. Lang. 53 f.

») FicK, K. Z. 22, 384, Bezz. B. 2, 187 ; Osthoff, Z. G. d. P. 491 f.; Ck>BSSEK, It. Spr. 120 beweist nichts dagegen. Nach Thubnetsen, K. Z. 28, 158 zu skr. ghas- , verschlingen*.

*) Osthoff, Z. G. d. P. 491; Bbuomann» Grundr. 1, S. 177, 2. Aufl. 371.

') Hist. Gramm. 1, 293.

8. Spiranten (Boibelante). 61.) 9. LantTerttndenmgen eto. 62.) gl

Anmerkung 1. vixt veetum f&hren anf *vSg-8i, bezw. *vee'Si *veg'tHm zarilck, wie man nach Analogie von mingö u. s. w. Bchliessen mase.^)

Anmerkung 2. A ist nicht aus j hervorgegangen in ahineus; vgl. oben § 58.' j Anmerkung 3. lieber prftn. Felena (Quint 1, 4, 15 Belena) Fercles Foratia vgl. § 56.

9. Lautveränderungen in Konsonantengruppen und anderer

kombinatorischer Lautwandel- Vorbemerkung. Ich behandle auch in dieser dritten Auflage hier im Zusammen- hange, was Brugmann nach streng wissenschaftlicher Scheidung zum Teil bei den einzelnen Lanten und zum grösseren Teil in dem Kapitel ,Die Verschlusslaute nach ihrer Artikulations- art* behandelt hat. Ich glaubte um der Uebersichtlichkeit willen bei der ürüher gewählten Anordnung der Hauptsache nach bleiben zu sollen, jedoch in einer Hinsicht von dem früher beobachteten Verfaluren abgehen zu können. In der ersten und zweiten Auflage glaubte ich in diesem Kapitel auf eine möglichst vollständige Aufzählung aller hier in Betracht kom- menden Fälle mich einlassen zu sollen, da vor dem Erschemen der ersten Auflage keine entsprechende Darstellung dieses Kapitels vorhanden war. Hievon kann ich jetzt Umgang nehmen (ganz abgesehen davon, dass in diesem Kompendium der Raum zu vollständiger Au&ählung aller Fälle fehlt), da in dem von mir bearbeiteten ersten Bande der Hist. Gramm. S. 295 329 eine erschöpfende Darstellung des ganzen Gegenstandes, wenn auch in etwas anderer Anordnung, sich findet. Auch Lindsay, der sich allerdings mehr an Brugmann*s Anordnung anschliesst, gibt S. 309 314 eine kurze Uebersicht. Selbstverständlich ist Brug- mann's Darstellung in der zweiten Auflage des ersten Bandes des Grundrisses gewissenhaft verwertet, füne Uebersicht der hier zur Behandlung kommenden Erscheinungen nach etwas anderen Gesichtspunkten bei Schwbizbb-Sidlbb, Gramm.* § 73—79.

Anlaut.

62. 1. Von zwei Verschlusslauten schwindet der erste; Ulla Qrdf. *ptiUa gr. nTeXäUy^) womit man das Fremdwort tisana (Fleckeisen in N. J. 93, 3 f. Anm.) gr. TiTKxavrj Gerstengrütze, Tolomaidi für Ptohniaidi auf einer spätlateinischen Inschrift CIL. 10, 3018, Tesifon CIL. 5, 500 vergleiche, pt- erscheint nur im Anlaut griechischer Lehnwörter.

2. Verschlusslaut und Spirant. Nach Brugmann, Qrundr. P 675, ist Reduktion von ps- zu s- eingetreten, daher sdbulum Grdf. *psafhm. Die etym. doch wohl zusammengehörigen Worte palpWi'e gr. yjr]Xa(päv, parra gr. i/zctp, pulex gr. ipvkXa, pilare gr. xjjiXovv^) mögen ursprünglich mit sp' angelautet haben, das in der idg. Grundsprache nach einem noch nicht ermittelten Gesetze mit ps- gewechselt zu haben scheint (Eretschher, K. Z. 29, 469). is- erscheint als s- in s-uh s-uper gr. i^-vnsQ^s^'^) situs skr. h^e- , weilen, wohnen*, W. kf^ei-^ sileö W. kpei- oder g^ei-, sitt/^ „Moder** (urspr. Anlaut i^ph-), serum, serenus (urspr. Anlaut g^rfÄ-), vgl. § 59, 2 Anm. 3. pst- ist zu vereinfacht worden in sternuö gr. rttaQwinai Grdf. *psf^n-^^) cönstemäre gr. nxvQsiv. ps- und x- erscheinen nur im Anlaute griechischer Lehnwörter.

3. Spirant und Verschlusslaut. Die anlautenden Eonsonanten- gnippen dieser Art sind die zahlreichsten. In der weitaus grösseren Mehr- zahl der Fälle intakt erhalten, zeigen sie doch auch nicht selten die Nei- gung J) den anlautenden Spiranten abzuwerfen und so die Aussprache zu

^) Anders Cobssen 1, 98.

') üeber die allgemem italische Gepflo- genheit, h als Trennmigszeichen zu verwenden, Tgl. auch Kbetscbmeb, Einl. 276.

») Pick, Orient u. Occident 3, 118. Vgl. oben § 28.

*) Fböhde, Bezz. B. 1, 249.

») OsTHOFF, M. ü. 4, 156; 265 f.; Brug- mann, Grundr. V, 674.

") Fböhde, Bezz. B. 6, 182; J. Schmidt, K. Z. 27, 230.

') Der Abfall des s ist in vielen FfiUen bereitis indogermanisch und hat seinen Grand in einem Satzsandhigesetz. Die in Betracht

Eandbndi der klaas. Altertnins^isseDBcbaft. n, 2. 3. Aufl. 6

82 Lateinische Grammatik, b. Lautlehre.

erleichtern. Ich führe einige Beispiele vor : «*-:*) cardö ahd. scerdo ^ Angel" *) cavBre got. as-skaws , besonnen '*, scorusctis {scoriscus Probi app. Keil, Gr. L. 4 198, 32) corusetis,^) capus aksl. skoplkit „Verschnittener**,*) aber cum com- ist nicht mit Fick 2, 272 zu f vr <fvv, auch wohl kaum mit G. Meter, Gr. Gramm.« 249 zu xoivogy angeblich aus *xofjn6g, sondern zu air. Corn- ea n-,*) gall. com- zu stellen, st-:^) tonare gr. atäveiv, tegö gr. or^ycö, tundere got. stautan, torus gr. aTogvvfn, turdus lit. sträedas neben stumus, strigilis „Schabeisen" tergsre. sp-:^) spünia pümex, parcus gr. anaqvog, pictis ahd. speht, vielleicht auch passer für *spat-ter (Kluge, Et. W. s. v. »Spatz"). In specere neben gr. axämscx^ai ist sp- ursprünglich vgl. ai. spai- Präs. pdSyati „sieht", ahd. spehon.

Anmerkung, sc- und «- schwanken in scirpua und sirpus. Auch sUex ist aus *8cüic- hervorgegangen (vgl. calx), siliqua aus *9cüiqua aksl. akcUka (Bbugm ann, IF. 5, 377 unter Verweisung auf Johansson, E. Z. 30, 436 ff.). Yulgftr und archaisch ist obsetrix Löwa, Prodr. 423. In den letzten drei Fftllen ist der Schwund des c bezw. t als Femdissimilations- Wirkung au&ufassen (Brüghank, Grundr. 1', 855).

4. Spirant und Spirant. Man darf vermuten, dass die Lehnworter funda gr. (f^eviovrj und fungus gr. (Tcpoyyog einmal die Anlautsgruppe sf- besessen haben, die entschieden mit Anlehnung an lateinisches Sprachgut (fundere, fungi) zu f- vereinfacht wurde.«) Dagegen lässt sich in echt lateinischen Worten diese Anlautsgruppe nicht mit Sicherheit nachweisen, vielleicht in fragor gr. atfdQayog. Über faUö und fides mit angeblich ur- sprünglichem Anlaut sf- vgl. § 57 Anmerkung.^)

63. 1. Yerschlusslaut und i ^ Liquidae und Nasales, hhw = /- in fiö aus *bh^-iiö gr. yrco.io) di- = i- (j-) luppiter (vgl. Di€spiter). d^^ = d-, jünger 6-, duellum bellum, duis Paul. Festi 47 Th., duic&nsus dui- dens ib., dimus bimtAS,^^) duplex biplex,^^) duonoro bonus,^^) des (Varro) bBs, dfrus W. duei- gr. dj^si-. dht/t- = f- in suf-fiö aus *-dhf^iiö gr. ^vcn, forSs *dh^orSs gr. &vQa got. daür. q^- = c- in indens aus *it»-cjf-i-ew^ ördf. *-quiiö gr. «V*^®- ö^^t- lat. Äi- = A- in hes-iemus her-i skt. Äyos. jt)w- = ^- in pius aus *pif-tr-ios vgl. pü-tus. t^- = ^ liegt nach Bbuqmaxn, Grundr. 1* 321 in tesqua, vielleicht auch in tinea und tönsillae vor. Über ^iwea auch Niedeemann 110 und dagegen Solmsen, K. Z. 35, 476 f. ts tibi neben tu sind mit Wackernagel, K. Z. 24, 592 flf. als indog. Doppelformen zu betrachten, dm- = m- in materiEs „Bauholz, Stoff* aus *dmateries, gr. däfio) (OsTHOFP, Pestgruss an Roth 126 f.). tl- wirft den anlautenden Ver-

kommenden Anlautsgruppen sind nach un- ' '^) Bruomank, Grundr. 1', 144.

mittelbar vorhergehendem s und vielleicht auch nach anderen Konsonanten des s ver- lustig gegangen. Durch Verallgemeinerung der «-losen Formen und umgekehrt entstan- den die Doppelformen wie steg- teg- u. s. w. Vgl. Osthopf, M. ü. 4, 329 f. Anm.; Brüghank, Grundr. 1 «, 725 f ; Johansson, P.-B. Br. 14, 291 f.

1) CoRSSBN 1, 277, Beitr. 442f.; Bruo- MANN, Grundr. 1», 725 f.

') ZuPiTZA, Die german. Gutturale 155.

») LöwB, Prodr. 355.

*) FiOK 1, 808 (jedoch das lit. dort an- gefUhrte Wort nicht sicher, vgl. Kubschat) ; Kluob, Et. W. s. V. , Schöps **.

^) CoRSSEN, Nachtr. 118, Beita*. 135.

») CoBSSEN, Nachtr. 111, Beitr. 457 f.

^\ O Wbise 73

») FicK, K. Z. 22, 104. Wegen faUo vgl. auch W. Mbybr, K. Z. 28, 176; Bebnbkeb, IF. 9, 863; Luft, K. Z. 36, 146. Vgl. auch Hist. Granmi. 1, 301.

") OsTHopp, M. ü. 4, 15 f.; Thubketsek, Die Bildung und Herkunft der Yerba auf -to 68 f. und Bezz. B. 8, 281; Osthoff, Z. G. d. P. 430 f.

") iiöwE, Prodr. 363.

") ib. 73 f.

») CIL. 1, 32.

9. Lantverftiideningen i. Konsonantengr. n. anderer kombinator. Lautwandel. 63.) 83

schlusslaut ab, lä^ St. teU für Hiatus gr. rltjTog; Latium vgl. umbr. agre Tlatie „agii Latii' (Oen.); für ISna laridus lastus largtis hcusta sucht Ost- hoff, P.-Br. Br. 13, 400 ff. ursprünglichen Anlaut iU zu erweisen. Anlaut dU ist nur in longus skr. draghtnän-- , Länge* nachzuweisen. i) dr- scheint eine nur in Fremdwörtern vorkommende Lautverbindung zu sein.*) Der von CoBSSEN 3) angenommene Abfall eines anlautenden d in racSmtis röraritis rtiere rüna entbehrt der etymologischen Begründung.

Übergang von er- in cn- scheint in cr&pusculum neben gr. xvä^ag vorzuliegen.*)

gn- ist in historischer Zeit regelmässig zu n vereinfacht worden, gnätus inschr. öfter neben nasci, narus neben i-gnarm, nöscere neben gnoscier CIL. 1, 196, 28 gnövit gnöbilis Accius 283 Ribb. I, Naevius neben Gfiaivöd, nävitö gnaväre^'^) gmtor neben nUi.^) In gnänus neben nänus (Lehnwort aus dem Griechischen (vävog) ist das g spätere analogische Zu- that, wie dies sicher auch der Fall ist in cö-gnömen cö-gnectö'^) neben nömen Qrdf. *nom9,8) nectö, nach cögnöscö ignötus u. s. w. gebildet. Die für die Vereinfachung von hl- za l- von Fröhde *) angeführten Beispiele sind ety- mologisch nicht sicher. Das griechische Lehnwort liquiritia = yXvxv^^ila ist durch Volksetymologie umgeformt und kommt daher für den Übergang von gl" in Ir nicht in Betracht.

2. Spirant und ^, Liquidae und Nasales. 8^' ist in lat. Bei- spielen erhalten vor ä und ?, vgl. suadeö suavis^ fitievt suetum. Über den Übergang von sue- in so- vgl. § 8. s^<h ist zu so- geworden, vgl. sonus aus *8^ono-, südor aus *8^oidos *soidos. Schon voritalisch ist der Schwund des u in sex, se siM, si. Über sam sös u. s. w. neben suad vgl. § 89 Anm. 2.io)

Die Anlautsgruppen sm- sn- sl- haben den Spiranten eingebüsst ; man vgl. z. B. miri4S skr. smi- »lächeln", memor mora skr. smdrami „erinnere mich", merda lit. smirdeii „stinken"; nix got. snaiws, ndre umbr. snata yUroecta", nurus skr. snu^d; lübricus got. sUupan „schlüpfen"; langu&re ahd. s2acA „schlaff, träge".

er- ist durch die Mittelstufe pr in /r- übergegangen; vgl. lat. frfgus gr. ^yog, fragum gr. ^af, Qrdf. "^srfgos, *sragom^^) Roma rümen zu W. sre^- sind entweder idg. Satzdubletten oder infolge satzphonetischer Verschieden- heit im üritalischen entstanden.^')

Die Lautgruppen vi- vr- haben gleichfalls den anlautenden Spiranten verloren, lana Qrdf. *^lana skr. Ürnä,^^) lörum Qrdf. *^lörom gr. svXyjqu,

^) Elvoi, Et W. 8. y. .lang*; BBuaMANV, Gnindr. 1", 530. Uebrigens vgl. auch Cübtiüb, 6.« 188, 191; CoBSSEH 1, 210 Anm.

«) Bbkast, K. Z. 1, 78 ; Kuhn, ib. 7, 61.

») A. n. V. 1, 210; Beitr. 142.

^) CüBTiüs, G.* 705; Bbbsv, Die Gattor. 164 Anm. 2.

>) Löwe, Prodr. 354.

•) Panl. Pesti 78 Th.; ^m- == »w = cn- W. kneig^h-; so aach nidar neben gr. xyiarj,

') I^WB, Prodr. 354 f. Ueber den etymo- logischen Zusammenhang Kluob, Et W. s. v. »Nestel*.

8) J. SoHxii>T, E. Z. 28, 267; fiber die ganze Frage auch Sbelmank 849.

») K. Z. 22, 250 f.

^oj Bbvoxann, Grundr. V, 828 f.; Hist Gramm. 1, 804 f.

^^) Vgl. ausser der Hist Gramm. 1, 802 an- geführten Litterator noch Bbuomahk, Grundr. 1', 762; Erbtbohheb, Einl.164; Cboi, Archiv, glott. Suppl. periodici 6, 19 ff.

") üebergang von sl- in fl- (Buoob bei Deeckb, Etrusk. Forsch, u. Stud. 4, 114) ist abzulehnen.

") Cubtius, Gr.» 845.

6*

84

Lateimsche Grammatik, b. Laatlehre.

lacer Grdf. *^lacer volnus; radix Grdf. *^radix got. tvaürts; repente aJb. nrap „schneller Gang, Lauf*.

Anmerkung. Wegen suö irptiö, fdr welche einige idg. Sprachen auf Grundformen mit 8%- zu weiBen scheinen, vgl. jetzt Bbugmavn, Grundr. V, 259 Anm. 1; Wackebnagsl, Altind. Gramm. 1, 91.

3. Spirant, Verschlusslaut, Liquida. spU und stl- sind zu l- vereinfacht worden in Uen skr. plihdn- ,Milz" gr. crTrAiyr, wovon das lat. spUn entlehnt ist, latus „breif* altl. stlatus 455 Th., locus altl. stlocus (noch CIL. 5, 7381 aus dem 2. Jahrh.),*) lis neben stlis, sclfs;*) slis CIL. 1, 198, 7. Nach Bbuomann, Grundr. 1', 531 ist sei- im absoluten Anlaut verblieben (vgl. -c^ aus 'tu § 48), sU U unter gewissen satzphonetischen Bedingungen entstanden.

Über die Anlautsgruppen s (z) -\- Guttural -\- Imn (speziell im Ger- manischen, aber mit Beziehung auch auf das Lateinische) findet man weit^ gehende Vermutungen bei Johansson, P.-B. Br. 14, 288 flf. Hieher z. B. claudö ahd. sliozan (urspr. Anlaut skU),

4. Anlautendes mr- ist in /r- übergegangen in fremö gr. ßQtfi(o, fraces „ölhefe" neben marcidus und einigen anderen Fällen.') mf- scheint zu /f- for- geworden zu sein in formtca gr. fivQfir^^^ forma aus *mor^hmä gi\ (loq^ri^ formidö gr. fioQfAciA)

Inlaut.

64. Auch hier begnüge ich mich, auf jene Fälle aufmerksam zu machen, in welchen durch das Zusammentreffen von mehreren Konsonanten Veränderungen in dem ursprünglichen Eonsonantenbestand hervorgerufen worden sind. Ein umfangreiches Verzeichnis aller inlautenden Eonsonanten- verbindungen, freilich vielfach ohne die nötige Eritik zusammengestellt, bietet L. Meyer, Vergl. Gramm. 377 f.

1. Verschlusslaut und Verschlusslaut. Der tönende V. geht vor tonlosem nach bereits grundsprachlichem Lautgesetz in den entsprechenden tonlosen über: ag- ao-tum, cette aus *ced{a)te (vgl. § 74), scn6- scrip-tum; veh-f vor tönenden Eonsonanten veg^, vectum (siehe oben § 61 Anm. 1); in der Schrift ist die Assimilation bei zusammengesetzten Wörtern öfter nicht aus- gedrückt, obwohl sie in der Aussprache stattgefunden haben muss, so in vielen Eompositis mit ob- sub-, z. B. obtinere, subtrahere, subter,^) Ältere Schreibungen wie apscede B Plaut. Trin. 537, apsterserunt Poen. 970, opsecro ib. 967 u. ö., opstiterit B Capt. 901 weisen die ursprüngliche Tenuis auf.®)

^) Wegen alat. stlocus ist Zusammenhang mit skr. lök- ahd. luogen nicht möglich (Eluoe, Festgruss an 0. Böhtlingk, Stuttgart 1888, S. 60); das Wort gehört zu skr. sthala- «Fuss- boden, Stelle''.

') Die Belege fttr die verschiedenen For- men 8. Hist. Gramm. 1, 256 f.

») OsTHOPP, M. ü. 5, 85 ff. (vgl. Hist. Gramm. 1, 806); Brvquavv, Grundr. V, 369. Die von Pbrbson, Wurzelerweiterung 287 f. erhobenen Bedenken (vgl. auch Lit. Central- blatt 1898, Sp. 810) halte ich nicht fQr be- rttcksichtigenswert.

*) Diese von Solhsen, E. Z. 34, 18 ff. ent- wickelte Ansicht kommt mir trotz Brugmaivn, Grundr. 1', 369 Anm. 8, der, wie Gramiiont, La dissimilation consonantique 177, an .die Annahme einer Dissimüation der beiden m* denkt, sehr wahrscheinlich vor. Allerdings hinsichtlich forma sind die von Osthoff, B. B. 24, 113 ff. vorgebrachten Einwfinde sehr zu beachten. Vgl. jetzt auch Prellwitz, B. B. 24, 217.

^) Brambach, Neng. 241 f., 333; Cobssek 1, 119 f.; RiBBBCK im Index zu Verg.

•) Hist. Gramm. 1, 267 u. 268.

9. Laatverftndenuigeii i. Konsonantengr. n. ander«r kombiaator. Lautwandel. 64.) 85

Eine etwas ausführlichere Darlegung erfordern die Dentallaute.^) Dental + U (ausser vor r, wo die Lautgruppe zu -str- wurde) = idg. -^^ = urit. -SS-, daraus lat. -5- nach langen Vokalen, Nasalen und Liquidae: sessus *sed-'tO' ^sePia-, ptzssus ^pat-to^ *pat^to-, morsus ^m^d-tO' *m^t'tO', sponsus *spondrtO' ^sponPto-, vic^simus *vTk^t'timo- *vtk^i^tim(h^ ij^rösus '^^XS0' U9^^o*; coASum fistis suosum usus {ussurae Plaut. Trin. 181) püsus aus ^püt^to-; nassa .Fischreuse, Netz* aus *n€U'tä got. ncUi „Netz*. Hingegen ist der mitunter angenommene Übergang in -st- bei den in Frage stehen- den dentalen Eonsonantengruppen zwischen Vokalen lautgesetzlich nicht erfolgt und -st- entweder und zwar in den meisten Fällen urindogermanisch oder aus idg. ^dh^ hervorgegangen (vgl. § 59, 3). In einigen Fällen liegen Analogiebildungen vor; so in Sst Sstis com^tas (daneben regelrecht comssus) für lautgesetzliches *Ss *ss%s aus *^s *SS8is nach est estis, fert fertis^ comEstus nach gestus u. a.,*) vgl. regelrechtes hautö-tum osk. keenzs-tur „censor*. Idg. "I^tr- ist zu -str^ geworden, vgl. deßnstrlx aus ^dS-fent^trtx equestris aus *equePtris, rostrum aus "^raHrom u. a.^) Wenn im historischen Latein Dentale -|- t infolge von Zusammensetzung oder Vokalausfalles zusammen- trafen, wurden sie zu U, daher aUendö atHngö attollö^ alat. adgretus Paul. Festi 57 Th. für *ad'-gred{i)tO'^ exfuti = exfüsf ib. 57 für *ex-fud{t)t(h, matus {matttis) für *fnad{i)to-, cette für *ced{a)te.

^ho- = -cc-, -6gf- = -gg~, -hp- = -pp- in Zusammensetzungen der Prä- positionen sub und ob, worüber Bbahbach, Neug. 294 ff. und betreffs Plautus und Terentius J. Dorsch in »Prager phil. Stud. 1 (1887)*. -de- = -cc- in iccircö, hocc aus *hod'Ce, vgl, § 66; -dqu- = -cjw- in quicquam, acquTrö, -dg- = -gg- in agger f. *ad-ger, vgl. altlat. ar-ger, ~dp~ = -pp- in topper , sofort, vielleicht* altlat. für Hod-per, quippe*) quippiam flir *quid'pe, ^quid^am -tc- = "CC- sicctis ^sit^co- idg. *$it'qo~ zu suis, peccö aus ^pet-cö, floccus ^flot-co^ gr. (fladeXv;^) mit Vereinfachung des -cc- nach langem Vokal und r, vgl. sEcEdö aus *S€dcödö, Marcus aus *Martcos.^)

Anmerkung. Nnr der vulgären Rede gehört die Assimilation von -et- und -pU zu -tt^ an. Vgl. prän. Vitoria CIL. 1, 58. blatta aus *blactä lett. blakts lit. bläke «Wanze'' wird ein Wort der Volkssprache sein.^ proUrvus, zu tarvua gehörig, ist von proptervus verschieden.*)

2. Verschlusslaut und Spirant, und zwar zunächst vor folgendem Verschlusslaute. -p5c- = -sc- in jüngerem Oscus neben älterem Opscus Ennius ann. 327 Müll.; in st4S(npiö aus *subS'Cipiö; "bsp- {-psp-) = -sp- in asportö für *absportö cispellere; -bst- (-ps^-) = -st" in astulit Char. bei Keil,

1) De Saussube, M^m. d. 1. S. d. 1. 8, 298 f.; Fböhde, Bezz. B. 1, 177 f.; Bbvomanv, M. U. 3, 182 f.; CoocHiA, Rivista di filol. a. XI (1882) f. 1. 2; Biet, De participüs qnae dicnntor per- fecti passivi, Marbnrgi 1888; Osthoff, Z. G. d.P. 550 f.; Bbtjomavv, Gnmdr. 1«, S. 666; Babtholomab, Bezz. B. 12, 80 ff.; Cokwat, Vemers Law in Italy 39 ff.

*) BBtTGXAVir a. a. 0. 666 Amn. 1.

*) Vgl. Eist. Gramm. 1, 817; Bbüokakn, Gnmdr. 1', 667. Fdr nicht stichlialtig erachte ich die Ansicht NiSDBBVAinr's S. 20, der nach ilteren Gelehrten anch -tHr- zunächst zn ssr- werden lässt. Vgl. übrigens auch Walde,

K. Z. 34, 490^

*) Ursprünglich Fragewort in der Bedeu- tung «was denn*, , warum denn*; s. Schmalz S. 467 d. 2. Aufl. und Wackebnaoel, Yerm. Beitr. z. griech. Sprachkunde 23. Vgl. auch Eist. Gramm. 1, 810; Lihdbay, Lat. Lang. 604.

*) W. Meyeb, K. Z. 28, 172; Bbuomann, Grundr. 1«, 531.

*) Bbugkaitv, Grundr. 1', 531 u. 811.

^) Ebbtschkbb, Einl. 148.

^) Die Belege Eist. Gramm. 1, 319. Der zweite Bestandteil wird zu ntigv^ gcsl.llt von Bb COM ANN, Grundriss 1', 596, Griech. Gramm.' 116.

86

Lateiaiflohe Grammatik, b. Lautlehre.

Gr. Lat. 1, 236, 7, gew. rekomponiert cAstulü; -hst- {'pst-) = -st- in ostendö aus *ob$tendö {obsiinet Fest. 228 Th. vom unerweiterten Stamm ten-, oh- strudant ib. 220 und überhaupt in der klassischen Latinität gewöhnlich die Lautfolge öbst- in obstö u. s. w.) ; -esc- {gsc-) = -sc-, so mfsceö für *iwf(^)c- sc-eö, aesculi4S für ^aeg-^clO' gr. aiyaverj , Jagdspeer aus Eichenholz'',^) discö für *di'dd^<yöj di-tcscö^ sescentae Plaut. Trin. 791. -est- = -sf-, so Ssstius ülüstris für *ißw(j-s^m.*)

ö[ ^ -(- 5 = SS, s, so gwosswiw, wesstti für *quatsum *met'Sui, iussi für *ittd^t ^iut-si, posse für *pofsse, ossidutAS für *adstdMMS *a^-sidutts. Die Vereinfachung zu s tritt nach langen Vokalen ein, so besonders in den Perf. auf -si der Yerba mit langem Stammvokal. Übrigens liegt hier teils' schon italischer Wandel vor, teils spezifisch lateinischer {passe, assidutts und die anderen Zusammensetzungen mit ad-).

"bf- -c/*- = -/f- in Zusammensetzungen der Präpositionen sub und ob wie sufferö offerö; efferö, aber rekomponiert ecfern ex fem u. s. w.

-pf" = -/f- in offic^na für *op-/?cfwa, *op{»)-/icma.

Anmerkang. Yulgftr ist die ÄBsmülatioii von -pa- und -C9- zu -««-, z. B. w«a, isstdua für .ipea*" .ipsulna*, inschr. Ms^j^ f&r .vizit". V^. Hist. Gramm. 1, 820.

3. Spirant und Yerschlusslaut. -s^ = urspr. -s^, so aeS'4imö, aiAS-ter, solli-sümus, üs-tus. -st- ist auf lautgesetzlichem Wege niemals zu ^SS' geworden;^) daher ist die früher allgemein angenommene Erklärung der Participia (bez. Supina) hatisus neben regelrechtem hatis-ttis, cmstis neben osk. keenzs-tur durch die Mittelstufen *hatASStts *cBnssus nicht stichhaltig. Es bedarf auch nicht der Annahme eines Suffixes -so-, das BiBT a. a. 0. erweisen will,*) vielmehr reicht (vgl. Brugmann, M. U. 3, 134) zur Erklärung der Participia auf -sms neben solchen auf -tm (bez. Supina) die Analogie vollständig aus. Es gibt mehr als 50 lautgesetzlich gerecht- fertigte Bildungen auf -^t^s, aus -d + ^^ odör -^ + ^^ erwachsen, vgl. pBnsus morsus salstts versus senstis qtmssus aus *pend-tos *pent^tos *mord' tos "^morPtos u. s. w. Die übrigen Participia auf ^s^fs^ bez. Supina auf --sum sind analogische Neuschöpfungen, zunächst durch das Verhältnis von -si: -sus^ bez. -sum veranlasst, z. B. parsum zu pars^ und dann noch weiter ausgebreitet, daher auch lap-sum. Vgl. auch pressum nach dem Perf. pressi von W. preS'.^) Die ursprüngliche Bildungsweise zeigen die altlat. Verba mantäre merfare puUare (die Stellen vom Verf. gesammelt in Wiener Stud. 10 301 f.), vgl. auch Brambagh, Neug. 276; vgl. ausserdem das Part, terta

1) SCHBADEB, E. Z. 30, 462.

') Neben dieser lautgesetzlichen Aus- stossung des k vor s, die ebenso wie die des p in derselben Stellung schon uritalisch ist, gibt es eine Reihe Aaalogiebildungen, wie Sextiua nach sex, textus nach texö, exträ nach eXf depatus nach depsö. In anderen Fällen ist 'Xt' durch Synkope entstanden, so in dexter aus *dex(i)terO', iüxtä aus iüg{i)atä u. a. Vgl. Eist. Gramm. 1, 325 f.; Brugmann, Grundr. 1«, 674.

3) vcaos zu haata und peaaulum, peatu- lum (BücHSLER, Rh. M. 39, 423) sind kaum beweisend. Auch Pauli, Altii Stud. 2, 140 f.

bringt keinen stichhaltigen Beweis bei. Mit Rücksicht darauf, dass -at- nicht zu -aa- ge- worden ist, ist auch Zubat^s Annahme, dass -ath- zu -aa- geworden sei in aaa oaaia, Suff. -iaaimo- neben skr. -istha-, wogegen insbeson- dere -a-^ des Perfektums (vgl. oben § 57) spricht, abzulehnen. Vgl. Brugmann, Grundr. 1*, 633 Anm.

^) Auf die ünwahrscheinlichkeit der B.'schen Ausführungen macht mit Recht auf- merksam W. Meybr im Literaturblatt f. genn. u. rom. Phil. 1884, S. 185 und ausführlicher Osthoff, Z. G. d. P. 550 f.

6) Hist. Gramm. 1, 310

9. LautverftndeniBgen i. Eonsonantengr. n. anderer kombinator. Lautwandel. 65.) 87

= tersa Varro nach Non. 179, 4 Müll, und umgekehrt rapsare und Part. cissus neben ärere alat. äsa (vgl. auch assula und tistula). Vgl. auch Brug- MANN, Grundr. 2, S. 217 Anm. 2.^) -zd- = -d- mit Dehnung des vorher- gehenden Vokales (vgl. oben § 59, 3): audio aus *äv{i)zdiö,^) nldus für *wi>- dos ahd. nest^^) pSdo für *pejgdo nsl. pezdeU,^) sido für *se-jerd-o,*^) quidam für ^quizdam^ tdem für Hzdem, tredecim für Hrezdeeim, iudex für *iüzdex; über ftiä^u^ § 49.

4. Spirant und Spirant, -s/- = -/f- in difficilis diffundö aus *dis- facilis *dis-fundö,

Anmerkung. Nach dem oben § 59, 5 Anm. 1 Bemerkten ist die lautgesetzliche Behandlung von dis -\- v . . . der üebergang in div-, also sind divellö divergö regelrecht, wo- durch die froher hier und Hist Gramm. 1, 281 gegebene Erklänmg berichtigt wird. Die- selbe LautgeatsJt dt- nahm dis' audi vor h d g (disgresaus ist sehr jungen Datums) l m n (später andi r) an, denen nur sf- = -ff-, z. B. difficilis und die Gruppen, in denen s laut- geeetzlich erhalten blieb, gegenüberstehen, nftmlich sc-, -sp-, -aq-, -sa-, -at-, vereinzelt -ah- in dishiäscö (Gate), nach Erloschen des Lautgesetzes des RhotaziBmus gebUdet, neben älterem diribeö, disieiö {diaaice Verg. Aen. 1, 70 Rieb.)*) neben analogisch gebUdetem di- iungö. Neben den regelrechten Formen auch rekomponierte, z. B. diamöta diaiungere dia- diät diarumpHur Lucü. fr. XX, 5 Müll. Anderes bei Löwb, Prodr. 383. Ausserdem vgl. IVisdan bei ISissj^ Gr. L. 3, 56 und Al. Nbuxakn, De compos. a dis (di) incipientium apud priacos Bcriptores vi et usu, diss., lenae 1885.

66. 1. Liquidae Nasales und i ^. -mi- = -wj-, so veniö für *gvenfiö idg. *g^lö,0 ffwöwiaw für *quomiam. "mr- (urital.) = -6r- in Mber- nus tüber (vgl. § 44); lat. = -wftr- in Cambrianus CIL. 10, 1403, *) viel- leicht auch in Iwnbrtcus ,, Eingeweidewurm, Regenwiurm'*, wenn aus *lum' rleosJ)

^ Vollständige Assimilation hat in folgenden Fällen stattgefunden : -/n- = -ff-, worüber ausführlich Fböhde, Bezz. B. 3, 297, z. B. collis

^) Die von der alteren Sprachwissenschaft vertretene Anschauung der Assibilierung des -to- bezw. •4uin soll hier nur kurz erwfthnt sein. Sie ist phonetisch gftnzlich unbegrflndet.

*) J. ScHjfmT, K. Z. 26, 17; Schulze, ib. 29, 251. VgL auch Daiobubson bei Pauli, Attit. Stud. 4, 165 und Havbt, M^m. d. 1. S. d. L 4, 410.

»} CüBTiüs, G.* 315; FiCK 2, 134; vgl. § 15 a.

*) FicK, Bezz. B. 7, 270; J. Schmidt, K. Z. 27, 320.

*) OsTHovF, V. i. d. Nc. 340; vgl. unten § 103.

*) Vgl. auch Enqelbbbcht, Sitzungsber. d. Wien. Ak. CX, 523 ff. Femer diaaicia Nae- vioB 58 RiBB. ü, diaaice CaeciL 239 Ribb. II.

') Osthoff, Z. G. d. P. 505 f.; Bbugmann, Grundr. 1', 368. Dagegen Ascoli, Sprachw. Briefe 151 f. Wegen des von Kbbtsohxbb, ^xl. 148' erhobenen Bedenkens vgl. Beug- MAJur a. a. 0., wo mit Recht darauf hin- gewiesen ist, dass eX'imiua praemium u.s.w. jfkneere Neubildungen sind. Vgl. dbrigens andb S. 1092 (Zusatz zu 368) wegen Netuöü's Herieitong von quoniam aus *quoni -\- iam, womach *quoHi = umbr. p<me wftre. Aber es ist vollkommen sicher, dass pone von

*p<m-de herkommt. Vgl. alÜat. quamde umbr. pane osk. pan .quam*.

^) CoBSSBN 1, 135; Sohuchabdt, Vok. 1, 150.

') Nach der alteren Etymologie (vgl. Hist. Gramm. 1, 235; BauoMAinf, Ber. d. k. s. G. d. W. 1897, 24; Grundr. 1«, 369 [u. ö., s. Index]) aus *domUcoa epid. SafAaXiag, Vielleicht ist aber der Entwickelungsgang VombHcoa ^hm- bricoa anzunehmen (Bbuomakn, ib. 370 Anm. 4), so dass dann ein Beleg fttr -ml- = lat. -mbU gewonnen wäre. Die frohere Annahme, dass diese Lautverbindung zu -mpl- geworden sei wegen exemplum, templum, aimplum, aimplu- diarea (Wiener Stud. 10, 302) hat Bbugmaitn, Ber. d. k. s. G. d. W. 1897, 23 ff. stark er- schfittert, wenn auch nicht geradezu als un- haltbar erwiesen, wie Pbdebsbn, K. Z. 36, 109 zeigt. In aimplum und exemplum ist p Wurzel- determinativ, templum gehört mit tempua zu- sammen zu temp- (vgl. auch Ebbtsohxeb, Einl. 411). aimpludiarea kann auch aus ^aimpli'ltidiarea gedeutet werden. Vgl. auch NiBDEBMANN 10 ff. Hier mag auch auf die vereinzelte Schreibung ^mpn- für -mn- hin- gewiesen werden, z. B. condempnave[rif] Fest. 514 Th., aompnua (L. Meter, Vergl. Gramm, l^ 501.

88

Lateiniftohe Grammatik, b. Lautlehre.

lit. kdlnas „Berg*, pelKs aus *pe?-nf-s,i) pulltis (schwarz) kypr. niXrog, die meisten Präsentia auf -llo-, vgl. § 105. Dagegen ulna aus *ul(e)na gr. (olävr] ahd. elina, alnus für *aJzno-, vgl. § 65, 2 f. Vgl. Hist. Gramm. 1, 311 f.

-Z|f- = 41-, vgl. pallidus lit. patvas „blassgelb", dagegen 4u- häufig = -?t;-, vgl. mtluiis peluis mit jüngeren milvus pelvis und solvö volvö (vgl.

§ 14 B, 6).*) mn- = -w»- in ^wnc = tam-ne Afran. bei Paul. Festi 542 Th.

sollemnis und solUennis sind zwei ursprünglich verschiedene Wörter, wenn nicht einfach volkstümliche Anlehnung des ersteren an die Komposita mit annrjbs (biennis u. s. w.) vorliegt.*) -nZ- = -11- bei den Deminutiven, z. B. üllus Grdf. ün{o)lo'y wenn es nicht, wie von Rozwadowski, IP. 3, 265 unter Zustimmung von Osthoff ib. 6, 35 will, erst aus nuüus abstrahiert ist; homullus *homon^lo-. -nm- = -wm-, gemma (Spross Knospe) aus ^gen-mä.*) -rl' = -lU sehr häufig bei der Ableitungssilbe -Zo-, z. B. agellus Stella aus *agr{o)lo- *ag^lO', ^ster-la, paullus aus *paur-lO' gr. navQog, püllus (rein) aus *pür-lO' (nicht zu verwechseln mit pullus aus *pln6- vgl. gr. nekXog und pullus (jung), zur selben Sippe, wie gr. ndkog); Ätella osk. Aderl. (Ab- kürzung) ZvET. Syll. inscr. Ose. 177a.

In den Zusammensetzungen mit com- und in- werden die Lautgruppen ml nl mr nr mn nm zu II rr nn mm assimiliert.

Vulgär -mn- = -nn-, z. B. inschr. sonno „somno* danna Bücheler, Anthol. No. 1339 und -rw- = -nn- z. B. Perpenna für Perpema (Hist. Gramm. 1, 321).

2. Yerschlusslaute, Spiranten und (^ Liquidae und Nasales, a. Ausstossung des s, bez. 0 und der Konsonantenverbindungen Liquida Nasal oder Yerschlusslaut -\- s vor folgendem l m n mit Dehnung des vorausgehenden betonten kurzen Vokals.

'zU "Zm- 'Zn-i belua aus *bSz-lim vgl. b^tia^) {bistia Miodofski, De usu voc. „bestia" Cracoviae 1886), velum „Hülle" aus ^vez-h^, querela für *quer€'Zla,^) auch mit Konsonantendehnung querella, aber Foslius CIL. 1 S. 514 a. u. 436 = Fos{t)lius vgl. Faustultis;'^) ebenso -nsl- in älum *an-zlO'^ ptlum *pinz-lO'; töl-es „Kropf" neben töns-illae Bbugmann, Grundr. 2 S. 275; -ntsl- in scdla *scand-slä *scant-slä; -mzU (zunächst zu -nzl-) in prelum

^) 0. ScHRADEB, E. Z. 30, 480; Kluge, Et. W. 8. V. ,FeU«.

^) Dieser Sachverhalt dünkt mich trotz Bbüomann, Grundr. V, 325 doch am wahr- scheinlichsten. Betreffs der Litterator vgl. ausser v. Planta, Gramm. 1, 186 ff. Havet, M4m. d. 1. S. d. 1. 6, 120 f.; Solicsen, Stud. 135; NiEDERUANN 70, wolch letztere beiden For* scher auch die im Texte ausgesprochene An- sicht haben. soUus ist gewiss richtiger als von V. Planta a. a. 0., von Brughann, Grundr. P, 376 aus *8ol'nO' gedeutet. Vgl. desselben Gelehrten ausfOhrliche Erörterungen über sahos soHdus sollus söltts in der Schrift Die Ausdrücke f. d. Begriff d. Totalität S. 45 ff.

') Vgl. Bruomann in der Fussnote 6 Ende angeführten Schrift S. 46 f., wo -emnis aus *'afnni8 nach Breal, M^m. d. 1. S. d. 1. 4, 391 und Pascal, Saggi Unguist. (Torino 1893) S. 26 mit osk. amnüd «circuitu'* verbunden wird. Vgl. auch Niedermann 53 f.

^) J. Schmidt, Sonantentheorie 154 er- klärt das Wort aus ^gemb-mä und stellt es zu lit. zSmbeti keimen *", ahd. cAamp .racemus*.

6) W. Meyer, K. Z. 29, 173. üeber die Naturlänge Hist. gramm. 1, 353.

•) Osthoff, P.-B. Br. 3, 346 ; Fröhde, Bezz. B. 3, 291, gegen J. Schmidt, Vok. 2, 360 A.

^) Deecke u. Pauli, Etr. Forsch, und Stud. 1, 85; 2, 12.

9. Laatrerftiidemiigen i. Konsonantengr. a. anderer kombinator. Lautwandel. 65.) §9

^prent'glo-;^) -rgeU in manMe aus ^man'tergzle; -zn^ in penis *pezni- skr. päsa-, vBnwn *veeno- skr. vc^snd- Kaufpreis, cam^s "^caz-no- päl. casnar cas- cus, aheneus ^ahez-no- volsk. dhesnes, egenus *egez-nO' egestas,^) pötie *poZ' ne, degünö ^-guz-nö giis4tis, -zm in dusmo Paul. Pest. 47 Th. dümus dummetum Verg. Ge. 1, 15 Ribb., pnmus päl. prisniu (Corfinium), pömSrium aus *jpö5- moiriom, dfmöveö {dismöta Sc. d. Bacch. rekomponiert), dimminuam Plaut. Men. 302 Yahlen; vgl. dazu sd^npö^n rögän viddn tdc^ äbXn vin (Plautus).^) Aber auch v^sne. Guttural -|- «i- = -Z- ; hieher gehört eine Reihe von Bil- dungen mit der Suffixform -slä -slo-y^) ala aus *agzla *acslä, vgl. axilla, alts. ahsla ahd. ahsala^ vSlum „Segel Floss*" ^) aus ^^egh-zh- *vegzlO' {vexil- lum), mülus aus *fnughzlo- (Babtholomae, Woch. 1898, 1060, Brugmann, Qriech. Gramm. 8 97), pala „Spaten" aus ^pag-zla; vgl. ferner die Kom- posita mit ex -\- l . .y z. B. sUgö aus *ex4igö *egzligö. Guttural -|- sw = -wi-: lüma „PfBtze* f. *IaC'Sma *lagzmä vgl. lac-as, sub^temen von texö {subteg- mne Verg. Aen. 3, 483 Ribb. missverstandene Neubildung). Guttural -f- sn = -W-: lüna avest. raoxina, Grdf. *l(mc-snä, woraus zunächst losna CIL. 1, 55, an dessen lateinischem Ursprünge nicht zu zweifeln ist,^) dann lüna; aranea aus *aracsnea;'^) sem für *seir»f, *segznl[, darnach d^wf;») die Kom- posita mit ex -{- n . , . z. B. Snörmis ^ex-nUrmis ^egznörmis. -nsm = -m- in i^mö aus Hens-mö preuss. teansis „Deichsel".^) -tsm- = -m-i rEmus nach Aasweis von triresmom CiL. 1 195 für *tn-ret'$mO', vgl. gr. igstgiog (vgl. übrigens auch oben S. 56 Fussn. 3).

Anmerkang. Hier mögen auch die Eomposit» mit trans, wie träloquor, tränö, trädüeö erw&hnt werden, Häiäg rekomponierie Formen, wie tränslätus u. s. w. (Hist. Gramm. 1, 383).

b. Übergang in eine andere Lautgruppe (s. oben), -sr- ist durch die Mittelstufen -pr- -fr- in -br- übergegangen, ^o) wie im Anlaute sr- = /r-(vgl. § 63, 2): cerebrum ^cerc^s-ro- skr. Hras mit -ir- = -y-, crdbrö für *cräsrö (Bezz. B. 6, 237), fünebris, fenebris^ muUebris, celebris^ februom *fes-rtW', sobrtnus *sosnnO', membrum Grdf. *wew5-ro- air. m%r „Stück Fleisch", got. winijer „Fleisch**.") Über tenebrae vgl. § 44. Andere (unrichtige) Vorstel- lungen über diesen Lautwandel Ebel, K. Z. 14, 77, Kuhn, ib. 215 f., J. Schmidt, ib. 15, 158 f., Schleicher, Komp. 432. In historischer Latinität dagegen ist -sr- zu "rr- geworden, wie serracum Staatswagen ** aus *ses- racum, Lehnwort aus dem Keltischen, vgl. ir. sessrech, sessrach, zeigt, i*)

Über idg. -tU = it. -kU vgl. § 48.

-rfr- ist nach Thürneysen, K. Z. 32, 562 flf. (zustimmend Bbugmann,

') Doch ist anch Herleitung auB *pre8- \ 651 (wegen gr. agttxytj aus ^dqdx-^yd).

Unn, vgl. pressi, möglich (Nibdbhmank 52^).

«) Haybt, M^m. d. 1. S. d. 1. 4, 86 f.

») J. ScmoDT, K. Z. 27, 328. ^ *) Osthopf, Forsch. 1, 190 f., P. Br. B. 3, 336 ff.; Hist. gramm. 1, 506.

') PFAKVEireoHifinT, Arch.f . lat. Lex. 4, 419.

*) Jordan, Erit. Beitr. 34 f.; Cobssbk, li Spr. 334; Dbkckb-Mülleb, Etroak.* I, 57 Anm. 144.

^ DB Sattbbxtbb, M4m. d. 1. S. d. 1. 7, 90; Waldb, K. Z. 34, 478; Brugmaun, Grundr. 1«,

8) Bauwack, K. Z. 25, 258.

') Bbrnbkeb, Die prenssische Sprache 326; Osthoff, IF 8, 39 f. Vgl. übrigens auch ZüFiTZA, Die german. Gutturale 188.

10) Bbugmann in C. St. 9, 393 A., Tbch- mer's Zeitschr. 1, 234 A. 2 gegen J. Schmidt, K. Z. 25, 42; Cürtius, G.* 545.

^^) Bezzbnbbbgbb in BB. 1, 340; Bbug- mann, Grundr. 1*, 763. Unrichtig Mikkola, BB. 22, 243. I ") ScHBADBB, Hist-Ling. Forsch. 1, 20.

90

LateixiiMlie Ghrammatik. b. Lantlehre.

ärundr. 1^, 678) zu -^r- geworden in taeter neben taedet, atröx neben odium u. 8. w. Vgl. besonders citrus vom gr. xä^Qog und prän. Älixentrom.

c. Assimilation eines Verschlusslautes an nachfolgendes i, ^: -da- durch ii = -i- in baitdtis «Lastträger'* von *baiö, *badiö, vgl. gr. ßacta^w, caia aus *caidia zu caedere; peior wahrscheinlich aus *pediös, vgl. pessimus aus *ped-tumos *peHumos.^)

,pt^ = -pp^ in aperiö aus *apperiö ^ap-^eriö, Kppt^s aus */»pif05 lit. ZipÄÄ »klebrig.**)

4^ = .^ in tnYto,') qtmUor neben quattuor;^) dagegen vulgär *pipfki oder *pippUa neben schriftlat. pUuita »zähe Feuchtigkeit" wegen it. pipita.

d. Assimilation des Verschlusslautes an folgende Liquida oder Na- salis, 'dl- = -H-: 5eZia ^sed-la, graUae ^grad-lae von grad^ior, lapillus ^lapidrlo'^ pelluvium ^ped-luvio^; caelum »Meissel* aus "^caed-lo- mit ein- fachem l wegen ae. »dm- = -wm- in mamma aus ^mud-^mä; mit -w- nach langem Vokal, vgl. caementum aus '^caedman^ut/i *caemmentumy rümentum aus ^rtipman^um *rümmevUum.

~dn~ = -nn- in mercennÄntis aus *mercsdnario-. Sehr schwankend in der Zusammensetzung von ad -\- n . . (bald ndn- bald aww-). -#m- = -»n- in annus aus *a^no5 got. apn, penna atis *pet'na.^)

^gn'z=^f9n-^n' in -aprünus neben aprügnuSjfrüniscor aus *frugniscor;^) fmis lett. beiga »Ende* Mt. pa^baigä »Ende* (Osthoff IT 5, 296); so auch ignoscö aus *if9gnöscö, agnöscö aus *aggnöscö ^cmnoscö (vgl. Brügmann, Qrundr. 1*, S. 680). -cn- = 't9n- (geschrieben -gfn-) in dlgnus *deo-no^ zu decus, tignum Hecnom gr. t£x-, lUgnus *%lec-no- zlex, alat. agna »Halm* actis got. ahafia »Spreu*; -cm- = -gm- (vielleicht soviel wie -f9m-, aber nicht sicher) in segmentum sec-, magmentum »Opferzusatz* zu mactäre. -gm- scheint über -fam- zu -m- mit Dehnung des vorhergehenden kurzen Vokals geworden zu sein; vgl. examen (dagegen ägmen aus *agimen\ iümentum aus Heug-mento-m, summ aus *S€ug-men,'^) vielleicht auch flämen ai. 6raA- mdn-^) -bn- -pn- = -ww-, Samnium aus urit. *Safniom neben Sablni (b = bh wegen osk. Safinim »Samnium* oder »Samnitium*), scamnum *scapno-, somnus *svepno-, damnum *dapno-^) gr. dandvr^^ omnis aus *opnis

^) Wegen dieses zuerst vonTHUBNETSBN, K. Z. 32, 566 angenommenen Lautwandels (zu- stimmend Osthoff, BB. 19, 322; Brugmaiw, Grundr. 1«, 672) vgl. Eist. Gramm. 1, 638 (Nachtrag zu S. 305).

«) ffist. Gramm. 1, 321.

») Johansson, K. Z. 30, 409 Anm. Vgl. auch Hist. Gramm. 1, 321.

*) Bbughann, Grundr. 1', 322, meint, dass quattuor sein -tt- von der AUegroform quattor bezogen habe.

^) So scheint mir jetzt richtiger zu sein als die Herleitung aus *atsno8 *pet8nä (Hist. Gramm. 1, 315), der Solmsbn Stud. 165 f. bei- stinmit. Vgl. Bbugmann, Grundr. P, 676;

NiEDERHANN 53.

^) Dagegen besonders GoccBiA, Rassegna

critica 45 fif.

') Biese schon Hist. Gramm. 1, 314 an- gedeutete, inzwischen von Ebbtsohmeb, Einl. 128 ausfahrlicher begrttndeteErklfinmg scheint mir trotz Bruoilann, Grundr. P, 681 Anm., der Wahrheit am nächsten zu kommen.

^) Vgl. Erbtscbmbr, Einl. 127 f., wo neuerdings über diese mehrfach angefochtene Gleichung gehandelt ist. Ffir die zuerst yon BueoE, B.B. 3, 98^, vorgebrachte Verbindung von flämen mit got. hlötan 'nißetf^m^ der ich früher als der wahrscheinlicheren den Vorzug gegeben hatte, tritt neuerdings ein Osthoff in B. B. 24, 141 ff.

^) Die alte £t3rmologie Ritschl's (Opusc. 2, 709), dass es Part. präs. pass. von ,dare* sei, hat J. Schmidt, Sonantentheorie 132 wie-

9. Lantrerfindenrngon L EonsonaatMigr. n. anderer kombinator. LantwandeL 65.) 91

zu cps oder aus *{wtp-ni-s gr. ofinvr] »Reichtum, Peldfrüchte**.!) Vulgär amnuere inschr. amnegäre für abnuere ahnegare (Löwe, Prodr. 421).

e. Lautmechanische Umstellung von Yerschlusslaut und Nasal hat schon in der idg. Grundsprache unzweifelhaft stattgefunden bei fundus, skr. budhndr- gr. nv&fiijv^ unda skr. St. uddn^ schwach udn-, pangö neben gr. nrjywfjuJ) Alle für das Lateinische speziell angenommenen FäUe der- selben lautmechanischen Umstellung sind unsicher. Vgl. Hist. Gramm. 1, 327 f.

3. Liquidae und Nasales und Yerschlusslaut oder Spirant. a. Sind r l nur von einem Verschlusslaute oder dem dentalen Spiranten gefolgt, so tritt regelmässig Assimilation des letzteren an die ersteren ein. -W- = -B-, so moUis *fnold^is skr. mrdü,^) sallö *saldö got. saltan „salzen*, perceüö *^eldö vgl. eläd-^s. Sekundäres -Id- verbleibt, daher valde caldus 74). -&- (über -?jer-) = -K-, Collum *colsum got. halsa; velle ^veUse, fa- ciUimus ^fctcH-simo^ ^fac^simo^ (vgl. § 92). idg. -rs- ist über -rjef- zu lat. -rr- geworden,^) vgl. error got. airzeis ,irre*, cerrUus »irre" *cers-^ö-, eurrere *cursere asächs. hross, farreus umbr. farsio ,farrea*, ferre * ferse, verres skr. vf$(i- »Mann, Gatte, Stier *; ebenso im etruskischen Lehnwort Burredius = etr. tfurse&ni.^) Mit Rücksicht auf das isolierte suäsum aus *suart8to^ *suarsso^ müssen die Formen advosem Paul. Fest, deösum Varro, prös{s)um rüs{s)ufn u. a. als die lautgesetzlichen und advorsm, deorsum, prorsum rursutn als allerdings schon sehr alte Neubildungen nach vertö u. s. w. betrachtet werden, ebenso natürlich auch vorstisj)

b. Für die Nasale gilt im allgemeinen der Grundsatz, dass sie in die homorganen umgewandelt werden. Für den gutturalen wurde n geschrieben, jedoch von den Grammatikern auch g, z. B. agceps aggulusj) idg. -nt(2- = lat. -nd- in frendö *fremdö neben fremere gr. ßQSfiw^ tondere f. *tomdSre gr. täfivw; so auch speziell lat. in Zusammensetzungen, wie altl. qtuinrde, e&run-deni ian^üdum u. a. bei Schweizer-Sidleb, Gramm.* § 74, 8. Über idg. -m^ = lat. -n^ vgl. § 44. Derselbe Lautübergang auch speziell lateinisch in con-trä neben cotit-, quantus tantus neben quam tarn. Über idg. -mi- vgl. § 65, 1. In der Litteratursprache sind diese eben vorgefilhrten Laatübergänge überall durchgeführt, daher m vor m b p, n vor n d t {-. Auf die ursprünglich bilabiale Natur des f und v mögen vereinzelte in der Zeit der Republik vorkommende Schreibweisen, wie comfluont comvalem CIL. 1, 199, 8 und 13 hinweisen. Das ältere Latein schwankt, daher z. B. eamductum CIL. 1, 200, 25, damdum damdam ib. 1, 206, 17, 49, quamtus ib. 206, 39 und 43 und noch mehrere Fälle gegenüber dreimaliger Schrei-

der aofgenommen, weil das Wort einen wiU- kommenen Beleg für seine Theorie bildet, dasB im Lot. -mn- nach langem Vokal zu -tu- geworden sei, w&hrend es nach kurzem erhalten blieb. Sie scheint mir durch die beigebrachten Belege, die auch anders erklftrt wenien können, nicht gesichert.

*) BauoHAirK, Gmndr. 1*, 675; Pauli, Alüt Sind. 4, 53. Havbt's ,, Satzdubletten" nmnes und hominis M^m. d. 1. S. d. 1. 5, 345 f. sind gftnzlich verfehlt.

«) Thurnetsbn, K. Z. 26, 301 f. ; J. Schmidt, K. Z. 25, 22; Brüomann, Grundr. 1«, 347 f.

») FiCK 1, 175; vgl. auch § 43. üeber U Fröhde, Bezz. B. 3, 286 f.

^) AscoLi, Lettera glott. 62 N. 2.

») Pauli, Altit. Stud. 3, 25.

') Brugmann, Grundr. 1', 466. Bezüglich der Belege für die Formen vgl. Hist. Gramm. 1, 318; SoLMSEN, Stud. 58 ff.

') Priscian bei Keil, Gr. L. 2, 30, 12.

92 Lateinische Qrunmatik. b. Lautlehre.

bung mit n, conpremunda A Plaut. Pseud. 409, auch fälschlich umquam numquam für unqtiam nunquam u. a. Seelmakk, Auspr. 269 schliesst dar- aus, dass in der allgemeinen Volkssprache ein Mittellaut zwischen n und m gehdrt wurde, was jedoch keineswegs als sicher gelten kann.^) -m^- = -n5-, vgl. quansei CIL. 1, 200, 27, aUrfnsecus neben aUrim seous Plaut. Pseud. 357. Über anderes früher hier Aufgeführte vgl. Hist. Gramm. 1, 310.

Nach Erlöschen der beiden Lautgesetze, nach welchen idg. -mU -m$- zu lat. -nt- -ns- wurden, trat an ihre Stelle die Einschiebung des Hilfskonsonanten -^-, daher sümpgf, contemp^T; em'^-tus^) sum-p-ttis (daneben sumtum libri Lucil. XXVI Fragm. 60 Müll.). In temptäre ist temp- stamm- haft, vgl. lit. tempiü „spanne*; tentare eigentlich Intensivum von tendere.^)

Vereinzelt findet sich -nd- zu '-nn-^ assimiliert in grunniö altlat. grundiö, dispennite Plaut. Mil. 1404 Ribb., distennite, tennUur Terent. Phormio 330, 331 ÜMPFENBACH uud einigen anderen Beispielen,*) z. B. Verecunnus CIL. 4, 1768. Diese überhaupt mehr volkstümliche Assimilation ist durch den Einfiuss des Oskisch-Ümbrischen zu erklären.^) Vulgär ist auch die As- similation von -mft- zu -ww- in inschr. commuratur für combüratur (Hist. Gramm. 1, 320 f.).

c. Sind Nasal oder Liquida von zwei Verschlusslauten bez. Verschluss- laut und Spirant gefolgt, so wird der erste der beiden Verschlusslaute, bez. der Spirant ausgedrängt: -fcs- = -fe-, mülsf aus ^mulc-si. -Ict- = -?^. ultus *ulc'ttis ulciscT;^) durch analogische Neubildung mülctiis. -Igs- (bez. -fcs-) = -Is; alsi fulsi von alg^re fulgere. -mftc- = -wc-, ancaesa „vasa caelata", anculus (vgl. § 73, Ib). -m6jp- = -mj)- in amplector, amputö^) idg. -f9qyi!t- = urit. -n^-, vgl. quTntus\ idg. -nkt- = urit. -nct-, vgl. sanctus, nanctus. Durch lateinische Neubildung einerseits Qutncttis, Qumctilianus, üncUis {unguö)\ andererseits die vulgären Formen santus nantus u. s. w. cünctus aus ^co-enquitos *cönqu(i)los, vgl. prop-inquo^s u. s. w. und cünctarf aus *conc{i)tarT ai. Sdfakate ,, schwankt, zweifelt*. 8) Über handschr. cunta für cuncta u. a. Lachmann zu Lucret. 4, 727; vgl. auch Arch. f. lat. Lex. 3, 21 ; 548 und M^m. d. 1. S. d. 1. 6, 261. -rds- = -rs-, arsT aus *ard'Sf. -rcU

^) Hist. Gramm. 1, 809. Das von G. | sab c) aufgefOhrten Fülle der gleiche Vor- Meyer, Gr. Gr.' 359, angeführte Zeugnis des ' gang anzunehmen. Vgl. Hist. Gramm. I, 322. MariuB Yictorinus, Gr. L. 6, 16, 4 ff., bezieht | ^) Regelrecht ist amp-termini aus ^am-

sich nur auf das Griechische. Dass diese Schreibgepflogenheit auch nicht mit einer Theorie Cäsars zusammenhänge, wie Libdsat, Lat. Lang. 66, will, hat Nobden, Die antike Eunstprosa 187 durch Verweisung auf Bbüns, Fontes« 87, 13; 100, 6 bemerkt

*) Brughanv, Ber. d. K. s. g. d. W. 1897, 25 f.

') Vgl. Hist. Gramm. 1, 328 f. und ausser der dort angeführten Litteratur noch Bbüg-

MANN 1', 366; NiBDEBMANN 19.

^) GoBSSEN 1, 210; Hist. Gramm. 1, 318.

») G. Mbyeb, Z. f. d. öst. Gymn. 1885, 283; IionscH, Leipz. Stud. 8, 311; Meybb- Lübke, Bom. Gramm. 1, 419.

«) Als Vorstufe ist wohl *uUtu8 anzu- setzen. Ebenso ist in mehreren anderen der

h{i)'terminl Paul. Festi 13 ; aber redamptruäre Fest. 370 neben älterem antruäre «tanzend hüpfen* (wahrscheinlich aus andruäre Paul. Festi 7 Th., vgl. Lindsat, Lat. Lang 289) ist das Gegenstück zu tentare. am- in amtermint amsegetes beruht auf Abstraktion aus nm- plector u. s. w.

^) Bbügmank, Die Ausdrücke f. d. Begr. d. Totalität 20 f. Die nach Buok, Der Vok. d. osk. Sprache 172 f. (vgl. Hist. Gramm. 1, 322 f.) gegebene Darstellung der Yerschie- denen Behandlung der indg. Lautgruppen "T^qvt- und -n£^ findet den Beifall Bbuo- mann's, Grundr. 1', 667 Anm. 1, nicht. Weno aber sowohl qutntus als santus lautgeaetz- lieh waren, woher sollten sie ihr c zu quinetus sänctus bezogen haben?

9. LaatTerändemngen i. KonBonautengr. n. anderer kombinator. LantwandeL 66.) 93

= -i-^, tortus aus *torC'to- ^torguto-, tertus aus Heroto- ^terg-to- Varro Sat. 137, 1 Biese, refertus sartus St. farc- sarc-.^) Neugebildet sarctus.^) •res- = -rs-, wrsws skr. fh^Or gr. a^xrog {s = idg. p); torst f. *torc-sT Horqu-sl, ^rgs^- (bez. -res-) = -r5-, span<Jf St. sparg-, -rzd- = -rd-, hordeum ^horzdeo- ahd. gersta, turdus ^turzdo' ags. prostle.^) -rdo- = -rc-, corculum aus *card(i)-cto-.

d. Nur in den Lautgruppen -ns^ -rsC' und -rs^ sind w und r ge- schwunden, daher bim&stris f. ^himenstri^y pistum f. *^ms^ww; Tuscus umbr. Turscum; fasUgium *farstigium skr. bhr$t{- „Spitze, Zacke", in /es^t«s wawi- fes/ws ^-fersto- skr. ähr^td- „keck, frech*;*) ^es^is aus Herstis und dieses aus urspr. tris -f- to- »wer zu den zwei Parteien hinzukam und so Augen- und Ohrenzeuge dessen wurde, was zwischen beiden Parteien vorging", Skütsch, BB. 23, 100 flf.; testämentum Herstämentum osk. tristaamentud; posHs aus ^por-sti-s (Osthoff, IF. 8, 1 ff.). Dieselbe Behandlung zeigt -rsp- in Maspiter neben Marspiter (von Varro und Gellius angeführt). Vgl. noch poscere *porcscere skr. prchdmi ahd. forscön,

e. Unverändert geblieben sind die Lautgruppen -nes-, -ngs-, -Ips-, -rps-, wobei es gs = X und ps eben als ein Laut zu betrachten sind, daher z. B. planxf sculp^ serpsi u. s. w.

f. Ein Verschlusslaut oder Spirant zwischen Liquida und Nasalis wird ausgedrängt: -Im- = -In-: alnus Grdf. *alzno~, lit. elksnis, -rem- = -rm-, fulmefUum f. *fule^9ento-. -rpm- = -rm-, sarmentum f. *sarp-mento-, aber durch Neubildung sarpta (vinea) „putata id est pura facta" Paul. Festi 473 Th. -rcn- = -m-, uma aus *ure-na, vgl. ureetis, quemus aus *quere-7io-. ^rzn- = -m-, eemuus "^eere-nuo- skr. iir^d- gr. xd^crr;, perna *perena skr. pdr^ni- got. fairznafi)

g. Zwischen Nasalis sonans und Liquida werden toulose Verscbluss- laute in tönende gewandelt, daher angulus aus *ai9ldo- vgl. ancus, ungulus «Ring'* von uneus, singuli aus *$r^klo- *ser9fdo-, so auch zwischen doppelter Nasalis sonans septingenti nongenti aus *septi^-kfprto- "^ne^^krgkto-,

Auslaut. 66. 1. Doppelkonsonanz ist im alten Latein noch nachweisbar in den Formen mlless, ess B,ua*es$i, hoec aus *hod-ee, auch bei Vergil, Aen. 2, 664; in der klassischen Latinität sind die antekonsonantischen und im absoluten Auslaut berechtigten Formen miles es höe die einzig üblichen. So sind auch äs, OS, fei mel far (aus Yars) zu erklären (vgl. die Genitive) «) ter aus ^iers neben terr-uncius (vgl. § 91 D). Über ager vgl. § 43. fers ist nach den übrigen Formen der 2. sing., uls nach eis neugebildet (Brugmann, B. d. k. Sachs. G. d.W. 1883, 191).

*) üeber alat. forctus aus *forg{i)tos \ nicht aus *hrznä, sondern mit Brügmaiw, (yi.bhergh'\vf^.mixtu8do€tu8&xui*müc{i)to8 ] Grundr. 1*, 442, aus *cert3na, vgl. ai. kart-

*doc{i}tos, neben klass. fortis vgl. Bbughann, B. A K. d. G. d. W. 1897, 21 f.

*) Nbue-Wagknbb 3», 545.

*) Bbzzbkbeboeb, B. 4, 846 A. 2; Kluge, P.-B. Er. 8, 523».

«) Fböhde, E. Z. 18, 814.

*) So iet Bück's Darstellung (Der Yok. d. osk. Spr. 68 f., vgl Hist. Gramm. 1, 824 f.) wieder durch die frfihere ersetzt, da c€na

„zerschneiden, abschneiden '^ herzuleiten ist idg. nrit. -rzn- ist anders behandelt als -r9(9)if-, wo 8 Iftnger stimmlos blieb (Brug- mann ib. 765). ailicernium ist etymologisch nnklar. Vgl. noch v. Planta, Gramm. 1, 497* ;

NiEDBBHANN 97 f.

•} Skutsch, Forsch, z. lat. Gramm. 1, 60 f. ; Hist. Gramm. 1, 346 f.; Brugmann, Grundr P, 812.

94

Lateinisohe Grammatik« b. Laatlehre,

2. Auslautende Eonsonantengruppen werden vereinfacht, daher lue aus *lact; loci F Varro d. 1. L 5, 104 ist entweder die antesonantische Form oder Neubildung nach den Casus obliqui.^) Vgl. Chai\ bei Keil, Gr. L. 1, 102, 4 und Probi cath. ib. 4, 7, 4 f.; Ritschl^ Op. 2, 574 f. Ic^te allgemein vulgärlateinisch nach Gröber, Archiv f. lat. Lex. 3, 274. cor aus *cord. Aber altlat. topper antioper^) semper dürften das enkl. neQ von griech. hom. fiivvv&d 7i€Q enthalten^ nicht -pert^ vgl. osk. petiropert „quater*.*) feri nach voU est u. s. w.

3. Wie im Inlaut werden die folgenden aus Explosiva -|- s bestehenden Eonsonantengruppen behandelt: t d -\- s = ^s (durch die Mittelstufe ss) im Nom. Sing, der Dentalstämme, z. B. pes aus *pEd-s *pet^, und in den aus o-Stämmen verkürzten, allerdings wahrscheinlich dialektischen Nominativen damnas sänäs aus *damnät-s ^sänät-s, vgl. osk. hürz „hortus'' umbr. pihaz „piatus". Eehllaut -^ s = -x, z. B. lex nex ex. p -{■' s =^ -ps (ein Laut durch zwei Zeichen ausgedrückt), z. B. ops; hingegen -bs graphisch nach Aus- stossung eines Vokales in plsbs scrobs urbs (etymologische Schreibung wegen der obliquen Easus, in denen b regelmässig war) ; Ter. Scaurus Eeil, Gr. L. 7, 27, 17 war für die phonetische Schreibung mit -i?s, Varro empfahl urbs^ aber Pelqps wegen Pelopis; vgl. weiter abs subs 50). -cts = -x, z. B. nox.

4. Vor dem dentalen Spiranten wird der Nasal ausgestossen, so im vorhistorischen Latein agros (Akk. d. PI.) aus *agröns, und in historischer Zeit bei den Zahladverbien auf -i^s. Eine Ausnahme macht hiems^ wofür lautgesetzlich *hiens *hi^ zu erwarten wäre; es hat den labialen Nasal in Anlehnung an die obliquen Easus behauptet, hiem-s nach hiem-is u. s. w. die Schreibweise hiemps CIL. 1 S. 359 (vgl. sumpsi u. s. w.) ist durch die Grammatiker der Eaiserzeit verdrängt worden.^) In den Lautgruppen -nts -nds -rts -rds -Its schwindet, wie im Inlaute, der Verschlusslaut, daher fröns (St. fronte und frond-), ferms (St. ferent-) und die übrigen Part, praes. act., ars (art-), Concors (-cord-) puls (puU-). Hieher vielleicht auch trans, wenn es Part, von *trare ist.*) Andererseits bleibt, wie im Inlaute, -ncs (bez. -nx) intakt, z. B. lanx coniunx, und ebenso auch -Ics --res {-Ix -rx), z. B. falx merx. commersquest Plaut. Stich. 519 A, mers tu Persa 235 sind zu beurteilen wie im Inlaut torsi u. s.w. Wegen des Übergangs des auslautenden -nt in -ns nach Thurneysen, Arch. f. lat. Lex. 5, 575 f., vgl. § 91, D.

Fernassimilation und Ferndissimilation von Eonsonanten.

67. Fernassimilation. Mium 42) quercus quznque coquo, deren erste Silbe mit idg. p anlautete 46). bibö für *pibö 50). barba für *farba 55). forfex für älteres forpex (Solmsen, E.Z. 34, 21^), -jT- also nicht ursprüngliches Wurzeldeterminativ, wie v. Planta, Gramm. 1, 460

*j Bbuomank, Grundr. 1', 917. Vgl. aach Hiflt. Gramm. 1, 347.

«) BücHBLBB, Arch. f. lat. Lex. 1, 102 f.

*) NiEDBBMAHK, Rh. M. 52, 505. -pert entspricht 8kr.-A;r^ in sa-kfi „semel" (viel- leicht zu krntdli , schneidet'' gehörig, vgl. Pedbhsen, IF 5, 40 FoBsn.).

^) Bbaxbaoh, Neug. 249.

^} Thiblhann, Arch. f. lat Lex. 4, 248 f.; LiKDBAT, Lat. Lang. 594. Gegen diese auch y. Bbughann 2, 954 gebilligte Ansicht erhebt Bedenken v. Planta, Gramm. 1, 505 und 2, 453. Vgl. jetzt die ausfClbrliche Ausein- andersetzung von Flbnsbubg, Stnd. auf d. Geb. d. idg. Wurzelbildung S. 25 ff.

9. LantTerftnderangen i. Konsonantengr. n. anderer kombin. Lautwandel. (§§ 67—68.) 95

(vgl. Hist. Gramm. 1, 290) vermutet hat. An die Herleitung aus "^form-fac-s^ vgl. Prellwitz, BB. 24, 217, glaube ich nicht. Ferndissimilation zu- nächst sicher in der Lautfolge l-l r-^; vgl. oben § 42; desgleichen Schwund eines r ib.; eines t in obsetrix segctstrum neben gr. arsyaaxQov^ sc^nictor inschr. Vgl. Schulze, G5tt. gel. Anz. 1896, 248. Schwund des s in der Re- duplikationssilbe, vgl. gui-squiliae, in der Stammsilbe im Perf. ste-t^; des 'U in si-^tö.

Ausfall von Silben.

68. Die erste von zwei mit demselben oder einem sehr ähnlichen Konsonanten anlautenden Silben wird sehr häufig ausgestossen; darüber vgl. FiCK, K. Z. 22, 98 und besonders Wölfplin, Sitzungsber. d. bayr. Ak. d. W. 1882, 444 Anm., woselbst die ganze ältere Litteratur über diesen Gegenstand verzeichnet ist; dazu auch Osthoff, Paul-Braune, Beitr. 8 551 ^, ScHWEizER-SioLER, Gramm.* § 46 und jetzt besonders Grammont, La dissimilation consonantique (Dijon und Paris 1895) S. 152 ff., Brugmann, Grundr. 1> 857 ff., Pokrowskij, K. Z. 35, 249 ff., Meringbr, Versprechen und Verlesen (Wien 1895) S. 182 ff. hinsichtlich der Erklärung dieser Erschei- nung, welche man früher als , Silbenverlust durch Dissimilation' bezeichnete, jetzt mit Bloomfield, dem Brugmann folgt, als „Haplologie* oder noch besser mit Grammont als „superposition syllabique** (, Silbenschichtung, Silbenübereinanderschiebung*' Brugmann) bezeichnen kann. Als graphischer •Ausdruck dürfte die Schreibung sefmijmodius am zutreffendsten sein (nicht senifi-^ijodiiis), d. h. die zweite Silbe wird in der Aussprache über die erste geschoben, vorweg genommen. Vergl. arcubii für *arci-cubif. antestärf für ^antir-testärf. medialem für *medi-diälem 49). equirria aus *equi-cirria (currere).^) Restütus (inschr. häufig) für Resiitütus. portöfium »Zoll*, aber portitörium Gloss. , Zollhaus". Stipendium aus *stipi'^endium. opimus, wahr- scheinlich aus ^cpi-pjmus ,saft- und kraftstrotzend' (vgl. Fröhde, BB. 21, 192, Brugmann, IF. 9, 351). veneficus aus "^venmificus (arch. *veneneficu8.*) Haplologische Kürzung liegt nach Brugmann, Griech. Gramm.^ 167^ auch in latrödnium IcUröcinor, Unöcinium^ tfröcinium u. s. w. vor, indem das erste auf *latröcinu3 (vgl. väticinus) ^latröni-cinu-s zurückgeführt werden muss, und natürlich analog auch die anderen ihre Erklärung finden. Eine An- zahl von Fällen, die früher durch Silbenübereinanderschichtung erklärt wurden, insbesondere solche, in denen zwei aufeinanderfolgende Silben mit t begannen, hat Pokrowskij a. a. 0. befriedigend in anderer Weise erklärt, z. B. voluptärius von einem Nomen *voluptä, später verdrängt durch voluptäs^ vgl. voluptä-hiKs.

Auslautgesetze.

Yorbemerkung. Die im Analaat vor sich gehenden Aendeningen faUen in das GeUet der SatEphoneidk. Die Worte büden im Zusammenhang des Satzes eine Einheit und daJter hingt die Gestaltung des Auslautes von der Natur des Anlautes des fügenden Wortes ab: so stand z. B. schon idg. *peri vor Konsonanten, *pefi vor Vokalen. Auf dem Boden

>) SoLMSBir, Stud. 80; NiEDBRMAim 88. Dieses Beispiel spricht fOr den graphischen Ansatz *egu[i-^]%rria nur scheinbar. Der qu- Lant wurde festgehalten, weil vermöge der

Bedeutung auf dem ersten Bestandteil des Kompositums (, Pferderennen") der Haupt- nachdruck lag.

*) Hist. Gramm. 1, 838; 392.

96

Lateiniaohe Grammatik, b. Lautlehre.

der Emzelspraclien ist diesea nrsprfingliche Verhältnis vielfach getr&bt und die eine oder andere Form allein herrschend geworden. Im allgemeinen vgl. Brüomadk, Gnmdr. Vy 875 ff. ; Hist. Gramm. 1, 334 ff.

69. 1. Auslautendes ^ X wird häufig, in seltenen Fällen auch ö ab- geworfen. Dabei handelt es sich entweder um uritalischen Abfall des Vokals infolge von Elision vor folgendem vokalischen Anlaut oder um spezieU lateinischen, meist infolge des Synkopierungsgesetzes, gemäss welchem Worte trochaischer oder pyrrhichischer Messung im Satzzusammen- hange dieselbe Synkope erlitten, wie äridtis zu ardus.^) üritalisch ist der Abfall von -a in aw- in an-hßlö^ vgl. gr. dva; von -i in ad skr. ddhi „über, zu*, at skr. dti „über*, et gr. in, ob gr. ini, per gr. ne^f, super skr. uj^dri; dann in den Personalendungen der Verba;*) von -o in ab gr. äno, vgl. die enklitische Form po^ in po^situs po-liö po-lübrum, sub gr. vTto. In den meisten der im folgenden aufgezählten Fälle ist der zweite der oben an- geführten Gründe massgebend gewesen. Man vgl. den Schwund von -e in ac neben atque, nee neben neqiie, hie und den mit -ce zusammengesetzten Pronomina und Pronominaladverbia ; in jüngerem die düc fac neben älterem dice düce face (vgl. § 116); altlat. stremps(e);^) in den Zusammensetzungen mit ne, als quin sm aus *qui ne *si ne^) satin viden u. s. w. ; in volup neben volupest Plaut. Amph. 958, 994. Die mehr als zweisilbigen Substantive auf -al -ar, alter -öfo -ärc, haben die antevokalische Form verallgemeinert. facile neben facul für *facel nach facultas ist eine Neubildung von facilis aus, vgl. brevis : breve. dönec scheint aus allerdings erst später nachzu- weisendem dönique (vgl. denique) durch Synkope entstanden zu sein, da- neben in alter Zeit dönicum.^) sedum für sed nach Gharis. bei Keil, Gr. L. 1, 112, 5 und Mar. Vict. ib. 6, 10, 13 ist entweder aus sed-um zu erklären oder gelehrte Erfindung, nihil neben nihilum,

Anmerkung. Wegen mox nnd vix, die man in nicht gerade sehr wahrscheinlicher Weise aus *vixu *maxu herleiten wollte, vgl. Hist Granmi. 1, 386 nnd Lindsay, Lat. Lang. 555.

2. Über die Kürzung der Vokale in Endsilben vgl. § 13, 7 und 40 B.

3. Die auslaut6nden Konsonanten -s, -m, -w, -r, -l sind in der Regel intakt erhalten, so im Nom. d. Sing, der Mask. und Fem., in den Nom. auf -mew, in lim, rm, bei den Nom. auf -er, in söl u. s. w. Im Nominativ des Sing, der öw-Stämme war der Schwund des n bereits in idg. Zeit erfolgt, wie in ego.^) aliöqutn ceteröquin neben aliöqui ceteröqui sind sicher genug beglaubigt,^) aber kaum etwas anderes als gelehrte Produkte, wie atquin Stat. Theb. 6, 161.»)

*) Skutsch, Forschungen 1, 51 ff.

') Wenigstens teilweise muss dies der Fall gewesen sein, wenn auch tremonti (vgl. § 97) richtig überliefert sein sollte.

>) Stolz, Wiener Stud. 13, 293 ff.; Lind- SAY, Lat. Lang. 566; Niedermann 19.

*) Ribbeck, Z. Lehre v. d. lat. Part. 14 f.

*) Die Litteratur über die verwickelte Frage, bei der auch dune (nach Solmsen, K. Z. 34, 10 aus dön(e)c) eine Rolle spielt, 8. Hist Gramm. 1, 338. Vgl. ausserdem V. Planta, Gramm. 2, 461 ; Lindsay, Lat. Lang. 609 f. ; Wackernaoel, Verm. Beitr. z. griech.

Sprachkunde 33. Ganz anders, aber m. £. nicht annehmbar Fat, Transact. of the Am. Phü. Assoc. Vol. XXIX S. 10 d. S.-A.

•) Osthopf, M. ü. 1, 256; G. Meter, Gr. Gr.* § 314. Eine Vermutung über den Grand bei dem letztgenannten Worte spricht Ost- hoff, M. U. 1, 258 aus; „Satzdubletten'' nach Havet, M6m. d. 1. S. d. L 4, 274 f.

^) Georges, Lex. lat. Wortformen s. v. gegen Ribbegk, Beitr. z. Lehre v. d. lat. Part. 20; Lachhann zu Lucret.^ S. 19.

8) Vgl. Hist. Gramm. 1, 339.

9* LantYerftndeningen i. Eonsonantengr. n. anderer kombinator. Lautwandel. 69.) 9 7

Auslautendes s ist nicht in r übergegangen (im Nom. der 5-Stämme), sondern durch Analogie eingeführt; vgl. § 59, 5.

d und t müssen nach Vokalen im Auslaute sehr ähnlich geklungen haben, daher aptä, zuerst bezeugt CIL. 1, 206, 15 und öfter neben apud, haut haud CIL. 1, 1306 und hau (zunächst vor Konsonanten) ib. 1007; so wechseln df und t im Auslaut auf den Denkmälern der augusteischen Zeit,^) z. B. aliquod für aliqtwt Mon. Anc. II, 25, adque = atque ib. IV, 30, und auf denen der folgenden Zeit.^) Vgl. übrigens Anm. 1. -t und -d in der 3. sing. act- der Verba beruhen auf ursprünglicher idg. Verschiedenheit, vgl. § 97.

Geschwunden ist idg. -d nach langem Vokal im Ablativ Sing. 3) (vgl. § 87), in den Imperativformen auf -tö aus älterem -töd (vgl. § 116), in den zu Präpositionen erstarrten extra extrad Sc. d. Bacch. m^ra[d]; in de für *d€d osk. dat.

Die Form pos, z. B. pos tempus CIL. 1, 1454, pos templum 5, 4056 (vgl. posquam Verg. Aen. 3, 1 Ribb.), in älterer Zeit überhaupt nur vor t und c gebraucht, ist nach den von mir im Festgruss aus Innsbruck u. s. w. 109 ff. gegebenen Nachweisungen im Satzsandhi aus post hervorgegangen, das allerdings eine Zusammensetzung aus pofi -[ te ist, vgl. pme aus "^pos^ne; poS'te Plaut. Asin. 915, Merc. 370.

Auslautendes m war in unbetonten Silben (in einsilbigen vollbetonten Worten ist es als n in die romanischen Sprachen übergegangen, vgl. Met£R-Lübel£, Gramm, d. rom. Sprachen 1, 462) ein sehr reduzierter Laut: ,Die Artikulation wurde nach Abschluss des Vokales (der letzten Silbe) höchstens nur bis zur Schliessung der Lippen vollzogen und dann mit einem Male abgebrochen, infolge dessen anstatt eines vollständigen m nur der Übergang von der Vokal- zu der w-Stellung hörbar wurde.**) Daher das häufige Fehlen des -m auf archaischen und vulgären Inschriften, die Vokalverschleifung zwischen einer auf Vokal -|- m auslautenden und einer mit Vokal anlautenden Silbe in der lateinischen Poesie und Zusammen- ziehungen, wie animadvertere, und spätlateinisches suhlatum und andere Formen gleicher Art.*)

Auch auslautendes -s nach Vokalen ist auf archaischen Inschriften sehr häufig nicht geschrieben, während das klassische Latein es durchaus schreibt und erst die Inschriften der späteren Kaiserzeit es wieder weg- lassen. Während man früher allgemein die schwache Artikulation des auslautenden -s hiefür als Grund anführte, vermutet Brugmann, 6rundr. 1 S. 507 f., 2. Aufl. 918, dass wir es hiebei mit einer satzphonetischen Er- scheinung zu thun haben, ähnlich wie im Inlaute -5- bez. -xr- in gewissen Konsonantengruppen schwand, und dass in der Schriftsprache infolge granmiatischer Reflexion und Rücksichtnahme auf die Deutlichkeit der

') BücHELEB, N. J. 99, 485; Seelmann 366.

') Brambach, Neug. 332.

') Der Schwund könnte zuerst vor kon- sonantischem Anlaut des folgenden Wortes eingetreten sein, vgl. MuUi alii e Troia wtrenui riri vener e (Naeylus 13 Müll.) und Noctu Troiad exibant etc. (Troiade cod.)

(ib. 7). Indes ist dies nicht sicher, vgl. Eist. Gramm. 1, 343 f. Vgl. auch Ritschl, Neue Plaut. Exkurse I, Leipzig 1869.

^) Dakielsson bei Pauli, Altit. Stud. 3, 199 Anm.; vgl. Sbelmann 356 ff.; Brugmann, Grundr. P, 917; Eist. Gramm. 1, 340 f.

*) Vgl. Bist. Gramm. 1, 342, 368; Arch. f. lat. Lex. 9, 492; 557 und 10, 136.

Handbach der klam. AltertximBwinenscbaft. II, 2. 3. Aufl.

98

Lateinische Grammatik b. Lautlehre.

Wortform die Formen auf -s die allein herrschenden wurden. ^) potis poie, magis mage,^) die 2. Sing. d. Pass. auf -ris und -re sind von Anfang an ver- schieden; 'Ve in sl-ve n^-ve u. s. w. nicht mit Corssen 2,246 auf ffls (vgl. (liAam-vls) zurückzuführen, sondern zu skr. va „oder^ zu stellen.') Vgl. über den ganzen Gegenstand noch Ritschl, Op. 4, 404 f.; Gobssen 2, 649f., 666; 1, 183 f.; W. Meyer bei Gröber, Grundr. d. rom. Phil. 1, 363.

Über den spätlateinischen Abfall des auslautenden -t, der in fal. cupa ZvET. Inscr. It. med. 60 ein Analogen in alter Zeit hat, vgl. Rönsch, N. J. 121, 69 f. Übrigens war -t nach dem Ausweis des Altfranzösischen noch zur Zeit der Eroberung Galliens erhalten.^)

Über die auslautenden Konsonantengruppen vgl. § 66.

Anmerkung 1. DasB die allgemeine Volkssprache gewisse auslautende EonBonanten an den anlautenden des folgenden Wortes assimilierte (relativer Auslaut), zeigt die Bemer- kung des Velins Longus, Gr. L. 7, 78| 18 ff. über die Aussprache von ^^tiam nunc* und die inschriftlich nicht selten vorkommenden Schreibweisen, wie at tegulas CIL. 1, 1252| im fronte 1104, imprivaium ib. 200, 27, und aus späterer Zeit im balneum 4, 2410, im muro 5, 4056, im pace 8, 5493 und entsprechende hftufig auf christlichen Inschriften vorkommende Schreib- weisen; vgl. Sbelkann 861, 364. Vielleicht war auch der Wechsel von aed aet (oben haud haut) urspr&nglich also geregelt. Wenig ist auf handschriftliche Beispiele zu geben, vgl. indes Lachmakn zu Lucret. 3, 885 ; Ribbeck, Ind. Verg. S. 396. Vgl. auch at te {= ad te) Ter. Eun. 123, 310, ad (= at) diligenter ib. 207; ad ita (= at ita) Licinius Calvus nach Chans, bei Keil, Gr. L. 1, 229, 9 ; foraam potui R P Verg. Aen. 4, 19 Ribb. (allerdings auch foraitam illum P R Ecl. 6, 58). lieber foraam Ribbeck, N. J. 77, 188. Vgl. auch ffist. Gramm. I, 334 ff.

Anmerkung 2. Hier mag auch auf die satzphonetische Erscheinung der Verschleifnng des anlautenden Vokales in itciat meat (= eat\ aententiaat, aitaat [darnach auch autemat aituat aitumat] aufinerksam gemacht werden, wobei e verloren ging. Ausfährliche Nachweise bei Corssen 2, 646 f., 852 f.

Anmerkung 3. Auch die in den §§ 62 und 63 verzeichneten Veränderungen der anlautenden Eonsonantengruppen haben ihren eigentlichen Grund im Satzsandhi, da sie ur- sprünglich durch die Natur der vorangehenden Laute oder Lautgruppen bedingt waren. Vgl. Hist. Gramm. 1,295; Bruomank l^ 919.

10. Betonung.

Wesen des lateinischen Aecents.

70. Seit Weil und Benloew (Theorie generale de l'accentuation Latine, Paris 1856), denen Corssen 2, 797 im wesentlichen beistimmt, war man gewohnt, den lateinischen Accent gleich dem der indischen und griechischen Sprache als rein musikalisch aufzufassen; nur Langen, Phil. 31, 98 f. (und später N. J. 113, 620) sah in ihm „die Übergangsperiode in der Betonung**. Richtiger fasste ihn Scholl (Act. soc. phil. Lips. 6) als im wesentlichen identisch mit unserem modernen Accente. Streng wissen- schaftlich muss man mit Seelmann S. 11 den lateinischen Accent als vor- wiegend^) exspiratorisch-energisch bezeichnen. Es erfährt also die

^) Ausfdhrlich ist über die Frage ge- handelt Hist. Gramm. 1, 344 ff. Vgl. auch noch V. Planta, Gramm. 2, 140.

*) Vgl. jetzt SoLMSEN, Stud. 57», wo mit Recht mage als spezifisch latein. Neubildung nach pote erklftrt wird. Beachtenswert ist auch die dortselbst ausgesprochene Vermut- ung, dass poteataa zu potia gebildet sei nach dem Verhältnis von maieatäa : magia. So auch

Prellwitz, BB. 21, 121. Anders v. Planta 2,70.

») Osthoff, Z. G. d. P. 128; Hist. Gramm. 1, 346.

*) Gröber, Arch. f. lat. Lex. 1,20 f.; Geyer, ib. 2, 42.

*) Es sei hier ausdrQcklich hervorgehoben, „dass es weder Sprachen ohne Stfirkennter- schiede noch Sprachen ohne Tonh5heanter-

10. Betottimg. 70.) 99

den Hauptiktus tragende Silbe nicht nur eine Tonerhöhung (dies das charakteristische Zeichen des musikalischen Accentes; „une note musi- cale plus iley^e" Weil und Benloew), sondern auch eine Tonverstärkung („intentio* nach Cledonius, »plus sonat^ Servius comm. in Don.). Nur aus dem exspiratorischen Charakter des lateinischen Accentes erklärt sich seine Tendenz, von den Endsilben möglichst weit zurückzutreten (im Hoch- lateinischen bis auf die dritte Silbe, Dreisilbengesetz), sein Einfiuss auf die Quantitätsverhältnisse, die Absorption und Schwächung der Vokale in tieftonigen Silben, die Verstümmelung und Abschleifung der Endkonsonanten eines Wortes und die Wegwerfung einzelner Endsilben (s. § 69), wofür Scholl 20 f. einen absolut unstichhaltigen Grund beibringt. Besonders sei hervorgehoben die Verkürzung betonter Vokale unter dem Einfluss des exspiratorischen (geschnittenen) Accentes, worüber man vgl. § 40, A 3. Neben dem exspiratorischen Accent (Exspirationsintensität) hat aber von alters her die Quantität der Silben (Exspirationsextensität) einen wesentlichen Einfluss auf die Aussprache ausgeübt und für die hoch- lateinische Sprache hat sich das Gesetz herausgebildet, dass lange Pän- ultima stets den Hauptiktus auf sich zieht. Mithin sind für die hoch- lateinische Betonung drei Faktoren massgebend: 1. Das Dreisilbengesetz (wie in der griechischen Sprache), 2. die Barytonesis (wie im Äolischen), 3. die Herrschaft der Pänultima. Scheinbare Ausnahmen von dem zweiten Gesetz erklären sich entweder durch Apokope, z. B. illtc isttc tantSn dixin und andere mit dem enklitischen Frageworte -ne zusammengesetzte Wörter, oder durch Synkope, so Arpinäs Samnts (aus Ärpfndtis Samntiis), Campdns (Campäntis), die allerdings möglicherweise nicht echt lateinische Nominativ- bildungen waren, vgl. Bruomann, Grundr. 1, S. 551, Lindsay, Lat. Lang. 182, disturhdt audtt (Perf.). Über Vdlen und die gleichgebildeten Vokative vgl. § 80 Anm. Von dem dritten Gesetze weichen ab die Verbindungen von der Art wie itaque magndque armdque i) (wenn -qtie wirkliche Kopulativ- partikel ist), sowie die mit den enklitischen -ve -ne, z. B. alterd-ve omnid-ne. tjber den Grund vgl. Bbugmann, Grundr. 1*, 976 und Hist. Gramm. 1, 104,

Die von den Grammatikern überlieferte Lehre von der Oxytonierung gewisser Adverbien und Präpositionen, z. B. ergo (Präp.) zum Unterschiede von ergo (Konj.), ist auf die Satzaccentuation zu beziehen (Lindsay, Lat. Lang. 166).

Die griechischen Lehnwörter wurden im Altlateinischen nach den lateinischen Accentgesetzen betont, daher z. B. urspr. Tdrentum (vgl. § 73), mina epistula Herdes neben gr. fxvä iniatoXn] ^HqaxXffi und andere Bei- spiele bei Seelmann 42, sowie Lindsay, Lat. Lang. 155 f. Im Hochlatein ^t zum Teil derselbe Grundsatz, oder die griechischen Wörter wurden als wirkliche Fremdwörter behandelt und behielten daher auch die ihnen

schiede gibt, sondern nnr die einen in diesen, die andern in jenen stftrker ausgeprägt sind und daher anch in der Theorie znerst Be- rftckaichtignng gefunden haben "^ (Sibvbbs bei Paul, Grondr. d. germ. Phil. 1, 284). Vgl.

auch Bbvgmann, Grundr. 1', 59.

*) üeber die Verwendung dieser Wort- komplexe im 1. und 5. Fuss des Hexameters vgl. GoRNU in den Verh. d. 43. PhüoL-vers. S. 156.

?♦

100 Lateinische Grammatik, b. Lautlehre.

im Oriechischen eigene Betonung, soweit dies nach den allgemeinen Be- tonungsgesetzen des klassischen Latein möglich war.

Anmerkung 1. Ueber das Verhftltnia des lateinischen Accentes zu dem der indog. Grundsprache vgl. Bbugkahk, Grundr. 1', 971; Eist. Gramm. 1, 95 f. und unten § 73. Wegen der auffallenden Uebereinstimmung der Anfangsbetonung im ItaliBchen, Keltischen und Germanischen, die möglicherweise auf gemeinsamer Grundlage beruht, vgl. ausser Eist. Gramm. 1, 96 und der dort angefahrten Stelle v. Plavta*8 Gramm. 1, 589 auch Erbtschmbb, Einl. 115 ff. und neuestens Hibt, IF. 9, 290 ff.

Anmerkung 2. Die Vermutungi dass die Latiner «ihre alte Anfangsbetonung (vgl. unten § 73) unter griechiBcher Einwirkung aufgegeben und durch eine der griechischen ver- wandte Betonung ersetzt haben*, spricht Ebbtschmbr, Einl. 157 aus, nicht jedoch ohne die dagegen obwaltenden Bedenken ausdrücklich zu erwfthnen. Vgl. auch Bbugmann, Griech. Gramm.» 152^

Formen des Accents.

71. 1. Der Acutus ist der Haupt- und Hochton des Wortes; er steht nach den Angaben der lateinischen Grammatiker auf allen kurzen Tonvokalen, ebenso auf der drittletzten Silbe mit langem Vokal, sowie auf dem langen Vokal der vorletzten Silbe, wenn dieser eine lange Schluss- silbe folgt. 1)

2. Der Gircumflexus ist charakterisiert durch ein anfängliches Aufsteigen und allmähliches Sinken der Stimme. Nach den Lehren der Grammatiker steht er auf der langen Pänultima, wenn die Endsilbe kurz ist, auf einsilbigen Wörtern mit langem Vokal und auf der Schlusssilbe der oben erwähnten illlc Samnis u. s. w. Übrigens ist es mehr als wahrschein- lich, dass diese Accentart eine gelehrte Fiktion der Grammatiker ist, wie Langen in seiner Dissertation De Gramm. Lat. praeceptis quoad ad accentum spectant, N. J. 79, 47, Scholl cap. IV auszuführen gesucht haben.*)

3. Der Gravis (wohl zu unterscheiden von dem jetzigen technischen Ausdruck, Sievers, Phon.» 165) gilt als Charakteristikum für alle neben- tonigen (mit einer gleich zu erwähnenden Ausnahme) und schwachtonigen Silben. Diese ist

4. Die prosodia media, welche nach den Ausführungen Corssen's (vgl. auch LiNDSAY, Lat. Lang. 161) die Iktussilbe des ersten Gliedes der Komposita oder bei vielsilbigen Wörtern die Stammsilbe trifft, z. B. niiseri- cördia, unomdmmia, Ibngir-tüdö. Diesen Nebenton erkennt man auch aus der Konsonantengemination in ital. pellegrino, scellerato, tollerare. Jedoch irrig war es, wie dies früher von mir gethan wurde, diesen Nebenton als einen Überrest der alten Anfangsbetonung des Lateinischen zu bezeichnen (vgl. Brugmann, Grundr. 1«, 974 Anm.). Aber partiötda alt päricidas ist doch wohl ein sicheres Zeugnis für die alte Anfangsbetonung.')

Anmerkung. Ueber Abweichungen des Vulgärlatein in der Betonung vgl. Seelkakn

^) Sbelxakn 44 ff., woselbst auch die wichtigsten Stellen verzeichnet sind.

er, dass sie unter dem Einflüsse des stark geschnittenen Silbenaccents den Acutus er-

2) Langen, Philol. 81, 119 hält den la- hielten. Derselben Ansicht ist Lindsay S. 216 teinischen Cirkumflex für die Betonung eines ' und A short Hist Lat Gramm. 36.

langen Vokales, den Akut für die eines kur zen. Vgl. jetzt auch Lindsay, Lat. Lang. 152 ff., und Bkuomann, Grundr. P, 975. Wackeb- NAGEL, Beitr. z. Lehre vom griech. Accent 23,

>) Fälschlich hatten Weil nnd Benlobw die pr. m. dem der betonten Silbe voraus- gehenden und nachfolgenden Vokal zuge- schrieben, Hadlby und Mistbli sie dem in-

ist der Ansicht, dass die langvokalischen ' dischen „svarita'' gleichgestellt und als «Mit- Monosyllaba wirklich den Circumflex hatten. | telton* hinter dem „Hochton " gefunden. Aus Fällen wie tu quidem st quidem schliesst i

10. Betonung, (§§ 71—78.) 101

S. 47 f. ; LiKDSAT, Lat. Lang. 164 f. Eine grosse Anzahl von Abweichungen in der Betonung (^trlginta, *trifolinm u. s. w.) sucht d'Oyidio in Zeitschr. f. rom. Phil. 8, 82 f. in anderer Weise zu erklären; jedoch vgl. die Gegenbemerkungen Sbelmank's 391 f. und Gröbeb, Arch. f. lat. Lex. 5, 125 f. Auch Mbyeb-Lübke, Gramm, d. rom. Spr. 1, 494 und Rydbebq in M^langes de philol. romane d^di^s k Carl Wahlund (1897) S. 837 ff. ist zu verweisen.

Enklisis und Ppoklisis.

72. Über diese Vorgänge genügt es im allgemeinen auf Corssen 2, 835 f., Kühner § 51, Schweizer-Sidler, Gramm.* § 8 f. zu verweisen; dazu Scholl, cap. IV, eine Übersicht auch bei Boüterwek-Tegge, Die alt- sprachliche Orthoepie S. 20 f. Vgl. femer Brügmann, Grundr. 1*, S. 972 f. Als Beispiele für die aus der idg. Grundsprache ererbte Verbalenklise vgl. ne-sciö nequeö nölö ce-do u. a. Brügmann, Grundr. 1*, 972; Hirt, Der idg. Accent 171 f., wo auch darauf hingewiesen ist, dass die Schwächung der Vokale zusammengesetzter Verba auf die idg. Vokalenklise zurück- gehen kann. Beispiele für Enklise von Pronomina sind s^-quis num-quis u. a. mihi tibX sibi haben in enklitischer Stellung das i der ersten Silbe erhalten für ursprüngliches e (vgl. Hist. Gramm. 1, 195 und Niedermann 104). Des- gleichen sind sutts tuus infolge der häufigen enklitischen Stellung aus sovos tovos hervorgegangen und verallgemeinert worden. Enklise von Partikeln zeigen ne-que quT-cun-que hi-ce (Lok.) u. s. w., von Nomina decent-virJ, posfrt'di^, denuö aus *d# novo, tlicö aus */n slocö.

Ältere Betonung^ des Lateinischen.

73. Der freie musikalische Silbenaccent der idg. Grundsprache war höchst wahrscheinlich schon in der uritalischen Periode in den exspirato- rischen verwandelt und auf die erste Silbe mehrsilbiger Wörter fixiert worden. Diese uritalische Betonungsweise hat sich im Lateinischen noch bis nahe an die historische Zeit erhalten, wofür unten die Beweise bei- gebracht werden. Insbesondere sei auch noch darauf hingewiesen, dass nach den Nachweisungen Lindsay's (Philol. LI [N. F. V] 364 flf.) bei Plautus und Terentius und sicher auch in gewöhnlicher (gebildeter) Rede der da- maligen Zeit viersilbige mit drei Kürzen anlautende Wörter auf der ersten Silbe betont wurden, also z. B. fdcilius, cdpitibus. Auch im Saturnius ist nach demselben Gelehrten (Lat. Lang. 159) der alte Anfangsaccent noch als Nebenton bewahrt, z. B. Cornelius, bnerdriae, tempestdtibtts. Die oben versprochenen Beweise sind folgende :

1. Schwund des Vokals der dritten (vierten) Silbe als der nachtonigen nach altem, allerdings nicht genauer zu bestimmenden Gesetz (s. den fol- genden Paragraphen), und zwar a. bei den griech. Lehnwörtern PoUüces Pollnx für *Pöl{u)deuces, vgl. etrusk. puUuke und Jordan, Krit. Beitr. 29, cupressus für *ciip{e)res8us (das gelehrte cyparissi erst bei Verg. Aen. 3, 680), balneum für hdl{i)neum gr. ßaXaveXov^ balineae Plaut. Merc. 126, Asin. 357,

# _ _ _

prän. Acmemeno für *Ac{a)mem{e)no; bei den lat. Wörtern optimus neben opitumus (von opi-, vgl. legi-timus), bei den Superlativen maximt^ öxime proximus für *mdg{i)8'imo^ *6c{i)S'ime *2^r6q{t)s-imO'' (vgl. § 92), bei den Eompositis puerpera für *p6vr{o)pera,^) nüncupö, vom Adj. *n6mi-capus (vgl.

') Grenan genommen liegt hier Sampras&rana vor (vgl. § 74).

102 LateinUohe Grammatik, b. Lantlehre.

§ 94 nümUclator), oinvorsei neben üniversi, gaudeö aus *gävideO, hospes aus *hostipotis, mnd€ynia aus *vln(hdSfnia, officfna neben opifidTfia Plaut. Mil. 880; ferculum neben fericulum, coUtdiS aus *cot(i)tidiS; ündecim für *ümt$decim, quTndecim aus *qutnqiiedecim ; bei den reduplizierten Perfekten reccidl reppert reUuli für *rec{e)cidT u. s. w. Gemeinitalisch ist diese Synkope in dexter aus *dexi-tero' (vgl. umbr. des^re „in dextro*) und in den Kom- positis mit amhi-, wie anculus aus *dmbi~€olos = gr. äfig^tnolog, ah- und s«i6-. Vgl. Beügmann, Grundr. 1*, S. 215.

2. Betonung der drittletzten Silbe bei ursprünglich langer Pänultima: ßstra aus *fen{e)stra, sorttts aus *5t*6-r(e)c-^-, iüxtä aus *i%(t)5-^a. Weniger sicher ist, ob die griech. Lehnwörter ancora gr. ayxvQa^ crepida Akk. gr. xQY^mda als Belege dieses Vorgangs angeführt werden dürfen. Vgl. Lindsay, Lat. Lang. 155 f.

3. Die Vokalisation der nachtonigen Silbe; a. Vokalschwächung der drittvorletzten Silbe «. in den griech. Lehnwörtern prän. Alixentrom, Agri- gentum gegenüber ^AXä^aviQov, Akk. UxQayavra, Massilia für MaaaaXia; ß. in den lat. Kompositis mit hene- und male, nach älterer Weise henirvolus {*benivolus) u. s. w., worüber Ritschl, Op. 2, 556 f., Brambach, Neug. 179; in dJmidius (demediam GEL. 7, 140 rekomponiert), indigetö für ^ind-agetö (über letzteres Wort Corssen, De Volscorum lingua 18 und Verf., Arch. f. lat. Lex. 10, 151 flf.), inquillnus für Hnquelino-, praefiscinz für *prdefascint (Ribbeck, Zur Lehre v. d. Part. 3), per-nic-iss W. nee-; in den mit Prä- positionen zusammengesetzten Verben, wie prae-hibeö, pro-hibeö infolge Verallgemeinerung des schon in der idg. Grundsprache herrschenden Ge- setzes der Enklise nach einer Negation oder einem Adverb, vgl. Brug- MANN, Grundr. 1*, 954 und 972 und Hirt, Der idg. Accent 171; endlich in igitur, das nach Hartmann, K. Z. 27, 558 (vgl. auch Skütsch, Forsch. 1, 154) aus agitur entstanden ist, zunächst aus der enklitischen Verbindung quid igitur (anders, aber wenig wahrscheinlich Immisch, Woch. f. klass. Phil. 4 (1887) 262 Anm.; eine noch weniger haltbare Vermutung bei Persson, Stüd. etym. 43 Anm. ; auch Lindsat, Lat. Lang. 565 hält Hartmann's Deu- tung für unwahrscheinlich), b. Vokalschwächung in der zweitletzten von Natur oder durch Position langen Silbe, und zwar a. der griech. Lehn- wörter Tarentum gr. Akk. TccQavra^ canistrum gr. xavaargov (zugleich auch unter 2a gehörig); ß, in den Perfekten peperc^ fefellf und ganz besonders in der § 27 besprochenen Schwächung der Vokale in der Zusammen- setzung, die trotz aller Gegenbemerkungen nur durch die ältere Betonung erklärt werden kann. Zwar in Fällen wie Hönfdciö confim conficit könnte man an Ausgleichung denken {cönficiö nach den beiden anderen Personen und nach dem Singular der Plural), aber anMlö concüdö cönscendö für *anhalö *concaedö *cönscandö und überhaupt alle Fälle, in denen der ge- schwächte (von Natur oder durch Position lange) Vokal oder Diphthong der zweiten Silbe nach den Betonungsgesetzen des Hochlateinischen den Ton tragen müsste, können nur unter der Voraussetzung der Betonung des Präfixes erklärt werden. Dieses Gesetz der Abschwächung des nach- tonigen Vokals ist erst in der Periode des Sonderlebens der lateini- schen Sprache zu konsequenter Ausbildung gelangt, da die umbrische

10. Betonung. 73.)

103

und oskische Sprache nur einige mehr oder minder sichere Spuren des- selben aufweisen.*) Wenn man vhevhäJced der Maniosinschrift anführen darf (Bruomann, Grundr. 1*, XLV will das Wort lieber aus dem Spiele lassen, da es zweifelhaft sei, ob die Inschrift reines Latein enthalte), hatte man für den Übergang von a in e bez. i einen chronologischen Anhaltspunkt.^) Neben den Formen mit lautgesetzlich geschwächten Vokalen können wir sowohl aus vorklassischer als auch aus klassischer und nachklassischer Zeit Formen mit den unveränderten Vokalen nach- weisen. Vgl. das Verzeichnis bei Lindsay, Lat. Lang. 198 und Hist. Oramm. im Index s. v. , Rekomponierte Formen". Es ist jedesfalls sehr zweifel- haft, ob unter den vorklassischen Formen, wie incantassit der XII Tafel- gesetze, ancaesa u. s. w. noch solche stecken, welche in die Zeit vor der Wirksamkeit des Vokalschwächungsgesetzes zurückreichen. Die Möglich- keit kann kaum bestritten werden. Jedoch dürften auch diese vorklassi- schen Formen, wie sicher die aus klassischer Zeit (z. B. redarguö, impettts, inaequalis u. s. w. für die zu erwartenden *rederguö, "^impitus, *intqnäU$) und die aus spätlateinischer Zeit stammenden wahrscheinb'cher auf Re- komposition beruhen, die im Vulgärlatein insbesondere bei den zusammen- gesetzten Verben eine sehr grosse Rolle gespielt hat. Vgl. Seelmann, Ausspr. 58 ff., W. Meyer-Lübke, Gramm, d. rom. Spr. 1, 495, Lindsay, Lat. Lang. 199 f., Hist. Gramm. 1, 187 und 281. Manche Formen des klassi- schen Latein, wie re-pangö ex-pandö mögen sich aus dem Streben nach Deutlichkeit erklären, da die lautgesetzlichen *repingö (vgl. attingö in- fringö) ^expindö auch als Komposita von pingö pendö hätten gedeutet werden können. Beispiele für das Vorkommen der lautgesetzlich ge- schwächten Formen neben den rekomponierten auch im klassischen Latein sind in den angeführten Litteraturbehelfen zu finden. Vgl. auch Neu- MANV, Zeitschr. f. rom. Phil. 8, 249 und L. Meter, Bezz. Beitr. 1, 152.

Anmerkung 1. Die in der ersten Auflage von mir vertretene Ansicht, dass aus Formen wie nävis bovis wegen der Erhaltung des tf auf Oicytonierung geschlossen werden mQsse (vgl. § 14) ist unhaltbar, weil die Zurtlckziehung des Accentes auf die erste Silbe schon allgemein italisch ist. Vgl. Bruomann, Grundr. 1, S. 549. E. A. Whabton, A law of latin accentnation kenne ich nur aus Berl. Phil. Woch. 1885 Nr. 5.

Anmerkung 2. Eine ältere Betonung des Lateinischen ist schon von Weil und Bbkloew, Theorie g^n^rale de Taccentuation latine p. 105 ff. und Dietrioh, K. Z. 1, 543 f. behauptet, besonders aber von Gorssen 2, 892 ff., Ejit. Beitr. 568 ff., lt. Spr. 449 ff. mit grossem Nachdruck verfochten worden. Dagegen haben sich unter andern besonders Gurtiüs, K. Z. 9, 321 ff., Stud. 4, 223 ff.. Scholl 1. 1. c. VI, Erdenbebger, De vocalibus in altera com- positarnm vocum lat. parte attennatis diss., Lips. 1883, ausgesprochen. Später hat Seel- XANN, Wesen und Grundsätze des latein. Accentes, Leipz. 1884, und auch in seinem Buche .Die Aussprache des Latein* S. 30 ff. die Ansicht vertreten, dass der Accent im Lateinischen möglichst weit vom Wortende zurückzutreten strebe. Eingehend suchte der Verfasser dieser Lautlehre den Beweis hiefär zu erbringen in Wiener Studien 8, 149 ff. Auch Thurneysbn, Der Satumier, Halle 1885, S. 31, Brughann, Grundr. 1, 549, Osthoff, Arch. f. lat. Lex. 4, 464, HE3rRY, Pr^cis S. 100, Skutsch, Forsch. 1, 40 ff., Bartbolohae, Stud. 2, 140, Parodi, Arch. glott. Snppl. I 16^ haben sich für die Ansicht ausgesprochen, dass in vorhistorischer Periode des Latein die erste Silbe den Accent trug. Die zur Verteidigung der älteren Ansicht vor- gebrachten Bemerkungen von Cocghia, Riv. di fil. ed istruz. class. anno XV, 385 ff., sowie die Anaflkhrungen von d'Ovidio, Arch. glott. 7, 419 ff. und Havet, Möm. d. 1. S. d. 1. 6, 11 ff. beweisen ebensowenig das Gegenteil, wie Eeller's Machtspruch N. J. 133, 844 Anm. und

») Vgl. V. Planta, Gramm. 1, 235 ff.; BrcK, DerVok. d. osk. Spr. 167 f.; Bruomann,

Grundr. 1«, 230.

2) Vgl. auch Verf. in IF. 4, 240.

104 Lateinische Orammaük, b. Lautlehre.

Imhisch's Bemerkungen WocL f. klass. Phil. 1887, 162. Vgl. jetzt noch Hist. Gramm. 1, 95 ff. und ganz besonders Lindsay, Lat. Lang. 148—217 und Bruomann, Grundr. 2', 971 ff. Gollitz' Aufsatz «Spuren indog. Acc. im Latein." (Amer. Piniol. Assoc. 29. Jahresvers.) ist mir nicht zugänglich, desgleichen Teppe, Memoire sur l'accentuation du latin u. s. w. (Anz. f. indog. Sprache u. Altertumskunde 8, 201).

Synkope der Vokale. 0

74. Ausser den im § 73 zu anderem Zwecke aufgeführten Beispielen vgl. man noch die folgenden, und zwar 1. solche, in denen mit der Syn- kope wirklicher Silbenverlust verbunden war. aw- ist aus avi- entstanden in audio aus *au[i]0~diö gr. alad-dvoiiai aus *a/?«ö'-^-, atuieps atispex andere autumäre (skr. ävati) caulae cautum (camtum CIL. 1,200, VI p. 79, camtionem Paul. Fest. 43 Th.) claudö *cldmdö (dagegen später cläviger), faustiis*faves-to- fautum [favitor s. Georges s. v. fuutor) ; aa- aus aevi-- in aetäs aevitas (Xu Tafel- gesetze), i)raes neben praev^ides CIL. 1, 200, 46. Vgl. ferner nüdus SLU9*no{g)uedo^ üdtts neben üvidus; ägmen aus ^aginier^, vgl. § 65, 2d, tegmen neben fegimen; valde neben validus; cette aus ^ce-date, reddö vielleicht aus ^re-didö (vgl. § 100, 1); ulna ahd. elina; anceps *ambi'Ceps, älter afh-cipes Plaut. Rud. 1158; propter aus *propiter; ardor neben öndws; hortor neben horitur (Ennius); surgö aus *5M&r-(6)gf-ö neben surrigö; pönö aus *pos{i)nö, postus; üsürpö von *üsürapö. Vgl. ausserdem noch die folgenden altlateinischen (und zum Teil vulgären) Beispiele: cedre (Inschr. v. Spoleto), dedrot (Pis.), matus (mattiis) für ^madito-j anglus iuglus caldus soldum, cante Varro de 1. 1. 7, 27 Sp., ardum lardum, iürgäre neben obiürigandum B Plaut. Merc. 118, porgam merto CIL. 14, 2892 opra (Ennius) von opes-, vgl. osk. upsannam „operandam^ päl. upsaseter. Synkope des Vokals der dritten Silbe hat stattgefunden in audacter, puertiae Char. bei Keil, Gr. L. 1, 266, 6. Vokalverlust in der Schlusssilbe hat stattgefunden in ars aus *artis, möns aus *montis und anderen Fällen, nox aus *noctes (s. § 83), in den Kompositis mit caput im zweiten Gliede, wie biceps. vgl. das oben aufgeführte andpes und praecixoes, jünger praeceps, Gen. bicipit-is; endlich in den ebenfalls schon erwähnten Arptnäs Samms, altlat. sanäs damnäs, cuiäs neben cuiätis. Dieser Vokalverlust in der letzten Silbe ist auf Rechnung der Betonung im Satzzusammenhange zu setzen. 2. Absorption des Vokales ohne Silbenverlust, indem Nasale und Liquidae die sonantische Funktion übernehmen (Samprasärana). Man vergleiche acerhm aus *acr{i)'bos *ac^bos *akri'dhO'S, die Komposita alterplex sacerdös aus *dUr{o)pleC' *sdcr{ö)döt' *aU^2^leC' *sac^döt- und wohl auch libertas, vgl. Lebro CIL. 1, 174, Itbella agellus u. s. w. aus Htbr(o)lä *a(/r(o)?o- , aus *lfb^lä *dgplo-; scabellum aus *scdbnolom *scdb^lom *scabefilom; facultas aus *facKtäs *facltäs *faceUas ; difficuUer aus *dis^facliter ^-fac^ter u. s. w. Spä- tere, nach dem Aufhören dieses Gesetzes gebildete Formen sind acritas, sacrifex, facultas, difficiliter und andere Fälle. Derselbe Fall liegt auch in Schlusssilben vor, z. B. ager aus *agros "^ag^s *agers; famul für *fame7 aus * famlos *famls *famels; äcer aus acris '^äc^s "^acers, famuhis, acris u. s. w. sind Neubildungen. Wahrscheinlich hat man mit Brügmann einen ana- logen Vorgang auch in medi-terräneus (medio-), offici-^perda {officio-), ab^iciö

») Vgl. Hist. Gramm. 1, 202 ff.; Likdsay, Lat. Lang. 170 ff.; Brügmann 1«, 213 ff.

10. Betonung. 74.) 105

{iaciöy) und in Schlusssilben, vielleicht in alis {alio-), arcus aus *arquos, alter Gen. arqm {arquUenens), anzunehmen.

Bei den an zweiter Stelle aufgeführten Samprasärana-Erscheinungen liegt der örund der Synkope in den den Sonanten begleitenden Lauten l r m n i ^. Dagegen sind die unter 1. aufgeführten Fälle der Synkope jedesfalls nicht auf eine einheitliche Grundlage zurückzuführen. Am klar- sten scheinen noch die Fälle wie ardum neben äridum, cdldus neben calidus u. s. w., in welchen auf dem „Unterschiede des Sprechtempos" beruhende Allegro- und Lento-Formen (erstere insbesondere der Umgangs- sprache und vulgären Redeweise eigen) vorzuliegen scheinen. Hinsicht- lich dieser Doppelformen vgl. Osthoff, Arch. f. lat. Lex. 4, 464 f. ; Skütsch, Forsch. 1, 47; Solmsen, Stud. 123 f., 167 f. und Wackernagel, Altind. Gramm. 1, 280 f. Daran scheint mir auch der Widerspruch Kbetschmer's, Berl. philol. Woch. 1897, 208 f. nichts zu ändern. Beachte besonders, dass valde nach Wölfflin, Lat. u. rom. Komp. 9, 10 (vgl. auch Abbot, Arch. f. lat. Lex. 9, 462 f.) erst von Cicero in die Litteratursprache eingeführt worden ist: es war eben die in der Umgangssprache der Gebildeten der damaligen Zeit übliche Allegroform. Wegen anderer Vermutungen vgl. die 1041 angeführte Litteratur; wegen des Vulgärlateins W. Meyer bei Gröber, Grundr. d. rom. Phil. 1, 361 (N. 17).

Auf Rechnung des Tonanschlusses ans folgende Wort ist der Vokal- schwund zu setzen in Fällen, wie caUfdcere aus cale-fdcere, caU-fdcere, olfacere. Ähnlich ist in Benventod CIL. 1, 19, disciplina figlina (von dis- cipulus figulus) der Schwund des vortonigen Vokals der Herrschaft der Pänultima zuzuschreiben. Vgl. Lindsay, Lat. Lang. 183 f.

Ausfall von betonten Vokalen ist immer nur scheinbar, so oft der- selbe auch behauptet worden ist. Den Aufsatz von F. Eusebio, Gaduta di vocale tonica im Bell. d. fil. classica 2, 185 188 kenne ich nur aus IF. Anz. 8, 201.

Anmerkung, traha nubs Liv. Andron. bei Serv. Verg. Aen. 10, 636 sind am wahr- scheinlichsten als Nebenformen von konsonantischen Stämmen (oder Nachbildungen solcher) zu betrachten, wie plebs neben plehes. Vgl. Likdsay, Lat. Lang. 376. Mars, l&s und luba CIL. 1, 182 und 183 mögen Abkürzungen sein. Vgl. tLbrigens Albai im ProvinziaUatein der Aequikuler Ztet. Inscr. It. inf. 46. In manchen inschriftlichen Fällen wird einfach Vokal- nnterdrückung in der Schrift vorliegen, z. 6. mglias CIL. 1, 1139, debtur 1393, decmus 821, ricegma 187, Deumius 1138, Decmbres 974, Dieaptr 1500, patr 130. üeber die letztere be- sonders dem pränestimschen Latein (Einfluss des Etmskischen) eigentümliche Grepflogenheit Tgl. RnscHL, Op. 4, 481 f.; Jordan, Erit. Beitr. 12.

^) Diese Erklärung der Komposita mit | sprüngliche Gestalt des Verbums iaciö in der iacere scheint mir jetzt trotz des inschrift- | Zusammensetzung gewesen sei. Doch spricht

liehen coneeiant CIL. 1, 198, 50 und des einiger massen ansicheren proiecitad der lex Luce- nna am zutreffendsten, und es ist also meine in Hist. Gramm. 1, 273 f. gegebene Darstel- lung darnach abzuändern. Mather in Harvard Studies in class. Phil. VI 83—151 (Boston 1895) sncht darzuthun, dass -ieciö die ur-

die Wahrscheinlichkeit keineswegs dafür und auch nach dem historischen Bestand sind die Formen mit -ieciö als rekomponierte zu be- trachten. Auffallend bleiben allerdings die Quantitäts verhältnisse der konsonantisch endi- genden Präpositionen, Messungen wie ädiceret tnice öbicitur u. s. w.

Lateinische Formenlehre.

1. Deklination des Nomens.

75. Allgemeine Bemerkungen. 1. Oeschlechter: Maskulinum, Femininum, Neutrum. 2. Numeri: Singular und Plural. Dem Dual ge- hören nur ambo und duo an^) und vf-^in^F.*) 3. Kasus: Nominativ, Akku- sativ, Genetiv, Dativ, Ablativ, Lokativ, bei den o-Stämmen auch Vokativ, und in einzelnen Besten auch der Instrumentalis des Singulars aus der idg. Grundsprache erhalten; ebenso Nom. Akk. Gen. des Plurals, Instrumen- talis bei den o- und ö-Stämmen, zugleich in der Funktion des Dat. Abi. Lok., Dativ- Ablativ auf -btis, zugleich Lok. Instr. Im Interesse grösserer Übersichtlichkeit empfiehlt es sich, in zwei getrennten Abschnitten über die Stämme und über die Bildung der Kasus zu handeln.

Die Stämme der Nomina.

76. Allgemeines. 1. Die ursprüngliche Stammabstufung ist im Lateinischen in der Regel zu einem einheiüichen Paradigma ausgeglichen worden. Über die Eigentümlichkeiten der stammabstufenden Deklination verweiseich auf Brugmann's Ausführungen (Griech. Gramm. ^ 160 flf.). Über die Beste dieser Flexionsweise vgl. unten.

2. Viele vokalische Stämme sind durch Abfall des schliessenden Vokales oder Synkope des unbetonten Vokales der Schlusssilbe in kon- sonantische umgewandelt worden. Man vgl. z. B. mansuss neben mansiAetus^ vgl. damnas, Campans,^) s. übrigens osk. Bantins hürz, umbr. Ikuvins pihaz, Marcipor^ vigil, die Neutra auf -aZ und -ar (urspr. Doppelformen, vgl. § 69, 1); ferner die -^i-Stämme, z. B. parti- {pars partus CIL. 1, 197, 12) Ärdeas; merx Ops neben älterem merces Opis. Anderes zum Teil Zweifel- hafte bei CoRSSEN 2, 589 f. Vgl. auch C. Maas, Vocales in stirpium termi- nationibus positae nominum Italicorum, Graecorum, imprimis vero Germani-

M In Pauli, Altit. Stud. 3, 187 f. sucht vgl. unten § 79. lumbl ist alter Nom. dual. 0. Danielsson den dualischen Ursprung von , nach J. Schmidt, Fluralbildungen 61 f.

comu, genu, veru, manu, sexus zu erweisen. Zustimmend äussern sich Hirt, F. 6r. B. 22, 223 und Züpitza, Die germ. Gutturale 183. Je- doch sind es wahrscheinlicher Pluralformen ;

*) Schulze, K. Z. 28, 277.

«) termins CIL. 1, 199, 15 ist Fehler des Graveurs. Allerdings sind damnäs u. s. w. wahrscheinlich Dialektizismen.

1. Deklination deB Nomen«. (§§ 75—76.)

107

conim post quas potissimum consonantes in singularis nominativo perierint quaeritur, Rostochii 1873 (diss. Lips.).

3. Über die Entstehung der Nomina triumvir, s^ir, septemtriö, pro- cönsul durch Hypostase aus triumvirum (vgl. CIL. 1, 198, 13; aber durch ZusammenrQckung trBsvirT, getrennt „tris vires* Plaut. Pers. 72), sSvirT, septenUriön^, pröcönsule und anderer vgl. üsener, N. J. 117, 71 f., Corssen 2, 870, PoLLE, Wie denkt das Volk über die Sprache? 63 f. prosperus ist nicht aus pro spBre hervorgegangen,^) sondern mit Brugmann, Grundr. 2, 170 zu skr. sphirdr „feist gross reichlich'^ aksl. sporiJi, , reichlich* zu stellen, Grdf. ^pro^sparo^s, wohl aber pröportiö aus pro portiöne,^) ssduliis aus se dolö sBdulö.^) Möglicherweise dürften auch hieher zu ziehen sein tnfula aus *m falö «was man zuhöchst am Kopfe trägt*, ^) tnsüla aus *in salö,^) subllmis aus subltmen (Adv.)^) „in der Höhe* »in die Höhe*. Vgl. auch das volkstümliche prorostra statt „rostra* bei Gaper, Gr. L. 7, 104, 6 E.

4. Eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Nom. sing, von Substan- tiven und Adjektiven (Partizipien) sind zu Adverbien erstarrt. Vgl. z. B. tenus „der Strick, die Strecke*;^) deinceps^) (inceps Paul. Fest. 76 Th.); recens;^) mordicus;^^) verstiS;^^) vielleicht auch früsfra.^^) Vgl. über die ganze Frage noch Lindsay, Lat. Lang. 553 f.

5. Ungemein häufig sind assoziative Neubildungen, besonders aus- gehend vom Nominativ.^') Man vgl. den häufig vorkommenden Austausch von i- und e-Stämmen, von Nomina der o- und ti-Deklination (gewöhnUch nur in einzelnen Kasus), der ausser durch den lautlichen Zusammenfall einzelner Easusformen durch das von altersher bestehende Nebeneinander von tf- und o-Stämmen begünstigt worden ist,^^) der Nomina auf -^ -ei und -ÄS -^tis {requi^s -ST und -Btis). Vgl. insbesondere pecus;^^) urspr. pecu n. umbr. pequo „pecua* skr. pdSu n. got. faihu; daraus pecus Gen. -us lit. pektis (Leskiek, Die Bildung der Nomina im Lit. 240) ; weiter pectAS pecoris nach pectus pectoris u. a. (vgl. genoris CIL. 6, 9604, 5 von genu) und pecus pecüdis, endlich sogar pecuda und pecuts.^^) Besonders waren griechische

>) NonioB 171, 22 M. Wegen des Aus- gangs NsuB 2\ 6.

») Brjäal, Möm. d. 1. S. d. 1. 5, 28.

>) BüGHSLBB, Rh. M. 35, 629 f. Bbug- MAXK, Gmndr. 1', 222. V^. wegen sedulö Ter. Andria 1, 1, 119 f.; Phormio 2, 4, 13.

*) V. Plaüta, Gramm. 1, 460*.

*) ib.; Prellwitz, Progr. v. Hartenstein 1895, S. 8; Nibdermei?v 51 f.

«) Fflr diese von Ritsghl, Op. 2, 462 her- rülirende Ansicht, die auch Livdsat, Lat. Lang. 559, J. Schmidt, Sonantentheorie 98 f. annehmen, aber Hbraeijs, Philol. 55, 197 f. mit sehr beachtenswerten Gründen bekAmpft, scheint am meisten das „sublimen", „vir sublimen*, gSublimentissimüs" der Notae Ti- ronianae zu sprechen.

') Archiv f. lat Lex. 1, 414 f. ; Delbrück, Gnmdr. 3, 773.

^) Corssbk 2, 591.

») WöLFFLiH im Rh. M. 37, 112; Neue-

Wagbnbr 2>, 592 f.

^^) Arch. f. lat. Lex. 104; vgL ftbrigens Delbrück, Gnmdr. 3, 628.

") Delbrück, Grundr. 3, 773.

") Skutsoh, Forsch. 1, 81.

^') Vgl. AsBÖTH, Die Umwandlung der Themen im Latein., Göttingen 1875; Stolz, Wien. Stud. 3, 87 f.

") Vgl. PoKRovsKiJ Dach IF. Anz. 3, 69. domu' und domo- sind altererbt. Vgl. Brug- MANN, M. U. 3, 108, de Saussurb, M4m. d. L s. d. 1. 86. Damach ist meine Darstellung Wien. Stud. 3, 91 f. zu berichtigen.

^'^) BÜOHBLER-WiNDEKILDE § 2 SetZOU ohue

hinreichende Grttnde mehrere ursprüngliche Stftmme an; auch nach Brüomann, Grundr. 2, 295 sind idg. *2^e}cüs und *p6ki^ als ur- sprünglich anzusetzen.

") Gegen Fumi, Not. glott. 2 f. vgl. meine Bemerkungen in den Wien. Stud. 6, 136 Anm. J. Scbmidt's Annahme (Pluralbildungen S. 53),

108

Lateinische Grammatik, o. Formenlehre.

Wörter einer Umbiegung ausgesetzt; z. B. Latöna neben älterem Lato bei Plautus (vgl. Arch. f. lat. Lex. 10, 116, aber auch ib. 176, Ebetschmeb, E. Z. 31, 382); die Nomina auf -«v '-(yin:og werden wegen Nom. -ö, z.B. Antiphon sehr häufig zu n-Stämmen, so auch dracönis, Uiynis. Vgl. dazu Athönis Minönis vom Nom. Athö Liv. 44, 11, 3; Inönf Calypsönis (dagegen Quint. 1, 5, 63) u. a.; ferner glaucümam Schema fem. (Plautus) dogmam (Laberius), die Städtenamen wie Agrigentum Hydruntum. Zahlreiche Beispiele der Umformung weist besonders die archaische und vulgäre Sprache auf, wo- für die Belege das Corpus inscriptionum in reichlichem Masse gibt. Ygl. ausser Neue 1, 321 auch Kühner, Gramm. § 107 113; 0. Sievebs, Quaest. onomatologicae in Acta soc. phil. Lips. 2, 55 f. ; 0. Weise 36, 43; Schughabdt, Vok. 1, 34 f., 231 Anm.

Im 6runde beruht die ganze Reihe der sogenannten Heteroklita und Metaplasmen auf dem Prozesse der Form- oder stofflichen Angleichung; z. B. letzteres bei den auf spätlat. inschr. häufigen Formen nuraJß nunuie, sacerda, socera und socra (Grundformen für alle romanischen Wörter), soddla sodalia u. s. w. (auf afrikanischen Inschriften). Vieles Hiehergehörige ist erörtert in W. Meyer, Die Schicksale des lateinischen Neutrum im Romanischen, Halle 1883 und E. Apfel, De genere neutro intereunte in lingua Latina, Erlangae 1883.

Übersicht der Stämme.

EoüBonantiBohe Stämme.

77. 1. öutturalstämme. Ziemlich viele Wurzelnomina, i) z. B. lüC' pac- reg- vöc- nee- (starker Stamm), dwc- comüg- (schwacher Stamm) ; ferner von Wurzelnomina abgeleitete Substantive und Adjektive auf ic- -ac- -öc- ^c-, z. B. rädTC' {*vradt = gr. ^i^oc) audäc- velöo- -ple-o- (neben -^lO",^) z. B. duplex und duplus) senec- alt senicis seneces;^) die Feminina der Verbalsubstantiva auf -tor, z. B. victr^-o-^ vgl. skr. dätrt;^) endlich einige griech. Subst. auf -^/x. Die Adjektive auf -fc- -ac-, ebenso seneo- (vgl. skr. sanakd') waren ursprünglich o-Stämme (Brugmann, Grundr. 2, S. 255, 257, 384 f.), desgleichen wohl auch die Komposita mit -fex aus ^^fa^co^ (ib. S. 239). Ein Wurzelnomen ist nix nivis für "^nig^is.

2. Labialstämme. Einige wenige Wurzelnomina, z. B. stip^ dap^, vielleicht auch pnn'Cep{s).

3. Dentalstämme. Wurzelnomina, z. B. vad- cord^; die mit Suffix -^ gebildeten, wie lact- neben lade aus *lacti noct- (daneben fiocti- skr. ndkti- in nocti-um, noctu- in noctü und noctua,^) noctor^ in noctur-ntis gr. vvxtcoq), nepöU (skr. ndpaUy) schwach nept- in neptis (skr. naptf)^ locur-ple-U

dass *pecu'd- ursprünglich Nom.-Akk. gen. neutr. gewesen sei, wird von Thubnetsbn, IF. 4, 83^ mit Recht hestritten.

^) Ein Verzeichnis derselben ausser bei L. Meyer, Kühner gibt Fböhdb, Bezz. B. 7, 118 f.; Bruomakn, Grundr. 2, S. 448 flf.

«) J. Schmidt, K. Z. 16, 430 f.

*) Stowasser, Arch. f. lat. Lex. 1, 1 19.

*) Vgl, galU-na, concuhl-na,, re^i-na,

wn-na, worin gaUt- u. s. w. die ursprüng- lichen Formen des Fem. (Brugmann, M. U. 2, 171).

5) Vgl. OsTHOPP, IF. 5, 284 ff. Nach Bar- THOLOHAB, BB. 15, 20 ist *noctor ein alter Lokativ. So auch Brugmann, Griech. Gramm.' 229 und 252.

^) In der älteren Sprache auch als Fem., vgL N. J. 139, 93.

1. Deklination des Nomene. 77.)

109

tege^t- t^re-t- (Nom. teges teres); os ist nicht unmittelbar gleich *ös^, son- dern wahrscheinlich aus "^osts (schwächste Stammform eines ^-Stammes) hervorgegangen, daneben ossu bei Plinius nach Char. bei Keil, Gr. L. 1, 139, 4 und ossua CIL. 1, 1010 (vgl. § 64, 3); andere abgeleitete Substan- tive und Adjektive, z. B. eqttet- (gr. innoT-r^g), antistet- (gr. avrtorrair-iyg), (^iet- divet-; femer Subst. auf -id ed öd- -üd-, z. B. lapl^d- merced- eustöd^ palüd-, endlich die -täU [vgl. dor. -rör-] und -fw^Stämme, daneben -toii- -^w^, vgl. (^vitatum und (^vitatium, auch in gelegentlichem Aus- tausche, z. B. fefnpestütem Varro 1. 1. 7, 51; vgl. air. beothu gr. ßtovrjg, air. oen-tu lat. ünitas (Brügmann, Grundr. 2, 291). Über das Part. d. Präs. vgl. § 45; ein Part. d. Präs. ist auch dSns von W. ed-.i) Im übrigen sind sie in der Flexion den zahlreichen adjektivischen i-Stämmen gefolgt. clem&is vehem&ts erklärt Osthopp, Arch. f. lat. Lex. 4, 463 Anm. gleich ^cleiemenos *vehemenos skr. irdyamancts vdhamanas.

4. s-Stämme.*) Wurzelnomina sind iüs^ müs (darnach tüs = gr. x^ifog), mos, wö5, ös. fäs flös rös rüs können durch Kontraktion des Stamm- vokals mit dem Suffix -es- entstanden sein. Ein ursprünglicher s-Stamm ist auch menS'is, vgl. mSns-truus äol. firjvvog, und wohl auch aur-is neben auS'CuÜö (Dual nach Wackernagel, E. Z. 29, 142). Die zahlreichsten sind die neutralen Stämme auf -os (später -^us) -eris, von denen sich Masculina auf i'os) 'Or -öris nach dem Muster des geschlechtigen *ausös (Brügmann a. a. 0.) und der Nom. ag. auf -tor -töris abgezweigt haben, daher dectis und decar u.s. w.^) Bei Plautus ist calor noch als Akk., mithin gen. neutr., gebraucht (Merc. 860),^) später ist diesem der Ausgang -tis ausschliesslich eigen, tenus ist nur als erstarrter Kasus (Präposition) erhalten, sonst tenor.^) Übrigens scheint die doppelte Flexionsweise bei diesem Worte (und wohl auch anderen) schon altererbt zu sein (Brügmann, Grundr. 2, S. 386). Von adjektivischen Bildungen ist altüberkommen pühes und puher, di'gener scheint postverbale Bildung nach dSgeneräre,^) ähnlich vefer nach den Casus obliqui^) nach Priscian bei Keil, Gr. L. 2, 264, 15 (Accius 481 RiBB. I) und hicorpor sind jüngere Neubildungen. Die ursprüngliche Abstufung des Suffixvokales {*genos *geneS'OS u. s. w.) ist zum Teil durch Uniformierung beseitigt, daher tempt^ temporis, aber adverb. tempen Plaut. Pars. 229 tempert Plaut. Merc. 990 (vgl. tmipes-tas)^^) pmidus ponderis an- statt *pendttö nach dem Muster des o-Stamms *pondos^i, vgl. das ursprüng- lichere pondö;^) ebenso modus für *medos vgl. modes^tus und umbr. mef s ,ius, fas* osk. med-dis (so viel wie lat. iüdex),^^) foedus neben regelrechtem fXduS'tus {^feidos-), glomus für ^glemtis,^^) Vgl. auch die Verdrängung eines

«) Vgl. J. Schmidt, K. Z. 27, 896; ib. 82, 329; BBuexANN, Gnindr. 2, 878.

<) Bbvgmakit, E. Z. 24, 1 f.

*) Anders Mrhlow, D. 1. Y. 74 f.

*) So fasst auch Götz mit Recht die Stelle.

*) WöLFFUN, Arch. f. lat. Lex. 1, 415 f.

•) SXUT8CH, B. B. 21, 88.

') Ueber vetiM, das ich mit Bbughann, E.Z. 24, 88 für identisch mit gr. (/)hoq halten möchte, Tbvbhbyskn, K. Z. 80, 485 ff. ; nach dieeem Gelehrten boU es aas v€t[usi\u8 ent-

standen und mit dem Substantiv vetus veieris zusammengefallen sein.

^) Ueber den Wechsel von o und e Bbam- BACB, Neug. 108 f.

^) De Saussure, Möm. 79; Bruouamn, Techmer's Zeitschr. 1, 248; W. Mbyer, Neu> trum 88.

10) Whebler, Der griech. Nominalaccent 80 Anm. 1. Es lagen ursprünglich neben- einander pondo- *pendo8', modo- *medos-.

»*) G. Mbybb, Et. Wort. d. alban. Spr. 243.

110

Lateiniflohe €Frammatik. o. Formenlelire.

wegen iüger^a lüger-um gr. t€iJy«(ö')-« vorauszusetzenden *iügu$ durch das neugebildete iügerum. Über ais aes vgl. § 30. Eine mittlere Stammform liegt vor in cerehrum aus ^ceras-ro' idg. *kfr98- vgl. gr. xdgä aus *xaQaa^. Als schwächste Stammform fasst Bbugmann, Grundr. 2, S. 397 anx- in anx'ius aus *anges^ vgl. angus-tus^ faus-tu-s aus */at;(e)sfos, vgl. /aror, /ar aus ""/ar^- ib. 387, vgl. oben S. 93. Von s-Stämmen stammen die Infinitive auf -ere (vgl. § 117).

Ursprüngliche os-Stämme in i-Stämme mit dem Nom. ^es verwandelt, und zwar vermittelt durch die geschlechtigen -o^-Stämme mit dem Nom. 'öS: sedEs gr. S3og skr. sddas (mit demselben ^ wie sEdt)^ pUh€s gr. nXfjx^o^ (wegen l fraglich), i) pühes (Substantiv), worüber Thueneysen, K. Z. 30, 488 ff., aed^ gr. ald^oq^ moUs neben moles-tus; übrigens könnten auch indo- germanische Doppelstämme vorliegen, vgl. Brugmann, Grundr. 2, S. 397.

Von dem geschlechtigen 05-Stamme *at^ös Nom. *ausös stammt awrcJr-a, vgl. Flör-a von flöS] arbor ist nicht ganz klar, Ventis war ursprünglich ein ungeschlechtiges Abstraktum. Ceres scheint eine adjektivische Bildung zu sein. Über r im Nominativ vgl. § 59, 5.

^is = skr. -is, Genetiv -em haben ziemlich einige Substantive, z. B. cinis*) aus *cenis pulvis vömis vömer~is aus ^vömis-es^ manchmal mit rück- gebildetem Nominativ vomer.^) Vereinzelt ist tellüs tellüris.

Zu den s-Stämmen gehören auch die Komparative.^) Die ursprüng- lichen Verhältnisse sind zwar noch nicht vollkommen aufgeklärt, aber Brugmann ist sicher im Rechte, wenn er den Nasal des Altindischen als unursprünglich erklärt. Fürs Lateinische lässt sich folgende abstufende Deklination annehmen:*) *maiös [Maio{s) Mino{s) CIL. 1, 108, 78] ^mai-is-is vgl. hom. nXäeg aus *nXä~ia'€g, ^moriös^em gr. ßekTiio aus ^ßeXx-ioa-a; dann zunächst *maiös *maiösem *maiösi, maiöreni maiöri maior. Neben -iös- -is- noch die mittlere Stammform -ies- in maies-tas. Differenzierung der Formen maior und maius (vgl. noch alt posterior bellum u. a. Bücheler-Windekilde § 18). Belege von Formen mit erhaltenem s bei Corssen 2, 88, Löwe, Ar eh. f. lat. Lex. 1, 28.

5. Nasalstämme. ^) ^/2-Stamm ist hiem^s, worüber vgl. § 66; aber bmus ist aus ^bi-hi-mo-s entstanden. Nach Brügmann's Vermutung Grund- riss 2, S. 453 Fussnote ist hiewn aus idg. *^Ä(i)-j(-e» hervorgegangen im Anschluss an *S6m- „Sommer". Vgl. Bloomfield, Am. Joum. of Phil. 12, 19 f., G. Meyer, Alban. Stud. 3, 26. Bezüglich des Vokalverhältnisses vgl. p^d^ und noä-,

n-Stämme.^) ursprünglich stammabstufende Deklination hatten die

M Ascoli, K. Z. 18, 444, Erit. Stud. 141.

^) Andere Vermntang bei Daniblsson, Gramm, und etym. Sind. 1, S. 51. Ueber das folgende vömis vgl. Festgruss aus Innsbruck 98 «F.

») Pick, Bezz. B. 3, 160; Brugmann, M. U. 3, 81. Auf die Schwierigkeiten, die der Identi- fizierung von gr. 'Ctg entgegenstehen, macht M. Mbtbr, Neutrum 25 aufmerksam.

*) Brüomamn, K. Z. 24, 54 ff., Grundr. 2, 401 ff.; J. Schmidt, ib. 26, 377 ff.; G. Meteb,

Gr. Gr.* § 316; Solmsbn, E. Z. 29, 83; Bar. tholomae, E. Z. 29, 533 f. (= Beiträge zur Flexionslehre u. s. w. 113 f.).

') Eine andere Ansicht suchte ich früher Wien. Stud. 6, 140 ff. zu begründen; vgl. auch Mahlow, D. 1. V. 46.

«) BauoMAim, M. ü. 2, 148 f.

0 Vermutungen über die ursprüngliche Deklination von W. Meyer, E. Z. 28, 162; Bbrsu, Die Gutturalen 145 Anm. 2.

1. Deklination des Noment. 77.)

111

Maskulina und Feminina auf -en- -c^-, die Maskulina auf m Jn-, die Neutra auf ^-fnen-. Man vgl. carö camis, wozu schon frühzeitig auch der Nora. camis gebildet wurde, i) cor-n-tc-s, femer die Substantive auf -iön- -fi^-, Weiterbildungen von i- und ^-Stämmen [vgl. stati-m stati-ö{n), parti- parii^n)^ genti- {g)nati^ö{n)'], welche ursprünglich -iö{n) *''ino8 *4ni *'iöneni flektierten, vgl. umbr. trihri^^ine (Abi. Sing.), dem Sinne nach „ternione", osk. legin-um «legionem". Über diese Substantive vgl. L. Meyer, Orient und Occident 2, 586 ff.; Brugmann, Grundr. 2, S. 330 flf.; Fünck, Arch. f. lat. Lex. 8, 81 f. (speziell über das Nebeneinander von -ti- und -^'öw- Stammen). Die Feminina auf -dö -gö -tüdö haben den schwachen Stamm durchgeführt. Die Maskulina auf -ow- und -mön"^ z. B. homö pul-mö sermö temö flektierten ursprünglich: homö älter *hen%ö (vgl. nEmö = ^ne^-hemü)

o m. 2.

^henwnos *hemenT (hemini Lucil. XII fipgm. 4 Müll., hemini L. 1) hemönem Paul. Fest. 71 Th. umbr. homan^us „hominibus* (das o der zweiten Silbe ist wohl als lang anzusetzen) ;>) später trat Uniformierung nach dem schwachen Stamme ein.^) Dagegen wurde bei allen nomina agentis und den Eigennamen der starke Stamm verallgemeinert, z. B. Turbo Turbönis (turbö turlr(ni8^ auch turben Tibull. nach Charis., Gr. L. 1, 148, 8 K.), umbö umbönis u. s. w. Ein vokalisch schliessender Stamm erscheint in den Zusammensetzungen Äowt-cfrfa nümi-clatöri, vgl. skr. rdjonbhi^ „regibus*. Griech. Apollo Apollinis, älter Apolones CIL. 1, 187, gräcisierend Apollonl CLL. 3, 567 auf einer griech.-lat. Bilinguis aus der Zeit des Kaisers Trajan und handschriftlich hat sich der Flexion von homö u. s.w. angeschlossen; Apolenei {e = i) CIL. 1, 167; Apellinem Paul. Fest. 17 Th.*) Über die subst. personalia auf -önis Fisch im Arch. f. lat. Lex. 5, 56 ff. und W. Meyer ib. 223 ff. Ein ew-Stamm ist vielleicht auch fei fellis = *fel^is, urspr. Nom. * feien vgl. pollen.^) Die Neutra auf -men = gr. -fia = idg. -w^ (Weiterbildungen auf -mento-, vgl. gr. -(.laxo- in der Flexion dieser Stämme, z. B. mömen und mömentum, darnach auch ungueip-tum von unguen) sind nach dem starken Stamme uniformiert; an die ursprüngliche Abstufung erinnern Ableitungen, wie regn-o- skr. rajän „Lenkung* u. a. bei Brug- mann a. a. 0. S. 170 f.; column-a neben columen; vielleicht auch umbr. nmnner „nominis*.®) Das Mask. flämen hat vielleicht urspr. *flämö, vgl. flamönium (inschr. auch CIL. 12, 6038 und ausserdem Corp. gloss. 4, 77, 13 bezeugt), verdrängt; es kann jedoch auch ursprüngliches Neutrum gewesen sein mit der Bedeutung „Verehrung, Andacht *', dann „Priesterschaft''. 7) Die Mask. auf -en, pecten (vgl. pectinäre) und die Komposita mit -cen sind vielleicht aus o-Stämmen hervorgegangen, nach Brugmann, Grundr. 2, S. 331 ersteres ein ^n-Stamm, die letzteren nach S. 462 Wurzelnomina. Neben- einander stehen termen (vgl. skr. tdrman-) und termö (auch gr. rsQfia und

») Nbub 1, 165.

*) Vgl. auch V. Planta, Gramm. 1, 243.

») J. ScHiciDT, K. Z. 28, 367.

*) Vgl. ScHUCHABT, Vok. 2, 215 über Apollo; Jobdan, Ejit Beitr. 17 ff.

») W. Mbybb a. a. 0.; Henby, Pr^ci» S. 129 ; MsBiNGEB, SHz. d. k. Ak. in Wien 125, 4. Je- doch ist nach Geobgss, Lex. der von meh-

reren Grammatikern bezeugte Nominativ noch bei keinem Schriftsteller nachgewiesen.

•) W. Mbyeb, Neutrum 71.

^) Stolz, Wien. Stud. 3, 88 f.; anders, aber unrichtig Useneb, N. J. 117, 51 f. Für die zweite im Text erwähnte Ansicht W. Meyer, Neutrum 70 f., Schbadeb, Sprachvergl.* 601 f., Ebetschkbb, Einl. 128.

112

LateiniBche Grammatik, c. Formenlehre.

TCQfiwv), weiter gebildet termintis. Die urspr. Wurzelnomina man',^) vgl. man~ceps maUluvium^ can^ für *<??^om- skr. ivafv-j ebenso das mit Suffix -en- gebildete iuven- schwach iün-, vgl. iünix, iünior skr. yüvan- sind zu den Vokalstämmen manu^ cani- (Nom. auch canes {una) Varro 1. 1. 7, 32) iuveni- weitergebildet, jedoch can-um und iuven^um. Endlich seien noch erwähnt sanguis aus ^sanguin-s, älter sangtien n., wieder hervorgezogen von Petro- nius 59, Statins und Avienus (Mülleb, D. re metr. 379), vgl. inguen unguen u. s. w.*) li&n und rew.

Die w-Stänmie fernen- iecen- hatten ursprünglich im Nom. Akk. Neben- formen von einem r-Stamm *femor iecur (iecus-culum ist Analogiebildung, ebenso femvs Apuleius). Durch Ausgleichung entstanden femoris iecoris fernen (vielleicht nur Fiktion der Grammatiker), durch Kontamination iecinaris, feminur (?). Diesen schliesst sich iier an, vgl. itineris iteneris CIL. 1, 200, 23, itiner Nonius 482, 22 M. Der r-Stamm ist allein durch- geführt in über skr. üdhar, aber üdhnas.^)

6. Liquida-Stämme. Ursprünglich sind söl = "^sa^el *sa^ol gr. äßäX-iog Hesych. (vgl. § 79, 1). sal (daneben sale n. Ennius aus *saü, vgl. gr. aAi-) ist nach Streitberg, Die Entstehung d. Dehnstufe 43 aus uridg. *salod herzuleiten.^) Ferner einige Eigennamen. Ursprüngliche t-Stämme sind pugil (Nebenf. pugüis), vigil (Abi. vigili), vgl. dsbil Nom. gen. masc. Ennius nach Non. 95, 30 M., ursprüngliche o-Stämme exsul (vgl. exsulare), cönsul (nach Osthoff, P.-B. Br. 13, 429 von *cönsa = got. hansa).

Wurzelnomina auf -r: /wr, Lär, er her »Igel". Die ursprünglich ab- stufenden Verwandtschaftswörter auf -ter (vgl. gr. naxriq^ ändrcog^ natsq^ TtaTQ'og, 7iaTQa-(n)j fraier mäter pater haben den schwachen Stamm (patr-- u. s. w.) in der Flexion durchgeführt, soror (= idg. *svesör), wie die Nom. ag. auf -tor den starken, z. B. datör-; zum schwachen vgl. die Fem. auf 'trix, z.B. vic-fr-v-c- osk. Fuu-tr-ei „Genetrici", arbiter (mit Übergang in die ö-Deklination) ; ^) zu lin-ter ven-ter vgl. gr. do-TiJQ neben dci^rcoQ; aduUer scheint eine Rückbildung von adutterare zu sein. 6) ans-er ist lat. Neu- bildung aus idg. *ghans- url. *häns-, mit suffixalem s wegen ahd. gana^io , Gänserich", vgl. Brügmann, Gr. Gr.» 207. 7) Wahrscheinlich r-Stämme sind auch turtur vuüur und einige Neutra bei W. Meyer, Neutrum 59.

^) Vgl. unsere Bemerkung zu § 94.

«) W. Mbyeb, Neutrum 65 f. Ein Ver- zeichnis gleichgeärteter NeubUdungen, wie sanguts, bei v. Planta, Gramm. 2, 169*.

') Stolz, Wien. Stud. 3, 88 ff.; Osthopf, M. U. 4, 199 Anm.; Bbüomann, Grundr. 2, S. 326 und 353 und besonders Pedebsbn, E. Z. 32, 240 ff., dem Stbbitbebo, Zur germ. Sprach- gesch. 45 geneigt ist beizustimmen. Ueber den Wechsel von r- und n-Stämmen in den Benennungen der Körperteile vgl. Bloom- FiELD, Am. Joum. of Phil. 12, 3 ff.; tlber iter Johansson, Beitr. z. griech. Sprachkunde 138. Vgl. auch Babtholohae, B. B. 15, 39 f. und Schmidt, Pluralbildungen 217 ff. Ueber den

Wechsel von Parallelstämmen auf -8 -n -r u. 8. w. vgl. auch Johansson, Bezz. B. 18, 1 ff.

*) Vgl. auch J. Schmidt, Pluralbildungen 182. Jedesfalls muss schon frOhzeitig die Form *8äll zu säl vereinfacht und in die Casus obliqui eingeführt worden sein (sälis für *8älli8 u. s. w.).

^) Der zweite Bestandteil des Wortes gehört wohl zu baetere; vgl. Wackebnaoel, Altind. Gramm. 1, 95; Zupitza, Die german. Gutturale 87; Bbugmann, Grundr. 1', 600 ^

«) Nach Havet, M6m. d. 1. S. d. 1. 4, 82.

') Ueber die Ausbildung der Flexion vgl. Bbugmann, Grundr. 2, 727 Anm. 1 397).

1. Deklination des Nomene. (§§ 77--78.)

113

Über die r-Stämme femur iecur iter über vgl. die kurz vorher stehende Bemerkung. Vgl. ausserdem noch iubar, acdpiter passer^ die Neutra ador aequar marmor.

Yokalieche Stamme.

78. 1. i-Stämme. Ein ^Stamm ist v?-s gr. T-g Z-yt; arch. auch Nom. Akk. d. Plur. ^is. vtrss ist schwerlich analogische Neuschöpfung, sondern von einem Stamme rfö- abgeleitet.^) Von den sehr zahlreichen T'-Stämmen oder richtiger gefasst idg. ei-Stämmen (vgl. skr. agnay- agni- gr. ßaaeji- ßaai") mit ursprünglich dreifacher Abstufung (Streitbebg, ürgerman. Gramm. 200), besonders den mit Suffix -#/- gebildeten, sind viele im Nom. abgestumpft und entweder ganz oder mit Ausnahme des Gen. d. Plur. in die Analogie der konsonantischen übergetreten; vgl. z. B. anas lit. anti, dös döti^, compos neben poiis u. s. w. ; ausführliche Nachweise finden sich bei G. Meyer, Curt. Stud. 5, 49 ff. Ursprüngliche i-Stämme sind die Neutra auf -al -ar, dazu sak.*) Lateinische i-Stämme entsprechen o- resp. a-Stämmen anderer Sprachen: caulis gr. xavlog, collis lit. hdlna-s „Berg", faux skr. bhüka- „Loch, Öffnung", for^s skr. dvdra-, jedoch auch dvar-, imber imbri' skr. abhrd^ „Wolke*, fönt's („vasis genus") gr. Xrjvog^ panis messap. navogy pellis gr. näXXa^ piscis got. fisk{a)s, unguis skr. nakhd-, tristts skr. tr^id' ni*Auh, heiser *.') So sind namentlich viele Adjektive zu r-Stämmen geworden, vgl. agüis skr. ajird- „rasch, beweglich*, humilis gr. xx^anal^g^ similis, alebris u. s. w. Das gleiche Verhältnis liegt vor in dem zweiten Gliede der Zusammensetzungen : a- o- t^ und konsonantische Stämme gehen über in i-Stämme, vgl. Stolz, Nominalkomposition 53 f., Bist. Gramm. 1, 410 ff.

Stammabstufang ist nachzuweisen im Nom. Flur., z. B. ov^s aus *aveies, vgl. ßdaeig aus ^ßdcrej^eg.^) Die Endung -es erscheint auch im Nom. d. Sing.;^) sie beruht wie -eni und -Ss im Akk. d. Sing, und Plur. auf ana- logischer Neubildung. Neben griech. Stammen auf -ig -idog^ nämlich neXKg xlr^tg erscheinen lat. pelvis cldvis; gr. ^qiv : iQiii vergleicht sich lapi, als Abi. von Ennius gebraucht, vgl. laptre Pac. 276 Ribb. L lapiderum ist Analogiebildung. Vgl. im allgemeinen Bbügmakn, Grundr. 2, S. 264 S.

2. tt-Stämme. Ein ü-Stamm ist süs, Dat. Abi. Plur. sü-bus, suis u. s. w. für *sü^is, darnach auch das nur bei Lucretius vorkommende sübus ; <) desgleichen grüs, die beide nach dem Muster der konsonantischen Stämme flektieren, sueris suerum betrachte ich als Analogiebildungen vom Nom. Suis nach dnis cineris u. s. w.*^) socrüs nicht direkt aus *socms skr. hairii hervorgegangen, sondern der Akk. socrum (aus *socrüm lautgesetzlich gekürzt) hat die Veranlassung zum Anschluss an die folgenden e^-Stämme gegeben. Nach socrus hat sich nurus (von Hause aus o-Stamm) gerichtet. ^)

<) J. Schmidt, PlnralbUdimgen 384 f.; JOHAHSSON, IF. 2, 49 f.

>) W. Mbteb, Neutnun 99.

*) Yg). ausser anderen FbMde, 6ezz. B. 1, 196 Anm.

^) üeber die Deklination vgL J. Schmidt, K. Z. 27, 287 f.

*) CoBSSBN 2, 227 f.

^) Ich treffe in der Auffassung dieser Form mit Solmsen, Stud. 168^ zusammen.

') Anders Bezzsnbergeb, Beifcr. 3, 173.

B) Pedbrsen, BB. 19, 293 ff.; Bbuomanv, Grundr. 1*, 104.

Handbneh der klftaa. Altertamswiseenschaft. II, 2. S. Aufl.

8

114

Lateinische Grammatik, Fonnenlehre.

Die übrigen lat. ti*Stämine sind idg. 6^-Stäinine. Neben einer Reihe unmittelbar vom Stamme abgeleiteter Substantiva, z. B. acus comu^) ge- hören fast nur abgeleitete Verbalsubstantiva auf -tus (vgl. die vedischen Inf. auf 'tave neben den späteren auf --tum, die dem lat. Supinum ent- sprechen) und "Sus, sowie abgeleitete Nomina auf -atus hieher. Die ad- jektivischen -M- bez. -e^-Stämme sind mit Ausnahme von idüs W. *aidh- „die hellen (Nächte)'*) entweder durch die Beeinflussung des Femininums^) zu i-Stämmen weitergebildet oder in die o-Deklination übergesprungen; man vgl. gravis gr. ßuQvg skr. gurüi, Fem. Qrdf. *g^U'h suavis, tenuis, vgl. skr. suadü^ stiadvty tanü$ tanvf; ferner brevis gr. ßquxvg^ levis \ andererseits denstts gr. da<rvgy cürtis skr. cdru- .angenehm, willkommen*', forum : torridum Paul. Fest. 534 Th., got. paürsu-s „trocken, dürr* skr. triu- „gierig, lech- zend",*) prohus skr. pra-hhu-, super-burS.^) Deutlich erkennbar ist der schwache Stamm in acu^pedius gr. dxvg, Verzeichnis der adjektivischen t«-Stämme (mit einigen Unrichtigkeiten) bei 0. Weise, De linguar. indog. suffixis prim. diss., Gottingae 1873. Von ursprünglichen substantivischen 6t<-Stämmen, die in die o-Deklination übergetreten sind, vgl. erus esa Qloss.^) av. ahhu- „Herr**, mergus skr. madgü- (Name eines Wasservogels).

3. o-Stämme. Charakteristisch ist das Auftreten des e im Vokativ d. Sing, (urspr. auch im Lok. und Instr.). Substantive (Maskulina und Neutra) und Adjektive, gebildet durch die Suffixe -o-, sonus iugum, -io-, primär, z. B. fluvius adagium, sekundär, yatrius victörius, -co^, paiicus locus, 'tnO', animtis firmus, -no-, primär, somnus dönum plenaSy sekundär, patemus equtnus, -lo-, rallum, -ro^y ager ruber, -tch, argentum datus, -tro-, aratrum, -tio-, servitium, -tuo-, mortuus, -uo vo-, primär, equos arduos, sekundär capttvus, 'öso~ formösus u. a. Ausführlich handelt hierüber BBuaHANN, Grundr. 2, S. 102 flf.; desgleichen Hist. Gramm. 1, 450 flf. Über den Über- gang von 0 in w vgl. § 26, 2. Über den Nom. d. Sing, der ro-Stämme, denen sich auch gr. Alexander Euander u. s. w. anschlössen (aber Codrus, hydrus, Locrus u. a.),^) vgl. § 43. Alexandrus (nur bei Charisius) Eu^ndrus ist ge- lehrte Neubildung, JSicepor CIL. 1, 1033 für NixrjtpoQog klingt an die Kom- posita mit 'por an. Stets behauptet hat sich -us bei erus numerus umerus (ursprünglich 5-Stamm *umes~ nach Brügmann, Grundr. 2, S. 387), iüniperus gewöhnlich auch uterus (uter nur Caecilius nach Non. 188, 12 Müll.). Die Form des Nom. d. Sing., welche mit der der re-Stämme (vgl. acer u. s. w.) übereinstimmte, mag Veranlassung zu formalen Austauschungen gegeben haben, so alat. sacrem sacres neben St. sacro-.^) Allerdings können auch uralte Doppelbildungen vorliegen. 0) Vulgär barbar nach App. Probi Gr. L. 4, 197, 30, hilar nach Probi cath. ib. 15, 8 u. a. Über die weiblichen

') Ueber comü u. s. w. vgl. oben § 75.

2) CoBBSEH, Erit. Beiir. 261.

') J. Schmidt, E. Z. 25, 139 Anm. unter Verweisung auf Beitr. 4, 266, Pluralbildungen 61 ; Danielsson, Granunatiska anmärkningkar vgl. G. Mbyeb, Phil. Woch.3, 1 1 53 f.; Schwbizer- SiDLEB, ib. 771.

*) BüGOE, N. J. 105, 106.

*) Osthoff, M. ü. 4, 214. Man könnte

allerdings auch an Herleitung aus ^auper- bhu'0'8 denken.

') J. Schmidt, Pluralbildungen 78 f., wo auch die ältere Litteratur über ei-us verzeich- net ist.

') Weise 56.

*) Bück, Der Vok. d. osk. Sprache 16 f.

») Hist. Gramm. 1, 504.

t Deklination des Nomens. 78.) 115

^-Stämme im Lateinischen {alvus, colus, domits, humus, vannus) vgl. man jetzt Delbrück, Qrundr. 3, 116. *)

Über die Formen der $o-Stämme vgl. Momhsen, Hermes 1, 460 ff., WEissBBOiyr, Phil. 43, 450 f. ; die inschriftlichen in diesem Handbuch 1, 511 f., 2. Aufl. 668 f. Die altlateinischen Formen alis Comilis u. s.w. osk. Luvkis „Lucius", Uhtavis «Octavius'^, umbr. Atiersir „Atiedius*, marruc. Alles, pal. Loucies Rufries, mars. Pacuies, volsk. Tafanies stammen von w/^^-Stämmen. Die in den verschiedenen italischen Dialekten erscheinenden Formen sind Produkte der Ausgleichung der ursprünglichen Abstufung dieses Suffixes: -fo ie- -i- (-i'iö- -ijc- -fi.), vgl. Streitbbrg bei Bbugmann, Grundr. 2, 116 Anm., P.-B. Br. 14, 200 ff., ürgerm. Gramm. 193, Die Entstehung der Dehn- stufe 17. Als ursprünglich sind altlat. alis (noch v. J. 27 n. Chr. CIL. 2, 2633) aUd Comelis ComHim anzusehen, da Nom. und Akk. d. Sing, die Schwund- stufe hatten, alius aliud Com&lius Com^lium, ebenso die Nom. auf -ies der italischen Dialekte als spätere Neubildungen. Möglicherweise stecken in den zusammengesetzten Adjektiven auf --is, wie decemiugis septuennis, alte u>-Stämme, die durch Übereinstimmung der Ausgänge im Nom. und Akk. d. Sing, in die Analogie der i-Stämme übergeführt worden sind.') Die Schwundstufe erscheint auch in der Zusammensetzung, z. B. medir-tullium «Mitte, Mittelpunkt ''. Über den Thatbestand vgl. auch RnscHL, Op. 4, 446 ff. Anderer Art sind die im Vulgärlatein häufigen Formen auf -is statt -^ius, z. B. abstemis aduaris söbris (Löwe, Prodr. 420), die auf griechischen Ein- fluss zurückzuführen sind.

Anmerkung. Sporen nrBprttnglicher Stammabstufung in der Stammsilbe zeigt somniis för *svepno- neben gr. vnyog für *8upnO', Auch der Wechsel von -o und -e beruht auf Ab- stufung.

4. a-Stämme. Hieher gehört die grosse Masse weiblicher ^Stämme mit ursprünglichem a, wovon in der Flexion sich noch mannigfache Spuren nachweisen lassen. Eine Übersicht bei Eühkeb § 221 f. Eine einzelsprach- liche Errungenschaft sind die männlichen er-Stämme, z. B. scrtba agricola. Vgl. Delbrück, Synt. Forsch. 4, 8 f., Grundr. 3, 102 ff. Die Kürzung des d-Lautes erfolgte zunächst im Akk. d. Sing., dann bei iambischen Worten im Nom. Auch mag, wie Henry, M^m. d. 1. S. d. 1. 6, 204 f. meint, zur Kürzung im Nom. das Verhältnis von servös : servöm (so auch ter^ä : terräm) beigetragen haben.

5. e-Stämme. Ein ^-Stamm ist spS-s (daneben auch vom s-Stamm spir^es spSr-ibus),^) ebenso qui€'S {qui^-t~is u. s. w. Neubildung).- Die lat. i^-Stämme sind idg. abstufende i^{ 7- Stämme; im Lat. ist die Suffixform -ie- verallgemeinert, daher fac^is-s, spec-ie-s und in sekundärer Funktion pauper-iE-s etc. Im einzelnen vgl. Brugmann, Grundr. 2, S. 313 flf., Streit- berg, ürgerm. Gramm. 199, v. Planta, Gramm. 2, 54 f., Torp, Den graeske Nominalflexion 71 ff.

>) Wegen der Frage der UrBprfinglich- | sing, E. Z. 33, 402.

keit dies^ Feminina vgl. Brugmakn, Lit ' ') Brügmann, Groodr. 2, 532.

Centralbl. 1878, 983 f., N. J. 121, 659 f., Tech- ' *) Die Belege bei Georgbs, Wortf. s. ▼.

mer's Int Zeitechr. 1, 247; Dblbrück, Synt. I Ueber die Associienmg der Formen Brüg-

FoTBch. 4, 12; Rüge, Bem. z. d. griech. Lehn- ; UKsns, Grundr. 2, 728.

wOrtem 13; Pedersbm, BB. 19, 293 ff.; Hen- |

8*

IXg Lateiniflohe Grammatik, o. Formenlehre.

6. Diphthongische Stämme, bös kann als Lehnwort streng ge- nommen nicht in Betracht kommen. Jedesfalls aber haben in der Flexion dieses Wortes Ausgleichungen stattgefunden, einerseits bös böhis bübus, andererseits bovis (Nom.) bovem, vgl. umbr. bum gr. ßSvy^) nach bovis (Gen.); bovom Varro 1. 1. 9, 26, Verg. Georg. 3, 211 ist lautgesetzlich zu boum geworden, dagegen beruht bovum auf einem Abschreibfehler (vgl. oben § 14 B 4).») Wie suerum 78, 2) gebildet ist boverum.^) In dem Paradigma von idg. *di^s skr. dyäü$ gr. Zsvg (mit lautgesetzlicher Kür- zung) hat sich vom Akk. *dism, vgl. skr. dydm gr. Z^v, das neue Para- digma di^s diB (mit appellativer Bedeutung) nach dem Muster von r^ u. s. w. gebildet. Als Nominativ des Gottesnamens fungiert der Vokativ lüpiter (besser luppiter) aus idg. *dieu pater urit. ^Dioti-pcUer, umbr. lupater.*) Daneben hat sich diBs behauptet in Dies-piter {Bispiter Paul. Fest. 82 Th.). In der Flexion des Gottesnamens ist der Stamm urit. diour- (idg. dieu^) verallgemeinert worden, daher lov^is lov-^ lov-eni. Nach den Casus obliqui ist der Nom. lovis (inschr., wie es scheint, auch lovd CIL. 14, 4097 nach Lattes, Le iscriz. paleolatine 53), prän. auch lovos EpK. ep. 1, 14 nro. 21 5) {Diovo Gen. Hermes 19, 453, Schneider No. 108, vgl. Taseio CIL. 14, 4101) gebildet. Aus dem idg. Paradigma ist noch ditts interdius (= skr. Gen. div-äs) erhalten, ß) Über biduum aus ^bi^div-om vgl. § 14 B 4. Dts (auch DUis) ist entweder Lehnwort aus einem benach- barten Dialekt^) oder es hängt wahrscheinlicher mit dfs dUis, vgl. gr. nXovTO)Vy zusammen. 8) Ausführliche Belege für die verschiedenen Formen des Namens bei Röscher, Lex. d. Mythol. s. v. ^Juppiter".

Vom idg. St. nau~, vgl. skr. naüs, stammt lat. näv-efn, nav-is, näv-l, zu denen der Nom. nav^i-s neugebildet ist. Dass navi- als Stamm ge- fasst wurde, zeigen navim navium.

loverum halte ich für eine Analogiebildung vom späteren Nom. lovis. Vgl. noch Bruomann, Grundr. 2, S. 451 gegen Danielsson, Gramm, u. etym. Stud. 1, 49.

r^s, idg. Stamm rg|-, vgl. skr. rds „Gut, Schatz, Reichtum", Nom. Plur. rdy-as, lat. res aus *reies. Über den lautgesetzlichen Schwund von -I- nach g (rEs aus idg. *r?j-s u. s. w.) vgl. § 13, 7.

Anmerkung. Eine ausfUhrliche Darstellung der lateinischen Wnrzelnomina sowie der mit Suffixen gebildeten Nomina findet man in Hist. Gramm. 1, 441 588. Desgleichen ist natürlich Bbuoiiann, Grundr. 2, 1. Hälfte heranzuziehen. Hinsichtlich dei Formation des Stammes s. auch de Saussube, M^m. d. 1. s. d. 1. 228 ff. Vgl. jetzt noch v. Planta, Gramm.

^) V. Planta, Gramm. 2, 165 f. ' ^) Solmsen, Stud. 191 f.; ebenso Bbug-

') Ausführlich darüber Solmsen, Stud. , mann, Grundr. 1', 219. Nach dem Verhältnis

48 ff. I von interdius : inierdiu ist quandiuB {quam-

') Vgl. nucerum (Coelius), näverum (?) i dius) zu quamdiu gebildet. Vgl. Anthol. Lat.

(LuciUus), regerum lapiderum (Gellius) bei < Nr. 1094 und Hist. Gramm. 1, 281 und 639.

Charisius, Gr. L. 1, 54, 25 f. E.

^) Andere analoge Fälle, wie gr. hom. y6g)eXf]y€QäTa u.s.w., s. bei Delbrück, Grundr. 3 398

6) Nach G. Meybk, Z. f. rom. Phil. 6, 622 Schreibfehler (?). Vgl. auch Jobdak, Krit. Beitr. 7.

'') Vgl. Thubnbysbn. K. Z. 32, 558 f., dem Souisen, Stud. 116 zustimmt.

^) Jobdan-Pbeller, Rom. Myth. 2', 65 Anm. 3; Rosoheb, Lex. d. Myth. 1, 1179; Gaidoz, Revue archeol. 20, 198 ff. (vgl. IF. Anz. 3, 75).

1. Deklinatioxi des Nomens. (§§ 78—79.)

117

2, 1 ff.; PoKBOwBKij, K. Z. 35, 287 ff. (über die Suffixe -Uno-, -itia -üium-, -tüdön-); Hirt, Der idg. Accent (s. Index). Nicht überzeugend scheinen mir die Aufstellungen von Chadwick, BB. 20, 289 und Pbbllwitz, ib. 22, 122 f. Bezüglich der Bedeutnngsdifferenziemng der Di- minutiTa vgl. Kellbb, Zur lat. Sprachgeschichte 2, 135.

Bildung der Kasus.

Nominativ des Singulars.

79. a. Maskulina und Feminina. 1. Sigmatische Bildung^) bei den Guttural-, Labial- und Dentalstämmen, z. B. vöx ^) Ux ops uris cüstös pes fiovüäs, iuventüs, miles von vöc^ Ug- op^ wr6- cüstöd- ped-, vgl. skr. 'POd' 41, 1), novita^ iuveniüU miliU; ferner bei den diphthongischen Stammen res dm idg. Grdf. *r^{-s *di(i)^-5 78, 6), bei den ?^ «- o- to- et- eu-Stänunen, vj^s sü-s bonos Novios (über Cornelis alis u. s. w. vgl. § 78, 3), igni-s anti-s; wahrscheinlich auch bei allen -nt~ und den ein- silbigen ^-Stämmen (Wurzelnomina), dSns St. dent-, ferSns St. ferent-, müs aus idg. ^^müss.^) Zu den ersteren gehören sämtliche Partizipien des akt. Präs., die durchaus den Nom. sing, sigmatisch bilden.^) säl, urspr. ein Neutrum, vgl. die Belege bei Georges, Lex. und die Nebenform sah ans "^sali, ist aus idg. "^sald hervorgegangen. <^) Das mask. sal kann viel- leicht, wie gr. äXg^ aus *sals *saU hervorgegangen sein. So wird wohl auch söl auf eine ursprüngliche s-Bildung zurückgehen.^) Übrigens kann auch letzteres die DekUnation von sal analogisch beeinflusst haben. Nach Analogie von di^s rS-s haben auch die lat. ü- (idg. ^) Stämme, wie faciSs u. 8. w. das Nominativzeichen -s angenommen; desgleichen die Feminina der adjekt. «-Stämme, wie gravi-s.

2. Mit Yokaldehnung die n-Stämme, z. B. hon^ gr. iaiiiwv skr. rdja, die Substantiva auf -/ö»- und 'tiön- '^) (osk. üittiuf mit f ^ -ns neben lat. üsiö ist einzelsprachliche Neubildung) ; ^) sanguen, dafür später sanguis, vgl. gr. iel^tg neben deXtptv.^) hiems scheint auch Neubildung neben gr. x^ö^- Ferner haben Yokaldehnung die mehrsilbigen r-Stämme: pater (e verkürzt, vgl. § 40 B 2) gr. naxT^q skr. püd,^^) datör gr. d(6%wq doxrjQ

») Seit jBopp, Vergl. Gramm.* I § 134 fasst man dieses s fast allgemein als Rest des idg. Pronomens *80,

*) Die Wuizelnomina hatten in der idg. Grundsprache wahrscheinlich alle die sigma- tische Bildung; vgl. Brugkann, Grundr. 2, 537. Nach SrBBiTBSBe, Die Entstehung der Dehn- stnfe ist allerdings *%^^08 vorausgegangen.

«) J. Schmidt, K. Z. 27, 392.

^) Diese Bildungsweise ist nach der An- nahme der meisten Sprachforscher die ur- sprüngliche; vgl. Babtholomab, E. Z. 29, 557 f. (= BeitrSge zur Flexionslehre S. 137 f.); Bbvo- HAüir, Grundr. 2, 535; G. Meteb, Gr. Gramm.' 409 Anm., woselbst auch die weitere auf die ursprünglichen Flexionsverhältnisse der parti- dpmlen «n^-Stftmme bezügliche litteratur ver- zeichnet ist üeber die Stammform -en^ vgl. $ 45. Dass ferlSns amäns Neubildungen nach den Casus obliqui sein müssen (Streitbebo, IF. 3. 155), scheint mir nicht ausgemacht.

^) Vgl. J. ScHHiDT, Pluralbildungen 182.

Nach Stbeitbbbo, Die Entstehung der Dehn- stufe 34 (ygl.^ürgerman. Gramm. 70) ist als Grundform *8alod anzusetzen Dehnstufen- vokal).

*) Als nächste Vorstufe ist nicht mit Ebetschmer, E. Z. 31, 351 und Bechtel, Die Hauptprobl. 277 *8öul anzusetzen, sondern *8äuol *8ät^el (vgl. kret. afihog, vgl. Brüo- HANN, Grundr. 1', 318 und Solhsen, Stud. 68).

') In den Formen mit und ohne n hat man wohl Satzsandhiformen zu erkennen; vgl. Bkemeb, P.-Br. B. 11, 38; Hirt, IF. 1, 19; Brugmann, Grundr. 1^, 346. Dasselbe gilt von den Formen der mehrsilbigen r-Stämme mit und ohne -r.

®) v. Planta, Gramm. 2, 168.

^) Analoge Fälle bei v. Planta, Gramm. 2, 169.

*°) Herleitung von idg. *p9ttY aus *p9t^8 nimmt neuerdings wieder an Wackebnaoel, Altind. Gramm. 1, S. 68, wie ich glaube, ohne Berechtigung.

118

Lateiniaohe Grammatik, c. Formenlehre.

skr. data; dieselbe Kürzung bei den Komparativen und beim ^-Stamme Ceres.

3. Die Stanmiform erscheint im Nom. der weiblichen d- Stämme; doch gibt es fUr -a, das Ritsghl, Pr. lat. mon. e. S. 33 u. a., vgl. Neue 1, 4, nachweisen zu können geglaubt hatten, keine wirklich beweisenden Zeug- nisse, i)

4. Einzelheiten: Über das inschriftliche Fehlen des s bei o- und /o-Stämmen vgl. § 69; über die Bildung des Nom. der ro- Zo- n- und ^Stämme § 43. Spärliche Versuche der s-Bildung bei den hysterogenen maskulinen ^s-Stämmen zeigen altlat. päri(^das, hosticapas, vielleicht durch Einfluss der entsprechenden griechischen maskulinen ^Stämme hervor- gerufen.') Der Analogie der lat. Nomina sind auch zahlreiche griechische Lehn- und Fremdwörter gefolgt.

b. Neutra (zugleich Yok. Akk.). Es erscheint nach allgemeiner Regel der erforderlichen Falles nach den Auslautsgesetzen modifizierte Stamm, z. B. grave, sale (aus *gravi *sa?i), genu,^) optts (älter opos), nöfnen, inguen, iecur, über, allec, cor{d), lac{t). Die mehr als zweisilbigen Neutra auf-<i7c und -are (vgl. § 69, 1) haben sehr häufig -al -ar. Die Adjektive eines Aus- gangs verwenden die Form des Mask. und Fem. auch für das Neutrum. In plautinischen Messungen, wie dupl^, hat man trotz umbr. tuplak (v. Planta 1, 236; 2, 199) schwerlich mit Ascoli, Sprachw. Briefe üb. v. Güterbock 201 die ursprüngliche Neutralform *duplec zu erkennen, da die Neutralformen schon in vorlitterarischer Zeit durch die maskulinen ersetzt worden sein dürften,'^) sondern diese Messungen sind nach dem metrischen Kürzungs- gesetz zu beurteilen.^)

Nach Thürneysen, Arch. f. lat. Lex. 5, 576 sind die Nom. der Parti- zipien auf ~ni- (z. B. *legenUs *legenti~s aus urspr. *-e«^, Hegent) in allen drei Geschlechtern lautgesetzlich in die eine Form auf -ens zusammen- gefallen und haben unter Vermittlung von Adjektiven, wie ing&ns, die Ad- jektiva einer Endung hervorgerufen. Über einen zweiten syntaktischen Grund, gemäss welchem in Wendungen wie ferrum hidens „das zweite Nomen ursprünglich ein geschlechtiges Substantiv gewesen '^ und, „zum Ad- jektiv geworden, die geschlechtige Form auch als Neutrum beibehalten^ hätte, s. Brugmann, Grundr. 2, 562 Anm. 2. Nur die o-Stämme nehmen zur Charakterisierung dieses Kasus -w (gr. -v skr. -?w) an, z. B. pocoh-m, novo-m gr. väo-v skr. ndva-m (ursprünglich die Akkusativendung), jedoch einmal Campäns genus Plaut. Trin. 545, vgl. Non. 486, 22 M. Über den Abfall des -m vgl. § 69. Das Lehnwort pelagus hat das Geschlecht beibehalten trotz des Übertritts in die Flexion der o-Stämme; für mrus und vulgus nimmt Schweizer -Sidler, K. Z. 17, 309 Doppelstämme (-os und -0-) an.

1) Vgl. Klotz, Grundz. altröm. Metr. 26; LiNDSAY, Lat Lang. 210 ff.

^) Bbtjgmann, Giimdr. 2, 526; Lindsay, Lat Lang. 372.

*) Die daneben (bei den aagosteischen Dichtem ausschliesslich) üblichen Foimen auf (Belege bei Kühner 1, S. 241) werden von

J. Schmidt mit grosser Wahrscheinlichkeit als nrsprtlngliche Pluralformen betrachtet (Ploral- bildungen 49 f.). Vgl. auch Bbuomanv, Grundr. 2, 557.

^) SüCHiKB in Arch. f. lat Lex. 3, 161 f.

') Klotz, Grundz. d. altröm. Metr. 54 f.

1. Deklination des Nomene. 80.)

119

Nominativ des Plnrale.^)

80. a. Maskulina und Feminina. Sämtliche Stämme mit Aus- nahme der 0- und d-Stämme bilden diesen Kasus mittelst des Suffixes -^s = idg. -^. Die plautinischen Messungen can^ ped^s turbinds sind nicht als Repräsentanten der ursprünglichen Formen zu betrachten, sondern zweifelsohne metrische Kürzungen, wie manus.^) Die ursprüngliche mas- kuline Form kann vorliegen in quattuor für *quaUuor^ *qtMUfM>r{e)s, vgl. dor. rstTOQ€g, jedoch kann qtuittuor auch die neutrale Form sein.') Über die entsprechenden Formen des oskischen und umbrischen Dialektes, osk. censtur „censores" umbr. frater (frateer) „fratres" vgl. jetzt v. Planta, Gramm. 1,233; 2, 180 f. An Stelle der eben erwähnten ursprünglichen Bildungsweise des Nom. plur. der konsonantischen Stämme war bereits vor Beginn der litterarischen Thätigkeit die Bildung nach dem Muster der ci-Stämme getreten, daher der Ausgang -es in can-Ss ped-Es turbin-^s pair-Bs u. s. w. Dieses -Es ist aus *-e|C5 *-e6s entstanden, z. B. ^ovei^es *ove'es üves, wie gr. ßdcsig aus *ßda€i^g, skr. ävayas, tres aus Hrei-es gr. TQsTg skr. trdyas. Dabei fallt besonders ins Gewicht, dass auch der Akk. Plur. d. kons. Stämme sich auf -es endigte. Die inschriftlich spärlich überlieferten Nom. Plur. auf "ts repräsentieren nicht eine eigene Bildungsweise, etwa finls = *fini'es, wie gr. dial. ßdtrug neben att. ßdaeig (schon wegen der Kontraktion von -ie- zu -f- nicht annehmbar, vgl. § 36, 2), beruhen auch nicht auf einem lautlichen Vorgänge: -es -eis -*s*), sondern sind gleich den Formen auf -eis wahrscheinlich ursprüngliche Akkusativformen (*-ms -4$ -eis).*) In Übung waren dieselben besonders in der Vulgärsprache, ja Varro wollte sie über- haupt ohne Unterschied zulassen.^) Von dem konsonantischen Stamm eensor den Nom. Plur. cesor^s zuzulassen, wie Vahlen, Cic. de leg. 3, 4, 11 thut, liegt wohl kaum eine Berechtigung vor. vts N. pl. (neben vlrss St. rts-) vom Stamm vi- in v^$ vi-m darf vielleicht, wie der Gen. d. Sing., aus ^viißs *viiis gedeutet werden; sonst müssen die beiden mit Brugmann, Grundr. 2, 578, 670 als Neubildungen nach dem Verhältnis von dies (Nom. Sing.): düs (Gen. Sing, und Nom. Plur.) gefasst werden, sues ist nach dem Muster der i- und konsonantischen Stämme gebildet (urspr. Form *sw^-es).

Der Nom. Plur. der e^-Stämme musste *-e|^es ergeben, z. B. *fructeiie$, woraus nur durch die Mittelstufe *fructo^(e)s, vgl. oben quattuor u. s. w., die gewöhnliche Form fructüs werden konnte, manus Plaut. Mil. 325 ist metrische Kürzung. Übrigens kann fructüs auch die Akkusativform sein (Henby, Pr^cis S. 227, Brugmann, Grundr. 2, 666).

Von den ^-Stämmen haben wir spE-s, wohl aus *spe-es, von diphthongi- schen dies res.

^) Vgl. über das ursprOiigliche Suffix dieses Kasus auch Sohulzb, E. Z. 28, 275 ff., dem ich übrigens nicht zu folgen vermag.

*) Bbuomank, Grundr. 2, 667; Lirdsay, Lat. Lang. 399. Man müsste für urspr. canfy, wie im Gen. Sing., *canis erwarten. Viel- leicht ist foris ein urspr. Nom. Plur.

>) BBüexANV, Grundr. 2, 686; v. Planta, Gramm. 2, 183.

^) Dies hatte ich in den Wien. Stud. 6,

139 wahrscheinlich zu machen gesucht.

*) CoBSSEN P, 746 f.; Bbuomann, Grundr. 2, 665; SoLMSEN, IF. 4, 247. Als Grund des Schwankens zwischen -es und -Is im Nom. wird von Bbuomann mit Recht die Umfor- mung des Akk. der t-Stämme nach dem Muster der conson. auf -ts angegeben, wo- durch neben urspr. ovts auch orBs zu stehen kam.

•) Bbahbach, Neug. 158.

120

LateiiÜBche Grammatik, o. Formenlehre.

Die o-Stämme haben die Bildungsweise der Pronomina angenommen;^) wahrscheinlich ist es wegen skr. vfTcOs, osk. Nüvlanüs, got. toülfos, dass das Lateinische gleich dem Griechischen {Xvxoi)^ Keltischen {fir)^ Slavischen (vlüci) diese Übertragung in seinem Sonderleben vorgenommen hat.') Die Grundform *agroi (vgl. gall. Tanotaliknoi Pauli, Inschr. d. nordetr. Alph. (Altit. Forsch. 1) S. 78, Stokes, Bezz. B. 11, 117) liegt allerdings nicht vor; belegt sind die Formen auf -oc, pilumnoe poploe (Festus 244 Th.), fescenmoe (ib. 61), vielleicht Fesceninoe zu lesen, vgl. Adelphoe^ in denen jedoch nach der Annahme mehrerer Gelehrten oe nur von Grammatikerhand für oi sub- stituiert ist;^) ferner ploirume CiL. 1, 32 und lUvire ib. 554 und 555, mars. socie ZvET., Inscr. It. med. 43, endlich die gewöhnlichen Formen auf -f, neben welchen seit der Mitte des 6. Jahrhunderts als graphische Varianten solche auf -ei einhergehen. Die seit dem 6. Jahrhundert inschriftlich vorkommenden Formen auf -ßS -eis -is, z. B. magistres leihereis magistris, fal. magistreis ZvET. Inscr. It. med. 70, b, die ich früher mit Bopp, Vgl. Gramm.* 1, S. 449, GoRSSEN I 753 ff., Brugmann, Grundr. 2, 662 als Analogiebildungen nach den t-Stämmen betrachtet habe, sind richtiger mit v. Planta, Gramm. 2 116 und SoLHSEN, IF. 4, 246 ff. in der Weise zu erklären, dass an die sonstige Endung der o-Stämme -^ -ei -f nach Analogie der anderen Stämme ein -s angehängt worden ist.^)

Bei den io-Stänmien bevorzugte die ältere Sprache die kontrahierten Formen z. B. filei fili (und filiei) vgl. CIL. 1, p. 605, 607, socei.

Bei den a-Stämmen deutet auf die ursprüngliche Bildungsweise neben osk. scriftas ^scriptae* umbr. urtas „ortae" marruc. osigfna« «prosiciae" (?) ZvET., Inscr. It. med. 6, lat. matrona CIL. 1, 173, 177.*^) Auf -äs (idg. *-ä + es) ist zu schliessen nach skr. dhäs „equae''. Im übrigen herrschen nur Formen auf -ai -a«, die entweder als Nachbildungen der maskulinen auf -oi u. s. w. aufzufassen sind, oder, wie Bruomann, K. Z. 27, 199 f. (vgl. jetzt auch Grundr. 2, 643) wahrscheinlich macht, die ursprünglichen Dualformen repräsentieren, vgl. besonders dime = *duuai ved. duve.^) Übrigens macht das auslautende -ae, wofür man nach § 13, 1 und 7 -l erwarten sollte, Schwierigkeiten; zu beseitigen versucht sie Osthoff, Z. G. d. P. 196 ff. Vgl. jetzt auch Brugmann, Grundr. 1^, 228. Eine ganz vereinzelte Missbildung ist sportulaes CIL. 8, 9052.

b. Neutra (zugleich Akk. und Vok.). Für die o-Stämme ist in der Grundsprache sicher -a als Ausgang anzusetzen, welches J. Schmidt als

') Bbüghamn, Techmer*8 Int. Zeitschr. 1, 255; anders Bezzenbeboeb, Gott. g. A. 1879, S. 668.

^) Dass diese Uebertragung durch Ver> bindnngen wie istl *equö8 erleichtert worden ist, bemerkt mit Recht Hsnby, Pröcis S. 201.

') BÜOHELEB-WlKDEKILDE S. 36; SOLM-

8BN, Stud. 249; Bbugmann Grundr. P, 227. *) Vgl. jetzt auch Nobdbb, Die antike Kunstprosa 191 ^ deivos der Duenosinschriffc ist jedenfalls nicht Nom. d. Plur. Es wird von den neuesten Erklärem der Inschrift übereinstimmend als Nom. d. Sing, gefasst.

^) In der litterarischen Ueberliefemng ist die Endung -äs nicht nachgewiesen. Wegen RiTSCHL, Neue Plaut. Exe. 118 vgl. Lindsat, Lat. Lang. 398. Vgl. auch Bücheleb-Winde- kildb S. 35 f. filiaa CIL. 2, 38; 8, 3783; Seiias ib. 8, 9156 sind ebenso wie ßios CIL. 6, 17959 und 8, 7467 nur irrtümlich für die Nom. gesetzte Akk.

*) Mit Bbugkann einverstanden Pezzi» La lingua greca antica (Breve encycl. VI) 187 Anm. 5. Für die erstere Auffassung Stbeit- bebg, IF. I 267. Vgl. auch v. Planta, Gramm. 2,96.

1. Deklination des Nomens. 80»)

121

identisch mit dem des Nom. d. Sing, der weiblichen ö-Stämme nach- gewiesen hat,^) indem er unwiderleglich darthat, dass der indog. Plural zu ^iugonf (lat. iugum) das feminine Eollektivum ^itigd „das Oejöche*" gewesen sei. Die ursprüngliche sing. Flexion *itigd ^iu^äs u. s. w. wurde durch die pluralische *iugd ^iuqSm verdrängt, ein Vorgang, der doch wohl nur dann begreiflich ist, wenn es neben diesen kollektiven Singularen auch pluralisch flektierende Neutra gab, als welche etwa Formen wie ai. bhdranti griech. ^äQovta idg. *hheront9 zu betrachten sind. Diese Bildung der Neutr. Plur. als ursprünglicher kollektiver Sing. gen. fem. ist bei den appellativen Sub- stantiven aufgekommen und, „allerdings schon in der Ursprache beginnend^, von diesen auf die Adjektive übertragen worden (Schmidt a. a. 0. 35). Im Lat. erscheint, wie im Nom. Sing, der femininen ^-Stämme, durchaus -a als Endung. In dem -a der konsonantischen Stämme, wie ndmm-a, capiUa^ cord-a, kann idg. 9 stecken. Die ursprüngliche Bildungsweise der *- und «-Stämme, tri- in tri-ginta und vielleicht auch cornü (s. oben S. 118 3) ist durch die Neubildungen tria (ebenso maria u. a.) und cormi^ verdrängt worden.^) Die lat. Neubildung -ia der i-Stämme hat sich auf die konsonan- tisch endigenden Adjektiv- und Partizipialstämme ausgebreitet.

Anmerkung. Die Nominative des Sing, und Flor, fangieren im Lateinischen auch als Vokative.^) Nur die o-Stämme mit dem Nominativausgang -us bilden den Vokativ des Sing, nach altererbter Weise mittels der Stammform auf -e. Auch von dem -ro-Stamme puero' haben Plautns und Terenz puere (Buch.- Wind. § 103), vgl. umbr. Tefre, das v. Planta, Gramm. 2, 102 geneigt ist f&r eine Neubildung zu halten. Die Substantiva auf -iuSf -äius, -eku haben die kflrzeste Stammform auf -%, bez. -äi, -Ü, daher füi, Gäi, VoltH, während Livius Andronicus die Form fUie gebrauchte, welche man wohl, wie umbr. Grabovie u. s. w. (s. V. Plasta, Gramm. 2, 103), aJs Neubildung zu betrachten hat^) ml wird mit Rücksicht auf seine Verbindung mit dem Femininum und Pluralen, vgl. mi parens „meine Mutter** Apul., ml Jiotnin^ Plaut.') als Gen. possess. aufzufassen sein.") Dass ein Rest der indogermani- schen Betonung, nach welcher im Vokativ im Satzanfang der Accent auf die erste Silbe znrfickgezogen wurde, in der Betonung Välert gewahrt sei, welche P. Nigidius ausdrücklich vorschrieb, vgl. Gellius Xm, 26 H., Corssbn 2, 811, Benfey, Abb. d. Gott. Ges. d. Wiss. 17, 51 f., ist nidht anzunehmen.^) Vgl. auch Hirt, Der idg. Accent 296 ff. und IF. 9, 284 ff. Die Vokative der ö-Stftmme, wie equä, können recht wohl die ursprünglichen Vokativformen sein, wie umbr. Turm, gr. yv/Agfu (vgl. § 7).*) Harpage Plaut. Pseud. 665 (Nom. Harpax), wie von einem Nom. Harpagus (vgl. den bekannten Eigennamen). Dite (CIL. 1, 818, Eph. ep. 8, 529) kann regelrecht aus *IXti hervorgegangen sein. Der Vokativ steckt in Juppiter

^) J. ScHniDT, Die Pluralbildungen der indog. Neutra (Weimar 1889), insbesondere S. 20, 88 f.; Bbüghann, Grundr. 2, 682; Giles S. 200f.

*) Vgl. darüber besonders Bbxjohann in M. ü. 5, 52 ff. Brugmann's Auffassung teilen G. Meyer in Alban. Stud. 3, 79, Gr. Gr.« S. 465, SoLMSEN, BB. 18, 144 ff., v. Planta, Gramm. 2, 155 und 163, Stkbitbbbo, Die Ent- stehung der Dehnstufe 72. Ueber cornua auch BRiAL, M. d. 1. s. d. 1. 10, 67.

>) Der Vokativ ist kein eigener Kasus und bildet kein Glied des Satzes. Als Anruf ist er dadurch charakterisiert, dass er in der Stammform erscheint (vgl. animCy hone mit der 2. sing. imp. lege u. s. w.). Ueber den Vok. 8. BRUGXAN17, Gmudr. 2, 514, Delbbück, ib. 3, 188. Hinsichtlich der ursprünglichen idg. Betonung des Vok. vgl. ausser Bbüg- XAHN a. a. 0. S. 539 Hibt, Der dg. Accent

293. üeber die Neigung des Vok. an die zweite Stelle des Satzes zu treten (Enklise des Tones) s.Wackbbnagel,IF. 1,425, Schmalz in diesem Handbuch 2', 557.

*) Vgl. § 78, 3; Whbbleb, Der griech. Nominalaccent 5 1 Fussnote ; Stbbitbbbg, P.-Br. B. 14, 201; Bbuohann, Grundr. 2, 540; Lind- SAT, Lat. Lang. 389 f.

. ^) Lindsat, Lat. Lang. 427 f.

®) Bbüghann, Grundr. 2, 819.

^) Ich stimme Langen, N. J. 113, 625 bei, der für die Richtigkeit der Aeusserung des Nig. gegen Scholl, De accentu 58 f. eintritt. Vgl. übrigens Ck>ccHiA, Rassegna critica 7 f.; d'Ovidio, Arch. glott. 7, 413 ff. ; Lindsay, Lat. Lang. 163 f.

^) Wegen des früher angeführten Vok. ved. dmba, der möglicherweise auf einer Inter- jektion beruht, vgl. Bechtbl, Hauptprobl. 265 f., Wackbbnagel, Altind. Gramm. 1, 6.

]^22 Lateinische Qrammatik. c. Formenlehre.

fdr *Jeu pater idg. *dii^ p9ter, vgl. nmbr. Japater gr. Zsv naisQ. Dagegen ist es mir sehr unwahrscheinlich, dass IHte und Jü- die Stammformen seien (Lindsay, Lat. Lan^. 389). Eline ursprüngliche Yokativform ist auch die Interjektion hercle (in der alten Komödie die einzige übhche Form), Aber deren Vorkommen man vgl. Neub 2', 989 f.). Ueber das Verhältnis zu gr. 'HQaxX^g vgl. Zimkeb, E. Z. 32, 196.

▲kkoBatiy des Singulars.

81. Das Easussuffix idg. -m = lat. -m tritt an vokalische Stämme unmittelbar, z. B. equa-m (verkürzt aus *equä'm, s. § 40 B 2), equo-m, Lü- cio-m neben alat. Comeli^ni, vi-m (aus *t;l'-»w), suem (aus *suiffp St. $ü~), manu-m, fade-m, re-m aus *r^in; hinter konsonantischen wird es sonantisch, z. B. vöcem aus *vöc-fp> idg. *u6q^, dent-em, homin-eni patr-em (Neubildung für *paterem, vgl. gr. nansQa),

Von diphthongischen Stämmen ist ursprünglich näv~em, Neubildungen sind hovem^ vgl. umbr. bum gr. /?wv, Jovem, vgl. gr. Zijv.

Einiger besonderen Bemerkungen bedürfen die ei-Stämme; ursprüng- liche Form auf -im gr. ßdm-v skr. dvi-m. Diese ältere Bildungsweise re- präsentieren inschr. turrim partim). Über andere Akk. auf -im Neue 1, 196, Bbambach, Neugestaltung 175. Schon sehr frühzeitig erscheint aber im Akk. der i-Stämme die Form -6w, welche die ursprünglichere auf -im beinahe vollständig verdrängt hat. Es ist hierin zweifelsohne die auch sonst zu beobachtende Vermischung der i-Stämme mit den konsonantischen zu erkennen.

Dass die Schreibung mit -em nur das Schwanken der Aussprache wiederspiegle, wie 0. Riemann, Revue de philol. 1886, S. 103 will, darf nicht angenommen werden. Über das inschriftliche Fehlen des auslauten- den -m vgl. § 69.

Akkusativ des Plurals.

82. Kasussuffix idg. -ns^) = lat. -ws: "^equo-ns equös; wegen umbr. abrons, in dem man die ursprüngliche Form (gew. apruf dbrof) hat er- kennen wollen, vgl. jetzt v. Planta, Gramm. 1, 510; 2, 118.

'tns vom Stamme m- ist entweder die Form des Nom. oder nach § 80 zu erklären.

Vom Ä-Stamm sü- süBs = *5%-gs; von e^-Stämmen -m5 aus *-u»s, z. B. fructüs aus "^fructu^s.

Die ef-Stämme hatten ursprünglich -is (aus *-ms), fmis, ins (die Be- lege bei Neue 2^ 284), wofür dann sehr häufig -m geschrieben wurde, so zum erstenmale neben aedis ponteis omneis CIL. 1, 551. Auch hand- schriftlich sind die Formen auf -is und -eis wohl beglaubigt. Im ganzen und grossen beruhte nach den Nachweisungen von Kelleb, Zur lat. Sprach- geschichte 2, 289 flf. der Gebrauch der Formen auf -is noch bei den augu- steischen Dichtern auf alter Tradition, wie sich aus der Übereinstimmung mit der Schreibweise Varro's ergiebt (vgl. Kelleb a. a. 0. 290^). Formen auf -es (abgesehen von [cjlasesque navales der Columna rostrata, die jeden- falls auf Rechnung der Restaurierung zu setzen sind) erscheinen zuerst

^) Wegen des Mheren Ansatzes von -ms bez. auch *-tna *'ün8 anzusetzen sei , s. ib. als Suffix dieses EasuB vgl. Bbuomann, Grund- 2, 572. riss 2, 519. Ueber die Frage, ob uridg. *-ön8,

1. Deklination des Nomons.

82—83.)

123

auf der Inschrift von Puteoli CIL. 1, 577 v. J. 105 v. Chr. (omnes), dieselbe Form auch CIL. 1, 1009, 2 und 1012, 2. Seit dem Beginn der Eaiserzeit sind in Prosa die Formen auf -ss (gleich der Nominativform, vgl. die Über- einstimmung der beiden Easusformen bei den konson. Stämmen) die herr- schenden geworden. Auf dem Mon. ancyr. nebeneinander onmis (mit i longa) 5, 32 und omnes 4, 20, ebenso Comm. lud. saec. saecularis 52 und saecu- lares.^) Über das Vorkommen der Form cjvfs auf den Münzen der augu- steischen Zeit s. 0. Hey in Arch. f. lat. Lex. 11, 270 f.

res fQhrt auf die idg. Grdf. *rei^, dies auf idg. *di{i)e^^ zurück, ebenso sind näves baves ursprünglich (Grdf. *nä^^ *ho^^). Bei den kon- sonantischen Stämmen ist -es = *-^ die regelrechte Endung, z. B. ped-es vöc-es idg. *ped-^ "^U^i^-^s; vgl. ferner reg-es, ördin-es, hanör-es, patr-es, redör^es, Übertragung des Ausgangs -eis der t-Stämme auf die konsonan- tischen ist inschriftlich nicht nachweisbar, Akkusative auf -is von kon- sonantischen Stämmen gehören nur der vulgären und späteren Sprache an.

Hinsichtlich der ^l-Stämme ist es nach den Ausführungen J. Schmidt's, E. Z. 26, 338 wohl als sicher anzunehmen, dass sie bereits in der idg. Grundsprache den Akk. d. Flur, ohne -n- gebildet haben; somit kann lat. eqxiäs der unmittelbare Reflex von idg. ^ek^äs sein.^) Jedoch legen osk. viass für *f;ia-w5, umbr. vitlaf „vitulas* für "^viüa-ns die Vermutung nahe, dass auch lat. equäs auf eine nach dem Muster von ^eqtiöns gebildete Form ^equa-ns zurückgefllhrt werden muss.')

Genotiv des Singulars.'*)

83. Kasuszeichen -os, gr. -og, gall. -os, z. B. lUanomak-os Stokes, Bezz. B. 11, 124: so von e?^-Stämmen magisträtuos aus *magistratet/^s, *magisträtoif'OS, senattMS, fal. zenatuo-,^) daraus vielleicht, aber keineswegs sicher (vgl. Lindsay, Lat. Lang. 384) domifrus exercUt^us, möglicherweise aber auch uu = ü.^) -us bei konsonantischen Stämmen, z. B. Castorus Cererus honörus, die sich bis in die Mitte des 8. Jahrh. d. St. erhalten haben; aerus CIL. 4, 2440, Caesaru ib. 1, 698, nationu (prän.),^) aber senaiu CIL. 1, 1166 für senatüs dürfte auf Satzsandhi beruhen, da sententia folgt, ^) und die Genitive der Neutra auf -ü, wie comü genü (vgl. die Belegstellen bei N£U£ 2 3 354 £f.), beruhen nicht auf lautlichem Prozess (Abfall des aus-

^) Anders, aber nnrichtig die Darstellang bei BCoHBLEB-WiHDEKiLDB S. 54, der ich in Wien. Stad. 6, 186 f. gefolgt bin. Vgl. auch Neue 1*, 245 ff. lieber das Monum. Ancyr. TgL WGlvflin, Sitznngsb. d. bayer. Ak. 1886, S. 256; vgl. aoBserdem Ribbeck, Prol. Verg. Ind. S. 105, Bbambach, Neag. 140 ff., beson- ders 157.

») Vgl. Stbbitbbeo, IF. 8, 150; ürgerm. Gramm. 287; BBuaMAEir, Grondr. 1>, 846 f.

») Vgl. ▼. Planta, Gramm. 2, 97; über die oBkischen Formen anch Bück, Der Voc. d. oek. Sprache 82 f.

'*) ]^e mehr originelle als wahrschein- liche Vermutung fiber den Ursprung dieses Kasus Ton J. Kozloyski in Techmer's Intern. Z. f. Sprachw. 8, 285. Ueber die ursprüngliche

Gestalt des Suffixes vgl. Hibt, IF. 2, 180 ff. und Stbeitbebo, Die Entstehung der Dehn- stufe 66 f. ; Urgerm. Gramm. 224 f.

') Fabbetti no. 2441, vgl. Pauli, Altit. Stud. 1, 81 ; Bb^al, M^m. d. 1. S. d. 1. 4, 400 f.; ZvET. Inscr. It. med. 68. Allerdings kann als Grundform auch eine solche auf -(u)if08 an- gesetzt werden (v. Planta, Gramm. 2, 159).

*) BüOHBLEB-WiNDEKILDE § 150. So

schrieb -uu- der ftltere Plinius ; vgl. die hand- schriftlichen Spuren in Symb. philol. Bonnens. 712 f.

^) Hermes 19, 458; Sohneibbb no. 108. Vgl. jetzt die Zusammenstellung der Formen bei Lindsay, Lat. Lang. 884.

*) RiTSCHL, Op. 4, 171 = senätui; doch kann ui nicht = ü sein.

124

Lateinische Grammatik, o. Formenlehre.

lautenden -s, das nach langem Vokal in der lat. Schriftsprache stets wieder- hergestellt worden ist), sondern auf Angleichung an die übrigen gleich- lautenden Formen des Singulars. Dass ein solcher Genetiv auch in op-tis stecke (in der Redensart opus est), vgl. Reiffebscheid im Breslauer Lek- tionskatalog f. d.W. S. 1877/78, ist mir jetzt nicht mehr allzu wahrschein- lich, s. Delbrück, Grundr. 3, 253^. Hingegen ist ein solcher Genetiv -dius in mter-dius (= *di^as ai. div-ds) ; vgl. oben § 78, 6.

Kasuszeichen -es:^) Apolan-es CIL. 1, 187, Cerer-es ib. 811, SaluUes ib. 49, Vener-es Schneider 30; sollte -fö anzusetzen sein, dann wäre diese Endung wahrscheinlich dialektischen Ursprungs, vgl. osk. medikeis.^) Um- gelautet zu -is ist es das gebräuchliche Suffix der konsonantischen, di- phthongischen und infolge Übertragung auch der ^'-Stämme, vgl. homin-is, näv-is, fcov-is u. s. w. Der tl-Stamm sü-s bildet regelrecht sü-is aus *süu'es vgl. skr. bhuv'ds „terrae** gr. (Tv-og. Vermischung der ü- und eff-Stämme» daher senattinis domu-is comu4s.^) Entsprechend vielleicht vom I-Stamm üf^ i>is aus *v?t-es *vXiis vgl. skr. hhiy-ds ,timoris* gr. xtr^g von xfe; anders Brugmann, Grundr. 2, 578.

Easuszeichen -s: Der Genetiv der ei-Stämme muss mit Rücksicht auf osk. Herentateis „Veneris* skr. dve-^ ,ovis* auf *-6W *-es (nach J. Schmidt, K. Z. 27, 287 f. älter *-ojs) angesetzt werden. Indessen er- scheint, soweit unsere Überlieferung zurückreicht, die Endung -is (= äl- terem -es) infolge von Übertragung von den konsonantischen Stämmen auch bei den et-Stämmen, wie dlv-is ment-is usw.

Die seit Beginn der Litteratur erscheinenden Genetive auf -üs der e«^-Stämme entsprechen, wie umbr. trifor „tribus* „fundi* osk. Cdstrous got. sundus, den altindischen Genetiven auf-o^, daher tribüs B,u6*tribe^'S*fribo^'S. In welcher Weise die doppelte Bildungsweise der a^-Stämme ursprünglich verteilt war, ist nicht mehr zu ersehen. Dasselbe Suffix vielleicht in noC'S (aus ^noct-s oder richtiger aus *nocUes *nocUos mit Synkope, vgl. SoLHSEK, Stud. 192) Leg. XII tab. rel. ed. Scholl 144 und an zwei anderen Stellen (Neue 2^, 651), da dieses Adverbium jedenfalls eher genetivischen Ursprungs ist (Delbrück, Grundr. 3, 591) als lokativischen (Zieler, Beitr. z. Gesch. d. lat. Ablativs 50 f.). Zweifelhaft ist, ob -s desselben Ursprungs ist auch in ah-s ci-Sy cc-s.*) uls begreift sich nur als Analogiebildung nach eis (Brugmann, Ber. d. k. sächs. G. d. W. 1883, 191, wo überhaupt über dieses genit.-ablat. -5 gehandelt ist).

Über das inschriftliche Fehlen des auslautenden -s vgl. § 69.

Der Genetiv d. Sing, der ö- und to-Stämme^) endigt auf den ältesten

^) Während ich früher noch an die Mög- lichkeit gedacht hatte, -is aus -ita auf laut- lichem Wege herzuleiten, muss ich jetzt ienen Forschem Recht geben, welche zwei, bez. drei idg. Easussuffize -os, -es (vgl. Lok. 'Oi und -ei) und -8 annehmen und deren ur- sprüngliche Verwendung nach der verschie- denen Betonung geregelt betrachten; vgl. Brugmank, Grundr. 1, § 81 Anm. 1; Hayet, Möm. d. 1. S. d. 1. 5, 446; Krstschmer, E. Z. 31, 356; ScHHiDT, Pluralbildungen 115 Anm.

') S. auch LufDSAY, Lat. Lang. 884.

>) Nach Gellius IX, XVI, 3 H. erklärten einige alte Grammatiker diese Geneüve als Anidogiebildungen nach dem Dativ: sefUUu-is: aenätu-i = dius-ü : duc-ü Diese Möglichkeit muss immerhin zugegeben werden.

^) Ueber ec, das Ribbbck wiederholt im Texte des Vergil hergestellt hat, Yahlen, Z. f. d. öst. Gymn. 1860, S. 16 f.; Nbüb 2», 868 f.; Hist. Gramm. 1, 124.

^) Ausser den bekannten Werken vgl.

1. Dekünation des Nomens. 83.)

125

Denkmälern auf -7, erst seit c. 600 (zum erstenmale erscheint ein solcher Gen. cogendei auf der Weihinschrift des Mummius CIL. 1, 542 a. u. 608) auf -ei, worin nach unseren § 32 gegebenen Auseinandersetzungen nur eine graphische Variante von -f zu sehen ist. Jedenfalls zweifelhaft ist, ob unB faliskisches Zextoi^) berechtigt, als Grundformen auch für das Latei- nische solche auf -oi anzusetzen, da diese ganz allein stehende Form nicht allzu sichere Gewähr hat (vgl. Brügmann a. a. 0. 586). Jordan, Hermes 16, 511 denkt an Doppelformen auf -ei und -oi. Alle Versuche, die lat. Gtonetive der o-Stämme mit dem idg. Suffix -sio {-s^io) in Verbindung zu bringen, sind lautgesetzlich nicht zu rechtfertigen. Ebenso scheitert der Versuch, sie aus Grundformen auf "^-ois unter Berufung auf die oskischen und umbrischen Formen auf -m (-eis) und -es {-er) z. B. osk. pümpaiia- nais sakarakleis, umbr. kapres, popler abzuleiten, an dem Umstände, dass das suffixale s des Gen., welches in der alten Sprache allerdings ge- legentlich nicht geschrieben wurde, seit Beginn der litterarischen Periode überall wiederhergestellt worden ist. Die seit Bopp, Vergl. Gramm.* 1 S. 399 öfter wiederholte Vermutung, der lateinische Gen. der o-Stämme sei der alte Lokativ, welcher vonseiten der Bedeutung grosse Bedenken entgegen- stehen (Delbrück, Grundr. 3, 307), hat neuerdings Bbugmann a. a. 0. wieder aufgenonmien und bei manchen Sprachforschem (vgl. v. Planta a. a. 0.) Beifall gefunden. Sicher ist aber nur, dass das Italische und Keltische (vgl. z. S. Segomari)^) eine gemeinsame Bildung des Genetivs auf -7 auf- weisen, der auch der messapische Genetiv auf -ihi {h Dehnungszeichen) entspricht. Vgl. insbesondere Eretschmer a. a. 0. 275^ und die dort an- gefahrte Litteratur. Dieser Genetiv auf -? ist von den lo-Stämmen aus- gegangen und auf die o-Stämme übertragen worden. Der Genetiv der io-Stämme lautete bis in die Zeit des Augustus auf -^ aus bei den Sub- stantiven, -if (-iei) hatten die Adjektive. Die genaueren Angaben siehe bei BüCHELER-WiNDEKiLDE § 176 f., Brambach, Noug. 188 ff. und oben § 78, 3. Naepor enthält nicht den Genetiv (dies die Ansicht von Bücheler-Winde- lOLDE § 173), sondern ist ein Stammkompositum i^Naev'(^or *Naei^X''pover)^ vgl. SoLMSEN, Stud. 104 und 117.

Die einzige altererbte Form des Genetivs der ä-Stämme ist die auf "OS (europäisch, gegenüber arisch -ayäs)^ vgl. familias Lätonäs ^scas viäs (Ennius) Caira Eph. ep. 1 S. 8 no. 6, soviel als Coiros, s. auch Lattes, Le iscrizioni paleolatine 21, Schneider 23, auras vielleicht noch Vergil Aen. 11, 801, Blbb. prol. 131, osk. eittms „pecuniae', umbr. tutas „civitatis^, pael. Uranias „üraniae'^, marruc. Jouias „Joviae, Junonis" gr. x^Q^9 (wegen des Accentes nicht aus *x(OQdiag. ^) Mit Unrecht werden diese lat. Gen. auf -ä^^ von Gandino, Riv. di fil. 5, 101 f., Fumi, Note glott. 54 als entlehnt aus dem Oskischen oder gelehrte Nachbildung griechischer Formen bezeichnet.

PsTBOin, Dei caai nelle Hngae classiche, Napoli 1878; Cooohia, Questioiii p. 46 f. (vgl. S. 85 Fnsanote 1); Fumi, Note glott. 57 f. nnd jetzt besonders dbugmanv, Grundr. 2, 585 f. ; X. Plabta, Gramm. 2, 105 f.; Lindsat, Lat. lAng. 383; Ebbtschmkb, Einl. 275 f.

1) Bull. d. corr. 1881, 51 f.; Pauli, Altit.

Stad. 1,31; Zvet. Inscr. It. med. 71 ; Sohkeideb Nr. 9; Dbbcke, Die Falisker 180.

>) Zeuss-Ebel, Gramm, celt. S. 223; Stokbs, Bezz. B. 11, 152; Holdeb, Alt-Celti- scher Sprachschatz 2. Bd., S. 8.

•) Mahlow, D. 1. V. 35; G. Meyeb, Gr, Gr.» § 346.

126

Lateinische QrMnmatik. o. Formenlehre.

Letztere liegt vor in Quartas fiUus CIL. 9, 2398 u. a. Übrigens bemerke ich, dass auch Grundformen auf ^-^ias im Lateinischen lautgesetzlich hZ$ ergeben hätten, wodurch zugleich alle Versuche, die verschiedenen latei* nischen Bildungen des Genetivs der <z-Stämme aus dieser einen Grund- form zu erklären, hinfällig werden. Mithin sind die später ausschliesslich üblich gewordenen Formen auf -ai lateinische Neubildungen, und zwar nach dem Muster der o-Stämme,^) und zwar ist die Übertragung durch .die männlichen d-Stämme bewirkt und vermittelt worden. Inschriftlich überliefert sind z. B. Lavernai CiL. 1, 47, Duelonai 196, 2. Über das Ver- hältnis dieser inschriftlichen Formen zu den späteren auf -cLe lässt sich nichts absolut Sicheres sagen, da wir nicht wissen, ob AI -af oder ai zu lesen ist.*) Die Formen auf -aes auf plebeischen Inschriften des 7. Jahr- hunderts, z. B. Pesceniaes Laudicaes CiL. 1, 1212 und oft, die ich früher mit SiTTL, Die lok. Versch. S. 16 u. 40 als Gräcismen bezeichnet habe, sind vielleicht richtiger mit Lattes, Le iscrizioni paleolatine 46 f. (daselbst auch die beste Beispielsammlung, vgl. übrigens auch Neue 1* 13 f.), dem v. Planta, Gramm. 2, 88 beistimmt, italisch-dialektischer (osk.-sabell.P) Herkunft. Da- gegen sind wohl sicher gräcisierend die Formen auf -^ (BOcheler-Winde- KiLDE § 165, Lattes a. a. 0.). Die Schreibung mit -6 ist nur von graphi- scher Bedeutung für die Vulgärsprache.

Auch der Genetiv auf -i der diphthongischen und e-Stämme ist eine Neubildung nach dem gleichen Muster, leicht erklärlich durch die Be- rührung der "ia- und -ler-Stämme. Die ursprünglichen Formen sind die spärlich erhaltenen auf -^, z. B. di^s sp^s und darnach fides rabi&s (Büch.- WiND. § 166). Das nach skr. rayäs vorauszusetzende *r^ aus ^rei-es ist nicht erhalten, sondern durch die Neubildung rer, bei Plautus re%, nach dem Muster der a-Stämme verdrängt, wie denn die Formen auf -ef die herrschenden überhaupt wurden. Daneben noch die lautgesetzUchen Formen auf -Ä, wie faciipemicii (zu beurteilen wie mieis § 8, 7), du Verg. Aen. 1, 636, bezeugt auch von Gellius IX, 14, aus *diii *didi. Die Verwendung von Formen auf -e für den Genetiv, die gelegentlich noch bei Dichtern und Prosaikern der Zeit des Augustus, z. B. die Verg. Georg. 1, 208 Ribb., sich findet, be- ruhte ursprünglich auf einer formalen Verwechslung mit dem Dativ, ^) der laut gesetzlich fide lauten müsste, aber durch fidei ersetzt wurde.

Anmerkung 1. Das von Augushis nach Suetonius (Nbub 1,352) gebrauchte domos kann ich mir nur als graphische Variante für domüs erklären; durch o soll der offene u-Laut bezeichnet werden. Anders Ebetschmeb, E. Z. 31, 453.

Anmerkung 2. Nicht selten findet sich von etf-St&mmen der Genetiv nach Ana- logie der O'StAmme gebUdet, so gewöhnlich senätt auf den Inschriften des 7. Jahrh. d. St. (RiTSCBL, Op. 4, 171 f.). Vgl. auch QuintU. 1, 6, 27 und Gharisius bei Ebil, Gr. L. 1, 143, 12 f. AusfOhrliche Stellensammlung bei Nbub 1', 352 ff.

Anmerkung 3. Die ganz vereinzelte Genetivform Hedonei CIL. 11, 3316, vgl. die Dativform Par[t]enope% ib. 12, 2366, halte ich fdr AnalogiebUdungen nach dem Muster

^) Die frther CIL. 1, 57 gelesene Form Prosepnais hat sich nach den neuesten Unter- suchungen als verlesen fOr Proaepnai heraus- gesteUt, und ist ausserdem Dativ; vgl. Rh. M. 42, 486 f. Lattbs, Le iscriz. Paleolatine 44 f. hält die Form fttr einen Nominativ.

*) Nach LiNDSAY, Lat. Lang. 381 wäre es

derselbe Diphthong, wie ai in aidüis. Häufig bei Plautus und vielleicht auch bei Terentius -ai (ebenso -ii); vgl. Lindsay, Lat. Lang. 881, Class. Rev. 10, 424 ff.

>) Dativ -Lokativform nach Bbugmann, Grundr. 2, 573.

1. Deklination des Nomens, 84.)

127

der Substantive der sog. 5. Deklination. Vgl. Verf., Festgrass u. s. w. 114 f.; Linosay, Lat. Lang. 381. Hübnes, Woch. f. klass. Phil. 1893, 79 setzt im Nom. Hedonium an.

Anmerkung 4. Metioeo Fufetioeo (Ennins nach der wahrscheinlichsten Lesart bei Qoint. 1, 5, 12, vgl. Nbue 1^, 131, Rbichabdt, N. J. 139, 107) ist jedesfalls nur poetische Freiheit nach dem Muster der hom. Gen. auf -oto,

Qenetiv des Plurals.

84. Nach den Ausführungen Osthoff's, M. U. 1, 207 f. ist das idg. Suffix zur Bildung dieses Kasus -Öm gewesen, jedoch war schon in der Grundsprache der Ausgang -öm, der vielleicht von den o-Stämmen her- stammt, auf alle anderen nominalen Stammklassen übergegangen (Streit- BEBO, IF. 1, 289). Nach den lateinischen Auslautsgesetzen (vgl. § 40, 2 und Priscian, Gr. L. 2, 366, 21) ist das ursprünglich vorhanden gewesene 'um durchaus zu -öm gekürzt worden, i) Inschriftlich nachweisbar ist -om in PoumiUonom auf einer pränestinischen Cista Eph. ep. 1, 20, CIL. 14, 4110, Schneider 47, handschriftlich iovom vgl. § 78, 6, sonst erscheint ^m, daher vöc^umj homin^um, patr-um, honör-um^ igni-um,*) su-um für *sUu'Om. magisträtu-um aus *magistrate^'-om *magistratoU'Om oder vielleicht eher aus '*magisirat-(u)^'Sm (Brügmann, Grundr. 2, 695), statt der letzten Form ge- legentlich auch kontrahierte auf -tlm, z. B. passüm (Plautus und öfter s. Georges s. v.), currüm Verg. Aen. 6, 658, exerdtüm Mon. Ancyr. V, 40. Die i-Stämme haben vielfach die konsonantischen in der Bildung dieses Kasus beeinflusst, so vor allem die Partizipia auf -nU, von welchen die prosaische Sprache die Formen auf -mm vorzog, während die Dichter Ennius, Lucre- tius, Yergilius häufig die auf -um gebrauchten. Bei den Substantiva auf -tat^ (gr. -^riT')^ z. B. Gen. Plur. cxvitatum und civUatium, liegen wohl Doppel- stamme vor. Einzelne Verirrungen des Sprachgeistes, den auch die Gram- matiker nicht vollständig zu meistern verstanden, sind bei Bügheler- WiNDEKiLDE Verzeichnet. In der Praxis galt im allgemeinen zu allen Zeiten das Gesetz, dass von den Nomina, die im Nom. und Gen. d. Sing. auf "is sich endigten, der Gen. d. Plur. auf -ium gebildet wurde (doch all- gemein apuni). Im übrigen vgl. man die statistischen Ausweise bei Neue 1«, 258 ff. alituum Lucretius 2, 928, Verg. Aen. 8, 27 ist wohl ein Produkt des metrischen Zwanges. Auch die o-Stämme bildeten ursprünglich den Gen. d. Plur. mittels des Suffixes -om,») daher als Münzlegenden Bomano{m), Corano{m\ vgl. osk. Nüvlanüm „Nolanorum", umbr. puplu „populorum", volsk. Velestroni ,Veliternorum" Zvet., Inscr. It. med. 46, pael. cerfum „Ce- rerum" oder „Cerrorum* ib. 11, gr. ^eSv (aber Äisemim CIL. 1, 20 ist sicher oskisch und vielleicht sogar Nom. Sing, neutr., vgl. v. Planta, Gramm. 2, 145 f.). Diese Bildungsweise hat sich vielfach bei Dichtern, vereinzelt auch bei Prosaikern behauptet, ist aber in der klassischen Sprache einer Analogiebildung nach dem Muster der a-Stämme und Pronomina unter-

^) Nach G. M. Lahb in Harvard Stad. in daas. Fhfl. 1, 89 ff. soll die ursprüngliche LftDge noch his zum Ende des ersten Jahr- hnndertB gehOrt worden sein. Jedoch ist dies iedesfaUs nicht sicher trotz der verschiedenen Behandlaug des Genet. d.Plur. und Nom. Akk. d. Sing. gen. neutr. auf den ältesten Inschrif- ten, z. B. CIL. 1, 16 Sii€8ano probom ,Saes-

sanorum probom ''. Vgl. Ltndsay 213. Auch Marx, HOlfsbttchlein^ 2 spricht von Länge des -um in diesem Kasus, duümviratum CIL. 10, 1081 dOrfte kaum beweiskräftig sein.

*) Die lat. Form auf -ium ist die ur- sprüngliche, vgl. tres, trium, gr. TQ^üy^

') Ausführlich Cobssbn 1, 586.

128

Lateinisoho Grammatik, o. Formenlehre.

legen, ^) wovon das erste inschr. Beispiel duonoro CIL, 1, 32 ist {ohrum der restaurierten col. rostr. kann als sicheres Beispiel nicht aufgeführt werden). Immer in Prosa gebraucht sind denarium, modium, ssstertium, II- oder lüvinitn,*) fabrum in dem Titel praefectus f. Analogiebildungen nach dem Muster der o-Stämme finden sich nicht selten, so holerörum (AoZus), po^ma- törum (j[>o€ma), vectigaliörum (vecUgalia), andere wie pantificorum, inesoru{m) und Genetive auf "örum von u-Stämmen gehören der Yulgärsprache an. Die ursprünglich der pronominalen Deklination eigentümlichen Genetive auf ^-söm, vgl. gr. tc5v hom. täcov für Haanav skr. td^am lat. is-ta-rum (dar- nach is~t(hrum trotz dor. ciXkäv u. s. w.,^) haben im Lateinischen wie im Oskischen und Umbrischen, vgl. osk. egma-zum „rerum", umbr. prctca- tarum*) (Bedeutung unbekannt), die ä-Stämme angenommen, amphorum und drctchmum sind Gräzismen, die Komposita mit -^ola und -jfena haben die kürzere Genetivform auf -um nach Art von Aeneadum Gangaridum angenommen.^) Nach dem Muster der a-Stämme auch rerum diSrum fa- ciErum (Cato). facieum speciöum, angeführt in Fragm. Bob. de nom. bei Keil, Gr. L. 5, 563, 11, werden nicht aUzu vielen Glauben verdienen.

Dativ des Singalara.

86. Der Dativ der o- und a-Stämme ist erwachsen aus bereits indo- germanischer Kontraktion von o -\- ai, ä + ai^) zu *-^' *-ät; über die An- nahme idg. Doppelformen vgl. § 13, 7. Inschriftlich bezeugt Nuniasim 2, 1) [in Aufidioi CIL. IX, 4527, Schneider 315 kann -oi wohl nur Fehler des Steinmetzen sein]; von Marius Victorinus erwähnt populoi Romanoi, vgl. osk. hürtüi «horto''. Andere Angaben über diese alte Dativform sind sehr unsicherer Art.') Die Grundformen müssen auf *-(!Ji angesetzt werden. Von «-Stammen gehören der ältesten Formation an Menervai Loucinai CIL. 1, 191, 813. Die lautgesetzlichen antevokalischen Fortsetzer der Grund- formen auf *-ö{ und *-«{ sind, wie bereits oben § 13, 7 bemerkt wurde, und -fl, daher hello vest. Herclo, Matütä Erucma u. a. fal. Menerva.^) Natürlich haben mit diesen Formen die britannischen Dative Nemetona, sacratissima CIL. 7, 36, 46 nichts zu schaffen.^) In der klassischen Latinität

^) Ueber die Gründe Bb^al in M^langes Renier (Paris 1887) S. 233-39. Vgl. auch noch bes. Cicero Orator 46, 155, 156.

*) Dagegen XVrtrorwm in Comm. Ind. Baec. und auf dem Monnm. Ancyr.

•) Osthoff, Z. G. d. P. 199 f. Anm. wegen J. Schmidt, K. Z. 25, 5 Anm.

«) Da urit. -öm im Nennmbr. immer als 'Om '0 erscheint, so wird man in unserem Falle -um als Repräsentanten von urit. -5m betrachten und annehmen müssen, dass die ursprünghche Länge im Osk.-Umbr. erhalten blieb. Vgl. V. Planta, Gramm. 1, 121 ; 2, 122 f.

') BRUGMAim, Grundr. 2, 693.

^) De Saussube, M^m. 92; Osthoff, M. ü. 2, 114; 4, 283. Die Auffassung Johansson's, Bezz. B. 14, 156 Anm., der überhaupt keine idg. Eontraktionen dieser Art zulassen will, teile ich nicht, -ai, nicht -ei, wie einige Ge- lehrte wollen (vgl. Bruomakk, Griech. Gramm.*

226), ist als das uridg. Suffix des Dativs an- zusetzen.

^) Jobdan, Erit. Beitr. 241.

Gesammelt bei Sittl, Die lok. Versch. 2 f., V. Planta, Gramm. 2, 94. quo, aiiö, die ich früher nach Bb^al, M^m. d. 1. S. d. 1. 6, 168 als Dative erklärt habe, sind richtiger mit Bbügmann, Grundr. 2, 627, 783 als Loka- tive aufzufassen.

*) In der zweiten Auflage ist auf den Erklärungsversuch von refert, den Schmalz in der ersten Auflage der Syntax § 78 (S. 271) gemacht hatte und womach angeblich *rei-fert (demnach med als Dativ zu fassen) zugrunde liegen sollte, aufinerksam gemacht worden. In der zweiten Auflage S. 423 hat sich Schmalz der ScHÖLL'schen Erklärung von refert = ^ex re fert" angeschlossen, die schon v. Planta, Gramm. 2, 94^ als nicht recht einleuchtend bezeichnet Ausführlich Bbuomann, IF. 8.

1. Deklination des Nomens. 85.)

129

haben die antekonsonantischeii Formen auf -äi -ae, die mit der Form des Lokativs zusaomienfielen, die Alleinherrschaft errungen.^) In dem von Ennius annal. 605 Müll, gebrauchten terräl fmgiferdi (vgl. Martial XI 90, 5) scheint mir nichts anderes als eine poetische Freiheit vorzuliegen, entschuldigt durch die gleichlautende Form des Genetivs.^) Über die ver- einzelte Schreibung des Dativs mit -af (ursprünglich wohl eine Folge der Vorschriften des Lucilius und Nigidius, vgl. Eist. Qramm. 1, 208) zu allen Zeiten s. Bücheleb-Windekilde § 264. Die besonders in Etrurien, Picenum, Umbrien, im Marserlande') schon auf sehr alten Inschriften, z. B. Victorie CIL. 1, 183, Diane 168, vorkommende Bildung dieses Kasus auf -e ist dem Einfluss benachbarter Dialekte zuzuschreiben (umbr. tote .civitati** mars. Vesune [Name einer Gottheit] Zvet., Inscr. It. med. 41, volsk. dene „deae* ib. 46), sicherlich aber nicht griechischem (Hammer, Die lok. Verbreitung frühester rom. Lautwandl. im alt. Lat., Halle 1894, S. 10). Rein graphischer Natur ist die Schreibung mit -e auf plebeischen Inschriften der späteren republikanischen, häufiger der Kaiserzeit, die schliesslich auch in offizielle Schriftstücke Eingang fand.

Für den Dativ der konsonantischen, diphthongischen und f-Stämme erscheinen nebeneinander Formen auf -ei und -i, neben welchen (allerdings nur von konsonantischen und diphthongischen Stammen nachgewiesen) schon auf den ältesten Denkmälern solche auf -e nachzuweisen sind, das man wohl als lang ansetzen muss. Vgl. z. B. Jove der Duenosinschrift, Diove CIL. 1, 188, [DJiovei Victore ib. 638 und das gewöhnliche Jovi.^) Alle drei Formen sind nur Varianten derselben Grundform,^) als welche für die konsonantischen und diphthongischen Stämme mit der grössten Wahrschein- lichkeit die idg. Dativform auf -ai anzusetzen ist. Mithin sind die Grdf. zu Jot>-i pair^i nömin^j ^dio^-ai (urit. für idg. *di^-at) *p9tr''ai *wöm(e)n- vgl. ai. div-i\ pitr-e umbr. nomne^) und lat. legimin-i (alter Infinitiv), gr. Uyä^ev-aij) Auch die Form on könnte vielleicht wirklicher Dativ sein (aus ^ovei-^i, vgl. ai.^amy-e),») dürfte aber wahrscheinlicher als Analogie- bildung nach patr-i u. s. w. aufgefasst werden, vgl. ov^is nach patr-is.^)

Ganz gleich geartet, wie die Dative patr-^ nomin-t u. s. w., sind die der u-Stämme, senatii-ei CLL. 1, 201, 12, später senäturi, die ebenfalls als

218 ff., wo in glaabhafter Weise ,icl mea[s] refs] feit* als die nnpr&ngliche Fassung er- klärt wird.

*) Bsüomahn, Grundr. 2, 601 ; Bück, Der Vocalismns d. osk. Spr. 148.

^) Nach Bbuomann, Gnindr. 2, 601 ^wie 68 scheint, eine Konsequenz des genetivischen und dativischen Gebrauchs der Formen anf

-& der tlf-StlLmme". Regelmfissig wird -äi-H gemessen (Likdsat, Claas. Rev. 10, 424 ff.). *) SiTTL, Die lok. Versch. 10.

*) Vgl. BOCHBLBB-Wlin>EKIL]>B § 276 f. ;

SiTTL, Die lok. Versch. p. 7; Sohkbideb 155 f.; CIL. 14, S. 588 (Sammlung dieser Dative auf '€ (ans den Inschriften des alten Latium). Das früher an dieser Stelle angeführte Ope der Duenosinschrift ist nach dem neuesten ErklSrungsvenmch Thubkbtsen'b jedenfalls

ganz unsicher.

^) Vgl. SoLMSBN, IF. 4, 246 (auch Lindsat, Lat. Lang. 387), wodurch die filtere Darstel- lung, nach der in dem -S dieser Dative der Rest der idg. Lokativendung -e der f-Stämme zu suchen war, hinfällig wird.

^) Vgl. Übrigens v. Plaüta, Gramm. 2, 173.

') hum^i, das Osthoff, Z. G. d. P. 195 als einen alten Dativ (= gr. /aju-ai) erklbt, ist doch wohl eher Lokativ, wie dornt, da es bei Plautus noch nicht vorkommt (Nbub 2*, 642).

^) Betreffs der entgegenstehenden Be- denken vgl. V. Planta, Gramm. 2, 151.

*) Dative auf -S von diesen StAmmen sind nur vulgftr, die angeblich für die Dichter- sprache nachgewiesenen dieser Art sind be- reits von Nbub 1, 195 beseitigt

Baodbaeli der klut. AltertnmswiBseiuchaft. II, 2. 8. Aufl.

9

130

Lateinische Grammatik, o. Formenlehre.

echte Dative zu fassen sind. Zweifelhaft bleibt, ob Grundformen auf *-6^-ai (urit. ^-a^Hii) oder *^ihai anzusetzen sind. Hingegen sind die auf -ü, ebenso wie noctü umbr. trifo „tribui*, ursprüngliche Lokative.^)

Von einem t2-Stamm su-f, Grdf. ^su^-ai; von einem f-Stamm t;i aus

^

Der ursprüngliche Dativ der ^- bez. diphthongischen Stämme liegt in den Formen fade fide vor; ebenso auch re [quoi re Plaut. Poen. 815], wie equö Matuta; Nebenform facif^ wie im Genetiv; facie-^ ist Neubildung nach dem Muster der konsonantischen Stämme.

Lokativ dee Singnlan.')

86. Die eine der beiden idg. Lokativbildungen mit Suffix -i ist am deutlichsten bei den o-Stämmen erkennbar; die älteste auf italischem Sprachgebiet nachweisbare Form ist osk. müinikeiterei „in communi terra^, endigt also auf -ei (Dativ hortüi), welches als europäischer Aus- gang der oxytonierten Formen anzusetzen ist,') vgl. dor. mxh ttsT^ bary- tonierte Formen hatten -oi. Der Ausgang -ei liegt vor in s^tumei Plaut. Persa 260 (BCD) ;*) daneben -^ in diequints, di^qtmrtS^) und regelmässig -7 in dis proxumi, cofti^di^, postr^di^ und darnach vielleicht auch pn-die,^) Der Wechsel von -ei -e -r ist zu beurteilen wie im Dat. Sing, der konson. Stämme. In klassischer Zeit fallen die Formen des Lokativs mit denen des Genetivs zusammen, daher die adverbialen Bildungen domi vom Stamme domo-, belU u. s. w.

Von den lo-Stämmen lautet der Lokativ auf aus, z. B. SüniL Der Lokativ der a-Stämme endigt auf ~ai, z. B. Romai CIL. 1, 54, später -oe, und wird jetzt allgemein auf eine Grundform auf *'ai zurückgeführt, die schon in der Grundsprache mit der des Dativs zusammengefallen war.^)

Lokative sind nach Johansson, Bezz. B. 13, 10 f. auch die Städte- namen Fundi VeUtrae, jedoch ist diese Erklärung wenig gesichert. Dass die Grammatiker die Funktion des Lokativs auf den Genetiv übertrugen, nicht auf den Dativ, hat seinen Grund darin, dass bei den o-Stämmen Lokativ und Genetiv formell zusammenfielen.

Sichere Reste des Lokativs der i-Stämme sind nur wenige nachzu- weisen, ovi könnte Lokativ sein (aus *ovei-i oder *ov^ (und als solchen fasst turr^ Streitbebg, Dehnstufe 51^), ist aber wahrscheinlicher nach § 85 zu erklären. Dagegen sind peregn und mit Übertragung des -f auf kon- sonantische Stämme temperi (vgl. vesperi vom o-Stamm vespero-)^ run als wirkliche Lokative zu betrachten.^) peregre (Plaut.) verhält sich zu peregrf^

^) Vgl. Bbügmakn, Gnindriss 2, 614; V. Planta, Oramm. 2, 159. Die Instrumental- form manu (J. Sohxidt, K. Z. 27, 304) lässt Bbuqmanii, Gnindr. 2, 633 mit dem Ablativ zusammengefallen sein.

') Zieler, Beiträge z. Geschichte d. lat. Ablativus (Bonn 1892) S. 25—35.

') De Saussubb, Möm. 91 ; Bbuomann, M. ü. 2, 244 Anm. ; J. Schmidt, E. Z. 25, 95 Anm. Nach FicK, Gott gel. Anz. 1880 S. 424, Brug- makn, K. Z. 27, 411, Gnindr. 2, 616 sind die ursprünglichen Doppelformen auf -oi und -ei

angesetzt.

^) Ladinei CIL I 24 lasse ich aus den von BüOE, Der Vok. d. osk. Spr. 9, v. Plakta, Gramm. 2, 650 angegebenen Gründen lieber beiseite.

^) Büchblbb-Windekildb § 304; Nbue 2», 652.

^) Bbuomann, Gnmdr. 2, 407 ^

') Osthoff, Z. G. d. P. 195 f.; Bbügkank, Gmndr. 2, 618. Vgl. auch Tobp, Beitr. z. Lehre V. d. geschl. Fron. 15 ff. Anm.

^) Vgl. die Belege über das Vorkommen

1. Deklination des HomenB. (§§ 86-- 87.)

131

wie Jove zu Jiwf. Dagegen sind die Ablative auf -e von r-Stämmen, mare (Varro Atacinus, Lucretius), die ich früher als Fortsetzer idg. Grund- formen auf -e 1) gedeutet habe,*) richtiger als Analogiebildungen nach dem Muster der konson. Stämme zu deuten, bei welchen dieser Kasus regelmässig auf -e (aus älterem -*) sich endigt, z. B. n7r-e aus *rws-t, vgl. Nom. Akk. mare aus *mari und § 26, 1.

Von diphthongischen Stämmen regelrecht hove, Jove, näve aus *bov4, *Jothi, ^nav'i.

Von dem «-Stamm sü- sune aus *swv-i; von dem ?-Stamm t?f^ vi aus

Eine suffixlose Lokativform liegt vor in noctü (von einem t^Stamme) und in den § 85 besprochenen Dativen der M-Stämme auf -ü^ z. B. fi-uctü aus *fru€tBu *frucim *fructou (Stbeitberg, Die germ. Comp. [Index lect. V. Freiburg 1890] S. 25, Hirt, IF. 1, 226, Brügmann, örundr. 2, 613 f.), femer wahrscheinlich in die St. die^-. Aber hodie enthält den Ablativ, wie man aus fal. foied (vgl. Eist. Gramm. 1, 19) schliessen muss. diu „bei Tage* ist wohl am wahrscheinlichsten als Umbildung aus di& nach dem Muster von noctü aufzufassen.^) Ein suffixloser Lokativ ist auch penes von penus pefwris, vgl. griech. aläg.^)

Ablativ des Singnlam.')

87. Die Litteratur über die von allen Forschem anerkannte Thatsache, dass in der Grundsprache nur die o-Stämme einen Ablativ auf -d gebildet haben, verzeichnet Zieles S. 9. Derselbe gibt auch S. 14 im Anschluss an Brügmann, Grundr. 2, 593 (vgl. auch v. Planta, Gramm. 2, 79 f. und Kretschher, Einleitung 138) den Weg an, auf welchem schon im Urita- lischen die Ausbreitung dieser Ablativbildung auf die übrigen nominalen Stammklassen erfolgte. Nach dem Verhältnis Instrum. -ö: Abi. -öd bei den o-Stämmen wurden auch zu den Instrum. auf -i -w -^ der ä- f- u- stamme Ablative auf -ad -äd -ad -Ed gebildet. tJbrigens schwand schon in der uritalischen Periode der Instrum. aus der Reihe der nominalen Kasus und liegt daher auch im Lateinischen nur noch in adverbialen Bildungen vor. Seine Funktionen wurden auf den Ablativ übertragen.

dieser und Ähnlicher Formen bei Nexjb 2*, 647 ff. nnd Lihdsat, Lat. Lang. 396.

») J. Schmidt, K. Z. 27, 298.

*) So auch ZiELBB a. a. 0. 33. Auch mnbr. ocre, sabin. Flusare, die idg. -e ent- hatten könnten, werden wegen der oskischen Fennen auf -ei richtiger auf Gnindf. auf -ei zmftckgeffihrfc; vgl. v. Planta, Gramm. 2, 152.

«) ScHXiDT, Plnralbildnngen 207; Lindsat, Lat Lang. 555; anders Solmsin, Stad. 192 f.

*) Bbugkaw, Grimdriss 2, 393; Lind- sat 586.

^ Mahlow's Auseinandersetzungen fiber den Ablativ scheinen mir mehr scharfsinnig als richtig (D.l.V. 133 f., bes. 135). Betreffs dieser oeoerdings von Erstsguheb (der flbrigens -ät als arsprttnglichen Ausgang annimmt), E. Z. 31, 457, HiBT, IF. 1, 24, Stbeitbbro, Anz. 3, 190, BKzzBRBSRexB in seinen Beiträgen 24, 321

wieder aufgenommenen Anschauung vgl. Zie- LBE, Beitr. z. G. d. lat. Abi. 10 ff., v. Planta, Gramm. 2, 79 f.; 113 f. und Büok, Stud. in Glass. Phil. Chicago 1, 156^ Lat. exträd SMjn'ää mflssen neben osk. contrud (*contröd) als verhftltnismSfisig junge Bildungen betrachtet werden (zu ergänzen viä{d)) und berechtigen nicht zu dem Schlüsse, dass der idg. Aus- gang dieses Easus bei den o-Stftmmen, die in der Grundsprache allein einen Ablativ auf -d bildeten, -ad gewesen sei. Desgleichen sind die von Bezzenbbboer herangezogenen, nur in der Mundart eines einzigen Dorfes nachgewiesenen und als ursprüngliche Abla- tive erklärten litauischen Formen doch wohl kaum alten Datums. Vermutungen über die Herkunft des Easussuffixes bei Lsskien, Ber. d. k. Sachs. Ges. d. Wiss. 36, 101, Persson, Stud. 91.

132

Lateinisolie Gramnuitik« o. Formenlehre.

Die inschrifUich erhaltenen Ablative auf -d sind gesammelt bei Zieler S. 16 f. Von o-Stämmen vgl. z. B. Benventod CIL. 1, 19, Gnaivod ib. 30; von <z-Stänmien praidad 63, handschriftlich Troiäd; daraus die gewöhn- lichen Formen auf und mit stete erhaltener Länge.

Der Ablativ der /-Stämme lautete auf -id aus, z. B. Uucarid (Lex. Luc.) (navaled auf der Col. rostr. kommt auf Rechnung des Wiederher- stellers), vgl. pael. fertlid Zvet., Inscr It. med. 11, das freilich auch Adverb sein kann (v. Planta, Gramm. 2, 660), daraus klassisch -f; auch die kon- sonantischen Stamme haben nur den Ausgang -id (-ed nur dictatored der Col. rostr., wie navaled zu beurteilen), daher airid (St. aes-) coventionid (dazu vgl. hovid Lex. Spol.). Der gewöhnliche Ausgang dieser Stämme ist -^. Angebliche Länge dieses -e bei Plautus und den alten Dichtem beruht auf Verwechslung mit -7 (Lindsat, Lat. Langu. 392). Vgl. inschr. faenisicei, virtutei (Bücheler-Windekilde § 249, Schneider S. 156) mit -ai = -}, das natürlich von den «-Stämmen, vgl. omnei partei, bezogen ist. Die Ablative der konsonantischen Stämme auf -^ sind nicht aus denen auf -lä (oder -Sd) hervorgegangen, sondern entweder zum Teil ursprüng- liche Instrumentales^) (vgl. § 7) oder aber, was wahrscheinlicher ist, Loka- tive, demnach aere pede aus *aiS'i ^ped-i.^)

Von w- und e-Stämmen sind nur Formen auf und -^ nachgewiesen. »)

Reste des ursprünglichen Instrumentalis^) liegen vor in den Ad- verbien auf -^, z. B. modo aus *modö, numero, humu (= *humö) Varro Sat. Men. 422 R., praestu Keil, Gr. L. 7, 157, 22, fortuUu Schuchardt, Vok. 2, 91, in bene male probe.^) Doch liesse sich die Verkürzung der Endsilbe bei modo cito bene male auch nach dem Gesetz der «Breves breviantes" erklären (Lindsay, Lat. Langu. 393). Übrigens darf nicht verschwiegen werden, dass auch alte Ablative als Adverbien verwendet wurden, daher bei Plautus und Terenz cito, modo Lucr. 2, 1135 (dazu Lachmann's Kom- mentar). Ferner ist eine ablativische Bildung facilumed mit e im Senatus- cons. d. Bacch., vgl. osk. amprufid aus *amprofSd, lat. improbs^ fal. rected, femer valde fer€ und ferme. Häufig finden wir nebeneinander Adverbien auf -e und -o, z. B. commode -o (Charis. bei Keil, Gr. L. 1, 193, 15 u. ö.), darnach sogar cotidio (ib. 196, 8).*) Zweifelhaft ist, ob contra früsträ (viel- leicht Nominativ) Instrumentale waren, 7) jedesfalls sind die Messungen contra früsträ erst nach Analogie von exträ intra, vgl. exstrad suprod (Sen. d. Bacch.) eingeführt. Über circa (zuerst bei Cicero) Wöltplin, Arch. f. lat. Lex. 5, 291 ff.

Anmerkung 1. Die Bedeutung der alten d-Formen fOr die Textkritik der plautinischen Gedichte^) hat die Speadalforschung klarzulegen, im allgemeinen dient zur Informierung

») J. ScHMn)T, K. Z. 27, 291 f.

«) Havet, Mto. d. 1. S. d. 1. 6, 105 f. Eine andere Erklftrung versucht Mistklt, Ztschr. f. Völkerp^ch. 14, 327.

') Wegen magiatratuo des Sen. d. Bacch., das nicht ohne grosse Wahrscheinlichkeit in magistratud abgeändert worden ist, vgl. Weissbrodt, Observationes in Senatus cons. d. Bacch. (Brunsbergae 1879) S. 9.

^) Vgl. fiber die Geschichte dieses Kasus

SbsLEB a. a. 0. 35 ff.

>) Schmidt, Festgruss an BOhtlingk 100 ff.

*) Früher hatte ich diese Adverbia mit umbr. nesimei .prozime* in Yerbindung ge- bracht, was aber nicht haltbar ist; vgl. übri- gens auch Bbbok, Beitr. z. lat Gramm. 1, 18; BauoMAim, E. Z. 24, 74; Fuxi, Note glott 1, 71.

^) Skutsch, Forsch. 1, 8,

8) Handschriftliche Spuren des ablativi»

1. Deklination des Nomena.

87—88.)

133

BüCHBLBB-Wiin>£KiLDE § 231 f.; vgl. anch Ritscbl, Neue Plaut. Exkurse I, Müller, N. J. 113, 689 f. und oben § 69, 2. Auch betrefiiB der im Gebrauche schwankenden Formen von t- und konsonantischen St&mmen (zum Teil aus verschiedener Herkunft der Formen erklär- lich) vgl. BüGH.-WiND. § 250 f., Bbambach, Neug. 158 ff.

Anmerkung 2. Nach Hirt, IF. 5, 242 ff., dem Strbitberg, Urgerm. Gramm. 13 zu- stimmt, während Buok, Der Yocal. d. osk. Spr. 54 sich sehr skeptisch verhält und Krbtschmeb, Einl. 110 nur die Mö^chkeit zugibt, liegt das Suffix -mi des Instr. Sing, in den lat. Ad- verbien, wie sttxtinif vor. Dasselbe Suffix hatte früher Osthoff, vgl. Bbugmann in Techmer's Internat. Zeitschr. f. Sprachw. 1, 241 und Grundr. 2, 638, in den pronominalen Adverbien ölüm, interi-m, altri-m Plaut. Pseud. 357 [assiste altrim secus] vermutet. Nach Delbrück, Grundr. 3, 583 entsprechen ,die Formen auf -im, wie exim und interim, istim, illim, gewöhn- lich isHnc, ülinc, hmc, utrimque, olim den Instrumentalen auf -mt*. In anderer, wenig wahrscheinlicher Weise sucht den instrumentalen Charakter dieser Adverbien darzuthun ZiBLBB, Beitr. z. Gesch. d. lat. Abi. 41 ff. Eine Sanmilung dieser Adverbia auf -tim und -im bei Neub 2', 547 ff. und 661 f., wo die ersteren freilich als Akkusative bezeichnet werden. Vgl. auch RiTBCHL, Op. 2, 452 ff. und besonders Funok, Arch. f lat. Lex. 8, 78 ff. Auch die lat. Adverbia auf -trö, wie citrö, dextrö, intrö, retrö, tUtrö werden von einigen Sprach- forschem (vgl. Strbitbebo, Urgerm. Gramm. 184) als Instrumentale aufgefasst und von idg. Grundformen auf *-6m abgeleitet.

Anmerkung 3. Das SuMx -ttM in caeli-ttts fundi-tu8 anHqui-iiis u. s. w. B,vß*-tos, das im Griechischen in dem Paradigma der y- und ^-Stämme die Geltung eines Kasus» Suffixes erlangt hat, z. B. ovofjifxxog (skr. nämatcts)^ hat im Lat. nur adverbiale Geltung. üeber die Entstehung dieser Adverbia eine Vermutung von Johansson, Bezz. B. 14, 162 f. ; Tamx, P.-B. Br. 6, 406 denkt an die Entstehung aus + «^ (Ablativ + Ablativsuffix). Vgl. auch Dakiblsson, Gramm, u. etym. Studien I (Upsala 1888) S. 55 Anm. 1. Eine Sammlung dieser mit Ausnahme von intua und suhtus teils von Substantiven teils von Adjektiven ab- geleiteten Adverbien bei Nbub 2', 736 ff. Vgl. auch Lindsay, Lat. Lang. 561 f.

Dativ-Ablativ des Plurals. S8. Bei den o-Stämmen fungiert hiefÜr der Instrumentalis: equis aus ^equöis (^equöis regelrecht gekürzt, vgl. § 13) skr. d&väi^ gr. Vnnoiq aus *ih7i(okc, idg. *ek^o + <^i^ »ach Brugmann, Grundr. 2, 715.^) Nach diesem *-ow der OrSt&mme sind die Dat.-Abl. d. Plur. d. ö-Stämme neuge- bildet, so wSnstSj dessen -is aus *-ais hervorgegangen ist, vgl. osk. Dium- pais »nymphis".*) Der Grundform der o-Stämme stehen zunächst osk. Nüvlanüis „Nolanis*, pael. empratois »imperatis*, solois „omnibus" Zvet., Inscr. It. med. 11, 12»), louiois puklois „Joviis pueris** ib. 32, suois cnatois ,suis gnatis" CIL. 1, 194; denen zunächst altlat. ab oloes, wenn auch von einem Pronomen, privicloes (überliefert prmcZio es) Paul. Fest. 14, 17; 244 Th., daraus die Formen auf -». Vereinzelt erscheint -es in pro sueq = suis- que (Praen.) CIL. 14, 1297, Cavaturines und Meniomnes CIL, 1, 199 [vgl. umbr. ahesnes „aheneis**, popler „populis*, mars. lovies „Joviis* Zvet., Inscr. It. med. 38], sowie von a-Stämmen manuhies (Capua a. u. 619) Eph. ep. Vm 123 no. 476, nuges CIL. 1, 1297, vies 4, 1410, sues 5, 1456 (11 p. Chr.) vgl. umbr. tekuries „decuriis*, mars. Martses „Martiis* Zvet., Inscr. It. med. 43. -es steht hier, wie im Dativ d. Sing, der konson., im Lokativ

sehen d sinci nicht vorhanden (Stüdekund, Heimes 1, 309 f.).

») Pott, Et. Forsch. P, 573; 2», 639; OsTHOPr, M. ü. 2, 56. Man könnte auch eine nrsprflngliche Lokativform in diesem Kasus der o-Stftmme erkennen, und zwar eher eine solche anf nrspr. *-oi8i ab eine solche auf *-oi8. Vgl. Bbüomakn, Grundr. 2, 701 ; Hibt, IP. 1, 30; ▼. PiAiTTA, Gramm. 1, 165; Ziblbr, Beitr. z. Gesch. d. lat. Abi. 48 ff. Wegen J. Schmidt's

Annahme (Pluralbildnngen 50), dass agi-is = ai. djresu sei (vgl. auch Wibdbmann, K. Z. 32, 121) ist zu vergleichen Bbuomann, Gnmd- riss 2, 700».

«) Mahlow, D. 1. V. 101 f. ; Osthofp, Z. G. d. P. 195; ToBP, Beitr. z. Lehre v. d. geschl. Pron. 15 ff. Anm. Gegen Tobp a. a. 0. vgl. V. Planta, Gramm. 2, 99* und Solmsen, IF. 4 240 ff.

s) BücHELBB, Rh. M. 35, 495.

134 LateiniBohe Grammatik, o. Formenlehre.

der o-Stämme -^ neben -T steht, flir »eis (= is), das sich inschriftlich bis zum Ende der Republik findet; DehncUeis quadrigeis noch auf dem Mon. Ancyr., aber nach vorhergehendem -e- immer -is (Wölfflin, Sitzungsber. d. bayer. Ak. 1886, S. 256). Die to-StÄmme haben inschriftlich -!» oder -eis, z. B. auspi(f[s^ in der Litteratursprache gew. -iis (Brambach, Neug. 196, 327), die {^Stämme auch kontrahiert -is, z. B. klass. gratis neben graüls Pomp., provincIs Mon. Ancyr. deivos der Duenosinschrift und devas Corniscas CIL. 1, 814, die man beide als Dative, bez. Lokative d. Plur. gedeutet hat, sind ganz unsicher, ersteres wahrscheinlich Nom. d. Sing., letzteres Gen. d. Sing.^) Eher vielleicht sind Lok. d. Plur. auf -s die Adverbien alias alteras („vicibus* oder „occasionibus*), foräs „draussen*.*)

Bei allen übrigen Stämmen erscheint das Suffix -bus, älter -bos^ so protrebibos Eph. ep. 2, 208 = CIL. 9, 4204,*) gall. matrebo (»matri- bus") Naniausikabo, Dass das Suffix -bos -bus, zusammenhängend mit skr. -bhyas -bhi^ gr. -9)«, ursprünglich langen Vokal hatte, ist trotz Corssen's Nachweisungen (2, 498) nicht anzunehmen, vgl. Lindsay, Lat. Langu. 404. Die Grundform ist trotz J. Schmidt, Vok. 1, 100, Henry, Möm. d. 1. S. d. 1. 6, 102 noch nicht ermittelt. Der Analogie der t- Stämme, z. B. avi-bus, vgl. skr. dvp-bhyas^ sind sämtliche konsonantische gefolgt, daher vöc-i-btts gegen skr. vag-bhyds: einmaliges sencUorbtis (Sc. de Bacch.) muss neben zweimaligem senatoribus und muUeribtis als Ver- sehen des Graveurs betrachtet werden.^) Bei den u-Stämmen wechseln die Formen auf --ibus mit solchen auf -ubus.^) Von dem Ä-Stamm sü- sü-btis^ doch auch sü-bus nach sü-is usw. und suibus (Bücheler-Windekilde § 320). 'bus ist ausschliesslich üblich bei den ^-, bez. diphthongischen Stämmen, daher faci^-bu^ re-bus di^btAS (dibtis CIL. 6, 25540) und war ursprünglich auch eine bei den (Z-Stämmen heimische Bildung; weit verbreitet vor dem 6. Jahrhundert, wurde sie später nur der Unterscheidung halber bei einigen Substantiven beibehalten; am häufigsten sind deäbus^ fiUäbus^ bbertäbus^.) Hingegen sind amböbtis duöbus {ambö duo Nom. Akk. d. Duals) ambäbus duäbi4S wegen der urspr. dualischen Flexion dieser beiden Wörter sicher Neubildungen, wie ambös und duös. Vereinzelte Neubildungen auf -bus auch von o-Stämmen, so dibus („dis**) CDj. 6, 214, amicibus 15267, alumnibus 17633;') ganz bar- barisch suobus und sybus (= „suis") nach sibi CIL. 6, 25957, 26896. Häufig sind Analogiebildungen der aus dem Griechischen entlehnten Neutra auf -ma der konsonantischen Deklination nach den o-Stämmen, z. B. poematis u. a.s) Über das Fehlen des auslautenden -s in der Schrift s. § 69.

') Maubenbrbchsb, Phil. 54 (N. F. 8) 623. j ^) Es ist natürlich der sogenannte Mittel-

^) Bbuomann, Gnindr. 2, 704 ; Lindsat, laut (0 oder ü) anzuerkennen, wenn auch zu-

Lat. Lang. 403. Nach Delbrück, Grondr. 3. | fftUig Formen mit i als die älteren bezeugt

626 sind alias alteräs (sc. „vices'') eher Ak- { sind (Jordan, Quaest. arch. 6 f.).

kusative. YgL auch Jeep in der Festschrift *) Fum, Note glott 87, 88; Osthoff, Z.G.

zum 70. Geburtstag 0. Schade dargebracht d. P. 198 gegen Delbrück, Einl. i. d. Sprachst^

(Königsberg 1896) S. 93 ff. (IF. Anz. 8, 294). 108. Das statistische Material bei Neue l\

^) Jordan, Quaest. archaeicae, Regimontii

22 f.

1884, 6. ^) LiNDSAY, Lat Lang. 404; BüchblbE'

'*) Dies ist, scheint es, auch Ritscbl's Windekilde § 328.

Meinung Op. 4, 183. Vgl. auch Wbissbbodt, | ^) Neue 1«, 289 f.

Observationes in Sc. etc. 7.

8. Deklination der Pronomina. 89.) 135

Zur litteratur fiber die Deklination des Nomens im allgemeinen vgl.: J. A. Habtuüg, Ueber die Easns, ihre Bildung und Bedeutung in der griech. und lat. Sprache, Erlangen 1831. L. Mbyeb, Gedrängte Vergleichung der griech. und lat. De- klination, Berlin 1862 E. L. Strüyb, Ueber die lat. Deklination und Konjugation, Königs- berg 1823. F. BOcHBLBB, Grundriss der lat. Deklination, Leipzig 1866; unter Benützung der franzOsiBchen üebersetzung von Louis Havbt (Pr^cis de la declinaison u. s. w., Paris 1875) anfe neue herausgegeben von J. Windekildb, Bonn 1879 [Hauptwerk!]. Wegen H. Mebgubt, Entwickelung der lat Formenbildung vgl. § 1. F. G. Fumi, Note glottologiche I: Gontributi alla storia comparata della declinazione latina, Palermo 1882. Db. Wenck, Zur idg. Kasus- bildung, Programm der städt. Realsch. I. 0. zu Borna 1884. W. Stokbs, Geltic declension, Bezz. 6. 11, 65—176; Wnrniscn bei GbObeb, Grundr. d. rom. Phil. 1, 302 f. Ausserdem vgl. Hübhbb, Grundr. § 41 and G. Mbybb, Gr. Gr.* 404 ff. Wallage M. Linosay, The early Italian Declension in The classical Review II S. 129 ff., 273 ff., enthält nichts Neues. Dazu vgl. man jetzt noch die Darstellung der Nominalflexion in den S. 7 f. aufgeführten neueren und neuesten Werken. E. Avdoniv, De la declinaison dans les langues Indo-Europ. et part. en Sanscrity Grec, Latin et Yieux-Slave (Paris 1899) habe ich noch nicht einsehen können.

2. Deklination der Pronomina.

Ungeschlechtige Pronomina.^)

89. Über die ursprünglichen Stamme der idg. Personalpronomina ist auf Bbugmann, Grundr. 2, 800 ff. zu verweisen. Für das Lateinische em- pfiehlt es sich, die einzelnen Kasusformen zu behandeln.

Nom. d. Sing, ego urspr. *egö^) vgl. gr. iyw; tu; nach Osthoff, Morph, ü. 4, 268 f. urspr. Satzdoppelform tu; tü-te, vielleicht nach i^-tCy und tü'ti-fnet (die Belege bei Neue 2», 363 f.).

Gen. d. Sing. Die enklitischen Formen mis tts {sis nur von Priscian vorausgesetzt)^) sind durch Hinzufügung des Genetivzeichens -s aus mi (urspr. Lokativ, dann als Vokativ gebraucht) *ti entstanden, vgl. gr. e^iäo-g T«o-^.*) Diese Formen sind verdrängt worden durch die Genetive der Possessi va mei tui sut,^)

Dat. d. Sing, mi ist wohl kaum mit ai. me gr. fiol zu identifizieren,^) sondern aus mihi zusammengezogen, '') die Form me gebrauchten nach Festus 156 Th. Ennius und Lucilius.^) Daüvformen Hl *si glauben für das Altlateinische Bücheler-Windekilde § 292 erschliessen zu können, aber ohne genügende Berechtigung.^) In gewöhnlichem Gebrauche sind die Formen mihi tibi sibH (auch mihe mihei tibe tibei sibe sibei in älterer Zeit),

^) Bezüglich der einzelnen NachweiBungen, u. s. w.; im übrigen haben sie selbständigen

soweit dieselben nicht ausdrücklich angeführt sind, verweise ich anf Nbüe 2^ 346 ff., Mkegüst, Formenbildong 141 f., Büchklbb- WiHDEKiLDB. Zur Litteratur Baunaok in Möm. d. 1. S. d. 1. 5, 1 ff . ; ToBP, Beiträge zur Lehre von den geschlechtslosen Pronomen in den idg. Spradben, Chrisiiania 1888, und beson- dere Bbugmanv, Qrundr. 2, 795 ff.

*) Trotz der pyrrhichischen Messung bei den klassischen Dichtem und meist auch bei Plaotns nnd den anderen alten Dichtem (Klotz, Gnmdz. d. altröm. Metrik 51 f.; Lind- sat, Lat. Lang. 422) ist *egö als Ursprung-

Accent (Sohöll, De accentu 66). Die Be- lege für das Vorkommen dieser Formen bei HuBMER, Verh. d. 42. Phil. -Vers. 271 ff.

*) Bopp, Vergl. Gramm.* 2, 104; Bbug- MANN, K. Z. 27, 414 und Grundr. 2, 819. An- ders ToRP a. a. 0. 26.

*) Wegen umbr. tiium ,te" vgl. V.Planta,

Gramm. 2, 231.

•) ScHWBiZBB-SiDLER, Phü. Woch. 3, 715.

') SoLMSBN, Stud. 123*. Das vermisste *ti ist allerdings aus tis zu erschliessen.

^) Sie ist jedenfalls ohne Bedeutung für die Formenlehre; vgl. Bücheler-Windekilde

liehe lat. Form anzusetzen. Ueber eine da- § 291; Reich ardt, N. J. 139, 110 f.

neben anzusetzende idg. Doppelform auf -o vgl. Pbbsson, 1F. 2, 200 f.

*) Enklitisch im Gegensatz zu gr. ifnov

») Vgl. Torp a.a. 0. 9; Skütsch, Forscb. 1, 75; SoLHSEN, Stud. 123 f.

136

Lateinische Ghrammatik. o. Formenlehre.

vgl. umbr. mehe tefe, osk. sifei, pael. sefei (für inschriftl. seffi CIL. 1, 194 mit BcoGE, K. Z. 8, 43). Über mihH vgl. § 54, tibi (und anidog auch sibi) geht kaum auf He-bhie He-bhii zurück, trotz skr. ved. tii'bhya.^) Über den Gebrauch von nn und mihi vgl. Ritschl, Op. 2, 588 flf.

Akk. d. Sing. Das enklitische mS U entspricht skr. ma tva. Den Gebrauch von med tsd s€d für den Akkus., auch fal. sesed Zvet., Inscr. It. med. 70, a führt man am besten auf eine Verwechslung mit dem Ablativ zurück.*) Den Akkus, melie führt Quint. 1, 5, 21 an [Pacuv. 143 Ribb. I]; er erklärt sich aus der Proportion mehe i mihi = w^iwil.»)

Abi. d. Sing. Die Formen med ted sed zeigen eine auffallende Länge (vgl. skr. mäd tvdd). J. Schmidt, Jenaer Lit. 1874, S. 77 erklärt sie aus *me-id u. s. w., mit der Begründung, dass im Rigveda dem Fron, häufig ein hervorhebendes id nachgesetzt werde. Nach Bbugmann, Grundr. 2, 815 könnte die Länge nach dem Akkusativ und „durch Einwirkung der son- stigen Ablativformen mit langem Vokal** eingeführt sein, sed ist in er- starrter Form als untrennbare Partikel erhalten, auch als Präposition in sed fraude (frude) CIL. 1, 198, 69, 64, und in sö. Die Konjunktion s^d ist möglicherweise Doppelform zu sed oder hat sich^ wenn nur die Kürze des Vokals ursprünglich ist, infolge der Isolierung unverändert erhalten, se-cus kaum mit Brugmann, M. U. 3, 68 Anm. hieherzustellen, sondern wahrschein- licher eine selbständige nominale Bildung.^)

Nom. Akk. d. Plur. nös vös mit ursprünglicher Länge neben ski\ nas vas, ursprünglich Akkusativformen nach Bbugmakn, Grundr. 2, 811. In e-nös (Arvallied) ist e- von e^go bezogen, wie neugr. i-^räg e-aeTg nach e-trä, das selbst «-/i^ nachgebildet ist.*^)

Gen. d. Plur. Die gebräuchlichen Formen sind die Gen. d. Plur. der Possessivpronomina nostrum vestrum, im 6. Jahrh. auch noströrum veströrtim, daneben die Gen. Sing, nostri vestn und immer sm.^)

Dat. Abi. d. Plur. Die gewöhnlichen Formen nöbis vöbfs sind nicht aus *nojS'bies *vojS'bies "^noz-biis *vojs-biis hervorgegangen, wie ich früher mit Rücksicht auf skr. U-bhyas angenommen habe, auch nicht mit Torp a. a. 0. aus ^noz-beis u. s. w. herzuleiten, sondern mit Bbugmann, Nachtr. zur 1. Aufl. der griech. Gramm. S. 66 § 97 (s. jetzt auch Grundr. 2, 817) als Nachbildungen von Ulis u. s. w. zu erklären. Wenn -bM als ursprüngliches

^) Allerdings schiene es mir nur so mög- lich, die beiden Formen za vereinigen. Von Hekby's Hebhxo M6m. d. 1. S. d. 1. 6, 102 könnte man nie zu lat. tiht gelangen. Mit meiner An- sicht stimmt ttberein Pbzzi, La lingua greca antica 191 (7). Uebrigens vgl. jetzt Britg- MANN, Grundr. 2, 817 und das unten aber nöbxs vöhls Bemerkte.

*) Osthoff, Z. G. d. P. 128; Corssbk, It. Spr. 599 ff.; Bruomann, Grundr. 2, 812; oder ist das 'd stammbildendes Element, wie in skr. mad' tvad- in der Zusammensetzung? Vgl. Whitney, Ind. Granun. § 494 und Torp a. a. 0. 5, 9. Wenn man im letzteren Falle mi'd mM als Doppelformen fasst (vgl. gr. i'f^e lat. me), entfallt die Notwendigkeit des im Texte angefahrten ScHuiüT'schen Erklft-

rungsversuches.

') Stolz, Festgruss aus Innsbruck 115 f.; SoLxsBN, 8tud. 124. Nach Lihdsay 422 nur graphischer Ausdruck {-ehe = -e).

*) Vgl. Hist. Gramm. 1, 310 und Lindsay, Lat. Lang. 591.

6) Jobdan, Krit. Beitr. 333 hält e- fOr ein Präfix wie in e-guidem; Pauli, Altit. Stnd. 4, 24 erkennt darin die Rn^artikel e-, wie in e-castor E-quinne. üeber equidem Ribbeck, Beitr. z. Lehre v. d. lat. Part 36 f., der unt^r Zustimmung Wacxernaobl'b, Beitr. z. Lehre V. griecL Accent 22 darin das versichernde e, vgl. t]roiy erkennt, üeber enös auch Bbcg* KANN, Grundr. 2, 804.

fl) Brügmann, K. Z. 27, 403.

8. DeklinatioiL der Pronomina. (§§ 89—90.)

137

Suffix des Dativs d. Sing, angesetzt werden darf, sind tibi sibl und nöhis vöbis sicher dem Beispiele von ilU : Ulis u. s. w. gefolgt. Ein direkter Be- weis für die Richtigkeit dieser Erklärung von nöbfs vöbis liegt in voheis des Sc. d. Bacch. vor (Solmsen, IP. 4, 244). Wenn die von Paul. Pest. 33, 6 Th. 8.V. callim und Corp. Qloss. 4, 261, 51 überlieferte Perm nis richtig ist, so gehört sie zu St. wo-, vgl. gr. rcSi", und steht für *no-i$^ bez. ist nach dem Muster der Nominalstämme auf -o- gebildet.

Anmerkung 1. Die altlat. Formen sam 9u/nh Ha 8Ö8 (Paul. Fest. 33 Th., Festus 426, 422, 428, Nsins 2*, 388 f.) gehören dem PoBsessivstamm «o-, Nebenform von svo- (abrigens ▼gl. Bbugmakh, Gnmdr. 1*. 324) = gr. *a/*6g^) an, der in sttäd Fest. 526, 15 Th. (= „sie") vorliegt; ebenso st {sei) und nm, nesi Festns 166, 26 Th., nisei, nise),*) sie {sei-c) sind Lo- kative, 8ÖC (LöwB, Prodr. 350) ist ein Ablativ desselben Pronominalstammes.') se = st Löwx, Prodr. 422.

Anmerkung 2. Die Stämme der übrigen Possessivpronomina sind *tneio- (entweder mit Snffix -JO' vom Stamme me- gebildet oder vom possessiven (Lok.-Gen.) *mei abgeleitet), *tevO', *s€V0' (neben dem eben erwähnten svo-), wie gr. kog und oV; nos-'t&Tf vos-ter, das ToHP a. a. 0. 33, Bbuomann, Gnmdr. 2, 828, v. Planta, Gramm. 2, 234 wegen umbr. uestra (AbL) fOr jünger halten als vester, ves-ter sind mit dem Eomparativsuffix gebildet (vgl. gr. ^(lixB^og, vuixeQog). Neben inetM mieü CIL. 1, 38 [Yok. mi (vgl. § 80 Anm.)] und in alter Zeit ttbernaupt mius nach Gharis. bei Keil, Gr. L. 1, 159, 17 und anderen Gramma- tikern (vgl. LiRDSAY, Lat. Lang. 427). Wegen t vgl. Thurkbysen, K. Z. 30, 499 f., Bbuomann, Gnmdr. l^ 123 und oben § 8, 7.

Geschleehtige Pronomina.

A. Stämme.

90. a. Demonstrative und determinative Pronomina.

Stämme so- sa^ to- ta- : sa-psa ip-se; tos tantos Löwe, Prodr. 345, altlat. topper = Hod-per, tarn, tarne Festus 546 Th., von den „antiqui'* auch für tarnen gebraucht nach demselben 548, ebenso bei Fronte 120, 7 Naber, vgl. Karsten, De partic. tamen significatione antiquissima, tum^) is-tus is~te, is-ta is-tud,^) talis tantus gehören gleichfalls dazu.

Stamm i-:^) X-^, neben welchem dreimaliges eis der lex. repet. CIL. 1, 189 am wahrscheinlichsten mit Lindsay, Lat. Lang. 437 f. als Fehler

*) EvidALA, Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wies, in Wien Bd. 65, 125; Wackebnaoel, K. Z. 24, 592 f.

*) üeber ne nei ni Ritscbl, Op. 2, 622 flP.; 0. Bbugmauk, Progr. d. Nicolai-Gymn. Leipzig 1887; Tuspt. 9ie -f- i, vgl. Bbügxavn, Grundr. 2, S. 8. Anders Osthofp, P.-Br. B. 8, 311 f.

*) Die BelegsteUen f&r die verschiedenen Formen von ntsi bei Neue 2', 968. Vgl. auch Lindsat, Lat. Lang. 611. üeber si = *8ei (Lok. von 80-), volflk. 8e, nicht = osk. svaf umbr. sve V. Planta 2, 462 unter Bemfang auf Bbügxakn, D^. 6, 87^ gegen Solmsen ib. 4, 241. sa-psa gehört zum Bemonstrativstamm 80- ( Bbuomann, Gmndr. 2, 767), zu dem übrigens V. Planta 2, 209 auch die im Texte auf- gef&hrten altlat. Formen rechnet. Es liegt wohl Vermischung der beiderseitigen Formen vor (Lindsat, Lat. Lang. 426). st in demon- strativem Sinn (= ,so*) in der Wendung ,si dis placet' nach Dombabt, Blätter f. bayer. Gymnaaialwesen 1880, 39 und Landgbaf, Roeciana 321.

^) Wegen tarne habe ich frOher tarn tum

aus *ta-8me *to-8me hergeleitet. Jedoch wen- det BucK, Der Vocal. d. osk. Spr. 29 f. mit Recht ein, osk. pam „quam", das wegen posmom «postremum" umbr. pusme „cui** nicht auf eme Bildung mit einem «m-Suffix zurückgeführt werden kann, dtürfe nicht von lat. qtuim getrennt werden. Somit sind tarn quam Akkusative. tam-en enthält die Post- position en {in); auf tarne dürfte nicht allzu- viel zu geben sein. In tum dum u. s. w. dürften Instrumentales auf *'öm stecken; s. HiBT, IF. 1, 26; Bronisch, Die osk. t- und e-Yocale 191 Fussnote; Osthoff, IF. 5, 289. Anders über tum Strbitbbbg, Zur german. Sprachgeschichte 60 f.

^) Mit i für ursprüngliches e^ vgl. umbr. estu, nach is id, wie ich mit v. Planta, Gramm. 2, 211 f. annehme. Etwas anders Bbuomann, Grundr. 2, 767^. täte muss man als Neubildung nach ipse üle ansehen, deren -e jedesfalls lautgesetzlich ist.

«) Genauer mit Tobp a. a. 0. 49, Stbeit- bebg, ürgerman. Gramm. 267 als idg. ielio- Stamm zu bezeichnen.

138

Lateinisohe Grammatik, o. Formenlehre,

des Graveurs zu betrachten ist, i-d altlat. Akk. im, em, em-em^) „eundem* ; ideni, dafür auch isdem,») Neutr. id-eiw») eidem CIL. 1, 204, II 20 {ei- für t- nach ei'usdem u. s. w); vgl. ea, eam für *eia *eiäm. ipse, aber alt auch i2)Sos Paul. Fest. 4 Th. s. v, aliuta, und öfter bei Plautus,*) Ennius fab. 298 Müll., Cato r. r. 70, 71 K., Neutrum ipsum; ipsud spät und nicht sicher; endlich die adverbialen Bildungen i-bi i-ta i-tem i-terum. In der Deklina- tion wechselt i- mit *eiö- eo- skr. ayc^,^) Betreffs der einzelnen Formen dieses Pronomens bietet jetzt die beste Übersicht Lindsay, Lat. Lang. 487 ff. Über das Verhältnis der Formen ei dei iei (Dat. d. Sing.), eeis eis ei iei ieis (Nom. d. Plur.), eeis eis ieis (Dat.-Abl. d. Plur.) vgl. ausser Lind- SAY Weissbrodt, Miscoll. epigr. etc., Braunsberg 1883 S. 9; auch Windisch, Curt. Stud. 2, 223 f., Thürneysen, K. Z. 30, 499 f. und Bronisch, Die osk. /- und e- Vokale 182 f. Über die in späteren Zeiten üblichen Formen Brambach, Neug. 322 f.

Stamm ho-, meist mit -ce weitergebildet -.ö) hie aus *Ao-c6 (daneben einmal hec CIL. 1, 32 als graphische Variante),^) Mce CIL. 9, 60, 3, hae-c hoc, richtiger hoec aus *hod-ce; vgl. fal. hei he = heic hic; ho-dis hchrsum hei'Ce CIL. 1, 1049. Über den Gebrauch der Pluralformen mit und ohne -ce F. Schmidt, Hermes 8, 478 f. Vgl. jetzt Skutsch, Forsch. 1, 54. Das- selbe 'Ce auch bei illae-c istae-c olli-c Paul. Fest. 231 Th., postea-c (Inschr. d. Claudius), Hermes 4, 99, Z. 12 und in vielen umbrisch-oskischen Pro- nominalformen (v. Planta 2, 228 f.). Auch ce- in ce-do dürfte mit Brück MANK, Grundr. 2, 769 damit zusammengehören. Über die jedenfalls nur vulgären Formen stuc staec u. s. w. vgl. Lachmann zu Lucret. 3, 954, Schü- chardt, Vok. 2, 368 f., Skutsch, Forsch. 1, 124, Hist. Gramm. 1, 202.

1) Nach Thurneysb», K. Z. 27, 174 ist in dem zweiten -em die idg. Part, em zu er- kennen. So anch Streitbbrg, Urgerman. Gramm. 269.

2) RiTSCHL, Op. 4, 313 ff.

') Man hat früner lat. id-em dem ai. id-dm gleichgesetzt und darin die idg. Partikel -em gesehen. Ueher diese Partikel -em Lbskibn, Ber. d. kgl. sächs. Ges. d. Wiss. 36, 94 f. und Thubnetsbn (s. Anm. 1). Von id-etn quid-em, vielleicht auch prid-em (vgl. pröd-) sollte -dem losgelöst und zur Bildung von mask. idem re* komp. iS'dem u. s. w., iti-dem ibt-dem u. s. w. verwendet worden sein. Neuerdings bezeich- net Thurnbysbn, K. Z. 35, 198* die Ablative eöd-em eäd-em als Ausgangspunkt des -dem. Vgl. auch Baünagk, M^m. d. 1. S. d. 1. 5, 12. Diese Auffassung wird jetzt von Osthoff, IF. 5, 289, V. Planta, Gramm. 2, 463 f., Bbonisch, Die osk. i- und e-Vocale 191 Fuss- note bestritten, und es ist namentlich mit Rücksicht auf die enklitische Anhängsilbe -dum -dam, sowie osk. -dum (die Identität bezeichnend), sehr wahrscheinlich, dass -dem als ursprüngliche lat. Identitätspartikel anzu- setzen ist. idem müsste dann aus *id-dem entstanden sein, eorundum CIL. 3, 3351 (aus Stuhlweissenburg) , vgl. Büchbleb, Comm. Mommsen. 234 und Osthoff, IF. 5, 289, ist

mit V. Planta, Gramm. 2, 465' als Schreib- fehler (nach faciundum der folgenden Zeile) zu betrachten. Vgl. obitorunt und eorunt (statt „obitorum' und „eomm") CIL. 6, 19295 und 19345, durch das öfter vorkommende fecerum für «fecerunt*' hervorgerufen.

^) Vgl. Niemölleb, De pronom. ipse et idem apud Plautum et Terentium diss. Hai. 1887. ipse ist am wahrscheinlichsten mit Kbetschmeb, Deutsche literatnrzeit. 1894, 70 f. (vgl. Hist. Gramm. 1, 324) aus *i8-p8e her- zuleiten. Zu dieser Ableitung stimmen die plautin. Formen ea-pse eae-pse eam-pse (so mit Recht von den Herausgebern aus hand- schriftl. eajysa u. s. w. hergestellt). Vgl. Lind- sat, Lat. Lang. 441. Daneben ipsi-pte (über- liefert ipsipii : avtol Corp. Gloss. 2, 87, 26). Andere etymologische Versuche bei Corsssn 2, 846 f. und Daniblsson bei Pauli, Altit. Stud. 3, 154 (aus *ep-»o-), Prellwitz, Et. Wort. d. griech. Spr. S. 97 (*e-pi-8e), Lindsat, Lat. Lang. 430 {*i-p{e)-8o).

6) J. Sohkidt, K. Z. 19, 197.

^) üebersicht der Formen bei Corssbn, Nachtr. 89 f.; vgl. auch Ritschl, Op. 4, 132 f. Formen ohne -ce finden sich inschiiftlich auch noch in späterer Zeit ziemlich häufig.

') Skutsch, Bezz. B. 21, 84 f., nach wel- chem hic die proklitische Form vor anlau-

2. Deklination der Pronomina. 90.)

139

Stamm ollo- aus *ol'nO' (anders Lindsay, Lat. Lang. 430, 436): arch. oUus [olle keineswegs sicher überliefert bei Fest. 290 Th.). olla, olleis CIL. 1, 603, 3 (unmittelbar daneben illeis), oloes Paul. Fest., öUim uls ul-tra; klassisch nur illo- Nom. ille mit noch nicht aufgeklärtem i-.^)

Zum Schlüsse erwähne ich noch altlat. necerim ' nee eum Paul. Fest. 161 Tfl., dessen Zusammenhang mit osk. eieo- umbr. ero- sehr zweifelhaft ist (v. Planta, Gramm. 2, 21 1^). nece im {nee ei/ni'i) konjiziert Lindsay 440. Auch alio- gr. «Aio- aüero- gehören hieher (nach v. Rozwadowski a. a. 0. 172 zum Pronominalstamm öl- o^).

b. Interrogativ-, indefinites und Relativpronomen.

Stamm qui^ in qt^es, vgl. ovBSj als Interrogativum bei Pacuvius, als Indefinitum bei Gato und im Sc. d. Bacch., quSsdam Accius nach Priscian bei Keil, Qr. L. 3, 9, 17 (477 Ribb. I), qtiescumque Cato ib. 16, in qui-s (älter auch für das Femininum), qui-bas, qui-t^ CiL. 1, 1059, qui-um (Gato nach Servius zu Yerg. Aen. 1, 95), qu%, einem ursprünglichen Instrumen- talis,') möglicherweise sind auch ein alter Lokativ *quei vom Stamme qtto- und Ablativ ^qul-d (italische Neubildung) in der Form aufgegangen; quem nach em und unter dem Einflüsse der Akk. der kons, und i-Stämme um- gestaltet aus *quim, osk. phim (= *pi-m indef.), qui-a;^) vgl. osk. pis, pispis; umbr. svepis i)«5-es^ »quisquis est", gr. rt-$ ^«V). quirquirYBiro 1. 1. 7, 8 »ubicunde* Adverbium, vgl. aw-r, nach Schmidt, K. Z. 32, 415 flf.*)

Stamm feto-, gr. xo- no-, osk. pui, umbr. pai; dazu qtiam quom;^) ferner quot quotus skr. kdti katühd-, qualis; über utro- neben osk. pütürüs- pid (Nom. Plur.) gr. nirsQog (nee utro Orelli 4859 späte Bildung), ubi, in Zus. -cubi gr. tto-i^«, umbr. pufe, osk. puf „ubi", unde uti (utei) -eunde für *'quafide vgl. oben § 46 Anm. 1.

Anmerkung 1. Die interrogative und indefinite Bedeutung sind ursprünglicher und waren wahrscheinlich durch die Betonung auseinandergehalten (hochbetont im fragenden, unbetont im indefiniten Sinn, Bbuomaitn, Grundr. 2, 772, Delbrück ib. 511, jedoch vgl. auch die Gegenbemerkungen von Schuchakdt, Analecta Graeciensia 205}. Jünger ist die relati- vische Verwendung.

Anmerkung 2. Ein Pronominalstamm do- de- ist enthalten in dum (ursprüngliche Bedeutung «die Weüe", vgl. Richardson, De ^dum" apud priscos Script. Lat. usu, diss. Lips. 1886, möglicherweise instrumental nach Hirt, IF. 1, 26, vgl. oben § 87 Anm. 2), dö-nec, 9*tan-dö u. a. Pronominalen Ursprungs ist auch iam ecce (über den Gebrauch Köhler, Arch. f. lat. Lex. 5, 16 f.), vielleicht für *ec(o)d'Ce, vgl. päl. ecuc (Zvbt., Inscr. It. med. 11) osk. eko-

tendem Vokal ist; Thurnbtsbn, K. Z. 85, 197. *) Vgl. v. Rozwadowski, IF. 3, 264 ff., Qnaest. gramm. et etym. (Cracoviae 1897) 1 f. öUm (über die Bildung vgl. § 87 Anm. 2) ent- hält den gedehnten unerweiterten Stamm öl-, wshrend das seltene adverbielle oUt „tunc" Verg. Aen. 1, 24 (ursprüngl. Lok. auf -ei) vom Stanune oUo- abgeleitet ist. uls und ultra haben ü (regelrecht aus o, vgl. § 10) nach den romanisdien Forteetzem, wegen des angeb- liehen varronischen oule s. v. Rozwadowski a. &. 0. S. 270 f. Vgl. auch Bück, Der Voc. d. osk. 8pr. 114. Die Deutung von ille aus *is-le (*le hervorhebende Partikel), welche ich nicht fttr haltbar erachte (vgl. auch v. Planta, Gramm. 2, 220), hat v. R., Quaest. gramm. 2 selbst zurückgenommen.

«) Brügmann, IF. 4, 231 f.; 5, 144 ff.; LiNDSAT, Lat. Lang. 446.

>) Als Akkus, d. Plur. zu betrachten, nicht, wie ich früher annahm, als Instrum. d. Sing. Vgl. quiapropter in der laudatio Scipionis Aerailiani; Schmidt, Pluralbildungen 48; Bruomann, Grundr. 2, 792; Lindsat, Lat. Lang. 610.

^) Es ist nicht notwendig, wie ich früher gethan habe, mit J. Schmidf, E. Z. 25, 94, G. Meter, Gr. Gr.* § 439, c einen e-Stamm anzusetzen. Vgl. Wackbrnaoel, E. Z. 29, 148. Streitbbro, P.-B. Br. 14, 196 f. stellt die Glei- chung auf quod : quid = aliud : alid,

^) Üeber angebliches crime des Saliar- liedes Jordan. Kiit. Beitr. 213 f.

140

Lateinische Grammatik, c. Formenlehre.

(anders v. Planta, Gramm. 2, 216, der an ein lokales Adverbium *ece denkt); nach Meringeb bei SiNGiB, P.-Br. B. 12, 211 = aip-pau, *a%h'pau (vgl. aber Feist, Gnmdz. d. got. Etyni. 5). ellum ellatn Priscian bei Ebil, Gr. L. 1, 593, 25, inschr. ella (Hermes 15, 588 f.) aus em iüum im llum (Skutsch, Forsch. 1, 158^). Vgl. eccum, das Bacb in Stud. anf d. G^b. d. arch. Lat. V. Stademund 2, 395 ff. gewiss richtig aus ecce *hum (Akk. von ho-) deutet. Bemerkenswert ist die grosse Zahl von Zusammensetzungen mit ecce + Pronomina oder Adverbia im Roma- nischen (EöBTiNo, Lex. 275 f.).

Ueber Ableitungen aus dem demonstrativen Pronominalstamm no- ne- vgl. Pebssozt in IF. 2, 199 ff.

Anmerkung 3. Wie die Personalpronomina und Possessi va wird auch tpse, wenn auch sehr selten durch -met verst&rkt, vielleicht zu skr. sma, vgl. Cobssen 2, 846, ipsemet Plaut. Amph. 102; scherzhaft ipsissumus Plaut. Trin. 988. ipsimus «Heir* Petron. 68.

Anmerkung 4. Ueber die Pronominalformen der späteren Latinitftt Engblbrbcht, Sitzungsber. d. k. Ak. d. Wiss. in Wien GX, 517 ff.

B. Deklination.

Die pronominale Deklination unterscheidet sich in der Bildung meh- rerer Kasus von der nominalen.

Der Nom. d. Sing. masc. ist in einigen Fällen gleich der Stammform (idg. *8o, aber im Lat. auch in Zusammensetzungen nicht mit Sicherheit nachweisbar, *Ao- in *ho^e hie), vom Stamme gwo- wird er mittels eines suffixalen i gebildet, vgl. qoi Duenosinschrift, qaei CIL. 1, 30 und öfter (die Stellen bei Gorssen 1, 784), klassisch quJ,^) analog umbr. poi poe poei, osk. pui. Die Vokalisation der lat. Formen ist die der unbetonten Stellung derselben entsprechende, die zu allgemeiner Herrschaft gelangt ist (dar- über zuletzt SoLMSEN, IF. 4, 242 f.); die gleiche Bildung bei den Femininen qtMC haec, deren ae aus äi entstanden ist,*) vgl. osk. pai, doch ohne ali-qua qua. Das Neutrum bildet Nom. Akk. d. Sing, auf -d; i-d qui-d, hoc eigentlich hocc (vgl. § 66) fUr *hod-ce. Die Genetive eitis istius werden jetzt gewöhnlich aus dem Lok. (Dat. Gen.) *eiei eei^ ßf- istei istf + tis (dem Ge- netivzeichen der Nomina, vgl. § 83) erklärt.») Die alte Form auf -ei -r vielleicht in isttmodl*) noch erhalten, schwerlich in isti Gato. qiwius cuius wird am wahrscheinlichsten aus der Dativform quoiei = quo (oder quöi) + e&i (Dat. des Demonstrativpronomens) mit angehängtem -ws der nomi- nalen Deklination erklärt, und nach seinem Muster ist hoius, huius ge- bildet. Die ursprüngliche Form dürfte in quoi-quol-modt cui^cui-modi vor-

*) Ueber das -t von qoi vgl. J. Schmidt, Ploralbildungen 236 f., 244.

«) Vgl. darüber jetzt Solmsbk, IF. 4, 243. Anders Bbugkann, Grundr. 1«, 228.

») Brüomakn, Grundr. 2,779; Lindbat, Lat. Lang. 481, 443 ; Gilbs 222 f. Die ältere Littera- tur, die fast nur historisches Interesse hat, bei Brügicann a. a. 0. und ausserdem Meünier, M^m. d. 1. S. d. 1. 1, 14, Havbt, ib. 3, 187. Zur Erklftrung der Entstehung der Dativform vgL Brugmann's Worte: „Bereits in uzitalischer Zeit wurde eine erstarrte Kasusbildung des Stammes *qO' {*^o-\ etwa *k^ö oder *k^ei als Interrogativ- bez. Relativpartikel für das flek- tierte Pronomen so gebraucht, dass die Easus- beziehung durch ein beigesetztes flektiertes Demonstrativpronomen dargestellt wurde, vgl. lii dial. täs cäkorius, kür iszvälnino dükteri ,der Fürst, wo er dessen Tochter befreit

hatte* = ,dessen Tochter er befreit hatte'. '^ Vgl. auch neugr. avtos eiye o «yd^ag nor xov (= oV) Bida (LiNosAT 443). Weniger wahr- scheinlich ist der Erklfimngsversuch von Kirk- LAND, Glass. Rev. 6, 433 {quoid nach quoins neu gebildet), dem Gilbs a. a. 0. folgt. Er- wähnt sei noch die Ansicht von Bück, Der Yoc. d. osk. Spr. 151 f., der quoius gr.noio-g gleichsetzt (schon Schweizbr-Sidleb, Gramm.* S. 123 hatte den Genetiv und Dativ vom Stamme quoio- abgeleitet), die ich wie Giles für wenig wahrscheinlich halte.

*) Möglicherweise mit Lihdsay 481 zn deuten, wie illi(u)8 modi Ter. Ad. 441 oder illi(8) modl illimodl, wobei *ülis die Schnell- sprechform von illitis darstellen würde, vgl.

*huis *ei8 (von Ribbbck, Plaut. Mil. 903 und 955 = 908 und 960 ed. Teubn. sogar in den Text gesetzt).

8. Anhang mir Deklination. 91.)

141

liegen. Von Dativ-Lokativformen beachte man quoiei CIL, 1, 32 und an ein paar anderen Stellen, quoi bis in den Beginn des 1. Jahrhunderts n. Chr., cui, huic Neubildung nach cm<,i) eiei CIL. 1, 198, 5i ^er(LiNDSAY, 438). Die pronominalen Ausgänge -lus und -i wurden auch auf pronomi- nale Ableitungen und Adjektiva übertragen, wie alter {alius hat wohl schon von Anfang an pronominale Flexion gehabt, worauf insbesondere Nom. Akk. neutr. aliu~d hinweist), uter, sölus u. a.^) Daneben finden sich aber auch die Formen nach der nominalen Deklination, so im Gen. alii Cato, ulb Plautus, soll Cato, nulh Terent., im Dativ aUerae Caes. (ursprüng- liche Bildungen oder analogische Neuschöpfungen?) Neubildungen wie istae Gen., illo illae Dat. verzeichnet auch Bücheler-Windekilde § 191, 295.«)

Der Nom. Plur. wird gleichfalls durch ein angehängtes i charakteri- siert*) und zwar sowohl beim Mask. als auch beim Neutr., daher *t5-/? hl qui aus *i8''toi "^hoi *quoi, vgl. gr. dor. toi; neutr. qtme^ haice, hae^c aus *qun-i ha-i'Ce;^) daneben auch nach nominalem Muster ea, iUa, ali-qua. Die Femininformen qtuii quae hae sind zu beurteilen wie die entsprechenden Formen der Nomina § 80, a. Die Formen eeis ieis is (Pacuvius nach Charisius bei Keil, Gr. L. 133, 4) heis^) sind wie die entsprechenden der nominalen o-Stämme zu erklären, s. § 80, a. Im Genetiv d. Plur. der pronominalen ä- und o-Stämme finden sich vereinzelt Formen auf -um, während das gew. Suffix der pronominalen Deklin. *-5om -rum ist; vgl. eum CIL. 1, 206, 52, von qui- quium (vgl. oben); quoium und mium (Charis.) stammen von dem Adjektiv quoius. Im Dat. d. Plur. sind neben den gewöhnlichen Formen auf -fö bei einigen o-Stämmen auch solche auf -bus im Gebrauche, daher ibus'^) hibus, die man mit Bkugmann, Grundr. 2, 711 und Zieleb, Beitr. z. Gesch. d. lat. Abi. 45 für altüberkommen halten darf; ipsibas ilübus bei Keil, Gr. L. 4, 548, 1 erwähnt, sind in Plautus-Handschriften und bei Ennius nicht zu finden.

Anmerkang. Instramentale, gebildet mit einem pronominalen Suffix, sind die Ad- verbien infer-ne super-ne (im Umbrischen auch Präposition) und die Präposition pöne, deren Suffix -ne nach J. Schmidt, E. Z. 27, 291 und Streitbbrg, Urgerm. Gramm. 188 aus *-n^ her- zuleiten ist.

3. Anhang zur Deklination.

a. Numeralia.

91. A. Cardinalia.^) Eins. Stamm oino-, oino(m) CIL. 1, 32, oinvorsei ib. 196, oina 200, oenigenos Paul. Fest. 225 Th., später üno-, umbr. unu.

0 Bbbsu, Die Gutturalen 54 f.

') Vgl. die ausführlichen Belege bei Nbüe 2', 518 546; ausserdem Luvdsay, Lat. Lang. 449 ff.

') üeber die Quantität von -tits Ritscbl, Op. 2, 696 und Brandt, De varia quae est ap. vet. Rom. poet. scaen. gen. sing. pron. fonna ac mensura, Lipsiae 1877 (diss.).

*) Baas dieselbe stammerweitemde Par- tikel -t sich in umbr. pur-i (pur-e) Nom. d. Flur. piS'i finde (dazu auch gr. ovioc-t), wie in der früheren Auflage nach Schleichbb,

Comp. S. 609 angenommen wurde, ist ganz unsicher. Nach Bbügmann, Grundr. 2,519 soll dieses i Pluralzeichen sein, wfthrend Hirt, IF. 1, 32 und nach ihm Stbkitbbro, ürgerman. Gramm. 270 es als stammbüdend aiäfassen.

*) J. Schmidt, Pluralbildungen 227 f.; Streitbbrg, IF. 1, 266 f.

•) Die Belege bei Nbüb 2», 383, 393, 416.

') Bei Plautus Mil. 74 nach Nonius 486, UM. und Corp. gloss. 5, 75, 9 einleuchtend richtig hergestellt.

8) lieber die Gestaltung dieser Zahlwörter

142

LateiaiBche GhramniBtik. o. Formenlehre.

Stamm setn-, vgl. gr. efg für Vf/ig, hat sich in den Ableitungen bez. Zu- sammensetzungen semel semper simplex simplus singuh sincinia erhalten.

Zwei, dt^, auch Akk., Grdf. idg. *du^if, bez. *du^S vor Konsonanten, vgl. § 14 A 2, c; bei den archaischen Dichtern wird nach Studemund, Arch. f. lat. Lex. 3, 550 f. di40S und d^o gemessen; in der Zusammensetzung dul- (wahrscheinlicher Neubildung nach dtw als idg. du^i-) in dulderis dülcensas oder bX- (= *d^l^), z. B. btd^ns (aber bt-duum) ; dubius duplex ducentx^ vgl. umbr. dupursus „bipedibus' entlialten eine ursprüngliche idg. Stammform du-, die ich nicht mit Bbuomank, Grundr. 2, 59, v. Planta, Gramm. 2, 195 für eine Neubildung nach quadrtA- halten möchte.^) Jedesfalls Analogie- bildung ist dussis (vgl. quadrussis)\^) bssis bSs aus ^duei-ess-Us; düöris und andere nach dem Griechischen gebildete Formen, vgl. Verf., Die lat. No- minalkomposition 29 und Skutsoh, De nom. lat. compositione quaest. sei. S. 36.

Drei, trei- und iri-\ tres für *treies, gr. TQcTg skr. trdyas; tri-a, vulgär trea Grom. vet. 303, 2; in der Zusammensetzung trejr in tresis aus Hrei-- ess-i'S, sonst trX- trUceps u. s. w. und steigernd in tri-für u. a., tre- in tre-centt.

Vier. qu^Uuor (vgl. oben § 80, a) osk. petora für ^quettuor mit An- gleichung des Vokals der ersten Silbe an qtuirtus (anders Lindsat, Lat. Lang. 413). 3) In Zusammensetzungen erscheint die Stammform quadru^ für *quedru-; quadrt-duum ist nach b^duum gebildet. Als volkstümliche Analogiebildung nach dem Muster von septus actus erscheint quatt-^is CIL. 4, 1679.*) Über quaUor vgl. § 65, 2.

Fünf, qulnque, idg. Grdf. *penq^e, mit sekundärer Dehnung des aus e lautgesetzlich entstandenen i (vgl. § 41, 2) und durch Assimilation an den anlautenden Konsonanten der zweiten Silbe aus p- entstandenem qu- (vgl. §§ 50 und 67); quinqui-plex Martial, qutnqu^e^lex Gloss.; qumcu- in quincur-plex Analogiebildung nach quadru-.

Sechs, sex, Grdf. *5C^5, vgl. § 63, 2.

Sieben, zehn. Septem deceni führen auf die Grdf. ^septni^dektp. Neben- form septi- septu- in Zusammensetzungen.

Neun. Grdf.'^'n^^, nach decem Septem zu novem umgestaltet; nündinum = *ne^^'dino~, noundino^.

Acht, octö idg. *oktÖu, und *o^^-, in der Zusammensetzung octi- und octi4^, z. B. octi-pes, octur-pJus.

Zehn-Siebzehn werden durch Zusammenrückung der Eins u. s. w. mit der Zehn bezeichnet, wobei decem seinen Accent verliert und sich unmittelbar an die vorausgehende Zahl anschliesst.^) trödedm qutndecim sEdedm aus Hrez-decim *qutnq{eydecim Hex-dedm nach bekannten Regeln. Bemerkt zu werden verdient, dass diese Zahlen in den Militärdiplomen

im ersten Gliede der nominalen Zusammen- Setzungen vgl. Hist. Gramm. 1, 389 f.

*) Vgl. auch MucH, P.-Br. B. 17, 147.

«) Hist. Gramm. 1, 378.

') Ueber die noch keineswegs vollkom- nien gehobenen Schwierigkeiten hinsichtlich dieses Zahlwortes vgl. ausser § 9 noch Bbüo-

MANN, G. St. 9, 380 und in Techmer's Internat. Zeitschr. 1, 228 A.; Pauli in Dbeokb und Pattli, Etrusk. Forsch, u. Stud. 3, 13 ; Gollftz, Bezz. B. 2, 150 Anm. 1; Havbt, M6m. d. 1. S. d. 1. 3, 170; Bbuomann, Grundr. 2, 471.

^) BüoHBLEH, Arch. f. lat. Lex. 1, 102.

^) Wackebnagel, E. Z. 25, 284.

8. Anhang znr Deklination. 91.)

143

von Claudius bis Diocietian durchgängig durch Voranstellung des Zahl- wortes 9 zehn'' gebildet werden, also decem et üna, decem et trihus, decem et qufnque, decem et Septem^ während nur ein einziges Mal duodecim sich findet.

18 und 19 werden fast immer durch duo-d^-vtgintfy ün-dE-vtginti aus- gedrückt.

Von den Zehnern hat die Zwanzig die Grundform "^vi-hrgM, böot. fÄfOTi, skr. vißati; das g von vngint^ (veiginti CIL. 1, 1194, vigenti 5, 1645 vulgäre Schreibweise) sucht Ascoli, Archiv, glott. 9, 105 Anm. durch die Lautregel zu rechtfertigen, dass intervokalisches c in proparoxytonierten Worten in g übergehe, vgl. dig-itus neben indec-s, während es nach Thurn- EYSEN, K. Z. 26, 312 f. durch Formübertragung von septingentl nöngentt her- kommen soll. Indessen weist auch alb. -get auf die Media (G. Meter in den zu Ehren Hertz's herausgegeb. philoL Abhandl. S. 90 Anm.). Vorläufer der italienischen Form vinti Wilmann's Exempla 569, CIL. 6, 19007; vgl. auch Skxttsch, Forschungen 1, 161 f. vigintt (das i der zweiten Silbe recht- fertigt sich durch die ältere Betonung vtginti) ist wahrscheinlich Dual- form (vgl. § 75). Für die 30 90 liegen Zusammensetzungen mit "^-konta vor, vgl. gr. TQidxona; die vorauszusetzenden Grundformen *tr^conta, vgl. § 80, b, *quadra'Conta und darnach *quinquänConta *sexänC(mta Heptua^conta (septuä- schwerlich Analogiebildung nach octuä- des erst in mittelalter- lichen Quellen nachzuweisenden octuaginta,^) das wohl richtiger als Nach- bildung des ursprünglicheren septtiO-ginta betrachtet wird), *nona^onta sind nach dem Muster von vfgint^ zu trtginta qtmdragmta u. s. w. umgeformt.^)

Hundert, centutn Qrdf. *&fptO'm, noch älter *d[e']i^t6'fn „Zehnheit (von Dekaden)* nach Brughann, Grundr. 2, 464, Streitberg, IF. 5, 372 f. und Wackebnaoel, Altind. Gramm. 1, 263, vgl. § 45 und Brugmann, Gr. Gr.^ S. 215; in der Zusammensetzung centt- (centu-), jünger centum-, ganz ver- einzelte Analogiebildung centenimanus (Verf., Wiener Studien 10, 306). Die Zahlen von 200 900 werden im alten Latein durch Neutralabstrakta, Zu- sammensetzungen mit dem deklinierten Stamme -cento- gebildet, daher du- centutn, tre^centum, qufngentum (alt qwincentum nach Fest. 338 Th.), sBscentum, nöngentum (als Immobile CIL. 4, 1136),^) daraus dann die adjektivischen Plu- rale du-centi^ tre-centf, sex^eni^ (regelrechter sEs-centt). septingentT nöngenti mit regelrechtem g aus k zwischen doppelter Nasalis sonans aus ^septr^ktfito- *ne^^ir^to-, vgl. § 65, 3 g; von hier aus ist g auch in andere Zahlen ein- gedrungen (Thurneysen a. a. 0. 312), so in qufngentt. Nach septingenti sind ocUngenti und quadringenti gebildet; so auch noningenti bei Columella.

Tausend, mille, milia {meilia CIL. 1, 551), dessen Etymologie nicht recht klar ist (Havet, M6m. d. 1. S. d. 1. 3, 415, Fick 1* 517, Thurneysen,

') Gegen diese von Waoeebnagel, E. Z. 25, 229 vorgetragene und auch mYerm.Beiia:. z. griech. Sprachkonde 47 festgehaltone und aneh von Bbugmahv, Gnmdr. 2, 481, 498 u. a. uigenommene Ansiclit, die firfilier auch in diesem Kompendium vorgetragen wurde, vgl. ^e AnsfUmingen von Skutsch, Forsch. 1, 23.

') Thurneysen a. a. 0. ; Wackebnaoel,

K. Z. 25, 260. Bezüglich septu- vgl. man auch AscoLi, Gurt. Stud. 9, 359, J. Schmidt, Jen. Lit. 1877, 734 (vgl. auch Die Urheimat d. Indog. 41), Mahlow, D. 1. V. 79. Schwer- lich ist man berechtigt, septimginta dem gi'. ißdouffxoyta unmittelbar gleichzusetzen.

«) Die Belege bei Neue 2», 298. Vgl. femer Brugmann, M. U. 5, 3 ff.

1

144 Lateinische Grammatik, c. Formenlehre.

Bezz. B. 9, 281 Anm. 3 = fivQioi), Lindsay, Lat. Lang. 420. Über mille zur Bezeichnung grosser Zahlen Berl. phil. Woch. 1895 Sp. 91.

B. Ordinalia. prfmus aus *i)rf5-fwo-, vgl. pru^us^ pfTs-Hnus, eigent- lich eine superlativische Bildung, tertius Qrdf. *terüiO', vgl. skr. trtfya-^ qtmr'tus (über prän. Quorta vgl. oben § 10, a) qum-tus sex-tus für laut- gesetzliches *s^stus^ vgl. S€stim^) sind mittels des Suffixes -^- gebildet, qimrtvs geht auf die Stammform *2^?<f- zurück und steht für *g*5^f-feJ-. "^((^tuarto- Huarto^ (Bartholomae, Bezz. B. 17, 120 und Ebetschmeb, E. Z. 31, 428) und durch Anlehnung an quattuor quarto-;^) septimus decimtis {decmus CIL, 1, 821) für ^sept^-mö- ^dektgL-mö- oder vielleicht *sept7gLm-6^ u. s. w. (Bbügmann, Grundr. 2 S. 157). octävus mit unerklärtem a, vgl. gr. oySoog, nönus von der Grdf. *n^9n-(5- *n(>^eno *nouino^ *noano^,^) aber noine der Dvenosinschrift hat nach der neuesten Erklärung dieser Inschrift zu ent- fallen. Von den Ordinalia der 11—19 erwähne ich nur das CIL. 6, 27140 stehende terdecimus statt des gewöhnlichen tertius decimas, im übrigen vgl. man Neue 2^ 311 ff. Alle Ordinalzahlen von zwanzig aufwärts sind mittels des Suffixes -tinuh- gebildet, vgl. skr. -tama-, -Ensimo- -esimO' ist regel- recht in der § 64, 3 angegebenen Weise aus ^-ent-timo- hervorgegangen, z. B. vicesimo- {vicesma CIL. 1, 187) idg. Grdf. *ui^t + ^wo-, daneben auch '^nsumo- in centensumus Plautus septuagensufmumj Mon. Ancyr. 6, 28 (übri- gens verdächtig vgl. Mommsen und Geppebt, Progr. d. Berl. Gynm. z. grauen Kloster 1887 S. 3). Nach mc^simo- (seltener vigSsimo-) sind alle übrigen Ordinalzahlen der Zehner gebildet, indem -<jinta durch -gSsimo- ersetzt wurde (nur tncssimus neben trigesimus), darnach auch cent-^sima-, die übrigen Hunderter und milUsinuh. Die von Priscian bei Keil, Gr. L. 8, 413, 19 f. überlieferten Formen ducmwus u. s. w. sind lautgesetzlich be- rechtigt {^diicenttimo^ *duc&n8m(h-), aber sonst nicht nachweisbar. Über sie vgl. Brugmani^, Grundr. 2, 505 Anm., der sie wegen des ihnen zugrunde liegenden -cent- nicht für altertümliche Gebilde hält. Sogar mnUBsimtis Lucr. 6, 651.

C. Distributiva.^) singuh Grdf. *sipkl'0-, daher das -gf-; singolo* CIL. 1, 198, 199, 208, der Sing, singulum bei Plautus Varro, eigentümlich stw- gillatim (Fleckeisen, Fünfzig Artikel S. 29). Nach singuh ist ninguh ge- bildet [vielleicht für *nüncuU, vgl. ne uncula Cic. De leg. 2, 8, 19 ed. Vahlen]. Alle übrigen sind mittels Suffix -no- gebildet, wobei nur lautliche Ver- änderungen in Betracht kommen, z. B. bini tnni aus *bis-ni (oder &f-n; wegen lit. dvynü Dual , Zwillinge") Hris-ni, quim aus *quine^i ^quinq-ni u. s. w. Die Distributivzahlen von ssm aufwärts haben mit Ausnahme von octöni sämtlich den Ausgang '&ti angenommen, so auch denf statt des zu erwartenden *decenf, i>Tc^sm, cent-eni^ dtic-^i, daneben nach Priscian auch dttcent-Bnt.

0 Vgl. oben § 64, 2 und die dort an- geführte Litteratur.

>) y. FiBRLiNGBB, E. Z. 27, 193; Osthoff, Z. G. d. P. 435; Brügmann, Grundr. 2, 473 f. Wegen -f- = -^r- s. § 48. Ueber Suffix -to- ygl. Bbügmann, Grundr. 2, S. 228 und be- sonders 282.

*) Vgl. SoLMSBN, Stnd. 88 f., insbesondere wegen Krbtsghxeb, der in E. Z. 81, 455 die Herleitnng aus einer Grundform ^ni^no- ver- tritt.

*) Ueber diese und die folgenden Zahlen vgl. den interessanten Aufsatz von Baunack, E. Z. 25, 258 ff.

8. Anhang znr Deklination. (§§ 91—92.) 145

D. Hultiplikativa. sem-el^ entweder Neutrum von einem Adjektiv *s^hmBl4s, vgl. ahd. mal, idg. W. mS- „messen" (Wackernagel, KZ. 30, 316) oder auf idg. *8eni'^^lom zurückgehend, vgl. ai. eJca-^aram , einmal" (Brug- KANN, Die Ausdr. f. d. Begr. d. Totalität u. s. w. 22 Anm. 2, Niedermakn, ^ und I im Lat. 103), daneben semol semul Li Afran. bei Non. 523, 13 M. vgl. skr. sa-Jcft, gr. a-na^. duis Paul. Fest. 47 Th., bis, skr. dm$, gr. ifc. ter für *ters, vgl. terr^uncius aus *ter8'-unciu8^) und weiter aus *tris, vgl. skr. tri^ gr. TQ(gj in tieftoniger Stellung, darnach quater für *quatur, skr. catür, vgl. auch Henry, M6m. d. 1. S. d. 1. 6, 373 und Lindsay, Lat. Lang. 413. Alle übrigen Multiplikativa endigen sich auf -i^s älter -ims (z. B. CIL. 1, 198, auf dem Mon. Ancyr. öfter), ^) das zum Teil an die verstümmelten Stämme gefügt wird (Analogiebildungen), z. B. vic-iEs tr^-iss, quTnqtutg^iSs, jedoch qufnquäg'Ssiös Plaut. Men. 1140. J. Schmidt, K. Z. 25, 137 A 2 will darin dasselbe Suffix erkennen, wie in gr. TQiäg = triens Grdf. Hriins (da- gegen Bbügmann, Grundr. 2, S. 368), während Aufrecht, E. Z. 1, 122 und CoRSSEN, 2, 351, 552 Anm. darin das Komparativsuffix sahen. Stowasser, Arch. f. lat. Lex. 5, 136 f. deutet -iBns als Partizip von Ire {sex-iEns „sechs (Gänge) gehend*). Mir scheint die Erklärung etwas gezwungen; vgl. meine Bemerkungen ib. 5, 285 und Thürneysen ib. 545 f., der quot4Ens tot-ims vgl. skr. ki^yant- „wie gross, wie viel* i-yanU „so gross* als Ausgangs- punkt der Bildung betrachtet; Grundform des Suffixes *-j(g^ = lat. *'ient. Wegen des auslautenden lat. -nt = -ws verweist Th. auf osk.-umbr. -ns (sekundäre Personalendung der 3. Person d. Plur., vgl. § 97) und das Neu- trum der Partizipien *ferent = fersns. Nach diesen Mustern auch multo- tiens Priscian bei Keil, Gr. L. 3, 78, 22 und pauci&ns Paul. Fest. 276 Th. Doch ist diese Ansicht Thurneysen's nicht vollkommen sicher, da die in Betracht kommenden Erscheinungen auch in anderer Weise erklärt werden kömien (Brugmann, Grundr. 1*, 912 Anm.). Über zwei andere Reihen von MultipUkativzahlwörtern, gebildet mit -plo-, z. B. diJirplus, und -plec-, ent- standen aus -pfo (schwache Stammform) + c>') z. B. Simplex vgl. Baunack a. a. 0.

Anmerkung 1. Sehr weit ausholende Yermatangen über die Herkunft und Bildung einiger Zahlen findet man bei Pederben in E. Z. 32, 271 f. und Mebinoeb, Sitz. d. k. Ak. d. Wiss. in Wien 125, 45 ff.

Anmerkung 2. Vulgärformen der lat. Zahlwörter verzeichnet Ihm, Arch. f. lat. Lex. 7, 65 ff., einige auch Sittl in Bursian's Jahresb. 68, 278.

b. Steigerung der Adjektlva.

92. Über die ursprüngliche Bedeutung der Suffixe des Komparativs nnd Superlativs vgl. die lehrreichen Auseinandersetzungen Brugmann's, Gr. Gr.» 207 f. und Grundr. 2, 420 flf.

Komparativ. Das ursprünglich zur Bildung des Komparativs bei primären Adjektiven verwendete Suffix -{ös (Nom. ^-iös) -i& -is dient im Lateinischen bei allen Adjektiven zur Bildung des Komparativs; daher

>) MoMHBSN, Hermes 22, 485 ; Büchelbb, >) J. Schmtdt, K. Z. 16, 480 f. ; BRüOHAKir,

RL M. 46, 236 ff. Grundr. 2, 509.

«) Vgl. Nbub, Formenlehre 2», 885 f.

HAodbncb der Umb. Altertnmawineiwohaft. VL» 2. 8. Anfl. 10

U6

Lateixiiflohe Grammatik, o. Formenlehre.

maior aus *m(p408; Grdf. *pUios,^) woraus pleöres oder pU&r^s^) (carm. arv., natürlich modernisiert für ^pleösEs). ploera CSc. de leg. 3, 3, 6 wird ein miss- verstandener Archaismus sein oder oe ist umgekehrte Schreibung für ü. plus (einmal plous CIL, 1, 196, dessen ou nur graphische Bedeutung hat), das nicht auf *plHos zurückgehen kann, dürfte am wahrscheinlichsten eine dem mag^is entsprechende adverbiale Bildung aus älterem *pl&'i8 sein, zu der später plüra plüres u. s. w. neugebildet wurden.«) ploirume CIL. 1, 32, das wir des Zusammenhanges halber gleich hier behandeln, geht auf den gleichen Ursprung zurück wie plus, phuruma CIL. 1, 1297 steht für '^plüruma.^) pUsima Fest. 244, 17 Th. ist die ursprüngliche Superlativform vom Stamme pU-, Grdf. ^pU-is-imo- ^pleisima^, vgl. gr. nla-Ta-xog.^) peior entweder zu skr. pf-ycUi „schmäht, höhnt" got. faianda „fiäfiq>€TM'^^) oder wahrscheinlicher aus *pediös, vgl. pessimus 65, 2c).^) minus kann laut- gesetzlich nicht aus *minius hervorgegangen sein. Ich halte es für ein ursprüngliches Substantiv = *minus (vgl. minuere) „die Minderheit '', wie vetus. s) Der in der ersten Auflage gemachte Versuch, die Verdrängung des vorauszusetzenden Komparativs *minios durch das Zusanunenfallen ge- wisser Easusformen zu erklären, ist mit Rücksicht auf Bbuomann, Grundr. 2, 406 {minus Gegenstück zu maius und dann auch minor) entbehrlich. Die schwächste Stanmiform minis- in minis^ter osk. minstreis „minoris" umbr. mestru „minor''; vgl. femer nimis satis (Akk. nach Bbuomann, Grundr. 2, 564 und Delbrück ib. 3, 619),^) pns-cus aus *i>n-is-, wie prior aus *pnor ^pri-ioS" von prf- = prae nach Paul. Fest. 282 Th., vgl. pn-vus; vgl. übrigens Bbuomann, Grundr. 2, S. 406 und v. Planta, Granmi. 1, 106. Den schwächsten Stanmi des Komparativs enthält nach Osthoff's überzeugenden Ausführungen IF. 8, 42 flf. auch procerSs aus ^pro-ce-is-es ,die mehr voran seienden, hervorragenden^, vgl. alat. procum «procerum^ Fest. 324 Th. und reci-procus. iünior ist aus *iu^n-»or entstanden; iuvenior erscheint erst bei den Schriftstellern der Eaiserzeit.^^)

Im Anschluss an die eben angeführten Komparative sind alle übrigen gebildet nach der allgemeinen Regel, dass Suffix -^ior an Stelle der weg-

1) Wegen Schulze, K. Z. 27, 424; je- doch auch Feist, Gmndz. d. got. Etpa. 34.

') Ich kazm Jobdan, Knt. Beitr. 189 ff. nicht beistinimen, dass für pleöres ploeres zn lesen sei, obwohl Lhidsay, Lat Lang. 408 der gleichen Ansicht ist.

') So Johansson, De derivatis verb. contr. 1 77 und Streitbbbo, Die genn. Gompar. 30 f. Vgl. Bbüoxann 2, 407 und 564. Vgl. jetzt auch Füxi in Mem. d. R Ac. d. Scienze d. Torino 1898/99, S. 252.

*) Vgl. auch Mattbbnbrbohbr, Arch. f. lat. Lex. 8, 291.

') Vgl. J. ScHim>T, E.Z. 23, 848; Johansson, De derivatis verb. contr. 177; Danielsson bei Pauli, Altit. Stud. 4, 164; Osthopf, P.-B. Br. 13, 443 f.; Brugkann, Grundr. 2, S. 407.

*) Aufrecht, E. Z. 3, 200 f.; Schulze, ib. 27, 416 Anm. 1 ; Feist, Gmndz. d. got. Etymo- logie 34.

7) Thürnbtsen, E. Z. 32, 466; vgl. Solm. SEN, Stud. 59^;* Bbvqmann, Grundr. 1*, 280; Hist. Gramm. 1, 638.

*) VgL auch Mahlow, D. 1. V. 45 ; Elügb, Etym. Wörtb. s. v. .minder'; Danielsson in Pauli, Altit. Stud. 3, 190; Brcomann, Grundr. 2,406.

*) Doch ist 8ati8 wahrscheinlicher or- sprOnglich Nom. Sing, eines substantiviachen t-Stammes, vgl. Lindsay, Lat. Lang. 548 und satim L()wb, Prodr. 347 f. sat dürfte aus *8Cfte entstanden sein, vgl. möge pote neben magis potis. Vgl. auch Merinobb, Sitz. d. k. Ak. d. W. in Wien 125, 3 (S.A.). Anders über sat (aus *8atu wegen lit sotü) J. Sohmidt, Pluralbildungen 50. Aber Abfall des aus- lautenden u ist keineswegs sicher. Lindsat's Ansicht findet auch Osthoff, 1F. 8, 48 be- achtenswert.

1«) Bbtjomahn, M. U. 2, 194; Neue 2», 242.

8. Anhang cur Deklination. 92.)

147

gelassenen Oenetivendung tritt. ^) So traten an Stelle der ursprünglichen Formen *$tiädiös vgl. gr. ?;rf<wv, Heg~iös von levis (= '*leg^^8)^ *55-(l)-ös von sE-ro-, *ten'iös von tenuvi die Neubildungen suavior levior serior tenuior (Brugmann, Grundr. 2, S. 403, 407).

Die Komparativbildung mittels Suffix -tera^, wie in umbr. pretra Akk. d. Plur. fem. „priores* pael. pritrom-e ,in prius" Zvet., Inscr. It. med. 11, existiert im Lateinischen nicht; wohl aber erscheint dieses Suffix in fester Verbindung mit -is- in sinister^) (vgl. gr. ägiatsgoc), dann in den substan- tivischen Ableitungen magis-ter minis4er, endlich in Pronominaladjektiven und adjektivischen Bildungen von zeitlicher und räumlicher Bedeutung, wie u-ter al-ter ves-ter^ pos-terus ex-terus. Auch in mäter-tera liegt das- selbe Suffix vor (vgl. Hist. Gramm. 1, 98; Brugmann, Grundr. 1*, 218). Dass inferus superus u. s. w. (vgl. skr. ddhara- dntara- üpara-) ursprünglich kom- parativische Bedeutung gehabt haben, geht aus der Bedeutung von infinitts summus hervor; Tnferior superior sind lateinische Neubildungen (vgl. um- gekehrt cifer nach citerior), indem durch Anfügung des gewöhnlichen Eom- parativsuffixes die komparativische Bedeutung zu deutlicherem Ausdruck gebracht wurde, aber ds-terior, wenn es mit Recht von der Präposition ds abgeleitet wird (vielleicht gehört es aber doch eher zu einem Adjektiv ^de-ier-us von terere, vgl. de-ter-iae „magere [Schweine**]), enthielte das Suffix mit zweiter Eomparativendung. Vgl. v. Planta, Gramm. 1, 426; 2, 203 ; Flensburg, Stud. auf d. Geb. d. idg. Wurzelbildung 93. Über poUeo uUeriore Fest. 244 Th. weiss ich nichts zu sagen. ^)

Superlativ.^) Als die einfachsten Bildungen erscheinen die eben namhaft gemachten mittels Suffix -mo-, summa- f. *5tip-mö-, imo- (vgl. § 55 Anm.), primo-, brüma für *brehuma,^) pürime Fest. 335 Th., clärimum aus Glossen angeführt von 0. Ribbeck, Z. Lehre v. d. lat. Part. 6, vgl. Arch. f. lat. Lex. 9, 369, ferme = *ferime, pessimo-, das nicht mit Schulze, K. Z. 27, 426 Anm. 1 von *pesstis = ^perd-to- abzuleiten, sondern mit Corssen, K. Z. 3, 249, L. Meyer, Bezz. B. 6, 293 flf. zu skr. pädyate „kommt zu Fall" pdttum (Infinitiv) zu stellen ist; extre-mo-^ postrE-mo-^ suprs-mo- von den Adverbien *extre u. s. w.«) Mit demselben Suffix -fp^mo- gebildet sind plür rimus und minimuSy vielleicht für *mimmm aus ^minis-mo-, während miner- rimus Paul. Fest. 88 Th. sich zu minus verhält, wie veterrimus : vetus;'^) femer

^) Das entsprechende Snperlativsuffix -istO' will Paitli, Altit. Stud. 2, 140 f. in den EigemiAmen Rustius Nostius, zorfickgehend ai^ die Grdf. *Revistos ^Novistos, erkennen. Jedoch sind es wohl denominative Bildungen, ▼gl. ▼. Plaitta, Gramm. 2, 208. Und wftren ne auch wirklich Saperlative, so bliebe trotz- dem anfirecht, dass -issimo- nicht = ^-istamo- sein kann. Vgl. auch BauGMAim, Grundr. 2, 8.232.

*) Bbüom AKN, G mndr. 2, 1 79 und v . Planta , Gramm. 2, 202^

*} Sehr unsichereVermutungen bei Hatet, De versa Satumio 245^; M^m. d. 1. S. d. 1. 4, 238; Mavbenbbecheb in N.J. Suppl. 20, S48.

*) In der idg. Grundsprache gehörte zu

dem primären -tos- ein Superlativsuffiz -isto- oder 'istho-, während -mo- {-t^mo-) -ttjuno- zu -erO' -terO' gehörten. Für das Lateimsche will ▼. Planta, Granmi. 2, 205 Superlative ohne •iS' nur zu Komparativen auf '(t)ero- zugeben.

^) Nach FiCK 2«, 179; Osthopf, M. ü. 5, 91, aber von Brugmann, Grundr. 1', 198 als , recht unsicher" bezeichnet.

6) Weihrich, De gradibus comparationis

20 f.

') Vgl. V. Planta, Gramm. 2, 205*. wwiff- rimiM könnte allerdings auch ^mmts-t^mo- repräsentieren, aber Th. hat -rr-, das freilich unschwer als analogische Schreibung betrach- tet werden könnte.

10'

148

Lateinisclie Orammatik. o. Formenlehre.

gehören hieher wohl auch maximus fal. Maxomo Zvet., Inscr. It. med. 58, öxime Paul. Fest. 225 Th., proximus für *mag{i)s4mo- *öe(i)S''ime *proqu{i)$' imo-, dazu noch medioximum ,,mediocre'' Paul. Fest. 89 Th., St. medioo- vgl. velöx celöx.^) Zu dieser Bildungsweise des Sup. vgl. umbr. hondonm 9 ab infimo'' osk. posmom .postremum".

Mit Suffix 'tumO' -timo^ idg. 4fpmO' (zu -tero- gehörig) gebildet sind citumO" extugnO' intumo- pos-tumo- ultimo-, femer dex-timo- alat. sinis^timo- (vgl. legutimo' fmi-timo- quo-tumo- Plaut. Pseud. 962, 1173 und die Ordinal- zahlen), endlich alat. sollis-timo'. Dieses -istimo- ist kontaminiert aus "is-io- (vgl. gr. rjS~i(r-TO'g u. s. w.) und -umo- -imo-. optimus opitumus CIL. 1, 1016 und öfter (Neue 2», 207) ist von ops abgeleitet (vgl. die eben angeführten Adjektiva auf -Umo-) und hat die Superlativbedeutung in Verbindung mit maximus angenommen.*) Die gewöhnliche Superlativendung -issimo- kann man nicht wohl mit Zubaty, K. Z. 31, 6 als Kontamination aus *-iss{) = idg. 'istho' (vgl. S. 86^) und '(t)'imo- betrachten, sondern wird annehmen müssen, dass 'issimO' nach dem Muster von phsimus mcudmus proximus u. s. w. an die Stelle von älterem -istimo- getreten sei und dieses verdrangt habe.') Die Superlative der Adjektivstämme auf -ro- -ri- -Zi-, die ich früher auch auf dem Wege der Analogie erklärte (faciUimus aus *facil'Simo-), sind rich- tiger mit Bbugmann, Grundr. 2, S. 158 (vgl. auch Ascoli, Sprachw. Br. S. 70 Anm., ScHWEizER-SiDLEB, Gramm.» § 145, v. Planta, Gramm. 2, 204, Lind- SAY, Lat. Lang. 407, Niedermann 68) als Bildungen mit Suffix -jpwo- zu erklären, mithin facillimo- pulcerrimo- aus ^fact-is-emo- *faclsem0' *faciU simo- *pulcr-is-emo- ^pulc^semo- ^pulcersimo-, wobei -is- die schwächste Form des Eomparativsuffixes darstellt.

Wie weitreichend auch in der Komparation die Wirkung der Analogie war, beweisen celerissimus Enn. ann. 504 Müll., gutlateinisch maturrimus (Neue 2», 190), bes. aber spätlat. plüriöra Neue 2», 208, postremior postr^- missimus proximior minissimus und andere ib. 2 8, 243. Auch E.Wölfflin, Lateinische und romanische Komparation, Erlangen 1879 ist nachzusehen.

Über den Wechsel von -mio- und -wwo- (vgl. § 25, 3) s. jetzt die aus- fuhrlichen statistischen Nachweisungen von Brock in Quaest. gramm. cap. II (Jurieyi 1897 S. 9—74).

Über Komp. und Sup. der Adjektive auf -ius und -wws vgl. Priscian bei Keil, Gr. L. 2, 86 f., wo strenuiitö aus Plautus, arduius aus Cato und

^) Anders Bbugmann, Grundr. 2, S. 168 f., 387 fhissnote und Ber. d. k. sächs. G. d. Wiss. 1890, 236, der max- von max-imu-s mit skr. mahaS' vergleicht. Durch die Beibehaltung dieser meiner früheren Ansicht sind die Hist. Gramm. 1, 98 stehenden Ausführungen gegen- standslos geworden. Dies gilt auch bezüglich der für facülimus ib. 313 aus dem gleichen Grunde gegebenen Erklärung.

') Stolz, Wien. Stud. 8, 154 Anders Fiok 2, 17; L. Mkyeb, Bezz. B. 6, 291; Fibrlinoeb, K. Z. 27, 478 ; Whabton, Etyma Lat. 68, dessen Erklärung (Superlativ zu ob *opi) v. Planta, Gramm.' 2, 205 angenommen hat.

') Bruomann, M. U. 3, 135 (zustimmend

OsTHopp, Z. G. d. P. 530) knüpft diese Super- lativbildung an die Ordinalia auf 'ensimo', von welchen Suffix -«wo- bezogen worden sei; vgl. auch Dakiblsson in Pauli, Altit. Stud. 3, 192; Asooli, Sprachw. Briefe S. 70 Anm. ; Bbuom akn, Grundr. 2, S. 168 f. Ascoli weist darauf hin, dass -issimo- auch laut- gesetzlich erwachsen konnte, freilich kenne ich nur das eine Beispiel von dives, dessen Superlativ ursprünglich *d%ikt-Hmo- *dtS8imO' hätte lauten müssen; dttissimiM ist also selbst schon Analogiebildung. Vgl. auch noch Snppl. all' Arch. glottol. 1, 56' f. ; Bbugmank, B. d. k. sächs. G. d. W. 1890, 236.

8. Anhang snr Deklination. (§§ 92—93.)

149

egrcffissima aus Pacuvius zitiert werden; vgl. ferner innoxiiörem Cato 42, 10 Jordan, perpetuius 55, 3; 'piissimus sehr häufig auf Inschriften (neben pientissimm^ das nach henevolentissimt4S u. s. w. [Positiv benevolus] ge- bildet ist).

Anmerkung 1. Zur Bildung des Eomparatavs mit-ips- ist ursprtinglich die starke, za der des Saperlativs die schwache Stammform verwendet worden (Osthoff, Z. G. d. P. 450 Anm.; Bbugxanv, Gnmdr. 2, 400; Stbeitbbbg, Die germ. Comp. 30). Vgl. melior neben gr. fuxkurta,

Anmerkung 2. Ueber die Quantitftt des ersten i in -tssimo- (die inschrifüichen Zeug- nisse für -i- sind nicht besonders vertrauenerweckend, sonstige überhaupt nicht vorhanden) vgl. Osthoff, Z. G. d. P. 527 f., Sbelxann, Aussprache 98 f. Vgl. bes. inschr. karessemo merentesaemo CIL. 2, 2997 u. s. w. (e = i).

Zur Litteratur: £. FöBSTBMAinr, De comparativis et superlativis linguae Graecae et Latinae, Nordhausen 1844. F. Weihrich, De ^^adibus comparationis linguarum Sanscritae Graecae Latinae Gothicae, Giessen 1869.

e. Nominalkomposition.

Form der Znsammenaeiznng.

Vorbemerkung. Die von Bbuomanv angesetzten vier Arten von indog. Komposita smd auch im Lateinischen nachzuweisen: 1. ctedi-tuos agri-cola au-cepa ponti-fex ün-animiM ; 2. die Komposita mit in prwcUwum, z.B. in-dignus in-säniM u.s. w.; 3. ob-langiM sub-niger; 4. vgl. S. 151 Absatz b und die Komposita mit bene- und male- im ersten Gliede. Vgl. auch die AusfOhrungen Bbugxasn's a. a. 0. und Griech. Gramm.' 164 fif.

93. 1. Juxtaposition (, Zusammenrückung syntaktischer Wortkom- plexe", vgl. BiCHTEB, IP. 9, 249).*) DiespUer (Dies- Nom.), luppiter (= *Iou pater); r&spublica, iüs^iürandum, ho-die wohl aus *hö-diS mit Kürzung des o infolge Tonanschlusses.*) Die Adverbia auf -iter, z. B. hreviter, longiter sind schwerlich aus hreve iter, longfum) Her herzuleiten, i^) sondern wahr- scheinlicher als Nachbildungen von inter, subter, praeter u.s. w. zu betrachten.^) farüisse aus forte asse , vielleicht um einen Ass", »etwa einen Deut", »viel- leicht ein wenig*.^) Vgl. femer animadvertere aus ar^imfuni) advertere;^) die Zahlwörter von eilf bis neunzehn, z. B. tredecim {= Hrez-decem)^ duo- d^Hginti u. s. w. Vorauszusetzende '^m%r%(s)mod^ *mult%(s)modis gingen in mirXmodis muWlmodis über durch analogische Einwirkung echter Komp. mit ifi^ik muUtr'^ darnach auch omnl^modts; vgl. Danielsson, Studia grammatica 51 und Eist. Gramm. 1, 407. In vielen Fällen ist die getrennte Schreibung vorzuziehen, z. B. ven similis, aqtme ductus. Eine Sammlung derartiger Bildungen bei Gorssek 2, 884 ff. Vgl. auch Eist. Gramm. 1, 406. Über spät- lateinische Komposita wie Hahetdeum u. s. w. vgl. die Eist. Gramm. 1, 376 angeführte Litteratur und Jacobi, Compositum und Nebensatz S. 58, wo auf den interessanten Bischofsnamen Vincemalos (Dracontius) aufmerksam gemacht ist, der häufig Vincenialus geschrieben wird.

^) Ich behalte aus praktischen Grttnden diese theoretisch nicht zu rechtfertigende Unterscheidung (vgl. Hist. Gramm. 1, 367) bei.

*) SoLXSER, Stnd. 100. Vgl. oben § 40, 4. Die Litteratur ttber dieses Wort s. Hist. Gramm. 1, 109.

*) Osthoff, Arch. f. lat. Lex. 4, 455 ff. Schon von Autenbibth flüchtig angedeutet in Eos II (1866) S. 514 (vgl. Arch. f. lat. Lex. 5, 276).

*) Dblbbück, Gmndr. 3, 631. Nicht ein- leuchten wiU mir die neuerdings auch von

LiNDSAY, Lat. Lang. 549 (vgl. Skutsch, De nom. lat suff. -no- ope form. 4 ff.) angenom- mene Ansicht, diese Adverbien seien Nom. Sing, von Adjektiv-(Eomparativ-)Stämmen auf 'tero'. Vgl. das Verzeichnis bei Neue 2', 683 ff.

^) Stowassbr in Zeitschr. f. d. Ost. Gymn. 1899, 193 ff.

^) Aber veneö venire dürften nach dem Muster von vendö vendere gebildet sein, die nach Brugmakn, Grundriss 1*, 862, Griech. Gramm.' 135 durch Haplologie aus venimdö vinundare entstanden sind.

150

Lateinische Grammatik« o. Formenlehre.

94. 2. Echte Komposition, a) Stammkomposita. Das reine Thema im ersten Gliede: Asta^gentis CIL. 1, 36 {Äsiagenes Liv. 39, 44, 1 Gräzis- mus), *) ghrinficus (kürzeste Stammform); üher tibi-cen, dessen -i- noch nicht sicher erklärt ist, vgl. Hist. Gramm. 1, 384; alho-gaUrus, hämo-tra-- höneSy ÄenO'barbtis;^) medi^terraneus (kürzeste Stammform); manu-missus {malluvium ntanceps u. s. w. können aus mdn{ü)-luvium wdw(w)-cöps syn- kopiert sein, aber auch auf das konsonantische Thema man^ zurückgehen, das in umbr. manf (Akk. d. PL) vorliegt);») igni-fer, ponü-fex, tnsfi-fictis; müS'Cipula, iudex (= *iouZ'di(y), iü{s)'Stitium, nömen-dator, worin nöwen den schwachen Stamm (= *nöm^, vgl. griech. ovofAcixXvTog) darstellen kann (auTf derselben Stufe decem-modius, septem-fluus u. s. w.). In der er- drückenden Mehrzahl der Fälle haben sämtliche vokalische Stämme, ab- gesehen von jenen, in welchen wegen vokalischen Anlautes des zweiten Gliedes Elision des schliessenden Vokals eintrat, z. B. aqur^gium^ muH- angulus (aber ursprünglicher scnii-ermis, funu-ambulus, während sem^ermis, funr^mhulus Analogiebildungen sind; multi-angulus ist nach quadri- und tri-angulüs geschaffen, vgl. Bruomann, IF. 9, 354 f.), zunächst nach dem § 23, 2 erwähnten Gesetz für nachtonige Silben den auslautenden Stanmivokal in i gewandelt, daher z. B. ali-pEs aqui-lex, multi-plex comi- ger; diese Formation des ersten Gliedes ist die in der klassischen Sprache ausschliesslich herrschende. Archaisch und vulgär erscheint daneben e, z. B. Ittme-mulia,^) aure-ficfna^^) su-ove-taurilia,^) pelle^su%naj) Andere Bei- spiele Hist. Granmi. 1, 392. Entweder in die Analogie der o-Stämme über- getreten und wie gr. vXo-tofiog neben vXr^~xoiTi]g zu beurteilen oder dialektisch beeinflusst (vgl. Hist. Gramm. 1, 381) ist Vio-curus „qui viarum curam habet ''.^) Den bekannten Mittellaut zwischen u und i treffen wir häufig, z. B. in Maiti'genay Tröiu-gena (oder wie Vio^cüms zu beurteilen?), tubu^ lustrium; auru-fex; pantu-fex. Vielleicht sind auch die Komposita mit manU" neben mani- und mit anderen M-Stämmen so aufzufassen. Die konsonan- tischen Stämme sind fast durchaus in die Analogie der vokalischen über- getreten, daher z. B. odöri-sequus; Äni^i-colu,^) Einen vokalischen Stamm (vgl. § 77, 5) neben dem konsonantischen zeigen mehrere n-Stämme, homi- cfda, nüminclatöri (neben nöm€n^clator\ sanguUsüga.^^) In anderer als der früher erwähnten Weise sind der Analogie der o-Stämme gefolgt twam-

^) In fabäffinus oleäginus hat man mit Thvbnbysen, E. Z. 26, 308 Analogiebüdungen nach den von den Substantiven auf -ägö -%gö -ügö abgeleiteten Adjektiven mit Suäz -o- zu erkennen. Vgl. Hist. Gramm. 1, 380.

') Nach Bbügmann, Grundr. 2, § 34 liegt hier Anlehnung an das Griechische oder manch- mal vielleicht an das Gallische vor (vgl. z. B. ArtO'hriga, Dumno-rix, Epo-redia, Vindo- magu8 u. s. w.). Vielleicht sind diese Kom- posita dialektisch beeinflusst (Hist. Gramm. 1, 382 f.).

») DüVAU, M6m. d. 1. S. d. 1. 6, 226; V. Planta, Gramm. 2, 53. Die Etymologie des Wortes ist nicht sicher (entweder ma-nu- zu W. me- , messen', vgl. Bbugmann, Grundr.

2, 302 oder zu ahd. ntunt, vgl. Eluob s. v. .Mund««).

^) Hbnzbn, Acta fratrum Arval. p. CGIV» Z. 31; BüoHEiiEB, Arch. f. lat. Lex. 1, 111. Das Komp. bedeutet so viel als luma molita; luma nacn Paul. Fest. 86 Th. .genus herbae vel potius Spinae "i wahrscheinlicher nach Corp. Gloss. 2, 125, 5 eine Art «Minze'.

*) CHi.?, 265; ScHUCHARDT,Vok. 2, 13, 14.

^) S. Georges s. v.

') Varro de 1. 1. 8, 55 Müll. (Spengel).

8) Varro de 1. 1. 5, 7 M. (Sp.); Corp. Gloss. 4, 194, 8.

^) Ausführliches Veizeichnis bei Stolz, Die lat. Nominalkomposition S. 39 f.

") Bbügmann, M. ü. 2, 252.

8. Anhang snr Deklination. 94.) 151

eeps^) (neben müneri^gerulus) , foedi-fragus vulni^ficus, der der «-Stämme eini'ftö harri-ficus. Über die durch Synkope des Vokals der nachtonigen Silbe entstandenen, aus einer früheren Periode der Sprache herüberge- retteten Komposita, wie sacerdös {sacri-fex agri-cola u. s. w. sind spätere Neubildungen), öpiter^^) die Komposita mit nati-^) u. s. w. vgl. § 74. Wahr- scheinlich ist auch eine Reihe von Kompositis mit einem konsonantischen Stamm im ersten Gliede auf diesem Wege entstanden, z. B. söUstitium {*sSl(iy-sHtiufn), cor-dolium (aus *c6rd{i)'dolium oder nach § 68).

Spärlich sind die Spuren der Komposita mit anscheinend verbalem ersten Gliede, wie Verti-cordia, flex-animus, posci-^ummius u. s. w. Über diese Komposita hat neuestens Jacobi, Compositum und Nebensatz (Bonn 1897) S. 46 ff. gehandelt und gegen Osthoff, Das Verbum in der Nominal- komposition (Jena 1878), dessen Ausführungen ich gleich fast allen übrigen Sprachforschem in Hist. Gramm. 1, 392 f. gefolgt bin, darzuthun gesucht, dass wir in der That .im ersten Gliede derselben unflektierte Yerbalstämme zu erkennen haben. Vgl. dagegen Leumann, IF. 8, 297 flf., wo dargethan ist, dass man diese Komposita nicht betrachten dürfe als , Überbleibsel aus Zeiten, in denen der Präsensstamm noch ohne Endungen vorkommen konnte '*. Es hat also bei der früheren a. a. 0. näher ausgeführten Er- klärung zu verbleiben.

Über die Formation der Numeralia ist das Wichtigste in Abschnitt a) des Anhangs beigebracht worden.

Über hes trssis, vtcessis u. s. w., quadrussis octussis u. s. w., quadrassis vgl. Hist. Gramm. 1, 378.

b) Sehr selten findet man die sogenannten Kasuskomposita, wie das von Laevius nach Gell. 19, 7, 13 gebrauchte dulciöre-locm [dulcöre-locus Müller], plüsscim Petron., Laris-coltis (vgl. Hist. Gramm. 1, 410), vindex ans *vimdex „der Gewalt weist oder androht".*)

Was die Formation des zweiten Gliedes anlangt, so erscheinen Sub- stantive und Adjektive entweder in unveränderter Form oder erstere mit suffixaler Um- oder Weiterbildung, worüber man vgl. meine Ausführungen in meiner Schrift, Die lat. Nominalkomposition S. 53 ff. und Hist. Gramm. 1, 410 ff. Eine sehr beträchtliche Anzahl von Komposita weist im zweiten

*) Schweizsb-Sidlbb's Annahme, Gramm? § 42 Anm. 2, dass in müniceps foedifragua vulnifiois horrificus und einigen anderen -i- "= -es- in tonloser SUbe sei, ist nach dem oben 8 41, 1 Anm. (S. 57) Bemerkten abzu- weisen.

*) Die bekannte Erklftrung von Paul. Fest. 207, 15 Tb. ncnins pater avo vivo mortuus est" (angenonunen von Solmsen, Stud. 95, Lindsat, Lat Lang. 180 n. a.) habe ich Eüst. Gramm. 1, 211 als sehr zweifelhaft bezeichnet. Zikmbb- M Aimr, Rh. M. 52, 458 erkennt vielleicht rich- tiger darin ein verstärkendes Kompositum = ,ave pater*, wie er Ätafiditts = ,ata fide" »trenes Väterchen" deutet.

') Nach Bbuomanv, Gmndr. 2, S. 57 viel- leicht unmittelbar = gr. yav-.

^) Für diese meines Wissens von Scholl, Leg. XII tab. rel. 91 aufgestellte Etymologie tritt auch NiEDERHANi«, ^ und l im Lateini- schen S. 47 f. ein, der übrigens wegen der , mannigfachen und zum Teil sehr stark von- einander abweichenden Bedeutungen des lat. vindex und seiner ganzen Sippe" „eine Kon- tamination etymologisch verschiedener Bil- dungen" annimmt und auch die von Keller, Oesterr. Gymn.-Zeitschr. 1862, 329 (== Zur lat. Sprachgesch. 1, 133 f.) und BriSal, M^m. d. 1. S. d. 1. 2, 318 f. (vgl. auch Sohwbizkr-Sidler* 39) aufgestellte Ableitung aus *vgn{uin)dex gelten lässt. Natürlich hätte letzteres nur *vendex ergeben können und dies müsste demnach in vindex aufgegangen sein.

X52 Lateinische Grammatik, o. Formenlehre.

Gliede Yerbalnomina auf, die in selbständigem Gebrauche nicht vorkommen, z. B. die auf -/er und -ger-, -cola -cen (fidicen) u. a. (vgl. Hist. Gramm. 1, 416 ff.). Man kann sie mit v. Schröder, Die formelle Unterscheidung u. s. w. (s. § 95 Anm. 3) synthetische nennen. Vgl. auch Jacobi a. a. 0. 5 ff.

Bedeutung der Znaammensetsung. 95. Hinsichtlich derselben gilt für das Lateinische ganz dasselbe, was Brugmann, Gr. Gr.^ 173 ff. über das Griechische auseinandergesetzt hat.

1. Beiordnende Komposita sind fast gar keine vorhanden. Einige Beispiele sind siMvetaunlia sc. Sacra i,Schwein-Schaf-Stier-Opfer"i), strüfer- tarius „der Opfergebäck'' (strues) und Opferkuchen (fertum) darbringt", reciprocus aus ^recos imd *proco8 „rückwärts gewandt* »vorwärts gewandt" (CoRSSEN, Nachtr. 136 f. und Brugmann, Rh. M. 43, 402 f.). Vgl. noch Skutsch, De nom. lat. compositione quaest. sei. S. 25 und Hist. Gramm. 1, 429.

2. Unterordnende Komp. Mit attributiver Bestinmoitheit: perenni- servus „einer, der beständig Sklave ist" [diese Art von Komp. findet sich sehr selten]; albir-capillus, magn^nimus; irisaecUsenex. Mit numeraler Bestimmtheit: quadri-llbris, quinqti-ennis.*) Mit kasueller Bestimmtheit: die Komp. mit -/er und -ger [die von B. Deipser aufgestellte falsche An- sicht über diese Komposita habe ich Arch. f. lat. Lex. 4, 316 f. widerlegt], ponti'fexj Viocürtts. Mit adverbialer Bestimmtheit: aUi-tantiSj blanduloeus und überhaupt zahlreiche, deren zweites Glied ein Verbalnomen ist.

3. Natürlich besteht auch im Lateinischen die Doppelheit der nicht- mutierten und mutierten Komposita. Als Beispiele der ersteren Art nenne ich helli-pot^nSy semi-graect^s; ad-uncus, per-longttö, sülMiquiluSj als solche der letzteren Art comi-fröns, noctircolor, miseri-cors, ün-animt^, tri- ceps, dE-color.

Anmerkungl. Von grosser Wichtigkeit für das VerstHndnis der nominalen Zu- sammensetzung ist die mehrmals erwähnte Schrift von Jacobi, (compositum and Nebensatz, der die von L. Sghsödeb a. a. 0. 206 aufgestellte EinteUung in einfache und synthetische Komposita, von denen die ersteren aus zwei selbständig vorkommenden Wörtern bestehen, die letzteren aber im zweiten Gliede ein nicht selbständiges Wort enthalten, wie armi-ger, agri'Cola au-ceps »acer-dös, wieder aufgenommen hat. In dieser Schrift hat meines Erach- tens J. wahrscheinlich gemacht, dass wenigstens ein TeU der Komposita im Indogermani- schen auf bezügliche Nebensätze zurückgeht. Es sind dies die synthetischen Komposita und die Bahuvrmi. Bezüglich der sogenannten unechten Nominalkomposita vgl. jetzt auch 0. Richter, „Die unechten Nominalcomposita des Altindischen und Altiranischen" IF. 9, 1 ff. und 183 ff. Ueber den in Glossen bezeugten Typus (mdürius (s. Verf., IHe lat. Nominal- composition S. 12) vgl. G. Baist, Longimanus und manilargo (Erlangen 1897).

Anmerkung 2. Für praktische Zwecke empfiehlt sich am besten die Einteilung in determinative, kasuelle [Abhängigkeits-] und possessive Komposita, die in den meisten Schul- grammatiken, die Überhaupt diesem Kapitel der Grammatik einen Platz gönnen, durchgeführt ist. Ueber eine streng wissenschaftliche Einteilung s. Skütsch 12 f. (vgl. unten), üebrigena gibt es keine „den Thatsachen der Sprachgeschichte in jeder Beziehung gerecht werdende alle unterordnenden Komposita richtig unterbringende Klassifikation'' (Bbugmahn, Gr. Gr.* 178). Neue beachtenswerte Gesichtspunkte hinsichtlich einer zweckentsprechenden Einteilung der Komposita nach ihrer Genese hat aufgestellt 0. Dittrich, Ueber Wortzusammensetzungen auf Grund der neufranzösischen Schriftsprache, Diss., Halle 1898 (= Z. f. rom. Phil. 22, 305 ff.). Hier mögen auch die Gesichtspunkte angedeutet werden, nach denen die Alten die Kom- posita ordneten, vgl. Charisius bei Kbil, Gr. L. 1, 17: „1. comp, ex duobus imperfectis (sin- ciput); 2. ex imperfecto et integre (cismare); 3. ex integre et imperfecto (comucen); 4. ex

») G. Mbtbb, K. Z. 22, 18 ff. Jacobi, Compos. u. Nebensatz S. 88—94.

^) Ueber diese Art („Bahuvrihi) vgl. jetzt

8. Anhang zur Deklination. 95.) 4. Flexion dea Verbnma. 96.) 153

duobns integiis (Sacravia)/ Vgl. 1, 153, wo auch noch erw&hnt ist „aliquando ex com- plnribus, nt inexpagnabilis*.

Anmerknng 3. Die lat. Sprache ist verhältnismftssig arm an Eompositis. Der That- beatand ist von mir in meiner Schrift Über diesen Gegenstand ansfOhrlich auseinander- gesetzt und durch Samminngen ans den Autoren bis auf Ovid (besonders den Dichtem und dem archaischen Latein) erlftntert worden. Zur Ergänzung dient der Ueberblick in der Eist. Gramm. 1, 369—876 und Nosdbn, Die antike Kunstprosa 1, 187^

Zur Litteratur: L. Sobbödbb, Ueber die formelle Unterscheidung der Redeteile im Griechischen und Lateinischen mit besonderer Berdcksichtigung der Nominalcomposition, Leipzig 1874; Fr. Stolz, Die lateinische Nominalcomposition in formaler Hinsicht, Innsbruck 1877, und HJst. Ghramm. 1, 866—441; Hübnbb, Grundriss § 89; H. Plön, De copiae verborum differentüs inter varia poesis Romanae antiquioris genera intercedentibus. dies. Argentoratenses YoL Vn 228 ff.; Rassow, De Plauii substantivis, 12. SuppL d. N. J. f. klass. Phil. (1881), S. 591 ff. (yollstfindiges Verzeichnis der zusammengesetzten Substantiva); 0. Wbisb, Bezz. B. 7, 89 ff.; RöBSCH, Itala und Yulgata 474; Ebbabd, Progr. von Bayreuth 1882, S. 46; Dr. Fb. Ulbigh, Die Komposita bei Plautus, Progr. der lat. Efauptschule zu Halle 1884; DbIgbb, Ovid als Sprachbildner, Osterprogr. des Gymn. zu Auiich 1888 (vgl. Arch. f. lat. Lex. 6, 292). Vgl. femer noch Sohweizbb-Sidlbb, Elementar- und Formenlehre § 825 ff. (2. Aufl. § 872 ff.); Gossbau, Lat. Sprachlehre' § 219; Hagbn-Haasb-Reisig, Vorl. 1, 894 ff. und im aUgemeinen Paul, Piincipien der Sprachgesch.' 279 ff.; endlich Skutsch, De nom. Lat. compositione quaest. seL, Nissae 1888 (diss.) und besonders Bbugmann, Gmndr. 2, S. 55 ff.

4. Flexion des Verbums.

Vorbemerkungen. Es soll nicht unterlassen werden, darauf aufmerksam zu machen, dass in der idg. Urzeit alle Prfisensklassen (dazu die starken Aoriste und auch höchst wahr- scheinlich das idg. Futurum auf -siO'), alle «-Aoriste, alle Perfekte zeitlos waren (keine Zeit- stofe bezeichneten) und sich nur durch die Art der Handlung (Aktionsart), die sie charak- terisieren, voneinander unterschieden, üeber diese in das Gebiet der Syntax abergreifende, äusserst wichtige Frage vgl. Stbeitbbbg in P.-Br. B. 15, 126 f., ürgerm. Gramm. 276 ff. ; Hbbbio, IF. 6, 157; GiLBS 366 ff.

96. Das lateinische Verbalsystem weist im Vergleich mit dem zu erschliessenden grundsprachlichen sehr wesentliche Veränderungen und Ver- schiebungen auf.^) Die hauptsächlichsten Gründe der Umgestaltung des lat. Yerbalsystems scheinen mir folgende zu sein :

1. Der Zusammenfall der meisten primären und sekundären Personal- endungen, worüber das Nähere sofort wird beigebracht werden.

2. Der Verlust des Augments; dadurch wurde im Verein mit dem an erster Stelle angeführten Grunde die Einbusse des einfachen Imperfekts und des einfachen, als Formkategorie eigentlich vom Präsens nicht ver- schiedenen thematischen und unthematischen Aorists herbeigeführt. Die Reste des Aorists wurden dem Präsenssystem eingereiht {tagam, tagö, tagit, aUulat u. s. w.).*) Über anderweitige mutmassliche Verwendung alter Aoristformen wird an gehöriger Stelle das Weitere beigebracht werden. Ebenso ist auch das Augmentpräteritum des Perfektstammes verloren gegangen.

3. Das Lateinische hat die idg. Medialbildung nicht bewahrt; ein- zelne Spuren werden wir an gehöriger Stelle nachweisen. Dagegen hat es ein neues Medio-Passivum mit dem charakteristischen Kennlaut r ge-

^) Hiebei bemerke ich, dass ich mit dem komplizierten Verbalsjstem, welches Mahlow, K. Z. 26, 570 f. für die idg. Grundsprache auf- gestellt hat, mich durchaus nicht einverstan- den erklaren kann, vielmehr im wesentlichen den gegenteiligen Bemerkungen Bbugmann 's.

Ber. d. kgl. sÄchs. Ges. d. Wiss. 1883, 175 f. und Thurneysen's, Bezz. Beitr. 8, 271 f. bei- stimme.

«) CüRTiüs, Stud. 5,431 f. (Wiederabdruck), Pröhde, Bezz. Beitr. 6, 161 f., Stolz, Verbal- flexion 1, 1 f., Bbugmann, Grundr. 2, 295.

154

LateinMelie Orammaiik« o. Formenlehre.

bildet, in Übereinstimmang mit den italischen Schwesterdialekten und den keltischen Sprachen.

4. Auch die idg. ^-Aoriste haben weder ihre ursprüngliche Form noch ihre charakteristische Bedeutung rein erhalten ; sie sind mit dem altererbten Perfektsystem vereinigt worden, woraus eben die doppelte Funktion des letzteren im Lateinischen als wirkliches und historisches Perfekt sich er- klärt. Allerdings müssen die Keime zu dieser Entwicklung schon im Perfekt vorhanden gewesen sein^) und das idg. Perfekt bereits in ur- italischer Zeit ein historisches Tempus geworden sein.') Diese Yerquickung der beiden namhaft gemachten Tempora zeigt sich ferner noch ganz be- sonders darin, dass sämtliche Modi des Perfekts, das Plusquamperfekt und Futurum exactum, wie sich später ergeben wird, von 5-Aoristen ausge- gangen sind. Letzterem gehört seinem Ursprünge nach auch der Con- iunctivus imperfecti an.

5. Auch von dem idg. Futurum auf -siö ist im Lat. keine Spur ge- blieben.

Nach dem Gesagten stellt somit eigentlich nur das Präsens mit seinen Modi in ziemlicher Reinheit den ursprünglichen Zustand dar, das Perfekt^ System ist bereits wesentlich verschoben, das verloren gegangene einfache Imperfektum und Futurum sind, ersteres vollständig durch eine Neubildung aMf'bam, letzteres teils durch eine solche auf -6^, teils durch den Konjunktiv ersetzt. Gleicherweise sind lat. Neubildungen die Perfekte auf -vi bez. -uf.

Das verbum finitum umfasst die Formen des Indikativs, Konjunktivs, Optativs (mit dem vorausgegangenen im Lateinischen zu einem synkre- tistischen Modus verwachsen), Imperativs;^) das v. infinitum die verbalen Nomina, die Infinitive, Gerundia, Partizipien.

Anmerkung. In der idg. Grundsprache gab es auch einen «Injunktiv', worüber man vgl. Brugmann, M. U. 3, 1 ff., Gnmdr. 2, 1276 ff.; Delbrück, ib. 4, 352 ff. Diese In- jimktiyformen sind augmenüose Indikative eines Augmenttempos, z. B. legite für *legete neben gr. i-Xeyere. Auch legis für Heges, vgl. gr. i-leyes, kann eine solche Injunktiyform sein. Der Injunktiv ist nach Delbrück .ursprünglich eine gegen die Modusbedeutung noch gleichgültige Form* gewesen. Er war aber auch zeitlos. Daraus erklärt sich, dass einzelne Formen im Lateinischen in imperativischer Funktion auftreten, andere in präteritaler, nftmlich eram, -bam -bös u. s w. In fnturischer Verwendung erscheint dieselbe ö-Form in air. no charfa „amabit* aus *caräbh(%i)ät (vgl. unten § 118). Insoweit muss ich meine Bemerkung Hist. Gramm. 1, 642 (Znsatz zu S. 337) nach neuerlicher Durcharbeitung des Stoffes richtig stellen.

Personalendungen/)

Aktivnrn.

Vorbemerkung 1. Die Personalendungen des Perfekts, sowie des Imperatiirs werden grösserer Uebersichtlichkeit halber bei Besprechung dieses Tempus, bez. Modus abgehandelt werden.

Vorbemerkung 2. Die Personalendungen sind, wenigstens zum Teil, buchst wahr- scheinlich Personalpronomina; die eingehendere Behandlung dieser schwierigen Frage gehört nicht hieher.

97. Man unterscheidet primäre (-n?i -si -ti -nti) und sekundäre (-iw -s 't- nt) Personalendungen, von denen die ersteren dann auftreten, wenn

») Herbio, 1F. 6, 214.

") Bbüomank, Grundr. 2, 1236.

') Ueber die Entstehung der Formen des verb. fin. aus ursprünglichen einfachen Sätzen, z. B. idg. *ei-mi aus der Wurzel und dem zum

Pronominalstamm me- gehörigen -mi, wobei das Pronomen stets die zweite Stelle ein- nimmt, vgl. Brvomamv, Grundr. 2, 838 ff. ^) Bbüoxakn, Grundr. 2, 1330 ff.

4. Flexion des Verbnms. 97.)

155

das Yerbum absolut steht, letztere, wenn es infolge enklitischer Anlehnung an eine Präposition den Eigenton verliert (konjunkte Flexion). Man sagte idg. *bhereti i,fert*, aber *pr6 bheret »profert*, vgl. idg. *e bheret y,^9€Q€{i:y neben ai. bhärcUi „fert'.^)

1. sing. Bereits in der Grundsprache haben die unthematischen Yerba diese Person mit Suffix -mi, die thematischen auf -ö^) gebildet, das jedoch nicht durch Kontraktion entstanden ist, sondern die Dehnstufe zu -o- dar- stellt.') An die ursprüngliche Bildungsweise der ersteren erinnert nur sum für *5-({-m (themavokalisch gebildet), das ursprüngliches *eS'm{i) *esem ver- drängt hat,*) vgl. osk. süm sum. estwi Varro 1. 1. 9, 100 scheint von Varro per analogiam erschlossen zu sein.^) Über den Abfall des auslautenden i, der hier, sowie in der 2. 3. des Sing, und in der 3. des Plur. stattgefunden hat, vgl. oben § 69. Sekundär ist -m bei den historischen Tempora und im Konjunktiv und Optativ, vgl. era-m, ferSba-m, lega-m, sie-m.

Da nach dem oben Bemerkten ferö = idg. *bherö ursprünglich ist, müssten die in einzelnen Plautushandschriften vorkommenden Lesearten, wie dicom, faciom, auch wenn sie bessere Gewähr hätten,^) als Analogie- bildungen bezeichnet werden.

2. sing. Es erscheint ausschliesslich die sekundäre Personalendung '8, und es steht nichts im Wege, legis = *leges zu setzen, vgl. kypr. (pägeg att. rixhjc Imp. ^-g^egeg, und für die Injunktivform zu halten. Aber ebenso gut kann auch *leg&'Si die Grundform gewesen sein, wie auch es und ^s auf *essi und *etsi zurückgeführt werden können. '') Vgl. noch vf-s, ama-s, ama-ba-s; Konj. legä-s, hge-s er-i-s, leger-t-s.

8. sing. Die Unterscheidung in primäres 4, sekundäres -d, welche sich nach den Nachweisungen Buöge's, K. Z. 22, 385 f. (vgl. auch v. Planta, Gramm. 1, 579; 2, 280 f.. Bück, Der Vok. d. osk. Spr. 198) für die oskische und umbrische Sprache mit Sicherheit darthun lässt, scheint auch im La- teinischen vorhanden gewesen zu sein.^) Darauf deuten vhevhaked der Maniosinschrift, sied asted feced der Duenosinschrift neben dem Konjunktiv mitat (in letzterem Falle allerdings scheint nach Ausweis von osk. pütiad »possit* u. s. w. 't nicht ursprünglich zu sein), fecid CIL. 1, 54 (daneben

^) ZiicMBB, E. Z. 30, 119 Fnssnote, dem Bbugxajin, Gnmdr. 2, 1334 Anm., Strbitbbro, Urgenn. Gramm. 282 f. beisidmmen. Vgl. auch V. Plaiita 2, 279. Nach Kock, K. Z. 34, 576 ff. hängt der idg. Wechsel der Endungen davon ab, ,da88 das Yerbum der idg. ürrorache teils Tollbetont war, d. h. Haupt- und Nebenaccent hatte, tefls relativ unbetont war, d. h. keinen Haupt- und Nebenaccent hatte*.

>) ScHBBBB, Z. G. d. d. Spr. 173 (>213 f.); Bbugkahit, M. U. 1, 133 f.; Bbzzsnbebobb, Beitr.3,326; G. Mbybb, Gr. Gr.* § 442. Diese mrsprOngliche Scheidung besteht noch in der Sprache des älteren Avesta nach B abtholomae, Su Z. 29, 272. Vgl. auch Wihdisoh, Abhand- lungen d. k. Sachs. Ges. d.W. X 449 Amn. 1.

s) Ersteres hatte Osthoff, Z. G. d. P. 61 ▼ermutet; auch jetzt glaubt dasselbe noch G. Mbteb, Gr. Gr.* 533. Die zweite Ansicht

hat Hirt, IF. 1, 1 ff. begrOndet. Vgl. auch Hist. Granmi. 1, 356. Nach Zimmer, E. Z. 30, 120 Anm. (vgl. 232) lautete die 1. sing, ab- soluter Flexion idg. *bheröi, konjunkter *pro hherö, die beide nach J. Sohmidt's und Schulzb's Ermittelungen (vgl. § 13, 7) in *bherö zusammengefidlen seien. Vgl. jetzt HiBT a. a. 0. 223.

^) Brugmann, Ber. d. k. sächs. G. d. W. 1890, 230 ff. ; Grundr. 2, 921 ; v. Planta, Gramm. 2, 282; Skütsch, Forsch. 1, 155'.

') Jordan, Erit. Beitr. 137 ; Brugmann, Techmer's Intern. Zeitschr. 1, 245.

*) CoBSSBN 1, 267 Anm.

7) Brugmann, Grundr. 2, 1342.

8) Osthoff, Rh. M. 36, 487. Vgl. auch Stadblmann, De quant. voc. 64 f.; Daniblsson bei Pauli, Altit. Stud. 3, 148 und Brugmann, Grundr. 1, § 655, 6; 2, 1348.

156

Lateinische Grammatik, c. Formenlehre.

allerdings dedit). Jedesfalls aber ist im Lateinischen das auslautende sekundäre -d (vgl oben § 69) schon frühzeitig durch die primäre Endung -t (aus "ti) ersetzt worden, i)

Anmerknng. Nach dem eben Bemerkten sind die lat. Formen der thematisdien Verba auf -U U ^e orsprOnglichen. Die gelegentlich bei Dichtem erscheinenden Formen auf -U -U (vgl. G0B88BM 2, 492, 498. It. Spr. 476 f.; Eübneb 1, 68 und 69) scheinen mir mit CuBTiüB, Yb.' 1, 207, Bbugmank, M. U. 1, 173 Anm. auf das metrische Gebiet verwiesen werden zu müssen.*) Dabei darf nicht übersehen werden, dass die ursprünglich langen Ausgänge -ts -it der abgeleiteten Verba auf -iö, die durch die Verba auf -iö in Berührung traten mit den einfachen thematischen, leicht Veranlassung werden konnten zu jenen sprach- lich nicht berechtigten Messungen. Anders, aber nicht richtig Habbrlandt, Sitzungsberichte d. k. Ak. d. Wiss. in Wien 100, 981 f.

1. plur. Die einzige vorhandene Personalendung ist -mt«8, auf älteres ^^mos (im Ablaut zu der. -fisg) zurückgehend. >) Die angebliche Messung -müs (CoBSSEN, 2, 499, Wordswoeth 115) erweist sich als Irrtum (Müller, Plaut. Pros. 57, Lindsay, Lat. Lang. 529).*)

2. plur. Die lat. Sprache kennt nur das Suffix -tis (= *'tes)^ welches am wahrscheinlichsten mit Baunaok, G. St. 10, 62, Speijer, M^m. d. 1. S. d. 1. 5, 189, Bruomann, Grundr. 2, 1358 als ursprünglich dem Dual ange- hörig betrachtet werden muss, z. 6. vehitis skr. vdhathas, während das in den übrigen Sprachen zur Bildung dieses Kasus verwendete Suffix skr. 'tha, zd. "tha und -to, gr. -ts, slav. lit. -te got. -p durch die zweite Person d. Plur. des Imperativs gewahrt erscheint.^) Diese Erklärung halte ich für wahrscheinlicher, als Osthopf's Annahme (Zeitschr. f. d. öst. Gymn. 1880 S. 70, vgl. ScHWEiZER-SiDLER, Gramm.^ S. 130), dass legitis zu legis nach dem Verhältnisse von legite : lege gebildet worden sei, wenn es auch die Verwendung des dualischen legitis im pluralischen Sinne erleichtert haben mag (Bruomann, Grundr. 2, 1358). Noch weniger wahrscheinlich v. Planta, Gramm. 2, 359.

3. plur. Während die oskische und umbrische Sprache primäres -n^, bez. -nt 4 -w und sekundäres -ns (bez. -s) unterscheiden,«) tritt uns im Lateinischen nur -ent in si-ent und -nt entgegen, mit dem thematischen Vokal -unt, älter -ont (die Formen bei Corssen 2, 51 f., Ritschl, Op. 4, 180). Dass sec. -n<J auch im Lateinischen vorhanden war, ist wegen ferBns (Neutr.) und quoti^m wahrscheinlich (vgl. oben § 79 b und 91 D). Die Form tremonU des Saliarliedes Fest. 244, 17 Th., die Jordan, Krit. Beitr. 219 von der Liste altlateinischer Verbalformen gestrichen hat, hat neuerdings an Lind- say, Lat. Lang. 530, Maürenbrecher, N. J. Suppl. 21, 339, v. Planta, Gramm. 2, 282 und Thurneysen, K. Z. 35, 211 wieder Verteidiger gefunden. 7) Die

^) Wegen Bezzbmbeboer's Ansicht (in seinen Beitrilgen 14, 176 f.), dass der Wechsel von 'd und -t schon indogermanisch sei, vgl. Schmidt, Pluralbildnngen 180 ff. nnd v. Planta 1, 573«.

«) Vgl. MiSTBLi, Z. f .Völkerpsych. 14, 324.

>) Es liegt kein sicherer Ajohaltsponkt dafür vor, dass, wie v. Planta, Gramm. 2, 283 will, *-nio8{i) als Grundform anzusetzen ist.

*) üeber die L&nge des Vokals in dieser Personalendung Misteli in E.Z. 14, 826 ; Kuhn in E.Z. 18,383; Bbugmann, M. U. 1, 152; s. jedoch auch KOgel, P.-B. Br. 8, 126 f. und

y. F1BBLIN6BB, E. Z. 27, 189 f. Wegen des an- geblichen lit. 'tnes = -mens s. Leskibn, Ber. d. k. Sachs. G. d. W. 36, 98 Anm.

^) Vgl. auch noch Bbuoicann, E. Z. 24, 91 Anm.

«) Anders Danielsson bei Pauli, Altit. Stud. 3, 148, der annimmt, -ns habe ursprüng- lich dem Perfektum angehürt

') Bbugmann, Grundr. 1*, 98 sagt: .Aber auf die üeberlieferung ist wenig Verlass*. Andere ältere Litteratur bei Stolz, Verbal- flexion 1, 26.

4. Flexion des Yerbams. (§§ 97—98.) 157

denominativen Yerba auf -aö und -eö^ sowie die kausativen auf -eö haben an die Stelle der ursprünglich wohl vorauszusetzenden Bildung auf "^-aont *-e(mt (aus ^-aiont *^eiont) (vgl. fmUunt) eine Analogiebildung nach dem Muster der nicht abgeleiteten Yerbalstämme auf -ö- und -e-, wie amanf Jkäbent (aus *ama^nt *habs-nt) treten lassen;*) neunt Löwt:, Prodr. 409, Corp. Gloss. 4tj 261, 7, doleunt CLL. 3, 3362 sind nach Analogie der 3. plur. d. 4. Konjugation gebildet.^) Äusserst wahrscheinlich ist die etymologische Verwandtschaft zwischen dem -nti -nt der 3. plur. und dem -ni- des Par- tizipiums.^) Nach Johansson^) sind die altlateinischen Formen danunt, eX'pUnuntf pröd-munt u. s. w. Umbildungen von *dan *plen *m (satzphone- tische Nebenformen von *dan{d) *pl^n{d) *tn(d)) nach ag-unt. Diese von Brüohakn, Ber. d. kgl. sächs. Ges. d. W. 1890, S. 222 und Grundr. 2, 1366, Pedersen, IF. 2, 302, Lindsat, Lat. Lang. 530 angenommene Erklärung ist der älteren, welche diese Formen als Bildungen der Nasalklasse auffasste (so auch noch v. Planta, Gramm. 2, 281 f.), entschieden vorzuziehen. Vgl. auch W. FöRSTEB, Zeitschr. f. rom. Phil. 22, 523 f.

Das PaBsivnrn. 98. Es ist bereits oben § 59 Anm. 2 bemerkt worden, dass das r des Passivs nicht aus s hervorgegangen sein könne. Somit fallt die früher allgemein angenommene Hypothese der Entstehung des lat. Passivums aus der Zusammensetzung des Aktivs mit dem Reflexivpronomen se^ wofür sich allerdings mehrfache Analogien beibringen liessen.^) Die Möglichkeit der Erklärung scheint die Thatsache an die Hand zu geben, dass das lat. Deponens-Passivum wenigstens eine Medialform mit Sicherheit aufweist, nämlich die 2. sing. ind. und imp. sequere, die wir § 10 = gr. i'7i€{a)o ge- deutet haben. Medialformen stecken femer in den Formen der Deponentia, wie sequitu^r sequontti-r, vgl. gr. elkero emovxo aus *{€)(rä7t€To *{i)aä7iovTo^ pass. legüu-r leguntti-r, vgl. gr. {i)Xäy€j:o (i)XbyovTo, Man hat das italische Mediopassiv als eine Weiterentwicklung des uridg. Mediopassivums zu be- trachten,^) das im Italischen gerade so wie im Keltischen durch eine Neu-

*) Bbugmann, M. ü. 1, 87. ' Brugmann, M. ü. 1, 137; Grundr. 2, 371, 1832.

*) Diese von Schuchabdt, Yok. 2, 504 | Vgl. anch Delbrück, Einl. i. d. Sprachst.* 107 f.

aufgestellte und von Osthoff, IF. 6, 23 f. , Gegen diese Ansicht spricht sich aus Bartho-

nfther ausgefOhrte Erklfirung ist der frflher ' lomae, Studien z. idg. Sprachgesch. 2, 147 f.

gegebenen, dass neunt (ebenso auch nü) . Fussnote unter Verweisung auf Schmidt,

Analogiebildungen nach queunt quit seien, Fluralbildungen 237 Fussnote. Sehr gewagte

Yonoziehen. Zu dem im Texte berCLhrten Vor- { Vermutungen bei Johansson , Bezz. Beitr.

gang (Verdrängung der als wahrscheinlich 18, 49'.

vorauszusetzenden Formen *am€U)nt *amönt, ' ^) Akademiske afhandliger til prof. Dr.

vgl. amö, *doceont) vgl. man die Thatsache, i S. Buoos (1889) 19 ff.

dass im Vulgärlatein der Provinz Spanien in der 3. plur. der lateinischen dritten und vierten Konjugation schon in vorhistorischer Zeit die iirs[Mi!lDgllche Endung -unt, von der im Spa- niachen gar keine Spur mehr vorhanden ist, durch -ent verdrängt worden war, daher in spanisch-lateinischen Urkunden dücurrent, re- cipün, span. duermen, venden. Vgl. Gassneb, Das altspan. Verbum 69 und Meyer- Lübeb, Gramm, d. rom. Spr. 2, 181. *

*) F. Gustavsson nach Bursian's Jahres- ber. 28, 205; Asooli, Sprachw. Briefe 150;

*) Vgl. bes. Wbstphal, Verbalflexion 25. Corssen, It. Spr. ^62 f. bringt nichts Neues bei. Vgl. auch Delbrück, Die neueste Sprach* forschung 10. Körting, Formenlehre d. franz. Sprache 1, 9 ff. und Zeitschr. f. franz. Sprache u. Lit. 18, 115 ff. hätte keinesfalls zur alten Bopp^Bchen Auffassung zurückkehren sollen. Denn durch seine BeweisfOhmng werden die bestehenden Schwierigkeiten nicht beseitigt.

•) Thürneysen, IF. 1, 462; Brugmann, ib. 5, 110; V. Planta, Gramm. 2, 384.

158

Lateinische Grammatik, o. Formenlehre.

bildung mit dem charakteristischen t verdrängt wurde. Als Ausgangs- punkt dieses r betrachtet Windisch, Euhn's Beitr. 8, 465 Anm. und unter ausführlicherer Begründung Abhandl. d. k. sächs. Ges. d. W. X, Nr. 6 (Leipzig 1887) mit Zustimmung von Bezzenbebger in seinen Beiträgen 2, 270 und Brughann, Techmer's Int. Zeitschr. 1, 239 (vgl. jetzt örundr. 2, 1888) die altindischen Medialformen auf -re -rcUeA) An dieser Annahme muss man trotz Zimmeb's Ausführungen festhalten, wenn es auch nicht mehr gelingen dürfte, den Bestand an r-Formen in der idg. Grundsprache festzustellen. Ist die Voraussetzung, dass von einer ß. plur. med. mit dem Kennlaut r auszugehen ist, richtig, so dürfte das r der 3. d. Plur. zunächst wohl auf die 3. d. Sing, übergegangen sein. Die Ausbildung der deponentialen Flexion fallt, wie Air, 'Sechethar ^sequitur", -sechur „sequor*, ^sechemmar „sequimur, sequamur* zeigen, schon in voritalische Zeit. Von den lateinischen Formen sind die 3. sing, und die 3. plur. (vgl. oben) durch Antritt des r an Medial- formen entstanden. Die 1. sing, und plur. sind von den entsprechenden Aktivformen abgeleitet; vgl. sequor (neben agö), ursprünglich *sequör (bei Plautus noch -Jr, vgl. Lindsay, Lat. Lang. 214), sequimur aus "^sequemor, dessen -mor wahrscheinlich aus ^-mos umgestaltet war, vgl. umbr. ferar „man trage' (aus dem Akt. *feräd umgestaltet), osk. censamur (umbr.-samn. med.-pass. Imperativsuffix *möd, dessen -d durch das pass. -r ersetzt ist;') ebenso auch die passiven Formen lego-r legimi4-r.^) Die vereinzelten 2. d. Sing, spatiärus CIL. 1, 1220, ütarus ib. 1267, figarus ib. 4, 2082 {spectärtui Konjektur v. Ribbeck, Plaut. Mil. 505) müssten zu einer Zeit gebildet sein, wo auslautendes o noch nicht zu e gesunken war, und könnten dann auf die alten Medialformen, vermehrt um das -s der 2. sing, act., zurückgeführt werden (*ütäso + s, dessen auslautendes *-os regelrecht zu -w5 gesunken ist). Die Formen sequeris legeris sind aus denen auf -e (Qrdf. *sequeso legeso) nach dem Verhältnis von legis : lege^ legUis : legite umgebildet. Ob dafür auch der Umstand spricht, dass bei Plautus die Formen auf -re häufiger vorkommen und sich bei Terentius ausschliesslich nur solche auf -re finden,*) ist freilich nicht ganz sicher. Die 2. d. Plur. hat bereits Bopp, Konjugationssystem 105 f., ausführlicher Vergl. Gramm.* 2 § 478 als Parti- zipialform erkannt, legimim = gr. Xeyofisvoi, Das Bedenken Wacker- nagels (Verh. d. 39. Philologen vers. S. 281 f.) wegen der Auslassung von estis hat Brugmakx, Grundr. 2, S. 155 durch den Hinweis beseitigt, dass der imperativisch verwendete Infinitiv legimint = gr. Isysfxevai die Aus- lassung der Kopula auch bei der 2. plur. ind. bewirkt habe.*^) Hingegen sind die sing. Imperativformen fruiminö antestaminö und andere von CSobssen, Beitr. 492, A. u.V. 2, 96, Lindsay, Lat. Lang. 519, Neue 3», 211 f. aufge- führte mit Bbuomann, M. U. 1, 168, Grundr. 2, 1327, v. Planta, Gramm. 2,

1) Bbnfby, Abh. d. Gott Ges. d. W. 15, 87 f., Whitney, Ind. Gramm. § 550, Delbbück, Ai. Verbum 76 f. und vor allem Windisch nnd Zimmer.

«) Brüqmann, Grundr. 2, 1393 f.

') Möglicherweise könnte allerdings in -or auch die mediale Endung *'öi stecken, die dann zu -ör umgeformt sein müsste (Bbug-

MANN, Grundr. 2, 1394 Anm.). Ueber die oben angesetzte Endung der 1. sing. med. vgl. auch Jellinbk, Beitr. z. Erkl. d. germ. Flexion 71.

^) Engblbreoht, Studia Terentiana (Wien 1883) S. 84; Neue 3», 202 flf.

*) Vgl. auch V. Planta, Gramm. 2, 818; Verf., Berl. phü. Woch. 1890, 834.

4. Flexion des Yerbams. 98.) 159

als Analogiebildungen nach dem Imp. auf -tö zu erklären {-minö : -mini = "tö : te). Die bei Cüc. de leg. 3, 3, 8 als Plural stehende Form apellaminö ist mit Jobdan, £j:it. Beitr. 246 als missverstandener Archaismus zu be- trachten. ^)

Die Bildung des Passivums ist ausgegangen vom Präsens und in den einfachen Tempora und Modi in proportionalem Masse nachgeahmt worden; dies zeigen am besten die Formen legaminl legSmini legerEminT u. s. w., da ja sprachgeschichtlich nur legimini eine Berechtigung hat.^)

Anmerkung 1. Der von Zimmer gemachte Erklärongsversuch des lateiniechen nnd altmschen Deponens-Passivnm (E. Z. 30, 224 f.), dessen Grundlage ich in der früheren Auf- lage als sehr zweifelhaft bezeichnet habe, ist auch von Thurnbysbn und anderen Gelehrten abgelehnt worden (vgL insbesondere die lichtvolle Auseinandersetzung bei v. Planta, Gramm. 2, B82 ff.), wahrend Ldtdsay's (Lat. Lang. 519 ff.) und Gilbs' Darstellung 318 auf ihm fussen. Dies gilt auch von Job, Le present et ses d^riv4s dans la conjugaison Latine (Paris 1893) 82 ff. Vgl. auch Pabmentibr, M6m. d. 1. S. d. 1. 6, 391 ff.; Dottin, Les Desinences verbales en R en Sanscrit, en Italique et en Celtique. Th^se pr^sent^e ä la Facult^ des Lettres a Paris. Rennes 1896 (mir durch die Besprechung Züpitza's in der Deutschen Literaturzeitung 1897, 1371 ff. bekannt geworden).

Anmerkung 2. Eine üebersicht der ausserlateinischen in den italischen Dialekten vorkommenden passiven und deponentialen Formen bei v. Planta, Gramm. 2, 877 ff.

Anmerkung 3. Darf man in merear meretur Corp. Gloss. 4, 116, 40 eine dem umbiischen ferar „man. trage ** analoge Form erkennen, in welcher -r fOr sich allein Personal- endung war (Brugmann, Grundr. 2, 1391}?

Anmerkung 4. Durch die offenbar aus ftlterer aktiven Flexion zu erklärenden r-losen Imperativformen, wie ütuntö CIL. 1, 204, 1, 8, mtitö Cic. nach Diomed. Gr. Lat. 1, 340, 1 E. und einige andere bei Nbub 3', 212 f. aufgeführte (vgl. auch Kbil, Comment. in Catonis de agricultura 1. p. 20), mag auch das einmal CIL. 1, 198, 77 vorkommende passi- vische cinsentö seine Entschuldigung finden.

Bildung der Präsensstämme.

Vorbemerkung. Bei der Einteilung der Prftsensstftmme habe ich nach der frithcnr allgemein flblichen Weise, die ja auch noch G. Meybr in der dritten Auflage seiner griechi- schen Grammatik befolgt hat, den Bildungsunterschied, der sich aus dem Fehlen oder Vor- handensein des thematischen Vokals ergibt, als den massgebenden Einteilungsgrund aus praktischen Gri&nden festgehalten, wenn ich auch selbstverständlich die Berechtigung des von Bbüomabb, Grundr. 2, 491 dagegen vorgebrachten Bedenkens durchaus nicht verkeune. So schien es mir auch passend, die komplizierte Einteilung der Präsensstftmme in 32 Klassen, die allerdings nur 9 grossere Gruppen ausmachen (Giles 827 f. hat fOr das Griechische und Lateinische 7), nicht ausdrücklich zu befolgen, zumal im Lateinischen kaum mehr als 17 dieser Slassen und davon manche nur in ganz geringem Umfange sich nachweisen lassen. Ich bleibe also auch hier der Hauptsache nach bei der alten Einteilung, die ich nur durch Hinznfllgung der Gruppe der Prftsentia mit 9-Suffiz vervollständigt habe.

Die traditioneUe Einteilung der lateinischen Nationalgrammatiker in 4 Konjugationen verfolgt rein praktische Zwecke.') Diese 4 Konjugationen begreifen Verba sehr verschie- dener Herkunft in sich.^) Zur ersten Konjugation gehören 1. Wurzelverba, so stä-s dä-s; 2. Wurzelverba mit angefügtem -ö-, z. ß. in-tr-ä-s, fl-ä-s, n-ä-s, W. sn-ä-; 3. Wurzelverba auf -ä- mit ^o-Suffix, von denen jedoch nur die 1. sing, erscheint, z. B. amö aus ^amä^iö (aber amä-s u. s. w., wie bei den Deiden ersten Klassen), arö aus *arä-jö; *) 4. zweisilbige Wnnelverba auf -0, die in die Analogie der a-Verba fibergetreten sind: laväre domäre iuräre (Stamm lava- doma- iuva-). Vgl. Thubneysbn, K. Z. 85, 203 ; 5. denominative, wie plantö aus *plantä-iö, cürö aus *cürä'iÖ (aber plantä-s u. s. w., wie amä-s).

Zur zweiten: 1. Wurzelverba auf -g, wie habe-Sf ple-s (vgl. jetzt Hirt, 1F. 10, 28 f.)

1) Nach AscoLi, Kuhn's Beiträge 5, 94 | Ausgang der 2. sing, praes. act.), aber die sind die Formen auf -mim vom Imperativ ans- ! dritte wegen der doppelten Quantität des t

..•■• IKI J 1.-11 _— .

gegangen.

•) CuBTirs, Stud. 5, 241.

*) Ueber diese vier „ordines'' vgl. z. B. Charisins bei Ksil, Gr. L. 1, 168 f. Aller- dings wurden von vielen Grammatikern nur drei Konjugationen unterschieden (nach dem

in eine „tertia correpta" und .producta" zer- legt. Vgl. JsBP, Zur Geschichte d. Lehre v. d. Redeteilen 245 f.

^) BucK in Studios in dassical Philol. d. Universität von Chicago (1895) 1, 181 f.

*) Brugmann, Grundr. 2, 1087.

160 Lateiiiiaohe Ghrammatik. c. Formenlehre.

und 2. mit io-Suffix, wie neö aus ^sn-i-iö, tciceö aas ^tiic-i-iö; 8. Eaasativa, wie doceö tnoneö ans *doci-iö *m(m4-iö; 4. Denominativa, wie albeö auB *albeiö u. s. w. In der Flexion haben sich die beiden letzten Klassen an die beiden ersten angeschlossen, daher docS'8 mones alb€-8f die freilich auch aus *doee'ie9{i) *mone-ie8(i) *albeie8{t) abgeleitet werden können.

Die dritte Konjugation umfasst mit Ausnahme der Denominative auf -uere, wie metueref und der wurzelhaften to - Verba mit kurzem Stammvokal nur Wuizelverba.

Zur vierten Konjugation gehören die wuizelhaften io -Verba mit langem Stammvokal, wie audio miiniö (gegen capto fäciö)^ und die denominativen, wie ftniö aus *fini'iö. In der Flexion haben sich die letzteren (finl-s u. s. w.) nach audi-s müni-s gerichtet.

99. Allgemeines. Vom Präsensstamm werden der Indikativ, Kon- junktiv, Optativ, Imperativ des Präsens gebildet, ferner ein aktives Parti- zipium, das Gerundivum und die Infinitive des Aktivs und Passivs (aller- dings eigentlich Verbalnomina). Auf eine alte infinitivartige Bildung vom Präsensstamm gehen auch die ersten Bestandteile der zusammengesetzten Imperfekta auf -harn und der Futura auf -hö zurück. Von den beiden ursprünglichen Eonjugationsklassen, der unthematischen und der thema- tischen, von denen die erstere in der Grundsprache durch Wechsel des Accentes und infolge desselben hervorgerufene Stammabstufung charak- terisiert war (der Accent ruhte im Sing, auf der Stammsilbe, im Dual und Plural auf den Personalendungen), die letztere als charakteristisches Merk- mal den sogenannten thematischen Vokal hat (o und 6), ist die erstgenannte im Lateinischen fast gänzlich aufgegeben worden, indem die Flexion der

^ ursprünglich dazu gehörigen Verba nach dem Muster der d-Eonjugation umgeformt wurde; man vgl. z. B. /ärf gr. ya-va*, serö sistö gr. irjfu tcrrr^jui, pleö skr. piparmi gr. nffiTikrj/jn, stemuö sternö, niaQvvfiai aTOQvvfxi, Der Übergang erfolgte vom Plural aus: aus *sistäfnus *sisämus (vgl. sätus) wurde regelrecht sistimus serimus und darnach wurden nun auch sistö serö u. s. w. gebildet;^) ebenso wurde aus Hternumus stemitnus. Vgl. auch co«- sternäre (nach dem Sing., vgl. skr. strndmi „streue aus") und stemere, sper- näri und spemere. Wegen cönstemäre, das man wegen ai. stpidmi als eine vom Sing, ausgehende Bildung betrachtete, vgl. Bruohakn, Örundr. 2, 977, wo mit Recht darauf hingewiesen ist, dass es von ähnlichen Fällen, wie fljgere : prö-fligare, capere : oc-cupare u. a. nicht getrennt werden dürfe. Vgl. die Vorbemerkung, wo auf eine Reihe von athematischen Bildungsresten in der lat. Konjugation aufmerksam gemacht ist.

Anmerkung. Der sogenannte thematische Vokal ist eigentlich ein Teil des Stammes ; bher-^V wird je nach dem Antritt verbaler oder nominaler Suffixe Verbum oder Nomen.*)

Erste Hauptkonjugation.')

100. Der Präsensstamm ist gleich der nackten Wurzel. Von voka- lisch schliessenden Wurzeln der Wurzelklasse (Bbüomann's I.Klasse) lassen zum Teil den ursprünglichen Zustand noch erkennen: 1) ei- vgl. gr. €ipi tfi€v skr. (hfd imds; für *eiö^ wohl an die Stelle eines älteren *ei-in(i)

^) OsTHOFF, Z. G. d. P. 245 f.; Babtho- scheinlich halte. LOK AB, Stud. z. idg. Sprachgesch. 2, 140 f. ; ') Schleichbb, Comp. 387 f.; J. Schmidt,

Y. Planta, Gramm. 2, 245 f. Bbugxann, Grund riss 2, 933, 940 nimmt ursprOngliche thema vokalische Büdung f&r sistö, serö an, was ich, wie V. Planta a. a. 0., für weniger wahr-

E. Z. 25, 99 f.; Bbüokann, Grundr. 2, 876 ff. *) üeber das Folgende vgl. auch Fb(^hde, Bezz. B. 6, 164 ff.

4. Flexion des Verbnms. (§§ 99—100.)

161

getreten, nach Bbuomanx, Grundr. 2, 904 ursprüngliche themavokalische Bildung, wie eunt aus *eiont, part. eunt-is Konj. eam. Der starke Stamm i- =: ei- ist auch im Plural durchgeführt. In -den Formen eis eit ist ei regelrecht (für *ei-s(i) *ei-^(0)» ebenso in ei Plaut. Merc. 689, Cure. 487, Aulul. 694, ah-ei CIL. 1, 1007, an falscher Stelle in eitur eire (Cobssen 1, 717), vgl. päl. eUe Zvet., Inscr. It. med. 11. int Corp. Gloss. 2, 75, 23 (Löwe, Prodr. 421) ist zu imas itis gebildet nach dem Verhältnis von stant : siamas^ plent : plsmas,^) vielleicht aus der Grundform *ient gr. latrt skr. ydnti um- geformt.') Der starke Stamm ist auch in der Tempus- und Modusbildung überall durchgeführt mit Ausnahme des Supinums %tum und des Part. d. Präs. Uns Grdf. *ng^ (vgl. venttts eigentlich Part, zu vS- Grdf. *t;^^), wäh- rend in die Casus obliqui die starke Form eingedrungen ist, daher euntis u. s. w., wie eunt. Einmal praeter-eens CLL. 2, 3256. ambiö amhiunt u. s. w. scheinen allerdings schwer begreifliche Neubildungen nach den regel- mässigen Verben auf -ire zu sein. Genau so wie werden flektiert queö nequeö, die nach Osthofp, IF. 6, 20 flf.; 8, 179 ff. Komposita des früher be- handelten eö sind. Nach seinen scharfsinnigen Ausführungen ist ne-qti-it, worin vielleicht die Adverbiumform *que = griech. dor. m steckt, so viel als „es geht nicht irgendwie, gelingt nicht auf irgend welche Weise''. Part, queens Quint. 8, 3, 33. Über nit neunt vgl. § 97.

2. Die Formen dämus dätis red-dimus red-ditis aus *red-damus ^red- deUis, ce-do aus *ce^dö (vgl. lit. du-h »gieb* gr. nSy) eette aus *ce'date ge- hören einem Aoristpräsens an (vgl. gr. i-do-fAev u. s. w.),*) das da~t (Plau- tus)^) gehören nach Bbugmann dem «in den £ompp. konjunktivisch fun- gierenden Stamm dnOr- an*. Dazu nach dem Verhältnis von stöistäs^ flö : flas u. s. w. neugebildet, reddö könnte vielleicht auch aus *re-didö gedeutet werden, vgl. die oskischen und umbrischen Formen. Die Kom- posita von dare sind mit denen von idg. dAe- (vgl. fa-c-iö) zusammenge- flossen, z. B. ab-dere con-dere crB-dere u. s. w. Vgl. Darmesteter, De conjug. Lat verbi dare Lut. Paris. 1877, Thielhann, Das Verbum dare im Lat. u. 8. w., Leipzig 1882 mit der Rezens. Brugmann's in Zarngke's Lit. Centr. 1882, Sp. 1389 f., Brugmann, Grundr. 2, 906 Anm. 2. duim gehört zur selben Wurzel wie umbr. purtuvitu purdovitu und enthält die schwächste Stamm- form; darnach duam u. s. w.^) creduam ist Kontaminationsbildung, 7) ebenso auch crSduis creduit concreduö, hervorgerufen durch die Formen duim duis u. s. w. neben dem des u. s. w.

1) BRüOXAHir, Gzxmdr. 2, 904.

') Osthofp, M. U. 4, 363.

*) Diese Eh-klAmng (vgl. Neue philol. Rnndschsa 1888, 10) konnte vielleicht wegen ee- bedenklich erscheinen. Dann muss man -do als pronominal fassen; vgl. Stolz, Verbal- flexion 1, 44 f. (wo ich eben die letztere An- sicht vertrat) ; Pbbsson, Stud. etym. 17; Zuocbb- MAinr, Arch. f. lat. Lex. 5, 568.

*) Stolz, Verbalflexion 1, 3 f.; Osthofp, M. U. 4, XIU; Brugmann, Ber. d. k. sftchs. Ges. d. W. 1890, 233, Gnmdr. 2, 889 und 956. Weniger wahrscheinlich dünkt mich Lind-

say's Identifizienmg des lat. ans *dö-iü mit aksL da-ja» (Lat. Lang. 457).

^) LiNDSAT, Lat. Lang. 457 ; Arch. f. lat. Lex. 11, 128.

^) Vgl. SoLMSBN, Stud. 133; Bronisoh, Die osk. e- und t-Vok. 110; v. Planta, Gramm. 1, 198. Eine andere Ansicht vertritt Osthoff, M. U. 4, 370 f. Vgl. auch Flensburg, Stud. auf d. Geb. d. idg. Wurzelbildung 62.

') Der Deutung von Hoffmann, Bezz. B. 14, 287 = *cre-dhevam (>^- Aorist) vermag ich ebensowenig beizustimmen, als ich diese Aoristart überhaupt für berechtigt halte.

Eaadtradk der klaiM. AltertumswisBenaobaft. II, 2. 8. Anfl.

11

162

lAteiniflohe Grammatik, o. Formonlalire.

3. stä'S stor-t und die Formen des Plurals können einem alten Aorist- präsens angehören, vgl. dor. i-aza^g €-a'rii(ir) u. s. w., dagegen geht stö auf urit. *8taiö zurück, wie umbr. stahu und die oskischen Präsensformen dieser Wurzel.*)

101. 2. Konsonantisch schliessende Wurzeln.

1. es-.*) Urspr angliche Formen stellen nur es, wofür in gewissen Fällen (antevokalisch) bei Plautus noch ess statt des gewöhnlich geschrie- benen ^s zu schreiben ist,^) und est dar aus *eS'Si und *e8-ti; s-^u^m s-u-mus s-ttrnt sind thematisch gebildete Injunktivformen (vgl. inqtMm) und sind in tieftoniger Stellung aus älteren H-o-m *s-o-mo8 s-o-nt CIL. 1, 1166 her- vorgegangen, vgl. s-ö-ns St. s-o-n^ neben dem unthematisch gebildeten -sens Qrdf. *s-en^, vgl. dor. evreg aus ^aävxsg^ oder *s-9^.*) es^fe ist nach Analogie von es est ins Leben gerufen.^) Über simus Ind. vgl. § 21, 4. Der Kon- junktiv erö Grdf. *esö gr. i(ü)w ist in Futurbedeutung in Verwendung,«) der Optativ siem repräsentiert die ursprüngliche Form, vgl. skr. sydm ; über die Flexion desselben siehe § 116, ebenso über den Imperativ § 117. Über eram vgl. § 113. Das unthematisch gebildete Partizipium lautete regel- recht *sö»s (vgl. oben), daher ah-sens, praesens, consent^ (»dii*), fnsentibtis CIL. 14,3945; Sns (von Cäsar gebildet nach Priscian bei Keil, ör. L. 8, 239, 7 f., Quinb 8, 3, 33) ist eine Missbildung. Zu der Wurzel es- gehört auch das inchoative escit (Nette 3' 602) für *es-sc'it. nescit Leg. Xn tab. rel.y, 5, S. 129 Scholl braucht nicht mit Sch. in nee eseit geändert za werden (vgl. ne-sciö negö) ; vgl. ib. 99 f.

Ich fuge hier an das Kompositum posse, alt potis es potis est poHs sunt pote es pote est; daraus entstanden poti{s)sit poti{sysset poti(sysse und end- lich die archaischen Formen potisit potisset potisse (vgl. Gobssen 2, 582 f., Neue 3^, 612 f.). possum possim, denen sich die im klassischen Latein allein üblichen posse possem zugesellten, sind aus *potsufn *potsm hervorgegangen entweder durch Synkope des nachtonigen Vokales {^pot{e)sum) oder *potsum possum zu potesi neu gebildet nach dem Verhältnis von sum : est. ^) Hin- gegen gehören potui (poiivU B* Plaut. Amph. 178) poUns zu einem ver- schollenen Verbum *potSre potlre , habere" Corp. Gloss. 4, 147, 14 (vgl, potm), osk. pütfad „possit".^) Gänzlich unhaltbar ist die Erklärung des potuT aus *pot-fut, woraus nach lateinischen Lautgesetzen nur *poffut hätte werden können. Gelegentliche Ansätze zu passivischen Bildungen potestur poterätur possitur bei Neue 3^, 614.

*) Bbüghanv, Grandr. 2, 1060; v. Planta, Gramm. 2, 254; Bück in Transactions of ihe Amer. Phil. Assoc. 1893 (vgl. IF. Anz. 5, 2).

') BRUGKAirNi Ber. d. k. s. Ges. d. Wiss. 1890, S. 230 ff.; Meybr-LObks, Phil. Abh. f. H. Schweizer -Sidler 18; Skutsoh, Forsch. 1, 155.

*) Skutsoh, Forsch. 1, 60 Fussnote.

^) Ich gebe nmi doch dieser besonders auch von Bbüomank a. a. 0. S. 232 vertrete- nen Ansicht den Vorzug vor der Zosammen- stellong des Wortes mit ahd. stmta.

*) Nach Osthoff, M. ü. 4, Einl., Z. G. d.

P. 422 sind esHs und skr. stJid, gr. sttjy und siim „Satzdoppelformen" nach ihrer Stellung in der Satzbetonung.

*) Stolz, Yerbalflexion 31; Bruokakk, M. ü. 3, 29.

7) Brügmanv, Gmndriss 2, 905 Anm. 1 . Anders, aber durchaus nicht wahrscheinlicher Schulze, E. Z. 28, 269. Die vollständige Er- starrung von potis zeigt Plaut Pseud. 1302: credo e^idem potis esse te, scdus.

*) Mbboüet, Progr. v. Gumbinnen 1869, Entw. d. lat. Formenbildung 191 f.

4. Flexion des Verbnina. 101.)

163

Eine späte Nachbildung ist pröde sum^) (vgl. oportum est),^)

2. sd- ed-. ünthematisch gebildet sind Ss est Estis Esto Este Estur Essem äKiii.8) Über den Imperativ Es siehe § 117. Vgl. skr. ddmi gr. sifisvm; über Est u. s. w. s. § 64, 1.

3. fer^ bildet unthematisch fert fertis fer fertö ferte, vgl. skr. bhdrti gr. q>€QT€. Über fer § 117. Pauli's Einwendungen Altit. Stud. 4, 29 be- weisen nichts gegen die unthematische Flexion, obwohl auch Skutsch, Forsch. 1, 55 nicht abgeneigt ist, ferte aus *ferite (warum aber gerite ürite u. 8. w.?) herzuleiten. Thematisch sind ferö ferimus fenmt, spätlat. /ms, vielleicht auch feritis (Geobgbs, Lex. d. lat.Wortf. s. v.); über das zweifel- hafte marruc. feret vgl. jetzt v. Planta, Gramm. 2, 662. fers ist eine lat. Neubildung für *fer *ferr (vgl. § 66, 1).*)

4. vel'^) mit den beiden Komposita nölö und mälö. ünthematische Formen sind voUis (mit -o^ = -^- vom schwachen Stamme v^), voÜ, ana- logische Neubildung flir ursprüngliches *vel^t(i), velim, das mit Solmsen a. a. O. S. 11 auf idg. *^eliEm zurückzuführen ist,^) vellem aus ^vels-e-m und der Inf. veUe aus *vel~se. Auch das Part. volEns kann auf *vl-ent- (vgl. ♦s-eti^) zurückgehen. Über vel, das zweifellos eine erstarrte Imperativ- form ist, vgl. § 116. Thematisch gebildet sind volö^ höchst wahrscheinlich aus *t;efe, volumus (daneben voUmus A Plaut. Truc. 192 und in den Ur- kunden der Itala nach Bönsch, Coli. phil. 31), volunt und das zweifelhafte uirubolis Corp. Gloss. 4, 196, 30 {volis). Alle übrigen Formen sind nach dem Muster der einfachen thematischen Yerba gebildet, so auch der Eonj. volam Lucil. bei Non. 478, 26 M. nölö nöUm sind aus *nevolö *nevoUm (idg. *n€uoliem mit o für urspr. e in nachtoniger Silbe') entstanden. Jüngeren Datums (neu gebildet) sind nön veUs, nön velit, nön velint. nevolt^ dafür jünger non voÜ^ ist nach Solmsen aus ^neolt wiederhergestellt, das der Kon- traktion nicht unterlag, weil der Ton auf dem e ruht. Das scheinbar widersprechende noUis (Caecilius) erweist sich als eine singulare, im Gegen- satz zu voUis ad hoc geschaffene Neubildung. Über nöh nölfte vgl. unten

*) Stolz, Verbalflexion 1,9; Förstbb, Z. f. rom. Fhfl. 15, 524 ff.

*) SiTTL, Die lok. Versch. u. b. w. 72.

') In den nnihematisch gebildeten For- men mit -i- liegt wahrscheinlich die Ablaut- Btnfe ed' vor (Bbuoxahk, Gmndr. 2, 863 Anm.). Nach Spbijbb, Obseryationes et emendationes (Grooingae 1891) 1 ff. sind in guter Latinitftt mir die oben aogefOhrten nnthematischen For- men üblich gewesen (nicht edis edit u. s. w.). Aach edim ist erst seit Domitians Zeit durch edaim yerdrftngt worden. Vgl. übrigens auch L. MüLUB in der BerL philol. Woch. 1892, 334 f.

*) BBüoxAinf, M. ü. 3, 9 f.

*) Als sicher anzunehmen ist die e^mo- logisdie Zusammengehörigkeit mit ai. f^- ,wfthlen" (d-^'ta 3. sing. med. aor.), lit. pa- idmi «will* , got ioHjau (Optativ, vgl. Solhsbn, Stad. 7 ff., ^rsBiTBEBO, ürgerm. Grramm. 345). AoBf&hrlich handelt über die Konjugation des UL reue Solmsek a. a. 0. 4 ff., über nölö und mälö 58 ff. Betreffs des etymologischen Zu-

sammenhangs mit Worten der anderen idg. Sprachen s. auch Eluge, Et.W. s.v. « wollen", wo auf den von Fiok, Et. W. 14, 416, Bezz. Beitr. 6, 212 angenommenen, allerdings nicht gerade unmöglichen Zusammenhang mit gr. &^Xto (Pbellwitz s. V. f,i^äX(a" nimmt ihn nicht an, wie ich glaube, mit Recht) hin- gewiesen ist. Vgl. auch Feist, Grundz. d. got. Etymologie 134 f. und Pbbssok, Wurzelerwei- terung 61 f. Noch anders über unser velle Baukack, Inschr. v. Gortyn S. 52.

^) Damach entfällt die nach den Laut- gesetzen der lat. Sprache allerdings nicht un- mögliche Annahme von Bezzenbebobr in seinen Beitr. 16, 255, velim sei aus *volim hervorgegangen.

^) Während ich den übrigen Ausführungen Solxsbn's unbedenklich zustimme, kann ich nicht umhin, ausdrücklich zu betonen, dass mir diese Annahme von Bedenken keines- wegs frei zu sein scheint. Vgl. auch Bbuo- MAim, Grundr. V, 502.

11*

164

Lateinische (Irammatik. o. Formenlehre.

§116. Über das Aufkommen der Formen des Part, nökntis nölenttn, s. w. vgl. WöLFFLiN im Rh. M. 37, 87 f. Die Formen malö, malim, mallem^ die erst seit Terentius allgemein üblich geworden sind, müssen als Neubil- dungen nach dem Muster von nölö nöUm nölleni betrachtet werden und haben die bei Plautus noch häufiger vorkommenden Formen mävelö mäveüm und das ausschliesslich übliche mäveüeni verdrängt. Über die Herkunft der letztangefQhrten Formen vgl. oben § 59, 5 Anm. 1. Die von Gram- matikern angeführten und zum Teil inschriftlich nachgewiesenen Formen mallö (Annaeus, Cornutus), veüint und nölUs (inschr.) verdanken ihr Doppel-7 wohl der Analogie der Formen mit 41-, beim ersten war auch etymologische Spielerei mit gr. fAcckXov mit im Spiele.^) vis veis vais (Duenosinschrift) wird mit Recht zur selben Wurzel gezogen, wie ai. ve-ü „dringt heran, strebt*, kypr. f^eiarjg coni. aor., vgl. Hoffmann, Die griech. Dial. 1, 77.*)

Anmerkung. Infolge des im Üteren Latein (ebenso im Umbrischen) heiTSchenden Synkopierungsgesetzes entwickeln sich scheinbar unthematisch gebUdete Formen, z. B. canU aus dem Carmen arvale, Yarro 1. 1. 7, 27 Sp., cedre (Inf. d. Präs.) Inschr. von Spoleto. Vgl. Br^al, Les tables Eugnb. 358; Pauli, Altit. Stud. 5, 103; Lindsat, Lat. Lang. 459.

Zweite Hanptkonjngation.

102. 1. Themenklasse.

Die Wurzel mit dem thematischen Vokale [o e (lat. u i) nach bereits indogennanischer Verteilung] bildet den Präsensstamm. Innerhalb dieser Klasse sind zwei Unterabteilungen zu machen:

a. Die Wurzel erscheint in starker Form. Diese Abteilung repräsen- tiert die altindische erste Verbalklasse, in der der Accent stets auf der Stammsilbe ruht.

b. Die Wurzel erscheint in schwacher Form. Den Grundstock für diese Abteilung haben ohne Zweifel jene Verba gebildet, welche entsprechend denen der altindischen sechsten Verbalklasse den thematischen Vokal be- tonten, z. B. vii-d-te „tritt ein, trifft ein".*)

Beide Arten mussten im Lateinischen zusammenfallen, ein (Jm- stand, der, zumal im zweiten Falle die Entsprechungen in verwandten Sprachen häufig fehlen, die Beurteilung des ursprünglichen Zustandes wesentlich erschwert. Ohne Zweifel haben auch gegenseitige Ausglei- chungen zwischen den beiden Arten stattgefunden. Zur ersten Abteilung gehören die Verba der e-Reihe, wie leg-ö, vehrö^ pet-ö, tex-ö, frem-ö, colö 9M&*que1nö, sonö aus *sye»-ö; ferner stertere vergdre ferväre {spSAer ferv&re); frendö fendö pendö pre^hendö (vgl. gr. €-xa<^-ov, *X9<^-). Es gehören ferner die e{- und eji- Wurzeln hieher, dicOy alt deic^, ffdö aus feid-,^) dücö alt doucö für *deucö (vgl. oben § 11, 12, 15), ürö&LT "^etisö. Weiter sind hieher zu zählen Verba, wie rädö rödö vadö cEdo laedö caedö^) lüdö plaudö, end-

*) Lindsay, Lat. Lang. 111. Ausser den dort angeführten Fällen vgl. vellüis CIL. 6, 18817.

') So seit Fröhdb» Bezz. Beitr. 6, 167, Osthoff, Rh. M. 86, 486. Auch I'httrneysrn hält trotz Pauli und Mauben brbcber (Phil. 54, 626) an der verbalen Deutung von voia fest

•) Wegen der von mehreren Gelehrten (z. B. Lbskibk, Arch. f. slav. Phil. 5, 497 f.,

bes. 523, Strbitbero, P.-Br. B. 15, 138 u. a.) ausgesprochenen Ansicht von der Herkunft dieser beiden Arten aus einem einheitlichen Paradigma mit wechselndem Accente vgl. Bruomanh, Grundr. 2, 914. Neuerdings über die Frage Hirt, IF. 8, 267 ff.

*) Anders Fböhdb a. a. O. 176.

*) Pauli's Herleitung von *ladjo *ca€ijo (Altit. Stud. 5, 130) ist unmöglich, vgl. fodio gradier und § 39.

4. Flexion des Verbimui.

102—104.)

165

lieh agö,^) alö, scahö, scatö u. s. w. Zur zweiten Abteilung gehören z. B. rudö skr. ruddti , jammert, weint", n%vit gr. vifpexog^ dir-Mö ai. vidhn „leer werden von, Mangel haben an'*,*) altlat. iid-ü v. W. tel-. Häufig ist es zweifelhaft, ob ein Yerbum zur ersten oder zur zweiten Art gehört, z. B. oo^mlö, das den starken Stamm ceU oder den sehwachen c|- {coU) ent- halten kann. Dasselbe gilt von vielen Verben auf -m(T, wie clu^ö „heisse**, n«-ö, plu^t, in welehem -uö aus ^-e^ö *-ouö in tieftoniger Stellung ent- standen und die so entstandene Form verselbständigt worden sein kann; vgl. ind'ttö aus ^ind-et^ö *ind'0^ö, umbr. an-ouihimu „induimino*. (Allerdings ist wegen der umbr. Form aueh Znrüekf&hrung auf '*'-eu-i^ "^o^iö möglich, vgl. V. Planta, Oramm. 2, 251.) Vgl. übrigens noch Brughann, Grundr. 2, 925 f., wo noch mehrere andere hieher gehörige Fälle besprochen sind. Betreffs der Formen pacit tagat ist bereits § 96, 2 bemerkt worden, dass sie ursprünglich dem starken Aoriste angehört haben. Von derselben Art sind fu-a-m furO-'S, gewöhnlich = »sim*, aber auch = ,fiam" Plaut. Bacch. 156. Auch die Perfektformen fidi-t^ scidi-t, tuli-t rechnet Brugmann mit Recht hieher (ursprünglich starke thematische Aoriste).

Anmerkung. Man kann die erstere Unterabteilnng als die der , Imperfektpräsentia*, die letztere als die der *Aoristprftsentia'^ bezeichnen. Vgl. Osthoff, P.-B. Br. 8, 827 ff.

103. 2. Beduplizierende Klasse. Diese Bildungsweise ist im La- teinischen nur in sehr spärlichen Resten vertreten. Mit i in der Redupli- kationssilbe (J. ScHHiDT, K. Z. 25, 74, Zimmer ib. 30, 126) gi-gn-o idg.W. gen-, vgl. gr. ylyvoiiai; daneben altlat. genö (= idg.*#ÄJ(5); sidö aus ^si-ed-ö.^) Die reduplizierten Präsentia hibo (vgl. skr. pibami), serö Hi-sö (gr. Vmi), sisiö (gr. uftrjfAi) sind ursprünglich unthematisch, vgl. § 99 Ende. Über si-stö, den einzigen Rest der alten Reduplikationsweise (gegen ste^-f-l spo^ pcnd-i), vgl. Bbugmann, Grundr. 2, 857 Anm. 1. unsicher ist tendö ^ *te4f^ö nach Thubketsen, K. Z. 26, 302; vgl. auch Bbugmann, Grundr. 2, 944.

104. 3. ^-Klasse, -to :-te in flec-tö, pec-tö, plee-tö, plector entweder zu plaga plangö aus *plactor oder pUctor lit. pUse-iu „reisse, raflfe" (Bbüg- MAKN, Grundr. 2, }042). Dasselbe Suffix scheint vorzuliegen in m-elhe-'re (m- schwächste Stufe der Wurzel am- nt-ß-, vgl. gr. a^uaco, ahd. maen und Pebsson, Wurzelerweiterung 34), wahrscheinlich auch in ü-to-r.^) Über andere weniger sichere Bildungen, die möglicherweise hieher gehören, Bbugmann in Sprachw. Abh. 162 f.^)

^) Die frfiher nach Fböbdb a. a. 0. 178 f. Torgetegene Ansicht, dass agö ein sogenann- tes Aoristprftsens sei (ans *ag6) hat sich als unhaltbar erwiesen, obwohl auch noch 6. MsTSB, Gr. Gr.* 582 ayta zn den Verben mit Suffizbetonnng rechnet.

*) BBUOMARir, Ber. d. k. s. G. d. W. 1890, S. 211.

*) Die im Texte gegebene Erklftrung schdnt mir trotz der slavischen Formen, anf Grund deren v. Rozwadowsxi, BB. 21, 147 ff. ein idg. sid- konstmiert, noch immer recht wohl haltbar. Denn ich vermag die , Alter- native* l/f nicht gar so einfach imd selbst- verstftndlich zu finden. Jedesfalls müsste

man mit Bbuomakn, Grandr. P, 504 (vgl. Griech. Gramm.' 281) eine W. *8Sid' an- setzen und *8^d- *8Öd- als Neubildungen be- trachten. Gegen R. auch Fobtuhatow, E. Z. 36, 52. Osthoff, V. i. d. Nc. 340 setzte an *8i'Zd-i-o, vgl. Z. G. d. P. 4.

^) Nach Dahiblsson bei Pauli, Altit. Stud. 3, 198 zu W. ei' gehörig, vgl. gr. oaog , Geschick, Los*.

*) Das in den frflheren Auflagen als to- Prftsens aufgeführte nectö wird man rich- tiger mit Osthoff bei Bbuomank, Ber. d. k. 8. G. d. W. 1890, 236* zu W. nedh- (ai. nah- «binden, knüpfen*, Part, naddha-) stellen und Umformung nach dem Muster von pUctÖ an-

166

Lfttoiaisohe Chranuttatik. o. Foniieiil«hr«.

104 a. 4. Mit den Suffixen -dho- : -dhe, bez. -do : -de gebildete Yerba.^ Das erstere liegt sicher vor in iu-b-eö (aus *iudheiö^ ai. yti- «mengen, rühren, auflösen'' und in gtmdeö aus *gäv{i)deö, wenn es unmittelbar = gr. yri^äfo. -do : -de ist zu erkennen in saUö aus ^saUd-ö (got. saUan)^ per-cello aus ^per-cel-^ö (cla^^)^ claudö aus *clav(i)döf cü-drö (lit. kdurju , schlage''), fun-d^ö^ trü-d^ö (gr. vqv(o , reibe auf, qu&le"). -do oder ^dho kann vorliegen in frenr-d-ö aus *frefn-d-ö (fremö), dB-fen-d^ö of-fendö (zu gr. &€ivw), cctedö. Auch audio aus *auf8^iö *aui0'd^ö (vgl. ai. irudMydti^^) ist hier anzuf&hren.

104b. 5. Mit 'Soi^e gebildete Präsentia: visö aus ^^eidsö vgl. got gorveisö „besuche* ;B) quaesö qi4aesso CIL. 10, 2311 aus *quais^ö, vgl. guoer-o^. ar-cessö iw-cessö aus ^-c^drso ^^ceihsö zu cedö. CLC-cersö aus *-cer3-5ö, vgl. currd aus *carsö. Hieher auch capes-sö altlat. capis-sam, faces-sö, laces^sö, petes-sö.

105. 6. Nasalklasse.^) Zur Bildung des Präsensstammes wurde von Haus aus der schwache Stamm verwendet, doch finden sich Aus- nahmen. Es lassen sich vom Standpunkte des Lateinischen folgende ver^ schiedenartige Gruppen unterscheiden:

a. Yerba auf -nö^ welche teils auf ursprünglich im Singular mit Suffix -na- gebildete, unthematisch flektierende (Bruomann's El. 12) zurückgehen, teils auf thematische mit Suffix -no-l-ne-- (BBuaMANN's El. 13). Zu ersteren gehören ster-^no (ai. six^nd-U „streut"), li-nö (ai. vi-Und-ti , schmiegt sich an, heftet sich an)*, spätlat. linio, peV^ aus *peUnö (gr. nCX-^a^iiai)^^) sper-nö (ahd. spar-no-m , trete, stosse mit dem Fusse", idg. ä = urgerm. ö). Ob cön-sternäre^ com^pellare, aspemar^, in^Unare (as. hli-nö^ »lehnen*) unmittelbar von den starken Formen auf -nd- abgeleitet und nach dem Muster der o-Konjugation flektiert sind, ist wegen pröflfgäre occupare neben ftigere capere zweifelhaft. Von Verben, die mit -no-l-ne- gebildet sind, führe ich an cemö (entweder von der starken Wurzelform oder aus der Zusammensetzung verselbständigt und gleich gr. xqCvw^ vgl. § 43), degüno für *d6'gus-nö, frü-n-irscor vielleicht für ^^frug-n-i-scor,^) tem^nö; femer ge- hören, wie bereits oben § 65, 1 angeführt wurde, die meisten Präsentia auf 'llöf eX'Cellö,'^) cillo, fallöy promellöy tollö hieher, deren -H- = -/n- ist.*) Über per-cello s. § 104 a. Von vokalisch schliessenden Wurzeln gehört hie-

nehmen mflssen. ffxHscor ist wohl von einem Nomen *fati8, vgl. gr. /arte, abgeleitet, wie faUor von *fatU8, gr. qmrof (S^ülzjs, E. Z. 29, 267 Anm.). Wegen 8en^e, das in der froheren Auflage mit Rücksicht auf Feist, Gmndz. d. got. Etym. 101 angefahrt worden ist, vgl. Bbugxann M. U. 1, 34. Ueber vtsere, das früher mit Osthoff, M. U. 4, 77 auf eine Grundform *vid-t6 *v%88ö (vüse B Plaut. Epid. 712) zurückgeführt wurde, s. unten.

') Vgl. Bbugmann, Grundriss 2, 1051; PmssoK, Wurzelerweitemng 85 ff. ; Osthoff, IF. 5, 299 ff.

") V. Plauta, Gramm. 1, 135'.

*) So schon FbGhdb, Besz. Beitr. 16, 183 f.; Tgl. auch Fbist, Gmndz. d. got. Etjrm. 138.

^) G. Mbtse, Die mit Nasalen gebildeten

PrAsensstämme 104 f.; Fbühdb a. a. O. 182; Pbdebsen, IF. 2, 285—832; Job, Le prÖBent 204 ff.; Bbugxann, Gnindr. 2, 967—1018, wo die Klassen 12—18 unsere Bildungen um- fassen.

») Eine andere Etymologie E. Z. 32, 387.

") Diese ErklArung will mir noch immer wahrscheinlicher vorkommen als die von Pbdbbsev, IF. 2, 289 und Lindsay, Lat Lang. 470 angenommene JoHANSSON'sche Herleitong aus *früneg-8Cor *frünec-8Cor, die auch Bbug> MANN, Grundr. 2, 971 nur für «vage Vermu- tung* hAlt.

^) MÜU.BNHOFF, Deutsche Altertnmakunde 2, 354.

^) Genaueres bei FbOhdb, Bezs. Beitr. 3, 295 f.

4. Flexion de« Verbmns. (§§ 105— -106.) Ig7

her si^^nö, aber kaum die altlat. Formen obfnunt {prod- red-^ danunt^ nequv^ nofU, ferfnunt, explSnunt (vgl. § 97).

b. Verba auf -mö (Bbugmann's Kl. 14), als carinö, coquinö, farcinö neben coquö, carö^ farciö. Sie sind wahrscheinlich denominativen Ursprungs, wie rüminäre {rümen), runcinäre (runcina „Hobel'). Besonders beachtens- wert noch Jo-w-c-mörc „zerreissen* neben lao-inia „Fetzen*, locker ^)

c. Verba auf -nuö (Bbugmann's El. 18), als minuö, stemuö, die auf die Grdf. *i»i-n6?f-ö, *s^-n6?^ö, vgl. ai. wt-no-fi „mindert"; gr. ntaQ-vv-fiM^ zurückgehen können. Jedoch ist f&r ersteres wegen osk. men vum „minuere'^ wahrscheinlicher *min^ als Orundform anzusetzen. >)

d. Der Nasal ist der Stammsilbe infigiert, nnd zwar ist derselbe nur im Präsens vorhanden, wie bei findö, scindö rumpö, oder er durchdringt die ganze Tempusbildung, wie bei angö, iungö, pungö^ pre^hend-ö neben praeda aus *prai-hed-ä. Hieher wahrscheinlich auch pc^n^dnö^ vgl. mTvrjfu, neben pa^eö mit idg. Wechsel der Tennis und Media. Eine Aufzählung der hieher gehörigen Verba bei G. Mbyeb 107, Fböhde 183, Bbugmann, Grundr. 2, 999, wo auch auf die Produktivität dieser Klasse im Lateinischen hingewiesen ist, die sich durch fu^n-d-ö neben got. giuia „giesse' bekunde. Hit dem i'o-Suf&s kombiniert (Bbugmann's E3. 29) ist unsere BUdung in plnsiö (ai. jpi^ neben pind^ti zermalmt* , dp'^at „zermalmte"), saneiö (neben sac-^^ vindö (ai. fri-vik'tds „sie beide breiten aus, erweitern*). Die Verba dieser Art repräsentieren die der altindischen 7. Klasse; ihr Typus ist wahrscheinlich bereits in der idg. Grundsprache vorhanden gewesen,^) die Vermutungen über dessen Entstehung^) unsicher. Vgl. jetzt ausser Pedebsen a. a. 0. besonders Bbugmann, Grundr. 2, 970 f. Nasalierter und starker Stamm gehen häufig nebeneinander her, so meiere und mingere, Unquere gr. Xsinetv, lungere gr. ^evyvvvm, linyere gr. Xe^x^^v, ningit gr. vsCg>€i, pangere gr. ntffvvvai.^)

106. 7. «co-Klasse (Bbugmann's 22. und 28. Kl.). An die ursprüng- lich schwache Wurzelform tritt -sco : -sce.

a. Von vokalisch auslautenden Stämmen sind gebildet pänscö^ ghrscö, hf^scö (ahd. g^t^ ginSn aksl. zSjq lit. Üoti idg. ^Äi-). (g)narSC'Or (gnä^ = ♦^), p(hscö „trinke* Cic. (Stowasseb, Wien. Stud. 12, 326 f.) u. a. (Bbug- mann, Grundr. 2, 1034 f.); von der schwachen Wurzel mit determinierenden Vokalen gn-^scö, cr-S^scö; endlich noch con-tic-e-scöj . hi-ä-scö von tac^re hiä-^e u. s. w. Von konsonantisch schliessenden Wurzeln abgeleitet sind diseö für *di-doscö *di'tc-'SCö W. dec-, die einzige reduplizierende Bildung im Lat., escit von W. es-, misceö für *inic-sc^eö, com-pescere für *'perc- sc-ere,^) daneben alat. com-perce ai. parc- „mengen, mischen, vereinigen*, poscere umbr. persnimu „precamino* skr. prch-d-ü; suSscö muss ursprüng-

^) t kann nicht anaptyktisch Bein (Pedbb- riss 2, 1013 Anm. mit Recht «sehr unsicher". SSV a. a. O. 297); denn ein nrsprüngÜches ') Bbugmaiw, M. Ü. 3, 150 f.

^eo^hiäre h&tte *cogfUüre ergehen, wie ngnutn mm ^tetptnom zeigt (Hist. Gramm. 1, 135).

') Dass toUimuB tolUüa nnmittelhar auf ^toUfM-mus Hol-fw^is zuückgehen (Job, M^m. dL 1. 8. d. L 6, 353 ff.) findet Bbugmann, Grond-

*) J. Schmidt, Vok. 1, 32.

<^) Osthoff, M. U. 4, 395 f. Anm.

^) dis-pescö ist ab Gegensttlck zu com- pescö geschaffen, s. ßBüOMAinr, IF. 1, 175, Grundr. 2, 1035K

16g Lateinisohe Grammatik, o. FormenUbre.

liches sw^- enthalten, vgl. sw^-vT, suS-fus (nach Johansson, IP. 2, 7^ ist es Neubildung nach der letzten Form).

b. Sekundäre Bildungen.^) Von thematischen Verben abgeleitet sind die Bildungen auf Ascö, z. B. gemi^scö, api-scor u. a. mit wahrcheinlich uridg. -i-, vgl. Bbügmann, Oriech. Gramm.* 294* f.; treniB-scö (so ist wohl zu messen), z. B. Lucret. 6, 548, Yerg. Aen. 5, 694 neben regelrechtem tremi^cö scheint Analogiebildung.*) Von den Verben auf -aö -eö -iö wer- den Inchoativa auf -äscö -ßscö -Tscö (auch von denen auf urspr. -tö, z. B. concupiscö oder von der Nebenform *cupfrey vgl. ctipi-vi) gebildet; gelegent- lich finden sich neben Verben auf ^Sscö auch solche auf -^cö, z. B. conti- ciscam (Plautus), perdolisdt (Accius), delitlscere (Cicero). *) Veranlasst wur- den diese Neubildungen nach Bruomann's Beobachtungen durch das Neben- einander von SiA-scö : sdö, rubS-scö : rübeö, hiä-scö : hiö u. s. w. Nach Ana- logie der verbalen Ableitungen werden auch zahlreiche Inchoativa von Nominibus gebildet, z. B. lapidSscö, rörSscö, gemmSscö und gemmascö, dur^scö^ longTscö, müescö. Über die im späten und Vulgärlatein nicht seltene kau- sative Bedeutung der Inchoativa, z. B. ferasdt = ferum facit Löwe, Prodr. 362 und N. J. 119, 710; nascö Corp. Gloss. 4, 82, 52; innotsscere «notum facere'' vgl. noch speziell Sittl in der Fussnote 1 angegebenen Abhand- lung und Lindsat, Lat. Lang. 480 f.

Anmerkang 1. Sehr wahrscheinlich klingt die Vermutong Bbugmakh's, dass die in> choative Bedeutung nicht an das Suffix gebunden war, sondern einigen Verben, wie cr&tcö von Haus aus anhaftete.

Anmerkung 2. Das Lateinische trägt zur Entscheidung der Frage nach der ursprüng- lichen Gestalt des Suffixes (sh)- und sqo-f -sfcho- und -sqho-y die alle vier vorhanden gewesen zu sein scheinen) nichts bei. lieber die Frage vgl. ausser Bbüoxanh, Grundr. 2, 1030 besonders ZuBATY, E. Z. 31, 9 ff., Babtholoxab, Stud. z. idg. Sprachgesch. 2, 7 ff., Pedebsbh, IF. 5, 72.

107. 8. {o-Elasse.^) Zur Bildung des Präsensstammes dienen die Suffixformen -jo-: -t- -iio- : -*- und -io- : -iß. Hieher gehören

1. Wurzelverba (Brugmann 26. Kl.), nämlich die Verba auf -iö {-ior), welche nach der sog. 3. Eonj. flektiert werden, und von der 4. Eonj. alle unmittelbar von einer Yerbalwurzel hergeleiteten. Die Wurzelform ist die starke, so in spec^iö, ap'{v)erio, fer-iö, haur-iö, oder die schwache, wie in mor-ior {-oT' = -|-., W. wer-), or-ior. Zweifelhaft ist ven-iö. Die Verteilung des Tiefstufenvokales (-i- oder -f-) des Suffixes in der (eigentlich) unthema- tischen Flexion^) dieser Yerba hängt nach der Beobachtung von Bernekeb

^) Ck)BssBN 2, 282 f.; Bechstein in G. St. | auch Johansson, De der. verh. contr. 166 f..

8, 356 f. ; Aber die ganze Klasse Sittl, Arch. f. lat. Lex. 1, 465 f. and der Vollständigkeit halber Ploix in Möm. d. 1. S. d. 1. 6, 399 ff.

«) Bbuqmann, M. U. 3, 80 f.

») Vgl. auch OsTHOFP, Z. G. d. P. 157, 257.

^) Thubnetsbn, üeher die Herkunft und Bildung derlatVerha auf -to, Leipzig 1879; Osthoff, Forsch. 1, 97 f.; FbOhdb, Bezz. Beitr. 3, 302; Bbügmann, Grundr. 2, 1054—1140; Bbonisch, Die osk. t- und e-Vocale 110 ff.; LoBBNTz, IF. 8, 68—122. Zur Flexion der primftren to -Verba im Lateinischen Hibt, Der idg. Akzent 152; Stbeitbebg, IF. 6, 152 und ürgerm. Gramm. SOOf; Bbbnbkeb, IP. 8, 197 ff.

») Stbbitbbbo, P.-Br. B. 14, 224 f. (vgl,

181 ff.) hat dies nachgewiesen. Neubildung nach dem Muster der thematischen Verba ist nach ihm (vgl. auch Urgerm. Gramm. 805) die 3. plur. Bbügmann, Grundr. 2, 1057 da- gegen hält die Bildung der 3. plur. auf -iont {-iunt) für ursprünglich, wie dies allgemein anerkannt ist von der 1. sing, auf -iö. Die ur- sprüngliche Flexion dieser abstufenden iqji- verba (von den starren Bildungen mit stets auf der Vollstufe erscheinendem stammbilden- den Elemente, s. Stbbitbbbo, ürgerm. Grandm. 300, hat das Lateinische keine Spuren auf- zuweisen) im Ind. d. Prfis. war also : Sing. 1. -jd, 2. '%si, 3. 4i%\ Plur. 1. -tmes, 2. 4te, 3. -mit -iontt (?).

4. Flexion des VerbamB. 107.)

169

und GiLES von der Quantität des Vokals der Stammsilbe ab ; nach langer Wurzelsilbe steht -l-, daher audr^-s farc-^lrS^ nach kurzer -l^, daher cop-l^s fao^s. Die 10 Ausnahmen gegenüber ca. 45 regelmässigen Fällen erklärt Bernekeb a. a. 0. (s. Fussn. 4 S. 168) in glaubhafter Weise. Schwankende Bil* dungeu; wie adgredfri Plaut. Truc. 252, exfodm Mil. 315 Ribb. und andere sind verzeichnet bei Neue- Wagener 3^ 243 flf. Fraglich ist trotz Varro 1. 1. 5, 131 der Zusammenhang von iaciö und amiciö, advenat Svenat sind Aorist- präsentia. Als die einzige reduplizierte Bildung dieser Art (Brugmann's 27. El.) ist Un-Unn-iö „klinge, klimpere, schelle' (neben tinniö) aufzufuhren.

2. Die von vokalisch endigenden Wurzeln abgeleiteten Yerba im Lat. weisen nur in der 1. sing, auf den ursprünglichen Ausgang -iö:^) stö, for aus *sta^ö (vgl. umbr. stahu § 100), *färiör; ebenso oideö habeö liceö und alle entsprechenden, aus Wurzel + -ß- abgeleiteten primären Verben;*) endlich auch flö, Jdö, in^trö, lavö aus *^-a-|ö, ^hi-ä^ö, *m4r'a'iOj ^lav-^iö und fleö neö pleö aus *fl-€'iö, *(s)n'e'iö, "^pUe-iö (Brugmann's 28. Kl. »die Wurzel mit angefügtem -a-, -5^, -^ -|- 'iO' als Präsensstamm*).

3. Die denominativen Verba auf -are -Ere -Ire, -uere, über welche die zusammenfassende Darstellung in der Hist. Oramm. 1, 589 615 zu vergleichen ist. Die ausserordentlich zahlreichen Yerba auf -are sind von Substantiven auf ausgegangen, wie curare, 1. sing, "^cüra-iö, undare, 1. sing. *unda-iö; sodann wurde -dre als charakterisierender Ausgang los- gelöst und allgemein verwendet, vgl. z. B. dön-are, spoK-are, pisc-än, glacin äre, aesturäre; vigiUäre, memor-äre; corpor^re, gener-äre; atAcHön^är^; semiiv- äre, kiem-äre; auspic-^H^ greg-äre, döt~äre, fraud-äre, frequent-are, Emar^dp- äre u. s. w. Auch -iäre ist produktiv geworden, vgl. z. B. adlüd-iäre; des- gleichen 'icare, vielleicht entsprungen an duplic-äre, vgl. albicare, und -igäre^ ausgegangen von näv^-ig^äre und den gleichgearteten Verben, z. B. ISvigare u. s. w. (Hist. Gramm. 1, 418). Besonders zahlreich sind die Verba auf -täre (bez. -sare), wie gus-ta-re, pö-ta-re u. s. w. von den to-Partizipien gustus, pötus. '4täre, erwachsen an exerdtare (exerdttis) u. s. w., durch Analogie weiter verbreitet, daher z. B. coqii4tare, nösc-itare, clam-itäre, cant-üare u. s. w Die Denominativa auf -eö sind zum grössten Teile von adjektivischen o-Stämmen und von Partizipien auf -^o-, und zwar von der e-Stufe abgeleitet, z. B. alheö, salveö, fateor. Von den denominativen Verben

*) Vgl. V. Plahta, Gramm. 2, 253 ff. wegen der oBkiech-mnbrischen Verhältnisse, insbeson- dere wegen der Formen von der W. stä-.

*) Der ^-Stamm gehörte ursprünglich dem Aorist an (vgl. gr. f^av^-yai (paytj-yat u. s. w.), während das Präsens nach der io-Elasse ge- bfldet war. Es ist demnach wahrscheinlich, daas den historischen Formen des Lat. *vidiö *habiö vorausgingen und gerade aus der laut- lichen Gestalt von licet neben linquö (laut- gesetadich wäre *liquet) schliesst Bbvgmann, Gmndr. 2, 1067 auf älteres *liciö aus Hic^-iö. *vidiö ist durch den Einfluss der übrigen Formen, in welchen überall der ?-Laut hei- misch war, zu videö umgestaltet worden und nlciit etwa auf eine Grundform *vidBiö zurück- znfUiren. Natürlich sind auch Jiorreö, iorreö,

oleö, madeö, hinsichtlich deren in der früheren Auflage eine andere Vermutung ausgesprochen worden ist, ebenso zu erklären, wie videö u. s. w. Die Einreihung dieser Aoristformen ins Präsenssystem steht wohl im Zusammen- hang mit dem Verlust des Augments (vgl. tagtt u. a. § 96, 2). Weitere Vermutungen über das Zustandekommen dieser Präsentia bei BnuGMAim a. a. 0. Vgl. ausserdem Ost- Hopp, M. ü. 4, 365, BB. 24, 189 f ; Bartho- LOHAE, Stud. z. idg. Sprachgesch. 2, 142 ff.; Streitbkkg, Urgerm.Gramm. 802 f.; Johansson, De der. verb. contr. 171 ff., 182, 201; Klügk bei Paul, Grundr. d. germ. Phil. 1, 379; Meillbt, De indo-europaea radice *Af EiV- (Lu- tetiae Parisiorum 1897) S. 22.

170

Lateinisohe Chrammatik. o. Formanl^hra.

auf 'Ire, die natürlich von den von i-Stämmen abgeleiteten ihren Ausgangs- punkt genommen haben, vgl. z. B. ^re, fimre, molbire, metir^, ist die grössere Zahl von adjektivischen o-Stämmen abgeleitet, z. B. arttre^ blandfrf. Die Verba auf --tunre sind von Bildungen wie emphmö (entweder aus ^emptp-^ von etnptor oder wahrscheinlicher mit Brugmank, Griech. Gramm. ^ 303 griech. Bildungen wie iiag^vQo^ai aus "^fiaqxv^onai gleichzuseten) aus- gegangen; verselbständigt erscheint der Ausgang -fmer in hdbituriö.nüpturiö, sullaturiö u. a. Denominative, von M-Stämmen abgeleitete Verba auf -Mera^ wie acuere (acus), metuere (metus) gibt es verhältnismässig wenige.

Hinsichtlich der Flexion dieser denominativen Verba im Präsens ist zu bemerken, dass sie mit der der Wurzelverba dieser Klasse vollständig zusanmiengef allen ist. Von den Denominativa auf ^are führt nur die 1. sing, auf *'äiö zurück, in allen übrigen Formen erscheint der o-Stamm; von denen auf -fre gehen die 1. sing, und 3. plur. auf *-*|ö und *-iiont zurück, z. B. fmiö ffniunt auf *ffni-iö *fTni-iont, aber fm^-s u. s. w., wie farcl-s. Von den Denom. auf -eö zeigen das i'o-Suffix die 1. sing., z. B. albeö aus *albeiö und möglicherweise auch albes albet alMtis aus *dtt>eies(i) *albe^^i) *albeieti8; albBmus und albent haben die Formation der Wurzelverba. metuö aus ^metuiö geht genau nach sM aus "^suiö. In ausserpräsentischen Formen haben die von f-Stämmen abgeleiteten Denom. die von konsonantischen her- herkommenden beeinflusst, daher cüstöctm cüsiödxtus nach fin/M ftnUus,

Anmerkung 1. üeber aegrötus NödöttM, in denen Cubtius, Symb. phil. Bonn. 269 f. (vgl. auch ScTTSRLiK, Zur Gesch. d. Verba denom. im Aliigriech. (Strassbnrg 1891) S. 99, V. Planta, Gramm. 2, 278) Reste von Verben auf *-oö erkannt hat, vgl. jetsst Brugmaw, Grundr. 2, 1114 und 1120, der geneigt ist, die griechischen Verba auf -ota erst als einzel- sprachllche Neubildungen des Griechischen zu betrachten.

Anmerkung 2. Häufig ist der Wechsel zwischen Verba auf -aö, -eö, -iö, vgl. die Beispiele bei Mbbgubt, Lat. Formenbildung 178 und ausserdem calare calendae (vgl. ahd. hol^ alts. ÄaZön),*) cens^e re-cSnsUus vulg. cinsiri osk. censaum, viol&re vioUns,*) nävire näväre, indupedat propedcU Löwb, Prodr. 344 impedSre, dolUus Varro nach Non. 99, 15 M. dolore, cammugento Paul. Fest. 46 Th. inu0re und mit etwas verschiedener Bedeutung artäre artire (Cato), impeträre impetnre (nach Thttbneysbn, E. Z. 30, 492 umgeformt aus *impet%re von Stamm pet-, vgl. pett-m), plnaäre pimsibanty sa-n-c-tre osk. sakahiter .sancitur'. lieber den unterschied in der Bedeutung der denominativen Verba auf -^e und -äre {cUbere .weiss sein*, densäre „dicht machen*) vgl. FrÖhde, E. Z. 22, 256 f., Ober die ganze Frage auch Schleicher, Comp. S. 345 f.; über das gleichbedeutende dins&^e Brug- HANN, Grundr. 2, 1124 und Hist. Gramm. 1, 608 und besonders Bartholokab, Stud. z. idg. Sprachgesch. 2, 111 ff., 185, der die Präsentia auf -äre als Aoristprftsentia erweisen will (alier Ablaut -äi- : -%-). Vgl. über diese Theorie v. Planta, Gramm. 2, 237 f. und unten 8. 184*.

Anmerkung 3. Häufig ist der Wechsel von primären und abgeleiteten Verbal- stämmen in der Bildung der Tempora.') Gewöhnlich ist das Präsens vom abgeleiteten, das Perfekt vom ursprünglichen Stamme gebildet, z. B. sonäre (alt sonere) sonui und andere von Mbbgubt, Formenbildung 179 zusammengestellte Fälle. Doch ist der Wechsel auch im Präsens nicht selten, z. B. fundäre (Lex Lucerina Eph. epigr. 2, 205 f.) ftmdere, fodere fodäre, Paul. Fest. 59 Th., paräre par^e, ab-nu^re äb-nuere, oc-cupäre capere, prö-fligäre fligere, pi{n)8äre pi{n)8ere,^) stMpicän specio, iuve Acc. 489 Ribb. I iuväre; osk. Regaturei „rectori* regere, peccä-tum vocatwn umbr. pesetom va^etum (gewissermassen lat. *peccitum *vacitum). Vgl. auch die im § 105a angeftüirten cönstemäre, compeüäre, aspemärt, incUnäre.

Reiches Material findet man bei Neue 3', 241 ff. üeber die Vermischung der f- und 6-Eonjugation im Vulgärlatein Scbuchardt, Vok. 1, 269. Brugmann, Grundr. 2, 957 bezeichnet die ö-Eonjugation als aoriatische. Das Eompositum hatte eben perfektive (aoristische) Be- deutung, und occupäre verhält sich zu capere wie gr. fAaytjvai zu fialuo/xai, prößigäre zu

^) Immerhin könnte Calendae aus Cä- landae hervorgegangen sein. *) Osthoff, Forsch. 1, 55.

s) Vgl. auch Fröhdb, Bezz. B. 9, 112. ^) Daniblssok bei Pauli, Altit. Stud. 4, 154 Anm. 3.

4. nezion des Verbnnui. (§§ 107—108.)

171

ßgere, wie XvnrjyM sa himofAM. Jetzt glaubt Bbüohann (Ber. d. k. s. G. d. W. 1897, 144^), dass viele mit Prftpositionen zusammengesetzte Verba im Anschluss an die Denominativa, wie mancupäre, aedificäre, iudicäre die ä-Flezion angenommen haben.

Zur Flexion von amä^a ama-t amä-tis vgl. das Imperfektom erä-a era-i erä-iia und die sftmtlichen flbrigen mit den Flexionsformen auf -bä-a -ba-t -bä-tia» Vgl. auch Msillet, De indo-europaea radice *MEN S. 31.

3) Die kausativen Verba, mit Suffix -eio- : -^'e- gebildet, wie doceö (W. deC' in deeet), noceö (W. nee- in nex), moneö (W. men-) und andere mit demselben Ablaut der Wurzel von Bbuomann, Grundr. 2, 1161 ver- zeichnete. Die Tiefstufenform der Wurzel liegt vor in sorbeö (-or- = -f-), iubeö (W. iudJh), Die Flexion ist genau dieselbe, wie die der Denominative auf -eö. Das Suffix -eio- ist mit Sicherheit nur in der 1. sing, nachzu- weisen, vielleicht gehen auch doces docet docetis auf *doceies{i) *docei€t{t) *doceietis zurück.

Das PeFfektqrstem.

108. Reduplikation. Die Reduplikation ist nur in sehr beschränk- tem Umfang erhalten. Dass man wegen der Schreibung vhewhaiked der Fibelinschrift von Palestrina anzunehmen hat, das Gefühl des Ursprungs der Reduplikation sei damals noch nicht geschwunden gewesen, hat Dummleb, Mittlgn. d. deutsch, arch. Inst. Rom. Abtlg. 2, 41 behauptet und auch BBUQHAivir, Grundr. 1>, 501 hält sie für „lehrreich*.

a. Konsonantische Wurzeln. Bei einfachem konsonantischem Anlaut tritt der anlautende Konsonant mit dem Vokal, urspr. 6, vor die Stamm- silbe.^) Bei doppelkonsonantischem Anlaute es finden sich nur die Anlautsgruppen 5C- sp- st erleidet die Stammsilbe Einbusse des Zisch- lautes, sci-dderat, ^o-pondi, ste^ti^) Der urspr. Reduplikationsvokal e hat sich dem Vokal der folgenden Stammsilbe assimiliert, wenn dieser im Perfekt und Präsens übereinstimmt,^) also bei wurzelhaftem i o u^ scicid% momord/i (memardit noch Verg. Aen. 11, 418, Rieb., wird aber von Wotke, Wiener Stud. 8, 145 abgelehnt) pupugi^ auch didicl wegen discö trotz Wurzel dec-j^) hingegen älter memordt pepugi spepond^ Formen, denen auch Cäsar nach Gellius 7, 9, 15 (vgl. Quint. 1, 5, 63) den Vorzug gab, cecurrü (afrikanische Inschrift, s. Rh. M. 44, 485), vielleicht auch scecidi^) u. a. bei Neue 3^ 348 f.^) Eine merkwürdige Missbildung der Vulgärsprache ist vwixit auf einer stadtrömischen Inschrift (nach dem Auszug d. Bull. epigr. IV no. 5 in Berl. phil. Woch. 1885, 119). Das Perf. l%b% ist nach dem Präsens hibö (vgl. § 103) aus *j)6-jp-f umgeformt (Bbuomann, Grundr. 2, 1211).

^) J. Schmidt, E. Z. 25, 32 ; BEZZENBEKesB, Beifcr. 2, 159; GuBTirs^Yb.* 1, 142; Schbbbr, Z. G. d. d. 8pr.» 279.

») OsTHOFP, P.-B. Br. 8, 548; über stüi Stolz, Yerbalflezion 1, 8 Anm.

») Osthoff, Z. G. d. F. 271.

^) dedieere Hör. c. IV 14, 11 von einigen Handschriften überliefert verteidigt Keller, E|h1. 343 nnd Zur Lat. Sprachgesch. 1, 39.

') Stolz, Verbalflexion 1, 70 Anm.

*) Ebbtschmeb, Einl. 139 f. hftlt es nicht fitr erwiesen, .dass der Bedaplikationsvokal Ton tutudi als jung zn betrachten und diese Fenn mit skr. tiUudi nicht anmittelbar gleich

zn setzen ist''. Er denkt an die Möglichkeit, dass *te4üd- (ans ^tetöud-f vgl. contüdit) und tU'tüd- nebeneinander bestanden haben. Der historische Formenbestand spricht nicht für Eretschmer. Vgl. auch v. Planta, Gramm. 2, 330, der auch an der älteren Ansicht festh&lt und demnach in osk. fefacid «fecit*, umbr. pepurkurent ,rogayerint, decreverint", fefure (Bedeutung unsicher) die ursprüngliche Rednplikationsweise erkennt. Andebsbn's Be- handlung des Reduplikationsvokals in Fest- skrift tu Vilh. Thomson S. 131—145 kenne ich nur aus der Anführung im Anz. f. idg. Sprach- und Altertumskunde 5, 122.

172

Lateinüiohe Orammatik. o. Formenlehre.

Der Ausfall der Reduplikationssilbe bez. die Yereinfachung der nach Aus- fall des Vokals der Reduplikationssilbe entstandenen unbequemen Eon- sonantengruppen ist höchst wahrscheinlich schon in der idg. Grundsprache den Formen des JDuals und Plurals, die den Ton auf der Suffixsilbe böigen, eigen gewesen^) und hat sich von hier aus auch auf den Singular aus- gebreitet, besonders unterstützt durch den Wegfall des Reduplikationsvokals in den ursprünglich wenigstens viersilbigen Perfektformen der zusammen- gesetzten Zeitwörter;*) vgl. rettuk reppen, von dem es schon bei Priscian Gr. L. 2, 540, 11 E. heisst, es werde mit -pi>- geschrieben «quippe de- minuto (sc. praeterito) una syllaba*, recddi für ret(e)tuli u. s. w.

vidi (nicht unmittelbar = gr. olSa skr. veda, sondern die 1. sing, med., Grdf. *\iid-ai^ so dass also i nicht als ursprünglich zu betrachten ist, sondern nach vidit (vgl. oben § 84 Anm.) eingeführt erscheint) hat schon in der idg. Grundsprache keine Reduplikation gehabt. Vgl. auch unten S. 181. Ebenfalls ohne Reduplikation gebildet sind Ug-i^ vEn-^, vielleicht auch scand-'X, vert-%.

Über den Abfall der Reduplikation in spätlateinischen Formen vgl. RöNSCH, Itala und Vulgata 288.

Die Formen fidit scidit, die früher als Perfektformen mit abgefallener Reduplikationssilbe erklärt worden sind, sind vielmehr mit Brugmann, Grundr. 2, 925, Bartholomae, Stud. z. idg. Sprachgeschichte 2, 194, ebenso wie tuüt, fuit, ex-uit zum thematischen Aorist zu rechnen. Auch unter den Formen mit Reduplikation stecken nach Bruomann solche des redupli- zierten Aorists, nämlich de-d-i-t, pe-per-i-t, pe^pul-i-t, te-tig-i-t Mit voller Sicherheit wird diese Entscheidung wohl nicht getroffen werden können.

b. Von vokalisch anlautenden Wurzeln sind ed- em- ag- und -ap- in co-epit [coepere coepiam Paul. Fest. 41 Th., coepiat A Plaut. Truc. 232] zu nennen. Zur Erklärung dieser Formen hat man früher (für ^jr- und ep- in co-epi thut dies noch Bartholomae, IF. 3, 44) Eontraktion des Redupli- kationsvokals mit dem folgenden Vokal angenommen.^) Doch ist nach Brugmank, Grundr. 2, 1208 die Annahme einer solchen Reduplikation nicht erweislich. Man wird demnach em- und ed- so auffassen müssen wie Ug^i ven-i u. s. w. sg-i und -^J zu den W. ag- und op- scheinen nach dem Ab- stufungsverhältnis von fec-i : fac-4ö (man bedenke die nahe Bedeutungs- verwandtschaft der beiden Verba ^facere" und „agere**) u. s. w. neugebildet zu sein. Vgl. Bruomann, IF. 6, 97.

109. Stammbildung. Der 2. und 3. Person des Singulars (vielleicht auch der ersten trotz de Saussure 72 f.. Osthoff, Z. G. d. P. 61, dagegen besonders Wiedemann, Das lit. Präteritum, 164 f. [vgl. jetzt auch Bruo- mann, Grundr. 2, 1205 Anm. und Streitbero, Entst. d. Dehnstufe S. 82]) kam ursprünglich, wenigstens bei Wurzeln der 6-Reihe, die abgeläutete Stammform mit -o- zu, denen des Plurals die schwache, vgl. gr. närroi^a €-7t67rid^fi€v, fiäfnova fie'fiafiev (für *fjL€ix^fX€v), Da im Lat. die 1. sing, als ursprüngliche Medialform (vgl. unten) den schwachen Stamm hatte, so

1) J. Schmidt, K. Z. 25, 31; Obthopf, M. U. 4, VIII.

*) Osthoff, Z. G. d. P. 236.

*) J. Schmidt, Anz. f. d. A. 6, 121; Brug- mank, M. ü. 4, 41 1 f.; Obthoff, Z. G. d. F. 122 f.

4. Flexion des Verbnms. 109.)

173

dürfen wir streng genommen nur von der 2. 3. sing, sprechen, nach denen übrigens die 1. frühzeitig uniformiert wurde. Im einzelnen bemerke ich folgendes:

a. Von e- Wurzeln weisen die abgeläutete Stammform auf momordit (übrigens fallt hier die Stammform des Plurals mit der des Singulars zu- sammen, da auch *wiewifd- = memorär- ist) spopondit totondit^) meminit tetinit (altlat. für tenuit) dididt können nach lateinischen Lautgesetzen (vgl. § 25) aus *meni(mit Hetonit *dedocU hervorgegangen, desgleichen ^{ce)cuUt tetuUt aus *-(ce)coK^ te-toUit entstanden sein, auch cucurrit wird far *ce^ors- stehen.*) Es liegt meines Erachtens keine Berechtigung vor, mit Meillet, De indo-europaea rad. MEN 38 f. dem Lateinischen die o-Stufe durchaus abzusprechen, welche schon Adelung, E. Z. 22, 367 in diesen Formen erkannt hat. Freilich ipemini steht für älteres *fwe-mn-f, sein -?- kann also auch anaptyktisch sein (vgl. nöminis umbr. noniner).

Von e^- Wurzeln haben die Tiefstufenform durchgeführt tu-tud-T, pu- pug^. Altlat. tutüd% Keil, Qramm. lat. 2, 518 geht auf den starken Stamm Hu-touA- W. ste^d-y vgl. ai. i^w-ftJd-a, zurück. Derselbe ohne Reduplikation steckt in /togf-r, /wd-i, cüd-i. Analog v?c-^ (W. ^eij-), re^Uqui (W. fei^f-), cö-nfvi (W. AweigÄ-) fc-f.

Die Vokalisation des Präsens ist eingedrungen in pependf tetmdi pep&dt poposci.

Auch der Ablaut e : e {e Dehnstufe des einfachen Reduplikations- vokals nach Stbeitberg, IF. 6, 148 f.) ist sicher alten Datums bei einer Reihe von e-Wurzeln. Man vgl. clsp-^ got. hUfum „clepimus* {cUpit Pacu- vius 185 RiBB. I, der allerdings wie Mülleb, Non. 20, 14 die Konjektur von Mercieb cl&psit in den Text gesetzt hat), ven-i got. qemum „venimus**, %-f. Ob lat. sEdimus = ^se-ed-imtis oder, wie got. s&tum zeigen kann, bereits voritalisch ist, vgl. ai. sedimd, ist fraglich, letzteres vielleicht wahr- scheinlicher (Bbügmann, Grundr. 2, 1214, doch vgl. v. Bbadke, IF. 8, 156).**)

b. Als Typus einer Wurzel der ^-Reihe diene fa-c-iö, idg. dhe-, Altlat. vhevJiaked (a) osk. fefacust „fecerit" fut. II (Länge des a ist ganz und gar onerweislich) haben die Tiefstufenform auf die Formen des Singulars über- tragen, während das gleichbedeutende umbr. fakust die Reduplikation ein- gebüsst hat.*) Neben dem reduplizierten Perfekt, das schon frühzeitig

^) Nach De Saussvre, M^m. 72 Bind die orBpiiliiglicli dazu gehörigen Präsentia *merdö *8pendö *tendö dorch die Kausativbildungen mordeö spondeö tondeö verdrängt worden. Das8 die Büdnng des Perfekts durch letztere herroigemfen worden sei (Lindsay, Lat. Lang. 497), scheint mir eine durch nichts zu be- weisende Annahme.

*) Vgl. as. hro88 mhd. ahd. ros (Eluob 8. y.). VgL übrigens auch Solxsen, E. Z. 30, 600 f., Stud. 30; Pbbllwitz, Et. W. s. v. „^t-

') Ans der aberreichen Litterator führe ich an Osthoff, Z. G. d. P. 1 ff. ; Babtholomab, £. Z. 27, 354 und IF. 3, 45; Beuokann, IF. 3, 303; LoBBNTZ, IF. 8, 74 ff. Dieser Gelehrte

führt unter Benützung des früher erwähnten Aufsatzes von Babtholoxae, IF. 3, 44 f. sedit auf älteres *8Bdid zurück und identifiziert es mit dem ai. cisädU (3. sing, des ig-Aoristes). Vgl. auch noch Hibt, IF. 7, 148 und Fobtü- KATOW, K. Z. 36, 54. Eine sichere Entschei- dung ist wohl auch jetzt kaum zu treffen.

*) Dass vhevhäJced zu messen sei, halte ich auch jetzt noch trotz Bbügmawn, Grund- riss 2, 1239, der übrigens jetzt P, 221 auch für diese Messung sich ausspricht, Bück, Der Vok. d. osk. Spr. 27 für durchaus wahrschein- lich. Vgl. meine Bemerkungen in der Zeitschr. f. d. öst. Gymn. Jahrg. 1892 S. 998, v. Planta, Gramm. 2, 234, Lindsay, Lat Lang. 504; SoLKSEN, stud. 153'.

174

Lateinische ChrMnmatik. o. Fonnenlehre.

ganz verdrängt worden ist, bestand schon seit ältester Zeit ßo-i, feced (Duenosinschrift), ursprünglich eine aoristische Bildung, vgl. gr. ^-^i^x-a.i) Von der gleichen Art sind frsg-f, got. brSkum und wahrscheinlich auch jSc-f.

c. Von o- Wurzeln erscheinen drei Arten von wirklichen Perfekten:^) pangö peplgi (ebenso cadö canö tangö), scäbö scäbt^ capto cepl. Bei dem ersten Typus ist die schwache reduplizierte Stammform verallgemeinert, beim zweiten die starke ohne die Reduplikation, vgl. got. sköf. Wie e^i sind auch pegi zu pangö (neben pepigi), &gT co^epi (vgl. oben § 108, b) lateinische Neubildungen nach dem Muster der Perfekta der ^Wurzeln. Vgl. auch Osthoff, Z. G. d. F. 155 flf. Die Perf. peper6% pepen enthalten den schwachen Stamm mit lautgesetzlichem Übergang des a in 6; in fefeUi ist der Präsensstamm eingedrungen (fall^ = *faUnö).

d. Gleichgeartet mit scabi sind ödi und födi von (i- Wurzeln.

Ohne die Reduplikation sind scandfprand^ gebildet (vgl. von ^-Wurzeln -^endi 'fendl verfi u. s. w.).

e. Von den drei langvokalisch schliessenden Wurzeln dö'{d&-) stä'{stä^) de'{dä') sind nur Formen vom reduplizierten schwachen Stamm vorhanden, der sicher in de-d-J, ste-t^, ab^di-d-^ (1. sing, med., vgl. unten § 111) vor- liegt. Dagegen ist es zweifelhaft, ob die 1. plur. de-di-mus ste-ti-mtis un- mittelbar für *d€^da-mos "^ste^tc^mos (vgl. ai. da-di-^md, tonsfhirmd) stehen (für die Gleichsetzung v. Bbadke, IF. 8, 156). Ganz unsicher ist das pisau- rische deda (3. plur.?) CIL. 1, 177.»)

110. Die Perfekta auf -sr -t;« und -wf. Das Perf. auf -S7, welches von zahlreichen auf gutturale, dentale, labiale Verschlusslaute ausgehenden Verbalstämmen gebildet wird, sowie von vier auf -m (premö (Stamm des Perf. preS') sümö con-temnö und demö prömö) und mehreren auf -s {ür-o üs-sT haer-eo haesi für *haeS'Si), ist seiner Natur nach sigmatischer Aorist, vgl. diX'i ^-rf«*f-a, iunx-i ^-fcvf-a.*) Dabei treten vor dem Bildungs-s die nach den Lautgesetzen erforderlichen Veränderungen ein. Über die ur- sprüngliche Gestaltung des Stanmies vgl. Brugmann, Grundr. 2, 1170 ff., Griech. Gramm. » 316 f. und Streitbero, Die Entstehung der Dehnstufe S. 88 f. Damach haben wir in veirf (vgl. Brughann, Grundr. 1*, 131), "lexfj^) rexT,^) tSM, pUxi, sp^oc^, ebenso auch in dempsi, prömpsi (für con- tempsi ist kurzer Vokal bezeugt durch Prise. Gr. L. 3, 525, 25, da es dort heisst, der Vokal sei „positione'^ lang) indogermanische Längen anzu- erkennen (Dehnstufenvokale). In der älteren Sprache standen neben den reduplizierten Perfekten vielfach s-Aoriste in Verwendung, vielleicht noch

^) fac-xö ist ein primäres io-Prfisens, nicht denominatiy, wie Mher angenommen wurde (W. dhe-k- : dh^-k-). üeber die ganze Frage vgl. Babtholok AB, Stnd. z. idg. Sprachgesch. % 194 nnd IF. 3, 44; Johansson, Beitr. z. griech. Sprachkunde 70 f.; Fersson, Wurzel- erweiterung 209' ; Bbügkann, Grundr. 2, 1232, 1240; Bbonisch, Die osk. t- und e-Vokale 189 Fussnote ; y. Planta, Gramm. 2, 249* ; Lobentz, IF. 8, 84.

«) J. Schmidt, K. Z. 26, 374.

') Verbalflexion 1, 44 habe ich zu viel auf diese zweifelhafte Form gegeben.

^) Dass schon Priscian die Zusammen- gehörigkeit des griechischen sigmatischen Aorists und des lateinischen Perfektums auf '8i richtig erkannt hat, weist Ebbtsohxbb, Einl. 4^ aus Gramm. Lat 2, 445 f. E. nach.

') Dass die Verba mit dem Petfekt -{&rf (düigöy intellegö, neglegö) nnd religens zu griech. dXiym gehören sollen (Fick, Et W. 4^, 535 und nach ihm Pbbllwitz, Et. W. d. griech. Spr. 13), ist keineswegs sehr wahr- scheinlich.

*) swregü, durch «surrexif glossiert Fest 423 Th.

4. nexion de« Yerbnnui. 110.) 175

mit einer dunklen Erinnerung an die ursprüngliche Bedeutungsdifferenz/) wie parsi, z. B. Plaut. Trin. 316 neben peperci (daneben auch die Neu- bildung parcuf), emt und ^mpsim Plaut. Mil. 318 Ribb; -jpana^f und -puna^ (vom nasalierten Stanmi) bilden die Komposita.

Über die Perfektbildnng auf -vi und -uT, die nach den neuerlichen Ausführungen v. Plakta's Gramm. 2, 354 ff. kaum spezifisch lateinisch ist (er sucht umbr. suboeau wieder als Perfekt zu erweisen (vgl. jedoch jetzt auch Thürnetsen IFA. 9, 185 f.), deutet osk. hipid in sehr ansprechender Weise aus *hebuid und weist noch andere Spuren dieser Bildungsweise nach), handelt eingehend Osthoff, Z. G. d. P. 251 f.; einige Andeutungen bei Mebgüet, Formenbildung 221, Bbugmann, M. ü. 3, 51 Anm., dem Thurn- EYSEN, Bezz. B. 7, 286 Anm. beistimmt. Weiter ist diese Frage ausführ- lich behandelt worden von G. Curtius, Ber. d. k. sächs. Ges. d. W. (Phil, bist Kl.) 1885, S. 421—439 und W. Schulze, K. Z. 28, 266—274. Vgl. ausser- dem noch eine Notiz bei Johansson, De der. verb. contr. 100, 6. In neuester Zeit ist noch folgende Litteratur dazu gekommen: Pebsson, Wurzelerwei- terung u. 8. w. 210 f.; Bruomann, Grundr. 2, 1244; Bbonisch, Die oskischen i- und e- Vokale 193; Chadwick, Bezz. B. 20, 270—303; Lindsay, Lat. Lang. 504 f. CüBTiüs und Schulze, mit deren Auseinandersetzungen Bronisoh, insoweit übereinstimmt, als auch er amäverö ^amaves-ö (mit Personalendung versehenes Neutrum des Part. d. Perf.) vom Part. d. Perf. ableitet, und auch V. Planta prinzipiell einverstanden ist, wenn er sich die Lösung der Frage in der eben angedeuteten Richtung denkt, dann aber nach dem Verhältnis von Ugerö : legi auch zu amäverö das Perf. amävi gebildet sein lässt, treffen darin zusammen, dass sie das t;f-Perfekt von dem Partizip ^amäves ^oudfoes *deUves *hab^es *domäves ableiten. Nach Schulze, dessen Ausfuhrungen über die Entstehung der Flexion dieses Tempus entschieden zutreffender sind als die von Cubtius, wären zunächst die Formen *amaves smos *amave8 stis *amav[e8]esam *amai^es]e$sem zu den gewöhnlichen ge- worden: amovirnus u. s. w. Dieser scharfsinnigen Deduktion steht aber der Umstand im Wege, den Windisch mit Recht hervorgehoben hat (Biogr. Jahrb. d. Altertumsw. X 126), dass nämlich das ai. Suiffix -väs -vas aus- schliesslich nur zur Bildung von Partizipien von alten aus der Wurzel ge- bildeten Perfekten verwendet wird. Schulze's Berufung auf Osthoff, Z. G. d. P. 623 hilft über diese Schwierigkeit nicht hinweg. Vgl. übrigens auch meine Bemerkungen in Zeitschr. f. d. öst. Gymn. 1888, S. 746 f. und § 118, 1. Auch der eingehende Versuch Ghadwick's, als die Quelle des lateinischen ««-Perfekts Präsensstämme auf -ne^' zu erweisen, hat mich nicht zu überzeugen vermocht. Aber es muss zugestanden werden, dass die Grundlage der früher an dieser Stelle vorgetragenen Hypothese, nach welcher die Perfektbildung auf -vi von den Typen favi lavl fövi mövi v(M iüvf ausgegangen sein und, vermittelt durch die Partizipien auf -^, über die übrigen Verba, welche das Perfektum auf -tM bilden, sich aus- gebreitet haben sollte, durch die von Chadwick und v. Planta vorge- brachten Gegengründe sehr erschüttert worden ist. Denn die ^Bildung

^) Wahrseheinlicherweise ist jedoch die Angabe des Diomedes bei Kkil, Gr. L. 1, 398, 8 nur Theorie eines GrammatikeTB.

176

LateiiliBohe Qimmmatik. o. Formenlehre.

ist höchst wahrscheinlich uritalisch, während unsere Hypothese sie als eine spezifisch lateinische Neubildung auffasste. Die Abstraktion des -vf sollte erfolgt sein durch den Einfluss des Verhältnisses fö^ttis : fö^üi u. s. w., während wir doch für das Uritalische nicht ^öt-y sondern -o^a^ anzusetzen haben (fötus = *fo^etos *fovUus, vgl. v. Planta, Gramm. 1, 160, Solmsen, Stud. 88 f., Bruomann, Die Ausdrucke f. d. Begriff d. Totalität 54 f.). Da ich eine andere Erklärung zu geben nicht in der Lage bin,^) so muss ich mich begnügen, auf die Kategorien der Yerba hinzuweisen, welche ein Perfektum auf -t^ bilden. Es sind dies einige Wurzelverba auf ^eö {plSvt flevt), linö l^vT, crevi von cemö sprsm, strdvf, einige sco-Präsentia (pascö nöscö crescö)^ endlich die grosse Masse der abgeleiteten Yerba auf -dö -id, welche in der Tempusbildung den Kennvokal beibehalten (anto-vl audi-vt); letzteren folgten dann, vermittelt durch die Yerba der Jodklasse cupiö cup^vf, einige thematische Yerba, petT^i rud%-vi und die auf -esso nach dem Yerhältnis petivi : petere = cupivT : cupere. Möglicherweise cupf-tTf u. s. w. von Nebenformen auf -rrc, vgl. § 107 Anm.

Die denominativen Yerba auf -u^, z. B. acuß arguö metuö minuö statuö^ sowie sterntiö bilden das Perfekt auf -u? im Anschluss an die primären mtö pluö luö indri4ö im^huö mit den regulären Perf. nui plul u. s. w., älter aär-nüit Ennius Annal. 135 M., urspr. *wt^-vf (gebildet wie /?^t;f u. s. w.), und so wird wohl auch plüvit zu messen sein (Livius nach Priscian Gr. L. 2, 503, 14 K.). Die Länge des Stammvokales ist auch für die abgeleiteten Yerba bezeugt, so instüüi und zwei andere Belege für Plautus, argüt bei Priscian Gr. G. 2, 504, 25. Ygl. insbesondere Solmsbn, Studien 166 ff. und auch LiNDSAT, Lat. Lang. 508. Eine zweite Gruppe bilden die Yerba von dem Typus gmut aluiy crepui sonui domui, monui tenut, scdui. Osthoff führt mit Recht genui domul auf *gen^i>i *genövi ^domct^vi *domöv% (ur- sprünglich *genevai *doniavai) zurück, vgl. geni-ttAS aus "^gene-tos^ dow^tus aus ^domä-tm. Zur Ausbreitung des Perfektstypus -uf auf die a- ^ und i-Stämme haben wesentlich jene Yerba beigetragen, welche ursprünglich den unabgeleiteten angehörten, wie sonere tanere fervere olere stndere parere und partre, salere (Neue 3^, 257 f.) u. a., und ihr Perfekt gerade so bildeten, wie gignere bez. arch. genere. Yon diesen aus verpflanzte sich dann diese Bildungsweise auf zahlreiche andere abgeleitete Yerba. In spätlateinischer Sprache begegnen dann auch Formen wie conterui (Apuleius), reguü CIL. 8, 923, convertuit 8, 2532 D, b 1 (in Kaiser Hadrians Armeebefehl von Lam- baesis) u. a. ; überhaupt spielt die Analogie eine grosse Bolle in der Schaf- fung von Formen wie sponderit ascendiderat (auch archaisch descendidü

^) Dass die von Bopp aufgebrachte und 80 und 80 oft wiederholte Erklärung des -vi auB fui lautgesetzlich ganz und gar unmög- lich ist, hat schon Msroubt, Formenbildung S. 221 nachgewiesen. Auch Bruohann, Grundr. 2, S. 417 scheint die im Texte an- gedeutete Erklärung von amävi u. s. w. (nach CuRTiüs und Schulze) nicht sehr einleuch- tend. Vgl. jetzt auch 2, 1244. Auch die meines Wissens zuerst von Fiok, G. g. A. 1883, 594 versuchte Verknüpfung des lateinischen u-Per-

fekts mit der ai. 1. sing. perf. auf -äü, vgl. lat. plev-i und ai. pa-präü, lat. növ-i mit ai. ja-jhäü, die von Likdsay angenommen ist und auch von Wackernagbl, Altindische Gramm. 1, S. 107 gebilligt zu werden scheint (,Im Perifekt weisen gr. ew-xa got. vaivö „wehte" auf idg. -ö-, lat. sev-l növ-% vielleicht auf idg. e^ öu vor Vokalen*) muss man mit Bruomann, Grundr. 2, 1228 als eine sehr un- sichere Konjektur bezeichnen.

4. Flexion des Verbiuna. (§§ 110—111.)

177

Valerius Antias, dBscendiderat Laberius) davit Corp. Gloss. 4, 48, 1 u. s. w. ; vgl. RöNscH, Itala u. Vulgata 286 f., Collectanea philol. 87, 223 flf., Schu- CHARDT, Yok. 1, 35; 2, 9; 3, 10; Seelmann 53 f.; Romania 2, 477; Lindsat, Lat Lang. 509 51).

pönö hat im Altlatein regelmässig posm posil als Kompositum von sinö,^) z. B. poseivei CIL. 1, 511, poseit 1281, posit 1282; 6, 27041 (v. J. 120 n. Chr.) u. oft (spätlatT auch possit) ; hingegen ist das in klassischer Sprache gewöhnliche posui nach dem Part, posittts neu geschaffen, posui : positus = genui : genitus. Über die inschr. Schreibung posuuit CIL. 5, 3738, posuuerunt 12, 1416 u. ö. vgl. oben § 14 B 7.

Über das Vorkommen von posivi und posuT Brix zu Plaut. Trin. 145.

Ansätze zu einer Kontaminationsbildung sut zeigen messui nexul peocui (Gramm.);*) in teocui ist -5- stammhaft, vgl. skr. tdk^- „behauen, gestalten'' und § 59, 2 Anm. 3 (S. 77).

Über die Formen der Perfekta auf -flvf ^Bm -övi, die Schwund der Silbe -t;e- aufweisen, und jene auf -ivi mit fehlendem -v- vgl. man in statistischer Hinsicht ausser Neue 3», 478—492 und 430—478 Bbock, Quaest. gramm. cap. duo (Jurievi 1897) 75—170; über den lautlichen Vor- gang SoLHSEN, Studien 175 ff. und Lindsat, Lat. Lang. 506 f.

111. Flexion des Perfekts.») Entschieden daran festzuhalten ist, dass die uns vorliegende Flexion des Perfekts perfektische und aoristische Formen vereinigt. Wenn ich aber früher unter Berufung auf Beügmann, M. U. 3, 36 f., J. Schmidt, K. Z. 27, 327 den lautlichen Zusammenfall der Formen der 1. d. Plur. für den Ausgangspunkt dieser Fusion erklärt habe, so muss diese Annahme in dieser allgemeinen Form als unhaltbar be- zeichnet werden, d^xp-mtis (themavokalische Form des sigm. Aorists) und scidi~mus (stark. Aor.) fielen im Ausgang mit der 1. plur. perf. tutudi^mus zusammen und konnten nach dem syntaktischen Zusammenfliessen von Aorist und Perfekt leicht die Umbildung der 3. sing. perf. auf -e in -it nach dem Muster von dixUt scidi-t veranlassen. Umgekehrt wurden nach dem Verhältnis tutudUmus : tutudi-t : tutudri sodann auch dix-l und scid-^ zn «fcc-f-wMS : dixi-^t u. s. w. neu gebildet. Nach den dem is-Aorist ange- hörigen Formen ^disU vidistis (vielleicht auch mderunt) sind dix-isü dfx-- istis gebildet, sowie auch futud-isti tutud-istis. Beine ursprüngliche Per- fektformen sind demnach nur tutud~% tutud-imus, vgl. ai. turtud-e turtudnimd. Ob lat. -i- in tutud^-mus = idg. 9 ist (wegen gr. -a- ai. -i-), ist nicht mit voller Sicherheit zu entscheiden; s. Osthofp, Z. G. d. P. 391 f., Bartho- lomae, K. Z. 29, 6; Brügmann, Grundr. 2, 1207; v. Bradke, IF. 8, 137 ff.

1. sing. Der Ausgang -? (als graphische Varietät -ei) ist mit dem Ausgang -a von skr. bubödh-a gr. yäyov-a nicht zu vereinigen; es ist viel-

^) Wegen Fböhdb'b Emwänden, Bezz. B. 1, 197 f. vgl. Osthoff, Z. G. d. P. 611 f.

*) So schon SoHUicHEB» Comp. 8. 815.

*) Vgl. Stolz, Verbalflexion 1, 43 f.; doch ist die dort gegebene Darstellung mehrfach modifiziert; Osthoff's Aosf&hrongen Z. G. d. P. 191 f. kann ich anch nicht in allen Punkten beistimmen. Zur litterator ausser Cobssbn,

It. Spr. 503 ff. (insbesondere 512 ff. [gegen Fr. Müllbb, Sitz. d. k. Akad. d.Wiss. in Wien 66, 225 ff.]) W. Mbybb, Zeitschr. f. rom. Phil. 9, 223 ff. (Erschliessung der vulgftrlateinischen Paradigmen der ö- e- t-Eonjugation); Babtho- LOMAB, Stud. z. idg. Sprachgesch. 2, 192—199 ; Bkuomaiw, Grundriss 2, 1183 und 1335 ff.; LiNDSAY, Lat. Lang. 524 ff.

Bandbuefa der kUws. AlterhunswiBfleiiscbaft. n, 2. 8. Aufl.

12

178

Lateiniflohe Qrammatik. o. Formenlehre.

mehr mit Fick, G. g. A. 1883 S. 589, Osthoff, Z. G. d. P. 191 f. (mit all- seitiger ausführlicher Begründung) ded% = skr. dade zu setzen und mithin als d^e 1. Sing, medii anzuerkennen. Die Übertragung des medialen Aus- gangs auf das Aktivum ist von den Deponentia aus erfolgt, vgl. revert-i revertor, ass^ns^ ctssenHor, lavor lavö, mütor mütö,^)

2. sing. Das Suffix sii ist aus dem perfektischen -^f und aus dem s des Aorists erwachsen; *deix'S wurde nach dtx-l zu dlxti weitergebildet, und dazu kamen noch die oben besprochenen Formen v^distt u. s. w., von denen als allgemeines Suffix -4^^^ losgelöst wurde.*) Indes können die Formen dixti praecestl CIL. 6, 29642 u. s. w. immerhin auch durch Synkope aus den volleren hervorgegangen sein. ^) Die Länge des -7 in ^sU (inschr. auch -atei) erklärt Osthofp, Z. G. d. P. 204 aus einer Vermischung der Aktiv- und Medialform, idg. act. "^-tha med. "^-sai ; wahrscheinlich liegt nur Angleichung an den Ausgang der 1 . und 3. sing, vor ; so auch Bbuokann, Griech. Gramm. ' 348.

3. sing. Der ursprüngliche perfektische Ausgang -6 (vgl. gr. fiäfiov-^ skr. ved-a) ist erweitert durch die Personalendung der entsprechenden Person des Aorists -d, später verdrängt durch primäres -^. Jedoch könnten vhevhaked (Numasiosinschrift), feced (Duenosinschrift) nur dann als Belege für den eben namhaft gemachten Vorgang ins Feld geführt werden, wenn -e- in -ed sicher kurz wäre. Dass archaisches dede (vgl. pose Clt. 1, 1378 und anderes, worüber Lattes, Le iscr. paleol. 29 Anm. 54, ferner prän. dedi Hermes 19, 453) die ursprüngliche Mose Form ist, ist bei dem Cha- rakter der altlat. Inschriften, in denen -t auch fehlen kann, natürlich sehr zweifelhaft; ja mit Rücksicht auf osk. deded, küm-bened ist es sehr wahrscheinlich, dass der uritalische Ausgang -^d war.^) fuet CiL. 1, 32 kann nicht als Beweis für die Länge des e ins Feld geführt werden, wie es früher mit Rücksicht auf die quantitierende Messung des Satumiers geschehen ist.^) Inschriftliches fuueit CIL. 1, 1051, redieit 541 etc., sowie plautinisches und überhaupt dichterisches -U^) müssen den langen Vokal von der 1. sing, bezogen haben, wie interieisti CIL. 1, 1202, legeisti auf einer archaisierenden Inschrift aus Maur. Gaes. Eph. ep. 7 No. 521, 13 (S. 161). Weniger wahrscheinlich will ihn Bartholomae a. a. 0. 193 in Zusammenhang bringen mit der ursprünglich medialen Natur der Personal- endung -ai (vgl. ai. tutiule 3. sing.), was indes immerhin möglich ist. Vgl. auch noch Brügmann, Grundr. 1», 225^, wo ausdrücklich hervorgehoben ist, dass "Cd in vhevhaked feced auch langes -e- enthalten und dann mit redieit (aus *rediai-t) identisch sein können.

») Brügmann, IF. 5, 108.

*) Chadwick, Bezz. B. 20, 281 nimmt in ganz unglaublicher Weise Zusammenhang mit ai. 'thäs gr. -d^tjg an, Lindsay, Lat Lang. 525 in ebenfalls irriger Weise mit gr. -o&a.

») Wenn Osthofp, Z. G. d. P. 219 ein- wendet, es sei *dtcti *8criptt (vgl. gr. ix-x6s u. s. w.) zu erwarten, so ist dagegen zu be- merken, dass die Formen dtxtt dtoctis u. s. w. durch Analogie von ac-cestl und den ent- sprechenden der Dental- und «-Stämme ge- halten, bez. nach ihnen wiederhergestellt worden sein können.

*) Mit dieser Darstellung deckt sich auch die von Buck, Der Yoc. d. osk. Spr. 78 f. Vgl. auch V. Planta, Gramm. 2, 364. Natürlich hat dann auch umbr. dede das auslautende d eingebüsst. Gall. dede «dedit*" oder «poauit* ist wirkliche Perfektform.

') Wegen der accentuierenden Messung des Satumius vgl. insbesondere Lindsay, Amer. Joum. of Philol. XIY 139 ff., 305 ff. and B[i8t. Gramm. 1, 32. Dazu neuestens Nordbk, Die antike Kunstprosa 1, 158 f.

•) Vgl. LiNBSAT, Lat Lang. 528 f.; Nbue 3», 426 f.

4. Flexion des Verbuxui. 111.)

179

1. plur. Die Personalendung ist -mtis.

2. plur. Die Personalendung -stis bez. -istis entspringt dem Aoriste,

3. plur. Die Formen auf -ffra (Obersicht bei Neue 190 flf.) hat man als Medialformen erklärt gleich den altindischen auf -re, doch stünde in diesem Falle lat. *-rf zu erwarten, vgl. ded-% = skr. dad^e; auf einmal wirklich überliefertes dederi CIL. 1, 187 wird nicht allzu grosses Gewicht gelegt werden dürfen. Aber Zusammenhang mit dem oben erwähnten Medialausgang ^re und dem aktiven ai. -ur u. a. wird doch bei einem Teil der Formen obwalten, -on^, vgl. dederont CIL. 1, 181, pis. dedro dedrot mit abgefallenem ^nt, bez. Schwund des -n- (nicht aber scheint mir dedro mit Babtholomae a. a. 0. 198 an die Bildung von ai. dadhre (von dha-) an- zuschliessen), coraveron CIL. 14, 2847, -unt, inschr. -ut in emerut CIL. 1, 1148, vulgär und spätlat. "Un -um -u, ist von den thematischen Verben bezogen. Man könnte -erunt auch auf *-is-ow^(i), vgl. -is-tis -isti, zurück- führen. Übrigens wäre auch die Möglichkeit nicht vollkommen ausge- schlossen, dass -ere auf den sigmatischen Aorist zurückginge *'{e)sent und zu -c abgeschleift wäre.^) dedrot dedro CIL. 1, 173, 177, von denen man wohl annehmen müsste, sie seien aus *dedre umgeformt, sprechen wegen ihres r nicht gegen diesen Erklärungsversuch, vgl. den Inf. cedre der Spoletiner Lex aus ursprünglicherem *caidesi. Anders Zimmeb, K. Z. 30, 283.*) Die Belege für die Kürze des -e- in -erunt in der älteren Sprache und bei Dichtern findet man bei Neue 3^, 198 f. Die in der klassischen Sprache allein übliche Länge halte ich trotz Bartholomae's Einspruch (a. a. 0. S. 197) auch jetzt noch für jüngeren Ursprungs. Jedesfalls darf man nicht mit Bartholomae (a. a. 0. S. 195) fuBr-un^ und gr. i'^pvrfl-av in der Stammbildung miteinander gleichsetzen, s)

Eine ursprüngliche Perfektform ist der Imperativ mementö gr. fieficcTto Grdf. ^me-m^tSd, hingegen ist meminsns eine sekundäre Bildung, wie gr. HsxlijYovTeg u. a., und noch weiter gehend meminere (Inf.) in der Regula Benedicti c. 2 u. 64.

Zar Litteratur ygl. ausser den bei Hübneb § 69 aufgefOhrten Werken: J. Netuschil, Ueber Aoriste in der lateinischen Sprache, Charkow 1881 (mir bekannt geworden dnrch Fhü. Woch. 8, 430 und Berl. Phil. Woch. 5, 313 f.); P. Rbgnaüd, Les parfaits composto en l&tin, Lyon 1882 (ohne Bedeutung); Feöhdb, Bezz. B. 6, 185 f.; Osthoff, Zur Geschichte des Perfekts im Indogermanischen mit besonderer Rücksicht auf Griechisch und Lateinisch, Straasburg 1884; £. Ebhaült, Du Parfait en Grec et en Latin, Paris 1886 (bietet nichts Neues), üebersicht der verschiedenen früheren Auffassungen des lat. Perf. bei Westphal, Verbalflexion 170 f.; Hebzoo, Untersuchungen zur BUdungsgesch. der griech. und lat. Spr., Leipzig 1871, 33 f. Goidanich, Del perfetto e aoristo latino in Atü dell' Aoademia di Archeol. Lettere e Belle arti XIX, 2 (Napoli) habe ich nicht einsehen können.

>) Mistbu, Zeitschr. f. Volkerpsych. 14, 315 hSlt scrtpsere f&r eine dem histor. Inf. entsprechende Form nach der Gleichung: serUMfSre : scrtpsit = scrtbere : scribit; vgl. auch noch dessen weitere AusfQhrung ib. 15, 457 f. und dazu Osthoff, Z. G. d. P. S. 213.

*) HBjrBT, M^m. d. 1. s. d. 1. 6, 375 setzt Doppelformen *dedro8 und *deder an, die spftter dnrch Anfügungen erweitert worden seien; dedro soll unmittelbar gleich *dedro8 sein. Ich finde keinen sicheren Boden fttr

diese Ansätze. Vgl. auch Lindsat, Lai Lang. 529 f.

*) Wenn in den frfiheren beiden Auflagen bemerkt worden ist, dass die romanischen Fortsetzer der 1. plur. Formen mit -%- voraus- setzen, 80 ist jetzt auf Mbteb-Lübke, Gramm, d. rom. Spr. 2, 303 f. zu verweisen. Der ge- dehnte Konsonant in finimmo u. s.w. ist wahr- scheinlich eine Folge der Verschiebung des Accentes des alten ^imus auf den kurzen Vokal,

12*

180

LateiniBohe Grammatik, o. Formenlehre.

Die aus den s-Aoristen hervorgegrangenen Tempora und Modi.

112. Hieher gehören, wie bereits angedeutet wurde, hinsichtlich der Stammbildung die sogenannten synkopierten Perfektformen, wie dixti ac- cestisA) Eine Übersicht derselben, sowie der gleich zu erwähnenden Kon- junktiv- und Optativformen bei Merguet, Formenbildung 224 f., Westphal, Yerbalflexion 290 f., Corssen 2, 553 f. und jetzt besonders Neue 3^, 500 bis 506, vgl. auch E. Lübbert, Beiträge zur Tempus- und Moduslehre des älteren Lateins I (Breslau 1870) und Arch. f. lat. Lex. 2, 219 ff., Fr. Gramer, De perf. coni. usu potentiali etc. diss. Marburgi 1886 und Wotke, Wiener Stud. 8, 146. Gannegieser, De formis quae dicuntur fut. ex, et. coni. perf. formae syncopatae in -so -sim diss., Traiecti ad Rhenum 1896 kenne ich nur aus Arch. f. lat. Lex. 10, 456 f. Andere möglicherweise als Reste dieses Tempus aufzufassende Formen*) bei Stolz, Yerbalflexion 1, 25 f.') Die Formen cuco faxö capsö dixö u, s. w. sind ursprüngliche Konjunktive des sigmatischen Aoristes,*) vgl. gr. af<o Ssi^a, wie erö urspr. Konjunktiv zu sum. Dazu gehören die pass. Neubildungen faxor faxitur u. s. w. Über nanxüor (cod. nancitor) Scholl, Leg. XU tab. rel. 88. Vgl. osk. comparas^ euster „consulta erit* (Buck, Der Vok. d. osk. Spr. 140), von der aktiven Form *cotnparasO'tist. Optative desselben Tempus sind dixim faxitn, fQr urspr. *dixiBni *faxism nach der 1. u. 2. plur. *dfximus *dfa^tis umgeformt, vgl. § 115. Ebenso dürften dixe scripse altüberkommene Bildungen sein.^) Die Formen dixem faxet (allerdings unsicher, vgl. Lübbert a. a. 0. 102, vgl. auch LiNDSAY, Lat. Lang. 508 49]), die ich Yerbalflexion 14 ff. als Reste des alten Indikativs des s-Aoristes zu erweisen gesucht habe, werden sich zu dixim fcLxim kaum anders verhalten als essem : sim.^) Bruomann a. a. 0. 42 hält sowohl dixe als dixem für Neubildungen, ur- teilt aber über dixe jetzt anders (Grundr. 2, § 162 Anm. 1). Die eben erwähnten Formen des 5-Aoristes, im archaischen Latein noch in leben- digem Gebrauche, reichen nur in dürftigen Resten (formelhaften Rede- wendungen) als erstarrte Antiquitäten in die Zeit des klassischen Latein hinein.

^) Ich muss bei dieser Auffassung, die jedesfaUs sehr wohl möglich ist, trotz des Widerspruchs von Osthopp, Z. G. d. P. 219 f. bleiben, wenn ich auch bereits früher zu- gegeben habe, dass die in Frage stehenden Formen durch Synkopierung entstanden sein können. Wenn Lindsat, Lat. Lang. 508 be- sonderes Gewicht auf die SteUe bei Quint. 9, 3, 22 legt, so kann ich dies nicht recht einsehen, da an der betreffenden Stelle nur die Ansicht des eben genannten SchriftsteUers zum Ausdruck gebracht ist, dem das Verhftlt- nis von dlxil zu dlodati nur durch Auswer- fung einer Silbe erklärlich schien. Trotzdem können wir anders urteilen, da wir ia eine weit bessere Einsicht in die historische Ent- wicklung der indog. Sprachen besitzen.

') astasent (als Indikativ) ist jedesfaUs nicht sicher, denn in der neuen Festusausgabe

V. Th. d. P. S. 19 steht astusint *8teteHnt

') Meines Erachtens ist wenigstens die Möglichkeit dieser Auffassung nicht ganz von der Hand zu weisen, was ich mir wegen SoLMSEN, Stud. 176 zu bemerken erlaube.

^) Vgl. besonders Bbügxann, M. ü. 3, 33, 37 u. a. a. St. Auf üllö Nonius 185, 17 M. {ulso Yossius) kann man wegen St. tUc {*iilC'8ö, daraus regelrecht ulsö, vgl. § 65, 3 c) kein Ge- wicht legen, wie es Büohblkr, Rh. M. 27, 185 thun zu wollen scheint.

') Vgl.§ 117, MiSTBLi, Zeitschr. f .Völker- psych. 15, 460 und Babtholomae, 1F. 2, 284.

*) Auf ausem ^bxxbob sum' Corp. Gloss. 4, 23, 28 ist sicher kein Gewicht zu legen, da ib. 126, 7 steht non ausim „non ausus sum*. ib. 6, 114 8. y. „audeo" hat Götz nur ausim aufgenommen. Vgl. auch Bronisoh, Die osk. t- und e-Yokale S. 144.

4. Flexion des VerbiimB. 112.)

181

Dass die Bildung des Plusquamperfekts, Fut. exactum, der Modi des Per- fekts mit den sigmatischen Aoristen zusammenhängt und nicht, wie neuerdings wieder Lindsay, Lat. Lang. 509 lehrt, in -eram -erö u. s. w. die betreffenden Formen von ef^se zu erkennen sind, ist meines Erachtens nicht abzuleugnen. vid-iS'Se vnd-iS'Sem decken sich mit f:iid'iS"ti vid-is-Ms, md-efi^-am vid-er-ö können aus *t;fd-i5-awt ^tidris-ö hervorgegangen sein. Und so rechnet Brugmann, Grundr. 2, 1199 thatsächlich mdis- zum i^- Aoriste. Dabei dient ids Haupt- stütze ai. dvedi§am, das aber nach Delbrück, Grundr. 4, 226 nicht zu veda gehört. Es könnte nun allerdings vlderam mit griech.JJrff« (= ^ri^psiisa-a identifiziert werden,^) wenn man auch allerdings jetzt nicht mehr die an- gebliche Identität von mderim viderö mit griech. elisitjv eidäa (= *f «eJ^cr-Z'ij-v ^pfidäff-w) als besonders beweiskräftig ins Feld führen darif.*) Auch das -es- der osk.-umbr. Futurbildung scheint damit zusammenzuhängen.*) Un- erklärt bliebe aber dabei, woher das -is- in i>fdi^i u. s. w. kommt. Mög- lich wäre, dass urlat. *vfdisö *mdisfm *vidisani (aus *vTdesö u. s. w.)*) die Umgestaltung von *i>idesti u. s. w. bewirkt hätten. Durch den Eintritt des Rhotazismus wäre dann wieder der e-Laut zum Vorschein gekommen, vtderö u. s. w., s. § 23, 1 und 25, 1. Unter diesen Umständen empfiehlt es sich, lat. videram und griech. j^Ssa zu trennen und die lateinischen Formen des Plusquamperfekts als Bildungen mit dem Elemente -ts- aufzufassen, ohne dass deswegen natürlich neuerdings lat. vid-is- mit skr. vedi?- identi- fiziert werden sollte.^)

Die Personalendungen -am -äs -ai sind die des einfachen Präteritums er-a-m er-ä-s er-^c^t und des zusammengesetzten -bam -bäs -bat. Die Aus- gänge -eram -erö -enm sind dann auch auf die echten Perfekta, z. B. Ugi Ug-^eram u. s. w. und auf die von s-Aoristen herstammenden, z. B. dta^ dix-eram u. s. w. übertragen worden, mdis-s-e-m ist natürlich ein e-Kon- junktiv (vgl. § 114).«)

Ohne Zweifel gehören auch amosso amassim prohibSssint ambTssH mit den Inf. averuncassere impefrassere, den pass. Formen turbassitur iussitur gleichfalls dem Aoriste an. amas-sö habes-sö (vgl. das Verzeichnis bei Neue- Wagener 3«, 507 f.) sind gleichgebildet wie cap-sö. Die lautgesetz- Kch zu erwartenden Formen *amasö *habe8ö sind infolge analogischer Be- einflussung der Formen mit -ss- nach kurzem Vokale nicht aufgekommen,') vgl. ^sem (für *esem) von edö nach essem von W. es-.») (Vgl. Anm. 3.)

*) Die Uebereinstmunimg bezöge sich aber nicht auf die Endung, sonst mttsste man *veide8em erwarten (Verf.,Verbalflexion 14 ff.).

*) Vgl. dardber jetzt Waokebnaoel, der Mher K. Z. 25, 366, wie Bbugkaiw, M. U. 3, 28, die Identität dieser Formen behauptet hatte, in seinen Yerm. Beitr. z. griech. Sprach- knnde 44 f.

*) V. Plakta, Gramm. 2, 322.

*) Das lat Vokalschwftchimgsgesetz ist jedesfaUs Alter als der Eintritt des Rhotazis- mus; Tgl. das für die 12 -Tafelgesetze be- zeugte cievüäs aivitäs aus *aivo4ät-,

^) Bbuomaitn, Grundr. 2, 1199; Griech. Gramm.» 330; Hibt, IP. 10, 29; v. Planta

2, 323 S der allerdings gegen die letzte im Texte ausgesprochene Vermutung ist.

') Ein anderer keineswegs wahrschein- licherer Erklärungsversuch von Gilbs, Trans- act. of the Cambridge Phil. Soc. UI 126 ff. (yg^. jetzt auch desselben Vergl. Gramm. 356), über den ich meine Besprechung in der Neuen phil. Rundschau 1891, S. 127 f. zu vergleichen bitte.

7) Bbuomahn, Grundr. 2, 1202.

") Es sind demnach ein früher von mir Verbalflexion 1, 64 f. gemachter Erklärungs- versuch sowie die früher vertretene unmittel- bare Zusammenstellung mit dem keltischen 8-Präteritum richtig zu stellen.

182

Lateinische Grammatik, o. Formenlehre.

Vereinzelte Bildungen der gleichen Art sind adessint CIL. 1, 198, 63 und essis Ribbeck, Trag, fragm.» 283 (XII). 0

Die 3. plur. fut. exacti viderint ist nach dem Muster des Konj. d. Perf. geformt (für '^tnderunt)^ Umgekehrt ist die ursprüngliche Länge in der 1. und 2. plur. d. coni. perf. durch die Kürze desselben im fut. ex. verdrangt worden (s. § 115). Vgl. übrigens auch erint (= .erunt") Cornificius 3, 2, 2; 3, 21, 34; poterint CIL. 5, 6693, 12; 10, 114, 35 (vgl. Neue 3», 602 und 613). Diese Formen scheinen die der Umgangssprache gewesen zu sein (RöKscH, Itala 521).

Anmerkung 1. Die vorstehende Darstellung schliesst sich an Bbuohann's Unter- sachnngen in M. U. 3, 1 f. an; beistimmend äussert sich aber dieselben J. SceiaDT, E. Z. 27, 327. Damach sind die Alteren AusfOhrnngen Gobssbn's, die lautgesetzlich nicht gerecht- fertigt sind, und die noch unglaublicheren Erklftrungsversuche von Sayelsberg, E. Z. 21, 164 f. und anderen eu korrigieren. Seinen wissenschaftlichen Wert hat Pbbstsl, Das Aorists^tem der lateinisch-keltischen Sprachen, Programm des k. humanistischen Gymnaainms £[aisers- lautem 1892.

Anmerkung 2. Ueber die Präsentia capessö, facessö u. s.w., die mit amöMö, habessö bildungsgleich sind, s. § 104b.

Anmerkung 3. Vahleh, Gic. De leg. 3, 3, 6 liest inrogasit und 3, 4, 11 locasint. Sollten die Formen richtig überliefert und nicht von Cicero erfunden sein (Jordan, Erit. Beitr. 228), so lägen hier zwei handschriftliche Beismele der lautgesetzlichen Vereinfachung des '88' der anderen Formen vor. Vgl. auch Voigt, Rh. M. 31, 150, der aus einer von Ang. Politianus herrührenden Abschrift des Festus ^vindiserit'^ (?) erwähnt und durch Hinweis auf plorasit (12-Tafelgesetze) stützt. Inschr. violasit Schnbidbb 95. gnaritur cognitum sive compertutn est, das Götz, Ind. lect. aest. Jenae 1886 S. JX ans Tageslicht gezogen hat, muss wohl für *gnö'8i'tur stehen.*) Vgl. noch vaUesit perierit Paul. Fest 577 Th. (nach Lach- MANN zu Lucret. p. 191 *vaüe88it zu schreiben).

Zu den Resten des alten 8- Aoristes gehört auch der Goniunctivus imperfecti, früher fälschlich als Zusammensetzung des Yerbalstammes mit 'Sem, einer angeblichen Nebenform von essem^ aufgefasst, von Fick, Gott. g. A. 1883, S. 586 gemäss der Adaptionstheorie Lüdwig's als flektierter Infinitiv erklärt. Mein Versuch Verbalflexion 1, 8 f., den auch Giles S.355 der Erwähnung wert erachtet, stärem monerem auäirem als die alten laut- gesetzlichen Vertreter des Indikativs des 5- Aoristes (Grdf. *stas'fii u. s. w.),^) mit sekundärer Länge des e nach audiem audies u. s.w., und dicerem u. s. w. als Nachbildung zu erweisen, ist vollkommen überflüssig, wenn man mit Thübneysen, Brugmann (vgl. Qrundr. 2, 1292) u. a. eine idg. Konjunktiv- bildung mittels des e-Suffixes annimmt (vgl. auch v. Planta, Gramm. 2, 316). Dann ist der lat. Konjunktiv des Imperfekts eben ein solcher ^-Konjunktiv eines sigmatischen Aorists, und damit stimmt auch die Verwendung dieses Modus, der eigentlich als ein „Irrealis des Präsens" bezeichnet werden muss (Delbrück, Grundr. 4, 404). Vgl. es-s-em aus *eS'S-&-m c5-s-^-5, amär-r-Es, dsle-r-es, mde-r-es (mit schwerlich ursprünglicher Länge des -^ der zweiten Silbe) ; dic-er-e-s, disc-er^es; cap-er-Ss (wohl aus *capi-s-ss mit dem -i- der Präsensformen).'*) Aber djxem für ^deic-s-e-m u. s. w. wurde zum Perfektum gestellt.

Nach dem Gesagten ist es selbstverständlich, dass auch die unmittel- bare Gleichsetzung von starem und ar^aaifjn (Westphal, Vergl. Gramm.

^) Stolz, Verbalflexion 81 f.

) Vgl. jetzt auch Bbuokann, Grundriss 2, 1029.

Änm.

«) Vgl. dazu Osthopf, Z. G. d. P. 206

*) V. Planta, Granun. 2, 323.

4. Flexion des Verbnma. (§§ 112—118.)

188

1, 571, dagegen auch Corsser, It. Spr. 556 ff.), "^deixem und M^atfii (Haberlandt, Sitzb. d. Wien. Ak. d. Wiss. C 991 f.) nicht angeht, da ja der Optativ des sigmatisehen Aoristes auf ^a$fi& u. s. w. eine spezifisch grie- chische Neubildung ist.

Anmerkung. Vielleicht ein Part, eines «-Aorists ist cixUes Paul. Fest. 3 Th.; vgl. Stoi^ Wien. Stad. 10, 302 f., jedoch auch G&tz, Ind. lect aest. Jenens. 1887 S. 4 und Arch. t lat Lex. 2, 339.

Das b-FutuFum und -Imperfektum.

113. Diese beiden Tempora sind durch Zusammensetzung mit dem Verbum *bhe^ *6At«- gebildet.^) An der Bildungsweise des Lateinischen nimmt auch das Faliskische teil, vgl. fal.pipa-fo care-fo,^) ebenso die kelti- schen Sprachen, z. B. air. no charub ,,amabo* aus *caräbh(^)ö. Wenn in der firüheren Auflage behauptet wurde, dass die Bildung von den Verben auf -^-, den abgeleiteten Verben auf -eö und den thematischen überhaupt ausgegangen sei, die einen alten Infinitiv (von einem „infinitivartigen Worte* spricht Brugmakn, Qrundr. 2, 1266)^) auf -S gehabt zu haben schienen (skr. -sade, Westphal, Phil.-hist. Gramm, der deutschen Spr. 109, J. Schmidt, K. Z. 26, 397, kann möglicherweise unmittelbar verglichen wer- den, wie sich aus dem Vergleich von vivers mit skr. jivdse (s. unten S. 189) ergibt), so ist dies dahin zu modifizieren, dass ärS- in are-bö und äre-facit jedesfalls identisch sind. Urspr. are wurde zu är^, facit are Lucret. 6, 962 ;*) vgl. femer Cato r. r. 157, 9 K; Varro r. r. 1, 9, 2; 2, 9, 13 K. arSbö geht also auf *äre bh^6 (entweder Präsens nach der 6. altindischen Verbal- klasse oder Coniunctivus zu äbhüvamY) zurück, woraus regelrecht ar^bö wurde {*bhuö *fö,^) im Inlaute -bö). Wie are-bö pU-bö u. s. w. erklären sich amo-bö f-bö qui-bö set-'bö; Neue- W agbner 3^, 322 flf. weist viele i-Verba nach, die ein Futurum auf -bo bilden, wie nescibö servibö. Sehr vereinzelt sind diese Futura von einfachen o -Verben: dfcebö (Novius bei Nonius 507, 2 M.), vivebö (ib. 5&9, 3 M.); exsügibo (Plautus). Über das Futurum auf -aw -es u. s. w. vgl, § 114, 115.

^) Üebersicht der verschiedenen Erklfi- rnngsversnche bei Stolz Yerbalfiexion 1, 16 f. und ScHWBizEB-SiDLEB, Phil. Woch. 3, 752. FuHi, La glottologia e i neogrammatici 45 Anm. überzeugt nicht mehr als seine früheren AosfÜhrongen.

*) Woch. f. klass. Phil. 1887 S. 443; Pauli, Altit. Forsch. 3, 116 f., der mit aller Ent- schiedenheit die Inschrift als echt verteidigt. Für die Echtheit der Inschrift spricht sich auch BücHELEB, Deutsche Litteratnrzeitong 1889, Sp. 424 aus.

') Bestimmter bezeichnet Bbugicann, Gnmdr. 2, 627 nnd 1265, IF. 6, 101 unter Zu- stimmung von Zieles, Beitr. z. Gesch. d. lat. Abi. 20 und Lobbntz, Ueber das schwache PrSteritum des Germ. 28 ff. (vgl. Michels, IFAnz. 6, 89) diese Bildungen als Instrumen- tale. Ich stimme Stbbitbebg, ürgerm. Gramm. 341 bei: ,£b ist zuzugeben, dass der erste Ausgangspunkt irgendwelcher Kasus gewesen sein musB, wahrscheinlich ein Akkusativ"

(vgl. das auch von Bbügmann a. a. 0. 1267 angefahrte ai. viddt cakära nwusste**); , je- doch darf man nicht so weit gehen, in den lat. abg. oder german. Formen noch regel- rechte Kasus zu suchen. Diese sind ersetzt worden durch das, was dem Sprachgefühl der Redenden als Stamm erscheinen musste, d. h. durch jenen Lautkomplex, der in den ver- schiedenen Flexionsformen konstant bleibt, während ihm die ,£ndungen' das je nach Kasus und Person Veränderliche sind, vgl. H. Paul, P.-Br. B. 4, 413." Jacobi, K. Z. 35, 586 sieht in äre-faciö, flä-ham u. s. w. Ver- bindungen eines Absolutivum mit dem Hilfs- verbum, aber ich meine, damit ist auch nicht mehr erklärt.

^) Vgl. Laghmann zu Lucret. 3, 906.

^) Bbugxann in Techmer's Int. Zeitschr.

1,240.

•) Vgl. dubiiM aus *dU'hh^'ios, superbus *super'bhu-8»

184

Lateinisohe Grammatik, o. Fonnenlehre.

Von derselben Bildung ist das Imperfektum auf -bam ; in "bam steckt eine alte Tempusform von Hhet/^- *bht^, wie Thubneysen, Bezz. B. 8, 281 f., bes. 285 zuerst wissenschaftlich zu begründen gesucht hat, jedoch werden wir nicht mit ihm urspr. *bh^^m *bh^äus *bh^a^t, sondern *6Ä|^a-fft ^bh^^ä^s ^bh^-a-t ansetzen, woraus lat. *fam *fäs *fäf, vgl. osk. fufans „erant", das ich gegen v. Planta, Gramm. 2, 315 für eine den lat. Imperf. vollkommen gleichgeartete Bildung halte, und im Inlaute *'bain -bäs *'bät werden musste. Darin sind mit Bruomakn, Grundr. 2, 956 ursprüngliche Injunktivformen zu erkennen (vgl. oben § 96 Anm.). Wie ple-bam u. s. w. sind amo-bam audi-bam sei^bant gebildet (ein Verzeichnis dieser Formen auf "tbam bei Neue-Wageneb 3^, 317 f.), dagegen waren die Formen auf '4ebam von Hause aus nur den io/^e -Verben eigen und sind erst von diesen aus auch auf die denominativen Verba übergegangen. Die Länge des e in legS'bam carpe-bam facis-bam muss als ursprünglich betrachtet werden,^) daher ist keineswegs ein ^leg^-bam als ältere Form vorauszusetzen.

Das Imperfektum eram ist nicht unmittelbar = skr. dsam (dies wäre = *Ssem Grdf. *^stp), sondern ebenfalls eine alte Injunktivbildung, deren Verwendung als Imperfekt sicher durch die gleiche Verwendung der mit "bam u. s. w. zusammengesetzten Formen wesentlich beeinflusst worden ist.')

Anmerknng. Eine archaisch-lateinische Valgftrform des Imperfekts, ausgehend anf -am, glaubt Gböbbr, Arch. f. lat. Lex. 1, 228 f. ans dem Romanischen erschliessen zu können: *flori-am *fint-am, dann auch *legt-am. Dass dies keineswegs sicher ist, ergibt sich aas den Ausfahrnngen von Mbtbb-Lübke, Gramm, d. rom. Sprachen 2, 282 £f. Vgl. auch Likdsay, Lat. Lang. 491 und Eöbtiko, Der Formenbau d. franz. Verb. 278 ff.

Periphrastische Bildungen. 113a. Der Indikativ des medialen und passiven Perfektums, sowie das Plusquamperfektum, der Konjunktiv beider Tempora und das Futurum exactum werden durch Umschreibung mittels des ^o-Partizipiums und sum^ eram, sim, essem, erö gebildet. «Die feste Eingliederung dieser periphra- stischen Ausdrücke insVerbalsystem'', bemerkt Bbugmann, Grundr. 2, 1267 f., «bekundet sich im Lateinischen in zweierlei. Erstlich: wie das aktive fmivit sowohl ,er hat beendigt und ist jetzt damit fertig' als auch erzäh- lend ,er beendigte' bedeutete, so bekam fmitum est ausser dem Sinn ,es ist beendigt* auch den Sinn ,es wurde beendigt* und fmUum erat ent- sprach nicht bloss unserem ,es war beendigt*, sondern auch unserem ,88 war beendigt worden*. Zu praeceptum est ,es besteht die Vorschrift' stellte sich praeceptum fuit ,es hat die Vorschrift bestanden*. Das andre ist die Verwendung dieser Umschreibung bei den verba deponentia, wonach z. B. eönfessus swm in jeder Beziehung das Perfekt zu confiteor bildete und wie dieses konstruiert wurde."

^) Diese Ansicht hat auch Stbeitbebo, IFAnz. 2y 169 f. ausgesprochen.

') Die Ansicht Babtholoxae's, Stud. z. idg. Sprachgesch. 2, 75 f., dass ai. äsU und lat. eräs sich unter Annahme einer Grdf. auf *-äi8 (Ablaut -äi- : -i-) vereinigen, die J. Schmidt, Festschrift für Roth 179 billigt und die auch ich, Berl. phil. Woch. 1892, 632 f. und Hist. Gramm. 1, 161 anzunehmen geneigt war, scheint mir doch nach l&ngerer Ueberlegung

nicht mehr so sicher und überzeugend (vgl. auch Bbughann, Grundr. 2, 897^). Auch Hirt's abweichende Ansicht (Der idg. Accent 192) will mir nicht einleuchten. Aus älterer Litte- ratur seien noch Mekler, Beitrag z. Bildung d. griech. Verba (Dorpat 1887) S. 87 und Bbzzenberoer, G. g. A. 1887, 417 Anm. 2 er- wähnt, üeber die Präteritalbildungen auf *<nm und 'bam überhaupt vgl. auch noch Wiedb- XAKv, Das litauische Pl'äteritom 174 f.

4. Flexion des VarbaniB. (§§ 113a— 115.)

185

Über legimini sc. estis vgl. oben § 98, über die inf. fut. act. und pass., die gleichfaUs durch Umschreibung ausgedrückt worden sind, siehe unten § 117. -

Andere vereinzelte Umschreibungen verzeichnet LiNDSAY, Lat.Lang. 511.

Modi.

114. Konjunktiv. Das einzige Beispiel eines Konjunktivs von einem Verbum der ersten Hauptkonjugation ist ero gr. ^(cr)«, eris erit skr. dsas aVo/; die übrigen, eam u. s. w., sind wie die thematischen gebildet. Über die aoristischen Konjunktive dixö ^derö u. s. w. vgl. oben § 112.

Bei den thematischen Verben hat der Konjunktiv den Charakter- vokal -d^, z. B. leg-a-s^ in legäm^ legät nach den Auslautgesetzen gekürzt, vgl ausserdem sist~a^s, red-d-a-s, stem-a-s; doce-a-s aus ^doce-^^a-s, audi-a-s aus ♦awrfi-t-ö-^ (gegen farcUa-s fad-Ons). Die Zusammenstellung mit skr. bhdrani slav. berq ir. bera, vgl. auch umbr. fafia „faciat^ (auch volsk. ZvET., Inscr. It. med. 46) habia „habeaf, osk. pütiad „possif* deicans «dicanf, pael. dida „det^ Zvet. ib. 11, die ich für richtig halte, ^) führt auf eine idg. Qrundform *bhera-. Daneben nimmt man aber seit Thurnetsen's scharfsinnigen Ausführungen in Bezz. B. 8, 269 f. auch einen idg. ^-Kon- junktiv an, der in lat. fer-E-s u. s. w. vorliegt.*) Der Konjunktiv der o-Verba ist wahrscheinlich ein solcher e-Konjunktiv, indem st^s plantes auf ^sta^-e-s *planfa'i'^ zurückgeführt werden können. Doch können sie eben- sogut als Optative der Stämme sta~ plantar- gefasst werden und die Grund- formen ^sfä-i^s ^plantdr-ie'S (vgl. s-ie^s) repräsentieren. Vgl. ferner die Futnrformen leg-^-s, faci-e-s, farci-e-s, audi-e^s aus *audi^'S^$, Über crSduam für crEdam vgl. § 100. inquam ist ein Konjunktiv (Injunktiv) eines alten thematischen Aoristes,') jedesfalis ist inquö ohne sichere Belegstelle und inquiö erst spät bezeugt.^)

Die 1. sing, des ö-Konjunktivs der o- und io-Verba dient zugleich als Futurum. DafQr war in der alten Latinität auch die Form des ?-Kon- junktivs üblich, so dice und facie bei Gato nach Quintilian 1, 7, 23. Die übrigen Belegstellen bei Neue 3', 321 f. und ausserdem Löwe, Acta soc. phil. Lips. 5, 317. Über den Konjunktiv des Imperfekts und Plusquam- perfekts vgl. oben § 112.

Anmerkang. Möglicherweise ist ein e-Konjunktiv auch prospices Fest. 244 Th. (wenn i anzusetzen ist) von *pröHpicäre (vgl. Thxtbnetsbn, üeber Herkunft und Bildung der Verba auf -to S. 55). Analog perfines „pei^ringas* ib. Vgl. Bbugmank, M. ü. 3, 10.

115. Optativ. Nach den Ausführungen von J. Schmidt, K. Z. 24, 303 f. ist bei den unthematischen Verben im Sing, das Moduszeichen -ie-, im

>) Vgl. Bbugmann, M. U. 1, 145; 3, 30 f.; OsTBOFF, M. ü. 2, 124 f.; Mistelt, Zeitschr. f. Yölkerpeych. 14, 814; Mahlow, D. I.V. 162; Cuirnus, Vb.' 2, 79; Bkvgmann, Grundr. 1 § 201.

>) So Bbvquavs, Grundriss 2, 1279, y. Plaitta, Granun. 2, 292. Vgl. auch Bück, Der Vok. d. osk. Spr. 88 f. Nach Thübnbtsbn a. a. 0. ist der ä-Eonjunktiv ursprünglich ein Injunktiv des Aorists, und aucn v. Planta und Yor ihm WiEDEXANir, Das litauische Prft-

teritnm 175 f. und Pebsson, 1F. 2, 256 sind geneigt, dieser Ansicht zuzustimmen. Ueber die ursprtlngliche Verteilung des ä- und ^-Kon- junktivs lAsst sich mit Si<merheit nur sagen, dass sie als Konjunktive zu themavokalischen Indikativen verwendet wurden. Die Litteratur ttber die Frage findet man bei Brügh ann a. a. 0.

») Stolz, Verbalflexion 1,20; Pott,K.Z. 26, 209.

*) Nbue-Wagbneb 8», 634 und Lindsay,

Lat. Lang. 546.

186

Lateinische Qrammatik. o. Formenlehre.

Plur. -f-. Die ursprünglichen Formen von W. es- sind demnach s-te-w, ge- kürzt aus *5-ig^w (vgl. gr. €{a)irjv skr. sydm) siSs siet aus *s-«c-^ (inschrift- lich, sowie das gleich zu erwähnende sienf bis zur Zeit der Gracchen und des Cimbernkrieges nachzuweisen)/) s-umus s-^Hs s-i-ent. Nach simtts sUis sind die im klassischen Latein ausschliesslich üblichen Formen sXm sis ^t^ älter sU, seit CIL. 1, 603, sitU uniformiert. Derselbe Fall liegt vor bei veUm für *veUem nölim malim, sowie bei den altlat. Formen edini duim.*) Die- selbe Bildungsweise befolgte der sigmatische Aorist, ein ursprünglich un- thematisch flektierendes Tempus,') daher faxim viderim, wornach die Per- fekta überhaupt sie annahmen. Anders Waceernaoel, Yerm. Beitr. z. griech. Spracht. 50, der mit Haberlandt (Sitz. d. k. Ak. zu Wien 100, 99) faxit auf *faxeit zurückführt. Sichere Anhaltspunkte zur Entscheidung der Frage fehlen, jedoch ist W. schwerlich im Rechte (vgl. Brügmann, Griech. Gramm.' 314> f.). Die ursprüngliche Länge des Vokals ist in alter und zum Teil bei Dichtern auch in späterer Zeit gewahrt, z. B. dederUis (Ennius), norimitö (Terent.) und an anderen Stellen bei Neue- Wagener 3', 430. In der Regel aber ist auch im Optativ des Perfekts der kurze Vokal herrschend geworden, der den lautlich mit Ausnahme der 1. sing, {fecero neben fecerim) und 3. plur. übereinstimmenden Formen des Konjunktivs des Perfekts, bez. Fut. exactum regelrecht eigen war. Umgekehrt zeigen auch die ursprüng- lichen Eonjunktivformen (Fut. exactum) die ihnen nicht zugehörige Länge.

Anmerkung 1. Die ältere Ansicht der idg. Sprachwissenschaft, dass in den lat. Kon- junktiven, bez. Futurformen auf -em -Ss -et u. s. w. die den griechischen Optativen der the- matischen Yerba entsprechenden Bildungen zu erkennen seien, habe ich noch in der zweiten Auflage unter Verweisung auf meine Ausführungen in der Zeitschr. f. d. Ost. Gymn. 1889, 222 f. zu halten gesucht. Es kann aber nicht geleugnet werden, dass ihr durch die von SoLMSBN, IF. 4, 251 gegebene Erklftrung von pömerium (alte Schreibweise für *pömirium) der einzige Halt entzogen ist. Es sind überhaupt weder in den übrigen italischen Dialekten noch im Lateinischen Spuren des oe-Optativs nachzuweisen. Vgl. Brüomank, Grundr. 2, 1299.

Anmerkung 2. Die fiiturische Funktion der Eonjunüktivformen, för die ,nutat' der Duenosinschrift allerdings nicht ein sicherer Beleg ist, als welchen Lindsat, Lat. Lang. 514 es ansieht (es kann ebensogut auch wirklicher Konjunktiv des Präsens sein, und so fasst die Sache der neueste Erklärer der Inschrift, Thubnbtsbn), reicht in ihren Anfängen in die idg. Grundsprache zurück. Vgl. die Bemerkung Brugmann's, Grundr. 2, 1280: Die Eonjunktiv- formen hatten seit uridg. Zeit neben der voluntativen (deliberativen, dubitativen) Funktion auch einfache Futurbedeutung". Genaueres darüber bei Delbrück, Grundr. 4, 243 ff., wo der Unterschied der Bedeutung des Konjunktivs und des Futurums S. 251 in die Worte zu- sammengefasst ist: „Das Futiurum bezeichnet die von dem Subjekt in Aussicht genommene (seltener die beabsichtigte) Handlung (während der Konjunktiv den Willen des Sprechenden zum Ausdruck bringt)''. Es sei übrigens an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass schon Stbtjve, lieber die lat. Decl. u. Conj. S. 146 zur Erkenntnis gekommen war, ,dass das Fu- turum der dritten und vierten Konjugation eigentlich nur eine andere Form des Konjunktivs Präsentis sei**. Wegen des lat. Konjunktivs speziell vgl. man noch Rosbnbüsoh, De tem- porum usu Latino quaest. sei. Argentorati 1888 diss. inaug. S. 57 ff. (Arch. f. lat. Lex. 5, 304 ff.).

Anmerkung 3. Die Verwendung des Optativs sied in der Duenosinschrift (net . . . sied = „nisi sit") zeigt, dass schon im ältesten Latein die Vereinigung des Optativs und Konjunktivs zu einer syntaktischen Kategorie vollzogen war.

Anmerkung 4. An ein Optativsnffix -jfa-, welches Walkbb, Class. Rev. 10, 369 f. erwiesen zu haben glaubt (vgl. IFAnz. 8, 209), kann ich nicht glauben.

0 Nbub-Wagbneb 3», 595 f.

*) ib. 3', 309 f. Dass duim u. s. w. zur sogenannten 4. Konjugation gehören sollen (Bronisch, Die osk. t- und e-Vocale 110), halte ich, wie v. Plakta, Gramm. 2, 252*, für sehr zweifelhaft. AusfOlirliches über das Vorkom-

men dieser Formen auch bei Ltndsat, Lat. Lang. 514 f.

s) Bruomann, C. St. 9, 311 f.; Bezz. B. 2, 245; Stolz, Verbalflexion 1, 13 f. üebor diese Optative vgl. auch Scholl, Leg. XII tab. rel. 87.

4. Flexion des Verbams. 116.)

187

116. Imperativ. 1) Im Lateinischen wird ein Imperativ im all- gemeinen niu: vom Präsensstamm gebildet; denn auch der sogenannte Imp. fatori, der allerdings hinsichtlich seines syntaktischen Gebrauches diesen Namen mit Recht trägt (vgl. Delbrück, Grundr. 4, 360), ist von dem einfachen Imperativ des Präsens abgeleitet. Nur mementö Grdf. *mem^i6d memefUöte sind von dem Perfektum memim abgeleitet.

Aktiynin.

2. d. Sing. Bei unthematischen und thematischen Verba erscheint die reine Stammform, vgl. ce-^o (s. § 100, 2), während da als Neubildung nach den Ä-Verben betrachtet werden muss, T, siä (vgl. dor. ibtä), fu des Arval- liedes, wenn es wirklich Imperativ ist. So sind auch aufzufassen die von den § 107 angeführten Verben abgeleiteten Formen flä, hiä, in-trä, lava, habe, vide, itip-pU u, a. Auch es es^) fer und das zur Konjunktion er- starrte vel .wähle' (vgl. die ebenfalls zu Partikeln erstarrten age^ puta utp^da und Wölffun, Arch. f. lat. Lex. 8, 296 und jetzt besonders auch Wackebkaoel, Yerm. Beitr. z. griech. Sprachkunde (Basel 1897) S. 24 f.) sind Imperative derselben Art, nicht, wie früher im Anschluss an Brug- HANN gelehrt wurde, Injunktive.^) Hier sei auch noh {nölei CIL. 1,1081 ; 1458), unsicher neli Corp. Gloss. 4, 417, 6 erwähnt, das nicht aus nölts hervorgegangen sein kann (Cobssen 1, 724), sondern zu dem von nölUis zunächst abstrahierten nölUe nach dem Verhältnis von amiite ; audi ge- bildet worden ist,^) dann auch nölftö nölUöte. Die thematischen Verba setzen die Stammform auf -e, also lege, gr. käys skr. vdha „vehe^; statu-e; fuge aus *fugi, wie im Indikativ fugir-s (vgl. oben § 107) neben sent% hauri; daher wohl auch ai Naev. nach Dion. Gr. L. 1, 874, 3 E. (Com. 125 Rieb.). Nach den i'o-Verben mit langem Stammvokal haben -i auch die Denomi- nativa, z. B. /Vnf, da man dies nicht aus ^fmir-i-e herleiten kann. Bei den Kausativen auf -eö und den Denominativen desselben Ausgangs ist Her- leitung des "E aus ^-eie möglich, z. B. doce albe aus ^doce^i-e ^albe^-e, aber auch Anbildung an tacB vids u. s. w. die düc fac, neben welchen die

*) Zur litterator besonders Thubkbtsbn, Der idg. Imperativ, K. Z. 27, 172 f.; Bbügmanv, Gmndr. 2, 1315 ff.; Dblbböck, ib. 4, 357; ▼. Plasta, Gramm. 2, 301 ff.

*) Diese Form fOr za erwartendes *ed ist mit SoLMSXN, Stad. 186 als Analogiebildung znm Indiluitiy es ,da issest'' nach dem Yer- li&ltnis von €8 «du bist' : es .sei' aufzufassen.

') Vgl. gegen Bbügmabn Skütscb, For- schungen 1, 56 mit der Gegenbemerkung des ersteren Grundr. 2, 1319^ f. und der Antwort von Sktttsch, Bezz. B. 21, 87^ und besonders Soufssir, Stnd. 4 f. und 185 f., der mit Recht die Ton Pauli, Altit. 8tud. 4, 29 ff. zuerst auf- gestellte und Yon Skütsch a. a. 0. wieder aufgenommene Vermutung, dass fer aus *fere entstanden sei, mit dem Hinweise ablehnt, dass in diesem Falle sicher auch letztere Form, wie dice düce face bezeugt sein würde. In dem fere Mars des Arvalliedes wird man den Vokativ auch fernerhin erkennen dfirfen.

Gegen v. Plamta, Gramm. 2, 470*, der vel = *vele setzen möchte, liegt natürlich dasselbe Bedenken vor, wie gegen Skutsch's Erklä- rung von fer. Rozwadowski hat seine IF. 3, 275 aufgestellte Hypothese, womach wir in vel eine Zusammensetzung aus ve und einer Partikel *le oder *U zu sehen hätten, in den Quaest. gramm. et etym. (Cracoviae 1897, S.A. aus d. 25. Bd. d. A. d. W. zu Erakau) S. 2 wieder zurückgezogen. Eohlhann, De vel imperative (1898) kenne ich nur aus der An- führung von BiBT, Arch. 11, 188.

^) Diese auch von Wackebnaobl, K. Z. 30, 313 gegebene Erklärung von nöli u. s. w. hat der eben genannte Gelehrte neuerdings E. Z. 33, 34 gegen Bbuohann verteidigt. Auch SoLMSEN, Stud. 6 findet sie durchaus ein- leuchtend. Die abweichende Ansicht Bbüg- hank's, IF. 1, 81 und Grundr. 2, 904 nimmt LoBBNTz an (IF. 8, 103).

188

LftteiniBohe Qramxnatik. o. Formenlehre.

volleren Formen dice düce face in der alten Komödie ausserordentlich häufig sind, beruhen auf demselben Prozess wie hie nee ae neben hiee neque atque (vgl. oben § 69); ebenso das bei GatuU 27, 2 vorkommende inger.^)

2. und 3. d. Sing. Eine gemeinsame Form auf -tö urspr. -fddf gr. -ro) skr. -tat, so statod (Dvenosinschrift), lieetod daiod violatod (neben eay vehito exferto) auf der lex Spoletina; estod \l%\eetod lex Lucerina CIL. 9,782, ersteres auch Festus 290, 14 Th.; vielleicht auch faeitud CIL. 1, 813; hdbetod Plaut. Mil. 23 Ribb. {hahdot B a); vgl. osk. estud „esto'' likitud „liceto*^. Vgl. ausserdem fer-tö^ i-tö, flä-tö, amOr-tö, hab^-tö; legi-tö (aus *lege-föd)^ capi-tö (aus *capi~töd mit dem -t- der Tiefstufe wie capi-s u. s. w.) gegen farct-tö, estö für *essö restituiert (ebenso ^stöte); vgl. § 64, 1. Die Formen fundatid parentatid jproiecitad auf derselben lex Lucerina sind trotz Cobssen's Erklärungsversuches Eph. ep. 2, 205 f. sehr unsicher und beruhen vielleicht nur auf schlechter Abschrift. Danielsson bei Pauli, Altit. Stud. 4, 154 hält die ersten beiden fär Analogiebildungen nach osk. hipid „habuerit* fefacid ,fecerit* (sichere Verbesserung für überliefertes fepaeid)^ die letzte Form ist noch zweifelhafter.^) Nach den Auseinandersetzungen von Soherer, Z. G. d. d. Spr. 339 f., Bugge, Altit. Stud. 29, Bbugmann, M. U. 1, 163 f., Griech. Gramm. » 341 f., Thurneysen a. a. 0. 179 hat unzweifelhaft die Form auf 'töd als Imperativ für die zweite und dritte Person aller Zahlen fungiert. 5)

2. d. Plur. Die einfache Form auf -fe gehört dem Lijunktiv an, da- her este (älter *8te skr. std)^ ferte (für * forte) Grdf. *6Äf-fe', date, Ue^ ebenso von den thematischen Verben Ugite aus Hegete (vgl. gr. käysTB und i-A^ycrc), capi-te gegen faröT-te, laudäte monete atulfte. Die Form auf -töte ist offen- bar einfache Pluralisierung der Singularform auf -tö durch das Personal- suffix der 2. plur., also legitö-teA)

3. d. Plur. Auch diese Form ist eine Neubildung nach dem Muster des Sing., wie gr. XsyovTco; suntod auf der lex Spoletina, sonst immer die Formen auf -tö.^) Der Glosse suntu esto Corp. Gloss. 4, 177, 37 wird schwer- lich ein grosses Gewicht beizulegen sein.

Passivnm.

Die 2. sing, sequere habe ich mit mehreren Gelehrten (vgl. § 10) gleich gr. in€{a)o gesetzt. Die 2. plur. legimim ist der imperativisch verwendete Imperativ (= gr. Xsysfievai), vgl. § 98. Die 3. sing, und plur. sind aus den entsprechenden aktiven Formen durch den Passivexponenten r gebildet, z. B. laudato-r laudanto^r. Über die Imperative auf --minö vgl. § 98. Über

^j Skutsoh, Forsch. 55 f. ; Job, Le prä- sent etc. 466.

«) Vgl. auch V. Planta, Gramm. 2, 809; Lindsat, Lat Lang. 519; Bbonisoh, Die osk. t- und e-Vocale 139.

') Dagegen Gurtius, Zur Kritik d. neue- sten Sprac&orsch. 141 unter Zustimmung von J. Schmidt, Deutsche Literaturzeitung 1885, 344. Ueber die Erklärung dieser Formen aus dem einfachen Imperativ (vgl. im-pU-tö und im-ple) und -töd (Ablativ des Fron, tö-) vgl. jetzt auch Persson, IF. 2, 252; Brugkann,

Grundr. 2, 1323 f.; Delbrück, ib. 4, 361.

^) Brugmann, M. ü. 1, 165; Gnmdr. 2, 1326 konstruiert er ein ursprüngliches *fertöU€, n dessen Doppelkonsonanz wegen des voraus- gehenden langen Vokals vereinfacht wurde ^.

^) Hier ist gewiss nicht an eine Grdf. *feront-töd zu denken (Lindsat, Lat. Lang. 517), sondern leguntö feruntö sind zu legüö fertö neugebildet nach dem Verhältnis legü : legunt und fert : fertmt. Vgl. noch Brugxakn a. a. 0., Techmer^s Intern. Zeitschr. 1, 238 Thurnbtsbn a. a. 0. 179.

4. Flexion des Yerbnms. (§§ 116—117.)

189

die von Deponentien herkommenden Formen mit aktivem Ausgange, z. B. üHtö praefätö (sonst nie mit aktiver Form), inschr. censento CIL. 1, 198, 77 vgl. ebenfalls § 98.

Infinitive und Partizipien.

117. Infinitiv. 1) Sämtliche aktive Infinitive endigen sich auf *-56, bez. -re, 80 im Präsens von unthematischen Verben velle ferre Bsse esse für *vel''Se *fer-se Hd-se es-se {ese CIL. 1, 185, 186, 196, worauf Mergüet, Formenbildung 248 Schlüsse baut, ist nur von graphischer Bedeutung); femer dä^e, fS-re; capere aus *cajpis-f; von thematischen agd^re legere aus *ageS'i *leges-i, amäre^ licere, audlre sind zu beurteilen wie ama^s, licE-s^ audi^ (vgl. § 107). albsre docsre können aus *albe{i)ere *doce{i)ere ent- standen sein, aber die Infinitive der denominativen Yerba auf -ire, wie ffnire^ haben sich zweifellos nach der Analogie der Wurzelverba gerichtet. Ferner vom sigmatischen Aorist dfxe scnpse, vom Perfektum tutudisse, vereinzelt averuncassere u. s. w. vom Fut. exactum. Die von Brugmann, Grundr. 2 S. 459 ausgesprochene Vermutung, dass altüberkommen nur die Formen auf -ere (= *-es-y, Lokative von es-Stämmen (gegen diese Auf- fassung Thübneysen, K. Z. 35, 211), vgl. gr. dofi€v (Lokativ) neben dofisv-ai (Dativ)) und vielleicht auch dixe und Konsorten, vgl. skr. dri-e, (von dr§- , sehen '') seien, während dare ferre und alle Infinitive des Präsens der unthematischen Yerba lateinische Neubildungen seien, ist ib. 2, 1413 nicht mehr aufrecht erhalten. Da das der Infinitivendung -ere in einzelnen Fällen lang gemessen wurde (vgl. Eet, Transact. of the philol. soc. of London 1866 S. 60, BücHELER, Dekl.i 62, Wagner, Rh. M. 22, 118, 425, Corssen 2, 474 f., dagegen Misteli, Zeitschr. f. Völkerpsych. 14, 326), so hat Solmsen, IF. 4, 250 die begründete Vermutung ausgesprochen, dass diese Infinitive auf -ere den ai. auf -as^ {viver^ = ai. ßväse) gleichzusetzen, also dativischen Ursprungs seien.

Auch die passiven und deponentialen Infinitive auf -i sind dativischen Ursprungs (= idg. *-«}[), z. B. agi skr. -aj-e, dic-i, seqt^i u. s. w. -sf (= *-5-ajQ liegt in fer-^n und, wie man bis jetzt allgemein annahm, in dasi Paul. Fest. 48 Th.*) vor. Nach diesen Mustern sind ama-n, mone^rf, aw^fe-rf, fie^-ri {-ei) für älteres fiere (die Stellen bei Neue 3*, 629) gebildet. Durch die eben vorgetragene Vermutung Solmsen's, sowie durch die Ver- wendung von dan im Sinne von dare in einer alten Rechtsformel bei Varro 1. 1. 6, 86 (auf die umgekehrte Verwendung von iudicare für iudicari in der lex Rubria^) will ich kein besonderes Gewicht legen) wird erwiesen, dass man kein Recht hat, die Dativform ausschliesslich dem Medio-Passiv

1) Bbughahn, M. U. 3, 42 f.

') Lindsat, Lat. Lang. 537 schlftgt vor, als Gloesem dare fttr flberliefertes dari zu lesen, nnd Thubnetsen, E. Z. 35, 209 ist ge- neigt, ihm Recht zu geben. Nach diesem Ge- lehrten sind nftmlich nicht alle Infinitive nominale Kasus. Vielmehr seien die Infinitive, deren eine Sprache mnsomehr aufzuweisen pflege, je ftlter sie sei, zum Teil uralte Ge- Dilde, vielleicht Slter als die ganze Nominal-

flexion. So gilt ihm auch pakärt (zu zerlegen in pakär-t) als ein solches Gebilde, das mit- hin nicht aus *pakäs% hervorgegangen ist. Begreiflicherweise muss aber dann das im Texte erwähnte dasi dari aus der Welt ge- schafft werden. Für vollkommen evident halte ich dies keineswegs.

») Lange, Denkschr. d. k. Akad. d.W. zu Wien 10, 48, 52.

190

Lateinisohe Grammatik, o. Formenlehre.

zuzuweisen. 0 ^^^ und die entsprechenden Formen können ebenfalls als infinitivartige Bildungen bezeichnet werden (vgl. oben § 118). Jedesfalls geht es nicht an, mit Stowasseb, Xenia austriaca 1, 161^ expergefiö aus *expergens fiö zu erklären. Die neben den gewöhnlichen passiven Infinitiven auf "i gleichzeitig (aber nicht früher) erscheinenden auf -ier, wie agi-er laudari^er u. s. w., welche allem Scharfsinn früherer Erklärer getrotzt haben, >) weil man sie für älter als die erstgenannten hielt,') können meiner Ansicht nach aus dem gewöhnlichen Infinitiv auf -r und dem von den thematischen, nicht abgeleiteten Verben entlehnten Infinitivsuffix ^ere gebildet sein. Von formaler Seite ist die Abstumpfung des ^ere zu -er fiir die Vulgärsprache entschieden nachweisbar*) und biber für Fannius Cato und Titinius durch Gharis. bei Keil, Gr. L. 1, 124 bezeugt. Nicht wesent- lich verschieden hievon ist die von Miodonski im Arch. f. lat. Lex. 7, 132 gegebene Erklärung, der diese Neubildung durch die Thatsache hervor- gerufen sein lässt, dass die passiven Infinitive mancher Verba, wie &i6f, defendf, legi (stimmt wegen & des Perfekts nicht) mit der 1. sing. perf. gleichlautend gewesen seien. Bbugmank, Grundr. 2 S. 460 vermutet in dem -er die Präposition ar und vergleicht hinsichtlich der Stellung quem ad umbr. asam-az „ad aram'^, während er ib. 2, 1418 Anm., wie es scheint, mit Fr. Mülleb, Grundr. d. Sprachwiss. 3, 2, S. 650 f. in dem -er dieser Infinitive den Exponenten des Deponens und Passivs zu sehen geneigt ist, da auch das Lateinische wahrscheinlich einmal Indikativformen auf -er hatte, wie osk. uincter „vincitur", kar anter „pascuntur". So auch Bronisch, Die osk. e- und i-Vokale 151. Nach Pick, Gott. gel. Anz. 1883, S. 586 (zustimmend Windisch, Abb. d. k. sächs. Ges. d. W. X, 508) ist agie-^r zu teilen (aber agie^ kann nicht Grundform von ag^ sein). Dass auch eine andere von Henry, Möm. d. 1. S. d. 1. 6, 62 flF., Esquisses morphol. V (Paris 1889) beigebrachte Hypothese schwerlich haltbar sei, glaube ich durch meine Bemerkungen in der Berl. phil. Woch. X (1890) S. 832 f. dargethan zu haben. Ganz ungerechtfertigt ist Fay's Annahme eines Inf. de^ripier aus *de-ripiere von einem ie-Stamme (rapere soll der eines e-Stammes sein!), vgl. Class. Rev. 10, 183 f. (IFAnz. 8, 209). So ist der Ursprung dieser Form immer noch nicht klar.

Über den ursprünglichen Infinitiv legimim = gr. Xsyäfievai s. § 98.

Ein Infinitiv auf -om -um nach Art des umbrisch-oskischen steckt nach Postgate, Class. Rev. 5, 301, IF. 4, 252—258, dem Brugmann, Grund-

^) Thats&chlich gehören die Infinitiye aaf -l urspr. *-ai allerdings in der klassischen Latinitftt ausschliesslich zu diesem Genus verbi. Die Uebereinstimmung ihres Ausgangs mit dem *-ai (lat. -i) des Verbum finitnm im Medium hat ihre Verwendung im medio-pas- siven Sinne zur Folge gehabt (vgl. Wackeb- KAGBL, E. Z. 83,61.

*) Vgl. die Uebersicht der filteren Ver- suche bei Schleicher, Comp. S. 457 f.; ausser- dem BRUGXAim, Grundr. 2, 460 und 1418.

') Auch ist nicht zu übersehen, dass die Infinitive auf-f an Zahl immer überwiegen. Es war daher nicht richtig, dass Bbook, Quaest.

gramm. Gap. duo 82, wo über das Vorkommen dieser Formen gehandelt ist, die Infinitive auf -ier wieder als Archaismen schon für die Zeit des Livius Andronicus bezeichnet hat.

^) Vgl. die Vorschrift des Caper bei Keil, Gr. Lat. 7, 108, 10: bibere non biber und SoHUCHARDT, Vok. 2, 390. Inschr. Jiaber CIL. 8, 8369 nach Seelmank, Neue phil. Rund- schau 1886, S. 190 und transferr (Sghttchardt a. a. 0); tanger Annal. dell* istit. 1880, 260; facer CIL. 6, 18282; vender ib. 20989; kaber {et dare debecU) ib. 22915; vielleicht auch fier 15681 ; conmer , capitis motu adquiescere* Corp. Gloss. 4, 45.

4. Flexion des YarbnmB. (§§ 117—118.) 191

riss 2y 1268, v. Planta, Gramm. 2, 346, Oiles, Yergl. Gramm. 361, Prell- WITZ, Yerh. d. 44. PhfloL-Vers. 167 f. zustimmen, in dem altlateinischen Inf. fut. act. auf --türum (die Belege bei Postoate, IF. 4, 253 f.), welcher aus dem Supinum auf -tu (Lok.) und dem alten Infinitiv *erum *eso$n von W. es- zusanmiengesetzt ist, also z. B. datürum = *d€UQ erum. Vgl. das ähn- liche datum ?rf späÜat datuxn. Vgl. die Hist. Gramm. 1, 368 verzeichnete litteratur und ausserdem Arch. f. lat. Lex. 9, 492 und 557; 10, 136. Dann erfolgte Hinzufügung von esse (vgl. amätum esse); endlich fasste man daiürum als Akk. d. Sing, des part. fut. act. und flektierte es nach Art der o-Stänune. Den Infinitiv auf -um enthält nach Bbügmank, Grundr. 2, 1416 und besonders 1424 ff. (Indices 236) auch das Gerundivum auf "ndo-, in- dem er z. B. ferun-dus auf *ferom-dö oder ^ferom-de zurückfährt. Vgl. unser „der zu ertragende* u. a. Der Erklärung Bruomakn's, die jedes- falls sehr zu beachten ist, stimmen Osthoff, IF. 5, 291 Fussn. und v. Planta, Gramm. 2, 402 zu.

Die Abhandlung Ceci's «Di un nuovo infinitivo latino e dell' origine del participium necessitatis' in Rendiconti della R. Acc. dei Lincei, Glasse di scienze morali, stör, e fil. vol. III, fasc. 11 12, in welcher, wie ich aus IFAnz. 8, 210 ersehe, die Ansicht verfochten ist, dass lat. ferendi = idg. *bher^dhäi = gr. *(päQa&ai (*gf€Qa schwache Form zu dor. g>äQ€v) sei (vgl. ai. Inf. bhara^hyai) habe ich nicht zu Gesicht bekommen, v. Planta, Gramm. 2, 303 hat wegen umbr. pihafi^ das Ceci dem lat. piandi gleich- setzt, auch schon an Zusammenhang mit dem ai. Inf. auf -dhyai gedacht, aber sich dagegen ausgesprochen. Auch ist mir nicht ersichtlich, wie G. sich mit der meines Wissens allseitig anerkannten Gleichung pihaner = piandi (Nom. plur.) abfindet, wenn piandi (Ger.) = pihafi sein soll. Auch Hebbio, IFAnz. 9, 37 f. hält Ceci's Ansicht für unannehmbar. Über einen anderen Erklärungsversuch Fay's in Am. Journ. of Philol. 16 (Whole No. 64) 1895 S. 491—495, der mit dem früher erwähnten einige verwandte Züge gemein hat, ist am gleichen Orte berichtet. Vgl. jetzt auch noch Transact. of the Amer. Phil. Assoc. XXIX (1898), wo Fay seinen, wie ich glaube, nicht annehmbaren Erklärungsversuch gegen die von Horton-Shith's Amer. Journ. of Phil. XV, 194 flf. und XVI, 217 fif. niedergelegte Deutung ver- teidigt, der zufolge in dem ^do- des Gerundivums dasselbe Suffix wie in lud-dus u. s. w. zu erkennen sei und z. B. luudandus von einem angeb- lichen ^laudant^diins herkomme, in welchem *lauda7n der Akkusativ eines Yerbalnomens sei. Diese Erklärung bringt auch Lindsay S. 544.

Der Vollständigkeit halber sei auch noch auf Netuschil, Zur Morpho- logie und Semasiologie der lat. Infinitive in Xagiav^gia, Sammlung von Abhandlungen zur Philologie und Linguistik zu Ehren von Ph. Korsch (russisch), Moskau 1896 verwiesen, vgl. Berl. phil. Woch. 1897, 1611 f.

Anmerkung. Das Supin auf -tum Ist der Akkusativ, das auf -tu der Lokativ eines ^«-Stammes.

118. Partizipien.

1. Das Part. präs. act. wird durch Suffix -nU gebildet; i) über den

1) Vgl. fiber dieses Partizip Beghstbin, C. St 8, 838 f.

192

LateiniBohe Grammatik, o. Formenlehre.

Wechsel von »ont^ und -enU bei den nichtabgeleiteten thematischen und unthematischen Verben vgl. § 45.

2. Ein Part. perf. act. ist nicht mit Sicherheit nachgewiesen. Sehr fraglich sind die von Curtiüs, Vb.* 2, 250 als solche angesetzten papör-ver und cada-ver; mit grösserer Wahrscheinlichkeit hat J. Schmidt, E. Z. 26, 372 f. osk. sipus lat. sibm persibus (= urit. HBp^ös oder *septis) als ein Part. d. Perf. erklärt; vgl. Babtholomae, K. Z. 29, 540, Brugmann, Qrundr. 2, S.417, LiNDSAY, Lat. Lang. 540, v. Planta, Gramm. 2, 395 f., der auch die Auf- stellungen von Bronisch, Die osk. 6- und i-Vokale 133, 192 beleuchtet. Neuestens Fümi in Memorie della R. Acad. d. Scienze di Torino 1898 99, 245 f. meminens ist eine sekundäre Neubildung, wie der spätlat. Inf. meminere. Vgl. jetzt Wölfflin, Arch. f. lat. Lex. 10, 10.

3. Das Part. fut. act. auf -^«ro- ist keine Weiterbildung des Verbal- nomens auf -tor^ wie man früher fast allgemein angenommen hat, da bei dieser Annahme das -t«- für zu erwartendes -J- unerklärt bleibt, auch schwerlich mit Kretschker, E. Z. 31, 463 f. als Weiterbildung des Supinums auf "tü^ (mit ursprünglicher Länge, vgl. die griech. Abstrakta auf -xv-g, [oder ist die Länge sekundär von datü u. s. w. übertragen?]) zu fassen, auch schwerlich, wie Prellwitz, Verh. d. 44. Vers, deutscher Phil. u. Schulm. 169 f. will, aus dem Oenetiv des Yerbalnomens auf -^us durch Hinzufugung der Endungen der o-Deklination gebildet, sondern wahrscheinlich von dem Inf. fut. ausgegangen und nach Analogie des ^Partizipiums zum o-Stamm gestaltet. Vgl. Brugmann, Grundr. 2, 1268. Auch viele Analogiebildungen stecken darunter, z. B. oritürus moritürtis luitürus nuitürus nach denen auf

4. Partizipiale Bildungen mit dem Suffix idg. stärkster Stamm "fnon-, stark -meno- schwach -mno^ kennt das Lateinische nur in erstarrter Form, in der 2. plur. ind. praes. pass. amo-mini u. s. w. (vgl. § 98) oder in sub- stantivischer, bez. adjektivischer Verwendung, z. B. alimönium Alemöna alumnus. Dazu nach Osthoff auch clemens vehemens, vgl. oben § 77, 3. Über diese Bildungen vgl. Bechsteen a. a. 0. 387 f. und Brugmann, M. U. 2, 185, der mit Recht sämtliche von ursprünglichen -mdti-Stämmen erklärt.

5. Das Suffix ~ta- gr. -to-, ursprünglich betont und daher an die schwache Wurzelform tretend, bildet Part. perf. pass., z.B. dä-tus gr. rfo-W?, oc-cultus Grdf. *-^^^ö-, tentus ^t^tö- (gr. rccTog), cap-iu-s; genutus aus *genetos; doC'tU'S; moni-tu-s; dens5-tu~s; com-pls-tu-s; lauda-tu-s; fim-tur-s; vgl. dar- über Brügmann, Grundr. 2, S. 216 f., IF. 5, 90 und Hist. Gramm. 1, 530 flf. Über den Wechsel von t und s vgl. oben § 64, 3. Neben -to- erscheint vereinzelt in gleicher Verwendung -tuo-, z. B. mortuus aksl. mrörö, das "^mortuSy vgl. skr. mrtd- gr. ßqoxog (für ^ßgarog) verdrängt hat.*)

6. Über die Bildung des sogenannten Part, necessitatis auf -»dö- ist der unmittelbar vorhergehende Paragraph (Ende) zu vergleichen. Hin-

*) Pauli, Alfcit. Stud. 4, 47 f.; Enobl- HABDT, Die lat Konjug. 91 f.

*) Nach Osthoff (vgl. Bbüouakn, Rh. M. 48, 402 ist hier Suffix -t^- von viv-iM be- zogen. Wahrscheinlicher ist es eine Eon-

taminationsbildung aus *mr40'8 (vgl. griech. ßQoxos) und *mr-u0'8 (vgl. air. marh) nach Johansson, Beitr. z. griech. Sprachkonde 101^ unter Berufung auf Bbnfbt, Gött. g. Nachr. 1873, 181 ff. = Kleine Schriften 2, 159 ff.

4. Flexion des VerbninB. 118.)

193

sichtlich der Bedeutung dieses Partizipiums bin ich im ganzen mit den Ausfuhrungen Weisweileb's, Das lat. Part. Fut. Pass. (Paderborn 1890) einverstanden, welcher die der zu vollziehenden Thätigkeit, also die pas- sive, als die ursprüngliche erv^eist. Vgl. auch Bbugmann, Grundr. 2, 1424 und Hist. Gramm. 1, 561. Was die Indigetennamen Adolenda, Coinquetida, Commolenda^ Deferunda anlangt, so glaube ich dieselben Arch. f. lat. Lex. 10, 159 f. richtig erklärt zu haben.

Anmerknngl. Yollständig adjektivischen Charakter haben die Bildungen B.xd-cundus und -hundus, von denen die ersteren am wahrscheinlichsten mit Bbugmann als Ahleitungen von a-Verben zu betrachten sind (also z. B. rubicundus aus *rubicä{i)ondO' *rubicöndo- von *rubicäre), während bei der Erklärung der letzteren von Eompositis mit -bh^'0- (W. hheu-) auszugehen ist

Anmerkung 2. Die Suffixe -io- und -no-, in anderen indog. Sprachen zur Bildung von Part. Perf. Pass. verwendet, sind in dieser Funktion im Lateinischen nicht mehr nach- zuweisen. eX'im4u^, pU-nu-s u. a. sind reine Adjektive. Vgl. Hist. Gramm. 1, 457 und 477.

Anmerkung 3. Der 24. Supplementband der Jahrhdcher für klass. Phil, enthält zwei omfangreiche Abhandlungen von J. Schwab (S. 635—742) und G. Otto (S. 743-^932) fiher die von den Partizipien des Präsens, Fut. Pass., Fut. Akt. abgeleiteten und mit einer Samm- lung der von den Partizipien des Perfekts herkommenden Eigennamen.

Zur Litteratur über das lateinische Verbum: G. Gubttus, Die Bildung der Tempora und Modi im Griechischen und Lateinischen sprachvergleichend dargestellt, Berlin 1846. R. Wbstphal, Die Verhalflexion der lateinischen Sprache, Jena 1873. L. C. M. Aübbrt, Den ladinske Verhalflexion, Christiania 1875. Eisenlohb, Das lateinische Verbum, Heidel- berg 1880 [ohne weitere Bedeutung, vgl. Lit. Centralblatt Jahrg. 1881, 56 f.]. A. Probst, Beiträge zur lateinischen Grammatik I: Zur Lehre vom Verbum, Leipzig 1883 [verfehlt, vgl. Wochenschr. f. klass. Phil. 1, 435 f.]. M. Engelhardt, Die lateinische Konjugation nach den Ergebnissen der Sprachvergleichung, Berlin 1887 (vgl. meine Besprechung in der Z. f. d. öst. G^D. 1888, S. 746 f.). Derselbe, Die Stammzeiten der lateinischen Konjugation, Berlin 1892 (Handbuch fEür LateinschtUer). Ausserdem vgl. noch Hübner, Grundr. § 60 und G. Mbybr, Gr. Gr.» S. 542 ff.

Uaudboch der Umb. AlterianuwiMenschaft. XL» 2. S. Aufl.

13

Syntax und Stilistik

Von

J. H. Schmalz.

13'

Lateinische Syntax.

Einleitung.

In der Geschichte der lateinischen Sprache haben wir zwei Erschei- nungsformen und zwei Entwicklungsphasen zu unterscheiden: es sind dies dieVulgärsprache, wie sie vom gemeinen Mann gesprochen wurde, und die Schriftsprache, welche im Munde der Gebildeten und der Schrift- steller lebte. Die erstere ist nie ausgestorben; wenn sie auch in der Zeit der Klassizität verschmäht und in vielen ihrer Eigentümlichkeiten in Acht und Bann gethan wurde, so Hess sie sich deshalb doch nicht unterdrücken, und so kommt es, dass die älteste lateinische Sprache mit den spätesten Perioden manche Erscheinungen gemein hat, die uns in der Zeit des Prinzipats der Schriftsprache nicht begegnen. Diese letztere beruht selbst- verständlich vollständig auf der Volkssprache, nur wurde sie unter dem Einfluss der griechischen Litteratur und der römischen Grammatiker sorg- fältiger entwickelt, an Wörtern und Konstruktionen reicher, künstlerisch gestaltet und logisch präzisiert. Das Hauptverdienst in der alten Zeit darf in dieser Beziehung Ennius für sich in Anspruch nehmen; er wusste durch engen Anschluss an die griechische Sprache mit feiner und folge- richtiger Aneignung der Vorzüge derselben die bis jetzt noch wenig ver- werteten Mittel der lateinischen Sprache unter sorgsamer Schonung ihrer Eigenart auszubilden, ein Streben, welches den Beifall der Zeitgenossen (so des Pacuvius) und Nachahmung in der Folgezeit fand. Ohne dieses Vorgehen des Ennius wäre die bis ins feinste ausgebildete Kunst des prosaischen Rhythmus bei Caesar, Cicero und Livius und die Blüte der Poesie im augusteischen Zeitalter unmöglich gewesen. Daneben aber sehen wir in den Komödien des Plautus ein mit der grössten Treue und Wahrheit wiedergegebenes Bild der römischen Umgangssprache mit all ihren eigentümlichen Vorzügen und Mängeln. Auch Plautus hat es ver- standen, alle Hilfsquellen des noch sehr ungebildeten römischen Idioms auszubeuten und hat somit seinerseits viel zur Entwicklung der lateini- schen Sprache beigetragen. Die von den Dichtern nach Ennius und Plautus fortgesetzten Bestrebungen in Poesie und Grammatik mussten die zwischen Volkssprache und Litterärsprache sich bildende Kluft immer weiter aus-

igg Lateinische Grammatik, d. Syntax.

dehnen; daraus ergab sich, dass die in der Volkssprache aufgewachsenen Römer nur durch Unterweisung, Lektüre und Umgang mit den Gebildeten die Sprache erlernen konnten; in litterarisch gebildeten Familien lernte der junge Römer sofort die Schriftsprache (Cic. Brut. cap. 58), freilich ge- trabt durch den Einfiuss, den minder gebildete äussere Kreise auf ihn ausübten. Die feine Sprache der gebildeten römischen Zirkel ergibt sich aus einer genauem Yergleichung der Diktion des Terenz mit der des Plautus einerseits und der des Cicero anderseits; so gross der Unter- schied zwischen der Sprache der gewöhnlich zusammengestellten beiden Komiker ist, so bedeutend ist anderseits die Ähnlichkeit in der Diktion des Cicero und Terenz. Die gesellschaftlichen Kreise, in welchen sich Terenz bewegte, waren sehr bemüht um die Glättung und Abklärung der lateinischen Sprache, und wenn nach Cicero die Meinung kursierte, Laelius habe die Komödien des Terenz geschrieben, so liegt ein Körnlein Wahr- heit darin: dem Laelius und Scipio verdankte Terenz wohl zum guten Teil die Eleganz seiner Diktion. Freilich waren nebenher noch mancherlei Einflüsse zu beseitigen: ein eigensinniger römischer Nationalstolz, der manche hinderte, die von Nachahmung der Griechen ausgehende Ver- feinerung der Sprache mitzumachen, dann aber umgekehrt gewaltsames Eingreifen in die Weiterbildung der Sprache, wie nach Ciceros Notiz Sisenna meinte, recte loqui bestehe im inusitate loqui. Allein die nach natürlichen Gesetzen fortschreitende Entwicklung der Sprache ging über solche Bestrebungen hinweg, und das rationelle Vorgehen Caesars und Ciceros half der immer mehr sich klärenden pura et incorrupta consuetudo zur völligen Herrschaft. Der Einfiuss Ciceros und Caesars äusserte sich so nachhaltig, dass selbst der in angeborener Liebe für das Altertümliche lange an der kunstlosen Form der Älteren festhaltende Varro von seinem bewussten und überzeugungstreuen Widerstand abliess und den Reformen der klassischen Sprache sich anbequemte. Doch die Opposition konnte nicht ausbleiben: die elegante, konzinn gebaute, durch kunstvollen Numerus sich auszeichnende, alles Vulgäre und Veraltete vornehm abweisende klassische Prosa, die aber ebenso alles Fremde, sofern es sich nicht durch wohlerworbenes Bürgerrecht eingelebt hatte, fern hielt, wurde bekämpft von einer mehr demokratischen und in volkstümlich archaisierender Weise die Sprache handhabenden Richtung. Hauptvertreter der Opposition sind Sallust, M. Brutus, Asinius PoUio. Wichtiger aber, als diese Bestrebungen, ist die jetzt im politischen Leben sich vollziehende Änderung. Mit Aktium war die Freiheit und damit die lebhafte Beteiligung am öffentlichen Leben dahin, die Menschen zogen sich in sich selbst zurück, und es entwickelte sich ein Subjektivismus, der natürlich auch auf das Organ des Gedanken- ausdrucks, die Sprache, seinen Einfiuss ausübte. Dazu kam die seit Er- teilung des Bürgerrechtes an die Gallier immer sich steigernde Einwande- rung fremder Elemente, die inquinate loquentes die Sprache verdarben, dann das Aussterben der alten Familien, welche die Reinheit der Sprache gepfiegt hatten, das Eindringen der schlechten, auch die Sprache an- steckenden Moral (talis hominibus fuit oratio qualis vita, Seneca ep. 114, 1). Die Scheidung zwischen Poesie und Prosa verwischte sich, die Schmeichelei

Einleitiug. 199

gegenüber den Kaisern erzeugte Schwulst und Bombast: kurz, die Sprache hatte mit Cicero und Caesar ihren Höhepunkt erreicht und war nun sicht- lich im Niedergange begriffen. So lässt sich schon ein ganz bedeutender unterschied in der Syntax des Livius gegenüber der des Cicero kon- statieren, wobei freilich nicht geleugnet werden kann, dass mit Brechung der starren Fesseln des Klassizismus eine teilweise Bereicherung der Sprache an Konstruktionen (z. B. Partie, fut. final^ edicto, nuntiato etc. mit ganz. Satz, Abi. abs. part. fut., Obj. bei Abi. abs. part. perf. depon. u. ä.) ein- trat. Von nicht zu unterschätzendem Einflüsse sind hier auch die Dichter gewesen, welche durch den grossartigen Aufschwung der Poesie poetischen Strukturen leichter Eingang in die Prosa verschafften. Seit Lucrez und Catull, welche mehr noch zur alten Sprache neigen, war durch Tibull, dann durch Properz, schliesslich durch Vergil, Horaz und den jüngsten und begabtesten, Ovid, eine Eleganz der Diktion entstanden, welche nie- mand unbeachtet lassen konnte und die deshalb auch unwillkürlich stark auf die Prosaisten wirkte. Die mit Livius zuerst sich zeigende Wendung zum Schlimmeren durch Aufnahme von Archaismen, dichterischen Ele- menten, Neologismen, freieren dem Griechischen nachgebildeten Konstruk- tionen, Vulgarismen steigert sich immer mehr im silbernen Latein, so namentlich bei Seneca, welcher alles in pikanter und pointierter Wendung, jedoch mit völliger Vernachlässigung der kunstvollen ciceronischen Periode, vorbringt und von wohlgedrechselten Sentenzen wimmelt. Gegenüber der strengen Objektivität eines Caesar machte sich schliesslich, zunächst in der Geschichtschreibung, dann überhaupt in der Prosa das Hervortreten des individuellen Elementes geltend, welches ein bedeutsames Zeichen der silbernen Latinität ist. Die Reaktion dagegen musste notwendig kommen: sie wird durch Quintilian als ihren Hauptvertreter verfochten. Dieser versuchte eine Versöhnung des klassischen Latein mit der Sprache seiner Zeit: aber seine Sprache bekommt dadurch den Charakter eines erkünstelten Produkts und steht so schon ziemlich einer toten Sprache nahe. In seiner Jugend schloss sich auch Tacitus diesen Bestrebungen an, die er jedoch bald verliess, um seine eigenen Wege in Schaffung eines grossartig ernsten, pathetischen historischen Stils zu gehen. Aber die von Quintilian angebahnte Reaktion nahm bald einen Charakter an, den Quin- tilian und seine Anhänger nie gewünscht hatten. Was zu Senecas Zeiten schon vereinzelt vorkam (Sen. ep. 114, 13 tnuUi ex alieno saeculo petunt verba: dtwdecim tabulas loquuntur. Gracchus Ulis et Cra^sm et Curio nimis cuUi et recentes sunt: ad Appium u^que et ad Coruncanium redeunt), wurde durch die Frontonianer nun systematisch gepflegt. Fronte missachtet den Cicero und seine Zeitgenossen zwar keineswegs: aber er benützt die Schrift- steller der archaischen Periode in solcher Ausdehnung, dass sein Stil und derjenige seiner Anhänger sich ganz von der Sprache des ersten Säkulums nach Christus entfernte. Dazu kam der Einfluss der rhetorisch über- schwenglichen Sprache des Apulejus, lauter Dinge, welche Anlass gaben zu einer Regellosigkeit und Verwilderung, die noch durch immer stärker anflutende landschaftlich - eigentümliche Elemente bedeutend gesteigert wurde. Auch die Verbreitung des Christentums äusserte ihre Wirkung;

200 Lateinische Oraaimatik. d. Syntax.

viele Wörter mussten einen Bedeutungswechsel durchmachen, der dann auch wieder auf die Syntax Einfluss ausübte. Dazu kommt, dass den Eirchenschriftstellern Gemeinverständlichkeit über die Eleganz ging, und wenn der Rhetor, Grammatiker oder Poet sein Publikum hatte, musste der Priester sich auch dem seinen anbequemen; daher der Satz des Augustin: quid ad nos grammaiid velint? Die Kirchensprache hat einen grossen Bestand an altertümlichen Wendungen, wodurch sie dem in seiner Sprache konservativen Volke sich leicht näherte, und dieser archaische Besitz wurde ein dauernder durch die Stetigkeit, welche jeder sakralen Sprache eigen ist. Unter dem Einflüsse der Yulgata und der von ihr abhängigen Eirchensprache stehen zunächst die Geschichtschreiber der hl. Geschichte, wie z. B. Sulp. Sev., welche dabei aber doch das Streben zeigen, mit Wendungen, die sie den Klassikern abgelauscht, ihren Stil zu verzieren, dann spätlateinische Produkte, z. B. Romane und Novellen, ähn- lich wie eine späte Schwindellitteratur unverkennbaren Zusanmienhang mit den archaisierenden Bestrebungen der Zeit des Fronte, so namentlich Nachahmung alter Autoren, z. B. des Sallust, zeigt. Hier erkennen wir übrigens bereits den Übergang zum mittelalterlichen Schriftlatein, welches nicht in organischem Zusammenhang mit der lebenden Schriftsprache steht, sondern lediglich ein Versuch ist, in Nachahmung der vorliegenden Schrift- werke dieselbe wieder zu handhaben, während jedoch das Volkslatein in ununterbrochener Kontinuität, vielfach freilich alteriert durch andersprach- liche Einwirkung, in den romanischen Sprachen fortlebte.

Anmerkung. Vgl. die eingehende Darstellung von Wilhelm Mbyeb in Gböbbr*s Grundriss der romanischen Philologie n p. 877 382 und jetzt ganz besonders Ed. Nobden, Die antike Eunstprosa vom VI. Jahrh. v. Chr. bis in die Zeit der Renaissance, Leipzig 1898, 2 Bände. Dieses äusserst sorgfältig gearbeitete Werk verfolgt den jahrhundertelang dauernden Kampf des Asianismus als des , neuen Stils' mit dem Atticismus als dem .alten Stil*' und sucht hieraus die Entwicklung der römischen Eunstprosa zu erklären, die ganz unter dem Einfluss des Hellenismus stehe. Nobden behandelt zuerst kurz die nationale Prosa Roms, dann spricht er von der Umgestaltung der nationalen Prosa durch den Helle- nismus bis Sullas Tod, dann vom ciceronianischen Zeitalter; die Eaiserzeit zerfällt in einen Abschnitt von Augustus bis Trajan und einen zweiten von Hadrian bis zum Ende der Eaiser- zeit: überall sehen wir die Entwicklung der Eunstprosa von dem Eampf des alten und neuen Stils abhängig gemacht. Manche Schriftsteller, so namentlich aus der nachklassischen Zeit und der Periode des Spätlateins, erscheinen in neuer Beleuchtung; Streitfragen, welche unsere Zeit bewegen, werden klar behandelt, so bezüglich der Verschiedenheit des Stils in Werken ebendesselben Verfassers (Dialogus von Tacitus, Apulejus), das afrikanische Latein, Abhängigkeit der Schriftsteller voneinander; Fragen von Wichtigkeit, die noch der Lösung harren, werden angegeben, so z. B. eine wissenschaftliche Analyse des Stilcharakters der Werke des Apulejus. Da der Verf. über eine sehr umfängliche Lektüre nicht allein in den alten Autoren, sondern auch in der Humanistenlitteratur verfügt, hat man überall das Ge- fühl einer sicheren Führung und folgt auch gerne da, wo dem Grundgedanken des Werkes zu weiter Einfluss eingeräumt wird. Die Sonderung der beiden mit Ajdanismus und Atti- cismus bezeichneten S&ömungen ist nicht durch die Sprache im engeren Sinne, d. h. durch Wortgebrauch, Flexion und Syntax bestimmt, das wesentliche Eriterium ist vielmehr der Stil ; daher sind die Ergebnisse der Norden'schen Untersuchungen wichtiger für die Stilistik als für die Syntax. Vgl. noch oben Stolz S. 9 ff., sowie Stolz, Hist. Gramm. I S. 25 58 und P. Getbb, Jahresbericht für Vulgär- und Spätlatein 1891—1897 S. 83 ff.

Unsere Aufgabe wird nach dem Gesagten darin bestehen, die syn- taktischen Gesetze der lebenden lateinischen Schriftsprache in ihrer Entwicklung zu verfolgen. Dabei aber dürfen wir nie aus dem Auge ver- lieren, dass die lateinische Sprache ein Glied der indogermanischen Sprachen-

Einleitimg. 201

familie und insbesondere der italischen Gruppe ist, deren andere Glieder also auch Berücksichtigung verdienen bei einer historischen Darstellung; dann ist zu bedenken, dass die Schriftsprache aus der Volkssprache hervor- gegangen ist und dass diese stets einen gewissen Einfluss sich zu be- wahren gewusst hat, bis der letztere immer mehr sich geltend machte und schliesslich vollständig vorherrschte. Selbstverständlich fordert Be- achtung die Art der Darstellung, ob Poesie oder Prosa, und innerhalb der beiden grossen Gebiete die Unterabteilungen, so Epik, Lyrik, Dramatik, anf der anderen Seite der oratorische, historische, epistolare, räsonnierende Stil. Wichtig ist ferner die Bildungsstufe, auf welcher die Schriftsteller standen; wir werden daher das b. Africanum, Hisp., die Schriften des Yitruv und Peiron anders beurteilen als die des Caesar und Livius; ebenso auch der Charakter der einzelnen Autoren, z. B. des streng nationalen Cato, des vomehm von allem Fremden sich abschliessenden Lucrez, des gerne mit seiner griechischen Gelehrsamkeit prunkenden Properz, des immer opponie- renden und kritisierenden Asinius PoUio, des allem Neuen zugeneigten Ovid u. s. w. Dann ist zu berücksichtigen die Abhängigkeit der Schrift- steller voneinander, insofern einer dem andern als Vorbild oder gar als Quelle diente, man sehe beispielsweise nur, wie viele Nachahmer Sallust bis in die spätesten Zeiten herab gefunden (vgl. Selloe, De studiis in Sallustio Crispo a Pomp. Trogo et lustino coUocatis, Sagan 1882, p. 6), ferner welchen Einfluss Vergil auf Liv., Tac. u. a. und namentlich Apulejus auf die gallischen Bhetorenschulen, auf Claud. Mam., Apoll. Sidon. u. a. aus- geübt, wie Gregor von Tours dem Lactanz sozusagen Schritt für Schritt folgt, wie im sUbemen Latein nicht allein die Gemeinplätze, sondern durch die Einwirkung der Rhetorenschulen auch andere Redensarten von einem Schriftsteller auf den andern übergingen, dann wie sich die augusteischen Dichter an den früheren, so besonders an Ennius und Lucrez, gebildet, und wie die spätere Dichtung ganz von den Dichterheroen der augusteischen Zeit abhängt (vgl. die Litteratur S. 213). Ferner verdient Beachtung die Vervollkommnung eines und desselben Schriftstellers im Verlaufe seiner litterarischen Thätigkeit, wie dies bezüglich der Sprache des Cicero, Sallust, Livius, Tacitus, später des hl. Hieronymus, des Sulp. Sev. und des Lucifer Calar. nachgewiesen ist, indem sie anders beim Beginne, anders auf der Höhe ihrer schriftsteDerischen Laufbahn schrieben. Schliesslich wird auch die Herkunft der Autoren zu untersuchen sein, wie dies die Alten schon selbst betonten, und es ist sehr wichtig, ob die Wiege derselben am Ufer des Tiber oder des Quadalquivir stand und ob die ersten Eindrücke des Knaben rein und echt römisch-urban oder mit gallischen, spanischen, afri- kanischen, hellenistischen Elementen versetzt waren.

In der Einteilung der Syntax war für mich zunächst die Schrift von John Ries: Was ist Syntax? bestimmend. Die berechtigte Kritik, welche Ries an der Disposition der IL Auflage geübt und die positiven Vorschläge, welche er gemacht hat, sind möglichst berücksichtigt worden. Die Anlage stimmt jetzt auch mit der IV. Auflage meiner Schulsyntax im ganzen überein, so dass der Übergang von der Schulgrammatik zur wissen- schaftlichen und die Beziehung beider aufeinander leichter fällt. Die

202 Lateinische Grammatik, d. Syntax.

Methode steht vielfach unter dem Einfluss von Bbugmann und Delbböck, deren „Grundriss der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen*' die grossartigste Leistung der letzten Jahre auf grammatischem Gebiete darstellt. Wenn ich Delbrück auch nicht überall folgen konnte, so wird man doch finden, dass ich bestrebt war, die Ergebnisse der ver- gleichenden Syntax auf die Syntax der lateinischen Sprache thunlichst zu übertragen. Dass die Lehre vom Gebrauch der Partizipien auf den ein- leuchtenden Resultaten BBUOMANN'scher Forschung sich aufbaut, wird all- gemeiner Billigung begegnen. Die Bücksicht auf die verwandten oskisch- umbrischen Dialekte führte mich zur Benützung der Syntax von R. v. Planta; ich habe sorgfältig die Berührungspunkte des Lateinischen mit dem Oskisch- Umbrischen aufgesucht und die Ergebnisse am passenden Orte angemerkt. In meiner Hauptaufgabe aber, der Verfolgung des Sprachgebrauchs durch die römische Litteratur und der Erklärung der sprachlichen Erscheinungen, haben mir Wölfflin's inhaltsreiche und wertvolle Arbeiten die wesent- lichsten Dienste geleistet, ebenso die seiner Anregung entstammenden Untersuchungen. Auch eine Reihe gründlicher und ergebnisreicher Ab- handlungen, die in Dissertationen oder Schulprogrammen niedergelegt sind, wurden verglichen und verwertet. Unmöglich aber war es mir, alle Einzel- notizen, welche in Zeitschriften sich finden lassen, zu sammeln und aus- zunützen; daher mag hier eines oder das andere vermisst werden. Allein Vollständigkeit ist bei Plan und Zweck meiner Arbeit überhaupt nicht in Aussicht genommen.

So hoffe ich denn, dass die historische Syntax und Stilistik auch in der neuen Bearbeitung die Beachtung findet, welche ihr bisher in Deutsch- land , im Ausland und namentlich auch jenseits des Ozeans geschenkt worden ist.

Litteratur zur historischen Sjntax der lateinischen Sprache«

1. E. Hübneb, Grundriss zu Vorlesungen über die lat. Grammatik. IL Auflage. Berlin, Weid-

mann, 1881 (enthält im zweiten Teile von p. 62 bis p. 101 ein fast erschöpfendes Verzeichnis der bis 1880 erschienenen, auf die Syntax bezüglichen Schriften).

2. A. Draegeb, Historische Syntax der lat. Sprache. In zwei Bänden, I. Band 1878,

II. 1881 in IL Auflage. Leipzig, B. G. Teubner (auf vielen Vorarbeiten, umfangreicher Lektüre mit kritischer Akribie und sauberer, freilich zum Teil jetzt nicht mehr an- erkannter Methode aufgebautes Hauptwerk).

3. R. Kühner, Ausführliche Grammatik der lat. Sprache. IL Band in 2 Abteilungen.

Hannover, Hahn, 1878 u. 1879 (sucht auf Draeger und einigen nachher zu besprechenden Detailarbeiten fassend eine systematische Grammatik der lat. Sprache für die Hand der Lehrer zu bieten. Die Beispiele gehen selten über das von Draeger Gebotene hinaus, wie auch fast durchweg die röm. Litteratur nur im Bereiche der Zeit von Plautus bis Tacitus Berücksichtigung findet).

4. Rbisig's Vorlesungen über lat. Sprachwissenschaft mit den Anmerkungen von Fr. Haase

neubearbeitet von J. H. Schmalz und Dr. G. Landgraf, Berlin, Galvary, 1884 1888 in 12 Lieferungen erschienen (der Text von Reisig sowie die Anmerkungen Haasens sind unverändert beibehalten; die Noten von Schmalz und Landgraf geben nebst um- fassenden Litteratumachweisen die neuesten Resultate der lat. Sprachwissenschaft zur Ergänzung oder Berichtigung des von Reisig und Haase Vorgetragenen).

5. Fr. Haase, Vorlesungen über lat. Sprachwissenschaft (II. Teil herausgegeben von R. Petbb,

Leipzig, Simmel & Cie., 1880). (Hier wird namentlich di^ Kasuslehre behandelt, dann die Bestimmung des Seins durch Adverbia oder Gas. obliq. und Adverbia zugleich, femer Verba und Verba in ungleichem Verhältnis, wobei die Lehre von den Tempora, dem Gebrauche der Konjunktionen, von den Modi in interessanter Weise beleuchtet wird. Bedauerlicherweise ist die eigentliche Satzlehre nicht mehr zur Darstellung gelangt).

Einleitong. 203

6. Wölfflin's Archiv fflr lat. Lexikographie und Grammatik; bis jetzt sind 10 Bände voll-

stftndig erschienen, Leipzig 1884 1898, und vom 11. Bande die beiden ersten Hefte (entfa&lt eine Reihe höchst beachtenswerter Aufsätze, die auf genauen und erschöpfenden Sammlungen beruhen und daher manches in ganz anderm Lichte erscheinen lassen, als dies bisher der Fall war).

7. W. Meyrb, Die lat. Sprache in den romanischen Ländern, Gröberes Grundriss der

roman. Philologie 11, p. 351 882, Strassburg 1886 (dient hauptsächlich der Laut- und Formenlehre, doch lässt sich auch einiges fOr vulgärlat. Syntax aus dem Buche gewinnen).

8. £. HoFFMAHN, Studien auf dem Gebiete der lat. Syntax, Wien, Karl Eonegen, 1884

(stellt mehrere bereits frfiher erschienene Arbeiten zusammen, so über Zeitfolge nach praes. bist, und hauptsächlich über den ellipt. Gebrauch des Gerundiums; beigegeben hätte noch werden sollen desselben Verfassers Erklärung des Abi. abs. in Neue Jahr- bücher 1875 p. 783—784).

9. A. Gutjahb-Pbobst, Beiträge zur lat. Grammatik; I. Zur Lehre vom Verbum, U. Zur

Lehre von den Partikeln und Konjunktionen, Leipzig 1883; III. i^ltgrammatisches und Neugrammatisches zur lat. Syntax, Leipzig, Zangenberg & Himly, 1888 (über I vgl. Stolz oben S. 193; 11 und III enthalten sehr anregende Untersuchungen nament- lich über Entstehung und Bedeutung von Tempora, Modi, Konjunktionen, insbesondere über ut).

10. H. S. Anton, Studien zur lat. Grammatik und Stilistik, Erfurt, Villaret, I. Heft 1869,

IL Heft 1873, III. Heft 1888 (ausserordentlich subtile Untersuchungen namentlich über den Gebrauch der Pronomina und Konjunktionen, z. B. aliquis und quisqiAam, et, ut u. a.).

11. J. Bbbhous, Etüde sur les Hell^nismes dans la syntaxe latine, Paris, Klincksieck, 1895

(sucht einen weitgehenden Einfluss der griechischen Sprache auf die lat. Syntax nach- zuweisen. Bezü^ch der sogenannten Gräzismen halte ich es mit Bbuomann, Indog. Forsch, y S. 100: „Unter Gräzismus hat man nicht zu verstehen, dass der lat. Sprache etwas ihr von Haus aus völlig Fremdes aufgepfropft wurde, sondern es wurde nur ein seinem Ursprung nach echt einheimischer Anwendungstypus, weil er im Griechi- schen ein von den Römern empfundenes Analogen hatte, nach diesem ausländischen Muster weiter ausgebildet*).

12. G. Landobaf, Litteratumachweise und Bemerkungen zur lat Schulgrammatik, Bamberg

1894 (mit drei wichtigen Anhängen: Gen. pretii, Abi. pretii, interest und refert).

13. W. Dbbckb, Erläuterungen zur lat. Schulgrammatik, Berlin 1893 (vgl. meine Anzeige

in Z. f. Gymn. 1896, S. 293).

Syntax der einzelnen Schriftsteller.

1. H. Jobdan, Yindiciae sermonis latini antiquissimi. Königsberg, Lektionskatalog 1882

(bespricht einige interessante Punkte der altlat Syntax, z. B. fini bis rebus, condicere c. gen. etc.).

2. O. Altbnbubg, De sermone pedestri Italorum vetustissimo ; Jahrbb. f. class. Philol.

24. Suppl. H. Heft S. 485—533; Leipzig, Teubner, 1898 (behandelt in 6 Kapiteln 1. copia verborum, 2. Asyndeton, 3. Koordination, 4. de attractione syntactica, 5. de subiecto aut non significato aut mutato, 6. de coUocatione verborum; überall wird psychologische Erklärung der sprachlichen Erscheinung mit besonderer Bezugnahme auf Zikmbb's Junggrammatische Streifzüge erstrebt).

3. F. W. HoLTZB, Syntaxis priscorum scriptorum lat. usque ad Terentium. 2 Bände. Leipzig

1861. 1862 (kann aucn jetzt noch nicht entbehrt werden wegen der umfassenden Beispielsammlung, während natürlich Anlage und Erklärung nicht mehr befriedigt und jede Stelle wegen der seit 1862 erfolgten neuen Textesrezensionen noch einmal nachgeschlagen werden muss).

4. F. W. Holtzb, Syntaxis fragmentorum scaenicorum poetarum Romanorum qui post

Terentium fuerunt adumbratio. Leipzig 1882 (nach des Verfassers Tod von W. Teil herausgegeben, ganz in der Weise des vorhergehenden Werkes, jedoch ohne alle Regeln angelegt, aber zuverlässig im Text infolge strengen Anschlusses an die Ribbeck'sche Ausgabe der Fragmente).

5. LüciAN M&LLEB, Quintus Ennius. Eine Einleitung in das Studium der röm. Poesie.

St Petersburg, Ricker, 1884 (enthält im YII. Buche p. 190—218 Grammatisches zu Ennius, von p. 208 an Beiträge zur ennlanischen Syntax).

6. A. RBicHAkDT, De Q. Ennii annalibus; N. Jahrbb. 1889 S. 81 122 (untersucht, was in

den Annalen des Ennius hinsichtlich des Wortschatzes dem Ennius und seiner Zeit eigentümlich ist In die Syntax schlägt die Behandlung der Adverbia und Prä- positionen ein, vgl. poste, quianam, noenutHy indo, quamde).

7. Jaoobus Gobtbsb, Grammatica Catoniana; Savone, Andr. Ricci, 1882 (bietet im zweiten

204 Lateinuicha Grammatik, d. Sjrntax.

Teil höchst dürftige Notizen zur Sjrntax des Cato ohne jegliche BegrOndiing oder Schlussfolgerang).

8. 0. ScHöNDÖBFFRB, De Byntsxi Gatonis; Königsberg 1885 (will an der Syntax Catos

nachweisen, dass Catos Schrift de agr. im wesentlichen unverftndert auf uns ge- kommen sei, da die Sprache derselben zur Sprache der Zeit Catos passe; behandelt also die ganze Syntax, aber wenig gründlich und ohne Umsicht).

9. L. DiETZB, De sermone Catoniano. Diss. Lips. Tanglimi in libr. Dieiadana 1870 (gibt

von p. 22 an in einer Art ErgAnzung zu Holtze das spezifisch Catonische im Ge- brauch der Kasus, der Tempora etc. mit besonderer Betonung der abundantia und breviloquentia sermonis).

10. C. G. L. Städleb, De sermone Lucretiano; Jenae 1869 typis Ratii (will von p. 27 an

einen Abriss der Syntax mit besonderer Berücksichtigang der Grftzismen aufstellen, welcher mit einem allgemeinen Urteil über die Latinität des Lucrez schliesst).

11. F. W. HoLTZB, Syntaxis Lucretianae lineamenta; Leipzig 1868 (mit Benützung von

Lachmann's Kommentar in der Weise von 3 und 4 bearbeitet ; reiche Stellensamm- lung, ausführliche Behandlung der Präpositionen, der kopulat. Konjunktionen und des transitiven Gebrauchs der Verba).

12. R. Krumbiegbl, De Varroniano scribendi genere quaestiones; Diss. von Leipzig 1892

(aus Ribbeck*s Schule hervorgegangene durchaus gediegene Abhandlung, welche mit feinem grammatischen Verständnis ausgewählte Kapitel der Syntax und Stilistik be- handelt, 80 besonders die Lehre von der Kongruenz, Beiordnung, Unterordnung, Fülle und Kürze des Ausdrucks, Wortstellung).

13. G. Hbii>rich, Der Stil des Yarro; Ftogramm von Melk, 42. Jahresbericht des K. K. Stifts-

gymnasiums (reiht sich würdig an die Krumbiegersche Schrift an, welche sie in vielen Punkten vervollständigt und ergänzt. Heidrich handelt über die Wortstellung, über Satzstellung und Periodenbau, über Kürze und Fülle des Ausdrucks, über In- konzinnität, überall mit kritischem Blick die Ueberlieferung prüfend und die Stellung Varros in der Sprachgeschichte richtig fixierend).

14. H. Reitek, Quaesiaones Varronianae grammaticae; Königsberg 1882 (2 Teile; im ersten

wird die sprachliche Verschiedenheit zwischen den Büchern de ling. lat. und de r. rust. untersucht, im zweiten über einige besonders bemerkenswerte Eigentümlichkeiten der varron. Diktion gehandelt; beide Teile bieten eine interessante Darstellung des Ge- brauchs der Partikeln und Konjunktionen bei Varro).

15. Ph. Thiblmann, De sermonis proprietatibus quae leguntur apud Comificium et in primis

Ciceronis libris. Diss. Strassburg, Trübner, 1879 (lichtvolle Darstellung des sprach- lichen Zusammenhangs der Erstlingsschriften Ciceros und der Rhetorik des Comi- ficius; Charakteristik der Diktion des letztem).

16. G. Landgbäf, De Ciceronis elocutione in orationibus nro P. Quinctio et pro Sex. Rose.

Am. conspicua; Würzburg 1878 (bespricht die Yerscniedenheiten der Diktion der Erst- lingsreden und der später von Cic. gehUtenen, im dritten Teil auch in syntaktischer Beziehung).

17. H. Hellmuth, De serm. proprietatibus quae in prioribus Cic. oratt. inveniuntur (act.

sem. phil. Erlang. I p. 101— 174); Erlangen, Deichert, 1878 (behandelt in reicher und wohl erschöpfender Weise das gleiche Thema wie Landgraf).

18. A. KöHLBB, De auctorum bell. Afr. et bell. Hisp. elocutione (act. sem. phil. Erlang. I

p. 376 476); Erlangen, Deichert, 1878 (gehaltreiche Behandlung der Sprache des b. Afr. und b. Hisp., namentlich insofern durch dieselben unsere Kenntnis des Vulgär- lateins bereichert wird).

19. Fb. Fböblich, Das bellum Africanum sprachlich und historisch behandelt; Brugg 1872,

Diss. Zürich (hat viele einzelne sprachliche Bemerkungen, die jedoch nicht erschöpfend und nicht systematisch gruppiert sind).

20. J. Degbnhabt, De auctoris belli Hispan. elocutione et fide historica; Würzburg 1877,

Stuber (enthält im ersten Teile p. 1—43 gestützt auf die Belegstellen und unter Bei- ziehung des Sprachgebrauchs anderer Schriftsteller eiae Reihe interessanter auf das Vulgärlatein bezüglicher Wahrnehmungen).

21. G. Landgbäf, Untersuchungen zu Caesar und seinen Fortsetzern; Erlangen 1888 (weist

die Autorschaft des bellum Africanum dem Asinius Poliio zu, der auch den cäsarianisch- hirtianisohen Nachlass redigiert habe. Der sprachliche Teil der Beweisführung wirft manches für Grammatik und Stilistik ab).

22. A. Stinneb, De eo quo Cicero in epistolis usus est sermone; Oppeln 1879, Franck

(vereinigt drei Programmarbeiten, die zur Charakterisierung der epistolaren Sprache Ciceros auch in syntaktischer Beziehung viel schätzbares Material beibringen).

23. E. Opitz, Quo sermone ei qui ad Ciceronem litteras dederunt usi sint; Progr., Naum-

burg 1879 (bespricht die sprachlichen Eigentümlichkeiten der einzelnen Korrespon- denten, ohne jedoch dieselben nach ihrer Individualität zu scheiden).

Einleitung. 205

24. J. H. SoHMALz, Über den Sprachgebrauch der mchteiceronischen Briefe, Z. f. G. W. 1881

p. 87 141; Über die Latinität des P. Vatiniiis in den bei Cic. ad fam. erhaltenen Briefen, Progr., Mannheim 1881 ; Über den Sprachgebrauch des Asinius Pollio, Fest- schrift zur XXXVI. Philol-Vers. p. 76—101, IL Aufl. München, Beck, 1890; Über Charakter und Sprache des Matius, Comm. Wölfflin. S. 267—274.

25. E. ScHiBMBB, Über die Sprache des M. Brutus in den bei Cicero überlieferten Briefen;

Progr., Metz 1884.

26. H. Hellmuth, Über die Sprache der Epistolographen S. Sulpicius Galba und L. Cornelius

Baibus; Würzburg 1888, Progr.

27. F. BuBO, De M. Caelii Rufi genere dicendi; Leipzig 1888, Freiburger Dias.

28. F. Bbchbb, Über den Sprachgebrauch des Caelius; Nordhausen 1888, Progr.

29. £. Gbbhard, De D. Junü Bruti genere dicendi; Dies., Jena 1891.

30. A. EöBLEB, t)ber die Sprache der Briefe des P. Cornelius Lentulus Spinther (Cic. Fam.

Xn, 14 u. 15); Progr., Nürnberg 1890.

31. A. Rhodius, De syntazi Planciana, Progr., Bautzen 1894; De L. Munati Planci ser-

mone, Bautzen 1896.

32. L. BiBGMÜLLBB, Über die Latinitftt der Briefe des L. Munatius Plauens an Cicero;

Erlangen und Leipzig 1897.

(Die unter 24---B2 aufgeführten Abhandlungen beschftftigen sich mit den Briefen an Cicero und geben ein Bild von der Sprache der betr. Korrespondenten.)

33. G. Labdobaf, Bemerkungen zum sermo cotidianus in den Briefen Ciceros und an Cicero;

Bl. f. Bayr. G. XVI p. 274—280 und 317—331 (mit wichtigen Fingerzeigen auf die vulgären Elemente m der Sprache der Briefe).

34. B. Lupus, Der Sprachgebrauch des C. Nepos; Berlin, Weidmann, 1876 (erechöpfende

Behandlung der Sprache des C. Nepos, auf sorgfältigen Studien beruhend).

35. BadstObnbb, De Sallustii dicendi genere commentatio; Berlin 1863; Progr. des Fr.-

Wilh.-Gymn. (Übersicht des Wesentlichsten aus der Syntax des Sallust in gründ- licher Untersuchung).

36. L. CoNSTABS, De sermone Sallustiano; Paris, Vieweg, 1880 (mit Benützung der Vor-

arbeiten in übersichtlicher Danteilung, aber ohne dass Verfasser die nötige Schulung zu einer solchen Arbeit mitgebracht; daher viele von Riemann in Revue critique 1881, Nr. 35 ff. gerügte Fehler).

37. A. KuvzB, Sallustiana I, Leipzig 1892 (behandelt ac nnd^ atque, a und ah, e und ex,

adversus und adver9um)\ II Leipzig 1893 (der Gebrauch von fore, futurum esse, foref, forent, essem und seinen Formen); III, 1 Leipzig 1897, III, 2 Leipzig 1898 (Beitrag zu einer Daretellung der genetischen Entwicklung des Sallustianischen Stils; mit grosser Umsicht und viel Sachkenntnis geführter Nachweis, dass die Schreibweise des Sallust sich genetisch entwickelte und dass die Sprache des Sallust iu den Hi- storien eine ganz andere ist als im Catiüna und noch im Jugurtha).

38. R. Stbbn, Grundriss einer Grammatik für römische Dichter zum Gebrauch für Schulen ;

Arnsberg 1851 (behandelt ausser Fragen der Metrik und Formenlehre auch Syntak- tisches im Anschloss an Zumpt in einer vorzugsweise die Praxis berücksichtigenden Methode).

39. C. HuPB, De genere dicendi C. Valerii Catulli Veronensis; Münster 1871 (nur in cap. FV

für die Sjmtaz einige Notizen über Präpositionen und Konjunktionen enthaltend).

40. A. Rbbck, Beiträge zur Syntax des CatuU; Bromberg 1889 (bespricht die koordinierenden

Partikeln, das Asyndeton, die Nebensätze, Partiz., Gerund, und Supinum im Anschluss an Draeger).

41. 6. OvEBBOLTHAUS. Svntaxis Catollianae capita duo; Papenburg 1875 (im Anschluss an

Draeger wird die Lehre vom Gebrauch der Redeteile und vom Satz so weit behandelt, als Catull Bemerkenswertes bietet, unter steter Vergleichung mit andern Dichtem und Beachtung von Archaismen, Gräzismen etc.).

42. J. Stbbifingeb, De syntaxi Tibulliana; Würzburg 1881 (vollständig von Draeger und

Kühnast abhängige Aufzählung grammatischer Besonderheiten ohne tieferes angehen in des Dichters Eigenart).

43. J. Scbafleb, Die sogen, syntaktischen Gräzismen bei den augusteischen Dichtern;

Münchner Diss., Amberg 1884, Pohl (sehr umsichtige Untersuchung, inwiefern die Sprache der augusteischen Dichter durch die Vorbilder der Griechen in ihrer syn- taktischen Entwicklung beeinflusst worden).

44. A. Waonbb, De syntaxi Propertiana; Passan 1888 (gedrängte Übersicht über die ganze

Syntax im Anschluss an Draeger ohne Kenntnis der Detailarbeiten, z. B. Höblb's über die Kasus bei Properz, Wölfflin's über est videre, Zibmbb's über aorist. Perf. u. s. w.). 4o. J. Pbaun, Bemerkungen zur Syntax des Vitruv mit eingehender Darstellung der Sub- stantivBätze; Progr. von Bamberg 1885 (ebenso ansprechend geschriebene wie gründ-

206 Lateinisohe Grammatik, d. Syntax.

lieh dnrchgeffthrte Darsielluig der EigentOmlichkeit vitravianischer Diktion kinsicht- lich des Gebranchs yon Inf., Partiz., Gernndinm, indir. Fragesätze; anhangsweise sind interessante Details ans dem Gebiete der Komparation, der Pronomina und dw Easnslehre gegeben).

46. Ph. Ebbrhard, De Vitravii genere dicendi, I. Pforzheim 1887, 11. Darlach 1888 (er-

gänzt Praun's Abhandlung, indem er Vitravs Vnlgarismen im G^branche der Puti- zipien, der Präpositionen, der Tempora nnd Modi nachweist. Die Stellang Vitravs in der Geschichte der lat. Sprache wird durch stete Veigleichung mit dem Sprach- gebrauch der Autoren vor und nach Vitniv genau angegeben und wohl begründet).

47. L. EüHKAST, Die Hauptpunkte der livianischen Syntax; zweite Bearbeitung; Berlin,

Weber, 1872 (umfassende Darstellung der livianischen Sjrntax mit erdrftckendem Zitatenreichtum; sehr schwer zu studieren infolge eines durch Parenthesen etc. zer- rissenen Satzbanes. Eigentümlichkeit in der Abfassung: flberall Gräzismen).

48. 0. RiEMANV, £tudes sur la langue et la grammaire de T. live; ü. Auflage; Paris 1884

(eine auf genauer Kenntnis des livianischen Sprachgebrauchs basierende Arbeit, welche namentlich über den Gebrauch der einzelnen Redeteile bei Livius sichere Resultate gibt und im Appendix ausgewählte Partien der Syntax in Vergleichung Ciceros mit Livius ebenso geschickt wie umsichtig behandelt).

49. S. G. Stacby, Die Entwickelung des livianischen Stils (WdlfOin's Archiv X S. 17—83;

nähere Ausführung des WSlfflin'schen Gedankens, dass auch Livius eine ähnliche Entwickelung seiner Schreibweise mitgemacht wie Tacitus; das Ergebnis ist, dass Livius in der ersten Dekade dem neuen Zeitgeist am meisten gehuldigt hat und später immer mehr zu den Normen des Klassizismus zurückgekehrt ist. Auf die Be- ziehungen des Livius zu Ennius, Verg. und andern Dichtem wird näher eingegangen).

50. Fr. Seok, De Pompei Trogi sermone; zwei Teile; Progr. von Konstanz 1881 und 1882

(von Eussner und Georges mit Recht als , sorgfältige Arbeit' bezeichnet, bespricht zunächst die wörtlich überlieferten Fragmente des Trogus, dann die Hauptteüe der Syntax bei Justin, insofern sie auf Trogus zurückzuweisen scheint, immer im Za- sammenhange mit den diktionsverwandten Schriftotelletn).

51. H. Gboroes, De elocutione Vellei Paterculi; Leipzig, Hahn, 1877 (nur der zweite kleinere

Teil beschäftigt sich mit der Syntax, wo Kasuslehre und Infinitiv besonders ausführ- lich behandelt sind).

52. Fritsch, Über den Sprachgebrauch des Yell. Pat.; I. Teil; Arnstadt 1876 (dieser I.Teil

sucht im Anschluss an Draeger den Gebrauch des Voll. Pat. hinsichtlich der Redeteile in den auffälligsten Erscheinungen zur Darstellung zu bringen).

53. 0. Lange, Zum Sprachgebrauch des Yell. Pat. ; I. Teil Putbus 1878, 11. Teil Stettin 1886

(gibt eine genaue Materialsammlung zur Syntax ohne Beachtung des Einflusses früherer Autoren auf Yell. Pat.).

54. R. NovAK, Grammatische, lexikalische und kritische Studien zu Yell. Pat., Prag 1892,

zu Livius, Prag 1894 (beide leider in tschechischer Sprache, so dass man den Aus- führungen nicht folgen kann; eine lateinische Zusammenfassung am Schluss beider Bücher ermöglicht wenigstens eine Übersicht der reichhaltigen, auf sorgfältigen Be- obachtungen beruhenden Ergebnisse, welche in manchen Punkten unsere Kenntnis der Sprache des Liv. und Yell. fördern und berichtigen).

55. R. Blauh, Quaestionum Yalerianarum specimen; Strassburg 1876; Progr. (im ersten

Teil eine übersichtliche Zusammenstellung der grammatischen Eigentümlichkeiten des Yal. Max. enthaltend).

56. Th. YoesL gibt in der Einleitung zu seiner Ausgabe des Gurtius eine gedrängte Über-

sicht Über die sprachlichen Besonderheiten des Gurtius, namenÜich mit Rücksicht auf Livius und die übrigen Autoren der silbernen Latinität (III. Auflage. Leipzig, Teubner, 1885).

57. E. Kräh, Beiträge zur Syntax des Gurtius; Insterburg 1886 und 1887; 2 Teile (stellt

die Bemerkungen der Erklärer hinsichtlich der Syntax des Gurtius zusammen im An- schlüsse an Zumpt and in steter Yergleichung mit Yogel).

58. H. ZiHMBRMANN, De Pomponii Melae sermone; Dresden 1895, Progr. (bespricht nach

den Redeteilen geordnet Syntaktisches, Stilistisches und namentlich Lexikalisches, ohne jedoch überall der neuesten Forschung gerecht zu werden; so wird z. B. noch 1895 Krebs- Allgayer nach der Y. Auflage zitiert!).

59. J. SoRN, Die Sprache des Satirikers Persius; Progr., Laibach 1890 (nach Draeger*s

Tacit. Syntax angelegt und im syntaktischen Teile in üblicher Weise durchgeführt. Interessant ist der stilistische Teil, wo namentlich auch nach den Ursachen der Dunkelheit des persianischen Stils geforscht wird; Yerf. findet dieselben in den Meta- phern, schlecht angebrachten gelehrten Reminiscenzen, verschrobenen Zusammen- setzungen und Epitheta u. s. w.).

Einleitimg. 207

60. G. MoRAWSKi, De sermone scriptorum latinoram aetatis quae dicitor argentea obser-

vationes; Leopoli 1895 (M. weist hier wie anderorts, z. B. De rhetohbus latinis, Erakan 1892, Analecta Graeco-Latina, Erakan 1898, u. sonst darauf hin, dass sich in der ailbemen Latinität eine gewisse Manier herausbildete, welche durch die Rhetoren- schulen besonders gepflegt wurde. Daher finden wir viele Wendungen immer und immer wieder, wie z. B. id unum deerat, und eine enge sprachliche Verwandtschaft zwischen Yell. und Val. Max., zwischen Plin. min. und Tac, zwischen Sen. rhet. und phil. u. s. w.).

61. M. Sardsb, Der Sprachgebrauch des Rhetors Ann. Seneca; 2 Progr., Waren 1877 und

1880 (verzeichnet im Anschluss an Draeger, aber im II. Teil in beliebiger Auswahl und ohne die ganze Syntax zu erschöpfen, was ihm bei Sen. rhet. Bemerkenswertes aufgefallen).

62. A. Ajslhbik, De Senecae rhetoris nsu dicendi quaestiones selectae; Darmstadt 1886

(ergftnzt Sander's Arbeiten, indem er nach Draeger's Schema Genetiv, Ablativ, Prftpos., Partiz., Gerund, und Koordination statt Subordination behandelt).

63. A. Hoppe, Über die Sprache des Philosophen Seneca; Progr. von Lauban 1873. 1877

(behandelt im genauen Anschluss an Draeger die Syntax Senecas bis zur E^asuslehre, ohne in den Beispielen erschöpfend sein zu wollen).

64. Havmblrath, Granmiatisch-stilisüsche Beitrftge zu den prosaischen Schriften des L. An-

naeus Seneca; Emmerich 1895, Progr. (enthält zunächst Beobachtungen über gewisse Eigentümlichkeiten im Gebrauch der Tempora und Modi, wo mehrfach die einseitigen Abstellungen von Madvig bekämpft werden; dann ist die Wortstellung Senecas bei einer zwei Satzgliedern gemeinsamen Bestimmung untersucht, dazu vgl. Stilistik § 44).

65. J. Obbrmbibr, Der Sprachgebrauch des M. Annaeus Lucanus; München 1886, Progr. (be-

handelt den Gebrauch der Redeteile, der Kasus, der Tempora und Modi, sowie die Lehre von der Kongruenz und erweist in Lucan den Nachahmer der augusteischen Dichter, der sich aber auch den durch Sali, und Liv. angebahnten sprachlichen Neue- rungen nicht verschlieset).

66. L. Gbasbbrgbb, De usu Pliniano; Wttrzburg 1860 (behandelt nicht alle Teile der Syn-

tax, sondern nur die Kasuslehre, die Moduslehre und den Gebrauch einzelner Rede- teile, ausserdem Stilistisches).

67. J. MüLLBB, Der Stil des filteren Plinius; Innsbruck, Wagner, 1883 (verbreitet sich auch

aber Syntaktisches, insofeme dies mit Satzbau, Kürze und Fülle, Einförmigkeit oder Mannigfaltigkeit des Ausdrucks zusammenhängt).

68. C. F. W. MüLLBR, Kritische Bemerkungen zu Plinius' naturalis historia; Progr., Breslau

1888 (wichtig nicht nur zur richtigen Beurteilung der Sprache des Plinius, sondern für viele syntaktischen und stilistischen Fragen, welche die lat Prosa überhaupt be- treffen).

69. R. TöBKBBLADH, De elocutione Qnintiliani; Upsala 1858 (gibt neben interessanter Ent-

wicklung der Gründe des Verfalls der lat. Sprache wichtiges Material zur Kenntnis des quinti]. Sprachgebrauchs).

70. Fr. Kobtz, Quaestiones grammaticae de lulii Frontini operibus institutae; Diss. von

Münster, Iserlohn 1893 (sucht aus der Sprache Frontins nachzuweisen, dass man das IV. Buch der Strateg. dem Frontin mit unrecht abgesprochen hat. Die Anlage schliesst sich an Draeger's H.S. an, die Beispiele sind gut zusammengestellt dem Zwecke des Buches entsprechend , Vergleiche finden sich selten, benützt ist von syntakti- schen Schriften nur Draeger).

71. A. Brolbn, De elocutione A. Cornelü Gelsi; Upsala 1872 (bringt im 11. Teile das zur

Darstellung, worin CelBUS in syntaktischer Hinsicht von der klassischen Sprache abweicht, wobei insbesondere cUe Lehre von den Partikeln ziemlich ausgiebig aus- gefallen ist).

72. J. Sbobbadb, Observ. gramm. et crit in Petronium; Halle 1880 (während Ludwig in

seiner Abhandlung De Petronii sermone plebejo, Leipzig 1870, nur wenig Syntaktisches beibrachte, wird hier Pleonasmus, Ellipse, Parataxe und Hypotaxe, Asyndeton behan- delt; im U. Teil sind die beiordnenden Konjunktionen, z. B. et, autem, verum etc. in ihrem Gebrauch bei Petron. besprochen).

73. J. P. LAGBResEH, De vita et elocutione Pünii Gaecilii Secundi; Upsala 1872 (beginnt

erst p. 172 den Abschnitt über die Syntax, der dann besonders die Kasuslehre und die Partikeln eingehend zur Darstellung bringt).

74. K. Kraut, Über Syntax und Stil des jüngeren Plinius; Progr., Schön thal 1872 (eine

nach Draeger sorgfältig angelegte und ausgeführte Darstellung in steter Vergleichung der Diktion der früheren Autoren).

75. A. Drabobr, Über Syntax und Stil des Tacitus; III. Auflage; Leipzig 1882 (entspricht

in allen Punkten dem oben über das Hauptwerk gefAllten Urteil ; vorzüglich und zu- verlässig in der Behandlung aller Detailfragen).

208 Lateinisohe Grammatik, d. Syntax.

76. E. WöLFFLnr hat in drei höchst beachtenswerten Artikeln im Philolo^s 25, 26 and 27

die genetische Entwicklung des taciteischen Stiles nachgewiesen und dabei nament- lich auch die Verftnderung auf dem Gebiete der Syntax gründlich beleuchtet).

77. L. 0. EiAER, Sermonem D. Junii Juvenalis certia legibus adstrictum demonstrare conatus

est; Hauniae 1875 (erörtert ausführlich nach Erläuterungen ttber Metrik und Wort- stellung den Sprachgebrauch des Juvenal in syntaktischer Beziehung; dabei wird die Ellipse [p. 108—165] am eingehendsten behandelt» nftchstdem die kopulat. Partikeln).

78. J. Streifingbr, Der Stil des Satirikers Juvenalis; Regensburg 1892, Progr. (behandelt

den Gebrauch der Anaphora, Epiphora, Hyperbel, Antonomasie, Metonymie und Syn- ekdoche).

79. H. Gebbino, De C. Valeri Fkcci dicendi genere quaestiones; Coblenz 1888 (hat zur

Kasuslehre die Beispiele aus Val. Flaccus zusammengestellt und spricht dann ttber Adj. pro Adv. sowie umgekehrt in übersichtlicher, das Wichtige hervorhebender Dar- stellung).

80. P. Bagge, De elocutione C. Suetonii Tranquilli; üpsala 1875 (der I. grössere Teil ist

lexikalischer Art; im IL Teil von p. 74 bis p. 108 wird in der bei den nordischen Abhandlungen beliebten Weise dann ,de ratione syntactica'' gehandelt, wobei jedoch auf die Eigenart des Sueton und seine Stellung in der Entwicklungsgeschichte der lat. Sprache gebührende Rücksicht genommen wird).

81. 0. Gorobs, De quibusdam sermonis Gelliani proprietaübus observationes; Diss., Halle

188^3 (der II. Teil de syntaxi bespricht die Kasuslehre, die Präpositionen, Gradation, Partikeln, Koordination, Subordination etc., vielfach Draeger ergänzend und stets unter herleitender Erklärung der syntaktischen Erscheinung).

82. Ad. Ebbbt, De syntaxi Frontoniana (acta sem. phil. Erlang. II, p. 311—357); Erlangen,

Deichert, 1881 (behandelt knapp die gesamte Syntax mit vielen Vergleichen und Zahl- reichen Zitaten aus früheren Autoren).

83. H. Kretschmann, De latinitate L. Apulei Madaurensis; Königsberg 1865 (spricht erst

im IL Teile der II. Abteilung von der Syntax; dabei werden Pronomina, Partikeln, Präpositionen und Kasuslehre eingehend behandelt).

84. H. Becker, Studia Apuleiana; Berlin 1879 (weist am Gebrauche der Partikeln nach, daas

Apulejus in den Metamorphosen einen ganz andern Stil schreibt als in den übrigen Schriften. Der Nachweis bringt interessantes Detail zur Geschichte der Partikeln).

85. H. KozioL, Der Stil des Apulejus; Wien 1872 (enthält viel S3rntaktisches, namentlich

hinsichtlich des Gebrauchs der Redeteile, ist jedoch sehr weitschweifig angelegt).

86. E. WöLFFLiN, Minucius Felix. Ein Beitrag zur Kenntnis des afrikanischen Lateins,

Archiv VII S. 467 487 (bespricht von S. 476 an wichtige Punkte der Syntax und Stilistik, so besonders Gen. inhaerentiae, Pronomina, Asyndeton u. ä. Die Sprache des Minucius ist ausserdem behandelt von Sbilleb, De sermone Minuciano, Augs- burg 1893; Ploss, Der Sprachgebrauch des M. Felix, Borna 1894; Norden, De M. Felicis aetate et genere dicendi, Greifs wald 1897).

87. Fbrd. Maibb, De Anonymi physiognomonia Apuleio falso adiudicata; Bruchsal 1880

(weist namentlich aus sprachlichen Gründen nach, dass das fragliche Buch nicht von Apulejus verfasst sein kann, wobei auch einiges für Syntax und Stilistik abfällt; vgl. dazu Kelter, Apulei quae fertur physiognomonia quando composita sit, Kiel 1890, Diss.).

88. TnoMi, De Flori rerum scriptoris elocutione; particula I, Frankenstein i. Schi. 1881,

Progr. (zählt im Bereiche dessen, was Draeger H.S. I. Band enthält, die wichtigsten Erscheinungen bei Florus ohne Vergleich und Erklärung auf).

89. K. SiTTL, Die lokalen Verschiedenheiten der lat. Sprache mit besonderer Berücksichtigung

des afrikanischen Lateins; Erlangen, 1882 (dies mit ausserordentlicher Belesenheit in Lltteratur und Inschriften verfasste Werk gibt von p. 92 an Syntaktisches aus der sog. Africitas; sehr bemerkenswert für die Kenntnis der spätem Latinität, wie desselben Verf. und seines Nachfolgers P. Geyer Jahresberichte über Vulgär- und Spätiatein).

90. H. Hoppe, De sermone Tertullianeo quaestiones selectae; Diss., Marburg 1897 (nach

Ansicht des Verf. sind es drei Quellen, aus welchen sich die Eigenart des Stils Ter- tullians herleitet: lingua graeca, sermo forensis, sermo qui Afris in usu erat. Dem- entsprechend handelt er in Cap. I de graecismis Tertulliani, in Cap. II de archaismis Tert. mit Nachweis der lat. Autoren, auf welche Tert. zurückgreift, Cap. IE de africanis- mis Tert., wo er jedoch vielfach zu weit geht, und schliesslich Gap. IV de vocabulis ex iurisconsultorum sermone petitis; vgl. van der Vlibt, Berl. Phil. Woch. 1897 S. 1608).

91. Patristische Studien I— IV zu Tertullian von W. v. Hartel, Wien 1890 (schliessen sich

an einzelne Schriften Tert. an und erklären die wichtigsten Stellen derselben kritisch und grammatisch; dabei fällt viel für die historische Syntax und Stilistik ab, in erster Reihe zur Beurteilung der Sprache Tert., dann des Spätlateins überhaupt).

Einleitung. 209

92. £. W. Watson, The style and langnage of St. Oyprian, in: Studia biblica et ecclesia-

stica, Oxford 1896 (mir nur aus Nobdbn, Antike Eunstprosa II S. 593 Anm. bekannt).

93. Ubba, Meletemata Porphyrionea; Wien 1885 (gehört wegen cap. m observationes ad

syntazin Porphyrioneam pertinentes und cap. lY de quibusdam stili Porphyrionei proprietatibus meher).

94. 6. Landgraf, Über die Latinitftt des Horazscholiasten Porphyrion in Archiv IX S. 549

bis 565 (stellt sich die Aufgabe nachzuprüfen, ob sich die Sprache Porphyrions mit der Annahme verträgt, dass P. spätestens in die erste Hälfte des IH. Säkulums zu setzen sei; die reichhaltige Abhandlung bespricht sehr viel Syntaktisches und Stili- stisches in sachkundigster Weise).

95. G. Landgraf, Zur Sprache und Kritik des Solinus; Bayr. Gymn. -Blätter 1896 S. 400 401

(gibt im Anschluss an die Ausgabe Mommsen's eine Reihe sprachlicher Bemerkungen).

96. A. Wrrth, De Terentiani sermone et aetate; Leipzig 1896 (aus dem XXO. Suppl.-Band

der Neuen Jahrbb.,* die Abhandlung stellt sich die Aufgabe aus einer sorgfältigen Analyse des Sprachgebrauchs des Metrikers Terentianus dessen Lebenszeit zu er- schüessen; das Ergebnis ist, dass Terentian noch nicht so weit in seinen sprach- lichen Freiheiten geht wie Tertullian, dass er aber der Zeit des Gellius angehören kann und wahrscheinlich unter Hadrian geboren ist. Die Beobachtungen sind genau und die Ergebnisse geschickt verwertet).

97. G. Paücker, De latinitate Script bist. Augustae; Dorpat 1870.

98. E. Lbssing, Studien zu den scriptores historiae Augustae; Progr., Berlin 1889 (gediegene

Arbeit, welche neben interessanten Ausblicken auf den Gesamtsprachgebrauch der Script bist. Aug. eine zuverlässige Easussyntax derselben gibt).

99. C. CoTTA, Quaestiones grammaticae et criticae de vitis a Script bist. Aug. conscriptis ;

Breslau 1883 (bespricht im I. Eap. den Gebrauch der Partikeln, d.h. der Adv., Präpos., Eonj. bei den Script bist Aug. eingehend und zuverlässig).

100. J. SoRN, Der Sprachgebrauch des Eutropius; I. Teü Progr. von Hall, Innsbruck 1888;

ü. Teil Laibach 1889 (enthält schätzbares Material zur Ergänzung der Darstellungen der historischen Syntax und eine treffende Charakteristik der Sprache Eutrops unter stetem Vergleich derselben mit der klassischen Sprache und der von Eutrops Zeit- genossen).

101. J. Scbarnagl, De Amobii maioris latinitate part. H ; Progr., Gtörz 1895 (besteht aus

zwei Teilen: B. De syntaxi, C. De orationis genere; der erstere stellt in fiblicher Weise nach den Redeteilen die Haupterscheinungen der Syntax zusammen mit ein- zelnen Hinweisen auf andere Spätiateiner; im H. Teil sind verschiedene stilistische Eategorien behandelt, alles knapp mit signifikanten Beispielen).

102. C. Pauokbr, tJber justinische Syntax; Z. f. ö. G. 1883 p. 321—341 (und dazu Sittl bei

Burs. 1877/83 p. 336 f., nach welchem Justin im HI. Säkulum schrieb und näher dem Ammian als dem Florus oder Sueton steht).

103. W. Hartel, Lucifer von Gagliari und sein Latein; Wölfflin's Archiv HI, 1 p. 1—58

(inhaltsreiche Übersicht übei die Sprache Lucifers in drei Teilen: 1. Lexikalisches, 2. Dekh'nation und Eonjugation, 3. Syntaktisches und Stilistisches; auch der I. Teil enthält schätzbare Winke fOr Syntax und Stilistik).

104. G. Pauokbr, Bemerkungen fiber die Latinität des Grammatikers Diomedes; Berlin 1883,

Calvary (enthält nur einige eingestreute syntaktische Bemerkungen, ebenso die Ab- handlung de latinitate Orosii et de latinitate Eustathii).

105. G. Hassbkstein, De syntaxi Ammiani MarcelMni; Eönigsberg 1877 (bietet auf 55 Seiten

in vielen Beispielen eine Übersicht über die ganze Syntax Ammians mit gebfihrender Würdigung der bei Ammian aus Herkunft, Lebensweise und Zeitalter sich leicht er- klärenden Gräzismen und Vulgarismen).

106. R. Nova'k, Curae Ammianeae; Prag 1896 (diese Ammianstudien haben den Zweck, die

Sprache des Schriftstellers in manchen Beziehungen besser zu beleuchten, daher darf de der Syntaktiker und Stilist nicht unbeachtet lassen; behandelt sind z. B. hene und oppido = valde, prope mit Akk., ob und propter, coepi und coeptus est u. s. w.).

107. H. GöLZRB, ätude lexicographique et grammaticale de la latinit^ de St. Jeröme; Paris,

Hachette, 1884 (nur der lU. Teil dieses äusserst fleissigen Werkes behandelt die Syn- tax, aber unter steter Verweisung auf Draeger in gründlicher, mit vielen Beispielen ausgestatteter Darstellung).

108. Jaxbs Taft Hatfield, A study of Juvencus; Diss. John Hopkins üniversity, Bonn

1890 (nach der IL Auflage der Syntax dieses Handbuchs angelegte Beispielsammlung mit kurzen syntaktischen und stilistischen Bemerkungen, die in grossen Zügen ein Bild der Spracheigentümlichkeiten des Juvencus geben).

109. Emort Bair Lcase, A Syntactic, Stilistic and Metrical Study of Prudentius; Diss. of

Hopkins ünivensity, Baltimore 1895 (im Anschluss an Hatfield's Juvencus, aber ein-

Bandtmch der klva. AltertnmiiwInenBOliaft. II, 2. 8. Aufl. 14

210 Lateinisohe Orammatik. d. Syntax.

gehender und mit grosserer Ber&cksichtignng der früheren Dichter und der sp&Üat Autoren, sowie der einschlägigen Litteratar; die Abhandlung machfc einen gelehrten Eindruck, indes vgl. Wejman in Archiv IX, 614).

110. H. ScHKBiDEB, Die Kasus, Tempora und Modi bei Gommodian; Erlangen 1889, Diss.

(zeigt den Verfall der Sprache und die Herausbildung der romanischen Sprachen aus dem Vulgärlatein an drei ausgewählten Kapiteln der Syntax unter steter Berufung auf Dombart's vortreffliche Ausgabe).

111. Fr. Tbump, Observationes ad genus dicendi Claudiani eiusque imitationem Vergilianam

spectantes; Breslau 1887 (gibt im I. Teil die Hauptpunkte der Syntax Glaudians be- züglich Kasuslehre und Infinitiv in steter Vergleicnung mit den früheren Dichtem).

112. Fr. Kaulen, Handbuch zur Vulgata, Mainz 1870, Heiss, Beitr. zur Gramm, der Vulg.,

München 1864, Loch, Materialien zu einer lat. Gramm, der Vulg., Bamberg 1870, Ph. Thielhakn, Zu der Vulg., Philologus 42 p. 819—378, enthalten manchen schätz- baren Wink für die historische Syntax, namentlich Kaulen, der auch auf die übrigen Schriftsteller eingeht).

113. H. GöLZBR, Grammaticae in Sulp. Severum observationes potissimum ad vulgarem

latinum sermonem pertinentes; Paris 1883 (untersucht im HI. Teile die Syntax des Sulp. Sev. namentlich auf ihre vulgären Elemente hin mit scharfem Blicke und sorg- fältiger Verwertung der Vorarbeiten).

114. A. LöNKERORBN, De syutaxi Sulp. Severi; üpsala 1882 (in zwei Teilen, wovon der erste

die syntaxis nominum, pronominum, verborum, particularum gibt, der zweite de casibos, temporibus, modis, secundariis enuntiationibus unter steter Verweisung auf Draeger, Külmer und Kühnast abhandelt. Das Ganze vermittelt uns ein anschauliches Büd der Sprache des Sulp. Severus).

115. M. Müller, De Apolfinaris Sidonii latinitate observationes ad etymologiam, syntaxin,

vocabulorum apparatum spectantes; Halle 1888 (behandelt im II. Teile eingehend die Lehre von den Kasus, den Präpositionen und den Partikeln, bespricht dann einiges vom Gebrauch der Pronomina und schliesst mit einer kurzen Darstellung der Syntax des Partizipiums und des Infinitivs).

116. H. Kretschiiaiik, De latinitate C. Solli Apollinaris Sidoni; pars U; Memel 1872 (be-

schränkt sich auf wenige syntaktische Notizen, die quasi appendicula ad complendam commentationem p. 18 20 einem ziemlich genauen Aufsatz über die copia verbonim angehängt sind und auf Kasuslehre, Präpositionen und Infinitiv sich beziehen).

117. A. Enoblbreoht, Untersuchungen über die Sprache des Glaudianus Mamertos; Wien

1885 (will die Stellung, welche Claud. in der Geschichte der lat. Sprache einninunt, charakterisieren. Am meisten gewinnt dabei das Lexikon, doch bespricht E. auch manches Syntaktische).

118. K. RossBEBO, Materialien zu einem Kommentar über die Orestis tragoedia des Dracontius;

Hildesheim 1888 (enthält schätzbares Detail über Syntax und Stil des spätlat. Dich- ters und damit über Spätlat überhaupt).

119. G. Bednabz, De universo oratiom's colore et syntaxi Boethii; Breslau 1883 (unbedeu-

tende Abhandlung, die aber doch einiges für Syntax, Wortstellung u. ä. abwirft trotz der im ganzen richtigen Kritik in W. f. klass. Phil. 1 p. 145).

120. M. Zink, Der Mytholog Fulgentius. Ein Beitrag zur röm. Litteraturgeschichte und zur

Grammatik des afrikanischen Lateins, H. Teil: Die Latinität des Fulgentius; Würz- burg 1867 (geht nach einer allgemeinen Charakteristik der Sprache des Fulg. über zu einer kurzen Besprechung der Formenlehre und einer ausführlicheren Darlegung der syntaktischen Anomalien und stilistischen Eigentümlichkeiten des namentiich von Gräzismen und Neologismen wimmelnden Schriftstellers).

121. A. Haberda, Meletemata Serviana; Progr., Bi'ünn 1895 (enthält nur vier Seiten über

Syntax, wo Präpositionen, Pronomina, Infinitiv u. ä. bei Servius kurz behandelt werden).

122. J. Stix, Zum Sprachgebrauch des hl. Hilarius von Poitiers in seiner Schrtft de trinitate;

Progr.. Rottweil 1891 (zeigt im Anschluss an ausgewählte Stellen, wie Hilarius den substantivierten Infinitiv, die Negationen, Adverbien als Attribut u. s. w. gebraucht).

123. G. ScHEPSS, Die Sprache PrisciUians, in WölfElin's Archiv HI p. 809—328 (enthält von

p. 816 324 Syntaktisches und Stilistisches des unter die spanischen Schriftsteller zu rechnenden Autors).

124. pH. Tbielmann, Über Sprache und Kritik des lat. ApoUoniusromans; Progr., Speier 1881

(verzeichnet syntaktische Eigentümlichkeiten der genannten spätlat. Schrift mit Rück- sicht auf den Gebrauch der Yulgata und unter Nachweisung, dass die hier gesuchten Gräzismen vielmehr meist Vulgarismen sind).

125. M. TscHiASSNY, Studia Hyginiana; Wien 1888 (sucht mit eingehender Besprechung der

wichtigsten syntakt. Erscheinungen bei Hygin nachzuweisen, dass dieser Schriftsteller nicht einmal dem silbernen, geschweige dem goldenen Zeitalter zugeteilt werden

Einleitung. 211

darf; vgl. daza Dibtzb, Qnaestiones Hyginianae, Kiel 1890, wonach die Fabeln des Hygin eine fiberarbeitete Übersetzung ans dem Griechischen sind).

126. W. Kalb, Das Joristenlatein. Yersnch einer Charakteristik auf Grundlage der Digesten ;

Nflmberg 1888 (will den Begriff ^ Juristenlatein* an einer Auswahl und Zusammen- stellung des jedem Pandektemeser Bekannten geben; enthält viel interessantes Detail, namenüich aus dem Eurialstil; vgl. id., Über die Latinität des Juristen Gains, in WöMQin's Archiv I p. 82—93).

127. W. Kalb, Roms Juristen nach ihrer Sprache dargestellt; Leipzig 1890 (weist nach,

dass man genau scheiden muss, was allen Juristen zukommt und was aus SiCit und Individualität des einzelnen herzuleiten ist; er bespricht dann die Pandektenjuristen nach ihrer Sprache mit genauer Berficksichtigung von Yulgarismen, Archaismen, Gräzismen, A^zismen u. s. w.; vgl. Wölfflin, &it. Viertel jahrsschrift XIY N. F., 8. 161 ff., £. Th. Sohvlzb in Zeitschrift der Savignystiftung fttr Rechtsgeschichte XU Rom. Abt S. 100, meine Anzeige in Neue Jahrbb. 1891 S. 215 ff.).

128. H. Lbipold, Über die Sprache des Juristen Aemilius Papinianus; Passau 1891 (weist

im Gap. I nach, dass P. sich Gicero und Quintilian zum Muster genommen hat ; im Gap. n verfolgt er in einer Anzahl von Archaismen und Afrizismen die Spuren seiner Heimat, bespricht dann in Gap. III die eigentlichen Papinianismen und bringt schliess- lich in Gap. IV den Nachweis, dass die meisten der kaiserlichen Reskripte im God. Justin, von Papinian stilisiert sind).

129. E. Mbinhold, Ammadversiones in Justiniani institutiones; Diedenhofen 1887 (will nach-

weisen, dass Dorotheus weniger elegant schrieb als Theophilus, und charakterisiert die Diktion beider namentlich mit Rücksicht auf den Georauch der Konjunktionen, Tempora und Modi).

130. E. Gbvpe, Zur Latinität Justinians, Zeitschrift der Savignystiftung für Rechtsgeschichte

XIV Rom. Abt. S. 224^237, XV S. 327—342 (enthält lexikalische und syntaktische Bemerkungen; der Name Justinian ist flberall als Sammelname zu betrachten).

131. P. Gbtbr, Beiträge zur Kenntnis des gallischen Lateins, in Wölfflin's Archiv II p. 25

bis 47 (bringt wichtige Beobachtungen fOr die Präpositionen und Pronomina in ihrem Übergang ins Romanische).

132. £. Wölfflin, Über die Latinität der Peregrinatio ad loca sancta, Archiv IV p. 259—276

(betont besonders die Veränderung im Gebrauch der Partikeln im Spätlatem und gibt ausserdem syntaktische Merkwürdigkeiten dieser eigentümlichen Schrift); vgl. dazu Gbtsb, Archiv IV p. 611—615.

133. P. Gkybb, Kritische Bemerkungen zu S. Silviae Aquitanae peregrinatio ad loca saitcta;

Progr., Augsburg 1890 (ergänzt vielfach die Behandlung der Sprache der peregrinatio von WOlfflm und Geyer in Arch. IV, indem die Kritik durch scharfe sprachliche Be- obachtungen besonders auf dem Gebiet des gallischen Lateins gestutzt wird).

134. H. ZniMBBBB, Declamatio in L. Sergium Gatilinam. Eine Schuldeklamation aus der römi-

schen Kaiserzeit; Mflnchen 1888 (enthält im III. Kapitel ,Zur Textkritik* einige wert- volle Bemerkungen ttber spätere Latinität).

135. G. Hamxbb, Beiträge zu den 19 grösseren Deklamationen; München 1893, Progr. (be-

gründet mit sorj^tigen Beobachtungen über den Sprachgebrauch der grösseren De- klamationen des Verf. kritische Ansichten über die Zeit und den Text der Deklama- tionen, z. B. quia für Acc. c. inf. haben sie noch nicht, tamquam gebrauchen sie wie Tacitus u. ä.).

136. P. Getbb, Kritische und sprachliche Erläuterungen zu Antonini Piacentini Itinerarium;

Augsburg 1892 (wirft interessante Streiflichter auf die Latinität dieser spätlat. Reise- beschreibung).

137. G. BbÜknbbt, Sprachgebrauch des Dictys Gretensis; I. Teil: Svntax; Progr., Erfurt 1894

(nach Draeger's H.S. angelegte Abhandlung, welche auf 2y Seiten knapp die Haupt- eigentfimlichkeiten der Syntax und Stilistik registriert und dabei auf andere Autoren, so besonders Sali, und me nachlivianische Prosa, Rücksicht nimmt).

138. G. Koffmaitb, Geschichte des Ejrchenlateins; Breslau 1879 und 1881 (bis jetzt nur

1 Band in 2 Heften; beschäftigt sich im Gap. V mit den syntaktischen Eigentümlich- keiten der Kirchenn^rache p. 116 142 unter Beachtung des griechischen, vulgären und archaistischen Einflusses).

139. O. Haag, Die Latinität Fredegara; Erlangen 1898 (enthält im IH. Teil eine übersicht-

liche Zusanmienstellung der wichtigsten Eigentümlichkeiten aus Syntax und Stilistik Fredegars. Gregliedert ist die Darstellung in folgender Weise: 1. Die Kasus, 2. die Verwendung der Präpositionen, 3. Pronomen, 4. Verbum; die Anzeichen des romani- schen Sprachgebrauchs sind überall sorgfältig angemerkt).

140. M. Bovvwt, Le Latin de Gr^goire de Tours; Paris 1890 (Hauptwerk für die Kenntnis

des Spätlateins: unentbehrlich für jeden Latinisten. Die Syntax ist sehr sorgfältig

14*

212 Lateinische Chrammatik. d. Syntax.

behandelfc, denn c'est la syntaxe, qui s'^loigne le plus du latin classique; il n'est

!»r58 que pas une ligne qn'on pourrait faire passer poor öcrite ä la bonne ^poqne S. 751). VgJ. meine Besprechung in Yollmöller's Eni. Jahresber. fOr 1890 S. 64).

Sehr wichtig sind ferner:

141. Ed. WöLFPLiN, Zum Vulgärlatein, im Philol. XXXIV, p. 137—165. Dieser Aufsatz war

grundlegend ftlr die Spezialuntersuchungen auf dem Gebiete des Vulgftrlateins.

142. 0. Beblino, Versuch einer Charakteristik der römischen Umgangssprache. IL Abdruck.

Kiel ] 882, Lipsius & Tischer (enthiüt manche sch&tzbare Bemerkung zur Beurteilung auffallender Konstruktionen). 148. A. y. GuEBiCKE, De linguae vulgaris reliquüs apud Petronium et in inscriptionibas parietariis Pompeianis; Diss., Gumbinnen 1875 (weist im IL Teil von p. 50 an geradezu monströse Erscheinungen auf syntaktischem Gebiete aus Inschriften auf).

144. Hebk. Rönsoh, Itala und Vulgata. Das Sprachidiom der urchristlichen Itala und der

katholischen Vulgata unter Berttcksichtigung der römischen Volkssprache durch Bei- spiele erklärt Marburg und Leipzig 1869 (der IV. Teil „Besonderheiten der gramma- tischen Struktur'' behandelt in drei Rubriken „Idiotismen, Gräzismen und Hebraismen" die syntaktischen Eigentttmlichkeiten der Itala und Vulgata in reicher, auch die In- schriften beiziehender Darstellung).

145. H. RöNSCH, Semasiologische Beiträge zum lat. Wörterbuch; I. Heft: Snbstantiva; IL Heft:

Adiectiya und Pronomina, Adyerbia und Adverbialia; ÜI. Heft: Verba; Leipzig 18S9 (trotzdem die Beiträge zur lexikographischen Litteratur gehören, darf sie der Syn- taktiker und Stilist nicht übersehen; namentlich das U. Heft bietet yiel interessantes Detail, z. B. quanti = qtiot, quisque = quicunque, est quando = interdum, itane = num u. ä.); ygl. auch Rönsch's Collectanea phüologa ed. G. Waoeneb, Bremen 1891.

146. E. WöLFFLiN, Die Inschrift der Golumna rostrata, München 1890; Die Dichter der

Scipionenelogien, München 1892; Die Scriptores historiae Augustcie, München 1891; Neue Bruchstücke der Freisinger Itala, München 1893; Benedikt von Nursia und seine Mönchsregel, München 1895, ygl. dazu Archiy IX S. 493 : Die Latinität des Benedikt yon Nursia; Epigraphische Beiträge U, München 1896 (lauter Vorträge aus der Bayr. Akad. d. Wiss., welche yiel Syntaktisches und Stilistisches enthalten; in den Epi- graphischen Beiträgen U ist die Sprache des Augustus im Monum. Ancyranum be- handelt).

147. 0. Kelleb, Zur lat. Sprachgeschichte. H. Teil: Grammatische Aufsätze; Leipzig 1895

(enthält einiges zur Syntax Gehöriges, so besonders zur Easuslehre: Ablatiy).

148. La Planta, Gnunmatik der oskisch-umbrischen Dialekte; Strassburg 1897 (enthält im

IL Bande yon S. 407 490 einen kurzen Abriss der Syntax, der jedoch umsichtig be- arbeitet und wohl im stände ist, uns in der Syntax der oskisch-umbrischen Dialekte zu orientieren).

Für die Methode:

149. Ph. Weoeneb, Untersuchungen über die Grundfragen des Sprachlebens; Halle 1885

(neben Paul wichtig für die psychologische Beobachtung der Spracherscheinungen).

150. H. Paul, Prinzipien der Sprachgeschichte. HL Auflage. Halle 1898 (besonders wichtig

sind in diesem für jeden Sprachforscher unentbehrUchen Buche die Kapp. V, VI, VII, XVI über Analogie, die syntaktischen Gmndyerhältmsse, Bedeutungswandel auf syn- taktischem Gebiet und Verschiebung der syntaktischen Gliederung).

151. B. Delbbück und E. Windisch, Syntaktische Forschungen. Teil 1 5. Halle, Waisen-

haus, 1871—1889 (besonders wichtig Band 1 »der Gebrauch des Eonjunktiys und Optatiys im Sanskrit und Griechischen*, sowie Band 5 „Altindische Syntax*).

152. B. Delbrück, Vergleichende Syntax der indogermanischen Sprachen. Erster Teil: 1893.

Zweiter Teil: 1897. Strassburg, Trübner (grundlegendes Werk yon heryorragender Be- deutung; die Lehre yom zusammengesetzten Satze steht noch aus).

153. E. Brugmann und F. Strbitberg, Indogermanische Forschungen (bis jetzt in 8 Bänden

erschienen ; mit wichtigen Beiträgen yon Herbig, Wackernagel u. a., namentlich aber yon Brugmann).

154. G. GuRTius, Erläuterungen zu meiner griechischen Schulgrammatik; Prag, Tempsky

1870.

155. J. JoLLY, Schulgrammatik und Sprachwissenschaft; München 1874 (gibt yon p. 72 an

einige Gesichtepunkte für die Behandlung, namentlich auch für die Einteilung der Syntax nach der historisch-komparativen Methode).

156. H. Ziemer, Junggrammatische Streifzüge im Gebiet der Syntax. IL Auflage. Colberg,

Post'sche Buchhandlung, 1883 (besteht aus zwei Abschnitten: a. zur Geschichte der

Einleitung. 213

jnnggrammaÜBchen Litterator, b. das psychologische Element in der Bildung syntak- tischer Sprachfonnen; hier wird nicht ohne Geschick die jonggrammatische Methode auf die Syntax angewendet, und , Sprachfehler" oder auch , falsche Bildungen" werden in ihrer Berechtigung nachgewiesen).

157. John Ribs, Was ist Syntax? Ein kritischer Versuch. Marburg 1894 (bis jetzt nicht

genug beachtete Schrift, welche die drei Hauptarten syntaktischer Werke kritisch be- leuchtet, dann die Stellung der Syntax im BAhmen der Gesamtgrammatik betrachtet, und schliesslich eine Disposition der S^tax versucht. Die Bemerkungen über das Verhältnis von Syntax und Stilistik smd durchaus zutreffend, vgl. Einleitung zur Stilistik; die Disposition meiner Syntax, gegen die auch Bonnet, Le Latin de Grog, de Tours S. 495 Anm. Einspruch erhob, ist jetzt namentlich nach Ries geändert. Vgl. jedoch auch BaüOMAim, Griech. Gramm. S. 363 f.).

158. O. Weiss, Charakteristik der lat. Sprache; Leipzig 1891 (behandelt 1. Sprache und

Volkscharakter, 2. Sprache und Eulturentwicklung, 3. die Sprache der Dichter, 4. die Sprache des Volkes, alles in ansprechender Weise; 11. Auflage unter der Presse).

Reichhaltige Kommentare, zum gr5ssten Teil unentbehrlich fUr den Syntaktiker, sind:

Lorenz und Brix-Niemeter zu Plautus, Spenoel und Meissner, sowie Dziatzko-Haitler zu Terenz, Laobmann zu Lucrez, Kbil zu Gato und zu Varro, Riese zu Gatull, Marx zu rhet. ad Her. (Einleitung und Index), WOlfflin zum b. Afr., Landgraf zu Giceros Rosciana, G. F. W. Müller zu Gic. off., Madyio zu Gic. de finibus, Kühner zu Gic. Tusc, hauptsächlich Seyffert-Müller zu Gic. Laelius, Stürenburo zu Gic. p. Archia, NippEBDEY-LuPUS zu Nopos, Hofhann-Andresen, Hofkann- Lehmann und Süffle- Böckel zu Gic. epp., Eritz und Fabri, sowie Dietsoh zu Sallust, Weissenborn, H. J. Müller, Wölfflin, Moritz Müller zu Livius, Fbitzschb zu Horaz' Satiren, Eibsslino zu Horaz, Rothstein zu Properz, Sudhaus zum Aetna, Vollmer zu Statins, Mützbll zu Gnrtius, Nifferdbt-Andresen und Drabger-Becher, sowie Baumstark und Heraeus zu Tacitus, Dedebich zu Dictys Gretensis, Bünemann zu Lactanz, Buechelbr zur Anthologia Latina.

Viel Syntaktisches besprechen auch

Krebs-Alloater-Schmalz im Antibarbarus*, dann die stilistischen Werke von NXgels- BACH-MüLLER, Hand-Sohmitt, Klotz, Haaokb, Grtsar, Bouterwbk, Seyffert in der Palaestra Giceroniana und in den Scholae latinae; ebenso bietet die musterhaft gründ- liche Neubearbeitung von Neue's Formenlehre durch G. Wagbnbb (Berlin 1888—1897, Calvary) reiche Stellensammlungen zu einigen Punkten der Syntax und Stilistik, so zur Lehre vom Partizip, von der Goniugatio periphrastica, vom unveränderlichen Inf. Fui Act., zum Gebrauch des Pass. von quea und possum bei pass. Inf., zu quisquis und quisquCf zur Form der Konjunktionen u. &.; sehr wichtig sind auch die Indices der Wiener Ausgabe der lat. Eirchenschriftsteller.

Bezüglich der Abhängigkeit der Autoren von anderen sind u. a. folgende Schriften zu veigleichen:

A. ZiNGEBLB, Ovid und sein Verhältnis zu den Vorgängern und gleichzeitigen römischen

Dichtem; Innsbruck 1869—1871, 3 Teile. A. ZiNGBBLB, Martials Ovidstudien; Innsbruck 1877. ^iTZ, De fixis poetarum latinorum epithetis; Elberfeld 1890. G. Schönfeld, De Taciti studüs Sali.; Leipzig 1884.

W. Heraeus, Vindiciae Livianae I; Hannover 1889 (Tacitus wenig Nachahmer von Livius). H. ScHiEAUs, Tacitus ein Nachahmer Vergils; Bamberg 1887. M. ZuocEBHANN, Do Tacito Sen. phil. imitatore; Breslau 1889.

A. EoEN, De Floro historico elocutionis Taciteae imitatore; Münster 1882. Th. Webthbb, De Persio Horatii imitatore; Halle 1883.

M. Hebtz, Aulus Gellius imd Amm. Marcellinus (opusc. Gell. p. 146 201).

B. Amann, De Gorippo prior, poet. lat. imitatore; Oldenburg 1888.

B. Deipsbb, De P. Papinio Statio Vergilii et Ovidii imitatore (= Diss. Argent. V, 1881).

J. Groesst, Quatenus Silius a Vergilio pendere videatur; Halle 1887.

H. Michael, De Ammiani Marcellmi studüs Giceronianis; Breslau 1874.

8. Brandt, De Lactantii apud Prudentium vestigiis; Heidelberg 1894 (Gvmn.-Festschrift).

Bbbidt, De Anrelio Prudentio Glemente Horatii imitatore; Diss., Heidelberg 1887.

214 Lateinisohe Grammatik« d. Syntax«

Vorbemerkungen«

1. Die Syntax ist der dritte Hauptteil der in Lautlehre, Wortlehre und Syntax zerfallenden Grammatik.

2. Die Syntax behandelt die Verbindung der Worte zu neuen Ein- heiten oder die Wortfügung.

3. unter allen Wortfügungen ist die wichtigste der Satz; so hat sich denn auch die Syntax vorzugsweise mit dem Satze zu beschäftigen und der Hauptteil der Syntax ist die Satzlehre.

Anmerkung. Die Übrigen WorfcfDgongen ausser dem Satze werden im Anschlnss an die Satzlehre behandelt.

4. Wortarten und Wortformen werden in der Satzlehre nur in- soweit berücksichtigt, als von ihnen die Natur der syntaktischen Gebilde

berührt wird.

Anmerkung. Die Lehre vom Gebrauch der Redeteile ist daher ans der Satzlehre ausgeschieden und der Stilistik zugewiesen. So erklärt sich auch, dass substantivierte Parti- zipien zum Teil in der Satzlehre 184), zum Teil in der Stilistik 4) behandelt sind; vgl. Umleitung zur Stilistik.

5. Satz ist der Ausdruck eines Gedankens mit Hilfe eines finiten (aus- gedrückten oder zu ergänzenden) Yerbums. Unter Verbum finitum ver- stehen wir eine im Indikativ, Konjunktiv oder Imperativ stehende Verbalform.

6. Durch die Sätze teilen wir andern mit,

a. was wir thun oder denken oder auch was wir wahrnehmen,

b. was wir von ihnen wissen wollen,

c. was wir von ihnen gethan wissen wollen. Damach gliedern sich die Sätze in

a. Behauptungssätze,

b. Fragesätze,

c. Aufforderungssätze.

7. Zwei oder mehrere Sätze können, ohne dass einer seine Selb- ständigkeit aufgibt, verbunden werden: MuUi Britanni frumenta non serunt^ sed lade et carne vivunt Eine solche Satzverbindung nennt man Satz- beiordnung.

Es kann aber auch ein Satz von einem andern abhängig gemacht werden: daraus entsteht die Satzunterordnung. Der selbständig blei- bende Satz heisst Hauptsatz, der abhängig gewordene Nebensatz. Aus Quid vis? obscurum est wird quid velis, obscurum est

Im Gegensatz zur Beiordnung und Unterordnung heisst der Satz an sich einfacher Satz.

L Von den Teilen des Satzes.

A. Vom Prädikat und Subjekt.

8. Der einfache Satz ist entweder vollständig oder unvollständig. Vollständig heissen diejenigen Sätze, welche ein Verbum finitum ent- halten: venio, manete, pluit

Unvollständig aber sind Sätze ohne Verbum finitum: omnia prae- clara rara.

Yorbemerknngen. I. Von den Teilen des Satzes. (g§ 1—10.) 215

9. Das Yerbum finitum fehlt manchmal in der Umgangssprache, so besonders bei Plaut. Cato Ter. ; doch sind es nur gewisse Kategorien von Verben, die leicht wegfallen, so die verba dicendi, dann facere, agere, ire, venire^ überhaupt die Yerba der Bewegung und die des Geschehens ; z. B. Ter. Ad. 44 iUe contra hctec omnia (sc. agit); ib. 100 quorsum istuc (sc. dids oder perünef)? Yerba, die sich aus dem Zusammenhang leicht ergänzen, bleiben oft weg, z. B. Ter. Ad. 157 numqtuiin, dum ego adero, hie te fanget. Ego istam invitis omnibus (sc. tangam).

Wenn auch diese Auslassung des Prädikats vorzugsweise dem Dialog und dem Briefstil angehört und sich daher ausser bei Cato und den Komikern in den Briefen Giceros und zwar namentlich in den an Atticus gerichteten, sowie in Plin. epp. und in Giceros philosophischen Schriften findet, 80 dient sie zuweilen doch auch dazu, der feierlichen Rede den Charakter nachdrücklicher Kürze zu geben. Caesar, Sali, und Yell. kennen diese Ellipse nicht, die übrigen Historiker scheinen sie auf die Reden zu beschränken; nur Tacitus macht nach dem Yor bilde des Plin. mai., bei dem überhaupt Ellipsen aller Art beliebt sind, umfassenden Gebrauch da- von; z. B. Tac. ann. 4, 57 tandem Caesar in Campaniam (sc. profedtis est). Ihm schliessen sich die folgenden Historiker an, z. B. Florus 1, 3, 6 nee diu in fide Albanus (sc. mansü), auch manche christliche Schriftsteller wie Lact., z. B. I 89, 3 insipienter id quidem (sc. fecit), Juvenc. und Prudent.

Anmerkung. In Inschriften, auch im Osk.-Umbr., finden wir ausser anderen Ellipsen oft auch die des Verb, finitum; dies liegt in der Natur der Inschriften, welche vor allem nach Kürze streben, begründet.

10. Das Yerbum esse wird neben potis und pote häufig ausgelassen bei den Komikern, bei Catull, Verg., Hör., Prep., z. B. Catull 45, 5 qui pote = qui potestj ebenso bei nachklass. Dichtem wie Persius und Martial; in Prosa bei Varro, auch bei Cic. Att. 4, 13, 2 rescribes ad nie quantum pote, im b. Afric. 54, 4 quantum pote und dann bei den Archaisten Apul. und Fronte, z. B. p. 13, 1 N. si pote.

Im übrigen ist die Ellipse von esse viel weniger häufig, als man glaubt; sie findet sich

a. im Indikativ in Sprichwörtern und Sentenzen; sonst beschränkt sie sich in der alten und der klass. Sprache (auch bei Catull) auf gewisse Formeln der Umgangssprache, z. B. minime mirum, ferner auf Formeln des Übergangs, z. B. Cic. Lig. 11 haec admirabilia, sed prodigii simile est quod dicam, auf Ausruf und Beschreibung. Bei Sali., den augusteischen Dichtern, besonders bei Yergil, wird sie häufiger, hier gibt sie fast immer der Rede den Charakter der äussersten Schroffheit, auch bei Livius und hauptsächlich bei Tacitus ; im ganzen wird aber est, sunt öfters ausgelassen als erai, erant, fuit u. ä. Lässt schon Plaut, manchmal im Nebensatz est, sunt u. ä. aus, z. B. Amph. 575 optas quae facta und 573 res uti facta dico, so finden wir diese Ellipse auch bei Cicero und Sali., doch in nicht auf- fälliger Weise, vgl. Sali. Jug. 79, 4. Aber bereits bei Varro treffen wir recht harte Ellipsen, z. B. 1. lat. 5, 58 qui Castor et Follux (sc. sunt), bei Dichtern, namentlich bei Ovid, z. B. Met. 3, 722 at te, quia femina, rebar a ferro tutam, Verg. Aen. 11, 821, bei nachklass. Dichtern, z. B. bei Statins,

216 Lateiniflohe Qramiiiatik. d. Syntax.

vgl. Silv. 1, 1, 14, dann bei Tac, auch bei Gurtius und Fronto, ebenso bei christlichen Schriftstellern, wie bei Prudentius, z. B. P. 5, 39 qui solus ac verus Dens;

b. im Konjunktiv wohl in allen Zeiten im Ausruf, z. B. betie tibij feliciter (sc. sitl). Im Nebensatz hat Cicero wohl nur im indirekten Frage- satz sich die Ellipse gestattet, z. B. Fam. 3, 11,2 facta necne facta largiüo^ ignorari potest, ebenso von den Dichtern Ovid, z. B. Met. 3, 722 tVfe, quis Actaeon, nescit. Öfters wendet sie Tac. an, aber gewöhnlich nur, wenn ein anderer Konjunktiv folgt.

Die Sprache Caesars enthält sich aller dieser Auslassungen.

Anmerkung. Die Form esae fehlt beim Inf. Fat Akt. gewöhnlich (vgl. § 29, c and PosTOATE, Indogerm. Forsch. lY, S. 252), bo schon im Altlatein, doch weniger bei Plaatns als bei Ter., oft in Gic. Schriften, namentlich in den epp. und in epp. an äcero, sehr oft bei den Historikern (z. B. immer bei Nepos, ebenso bei Vitrav), im eolbemen and im späten Latein; das Gleiche gilt für das Gerundiv mit esse, wo bereits Piautas regelmfissig esse weglässt, ebenso fttr den Inf. Perf. Pass.; vgl. hiezu § 162. Die Ellipse von fuisse beim irrealen Infinitiv hat Livius zuerst, z. B. 23, 2, 5, dann Yal. Max., am häufigsten Tac, ver- einzelt auch Gurt, und Sueton. Weniger auffällig ist die Fllipse von fuisse da, wo ein andrer Inf. Perf. nachfolgt, z. B. liv. 1, 39, 5 serva natum eum (sc. fuisse) parvumque ipsum servisse.

11. Oft wird im Lateinischen ein Yerbum finitum gesetzt, wo es uns überflüssig erscheint, so namentlich in der Antwort auf eine Frage; z. B. Plaut. Trin. 70: numquis est hie alius praeter me atque te? Nemost (uns ge- nügt „niemand*^); ebenso Cic. Sest. 105 num vos exisUmatis Gracchos ullum unquam in contione habui^se conductum? Nemo habuit.

Anmerkung. So wird auch der Infinitiv esse, offenbar in Anlehnung an den griechi- schen Sprachgebrauch, oftmals in pleonastischer Weise von Cicero verwendet, z. B. Acad. 1, 19 corporis dlia ponehant esse in toto, cUia in partibus; vgl. Stanol, Tulliana, München 1897, S. 17.

12. Jedes Yerbum finitum enthält eine Verbalperson und damit zu- gleich das Subjekt.

Doch kann das Subjekt auch durch ein besonderes Wort, das Sub- jektswort, ausgedrückt werden. Subjektswort kann jedes Nomen sein; das Subjektswort steht immer im Nominativ.

Anmerkung. Wenn das Subjekt in einem anderen E[asus als im Nominativ er- scheint, so ist eine der Volkssprache eigentümliche Angleichung daran schuld; diese finden wir auch im Deutschen; so hörte ich in einer Mathematikstnnde von einem Schüler: ^Den grössten Wert, den x annehmen kann, ist a^. Hier hat das Yerbum annehmet^ als der dominierende Begriff auch das Subjekt des Hauptsatzes in den Bereich seiner Herrschaft gezogen. Im Lateinischen finden wir Beispiele für diese Angleichung schon bei Plaut und Ter., bei Gato, Varro, bei Verg., z. B. Aen. 1, 573 urhem, quam statuo, vestra est, im silbernen Latein, z. B. Sen. Herc. Oet. 411 hunc, quem vides, levis est, oft im Spätlatein, z. B. Firm. Mat. err. prof. 2, 5 u. 18, 6 iUum, quem despids pauperem, largus et dives est; Peregrinatio 57, 6 fabricam, quam vides, ecclesia est; Gregor. Tur. mart. 66 lapidem, quetn movere vix poterant, delatus est; andere Beispiele aus dem Spätlatein hat P. Geyeb, Anton. Plac. Itin. S. 42. Vgl. aus dem Griechischen: Soph. Oed. rex 449, Selon sl^ i«vt6v 10, 9 (Stoll) und Froh- BERGER zu Lysias 19, 47. Wenn sonst im SpäÜatein, z. B. bei Greg. Turon., das Subjekts- wort im Akkusativ steht, so ist der Schriftsteller aus der Konstruktion gefallen.

13. Subjektswort zur Verbalform der ersten und zweiten Person sind die persönlichen Pronomina ego, tu, nos, vos. In der Umgangssprache werden diese oft zum Verbum finitum gesetzt, wo sie entbehrlich er- scheinen; so sagt Cicero zu Plancus: sds profecto, aber Plauens zu Cicero: scis tu, mi Cicero,

Gewöhnlich werden die Personalpronomina nur gesetzt, wenn das

L Von den Teilen des Satzes. (§§ 11—15.) 217

Subjektswort besonders hervorgehoben werden soll; dies zeigt sich be- sonders im Gegensatz, z. B. ego reges eieci, vo$ tyrannos introducitis.

Ausserdem stehen sie, wenn die Beschaffenheit einer Person hervor- gehoben werden soll, z. B. Cic. Phil. 2, 51 ei tu apud patres conscriptos contra me dicere ausus es? femer oft in Antworten, z. B. Cic. Att. 16, 3, 1 tu vero sapienter, auch um die beliebte Zusammenstellung von Pronomina zu ermöglichen, z. B. Cic. Rose. Am. 1 credo ego vos, iudices^ mirari^ schliess- lich als gemeinschaftliches Subjekt von Haupt- und Nebensatz, z. B. Cic. Cat. 1, 20 ego si hoc opUmum factu iudicarem^ unius usuram horae gladiatori isti ad vivendum non dedissem.

14. Subjektswort zur Verbalform der ersten und zweiten Person kann aber auch jedes Nomen sein, so besonders Eigennamen; vgl. Nep. Them. 9, 2 Themistocles veni ad te (Thucyd. 1, 137 QefiiCroxX^g rjxo) nagce (fä), vgl. noch Hannihal peto pa^em^ Sen. suas, 5, 2 nunc Athenae vincimur^ aber auch andere Nomina, z. B. Cic. Yerr. 5, 68 omnes audistis, plerique nostis, poetae Lat. min. lY, 120 B. si quis hdbens nummos venieSy exibis inanis, Cic. Lig. 33 Ms non nulli minabamur; vgl. auch § 20, c.

Anmerkang. Manchmal finden wir anch bei Eigennamen die dritte Person, indem der Sprechende sich selbst objektiyisiert, so in Briefen, z. 6. Plant. Amph. 676 Amphitruo uxorem scUtUat, anch in Grabschriften, z. B. Tib. 1, 3, 55 ?tic iacet TtbuMus (aber Oyid: in- genio perü Naso poeta meo), anf Weiheinschriften neben der ersten Person, z. B. Anthol. 867 itram Cammarius poauit, aber 869 7wc dedico Perpetuvts, oder in nachlässiger Schreib- weise, K. B. Yatinius bei Cic. Farn. 5, 9, 1, schliesslich anch als Nachahmung griechischer Vorbilder, z. B. Nep. Paus. 2, 3 PaiManias, dux Spartae^ tibi muneri misit (Thucyd. 1, 128 IJavcaytag dnonifinei).

15. Subjektlos heissen solche Sätze, welche nur aus einem in der dritten Verbalperson stehenden Verbum finitum (Verbum impersonale) be- stehen. Das in der Endung angedeutete allgemeine Subjekt kann in der Regel nicht durch ein Subjektswort näher bestimmt werden. In einem solchen subjektlosen Satze gelangt ein Vorgang oder ein Zustand zum Ausdruck ohne Bezeichnung des wirkenden Gegenstandes.

Besonders bemerkenswert ist der sogenannte unpersönliche Gebrauch der dritten Person Singular des Passivs; hier wird von Subjekt oder Objekt gänzlich abgesehen und so kann man die Handlung oder den Zu- stand als solche nachdrucksvoller hervortreten lassen; vgl. Hör. sat. 1, 1, 7 concurritur, besonders aber Tac. ann. 1, 10 nee domestids äbstinebatur, 13, 16 trepidatur a circumsedentibus (hier fühlt man den Unterschied gegenüber tr^idani circumsedentes); Cic. Sest. 77 sero et raro ad manus pervenitur. Ist die Verbalform des Genusunterschiedes fähig, so steht natürlich das Neutrum, z. B. Hör. sat. 1, 9, 35 ventum erat ad Vestae.

Im letzteren Falle, wo die neutrale Form Missverständnisse aus- schliesst, wird manchmal auch ein unpersönliches Passiv von Deponentia gebildet, doch nirgends in klassischer Sprache, wohl aber bei Plaut. Sali. Tac. u. a.; ganz selten finden sich einfache Formen wie altercatur es wird gezankt (bei Juristen); vgl. Sali. Jug. 25, 2 summa ope enisum est. Der unpersönliche Gebrauch in der IE. Sing. Pass. ist auch im Osk.-Umbr. sehr beliebt; vgl. Planta II S. 428.

Die sog. meteorologischen Verba, welche Vorgänge in der Natur bezeichnen, sind im klassischen Latein selten anzutreffen; Cicero kennt

218 Lateinisohe Ghrammatik. d. Syntax.

nur advesperctöcit und invesperascit, fulget und ItAcet (dies hat auch Caesar), sowie luciscit in den Briefen. Leicht erklärlich ist, dass die scriptores r. rust. an diesen Ausdrücken besonders reich sind.

Anmerkung 1. UnperaOnliche Yerba, welche Vorgänge in der Natur bezeichnen, können nicht nur persönlich, sondern sogar transitiv gebraucht werden. Wir finden dies freilich nirgends in der klassischen Sprache, wohl aber bei Plaut. Vitniv und nament- lich im Bibellatein und den davon abhängenden SchriftsteUem. So hat Cato r. r. 155 un- persönliches perpluit, aber YitrvLY BSkg^ aqua perpluit und Plaut, tigna perpluiMt; perpluere ,den Regen durchlassen* ist ausserdem bei den Eccl. Qblich. Vgl. noch Prudent. A. 316 Dominiis pluit, Oros. 1, 5, 9 iratus Deus pluit super hanc terram ignem, Vict. Vit 2, 37 deu8 pluerat patribfis manna, öfters Eccl.

Anmerkung 2. Inquit ohne Subjektswort = ^sagt der Dichter , heisst es* findet sich im AlÜat., auch bei Cicero, z. B. Att. 14, 12, 2 übt nee Pelopidarum, inquit. Im Bibel- latein bedeutet dies subjektlose inquit = ^spricht der Herr'^, z. B. Commod. 2, 24, 4 dana iniqtMrum non probat AJtissimus, inquit. Auch sonst findet man bei Fachschriftotellem die dritte Person Sing, ohne Subjekt, weil dieses sich von selbst versteht; also bei Cato r. r. 10, 4 dolia, quo vinaceos condat sc. der Bauer, Varro 2, 2, 11 ita pascere pecus oportet, ut averso sole agat sc. der Hirte, Plin. n. h. 25, 134 capitis dohri medetur htberis täligata hora vel diutius^ si pati possit sc. der Kranke etc. Wir gebrauchen hier unser allgemeines Subjektswort man,

Anmerkung 3. Die persönliche Konstruktion der Verba pudet, paenitet u. ä. ist vor- und nachklassisch, häufig im Spätlat., vgl. Prudent. S. 1, 512 Borna erttbuit, pudet, odit.

Anmerkung 4. Die Impersonalien licet, libet, pudet u. ä. bilden nach Analogie des unpersönlichen Gebrauchs der dritten Person Sing, des Passivs persönlicher Verba auch zu- sammengesetzte Formen wie licitum est, libitum erit; ja die Vulgärsprache geht noch weiter und konjugiert gar miseretur, pudetur (Komiker, Petix>n., Spätlat.), auch pluitur und ningitur (Apul.). Selbst Gic. Fin. 2, 39 schreibt einmal quos non est veritum ponere (vgl. § 174), was ein Präsens me veretur voraussetzt; sonst wird man dergleichen vergeblich bei Cicero und Caesar suchen.

16. Die dritte Person Pluralis steht oft ohne Subjektswort, wobei aber leicht das allgemeine Subjekt homines (= man) ergänzt werden kann. In klassischer Sprache sind üblich dicunt, ferunt, narrant, tradunt.

Anmerkung. Bei den Historikern ist bei adiciunt, adfingunt u. ä. manchmal auctores hinzuzudenken, z. B. Liv. 2, 7, 2 adiciunt miracula huic pugnae.

17. Das Subjekt wird nochmals aufgenommen durch is, manchmal

verstärkt durch demum oder vero, z. B. Plaut. Poen. 1069 pater tuos is erat

frater patruelis mens; Vitruv 157, 9 docuit unum ex his eum esse poetam.

Dieser Gebrauch gehört der Volkssprache bis herein ins Romanische an

(vgl. DiEZ, Gramm. § 807, 9); wir finden ihn bei Plaut, und Cato, später

bei Sali. (z. B. Cat. 37, 4) und bei Livius; bei letzterem jedoch gewöhnlich,

wie immer bei Cicero, wenn ein Zwischensatz oder eine Parenthese die

Wiederaufnahme des Subjekts nötig macht, z. B. Cic. Fam. 7, 26, 2 lex

sumptiMria, quae videtur XiTOTtjra attulisse, ea mihi fraudi fuit; Liv. 39, 24, 9

Maronitarum exules (erant pulsi, quia libertatis catisam defendissent ab regio

praesidio) ii Aenum in potestate nuntiabant esse Philippi.

Anmerkung. Die gleiche Regel gilt auch f&r Wiederaufiiahme des Objekts, vgl. Cato r. r. 5, 8 amicos domini eos habeat sibi amicos, Gic. div. Gaec. 56 cogü quaestorem suum pecuniam, quam ex Agonidis bonis redegisset, eam mrdieri omnem reddere.

Zu § 1-4 vgl. John Ries, Was ist Syntax? Marburg 1894. || Zu § 10 vgl. Plbw, De ellipsi v. cop. esse apud poet. Lat.; Tils. 1877. i| Zu § 11 vgl. Ritscbl, Opusc. n, 608 ff. || Zu § 12 vgl. LiNDSKoo, Über die sog. Attractio inversa, Eranos 1, p. 1—9; Bbll, De attrac- tione, quae dicitur inversa, Strassburg 1888; Boksch, De casnum attractione ^ud Plaut, et Ter., Breslau 1865. || Zu § 15: Fr. Miklosich, Subjektlose Sfttze, U. Auflage, Wien 1883. W. SoHüPPB, Subjektlose Sfttze (mit besonderer Kacksicht auf Miklosich), Z. f. Y.-Psych. XVI, 3, p. 249—297. Mabtt in Vierteljahrsschr. f. wiss. Philos. Jahrg. Vül. Puls, Progr. Flensburg 1888 u. 1889. Scuboedsr, Die subjektlosen Sfttze, Gebweiler 1889.

I. Von den Teilen des Satsee. (§§ 16—19.) 219

Von der Kongruenz.

18. Das Prädikat muss mit dem Subjektswort in Person und Nu- merus und, wenn es eine deklinierbare Form enthält, auch im Genus und Kasus übereinstimmen. Erst im Spätlatein finden wir nach einem Neutrum plurale das Yerbum im Singular: so sagt Commodian: aurea veniet tibi saecula, Gregor v. Tours Mart. 4, 45 quae nuper gestum fuit, edicam. Hier mag das Griechische mitgewirkt haben (vgl. Bruomakk, Griech. Gramm. § 432, 3); doch beachte man auch, was J. Schmidt, „Die Pluralbildungen der indogerm. Neutra, Weimar 1889" sagt: »Der Nom. Acc. neutr. plurale ist seiner Bedeutung nach ein femininer kollektiver Singular. ** Vgl. das Neutr. plur. in seinem Übergang zum französischen Sing, femin.

19. Wenn mehrere Subjekte ein gemeinsames Prädikat haben, steht dasselbe naturgemäss im Plural. Aber die Stellung des Prädikates (vor oder nach den Subjekten), die Art der Subjekte (Personen, Sachen, Abstrakta), die Art ihrer Verbindung (asyndetisch, einfach kopulativ, poly- syndetisch), ihr inneres Verhältnis (oft Hendiadyoin) und die Stilgattung (Poesie oder Prosa) bedingen mancherlei Abweichungen. Der Singular über- wiegt bei den Dichtern, namentlich bei Horaz, gegenüber den Prosaikern, in den Schriften der letzteren bei voraufgehendem Prädikat, bei sachlichen Subjekten, bei asyndetischer und polysyndetischer Verbindung und ist fast ausschliessliche Regel bei dem Hendiadyoin, z. B. otium ac desidia superavit Man bemerke:

a. Ein gemeinschaftliches, aber getrennte Thätigkeit voraussetzendes Prädikat erscheint in der klass. Sprache gewöhnlich im Sing, (doch vgl. Cic. Att. 15, 9, 1 u. Tusc. 1, 89); aber schon bei Varro, dann wieder bei Liv., Trog., Tac. und vereinzelt bei ihren Nachahmern, z. B. Florus, steht der Plural, z. B. Justin 15, 4, 24 Seleucus Demetrio^ Ptolemaeus Lysimacho iunguntur (klass. iungitur). Besonders bemerkenswert ist, dass bei Sub- jekten, die mit Wiederholung der Konjunktion oder einer anderen Ana- phora zusammengestellt werden, der Singular üblich ist; der Plural ist Ausnahme, findet sich aber auch in der klass. Sprache, z. B. Cic. Att. 2, 17, 1 quid ista eoniunctio, quid ager Campam^, quid effusio pecuniae significant?

b. Das Prädikat kongruiert mit einem mit dem Subjekt in Vergleich gebrachten Substantiv, z. B. Verg. ecl. 8, 67 nihil hie nisi carmina desunf. Zur Anknüpfung des Subst. dienen quam, quantum, nisi^ praeter, praeter- quam, auch die Negation non, z. B. Vict. Vit. 1, 5 quathdam partem, non toium ohlaium (esse)'^ diese Erscheinung wird selten bei Cicero, aber bei Varro, Sali., Nepos, Liv., Trog., und den august. Dichtem beobachtet. Zu vergleichen ist das Griechische; so sagt Dem. Phil. 1, 12 y^neq aal ßäXuov rj i^pteig rjfuov avrdv dmfieXovfxed^a.

c. Wenn ein zweites Subjekt statt durch et diurch cum angefügt wird, so setzen Cato, Glaud. Quadrig. u. Ter., Sali. u. seine Nachahmer bis auf Dictys Cret. herab, Liv. Nep., Hygin, Curt., Just., Lact, und noch Gregor von Tours den Plural; z. B. Sali. Jug. 101 Bocchus cum peditibus invadunt. Die klassische Sprache verhält sich ablehnend gegenüber dieser Konstruk- tion; so weist Caesar nur eine Stelle auf, b. civ. 3, 88, Cicero zwei: Farn.

220 Lateiniftohe Orammatik. d. Syntax.

14, 7 u. Phil. 12, 27. Der klassische Sprachgebrauch hat sich auch nachkl. z. B. bei Yell. Pat. 2, 6, 5 Flaccus cum filio maiore iugulatus est erhalten.

20. Die Synesis des Numerus wird in der ältesten Zeit der Sprache, wo die Sorge um die Form hinter dem Gedanken völlig zurücktritt, mit grosser Freiheit gehandhabt; die klassische Sprache gestattet sie nur da, wo im weiteren Verlaufe der Darstellung das Beziehungsverhältnis bereits ein lockeres geworden ist und das zu beziehende Prädikat dem gram- matischen Einfluss seines Subjektes sich entzieht. Ferner sind für den Dichter die Schranken weiter als für den Prosaiker gezogen: so finden wir von Ennius und Plautus an die Synesis bei den Dichtem, bei Horaz freilich ganz vereinzelt, nie bei Tibull, wohl aber bei Lygdam., bei Verg. und GatuU. nur dann, wenn ein Plural in enger Beziehung zu dem Kol- lektiv im Subjekt steht. In Prosa zeigt Gass. Hemina P. p. 70 fr. 11 pastorum volgus imperio aequaliter Remum et Romulum praefecerunt die- selbe Einschränkung; ferner sehen wir hier, dass Eollektiva, die eine unbestimmte Mehrheit bezeichnen, wie pars, vis, multitudo sich leichter mit einem Plural verbinden, als solche, welche, wie exerdtus und classiSy ein geschlossenes Ganze angeben. Aber seit Sali., namentlich bei Liv. und Tac, ist die Synesis in ausgedehntem Gebrauche; jetzt lesen wir z. B. auch Liv. 35, 26, 9 cetera classis praetoria nave amissa, qwmtum quaeque remis valuit, fugerunt. Weniger kühn sind Gurtius und Justinus, grössere Freiheit zeigt Sueton, fast übertrieben sind die Archaisten, zu deren Be- strebungen häufige Anwendung der Synesis besonders passt. Überhaupt ist das Spätlatein überaus reich an allen Arten von Synesis, die aber wieder von streng grammatischer Beziehung durchkreuzt werden, so dass hier die grösste Mannigfaltigkeit der Konstruktionen entsteht. Vgl. z. B. den Index zu Vict. Vit. von Petsohenig.

Für die Synesis des Numerus merke:

a. mille mit Sing, ist ein Archaismus, den schon des Gellius Zeit nicht mehr kannte; wir finden ihn bei Quadrig., Lucil., Gate, Plaut., Varro, Nepos, ganz vereinzelt bei Gicero; nach der klassischen Zeit kommt diese Konstruktion nicht mehr vor.

b. Nach einem Zwischensatze siegt in der Fortführung des Gedankens gewöhnlich die Synesis; im Zwischensatz selbst ist beides möglich, so dass oft Abwechslung in den numeri stattfindet; dies hat man bei Liv. und Just, besonders beobachtet; z. B. Liv. 32, 12 cetera multitudo, in unum cum convenisset, frequenti agmine petunt Thessaliam.

c. Auch die erste und zweite Yerbalperson zeigen die Synesis des Numerus, z. B. Hör. ep. 1, 16, 18 iactamus omnis te Borna beatum, carm. 4, 2, 5 non semel dicemus omnis civitas; auffällig ist der Plural nach quis^ quam, uter, aliquis, z. B. Plaut. Amph. 1071 neque nostrum quisquam sen- simus; Plaut. Men. 779 uter meruistis culpam? Plaut. Epid. 399 exite huc aliquis.

21. Wenn mehrere Subjekte gleichen Geschlechtes verbunden sind, steht das veränderliche Prädikatsnomen im selben Geschlechte im Plural. Nur bei Sali., Liv., Tac, Just., Aur. Vict., Lact, wird auf weibl. Abstrakta das Neutrum plur. bezogen (Gic. fin. 3, 11 u.nat. d.3,24 sind anderer Art),

I. Von den Teilen des Satses. (§§ 20—25.) 221

z. B. Sali. Cat. 20 ni virttis fidesque spectata mihi forent, Lact. I 282, 1 quam inter se coniuncta sint sapientia et reli-gio.

22. Auf sachliche Subst. verschiedenen Geschlechts wird das ver- änderliche Prädikatsnomen im Neutr. plur. bezogen. Naheliegend ist jedoch die Beziehung auf das zunächststehende Nomen, z. B. Justin 1, 7, 12 arma et equi adempti. Indes auch die Beziehung auf ein entferntes Nomen ist nicht ausgeschlossen, namentlich wenn dasselbe den Hauptbegriff bildet und sozusagen den ganzen Gedanken beherrscht; z. B. Liv. 9, 38 multa alia castella vicique aut deUta hostiliter aut integra in potestatem venere, wo vicique nur eine Art Appendix bildet. Vor der klassischen Zeit findet sich dieser Gebrauch wohl nicht; aber Yarro schreibt r. r. 1, 57 parietes et solum loricandi und 2, 1, 17 quod hordeum et fdba interdum quibusdam Sit obiciendum, Cicero selbst leg. 1, 1 lucus quidem ille et haec Arpinatium quercus agnosdtur saepe a me lectus; auch Caes. bietet Änliches, ebenso das silberne Latein, z. B. Yal. Max., und viele Stellen, die geändert waren, sind darnach wieder herzustellen; vgl. meine Notiz Neue Jahrb. 1897 S. 209.

23. Eine Synesis des Genus im Prädikat findet nur statt bei capita und oftmals (nicht z.B. bei Trogus u. Justinus) bei milia\ im Spätlatein je- doch lesen wir auch z. B. bei Gommodian gentes puros esse lavacris; Tyrum et Sidona subactos (vgl. Herod. VIII, 8 'A&i^vag oT), bei Vict. Vit. 8, 9 personae cognoscerent se esse subactos. Selbstverständlich siegt in der Fortführung des Gedankens (vgl. § 20, b) auch in der strengsten Zeit der Sprache der Sinn über die starre grammatische Form, namentlich wenn durch einen Relativsatz dessen Pronomen sich regelmässig ad sensum konstruiert, z. B. schon Terenz scelus qui und noch Gommod. A. 426 generavi suboleSy qui me negarent, ferner 893 invitat multas gentes, qui ferant auacilium das natürUche Geschlecht angebahnt ist, z. B. Cic. fam. 1, 9, 15 illa furia, qui non pluris fecerat . ., impunitatem est assecutus.

Den Dichtern eigen, jedoch auch von Nepos Gelsus Plin. mai. Suet. und späteren Prosaikern angewandt, ist die Synesis bei Eigennamen, wo urbs, fabula, monSy herba oder ähnliches vorschwebt, z. B. Suet. vit. Ter. JEunuchus bis die acta est Allein auch hier ist, wenigstens bei Dramen, Angleichung an das Geschlecht der Person nicht ausgeschlossen, wie Ter. Eun. 653, Val. Max. 8, 7, 12 und besonders Juv. 1, 6 necdum finitus Orestes zeigen.

Anmerkung. Viele der Stellen, welche Grütbb S. 6 auffuhrt, sind in den neueren Texten geändert, e. B. Ovid Met. 14, 466 cremata est Bios (nicht Ilion)\ 7, 224 (ütum (nicht dUus) Pelion u. ä.).

24. Die Synesis von Oenus und Numerus tritt ein bei Kollektiven; dies beginnt in der augusteischen Zeit, bei Livius und den Dichtern, und findet sich fortan bei Dichtern und Prosaikern, z. B. Stat. Theb. 7, 605 subeunt Tegeaea iuventus auxilio tardi; bei Apul. Flor. 20 tota civitas erudi-- tissimi estis auch mit der zweiten Person; vgl. Apul. Flor. p. 36, 12 Er. totum servitium hilares sunt.

35. Das Prädikat kongruiert mit der Apposition, z. B. Properz 2, 29, 3 nescio quot pueri, turba minuta, venerat; dies ist namentlich der Fall, wenn

222 Lateiniflohe Qrammatik. d. Syntax.

dieselbe durch ut, quasi, tamquam angefügt ist ; dies treffen wir bei Nepos (Them. 7, 5 illorum urbem ut propugnaculum apposUum esse barharis), CSc, Caes., Sali., Liv., Plin. mai., Tac.

Anmerkang. Aach mit der Appoaiüo distribativa, z. B. mit quisque, kongruiert manchmal das Prädikat, aber selten. So schreibt Yarro 1. lat. 9, 34 (^d ea (verba) ?Mm%ne8 ad stiam quisque volu/ntatem fingat; Sali. Gat. 87, 6 multi sibi quisque talia speräbat; vgl. Madyio zu Gic. Fin. 5, 42.

26. Das Prädikat kongruiert statt mit dem Subjekt mit seinem eigenen Nomen und zwar

a. im Numerus infolge einer Art Ausgleichung, namentlich wenn das Prädikatsnomen in der Nähe steht oder voraufgeht, z. B. Cic. in Pis. 4, 8 iniüum fuit ludi Compitalicii. Fürs Altlat. ist diese Konstruktion nur durch Ter. Andr. 555 FI. amantium irae amoris integraMo est erwiesen; sie findet sich in der klass. Zeit bei Cic, nicht bei SalL (Jug. 18, 11 quae wohl fem., attrah. von Numidia), aber bei Liv., Sen., Florus, Lactanz;

b. im Oenus, ebenfalls durch Ausgleichung; so schon bei Ter. Phorm. 94 pauperfas mihi onus visum est; dann bei Cic, Liv. und noch im Spätlat. bei Gregor. Turon. mart. 50 quasi mnum sanguis esset effectus,

27. Für die Kongruenz hinsichtlich der Personen ist zu bemerken, dass in der Dichtersprache, vielleicht nach griech. Vorbilde, ein Übergang aus der II. in die III. Person stattfindet, so z. B. bei Ennius (und vielleicht bei Tibull), vgl. Enn. ann. 50 M. vosqus Laves tectum nostrum qui funditus curant; vgl. dazu Hom. Iliad. 7, 159 vfieatv oiTieg iaaiv == olksQ icxä (doch vgl. Bert im Archiv XI S. 157; darnach wäre Lares Akkus, und vielleicht invocabitis zu ergänzen, angeredet scheint dann die familia).

28. Wenn das Subjekt ein Pron. demonstr. oder relativum ist und im Prädikat ein Nomen steht, so richtet sich

a. das Pron. demonstr. sowie das nicht auf ein Subst. sich beziehende Pron. relat. nach dem Genus und Numerus des Prädikatsnomens, so schon Plaut. Athenae istae sunto, vgl. quae iracundia dicitur (für id quod i. d.). Dies ist die ursprüngliche Konstruktion, und dieselbe hat sich erhalten wo das Pronom. eigentlich im Neutrum stehen sollte, während das masc, oder femin. Pron. bleibt, also Liv. 3, 88, 8 eam impedimentum dilectui fore. aber Cic. Phil. 7, 14 qu^mquam legatio illa non est Man hat beobachtet, dass die spätere Periode der Sprache die Kongruenz oft unterlässt, wo die alte Sprache sie verlangt; so sagt Tac. bist. 1, 49 «^, quod segniHa erat, sapientia vocaretur, und Gregor. Turon. h. F. 2, 87 et hoc herba est.

b. das auf ein Substantiv bezogene Pron. relat. regelmässig nach seinem Beziehungswort, oft aber auch, namentlich wenn es nur einen ge- legentlichen Zusatz einleitet, nach dem Prädikatsnomen; z. B. Liv. 4, 28, 5 virtute pares, necessitate, quae ultimum ac maximum telum est, superiores estis, aber 2, 18, 5 patres Mucio virtutis cattöa agrum dono dedere, quae postea sunt Mucia prata appellata. Für letzteres finden wir Beispiele schon bei Varro r. r. 1, 41, 4 u. 1, 7, 6 Subari, qui nunc Thurii dicuntur,

29. Die Kongruenz von Subj. und Prädikat unterbleibt

a. wenn das Adjektiv im Prädikat substantiviert ist; so bei Dichtem, schon bei Plaut. (Most. 710), hauptsächlich bei Vergil, seltener bei Cic,

I. Von den Teilen des Satzes. (§§ 26—80.) 223

der die Umschreibung mit res bevorzugt; vgl. Yerg. ecl. 3, 80 triste luptis Stabulis, Gic. Tusc. 3, 3 est ghria solida quaedam res;

b. beim Part, praes. act. im Abi. abs. namentlich in den Formen prae- sente und ahsente; dies gehört dem Altlat. an und entwickelte sich aus dem bei Aufzählung der Anwesenden üblichen Verfahren, praesente voraus- zuschicken und dann die Einzelnamen folgen zu lassen. Bei Plaut, haben wir keine sichere Stelle, wahrscheinlich gehört hieher Bacch. 355 qui prae- sente {qui = Instrumentalis) und vielleicht ist Bacch. 142 doch praesente ibtis zu lesen; ausserdem findet sich die Konstruktion bei Ter. Eun. 649 absente nobis, bei Acc. Afran. Nov. Pompon. Varro rhet. ad Herenn. Fene- stella. Ebenso aufzufassen ist astante civibits suis auf einer Inschrift, femer fini his rebus, wie man neben fini hac re bei Plaut, u. Cato sagte; bei Tibull. Lygd. 6, 55 ebenso nobis merenti [u. Gatull. insperanti nobis (anders Riese 107, 5)], Sp. L. bei gall. Autoren mediante, woraus mopennant hervor- gegangen ist, und exeepto filiabus, wie Gregor. Turon. schreibt, oder auch excepto his, was wir bei Benedikt von Nursia lesen. Noch auffälliger ist bei Benedikt exeepto hos, wo excepto wie ein aktives Partizip ein Objekt zu sich nimmt; im Itin. Anton, steht ebenso completo matutinas, Qeyeb S. 28.

c. beim Inf. fut. act. in der alten Sprache, z. B. Plaut. Casina 671 occisurum eam deieravit, Lucil. 338 nupturum te, nupta^ negas (Penelope), in Gesetzen, z. B. lex Salp. 26 iuranto se, quodquomque censeat, esse facturum, auch bei Sallust (Jug. 100, 4, doch vgl. Kui^ze, Sallustiana 11 S. 7—12), vielleicht auch bei Cic. (Verr. V, 167 nach Gell. 1, 7, jedoch in den neuern edd. nicht aufgenommen), schliesslich spätlat. bei Gregor. Turon. conf. 70 uÜionem, quam promiserat futurum, vgl. Bonnet S. 517. Die Erklärung hiezu gibt Postoate in Classic. Review Y S. 301 und Indogerm. Forschungen lY S. 252: er sieht in facturum nicht das Partie, fut. act., sondern eine zusammengesetzte Form aus dem Dativ factu und {e)rum\ dies erum wäre der Infinitiv = esse (umbr. crom). Daher fehle regelmässig esse dabei, auch oft der Acc; während man wohl dixit victurum sagen könne (= se esse victurum)^ sei dagegen dixit victum (= se esse victum) unlateinisch. Aus der undeklinierbaren Form sei dann erst die deklinierte dicturam, dicturos, dicturas hervorgegangen. Ygl. auch Deegke, Progr. Mülhausen 1890 S. 25.

Zu § 19: Anz, Giceros Sprachgebrauch in der Beziehung des gemeinsamen Prädikats bei mehreren Subjekten; Progr., Quedlinburg 1884. Ed. Ott, Über die Kongruenz des Prä- dikats mit mehreren Subjekten im Numerus bei Horaz; Böhm. Leipa 1887. || Zu § 28: BiBXAVir, Remarque sur Fattraction du demonstratif et du relatif en latin; Mölanges Renier p. 311—318, Paris 1886. || Zu § 29: Grüter, Die Svnesis in der lat. und griech. Sprache; Mflnster 1855. Füishitg, Syntaxis convenientiae; Münster 1836.

B. Satzjbestimmungren durch Nomina.

a. Satzbestimmungen durch Nomina in Beziehung auf ein

anderes Nomen des Satzes. tt. Attribut und Apposition. 30, Die Bestimmung eines Substantivs durch ein Adjektiv (Pro- nomen, Numerale, Partizip) heisst Attribut. Das Attribut stimmt mit seinem Beziehungswort in Easus, Genus und Numerus überein.

Anmerkung. Im weiteren Sinne rechnet man zum Attribut auch den Genetiv (Ab- lativ) bei Suhstantiven, sowie Adverbia und prftpositionale Wendungen bei Substantiven.

224 Lateiniaohe Grammatik, d. Syntax.

31. Das zu mehreren Substantiven verschiedenen Geschlechtes ge- hörende Attribut kann wiederholt werden, und dies geschieht besonders, wenn es betont werden soll, z. B. Cic. Fam. 5, 7, 3 tanto consilio tantaque animi magnitudine, Caes. b. 6. 1, 46, 4 muUo maior alacritas studiufrtqtie pugnandi maiuSy wird aber sehr häufig nur einmal gesetzt, z. B. Caes. b. G. 4, 24, 4 non eadem dlacritate ac studio; Beispiele für letzteres sind bei CScero sehr zahlreich, vgl. Stangl, TuUiana, München 1897 S. 51. Dabei ist jedoch die Stellung des gemeinschaftlichen Attributes vor dem zweiten Substantiv ausgeschlossen ; daher gelten Stellen wie Cic. de or. 2, 6 muhos et ingeniis et magna laude dicendi fuisse und Tac dial. 41 vitas ac vestra tempora für verderbt.

32. Adverbia werden schon in der vorklassischen und klassischen Sprache attributiv gebraucht, freilich nicht von allen Schriftstellern, z. B. nicht von Varto und nicht von Caesar, aber doch auch von Cicero; z. B. Caecina 43 neque ictu comminus neque coniectwne telorum; eine ausge- dehnte Anwendung erfahren dieselben erst bei den august. Dichtern, dann bei Livius und Tacitus, worauf diese Vorliebe wieder abnimmt; aber bei den Nachahmern der früheren Autoren im Spätlat., z. B. Sulp. Sev. Dict. scr. h. Aug. u. a. sowie in der Übersetzungslitteratur und den von ihr be- einflussten Schriften wird ein um so ausgiebigerer Gebrauch wahrgenommen. Manchmal ist es unklar, ob das Adv. zum Subst. oder zum Verb, zu kon- struieren ist, so z. B. Ter. Andr. 175 eri semper lenitas verebar quorsum evaderet

33. Das Substantive Attribut, z.B. homo servus, arbor alnus, sacerdos

anvLS, gehört dem Altlat. besonders an, so z. B. Cato, auch Varro, wird in

der klassischen Zeit nicht häufig, aber doch auch von Cicero in den Reden

gebraucht, kommt durch die Dichter, z. B. CatuU, namentlich durch die

Autoren der augusteischen Zeit wieder auf, erhält sich bei Yell. Sen. Plin.

Tac. Just. Hygin und andern Spätem und wird von den Afrikanern in

ausgedehntester Weise verwendet; z. B. Porphyrie muüitudo spectatrix,

Lact, desertor Imperator u. ä. Ein charakteristisches Beispiel bietet Vell.

2, 29, 2 in civitate libera dominaque gentium,

Anmerkung 1. Der poetischen Sprache und der silbernen LatinitAt, besonders PUn. mai., ist es eigentümlich, persönliche Substantiva mit Sachsubstantiven zu verbinden, z. B. fama antis bei Gatull, artifid temper amento, indigena vino bei Plin., uUore ferro bei den Juristen.

Anmerkung 2. Die Dichtersprache liebt es, Eigennamen wie Adjektive zu gebrauchen, z. B. Hör. od. 4, 5, 1 Mmnula gern, Yerg. Aen. 1, 2 Lavinia litora.

34. Das aus Substantiv mit Präposition oder dem adverbialen Kasus allein bestehende Attribut findet sich durch die ganze Latinität, so schon bei Cato semen de cupresso, jedoch in der klass. Sprache in eingeschränktem Gebrauche, z. B. Cic. Att. 5, 14, 1 neque semper mea manu litteras exspectabis, nat. deor. 2, 74 hominem sine arte, sine litteris; immerhin aber ist die Kon- struktion viel häufiger bei Cicero, als man früher glaubte, namentlich wenn das Attribut den Stoff oder Raum und Zeit, Zusammengehörigkeit oder Trennung bezeichnet, z. B. Cic. nat. deor. 2, 87 solurium vel discriptum vel ex aqua, Att. 9, 5, 1 mansio Formiis, de or. 3, 10 Carbonis eodem illo die mors, Fam. 9, 16, 7 plaga ab amico. Bezeichnend für den Unterschied der

I. Von den Teilen des Satzes. (§§ 31^38.) 225'

von Livius angebahnten Prosa und der klass. Sprache ist, dass bei Cicero die HinzufUgung eines stützenden Partizips, z. B. arx in monte sita, über- wiegt, bei Liv. aber als Ausnahme gilt.

Anmerkung. Die Herkunft einer Person oder Sache wird attributiv durch das Aid- jektiy gegeben, z. B. Themistocles Atheniensis Th. aus Athen. Aber schon bei Plaut, und Ter., dann in klassischer Zeit und zwar nicht nur bei Varro, sondern auch bei Cicero sowie bei Caes. im b. civ., femer bei Nep., dann bei Liv. und noch im Spätlat. bei Amob., Sulp. Sey. u. a., sehr hftufig auf Inschriften treffen wir den Ablativus originis, auch mit Prä- position, z. B. Plaut Merc. 940 hospes Zacyntho, Gic. Cluent. 36 Avülius quidam Larino, Caes. b. civ. 1, 24, 4 N. Magium Cremana, Liv. 1, 50, 3 TumiM Herdonius ab Aricia (ebenso mit Prfiposition Sali. Jug. 69, 4 civis ex Latio), Amob. 278, 18 Aesculapms Epidauro, Sulp. Sev. Chr. II, 38, 2 NarcisstM a Neronopoli,

35. Die Synesis im Attribut gehört der niedern Sprache an, z. B. is scdus, hie simia und wird ausser bei Schimpfwörtern in früherer Zeit nicht angetroffen (Plaut., Ter., Laber.). Erst im Spätlatein finden wir bei Com- modian Beispiele wie Apol. 686 Uli gentes, auch aliorum gentium: ferner verbindet Gregor. Turon. mit persona, suboles, daemonium u. ä. das Attribut dem Sinne nach, z. B. mart. 35 oblita muJier suboKs sui; vgl. § 28.

36. Apposition heisst die nähere Bestimmung eines Nomens durch ein Substantivum im gleichen Easus. Wenn möglich, richtet sich die Apposition auch in Genus und Numerus nach ihrem Beziehungswort, z. B. Athenae, omnium doctrinarum inventrices.

Anmerkung 1. Da der Nominativ sich meistens mit dem Vokativ in der Form deckt, ist es begreLßich, dass auch da, wo der Vokativ eine besondere Form bildet, doch der Nominativ, besonders in der Apposition, eintritt; z. B. Plaut. Stich. 764 tu interim, meus oculus, da mihi savium; Ovid Heroid. 14, 73 surge age, Belide, de tot modo fratribus unu8; Persius 2, 165 vos, o patricius sanguis; Verg. Aen. 1, 664 nate, meae vires, mea magna potentia solus; doch vgl. Properz 2, 15, 2. Vgl. noch Bbughaivk, Griech. Gramm. § 436.

Anmerkung 2. Das bei der Apposition stehende pronominide Attribut hannonierfc mit dieser, also ipsum Caput belli Carthaginem; aber die Kongruenz mit dem Beziehungs- worte ist nicht durchaus ausgeschlossen; so steht Sp.L. bei Flor. 2, 6, 38 Hispaniam illam seminarium hostüis exercitus, illam Annibdlis ervdüricem.

Anmerkung 8. Dem SpAtlatein, so besonders Tertull., ist es eigen, zur Apposition quod, quia, quoniam, qua, si, nisi u. ä. zu setzen, um den Sinn der Apposition anzudeuten, z. B. TertuU. de pudic. 1 pontifex scüicet maximiM, quod episcopus episcoporum, edicit. Hervorgegangen sind diese erläuternden Appositionen aus dem Streben nach prägnanter Kürze, welche den Zusatz des Verbums (hier: est) verschmäht.

37. Die ursprüngliche Form der Paxataxis hat sich auch im Apposi- tion sverhältnis erhalten, und so erscheint in der Sprache des Volkes, also besonders im Altlat., bei Cato und Plaut., auch im b. Hisp., dann bei Lucrez, Varro, Sali, und sehr oft bei Livius, selten jedoch bei Vell., Just., Curt., Eutrop. eine Apposition, wo wir einen Genet. erwarten; z. B. Plaut. Capt. 232 nam maxuma pars fere morem hunc homines hahent, Enn. bei Cic. Fam. 7, 6, 1 quae Corinthum arcem altam habebant (= Corinthi altam arcetn). In der klass. Sprache ist dies appositive Verhältnis nur bei altera qxiisque, unus u. ä. angewendet worden (sogenannte Appositio distributiva) und auch dies findet sich selten, z. B. Caes. b. c. 3, 108 tabulas testamenti unae Romas erant allatae, aUerae Alexandreae proferebantur.

Anmerkung. Appositives Verhältnis hat sich in der Vulgftrsprache besonders bei Zahlangaben erhalten; so schreibt Nepos Milt. 4, 2 circiter müia passus decem; ähnliches lesen wir in epp. an Cic, im b. Afr., bei Vitruv, vielleicht auch bei Cic. Bab. P. 21 und Fam. 5, 20, 6 de sestertüs nongentis müibus und noch im Spätlat, wo z. B. Amob. 106, 16 anni ad haec tempora prope müia duo sunt sagt. Vgl. noch § 62.

38. Das Gerundium oder Gerundivum in der Apposition ist selten,

Handbuch der klan. Alterttunswlssenschaft. II, 2. 8. Aufl. 15

226 Lateinische Oraaunatik« d. Syntax.

doch hat es schon Terenz Ad. 545 nisi me eredo huic esse natum rei, ferundis miseriis, vereinzelt Cic. u. Horaz, besonders häufig jedoch Livius.

39. Auch zu einem ganzen Satz kann eine Apposition treten. Diese schliesst sich im Kasus dem Subjekt oder Objekt an, je nach dem Zu- sammenhange und der Betonung des Subjekts- oder Objektsbegriffs; im allgemeinen erfolgt der Anschluss an das Subjekt nur bei passivem oder intransitiv gebrauchtem Verbum ; vgl. Sali. ep. Mithr. 8 Eumenem prodidere Antiocho, pacis mercedem; Tac. ann. 3, 67 maiestatis critnina subdebantur, mnculum et necessUas silendi; Hör. sat. 1, 4, 110 nonne vides, ut Albi filitis male mvat? magnum documentum, ne . . {magnum documentum ist Nomi- nativ); doch auch Properz 4, 11, 27 ^* faUo, poena sororum, infelix umeros urgeat urna meos. Die Apposition gehört eigentlich zu einem im Yerbum enthaltenen nominalen Begriff; dies ersieht man am besten aus Ovid Fast. 2, 115 iUe (Arion) sedens eitharamque tenet pretiumque vehendi cantat = tmd singt ein Lied dabei als Preis für die Fahrt; sie bezeichnet die Wir- kung oder den Zweck der Handlung. Solche Appositionen finden wir bei Lucrez 6, 392, dann an einigen Stellen bei Cicero (vgl. Madvig, Fin. S. 268), besonders bei Sali., aber nur in den Hist., bei den aug. Dichtern Verg., Hör. (Fbitzsche zu sat. 1, 4, 110), Ovid, Properz, bei Livius, Curt. und ganz besonders bei Tac. (Nipp, zu Tac. ann. 1, 27).

Za § 30 ff. : Sohbamicen, Über die nAhere Bestimmung besonders des SubstanÜYSi Oppeln 1888; Asmus, De appositionis apud Plautam et Terentium collocatione, Halle 1891. {| Zu § 84 vgl. JlNiOKBy Die Verbindung aer Substantive durch Präpositionen bei Cicero, Wien 1886; Fröhlich, De gramm. lat locis aliquot controversis, Hagenau 1889.

ß. Prädikativa.

40. Prädikativa sind nominale Bestimmungen des Prädikats, aus- gedrückt durch Substantiva, Adjektiva oder Partizipien, welche auf ein da- stehendes oder zu ergänzendes Nomen des Satzes bezogen und diesem immer im Kasus, wenn möglich auch im Genus und Numerus angeglichen werden.

Personalsubstantiva, welche das Lebensalter oder die Lebens- stellung angeben, Adjektiva und Partizipien, die einen körperlichen oder geistigen Zustand oder auch eine Reihenfolge oder ein Rangverhält- nis bezeichnen, sowie untis, solm, totus, ipse werden in der klassischen Sprache und auch sonst allenthalben prädikativ gebraucht.

Gewöhnlich ist es ein Nominativ oder Akkusativ, dem sich ein Prä- dikativum angleicht, seltener einer der übrigen Easus; vgl. für den Ge- netiv Cic. Cat. 1, 20 quid exspectas auctoritatem loquentium, quorum volun- tatem tacitorum perspicis?

Anmerkung. In der Sprache der Dichter finden wir durch eine Art Ausgleichung der Kasus auch den Vokativ prädikativ gebraucht, z. B. Tib. 1, 7, 53 sie venias hodieme; Verg. Aen. 2, 283 quihus, Hector, ab oris exspectate venu? Hör. od. 1, 2, 37 sive neglectum genus respicis, auctor heu nimis longo satiate Ivdo] trag. Octavia 31 contugis, ?ieu me, pater, insidiis oppresse iaces. Vgl. Theokrit 17, 66 oXßie, xovqs, yeroio und BauGiiANif, Griech. Gramm. § 436, 3.

41. Die engen Grenzen, welche sich die klassische Sprache im Ge- brauche der Prädikativa, namentlich der prädikativen Adjektiva, zieht, werden von den Dichtern und nachklassischen und spätlateinischen - Pro- saikern sehr häufig erweitert und so werden auch andere Adjektiva, namentlich solche, welche eine Zeit bezeichnen, prädikativ gebraucht;

I. Ton den Teilen des Satsee. (§§ 89—43.) 227

oftmals treffen wir femer Adjektiva, wo wir ein Adverb erwarten: Plaut. Amph. 336 hostes crebri cadunt, ib. 244 equites parent ciU^ Hör. od. 1, 2, 45 serus in caelum redeas, Liv. 3, 56, 7 sercis venire poena.% Yerg. Aen. 1, 415 und Liv. 1, 16, 7 sublimis abiit, Pompon. Mola 3, 40 Äraxes placidus Idbitur, 1, 39 fons immodicus exsurgit, Arnob. 265, 28 qtMS canitis matutini, 196, 17 camis rogat ülaj Terentianus 2387 veniat extemus licet pes ÄntibacchitiS; auch aus Apul., Commodian, Sulp. Sev., Juvenc, Prudent. u. a. lassen sich Beispiele beibringen. Manchmal gebraucht ein und derselbe Schriftsteller prädikatives Adjektiv und Adverb neben einander, z. B. Sali. Gat. 26, 5 invidiae prospere cessere neben omnia aspera foedaque evenerant.

Besonders auffällig ist ein prädikatives Adjektiv bei einem Partizip, z. B. Verg. Q. 1, 163 tarda volventia. Wir finden dies schon bei Lucr. 5, 33 aeerha tuens^ dann bei Hör., Verg., Prep., in Prosa bei Liv., z. B. 24, 46, 5 lentior aequaliorque accidens auribus und noch spätlat. bei Fulgent., z. B. 1, 11 vehemens insistens (griechischer Einfluss ist hier unverkennbar, z. B. nokvg Q€(0Vj xqijvr] a(p^ovog qäovca u. ä.).

Anmerkung 1. Adjektiva der Zeit gebraucht Cic. nur in epp<, ad Att. prftdikatiy, sonst enthält er sich wie auch Caes. durchaus dieser Konstruktion, vgl. Cic. Att. 12, 1, 2 noctuahundus ad me venu cum epistiüa tua tdbellarius mit Caes. b. G. 8, 2, 1 omnes noctu discessisse,

Anmerkung 2. Prädikativ gebrauchtes nülltis (= non) ist der Umgangssprache eigen. So lesen wir schon bei Plaut, w nullt&s venit, ähnlich schreibt Ter. memini, tarn- eist ntUlus monecis. Bei Cicero sind Beispiele nur in den Briefen und Erstlingsschrifken zu finden, z. B. Rose. Am. 128 haec bona in tabulas piiblicas nülla redierunt, Caesar kennt prädikatives nuUus nicht, Livius, der doch sonst sehr gern zum prädikativen Adjektiv greift, hat es sehr selten, z. B. 24, 36, 8 postquam ea occasio niiUa contigerat. Wenn auch später prädikatives nullits fast ganz zurücktritt, so finden wir doch noch vereinzelte Beispiele im SpäÜat, z. B. Commodian 1, 17, 17 maiestaa Ülarum ntUla locuta est, Prädikatives mtdtus bei SaU. und Tac., z. B. Sali. Jug. 84, 1; 96, 3 ist auf griechisches Muster zurttckzuf&hren, vgl. Thuc. 4, 22 noXvg ivixBi.xo.

Anmerkung 8. Die klassische Sprache ist mehr dem Adverb als dem prädikativen Adjektiv zugeneigt, weil die sprachliche Entwickelung zur adverbialen Ausdrucksweise führt, die den Zweck der verbalen Bestimmung besser erfSUt als das Adjektiv; der Gebrauch des letzteren darf somit als altertümliche Wendung gelten; vgl. DblbbOck 1 460, Wölfflin, Archiv Vm S. 143.

42. Das proleptische Prädikativum gibt eine Folge der Hand- lung des Verbum finitum an, z. B. b. Hisp. 1, 5 maiores augebantur copiae = die Truppen taurden vermehrt^ so dctss es mehr waren. Dieser Gebrauch des Prädikativums findet sich schon bei Plaut., z. B. Aulul. 75 propinqua partitudo quoi appetit, Trin. 57, bei den august. Dichtem, hauptsächlich bei Properz, dann bei Livius öfters, vgl. M. Müller zu Liv. 2, 45, 14 Martern aUosque iratos invocat deos, vorher auch bei Nepos 2, 6, 5 u. 10, 4, 4, aber nirgends, so viel ich sehe, bei Cicero und Caesar. Im Spätlat. sagt Com- modian 1, 34 domatur utilis egua, Lact. II M. 211, 5 nialum multo peius augetur, Prudent. Cath. 9, 39 miiis unda sternitur.

Zu § 40 42 vgl. Fbobben, Zor Lehre vom Prädikativum, Königsberg 1898.

b. Satzbestimmungen durch einen Casus obliquus.

ff. Allgemeines.

43. Im Lateinischen müssen alle Teile eines Satzes in die Konstruk- tion einbezogen werden und demnach die Nomina ausser dem Subjekt (mit Attribut und Apposition) und dem darauf bezogenen Prädikativum in irgend einem abhängigen Kasus stehen. So heisst das Wort „ent-

15*

228 Lateinisohe Grmmmatik. d. Syntax.

hehren'^ vox carendi, alle riefen i,Sieg^' omnes victoriam canclamaverunt; vgl. femer Cic. Att. 16, 16, 5 me res familiaris movet. Bern dico? immo vero existimatio und ganz besonders Tac. ann. 13, 2 Signum ntilitiae petenti tribuno dedit Optimae matris. Jedoch in der Sprache der Dichter und im nachklass. Latein finden wir ähnlich wie im Deutschen statt eines Casus obliquus den Nominativ als den Kasus, welcher eine Sache oder Person schlechthin benennt; z.B. Prep. 1, 18, 31 resonent mihi ^Cynthia^ silvae; Ovid Met. 1, 168 est via . . ., lactea nomen habet und demnach spätlat. Juvencus 4, 316 Lazarttö hie habuit nomen; Ovid Met. 15, 96 cui fecimtAS aurea nomen; Plin. 3, 2, 2 ArriantAS AUinatium est princeps. Cum dico princeps. Ähnliches lesen wir auch bei Suet. und Justin, z. B. Suet. Claud. 24 Gc^inio cognomen Cauchius usurpare concessit Im Spätlat. gilt der Nomin. geradezu als un- deklinierte Nominalform {le mot non decline, Bonnet, Greg. v. Tours S. 532). 44. Unter Casus obliquus verstehen wir alle Kasus ausser dem Nominativ, der auch Casus rectus heisst (und dem Vokativ, welcher eigent- lich kein Qlied des Satzes ist, sondern ihm als ein gewissermassen selb- ständiger Teil an- oder eingefügt wird). Die lateinische Sprache hat vier solcher Casus obliqui: den Oenetivus, Dativus, Accusativus, Abla- tivus. Ursprünglich kamen noch dazu der Instrumentalis und der Locativus; beide sind im Ablativus aufgegangen. Das Verschwinden der Kasus erklärt sich zum Teil durch den Einfluss der Präpositionen, zum Teil durch das Eingreifen des einen Kasus in den Bereich eines anderen. Der Ablativ heisst auch synkretistischer Kasus, eben weil sich in ihm eine Verschmelzung des reinen Ablativs mit dem Instrumentalis und Lo- kalis vollzogen hat. Früher hat man, wie neuerdings Deecke, als Grund- bedeutung der Kasus eine lokale Funktion angenommen; diese Lehre nennt man lokalistische Kasustheorie. Dann unterschied man lokale und grammatische Kasus. Heute findet man in den Casus obliqui vor allem den Ausdruck eines Verhältnisses, in welchem der Substantivbegrifif zum Verbalbegriff steht, dann aber auch des Verhältnisses zu einem . andern Nomen, wie z. B. der Ablativ den Punkt angibt, von dem aus die Hand- lung erfolgt, der Dativ den Substantivbegriff, mit Hinblick oder Rücksicht auf welchen die Handlung sich vollzieht, der Genetiv aber vor allem der näheren Bestimmung eines Nomons durch ein anderes dient. Vgl. da- gegen auch Bbugmann, Griech. Granmi. § 433.

Vgl. im allgemeinen aber die Easuslehre: Delbrück I S. 173 ff.; Hübsobhann, Zur Kasuslelure, München 1875; Rümpel, Zur Easnstheorie, Gütersloh 1866 (id., Die Kasnslehre etc., Halle 1845); Holzweissig, Wahrheit und Irrtum der lokalist. Easustheorie, Leipzig 1877; YoGRiNz, Zur Easustheorie, Progr., Leitmeritz 1882; id., Gedanken zu einer Gescnichte des Easussystems, Leitmeritz 1884; Bibligk, De casuum syntaxi a Floro histor. usurpata, Halle 1882; Antoine, De casuum syntaxi Vergiliana, Paris 1882; Hoble, De casuum usu Proper- tiano, Halle 1887; Bbnbsch, De casuum obliquorum apud M. Junium Justinum usu, Wien 1889; Preising, De Senecae tragici casuum usu, Münster 1891; Hid:6n, De casuum syntaxi Lucretiana, Helsingfors 1896; J. Sitzler, Über den Easusgebrauch bei Varro, Tauberbischofs- heim 1889, Progr.; Deeokb im Progr. Mülhausen 1890 S. 31.

ß. AkkasatiT. 46. In den Akkusativ tritt derjenige Substantivbegriff, welcher von dem Verbalbegriflf am nächsten und am vollständigsten betroffen wird. Sein Gebiet war ursprünglich sehr ausgedehnt; allein allmählich engte die

I. Von den Teilen des Satzes. (§§ 44—46.) 229

nach logischer Bestimmtheit strebende Sprache dasselbe ein, und erst die Manier einer spätem Zeit suchte das alte Gebiet zurückzuerobern. Der gewöhnlich gemachte Unterschied zwischen transitiven und intransitiven Verben ist unberechtigt, man kann nur von einem transitiven oder in- transitiven Gebrauch der Verba reden, vgl. vivo und vitam vivo, noceo und noxam noceo, oder man sagt (mit Delbrück I S. 376), dass ein tran- sitives Yerbum ein solches ist, welches gewohnheitsmässig mit einem Objektsakkusativ verbunden wird, ein intransitives ein solches, bei dem dies nicht geschieht. Die lat. Sprache konnte alle möglichen Zeitwörter mit einem Akk. verbinden, dies geht aus infiticts, excuhicLS ire, foras labi, prapinquare amnem hervor; diese Fähigkeit hat sie durch ihre indoger- manische Abstammung ererbt, aber allerdings nicht gleichmässig ausge- bildet. Der Akk. musste nicht notwendig ein Subst. sein, es konnten auch Pron. oder substantivierte Adj. eintreten, die letzteren im Femin. {mulHfariam, alias, obviam), oder im Neutrum, dieses wieder im Sing, und im Plur. ; während das Neutr. plur. selten blieb, entwickelte das Lat. eine gewisse Vorliebe för das Neutr. sing, der Pronom. Dass die Neutr. all- mählich adverbiell wurden, dieser Prozess vollzog sich im Lat. wie im Deutschen und in den andern indogerm. Sprachen. Der Akk. kann nicht allein ein verbales Prädikat determinieren, sondern auch ein aus Adj. und dem Verb, esse bestehendes, wie possum = potis sum, so auch uülis SUM, noxius sum (pro-sum, ob-sum); wenn nun bei dem Mangel einer Partizipialform von sum das Adj. als Partizip steht, so kann mit solchem Adj. auch ein Akk. verbunden werden, wie mit den Partiz. selbst {-bundus etc.); ebendasselbe gilt auch für Subst. mit verbaler Kraft (äomt«m reditio). Der Akk. bei Adj. hatte indes bald mit dem Abi. zu rivalisieren, und bei nudus genu ist es unsicher, ob genu Akk. oder Abi. ist. Auch dieser Akk. adverbialisierte rasch und schuf so eine reiche Fülle akkusativischer Adv. Ein durch einen Akk. ergänztes Verb, kann mit diesem einen Begriff bilden und nun eine neue akk. Determination annehmen, so ludos facere dUquem, Unguam docere aliquem; manchmal verwächst das Sachsubst. mit dem Verb., ludificare aliquem, auch circumstare aliquem; bei drcumdare aliquem aliqua re ist gar eine dreifache Bestimmung des Verb. Besonders häufig steht der dopp. Akk., wenn die Sache ein Pron. neutrum ist. Überhaupt ist das Gebiet des dopp. Akk. viel weiter ausgedehnt als im Deutschen. Hieher gehört auch der prädik. Akkus., wie im Deutschen «ich arbeite mich müde, ich gewinne dich lieb''. Schliesslich sei das Medium erwähnt, welches als indirektes einen Akk. zu sich nehmen kann ; bemerkenswert sind besonders die Verb, des An- und Ausziehens, so in- duor vestem, auch su^pensus bei Horaz, ferner das kausative Medium, z. B. traiectus lora „der sich Riemen hat durchziehen lassen''. Das Verbum, zu dessen Determination der Akk. dient, kann so selbstverständlich sein, dass es auch weggelassen werden darf, so im Akk. exclamationis, der dann mancherlei Analogien nach sich zog.

46. Die klassische Sprache zieht sich sehr enge Grenzen im tran- sitiven Gebrauche der Verba. So kommt es, dass manche Verba im Altlatein und wieder im nachklass. und späteren Latein transitiv gebraucht

230 Lateinisohe (Grammatik, d. Syntax.

werden, während die klass. Sprache kein Akkusativobjekt mit ihnen ver- bindet; ich verweise nur auf utor, fungor, fmor, abhorreo, supplico, welche im Altlat. transitiv gebraucht werden, bei Cic. u. Caes. aber nicht, jedoch wieder nachklassisch und ganz besonders spätlateinisch, z. B. Gommod. 2, 15, 9 ahuteris mandata, Tac. ann.3, 2 munia fungi. Andere Yerba kommen erst nach Gic. u. Caes. in transitiven Gebrauch; während bei Cic. Yerr. 4, 119 colitur ea pars {urbis) et hahitcdur frequentissime das persönliche Passiv pars habitatur lediglich dem Streben nach Eonzinnität sein Dasein verdankt, gebrauchen Verg., Hör. und in Prosa Liv. und dann auch andere Autoren habüare oft transitiv. Wenn schliesslich sogar obtemperare, sedere (z. B. cathedram sedere), studere, acquiescere u. ä. ein Akkusativobjekt zu sich nehmen, so hat hier die Analogie (z. B. acquiescere = probare, z. B. Gregor. - Turon. conf. 77 nee acquiesceret pontifex rem tarn impröbam) mitgewirkt oder das Zurücktreten der übrigen Kasus und ihre allmähliche Auflösung hat die Verba ihres Bereiches dem Akkus, zugeführt. Vgl. noch § 73.

47. Der Akkusativ der Richtung nach Verben der Bewegung findet sich durchweg von den Wörtern domus und rus, sowie von den Städte- namen. Von letzteren übertrug man die Konstruktion auch auf die Namen der Inseln, welche Städte gleichen Namens trugen, z. B. Samum, Chium, Nach Analogie dieser Namen richteten sich überhaupt die Inselnamen, ausser denen, welche wie Sicilia, Sardinia Provinzen bildeten, somit nur als Länder gelten konnten, aber auch Aegyptus, welches dem Sanms^ Bhodus u. ä. in der Endung gleich war; so sagen sogar CÜc. und Caes. Aegyptum nach Egypten (vgl. Gic. nat. deor. 3, 22, Caes. b. civ. 3, 106). Im übrigen aber wird in der klass. Sprache von Ländernamen wie voh Ap- pellativen auf die Frage wohin? der Akkusativ mit in gesetzt. Doch schon Liv. Andren, und Plaut. (Cure. 339 quid veniam Cariam) setzen bei Länder- namen den Akkusativ ohne in, von den augusteischen Dichtem nament- lich Yergil, in Prosa das b. Hisp., aber wie es scheint nicht Liv., auch nicht Plin. maior; in der folgenden Zeit lesen wir bei Petron. 48 Africam ire, bei Suet. Tib. 71 rediens Campaniam und so vereinzelte Beispiele auch anderwärts, bis schliesslich im Spätlatein Ländernamen und Yölkemamen ganz gewöhnlich im Akkus, ohne in auftreten ; z. B. sagt der Jurist Papi- nian: cum Asiam venisset, Apul. met. 1, 5 st Thessaliam perveneritis, Gregor. Turon. h. F. 8, 12 adveniens Treveros, 3, 11 Burgundias abiit Von Ap- pellativen finden wir selten den Akkus, der Richtung; hieher gehören suppetias, inferias, infitias, exsequias ire oder mittere, lauter unklassische Konstruktionen; aus der besten Zeit der Sprache kenne ich nur Cic. Att. 1, 14, 15 rostra advolat, Nep. Ale. 6, 4 astu venit, aus dem nachklass. Latein Yitruv 131, 18 gymrutsium devenit: überall nähert sich hier das Appella- ti vum in der Bedeutung einem Eigennamen oder das Yerbum ist ein Kompositum und macht so die Konstruktion weniger auffällig. Sogar im Spätlatein ist der Akkus, ohne m, abgesehen von Apul., Amm., scr. h. Aug., welche eine gewisse Vorliebe dafür haben, hier selten ; z. B. sagt Apul. met. 2, 15 cubicuJum contendo, Qregor. Turon. H. F. 5, 36 regressus urbem, Fortunat. vit. Radeg. 23 p. 44, 34 rediens cellulam, der Dichter Juvencus 1, 254 patriam rediere; näheres bei Landgraf im Archiv X S. 391 flf.

L Ton den Teilen des Satzes. (§§ 47—49.) 231

48. Wenn beispielsweise zu vivo noch das Objekt vitam gesetzt wird, 80 nennt man dies ein inneres Objekt; dasselbe besteht also aus einem dem Verbum stammverwandten Subst. Diese Konstruktion figura etymologica genannt gehört der ganzen Latinität an, eignet jedoch vorzugsweise der ritualen, der Gerichts- und der Volkssprache (Sprich- wörter und Lebensregeln). Plautus wie überhaupt die Dichter sind reich an dieser Erscheinung, auch Cüc, Sali, und Liv. (freilich nur in gewissen Formeln wie bellum iellare u. ä.), dagegen Nepos, Yell. u. Tac. wenden sie spärlich, Caesar gar nicht an. Selbstverständlich blüht die figura etymol. bei den Archaisten, besonders bei Apulejus, und findet sich, sogar in neuen Formen, bei Tertull., Lact, und Augustin. Wenn auch die Konstruktion echt- lateinisch ist, lässt sich doch nicht leugnen, dass die Komiker und später die chrisÜ. Schriftsteller ihren griech. Vorbildern manches nachgeahmt haben (f&rs Griechische vgl. Brügmakn, Griech. Gramm. § 439, 2, b). Der Akk. des inneren Objekts Inhaltsakkusativ beschränkt sich indes nicht auf die figura etymologica; es können auch sinnverwandte Substantiva als inneres Objekt gebraucht werden und schliesslich namentlich bei Dichtem auch ferner liegende Begriffe; so finden wir bella devincere, viam seeare, verba queri, orbes torquere u. ä. sehr häufig bei den august. Dichtern. Die nach Genauigkeit strebende klass. Sprache begünstigte die letztere Kon- struktion wenig; konnte doch z. B. verba questus est ebensogut er beklagte sich über die Worte als er brach in die klagenden Worte aus bedeuten.

Anmerkung 1. Das Passiv zn vüam vivere lautete ursprfliiglich vitam vwütir. Doch bald schon wurde das persönliche Passiv üblich, die klass. Sprache kennt die fig. etymo- logica fiberhaupt fast nur im Passiv, z. B. Cic. Mnr. 84 cicerrima pugna est pugncUa; noch späüat sagt Gommod. A. 303 haee spes nobvt speranda est. Über vita vivo bei Cic. Farn. b, 21, 3 vgl. N. Jahrb. 1892 S. 653.

Anmerkung 2. Ein Attribut beim innem Objekt fehlt nur selten, und zwar 1. wenn ein Adverb als Ersatz eintritt, 2. wenn das Substantiv eine prägnante Bedeutung hat (z. B. dicta dicere% 3. wenn das Substantiv seine eigene Bedeutung gewonnen hat (pacem pcunsci).

Anmerkung 3. Verbindungen wie iuga iungere, vellera vettere (Catull) gehören nicht hieher; es sind dies bloss Paronomasien, aber sie enthalten keine innem Objekte.

Anmerkung 4. Hieher gehört auch der die Ausdehnung in der Zeit bezeichnende Akkus. Dieser tritt zunftchst wie ein Akkus, des Inhalts zu dem Verbum, z. B. vigüavit noctem, und bezeichnet dann überhaupt die Zeiterstreckung. Doch erscheint an SteUe des Akkus, schon vereinzelt bei Cic, Caes. und Sali, und dann bei den augusteischen Dichtem, sowie bei Liv. und Tac. der Abi., welcher z. B. auf den Inschriften aller Lftnder, femer bei den eccl. und fiberhaupt im SpftÜat., z. B. bei Hygin, Sulp. Sev., Lucifer, Apoll. Sidon u. a. sehr fiblich ist, z. B. ttufin. h. monach. 9 tribus diehus permanens apud eos. Die Dichter haben diesen Akkus, vor dem Abi. bevorzugt, weil der erstere nur die Zeitdauer misst, wShrend der Abi. die Phantasie des Lesers in den betr. Zeitraum hineinversetzt, z. B. Prop. 1, 1, 7 et mihi iam toto fu/ror hie non deficit anno, vgl. Rothstbik z. St. ; vgl. noch Orosius, der 4, 12, 7 auf die Frage quamdiu? mit uno anno antwortet; Pauokeb, Z. f. ö. G. 1883 p. 326; Lbabb S. 28; Dblbbück I S. 246. Auch der Akkus, der Baumerstreckung, z. B. bei distare und abesse ist ursprfinglich ein Inhaltsakkus., der dann aber sein Gebiet erweitert ond sich selbständig macht wie der Akkus, der Zeiterstreckung; vgl. Dblbbück I S. 375.

49. Ein Adjektiv im Neutrum als Objekt (Inhaltsakkusativ) ist vor- zugsweise der Dichtersprache eigen, aber in der alten Zeit nicht besonders häufig, um so mehr bei Catull, den augusteischen und nachaug. Dichtem, z. B. Hör. sat. 2, 5, 100 certum vigilans, Ovid Met. 6, 370 aeternum vivere, Prudent. Cath. 7, 78 pulcrum splendet vena auri. Bei Cic. findet man dies sehr selten, und wenn er auch Tusc. 2, 56 exclamare maius sagt, zweifelt Fb. A. Wolf, ob er (wie Plaut, und später äellius) exclamare magnum gesagt

232 LaieinisQhe Grammatik, d. SyntaJU

hätte. Die nachliv. Prosa hat sich diesen Brauch angeeignet; namentlich reich an Beispielen sind Apulejus und Ammianus, welch letzterer als Grieche besondem Geschmack daran fand. Die meisten der so gebrauchten Yerba bezeichnen die Äusserung eines Gefühls. Schliesslich werden diese Adj. geradezu zu Adverbien, z. B, Tac. ann. 12, 28 cum quis aeternum discordant (= hiben ewigen Hader). Der Plural des Adj. ist viel seltener als der Singular, z. B. Ovid Met. 10, 146 quamvis diversa sonarent.

50. Manche Substantiva verbalia haben sich die Möglichkeit, einen Akk. zu sich zu nehmen, von ihrer Abstammung her bewahrt, besonders in um- schreibenden Phrasen, wie receptio est u. ä. bei Plaut, z. B. Asin. 920 quid tibi hunc receptio ad test meum virum? dann magni donium concursus fiebant bei Caes. b. civ. 1, 53, 3, doch auch für sich, z. B. ntanum iniectio in der Gesetzessprache, reditus Bomam bei Gic, domuitio =^ domum itio, jenes öfters im Altlat. und Spätlat., dies bei Gic. de div. 1, 68. Über iusta orator u. ä. vgl. Landgraf im Arch. X S. 400, überhaupt Brughann, Griech. Gramm. § 439.

Anmerkung. Anderer Art sind die attributiv gebrauchten adverbialen Akkus, wie id genus, hoc genus, qtAod genus, omne genus bei Gate (nicht bei Plaut., Ter.), Lucil., nirgends bei Caesar, bei Cicero nur Att. 13, 12, 3 aliquid id genus, aber bei rhet. ad Her., oft bei Varro, Lucr., Catull, Hör. sat., Petr., Suet., Gell., Apul. und andern Afrikanern, sonst selten im SpäÜat., id, hoc, illuc aetatia bei Plaut, Ter., rhet. ad Her., Cic. (selten ausser in epp., ErsÜingsschriften und Phil.), Liv., Tac, z. B. Cic. id aetatia duo filii. Hieher rechnet man auch virile oder muliehre secus bei Plaut., Sis., Sali., Tac, Amm. u. a.

51. Die mit der Endung bundus gebildeten Partizipialformen haben ebenfalls die ihrem Stammverbum eigene Rektion sich bewahrt und werden deshalb vielfach mit einem Objektsakkusativ verbunden. Dies treffen wir bei Sisenna, Sali., Liv., Gurt., Suet., Justin, Apul., z. B. Liv. 25, 13, 4 mta- bundus castra hostium.

Anmerkung 1. Über die Verbreitung der Formen auf bundus vgl. Wölfflin zu b. Afr. 2.

Anmerkung 2. Über den transitiven Gebrauch der Partizipien vgl. § 171. Im Spät- latein scheint man auch memor ajft eine Art Partizip zu memini betrachtet zu haben und hat es dementsprechend mit Objekt verbunden, z.B. memores estis läborem nostrum; Past. Herm. vis. 2, 1, 3 haec tanta memor esse non possum; analog dann Gregor. Turon. H. F. 8, 7 non immemor periurias.

52. Nach Adjektiven findet sich der Akk. eines Substantivs in vor- klass. Zeit nicht; denn Plaut. Pseud. 785 R. qui manus gravior siet ist qui Instrumentalis und manus Nom. Sing. ^Ebensowenig treffen wir die Kon- struktion in der Prosa der vorklass. und klass. Zeit; sie beginnt bei den aug. Dichtern und wird hier ganz besonders von Vergil und Ovid gepflegt; von den nachklass. Dichtern sind es besonders Silius und Statins, die sie begünstigen. In Prosa bieten Sali, und Liv. kein sicheres Beispiel, aber Tac. um so mehr, vereinzelte Apul. und Ammian (bei letzterem findet sich nur nudus, welches überhaupt gern mit Akk. verbunden wird) und schliess- lich die EccL, z. B. Tertull. Phryges primi genus habentu/r, Quintilian sieht darin einen Gräzismus (9, 3, 17); vgl. Brugmann, Griech. Gramm. § 439, 5.

Anmerkung. Der Akkus, bei einem Adjektiv ist manchmal ein Pronomen neuirum, wie cetera, alta, omnia u. ä. Dies finden wir auch bei Sali, und Liv., doch nirgends bei Cic. und Caes., z. B. Sali. Hist. 4, 70 M. cetera egregius) vgl. Wölfflin, Arch. II S. 90 ff. 615.

53. Nach medialen Verba des Bekleidens und Entkleidens kann gerade wie im Umbr.-Oskischen ein Akkusativ des Objekts stehen, z. B. vehr Caput, ich verhülle mir das Haupt, induor vestem, ich ziehe mir ein

I. Von den Teilen des Satzes. (§§ 50—55.) 233

Kleid an. Diese Konstruktion dehnt sich auch auf das als Part. Perf. verwendete Yerbaladjektiv, also z. B. indutits aus und so sagte man auch indiäus (sum) vestem. Dieser Objektsakkusativ berührt sich nun aber mit dem Akkus, der Beziehung bei Adj., z. B. sauciiAS pectus, und so gebrauchte man denn auch bei adjektivisch verwendeten Partizipien wie intonsus und inkictus und schliesslich unter dem lebhaft wirkenden Einfluss des Griechischen auch beim Passiv und bei neutralen Yerba einen Akkus. Hier ist also der echtlateinische Objektsakkusativ mit dem gräzisierenden Akk. der Beziehung zusammengeflossen: Gato orig. 1, 18 togae parte Caput velati (xaXvipdfievoi), aber b. Afr. Caput ictus (wnsig). Sichtlich gemieden wird die Konstruktion von Caes. (b. öall. 5, 35, 6 Balventio utrumque femur tra- gula traicitur) Cic, Nep., Quint., Plin. min., aber nicht von Sali., Liv., Tac. (z. B. Liv, 21, 7, 10 adversum feniur tragula gravitur ictus)^ häufig verwendet von Ammian, namentlich aber von Apulejus. Die Dichter aller Zeiten von Ennius bis herab zu Prudentius sind reich an Beispielen, vgl. noch Prudent. P. 10, 116 tundatur terga, Ps. 112 defixa oculos,

54. Bei manchen Verben wird die Begriffssphäre durch einen Akk. noch nicht völlig abgeschlossen, und dieselben sind somit imstande, ihre verbale Kraft auch über einen zweiten auszudehnen; so sagt man infitias ire aliquid, animum advertere aliquid, und nach Analogie dann iusiurandum adigere aliquem und ego manum te iniciam. In der alten Sprache ist der Gebrauch des doppelten Akkus, sehr ausgedehnt, indem beispielsweise neben den Verben des Verlangens auch die des Gewährens einen persön- lichen und einen sachlichen Akkus, zu sich nehmen können, z. B. Ter. Phorm. 947 argentum^ quod habes, condonamus te. In klass. Zeit beschränkt sich die Konstruktion auf die Verba docere, poscere, rogare, celare, welche übrigens hier gewöhnlich nur ein Pron. neutr. als sachlichen Akk. zu sich nehmen. Es scheint, dass die sakrale, die Gerichtssprache und die Vulgär- sprache den dopp. Akk. besonders erhalten und gepflegt haben; so vergl. man z. B. damnare und condemnare aliquem aliquid u. s. w. Dass man sich nicht scheute, eine ganze Reihe von Akkusativen einem Verbum direkt oder indirekt unterzuordnen, zeigt schon Plaut. Pers. 322: dominus me boves mercatum Eretriam misit.

Anmerkung 1. Die Eonstraktion des doppelten Akkus., wo der eine Akkus, das Ganze, der andere den Teil angibt, ist im Lat. nicht heimisch; wir finden sie als Nach- ahmung griechischen Sprachgebrauchs bei Yerg. Aen. 10, 698 u. 12, 273, sowie bei Dictys Cret. 3, 8 Deiphohum tibiam ferit; vgl. Bbuomann, Griech. Gramm. § 440, 1, a.

Anmerkung 2. Der prädikative Akkus., welcher mit dem Yerbum einen Begriff bQdet, z. B. saucium facere = sauciare, und nunmehr ein Objekt annimmt, z. B. hostem saucium facere, findet sich Überall in der ganzen Latinität, gerade wie in den verwandten Dialekten; f&rs Griechische vgl. Bruomahn, Griech. Gramm. § 440, 1, c.

&5. Der sog. Akk. exclamationis bildet die Determination eines leicht zu ergänzenden Verbs. Er ist 1. das Objekt z. B. Cic. Phil. 5, 15 em causam (sc. habetis), 2. Objekt und Prädikativum, z. B. Phil. 2, 54 o miserum (sc. dico) te, si haec intellegis, miseriorem, si non intellegis, 3. nur Prädikativum, z. B. Hör. sat. 1, 9, 28 felices (sc. eos dico). Er findet sich in allen Zeit- altem der Sprache, oft verbunden mit o, bei Cicero so regelmässig, wenn das Substantiv eine Sache bezeichnet, z. B. Att. 1, 16, 5 ö, di boni, rem perditam! auch mit em, welches selbst ein Akk. ist, z. B. Plaut. Capt. 859

234 Lateinisohe Orammatik« d. Syntax.

em manum, Cic. Phil. 5, 15, Verr. 1, 93, vielleicht auch Deiot. 17, ebenso, aber erst seit klass. Zeit, mit an, z. B. Cic. Verr. 5, 55, mit ecce (nie bei Cic), em und ecce vorwiegend bei den alten Dichtem, mit heu oder eheu (letzteres nur Sali. Jug. 14, 9) in der vorklass. und klass. Zeit, mit hem nur bei Komikern, mit pro von Ennius bis Livius (nur mit fidem), mit edepol nur bei Plautus, mit vae bei Plaut. Catull und Sen. apocol. {vae me, puto, concacavi me, also ganz vulgär!)

Zu § 45 Tgl.: PiGBR, Die sog. Grftzismen im Gebrauch des lat Accus., Iglau 1879. || Zu § 47: Landgraf, Archiv X S. 891 ff. |i Zu § 48: Landgraf, De figuris etymolog. linguae lat., act. sem. Erlang. 11 p. 1 69; Bibsb, De objecto intemo apud Plautum et Terentium, Kiel 1878. || Zu § 50: Wölfflin im Archiv I p. 173; id., Id genus und Verwandtes, im Archiv Y p. 387 398. || Zu § 51: Wincklbb, De vi et usu vocabulor. bundus finitorum com- mentatio, Progr., Colberg 1869. || Zu § 52 und 53: Landgraf im Archiv X, 209 ff. || Zu § 53: Schröter, Der Accus, nach passiven Verben in der lat. Dichtersprache, Progr., Gross- Glogau 1870; Enoblbabdt, Passive Verba mit dem Accus, und dem sog. Accus, graecus bei den lat. Epikern, Progr., Bromberg 1879. || Zu § 55: Richtbb, De usu particularum ex- clamativarum apud poetas Augusti aequales, Progr., Hagenau 1878; Köhler, Archiv V S. 16 ff., VI S. 25 ff.

y. Genetiv.

56. Gerade wie der Akk. zur DeterminatioD des Verbs, so dient der Genetiv in erster Reihe zur nähern Bestimmung eines Nomens. Der Satz- teil, für den er sich besonders eignet, ist das Attribut, d. h. die not- wendige Ergänzung des Subst. ; hierauf weist auch die Abstammung, denn der Genet. ist ursprünglich eine Adjektivbildung (vgl. cuius, a, um und Gen. cuius, vgl. jedoch DelbbOck I 186). Diese Zusammenfassung des No- mens mit seinem determinierenden Genetiv ist sehr vieldeutig, sie kann das Verhältnis des Besitzers und des Besessenen, des Teiles und des Ganzen, des Wesens und der Eigenschaft bezeichnen. Alle Nomina, also Subst., Adj., Pron., und die aus Kasusformen von Adj. oder Subst. erstarrten Adv. nehmen an dieser Fähigkeit teil. Sobald eine Yerbalform den Cha- rakter eines Nomens erhält, wie z. B. das Part, praes., oder sobald der im Verb liegende substantielle Begriff besonders hervortritt, nimmt auch das Verb einen determinierenden Gen. zu sich. Dies ist besonders der Fall, wenn der Verbalbegriff nicht auf den vollen Umfang des Substantiv- begriffs bezogen werden soll. Manchmal schwebt ein nomineller Begriff vor, ohne jedoch geradezu ausgesprochen zu sein; an denselben kann sich ein determinierender Gen. gleichwohl anlehnen. Dies ist der Fall beim sog. Gen. exclamationis und wird auch zur Erklärung des Genetivs bei den Verba iudicialia gewöhnlich angenommen.

Anmerkung. Delbrück ist geneigt, den G«n. bei Substantiven aus dem Gen. bei Verben herzuleiten oder wenigstens zwei Hauptmassen, den Gen. bei Verben und den Gen. bei Substantiven, aufzustellen. Vgl. I § 69, 147, 164 und Bbüomann, Griech. Gramm. § 442 u. 446.

57. Der Gen. possessoris bezeichnet wie im Ümbr.-Oskischen bei den Namen von Frauen und Sklaven den Gewaltherrn, z. B. CaeciUa Me- ielli, ebenso bei ausländischen Namen auch den Vater neben dem Namen des Sohns, z. B. Hannibal Oisgonis, noch in der Yulg. Judam Simonis (aber nur Marcus Marci filius bei einem Römer, wenigstens in der alten und in der klass. Zeit). Dies übertrug sich auf andre Eigentumsverhältnisse, so bei Pollio Gallia Lepidi, besonders zur Bezeichnung der Zugehörigkeit einer Stadt zu einem Lande (auch chorographischer Genetiv genannt, vgl.

L Ton den Teilen des Satzes. (§§ 56—59.) 285

Bbugmakn, Griech. Gramm. § 446, B) bei Gaes., Liv., Gurt., Flor, und noch spätlat. bei Yict. Vit., z. B. 1, 15 NeapoUm Campaniae, etwas kühner Plin. 33, 81 Minervae temphim habet Lindos, insulae Bhodiorum; schliesslich gibt der Genetiv überhaupt das Gebiet an, dem das regierende Substantiv an- gehört, z. B. Cic. Lael. 11 maerar funeris, Caes. b. g. 7, 28 Cendbi caede.

Anmerkung 1. Der Gen. possess. in Verbindung mit totua findet sich schon bei Ter. Enn. 1040, bei Cic. in epp., z. B. Fam. 2, 18, 2 me Pompei totum esse scis, bei Hör. od. 4, 3, 21 ; Öfters begegnet man ihm erst seit Livius bei Lucan, Seneca, Plin. mai. und min., z. B. Liy. 3, 36 fhominum, nan causarum toH erant.

Anmerkung 2. Das Fron, possess. ersetzt (fthnlich wie cmtM, a, um) den Gen. possess.; aber die nfihere Erklärung wird im Gen. dazu gesetzt, freilich selten bei Cicero (Fam. 15, 13, 1 me tuum Studium adulescentis perspexisse), vereinzelt bei augusteischen Dichtem, z. B. Hör. sat. 1, 4, 23, Ovid Her. 5, 45 nostros flisntis oceUos, öfters schon bei Livius, hAufig erst im Spfttlai, z. B. bei Lucifer.

Anmerkung 3. Der Gen. der AngehOrigkeit ohne Substantiv, von dem er abhinge, z. B. Hör. sat. 1, 9, 35 ventum erat ad Vestcie findet sich noch nicht bei Plaut, wohl aber bei Ter., dann bei Cic, Cael., Hör., Liv. und noch im Spätlat. ; vgl. Wölfflin im Arch. XI S. 26 bezflglich der Erklärung dieser Spracherscheinung, sowie Bbuomajjk, Griech. Gramm. § 447, 3.

58. Eine Abart des Gen. possess. ist der Gen. definitivus, welcher, entsprechend der Vorliebe der Lateiner, neben dem Gattungsbegriff den Speziesbegriff im Gen. statt der Apposition anzuwenden, sehr häufig ist; so arbor fici bei Columella, bei Dichtern seit Ennius beliebt in Um- schreibungen, z. B. Gatull Caput seri nepotis, oft bei Ortsnamen, nicht bei Cic, denn Att. 5, 18, 1 liest Heraeus Cassius in oppido Antiochia est, auch nicht bei Caesar, aber im b. Afr., oft bei Vitruv und bei Liv. (wo 29, 27, 12 durch die Macht der Analogie promunlurium Pulchri, wenn nicht mit O. Keller, N. Jahrb. 1893 S. 557 promunturium pulchrum zu lesen ist), Verg., auch bei Horaz, Tac. und Florus, später in derVulg., bei Commod., Sulp. Sev., Gregor. Turon., sowie bei christlichen Dichtem wie Juvenc. und Prud., z. B. Prud. Ps.pr. 17 urbibtis Sodomae et Gomorrhae. Schon mit Be- ginn des Mittelalters tritt für den Gen. de ein, z. B. villam de Bertiniaca, ein Gebrauch, der in alle romanischen Sprachen überging.

Anmerkung 1. Offenbar Eigentümlichkeit der Volkssprache sind Verbindungen wie die von Lor. zu Plaut, mil. 1422 aufgezählten, z. B. scelus viri, flagüium hominis; Cic. hat nur Fam. 5, 8, 2 pestes hominum.

Anmerkung 2. Der späteren, von der Sprache der Bibel und somit auch vom Hebräischen beeinflussten Latinität ist eigen die Verbindung eines Substantives mit dem Genetiv eines Synonyms, auch identischer Genetiv oder Genetivus inhaerentiae genannt, z. 6. ira furoris, tacüumüatis süentium; so bei Apulejus, Tertull., Amobius, Mart. Capella, Victor Vit. (nicht zu verwechseln z. B. mit mUtus furoris, wo der Gen. defin., wie öfters bei Suet., Sen. phil., Juvenal, ein Adjektiv vertritt, während jedoch der Ersatz des Adjektivs durch das abgeleitete Substantiv, z.B. Gregor. Turon. h. F. 5,85 prcieceptum iniquiiiUis = prcteceptum iniquum und conf. 88 odor suavitatis statt odor suavis ein offen- barer Hebraismus ist; so oft in Vulg.). Jedoch ist zu beachten, dass nach Wölfflin's Wahr- nehmung schon Vitruv den identischen Genetiv, z. B. audaciae protervüas, hat, somit dem hebräischen Einfluss der Boden günstig war; vgl. Archiv VIl S. 477.

Anmerkung 8. Schon in der klass. Sprache, z. B. bei Caes., Cic, Ser. Sulp, in Cic. epp., dann nachklassisch bei Vell., Tac, Plin., Suet., Justin., Lact, steht der Gen. defin., am bei Zeitangaben den Ausgangspunkt der Zeitdauer zu bezeichnen, bei Cic. aber nur mit dem Gen. eines Wortes, welches die Zeit bezeichnet, z. B. Cic. Att. 8, 7, 1 post diem tertium eius diei, Lact I 654 post müle annos mortis suae, Justin. 18, 3, 5 Tyron urbem ante annum Troianae cladis condiderunt (Pauckbb, Z. f. ö. G. 1883 p. 323, Nipp, zu Tac. ann. 1, 62).

69. Yfie der Akk. sich an Verba aller Art anschliesst, so auch der Gen. obiectivus an ihre Derivata (wobei sich wieder der Unterschied von transitiv und intransitiv als willkürlich gemacht bezeugt). Dies ge-

236 Lateinische Grammatik, d. Syntax.

hört der ganzen Latinität an; bei Dichtern und poetisierenden Prosaikern sind jedoch besonders kühne Konstruktionen, sowie die Verbindung des Gen. obi. mit primitiven Subst. z. B. TibuU. 1, 8, 50 leti mille repente viae anzutreffen.

Anmerkung 1. Statt des G^n. obi. stehen auch Fron, possess., so bei Sali, iniuriae stMe, bei Nepos stiam existimatianent, selten bei Cic, z. B. Farn. 16, 12, 8 rationem haberi 8uam, ebenso Adjektivs wie servilis, milüaris n. ä., besonders zor Vermeidung der Zwei- deutigkeit, vgl. Tac. h. 2, 82 firmu8 adversus müüarem largiHonem, und, was stilistisch wichtig ist, die Pron. demonstr. oder relat. im gleichen Kasus, so bei Nepos, Caes., Cic, liv. eam iram, quam veniam.

Anmerkung 2. Im Interesse der Deutlichkeit treten oft statt des Gen. obi. Prä- positionen ein; dies ist stets der Fall, wenn beim regierenden Substantiv eine pronominale attributive Bestimmung steht. Die präpositionale Wendung ist häufig bei Cic, Liv., Just., selten bei Nepos.

60. Der Gen. subiectivus der Personalpronomina wird regeknässig durch das Possessivum ersetzt, z. B. ineus consensus die ÜbereinsUmmung van meiner Seite {= cum ego consentio). Aber eine bei Cicero und Sallust vorbereitete Gebrauchsweise, z. B. Phil. 5, 2 consensus vestrum und Phil. 4, 1 frequentia vestrum incredibilis kommt in der nachklass. Latinität, besonders bei Tacitus und Apulejus, in Aufnahme, z. B. Tac. ann. 4, 24 primo sui incessu, und erhält sich im Spätlat., z. B. bei Arnob., Sulp. Sev., Jul. Val., Porphyr., Hieronym. u. a., vgl. Porphyr, zu Hör, od. 2, 18, 10 gratium mei petit (vgl. besonders Rönsch, Semasiol. Beitr. II p. 50 und Kalb, Roms Juristen S. 137).

Anmerkung 1. Die Verbindung eines Substantivs mit Gen. subi. und obi. zugleich ist klassisch und besonders in Ciceros Briefen sehr häufig zu treffen; vgl. Gic. Att 2, 5, 1 ab hac ?Mtninum satietate no8tri; Caes. b. G. 1, 30, 2; Cic. off. 1, 43 Caesaris pecuniarwn translatio; Sali. Jug. 30, 3; das Zusammentreffen von Genetiven hat man nur bei ündeutlichkeit oder Übellaut zu vermeiden gesucht; in späterer Zeit jedoch haben manche Historiker den prä- positionalen Ausdruck bevorzugt, wohl infolge griechischer Einflösse, z. B. livius und Floms.

Anmerkung 2. Die Häufung voneinander abhängiger Genetive wird auch in klassi- scher Sprache nicht gescheut, wenn der Zusammenhang über das Verhältnis der einzelnen Kasus zu einander keinen Zweifel lässt, vgl. Lepidus in Cic. Fam. 10, 35, 1 me tantae mti2- titudinis cimum Botnanorum aalutis atque incoluynüatis causam suscipere, öfters jedoch wird dies im Nachklassischen, z. B. Vitr. 33, 10 insequar ingressus antiquitatis rerum ncUurae, bei Liv. u. a., und zwar auch in auffälligen Beispielen, beobachtet; fürs Griechische vgl. Bbughaitn, Griech. Gramm. § 446, 4.

61. Der Gen. qualitatis gehört der ganzen Latinität an; zumeist beliebt war er in der Volkssprache, aus welcher Plaut, wie Cicero in epp. und nach ihm Plin. in epp., ebenso Horaz manches herübergenonunen. Übrigens ist auch die klass. Sprache und Livius reich an Beispielen, welche vorzugsweise räumliche oder zeitliche Grösse durch Zahlenangaben oder die Art und EJasse, zu welcher das Beziehungswort zu rechnen ist, be- zeichnen. Sueton wie die Script, bist. Aug. variieren nur das schon von Plaut, und Cic. Gebrauchte, wie auch Gellius fast nur aus dem Altlat. Gen. quäl, reproduziert. Vgl. über den Abi. quäl. § 89.

Anmerkung 1. Die Verbindung eines Gen. qualit. mit Eigennamen ist ganz ver- einzelt bei Cic. und Sali., wird häufiger bei Nepos, Hör., Liv., Yal. Max., besonders bei Plin. mai., Tac, Gurüus, Flor., Just., Ammian, ApoU. Sidon., Fest., z. B. Hör. od. 1, 36, 13 mtUti Damalis meri.

Anmerkung 2. Der Gen. qualit. bei einem nicht ausdrücklich gesetzten Nomen (z. B. Hör. redis mutatae frondis) gehört Nep., Caes., Sali., Hör., Plin. mai., Sen. rhet, Sen. phil., Tac., Snet. an; ebenso selten ist der Gen. qualit. bei einem Pronomen und findet sich bei Nep., CatuU, Plin. ep. (me huius aetatis)^ Val. Max., Just.

Anmerkung 8. Der Gen. qualit. entspricht oft einem griechischen Adiect. compos.

I. Von den TeUen des Satsses. (§§ 60—62.) 237

und dient somit als Ersatz fehlender Adjektive; vgl. Her. sat. 1, 1, 33 macfni formica laboris = noXvuox^og), Apnl. Met. 1, 21 Milo extremae avaritiae (= q)i}iaQyvgoitazog).

Anmerkung 4. Die schon bei Varro (r. r. 2, 1, l), dann bei Liv., Plm., Suet. mid den Juristen gebraachte Ausdmcksweise matores annorum triginta ist Analogiebildung nach dem noch bei Sulp. Sev. sich findenden cum esset annorum decem, ebenso natus decem annorum oder vixit annorum quattuor, welche Phrasen sämtlich der Umgangssprache ent- stammen; vgl. ftbrigens § 92 Anm. 1.

Anmerkung 5. Für Gic, Gaes., Nep., Liv. hat man die Wahrnehmung gemacht, dass ein mit einem Pronomen oder mit den Adjektiven par, similis, dissiinüis, aequus ver- bundenes Substantiv nicht im Gkn., sondern nur im Abi. quäl, erscheint; vgl. jetzt Wölfflin, Archiv XI S. 197 ff.

Anmerkung 6. Der Gen. quäl, ohne Attribut ist spfttlateinisch und findet sich nicht vor Apul., dann aber bei Symmachus, Sulp. Sev., Apoll. Sidon., Gregor. Turon., Anton. Plac. u. a., z. B. litterarum vir, res commodi (vgl. das französische un komme de lettres, une chose d*avantage). Diese Konstruktion seät entweder eine prägnante Bedeutung des Sub- stantivs voraus (z. B. in komo iustus et morum) oder ist durch Analogie nach andern Gen., z. B. possess., gebildet (wie Jwmo litterarum); dabei ist der fremdsprachliche Einfluss nicht zu übersehen.

62. Der Gen. partitivus findet sich durch die ganze Latinität ab- hängig von Subst. oder substantivierten Neutr. der Adj. oder Pronom. oder 2^hlwörter (mit Quantitätsbegriff). Jedoch ist zu bemerken, dass die klass. Sprache sich in der Verbindung der Adj. neutr. mit dem Gen. part. sehr enge Grenzen gezogen hat; so sagt Cicero zwar sen. 72 vitae relir quutn, Verr. 2, 181 plurimum aetaMs und verbindet das Neutrum Plur. der Kompar. und Superlative mit dem Gen. part., z. B. Att. 4, 3, 3 in interiora aedium, Fam. 1, 9, 15 summa pectoris; aber der Positiv ist nirgends in dieser Fügung zu finden, Caesar hat ihn nur b. civ. 3, 105, 4 in occuUis ac recon- ditis tenipli (Novak: templorum locis). Der häufige Gebrauch hievon, z. B. Italiae plana ac mollia^ ferner muUum diei, medio did oder gar per Europae plerumque und ähnliche Verbindungen kommen erst mit Sali, auf, werden von Liv. aufgenommen und weitergeführt und sind besonders bei Tac. beliebt; vgl. Stilistik § 3. Der Umgangssprache eigen sind die Gen. loci, locorum, terrarum, gentium nach Ortsadverbien; wir treffen sie daher bei Plaut, Ter., Cic. epp. (sehr selten in den Reden), bei Sali., Vitr., Liv., Plin., bei Gellius und am häufigsten bei Apulejus, dann bei den Script, bist. Aug. Erst seit Sali, (nicht bei Cic. und Caes.) lesen wir eo mit Gen. part., ebenso quo, z. B. eo audaciae, bei Tac. und Curt. auch huc, nur bei Tac. ut (wie das griech. a>^); ebenso beginnt seit Sali, die Verbindung einer Präpos. mit Pron. neutr. und Gen., z. B. ad hoc aetatis. Beide Kon- struktionen gehen von Sali., Liv., Trog., Plin. epp., Tac. auch auf deren späte Nachahmer, z. B. Sulp. Sev. 2, 50, 2 stuUitiae eo usque venerat, über. Das Adverbium abunde wird zuerst von Vergil, dann in nachklass. Prosa von Suet. und Gell, mit Gen. verbunden, z. B. Verg. Aen. 7, 552 terrorum et fraiAdis abunde est; mit satis zusammengestellt auch bei Plin. n. h. und Fronte. Bei Sali. Cat. 58, 9 ist abunde appositiv gebraucht, commeatus = Nominativ. Übrigens werden schon bei Plautus Quantitätsadverbien wie satis, affatim, largiter, parum u. ä. mit Gen. verbunden.

Anmerkung 1. Das appositive Verhältnis an Stelle des Gen. part. gehört der nach- Ifiasigen IHktion an, in der man zuerst Suhjekt oder Ohjekt setzt und dann erst den um- fang durch einen Quantitätsbegriff limitiert; so auf pompe janischen Inschriften da fridam pusittuMf bei Gato r. r. 93 amurcam cum aqua commisceto aequas partes statt amurcae ei aqtuxe aequas partes, vgl. § 37 und besonders Altenbürg S. 500 f.

Anmerkung 2. Adjektiva, die keinen Quantitätebegriff enthalten, werden in Prosa

238 Lateinische Orammaük« d. Syntax.

in YorklassiBcher und klassischer Zeit nicht mit dem Gen. part. verbunden ; hier wird Überall das appositive Verh&ltms vorgezogen. Allein die Analogie von medio diei schuf schon bei Sali. fr. Orl. 8, 3 incerto noctis, JAv. wagte 5, 88, 4 in aequo campi, dann Tac. ami. 3, 5 asperrimo hiemis n. ä. Bei Idv. nnd Tac., sowie sonst im silbernen Latein wnrde die Eon- stmktion auch durch die Dichter empfohlen; denn die augusteischen Dichter, wie vorher schon Lucrez (zum Teü in auffiülender Webe, z. B. caertUa caeli), gestatten sich dieselben Freiheiten. In der nachtaciteischen Latinitftt hat sich die Konstruktion erhalten, besonders bei den Nachahmern der frOheren Autoren, und so lesen wir bei Min. Fei. Oct. 9, 7 per incertum sortis und bei Justin 38, 1,8 incertum belli timens, Der Gen. partit. steht an Stelle eines appositiven Verhältnisses in ungewöhnlicher Weise auch bei manchen Pronomina, aber nir- gends in klassischer Sprache, z. B. Liv. 25, 12, 10 is divum (in feierlicher R^de), Commod. 2, 1, 15 istae tribuum; f&r Tac. vgl. Nipp, zu ann. 3, 39.

Anmerkung 3. Die Verbindung eines Adj. masc. oder fem. sing, mit dem Gen. partit hat Ennius dem Homer nachgeahmt, also dia, magna, sancta dearum, und dem Ennius Vergil. Häufiger ist der Gen. nach dem Plural, aber nicht vor Liv. und Hör., besonders kultiviert von Plin. mai. und Tac. Ebenso treffen wir den Gen. partit. bei Superlativen in Paronomasien wie magnorum mcucimiM, sa^evorum saevissimus nur bei SchrifiBtellem, welche, wie Enn., Plaut., Hör., Ovid, von den Griechen anerkannt beeinflusst sind; echt lateimsch ist z. B. nicht bonorum optimus, sondern omnium optimus.

Anmerkung 4. Eine ganz auffällige und geradezu unlogische Konstruktion finden wir bei den augusteischen Dichtem Hör., Prop., Ovid (vielleicht auch schon Catull 66, 9), z. B. Ovid Met. 4, 631 cuncti hominum, dann bei Liv., PHn. mai., Tac., z. B. Plin. n. h. 8, 1, 7 cunctas provindarum und noch Spätlat. z. B. bei Paulin. Petricord. 4, 433, indem der Gen. partit. mit omnes und cwncti verbunden wird. Dies ist offenbar eine Analogie der vorher erwähnten Konstruktion, deren innerer Grund in dem Streben nach Verstärkung des Aus- druckes zu suchen ist; die ältere Sprache hat hier ausschliesslich das logisch richtige appo- sitive Verhältnis (vgl. jedoch Rothstein zu Prop. 3, 9, 7).

Anmerkung 5. Selten, doch häufiger als bisher angenommen wurde, ist die Ver- bindung eines Eigennamens mit Gen. partit.; so sagt Gic. prov. cons. 4 quarum Macedonia, vgl. noch Brut. 268 und 286, Sali. bist. 2, 42 ed. Maus, quorum Octavius, Verg. Aen. 2, 434 quorum Iphittts; erst Liv. hat mehrere Beispiele, besonders bei Völkernamen, z. B. extra poenam fuere Latinorum Laurentes, ebenso Vell., z. B. 2, 25, 2 qtwrum Norbanus, dann Gurtius, z. B. quorum Haustanes, im Spätlat. Dictys, z. B. 1, 6 legcUorum Palamedes; sonst wird die präpos. Wendung vorgezogen.

Anmerkung 6. Bemerkenswert ist noch die Verbindung tum oder tuthc temporis bei Just., Apul., Vulg., dem Juristen Modest., Porphyrio u. a., wohl afrikanischen Ursprungs, und semper annorum bei Apul. Quod eius gehört der Vulgärsprache an; ausser Cato und rhet. ad Her. hat es nur noch Cic. in Erstlingsschriften und Briefen und später Gkllius. Mille mit Geu. partit. ist im Altlat. nicht selten, ebenso bei Varro, bestritten bei Cic, sicher bei Caes. und im b. Afr., oft bei Liv., vereinzelt bei Sali., Nep., Gurt., Flor., selbst- verständlich bei Apul. ünus mit Gen. partit. hat schon Plaut., dann Lucrez, auch Verg. und Hör., hauptsächlich aber Liv., ganz vereinzelt Gic. und Caes. imd gewöhnlich nur mit quorum oder eorum (doch auch Cic. Sest. 133 unus ordinis nostri und Caes. b. G. 7, 35, 2 unius eorum pontium),

63. Mittels des Verbs esse oder andrer kopulativen Verba können Oen. quäl. poss. und part. auf ein Nomen bezogen werden. So entsteht der sog. prädikative Gen., Caes. b. G. 5, 6, 1 quod cum magni animi cognoverat (wo magni animi = magnanimum). Namentlich bei Dichtern hat die Analogie nach der Konstruktion von esse c. gen. eine Menge von Besonderheiten geschaffen, so z. B. Hör. ep. 1, 9, 13 scrihe tui gregis hunc, ebenso bei Spätem, z. B. Sueton und Justin, beneficii sui aliquid facere,

Anmerkung. Wie schon Cato r. r. 38 hoc erit signi sagte, so erhielt sich bei Plaut., Ter., Cic. (Erstlingsschriften), Caes., rhet. ad Her. die Konstruktion, z. B. Caes. b. G. 1, 21 quid consÜii sui sit. Hier hat die Macht der Analogie den Gen. geschaffen, indem man seit Ennius (ecquid erit praemi?) die Verbindung von quid mit Gen. partit. gewohnt war und somit auch hier deu Gen. setzte, als ob er abhängig von guid sei. Ganz ebenso sind die Phrasen bei Caes., Cic. und Sali, nihü reliqui facere, sowie bei Sali., Suet., Lact, Sulp, u. a. nihil pensi habere zu erkl&ren.

64. Der Gen. nach den Adj. relat. dient lediglich zur Determination des im Adj. liegenden nominalen Begriffs. Soll die Verbindung eines Adj.

L Von den Teilen des Saisee. (§§ 63—64.) 239

mit einem Subst. mehr ausdrücken, so ist eine andre Wendung, etwa mittels Präpositionen, zu wählen (Sohöi^feld p. 34).

Die alte Sprache kennt ausser den gewöhnlichen Adj. „begierig, kundig, eingedenk, teilhaftig, mächtig, voll" nur wenige Adj. relat., wie z. B. incertus, iners, socors, vacivos u. ä. bei Ennius und Plaut., exspes bei Acc, aeger bei Liv. Andr.; der freiere Gebrauch, z. B. integer ctevi, ist fUr die alte Zeit nicht anzunehmen. Bei Lucrez kommt zu den allgemein üblichen noch orhus und nuntius. In der klass. Sprache erweitert sich mit der Ver- mehrung des Wortschatzes auch der Bereich der Adj. relat., allein immerhin sind die Grenzen noch ziemlich eng gezogen; so finden wir hier nirgends em Adjektiv mit einem Gen. subi., z. B. audax ingenii, ferox scelerum. Diese Grenzen werden erst durch Sali, und besonders durch Liv. für die Prosa, von den august. Dichtern für die Poesie weiter hinausgeschoben; die nachaugust. Prosa bedient sich, nachdem Sali, und Liv. mit ihrem Beispiel vorangegangen, ungescheut aller poet. Wendungen, so Yell. Pat., Val. Max., Sen., Plin. mai. und min., am meisten aber Tacitus. Nach Tac. ist neben Ammian besonders Apulejus an poetisierenden Verbindungen reich, die übrigen nachtacit. Schriftsteller gehen nicht über das von früheren Verwendete hinaus.

Wenn irgendwo, so hat in diesem Gebiete der Grammatik die Ana- logie ihre Macht entfaltet. Sobald einmal plenus c. gen. feststand, lag opulentus, dives, satur, henignus, locuples, anusttts sehr nahe; ebenso fahrte das ursprüngliche inanis und vacivos auf pauper, egenus, indigtts, steriUs, Selbstverständlich haben hier die Dichter am meisten sprachschöpferisch gewirkt, und die poetisierenden Prosaiker haben gerne ihre Erbschaft an- getreten.

Es mag an einigen Beispielen die histor. Entwicklung im Gebrauche der meisten dieser Adj. gezeigt werden:

Manifestus wird schon von Plaut, mit dem Gen. verbunden, so manifesius mendaci; Sali, hat es in die Prosa aufgenommen, Ovid in der Dichtung reproduziert; dem Vorgange des erster en folgte Tac, dem letzteren ahmte Seneca, wie er von Dichtern vieles angenommen hat (z. B. timidus, soüicitus, seeu/rus c. gen.), so auch hierin nach.

Impos erscheint bei Plaut, nur in Verbindung mit animi; dann ver- schwindet es, die klassische Sprache hat das Wort überhaupt verschmäht. Erst Seneca und dann Sueton nehmen es auf, erweitern den Gebrauch und verbinden es auch mit andern Gen., welche Konstruktion die Archaisten Fronto und Apulejus, dann auch Lact, und die Dichter Ausonius und Pru- dent. beibehielten.

Incertus wird von Plaut, und Enn* mit Genetiv verbunden; die klass. Sprache kennt diese Konstruktion nicht; dass sie aber in der Volks- sprache auch in dieser Zeit fortlebte, geht aus b. Afric. (3 mal incertus Jocorum) hervor. Ovid hat es wie vieles in seinen epist. aus der Volks- sprache herübergenommen, ebenso Liv. und nach beiden Tacitus.

Onustus c. gen. lesen wir bei Plaut, u. Afran., dann erst wieder im bell. Afric. und schliesslich bei Tacitus. Es ist somit onustus c. gen. in der Schriftsprache immer ein Fremdling geblieben.

240 LateiniBohe Orammatik« d. Syntax.

Anmerkung 1. Die Zahl der Partie, praes., welche mit dem Gen. yerbonden werden, weil der substantielle Begriff bei ihnen in den Vordergrund tritt, war im Altlat. viel gröeser als in der klassischen Zeit; manche dieser Verbindungen wurden geradezu formelhaft, z. B. negotii gerentea, amans patriae, observans mei; die Äbnlichkeit der Endung und Bedeutung verschaffte auch dem Worte infrequena die Konstruktion mit dem Gen. bei rhet. ad Her. und Gell. In der nachklassischen Sprache werden die Part, nraes. c. gen. zunächst bei Dich- tem wieder häufiger und dann aucn in Nachahmung derselben in der Prosa; doch finden wir umgekehrt auch den Akkus, statt des Gen. in geradezu auffälligen Beispielen, z. B. Stat. silv. 3, 3, 79 quia superos metuens, vgl. Vollmeb z. St

Anmerkung 2. Änimi ist in Verbindung mit incerttia, lassiM u. a. von Haus aus Lokativ, wurde aber schon frfihe als Genetiv angesehen, wie Sali. H. 3, 13 ingen8 ipse virium atque animi zeigt. Vgl. übrigens die Antibarb.* U p. 246 hiezu gegebene Litteratnr, sowie Blomquist, Gen. S. 97 und Zieles, Abi. S. 26.

66. Bei dem stark ausgeprägten juristischen Sinne des römischen Volkes ist es selbstverständlich, dass sich frühzeitig viele Phrasen für An- klage, Verteidigung, Verurteilung und Freisprechung gebildet haben. Wenn in diesen Wendungen das gerichtliche Objekt im Oen. erscheint, so ist dies leicht erklärlich daraus, dass dem Sprechenden das wegen seiner Selbstverständlichkeit nicht ausgedrückte crimine oder iadidOj nomine, lege vorschwebte. Es ist somit dieser Gen. lediglich ein gen. definitivus, wie es eine Yergleichung von die. off. 2, 51 ne quem innocentem iudicio capitis arcessas mit rhet. adHer. 1, 11, 18 Teucer . . inimicum fratris . . capitis arcessit zeigt; vgl. jedoch auch Delbrück I S. 329, sowie Bbuohann, Griech. Gramm. § 444, 2, g. Die zahlreichen Yerba iudicialia der alten Sprache wurden nicht alle in die Litterärsprache herübergenommen; manche aber haben sich doch in der Gerichts- oder Volkssprache erhalten und erschienen später wieder auf der Bildfläche. Die von der klass. Sprache übernommenen Phrasen erweiterten sich schon in der Zeit des Cic. und Caes., namentlich aber von Liv. ab durch zahlreiche Analogiebildungen; auch hat Liv. aus alten Dokumenten wieder manches hervorgeholt, was zu seiner Zeit nicht üblich war (z. B. condicere earum rerum). In gleicher Weise verfuhren auch Tac. und andere spätere Schriftsteller, am weitesten ging Apulejus. Die Macht der Analogie mag aus rhet. ad Her. bewiesen werden, bei welchem das auch in Ciceros ErstUngsschriften und Briefen sich findende iniuriarum agere ein iniuriarum satis facere hervorgerufen hat; sobald einmal Verg. voti reus gebraucht, holte Liv. das schon von Turpil. und Titin. und später von Nepos verwendete voti damnari hervor, und dieses selbst zog wieder ein voti Uberari nach sich, was alles der Sprache Ciceros und Caesars fremd ist.

66. Der Oen. pretii ist ein prädikativer Genetiv. Aus hominem non nauci (attribut.) entwickelte sich sumu^ non nauci und dann non nauci habere, z. B. Cic. div. 1, 132 non habeo nauci Marsum augurem; es be- zeichnet somit der Oen. pretii die Rubrik des Wertes, in welche eine Person oder Sache eingeordnet wird. Schon die alte Sprache war reich an Oen. pretii; die meisten derselben sind nie in die Litterärsprache ein- gedrungen, während sie in der Volkssprache sich erhielten, wie Cic. ad Att. und noch spätlat. Prudent. bezüglich des vulgären flocd facere zeigt. Nur die von magnus, parvus und nihil sich herleitenden Oen. (ausser maioris^ was poet. und nachkl. ist) gehören der ganzen Latinität an; Analogie- bildungen, wie das von CatuU gewagte und in den Priap. nachgeahmte assis und pili, konnten sich so wenig halten, als das von Cato und Plaut.

I. Von den Teilen des Satses. (§§ 65—69.) 241

Rud. 381 gebrauchte muUi facere. Von den Verben scheint existimare in der klass. Sprache des Cic. und Caes. keine Aufnahme gefanden zu haben, auch pmdere (vgl. Thielhann, Pbilol. 42 p. 342) und ducere hatten einen vulgaren Beigeschmack; interessant ist, dass Ammian im Aktiv immer parvi ducere, im Passiv aber nur parvi haberi sagt; taxare wird erst von Seneca mit Gen. pret. verbunden, finire von Val. Max., suppuiare von Hieron. Klassisch sind besonders üblich esse, facere, fieri, aestinuire, pwtare.

67. Bei den Verben des Erinnerns und Vergessens überwiegt der Gebrauch des Gen. den des Akk., wenn auch noch nicht im A. L., wo z. B. Plaut, oblivisci nur mit Akkus, konstruiert, so doch seit der klass. Sprache; bei recordari ist jedoch auch da noch der Akkus, üblicher (Gen. bei CSc. nur Att. 4, 17, 1 u. Pis. 12). Schon bei den Komikern und von da ab allenthalben werden diese Verba auch mit de konstruiert, wie z. B. Cic. ausschliesslich recordari bei Personenbezeichnungen braucht. Venit in mentem wird in der alten Sprache mit Subst. im Gen. (oder de mit Abi., selten Nominativ), bei Cic. immer mit Gen., bei Pronom. mit Nominat. konstruiert. Bei Liv. und späteren scheint der Nominativ, auch bei Sub- stantiven, zu überwiegen. Wie venu in mentem nach Analogie der V. reminiscendi konstruiert ist, hat es selbst wieder im Sp. L. bei Claud. Mam. 96, 7 tibi in mentem est cogitationis et amoris tui eine Analogie geschaffen.

68. Der Gen. bei den unpersönlichen Verben miseret, paenitet, pudet, piget, taedet findet sich schon bei Enn., Plaut., Acc, Ter., gerade wie in der klass. und nachklass. Sprache; ebenso steht auch dort schon, wie bei Cic. und Liv., die Person oder Sache, vor der man sich schämt, im Genetiv. Alüat. bei Ter. und spätlat. bei Prudent. treffen wir miserescit und cotn- miserescitj bei Plaut., Cic, Sali, findet sich misereor^ bei Gellius commisereor ebenso konstruiert. Miserari^ das in der klass. Sprache transitiv gebraucht wird, konstruiert sich in dem Altlat. und dann wieder in später Latinität mit Gen. (Paucker, Z. f. ö. G. 1883 p. 324), z. B. Prudent. Ps. 580 mise- rando inapum. Interessant ist Poet. lat. min. III p. 240 B ne tua paeniteat caveas victoria temet^ also res me paenitet.

69. Viele Verba, welche sich mit einem Genetiv verbinden, nament- lich in der Vulgärsprache und bei Dichtem, sind durch die Macht der Analogie zu dieser Konstruktion gelangt. Sobald man cupidus fcistidiosus Studiosus mit dem Gen. konstruierte, lag auch cupio studeo fastidio alicuit^ nahe; vereri c. gen. schliesst sich an pudet an und hat sogar einmal, frei- lich in einem Brief an Atticus, Aufnahme bei Cicero gefunden; doleo vestri bei Commodian ist Analogiebildung nach misereov vestri. Nicht Wunder nimmt laborum decipitur (Horaz) neben laborum obliv^iscitur, wie desipiebam wenüs (Plaut.) neben angor und pendeo animi (welches schon frühe als Gen. angesehen wurde, vgl. § 64 Anm. 2). Auch wird Damasippi experien- dum est bei Cic. Att, rerum adeptt^s est bei Tac. ann. 3, 55, regnavit popu- hrum bei Horaz, cathoUcorum dominantur bei eccl. nicht auffallen, wenn man bedenkt, dass eocperiri = periculum facere, adipisci = potiri, regnare = regem esse, dominari = dominum esse ist.

In allen diesen Konstruktionen hat man demnach echt lateinische Wendungen, deren Entstehung sich psychologisch sehr leicht erklären lässt.

Handbuch der klMS. AltertmnvwlBBeDflchaft. n, 2. 8. Aufl. 16

242 Lateinische Grammatik, d. Syntax.

Wenn auch die klass. Sprache sich gegenüber solchen Neuschöpfungen durchaus ablehnend verhielt, so waren die Dichter um so empfänglicher dafür, und dass hiebei die Anklänge an die griechischen Vorbilder mit- bestimmend waren, liegt auf der Hand und kann nicht bestritten werden. Vgl. übrigens Delbbück I S. 325.

70. Refert ist gleich ex re fert, also ttta refert = vom Standpunkt deiner Sache bringt es etwas ein. Die dabei schon von Plaut, und Ter. ver- wendeten Pronomina mea tim etc. sind demnach Abi. (vgl. jedoch Delbbück I, 330). Die klass. Sprache beschränkt sich auf diese Konstruktion, nur dass Sali. Jug. 111, 1 quod illorum niagis quam sua rettuUsse videretur den dem Possessiv sua entsprechenden Genetiv ilhrum einzuführen wagte. In der silbernen Latinität aber wurde zu re der Oen. definitivus eines Sub- stantivs konstruiert, z. B. Quint. 9, 4, 44 plurimum refert compositionis = e re compositionis plurimum fert; das gleiche gilt für Plin. epp. Die per- sönliche Konstruktion von refert hat Lucrez 4, 984 magni refert Studium atque voluptas, in Prosa wohl nur Colum., Plin. mai. und Fronte, kaum TertuU. (Habtel, Patrist. Studien IV S. 17).

Das mit refert synonyme, aber erst später ihm zur Seite tretende interest Lucr. kennt beispielsweise interest noch nicht hat sich der Konstruktion des ersteren vollständig angeschlossen, also meä interest etc. Nur ist zu beachten, dass schon die klass. Sprache die konsequente Weiter- bildung der Konstruktion vornahm und so den Oenet. eines Nomons (auch Pronomens, aber natürlich nie des Personalpronomens) bei interest an- wendete; dieser Genetiv eines Nomons entspricht dem Possessivum wie hortus patris dem hortus meus entspricht, also patris interest neben mea interest. Nunmehr konnte man sagen (Cic. Fin. 2, 72) omnium interest rede facere und schliesslich auch (die. Fam. 4, 10, 2) rei familiaris tuae interest. Die persönliche Konstruktion von interest bei Cic. Att. 3, 19, 1 ist bestritten, aber wohl mit Unrecht, da die Analogie von refert sich auch auf diesen Punkt ausgedehnt haben kann. Bezüglich der Verbreitung der Konstruktion überhaupt ist zu bemerken, dass die Dichter fast aus- schliesslich refert gebrauchen; in Prosa hat interest mit Varro sich ein- gebürgert und seit Cic. und Caes. die Oberhand bekommen, die es bei Livius und in der Folgezeit behält.

Anmerkung. Bbügmann bekämpft Indog. Forsch. VIII 8. 218 227 die obige anf Fb. Scböll (Archiv II S. 203 218) znrftckgehende Erklärung von mea refert, sowie die Beutung von Cobssen, Whabton, 0. Fböhdb und F. Fböhdb. Bbugm ann selbst führt id mea refert zurück auf id (ad, in) meas res fert unter Yergleichung von Plaut. Pers. 497 Hae quid ad me? Immo ad te attinent et tua refert und der Formel quid id mea refert? Die geistreiche Behandlung des , Alten Problems" durch Bbügmaiw wird ebensosehr ansprechen wie seinerzeit die ScnöLL^sche Erklärung; aber zunächst wird es doch beim DBLBBÜCK'schen non liquet bleiben; jedenfalls kann Bbuomakn's Deutung noch nicht Aufiiahme in die Schnl- grammatik finden.

71. Der Gen. exclamativus ist ausschliesslich der Dichtersprache eigen, Plaut., Catull. (vgl. jedoch Riese zu 9, 5 u. Webeb, Qu. Catull. S. 143) Properz, Lucan, z. B. Lucan 2, 45 o miserae sortis; in Prosa hat ihn nur TertuU. de paenit. 12 pro malae tractationis und die lat. Übersetzung des Briefes des Clemens ad Corinth. 53, 5 o magnae caritatis.

Zu § 56 vgl.: Blomqütst, De genetivi apud Plautum usu, Helsingfors 1892; Liebigi De genetivi usu Terentiano, Öls 1851; Loch, De genetivo apud priscos scriptores latinos»

I. Von den Teilen des Satses. (§§ 70—73.) 243

Progr., Barfcenstein 1880; Eleivb, De gen. usa liviano, Progr., Gleve 1865; Görlitz, De gen. usa Sallustiano, Progr., Schrimm 1879; G. Mbinzeb, De gen. apnd Martialem et Jave- nalem usa, Karlsrnhe 1894. (| Zu § 61: Gk>LLivG, Zur Lehre vom Ablativ nnd Genetiv der Eigenachaft, Gymnasium 1888 Nr. 1 u. 2. || Zn § 64: Haustein, De gen. adiectivis accommo- dati in lingna lat. nsn, Halle 1882; Erdmahk, jber den Gebrauch der lat. Adj. mit dem Genetiv, Progr., Stendal 1879. i| Zu § 66: WOlfflin im Archiv IX S. 101 ff. 1| Zu § 70: Fr. Scholl, Alte Probleme {refert-intereet u. A.), Archiv II p. 203—218; Bbügmann, Indog. Forsch. Yin S. 218—227 und Landgrap, vgl. oben S. 208 Nr. 12.

(f. DatiTQB.

72. Der Dativ bezeichnet die entferntere Beziehung einer Person oder Sache zur Thätigkeit des Subjekts. Er ist somit nicht eigentlicher Ob- jektskasus, sondern drückt aus, was bei vollständig gebildeter Aussage als beteiligt neben der Handlung hergeht. Aus der Qrundbedeutung des Dativs leitet sich auch die der Richtung und zwar der beabsichtigten her; Konstruktionen mit solcher Bedeutung werden vielfach lokal empfunden worden sein, z. B. it caelo nach Analogie von miUere leio dem Tode su- senden, doch ist an einen Locativus finalis kaum zu denken (Delbbuck I S. 290). Aus der geschilderten Natur des eigentlichen Dativs geht femer hervor, dass esse mit Dativ das okkasionelle Haben und nicht das dem Subjekt eigentümliche (was der Oen. ausdrückt) darstellt. Diese Oesichts- punkte genügen zur Erklärung aller Erscheinungsformen des lat. Dativs.

73. Es ist selbstverständlich, dass es bei manchen Verben im Be- lieben des Sprechenden liegt, ob er eine mit der Handlung in Zusammen- hang stehende Person oder Sache direkt betroffen werden oder nur in ent- ferntere Beziehung zu derselben treten lassen will. So wird cu/rare bei Plaut, mit Dativ und Akkus, verbunden (vgl. Bbix-Niekeyeb zu Plaut. Trin. 1057), ferner hat vitare bei Plaut, den Dativ = , einem aus dem Wege gehen", in der klass. Sprache den Akk. » einen meiden '. Die in der klass. Sprache mit dem Dativ verbundenen Yerba wie persuadeo^ parco etc. werden in der Umgangssprache und hauptsächlich in der plebejischen Sprache mit Akk. konstruiert, welcher letztere als Kasus des allgemeinen Objekts in der Yulgärlatinität stets im ausgedehntesten Gebrauche war und mit dem Verfall der Sprache eine fast unumschränkte Herrschaft erhielt, so dass schliesslich carere, egere^nocere u. a. sich mit Akk. verbanden, vgl. § 45. Die persönliche Konstruktion im Passiv ist infolge ihrer Bequem- lichkeit auch der Litterärsprache nicht fremd geblieben, freüich ohne bei Cic, Caes., Liv., Tac. Aufnahme zu finden (aber bei rhet. ad Her., Caecina, oft bei Dichtem u. spät. Pros.): umgekehrt hat adiutare in pleb. Sprache den Dat., ebenso auscultare im Altlat. und in Cic. Erstlihgsreden, decet bei Ter., iuheo bei Tac. und Stat., in der Vulg. und bist. Apoll., dominari bei Sen., Claudian u. s. w. Die Verba des Streitens werden bei Dichtern mit dem Dativ konstruiert, zuerst vielleicht schon bei Plautus, dann bei Lucrez, bei CatuU, hauptsächlich bei den august. Dichtern und ihren Nachahmern, auch bei poetisierenden Prosaikern (Plin. ep. 8, 8, 4 rigor aquae pugnaverit nivilms); ebenso iungere im AlÜat., bei den august. Dichtem, Tac., Plin. min.

Anmerkung 1. Invideo (üicui dliquid ist unklassisch; es findet sich jedoch bei Yerg., Ovid und Horaz (bei letzterem anch alicui alicuiiM rei, sat. 2, 6, 84, schon von Qnint 9, 3, 17 f&r einen Grftzismns erklftrt, mit Unrecht: nan invidü = large praehuit, also ciceria Gen. port) nnd bei Liv., sowie noch spätlat. bei Fnlgeni, z. B. 3, 5 nee invideo fortunas eins; bei Liv. beginnt anch invidere alicui aliqua re, was zur Sieit des Quint. bereits all-

16*

244 Lateinische Ghrammaiik« d. Syntax.

gemein üblich war und auch bei Lncan., Plin. mai., Tac. gelesen wird. ElassiBch ist nur der Dativ, zu dem ein Gen. defin. treten kann, z. B. Gic. Phil. 10, 1 neminem aUeritts vurtuti in- videre; damit ist jedoch der Akkus, eines Pron. neutr. nicht ausgeschlossen (so schon Acc. und neben Gic, z. B. Mur. 88 quid invidendum Miirenae 8Ü, non mdeo, auch Nepos). Ober Entstehung der Konstruktion von invideo vgl. Bbiffebscheid, Lekt.Eat Breslau 1885, Aivton, Studien I p. 81 ff.

Anmerkung 2. Auch zu Subst. verbalia tritt dieser Dativ, und zwar zu persön- lichen, z. B. Gic. Plane. 1 cum tarn muUos eius hon ort viderem esse fautores {fatUor 8um = faveo), dann zu Sachsubstantiven, z. B. Gic. top. 5 traditio (uteri, Liv. 23, 35 expro- hraiio cwiquam veteris fortunae, beides freilich sehr selten^ aber immerhin schon bei Plantns, auch bei Gic. und Gaes., z. B. Gaes. b. c. 1, 5 exspectabat suis lenissimis postülatis responsa, Gic. Phil. 1, 36 plausiM tribunis, bei Sali. Gat. 32 insidiae consüli und noch bei Hieronymns (satisfactio omni poscenti rtxtionem),

74. Der Dat. possess. bei esse dient, um den sachlichen Besitz und zwar den okkasionellen zu bezeichnen. Für Cicero wurde festgestellt, dass der Besitz einer Person oder einer konkreten Sache sehr selten durch esse mit Dativ ausgedrückt wird hier dient mehr habere und bei lie- genden Gütern possidere , öfters aber bei abstrakten Dingen; die vor- kommenden Eonkreta sind zumeist KoUektiva, z. B. cui tenues opes, satis magna pecunia est Sallust, der überhaupt für Dativkonstruktionen eine Liebhaberei hat, dehnte zuerst den Gebrauch auf geistige Eigenschaften (also dauernden oder eigentümlichen Besitz) aus, z. B. longe miki alia mens est, und Yerg., Lucan, Tac, Gurt, folgten ihm darin nach (z. B. sagt Gurt. erat Dareo mite ac tractdbile ingenium). Vgl. Brugmann, Gr. Gramm. § 455, 4.

Anmerkung. Bei mihi est nomen und ähnlichen Phrasen wird im Altlat. infolge einer Art EasusauBgleichung der Dativ des Namens gesetzt, bei Gic. und Gaes. ist der Nomi- nativ Regel, Sali, hat wieder immer den Dativ, Liv. öfter Dativ als Nominativ, ebenso auch Gurt.; bei wirklichen Namen hat Vell. zuerst den Genetiv; bei Tac. steht nach Nippebdbt's von Dbaboer und Hbbaeus gebilligter Begel der Nominativ, der sehr selten durch den Ge- netiv und durch den Dativ nur bei Adjektiven ersetzt wird. Im Spätlat. scheint der Dativ zu überwiegen, so wenigstens bei Firm. Mat., Gregor. Turon.

75. Der Dat. commodi et incommodi findet sich entsprechend der Grundbedeutung des Dativs durch die ganze Latinität. Besondere Er- scheinungsformen desselben sind:

Bei den Verben des Abhaltens und Abwehrens haben Plaut., Yerg., Hör., TibuU, Properz den Dativ, ebenso werden die Verba des Weg- nehmens wie dbducere detrahere u. ä., und zwar noch in spätester Zeit (Hieronym., Juvencus) konstruiert. Die Annahme eines Gräzismus ist aus- geschlossen, da dieser Dativ den lateinischen Sprachgesetzen vollständig entspricht und sich schon bei Plaut, und noch bei Hieronymus findet.

Aus Ennius (Ann. 107 L.Müller) quod mihi reque, fide, regno vohisque, Quiritis, se fortunatim, feliciter ac bene vortat geht hervor, dass die Dative bei bene, feliciter und analog bei hem^ vae, hei (richtiger wohl ei) hieher ge- hören. Dieselben haben wie die Phrasen bene, male, recte, peius etc. est mihi ihren Ursprung in der Volkssprache ; wir finden noch spät bei Sueton und den Script, bist. Aug. diese Dative in der Soldatensprache, z. B. feliciter domino.

Schon im Altlat. ist häufig der Dativ bei sum mit einem Prädikats- nomen, oft ziemlich auffallend für den Genetiv, z. B. sodalem me esse scis gnato tuo; natürlich kann statt esse jedes andere ein modifiziertes Sein bezeichnende Verb eintreten, z. B. Cic. nat. deor. 1, 17 nolo exisHmes me adiutorem huic venisse. Dieser Gebrauch ist selten bei den Klassikern, z. B. Cic. Mur. 20 Luculh legatus fuit, 32 ut legatus fratri proficisceretur,

L Von den Teilen des SatzeB. (§§ 74—77.) 245

Cat. 2, 11 ducem huic hello me profiteor, öfter schon bei Dichtem, wie z. B. bei Lucrez, GatuU und namentlich bei TibuU, welcher nie huit^ und cuius, sondern stets huic und cui in solchen Phrasen setzt, z. B. cui toga fluit. Dieser Dativ wird mit Recht so erklärt, dass die Konstruktion mit dem Dativ als „die gewähltere und wärmere Ausdrucksweise'' (Landgraf) sich vorzugsweise fUr die Dichtersprache eigne. In Prosa wird er erst häufiger bei Liv. Bei Sali., Dichtern Wie Yerg., Tibull und namentlich bei Tac. tritt ein solcher Dativ in unmittelbare Verbindung mit dem Beziehungs- wort, z. B. coUo decus aut capüi, besonders wenn dies ein verbales Per- sonalsubstantiv ist, z. B. templo sacerdos, minister hello, custos saluti. Diese bei Tac. sehr beliebte Konstruktion wird nachher seltener, z. B. Suet. nur T. 12 custodem factis, kommt jedoch später bei den Autoren, welche in ihrer Diktion von Tac. oder Sali, abhängen, wieder häufiger vor, vgl. Sulp. Sev. 1, 29, 5 huic hello dux fuit, Oros. 6, 11, 1 dux his Vercingetarix fuit Üblich war der Dativ jedoch im offizieUen Stil und findet sich daher allent- halben, wenn ein Gerundiv, beim Nomen steht, z. B. Gic. curator muris refidendis; vgl. noch Planta § 836, auch Brugmann, Gr. Gramm. § 458.

76. Der Dat. ethicus bezeichnet die gemütliche Anteilnahme an der Handlung ; er wurzelt in der Volkssprache, findet sich daher oft bei Plaut, und Ter., mit und ohne en und ecce, gehört bei Cic. überwiegend den Briefen, und zwar denen an Attikus an, ohne jedoch von den Reden und philos. Schriften ganz ausgeschlossen zu sein; selten ist er bei den Dich- tern der august. Zeit (vgl. jedoch Hör. ep. 1, 8, 15 quid mihi Celsus agit? also in ep. und sat. selbstverständlich wohl am Platze) und bei Livius, welcher in direktem Gegensatze zu Cic. zwar en tibi, aber nie ecce tibi verbindet. Auch in der nachklass. und späteren Latinität treffen wir den ethischen Dativ, so bei Phn. min.. Fronte, Apul., Lact., auch bei Claud. Mam. und Prudent. Während regelmässig nur die Personalpronomina der ersten und zweiten Person im Dat. eth. erscheinen, sagt Ovid Fast. 6, 173 auch piscis adhuc Uli populo sine fraude natahat. Vgl. Brugmann, Gr. Granrni. § 456, 4.

77. Sehr nahe verwandt mit dem ethischen Dativ ist der Dativ der Relation, auch D. iudicantis genannt, z. B. Gatull 86, 1 Quintia formosa est muUls; dieser Dativ findet sich bei Cic, Nep., Tac, namentlich aber bei den Dichtem der klass. und august. Zeit, auch noch im Spätlat., z. B. bei Lact. I 447 nemo deo pauper est und öfters bei Min. Fei, z. B. 29, 4 qui ceteris deus, sihi certe homo est. Besonders bemerkenswert wird er in Verbindung mit einem Partizip und bezeichnet dann den örtlichen oder geistigen Standpunkt der Beurteilung. Es fehlt die erstere Konstruktion in der altern Latinität und bei Cicero; sie ist so recht für Historiker be- stimmt und zeigt sich nach Yarro 1. 1. 5, 57 zuerst bei Caes. (b. civ. 3, 80) und Sallust (fr. bist. 4, 37 Kritz), wird häufiger von Livius an, auch Vitruv gebraucht sie, und dann ist sie ganz gewöhnlich bei den Historikern und Chorographen der Kaiserzeit. Von Dichtern weisen Verg., Ovid und Stat. diesen Dativ auf, die andern entbehren die Konstruktion; aber im Spätlat. findet sie sich mehrfach bei christlichen Dichtem, z. B. bei luvencus. Selten ist der Sing, des Partiz. (Liv., Tac, Plin. mai.), seit Verg. liest man von

246 LateiniBohe Grammatik, d. Syntax.

Depon. auch Part. perf. (Liv., Plin. mai., Tac. Agr. 10(?), Pomp. Mela). Der Dativ des geistigen Standpunktes wird von Liv. an häufig, nament- lich bei Sen. phil., Plin. mai., Tac, findet sich indes auch bei Horaz (sat. 1, 1, 50). Ygl. noch Bbugkann, Gr. Gramm. § 456, 3.

Wenngleich dieser Dativ manchmal in ziemlich loser Beziehung zum Yerbum des Satzes steht, so ist inmierhin eine Relation vorhanden, wes- halb man wohl mit unrecht von einem Dat. absolutus spricht.

78. Gerade so wenig wie der eben besprochene Dat. relationis darf der Dat. auctoris als ein Gräzismus aufgefasst werden, wenn auch der letztere vielfach den Namen Dat. graecus führt. Beide ergeben sich ays der Grundbedeutung des Dativs in ungezwungener Weise. Es be- zeichnet aber der sog. Dat. graecus in der thätigen Person zugleich den- jenigen, zu dessen Vorteil oder Nachteil die Handlung ausschlägt, z. B. Amm. Marc. 22, 8, 42 spatium expedito viatori diebus confidtur quindedm. Das Gerundium wurde von jeher so konstruiert; dann hat man die Part, perf. pass. und infolge davon auch die Adj. auf hilis bei Dichtern mit dem Dativ verbunden, z. B. nulli exorabilis = qui a nullo exoratur; und wie man bei Intransitiven Abi. und ab setzte, z. B. schon Cicero Farn. 15, 17, 2 mori ab, so lesen wir bei Dichtern fratri iacet und cui consul in armis cecidit. Manchmal verdankt der Dativ seine Entstehung der Eonzinnität, z. B. Sen. ep. 8, 8 qiuie phihsophis aut dicta sunt aut dicenda.

In der alten Sprache blühte der Dat. graecus nicht besonders, doch hat ihn schon Ennius und Plaut., Acc, Ter., Lucil.; in der klass. Sprache steht der Dativ bei den einfachen Zeiten, ut non solum ab aliquo, sed etiam alicui res fieri videatur (Madvig, Fin. 1, 4, 11), Caesar hat ihn indes selten; darüber gehen Liv., Plin. mai., Tac, Florus, die Dichter und spätere Prosaiker, z. B. Ammian und namentlich Sulp. Sev., Sidon. Apoll, u. a. hinaus. Bei Apul. ist der Dat. graec. sehr spärlich vertreten, häufiger bei den übrigen Afrikanern, ebenso bei den Eirchenschriftstellern und den christ- lichen Dichtem, vgl. Tertull. ad nat. 2, 6 cui res examinabitur, Dass die Dichter aller Zeiten bis herab auf Juvencus ausser den archaischen so reich an dieser Konstruktion sind, ist wohl vielfach auf den Zwang des Metrums und die Vorbilder der Griechen zurückzuführen. Vgl. Brüg- MANN, Gr. Gramm. § 456, a, 2.

79. Auch der Dativ kann prädikativ konstruiert werden und bildet dann mit dem Verb, {esse, ducere, vertere u. ä.) einen Begriff; dazu tritt noch ein persönlicher Dativ als Dativ der Beziehung, z. B. laudi vertere alicui (also ganz wie beim prädikativen Akk., vgl. § 54 Anm. 2). Prädi- kativ erscheinen im Dativ ausschliesslich Subst., und zwar Abstrakta, Gradbezeichnungen werden adjektivisch gegeben; Adverbia sind ausser bei cordi höchst selten. Der prädikative Dativ gehört der Sprache des all- täglichen Lebens an; er findet sich sehr häufig bei den Komikern, über- haupt im Altlat., bei den Script, rei rust., bei Sali., bei Cic. vorzugsweise in den Briefen, bei Hör. namentlich in den Satiren. Reich an dieser Kon- struktion sind ferner Tac. und Apul., welche beide besonders die Dative auf ui kultiviert haben, dann auch Nepos, während z. B. Livius nicht wesentlich über den klass. Gebrauch hinausgeht.

L Von den Teilen des Satsee. (§§ 78—82.) 247

Anmerkung 1. If^eri mit prädikativem Dativ kommt nicht vor (Stellen wie Oic. har. reerp. 44 ctu tr^uno pl. fieri non liceret gehören natürlich nicht hiener, da in ihnen Attraction ans tribunum fieri n. ft. anzunehmen ist); in Phrasen, wie 8% tuo commodo fieri potest, ist commodo (welches nie prädikativ im Dativ erscheint) Ahl. modi; ebenso hat man in mancipio dare einen Ablativ zu erkennen.

Anmerkung 2. Die klassische Sprache braucht selten die gewöhnlich im prädika- tiven Dativ erscheinenden Substantiva in einem andern prädikativen Kasus (z. B. Cic. Tusc. 1, 31 mctxu^mum vero argumentum est)^ wie sie umgekehrt aber auch andere Substantiva von der Konstruktion des prädikativen Dativs ausschliesst; so sagt z. B. Cic. nur est turpi- tudo, dagegen Com. Nepos praef. 5 fuit turpitudini.

Anmerkung 3. Unter den prädikativen Dativ ist auch die Phrase mihi est volenti zu rechnen. Dieselbe wurde von Sali, offenbar unter dem Einflüsse der Diktion des Thukyd. und Demosth. ins Lateinische eingeführt, von Liv. nur 21, 50, 11 aufgenommen, dagegen von Tac. begierig ergriffen und weitergebildet, z. B. ann. 1, 59 ut quibusque bellum invitis aut cupientibus erat. Im übrigen haben nur Sen. phil. und Macrob. diesen prädikativen Dativ je einmal probiert, sowie Fronte 228, 5 si tibi libenti est oMdire und Jul. Val. 2, 19; 2, 37.

80. Im prädikativen Dativ war schon die Bedeutung der Richtung zu erkennen, z. B. Tac. ann. 2, 13 pecunms hostium pra^dae destinare, noch mehr ist dies der Fall beim Dat. finalis, der die Absicht der Erreichung eines Zweckes bezeichnet. Auch er ist der Volkssprache besonders eigen; so sagte man indutui oder circumiectui habere, in der Militärsprache, deren Ausdrücke namentlich Caesar am besten bietet, auxilio arcessere, diem dicere eolloquio, receptui canere, dazu kommt proficisci praesidio (Sali.) und ebenso viele andere Verba mit praesidio, in der Bauernsprache alimento serere, conditui legere^ victui obicere u. ä., in der medizinischen Sprache mel remedio adhibere u. ä. Darnach ist auch zu bemessen, welchen Schrift- steilem der Dat. finalis besonders zukommt.

Anmerkung. Finale Dative in Verbindung mit Substantiven finden sich namentlich bei Plaut., bei den Script, rei rust., so scUui semen, turtures farturae (Mastturteltauben), selten in der klassischen Sprache, z. B. Cic. receptui Signum (offenbar eine allgemein gebräuchliche, der Soldatensprache entnommene Verbindung, Öfter bei Liv., Tac. und den Späteren).

81. Den Dativ des Zieles erkennen wir im lateinischen Dativ na- mentlich in vielen bei Dichtem gebräuchlichen Wendungen, z. B. Acc. 491 miUis leto, ebenso bei Enn., namentlich bei den augusteischen Dichtem, ebenso bei spätem Dichtem und poetisierenden Prosaikern, z. B. Verg. it clamor caelo, Hör. agere Orco; ganz spät noch bei Commodian, z. B. vertite vos Christo, Sulpic. Sever., z. B. sacerdotibt^s exilio deductis, bei Venant. Fort. Lucif. Calar. Dracont. Juvenc. u. a. Bei Cic. und Caes. lässt sich nur tendere mathus alicui (Caes. b. g. 7, 48) nachweisen. Wenn auch die in der Volkssprache übliche Konstruktion (so z. B. Hisp. 16, 4 oppido represserunt, Apul. met. 5, 2 cubiculo te refer) auf echtlateinischen Ursprung des Dativs des Zieles hinweist, so lässt sich doch nicht leugnen, dass vielfach grie- chischer Einfluss, hauptsächlich bei den Dichtern, in der Empfehlung dieses Dativs mitgewirkt hat, so z. B. bei niittis leto das homerische "AtSi ngotaipsv u. ä. ; noch bedeutender ist freilich die Macht der Analogie gewesen, welche eine Wendung der andern nachgebildet und so schliesslich eine Art finalen Lokativ geschaffen hat.

Anmerkung. Über den finalen Gebrauch des Infinitivs, welcher durch die Dativ- natur des Infinitivs hieher gewiesen wird, ist unten im Zusanmienhang mit den übrigen Kon- struktionen des Infinitivs nach Verben gesprochen, ebenso über den Infinitiv nach Adjektiven.

82. Während der Genetiv bei Adj. rel. lediglich den im Adj. liegenden nominalen Begriff determiniert, gibt der Dativ bei Adj. die Richtung an, in welcher sich die Eigenschaft äussert, oder das Ziel, auf welches sie

248 LaieiniBohe Orammatik. d. Syntax.

gerichtet ist. So ist Tac. ann. 3, 88 vetera eodollimus recentium incuriosi anders zu beurteilen als Tac. ann. 14, 38 fames adfligebat serendis frugibus incuriosos. Die Zahl der Adj., welche sich mit dem Dativ verbinden können, ist nicht gross in der alten und in der klass. Sprache, auch Livius hat nicht besonders geneuert, wohl aber Tacitus. Die augusteischen Dichter verbinden in naheliegender Analogiebildung gerne die Adj. der Verschieden- heit und Uneinigkeit mit dem Dativ, so diversus c. dat. zuerst Horaz, discors c. dat. Ovid, ferner idem c. dat. schon Lucrez, dann Horaz, Ovid, spätere Dichter, auch Plin. mai. Plin. epp. Just.; bei den eccl. lesen wir auch ingratus, surdtis, caecus c. dat., z. B. ItdkCt. precantihus surdus, colenHbus caecus, lauter Konstruktionen, welche die gute Zeit der Sprache durch An- wendung von Präpositionen zu vermeiden sucht.

Anmerkung. Das Adjektiv credulus nimmt an der Rektion des Verbums teil, von dem es stammt, z. B. Hör. od. 1, 1 1, 8 quam minimum credtda postero, Prop. 1, 3, 28.

Zn § 72 vgl.: Pbinb, De dativi apud priscos scriptores nsu, Strassburg 1878; Dittbl, De dativi apud Horatium usu, Landskron 1878. || Zu § 73: Aitton, Stadien zur lat Grammatik und Stilistik, Erfurt 1869 und 1873, p. 81 ff. || Zu § 74: R. Schenk, De dativi possessivi usu Giceroniano, Bergedorf 1892. || Zu § 77: Wölfflin in act. Sem. Erl. II p. 140; Häuser, Der p^rticip. Dativ des örtlichen und geistigen Standpunktes, Bozen 1878. II Zu § 78: Tillkanr, De dativo graeco, act. Sem. Erl. II p. 71 139. || Zu § 79: Nibländer, Der factitive Dativ in den cic. Schriften, Progr., Krotoschin 1874; id., Der factitive Dativ bei den römischen Dichtem und Prosaikern, Progr., Schneidemühl 1877; Teil IH, 1, Progr., Schneidemühl 1893. || Zu § 81: Schröter, Der Dativ zur Bezeichnung der Richtung in der lat. Dichtersprache, Progr., Sagan 1873; Landgraf, Archiv Vlü S. 39—76.

e. Ablativ.

83. Der Ablativ ist der adverbiale Kasus, d. h. er dient zur Be- stimmung des Prädikats, indem er auf die begleitenden Umstände, unter denen sieh eine Handlung vollzieht, hinweist. Seine eigentliche Bedeutung ist die separative; aber als adverbialer Easus hat er auch lokale und in- strumentale Funktionen seinem umfange einverleiben können; denn der Instrumentalkasus ist für das Latein schon in vorhistorischer Periode zu Grunde gegangen, der Lokativ ist nur noch in wenigen Überresten von -a- und -0-, zum Teil auch von konsonantischen Stämmen erhalten. Wir haben somit in dem historisch gewordenen Ablativ drei ursprüngliche Easus vereinigt: den Ablativus, den Instrumentalis und den Lokativus. Es ist sehr schwer, in der fertig vorliegenden Sprache jeweils zu unterscheiden, welche ursprüngliche Funktion der Ablativ vertritt, ja manchmal ist es geradezu unmöglich. Wenn der Ablativ, der, wie gesagt, ein adverbialer Easus ist, zur Bestimmung eines Nomons gebraucht wird, so ist dies nur möglich auf Grund vorschwebender verbaler Eonstruktionen.

84. Der Abi. causae bezeichnet eine die That begleitende Ursache; dieselbe kann entweder in unserm Seelenleben oder ausserhalb des- selben gesucht werden. Im ersteren Falle findet sich der Ablativ in der ganzen Latinität, besonders kultiviert von Liv., Tac. und den Archa- isten, z. B. Fronte; tritt ein Partizip dazu was man oft bei Cic, Gaes., Nep. liest so rückt der Schwerpunkt von der Begleitung auf den Grund über. Im zweiten Falle ist der Abi. im Altlat. nicht gerade selten (PL Most. 840 aetate non quis qptuerier)^ in der klass. Sprache schon weniger gebräuchlich, jedoch bei Caesar verhältnismässig häufiger als bei Cic, vgL

I. Von den Teilen des Satzes. (§§ 83—87.) 249

Cic. Farn. 6, 13, 3 magnis occupaUonihus Caesaris aditus ad eum difficiliores fuerunt, Gaes. b. civ. 2, 37 non materia muUitudine arborum deficere potuit, öfter bei Nepos; Sali, hat viele Beispiele (Gat. 6, 6 aetafe patres appella- hantur), mehr noch Livi Plin. mai. Tac, später Fronte und Florus.

Anmerkang. Die Sabstantiva causa und gratia als Abi. caus. werden nur im AlÜai, bei SaU. und den Archaisten mit Fron, relat. und demonsir. verbunden, nicht in der klassischen Sprache; Tac. schrieb in Nachahmung des Sali. ann. 4, 18 qua causa, ebenso Aar. Yict. Caes. 22. Fflr die Prosa ist causa als der ältere Ausdruck zu betrachten, denn gratia findet sich bei Cato, Varro, rhet. ad Her. gar nicht, bei Caes. ganz vereinzelt, oft im b. Afric. und bei Sali. (hauptsftchUch im Jug.), selten bei Cic. (oft nur zur Variation des Ansdrucks dienend), häufiger wieder bei Quint. In Poesie dagegen ist gratia schon im AiÜat. gar nicht selten, allein die Grundbedeutung des Substantivs ist dabei nie ganz er- loschen. — Mei causa statt meä causa lesen wir erst im Spätlat. bei Apul., TertuU., Sulp. Sev., Ambros., ApoU. Sidon. und Juristen; die Stellen Cic. am. 57 und Verr. 3, 121 sind längst geändert, vgl. Setffbbt-Mülleb zu Lael. p. 378. Synonym ist ergo c. gen., welches alter- tümlidien und solennen Charakter zeigt und bei Cic und Caes. nicht getroffen wird, z. B. Lucr. 3, 78; Liv. 1, 18.

85. Der Abi. modi ist in der Regel mit einem Attribut versehen; hat er kein Attribut bei sich, so muss er von der Präposition cum be- gleitet sein, also magna cura, aber nur cum cura; diese Konstruktion ist allgemein lateinisch. Ohne Attribut und Präposition finden sich im Altlat. nur bestimmte Substantive, zum Teil in spezieller Bedeutung, so r^umcro = „zu schnell **. Der begleitende Umstand durch Substantiv ohne Attribut ausgedrückt, gehört vorzugsweise der nachklass. Latinität an, in welcher modale Ablative ohne Attribut immer häufiger werden; den Ansatz dazu hat, wie in manchem andern, so auch hier Sali, gemacht, Jug. 64, 4 is eo tempore amtübemio patris ibidem militabat; Liv. und Tac, dann Sueton haben die Konstruktion oft gebraucht, auch Flor., Just., Ammian, Apulejus (met. 1, 21 ad haec ego risu subicio).

Anmerkung. Bei den AMkanem wird nicht selten der Abi. eines abstrakten Sub- stantivs statt des Adverbs des entsprechenden Adjektivs gebraucht; offenbar hat hier der Umstand forderlich gewirkt, dass die Semiten keine Adverbien haben. Vgl. auch Hieronym. ep. 39, 2 totus hie Itber fletibus scribitur,

86. Der Abi. respectus enthält eine Einschränkung des Prädikats auf eine bestimmte RQcksicht, wie Cic. Phil. 2, 23 sagt temporibus errasti «in der Chronologie hast du dich geirrt ''. Dieser Gebrauch ist allgemein lateinisch. Vgl. auch Brugmann, Qr. Oramm. § 474.

Anmerkung. Der Abi. respectus steht bei dignus und indignu^, um anzugeben, in welcher Hinsicht sich die Würdigkeit oder Unwürdigkeit zeigt. Da im Spätlat. alle Arten des AM. mit de umschrieben werden können, ist es natttrlich, dass wir z. B. bei TertuU. ad Bat 2, 15 digni de caelo Castores lesen. Als Adjektivum relativum betrachtet kann sich dignus ohne weiteres mit dem Genetivus verbinden; diese Konstruktion hat zuerst vielleicht Plant. Trin. 1153 salutis dignus (so Nonius), dann Baibus bei Cic. Att. 8, 15, Yerg. Aen. 12, 649 indignus avarum. um die Richtung zu bezeichnen, nach welcher hin sich die Würdigkeit zeigt, steht spätlat. auch der Dativ, z. B. Commod. A. 23 Caesari dignus, Vopisc. Prob. 24, 6 digna metnoratui, Amob. 18, 4 condigna auditui. Ob Genetiv oder Dativ anzunehmen sei, ist onsicher bei Hieron. ep. 77, 8 dignum tantae feminae, Apul. met. 10, 12 exitum condignuin dicinae providentiae, Cypr. spect. 10 condigna fidei. Bekanntlich entspricht schon in klassi- Bcher Sprache ad mit Akkus, dem Abi. resn., z. B. Cic. mihi satis est quod vixi vel ad aetatetn rd ad gloriam: demnach erklärt sich auch condignus ad claritatem in einer Bibelstelle bei Cypr. ep. 6, 2.

87. Der Abi. pretii gibt den Preis an, unter welchem sich ein Vor- gang, besonders aus dem Qeschäftsleben, z. B. Kauf, Verkauf, Schätzung, Uiete u. ä. vollzieht; z. B. Eriphyla auro vitam viri vendidit gab her mit Rücksicht auf das Gold = um Gold; er ist somit eine Art Abi. resp. und

250 liEteinisohe Oramnmtik. d. Syntax.

des soziativen Instrumentalis. Der Abi. pretii kommt häufig schon im Altlat. vor, hier aber noch nicht bei den Yerba des Schätzens, dann bei Cic. und Caes., Nep., Liv., Tac, auch sonst in der silbernen Latinität und später, z. B. bei Curtius, Florus, Apulejus. Der Preis ist entweder be- stimmt durch ein Substantiv angegeben, z. B. asse, denario, grandi pecunia^ oder durch die allgemeinen Wertbezeichnungen magno, parva, minimo, tan- tulo, welches substantivierte Neutra sind. In der Volkssprache sagte man auch caro, vili emere. Der Abi. pret. steht auch bei cartts zu teuer , z. B. Cato bei Sen. ep. 94 quod non opus est, asse carum est, bei venalis, z. B. noch Prudent. Ps. 620 passeribtis venalibus asse.

88. Der Abi. mensurae entspricht der adverbialen Natur des Abi. ähnlich wie der Abi. modi und respectus, z. B. Gaes. parvo momento ante- cedere. Er wird jedoch auch -— und dieser Gebrauch ist der häufigere geworden zu den Komparativen ohne ausgesprochene verbale Begleitung gesetzt; vgl. auch Brugmann, Gr. Gramm. § 475. Bemerkenswert ist nur das in der Volkssprache stets übliche, aber von den Klassikern ver- schmähte nimio; so sagt nach Plaut, der Triumvir Antonius und noch Gellius nimio est amplior,

Anmerknng 1. Der adverbiale Akkusativ an Stelle des Abi. mensurae, z. B. alt- qtuintum avidior, ist unklassisch; er findet sich im Altlat., dann wieder bei Liv., Plin. mai., Florus und spätlat. noch bei Gregor v. Tours. In der klass. Sprache ist der Akkusativ wohl nur bei Verben zulftssig, z. B. Cic. Mur. 29 miUtum antecellit, Cic. Fin. 2, 109 hämo ceteris animantibus plurimum praesiat. Aber beim Komparativ steht nur der Abi. mensurae und darnach ist Cic. de or. 3, 92 multo maius, Fam. 3, 11, 1 permtdto ante, off. 3, 38 nihüo plus zu lesen. Vielleicht ist auch Tac. ann. 5, 3 katid miUto post und 12, 4 haud multo ante zu schreiben. Bezüglich Cic. Att. 3, 15, 7 vgl. C. F. W. Müllbe zu Cic. off. S. 156.

Anmerkung 2. Der Abi. multo beim Superlativ wm-de von Cic. durch lange ersetzt; nur ganz vereinzelt hat er das vor ihm allgemein Übliche multo c. superlat. beibehalten.

89. Der Abi. qualitatis gehört der ganzen Latinität an; er wird namentlich von solchen Eigenschaften gebraucht, die etwas Singuläres be- zeichnen und daher keine Begriffsrubrik bilden können; das letztere ist Aufgabe des Gen., welcher angibt, unter welche Rubrik etwas unterzu- bringen ist. Sehr bezeichnend ist Piso bei Peter fr. 19 p. 82 quia Tar^ quinio nomine esset. Tarquinii nominis würde besagen „ein Glied der Fa- milie^; der Abi. quäl, aber gibt an, dass schon der Name verdächtigte.

Anmerkung 1. Auch der Abi. quäl, schliesst sich nur selten an einen Eigennamen an, in klass. Zeit freilich häufiger als der Gen. quäl., z. B. Cic. Sest. 50 (7. MaHum, summa senectute, gehört femer selten zu einem zu denkenden Nomen, z. B. Liv. 3, 57 non iuniores modo, sed emeritis etiam stipendüs . . praesto fuere, und wird schliesslich ebenso wie der Gen. quäl, auch prädikativ gebraucht.

Anmerkung 2. Während ursprünglich der Abi. quäl, nur zur Bestimmung der Hand- lung dienen konnte (vgl. Sali. Gat. 6, 2 hi postquam in una moenia convenere dispari genere, dissimili lingu>a\ fanden in der weitern Entwicklung Übergriffe in das Gebiet des Gen. quäl, statt, so dass er auch unmittelbar einem Substantiv sich anschloss (vgl. auch Dblbbügk I, 241). In klass. Zeit überwiegt der Abi. quäl, den Gen. quäl, bei weitem; der letztere ist hier fast ganz auf die Bestimmungen nach Mass, Zahl u. s. w., sowie auf Wendungen mit den Attributen magnus, tantus, summus, maadmus beschränkt. Anders wird es im nach- klass. Latein, wo bei Yell. Fat. der Abi. quäl, geradezu gemieden und bei Curtius, Fron- tinus u. a., wo der Gen. quäl, vor dem Abi. sogar bei Angabe von Eörpereigenschaften be- vorzugt wird, z. B. Frontin 1, 11, 10 ingentis staturae hominem,

Anmerkung 3. Die im Archiv XI S. 197 ff. begonnene Untersuchung von Edwabds- WöLFFLiN über den Gen. und Abi. quäl, weist nach, dass die Form einen grossen Einfluss auf den Gebrauch des Gen. oder Abi. quäl, hatte; so finden sich nur fade (nirgends faciei) als Qualitätskasus, ebenso nur specie, femer nur der Abi. von par, z. B. nur pari dignttate,

I. Von den Teilen de« Satses. (§§ 88—90.) 251

nnr incredibüi a. A. Wichtig ist auch der Einfluss des Hexameters; die von den Dichtem notgedrungen angewandte Form wurde von den nachklass. Prosaikern vielfach ohne weiteres übernommen.

90. Der Abi. instrumenti findet sich allenthalben in allen Zeiten. Hieher gehören auch die scheinbaren Abi. loci, welche dazu dienen, den Ort zu bezeichnen, über welchen eine Bewegung geht (eine, wie es scheint, doch erst seit der klass. Zeit bemerkbare Konstruktion, vgl. Nipp, zu Tac. ann. 1, 60), ebenso die Abi. bei vehi^ sc teuere u. ä. Verben, welche bei Dichtem und Nachklass. viele Analogien hervorbringen, z. B. sagt Tibull: puppi volet ire; ebenso bei den Verben des Sitzens u. ä., z. B. Ovid, Tibull, Liv. (Tibull 1, 43 requiescere lectOy Liv. carpento sedere), bei cantare u. ä. Verben, so tibüs, ßdihus (Plaut., Properz, Ovid, auch Nep. und Cic, aber ganz selten), bei pluit u. ä. seit klass. Zeit, z. B. Cic. divin. 2, 58 sanguine pluisse senatui nuntiatum est; sudare wird so seit Ennius bei Lucr., Verg. und andern Dichtern, auch bei Florus gebraucht,' manare und fluere auch bei Cic, aber offenbar nur, wo er aus alten Quellen reproduziert (de div. 1, 74; 2, 58).

Anmerkung 1. Ührigens ist die lokale Anffassnng von castris bei ae tenere und in fthnlichen Ansdrttcken neuerdings betont und durch folgende Salluststellen gestützt worden: müüts statwis castris habebat und hiemem casiris egi, femer durch den Hinweis, dass neben easiris auch in castris oder intra castra sich findet; vgl. Gramer in Neue Jahrbb. 1897 S. 107 zn O. Ebllbr's Gramm. Aufsfttzen. Besonders will ich darauf hinweisen, dass auch im Oskisch- ümbrischen sich viele Berührungen zwischen Lokativ und Instrumentalis zeigen; so z.B. bei Sitzen ist das Mittel zum Sitzen zugleich der Ort> wo man sitzt (vgl. Planta U S. 419); man wird daher hier flberall mit Delbrück I S. 280 doppelte Auffassung zulassen mttssen.

Anmerkung 2. Bei den Verben des Opferns ist neben der Konstruktion mit dem Objektsakkus, auch der Abi. instrum. fiblich; so schon bei Ennius fab. 5 sin sacrificabat hastiis balantibus (L. Müllbr), bei Plaut., bei Cic. wohl nur in der Reproduktion aus alten Schriftstellern, oft bei den augusteischen Dichtem, bei Liv., Plin., Tac. und ihren Nach- ahmern. Das Yerbum facere in der Bedeutung , opfern' haben mit Abi. instrum Plaut, und Gato, dann die augusteischen Dichter, z. B. Verg. und Tib., Plin. mai., Colum., aber nicht Cic, Gaes., Nep., Liv. Vielfach ist der Akkus, bei den v. sacrificandi wiederhergestellt, wo man frfiher den Abi. instrum. las.

Anmerkung 3. Auch der Abi. bei den Deponentien utor, fruor etc., welcher den Schein eines Objeküskasus gewinnt, ist instrumentaler Natur. Übrigens ist hier die Eon- siraktion mit dem Objektsakkus., abgesehen von potior, wo der Instrumentalis so alt sein wird wie der Akkus., vgl. Dblbröok I, 249, die ältere. So ist uti ursprünglich ein Trans- itivnm gewesen; als solches findet es sich bei Plaut, in der Gerundivkonstruktion, in Ver- bindung mit Pron. neutr., mit Substantiven im Akkus, vielleicht nicht (Langbn, Archiv 8 p. 330), jedoch ahutor ist im Altlat. nur transitiv, wird also auch mit substantivischen Ob- jekten verbunden, z. B. Plaut. Trin. 682 qui tantam äbustis sunt rem patriam ; ebenso hält es Gato, der aber neben nbutor auch utor mit substantivischem Objekt verbindet; nach dem Tode des Terenz kam die transitive Konstruktion von uti wieder mehr in Aufnahme, auch dem Varro ist sie geläufig, aber die klass. Sprache ging darauf nicht ein. Gaes. verbindet utor, das er sehr oft gebraucht, nur mit Abt., Gic. an einer Stelle Phil. 10, 26 pecuniam- que ad rem rnüitarem, si qiui opus sii, quae ptiblica sit et exigi possit, utatur txigat mit Akkus., aber hier flberwiegt das im offiziellen Stile asyndetisch angefügte exigat über utatur (geradezu = ad utendum exigat), Fruor ist transitiv bei Gato und Ter. vereinzelt, ebenso frunisci bei Plaut, und Quadrig., fungor bei Plant., Ter., Varro, Nep., Tac, Suet., Just., ApoL, Sulp. Sev., bei letzterem regelmässig in der Phrase diem fungi; potior Altlat, beim rhet. ad Her., nicht bei Gic. (nach Gic. ed. G. F. W. Müller), aber im b. Afr. und Hisp., bei Sali., Tac., Apul., Gell., Just., Sulp. Sev.; potior c. gen. bei Plaut., Varro, Cic. (z.B. Fam. 1, 7, 5), bei Gaes. wohl nicht, b. G. 1, 3, 7 lese ich totius Galliae imperio sese potiri posne sperant, aber beim rhet ad Her. wiederholt, b. Afr., Hisp., Sali., Nep., Liv., VelL, Tac, Gurt., Suet, Lact; dieser Gen. erklärt sich leicht aus dem in potior liegenden Substantivbegriflf, denn potior = ,ich werde Herr" (manchmal auch „bin Herr"). Alle diese Verba werden im SpAtUt mit Vorliebe transitiv gebraucht, z. B. von Gommod., Gregor v. Tours, Vict Vit u. a., z. B. Gommod. A. 359 eonsüium neminis usufi, 1, 26, 34 fruor delicias, Vict Vit 2, 10 stipendia potiri (= accipere).

252 LateiniBohe Chrunmatik. d. Syntax.

ADmerkung 4. Wie uti wird auch das davon abgeleitete Verbalsnbstaiitiy in der Phrase tMUS est mit dem Abi. verbunden and nach der Analogie von usus est richtete sich dann auch opus est. Daher ist attctor mihi op%M est wohl die nrsprftngliche Eonstraktion und auctore mihi opus est dorch Analogie entstanden. Besonderheiten, die sich syntaktisch leicht erklären, sind: usus est hat bei Plant, and wieder bei Fronto den Nomin., bei Ovid and Liv. anch den Gen., bei Plant. Psead. 285 R den Akkus, bei sich; Gaes. kennt usus est mit Abi. nicht, Gic. hat es selten, z. B. Att. 9, 6, 3 naves, quibus usus non est, omnes m- cendisse dicunt, sonst kommt ustut est nicht vor (d. h. mit andern Kasns); opus est wird, selten jedoch bei Gic, Liv., nicht bei Gaes. und Nep., in Verbindung mit Substantiven auch persönlich konstruiert, z. B. Gic. Verr. 3, 196 frumentum non opus est; Regel indes ist die personliche Konstruktion beim Pron. neutr., z. B. Gaes. b. G. 1, 34, 2 si quid ipsi a Cctesare opus esset; femer Iftsst es bei Prop. 3, 1, 12 (2, 10, 12), Priap. 68, 34, lav., Quintil., Apal., AI. Sev. auch den Gen. zu; der Akkus, findet sich nur SpäÜat. bei Glaud. Mam. 65, 15 ad- tentiorem mihi lectorem opus est (nicht bei Plaut, und Gate, Fa. Sohöll im Arch. II p. 212). Opus est mit Abi. partic., z. B. opus est facto, ist vorzugsweise der alten Sprache eigen, findet sich daher selten in klass. Sprache, z. B. Gaes. b. G. 1, 42, 5, Gic. Mil. 49, hftufiger bei archaisierenden Autoren (bei Sali, merkwflrdigerweise oft im Gat, nicht mehr im Jug.), noch bei Lact I 580 dicto non opus est.

Anmerkung 5. Auch Personen können als Werkzeug aufgefasst werden und dem- entsprechend als Abi. instr. die Handlung begleiten, zunftchst bei militärischen Ausdrftcken, dann auch in naheliegenden Weiterbildungen und Analogien, z. B. testibus convictum esse. Beispiele sind aus dem Altlat. nicht bekannt, wenige aus Gic, z. B. p. Gael. 34 aiienis viris comitata, mehr aus Sali., Gaes., Nep.; noch weiter gehen die Dichter und liv. sowie Tac. Aus Phrasen wie vi et armatis Jiominibus tyrannidem occupare, rempublicam talibus con- siliis et talibus sociis evertere, wo abo Personen und Sachen parallel gestellt werden, er- sieht man, dass man den Abi. instrum. von Personen besonders der Eonzinnität zuliebe ge- setzt hat. Vgl. noch BaüOMAifN, Gr. Gramm. § 468 und 471.

Anmerkung 6. Umgekehrt steht manchmal bei Sachen der Abi. instrum. mit ab, doch nicht vor Gic, bei diesem aber öfters, dann besonders bei Dichtem, hauptsächlich bei Ovid, bei poetisier enden Prosaikern wie Plin. mai., bald Personifikation, bald den Ausgangs- punkt der Handlung bezeichnend, z. B. caelum nigrescit ab Austris und calet a sanguine; Lact. I 35, 7 ab amore ac libidine victus.

Anmerkung 7. Bei den Eomikem namentlich, in klass. Zeit bei Gic. und Sali., wird mit esse, facere, fieri der Instrumentalis verbunden, z. B. quid eost argento factum ? (Plaut Most. 638). Doch findet sich auch der Dat., z.B. Gic. Gaec. 30 quid tu huic homvni fadas? spätlat bei Lact, auch quid de üs fadas?

91. Der Abi. instrum. steht femer bei den verb. copiae et inopiae und zwar ausschliesslich bei expkre, replere, opplere und abundare (nur Lucil. hat den Genet.). Der Genetiv hat sich offenbar nach Analogie von plenus und unter dem Einflüsse griechischer Vorbilder schon frühe bei complere und implere gezeigt; so sagt Plaut. Amph. 1016 corpus suotn stupri compleverit, Gato impleto aquae purae, ebenso Lucrez und Yergil; auch Cicero hat, aber nur in dem absichtlich archaisierenden Gato maior, in einem Briefe und in or. in Verr. den Gen., Livius nur bei implere^ nie bei complere. Bei egere ist zwar schon im Plaut, der Genet. zu finden, allein diese Konstruktion hat sich trotz der Empfehlung des Sallust, welcher sie sehr bevorzugt, in der bessern Sprache nicht einzubürgern gewusst und kommt so nur ganz vereinzelt bei Gic, Gaes., rhet. ad Her. vor, auch nicht oft bei Liv., Dichtern und Tac. Bei indigere hat Gic. den Genet. bevor- zugt, den auch Sali, verwendet; Gaes. und Liv. haben dagegen den Abi. in ausschliesslichem Gebrauch.

Anmerkung. Auch Adjektiva können mit dem Abi. verbunden werden, wahrschein- lich durch die Yermittelung bedeutungsyerwandter Partizipien, wie ja onustus und onercUus nahe verwandt sind; bei den Adj. copiae wird man Instrumentalis, bei den Adj. inopiae wie auch bei den Verba inopiae richtiger den echten Abi. anzunehmen haben. Unter den Adj. copiae et inopiae hat plenus lieber dem Gen. sich angeschlossen, welcher bei Cic. und Caes. das Regelmässige ist; der Abi. bei plenus wird durch b. Hisp. 5 plenus lapidibus ge- rade nicht besonders empfohlen, in der vorklass. Zeit findet er sich nicht (zuerst Lucret. an

I. Von den Teilen des SatEes. (§§ 91—92.) 253

drei Stellen, dann Gic, aber nur ad Att., sonei wie Verr. 4, 126, Sest. 23, de or. 1, 132 unter dem iünflnsse anderer Konstruktionen oder aus euphonischen Grfinden), wird bei Liv., den augost Dichtem und in der spätem Zeit bis auf eccl. herab allenthalben getroffen, aber bei weitem nicht so oft als der Gen., wenn auch manche Autoren, wie z. B. Commodian und Prudent, nur plenus mit dem Abi. gebrauchen. Die übrigen hieher gehörigen Adjektiva werden bald mit Gen., bald mit Abi. konstruiert; der Sprachgebrauch hat sich manchmal f&r eine Konstruktion besonders eniechieden, so Überwiegt onusttts c. abl., indigiM c. gen., orbuß c. abl., egenus c. gen., inops c. gen.; manche Konstraktionen erscheinen erst später, so frequens c. abl. häufig, c. gen. nicht vor Stat. und Tac, validtis c. abl. bei Cic, Hör., Liy., c. gen. nicht vor Tac; scitu/ mit Abl. bei Hygin, mit Gen. bei Lact, und Macrob.; es wflrde zu weit führen, das Einzelne zu verfolgen.

92. Der Abl. comparationis ist ein Separativus. Er gibt den Gegen- stand an, von welchem aus der höhere oder niedere Grad einer Eigen- schaft zu beurteilen ist; also filitis est minor patre = vorn Vater aus he- trachtet (vom Vater her) ist der Sohn kleiner. Der Ablativ ist als der ur- sprüngliche Yergleichungskasus im Lateinischen zu betrachten; wenn auch bei Plautus sich schon neben dem Abl. compar. die Auflösung mit qtiam, also filius minor est quam pater, findet, so ist der Abl. comp, doch als die ältere Yergleichsform und als diie Regel, die Umschreibung mit quam als die jüngere und als Ausnahme anzusehen. Zunächst sehen wir den Abl. comp, in der figura etymologica, besonders in volkstümlichen Formeln, z. B. Plaut. Amph. 446 nihil hoc similist similius, Asin. 614 o melle dulci dulcior^ Amph. 907 nisi sis stultior stultissimo, mit sinnverwandten Adjektiven, z. B. Voll. 2, 106 Oermana feritate ferocior, Sen. dial. 4, 13, 2 quid est animi quiete otiosius? Dann dient er entsprechend unsern Zu- sammensetzungen wie ^sonnenklar^ schneeweiss'^ = luce clarior, candidior nive und zu emphatischen Wertangaben wie vita carior, auro pretiosior, vilior alga^ hierauf in Redensarten wie opinione celerius^ omnium spe serius (als man geglaubt, gehofft hatte), hier auch mit substantiviertem Part. Perf., z. B. solito citius, diclo ocms oder mit solchen Adjektiven, z. B. Qequo longius, iusto plus, schliesslich in Zusammenstellungen wie alittö alio recentior und in negativen Wendungen, z. B. Verg. Aen. 7, 649 Lausus, quo pulchrior alter non fuit. Die klass. Sprache verhält sich gegen die meisten dieser Wen- dungen ablehnend, sie gehören der Mehrzahl nach der vor- und nachkl. Latinität und insbesondere den Dichtern an. Abgesehen von den Phrasen wie mta carior, opinione celerius und negativen Wendungen aller Art wie Cic. Fin. 3, 16 quid possumus hoc agere dimnius? nat. deor. 1, 102 nihil cessatione melius existimare und errat quod ullum Vitium vitiis animi gra- vius earistimat bei Cic. off. 3, 26; post. red. 1 patriam, qua nihil potest esse iucundius, mihi reddidistis, Caes. b. g. 7, 19, 1 fossa non latior pedibus L, ib. nisi eorum vitam sua laude habeat cariorem wird in klass. Prosa die Umschreibung mit quam vorgezogen. Zu bemerken ist, dass der Abl. comp, auch quam mit Akk. entsprechen kann, vgl. Caes. b. g. 7, 19, 5.

Anmerkung 1. Als Eomparationskasas hat sich unter griechischem Einfluss nehen dem Ablativ auch der Genetiv entwickelt. VieUeicht dass wir die ersten Spuren davon schon bei Plaut, und Ennius finden; jedenfalls lässt sich bei Varro r. r. 2, 5, 10 ein Gen. comp, nachweisen, ebenso bei Vitruv, z. B. 5, 1, 3 superiora inferiorum fieri contractiora (daneben 8, 3, 1 korrekt uti firmiora eint inferiora superioriJms), In dem Ausdruck minor triginta annorum bei Juristen ist ein Gen. quäl, zu erkennen, und es scheint das so oft feUende quam auch hier ausgelassen zu sein. Aber sonst sind es die Juristen, welche im II- saec. post Chr. den Gen. comp, bevorzugen; ihnen schloss sich Apul. an und dann hat das Eiichenlatein der Konstruktion die denkbar grösste Ausdehnung gegeben. Freilich die be-

254 tAteinisohe Grammatik, d. Syntax.

deutenderen Autoren Amob., Gypr., Lact, Ambros. verwenden sie maasvoU: aber bezüglich der anderen sehe man sich beispielsweise die Liste bei Lbasb S. 20 an.

Anmerkung 2. Die erste Spar eines Dat comp, findet sich bei Sali, und von da ab hat auch der Dat., mit weniger Erfolg freilich als der Gen., dem Abi. comp. Konkurrenz gemacht. Wie Sali. Eist. 2, 87 M. vir gravis et nulla arte cuiquam inferior (von Sertoiius) schreibt, so hat Verg. (auch Ovid met. 13, 359) und mit ihm Liy. Jyiud idli secimdus und nullt secundiM gesagt: doch ist zu beachten, dass bis auf Apul. herab niemand diese Kon- struktion aufgenommen hat. Er sagt de Plat. 2, 22 pars eius deterior est cordi: von da ab trifft man namentlich im gallischen Latein manches Beispiel, z. B. Yenant. Fortunat. 1, 15, 5 nuUi minor atque secimdus. Offenbar wirken hier Reminiszenzen aus der Lektttre mit, denn bei Apoll. Sidon. und bei Gregor, lesen wir das vergilianische ntilli secundus, bei Cassian das sallustische inferior nulli. Aber aus Gregor. Turon. erkennen wir, dass man auch weiter gegangen ist und Neubildungen gewagt hat; das Gleiche ergibt die Betrachtung der mittelalterlichen Latinität (vgl. Schepss, Conrad. Hirsaug. S. 36).

Anmerkung 8. In gleichem Schritte, wie sich die Aufldtoung der Kasus Überhaupt vollzog und der Ertsatz durch Prftpositionen eintrat, musste auch der Komparationskasus präpositionalen Wendungen Platz machen. Hier ist es besonders die Präposition ab, welche Beachtung verdient, dann auch de und prae, praeter, ultra, super. Der Gebrauch der Ex- position ab findet sich schon bei Grammatikern dem Gebrauche des Abi. comp, gleichgestellt: so urteilt Servius: doctiorillo et doctior ab ülo eadem elocutio; Cledonius freilich sagt velodor equus equo, non ab equo, aber die prftpositionale Wendung bürgerte sich bald ein, nament- lich im afrikanischen Latein und hier unter dem sichtlichen Einflüsse des hebräischen yo. Die Anfänge des Gebrauches sind bei Apul., Tertull., Amob. zu suchen, ja selbst Lact, hat sich nicht frei zu halten gewusst; die Itala hat dann die weitere Verbreitung vermittelt. Nament- lich sind es die irregulären Komparative, ja auch alius, die am leichtesten vom guten Ge- brauch abweichen; so sagt Tertull. und Arnob. minus ab his, alius a praesenti fabtUa. Ausser den Eccl. sind es Porphyrie, Boethius, die Mediziner und Grammatiker, welche häufig ab mit Abi. statt Abi. comp, verwenden. De ist Nachfolger von ab geworden und hat sich von bescheidenen Anfängen ausgehend (es sind ganz wenige Beispiele, welche das Spätlatein hat, z. B. Hygin. Grom. p. 109, 2 L. 9t plus de triginta pedibus patuerit) im Romanischen ein grosses Gebiet erobert. Wenn Cic. Fam. 4, 4 prae nobis beatus und Liv. 22, 46, 5 ante alios terribilis sagt, so ist dies nicht auffallend, wohl aber, wenn Fronte p. 95, 4 N. nihü unquam prae vobis dulcius habui. Ähnliches hat Apul., auch Gell, und die Folge- zeit. Femer finden wir bei Cassiodor super cuncta potentior est, bei Gregor. Turon. ut extra solitum (= solito) gravius ageret, bei Cassiodor sanguis inter ceteros humores potior habetitr. Vgl. Brügxann, Gr. Gramm. § 451.

Anmerkung 4. Alius mit Abi. comp, findet sich wohl zuerst bei Varro, dann in einem Briefe des Brutus und Cassius bei Cic, bei Phaedrus, Hör. und Apul., vgl. Hör. ep. 1, 16, 20 neve putes alium sapienie bonoque beatum. Über alius ab vgl. Anm. 3; aliter ab hat schon Pomponius Mola 1, 57 multo cäüer a ceteris vitam agunt {aliter = diverse).

Anmerkung 5. Par mit Abi. comp, ist eine ziemlich verbreitete Konstruktion, sie hat ihre Analoga an aeque und adaeque mit Abi. comp, bei Plaut; der Abi. gibt hier den Standpunkt an, von wo aus die Gleichheit zu erkennen ist. Vgl. Plaut. Pers. 834; Cic. de div. 2, 114, Matius bei Cic. Fam. 11, 28, 1 ut par erat tua singulari boniicUe, Sali. Hist. 4, 14 M., Ovid Fast. 4, 306, Catonis dist. p. L. min. IE S. 238 B. fac quod te par sit.

Anmerkung 6. Auf einer Verschiebung der Vergleichungsgrade beruht es, wenn im Spätlat. auch beim Superlativ der Abi. comp, steht, z. B. Hieron. in Ephes. 3, 8 se omnibus sanctis infimum dicere.

93. Der Abi. wird als Separativus bei Städtenamen, Ländernamen und Appellativen auf die Frage woher? gebraucht.

Bei Städtenamen findet sich schon frühe die Beifügung einer Prä- position, doch gebraucht Plaut, nur die Präpos. ex, nie a& und lässt sie häufiger weg als er sie hinzufügt. Das gleiche gilt fQr Ter. und die übrigen Dichter der vorklass. Zeit. Die Beifügung der Präpos. wird ganz selten in der klass. Sprache und findet sich da wohl nur, wenn bei Seestädten die Küste miteinbegriffen wird, z. B. ab Epheso. Sobald aber Tarso, Tyro u. ä. ebensogut „in Tarsus" als »von Tarsus" heissen konnte, war die Beifügung einer Präposition unumgänglich, und so findet sich diese ursprünglich wohl vulgär abundante Konstruktion bei Sali., PolL, Liv., Plin. mai., Sueton,

I. Von den Teilen des Satzes. (g§ 93-94.) 255

Flor., Justin., manchmal neben dem blossen Abi., wie z. B. Prudent. neben- einander fugiens Sodomis und cedere de Sodomis sagt.

Bei Ländernamen ist der Abi. ohne Präposition selten; doch hat ihn schon Plaut Most. 440, Capt. 327 u. Truc. 540, ebenso findet man ihn auf alten Inschriften, nicht bei Klassikern und Sali., Liv., dagegen wieder bei Yell., Tac, Gurt., Florus und andern spät. Historikern.

Von Appellativen hat gleichfalls Plaut, schon Beispiele, so Trin. 265 quasi saxo saliaf; in der klass. Zeit ist der Gebrauch auf rure und domo beschränkt {humo dichterisch seit Vergil), abgesehen natürlich von publi- zistischen Ausdrücken wie tribu movere, lege solvi, causa cadere und einigen allgemein üblichen Verbindungen der Yerba pellere cedere Uherare u. ä.; Liv. und Tac. schliessen sich dem von den august. Dichtern eingeführten freiem Gebrauch an (wobei jedoch Liv. immerhin die präpositionale Wen- dung bevorzugt), ebenso die Archaisten, z. B. Apul. fheatro facessunt sowie die spätlat. Dichter, wo wir z. B. bei Prudent. und Juvencus veniunt caelo, pectore promit, puppi desiliat u. ä. oft treffen. Auffällig ist sogar bei Dich- tern der Separativus ohne Präposition bei einer Personenbezeichnung, z. B. Prop. 1, 4, 2 puelUtö cogis domina abire mea.

Anmerknng 1. Hieher gehört auch der Abi. des ürsprangs, so schon bei EnniiiB sanguen du ariundum, in klass. Sprache besonders bei den Partizipien nahts ortus etc. Nachklass. auch beim Yerbum finitnm, z. B. Plin. N. h. 8, 29 terra nasci; häufig treten Prä- positionen zum Abi., immer, wenn er ein Pronomen ist, gewöhnlich db und ex, dichterisch und nachklass. auch de. Bekannt ist, dass der Abi. mit ab die entferntere Abstammung bezeichnet.

Anmerkung 2. Bei den Verben des Anfangens steht in klass. Sprache stets ab beim Abi., z. B. a deo est causa ordienda Gic. leg. 1, 21; doch nachklass. auch der Abi. allein, so bei Quint., Sen., Tac., Plin., Fronte u. a., z. B. Sen. dial. 4, 1, 1 utrum iudicio an impetu indpiat.

Anmerkung 8. Der Ort, von wo aus ein Brief datiert ist, steht gewöhnlich im Abi. ; doch kann auch der Lokativ eintreten, z. B. Gic. Fam. 3, 7 BnM%disn, Dementsprechend heisst es neben de Tarentino Gic. Att. 3, 6 auch in Sinuessano Gic. Att 16, 10.

94. Der Abi. der Ortsruhe ist bei den Städtenamen im Plural und den nach der 3. Dekl. gehenden im Singular allgemein üblich. Der Abi. der 2. Dekl. an Stelle des Lok. steht schon bei Caes. b. civ. 3, 35 Naupacto (aber durch die Eonzinnität bedingt), oft bei Vitruv {Ärreiio, Chio, Bali- camasso u. ä.), auch bei Verg. Aen. 4, 36 Tyro, öfters in der spätem La- tinitat, so bei Tac, Flor., Just., Lact., Hyg., Eutrop. bist., Apoll., Aurel. Vict., Ampel. (Wagbner, Philol. 42 p. 392); ebenso bei Teilen von Städten, z. B. Liv., Flor. (Uexapylo). Selten ist die Beifügung von in bei Städte- namen, z. B. Plaut, mil. 771 in Epheso, in Prosa zuerst vieDeicht bei Liv., öfters bei Plin. mai., z. B. in Tarso, Spätlat. bei Justin, Hieron., Oros. u. a.

Anmerkung 1. Bei Dichtem und Prosaikern finden wir es selten, dass der Abi. der Ortsruhe ohne in von Lftndernamen gesagt wird, so bei Verg. Aen. 1, 263 bellum in- gens geret ItcUia, dann bei Vitruv und Vop. Aurel. (Pa ucker, Z. f. 5. G. 1883 p. 325 f.).

Anmerkung 2. Appellativa ohne Attribut werden selten im Abi. ohne in auf die Frage wo? gebraucht; da das b. Hisp., Vitruv, Hygin, femer Hirtius bemerkenswerte Bei- spiele bieten, ist der vulgäre Charakter dieser Konstruktion evident, z. B. muris disponunt, ade constiterunt. Dodi sind auch Dichter wie Horaz, TibuU (1, 5, 53 herbas sp)%il€ris quaercU), Catull nicht sparsam mit solchen Abi. loci, die dann mit Liv., Plin. mai., Tac, Carl in die Prosa eindringen ; auch die Archaisten Apul. und Fronte kennen die Konstruk- tion, z. B. Fronte : anulum cdvo repertum, ebenso Aur. Vict., Apoll. Sidon. u. a. Spätlateiner. Weniger auffäUig ist der Abi. loci mit attributiver Bestimmung; Cic. freilich lässt ihn nur bei totus und teUweise bei medius zu, während die Dichter in diesem Falle fast durchweg

256 Lateiniflohe Grammatik, d. Syntax.

ohne m konstnraieren (vgl. Friobll zu Uv. 23 p. 82), ebenso nachklass. Prosaiker (vgl. Nipp. zu Tsc. ann. 8, 61).

95. Die Begriffe von Ort und Zeit sind nahe verwandt, und so ist es leicht begreiflich, dass der Abi. der Ortsruhe sich auf Zeitbestimmungen übertragen liess. Es finden sich daher hieme, aestate u. ä. in allen Zeiten der Sprache. Andere Substantiva als solche, welche einen Zeitabschnitt bezeichnen, werden nur mit Attributen in dem Abi. temporis gefunden. Ausnahmen sind selten, jedoch auch in der klass. Zeit anzutreffen, z. B. pace militia (Liv. 5, 12, 4 ed. Zingerle). Vgl. Bruomann, Gr. Gramm. § 463.

Anmerkung 1. Wenn angegeben wird, wie oft etwas im Verlaufe eines bestimmten Zeitraumes sich wiederholt, so steht der letztere im Abi. mit in, z. B. ter in anno. Doch gebraucht vielleicht schon Cato (bestritten von Keil und SchOndörffbb), jedenfalls aber Plin. mai., Suet., die scriptores bist. Aug., Hygin daneben auch den Abi. olme Präposition, z. B. Plin. bis anno,

Anmerkung 2. Es ist klar, dass das Bedfirfhis nach Deutlichkeit in der Volks- sprache auch zum Abi. temp. die Prftposition in verlangt; so sagte denn Gate unbedenklich m hieme, was bei Catull, z. B. aliift in annis, bei Lucr., z. B. 4, 791 nocturna in tempore u. ö., dann besonders im Spätlat., bei den Archaisten, bei den eccL, den Script, bist. Aug. in allgemeiner Übung ist; ja im Kirchenlat. wird in beim Abi. temp. geradezu Regel (Petscheitig, Berl. Phil. Woch. 1889 S. 1402). Die klass. Zeit Ifisst in beim Abi. temp. nur zu bei Angabe der Lebensalter, z. B. in iuventute, (aber mit Attribut ohne in, z. B. prima iuventute)^ femer zur Bezeichnung der Zeitumstände, z. B. in hoc tempore.

Anmerkung 3. Wenn Cic. ad Att. 2, 19,8 schreibt populi sensus maxime theatro et spectaculia perspectus est, so ist offenbar spectaculis temporal zu fassen; ebenso verhält es sich mit ludis, gladiatorihtLS, nwndinis] diese Abi., femer comitiis bei Cic, Liv., Flor., triumphis bei Tac, sca,ena bei Flor., morhis schon bei Cato und ähnliche stereotyp gewordene Wendungen sind Analogiebildungen nach den Abi. temp. Ebenso erklärlich ist, dass ad- ventu (schon bei Plaut.), discessu u. ä. später, z. B. bei Plin. mai. {sitccessione, dedicatione), Sueton (votorum nuncupcUione, eius statione = cum in statione esset), andere Abi. per ana- logiam nach sich gezogen haben.

96. Der sogenannte Ablativus absolutus ist hervorgegangen aus dem mit einem Attribut versehenen Instrumentalis. Er ist somit eine adverbiale Bestimmung des Satzes und also ein Satzteil. Aber der Abi. abs. löste sich bald aus dem ursprünglich engen Verhältnisse zu seinem Satze und entsprach dem Nebensatze eines Satzgefüges; da wurde aus dem Attribut ein Prädikativum und man sprach sogar geradezu von dem Subjekte des Abi. abs. Der Abi. im Abi. abs. kann als Instrumen- talis die begleitenden Umstände aller Art, auch Mittel und Zeiterstreckung bezeichnen. Manche Abi. abs. sind von Lokativen ausgegangen und, nach- dem der Lokativ im Abi. Instrum. aufgegangen war, in den Abi. abs. ein- bezogen worden. Die Entstehung des Abi. abs. zeigt folgendes Beispiel Gaec. Stat. pall. 271 qtMSsante capite tristes incedunt: wankenden Hauptes schreiten sie finster einher = indem das Haupt wankt: quassante capüe ist ein Instrumentalis mit Attribut; aus dem Attribut wird ein Prädikativum, indem man quassante capite von seinem Satze löst und gewissermassen selbständig (absolut) macht. Aus der Entstehung des Abi. abs. ersehen wir, dass ein Partizip gar nicht notwendig ist zu einem Abi. abs.; ganz verkehrt ist es daher, von unvollständigem Abi. abs. oder von einem fehlenden Partizip von esse zu sprechen: Calp. Pis. ann. VII 135, 5 P: sep- timum saeculum occipit his consuUbus eigentlich = cum his consuUbus, woraus erst durch Absolutsetzung = cum hi consules sunt entsteht und somit con- suKhus prädikativ zu his wird. Wir scheiden daher die im engsten Ver- band mit ihrem Satze gebliebenen Instrumentales von den absolut ge-

L Von den TeUen des Satzes. (§§ 95—97.) 257

wordenen und sagen mit Recht: Der Abi. abs. ist ein mit einem Prädi- kativum versehener Ablativus; das Prädikativum kann ein Sub- stantiv, Adjektiv, Pronomen oder Partizip sein.

Der Abi. abs. kommt schon in der ältesten Zeit der römischen Lit- teratur vor und zwar mit prädikativen Substantiven, Adjektiven und Parti- zipien. Von Partizipien wird am häufigsten das Partie. Perf. Pass. ge- braucht, aber immer in seiner eigentlichen Bedeutung, also nicht aoristisch zur Vertretung des fehlenden Part. Praes. Pass.; das Part. Perf. Depon. findet sich im Alüat. im Abi. abs. in wenig Beispielen, wie exmto iubare. Qar nicht kommt das Part. Fut. Akt. vor, oft aber das Part. Praes. Akt., jedoch immer in der eigentlichen Bedeutung, nirgends aoristisch gebraucht.

Die klass. Sprache weicht nicht wesentlich von dem Sprachgebrauch der früheren Zeit ab. Auch sie verwendet Subst., Adj. und Partizipien als Prädikativa des Abi. abs., auch sie kennt den Gebrauch des Part. Fut. Akt. in dieser Konstruktion nicht, auch bei ihr tiberwiegt das Part. Perf. Pass. über das Part. Praes. Akt. in der Ausdehnung der Gebrauchssphäre und es wird nunmehr auch aoristisch, d. h. als Vertreter des fehlenden Part. Praes. Pass. gebraucht, vgl. § 173. Das Part. Perf. Depon. findet sich jedoch öfter, indes nur ganz selten in passivem Sinne, so emeritus, pactus, partitus, depopulatus, aber gar nicht das Part. Perf. von Intran- sitiven, während im Altlat. muUis interitis u. ä. gelesen wird.

Sallust wagte es zuerst das Part. Perf. Depon. mit einem Objekt zu verbinden, Jug. 103, 7 Sulla omnia pollicito: es war dies die letzte Kon- sequenz der Einbeziehung des Verbaladjektivs auf -tus in die Rektion des Verbums, vgl. § 173; Livius dehnte den Gebrauch auch auf die Part. Perf. der Semideponentia aus, z. B. 30, 25, 5 Hasdrubale auso fadnus. Asinius Pollio schliesslich bei Sen. rhet. suas. 6, 24 huius ergo viri tot tantisque operihus mansuris hat zuerst das Part. Fut. Akt. im Abi. abs. verwendet: alle drei genannten Konstruktionen werden, nachdem sie einmal eingeführt sind, im nachklass. Latein beibehalten, so von Liv., Curt., Tac. u. a., und jetzt treflfen wir oft auch das Part. Perf. Depon. in passivem Sinne. Ein Objekt beim Part. Perf. Depon. haben augusteische Dichter, Liv., ganz be- sonders Plin. mai., Val. Max., Tac. und seine Nachahmer, nachklassische Dichter wie Lucan und Silius, spätlat. Juristen und Kirchenschriftsteller, manchmal in Nachahmung der Autoren der früheren, besonders der silb. Latinität^ z. B. Hegesipp 5, 5, 7 eos Ulis secutis, Gregor von Tours h. H. 2, 34 Omnibus ecclesiam egressis. Zum Part. Fut. Akt. greifen Val. Max., Curt., Plin. mai., Tac. und dann später Ammian. Passives Part. Perf. Depon. haben Sali., august. Dichter, Liv., Tac. nur adepto principatu (wie Sali. adepta libertate), dann andere nachklass. und spätlat. Autoren in grosser Zahl, vgl. Suet. Oct. 84 nisi meditata et composita oratione, Apul. Met. 11, 804 d^recato summa numine, Hygin fab. 8 ea occasione nacta.

97. Das substantivierte Part. Perf. Pass. kommt im Abi. modi schon im Altlat. vor, z. B. sortito „auf dem Wege der Losung, losungsweise*^ ; solche Abi. erstarren gewissermassen zu Adverbien, wie dies bezüglich merito u. ä. bekannt ist. Aber die unpersönliche Form des Perf. Pass., z. B. optaium est, bildet auch eine absolute Partizipialkonstruktion, nämlich optato „wie

Buidirach der klaas. AltertmuflwiaiieDschftft. n, 2. S. Aufl. 17

258 Lateinisohe Chrammaük. d. Byntaz.

gewünscht worden ist", und so treffen wir durch die ganze Litteratur, auch in klass. Zeit, solche der unpersönlichen Yerbalform entsprechende absolute Ablative, welche mehr den verbalen Charakter des Partizipiums hervor- treten lassen. So lesen wir noch spätlat. bei TertuU. satis facto „wenn Ge- nugthuung geleistet ist'', admisso =postquam (idmissum est u. ä. ; vgl. Hartel, Patr. Stud. IV S. 22. Besonders ist dies der Fall in einer Konstruktion, welche in bescheidenen Anfängen bei Cicero sich zeigt, dann aber bei Liv. und besonders bei Tac. sich sehr entwickelt, dass nämlich zu einem solchen Abi. Partiz. als sogenanntes Subjekt eine Infinitivkonstruktion oder ein ganzer Satz hinzutritt. Vgl. Cic. off. 2, 42 adiuncto ut haberentur, inv. 2, 34 cur praetereatur demonstrato, Hör. ep. 1, 10^ 50 excepto quod non simul esses, Sali. Eist. 5, 12 audito Q. Mar dum in Ciliciam tendere, Liv. 33, 41, 5 cognito vivere Ptolomaeum, Tac. ann. 2, 9 quaesito an Caesar venisset. Auch nach Tac. lebt die Konstruktion fort, und noch Gregor. Turon. H. F. 2, 11 sagt comperto quod senatus eum vita privari velit. Nach Analogie dieser Konstruktion setzten nun Liv. und Tac. auch andere unpersönliche Aus- drücke, wie dubium non est, incertutn est, periculosum est in den Abi. abs., vgl. Liv. 28, 36, 12 incerto prae tenebris quid aut peterent aut vitarent, Tac. ann. 1, 6 iuxta periculoso ficta seu vera promeret.

Anmerkung 1. Dieser sog. Abi. abs. erscheint bisweilen auch da, wo wir den Abi. entbehren und die zu ihm konstruierte prädikative Bestimmung grammatisch genauer ander- weitig beziehen könnten, z. B. vgl. Cic. Att. 7, 9, 2 haberi Caesar is rationem illo excrcitum obtinente mit Cic. Att. 7, 9, 3 tU ratio habeatur retinentis exercitum. Es liegt auf der Hand, dass in solchen Fällen der Abi. abs. die Diktion deutlicher und kraftvoller macht als die streng grammatische Konstruktion; wir finden ihn daher auch in der Umgangssprache (Plaut, Ter.), bei Cic. epp. und in Erstlingsreden, auch bei Caes., bei Sali., Pollio, b. Hisp., bei Celsus, Liv., Tac, Script, bist. Aug., Vulg. und sonst im Spätlatein.

Anmerkung 2. Die Konstruktion des Abi. abs. wird wegen ihrer Schwerfälligkeit da gemieden, wo das Verbum finitum des dem Abi. abs. entsprechenden Nebensatzes schon ein Prädikativum bei sich hat; daher sagt man nicht gern Hemicis aociis adsumptis, son- dern lieber Hemicis in societatem adsumptis. Doch selbst Cic. und Caes. weichen solchen schwerfälligen und oft schwer verständlichen Konstruktionen nicht immer aus, z. B. Cic. Phil. 11, 16 Dolabella hoste decreto, Caes. b. civ. 3, 1, 1 dictatare habente comitia Caesare, ja Liv. greift lieber darnach als nach einer weitläufigen Umschreibung; ebenso finden wir noch Spätlat. manche Beispiele, z. B. Script, bist. Aug. Max. 20, 2 quibus a poptUo Auffustis appeUatis, Lact, nuncupato lAcinio imperatore.

98. Nachdem einmal die Konstruktion des Abi. abs. im Übergang zur nachklass. Sprache ihr Gebiet auf die verschiedenste Weise zu erweitem begonnen, wurden nun auch Wendungen wie reputantibus ,,wenn man über^ legt'' entsprechend reputant man überlegt (vgl. Tac. ann. 13, 7 und § 16) oder missis qui conicerent entsprechend missi sunt qui conicerent und aktivem misit qui conicerent (M. Müller zu Liv. 1, 31, 2 und 1, 37, 1), oder terga dantibus qui modo secuti erant entsprechend terga dant qui modo seeuti erant u. ä. gewagt. Alle diese Wendungen findet man in klass. Zeit noch nicht.

Anmerkung L Der Gen. abs. ist ein Fremdling in der lat. Sprache; er findet sich zweimal im b. Hisp. 14, 1 eiits praeteriti temporis und 23, 6 huius inddentis temporis, dann aber erst im Spätlat., und zwar bei EccL, vgl. Wölfflin, Arch. IX, 45 u. 99.

Anmerkung 2. Der Accus, abs. konnte sich erst zu einer Zeit entwickeln, wo der Abi. und der Accus, ineinander übergingen und nicht mehr genau geschieden werden konnten. Wir treffen ihn spätlat. bei Lucifer, Jordanes, Ennod., besonders aber bei Gregor. Turon., auch auf Inschriften, vgl. Büohelbr zur Anthol. Nr. 626 S. 297, bei Fredegar u. a. Recht bezeichnend für die Entstehung der Konstruktion ist, dass sich Abi. abs. und Accus.

L Von den Teilen des SatEee. (§§ 98-99.) 259

abs. nebeneinander finden, z. B. Gregor. Türen, h. Fr. completa oratione vocatum ad se urhis papam paulatim est ingressus. Dem in § 97 entwickelten unpersönlichen Gebrauch des Abi. abs. entspricht bei Gregor. Turon. ein unpersönlicher Accus, abs. futurum, z. B. h. Fr. 1, 48 futurum ut auferretur.

Anmerkung 3. Der Nomin. abs. gehört ebenfalls nur dem Spfttlat. an. Nachdem die Absolutsetzung eines Kasus sich nicht mehr auf den Abi. beschränkte, sondern auch auf den Gen. und Akkus, sich ausgedehnt hatte, war es natfirlich, dass man als absoluten Kasus denjenigen gebrauchte, der das Nomen nur benannte, d.h. den Nominativ, vgl. § 48. Zu- erst scheint Lucif. Calar. den Nomin. abs. verwendet zu haben, ausserdem trifft man ihn bei Piiscillian, Vict. Vit., Ennod., Fortunat. u. a. Einen Vorläufer für die Konstruktion finden wir schon im Altlat. in einem appositiven Verhältnis bei Piso fr. 27 S. 84 P. hi contempnentes eum nemo ei assitrgere voluiti hier bildet nemo eine Art appositio distributiva zu hi con^ tempnentea und so erscheint hi contempnentes absolut gesetzt, während es thatsächlich Sub- jekt ist; dass das Prädikat voluit sich nach nemo richtet, darüber vgl. § 25 Anm.

Zu § 83 vgl.: Delbrück, Ablativ, Localis, Instrumentalis im Altindischen, Lat., Griech. und Deutschen, Berlin 1867; G. Zieleb, Beiträge zur Geschichte des lat. Abi., Bonn 1892 (sehr wichtig!); 0. Keller, Zur Syntax des Abi., Gramm. Aufsätze S. 325 361; Ebrard, De ablativi locativi Instrumentalis apud priscos scriptores latinos usu, Jahrb. f. Philol. X Suppl. 8 ; Kbbn, Zum Gebrauch des Abi. bei Vergil, Progr., Schweinfurt 1881; Christ, De ablativo Sallustiano, Jena 1883; Schneider, De ablativi usu Taciteo, Breslau 1882. || Zu § 84: Wölfflin im Archiv I p. 169 ff. || Zu § 89: Stbgmank in Neue Jahrb. 132 u. 136; J. Golling im Gym- nasium 1888 Nr. 1 u. 2. |i Zu § 90: Langen, Die Konstruktion von utor, fruor, fungor, potior im älteren Latein, Archiv III p. 329 336. || Zu § 92: Wölfflin, Lat. n. rom. Komparation, Erlangen 1879, p. 49 ff.; Klotz, Lat. Stilistik, Leipzig 1874, p. 15 ff.; Ziemer, Vergleichende Syntc^ der indogerm. Komparation, Berlin 1884, p. 64 ff., 103 ff.; Wölfflin, Der Abi. com- parationis, Archiv VI S. 447—467; der Gen. comparationis, Archiv VII S. 115—132. || Zu § 95: Frobben, Quaestionum Plinianarum specimen; pars II: de abl. temporalis usu Pliniano; Königsberg 1888. i| Zu § 96: Hoffxann, Der abl. abs. und seine Definition, Jahrb. 1875, p. 783 f.; Bombe, De abl. abs. apud scriptores antiquissimos Roman, usu, Greifswalde 1877; Habtnick, De abl. abs., qui enormiter usurpati vocantur, Breslau 1869; Rümpf, Utrum ver- bonim depon. part. perf. in abl. abs. sint vitanda an admittenda? Frankfurt 1868; Wölfflin, PhiloL 25, 117; 26, 134; bei Bursian 1874/75 p. 759; Schmalz in Wölfplin's Archiv I p. 344 ff.; Adams, De abl. abs. apud Q. Curtium Rufum usu, Marburg 1886 ; Weihenmajbr, Zur Ge- schichte des absoluten Partizips im Lateinischen, Reutlingen 1891.

C. Lokativ.

99. Während im Oskisch-Umbrischen der Lokativ in lebendigem Kasus- gebrauch blieb, haben sich in der historischen Zeit der lat. Sprache nur noch wenig t5l)erreste des Lokativs erhalten. Die alte Sprache verwendete die erhaltenen Formen mit besonderer Vorliebe und zwar sowohl zur Be- zeichnung des Ortes, als auch gerade wie die verwandten Dialekte übertragen als Zeitbestimmung. So hat Plaut, oft tempert, peregri, Cato tempori, Plaut, mani; ferner wird von Gellius für Cato, Cael. Antip., Claud. Quadrig. die quinti, die crastini, die proximi u. ä. bezeugt, was sich auch zum Teil bei Plaut, findet. Erst die Archaisten haben diese Formen wieder hervorgeholt, im übrigen waren dieselben abgesehen von vesperi und heri, für welch letzteres here erst in der silbernen Latinität gewöhnlich ward seit der klass. Zeit verschollen ; das alte tempert oder tempori wurde in der klass. Sprache durch das bei Cic. ausschliesslich übliche tempore ersetzt, während Liv. und Tac. (wie auch schon Plaut, und Ter.) nur in tempore sagen; vgl. noch Delbrück I, 224; Brugmann, Or. Gramm. § 460 ff.

Bekannt ist, dass die Städtenamen mit o- oder o-Stämmen im Singular den Lokativ auch in klass. Zeit und weiter hinaus bewahrt haben, also altlat. Rofnai, klass. Romae, Deli, Corinthi, auch Chersonesi und Peloponnesi (Varro r. r. 2, 6, 2), sogar Äegypti (Val. Max. 4, 1, 15) nach Analogie von Deli^ Sami u. ä., vgl. oben § 47, ebenso domi meae, tuae, suae; militiae

17*

260 Lateinisohe Qrammaük. d. Syntax,

und belli gewöhnlich in Verbindung mit domi {militiae allein steht Fronte p. 123 N., helli Ter. Heaut. 112, Cic. rep. 2, 56), humi seit Cicero, terrae schon bei Ennius, dann bei Verg., Ovid, Liv., vielleicht auch bei Voll., bei spät. Dichtem und Prosaikern, campi bei Verg. und Sil. Ital.; ruri hat schon Plaut. Auch Städtenamen mit konsonantischem Stamm haben ähn- lich wie ruri den Lokativ erhalten, aber vereinzelt, so Carfhagini schon bei Plaut., dann bei Cic, Liv., Vitr., ApuL, Tiburi bei Cic, Liv., Val. Max., Suet., sonst Lacedaemoni, Anxuri, Sicyoni ganz selten. Wenn Sali. Jug, 33, 4 JRomae Numidiaeque schreibt, so ist Numidiae durch Angleichung an Romae entstanden.

Zu § 99: Bell, De locativi in prisca latinitate vi et usu, Breslau 18S9 (vgl. dazu F. Skutsch in Archiv VII S. 454).

c. Satzbestimmungen durch einen Easus mit einer Präposition.

100. Die Präpositionen sind ihrer Mehrzahl nach ursprünglich Ad- verbia, trans und versus sind Partizipien. Ihre Hauptaufgabe ist, die Richtung der im Verb ausgedrückten Handlung näher zu bestimmen; so wurden sie zunächst verbale Begleitwörter und dann auch nominale Be- gleitwörter. Die Bedeutung der Präposition wird aus ihrem adverbialen Gebrauch erkannt und muss mit der Bedeutung des Kasus, zu welchem sie tritt, harmonieren; erst im Spätlatein, wo die Bedeutung der einzelnen Easus immer mehr verblasst und sich allmählich ein üniversalkasus heraus- bildet, werden die Präpositionen unterschiedslos zu diesem gesetzt, wie denn Commodian bereits de sua facta und cum multa milia sagt. Die plebejische Sprache hat schon frühe cum sodales gesagt, wie die pompe- janischen Wandinschriften zeigen, vgl. Bücheler, Anthol. 266; es scheint der spätere üniversalkasus in der gewöhnlichen Sprache schon frühe vor- handen gewesen zu sein. Unter den Kasus selbst sind es im Lat. nur zwei, welche sich mit einer Präposition verbinden, der Akkusativ und der Ablativ. Aus dem bei Cicero üblichen animum induco^ ferner aus amicum adeo, urbe exeo erkennen wir die erste Stufe in der Entwicklung der Präpos. als Begleitwörter, auf welche dann duco in, eo ad^ eo ex oder induco in, adeo ad, exeo ex folgt; dabei ist der Easus von der vereinten Vorstellung von Verb, und Präpos. abhängig, wobei zum Überfluss die Präpos. schliess- lich zugleich als verbales und nominales Begleitwort erscheint. Fürs Grie- chische vgl. Brugmann, Gramm. § 491 flf.

a. Präpositionen mit dem Akkusativ.

101. ^d als Adverb ist in dem Verse des Ennius (ann. 519 L; Müll.) adque adque accedit muros Bomana iuventus „und heran und heran zieht d. r. Jugend^ erhalten. In demselben Verse erscheint es auch mit dem Verbum cedo verbunden. Ad ging gern eine Verbindung mit Verben ein; dies zeigt sich darin, dass die Volkssprache manche Verba mit ad bei- behielt, welche die klass. Sprache zurückdrängte, z. B. adaugeo, adcuro, ad-- proniitto, addubito u. ä. Für den Easus, der sich mit den v. compos. ver- bindet, mag hier im allgemeinen gesagt sein, dass die alten Dichter und Lucrez, weniger CatuU, ebenso die klass. Prosa, den Akk., die klass. Sprache immer mit Wiederholung der Präpositionen, setzen, während bei den jungem

I. Von den Teilen des Satsee. (§§ 100—102.) 261

Dichtem und in der nachklass. Prosa sowie im Spätlatein der Dativ über- wiegt; so z. B. ist accedo mit ad bei Plaut, mit Dat. bei Horaz bevorzugt; adicio ad wird von Terenz gebraucht, die august. Dichter kennen diese Konstruktion gar nicht, sondern verbinden immer adicio c. dat.; adpUco konstruieren Plaut, und Ter. mit ad, die august. Dichter mit Dat.; nur Ovid, welcher gern neuert oder Altes wieder ans Licht zieht, hat auch adplico ad gesagt.

Als nominales Begleitwort wurde ad zu allen Zeiten verwendet. Be- merkenswert ist ein in der Volkssprache wurzelnder Gebrauch, wonach ad, welches doch ursprünglich die Richtung wohin? bezeichnete, in der Be- deutung von apud erscheint. So sagt Plaut, ad forum, Cicero in epp. und Erstlingsschriften ad villam, ad te; namentlich in der Gerichtssprache hat sich ad in dieser Bedeutung erhalten: so schreibt Plaut, ins suiim ad Mulieres obtinere, und in der Vulg. noch lesen wir ne acctises servum ad dominum suum. Auch die Sakralsprache verwendet ad so, z. B. ad aedem Felicitatis; über ad Vestae vgl. oben § 57 Anm. 3.

Die Richtung, in welcher ein Prädikat gilt, wird erst seit Terenz durch ad bezeichnet, z. B. Heaut. 370 patrem novisti qiuim ad hos res sit perspicax; von da ab findet es sich allenthalben in der Prosa und bei Dich- tem, vielfach synonym dem Abi. resp., z. B. haec facilKwa sunt ad iudi- canduw^ vgl. § 86. Das modale ad gehört vorwiegend der Volkssprache an; 80 lesen wir ad hunc modum oft bei den Komikern, bei Cicero aber fast nur in den Erstlingsschriften, n i e in den Reden, während er jedoch quem ad modum überall zuliess.

Die nachklass. und späte Latinität hat die Bedeutungssphäre von ad sehr erweitert; da finden wir kausales, instrumentales und begrenzendes ad, fQr letzteres vgl. Oros. 7, 24 Gallien ad perfeetum Uberavit, femer ad = adversus, schliesslich zur Bezeichnung von Umständen aller Art, z. B. ad cenofH bei Tische, ad vindemiam bei der Weinlese {aux vendanges) u. a. Im ganzen mag festgestellt werden, dass die Präposition ad in der Vulgär- sprache einen viel ausgedehnteren Gebrauch hatte, als in der Urbanität und dass sie oft in der Sprache des Volkes gesetzt wurde, wo die urbane Diktion sich mit dem blossen Kasus (Dat.) begnügte. So macht sich schon bei Vitruv das Bestreben bemerklich, den Dat. durch den Akkus, mit ad zu ersetzen, wie er beispielsweise nicht solvendo, sondern ad solvendum esse sagt. Dasselbe finden wir später allgemein, z. B. bei Commodian, welcher A. 36 cur nos similemus ad illas (= Ulis) schreibt, bei Hygin u. a. Vulgärschriftstellem, und im Übergang zum Romanischen verdrängt ad mit Akk. allmählich den Dativ.

103. Auch die Präposition apud hat eine weitere Gebrauchssphäre in der Volkssprache, als in der Diktion der urbanen Litterärsprache. Wir treffen es daher sehr oft bei den Komikern, hier vielfach = in, z. B. apud villam; Cicero hat diese letztere Bedeutung nur in den Erstlingsreden, während er sonst apud oft zur Bezeichnung der Nähe, besonders einer Person, verwendet. Ganz ebenso verhält es sich mit Liv.; Sali, dagegen lässt apud schon mehr in Vordergrund treten, indem er es zur Bezeich- nung der Nähe einer Sache ausschliesslich gebraucht. Am ausgiebigsten

262 Lateinisohe Grammatik, d. Syntax.

jedoch hat Tac. sich dieser Präposition bedient, wie apud senatum, apud Suriam, apud urbem u. ä. bezeugt; auch bei Sueton ist sie beliebt, ebenso bei Gellius, bei Apulejus, bei den script. bist. Aug. und den eccl., besonders vor Städte- und Ländernamen, bei Ammian, Oros., Sulp. Sev. u. a., so noch spät bei Fredegar, wo es oft = cum gebraucht wird, z. B. apud eum ibi- dem venerant. Viele Phrasen, wie das von Ter, und Petron gebrauchte apud sc esse, dann apud me fuit =-. „bei mir zu Hause'' u. ä. lassen den volkstümlichen Charakter von apud erkennen; bei den Eunstdichtern ist es jedoch selten, Horaz hat es z. B. nur einmal.

Anmerkung. Apud als zusammengesetzte Präposition = ab-ad sucht Zuoeebmahk in Archiv YIII S. 132 zu erweisen; vgl. auch Kblleb, Lat. Etymol. S. 11.

103. Ante ist = dvti gegenüber (Brügmann, Gramm. § 497), z. B. Hannibal ante portas, bezeichnet also, dass man etwas vor sich hat, während pro, z. B. in pro muris pugnare, besagt, dass man die Mauern hinter sich hat und sie schützt (Brugmann, Griech. Gramm. § 506). Es hat sich als Adv. erhalten, seltener in lokaler Bedeutung und dies meist nur bei Dichtern (und Liv.), häufig als Adv. temp. Antea hat Plaut, noch nicht; es findet sich zuerst Ter. Andr. 52 und wird auch von Cicero nur allmählich gegenüber ante vorgezogen.

Um die Richtung im Räume zu bezeichnen, wird es von den Komikern, rhet. ad Her., dann von Tib., Prep., Ovid, Liv. und noch im Spätlat., z. B. bei Ammian, aber nicht von Gic. verwendet, z. B. Liv. 8, 10, 2 ante signa procedere. Ebenso verhält es sich mit ante, wenn es einen Vorzug bedeutet, eine aus der vorhergehenden leicht sich ergebende Ge- brauchsweise; auch diese ist der Sprache Gic. und Gaes. fremd, findet sich aber sonst allenthalben, z. B. Baibus bei Gic. Att. 8, 15 A. 2 quem ante fne diligo, besonders in Verbindung mit Superl., z. B. Verg. Aen. 7, 55 ante alios pulcherrimus. Ante, von der Zeit gebraucht, war namentlich im Eurialstil sehr beliebt, überhaupt in Formeln aller Art.

104. Pone hat sich als Adv. erhalten, z. B. pone stabat Lucil. 292 B.; als Präposition ist es nicht häufig, doch hat es schon Plaut.; von Gicero wurde es sichtlich gemieden (nur Tim. 10, 37; 13, 48 pone quos), ebenso auch von Gaesar, Horaz, spätlat. von Lact.; Gregor. Turon. und vielleicht noch von andern, doch nicht so sehr in der spät. Latinität; hier hat es z. B. noch Amm.; es war offenbar plebejischer Natur. An seiner SteUe ward frühe das ihm verwandte post üblich, welches aber auch wie ante als Adv. loc. et temp. gebraucht wird. Die lokale Bedeutung der Präp. post kennt schon Sisenna fr. 24, dann Gicero, z. B. Verr. 5, 80 post Are-- thusae fontem, 5, 169 post urbem, Balb. 52 post rostra, ebenso Gaesar, z. B. b. G. 7, 83 post monteniy 7, 84 post tergum, auch das b. Afr. 50, Sali. Jug. 19, 6, ferner die Dichter Prep., Ovid, Juven., nachkl. Pomp. Mela und noch spätlat. Orosius. Wie ante bezeichnet es den Rang, aber erst seit Sallust, der auch das adverb. post so verwendet, dann bei Dichtern wie Hör. und Ovid und Spätem, jedoch überall selten. Das temporale post mit illa haben Plaut., Enn., Ter., Gato und noch Gatull, post quae oft Gelsus, dann Tacitus, post hoc Hör., VeD. Pat. und vulgäre Schriftsteller. Finales post entsprechend dem griechischen ficTu kommt erst spätlat. vor, z. B.

I. Von den TeUen des Satses. (§§ 103-107.) 263

bei Fulgent. und Ampel., kausales post bei nachklass. Dichtern, so post hoc = darum bei Juv. und Statins.

106. Pen es ist ein alter ohne Suffix gebildeter Lokativ (Delbrück I 774) = im Hausmnern; es hat sich ursprünglich wohl mit dem Genetiv verbunden und erst später nach Analogie von apud den Akk. angenommen. Es wird fast nur mit persönlichen Begriffen verbunden, mit Sachen erst bei Hör. und Tac.; auch bezeichnet es das Sein, nicht das Werden, letz- teres nur in einer Art Ausgleichung bei Plaut, und Aurelius Vict. (epit. 41, 1 imperii iura penes Lidnium devenere = devenere ad L., ut penes eum cssent). Gerne bürgerte es sich in Formeln ein, z. B. Sali. Jug. 17 fides eius rei penes auctores erit, worüber Sen. Q. N. 4, 3, 1. Im afrikanischen Latein, bei Apul. und ganz besonders bei TertulUan, wird es = in, z. B. Tertull. penes Africam, und = cor am, z. B. Tert. idol. 13 penes patrem, bei Glaud. Mam. = secundum. Manche Autoren meiden penes, so Gaes. im b. Gall., Verg. (nur Imal), Ammian.

106. luxta hat erst in der klass. Zeit und zwar bei Yarro r. r. 3, 16, 15 iuxta viüam, dann bei Caesar, aber nur an fünf Stellen des b. civ., bei Sali., doch nur in den Hist., und bei Nepos präpositionale Verwendung ge- funden; im Altlat. und noch bei Cic. und Sali. Jug. ist es ausschliesslich Adv., auch im Spätlatein bei Commodian (2, 20, 20). Erst mit Plin. mai. und Tac. tritt es häufiger auf, hier sowie bei GeUius auch in der von Liviufi und Celsus eingeführten Bedeutung der zeitlichen oder unterord- nenden Folge, z. B. Tac. hist. 2, 76 iuxta deos in tua manu positum est; bei letzterem Autor bezeichnet es auch die Annäherung an eine Zeit, z. B. iuxta finem vitae. Dass die vielleicht auch schon bei Liv. 39, 9, 6 (vgl. jedoch NovAK, Studien zu Livius (czechisch) S. 259) anzunehmende, sonst aber seit Apul. dem Spätlatein eigentümliche Bedeutung gemäss '^ sich aus der lokalen entwickelt, ersehen wir aus Tertull. de An. 2 plane non negäbimus aliquando philosophos iuxta nostra sensisse; in der Yulg. wird iuxta ganz gewöhnlich so gebraucht, ebenso bei Cypr., Lucif., Servius, Sulp. Sev., scr. h. Aug.; Lact, jedoch hat iuxta = secundum nur in Gitaten. Eine Form iuxtim wird als Präpos. bei Sisenna und Apul. gefunden, ge- wöhnlicher, wenn auch nicht besonders häufig, ist der adverb. Gebrauch; 80 sagt schon Liv. Andr. Aegisth. 6 Clytemestra se iuxtim (sc. coüocat).

107. Prope wird wohl das adverbial gebrauchte Neutrum eines Adj. sein; es lässt sich wie propius und proxime, ferner propior und proximus mit einem Kasus verbinden.

Während nun das Adv. prope temporal und lokal gleich üblich ist, wird prope als Präp. von Plautus nur lokal gebraucht; Terent. hat es schon in übertragener Bedeutung. Ganz selten wird es von der Zeit ge- braucht, nirgends bei Cicero und Caes. (Cic. Fam. 3, 5, 4 ist es aufgegeben), aber von Livius, Suet. und besonders häufig von Ammian, sowie von Firm. Mat. err. prof. 7, 2 prope vesperam; auffällig ist prope = prope usque ad im b. Afr. 42 cum prope solis occasum exspectavisset; dies hat nachher auch Liv. und Tac. (ann. 6, 13; 14, 12).; der Kasus ist überall der Akk. Pro- pius ist ausschliesslich lokal verwendet, findet sich erst seit Caes. (nicht bei Cic.) und zwar abgesehen von Nepos und Verg. immer mit Akk.;

264 Lateinische Chrammatik. d. Syntax,

proxime kommt nur bei Gels, und Pallad. temporal vor, lokal auch bei Cic, aber zumeist in den Briefen, konstruiert sich mit Akk., nur bei Gaes. b. civ. 1, 72 mit Dat. Bei den adj. Formen überwiegt die Adjektivnatur, und so herrscht der Dativ vor; den Akk. haben jedoch neben dem Dat. Caes., Sali., Liv., Tac. Nur Sali, verbindet proxumus mit dem Abi., Pomp. Mela mit dem Abi. und ab.

108. Fr Oft er ist von prope gebildet und zwar als eine Art Kom- parativ; es heisst deshalb „näher bei etwcts, neben'^. Propter bezeichnet zu- nächst die örtliche Nähe; noch bei Gicero hat es adv. Bedeutung, z. B. Pomp. 16 cum duo reges propter absint; als Präp. finden wir es oft auf Inschriften der republikanischen Zeit, auch bei Plaut., Ennius, Naev., Ter., Lucr., in Prosa zuerst bei Sisenna fr. 22 P., dann bei Gicero, doch nicht bei Gaesar, Sallust, Nepos, Gurtius, wohl aber bei Tac. und Späteren, z. B. Gellius, Jul. Yal., Sulp. Sev. u. a. Das kausale propter steht adv. vielleicht Spätlat. bei Glaud. Mam. 113, 1 (Engelbbecht p. 99); als Präp. verwenden es schon Plaut, und Ter., dann die Klassiker und zwar mit besonderer Vorliebe gegenüber dem immer mehr zurücktretenden ob (wel- ches dagegen der archaisierende Sali, bevorzugt), auch rhet. ad Her. und Hirtius, ebenso die Späteren in grosser Zahl, z. B. Juvenal, Hygin, Pallad., namentlich aber die Vulg.; sichtlich gemieden wird dagegen propter von Pomponius Mela, Voll. Pat., Tac, Flor., später von Ammian, Sulp. Sep., Jul. Val., Dares Phryg. Die Verbindung von propter mit Subst. und Partiz. in der § 181 besprochenen Weise hat zuerst Varro, dann Gic. Fam. 1, 7, 6 propter interpositam auctoritatem; besonders ist sie häufig in der silbernen Latinität, so bei Liv., namentlich aber bei Justin zu treffen; mit Gerundiv lesen wir es zuerst bei Varro, dann bei Val. Max., dann bei Plin. mai., Apul. und in der späteren Latinität (bei rhet. ad Her. 2, 44 ist vituperandam Ad- jektiv =, tadelnswert). Propter quod und propter quae ist nachklassisch.

109. Ob hat seiner Abstammung nach zunächst lokale Bedeutung = „mitgegen'*; so verwenden es denn auch schon die XII tabb., Plaut., Ennius, Accius, dann die klass. Sprache (aber nicht Gaesar); von da ab findet es sich nur vereinzelt, nicht bei Liv., Gurt., Tac, aber bei Verg., bei Sil. It., Apul. Aus der lokalen Bedeutung entwickelt sich die ge- schäftliche Bedeutung, welche bei Belohnung und Strafe u. ä. sich zeigt, und diese verallgemeinert sich zur Bezeichnung des entsprechenden Beweg- grundes. In dieser kausalen Bedeutung braucht es schon Plautus (aber nie ob me^ te, sondern stets propter me etc.), auch Terenz, dann Gicero und Gaesar, der letztere jedoch nur in den Formeln mit res und catisa^ ferner die Schriftsteller, welche propter meiden (siehe § 108). Bezüglich der mit ob gebildeten Formeln ist zu bemerken, dass ob eam rem schon bei Plautus und Terenz sich findet; dazu trat ob id in klassischer Sprache, doch braucht auch Gicero ganz selten ob id, ob Jioc, ob id ipsum und Gaesar gar nicht; erst mit Sali., Liv., Tac. kamen diese Phrasen mehr in Ge- brauch; Sali, bevorzugt übrigens neben ob id noch ob ea und Tac. ob qtiae; der Plural quas ob res gehört, namentlich wo nur von einem Grunde die Rede ist, dem vulgären StU an, z. B. Gass. bei Gic. Fam. 12, 12, 3, so auch qiuis ob causas Nep. Gon. 1, 1 (wo vielleicht das griechische Std tavva mit-

I. Von den Teilen des Satsee. (§§ 108—112.) 265

gewirkt hat). Ob mit Subst. und Part, wird seit Liv. beliebt und erhält sich bis herab in die Schwindellitteratur, z. 6. Dict. 5, 14 ob servatam Uelenam; ob mit Oerundiv war schon im archaischen Latein üblich, z. B. bei Pacuv. und Gate, Gic. hat es nur in Formeln, z. B. ob rem iudicandam; diese Formeln fanden Nachahmung, so bei Sali., dann besonders im sil- bernen Latein und bis in die spätesten Zeiten herab, z. B. Orosius 3, 22 ob tUdscendam necem, vgl. § 169.

110. Contra ist bei Plaut, und Ter. noch durchaus Adverb und wird erst mit der klass. Zeit Präpos. So bildet sich aus der Bedeutung des Adv. contra der verschiedene Gebrauch der Präposition heraus, und zwar entspricht dem summa vi contra niütur bei Cato die Bedeutung der Rich- tung und hier zumeist der feindlichen, wie sie die Präpos. contra von Gic, Caes. ab allenthalben in der Folgezeit aufweist; dem plautinischen cedo tris mihi homines aurichako contra (Mil. 657, aurichalco ist Abi. pret.) gleicht Varro r. r. 1, 2, 10 ubi poma veneunt contra aurum, welchen Gebrauch noch Plin. mai. und Petron aus der Yulgärsprache übernommen haben ; und wenn Plaut, sagt Pers. 18 quis illic est, qui contra me adstat? so können wir damit das seit Gaesar namentlich bei den Historikern übliche contra zur Bezeichnung der Lage, z. B. Gaes. b. g. 4, 20 regiones quae sunt contra GalUcts, und der Richtung, so besonders im Spätlatein, z. B. contra orien- talem partem, in Beziehung setzen. Bei Gic, Gaes., Sali, überwiegt der präpositionale Gebrauch bei weitem den adverbialen, bei Liv. nur wenig; in den späteren Büchern tritt bei Liv. contra gegenüber adversus zurück. Noch im Spätlat. z. B. bei Lact, ist der adverbiale Gebrauch so lebendig erhalten, dass Lact, oft adverbiales, doch nur zweimal präpositionales contra hat. Im Spätlat. bei Fredegar dient contra auch zur Umschrei- bung des Dativs, vgl. Haag S. 77.

111. Ultra ist adverbialer Ablativ von uüer, welches selbst sich von uls herleitet. Uls (die Form ultis ist eine grammatische Fiktion) hat sich in alten Formeln und in der konservativen Rechtssprache erhalten, z. B. ds Tiberim et uls Tiberim (vgl. Gellius 12, 13, 8); sonst ist es sehr frühe verschollen, und es haben sich trans und ultra in seine Erbschaft geteilt. ÜÜra als Adverb findet sich allenthalben; als Präposition ist es in lokaler Bedeutung schon bei Gate p. 10,20 uUra agruni Picentinum nachgewiesen; von da ab lesen wir es bei Varro, rhet. ad Her., Gic, Gaes. u. a. lokal, seit Livius 41, 10, 18 non uÜra triduum moratus, Gelsus (z. B. 2, 8 ultra septimum dient) und Yell. Pat. auch temporal, besonders in der silbernen Latinität, ferner steht es klassisch und nachklassisch, um das Überschreiten des Gebührenden zu bezeichnen, bei Voll, sogar mit persönlichem Objekt, z. B. 2, 88 ultra feminam mollitiis fluens. Ultra hat sein Gebiet im Nach- klassischen und im Spätlat. bedeutend erweitert; so verdrängte es praeter ganz, vgl. Gapit. Ant. philos. 11, 9 qui ultra vectigalia quicquam ab aliquo exegissent, und wurde oft für supra und super gebraucht. Es ging auch in die romanischen Sprachen über.

112. Citra leitet sich her von ciff. Dies letztere wird lokal schon in alter Zeit gebraucht (siehe uls), in di^ Litterärsprache aber ist es in dieser Bedeutung erst mit Gicero aufgenommen worden. Temporal kon-

266 Lateinisohe Orammatik. d. Syntax.

struieren es Plaut., dann Sali, und Ovid, hierauf erst wieder spätere Pro- saiker, z. B. Aur. Victor. Citra wird erst mit der klass. Zeit Präpos., lokal bei Gic, Caes., Liv., temporal zuerst bei Ovid, dann bei Colum. und Späteren. Aus der räumlichen Bedeutung entwickelt sich der mit Liv. und den aug. Dichtern (Ovid) aufkommende und namentlich im silbernen Latein, auch bei Quint., weitverbreitete Gebrauch von citra = »ohne* oder auch = praeter abgesehen von, z. B. Celsus 4, 12 adhibendi gltdinosi cibi, sed citra satietatem »ohne sich damit zu sättigen", Pomp. Mola 1, 113 citra magnitudineni prope Pento similis; besonders Quintil. und Plin. mai. sind hier reich an Beispielen, Tacitus aber kam in seinen grösseren Werken ganz von ätra zurück; indes hat es Suet. Oct. 43, Flor. 3, 1, 2, Gell. 2, 3, 2 und Amm. 22, 7, 5 citra spem veniae sowie Min. Fei. 6, 2 JRomani obsessi et citra Capitolium capti noch gebraucht. Vielleicht darf man aus der Vor- liebe der juristischen Sprache (nur Gaius, Scaevola und Gallistratus haben es nicht angenommen) für dtra darauf schliessen, dass citra = »ohne' schon frühe üblich war, aber erst mit der silbernen Latinität in die Schrift- sprache Eingang finden konnte. Daraus schliesslich, dass Lact, nur einmal dtra = sine, oft aber sine gebraucht, kann man ersehen, dass solche späteren Schriftsteller, die nach guten Mustern schreiben, dtra = sine thun- Uchst meiden.

113. Extra, gleichfalls adv. Abi. von exter, wird schon bei Plaut, und Ter., auch im S. C. de Bacch. extrad urbem als Präp. verwendet und findet sich so allenthalben, um räumlich oder übertragen den Ausschluss zu bezeichnen.

114. Intra ist adv. Abi. von inter. Auch letzteres wurde prä- positional verwendet, ja überwiegend, denn sein adverb. Gebrauch ist sehr beschränkt. Als Präp. hat inter lokale und temporale Bedeutung; in er- sterer bezeichnet es „zwischen zweien oder mehreren Dingen" oder »inner- halb eines Raumes oder einer Strecke'. Daraus erklärt sich dann, wie inter den Vorzug, die Gegenseitigkeit u. ä. bedeuten kann. Offenbar vulgär war inter viam bei Plaut., Ter., Cic. ad Att., Suet. (vgl. Jordan, Krit. Beitr. p. 271); zuerst bei Sali., dann häufig im silbernen Latein, hier auch mit persönlichen Begriffen verbunden, findet sich inter zur Bezeichnung der bei einer Handlung obwaltenden Umstände, z. B. Tac. bist. 1, 34 credula fama inter gaudentes et incuriosos (== cum omnes gauderent et incuriosi essent); nur nachklassisch wurde inter paucos gebraucht (Liv., Curt., Plin. mai., Quint., Tac), wie auch inter zur Bezeichnung der Bewegung (seit Verg. und Liv., z. B. inter patres lectus, auch bei Pomp. Mola, Quint., Gellius, Ammian). Temporal findet sich inter allenthalben, aber bei Cic. vorzugs- weise nur in epp., z. B. inter cenam; mit Gerundium treffen wir es wohl bei Plaut., dann aber erst wieder bei Verg., im silb. und spät. Latein, z. B. inter agendum. Für interea findet sich seit Celsus und Livius auch inter haec und inter qtiae, das letztere besonders bei Tac., Curt., Ammian. Die Verbindung von inter mit Abi. ist ganz selten im Lateinischen, so auf Inschriften und bei Augustinus, z. B. CIL VIII, 6700 inter qutbtis, aber sie findet sich auch einmal im Osk.-Ümbr., vgl. Planta II S. 443, Neue- Wagener II, 929.

I. Von d»n Teüen des Satees. (§§ 113-117.) 267

Intra mit dem Akk. gibt die Orenze an, innerhalb welcher die Aus- sage gilt. Dies bezieht sich ebensowohl auf räumliche, wie auf zeitliche Verhältnisse; in letzterem Falle jedoch wird intra von Cic. nicht gebraucht, wohl aber von Caes. b. G. 6, 21, 5 intra annum vicesimum, von Sali, und sonst vor- und nachklass. Dem Eurialstil ist eigentümlich intra = ante, z. B. si fiUttö maus intra pubertatem decesserit Übertragen finden wir intra seit der klass. Zeit verwendet, so intra legem bei Cic, intra finem sui iuris bei Liv.; häufiger wird der Gebrauch bei Celsus, z. B. 138 interdum malum intra dolorem est, dem jung. Plin., Quint. und Späteren.

115. Infra (adv. Abi. = infera) wird vor Terenz nicht gebraucht, und hier nur Eun. 489 i/nfra infumos; Sisenna fr. 53 infra Vesumum ver- wendet es lokal, Lucr. hat es wiederholt als Adv., aber nur 4, 112 infra sensus nostros als Präp. Mit der klass. Zeit wird es häufiger und dient zur Bezeichnung des Ortes, der Zeit (nur Cic. Brut. 40), namentlich aber, wie schon bei Ter. und Lucr., der Unterordnung; in letzterer Bedeutung geht es von Cic. und Caes. an durch die ganze Latinität, tritt jedoch im Spätlat. sehr zurück, wie es z. B. Apoll. Sidon. und die scr. h. Aug. nur je einmal haben. Im Spätlat. bei Gregor. Turon. wird infra ganz wie intra gebraucht, z. B. h. Fr. 3, 13 infra murorum septa und intra castelli septa; vgl. BoNNET S. 588 Anm. 2.

116. Supra (adv. Abi. = supera, in welcher Form wir es auf Inscr., bei Plaut. (Casina 815 supera tolle Urnen pedes^ doch vgl. Degebing S. 49), Lucr. und sogar bei Cic. Arat. treffen), ist schon frühe als Präpos. ver- wendet worden, so bei Plaut., Enn., öfters bei Lucr., hier wohl zuerst temporal; Caes. hat es, wenn auch selten, in lok. und temp. Bedeutung, Cic. nur lokal. Eine vulgäre Verwendung ist auf Inschriften, bei Vitruv und Curtius darin zu erblicken, dass supra die Aufsicht bedeutet, z. B. supra coquos. Als Gegenstück zn^ intra bezeichnet supra auch seit Cic. „über ein Mass hinausgehend*, z. B. supra aetatem, bei Celsus und Livius, während Tac. und Suet. super gebrauchen, auch über eine Zahl hinaus, z. B. supra tres esse non debent. Dass es in letzterer Bedeutung mit uÜra konkurriert, darüber vgl. PoU. Gall. 3, 8 supra modum und Tyr. 30, 15 ultra femineum modum (daneben noch extra modum bei Gregor. Turon.) und oben §111; aus klass. Zeit praeter modum Cic. div. 1, 100.

117. Circum ist der Akk. von circus, circa ein adv. Ablativ von der- selben Wurzel, beide bedeuten „im Kreise herum*.

Circum findet sich in lokaler Bedeutung zu allen Zeiten, in tem- poraler nur bei Vitruv 8, 6, 28 circum vemum temptis; aber nie dient es zur Bezeichnung übertragener Verhältnisse.

Circa dagegen vereinigt alle diese Bedeutungen in sich, allein es kommt erst in der klass. Zeit, und zwar zuerst als Präp., dann als Adv. vor. Caesar wollte an circum festhalten {circa steht vielleicht nur b. c. 3, 31, wo jedoch Novak circum montem schreibt), Cicero neuerte circa in Analogie von extra^ infra u. a. in den Verrinen, vielleicht weil er den Akk. circum nur zum Ausdruck der Bewegung, aber nicht der Ortsruhe, z. B. mit esse^ für geeignet hielt; später jedoch kam er wieder davon ab. Nepos und Livius schlössen sich Ciceros früherer Bevorzugung von circa an, und

268 Lateinisohe Grammatik, d. Syntax.

so treffen wir circa in räumlicher Beziehung seit Hör. und Liv. zur Be- zeichnung der Zeit und des Ungefähren in Mass und Zahl, ebenso seit Hör. zur Angabe des Oebietes, innerhalb dessen sich eine Handlung be- wegt, z. B. Fronte p. 132, 5 circa causotö beUi diu commoraberis. In der silbernen Latinität schon entwickelt sich hieraus noch die Bedeutung ,in- betreff*^, z. B. bei Quintil., Gellius und besonders später in der Yulg. (circa fidem naufragaverunt), bei Justin, Eutrop, Amm., Sulp. Sev., scr. h. Aug.; daraus entsteht drca = erga, wie z. B. Servius circa sororem amor sagt; schliesslich wird im SpäÜat. das lokale drca = „neben' gefunden, z. B. Yulg. aliud cecidit citca viam. Interessant ist, dass der „christliche Cicero'^ Lact, in Verb, compos. sehr oft circum, als Präposition aber nur circa ge- braucht, z. B. circa iumulos.

Circiter verrät sich durch seine Endung als Adv., und dies ist auch sein gewöhnlicher Gebrauch. Als Präpos. findet es sich selten, doch schon bei Plaut, und nur hier lokal; die temporale Verwendung ist gleichfalls schon plautinisch, dann klassisch (nicht bei Caesar, Meusel, Jahresber. 1894 S. 289) und später noch vereinzelt anzutreffen.

118. Praeter als Adv. hat ausser Lucrez noch Sali., dann Gellius und Justin, in gewissen Verbindungen wie jjraeterquam auch das AlÜat. Als Präposition bezeichnet es in allen Zeiten den Ort, an welchem vorbei etwas geschieht, und übertragen, was über etwas hinausgeht, z. B. praeter opinianem, schliesslich den Vorrang, wobei praeter omnes von Horaz allein nach Plaut, gebraucht wird. In dem Sinn von ^ausser*^ lesen wir praeter auch schon bei Plautus, z. B. Merc. 585, dann aber namentlich in der klass. Zeit, auch bei Liv. und Späteren; praeterhaec ist unklassisch, es findet sich seit Celsus im nachklass. Latein, im AlÜat. steht dafDr praeter- hac, klassisch nur praeterea (was z. B. Tac. gar nicht hat). Mit einem Partizip verbunden gebraucht Pollio bei Cic. Fam. 10, 32, 2 praeter, nämlich praeter virgis caesos cives, einmal auch Cicero, Cluent. 62 praeter venenum quaesitum, vgl. darüber § 181.

119. Secundum ist der Akk. von secundus, einer Partizipialform von sequor (vgl. oriundus von orior). Es wird zunächst als Adverb., aber bei Plaut, schon als Präpos. verwendet und bezeichnet seiner Abstammung entsprechend die Richtung im Räume, in der Bedeutung „längs* auch bei Klassikern (die Ortsruhe nur in einem Plautusfragmente und bei Serv. ad Fam. 4, 12); übertragen auf die Zeit und den Rang gebraucht es das Altlat. und Cic, nicht Caes. und Sali., aber oft Liv., nicht Tac; eigen- tümlich, aber entsprechend der Etymologie sagen Fronte und Apulejus: Arion secundum qtuiestum profectus; in der Bedeutung , gemäss*^ findet es sich bis in die spätesten Zeiten herab, oft bei eccl., noch bei Gregor. Turon., aber nicht bei Amm., welcher secundum gar nicht kennt. Aus Ulpian Dig. 49, 1, 14, 1 secundum adversarium sententia datur erkennen wir einen Brauch der Rechtssprache, der sich bis auf späte Zeiten herab in gewissen Formen erhalten und auch Analogiebildungen hervorgerufen hat.

Das vulgäre secus, welches ähnlich wie trans ursprünglich ein Partizip war, vgl. Zimmermann in Wölfflins Archiv IV, p. 602, lesen wir schon bei Cato und noch bei Hieronym. und Gregor. Turon., auch auf Inschriften,

I. Von den TeUen des SateeB. (§§ 118-128.) 269

z. B. corp. inscr. Lat. HI Nr. 6418 Äic est ocdst^ secus Titum flumen, Oeelli secfis merita eius. Zur Zeit des Grammatikers Charisius galt secus = secun- dum für novum et sordidum, Wölpplin, Archiv IX S. 98; es war somit secus im Anfang des III. saec. erst neu wieder aufgekommen.

120. Versus ist eigentlich ein Partizip zu verto „der sich wohin ge- wendet hat" ; in Verbindungen wie Ramam versus profectus est, ad meridiem versus consedit wurde es dann wie eine Prä(post)position gebraucht und erstarrte zu einem inflexibeln Worte. Es lautet in vulgärer Form versum^ kommt erst in klassischer Zeit als Präposition vor (vielmehr als Post- position, denn es wird immer nachgestellt, z. B. Romam versus); vor dem Subst. steht es erstmals im b. Hisp. 21, 3 reliquos versum oppidum iussit deduci, dann auch auf Inschriften, offenbar in vulgärer Stellung. Gebraucht wird es gewöhnlich in Verbindung mit Städtenamen, doch auch vereinzelt mit Ländernamen und Appellativen, z. B. Pomp. Mola 2, 120 Africam versum, Plin. n. h. 10, 60 forum versus. Manchmal geht dem versus ein ad (nicht bei Cicero) oder in voraus, z. B. Caes. b. G. 6, 33 ad Oceanum versus, Cic. Lael. 96 in forum versus, Pomp. Mola 1, 81 ad meridiem versus; tritt nun ad und versus zusammen, so erhalten wir die Präp. adversus. Dieselbe findet sich noch selten im Altlat., öfter bei Cic, Liv. und Tac, vereinzelt bei Caes. und Sali., häufig bei Celsus, Plin. mai., Suet. Erst seit der klass. Zeit, so bei Cic, Liv., Sen. phil., Tac. bezeichnet es auch die freundliche Sichtung oder überhaupt die Stellung gegenüber jemandem, z. B. Brutus ep. 2, 3, 5 secreto consilio adversm Fansam, was dann bei Tac. häufiger wird. Das archaische exadversum erscheint als Präpos. zuerst bei Cic. und Nepos, von da ab vereinzelt bis zu den Archaisten.

121. Trans ist eig. ein Partiz. = überschreitend (doch vgl. Delbbück I S. 746) ; es wird der ursprünglichen Bedeutung entsprechend regelmässig mit Gegenständen verbunden, welche zwei Seiten darbieten, z. B. trans flumen, Alpes u. ä. Über diese räumliche Bedeutung ging es nicht gerne hinaus und so finden wir modales trans, abgesehen von Hör. ep. 1, 6, 51 trans pondera, nur bei Stat. Th. 2, 386 trans legem und späÜat., z. B. Ps. Quintil. decl. 6, 10 poena trans hominem = eine übermenschliche Strafe. Trans ist frühzeitig zurückgetreten und in Italien beizeiten ausgestorben.

122. Erga (= ex rega ,, gegenüber*', vgl. e regione bei Caes.b. G. 7, 58, 6) findet sich in seiner ursprünglichen Bedeutung ganz selten, sicher nur bei Apulejus. Seine Hauptverwendung ist die Bezeichnung der freundlichen Richtung; die feindliche Richtung wird zwar auch bei Plaut, und Ter., dann bei Nepos, Liv., Tac, Curt. und Späteren durch erga ausgedrückt, aber nicht bei Cic, Caes., Sali. Wie adversus dient es häufig, namentlich bei Tac. und später noch bei scr. h. A. und Ammian, im Altlat. und bei Cic. ganz vereinzelt, um überhaupt das Verhalten einer Person oder Sache gegenüber anzugeben, z. B. Tac. ann. 2, 2 fastu erga patrias epulas,

123. Fer bezeichnet eine Bewegung, und zwar ebensowohl im Räume, wie in der Zeit; räumlich zunächst die des Rundganges oder Umganges, dann des Durchganges, zeitlich die der ununterbrochenen Fortdauer. Aus der räumlichen Bedeutung entwickelt sich die instrumentale und hieraus die modale, sowie die kausale und die limitierende; die erstere ist bei

270 Lateinische Orammatik« d. Syntax.

Sali., dann bei den august. Dichtem, bei Liv., auch bei Tac. und den von ihnen abhängigen Historikern beliebt, ebenso bei den Archaisten und im Spätlat., wo es geradezu mit dem Abi. synonjrm erscheint, z. B. Hieronym. ep. 58, 3 si loca sancta per idola poUuissent; die kausale findet sich allent- halben bis in die späteste Zeit, z. B. per amorem, per metum u. ä., in auf- föUiger Weise freilich erst im Spätlat., z. B. Gregor. Turon. h. F. 2, 3 vir- tuiem dei inridere per pecuniatn ; die limitierende ersehen wir z. B. bei Lact. I 313 per omnia patri similis. Per hoc, per haec oder quae und über- haupt die Verbindung von per mit Pron. und Adi. neutra ist erst in der nachklass. Zeit aufgekommen, ähnlich wie inter haec etc.; sie wird über- wiegend kausal, doch auch instrumental gebraucht, z. B. Apoll. Sidon. ep. 2, 2, 13 per hoc quod, und ist im Spätlatein sehr verbreitet. Zu bemerken ist schliesslich, dass per = secundum in lokalem Sinne schon bei Pomp. Mola, in übertragenem spätlat. bei Commodian sich findet: Gommod. 2, 1, 5 per legem vivere, und dass per = ad, z. B. inde per Carthaginem venu gleich- falls spätlat. ist. Wichtig ist, dass die Volkssprache schon frühe per statt ab beim Pass. gebrauchte, vgl. Q. Met. bei Cic. Fam. 5, 1, 1 fratrem per te oppugnatum tri, was Cic. Fam. 5, 2, 6 in fratrem tuum a me oppagnari korrigierte. Dies per für ah findet sich häufig im Spätlat. bei scr. h. Aug., Amm., Sulp. Sev., Oros., Apoll. Sidon. u. a. Wie vielseitig der Gebrauch von per im Spätlatein ist, ersieht man aus Gregor. Turon. und aus Fredegar, vgl. Bonnet 586 und Haag S. 74.

ß. Präpositionen mit Ablativ.

124. Ä, ah, ahs heissen „von her^ und bezeichnen die Richtung im Räume. Bezüglich des Gebrauches der Formen a und ah ist festge- stellt, dass vor b, v, m, f, p gewöhnlich a stand, dass vor d, i, 1, n, r, s in der älteren Zeit ah das gewöhnliche war und von manchen Schrift- stellern auch noch in der klass. Zeit bevorzugt wurde, dass endlich vor g, q, c, t die Form a überwog, bisweilen aber auch ah gebraucht wurde. Allmählich aber überwiegt vor Konsonanten a und seit der aug. Zeit wird regelmässig ah vor Vokalen, a vor Konsonanten gesetzt, so z. B. immer bei Quintilian; die seltenere alte Form ahs wird nur vor q und t und dies nicht überall gebraucht, z. B. hat Cic in bester Zeit nur a te an Stelle des vulgären ahs te. Daneben erscheint af auf Inschriften, und zwar der republikanischen und der Kaiserzeit, aber nur vor Konsonanten, z. B. af voheis; besonders üblich scheint emere af gewesen zu sein. Aus der lokalen Bedeutung hat sich die temporale, instrumentale, kausale und limitierende entwickelt. Die letztere ist im ganzen selten, doch schon bei Plaut, (mil. 628) und bei Ennius Fab. 29 M. zu finden, bei Caes. b. G. 3, 26 mtrifae ab lahore, bei Sali. Jug. 48, 3 vastus ah natura, bei Cic. zumeist in den Briefen, z. B. ad Att. 5, 18, 2 locus copiosus a frumento, ebenso in epp. an Cic, später bei Horaz, z. B. sat. 1, 3, 129 santis ah Ulis (vgl. Kiessling), dann bei Livius, z. B. 1, 32, 3, Fronto, Gellius. Eine besondere Art entwickelt sich in der Kaiserzeit zur Bezeichnung der Hofämter, z. B. a Uhellis, ab epistuKs; dies mochte indes durch den Usus vorbereitet sein, indem man im gewöhnlichen Leben a manu servus, a pedihus u. ä. sagte, z. B. Cic.

I. Von den Teilen des Satzes. (§§ 124—125.) 271

Att. 8, 5, 1 PoUicem, servum a pedibus meum, Botnam misi, Die Ent- stehung der instrumentalen Bedeutung aus der lokalen zeigt recht deut- lich Prudent. H. 257 fames parto fit maior ab auro. Instrumentales ab ist schon bei den augusteischen Dichtern häufig, namentlich bei Ovid, z. B. Trist. 2, 462 qua nuptae possint fallere ab arte viros, dann bei den nach- klass. Dichtern, z. B. Val. Place, ebenso im Spätlatein, wo z. B. Apoll. Sidon. pulsus ab aestu sagt. Zur Bezeichnung der Veranlassung und des Beweg- grundes wird zunächst bei Dichtem, z. B. Lucrez, Properz, oft bei Ovid, auch bei Tib., dann in Prosa bei Varro und besonders seit Livius ab ver- wendet, so besonders ab ira, ab odio ; auch dieser Brauch stammt aus der Umgangssprache, wie Hygin 48, 24 ab serpentis morsu obiit und schon Baibus bei Cic. Att. 9, 7 B, 8 me ab smgulnri amore ac benevolentia, quae- cumque scribo, scribere zeigt; dem Cic. ist er jedoch durchaus fremd. Be- sonders bemerkenswert ist kausales ab hoc in Verwechslung mit ob hoc, vgl. Thielmann, Comm. Wölfflin. S. 257. Im allgemeinen ist festzustellen, dass in der Volkssprache die Präpos. ab sehr häufig und zwar im Inter- esse der Deutlichkeit gebraucht wird, wo die klass. Sprache sie entbehr- lich findet; die nachklass. Latinität nimmt zumeist die Eigentümlichkeit der Volkssprache an, die späte Latinität ist geradezu überschwänglich hierin. Eine erschöpfende von mir nur noch teilweise benützte Abhand- lung über a, ab, abs liegt im Archiv X S. 465 505 von John C. Rolfe vor. Bezüglich der Konstruktion der mit a, de, ex zusammengesetzten Verba gilt für die klass. Sprache die Regel, dass dieselbe Präposition oder eine synonyme beim Subst. wiederholt wird, z. B. egredi ex urbe, bei den Historikern steht gewöhnlich der blosse Abi., z. B. egredi finibus, der Akk. dabei ist nachklassisch, z. B. egredi modum (Hildebrand im Dortmunder Progr. 1858 und 1859, Anton, Stud. I S. 72 flf.).

125. De hat sich als Adv. erhalten bei Ennius ann. 401 M. de me hortatur und in der Redensart susque deque; als Präpos. hat es lokale, tem- porale und verschiedene andere adverbiale Bedeutung. Statt des Akk. findet sich de bei Nepos, z. B. 10, 7 de quo commemoravi, ebenso im b. Afr., bei Cic. und Caes., z. B. cognoscere de, nuntiare de, expUrare de u. ä., oft bei Sali., bei Vitruv namentlich nach dem Gerundium, z. B. 280, 14 est expli- candum de. So finden wir auch im Spätlat. z. B. bei scr. h. Aug., Servius u. a. uldsci de Bache nehmen an. Zur Bezeichnung der Herkunft einer Person, Sache oder ihres Namens haben Dichter hauptsächlich de ver- wendet, z. B. de nomine, ebenso Tacitus und die spätere Latinität, z. B. noch Hieronym. Paulus apostolus de tribu Benjamin, Schon frühe kon- kurriert de mit dem Gen. part., auch in der klass. Zeit, wenn auch hier auf gewisse Verbindungen beschränkt; schon Vitruv, namentlich aber die spätere Lat. geht darin viel weiter, so besonders die eccl. De entsprechend dem französischen Teilungsartikel lesen wir erst Spätlat. in der Peregri- natio ad loca sancta, z. B. de pomis = des pommes. Ebenso verhält es sich mit de, wenn es die Materie bezeichnet; auch dieser Gebrauch wird im Spätlat. aufs ausgiebigste kultiviert, wie überhaupt „de est la preposiüon favorite de la latinite posterieure" (Gölzer). Dies macht sich auch gegen- über ab und ex geltend, welche sich, und zwar schon in klass. Zeit, auch

272 Lateinische Orammatik. d. Syntax.

bei Cicero (Halm zu Yerr. 5, 22) sogar nach ihren Eompos. nicht halten können, z. B. de conspectu evanuü, de regno est eiectus; de konkurriert femer mit ab nach den Verben des Verlangens und Erlangens, so dass z. B. TertuU. de deo impetrare sagt; ja ex wird von de geradezu erdrückt, da auf die Frage woher? in der Peregrinatio ad loca sancta nur noch de vor- kommt. Das instrumental erscheinende de findet sich schon bei Ovid, z. B. Pont. 4, 8, 28 de aquis obrui, namentlich aber im Spätlat., sehr oft bei Tertull., auch bei Ammian, Serv., z. B. Ammian 29, 3, 8 protectores de fustihus caesi; auch kausales de hat schon Ovid, späilat. oft Tertull, Apoll. Sidon. u. a.; nur spätlat. ist schliesslich de = anstatt^ t. B. Dracont. 5, 218 meruit de clade salutem (Rossberg, Progr. Hildesheim 1888 p. 7). Die Kon- kurrenz zwischen Gen. und de macht sich auch bei Adj. geltend, z. B. securus de sua mente; in den romanischen Sprachen hat de bekanntlich den Sieg davongetragen und allmählich die Auflösung des Genetivs herbei- geführt, vgl. besonders Bonnet S. 610, Haag S. 80.

126. £, ex hat in V. eompos. z. B. eefari die mit dem Osk. und Griech. gemeinschaftliche Form bewahrt, vgl. jedoch Planta II S. 444 ; ebenso alt ist die Form ex^ welche bis in die aug. Zeit herein überwiegt, später und selten ist e\ vgl. Hirt, Progr. Berlin 1890 S. 7 Anm., Küntze, Sali. I S. 20, Habdeb, N. Jahrb. 90 S. 771. Auch ex ist lokal, temporal, instrumental, kausal und modal. Der instrumentale Gebrauch gehört dem Spätlatein an, wo z. B. Commodian sagt ex eo prodigio qf4ot perdiderit ille propheta; mo- dales ex kennt schon Plautus, dann verschwindet es und wird seit Florus beliebt und findet sich besonders bei den afrikanischen Autoren, z. B. Por- phyrie ex desiderio = sehnsüchtig. Bei de ist bereits bemerkt, dass ex gegenüber de zurücktritt; es macht sich dies auch in Phrasen bemerklich, wo e unbedingt herrschte, z. B. bei Tertull. de longinquo = e hnginquo; man kann geradezu sagen, dass ex allmählich abstarb; in die romanischen Sprachen ist es nicht übergegangen, wenn auch in der Schule gegen den übermässigen Gebrauch von de angekämpft und ex gehalten wurde, vgl. Haag S. 81. Über ex = ex vgl. Bbugmann, Griech. Gramm. § 500.

127. Sine ist vielleicht entstanden aus dem urspi*ünglich demon- strativen Instrumentalis si und der Negation ne = „so nicht'' ; dafür konnte auch nesi gesagt werden (Festus p. 166, 26 Th.). Es findet sich allent- halben gleichmässig ; über die Konkurrenz von citra vgl. § 112. Synonym mit sine ist altlat. se{d), z. B. se fraude ohne Schaden, vgl. Paul. Festus 500, 6 Th.

Anmerkung. Nach Wackbbnaoel, Indogerman. Forsch. 1, 420 ist sine ein alter Lokativ von senit- und der Hauptsache nach mit «yev gleichzusetzen.

128. Cum lautete ursprünglich com, welche Form in der Zusammen- setzung sich erhalten hat, während die alleinstehende Präposition die Form cum annahm. Es ist zu trennen von der Konjunktion quom, wenn auch diese Form z. B. auf Inschriften für cum gefunden wird. Cum ist die einzige Präposition, welche zum Instrumentalis tritt; es bezeichnet ent- sprechend dieser Grundbedeutung des bei ihm stehenden Ablativs Be- gleitung, Verbindung, Gleichzeitigkeit u. ä. Nur das ist bemerkenswert, dass orare cum aliquo u. ä., welches sich bei Plautus und Titin. findet,

I. Von den Teilen des Sfttzes. (§§ 126—132.) 273

erst wieder bei Fronte und Gellius in qtiaeso tecum auftaucht, dass cum dis volentibus bei Ennius, Plautus und Gate von Livius und Gellius auf- gegriffen wird, dass nach den Wörtern der Gleichheit wie par und aequalis seit der klass. Zeit cum folgen kann, z. B. Sali. Jug. 14, 9, Lact. (Arch. X, 304), dass im Spätlat. sich auch instrumentales cum findet, z. B. Sulp. Sev. 2, 41, 3 propriis cum sumptibus viverc, oft so bei Gregor. Turon. u. Fredegar. 139. Prae hat sich als Adv. im Altlat. erhalten, z. B. Lucil. 260 B. praetorum est et ante et prae ire, und taucht dann im Spätlat. bei Sidon. und Claud. Mam. wieder auf, z. B. moneo praeque denuntio. Als Präpos. in lokaler Bedeutung findet es sich bei den Eom. und Archaisten in der Phrase prae manu, in klass. Zeit nur mit Y. der Bewegung, z. B. prae sc mittere, nachklass. und Spätlat. z. B. bei Gommodian, Ammian auch mit V. der Ruhe. Einen Vergleich bezeichnet prae schon bei Plaut., dann allenthalben, aber selten (nicht bei Sali.), ferner einen Grund, in klassi- scher Sprache und bei Liv. nur in negativen Sätzen, z. B. prae lassitudine nequibant, affirmativ bei Komikern, bei rhet. ad Her. 4, 45, Curt., Suet., Fronto, Min. Fei., Amm., Dict. Cret., Sulp. Sev., z. B. 1, 18, 1 prae timore inhorruit. Temporales prae finden wir vielleicht in praefiscini = vor der Bezauherung, sonst nur in der Verbalkomposition, z. B. praedico, Delbrück

I 638.

130. Pro hat sich als Adv. nur in den Zusammensetzungen pro quam, pro ut erhalten. Als Präpos. findet es sich in der ganzen Latinität, im Altlat. nicht in lokaler Bedeutung, aber oft seit der klass. Zeit, ebenso zur Bezeichnung des Schutzes. Die Stellvertretung, wirkliche oder nur vergleichsweise angenommene, wird durch pro schon bei Plaut, bezeichnet, ebenso das Verhältnis, z. B. pro copia, pro idribus; dabei ist quam pro nach einem Komparativ erst seit Livius in Übung gekommen. Dem Kurial- stil gehört pro in Verbindung mit imperium, potestas etc. an. Dies ist wohl uritalisch, da es auch die verwandten Dialekte haben, vgl. Planta

II S. 451. Kausales, finales und instrumentales pro ist Spätlat., z. B. pro amore (vgl. altfranzös. pro deo amur\ Hier. adv. Ruf. 1, 8 Pamphili librum pro defensione Origenis. Vgl. noch oben § 103.

131. Coram wird erst seit Cicero als Präposition gebraucht, aber auch bei ihm, Nepos, Sali, und Plin. mai. ganz vereinzelt; häufiger finden wir es nur bei Tac. in den Annalen, hier aber immer sdlnem Subst. nach- gestellt, und dann im Spätlat., wo es auch mit Sachnamen und mit Verben der Bewegung verbunden wird, z. B. Gregor. Turon. h. F. 5, 18 prosternitur caratn pedibus, 2, 6 clamor ascendit coram deo. Mit dem Gen. lesen wir coram in der Vulg., incoram bei Apul.

133. Palam kommt erst mit den august. Dichtem als Präpos. auf, dann findet es sich so bei Liv. und Petron. und vereinzelt bei Spät., auch in der Vulg., z. B. palam ipsis. Procul wird in der alten und klass. Sprache gewöhnlich nur als Adv. getroffen; zuerst verwendet es wohl j^mius bei Cic. Fam. 7, 6 patria procul als Präpos. mit Abi., dann Lucrez, Hör., Liv., Tac. und Spät. Auch simul wird bei Dichtern (Hör., Ovid, Sil.) und Tac. als Präp. mit dem Abi. verbunden, vgl. Sil. 5, 418 avulsa protithus kosti are simul cervix (den Dativ bei simul sucht Zöchbaueb, Wien 1894,

Handbuch der Umb. Altertumswtesenachaft. n, 2. S. Aufl. 18

274 Lateinisohe Qrunmatik. d. Syntax.

vgl. Bayr. Gymn.Bl. 1896 S. 477, vergeblich zu erweisen). Usque findet sieb erstmals bei Ter. Ad. 655 als Präp. mit dem Akk. eines Städtenamens; diesen Gebrauch hat Gic. übernommen, z. B. Q. fr. 1, 1, 42 usque Romam, Andere Ortsbezeichnungen bei usque haben die nachklass. Dichter, in Prosa Yell. und Plin. n. h., aber nicht Tac. und Suet., vereinzelt die späteren Historiker, häufig aber die christl. Autoren. Überhaupt mit örtlichen Be- griffen hat es schon Gato r. r. 49, 2 usque radices persequito, dann Gelsus, Quint. 11, 3, 131, häufig die Spätlat. Temporales usque findet sich im Datum schon bei Gic, dann bei Liv., im silb. Lat. (nicht bei Plin. n. h.), häufig im Spätlat., z. B. bei ApuL, Porphyr. Itala. Bemerkenswert ist usqtu" in Verbindung mit ab, ex, de, um den Anfangspunkt der durch usqf4e aus- gedrückten stetigen Bewegung zu bezeichnen. Usque ex gebrauchen Plaut., Ter. und Gic. Verr. 5, 157, sonst ist es nirgends zu finden; usque ab hat sich bis in die august. Zeit erhalten, Gaes., Sali., Liv. meiden es; usque de ist nur spätlateinisch. Äbusque erscheint in Poesie zuerst bei Yerg., in Prosa bei Tac. und hat sich bei Dichtern und poetisierenden Prosaikern erhalten. Vgl. Thielmann im Archiv VI.

133. Tenus ist ein Subst. = „die Strecke *"; es findet sich als Präpos. zuerst in den Aratea des Gic, dann bei Gatull, Lucrez und Gaelius, hierauf bei Verg., Ovid und unter dem Einflüsse Verg. in der silb. Lat. bei Val. Max., später oft bei ApuL, Amm. Der Genetiv bei tenus wird zumeist vom Plural gebraucht, z. B. Cunmrum tenttö, der Abi. im Sing., z. B. capulo tenus; übrigens ist der Gen. bei tenus vorwiegend poetisch, vielleicht durch den Zwang des Metrums und die Analogie von fiexQ^ besonders hervorgerufen. Mit dem Akk. konnte tenus erst verbunden werden, als es vollständig Partikel == usque geworden war, so bei Val. Place, Auson. u. a., z. B. Tanain tenus. Bemerkenswert ist bei Lact. M. II 215 die Redensart specie tenus zum Scheine. Erschöpfend behandelt von Wölfflin, Archiv I p. 415 ff.

134. Fine als Präpos. mit dem Abi. haben Plaut, und Gato, dann erst wieder die späteste Zeit; mit dem Genetiv findet es sich auch in der Zeit Gic, aber nur im b. Afric, bei Sali, in den Hist., dann bei Ovid, bei Hygin, Apul., in übertragener Bedeutung namentlich bei den Juristen, z. B. fini quadrantis compensabitur. Foris als Präpos. ist ausschliesslich Spät- lat., z. B. bei Vict. Vit., Lucif. Gal., z. B. Vict. Vit. 1, 16 foris muro; mit Akkus, hat es zuerst Apul. met. 1, 21 foris urbem (Archiv X, 386), dann auch andere Spätlateiner.

135. Absque ist bei Plaut, und Ter. auf den Konditionalsatz be- schränkt (vgl. § 265), von da ab verschwindet es aus der Schriftsprache, offenbar von den litterarischen Kreisen des jung. Scipio in Acht und Bann gethan. Sehen wir von Gic. Att. 1, 19, 1 absque argumento ac sentenHa und Quint. 7, 2, 44 absque sententia ab über beide Stellen vgl. Pbaun im Archiv VI S. 202 so erscheint absque erst wieder bei den Archaisten, um aber von jetzt an sich nicht mehr verdrängen zu lassen. Es ist sehr häufig im Bibellatein und den davon abhängigen Schriften und lässt sich bis ins VIII. Jahrhundert herab verfolgen; um so merkwürdiger ist, dass es sich ausser im lombard. asca sonst in keiner romanischen Sprache er- halten hat.

I. Von den Teilen des Satses. (§§ 133—136.) 275

y, Präpositionen mit dem Ablativ nnd Akkusativ. 136. Von in findet sich im Altlat., so in der Gesetzessprache, z. B. der Xn tab., dann bei Ennius, Cato und noch bei Lucrez eine Nebenform indu und endo^ welche durch Anfügung des Suffixes do an in (oder m) entstanden ist, z. B. Enn. ann. 298 M. indu foro, Lucr. 5, 102 indu manus. Indes ist seit Plaut, in allgemein üblich geworden. Im Verlaufe der Zeit traten folgende Eigentümlichkeiten hervor: das lokale in wird nach- klassisch, so schon bei Phaedrus, dann bei Sen., Flor., Ammian u. a., ge- braucht, wo wir ex erwarten, z. B. hibere in poculis (vgl. mvsiv sv, Bruö- MANiff, Griech. Gramm. § 465). Lokales in zur Bezeichnung der Nähe, z. B. Florus 2, 24, 3 caesi sunt in utrisqtie fluminihus an beiden Flüssen finden wir besonders bei den Dichtern Hör., Verg., Prep., Stat. und später auch in Prosa. Wenn in gewissermassen limitierend die Person be- zeichnet, an welcher sich eine Eigenschaft oder Thätigkeit äussert, z. B. Uberalis in populOy so ist diese Konstruktion von geringen Anfängen im Altlat. zu einer weiten Verbreitung in klass. und aug. Zeit gelangt, um dann in nachaug. Zeit wieder zurückzutreten, ohne jedoch ganz zu ver- schwinden; bei Sachen hat noch Servius limitierendes m, z. B. validiores in negotiis. Aus der Umgangssprache scheint in die Schriftsprache über- gegangen der Gebrauch von in, z. B. Gic. Fam. 10, 28, 3 magnum damnum factum est in Servio; so lesen wir in bei Liv., Quint. (z. B. multum in Flaceo amisimus), Gurt., Flor., Plin. epp. In temporalem Sinn bezeichnet in erst im silbernen Lat. die Ausdehnung bis zu einer Zeit, z. B. in illum usque diem bei Quint. und oft bei Fronte. Konzessives, hypothetisches und kausales in kennt schon das Altertum, vgl. Plaut. Gapt. 404 in tantis aerumnis tarnen (in konzessiv); instrumentales in ist spätlat., z.B. bei Ter- tull. und Gommod. (Hartel, Patrist. Stud. 11 78). Das sog. konsekutive in ist von Verg. und Ovid auf Liv. und Tac. übergegangen; namentlich bei letzterem ist es ausserordentlich häufig, z. B. ann. 4, 45 vulnere in mortem affecit; hieher gehören auch die mit in und dem Komparativ gebildeten Phrasen wie in malus äugen, in peius detorqu&re u. ä. ; diese hat Sallust den Griechen nachgebildet, und von ihm gingen sie ins silberne Latein über, wo Sen. phil. und besonders Tac. reichlich davon Gebrauch machen. Das finale in gehört schon Plaut, an, z. B. calidum bibere in prandium, aber nicht der klass. Sprache Cic. und Gaes., und findet sich dann wieder in der silb. Latinität, besonders bei Quint. und bei Tac. In der nachtac. Zeit trifft man häufig finales und konsekutives in, so bei Apul., scr. h. Aug. eccl. u. a., vgl. Oros. 7, 8, 1 Pisonem sibi in filium et in regnum adoptavit; bei Dichtern und Späteren konkurriert finales in mit finalem Dativ, z. B. Ovid Ibis 24 esse in exilium, Eutrop 6, 22, 3 esse in auxilium. Der nach- klass. Sprache gehören die Umschreibungen der Adverbia durch in mit Adj. neutrum an, z. B. in totum, in plenum, in Universum u. ä. Schliesslich sei erwähnt, dass die vielbesprochenen Verbindungen in mentem esse, habere in potestaiemy in medium relinquo u. ä. nicht zu beanstanden sind; dieselben sind aus der Umgangssprache hervorgegangen und lassen psychologische Erklärung zu, z. B. in mentem mihi est = mihi in mentem venu et nunc est, also nichts weiter als Ausgleich zweier Konstruktionen. Solche Phrasen

18*

276 Lateinisohe Orammatik. d. Syntax.

kann man durch die ganze Latinität beobachten: Plaut. Amph. 180 in mentem fuit, Lex munic. Salpens. 21 qui in potestatem parentium fuerint, Cic. div. Caec. 66 quae in amicitiam populi Romani dicionemque essent, Lact. I, 702 fortunae bona non sunt in hominis potestatem, vgl. Gell. VI, 14, 9. Vgl. dagegen Wirz, Progr. Zürich 1897 S. 34, der nur solche Stellen gelten lässt, wo eine Bewegung vorliegt, z. B. Plaut. Amph. 180 fuit ■■= venit Im Spätlat. machen sich Akk. und Abi. bei in das Oebiet streitig, und so ist ein Wechsel von terminus in quo und in quem sehr häufig, z. B. Sulp. Sev. 1, 12, 6 in Aegypto advenire, 1, 34, 8 in matrimonio accipere. Doch ist hier die Macht der Analogie nicht zu übersehen, welche schon bei Livius aus collocata in domo ein nupta in domo entstehen lässt, und wenn Cicero ebenso in mare wie in mari abiecU sagt, so ist bei Fulgentius in mari und in mare proiecta nicht zu beanstanden, vgl. Cic. Fin. 5, 92 und dazu C. F. W. MüLLEB. Übrigens fällt auch hier vieles auf die Abschreiber und bei Inscr. auf die Steinmetzen (vgl. Seidel, Obs. epigr. Breslau 1880 p. 41 sqq.), welche infolge schlechter Aussprache die Kasus verwechselten.

137. 8 üb mit dem Ablativ bezeichnet die Lage unter etwas, bei Dichtern, auch bei scr. h. A., die Nähe, z. B. Carac. 9, 9 quae est sub eius thermis, Verg. Aen. 9, 244 sub vallibus, seit der klass. Zeit die Unter- ordnung, z. B. sub legibus vivere, besonders häufig so in der silb. Lat. Die Unterordnung unter eine Person wird erst seit Liv. bei Val. Max., Tac, Suet., Just., Tert., Eutrop., Amm., Veg. durch sub bezeichnet, z. B. Tac. H. 3, 24 sub Corbulone. Seit Liv. und dann namentlich bei den Juristen, ausschliesslich so bei Gaius, femer im Spätlat., z. B. bei scr. h. Aug., Tert. und andern eccl. gibt es die Bedingung an, z. B. sub ea condicione; in temporalem Sinne bezeichnet es bei Caes., nicht bei Cic, dann bei den aug. Dichtern, Liv., oft bei Celsus und den Spät, die Annäherung, z. B. sub nocte, und Spätlat. bei Hier., Tert., Lact., Amm., scr. h. Aug., Claudian Dracont., Apoll. Sidon. u. a. überhaupt die Zeit, z. B. Hieron. ep. 77, 10 sub una aestate = in einem Sommer. Der nachklass. Latinität seit Celsus ist eigen sub zur Bezeichnung der Weise oder des Grundes, z. B. Celsus 5, 26, 31 sub frigido sudore moriuntur; dies hat sich ins Spätlat. herein erhalten, vgl. Apoll. Sidon. sub ope Chisti, sub invidia sordidätorum. Bei sub c. acc, welches eine Bewegung voraussetzt, ist nichts besonders zu bemerken, nur mag auch hier wie bei in festgestellt werden, dass im Spätlat. eine Unterscheidung zwischen sub mit Acc. oder Abi. nicht mehr gemacht wird. Subter ist in klass. und vorklass. Zeit ganz vereinzelt, häufiger erst seit den aug. Dichtern ; mit Abi. steht es nur bei CatuU und Yergil. Subtus scheint ganz vulgär gewesen zu sein; wir finden es bei Vitruv (4, 2, 5 subtus canterios), dann in der Vulg. und bei eccl.; es wurde nur mit dem Akk. verbunden. Vgl. noch Beugmann, Gramm. 510.

138. Super hat sich als Adv. bis in die nachklass. Latinität herein erhalten, namentlich in der Verbindung satis superque. Als Präposition findet es sich mit dem Akk. im Altlat. bei Ennius und Accius in lokaler Bedeutung, sonst nirgends in der vorklass. Zeit, dann von Cic. an allent- halben; um das Hinausgehen über eine Grenze zu bezeichnen, dient super seit Sali., so besonders in Redensarten wie super modum, super cetera; die

I. Von den Teilen des Saises. (§§ 137-140.) 277

Wiederholung bedeutet super nicht vor Liv., hier aber findet es sich so öfter, z. B. vulnus super vulnt^; ebenso bei Pomp. Mela 3, 102 aliis super alios inntiscentibus und noch bei Lact. Temporales super ist nachklass., z. B. Juven. 15, 14 super cenam, ebenso bei Suet. Super c. abl. zur Be- zeichnung des Ortes lesen wir nicht vor Lucrez, dann wieder bei den aug. Dichtem, dann in der silb. Latinität, in der Bedeutung von praeter seit Sali, bei Dichtern und dann im Späüat. Synonym mit de gehört super der Umgangssprache an; so gebrauchen es Plaut., Pacuvius, Gato, Cic. nur in den Briefen ad Att. und hier selten, dann Sali., Liv. und von da ab immer mehr Autoren, besonders auch Tacitas und die Juristen ausser Gaius, am meisten wohl Qellius und Ammianus, wie es überhaupt im Spätlat. de in dieser Bedeutung ganz verdrängt, doch nicht bei sorgfältigen Stilisten wie Lact., welcher super c. abl. gar nicht hat. Vgl. noch Brug- MANN, 6riech. Gramm. § 509.

139. Clam wird im Altlat. mit Akk. (Acc. 345 R. elam alteros, aber 664 R. clam patre? vgl. Wölfflin, Archiv VII S. 278) verbunden, ebenso im b. Hisp. an 3 Stellen, dann bei den Juristen, Archaisten und bei Dictys. Mit dem Abl. hat es nur Caes. b. civ. 2, 32 und b. Afric. 11, 4 clam hostibus; vgl. jedoch Wölfflin z. St. Clanculum mit Akk. scheint sich auf Ter. zu beschränken.

(f. AbflchlieBsende Bemerkungen.

140. Abschliessend mag zur Lehre von den Präpositionen noch fol- gendes bemerkt werden:

1. Die Präpositionen dienen dazu, die in dem Kasus des Nomons ausgedrückte Beziehung genauer anzugeben; die natürliche Wortstellung ist daher die, dass Präposition und Nomen unmittelbar zusammengestellt werden; da die Präposition die im Kasus liegende Bedeutung nur näher bestimmt, ist es fast selbstverständlich, dass sie dem Nomen folgt. Dies ist denn auch die ursprüngliche Wortstellung, welche sich im Oskisch- ümbrischen noch oft findet, vgl. Planta II S. 490; fürs Griechische Bbugmann, Oramm. § 491, 1. Reste dieser alten Wortstellung haben sich im Lateinischen erhalten in mecum, tecum etc., welche Formen sich so fest eingelebt hatten, dass sie keine Trennung zuliessen, ferner in quicum, quocum, gimcum, quibuscum, wo in der alten Sprache eine Voranstellung von cum ganz ausgeschlossen ist; erst in klass. Zeit wird cum manchmal vorangestellt, was bei Nepos und Livius und wohl auch bei Horaz (Kiess- LiNG zu Sat. 1, 4, 81) geradezu Regel wird. Dies erklärt man sich daraus, dass cum sich ursprünglich nur an die substantivischen Formen (also z. B. quicum) anschloss, und dass mit dem Überwiegen der adjektivischen die Voranstellung von cum sich einbürgerte. Auch sonst finden wir in der alten Sprache die alte Stellung beim Pron. relativum, bei Plautus weit mehr als bei Terenz, namentlich bei zweisilbigen Präpositionen: z. B. Poen. prol. 13 exercere vocem, quam per vivis et colis; Trin. 822 quos penes mei fuit potestas. Offenbar suchte Terenz die alte vulgäre Wortstellung zu beseitigen, denn bei ihm treten zweisilbige Präpositionen stets vor das Relativ. In der Folgezeit finden wir ganz selten einsilbige Präpositionen nach dem Relativ, z. B. Lucr. qua de und quibt^s e, aber zweisilbige treten

278 Lateinieohe Grunmatik. d. Syntax.

öfters nach, auch in Prosa, z. B. Yarro 1. 1. 7, 50 qtMS tntra, Caes. b. G. 6, 36 qtios inter et castra^ Nep. Chabr. 3, 1 quam ante, Cicero öfters, so besonders contra, ultra^ sine, auch Sali, und Nachahmer, z. B. Sali. Jug. 101, 8 guos adversum ierat, Dictys und Hegesipp öfters. Diese Nachstellung der Prä- position liegt darin begründet, dass das Relativum naturgemäss nach der ersten Stelle des Satzes trachtete, um seine Beziehung möglichst nahe aus- zuüben. Andern Pronomina stellt die alte Sprache seltener die Präpositionen nach, Plautus mehr als Ter. und die anderen Dichter, in Prosa nirgends Cicero und Caesar, vereinzelt Nepos.

Alleinstehendes Substantiv ohne Attribut wird vor Lucr. nir- gends im Altlatein, ferner nirgends in der klass. Prosa der Präposition vorangestellt. Aber Lucrez übertrug die bei den Pronomina, besonders den Relativa, übliche Wortstellung auf die Stellung der Präposition beim Substantivum, offenbar infolge der Beobachtung, welche er bei den grie- chischen Dichtern gemacht hatte. Ja er liess sogar in, ex, per hinter das Substantiv treten, während Ovid, Verg., Hör., Tib. im Anschluss an die Alexandriner nur zweisilbige Präpositionen nachstellen.

Tritt ein Attribut zum Substantiv, so finden wir schon bei Ennius die Beihenfolge Subst., Präpos., Attrib., ebenso oft bei Plaut., aber überall nur bei einsilbigen Präpositionen, z. B. Plaut. Pseud. 174 viris cum summis. Lucrez hat hier auch die zweisilbige Präposition zwischen Subst. und Attrib. gestellt, ebenso die folgenden Dichter, nirgends jedoch Horaz. Die klass. Sprache verschmäht diese Wortstellung, auch Livius, bei wel- chem nur zwei sichere Stellen sich finden (Novak, Liviusstudien S. 252). Anders wird es bei Tacitus, der nach dem Vorgänge Vergils oft die Stellung Subst., Präpos., Attrib. hat, vgl. Stilist. § 45.

Die Reihenfolge Attribut, Präpos., Subst. ist in Poesie wie in Prosa allgemein üblich, doch so, dass Ter. sie weniger begünstigt, als Plaut, und Ennius und dass sie mit Lucrez ganz in Vordergrund tritt und bei Verg. und Ovid sich als gebräuchlichste erhält. In klass. Prosa bei Cicero treffen wir diese Wortfolge fast nur in den Jugendschriften, und zwar wenn das Attribut ein Zahlwort, is, hie, ideni, das Pronomen relativum oder ein super- lativer Ausdruck wie summus^ maximus u. ä. ist; auch scheint diese Zwi- schenstellung nur bei gewissen Präpositionen zulässig, z. B. cum, in, ob, de, ex, ah. Bei Livius können nur gewisse Präpositionen in dieser Zwischen- stellung auftreten, z. B. nicht ah, eis, trans, prae, pro, wohl aber in, cum, de, ex u. a.; daher beanstandet Novak bei Liv. 21, 31, 6 minore ah fratre und will a minore fratre lesen.

Die Trennung der Präposition von ihrem Nomen ist bei den älteren Dichtem da zu finden, wo die nachgestellte Präposition von einem Pro- nomen durch das Verbum geschieden ist, z. B. Plaut. Trin. 1145 tensaurum tuum m e esse penes, bei Lucr. und den august. Dichtern auch nach einem Substantivum, z.B. Lucr. 4, 223 cum mare versamur prqpter, vgl. noch Ovid Met. 10, 48 umhras erat illa recentes inter; für Ovid gilt das Gesetz, dass die Stellungen um so freier werden, je alter er wird, vgl. z. B. Pont. 3, 3, 4 discipulo perii solus ah ipse meo. Aber die vorausgehende Präposition wird in Prosa nie von ihrem Nomen getrennt ausser durch die enklitischen

I. Von den Teilen des Satses. 140.) 279

Wörtchen gwe, vc, ne oder wo zwei Begriffe eng zusammengehören, wie Pollio bei Cic. Farn. 10, 32, 2 praeter virgis caesos cives (virgis caedere ist ein Begriff) sagt; sonstige Fälle sind sehr selten, nirgends bei Caesar, ver- einzelt bei Cicero, vgl. C. W. F. Müller zu Cic. oflf. 2, 65 (doch per in Be- schwörungsformeln, z. B. per te deos orö); das Gleiche gilt für die älteren Dichter, nur dass auf die Präposition das Attribut folgen und dann vor dem Nomen ein andrer Satzteil eintreten kann, z. B. Plaut. Trin. prol. 12 qui in hisce habitat aedihus. Doch seit Lucr. ist in der Dichtersprache die Trennung der vorausgehenden Präposition von ihrem Nomen durch mehrere Wörter ganz üblich geworden, z. B. Lucr. 4, 1004 mter qui lapidem ferrumque est cumque locatm.

2. Die Präposition, welche zu zwei oder mehreren Nomina gehört, wird in der klass. Sprache nur einmal gesetzt, wenn mehrere Begriffe als zusammengehörig und eng verbunden zu betrachten sind; dagegen muss die Wiederholung eintreten, wenn ein Gegensatz eine Trennung der Be- griffe bezeichnet, und wenn die Begriffe als sich gegenseitig ausschliessend betrachtet werden sollen. Verstösse hiegegen finden sich in Prosa bei minder sorgfältigen Stilisten wie Varro, t, B. r. r. 1, 7, 7 sunt quae non possunt vivere nisi in loco aqtMSo aut etiam aqua.

Die Präposition, welche zu mehreren Substantiven gehört, wird im Altlatein vor jedem Substantiv wiederholt, selten wird die Präposition Dur vor das erste gesetzt. Die Stellung der Präposition nach dem ersten Subst. hat Accius eingeführt und Lucrez sehr begünstigt, von ihnen haben sie Catull, Verg., Hör., Ovid übernommen, z. B. Hör. epist. 1, 4, 12 timores inter et iras; in Prosa hat sie zuerst Varro r. r. 2, 11, 4 loca propter et pahulum^ dann Caesar in Beschränkung auf inter, Livius und Tac. in Aus- dehnung auch auf andere zweisilbige Präpositionen wie caram, super, propter.

3. Gehören zwei Präpositionen zu einem Nomen, so ist Regel, dass das Nomen zu jeder Präposition gesetzt werde, doch findet sich schon in einer alten Formel uls et ds Tiberim, Varr. r. r. 1, 35 ante et post brumam.

4. Die Freiheit, eine Präposition unmittelbar auf eine andere folgen zu lassen, haben sich, abgesehen vom Datum und dem adv. Gebrauch der Präpos., z. B. in ante factis, sowie von Titeln, z. B. a pro corhsule, zuerst die Juristen erlaubt, z. B. Gaius in per mndicationem legato, ebenso Ulpian, Papinian u. a., dann auch andere Spätlat., z. B. Boethius.

5. Doppelpräpositionen finden sich ausser exadversum, exadversus, insuper (Cato, Lucr., Vitr., Verg., Colum., Apul.) und incircum (Varro 1. 1. 5, 25) in klass. Zeit und überhaupt vor dem beginnenden Verfalle der Sprache keine, um so mehr im Spätlat.; übrigens hat gewiss die Volks- sprache schon frühe sich solche Zusammenstellungen gestattet, worauf die adverb. Verbindungen circumcirca, praeterpropter u. ä. hinweisen. Ich er- wähne nur de sub von Bass. Jul. bei Sen. Controv. 1, 3, 11 virgo de sub sazo, ab ante in der Itala, sub ante ib., contra versum bei Solin. 15 (10); incoram bei Apul. Met. 242, de post in Vulg. Lucif. u. a. Die Grammatiker, z. B. Sergius, wehrten sich gegen solche Verbindungen, aber dieselben drangen doch immer mehr in die Litteratur ein. Wichtig ist dieser Punkt f&r die Entwicklung der romanischen Sprachen, wie z. B. avant aus ab

280 Lateinisohe Grammatik, d. Byntaz.

ante, des aus de ex, devant aus de ab ante, depuis aus de post etc. hervor- gegangen ist.

Zu § 100 ff. vgl.: Kaufmann, De ah in de ex usu Plantino, Brealau 1842, 1845, 1850; RössNKB, De praepos. Ab De Ex usu Varroniano, Halle 1888; Schüssler, De praepos. ab ad ex apud Gic. usu, Hannover 1880; id., In c. acc, Hannover 1881; Gründlbb, vberden Gebrauch einiger Präpositionen {propter ob apud ad) bei Curtius, Tarnowitz 1874; Grebf, De praepositionum usu apud Tacitnm, Göttingen 1869; Gbbber, Nonnulla de usu praepos. apud Tacitum, Glückstadt 1871; Lanobk, De usu praepos. Tertullianeo, Münster 1868. 1869. 1870; Reinhardt, De praepos. usu apud Ammianum, Cöthen 1886; Grupb, Die Präpositionen a, de und ex bei ApoU. Sidonius, Pfalzburg 1888; F. G. U. Müller, De praepos. latinis, Ro- stock 1871 (I. Teil); Becher, Quaest. gramm. ad Quint. X lib., Nordhausen 1»79 (entMlt in, ad, de, ex etc. bei Quint.); J. Sobn, Über den Gebrauch der Präpositionen bei M. Junianus Justinus, Laibach 1894; Küster, De A. Persü Flacci elocutione, Gap. VI: de praepositionibus, Löbau 1897. || Zu § 101: Mau^, De praepos. ad usu Taciteo, Frankfurt 1870; Bouboiez, De praepos. ad usu casuali in latinitate aevi Merovingici, Paiis 1887; Ulrich, De verbomm compos. apud Plautnm stnictura, Halle 1880. || Zu § 105: Hirt, Penes, in Wölfflins Arch. lY p. 88 u. 389. II Zu § 108 u. 109: Reissinoer, Über Bedeutung und Verwendung der Prä- positionen ob und propter im älteren Lat., Landau 1897; Wölfflin im Arch. 1, 161 ff. |] Zu § 111: Thielmann, Vis, trans und uUra, Arch. lY p. 247 u. 358. || Zu § 117 vgl.: Wölfflin im Arch. V p. 294. || Zu § 124: Lobwb, Über die Präpositionen a, de, ex bei Ovid, Strehlen 1889; Ess, De praepos. cum abl. apud Plin. sec. usu, Karlsruhe 1888; Güttmann, Sogenanntes instrumentales ab bei Ovid, Dortmund 1890; Lbssing, ä, ab bei den Script, bist. Aug., Arch. X S. 291. Ii Zu § 132: Wölfflin im Arch. lY p. 52. || Zu § 135: Jordan, Erit. Beiträge zur Geschichte der lat. Sprache, Berlin 1879, p. 308 ff.; Wölfflin, Rh. Mus. 37, 1 p. 98 ff.; Bbügmann, Rh. Mus. 32, 485 f.; Praün, Absque, in Arch. YI S. 291. || Zu § 136: F. Rboh, De m praepos. cum accus, iunctae apud Senecam usu, Freiburg 1895. Ii Zu § 140: Wölfflin im Arch. 1 p. 437 ff. ; Hamp, Die zusammengesetzten Präpositionen im Lat., Arch. Y p. 321 368; Deoerikg, Beiträge zur bist. Syntax der lat. Sprache (Stellung der Präpositionen), Erlangen 1893. || Überhaupt: Hand im Tursellinus (Leipzig 1845) von ab bis procid,

C. Satzbestimmungen durch AdYerbia.

141. Die Adverbia dienen zur nähern Bestimmung eines Verbs, eines Adjektivs oder eines andern Adverbs, z. B. festina lente, bene serentis, sa^is commode. Über den attributiven Oebraueh der Adverbia vgl. § 82; das nähere über die Adverbia bei Adj. und Adv. siehe Stilistik § 9.

Anmerkung. Die Lateiner haben in vielen Fällen eine Vorliebe f&r Adverbia, wo uns Adjektiva natürlicher erscheinen ; es gilt dies in gleicher Weise für die klassische wie für die nachklassische Sprache, z. B. Cic. leg. agr. 2, 61 nihil 8ii)i appetit praectpue (mit Unrecht hat man praedpui schreiben wollen) Pompeius; Plin. n. h. 7, 2 cettiis varie tegi- tnenta trtbuit; vgl. C. F. W. Müllrr, Progr., Breslau 1888, S. 2 und Vollmer zu Statins süv. S. 476.

142. Das Adverb als nähere Bestimmung des Prädikatswortes esse gehört vorzugsweise der Umgangssprache an; es findet sich so bei Komi- kern, Sali., Cic. in epp., aber auch sonst z. B. Cic. Phil. 1, 9, Sest. 90 tuto esse, bei CatuU, Hör. sat., Liv., Plin. min., Tac, bei den Archaisten, be- sonders bei Gellius, auch noch bei Lact, und sonst im Spätlatein. Der höhere Stil hat sich viel engere Grenzen in diesem Gebrauche gesteckt und, während man im gewöhnlichen Leben schon der Kürze wegen esse bevorzugte, vielmehr Yerba von ausgesprochener Bedeutung gewählt. So sagen Cic. und Caes. longe abesse, wo Komiker Flor. u. a. longe esse ge- brauchen. Sali, mala abunde erant, wo wir aderant erwarteten. Bemerkens- wert ist, dass auch das Ümbrisch-Oskische den prädikativen Gebrauch der Adverbia bei esse kennt, Planta II § 338.

Zu § 142: C. F. W. Müller im PhUol. IX, 617—626.

I. Von den Teilen des Satzes. (§§ 141—144.) 281

D. Satzbestimmungen durch das Verbum inflnitum.

a. Vom Infinitiv.

143. Der Infinitiv ist die erstarrte Kasusform eines Verbalsubstantivs; seiner Bedeutung und Form nach scheint er dem Dativ am nächsten zu stehen. Die verbale Natur tiberwiegt im Infinitiv bei weitem über die substantivische; er kann deshalb nur durch Adverbia näher bestimmt werden, hat die gleiche Rektion wie die finiten Formen des Verbums, unterscheidet Genus verbi und Tempus und hängt nicht von Präpositionen ab. Die substantivische Natur ist nur unter dem Einfluss des Griechischen in wenig Fällen entwickelt worden und zeigt sich darin, dass der Infinitiv attributive Zusätze durch Adjektiva oder Pronomina zulässt und die Stelle eines Subjekts, Objekts oder einer Apposition zu vertreten geeignet ist, auch von einer Präposition abhängt. Vgl. auch Bbugmannn, Gr. Gramm. § 570.

Anmerkung 1. Die Auffassung des Infinitivs als Lokativ, welche schon Ourtius fBr das Griechische ausgesprochen hat, ist von Albreoht (Gurt. Stud. IV, 12. 14) und neuer- dings von Dbboke auch f&r das Lateinische angenommen worden. Deecke glauht aus dieser Erklftmng des Infinitivs alle Erscheinungsformen desselben herleiten zu können (vgl. da- gegen SuBBEB n S. 10).

Anmerkung 2. Die Verbindung des griechischen Infinitivs mit dem Artikel und da- mit die Substantivierung desselbeji legte das Verlangen nach einer fthnlichen Konstruktion im Lateinischen nahe. Hier kam die Volkssprache in ihrer freien Verwendung der sprach- lichen Mittel sehr entgegen: sie nahm den Infinitiv geradezu als Substantiv und verband ihn mit Attributen, z. B. Plaut. Cure. 28 tttom amare, Gic. Att. 7, 11, 2 Jioc ipsum velle, spftter Petron. meum intellegere, Qnint. totum hoc apte dicere, Persius hoc ridere meum, Hilar. Pict. trin. 6, 7 verum ac proprium esse ein wahres und ihm eigentümliches Sein, Juvencus 1, 737 voluisse tuum, seit dem silbernen Latein auch mit Genetiven, z. B. Val. Max. 7, 3, 7 cudus (sc. Fäbii Cunctatoris) non dimicare vincere fuit, Sen. ep. 101, 13 quid autem huius vivere est? Hilar. Pict. trin. 2, 6 eius esse in se est. Dieser Genetiv war die Konsequenz des Pron. possess. wie patris interest von mea intei'est, vgl. § 70. Als Sub- jekt und Objekt sowie als Apposition finden wir den Infinitiv besonders in der vom Grie- chischen stiurk beeinfiussten philosophischen Sprache, z. B. Gic. Fin. 1, 1 quihusdam totum hoc displicet philosophari, ib. 2, 86 beate vivere vos in voluptate ponitis, Gic. Tusc. 3, 30 haec est divina sapientia, nihü admirari. Das Gleiche gilt fOr die Verbindung des In- finitivs mit einer Präposition, vgl. Gic. Pin. 2, 13 inter optime välere et gravissime aegrotare nihil Interesse diese Stelle aus einer philosophischen Schrift Giceros ist das älteste Beispiel in der rOmischen Litteratur, daran schliesst sich Sen. phil. ben. 5, 10, 2 multum interest inter dare et accipere und noch spätlat. Hilar. Pict. trin. 2, 15 inter inesse et adesse. Von Dichtem sagt Hör. sat. 2, 5, 69 praeter plorare, Ovid Her. 7, 164 praeter amasse. Häufig wird der Gebrauch erst da, wo das Gefühl für gute Latinität ganz verschwindet und das Übersetznngslatein sich breit macht, also im Spätlatein; hier finden wir den Infinitiv als Vertreter sämtlicher Kasus, so schon bei Tertullian, dann auch ad, contra, iuxta, secundum, in, pro, de mit Infinitiv, z. B. Macrobius contra suum veUe, Hüar. trin. 10, 1 ad velle id quod verum est. Im mHtelalterlichen Latein, z. B. bei Gonrad Hirsaugiensis, kommt z. B. oft vor ])ro posse nostro •== entsprechend unserm Können.

144. Der Infinitiv dient in der guten Latinität nur zur näheren Be- stimmung des Prädikats; ein Substantiv oder Adjektiv wird nicht durch einen Infinitiv näher bestimmt.

Anmerkung 1. Zum Adjektiv tritt ein erläuternder Infinitiv nirgends im Altlatein ond nirgends im klass. Latein; wenn wir bei Plautus lesen Pseud. 1104 suum qui officium facere immemor est, so hängt der Infinitiv von immemor est = ohliviscitur ab, und so ver- hält es sich in allen ähnlichen Stellen des Plautus. Terenz lässt nicht einmal diese Kon- Btniktion zu, ausser dass er gerade wie Gicero, z. B. Verr. 4, 150 ut mihi parati sint re- spondere, an paratus sum einen Infinitiv anschliesst. Erst Lucrez hat den Anfang ge- macht mit 5, 123 indigna videri mehr wagt auch er nicht, wohl aber Gatull, dann die angosteischen Dichter und die Dichter des silbernen und späteren Lateins, welche alle unter dem sichtlichen Einfluss des Griechischen in zahllosen Analogien sich ergehen. Zunächst

282 LaMnaiohe Oimimnatlk. Byittaz.

sind es Verbaladjektive, die sich mit einem Infinitiv verbinden, wie doctiM, scüub, merüus, coniuratus, dann solche, welche mit Verben stammhaft oder begrifflich verwandt sind, wie nescius, avidtM, audctx, timidus, aptus, idoneus, peritus u. a., dann überhaupt Adjektiva, auch solche, welche in Prosa keiner nftheren Bestimmung bedflrfen, z. B. hlandus, celer, durus u. ft. Manchmal ist es auch das Streben des Dichters nach einer persönlichen Kon- struktion, welche ihn das Adjektiv mit einem Infinitiv verbinden Iftsst, z. B. certus mori = mihi est certum mori (wie Verg. Aen. 9, 153 certum est circumdare sagt). Der Einfluss des Griechischen konnte sich um so nachhaltiger äussern, als die Grundbedeutung des Infinitivs seine Verbindung mit vielen Adjektiven (vgl. § 82) sehr begünstigte. Zu beachten ist, dass bei allen Dichtem, auch ganz späten wie Prudentius, der Infinitivus Passivi gesetzt wird, wo der Gedanke es verlangt, so horridus cemi, facüis comprendier, solvi incapacem, Die Prosa hat sich bis in die silberne Latinität herab der Konstruktion ferne gehalten; wenn Ovid Met. 14, 30 sagt digniM eras rogari, so konnte daftLr echtlateinisch nur gesagt werden: dignus eras, qui rogareris. Erst Val. Max. und Sen. phil., dann besonders Plin. mai. und Tac. übertragen den Sprachgebrauch der Dichter auch in die Prosa, so z. B. Tac. ann. 4, 57 certus procul urhe degere nach Verg. Aen. 4, 563 certa mori. Auch die Archaisten wie Apulejus, dann Sulp. Sev., Lact, und andere spätlat. Autoren schliessen sich an, z. B. Lact. I 532, 12 dignus audiri, Vgl. noch Bbugmanh, Gr. Gramm. § 573.

Anmerkung 2. Der Infinitiv als nähere Bestimmung eines Substantivs ist nicht lateinisch; so heisst die Kunst zu schreiben = ars scribendi, das Wart entbehren = vox carendi u. ä. Wo daher der Infinitiv ein Substantiv zu bestbnmen scheint, ist es in der Regel nicht das Substantiv allein, zu dem der Infinitiv erklärend hinzutritt, sondern die ganze Phrase, also das Prädikat Dies sieht man an Sätzen wie: Caes. b. G. 3, 2, 2 Galli belli renovandi legionisque opprimendae consilium ceperunt und Caes. b. (}. 7, 26, 1 Galli postero die consilium ceperunt ex oppido profugere: hier hängt profugere ab von consüium ceperunt =. constituerwntj aber belli renovandi legionisque opprimendae nur von consüium. Dies gilt sogar für die Sprache der Dichter, vgl. Verg. Georg. 1, 21 stvkdium quibus arva tueri = Student qui arva tu^eriy Verg. Aen. 12, 282 sie amor unv^ h€d)et ( id unum cupiunt) decernere ferro. Doch finden wir Stellen bei Dichtem, insbesondere nachklassischen, wo das Substantivum nunmehr auch für sich einen Infinitiv zur Erklärung annimmt, z. B. Sil. Ital. 4, 329 trepidaque a mente recedit vertere terga pudor, in Prosa b. Afr. 82 ut Jiaberent faculta^em turmas lulianas circumfundi et nihüo minus fortissime pugnare, noch im Spätlat. Tertull. de exhort. cast. 10 rape occasionem non herbere cui de- bitum solvereSf Juvencus 3, 688 culpam occidisse iUum: in solchen Stellen hat sich die Kon- struktion der Phrase übertragen auf das einzelne Substantivum und dies um so leichter, ab ja z. B. in facultatem habere der Hauptbegriff in facultatem ruht.

146. Der Infinitiv ist, wie bemerkt, der Dativ eines Yerbalnomens. So finden wir ihn denn auch, um die Bichtung einer Bewegung zu be- zeichnen, also als finalen Infinitiv, nach den v. movendi bei Plautus, bei Terenz wenigstens noch nach ire und mittere; von späteren Dichtem brauchen ihn die zu archaischen Strukturen neigenden Lucrez, z. B. 5, 942 sedare sitim fluvii vocabant und Yergil, femer der in seinen Konstruktionen oft recht kühne Properz, z. B. 1, 1, 12 ibat et hirsutc^ ille videre feras, auch Horaz in den Oden und einmal Ovid Heroid. 1, 87 te quaerere misso, dann die Epiker der silbernen Latinität in Nachahmung der früheren Dichter und ebenso die Dichter des Spätlateins wie Commodian und selten Pru- dentius. In Prosa lesen wir ihn bei Piso (Gell. 7, 9, 5) venisse visere in einer Phrase, die auch Varro r. r. 2, 1, 1 cum visere venissemus aufgenommen hat, ebenso bei Cael. Antip. fr. 12 P. celocem mittit visere locum, aber nirgends in der klass. Sprache, sondern erst bei Val. Max., bei den Archaisten natür- lich, bei Justin, in den Fabeln Hygins, in der Yulgata und bei eccl., z. B. oft bei Hieronymus (ep. 11 ipse Salvator non venit iustos vocare, sed peccatores), bei Sulp. Sev., und so auch in der Schwindellitteratur, z. B. bei Dictys Cret.

Besonders bemerkenswert ist das Verbum dare, welches bei Plautus, Terenz, Cato, Cicero, Livius, den medizinischen Schriftstellern mit bibere^ bei den eccl. auch mit manducare konstruiert wird, z. B. Hieronymus

I. Von den Teilen des SatEee. (§§ 145—148.) 283

in Osee I ad 1, 2 dedit ei mel et oleum et similam mandticare. Dieser Ge- brauch erweiterte sich bei Dichtem, wo auch andere Infinitive erscheinen, 80 bei Lucrez, Verg., bei diesem als Lieblingsformel dare habere und dare ferre, bei Tib., Hör., Ovid, Prop., Lucan, Val. Flacc, Sil. Ital. und spätlat. Dichtem wie Gommodian, Prudent., Sedulius u. a., z. B. dat eredere, pudere, nosse; in Prosa kenne ich nur Vitruv 180, 23 däbit imitari. Natürlich wurden bald Synonyma ebenso gebraucht, sogar Cicero erlaubte sich Tusc. Ij26 fU lovi bibere ministraret, Horaz tradere, Ovid praebere (in dem lässigen Stile der Heroiden ¥132 gtuie totiens rapta est, praebuit ipsa rapi). Seit Vitruv und dem silbernen Latein finden wir auch in der Prosa das Passiv von dare mit Infinitiv, häufig bei eccl. wie Cyprian, Lactanz, Hieronymus, Aug., Ennod. u. a. (hier ist datur wie licet gebraucht), auch mit passivem Infinitiv, z. B. Lact. I, 72 datur intellegi. Vgl. noch Brugmakn, Gr. Gramm. § 571.

146. Sobald einmal die Verbindung von dare mit Infinitiv sich ein- gelebt hatte, so wurde es selbst auch da mit dem Infinitiv verbunden, wo eine finale Bedeutung weniger nahe liegt, und so erscheint bei dare und analog bei seinen Synonymen wie donare, reddere, relinquere, und dem Gegenteil adimere auch der Infinitiv, freilich nur bei Dichtem, wie Lucrez, Horaz^ Verg., Ovid, z. B. Hör. ep. 1, 19, 9 adimam cantare severis. Nur permiito wird auch in Prosa, sogar einmal bei Cic. (Verr. 5, 9, 22), nicht bei Caes. und Sali., aber bei Liv., den späteren Historikern und eccl. mit Inf. konstruiert.

147. War aber einmal der Infinitiv im weitesten Sinne als Er- gänzung eines Verbums verweadet, so wurde der Gebrauch als ein sehr bequemer besonders gepflegt; er lebte sich namentlich in der Volks- sprache ein, in welcher er sich ununterbrochen bis in die romanischen Sprachen herein erhielt. Ja er näherte sich sogar dem Gebrauche des Objektes, so besonders nach habere, welches sogar Cicero mit Infinitiv konstruiert: z. B. habeo polliceri oder scribere (nur in epp. einigemale habeo dieere), und welches dann später als Hilfsverbum zur Bildung des Futurs verwendet wurde (vgl. Hieronym. in Eccl. 1 quae nunc fiunt . . hi, qui nasci habent, scire non poterunf). Diesen Gebrauch finden wir bei Tertullian, Cyprian, Lactanz, .Porphyrie u. a. Daraus ist das romanische Futurum hervorgegangen, denn firai ist = ire habeo, firais = ire habebam, vgl. Silviae Peregrinatio p. 41, 6 exire habebamus, Gregor. Tur. Mart. 1, 16 m Gallias habui tarn redire = rediturus fui. Beim Grammatiker Servius ist bereits habet veUe vollständig = volei und quibus temporibus Caesar habuit acddi = als C, getötet werden sollte. Namentlich sind es zwei Kategorien von Verben, welche den Infinitiv zu ihrer Ergänzung beiziehen: 1. die kausativen, der Analogie von dare und facere folgenden Verba, bei wel- chen eine Person als causa die Vollziehung einer Handlung veranlasst oder zugesteht, und 2. die sogenannten Hilf s verba.

148. An kausativen Verben, welche mit Infinitiv verbunden werden, treffen wir bei Plautus schon eine stattliche Reihe, so cogere, subigere, vielleicht auch &rare, agitare, adnuere, occupare, persequi u. ä., bei Afranius invitare, bei Cato und dem vulgärschreibenden, sowie gerne archaisierenden

284 Lateinische Grammatik, d. Syntax.

rhet. ad Her. hortari, dissuadere, bei Terenz und Lucrez suadere; auch Cicero hat sehr viele kausativen Verba mit Infinitiv konstruiert, doch zu- meist nur in seinen Erstlingsschriften, so moneo^ praecipio, hortor^ postulo (höchst selten!), concedo, curo u. ä. Bei den augusteischen Dichtern er- weitert sich die Zahl bedeutend, so kommt dazu adigo^ moveo bei Verg., irrito und concito bei Ovid, compello bei Ovid, impello Verg., Hör., Ovid, impono bei Verg., posco, rogo schon bei GatuU, urgeo bei Horaz u. s. w. Die nachklass. Latinität übernahm die meisten dieser Konstruktionen, so bei orare, exposcere, hortari, Simdere, persaadere, dissuadere, praecipere, im- pcllere, compellere; neu kam nur weniges dazu, so praescribo, scribo^ mando, nuntio, perpello bei Tac, dico bei Sueton (z. B. singulis valere dicebat), provoco bei Plin. mai.; auch das Spätlatein und besonders die Kirchen- schriftsteller haben viele Beispiele, so Hieronymus das sonst nur aus Plin. mai. zitierte provocare, z. B. ep. 22, 35 provocant magis orare quam cogunty ebenso Gommodian; sonst kommen noch susHnere, eompellere, impellere, suadere etc. vor. Man beachte übrigens, dass viele unter den genannten Verben eine auf ein Ziel gerichtete Thätigkeit (z. B. moneo scribere ich mahne zum Schreiben) bezeichnen und schon deshalb leicht einen Infinitiv annehmen konnten.

149. Die sogenannten Hilfsverba teilen wir ein in Verba des Wollens und des Könnens. Beide Kategorien sind durch ausgedehnte Analogie- bildungen ausserordentlich erweitert worden.

a. Verba des Wollens. Im Altlat. finden wir hier schon viele mit Inf. konstruierten Verba, neben den eigentlichen W. des Wollens besonders cupio, expeto, opto, exqpto, gestio, experior, cogito, nieditor (nicht Plaut., aber Terenz), memini^ paro, affeeto^ propero, certo; ferner gehören hieher gaudeo bei Terenz, enitor und se comparare ibid. Mit der klass. Zeit kommen dazu zunächst aveo, molior, welche zuerst Lucrez, dann Cic. hat, so aveo namentlich in den Briefen ad Att., praegestio, ingredior, suscipio bei Cic, contendo bei Cic, Caes., Sali., intendo bei Caes., laboro bei Cic und Nepos, aber nur negiert, persto und persevero bei Cic, festino, maturo ib.; daneben haben sich die in der vorklass. Zeit gebräuchlichen VV. in dieser Kon- struktion teils erhalten, wie cupio, gestio namentlich bei Cic. in epp., cogito^ meditor, memini ebenfalls in Cic. epp., paro; andere sind verschwunden, wie expeto^ exopto, experior, affecto. Die augusteischen Dichter haben hier vielfach die Erbschaft der alten Dichter angetreten, ja durch neue Ana- logien erweitert. So lesen wir gaudeo bei Verg., Horaz, Prop., Ovid, delector und amo bei Horaz, amo auch bei Ovid, affecto wieder bei Ovid, ebenso saevio, dann furo bei Horaz; seit Lucrez treten auch luctor und pugno auf, die dann Lieblingswörter des Ovid sind; wie maüe wird schliess- lich von Hör. und Ovid auch praeferre konstruiert. Die nachklass. Prosa bedient sich der meisten der genannten Verba in gleicher Konstruktion, so amo, aveo, laboro (seit Catull auch ohne Negation), enitor^ quaero, luctor, memini, maturo. An Neuerungen ist auch hier nur wenig zu verzeichnen, so compono bei Tac, obstino bei Liv., adnitor bei Liv. und Tac Die spätere Latinität bringt nichts besonderes mehr zum Vorschein.

Besondere Erwähnung verdienen opto und tempto, Opto hat nur

I. Von den Teilen des Satzes. 149.) 285

in den Formen optatum, optandum und optahile est bei Cic. den Infinitiv, bei Caes. und Sali, steht es nicht, aber bei Hirtius b. Gall. 8, 9; sonst ist es vor- und nachklassisch bis auf die Kirchenväter herab im Gebrauche. Tempto findet sich zuerst bei Lucrez, dann bei den augusteischen und noch bei spätlat. Dichtern, wie z. B. Juvenc, Prudent.; in Prosa zuerst bei Hirtius b. Gall. 8, 50, dann bei Nepos, hierauf erst wieder bei Liv., Gurt., Sen. phil., Quint. Diese beiden Beispiele beweisen, wie vorsichtig die klass. Sprache Konstruktionen, die damals üblich und im Volksmunde allgemein gebräuchlich waren, von sich fernhielt, wenn dieselben nicht den strengen Ansprüchen der urbanitas entsprachen.

Negative Verba des WoUens, die sich mit dem Infin. verbinden, sind neben nolo namentlich die VV. metuo, vereor, timeo, formido, reformido, pertimesco im Altlat., vereor^ timeo, reformido , horreo, horresco bei Cic, dann paveo bei Ovid, trepido bei Verg. und Hör., formido wieder bei Hör., ex- timesco bei Ovid, perhorresco bei Hör., dazu erubesco bei Verg. und Ovid; die nachklass. Sprache nahm die meisten der vorgefundenen, auch vorher bloss dichterischen Konstruktionen, aber nicht allgemein auf, so metuo Liv. und Gurt., reformido Liv. und Plin. min., erubesco Liv., Gurt., Sen. phil. und spätlat. noch Lact, und Orosius, paveo Tac, horresco Ammian. Die Lieblingswörter der augusteischen Dichter fugere und mittere trifft man auch früher schon und zwar im Altlat. und in der klass. Sprache, aber sehr selten in der nachklass. Zeit; dagegen war parco, das im Imperativ besonders bei Ovid beliebt ist, im Altlat. wohl im Gebrauch, nicht aber in der klass. Zeit, zeigt sich indes wieder bei Livius und dann namentUch in der afrikanischen Latinität und bei eccl., z. B. Min. Fei. 14, 2 parce in eum plaudere, Augustin ep. 43, 24 parce iam dicere. Neglego ist selten, kommt aber doch bei Plaut., Gic, Hör., Gell, und den Juristen Afr. Marcell., Tryph., also allenthalben in der Latinität vor. Ich erwähne nur noch odi, das bei Plaut., dann bei M. Brutus, Hör. und Ovid, dedignari, welches ent- sprechend dem seit Lucrez so konstruierten dignari = velle auch bei Ovid, und dann bei Sen., Tac, Just, mit Inf. erscheint, fastidio bei Ovid, dann in der silbernen Latinität, auch im pleb. Latein des Petron., absisto, dessen Imperativ namentlich in der Äneide = noU gebraucht wird. Als Ge- samteindruck erhalten wir hier, dass abgesehen von wenigen Verben im allgemeinen die besprochene Infinitivkonstruktion den Dichtern und den poetisierenden Prosaikern angehört und dass bei den vielen Analogie- bildungen sehr oft das griechische Vorbild Veranlassung gegeben haben mag.

b. Verba des Könnens und der Möglichkeit. Die VV. des gei- stigen Könnens und Nichtkönnens, wie scire und nescire, kommen überall vor; ihnen analog konstruiert sich calleo bei Pacuv., Lucr., Horaz, novi schon bei Ennius, dann Gate, Verg., Hör., Prep., vinco = „besser können* bei Properz. Valeo, welches echt poetisch ist, bürgert sich mit Lucrez ein und wird von fast allen Dichtern aufgenommen (nicht bei GatuU und Tibull) ; die klass. Prosa verschmäht es, die silberne Latinität verhält sich zurückhaltend (nur Gurt, und Plin. mai. brauchen es), dagegen hat es die Sprache der Juristen und Theologen bis in die späteste Zeit fortgeerbt; polUo hat wohl Gic. einmal, dann aber nur nachklass. Dichter (Lucan, Sil.).

286 Laieinisohe Qrammatik. d. Syntax.

Im ganzen hat in dieser Kategorie die Analogie viel weniger ihre Macht entfaltet als bei den Verben des WoUens, wenn auch im übrigen bezüglich der Verbreitung der Konstruktion die gleichen Resultate sich ergeben werden.

Anmerkung. Die Wahrnehmung, dasa durch die Gerundia das Gebiet der Infinitiv- strukturen aUmählich eingeengt wurde, best&tigt sich bei einer genaueren Betrachtung der Latinität seit lavius. Wahrend Lucc. ad Fam. 12, 14, 7 schreibt neque defatigdbor perma- nere, sagt Apul. flor. 7 fatigaberis admirando. Schon bei Livius lesen wir cum ad ^dtimum peraeverasset negando, femer absistere aequendo u. ä. Besonders h&ufig ist dieser Gebrauch bei den Afrikanern oder den ihnen nahe stehenden SchriftsteUem zu treffen, also bei Fronto, Gellius, Apul., Tertull., dann bei Commodian, Lucifer von Galaris, Dicfys Gret, z. B. 3, 14 se non priua desinere pernoctando humi.

150. Der Infinitiv als Ergänzung persönlicher Verba zog, da ja die dritte Person Sing. Pass. aller persönlichen Verba auch unpersönlich gebraucht werden kann, die Konstruktion der verba impersonalia mit Infinitiv nach sich und nunmehr konnten auch Phrasen, die solchen Im- personalien entsprechen, mit dem Infinitiv konstruiert werden. Wir haben hier die Gleichung: conceditur = licet = copia est, z. B. Sali. Cat. 17, 6 quibt/ts in otio vivere copia erat (= concessum erat = lieebat).

Das nächstliegende Impersonale ist est, welches wir bei Plaut, und Ter. noch nicht mit Infinitiv konstruiert sehen, aber bei Mumm., Varro und Lucrez und zwar immer in der formelhaften Verbindung est videre. Erst mit Verg. und Hör. erlangt diese von der klass. Sprache schroff zurück- gewiesene Konstruktion wieder Aufnahme, die silberne Latinität (Livius sehr behutsam und nur 42, 41, 2, Vitruv nur 57, 17) behält sie bei, nament- lich Plin. mai., meist mit Negation, ganz selten Tac; dass Gellius sie so sehr bevorzugt, lässt darauf schliessen, dass sie im AlÜat. doch verbreiteter war, als unsre jetzigen Mittel es nachweisen. Später findet sie sich bei eccl. und gramm., z. B. Tertullian, Priscian; griechischer Einfluss ist hier unverkennbar. Häufiger ist dieser Gebrauch des Infinitivs bei den übrigen V. impersonalia. Im Altlat. sind von den Verba, die sich mit dem Inf. konstruieren, expedit, refert besonders bemerkenswert; dazu kommen dann licet, labet, oportet, decet, Uquet, pudet, taedet, subolet, sdlicet (dies auch bei Varro), sowie Wendungen mit est, wie certumy decretum, meum, opus est u. ä., z. B. Terenz: exsequias Chremeti quibus est commodum ire, em tempus est\ Die klass. Sprache nimmt den grössten Teil der vorgefundenen Verba an (nicht z. B. condecet, dispudet, sübolet) und fügt neue bei, so paenitet, dedecet, placet (Cic. Tusc. 1, 7), dispUcet, prodest, obtst, attinet; in nachklass. Zeit werden manche früher schon aufgetretene häufiger gebraucht, so das schon von Lucrez gebrauchte iuvat bei Verg., Hör., Ovid, Liv., Sen., das von Cicero eingeführte placet bei Sali., dann bei Hör., oft bei Liv., das von Terenz verwendete restat bei den august. Dichtem, vacat bei Cas- sius ad Fam. 12, 13, 2, dann bei Verg. und anderen Dichtern, ebenso in der silb. Latinität; andere kommen neu dazu, z. B. vindt bei Horaz, con- tingit nicht vor Verg. und Hör., häufig in der silb. Latinität, evenit bei Ovid, sufficit nur im silb. Latein, z. B. Suet. Nero 31 suffecerit haec rettuUsse.

Mit Substantiven gebildete Phrasen werden überall mit Infinitiv ver- bunden; diese Konstruktion bürgerte sich um so leichter ein, als in Wen- dungen wie lubido c&pit, copia datur sich der Infinitiv in seiner Ursprung-

I. Von den Teilen des SaiBes. (§§ 150—151.) 287

liehen Bedeutung leicht anfügte. So lesen wir consilium est schon bei Plaut., dann bei Cic, Sali., Liv.; sententia est seit Cic, besonders bei august. Dichtem, luhido est bei Plaut., stultitictst ib., tempus est allent- halben, mos est bei Cic. vereinzelt, öfter bei Sali., Liv., consuetudo, iiAS^ Vitium est erst seit der klass. Zeit, ebenso fas est, fatum est; dagegen copia est treffen wir nicht bei Cic, Caes., aber bei Sali., potestas est zu- erst bei Verg., dann bei Liv., opm est seit Cic, cura est bei Ennius, dann bei den august. Dichtern und nachklass. Dichtern und Prosaikern.

Anmerkung 1. Tritfc sni dem Infinitiv, welcher zur Ergänzung eines persönlich ge- brauchten Yerbums oder einer unpersönUchen Wendung dient, ein . Pirftdikativurn, so steht dies im ersten Falle im Anschluss an das Subjekt des Verb, finit. im Nominativ, z. B. nolo esse adulaior, im letzteren Falle im Akkusativ, z. B. non decet esse adulatorem. Dieser Akkusativ erklibrt sich aus der vollständigen Konstruktion me non decet esse adulatorem, m e pudei esse neglegentem; blieb der persönliche Akkusativ weg, so erhielt sich doch der des Prädikativums und dieser Gebrauch übertrug sich dann auf alle derartigen unpersön- lichen Phrasen, z. B. turpe est, nefas est esse adtUatorem.

Bei mihi licet esse kann das zu esse gehörige Prädikativum sich dem Dativ angleichen und selbst im Dativ stehen, sogar in klass. Sprache, z. B. quibus licet esse oHosis, Hat licet keinen Dativ bei sich, so steht natüilich das Prädikativum im Akkusativ, also non licehit esse medios. Aber bei Dichtem bleibt auch in diesem Falle der Dativ, z. B. Ovid Met. 8, 406 licet eminus esse fortibus; ja die Dichter erweitem das Gebiet der Eonstiruktion auf andere Impersonalien, z. B. Ovid Met. 8, 555 nee profuit equis velocibus esse, so auch auf das synonyme datur, z. B. Ovid Met. 8, 680 vobis immunibus huius mcdi esse däbitur und schliesslich auf das aktive dare, z. B. Hör. ep. 1, 16, 60 da mihi failere, da iusto sancto- que videri.

Anmerkung 2. Der passive Infinitiv bei licet ist eine Analogie nach der Kon- struktion von potest, z. B. agi licet nach agi potest. Diese Spracherscheinung findet sich öflers nur bei Cic, sonst vereinzelt, vgl. Archiv XI S. 19.

151. Diejenigen Yerba, welche im stände waren, sowohl einen Ob- jektsakkusativ als auch einen Infinitiv anzunehmen, verbanden beide Konstruktionen miteinander; so sagt schon Cato: familiam ne sieris peccare, vorher die Xu tab. qui se sierit testarier, und um noch weiter zurück- zugehen steht im Arvallied: neve lue{m) rue{m) sins incurrere in pleores. Diese Konstruktion, wo von ebendemselben Yerbum ein Objektsakkusativ und ein Infinitiv abhängen, nennt man Accusativus cum infinitivo. Sie war dem Yolksmunde sehr bequem und erhielt sich daher bis in die romanischen Sprachen herein, z. B. bei facere, wovon wir bei Plaut, und Lucr. schon Beispiele lesen, bei Yarro, bei Petron, dann namentlich im Spätlat., 80 bei Tertull., Arnob., Commodian, Firm., Hieronymus (z. B. ep. 50, 4 qtwties me iste in circulis stomachari fecit) und vielen anderen, welche Lease S. 38 aufzählt. So weit sind auch die verwandten Sprachen wie Sanskrit, die germanischen und slavischen gegangen. Allein in den klass. Sprachen hat man die Konstruktion schon frQhe über diesen Ge- brauch hinaus erweitert. Sobald man Sätze zusammenfügte, sah man, dass der abhängige Satz vielfach ähnlich war einem von demselben Yerbum abhängigen Acc. c. inf., und so setzte man in dem Streben nach möglichst enger Yerbindung beider Sätze den Nebensatz ebenfalls in Acc. c. inf. So entsprach dann thatsächlich das Subjekt des Nebensatzes dem Objekts- akkusativ des Hauptsatzes und das Prädikat desselben trat in den In- finitiv. Nunmehr löste sich aber auch die Konstruktion aus ihrem ur- sprünglich engen Zusammenhang mit einem transitiv gebrauchten Yerbum ; sie konnte sich an intransitiv gebrauchte Yerba oder unpersönliche oder

288 Lateinisohe Grammatik, d. Syntax.

an Phrasen anschliessen, und so trat der Fall ein, dass der Akkusativ nicht zum Verbum regens, sondern zum abhängigen Infinitiv dergestalt gehört, dass er bei Auffassung des Ganzen als zweier Sätze den Nomi- nativ des abhängigen Satzes gebildet haben würde. Vgl. auch Bruomann, Gr. Gramm. § 576. Mit der Konstruktion des Acc. c. inf. als Umbildung eines ganzen Satzes zeigte sich auch das Bedürfnis, den Infinitiv durch die Zeiten und Genera Verbi durchzuführen. Die Konstruktion des Acc. c. inf. eroberte sich bald im Lat. ein weites Gebiet, so dass bei Beginn der Lit- teratur uns bereits der Gebrauch desselben vollständig ausgebildet vorliegt, und zwar nicht allein bei den vom Griechischen beeinflussten Schriftstellern, sondern auch bei dem besonders nationalen Autor, Gate. Im Verlauf der weiteren Entwicklung der Sprache dehnen sich die Grenzen immer weiter aus, bis quodj quia, quoniam erfolgreiche Konkmrenz machen und die all- mähliche Auflösung der Konstruktion herbeiführen.

162. Zuerst möge der Acc. c. inf. nach den Verben des Affekts be- handelt werden, weil hier die lateinische Sprache unbestritten ihre eigenen Wege gegangen ist; denn die griechische Sprache kennt den Gebrauch des Acc. c. inf. nach den Verben des Affekts nicht. Der Acc. c. inf. entspricht hier, wie man z. B. neben reprehendo te in eo auch reprehendo id in te sagt, einem mit quod oder quom eingeleiteten Satze. Schon im Altlatein ist die Konstruktion ziemlich verbreitet; so finden wir mit Acc. c. inf. konstruiert gaudeo bei Kom., laetor bei Terenz, laetus sum bei Naev. (vgl. den bekannten Vers laetus sunt laudari me abs te bei Gic. ad Fam. 15, 6), Terenz, rideo bei Naev., doleo bei Plaut., ebenso maestus sum und crudor sowie discrudor, ib. lamentor, invideo, miror, fortnido und vereor. Die klass. Sprache hat sich wenig davon angeeignet, so gaudeo, laetor, doleo, miror und demiror, timeo bei Gic. leg. 2, 57 (jedenfidls Gaelius ad Fam. 8, 11, 3, plane timet Caesar em consulem designari, welcher auch wie Gic. Q. fr. 2, 1, 3 furo mit Acc. c. inf. verbindet), und ebensowenig zur Er- weiterung beigetragen; bemerkenswert ist an neuen Verben lugeo bei Gic, ebenso angor, sollidto und indignor, welches letztere auch in Briefen an Gic. vorkommt, dann fremo bei Gic, triumpho bei Gaes. (Gic. Att. 9, 16 meum factum probari abs te triumpho gaudio). Die august. Dichter haben ebensowohl frühere Konstruktionen wieder aufgegriffen als auch neue hinzu- gefügt; so lesen wir miseror zuerst bei Verg., fleo bei Verg., Hör., Prep., Tib., phro bei Hör., gemo bei Hör., stupeo bei Verg. Die nachklassische Latinität bietet nichts Besonderes, ausser dass Liv. oft timeo und Plin. mai. erstmals metuo mit Acc. c. inf. verbindet; im übrigen ist die Konstruktion selten anzutreffen.

153. Am ausgiebigsten an Acc. c. inf. ist das Gebiet der Verba sen- tiendi, cogitandi und declarandi. In der ganzen Latinität findet sich dieser Gebrauch; bemerkenswert ist dabei nur, dass manche Verba früher oder später erst mit Acc. c. inf. konstruiert erscheinen, dass manche nur bei gewissen Autoren auftreten, sonst aber nirgends gelesen werden, oder dass sie nur in einer Epoche der Sprache besonders kultiviert werden. Die klass. Sprache ist auch hier sehr zurückhaltend, so hat sie percipio, resdsco, aspicio, conspicor, deputo und autumo (bei Gic. Fam. 5, 13, 1 lesen

I. Von den Teilen des Satses. (§§ 152—153.) 289

Mendelssohn und Müller statuo statt des von Streicher vorgeschlagenen autumo) und manche andere Yerba nicht aufgenommen; neue Yerba, die erst mit Cic. in die Konstruktion des Acc. c. inf. eintreten, sind cemo, agnosco, recordor, ohliviscor, iudico und reputo, despero; bei den august. Dichtem finden wir erstmals prospicio (Verg.), reminiseor (Ovid, doch vor- her auch Lucrez), repeto (Verg.): im übrigen haben sie so wenig als die nachklass. Schriftsteller geneuert. Man kann wohl sagen, dass hier im ganzen die Entwicklung der Sprache kaum etwas Neues geschaffen hat.

Anmerkangl. Videor mit dem Acc. c. inf. hat schon Ennins fah. 1 L. Mülleb: mtUer gravida parere se ardentem facem visast in somnis Hecuba und in offenharer Nachahmimg Ovid Heroid. 16, 237 fax quoque me terret, quam se peperisse cruentam ante diem partus est tua viaa parens; auch in der klassischen Sprache findet sich der Ge- brauch, aber nur vereinzelt bei Cic, nicht bei Gaes., dann bei Sali, und schliesslich bei GelHus, sowie spät noch im Fastor Hermae simil. 9, 11 videbar mihi veluti iitniorem esse factum.

Anmerkung 2. Nach memini ist einzig richtig der Inf. des Präsens, also memini me legere «ich habe im Gedächtnis mein Lesen '^. Dies ist denn auch die im AlÜat. ab- liebe Eonsbruktion, vielleicht schon bei Ennius ann. 8 memini me fiere pavom (vgl. jedoch L. Müllbb) und Naevius Danae VI Xavere me memini manum, jedenfalls bei Plautns und Terenz. Auch Cic. hat sehr oft den Inf. des Präsens, ebenso Verg. und später Tac. Allein selbstverständlich hat das Bedürfnis der Deutlichkeit schon frühe den Inf. perf. hervor- gerufen, welcher nachdrücklich betonen sollte, dass das fragliche Ereignis der Vergangen- heit angehört. So hat denn auch Cic. oft den Inf. perf., ebenso Caes. (b. G. 3, 6 alio se in hibema consüio venisse metninerat, aliis occurrisse reb'iis viderat, wo offenbar renis«« unter dem Einflüsse des korrespondierenden occurrisse steht), einmal Verg., dann aber die ganze nachklass. Latinität (ausser Tac), welcher das Verständnis für die ursprüngliche ße- dentung von memini ganz abhanden gekommen war.

Anmerkung 3. Dass bei non dubito und dubium non est der Acc. c. inf. auch in der alten und klass. Zeit (jedoch nicht bei Cic, Caes., Sali., wohl aber bei Varro, Cic. fil., Asin. Pollio, Trebon. in Cic epp.) zulässig ist, wenn die phrasis dubitandi erst nach dem Inhaltssatze folgt, also der Schreibende bei der Setzung des Acc c inf. nur im allgemeinen ein Verb, sentiendi, aber nicht das spezielle non d%U>ito im Sinne hat, habe ich mit Riemann's und anderer Gelehrten Zustimmung nachgewiesen (Latinität des Asin. Pollio p. 88). Sobald aber einmal der Acc. c inf. sich vorfand, wurde er, und zwar sogar einmal von Cic Acad. fr. 20 M. nemo dubitat Äcademicum praelatum iri^ von Nepos und Livius ab auch ohne Rflcksicht auf die Stellung verwendet; wir finden ihn daher in der silbernen Latinität (je- doch nicht bei Vell. und Val. Max.) und dann bis zu den Eirchenschriftstellem herab.

Anmerkung 4. Bekanntlich steht nach spero, iuro, minor and polliceor regel- mässig der Inf. f ut. Nun findet sich aber schon in alter und auch in klass. Zeit, bei Cic besonders in Briefen, öfters bei Caes., namentlich im bell, dv., z. B. 3, 8, 3 magnitudine poenae reliquos terreri sperans, wo territum iri besagen würde, man erwarte, dass die Strafe auch diesmal schrecken würde) und ebenso später nach spero der Inf. praes., um zu bezeichnen, dass man hofft, eine Handlung, von der man noch nicht Kenntnis hat, habe be- reits begonnen und währe noch. Ein Inf. perf. nach spero, selten im Altlat., öfter bei CSc, hauptsächlich in den Briefen, auch bei Caes., nicht bei Sali., aber bei Catull, Liv. und in der silbernen Latinität, bezeichnet eine Handlung, von der man erwartet und wünscht, dass sie sich verwirklicht hat, von deren Verwirklichung man aber noch keine Kenntnis hat, oder auch, dass die Hofi&iung nicht sowohl auf die bereits geschehene Handlung als auf die daraus zu erwartenden Folgen gerichtet ist. Nach iuro hat Cato und Plaut, auch den Inf. praes., nach minor Lucrez, z. 6. 1, 723 hie Aelnea minantur murmura flammarum rursum se coüigere iras, Polliceor und promitto mit Inf. praes. lesen wir schon bei Plaut., Terenz (Heaut. 724 decem minas quas mihi dare pollicitust)^ bei rhet. ad Her. und Cic. in den Erstlingsschriften (p. Quinctio 29 ut P, Quinctium sisti Sex. Alfenus promitteret), such bei Caes. (bell. Gall. 4, 21, 5), dann bei Asin. Pollio (bei Sen. rhet.); die idlbeme Lati- nität mit Livius eignete sich die Konstruktion gleichfalls an, die sich besonders beim älteren Plinius ausgebildet findet, ebenso die Archaisten, z. B. Gellius 5, 3, 7 pollicebatur se id facere, selbstverständlich auch die Vulgärschriftsteller wie Hygin, z. B. Venus Helenam se in coniugium dare promisit 88, 7, ebenso christliche Schriftsteller wie Commod., Ennod., Engipp., z. B. Ennod. 50, 16 remitiere promisi. Für die Sprache der Juristen ist zu bemerken, dass sie regelmässig den Inf. praes. im Passiv setzen (so erklärt sich auch einfach die Gcerostelle p. Quinct. 29 als Anlehnung an den Kurialstil); jedoch der Jurist Celsus schrieb

Handbaeh der klaae. Altertnmswinenschaft. n, 2. 3. Aufl. 19

290 Lateinische Grammatik, d. Syntax.

auch im Aktiv ae dare promisUf wfthrend seine Fachgenossen nach klassischem Muster 9e daturum sagten. Es genttgt, darauf zu verweisen, dass in diesen Verbindungen der Inf. praes. mit vollständiger Vemaclüässigung der Bezeichnung des Futurischen der Volkssprache entstammt, die unmittelbar nebeneinander die te daturum ut aheat und egon dicam dare (Plaut. Most. 683) sagt.

154. Der Acc. c. inf. nach den Verben des Wollens bei gleichem Subjekt findet sich schon im AlÜat., z.B. Plaut. Pseud. 167 volo me magni^ fice viros accipere, dann bei Cicero, hier namentlich, wie bei Terenz aus- schliesslich, wenn der Infinitiv im Passiv steht oder esse ist; ebenso ver- hält es sich mit studeo bei Plaut., Ter., Lucrez, Sali, und selbst bei Cicero, wenn auch vereinzelt, z. B. de off. 2, 70 gratum se videri studet^ und mit propero bei Sali. Cat. 7 se quisque hostem ferire properabat, wo jedoch das quisque beeinflussend wirkte, mit opto im Altlat., selbst bei Cicero, aber sehr selten, z. B. de or. 1, 87 ut talis, qualem se esse optaret, videretur^ mit exopto bei Plaut. Im Hinblick auf den Gebrauch der Ko- miker, den ich auch bei Servius ad Fam. 4, 5, 4 nachgewiesen habe (Z. f. G.W. 1881 p. 101), erachte ich es als eine der Volkssprache entstammende Bestrebung, im Interesse der Deutlichkeit sogar die Abundanz des Aus- drucks nicht zu scheuen, wenn in den genannten Fällen der Acc. c. inf. an Stelle des Inf. gesetzt wird. Nach all den genannten Verben steht bei verschiedenem Subjekt von Haupt- und Nebensatz der Akk. und Inf., wenn auch nicht bei allen gleichmässig und überall; so wird z. B. opto bei Cic. nur in Ausgleichung mit andern Inf. oder in Konkurrenz mit con^ fidOj spero, mdlo etc. etc., z. B. Fam. 1, 7, 11 spero et opto nobis hanc con- iunctionem voluptati fore, bei Caes. und Liv. gar nicht, häufig jedoch in der spätem Latinität, z. B. bei Cyprian, dessen Briefe fast regelmässig mit opto vos semper bene valere schliessen, gebraucht; urgeo findet sich zu- erst bei Cic. nat. deor. 3, 76 und dann bei Tac. und concupiseo nicht vor Suet. mit Acc. c. inf.

166. Zu den Verben des Wollens rechnet man auch die Verba des Beschliessens. Diese finden sich selten im Altlat. so konstruiert, sicher steht nur censeo bei Cassius Hemina fr. 16 P. censmt sese regem Porsennam ocddere, ferner deliberatum est (man vgl. Afranius bei Ribbeck fr. com. p. 169 deliberatum est non tacere me amplius mit Cic. pro Bosc. Am. 31 certum est deliberatumque omnia non modo dicere, sed audacter libereque dicere zur weiteren Bestätigung des im vorhergehenden Paragraphen Ge- sagten) ; öfter treffen wir die Konstruktion seit Cicero, der censeo^ decemo und sentio, aber nur bei verschiedenem Subjekte, so braucht; von diesen hat sich censeo auch in der silbernen Latinität, bei den Archaisten und eccl. erhalten; als Analogiebildung ist bei Tac. ann. 1, 74 tulit äbsolvi reum zu betrachten.

Verwandt mit diesen Verben sind die des Bittens, Ermahnens, Forderns. Orare mit Acc. c. inf. erscheint zuerst bei Tac, dann bei Suet., Ammian, Cyprian, Hieronymus, bei letzterem auch obsecrare V. Hilar. 20 non tam adversarium laedi quam se defendi obsecravit; petere ist vielleicht aus der Rechtssprache herübergenommen, wo man z. B. petit aes sibi dari sagte; thatsächlich lesen wir es auch beim Juristen Scaevola und bei dessen Schüler Papinian, und zwar in juristischen Formeln; ausser-

I. Von den Teüen des SatEes. (§§ 154—156.) 291

dem findet es sich bei Suet. und von da ab häufig, z. B. Hygin fab. 32 petiU dari sibi responsum, bei Gellius, Hieronymus, Rufin., Dict. Cret., Vict. Vit., Sidon. (bei letzterem ep. 1, 11 peUs tibi satiram nescio quam trans- mitH); precari, eingeführt von Ovid, haben Plin. mai., Suet., Gell., Hiero- nymus; suader e und persuadere lesen wir bei Dichtem wie Ter., Lucr., Verg., in Prosa aber nicht vor Plin. mai., dem dann vereinzelte Spätere folgen, imperare bei Lucr. und Ovid, sowie im b. Afr. wiederholt mit Inf. act., mit pass. Inf. auch in klassischer Sprache (nicht bei Sali.), in nachklassischer Latinität (nicht bei Liv. und Tac.) namentlich oft bei Sueton. Besondere Beachtung verdient praecipio; dies verbindet schon Cic. Att. 12, 51 quilms patere omnes noXirixoC praecipiunt mit dem In- finitiv; in der Konstruktion des Acc. c. inf. findet es sich zuerst bei Plin. mai. und Curtius (nicht bei Tac. und Plin. min.), geht nachher aber vollständig in die Bedeutung und den Besitzstand von iubere über; so lesen wir es oft mit Inf. pass. bei Sueton, Justin, dann bei den Script, bist. Aug., bei Firmicus, Ammianus, Orosius, bei Hieronymus, Cyprian, Amobius, Lactanz, z. B. Hieronym. v. Paul. 3 aliam iuvenili aetate ftorenfem in amoenissimos hortulos praecepit adduci; mit Inf. act. seltener, aber wiederholt bei Script, bist. Aug. und eccl., z. B. Hieronym. v. Hilar. 22 post horam ceteros abire praec&pit. Postulare mit Acc. c. inf. geht von Plautus bis herab zu den eccl., jedoch in der Weise, dass es in der klassischen Zeit seltener wird (bei Cicero fast nur in Erstlingsschriften), häufiger wieder bei Liv., Plin. mai. und Tac., Nepos und Justin vorkommt, da- gegen von einzelnen Autoren, wie Vell-., Val. Max., Gurt., Suet., Archaisten, gemieden wird. Wenn Plaut. Rud. 543 sagt iam postulabas te fotam Si- ciliam devoraturum^ so beweist dies umsomehr, dass die zahlreichen Acc. o. inf. nach postulare bei Plautus sich aus der Bedeutung desselben er- klären lassen, die hM = velle, siudere, bald = „das Verlangen aussprechen*, »frech behaupten* ist. Die andern verba postulandi, wie expostulare, exposcere^ poscere (zuerst Horaz, auch noch Sulp. Sev.), flagitare, exigere gehören in der Konstruktion mit Acc. c. inf. nur einzelnen Autoren der nachklassischen Zeit an und erweisen sich so als Analogiebildungen, die gewagt wurden zum Ersatz für die abgebrauchten Verba des Wollens und Wünschens.

166. Die Verba der negativen Willensrichtung, zunächst die Verba impediendi kommen in der uns erhaltenen Litteratur der vor- klassischen Zeit mit Acc. c. inf. ganz vereinzelt vor, bei Plaut, z. B. prohibeo nur Aulul. 435, bei Ter. nur Hec. 266 ; jedoch darf man aus der Grab- schrift des App. Claudius Caecus pacem fieri cum Pyrrho rege prohibuit, sowie aus dem umstände, dass die Archaisten und die spätlateinische Litteratur prohibere mit Acc. c. inf. konstruieren, schliessen, dass diese Konstruktion schon frühe existierte und sich immer erhielt, wenn sie freilich durch die konjunktionale Anfügung des Nebensatzes sehr zurück- gedrängt wurde. Die klassische Sprache hat gewöhnlich den Inf. act. nach prohibere^ selten den Inf. pass., welch letzterer hauptsächlich bei Liv. und den Autoren des silbernen Lateins gefunden wird. Ausser prohibere ver- binden sich namentlich in der Dichtersprache einige andere Verba mit

19*

292 lAteiniaohe Chrammatik. d. Syntax.

Acc. c. inf., vereinzelte Prosaiker ahmten die Wendung nach; z. B. lesen wir dedignari bei Ovid und dann bei Tac. und Amob., abnuere bei Yerg. und Sil.

157. Schliesslich erwähnen wir die Yerba, welche bezeichnen, dass das Subjekt entweder selbst etwas veranlasst oder doch eine Handlung zulässt.

Schon § 151 wurde von facere c. acc. c. inf. gesprochen; neben dem- selben wurden auch efficere, offenbar mit vulgärem Beigeschmack, zuerst von Vitruv, später von Amobius und Lactanz, und perficere bei Arnobius, Firm. Mat. u. a. gebraucht. In der Bedeutung , beweisen'' lesen wir ef- ficere und conficere bei Gic, sonst nirgends. Nach per mitter e ist der Acc. c. inf. unklassisch, aber im AlÜat., bei Liv. und Tac. und dann im SpäÜat. gebräuchlich; nach ferre , ertragen* (gewöhnlich mit aegre, mo- leste etc. verbunden) ist er selten imAltlat., oft beiCic, den august. Dichtem, spärlich in nachklass. Zeit zu finden, nach quiescere jedenfalls nicht bei Cic. ad Att. 7, 9, 2 (wahrscheinlich überhaupt nirgends, bei Plaut Most. 1174 und Gell. 2, 28, 2 steht nur der Inf. in Analogie von desino); nach neglegere in der Bedeutung von non curare hat ihn Antonius in Cic. Phil. 13, 33, dann Tibull, Hör., Suet., ähnlich bei nihil moror ebenfalls Antonius in Cic. Phil. 13, 35 und vorher Plautus; beides sind offenbare Fügungen der Umgangssprache. Über den Unterschied von neglego mit Inf. oder Acc. c. inf. vgl. Ei£SSLiN6 zu Hör. od. 1, 28, 30.

158. Der Acc. c. inf. steht infolge naheliegender Analogie

1. nach Phrasen, welche die Bedeutung eines verbum declarandi oder eines andern Zeitworts haben, nach welchem der Acc. c. inf. zulässig ist, z. B. nach nuntius adfertur, pervenit seit der klassischen Zeit nament- lich bei Liv., nach auctor sum seit Cic, auch bei Verg., bei Liv. und in der silbernen Latinität (das von Reisig p. 564 als i, verwerflich* bezeich- nete Beispiel aus des Attikus Feder bei Cic. Att. 9, 10, 5 ego quidem tibi non sim auctor te quoque profugere erklärt sich als Analogie des so bei Ter., Lucr., Verg. gebrauchten suadere, vgl. auch Celsus 7, 7, 6 Heraclides auctor est subsecare), nach testis sum bei Cic. u. ä.

2. nach unpersönlichen Verben mit der Bedeutung eines V. sen- tiendi oder declarandi, da ja z. B. apparet = videmus ist. Die Konstruk- tion findet sich in allen Zeiten, jedoch so, dass einige dieser sogen. Im- personalia bald veralten und ausser Gebrauch kommen, während um- gekehrt namentlich von Cicero und dann auch von Späteren neue ein- geführt werden; wenige, wie apparet, decet, licet, expedit etc., gehören der ganzen Latinität an.

Altertümlich sind die Komposita von decet, wie addecet und condecet, dann scilicet und videlicet (doch auch bei Lucrez, Varro und Sali.), mit Cic. treten auf accidit (bei Cic. Fam. 6, 11, 1 neuerdings wieder bestritten von Streicher), conducit, constai (vgl. hierüber Praun, Synt. d. Vitr. p. 37), existit, fallit, iuvat, liquet, patet (Cic. Tusc. 1, 54), pertinet, placet, prodest; später erst enotescit bei Sen., latet bei Vitruv und dann bei Plin. mai., sufficit bei Quintil., contingit bei Oell. und dann bei Augustin.

3. nach Adjektiven, gewöhnlich in Verbindung mit esse, z. B. ignarus sum = nescio, jedoch noch nicht im Altlat., zum Teil erstmals bei Cic, wie

I. Von den Teilen dee Satsee. (§§ 157—160.) 293

ignarus sum^ certus sum^ non nescitAS sum, oder bei Dichtern und Späteren, wie menior^ immemor^ prudens sum; manche Bildungen sind ganz vereinzelt, wie z. B. pm-itus fortius adversus Romanos aurum esse quam ferrum bei Florus (Opitz, Progr., Dresden 1884, p. 11).

4. nach Adi. neutr. mit esse, da z. B. indignum est = aegre ferimus, fnirum est = miror ist; auch diese Konstruktion treffen wir in der ganzen Latinität; vereinzelt ist necessum est bei Fab. Pictor, nimium est bei Cato, stabile est bei Plaut, und volup est bei den Komikern.

5. nach Subst. abstracta mit est gleichfalls in allen Zeiten, aber bei- spielsweise nach audacia est, confidentia est, factum est, miseria est, mo^ lestia est, negotium est, scelus est nur bei Plautus, nach fam^ est, fides est, laus est allenthalben, nach proverhium est seit Gic, nach mos est vor- und nachklassisch, auch einmal bei Cic, nach opinio est seit Cic; causa est wurde von Vitruv, persuasio est, remedium est, honos est von Plin. mai., praeceptum est und patrocinium est von Sen. rhet., usus est und controversia non est von Gellius, rubor est von Tac. geneuert.

169. Wenn sich nach den Verba sentiendi und declarandi der Nomi- nativus cum infinitivo bei Dichtern findet, so haben wir darin eine Nach- ahmung der griechischen Konstruktionsweise zu erkennen. Vielleicht hat schon Plaut. Asin. 633 geschrieben: argenti viginti minae med ad mortem adpulerunt, quas hodie adulescens Diabolus ipsi daturus dixit; Kienitz ändert zwar (Neue Jahrb. 1878 S. 848) dcUurtts in daturum, aber Tammelin erklärt sich für daturus (De participiis S. 32) und so liest auch Scholl. Nach Plautus treffen wir die erste Stelle bei CatuU 4, 1 pJuiselus ille ait fuisse navium celerrimus ; von da ab fand die Konstruktion häufigere Wieder- holung, so bei Verg., Hör., Properz, Ovid, Lucan, vgl. noch Hör. od. 3, 27, 73 uxor invicti lovis esse nescis (= ovx ohfd-a ovaa). Bezüglich der Kon- atruktion sensit medios delapsus in hostes und gaudent perfusi vgl. § 178.

160. Während wir also in den eben besprochenen poetischen Stellen nichts weiter als eine Nachahmung der Griechen erblicken, ist dagegen der Nom. c. inf. beim Passiv der Verba sentiendi und declarandi als eine echtlateinische Konstruktion zu erklären. Ist der Acc. c. inf. die Ver- bindung eines Objektsakkusatives und eines Infinitivs mit einem transitiv gebrauchten Verbum, so muss bei der Umwandlung ins Passiv aus dem Akkusativ der Nominativ werden, also aus Bibulum audiebamus esse in Syria wird Bibulus audiebatur esse in Syria. Hier muss man jedoch beachten, dass abgesehen von ganz wenig Ausnahmen nur die 3. Person der Verba sentiendi oder declarandi mit Nom. c. inf. verbunden wird und dass mit Ausnahme von videor, iubeor, vetor u. ä. die Verba zumeist nur die einfachen Zeiten mit Nom. c. inf. konstruieren, während bei den Temp. compos. der Acc. c. inf. vorgezogen wird. Doch gelten diese Wahr- nehmungen nur für die alte, die klassische und die erste Epoche der nach- klasfiischen Zeit, und auch hier finden sich manche Ausnahmen; man ver- gleiche folgende Beispiele aus Cicero: Fam. 1, 7, 3 cogitare perspectus est; 9,21,3 vim attulisse existimatus est; Att. 1, 13, 6 bene emisse iudicati sumus; Sull. 73 cupidior iudicatus est fuisse.

294 Lateinische (tounmatik. d. Syntax.

Im Altiat. finden wir nur wenig Beispiele, darunter auch chieo = einem Pasaivum bei Plautus (anders Ennius sat. 31 L. Müller) und noch bei Lucrez. Mit dem klassischen Zeitalter erweitert sich die Zahl der Yerba, indem jetzt audior^ cognoscor (dies Gic. Fam. 1, 5a, 1 in erster Person lU quam gratissimus erga te esse cognoscerer), comperior^ concedor, defendor^ doceor, excusor^ mdicör, invenior (in zweiter Person Verr. 4, 1, 4 inveniare)^ Uberor, negor, nuntior, ostendor, posfulor^ ptdor^ sinor, trador bei Cic. und zum Teil auch bei Caes. so gebraucht werden; für Cic. habe ich die Wahr- nehmung gemacht, dass ein grosser Teil dieser Yerba in die Briefe, die Erstlingsschriften oder in die Philippicae fallt, so z. B. arguor, defendor^ demonstror, doceor, imperor, memoror, ostendor, postulor, prohibeor; dies lässt schon einen Schluss zu: dass nämlich die Konstruktion des Nom. c. inf. der urbanitas nicht besonders sympathisch war und deshalb von Cic, abgesehen von den Gerichtsreden (z. B. pro Milone), in der besten Zeit seiner SchriftsteUerei gemieden wurde. Und in der That, schon bei Yitruv, der sogar 26, 27 quod a nobis exposiü sunt tantum octo esse venu wagt, und bei Ovid, welcher reich ist an den auffalligsten Beispielen, vgl. Ehwald, Jahresbericht 1894 S. 77, noch mehr aber mit dem Verfall der Sprache kommen die Nom. c. inf. immer mehr auf; zahllose Analogiebildungen überschwemmen seit Sali, und Liv. die Litteratur, und je mehr wir uns den letzten Zeiten der lebenden Sprache nähern, um so häufiger begegnen uns persönliche Konstruktionen aller Art. Zum Beweise fuge ich aus der späten Litteratur einige Beispiele bei: Sulpic. Sever. Chron. 1, 46, 5 hie novem annos regnasse scribitury sed iy% Paralipomenis atqtie etiam in Chro- nicis novem et viginti annos imperium tenuisse adnotatus est; Hieronym. in Luc. hom. 111 JEva quoque, antequam aperirentur ocuU 6tws, vidisse describitur; Lucifer v. Calaris pro Athanas. II p. 920 c.: cum mendax esse claruens und Cyprian ep. 30, 8 dum episcopu^ dan a deo nobis sustinetur. Am reichsten an solchen Konstruktionen scheint neben Sulpic. Sever. wohl Cassiodor gewesen zu sein. Die Macht der Analogie zeigt sich hier ganz besonders darin, dass schliesslich sogar intransitiv gebrauchte Yerba im Nom. c. inf. auftreten, so permiitere, vgl. Augustin. tract. XXYII in Jo.: Laurentius diu vivere permissus est, vgl. § 157.

Neben clueo im Altlat. haben wir in ganz später Zeit so eben noch claresco mit Nom. c. inf. verbunden gesehen. Ausser den beiden konstruieren sich noch einige andere Intransitiva ebenso, im ganzen aber selten, sowie die Phrasen in suspidone sum und in suspicionem venio. Immerhin muss man die Beispiele, bei Cicero wenigstens, sehr vorsichtig aufnehmen, wie z. B. pro Rose. Am. § 118 malefictis quae in illo constat esse von Land- graf und C. F. W. Müller gelesen wird, während jedoch die Stelle bei Caelius in Cic. Fam. 8, 10, 2 kritisch sicher ist. Ich erwähne noch ap- pareo bei Cic, Yarro, Sen. phil., Suet., Commodian, z. B. Süvanus unde apparuit deus esse?, opus esse bei Brut. Cic. Fam. 11, 11, 2 quae opus erunt administrari (von Wesenberg mit Unrecht angezweifelt), pateo bei Apul., dann Dolabella bei Cic. Fam. 9, 9, 1 etsi nullo tempore in suspicionem tibi debui venire partium causa potius quam tua tibi suadere; innotesco beim Juristen Pomponius 4, 9, 3, 1 ut innotesceret praetor curam agere.

L Von den Teilen des Satses. (§§ 161—162.) 295

161. Wie in aufgeregter Rede häufig der Objektsakkusativ allein, z.B. (Sc. Verr. 4, 12 cupidinem Praaitelis US ducentis! oder mit angefügtem Prädikativum, z. B. Cic. Att. 2, 14, 20 occasionem mirificam, ohne das regie- rende Verbum gesetzt wird, so auch der Acc. c. inf. ; dabei wird manch- mal wie in unwilligen Fragen ne an das Tonwort angehängt, vgl. § 192, und, wie beim Acc. c. inf. überhaupt, der leicht zu ergänzende Subjekts- akkusativ weggelassen.

Dieser Infinitiv des Ausrufs auch Infinitivus indignantis genannt findet sich schon im Altlat., vgl. Naev. Tarent. qtiae eqo probavi, ea nunc andere quemquam regem rumpere! Ter. Andr. 253 tantamne rem tarn negle- genter agere! (sc. patrem meum), ebenso im klassischen Zeitalter in Cic. ad Att., z. B. 9, 13, 8 tene haec posse ferre!, auch sonst bei Cicero, sogar in den Reden, z.B. Rose. Am. 95 tene potissimum tibi partes istas depoposcisse! und im b. Afr. 57, aber nirgends bei Caes., Sali., Tac, bei Liv. nur 9, 11, 12. um so öfter bei den august. Dichtern, vgl. Hör. sat. 2, 4, 83, Yerg. Aen. 1, 37, vereinzelt im nachklassischen Latein, z. B. bei Sen. dial. 2, 18, 2 und noch im Spätlat., z. B. Prudent. P. 10, 803 vos non potesse fabricam corpus- culi dissipare!

Da man bei Plaut, und Ter. den Inf. Perf. Pass. auch mit aus- gelassenem esse findet (vgl. § 10 Anm.), so lag auch hier nahe, an einen ur- sprünglich prädikativen Gebrauch des Part. Perf. Pass. zu denken ; aus dem Part. Perf. Pass. hätte sich dann der Inf. Perf. Pass. gebildet; vgl. Ter. Hec. 645 nosne hoc celatos tarn diu! Bemerkenswert ist, dass bereits bei Ter. der Inf. sich öfter findet als das Partizip.

Anmerkniig. Der Acc. c. inf. nach dem unpersönlich gehraachten Passiv eines Verb, sentiendi oder declarandi, z. B. Ter. Andr. 796 in hoc habitasse platea dictumst Chrysideni, ist im Altlat. sehr selten, vgl. Acc. praet. 19 (Ribb. p. 283) visutn est pastorem ad me ad- pdlere pecus, häufiger bei Cic. und Caes., von wo ab die Konstruktion inmier öfter sich findet. Man hat bei einzelnen Schriftstellem Beobachtungen individuellen Gebrauchs ge- macht, z. B. dass Cic. und Caes. den Acc. c. inf. nach dicitur und nuntiatur setzen, wenn ein Dativ oder sonst ein Zusatz, z. B. vere, dabei stehe, dass creditur in der klass. Sprache regelmässig unpersönlich, spftter persönlich konstruiert werde, dass Tac. nach creditur den Acc. c. inf. nur bei sachlichem Subjekte oder beim Subjekt im Plural setze, während bei persönlichem Subjekt im Singular überwiegend der Nom. c. inf. stehe. Schliesslich mag erwähnt werden, dass die Konstruktion des Nom. c. inf. in der besten Zeit der Sprache sich nur in unmittelbarer Verbindung mit dem Yerb. sent. oder die. halten konnte, die Weiter- fOhrnng des Gedankens musste im Acc. c. inf. erfolgen; vgl. noch bei Liv. 5,41, 9 Papirius unu8 ex his dicitur Gallo barbam suam permulcenti scipione ebumeo in caput incusso iram moviase, atque ab eo initium caedis ortum, ceteros in aedibus suis trucidatos. Dass man auch im Spätlat, trotz der Vorliebe fUr den Nom. c. inf., solche Übergänge noch suchte, zeigen Lucif. Calar. und Tertull. (Archiv III, 47; Habtbl, Patr. Stud. IV, 81). Es ist dies ein Beweis, dass die Fügung des Nom. c. inf. hier als eine grammatische Fessel em- pfunden wurde, der man sich möglichst rasch zu entziehen suchte (ähnlich wie bei der con- stmctio xatd cvrea^y).

162. Zum Abschluss in der Behandlung der Infinitivkonstruktionen mögen noch folgende Punkte erledigt werden:

1. Der Gebrauch des Infinitivs des Perfekts, wo das Präsens erwartet wird, findet sich in der ältesten Periode vorzugsweise in Sätzen, die ein Verbot enthalten, und zwar nach volo und nolo, z. B. Cato r. r. 5 ne quid emisse velit, ebenso bei Plaut, und Ter., sowie in Edikten und Senats- beschlüssen, z. B. S. C. de Bacan. nei quis Bacanal habuisse velet. Die Er- klärung liegt darin, dass das auf Vollendung gerichtete Verlangen sich

296 Lateiniaohe (Grammatik, d. Syntax«

einmischt, die berührte Sache möge nicht geschehen sein. Diesen Ge- brauch, der in der Litteratur bald erlosch, während er sich im Eurialstil erhielt, haben Lucrez und CatuU, dann die Schriftsteller der augusteischen und der späteren Zeit wieder aufgenommen und erweitert, z. B. Hör. sat. 1, 2, 28 sunt qui nolint tetigisse. So -schreiben Ovid, Hör., Liv., Verg., Quint., Plin. mai., z. B. n. h. 10, 30 cum eam nemo velit attigisse. Wenn Liv. sogar ohne Negation diesen Infinitiv gebraucht, so hat er damit den bei den Komikern, in einem bei Gic. off. 2, 23 erhaltenen Fragment quem quisque odit perisse expetit und bei Lucrez auch schon sich findenden Brauch vrieder aufgenommen. Die dem griechischen Einfluss besonders zugänglichen Dichter der augusteischen Zeit, so namentlich Properz, Ovid, Tibull, auch Horaz, ebenso die N. El. Dichter wie Silius verwenden diesen einm^ wieder in Gebrauch gekommenen Inf. nun auch nach den Verben des Strebens und Könnens, und hier dürfen wir eine unzweifelhafte An- lehnung an den griechischen Aorist erkennen. Diese Verwendung des Inf. Perf. ergab sich um so ungezwungener, als ja im lat. Perf. Aorist und Perfekt zusammengeflossen sind; vielleicht wurzelt der ganze Gebrauch dieses Inf. Perf. im aoristischen Bestandteil des Perfekts, vgl. Planta H S. 438. So lesen wir den Inf. Perf. nach deeet, convenit, iuvat, Übet, oportet und andern unpersönlichen Verben; aus Horaz werden curo, laboro, tento zitiert, vgl. auch Ovid met. 6, 700 debueram petiisse, 14,. 571 sed vicisse petunt. Selbstverständlich hat die metrisch sich leicht fügende Form, z. B. sustinuisse, imposuisse die Konstruktion den Dichtern sehr empfohlen. Daher finden wir sie wohl auch spätlateinisch noch bei den christlichen Dichtern wie Gommodian und Prudentius, vgl. Gömmod. 1, 11, 11 amasse debuerat Prud. C. 3, 177 ne libeat tetigme. Die Prosaiker der silbernen Latinität, so Val. Max., Plin. mai., seltener Seneca phil., haben sie vielfach über- nommen, z. B. satis est adiecisse, und die Autoren des Spätlat. beibehalten, z. B. Justin 5, 4, 15 posuisse cupiunt, Excerpt. aus Quint. Decl., z. B. rfe- buerat crevisse Caritas, ebenso christliche Prosaiker wie Lact., Ennodius u. a., vgl. Ennod. 365, 5 H. jwtuit intuKsse.

Der Inf. Perf. Pass., meist ohne esse, steht bei energischen Willens- äusserungen schon in alter Zeit, in der klass. Sprache, oft bei Livius im ganzen Werke, dann in der silbernen Latifiität und zwar meist nach volo, seltener nach noh, malo und cupio^ z. B. Plin. n. h. 2, 7, 15 muUis etiam pestibus, dum esse placatas cupimus etc. Weil esse gewöhnlich fehlt, lag es nahe, hier eher an eine Partizipialkonstruktion als an den Infinitiv zu denken. Gestützt wird diese Meinung dadurch, dass das Partizip über- haupt häufiger gebraucht wird, als der Infinitiv, ferner dass es besser zu den Stilgattungen, in denen die Konstruktion heimisch ist, passt und schliesslich, dass das Part. Perf. Pass. älter ist als der Inf. Perf. Pass., welcher ja aus jenem erst entstanden ist. Noch weiter geht Breal (Mem. de la soc. ling. de Paris VHI, 3), indem er ursprüngliches Supinum an- nimmt, welches sich allmählich in das Part. Perf. Pass. umsetzte.

Schliesslich sei erwähnt, dass nach den Praeterita von oportet {decet, convenit) und aequum est der Inf. Perf. Pass. meist ohne esse sich findet (der Inf. Perf. Act. nur bei Plaut, zweimal, z. B. Amph. 544 cavisse

L Von den Teilen des Satzes. 162.) 297

qportuU und Mil. 730 itideni divos dispertisse vitam humanam aequom fuif) und zwar bei Plaut., Ter. und Cic, vgl. Cic. Cat. 1, 2 quod iam pridem factum esse oportuit Hier liegt eine einfache Attraktion zu Grunde, indem der Infin. sich im Tempus dem regierenden Verb assimiliert hat. Im Spät- latein findet sich diese Tempusangleichung auch sonst, bei Gregor. Turon. besonders nach videre, z. B. fulgor per caelum discurrisse tnsus est; Sulp. Sev. Mart. 12, 3 videres miseros velut saxa riguisse.

2. Der Subjektsakkusativ wird in der Konstruktion des Acc. c. inf. oft ausgelassen und zwar, wie dies genau nachgewiesen ist, sehr häufig bei den Komikern, allgemein bei den Historikern (vgl. besonders Frigell zu Liv. 23 p. 46 55), im Briefstil ganz gewöhnlich, auch bei Cicero (ad Fam. 16, 5, 1 is oninm poUicitits est, quae tibi optcs essent; facturum puto)^ selbst in den Reden Ciceros häufiger als man glaubt. Bei den Dichtern, so namentlich den august., trifft man zahlreiche Beispiele an, die teils in Anlehnung an die alte Litteratur, teils unter dem Zwange des Metrums entstanden sind. Auch im Spätlatein ist die Auslassung von Pronomina oder auch von Substantiva, die sich leicht aus dem Zusammenhang er- geben, sehr gebräuchlich; ich habe dies z. B. bei Lact, beobachtet. Ein Gräzismus ist hier völlig ausgeschlossen. Die Auslassung des Infinitivs, z. B. quid illum censes? sc. facere, was in der Umgangssprache, also be- sonders bei den Komikern und in den Briefen üblich ist, erklärt sich nach § 9.

3. Ein mit quam sich anschliessender Satz kommt durch eine Art Attraktion auch in den Acc. c. inf. zu stehen; doch ist dies nur klass. Brauch, bei Cicero sogar in den Briefen ad Att. durchaus beobachtet, z. B. ad Att. 2, 20, 3 addit etiam se prius occisum iri quam me violatum iri. Allein im Altlat., dann wieder bei Sali., Liv., bei Curt., Nepos, selten in späterer Zeit, tritt der zweite Satz in Konjunktiv, z. B. Tac. ann. 13, 42 omnia potius toleraturum quam submitteret Die Grundform dafür finden wir im selbständigen Satze schon bei Plautus, z. B. Mil. 311 mussitabo potius quam inteream male; vgl. unten § 258 und Riemann, Revue de philol. 1888 p. 47. In gleicher Weise treten auch andere Vergleichungssätze im späteren La- tein zusammen in Acc. c. inf., z. B. Orosius 3, 2, 11 quimnque nescit omnes hos populos ita nunc in theatris conseneseere, sicuti tunc in castris tabuisse. In der guten Zeit der Sprache musste es tabt^runt heissen. Etwas an- deres freilich ist es, wenn bei gleichem Prädikate dem Subjekte des Acc. c. inf. in vergleichender Weise ein zweites beigegeben wird: dies zweite Subjekt steht regelmässig im Akkusativ, z. B. Cic. Pis. 79 Caesarem non eadem de re publica sensisse quae me scio; Fin. 3, 64 decet cariorem esse patriam nobis, quam nosmet ipsos.

4. Das Subjekt des Acc. c. inf. tritt bisweilen mit de voraus und wird dann mit is, ille oder überhaupt einem Pronomen im Akkusativ wieder aufgenommen. Diese Konstruktion gehört im ganzen dem attenuatum genus dicendi an, welches solche lose und bequeme Verbindungen liebt. Sie findet sich nicht vor Cicero, bei diesem namentlich in den Briefen, doch auch in den philos. und rhetor. Schriften, z. B. Brut. § 252 sed tarnen de Caesar e iudico . . .illum omnium fere oratorum latin$ loqui elegantissime;

298 L&teinlsehe Orammatik. cL Syntax«

die spätere Latinität hat sich eine so bequeme Satzfügung erhalten, wie z. B. Gellius; eine Prolepse des Objekts ist bei Jul. Cap. Max. et Balb. 11 de quo sckepissime dicebat^ se non contra hominem, sed contra Cyelopem bellum gerere zu finden.

5. Die sog. oratio obliqua besteht darin, dass die Rede eines an- dern einem einführenden Y. dicendi untergeordnet wird. Dabei treten die Behauptungssätze in den Acc. c. inf., Aufforderung und Wunsch erscheint mittels Personen- und meistens auch Tempusverschiebung im Konjunktiv, der Fragesatz aber steht, wenn er als rhetorische Frage eine Behauptung in sich schliesst, im Acc. c. inf., enthält er dagegen den Ausdruck eines Verlangens, Wunsches, Befehls, so muss er konjunktivisch ausgedrückt werden. Doch stimmt diese letzte Regel nicht immer mit der besten Überlieferung; so sagt Caesar in ungewöhnlicher Weise b. G. 1, 43, 8 quis pati posset? 5, 29, 3 quis hoc sibi persuaderet? und viel- leicht ist 5, 29, 7 quem haberet exitum? und gar 1, 14, 3 num etiam recen^ tium iniuriarum manoriam deponere posset? zu lesen; vgl. jetzt auch Blase, Bayr. Gymn. XXXV S.'269. Selbstverständlich gehört die erat, obliq. we- sentlich den Historikern an und findet sich sonst nur vereinzelt, unter den Historikern ist es ganz besonders Caesar, welcher die Oratio obliqua ausgiebig verwendet; nur die Rede des Critognatus b. Gall. 7, 77 ist im b. Gall. direkt wiedergegeben, alle andern, darunter auch sehr lange, stehen in Oratio obliqua.

Za § 144: Eübleb, De infinitivo apud Romanorum poetas a nominibiis adiectivis apto, Berlin 1861, Progr. || Zu § 147 ff.: Thielhakn, Habere mit dem Infinitiv und die Entstehung des roman. Futurums, in Wölfflin's Arch. U, 1 u. 2; Wölfflin, Der substantivierte Infinitiv, Arch. III p. 70 91; Thielmann, F<icere mit dem Infinitiv, Arch. III p. 177 206; Hebzoo, Die Syntuc des Infinitivs, Jahrb. 1873, 1—33; G. Mülleb, Zur Lehre vom Infinitiv im Lai, Görlitz 1878; Babth, De infinitivi apud scenicos poetas latinos usu, Berlin 1882; Mebguet, De usu syntactico Inf. Lat. maxime poetico, Königsberg 1863; Reich enhaedt. Der Infinitiv bei Lucretius, act. sem. £rlang. IV, 457- 526; Sbnobb, Über den Infinitiv bei Catnll, Tibull und Properz, Speier 1886; Sobn, Der Infinitiv bei Sallust, Florus, Eutrop und Persius, Inns- bruck 1887; Keausb, De Vergilü usurpatione infinitivi, Halle 1878; Schmidt, De usu infini- tivi apud Lucanum, Yal. Flacc, Sil. Italicum, Halle 1881 ; Tbillhaas, Der Infinitiv bei Ovid, £rlahgen 1877; Eidbnschink, Der Infinitiv bei Com. Nepos etc., Passau 1877; Funck, Neue Jahrbb. 1880 p. 725—734 (Ellipse des Subjekts); Egeb, De infinitivo Curtiano, Darmstadt 1885: HoFFKANN, De infinitivi apud Ovidium usu, Schlawe 1889; Eobb, Der Gebrauch des Infinitivs bei Gurtius, Prag 1896 u. 1898; dazu Max C. P. Schmidt in Neue ITahrbb. 1890, 1898 und Jahresber. 1899 8. 83; Debcke, Beiträge zur Auffassung der lat. Infinitiv-, Gerundial- und Supinkonstruktionen, Mülhausen 1890; Howabd, The Perfekt Infinitive with tiie force of tfae Present, Harward Stud. 1890 S. 122; Gollino, Syntax der lat. Dichtersprache, I. Infinitiv, Wien 1892; id., Gymn. 1889 S. 473—482; (Inf. Perf. aoristisch gebraucht); A. Kbambb, Der Infinitiv bei Manilius, Strassburg 1889; Subbbb, Über die Verwertung der wissenschaftlichen Ergebnisse für die Schulsyntax des lat. Infinitivs (Phil. Abh. für Schweizer-Sidler S. 13); id., Beitrag zu einer Reform der Schulsyntax des lat. Infinitivs; G. Final y. De usu infinitivi apud Gaesarem, Elausenburg 1894 (vgl. Arch. IX S. 470). Bezüglich der Fragesätze in oratio obliqua: Ebaz im Progr. von Stuttgart 1862 und dagegen Biemann in der Revue de phüol. 1882.

b. Vom Qerundivum und Gerundium.

a. AllgemeinM.

163. Das Gerundivum ist das Part. Fut. Pass. ; in ihm liegt der Be- griff der zu vollziehenden Thätigkeit. Es entspricht somit beUum cense^ bant yerendum = bellum censebant ut gereretur. Die passive Bedeutung

L Von den Teilen des Satzes. (§§ 163—164.) 299

ist die ursprüngliche und wesentliche des Gerundivs ; diese hat sich sogar bei den Deponentia erhalten, welche doch mit allen übrigen passiven Formen aktive Bedeutung verbinden. Intransitiv gebrauchte Verba haben bekanntlich kein persönliches Passiv; aber wie man sagt itum est, trotz- dem es kein ittis gibt, so hat man auch ein unpersönliches eundum est gebildet. Weisen aber sonst intransitiv gebrauchte Verba ein Gerundiv auf, wie z. B. erubescere erubescendtis, invidere invidendus, so treffen wir überall neben dem intransitiven Gebrauch des Yerbum finitum früher oder später eine transitive Konstruktion, vgl. Yerg. Aen. 2, 540 sed iwra fidemqt^e supplicis erubuit, Hör. a. p. 56 invideor. Wenn jedoch Plaut, auch plaeendas und pereundi^ und somit persönliche Konstruktion rein neutraler Verba zulässt (Plaut. Epid. 70 puppis pereundast probe, Trin. 1159 si tibi iUa placet, placenda dos quoque est, quam dat tibi), so haben wir nach Analogie von placitus und mteritus eine Übertragung der Passivform auf das aktive Gebiet (vgl. § 173) anzunehmen. Wie auch transitiv gebrauchte Verba ein unpersönliches Passiv zulassen, z. B. laifdatur, laudatum est man lobt, hat gelobt, so finden wir auch laudandum est man mi^s loben. Es haben somit intransitiv gebrauchte Verba nur die unpersön- liche Konstruktion, z. B. eundum est, transitiv gebrauchte persön- liche und unpersönliche, z. B. laudandus, laudandus vif\ vir est laudandus, laudandum est; femer kann laudandus vir in allen Kasus gebraucht werden.

164. Eine besondere Form des Gerundivs ist das Gerundium. Ge- rundium heisst die Deklination des unpersönlich gebrauchten Part, Fut. Pass. ; dasselbe kommt somit gleichmässig von transitiv wie von intransitiv gebrauchten Verba vor:

eundi, eundo, ad eundum, eundo (ab eundo); laudandi, laudando, ad laudandum, laudando [a laudando).

Während das Gerundiv einem Adjektiv entspricht, kann man das Gerundium eine substantivierte Form nennen; dasselbe steht dem un- persönlichen Gebrauch des Verbums zur Seite und gibt die Bedeutung des Verbums schlechthin: laudatur das Loben findet statt, laudatum est das Loben hat stattgefunden, laudandum est das Loben hat stattzufinden, cupidus sum laudandi ich bin begierig nach dem Stattfinden des Lobens = zu loben; so kommt es, dass das Gerundium nach gewöhnlicher Darstellung dem Aktiv entspricht: thatsächlich bietet es nur den absoluten Verbalbegriff.

Das Gerundiv kommt vor

1. attributiv, 2. prädikativ, und zwar a. in der sog. coniugatio peri- phrastica passiva, b. nach do, curo u. ä. Verben, 3. in der sog. Gerundiv- konstruktion, welche

a. im Genetiv, b. im Dativ, c. im Akkusativ mit und ohne Präposi- tion, d. im Ablativ mit und ohne Präposition auftritt.

Überall, wo von einem transitiv gebrauchten Verbum ein Objekt ab- hängig ist, muss die persönliche Konstruktion, d. h. das Gerundiv ver- wendet werden. Man sagt daher wohl scribendum est, aber nur scribenda est epistula, ad scribendum aptus, aber nur ad scribendam epistulam aptus.

800 Lateinische Orammatik. d. Syntax.

AuBDahmen finden statt in der ganzen Latinität da, wo das Objekt ein (Adjektiv oder) Pronomen im Neutrum ist, z. B. Plaut. Trin. 1131 r^etundi id capmst, Gic. inv. 1, 36 consilium aliquid faciendi; ars vera et falsa diiudicandi Cic. de or. 2, 157, aber auch veri videndi cupiditas Cic. Fin. 2, 46. Sonst merke:

1. Von der unpersönlichen coniugatio periphrastica wird ein Ob- jekt abhängig gemacht (wie ja Ennius auch vivitur vitam und Spätlateiner legitur VergiUum sagen, d. h. die Rektion des Yerbums auch in der unper- sönlichen Form beibehalten, vgl. § 48) im Alüat. einmal von Plaut. Trin. 869 agitandumst vigilias, öfters von Lucr., z. B. 1, 111 oetertKis quoniam poencts in morte timendum est, von Varro und CatuU, z. B. Varro r. r. 1, 32, 2 serendum viciam, lentem, bei Yerg. und seinen Nachahmern, nirgends bei Caes., Sali., Liv., Tac. Jedoch Cic. schreibt de sen. 6 viam, quam nobis quoque ingrediundum sit, p. Scaur. 13 oblimscendum vobis putaMs mairum in liberos scelera: an beiden Stellen mag Cicero sich gescheut haben, vom Deponens, dessen transitive Bedeutung sich nicht fest ins Bewusstsein eingelebt hatte, die persönliche Konstruktion zu verwenden. Später lesen wir bei Juristen z. B. Juliani sententiam sequendum est,

2. Beim Gen. Gerundii finden wir einen Objektsakkusativ mehrfach bei Plaut., z. B. Gas. 190 ins meum obtinendi optiost, selten bei Cicero und Caesar, z. B. Caes. b. 6. 1, 52, 3 spatium pila coniciendi, häufiger bei Livius, Curtius und den späteren Autoren; doch treffen wir auch im Spätlatein noch Autoren, welche dem Gebrauch der guten Zeit huldigen und das Gerundiv im Genetiv bevorzugen, wie z. B. Cyprian. Von dem durch causa oder gratia regierten Gen. Gerund, ist nur im archaischen und archaisie- renden Latein ein Akk. abhängig, z. B. Plaut. Men. 687 te defraudandi causa und Sali. Jug. 64 petundi gratia missionem,

3. Beim Dativ. Gerundii hat Plaut, an vier Stellen einen Objekts- akkusativ; nach ihm wüsste ich nur noch Ovid Met. 9, 684, Liv. 21, 54, 1 und Vitruv 34, 17 zu nennen.

4. Der Acc. Gerundii mit ad hat, wie es scheint, zuerst bei Varro ein Objekt zu sich genommen, vgl. r. r. 1, 23; 4, 42 ad discemendum vods figuras, dann bei Plancus (Cic.) Fam. 10, 23, 3, vgl. jedoch § 167, vielleicht auch bei Livius (bestritten von Wölfflin, Liv.Kritik S. 16), dann bei Sen. phil., Suet., Aur. Vict., August., Cypr. u. a. Spätlateinern; vgl. aus Cyprian, der nur zwei Beispiele aufweist, ep. 5, 2 ad visitandum confessores bonos. Besonders scheint die spätlat. Übersetzungslitteratur reich an dieser Kon- struktion zu sein, vgl. Luc. 5, 17 ad sanandum eos (ctg to läa&cti avvovg), auch späte Historiker, vgl. Gregor. Turon. h. F. 1, 10 ad persequepidum Hebraeos.

5. Mit dem Abi. des Gerundiums verbindet sich ein Objektsakkusativ bei Plaut. Men. 883 manendo medicum und Trin. 1048 ntale fidem servanda, ebenso bei Naev., Pacuv., mehrfach bei Ter., Lucr. und Varro, selten bei Cicero, z. B. Verr. 5, 113 testes interficiendo (aber Phil. 2, 110 schreibe ich nach MüLLEB addendo die), bei Sali., Vitruv, Vell. (2, 16, 2 duos fiUos creando praetores, wo das Gerundiv wegen des folgenden Prädikativums geradezu unmöglich!), Tac, Curt., bei den Dichtern Hör., Ovid und später

L Von den Teilen des SatseB. (§§ 165~-166.) 301

bei Maximin. Eleg. Im Späüatein, wo ja der Abi. Gerund, eich ein sehr weites Gebiet erobert, nimmt er unbedenklich Objekte aller Art, also auch im Akkusativ zu sich, z. B. Cyprian 798, 4 qui cedendo ac mantis dando ins, quod acceperas, reliquisti. Sehr selten ist ein Objekt abhängig von Abi. mit Präpos. ; so sagt Varr. r. r. 3, 9, 12 in suppanendo ova, b. Afric. 82 in circumeundo exercitum, selbst die. Tusc. 3, 20 a nimis intuendo fartunam und ofF. 1, 14 in suum cuique tribuendo, aber Liv. 30, 13, 9 ist in alloquendo Victore zu lesen.

Es wird aufgefallen sein, dass Caesar nur mit dem Gen. Gerund, einen Objektsakkusativ und auch dies nur zur Vermeidung der schwer- fölligen Genetivendung orum (z. B. b. G. 4, 11, 2 ut potesiatem sibi faceret in Ubios Ugatos miUendi) verbindet, sonst aber regelmässig das Gerundi- vum gebraucht. Damit ist die Gerundivkonstruktion als die echtlateinische und klassische erwiesen. Echtlateinisch ist sie auch schon deswegen, weil hier ganz dem Geiste der lateinischen Sprache entsprechend immer der konkrete Gegenstand zum Hauptbegriffe gemacht wird, an den dann die Handlung als Accidens sich anschliesst, während im Deutschen die Hand- lung in Vordergrund tritt, vgl. ad rem publicam capessendam accedere die Leitung der Staatsgeschäfte übernehmen; vgl. die ähnUche Erscheinung beim Partizip § 181. Daraus folgt aber auch, dass da, wo die Handlung betont werden und in den Vordergrund treten soll, das Gerundium natur- gemäss eintritt; vgl. Cic. Div. Caec. 60 iniurias ferendo maiorem laudem quam ulciscendo mereberis. In gleicher Weise steht nach den § 166, 2 ge- nannten Verba statt des Gerundivs ad mit Gerundium da, wo der Zweck- begriff nachdrücklich betont werden soll, z. B. Gaes. b. G. 7, 81 quibtis hae partes ad defendendum (nach § 166, 2 eig. defendendae) obvenerant.

Recht bezeichnend für Wesen und Bedeutung von Gerundivum und Gerundium ist die historische Thatsache, dass mit dem Verfall der Sprache, und zwar schon in der silbernen Latinität, der Gebrauch des Gerundiums gegenüber dem des Gerundivs so überhandnimmt, dass beispielsweise bei Curtius sich in den Büchern V bis X an 22 Stellen der Gen. Gerundii mit Objekt und nur 9mal der Gen. Geinindivi findet.

166. Der attributive Gebrauch des Gerundivs ist sehr beschränkt und hat noch viel engere Grenzen als der der übrigen Partizipia. Bei Plautus finden wir expetundi^y intolerandm, mirandus, pudendus; die klass. Sprache hat wenig hinzugethan, mehr die Dichter und die silberne La- tinität, z. B. non aspernandus, non erubescendus, non spemendus, haud iemnendus (klassisch non contemnendus bei Gaes. b. civ. 3, 110, Cic. Tusc. 2, 49), non paenitendus, noch mehr das Spätlatein; nur wenige Autoren der späteren Latinität, wie z. B. Cyprian, haben hierin dem Gebrauch der guten Zeit sich angeschlossen. Bemerkenswert ist im allgemeinen, dass es vorzugsweise Verba des Affekts sind, deren Gerundiv attributiv ver- wendet wird, und dass oft ein attributives Adjektiv parallel gesetzt ist, z. B. Cjrprian Donat. 12, 16 tristis aique aversandus aspectus, Vulg. EccL prol. non parvae neque contemnendae doctrinae,

166. Prädikativ wird das Gerundiv gebraucht

1. in der sog. coniugatio periphrastica passiva, vgl. § 183,

302 Lateiniflohe Grammatik, d. Syntax.

2. in YerbinduDg mit curo u. ä. Verben im Anschluss an das Objekt.

Prädikatives Gerundivum im Accusativ im Anschluss an ein direktes Objekt hat schon Plautus, freilich nur nach einer beschränkten Zahl von Verba, so nach dare, adducere, conducere, locare, petere, rogare und scire. Von diesen Verben hat die klass. Sprache petere und rogare nicht mit prädikativem Gerundiv verbunden ; aber sie hat andere Verba hinzugefügt, so namentlich curo, trado, stiscipio (Caes., Hirtius und Nepos). Cicero geht auch hier weiter als Caesar; er sagt z. B. Verr. 4, 46 turibulum mspiciendum poposdt, off. 1, 48 quae utenda acceperis, rep. 2, 36 aedem vovü fadendam u. ä. Während er dem plautinischen petere und rogare entsprechend po- scere geneuert hat, haben die folgenden und besonders die spätlat. Autoren in ganz gewagten Analogien sich gefallen ; so sagt z. B. Orosius 4, 3, 5 hoc facinus puniendum consuli iussum est (klassisch: hoc facintts punire eonsul iussus est).

Treten die genannten Verba ins Passiv, so steht wie in dem Bei- spiel aus Orosius der Nominativ des Gerundivs. Den Passiven ent- sprechend werden auch intransitiv gebrauchte Verba konstruiert, so bei Plaut. veniOj vgl. Mil. 891 qtwm venu vobis faciundum utrumque.

Habere mit prädikativem Gerundiv hat wohl zuerst Terenz Phorm. 364 ibi agrum colendum habebat, dann Varro r. r. 1, 16, 2. Die Konstruktion bürgert sich aber erst im silbernen Latein ein das klass. Latein kennt sie nicht und zwar mit Sen. rhet. und Sen. phil., z. B. iram casUgandam habet Quint. hält sich frei davon, Tac. gebraucht sie öfters vom Dial. bis zu den Annalen, auch der jüngere Plin., Sueton und viele spätlat. Schriftsteller. Babeo mit Gerundivum neutrum ohne Objekt wird geradezu zur periphrastischen Form des Verbs, vgl. Tac. ann. 4, 40 manendum habeo ich habe eu bleiben,

ß. Oenmdiviim und Genmdinm im Genetiv.

167. Der Gen. Gerundivi und Gerundii ist abhängig 1. von Substantiven. Bei Plautus ist die Zahl der Substantiva, welche mit Gerundivum oder Gerundium im Gen. verbunden werden, noch klein; es sind zumeist Abstrakta wie copia, tempus, spatium, potestas, spes^ via u. ä., die eine Möglichkeit oder ein Begehren ausdrücken, vgl. Plaut. Gapt. 212 nobis detis loquendi locum; eine Personenbezeichnung findet sich Trin. 366 fictor probus vitae agundae. Aber der Kreis dieser Substantiva abstracta er- weitert sich immer mehr, auch in klass. Zeit, noch mehr bei nachklass. und spätlat. Schriftstellern; vielfach sind es mehr oder weniger kühne Analogien, die wir antreffen, so wenn Cicero Fam. 16, 24, 1 prora dpuppis a me tui dimittendi (= erster und letzter Grund) oder wenn Cyprian ep. 686, 7 frons {= audacia) ad nos accedendi schreibt. Nicht so zahlreich sind die Personenbezeichnungen wie auctor, dux, artifex, doch hat auch Cicero sie nicht selten, z. B. effector dicendi. Dem Gen. inhaerentiae (vgl. § 58 Anm. 2) wird es beizurechnen sein, wenn spätlat. der Gen. Gerund, synonym mit seinem Beziehungswort ist, z. B. qui habet aures audiendi, audicU. Von dem Gen. des Gerundiums ist scheinbar ein anderer Genetiv abhängig in Beispielen wie facultas agrorum condonandi: thatsächlich aber

I^Von den Teilen des Satsea. 167.) 303

sind beide Genetive von dem einen Beziehungswort in der Weise ab- hängig, dass zunächst das Substantiv zu dem Beziehungswort erklärend hinzutritt, hier agrorum zu facuUcts, dann aber erst der Yerbalbegriff, der natürlich auch adnominal, d. h. im Genetiv erscheinen muss, also facultas candanandi; es ist somit facultas agrorum condonandi eine Möglichkeit, die sich bezüglich der Äcker, und zwar bezüglich des Schenkens derselben zeigt. Diese Konstruktion, die übrigens im Griechischen ein Analogen hat, vgl. Demosth. 2, 4 rovTav ovxi vvv oqw tov xaiQov rov käysiv, mag auch aus Gründen des Wohllauts sich empfohlen und erhalten haben, wenn auch ihre Entstehung aus dem Bestreben, Objekt und Yerbalhandlung neben einander zur Geltung zu bringen,^ herzuleiten ist; denn ausser bei Varro und Prudent. sind es ausschliesslich Substantiva der I. oder ü. Deklination, welche im Genetiv stehen, vgl. Plaut. Gapt. 852 nominandi istorum tibi erit magis qtmm edundi copia, Cic. Yerr. 4, 104 earum autem rerum nullam sibi iste infitiandi raMonem neque defendendi facuüatem reliquit. Beispiele treffen wir bei Plaut, nur das eine, dann bei Ter., Lucr., Varro, nirgends bei Caes., Sali., Liv. und den Dichtem, öfters bei Cicero (in Erstlingsschriften, Philipp, und Philos.), bei Juristen, Fronte, Gellius, Justin, Dictys und Pru- dentius, vgl. Prud. P. 10 luxus varandi camis.

Bezüglich der Pronomina personalia ist zu bemerken, dass im An- schluss an mei, tui, sui, nostri, vestri ohne Rücksicht auf das Geschlecht und die Zahl die Gerundivform auf i gewählt wird, also cupiditas nostri videndi; darnach mag auch per analogiam bei Ter. Hec. 372 eitcs {Philu- menae) videndi und bei Plane. (Cic.) Fam. 10, 23 ut ad colligendum se ho^ mines spcdium haberent entstanden sein. Während Caesar und Yellei. nur die Gerundivkonstruktion beim Pron. personal, gebrauchen, hat schon Plaut. Pseud. 6 labori te rogandi, eine Konstruktion, welche sich wegen der Un- bestimmtheit von mei, tui, nostri etc. auch Cicero empfehlen mochte, vgl. Cic. de or. 2, 16 te audiendi, Liv. 6, 3, 6 neque se conglobandi datur spatium^ Sali. Jug. 24, 2 Ubido exstinguendi me.

Ein finaler Gen. Gerundii (Gerundivi) schliesst sich zunächst an Substantiva an, z. B. Liv. 9, 45, 18 ut Marrucini mitterent Romam oratores pacis petendae, dann wird derselbe auch prädikativ mit esse, sogar von Cicero gebraucht, z. B. Verr. 2, 132 qtme res evertendae rei pubUeae solent esse; kühn erscheint uns die Konstruktion da, wo sie sich dem Prädikat anscbliesst, z. B. Tac. ann. 2, 59 Germanicus Äegyptum proficiscitur cogno- scendae antiquitatis; setzen wir hier proficiscitur = iter fadt, so dient der Genetiv cognoscendae antiquitatis zur Erläuterung des Substantivs iter = er motcht seine Reise so, dass sie in den Bereich der cognoscenda antiquitas fäütj d. h. er unternimmt eine Reise mit dem Zweck, in der Absicht, das Altertum zu erforschen. Dieser Gen. Gerund, ist weder durch Ellipse von causa, noch als Gräzismus zu erklären; er findet sich wie im Lateinischen so auch im Oskisch-Umbrischen, und zwar von einem Nomen und von einem Verbum abhängig. Es liegt, wie auch Planta II S. 437 gesehen hat, hier der echtitalische adnominale und prädikative Genetivus qualitatis vor. Der finale Gen. Gerundivi erscheint im Lateinischen zuerst bei Ter. Ad. 270 (wo jedoch vielleicht mit Dziatzko ein Anakoluth anzunehmen ist),

304 Lateiniflohe Orammatik. d. Syntax.

nicht bei Caesar (denn b. G. 4, 17, 9 liest man jetzt mit ß deiciendi operis causa), ganz vereinzelt bei Cic, dann bei Sali., Liv., Cels., Vell., Tac., Gell.; die kühnere Konstruktion haben nur Sali., Liv., Vell., Tac., der Jurist Paulus z. B. topiarium enim omandi fundi paratum esse. Vgl. auch Brück MANN, Gr. Gramm. § 444.

2. von Adjektiven. Plautus kennt diese Konstruktion noch nicht; sonst beschränkt sie sich im Altlat. auf cupidtis, z. B. Ter. Her. 91 redeundi, perifus, z. B. Cato de moribus 6 dicendi, und Studiosus, z. B. Cato r. r. praef. 3 ; auch die klass. Sprache hat den Kreis der Adj. wenig erweitert, um so mehr Liv. und hauptsächlich Tac, vgl. z. B. Tac. ann. 4, 59 apiscendcte potenüae properus, im Spätlat. ganz besonders Tertull., z. B. de an. 20 ^a- piendi dicendique acutissimos. Es gilt aber hier das gleiche wie für die Adi. relativa überhaupt, vgl. § 64.

y. Genmdiviim und Gernndinm im Dativ.

168, Wie das Gebiet des Dativs überhaupt viel enger umschrieben ist, als das des Genetivs, so ist insbesondere der Dat. Gerundivi und, wenigstens in der alten und der klass. Sprache, der Dat. Gerundii ver- hältnismässig selten anzutreffen. Caesar hat kein Beispiel für den Dat. Gerundii, Cicero kennt ihn nur in der publizistischen Phrase scribendo adesse und in dem Ausdruck der Geschäftssprache solvendo non esse^ Phil. 2, 4; de or. 1, 240 cum disserendo par esse non posset halte ich disserendo für Abi.; für den Dativus Gerundivi weist Caesar zwei Beispiele auf, nach tempus dare b. G. 8, 4, 1, nach dient dicere b. G. 5, 27, 5, auch Cicero hat verhältnismässig wenige; Nepos keines für beide Fälle. Erst mit Livius erweitert sich der Kreis dieser Konstruktion; seine Nachfolger, so beson- ders Tac, schliessen sich ihm bereitwillig an, doch hat Tac. bei aller Vor- liebe für den Dat. Gerundivi den Dat. Gerundii nur ann. 3, 72; 13, 11; im Spätlatein, wo überhaupt oft der Dativ da steht, wo die frühere Zeit ad verwendet, treffen wir viele Beispiele nach Phrasen, die früher in solcher Verbindung nicht üblich waren, vgl. z. B. Cyprian 409, 22 examinandis autem nobis diversi importahantur dolores.

Der Dat. Gerundii und Gerundivi hängt ab

1. von Verben und Phrasen vrie operam dare, studere, metam facere, instruere, capuf esse schon bei Plaut., praeesse, praeficere, laborem impertire seit Cicero, operari seit Liv., non deesse, satis und opus esse u. ä. ebenso;

2. von Substantiven, besonders im publizistischen Stil, z. B. comitia decemviris creandis, tresviri rei p. constituendae, curator muris reficiendis, finibus regendis arbiter solche Beispiele finden sich auch bei Cic, öfters seit Liv.; vgl. § 75.

3. von Adjektiven und Partizipien, so schon bei Plaut., freilich in wenig Beispielen, z. B. nach salutaris, scitus, natus, sospes, optimus u. ä. Cicero hat kaum etwas hinzugethan; es scheint, ausser nach a^commodatus (de sen. 70) findet sich bei ihm kein Beispiel, um so schöpferischer geht Liv. vor, welcher utilis, inutilis, maturus, immaturus, facilis, vaUdus und viele andere Adj. mit Dat. Gerund, konstruiert, Tac. übernimmt vielfach seine Erbschaft, so z. B. bezüglich vaUdus, vgl. Tac ann. 3, 10 spemendis

I. Von den Teilen des Satsea. (§§ 168—170.) 305

rumoribus valichis mit Liv. 25, 36, 9 ludibrium vix feminis puerisve morandis satis validum. Dass die Autoren unmittelbar nach Tac. an der Konstruk- tion besonders Gefallen gefunden, lässt sich nicht erkennen.

d. Gtomndivnm nnd Gerundinm im

169. Der Akkusativ des Gerundiums steht nur nach Präpositionen, ebenso der des Gerundivums (abgesehen vom prädikativen Gebrauch des letzteren § 166, 2). In klass. Sprache beschränkt sich die Konstruktion auf die Präpositionen ad und in, bei Caesar auf ad, das er aber sehr häufig verwendet; wenn Cic. auch ob rem iudicandam, ob absolvendum, ob inno^ centem condemnandum u. ä., also in Formeln der Gerichts- und Gesetzes- sprache schreibt, so war diese Konstruktion lange vor ihm eingebürgert; er selbst gebraucht ob mit Gerund, nicht (vgl. § 109). Plautus hat ausser ad an einer Stelle inter, Varro auch propter: gramm. 1 propter aliud ali- quid significandum (vgl. § 108); ausser bei Plaut, findet sich inter noch öfters im Altlat., dann wieder bei Verg. und Liv., z. B. 2, 20, 9 inter spoliandum corpus. Circa lesen wir im nachklass. Latein, z. B. bei Quint., Plin. min., Tac, Flor, und öfters im Spätlat., wo es besonders beliebt ist, vgl. Fronte p. 169, 18 circa quaerendos latrones, Lact. 1, 569 circa corrum- pendas coniuges occupatus, Cypr. ep. 538, 6 circa impertiendam pacem, Por- phyrie p. 388, 24 circa recipiendos poeias, erga bei Ammian. Wenn Liv. praef. 6 ante conditam condendamve urbem schreibt, so ist ante condendam urbem nur eine Angleichung an die übliche Konstruktion ante conditam urbem. Die meisten der Fälle gehören zu § 181, d. h. das Gerundiv ist besonders betont und wird im Deutschen durch ein Substantiv gegeben.

Spätlateinisch ist das Gerundium im Akkus, an Stelle des Inf. Praes. Akt., z. B. bei Fredegar I 123 incipiens scribendum; es entspricht dieser Gebrauch dem des Abi. Gerund. (vgl. § 149 Anm.) für den Infinitiv, z. B. defatigabor manendo statt manere.

e. Gemndivnm nnd Gernndinm im Ablativ.

170. Von allen Gerundial- und Gerundivkonstruktionen ist die im Ablativ die üblichste. Wir finden sie ohne und mit Präpositionen.

1. Abi. Gerund, ohne Präposition.

Hier erscheint der Abi. entweder als Modalis oder als Instrumentalis; die Grundbedeutung des Part. Fut. Pass. hat sich etwas abgeschwächt, lässt sich aber immer noch erkennen; so ist docendo di^cimus = disdnius ita, ut (a nobis) doceatur {ita = mit der Einschränkung, unter der Voraussetzung).

Der Modalis kommt im Altlatein nicht häufig vor, die wenigen Stellen bei Plautus, wie Men. 882 und Truc. 916 cubando in lecto hie exspectando ohdurui nähern sich dem Instrumentalis und stehen z. T. ihm parallel. Die klass. Sprache verhält sich im ganzen ablehnend gegen den Modalis, kaum eine oder die andere Stelle bei Cicero lässt modale Erklärung zu, wie z. B. oflf. 1, 5 quis est qui nullis officii praeceptis tradendis philosophum 8e audeat dicere? doch Sali., Cael. in Cic. Fam. 8, 15 bellum ambulando confecerunty das b. Hispan., Vitruv, dann Ovid und Livius haben ihn gerne aufgenommen. Von den beiden letztgenannten Autoren aus verbreitet er

Hindlroch der kla«. Alt«riimwwiMeiiaoliaft. 2. 8. Aufl. 20

306 Lateimsohe Chrammatik. d, Syntax.

sich im nachklass. Latein und im Spätlatein immer mehr. Namentlich das Gerundium, mit und ohne nähere Bestimmung, findet sich häufig, ge- wissermassen in Konkurrenz mit dem Part Praes. und dem Infinitiv, wobei aber gegenüber dem sich unverändert und so zu sagen formelhaft an- schliessenden Abi. Gerundii das Partiz. und auch der Infinitiv sehr zurück- treten; vgl. Commodian 2, 23, 18 vigilas vivendo, A. 567 prostravit se pre- cando, Cyprian ep. 559, 24 nos excitat dominus dicendo, vgl. § 149 Anm. Ja bei Commodian finden wir sogar den Gebrauch des Modalis so erweitert, dass die Handlung desselben nicht dem Subjekt, sondern dem Objekt oder Attribut beizulegen ist, z. B. A. 600 saepe fit causa melior mala pluscula dando (= tibi danti).

Der Instrumentalis kommt schon oft bei Plautus vor, mehr jedoch vom Gerundium, als vom Gerundivum; manchmal entspricht der Instru- mentalis einem Abi. causae, z. B. Men. 822 lumbi sedendo, oculi spectando dolent, so besonders nach den Wörtern, welche ein Ermüden bezeichnen, wie lassus, faUgare u. ä. Bei den Wörtern des Übertreffens nähert sich die Bedeutung dem Abi. respectus, z. B. Bacch. 402 cave sis te de- superare servom sieris faciundo bene; auch der Begriff der Zeiterstreckung ist nicht ausgeschlossen, z. B. Yerg. Aen. 2, 6 quis talia fando (= dum fatur). Die klass. Sprache gebraucht oft den Instrumentalis, z. B. Caes. b. G. 7, 71, 4 paulo etiam longius tolerari posse parcendo, Cic. off. 1, 105 hominis mens discendo dlitur et cogitando, Cic. Fam. 4, 2, 3 gratiam inire defendenda pace. Auch bei Nepos, Sali., Liv., Tac, bei Dichtern, nach- klass. und spätlat. Autoren, überall treffen wir viele Beispiele, jedoch mit der Einschränkung, dass im Spätlat. der Modalis über den Instrumen- talis überwiegt. Wie bei Plaut, sehen wir auch später, selbst bei Cicero, den Abi. respectus im Instrumentalis, nach Adjektiven jedoch höchst selten und nirgends in klass. Sprache, z. B. Liv. 3, 17, 2 tarn felix vobis corrum- pendis fuit, Tac. ann. 13, 14 digna stirps suscipiendo patris imperio und Cyprian ep. 480, 11 oculi conspiciendo Deo digni exstiterunt.

Vereinzelte Erscheinungsweisen des Abi. Gerund, sind der Abi. comp, bei Cic. off. 1, 47 nullum enim officium referenda gratia magis necessarium est (hier war das Gerund, nicht zu umgehen, weil Cicero kein geeignetes Substantiv zu Gebote stand; gratiae relatio hat erst Seneca); ferner der Abi. quäl, bei Liv. 24, 27, 3 praetores dissimulare primo et trahenda re esse,

2. Abi. Gerund, mit Präposition.

Schon Plaut, lässt den Abi. Gerund, von Präpositionen, und zwar von i«, de, ex, pro abhängen, z. B. Pers. 426 leno te argentum posdt pro Übe- randa amica. Die Zahl dieser Präpositionen hat sich nie wesentlich ver- mehrt; Caesar beschränkt sich auf de und m, Hirtius in lib. VIII hat auch a&, Cicero verwendet die gleichen Präpositionen wie Plaut. Geneuert hat « Varro sine^ 1, 1. 6, 75 sine canendo, Quintil. cum, 1, 4, 3 coniuncta scribendi ratio cum loquendo est, Hör. und nach ihm Tac. super, Porphyrie prae; sonst ist aus dem Spätlat. auch nichts besonderes bekannt, ja Cyprian hat beispielsweise nicht einmal mehr ex mit Gerund., was doch schon Plaut, und selbst Cicero aufweisen. Wenn Hatfield Juvencus S. 18 meis gregibus

I. Von den Teüen des Satses. 171.) 307

eogendis Über als an. eig. bezeichnet, so hat er übersehen, dass schon Cic. sagt sum a perverse homine ohservando Über.

Zn § 163—170: J. Wbiswbilbb, Das lat. Part. Fat. Paasivi in seiner Bedentang and syntaktisclien Verwendung, Paderborn 1890 (grandlegende Abhandlang); id., Der finale Gen. gerundü, Eoln 1890; R. Hbrkehrath, De Genindü et Genmdivi apad Plaatom et Cyprianum osa, Prag 1894 (methodisch masterhaft darchgeftlhrt); Lobbnz, Beobachtangen über den Dativ der Bestimmang, besonders den Dativ des Gerandivams bei livias, Meldorf 1874; Ott, Zar |

Lehre vom Abi. gerundii, Stattgart 1877; Hoppb, Za den Fragmenten and der Sprache j

Ciceros, Gambinnen 1875. 1

! c. Partizipien.

a. Arten der Partüipien.

171. Die Partizipien sind adjektivische Formen des infiniten Ver- I

bnms. Als Adjektiva richten sie sich in Kasus, Genus und Numerus nach ;

ihrem Beziehungswort; vom Verbum hat das Partizip den stofflichen In- halt, femer unterscheidet es wie das Verbum zwischen Aktiv und Passiv ; und lässt die gleichen Ergänzungen und Bestimmungen wie das Verbum | zu. Auch durch die Unterscheidung der Zeit zeigt das Partizip seine verbale Natur, ja die Teilnahme an den Tempusunterschieden ist die charakteristische Verschiedenheit zwischen dem Verbaladjektiv und dem I eigentlichen Partizipium (Brugmann L F. V, 2 S. 91). Aber das Partizip ; ist nur geeigenschaftet die Zeitart (Aktionsart), nicht die Zeitstufe zu i bezeichnen, die letztere wird immer durch das Verbum finitum gegeben.

Die lateinische Sprache hat mit den verwandten Sprachen das Part. Präs. Akt. auf -eni {-nt) gemein. Ein Part. Perf. Akt. lässt sich nicht nachweisen. Als Part. Perf. Pass. bürgerte sich das Verbaladjektiv auf "tus ein. Dazu kamen noch ein Part. Fut. Akt. auf turus sowie ein Part. Fut. Pass. auf -ndus; vgl. oben Stolz § 118.

Im Vergleich mit der griechischen Sprache zeigt die lateinische eine gewisse Vorliebe fUr das passive Partizip; so entspricht dem homerischen oXiftaq ano navrag hafgovg bei Hygin p. 109 Ulixes sociis amissis solus in patriam rediit, dem covovfjievoi Ixovaiv redempfum hdbent In den guten Zeiten der Sprache finden wir Partizipialkonstruktionen in massiger Ver- wendung; sie dienen dazu, Mannigfaltigkeit in den Satzbau zu bringen und in passendem Wechsel mit Nebensätzen die Periode auszugestalten and abzurunden. Diese Wahrnehmung gilt für Cicero, aber schon nicht mehr für Caesar. Dieser greift sehr gerne zu Partizipien und lässt bereits eine Partizipialkonstruktion von der andern abhängen. Livius verwendet oftmals ein Partizip, wo Cicero einen Nebensatz setzte (vgl. Cic. de div. 1, 55 servus per circum, cum virgis caederetur, ductus est mit Liv. 2, 36, 1 servum quidam sub furca caesum media egerat circo) und scheut sich nicht, Partizipien in demselben Satze oder in unmittelbar sich folgenden Sätzen zn häufen. Mit dem Verfall der Sprache nimmt eine Verschwendung in Anbringung von Partizipien überhand, welche mehr als geschmacklos wird. Hat man von Priscillian behauptet, dass er einen geradezu unmässigen Gebrauch von Partizipien mache, so gilt diese Wahrnehmung für fast alle Autoren der späteren Latinität, so namentlich für Juvencus, Pru- dentius, Gregor von Tours, Fortunat u. a. Vgl. z. B. die Zusammenstellung bei LsASE, Prudentius S. 30.

20*

308 Lateinische Grammatik, d, Syntax.

172. Das Partizipium des Präsens bezeichnet die Gleichzeitigkeit mit der durch das Yerbum finitum ausgedrückten Handlung, z. B. Plaut. Cure. 247 somniam dormiens. Da ein Partizip des Perfekts fehlt, ist es natur- lich, dass das Part. Präs. auch beigezogen wurde, stellvertretend f&r das Part. Perf. einzutreten; wir werden uns dies um so leichter erklären können, als das Präsens als historisches Präsens auch zur Darstellung der vollendeten Handlung gebraucht wurde; femer wird ja auch im Neben- satz nicht immer das Tempus der Vorzeitigkeit gewählt, auch wo die Handlung desselben vorzeitig ist zu der des Hauptsatzes, sondern man begnügt sich mit der absoluten Setzung der Handlung, z. B. Ter. Her. 826 postquam id video, magis coepi instar e. Allein dieser aoristische Gebrauch des Part. Präs. ist sehr vorsichtig anzunehmen, sehr häufig ist er nur scheinbar, und das Part. Präs. hat thatsächlich eine durative Bedeutung; dies gilt für das Altlat. und das klass. Latein, sogar für Sali. Jug. 113, 1 haec Maurus secuni ipse diu volvens tandem promisit und zum grossen Teil für Liv. z.B. 45, 10, 6 diu negantes perpulerunt, sowie fürVergil, vgl. Brosin zu Verg. Aen. 1, 492 suhnedens. Aber an einigen Stellen des Livius, z. B. 27, 43, 3 implicantes {== cum implicuissent) edocuerunt, jedenfalls bei Tacitus lässt sich aoristisches Part. Präs. nicht mehr bestreiten, vgl. Nipp, zu Tac. ann. 12, 48 at Quadratus cognoscens proditum Mithridaten vocat consilium. Die Verwilderung, welche im Spätlat. im Gebrauch der Zeiten einriss, dehnte sich auch auf die Partizipien aus; so sehen wir bei Dracontius moriens für mortutts, bei Apoll. Sidon. redeuntem für reversum u. ä. ge- braucht. Da die Übersetzungslitteratur mit diesen Partizipien geradezu überschwemmt ist, wird ein Einfluss des Griechischen nicht zu bestreiten sein.

Wie wir schon im Altlatein vielfach das Präsens statt des Futurums gebraucht sehen (vgl. § 211), so wird auch das Part. Präs. als Part. Fut. ver- wendet; es ist dieser Gebrauch um so einleuchtender, als das Part. Fut. eine verhältnismässig junge Form ist und sich in der alten Sprache nicht besonders häufig findet. Doch auch diese futurale oder finale Bedeutung treffen wir erst bei Ter., z. B. Heaut. 725 obsecrans me ut veniam frustra veniet, bei Cic nur sen. 11, dann bei Livius, z. B. 21, 6, 2 legcUi missi (sunt) orantes auxilium, überhaupt selten. In der nachklass. Sprache, wo das Part. Fut. Act. in Vordergrund tritt, erweist sich die Stellvertretung durch das Part. Praes. weniger nötig.

Abgesehen von den erstarrten Formen amamini ist die ursprüngliche mediale Partizipform im Lateinischen nicht erhalten; das Deponens hat die Aktivform und dem entsprechend gebraucht man auch medial exer^ cens ^= sich übend, ferens losstürmend, circumvehens herumfahrend u. ä.; diesen Gebrauch kennt auch die klass. Sprache, im Altlat. findet er sich z. B. bei Plaut., dann bei Verg. Georg. 1, 74 siliqua quassante, nachklass. bei Plin. mai.. Frontin. u. a. Die Zuweisung der passiven Bedeutung an die mediale (= aktive) Form lässt sich in Prosa zuerst bei Sali, nach- weisen, Jug. 79, 6 gignentia, dann bei Vitruv, Tac, Florus; namenÜich ent- wickelt sich der passive Gebrauch des Part. Praes. Act. seit der Periode der Archaisten immer mehr, so bei Fronte, bist. Aug., Amm. Marc, und am meisten in der Bibelsprache und der davon abhängigen Litteratur.

I. Von den Teilen des Batzee. (g§ 172-174.) 309

Bei Dichtern lesen wir schon sehr frühe Beispiele; so sagt Lucil. m 59 oh facta fiefantia, Acc. tr. 189 infans facintis; auf Inschriften sind amans und desiderans besonders häufig, z. B. CIL. 11 n. 541 filiae desiderantissimae.

178. Das Part. Per f. Pass. ist ursprünglich ein Verbaladjektiv mit dem Suffix to. Es verdrängte zunächst das alte Part. Perf. Passivi, wel- ches vollständig verschwunden ist; dann drang es auch in das Gebiet des Part. Perf. Akt. ein, wo es freilich nie recht heimisch wurde, weil man das zu transitiv gebrauchten Verben gehörige Part, auf tos fast ausschliess- lich passivisch gebrauchte und so mit dieser Form auch bei Intransitiven nicht leicht aktive Bedeutung verband. Doch lesen wir schon in XII tabb. (Gell. 17, 2, 10) sol occastis, Cael. Antip. p. 104, 32 P. custodibtis discessis, ebenso hat man processm, decessus, obittis aktiv gebraucht, vgl. Neüe- Waobner III, 110 flf. und C. F. W. Müller zu Cic. fil. in Fam. 16, 21, 2, wo ci*m omnia mea catisa velles mihi successa nicht zu beanstanden ist. In der klass. Sprache wird man abgesehen von cenatt4.% potus u. ä. kaum solche Partizipien finden, wohl aber wieder im Spätlat. (doch ist z. B. Lact. I 585, 29 decurso temporum spatio nicht hieher zu rechnen, da man decurrere auch transitiv gebrauchte, vgl. Cic. sen. 83).

Da im lateinischen Perfekt das eigentliche Perfekt und der Aorist zusammengeflossen sind, so nahm auch das Partizip an dieser aoristischen Bedeutung teil; es bezeichnet dann die schlechthin vergangene Handlung (ist also absolut gebraucht, während es sonst relativ zur Bezeichnung der Vorzeitigkeit verwendet wird). Vielleicht kennt auch das Altlatein diesen Gebrauch (vgl. Tammelin p. 134), jedenfalls die klass. und nach- klass. Sprache; vgl. Caes. b. G. 6, 19, 5 servi et clientes iustis funeribtts con- feetis una creniabantur; Verg. Aen. 6, 22 stat ductis sortibus uma {indem die Lose gezogen unirden); Tac. Germ. 12 corpore infames caeno ac palude iniecta super crate mergunt Hier haben wir bereits den Übergang zum aoristischen Präsens, den wir bei Cic. Phil. 2, 81 si qui de caeh servavit, non coniitiis habitis (= während die K, gehalten werden), sed priusquam habeantur, debet nuntiare vollständig durchgeführt sehen; wir können daher sagen, dass das Part. Perf. Pass. auch als Ersatz für das fehlende Part. Präs. Passiv eintritt. Bei den Deponentien entspricht in diesem Falle das Part. Perf. natürlich in der Bedeutung dem Part. Präs. des Aktivs; so weist schon Plaut., ebenso Ter. deponentiale Part. Perf. mit präsen- tischer Bedeutung, freilich in sehr geringer Zahl, auf, vgl. Plaut. Asin. 640 complexos fabulari und Ter. Eun. 64 iratus cogitas. Doch lässt sich hier, wie auch vielfach in klass. Sprache, mehr die Vollendung, als die Dauer in der Bedeutung der Partizipien erkennen, wie z. B. Cic. Rose. com. 2 sed ego copia et facuUate causae confisus vide quo progredi^ir (conflstis = nachdem ich Vertrauen gefasst habe). Indes wird in Stellen wie Hör. sat. 2, 8, 40 invertunt Allifanis vinaria tota Vihidius Balatroquc secutis Omnibus den vollständig präsentischen Gebrauch des Part. Perf. niemand bestreiten. Auch Verg., Liv., Tac. und ihre Nachahmer, ferner spätlat. Autoren, wie z. B. Prudent. Ps. 802 concordia comitata Fidem ridet, weisen diesen Sprach gebrauch auf.

174. Das Part. Perf. Pass. hat als ursprüngliches Verbaladjektiv

310 Laieinüiohe Grammatik, d. Syntax.

sich zunächst keinem Genus verbi ausschliesslich angefügt; dies ist be- sonders wichtig für die Part. perf. der Yerba Deponentia. Diejenigen Deponentia, welche transitiv gebraucht wurden, wie z. B. utor, hatten das Bedürfnis nach einem Part. Perf. Pass.; so war es natürlich, dass das Part. Perf. passivische Bedeutung bekam, wie schon pälignisch oisa aetate = consumpta aetate und Plaut. Asin. 196 abusa = aufgebraucht ist. Die passive Bedeutung von ust^ mag dann wie bei imitatus u. a. auch die aktiven Formen uto, imito herbeigeführt und den medialen Formen des Präsensstammes gleichfalls passive Bedeutung zugeführt haben; denn dass es sogar bei Cicero noch solche Formen in passivem Sinne gibt, ist be- kannt (vgl. Antibarbarus s. v. arbiträre). Die klass. Sprache des Cicero und Caesar beschränkt den passiven Gebrauch dieser Partizipien auf wenige Verba wie emeritus, pactus und partitus; aber bei Sali., den august. Dich- tern und bei Livius sowie in der Folgezeit wird derselbe sehr ausgedehnt (abgesehen von Tac., der nur adepta libertate und ausis codicilUs auf- weist).

175. Das Part. Fut. Passiv, wird auch Gerundivum genannt, vgl. § 163. Durch Abschwächung der Bedeutung gelangte es auch zur Be- fähigung, das fehlende Part. Praes. Pass. zu vertreten, vgl. Cic. Phil. 6, 17 partis hanoribus eosdem m foro gessi labores, quos petendis (eig. cum essent petendi = als sie noch zu erstrebende waren^ dann durch Bedeutungs- abschwächung = als sie van mir erstrebt wurden),

ß. Attributiver und prädikativer Gebraaoh der Partizipien.

176. Die Partizipien werden attributiv gebraucht und zwar das Part. Praes. Act. und Perf. Pass. in der ganzen Latinität. Die attributive Verwendung des Part. Fut. Act. ist im Altlatein noch nicht bekannt (denn dass Ennius urbs peritura gesagt hat, wie Stacey in Wölffuns Archiv X, 41 will, ist kaum glaublich). Erst Cicero gebraucht futurus attributiv und einmal (Tusc. 4, 14 opinio venturi boni) zur Abwechslung venturus; während die folgenden Prosaiker futurus beibehielten, zogen die Dichter venturt^ vor, vgl. Verg. Aen. 8, 627 venturi aevi; daneben verwendet Verg. auch andere Part. Fut. attributiv, so Aen. 2, 660 Troia peritura. Bei Horaz ist attributives Part. Fut. Act. besonders beliebt, gewöhnlich mit angefügter Bedingung, und hier entspricht dann Part. Fut. Akt. dem griechischen Partiz. mit «r, z. B. carm. 2, 3, 4 morituri Belli; 2, 6, 1 Septimi aditure; 4, 3, 2 0 mutts quoque piscibt^ donatura cycni, si libeaty sonum {donaiura = Sov(fa av); vgl. noch Ovid Trist. 5, 5, 61 Caesar dis accessure. Sallust sagt Jug. 106, 3 incertae ac forsitan interiturae vitae, Liv. 2, 10, 11 rem ausus plus famae habituram apud posteros quam fidei, Sen. ep. 16, 3, 2 inüia rerum apud nos in malum bonumve exiturarum^ Tac. ann. 1, 28 noctetn minacem et in scelus erupturam und spätlat. noch Prudent. H. 100 perituros honores, H. 586 moriturum maritum: überall entspricht das Partizip, wenn man es auflösen will, einem Relativsatz, freilich manchmal mit kondizio- nalem Sinne, der sich ja ungezwungen aus der Grundbedeutung des Parti- zips ergibt, vgl. Liv. 22, 38, 7 bellum mansurum (= quod mansurum fuisset)^ si plures Fabios imperatores haberet.

L Von den Teilen des Saiees. (§§ 175—178.) 311

177. Häufiger als der attributive ist der prädikative Gebrauch des Partizipiums. Dies erklärt sich daraus, dass die Yerbalform auch in ihrer nominalen Gestalt eine gewisse prädikative Kraft besitzt.

Ein prädikatives Part. Praes. tritt im Anschluss an einen Objekts- akkusativ im Altlat., in der klass., nachklass. und späteren Latinität nach den Yerba der Wahrnehmung ein, um die letztere als eine unmittelbare zu bezeichnen. Dieser Gebrauch ist bei Plaut., Ter., Calp. Piso, Lucr., CSc, Sali., Nepos, Vitruv, Hör., Prep., Liv. und spätlat. bei Juvenc. und Prudentius beobachtet worden; doch hat er sich immer in bescheidenen Grenzen gehalten und tritt gegenüber dem Acc. c. inf. sehr zurück : Plaut. Aul. 3 unde me exeuntem adspexisHs; Sali. Jug. 98, 2 quidam Ligus animum advertit inter saxa repentes cocleas; Prudent. P. 6, 112 quos cantantes stupuit (= engl, saw mth amazement). Im Passiv steht natürlich der Nominativ, vgl. Cn. Gellius fr. 34 P. bubo in columna sedens conspectus est.

Weniger üblich als bei den Yerba der Wahrnehmung ist das prädi- kativ gebrauchte Part. Praes. nach kausativen Verben wie /*aao, fingo^ inducOf pingo u. ä.; vgl. Plaut. Stich. 407 eos nunc laetantes faciam ego ad- ventu meo, Ter. Heaut. 873 nam te scientem faciam, quidquid egero. In klass. Zeit wird fado nur noch in der Bedeutung darstellen so konstruiert, z. B. Xenophon facit (== inducit) Socratem disputantem. Dass auch Part. Perf. Depon. hier eintreten können, geht aus § 178 hervor; so schreibt Cicero Tusc. 1, 97 Hoc oraiione Plato facit Socratem asum apud vudices,

178. Ein prädikativ gebrauchtes Part. Perf. Pass. finden wir nach fadOf do, reddo und ganz vereinzelt curo und trado; die auf solche Weise entstandenen Phrasen wie z. B. missum fado, mctum do unterscheiden sich vielfach nicht von der Grundbedeutung des im Partizip vertretenen Ver- bums und es ist daher z. B. missum fado fast gleich mitto. Die Kon- struktion findet sich mit facere und r edder e, abgesehen von missum fado, welches auch in der gebildeten Prosa das Bürgerrecht erhalten hat, nur bei den Komikern (aber facere darstellen auch bei Cic, z. B. Fam. 9, 8, 1 fed sermonem inter nos hdbitum in Cumano); mit fieri jedoch auch noch bei Petron, Gell, und im SpäÜat. und mittelalterlichen Latein, vgl. Ter. Hec. 407 prior amor me ad hanc rem exerdtatum reddidit. Wendungen mit dare haben sich bei den epischen Dichtern, so bei Verg., Stat., Clau- dian, bei Sen. trag., in Prosa bei Sali, und Liv. erhalten, vgl, Liv. 8, 6, 6 sie stratcts Ugiones Laünorum dabo.

Ein prädikativ gebrauchtes Part. Perf. Pass. finden wir nach den Verba sentiendi, declarandi und affectuum (ähnlich wie das Part. Praes. nach den Verba der Wahrnehmung). Diese Konstruktion berührt sich mit der des Acc. c. inf. und vielfach erklärt man sie auch als Acc. c. inf. mit ausgelassenem esse; aber es gibt doch viele Beispiele, wo prädikativ ge- setztes Partiz. leichter anzunehmen ist, z. B. Plaut. Poen. 299 si quam amatam melit^s forte adspexeris. Schon im Altlatein treffen wir häufig* solche partizipiale Wendungen, bald mehr bald weniger erfolgreich in der Konkurrenz mit Acc. c. inf., wie z. B. nach dico bei Plaut. 20 mal das Partiz., 16mal Inf. Perf. Pass., nach audio Imal Part., 7mal Inf. steht. Im Passiv macht sich die Konkurrenz weniger bemerkbar in älterer Zeit,

312 Lateinische Orammatik. d. Syntax.

z. B. Plaut, eist. 587 quot annos nata dieitur? Hier wird der Acc. c. inf., gerade wie in klass. Zeit, vorgezogen; Beispiele mit dem Partiz. gehören zu den Seltenheiten, z. B. Cic. Mil. 24 oppugnata domus nunfiabatur, Gaes. b. civ. 1, 62, 8 pons prope effectus nuntiabatur, Liv. 8, 26, 6 haec prodUio ab SamnitibiiS facta traditur. Im späteren Latein fuhrt die Bevorzugung des Nom. c. inf. auch hier zu einer Erweiterung des Gebrauchs.

Bei den augusteischen Dichtern wird nach den genannten Verba, auch wenn sie im Aktiv stehen, der Nominativ des Partizips gebraucht; dabei ist der Einfluss des Griechischen unverkennbar. So sagt Verg. Georg. 2j 510 gaudent perfusi sanguine fratp-um, Ovid Met. 9, 545 superata fcUeri cogor, Verg. Aen. 2, 377 sensit medios delapsus in hostes; mit Part. Fut. Akt. Prep. 2, 9, 7 visura et qtmmvis nunquam speraret Ulixem. Auch die nachklass. Dichter haben die Konstruktion übernommen, z. B. Stat. Theb.

1, 347 venturaque rauco ore minatur hiems. Im Spätlat. weist auch die Prosa solche Konstruktionen auf, so namentlich TertuUian, bei welchem manifestus sum wie ^avsqoq el/jn, erubesco wie atcFxvvofiai, praevenio wie fp^dvw u. ä. konstruiert werden; vgl. Tert. Scap. 1 magis damnati qvtam absoluti gaudeamtis. Der mustergültigen Prosa aber ist diese gräzisierende Ausdrucksweise durchaus abzusprechen. Wenn Cicero Gluent. 200 sagt ne orbata filio laetetur, Cael. 21 laesi dolent, Att. 4, 5, 1 senseram, noram in- ductus, relictus, proiectus ab iis, Cic. ad Brut. 1, 15, 2 quem cum a me dimiU tens graviter ferrem, so ist hier überall das Partizip anders zu erklären, 80 z. B. ne orbata filio laetetur = ne laetetur, cum sit orbata filio (aber nicht = se esse orbatam filio oder quod sit orbata filio). Ähnlich verhält es sich in den Fällen, wo das Partizipium für den Infinitiv zu stehen scheint: Plaut. Amph. 152 erit operae pretium hie spectantibus, Cic. Tusc.

2, 19 adspice Philoctetam, cui est concedendum gementi, Cic. oflf. 1, 71 qua- propter et iis forsitan concedendum sit rempublicam non capessentibus: nir- gends liegt ein Gräzismus vor, denn zu erit operae pretium ist aus spec^ tantibu^ leicht spectare, zu concedendum erit aus gementi ebenso leicht ut gemat zu ergänzen.

179. Der prädikative Gebrauch des Part. Fut. Akt. ist dem Alt- latein und der klassischen Sprache noch fremd. Sicher steht bei Cicero Att. 8, 9, 2 quid agenti, quid acturo? Verr. 1, 56 Servilius adest de te sen- tentiam laturus] letzteres ist eigentlich eine Erweiterung der Coniugatio periphrastica est laturus, zeigt aber den Weg zum Gebrauche des Part. Fut. als Ausdruck der Absicht. Diese Konstruktion treffen wir beson- ders in Verbindung mit Verben der Bewegung (wie schon C. Gracchus nach Gellius 11, 10, 4 qui prodeunt dissuasun gesagt haben soll), und zwar seit Sallust im Zunehmen begriffen, offenbar unter dem Einflüsse des Griechischen. Die Verba der Bewegung zogen auch die Verba der Ruhe nach sich, z. B. b. Afr. 25 dum alios adiuturus profidsceretur und dann 65, 8 cum magno equitatu insidiaturu^ locis idoneis considit. Mit Livius bürgert sich die durch ihre Bequemlichkeit und Kürze empfohlene Konstruktion, welche man mit Recht als eine Bereicherung der Latinität bezeichnet hat, immer mehr ein, vgl. Liv. 42, 62, 15 rediit belli casum de integro temptaturus; viele Beispiele hat Tac. soivie die übrige nachklass. und spätere Latinität;

I. Ton den Teilen des Satzes. (§§ 179—181.) 313

Vgl noch Prudent. P. 4, 11 vmiet posüurus, Trebell. tr. tyr. 11 Gallientis pacem cum eo contra Posthumum pugnaturus fecit,

180. Das prädikativ gebrauchte Partizipium entspricht zumeist einem deutschen Nebensatz, dessen Subjekt im Hauptsatz in irgend einem Kasus enthalten ist. Solcher Konstruktion sind vorzugsweise die Part. Praes. Act. und Perf. Pass. fähig; für das Part. Fut. Akt. vgl. § 179. Be- sonders sind es Temporal-, Modal-, Kausal-, Kondizional- und Konzessiv- sätze, welchen Partizipien entsprechen; Beispiele finden sich durch die ganze Latinität. Vgl. z. B. aus Plautus:

1. Part, praes. = einem Modalsatz: Cist. 125 quae hinc flens ahiit;

2. , = » Temporalsatz: Rud. 71 vehemens sunt exoriens,

quom occido vehementior;

3. 9 9 = jr Kausalsatz: Rud. 651 nunc tibi amplectimur genita

egentes opum;

4. 9=9 Kondizionalsatz: Men. 951 at ego te pendentem

fodiam stimulis triginta dies; 5.9 9 = 9 Konzessivsatz : Asin. 290 sed quid ego hie proper ans

concesso pedihus, lingua largior?

1. Part. Perf. = einem Modalsatz: Most. 441: exspectatus veniam fami-

liarihiAS;

2. , 9=9 Temporalsatz: Truc. 418 relictusne dbs te vivam?

3. 9 9=9 Kausalsatz: Mil. 457 at ego abeo omissa.

4. 9 9=9 Kondizionalsatz: Amph. 437 iniurato plus credet

mihi quam iurato tibi,

5. 9 9=9 Konzessivsatz: Gas. 489 iam victi vicimus,

181. Die Partizipien werden attributiv und prädikativ häufig da gebraucht, wo wir im Deutschen ein Verbalsubstantiv oder eine Um- schreibung jfder Umstand, dc^s . . .* verwenden, z. B. Occisus dictator Caesar aliis pessimum, aliis pulcherrimum facinus videbatur die Ermordung Cäsars, Tac. ann. 1, 8; augebat metum invasurvs hostis ^der Umstand, dass ein Einfall der Feinde zu erwarten war.*^ Diese Konstruktion hat ihre Entstehung dem Bestreben der Lateiner, ein persönliches Subjekt zu erhalten, zu verdanken; sie geht in ihrer Entwicklung fast gleichen Schritt mit der Ausbildung der rhetorischen Bestrebungen der Römer und dem Eindringen der letzteren in die Litteratur. Daraus ist zu entnehmen, dass die alte Sprache wenige Beispiele bieten wird, und in der That ausser bei opus est und usus est finden wir bei Plautus nichts derartiges, z. B. Plaut. Gas. 481 nam mihi vicino hoc ctiam convento est opus, Bacch. 749 qmd istis ad istunc modum tisust coyiscriptis modum? und Ter. hat für diese Konstruktion nur ein, noch dazu zweifelhaftes Beispiel Hec. 665 vosmet videte iam remissan opus sit vobis redductan dowum; dabei beachte man, dass das Part. Perf. Pass. nicht die Bedeutung der Vergangenheit hat, vgl. § 173. Präpositionale Wendungen lesen wir zuerst wohl bei Plaut. Asin. arg. 6 ob praereptam mulier em, bei Gate Orig. 5 fr. 10 post dimissum bellum und de re mil. fr. 2 ob rem bene gestam; daraus, dass diese Konstruktion in Gesetzen sich öfters findet, z. B. lex Gomelia de XX quaestoribus wieder- holt ante hanc legem rogatam „vor Einbringung dieses Gesetzes'^ schliesse

314 Lateiniaohe Qrammatik. d. Syntax.

ich, dass sie dem Kurialstil eigen war; vgl. noch XII tabb. post sohm occasum und lex Julia municipalis 14 post solem ortum und 8 post h. Z. r{ogatam). Yarro geht schon weiter, indem er noch andere Präpositionen so konstruiert, z. B. r. r. 1, 2, 4 propter mare congelaium, noch weiter Sali-, wo wir auffälligen Verbindungen wie Cat. 43, 3 inter haec parata atqtie decreta lesen. Die klass. Sprache ist hier sehr zurückhaltend, Cicero ver- wendet an Präpositionen nur ah, de, in^ ante, post, praeter (Fam. 7, 31, 2 propter?) z. B. Phil. 3, 9 a condita urbe post reges exactos, Att. 14, 5, 2 ante res prolatas u. ö. Doch wird bei ihm der Gebrauch vorbereitet, der nachher bei Liv. und Tac. die grösste Ausdehnung finden sollte: Cicero setzt das Partizipium auch im Nominativ zu einem Nomen, welches das grammatische Subjekt ist, während thatsächlich der Subjektsbegriff im Partizip enthalten ist, z. B. Fam. 6, 6, 8 vehementer eum consentiens Etruria movehit (die Einmütigkeit wird Eindruck machen); 6, 6, 11 nee manens nee mutata ratio feret, w^ . . ., Cic. div. Caec. 67 querimoniae de- latae, supc^tae; Phil. 2, 37 quae {yitae cupiditas) me manens conficerei angorihiiSj dimissa molestiis omnibus Uberaret (der Subjektsbegriff zu überaret ist in dimissa zu suchen). Allein soweit geht Cicero nicht, dass er z. B. Phil. 2, 88 num etiam tuum de ampiciis iudicium interitus Cae-- saris stistuUt statt interitus Caesaris auch interfectun Caesar sagen könnte. Diese Erweiterung des Sprachgebrauches war in Prosa dem Livius vorbehalten, und ihm folgte Tac. bereitwilligst: die Konstruktion passte ganz vorzüglich zu ihrer rhetorisch-pathetischen Diktion. In der Dichtung war ihnen Properz, der kühne Sprachbildner, vorangegangen: 2, 7, 6 devictae gentes nil in amore valent. Livius und Tac. sind reich an Bei- spielen, vgl. Liv. 38, 34, 9 Lacedaemoniis nulla res tanto erat damno quam disciplina Lycurgi sublata und Tac. ann. 1, 59 Arminium rapta tixor vaecordem agebat. Ja Livius wagte sogar sine in den Kreis der Konstruktion zu ziehen, er schreibt 3, 52, 2 sine restituta potestate; allein in den folgenden Dekaden liess er die Neuerung fallen und fand nur Spätlat. bei Arnobius und Cyprian Nachahmung. Im übrigen aber wurde die Neuerung von den Schriftstellern nach Liv. und Tac. bereitwillig übernommen, wir treffen sie auch noch im Spätlat. häufig so bei Sulp. Sev., Min. Fei., liact., Ammian; z. B. Sulp. Sev. 2, 15, 3 admotus exercitus magno Judaeos terrore perculerat; Lact. I 104 laudem attulit discussus error.

Das Partie. Fut. Pass. nimmt an der besprochenen Konstruktion beim Subjekt oder Objekt nicht teil, wohl aber in den übrigen Kasus und nach Präpositionen, vgl. hierüber § 169. Es ist also das Gerundiv nicht ge- eignet, den Subjekts- oder Objektsbegriff zu vertreten; daher durfte dem occistis Caesar kaum ein occidefidus Caesar pulcherrimum facinus videtur entsprechen, so wenig als novandas res cupide appetere zulässig wäre. Wenn daher Livius 2, 13, 2 moverat eum subeunda dimicatio totiens, quot coniurati superessent sagt, so ist subeunda = quae subeunda esset, der Subjektsbegriff liegt in dimicatio, und wenn er 1, 20, 7 sagt: iusta quoque funebria placandosque manes ut idem pontifex edoceret, so ist die Kon- struktion nur durch Angleichung an den vorausgehenden Accusativ zu entschuldigen. Dagegen entspricht dem laus überatarum Thebarum bei

I. Von den Teilen des Satsee. (§§ 182—183.) 315

Nepos Pelop. 4, 1 das consiUum Jiberandarum Thebarum und Kberatis Thebis hudem sibi peperit ein Uberandis Thebis laudeni quaesivit u. ä.

182. Die logische Beziehung des Partizips im Satze wird im Latei- nischen gewöhnlich nicht ausgedrückt; es bleibt dem Leser überlassen sie selbst herauszufinden. Doch wird, vielleicht nach dem Vorgänge der Griechen, seit der klass. Zeit die Auffassung des Satzverhältnisses des Partizips durch hinzugefügte Partikeln angedeutet; diese Partikeln treten wie im Qriechischen entweder zum Partizip oder zum Yerbum finitum.

Zum Partizip tritt bei Cicero einmal qtMmqimm (Fin. 5, 68), öfters quasi imd ut. Sallust setzt or. Phil. 5 quippe zum Partizip, qtmmqiuim ib. 2. Mit der Zeit des Augustus aber mehren sich die Beispiele. Vergil sagt Aen. 10, 856 simul hoc dicens und ebenso Livius 1, 26, 3 simul verbis in- crepans transfigit puellam, Tac. bist. 4, 29 simul epulantes; das von Cicero erstmals gewagte qtuimquam mit Partizip findet sich später öfter, so z. B. bei den nachklass. Dichtern wie Statins u. ä. Livius hat zuerst statim, z. B. 28, 7, 9 viso statim hoste, Horaz utpote sat. 1, 5, 94 utpote lonffum car- pentes iter; quippe treffen wir zuerst wohl Lucr. 3, 190 quippe creata, später kommt es wie tUpote auch bei Livius und den nachfolgenden Schrift* steilem vor. Bei Tac. lesen wir ann. 1, 50 vixdum ingressus, bei Suet. Tib. 22 non prius quam Agrippa iuvene interempto. Ferner hat Tac. zu- erst beim Partizip quamvis (denn Liv. 2, 39, 7 ist suspectos Adjektiv), Livius tamquam da, wo die klass. Sprache ut gebrauchen würde, ebenso nachher Tac. Livius hat ferner zuerst wohl ut und tamqtMm zum Part. Put. gesetzt, vgl. Archiv VII S. 301, in offenbarer Nachahmung des grie- chischen (og mit Part. Fut., z. B. 37, 23, 6 classis tamqtuim eo die pugnatura. Das von Properz und Ovid so verwendete licet hat in Prosa zuerst Sen. rhet., dann Plin. n. h. 30, 15; häufig wird es im Spätlatein, wo es Ammianus sehr oft, auch Sulp. Sev., SeduL, Cassian., Vict. Vit. öfters verwenden. Im Spätlatein., wo sich der Mangel eines Partizips von esse sehr fühlbar macht, treten diese Partikeln oft scheinbar zur Apposition, vgl. Hartel, Patrist. Studien III S. 70 und oben § 36, Anm. 3.

Zum Verbum finitum tritt bei Cicero manchmal deinceps, dann auch deinde oflF. 2, 16 colUctis ceieris causis deinde comparat; solche Beifügungen treffen wir öfter bei Livius, z. B. 2, 29 tum vero, auch bei Tac. vgl. ann. 14, 36 pilis emissis post gladiis stragem continu^rent (wenn hier nicht richtiger vor post interpungiert wird). Vgl. Brugmann, Gr. Gramm. § 580, 2.

y. Goningatio periphrastica.

183. 1. Gebildet mit dem Part. Praes. Act. und Formen von esse. Wenn an Stelle der einfachen Verbalform, z. B. (pegei fert das Part.

Praes. mit esse (eJvai), also fftgcov iaxiv ferens est erscheint, so wird damit zunächst das Zuständliche oder ein Mittel bezeichnet; diesen Gebrauch kennt das Altlatein, z. B. Plaut. Amph. 132 cubat complexus, quoius cupiens maxume est, dann Lucr. 3, 396 et magis est animus vitai claustra coercens, ebenso die klass. Sprache, z. B. Cic. Sest. 128 reditus ita florens fuit, Flacc. 9 si quis unquam ab isto gener e non abhorrens fuit; hier wirkt vielfach die Rücksicht auf die Konzinnität mit, z. B. Caes. b. Q. 3, 19, 6 Galloium ani-

316 LateiniBche Qrammatik. d. Syntax.

mus mollis ac minime resistens est, Gic. Phil. 14, 23 quibus victaribas incolu- mis et florens civitas esse passet Dann aber dient diese Umschreibung der umständlichen Erzählungsweise des Volkes und findet sich so bei Plaut, (der z. B. ut tu sis sciens für ut scias sagt, vgl. auch Ter. Andr. 508 und 775), Ter., Gato, Catull, bell. Hisp., ganz vereinzelt bei Cicero (nie in den Reden!), bei Liv., Ovid., Sen. phil.. Gell., Apul., namentlich aber im Bibel- latein und der davon abhängigen Litteratur, so z. B. bei Lucif. Calar., bei Lact., Arnob., Juvenc, Prudent. u. a.; z. B. Gregor. Tur. Mart. 2, 15 dum esset laborans in opere.

Nachdem einmal die Verbindung ferens sum = fero allgemein üblich geworden, lag es nahe, das Verbum esse wegzulassen, und so finden wir thatsächlich im Spätlatein das Part, praes. an Stelle eines Verbum finitum. Dies hat man in bescheidenen Anfangen schon bei nachklass. Dichtern beobachtet, z. B. Stat. silv. 5, 1, 92 omnia nam Jaetas pila attollentia frondes nullaque famosae Signatur lancea penna; häufiger wird es bei TertuUian, Commodian (z. B. iempus est et nos gerentes, wo zu gerentes die Form sumus zu ergänzen ist), bei Gregor. Tur., im Itinerar. Anton. Plac, bei Fredegar, namentlich aber in den litterarischen Denkmälern der Merovingerzeit und in den lombardischen Gesetzen; vgl. Verg. Gramm. Epit. IX p. 71, 13 Hueicer. Gewöhnlich folgt das Partiz. mit et, que, ac einem Verb, finitum, doch geht es, wenn auch seltener, voraus, z. B. Gregor. Turon. mart. 45 et tunc agens et in posterum instituit celebrari. Die periphrastische Form hat natürlich dieselbe Rektion wie das Verbum selbst, z. B. quam sequentes fuerunt (vgl. dagegen negotii gerentes u. ä.).

2. Gebildet mit dem Part. Perf. Pass. und

a. Formen von esse

Das Verbaladjektiv auf tt^ in Verbindung mit Formen des Verbums esse diente als Ersatz für das verlorene einfache Perf. Pass. Durch die Verbindung mit sum war die Einbeziehung in das Verbum finitum ermög- licht und damit auch die Teilnahme an der Rektion des Verbums selbst gegeben. Dies gilt auch für das Deponens; so z. B. ist hanc occasianem nanctus est die Konsequenz von hanc occasionem nanciscitur, da fianctus an sich ursprünglich keinen Akkusativ regieren konnte (vgl. § 96, wonach dure hanc occasionem nancto erst seit Sali, aufkam). Die periphrastische Form nahm entsprechend dem Perfekt des Aktivs auch die aoristische Be- deutung an, d. h. wurde auch als Perf. historicum gebraucht; daher heisst profectus est 1. er ist fort (Perf. Praes.) 2. er zog ab (Perf. bist.). Allein mit der periphrastischen Form war die Bedeutung der Vollendung zu sehr verbunden und in res confecta est fühlte man eben nur das eig. Perfekt heraus; konnte gar noch die Partizipialform adjektivisch verstanden werden, wie z. B. in contemptus est, so trat der Begriff des Geschehens in der Vergangenheit ganz zurück. Man griff daher zu den Formen fui, fueram etc., um die Vergangenheit deutlich zu kennzeichnen und fui, fueram zog dann auch fu^ro nach. So wurde oblitus fui statt oblitus sum, accusatus fuerit statt accusatus erit, cum sol ita locatus fuisset statt locatus esset u. ä. gesagt. Dies finden wir schon bei Plautus, dann bei Nepos und Sali., bei den Korrespondenten Ciceros, ja bei Cicero selbst, so namentlich in den Briefen

I. Von den Teilen des Satsea. 183.) 317

und Erstlingereden, z. B. Att. 5, 1, 3 quae fueramus locuti und Yerr. 8, 10 si pauca fuerimas ante a vobis deprecati. Cäsar hat im b. Qall. nur eine Stelle, 5, 25, 2, wo fuerat usus die Vorzeitigkeit zum Plusq. restiiuerat be- zeichnet. In der nachklass. Latinität, so namentlich bei Livius, Val. Max. (aber nicht bei Plin. min. und nicht bei Tac), Fronte, später bei Justin, auch bei Eccl. werden die mit fui^ fuetam, fuero gebildeten Formen so übUch, dass man sie, z. B. im Fut. exact. schon Fronte, geradezu über- wiegen liess. Vgl. besonders Haktel in Wölpflins Archiv III S. 40. Für den klass. Gebrauch ist festzustellen, dass zwischen praeceptum est und fuit genau geschieden wird; jenes heisst „es besteht die Vorschriff^ ^ dieses „es hcU die Vorschnft bestanden'' (daneben praeceptum est als Perf. bist, es wurde die Vorschrift gegeben); vgl. das bezeichnende Beispiel Cic. Pomp. 20 dico maximas Mithridatis copias omnibus rebus ornatas atque instructas fuisse, urbenique Cyzicenorum obsessam esse ab ipso rege.

Die Form forem kennt Cäsar gar nicht, Cicero gebraucht sie nur de rep. 2, 24 und in den Briefen an Attikus, und zwar in futurischem Sinne ; vgl. Cic. Att. 7, 21, 2 dubium non erat, quin ille iam iamque foret in Apulia und 10, 14, 3 muUo se in suo lectulo malle, quicquid foret. Beide Klassiker meiden gleichmässig die Verbindung des Part. Perf. mit forem. Im Alt- latein hat sie bereits Plaut. Most. 494 qui abhinc annis sexaginta ocdsus foret, offenbar = occisus esset; dann finden wir sie erst wieder, aber häu- figer, bei Sallust; hier enthält die Form an den meisten Stellen einen futurischen Hinweis, doch zeigen bereits einige Stellen die Gleichsetzung mit esseni (Cat. 14, 7; 20, 2; Jug. 30, 1). Letzteres überwiegt bei den aug. Dichtern, vgl. Verg. Aen. 8, 130 quod a stirpe fores geminis coniunctus Ätridis und Ovid Amor. 3, 13, 1 cum mihi coniunx foret orta Faliscis, Wenn man auch bei Livius an manchen Stellen durch forem statt essem das Werden und die Entwicklung einer Handlung oder das Eintreten eines Zustandes angedeutet findet, z. B. 39, 20, 9 quantum deminutae copiae forent, 80 beweisen doch Stellen wie 39, 47, 6 quam non ex aequo disceptatum apud Caecilium foret indigneque sibi insuUatum ab omnibus esset, dass man foret und esset gleichsetzte und im Interesse der Mannigfaltigkeit damit wechselte. Diese Wahrnehmung gilt auch für Tac, der foret = esset gebraucht und es nur vorzieht, wo es sich um sogenannten Ersatz von Konjunktiv des Fut. oder Fut. ex. handelt, und die späteren Schriftsteller.

Das Part. Perf. Pass. mit fore bezeichnet die Vollendung und den daraus sich ergebenden Zustand in der Zukunft. Es ist bemerkenswert, dass Cäsar auch diese Verbindung nicht kennt (denn b. G. 4, 6, 3 omnia, quae postulassent, ab se fore parata ist parata Adjektiv). Im AlÜatein hat sie Plaut., z. B. Stich. 610 deceptum fore, in klass. Zeit oft Cicero, zumeist in den Briefen, z. B. Att. 16, 16, 16 velim sie existi^nes non tibi tarn Ätticum quam me obligatum fore, dann Sali. Jug. 14, 14 und 28, 4, nachklass. öfters Livius, im Spätlat. Amm., Lact. u. a.

b. Formen von habere (tenere).

Die Umschreibung des Perfekts^ und zwar mittels habere und Part. Perf. Pass. ist schon im Altlat. sehr gebräuchlich; vgl. Plaut. Trin. 436 mutUa bona bene parta habemus und Ter. Hec. 582 quomodo me habueris

318 Lateiniache Qrammatik. d. Syntax.

pra^ositam amoribus; hier lässt sich die periphrastische Form in der Be- deutung oft kaum von der einfachen unterscheiden. Anders wird dies in der klass. Sprache. Cäsar begünstigt diese Umschreibung sehr, weniger Cicero, bei beiden aber ist stets der Begriff des Zuständlichen damit ver- bunden; vgl. Caes. b. G. 1, 48, 3 adem instructam habuit (vgl. damit 1, 50, 1 aciem instruxif); Cic. Pomp. 18 equites Romani in ea provincia pecunias magnas collocatas habent. Besonders üblich sind die dem Altlat. noch ganz fremden Phrasen cognitum, perspectum, persuasum, exploratum habeo u. ä. Neben habere erscheint auch tenere so konstruiert, und zwar einmal bei Plaut., öfters in klass. Zeit bei Cicero und Cäsar, wie noch im Späüat. bei Juvenc, Prudent. u. a., z. B. Prudent. S. 2, 590 quo corda hominum con^ iuncta teneret amor. In der Volkssprache hat die periphrastische Form sich stets erhalten und so bereitet sich der Oebrauch der romanischen Sprachen {avoir Französ. tener Spanisch) vor. Bei Gregor. Turon. können wir zuerst habere als vollständiges Hilfsverbum feststellen; wenn er auch manchmal wie andere Spätlat., z. B. oft Lactant., noch den alten guten Gebrauch beobachtet, z. B. habemus scriptum in canonibus, so verwendet er doch habere mit Part. Perf. Pass. wie ein einfaches Perfekt, z. B. episcopum invitatum habes =: tu as invite,

3. Gebildet mit dem Part. Fut. Act. und Formen von esse. Die Verbindung des Part. Fut. Act. mit esse nennt man auch schlecht- weg Coniugatio periphrastica activa; sie drückt wie f.ulk(o mit Inf. Fut. das aus, was man zu thun im Begriff steht, was voraussichtlich geschehen wird, bestimmt ist, also kurz die bevorstehende Handlung, z. B. bellum scripturus sum; muUer vivit victuraque est lebt noch und wird voraussieht^ lieh noch lange leben. Sie gehört der ganzen Latinität an und wird in Hauptsätzen wie in Nebensätzen gebraucht; in letzteren übernimmt sie die Funktion eines relativen Tempus und dient als solches zum Ausdruck der Nachzeitigkeit, z. B. quid futurum sit, fuge quaerere. Die mit /tit, fueram, fuero gebildeten Formen wurden in der guten Zeit der Sprache gemieden, offenbar wegen ihrer Schwerfölligkeit; so finden wir z. B. vic- turus fuero erst bei Sen. phil., sonst ist kein Fut. exact. nachgewiesen. Die Verbindung des Part. Fut. mit ero entspricht der mit sum wie das Futur dem Präsens, vgl. Cic. de or. 1, 223 apud quos aliquid aget aut erit acturus. Erst im Spätlat. treffen wir die abgeschwächte Bedeutung des Futurs der periphrastischen Form; so ist bei Sedulius victurus erit = vive^^ Gregor. Turon. Hist. Franc. 8, |1 qt^d numquam ero facturus = faciam. Damit hängt auch zusammen, dass man im Spätlat. unbedenklich venturum forCy prodituram fpre u. ä. sagt, und zwar ganz wie venturum esse, prodi" turam esse; aus einem Autor der guten Latinität haben wir für diese Form kein sicheres Beispiel, vgl. Neue- Wagener III S. 173, Zimmerer, Decl. S. 73. Die Verbindung von forem mit Part. Fut. lässt sich vor Sali. Jug. 109, 2 dicit se venisse quaesitum ab eo pacem an bellum agitaturus foret nicht nach- weisen; hier ist foret unbedingt futurisch aufzufassen ^ob er bereit sein werde* ^ esset wäre = Jm Begriffe sei". Auch bei Livius ist in vielen Fällen be- sondere Bedeutung des foret und kein Zusammenfallen mit esset anzu- nehmen (Friedersdorff zu Liv. 26, 15, 3); indes bei Nepos Att. 9, 7 quid

I. Von den Teilen des Satse«. 184.) 319

diu laudaturi forent, ebenso oftmals bei Livius muss die abgeschwächte Bedeutung foreni = essent anerkannt werden.

4. Gebildet mit dem Part. Fut. Pass. und Formen von esse.

Das Part. Fut. Pass. bekommt in Verbindung mit den Formen von esse die Bedeutung des Müssens, negiert des Dürfens oder auch des Könnens; daher ist tradendiAS est er muss, non tradendus est er darf nicht überliefert werden. Im Spätlatein entspricht tradendiAS est dem griechischen iisXlst naQailSoad'ai, ja es vollzieht sich hier der gleiche Prozess wie bei der aktiven Coniugatio periphrastica ; wie victurus erit = vivet, wird sahandtis erit =• salvabitur. So bekommt denn z.*B. agendum esse geradezu die Bedeutung eines Inf. Fut. Pass. und tritt an die Stelle von actum iri; letztere Form ist bei Symmachus und den gallischen Schrift- stellern ganz verschwunden und der Grammatiker Diomedes erkennt agen-- dum esse förmlich als Inf. Fut. Pass. an.

Das Part. Fut. Pass. in Verbindung mit forem scheint sich im Alt- latein ausser Plaut. Mil. 35 si optandum foret und im klass. Latein, auch bei Sallust, nicht zu finden; mit Verg. und Horaz kommt diese periphrastische Form auf, wird dann öfters von Livius und Tac, sowie von Gellius an- gewendet; vgl. Hör. sat. 1, 6, 100 nam mihi continuo maior quaerenda foret res, sowie Liv. 9, 45, 7 quod quantopere optandum foret Hemicos docuisse; Gell. 14, 2, 9 nihil esse dubium dicebant, quin absolvendus foret. Auch hier bemerken wir, wie die futurale Kraft des forem verblasst und allmählich eine völlige Gleichstellung desselben mit essem eintritt. Die Verbindung von fore mit dem Part. Fut. Pass. scheint auch erst in der nachklass. Zeit, und zwar bei Livius, dem besonderen Liebhaber dieser Formen, aufge- kommen zu sein; sie weist genau die Bedeutung des Müssens in der Zukunft auf; besonders bezeichnend ist folgende Stelle: Liv. 37, 39, 2 aut sub pellibus habendos milites fore, aut si concedere in hiberna vellent, differendum esse in aestatem bellum.

cf. Das BiibBtantivierte Partizip.

184. Die Partizipien können gerade wie die Adjektive auch sub- stantiviert werden. Näheres hierüber siehe Stilistik § 4.

Syntaktisch wichtig ist folgendes:

Bei Livius finden wir entsprechend dem attributiven Gebrauch des Partizips, wo das Partizip den HauptbegriflF enthält (vgl. § 181), auch einen solchen substantivischen: 7, 8, 5 diu non perlitatum tenuerat dictatorem: der Umstand, dass man lange kein günstiges Opfer erzielte, hatte den D. eurückgehaiten. Die Anfänge fQr diesen substantivischen Gebrauch des Part, gehen auf Plaut, zurück, welcher so opus est und usus est konstruiert, vgl. § 90: Plaut. Bacch. 604 celeriter factost opus, Trin. 503 ubi dicto nihil erat usus (Kelleb, Lat. Etymol. S. 81, glaubt hier Abi. des Verbalsubstantivs finden zu sollen). Cicero bietet wie beim attributiven Gebrauch auch hier die bescheidene Einführung der nachher kühner gewordenen Konstruktion ; er sagt Part. erat. 114 haec proprie attingunt eos ipsos, qui arguuntur, ut tehim, tU vestigium, ut responsum inconstanter, ut haesitatum, ut tüübatum = £. B. wenn einer in seiften Antworten inkonsequent ist und stockt oder

320 Lateinische Qranunaiik. d. Syntax.

strauchelt. Yerg. Aen. 5, 5 vermittelt den Übergang zu Livius, der viele Beispiele aufweist, Tac. schliesst sich auch hier dem Livius an, z. B. Hist. 1, 51 accessit callide vulgatum = quod vulgatum erat. In Verbindung mit Präpositionen steht das substantivierte Partizip bei Cic. off. 1, 33 nihil praeter auditum habeo; auditum ist nicht = id quod audivi^ sondern praeterquam quod audivi = ausser dass ich gehört habe; dann bei Livius 29, 10, 4 propter crebrius eo anno de caeh lapidatum, bei Verg. Georg. 3, 348 ante exspectatum, was auch Sen. ep. 114, 16 übernommen hat.

Zu § 171—184: Brdgmann, Indog. Forsch. V S. 89^152 und Tahmblin, De participiis priscae latmitatis observationefi syntacticae, Helsingfors 1889 (grundlegende Abhandlung), zur Ergänzung vgl. Weihbnmajer oben zu § 96; Hoppe, Der Konjunktiv der Coniug. peri- phrastica act., Gambinnen 1879; Obbrmaier, Die Coniug. periphrastica und der Irrealis im Lat., Stadtamhof 1881; Landgraf Die Anfänge des selbständigen Gebrauchs des Part. fut. act., Arch. IX S. 47.

d. Supina.

185. Das erste Supinum ist der Akkusativ eines Verbalsubstantivs. Vielfach besteht das Verbalsubstantiv selbst neben dem Supinum als ein selbständiges Nomen, z. B. reditus neben reditum, sensus neben sensum u. ä. Gebraucht wird das erste Supinum als Akkusativ der Richtung nach den Verben, welche die Bedeutung der Bewegung oder des Veranlassens einer Bewegung haben. Schon im Altlatein wird das erste Supinum sehr häufig angetroffen, so bei Plaut, und Ter., dann bei Cato und Lucil., öfters bei Varro, Sali, und im b. Afric, sowie bei Liv., während Cic. und Caes. sich sehr massvoll im Gebrauch desselben zeigen. Während Caes. z. B. frumen-- tatum und pabulatum zulässt, lehnt er aquatum^ praedatum, lignatum u. ä. ab und gebraucht dafür z. B. aquandi causa^ per causam pabulundi u. ä. Bei den august. und den späteren Dichtern liest man nur ganz vereinzelt das erste Supinum, so hat es z. B. der spätlat. Dichter Prudent. einmal! Hier überwiegt der finale Infinitiv; auch in der nachlivianischen Prosa tritt es zurück gegenüber dem Part. Fut. Akt. und dem Finalsatz, nur die von Sali, und Liv. beeinfiussten Schriftsteller verwenden es öfters, sowie die Archaisten.

Schon frühe hat man ire mit Supinum als eine Art periphrastischer Form gefühlt, z. B. perditum ire = aufs Verderben ausgehen = verderben wollen; aus dem unpersönlichen perditum itur ging dann der Int. perditum iri hervor, welcher als Inf. Fut. Pass. verwendet wurde.

Seine verbale Natur zeigt das erste Supinum dadurch, dass es die gleiche Rektion hat, wie das Verbum finitum; also kann das erste Supinum transitiv gebrauchter Verba mit einem Objektsakkusativ verbunden werden. Dies finden wir oft bei Plaut., namentlich da, wo das Supinum mit ire oder venire mehr periphrastisch gebraucht erscheint, z. B. Amph. 587 nunc venis etiam ultro inrisum dominum, auch bei Varro, z. B. r. r. 2, 4, 12 spcc- tatum suem, ja auch bei Cicero und Caesar, z. B. Cic. Verr. 4, 24 laud€Uum etiam vos quemquam venitis? Att. 2, 7, 2 ut Tigranem ires salutatum, Caes. b. Gell. 1, 11 legatos ad Caesarem mittunt rogatum auodlium. Doch hat man die Wahrnehmung gemacht, dass beide, Cic. und Caes., insbesondere aber Caesar das Gerundivum dem Supinum mit Objekt vorziehen, z. B. Caes. b.

I. Von den Teilen des Satses. (§§ 185—186.) 321

civ. 2, 24, 2 ad exploranda castra; ich bin daher jetzt auch geneigt, b. Gall. 5, 26, 2 der Überlieferung von ß ad oppugnanda castra gegenüber a castra qppugnatum den Vorzug zu geben. Nepos dagegen und Sali, dann Livius (Wölfflin zu Liv. 21, 41, 13), Val. Max. (9, 6, 1 aquam petitum egredt)^ Gurt., Qell., Sulp. Sev. u. a. weichen der Konstruktion nicht aus.

Anmerkung. Bei Sali. Hist. firagm. UI, 48, 17 M. neque ego vos ultutn iniuruM hortor ist kein ire zn tUtum zu ergänzen, sondern hortor gehört zu den Yerba, welche be- deuten ^eine Bewegung veranlassen'^ ^ und kann somit so gut wie vocare, vgL Plaut. Men. 288 essum vocare = zum Essen einladen^ oder da/re in der Phrase nuptum dare mit dem Supinum konstruiert werden, umsomehr als der Akkusativ des Zieles bei hortari sich Öfters findet, VgL YoLLXBB zu Statins Silvae S. 430. Im Oskisch-Umbrischen wird beispielsweise auch ferre mit Snpinimi verbunden: asum feret (vgl. lat. darmüum me confero), vgl. Planta II S. 439, Ebllbb, Lat. Etymol. S. 82, Landgbap in Arch. XI S. 103.

180. Das zweite Supinum ist der Dativ eines Verbalsubstantivs; dies ersieht man aus Plaut. Bacch. 62 istaec lepida sunt memoratui. Daher kommt es, dass Adjektive, deren Bedeutung sich in irgend, einer Richtung äussern kann, mit dem zweiten Supinum verbunden werden; solche Ad- jektive sind facilis^ difficilis, iucundus u. ä. Frühe schon trat für die Form auf ui die auf u ein und so hat man bald im zweiten Supinum einen Ablativ gefunden; die Folge war, dass es nunmehr auch als limitierender Kasus verwendbar wurde und damit seine Gebrauchssphäre wesentlich erweiterte. Seit der klass. Zeit hat man jedenfalls im zweiten Supinum nur noch einen Ablativ gesehen.

Nicht alle Yerba bilden ein zweites Supinum, meist sind es Yerba des Sagens und Wahrnehmens, dann facere, tangere und vereinzelt auch manche andere. Da der Ablativ des Verbalsubstantivs auf tus (sus) mit dem zweiten Supinum in der Form zusammenfallt, wird es manchmal schwer zu entscheiden, ob ein zweites Supinum oder ein wirkliches Sub- stantiv vorliegt. Wir werden überall da das Supinum annehmen, wo die Richtung oder Einschränkung sich als Bedeutung der fraglichen Form ergibt, also facilis fadu, insignis visu, su^avis potu u. ä.

Das Altlatein verfahrt noch sehr behutsam in Anwendung des zweiten Supinums, Gato verwendet es so gar nicht. Anders wird es im klass. Latein, wo Cicero viele Beispiele aufweist, ebenso Livius. Ihrem Beispiel folgen die Autoren des silbernen Lateins, während Gaes., Sali., Varr., Nep. nur selten sich des zweiten Supinums bedienen. Besonders ausgiebig ge- brauchen es Sen. phil., Plin. mai., Tac; auch die Archaisten wie Gellius, Fronte, Apul. greifen gerne darnach, ebenso noch spätere Autoren wie Lact, und schliesslich Macrobius. Die Analogie wurde auch hier nicht müde neue Phrasen zu bilden; dem rart^ visu, dictu bei Plin. mai. ent- sprechend sagte Tacitus rarus egressu, dem inhonestum dictu bei Tac. ent- sprechend schreibt Lact. I 538 improbum dictu; ja dem pudendum dictu lässt Tac. gar ein pudet dictu entstammen! Im allgemeinen findet sich das zweite Supinum bei den Dichtem der klassischen, der august. und der späteren Zeit nicht besonders häufig; ihnen lag der Infinitiv näher, der ja in seiner ursprünglichen Bedeutung der Grundbedeutung des zweiten Supinums entspricht (beide haben ursprünglich den Gharakter des Dativs) ; doch haben auch sie vielfach geneuert, wie z. B. pestifer tractu aer nur Lncan. 7, 412 aufweist, asper victu sich vor Vergil nicht findet und scelus

HMdbueh der klaas. Alteitomawlasenscbaft. U, 2. 8. Aufl. 21

322 LateiniBohe, Grammatik, d. Syntax.

est diciu gar erst von Prudent. nach Analogie von nefas est dictu ge- wagt wird.

Anmerkung 1. Der Bedentang entsprechend, welche das erste Snpinum immer hat, bezeichnet das zweite Snpinum auch die Richtung, und zwar auf die Frage: woher? Allein der Anlauf, den Plaut. Gas. 662 und Men. 275 sowie 286 mit opsoncUu redirCj femer Cato r. r. 5 mit primus cuMtu surgat, postremua cuhitum eat genommen haben, um das Gegen- stflck zum ersten Supinum (Plaut, zu opsfmatum ire) zu schaffen, blieb ohne Erfolg; nur dem Dichter Statins war es vorbehalten, Achill. 1, 119 ac ttmc vevuUu redüurum opperiens eine spftte Nachahmung ebenso erfolglos in die Litteratar einzuführen.

Anmerkung 2. Das zweite Snpinum hat seine verbale Natur insofern erhalten, als es akÜv und passiv gebraucht wird, bezüglich der Rektion aber verloren, denn es kann mit keinem Objekt verbunden werden. Man sagt daher hoc est facüe dictu, aber nur facüe est hoc dicere.

Zu § 186: RiCHTBB, De supinis linguae latinae, Königsberg 1856—60, Progr.; N. 8j5- 8TB AKD, De vi et uflu supini secundi Latinorum, Lund 1891.

IL Der einfache Satz.

A. Die Arten des einfachen Satzes.

187. Die einfachen Sätze sind nach § 6:

1. Behauptungssätze,

2. Fragesätze,

3. Aufforderungssätze.

Der Unterschied zwischen Behauptungs- und Aufforderungssatzen macht sich durch den Modus des Yerbum finitum geltend, Fragesätze unterscheiden sich durch Betonung oder einleitende Fragewörter.

a. Behauptungssätze.

188. Eine Behauptung kann hingestellt werden als wirklich (real), als möglich (potential), als unwirklich (irreal).

Im ersten Falle steht das Yerbum finitum im Indikativ, im zweiten FaUe im Coniunctivus potentialis 207), im dritten Falle im Coniunctivus irrealis 205). Die Negation in Behauptungssätzen ist non.

m

b. Fragesätze.

189. Die Fragesätze zerfallen in Ergänzungsfragen (auch Bestim- mungsfragen oder Yerdeutlichungsfragen genannt) und in Bestätigungs- fragen. In den Ergänzungsfragen werden die interrogativen Pronomina und Adverbia vom Stamm qui und quo (Nebenstamm quu) verwendet, also quis, quid, qui, quo, ubi, unde, uter u. a. Dabei ist bemerkenswert, dass ut bei den Komikern und Horaz, auch bei Livius in täghcher Rede (z. B. 10, 8, 11 ut sese in Samnio res habent?) in direkter Frage sich findet, ferner dass die Scheidung von quis und uter (in direkter wie in indirekter Frage) nicht einmal von Cicero und Caes. konsequent durchgeführt wird. So sagt Caes. b. G. 5, 44, 2 quinam anteferretur, aber ib. 13 uter utri virtute anteferendus videretur; Cic. Acad. fragm. ine. 4 quis sit melior, Epicurusne an Academicus; ähnliches finden wir schon vorher bei Yarro, oft bei Livius (vgl. M. Müller zu 1, 6, 4) und Tac, bei Dichtern wie Yerg. und Juvenal und noch im Spätlat., wo z. B. sogar Lact, öfters quis statt uter hat, von geringeren Stilisten ganz zu schweigen, und so hat sich diese Nachlässig-

n. Der einfache Satz« (§§ 187—193.) 328

keit bis ins mittelalterliche Latein vererbt, wo z. B. Conrad Hirsaugiensis oft quis statt uier gebraucht. Schulgemässe Genauigkeit zeigt rhet. ad Her., welcher scharf scheidet 4, 40: utrum de duobtis potius aut quid de pluribus potissimuni dicat,

190. Die Bestätigungsfragen, welche wir durch die Wortstellung als Fragen charakterisieren, waren ursprünglich im Lateinischen, wie in allen Sprachen, wohl nur durch die Betonung von dem Behauptungssatz ge- schieden. So finden wir denn auch, namentlich in lebhafter, affektvoller Rede, oft in Äusserungen der Missbilligung, durch die ganze lat. Sprache hindurch, ganz besonders aber in den Erzeugnissen der volkstümlichen Diktion, Frage- sätze, die kein Erkennungszeichen ausser dem Zusammenhange aufweisen. Im Laufe der sprachlichen Entwicklung treten besondere Wörtchen ein, welche den Satz schon von Anfang an als Fragesatz kennzeichnen. Solche Wörtchen sind ne, num, utrum, an^ nonne, numne, utrumne, anne und si.

191. Allen diesen Fragewörtern (ausser utrum, an und ^0 ist die Negation eigen. Ne ist die ursprüngliche Negation, num ist = »nicht zu irgend einer Zeit'; an die aus ne entstandenen Wörtchen non (= ne- oenumj vgl. Reichardt in Neue Jahrb. 1889 S. 120 und Stolz oben § 36), num, sowie an utrum und an kann noch ne angehängt werden. Es gehen somit alle diese mit ne, num, numne etc. gebildeten Fragen von der negativen Voraussetzung aus (vgl. auch Wegekeb p. 75).

Anmerkung 1. Die Analogie von tum tunc führt auch auf num nunc und damacli w&re num Acc. sing. masc. vom PronominalBtamm no-) in diesem Falle wäre in num keine Negation erhalten; vgl. Landgeaf zu Reisig-Haase in S. 801 Anm.

Anmerkung 2. Nonne ist nach 0. EIelleb nicht aus non-ne, sondern aus num-ne hervorgegangen; Bedenken hiegegen Äussert mit Recht Gramer in Neue Jahrbh. 1897 S. 106.

193. Das mit Yokalkürzung oder -abfall enklitisch gebrauchte nc wird dem Tonwort angehängt und findet sich in allen Zeiten der Sprache, jedoch so, dass es mit dem Verfall der Sprache immer mehr zurücktritt (z. B. selten in der Vulg., Thielmann, Philol. 42 p. 347, und bei Gregor. Turon.). Der archaischen Sprache eigentümlich mit je einem Ausläufer bei Hör. (sat. 1, 10, 21) und Catull (64, 180) ist die Anfügung von ne ans Relativum; die Prosa ausser spätlat. Panegyr., z. B. esse pudicam nuptam, quaene queat (vgl. Bähbens zu Catull p. 411 u. N. Phil. Rundsch. 1887 p. 301) und alle Dichter ausser Flaut., Ter., Catull, Hör. kennen diese Konstruktion nicht. Noch seltener ist die Verbindung des fragenden ne mit einem Pron. interrog., sicher nur an mehreren Stellen bei Horaz (Fbitzsche zu sat. 2, 3, 251) und bei Lucan 7, 301 und 10, 99, oder mit einem Adv. interrog., was nur für ecquandane bei Properz 2, 8, 15 (Vell. u. Apul.?) feststeht.

193. Durch Anfügung von ne an non entsteht nonne, welches bei Plautus und bei Terenz noch selten ist (dafür genügt non ohne Prage- partikel oder auch an andere Wörter angehängtes ne, was Sigismund in comm. Jen. IH, 231 allein für Plaut, u. Ter., nie nonne^ gelten lässt); oft aber wird es von Cic. gebraucht. Manche Autoren verschmähen es ganz, wie Catull u. Tibull, Sen. rhet., Plin. mai., jedoch nicht Properz, Horaz; Spätlat. wie Ludfer, Prudent. u. a. gebrauchen dafür nach dem Vorgang der Yulgata ne, z. B. ne dixisse memineras dominum? oder wie schon Plaut. f^on allein, z. B. Lact., der indes auch oft nonne hat, Commod., Prudent.

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324 Latelnisohe Chrammatik, d. Syntax.

Anmerkung 1. Die Behauptung, dass noni»« bei Plant gar nicht vorkommt, ataxnmt von A. Sfbvoel, Die Partikel nonne im Altlat, Progr., München 1867. Dagegen hat Sohradeb, De particulamm ne, anne, nonne apnd Plaatnm prosodia, Strassburg 1885, S. 42 die Ehdatenz- berechtigong von nonne verteidigt; thatsächlich weist anch der neneste Piautastext nonne auf, z. B. Amph. 165, 403; Pers. 747; vgl. noch Ter. Andr. 869 (vgl. ZusätiEe).

Anmerkung 2. Dass nonne durch non weitergeführt werden kann, zeigt schon Plaut. Amph. 406 nonne . ., non . ., non . ., nonne . .; auch bei Gic. ist das Gleiche der FalL

194. Num^ welches eigentlich = i,mcht zu irgend einer Zeit'' be- deutet, hat wie die Negation ne gleichfalls die Bedeutung eines Frageworts angenommen. Es findet sich von Plautus und Terenz an bis in die silberne Latinität in ziemlich häufigem Gebrauche; von da ab wird es seltener, so haben es z. B. Sen. rhet. u. Plin. mai. gar nicht verwendet, und es scheint in der Zeit des Hieronymus schon untergegangen zu sein. Gehalten wurde es in der Zusammensetzung mit quid = numquid; dies quid hat nur den einen Zweck, dem kleinen Wörtchen num mehr Konsistenz und Halt zu geben. Wie numquid wird auch numquidnam gebraucht. Noch bei Gregor. Turon. treffen wir öfters numquid. Sonst hat man nach einem Ersatz für num gesucht, dafQr fand sich ne. Daher treffen wir Spätlat. ne = num^ z. B. Job. 4, 12 ne tu maior es patre nosfro lacob? Die Form numne wird von Ritschl op. II, 248 verworfen; sie findet sich jedoch schon bei Naev. CoroU. IV M., bei Afran. fr. 29 R. und noch spätlat. bei Prudentius wiederholt; auch dürfte sie bei Gic. zu halten sein, so de nat. d. 1, 88 deum ipsum numne vidisti? Lael. 36 (dazu Seyffebt-Müller); vgl. Lease in Am. Joum. of Phil. XX S. 62. Numnam ist nur altlat.

195. Durch Anfügung des fragenden ne an die Interjektion e entstand mit Abwerf ung des Schlussvokals das Fragewort en, welches eine affekt- voUe, an der Bejahung sozusagen verzweifelnde Frage einleitet. Dasselbe gehört den Komikern und Epik. (Verg. Sil.), sowie Liv. in archaisierender Rede an und findet sich noch in Quint. decl., ebenso bei Ausonius zur Ein- leitung einer Frage mit ironischem Sinne oder Unwillen. In der Hauptsache aber reicht dieser Gebrauch nur bis zur augusteischen Zeit.

Anmerkung. Im SpäÜatem finden wir noch andere Einleitongsfonneln hei direkten Fragen, so z. B. ai, vgl. Vulg. act. apost. 1, 6, Lncif. 13, 8 H. si non es tu Constantius im- perator?; femer itane, das sich ja schon öfters bei Plaut, auch bei Ter. und Gic. findet und hier schön nahe daran ist, eine Interrogativpartikel zu werden, z. B. Ter. Phorm. 586 itane hunc patiemwr fieri miserum?, Act. apost. 8,80 itane intellegis, quae legis?, auch üa allein, so besonders bei Amobius, dann auch putasne oder putas, z. B. Eugipp. vit Sever. 9, 2 putasne possum invenire hominem?

196. Die Doppel frage wird richtiger wohl Wahlfrage genannt; denn wenn auch zumeist die Wahl zwischen zwei Gliedern gestellt ist, findet man doch schon bei Cicero, z. B. de or. 3, 211 refert qui atMtiant, populus an senatus an iudices, und bei Caesar, sowie noch beim Metriker Terentian dreigliedrige Fragen. Die zweigliedrige Frage wird zunächst so gebildet, dass die beiden Frageglieder ohne Fragewort bloss mittels der disjunktiven Partikel an nebeneinander gestellt werden, z. B. maneam an fugiam? diese Form ist Regel bei Juvenal, sonst im ganzen selten, öfters nur bei Plaut, und Sen. rhet., bei Cicero wohl nur, wenn die Ne- gation den Gegensatz bildet, z. B. sorUetur an non? Häufiger ist ne an^ am gewöhnlichsten (jedoch nicht zu finden bei CatuU, Tib., Prep., Hör., Lucan) utrum an, wobei der zur Partikel gewordene Akk. neutr. utrum

n. Der einfache Sata. (§§ ld4— 197.) 325

darauf hinweist, dass die Wahl zwischen zwei Dingen gestellt wird. Utrum kann auch zur Einleitung dienen, und zwar als Pronomen, z. 6. Naev. Gymn. I utrum est melius: virginemne an viduam ducere? dann als Frage- partikel, z. B. Accius 479 R. utrum terraene motus sonitusne inferum per- vasit aures? An diesem Beispiel erkennen wir den Übergang vom Pro- nomen zur Fragepartikel utrum^ vgl. auch Bbugmann, Or. Gramm. § 592 bezüglich navsQov. An utrum wird noch ne angehängt bei Cic. inv. 1, 51 utrumne tuum virum malis an illius, sonst nicht bei Cic, nicht bei Gaes. und Liv., aber bei Horaz und Plin. mai., Gurt., Lact. Femer hat Gicero an einigen Stellen den beabsichtigten zweiten Teil der Frage unter- drückt, so dass utrum scheinbar in einfacher Frage steht, z. B. Gic. top. 4, 25 utrum igitur hactenus satis est? Ganz vereinzelt, aber vorbereitet durch Acc. 479 R. ist ne ne bei Ovid. Met. 3, 367, Verg. Aen. 11, 126 tw- sütiaene mirer helline Idborum? Nur spätlat. ist utrumnam; bezüglich Li- vius 37, 17, 10 vgl. NovAK S. 259.

Anmerkung. Num-an erscheint nie in disjunktiver Frage (höchstens vielleicht Plaut. Poen. 1315?); bei Ter. Phorm. 412, Cic. Tusc. 1, 112 num rhetorum epHogum de- sideramus? an hanc artem plane relinquimus? Cic. sen. 23 und sonst wird mit an überall eine neue, selbstftndige Frage {oder vielmehr) eingeleitet.

197. Unstreitig die wichtigste Fragepartikel ist an; dieselbe ist wahr- scheinlich aus einem demonstrativen Pronominalstamm hervorgegangen und weist auf einen Punkt in den Worten eines anderen hin, welcher die Aufinerksamkeit des Sprechenden besonders erregt, z. B. Plaut. Poen. 834 ut Venerem propitiem, Eho, an iratast? propitia herclest = so, ist sie er- simU? Die Beziehung kann auch auf die Worte des Sprechenden selbst stattfinden, z. B. Plaut. Amph. 1027 paene ecfregisti cardines. An foris censebas nobis publicitus praeberier = so? meintest du = du meintest wohl gar? Durch diese stete Beziehung auf etwas Vorausgesetztes wurde an besonders befähigt, einen zweiten Gedanken in gegensätzliche Stellung zu einem ersten zu bringen und so erklärt es sich, dass es seinen regel- mässigen Platz im zweiten Teil einer disjunktiven Frage hat; ja es kann auch zum zweiten Qlied eine neue Beziehung gesucht und so ein drittes 6hed mit an angeschlossen werden.

Die mannigfache Art der Beziehung, welche an zu einem voraus- gehenden Gedanken nehmen kann, ermöglichte eine vielseitige Verwendung desselben. Dies zeigt sich schon im Altlatein bei Plautus, namentlich aber bei Cicero. Und so spielt denn an in der Lehre vom kunstreichen Bau der Rede oder Abhandlung eine grosse Rolle; es dient vorzugsweise zur Einleitung der argumentierenden Frage, ferner in der Widerlegung, in der occupatio und in der reprehensio (ausführlich behandelt von Seyffert in dessen scholae latinae). Verstärkt wird an durch angehängtes ne; anne kommt häufig im Altlat. vor, später seltener, nicht bei Hör., Tib., Prop., bei Cicero nur im zweiten Gliede einer Frage, nicht wenn an die eben erwähnten stilistischen Funktionen hat; nachklass. und spätlat. bei Juv., Pers., Mart., Sil. It., Prudent. Zum Schlüsse sei bemerkt, dass an non in direkten Fragen bei Cicero regelmässig ist (necne nur Tusc. 3, 19 u. p. Flacc. 59).

Anmerkung. Nach Skutsoh, Forschungen S. 59 ist an ans atne hervorgegangen,

326 Lateinisohe Qramiiiatik. Syntax.

welches vor Vokalen zu anne, vor EoDBonanten zu an geworden sei. Nach Hikzb ist an durch Apokope aus anne entstanden ; vgl. jetzt anch Arch. XI S. 125 und Bbuoiulkk, Gr. Gramm. § 599.

198. Manche Fragesätze sind nur der Form nach Fragen, enthalten aber thatsächlich eine Behauptung, eine Aufforderung, einen Wunsch, einen Befehl. Solche Fragesätze nennt man im allgemeinen rhetorische Fragen. Sie finden sich allenthalben, oft schon im Altlatein, häufig auch in klass. und nachklass. Zeit bei Dichtern und Prosaikern. So ist z. B. vis tu bei Petron sat. 111 auffordernd, ebenso bei Horaz sat. 2, 6, 92, Sen. brav. 19, Serv. Sulp. Rufus bei Cic Fam. 4, 5, 4 visne tu te cohibere = ei so bezwinge dich doch; Properz 2, 13, 47 quis minuisset ist = utinam aliquis minuisset, vgl. noch Verg. Aen. 10, 675. Femer enthalten Sätze wie quid virtute est diviniiis? eine Behauptung = virtute nihil est divinius u. ä., vgl. noch § 162, 5.

Auch der Ausdruck des Unwillens oder der Missbilligung gegen- über einer Behauptung, einer Absicht, einer Aufforderung, auch einer That- Sache kann in die Form einer Frage gekleidet werden und so gehören hieher noch die sog. missbilligenden Fragen. Dieselben erscheinen teils im Konjunktiv ohne einleitendes ut, z. B. vir ego tuus sim (PL Amph. 813), oder mit solchem, z. B. Ter. Andr. 263 eine ego ut advorser; daneben findet sich auch der sog. Infinitivus indignantis, vgl. § 161. Alle diese Ausdrucks- weisen, wobei ne vielleicht nicht als Fragewort, sondern als Versicherungs- partikel aufzufassen ist (so Wabren in American Journal of Philol. vol. 2, no. 5), gehören dem täglichen Leben an und sind von da in die Komödie, in die Briefe und zum Teil auch in die Reden Ciceros, dann in die Sa- tiren, Epod. und Epist. des Horaz übergegangen; Gaes. und Sali, haben sie nicht, Verg. und Liv. vereinzelt in den Reden.

199. Das Verbum finitum eines Fragesatzes kann stehen a. im Indikativ, b. im Konjunktiv und zwar

a. im Potentialis, ß. im Irrealis, y. im Dubitativus. Alle Fragesätze werden ausnahmslos mit non negiert. Dies gilt auch fUr die dubitative Frage; schon Lucil. 288 B. sagt quid suniam, quid non? Cicero hunc ego non diligam? cur ego non laeter? etc. Bei Cic. Att. 12, 40, 2 ne doleam? ist ne doleam, ne iaceam? von dem vorausgehenden postulent abhängig, also = num postulant, ne doleam?

Zu § 189—198 vgl.: Mobris, The Bentence-questioii in Plautns and Terence, Balti- more 1890; ScHMiD, Zur Lehre von den Fragesätzen, Ulm 1854; Hinze, De an particulae apud priscoB scriptores latinos vi et usu, Brandenburg 1887; Wolff, De enuntiatis inter- rogativis apud GatuUum, Tibullum, Propertium, Halle 1888; Grabrnstein, De interrogationam enuntiatiyarum usu Horatiano, Halle 1883; Weiss, Grebrauch der Fragesätze bei Juvenal, Stockerau 1882; Eraz, Die sog. unwillige oder missbilligende Frage etc., Stuttgart 1862; G. Müller, Über die sog. unwilligen oder missbilligenden Fragen im Lat, Görlitz 1875; W. GuTHMANN, ober eine Art unwilliger Fragen im Lat., Nürnberg 1891; Ribkaw, Revne de philol. 1882 p. 168; 0. Ribbbck, Beiträge zur Lehre von den lat. Partikeln (über ne, num u. ä.), Leipzig 1869.

c. Aufforderungssätze.

200. Das Verbum finitum der Aufforderungssätze steht im Imperativ oder im Konjunktiv; die Negation ist ne. Der Konjunktiv in Aufforde- rungssätzen ist Hortativus oder Jussivus.

Zu den Aufforderungssätzen gehören auch die Wunschsätze. Hier steht das Verbum finitum im Coniunctivus Optativus.

n. Der einfaohe Sats. (§§ 198—202.) 327

Die Wunschform sowie die Befehlsform dienen auch zum Ausdruck einer Einräumung, eines Zugeständnisses, genau wie im Qriechischen, z. B. ehr, IffTco; dabei wird gewöhnlich der Imperativus Futuri gebraucht; vgl. Plaut. Men. 1029 wea causa liher esto, Ter. Heaut. 464 faciat quidhcbef.

B. Modi, Tempora und Genera Verbi.

201. Wie bemerkt, beruht der Hauptunterschied der einzelnen Arten der einfachen Sätze im Modus des Yerbum finitum; es sollten deshalb bei jeder Satzart die in ihr üblichen Modi behandelt werden. Allein der Über- sicht wegen folgen hier die Haupterscheinungen im Modusgebrauch nach- einander; weil jeder Modus in einem Tempus und Genus Verbi erscheint, wird dann die Lehre vom Gebrauche der Tempora und Genera Verbi an- geschlossen.

a. Modi.

202. Der Indikativ steht im Lateinischen oft, wo wir den Konjunktiv setzen, und zwar:

1. in den prädikativen Phrasen wie longum est, aequum est, satius erat^ par faxt u. ä., sowie von den Verben des Könnens, SoUens, Müssens, wie possum, debeo, oportet Dabei ist zu bemerken, dass im Altlatein satius est heisst es wäre besser, satitts erat es wäre besser gewesen, ebenso Plaut. Mil. 911 bonus vates poteras esse = du hättest sein können; selten ist hier das Plusquamperfekt, wie satit^ fuerat = satius erat; ein potuerat begegnet noch nicht bei Plautus, sondern erst bei Terenz. Mit der klass. Zeit wird es anders; nunmehr heisst poteram ich könnte und erhält sich so, indem z. B. noch Lact. II, 47, 6 poteram nunc exponere, nisi me pudor revocaret schreibt. Dieses Imperfekt, welches Palmer zu Hör. sat. 2, 1, 7 bezeich- nend the imperfect of the neglected duty nennt, findet sich klassisch, nach- klass. und späÜat. allenthalben bei Dichtern und Prosaikern, z. B. Cic. off. 1, 28; Hör. sat. 2, 1, 16. Wenn nun auch der Indikativ hier vorgezogen wird, so ist überall der potentiale Konjunktiv nicht ausgeschlossen; doch treffen wir mehr den Konjunktiv des Präsens, seltener den des Imperfekts, noch seltener den des Perfekts, dann den Irrealis, bei Cicero besonders in Sätzen mit negativem Sinne, z. B. Cic. div. 2, 24 quid enim possct iis esse laetum exitus suos cogitantibus? Von den Ausdrücken des Müssens scheint der Konjunktiv nur im Präteritum üblich gewesen zu sein, z. B. Cic. Fam. 3, 11, 3 quae quidem {res publica) tales viros tueri deberet, so auch von der Coniug. periphr. pass., z. B. Cic. Tusc. 2, 14 magis esset puden- dum, si in sententia permaneres, Hieher gehört auch der dem Cicero besonders geläufige Ausdruck non putaram, z. B. off. 1, 81; Sen. phil. de ira 2, 31 sagt non putam, aber Val. Max. auch non putaram. Ebenso ist ciceronianisch malueram, wofür manche der Späteren maluissem schreiben, wie Liv., Sen., Suet., Gell.; andere wie Lucan und Tac. haben malueram wieder aufgenommen.

Der Indikativ steht

2. an Stelle des dubitativen Konjunktivs namentlich im Altlatein, dann bei Catull, Varro, bei Cicero in den Erstlingsschriften und in den Briefen ad Att., bei Verg. und vereinzelt bei Späteren; diese Ausdrucks-

828 Lateiaisohe Grammatik, d. Syntax.

weise ist dem familiären Ton eigen, z. B. Gic. Att. 13, 40, 2 quid mihi auctor es? advohne an maneo? Plaut. Most. 774 voco hmc hominem? t, t7oca!. Besonders der Indikativ des Futurs wird dubitativ gebraucht, z. B. Ter. Hec. 516 quid viro meo respandebo misera? auch in der unwilligen Frage, z. B. Plaut. Stich. 599 solus cendbo domi?

3. Ferner steht der Indikativ des Futurs

a. an Stelle des einräumenden Konjunktivs und zwar bei Prosaikern wie bei Plaut., Ter. und späteren Dichtern^ z. B. Gic. off. 1, 97 sed poetote, quid quemque deceat, iudicdbuni, Hör. od. 1, 7, 1 laudabunt alii;

b. an Stelle des potentialen Konjunktivs; dies hat man abgesehen vom Altlatein besonders im nachklass. Latein bei Plin. mai. beobachtet; bei Plaut, und Ter. ist es besonders erü, was potential gebraucht wird, z. B. Ter. Eun. 732 verbum hercle hoc verum erit eirj äv älr^&äg; Plin. n. h. 11, 8 vitalis humor hie erit sanguis (erit = möchte sein);

c. im Altlat. auch da, wo man später den Optativen Konjunktiv setzt, nämlich in Beteuerungsformeln, z. B. ita me di amdbunt u. ä. ; hier ist die Futurformel auf Plaut, und Ter. beschränkt; vgl. Blase, Arch.X S. 545. Über Konkurrenz von Fut. und Konj. im Griech. vgl. Bbuomann, Qramm. § 551.

Anmerkung. Eb ist nicht auffällig, dass der Indikativ des Futurs vielfach eintritt (vgl. auch noch § 271), wo wir den Konjunktiv erwarten. Vgl. z. B. Planta II S. 488: ,Das lat. Fut. I (der LEI. und lY. Konjugation) ist ursprOnglich ein Konjunktiv Präsens, das lat. Fut. II (nebst den Futura wie faxo) und das oskisch-umbrische Fut. I und II ein Konjunktiv Aoristi; -ho in. der I. und 11. lat. Konjugation scheint ein Konjunktiv oder Injunktiv Aoristi zu sein*. Und Blasb sagt in einer sehr beachtenswerten Ausführung (Archiv X S. 342): „Freilich haben sich Konjunktiv PrSsens und Fut. I, die ursprünglich wahrscheinlich nach Form und Bedeutung ineinanderlagen, in beiden Richtungen gesondert. Aber Spuren der ursprünglichen Identität sind im syntaktischen Gebrauche noch manche vorhanden.' VgL noch Blase „Beteuerungsformeln im Lateinischen' in Archiv X S. 543; für die Sprache der Juristen vgl. M. Gbupe XV S. 328 (vgl. oben S. 211 Nro. 130); hier wechseln geradezu Kon- junktiv Präsens und Indikativ Fut., z. B. non solum plectehir, aed etiam reddat.

203. Der Indikativ und zwar des Futurs steht auch zum Aus- druck einer Aufforderung, entspricht also dem Imperativ oder impera- tivisch gebrauchten Konjunktiv (wie im Oskisch-Ümbrischen, vgl. Planta n S. 429). Jedoch wird der Indikativ des Futurs niemals zum Ausdruck eines eigentlichen Befehls gebraucht; dazu dient der Imperativ. Wohl aber spricht derjenige eine Aufforderung im Indic Fut. aus, welcher sich fein (urban) ausdrücken oder andeuten will, dass er auf die Ausfahrung sicher rechnet; z. B. Ter. Heaut. 833 tu hie nos, dum eximus, interea opperi- bere; Properz 3, 23, 15 venies hodie. Besonders bei Horaz wird dies auf- fordernde Fut. häufig gebraucht. Im SpäÜatein wird kein Unterschied mehr zwischen Imperativ und Fut. gemacht, so verbindet z. B. Vict. Vit. 42, 42 vade et dices geradezu Imperativ und Fut. mit einander.

Auch der Indikativ des Fut. II dient als Ersatz von Imperativ und imperativischem Konjunktiv; dies liegt darin begründet, dass das Fut. II eigentlich der Konjunktiv des Aorists ist, z. B. faxo =^ ngd^a; vgl. Bbug- MANN, Gr. Oramm. § 554. Besonders im Altlat. finden wir aufforderndes Fut. n, z. B. Plaut. Mil. 573 etiam illud, quod sdes^ nesciveris, nee videris, quod videris ; ja man kann sagen, dass die zweite Person des Fut. ex. in Hauptsätzen, wenigstens im Altlat. und noch in späterer Zeit, fast durch- weg konjunktivische Natur zeigt; daher ist es oft auch schwer, aoristi-

n. Der einfache Sats. (§§ 208—205.) 329

sches Perfekt und Fut. 11 gerade in dieser Person zu scheiden, z. B. Cic. Farn. 7, 19 non lange ahiens = du brauchst nicht weit zu gehen.

204. Im lateinischen Konjunktiv sind Optativ und Konjunktiv zu einem einheitlichen Modus, von Delbrück II S. 375 Subiunctivus ge- nannt, zusammengeflossen. Da sogar die zweifellos optativischen Formen wie sim^ velim^ edim ebensogut konjunktivisch wie optativisch gebraucht werden, ist es sehr schwer zu unterscheiden, in welchen Fällen ein Kon- junktiv, in welchen ein Optativ vorliegt. Trotzdem hat man in neuerer Zeit Versuche einer Scheidung und dies zum Teil mit Erfolg gemacht. So hat Elmeb (The Latin prohibitive S. 22 ff.) nachzuweisen gesucht, dass nach nee in vor- klass. und klass. Zeit nie der volitive Konjunktiv, sondern nur der poten- tiale, d. h. der Optativ stehen kann. Gabdner-Hale (The Anticipatory sub- junctive S. 8) gibt folgende Einteilung f&r den lateinischen Subjunktiv:

1. the Volitive Subjunctive;

2. the Anticipatory (prospective) Subjunctive;

3. the Optative Subjunctive or Subjunctive of Wish;

4. the Potential Subjunctive;

5. the Subjunctive of Ideal Certainty;

6. Constructions resulting from Fusion.

7. Constructions due to the influence of one or more usages upon another.

Der Anticipatory Subjunctive fällt in Hauptsätzen mit dem Ind. Fut. zusammen (für Nebensätze vgl. Satzunterordnung), der Subjunctive of Ideal Certainty steht im Nachsatz der sog. Potentialen Periode, vgl. unten unter 5t. Hebmann Lattiiann (De coniunctivo latino) nimmt eine fiktive Ge- brauchsweise des lateinischen Konjunktivs an und unterscheidet so

1. Alter Konjunktiv:

a. Potentialis, b. Jussivus;

2. Alter Optativ:

a. Fictivus, b. Conditionalis; der Fictivus ist nach Lattmann auch Modus obliquus geworden; er fällt in Wunsch-, Bedingungs-, vergleichenden Bedingungssätzen und in erat. obliqua mit dem griechischen Optativ zusammen. Auch Dittmar sucht an verschiedenen Stellen seiner „Studien" den lateinischen Konjunktiv bald auf den Optativ (so besonders in den sog. phantastischen" Wunschsätzen), bald auf den Konjunktiv zurückzuführen; allein eine Übersicht oder zu- sammenhängende Darstellung gibt er nicht. Vgl. Zusätze.

Im Folgenden sind die üblichen Bezeichnungen für die Erscheinungs- formen des lateinischen Konjunktivs beibehalten.

20B. Als Optativ fungiert der Konjunktiv im Altlat. in allen Per- sonen des affirmativen präsentischen Satzes ausser der ersten Sing.; die klass. Zeit hat auch die letztere, z. B. moriar, ita vivam, während sie die zweite Pers. sing, regelmässig (Ausnahmen bei Cic. nur ad Att.) nur bei der allgemeinen 2. Person (= man) zulässt; die nachklass. Sprache geht jedoch, wie schon die Dichter der klass. Zeit, z. B. Catull, hierin wieder auf den alten Brauch zurück. Die sog. synkopierten Formen wie ser- v{issim, capsim u. ä. haben Optative und potentiale Funktion; sie gehören,

330 Lateinisohe Ghrammatik. d. Syntax.

wenige Ausläufer wie ausim und faxifn abgerechnet, nur dem Alüat. an; die Bedeutung der Vergangenheit haben sie nie besessen, da sie, vgl. z. B. capsim im Gegensatz zu ceperim, gar nicht den Perfektstamm enthielten; näheres hierüber siehe bei Canneqieter und Blase im Archiv X S. 456 f., sowie bei Planta II S. 438 Anm.

Im negativen Wunschsatz hat die alte Sprache mit vereinzelten spä- teren Ausläufern, z. B. bei Prep. 2, 3, 26 ne putes, auch die zweite Per& praes. verwendet, z. B. ne me moneatis; dies kann die klass. Sprache nur bei der allgemeinen zweiten Person. Wo in klass. Sprache, abgesehen höchstens von einer oder der anderen Stelle in Briefen Cic, der Konjunktiv des Präsens an eine bestimmte Person gerichtet ist, ist ne Konjunktion; manchmal ist zu dem Konjunktionalsatz der regierende Satz aus dem Zu- sammenhang zu ergänzen, z. B. Cic. Verr. 4, 52 ne quem putetis . . proiu- lisse; vgl. Thomas z. St.: ces mots doivent ötre rattach^s comme une con- sequence aux propositions pr^cSdentes; ils ne sont pas construits d'une mani^re ind^pendante. Sonst wird in klass. Zeit, wie bereits im AlÜat. ganz gewöhnlich, der Konj. per f. gebraucht, z. B. ne feceris, ne sis arf- fniratus (jedoch selten im Deponens) ; dieser Konj. Perf. ist der Rest einer älteren Verwendungsweise des lat. Konj. Perf.; er ist zeitlos, vgl. auch Bbuomank, Gr. Gramm. § 555, 2, a. Die aoristische Natur des aktiven Perfekts hat sich auch auf die periphrastische Form des Deponens übertragen, doch scheute man sich die Form zu gebrauchen, daher die Seltenheit ihres Vorkommens. Üblicher jedoch als ne mit Konj. Perf. ist noli mit Infinitiv; diese Ausdrucksweise kann als die bei Cicero be- vorzugte gelten. Die Negation des Wunschsatzes geschieht mit ne; aber man findet schon in alter Zeit (jedoch ganz selten und noch nicht bei Plautus) non^ bei Cic. nur einmal, häufiger bei Dichtern, aber nicht bei Catull (Riese zu 66, 91, vgl. aber auch Elmer S. 42), jedoch bei Hör., Properz, Tib., Verg., Ovid, Lucan, Martial, in der silbernen und späteren Latinität, z. B. Sulp. Sev. D. 1, 18, 4 non temptaret aggredi, Apoll. Sidon. VII, 9, 344 non te terreat hie nimis peritus; wenn Petron sagt non per- damus noctem, so ist die Konstruktion damit genugsam gekennzeichnet (Bücheler sagt zu Anthol. 198: non pro ne plebeium). Indessen darf man nicht übersehen, dass non oftmals Begriffs- und nicht Satznegation ist, z. B. auch bei Tac. ann. 1, 11 4ion ad unum omnia deferrenf, sogar bei Cic. Cluent. 155 a legibus non recedamus; dies ist wie ersichtlich besonders bei Gegensätzen der Fall. Übrigens hat auch die klass. Sprache wie schon das Altlatein nemo (statt ne quis), nihil, nusquam etc., namentlich wenn das negative Wort als Tonwort an die Spitze des Satzes tritt, z. B. Cic. Att. 7, 8, 2 nihil incommodo valetudinis feceris. Die Anknüpfung mittels nee an einen vorausgehenden Satz mit ne ist durchaus unklassisch; erst mit Liv. und den august. Dichtern wird sie allgemein üblich und erhält sich auch in der ganzen Folgezeit, z. B. Liv. 2, 32 ne manits ad os cibum ferrent nee os acciperet. Doch die Anfügung eines Satzes mit nee an einen vorausgegangenen affirmativen Wunschsatz ist klassisch, z. B. Cic. Att. 3, 8, 4 utinam vidisses nee dedisses, Cael. 14 respuatur nee haereat

Im Altlat. steht der Konj. Präs. da, wo die klass. Sprache den Konj.

n. Der einfache Satz. 206.) 331

Imperf. setzen würde. Dies kommt daher, weil bei Plaut, und Ter. der Conj. Imperf. noch PräteritaJbedeutung besitzt, vgl. PI. Capt. 537 Uttnam te dl prius perderent, quam periisti e patria tua. Dies verschwindet nach Terenz und kehrt erst bei den Afrikanern wieder. In der ganzen Zwischen- zeit bezeichnet der Konj. Imperf. den irrealen Wunsch der Gegenwart oder richtiger: er gibt dem Bedauern über die NichterfüUbarkeit des Wun- sches Ausdruck, z. B. uiinam Cyrus viveret leider ist C. tot! Denn der Optativ als Modus der Phantasie ist wohl geeignet, auch unerfüllbare Wünsche auszudrücken, z. B. Hanc utinam fadem nolit mutare senectus! Vgl. Seyff.-Mülleb z. Lael. S. 272.

Zur Einleitung eines Wunsches dient im Altlatein zunächst qui und ut\ ersteres hat sich nach Lucilius nur in ganz vereinzelten Fällen erhalten, wie z. B. Cic. Att. 4, 7, 1 qui di Uli irati! es wird zumeist in Verwünschungen gebraucht, z. B. Ter. Phorm. 123 qui illum di omnes per- duint!; letzteres steht in Wünschen aller Art bei Naevius, Plaut., Cato, Ter., dann wieder bei GatuU mit Nachahmung bei Horaz, bei Properz, Verg., Ovid und in der silbernen Latinität, z. B. Curtius 6, 10, 9 ut viveret adhuc! Das bei Terenz zu ut gesetzte modo hat auch bei Cicero (Verr. 4, 10, vgl. jedoch Nohl, Präf. p. VII) und seinem Bruder und damit die Wendung modo ut Gefallen gefunden, z. B. Qu. Cic. pet. cons. 26 modo ut intellegatj im Sinne von dum modo.

Sonst dient gewöhnlich utinam zur Einführung eines Optativs und zwar in allen Zeitaltern; die Negation dabei ist ne^ Fortsetzung der Ne- gation bei Ennius rheve, z. B. 205 R. utinam ne . . neve; einmal steht bei Cicero (an Attik. 11, 9, 3 und mit sofort nachfolgendem ne) non, öfters bei Dichtern und den Prosaikern der silbernen Latinität, auch bei Quin- tilian. Bei den august. Dichtern kann ein Wunsch auch mit si ein- geführt werden, z. B. Verg. Aen. 6, 882; es erinnert dies an ei beim Optativ, vgl. Brugmann, Gr. Gramm. § 559.

Amnerknng 1. Die Lehre Elmer's, dass der Prohibitiv im Präsens und im Perfekt sich in dem Sinne unterscheide, dass das Verbot im Prftsens mehr den Charakter der Bitte oder blossen Aufforderang, dass es aber im Perfekt mehr den der Dringlichkeit habe, wird bestritten; vgl. die interessante Darlegung von Delbrück II S. 380 fif.; Bibt im Archiv XI 8. 189 ; Benneit, Critique of some recent Subjunctive Theories, Comell Studios in Classical Philology No. IX, New-York 1898. Der letztere Gelehrte bestreitet 1. 1. auch Elkbr's Be- hauptung, dass nee sich in vorklass. und klass. Zeit nicht mit dem Imperativ oder dem Pro- hibitiv verbinde; er zitiert z. B. Cic. Att. 12, 22, 3 Tiabe tuum negotium nee existima. Die ganEe Sache bedarf noch nftherer Untersuchung und genauer Feststellung; dabei wären ausser Bbsitbtt vor allem zu berücksichtigen: Weise in Berl. Philol. Woch. 1899 S. 630, Steg- JiANK in Z. f. Gymn. 1896 S. 705, Blase in Archiv XI S. 283.

Anmerkung 2. Zum Optativen Konjunktiv rechnet man auch den konzessiven und hypothetischen Konjunktiv. Die Negation des konzessiven Konjunktivs geschieht mit ne, z. B. Cic. Att 8, 3, 6 ne sit periculosum gesetzt dass nicht, mit tU non da, wo ein einzelner Begriff negiert werden soU, z. B. Pomp, bei Cic. Att. 8, 12 C, 1 ut non pugnet, sed lods suis repugnet Der hypothetische Konjimktiv zeigt uns den Übergang von der Aufforderung zur Bedingung, z. B. Cic. off. 3, 75 dares hanc vim Grosso: in foro, mihi crede, saltaret. Dies finden wir allentiialben im Latein; dabei kann, wie in Bedingungssätzen, Präsens, Imperfekt, Perfekt des Konjunktivs stehen, das Imperfekt auch im Sinne des Plus- quamperfekts; näheres hierüber siehe § 335 ff.

206. Als Jussivus erscheint der lat. Konjunktiv schon bei Plaut, und Ter., hier aber nur der des Imperf.; bei Cic. u. a., auch bei den august. Dichtem sowie im silb. Latein bei beiden Sen. findet sich ebenso

332 Lateinisohe Orammatik. d. Syntax.

das Plusq.; die Negation dabei ist ne, z. B. Gic. Verr. 3, 195 n^ emisses; vgl. noch Prop. 4, 7, 30; Ovid. met. 5, 26; Sen. rhet. 307 K., Sen. phil., Pol. 6, 3; Blase, Plusq. S. 107.

207. Als Potentialis dient der Optativ in allen Zeiten, und zwar gebraucht man filr die Zeitstufe der Gegenwart Praes. und Perf., für die der Vergangenheit das Imperf. Der potentiale Eonj. Perf. war im Altlat. nicht beliebt; erst mit Cicero wurden die Grenzen seines Gebrauches er- weitert, offenbar unter dem Einflüsse des griechischen Aorists. In ihm erscheinen besonders Verba der geistigen Thätigkeit, gewöhnlich in der ersten Pers. Sing, zur Vermeidung der Zweideutigkeit, denn dicatn und credam sind auch Fut., selten in der 1. Plur. oder andern Personen, z. B. dixerimus erst seit rhet. ad Her. und Gic. Im Nachklass. findet sich immer häufiger der potentiale Konj. Perf. ; während Cic. wohl nur off. 2, 35, Phil. 14, 17 ihn im Finalsatz gebraucht, greift die nachklass. Sprache auf den Gebrauch der älteren Latinität zurück und verwendet den Potentialis Perf. häufig in Finalsätzen und von andern Verben, als den oben erwähnten, vgl. Tac. ann. 6, 22 ne longius abierim. Ebenso wird der Plural immer mehr gebraucht, z. B. Hieron. niore ludaico dixerimus. Über die sog. syn- kopierten Formen vgl. § 205.

Anmerkung. Elxeu sacht in seinen Stadies in Laiin Moods and Tenses (Coniell Studies in Glassical Pbilology) im dritten Teile der Abhandlung ,The sapposed May-Potential Use of the Latin Suhjunctive*^ nachzuweiseUi dass the Latin Subjonctive is never used in the sense of ,may (possibly)". Das beim sog. Potentialis stehende fortasse werde regel- mässig mit dem Indikativ verbunden; so sei an den wenigen Stellen, wo der volitive Sinn des Konjunktivs jetzt nicht angenommen werde, z. B. bei Ter. Andr. 640, Eun. 511 nach den alten Erklärem doch volitiver Charakter zu erkennen, und das Potentiale werde lateinisch ausschliesslich durch posse, wie polest fieri, verum esse potest, ausgedrückt; vgl. dazu Blase in Archiv XI S. 284.

208. Der Imperativus Futuri wird im Lateinischen gerade wie in den verwandten Dialekten gebraucht; er besass schon ursprachlich eine Beziehung auf die Zukunft (Delbrück, S. F. HI, 2, Planta II S. 435) und hat darnach seine Stelle in Gesetzen, Verträgen u. s. w.; er findet sich schon in den XII tabb. {si in ins vocat, iio; ni it, antestamino; igitur em capito), hier auch mit der Bedeutung des Dürfens und ohne bestimmtes Subjekt. Wie schon die XII tabb. zeigen, verlangt der Imp. Fut. keine unmittelbare Ausführung, sondern nach einem gewissen Zeitpunkt, unter einer gewissen Bedingung; daher ist er fast regelmässig von einem Be- dingungssatz begleitet; z. B. Cic. Sest. 31 si in eoqxmendis voln^bus iüis de nie ipso plura dicere videhor, ignoscitote. Die Sprache des Volkes, welche überhaupt die volleren Formen bevorzugt, verwendete ihn gerne, während die klass. Sprache sich zurückhaltender verhielt und die passiven Formen, sowie die negierten nicht zuliess ; so sagt Cic. hoc facito, aber hoc fie feceris, femer dicito, aber ne dixeris (Cic. de div. 2, 127; Paradox. 5, 41), femer nihil ignoveris neben in sententia pemianeto. Im Spätlat. verschwindet jeder Unterschied zwischen Imperativ Praes. und Fut., und so gebraucht z. B. Ammian beide Formen nebeneinander, 15, 8, 13 ctdesto et stiscipe, Prudent. P. 5, 545 adesto et percipe.

209. Die Negation beim Imperativ ist ne, also ne time; Fort- setzung der Negation neve, z. B. Plaut. Stich. 20 ne lacruma neu face^ oder

n. Der einfache Bats. (§§ 207—211.) 333

anaphorisches ne^ Ter. Heaut. 84 ne retice^ ne verere. Allein diese Kon- struktion gehörte nur der Sprache des Volkes an und fand bei den Klassikern keinen Eingang; Plaut, und Ter. gebrauchen oft den Imperativ mit ne, nirgends jedoch Cicero, Caesar, Sallust, Livius nur einmal: 8, 2, 9 ne iimete. Die Dichter der august. Zeit und dann ihre Nachahmer im silb. Latein, 80 besonders Sen. in den Tragödien, in Prosa nur Const. 19, 4 ne repugnate, suchten mit dem negierten Imperativ in altertümlicher Diktion eine be- sonders feierliche Ausdrucksweise zu erzielen, wie schon Servius zu Yerg. Aen. 6, 544 ne saevi erkannt hat; die Fortführung der Negation kann jetzt auch mit neque geschehen. Klassisch ist noli Umere oder ne timueris. Nofh statt ne beim Imperativ ist nur aus Ovid nachgewiesen und ist hier Begrififsnegation. Wie man dem verneinten Imperativ ne vorsetzte, so hat man dem bejahenden ut vorausgeschickt; sicher erhalten ist nur die Formel ut puta, die dem silb. und späten Latein angehört.

Za § 201—209: J. Lattxamn, De coninnctivo Latmo, QOttingen 1896; Gardnek Halb, The anticipatory sabjunctive in Greek and Latin, Chicago 1894; Elher, A discnssion of Übe Latin Prohibitive, Ithaca N.Y. 1894; Hbidtmanh, Die Negation bei dem lat. coniunctiviis pro- hibitivna, Wesel 1858| Progr.; Eibnitz, De qni localis modalis apnd priscos scriptores latmos usn, Leipzig 1879; Schmbbl, Der Prohibitiv bei Piautas, Krotoscnin 1886; Cbambb, De perf. coni. osa potentiali, Marbni'g 1886; Schmalz, Potent Perf. act. plur. et Perf. depon. in Archiv I, 347; Loch, Zum Gebrauch des Imperativs bei Plantus, Memel 1871, Progr.; Ribmann, La queation de Timp^ratif Latin en to, Revue de philol. 1886 p. 161; Elmbb, Studios in Latin iDoods and tenses (Gomell Studios No. YI), Ithaca N.T. 1898; Morris, The Subjunctive in independent Sentences in Piautas, American Journal of Philol. XYIII; Beni^ett, Critique of 8ome recent subjunctive theories, Com. Stud. No. IX.

b. Tempora.

210. Wir unterscheiden bei der Lehre vom Gebrauche der Zeiten zanächst die Aktionsart und die Zeitstufe; die Aktionsart ist die des Eintritts oder der Dauer oder der Vollendung; Zeitstufen sind Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. Die Aktionsart hängt mit der Verbalhandlung unlösbar zusammen, die Zeitstufe aber nicht; daher gibt es sogenannte zeitlose (richtiger zeitstufenlose) Verbalformen, z. B. hk dixerit quispiam. Die im Lateinischen gebildeten Verbalformen gliedern sich nach Aktionsart und Zeitstufe in folgender Weise:

Praesens: Eintritt und Dauer in der Gegenwart;

Perfect. log. : Vollendung in der Gegenwart;

Imperfectum: Dauer in der Vergangenheit;

Perf. hist.: Eintritt in der Vergangenheit;

Plusq.: Vollendung in der Vergangenheit;

Futur: Eintritt und Dauer in der Zukunft;

Fut. exact.: Vollendung in der Zukunft.

Unsere Darstellung hat nun zu untersuchen, ob in der Entwicklung der Sprache keine Übergriflfe oder Veränderungen in obigen Gebieten sich gezeigt haben.

211. Das Präsens war im Altlat. nicht (so wenig als im Deutschen, vgl. Herbig, Indog. Forsch. 6, 200) auf den Ausdruck der Gegenwart des Sprechenden beschränkt, sondern griflf auch in das Gebiet des Fut. und des Perf. über; vgl. auch Brugmann, Gr. Gramm. § 536 und § 543, 4. Der erstere Gebrauch hat sich in der Umgangssprache erhalten, wo man

334 Laieinisohe Orammatik. d. Syntax«

mane dum parumper: iam exeo (statt eocibo) wohl zu allen Zeiten sagte; ja sogar bei Caes. b. civ. 3, 94, 6 lesen wir tuemini castra, ego reliquas portas circumeo et cctötrorum praesidia confirmo: die klassische Sprache Giceros erforderte hier unbedingt das Futurum. In der späteren Lati- nität hat sich die Übung der Umgangssprache immer mehr eingebürgert so dass bei Gregor. Turon. Praesens und Fut. ganz unterschiedslos neben einander gebraucht werden und in der Peregrinatio sich schliesslich das Fut. gar nicht mehr findet. Der Übergriff in das Gebiet des Perf. erscheint im sog. Praes. historicum. Dies dient dazu, in der Erzäh- lung vergangene Thatsachen vorzuführen, und ist vorzugsweise geeignet, das Vergangene uns lebhaft (wie etwas Gegenwärtiges) darzustellen. Wie bemerkt, treffen wir das Praes. bist, schon bei den Komikern, dann durch die ganze Latinität, es ist aber selbstverständlich bei den Historikern ganz besonders vertreten. Sehr häufig wechselt Perf. bist, mit Praes. bist. ; dies finden wir in Prosa, z. B. bei Caes., dann bei Dichtern, besonders Verg., so, dass das Perf. den Grund, das Praesens die Folge bezeichnet; ferner wechselt Praes. bist, mit dem historischen Infinitiv und dies in allen Zeiten. Daneben findet sich besonders bei Dichtern ein anderer Gebrauch des Praesens fürs Perfekt, indem das Praesens eine vergangene Handlung bezeichnet, welche in ihren Folgen noch in die Gegenwart hereinreicht; hieher gehört auch das vielbesprochene Verg. Aen. 9, 266 cratera antiquunt, quem dat Sidonia Dido, Properz 4, 1, 77 me creat Archytae suholes.

212. Das Imperfectum bezeichnet die in der Vergangenheit noch unvollendete Handlung, und damit verbindet sich der Begriff der Dauer in der Vergangenheit. Es dient daher namentlich zur Schilde- rung, d. h. es beschreibt, wie. Dies ist sein Gebrauch in der uns vor- liegenden Sprache. Früher muss (wie im Griechischen) sein Gebiet um- fassender gewesen sein. Überreste davon erblicken wir in einer der Um- gangssprache eigenen Verwendung des Imperfekts, welche sich bei Plaut, und noch bei Properz, Ovid und Sen. phil. erhalten hat, z. B. Properz 1, 9, 1 dicebam tibi venturos, irrisor, amores = „ich sagte dir doch {aber du hast nicht gehört und hast nun den Schaden davony; vgl. Plaut. Asin. 938, Ovid am. 1, 14, 1, Sen. apoc. 12 dicebam vobis: non semper Satumalia erunt; auch Hör. sat. 2, 5, 36 orabat rechne ich hierher. Der Gebrauch scheint sich auf die Verba des Sagens zu beschränken und hat da seine SteUe, wo man aus seiner Erinnerung erzählt oder sich an die Erinnerung des Hörenden wendet, vgl. Delbrück II, 311, Rothstein zu Prep. 1, 9, 1.

In seiner Gebrauchsweise als beschreibendes Tempus entspricht dem Imperf. der sog. Infinitivus historicus, auch Inf. descriptivus genannt. Die Anwendung dieses Infinitivs ist im Lateinischen sehr alt, wie daraus hervorgeht, dass er vor der Durchführung des Inf. durch die Tempora des Verbs entstanden ist und sein Subjekt im Nominativ und nicht im Akku- sativ hat. Wir finden den Inf. bist, in lebhaften Schilderungen, auch in bewegter Erzählung. In der Regel folgen sich mehrere Infinitive; ein einziger steht meist nur dann, wenn die Handlung wiederholt gedacht wird, z. B. negitare. Nicht selten sehen wir dem bist. Inf. Temporalpartikeln wie sa^e, cotidie, Interim beigegeben, welche dem Grundcharakter des Inf.

IL Der einfaohe Sats. (§§ 212 -215.) 335

bist, entsprechen und ihn verstärkt zum Ausdruck bringen. Der bei Plaut, noch ziemlich beschränkte Gebrauch des Inf. bist, erweitert sich bei Ter., welcher z. B. ihn allein neben Petron (p. 39, 28 qui mori timore ni$i ego?) auch in der Frage verwendet. Cicero hat ihn fast nur in den Erstlings- reden und Briefen, selten Caesar, öfter Sali, und Liv. ; bei Sali. Jug. (59, 3 ; 70, 5) finden wir ihn zuerst im Relativsatz, ebenso im b. Afr. 15, wo auch erstmals der passive Inf. occupati esse steht, bei Verg. Aen. 11, 822 quicum partiri curas, bei Livius auch im Temporalsatz nach cum, bei Tac. nach postquam u. ä.; in der nachlivianischen Zeit wird er selten ausser bei Tac, dem er in Nachahmung des Sali, besonders sympathisch erscheint. Während Ovid höchst selten, z. B. Met. 7, 639, den Inf. bist, aufweist, verschmäht ihn die epische Dichtung des Verg. so wenig als die der Volkssprache nahe stehenden Dichtungen des Horaz; dementsprechend kommt er später bei Prudent., bei Claudianus und anderen spätlat. Dichtern öfter vor.

Anmerkung. Während Wackern j^ gel in der Erklärung des hiBtorischen Infinitivs auf die imperativiache Bedeutung des Infinitivs zurückging, bringt Janicke wieder die Ellipse von coepi auf, welche schon Sanctius, Ruddimann u. a. gelehrt haben; Delbrück stimmt Wackbrnaobl bei, ohne jedoch den Einfluss von coepi ganz in Abrede zu stellen. Ich bin jetzt der Ansicht, dass der Infinitiv, welcher gewissermassen als Nominativ (Nennform) des Yerbums nur den Begriff des Yerbums benennt, ohne auf Person, Zeit oder ähnliches zu ächten, der Lebhaftigkeit der Schilderung durch vollständige Vernachlässigung jeder näheren Bezeichnung vor allem gerecht wird; es wird eben alle Aufmerksamkeit auf das blosse Geschehen gerichtet.

213. Das Imperfekt soll angeblich auch de conatu gesagt werden; allein diese Bedeutung gehört ebensowohl dem Präsens, als dem Imperf., Plusq., dem Konj. Imperf., dem Partie. Präs. an. Die alte Zeit kultiviert diesen Gebrauch nicht besonders, doch sagt schon Plautus Gapt. 233 dum id impetrant „zu erlangen suchen"; häufiger wird er bei Cic, Caes., den aug. Dichtern, den Historikern, von denen Liv. namentlich das Part. Präs. oft so verwendet.

214. Im lateinischen Perfektum sind das eigentliche Perfekt und der Aorist zu einem einheitlichen Tempus zusammengeflossen; auch die periphrastischen Formen wie z. B. adeptus sum, laudatus sum bekamen präteritalen Sinn neben dem rein perfektischen. Dieses Aufgehen des Aoristes im Perfekt erklärt uns den aoristischen Gebrauch des Konj. Perf. m Sätzen wie ne dixeris (ne aspernatus sis) und hie dixerit quispiam. Allein die nach Deutlichkeit strebende Sprache empfand frühe das Bedürfnis, das Ingressive einer Handlung zum Ausdruck zu bringen. Dies geschah nun i auf dem Wege der Umschreibung mittels coepi. So finden wir denn um- I schreibendes coepi schon im Altlat., häufig auch bei Caesar, z. B. b. G. 4, 14, 5 reliqua muÜUudo passim fugere coepit = ig>vy€, auch bei Cicero und in der nachklass. und späteren Latinität; dem entsprechend auch im Passiv, z. B. Caes. b. G. 2, 6, 2 lapides iaci coepti sunt.

Umgekehrt machte sich auch das Bedürfnis geltend, die Vollendung einer Handlung deutlicher hervortreten zu lassen; dazu verwendete man periphrastische Formen, die mit dem Part. Perf. Pass. gebildet waren, vgl. § 183, 2.

215. Das Plusquamperfektum bezeichnet die Vollendung in der Vergangenheit; es wird ausschliesslich in Beziehung auf eine andere ver-

336 Laieinischo Grammatik, d. Byntaz.

gangene Handlung gebraucht und dient zum Ausdruck der Vorzeitigkeit zu derselben; diese andere vergangene Handlung kann durch ein besonderes Verbum ausgedrückt sein oder sich aus dem Zusammenhang ergeben. Aber schon im Altlatein trat eine Verschiebung des Plusq. ein und dieses näherte sich so dem Imperf. oder auch dem Perf. in seiner Bedeutung. Cicero und Caesar hielten sich von diesem verschobenen Plusq. im ganzen fern, nur selten entschlüpft ihnen ein solches, dem Cicero zumeist in epp.; aber im b. Hisp., Afr., bei Vitruv, bei den august. Dichtem, so namentlich Properz, und in Prosa mit Livius wird es immer üblicher. Vielfach kommt dies daher, dass die vollere Form des Plusq., z. B. fuerat statt ercU oder fuit, dasselbe empfahl und thatsächlich ist es denn auch die nach konsistenten Formen greifende Volkssprache, welche dies Plusq. bevorzugt. Bei manchen späteren Autoren mochte der Einfiuss des semi- tischen Idioms, welches nur Aktionsart, nicht aber Zeitstufe unterscheidet, zur Empfehlung des verschobenen Plusq. mitgewirkt haben.

Der Konjunktiv des Plusq. hat schon im Altlat. in Bedingungs- und Wunschsätzen eine Verschiebung mitgemacht; erst später aber, ganz ver- einzelt im klass. Latein, tritt die der Verschiebung von fuerat entsprechende Verschiebung von fuisset ein, um schliesslich im Spätlatein ganz den Konj. Imperf. zu verdrängen, daher französisch que je donasse = quod donavissem.

216. Das Futurum ist dem Konjunktiv des Präsens verwandt (z. B. dicam und audiam sind zugleich Fut. Ind. und Praes. Konj.) ; so erklärt es sich, dass dasselbe vielfach mit dem Konjunktiv konkurriert, vgl. § 202. um hier das Ingressive auszudrücken, haben Dichter und dann wieder das Spätlatein zur Umschreibung mittels incipio gegrififen; vgl. z. B. Properz 3, 4, 15, wo incipiam spectare von spectabo kaum verschieden ist, Porphyrio 297, 7 si virtutem reliqueris, inoipies contemni (= contemneris).

217. Das Fut. exact. war ursprünglich ein absolutes Tempus, welches das vollendete Sein in die Zukunft verlegte; es ist eigentlich ein auf den Perfektstamm gepfropftes sigmatisches Fut. I (Planta II S. 431) ; daher dient es zur Versicherung des gewissen Eintretens einer Handlung in der Zukunft oder bezeichnet eine ferner liegende künftige Zeit und wird so im Altlat. sehr häufig gebraucht; es findet sich daher auch in vielen Stellen, wo ebenso gut das Fut. I stehen könnte. Mit der Zeit wurden die Grenzen dieses Gebrauchs immer enger gezogen und, abgesehen von gewissen Formen wie si potuero, voluero, licuerit, placuerü, erscheint so das Fut. n seit der klass. Zeit besonders oft nur in der Umgangs- und der Vulgärsprache. So lesen wir bei Cic. Att. 5, 1, 3 tu invüa tnulieres, ego accivero pueros, bei Caesar b. Gall. 4, 25 ego certe meum officium rei pubUcae praestiiero; Vitruv ist sehr für dieses Fut. II eingenommen, auch Livius, später selbstverständlich die Archaisten. Erst in zweiter Reihe ent- wickelte sich die Bedeutung des Fut. exact., dass es die Zeitlage einer Handlung vor einer andern, zukünftigen, angab; hierin entspricht es dem griech. Konjunktiv des Aoristes, auf welchen auch sonst Form und Bedeu- tung hinweisen, z. B. Sen. rhet. 319 K. occidi iussero soll ich befehlen? (Vgl Blase im Archiv X S. 457). Doch treffen wir diesen relativen Gebrauch des Fut. n schon bei Plaut., z. B. Rud. 755 postea aspicUo meum, quando

n. Der einfache Sats. (§§ 215-219.) 337

ego tuum inspectavero. So wurde es üblich, im Hauptsatze und Nebensatze Fut. n zu setzen, z. B. Plaut. Pseud. 512 si abstulerit, magnum facimts fecerit. Diese Konstruktion hat sich auch in der klass. Zeit erhalten, z. B. Cic. Lael. 16 pergratum mihi feceris, si de amidtia disputaris. Aus der häufigen Verwendung des Fut. IT in Vordersatz und Nachsatz zugleich erkennen wir eine besondere Liebhaberei der lat. Sprache für dies Tempus. Die- selbe mag vielleicht aus der Gesetzessprache und dem Juristenlatein sich herleiten, wo das Fut. U noch spät geradezu dominierte.

218. Als gnomisches Tempus gebraucht die lateinische Sprache das Präsens, z. B. Verg. ecl. 10, 69 ofnnia vindt amor und noch Hieronym. ep. 17, 1 Caritas omnia superat. Doch verwendet das Altlat., Terenz indes sehr selten, auch das Fut., jedoch nur in bedingten Sätzen, z. B. Plaut. Most. 1041 qui homo Umidm erit, in rebus dubiis natm non erit, Afran. 7 haut facul femina invenietur bona; dieser Gebrauch des Fut. erklärt sich aus der ursprünglich subjunktiven Natur desselben. Er hat sich in der Sprache des Volkes erhalten, z. B. bei Vitruv, bei welchem überhaupt Präsens und Futurum eine nahe Verwandtschaft zeigen, auch später noch, z. B. Disticha Gatonis (Bähbens, P. L. M. III p. 241) non erit antiqtw novus ante^ ferendus amicus. Ferner musste das Perf. logicum naturgemäss die Be- deutung eines gnomischen Tempus annehmen., z. B. Sali. Gat. 11, 3 pecu- niam nemo sapiens concupivit Mit Gic. und namentlich Sallust und Gatull kam dieser Gebrauch auf, den die aug. Dichter, die Schriftsteller der sil- bernen Latinität, besonders natürlich der sentenzenreiche Sen. phil. gern übernommen haben. Auch spätlat. Schriftsteller haben ihn erhalten, so z. B. Prudent. Durch die Verschiebung des Plusquamperfekts, welche dieses Tempus einem Imperf. oder Perf. gleichgestellt hat, wurde auch das Plusquamperfekt befähigt, die Bedeutung eines gnomischen Tempus anzunehmen, z. B. Properz 1, 11, 29.

Za § 210—218: G. Hbbbig, Aktionsart und Zeitstafe, Indog. Forsch. VI, 157—269; H. Blasb, Geschichte des Plusquamperfekts im Lateimschen, Giessen 1894;^ Embbt, The Historical Present in early Latin, EUsworth (Maine) 1897; Meifabt, De fatöri exacti nsn Plantino, Jena 1885 (vgl. dazu Gbamsb m Archiv IV S. 594); Hübehthal, Der hist. Infinitiv bei Sali, und Tac., Halle 1881; Wölfflin, Die Entwicklung des Inf. historicus, Archiv X 8. 177; Wackbbbaoel, Über die Geschichte des hist. Infinitivs, Yerhandl. der XXXIX. Phil.- Vers. S. 276; Jaitioke, Neue Jahrbb. 1895 S. 184; Sohnbidbb, De temporum apud priscos scriptores latinos usu quaest. sei., Glatz 1888; Ley, Verg. Quaestionum spec. prius, de tem- ponun usu, Saarbrücken 1877 ; Ehbismann, De temjporum et modorum usu Ammianeo, Strass- Wg 1886; H. Nbüxaitn, De futuri in priscor. latmor. vulgari vel cottidiano sermone vi et usu, Breslau 1888; Bbbhxb, linguarum noviciarum laxam temporum significationem iam priscis Imguae lat temporibus in vulgari elocutione perspici posse, GOttingen 1879; H. Ganvb- oiBTKB, De formis, quae dicuntur futuri exacti et coniunctivi perfecti formae syncopatae in '$0, -sim, Traiecti ad Rhenum 1896.

c. Genera Verbi.

219. Wie in den verwandten Sprachen hat sich auch im Lat. das Passiv erst ans dem Medium entwickelt; so haben wir iungor^ feror u. ä. nicht als ursprüngliche Passiva, sondern als Media zu betrachten. Und in der That haben sich eine ganze Reihe von Verben erhalten, die ihrer Form nach als Passiva gelten, in Wirklichkeit aber mediale Bedeutung aufweisen. Ganz wenige derselben gehören der Gesamtlatinität an; viele finden sich schon im Altlat., mehr in der klass. Sprache, die meisten aber lassen sich

Handbuch der klan. AltertamswiBseiischAft. n. 2. S. Aufl. 22

338 lAteiniflohe Grmmmatik« d. Syntax.

bei den Dichtem und den von diesen beeinflussten nachklassischen Prosaisten aufzeigen, so z. B. disperüri sich trennen, pingi sich schminken, poliri sich glätten u. ä. nur altlat., eorrumpi verderben, conteri sich abnutzen bei Cic. dedi sich ergeben, linqui ohnmächtig werden, porrigi sich erstrecken u. v. a. bei Dichtem und Spätem.

220. Die sog. Deponentia, welche mit passiver bezw. medialer Form aktive Bedeutung verbinden, finden sich durch die ganze Latinität. Doch ist insofern hier eine geschichtliche Entwicklung zu konstatieren, als viele in klassischer und späterer Zeit deponential gebrauchten Yerba im Altlat. in aktiver Form erscheinen, z. B. imito, aggredio, auxilio, mino, potio u. v. a. Besonders reich an solchen aktiven Verben ist, wie Stünkel nachgewiesen, noch in klass. Zeit Yarro. Bei den Archaisten und im Spätlatein erscheinen viele dieser aktiven Formen wieder, entweder infolge der archaisierenden Bestrebungen oder des Eindringens der Volkssprache, z. B. prctedo AlÜat. und dann Vulg., praevarico Altlat. und Augustinus u. s. w. Interessant ist es, zu verfolgen, wie die deponentiale Form mit der aktiven konkurrierte, vgl. bezüglich assentio die Notiz des Gellius 2, 25, 9 über Sisenna. Doch hat umgekehrt auch die alte Sprache manche Deponentien, die in der klass. nicht vorkommen, wenn sie auch später wieder auftauchen, z. B. comperior, despolior, impertior, nidulor; andere Deponentia werden erst von Dichtern oder den Autoren der silbernen Latinität eingeführt und erhalten sich dann, z. B. abaminor, communicor, eliucurior u. a. Der schon im AlÜatein erfolgte Übergang mancher Deponentia zu aktiver Flexion wird sich so erklären, dass das als Partie. Perf. verwendete Verbaladjektiv, z. B. usus, imitatus, auch passiv verwendet werden konnte und so eine Rück- bildung von imitatus zu imito, von wsws zu uto erfolgte, vgl. § 174; der Sinn der Yerba konnte kein Hindernis bilden, da ja diese Deponentia sich in ihrer Bedeutung längst nicht mehr vom Aktiv unterschieden.

221. Manche als flilfsverba gebrauchte Yerba treten, wenn sie zur Umschreibung einer passiven Wendung dienen, mitsamt dem zu ihnen ge- hörigen Infinitiv ins Passiv, z. B. iaci^e coepi lapides = iQQiipa JU^vg, passiv iaci sunt coepti lapides = i^qi^pd^av ot Xi&oi; unpersönlich im Passiv Cic. Yerr. 3, 209 dici coeptum est a defensore (aus defensor dicere co^if) und dementsprechend auch Cael. bei Cic. Fam. 8, 8, 2 loqm est coep- tum; ebenso veter es orationes legi sunt desitae nach Analogie von eoepUte sunt legi. Zu einem medialen Infinitiv tritt natürlich aktives co^i, z. B. Cic. Brut. 106 iudicia fieri co^erunt, Tusc. 1, 23 ne moveri quidem desinit. Aber diese bei medialen Infinitiven übliche Konstruktion übertrug sich auch aufs Passiv, freilich nicht bei Klassikern, aber doch schon bei Lucr. 2, 613 fruges coepisse creari, ganz besonders aber bei Yarro, ad Her., b. Afr., Sali., Liv., Cels., Yell. und immer bei Tacitus, vgl. b. Afr. 27 cum lapides mitti coepissent. Livius hat anfänglich co^i begünstigt, bevorzugt aber später coeptiAS sum, sogar bei fieri. Ähnlich wie did coeptum est erklärt sich auderi dimicari bei Nep. Milt. 4, 5 (audet dimkare er wagt ssu kämpfen^ audetur dimicari man wagt z. 2;.)

Ausschliesslich dem Altlatein und dem Spätlatein ist dieselbe Kon- struktion bei possum, queo, nequeo, consuevi, debeo eigen: Pacuv. 100 IL

n. Der einfftohe Säte. III. Die Beiordnung. (§§ 220—222.) 339

potestur investigarij id. 390 R., Plaut. Pers. 194 nee subigi queantur^ Ter. Hec. 572 nosci non quita est, Cael. Antip. 7 P sine perieulo bellum geri poieratur, Lucr. 1, 1045 suppleri queatur^ 3, 1008 expleri potestur, Sali. Jug. 81, 8 quiequid sine sanguine dvium ulcisci nequitur, dann erst wieder bei Apul. apol. 92 reddi nequitur^ ferner bei Pulgentius V. C. p. 751 quibus puerilis eonsueta est avocari garrülitas (vgl. Zink S. 57), Gregor. Turon. H. F. 8, 5 nee nos pro viris haberi debemur^ Jul. 23 deorsum extrahi nequebatur, Anthim. de observ. cib. p. 9, 3 R. quem cid modum uti debeantur.

Zu § 219—221: NöLTiNe, Das latein. Deponens, Progr., Wismar 1859; Stünkbl, De Yarroniana verborum formatione, Strassburg 1875; G. Sohönfbld, De Taciti stadiis Sali., Leipzig 1884, p. 18 f.; übeb, Quaestiones aliquot Sallnstianae grammaticae et criticae, Berlin 1882, p. 12; Ebatz, Coepi u. dgl. mit Infinitiv, Neue Jahrb. 1865 p. 724 flF.; Thumsbb, Coepi mit dem Infinitiv, Wien 1890 (Zur griech. und latein. Schulgramm.); WOlffliv, Liv. Kritik imd Liv. Sprachgebrauch, Berlin 1864, p. 21; BbÜwebt, De Sali, imitatore Catonis Sisennae alioromque vetemm historicorum romanorum, Jena 1873, p. 9; Sghultzb, De archaismis Sallustianis, Halle 1871, p. 63.

IIL Die Beiordnung.

222. Die ursprünglichste Form der Satzbildung beim Zusammentreten mehrerer selbständiger Gedankenkomplexe ist die Anreihung ohne jegliche Verknüpfung. Dabei bleibt es dem Zuhörer oder Leser überlassen, selbst den Zusammenhang der Sätze sich herzustellen. Selbstverständlich ist diese Art des Satzbaus der Umgangssprache ganz besonders eigen; sie findet sich daher schon bei Ennius, Plaut., Ter., besonders bei Gato, bei Cicero in den Briefen und in den Erstlingsreden. Während in der annalistischen Geschichtschreibung dieser Satzbau namentlich am Platze war, verknüpft der bereits entwickelte historische Stil natürlich mit der Anwendung des- selben besondere Zwecke; so bedient er sich desselben zur scharf poin- tierten Gegenüberstellung von Gegensätzen, zur Darstellung rasch sich fol- gender Handlungen, zur Charakteristik, offenbar um das Nebeneinander- sein der Eigenschaften zu bezeichnen, zur altertümlichen Färbung von Reden u. ä. Die silberne Latinität und ihre Nachfolger und Nachahmer sind in den asyndetischen Fügungen geradezu überschwänglich und oft widerwärtig manieriert, z. B. Plin. epp. Sen., im SpäÜatein z. B. der Dichter Prudentius. Doch finden wir frühe schon den Zusammenhang solcher selbständigen Sätze durch Konjunktionen wie et, autem^ sed, nam u. ä. ver- mittelt, worüber im folgenden genauer abzuhandeln ist.

Anmerkung 1. Besonders beachtenswert ist die Nebeneinanderstellnng der Im- perative; hier darf man das Asyndeton als die feinere Ausdrucksweise ansehen. Erst später whrd die freilich schon im AlÜat. öfters vorkommende Yerknüpfimg durch et, wofür Plaut, und Ter. nach Komposita von ire auch atque gebrauchen, allgemein, wie z. B. Statins 6mal das Asyndeton, llmideine Konjunktion aufweist. Livius jedoch sagt regelmässig abi, renuntia; üe, conaules, redimüe civüatetn {et nach ite steht einmal 38, 51, 10 «in weniger knapper Rede'' M. Müller). Tritt nunc zum Imperativ, so haben auch Horaz, Verg. und Ovid et, ebenso Martial, auch Seneca philos., Petron sat 115 ite nunc mortales et magnis cogi- taüonibus pectora implete, vgj. Lbasb, Americ. Journal of Phüol. XIX, 1. Selbstverständ- lich asyndetisch stehen die zur Interjektion gewordenen Imperative age, agite, z. B. Liv. agüedum, ite mecum; ebenso cedo, aber nur altlat. und spätlat., z.B. Glaud. Mam. 178, 17 eedo quaeramus.

Anmerkung 2. Die hier behandelten beiordnenden Komonktionen dienen vielfach auch dazu, zwei oder mehrere Satz teile einander beizuordnen. Wo sich ein Unterschied in Bedeutong oder Gebrauch der Konjunktionen in dieser Hinsicht ergibt, ist dies angemerkt.

22*

340 LateiniAohe Orammmtik. <L Syntax.

223. Hieher gehören auch die Parenthesen, welche gewöhnlich ohne Bindewort eingefügt werden; so in der Umgangssprache amabo und amdbo te, obsecro; oft hat Liv. ganze Sätze asyndetisch als Parenthese, manchmal auch Plin. epp. und Tac. Die Einfügung mit et hat schon Cicero, wenn auch selten, z. B. Tusc. 5, 63 adhuc neminem cognovi poetam ^ mihi fuit cum Aquinio amicitia , qui sibi non aptimus videreiur^ dann Sali. Jug. 52 {et tarn die vesper erat\ häufig wird sie bei Livius. Mit neque lesen wir sie bei Verg. (ecl. 3, 102), mit que bei Cicero, z. B. off. 1, 95, mit autem bei Cic, Liv. und Petron, mit nam schon bei Terenz, dann bei Cic, Sali., Sen., bei Dichtern nach der Anrede (Hör., Verg., Ovid), mit nam que bei Verg. und Liv., sowie deren Nachahmern, z. B. Curtius und Yal. Flacc, mit enim bei Cic, Liv., Curt., Plin. epp. und SpäÜat., mit etenim selten bei Cic, Liv., Ovid, mit sed bei Petron.

224. Die Kopula (et, ac^ selten que) mit folgender Negation [non^ nihil, nuUus, nemo u. ä.) ist in der alten Sprache noch selten, schon häu- figer bei Varro, rhet. ad Her., Cicero und Livius, selten bei Caes. und Sali., wiederholt bei Yal. Max., Plin. mai., Sueton., Petron und Curtius, am ver- breitetsten bei Tac, welcher besonders die einen Nachdruck auf das Pro- nomen legenden und auch sonst häufigen Verbindungen et nihil und et nullus, gewöhnlich in unmittelbarer Folge, bevorzugt. Auch in der späteren Latinität begegnet uns diese Verknüpfung, z. B. bei den script. bist. Aug., Lact. Beachtung verdient dabei, dass et non und häufiger ac non (cUque non nur bei Plin. n. h.) besonders in Sätzen mit si, qimsi, tamquam zur Berichtigung oder zur nähern Ausführung des Gedankens verwendet wird, z. B. si hoc dissuadere est ac non disturbare atque pervertere; Cic. Mur. 75 quasi vero esset Diogenes mortuus et non Africani mors honestaretur,

Anmerknng. umgekehrt steht bisweilen neque, wo et non erwartet wird; dies gilt jedoch kaum fürs Altlat., mehr für Cicero, wo es onserm «ohne zu" entsiwicht. In der nachklassischen Latinitftt, jedoch mit SaU. beginnend, finden wir so nee mit folgendem ad- verbiellen minus oder magis, so z. B. nee mmus = item, oft bei Yergil und seinen Na<^- ahmern.

225. Manchmal verknüpft der Lateiner zwei Gedankenkomplexe mit et, wo unserm Gefühl eine adversative Partikel mehr entsprechen würde. Dies findet sich schon bei Plaut, und Ter., dann bei Caes., bei Cic. hauptsäch- lich in den philos. Schriften und in epp., ganz selten bei den august. Dich- tem, öfter bei Nep., Liv. und Curt., auch bei Petron, am häufigsten wohl bei Tacitus ; an dieser Eigentümlichkeit nehmen auch atque, que und neque Anteil, ' jedoch so, dass auf que das Wenigste entföllt. Immerhin ist que in diesem Sinne klassisch, z. B. Cic off. 1, 22 non nobis solum nati sumus ortusque nostri partem patria vindicat; oft gebraucht es Ovid, auch Verg., dann Statins, doch nicht Tac, selten ist es bei Liv. und im Spätlat., z. B. nur eine Stelle bei scr. h. Aug., aber häufig bei Petron. Neque dient schon im Altlat. zur Verbindung von Sätzen, die in den verschiedensten logischen Beziehungen zu einander stehen, und findet sich auch in klass. Sprache bei Cicero, Caes., Sali, umfänglich adversativ gebraucht. Manchmal tritt potius zur Konjunktion hinzu, z. B. Cic Phil. 2, 109 neque deside- ravii quemquam et potius discessu nostro laetatus est. Für die Kritik ist die Beobachtung dieses adversativen Gebrauchs von e^ besonders wichtig;

m. Die Beiordnung. (§§ 223—229.) 341

viele sed, welche bei Cicero unrechtmässig eingedrungen waren, sind nun- mehr durch et ersetzt. Vgl. Stangl, TuUiana 1897 S. 53 und besonders die zutreffende Bemerkung von Sudhaus zum Aetna S. 90, dass man „manch- mal eher aus der straffen Fortführung des Gedankens auf die Wertung der Partikel schliessen kann, als dass diese uns wie billig über das Wesen der Satzglieder belehrte".

226. Die Konjunktion et nach einem Imperativ oder Optativ zur Ein- führung der aus der Erfüllung des Postulats hervorgehenden Eonsequenz findet sich im Altlat. nur einmal bei Cato (Plaut, nur Bacch. 695 perge: ae facile ecfeceris), dann erst bei den aug. Dichtern, bei Petron {quidvis qpta, et veniet\ Phaedr., Cestius bei Sen. controv. 1, 7, 4, Sen. phil., Lucan, Plin. min., Apul. und bei Arnobius, z. B. 1, 3 ite et instruemmi. Übrigens ist auch der silbernen Latinität das in der klass. Sprache ausschliesslich übliche Asyndeton nicht fremd, wie Sen. ep. n 1, 16 zeigt; dort steht nebeneinander: considera, quid vox ista significet, et inteUeges und dann drcumspice tecum singulos: occurrent tibi senes. Vgl. auch Erftzsche zu Hör. sat. 2, 6, 48.

227. Der später zu besprechende enge Zusammenhang zwischen Para- taxis und Hypotaxis zeigt sich im Oebrauche von ei, wo wir eine Tem- poralkonjunktion erwarteten; so schon bei Sallust. Jug. 97, 4, dann nament- lich bei Vergil, z. B. Aen. 6, 498 vix agnovit pavitantem et notis compellat vodhus uUro, bei Ovid und Lucan, dann bei Liv. einmal, öfter bei Plin. epp., Tac, Apul. (met. 2, 11 commodum meridies accesserat et mittit mihi) und sonst im Spätlat., z. B. noch bei Apoll. Sid. Diese Struktur, in welcher bei Verg. auch que statt et erscheint, gehört der nachlässigen Diktion der Umgangssprache an und bildet eine Übergangsstute aus der Parataxis zur Hypotaxis; denn ans venit simul, ac sol occidit wurde venit^ simul ac sol occidit.

228. In der Bedeutung „auch'' erscheint et bei Plautus im Personen- wechsel, ebenso bei Terenz (z. B. curae eM mihi. Et mihi curae est), dann bei Cicero, z. B. Q. Rose. 32 at enim tu tuum negotium gessisti bene. Gere et tu tuum bene. Ferner setzt Cicero et in unmittelbarer Verbindung mit einer Adversativkonjunktion, z. B. S. Rose. 94 fateor me sectorem esse. Verum et alii multi. Nach nam und simul erscheint gleichfalls et = »auch*, namentlich wenn ein Pronomen folgt, wobei aber oft ein zweites et durch Konstruktionswechsel umgangen wurde (wie Cic. off. 1, 142). Aber nirgends steht in klass. Sprache et = etiam, auch nicht bei Sallust, vgl. C. F.W. Möller zu Cic. off. S. 79, Fabri zu Sali. Jug. 20, 1, ebensowenig bei Terenz, wohl aber oft bei Liv., Tac. und im Spätlatein, wo der schon bei Cato r. r. 156 eodem addito et oleum und bei Varro beobachtete all- gemeine Gebrauch nach langer Einschränkung durch die vorklass. und klass. Sprache wieder vollständig zum Durchbruch kommt (Anton, Stud. I S. 26— 69). Bemerkenswert ist, dass Cicero ipse oder etiam ipse sagt, wo z. B. schon Yarro und namentlich nachklass. Autoren et ipse gebrauchen, z. B. Varro r. r. 2 praef. 6 quod et ipse pecuarias Jhabui grandes,

229. Die Konjunktion que war im Altlat. sehr gebräuchlich, vgl. Cato r. r. praef. 4 ex agricolis viri fortissimi gignuntur maximeque pius

342 Lateinische Grammatik, d. Syntax.

qttaestus stabilissimusque consequUur minimeque invidiosus minimeque maU eogitantes sunt etc. ; in den Inschriften vor dem n. paü. Kriege finden wir nur que und dies erhielt sich so namentlich in der publizistischen Sprache auch der späteren Zeit. Bei Plautus wird que immer dem ersten Worte des Satzes angehängt, was sich auch in der Prosa erhielt; nur die Dichter der aug. und der späteren Zeit nehmen von dieser Stellung Umgang und erlauben sich Freiheiten, offenbar unter dem Zwange des Metrums. Be- züglich der Präpositionen ist festgestellt, dass que nie an ob und sub^ selten an a und ad angehängt wird, während es immer an die zwei- silbigen Präpositionen auf a, auch an sine, trans, post u. s. w. sich anf&gL (Näheres im Antibarb.^ s. v. Que.). Übrigens gebrauchen die alten Redner, Historiker, auch Varro und rhet. ad Her. gewöhnlich et vor Präpositionen. Die Hauptfunktion der Partikel que ist die, dass der mit qu^e einge- führte Teil eine zusammengehörige Reihe als ein Ganzes abschliesst. Que dient mehr zur Verbindung einzelner Satzteile als ganzer Sätze, doch ge- braucht es Cicero oft bei Übergängen zu etwas Neuem, vgl. Madvio, Fin.

S. 476.

Anmerkung. Que = .auch*^ findet sich bei Catoll nnd Properz, z. B. 8, 1, 85 me- que inter serös latidahtt Roma nepotes, in Prosa erscheint es nicht vor Yelleius, bei diesem aber, dann bei Val. Max., Sen. phil., Qnint., Plin. mai., häufig im SpäÜat, z. B. bei Cypr., Oros., Lucif. u. a. in Verbindung mit hodie, also ?u>dieque = «auch heute noch*^.

230. Die Konjunktion atque hat in der Sprache der Komiker de- monstrative Kraft, so namentlich in der YeThmdnng atque eccum; ferner vgl. Epid. 97 sed ego eesso ire ohviam aduUscenU . .; atque ipse iüic est. Verwandt damit ist (Ballas p. 31 demonstrationi semper fere admixta est adseveratio quaedam et adfirmatio'') die Bedeutung der nachdrück* liehen Versicherung,' welche bisweilen durch Partikeln wie ecastor, pro- fecto, vero etc. gehoben wird: Bacch. 85 rapidus fluvius hie est . . . atque ecastor apud hunc fluvium aliquid perdundum est tibi. Später finden wir atque mit versichernder E[raft bei Cic, namentlich aber bei Sallust, hier besonders mit Pronomina, z. B. ego, verbunden. An die Bedeutung der Versicherung schliesst sich die der Steigerung an, welche a^gue nament* lieh in Verbindung mit adeo, etiam, quoque, insuper ausübt, so schon bei Plautus und Ter., dann bei Cic, Caes., Sali. (Gat. 52, 85 intra moenia atque in sinu urbis) Liv. Die Bestätigung einer vorausgegangenen Frage gibt atque besonders bei Plaut, und Ter., z. B. PL Stich. 582 sed videon ego Pamphilum cum fratre suo Epignomo? atque is est j,ja, er ist es". Manch- mal bezeichnet atque in der Antwort, dass der Antwortende nicht bloss auf die gestellte Frage erwidert, sondern noch darüber hinausgeht, z. B. Plaut. Pseud. 739 ecquid is homo habet aceti in pectore? Atque acidissumum. Vgl. noch Ter. Eun. 915, Cic. Att. 15, 11, 1.

231. Eine Häufung der Konjunktion atque findet sich bei Cato (der überhaupt die Polysyndeta liebt) und in Nachahmung desselben bei den Archaisten Oellius und Fronte (p. 36 Nah. nam uni Porcio me dedicavi atque despondi atque delegavi). Ausserdem begegnet uns wiederholtes atque bei CatuU und Vergil, sonst vereinzelt und nicht auffallend.

2f32. Bekannt ist, dass atque nach den Wörtern der Ähnlichkeit und Verschiedenheit dazu dient, eine Vergleichung zu bilden. Dies geht durch

m. Die Beiordnimg. (§§ 280—235.) 343

die ganze Latinität hindurch, selbstverständlich ohne dass alle Verbindungen

zu allen Zeiten getroffen werden; so finden sich idem atque nur in der

vorklass. und klass. Zeit, ita atque erst bei Juristen, iiuäa atque bei Yarro

und Gic, pro eo ac bei Juristen (Sulp. b. Gic. fam. 4, 5, 1) und Cicero, alius

atque vorklassisch und klassisch, aber selten nach der klass. Zeit, indem

hier atque durch quam ersetzt wird, contra atque bei Yarro, rhet. ad Her.,

Cicero u. s. w. Selten im Altlat. und überhaupt nicht häufig, aber dabei

vorwiegend in der klass. Zeit (Yarro, Cicero), wird atque durch et ersetzt,

so nach idem, aeque, pariter, alius, aliter; vgl. Caelius bei Cic. Fam. 8, 1, 3

solet enim aliud sentire et loqui („als er spricht').

Anmerknng. Nach einem Eomparfttiy folgt atque vor Horaz nur, wenn derselbe negiert ist, so bei Plant., Ter., Gic. (ad Atfc. 5, 11, 2), Catoll, Verg.: erst Horaz hat atque ohne vorhergehende Negation gebraucht, und zwar hauptsächlich in den Satiren, weshalb die Eonstruftion vulgär erscheint. Über Gic. Att. 18, 2 miht quiäem videtitr eüam diuHu8 aftUurus otf nollem sind die Ansichten geteilt (vgl. Boot z. St. und Zibmbb, Komp. p. 199 Anm. 1); G. F.W. Müllbb schreibt: afutvrus. Äc nollem . .

233. Ausschliesslich plautinisch mit Nachahmung bei Gellius ist atque (Gellius auch et) im Nachsatze, z. B. Epid. 217 quom ad portam venio, atque ego iUam Uli video praestolarier. Dies ist eine Yerquickung zweier Konstruktionen, quom venio video und venio atque video, wie sie im Munde gemeiner Leute nicht überraschen darf; an einen Gräzismus ist nicht zu denken.

234. Während die klass. Sprache bei SatzgUedern und Sätzen von gleichem Werte den Wechsel in den Konjunktionen et atque que vermeidet, gebrauchen die august. Dichter, dann Livius und seine Nachahmer, haupt- sächlich aber Tac, die kopulativen Partikeln in willkürlicher Abwechslung, z. B. Tac. ann. 1, 1 Tiberii Gaiique et Claudii ac Neronis. Abschliessend sei bemerkt, dass die Liebhaberei einzelner Schriftsteller in dem Gebrauch der Konjunktionen eine grosse Rolle spielt ; so hat z. B. Yarro sehr oft et, sehr selten que, Gate in r. r. oft et und que, ganz selten atque, aber in den Reden sehr oft atque und selten que. Man kann im ganzen sagen, dass bei Historikern que und et gleich häufig vorkommen, während et bei Rednern, auch in philosophischen und rhetorischen Darstellungen, überwiegt, dass die Volkssprache in erster Reihe et, in zweiter que bevorzugte, dagegen atque der Sprache der Gebildeten überliess. Für die Stellung ist nur noch anzufügen, dass et zuerst bei aug. Dichtem, dann aber auch in Prosa nachgesteUt erscheint; die Nachstellung von atque ist dichterisch, z. B. Statins silv. 4, 1, 25.

235. Die Verbindung que et ist im Altlat. sehr selten (Plaut. Mil. 1347 Brix, Ter. Hec. 488), findet sich bei Cic. und Gaes. gar nicht, dann im Jug. des Sali., welcher que regelmässig wie Tac. (Ausnahmen ann. 2, 6 u. 14, 31) an Pronom. person. anfQgt, während das b. Afr. und dann Liv. umgekehrt dies meidet und que an Subst. anhängt, worin ihm Vell., Gurt., Plin. mai.. Gell, nachfolgen. Bei Verg. und Hör. fehlt diese Konstruktion, findet sich aber sonst bei Dichtem, z. B. bei TibuU, und noch spätlat. bei Prudent. u. a. Dagegen hat Verg. zuerst que ac, das dann auch Ovid, Liv., Gurt, und Tac. annehmen, z. B. Tac. bist. 3, 63 seque ac liberos suos. Die Verbindung mit que que ist alt, schon bei Ennius und Terenz zu treffen, jedoch

344 Lateinisohe C^rammatik. d. Syntax.

unklassisch, bei Cic. nur de fin. 1, 51 noctesque diesque als dichterische Reminiszenz, bürgert sich mit Sali, in die prosaische Litteratur ein ; V ergil hat sie, wie vorher schon GatuU (und in Prosa dann Livius) dem Ennius abgelauscht, und ihm wieder andere Dichter; Vell., Sen. phil. gebrauchen es nur in Anfügung an das Pron. relat., ebenso Quint. und Plin. epp., z. B. Quint. 1, 8, 16 id est figunis, quaeque Xä^etog qaaeqiie Siavoiag vocaniur; Tac. hat es erst in den Annalen und hier nur zweimal. Im Spätlat. hat man korrespondierendes qae nur bei Apoll. Sidon., z. B. 4, 18, 2 tuque f rater que communis beobachtet. Die seltenste Verbindung ist atque atque, welche ausser Verg. ecl. 5, 22 nur noch Sil. 1, 93 aufweist. Die Korresponsion et atque wird wohl mit Recht für unlateinisch gehalten (Madvig, Fin. 284); et que liest man nicht vor Cicero, bei ihm aber öfter, jedoch nicht in den sorgfältig ausgearbeiteten Reden der besten Zeit, auch nicht bei Livius, aber bei Horaz (in den Satiren), vereinzelt in der silbernen und späteren Latinität, z. B. bei Gurtius.

236. Nee nee ^und weder noch* scheint in Prosa auf die Historiker Caes., Sali, und Liv. sich zu beschränken; von Dichtem haben es GatuU und Properz. Neque neque tarnen und neque neque vero sind selten, aber klassisch, z. B. Gic. Sest. 36, Fam. 3, 12, 2. Die Kor- responsion nee neve findet sich bei Dichtem wie Verg., Prop., Ovid, Juven., z. B. Juven. 14, 201 nee te fastidia subeant neu credas. Wenn nee nee einen vorausgehenden negativen Begriff zerlegt, z. B. Cic. Att 14, 20, 3 nemo unqu^m neque poeia neque orator fuit^ qui , ., so ist an eine Aufhebung der Negationen nicht zu denken. Diese Konstruktion hat zu- erst Terenz, dann der ihm in der Sprache sehr nahe stehende Gicero und ausserdem noch Livius, Quint., Plin. Pan., Justin.

237. Die Verbindung neque et ist selten im Altlat., kommt dann bei Varro, rhet. ad Her., oft bei Gic. und in der nachklass. Zeit vor, neque ac kommt erst bei Tac. vor, dann bei Suet. und Mart., neque que nicht vor Gic, überhaupt selten, et neque bei Varro und Gic, bei diesem häufig, verliert sich nachher. Es ist klar, dass die ebenerwähnten Kor- responsionen der durch Gicero ausgebildeten Konzinnität ganz besonders passten und dass sie deshalb dem Streben nach ebenmässig gliederndem Satzbau zumeist ihre Entstehung verdanken. Mit dem Zurücktreten dieses Strebens verschwinden auch die meisten der genannten Verbindungen.

238. Die Korresponsion tum tum bedeutet nur »bald bald*; wo „sowohl als auch (ganz besonders)" verlangt wird, ist cum tum herzustellen, wie in den neueren Texten überall geschieht. Übrigens liest man die Verbindung tum tum nicht vor Gicero; von dieser Zeit an bis herunter ins Spätlatein findet sie sich allenthalben (nicht bei scr. h. A., GOTTA p. 34).

239. Die Partikeln modo, nunc, interdum, mox, simul, iam, interdum; ferner hie, illic^ hinc, illinc, inde bilden unter sich die mannigfachsten Kor- responsionen, die jedoch nicht der ganzen Latinität angehören, sondern in Analogie nach den besprochenen allgemein üblichen Verbindungen von ein- zelnen Schriftstellern oft in manierierter und affektiert g;ekünstelter Weise gebildet wurden und dann sich bald einer längern, bald einer kurzem

m. Die Beiordniing. (§§ 236—241.) 345

Existenz erfreuten. So hat z. B. Lucrez nunc nunc gebildet, Vergil ihm nachgeahmt, Livius es in die Prosa eingeführt, Voll., Yal. Max., Gurt. Just. scr. h. Aug. von diesem herübergenommen ; nunc mox dagegen hat Vell. aufgebracht, und mit ihm ist es auch wieder verschwunden. Er- wähnt mag noch werden qua qua, welches schon Plaut, hat, Cicero nur in den Briefen ad Att. und ad Q. fr. zulässt, Caesar und Sali, ver- schmähen, Liv. nur in der ersten Dekade gebraucht. Nachher erscheint es bloss vereinzelt, z. B. bei den Archaisten, einmal auch bei Script, bist. Aug.; alias alias, welches bei Cato durch alteras alteras er- setzt wird^ ist eine der ältesten Formen der Eorresponsion; Cicero ver- wendete es noch in de inv., liess es aber dann wie alle doppeldeutigen Formen fallen.

Anmerkung. Abschliessend sei znr Eorresponsion bemerkt, dass manchmal der zweite Teil einer solchen korrespondierenden Verbindung unterdrückt wird. Dergleichen Anakoluthien sind psychologisch leicht zu erklären und finden sich namentlich in der Um- gangssprache, auch in den philosophischen Schriften Ciceros, die sich dem leichtem Eon- yersationsstil nfthem (particula pendens); vgl. auch § 228.

240. Die Konjunktion sed, die eigentlich einen Gegensatz bezeichnet, dient bisweilen zur Fortsetzung der Erzählung, so namentlich bei den Historikern Sali., Liv., Just., zumeist bei Beginn eines Abschnittes, z. B. Sali. Jug. 28, 6, dann auch um nach einer Parenthese den Gedanken wieder au&unehmen entsprechend unserem „aZ$o^. Ähnlich steht es mit at in den Dichtungen Cic, bei Sali., Verg. und namentlich Tac. Apul. braucht sed mit Wiederholung des betonten Wortes zur Bekräftigung, z.B.totum me, sed prorsum totum recepit; überhaupt dient es im Spätlat. (vgl. Dressel im Progr. von Zwickau 1882 p. 20 Anm. 2) oft zur Hervorhebung, z. B. bei Firm. Mat. agricol4is, sed locupletes, Anaphorisch wiederholtes sed nach vorausgegangener Negation hat Cic. ganz selten, öfters die august. Dichter, besonders Ovid, dann Sen., Petron., Tacitus.

241. Bei at die Form ast ist archaisch und vulgär und findet sich bei Ennius, Plautus, Cic. de legg. und ad Att., oft bei Dichtem, und zwar den august. wie den nachklassischen, namentlich den Epikern, bei Petron und dann bei den Archaisten bis in die späte Lat. herab, z. B. noch bei Prudent. und Apoll. Sidon. ist die Bedeutung „noch dazu, anderseits ** bemerkenswert, welche der von Jordan gegebenen ursprüng- lichen Bedeutung »wohl aber, doch'' nahesteht. Sie wird schon bei Ter. und Lucr., dann bei Cic, Sali., Verg., Prep, angetroffen; z. B. Cic. Phil. 2, 12 non placet M. Antonio consulatus meus. At placuit P, Servilio, Ebenso mag der Gebrauch von at (manchmal verstärkt mit certe, tarnen, saltem) nach einem Bedingungssatze notiert werden; er ist schon dem Altlat., auch Lucrez eigen, findet sich bei Cic. nach negiertem Satze, auch bei Caes., nicht bei Sali., aber wieder bei den august. Dichtern, Liv. und den Spä- teren. Für Liv. und Curt. hat man festgestellt, dass nach at sehr häufig ein Pron. pers. folgt, z. B. at ego, at sibi etc., aber auch at Dareus, at rex mit emphatischem Gebrauche des at. Jedoch ist bei Liv. zu bemerken, dass er nach der ersten Pentade immer mehr von at abkommt und es fast nur in Reden gebraucht. Anaphorisches at ist selten, z. B. Hör. sat. 1, 3, 32.

346 Lateinisehe Qrmmmatik. d. Syntax.

243. Noch sei erwähnt ein in der Umgangssprache wurzelnder Ge- brauch von at, wenn dies nämlich ähnlich unserm «aber* in aufgeregter Rede einen Befehl, einen Ausruf, einen Wunsch einleitet, z. B. CatoU 3, 13 (U vobis Sit male. So findet sich cU bei den Komikern, selten bei Cic. und überhaupt in der Prosa, öfter bei august. Dichtem. Die Stelle Liv. 1, 12, 5 at tu pater deum hominumque arce hostes weist auf alten Ursprung, denn solche sakrale Formeln pflegen wenig unter der Entwicklung der Sprache zu leiden.

243. Die Partikel autem ist bei Cicero sehr beliebt, namentlich in den philos. Schriften, weniger in den Reden, höchstens in den schon ziem- lich senilen erat. Philipp.; dagegen erfreut sie sich nicht sehr der Gunst der Historiker, von denen es z. B. Tacitus höchst selten gebraucht. Denn autem eignet sich seiner ursprünglichen Bedeutung gemäss weniger f&r die historische Darstellung, als fUr den Eonvei*sationston und die philo- sophische Erörterung. So ist in der Umgangssprache unter anderm be- merkenswert die Verwendung von autem in der direkten Frage; damit werden die verschiedensten Affekte ausgedrückt oder es wird bereits Ge- sprochenes erklärt, korrigiert u. s. w., z. B. Liv. 21, 44, 7 in Africam transcendes. Transcendes autem dico? und Cic. Att. 5, 15, 3 quid in repübUca fiat. Fiat autem? Immo vero etc. Das letztere, nämlich die Selbstverbesse- rung durch die Frage, ist mit Cic. aufgekommen, das übrige findet sich schon her den Komikern.

244. Atquiy dessen Nebenform atquin selbst bei Cicero, z. B. Phil. 10, 17, dom. 12, sonst im ganzen sehr selten und zur Vermeidung des Hiatus von Stat. Theb. 6, 161 gebraucht wird, dient dazu, allen Ernstes einem Vorredner das Gegenteil seiner Behauptung zu versichern. Bei Plautus kommt es noch getrennt vor, z. B. Amph. 705 ai pol qui; hier folgt immer Fut. oder Gerundium und at^qui leitet eine ernstliche Drohung ein. Seit Terenz ist atqui ein Wort. In klass. Zeit finden wir es beson- ders in den philosophischen Dialogen des Cic, dann in den Satiren des Horaz, Quint., bei Liv., Plin. mai., Suet. in eingestreuten Dialogen, seltener bei den genannten Autoren in zusammenhängender B,ede. Ausserdem ist bemerkenswert, dass atqui einen Bedingungssatz einleitet bei Ter., Cic, Hör. und seit Cic. nach einer Frage das Gegenteil versichert, z. B. bei Curt. und Flor.

246. Ceterum = unserm „übrigens" lesen wir schon bei Ter., aber abgesehen von Cic Q. Fr. 2, 12, 1 nicht bei Cic und Caes., häufig bei Sali., Liv., Petron., Curt., Tac, Suet. Um die Wirklichkeit gegenüber dem Scheine zu versichern, brauchen es Sali, und Tac, dieser aber erst in den Annalen, Quint., Plin. Pan. und Suet.; vgl. Sali. Jug. 76, 1 simulabat sese negoti gratia properare, ceterum proditionem timebat (= „in Wahrheit aber*).

246. Vero ist bei Plautus immer blosse Beteuerungspartikel, wäh- rend verum bei ihm immer adversative Bedeutung hat; bei Terenz aber wie bei Lucr. und in der klass. Sprache wird vero bereits adversativ ge- braucht, wenn es auch hier seine ursprüngliche nachdrücklich beteuernde Bedeutung an manchen Orten bethätigt, z. B. in der Antwort, zustimmend oder widersprechend, wie ego vero, mihi vero, so bei Cicero und bei Livius,

m. Die BeiordBiiBg. (§§ 242—249.) 347

z. B. Cic. Att. 15, 11, 1; Liv. 9, 11, 10 ego vero istos nee aeeipio nee dedi ar- hitror. Bei den Historikern jedoch erscheint es ausserhalb der Reden ziemlich abgeschwächt und nicht von autem verschieden, ebenso bei Petron, wo es geradezu als Übergangspartikel fungiert. Bei Cicero hat man beobachtet, dass mit der Entwicklung der Diktion, namentlich in den Reden, verum gegenüber sed zurücktritt, Livius kennt es nur in Ver- bindung mit enim vero^ Voll. Pat. gebraucht es nur einmal 2, 45, 3.

347. Ein beachtenswerter Gebrauch der Konjunktion aut ist, dass sie eine vorausgehende Negation weiterzuführen sich eignet. Dies findet sich indes erst seit Cic. häufiger, auch bei Caes., Sali., den august. Dichtem, Liv., Petron, Tac, z. B. ann. 15, 61 nihil triste in verbis eins aut vuUu, Ahnlich wird auch vel bei Cic, Caes., den august. Dichtem, Liv. und noch spätlat. bei Ciaudian getroffen und ve bei Verg., Properz, Tibull, sogar et bei Varro und Cic. sowie bei Dichtem wie z. B. Properz (2, 1, 22), z. B. Cic. p. Scauro 88 in quibus nultam fidem et auctoritatem esse, und atque bei Varro und Cic, z. B. Varro r. r. 2, 5, 8 corium tactu non asperum ae durum.

Anmerkung. Bei Cic. nnd Caes. lesen wir selbst ne et et statt ne aut aut, wenn wie C. F. W. Müllbb sagt hervorgehoben werden soll, dass das Zusammentreffen von beiden zugleich zu verhüten ist.

248. Im Fragesatz steht aut, wenn nicht eine Ausschliessung der Frageglieder beabsichtigt ist, sondern die Erweiterung des ersten durch das zweite (z. B. Ter. Andr. 236 hocinest humanum factu aut ineqptu?), oder wenn in gleicher erweiternder Weise ein Fragesatz an einen andern an- geknüpft wird, so bei Plaut., Ter., Lucr., Cic, Caes., Sali., Petron., Tac. Dagegen ist aut in der Disjunktive durchaus unzulässig. Korrespondie- rendes aut aut im Fragesatz erscheint erst seit Cicero, z. B. p. Rose. Am. 118 num aut ille lanista aut iste discipulus videtur etc.

249. Die Konjunktion vel ist eigentlich ein Injunktiv von velle = vels oder ein Imperativ = vel, wie die, fer (vgl. Skütsch, Forschg. S. 55, Arch. Vm, 296 und XI, 88, sowie Kohlmann, De vel imperative, 1898 S. 12 ff.), allmählich aber ist vel zur Partikel erstarrt. So kommt es, dass vel die Wahl zwischen zwei oder mehreren genannten Begriffen dem Belieben anheimgibt. Vel war in der einfachen Disjunktive bei den alten Dichtern nicht behebt, noch Lucrez gebraucht es selten. In der klass. Sprache wird es strenge von aut geschieden, Caesar hat es übrigens sehr selten; aber es bekommt bei Ovid und dann in der silbernen Latinität auch die Bedeutung von aut, z. B. Tac. ann. 14, 35 vineendum illa acie vel cadendum.

Bemerkenswert ist bei vel die seiner Etymologie entsprechende Be- deutung „zum Beispiel', welche Plaut, noch selten hat, ebenso Terenz, dann aber namentlich Cicero, so in den Briefen, z. B. ad Fam. 7, 24, 1 amaris quidem tui, quoquo me verti, vestigia, vel proodme de Tigellio. Das korrespondierende ^76 7 t; 62 ist in der klass. Sprache streng von et

et zu scheiden; dagegen lässt sich nicht verkennen, dass an einigen Stellen bei Plautus vel vel = „sowohl als auch* ist, und dass in der späten Latinität, so namentUch auch im afrikanischen Latein, wo vel und et durcheinander geworfen werden, vel vel vollständig die abgeschwächte Bedeutung von et et angenommen hat; ja bei Cyprian findet sich sogar

348 LaieiiiiBche Chrammatik. d. Syntax.

die Korresponsion vel et. Eine Folge der Yermischung von vel und aut ist bei den augast. Dichtem die Korresponsion vd atU, aut vel^ auch atU ve.

250. Während das einfache ve der ganzen Latinität angehört, jedoch so, dass es bei Plaut., überhaupt im AlÜat. und noch bei Lucrez mehr kopulative als disjunktive Bedeutung hat, ist die Korresponsion ve ve dichterisch; sie kommt indes schon bei Ennius vor (ann. 302 L. MüiiLEB: prudetUer quod dicta loquive tacertve possetjy dann bei Yerg., Hör., Ovid, öfter bei TibuU und bei spät. Dichtem. Bei Ovid korrespondiert ve auch mit et; z. B. Met. 1, 6, 12 lesen wir et et ve.

251. Sive in der Bedeutung ,,oder' (also mit Unterdrückung jeder kondizionalen Färbung) findet sich schon Enn. ann. 457, bei Lucr. und Lucil., Catull 4, 19, dann bei Cic. (z. B. Q. Fr. 2, 3, 2 dixit Pompeitis sive voluit), picht jedoch in den rhetor. und philos. Schriften, fehlt bei Gaes., Sali., fast allen Dichtern (Ovid und Verg. je 1 Stelle) und vielen spätem Pro- saikern. Häufig gebrauchen es Yitruv, Plin. mai., Tac, Aur. Vict., Script bist. Aug., Veget., Macrob. Auch sive hat im Spätlat. gerade wie vel seine Bedeutung geschwächt, so dass es = et geworden, die Beispiele siehe bei RöNSOH, Semas. Beitr. n p. 82.

252. Auch das Fragewort an erscheint als Disjunktivpartikel; aus dem Altlat. ist nur eine Stelle aus Acc. erwähnt, häufig ist der Oebrauch bei Cic, namentlich in den Briefen, aber auch in den philos. und rhetor. Schriften, nicht in den Reden, vepeinzelt bei Catull., Sali, und Varro, etwas häufiger bei Livius; bei Tac. ist es geradezu Lieblingspartikel, jedoch nur in den Annalen, wie bei Sali, nur in den Historien, z. B. Sali. Hist. U 10 D. perrexere in Hispaniam an Sardiniam. Zu erklären ist dies als eine vom Sprechenden an sich gerichtete parenthetische Frage «oder war's nach Sar- dinien?^ Aber bald verschwand dies Bewusstsein, und man fühlte keinen unterschied mehr zwischen aut und an. Nach Tac. wird der Gebrauch vereinzelt noch gefunden, so bei Suet., Apul.

Anmerkang. Die WiUkflr im Gebrauche der disjungierendeii Eoiqimktioiien zeigt sich wie bei den kopulativen (vgl. § 284) schon frtthe. So verwendet Yitruv aut oder nre ohne unterschied, Plin. mai. unterscheidet kaum zwischen sioe, vel und aut, ähnlich Tac, hauptsächlich um die Eonzinnitfit zu vermeiden und Abwechselung in die Diktion zu bringen, ebenso Yegetius, Macrobius und die Peregrinatio ad loca sancta.

253. Die Konjunktion nam war ursprünglich blosse Versicherungs- partikel und hat sich so in der Umgangssprache der späteren Zeit, sogar bei Cicero in dialogischen Partien erhalten, z. B. Verr. 1, 133 nam meher" cule^ inquit, sie agamus, ja wahrhaftig, so woUen wir es machen. Schon frühe macht sich im Gebrauche dieses Wortes welches ausser an einigen Stellen bei Hör. und Verg. immer am Anfange erscheint die begründende Natur geltend und dabei ist dann vielfach eine Art Brachylogie zu Tage getreten. Diese wird schon bei Plaut, und Ter. wahrgenommen, hat aber ihr eigenstes Feld bei Cicero, findet sich jedoch auch bei Sali., Curt., Tac, scr. h. Aug., auch bei den august. Dichtern, z. B. Properz, in mehreren Erscheinungsformen von stilistischer Wichtigkeit (in der Figur der Prae- teritio und der Occupatio). Vgl. Sali. Cat. 52, 33 ignosdte Cethegi adule- scentiae ... nam quid ego de Gahinio . . loquar? und meine Anm.

m. Die Beiordnung. (§§ 250—257.) 349

Später tritt eine Entwertung von nam ein, z. B. bei Commodian ist es fast = Ss\ bei Dracont. = ac oder sed; zweifelhaft bleibt, ob erster es auch für den Juristen Gaius angenommen werden darf, sicher steht es bei Granius Licinianus, vgl. Archiv XI S. 266.

254. In Fragesätzen wird nam im Altlat. noch teilweise vorange- stellt, z. B. Ter. Phormio 732 nam quae haec anus est? Doch erscheint es auch schon bei Plaut, und Ter. und dann in der ganzen Folgezeit an das Fragewort angehängt oder (nur bei Dichtem) ihm wenigstens nachgestellt, z. B. Verg. ecl. 9, 89 quis est nam ludus in undis? Merkwürdig ist quianam bei Ennius, Naev., Acc, Lucrez und Yergil, z. B. Naev. Poen. 18 L. Müller: summe deum regnator, quianam me genuisti? Hier hat das Neutr. plur. quia die interrogative Bedeutung erhalten; vgl. Reichabdt, Neue Jahrb. 1889, S. 120; in der Komödie findet sich quianam nicht, es gehörte somit nicht der Umgangssprache an.

256. Die Konjunktion namque ist bei Plaut, und Ter. noch sehr selten und steht nur vor Vokalen, bei Lucrez finden wir sie bereits auch vor Konsonanten, wenn auch selten. Auch in der klassischen Sprache wird sie wenig gebraucht (jedenfalls nicht in dem § 253 erörterten Sinne), öfter verwenden sie Varro, Nepos, Catull, Sali., Verg., Liv., Tac, davon CatuU und Varro zuerst postpositiv, dann auch Properz, Livius und namentlich Val. Max., Plin. mai. und Justin öfters, sehr häufig Gell, und Apulejus, fast regelmässig Lact., Firm. Mat. und immer Florus. Namque wird von manchen Schriftstellern gemieden, z. B. von Voll. Pat. ; im Spätlat. wird es wie nam abgeschwächt und bekommt die Bedeutung von autem, so z. B. bei Vict. Vit.

266. Das mit nam verwandte enim erscheint im Altlat. (Plaut., Ter.), auch bei Lucrez (6, 1277, mit Edelblüth S. 33 f., aber Lachmann und Briegeh interpungieren nach pendebantur enim), dann wieder bei den Archaisten auch an erster Stelle, was seit der klass. Zeit sonst nicht mehr zulässig ist. In der Regel nimmt es die zweite Stelle ein, rückt aber oft, wenn die ersten Wörter des Satzes eng verbunden sind, an die dritte und vierte Stelle und noch weiter zurück. In seinem Gebrauche hinsichtlich der Verbindung der Sätze ist es nicht wesentlich von nam verschieden; nur ist zu bemerken, dass es bei Plautus ausschliesslich und bei Ter. noch überwiegend Beteuerungspartikel ist, in Nachahmung hievon auch bei Verg. Aen. 8, 84, dann dass es in Reden, so besonders bei Cicero, den Übergang von der Disposition zur Ausführung vermittelt, z. B. Cic. Pomp. 6, und dass es im afrikanischen Latein, sowie überhaupt im Spätlat., seine Kraft fast verloren hat und in blosser Aufzählung erscheint.

Anmerkung. Die Ansicht Lanobn'b, dass enim bei Plaut, ausschliesslich stark ver- sichemde Partikel ist, wird von Gutjahb-Pbobst, Beitr. III p. 244 als zu eng bestritten, aber von Nibmbybb zu Trin. 705 aufrecht erhalten.

257, JEtenim ist im Altlat. noch sehr selten (fehlt bei Plautus ganz) und wird erst seit Lucr., Varro und Cic. häufiger gebraucht, nachgestellt schon bei Lucrez, dann bei Hör., Prep., Lygd., Juven., Stat., in Prosa bei Plin. mai., Apul., Juristen und eccl. Sein Gebrauch ist noch bei Livius, der es nach der III. Dekade selten und in der V. gar nicht mehr gebraucht,

350 Lfttfliiiisolia CkaanuKÜk. d. ByAUz.

und in der silbenien Latinität weniger ausgedehnt als der von nam und emm; so fehlt es z. B. bei Cortius; dagegen ist es Lieblingspartikel bei Apulejns nnd bei manchen Juristen seit Papinian, so namentlicb bei Jnstinian. Was die Bedeutung von etenim anlangt, so entspricht es kaum der von nam und enim; es dient mehr zur Erläuterung nnd enthält nicht den eigentlichen Orund, sondern eine Beziehung zur Begründung.

268. Quippe ist ursprünglich Fragewort, an welches die Antwort ohne weiteres angefügt wurde, z. B. Ter. Phormio 361 iL nam iam adttr lescenti nihil est, quod suscenseam, si iHum minus norat; quippe hämo iam grandior ruri fere se cantinebat ,dem jungen Mann kann ich nicht zürnen, wenn er jenen weniger kannte; warum denn? nun der alte Herr*, vgl Netusil in Archiv VII S. 580. Daraus entwickelte sich mit Verwischung der ursprünglichen Bedeutung der kausale Gebrauch und allm&hlich wird quippe zum abgeschliffenen Adverb, das bei Cic. p. Mil. 12 mavet me quippe Jumen curiae sogar mitten im Satze stehen konnte. Schon bei Ennius ann. 379 und 430, dann bei den folgenden Dichtem, in Prosa bei Sali., nament- lich aber bei Liv., Curt. und Justin wird quippe häufig gebraucht, voll- ständig synonym mit enim, und zwar bald an erster bald an zweiter Stelle des Satzes (Pauckeb, Z. f. ö. Q. 1883 p. 333). Lncrez verbindet es gern mit etenim^ Livius gebraucht es mit jeder Pentade seltener, zumeist nur in Reden; auch in Verbindung mit dem Relativ wird es weniger gebraucht.

259. Urgo {== ex rego „aus der Richtung her, aus dem Grunde, deswegeh'') findet sich häufig im AlÜat., manchmal verstärkt durch me- castor, edepol u. ä., so, dass z. B. bei Plaut, immer der vorhergehende Vers die causa efficiens dazu bildet; dass dadurch ergo in vielen FäUen eine versichernde Kraft bekommt, ist selbstverständlich. Bei den august. Dich- tern (Horaz, Ovid, Properz) drängt sich bisweilen der Satz mit ergo als Ausdruck einer starken Empfindung seinen Prämissen vor und lässt diese nicht zu Wort kommen, z. B. Hör. sat. 2, 5, 101 ergo nunc Dama sodaUs nusquamst (vgl. dazu Kebssling). In der klass. Zeit wird ergo vorzugs- weise zur Einleitung der logischen Folgerung gebraucht. In der nach- klass. Zeit hat sich ergo namentlich bei Gurtius bemerklich gemacht, sonst erscheint es vereinzelt, z. B. bei scr. h. Aug., wo es viel häufiger ist als itaquey sehr häufig bei Lact. Die Stellung von ergo ändert sich je nach dem Ton, der auf ihm liegt, und der Zusammengehörigkeit der ersten Worte eines Satzes. Fast ganz wie ergo wird igitur behandelt. Dies ist vielleicht = agitur (vgl. jedoch Skutsch, Forschungen S. 154 Anm. 2) und sollte daher seinen Platz an erster Stelle des Satzes haben. Allein es findet sich so selten, einmal bei Lucr., dann konstant nur bei Sallust (ab- gesehen von den Fragesätzen), bei Livius oft in den früheren Dekaden, später kehrt er zum klass. Gebrauch zurück, manchmal bei Quint. und häufig bei Tac; Cicero setzt es gewöhnlich an die zweite Stelle, ebenso überwiegend Quint. Die älteste Bedeutung von igitur ist dann, darauf; so schon in XII tabl. Igitur wurde von manchen Autoren sichtlich gemieden, so von Ter. in den letzten Komödien, von Caes. und seinen Fortsetzern, den beiden Seneca, bei Spartian (scr. h. Aug.). Vgl. Wölfflin, Archiv Hl p. 560, Madvio zu Cic. Fin. p. 115.

m. Die Beiordmmg (§§ 258--262.) 351

260. Itaque hat seine ursprüngliche Bedeutung „und so'' nie ver- leugnet, wenn es auch ähnlich wie igitur verwendet wurde. Es wird schon bei Plaut, und dann durch die ganze Litteratur angetroffen. Im Altlat., sowie bei Gic, Caes., Sali, erscheint es nur am Anfange des Satzes; an zweiter Stelle sehen wir es zuerst wohl bei Lucrez, dann bei rhet. ad Her., Horaz, häufiger bei Livius, Gelsus, Seneca und Quint., vereinzelt bei Gurt, und Val. Max., bei Martial VIII praef., nicht bei Tac. (der es nur an drei Stellen des Dialogus hat) und Plin., oft aber im Spätlat., z. B. bei Justin, Apul., Tert., Lact., Boeth. u. a.

Anmerkung 1. Ein eozusagen asyndetisches Uaque, d. L folgernd gebrauchtes üa kennt schon Plaut., z. B. Poen. 363, in Prosa treffen wir es bei Cic, z. B. Tusc. 5, 66, bei Caes. b. G. 6, 12, 8, bei Ciceros Eorrespondenten, bei Sali., namenüich aber bei Liv. und Tac. Ein begründendes üa hat gleicnfalls schon Phiut., dann auch Varro r. r. 2, 2, 14 ; dies üa ist geradezu = nam gebraucht.

Anmerkung 2. Im Spfttlatein ist auch denique konklusive Partikel geworden, es steht dort vielfach = igüur; doch hat es, so namentlich bei Juristen, noch andere Funk- tionen tkbemommen; es ist = nam, oft auch = ttein, vgl. Kalb, Roms Juristen S. 19.

261. Zur Verbindung beigeordneter Sätze dienen auch pronominale Adverbia, wie hinc, inde, eo, ideo, idcirco, prapterea, quapropter, proinde; jedoch finden sich dieselben nicht überall, so eo und ideo = „deshalb^ nicht bei Cic, Caes., Sali., idcireo nicht bei Cic, Caes., ebenso prapterea; proinde dient nur zur AnfQgung einer Aufforderung, erst mit Plin. mai., Plin. min.^ Tac, Curt. wird der Gebrauch freier; z. B. Plin. n. h. pr. § 20 proinde occupantibas locum faveo.

263. Wenn von den oben besprochenen beiordnenden Konjunktionen zwei oder mehrere zusammentreten, so kann man im allgemeinen dies nicht als Beweis einer besonders feinen und mustergiltigen Diktion ansehen. Die gesunde Sprache verfahrt haushälterisch mit ihren Mitteln; Abundanz im Ausdruck verrät entweder geringe Bildung oder wenig Geschmack. So finden sich denn auch abundante konjunktionale Verbindungen nur in der Vulgärsprache oder in der Zeit des Verfalls der Latinität. Beispiels- weise ist et quoque vor Livius nicht zu finden, et etiam ist bei der steigernden Bedeutung von etiam eher zulässig und wird daher auch bei Cic. (nicht bei Caes., Sali., aug. Dichtern) getroffen (anders freilich et etiam bei Apul.); etiam et ist häufig in der afrikanischen Latinität, nee non et schon bei Varro, dann bei Verg., Plin. mai., Quint., Suet., Florus, eccl. und den Juristen seit ülpian; nee non etiam ebenfalls bei Varro zuerst, dann später bei Verg., Suet., in der afrikanischen Latinität, et quoque etiam Plaut. Asin. 184, nee non quoque bei Petron, Plin. mai., Quint.; etiam quoque und quoque etiam schon bei Plaut, und Ter., Lucr., Varro (nicht Cic. Fam. 4, 8, 1 ; gegen Wölfflin, Cass. Felix p. 1427 vgl. Streicheb, Comm. philol. Jenens. III, 158, sowie die Ausgaben von Mendels- sohn und Mulleb), dann im afrikan. Latein; nee non etiam et im Spätlat. (vgl. über diese Häufungen besonders Eübleb, Arch. VIII, 181, Lease, Arch. X, 390, Wölffun, Arch. IV, 269, Lease, Prudent. 52, Heidbich, Stil des Varro 62); verum vero bei Cato Plaut, (vgl. jedoch § 246), sed autem bei Plaut., Ter., Verg., sed vero bei Plaut, und Cic. sind etwas anders M beurteilen, indem autem entweder »auch* oder »seinerseits, wieder* und vero = »gar noch*, Jn WahrheU"^ z. B. Cic. Verr. 5, 14, bedeutet; at

352 LateiniBohe Chrammatik. d. Syntax.

vero bei CSc. Verr. 5, 42 ist ähnlich zu beurteilen; ebenso et vero etiam Cic. off. 1, 147; ergo igitur lesen wir bei Plaut., dann erst wieder in dem afrikanischen Latein, bei Apul. nur in Met, femer bei Claudian, itaque ergo bei Ter., Liv. und spätlat. z. B. in der Peregrinatio; namque enim im afrikanischen Latein (bei Plaut. Trin. 61 namque enim ist enim affir- mativ, nicht begründend, vgl. § 256), quare ergo Plin. Pan. (jedoch Cic. Rose. Am. 112 ergo idoirco gehört nicht hieher, vgl. Landgraf z. St.); quare igitur Quint. decl.

263. Anders verhält es sich (zum Teil wenigstens) mit der Zusammen- stellung ungleichartiger Partikeln, z. B. sed enim, welches schon von Gato, schwerlich von Plautus und Cicero (Arch. 5, Cael. 69, Attic. 6, 1, 11 sind von Wes. geändert), sicher nicht von Caes., Sali., Liv., gerne aber von den aug. Dichtern und den Archaisten, z.B. Fronte, GeUius gebraucht wird; at enim findet sich von Plautus bis zu den Archaisten herab, et autem {atque autem) bei den Komikern, nicht in der klass. Sprache, aber in der silbernen Latinität und bei den Archaisten, neque autem bei Plaut., Li^cr., sogar bei Cic. Farn. 5, 12, 6, dann in der silb. Latinität, bei Gell.; verum enim bei Plaut., Tert., verum enim vero bei Plaut., Ter., Cic. (Erstlingsreden?), Sali., Liv.; et vero bei Plin. mai.; enim vero findet sich schon bei Plaut., dann klass. bei Cicero, nicht bei Caes. (b. G. 5, 7, 8 ge- ändert), bei Plin. mai., Tac. (aber ausser einer Stelle in der Germ, nur in den Annalen), namentlich bei Fronte und Apul., sowie bei den Juristen Papinian und ülpian, meist zur Beteuerung, bei Plin., Tac. auch adversativ.

264. Es erübrigt noch, die Verbindungen non solum sed etiam, non modo sed etiam mit ihren Variationen zu besprechen. Für Cicero ist nachgewiesen, dass er in den früheren Reden die Formeln non modo verum etiam, non modo verum und non solum ~ verum etiam gerne verwendet, während in den späteren Reden darin verum durch sed ersetzt wird; verum etiam wird überhaupt in den Erstlingsschriften Cic. sehr be- vorzugt, indessen es Varro, rhet. ad Her., Nepos, Caes., Liv., Sen. rhet., Sen. phil., Tac. sichtlich meiden; erst später bei Quint., Plin. epp. und Sueton und besonders bei Justinus, Augustin und vielen Spätlat. tritt verum etiam wieder in den Vordergrund. Non solum hatte seine besondere Ver- wendung in der Figur der gradatio, non tantum haben Caes. und Sali, nicht, Cic. selten und offenbar nur zur Abwechslung, aber Hirtius im b. Gall. Vin, Ovid, Liv., Curt. und ganz besonders die silberne Latinität, sowie die scr. h. Aug. und viele Spätlat. Tritt nach sed, wie manchmal bei Cic, Liv. und in der silbernen Latinität, qux>que ein, so wird damit nur ein Zusatz, nie eine Steigerung ausgedrückt. Das Fehlen von eüam nach sed ist Gegenstand eingehender Erörterung gewesen; diese Konstruk- tion findet sich bei Cic, bei Caes., bei Sali., sehr häufig bei Liv. und in der silbernen Latinität, bei Tac. (aber zumeist in den Annalen); richtig dürfte sein, dass sed ohne etiam da steht, wo das zweite Glied dem um- fange oder dem Grade nach stärker ist und das erste umfasst oder in sich schliesst, z. B. Cic. p. Plane. § 76 non modo lacrimulam, sed müUas lacrimas et fletum cum singuUu videre potuisti; im Spätlat., z. B. bei scr. h, Aug., findet sich jedoch dieser Unterschied nicht mehr.

m. Die Beiordnung. IV. Die Unterordnung. (§§ 263—265.) 353

Eine beachtenswerte Konstruktion, die Effekt machen musste und auch darauf berechnet war, ist non solum ohne folgendes 8ed\ sie gehört jedoch ausschliesslich Liv. und Tac. an, z. B. Tac. ann. 1, 77 non modo e plebe, etiam militibus et centurione. Unwillkürlich wird man an tantum abest, ut Hauptsatz (siehe unten unter ut) erinnert. Ebenso kann um- gekehrt der erste Teil unterdrückt oder doch nur angedeutet sein, während der zweite mit sed etiam oder öfter sed et eingeleitet wird. Dies gehört dem silbernen und späteren Latein an; z. B. Apul. met. 10, 6 curiam, sed et plebem maerens inftammaverat.

Sind beide Glieder negativ, so fehlt die zweite Negation im ersten Gliede, wenn das Prädikat am Schluss beiden Gliedern gemeinsam ist; im zweiten Gliede steht meistens ne quidem^ selten vix oder doppeltes neque. Steht aber gleichwohl non modo non in diesem Falle was höchst selten, aber doch auch bei Cic. vorkommt , so erklärt sich dies aus der Be- deutung von non modo «ich will nicht sagen, nicht etwa^. Bei Cicero hat man noch bemerkt, dass die Formel non modo non, verum ne quidem sich im ganzen nur viermal findet (dagegen oft mit sed).

Selbstverständlich bot eine so vielfacher Abwechselung fähige Kon- struktion günstige Gelegenheit zur Anwendung mannigfacher Sprachkünste, von welcher dann auch manieriert schreibende SchriftsteUer, wie z. B. die Autoren der silbernen Latinität, reichlich Gebrauch machen; vgl. die Schlusstabelle bei Steele S. 168 f.

Zu § 224 ff. *ygl.: Hakd, Tarsellinus; Ballas, Gramm. Plautina I mid U, Berlin 1884 (2. Aufl.); RiNGB, Zum Sprachgebrauch des Caesar, Göttingen 1880 (et, que, atque); Anton, Studien etc. p. 1*3 ff. et, p. 7 atque u. s. w.; Hebten, De particularum copulativarum apud vet. Rom. Script, usu, Marburg 1893; Elmbb, The copulative conjuuctions qiM, et, atque in the Inscriptions of the Republic, in Terence and in Cato, Baltimore 1887. || Zu § 241 : Jobdan, Krit. Beitr. p. 290 ff. (über ast); Sbyffebt, Scholae lat., Leipzig 1870 (an mehreren Orten). || Zu § 251: C.F.W.MüLLEB, Über den Gebrauch der Partikel sive, Berlin 1871. || Zu § 253: Dombabt, Bayr. Gymn. 1880 p. 40. || Zu § 256: Edklblutb, De coniunctionum usu Lucretiano, Mflnster 1895. || Zu § 257: Fbitsch, Nam, etenim, enim, Wetzlar 1859. || Zu § 262: Wölfflin, Über die Latinität des Afrikaners Cass. Felix, München 1880, p. 427. || Zu § 264: Wolf, De for- mularum non modo, non modo non sed etc. usu Ciceroniano, Ratibor 1856 ; R. B. Steele, The formula non modo sed etiam and its equivalents, Bloomington, Illinois, 1896.

IV. Die Unterordnung.

A. Unterordnung ohne Pronomina oder Konjunktionen.

265. Die Behandlung der Satzunterordnung wird in einer historischen Syntax nicht ohne guten Grund an letzter Stelle gebracht. Denn die Ent- wicklung des Satzbaus hat offenbar den Qang genommen, den uns folgende Reihen veranschaulichen:

1. Die Sonne scheint. Wir wollen spazieren gehen. 2. Die Sonne scheint; wir wollen spazieren gehen. 3. Die Sonne scheint, deshalb wollen wir spazieren gehen. 4. Weil die Sonne scheint, deshalb wollen wir spa- zieren gehen; und

1. Ich höre: du bist krank; 2. ich höre das: du bist krank; 3. ich höre, dass du krank bist; und 1. Er sagte den Soldaten: gehet weg; 2. er sagte den Soldaten, sie sollten weggehen; 3. er sagte den Soldaten, dass sie weggehen sollten.

HaodbQch der klaas. AltertomswlaBeDscli&ft. U, 2. S. Aufl. 23

354 Lateinlsohe Grammatik, d. Syntax.

Es ist eine durch die Natur der Sache gegebene und durch die Re- sultate der Sprachforschung bestätigte Thatsache, dass aus dem einfachen Satze durch Anfügung eben eines solchen sich zunächst die Beiordnung er- gab, und dass erst mit der fortschreitenden Entwicklung der Sprache sich aus der Beiordnung die Unterordnung herausbildete, indem die eine der Handlungen als die bedeutendere (Hauptsatz), die andere als die unbedeu- tendere (Nebensatz) empfunden wurde; als die bedeutendere erschien die- jenige, welche geeignet war, den Zusammenhang und die Verknüpfung mit neuen Gedanken zu vermitteln. Wenn nun auch in der vollendeten Periode der Sprache die Unterordnung überwiegt und Relativsätze, sowie Konjunk- tionalsätze zur schärferen logischen Präzisierung des Verhältnisses der öedankenkomplexe zu einander an Stelle koordinierter Sätze eintreten, so hat sich doch die ursprüngliche Beiordnung nicht ganz verdrängen lassen, und oft tritt sie uns entgegen, wo Unterordnung uns mehr am Platze schiene oder wo man, wie bei licet, die Beiordnung ganz verkannt hat. Selbstverständlich wird dies überall da der Fall sein, wo die naturwüchsige Sprache des Volkes zur Geltung kommt, femer bei den Dichtem, denen die streng logische Periodisierung weniger entspricht, als die schlichte Anknüpfung eines Gedankens an den andern (vgl. Horaz sat. 2, 7, 68 evasti: credo metuss doctusque cavebis = ut evaseris, credo te . . doctum esse cau-- furum), wo also die logische Beziehung der Phantasie des Lesers über- lassen bleibt, dann in der sinkenden Latinität bei den Schriftstellern, welche die ursprüngliche Einfachheit der Sprache affektieren, d. h*. bei den Archa- isten, und schliesslich bei den Eirchenschriftstellern, bei denen die Rück- sicht auf ihr Publikum eine kunstvolle Satzbildung ausschloss.

Die einfachste Art der Zusammensetzung zeigt sich in Sätzen wie bei Petron 129 crede mihi: non intellego, und Cicero ad Att. 2, 11, 1 narro tibi, plane relegatus mihi videor, SobaJd einmal die Sprache in den Modi das Mittel geschaffen hatte, das Wirkliche vom Gedachten oder Gewünschten zu unterscheiden, wurde die Anfügung schon mannigfaltiger; so lesen wir bei Naev. diu vivat volo ,er möge lange leben, ich wilFs*, bei Plaut, cedo bibam, mane sis videam in offenbarer finaler Beziehung, dann iube veniat in urbem u. a. So werden nun die mannigfachsten inneren Verhältnisse zweier Sätze zu einander durch einfache Zusammenstellung angedeutet; ich erwähne: Plaut, und Ter. absque me esset, facerem (Jobdan, Erit. Beitr. p. 313 f.) kondizional; Tac, bist. 4, 58^ in volkstümlicher Rede saneego dis^ pliceam: sunt alii legati konzessiv; Plin. ep. 1, 12, 8 dedisses huic animo par corpus: fedsset etc. kondizional (d.h. dedisses ist wünschend, aber »Wunsch und Bedingung sind Zwillinge, die Formen der Bedingung sind daher naturgemäss die des Wunsches*, Wegener p. 188); Varro 1. 1. 5, 166 lectus mortui fertur: dicebant feretrum nostri kausal; Prudentius A. 409 desine^ Christus adest kausal; CatuU 66, 18 non vera gemunt: ita me di iuverint^ wie bei Ter. in der Schwurformel, später oft mit tU eingeleitet, vgl. § 319; Varro r. r. 1, 2, 26 est satius dicas, ib. 1, 2, 16 und oft licet adicias, also ein sog. Inhaltssatz; Petron 61 oro te, sie me felicem videctö, narra, 75 rogo, sie peculium tuum fruniscaris, inspue etc. Aufforderung; CicCat. 1, 16 venisti paulo ante in senatum: quis te ex tanta frequentia salutavit temporal; Cic.

IV. Die Unterordnung. (§§ 265—266.) 355

Att. 2, 15, 8 nondum plane ingemueram: „salve'^, inquit Arrius, temporal; Plaut. Men. 572 morem habent hunc: cluentes sibi omnes volunt esse muUos, konsekutiv etc. Vgl. besonders Fbitzsche zu Hör. sat. 2, 6, 48.

Einen Schritt weiter geht die Unterordnung durch die Personen- und Tempus- (ev. auch Modus-) Verschiebung. So wird aus dem rogo venias in der Erzählung rogavi veniret; ebenso erklärt sich Tac. ann. 1, 35 feriret hortctbantur und alles in den §§ 267 fif. zu Besprechende.

Tritt zu hortabantur feriret ein ut, zu nondum plane ingemtieram: j.salve", inquit Arrius, ein quom, welche Wörtlein sofort die Unterordnung und die Art derselben anzeigen, so ist die Hypotaxis förmlich ausgebildet, und wir haben Haupt- und Nebensatz, d. h. eine Periode.

266. Einfache Parataxe finden wir zunächst bei den v. sentiendi und dicendi, wenn sie in der I.Person eines präsentischen Tempus oder in einer Aufforderungsform erscheinen; aber auch hier ist sie auf gewisse Verba wie credo, fateor, puto, opinor u. ä. beschränkt, die selbst nicht überall auftreten, wie z. B. spero und scio nicht bei Cic, opinar nicht bei Ter., moneo nur bei Plaut, so konstruiert wird. Allgemein üblich im Altlat. und überhaupt in der Volkssprache ist die Parataxe, wo sie schwerfallige Periodisierung vermeiden hilft, z. B. Ter. Hec. 756 gwod pol, si esset alia ex hoc quaestu, haud faceret, scio. Dann gehört hieher certum est bei Plaut., superest und prius est bei Tertull., z. B. adv. Marc. 4, 10 prius est iffüur neges, ad nat. 1, 19 superest conferamus; das auch bei Cic. und über- haupt in der klassischen Zeit sich findende cave, ferner fac bei Plaut., Ter., Gate, Cic. epp., facito bei Varro und besonders faxo mit folgendem Fut. oder (ganz vereinzelt) Konj. Praes. bei Plaut., Cato, weniger oft bei Ter., dann nicht mehr. Die V. des Wollens konstruieren sich so in allen Zeiten, z. B. Plaut. Pers. 245 nolo ames und Gell. 4, 1, 9 nolo labores, ebenso oportet und necesse est und wie erwähnt licet; opus est wohl nur in Plin. epp. ; selten operam do, z.B. Pomp, und Plane, in epp. an Cic, welche als echte Dokumente der Umgangssprache überhaupt sehr reich an einfachen Para- taxen sind. Dazu kommen die V. des Bittens, besonders in Cic. epp., bei Sali., au gust. Dichtem und noch spät bei eccl., wie z.B. Cyprian fast regel- mässig in seinen Briefen, z. B. ep. 8, 3 sed et vos petimus memores sitis, schreibt, vgl. dazu aus Tertullian de erat. 4 petimus ergo subministret, Orosius 1, 19, 9 orant in proeUum revertantur; dann die V. des Ratens, z. B. Cic. Fam. 7, 7, 1 essedum aliquod capias suadeo, auch bei Plaut., Nep., epp. an Cic. und bei Petron, der selbstverständlich viele Parataxen aufweist, schliess- lich sino, aber nur bei Plaut., Catull, august. Dichtern, Liv.

Der angefügte Satz kann auch negativ sein, z. B. Plaut. Poen. 909 ita dei faxint, ne apud lenonem hunc serviam; hier ist ne serv/aw Wunsch- satz ; die weitere Ausbildung dieser Satzform siehe § 268 und § 269.

Wir sehen somit die einfache Parataxe auf den Dialog, den Briefstil und die volkstümliche Rede beschränkt. In epischer Erzählung und histo- rischer Darstellung hat sie sich nur mittels der Personen- und Tempus- Verschiebung einführen können; die vollendete klassische Diktion bevorzugt die vollständige Durchführung der Hypotaxe mittels der Konjunktionen.

Anmerkang. Wie mit dem Vordrftngen der Konjmiktionen immer mehr das Gef&hl

23»

356 LateinUohe Grammatik, d. Syntax«

und VerstftndmB fftr die ursprüngliche Parataxe verblasste, ersehen wir aus der Geschichte von licet, welches allm&hlich zur förmlichen Konjunktion erstarrte und so wie quatnvis bei Dichtem und später bei Ammian auch mit Adj. und Part, sich verband, z. B. Amm. 21, 3, 3 milites licet nutnero impares, oder den Indikativ zu sich nahm, z. B. bei Ulpian, Apul., Macrob., Ammian und regelmässig in der Vulg., wo umgekehrt qiukfnquam immer den Kon- junktiv nach sich hat.

267. Die Übergangsform von der Parataxe zur Hypotaxe mittels Personen-, Modus- und Tempusverschiebung ist vorzugsweise nach den W. der Willensrichtung bemerkenswert (wobei wir den Begriff Willensrichtung ^ sehr weit fassen) und zwar mit positivem oder nega- tivem Nebensatze und dann in der sog. indirekten Frage. Wir betrachten zunächst die erstberührte Konstruktion.

Dieselbe kommt schon im Altlat. öfters vor neben der § 266 be- sprochenen, also sivi viverent neben sine te exorem („lass es zu, ich möchte dich erbitten", wo einfache ZusammensteUung, während bei sivi viverent dies nicht der Fall ist). Beispiele bieten besonders Plaut, und Cato, ferner Ennius, weniger Terenz; im Hauptsatz stehen Yerba, welche zumeist ein Postulat oder dessen Verwirklichung bezeichnen, wie curo, dico, impetrOj rogo u. ä.

In der klassischen Zeit und der spätem Latinität erweitert sich die Zahl der Yerba durch Analogiebildung; jedoch entfällt der Hauptanteil auf die Dichter, die poetisierenden und archaisierenden Prosaiker, so nament- lich Apulejus, welcher viel Singuläres wagt, auch TertuU. und Arnobius, während Cic. (zumal in den sorgfältig ausgearbeiteten Reden), sowie Gaes. nur wenig von Belang bieten. Bemerkenswert ist, dass iubere dessen einfache Parataxe aus Plaut, in § 265 zitiert ist im b. Alex, und Hisp., dann bei den august. Dichtern, bei Liv. und den folgenden Historikern bis zu den script. bist. Aug. herab so konstruiert erscheint, z. B. Tac. bist. 2, 46 bonum haberet anitnum iubebant, dass permittere seit Sali, namentlich im publizistischen Stile so auftritt, welcher, wie Sali. Gat. 29, 2 senatus de- crevit, darent operam consules zeigt, gerne stehende Formeln in Parataxe anfügt (z.B. Liv. 83, 45 faceret, quod e re publica censeret esse, permiserunt), und schliesslich dass von den V V. des Verlangens nie flagitare und poscere so konstruiert werden, während posiulare und petere sogar bei Gaesar sich finden.

268. Die mit ne eingeleiteten Nebensätze gehören auch hierher; denn bei ihnen findet entweder einfache Parataxe statt, z. B. Ter. Heaut. 783 ita tu istaec tua misceto, ne me admisceas („auf folgende Weise sollst du mischen: mische mich nicht hinein '') und Gaecina bei Gic. Fam. 6, 7, 6 ita corrigas librum, ne mihi noceat, oder mit Personen- und Tempusverschiebung, z. B. Gic. har. resp. 21 quod f rater consul ne fieret restiterat; schon frühe hat man jedoch die Negation ne zugleich als Konjunktion gefühlt, weshalb auch tU ne nicht recht aufkam oder wie bei Gicero seinen bestimmt aus- geprägten Gharakter erhielt. Vgl. über ut ne Seyffert-Müller zu Lael. S. 305 und Wölfflin, b. Afr. 9.

Solche Sätze mit ne reihen sich an Hauptsätze an, deren Verbum ein Machen und Bewirken bedeutet, und zwar in der ganzen römischen Litteratur; femer stehen sie nach W. des Erreichens, aber mit ganz

IV. Die Unterordnimg. (§§ 267—268.) 357

vereinzelten Ausnahmen in der vorklassischen und klassischen Zeit haupt^ sächlich erst seit Livius, z. B. Suet. Jul. 23 ohtinuit, reus ne fieret; dann nach den sog. YY. impediendi, ganz vereinzelt im Altlat.. z. B. Plaut. Trin. 87 und Ter. Eun. 809, häufiger erst seit Cicero, z. B. ad Att. 11, 13, 5 plura ne scribam, dolore impedior^ nicht bei Caesar, selten bei Sallust, öfter bei Livius und in der silbernen Latinität; dann nach iubeo (vgl. auch § 267) bei Hirtius b. Qall. 8, 52 und den script. bist. Aug., nach impero sogar bei Caesar (aber sonst nur noch bei Ter.); ferner nach den YY. des Yer- bietens vorklassisch, klassisch und nachklassisch, jedoch selten, sogar nach veh bei Horaz; schliesslich nach den YY. cavendi allenthalben, während mit der Konstruktion von ne nach temperare Plaut, keine Nach- ahmung gefunden, sondern nur eine Analogie bei Livius (3, 11 consules se abstinebant ne offerrent) hervorgerufen hat. Daran mag sich das im Altlat. und nachklassisch selten, bei Cicero um so häufiger gebrauchte i>id€o ne anreihen; vgl. jedoch auch § 272, 2.

Die Konstruktion der YY. timendi ist hier auch zu besprechen. Mäuo ne veniat = „ich furchte, dass er kommt ** ist eigentlich „er soll nicht kommen, ich bin in Angst davor''; aus diesem metuo ne veniat entstand für den verneinenden Fall metuo ne non veniat in einfacher Ausbildung der Konstruktion. Statt ne non steht ut, aber nur nach metuo, timeo, vereor, paveo, und dies nach paveo nur bei Komikern, nach metuo und timeo schon bei Lucil. 529 B. metuo ut ßen possit, bei Hör. sat. 2, 1, 60, auch bei Cic. und Caes. (ganz selten, z. B. Cic. Plane. 96), nach v&reor nur bei Pac, Ter., Cic; ne non ist ganz selten bei Komikern, häufig bei Cic. und seinen Nachahmern, wie noch Lact. I, 399; 11, 85 vereor ne . . non schreibt, findet sich auch bei Sen. phil., der tU nach v. timendi nicht kennt. Aus dieser Entstehung der Konstruktion der YY. timendi erklärt sich auch, dass auf sie, selbst bei unzweifelhafter Beziehung auf die Zukunft, gleichwohl Konj. Praes. oder Imperf. folgt; Ausnahmen sind selten, z. B. Varro 1. 1. 165 M. vereor ne plures sint futuri; Cic. Yerr. 5, 163, Parad. 2, 18; Matius bei Cic. Fam. 11, 28, 8 und im Spätlat. Sulp. Sev. M. praef. 2 sed vereor ne tu ei ianua sis futurus (vgl. auch Prop. 2, 29, 28 neu sibi neve mihi quae nocitura forent). Auch die kausativen YY., welche hieher ge- hören, nämlich „in Furcht setzen" und „abschrecken*, werden mit ne kon- struiert, aber höchst selten, doch auch bei Cic, z. B. Att. 2, 17, 2 solebat enim me pungere, ne Sampsicerami merita in patriam maiora viderentur quam nostra; vgl. noch Hör. od. 1, 2, 4 terruit urbem, grave ne rediret saeculum PyrrhaCj ebenso Phrasen wie periculum est, z. B. Sen. tranq. an. 17, 2 nee virtuii periculum est, ne admota oculis revilescat; manchmal ist ein Begriff der Furcht zu ergänzen, z. B. Properz 2, 7, 3 flemus, ni (= ne, vgl. Roth- stein z. St.) nos divideret wir weinten aus Angst, dass . .

Im übrigen finden wir mit ne eingeleitete Sätze an alle Sätze an- gefügt, die eine Handlung ausdrücken, welche in einer zu nennenden Ab- sicht ausgeführt wird, so namentlich nach YY. der Bewegung u. ä. Dies geht durch die ganze Latinität hindurch.

Anmerkang. Eine aufflQlige Erscheinimg finden wir bei dem Dichter Ovid, welcher nach einem negativen Hauptsatz zu ne noch non hinzofQgte, ähnlich wie im Griechischen

358 Lateinisohe Orammaük. d. Syntax.

fjiij ov gebraucht wird, z. B. Ovid Pont 1, 1, 66 ne non peccarim mors quoque nan faciet; ähnlich ist bei Properz 2, 19, 32 tibsenti nemo ne nocuisse velü und Tibnll 4, 7, 8 ne legai id nemo; vgl. Stilistik, Negationen.

269. Schliesst sich ein zweiter Satz mit ne an einen ersten mit oder ohne ne eingeleiteten Aufforderungssatz an, so wird statt des seltenen et ne oder des erst im silbernen Latein aufkommenden ac ne gewöhnlich nevß gebraucht und zwar in allen Zeitaltem der Sprache. Ein korrespon- dierendes neve findet sich selten, bei Cicero nur was dann eigentlich nicht mehr hieher gehört nach einleitendem ut, aber bei Caesar, ein- mal bei Liv. 30, 37, 4 bellum neve in Africa neve extra Africam gererent und Hör. ars poet. 189. Selten ist die Anknüpfung mit nee statt mit neve ; bei Cicero wird nee nach ne nie angetroffen (vgl. C. F. W. Müller zu Cic. off. 1, 91), auch nicht bei Caesar und Sali., aber bei Nepos, bei Vitruv und Sen. phil., welche neve gar nicht kennen, bei Liv., Flor., nach Liv. vereinzelt, häufig bei Dichtem, so schon bei Plaut., bei Verg., Hör., Ovid u. a. Da aut, et, que, atque, wie oben § 247 gezeigt ist, geeignet sind, eine Negation weiterzuführen, so findet sich nach ne auch bei Cicero während Caesar neve entschieden bevorzugt manchmal eine der ge- nannten Partikeln statt neve.

370. Wenn eine Frage zu einer Aussage in Beziehung gesetzt werden soll, so geschah dies ursprünglich durch einfache unveränderte Zusammenstellung beider nach der § 265 besprochenen Weise, also quid faeiam? nescio; quid facerem? quaero; die: quis emit? oder quaesivit: cur afuisti? Der Konjunktiv der sog. dubitativen oder deliberativen Frage hat jedoch sein Gebiet allmählich auf alle indirekten Fragen ausgedehnt und so sagte man nunmehr nicht nur die, quid faciam, sondern auch die, quis emerit; ferner fand eine Tempus- und Personenverschiebung statt, also quaesivit, cur afuissem (über afuissem nach quaesivit vgl. S. 366 scripsi, quid audivissem) ; dazu kam in einzelnen Fällen noch die Scheidung im Gebrauche des Frageworts, indem wie im Griechischen manche Fragewörter sich vorzugsweise der direkten Frage eignen; vgl. Brugmann § 644.

Anmerkung. Eine andere Art von Verbindung ist die vollstfindige Verschmelzung beider Sfttze zu einem Gedankenkomplex, wobei der Fragesatz als der wichtigere erschien und den Hauptsatz zu einer Art pronominaler oder adverbiider Bestimmung herabdrückte. Dies ist vorzugsweise der Volkssprache eigen, findet sich aber auch vereinzelt bei Cic, namentlich in den Briefen, bei Sali., Liv., Plin. mai., Tac. und ihren Nachahmern; hieher gehört nescio quis, nescio quo pacto, dann aber sane qtcam, per quam, admodum quam, oppido quam, mirum quantum, nimium quantum und analog gebildete Wendungen, z. B. Sali. H. 2, 79 D. immane quantum, Justin, incredibile quantum gloriae dedit,

271. Im Altlateinischen hat sich der Indikativ in der indirekten Frage noch vielfach erhalten, d. h. die Stellung des Fragesatzes zum Hauptsatze ist eine ziemlich selbständige, namentlich in den eigentlichen Fragen, welche eine Antwort verlangen, dann auch in den Fragen, welche einen Aflfekt zum Ausdruck bringen, z. B. viden ut adstat furcifer? (Plaut. Most. 1172), oder welche mehr den Charakter eines Ausrufs tragen, z.B. specta quam arte dormiunt (Plaut. Most. 829). Wenn auch manchmal hier ein Konjunktiv erscheint, so haben wir in demselben einen eigentlichen Konjunktiv (so namentlich dubitativer und potentialer Natur), der auch im selbständigen Satze stehen müsste, z. B. quid faeiam impera (direkt: quid faeiam, was soll ich thun?); vgl. § 270. Selbstverständlich fet der

IV. Die Unterordnung. (§§ 269—272.) 859

Konjunktiv, wo der Inhalt des Gefragten noch zweifelhaft und ungewiss ist, renuntiet mihi velüne an non, oder wo bloss über eine Frage gesprochen wird, z. B. Cato r. r. 1 praedium quod primum siet^ si me rogabis, sie dicam^ oder wo der Fragesatz infolge einer Prolepsis seines Subjekts welche oft bei den Komikern vorkommt die wesentliche und notwendige Er- gänzung des Hauptsatzes bildet, z. B. Plaut. Pers. 635 patriam te rogo quae sU, oder wo ein Modusausgleich eintritt, z. B. Plaut. Bud. 638 ut mihi istttc dicas negoti quid sit.

In der klassischen Sprache darf der Konjunktiv in der indirekten Frage als Regel erkannt werden, und hier ist er oft lediglich subjunktiver Modus. Dagegen kann man doch im Zweifel sein, ob man nicht seit Lahbin's Vorgänge zu strenge verfahren ist, wenn man alle Indikative verbannte. Mir scheint es sicher, dass bei rhet. ad Her., bei Yarro, bei Cic. in den Erstlingsschriften und in den epp. ad Att., in den Briefen an Cic, überhaupt in all den Schriften auch der klassischen Zeit, welche der Volkssprache nahe stehen, der Indikativ der Überlieferung vielfach zu halten ist, so Cic. Att. 13, 18 vides, propinquitas quid habet; Lahbin hat am Rande v. c. quid habet, im Texte aber habeat, was Baiteb trotz Med. aufgenommen, ebenso C. F. W. Mülleb.

Die Historiker, wie Caes., Nepos, Sali., Liv., Tac, gebrauchen durch- aus den Konjunktiv, nicht so die Dichter, wie Gatull, Vergil, Ovid und besonders Properz; der letztere scheut sich nicht, den Indikativ und den Konjunktiv nebeneinander zu stellen, z. B. 2, 16, 29 aspice quid Eriphyla in- venif et quantis malis Creusa arserit; vgl. noch Magnus, Philol. Woch. 1894 Sp. 1452. Vielleicht ist Terenz Andr. 649 hierin mit dem Beispiel voran- gegangen; Thatsache ist, dass nach Properz immer mehr sich Indikativ und Konjunktiv nebeneinander finden, und bei Val. Flacc. 1, 278 ut steterit et fugerity ut intulü, ut sedit ist dieser Gebrauch nicht mehr auffallend; vgl. Sudhaus zum Aetna S. 90. Die Archaisten sowie die plebejische Diktion des Petron, auch Vitruv haben oft den Indikativ, Plin. mai. und die lat. Übersetzung des Buches Sirach auch den Ind. Fut., welcher ja dem Goni. Praes. nahe verwandt ist, vgl. § 202 und 216. Im Spätlat. kommt der Indikativ mit dem Überwuchern der Volkssprache allgemein auf; so sagt z. B. der Grammatiker Diomedes nesäo quid facis mit der Bemerkung erudiHus enim dicetur „nesdo quid fadas". Die spätlat. SchriftsteUer weisen fast nur den Indikativ auf, z. B. bist. Apoll., eccl., gramm. u. s. w.; mit Recht bezeichnet es Lease, Prudent. S. 34, als ein Zeichen guter Latinität, dass Prudent. nur einmal in indirekter Frage den Indikativ hat.

272. Bezüglich der die einfache indirekte Frage einleitenden Frage- wörter mag folgendes genügen:

1. Ergänzungsfragen:

Quis und qui werden im Altlat., überhaupt in der Volkssprache, nicht geschieden, weshalb auch bei Sali. Cat. 44, 5 qui sim und Nep. Them. 8, 6 qui Sit zu lesen ist. Qui kommt öfters im Altlat. vor, z. B. Acc. (RiBB. tr. 103) nee qui te adiutem inveniOy auch bei Plaut., Terenz, doch nicht allein modal, auch instrumental, selten in der klassischen Sprache, öfter bei Liv., hier namentlich in Fragen mit negativem Sinne und fast

360 Lateinisohe Qrammatik. d. Syntax.

ausschliesslich in Reden. Quicumqt^ kenne ich als Fragepronomen nur aus Properz, z. B. 1, 10, 19 Cynthia me docuit^ quaecumque petenda forent. Quor ist selten im Altlat., dagegen cur in der klassischen Sprache häufig, dann bei Dichtern (nicht bei CatuU und Tibull, aber bei Properz) und in der nachklassischen Prosa; schon bei Cicero, vgl. Att. 3, 13, 2 quod me saepe accmas, cur hunc meum ccLSum tarn graviter feram, Verr. 3, 16, ent- wickelte sich daraus die in der späteren Latinität, z. B. bei script. bist. Aug., Hieronym., Ambros., Sulp. Sev., Apoll. Sidon., Lucifer u. a. nicht sel- tene Bedeutung »weil*, z. B. Sulp. Sev. D. 2, 5, 8 frendens cur fuisset ad- missfAS; ebenso verhält es sich mit qua re, das jedoch im Altlat., z.B. bei Plautus, noch nicht vorkommt und erst mit Cicero öfter indirekt auftritt. Beide, cur und qua re, stehen in älterer Zeit vorzugsweise bei arguere, indignari u. ä., welche wohl anfangs prägnant genommen wurden, z. B. tn- dignari = unwillig fragen; erst allmählich erweiterte sich der Gebrauch (Rebling, Neue Jahrb. 121 p. 367, Sittl bei Bursian 1877/83 p. 349), so dass sie = qtwd werden konnten. So findet sich qua re in kausalen Sätzen besonders im gallischen Latein; vgl. auch Bücheleb zur Anthol. 186. Über ut siehe unten § 317 ff.

2. Bestätigungsfragen.

Das angehängte ne ist in der indirekten Frage allenthalben üblich und im klassischen Latein ganz besonders beliebt. Davon zu unterscheiden ist das an die Spitze des Satzes tretende ne. Dieses treffen wir oft in indirekten Fragen, besonders nach W. der Überlegung; nach meiner An- sicht ist dabei ursprüngliche Parataxe anzunehmen, z. B. Cic. Fam. 15, 14, 4 considera, ne in alienissimum tempus cadat adventus tuus: „dass nur nicht deine Ankunft in eine sehr ungelegene Zeit fällt: darauf gib acht"; all- mählich aber bekam ne die Bedeutung eines Fragewortes und behielt sie durch die ganze Latinität, wenn auch der Gebrauch kein besonders häu- figer ist. Anderer Art ist das im Spätlat. vorkommende na, z.B. Amob. 10, 15 unde tibi est sdre, ne . . sie tollat: dies entspricht dem in direkter Frage üblich gewordenen ne des Spätlateins, welches = num ist, vgl. § 194. En gebrauchte Livius auch in indirekter Frage, vgl. oben § 195, z. B. 24, 14, 3 quasrentium, en unquam liheri militaturi essent (Donat: en habet vim indignationis). Num fehlt bei CatuU, Tibull, Vitruv, Plin. mai., steht einmal bei Properz und wird nach der klassischen Zeit überhaupt seltener und fast durchweg durch an ersetzt, welches sich vorklassisch und klassisch, abgesehen von einigen stereotyp gewordenen Verbindungen mit sci^ und dubito, in einfacher indirekter Frage gar nicht findet. Der Ersatz von num durch an zeigt sich in den ersten Spuren beim rhet. ad Her., beginnt aber erst in der augusteischen Zeit häufiger zu werden; bei Celsus 63 D. sehen wir beide nebeneinander: experiri, num tempora astringantur et an sudor aliquis oriatur. Vereinzelt hat sich num bis spät herab erhalten, z. B. Orosius 1, 19, 9 num in uteros matrum vellent refugere; häufig ist es in Verbindung mit quid; numquid ist vollständig = num z. B. 46mal von Arnobius gebraucht. An nach dubito und dubium ist, wie es scheint, erst in der klassischen Zeit aufgekommen und findet sich auch da selten, z. B. nicht bei Caesar, selten bei Cicero. Bei Cicero ist nesdo an und haud scio

lY* Die ünterordiinng. (§§ 272—278.) 361

an viel häufiger, und haud scio an scheint die ursprüngliche Verbindung gewesen zu sein, welche dann das halb negative dubito durch Analogie nach sich zog; vgl. Plaut. Epid. 543 hauscio an congrediar; Ter. Andr. 525 haud scio an quae dixit sint vera omnia. Aus letzterem Satze ersieht man, dass an die in § 197 entwickelte Bedeutung auch hier hat: an vera sint, quae dixit, omnia? haud scio! So? alles soll wahr sein, was er gesagt hat? das weiss ich nicht. Vgl. noch Cic. Tüll. 13 an dolo nialo factum Sit ambigitur, wo ambigitur noch die ursprüngliche Nachstellung einnimmt und wie dubito der Analogie von nescio folgt. Nach dubito an, nescio an folgen in klassischer Zeit nur die negierten Pronomina und Ad- verbia (also haud scio an nihil), während mit Beginn der silbernen Lati- nität auch die entsprechenden positiven Formen stehen können, so bei Val. Max., Sen., Quint., Plin. epp., z. B. nescio an ars ulla. Nonne in indirekter Frage gehört ausschliesslich Cicero an, und auch er hat es nur nach qiAaero, Anne in einfacher indirekter Frage ist selten; es steht dreimal bei Plin. n. h., z. B. 2, 95 ad dubitationem est adductus, anne hoc saepius fieret Neben an macht sich in späterer Latinität noch ein anderer Ersatz für num geltend, nämlich si. Dies findet sich schon bei den Komikern, dann bei Properz, z. B. 2, 3, 5 quaerebam sicca si posset piscis arena vivere, bei Horaz, ausschliesslich bei Vitruv, der ne, nwn etc. gar nicht kennt, bei Livius, und zwar, nach Analogie der Verba des Ver- suchens, Erwartens, bürgerte sich aber namentlich durch den Einfluss der Vulg. ein, überlebte alle anderen indirekten Fragewörter und ging dann auch allein in die romanischen Sprachen über; vgl. Konstantinroman p. 22, 21 st mortuus sit aut vivat deus seit und bist. Apoll. 49, 3 nescio si tu possis virgo manere, Sulp. Sev. D. 2, 11, 3 die mihi, si unquam in belle fuisti. Übrigens bemerke man, dass auch das Umbrische sve = si in in- direkter Frage gebraucht, Planta II, 476, vgl. noch den ähnlichen Ge- brauch von el im Griechischen.

273. Die in § 196 besprochenen Sätze werden durch Anfügung an einen Fragehauptsatz indirekt, also aus maneam an abeam wird nescio oder incertumst, maneam an abeam. Diese Form, worin an selten, doch auch bei Cic, durch anne ersetzt wird, geht von Plaut, an durch die ganze Latinität; vgl. noch Apul. apol. 16 libenter te, albus an ater esses, ignoravi. „Oder nicht* heisst in diesem Falle an non (bei Cic. fast nur in Erstlingsschriften, nicht bei Gaes., Sali., selten bei Liv.), necne bei Ter., Cic, Hör., Quint., Suet. Das zweite Glied mit ne statt mit an eingeleitet findet sich schon bei Ennius ann. 80 L.Mülleb certabant urbmn Romam Remoramne vocarent; es scheint dies in kurzen Gegenüberstellungen beliebt gewesen zu sein, wie der aus Apul. zitierte Satz in seiner Fassung bei Cic. Phil. 2, 41 albus aterne fuerit ignoras beweist, wird aber nicht besonders häufig angetroffen, selten bei Liv., Hör., Nep., Vell., Sen. phil., Plin. mai., gar nicht bei Caes., Sali.

Der eben zitierte Satz albus aterne fuerit lautet bei CatuU 93 nee scire studeo, Caesar ^ utrum sis albus an ater homo: es ist dies die üb- lichste Form der indirekten Doppelfrage; dieselbe gehört der ganzen Latinität mit einzelnen Ausnahmen, z. B. Tibull, Properz, an. Selten wird an durch anne ersetzt; an non kommt nicht in der vorklassischen Zeit

362 lAteiniiche Granunatik« d. Syntax.

und wohl nur mit eigenem Yerbum, ev. Wiederholung des im ersten Glied stehenden (ausser bei den grobkörnigen Skribenten Varro und rhet. ad Her.) vor, also tdrum feceris an non improbaris, oder Catull 17, 22 utrum Sit an non sit, ipse nescit; sonst steht necne, aber in dieser Verbindung auch erst seit Cicero. Was oben § 196 für utt^m in direkter Frage bemerkt worden, gilt auch für die indirekte, vgl. noch Oros. 6, 17, 2 diu deliberatum est, utrum Capitolium cum auctoribus caedis oporteat incendi.

Eine interessante Erscheinung ist utrum ne an bei zwei Gliedern, z. B. Plaut. Pseud. 709 die utrum Spemne an Salutem te saliäem? Eigent- lich utrum fadam Spemne, vgl. Cic. div. 2, 129 venu in contentionem, utrum Sit pfobabiliuSf deosne concursare . . an natura fieri. Bald fühlte man in utrum nicht mehr das Pronomen, und so dient das vorausgeschickte utrum dazu, den Satz als eine Doppelfrage zu charakterisieren, die dann erst mittels ne an in ihren beiden Gliedern eingeführt wird; so z. B. Cic. nat. deor. 2, 87 videamus, utrum ea fartuitane sint an eo statu. Allein schon Sisennafr. 128 P. utrumne divi cultu erga se mortcUium laetiscant an humana ueglegant beachtete nicht mehr diese Entwicklung der Bedeutung von utrum und fügte ne an utrum an, wie auch später Catull und Horaz, die silberne Latinität, Tac. im Dialogus und vereinzelt Spätere, z. B. Martial 7, 7, 9 ut ipsa magni turba nesdat drei, utrumne currat Passerinus an Tigris^ öfters Lact. Vgl. noch oben § 196.

Die bei Sallust üblichste Form der indirekten Doppelfrage, z. B. Cat. 1, 5 vine corporis an virtute procederet, findet sich allenthalben, schon bei Ennius ann. 199 L. M., Naev. Lyc. XIV M.; mit negiertem an treffen wir es bei Gellius 16, 2, 5 respondeas desierisne facere aäuUerium an non, dann bei Lact. I 369, 24, während necne so bei Plaut, und selbst bei Cic. ge- lesen wird, z.B. Att. 15, 20, 5 sitne expUcata necne tecum cognoscam. Die Form . .ne an an hat Cic. Phil. II, 99.

Die mit doppeltem ne gebildete Frage ist der Poesie eigen zuerst bei Terenz, dann bei Tibull, Verg., Hör., Ovid, Juvenal; in Prosa hat man ne - ne bei Caesar aufgegeben, wo jetzt b. G. 7, 14, 8 ipsosne interficiant an impedimentis exuant gelesen wird; nur Spätlat. bei Dictys Cret 3, 23 steht sicher barbarine Graecine.

Wiederholtes an an in disjunktiver Bedeutung ist ebenfalls dich- terisch, so bei Tib., Verg., Ovid, Juv.; allein die silberne und späte Latinität nahm die Konstruktion gerne an; vgl. Ovid. met. 10, 254 saepe maniis operi temptantes admovet an stt corpus an illud ebur, Celsus 75 videndum etiam est, morbus an increscat an consistat an minuatur, vgl. noch Plin. n. h. 35, 59, Justin 24, 7, 1. Ja, im Spätlat. wurde sogar an an necne gebraucht, vgl. Tert. adv. Jud. 6 quaerendum an tarn venerU an necne. Da jedoch, wie § 272 bemerkt, die nachklassischen Schriftsteller oft in einfacher indirekter Frage an brauchen, und dies an dann zur Fort- setzung der Frage wiederholt wird, so hat man in der Festsetzung des disjunktiven Gebrauchs von an -> an bei nachklassischen Schriftstellern vorsichtig zu verfahren. So haben wir anaphorisches an schon beim rhet. ad Her., vgl. Marx S. 177, nachklass. z. B. bei. Tac. ann. 14, 13 an obsequium setiatus, an studia plebis reperiret anxius.

lY. Die ünterordnang. (§§ 273—274.) 363

Vulgär ist si necne und si seu bei Vitruv, z. B. 53, 12 si sit optima seu vitiosa staüm nemo potest iudicare; vgl. Celsus 213 D. disd potest id quoque si iam necne eo fistula penetraverit

Anmerkung. Wo ein Komparativ oder ein komparativischer Begriff, z. B. tnaUe, im Frageeatz steht, kann ebensogut quam wie an das zweite Glied einleiten, z. B. Gic. Fam. 4, 1, 4 Bomaene an Mytüenis malles vivere und ib. nenne mavis sine periculo tnae domi esse quam cum periculo alienae. Dies finden wir noch im Spfttlai, z. B. Sulp. Sev. 139, 17 H. fieseio an paene plus fuerit vixisse in profunde an supra maris profunda transisse.

Zu § 265—273: Gl. Lindskoo, Quaestiones de paratazi et hypotazi apud priscos Latinos, Lund 1896; Wbissbnbobn, Parataxis Plautina, Burghausen 1884; Wbninoeb, De paratazis in Terenti fabulis vestigüs, Erlangen 1888; Becker, Beiordnende und unterord- nende Satzverbindung bei den alti'ömischen Bühnendichtem, Metz 1888; Becker, De syn- taxi interrogationum obliquarum apud prisc. scr. lat. usu, Strassburg 1873; Gutschb, De inter- rogationibus obliquis apud Giceronem, Halle 1885; Olbricht, De interrogationibus disiunc- tivis et an particulae usu apud Tacitum, Halle 1883; vgl. Wolff und Grabenstbin oben zu § 189-198.

B. Unterordnung mittels relativer Pronomina und Konjunktionen.

274. Wir wenden uns nun zu dem Qrade der Unterordnung, wo die Sprache sich nicht mit schlichter Zusammenstellung von Haupt* und Neben- satz, höchstens unterstützt durch Personen-, Modus- und Tempusverschiebung begnügt, sondern wo ein Pronomen oder eine Konjunktion die Vermittlung übernimmt. Zu dieser Funktion sind geeignet die Relativpronomina und die aus erstarrten Kasusformen des Relativs oder sonstwie entstandenen Konjunktionen, z. B. aus Verschmelzung von Partikel und Konjunktion wie simul atque, wofür man auch simul allein sagte, femer aus erstarrten Verbalformen, z. B. licet, dann vis und übet in Verbindung mit qtiam. Wir unterscheiden daher

1. Relativsätze,

2. Konjunktionalsätze.

Die letzteren sind aus den ersteren hervorgegangen, und es ist der Relativsatz als der ältere zu betrachten; aber allmählich hat die Verbin- dung durch Konjunktionen als die bequemere und deutlichere bei weitem die durch das Relativ bewirkte überholt. Ferner haben die Konjunktionen bei ursprünglich weiter Gebrauchssphäre ihr Gebiet immer mehr eingeengt und präzisiert.

Eine Hauptfrage ist hier die nach Modus und Tempus des unter- geordneten Satzes. Bei der Erklärung des Modus der untergeordneten Sätze haben wir zumeist von der ursprünglichen Parataxe auszugehen. Aus Bei- spielen wie diu vivat volo; mane videam; omnia possideat, non possidet aera Minos; dedisses huic animo par corpm: fedsset; ita di faxint: ne apud hunc serviam; ut dem mea bona sciens? non faciam ersehen wir, dass der Konjunktiv nach ut finale und consecutivum, nach nc, in Konzessiv- sätzen, in irrealen und potentialen Bedingungssätzen der des unabhängigen Satzes ist. In Folgesätzen steht bei parataktischer Fügung auch der In- dikativ, z. B. Plaut. Asin. 390 ita haec moratast ianua: extemplo ianitorem clamat; aber der Konjunktiv hat in dem vollständig untergeordneten Folge- satz so die Herrschaft bekommen, dass sogar die thatsächliche Folge im Konjunktiv erscheint; offenbar hat hier der konsequente Konjunktiv nach ut in den ursprünglichen Typen und vielleicht auch der Gebrauch nach

364 LateiniBohe Grammatik, d. Syntax.

ut finale einen ebenso ständigen Konjunktiv nach ut consecutivum nach sich gezogen.

In allen anderen Sätzen stand in der Parataxe regelmässig der In- dikativ, so namentlich in Temporalsätzen, in Kausal- und in vielen Be- dingungssätzen; dieser Indikativ ging auch in die Hypotaxe über. Doch verband sich manchmal mit der äusseren Unterordnung eine innerliche Abhängigkeit, wie wir z. B. in Kausalsätzen sehen: Themistocles noctu am- bulabat, qtwd somnum capere non poterat rein äusserliche Zusammenstel- lung: somnum capere non poterat ambulahat; aber sagt man quod non posset^ so wird der Grund als eine Meinung des handelnden Subjekts, also sub- jektiv dargestellt. Dieser Konjunktiv es ist dies der Fictivus Lattmanns, vgl. § 204 gewann sehr an Boden, man verband schliesslich mit ihm den Begriff der Unterordnung und so wurde der Konjunktiv gewisser- massen der Modus der Abhängigkeit. Naturgemäss findet sich dieser Konjunktiv im Altlatein nicht sehr entwickelt; hier überwiegt der Indikativ, wie dies bereits bei den indirekten Fragen festgestellt worden ist. Mit der Entwicklung der Sprache und dem Hervortreten der Reflexion aber erobert er sich immer mehr Gebiet mit Zurückdrängung des einfach und objektiv referierenden Indikativs : dass hier eine fast konsequente Weiter- bildung zu erkennen ist, lässt sich nicht bestreiten. Überall freiUch lässt sich diese Entwicklung nicht feststellen, so nicht bei dem sog. cum histori- cum. Wenn sich hier im Altlat. cum mit Goni. Imperf. oder Plusq. selten findet, so ist die Stilgattung daran schuld. Den Konjunktiv nach cum hist. befriedigend zu erklären, ist bis jetzt nicht gelungen. Mir scheint überall da, wo cum mit dem Konjunktiv verbunden wird, kein rein temporales Verhältnis vorzuliegen; der Erzählende lässt unwillkürlich irgend eine Reflexion mit einfliessen über den inneren Zusammenhang der Handlungen von Haupt- und Nebensatz und damit ist der Konjunktiv von selbst ge- geben. Nachdem er sich ei&gelebt hatte, herrschte er in dem eroberten Gebiete der Erzählung; vgl. noch § 308.

Wie nun die klassische Sprache den unterordnenden Konjunktiv sehr ausgiebig verwendet, so dass sogar Nebensätze durch blosse Angleichung an einen konjunkt. Satz selbst in den Konjunktiv treten, so macht sich in der nachklassischen Zeit ein Wiedervordringen des ursprünglichen Indi- kativs vielfach geltend, und allmählich sehen wir wie früher neben ein- ander den Indikativ und Konjunktiv. Umgekehrt aber lässt sich, und dies unter offenbarem Einflüsse des griechischen iterativen Optativs, ein Ein- dringen des Konjunktivs in Satzgefüge erkennen, in denen früher der Indikativ herrschte, so z. B. in die iterativen Satzgefüge, wo noch bei Caesar und Cicero der Indikativ überwiegt, aber bei Liv. und den Spätem der Konjunktiv ganz gewöhnlich wird. Es gelang dem Konjunctiv je- doch nicht, den Indikativ ganz zu verdrängen, und so sehen wir auch hier bis in die späteste Zeit herab vielfach beide Modi in fast gleichmässigem Gebrauch, ja manchmal mit einander wechselnd. In den Nebensätzen der erat, obliq. steht in klassischer Sprache regelmässig der Konjunktiv; eine Ausnahme findet da statt, wo der Nebensatz gar nicht Teil der indirekten Rede ist oder wo angedeutet werden soll, dass das im Nebensatz Gesagte

IV. Die Unterordnung. 274.) 365

nicht blosa nach der Ansicht des Redenden sich so verhalte, z. B. Gic. off. 1, 90 monent, ut, quanto superiores sumus, tanto nos geramus summissit^. Da- gegen bemerken wir im AlÜat., wo der Konjunktiv als unterordnender Modus noch nicht vollständig zum Durchbruch gelangt ist, ferner seit Sali., Liv. und Tac, offenbar unter dem Einflüsse der Griechen und der Volks- sprache, welcher jede Reflexion und damit auch die Setzung des durch dieselbe bedingten Konjunktivs der fremden Meinung fernliegt, den Indi- kativ in konjunktionalen Nebensätzen; dies wird im Spätlat. noch ver- breiteter, z. B. bei Justin, Lact, und besonders bei Ammian. In Relativ- sätzen hat der wünschende und potentiale Konjunktiv auch Eingang ge- funden, und zwar schon sehr frühe; ähnliches zeigen auch die verwandten italischen Dialekte und das Qriechische, wo sogar der Imperativ in den Relativsatz eingedrungen ist (vgl. Anthol. 249, 19 accipe posteritas, quod per tua saecula narres, wo narres = narra). Natürlich konnte ein Relativ- satz auch den Konjunktiv als Modus der Abhängigkeit erhalten; dies ist überall der Fall, wo eine enge innerliche Beziehung zum Hauptsatze aus- gedrückt werden soll, in klassischer Sprache auch da, wo ein Relativ- satz an einen Irrealis oder Potentialis sich anschliesst (durch attractio modorum, vgl. auch Brugmann, Gr. Gramm. § 561).

Das Tempus des Nebensatzes betr. ist festzuhalten: Der ursprüng- liche Gebrauch der Tempora (vgl. oben § 210 ff.) ist, abgesehen vom Plusquam- perfekt, welches immer die Beziehung auf eine andere Zeit der Vergangen- heit enthält, der absolute. Erst einer späteren Zeit war es vorbehalten, mit der Entwicklung der Nebensätze auch Ausdrucksformen für die Ord- nung der Zeiten unter sich zu schaffen und so den bezogenen Gebrauch der Tempora einzuführen; vgl. z. B. § 217. Diese durch den ursprünglichen Gebrauch des Plusq. vorbereitete Umgestaltung der Tempusbedeutung ergab für die Tempora durativer Aktionsart die Bedeutung der Gleichzeitig- keit, für die Tempora der Vollendung die der Vorzeitigkeit. Doch kann naturgemäss eine solche Beziehung nur innerhalb derselben Zeitstufe stattfinden, z. B. non omnia laudabis, quae dixero (aber ohne Beziehung quae dixi). Freilich kam diese Ordnung der Zeiten, welche man mit dem Ausdruck Beziehung der Zeiten oder bezogener Gebrauch der Zeiten benennt, nicht überall zur Geltung. So ist zunächst für die in- dikativischen Nebensätze zu bemerken, dass in Beziehung auf ein Fu- turum oder einen Ausdruck mit futuralem Begriff oft das Präsens steht statt des Futurs, z. B. nisi confestim id facis, tradam te magistratui Nep. Epam. 4, 3; dies ist schon in den XII tabb., in den leges regiae sehr häufig zu finden, gerade wie es auch im Umbr. nach pone gelesen wird, vgl. Planta II S. 483; femer hat sich in den Sätzen mit ut^ ubi, postquam^ quom primum aoristisches Perfekt erhalten, während nach qxwm das be- zogene Plusq. eintrat. Das gleiche gilt für Sätze wie Liv. 1, 19, 4 gwia Tarquinios esse in exercitu Latinorum cognitum est, sustineri ira non potuit, quin extemplo confligerent^ 25, 29, 9 quos fors obtulit, irati inter^ fecere. So werden wir vielfach absolute Zeitgebung im Nebensatz finden, wo wir ein bezogenes Tempus erwartet hätten, sogar in der Sprache der Gesetze, welche doch sonst ein Muster von Genauigkeit der Beziehung sind ;

366 LateiniBohe Orammatik. d. Syntax.

z. B. qui cepü statt qui c^erit und öfters Ind. Praes. statt Ind. Fut. Das Oskisch-Ümbriscbe ist hier genauer als das Altlatein, vgl. Planta II, 489.

Die Konjunktive nahmen ursprünglich teil an der Bedeutung der indikativischen Tempora; eine Verschiebung macht sich erst später be- merklich, wie wir dies bezüglich des Konj. Imperf. in den irrealen Be- dingungssätzen, bezüglich des Eonj. Plusq. in der niedrigen Sprache z. B. im b. Hisp. und im Spätlat., konstatieren können. Haben wir oben § 215 ein Vordrängen des In die. Plusquamperfekts in der gewöhnlichen Sprache fest- gestellt, also dixeram für dixi, so nimmt daran der Konjunktiv auch teil; daher sagt Cic. Att. 1, 13,- 5 nos ipsi, qui Lycurgei fuissemus a principio, coUidie demitigamur (qui fuissemus = antea enim fueramus).

Für das Verhältnis des Tempus des Konjunktivs im Nebensatz zu dem Tempus im Hauptsatz ist zu bemerken: Gleichzeitigkeit und Vorzeitig- keit werden durch die durative Form und die der Vollendung ausgedrückt, vgl. S. 365; der Konjunktiv des Perfekts entäussert sich dabei seiner aoristischen Natur und dient nur zum Ausdruck der Vorzeitigkeit. Diesen bezogenen Gebrauch der Zeiten des Konjunktivs nennt man consecutio temporum. In derselben haben sich bestimmte Typen entwickelt, welche für ursprünglich konjunktivische Nebensätze, sowie für solche Nebensätze, welche in den obliquen Konjunktiv traten, gleichmässig gelten, für letztere geradezu ausschliesslich. Diese Typen sind

scribo {scribam, scripsero), quid senHam, audiverim; scribebam {scripsi, scripseram), quid sentirem, audivissem, in Worten ausgedrückt:

auf ein Praes. (Perf. Praes.), Fut. I und H folgt der Konj. des Praesens

oder des Perfekts; auf ein Imperf., Perf. (bist.), Plusq. folgt der Konj. des Imperfekts oder Plusquamperfekts.

Die Nachzeitigkeit kann nur auf dem Wege der Umschreibung dar- gestellt werden, z. B. non dubito, quin venturus sis; exspectabam, quid dio- turus esses; wo keine periphrastische Form zur Verfügung steht, wird die der Gleichzeitigkeit zur Stellvertretung beigezogen, oft mit einem näher bestimmenden Zusätze wie brevi u. ä; aus der Stellvertretung ging auch ein eigentlicher Gebrauch hervor, indem die Form der Gleichzeitigkeit auch sonst sich findet, begünstigt durch den dubitativen Charakter des Kon- junktivs, z. B. Caes. b. G. 1, 31, 15 non dubitare, quin de omnibtis obsldibus gramssimum supplicium sumat (= Todesstrafe verhängen wird; eig. = warum sollte er nicht verhängen?). Der sogenannte Ersatz der Futura im Coniunctivus ist weiter nichts, als der regelrechte Ausdruck von Gleich- zeitigkeit oder Vorzeitigkeit durch die dazu berechtigten Formen; es wird die Gleichzeitigkeit aber immer durch den Coni. Praes. oder Imperf., Vor- zeitigkeit durch den Coni. Perf. oder Plusq. ausgedrückt, also wird aus si hoc dices (dixeris), poenas dabis: non dubito, quin poenas sis daturus, si hoc dicOtS {dixe7^is); non dubitabam, quin esses daturus, si hoc diceres {dixisses). Wo konjunktivische Nebensätze nicht zu den Typen der consecutio tem- porum stimmen, muss man vielfach auf die ursprüngliche Parataxis zur Erklärung zurückgreifen, z. B. Plaut. Aul. 550 Pol ego ut te accusem, merito

lY. Die ünterordniiiig. 274.) 367

meditabar {ich sollte dich doch anklagen? freilich ein Recht darauf 0U sinnen hatte ich!); die. Rose. 92 video causas esse multas, qtuie istum imp eller ent = multae causae eum in^ellerent (Potent. Präterit.), video; manchmal hat sich die ursprüngliche Auffassung wieder im Nebensatz des zweiten Qrades hervorgewagt, z. B. PL Pseud. 795 quin ob eam rem Orcus recipere ad se hunc noluit, ut esset hie, qui mortuis cenam coquat. Ferner spielt die Angleichung der Tempora eine grosse Rolle, vgl. Gic. Lael. 2, Farn. 7, 10, 2 Camino luculento utendum censeo idem Mucio placebat praesertim qui sagis non abundajres, wie überhaupt die psychologische Betrachtung auf diesem Gebiete vieles, was bisher auffallend schien, einfach erklärt, z. B. Cic. Fam. 14, 4, 4 ceterorum servorum ea causa est, ut, si res a nobis abisset, liberti nostri essent, si obtinere potuissent = die gegenwärtige Lage der übrigen Sklaven ist noch wie sie früher war, nämlich dass sie . . . Schliesslich vergesse man nicht, dass der innere Zusammenhang nicht bei allen hypotaktischen Verhältnissen derselbe, sondern bald enger (z. B. in finalen Sätzen), bald lockerer (wie in konsekutiven und konzessiven Sätzen) ist; daher werden wir auch in den freier angefugten Sätzen häufiger absolutes Tempus und damit ein Abgehen von den strengen Typen der consecutio temporum haben, z. B. Gaes. b. Gall. 2, 21 temporis fuit tanta exiguitas, ut ad galeas indiwndas tempus defuerit; Gic. Att. 16, 7, 2 qimmvis non fueris suasor profectionis, approbator certe fuisti. Ab- wechslung im Gebrauch der Zeiten ergibt sich, abgesehen vom be- zogenen oder selbständigen Gebrauch derselben, durch die Doppelnatur des Perfekts und die Verwendung des Praes. als Praes. historicum. Nach solchen Perf., welche, wie memini, cognovi, unzweifelhaft reine Per- fekta sind, folgt nur Praes. oder Perf. Goni., sonst ist auch präteritale Folge möglich und nach dem aoristischen Perfekt Regel. Beim histo- rischen Präsens hat Plaut, noch überwiegend präsentische Folge, bei Ter. hält sich dieselbe bereits mit der präteritalen die Wage; bei Gaesar überwiegt die präsentische Folge z. B. in indirekten Fragesätzen, auch in Finalsätzen bedeutend, während bei Nebensätzen, die dem Hauptsatz ge- wöhnlich vorausgehen, z. B. mit cum historicum, die präteritale Folge näher liegt und so geradezu als Regel hingestellt werden kann. Bei Sallust ist interessant, dass er im Gat. und im Jug. bis cap. 25 den unmittelbar ab- hängigen Satz noch nie mit einem Nebentempus dem Praes. bist, voraus- gehen lässt, wohl aber einen Nebensatz zweiten Grades, z. B. Gat. 45, 1 con- stituta nocte, qua proficiscerentur, Cicero imperat, ut deprehendant. Begreif- lich ist, dass in indirekter Rede Abwechslung im Tempus an Stelle ein- heitlicher Durchführung sich findet. Der Grund dazu liegt in der Rasch- heit und Beweglichkeit der Anschauung, welche im Verlaufe der Zeit immer mehr die strenge Gesetzmässigkeit und Nüchternheit des altrömi- schen Gharakters verdrängte. Für Gäsar gilt das Gesetz: In der oratio obliqua darf überall der Konjunktiv desjenigen Tempus stehen, welches in unabhängiger Rede stehen würde. Hängt aber die oratio obliqua von einem Praeteritum ab, so steht zunächst fast stets präteritale Zeitfolge und diese kann in der ganzen oratio obliqua beibehalten werden (Meusel, Jahresber. 1894 S. 365).

368 Lateiniaohe Grammatik, d. Syntax.

Auffällige Verstösse gegen die consecutio temporum gehören erst dem Verfalle der Sprache an, wo das Oefiihl fär die feinen unterschiede der einzelnen Tempora verschwunden war und manche Verbalformen zurück- traten, wie z. B. der Eonj. des Imperf. gegenüber dem Eonj. Plusq. Vgl. z. B. Lucifer Gal. 195, 2 quomodo in nobis possit habitare Spiritus sanchis, si tuam fecissemus voluntaiem und 12, 25 directa est obsecratio ad deum, ne simul periremtis, sed fuissemus segregati. Namentlich darf den Juristen der Vorwurf nicht erspart werden, dass ihnen die Folge der Zeiten wenig Sorge machte. Zeigte schon Gaius auffällig wenig Sipn für die cons. temp., 80 werden uns bei Ulpian und Späteren Sätze wie interest stipulatoris fieri, quod stipulatus est, cum obligatus futurus esset pupillo, si niale res gesserit oder dicitur Augustus quaesisse an possit hoc recipi nee absonans esset gar nicht wundern.

Anmerkung. Das .Nebelland (cloodland) der absoluten und relativen Zeit* wie Gardner Hals, American Journal of Philol. VIII S. 74 sich ausdrückt ist durch die Unter- suchungen von H. Lattmann und M. Wetzbl in neuerer Zeit so weit aufgehellt worden, dass bestimmte Gesichtspunkte allgemeine Billigung finden, d. h. abgesehen von solchen Ge- lehrten, welche sich überhaupt ablehnend gegenüber dieser Lehre verhalten; in vielen Einzel- dingen gehen die Ansichten jedoch auseinander. Selbständiger Gebrauch eines Tempus ist nur da anzunehmen, wo die Tempora von dem Standpunkte des Sprechen- den bestimmt sind; bezogener Gebrauch findet da statt, wo die Tempora durch Beziehung auf ein anderes Yerbum (d.h. auf die Zeit der durch dies andere Yerbum ausgedrückten Handlung) bestimmt werden, also:

selbständig: quod iussisti, fiet,

bezogen: quod iusseris, fiet. Beim Konjunktiv freilich wird vielfach beides nicht geschieden werden können:

conßtebere, quam vehementer erraveris. Dies erraveris kann einem erravisti und einem erravei^s entsprechen: der Sprache fehlen hier die nötigen Formen, um auszudrücken, ob die Zeit der Handlung des Nebensatzes durch die Zeit des regierenden Verbums bestimmt (bezogen) ist oder durch die Zeit des Sprechenden (selbständig); es kann nur festgestellt werden, dass im Augenblick des confiteri das errare bereits ein erravisse geworden ist. Vgl. auch Brugmann, Gr. Gramm. § 531.

Obinkoinzidenten und kongruenten Sätzen selbständiges oder bezogenes Tempus anzunehmen sei, darüber ist keine Einigkeit erzielt. Sigmund nimmt absolutes Tempus an (S. 8), ich bin geneigt Gleichzeitigkeit anzunehmen, und zwar mit Latthann strenge Gleich- zeitigkeit, da bei Koinzidenz und Kongruenz Tempus in Haupt- und Nebensatz gleich sind. Die Koinzidenz ist eine sehr verbreitete sprachliche Erscheinung; sie findet sich schon sehr oft im Altlatein, namentlich aber bei Cicero. Zunächst treffen wir sie beim cum identicum, z. B amice facis, quom me laudas Plaut. Men. 701, aber auch in anderen Kon- junktionalsätzen, z. B. Ter. Hec. 709 si amant, sapienter faciunt, namentlich auch in Relativ- sätzen, z. B. Plaut. Men. 852 sumne ego mulier misera, quae illaec audio^ Die strenge Gleich- zeitigkeit wird auch in der erat. obl. gewahrt, z. B. Cic. Rose. Am. 142 fateor me errasse, qui hoc maluerim (aus erravi, qui hoc m^tii)j Phil. 3, 21 quid potest dicere, quin, cum de illo tacuerit, se hostem confessus sit (aus cum tacuit, confessua est)*^ natürlich kann auch die Form der gewöhnlichen Gleichzeitigkeit mit der der Koinzidenz zusammenfallen, wie z. B. Cic. or. 73 Apelles pictores eos errare dicebatf qui non sentirent, quid esset aatis (aus errant, qui non nentiunt). Näheres sehe man bei Sigmund und Lattmann.

Hiezu vgl.: Lieven, Die consecutio temporum des Cicero, Riga 1872; Kbakarczix, Die Lehre von der cons. temp., Heiligenstadt 1855; Rbusch, Zur Lehre von der Tempna- folge, Elbing 1861; Klugk, Die cons. temp., deren Grundgesetz und Erscheinung im Lat, Cöthen 1883; Gardnbr-Hale, The sequence of tenses in Latin, Baltimore 1887 und 1888; Wetzel, De cons. temp. Ciceroniana capp. U, Leipzig 1877; id., Beiträge zur Lehre von der cons. temp. im Lat., Paderborn 1885; Procksch, Die cons. temp. bei Caesar, Leipzig 1874 (id., Gebrauch der Nebensätze bei Caesar, Bautzen 1870) ; Hartmann, Über den Konjunktiv der Futura, in WölffUn's Archiv lU p. 337—354; Reiter, De Amm. usu erat, obl., Amberg 1887; Wirtzfeld, De consecutione temporum Plautina et Terentiana, Siegburg 1889; Sruiui, Über iterative Satzgefüge im Lat., Speier 1891; J. Thüssing, De temporum et modomm in enuntiatis pendentibus apud C. Plinium Secundum usu, Prag 1890; Hajcmblrath, Gramma- tisch-stilistische Beiträge zu den prosaischen Schriften des L. Annaeus Seneca, Enunericb

lY. Die Unterordnung. (§§ 275—276.) 369

1895; H. LA.TTHANN, Selbständiger und bezogener Gebrauch der Tempora im Lateinischen, Gottingen 1890; Entgegnung darauf: M. Wetzel, Selbständiger und bezogener Gebrauch der Tempora im Lateinischen, Paderborn 1890; W. Gabdnek-Halb, Die Gom-Eonstruktionen, ihre Geschichte und ihre Funktionen, Ithaca 1887 und 1889, deutsch von Neitzbbt, Leipzig 1891 ; £. HoFFM AK», Das Modusgesetz im lat. Zeitsatze, Wien 1891 ; M. Wetzel, Das Recht in dem Streite zwischen Haie und Em. Hoffmann über die Tempora und Modi in lat. Temporal- sätzen, Paderborn 1892; Dittmar, Studien zur lat. Moduslehre, Leipzig 1897; H. Lattmann, De coincidentiae apud Ciceronem vi atque usu, Göttingen 1888; G. Sigmund, De coincidentia eiusque usu Plautino et Terentiano, Diss. Vindobonenses lY. Vgl. Zusätze.

ä. Relativsätze.

275. Das lateinische Relativpronomen ist unmittelbar aus dem ad- jektivischen Interrogativum hervorgegangen und lautet daher qui, quae, quod ; allein es erscheint unzweifelhaft, dass die älteste Sprache auch das substantivische Interrogativum quis und quid statt des später all- gemein üblichen qui quae quod als Relativpronomen verwendete, z. B. Cato r. r. 148 dominus vino quid volet faciat und Festus: quis volet magistratus facere, faciat; nachgeahmt wird dies von Qellius 13, 23, 8 quis erat egregia et praestanti fortitudine, Nero adpellatus est; vgl. auch Anthol. 520 et quid non multi poterant iuvenes, hie semper solus agebat (Bücheler: quid relativum 0 Tt « T*); für das Osk.-Umbrische, wo es ähnlich ist, vgl. Planta II S. 424. Doch beschränkt sich der Gebrauch des substantivischen Interrogati- vums als Relativum auf sehr enge Grenzen, denn als anaphorisches (rück- deutendes) Pronomen wurde nur qui quae quod verwendet.

Anmerkung. Auch der Instrumentalis qui ist aus der fragenden Bedeutung in die relative übergegangen; ja qui scheint geradezu eine Art ganz allgemeinen Relativs ge- worden zu sein, l^hnlich wie wir so und wie ungebildete Leute ioo (z. B. der Mann, wo) gebrauchen; dies ersieht man besonders aus qui-ne (= quin) nach nullus est, nulla est. Als Instrumentalis steht das relative qui in Bezug auf Sing, und Plur., Mask. und Fem. und beweist ebendamit seine ganz allgemeine Beziehungsfähigkeit; so hat sich noch bei Yerg. Aen. 11, 822 quae sola Camillae, quicum partin curas erhalten, Plaut, sagt Stich. 292 quadrigas, qui vehar,

276. Die Entstehung des Relativsatzes Ter. Phorm. 947 argentum quod habes condonamus te haben wir uns so zu denken: argentum, quod argentum? habes! condonamus te, d. h. der Sprechende beginnt: argentum, er wird unterbrochen quod argentum?, antwortet darauf habes und führt dann den mit argentum begonnenen Satz durch condonamt^ te zu Ende. j So erklärt sich auch die sog. Wiederholung des Substantivs beim Relati- vum, hier quod argentum, welche demnach der ursprünglichen Konstruktion angehört, vgl. § 279. Nach § 17 kann argentum vor condonamus noch einmal durch id aufgenommen und dies dann als zu argentum gehörig auch zu ihm gesetzt werden ; also argentum id, quod argentum habes, condonamus te. Diese schwerfallige Konstruktion wurde nun vereinfacht durch Unter- drückung des Demonstrativs und des Substantivs beim Relativ oder durch Beseitigung des Substantivs mit Demonstrativ, also argentum, quod habes, condonamus te oder quod argentum habes condonamus te (beachte hier das Vorantreten des Relativsatzes!).

Eine andere Art von Relativsätzen ist die, welche als Fragesätze, ähnlich wie der fragende Quinsatz, ohne weiteres einem Hauptsatze an- gefügt werden und hier dann relative Bedeutung bekommen; vgl. Cic. Acad. 2, 122 nulla acies humani ingenii tanta est, quae penetrare in coelum possit = quae acies possit? nulla est tanta! Caes. b. ö. 1, 28, 3 domi nihil

Handbnch der Umb. AUertimiBwtecnschaft. n, 2. 8. Aufl. 24

370 Lateinisohe Qrammatik. d. Syntax.

erat, quo famem tolerarent = quo fammn tolerarent (Potent, der Vergangen- heit)? domi nihil erat! Es sind dies besonders die konsekutiven Relativ- sätze, auch die indikativischen, z. B. Liv. 9, 3, 12 (vgl. § 281); so erklärt sich auch leicht der Eonj. neben dem Indik. in solchen Relativsätzen.

Anmerkung. Nach anderer Ansicht ist das Relativom aus dem Indefinitum hervorgegangen. Damach würde der Satz quis volet magistrcUua facere, fadcU eigeni> lieh bedeuten „irgend ein M. toird {soll) thun wollen: der thue!" Femer wenn Cic. iny. 2, 87 sagt: sumptuSf qui de puhlico dari solet, i8 ab quaestare non est d<itu8, so wSre dies = es pflegt . . gestellt zu werden: dies ist nicht gestellt worden. Schon frOher ist f&r diese Erklärung Eyioala (Wien. Akad. d.Wiss. 1870 S.77) aufgetreten; neuerdings wird sie von LiNDSKOO, De parataxi et hypotazi 8. 62 und Planta n 477 empfohlen. Die Herleitong der Relativsätze aus den Fragesätzen bekämpft Brüomann, Indog. Forsch. lY, 229 ff., ohne selbst einen sicheren positiven Vorschlag zu machen. Ich halte an der Zurdckffihrung auf frsr gendes qui fest, namentlich mit Rücksicht auf Sätze wie Anthologie I S. 296 Nro. 623 et ictcet hie talis, qui nunquam fratidibus iste laetcUus reliquit; Böohblbb notiert: qui aut iste otiosum; aber konstruiert man: qui nunquam fraudihus iste laeiatus reliquü? iaeet hie talis, so erklärt sich qui und iste ganz einfach (vgl. Stilistik § 79) ; ebenso vgl. Propen 2, 29 y 16 haec te exspeetat; quae cum solverit atque oculos moverit illa; gefragt wird quae? geantwortet mit iUa ! Vgl. noch Nbtusil im Archiv VII S. 580 Anm.

277. Mag nun das Relativum aus dem fragenden oder aus dem in- definiten Pronomen herzuleiten sein, jedenfalls hat es die Befähigung er- halten, einen Satz unterzuordnen und so einen genannten Begriff näher zu beschreiben. Diese Beschreibung kann nun ganz objektiv sein, wie in dem Satze aus Ter. Phorm. 947; sie kann aber auch den Inhalt einer Re- flexion ausdrücken. Daher erklärt sich, dass das Relativpronomen Sätze konsekutiver etc. Art mit dem Hauptsatze zu verbinden geeigenschaftet ist; dies nähere Verhältnis zu erkennen, bleibt nun entweder dem Leser oder Zuhörer überlassen, oder es wird durch den Konjunktiv ausgedrückt. Dieser Konjunktiv kann verschiedener Art sein: optativ, potential, nament- lich aber prospektiv. So lesen wir in einem Gesetze (bei Bbuns, Fontes^ 45): praetor urbanus qui nunc est quique posthac fiat; dieser prospektive Kon- junktiv — ein echter Konjunktiv jedenfalls hat sich auch in der Folge- zeit erhalten, wie Caes. b. civ. 1, 74, 5 per quem haberet (vgl. damit Tac. ann. 14, 63 in qua nihil nisi luctuosum haberet), Yerg. Aen. 1, 283 ncts- cetur Caesar^ famam qui t er min et a^tris, und viele Beispiele aus Sen. phil. zeigen. Sehr wichtig ist eine Beobachtung von Prof. Dr. Luchs in Erlangen (vgl. Guthmann im Progr. Nürnberg 1891 S. 3), wonach der Kon- junktiv in kausalen Relativsätzen häufig dann steht, wenn eine Missbilli- gung oder ein Tadel vorliegt, z. B. stultus es, qui putesi es ist dies der gleiche Konjunktiv wie in der missbilligenden Frage. Schliesslich wird eine attractio modorum gerade in Relativsätzen nicht in Abrede ge- steUt werden können, wie dies z. B. bei Caesar für Relativsätze, welche in Konsekutivsätze mit ut eingeschoben sind, durch viele Beispiele er- wiesen ist; vgl. § 274.

Während in finalen Relativsätzen im Altlat. nur der Konjunktiv steht, herrscht in den konsekutiven noch das Übergangsstadium; wir treffen manchmal noch den ursprünglichen Indikativ, wo wir den Konjunktiv er- warteten, z. B. Plaut. Trin. 91 sunt quos scio amieos esse; auch Ind. und Konj. nebeneinander Men. 457 adfatimst hominum, in dies qui singulas escas edintf quibus negoti nihil est etc.

Die kausalen Relativsätze gehen im Altlat. schon häufig in die sub-

IV. Die Unterordnung. (§§ 877—279.) 871

jektive Auffassung über und werden deshalb in den Konjunktiv gesetzt. Wie bei den konsekutiven, zeigt sich indes auch in diesen Relativsätzen bei Plaut, das Übergangsstadium: man vergleiche PI. Pers. 75 sumne ego stuÜus, qui rem curo publicam? mit PI. Trin. 1057 sed ego sum insipientior, qui rebus eurem publicis; bisweilen tritt quippe oder selten utpote vors Relativ, vgl. § 282. Das gleiche gilt für den Modus in den relativen Adversativsätzen; der Konjunktiv ist hier der Goncessivus.

Als letztes Moment in der Entwicklung der relativen Syntax erscheint der sogen, relative Anschluss; auf Inschriften und bei Cato sind davon nur wenig Spuren zu entdecken, auch bei Plautus ist er noch selten, bei Terenz häufiger und bei Lucrez bereits ganz verbreitet.

278. Das aus dem Frageworte quis, quid, quot durch Verdoppelung hervorgegangene quisquis, quidquid, quotquot dient als verallgemeinern- des Relativ, ebenso die durch Hinzufiigung von que entstandenen Formen quisque und quidque, namentlich aber das mit quomque (= quam -)- que u?ann immer) verbundene Relatiyum, wie quicumque; entsprechend gebildet sind die verallgemeinernden Partikeln wie ubiubi, utut, utcumque, undecumque u. ä. Während nun das Relativ, wenn es eine verallgemei- nernde Bedeutung annahm, sich mit dem Konjunktiv zum Ausdrucke dieser Bedeutung verband, brauchte man dies bei quisquis etc. nicht, und so werden denn solche Relativsätze in den Indikativ gesetzt. Dieser Indikativ hat sich in der guten Zeit der Sprache erhalten und wo wir im Altlat. oder in der klass. Latinität in den jetzigen gereinigten Texten noch den Konj. finden, ist derselbe durch Attraktion oder eine ähnliche Ursache veranlasst, z. B. Plaut. Trin. 437 di duinf tibi quaequomque optes. Anders wird es in nachklass. Zeit und besonders im Spätlat.; denn hier findet sich gerade wie bei quamquam der Konjunktiv, der mit Livius und Plin. mai. (vgl. Fbobeen p. 32 ff.), Suet., Gell, sein Gebiet sehr erweitert und im Späth, be- sonders bei den eccL, ganz gewöhnlich wird, z. B. Plin. n. h. 27, 109 purgaf cicatrices et nubeculas et quicquid obstet, Hieronymus ep. 119, 1 haee qualia^ cumque sint dictare compellor, Fulg. 1, 2 omwe tempus, quodcumque gignat, consumif; vgl. Wölfflin Archiv IX S. 450 ff.

Anmerkung 1. Quisque ist als verallgemeinerndes Relativ nur in beschränktem Gebrauch, vgl. Stilistik § .24; Dblbbüok I S. 515.

Anmerkung 2. Ähnlich wie nanne gewöhnlich nur durch non fortgesetzt wird, dient zur Fortführung von quicumque das emfache Relativum qui, vgl. Cic. Yerr. 5, 145 quaecumque navis ex Asia, quae ex Syria, quae Tyro, quae Alexandrea vener at, . . tenebatur,

279. In der Zeit der klassischen Sprache haben rhet. ad Her., Cicero, Caes. u. a. Spuren einer alten Struktur gewahrt, welche sich fast überall im Eurialstil erhalten hat, wenn sie beim Relativ das Nomen be- lassen, so namentlich res dies locus, auch andere Substantiva, vgl. § 276. Daraus, dass der auctor b. Afric. und Hisp., dann hauptsächlich Yitruv (z. B. 10, 14, 6 foramina fiant, in quibus foraminibus), ferner Petron und Hygin. fab., ja die Peregrinatio ad loca sancta (IV saec. fin.) mit Vorliebe sich der Konstruktion bedienen, geht hervor, dass die altertümliche Struktur volks- tümlich blieb, vgl. besonders Hygin 145 at luno coegit eam, ut se in mare praecipitaret, quod mare lonium est appellatum (eig. quod mare? Antwort: lonium est appellatum). Selbstverständlich ist sie besonders häufig im

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372 Lateiniflohe Qrammatik. d. Syntax.

Juristenlatein, hier oft auch mit Voranstellung des Relativsatzes, z. B. Gaius Dig. 28, 6, 5 pro qua parte pro ea parte, 41, 1, 9 pro qua ratione eadem ratione. Sonst scheint die Konstruktion seit Livius, der sie spärlich verwendet, zurückzutreten, ausser bei den Archaisten, von denen namentlich Gellius viele Beispiele aufweist, ebenso Fronte, auch Apulejus. Nicht selten dagegen ist bei Livius, wie auch bei Cicero, diejenige Weiter- bildung der ursprünglichen Form, wonach beim Relativ das Substantiv bleibt, aber im Hauptsatz mit oder ohne Demonstrativ wegfällt; zuerst scheint dies Lucr. 4, 387 qtM vehimur navi, fertur, cum stare videtur zu haben; vgl. noch Liv. 29, 31, 9 qt^m ceperant exsules montem, herbidus aquosusque est und im Spätlat. Prudent. P. 5, 187 quem tu minitaris ignem, flagrahis ipse.

280. Seit Cicero finden wir die ursprüngliche Form des Relativsatzes auch da angewendet, wo nach der bisher üblichen Erklärung eine Appo- sition in den Relativsatz gezogen wird; z. B. ad Att. 5, 20, 3 Amanus, qui mons erat hostium plenus (eigentlich Amanus mons; qui m^ons = tcas war mit dem Berge? Antwort: erat hostium plenus). Mit Livius treffen wir die Voraussetzung der Apposition, die auch Voll, sich erlaubt, und die bei den Script, bist. Aug. allgemein üblich wird, z. B. Yop. Aur. 35 apud Caenophrurium, mansionem, quae est inter etc.

Ebenso tritt erst mit Cicero die gleichfalls aus der Urform sich leicht herleitende Konstruktion ein, welche eine Begründung des Haupt- satzes gibt, z. B. Cic. Fam. 7, 2, 1 quod si mihi permisisses, qui meus amor in te est, confecissem cum coheredibus (wo man ersieht, dass es eo amore, qui meu^ amor in te est, confecissem in vollständiger Struktur heissen müsste; das von eo amore verlangte quo amore? wird durch At- traktion von metts est in den Nominativ gesetzt). Dies lesen wir auch in den Briefen an Cicero, es darf also als eine damals allgemein übliche Konstruktion gelten. Nach Cicero finden sich nur vereinzelte Beispiele bis zu den Archaisten herab.

281. Während finale Relativsätze auch in der klassischen und folgenden Zeit den Konjunktiv haben, erscheinen konsekutive Relativ- sätze hier teilweise im Indikativ, z. B. nach sunt qui bei Cic. inv. 1, 40, 72 und 2, 55, 167 (also nur in frühester Zeit), dann aber nicht mehr, auch nicht de off. 1, 84 (wozu siehe C. F. W. Mülleb), während er nach sunt multi u. ä. auch den Indikativ zulässt (C. F. W. Müller off. 1, 42), z. B. p. Rose. Am. 48 permultos novi, qui incensi sunt; auch Caesar hat den In- dikativ z. B. b. Gall. 6, 27 sunt item qui appellantur alces; wiederholt Horaz, nicht Verg., selten Liv. (z. B. 9, 3, 12 ista quidem sententia ea est, quae neque amicos parat nee inimicos tollif) ; die nachliv. Prosa weist vereinzelte Beispiele mit Indikativ auf, überall aber daneben öfter Sätze mit Kon- junktiv. Man kann somit sagen, dass im ganzen der Gebrauch von Plautus bis Apul. keine wesentliche Veränderung erlitten hat. Gleichmässig durch die ganze Latinität ist die Konstruktion von dignus, indignus, idonet^, das überall qui c. coni. nach sich hat (vgl. jedoch § 284), für aptus wird nur Cic. Lael. 1, 4 und Ov. her. 3, 70 zitiert.

(Vgl. die eingehende Behandlung dieser Sätze bei Dittmab S. 97 ff. Sein Satz S. 103: „Sobald man einen souveränen Gedimken in Worte kleidete, setzte man den Indikativ*

IV. Die Unterordnung. (§§ 280—283.) 373

lautefc nur nea; ins bisherige grammatische Idiom übersetzt, entspricht „souverftner Ge- danke" miserm , objektive Darstellung", vgL § 276).

282. Seit der klassischen Zeit überwiegt in kausalen Relativsätzen der Konjunktiv, namentlich wenn durch vorantretendes ut, quippe, utpote der kausale Charakter besonders betont wird. Schon im Altlat. finden wir utpote, quippe vor kausalem Relativ; dabei hat utpote qui immer bei Plaut, den Konjunktiv nach sich, quippe qui den Ind. und nur Pers. 699 den Konjunktiv; ut qui kommt nicht vor (vgl. Bbix zu PI. Capt. 553 und Trin. 637). Bei Cicero ist nach quippe qui, ut qui und utpote qui jetzt durch- weg an allen Stellen der Konjunktiv hergestellt, auch nat. deor. 1, 28 und Att. 2, 24, 4 ; bei Caes. treffen wir nur ut qui und dies mit Konj. (wohl mit Unrecht von Menge, Progr. Halle 1889 S. 27 bestritten); dagegen ist beachtenswert, dass Sali, quippe qui ausschliesslich mit Indikativ konstruiert, utpote qui indes mit Konj. (Cat. 57, 4). Bei Liv. lesen wir ut qui sehr oft und immer mit Konj., quippe qui mit beiden Modi, mit Indikativ vor- wiegend in der ersten Dekade (Archiv X, 72), utpote qui verschmäht er ganz; ebenso auch Tac, welcher ut qui und quippe qui, letzteres nicht in den späteren Schriften, immer mit Konjunktiv verbindet. Der Philosoph Seneca setzt nach ut qui immer den Konjunktiv, ebenso Quintilian. Bei den Archaisten treffen wir wieder quippe qui mit Indikativ, auch bei Sulp. Sev., ebenso einmal utpote qui bei Apul. Im Spätlat. überwiegt der In- dikativ, ohne jedoch den Konjunktiv ganz verdrängen zu können; Lact, hat öfter nach quippe qui den Konjunktiv als den Indikativ, dagegen Servius den Indikativ, auch Yict. Vit. u. a. Im ganzen erhalten wir den Eindruck, dass der Indikativ seit der klassischen Zeit entweder archaisie- renden Bestrebungen (so vielleicht auch bei Lucrez und CatuU) oder dem Einflüsse der Quellen sein Dasein verdankt, oder, wie z. B. Liv. 8, 26, 5, der grossen Entfernung des Verbs vom Pronomen, oder, wie im Spätlat., der Gleichgültigkeit und Unsicherheit im Gebrauche der Modi.

283. Hier ist die Assimilation des Kasus des Pronomen relativum in den Fällen zu besprechen, wo man glaubte, eine griechische Kasus- attraction annehmen zu müssen, z.B. Hör. sat. 1, 6, 14 notante iudice quo nosH populo; der Kasus des Belativs ist ganz einfach aus der Entstehung des Relativsatzes zu erklären notante iudice, quo? nosti, populo = welches Richters? du kennst ihn ja: des Volkes! Solche Beispiele finden sich schon bei Ter. Heaut. 87 hac causa qua dixi tibi, dann infolge instinktiven Zurück- gehens auf die alte Ausdrucksweise oder Übertragung auf ähnliche Fälle bei Varro und dem rhet. ad Her., im b. Afr., bei Liv. an drei Stellen (vgl. Archiv X, 72), bei Gellius, z. B. 1, 25, 26 ex his quibus dixi vocibus, und schhesslich bei Lact. I, 174 tot modis, quibus docui. Bemerkenswert ist, dass bei Ter. und in dem einen Beispiel bei Cic. (ad Att. 10, 8, 7), ferner im b. Afr., bei Gellius das Verb des Nebensatzes stets dicere ist oder ein synonymes Verbum. Ist bei der erwähnten Attraktion griechischer Einfluss nur sekundär, so finden wir dagegen im christlichen Latein eine Attrak- tion, welche offenbar durch das griechische Original der Bibel hervor- gerufen ist, z. B. Lucif. Calar. 92, 3 retribuat tibi bona pro quibus fecisti nach I. Reg. 26, 23.

374 LateinUohe Qrammatik. d. Syntax.

284. Schliesst sich ein Relativsatz an ein gleichartiges AdjektiT, seltener an ein Partizip oder eine Apposition an, so muss derselbe im Konjunktiv stehen ; dies hat man schon bei Plaut, beobachtet, wo die Bei- spiele jedoch selten sind, z. B. Gas. 255 servo frugi atque ubi tili bene sü, dann bei Varro, aber nur de re rust., und bei Cic, dann bei Liv., Horaz, Gelsus, Plin. mai., Plin. min., Suet., namentlich aber bei Tac, z. B. ann. 2, 88 haud dubie liberator Germaniae et qui . . lacessierit Aber schon bei Stat. silv. praef . und besonders in späterer Zeit, so bei den scr. h. Aug. findet sich auch der Indik. mit offenbarer Nichtbeachtung des konsekutiven Verhältnisses oder, wie DriTMAR S. 119 sich ausdrückt, ,ohne polemische Charakteristik*. Nicht hieher gehört Cic. off. 1, 31 qtMe videtitur digna esse iusto homine eoqtie, quem virum bonum dicimus, wo quem sich auf eo bezieht und zu einem Kon- junktiv gar kein Grund vorliegt, wie etwa Cic. Verr. 1, 8 barbaris homi- nibus, credo, aut iis, qui populi Romani nomen contemnerent; kritisch un- sicher ist Quint. 10, 1, 81, vgl. Becher, Progr. Aurich 1891, S. 24; ebenso gehören nicht hieher Sätze wie Cic. Verr. 4, 187 venit Heraclitis homo nobilis, qui sacerdos lovis fuissef, wo das Attribut nobilis durch den Relativ- satz begründet wird. Vgl. die Polemik Dittmab's S. 25 ff. gegen Hale S. 106.

285. Die Wiederholung des Relativs in einem durch Beiordnung einem Relativsatz verbundenen Satze erweist sich als selbstverständlich, wenn das Relativum im zweiten Satze in einem anderen Kasus verlangt wird als im ersten, z. B. b. Afr. 37, 2 Rmpinam, in quo ipse praesidium habuit et quod primum ad amicitiam eius accessit. Allein es lässt sich nicht ver- kennen, dass die Wiederholung des Relativs dem ganzen Satzbau den Charakter der Schwerfälligkeit gibt, und deshalb unterliess man sie. Am nächsten liegt die Unterlassung der Wiederholung bei quod und quae^ wo Nominativ und Akkusativ zusammenfällt ; hier kann sogar aus dem Nomi- nativ der Akkusativ zum zweiten Satze ergänzt werden, z. B. Varro 1. 1. 9, 7 quae possunt dici atque illic pmeterii. Sonst überall ist nur die Ergänzung des Nominativs oder Akkusativs aus einem vorausgehenden Genetiv, Dativ, Akkusativ üblich, z. B. Cic. Tusc. 1, 72 quibusque fuisset minima cum cor- poribu^ contagio seseque ab his semper sevocavissent Derartigen Satzbau finden wir schon bei Lucrez, z. B. 1, 153 qtAorum causas nulla ratione videre possunt ac fieri divino numine rentur, dann in klassischer Zeit bei Varro, Sali. (Fabri zu Jug. 14, 16) und bei Cic. (Madvig, Fin. 5, 9), bei Caes* nur b. G. 1, 45, 2, im b. Afr. (Archiv VI, 102). Es kann statt des zweiten Relativs auch das Demonstrativ eintreten ganz in homerischer Weise , z. B. Ter. Ad. 306 o hominem impium, quem neque fides neque iusiurandum neque illum misericordia repressit (vgl. oben § 276 Anm.).

AnmerkuDg. So sagt auch Varro r. r. 2, 1, 28 altera, quam scriptores Graeei ivQonoiLavvocant ac scripserunt de ea re permiUta; Lact. 1,21 qiMm affirmet suam fuisse cicem, eatnque vaticinatam esse. In klass. Sprache kommt der Übergang zmn Demonstrativ wohl kaum vor, jedenfalls nicht bei Caesar. Am interessantesten aber sind solche an einen Relativsatz angegliederten Sätze, in welche ein Relativ gar nicht passt, z. B. Cic. or. 287 iudicium, quod aut sequere aut tuo stabts; hier hilft die Entstehung des Relativsatzes zor Erklärung: iudicium, quod? aut sequere (id) aut tuo stabis. Sind solche Sätze vorzugs- weise dem Cicero eigen (doch anch Caesar hat mehrere Beispiele, wie b. civ. 8, 17, 1), so hat sie sein später Nachahmer Lact, ihm mit Glück abgesehen; vgl. Lact I, 142 quid ergo quaeris, quae nee potes scire, nee, si scias, beaiior fias?

IV. Die ünterordniuig. (§§ 284—287.) 375

286. Der in § 277 besprochene sog. relative Anschluss erweitert seine Gebrauchssphäre in der klassischen Zeit immer mehr. Jedoch findet er sich nicht gleichmässig verwendet; daraus dass Caesar ihn im b. civ. viel häufiger beizieht als im b. GalL, kann man wohl schliessen, dass er in sorgsam geschriebenen Schriften gegenüber dem demonstrativischen An- schluss zurücktrat. Die mittels des Relativs in dieser Weise angefügten Sätze gelten als Hauptsätze, weshalb sie in Orat. obl. gewöhnlich im Acc. c. inf. erscheinen; doch zeigt sich auch hier eine ähnliche Erscheinung wie bei dem lose angefügten cum {cum intereä): wo die Beziehung des Relativsatzes eine engere ist, tritt die Nebensatznatur schärfer hervor und so muss auch der Konjunktiv in orat. obl. für den Indikativ der orat. recta einrücken; dies hat man namentlich bei Caes. beobachtet, z.B. Gaes. b. Gall. 1, 20, 3 quibus opibus ac nervis uteretur. Die in § 279 behandelte Eigentümlichkeit, wonach das Relativum sein Beziehungswort wiederholt, gilt auch für den relativen Anschluss; vgl. Gaes. b. Gall. 1, 15, 3 proelium commütunt Quo proelio sublaii Uelvetii . . . Schon frühe bilden sich mittels des Relativs beliebte Übergänge, wie quo facto, qua re, quibus rebus cog- nitis^ welche zum Teil geradezu formelhaft werden.

Anmerkung. HsBifAim erklAit im Progr. Eoburg 1897 S. 12 den relativen An- schlnss durch Ergänzung eines Demonsiaratiys nach Analogie von id quod, wofür ja auch quod eintritt.

Zu § 275 vgl.: Wegenbb, Der lat. Relativsatz, Treptow a. d. R. 1874; Pabtzolt, Bei- träge zur hist. Syntax der lat. Sprache, Waidenburg 1875 (Neubearbeitung von Paetzolt, De latini pronominis relativi syntazi prisca, Breslau 1878); Wölfflin, Die Gemination im Lat, Mflnchen 1882, p. 446 46§ (äusserst interessante Abhandlung, worin quisquis, quidquid etc. als geminierte Formen erklärt, ihr Gebrauch, ihre Verbreitung, die Differenzierung mit qui- comque u. ä. untersucht und bezfiglich sämtlicher veraUgemeinemden Formen, wie unde* unde, utut, ubit$bi, der Sprachgebrauch festgestellt wird); Bach, De attractione, quae dicitur inversa, apud scriptores latinos, Strassburg 1888; Dbboke, Die griech. und lat. Nebensätze auf wissenschaftlicher Grandlage neu geordnet, Golmar 1887; Menge, Über das Relativum in der Sprache Caesars, Halle 1889. Vgl. noch unten Stilistik § 19 ff.

b. Konjunktionalsätze, a. Quod.

287. Quod ist das Neutrum sing, des Pronomen relativum; es ist wie das Pronomen relativum aus dem Fragewort hervorgegangen, oft ist wie bei dem Pron. relat. die Bezugsmasse nicht sprachlich ausgedrückt und häufig geht der mit qiu)d eingeleitete Satz gerade wie der Relativ- satz seinem regierenden Satze voraus. Quod ist zunächst als Akkusativ anzunehmen; aber es kann auch dem Nominativ entsprechen, ferner zeigt ja der Akkusativ vielfach adverbialen Gebrauch, so kann auch ursprüng- lich ablativisches quod mit akkusativischem quod zusammengeflossen sein: Thatsache ist, dass die mit qiMd eingeleiteten Sätze dem Objekt, dem Subjekt und mancherlei adverbialen Bestimmungen entsprechen können; der Kreis der letzteren erweitert sich mit dem Verfall der Sprache immer mehr, so dass qtu)d schliesslich beföhigt wird, Adverbialsätze aller Art einzuleiten. So wurde quod, ganz entsprechend seinem Nachfolger, dem französischen que, allmählich zu einem fast farblosen Nebensatzexponent; die Folge war, dass man, um den Charakter des Nebensatzes schon im Hauptsatz anzudeuten, wieder auf demonstrative Pronomina oder Partikeln

376 lAteinuiohe Onunmatik. d. Syntax.

zurückgriff, wie besonders eo quod im Spätlat. (und hien^ afin, paur que im Französischen) zeigen. Aber nun wiederholte sich vielfach der gleiche Pro- zess, indem z. B. eo quod über sein eng umgrenztes kausales Gebiet hinaus- griff und schliesslich gerade so allgemein gebraucht wurde wie quod allein.

288. Die nächstliegende Beziehung des mit quod eingeleiteten Satzes zum Hauptsatze ist die des direkten Objekts. Quod dient auch hier ursprünglich zur Erklärung eines Demonstrativs , vgl. Ter. Heaut. 888 gnatus quod se (issitnulat laetum^ id dicis? Allein frühe schon hat man das Demonstrativ fallen gelassen und so wird quod Konjunktion. Dieser Gebrauch ist zwar schon altlat., aber im ganzen auf wenige Beispiele be- schränkt; erst mit dem Sinken der Latinität erweitert er seine Gebrauchs- sphäre. So sagt schon Ennius Med. 285 Müll, non commemoro^ quod drckconis saevum sopivi impetum, Cicero p. Gluent. 188 praetereo, quod eam sibi domum delegit; Cic. Fam. 15, 4, 12 mitto, quod invidiam subieris (hier mit Coni. obliquus, sonst gewöhnlich mit Indikativ); ebenso folgt im Altlat., auch bei Lucrez (aber nie bei Cicero und Caesar) auf adde, sowie in der silbernen und späteren Latim'tät auf adicio und adde (seit Asin. PoUio, oft bei Ovid und aug. Dichtem, nicht bei Verg.) quod, z. B. Asin. Poll. bei Cic. Fam. 10, 81 adde huc, quod perferri Utterae nulla condicione potuerunt. Erst bei Macrobius wird quod in dieser Konstruktion auch durch quia ersetzt.

Nach den prädizierten Verben des Machens und Bewirkens steht seit Cic. ein Satz mit quod zur Bezeichnung des Objekts, z. B. Cic. fin. 3, 4 bene facis, quod me adiuvas; dieser Gebrauch erhält sich auch bei Liv. und Späteren, während Plaut, quia statt quod verwendet.

Ebenso verhält es sich mit den Verben des Affekts, welche jedoch schon im Altlat. einen Satz mit quod nach sich haben, z. B. Poen. 1373 ne mirere mulieres quod eum sequuntur (hier kann jedoch tnülieres als Ob- jekt zu mirere gelten, dann ist quod adverbialer Akkusativ, vgl. § 45) ; Cic. leg. agr. 2, 58 quod regi amico cavet, non reprehendo; quod minuit auctionem, laudo. Allein hier hat quia dem quod bei Plautus wenigstens erfolgreiche Konkurrenz gemacht, und erst in der klassischen Zeit überwiegt quod.

Besonders bemerkenswert sind Sätze mit quod nach W. sentiendi und declarandi. Fälle, wie das oben citierte Ter. Heaut. 888, wo quod auf ein Demonstrativ sich bezieht, kennt auch die klassische Sprache, z. B. Cic. Fam. 3, 8, 6 an mihi de te nihil dictum putas? ne hoc quidem, quod Taurum ipse iransisti? Caes. b. civ. 1, 23 pauca apud eos loqui^r, quod sibi gratia relata non sit (hier erklärt der Quodsatz den Begriff pauca); dies Demonstrativ kann selbst nachfolgen, vgl. Liv. 38, 49, 10: quod circumvenerunt, quod multa milia c&perunt, hoc, si ipsi tacuerint, vos scituros non credunt? Aber die Fälle, wo der Satz mit quod unmittelbares Objekt eines V. sentiendi oder declarandi ist, erscheinen weder im Alt- latein, noch im klassischen Latein. Das einzige Beispiel im Altlatein bei Plaut. Asin. 52 equidem scio tarn filius quod amet meus wird jetzt anders erklärt (vgl. Blass, Bh. Mus. 1882 p. 151; ich fasse quod amet wie bei Ovid Metam. 7, 23 haec quoque terra potest, quod ames^ dare = einen Gegenstand deiner Liebe). Durch die, wie oben § 151 gezeigt, sofort in der histor. Zeit der Sprache ausgebildet entgegentretende Konstruktion des

IV. Die ünterordnnng. (§§ 288—289.) 377

Acc. c. inf. wurden Sätze mit qtwd zurückgedrängt; sie konnten sich offenbar zunächst nur da Eingang verschaffen, wo das Y. sent. oder decl. nachfolgte. Allein die Analogie von adde quod^ commemoro quod, praetereo (= non dico) quod begünstigte ihr Auftreten und so mögen sie zuerst in der Volkssprache gelebt und erst später allgemeine Verbreitung gefunden haben. Die ersten Beispiele bietet und das ist bezeichnend genug das b. Hisp. an zwei sicheren Stellen. Livius hält sich wie die Klassiker fem, aber Petron, Plin. min., Tac, Sueton, Flor., Justin, weisen vereinzelte Fälle auf. In archaistischer Zeit tritt die Konstruktion unverkennbar wie eine vollberechtigte Ausdrucksweise in die Litteratur ein, verbreitet sich mit dem Niedergange der Sprache immer mehr, so namentlich in der Africitas, dem Kirchenlatein und den davon beeinflussten Schriften; die romanischen Sprachen haben die Erbschaft (franz. que, ital. che) angetreten. Der auct. b. Hisp. braucht im Satze mit quod den unterordnenden Kon- junktiv. In der Zeit nach Livius tritt, erstmals bei Petron, auch der Indikativ auf, der mit dem Sinken der Sprache immer mehr den Konjunktiv verdrängt. Interessant ist in dieser späten Zeit die Verbindung der Konstruktion des Acc. c. inf. mit quod, z. B. Pseudo-Cypr. mont. Sina 12: diximus quod lignum . . . habere interpretationem.

Quod ist auch Nominativ, so erklärt sich leicht, dass dem adde quod ein accedit quod entsprach, sowie dass auf haheo quod ein est quod folgte. Manchmal ist auch hier noch das Demonstrativ vorhanden, z. B. Plaut. Merc. 596 id Uli Vitium maxumum est, quod nimis tardus est, Cic. de or. 2, 15 hoc accidit mihi peropportune, quod ad Antonium audiendum venistis. Doch häufig fehlt es und quod wird vollständig Konjunktion.

289. Wie man id excrucior sagte, so konstruierte man schon frühe auch quod male feci excrucior, und so treten Sätze mit quod zum Haupt- satze ganz in das Verhältnis, in welchem der sog. freiere Akkusativ zu seinem Verb steht; hier mag, wie bemerkt, der Zusammenfall eines ablativischen quod mit dem Akkus, qttod es besonders begünstigt haben, dass nunmehr quod allmählich befähigt wurde, Erklärungssätze aller Art anzufügen, z. B. Cic. Fam. 4, 13, 2 ut id ipsum, quod maneam in vita, peccare me existimeni, aber auch Cic. de or. 1, 8 hoc enim uno praestamus feris, quod colloquimur inter nos, und cum eo quod auf einer Inschrift, bei Cic. ad Att., Celsus und Quint. Aus dem adverbialen quod entwickelte sich der sog. kausale Gebrauch von quod, der für Plautus mit Unrecht bestritten wird, vgl. z. B. Capt. 350, jedoch sich häufiger im klassischen Latein findet. Manchmal hat quod im Hauptsatze ein Korrelativ, z. B. eo, ideo (dies nirgends bei Caes. und Sali, bei Cic. vorzugsweise in den Erstlingsschriften), idcirco^ besonders beliebt ist propterea (namentlich bei Caesar, doch Liv. hat es nie); ea gratia nur bei Sali., ob hoc nur bei Späteren; allein es hat sich schon frühe von der relativen Natur emanzipiert, indem z. B. schon bei Lucrez die Zahl der Stellen mit Demonstr. nur halb so gross ist, als die Zahl der Stellen ohne Demonstrativ. Während die klassische und nachklass. Periode nach kausalem quod den Konjunkt. nur als Modus obliq. gebraucht, finden wir im Spätlatein ohne weiteres den Konjunktiv an Stelle des Indikativ; dasselbe gilt auch für quia, vgl. § 293.

378 Lateinisohe Qrunmatik. d. Syntax.

290. Wie der Relativsatz seinem regierenden Satz vorantritt, so können Sätze mit nominativisehem, akkusativisehem und adverbialem quod ebenfalls ihrem Hauptsatz vorantreten; hier entspricht quod unserm ^toas das betrifft, wenn^ dass'' . Ein Demonstrativum kann im Hauptsatze stehen, aber wie bei vorausgehendem Relativsatz das Demonstrativ gewöhnlich fehlt 276), so hat auch voraustretendes qiiod meistens kein entsprechendes Demonstrativ. Diesen Gebrauch von qtMd kennt schon das Altlatein, auch die klass. und nachklass. Sprache; der Modus ist der Indik. oder der oblique Konjunktiv, im Altlat. findet sich merkwürdigerweise oft der Kon- junktiv, wo die klass. Sprache den Indik. gesetzt hätte. Recht bezeich- nende Beispiele für diesen Gebrauch von quod bietet Caesar; vgl. Caes. b. G. 7, 20,[3 quod castra movisset, factum inopia päbuU; 1, 17, 6 quod neces- sariam rem coactus Caesari enuntiarU^ intellegere sese, quanto id cum pericuh fecerit; 1, 13, 5 quod improviso unum pagum adortus esset, ne ob eam rem suae magnqpere virtuti tribueret; 1, 44, 10 debere se suspicari, Caesarem^ quod exercitum in Gallia habeat, sui opprimendi cattsa habere\ vgl. dazu Neue Jahrbb. 1897 S. 211. Über die Konkurrenz von cum und quod in solchen Sätzen vgl. Setff.-Müller zu Lael. S. 41.

391. Sehr interessant ist die Beobachtung, wie der stete Gebrauch von quod in der spätem Sprache dasselbe zu einer Art Universalkonjunktion stempelte, ähnlich wie dies früher bei u^ gewesen war. Ja die frühere Zeit zeigt schon das Bestreben, die Gebrauchssphäre von quod zu erweitem. So gebraucht es Varro r. r. 2, 2, 14 = instrumentalem quom: deterrent ab saliendo, quod alUgant. Auffälliger ist, dass qu^d bei Yopisc. und Cass. Fei., dann bei Sidonius Apollinaris und Salvianus, bei letzteren gar mit dem Indikativ, in Finalsätzen verwendet wird; femer finden wir es in der bist. Apoll., namentlich aber im gallischen Latein, zu dessen auffalligen Erscheinungen es gehört, also bei Salv., Apoll. Sidon., Alcim. Avit., Claud. Mam., auch in Konsekutivsätzen, z. B. Claud. Mam. 95, 2 E sie ad üJum accedit, quod a te utique non recedit, bist. Apoll. 3, 30 tantam verecundiam concepit, quod decrevit; statt ne nach den W. timendi, z. B. Hieronym. in Matth. 1 ad 10, 29 sqq. non debetis timere, quod absque dei vivatis Pro- videntia; für quin oder quominus nsLch prohibere, dubitare u. a., z. B. Ammian 14, 6, 21 illud non dubitatur^ quod retentabant; luvenc. 2, 180 haud dubium est quod, auch bei Juristen, z. B. Mod. reg. 48, 10, 27, 1; ja seit Quint 10, 3, 14 und Plin. ep. 4, 27, 1 sogar statt qiu>m oder postquam oder quam; dies wird richtig durch ursprüngliche Yoranstellung des Quodsatzes erklärt (Bonnet S. 326): quod haec audivimus, annus octavus est; dann folgt auch der Satz mit qtAod nach, z. B. Hieronym. Y. Yilar. 29 biduum hodie e^t, quod totus mundus tali parente orbatus est (letzteres ist vielleicht schon b. Hisp. 37, 3 qiuirto die navigationis, quod imparaii a Carteia profecti sine aqua fuissent, ad terram appUcant anzunehmen?). Bei dieser Universalität von quod wird kausales quod im späteren Latein regelmässig durch quia oder quoniam ersetzt oder mit eo = eo quod näher charakterisiert. Aber auch dieses eo quod wird bald nach Y. dicendi gebraucht, ebenso in temporalem Sinne verwendet = quando und somit völlig mit quod gleichgestellt. Wir sehen somit, dass das französische que als „allgemeiner Nachsatzexponent*

IV. Die ünterordnimg. (§§ 290—298.) 37g

(Gröber) lediglich die Funktionen von qtu>d, in welchen es namentlich im gallischen Latein erscheint, weitergeführt hat.

292. Dass qtwd in Verbindung mit Präpositionen tritt, welche den Akkus, regieren, z. B. praeter quod, kann nicht befremden, denn der ganze Nebensatz ist ja weiter nichts als ein Akkus, (vgl. § 184); bisweilen tritt ein hinweisendes id dazu, z. B. ad id quod, bei praeter und super ist ausser- dem in pleonastischer Weise noch quam beigefügt, z. B. praeter quam quod. Wie man statt neminem vidi praeter te auch sagte nm te, so hat sich neben praeter quod schon frühe nisi quod gebildet, was um so leichter sich einbürgerte, als nisi in der Volkssprache adversativen Charakter hatte. Es werden nun angetroffen praeter quam quod bei Gate, Ter., Gic, Liv., Celsus und Spät., praeter quod bei den Archaisten, Florus, Lact., super quam quod nur bei Liv., ebenso ad id quod^ super id quod nur bei Tac, nisi quod bei Plaut., Gic. (nicht in den Reden), Sali., Liv. (bei diesem ge- wöhnlich mit Negation), oft bei Tacitus, Sueton und ApuL, iuxta quod und propter quod in der Vulgata und sonst im Spätlatein, z. B. bei Gregor. Turon., Isidor., secundum quod bei eccL, besonders Hieronymus und Gyprian, und im Gonstantinusroman S. 20, sogar prae quod bei Plaut. Stich. 362, post quod = postquam bei Fredegar.

Ähnlich wie sane quam u. ä. (vgl. § 270 Anm.) ist tarUum quod zu erklären, welches ganz selten, aber doch auch in Gic. Erstlingsreden = nisi quod gebraucht wird, öfters aber, so in Gic. epp., dann bei Voll, und Suet. 9S0 eben'' bedeutet, z. B. Suet. Aug. 98 ruivis quae tantum quod ad- pulerat,

ß, Qaia.

293. Quia ist Acc. plur. neutr. vom Relativstamm (bestätigt durch quiapropter =r. quapropter, welches sich in der laudatio Scipionis Aemiliani findet, als Acc. Plur. auch von J. Schmidt, Pluralbildungen der indogerm. Neutra, Weimar 1889, S. 43 anerkannt). Als Fragewort hat sich quia ganz spät bei Lucifer Galant. 218, 17 H. quia haec faeit? vorgefunden, in Verbindung mit nam schon bei Ennius und vielleicht noch bei Prudent. S. 1, 53, bei Ennius als Fragwort, bei Prudent. = weil ja, also als Konjunktion; vgl. § 254 und oben Stolz § 90.

Quia dient als relative Konjunktion fast ganz denselben Zwecken wie quod. So wird es nach den Verben des Affekts bei Plautus, Ter. und Gato, bei Gicero nur in den Briefen ad Att., aber auch von Lucc. ad Farn. 5, 14, dann bei Liv. und sehr selten bei Sueton und Tac, aber auch noch bei scr. h. Aug., bei Dracont. und sonst im Spätlat. gebraucht. Bei den prädizierten Verben des Machens und Geschehens hat Plautus den Nebensatz durch quia verbunden, z. B. Aulul. 418 Götz istuc male factum arbitror quia non latus fodi; ebenso entspricht quia dem quod bei Hör. sat. 1, 9, 51 nihil mi officit, quia ditior hie est aut doctior {quia = nomi* nativischem quod). Nach den VV. sent. und declar. mag es schon frühe wie quod verwendet worden sein, daraufhin weisen Stellen wie Plaut. Pseud. 567 quo id sim facturus pacto, nil etiam seio, nisi quia futurumst. Dann aber verschwindet es, um erst wieder in der Itala des Tertullian und bei eccl. aufeutreten ; doch wird jetzt der Gebrauch auch bei Profan-

380 Lateinische Chramnuttik. d. Syntax.

Schriftstellern, z. B. Macrobius, namentlich bei solchen, welche sich an griechische Originale anlehnen, üblich, bald mit Indikativ, bald mit Kon- junktiv, z. B. Hieronym. ep. 22, 29 memento quia in media laqueorum amhulas und Hier. Orig. in Ezech. hom. 5, 2 debemus nasse quia nan statitn ubi fames fuerit sequatur et mars, ja ähnlich wie bei quod selbst in Kon- kurrenz mit dem Acc. c. inf., z. B. Sulpic. Sev. dial. 1, 27, 4 credo quia nan defuiura tibi verha. Wenn auch hier quia sogar häufiger als quod er- scheint, hat doch das letztere den Sieg davongetragen und quia tritt abgesehen von der Übersetzungslitteratur gegenüber quod zurück, besonders bei den späteren heidnischen Autoren.

Mit entsprechendem Korrelativ {id6o, eo, prqpterea, eapropter, ob hoe^ welche aber nur zum Teil der klassischen Prosa angehören) oder auch ohne ein solches wird quia schon frühe als kausale Partikel gebraucht, und zwar überwiegt es in der Volkssprache und so bei älteren Schriftstellern über quod, wie dies die scenischen Dichter und Lucrez beweisen, während dagegen die Prosa, auch Yarro und Nepoß, und die mehr für Gebildete bestimmte Poesie quod vorziehen. So hat beispielsweise Caesar nur eine Stelle mit quia, und diese steht im b. Civ. 3, 30. Dagegen wird der Ge- brauch von quia wieder bei Tacitus sehr ausgedehnt, und wir finden hier oft quia, wo die klassische Sprache unbedingt quod gesetzt hätte; eben- so zeigt sich beim Juristen Gaius das Bestreben, quod durch quia zurück- zudrängen. Der Modus nach quia ist in klass. Zeit wie im silb. Latein der Indikativ; erst im Spätlat. finden wir auch den Konj., z. B. Apoll. Sidon. 7, 14, 10 barbaros vitas, quia mali putentur, namentlich bei den Juristen.

Wie nisi quod treffen wir auch nisi quia, aber nur bei Plaut, und Ter. Mit praeter quam u. ä. hat quia nie eine Verbindung eingegangen, woraus zu schliessen, dass nur nisi quod und nisi quia volkstümlich, die andern Wendungen aber künstlich nachgebildete waren, und deshalb finden sie sich auch nur vereinzelt.

Zu besprechen ist noch das zur Bezeichnung eines geleugneten Grundes gebrauchte nan eo quia oder ohne Korrelativ non quia. Plautus kennt nur non eo quia entsprechend eo quia, Terenz aber hat zwar noch häufig eo quia, aber nur non eo quo, Cicero sagt non quo {quin) sed quod {sed quia, sed), auch non quod sed quod {sed); aus CSc. Quint. 6 non eo dico, quo . . aut quo non ersehen wir, dass qiU)d durch Attraktion an eo zu quo geworden ist, ein Prozess, der sich beim adverbialen qu^d sehr leicht vollziehen konnte. Mit Livius bürgert sich das von allen Schrift- stellern der klassischen Zeit verschmähte non quia ein (bei Gic. Tusc. 1, 1 will Gebhabdi, N. Jahrb. 1886 p. 864 nicht non quia, sondern no9^ quin percipi passet lesen), das bei Quint., Plin. epp., Tac, welcher non quo, non quod, non quin nicht kennt, und bei Flor, sich erhält, ebenso im gal- lischen Latein, wo quod seine rein kausale Bedeutung eingebüsst hat, und somit non quia vollständig für non quod eintritt. Ausschliesslich spätlat. bei Val. Prob, ad Verg. 2, 19 K. findet sich non quoniam . . ., sed quoniam. Der Modus bei non quia ist der Konjunktiv, gerade wie bei non quod oder nan quo. Aber schon bei Lucr. 2, 8 non quia vexari quemquamst iucunda

IV. Die Unterordnung. (§§ 293—295.) 381

voluptas = nicht als ob es wäre, dann bei Properz 1, 11, 17 non quia non es mihi cognita = nicht als ob du nicht wärest steht der Indikativ in auf- fälliger Weise. VieUeicht hat der korrekte Indikativ nach non quia = nicht aus dem Grunde weil auch hier den Indik. begünstigt; non quia mit Indikativ steht so auch Gic. Plane. 78, oft im nachklass. und späteren Latein, z. B. Celsus 83 D. non quia mane est, sed quia remissio est, dari debet oder Firm. Mat. 17, 1 Solem diei voluerunt non quia solus est, sed quia luceat solus. Dass dieses non quia den Indikativ nach non quia = uicht als ob nach sich zog, ersehe ich bei Lucr. daraus, dass er nach non quo ganz korrekt den Eonj. setzt, z. B. 2, 336 non quo sint. Der mit sed quod oder sed quia eingeleitete Qegensatz steht naturgemäss im Indikativ; erstmals bei Justin, dann Capit. Gord. 9 und öfters dann in der Folgezeit treffen wir den Eonj.

y, Qaam.

394. Quam ist ein Acc. fem. gen. vom Stamme quo und hat inter- rogative, relative und indefinite Bedeutung. Nach Planta U S. 484 ist jedoch das m von quam eher instrumentalisch als akkusativisch aufzufassen; nach Hermann (Progr. Coburg 1897 S. 16) ist ^am Adverbialsuffix für Pro- nominalstämme geworden. Vgl. auch Delbrück I 626.

Als Relativum entspricht es dem korrelativen tarn, welches gleich- falls Akk. ist; beide repräsentieren die freiere Anfügung des Akk. und bedeuten daher „in der Hinsicht, in welcher*^. So findet es sich in der Sprache des Volkes, z. B. im Sprichwort tam perit quam extrema faba (Festus 8. V. iam perit) „er verkommt wie die Saat am Wege*; in der urbanen Sprache müsste dies lauten perit tamquam extrema faba. Diese Korrelation tam quam hat sich bei Plaut., Pacuv., Ter., bei Cicero in epp. und Reden, bei Sali., auch in der silbernen Latinität, so namentlich beim Philosophen Seneca erhalten, z. B. ep. 18, 15 hie adfectus tam ex amore nascitur quam ex odio, dann auch bei den Juristen, hier geradezu für cum tum (vgl. § 312), ebenso im Spätlat., so bei Lact, und in der Peregrin. Silv., sowie im mittelalterlichen Lat. ; so z. B. schreibt der Kölner Chronist 1161 tam ingenio, quam viribus, vgl. Scheffer-Boichorst, Z. f. Gesch. d. Oberrheins 1889 S. 467.

296. Während tam quam in Verbindung mit dem Positiv der Adj. und Adv. allgemein lateinisch ist, gehört tam magis quam magis der Dichtersprache an, z. B. Ennius fab. 416 L. Müll, quam magis aerumna ^rget, tam magis ad malfaciendum viget. Ähnliches hat man bei Plaut., Lucr., Verg. beobachtet; bei Lucr. kommt zur Abwechslung auch quo (quanto) magis tam magis vor, z. B. 4, 998; 5, 452. Der Superlativ bei tarn quam findet sich vereinzelt bei den Komikern, scheint aber dann der Richtung Cato, Varro, Sallust (Jug. 31, 14 quam quisque pessume facit, iam maxume tutus est), über welche er nicht hinausgeht, besonders eigen- tümlich gewesen zu sein.

Mit Unterdrückung des demonstrativen Gliedes finden wir quam mit Superlativ seit Ennius allenthalben in der Latinität, während quam mit Positiv der Volkssprache eigen ist; näheres siehe Stilistik § 11 Anm.

Dem Verfall der Latinität gehört qtmm mit Komparativ an, z. B.

382 Latoinisoha Oramnifttik. d. ByntaaE.

Hieronym. ep. 130,5 Jns et aliis quampluribus inflammata studüs; vgl. Probus inst. art. p. 93 E. : quam plures soni, hoc est^ quam plurima namina.

296. Das negierte tum tarn quam kommt erst mit Yarro und Cic auf, bei welchem es p. Deiot. 3, 8 durch eine Art Ausgleichung mit der Eomparativkonstruktion verschmolzen ist; es hat sich erhalten bis ins Spätlatein, wo es sich z. B. bei Lact., Priscill. u. a. findet, bei Salvian auch mit der Abwechslung fwn tantum quam.

Ausser tarn finden wir auch andere Korrelativa zu quam^ z. B. aeqw quam bei Plaut., Ovid, Liv., Plin. mai., Sen. phil., Quint, Tac, Plin. epp., Suet., Colum., meist mit vorausgehender Negation, perinde quaw bei Tac. und Suet., iuxta quam bei Liv.

397. Der mit quam angefügte Satz wird entsprechend der Grund- bedeutung von quam besagen, in welcher Hinsicht das im Hauptsatz Ge- sagte gilt. Dies bemerken wir namentlich beim Komparativ und bei komparativen Begriffen; wenn somit omnium apiniane celerius Caesar vmi = „vom Standpunkt der allgemeinen Ansicht aus betrachtet' bedeutet, so bezeichnet celerius venu quam omnes opinati sunt .in Hinsicht auf die all- gemeine Ansicht", welche beide Anschauungen sich decken (vgl. oben § 96). Vgl. noch Lact. H, 10, 1 qu^runtur hominem nimis imbecillum et fragüem nasci, quam cetera nascantur animalia {= im Vergleiche wie . . .) und Oros. 6, 19, 19 ut duplicia, quam usque ad id fuerant, possessionum pretia statuerentur (im Vergleich mit dem früheren Preise),

Beim Komparativ selbst ist zu bemerken, dass auch das Adj. oder Adv., in Hinsicht auf welches eine andere Eigenschaft in höherem Grade erscheint, durch eine Art formaler Ausgleichung ebenfalls in den Komparativ gesetzt wird; dies findet sich zuerst bei Gate or. X, 2 vitam antiquiorem quam innoxiorem, dann vielleicht bei Lucilius p. 162 M. nasum diductius quam pandius, dann sicher bei Varro (1. lat. 10, 75 diligentius quam apertius) und Gic. Nach Gic. haben es Liv. und die von ihm abhängigen Historiker, Yell., Tac., der aber nach quam auch den Positiv zulässt, dann Gellius und mit abundantem magis noch Festus 13, 1 ed. Wagner: ius eius instdae ava- rius magis quam iustius sumus assecuti.

Mit Unrecht wird eine Ellipse angenommen in Sätzen wie Cic. Plane. 2 admirandtmi esse Laterensem quam metuendum mihi venu in mentem^ Liv. 3, 68, 11 m^lae rei se quam nullius duces esse volunt, Plaut. Bacch. 618 inimicos quam amicos aequomst med habere, Nepos 14, 8, 1 statuit congredi quam re- fugere, denn hier liegt im Adjektiv oder Verbum ein Komparativbegriff. Solche Konstruktionen finden sich seit ältester Zeit ; so sagt schon Ennius ann. 136 L. Müller ferro se caedei quam dictis his se toleraret, Varro hat in r. r. mehrere Beispiele, bei Gicero hat man mit Recht an der Über- lieferung festgehalten in Att. 12, 37, 3 apud Terentiam gratia opus est nobis tua quam auctoritate; namentlich aber ist die silberne Latinität reich an solchen Konstruktionen, dann besonders Tac. und die Archaisten, sowie die eccl., und dieser Gebrauch von quum erstreckt sich bis in die spateste Zeit herab. Hier konnte er sich um so weiter ausdehnen, als im Spfitlat. die Komparationsgrade sich leicht verschieben; vielleicht hat im afirikani- schen Latein der Gebrauch von quam nach dem Positiv eines Adjektivs

lY. Die ünterordxinng. (§§ 296—298.) 383

seinen Grand noch darin, dass das Punische keinen Komparativ kennt. So sind Beispiele wie bonum est confidere in domino qtuwt confidere in homine hier nicht selten und leicht erklärlich. Allmählich gewöhnte man sich so an qiAam ohne Komparativ, dass z. B. bei Tertull., Lucif. u. a. magis regelmässig fehlt. Vgl. Paückeb, Rh. Mus. 37 p. 606, Z. f. ö. G. 1883 p. 338; Habtel, Patrist. Studien I, 24; lü, 15; IV, 7; Landgraf, Archiv IX S. 551. (Vgl. Zusätze).

Der Modus des mittels quam nach einem Komparativ eingeführten Satzes ist der Indikativ; der Konj. steht dann, wenn schon der Gedanke an eine Sache abgewehrt werden soll, z. B. Plaut. Asin. 816 suspendam potius me, quam tacita haec tu auferas {du willst dies wegtragen? da lass ich mich lieber hängen); CSc. Tusc. 2, 52 Zeno perpessus est omnia potius quam conscios indicaret (= consdos indicaret er hätte angeben sollen? Lieber erduldete er alles). Während nun das Altlat. nach potius quam nie ein konsekutives und wohl auch kein finales ut einschob, sondern lediglich den Potentialis setzte, wird seit der klassischen Zeit in ausgesprochenem kon- sekutiven Verhältnisse oder da, wo zwei Finalsätze verglichen werden, ut eingefügt. Näheres siehe bei Riemann, Revue de philol. 1888 p. 43 59 ; für Livius Archiv X S. 73.

298. Komparative Adverbien und Adjektiva können auch einen Satz mit quam zur näheren Bestimmung annehmen; so steht extra quam bei Cato, dann namentlich im Kurialstil, ultra quam bei rhet. ad Her., Gic, Asin. Poll., Liv., Gels., Sen. phil., Lact., prae quam nur bei Plaut., super und insuper quam nur bei Liv., advorsum quam nur Plaut. Trin. 176, contra quam seit rhet. ad Her. und Gic, der aber auch, wie Gaes. und Sali, ausschliesslich, nach contra das anknüpfende atque gebraucht; praeter quam bei Naevius, Lucr. und noch Spätlat. bei Hygin., pro quam bei Lucr., supra quam bei Lact.

Nach alius findet sich quam meist nur, wenn ersteres negiert ist, und auch dies erst seit Sallust; die klassische und vorklassische Sprache kennt diese Konstruktion nicht. Nach positivem alius treffen wir quam selten, erstmals bei Varro, dann bei Liv., Sen. phil., Plin. ep., Suet., Gell.; betreffs Gic. inv. 1, 26 und 87 vgl. Seyffert-Müller zum Lael. S. 129.

Ähnlich verhält es sich mit aliter, das gleichfalls mit Sali, die Kon- struktion mit quam annimmt und sie erst mit Quint. und Sen. nach posi- tivem aliter zulässt.

Der Analogie von alius folgt bei Gelsus alter, z. B. 270D. ab alte^-a parte quam ex qua venit, bei Plin. mai.. Just., Flor, diversus, bei Lactanz und Claudian contrarius, Vorläufer von contra quam ist bei Plaut, advorsum quam. Nach secus gebraucht die ganze Latinität bis Gurtius, Sen., Tac, Terentian herunter quam, Gic. freilich nur ad Att. und die meisten Autoren nur, wenn secus negiert ist; die Verbindung scheint vulgär gewesen zu sein.

Anmerkung. Die Frage, ob nacb alius in klassischer Sprache nie quam folgen könne, ist viel erörtert worden. In Ciceros Reden hat C. F. W. Müllbr überall quam be- seitigt, bei Gic. Att. 9, 5, 3 billigt er das von Baiter eingesetzte quam nicht, allein in dem fragm. ep. ad Hirtium p. 298, 19 cum enim nobüitas nthil ailiu4 sit q\w,m cognita virtus ▼agt er quam nicht anzutasten. Vgl. C. F. W. Mülleb zu Cic. oratt. II, p. LXI, Anton, Stadien HI, p. 40—45.

384 Lateinische Grammatik, d. Syntax.

299. Qtiam kann in unmittelbare Nähe zu seinem Korrelativ treten oder sich geradezu mit demselben verbinden; so wird aus tarn perit quam extrema faba nunmehr perit tamquam extrema faba; vgl. Cic. p. Sest 120 Äesopus semper partium in re publica tarn quam (so Halm und C. F.W. Mülleb, tanquam Madvig, Op. acad. 1, 494, Seyff., Schol. lat. 1, 196) in scaena optimarum. Das Ursprüngliche ist hier der der Realität entsprechende Vergleich und dieser hat sich bei Cic. erhalten, z. B. Cic. Tusc. 5, 13, auch noch später, sogar im Spätlatein, z. B. in der Peregrin. Silv. ; aber daraas entwickelte sich naturgemäss die Bedeutung des angenommenen Vergleichs, und so wird tarn quam = „gleich wie" ; z. B. Cato r. r. 87 facito tamquam faex fiat (=■ wie wenn es werden sollte). Der Modus bei diesem tamquam ist natürlich der Konjunktiv. Schon frühe trat eine Konkurrenz ein zwischen quasi und tamquam, da ja beide zur Einführung einer Annahme im Vergleich dienen; über den Verlauf dieser Konkurrenz vgl. Neue Jahrbb. 1891 S. 218 und Kalb, Borns Juristen S. 12 (doch ist zu berichtigen, dass Lucr. auch öfters tamquam aufweist, vgl. Reichenhabt, W. f. klass. PhiL 1893 S. 487).

Sobald man einmal tamquam als ein Wort ansah, traten damit andere Korrelative in Beziehung; so tamquam ita bei Ter., Cic, Liv., Sen. phil, tamquam sie bei Cic, auch bei Petron, Sen. phil., in wirklichem und in angenommenem Vergleiche, auch perinde tamquam bei Liv.; ja man verband tamquam mit st, so schon Plaut., dann Cic, Liv., Suet, Sp&t. Eine bemerkenswerte Bedeutung, nämlich , zum Beispiel*, ist &t tamquam bei Sen. phil., der es überhaupt sehr kultiviert, zutage getreten, z. B. Ben. 1, 11, 4 proxima ab his sunt^ quae . . . tamquam Überlas et pudicitia ä mens bona; dies hat sich erhalten, z. B. bei Grammatikern wie Diomedes.

Einen eigentümlichen Gebrauch hat tamqtmm bei Celsus, Quintil., Plio- min. und besonders bei Tac und Sueton angenommen, der sich indes leicht aus der Grundbedeutung herleiten lässt, z. B. Quintil. 9, 4, 53 Cicero re- prehenditur a quibusdam, tamquam orationem ad rythmos alliget, Tac. bist. 1, 48 servili probro respersus est tamquam- scyphum aureum furatus i,in der Hinsicht, in welcher einer der gestohlen hat* := „weil er gestohlen habe*; auch geradezu für einen Acc c inf. scheint bei Tac. tamquam zu stehen, z. B. ann. 14, 22, 1 de quo vulgi opinio est, tamquam muiationem regni portenr dat: ein Beweis, wie Tac die durch die Sprache gebotenen Mittel auszu- nützen wusste, um an die Stelle abgegriffener Wendungen neue Konstruk- tionen zu setzen. Auch velut und qimsi nehmen an diesem Gebrauche von tamquam teil; vgl. jedoch Pfitzneb, Die Annalen des Tac. kritisch be- leuchtet, 1869, S. 160—165; Gudeman zu Tac dial S. 64.

300. In Sätzen wie Just. 26, 1, 10 quinto quam tyrranidem occupa- verat mense opprimitur bezeichnet der mit quam eingeleitete Satz, in welcher Hinsicht die Zeitbestimmung aufgefasst werden soll. Dieser Gebrauch von quam gehört Nepos, Liv. und den nachfolgenden Historikern, jedoch nicM dem Tac, aber noch den scr. h. Aug., dem Eutrop und Oros. an. Er ist der Grundbedeutung von quam durchaus entsprechend, und wenn er bmgu verhältnismässig spät in der Litteratur erscheint, doch für ursprünglich anzusehen.

IV. Die Unterordnung. (§§ 299—300.) 385

Durch Hinzufügung einer entsprechenden näheren Bestimmung im Hauptsatze, z. B. ante, post, prius wird der Ausdruck vollständiger, und so finden wir seit Cato (r. r. 65 post dient tertium, quam lecta erit) allent- halben in der Prosa (immer bei Vell., der nie postquam hat) mit post ge- bildete Zeitbestimmungen durch einen ganzen Satz näher bestimmt; das Tempus desselben ist das der Vorzeitigkeit ; vgl. § 274. Über antej prius . . . quam vgl. § 301.

Wenn nun post (postea) und qtmm sich zu einem Worte postquam (posteaquam) vereinigen,so steht darnach das historische Perfekt oder auch das historische Präsens zur Bezeichnung der einmaligen Handlung der Ver- gangenheit, das Imperfekt zur Bezeichnung der Dauer und das Plusquam- perfekt zur Bezeichnung der Vollendung in der Vergangenheit. Dabei lässt sich aber nicht verkennen, dass das Plusq. und das Imperf. eine Beziehung zur Haupthandlung angeben und zwar die der Vorzeitigkeit oder der Gleichzeitigkeit, während Perf. bist, und Praes. bist, davon ganz absehen und die Handlung des Nebensatzes schlechthin als vergangen, also ab- solut darstellen. So ist z. B. b. Afr. 37, 1 Caesar postquam auxerat iubet unzweifelhaft auxerat als vorzeitig zu iuhet (Praes. bist.) anzusehen; die klass. Sprache aber pflegt bei postquam diese Vorzeitigkeit nicht zum Aus- druck zu bringen, sondern zieht absolutes Tempus vor. Ebenso selten ist das eigentlich zu postquam gar nicht passende Imperfekt; doch vgl. nach- her zu Catull 50, 14.

1. Der Ind. Imperf. ndidh postquam steht Plaut. Most. 640, sonst nicht im Altlat., bei Cic. nur in den Erstlingsreden und in Briefen, ganz selten bei Caesar, auch im b. Afr., öfter bei Sali., vereinzelt bei Catull und den aug. Dichtern, sehr häufig bei Liv., Tac. und ihren Nachahmern, z. B. Curtius und Florus. Ein signifikantes Beispiel hat Catull 50, 14 postquam membra semimortua lectulo iacehant^ hoc poema tibi feci (eig. quam iacebant post feci = als sie lagen, darauf machte ich, vgl. Planta II S. 484).

2. Das Plusquamperfekt im Indik. findet sich im Altlat. nur bei Ter. Andr. 177 und Caecil. Statins, bei Cic. nur in Erstlingsreden und Briefen (auch Cael. Fam. 8, 8, 2) nicht bei Caes. und Horaz, einmal bei Verg., öfter bei Sali, und Nepos, im b. Afr. wiederholt, häufiger bei Liv. und Tac. (je- doch nicht in Germ., Agric), selten bei den Nachahmern der letztern, Flor., Eutrop., Aur. Victor, und bei Fronte.

3. Der Coni. imperf. und plusq. ist in guter Latinität (ausser der oratio obliqua) kaum irgendwo anzunehmen; bei Cic. Pomp. 9, Fam. 2, 19, 1, Att. 11, 12, 1 und sonst ist offenbar posteaqtmm aus postea quom ent- standen und letzteres ist in den neueren Texten überall hergesteUt, vgl. C. F. W. Müller zu Cic. Fam. 2, 19, 1. Ebenso unsicher ist die Kon- struktion bei Liv. und Tac. (Wölfflin, Liv. Krit. p. 6 und bei Bursian 1874/75 p. 757), beglaubigt je eine Stelle bei Vitruv und Val. Max.

Anmerknng 1. Dadurch dass postquam eine Reihenfolge der Ereignisse angiht, bekommt es nnd zwar schon im Altlat. auch kausale Bedeutung, z. B. Plaut. Capt. 487 obeo ab Ulis, postquam video sie me ludificäner,

Anmerkung 2. Ganz spätlat. ist post = postquam, wie ähnlich simul fQi* simul' (itque schon klassisch gebraucht wird; vgl. Wölfflin, Archiv IV p. 274, Wiener Studien I 210, 247; UI 306.

Handbuch der klaas. Altertnmswiflsenschaft. II, 2. 3. Aufl. 25

386 Lateiniaohe Grammatik, d. Syntax.

301. Ähnlich wie post wird auch ante und prius zu quam in Kor- relation gesetzt, z. B. ante rorat quam pluit, und oft mit demselben zu antequam und priusquam verschmolzen.

Das Altlatein bevorzugt priusquam, Gate jedoch hat wie Lucrez auch antequam neben priusquam, Ter. hat es Hec. 146, Gael. Antip. p. 100 fr. 4 P., Varro gebraucht r. r, nur antequam oder das zerlegte prius quam ; rhet ad Her. kennt nur antequam; aber Caesar hat dies nie im b. G., einmal im b. civ., Nepos gebraucht nur priusquam. Sali, hat antequam nur Jug. 97, sonst priusquam, Juvenal hat nie antequam: überhaupt ist festzustellen, dass antequam in klass. Zeit zurücktritt, bei Beginn des silb. Lateins sich um so bemerklicher macht, um später dann sich ziemlich gleichmässig mit priusqtuim in den Besitz zu teilen. Ins Romanische ist nur antequam (avant que) übergegangen. Vgl. noch Neue Jahrbb. 1891 S. 221. Zulässig sind im Nebensatz beide Modi aller Zeiten, nur ist der Ind. Fut. in der klassischen Zeit sehr selten; ich kenne nur Cic. Att. 13, 48, 1 si minuSf non antequam necesse erit und Paradox. 6, 45 nunquam eris dives, ante quam . . reficietur; auch in der Folgezeit trifft man ihn selten, z. B. bei Vitruv. 108,* 10 pHusqu^m dissipabitur, Sen. rhet. 291, 1 K. de iUius morte scribe, antequam iurabis de ttui. Für den Ind. Fut., welcher bei Cato ganz wie der Konj. Präsens gebraucht wird, z. B. priusquam messim fades und priusquam fruges condas, tritt bereits bei Yarro der (prospektive) Ko^j. Präsens ein und dieser Gebrauch hat sich in der Folgezeit erhalten. Auch der Ind. Praes. findet sich schon im Altlat., bei Varro nur dann, wenn der Satz mit antequam nur Zeitbestimmung ist, z. B. r. r. 1, 40, 4 id fit tum, ante qu^m gemmare quid incipit; dies hat sich auch in klass. Sprache er- halten. Die Vorzeitigkeit wird durch das Fut. ex. bei futuralem Haupt- satze ausgedrückt; wesentlich ist hier die Negation, z. B. Plaut. Bacch. 920 quos non dabo, priusquam filium convenero (eig. = ubi filium convenero dabo); genau so, jedoch mit absolutem Tempus, erklärt sich Liv. 35, 26, 9 nee ante fugae finem, qxAam Patron ventum est, fecit (= ubi ventum est, fecU). Doch findet sich wie Ind. Praes., so auch Ind. Perf. in reiner Zeitbestim- mung ohne Negation im Hauptsatz, z. B. Gic. Fam. 3, 6, 4 antequam in provinciam veni, redditae sunt a te Utterae. Steht aber der Eonj. Imperf., z. B. Gic. Verr. 4, 147 anteqtmm verbum facerem, de sella surrexit et abiit^ so erklärt sich dies daraus, dass der Sprechende nicht bloss die Zeit angeben wollte; der Sinn ist hier: meint ihr, ich hätte ein Wort sprechen kötmen? Noch bevor ich überhaupt anfing, ging er weg. Der Ind. Imperf. kommt ganz selten bei Liv. und einmal bei scr. h. Aug. Jul. 1, 4, der Ind. plusq. nur bei Gael. Antip. p. 100 fr. 4 P. und Gic. de dom. 30 vor. Auch im Gebrauche der übrigen Tempora und Modi herrscht bei den verschiedenen Schrift- steilem keine Gleichmässigkeit; so hat z. B. Tac. weder Ind. Praes., noch Fut. exact., Nepos bevorzugt im Prät. den Konjunktiv. Nur bei ihm, z. B. Them. 8, 4 inde non prius egressus est quam rex eum data dextra in fideni reciperet, finden wir eine Ausnahme zu der durch die bessere Latinitat herrschenden Regel, wonach im Nebensatz der Ind. Perf. steht, wenn der Hauptsatz verneint ist und ein histor. Tempus enthält. Im Spätlat. freilich sagt Ammian 20, 7, 16 non ante discessit quam cerneret und 20, 4, 22 non

IT. Die TJnterordnimg. (§§ 301—803.) 387

ante discesserunt quam conspexissent: aber hier werden bekanntlich Tempora und Modi bunt durcheinandergeworfen.

flieher gehören auch pridie und postridie quam: ersteres wird bei Plaut, und CSc. (Lael. 12, Verr. 5, 77, sonst nur in epp.) mit dem Ind., bei Liv., YelL Fat., Yal. Max., Suet. und noch späÜat. bei Orosius mit Eonj., posU ridie quam bei Plaut., Gic. (nur in epp.) und Suet. mit Ind. gefunden, bei Cic. Ac. 2, 3, 9 mit Eonj., sonst nicht erwähnt. Siatim quam gehört den Juristen und eccl. an, statim atque ülpian und seiner Zeit, mox quam (wofür auch mox atque und bloss mox gebraucht wird) nur dem späteren Latein.

302. Durch Wiederholung von quam entsteht quamquam; heisst quam „in welcher Hinsicht", so bedeutet quamqtuim „in welcher Hinsicht auch nur immer" ; es entspricht somit quamquam in Zusammensetzung und Bedeutung den sog. verallgemeinernden Relativen und wird daher wie dieselben mit dem Indikativ verbunden. Diese Eonstruktion hat es bei Plaut., Ter., Cic, Sali., Vell.; wo bei Cic. der Eonjunktiv steht, ist er durch Attraktion oder Modusausgleich entstanden, oder er ist durch sonst einen Grund veranlasst, wie z. B. auch bei Sali. Jug. 3 quamqtuim possis (wo possis = man kann). Allein wie in den verallgemeinernden Relativsätzen schon frühe der Eonj. auftritt (vgl. § 278), so finden wir vielleicht schon bei Yarro (Gellius 14, 8, 2, in den erhaltenen Schriften hat Varro qtsamqtuim gemieden, vgl. Eeil, Comm. zu Yarro r. r. 3, 14 S. 280), sicher bei Nepos Att. 13, 6 den Eonj. nach quamquam, öfter bei den aug. Dichtern, immer bei Juvenal, in der Prosa aber noch selten bei Liv., Yal. Max., Cnrt., Quint., Plin.mai., bis die Freunde Plin. min. und Tac. der Eonstruktion mit Eonj. den Yorzug geben, denen sich Apul. und Sueton anschliessen. Auch die eccl. bevorzugen den Eonjunktiv, so z. B. hat ihn Hieronymus oft, ebenso Cyprian, Gommodian, Sulpic. Sev., Minuc. Fei., Tertullian etc. Über Anunians wunderlichen Gebrauch im Wechsel beider Modi vgl. Ehbismann p. 60. Mir scheint die Analogie von quamms viel zur Empfehlung des Konjunktivs nach quamquam beigetragen zu haben, wie umgekehrt der Indik. nach quamquam auch den Indik. nach quamms begünstigte. Be- merkenswert ist übrigens, dass Caesar, Properz, Tibull quamquam gar nicht gebrauchen; Sali, hat es noch nicht im Gatilina, hier herrscht tam- äsi tarnen; mit Jug. 38 aber verschwindet dies und nunmehr herrscht quamquam. Das sog. quamquam correctivum, wofür sich auch etsi und tametsi finden, hat Sali, selten, öfters Cic, auch sonst kommt es vor.

303. Die Zusammensetzung quam diu bedeutet so lange als. Sie findet sich nicht bei allen Autoren, z. B. nicht bei Tac. und Flor., um so häufiger bei anderen, z. B. Plin. mai., der nur selten dum gebraucht. Sie erhUt in der späteren Latinität die Bedeutung „bis''. So finden wir es zuerst wohl beim Juristen Javolenus, dann bei Ict., Julian, Paul., ülpian., auch bei Cyprian, Spartian., Firm. Mat., Yict. Yit. u. a., und zwar mit dem Konjunktiv, z. B. Spartian. Hadrian 21, 1 cuncta tamdiu requisivit, quam^ i^u reum inveniret, mit dem Indikativ erst bei Amm. Marc. Die Yer- Bchiebung der Bedeutung sogar bei Yorausgehen des Eorrelativs beweist einen bereits weitgehenden Yerfall der Latinität.

25*

388 Lateinische Grammatik, d. Syntax.

304. Quamvis ist entstanden aus quam und vis = „wie sehr do auch willsf; in dieser Form von velle hat sich die Verbindung festgesetzt und ist zur förmlichen Konjunktion erstarrt, während andere Formen ver- einzelt blieben, z. B. rhet. ad Her. 3, 32 quamvis muüos neben quam vplet multos (im gleichen Satze), Cic. Verr. 5, 11 exspectate fadnus quam vuliis improbum, vincam tarnen omnium exspectationem; Phil. 2, 113 quam volent Uli cedant Schon in klassischer Zeit, selbst bei Cic, hat quamvis seine ursprüngliche Bedeutung abgeschwächt, und es ist oft = mag auch, z. B. Cic. Verr. 5, 168 quamvis civis Romanus esset, in crucem toUeretur; aus diesem Beispiel ersehen wir auch, dass die Verbindung mit dem Konj. Imperf. bereits klassisch ist. In nachklassischer Zeit wird es geradezu synonym mit quamquam und nimmt daher auch den Indikativ zu sich; vgl. § 302; ebenso findet es sich korrektiv, vgl. Prop. 2, 7, 3 qtuimiris non queat indes {freilich) kann . . .

Fügt quamvis einen ganzen Satz an, so steht bei Plautus der Kon- junktiv, z. B. Bacch. 82 locus hie apud nos, quamvis subito venias, semper Über est Allein dieser Oebrauch ist im Altlat. höchst selten, denn hier erscheint quamvis meist = quam vis bei Adjektiven und Adverbien, z. B. Plaut. Rud. 373 quam vis fastidiosus aedilis est, so auch bei Ter. Ad. 279, der einzigen, übrigens bestrittenen Stelle mit quamvis bei Ter. (vgl. Madyig, Adv. crit. U, 20, Dziatzko z. St.). Lucrez hat gewöhnlich den Konjunktiv, doch auch den Indikativ, ebenso Varro; nur den Konjunktiv gebraucht Cic, ferner Tac, Plin. min. und Spät. ; mit dem Indikativ lesen wir es einmal bei Liv. 2, 40, 7, der den Konjunktiv nach quamvis nicht hat, dann bei Com. Nepos, den august. Dichtern, Celsus, Val. Max., Petron, Sen. phil., Colum. und im Spätlat., aber hier .nicht allgemein, da z. B. die Script, bist. Aug. nach quamvis ausschliesslich den Konjunktiv setzen. Viele Autoren meiden quamvis als Konjunktion und setzen es nur steigernd zu Adjektiven und Adverbien, so Caes., Sali., Liv. (ausser 2, 40, 7); bei Dichtem sowie nachklassischen und spätlateinischen Autoren tritt es auch zu Partizipien, vgl. § 182.

Anmerkung 1. Schon frühzeitig hat quamvis einen Konkurrenten an quamlihet erhalten; vgl. Lucr. 3, 985 quamlibet immani proiectu corporis exstet, non tarnen poterit . . .; die hexametrischen Dichter haben es gerne aufgenommen, so z. B. Ovid 10, 119 qt^amlibet ignotis manihuSf wo quamlibet völlig = quamvis verwendet ist, dann auch Prosaiker wie Vell. Fat. (vgl. Novak S. 100), Quint., Min. Fei., Lact., Eumen., Cassian. und besonders Cland. Mam., z. B. 54, 20 E. quamlibet pondere camis oneretur; bei Ammian steht es sogar mit Indikativ, z. B. 28, 1, 43 quamlibet tempestivum est.

Anmerkung 2. Ein anderer Konkurrent von qitamvis ist licet. Dies finden wir Im Altlatein höchst selten, sogar Plaut. Asin. 718 licet laudem Fortunam ist licet nicht Kon- junktion, sondern = ich darf; für Plaut, gilt also, was Pareus sagt: nihil aliud fere signi- ficat quam assensum. Bei Lucr. tritt es mit quamvis zusammen, z. B. 6, 620 licet quanwis ex uno quoque loco sei umoris parvam delibet ab aequore partem: largiter in tanto spatio tarnen auf er et undis; vgl. noch 6, 601. Dies zusammengestellte quamvis licet hat auch Cicero noch, z. B. Tusc. 4, 53 (aber nicht Lael. 73); doch schon bei Lucil. 60 B. and bei Lucrez treffen wir alleinstehendes konzessives licet und dies hat Cicero sehr oft, aber nir- gends Caes., Nep., Sali., Liv., Varro nur 1. 1. 7, 2. Selten verwenden es die august Dichter, Juvenal aber öfter als quamvis; Tac. hat es in den bist, und ann. nicht. Aber Curtins ver- wendet es, auch Plin. mai.; in der juristischen Litteratur wird es seit Julianus häufiger und überwiegt seit III. saec. über quamvis. In der besten Zeit wird licet entsprechend seiner ursprünglichen verbalen Bedeutung nur mit Präs. oder Perf. Konj. verbunden; aber im spä- teren Latein tritt nach dem Vorgang von b. Hisp. und Juvenal auch Imperf. und Plnsqa.

IV. Die ünUrordnnng. (§§ 304--305.) 389

KoBJ. ein und schliesslich findet sich sogar der Indikativ; vgl. Neue Jahrb. 1891 S. 216. Über licet in Verbindung mit Adj. Adv. Partiz. vgl. ib. S. 217 und oben § 182.

305. Durch Anhängung des enklitischen do an quam erhalten wir quando; dies hat ursprünglich temporale Bedeutung, aus welcher sich dann die kausale, kondizionale und adversative leicht entwickelte.

Zur Bezeichnung der Zeit ist qtuzndo als relative Konjunktion von Plautus bis herab ins Spätlatein in Gebrauch gewesen, ohne freilich je zu allgemeiner Verwendung zu kommen. Es findet sich oft bei Plautus, manchmal mit korrelativem tum: z. B. Flaut. Men. 547 at tu, quando habebis^ tum dato. Auffallig ist, dass Terenz und Caesar neben Yarro das temporale quando ganz meiden, femer dass Cicero es in den Reden nicht zulässt und überhaupt nur in den Erstlingsversuchen oder in alter- tümelnder Rede verwendet; es scheint demnach frühe schon in der eleganten Diktion ausser Übung gekommen zu sein. Von Dichtem nach Plautus hat Lucrez einige Stellen, dann Vergil und Horaz; in Prosa tritt es seit Livius zurück, findet sich daher auch selten bei den Juristen, so bei Tryphon. und Ulpian, aber noch bei den script. hist. Aug., und zwar = wann und damals als, ja sogar mit angefügtem etiam oder quidem, ferner bei Orosius 2, 12, 2; 6, 17, 10, hier in Beziehung auf tum demum, und sonst im Spät- latein, besonders häufig in Justinians Konstitutionen.

Durch Anfügung des indefiniten que entsteht quandoque „wann irgend*^ (vgl. jedoch Sghebeb S. 21 f. Anm. 1); dies findet sich zwar schon in den Xu tabb., wird aber überall selten angetroffen. Cicero hat es in einer Formel und in dem altertümlich gefärbten Somnium Scipionis, Horaz wiederholt, ganz selten Livius und die silberne Latinität, gar nicht Quint. und Plin., wohl aber Tac. und die spätem Historiker.

Kausales quando hat neben Plautus auch Terenz, ferner öfter Lucrez, freilich häufig mit angehängtem quidem, wie schon teilweise Plautus und Terenz, nicht Caesar und Yarro, aber Sali, und dies besonders in den Hist., auch Cicero mit und ohne quidem, letzteres nie in den Reden, ebenso Catull, dann die august. Dichter Prep., Hör., Verg., Livius und die silberne und spätere Latinität. Quandoquidem wird von Cato, Varro, Caes., Sali., Nep. gemieden, selten ist es in der silbernen Latinität, vgl. Ludewig, Quomodo Plinius maior, Seneca philosophus, Curtius Rufus, Quin- tilianus. Com. Tacitus, Plinius minor particula quidem usi sint, Prag 1891, S. 53; für Cicero vgl. Landgraf zu Cic. Rose. Am. 31. Auch qtuindoque wird manchmal in kausaler Bedeutung gefunden; bei Cicero und Livius wird es so wohl nur verwendet, um der Rede ein altertümliches Gepräge zu geben (z. B. Cic. Verr. 3, 187; Caec. 54; Liv. 8,7; 9,10); im Spätlatein weisen es die Quint. decl. und andere decl. auf. Über quandone = quando- que vgl. C. F. W. Müller in Neue Jahrb. 1892 S. 656.

Adversative und kondizionale Bedeutung enthält oft das tem- porale quando, so z. B. Plaut. Men. 422 nunc quando vis, eamus intro; auch noch im Spätlatein, z. B. bei Lact.

Anmerkung. Schebbr sagt über die Entstehung von quando (De partic. quando S. 15): j,quando ortum esse censeo adverbio temporali *quodö et adverhio modali quam ita inter se commixtis, ut quam stirpem quo- loco deinoverit* . Richtiger wird sein ^wanefo auB quam + do herzuleiten; dies do ist prftpositional = ad aufzufassen, so dass quando

^90 LateiniBchs OrammaUk* d. Syntax.

mit quoad und osk. adpüd zasammenznsjbellen wftre. Nftheres bei Zimmsrhank, Progr. Posen 1891, S. 10, Planta II S. 461. Über die Form quandoc vgl. Sobkbeb, ib. 8. 18, aber auch ZmiiBBMAKir in WOlffUn's Archiv Yjp. 568; über quandone = quam + done {done erweiterte Präposition do) vgl. Zimhkbxann, rrogr. Posen 1891, S. 10.

(f. Dom.

S06. Dum ist ein Akkusativ, schwerlich jedoch von dm, dies, son- dern vom Pronominalstamm do und bedeutet «die Weile*; diese ursprüng- liche Bedeutung ersieht man an Stellen wie Plaut. Rud. 779 ahi modo, ego dum hoc curabo rede. Dum wird in der alten Sprache an alle möglichen Imperative, an qui, primum angehängt, klassisch nur an age und agüe, und erscheint ferner in Zusammensetzungen wie interdum, vixdum^ nm- dum, selten etiamdum. Seine Verwendung als Konjunktion erklärt sich aus dem korrespondierend gesetzten dum bei Plaut. Truc. 232, Catull Epithal. (Quint. 9, 3, 16) dum innupta manet, dum cara suis est «dieweilen sie ledig ist, dieweilen gefällt sie'' = »solange als", wie dies schon Quint. 1. 1. er- kannt, und bei Yerg. Aen. 4, 52 (nach Fr. Scholl); dann wurde das de- monstrative Glied unterdiückt und dum wurde Konjunktion. Die aus der Abstammung sich ergebende Bedeutung ist, dass der von dum eingeleitete Satz eine neben der des Hauptsatzes dauernde Handlung oder Zuständlich- keit ausdrückt, oder dass er das Endziel des im Hauptsatze gegebenen Zuständlichen hinstellt; also entspricht dum dem deutschen „während, so- lange als, bis'', und dann in einer aus dieser temporalen sich herleitenden kausalen Bedeutung = weil, und schliesslich in einer kondizionalen Be- deutung = „wenn nur*, z.B. oderint dum metuant „sie mögen hassen, die- weilen sie fürchten". Ursprünglich verband sich dum wohl nur mit den Zeiten des Präsensstammes und erst später ergab sich die Konstruk- tion mit dem Perfekt ; daher ist die Zahl der Beispiele für dum c. Perf. im Altlatein noch eine geringe.

1. Dum in der Bedeutung „solange als" wird mit dem Indikativ ve^ bunden; dabei steht gewöhnlich in Haupt- und Nebensatz das gleiche Tempus; in klassischer Sprache findet sich jedoch nirgends Plusquamp. oder Fut. II im Nebensatze. Die Gleichheit des Tempus fällt überall da weg, wo der Schriftsteller in Haupt- oder Nebensatz bei Setzung eines andern Tempus eine besondere Absicht hat, z. B. Cic. Tusc. 1, 101 f^^^ kaec gens fortis, dum Lycurgi leges mgebant; Sali. Jug. 14, 10 dum Cariha- ginienses incolumes fuere, iure omnia saeva pcUiebamur: beidemal bezeichnet das Perfekt: sie sind es nicht mehr. Bemerkenswert ist, dass von den Historikern Sali, in den Erstlingsschriften das Präsens (eigentl. und bist) bevorzugt, während er in den Hist. mehr das Imperfekt gebraucht. loi Hauptsatz steht manchmal eine erläuternde Partikel, wie tanH^er, tafn- diu, z. B. Cic. de or. 2, 43. Der Konjunktiv nach dum = solange als ge- hört dem Spätlatein an, z. B. Ammian.

2. Dum „während" wird regelmässig mit dem Praes. Indik. ver- bunden ; in der Sphäre der Vergangenheit ist dies ein Praes. hist. Diese Konstruktion treffen wir zu allen Zeiten, sogar im Altlatein schon bei einem Plusquamp. im Hauptsatze, z. B. Ennius ann. 391 L. M. missaq*^ per pectus dum transii, striderat hasta. Manchmal wird im Hauptsatz^

IV. Die Unterordnung. 806.) 391

Interim oder interea beigefügt, um die Eigenart des vieldeutigen dum recht hervortreten zu lassen, z. B. Ter. Hec. 257 dum patria careo, tu interea loci conlocupktasti te. Schon frühe trat für Praes. hist. ein anderes Tempus des Indikativs der Vergangenheit ein, z. B. b. Afr. 51 dum haec fiebant, interim pars stabat; klassisch ist das nicht, doch vgl. Liv. 5, 47, 1 ; Anthol. 547 dum volebat, incidit Da dum und cum sich vielfach berühren, ja sogar Übergriffe in das Nachbargebiet machen so sagt z. B. Fulgentius dum statt cum inversum: delirabam, dum subito ho$pita inrupit, Celsus hat dum = wann, z. B; 206 D. finis adurendi est, dum ex omni parte sensus doloris est, Servius hat oft dum statt cum so ist es begreiflich, dass auch Übertragungen der Konstruktionen stattfinden. Wenn Phaedrus 1, 4, 2 schreibt: Canis per flumen, carnem dum ferret, natans vidit simuUicrum suumi so ist hier dum wie cum konstruiert. In gleicher Weise hat b. Hisp. 23, dann Liv., Yal. Max., Justin und die Dichter, auch Inschriften, z.B. Anthol. 101, 5 ubi dum studerem, fata inviderunt mihi dum in der Be- deutung während mit dem Konjunktiv verbunden; diese Konstruktion hat sich auch in der spätem Latinität bei den Script, hist. Aug., Aur. Vict., Ammian, bei den eccl. erhalten, z. B. Hieronym. ep. 60, 5 dum rerum poti- rentur, terrori gentibus erant; ebenso bei Sulp. Sev., Sidon. Apoll., Gregor. Turon.; mit der Entwertung des Plusquamp. Goni. und der Verwischung der Bedeutungsunterschiede der Tempora der Vergangenheit hängt es zu- sammen, wenn Ammian auch Ind. Imperf. und Plusquamp. und Gassiodor u. a. Perf. und Plusquamp. coni. nach dum gebrauchen.

3. Dum = „bis', manchmal vorbereitet durch usque, so regelmässig bei Gate, doch auch sonst, auch klassisch bei Gic. epp., leitet bei that- sächlichen Verhältnissen einen indikativischen Nebensatz ein; der Kon- junktiv darnach bezeichnet eine Absicht oder Erwartung. Selbstverständ- lich lag es im Ermessen des Schriftstellers, ob er das letztere zum Aus- druck bringen wollte oder nicht; daher die scheinbare Willkür in der Setzung der Modi, die bei Varro so weit geht, dass Indikativ und Kon- junktiv nebeneinander stehen, z. B. r. r. 1, 2, 12 dum id nobiscum una videatis ac venit aeditumus (vgl. Lüchs, Erlang. Lekt. 1881 p. 9 und Frigell, Proleg. zu Liv. 23 p. 26, Keil zu Varro r. r. S. 16). Ausgeschlossen sind Indik. Imperf. und Plusquamp. Hieher gehören besonders die VV. exspectandi, nach welchen Gicero selten den Indikativ setzt (wohl nur in Erstlings- schriften und Briefen) ; auch sonst ist der Konjunktiv häufiger, ausschliess- lich, wie es scheint, bei Gaes. und Sali.

4. Wie unser weil aus einer Zeitpartikel eine Kausalpartikel ge- worden ist, so auch dum. Diese kausale Bedeutung kennt schon das Alt- latein, vgl. Plaut. Trin. 1149 dum sermonem vereor interrumpere, solus sto, Ter. Ad. 699, auch die klass. und nachklass. Latinität und noch das Spät- latein, z. B. Lact. II, 77 : ut vagetur, dum erubescit percontari. Für Gic. vgl. Att. 1, 16, 2 HortensiuSy dum veritus est, non vidit = dieweilen = weil

5. Dum = „wenn nur* findet sich in allen Zeitaltern und zwar durch- aus nur mit dem Konjunktiv; denn die von ihm eingeleiteten Sätze sind ursprüngUch finale Willenssätze. Manchmal wird an dum noch der ad- verbiale Ablativ von modus angehängt, also = dummodo ; ebenso wird das

392 Lateimsohe Grammatik, d. Byntax.

in Wunschsätzen übliche modo, z. B. Lucil. 278 B. intus modo stet red« zur Konjunktion. Dummodo hat zuerst wohl Ter., dann Cic, Liv. und Spätere, aber nicht die Juristen, die dafür dum tarnen sagen; vgl. Kalb, Roms Juristen S. 33 ff. Bei Tac. hat man die Beobachtung gemacht, dass er in Dial. und Germ, nur dummodo, von da ab aber ausschliesslich dum verwendet. Negiert werden diese Nebensätze mit ne; so z. B. ist Cato r. r. 5, 4 id fadat saepe, dum ne lassus fiat entstanden aus id faciat saepe: faciendo ne Idssus fiat, und die von uns durch faciendo angedeutete Be- ziehung drückt dann dum aus. Während dum ne auch bei Plaut., Ter.« Cato, Inscr., z. B. S.O. de Bacch., sich findet, tritt erst mit Lucr. das hexa- metrisch gefügige dummodo ne auf, z. B. 3, 410 dummodo ne totum cor- rumpds luminis orbem; dies hat auch Cicero, ebenso modo ne. Sobald «o« an Stelle von ne in Wunschsätzen Eingang fand, ging es auch in die Sätze mit dum über, z. B. bei Ovid Pont. 1, 1, 13 dummodo non sit amor, Juvenal 7, 222 dummodo non pereat, bei Celsus, Sen. phil., Plin. min. und sonst; z. B. Script, bist. Aug. Qet. 2, 8 sit divus, dum non sit vivus. Der finale Charakter dieser Sätze führte schliesslich dazu, dass im Spätlatein dum geradezu finales ut vertritt, z. B. Vict. Vit. 1, 5. Anklänge daran finden sich schon früher, so z. B. Tac. ann. 1, 9 muUa Antonio, dum inter- fectores patris ulcisceretur, concessisse (sc. Augustum),

Anmerkung. Nedum ^ geschweige denn" findet sich erstmals bei Ter. Heant 454, dann bei Lucrez, z. B. 1, 653, nicht bei Gaes. und Sali., bei Gic. wohl nur nach negativem Satze, ebenso noch beim , christlichen Gicero* Lact.; aber bereits nachklassisch folgt nedum auch auf einen affirmativen Satz, so bei den august. Dichtem, bei Liv. und in der silbernen Latinitftt, sowie bei Tac. und im Spätlat. bei Sulp. Sev. Schon bei Liv. galt nedum kaum mehr als Konjunktion, es trat daher ut dazu, z. B. 3, 14, 6 nediim ut ulla vis fieret; dies haben auch Tac, aber nur im dial. 10, und Apul. angenommen. Nedum ohne eigenes Verb ist mit Liv. in Gebrauch gekommen, wurde auch von Tac. (nicht von Quint.), Suei n. a- verwendet. Eine Herleitung von nedum aus fragendem Gebrauch, so dass ne = nonne wäre, schlägt Nbtusil im Archiv Vll S. 580 vor.

s. Quem.

307. Die Konjunktion quom ist ein Instrumentalis vom Relativstamni. Der mit quom eingeleitete Satz gibt somit eine nähere Bestimmung zum Hauptsatz, welche der Bedeutung des Instrumentalis entspricht. Dabei kann im Hauptsatz ein Demonstrativ stehen, z. B. Plaut. Rud. 1234 isto tu's pauper, quam nimis sancte piu's = dadurch bist du arm, wodurchf du bist . . = dadurch dass du . . bist. Wie hier isto durch quom näher er- klärt wird, so dient quom zur Erklärung eines instrumentalen und schliess- lich eines adverbialen Ausdrucks überhaupt, z. B. Plaut. Trin. 1170 Q^oin nie itast, ut eum esse nolo, id crucior; hier berührt es sich mit quod und quia\ in der Entwicklung des Gebrauches aber muss quom gegenüber er- klärendem quod zurücktreten: auf diesem Gebiete blieb quod unbestrittener Sieger. Aus dem Instrumentalis leitet sich der sog. Abi. causae, so be- kommt denn auch quom kausale Bedeutung. Hier hatte es auch mit quod und quia in Konkurrenz zu treten; allein es fand ein Vergleich zwischen den Konkurrenten statt. Bezeichnete quom überhaupt von vorn- herein als Instrumentalis eine innerliche Kausalverknüpfung, während das quod (und quia) als Akkusativ der Beziehung einen mehr äusserlichen Zu- sammenhang ausdrückte, vgl. z. B. Plaut. Truc. 266 quid tibi ego makdico?

lY. Die Unterordnung. (§§ 307—308.) 393

Quia me truculenfam nominas!, so hat sich der Gebrauch in dieser Rich- tung geschieden; die Scheidung vollzog sich um so leichter, als kausales quom den Konjunktiv annahm, der seinem ursprünglichen Charakter be- sonders passte. So trat denn auch in klassischer Zeit nach den Verben des Affekts quod statt des ursprünglichen quom ein und letzteres erhielt sich nur im familiären Stile, also besonders in Briefen. Als Kasus der Zeit erstreckung ist der Instrumentalis dem Latein so gut wie den andern indogermanischen Sprachen eigen (Delbrück I S. 246); so hat denn auch quam die Bedeutung der Zeit übernommen und vorzugsweise ausgebildet: auf diesem Oebiete hat es sich so sehr festgesetzt und zwar mit seinem Korrelativ tum, dass der Temporalsatz bei einer Betrachtung von quom in allererster Reihe Berücksichtigung verdient. Seine relative Natur geht hier deutlich daraus hervor, dass es sich wie ein Kasus des Pronomen relativum auf ein Substantiv der Zeit, wie tempus, annus, dies u. ä., be- ziehen kann. Der enge Zusammenhang zwischen Instrumentalis und Zeit^ bestimmung tritt ganz besonders bei cum identicum zutage, z. B. cum tacent, clamant oder allevor, cum tecum hquor absens. Aber nicht allein diese enge Beziehung zwischen Instrumentalis und Zeitbestimmung drückt quom aus: nachdem es sich einmal hier festgesetzt hatte, fügte es manchmal ganz lose einen Zeitsatz an, so namentlich, wenn es dem Hauptsatze nachfolgte; dieser lockere Zusammenhang geht schon daraus hervor, dass statt quom auch que, atque oder gar keine Konjunktion stehen kann, z. B. Verg. Aen. 3, 90 i>ix ea fatus eram: tremere omnia visa repenie.

Da das zeitlich Verknüpfte doch in einem Gegensätze des Wesens stehen kann, geht aus dem temporalen auch das adversative und kon- zessive quom hervor. Es ist nun festzustellen, dass zur Zeit des Plautus dieser ganze Gebrauch von quom vollständig entwickelt angetroffen wird, dass aber trotzdem die Modusgebung immer noch dieselbe wie im In- strumentalverhältnis geblieben ist, d. h. im Satze mit quom st^ht der In- dikativ.

308. Im Altlatein wird das Haupttempus der Vergangenheit viel mehr gebraucht als später, wo die Nebenzeiten zu grösserer Bedeutung empor- gehoben wurden und so das Aufkommen der Konjunktivkonstruktionen begünstigten. So ist bei Plautus nach temporalem quom der Coni. imperf. oder Plusq. nicht zu finden, der Coni. Praes. aber nur da, wo eine An- gleichung an den Modus des übergeordneten Satzes eintritt. Nach ex- plikativem quo^7i steht bei Plautus nur der Indikativ; ebenso ist fest- zustellen, dass Plautus die Konstruktion von kausaladversa£ivem quom mit davon abhängigem Konjunktiv noch nicht kennt; wo ein Konjunktiv erscheint, ist derselbe semasiologisch und nicht durch die mittels quom erfolgte Unterordnung bedingt. Ebenso verhält es sich mit dem kon- zessiven quom. Mit Terenz tritt jedoch schon ein Schwanken ein, und der Konjunktiv beginnt dem Indikativ sein Gebiet streitig zu machen, ^enn auch bei ihm der Indikativ noch die Regel bildet. Es ist kein Zweifel, dass der Konjunktiv nach temporalem quom sich zuerst in den Aussagen ausbildete, wo momentane Nebenfacta mit Hauptfacta verbunden forden, und mit dem Beginn des VQ. saec. scheint der Gebrauch des

394 Latdisische Grunmatik. d. Syntax.

temporalen qtwm mit dem Konjunktiv Sprachregel geworden zu sein. Die Hauptfrage nun ist hier, in welcher Weise sich der Prozess vollzog, dass nach temporalem qtMm der Konjunktiv eintrat, der kein ursprünghch^ gewesen zu sein scheint; ferner welcher Art dieser Konjunktiv ist; die Untersuchungen, die zur Beantwortung dieser Fragen führen sollten, haben zuletzt zu der Verneinung einer Entwicklung überhaupt geführt, indem neuerdings behauptet wurde, dass ein Unterschied im Modusgebrauch nach cum zwischen Plautus (und Terenz) und Cicero überhaupt nicht bestehe.

Den ersten Versuch, den Konjunktiv nach dem erzählenden quam m erklären, machten in neuerer Zeit Em. Hoffmann und Ed. LObbebt; ihre Erklärung war in der früheren Bearbeitung dieser Syntax angenommen, wie sie überhaupt sich fast allgemeiner Zustimmung erfreute. Darnach beruhte der Gebrauch des Konjunktivs nach erzählendem quam auf rela- tivem Tempusgebrauch; in den indikativischen Temporalsätzen wurde da- gegen absoluter Tempusgebrauch angenommen. Gegen diese Begründung des Konjunktivs erhob sich Gabdneb Halb un& suchte nachzuweisen, dass der Gebrauch des Konjunktivs nach quom sich aus der Verwendung des zur Charakterisierung dienenden Konjunktivs in Relativsätzen, deren Ent- wicklung die Gum-Sätze vollständig mitgemacht hätten, herleite. Seine Auffassung fand zum Teil unbedingte Zustimmung, zum Teil Widerspruch (so bei Blase und Wetzel). Im letzten Jahre unterzog nun Dittmab den Erklärungsversuch Gardner Hale's einer ebenso scharfen Kritik, wie sie Hale an Hoffmann-Lübbert geübt hatte; er suchte zunächst zu beweisen» dass die von Hale angenommene historische Entwicklung nicht vorhanden sei, dass in relativen wie in Cum -Sätzen^ in der zwischen dem alten und klassischen Latein liegenden Zeit ein Übergang vom indikativischen zum konjunktivischen Gebrauch nicht stattgefunden habe, und dass ein Unterschied zwischen dem Sprachgebrauch des Plautus und des Cicero nicht gefunden werden könne; wenn bei Plautus so wenig erzählende Cum-Sätze im Gegensatze zu späteren. Autoren angetroffen werden, so beruhe dies auf dem Unterschied der Stilgattungen. Ferner sucht Dittkab nachzuweisen, dass der von Hale aufgestellte Bedeutungsunterschied zwischen konjunktivischem und indikativischem Cum-Satze nicht haltbar sei. DiTTMAR selbst geht zur Erklärung des Konjunktivs von den sog- missbilligenden Fragen aus, die er polemische Fragen nennt; der Kon- junktiv selbst wird als polemischer Modus hingestellt, während der In- dikativ als der souveräne Modus erscheint. So erklärt sich denn der Modus im Cum-Satz Caes. b. G. 6, 12, 1 cum Caesar in Galliam venit dar- aus, dass kein polemischer Nachdruck auf dem Cum-Satz liegt, Caesar hätte auch auf irgend eine andere Weise die Zeit bestimmen können; der Konjunktiv würde bedeuten: Stelle dir einmal Caesar vor, wie er auf dem Weg nach Gallien war {veniret) oder wie er in Gallien ankam {venissä) und mm höre, was für eigentümliche Zustände damals in Gallien herrschien. Ich stimme Blase zu, welcher (W. f. klass. Philol. 1897 Nr. 48) an der Entwicklung vom indikativischen zum konjunktivischen Gebrauch auch Cum-Sätzen festhält, gerade wie sie in Iterativsätzen unbestritten und auch in Eondizionalsätzen unbestreitbar ist; den Konjunktiv aber in den

IV. Die Unterordnung. (§§ 808—309.) 395

Cum-Sätzen hat auch Dittmar nicht genügend erklärt, wenn auch seine Ausführungen vielfach bestechen. Wir stehen somit auf dem alten Stand- punkt: Wie Hale die HoFFMANK-LüBSERT'sche Theorie zerstört hat, ohne positiv zu befriedigen, so befriedigt auch Dittmar nicht im Aufbau, wäh- rend seine Kritik gegenüber Qabdner Hale im ganzen richtig ist.

Der Konjunktiv konnte jedoch den Indikativ nicht ganz aus dem Satze mit quom verdrängen. Zunächst erhielt er sich nach quam = da- mals als; dabei steht der Satz mit quam gewöhnlich in streng korrelativem Verhältnis, wie z. B. Cic. de div. 3, 2 sex libros de re publica tunc scripsimus, cum guhemacula rei puhlicae tenehamus^ oder er enthält nur eine neben- sächliche Angabe, wie z. B. cum haec scribeham, cum tu aderas, cum Caesar in GalUam venit und ähnliche Sätze, welche lediglich eine Zeitbestimmung umschreiben. Dabei ist zu bemerken, dass cum mit Plusq. Ind. sehr selten in der klassischen Sprache ist, sich bei Liv. nur in Angleichung an das Tempus des Hauptsatzes findet, dass Sali, nur qtiom c. Indic. Plusq. in Fällen der Wiederholung verwendet, während Voll., Flor., Tac, Hör. die Konstruktion gar nicht, Verg. einmal aufweist. Auch das Plusq. der Wieder- holung, wo im Hauptsatz Imperf. folgt, verliert sich nach Cic, bei dem es verhältnismässig am häufigsten vorkommt, immer mehr, so dass wir beispielsweise bei Verg., Hör., Ov., Voll., Tac, Flor, es nicht belegt finden. Ahnlich verhält es sich mit quom und Perf. Ind., wo im Hauptsatze Präs. Ind. folgt, z. B. Cic. sen. 51 cum semen excepit, primum id cohibet; schon in augusteischer Zeit, z. B. bei Liv. und Vitruv, noch mehr aber in der Folge wird das Perf. durch das Präs. ersetzt, z. B. Vitruv 226, 27 e tauro cum ingreditur sol in geminos, magis creseit . ., dann bei Sen. phil., welcher sogar nebeneinander Perf. und Präs. setzt, z. B. N. Q. 2, 27, 3 talia eduntur tonitrua^ cum conglobata dissolvitur nubes et , , , spiritum emisit, vgl. Hamhelbath S. 5 und oben § 274 S. 365 unten.

309, Ist der Satz mit quom in loser Weise in Nachstellung an den Hauptsatz angef&gt^ so steht selbstverständlich der Indikativ; denn hier bildet der Satz mit quom eine durchaus selbständige Aussage (treffend vergleicht Dittmar S. 267 diese Art der Anfügung des Cumsatzes mit dem relativen Anschluss, vgl. § 286); daher tritt auch in or. obliq. der Acc c Inf. ein, z.B. Liv. 4, 51 iacere tam diu inritas actiones, cum Interim de »anguine ac supplido suo latam legem confestim exerceri. Diese Konstruk- tion hat bereits ihre Vorläufer bei Terenz (Hec 420 cum interea mortem ^xspectabam = und dabei war ich stets gefasst\ findet sich aber in aus- gedehntem Gebrauche nur bei Cicero und Sali., der sie in den Hist. sehr begünstigt zu haben scheint; seit Liv. werden die Beispiele immer seltener. Besonders bemerkenswert ist cum tarnen, welches sich bei den aug. Dich- tem und bei Livius mit Indikativ, bei Sali, mit Inf. hist. findet, vgl. Eoth- STKN zu Prop. 1, 1, 7 toto furor hie non deficit anno, cum tarnen adversos ^ogor habere deos. Der Konjunktiv ist" nur da möglich, wo der Nebensatz ftl8 untergeordnete temporale Bestimmung besagt, dass das im Haupt- satz Berichtete geschehen sei, während eine gewisse Äusserung gemacht ^rde, z. B. Cic or. 129 cum coepisset Curio pater respondere, subito assedit, (^um fibi venenis ereptam memoriam diceret, oder wo überhaupt der Neben-

396 Laiei&isohe Ghnunmaiik« d. Syntax.

satz sich als Glied eines strafferen Satzgefüges erweist und somit dk Form der Selbständigkeit aufgibt; z. B. Gic. Yerr. 3, 62 statuUur eqm Romanus in Apronii canrnvio^ cum interea Apronius Caput unguento c<m- fricaret.

310. Ebenso selbstverständlich ist der Indikativ beim sog. quam in- versum; denn auch hier zeigt der Cumsatz volle Selbständigkeit und ist nur locker an den grammatischen Hauptsatz angefügt. Im Hauptsatze steht Imperf. oder Plusq. mit den Partikeln tarn, nondum, vix^ bei Cic. ad Att. auch commodum, bei Liv. und Tac. und ihren Nachahmern vixdm. bei Dichtern, so namentlich bei Ovid, vix bene; zu quom kann subito, repenU oder eines der entsprechenden Adj. wie repens, subitus, repentinus (haupt- sächlich bei Verg. und Liv.) hinzutreten. Diese Konstruktion treffen wir

abgesehen von 3 Stellen bei Plaut, und Ter. erst seit Cic. in vollem Gebrauche, auch bei Dichtern, wie Verg., und Späteren. Mit Verg. und Livius tritt bei quo^n auch der historische Inf. ein, z. B. Flor. 3, 11, 8 itaque vixdum venerat Carras, cum undique praefecti regis ostenderr Signa etc.

311. Nachdem einmal quom mit Konjunktiv Sprachregel geworden war, lag es nahe, namentlich bei den Schriftstellern, welche für griechische Einflüsse zugänglich waren, diesen Konjunktiv wie den griech. Optativ zum Ausdruck der Wiederholung zu brauchen. Sallust verschmähte diese Konstruktion vollständig, einen iterativen Konjunktiv hat er nur nach si lug. 58, 3. Bei Caesar und bei Cicero ist der Indikativ überwiegend; aber bei beiden zeigen sich doch bereits soviele Beispiele, dass damit ein bemerkenswerter Anfang gemacht war. Ihrem Vorgange folgte Livius. der freilich öfter nach ubi, doch auch nach cum den iterativen Konjunktiv setzt, z. B. 2, 27, 8 cum in ius duci debitorem vidissent, undique convolabanf- Im silbernen Latein, so namentlich bei Val. Max. und Plin. mai., auch bei Sen. phil., VelL, Tac, Flor., Suet. kommt dieser iterative Konjunktiv immer mehr auf, der sich dann bei den Script, bist. Aug. und sonst im Spätlat. ganz und gar einbürgert. Nicht zu Gunsten der Diktion des Nepos spricht der Umstand, dass bei ihm cum mit Coni. iterat. sehr zahl- reich vorkommt, und zwar häufiger als der Indikativ. Doch steht mehr- fach dabei im Hauptsatze das konstatierende Perfekt und in diesem Falle scheinen auch die besten Autoren cum mit Konjunktiv bevorzugt zu haben: vgl. Stürm S. 14 Anm.

312. Die Korresponsion cum tum hat sich wie cum und tum allein hauptsächlich nach der temporalen Seite hin entwickelt, während tarn - quam dem modalen Gebiet sich zuwandte. So heisst denn quom ^^'' wann dann; allmählich entwickelte sich daraus die Bedeutung , sowohl

als auch*, und so wird quom tum schon im Altlat. getroffen. D* wir bei cum tum ein rein parataktisches Verhältnis haben, wo (l^^ gewissermassen noch korrelatives Adverb ist, so steht hier immer der Indik. im relativen Satze, z. B. Ter. Phorm. 187 quom mihi paveo, f^^ Antipho me excru^iat animi. In der klassischen Zeit mehrt sich die Zahl der Beispiele; auch hier ist der Indikativ Regel; der Konjunktiv steht ganz selten und nur da, wo die Parataxis aufgegeben wird und der Kon-

lY. Die Unterordnung. (9§ 310—315.) 397

junktiv nunmehr die gewöhnlich kausal-konzessive Unterordnung unter das demonstrative Glied ausdrücken soll; so haben wir Cic. off. 3, 6 quod cum omnihus est faciendum, tum haud scio an nemini plus quam tibi reine Beiordnung; aber ib. 3, 5 sed cum tota philosophia frugifera sit^ tum fiullus ferador in ea locus est kausale Unterordnung. In der nach- klassischen Zeit ist wenig beobachtet; die Konstruktion findet sich bei Nepos, Livius, Vell., bei Tac. nur im Dialogus; bei den Juristen ist es ausschliesslich temporal und bedeutet nie , sowohl als auch' (dafür sagen sie tarn qiMm, vgl. § 294).

313. Das explikative quom wird auch in der klassischen Zeit mit Indik. konstruiert, z. B. Verr. 5, 13, 33 renovabatur prima illa militia, cum iste e foro abduci, non ut ipse praedicat, perduci solebat; so namentlich wenn Zeitbegriffe näher erklärt werden, z. B. Cic. Fam. 15, 14, 1 multi anni sunt, cum ille in meo aere est; soll jedoch hier nicht die objektive Beschaffenheit der Zeit, z. B. p. Rose. Am. 50 si Ulis temporibus natus esses^ cum ab aratro arcessebantur, sondern die aus ihrer Beschaffenheit sich ergebende Wirkung bezeichnet werden, so steht der Konj., z. B. Cic. p. Rose. C. 33 accepit enim agrum iis temporibus, cum iacerent pretia prae- diorum. In der nachklassischen Zeit scheint das explikative quom seltener zu werden, doch vgl. Verg. ecl. 8, 7 en erit unquam ille dies, mihi cum liceat tua dicere facta?

314. Das kausale, adversative und konzessive quom wird seit der klassischen Zeit ausschliesslich mit dem Konjunktiv konstruiert. Erst im in. saec. bei Gommodian, noch mehr im IV. saec. bei Ammian, Lucif. u. a. folgt darnach auch der Indikativ, vgl. Ammian 21, 1, 4 ambitioso diademate utebatur, cum inter exordia principatus vili Corona circumdatus erat. Vor das kausale quom tritt utpote bei Cic. Att. 5, 8, 1, bei Asin. PolL, Val. Max., Gels., Curt., Plin. mai., bei einzelnen Juristen vor Hadrian und bei Minuc. Fei.; in der Zeit nach Hadrian kam utpote cum ausser Übung, da utpote mit Partiz. oder Adj. seit Augustus erfolgreich mit utpote cum konkurrierte (vgl. § 182); quippe schon bei Ennius und Plaut., dann bei Cic, Nep., Liv., Florus, oft bei Apul., ut wohl nur bei Quint. (z. B. 10, 1, 76).

Quoniain.

315. Quoniam ist entstanden aus quom und iam, entspricht also vollständig dem griechischen sTrsiSij. Auch bei dieser Partikel ist der temporale Gebrauch der ältere wie bei quom; allein er ist später ausser Anwendung gekommen^ und es blieb nur die kausale Bedeutung erhalten. Das Altlatein, so namentlich Plautus, hat quoniam noch häufig in tempo- raler Bedeutung, z. B. Plaut. Mil. 129 qtwniam inspexi mulieris sententiam, cepi tabellas; allein auch hier sind viele Fälle zu konstatieren, die auf der Grenze des temporalen und kausalen Gebrauchs stehen, und bei Terenz ist bereits die temporale Bedeutung kaum mehr wahrnehmbar. Überall aber im Altlatein wird quoniam mit den Haupttempora verbunden und zwar mit dem Perf. oder Präs. bist.

In der klassischen und folgenden Zeit ist die temporale Verwendung von quoniam nicht mehr zu finden; selbst da, wo quoniam unserm „nach-

398 Lateinisohe Grammatik, d. Syntax.

dem'' entspricht, ist der Zusammenhang kausaler Art, auch bei Suet Tib.23 und Gal. 12 (gegen Tbachmann p. 34); höchstens beim Archaisten Gellios kann noch ein Nachklang gefunden werden 6, 5, 4 eum luctum qumicm satis Visus est elaxisse, rediit Überall ist hier der Modus der Indikativ, ausser in der orat. obliq. und in Fällen der Modusangleichung, und zwar gilt dies für Gic. und die folgende Zeit, auch für Tacitus. Doch bereits der rhet. ad Her. hat Neigung fQr den Konjunktiv (vgl. Marx S. 176); diese Begünstigung des Konjunktivs wird jedoch erst recht bemerkenswert bei Justinus, worauf dann der Konj. in der Folgezeit häufiger auftritt: doch zeigt sich auch hier wieder, dass Autoren, welche auf guten Aus- druck halten, immer auf den Gebrauch der Alten zurückkommen; so hat z. B. der Dichter Prudentius nie nach quoniam den Konjunktiv. Die Zusammensetzung aus quoni und iam wurde frühe vergessen und schoB bei Lucrez, namentlich aber in der silbernen Latinität, können wir oft quoniam verwendet sehen, wo wir quod oder quia erwarteten, und so werden dementsprechend auch Demonstrativa zu quoniam in Korrelation gesetzt, die nur zu quod oder quia passen, z. B. Lucrez 2, 834, ferner Gell. 3, 6, 3 propterea in certaminibus palmam Signum esse victoria^ placuit, quoniam ingenium ligni eius modi est . . tJber non quoniaw vgl. § 293.

Hatte aber quoniam einmal in das Gebiet von quod und quia ein- gegri£fen, so setzte es diese Konkurrenz erfolgreich fort und wurde dann in der spätem Latinität geradezu wie quod und quia nach V V. die. und sent. gebraucht; dies finden wir zuerst in der Itala des TertulL, dann bei TertuU. selbst, namentlich bei Cjrprian und hier besonders in den epp., dann auch bei Commodian; aber abgesehen, von den genannten Schrift- stellern findet sich quoniam selten, ja es fehlt bei manchen, so z. B. bei Prudent., Firm. Mat., Apoll. Sidon., Alcim. Av., Ennod. Man kann also wohl sagen, dass quoniam am seltensten für den Acc. c. inf. steht, q^ am häufigsten, und dass es mit der Mitte des in. saec. zurücktritt. Wie quod und quia wird quoniam auch mit Acc. c. inf. verbunden, z. B. Pseudo- Cypr. rebaptism. 5: annuis quoniam mysierium fidei salutem adimere now passe. Sonst ist der Modus neben dem Indik. auch der Konjunktiv; doch überwiegt der Indikativ bei weitem den Konjunktiv.

Donec. 316. Von diese* Konjunktion kommen folgende Formen in Betracht: donicum, donec cum, donec, doneque, doneque cum, donique, schwerlich aber dune, welches wie iunc von tum, {nunc von num), so von dum herzuleiten ist. Bezüglich der Erklärung stehen sich zwei Grundanschauungen ent gegen, 1. diejenige, wonach donicum {donecum) als Bestandteil die Kon- junktion cum enthält, 2. die andere, wonach donicum eine Analogiebildung aus donique, einer Zwillingsform von denique ist, und entsprechend primuna, tertium, . . . = letztens heisst (Dittmar). Die Auffassung, welche id donicum als letzten Bestandteil cum annimmt, erkennt 1. in e?ö das D^ monstrativ da und erklärt do-ni-cum = da nicht wo (Corssen, Ribbeck); 2. in do die Präposition bis; aber die einen finden a) in ne eine Erweite'

IV. Die ünterordnnxig. 816.) 399

rang der Präposition do zu done, wie po-ne und super-^ne, wie denn auch thatsächlich quandone = quando angetroffen wird; dann heisst done-cum (donicum^ vgl. undique aus undeque) = bis wo oder his wann (Zimmermann); b) die anderen sehen in ne ähnlich wie im umbrisch-osk. amipor die Negation und erklären donicum = bis wann nicht (Planta, Schmalz) ; dann hätte sich vielleicht donicum ursprünglich auf den negativen Satz be- schränkt. Aus donecum ist durch Verdoppelung des c, welche um so leichter eintreten konnte, als altlat. nee = non gebraucht wird, donec cum entstanden, hieraus durch Abfall des cum = donec, wie unser bis aus bis dass. Wie aus nee neque, so wäre doneque aus donec hervorgegangen und diesem doneque entspricht donique wie undique dem undeque.

Die Frage, ob der beiordnende oder der unterordnende Gebrauch von donec der ältere ist, beantwortet sich mit der Annahme der einen oder der anderen Herleitung von donec. Dittmar nimmt den beiordnenden Gebrauch als den älteren an {doneque = und dann); die anderen gehen vom unterordnenden donec aus, das ähnlich wie cum inversum und qtiam- quam in freierer Weise einen Satz anknüpfen konnte und so aus der Be- deutung einer unterordnenden Konjunktion in die einer beiordnenden überging.

Von den genannten Formen finden sich: donicum bei Liv. Andren., Plaut., Cato, Corn. Nepos, auch ine. com.

p. 124 R.; CLL. 1198, 65; donec cum bei Plaut. Capt. 339, Scrib. Larg. 47 in der edit. princ, Hier.

Prolog. Psalm. 2 Migne 234, 4; doneque bei Vitruv ed. Rose 79, 9; 129, 22; 222, 6; 284, 16, Evang.

Palat. ed. Tischendorp Marc. 8, 39; Placid. gloss. 32, 4; doneque cum bei Vitruv 222, 6;

donique bei Lucr. 2, 116; 5, 708; 5, 723; Obelli nr. 4370; Ev. Palat. ed. Tisch. Luc. 21, 24 u. 32; 22, 34. Für die Bedeutung ist festzuhalten, dass donec ursprünglich nur = bis war; wie es scheint, hat Lucr. zuerst donec = so lange als gebraucht, vgL 5, 178 donec retinebit blanda voluptas; aber Lucr. fand erst bei Horaz Nachahmung und von da ab treffen wir donec öfters = solange als. Die Bedeutung während scheint es nie angenommen zu haben. Eonkurrenten von donec sind dum und quoad; es ist sehr interessant zu beobachten, wie donec von manchen Autoren ganz unbeachtet blieb, bei anderen grossen Beifall fand und wie es im Wettbewerb mit dum und quoad sich bald mit seinen Eonkurrenten in das streitige Gebiet teilte, bald zurücktrat, bald aber auch die Vorherrschaft erlangte.

Der Modus bei donec = bis ist der Indikativ; besonders häufig be- gegnet Ind. Perf., auch das Put. II; selten sind Fut. I und Praes., ganz vereinzelt trifft man das Imperf. (Tac. bist. 1, 9), nie das Plusq.

Doch lesen wir auch schon bei Plaut, nach donec den Eonjunktiv, z. B. Rud. 812 donec nesciat. Der nach donec folgende Eonj. ist entweder Coni. obL, oder finalis, auch iterativus, oft auch prospektiv; bei manchen Autoren ist ausschliesslich donec mit Eonj. im Gebrauch. Mit dem Verfall der Latinität tritt oft der Eonj. ohne ersichtlichen Grund ein. Mit der

400 Lateiniflohe Grammatik, d. Syntax.

Bedeutung bis verbindet sich naturgemäss oft die der Absicht daher der Goni. finalis ; so ist es auch möglich, dass donec ähnlich wie dum in das Gebiet der Finalsätze hinübergreift und manchmal mit finalem ui sich berührt.

Nach donec = solange als steht der Indik. ; wo der Coni. sieb findet, ist er obL oder iterat., z. B. Liv. 21, 28, 10 (wo ich mit Riemam Coni. iterat. annehme).

Cicero verwendet donec nur viermal und zwar in den Erstlingsreden und de fin. 4. 65, wo evaseris fut. exact. ist, überall = »bis* und mit Indikativ; Caesar und Sali., sowie Varro in den Büchern de r. r. enthalten sich dieser Konjunktion ganz. Seit Liv. und Tac, welcher letztere ent- gegen den Klassikern donec sehr bevorzugt, findet es sich allenthalben in beiden Bedeutungen, nur ist zu bemerken, dass Oebrauch und Liebhaberei bei den einzelnen Autoren sehr verschieden ist; so hat Celsus, der quoad gar nicht gebraucht, dum = während, solange als, donec = bis; Plin. mal verwendet nie donec = quamdiu, ebenso kennt Florus nur donec = hiSj Sueton gebraucht donec und quoad nur = bis, und im Spätlat. verzichtet Ammian ganz auf donec, während Prud. und die Peregrinatio ad 1. s. es in der Bedeutung bis wiederholt verwenden. Da, wo es = quamdiu ist, verbindet man es in direkter Rede nur mit Indikativ. Eine ausschliess- lich spätlat. Erscheinung ist finales donec, z. B. Lucifer 58, 27 Bl ad hoc te fingis Christianum, donec veneno haeresis tuae possis inermes sauciare; aber die natürliche Entwicklung musste auf finales donec führen (vgl. auch duri)^ vgl. Plin. n. h. 9, 145 cvomunt, donec hamum egerant; Zweck des evomere ist das egerere hamum! Vgl. Zusätze.

C. Ut.

317. Die Partikel ut entspricht in ihrem Gebrauch dem osk. p^^ umbr. puze. Sie begegnet uns in ältester Form als utei, welches dann als uti häufig bei Lucrez und Sali., sonst aber nur vereinzelt sich findet, während ut schon bei Plautus über uti bedeutend überwiegt. Die Ab- leitung und ursprüngliche Bedeutung von uti ist zweifelhaft; da die s-Erweiterung in usquam uspiam u. ä. lokale Bedeutung aufweist, könnte man an eine lokale Grundbedeutung von uti denken; thatsächlich findet sich auch lokales ut, vielleicht auch bei Plaut. Amph. 241 quisqtte ut steterat^ iacet optinetque ordinem, sicher bei Lucil., CatuU, Cic. Arat., Verg., z. B- Catull 11, 2 sive in extremos penetrabit Indos, litus ut hnge resonante Eoa tunditur unda, aber nicht bei Ovid, vgl. Ehwald, Jahresber. 1894 S. 91. Doch der Hauptgebrauch von ti^st der modale und so wird man eher an ursprünglich instrumentales als an lokales ut zu denken haben (vgl auch Keller, Lat. Etymol. S. 74).

GüSTAPssoN sagt in Nordisk tidscrift for filologi I, 2. 3 S. 71—83 (vgl W. f. klass. Phil. 1893 S. 929) über ut: multum valuisse proprio inter- rogativam significationem et positive exclamativam et negativam: ex tribus his significationibus genera ut particulae relativa, consecutiva, finalia esse orta. Richtig ist, dass ut schon bei Plaut, in direkter Frage gebraucht wird, z. B. Persa 795 quo modo nie hodie vorsavisti? ut we

IV. Die Unterordnung. (§§ 817--819.) 401

in triccts coniecisti? Nun wissen wir aber, dass der Relativsatz aus dem Fragesatz hervorgegangen ist, ebenso auch das relative ut aus dem inter- rogativen, also ut me in tricas coniecisti, ita ego quoque te coniciam. Aus Hör. Epist. 1, 18, 16 ut non sit mihi prima fides? wird durch Anfügung von hoc nunquam fiet ein Konsekutivsatz, gerade wie bei Plaut. Men. 688 mihi tu ut dederis paUam? nunquam factum reperies^ wo der Hauptsatz sogleich angefügt ist. Setzen wir bei Hör. Sat. 2, 1, 48 zu Juppiter, ut pereai positum robigine telum als Hauptsatz precor, opto, so haben wir ein finales ut. Nach dem Muster dieser optativischen ütsätze werden dann auch Optative ohne ut untergeordnet; so wird aus venias, precor gerade so precor ut venias wie aus ut venias! precor, d. h. ut wird Nebensatz- exponent; das Qleiche gilt auch für Folgesätze. Finales ut geht aber auch aus indirektem Fragesatz hervor, z. B. Sen. ep. 88, 16 provisum est^ ut ab insidiis tutus essem = wie ich sein könnte = dass ich war. Sobald einmal die Typen geschaffen waren, entwickelte sich natürlich eine grosse Mannigfaltigkeit der Erscheinungsformen, ja schliesslich konnte ut ähnlich wie quod als eine Art Universalpartikel gelten. Ut griff wie unser wie ins temporale Gebiet über, es diente wie quom und quod zur Erklärung und konkurrierte schliesslich, nachdem es sich vom Demonstrativ eman- zipiert hatte, auch mit dem Acc. c. inf., und wurde in Verbindung mit dem konzessiven Konjunktiv auch konzessive Konjunktion.

318. Die relative Bedeutung von ut ersieht man namentlich da, wo im Hauptsatze die Korrelativa ita, sie, item, itidem, in der älteren Sprache und bei Dichtern auch a^que, adaeque, pariter, non aliter, non secus, idem u. ä. entsprechen; häufig jedoch fehlen die Korrelativa. Solche mit ut eingeleiteten Relativsätze kommen im altem Latein auch da vor, wo die klassische Sprache einen indirekten Fragesatz setzen würde, z. B. rem ut est eloquamur oder (was in der Komödie gewöhnlicher) res ut factast ehquar.

319. Die Korrelation ut ita „zwar aber" bürgert sich seit Cic. ein, gehört jedoch mehr der silbernen Latinität und hier hauptsächlich Quintilian an.

Ita, selten sie, mit Optativ, im Altlat. auch mit Indic. Fut., z. B. Plaut. Poen. 1219 ita me di amabunt, vgl. § 202, und korrelativem ut wird in der alten wie in der klassischen Sprache, sowie bei den august. Dich- tem nach dem Vorgang des CatuU, dann besonders häufig bei Petron, vielfach auch in Inschriften, in Schwüren gebraucht; dabei kann der Wunschsatz vorausgehen, eingeschoben sein oder nachfolgen. Der Modus des mit ut eingeleiteten Satzes ist der Indikativ, z. B. Prep. 1, 18, 11 sie mihi te referas, levis ut non altera nostro limine intulit uUa pedes, vgl. ßoTHSTEiN z. St.; für den Indikativ kann jedoch auch der Poten- tialis eintreten, z. B. Plaut. Poen. 289 ita me di ament, ut malim, Cic. Farn. 5, 21, 1 nam tecum esse, ita mihi onmia, quae opto, contingant, ut vehementer velim; hier würde malim und velim auch in der Parataxe ohne ut stehen. Manchmal fehlt auch ut oder richtiger der Satz erscheint in der Form eines selbständigen Satzes, vgl. oben § 265, so vgl. Cic. Fam. 2, 13 nam, ita vivam, putavi, Properz 1, 7, 3 atque, ita sim felix, primo

Handbuch der klan. AltertanuwiaBenschaft. U, 2. 3. Aufl. 26

402 LateinUohe Grammatik, d. Syntax.

contendis Bamero. Im nachklassischen Latein scheint dies jurative ui^ ab- gesehen von Petron, seltener zu werden, Sen. phil. hat es gar nicht; auf den Inschriften, vgl. AnthoL 194 fif., überwiegt die Parataxe ohne ut

TJt quisque (Lucr., Plaut, Cato auch quisquis, Tac. auch quis) und korrelativ ita, gewöhnlich in Verbindung mit Superlativen, jedoch auch mit andern Vergleichsgraden, findet sich in der ganzen Latinität; jedoch ist ut quisque c. superl. ita c. superl. selten im Altlat., während ut quis- que c. pos. ita {perinde, proinde, exinde) c. pos. überall öfters (nament- lich aber bei Sallust) getroffen wird; für ut quisque c. superl. ita c.pos. vgl. z. B. Sali. Jug. 81.

320. Das relative ut eignet sich auch zur Einleitung einer Parenthese, so namentlich bei den VV. putandi {ut opinar) oder dicendi (ut dixi). Es scheint, dass ut fit noch nicht bei Plaut., ut mos est nicht bei Terenz, ui fere fit nicht bei Liv. getroffen wird. Seit der klassischen Sprache dient der parenthetische Satz mit ut zur Bekräftigung der Aussage, z. B. Sali. Jug. 69, 1 primo uti erat res Metellum esse rati. Manchmal ist die Paren- these hinweisend auf eine momentane Situation, dies aber erst mit den aug. Dichtem, z. B. Ovid, und ihren Nachahmern, z. B. Ovid. met. 12, 324 collo fraxinus, ut casu iacuit resupimis, adacta est Durch den Zusammen- hang kann die Parenthese auch kausale Bedeutung annehmen, z. B. Hör. sat. 1, 9, 42 ego, ut contendere du9umst cum Victore^ sequor; als reine Kau- salpartikel erscheint ut nur bei den Komikern, z. B. Plaut. Truc. 2, 7, 22 paUidast, ut peperit puerum.

Das relative ut dient auch dazu, den Standpunkt bei der Beurteilung einer Sache zu bezeichnen ; dies findet sich oft in der alten Sprache, aber auch bei Gic, besonders in epp., bei Horaz z. B. sat. 1, 9, 4 suaviter ut nunc est. Oft beschränkt es bei Adj. und Adv. die Gültigkeit des Urteils, seltener in der älteren Sprache, als in der klass. und bei Liv., z. B. 2, 63, 6 in urbem Antium, ut tum res erant, opulentissiniam.

321. Beim relativen ut kann auch das Verb fehlen; dabei ist be- merkenswert das seit Ter. und Gate übliche ut qui oder ut quom mit Superl. z. B. Ciceronis, ut qui maxime^ amicus, ferner das gleichfalls mit Ter. be- ginnende ut si. Selten ist ut ita mit Komparationsgraden ohne Verb, häufig das parenthetische ut; in seiner kausalen Färbung gehört es vor- zugsweise der Prosa seit Cicero und hier wieder besonders Liv. an, der es auch einem Abi. abs. vorsetzt, üt vor präpositionalen Ausdrücken, namentlich vor den mit Vokalen anfangenden Präpos., lesen wir bei Cic, Caes., Sali., Sen. phil., am häufigsten aber bei Liv. und Tac, z. B. Cic. Fam. 4, 9, 3 ut in tali re, Sen. N. Q. 6, 30, 2 mira ut ex toto vis est; Tac. Germ. 22 crebrae, ut inter vinoUntos^ rixae. Im Spätlatein ist namentlich TertuU. reich an solchen verkürzten Sätzen mit ut, vgl. Hartel, Patr. Studien lU S. 70.

322. Durch Gemination von ut oder Anfügung von qwmique ent- stehen die verallgemeinert relativen Partikeln uUiii und utcumque. Das erstere findet sich oft bei Plaut, und Ter., meist mit Formen von esse ver- bunden, ganz selten bei Cic, vielleicht Verr. 2, 1, 5, Att. 15, 25 und 15, 26, 4, aber nirgends in sicherer Überlieferung, noch seltener in der Folgezeit.

IV. Die Unterordnung. (§§ 320—324.) 408

Utcumque treffen wir oft bei Cic, aber nur in der Bedeutung je nachdem, z. B. Fin. 5, 11 utcumque res postularet, ebenso bei den august. Dichtern, in der Bedeutung wie auch immer bei Livius, im silbernen Latein. Bei Plautus und Horaz wird tUcumque Temporalkonjunktion == ut primum^ z. B. Plaut. Poen. 754 utquomquest ventus, exim velum vortUur (so Wölpplin; aber Hirsghfeldeb nimmt utcumque bei Horaz lokal, vgl. Z. f. G. W. 1869 p. 355, und Landgraf erklsLrt utquomque bei Plautus vergleichend, vgl. zu Reisio-Haase p. 222).

328. Aus Gell. 2, 29, 4 nidulatur in segetibus id ferme temporis, ut appetat messis sehen wir, wie aus dem relativen ut sich das temporale entwickelt. Dies erscheint nur in der Form ut und wird im Altlat. zu- meist mit dem Perfekt, selten mit Präs., Imperf. und Plusq. verbunden; die meisten Beispiele finden wir bei Plaut., bei Ter. ist das temporale ut sehr selten; denn allmählich gewinnt quom die Oberhand über das ihm nahe verwandte und seit Terenz mit ihm konkurrierende ut. In der klassischen Sprache und später nimmt ut, manchmal mit primum verbunden, teil an allen Eigentümlichkeiten von i>09f^t«atii; nur das mag bemerkt werden, dass Sali, ut nur einmal und zwar in den Hist., dass Tac. es selten gebraucht, dass Yell. und Flor, es nur mit Perf. verbinden, dass dagegen Caes. wieder- holt darauf das Plusq. folgen lässt, wie auch Nepos und Verg. in je einem Falle; die meisten Beispiele für tU c. Plusq. bietet Liv., der auch, ab- gesehen von der vielbesprochenen Stelle Ter. Hec. 378 iam ut Urnen extrem, ad genua accidit, zuerst ut mit dem Konj., aber dem der Wiederholung, ver- bindet. Für ut = seit vgl. Nipp, zu Tac. ann. 14, 53; das Tempus dabei ist das Präsens oder das Perfekt. Besonders bemerkenswert ist hier u^ in Bezug auf ein Subst. temporis bei Tac. ann. 14, 53 octavus annus est, ut Imperium obtines, auch sonst im silb. Latein, z. B. Martial 10, 103, 7 accessit tricesima aestas, ut . . datis.

Anmerknng. Die Zusammenstellung stcUim ut ist klass., z. 6. Gic. de erat. 8, 313 quae non atatim, ut dici coepta est, fnelior fieri videtur, hat sich aber bis ins SpftÜat. er- halten; dasselbe gilt fOr simul ut. Aber mox ut ist ausschliesslich spftÜat., z. B. bei Apoll. Sidon., in der Peregrinatio ad loca sancta, oft bei Orosius und sonst; ebenso iam ut; vgl. Gbteb, Progr. Augsburg 1890, S. 37. Wie man statt simul atque auch einfach simul setzte, so findet sich auch mox statt mox ut, vgl. Archiv IX S. 517; vielleicht ist auch Anthol. 245 mox exortast, sensim vigescit das mox mox ut anzunehmen. Vgl. noch § 301.

324. Das konsekutive ut wird mit dem Eonj. verbunden; in der Herleitung dieses Konjunktivs aus der unwilligen Frage stimme ich Dittmar bei, z. B. Cic. Tusc. 3, 71 quis est tarn demens, ut sua voluntate maereat? Doch sind auch andere Arten des Konjunktivs nicht ausgeschlossen, wie das Zurückgehen auf die Parataxe zeigt, vgl. Plaut. Pseud. 633 potest ut alii ita arbitrentur et ego ut ne credam tibi = andere mögen es glauben, ich will Dir nicht glauben: beides ist möglich. In der Volkssprache des n saec. nach Chr. auf afrikanischen Inschriften (Kübler, Archiv VIII S. 176), dann aber spätlat. z. B. beim Juristen Dorotheus^ auch sonst in der späteren juristischen Litteratur besonders nilch adeo, femer in der Bibelübersetzung und bei Lucif. Calar. folgt nach konsekutivem ut der Indikativ, z. B. 46, 13 (uleo impos mentis fuerat factus, ut diaboh servire maluit. Nicht mit un- recht nimmt Geyer, Festgruss S. 44 an, dass der beim konsekutiven quod

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404 Lftteinisohe Chrammatik. d. Syntez«

(vgl. § 291) stehende Indikativ sich auch auf den ütsatz übertrug; möglich ist auch, dass ein Utsatz nach Analogie des griechischen &g ts mit Indi- kativ lose angefügt wurde, und er so den Indikativ des selbständigen Satzes annahm. Ferner gehört diese Erscheinung einer Zeit an, wo guia, quoniam, ne vor den Acc. c. inf. treten, also aUes Gefühl für richtige Unterordnung geschwunden war. Das konsekutive ut findet sich in der ganzen Latinitat; es hat im Hauptsatze mancherlei Korrelative, von denen in tantum vom silb. Latein bis herab ins Spätlat. gelesen wird, während adeo non nur bei Sali., Liv., Vell., Curt., nicht bei Cic, Gaes. gefunden, usqae eo bei Ter. und Cicero, eo c. gen. nicht bei Cic, Caes., aber bei Sali., Nep. und oft in der silbernen Latinitat, huc c. gen. ausschliesslich bei Val. Max., Tac., Curt angetroffen wird. Sehr häufig aber ist das Korrelativ im Hauptsatze aus- gelassen.

Die Verbindung tatdum abest ut ut findet sich im Altlat. nicht, auch nicht bei Caes., Sali., Tac. ; dagegen steht sie öfter bei Cic. und Liv., vereinzelt bei Val. Max., Sueton. Die vollständige Formel tantum abest ab eo ut ut lesen wir nur Cic. Tusc. 1, 76 und Liv. 25, 6, 11; am häufigsten ist tantum abest ut ut und zwar unpersönlich (persönlich nur b. Alex. 22, 1), selten (dies auch bei Nepos und noch bei Min. Fei. 5, 5) tantum absum ab . . . tU, wo die präpositionale Wendung den ersten Ut^Satz vertritt; eine bemerkenswerte Parataxe hat Cicero, und zwar er allein, z. B. Att. 13, 21, 5 tantum aberat, ut binos scriberent: vix singulos con- fecerunt; mit Voranstellung des selbständigen Satzes sagt Sen. ep. 90, 45 parcebant adhuc etiam multis animalibus: tantum abcrat, ut homo hommem ocdderet.

Der Umgangssprache eigen sind Konsekutivsätze mit Ellipse des Verbs, z. B. Cic. Fam. 13, 1, 5 Atticus sie a me hoc contendit, ut nihil unquam magis (sc. contenderit).

Während non in Konsekutivsätzen die regelrechte Negation ist, finden wir doch aber auch ut ne, natürlich nur da, wo in der Parataxe ne stehen müsste, z. B. Varro r. r. 3, 16, 16 alvos ita conlocant, ut ne agitentur neve inter sc contingant (vgl. § 266 f.). Dagegen muss ich aufs entschiedenste bestreiten, dass die alte Negation n^ = non in Folgesätzen sich findet, wie Lattmann, De coniunctivo latino S. 13 und nach ihm Dittmab S. 91 annehmen; bezüglich Plaut. Pseud. 633 vgl. oben Absatz 1. Erst mit dem Verfalle der Sprache tritt ne statt ut non in reinen Konsekutivsätzen ein, wie dies für Tac. und Spätere festgestellt ist, vgl. Lact. I 439 malitia et furore caecantur, ne videant,

325. Das aus dem konsekutiven ut ohne weiteres sich ergebende kondizionale ut, z.B. Publ. Syr. 577 rex essenolim, ut esse cruddis velim gehört der ganzen Latinitat an; der silbernen Latinitat ist eigen nisi ut, wobei nisi mit der im Hauptsatze liegenden Negation eine Bejahung er- gibt, z. B. Suet. Cal. 23 aviae Antoniae secretum petenti denegavit, nisi ut interveniret Marco praefectus,

336. Das finale ut wird gleichfalls ausschliesslich mit dem Kon- junktiv verbunden, der hier den Willen oder die Erwartung bezeichnet;

17. Die üatoroidimg. ($§ 32S~327.) 405

aus ut iüum di perdant wird opto^ ui perdantj aus mane sis videam wird mane sis, ut videam, vgl. § 317. Da Wunschsätze gerade wie mit ut, so auch mit qw eiugeleitet werden können vgL § 205 , so wird auch qui und, da qui durch quo ersetzt wird, wie quocum neben quicum zeigt« auch quo im Finalsatz gebraucht; vgl. Plaut. Pseud. 88 restim volo mihi emerCy qui me faciam pensilem, SaU. Gat. 58, 3 eonvocavi vos, quo monerem, simul uti aperirem. Solches finale quo findet sich bei Plaut, Ter., auch klass. bei Cic, bei Ovid, Hör. Die im Hauptsatze oftmals hinzutretenden demonstrativen Ausdrücke wie idcirco, eo etc. sind später hinzugekommene Zusätze, ohne jedoch auch da unentbehrUch zu sein.

Die Negation nach finalem ut ist ne, und so findet sich ut ne von Ennius bis Gellius, jedoch nicht bei allen Schriftstellern; viele wie Gaes., Sali., Liv. behalten die ursprüngliche Parataxe, wobei ne allmählich selbst konjunktionale Bedeutung annahm, bei (vgl. § 268) ; Gicero macht einen Unterschied zwischen ne und ut ne, indem letzteres die Absicht als aus- drückliche, geflissentliche und direkte bezeichnet; daher erklärt sich auch, dass ut ne in der feierlichen Sprache der Gesetze seine Stelle hat.

Das finale ut stehtauch in Parenthesen; bemerkenswert ist, dass die silberne Latinität (Quint., Plin., Tac.) hier den Potent, perf. braucht, z. B. tU sie dixerim.

Schliesslich sei erwähnt die Verbindung von Fragesatz und Finalsatz, z. B. Ter. Eun. 570 quid ex ea re ut caperes commodi? dann Gic. nat. deor. 3, 74 quid ut iudicetur. Die gleiche Konstruktion treffen wir auch bei Liv. und Plin. mai. Aber schon bei Gic. Att. 7, 7,7 lesen wir die Formel ui quid ohne Verbum, ebenso bei Martial (3, 77, 10 ut quid enim?)\ häufig aber wird sie erst in der Itala und so bei den ecci., wo der Einfluss des Vva xi unverkennbar ist; hier hat sie geradezu die Bedeutung von ti^ai^n», z. B. Hier. epp. 22, 37 ut quid mihi ieiunitas? Vgl. noch Wölfflin, Archiv IV p. 617.

327. Das konsekutive ut dient auch dazu, Ergänzungssätze an die Verba des Geschehens und Phrasen sinnverwandter Bedeutung anzufügen. Jedenfalls haben sich auch hier gewisse Typen gebildet, welche dann Analogiebildungen nach sich zogen. Ein solcher Typus scheint mir j^ofin ut zu sein, wie z. B. Plaut. Pseud. 378 potin ut dbeas?\ dies potin bedeutet ist es möglich = kann es geschehen = kann man thun. Thatsächlich findet sich ein ergänzender Ut-Satz im Altlatein nach potest, non potest, qui potest, wo überall der Begriff fieri durchklingt, dann nach fit selbst, z. B. Plaut. Asin. 478 tibi hercle fiet ut vapules, ebenso nach facio, z. B. Plaut. Amph. 876 faciam ut res fiat palam. Sobald einmal facio ut aufgekommen war, nahmen an dieser Konstruktion alle seine Komposita und Synonyma Anteil, jedoch so, dass manche erst später in der Litteratur auftreten, z. B. obtineo erst mit Liv., extundo mit Val. Max., emercor mit Tac., emo mit Justin u. ä. Ebenso reihte sich an fit dann fieri potest, fieri non potest an, dann evenit, usu venit, accidit, accedit, contingit u. a. Wie das einfache est werden auch Verbindungen wie prope est, in eo est, abest mit ut kon- struiert, freilich selten in der klassischen Sprache, während dagegen reli- quam est, extremum est, proximum est, tertium est (nirgends jedoch primum

406 Lftteinisohe Grammatik, d. Syntax.

est, was sich erst Martial 7, 43, 1 findet) gerade bei Cic. gerne einen Satz mit ut sich anfügen lassen. Der Macht der Analogie in der Ausbreitung der Üt-Konstruktion konnte sich selbst Cicero nicht ganz entziehen. Wenn er auch nach licet, necesse est, interest andere Konstruktionen bevorzugt, so ist ihm doch auch, freilich höchst selten, darnach ein entschlüpft, manch- mal unter dem Einfluss eines andern Ausdrucks, z. B. Mur. 8 neqtne eniw iam mihi licet, neque est integrum, ut . . non impertiam,

338. Mit quod und quam teilt ut die Eigentümlichkeit, dass es einen im Hauptsatz stehenden oder zu ergänzenden, gewöhnlich pronominalen Ausdruck näher erklärt. Auch dieser Gebrauch von ut geht auf seinen ursprünglichen zurück, z. B. Plaut. Trin. 637 an id est sapere, ut qui bene- ficium a benevolente repudies? eigentlich == du solltest (willst) . . eurück- weisen: heisst das vernünftig sein? So sehen wir ut auch in klassischer Sprache, nachklass. und spätlat. allenthalben zur Erklärung verwendet, z. B. Liv. 84, 9, 12 erat forte tempus anni, ut frumentum in areis Hispani haberent. Hier ist besonders bemerkenswert verum est ut^ ven simile esi ut, incredibile est ut\ überall schliesst sich ut erklärend an, so dass credibik est ut = der Fall ist denkbar, dass bedeutet. Aus diesem erklärenden Gebrauch von ut leitet sich die Konstruktion her, wo ut nach Y. sentiendi und declarandi einem Acc. c. inf. entspricht, z. B. Gommodian 1, 25, 1 si putas, ut isti te Salvent = diese sollten Dich retten wollen? glaubst du das'f vgl. Plaut. Trin. 637. Dieser Gebrauch von ut ist erst im nachklass. Latein aufgekommen und hat sich keine grosse Ausdehnung gewonnen; viele Bei- spiele, die man hieher rechnet (z. B. bei Mayen S. 60) gehören nach § 329, wie z. B. spero ut, exspecio ut u. ä. Vgl. noch Stilist. § 77.

329. Nach den Verben der Willensrichtung ist frühe schon ein Satz mit ut angefügt worden; die Analogie dehnte sich sogar auf spero (Plaut., Liv., Sen., Just., nicht Cic, Caec, Sali., Tac), schwerlich auf minari, vgl. Jöhbing S. 41 zu Sen. ep. 90, 5, aber auf visum est (Cic. ad Att. 12, 51, 2 gehört ut zu ita), iubeo (Plaut., Liv., Hör., Tac, bei Cic nur im offiziellen Stile), dico, prohibeo bei Capitol. Maxim. 28, 7, Augustin. und anderen Spätlat, impedio bei Augustin. aus. Nach video ist namentlich bei den Kom. und in Cic epp. ein Satz mit ut in der Aufforderung zu finden, nach caveo, wenn es heisst „darauf achten'', so von Plaut, bis Suet., namentlich auch im Juristenlatein ; der Satz mit ut kann übrigens auch vorausgehen, z. B. Caes. b. G. 7, 59, 4 sed ut exercitum reduceret, cogitabat {ut . . reduceret eig. indirekter Fragesatz). Wie die W. merendi kann auch dignus $um mit ut konstruiert werden; dies findet sich jedoch nur bei Plaut., Liv., Quint. Ebenso unklassisch ist deprecor, comprecor, veneror (Tac. bist. 4, 58), fatigo (Sali. Jug. 11, 4), posco (mit ut erst seit Liv. konstruiert), exhortor, inclino u. ä. Auch nach den Substantiven der Willensrichtung, z. B. voluntas, cupiditas, spes u. ä., findet sich allenthalben, namentlich auch bei Cic, ein Satz mit ut. Über ut nach den V. timendi ist oben § 268 gesprochen.

Anmerknng. Nach den Verha des Bewirkens ist anch konsekutives ut mögb'cb, wenn nicht sowohl die Absicht als die Folge der Thätigkeit dargestellt werden soll. So findet sich neben effed ne auch effeci ut non; vgl. Gollino, Z. f. ö. Gmn. XXXIV S. 678.

IT. IH6 ÜAiaroriauDg. (§| S28— 832.) 407

390. Em Satz mit konzessiyem EonjonktiT, z.B. sini sane ista bona: tarnen Icteütia iurpis est, wurde aach mittels ut dem Hauptsatze angef&gt, zuerst bei Terenz (nur Hec. 296), dann aber namentlich bei Cic, Liv., Qnint, Gurt., Tac., Flor. Phrasenhaft wurde in der Umgangssprache, so bei CSc. Att., tU aliud nihil,

fj. Qaomodo (quem ad modnm).

331. Das Substantivum modus dient zur Umschreibung adjektivischer oder adverbialer Ausdrücke; so ist eius tnodi = talis, hoc modo = ifa, quo modo oder quem ad modum = qul oder ut. Die Umschreibungen quo modo und quem ad modum finden sich schon bei Plautus, besonders oft: quo modo und zwar in Fragesätzen. Wenn auch bei Plaut, und Ter. dem quomodo in indirekter Frage ein Demonstrativ entspricht, dessen Erläute- rung durch den Fragesatz gegeben wird, z. B. Plaut. Asin. 358 istuc agOy quo modo intervorfam, Ter. Heaut. 476 agitur illud, quo modo demus, so ist doch der Übergang zum relativen Gebrauch von quo modo und quem ad modum erst spater erfolgt; wie man sagt ut ^ ita {sic)^ so in klassischer Sprache auch quo modo {quetn ad modum) eodem modo, ita, sie, item. Mit Unterdrückung des demonstrativen Gliedes wird nun quo modo (quem ad modum) gerade wie ut gebraucht, so besonders auch in Zwischensätzen wie quem ad modum scribis, solent, dixi u. ä. (bei Cic. hauptsächlich in epp.). Wie fragendes ut in finales ut übergeht (vgl. § 317), so macht auch quo modo schon bei Plaut. Merc. 329 ff. hoc visost opus huic persuadere, qtw modo potis siem den Versuch, doch ohne weiteren Erfolg. Auch auf anderen Gebieten vjon ut wird die Konkurrenz von quo modo {quem ad modum) erst spät erfolgreich: so erscheint quo modo {quem ad modum) gerade wie ut in Temporalsätzen (daher das französische comme) und zwar bei Hygin 80 alii dicunt, quem ad modum aedificabat pilam, super Castorem im-- puHssCj dann in der Peregrinatio und sonst (vgl. Geyeb, Progr. Augsburg 1890 S. 46 und Archiv Vm S. 478, Habtel, Archiv XU, 30, Bonnet S. 328, Archiv IV, 274). Im Übersetzungslatein ersetzt qfw modo wie quia, quoniam, entsprechend dem griech. cJg, den Acc. c. inf., z. B. Cael. Aurel. morb. ac. 3, 63 nescii, quo modo etiam voluntate tendimus . . . partes.

Zum Schlüsse will ich noch erwähnen, dass auch qualiter in das Ge- biet von ut übergegriffen hat und spätlat. = finalem ut gebraucht wird.

&, Ubi.

332. Ubi (altlat. auch ubei und übe) entspricht dem osk.-umbr. pnf, pufe und ist ein relatives d. h. ursprünglich fragendes Adverb, welches aber ins relative Gebiet und von da in das der Konjunktionen überging. Das relative tJihi wird allenthalben geradezu für das Relativ gebraucht, z. B. Plaut. Mil. 2, 1, 40 navem illam, ubi vectus fui. Demgemäss vertritt auch ubiubi und ubicumque die entsprechenden Formen des verallgemei- nernden Relativpronomens. Ubiubi ist altlat. bei Plaut, und Ter. und taucht dann erst wieder bei den Archaisten, z. B. Fronte, auf und erhält sich vereinzelt im Spätlat. Ubicumque ging von Plaut, und Ter. auch auf Cicero und Caes. über und erhielt sich dann im silb. und spätem

408 Laieinisohe Grammatik, d. Syntax.

Latein. Über die lokale Bedeutung ist weder ubiubi noch uhicumque hinauf- gegangen.

Entsprechend seiner engen Verwandtschaft mit dem Relativpronomen wird ubi oft ganz wie das letztere mit dem Konjunktiv verbunden, wie derselbe in Relativsätzen konsekutiver, finaler etc. Bedeutung üblich ist, z. B. Sali. Gat. 54, 5 sibi magnum Imperium exoptabat, ubi virtus enitescere passet (= in qtw posset).

Dann wurde ubi in gebräuchlicher Übertragung auf die Zeit verwendet, z. B. Ter. Andr. 631 ubi tempust promissa iam perfid^ tum coacti neces- sario se aperiunt. Daraus entwickelte sich die Bedeutung einer temporalen Konjunktion, welche schon bei Plaut, angetroffen wird und in den £ragm. trag, et com. sehr häufig ist. Hier verbindet sich ubi mit dem Indikativ aller Tempora; für die Vergangenheit steht ubi mit Praes. bist., mit Perf., auch mit Imperf. und Plusq. Indikat., jedoch ganz selten mit letzteren beiden, z. B. mit Plusq. Aquil. com. 10 R. ; von quatn unterscheidet es sich in der Weise, dass quam da steht, wo der Zeitbegriff stark hervorgehoben wird, während bei ubi das räumliche Moment der Bedeutung vorwiegt; vgl. Aquil. com. 6 R. ubi is non monebat esse, nisi quom nihil erat? Bei Terenz ist der Gebrauch fast ganz derselbe, nur dass hier ubi mit Praes. seltener als bei Plaut, angetroffen wird. Mit Beginn der klassischen Zeit treffen wir ubi wieder in gleicher Konstruktion, allein bei Cicero wohl nie mit Imperf. und Plusq., bei Gaes. je einmal, wiederholt bei Sali., bei Liv. und Tac, nicht bei Nepos und Horaz, zweimal bei Vergil. Sonst mag bemerkt werden, dass ubi mit Präs. der Yerba sent. sich oft bei Sali., welcher es überhaupt sehr bevorzugt, findet, dass Voll, es 'im verall- gemeinernden Sinne mit Konj. Imp. oder Plusq. verbindet, dass Florus die Liebhaberei des Sali., so besonders ubi videt, übernommen hat, dass Tac. sowohl den Indic. als auch den Konj. Plusq. zur Bezeichnung der wiederholten Handlung verwendet. Im ganzen ist der Konj. nach ubi, abgesehen von dem mit der silbernen Latinität sich einbürgernden Itera- tivus, sehr selten und in manchen Stellen durch Modusausgleichung und oratio obliqua oder durch das Streben nach Abwechslung und die Unsicher- heit im Modusgebrauch, so im Spätlat., z. B. bei Ammian, veranlasst. Zu ubi tritt häufig wie zu ut noch primum hinzu, was z. B. bei Livius sich oft in allen Dekaden findet; wie statim ut, simul ut treffen wir namentlich bei Dichtern mox ubi, deinde ubi u. ä.

1. Quoad.

333. Das lokativische quo ist in Verbindung mit ad, welches hier noch seine ursprüngliche Stellung beibehalten hat, zur Konjunktion ge- worden quoad; die Neuerung des Afranius ad quo drang nicht durch; trotzdem sie dem oskischen adpud genau entspricht, vgl. Planta II S. 459. Die Form qua ad wird von Varro in den Büchern vom Landbau aus- schliesslich gebraucht, während er in den Büchern de lingua lat. quoad verwendet; vgl. Keil, Komm. S. 5; sie findet sich auch auf Inschriften, vgl. BücHELER zu Authol. 208.

Quoad ist aus dem Relativum hervorgegangen, vgl. Lucr. 5, 1211

IT. Die Unterordnimg. (§g 883^894.) 409

ecquae finis, quoad possint ferre Uiborem; es besitzt ursprünglich loka- tive Bedeutung = bis wohin = soweit Gerade wie unser soweit in ge- dachten räumlichen Verhältnissen gebraucht wird, so auch quoad; Vitruv kennt nur diesen Gebrauch, vgl. 99, 6 quoad potui attingere, exposui. Viel häufiger ist jedoch die Verwendung von quoad in temporalem Sinne, und es ist interessant zu beobachten, wie dum, donec und quoad^ welche sich in ihrem Gebrauche nicht wesentlich unterscheiden, bald Lieblingswörter einzelner Schriftsteller sind, bald wie es scheint absichtlich gemieden werden. So findet sich quoad gar nicht bei Sen. phil. und Plin. n. h., quoad = „so lange als' nicht bei Terenz, quoad =^ ^bis* nicht bei Tac. ; Varro braucht quo ad ganz vereinzelt in den libb. de 1. l., sehr häufig in den libb. de r. r., in welch letzteren er dagegen donec nicht zulässt; Caesar kennt donec nicht, gebraucht selten quoad, öfters aber dum; von Dichtern haben es ausser den Komikern nur Lucr. und Horaz und der letztere auch nur in der aus Inschriften als stereotjrp bekannten Formel quoad vi^dt (sat. 2, 3, 91) verwendet; während Tac. eine besondere Vorliebe für donec hat, bevorzugt Apul. umgekehrt quoad^ und Ammian gebraucht nur quoad, nie donec. Dagegen viele Autoren des Spätlateins, so Lact., Vict. Vit., Ennod., Eugipp. u. a. meiden quoad vollständig. Im ganzen bekommt man den Eindruck, dass die schon in ihrer Zusammensetzung auffallende Partikel mehr der gewöhnlichen Sprache angehörte, als der gewählteren Diktion. Die Modusgebung ist wie bei donec , so dass in der nachtaciteischen Latinität der Konjunktiv auch da erscheint, wo bei quoad „bis"" an eine Absicht nicht zu denken ist.

Im späteren Latein finden wir auch quou^que und quoadusque als Konjunktionen verwendet. Quousque ist in klass. Zeit nur in beschränktem Gebrauche: es steht in direkten Fragen mit dem Fut. nur in tempo- ralem Sinne; im nachklassischen Latein aber dient es zur Entlastung von quatenus, welches seine Bedeutungssphäre sehr ausgedehnt hat; dazu kommt im Spätlatein quousque als Ersatz für dum oder quoad = so lange als oder so lange bis. Im Modusgebrauch zeigt sich wie bei quoad ein allmähliches Überwiegen des Konjunktivs. Das Kirchenlatein verwendet quoadusque in der Bedeutung so lange als, häufiger = bis; aus früherer Zeit lässt sich quoadusque nicht belegen. Ganz spät wird das zur Vor- bereitung von dum, donec, quoad gebrauchte usque auch für sich allein verwendet, ähnlich wie simul statt siniul ac, post statt postquam, mox statt mox atque oder mox quam, vgl. Thielmann, Archiv VI S. 63.

Anmerkung 1. Für quoad eitis fieri possit ist vielmehr quod e. f. j>. zu schreiben und so fiberall, wo diese Formel oder eine Variation derselben vorkommt; dieses quod zeigt uns recht eigentlich den Übergang vom Pronomen zur Eonjimktion, wie Jordan, Krit. Beiü*. p. 336, nachgewiesen hat.

Anmerkung 2. Umgekehrt ist oftmals qiwad anzunehmen, wo in Handschriften oder auf Inschriften quod steht; dies quod ist entstanden aus quoad durch die Mittelstufe quad; vgl. Büghelbb, Anthol. 991.

X. Qnatenns.

334. Quatenus hat, wie schon Festus p. 248, 32 erklärt, die Bedeutung qua fine. Sein ursprünglicher Gebrauch ist daher ein lokaler, und so steht es vielleicht schon in einer Rede des Scipio Africanus quatenus castra nostra

410 LfttefnüMshe Grammatik, d. Syntax.

ita munita eranf, ut... Die klass. Sprache kennt diesen Gebrauch nicht, wohl aber Yitr., Liv. und Gels., sowie in der Folgezeit die Geographen, Geo- meter etc. bis ins späteste Latein herab. Dagegen hat Gic. qaatenus, wo eine Handlung als räumlich sich ausdehnend gedacht wird, z. B. Lael. 36 videamus, qucUenus amor in amidtia progredi debecU; hierin folgten ihm Ovid, Liv., Sen. ep., Quint., Petron und Spätere. Das temporale quatenus treffen wir gleichfalls bei Cüc, z. B. Phil. 14, 14 quatenus haberem; Nach- ahmung fand er darin nur bei Val. Max. und im SpäÜat. Kausales quatenus (welches die Grammatiker quatinus geschrieben wissen wollten) hat zuerst Lucrez 2, 927, dann Horaz und Ovid, Val. Max. zuerst in Prosa, hierauf Quintil., Plin. min., Tac, Suet., Flor., im Spätlat. die Afrikaner u. a. Nur der späteren Latinität gehören an qtmtent^s = quomodo bei TertuU., Lact., Hilar., Firm. Mat. u. a.; für finales quatenus ist gleichfalls Tert. der erste Gewährsmann, konsekutives qu^atenus tritt gegen Ende des lY saec. auf. Als Ersatz für den Acc. c. inf. kommt quatenus nicht vor dem VI saec. vor. Wir ersehen daraus, dass quatenus erst im Spätlat. weiter um sich greift zur Entlastung von ut. Bemerkenswert ist, dass Yarro, Gaes., Sali., Yerg., Sen. rhet., Lucan u. a. es gar nicht kennen, dass es keinen Schriftsteller gibt, der sich alle Anwendungen der Partikel nebeneinander gestattet hätte und dass die ursprünglichen Bedeutungen von quatenus gegenüber den neu entstandenen zurücktreten.

X. Si.

336. Wie oben § 265 gezeigt worden, wird sehr häufig das kon- dizionale Yerhältnis eines Satzes zu einem anderen gar nicht ausgedrückt, sondern es bleibt dem Leser oder Zuhörer überlassen, dasselbe sich selbst herauszukonstruieren. Dies ist jedenfalls die ursprüngliche Art der An- fügung, aus der sich die hypothetische Periode erst herausgebildet hat. Aber auch später griff man zu rhetorischen Zwecken wieder auf die Para- taxis zurück; dies ist für die Sprachbetrachtung sehr wertvoll: so wird es möglich, den Konjunktiv im Yordersatze richtig zu erklären und überhaupt die verschiedenen Erscheinungsformen der hypothetischen Periode nach Modus und Tempus aus der Parataxis herzuleiten.

Ich gebe eine Reihe bezeichnender Beispiele:

Ter. Eun. 251 negat quis, nego; ait, aio; Hör. a. p. 25 brevis esse laboro, obscurus fio. Cio. Tusc. 2, 28 rogo hoc idem JEpicurum, dicet; Hör. sat. 2, 5, 74 scribet versus, laudato; Tibull 1, 6, 53 attigeris, labentur opes; Hör. sat 2, 7, 68 evasti, metues; 2, 6, 49 luserat in campo, omnes (sc. dicebant); Hör. ep. 1, 16, 54 Sit spes fallendi, miscebis; Cic. Yerr. 5, 168 cognosceret homifiemj aliquid remitteres (nachher aber die Fortführung si ignoraret^ constitueres); Cic. oflf. 3, 19 dares hanc vim M. Crasso, in foro saltaret; Cic. nat. deor. 1, 57 roges me: nihil fortasse respondeam; Plin. ep. 1, 12 dedisses huic animo par corpus, fedsset, quod optabat; Hör. sat. 2, 7, 32 iusserit Maecenas: fugis.

Die Konjunktive lassen dabei verschiedene Auffassung zu, sie ge- hören dem Gebiete des WoUens und Könnens an, d. h. sie sind Jussive, Optative oder Potentiale; das letztere scheint jedoch seltener anzunehmen zu sein.

lY. Die UnUrordBVB«. (§§ 335— SS7.) 411

336. Si ist eine lokaÜTe Partikel, ursprünglich sei lautend; sie ent- apricht dem griechischen h und dem osk. svai^ umbr. sve. Durch Anfügung des deiktischen ce wird sie daraus. Beide treten in Korrelation, und zwar so, dass sie in den Nachsatz kommt; diese ursprüngliche Konstruktion hat sich in der Sprache des Volkes erhalten, z. B. Lucil. 501, B. st secubifet sie quoque . . tum impeiret; bei Cic. Att. 12, 38, 2 sie scribes aliquid, si fHicahis^ Antonius bei Cic. Att. 14, 13, A. 1 sie uti beneficio, si tu conecssisses; Hör. ep. 1, 7, 69 sie ignavisse puMo, si eeruts hodie meeuw^ Apul. met. 3, 3, 5 sie salvi reeedemus, si salvum in datno neminem reUqttep^mus; Lact. 1, 589, 2 si laetitiae aliud nomen indiderunt, sie aegritudini aliud voeabulum tribui congruebat; Juvenc. 1, 602 sie remittet, si velitis cedere; wir gebrauchen im Deutschen in gleicher Weise unser so, z. B. so du heute mit mir speisest, so darfst du glauben. Wie nun aber das im Hauptsatz stehende so weg- bleiben kann, so auch sie^ also scribes aliquid, si vacdbis. Oder sie wird durch sinnverwandte Wörter ersetzt, z. B. Plaut. Asin. 242 si adfers, tum patent; diese Art der Wechselbeziehung hat sich bis zur augusteischen Zeit erhalten, so auch in Gesetzen, z. B. der lex Julia munic, auch in klassischer Sprache, bei Cic. manchmal verstärkt durch demum oder deni- que, bei den aug. Dichtem, doch wird sie von da ab gewöhnlich nur in Formeln, also z. B. Liv. 22, 53, 11 si sciens falle, tum me luppiter pessimo leto afficiat^ allein doch auch noch im SpäÜat., so bei Lact., gefunden. Eine Korrelation mit igitur ist schon in den XII tab. zu treffen und so bis auf Cicero, während sonstige kausale Partikeln im negativen Haupt- satze erst seit der klassischen Zeit mit si in Korrelation gesetzt werden. Die Beziehung von si auf ein vorausgehendes tYa, z. B. Cic. sen. 11 ita enim senectus honesta est, si se ipsa deftndit ist bei Cicero, später nur wenig üblich, doch vgl. Celsus 48 D. quos ita mors sequitur, si id malum non est febre discussum. So ist auf dem Wege der Korrelation das ur- sprünglich demonstrative si zur relativen Konjunktion geworden, und aus dieser Art der Korrelation zweier Sätze ist die hypothetische Periode her- vorgegangen. Anderseits ging aus der Korrelation si sie mit Unter- drückung des ersten Gliedes der einfache Satz hervor, welcher in sie den Hinweis auf das unterdrückte und leicht zu ergänzende Glied erhalten hat, z. B. Prop. 3, 16, 12 Scironis media sie licet Ire via {sie = siquis amat, 80 dass die volle Periode hiesse: si quis amat, Scironis media sie irc licet via).

337. Der Indikativ dient nicht allein dazu, eine Thatsache als solche darzustellen, sondern auch eine Annahme als Thatsache hinzustellen, z. B. Tac. ann. 14, 44: sane eonsiüum occultavit, telum inter ignaros paravit: num excubias transire . . . poterat? = stellen wir es als Thatsache hin, dass er . . . geheim gehalten hat. So haben wir in Bedingungssätzen den Indikativ als den der Thatsache oder der als Thatsache hingestellten An- nahme zu erkennen. Aus Cic. Tusc. 2, 28 rogo hoc idem Epicurum, dicet wird die hypothetische Periode: si rogo, {sie) dicet = so (stelle ich es als Thatsache hin, dass) ich frage, so mrd er sagen; Hör. sat. 2, 7, 68 evasti, metues = si evasisti, {sie) metues: nehmen wir es als Thatsache an, dass du entgangen bist, so folgt daraus die weitere TJiatsache, dass du Angst he*

412 Laieinisohe Grammatik, d. Syntax.

kommst. Wenn in beiden Gliedern der sog. hypothetischen Periode der Indikativ steht, so sind hinsichtlich der Tempora verschiedene Eombina- tionen möglich: sehr selten ist si c. Praes. Imperf. und nur bei Ter. und Lucrez, sowie vereinzelt bei Cic. beobachtet; si c. Praes. Fut irt vor und nach CSc. üblicher als si c. Fut. Fut; letzteres überwiegt bei Cicero und bei den Verfassern von Lehrbüchern, also bei Cato, rhet. ad Her., Vitruv, Quintil.; si c. Fut. Praes. ist selten in allen Zeiten, findet sich nicht bei Varro, Sali, und vielen Spätlat. Selten ist femer si c. Fut exact. Fut. exact., aber doch bei Plaut, schon und dann besonders bei CSc. vertreten, ebenso si c. Perf. Fut., und zwar erst seit (Sc. beobachtet; si c. Indic. Imperf. ist auch bei Cic. zu finden, sogar mit Fut. I im Nach- satz, z. B. Att. 14, 1 si nie non reperiebat, quis reperiet?, si c. Plusq. Imperf. ist vorklassisch, auch klassisch, z. B. Cic. Cluent. 52 si quaesiveram

fatebatur, und dann bei Sali., sowie nachklass. bei Juvenal belegt, si c. Fut. I oder II Perf. log. besonders bei Plaut, und Ter., ganz selten bei Cic, z. B. Verr. 3, 62 nisi res illa manifesta erit adlata, vicimus, si c. Fut II

Praes. bei Plaut., z. B. Poen. 671 rex sunt, si ego illum ad me adlexero^ bei Cic. Fam. 16, 12, 4! sin stare condicioniJms noluerit, bellum paratum est, Plane, bei Cic. Fam. 10, 11, 3 si nihil profecero, nihilo minus maximo sum animo; hierüber und über das Überwiegen der Formen si fuerit erit sowie si fuerit est im Spätlatein, sowie über si potuero, si voluero u. i vgl. Blase in Archiv X S. 313—343.

Auch andere Zusammenstellungen finden sich, manche freilich sehr selten, z. B. si c. Fut. I Imperf. bei Cic. Fam. 1, 7, 6 qv^d si videbüur, placebat.

338. Der Konjunktiv im Vordersatze der hypothetischen Periode kann auf verschiedene Weise erklärt werden. Das Nächstliegende ist si mit Optativ (vgl. § 205) ; dies si ist = hoc est in votis, z. B. Verg. Aen. 8, 560 0 mihi praeteritos referat si luppiter annos; solchen Optativ haben wir z. B. Liv. 10, 19, 17 Bellona si hodie nobis victoriam duis: ast ego tentphnt tibi voveo. Der Konjunktiv kann auch der der unwilligen Frage sein, z. B. Ter. Heaut. 335 longum est, si tibi narrem: so? ich sollte Dir erzählen? das wäre viel zu umständlich! Ferner kann er prohibitiver Natur (nach ni = nei := ne) oder hortativ sein, auch potential, z. B. Hör. sat. 1, 1, 15 si q^ deus dicat, nolint. Der Konjunktiv im Nachsatz (Hauptsatz) kann jeder Art Konjunktiv in Hauptsätzen entsprechen; besonders ist zu bemerken, dass der Potentialis in der potentialen Periode {si sit, sit) als Subjunctive of Ideal Certainty (wie ihn Gardner Haie nennt) eigentlich nichts Potentiales auf- weist, sondern aus der event. Wahrheit des Vordersatzes den Nachsatz sicher herleitet: si dicas, erres dann würdest du irren. Über das Osk.-Umbrische in ähnlichen Sätzen vgl. Planta H S. 488. Steht in beiden Gliedern der Konj., so ist folgendes zu bemerken. Ursprünglich hatten die Konjunktive der einzelnen Zeiten die ihren Indikativen entsprechende temporale Geltung; dies hat sich noch später erhalten im Jussiv der Vergangenheit, wo ser* vares du solltest retten = du hättest retten sollen, ne faceres du hättest nicht thim sollen bedeutet ; ebenso im Potentialis der Vergangenheit dic^^f cerneres. Daher bezog sich si haberem, darem nur auf die Vergangenheit

IT. Die Uhterordnimg. (§§ 338—339.) 413

als Potentialis der unvollendeten Handlang im Präteritum und si dem, habeam wurde auch für den Irrealis der Gegenwart gebraucht; dies war um so leichter möglich, als der Optativ jeden Wunsch, den möglichen wie den unmöglichen, auszudrücken geeignet ist, vgl. oben Verg. Aen. 8, 560 si referat, oder Prep. 2, 2, 15 hanc utinam faciem noUt mutare senectus; beides ist unmöglich. Diesen Gebrauch des Eonj. Präsens können wir noch bei Plautus konstatieren. Im Interesse der Deutlichkeit aber war eine Verschie- bung notwendig ; so konkurrierte bald Konj. Imp. in irrealen Bedingungs- sätzen mit dem Konj. Präs., und schliesslich verdrängte er ihn ganz und liess ihm nur das Gebiet des Potentialen; damit war die Verschiebung fertig und zwar bereits in der klass. Zeit; was also bei Plaut. Aul. 523 compellareni ego iüum, ni tnefuam heisst, würde bei Cicero allocutus eum essem, nisi metuerem lauten; demnach trat an Stelle des Konj. Präs. der Konj. Imperf., an Stelle des letzteren der Konj. Plusq. und beide er- halten nunmehr den Begriff der Nichtwirklichkeit, der ihrer Grundbedeutung durchaus ferne lag. Wir finden daher bei Cicero nur noch wenig Anklänge an präteritales si haherem, z. B. Cic. Div. 2, 22 An Cn. Pompeium censes laetaturutn fuisse, si sciret se trtAcidatuni iri? Dabei ist zu beachten, dass die durative Form sciret der ingressiven scivisset vorgezogen wird, weil gesagt werden soll: wenn er die Kenntnis besessen hätte und nicht wenn er eur Erkenntnis gekommen wäre; noch weiter als bei Cicero ist präteritales si hoher etn bereits bei Livius zurückgetreten. Anders wird es erst im Spätlat. , wo die Archaisten die ältere Sprachweise wieder aufnehmen und die Afrikaner infolge des Einflusses der semitischen Tempora die- selben Formen in präteritalem, präsentischem, ja sogar futuralem Sinne gebrauchen.

339. Die Form der sog. potentialen Periode ist si sit sit; aber mit dieser tritt schon frühe die Form si sit est und si sit erit in Konkurrenz und zwar mit solchem Erfolg, dass die letzteren immer mehr an Ausdehnung gewannen, während die erstere immer mehr zurücktrat. Der Indik. Präs. oder Fut. im Nachsatz bei konjunktivischem Nebensatze findet sich oft im Altlat., wenn der Hauptsatz die Verba posse und debere oder sinnverwandte Phrasen, z. B. satius est, melitis est enthält oder wenn der Nachsatz mit besonderem Affekt gesprochen ist, z. B. nugae sunt, nisi . . dare iam lubeat; vielfach erklärt sich der Konj. des Nebensatzes aus der Tursprünglich engen Verwandtschaft von Ind. Fut. und Konj. Präs., wes- halb Ind. und Konj. Präs., sowie Ind. Fut. leicht vertauscht werden, oder aus anderen Gründen, z. B. wenn si = etiamsi oder der Konj. ein Potential = man ist u. s. w. Bei Cicero überwiegt der sog. allgemeine Konjunktiv (= man) im Vordersatz in den Briefen, den philos. und rhet. Schriften, ist aber ganz selten in den Reden; auch Livius folgt in seinen Reden dem Vorgange Cicero's. Während im allgemeinen bei Cicero und den besten Autoren der augusteischen Zeit si sit sit das Übergewicht besitzt, treten mit Tacitus die Formen si sit est oder erit ganz in Vordergrund. Man kann sagen, dass von jetzt ab die Form si sit sit vorzugsweise aus Reminiszenzen hervorgegangen ist und einen gewissen Gradmesser der Bildung des Schriftstellers abgibt, während si est est oder eiit im all-

414 Latoinisohe Ghrammatik. Syntax.

gemeinen Gebrauche sich befindet. Näheres bei Blase, Archiv IX S. 17 bis 45.

Der Eonjanktiv Imperf., welcher mit Aufgebung der präteritalen Natur den Irrealis der Gegenwart vertrat, zog nun auch den Indik. Imper£ nach sich. Sobald in dem Satze si veUm, possutn für veKm das Imperf. vellem eintrat, musste auch possum sich ändern, und entsprechend veüm vellem bildete sich possum poteram^ vgl. Cic. Quinct. 43 si velles, iam pridem actum esse poterat Dies fand zunächst nur bei den Verben des Könnens, Müssens und Wollens statt, welche ja zur Umschreibung des einfachen Konjunktivs dienen, und bei diesen und ihnen verwandten Phrase finden wir den Indik. Präterit. durch die ganze Litteratur von Cicero bis ins späteste Latein herab, jedoch so, dass bei Cic. possem über poteram überwiegt, während für die V. des Müssens der Indik. die Regel ist, und dass bei den Historikern der Indikativ die meisten Beispiele aufweist. Erst dem gallischen Latein war es vorbehalten, auch andere Yerba zu verwenden, z. B. Gregor. Tur. 1, 31 p. 49, 12 si domus mea digna esset, praestare nan abnuebam, wo abnueham = abnuerem = Irrealis der Gegenwart ist. Der Indikativ an Stelle des Konj. zur Bezeichnung des Irrealis der Ver- gangenheit war gleichfalls ursprünglich auf die genannten Kategorien von Verben beschränkt. Aber der enge Kreis erweiterte sich bald, und mit Liv., namentlich aber mit Tac. nahmen alle Verba des Strebens, Be- gehrens, Versuchens u. ä. an der Konstruktion teil, z. B. Tac. Hist. 8, 46 iam castra excinderc parabant, ni Mucianus sextam legionem oppasuissä. Mit Ammian wird der Gebrauch ganz unbeschränkt, indem von jedem be- liebigen Verbum der Ind. Plusq. oder Imperf. statt des Konj. erscheint, z. B. 14, 3, 2 quod si impetrasset, fulminis modo omnia vastarat.

Anmerkung 1. Der Indikativ eines Präteritoms im Nachaatee bei konjunkÜTiflchem Vordersätze steht auch in Folge der TeilnahmOi welche der Sprechende an der Sache ninmit, wie wir dies mit si sit est bereits fürs Präsens festgestellt, und zwar schon bei Flaut. Mii. 53 ni liebes macficiera foret, uno ictu occideras. Namentlich steht der Indikativ, wenn der Hauptsatz vorausgeht, z. B. Cic. Fam. 12, 10, 3 praeclare viceramus, nisi fugientem Lepidus recepisset Antonium, Hör. od. 2, 17, 27 me truncus sustvUerat, nisi FauniM ictum levasset; auch im silbernen Latein, z. B. Sen. de ira 2, 33, 6 perierat aUer fUius, si camifici convica non placuisset und später, wenn auch die Beispiele nirgends häufig sind.

Anmerkung 2. Mit Beiziehung des Griechischen und Deutschen erklärt Dittkab S. 175 den Irrealis der Vergangenheit im Vordersatze also: ,Wie das griechische insi ^X&en (im Indikativ) und das deutsche Als ihr ankamt (im Indikativ) dem lateinischen cuni venissetis entspricht, also entspricht das griechische si ^Xd^sre und das deutsche Wenn ihr ankamt dem lateinischen si venissetis. In beiden Fällen liegt polemisches Verhältnis vor, das eben im Lateinischen gemäss der Entwickelung, die der Konjunktiv in dieser Sprache durch- machte, durch diesen Modus seinen Ausdruck fand*, und S. 177 sagt er ,Cum advenisset heisst: Versetze dich mit mir in die Zeit, in die Situation, wo er angekommen war; si advenisset heisst: Versetze dich in die Zeit, in die Situation, wo er nicht angekommen war''. Erregt schon die letztere Erklärung Bedenken, so muss man die Behauptung S. 192, dass der Konjunktiv im Nachsatze der irrealen Periode durch die phantastische (d. h. Poten- tiale) Periode gegenüber dem Indikativ das Übergewicht bekam, entschieden zurfickweisen. Die Form si sit -^ sit war nicht so allgemein üblich, dass sie als Typus einen derartigen bestimmenden Einfluss hätte ausüben können; denn nach Blase's Untersuchungen Ardiiv IK S. 37 war diese Form nur im gebildeten Latein vorherrschend, fand sich aber sehr selten in der Sprache des täglichen Lebens.

340. Die nahe Verwandtschaft von quom und si (vgl. unser wann und tvenn) erklärt uns, dass auch ein Satz mit si dazu dienen kann, die wiederholte Handlung zu bezeichnen. Dass ursprünglich in solchen Sätzen

ly. Die ünterordanng. (§§ 340—342.) 415

der Indikativ stand, ist selbstverständlich; er findet sich erhalten höchst selten bei Plaut., z. B. Bacch. 426, bei Gato p. 85, 8 J. ^ quis strenue fecerai, donabam haneste; Cicero und Caesar verwenden zumeist den Indikativ; doch treten bei ihnen die ersten Spuren des Eonj. auf, z. B. Caes. b. civ. 3, 110, 4 si quis a doniino prehenderetur, cansensu militum eripiebatur; LiKDSKOO S. 115 freilich glaubt auch für Plaut, schon den Gebrauch des Ck>ni. iterat. annehmen zu sollen. In der nachklass. Zeit überwiegt, wie bei quom (vgl. § 811), so auch bei si der Eonj., und mit Sueton erscheint der Indik. fast völlig verdrängt. Allein im Spätlat., z. B. bei den scr. h. Aug., kehrt auch der Indik. wieder und beide Modi werden nun unter- schiedslos verwendet.

341. Zur hypothetischen Periode gehören auch die Sätze, wo im Haupt- satze ein Optativ oder Potentialis steht; diese sind in der Umgangssprache besonders häufig, so namentlich in Schwurformeln, in Verwünschungen, überhaupt in Beteuerungsformeln mannigfacher Art, z. B. Plaut. Aul. 645 di me perdant, si ego tui qukquam abstuU; Cic. Att. 8, 6, 3 moriar, si; Catull 99, 4 dispeream, nisi amo; gefunden werden sie nirgends gleich- massig; so hat nur Cic. moriar si, aber nirgends peream oder gar dis- peream si, das Altlatein kennt alle drei Formeln nicht; im ganzen finden sich diese Eonstruktionen ausser bei den Eomikern bei Lucr., bei Cic. in epp., sowie in epp. an Cicero, bei Yarro, bei den aug. Dichtern, so bei Prop., Ovid, bei Horaz in den Sat., bei Sen. phil., bei Juvenal und Martial. Femer gehören hieher die Sätze mit Imperativ im Hauptsatze, auch vor- zugsweise der Umgangssprache eigen, so z. B. Caes. b. g. 4, 25 desilite, nisi vuUis aquüam prodere, aber von Cic. selbst in den Reden zugelassen; steht dabei si c. Perf., so erscheint der Gebrauch auf Ter., Sali., Tac. und Juvenal beschränkt; aus Cicero weiss ich kein Beispiel, wohl aber aus epp. an Cicero, z. B. Fam. 8, 1 (Caelius), 15, 19 (Cassius); wenn aber si c. Fut. vorausgeht, so ist besonders der Imper. Fut. gebräuchlich, namentlich in Gesetzen, Verträgen, und dementsprechend in gemessener Weisung, häufiger bei Plaut, als bei dem feineren Terenz, oft bei Cic, zumeist jedoch nur in epp. ad Att.

342. Das Part. Fut. act. wird bekanntlich in klass. und nachklass. Zeit nur mit esse verbunden gebraucht (vgl. § 183, 3). Sobald es allein auf- treten konnte, hat es die seiner Natur passende Bedeutung eines Poten- tialis oder Futurs bethätigt und einen entsprechenden Bedingungssatz zu sich genommen, z. B. Hör. od. 4, 8, 19 o mutis quoque piscibus donatura cygni, si Ubeat, sonum; dies finden wir bei Horaz, Prop., Ovid (nicht bei Verg., Tib.), in Prosa zuerst bei Livius, dann bei Voll, Tac. und später, überall aber selten. Den Übergang zum Irrealis fand das Part. Fut. act. nur bei Ovid, z. B. Met. 9. 561 miserere fatenUs amorem et non fassurae, nisi cogeret ulHmus ardor; hier ist non fassurae = quae non fateretur. Auch in seiner Verbindung mit esse bethätigt das Part. Fut. act. seine kondizionale Natur; dicturus est ist nicht sehr verschieden von dicat oder dicet und fQr venissem sagte man im Altlat. und noch bei Cic, Liv., Curt. auch eram venturt^, seit Cicero auch fui und seit Ovid auch fueram ven- turus. Nach Cicero wird fui venturus häufiger gebraucht, als die beiden

416 LftUinisohe Grammatik, d. Syntax.

anderen Formen. Doch für venirem hat sich eine entsprechende periphra- stische Form nicht gefunden ; nur im Infinitiv tritt venturum esse für veniai (veniet) und das irreale veniret gleichmässig ein. Dass venissem und ren- iurtis fui in der Bedeutung sich vollständig decken, zeigt Cic. Att. 14, 14, 2 qtuie ille facturus non fuU, fiunt verglichen mit 14, 13, 6 quae Caesar nunquum fecisset, eu nunc proferuntur. Dies ist wichtig für den Fall, dass der Nachsatz einer irrealen Periode der Vergangenheit zugleich Konjunk- tionalsatz (eingeleitet mit quin, ut, cum) oder indirekter Fragesatz ist. Während nur möglich ist non dubito^ quin venires, si posses oder ncn dubito, quid faceres, si adesses^ steht för den Irrealis der Vergangenheit im ersteren Falle Coni. Perf. coniug. periphr., z. B. Liv. 4, 38 nee duhium erat^ quin, si possent, terga daturi hostes fuerint (von posse etc. also potu- erint etc., z. B. non dubüo, quin potuerint ,dass sie gekonnt hätten*); im letzteren Coni. Perf. oder Plusq. coniug. periphr. je nach der Zeitstufe des Hauptsatzes, also die, quidnam facturus fueris, aber sciebam, quid fuissei facturus. Diese Konstruktion erscheint erst mit der Zeit der kunstvollen Ausbildung der Periode, also bei Cicero und Livius, fehlt bei allen übrigen Schriftstellern der aug. und klass. Zeit und findet sich ganz vereinzelt bei Tac. und der von Liv. abhängigen Historiographie. Der Konj. plusq. muss jedoch stehen bei passiver Form, z. B. dubitatis, quin ei vis esset adlata? bei Cic. und Liv. kommt er vereinzelt auch in aktiver Form vor, vgl. Cic. inv. 2, 120.

Tritt der Nachsatz der irrealen hypothet. Periode der Vergangenheit in die Konstruktion des Acc. (Nom.) c. Inf., so steht der ausschliesslich als Vertreter des Irrealis Praeteriti gebrauchte Inf. auf urum {urtis) fuisse^ z. B. Liv. 3, 50 nee se superstitem futurum fuisse, nisi hcibuisset; Cic. de or. 2, 230 videmur enim quieturi fuisse, nisi essemus lacessiti. An dieser Konstruktion haben neben Cic, Liv., Nepos auch Sali., Curt., Tac. teil. Selten, aber auch zweimal bei Cic, wird der Inf. perf. für den Irrealis gebraucht, z. B. Cato mai. 82 tanta esse conatos, nisi animo cemereni.

Anmeikung. Ob auch venturus fuissem zulässig ist fOr venissem^ kann nicht sicher gesagt werden. Madyig, Op. n p. 227 ff. leugnet es, Thiblxann aber (Archiv U p. 191) ver^ teidigt facturus fuissem als Modusausgleichung zwischen fecissem und facturus fui.

343. Seine lokative Natur zeigt si auch in den Sätzen, welche sich an ein Verb des Affekts oder des Versuchs anschliessen; es gibt hierin die Sphäre an, worin sich der Affekt äussert oder der Versuch gemacht wird, bezw. werden soll. So finden wir schon im Altlat. und in der Folge- zeit, auch klassisch, si nach miror und mirum est allenthalben, seltener nach andern Verben wie gaudeo und indignor; ebenfalls schon im Altlat., doch nirgends in klass. Sprache, aber wieder bei Nep., Hör. und in nach- klassischer Zeit bei satis est oder habeo, z. B. Plaut. Most. 654 sat habeo, si cras fero; Tac. ann. 4, 38 satis habere^ si locum prindpem impleam. Überall aber ist nach den V. des Affekts im Satze mit si der kondizionale Charakter gewahrt und nirgends steht es rein kausal; dies bezeichnet Altlat. quia^ später quod.

Dann steht si nach den Verben des Versuchs und der Erwartung, so schon im Altlat, häufig bei Caesar, bei Cic. fast nur in epp., häufig

IT. Die ünierordnimg. (§§ 343—344.) 417

wieder bei Livius, auch bei Tacitus, dann aber seltener. Dagegen lässt sich das fragende si (vgl. oben § 272), welches aus der eben besprochenen Verwendung sich entwickelt hat und welches bei Plaut, und Ter. noch nicht reine Fragepartikel ist, in späterer Zeit sehr häufig konstatieren. Der Modus ist in klassischer Zeit ausschliesslich der Konjunktiv, ebenso bei Liv. und Tac. ; im Altlat. ist der Indikativ als der urspiüngliche Modus zum Teil noch erhalten, doch ist bei Plaut, bereits das Übergangsstadium zum Konjunktiv eingetreten; vgl. Lindskog S. 72 ff.

344. Der Unterschied von nisi und si non erklärt sich einfach an dem Satze: memoria minuitur nisi eam exerceas und si eam non exerceas; im erstem Falle erhält eine allgemeine Behauptung einen Ausnahmsfall angefügt, im zweiten wird die Qeltungssphäre einer Einzelbehauptung an- gegeben. Der Gebrauch beider negativen Konjunktionen geht durch die ganze Latinität. Si minus gehört der klass. und aug. Zeit an; es wird namentlich nach vorausgehendem si bei Ellipse des Yerbums gebraucht, z. B. Liv. 38, 8, 3 ut pax, si posset aequis, si mimis, tolerandis condicionibtis peteretur; doch vgl. auch Caes. b. G. 2, 9, 4 si possent, . . ,, si minus po- tuissent; dabei ist minus = einem urbanen non, vgl. Stilistik § 40. Ni hat bei den Schriftstellern der alten und der klassischen Zeit sich beson- ders in Formeln der juristischen und sakralen Sprache erhalten, neben welchen dann noch Phrasen der Umgangssprache wie moriar ni, quod ni ita sity ni Ha se res haheret häufig angetroffen werden; sonst wird ni bei Cic. wenigstens selten gefunden, Caes. verwendet es gar nicht. Den Dich- tem war ni eine bequeme Form, daher verwenden sie es gerne, z. B. Vergil; auch Liv. macht ausgedehnten Gebrauch davon; bei Tac. ist es stehend in den § 339 besprochenen konjunktivischen Bedingungssätzen bei indikativischem Hauptsatze. Die Verbindung nisi si repräsentiert eine der Volkssprache eigentümliche Abundanz; sie wird oft im AlUat., dann bei Varro, rhet. ad Her., Cic. in epp. und Erstlingsschriften, sowie in den phil. Reden, nicht bei Caesar (vgl. Meüsbl, Lex. Caesar. II p. 777), Sali., Verg., Hör., aber bei Juvenal, bei Tacitus, dann im Spätlatein bei den Script, bist. Aug. und sonst getroffen; bei den Kirchenvätern ist nisi si geradezu Regel geworden. Über die Entstehung von nisi si vgl. Lindskog S. 138.

Ein eigentümlicher Gebrauch von nisi, welcher der Umgangssprache angehört, ist der, dass es förmlich als Adversativpartikel auftritt. Dies findet sich besonders nach nescio, aber auch sonst, und zwar von Plaut, bis in die spätesten Zeiten herab bei allen Schriftstellern, welche mit der Vulgärsprache in Berührung stehen. Bei Cicero ist das Vorkommen von adversativem nisi auf die Erstlingsschriften und Briefe beschränkt; dann findet es sich bei Sali., Liv., vereinzelt im silbernen Latein und dann wieder bei den Archaisten. Den adversativen Gebrauch von nisi leitet Lindskog S. 129 ff. aus der Formel nihil scio nisi hoc scio her; er findet, dass bei Ter. bereits viel mehr Beispiele angetroffen werden als bei Plautus.

An Verbindungen, die nisi eingeht, sind noch nisi forte und nisi vero zu besprechen. Ersteres bürgert sich mit Cicero ein, findet sich oft bei Sali., bei beiden mit Indik.; der Eonjunkt. darnach gehört dem Spät-

Bandbnch der kUas. Altertomswisaenschaft. n, 2. S. Aufl. 27

418 Lateinisehe Grammatik, d. Syntax.

latein an; doch auch hier setzen sorgfältige Stilisten wie Lact, nach nisi forte immer den Indikativ. Nisi vero, wie nisi forte fast immer ironisch gebraucht, ist ausschliesslich Cicero eigen.

345. Wird eine Bedingung in Gegensatz zu einer andern gebracht, 80 genügt die asyndetische Gegenüberstellung, z. B. Plaut. Trin. 309, Cic. Fam. 1, 7, 5 ^ exploratum tibi sitj . . non esse cunctandum; si dubium sU, non esse conandum. Doch es kann auch dem si ein sin entsprechen, z.B. Enn. Fab. 342 M. si probus est, bene locavi; sin est improbus, divortio te liberabo inconimodis; Cic. Fam. 4, 2, 2 si quaerimus^ perspicuum est; s^in ii sumus . . ., non potest esse dubium.^ Dieses sin ist aus si -{- ne = so nicht entstanden (wie quin aus qui -{- ^^) ; dies geht aus Sätzen hervor, wie Cic. Fam. 12, 6, 2 qui si conservcUus efit, vicimus; sin , quod di omen avertaM, omnis omnium cursus est ad vos; hier heisst sin -^ wenn nicht; setzt man zur Ergänzung das Positive dazu, so hier etwa perierit, so entwickelt sich daraus die Bedeutung wenn aber. Unrichtig ist, dass sin = tvenn aber nur nach vorausgehendem si getroffen werde; man findet es auch bei Cicero sehr oft ohne vorhergehendes s«, vgl. C. F. W. Müllbb zu Cic. off. S. 34.

Anmerkang. Bei Plaut Persa 227 sin te amo? wird ein Einwurf in der Form eines Fragesatzes angenommen und daraus dann sin in der Bedeutung wenn aber hergeleitet von Wackbbnagel, Indog. Forsch. I, S. 420 ff.

346. An einen Bedingungssatz kann ein zweiter in disjunktivem Sinne sich anschliessen, vgl. carm. evoc. bei Macrob. 3, 9 si detis, si dea est; deut- licher ist die Anfügung mit sive (wofür auch seu gesagt wird), so schon in XII tab. si quis occentavisset sive Carmen condidisset; diese Satzfonn beschränkte sich aufs Altlat. und die Archaisten, bei Juristen, z. B. bei Gaius, haben sich natürlich die alten Gesetzesstellen auch in später Zeit so erhalten. Folgt jedem Vordersatz ein besonderer Nachsatz, was zuerst bei Cicero eintritt, so findet sich auch hier si sive, aber ganz selten in klass. wie in späterer Zeit; ebenso wird si sive mit gemeinschaftlichem Verbum in der klass. und folgenden Sprache angetroffen.

Dieses si sive wird im Altlat. auch da gebraucht, wo die klass. Schriftsteller sive sive sagen, z. B. Enn. ann. 415 M. si vivimus, sive morimur, Ter. Andr. 215 si ista uxor^ sive amicasi; die korrespondierende Verbindung sive sive schliesst nämlich die beiden Glieder gegenseitig aus. Doch hat auch Cato, nicht jedoch Plautus und Terenz, sive sive bereits in diesem ausschliessenden Sinne. Seit der Zeit des Cicero kommt sive sive in allgemeinen Gebrauch. Der Modus ist der Indikativ; allein schon bei Cic. und Caes. vereinzelt, mehr bei Liv., Plin. mai. und Tac, besonders häufig im Spätlatein liest man auch den Konjunktiv, z. B. bei Lact., Oros., Claud. Mam., Apoll. Sidon. u. a.

Mit Unterdrückung des ersten sive finden wir auch, vereinzelt schon bei Terenz, häufig seit der klassischen Zeit einmaliges s^ive^ z. B. Hör. od. 1, 3, 16 tollere seu ponere vuÜ freta, auch sonst öfters bei den august. Dichtern; manchmal wird dies einmalige sive zur Anfügung eines Satzes oder Satzteiles in der Bedeutung von „oder* verwendet; dazu kann noch potius, adeo, omnino treten. Dieser Gebrauch hat sich ausserordentlich ent-

IV. Die Unterordnung (§§ 345—347.) 419

Tvickelt und zwar in engeren Grenzen bei Cicero, ausgedehnter bei Liv., Yitruv, Plin. mai., Quint., Tac, ebenso bei Dichtem, so dass schliesslich ein Satzteil ohne eigenes Verb mit sive angefügt wird, freilich erst seit Lucil. und Lucr., von hier ab aber ausser bei Gaes. und Sali, sehr häufig; vgl. oben § 251.

Die Korresponsion sive ve findet sich nur bei Dichtern und ganz spät bei Apoll. Sidon. in Prosa, sive vel ist auf die Dichter Verg., Juv. und Spät, beschränkt; si ve lesen wir nur Juven. 3, 297. Die mannig- fachste Abwechslung in der Korresponsion bietet Petron, der allein wohl sive seu aut schreibt.

Neben sive ist auch nive zu erwähnen, welches mit ni oder si in Be- ziehung gesetzt wird, aber nur bei Plaut, sich findet und in Jurist. Formeln, z. B. Fest. 249, 5 si aliutn procas, nive eum procas („oder wenn nicht**).

347. Oft dient einfaches si dazu, ein konzessives Verhältnis aus- zudrücken; dabei ist es gleichgültig, ob der Hauptsatz positiv oder negativ ist. Solche konzessive Sätze mit si finden sich oft im Altlatein, z. B. Plaut. Most. 351 nee Salus iam nobis saluti esse, si cupiat, potest, dann bei Gatull, in Prosa öfters bei Cicero, z. B. Mil. 54 si haec non gesta audiretis^ sed picta videretis, tarnen appareret, auch bei Nep., Sali, Geis., Flor, und sonst. Gewöhnlich aber wird si mit et, etiam, tarnen et zu einer einheit- lichen konzessiven Konjunktion verschmolzen und so entstehen etsi, etiamsi, tametsi imd tamenetsi; ursprünglich waren etiam und si getrennt und etiam stand im Hauptsatze, vgl. Bähbens p. L. m. 4, 58 etiam vivit, nunc Cato si moritur. Während etsi wie qtmmquam im Sinne von freilich auch die losere Anfügung von Sätzen vermittelt, so schon im Altlatein, dann be- sonders bei Cicero, z. B. Tusc. 2, 3 virtutem autem si unam amiseris etsi amitti non potest , namentlich in epp., wird etiamsi wohl nur in der hypothetischen Periode verwendet. Etsi ist im ganzen ziemlich selten bei Dichtern, doch hat es schon Pacuv. 46 R.; es findet sich gar nicht bei Sali, und im b. Afric. sowie bei Sen. rhet., selten ist es auch nachklassisch bei Quint. und Vell. Pat., oft dagegen haben es Cicero und besonders Caesar gebraucht, da ja letzterer qtmmquam gar nicht hat. Etiamsi fehlt bei Plaut., Ter. hat es zweimal, oft Cicero, Sali, nur im Jug. (zweimal), Caesar nirgends, oft Vell. Pat. Tametsi fehlt bei den august. Dichtem, bei Tac. und Curt., wird jedoch von Caes., Sali., rhet. ad Her. und von Cic. in Erstlingsschriften bevorzugt; es ist überhaupt mehr der Umgangssprache eigen, findet sich deshalb besonders in Komödie und Briefstil, sowie bei Yarro. Wenn sich auch mit Beginn der nachklass. Periode ein Zurücktreten von tamenetsi bemerken lässt Celsus gebraucht es beispielsweise nicht , so hat es sich doch bis ins Spätlatein hinab erhalten, wo wir es bei scr. h. Aug., Lact, und anderen finden. Die Modi sind bei etsi, etiamsi, tamenetsi gerade wie bei si in Gebrauch; nur scheint bei etsi der Indikativ in klassischer Zeit zu überwiegen.

Schon Plautus hat konzessives si sive, z. B. Cure. 4, Truc. 832,

auch später findet sich, z. B. Propert. 2, 34, 81, Lygd. 1, 6 konzessives

sive sive {seu seu), doch nirgends, wie es scheint, in der klassischen

Sprache.

27*

420 Lateinitohe Qrammatik. d. Syntax.

Im Hauptsatze steht oft korrespondierend tarnen; dieses tarnen ist ursprünglich gleichbedeutend mit tarn und erst später schied man das komparative tarn von dem adversativen tarnen durch Differenzierung. Tor men findet sich sogar nach tametsi, hier aber in vulgärer Abundanz, so n'amentlich bei Sali., bei Cic. in Erstlingsreden und epp., bei den Juristen, bei den Archaisten, bei Justinus oder hier richtiger Trogus. Ausserdem findet sich und zwar schon im Altlat. als Eorresponsion im Hauptsatz Ua mit einer Negation, ne quidem^ saUem, at, certe, z. B. Plaut. Amph. 450 qaadrigas si nunc inscendas Jovis^ ita vix poteris effügere infortunium.

848. Zusammengestellt werden mit si in bemerkenswerter Weise iam, maxime^ modo, vero, tarnen und quidem. Davon sind si iam und si maxime synonym; si iam findet sich öfters bei Cicero, auch bei Caes., bei Sen. rhet., in der Dichtung bei Lucr., Prep., Ovid in der Bedeutung wenn wirb- lieh oder steigernd wenn selbst; si maxime hat Cic. oft, auch rhet. ad Her., in kondizional-konzessivem Sinne auch Sali., Tac. u. a.; si modo kommt erst seit Cicero vor, auch bei Caes. und seinen Fortsetzen!, bei Sali., selten bei Liv. und seinen Nachahmern, überwiegend mit Indik. konstruiert, bei Cic. wohl immer; bei Hör., Prep., Ovid treffen wir häufig den Konjunktiv, sogar wo kein Wunsch vorliegt; die Stellung modo si gehört dem Altlat. an, vgl. Plaut. Amph. 646, Ter. Ad. 205, findet sich auch bei Prop. und Ovid und in Prosa bei ApuL, sowie bei einigen Juristen (Julian, Papin.) und in kaiserlichen Reskripten. Si vero ist klassisch, vgl. Cic. Phil. 8, 24, es heisst wenn wirklich, also mit ursprünglicher Bedeutung von vero; sin vero ist erst im nachklass. Latein aufgekommen, vgl. Neue Jahrb. 1891 S. 218; si tamen lesen wir schon bei Lucrez, dann bei Sallust, aber nicht in der klass. Sprache, dann wieder bei den aug. Dichtern, im nachklass. Latein bis in die späteste Zeit allenthalben, hier im Spätlat. geradezu = si quidem, z. B. bei Lact., Apoll. Sidon. u. a.; vgl. Neue Jahrbb. 1891 S. 220 und Sittl, Jahresber. 1884/90 S. 239.

Zu grossen Dingen war das im Altlat. nicht besonders häufig ver- wendete 52 quidem berufen; es findet sich bei Plaut, und Ter., z. B. Plaut eist. 48, Ter. Eun. 50, bei Naev. Agr. I si quidem vis loqui, nirgends sicher bei Cato, bei Varro r. r. 2, 11, 1, öfters bei Cic. und Caes., überall mit Indikativ. Allmählich ging si quidem ganz in die Bedeutung einer kau- salen Konjunktion über; so findet es sich oft im nachklass. Latein, freilich nicht überall gleichmässig, wie es z. B. Curtius gar nicht, oft Val. Max-, ganz selten Plin. min., Sen. phil., Tac. aufweisen; im späteren Latein wurde es auch mit dem Konjunktiv verbunden, namentlich von den script. bist. Aug. und den ecci. Die spätere Latinität hat eine ganz absonderliche Liebhaberei für si quidem, so Sulp. Sev., Hieronym., Cyprian, Lact., daher begegnet es hier unglaublich häufig. Ja es wird hier sogar nachgestellt und unterscheidet sich nicht von nam oder enim, namentlich in Verbindung mit dem Indikativ, z. B. Oros. 3, 5, 1 r&pente siquidem medio urbis terra dissiluit, wo siquidem =-. nämlich,

349. Wenn si mit quam zusammengesetzt wird, so entsteht daraus quasi (quam si nur bei Tac. ann. 1, 73 und 13, 49 und beim Metriker Terentian 1323 non secus quam si); dies ersehen wir aus Liv. Andren.,

rV. Die ünterordnimg. (§§ 348—350.) 421

Lud. II corruit qutosi icttis scena taurus, haut multo secus, wo quasi in Kor- relation zu haut multo secus steht, und aus Plaut., der es nach einem Kom- parativ setzt, Trin. 265 peius perit, qium saxo saliat. Die ursprüngliche Bedeutung von qtMsi ist daher als wenn, wie wenn; doch beschränkt sich dieser Gebrauch auf das Altlatein; daher nimmt man bei Cic. sen. 71 einen Archaismus an, vgl. jedoch Andbesen zu Cic. Fam. 9, 16, 2. Dagegen wird es zu allen Zeiten gebraucht, um einen angenommenen Vergleich an den Hauptgedanken anzufügen. Im Nachklass. nimmt es teil an dem oben § 299 besprochenen Gebrauch von tamquam, vgl. Suet. Tit. 5 unde nata suspicio est, quasi temptasset, Tac. ann. 13, 18 (aber bei Tac. nur in den annales). Wie zu nisi kann auch zu quasi noch ein abundantes si hinzutreten, jedoch nicht bei Cic. und überhaupt nicht in der klass. und aug. Zeit, aber bei Plaut., Lucr. und später wieder bei Florus.

Die Verbindung ut si = quasi ist selten im Altlat., nicht bei Plaut., öfter bei Cic, aber nie in den Reden, dann einmal bei Liv., öfter bei Nep. und Tac. zu finden. Velutsi lesen wir nicht im Altlat. und nicht bei CSc, aber bei Caesar und öfters bei Livius, welcher jedoch wie die Autoren der silbernen Latinität und noch spätlat. Dichter, z. B. Prudent. Per. 2, 135 velut iam maneret, auch velut allein = velut si gebraucht; bei Tac. ann. ist velut neben quasi und tamquam Kausalpartikel geworden. Ac si == quasi hat zuerst wohl b. Hisp. 13, 5, dann finden wir es im silb. La- tein, z. B. bei Val. Max. 4, 3, 14, namentlich aber gehört es dem Spätlat. an, z. B. Justin, Cypr., Tert. u. a.; vgl. Pauckeb, Z. f. ö. G. 1883 p. 338, RöNSCH, Sem. Beitr. II p. 61.

fi. Quin.

350. Die Partikel quin ist entstanden aus dem modal gebrauchten Instrumentalis qui und der angehängten ursprünglich von non in der Be- deutung nicht verschiedenen Negation ne. Da qui sowohl interrogativ wie relativ ist, so nimmt auch quin an beiden Bedeutungen teil.

Das interrogative quin zeigt sich zunächst in Hauptsätzen, z. B. quin ad hunc aggredimur? „warum greifen wir nicht an?* Allenthalben ist mit der Frage eine Ermahnung und zwar im Sinne eines Tadels oder der Ent- rüstung verbunden; z. B. rhet. ad Her. 4, 52 ubi est iste heatus aedium daminus? quin mihi praesto fuit? = er hätte sich mir vorstellen sollen. Eine Art Ausgleich findet statt, wo quin mit dem Imperativ verbunden wird, eine Konstruktion, die Terenz gegenüber dem bei Plaut, beliebteren Indik. vorzieht; so ist quin eloquere entstanden aus quin eloqueris? eloquere! Auch Cicero hat zweimal so geschrieben, Rose. com. 25 quin tu hoc crimen out obice aut.., p. Milone 79 quin sie attendite, während sonst diese Kon- struktion ihm fremd ist und erst später wieder üblicher wird. Aus dem interrogativen quin erklärt sich zunächst das versichernde, z. B. Plaut. Cas. 285 quin me emittis manu? Quin id volo, sed . . warum nicht? gewiss unll ich es, aber, dann auch das steigernde, das in der Umgangssprache sehr beliebt war und in der Verbindung mit etiam sich auch in der klas- sischen Sprache Eingang zu verschafifen gewusst hat, z. B. Cic. Fam. 3, 6, 5 horum ego sermone non movebar, quin etiam levari me putabam mo~

422 Lateiniaohe Grammatik, d. Syntax.

lestia = ivarum sollte das nicht wahr sein? sogar Erleichterung glaubte ick zu finden; durch etiam, auch durch et aber kaum klassisch wird das Bedeutsamere eingeführt, doch braucht weder etiam noch et zu folgen, es kann auch quin allein zur Steigerung dienen, so besonders bei Dichtern, z. B. Properz 2, 10, 15 India quin, Auguste, tuo dat colla triumpho. Vgl. auch RoTHSTEiN zu Prep. 2, 34, 93.

Durch einfache Anfügung des Fragesatzes mit quin an einen andern Satz (Parataxe, vgl. § 265) erklärt sich nun: quin ad diern decedam, nulla catisa est (Gic. Farn. 2, 17, 1), was eigentlich so ursprünglich zu fassen war: quin ad diem decedam? nulla causa est! „warum sollte ich nicht auf den Tag weggehen? es ist kein Orund dazu vorhanden!'' Erläutert wird uns dies durch Lucr. 3, 887 non invenio, qui non sit acerbum, wo qui hon vollständig wie quin gebraucht ist (= wie nicht, warum nicht). Natürlich findet sich diese Konstruktion von quin auch schon im Altlat., z. B. Naev. £q. Troi. II M. nunquam hodie effugies, quin mea moriaris manu, Plaut. Amph. 559 tarnen quin loquar haec uti facta sunt hie, nunquam uüo modo me potes deierrere; der Konjunktiv ist dabei der dubitative. Allmählich aber wurde quin doch als Konjunktion gefühlt und zwar auch deshalb, weil es nebst der interrogativen, wie bemerkt, relative Bedeutung hat und so den gleichen Wandel mitmachte, wie die anderen aus dem Relativum hervorgegangenen Konjunktionen. So finden wir denn quin als relatives Adverb zu dem Gebrauch gelangt, dass es die üntrennbarkeit des Haupt- satzes vom Inhalt des Nebensatzes bezeichnet. Damit ist gleichzeitig ge- sagt, dass der Hauptsatz immer negativ und quin immer vom Konjunktiv begleitet sein muss.

Die Konjunktion quin ist im Altlat. schon sehr häufig; bemerkens- wert ist hier die stets in negativem Oedanken mit ironischem Sinne ge- brauchte Formel mirum quin, z. B. Plaut. Trin. 495 mirum quin tu illo tecum divitias feras, du wirst doch den Reichtum nicht gar mitnehmen, oder: das fehlte noch, da^s du etc. Dies mirum quin ist bei Terenz, der quin nicht mehr so häufig braucht als Plautus, bereits verschwunden. Schon bei Lucrez, noch mehr aber in der klassischen Zeit, erweitert sich durch Analogiebildungen der Gebrauch von quin; so sagt Lucrez 1, 588 nee com- mutatur quicquam, quin omnia constent, Cicero sogar p. Flacc. 27 quis ig- norat, quin tria Graecorum genera sint, Caesar neuert b. G. 3, 23 ^lon cunc- tandum existimavit, quin decertaret und 7, 44 nee aliter setitire quin, Vatin. bei Cic. Fam. 5, 10, 1 non desistam^ quin illum aliquando eruam; in ähn- licher Weise geht es bei den aug. Dichtern, bei Livius, bei Tac, ebenso bei ihren Nachahmern, bei den Archaisten, wo überall neue Wendungen nach Analogie bereits bestehender eingeführt werden. Dabei ist zu be- merken, dass auch male und vix als Negationen gelten und dass quin auch nach einer Frage mit verneinendem Sinn folgt, z. B. Ovid Met. 7, 728 male me, quin vera faterer, continui, vgl. Stilistik § 40. Allein mit dem Sinken der Sprache wird quin immer seltener. Gebraucht wird es nur noch von denjenigen Autoren, welche sich bemühen, nach guten Mustern zu schreiben oder die durch ihre Quellen auf quin geführt werden. So finden wir z. B. quin bei Lact, nach non dubium est und nach neque cavere.

IV. Die Unterordnung. (§§ 350-351.) 423

bei Prudent. nach nulla restat mora, bei Orosius nach non impediri, non relaxare u. ä. Auch der hl. Hieronymus suchte es zu halten, aber auch er verwendet wie Ammian und die scr. h. Aug. nach non dubitare die Konjunktion quod und beweist damit, dass seine Zeit von quin nichts mehr wusete. So musste denn quin der Konkurrenz mit der Universal- konjunktion quod unterliegen. Dieses quod kann den Indikativ, Konjunktiv und sogar den Acc. c. inf. nach sich haben, so z. B. sagt Vict. Vit. 3, 14 non dubitantes quod mit Acc. c. inf. ; vgl. noch Bonnbt S. 663 für Gregor. Turon.

Auffällig ist, dass sich quin an einen affirmativen Satz anschliesst; dies hat man wohl mit Unrecht im b. Alex. 8 ut alii morari Caesarem dicerent, qui non naves conscendere iuheret angenommen; aber später finden wir es bei Sen. phil. (ben. 6, 7, 2), Tac. (ann. 14, 29), Apul. met. 9, 20.

Die relative Bedeutung von quin hat nicht nur den Übergang vom fragenden quin zur Konjunktion vermittelt, sondern sich auch selbständig in zwei Richtungen entwickelt. Aus Lucr. 2, 1026 neque tarn facilis res ulla est^ quin ea primum difficilis magis ad credendum constet ersehen wir, dass quin = in der Weise dass nicht bedeutet und so von ut non sich nicht wesentlich unterscheidet; so finden wir es häufig nach Ausdrücken, die ein so enthalten: zu beachten ist, dass die Beziehung auf res nach quin durch ea hergestellt wird (was wie nach utnon auch fehlen könnte!). Aber in Sätzen wie Cic Acad. 2, 20 quis est, quin cernat, Ter. Hec. 240 nam nostrarum nulla est, quin giiatum velit ducere uxorem, Cic. Att. 1, 1, 3 dies nullus est, quin hie domum ventitet, rhet. ad Her. 3, 24, 40 num- quam est enim, quin aliquid memoria^ tradere velimus entspricht quin einem wirklichen Pronomen relativum. Die Form des Instrumentalis qui ist gleich dem Nom. sing, masc; es ist nun möglich, dass das masc. quin =^ qui non auch auf quae non und quod non als Ersatz sich ausgedehnt hat und dass qui als Abi. instrum. auch = quo angesehen und so quin == qtw non gebraucht wurde; es ist aber auch möglich, dass das adverbiale qui wie unser so (das Volk sagt auch: der Mann, die Frau, das Kind, wo . .) ganz allgemein relativ verwendet und so auch auf Personen- und Sach- namen jedes Geschlechtes bezogen wurde; vgl. Bbugmann, Indogerm. For- schungen 4, 226 flf. Wenn Cicero nat. deor. 3, 34 schreibt: nihil esse, quod sensum habeat, quin id intereat, so hat das Relativum wie Lucr. 2, 1026 zum genaueren Ausdruck des Bezugs noch das Determinativ zu sich ge- nommen, d. h. es hat sich die Möglichkeit der Beifügung des Demonstra- tivs aus dem allgemeinen Gebrauch von relativem quin auch auf den besonderen (= qui non, quae non, quod non, quo non) übertragen.

V, Qno.

351. Quo ist der Abi. vom Relativum. Derselbe wird synonym mit w^ in Finalsätzen (vgl. § 326) schon von Plaut, und Terenz gebraucht, dann von Sali, und Ovid und noch im Spätlat. bei Lucif. Cal., sowie bei Fulgentius; der letztere verwendet es auch konsekutiv; so traf es mit (luod zusammen, welches in gleicher Weise gebraucht wurde, und setzte sich mit diesem ins französische que um. In negativen Sätzen hat man

424 Lateinische Ghrunmatik. d. Syntax.

quo nicht gerne gebraucht, ofifenbar weil die Form zu sehr an das Relativ erinnerte und in Relativsätzen ne nicht üblich war. Das erste Beispiel ist vielleicht Hör. sat. 2, 1, 36 (aber sehr bestritten), dann finden sich solche erst bei Dictys und Boethius. Mit nachfolgendem Komparativ ist die Konstruktion in allen Zeitaltern üblich, so noch bei Prudentius; auch klassisch lesen wir es so, vgl. Andbesek zu Cic. Farn. 11, 28, 8 (Matius).

Nach vorausgegangenem negativem Hauptsatze mit oder ohne eo (wobei die Auslassung von eo urban ist) wird das relative quo kausal gebraucht (jedoch noch nicht bei Plaut., der in dem Falle quia verwendet, Landor. eloc. p. 42), zuerst bei Terenz, dann bei Cic, Sali. Bei Cic. und Caes. sehen wir auch mit umgekehrtem Satzverhältnisse den Kompar. mit quam quo verwendet; also Cic. Fam. 10, 3, 4 amwe magis impulsus quani quo arbiträrer (■= non quo arbiträrer, sed amore impulsus); vgl. § 293 a. E.

Die Komparative magis und minus schlössen sich besonders gern an quo an; vgl. für quo magis b. Afr. 91, 3 nee minis nee precibus suis moveri, quo magis se reeiperent (= weshalb sie sich zurückzögen = sich zurück- zuziehen); ebenso lex Julia munic 157 qui pluribus in municipiis domicilium häbebit et is Romae censtis erit, quo magis in municipio censeatur h. 1, nihil rogatur. Negativ entspricht dem quo magis genau quo minus; der relative Charakter zeigt sich in Stellen wie Cic. Att. 2, 4, praeter quercum Bodo- naeam nihil desideramus, quo minus Epirum ipsam possidere videamur, und noch bei Tac. ann. 1, 14 quo minus idem pro Dmso postularetur, ea causa etc.; dabei hat minus wie in si minus seine Bedeutung ab- geschwächt und die Funktion eines urbanen non übernommen; es ist quo minus durchweg = „weshalb nicht", ebenso ist im Osk. pod mins = dass nicht, vgl. Planta S. 481. So gebraucht es Terenz (Plautus kennt quo minus nicht), aber ganz selten, z. B. Andr. 699 in der alten Wendung stat per me quo minus, und zum Teil noch durch andere Wörter getrennt; diese Trennung hat später auch das b. Afric. 35, 4 quo id sine periculo minus faceremus, impediebamur. Häufiger wird es mit Lucrez und seit der klas- sischen Zeit (aber nach prohibere und impedire nicht bei Caes., selten bei Cic), am weitesten wird der Gebrauch bei Liv., Sen. phil. und Tac. aus- gedehnt; auch Celsus, Voll, und Yal. Max. verwenden es. Besonders be- merkenswert ist der Oebrauch von quo minus in Gesetzen; es findet sich namentlich in Verbindung mit der Formel hac lege nihil rogator (rogatur), so öfters in lex Jul. munic, lex Quinctia de aquae ductibus u. a. Die Analogie entfaltete in der Verbreitung dieser Konstruktion eine grosse Macht, 80 dass schliesslich nach vetar und quiesco ein Satz mit qttominus in der silbernen Latinität folgen konnte. In der späteren Latinität wird quominus seltener; daraus, dass es bei Plaut, und Vitruv gänzlich fehlt, kann man schliessen, dass es der Volkssprache nicht eigen war. Mit dem Eindringen der letzteren in die Litterärsprache muss daher quominus zu- rücktreten; so findet es sich beispielsweise bei Ammian nur 26, 4, 6, gar nicht bei scr. h. Aug., Cyprian, Orosius und vielen anderen. Doch machen wir hier dieselbe Wahrnehmung wie bei quin, dass nämlich diejenigen Schriftsteller, welche sich bestreben, klassisch zu schreiben, auch quo minus verwenden. So lesen wir bei Lact- oft quo minus, nach non vetari

IV. Die ünterordnong. 351.) 425

n, 125 wie bei Sen. ep. 95, 8. Bekanntlich ist es so wenig wie quin in die romanischen Sprachen übergegangen.

Ganz spärlich vertreten ist quo setius; ausser in einem Fragmente des Afranius lesen wir es noch beim rhet. ad. Her. und in Cic. Jugend- schrift de inv. Dies erklärt sich aus der nahen Verwandtschaft der Sprache des rhet. ad Her. mit der der togata (vgl. Marx Proleg. S. 167); in den Büchern de inv. Ciceros aber lesen wir vieles, was nicht zum Stile Cic. passt (Mabx S. 58: Cicero non videtur sua conscripsisse, sed aliena aut exscripsisse, aut descripsisse dictata). Sonst ist nirgends eine Spur von quo setiiAS zu entdecken.

Zu § 287 vgl. : Wölpflin, Zur Differenziemiig der lat. Partikeln, Archiv X S. 367—376 (fOr dum, ut, ubi etc.); Wolff, De usu coniunctionam apud iDvenalem, Amsterdam 1888; ZiMMSBMANH, Gebrauch der Konjunktionen quod und quia im filteren Latein, Posen 1880; Rbichenbabt, Die subordinierenden kausalen Konjunktionen bei Lucrez, Frankenthal 1881 ; Osi^Bir, De voce quod apud Gaesarem, Lund 1878; Mayen, De particulis quod quia quoniam quomodo ut pro acc. c. Inf. post verba sentiendi et declarandi positis, Kiel 1889; Günther, De coniunctionum causalium apud Quintilianum usu, Halle 1881; H. Ribobb, Quaestiones Annaeanae (behandelt quod quia quoniam quando bei Sen. phil.), Freiburg 1889; R. Neu- baues, De coniunctionum causalium apud Gellinm usu. Erlangen 1890; Fbobben, Quaest. Plin., de modorum usu Pliniano, Königsberg 1888; Reuss, De coniunctionum causalium apud Tacitnm usu, Halle 1876; Trachmann, De coniunctionum causalium apud Suetonium UBU, HaUe 1886 (Reichenhart, Günther, F robben, Rbuss, Trachmann, Riegbr und Mayen gehören auch zu quia quoniam u. ä.). || Zu § 294 ff. : Fuhrmann, De particularum compara- tivarum usu Plautmo, Greifswald 1869; J. Lange, De sententiarum temporalium apud priscos Script, lat. syntaxi, Breslau 1878; WaldIstel, De enuntiatorum temporalium structura apud L. Annaeum Senecam, Halle 1888; Anton, Über die lat. Zeitpartikeln antequam und priusquamy Erfurt 1871; Ihm, Quaestiones syntacticae de elocutione Tacitea, Giessen 1882 (im 111. Teile über postquam, priusquam etc.); Gerber, De coniunctionum temporis et de coniunctionum concessivarum usu, Glttckstadt 1874; Hoffmann, Die Konstruktion der lat. Zeitpartikeln, Wien 1873 (gehört auch zu quom, dum, ubi, ut etc.); Stock, De Vitruvii sermone: de formis enuntiatorum temporalium, Berlin 1888; C. Roths, Quaest. gramm. ad usum Flauti potissimum et Ter. spectantes, Berlin 1881 (über quam, ut u. ä.); Klussmann, Tulliana, Gera 1877 (p. 16 über quamvis); N. Sjöstrand, Quibus temporibus modisque quamvis nescio an forsitan similes voces utantnr, Lund 1891 ; Wölfflin, Gemination p. 456 über quamquam und Philol. 24 p. 115 ff. über tamquam; Hellwig, Zur Syntax des Sallust, Ratzeburg 1877 (behandelt alle Konjunktionen bei Sali.); Schubert, Zum Gebrauch der Temporalkonjunktionen bei Plautus, lissa 1881, Progr.; Ott, Beiträge zur lat. Lexikographie, Rottweil 1869 (über quamdiu); R. Düpow, De C. Suetonü Tranquüli consuetudine sermonis quaestiones, Bergedorf bei Ham- bni^ 1895 (behandelt die temporalen Konjunktionen). |1 Zu § 305: Scherer, De particulae quando apud vetustissimos Script, lat. vi et usu, Strassburg 1883, Diss. || Zu § 306: Elste, De dt4m particulae usu Plautino, Halle 1882; Richardson, De dum particulae apud priscos seriptores latinos usu, Leipzig 1886; Lalin, De dum donec quoad particularum usu apud Terentium, Norrkopiae 1888. Über donec vgl. Zimmermann im Programm von Posen 1891 S. 9 14, Archiv VI, 469 und IX, 591; Über dum und donec meinen Aufsatz im Archiv XI. || Zu § 307: Lübbbbt, Die Syntax von quom und die Entwicklung der relativen Tempora im Latein, Breslau 1870; über die Polemik von Gardnbr Halb gegen Hoffmann-Löbbert und von Dittmae gegen Gardner Halb siehe die nach § 274 zitierten Schriften. Aus früherer Zeit stammt: Fabian, De constructione part. quum, I. Teil Königsberg 1844, H. Teil Tilsit 1850; Zimmermann, Ist die Part, quom ursprünglich nur Zeitpartikel gewesen? Posen 1884. || Zu § 317: Dahl, Die lat. Part, ut, Kristiania 1882 (fürs alte und klass. Latein sehr wichtig, geht aber nicht über Tac. herunter); Schnoob, Zum Gebrauch von ut bei Plautus, Neu- mfinster 1885; Gutjaub-Probst, Beiti-äge III, Der Gebrauch von ut bei Terenz (vgl. oben p. 203); Anton, Studien H. Teil (handelt nur von tU); Naoler, De partic. usu apud Senecam phil. pars H, Nordhausen 1880 {ut, velut u. ä.); J. Jöhring, De particularum ut ne quin quominus apud L. Annaeum Senecam philosophum vi et usu, Prag 1894; Weber, Quaestiones Catnllianae, Gotha 1890 (S. 128—141 über cum identicum, S. 160 über ut). \\ Zu § 334: Wölfflin, Quatenus, im Archiv V p. 399 414. || Zu § 335 ff.: Gl. Lindskog, De enuntiatis apud Plautum et Terentium condicionalibus, Lund 1895; Libbio, Die hypothetischen Sätze bei Terenz, Görlitz 1863; H. Blase im Archiv IX S. 17, X S. 313; Priem, Die irrealen Be- dingungssätze bei Cic. und Caes., Philol. Suppl. V, Heft 2; Blase, De modorum temporum-

426 Lateinisohe Chrammatik. d. Syntax.

qne in enimtiatis condicionalibns latinis pennatatione, Argentorati 1885 ; id., Greschichte de Irrealis im Lateinischen, klangen 1888; Rothheimer, De ennntiatis condicionalibua Flis- tinis, Gottingen 1876; G. F. W. Müllbb, Über nisi and si non, Philol. IX p. 599 ff.; Liue, Konjunktivischer Bedingungssatz bei indikativischem Hauptsatz im Lat., Berlin 1884 (über snve vgl. S. 853); 0. Bbugmann, Über den Gebrauch des kondizionalen ni in der ilterefi Latinität, Leipzig 1887; Blase, Zur Syntax der Bedingungssätze im Lat, Strassburg 1889.' Zu § 346: H. Ebibob, De ennntiatis concessivis apud Plautum et Terentium, Halle 1^; H. T. Karsten, De particulae tarnen significatione antiquissima ad Ciceronis fere tempon in latinitate conservata, Amsterdam 1890; H. Rieoer, Die konzessive Hypotaxe in denTn- gödien des Seneca, Tauberbischofsheim 1892. |l Zu § 349: Geist, über den Gebrauch der Konjunktion guin, Bayr. Gymn.Bl. 1876 p. 116 ff.; Kienitz, De quin particulae apud priseo» scriptores usu, Karlsruhe 1878; Bbmdeb, Über quin^ Wttrttemb. Corr. 1861 p. 258 ff., 18fö p. 78 ff.

Lateinische Stiiistiic.*)

Die lateinische Stilistik ist hervorgewachsen aus dem Bedürfnisse, neben der Grammatik noch eine sichere Anleitung zu einer gutlateinischen Diktion zu besitzen. Daraus ergibt sich, dass die Aufgabe der Stilistik eine vorwiegend praktische ist: wie die Grammatik die richtige Plexions- form und die echtlateinische Konstruktion der Satzteile und Sätze zu lehren hat, so soll die Stilistik einen reinen, angemessenen, ja eleganten lateini- schen Ausdruck an die Hand geben. Da nun aber der Lateinschreibende vor allem den Massstab seiner eigenen Muttersprache bei der Diktion an- legen wird, so hat man die Aufgabe der Stilistik bei uns zum Teil dahin verengert, dass sie dem Deutschen zeigt, in welcher Weise die Darstellungs- mittei der lat. Sprache denjenigen des deutschen Idioms entsprechen.

In neuerer Zeit ist die Frage nach der Aufgabe der Stilistik und nach ihrer Stellung in der Sprachwissenschaft wiederholt eingehend er- örtert worden. So hat Volkmar Hölzer S. 7 ausgeführt: »Die lateinische Sprache ist nach einem vierfachen Gesichtspunkt zu betrachten, wenn man sie gründlich erforschen will. Zuerst sind die grammatischen Formen und Regeln aufzusuchen und darzulegen. Daran schliesst sich zweitens die Bedeutungslehre im Sinne von Nägelsbachs Stilistik. An dritter Stelle hat die Stilistik als ein Teil der Rhetorik die Anwendung der Sprache in den Redegattungen zu betrachten; es bleibt die vierte Betrachtungs- weise der Sprache übrig, die Behandlung im Interesse der Litteratur-

*) Die Bearbeitung der vorliegenden Lateinischen Stilistik, welche zum ersten- male versucht eine Historische Stilistik der lateinischen Sprache der bereits eifrig kultivierten Historischen Syntax zur Seite zu stellen, hat den Beifall der sach- verstftndigen Beurteiler gefunden, und Herr Professor Iwah y. Müllbr spricht in der Ein- leitung zurVni. Auflage derNägelsbach'schen Stilistik geradezu aus, dass mit unserer Stilistik ,die Epoche der wissenschaft- lichen Begründung der historischen Stiltheorie beginnt*. Im Interesse der möglichsten Vervollkommnung dieser ebenso

anziehenden wie praktisch fruchtbringenden Behandlungsweise der lateinischen Stilistik liegt es nun, wenn recht viele Einzelunter- suchungen gemacht werden, und dazu bieten Dissertationen und Programmbeilagen die beste Gelegenheit. Verfasser glaubt daher den Wunsch aussprechen zu sollen, dass für die in Aussicht genommene erschöpfende Bearbeitung der historischen Stilistik (Histor. Gramm. V.Band) ihm zahlreiche Einzelarbeiten ermöglichen, nicht nur die allgemeinen Um- risse der Darstellung schärfer und präziser zu zdehen, sondern auch reichliches Elinzel- material bieten zu können.

428 Lateinisohe Grammatik, e. Stilistik.

geschichte oder der Oeschichte der Sprache.' John Ries dagegen sagt S. 127: ,Die wissenschaftliche Stilistik kann prinzipiell von zweierlei Art sein, je nachdem sie die objektive oder subjektive Seite des Stils ins Auge fasst. Im ersten Falle behandelt sie den Stil, insofern er von Inhalt und Zweck der sprachlichen Darstellung, im zweiten Fall, insofern er von der Eigenart der sprechenden (schreibenden) Persönlichkeit bedingt ist.* Fern^ stellt Ries S. 144 als Ergebnis fest: »Von der Forderung, dass die Stoffe der Syntax und Stilistik sich ausschliessen sollen, kann nicht die R«de sein. Die Stilistik schöpft ihren sprachlichen Stoff aus der Grammatik. Andere Ziele und Aufgaben bedingen nicht einen anderen Stoff, sondern nur andere Wege, eine andere Behandlung. Je vollständiger die Syntax auch diejenigen Stoffe aus dem Gebiete der Wortfügung behandelt, welche zugleich von der Stilistik berücksichtigt werden, um so vollständiger liefert sie der Stilistik das Material, das diese braucht, und um so besser erföllt sie zugleich ihre eigenen Aufgaben.''

Die nun folgende Darstellung der lateinischen Stilistik hat sich zur Aufgabe gestellt eine historische zu sein. Sie wird daher versuchen, der objektiven und der subjektiven Seite des Stils gerecht zu werden, sie wird ohne Scheu in das Gebiet der Grammatik hinübergreifen, mit welcher sie vielfach Stoffgemeinschaft hat, und wird schliesslich zugleich mit der historischen Syntax (nach Hölzers viertem Punkt) eine Art Geschichte der Sprache zu geben versuchen. Es ist somit die Aufgabe gestellt, viel- fach in Berührung mit Wortlehre und Syntax zu zeigen, welche Mittel der Darstellung die lat. Sprache besitzt, wie sie dieselben verwendet, femer welche Eigentümlichkeiten sich in dieser Verwendung im Laufe der Ent- wicklungsgeschichte ergeben haben, wie die einzelnen Autoren sich den Anforderungen der objektiven Stilistik gegenüber verhalten und ob sie in all ihren Schriften dem Sprachstoff die gleiche Behandlungsweise angedeihen lassen.

Wir werden daher im folgenden zunächst untersuchen, welche Be- sonderheiten sich im Gebrauche der Redeteile von der ältesten Zeit an ergeben. Dieser Abschnitt hat viele Berührungspunkte mit der Grammatik; haben wir 1 der Syntax) die Grammatik überhaupt in Lautlehre, Wort- lehre und Syntax abgeteilt, so wird hier manches aus der Wortlehre, wie z. B. die Verbalia auf tor, io, 1/5, die Diminutiva, die Verba composita u. ä. aufs neue unter anderem Gesichtspunkte zu betrachten sein, ferner wird manches aus der Syntax, wie z. B. der Gebrauch der Negationen, zu- sammenfassend behandelt werden müssen. Dann gehen wir über zu einer Behandlung der Wortstellung und des Satzbaues, welche beide Kapitel für die Gestaltung der lat. Rede von grosser Wichtigkeit sind; auch hier liefert die Syntax zum Teil den Stoff, so aus dem Gebiete der Unter- ordnung der Sätze, den Infinitiv- und Partizipialkonstruktionen, oder sie teilt sich mit der Stilistik in denselben, wie z. B. die Wortstellung im Gebrauche der Präpositionen schon von der Syntax vorweggenommen ist. Hierauf wird nachgewiesen, wie die einzelnen lat. Schriftsteller sich gegen- über den stilistischen Postulaten der Reinheit und Angemessenheit der Sprache verhalten. „Beziehen sich auch die Regeln über die Angemessen-

1. Eigentflmlichkeiten im Oebranch der Bedeteile. 1.) 429

heit des Ausdrucks auf jede Sprache'' (Hölzer S. 4), so ist es gerade Aufgabe einer lateinischen Stilistik, zu zeigen, inwieweit die lateinischen Autoren den allgemeinen Stilregeln folgen oder besondere Bahnen ein- geschlagen haben (vgl. § 58). Zum Schlüsse folgt eine Erörterung über Sparsamkeit, reichliche Anwendung oder gar Verschwendung in Handhabung der sprachlichen Mittel, denn daraus ergibt sich einerseits Einfachheit und Kürze, anderseits Reichtum und Mannigfaltigkeit, bisweilen gar Überfälle in der Diktion.

Die meisten der oben 8. 202 fif. erwähnten Abhandinngen enthalten ganze Abschnitte oder doch einzelne Bemerkungen, welche sich auf die Stilistik der jeweils behandelten Autoren beziehen; ich hebe besonders die Bücher von Draeoeb, Kühnast, Biemann, Lüpüs, GöLZEB hervor. Ebenso sind manche der S. 213 aufgefOhrten Kommentare wahre Fund- graben der Stilistik, z. B. Madyio de fin., Sbyffbrt zum LaeUus, Landgraf zur Rosciana, C. F. W. MüLLEB zu jCic. off. u. a. An modernen Bearbeitungen der Stilistik verdienen Beachtung:

1. C. Fb. V. Nagelsbaoh's latein. Stilistik für Deutsche; YIII. Aufl. von Db. Iwan v. Müllbb;

Nürnberg 1889. (Dieses Werk ist durch die Neubearbeitung von der sachkundigen Hand Iwan v. Mfiller's nunmehr eine zuverlässige Anleitung geworden, dem besten deutschen Ausdruck den mustergiltigen lateinischen gegenüberzustellen. Die neueste Auflage zeichnet sich abgesehen von der Umarbeitung der Einleitung und den neu eingeigten zahlreichen Litteratumachweisen dadurch vorteilhaft aus, dass der Deutsche neben dem klassisch lateinischen Ausdruck auch die Gebrauchsweise der früheren oder späteren Zeit verzeichnet findet und so die Eleganz der klassischen Sprache durch eigene Anschauung und Vergleichung erkennen kann.)

2. R. Klotz, Handbuch der lat. StiUstik, Leipzig 1874.

3. F. Hand, Lehrbuch des lat. Stils, III. Aufl. von Db. H. L. Schmitt, Jena 1880 (hier sowie

bei Klotz und NIgelsbach ist die stilistische Litteratur früherer Zeit einzusehen.)

4. Hbinichen, Lehrbuch der Theorie des lat. Stils, H. Aufl., Leipzig 1848.

5. Gbysab, Theorie des lat. Stils nebst einem lat Antibarbarus, IL Aufl., Köln 1843.

6. G. WicHERT, Die lat. Stillehre, Königsberg 1856.

7. HLaackb, Lat. Stilistik für obere Gymnasialklassen, III. Aufl., Berlin 1884.

8. BouTEBWBX, Adversaria latina, Berlin 1876.

9. Hense, Lat. Stilistik für obere Gymnasialklassen, Parchim 1881.

10. Schulze, Adlumenta latim'tatis, Grundzttge des lat. Stils, Leipzig 1883.

11. Bbbgbb, Lat Stilistik für obere Gymnasialklassen, YIII. Aufl. von E. Ludwig, Coburg

und Leipzig 1886.

12. Dbbnckhahn, Lat. Stilistik für die obem Gymnasialklassen, Berlin» Weidmann, H. Aufl.

1896.

13. Dbbnckhahn, Leitfaden zur lat. Stilistik, Berlin, Weidmann, 1884.

14. B. Schmidt, Kurzgefasste lat. Stilistik, II. Aufl., Leipzig 1884.

15. Hetnaoheb, Lehrplan der lat. Stilistik, Paderborn und Münster 1885.

16. HöLZBB, Beiträge zu einer Theorie der lat. Semasiologie, Berlin 1889.

1. Eigentümlichkeiten im Gebrauch der Redeteile.

A. Substantiva.

1. Eine genaue Betrachtung des Wortschatzes der lateinischen Sprache und eine Vergleichung des Vorkommens der Begriflfswörter lässt einen auf- fallenden Mangel an Substantiven erkennen, der in der alten und der klas- sischen Sprache besonders zutage tritt. Diesem Mangel wurde abgeholfen durch Umschreibungen der mannigfachsten Art, wobei die zahlreich vor- handenen Verba die besten Dienste leisteten. Allmählich aber erweiterte sich der Bestand an Substantiven und schliesslich tritt das Gegenteil des ursprünglichen Zustandes ein, dass nämlich die Subst. und besonders die Abst. geradezu überwiegen und andere Wörter, z. B. Adverbia, verdrängen (vgl. Syntax § 85).

430 Lateinisohe Qrammatik. e. StiliBtik.

2. Im Gebrauche der Subst. ist folgendes Bemerkenswerte hervor- getreten:

a. In der Sprache des Volkes waren die Subst. abstr. gerade nicht unbeliebt, wie ein Blick auf den Wortschatz des Plautus zeigt; aber immerhin ist erst mit Cicero und zwar infolge seiner philosophischen Studien eine Bereicherung eingetreten. Das silberne Latein that manches hinzu, und so erweiterte sich z. B. die Zahl der Verbalia auf io von Cicero bis Hadrian von 859 auf 1447. Bei den christl. Schriftstellern steigert sich das Be- dürfnis nach Abstr. (TertulL, August., Hieron.), und manche gehören aus- schliesslich dieser Zeit an.

Plautus bevorzugt die Verb, auf io besonders in halb verwunderten, halb unwilligen Fragen, z. B. quid tibi hanc tactio est? Doch zeigt sich schon hier der bei Cic. und in der Folgezeit ausgebildete Brauch, wonach dieselben als Verbalia aktive, passive und mediale Bedeutung und zwar für die Gegenwart wie für die Vergangenheit aufweisen können; hierin berühren sie sich mit dem als Part. Perf. Pass. gebrauchten Verbaladjektiv auf tus, vgl. Syntax § 173 f. Gebraucht werden die Verbalia statt der Verba da, wo die Handlung die Hauptsache ist und das Subjekt zurück- tritt, z. B. Cic. Phil. 2, 57 quae fuit eins peragratio itinerum? Cic. Fam. 11, 27, 4 quae tua fuerit assessio, oratio, confirmatio animi mei. Ferner be- zeichnen sie die Art und die Möglichkeit etwas zu thun, letzteres namentlich in Verbindung mit esse und habere; seltener drücken sie das Resultat einer Handlung aus, z. B. inventio -^ inventum; wenn auch Cic. in epp. und sonst vereinzelt dies zulässt, z. B. Fam. 9, 18, 4 aestinuttioms = „taxierte Grundstücke*, so gehört dieser Gebrauch doch vorzugsweise der Geschäfts- und Kanzleisprache, sowie der sinkenden Latinität an. Die augusteischen Dichter sind nicht reich an Verbalia auf io; so hat man bei Vergil nur sechs gezählt (z. B. ratio, seditio, superstitio). Mit Hierony- mus und der Vulgata überwuchern die Verbalia auf io; wir finden bei den eccl. ausser den früher üblichen Substantiven auch Neubildungen, z. T. aTTorf keyofieva. Recht augenfällig wird der Reichtum des SpäÜat. bei einer Vergleichung von Vergil (6) mit Prudentius (53 auf io).

Die Verbalia auf sus und tus werden in der tragischen und in der epischen Poesie vor denen auf io bevorzugt. Auch die klassische Sprache hat einen grossen Bestand an solchen Substantiven. Hier verwischte sich schon der unterschied, der dieselben ursprünglich von denen auf lo trennte (vgl. motus und motio), und beide Arten ergänzten sich gegenseitig, wie z. B. concursiones den Plural zu concursus hergibt und überhaupt der Plur. der Verbal, auf us namentlich im Dat. und Abi. durch die Verbal, auf io ersetzt wird. In der nachaug. Zeit steigert sich die Liebhaberei für Verbalia auf US, so bei allen Autoren des silbernen Lateins und dann ganz besonders bei Apulejus, TertuUian, Amm. und Sulp. Sev.; auch schwindet die Ab- neigung gegen Dat. und Abi. Plur., so dass z. B. schon bei Celsus und Pompon. Mola, noch mehr natürlich bei Sulp. Sev. Formen wie abscessibus, planctibusj coetibus, plausibus u. ä. häufig sind. Doch nehmen nicht alle Autoren des Spätlat. hieran teil, wie z. B. die scr. bist. Aug. und ebenso viele eccl. verhältnismässig wenig Beispiele bieten.

1 EigentHmliohkeiten im Gebranoh der Bedeteile. 2.) 43 1

Die Neigung zur Abstraktion in den Zeiten des Verfalls zeigt sich noch in der Zunahme der Subst. auf taa. Schon Plaut, und Ter. haben viele Subst. auf tos (Plaut. 72, Ter. 50), auch die klass. Sprache, ebenso unter den august. Dichtem Horaz (25), Yerg. (19), dann das silberne Latein; aber erst im Spätlatein und zwar ganz besonders im gallischen Latein überragen diese Substant. die anderen Abstrakta so, dass die letzteren zurücktreten; daher die vielen französischen Subst. auf U. Auch hier ist ein Vergleich zwischen Verg. (19) und Prudent. (64) interessant. Die gleiche Neigung zeigt sich ferner in Wiederaufnahme der nur im Altlat. üblichen Endung da und der bereits bei Plaut, üblichen (23), von Ter. selten (9) gebrauchten, von den Klassikern vernachlässigten, von Vergil ganz gemiedenen, aber bereits von den archaisierenden Schriftstellern der cic. und der folgenden Zeit gerne aufgegriffenen Bildung mit tudo, z. B. elaritudo.

b. Subst. abstr. im Plur. finden sich schon im Altlat., besonders bei Plaut, in verhältnismässig grosser Zahl; in klass. Zeit erweitert sich die- selbe wesentlich durch Cic, weniger durch Caes. und Sali., bei denen der Gebrauch sehr selten ist; noch mehr aber als Cicero haben die Dichter, die poetisierenden Prosaiker seit Liv. und die Archaisten geneuert, und man kann sagen, dass der Gebrauch der Abstr. im Plur. in jeder Epoche der lat. Sprache zugenommen hat. Nirgends jedoch trifft man diese Plural- bildungen so häufig und in so auffallenden Beispielen, als im Spätlatein, 80 namentlich in der Vulg. und bei den eccl., z. B. iustitiae Gesetze, veri- tates Wahrheiten u. ä. Vielfach, so namentlich bei Livius, wird der Plur. in Bezug auf einen Plur. gebraucht, z. B. Liv. 1, 13, 7 id non traditur, aetate an dignitatibus suis virorumque lectae sint. Ebenso hat mancher Plur. seine Entstehung der Ausgleichung zu danken, z. B. Sali. Cat. 15 7ieque vigiliis neque quietibus (vgl. meine Anm.) und Plaut. Pseud. 62 nosti amores, mores, consuetudines. Die sonst gewöhnlichen Gründe für Setzung des Plur. der Abstr. sind bekannt; in der Sprache der Dichter hat der Plur. auch stei- gernde Bedeutung, wie z. B. Verg. Aen. 2, 22 regna = „das grosse, mächtige Reich" bedeutet, ebenso bei nachklass. Prosaikern, wie z. B. bei Pomp. Mola 3, 71 regio ob aestus intoleraiilis der Plural aestus die grosse Hitze be- zeichnet; vgl. noch meine Anm. zu Sali. Jug. 18 und Heraeus zu Tac. bist. 2, 32.

c. Schon die alte Sprache hat Abstr. in konkretem Sinne ver- wendet, wie z. B. Plaut, und Ter. scelus und Senium zur Bezeichnung von Menschen gebrauchen, ebenso die klassische Sprache, z. B. Caes. b. G. 6, 34, 3 haec loca vicinitatibus erant nota, Cic. Sest. 109 omnes honestates civi- tatis consentiunt; Cic. Mil. 86 mortem eins (= seinen Leichnam, vgl. Properz 2, 13, 22 fnea mors = ich als Leiche). Kühner sind jedoch Livius, Curt., Plin. mai. und Tac. Es scheint, dass die Sprache der Jäger, Landleute, Soldaten, Advokaten hier manches Eigentümliche hatte, was allmählich sich Eingang in die Schriftsprache zu verschaffen wusste, z. B. furtum = B gestohlener Gegenstand" sog. bei Cic, armatura besonders zahlreich bei Caesars Fortsetzem u. ä. Das Spätlatein, welches ja die Abstrakta so sehr bevorzugt, gebraucht sie auch mit besonderer Vorliebe als Eonkreta, z. B.

432 Lateinische Grammatik, e. Stilistik.

Arnob. mortalitas = moHales u. ä. Umgekehrt werden auch Eonkreta in abstraktem Sinne gebraucht, seltener in der alten und in der klassischen Sprache, um so häufiger im Spätlatein, z. B. Cic. off. 1, 26 qui hominem {die Menschlichkeit) ex homine tollat. Apul. met. 3, 25 exibis dsinum, in fneum Lucium redibis; dann z. B. post hominem nach dem Tode u. ä.

d. Subst. abstr. als Subj. oder Obj., wo wir ein Personalsubstantiv oder mindestens ein Konkretum erwarten, finden sich namentlich, wenn die Jiezeichnung der Person im Gen. oder durch ein Pron. poss. angefugt ist. Selten noch im Altlat., z. B. Plaut. Bacch. 5, 2, 57 mea piäas, wurde dieser Gebrauch von Cic. in eleganter Weise ausgebildet, z. B. Q. fr. 1, 1, 12 videtur potuisse tua liberalitas decipi. Schon Horaz, z. B. ep. 2, 2, 258 maiestas tua, dann Liv. lässt ihn in kühneren Wendungen zu, mehr noch Yell., Val. Max. und Plin. min., und so entwickelt sich hieraus die offizielle Titulatur, z. B. vestra serenitas etc. Vgl. Schöner in act. sem. Erlang. LI p. 490 ff. Hierin leistete das konstantinische Zeitalter das Mögliche; ja die christl. Kirche eroberte sich nunmehr eine Titulatur, und sanctitas tua ist seit Ende IV. saec. stehende Anrede der Bischöfe. Auch in unsem Kurialstil und Konversationston ist dieser Brauch übergegangen, wie wir

ja von Sr. Majestät, meiner Wenigkeit u. ä. sprechen.

Anmerkung 1. Oft stehen im LateinlBchen Substantiya satt eines Adjektivs, wo der Eigenschaft eine solche logische Bedeutung zufällt, dass das Adjektiv dieselbe nicht auszudrucken im stände ist. So sagt Cicero Att. 8, 12, 5 tristitiam ülortmi temporum non sttbissem, während doch tempora Objekt ist, Caesar b ciy. 1, 64, 4 eist timebat tantae magnitudini fluminü exercitum ohicere. In der späteren Latinität finden wir diesen Sprachgebrauch auffällig erweitert; vgl. Arnob. 180, 6 necessitudo sanguinis in incestas lihidines inardescit,

Anmerkung 2. Im übrigen meidet die lat. Sprache die Setzung eines Abstr. im Subj., weon das Verb, eine Handlung bezeichnet, die nur von einem konkreten Wesen ausgeführt werden kann, z. B. Rom führte Krieg Romani bellum gesserunt. Aber auch schon bei Cic. (um wie viel mehr bei Spät.!) tritt ein Abstr. als Subj. auf, z. B. wenn es motivierende Kraft hat oder wenn es eine besondere Vorstellung in sich schliesst, wie z. B. in Graecia haec semper summa durit das Wort Graecia das eigentümliche nationale Wesen zum Ausdruck bringen soll, femer bei Personifizierung menschlicher Meinungen, Äusserungen, Eigenschaften und Zustände, z. B. Cic. nat. deor. 1, 102 haec oratio deos spolicU motu, noch spätlat. Prudent. P. 13, 65 dementia reprimat neu sciat invidia. Namentlich sind es die Dichter, welche von der Personifikation umfassenden Gebranch machen, aber auch Pro- saiker, welche poetisch angehaucht sind, wie z. B. Varro vinum quaerit soletn u. ä. sagt.

e. Der Gebrauch des kollektiven Singulars an Stelle des Plurals, z. B. fniles statt milites, ist in der klassischen Sprache wenig entwickelt. Aber mit den augusteischen Dichtem, so namentlich Verg. und Horaz (od. 3, 6, 37 tnilite muUo), in Prosa mit Livius, Curtius und Tacitus wird er sehr verbreitet und erhält sich im Spätlatein.

f. Die Pluralia tantum bezeichnen Begriffe, welche den Eindruck einer Zusammenseztung oder Vielseitigkeit machen, z. B. scalae, fides, di^ vitiae u. ä. Die Sprache hatte jedoch nicht immer dieselbe Anschauung bezüglich der Einfachheit oder Mannigfaltigkeit; daher kommt es, dass Subst. in einer Periode als Plur. tantum erscheinen, in einer andern nicht. So wird facetia bei Plaut, und wieder bei Gellius im Sing, gebraucht, die Zwischenzeit kennt nur facetiae; klassisch ist cervices, initniciti^ie, in^idiae, angustiae, divitiae u. ä., während Dichter, vor- und nachklassische, sowie prosaische Autoren der vor- und nachklass. Zeit auch den Sing, zulassen.

Anmerkung. Auffällig ist der Plural liberi von einem Kinde, sowie parentes

1. Eigentflmliohkeiten im Gebranoh der Bedeteile. (§§ 2—3.) 433

von einer Matter, weniger jedoch pantes (= die Joche einer Br&cke) neben pons von einer Brücke. Vgl. darüber meine Abhandlung in Z. f. G. W. 1881 S. 121, Ott, Progr. Rottweil 1869 und Nipp, zu Tac. ann. 2, 8. Bemerkenswert ist clcuses = die Geschwader einer Flotte, exercitua die Teile eines Heeres, vgl. z. B. Verg. Aen. 2, 30, femer der genereU von einer Person gebrauchte Plural, z. B. Hör. od. 1, 16, 1 sacerdotum von der Pythia; 3,16, 16 duces, Tac. ann. 1, 14 feminarum von der Livia u. ft.

g. Die Verbal, auf tor kommen schon im Altlat. (Plautus 125, Ter. 27) und in der klass. Sprache ziemlich zahlreich vor; doch hat Cicero eine gewisse Scheu vor allgemeiner Zulassung dieser Yerbalia; so ist ihm z. 6. fabricatar nicht fremd, aber er sagt doch lieber oflf. 1, 147 pictores et ii, qiii Signa fabricantur; schon die Dichter der augusteischen Zeit haben diese Scheu überwunden; in der silb. Latinität vollends erweitert sich die Fähig- keit solche Verbalia zu bilden sehr und wird mit dem' Sinken der Sprache fast unbeschränkt. Während nun Cic. und Caes. mit denselben den Begriff einer dauernden Eigenschaft oder eines unterscheidenden Charakters ver- binden, namentlich aber von ihnen tadelnd Gebrauch machen, um zu zeigen, dass die eine That genüge, den ganzen Menschen zu charakterisieren, z. B. Cic. Att. 2, 9, 1 tradudor ad plebem, verblasst diese Bedeutung seit Liv. immer mehr; der letztere sagt schon corruptores exercitus vollständig im Sinne von ii qui exercitum corruperunty und nach ihm bezeichnen die Verbal, auf tor allgemein eine vorübergehende Handlung oder einen solchen Zustand der gemeinten Person. Die weitgehende Verbreitung dieser Ver- balia im Spätlatein ersieht man auch daraus, dass Prudentius 149 solche Substantiva hat, Verg. nur 61 und dass die Subst. auf teur und seur im Französischen sehr beliebt sind.

Vgl. Gramer, Über die Verbalsubst. auf tor und trix bei Cic, Cöthen 1848; Sohäffer, Über den Gebrauch der Derivaten auf tor und trix, Prenzlau 1859, 1860; Dziadek, De subst. verb. in io et tis desinentibus; Trzemessno 1847; J. Schmidt, commentatio de nominum yerbalium in tor et trix desinentium apud Tertullianum copia ac vi, Erlangen 1878; Fr. Liese3tberg, Die Sprache des Ammian. Marc. I der Wortschatz, Blankenburg 1888; Kin- DiscHBR, Die YerbaLsubstantiva auf tor und trix bei Cicero, Z. f. G. W. 1860; Adolf M. A. Schmidt, Beiträge zur livianischen Lexikographie, Baden in Österreich, 1888. W. Bock, Subiecta rei cum actionis verbis coniungendi usus quomodo in prisca, quae vocatur, latini- tate sit ezortus et prolatus usque ad tempora Oiceroniana; Leipzig 1889; Meyer-Lübke, Zur Geschichte der lat. Abstrakta, in Archiv YIII S. 313 338; Rassow, De Plauti substan- tivis, 1881; Slauobter, The substantives of Terence, Boston 1881; Delhorbe, De Senecae tragici substantivis, Bern 1896; Stephani, De Martiale verborum novatore, Breslau 1889; LiKSB, De P. Ovidio vocabulomm inventore, Leipzig 1891 (hier sind S. 2 und 3 noch viele tiinliche Schriften verzeichnet).

B. A^jektiva und Partizipia.

3. Adjektiva können substantiviert, d. h. wie Substantiva ge- braucht werden ; diese Y erwendungsart der Adjektiva teilt das Lateinische mit den umbrisch-oskischen Dialekten, vgl. Planta II S. 420. Die Sub- stantivierung des lat. Adjektivs vollzieht sich auf doppeltem Wege, ent- weder durch unbewusstes Einordnen eines persönlichen oder sachlichen Begriffes unter einen obersten Allgemeinbegriff oder durch fQhlbare Ellipse eines ebenfalls generellen, aber enger begrenzten Begriffes von weit über- wiegend konkreter Natur. Der erste Fall gilt für consularis, affinis, amicus, bonus u. ä.; hier können, im Masc. und Fem. wenigstens, nur solche Adj. substantiviert werden, die persönliche innere oder äussere Eigenschaften, z. B. des Standes, Berufes, Charakters ausdrücken; erst im Späüatein

Handbnoh der klan. AltertnmswimenBcbaft. n. 2. 8. Anfl. 28

434 Laieiniache Orammatik, e. Stilistik.

wird die Substantivierung hier freier. Begünstigt wurde die Substantivie- rung auch durch die Wortstellung, z. B. fera bestia^ wo bestia wegen des vorausgehenden fera leicht entbehrlich wurde. Durch das Neutrum werden allgemein sächliche, zumeist abstrakte Verhältnisse, z. B. honestum^ iustum, immensum, und im Plural Dinge, die ihrem Wesen nach eine Eigenschaft besonders hervortreten lassen, z. B. digna, vera, summa, bezeichnet. Die Substantivierung dieser Adjektiva ist durch den inneren Grund der Be- deutung, bei abgeleiteten Adj. auch durch das Suffix und schliesslich durch die Geschlechtsendung begünstigt.

Im allgemeinen kann man wohl sagen, dass diese Substantivierung in der vorklassischen und klassischen Zeit noch ziemlich enge Grenzen hat; dieselben erweitern sich bereits bei Sali., bei den aug. Dichtem, dann hauptsächlich bei Liv. und Tac, noch mehr im Spätl., wo Beispiele aller Art in allen Kasus sich finden.

Bedingt ist ferner die Häufigkeit der Erscheinung von Geschlecht und Deklination, Numerus und Kasus. Darnach ergibt sich: Die Substantivierung trifft mehr die Adj. der II. als der III. Dekl., im Plural mehr im konkreten, im Sing, mehr im abstrakten Sinne, z. B. honesta ehr- bare Handlungen, honestum der Begriff davon; dabei zeigt sich öfter der Gen. sing, als der Dat. oder Abi.; selten finden sich Substantivierungen wie Cic. Phil. 2, 114 mortali immortalitatem non arbitror esse contemnen- dam. Bei Präpositionalausdrücken, die mittels des Neutr. sing, gebildet werden, finden wir besonders Adj. der II. Dekl. substantiviert, z. B. ad extremum, de publica u. ä. ; die der III. waren wohl nur in der Volkssprache üblich, z. B. in proclivi, in praesenti, haben sich aber auch allmählich in die Schriftsprache eingedrängt; die komparativen Ausdrücke wie in maius, in moUius u. ä. treten, vielleicht begünstigt durch die Nachahmung des Thucyd., seit Sali, und Liv. auf, werden aber namentlich von Tac. und seinen späten Nachahmern, z. B. Ammian, bevorzugt; überhaupt mehren sich solche präpositionale Wendungen, wie in quantum, de cetero u. ä. seit Livius im Nachkl. und Spätl. Die plural. Neutra bewegen sich in der klas- sischen Sprache am liebsten in den als neutral erkennbaren Kasus, z. B. omnia, aber omnium rerum; selten ist z. B. in omnibus, de omnibus Cic. Q. fr. 1, 4, 5 u. ä.; mit Sali, und Liv. wird dies anders; bei ihnen wie auch bei Tac. und Spätem erscheint das Neutr. gleichmässig in allen Kasus.

Die Verbindung eines partitiven Genetivs mit dem Neutr. plur. lassen Cic. und Caes. selten, Nepos gar nicht zu; ziemlich umfänglich macht Sali, davon Gebrauch, mehr noch die aug. Dichter nach dem Vor- gang des Lucrez und dann Liv. und Tac, z. B. Cic. Fam. 1, 9, 15 summa pectoris, Liv. 5, 29 per aversa urbis. Bei den Dichtern und Liv., Curt., Pomp. Mela, Tac. verwischt sich oft die partitive Bedeutung des Gen., z. B. sub constratis pontium. Das Neutr. sing, ist mit partit. Gen. bei Cic. nur aus den Erstlingsreden nachgewiesen, auffällig wird die Kon- struktion bei Sali., z. B. Jug. 21, 2 uU plerumque noctis processit, und pflanzt sich in dieser Weise bei Dichtern und Prosaikern, vgl. Verg. Georg. 1, 478 sub obscurum fioctis, in Prosa bei Liv., Plin. mai., Tac. und im Spätlat. fort; doch verliert der Gen. auch hier vielfach seine partit. Natur;

1. Eigentümlichkeiten im Gebranoh der Bedeteile. (§§ 3—4.) 435

vgl. darüber Syntax § 62 Anm. 2. Schliesslich sei erwähnt, dass zu einem subst. Adj. ein attribut. Adj. hinzutreten kann, selten bei Cic. (Madvig fin. S. 234 und Sudhaus zum Aetna S. 88), um so häufiger bei Dichtern, z. B. schon Lucrez 2, 96 per inane profundum, Verg. G. 1, 393 aperta serena, Juv. 7, 30 dives avarus; und noch spätlat. bei christlichen Dichtern, z. B. Prudent. P. 14, 107 triste longum. Indes hatte man doch eine gewisse Scheu vor solchen Anfügungen; dies geht besonders daraus hervor, dass zu dem substantivierten Neutrum dubium weder ein Adj. noch ein Pronomen hinzu tritt. In Verbindungen wie quidam docti, nemo sapiens u. ä. bildet das Pron. das subst. Element; dies gilt für alle Pron. numer. ausser omnis im Sing, und uUtis und nullus im Nom. und Acc. sing.

4. Die Partizipia lassen sich in ähnlicher Weise wie die Adj. substantivieren; auch hier machen sich die gleichen Faktoren wie Genus und Deklination, Kasus und Numerus geltend. Während schon Plaut, und Ter. das Part, praes. im Nom. sing, substantivierten, haben die Klassiker und wie es scheint auch Liv. diesen Gebrauch vermieden; im Zeitalter Neros erst schreibt Sen. de ira 1, 4 1 quo distet timens a timido und Lucan 6, 293 Aänaeis habitans in vallibus. Die andern Kasus werden im Sing, und Plur. allenthalben unbedenklich substantiviert, jedoch so, dass seit Liv. sich eine Zunahme der Konstruktion wahrnehmen lässt.

Das Part. Perf. Pass. (oder Depon.) kommt schon altlat. bei Plaut, und Ter. öfters substantiviert vor; in der klass. Zeit findet es sich im Masc. sing, kaum substantiviert, höchstens Varro 1. 1. 8, 55 admonitus und dann mortuus Cic. Mil. 27, 75 kann hieher gerechnet werden. Auch Liv. ist noch sehr behutsam und erlaubt sich den Gebrauch nur da, wo ein wirk- liches Substantiv in der Nähe steht, dem sich das Partiz. angleicht, z. B. 40, 10, 1 discerne insidiatoretn et petitum insidiis. Nach Liv. jedoch ge- statten sich die Autoren wie Sen., auch Quint., Tac, Suet. alle Freiheit, und Beispiele wie Suet. Jul. 82 corpus occisi in Tiberim trahere gehören nicht mehr zu den Seltenheiten. Ähnlich verhält es sich mit dem Plural; CScero lässt ihn zwar zu, namentlich um eine Klasse von Menschen zu bezeichnen, ist aber sonst dieser Art von Substantivierung wenig geneigt. Anders wird es schon mit Livius; sagte Cicero oflf. 2, 66 eorum, qui defensi sunt, gratia und nicht defensorum gratia oder 2, 81 eos quos ipse restituerat für a se restitutos, so lesen wir bei Livius 26, 16, 13 quam nihil in Kan- nibale ad receptos in fidem tuendos esset u. ä. öfter. Verhältnismässig sparsam ist Tac. in diesen Substantivierungen, weniger die spätere Historiographie, wo sie fast uneingeschränkt werden.

Häufig wird das Neutr. sing, substantivisch gesetzt, namentlich in präpositionalen Wendungen; näheres siehe Syntax § 184. Das Neutr. plur., vorzüglich in Ausdrücken wie dida, facta, acta etc., ist allgemein üblich, doch gesta für res gestae finden wir nur bei Nepos und dann im Spätlat. (vgl. WöLFFLiN, Rh. Mus. 1882 p. 89). Selten ist die Beifügung eines attributiven Genetivs, vgl. Plauens bei Cic. Fam. 16, 8, 1 optimae mentis cogitata.

Die Substantivierung des Part. Fut. lässt sich nicht vor Sallust or. Lep. 6 nachweisen; häufiger wird es im silb. Latein, wo Vell. Pat. und

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436 Lateinisohe Grammatik, e. Stilistik.

Quint. kühne Beispiele liefern (Quint. 11, 3, 157 7nire enim auditurum dicturi cura deledat); doch treffen wir es auch noch im Spätlatein, manch- mal mit Entäusserung der Futurbedeutung, wie z. B. Arnobius 51, 9 credi- turi = credentes = die Gläubigen sagt. In ähnlicher Weise ergeht es dem Gerundiv; dies findet sich substantiviert seit Hör. bei Liv., Vell., Sen., Plin. min. Auch diese Substantivierung ist häufig im Spätl., vgl. Lönneb- OBEN p. 5, Hereenbath (Geruudivum bei Gyprian) p. 44.

Anmerkung. Wenn Plin. n. h. 18, 26 ans Gato zitiert: agrum paraturos ante omnia inttAeri oportet, so hat er damit die Worte des Cato in seiner Weise wiedergegeben; selbständiges Part. Fnt. Akt. kennt das Altlatein noch nicht.

5. Anders verhält es sich mit der zweiten Art der Substantivierung. Hier ist der Hergang äusserlich, indem ein allgemeiner Substantivbegriff, der sich zum Adjektivbegriff verhält, wie das Oenus zur Species, weg- gelassen ist. Hauptsächlich sind es Goncreta, Dinge aus dem Alltagsleben des Menschen, aus Kunst und Gewerbe etc. bezeichnend, welche weggelassen werden. Hervorgegangen ist diese Substantivierung aus dem Bedürfnis nach kurzen handwerksmässigen Wörtern. Zumeist ist es sehr leicht, die Ellipse festzustellen, z. B. vaaa bei Corinthia, fabula bei praetexta, febris bei tertiana, über bei annalis, terra bei continefis, manus bei sinistra u. ä. Man wird wohl nicht mit Unrecht hieher Wörter wie aerarium, apiarium, granarium u. s. w. rechnen, wenn auch die Adjektiva nicht mehr erhalten sind; denn das ursprüngliche Adj. kann mit der Zeit untergegangen sein, so dass nur das Substantiv im Neutrum geblieben ist. Unter allen Um- ständen ist aber notwendig, dass das zu ergänzende Substantiv ein kon- kreter, in Unterabteilungen zerlegbarer Begriff sei. Nicht hieher, sondern zur ersten Art gehören jedoch die Neutr. plur. wie avia, ardua, summa, abrupta u. ä.

Nach dem Gesagten wird man die Substantivierung der zweitgenannten Art im publizistischen Stile, z. B. diurna sc. acta, laurea sc. Corona, Latinae sc. feriae, agraria sc. lex u. ä., dann in der Sprache der Landleute, der Handwerker, der Künstler, der Seeleute u. s. w. finden; damit ist zugleich auch nahegelegt, welche Schriftsteller sie vorzugsweise verwenden, d. h. Varro, Vitr., Plin. mai., Colum., Fall., auch Cic, wie fast alle Schriftsteller in vereinzelten Beispielen. Manche der vorkommenden Adjektiva sind erst spät entstanden und so gehört auch ihre Substantivierung einer späteren Sprachperiode an; z. B. Martial hat adventoria sc. cena, Hadrian viatoria sc. pecunia, die Digesten curatoHa sc. actio u. ä.

6. Das alte Latein und die klassische Sprache haben von manchen Substantiven entweder gar keine Adjektiva gebildet oder die von denselben abgeleiteten nur in einem gewissen Sinne gebraucht. So heisst d^^ feind- liehe Lager castra hostium und die körperlichen Vorzuge mrtutes corporis: denn hostilis wird in einem anderen Sinne gebraucht, hosticus findet sich in Prosa erst seit Liv., corporeus wird von Cic. nur in beschränktem Ge- brauche verwendet, corporalis gehört erst der nachklass. Latinität an. In der späteren Zeit wird dies nach dem Vorgänge der Dichter ganz anders; Ovid sagt nomine Caesarea, ignibus sidereis, montana fraga, femineo tactu, die gleiche Freiheit nehmen sich andere Dichter. Von da ging der Ge-

1. Eigentümlichkeiten im Gebrauch der Redeteile. (§§ 5—9.) 437

brauch in die nachklass. und spätlat. Prosa über und hier finden wir Adjektiva aller Art, auch von Eigennamen, z. B. Arnob. 73, 26 corporalibus vinculis exsolutus, 65, 12 nutriciae curae, 220, 7 nomem Jovium.

7. Die Partie. Perf. Pass. bezeichnen oft in Vertretung der Part. Praes. einen dauernden Zustand und erhalten so die Bedeutung des Gerun- divs oder eines Adj. auf üis. Namentlich ist dies der Fall bei den mit negativem in zusammengesetzten wie invictusy implacatuSy aber auch bei andern wie contemptus, abiectus, optatus, acceptus u. ä. Die Zahl der so gebrauchten mit in zusammengesetzten Part, ist schon beträchtlich in der klass. Sprache, steigert sich aber noch bei Dichtem und Spätem, wo z. B. inaccessus nach dem Vorgänge Vergils bei Plin. mai., Tac. u. ä., inconcussus bei Sen. phil., ülaudatus nach Verg. bei Sil. Stat. u. ä. vorkommen.

8. Der poetischen und nachklassischen Sprache eigen ist die aus der Volkssprache (rhet. ad Her. 4, 45 pauco sermone, Vitruv 1, 1, 6 pauca manu, b. Afr. 67 pauco tritici numero, Vell. Pat. 2, 23, 3 plurimo labore) entnommene Verbindung des Sing, der Adj. multus, paucus, plurimus, omnis, singulus mit Subst. im Sinne einer Mehrheit. Aus der klassischen Sprache sind nur stereotype, gleichfalls der Volkssprache entstammende Wendungen wie plurimam salutem, ad multam noctem, plurima exercitatio, z. B. Cic. Fin. 3, 50 virtus plurimae exercitationis indiget, bekannt; dagegen Beispiele wie plurima mo7iis imago, singulo numerOy incola rarus u. ä. finden sich nur bei Dichtern und späteren Prosaikern, z. B. Tertullian plurima divinitas, plurimum men- dacium, oft bei Orosius, z. B. 2, 5, 7 plurimo exercitu u. ä.

9. Die lateinische Sprache ist reich an Adverbien, welche geeignet sind, zur Steigerung der Adjektiva zu dienen. Doch waren dieselben nicht alle gleichzeitig und gleichmässig im Gebrauch. Da solche Wörter sich sehr leicht abnutzen und ein Wort, das jetzt noch einen hohen Qrad anzuzeigen geeignet ist, bald diese Kraft verliert und durch ein anderes ersetzt wird, so lösen auch die steigernden Adv. vielfach einander ab. Manche derselben hatten einen so plebeischen oder doch vulgären Charakter, dass sie nur selten in die Litterärsprache Aufnahme fanden.

Anmerkung 1. Während multum bei Plaut, vielfach gebraucht wird, verschmäht es der feinere Ter., Horaz hat es überwiegend in den Satiren und Ep., sonst findet es sich bei archais. und vulgären Autoren. Valde wurde von Cic. in die lat. Prosa eingeführt, er hat es namentlich in den epp. oft verwendet, nach ihm scheint es abgestorben, es lassen sich abgesehen von dem späten Hermae past. nur vereinzelte Belege aus Vitr., Petron, Plin. mai., Quint. beibringen. Offenbarer Ersatz für das fehlende valde wird im archaischen Latein durch sane geboten; dies findet sich indes auch bei Cic, besonders häufig in epp. ad Att. Das bei rhet. ad Her. noch sehr beliebte vehementer tritt mit Cic. zurück, dieser wie Caes. und Sali, setzen es eher zum Verb., während vulgäre Autoren das derbe vehementer, z. B. Vitruv 9, 1, 16 v. frigiduSy gerne beibehielten. Ganz spät erst scheint fortiter auf- gekommen zu sein, indes das dem französ. bien entsprechend bene schon bei Plaut, und Ter., wenn auch vereinzelt, häufiger bei Enn. und Cato, oft bei Cic. namentlich in epp. vor- kommt. Dieser Gebrauch gehört der Eonversationssprache an. Male synonym dem in privativum bevorzugten die Dichter, namentlich wenn die Adj. eine Zusammensetzung mit in nicht ertrugen, z. B. Ovid fast. 3, 102 male fortis. Im archaischen Latein spielt eine grosse Rolle oppido, welches selten noch von Plaut., Öfter von Ter., Catull, b. Afr., Vitr., ver- einzelt von Cic. und Liv., häufiger von Apul., Ammian, ja noch von Apoll. Sidon. gebraucht wird; QuintUian bezeichnet das Wort bereits als veraltet, und in den romanischen Sprachen hat es sich nicht erhalten. Admodum , völlig' ist häufig auch in der klass. Sprache, welche adfatim noch gar nicht kennt; dies ist vielleicht bei PubL Syr. zuerst aufgetreten, dann vereinzelt nach Liv.; auch abunde findet sich nicht bei Caes. und in Cic. oratt., oft

438 Lateinische Grammatik, e. Stilietik.

aber bei Sali., Yell., auch bei Liv. und im silb. Latein, nimium neben nimio schont auBser sane Ersatz für valde im Altlat. gewesen zu seini klassisch kommt es selten vor, z. B. Gic. Farn. 7, 13, 1, spätlat. kehrte nimium wieder, z. B. bei scr. h. Aug., dafür sagte man auch nimie und das klass. nimis. Auf die alte Zeit und die Archaisten sind beschränkt impense und im- pendio, während satis, das oft einem valde nahe kommt, sich auch bei Cic, besonders in epp., bei Caes., Sali, erhalten hat und zwar zumeist mit Adj. guter Bedeutung. Bezüglich der Komposita mit per und prae sei bemerkt, dass die ersteren sich zwar schon zahlreich bei Plaut, finden, aber ihre Blftte in Cic. epp. haben, während die mit prae bei den Tra- gikern zuerst auftreten, aber nicht vor dem silb. Latein (Flin. mai.) zur vollen Entwicklung gelangen.

Anmerkung 2. Die Verbindung von Qualitätsadverbien, welche nicht der Steigerung dienen, mit Adj. findet sich selten in klass. Zeit, um so häufiger im Nachkl. und im Spätlat., z. B. Gic. Tusc. 5, 6 impie ingratuB, Liv. 7, 5, 6 und Tac. ann. 1, 3 stolide ferox, Ammian 15, 3 abiecte ignavus^ Lact. 1, 67, 23 stulte ineptus. Bei Livius treffen wir die Erscheinung besonders in der ersten Dekade.

10. Eine Umschreibung des Komp. und Superlat. wird von den besten Prosaikern sehr selten und nur bei zwingendem Grunde angewendet, während weniger gute Stilisten und die Dichter unter dem Zwange des Metrums beide Bildungen neben einander gebrauchen. Zunächst finden wir das im Französischen herrschend gewordene plus zwar schon Ennius Fab. 371 M. plus miser, dann vereinzelt nachklass., z. B. Pomp. Mela 3, 40 plus sublimis, häufig erst im Spätlat., ganz besonders im gallischen Latein, z. B. bei Apoll. Sidon., weniger oft im afrikanischen (doch vgl. Anthol. 252, 3 plus gratus auf einer afrikanischen Inschrift); die Beispiele, welche WöLFFLiN und SiTTL zusammeugcstellt, sind vermehrt durch Rönsch, Sem. Beitr. II p. 77; das in andern romanischen Sprachen erhaltene magis da- gegen wurde frühe verwendet, wo entweder Begriff oder Form der Adj. eine Steigerung nicht zuliess. Bei manchen Partizipien, die später als Adj. gelten und unbedenklich kompariert werden, wurde im Altlat. die Komparation um- schrieben, z. B. Plaut. Amph. 132 maxume cupiens; die klass. Sprache scheute sechs- und mehrsilbige Wortformen, daher wird wohl auch Sali. Cat. 36, 4 maxume miserabile geschrieben haben. Doch finden wir früher und später Umschreibungen, welche uns unnötig erscheinen, z. B. bei Pomp. Mela: magis longa, culta magis et ditior, maxime laetus, bei Prudentius: yna^is utüis, möge potens; manchmal soll, wie es scheint, dadurch Abwechslung in die Sprache gebracht werden. Im übrigen weisen die Umschreibungen auf den Ver- fall der Sprache hin, während umgekehrt Formen wie piissimm u. ä. eine sehr nachlässige und vulgäre Diktion verraten.

11. Der Superlativ wird im archaischen Latein mit multo ge- steigert, Cicero hat zuerst dafür longe gesetzt und diese Steigerungs- form (mit Ausnahme des allitterierenden multo maximus) konsequent bei- behalten; auch Caes. nahm sie an, ebenso Livius; allein Hör., Quint., Tac. und besonders die Archaisten griffen wieder nach dem alten muUo, welches sich auch, als vulgärem Brauche entsprechend, in den romanischen Sprachen erhalten hat, während longe spurlos verschwunden ist. Beim Kompar. wird longe zuerst von Catull 64, 215 longe iucundior gewagt, dann von Sali., Hirtius, Verg., Properz, Liv., Vell., Sen. und überhaupt von der sil- bernen Latinität aufgenommen und im Spätlat., z. B. bei Lact., Prudent, Juvenc, Claud. Mam. beibehalten, freilich zunächst nur bei irregulären oder eines Positivs entbehrenden Komparativen, dann auch bei anderen, z. B. Lact. II, 97 longe antiquior. Vel beim Superl. und Kompar. ist nicht vor

1. Eägentfliiilichkeiten im Gebrauch der Redeteile. (§§ 10—13.) 439

Gic. zu treffen, f<icüe mit normalen Superlat. ebenso. Ausserdem dienen zur Steigerung seit Plaut, omnium unAunus omnium. B.uch unus allein, bei sächlichen Begriffen omnium rerum, aber nur im archaischen und archaistischen Latein. Für die Entwertung der Steigerungsformen ist lehrreich, dass quam plurimi im Spätlat. kaum mehr als multi bedeutet.

Anmerkang. Quam zur Verstärkung des Superlativs findet sich zu allen Zeiten. Aber quam mit Positiv, welches offenbar aus einem Ausrufe in die Bedeutung der Ver- sicherung eines hohen Grades übergegangen ist^ lesen wir nur bei Ter., bei Cic. in epp. und Erstlingsschriften, z. B. Att. 14, 9, 2 itaque quam severe no8 M. CktHius accusat, nicht bei Gaes. und Sali.; aber bei Gael. in Cic. epp., bei Val. Max., oft seit Apulejus, z. B. auch bei Lact., Amob.

12. Die Volkssprache, wie sie besonders in der Komödie, im Brief- stil und im Spätlatein auftritt, zeigt ungewöhnliche Fülle des Ausdrucks dadurch, dass sie zu einem Adjektiv im Positiv zwei steigernde Adverbia hinzutreten lässt, z. B. plane bene peculiatus bei Asin. PoU. ad Fam. 10, 32, 1 (oppido perquam pauci im b. Afr. 47) oder doppelte Komparativ- und Super- lativsuffixe ansetzt oder auch steigerndes Adv. noch zum Suffix verwendet. Während nun dexterior in Verkennung der Komparativendung und Be- deutung schon zu Cic. Zeit gebildet war und posterius gar schon bei Plaut, und Ter. auftaucht, um dann von rhet. ad Her., Nepos und Cic, von letzterem freilich nicht im edleren Stile, weitergeführt zu werden, hat superius nur schwer aufkommen können; wenn es auch im b. Hisp. vorkommt, hat es doch erst im U. saec. weitere Verbreitung gefunden; ähnlich geht es mit inferius, citerius u. ä., die alle der nachklass. Zeit entstammen. Von proximus hat zuerst Sen. einen Komparativ proximior , pluriores von plures wird spät erst gebildet.

13. Die Steigerung des Komparativs durch ma^is hat Plautus schwerlich schon, bei ihm scheint magis überall neben dem Komparativ seinen vollen Wert zu behalten, die widersprechenden Stellen sind wahr- scheinlich nachplautinisch (vgl. Norden 1. 1., der sie in die Zeit bald nach Ter. setzt), Ter. liess sie nur an einer Stelle zu, Hec. 738 quo magis cautius, wo aber der Abi. comp, quo einen ähnlichen Gebrauch wie bei Plaut. Capt. 648 und Men. 979 erkennen lässt; dann lesen wir sie im b. Afr., bei Yitr., in nicht auffälliger Weise bei Pomp. Mela 2, 86 magisque et magis latior und später namentlich oft bei den Afrikanern seit Apul., bei Lact., TertulL, Commod., Sedulius u. a. Wir sehen also, dass die ganze klassische Zeit und das silberne Latein (ausser Pomp. Mela und Val. Max.) sich dieser Abundanz enthalten. Plus beim Komparativ ist in der Sprache der Vulg. und bei eccl. wie Rufin und Commodian zu finden. Maxime neben dem Superlativ hat vielleicht Cic. Att. 12, 38, 3 quae maxime liberalissima doc- toque homine dignissima zuerst geschrieben, dann Columella, später Gellius, plurimum mit Superlat. wurde von niemand gewagt.

Es ist schliesslich kein Zeichen eleganter Latinität, wenn die mit per und prae zusammengesetzten Adj. in den Komparativ oder Superlat. treten; daher lässt sich praenobilior, perpaucissimi u. ä. nicht aus Klassikern belegen. Sicher steht perpaucissimus bei Colum. 3, 20, 6 und perplurimus, perminimus und peroptimus im Spätlat. Bei praeclarus ist das Bewusstsein der Zusammensetzung und ursprünglichen Bedeutung frühe verloren ge-

440 Lateiniflohe Grammatik, e. Stilistik.

gangen, und so gebraucht selbst Cicero öfters praeclarissimus. Für die Hinzufügung eines Adv. zum Superlativ wird in der klassischen Sprache sich höchstens aus Gic. epp. (Farn. 3, 10, 10 quibus me ornatissimum voluit amplissime) ein Beispiel finden lassen ; auch Sali, hat nur eine Stelle ( Jug. 7 difficillumum inprimis), ebenso ist die archaische Latinität arm daran. Um so mehr wuchert die Unsitte seit Vell., der bereits 2, 27 penüus infestissimvs schrieb, und nimmt mit dem Verfall der Sprache immer mehr zu; vgl. Spart. Hadrian 14, 8 lUterarum nimium studiomsimus, Amm. 16, 12, 54 satis prosperrime.

14. Die Eomparationsgrade haben nicht zu allen Zeiten ihre Be- deutung erhalten; es trat schon frühe eine Abschwächung ein, und zunächst verloren die Superlat. optumus pessumus maxumus minumus ihren Superlativcharakter. Die Folge davon war, dass man nunmehr den Positiv und solche entwertete Superlative sich parallel setzen konnte, z. B. optimus et titilis. Die regelmässigen Superlative verbanden sich seit b. Alex. 3, in- geniosi atque acutissimi, Vitruv und Vell., z. B. Vitr. 24, 6 e parvo breviss^imo- que spectaculo, Vell. 2, 69 acri atque prosperrimo bello^ mit dem Positiv. Namentlich das Titelwesen der Kaiserzeit hat die Superl. herabgedrückt, und jetzt wurde sogar ein invidissimus möglich.

Auch der Komparativ sank schon frühe im Werte, hier ebenfalls zunächst in den Formen melior, peior, maior, minor. So konnte er im parallelen Satzgliede dem Positiv entsprechen und zwar schon bei den aug. Dichtern, z. B. Ovid Trist. 4, 8, 2 anni fragiles et inertior aetas, häufiger freilich im Spätlat., und mit minus verbunden werden, z. B. Ovid. Fast. 1, 526 minus excultior, Arnob. 252, 14 fninus gratior.

Auch Komparativ und Superlativ wurden vertauscht, namentlich in den anormalen Bildungen, z. B. melius und Optimum, doch auch bei andern Adj., z. B. stehen im b. Afr. 56, 3 inlustriores notissimique einander parallel (vgl. jedoch WöLFFLiN z. St.); derartige inkorrekte Verbindungen sind dann am meisten im afrikan. und spät. Lat. zu finden, sogar bei Lact., z. B. I 623 extremi ac tenuiores rivi.

Besonders in Verbindung mit quisque zeigt sich die Entwertung der Komparationsgrade. Regelmässig ist der Superlat. im Sing, mit quisque; der Plural wird sich wohl vor rhet. ad Her, z. B. primas quasque partes, nicht finden, er nimmt in der nachklass. Litteratur überhand, so dass schliess- lich bei den script. bist. Aug. auf 3 Sing. 19 Plur. kommen.

Der Komparativ mit quisque steht schon bei Pomp. Mela 2, 10 ut quisque maioribus praestant, ita magis. In Verbindung mit quisque ist er namentlich bei den spät. Afrikanern ganz an die Stelle des Superl. ge- treten, z. B. Apul. propiores quosque; der Positiv kommt zunächst in solchen Wörtern vor, welche Superlativbedeutung haben ; so sagt z. B. Liv. eximium quemque und Tac. praecipui quique; aber schon Lucrez wagt 5, 1413 pristina quaeque und Sali, ignavi cuiusque (in den bist.), Tac. in den ann. invalidus quisque; indes war es auch hier den Afrikanern vorbehalten, solche Wendungen ins Masslose auszudehnen, hauptsächlich TertuU. hat hier alle überboten.

Vgl. Ott, Die Substantivierung des lat. Adj. durch Ellipse, Rottweil 1874; P. Hiw,

1. Eigentümlichkeiten im Gebrauch der Bedeteile. (§§ 14—15.) 441

Die SubstantiTienmg des Adjektiviims bei Quintilian, Berlin 1890 Progr.; Wöfflin, Die Ellipse von navü, Archiv IX S. 284 ff.; Rolfb, Die Ellipse von ars, Archiv X S. 229—246; WöFFLnr, Lat. und roman. Gomparation, Erlangen 1879; Penniosdorf, De quisqite et quis- guis pronominum apud com. lat. usu, Halle 1878; Ott, Doppelgradation imd Verwechslung der Gradus, N. Jahrb. 1875; Norden im Rhein. Museum N. F. Band 49 S. 194 ff.; Wölfflin zu b. Afr. 48, 3 (wo jedoch magis wieder herzustellen sein wird] ; Hbbaeüs im Progr. von Offenbach 1899 S. 19 Anm.

C. Pronomina.

a) Reflexivum und Reciprocum.

15. Das Reflexiv sui sibi se deutet die Rückbeziehung auf einen Gegenstand an, der die Thätigkeit ausübt oder an der Ausführung der- selben beteiligt ist, suus aber bezeichnet einen Gegenstand als in den Be- sitz des die Thätigkeit ausübenden Gegenstandes gehörig; is dagegen, welches hier durchaus als Pron. der III. Pers. anzusehen ist, bewerkstelligt die Rückbeziehung der Thätigkeit auf jeden andern in ebendemselben oder im vorhergehenden Satze schon gegebenen Gegenstand. Bisweilen jedoch gibt der Sprechende die Rückbeziehung mittels des Reflexivs auch auf einen Gegenstand, der zwar nicht die Thätigkeit vollzieht, aber damit im Zusammenhang steht. Diese Regel gilt für einfache Sätze. In zusammen- gesetzten Sätzen wird die Rückbeziehung auf das Hauptsubjekt, falls es eine von diesem selbst gewollte oder nach seinem Sinne stattfindende ist, durch das Reflexiv ausgedrückt (der Modus des Nebensatzes ist in diesem Falle der der Vorstellung, d. h. der Konjunktiv); ist sie aber vom Spre- chenden bloss wahrgenommen und vom Hauptsubjekt nicht beabsichtigt, 80 wird sie durch is eingeleitet.

Es ist selbstverständlich, dass obiges Grundgesetz mancherlei Aus- nahmen erlitt; liegt es ja doch vielfach in der Willkür des Schreibenden, einem Gedanken subjektive oder objektive Färbung zu geben und die Be- ziehungen einzelner Satzteile oder auch ganzer Sätze zu einander enger oder loser zu gestalten; ferner hat die Sprache des Volkes die bei den Klassikern beliebte Scheidung im Gebrauche der Pron. als eine zu feine Nüancierung in vielen Punkten ganz unbeachtet gelassen. So ist zu be- merken:

1. Innerhalb ebendesselben Satzes steht is in Bezug auf das Subjekt; solche Satzglieder sind ursprünglich als Bemerkung des Redenden zu be- trachten, z. B. Nepos Them. 8, 2 hie cum propter multas eins virtutes magna cutn dignitate viveret; häufiger findet sich dies erst im Spätlat.

2. Objektive Färbung erhalten Nebensätze durch Setzung von is bei den Historikern seit Caesar (ganz selten bei Sali., öfters bei Gic. und in den Briefen an Cicero, z. B. Verr. 1, 86 Milesios navem poposcit, quae eum praesidii causa Myndum prosequeretur, vgl. Halm zu Cic. SuU. 81, Andresen zu Cic. Fam. 11, 1), z. B. Caes. b. civ. 3, 30 Pompeius ignes fieri prohibuit, quo occuUior esset eins adventus, b. G. 1, 5, 4; 1, 37, 2 u. ä. Dieser Gebrauch hat sich bei Nep., Liv., Tac, Voll., Curt., Just, und in der spätesten Historio- graphie, z. B. bei Sulp. Sev., auch bei Lact., z. B. metuit, ne qua vis maior exsistaty quae illum verberet und anderen eccl. erhalten.

Die gleiche Erscheinung beobachten wir, und zwar ebenfalls schon

442 Lateinische Grammatik« e. Stilistik.

im klass. Latein beim Particip, vgl. Cic. Mil. 39 Pompeius cundae Itnliae cupienti et eius fidem imploranti signum dedit.

8. Das Pronomen reflex. in objektiven Nebensätzen, namentlich in Relativsätzen, findet sich seit Plaut., z. B. Poen. 956 eum fedsse aiunf, sibi quod faciundum fuit, in der Sprache des Volkes, hat sich jedoch auch in der Litterärsprache Eingang zu verschaffen gewusst, sogar bei Caesar (z. B. b. Gall. 6, 9 Caesar duabus de causis Bhenum tran»ire constüuü, quarum erat altera, quod auxilia contra se Treveris miserant), bei Cic. nur in Erst- lingsschriften und Briefen, bei Sali., bei Properz, dann bei Liv. und den folgenden Historikern ausser Tacitus, in der silbernen Latinität und bei Späteren.

4. Suu8 ist ebensowohl Pron. poss. wie reflexiv. Es kann nun der Fall eintreten, dass die reflexive Bedeutung gegenüber der possessiven zurücktritt; dies geht, freilich nur in der Umgangssprache und in den von ihr beeinflussten Schriften, manchmal soweit, dass suus sein Beziehungs- wort in einem ganz anderen Satze hat, z. B. Cic. Att. 6, 2, 5 mira erant in civitatibus ipsorum furta Oraecorum, quae magistratus sui fecerant. Dies wird ganz besonders da der Fall sein, wo sutis seine possessive Bedeutung prägnant entwickelt hat, vgl. Liv. 4, 58, 2 tantum afuit, ut ex incotnmod^) alieno sua occasio peteretur. Im Spätlat. wird suus ^v eius ganz gewöhn- lich, namentlich im gallischen Latein, z. B. ad te revocabis uxorem suam, auch im afrikanischen, z. B. bei Dracontius, sogar bei Lact. Ja in der Rechtssprache hat suus ganz allgemein, sogar von der ersten und zweiten Person, den Besitz bezeichnet, z. B. si sui iuris sumus (Dig.); dass jedoch jemals meus suus gesagt wurde, ist nicht anzunehmen (Ejllb p. 57).

5. Wenn ipse gebraucht wird, um in zusammengesetzten Sätzen die Rückbeziehung auf das Hauptsubj. zu vermitteln, z. B. Caes. b. 6. 1, 40 cur de sua virtute aut de ipsius diligentia desperarent, so soll damit ein Gegensatz zwischen den Subjekten besonders hervorgehoben werden. Dies gilt für die klassische Zeit und noch für Liv.; aber mit der Entwertung des Pronomens ipse, welche sich schon bei Curt. bemerklich macht, tritt eine Vertauschung des Reflex, mit ipse ein, und das letztere bezeichnet nunmehr weder Gegensatz noch Vergleich, z. B. Curt. 7, 8, 8 nuntiare iubeni regi velle ipsos ad eum mandata perferre (vgl. Netusil im Archiv VII S. 580); ja im Spätlat. steht es geradezu für is und üle, z. B. bei Sulp. Sev., Firm. Mat., Dracont. u. a.

16. Das reziproke Verhältnis wird im Altlat. und in der klassischen Sprache durch inter se ausgedrückt, wobei ein weiteres se oder sibi aus- geschlossen ist, z. B. Nepos Arist. 1, 2 obtredarunt inter se. Das Reflexiv allein, höchstens verstärkt durch ipse, genügt, wenn die Subjekte als Ein- heit gedacht werden, z. B. Caes. b. G. 2, 25, 1 confertos müites sibi ipsos ad pugnam esse impedimento = hinderten einander. Beide Konstruktionen er- halten sich in der Folgezeit, z. B. Curt. 9, 9, 21 congregata vero tot müta elephantorum ipsa se elident, Lact. I 556 se dinoscunt. Sie können auch beide vereinigt werden, wie z. B. bei Lucr. 1, 760 inimica sunt ipsa sibi inter se (= ipsa sibi -f- inter se). Mit der Eaiserzeit tritt jedoch zu inter se noch in mcem, z. B. Liv. 9, 43, 17 in vicem inter se gratantes; sobald einmal

1. Eigentflmliohkeiien im Gebranoh der Bedeteile. (§§ 16—17.) 443

diese Konstruktion im Gebrauch war, konnte inter se wegfallen, und so finden wir in der That im silbernen Latein und später allenthalben in vicem zum Ausdruck des recip. Verhältnisses, z. B. Plin. ep. 7, 20, 7 ut in vicem ardentius diligamus; manchmal nimmt invicem noch se mit oder ohne ipse zu sich, z. B. Lact. I 423 quibus (^nalis) humanum genus se ipsum invicem conficit, auch verträgt es sich ganz gut mit Präpositionen, z. B. ab, ad, in, pro invicem, lauter Bildungen, die mit dem Vordrängen von in vicem und dem Zurücktreten von inter se aufkommen. Oanz ist inter se nicht ver- loren gegangen, es erhielt sich bei den Autoren, welche einer guten Tra- dition folgen, namentlich aber auch im gallischen Latein; anderseits erstand auch dem invicem bald auf dem Gebiet der Afiricitas ein Konkurrent an alter uter. Dies alter utet- ist eine der zur Umschreibung des Reciprokums schon frühe üblichen Parataxen, wie homo hominem, alter aUerum, alius alium, uterque utrumque, neuter neutrum u. ä. ; dabei ist uter indefinit. Das Nächstliegende ist, dass alter uter als Pronomen auftritt und zwar, indem in alter das Subjekt ruht, in uter der Casus obl., also alter utrurn, alter utri u. ä. Daraus entwickelte sich der adverbielle Gebrauch, und zwar in der Form alterutrum und alterutro, z. B. TertuU. uxor. 2, 8 alterutro docentes, und in weiterer Folge zeigt sich aüeruter = mutuus, z. B. TertuU. pudic. 2 alterutra oppositio. Das Bibel- und Kirchenlatein entschied sich im allgemeinen für in vicem, dagegen überwiegt inter se bei den Juristen und Grammatikern, ebenso bei den Historikern. Von den üblichen Um- schreibungen, welche als Ersatz des Reflexivs dienen, hat sich alter alterum ins Romanische herein erhalten. Vgl. noch Thielmann, Arch. VII.

17. Ipse. Als Pron. des Gegensatzes tritt ipse in Verbindung mit dem Reflex, immer in den Kasus, welchen der Gegensatz verlangt, z. B. Cic. Lael. 10 non egeo medicina, me ipse consolor (ich selbst und kein anderer). Es scheint, dass Ter., Caes., Nep., Sali, sich an diesen Gebrauch halten, während man für Cic. und Liv. die Wahrnehmung gemacht hat, dass die- selben den Nomin. ipse auch da bevorzugen, wo der Gegensatz in einem andern Kasus liegt, z. B. Cic. Fam. 1, 1, 1 ceteris satis facio omnibus, mihi ipse nunquam satis facio; in diesem Falle ist der Gegensatz nach innen gewendet, und es sind Subj. und Obj. einander gegenübergestellt, während wir Ausdruck des nach aussen gerichteten Gegensatzes erwarten. Für die Sprache Cic. ist noch zu bemerken, dass ipse, wenn es vor dem Reflexivum steht, auf das Subjekt bezogen wird, z. B. Cic. Lael. 80 ipse enim se quis- que diligit.

Wenn ipse zur Verstärkung des Pron. poss. dient, tritt es in den Kasus, welcher durch den Gegensatz verlangt wird, z. B. Liv. 27, 28, 13 ita inde Hannibal suamet ipse fraude captus abiit und Liv. 1, 28, 4 si um- quam uüo in bello fuit, quod primum dis imfnortalibus gratias ageretis, deinde restrae ipso r um virtuti. Aber auch hier kann sich der Gegensatz nach innen wenden, und so finden wir ipse oft im Nom., wo wir einen andern Kasus (den Gen.) erwarteten, z. B. Sali. Jug. 31, 8 necesse est suomet ipsi more praecipües eant. Es scheint daher für Cic, Caes., Sali., Horaz (epod. 16, 2), Tacitus (ann. 6, 14) sich die Regel zu ergeben, dass sie ipse in den Nom. treten lassen, wenn die Person des Possess. mit der des Subj. die

444 Laieiniflohe Oranunatik. e. Btiliatik.

gleiche ist. Die silberne Latinität, z. B. Yell. und Val. Max., begnügt sieb mit ipse und meidet dessen Zusammenstellung mit dem Pron. poss.

Anmerkung. Im SpftÜatein hat ipse sein Gebiet sehr erweitert, vielleiclit am meisten von allen Pronomina. £s tritt für idem, is^ hie, iste, ille ein und wird auch wie ein Artikel gebraucht. So finden wir bei Gregor. Tnron. h. F. p. 64, 8 adiuro per ipisam {= istam) virtutem, quam habeo; Fredegar I, 125 ipso anno (= eodem anno). VgL noch § 18 Anm. 4.

b) Demonstrativa und Relativa.

18. Die Pronomina hic^ iste und ille eignen in dieser Reihenfolge den Pers. verbi zu. Die alte und die klassische Sprache verbinden dem- nach mit hie immer einen Hinweis auf die erste Person oder eine Beziehung zu derselben; ebenso lässt sich bei iste eine, wenn auch nur schwächere Beziehung zur zweiten Person nachweisen, wie denn Cicero besonders im Briefstil und in den philos. Dialogen iste zu feiner Nüancierung des Ge- dankens verwendet. Aber schon in der silbernen Latinität verwischen sich die feinen Unterschiede. Während Cicero hie vor qui nur zum Hin- weis auf das dem Sprechenden Naheliegende zulässt, sonst aber das de- finierende is gebraucht, beachten Yell., Sen., Pomp. Mola und die andern Autoren der silbernen Latinität, noch mehr aber die spätlat. Autoren, diesen Unterschied nicht mehr und verwenden allenthalben unbedenkUch hie für is. Das gleiche gilt für iste, welches schon in der neronischen Zeit von Lucan und von Sen. ohne jeglichen Bezug auf eine zweite Person gebraucht wird und dann bei den Afrikanern, bei denen es Lieblingswort ist, auch bei Lact, schrankenlose Verwendung findet. Doch verdient Be- achtung, dass manche nachklass. Schriftsteller, wie z. B. Yell. und Pomp. Mela, iste gar nicht gebrauchen.

Überhaupt zeigt sich die Yerwilderung der Sprache nirgends mehr als auf dem Gebiet der Pronomina. 7s war den Dichtem unbequem, weil es sich nicht gut in den Yers fügt, und so meiden es Catull, Yerg., Horaz, Lucan, auch der Metriker Terentian, sichtlich. Aber es schliff sich auch als kleines Wörtchen sehr bald so ab, dass es überhaupt fast ganz ausser Kurs kam, und nun mussten Äic, iste, ille, ipse, idem für dasselbe eintreten. Dadurch verloren auch diese an ihrer Bedeutung, und so erklärt sich, dass die Verbindung idem ipse, die dem Cicero entschieden abzusprechen ist, schon bei Gellius oft vorkommt und dann im afrikan. Latein allgemein

üblich wird.

Anmerkung 1. Hie weist neben ille auf die dem Sprechenden nftherstehende Person oder Sache. Doch weicht schon Cicero manchmal hlevon ab, so dass bei ihm hie ille der erstere der letztere bedeutet, vgl. z. B. Cic. off. 2, 63. Dies finden wir besonders auch bei Dichtem wie Catull und Properz und dann im silbernen Latein, wo namentlich bei Quint. hie üle ganz dem griechischem 6 f4^v 6&^ entspricht.

Anmerkung 2. Dass „unser Cicero*' da, wo dieser Ausdruck die blosse Bekannt- schaft mit der Person bezeichnen soll, nicht durch das Pron. poss., sondern durch das Demonstrativum zu geben ist, lehrt Seyffert, Pal. Cic. S. 13. Aber der Umgangston kennt doch auch im Lat. einen ähnlichen Gebrauch des Fron, poss., Tgl. Phaedr. 5, 7, 32 hämo meuSf Juv. 13, 244 noster perfidu^.

Anmerkung 3. Dass hie und nt^nc'in orat. obl. durch ille und tunc allgemein ersetzt werden, galt früher als Regel. Allein es ist nunmehr erwiesen, dass bei Caesar oft, bei Cic. und Sali, seltener, wiederholt bei Nepos, häufig bei Liv. hie und nunc bei- behalten werden. Auch sonst finden wir 7iunc namentlich einem tum gegenüber auch in klassischer Sprache von der dem Redenden näher liegenden Vergangenheit, v^. Cic. off. 2, 48 at vero hie nunc vietor, tum quidetn victu^s, quae cogitarat, ea perfeeit, Der £raatz

1. Eigentümlichkeiten im Gebranch der Bedeteile. (§§ 18—21.) 445

Ton hie durch is ist bei Caeear über den Gebrauch Ton iUe überwiegend; ähnlich scheint es bei liv. zu sein, wfthrend Sali, nur üle, nie is zulässt.

Anmerkung 4. Schon frühe mussten die demonstrativen Pronomina hie und ille dazu herhalten, den fehlenden Artikel zu ersetzen; selbst die klass. Sprache des Cicero ▼erschm&hte diese Aushilfe nicht, vgl. nat. deor. 2, 114 ille ante camm = 0 Ugoximv, Spftter THirde der Gebrauch allgemeiner, namentlich bei den eccL, bei denen übrigens auch is und ipae mit xUe und hie konkurrierten, und aus dem dominierenden ille ging bekanntlich der Artikel der romanischen Sprachen hervor. Durch eine schon bei Yarro übliche Ellipse von esse im Relativsatz (vgl. Syntax § 10) liess es sich ermöglichen, auch das Relativpronomen wie den Artikel zu gebrauchen; vgl. Gommodian 1, 7, 7 Mars qui cum ipsa deprensus =

19. Das zur Anknüpfung dienende quod, z. B. quod si, quod nisi, quod utinanij quod quia u. ä., ist als Ablativ in der Bedeutung darum, daher' aufzufassen. Dieses quod findet sich selten bei Dichtern (doch wiederholt bei Properz adversatives quod si) und den Autoren der nach- klassischen Latinität; es gehört vorzugsweise der Sprache Ciceros an, der allein auch quod vors Relativ setzt (Phil. 10, 9).

Das parenthetische quod, welches sich auf einen ganzen Satz bezieht, läset sich durch die ganze Latinität verfolgen; daneben findet sich auch id quod, welches in klass. Zeit besonders bei Cicero beliebt ist; dies id quod geht gewöhnlich dem Gedanken voraus, auf welchen es sich bezieht, z. B. Cic. de or. 1, 195 si nos, id quod maxime debet, nostra patria delecfat, seltener folgt es nach. Im silbernen Latein überwiegt quod, und id quod tritt zurück, wie z. B. Vell. Pat. nie, Curtius nur dreimal id quod braucht, dagegen oft einfaches quod hat. Näheres siehe bei Zander.

20. Wie im ümbrischen Relativsätze ohne irgendwelche Bezugsmasse beliebt gewesen sind (vgl. Planta II S. 480), so finden wir schon im Alt- latein sehr häufig ein Relativum ohne eine genau angegebene Beziehung. Manchmal kann das Beziehungswort mit Leichtigkeit ergänzt werden, manchmal ist die Beziehung eine ganz allgemeine, auf den ganzen Gedanken gerichtete, manchmal ist ein Beziehungswort aus dem Zusammenhang heraus zu konstruieren ; vgl. Plaut. Pers. 478 nee metuo, quibus credidi hodie, ne quis mihi in iure abiurassit; Men. 717 omnia mala ingerebat, queniquem aspexerat; Mil. 984 Vah, delicatu's, quae te iamquam oculos amet. Auch Cato hat solche Beispiele; aber die klassische Sprache, namentlich Caesar, ver- schmähte solche ungenaue Konstruktionen und erst im Nachklass., z. B. bei Livius, Pomp. Mela, sowie im Spätlat. treten sie wieder mehr in Vordergrund.

Manchmal ist es gar nicht möglich, eine sichere Beziehung festzu- stellen, weil das Relativ sich überhaupt auf keine bestimmte Person oder Sache bezieht, z. B. Cato r. r. 16 calcem partiario coquendam qui dant, ita datur (hier haben wir ursprüngliche Parataxe und vielleicht das qui als ursprüngliches Indefinitum aufzufassen).

21. Nicht genug beachtet ist der Gebrauch von id und quod, wenn dasselbe zur Zusammenfassung des Vorhergehenden mit nachfolgender Exe- gese dient; diese Spracherscheinung tritt besonders in der klassischen Sprache zu Tage, selten in der folgenden Zeit, doch auch noch bei Liv. und Tac, z. B. Liv. 6, 7, 2 itaque novus hostis veteri adiunctus commovit animos milüis Romani. Quod ubi aciem iam instruenti Camillo renuntia- teruni, turbatas militum minies esse, etc.

446 LateiniBohe Orammatik. e. BtUiatik.

c) Indefinita.

22. Die Pronomina aliquis einerseits, quisquam und uUus anderseits unterscheiden sich so,, dass das erstere die Qualität, die letzteren die Existenz in Frage stellen. Es heisst somit aliquis „irgend einer, gleich- gültig welcher', während quisquam „irgend einer, wenn es nur überhaupt einer ist**, bedeutet. Daraus erklärt sich, dass quisquam und uUus vor- wiegend in solchen Sätzen erscheinen, welche negiert sind, einen Zweifel mit Hinneigung zur Verneinung oder die Ansicht, dass etwas hätte nicht geschehen sollen, ausdrücken. Diese Wahrnehmung gilt für Plautus und dann für die Latinität bis Liv. inkl. Im silbernen Latein jedoch, besonders bei Seneca und Quint., erweitert sich der Gebrauch von quisquam, weshalb C. F. W. Müller zu Cic. Tusc. 5, 17 meint, Sen. hätte wohl qui omnia humana, quae cuiquam accidere possunt, tolerabilia ducat schreiben können, aber nicht Cicero.

Quisquam ist Subst., sein adjektiv. Gebrauch bei Personennamen jedoch nicht selten zu finden, z. B. Plaut. Amph. 70 quoiquam artifici, weniger häufig bei Sachsubst., wenigstens im Altlat. und in der klass. Prosa (bei Cic. nur in Erstlingsschriften u. epp., z. B. Fam. 8, 10, 6 cuiquam hgationi)] in nachklassischer Latinität sind Verbindungen wie Quint. 10, 2, 6 cuius- quam rei oft anzutreffen. Im Altlat. wird quisquam auch als Femin. mit Subst. verbunden, z. B. Plaut. Most. 608 Lor. quisquam belua. In späterer Latinität tritt quisquam sowie ullus immer mehr zurück und wird voll- ständig durch aliquis ersetzt, auch in negativen Sätzen.

Aliquis steht seiner Bedeutung entsprechend vorwiegend in affirma- tiven Sätzen; nach den Konjunktionen si, nisi, ne, num, an wird es ge- wöhnlich durch quis ersetzt, für welches die alte Sprache und Cic. (jedoch nicht in den Reden) überhaupt eine besondere Vorliebe haben, während Liv. und seine Nachfolger sich für den Gebrauch von quis viel engere Grenzen ziehen und z. B. Ammian es nur in unmittelbarer Verbindung mit si oder ne gebraucht. Dass aliquis auch nach den genannten Konjunktionen folgen kann, namentlich wenn es von denselben weit getrennt ist und fOr das enklitische quis eine Stütze fehlt, oder wenn das Pronomen den Haupt- ton hat, und schliesslich bei minder sorgfältigen Stilisten, wurde vielfach beobachtet und ausgesprochen; für die beste Zeit der Sprache ist jedoch festzuhalten, dass die Setzung von aliquis immer seiner Grundbedeutung nach sich rechtfertigen lässt. Daher wird man klassisch auch nur sine ullo labore^ dagegen non sine aliquo labore sagen; aber nachklassisch und spätlat. wird auch sine mit aliquis verbunden, so noch bei Lactanz.

Quispiam entspricht in seiner Bedeutung dem aliquis, doch hat es einen grösseren Gebrauchskreis, ja es wechselt sogar mit quisquam und wird daher auch in negativen Sätzen, selbst bei Cic, wenn schon selten, ge- braucht; vgl. Cic. Lael. 11, 39 ne suspicari quidem possumus quemquam horum ah amico quidpiam contendisse. Wie quisquam treffen wir es oft adjektivisch bei Personenbezeichnungen, ganz selten bei Sachsubst., doch sogar bei Cic, z: B. Fam. 9, 8, 2 aliae quaepiam rationes. Wie manche Schriftsteller, z. B. rhet. ad Her., später Gellius, ganz spät Apoll. Sidon., eine besondere Vor-

L Eigentümliohkeiten im Gebranoh der Bedeteile. (§§ 22—24.) 447

liebe für quispiam zeigen, meiden es andere, z. B. Trogus, konsequent. Plautus braucht quispiam in negativen (aber nie nach haud oder non) und positiven Sätzen, in letzteren nur nach si oder ubi und in direkten Fragen, Terenz hat diesen Gebrauch erweitert, indem er quispiam auch in positiven Behauptungssätzen verwendet. Cicero hat es in seinen Erstlingsschriften umgangen, später aber besonders in der Formel dixerit quispiam mehr bei- gezogen. Bei den Schriftstellern, welche nach Abwechslung im Ausdruck streben, finden wir aliquis und quispiam mit einander variierend, z. B. Liv. 23, 3, 10.

Quidam bedeutet in klassischer Sprache = eine Art von ; der Unter- schied von aliquis und quidam erhellt aus Cic. Brut. 25 sive iUa arte pariatur du qua sive exercüatione qua dam sive natura. Aber im Spätlatein erleidet es einen Bedeutungswandel und wird von Anmiian u. a. = aliquis und quisquam gebraucht. Die in § 18 bereits angedeutete Verwilderung im Oebrauch der Pronomina zeigt sich besonders bei den Indefinita, indem quisquam oder gar quisque für aliquis, femer quidam für quisque, dann aliquis fQr quisquam gebraucht werden, vgl. z. B. Terentian 987 dixerit si forte quidam; vgl. noch C. F. W. Müller, Neue Jahrbb. 1890 S. 718.

23. Die verallgemeinernden Relativpronomina quisquis und quicumque nebst ihren entsprechenden Adverbien werden in der klassischen Sprache Ciceros noch selten, aber immerhin häufiger als man glaubt, in indefinitem Sinne gebraucht; mit den aug. Dichtern erweitem sich die Grenzen dieser Oebrauchssphäre, um im silbernen Latein, bei Tac, bei den Juristen, den scr. h. Aug. und sonst im Spätlat. eine fast uneinge- schränkte Verwendung zuzulassen, z. B. Tac. bist. 1, 11 cuicumque servitio exposita. Das Gleiche gilt fQr utcumque, welches mit Liv., für ubicumque, das bei Hör., Prep., Ovid, Lucan zuerst die relative Bedeutung aufgegeben hat. Der Übergang aus der relativen in die indefinite Bedeutung erklärt sich einfach durch die schon frühe in Relativsätzen übliche Auslassung von est oder von potest, z. B. quacumque ratione eigentlich = quacumque ratione fieri poterat = auf irgend eine Weise; dann quaqua de re locuti == quaqua de re erat locuti über jede beliebige Sache,

24. Die beiden Formen quisquis und quisque sind synonym; vgl. Syntax § 278. So finden wir denn auch quisquis im Sinne von quisque namentlich im Neutrum bei Plaut., Ter., Cato, Lucrez, CatuU, auf In- schriften und selbst bei Cicero, vgl. Madvig zu Cic. fin. 5, 24 p. 645, nach Cic, wie es scheint, nicht mehr (Ott, Progr. Rottweil 1869 S. 17); doch glaubt Becher, Progr., Aurich 1891 S. 22, bei Quint. 10, 1, 3 ut quicquid praecipue necessarium est lesen zu sollen; vgl. noch Archiv XI S. 98. Die Formen quoquo und quaqua, welches letztere, wie überhaupt das Fem. von quisquis, erst mit Tac. aufkommt, im Sinne von quoque und quaque sind häufig bei den Juristen. Umgekehrt hat quisque wohl in der Volkssprache zunächst, so auf Inschriften, und dann in der Litterärsprache vereinzelt, z. B. bei Plautus, nicht bei Cic. und Caes., auch nicht im silbernen Latein (Liv. 1, 24, 3 liest man jetzt cuius für cuiusque), die Bedeutung eines ver- allgemeinernden Relativs angenommen. Dieser Gebrauch tritt im Spät- latein sehr in Yordergmnd, namentlich bei den christl. Schriftstellern, z. B.

448 lAteiniftohe Grammatik, e, Stilistik.

häufig bei Min. Felix, Gyprian, Commodian, ApoIL Sidon., z. B. 9, 9, 15 experietur, quisque conflixerit, aber auch bei Auson., Aur. Vict. u. a. (Rönsch, Semas. Beitr. II p. 44, Neüe-Waoener IP S. 493, Wölfflin im Archiv VE S. 476).

25. Quisque wird in den Plural gesetzt, wenn es mit einem Plurale tantum verbunden ist oder eine ganze Klasse von Menschen oder Sachen bezeichnet, z. B. Liv. 1, 9, 8 multi mortales convenere . . . maxime proximi quique. Im übrigen ist der Plural von quisque sehr selten, findet sich wohl bei Plaut., Ter., Caes., Nepos gar nicht, ganz vereinzelt bei Cato, Lucr., Gic, Sali., wird aber mit Liv. und der silbernen Latinität immer häufiger, namentlich beim alt. Plin., z. B. 10, 203 quae de quibusque eorum (liximus und 33, 52 annis quibusque. Er findet sich auch noch spätlat., z. B. Prudent. P. 2, 94 suum quibusque reddito; bei Servius ist es = singuU; im mittelalterlichen Latein begegnet es uns häufig, geradezu = ofnnes (ScHEPSs, Conrad. Hirsaug. S. 55). Über quisque in Verbindung mit den Komparationsgraden vgl. § 14.

36. Uterque tritt regelmässig in Plural, wenn auf beiden Seiten mehrere Gegenstände sind. Sollen jedoch nur zwei einzelne bezeichnet werden, so steht der Singular. Nun aber hat die Volkssprache auch im letzteren Falle den Plural zugelassen, und so lesen wir utrique von zweien bei Ter., ganz selten bei Cic, z. B. Fam. 12, 13, 4; Att. 14, 14, 4, in den epp. an Cic, bei Caesars Fortsetzen!, Sali., Nepos, öfter bei Livius, Pomp. Mela, bei Tac, auf Inschriften. Doppeltes uterque ist streng genommen unlogisch, richtig kann nur uterque mit alter sein, vgl. Cic. off. 1, 4 uterque contemjjsit aUerum. Aber die übliche Zusammenstellung alius alium, alier alten, sowie uter utri in der Zusammenziehung zweier Fragen, z. B. Caes. b. 6. 5, 44, 14 ut diiudicari passet, uter utri anteferendus videreiur und schon Plaut. Poen. 1242 uter utri det, führte auch auf doppeltes uterque, was bei Ter., Varro, Caes. b. G. 7, 35, 1, b. Alex. 4, 1, Vitruv 1, 1, 10, Hieron. und sonst sich findet; vgl. Thielmann, Archiv VII S. 360.

Wie in weniger sorgfaltiger Schreibweise quis für uter, so findet man in gleicher Weise auch quisque für uterque; manchmal, wie bei Livius 2, 7, 1 ut suas quisque abirent domos, erklärt das unmittelbar vorhergehende Reflexiv den Gebrauch von quisque. Im Spätlatein ist quisque für uterque allgemein üblich, sogar bei Lact., namentlich bei Dracontius.

27. Nemo und nullus unterscheiden sich wie Subst. und Adj.; in Verbindung mit Personenbezeichnungen, z. B. scriptor, amicus, senex etc. können beide stehen; dann bedeutet nemo scriptor = nemo scriptor qualis- cunque est; nuUus scriptor aber nullus scriptor quotquot sunt; im Plural kommt substantiviertes nulli und nulla häufig vor, seltener nullae; auch Cic. sagt Fin. 1, 5 mihi quidem nulli satis eruditi videntur. Nemo bildet nicht alle Kasus gleichmässig; nemine z. B. hat zwar schon Plaut., von Prosaikern aber zuerst Tac. gewagt, neminis gebrauchen nur Plaut., Cato, Lucil., aber kein Schriftsteller der klass. und spät. Zeit. Statt nemini findet sich bei Caesar, besonders aber nach Cic. häufig nulli. Im Spätlat trifft man nullus = nemo allenthalben, so bei Lact., Eugipp, Priscillian, Cassian, scr. h. Aug. u. a.; auch nullum = nihil begegnet man und zwar

1. Eigentümliohkeiten im Gebrauch der Bedeteile. (g§ 25—29.) 449

schon bei den augusteischen Dichtern (Hör. nullius^ Ovid nulli, Properz nuUo) und dann im silbernen Latein, vgl. Antibarb. s. v. nullus,

d. Pronominale Adjektiva.

28. Für die pronominalen Adjektiva totus, tantus, quantus und aliquantus, alter und alius ist zu bemerken:

Totus hat schon einmal bei Plaut, (mil. 213 totis horis), dann bei Caes. b. civ. 3, 44 totis copiis und im b. Hisp. sowie Alex, für den Plural die Bedeutung „alle*^ angenommen. In Prosa findet sich also toti == omnes zuerst nur in Verbindung mit Pluralia tantum. Die Dichter wie Verg., Prep., Juv., Stat, gebrauchten toti freier, in Prosa aber erst Sen., oft dann Apul. und die spätere, besonders auch die christliche Latinität, sowie die Juristen. Die besprochene Verwendung ist offenbar vulgär, bei Caesar nur in dem nicht mehr überarbeiteten b. civ. zu finden und hier durch Flüchtigkeit entstanden. Dem toti = alle entsprechend hat man im SpäÜat. auch einen Singular totvs = jeder gebildet, so bei Apul., Commod., Pru- dent., Sedul., Ennod. u. a., z. B. Prudentius Ps. 450 totus mUes, 217 totum homineni.

Quanti erscheint erstmals bei Propertius in der Bedeutung von quot, nämlich 1, 5, 10 a^ t^i curarum quanta müia dabit, und dann wieder bei Statins Silv. 4, 3, 49 o quantae pariter manus lahorant! dann bei Apul., Tertufl., Justin., den eccl. und den script. bist. Aug. Ebenso nimmt in der august. Zeit auch tanti und aliquanti die Bedeutung von tot und aliquot an und zwar tanti wieder bei Properz 5, 11, 12 quid currus avorum pro- fuit aut famae pignora tarda meae? Ihm schliesst sich Lucan und Statins an, ebenso Manil., Lact, und der Metriker Terentian. Häufig wird dieser Brauch erst in der Bibelübersetzung, bei TertuU., Hieronym. und andern eccL, namentlich im afrikanischen Latein; so findet sich quanti = quot oft bei Cass. Felix, bei den script. bist. Aug., Amm., bei späten Juristen (nicht bei den klass. Juristen, die nur tot quot brauchen) u. a.

29. Älter verhält sich zu alius wie Komparativ zu Superlativ. Die klassische Sprache hat streng im Gebrauche der beiden Wörter geschieden, nicht so die Volkssprache. Die Folge davon ist, dass beide mit einander verwechselt werden. So wird alius für alter bei Vitruv und seit dem Ein- dringen der Volkssprache in die Litterärsprache nach Liv. gebraucht, wie Curtius z. B. Alius Alexander sagt, und Plin. n. h. 11, 19, 59 duo genera apum, aliarum . . . aliarum . . .; hier erscheint alius namentlich in der Bedeutung der folgende, z. B. Plin. n. h. 18, 264 aliis sex mensibus. Dasselbe lässt sich bei Apul. und von da ab im Spätlatein allenthalben konstatieren; umge- kehrt steht auch alter für alius, z. B. Vopisc. Firm. 3, 1 Firmo patria Seleucia fuit, tametsi plerique alteram tradunt, und so oft bei eccl., z. B. bei Lact., besonders bei Hieronym., namentlich auch im Sinne von „ver- schieden^, z. B. Hieronym. nobis vero alter sensus videtur (während Sali. Cat. 52 hnge mihi alia mens est 'schreibt). Der Plural alii ceteri ist der Volkssprache eigen, so bei Plaut, und Ter., bei Cato, Varro, Sali., selten bei Gic, Caes., häufiger bei Liv. und Sp.

Vgl EiOHSBB, Gebrauch des lat. Reflexivs, Gr. Glogau 1860 und 1869 Progr.; Kitt,

Handbuch der klass. AltertamswisBeoscliaft. U, 2. 3. Aufl. 29

450 lAteiniaohe Orammatik. e, Stilistik.

ObB. graimn. ad CaeBarem etc., Bratmaberg 1875 S. 3 9; Ott, Nene Jahrbb. 1874 S. 863 (zum Beciprocum); Dbxbitzbr, De ratione quam Plautus potissimum et Terentius in reciproca actione ezprimenda inierint, Erakau 1886; Pe. Thielmann, Der Ersatz des Reciprocums im Lateinischen, Archiv YII, S. 343; dazu Thubneysen, ib. S. 523; R. Menge, Die Bezeichnimg des reziproken Verhältnisses bei Caesar, N. Jahrbb. 1889 S. 265; EyicalA; Untersuchungen auf dem Geoiete der Pronomina, besonders der lateinischen, Sitzungsberichte der k. k. Akademie der Wissenschaften 1870 phil. bist. Klasse S. 77 155 (sehr wichtig!); Enokb, Über hie und nunc in erat, obl., Progr. Bemburg 1881; Rönsch, Semasiologische Beiträge zum lai Wörterbuch, Leipzig 1888 (zu hie, ilU, ipse als Artikel); Bbbok, PhiloL XIV S. 185 Nr. 72 über quod in quod si u. ft. Verbindungen; ebenso Joe. Mülleb, Beiträge zur Exitik und Erkl. des Tac. III S. 40; Zandeb, De relatione pronominali ea, quae est per quod et id quod, Lundae 1885; Penniosdobf, Quisquis et quisque, Halle 1878; StObbnbubo zu Cic. de off. comm. II, De pronominibus nemo, nuJlus, quisquam, ullus; Pbehn, Quaestiones Plantinae de pronominibus indefinitis, Strassburg 1887; V. Vacoabo, Alii = ceteri, Palermo 1889; C. F. W. Mülleb in Neue Jahrbb. 1890 S. 713.

D. NumeFalia«

30. Zur Bezeichnung einer runden Zahl finden wir, je nachdem eine unbestimmte grosse oder kleine Zahl bezeichnet werden soll, verschiedene Ausdrücke. So braucht Plautus tres, z. B. tribus verbis, femer sex, aber auch decem als typische kleine Zahl, namentlich in Verbindung mit die^ und menses, aber auch entsprechend dem französischen quinze jours schon Plaut. Trin. 402 quindedm dies; ferner war für eine unbestimmte massige Zahl das allitterierende Asyndeton sex septem formelhaft geworden; bei Hör. lesen wir ep. 1, 7, 1 quinque dies = ein paar Tage. Um eine unbe- stimmte grössere Zahl zu bezeichnen, hat man in der Umgangssprache, also in der Komödie und im Briefstil, sescenti verwendet, z. B. Plaut. Aal. 320 sescenta sunt, quae memorem; Cic. Att. 7, 11, 1 sescetita alia scdera moliri. Nach Cicero tritt sescenti zurück; Petron hat es sat. 56, auch Martial; wo es sich im Spätlatein findet, beruht es auf Reminiszenz, so bei Prudent. und Augustinus. Zurücktreten musste sescenti gegenüber mille {müiens, millesimus). Plautus zwar kennt diesen Gebrauch von müU noch nicht, aber bereits Ter., Lucil., CatuU; in Prosa treffen wir ihn zu- erst beim rhet. ad Her., dann bei Cic, besonders in den epp. ad Att. Mit den august. Dichtern wird er überwiegend und erhält sich bei den nach- klass. und spätlat. Dichtern. Auch Livius, Sen. rhet. und die anderen Autoren der silb. Latinität kennen ihn, ebenso Apul., Symm. und andere spätlat. Prosaiker. Sprichwörtlich und schon durch die Allitteration em- pfohlen war miliens mori, z. B. Cic. Att. 14, 9, wofür Macrob. sat. 4, 6, 15 milies perire sagt. Über den Oebrauch von quingenti, centum, ducenti, ire- centi als runder Zahlen vgl. Wölfflin im Archiv IX S. 184 flf.

31. Der Dichtersprache eigentümlich sind Verbindungen wie ter felix, ter beati, bei Verg. gar ter quaterque beati. Namentlich sind es die augusteischen Dichter, welche diesen Gebrauch begünstigen, und von da scheint er auch auf spätere Dichter und Prosaiker übergegangen za sein. Die Ausdrucksweise ist eine besonders feierliche und scheint ihre Heimat in der Sakralsprache gehabt zu haben. Ebenso ist der Dichter- sprache eigen, das Distributiv an Stelle des Kardinale zu setzen. Verg. und Ovid haben diesen von CatuU ganz verschmähten, von Tib. vorsichtig beobachteten Gebrauch, ebenso wie Properz öfter, und von da wusste er sich auch im silb. und spät. Latein Eingang zu verschaffen, wie noch

1. Eigentttmliohkeiten im Gebrauch der Bedeteile. (§§ 30—34.) 451

Prudentius zeigt. Übrigens ist zu bemerken, dass auch in klassischer Sprache umgekehrt statt des Distributivums das Kardinale gebraucht wird und zwar da, wo die Verteilung durch ein besonderes Wort schon ange- geben ist, z. B. Nep. Att. 2, 6 ut singulis sex modii tritici darentur; vgl. noch Caes. b. 6. 1, 5, 3, civ. 1, 52, 2, Civ. Verr. 2, 137 (wo jedoch Müller treceni statt trecenti liest), Yarro r. r. 3, 9, 6; bei weniger genauen Stilisten findet man auch sonst das Kardinale an Stelle des Distributivums.

Es ist bekannt, dass die Dichter im Interesse der Anschaulichkeit die Zahlen zerlegen, z. B. Yerg. Aen. 1, 71 sunt mihi bis Septem Nym- phae. Dieser Gebrauch stammt aus der Volkssprache und ist von da auch in die Litterärsprache übergegangen; ausser bei den Dichtern findet er eich auch bei E^osaikern, welche poetisierend schreiben, z. B. bei Varro, namentlich im Spätlatein, wo die Zerlegungen bis sex, bis seni, ter deni, ter quinque, sex septena nomina u. a. bei Dichtem und Prosaikern sehr oft begegnen. Ähnlich ist der bei Cic. seltene, häufig aber bei Liv. zu fin- dende Brauch, decem et tres statt tredecim zu sagen.

33. Während die klassische Sprache quintum zum fünften Male und quinquies fünfmal genau scheidet und nur semel = einmal wie im Deut- schen = zum ersten Male zulässt, z. B. Cic. Sest. 49 unus bis rem p. ser- vavi, semel gloria, iterum aerumna mea, beginnt schon bald, vielleicht mit Nep. Hannib. 5, 3 vgl. Nipp.-Lupüs z. St. die Verwechslung von quinquies mit quintum, iterum mit bis u. s. w. und wird später allgemein üblich, vgl. Eutrop 5, 4 causam Marius sexies consul dixit. Umgekehrt steht im Spätlat. oft z. B. tertio = dreimal, so bei Cael. Aurel., Servius, scr. h. Aug., Fulg. u. a., bis = Herum, odies = octavum u. ä. Vgl. C. F. W. Müller, Neue Jahrbb. 1890 S. 714.

33. Das Pronomen aliquis wird zu Zahlangaben gesetzt, um zu be- zeichnen, dass dieselben nur ungefähre seien; z. B. Cic. Att. 4, 4 velhn mihi mittas de tuis librariolis duos aliquos. Dieser Gebrauch ist unstreitig der Umgangssprache entsprossen; wir treffen ihn daher bei Plautus^ Gato, Varro, bei Cic. in den epp. ad Att., und schliessUch bei Apulejus. Soll dagegen eine Zahl als genau angeführt werden, bo wird ipsi dazu gesetzt z. B. Cic. Att. 3, 21 triginta dies erant ipsi.

Vgl. RioHTBB, Zum Gebrauch der Zahlwörter bei Livios, Oldenburg 1880, Progr.; WöLFFUH im Archiv IX S. 177—190.

E. Vepba.

34. Gewöhnlich transitiv gebrauchte Yerba können auch folgende Verwendung haben 1. reflexive, 2. absolute, 3. mediale mit Übergang ins Passivum.

Von einem reflexiven Qebrauch transitiver Verba kann man nur da sprechen, wo sich die Verbindung mit se womöglich gleichzeitig nach- weisen lässt, z. B. recipere sich zurückziehen neben se redpere. Dieser Ge- brauch gehört vorzugsweise der Soldatensprache an und hat von da auch ins bürgerliche Leben hinübergespielt; z. B. dirigere = se dirigere die RicMung nehmen erscheint bei Livius 37, 23, 9 naves quae sequebantur servantes ordinem dirigere iubet als militärischer Ausdruck, offenbar aus

29*

452 Lateinische Grammatik, e. StUiatik.

dem Kommando dirigüe! hervorgegangen; im Sp&tlatein aber, z.B. bist Apoll. 48 ad Ephesum dirige^ und sehr häufig bei Gregor- Turon. finden wir dirigere im allgemeinen Gebrauche = sich begeben. Die Umgangssprache bevorzugt solche reflexiv gebrauchte Verba, z. B. bene habet, wo der feinere Ausdruck bene se habet lautet. Im späteren Latein wurden eine Reihe neuer Formen dieser Art geschaffen, z. B. reficere fOr klassisches se re- ficere, corrigere und emendare im Eirchenlatein f&r sieh bessern.

Absolut sind intransitive Verba da gebraucht, wo an Stelle der gewohnheitsmässigen Verbindung mit Objekt das Verbum ohne Objekt auftritt; so sagt man gewöhnlich naves appeUere = landen; doch auch ap- pellere ohne Objekt ist = landen, z. B. Gaes. b. civ. 2, 23, 1 appeUit ad eum locum. Die Verbindung des Objekts mit dem Verbum war so in all- gemeiner Übung, dass man auch da, wo man das Verbum allein hörte, schon den Begriff des Objekts damit verband. Naturgemäss findet sich der absolute Gebrauch der Verba besonders in der publizistischen, militär rischen und sakralen Sprache, z. B. ducere = agtnen dttcere, tenere cur- sum tenere, addicunt sc. aves u. ä.

Medial mit Übergang ins Passiv treffen wir besonders im Spätlat

manche Verba gebraucht, z. B. Dracont. de deo 1, 239 haec eadem mxnuunt,

Cynthia dum minuis; vgl. Geyeb, Festgruss S. 18.

Anmerkung. In klassischer Sprache werden Verba gerne absolut gebraucht, wenn mit ihnen ein Adverb verbunden ist; dies bildet gewissermassen das Attribut zu dem zu ergänzenden Objekt; vgl. bene Hperare, liberalüer polliceri, hene existimare u. ft.

35. Die sog. Frequentativa lassen in der alten Sprache nur selten die Bedeutung der Wiederholung oder einer Intensität des Sinnes hervor- treten; der grösste Teil dieser Verba wird im Sinne ihrer einfachen Verba gebraucht. Das Altlatein verwendet dieselben mit einer gewissen Vorliebe und zwar in Poesie wie in Prosa: in klassischer Zeit schliesst sich Varro und ganz besonders Sallust, doch mehr in den Bella, als in den Hist., an, während Caesar und Cicero, der letztere wenigstens in der Zeit der voll- endeten Diktion, die Frequentativa im ganzen selten und zwar mit Absicht und vollem Bewusstsein setzen. Livius hat in der ersten Dekade unter dem offenbaren Einfluss der Annalisten viele Frequentativa gebraucht, in den späteren Büchern treten dieselben jedoch deutlich zurück. Auch Voll. Pat. gebraucht von einer einmaligen Handlung niemals das Frequentativum. In Nachahmung des Sali, verwendet jedoch Tac, und zwar vorwiegend in den Annalen, viele Fr. im Sinne der einfachen Verba, nach ihm die Archaisten und in geradezu lästiger Mannier Ammian. Die Bevorzugung der Frequentativa gegenüber dem einfachen Verbum kann mit Recht als ein Zeichen späterer Latinität angesehen werden; wo z. B. Cicero despon- sam sagt, schreibt Minucius Felix desponsatam, vgl. noch Vahlen, Berliner Lektionskatalog, Sommer 1894 S. 13.

36. Die mit Präpositionen zusammengesetzten Verba geben ausser der Handlung noch begleitende Umstände derselben an, z. B. deferre, transferrey perferre u. ä. Wenn nun an Stelle des Kompos. das Simpl. gesetzt wird, so wird damit der Phantasie des Lesers überlassen, das selbst herauszufinden, was sonst die Präpos. besagt. Hieraus erklärt sich, dass

1. Eigentttmliohkeiten im Gebravoh der Bedeteile. (§§ 35— B8.) 453

der Gebrauch der Simpl. an Stelle der Kompos. vorzüglich der poetischen Sprache eigentümlich ist. Somit finden wir Simpl. statt der erwarteten Kompos. besonders bei den Dichtern der Eunstpoesie und dann bei den Prosaisten, welche in nachklassischer Zeit ihrer Diktion ein poetisches Kolorit zu geben bemüht sind. Die klassische Sprache setzt selten Simpl. für Kompos. und wie es scheint nur dann, wenn das Simpl. sich in einer Formel, von der man nicht gerne abweicht, eingebürgert hat; hieher gehört detrimentum capere und videre statt detr. accipere und providere in der Formel videant consules, ne quid detrimenti res publica capiat (vgl. Cic. Cat. 1, 4 und Phil. 5, 34), namentlich aber dare in den Phrasen testes dure^ iudices dare, ferner condkiones ferre, reges pellere, u. ä. Doch wurde manchmal auch in diesem Falle geändert, offenbar wenn der Ausdruck zu vulgär war und allzusehr an den Lager-, Schiffs- oder sonstigen Jargon erinnerte, wie z. B. das im gewöhnlichen Leben übliche exercUum scribere von Cic. und Caes. durch conscribere^ milites legere durch deligere, tendere durch contendere, struere aciem durch instruere ersetzt ward.

37. Interessant ist, wie die Yerba compos. nicht gleichmässig in allen Zeiten im Gebrauch sich halten konnten, sondern oft zeitweilig durch andere abgelöst wurden. Die klassische Sprache war auch hier ausser- ordentlich peinlich, indem sie solche VV. compos., welche dem urbanen Geschmack nicht behagten, erbarmungslos ausschloss. Während im Altlat. occipio ganz gewöhnlich, ja in gewissen Phrasen geradezu stereotyp war, wiesen Cic. und Caes. es entschieden zurück und gebrauchten neben coepi nur incipio. Sallust verwendet occipio in den Historien (Hauleb im Archiv in p. 536) offenbar nach seinem Vorbilde Sisenna, vgl. fragm. 25 P. prae- stolari occipiunt; aber erst Liv. verschaffte dem in seinen Quellen gewiss oft vorkommenden Wort einen sicheren Platz in der Litteratur, den es dann auch bei Tac. und bei den Archaisten behauptete. Ahnlich erging es dem Verb, praepedio; dies hat bereits Plaut, verwendet, dann aber erst wieder der auct. b. Hisp; nun ist es auch erklärlich, warum Cic. und Caes. sich dem Wort gegenüber ablehnend verhielten. Auch Sali, be- günstigte es nicht sehr, er hat es nur Jug. 28, 5, ebenso wenig Livius, der es nur in der zweiten Hälfte der ersten Dekade verwendet, Ovid schreibt es vielleicht nur einmal (Heroid 14, 18), während es bei Plin. min. und Tac. dem von den Klassikern empfohlenen impedio erfolgreich Konkurrenz machte und dann bei Florus sich erhielt. Ähnlich ist es manchen andern Kompos. ergangen; besonders scheinen Kompos. mit dis, de und con in der Volkssprache beliebt gewesen zu sein, während die ersteren in der klassischen Sprache so gut wie keine Aufnahme fanden (z. B. discrucior bei Cic. nur ad Att., sonst nicht). Manche Schriftsteller schwanken im Ge- brauche der Komposita, wie z. B. Livius zwischen desistere und absistere, deterrere und absterrere, accensus und incensus u. ä. Dies hängt vielfach mit der Entwicklung ihres Stiles zusammen.

38. Verba compos., deren Simplicia abgestorben waren, konnten mit einer zweiten Präposition verbunden werden, weil sie nunmehr als Stammwörter erscheinen; so hat schon Cato cooj)erio gebildet, welches sich dann bei Sali., Tac. u. ä. erhalten hat. Ebenso konnte ein Kompos., wenn

454 LftUinisehe enmmaiak. •. StOiatilL

es eine nene Bedeutung annahm nnd sich dadurch von seinem fortlebenden Stammworte trennte, eine zweite Präposition zu sich nehmen, z. B. ad^ surgo nnd insurgo von surgo. Man kann wohl sagen, dass Decomposita der klassischen Sprache nicht besonders sympathisch sind; um so mehr wurden sie in der Volkssprache begünstigt, finden sich daher in der alten Komödie ziemlich zahlreich, z. B. superadduco ; mit Verg. und Liv. dringen sie in die nachklassische Litterärsprache ein, doch so, dass nur Verba mit super und in, z. B. superincido, superimpono, zusammengesetzt werden; dies gilt auch noch für den Mediziner Gelsus. Seit Plinius werden Decomposita allgemeiner üblich, und Formen wie circutnadspicio, exprospicio, circumobruo bürgern sich allmählich inrnier mehr ein; ja wir treffen später Verba wie recommoneo oder gar Zusammensetzungen mit drei Präpositionen wie cond" impleo, inabscando u. ä., welche Art der Zusanmiensetzung die gute Zeit der Sprache vollständig verschmähte.

39. Viele Verba composita, namentlich wenn sie mit cum, ad, ex und de zusammengesetzt waren, büssten im Laufe der Zeit die in der Präpos. liegende Bedeutung ein, und so schwand allmählich der unter- schied zwischen V. simplex und compos. Die Folge davon war, dass die klassischen Schriftsteller die Präposition fallen Hessen und sich mit dem einfachen V. begnügten. Ihrem Beispiele folgten auch in der nachklassi- schen Latinität diejenigen Autoren, welchen der Sinn für den delectus verborum nicht abhanden gekommen war. Dagegen lebten die Komposita unbehelligt in der Volkssprache weiter, tauchten daher auch in klassischer Zeit bei vidgär schreibenden Skribenten vereinzelt auf, um dann mit der Hochflut der archaisierenden Bestrebungen massenhaft in die Litteratur hereingeschwemmt zu werden. Natürlich erhielten sie sich nun in der sinkenden Latinität, welche lieber noch eine weitere Präpos. vorgesetzt als eine vorhandene fallen gelassen hätte.

Es genüge ein Beispiel. Exaugeo findet sich bei Plaut., Enn., Ter.; Lucrez und rhet. ad. Her. behielten es auch noch bei, Cicero aber und Caesar liessen es ganz fallen, und so verschwindet es, um erst wieder bei Symmachus, der es offenbar in Nachahmung der Alten brauchte (vgl. Schulze, De Aurelii Symmachi vocabulorum forroationibus ad sermonem vulgarem pertinentibus, Halle 1884), aufzutauchen. Adaugeo dagegen haben Cic. und Caes. wohl angenommen, aber höchst selten gebraucht und zwar Cic. fast nur in der eigenartigen Schrift de inv. (vgl. Marx zu rhet. ad Her. S. 58) und Caes. nur im b. civ.; besonders begünstigt war ad- augeo von Cäsars Fortsetzern und namentlich von Vitruv, es findet sich vereinzelt auch bei Pomp. Mela.

Vgl. WöLPFLiN, Der reflexive Gebrauch der Verba transitiya, Archiv XS. 1—10; Die Verba frequentativa und intensiva, Archiv IV p. 197 222; Jokas, Zum Gebrauch d. W. frequeniativa und intensiva in der äli lat. Prosa (Cato, Varro, Sallust), Posen 1879 Progr. ; id. die V7. frequentativa bei Livius, 1884. Progr.

F. Partikeln.

40. Negationen. Haud ist seiner Etymologie nach strittig. Die überlieferten Formen sind haud, haut, hau; das letzte steht vor Konso- nanten z. B. hau muUum und gehört dem Alüat. und Verg. an; die beiden

1. EigeQtümliohkeiten im Gebrauch der Bedeteile. (§§ 39—40.) 455

ersten werden vor Vokalen gebraucht. Haud ist sogenannte Begriffs- negation und wurde dementsprechend ursprünghch nur zur Negation einzelner Wörter verwendet, z. B. bei Adj. und Adv., bei quisquam u. ä. Es findet sich daher nie = fitj, welches Satznegation ist. Die klassische Sprache verschmäht haud, bei Caesar steht es nur einmal und zwar in der Phrase haud scio an, bei Cicero ausserdem in Verbindung mit gewissen Verben, Adj. und Adv., z. B. haud dubito, haud obscurus, haud fädle, haud sane, nie aber gebraucht er hauddum, und haud ita nur in den Übersetzungen Tim. 6, Arat. 346; auch Sali, verbindet haud vorwiegend mit Adj., Adv. und Partikeln (mit Verbum nur Jug. 110). Horaz hat es in den Oden nicht zugelassen, öfters aber in den Sat., Epist. und auch Epod. 1, 32; bei Liv. wird haud Lieblingsnegation und erhält sich bei Tac. ; jetzt verbindet es sich öfter mit Verben und wird so auch Satznegation. Aber diese Vorliebe für haud tritt nur sehr vereinzelt auf; daraus dass es rhet. ad Her. gar nicht, Celsus einmal, Quint. zweimal. Voll, nicht mit Verben, Seneca rhet. und Plin. min. nirgends gebrauchen, kann man schliessen, dass es in den Rhetorschulen in Acht und Bann gethan war. Es wird immer seltener und meist nur von den Nachahmern des Sali., Liv. und Tac. gebraucht, aber von Ammian fast nur vor Adj. und Adv., ferner von spätlat. Dichtern im Anschluss an ihre Vorbilder, z. B. von Prudentius und Juvencus; in die roman. Sprachen 'ist es nicht übergegangen.

Non ist Begriffsnegation und Satznegation; als Begriffsnegation kann es in Sätzen aller Art stehen, auch in Wunsch- und Aufforderungssätzen, als Satznegation in Behauptungs- und Fragesätzen. Non hat in der Volks- sprache alle anderen Negationen zurückgedrängt und ist im Provenzalischen das einzige wirkliche Negationswort geblieben (Kalepkt, Von der Negation im Provenz., Berlin 1891).

Nee als einfache Negation = non ist im Altlat. im Gebrauch; so wird aus den XII tabb. ast ei custos nee escit erwähnt, aus Plaut. Most. 240 nee recte, vgl. auch Acc. 620 R.; es hat sich in der Rechtssprache erhalten, z. B. quod nee manifestum erit, ebenso bei Dichtern bis zu Verg. herab, z. B. ecL 9, 6 quod nee vortat bene, femer in der Zusammensetzung mit dum-, dies necdum = nondum haben schon Liv. und Tac, im Spätlatein wird es sehr häufig angetroffen, namentlich im afrikanischen Latein.

Nee in der Bedeutung auch nicht oder nicht einmal ist im klassischen Latein wohl nicht zu finden; dies ist die Ansicht Madvig's, Ein. 803, die allerdings von E. P. Schulze, Beiträge zur Erklärung der röm. Elegiker, Berlin 1898 S. 4 bestritten wird; sicher überliefert ist es Cic. top. 23. Auch Livius hat es sehr selten; so behauptet Novak S. 246; aber H. J. Müller nimmt dies nee an einer grösseren Anzahl von Stellen als un- zweifelhaft an; vgl. zu XXXI, 22, 7 und XXXIV, 32, 9. Es ist durch sichere Beispiele ausserdem bei Plaut., Catull, Varro, Ovid, Properz, Sen., Quint., Plin. mai., Tac, Sueton, Juven., Florus, Justin und vielen Spät- lateinern, auch bei Lact, nachgewiesen; Hör. hat es sat. 2, 3, 262, auch sein Nachahmer Persius 5, 172. Nee quidem ist in klassischer Sprache überall beseitigt ausser bei Cic. Fam. 6, 6, 2 und sen. 9; dafür wird ac oder et ne quidem gelesen ; nachklassisch treffen wir nee quidem bei

456 Lateiniselie Grammatik, e. Stilistik.

Vell. Pat. 2, 67, 1, Quint. 9, 3, 55, im Spätlat. bei Commod. und Lact. (vgl. jedoch Brandt im Index). Für nee quidem tritt gegen Madvig ein GuDEMAN zu Tac. dial. S. 288. Von diesem nee quidem ist das andere zu scheiden, wo nee schon = ne quidem ist und dazu mit der im Spät- latein üblichen Verschwendung im Ausdruck noch quidem hinzutritt; vgl. darüber Bonnet S. 311. Ob auch ne im Sinne von ne quidem vorkommt, ist unsicher, vgl. Cotta S. 33; ne quoque erwähnt Gell. 17, 2, 18 als eine bei den Alten beliebte Zusammenstellung.

Die Regel, dass zwei Negationen sich aufheben, ja geradezu eine stärkere Bejahung hervorbringen, gilt durchweg für das klassische Latein. Aber im Altlatein ist dies noch nicht der Fall. Bei Plaut., Enn., Ter. und Gat. finden wir Beispiele, dass zwei Negationen sich nicht aufheben, z. B. Aul. 286 haud non velle, Trin. 1157 haud nolo, 328 si tu non nems, Enn. F. 353 M. quos non miseret neminis; namentlich ist dies der Fall, wenn auf neque durch ein oder mehrere Wörter getrennt eine andere Negation folgt, z. B. Men. 371 neque id haud immerito tuo, Ter. Andr. 205 neque tu haud diees tibi non praedictum, Gato r. r. LXVI neque nucleis ad oleam ne utatur; vgl. noch Brix zu Men. 371. Bei Varro sehen wir den Übergang von diesem älteren zum klassischen Gebrauch; bei ihm gibt es in der älteren Schrift de re rustica noch sichere Beispiele, wo nee . . . non sich nicht aufheben, aber in den später geschriebenen Büchern de lingua latina haben wir bereits durchweg den klassischen Gebrauch, dass zwei Negationen eine Bejahung ergeben. Eine ähnliche Wahrnehmung machen wir bei GatuU, wo mehrfach doppelte Negation überliefert ist, z. B. 48, 4 nee num- quam und 87, 3 nulla fides nuUo foedere . . Während Gicero nee . . . non immer trennt, dagegen die Späteren, die Dichter seit Gatull nee non zu- sammen stellen, vermittelt Varro auch hier: in den libb. de r. r. sind nee non an 7 Stellen getrennt, doch an 27 Stellen nicht mehr getrennt. Die Juristen haben die Zusammenstellung nee non erst seit ülpian.

Nach den V. timendi ist ne non = ut; aber § 268 der Syntax ist gezeigt, dass bei manchen augusteischen Dichtern ne non sich nicht auf- heben; man kann sagen, ne wurde nur als Konjunktion gefühlt und so erwies sich die Zufügung der Negation notwendig, vielleicht hat aber das griechische imj ov mitgewirkt. Aber auch sonst finden wir manchmal eine Negation wiederholt, ohne dass eine Bejahung entstünde : selbst Gic. schrieb Verr. II, 60 debebat Epierates nummum nuUum nemini, femer b. Afr. 8 ut fieri possent neque loeum exeusatio nullum hoher et ^ ebenso Liv. 43, 13, 1 und 32, 26, 18. Bei den Archaisten Gellius und Apulejus kommt natürlich der alte Brauch wieder zum Vorschein, z. B. Gell. 17, 21, 35 neque haud longe post; vorher hat schon Petron die doppelte Negation zur Charakte- ristik der Sprache der Halbgebildeten verwendet; vgl. auch Bücheleb zu Anthol. II, 1 S. 66. In der späteren Zeit blieb in der gewöhnlichen Sprache doppelte Negation üblich; so zitiert Hildebband, Z. f. deutsch. Unt. 3, 2 S. 160 aus XII saec: sperabam non esse opus nuUis scriptis.

Dass auch in klassischer Sprache eine vorausgeschickte allgemeine Negation wie nemo, numquam durch folgendes nee nee oder ne quidefn nicht aufgehoben wird, ist bekannt. Dieser Sprachgebrauch beschränkt

1. Eigentflmliohkeiten im Gebrauch der Bedeteile. (§§ 40—41.) 457

sich aber nicht auf das klass. Latein; auch Plautus kennt ihn Capt. 76 quo8 numquam quisquam neque vocat neqve invocat (vgl. jedoch Habich S. 10, der diese Stelle verdächtigt und solche Wendungen der früheren Sprache abspricht), und noch bei Lact, habe ich nemo ne quidem in negativem Sinne gefunden.

Schliesslich sei noch angemerkt, dass me wenig quam non, quam nihil heisst; wenn wir Cic. Att. 5, 11, 1 non dici potest, quam vix harum verum insulsüatem feram und späÜat. bei Lact. II, 4, 1 quam minime sim quietuSy poteris aestimare lesen, so kommt dies daher, dass vix, minime und minus geradezu als Negationen verwendet werden. Sagt Properz 3, 21, 7 vix auf semel admiUit, so ist vix hier = nickt, und wenn Sen. Benef. 2, 29, 2 vix sUn temperant, quin verbindet, so hat er in vix die Negation gefühlt. Dass minus ein urbanes non ist, lehrt die Verbindung si minus (Syntax § 344) und quo minus (Syntax § 351); aber Properz gebraucht auch ne^ minus gerade wie nee non, z. B. 1, 3, 5, und noch Gregor. Turon. h. F. 8, 30 schreibt urbes minus inrumpere valuerunt (= non valuerunt). Übrigens ist auch im Oskischen minu^ = non, vgl. Planta II S. 481, und för magis und minus Archiv XI S. 98. Vgl. Zusätze.

41. Ausserdem ist Bemerkenswertes im Gebrauche folgender Par- tikeln in der Entwicklung der Sprache zutage getreten:

Adhuc dient in klass. und vorklass. Sprache ausschliesslich zur Be- zeichnung der Gegenwart des Sprechenden; von der Vergangenheit wird etiam und etiam tum gesagt; die wenigen Stellen bei Cic, welche zu widersprechen scheinen, erklären sich aus der Eigentümlichkeit des Brief- stils oder der Doppelnatur des Perfekts. Aber mit Liv., Vell., Curt., Plin. min., Tac. verliert adhuc seine etymologische Bedeutung und steht nun auch in der Erzählung vergangener Thatsachen, z. B. Liv. 27, 48 quam- quam gravis adhuc vulnere erat. Seit Quint. entspricht es unserm ,,noch^^ bei Eompar. und wird so von Sen., Suet., scr. h. Aug., namentlich aber von eccl. verwendet; vgl. auch Roosen im Arch. X S. 353 Anm. Im Spätlatein bezieht es sich ausserdem auf die Zukunft und steht auch im Sinne von praeterea, z.B. bei Commod., Sulp. Sev. 1, 12, 4 quinque adhuc annos famem futuram und Dial. 1, 12, 7 referam adhuc vobis pauca, Ähnlich verhält es sich mit mox, welches seit Liv. auch auf die Vergangenheit übertragen und überhaupt zur Bezeichnung der Zeitfolge zugelassen wird. Subinde wird vor Liv. gar nicht gefunden; dieser Autor hat es in der Bedeutung j^hierauf^ in die Schriftsprache aufgenommen, wo es sich bei Vell., Pomp. Mela, Suet. u. a. erhalten hat und mit Vell. auch den Sinn von ^ftcieder- holenüich'^ annimmt. Dehinc wurde bei den Dichtern und im silb. Latein oft gebraucht; Suet. hat es zuerst im Sinne von deinceps, z. B. Tit. 8 omnes dehinc Caesares. Alias bezeichnet in klass. Zeit nur alio tempore; erst mit Plin. nimmt es die Bedeutung von alio loco und alioquin an. Quando- que als Synonym von aliquando findet sich einmal bei Cic. (Fam. 6, 19), sonst gehört es der silb. Latin., besonders dem Suet. und dem Spätlat., z. B. Sulp. Sev., an. Über die Konjunktion quandoque vgl. Syntax § 305.

Fere und ferme verhalten sich wie Positiv zu Superlativ; doch wird dieser Unterschied im Gebrauche kaum empfunden. Ferme kommt schon

458 Lateiniaohe Grammatik« •. Stilistik.

bei Plaut, und Ter. vor, selten bei Cic, nicht bei Gaes. und Hör., wiederholt bei Sali.; bei Liv. und Vell. ist es Lieblingswort, ebenso bei Tac. in den Ann., während er im Dial. sich auf fere beschränkt. Im Spätlatein wird ferme immer beliebter.

Die vorgeführten Beispiele zeigen, wie die Bedeutung der Partikeln oft im Laufe der Zeit verblasste, femer wie sich diese meist kleinen Wörter im Gebrauch abnutzten und dann von andern abgelöst wurden, hierauf wie manche einen formlichen , Kampf ums Dasein '^ führten und so die eine Form sich erhielt, während die andere dem Untergang ver- fallen war. Auch hier tritt allenthalben ein feines QefÜhl der klassischen Sprache für die Bedeutung und die Handhabung der Partikeln zutage, welches jedoch seit Livius ständig abnimmt und schliesslich so geschwächt ist, dass in regelloser Weise die Partikeln wechseln oder gehäuft werden.

Vgl. zur Lehre von den Negationen: Hand im TnrseUinns: Stürbnbübo, commenti zn Gic. de off.; Mob. Mülleb, Zum Sprachgebrauch des Livius 1: die Negationen hatid (non) haud qtictquam {nequaquam), Stendal 1877, Progr.; Sioisicund, De havkd negationis apad priscos Bcriptores usu; comm. philoL Jenens. m p. 217— 262; Planbb, De haud et haud- qvMquam negationum apud scriptores latinos usu, Jena 1886; A. Habigh, Obs. de negatio* num aliquot usu, Halle 1898 (vgl. dazu Sbtffbbt in Jahresber. S. 321); Kkil zu Yairo r. r. S. 21; Altenbubg S. 495; besonders auch E. P. Schulze im Programm des Friedrich Werder'schen Gymn. von Berlin 1898 S. 16; Ziexeb, Junggranmi. Streifisfige S. 140 ff.

2. Wortstellung.

42. Ein sehr wichtiger Faktor in der Gliederung der lateinischen Sätze ist die Wortstellung. Wenn auch die alten Sprachen im Vergleich mit den modernen eine viel grössere Freiheit in der Anordnung der Wörter und Gruppierung der Satzteile besitzen, so lassen sich doch auch bestinmite Regeln aufstellen, die sie im allgemeinen befolgt haben oder an die sich eine Zeit oder Richtung der Litteratur gebunden erachtete. Wir unter- scheiden zwei Hauptarten der Wortstellung: 1) die grammatische, tradi- tionelle, 2) die durch den besondern Zweck der Hervorhebung oder des Wohlklangs bedingte, okkasionelle (vgl. Delbrück, synt. Forschungen IV, S. 148 flf.). Die erstere besteht darin, dass die beiden Hauptteile des Satzes, Subjekt und Prädikat, in dieser Reihenfolge (S. P.) gesetzt werden und dass die ihnen sich anschliessenden Satzteile, insofern sie mit dem Subjekt enger zusammenhängen, diesem folgen, während die näheren Be- stimmungen des Prädikats demselben vorausgehen; dabei ist das gramma- tisch Zusammengehörige auch zusammenzustellen. So entsteht die richtige Abrundung des Satzes, der in seiner zweigliedrigen Gestaltung doch eine wohlthuende Einheit bildet, z. B. Äppius inier patres lectas \\ haud ita multo post in principum dignationem pervenit. Durchbrochen wird diese grammatische Wortfolge durch das Bedürfnis nach Hervorhebung eines oder des andern Begriffes, z. B. dixit Democritus, credidit Theophrastus esse herbam etc. Das Bedürfnis nach Hervorhebung aber ist in dem Gegen- satze einzelner Satzteile begründet, und dass in der Eigentümlichkeit, die Rede in Gegensätzen fortschreiten zu lassen, ein Prinzip des antiken Stiles liegt, hat Nägelsbach richtig erkannt. Man wird also untersuchen müssen, wie die Hervorhebung des Gegensatzes im Lat. sich vollzieht; es wird

2. WortoteUnng, (§§ 42—43.) 459

sich ergeben, dass Anaphora und Chiasmus, bald einzehi, bald unter sich verbunden, die erforderliche Betonung hervorbringen. Schliesslich galt den Alten fast noch mehr als uns der Tonfall und Wohlklang in der Folge der Wörter; daher wichen sie von der traditionellen Wort- stellung auch da ab, wo dieselbe einen missliebigen Eindruck auf das Ohr machte. In der nachklassischen Latinität kommt noch ein weiterer wich- tiger Faktor dazu. Die Periode der klass. Zeit hatte man aufgegeben und hielt sich an eine aus kurzen Sätzen oft abgerissener Natur bestehende Rede. Die WortsteUung war nun berufen, neben der Auswahl der Wörter als Ersatz einzutreten für den kunstreichen Bau der Sätze. Wir finden daher im silb. Latein eine geradezu gekünstelte, oft gar nicht ins Ohr fallende Wortstellung und dies bei einem Inhalt, der dazu gar keine Ver- anlassung bietet. Im Spätlatein macht sich bei Apoll. Sidon., Fortunat u. a., auch bei Gregor. Turon. eine andere Art von Woi*tstellung geltend; fast in jedem Satze tritt ein Wort besonders hervor, das dann auch aus seiner regelmässigen Stellung herausgenommen wird und an eine hervorragende Stelle, gewöhnlich ans Ende des Satzes zu stehen kommt. Manchmal ent- spricht diese Hervorhebung der Bedeutung des Wortes, manchmal aber auch nicht, so namentlich bei Gregor, welcher diese Art von Betonung durch die Stellung ganz mechanisch handhabt.

Die lateinische Sprache hatte somit eine durch die Überlieferung fixierte Wortstellung, welche sie aber dem Inhalt und dem Wohlklang zuliebe häufig durchbrechen liess.

43. Die durch den Inhalt gegebenen Gegensätze finden in der Wortstellung zunächst durch den Chiasmus Ausdruck, z. B. Cic. de rep. 2, 33 matrem habemus, ignoramus patrem, im Spätlatein bei Commodian A. 221 Johannem decoUant, iugulant Zachariam ad arcts. Derselbe be- schränkt sich zumeist auf zwei Glieder, die übrigens auf Haupt- und Nebensatz sich verteilen können, z. B. Yell. Fat. 2, 26, 2 in qua civitate seinper virtutibus certatum erat, certabatur sceleribus; doch kann er auch auf drei ausgedehnt werden und zwar schon bei Ennius, z. B. 277 M. spemitur orator bonus, horridus miles amatur, öfters bei Cic, Liv., z. B. Cic. Mil. 103 ne scelerate dicam in te, quod pro Milane dicam pie, Liv. 9, 12, 3 ut clariorem inter Romanos deditio Postumium quam Fontium incruenta vic- toria inter Samnites faceret. Ausserdem ist wirksam die Stellung in der Anaphora; hierunter verstehen wir die Wiederkehr derselben Wortfolge im nämlichen Satze oder auch in verschiedenen Sätzen, z. B. Caes. b. G. 2, 27 transire latiasimum flumen, ascendere aUissimas ripas, subire iniquissi- mum locum; besonders eindringlich wird die Anaphora durch Wiederholung des ersten Wortes, z. B. Cic. Lael. 74 dispares mores, disparia studia «e- quuntur. Wenn auch mit der Wiederholung gewöhnlich eine Steigerung verbunden ist, so gehört doch die Anaphora keineswegs bloss dem affekt- vollen Stile an, sondern auch die einfache Diktion Caesars bevorzugt dieselbe sehr, z. B. b. G. 7, 33 alio loco, alio tempore, 2, 18 certis nuntiis, certis auctoribus. Ganz besonders von Wirkung aber ist die Verbindung von Chiasmus und Anaphora und zwar 1) indem sie einander folgen, z. B. Cic. Fam. 7, 3, 3 discessi ab eo bello, in quo aut in acie cadendum

460 Latoinüiohe Grammatik, e. Stilistik.

fuit aut in aliquas insidias inddendum aut deveniendum in vidoris manu;^ aut ad lubam confugiendum, und aus dem Spätlatein Cypr. ep. 76, 2: in simplicitate innocentiam, in caritate concordiam, modestiam in humüitate, dUi- gentium in administratione, misericordiam in favendis pauperibus, in defen- denda veritate constantiatn; oder 2) indem sie ineinander greifen, z. B. Verr. 2, 25, 62 et Heraclius üle Syracusanus et hie Bidinus Epicrates.

Man wird finden, dass die weitaus grösste Zahl der F&Ile, welche von der grammatischen Wortfolge abweichen, sich auf Anwendung der besprochenen Figuren zurückführen lässt und dass NIoelsbagh recht hat, wenn er dieselben „die den Organismus des lat. Satzes beherrschenden Mächte' nennt. Die Frage, inwieweit die eine oder die andere Figur bei den einzelnen Schriftstellern überwiegt, ist nur für wenige Autoren be- antwortet; z. B. bei Yarro, Caesar, Sallust, Nepos, Livius und Tacitus, sowie Justinus ist die Anaphora häufiger als der Chiasmus verwendet; von den genannten Autoren greifen relativ am häufigsten Sali, und Tac. zum Chiasmus; von Dichtem hat Horaz, soviel ich sehe, beide gleich massig verwendet, während Vergil am meisten die Anaphora pflegt, da bei ihm ja der Parallelismus überhaupt zu den Stileigentümlichkeiten gehört; bei Vell. Pat. und beim älteren Plinius neigt die Darstellung mehr dem Chias- mus zu, der sofort eintritt, wenn irgend ein Gegensatz in den Begriffen liegt, während der jüngere Plinius Vorliebe für Anaphora zeigt, dabei aber doch auch gerne nach einem «Chiasmus greift. Im späteren Latein wird z. B. von Gregor. Turon. der Chiasmus sehr selten angewendet; er findet sich bei ihm nur in den sorgfaltig gearbeiteten Partien mit Absicht als Kunstmittel angebracht.

44. Der Wohllaut ist für die Wortstellung in vielen Punkten ent- scheidend. So werden oft syntaktisch zusammengehörige, ja zusammen- gesetzte Wörter (z. B. per mihi gratum erit. mehr jedoch der Dichtersprache und der tacit. Diktion eigen, z. B. Verg. Aen. 2, 567 iamque adeo super unus eram und Tac. h. 1. 1, 20 illic vix decumae super poHiones erani) ge- trennt, um eine rhythmischere Abwechslung von Arsen und Thesen hervor- zubringen; gleichzeitig verliert das Eingeschobene an Kraft und es werden die getrennten Wörter besonders hervorgehoben, z. B. Cic. Att. 1, 17,4 irritabiles animos esse optimorum saepe hominum- Ähnlich verhält es sich mit dem Zurücktreten des Relativs von der ersten Stelle, welches man bei Plaut, Lucr., Cic, Verg., Prop., Liv. und Plin. mai., häufig bei Varro und in geradezu auffallender Weise bei Apulejus beobachtet hat, z. B. AscI. 307, 24 sedes religionum quae fuit, femer mit der Nachstellung von ut bei vix, paene, nihil u. a. Wörtern, z. B. vix ut dicere possim, ausserdem mit der Zurückschiebung von cum auch da, wo der Nebensatz ein eigenes Subjekt hat, dann mit dem Zurücktreten der unterordnenden Konjunk- tionen überhaupt, was besonders bei Yarro für quod, quoniam neben ut und cum, aber auch bei Cicero beobachtet wird, vgl. für Varro die Zusammenstellung bei Heidrich S. 18 und bei Krumbieoel S. 75, schliess- lich für die Fragewörter, die jedoch Livius gewöhnlich zu Anfang des Satzes hat. Ebenso erklärt sich die bei Cicero beliebte Anlehnung von est an Pronomen relat., demonstr. und interrog., z. B. quanta esset

8. Wortatellnng. (§§ 44—45.) 461

hominum admiratio und quae est in me facultas, dann die Einschiebung von est bei andern Wörtern, z. B. tum est Cato hcutus u. ä., die Einfügung des Vokativs in die Rede, z. B. Cic. p. Deiot. 10 imitari, Castor, potius avi tut mores debebas (Ausnahmen selten, aber doch bei Cic, Sali., Liv.), die Anlehnung der Pronomina personalia an Affirmativpartikeln, so noch in klassischer Sprache nach ita, sie, z. B. Cic. div. Gaec. 41 ita mihi deos velim propUios, wie überhaupt das Einrücken unbetonter Wörter an die mit Tonschwäche verbundene zweite Stelle. Auch rechne ich hieher die Tren- nung zusammengehöriger Wörter in beigeordneten Satzgliedern durch Zwischenstellung des Gemeinsamen, z. B. Cic. Lael. 32 ut usu eius fruantur et moribus; dies hat häufig Yarro, ebenso Sen. phil., aber EUmmelrath hat unrecht, wenn er hierin ,,ein tvichtiges Kennzeichen annäanischen StUs*^ erblickt, vgl. Seyffebt-Müller zu Cic. Lael. S. 230, wonach diese Zwischen- stellung des Gemeinsamen klassisch oft vorkommt; schliesslich gehört hieher die Nachstellung des sog. zweiten Sup., z. B. facile didu, die bei Caes. regel- mässig ist und von Cic. selten aufgegeben wird, während freilich Liv. hier, wie in vielen andern Punkten von dem klass. Brauche abweicht; hat er doch selbst die solennen Formeln, wie senatus populusque, ferro ignique umgestellt und aus pro virüi parte ein pro parte virili gemacht. Überhaupt schwächt sich in der nachklass. Zeit das Gefühl für eine rhythmische, in die Ohren fallende Wortstellung, und auffällige, ja geradezu verzwickte Wortstellung ist ein Hauptmerkmal der silbernen Latinität, wie dies namentlich bei Plin. mai. hervortritt. Während z. B. das Altlatein eine auffallige Sperrung von Substantiv und Attribut sichtlich meidet und ebenso Cicero die Tren- nung von Subst. und Attribut nur durch einfache oder präpositionale Easus- bestimmungen, selten durch das Yerbum finitum, z. B. ex tua putabam voluntate, gestattet und Caesar davon nur zur Hervorhebung des Adjektivs Gebrauch macht, ohne jedoch schwerfällige Einschiebungen zuzulassen (vgl. § 45, 3), ist bei Liv. jede Art von Trennung statthaft; ja der ältere Plin. hat sich bereits so auffallende Zwischenschiebungen erlaubt, dass man nicht mehr von Wohllaut reden kann, sondern vielmehr eine gewisse Schwerfälligkeit der Diktion erkennen muss, z. B. 21, 89 reliqua volgarium in dbis apud eos herbarum nomina.

45. Hinsichtlich der Stellung der Satzteile hat man folgende Wahrnehmungen gemacht:

1. Auffälliges Zurücktreten des Subjektes entsprechend dem ver- balen Satzanfang finden wir bei Yarro, oft bei Nepos und Liv., selten und nie ohne zwingenden Grund in klass. Sprache; förmlich zur Manier ist diese Stellung beim älteren Plin. geworden, z. B. 34, 92 unam tantum Zenonis statuam Cypria expeditione non vendidit Cato.

Eingefügt wird das Subjekt in den Abi. abs., weniger bei Cic, Sali., b. Afric. als bei Caes. und namentlich bei Liv. und Tac, vgl. Caes. b. civ. 2, 11, 2 hac re statim Caesar per spedatores cognita mit b. Afr. 11 hac re cognita Caesar celeriter . .; namentlich ist dies bei ipse und quisque der Fall, z. B. Liv. 4, 44 causa ipse pro se dida damnatur, wo ipse dixit ge- meint ist. Offenbar soll diese Stellung die Partizipialkonstruktion ganz eng mit dem Hauptsatz verflechten; vgl. auch Bbughann, I.F. Y, 2, S. 139.

t

462 lAteiniache Grammatik, e. Stilistik.

2. Das Verbum verläset seine traditionelle Stellung und tritt an den i Anfang namentlich bei Historikern und epischen Dichtem in der sich schil- dernd ausbreitenden Erzählung, dann zur Herstellung eines engen Zu- sammenhanges in Wiederaufoahme des vorausgehenden Verbs, was in Nach- ahmung des Liv. das silberne Latein kultiviert, z. B. Plin. ep. 8, 8, 6 balineum Hispdlates publice praebent, praebent et hospitium. In Nebensätzen be- sonders, welche sonst regelmässig mit dem Verb schliessen, zieht Liv. das Verb vom Ende des Satzes weg, der ältere Plin. lässt die VV. dicendi bei merkwürdigen Angaben vorantreten, Varro rückt mit Vorliebe das Verbum von seiner gewöhnlichen Stelle und lässt ihm einen oder mehrere Satzteile nachfolgen, Nepos fröhnt dem verbalen Satzanfang oft ohne ersichtlichen Grund, Apulejus setzt das Verb in einer ihm ganz besonders eigentüm- lichen Weise an die vorletzte oder drittletzte Satzstelle, letzteres, wenn Subst. mit Adj. oder Präp. folgt, z. B. Met. 4, 19 his omnibus salubri cm- silio rede dispositis occurrü scaevus eventus.

Wenn das Verbum in einer zusammengesetzten Zeit steht, so wird bei Sali, sehr selten esse vor seinem Verbum getrennt, z. B. Jug. 17, 7 inkr- pretatum nobis est: dagegen wird bei Cicero regelmässig am Schlüsse der Sätze das Subjekt zwischen Partiz. und esse gesetzt, z. B. detrada oratio est, Cic. Lael. 89 habenda ratio et diligentia est; bei Liv. und in der nach- klass. Prosa können auch Bekleidungen des Subst. und adv. Bestimmungen dazwischen treten, z. B. Liv. 21, 57, 14 inhumanae superbiae edüum in miseros exemplum est; Val. Max. 3, 8, 6 ubi domestica quies seditionum agi- tata fltictibus est; vgl. übrigens Novak, Liviusstudien S. 240 über die bei Livius mögliche Wortstellung im Satze Romani a Poenis magna pugna vidi sunt; die seltenste ist sunt magna pugna vidi.

Der Inf. esse schliesst sich bei Cicero gewöhnlich an das Hilfsverb, z. B. "potesty vult etc. unmittelbar an, und hat dann das betonte Wort, Subj. oder Präd., nach sich, z. B. ut vita deserta ab amicis non possü esse iucunda; ähnlich verhält es sich mit den VV. sent. und decl., z. B. quem putant esse fidelissimum. Die Umgangssprache gestattet sich hier grössere Freiheit und lässt auch esse ans Ende der Sätze treten.

Die Hilfsverba folgen in der Regel ihrem Inf.; voran treten sie nur dann, wenn sie als selbständige Verba charakterisiert werden sollen, z. B. audeo dicere ich habe den Mut zu sagen; dagegen dicere non atmm ich möchte nicht sagen. Für Caesar ist bemerkenswert, dass der Infinitiv bei ihm seine gewöhnliche und naturgemässe Stellung vor dem V. finitum regelmässig einnimmt, vgl. J. Lange in Neue Jahrbb. 1895 S. 822.

Das Verbum esse wird vorangestellt, um die Wirklichkeit zu ver- sichern, z. B. sunt ista, oder wie dies bei den andern Hilfsverben auch beachtet worden , um selbständig d. h. als Verb der Existenz gelten zu können.

Anmerkung. Inquit wird regelmässig seinem Subjekte vorangesteUt; ausgenommen sind ganz wenig Fälle (bei Varro 2, bei Cic. 7, bei liv. 1), wo das Subjekt vorantritt, z- B. Varro r. r. 1, 22, 3 Itaque, Stolo inquit, etc.

3. Das adjekt. Attribut steht regelmässig vor seinem Nomen; so lautet die indogermanische Regel, Delbbück, Synt Forsch. IV S. 150, und

2. Wortfltellnng. 45.) 463

darauf weist auch die Nominalkomposition hin, vgl. magnanimus fieyalo- V^X^^ gro89miUig; fQrs Lateinische weist Quintilian 9, 4, 23 die Regel, dass das Adjektiv dem Substantiv nachfolge, ausdrücklich zurück. Besonders ist die Voranstellung der Fall bei den gebräuchlichsten Adj., welche mit dem Subst. in enger Verbindung verknüpft sind und beispielsweise im Abi. oder Akk. einen adv. Begriff ergeben, z. B. magno opere, magnam partem. Doch findet sich schon frühe die Nachstellung des Adj. und wird dann für manche Arten derselben oder nach manchen Substantiven Regel, z. B. homo Bomanus, lüterae latinae, de vi nefaria, vir peritissimus;' solche Sub- stantiva sind vir, res, spes, vis, auch homo u. ä. Die Tonstelle ist nicht, wie man glaubte, vor dem Subst.; vielmehr werden Adj. dadurch betont, dass sie aus der gewohnten Stelle gerissen werden, z. B. Gato erat. 18, 7 Oraeco ritu fiebantur Saturnalia; vgl. noch latinae litterae und urbem aliam statt des gewöhnlichen lüterae latinae und cdiam urbem, ferner Plin. n. h. 33, 20 a condita urbe statt des üblichen ab urbe condita. Ausserdem er- zeugt das Hyperbaton nachdrucksvolle Betonung; dies finden wir schon im Altlat., z. B. Plaut. Bacch. 599 tuo eqo istaec igitur dicam Uli periculo, namentlich bei Sisenna, z. B. 45 F. propriam capere non potuerat quietem, dann bei Sallust, der jedoch wie die meisten seiner Vorgänger gewöhnlich nur ein Wort einschiebt, z. B. Hist. 5, 8 negotia exsequebantur familiaria, dann bei Varro und in klass. Sprache, vgl. Caes. b. 6. 5, 58 magna pro- ponit his qui ocdderint praemia. In der Poesie war diese Stellung bei den hexametrischen Dichtern besonders beliebt und ging von da zu spätlatei- nischen Prosaisten über, welche sie in geradezu manierierter Weise miss- brauchen, so Boethius, Fulgentius und der auctor der Hisperica Famina (vgl. Stowasser, Progr. Wien Frz.-Jos.-Gymn. 1887 p. 17). Am gewöhn- lichsten ist das Dazwischentreten der Präpos., z. B. magno cum gemitu; die Nachstellung des Adj. in diesem Falle gehört schon dem Altlat. an, vgl. Ennius 562 M. aequore in alto, findet sich auch bei Lucilius, Lucrez, dann bei Verg. und ging von da in die nachklass. Prosa über, vgl. Tac. ann. 3, 10 iudice ab uno; vgl. Syntax § 140, 1. Hat das Adj. eine Bei- fügung, z. B. virtus digna summo honore, oder wird es prädikativ gebraucht, z. B. Vercassivellaunus Arvemus vivus in fuga comprehendUur, so steht es im klass. Latein nach; die silb. Latinität jedoch, besonders Plin. mai., ver- schmäht auch die Voranstellung des erweiterten Attributs nicht, z. B. Plin. n. h. 3, 33 muUo Galliarum fertüissimus Bhodanus amnis.

Adjektiva, welche von Eigennamen hergeleitet sind, stehen gewöhn- lich nach; die Voranstellung ist vielfach durch den Gegensatz bedingt, z. B. CSc. Fam. 10, 24, 4 (Plauens) sive Africanus exerdtus, sive Caesaris accessisset, oft aber willkürlich, wie z. B. Cicero in epp. zumeist bellum dem Adj. nachstellt, vgl. Parthicum, Gallicum etc. bellum.

Abgeleitete Adj. zur Bezeichnung der Herkunft stehen abgesehen von rhetorischer Hervorhebung noch voran in populärer Bezeichnung, z. B. Phalereus Demetrius; dies gilt für die klass. und silb. Latinität, aber nicht für Tac.

Schon bei Plautus gehen die Demonstrativpronomina gewöhnlich dem Substantivum voraus, so insbesondere hie und is, auch iUe, iste und

464 Lat«inisohe Grammatik, e. Btiliatik.

ipse und idem. In der klassischen Sprache gilt die gleiche Regel; doch findet man iUe und ipse auch öfters nachgestellt; regelmässig ist bei Cic. und Quint. gestellt is ipse, hie ipse, aber ipse üle. Die Possessivpro- nomina folgen ihrem Substantiv, dem sie gewissermassen enklitisch an- gehängt sind; bei der Voranstellung hat das Possessi vum besondere Be- tonung, z. B. Cic. Fam. 7, 14, 2 audivi ex eodem Ägrippa; sed maüem de tuis rebus ex tuis litteris.

Die Kardinalzahlen gehen gewöhnlich voraus; Nachstellung bedeutet auch hier besondere Hervorhebung, z. B. Caes. b. G. 5, 38, 3 interfectos em legatos duos; die Ordinalzahlen stehen besonders nach dies, hara, auch annuSj sonst gehen sie gewöhnlich voran, so besonders primus*

In der Stellung des attrib. Qenetivs herrscht grosse Freiheit; ee scheint, dass das Lateinische schon frühe von der Begel, wonach derselbe vor seinem Subst. steht, abgewichen ist, weil die sehr alten Amtsbezeich- nungen, z. B. tribunus plebis, praefectus urbis u. ä. bis in die silberne Latinität (Plin. mai. sagt auch z. B. undecimus plebei iribunus) ihre stereo- type Stellung behalten haben, ebenso die volkstümlichen Ausdrücke wie orbis terrarum u. ä. Die silberne Latinität verfährt hier wieder sehr will- kürlich, indem z. B. Plin. mai. ohne jeglichen ersichtlichen Qnmd a Sifriae Damasco u. ä. sich erlaubt.

Tritt zum Gen. und zum Beziehungswort noch ein Adj., z. B. frudum magnum studiorum optimorum, so sind alle mathematisch möglichen Varia- tionen auch stilistisch zulässig.

Die Apposition tritt in der Regel hinter das Beziehungswort, inuner, wenn sie eine Bestimmung bei sich hat, z. B. Xerxes, rex Persarum; eine Ausnahme bilden die Titel rex, imperator u. ä., z. B. rex Bocche!, sowie mons, oppidum, flumen u. ä., welche bei Caes. immer voranstehen. Nachlässig ist es, wenn die Apposition nicht unmittelbar zu ihrem Beziehungswort gesetzt wird, vgl. Plane, bei Cic. Fam. 10, 21, 7 frairem meum tibi, fortis- simum civem, excusem litteris?

Von der gewöhnlichen Reihenfolge der Namen weicht zuerst wohl Varro ab, z. B. 1. 1. 5, 83 Scaevola Quintus, dann die epp. an Cicero; Cicero selbst thut es gewöhnlich nur da, wo er durch Voranstellung des Cog- nomens der Rede den Charakter famihärer Vertraulichkeit geben will, z. B. Gaüus noster Caninius*, noch seltener als bei Cic. ist diese Wort- stellung bei Caes. und Sali. Dagegen wird sie mit Liv. und namentlich mit Yell. allgemein üblich.

4. Die Trennung des Adverbs von seinem Adjektiv ist besonders bei den Wörtern tarn und quam beliebt und findet sich so bei Plaut, Ter., Cic. (besonders ad Att. und in Verr.), Nep., Curt., Plin. epp., z. B. tarn oh tenui exitio. Auffälliger ist dies Hyperbaton bei andern Adv., z. B. CSc. fin. 4, 30 aeque vita iucunda, Val. Max. 6, 1, 11 tribuni tnüitaris aeque si- milis foedus exitus sequüur, Liv. 2, 20 tanto vi maiore; es wird selten bei Cic. und nicht in den späteren Reden, dann bei Varro, Pollio, Nepos, Liv. angetroffen.

46. Die dichterische Sprache hat ihre eigene Wortstellung, die unter dem Zwange des Metrums namentlich in der Setzung der Konjonk-

2. Wortstellung. 46.) 8. Satz- and Periodenban. 47.) 465

tionen sich mancherlei herausnimmt, was die Prosa nicht zulässt. Für die Prosa ist von Cicero und Quint. der poetische Rhythmus zurückgewiesen worden; doch ist es selbst Cicero, mehr noch Liv. und Tac. vorgekommen, dass sie unwillkürlich Verse in ihre Prosa einflochten ; ja Cicero hat nicht einmal in den Reden durchweg den Schluss eines Hexameters, z. B. esse videbam, zu vermeiden gewusst. Mit der Opposition gegen Cicero macht sich auch ein Eindringen des dichterischen Rhythmus in die Prosa be- merklich ; namentlich haben M. Brutus und Asinius PoUio geflissentlich den Tonfall der Verse in der Wortstellung nachgeahmt.

Vgl. Henbi Weil, De Tordre des mots dans les langues anciennes comparöes aux languea modernes, Paris 1879; Gaktbblle, £tnde Ijtteraire snr la disposition des mots dans la phrase latine, Brüssel 1883; Dbttweiler, Symb. ad coUocationem verborom, Festschrift zur 38. Phil.-Vers. 1885 p. 82—105; Jahn, N. Jahrbb. 45, S. 41—59; Mahlbb, De pronominum perBonaliam apud Plautam collocatione, Greifswald 1876; Kampf, De pron. pers. nsn et collocatione apad poetas scaenicos, Berlin 1886; Hbitzmaitn, De snbstantivi einsque attributi apnd poetas satiricos collocatione part. I. Bonn 1887; Metbb, Die Wort- und Satzstellung bei Sallust, Magdeburg 1880, Progr.; Lorenz, Dasselbe bei Caesar, Creuzburg 1875, Progr.; TON Boltenstebn, Bemerkungen über die Wortstellung, insbesondere ttber die Stellung der Präpositionen inVergils Aeneis, Dramburg 1880, Progr.; Ebafft, Zur Wortstellung Vergils, Altenburg 1887; Höbcheb, De verborum ordine linguae latinae usitato, Rudolstadt 1860, 1866, 1884; A. Recxzby, Über grammatische und rhetorische Stellung des Adjektivums bei den Annalisten, Gato und Sallust, Berlin 1888; Dietebich Rohde, Adiectivum quo ordine apud Caesarem et in Giceronis orationibus coniunctum sit cum Substantive, Hamburg 1884; id., Adiectiyum quo ordine apud Sallustium coniunctum sit cum Substantive, Hamburg 1887; G. Andrbsen, De vocabulorum apud Tacitum collocatione, Berlin 1874; W. Pbeis, Adiecti- vnm utro ordine apud optimos Romanorum scriptores coniunctum sit cum Substantive, Bayreuth 1889; E. Albrecbt, De adiectivi attributi in lingua latina collocatione specimen, Marburg 1890; Woltjer, De pron. person. usu et collocatione apud Lucretium, Mnemosyne XYII 1 p.64; Wackbbnagel, Über ein Gesetz der indogermanischen Wortstellung, Indogerm. Forschungen 1, 406—430; Steele, Ghiasmus in Sali., Gaes., Tac. and Justinus, Northfield, Minn. 1891 ; Hammelratb, Grammatisch-stilistische Beiträge zu den prosaischen Schriften des L. Annaeus Seneca, Emmerich 1895.

3. Satz- und Periodenbau.

47. In der Syntax wurde die Gestaltung des einfachen Satzes, die Verknüpfung mehrerer einfacher Sätze auf dem Wege der Beiordnung, der Übergang aus ursprünglicher Parataxe in die Hypotaxe und das Fortleben der Parataxe neben den streng untergeordneten Nebensätzen besprochen. Es erübrigt noch hier die Form der aus der Hypotaxe sich ergebenden lat. Periode darzulegen, dann eine Übersicht der Entwicklung der Perioden überhaupt und der historischen insbesondere zu geben und schliesslich die auffalligsten Erscheinungen der lat. Satzbildung und -Verknüpfung kurz zu charakterisieren.

Die einfachste Periode entsteht durch Verbindung von Haupt- und Nebensatz, wobei folgende Stellungen möglich sind: a: A; Ä (a) A; A \ a; a (A) a. Besonders bemerkenswert ist die Einschiebung des Hauptsatzes in den Nebensatz, wodurch eine gegenseitige Durchdringung der Sätze und damit eine geschlossene Einheit erzielt wird, z. B. Gic. Fam. 12, 2, 3 reliquos exceptis designatis ignosce mihi si non numero consularis : eine Inter- punktion zwischen Hauptsatz und Nebensatz ist hier unmöglich. Treten zu einem Hauptsatz zwei Nebensätze, so ergeben sich folgende Arten des Satzbaues: a: A \ b; a, A (i) A; A (a) A \ b; A (a) A {b) A und schliess-

Bandbuch der klass. AltertnmswiBsenscbatt II, 2. 8. Aufl. 30

466 Lftteiniaehe Gramnuitik e. Stilistik.

lieh a: {b: A); besonders wichtig ist die letzte Fügung, wo a als Vordem satz zu {b: A) zu betrachten ist, z. B. Gic. Div. Gaec. 6, 21 cur nolint, eüam^ taceantf satis dicunt Fügen sich einem Hauptsatze zwei Nebensätze ve^ schiedener Grade an, so ergeben sich nicht weniger als 15 Formen fnr die Gestaltung der Periode; bemerkenswert ist die sogenannte Schachte- lung der Sätze A a a a A; diese findet sich öfters bei Cicero und Livius, auch bei Dichtem, z. B. Ovid; vgl. Gic. Farn. 12, 2, 1 qui, quia^ quae di republica bene senserint, libere locuti sunt, tuto in senatum venire non possnnt; Ovid. Trist. 1, 1, 18 si quis, qui, quid agam, forte requirat, erit, Liv. 24, 8, 1; 33, 6, 5. Doch ist diese Schachtelung nicht so üblich, dass sie besondere Nachahmung verdiente. Im Deutschen sind alle diejenigen Fälle unmög- lich, wo a vor a tritt, z. B. a; a: A quid afferres novi, cum ignorarm, servum ad te misi ; a, A, a, z. B. Sulpic. bei Gic. Fam. 4, 12, 2 cui inimici pepercerant, inventus est amicus, qui ei mortem offerret.

Mit Beiziehung dieser Grundformen lassen sich alle Perioden, aucli die kompliziertesten, erklären.

Bezüglich der Satzstellung und ihres Verhältnisses bei Plautus und Gicero hat Lenbskog folgende Ergebnisse aus statistischen Zusammenstel- lungen erzielt:

1. Nebensätze zweiten Grades kommen bei Gicero verhältnismässig häufiger vor als bei Plautus;

2. wo der Hauptsatz folgt, sind die Nebensätze zweiten Grades so- wohl bei Plautus als bei Gicero seltener;

3. während bei Plautus die Nebensätze zweiten Grades gewöhnlich nicht eingeschoben werden, kommt bei Gic. Einschiebung weit häufiger vor;

4. bei Plaut, findet man selten Nebensätze zweiten Grades, die einen ganzen Vers ausmachen oder noch länger sind; in der Regel sind sie nicht eingeschoben;

5. dass der Nebensatz des zweiten Grades dem des ersten Grades vorangeht was bei Plaut, schon ziemlich selten ist kommt bei Cicero nur ausnahmsweise vor.

Es wurde oft schon ausgesprochen, dass die lat. Sprache eine Hin- neigung zum periodischen Satzbau besitze und dass ein wesentlicher Unter- schied zwischen der deutschen und der lat. Rede in der überwiegend periodischen Gruppierung der letzteren bestehe. Dies gilt vorzugsweise för die Hauptvertreter der lat. prosaischen Litteratur; wenn dieselben vom periodischen Satzbau absehen und zur einfachen mit oder ohne Konjunktion erfolgenden Anreihung der Sätze sich wenden, so haben sie ihre bestimmten Gründe dazu. Diese sind zum Teil durch den Inhalt, zum Teil durch den Wohllaut gegeben. Sobald aber solche Gründe nicht vorhanden sind, tritt die Periodisierung ein (vgl. oben Syntax § 265).

48. Die tragische wie die epische Poesie war der Entwicklung der lateinischen Periode günstig. So ist die Satzbildung des Ennius mannig- faltig und beweglich: manchmal freilich scheint sie zu umfangreich und verschlungen, auch ist zu häufig der Gebrauch relativer Fürwörter und Konjunktionen. Entsprechend der noch kurzen Zeit, seit welcher dem Satz- bau Aufmerksamkeit gewidmet worden, finden wir nicht selten recht hart

8. SatE- und Periodenbaa. 48.) 467

scheinende Asyndeta und eine später zurücktretende Freiheit in der An- knüpfung relativer und fragender Sätze, z. B. Ennius Fab. 377: ea libertas est, qui pedus purum et firmum gestitat. Bei Lucrez fallt uns ferner, wie auch bei CatuU, ein bisweilen nicht besonders poetischer, sondern viel mehr streng logischer Periodenbau auf; so besteht beispielsweise CatuU 65 aus einer einzigen schwerfölligen Periode: Vordersatz mit Parenthese, Hauptsatz und Vergleich. Bei den augusteischen Dichtern, die einem bereits geläuterten Geschmacke huldigen, liegt die Sache ganz anders; nur ganz ausnahms- weise stossen wir auf Sätze wie Hör. epist. 1, 15, wo Vers 1 25 eine einzige durch zwei lange Parenthesen unterbrochene Periode bilden; dies lässt sich durch den Briefstil entschuldigen. Im übrigen entspricht der Satzbau den Anforderungen, die man an ein Qedicht stellt, und . wie die Poesie der aug. Zeit überhaupt durch die bewunderungswürdige formelle Vollendung im Ausdruck und Versbau sich auszeichnet, so auch durch einen wahrhaft dichterischen einfach grossartigen Satzbau. So vermeidet bei- spielsweise Tibull lange und gewundene oder schwer zu analysierende Perio- den und hält sich lieber an einfache Parataxen mit zahlreichen echt dich- terischen Asyndeta. Geradezu wunderbar im Satzbau ist die Sprache Ver- gils, wo umfangreiche Perioden sich fast gar keine finden, kürzere mit zwei Nebensätzen nur vereinzelt getroffen werden und sogar die zwei- gliedrige Satzverbindung noch sehr zurücktritt gegen die einfachen Sätze, welche, bald kürzer, bald durch Appositionen und Partizipialkonstruktionen erweitert, in zwangloser Parataxe und noch öfter asyndetisch an einander gereiht das ganze Werk füllen. Die Verehrung, mit welcher die Folgezeit auf Vergil blickte, ist bekannt; ebenso der Einfluss, den seine als muster- gültig angestaunte Sprache auf die Dichter und Prosaiker der Folgezeit ausübte. So .lässt sich denn auch bemerken, dass seine Bevorzugung der parataktischen Satzfügung gegenüber der Hypotaxe in der nachklass. Litteratur sich in den Vordergrund drängt, und wenn z. B. Tacitus weniger kunstreich als Livius periodisierte, sondern viele Parataxen ein- treten liess, so mag dies zum grossen Teile der Nachahmung des Vergil zu- zuschreiben sein.

Die Prosaiker der vorklassischen Zeit waren noch weit entfernt von einer kunstreich gegliederten und ebenmässig gebauten Periode; wenn wir auch bei Gate in dem höchst einfach geschriebenen Buch r. r. Sätze finden, wie praedium quod primum stet, si me rogabis, sie dicam, somit Spuren echt- lateinischer Periodisierung, muss doch im ganzen sein Satzbau als durch- aus primitiver Natur in ungezwungener loser Parataxe sich bewegend an- gesehen werden, wo ausser et sogar die Partikeln sehr selten auftreten und manche wie enimy igitur, ergo, itaqne ganz fehlen. Das Gleiche gilt im allgemeinen für Varro, dessen Satzbau namentlich in den libb. de ling. lat. wenig entwickelt erscheint, der aber daneben ganz kunstvoll gebaute Perioden zeigt, vielleicht unter dem Einflüsse Ciceros, z. B. 1. 1. 5, 145 quae venderentur vellent, quo ferrent, Forum appeUarunt. Ihre Vollendung und kunstvolle Ausbildung erhielt die Periode durch Cicero. Dieser Meister des Stils verstand es, ganz entsprechend dem Inhalte und Zweck der Dar- stellung bald die einzelnen Glieder der Periode kunstreich zu verschlingen,

30*

468 Lateinische Ghrammatik. e. Stüisük.

bald lose aneinander zu reihen und in letzterem Falle einmal die Sätze sich förmlich drängen, dann aber sich bedächtig folgen zu lassen; dabei treten die Hauptgedanken förmlich in den Vordergrund, das minder Wichtige wird angehängt, und alles verläuft im schönsten Flusse und herrlichsten Wohllaut. Das silberne Latein verstand es nicht, sich diesen Vorzug der klassischen Diktion zu erhalten; dem Geschmacke eines Seneca entsprechen vielmehr kurze Sätze, weil hier sich die Pointen und der ganze Zierrat eines effekthaschenden Stils viel besser anbringen liess. So verfiel denn der Periodenbau im nachklass. Latein immer mehr, und nur vereinzelte Historiker suchten noch, wie wir sehen werden, sich am Beispiele der Alten wieder aufzurichten.

49. Die Perioden werden eingeteilt in historische, oratorische und deskriptive; wir wollen hier nur die erste Art näher ins Auge fassen, da die zweite unten in der Rhetorik genauere Behandlung findet und die letzte von untergeordneter Bedeutung ist.

Die Periodenform, welche den Historikern am meisten zusagte und so sich allenthalben bei ihnen findet, ist diejenige, in welcher einem Haupt- satz ein Nebensatz voraufgeht, z. B. id cum dixisset, hastam in hostium fines emisit Die nächste Erweiterung, welche diese einfache Periode erfuhr, war, dass dem Konjunktionalsatz noch ein Partizip vorausging; diese Perioden- form war besonders bei Liv. und dann auch bei Tac. beliebt, z. B. Tac. ann. 2, 69 mox adversa valetudine Germanici detentus, ubi recreatum accepit, plebem per lictores proturbaU Weniger häufig findet sich die von Nepos besonders gepflegte Nachstellung des Partizips mit abhängigem Objektsatz, z. B. Them. 7, 1 dedit operam, ut quam longissime tempus duceret causam interponens se coUegas exspectare; doch schreibt auch Plauens in epp. ad Cic. so. Li ähn- licher Weise nachschleppend fügen Nepos, Plancus und Galba in Cic. epp., Liv., Plin. mai., Tac, Script, bist. Aug. auch Relativsätze an, die dann öfters den Hauptgedanken enthalten, z. B. Milt. 1, 2 nam tum Thraeces eas regiones tenebant, cum quibus armis erat dimicandum.

Eine andere Erweiterung der einfachen Periode entstand durch asyn- detische Beifügung eines zweiten Konjunktionalsatzes an den ersten, z. B. Nepos Epam. 6, 3 Epaminondas, cum de ceteris perora^sset, postquam ad illa duo opprobria pervenit, admirari se dixit etc. Dies liebte besonders Varro, der sogar drei Nebensätze vorantreten lässt, dann Livius, weniger Tac.; auch Nepos hat einige Beispiele. Cicero dagegen bevorzugt die Unter- ordnung von Nebensätzen unter Nebensätze.

Beachtenswert ist in der Entwicklung der histor. Periode die Häu- fung der Partizipien. Die Anfänge davon finden wir bei Caesar (vgl. Syntax § 171), weniger bei Sallust und Nepos; namentlich aber ist es Livius, der in der reichhaltigsten Abwechslung, bald auf dem Wege der Koordination, bald auf dem' der Subordination die Partizipien zu gruppieren versteht. Es ist natürlich, dass die von ihm abhängigen Autoren, wie z. B. Yal. Max. und Curtius, ihm hierin nachahmen; behutsamer ist trotz seines Reichtums an Partizipien schon Tacitus, der sich im Satzbau mehr dem Sali, als dem Liv. nähert. Eine vielleicht auf Nachahmung der Qriechen zurückzuführende Eigentümlichkeit der Partizipialverbindung bei

8. Satz- and Periodenbau. (§§ 49—50.) 469

den Historikern Sali., Liv., Tac, Sueton besteht in der Parallelsetzung von absol. und konj. Partiz.^ z. B. Liv. 25, 94 inter exercüus ducesque gratu- laiio ingens facta imperatore tanto deleto et alteram victoriam exspectantes. Daraus, dass Livius diese Konstruktion anfangs seltener, später erst häu- figer verwendet, kann man wohl auf einen Einfluss des Polybius schliessen. Im Spätlatein hat sie noch Vict. Vit. 3, 58 neque sufficiebant ad sepdiendum vivi fame dominante et ipsi post paulum morüuri. Im allgemeinen jedoch haben die spätem Historiker kein Verständnis mehr für grössere Perioden, und damit schwindet auch die Neigung zur Häufung der Partizipien; oder wenn sie einmal einen Anlauf nehmen, fallt er gewiss ungeschickt aus, z. B. Spart, vit. Hadr. 24, 9: quod cum esset proditum et in Antonini usque notitiam venisset, ingressis ad se praefectis et filio rogantibusque, ut aequo animo necessitatem morbi ferret, dicente Antonio parricidam se futurum, si Hadrianum adoptatus ipse pateretur occidi, iratus iUis auctorem proditionis iussit occidi.

Im ganzen gilt für die Entwicklung der histor. Periode: die vor- klassische Geschichtschreibung bewegt sich zumeist in Parataxen oder in den einfachsten Perioden ohne jede Häufung und Verschlingung. Caesar hat einen bedeutenden Schritt vorwärts gethan; immerhin aber kümmert auch er sich wenig um Abwechslung, wie sich dies besonders in der ihm ge- läufigen Häufung der Abi. abs. zeigt, ebenso wenig um Abrundung und so fehlt seinen Perioden die Geschlossenheit. Sallust hat viel von Thukydides gelernt, aber sein archaisierendes Wesen gibt doch manchmal dem Satz- bau eine gewisse altrömische Steifheit und Einförmigkeit. Nepos vermeidet grössere Perioden, weil er sie nicht zu beherrschen versteht. Dagegen hat Livius in bewusster Anlehnung an Cicero, dessen erklärter Anhänger er war, die bist. Periode zur höchsten Vollendung gebracht; seine Sätze sind mit wenig Ausnahmen, die sich vielleicht auf die ersten Dekaden be- schränken, bei aller Ausdehnung doch immer einheitlich gebaut, und nament- lich sind die Partizipien geeignet, die Glieder zusammenzuhalten. Aber schon Vellejus kann keine langen, kunstvoll gegliederten Perioden mehr bauen und beim älteren Plinius sind gut gegliederte Perioden eine Selten- heit. Tacitus kann als Vertreter einer, wenn auch gemässigten, pointierten brevitas sich durch einen kunstvollen Periodenbau nicht auszeichnen. Nur da, wo er Eriegsthaten darstellt und so der Ton naturgemäss ruhiger und getragener wird, baut er regelrechte Perioden, ohne jedoch dem Livius nahe zu kommen. In der nachtac. Geschichtschreibung verdient Sueton noch Anerkennung wegen der Sorgfalt, die er auf Anlage und Ausführung seiner Perioden verwendet. Später aber wird es schlimmer, und man braucht nur eine Seite in den script. bist. Aug. zu lesen, um sich zu über- zeugen, dass hier das Gefühl für die bist. Periode bereits abhanden ge- kommen ist. Noch mehr tritt dies bei Gregor. Turon. hervor, bei welchem man von einer Periode gar nicht mehr sprechen kann. Er hat zwar lange und verzwickte Sätze, aber keine Periode: denn gerade alle die Merkmale, an denen man eine Periode erkennt, fehlen diesen Satzkonvoluten voll- ständig.

60. Vereinigung verschiedener Konstruktionen. Mit einem

470 Lateinische Grammatik, e. BtiUatik.

Relativsatz kann noch ein zweiter Relativsatz, ein Eonjunktional- oder Fragesatz, auch ein Acc. c. inf. in Verbindung treten, z. B. contra quem qui exercitus ducunt; quae quia nonvides; quae unde sit prolata nesdo; quae ita esse non ignoras. Femer vereinigen sich Fragesatz und Partizipium, eine Konstruktion, welche unter dem Einflüsse des Griechischen sich einlebte. z. B. Cic. Fin. 3, 37 quem frudum petentes scire cupimus iUa? dann Frage- satz und Acc. c. inf., so schon bei Plaut., z. B. Aul. 69 quid ego ero dicam meo malae rei evenisse, noenum queo comminisci, dann Eonjunktional- und Fragesatz, z. B. quid ut facerent? Wir finden solche Konstruktionen, die vorzüglich geeignet sind, der Rede ein lat. Gepräge zu geben, schon im Altlat., z. B. Enn. Fab. 240 M. quae nemo est tarn firmo ingenio quin refugiat und Acc. 313 R. laudis, quam ut serves mde, namentlich in der klassischen Zeit und ebenso bei Liv. und Tac, später, wie es scheint, nur noch in Nachahmung, z. B. Tertullian Scorp. p. 145, 20 ut quis me salvum faciat, si.,? (Habtel, Patrist. Stud. III S. 75). Besonders aber ist es Cicero, der die- selben, und zwar gleichmässig in allen Arten seiner Schriften aufs feinste ausgebildet hat. Nur eine Eigentümlichkeit sei erwähnt: Lässt der Haupt- satz vermöge seines Verbs keine Rektion zu, so folgt er unmittelbar aut das Relativum, z. B. Cic. Vat. 7, 16 quem tu dirumperis si aedüicium rides, de or. 3, 41 quae nemo est quin effugere cupiat (wie Enn. Fab. 240 M.).

Eine elegante, uns unnachahmbare Konstruktion entsteht dann, wenn das Nomen, auf welches sich das in obenerwähnter Verbindung vorkom- mende Relativ bezieht, im Nachsatze nicht steht oder gar nicht gedacht werden kann, z. B. Cic. Fam. 6, 6, 5 ea suasi Pompeio, quibus ille si paru- isset, Caesar tantas opes non haberet. Diese Art des Satzbaues zeigt sich in ihren Anfangen schon bei Plaut., gehört namentlich der klassischen Zeit und hier in erster Reihe Cicero an, hat sich aber auch noch bei den Ar- chaisten, z. B. bei Fronte, erhalten.

Auch mehrere Fragesätze können zu einem einheitlichen Satze vei^ einigt werden und zwar asyndetisch, wenn sie sich gegenseitig bedingen, z. B. Cic. Att. 1, 11, 3 quas tu incredibile est quam brevi tempore quanto deteriores offensurus sis; mit et bei zwei getrennten Dingen, z. B. Verr. 5, 174 considera, quem hominem et qua ratione defendas. Die asyndetische Konstruktion ist, wie es scheint, Eigentümlichkeit ciceronischer und livia- nischer Diktion, findet sich aber auch bei Corn. Nepos, und noch im Spätlatein, z. B. Arnob. 148,1 cum esset nescinm, quisnam eorum quidposset,

51. Attraktion. Der Sprache des gewöhnlichen Lebens gehört die Art des Satzbaues an, in welcher das Subjekt aus dem Nebensatze als Ob- jekt in den Hauptsatz genommen wird. Häufig finden wir diese Erschei- nung im Altlat., z. B. Acc. 19 R. quem scis quali in te siet fide, bei Plaut und Ter., dann bei Cato und Varro, hier besonders in Frage- und Final- sätzen, selten bei Cicero und in nicht auffälligen Beispielen, so besonders in Fragen (C. F. W. Müller zu Cic. oflf. 2, 25), aber nicht in Fällen wie Fam. 4, 1, 2, wo Cicero nur res vides quomodo se habeat geschrieben haben kann; anders ist es bei Cael. ad Fam. 8, 10 nosti Marcellum, quam türdus. Eine Angleichung an die vorhergehenden Akkusative ist bei Caes. b. G. 1, 39, 6 anzunehmen. Selten ist die Konstruktion auch bei Livius (wohl

8. Satz- und Periodenban. (§§ 51—58.) 471

nur in Reden, z. B. 23, 10, 3), ebenso im silb. Lat., z. B. Quint. 10, 1, 62, doch findet sie sich häufig im Spätlatein, vgl. Lact. 11 53, 22 animus se ipsumnon videt, ubi (vgl. damit Cic. Mil. 84), Commod. 198 nee voluit se manifestare, quid esset.

Manchmal wird das zur Konstruktion des Acc. c. inf. gehörige Partizip zum Hauptsubjekte konstruiert, z. B. Caes. b. G. 5, 39 hanc adepti victotHam in perpetuum se fore vidores confidebant (doch wird hier jetzt adeptos ge- lesen, aber vgl. b. G. 7, 26, 2 conati sese effecturos sperant, vgl. Meusel, Jahresber. 1894 S. 322). Diese Konstruktion hat eine Analogie im Griech., vgl. Soph. Philokt. 619 firj %v%(iv^ sie findet sich bei den Historikern Caes., SalL und Liv und im Spätlat. noch bei Ammian.

Eine Angleichung des unpersönlichen Hauptsatzes an den Nebensatz gehört besonders der familiären Sprache an, findet sich auch bei Cicero Geg. agr. 2, 102; Pomp. 34; Phil. 6, 1; Matius bei Cic. Fam. 11, 28, 2), auf- fallig bei Vitruv, vgl. Cic. Lael. 56 constituendi autem sunt, qui sint in ami" citia fines, Vitruv 28, 22 exspectanda est, dum decrescat, auch noch im Spät- lat. bei Gregor. Turon. h. F. 5, 36 sed quae contra sacerdotes egerit, aUius repetenda sunt, vgl. Bonnet S. 502.

52. Die Parenthesen treffen wir bei Caesar äusserst selten, häufiger schon bei Corn. Nepos, bei Cicero namentlich in den Briefen, hier manch- mal sogar gehäuft, vgl. Fam. 16, 9; eine Eigentümlichkeit des liv. Stiles ist die zahlreiche Verwendung derselben, die nur noch von Curtius über- boten wird. Im Vergleich zu diesen beiden zeigt sich Tac. äusserst ge- mässigt in der Einfügung von Parenthesen; sehr häufig beziehen sie sich bei ihm, wie auch vorher teilweise bei Ovid, z. B. Met. 3, 106 inde, fide maius, glaebae coepere moveri, und dann bei Liv. und Val. Max., auf das folgende (Nipp, zu Tac. ann. 12, 42).

53. Anakoluthe entstehen, wenn eine begonnene Satzform nicht fortgeführt, sondern mit einer andern vertauscht wird, so dass sich Anfang und Ende nicht entsprechen. Am seltensten finden wir dies bei Caes. und Tac, häufig bei Cic, namentlich in längeren Perioden, hauptsächlich in Briefen, die den Gesprächston darstellen, z. B. Fam. 1, 7, 4; Att. 7, 3, 2; ebenso bei Liv., am meisten bei minder sorgfältigen Stilisten wie Varro. Ein Beispiel genüge: Celsus 3, 7, 1 parcius in his agendum est, non facile sanguinem mitter e: dies mittere setzt ein agere oportet voraus; vgl. fürs Griech. Plat. Crit. p. 51 C. Auch bei Dichtern treffen wir häufig Ana- koluthe, weniger bei Lucr., Hör., Verg. als bei solchen, welche infolge reicher Phantasie zu immer neuen Gedanken angeregt werden, die dann die Fortführung der angefangenen Konstruktion hindern, so bei Properz. Auch nachklass. Dichter wie Statins weisen mancherlei Anakoluthe auf.

Zum Anakoluth rechnen wir auch das Anantapodoton. Dies er- kennen wir da, wo einem et kein korrespondierendes et folgt, oder wo einem primum kein deinde entspricht, oder wo nach neque statt einer kor- respondierenden Konjunktion eine andere eintritt; vgl. aus Cicero Pomp. 17 et ... . deinde; leg. agr. 2, 36 nam neque ea .... verum haec foriasse. Ein etj neque ohne Korresponsion nennt man particula pendens.

Vgl. Lehma5N, Allgem. Mechanismus des Periodenbaus, Danzig 1833; Wesener, De

472 Lateinische Orammatik. e. Stilistik.

periodomm Liv. proprietatibns, Fulda 1860; Wbissbkburo, UnterBncbungen Aber den Salz- ond Periodenbau in Vergils Aeneide, Mfiblhansen 1879 Progr.; Ebibbbl, Der Periodenban bei Cic. und liv., Prenzlau 1878; Fb. Spitta, De Taciti in componendis ennntiaias ratione, Göttingen 1896; Devantibb, Über das lateinische sogenannte Relativnm in der Versdirin- kung und der Konkurrenz, Friedeberg Nm. 1886, Progr.; Back, Über den lat Satzton und sein Verhältnis zum deutschen Satzton, Birkenfeld 1885 Progr.; Glbmbks, E., De Gatolli periodis, Göttingen 1886; Liüdskog, Beiträge zur Geschichte der Satzstellung im Latein, Lund 1896.

4. Reinheit und Angemessenheit der Sprache.

B4. Reinheit der Sprache wird erreicht durch Vermeidung aller fremden Wörter und Wortformen, sowie durch Ausschluss aller Archaismen und unnötigen Neologismen; Angemessenheit aber durch die nicht zu hoch gehende, aber auch nicht zu tief greifende und dem behandelten Gegenstand entsprechende Wahl des Ausdrucks und der sprachlichen Form überhaupt.

55. Grazismen. Bei dem grossen Einflüsse, welchen die griechische Sprache und Litteratur auf die Ausbildung der latein. Sprache ausübte, mussten notwendigerweise auch griechische Wörter herübergenommen werden. Fast selbstverständlich hat man Gegenstände, die aus Griechen- land importiert waren, mit ihrem einheimischen Namen auch auf italischem Boden bezeichnet, z. B. scyphus, cymba, epityrum; die Künste und Wissen- schaften verpflanzten sich von Griechenland herüber, die ohnehin schwer- fällige lat. Sprache hatte nicht sofort für die neue Errungenschaft ein passen- des Wort bereit, und so musste man bei sonst strenger Abschliessung gegenüber dem Fremden noch froh sein um den griechischen Ausdruck. Für Schilderung griechischer Verhältnisse reichte oft die lat. Bezeichnung nicht oder deckte den Begri£f kaum, und so behielt man z. B. dicay ex ephebis excedere, lyra u. ä. immer bei, wo es sich um Griechenland und seine Einrichtungen handelte. Schliesslich führte der höhere ümgangston manche Wörter ein, die, ähnlich wie bei uns viele französischen Ausdrücke, Bedürfnisse der höheren Gesellschaftsschichten benennen. So konnten sich Römer von echtem Schlage, die mit Verachtung auf alles Fremdländische blickten, z. B. der alte Cato, der eingebürgerten griechischen Wörter nicht ganz enthalten, und wenn er auch gegen das eingewanderte amygdalum sich durch nux graeca zu verwahren suchte, so blieb ihm doch nichts anderes übrig, als trapetum, placenta u. ä. Wörter in Wort und Schrift zu gebrauchen. Doch seit Ennius, der ja der griechischen Sprache einen weitgehenden Einfluss zur Politur und Bereicherung des Lateinischen ein- räumte, war man gewohnt, sein römisches Gewissen durch Latinisierung der Endung und soweit möglich auch der übrigen Form zu salvieren; so haben Ennius, Plaut., Caecil., Pacuv. und Ter. fast ausnahmslos die grie- chischen Wörter lateinisch dekliniert, ferner wurde amurca aus diiogyr^ Alcumena aus 'AXxfi'^vr], guminasium aus yvixvdaiov, techina aus Tc'xr'ij u. ä. Nur Acc. wagte es entgegen der herrschenden Übung stärker zu gräzi- sieren und, wie Varro sagt, die Wörter a prisca consuetudine movere et ad formas Graecas verborum magis revocare; allein er fand wenig Anklang} und wenn auch Lucil, Varro und Catull viele griechische Formen auf-

4. Reinheit und Angemeaeenheit der Sprache, (§§ 54 55.) 473

weisen, so war es doch den aug. Dichtern vorbehalten (z. B. Horaz in den Oden, nicht in den Satir. und Epist., Verg., Ovid) dies für die Dichter- sprache als Regel aufzustellen, und mit Formen wie heroisin, wofür der Prosaiker heroidibus sagte, hervorzutreten.

Im übrigen kann man sagen, dass die römischen Schriftsteller sorg- faltig über die Reinhaltung ihrer Sprache gewacht haben. Selbst Plaut. und Ter., die doch griechische Lustspiele übersetzten, hielten sich von un- nötigen Fremdwörtern fern, besonders gilt dies von dem elegant dichtenden Ter. In der Folge mischte zwar Lucil. gerne Lateinisches und Griechisches durcheinander; aber er fand damit wenig Beifall, und noch Horaz glaubte es rügen zu sollen; auch Varro liess mancherlei griechische Phrasen in seinen Gedichten mit unterlaufen, doch offenbar nur solche, die allgemein bekannt waren. Um so mehr schloss sich Lucrez von allem Griechischen ab, ja er suchte, soweit dies damals möglich war, sogar die philosophischen termini durch lateinische zu ersetzen, und so sind griechische Wörter bei ihm sehr selten. Besonders ängstlich war Cicero auf die Reinheit seines Ausdrucks bedacht; wenn er auch der Gewohnheit der damaligen Eon- versationssprache in seinen Briefen ad Att. nachgab und vielleicht manch- mal seinem Atticus zuliebe etwas „Attisches' einfliessen liess, so hat er in seinen übrigen Schriften und ganz besonders in den Reden seinen Grundsatz (Tusc. 1, 15 sds enim me graece loqui in latino sermone non plus soler e quam in graeco latine) streng eingehalten. Ganz ebenso hat es Caes. gemacht, auch Sali, und Livius. Bekannt ist, dass Tiberius sich als eifrigen Puristen er- wies, der lieber eine Umschreibung als einen fremden Ausdruck anwenden wollte. Aber die ganze römische Kultur war mit so viel griechischen Elementen durchdrungen und die bessere Gesellschaft so sehr an die grie- chische Eonversation gewöhnt, dass solche Bestrebungen nicht mehr auf- kamen, namentlich seitdem der Nationalstolz gebrochen und der Sinn für die Reinheit der Sprache beim Volke getrübt war. Seit der Zeit des Quint. dringt die von den aug. Dichtern gepflegte griech. Deklination griech. Wörter auch in Prosa ein; Celsus und Plin. mai. gebrauchen ohne Not griech. Wörter, und ihr Beispiel fand nur zu bereitwillig Nachahmung. Eine ehrenwerte Ausnahme in dieser Zeit macht Tac, der z. B. Hist. 5, 23 das von Liv. 38, 38 gewagte moneris zurückweist und dafür die Umschrei- bung quae simplid ordine agebantur gebraucht und sogar eingebürgerte Wörter wie philosophus und philosophia ängstlich meidet. Aber nach ihm zeigen sich immer mehr fremde Eindringlinge, die lat. Sprache ver- liert von Stufe zu Stufe ihren nationalen Charakter und wird zu einer Art üniversalsprache, in welche sich die heterogensten Formen und Strukturen mengen.

Interessant ist es hier den Einfluss des Christentums zu beob- achten. Die christlichen Schriftsteller waren aus mehrfachen Gründen ge- zwungen, nach griechischen Wörtern zu greifen, zunächst weil ein lateini- sches entsprechendes Wort nicht vorhanden war oder bei der Bevorzugung der griechischen Sprache im liturgischen und homiletischen Gebrauche für paganisch erachtet wurde, oder weil es die Sache nicht deckte oder zu wenig umbildungsfähig war (zu Adj., Adv., Verben). Gleichwohl regte sich

474 Lateinische Ghrammatik« e. Stilietik.

auch hier noch einmal die altrömische Energie, um die Gräzismen möglichst auszumerzen oder doch wenigstens umzuformen; das erstere gelang weniger, und der Kampf ums Dasein einzelner Wörter fiel sehr ungleich aus, so zwischen concilium und synodus, excommunicare und anathemizare^ dominicnm und ecclesia; man kann sagen, dass die älteste Bibelübersetzung puristischer verfuhr als die spätere Bearbeitung und die eccL, welche mehr die griecL Ausdrücke bevorzugten. Die Umformung der letzteren durch Hinzufiigang einer lat. Endung fand besonders bei häufig gebrauchten und volkstüm- lichen Wörtern statt; war einmal die Umformung vollzogen, so begann so- fort die Ableitung, und auf diese Weise entstand ein bedenklicher Reich- tum der christl. Sprache, z. B. blasphemare zog ein blasphematio und bla9- phemator nach sich, wie baptizare ein baptizator, baptizatio, rebaptkator und rebaptizatio u. ä. Allein wie überhaupt seit dem D. saec. wurden auch hier vielfach die griechischen Endungen beibehalten; an dem Verfall der Kasusendungen beim Übergang ins Romanische nahmen selbstverständlich auch die griechischen Formen Anteil, ja sie wurden als Fremdlinge viel- fach noch härter behandelt.

Schon in der Syntax habe ich Konstruktionen von dem Verdachte des Gräzismus befreit und als echtlat. nachgewiesen, so z. B. induor restm. Oleichwohl ist sicher, dass die Dichter aller Zeiten, am meisten aber die aug., dann Livius und andere Prosaiker, namentlich wenn sie nach griech. Vorbildern arbeiteten oder wie Apulejus und Tertullian die Fertigkeit be- sassen in beiden Sprachen zu schreiben oder gar wie Ammian aus Qriechen- land stammten, unwillkürlich Konstruktionen aus der fremden Sprache in die eigene verpflanzten. Selbstverständlich fand dies nur da statt, wo die lat. Sprache, ohne dass ihr Gewalt geschah, die Konstruktion aufoehmen konnte, besonders also, wenn bereits Analogien vorhanden waren.

Von untergeordneter Bedeutung ist der Einfluss der übrigen Sprachen. Durch die nahe Berührung mit den in Oberitalien wohnenden Galliern nnd die starke Einwanderung der letzteren seit der lex Julia verirrten sich einzelne keltische Wörter in die Diktion mancher Schriftsteller, weniger der urbanen (vgl. jedoch Landgraf zur Rose. S. 167), als der aus Gallien gebürtigen, z. B. des CatuU, Nepos, Liv. In späterer Zeit macht sich die semitische Einwirkung bemerklich, besonders im Gebiete des sog. afri- kanischen Lateins; sie äussert sich indes weniger in der Wahl der Wörter als in lautlichen und formalen Dingen, sowie in einigen wenigen Eigenheiten der syntaktischen Fügung. Was man jedoch unter tutnor Äfricus bisher verstand, ist, wie Sittl sagt, grösstenteils apulejische Rhetorik oder nach Norden's Ausspruch ,Der bombastische und zugleich gezierte Stil der Afrikaner ist nichts anderes als der griechische Asianismus (Manierismus) im lateinischen Gewände.** Wir haben kein antikes Zeugnis far einen tumor Africusj der Begriflf kam bei den humanistischen Ciceronianern des XVI und XVn saec. auf. Vgl. Norden, Antike Kunstprosa 11 S. 588 ff., Sittl, Jahresber. für Vulgär- und Spätlatein 1884—1890, Kboll, Rhein. Museum 1897 S. 569 flf.

66. Neologismen. Bei der eigentümlichen Entwicklungsgeschichte der lat. Sprache war eine Beschränkung der Autoren auf den vorgefundenen

4. Reinheit und AngemesBenheit der Sprache. (§§ 56—57.) 475

Sprachschatz geradezu unmöglich. Freilich Bildungen, welche dem Charakter und den Formationsgesetzen der lat. Sprache nicht entsprechend waren, wurden selten gewagt, und wenn sie an die Öffentlichkeit traten, wurden sie alsbald verlacht und dem Spotte wie dem Untergänge zugleich preis- gegeben, so z. B. repandirostrus bei Pacuv., contemnificus bei Acc, femer incurvicervicus u. ä. Solches durfte sich nur die Komödie gestatten, der dann eine späte geschmacklose Zeit in ernster Diktion nachahmte. Dagegen wTisste schon Ennius in richtiger Weise der noch armen und spröden Sprache aufzuhelfen, ebenso andere alten Dichter, und neben diesen arbei- teten auch die Grammatiker mit an der Bereicherung der Sprache. Mit Lucrez und Cicero, welche zuerst philos. Gegenstände zur Darstellung brachten, zeigte sich das Bedürfnis nach philos. Termini, und so streng sich sonst Cic. aller Neubildungen enthielt, hier konnte er derselben nicht entraten. Gleichwohl verfuhr er äusserst bedächtig und behutsam, wie Lael. 49 zeigt, wo er das neue, dem griechischen dvTigiiXetv nachgebildete redamare durch die Worte ut ita dicam entschuldigt. Ähnlich erging es Vergil, besonders aber Oyid, bei welchem die Leichtigkeit in Hand- habung der Sprache vielen neuen Wörtern das Leben gab. Reich an Neubildungen war der Mimus, oft absonderlicher Art, ja er gebraucht Wörter, deren Existenzberechtigung ernsthaft in Zweifel gezogen wurde; so hat Gellius XVI, 7 Beispiele wie manuarius statt für, abhvium statt düuviumj adulteritas für adulterium überliefert. Ebenso griff der Mimus in die niedrigsten Schichten des Volkes und holte dort Wörter hervor, welche in bedenklicher Weise die Sprache bereicherten. Die Kaiserzeit brachte mit der Schaffung neuer Begriffe auch neue Wörter (darunter manch schlimme Eroberung, vgl. Tac. ann. 6, 1); ebenso musste der Fortschritt in der Kunst und im Handwerk eigene Bezeichnungen zu bekommen suchen. Aber wenn auch Fachschriftsteller besonders in Zusammensetzung und Ableitung sich manches herausnahmen, wie sanguisuga, dentiducum, rupicapra, axungia u. ä. zeigen, so erkennt mlan doch immer wieder, wie die Sprache sich gegen solche Neubildungen sträubte und lieber durch Umschreibungen mittels des vorhandenen Sprachstoffs sich zu helfen suchte. Die silberne Latinität legte die Scheu der klassischen Sprache ab und that viel für Bereicherung des Wortschatzes; Adj. auf büis und andere Ableitungen wagt man jetzt unbedenklich, und das Sprachgefühl weist lange Formen wie miserahüissimum u. ä. nicht mehr zurück. Am wichtigsten aber wurde der Einfluss des Christentums. Nicht genug, dass ein Bedeu- tungswandel umfassendster Ausdehnung eintritt, so dass dieselben Wörter bei Seneca und christl. Autoren ganz anderes bezeichnen, die Sprache wird durch zahllose Neubildungen bereichert. Selbstverständlich hat sich hier die Analogie sehr wirksam gezeigt, und ein pacificator bei Cic. fand seine Nachbildung in salvificcUor, significator, ein magistratus in anciUatus, cleri- catus; inaccessMS (vgl. § 7) genügte nicht mehr, dafür wurde inaccessiMlis gesagt u. s. w.

67. Archaismen. Die Diktion eines Schriftstellers soll der Ent- wicklungsperiode der Sprache, welcher er angehört, entsprechen; damit ist gesagt, dass er nicht willkürlich in den Sprachschatz früherer Zeiten

476 Lateinisolie Grammatik, e. Btiliatik.

zurückgreifen und denselben in die Diktion seiner Epoche einmischen darf. Gleichwohl kann entsprechend dem Gegenstand der Rede eine altertüm- liche Färbung gegeben werden, ohne dass die Angemessenheit darunter leidet; allein dazu gehört viel Takt, und diesen haben manche Autoren nicht besessen.

Schon die alte Tragödie bediente sich zur Erhöhung des Pathos ge- legentlich eingestreuter Archaismen, noch mehr fand dies im Epos, z. B. den Annalen des Ennius, statt. Der streng nationale Lucrez verwendete mit voller Absicht Archaismen, ebenso fügte CatuU, jedoch mit sparsamer Hand, altertümliche Formen und Wörter zur Erzielung archaischen Kolorits ein. Ihnen schloss sich Yergil an und zwar dem Stoffe entsprechend be- sonders in der Aneide. Unter den Prosaikern bediente sich Gic. im Cato mai., ferner in de rep. und de legg. absichtlich der Wendungen und Aas- drücke aus früherer Zeit; ebenso ahmt Livius in der Erzählung alter Ge- schichten mit Geschick die Sprache der früheren Periode nach. Weiter als diese ging freilich die durch Yarro, Sallust, Pollio, Plin. mai. und Tac. repräsentierte Richtung der lat. Prosa; doch auch sie wussten, ab- gesehen vielleicht von Yarro, immerhin noch die Angemessenheit zu wahren, so dass der altertümelnde Ton bei Sali, vielfach als Yorzug ge- priesen wird.

Wirkliche Übertreibung liess sich erst bei den Nachahmern des Sali., z. B. L. Arruntius, konstatieren, welche masslos in der Anwendung von Archaismen verfuhren und dadurch geradezu Ekel und Überdruss erregten. Der Kaiser Augustus freilich war den archaisierenden Bestrebungen nicht günstig; er sprach sehr drastisch von dem „Gestanke verlegener Wörter'' (Suet. Aug. 86 reconditorum verborum foetores). Allein hier drang die Macht des Herrschers nicht durch. Die Sehnsucht nach der guten alten Zeit, wie sie namentlich von der Opposition in der ersten Eaiserzeit genährt wurde, pflegte systematisch das Hervorholen altertümlicher Wendungen, und vielfach suchte man sich im Zurückgehen auf die alte Zeit förmlich zu überbieten (Sen. epp. 114, 13: Gracchus Ulis et Crassus et Curia nimis culti et recentes sunt: ad Appium usque et ad Coruncanium redeunt, vgl. die Einleitung S. 199). Jedoch erst mit den Frontonianem bekamen diese archaisierenden Bestrebungen in der Litteratur die Oberhand, indes nicht zum Yorteile der Diktion; denn der Stil des Apulejus ist beispielsweise in hohem Grade manieriert durch ein förmliches Haschen nach altertümlichen Phrasen, Wörtern und Konstruktionen. Wenn auch hier manches Yulgäre aus der Umgangssprache nach längerem Yerschwinden wieder auftaucht, so sind doch andere Wendungen lediglich aus den Alten reproduziert, z. B. oppido beim Adj. u. ä. Überhaupt spielt der Archaismus im späteren Latein eine grosse Rolle. Manche Wendungen, die man auf fremdsprachlichen Einfluss zurückzuführen suchte, sind als Archaismen zu erklären.

68. Angemessenheit des Ausdrucks. Yorauszuschicken ist hier, dass die Angemessenheit des Ausdrucks in der ganzen Litteratur, höchstens die beiden Klassiker Caesar und Cicero und auch letzteren nicht überall ausgenommen, unter dem rhetorischen Elemente gelitten hat. Dies liegt im Charakter der Römer begründet, wie denn auch die Beredsamkeit zu allen

4. Beinheit und Angemessenheit der Sprache. 58.) 477

Zeiten in hohem Ansehen stand. Die Rhetorenschulen und ihre Einwir- kung sind in Poesie wie in Prosa gleichmässig zu spüren; in denselben bildete sich eine förmliche Tradition und man kann allenthalben wahr- nehmen, wie glückliche oder auffallige Wendungen mit grosser Zähigkeit durch Jahrhunderte fortleben. Für uns wirkt dies rhetorische Element besonders in der Poesie störend. Der Grad der Angemessenheit ist somit durch die ganze Litteratur vielfach durch das auffällige Vortreten oder das bescheidene Zurücktreten der Rhetorik bedingt. Bei aller Meister- schaft, mit welcher Plaut, die Sprache handhabt, ist ihm doch nicht ge- langen, die Angemessenheit durchweg zu wahren. Während er, offenbar auf eine reiche Erfahrung gestützt, die Denkart und Sprechweise der untern Schichten der Gesellschaft trefflich wiedergibt, erreicht er es nicht, die einer höheren Bildungsstufe angehörigen Personen dementsprechend reden zu lassen. Wir finden daher bei allen auftretenden Persönlichkeiten die eine derbdrastische Sprache mit ihren unfeinen, meist dem Sklaven- jargon entsprungenen Witzen, die oft ins Gemeine umschlagen. Bei Terenz dagegen ist der Ausdruck mehr dem Charakter entsprechend nuanciert, und seine Fabeln sind, wie Quint. 10, 1, 99 sagt, in hoc genere elegantissimae. So weit das grosse Trümmerfeld der lat. Tragödie ein Urteil zulässt, prä- sentierte sich die Sprache der röm. Tragiker in voller tragischer Würde, die nur selten von plebeischen Wörtern entstellt wurde; besonders gefeilt im Ausdruck ist Accius, doch stört hier bereits die Grundrichtung der gesamten röm. Litteratur und zwar der prosaischen wie der poetischen, die Neigung zu rhetor. Darstellung. Die Anfönge des Epos bei Naevius scheinen steif und leblos wie die Annalistik gewesen zu sein; Ennius da- gegen sucht überall Berührung mit Homer, daher ist sein Ausdruck zu- meist angemessen und verirrt sich nur selten. Ganz das Gleiche kann man von Lucrez sagen, der sich durchaus an Ennius anschloss und so für seinen erhabenen Stoff auch eine entsprechende würdige Form fand. Im ganzen müssen wir jedoch bezüglich der mit Lucrez abschliessenden Periode sagen, dass die Angemessenheit litt unter der noch nicht voll- zogenen Scheidung von Prosa und Poesie; daher die vielen Abstr. auf io, tas und tudo, die Adj. auf osus und bilis, das Vorwiegen von Kompos. mit ficus u. ä. Dies wurde mit Catull besser; denn er überwand zuerst die Schroffheit des altertümlichen Ausdrucks und schlug neue Bahnen besseren Geschmacks ein, ohne sich freilich ganz von der Tradition losmachen zu können. Weniger angenehm aber berührt aus gleicher Zeit Varro in seinen Dichtungen; wenn auch der Stoff der Satiren eine ziemlich niedere Diktion ertrug, so widert doch das förmliche Haschen nach Ausdrücken des gemeinen Lebens wie parvissimus, satisfacitur, in humu u. ä. den Leser an. Wahre Muster der Angemessenheit dagegen sind Horaz und Yergil. Der erstere handhabt die Sprache mit vollendeter Meisterschaft und weiss daher immer die richtige Höhe der Diktion zu finden; der lyrisch erhabene Schwung der Ode verträgt sich nicht mit den tagtäglich begegnenden Ausdrücken; während Höraz in den Satiren und Epist. unbedenklich sur- rexe statt surrexisse, quis statt quibus, caballus statt equus, haud statt non sagt und das der Prosa angehörige propter zulässt, meidet er dies alles

478 Lateinische Grammatik, e.

sichtlich in den Oden, und hier muss auch das alltägliche Europam dem selteneren und feierlicheren Europen weichen. Auch hei Yergil ist eine überall hervortretende Abneigung gegen Worte und Wendungen des ge- wöhnlichen Lebens zu erkennen; die Sprache eines Heldengedichtes zur Verherrlichung der neugegründeten Dynastie verlangte Schwung und Würde, und diesem Verlangen kam Vergil durch Anwendung seltener Ausdrücke und Konstruktionen, sowie pomphatte Färbung der Rede entgegen. Wenn auch wir darunter manches gewagt und befremdlich finden, so haben doch die Römer selbst anders darüber geurteilt. Der jüngste und begabteste Augusteer, Ovid, zeigt feinen Sinn für die Angemessenheit der Sprache; in den epistulae u. ä. weiss er den Ton der urbanen Umgangssprache ge- schickt zu treffen, während seine Met. und Fasti je nach der Bedeutung des zu behandelnden Stoffes hohen Schwung erreichen. Doch darf man nicht übersehen, dass Ovid vor aUem Rhetorik und Poesie verband; wo die Rhetorik hervortritt so ist Trist. II ein treffliches Beispiel rheto- rischer Komposition leidet vielfach die Angemessenheit; das Gleiche gilt für manche späteren Dichter, wie Statins, Ausonius, Apoll. Sidon. u. a.

Die Prosa der vorklassischen Zeit enthält ausser den Schriften Catos wenig von Belang. Aber gerade dieser Hauptvertreter des Altlat. wusste so die Sprache dem Stoffe anzupassen, dass man sogar daran denken konnte, die gleichmässige Abstammung so verschiedenartig geschriebener Werke in Zweifel zu ziehen. Sind auch von den Origines nur Fragmente vorhanden, so ersehen wir aus diesen wenigen Überbleibseln doch, dass die Origines ohne gelehrten Anstrich, aber sorgfältig und fieissig höchst anschauliche und eindringliche Schilderungen bieten. In seiner Schrift de re rustica hat Cato wie später Varro einen echt nationalen Stoff mit augen- scheinlicher Hingebung und Wärme, aber dabei in angemessener und durch- aus geeigneter Sprache behandelt. Das wahre Muster einer angemessenen prosaischen Diktion ist aber in den beiden Klassikern Caesar und Cicero gegeben. Der letztere charakterisiert seinen Standpunkt in den vielzitierten Worten ad Fam. 9, 21: quid tibi ego videor in epistulis? nonne plebeio ser- motte agere tecum ? . . ipsa iudicia non solemus omnia tractare uno modo; pri- vatas causas et eas tenuis agimus subtilius, capitis aut fatnae scilicet omatius; epistulas vero cottidianis verbis texere solemus; Caesar aber sagt selbst, im delectus verborum liege origo eloquentiae, und Cicero urteilt über Caesars Denkwürdigkeiten (Brut. 261): nudi sunt, recti et venusti omni ornatu ora- tionis tamquam veste detrada. Wer also nach einer angemessenen lat Diktion strebt, der muss auf die Nachahmung Cic. und Caes. verwiesen werden; für den einfachen historischen Stil sind Caes. commentarii, f&f Reden, Abhandlungen, Briefe aber Cic. Schriften massgebend, weil in ihnen die schönste Harmonie zwischen Inhalt und Form herrscht. Anders wird dies mit Livius.

Denn hier beginnt bereits das Bestreben, welches in der sog. sil' bernen Latinität die Angemessenheit ausserordentlich stört, ja schliesslich ganz aufhebt. Freilich muss man die Auffassung der Oeschichte bei den Römern, wonach die historia quasi solutum carmen ist, berücksichtigen, ebenso die oben besprochene Neigung zu rhetorischer Gestaltung in Prosa

5. Belohtnm und Hannigfaltigkeit der DarsteUnng. 59.) 479

und Poesie, welche in der beginnenden Eaiserzeit eine bedenkliche Höhe erreicht, schliesslich den Einfluss, den poetische Quellen auf den Oeschicht- schreiber ausüben: immerhin wird man bei allem Zauber der Darstellung des Livius doch sagen müssen, dass er die Angemessenheit nicht durch- weg zu wahren gewusst und dass eine rhetorisch-übertreibende oder dich- terisch-farbende Diktion öfters uns an den sinkenden Geschmack mahnt. Doch nach Liv. wird es viel schlimmer. Es schwindet jedes Gefühl für Angemessenheit des Ausdrucks, derselbe wird gekünstelt, gewunden und spitzfindig, es zeigt sich ein förmliches Haschen nach hochtönenden Phrasen, die Figuren und Bilder werden zu kühn und die Gemeinplätze überwiegen. Das Wort des alten Cato rem tene, verba sequentur galt nicht mehr, das Streben nach einer pikanten Diktion überwand jede sonstige Rücksicht und damit schwand auch der Unterschied zwischen den Stilgattungen. Dies sehen wir bei Ye 11 eins in den scharf pointierten Charakteristiken, bei Seneca und Plin. min. namentlich in den Briefen, welche entgegen der einfach natürlichen Darstellung in die. epp. ein bewegtes pathetisches Element einführen, das eigentlich nur der oratorischen Diktion angehört; dabei darf man freilich nicht übersehen, dass Seneca nur die epistolare Form für seine Abhandlungen gewählt hat. Eine erfreuliche Reaktion wurde von Quintilian begründet; er sucht sich, soweit dies überhaupt bei dem Menschen, der ja immer ein Kind seiner Zeit ist, möglich werden kann, von dem schlechten Geschmack der Autoren des silbernen Lateins loszureissen; sein Lehrbuch der Rhetorik wahrt auch in der That die An- gemessenheit des Ausdrucks und erhebt sich selten über die Höhe eines lebhaften und anregenden Lehrvortrags. Auch die Folgezeit weist einen oder den andern Autor auf, den das Studium der massvoll schreibenden Alten und eigener guter Geschmack vor den auffallendsten Verirrungen bewahrte. Hierher rechneten die Römer selbst den Sueton, den z. B. Vopiscus „emendatissimus et candidissimus scriptor^ nennt; und wirklich sind seine Bilder nicht zu kühn und der Ausdruck überhaupt nicht so erkünstelt wie bei Curtius, Florus u. a. Geschichtschreibern, die als echte Kinder ihrer Zeit so schwülstig und übertrieben als möglich schrieben; vgl. auch Norden, Antike Kunstprosa I S. 287.

Vgl. Beebmann, Griech. Wörter im Lat, Leipzig 1874; Tüohhandleb, De vocab. graec. in linguam latinam txanslatis, Berlin 1876; Weise, Die griech. Wörter in der lat. Sprache, Leipzig 1882; dann die Arbeiten von Saalfeld, besonders dessen tensaums italograecus, Wien 1884; GXbbl-Weise, Zur Latinisierung griechischer Wörter, Archiv VIII S. 339-368; SiTTL, Archaismus, Comm. Wölfflin. S. 401— 408.

5. Reichtum und Mannigfaltigkeit der Darstellung.

69. Wenn der Schriftsteller einen ausgiebigen Gebrauch von den sprachlichen Mitteln macht und sich nicht auf das durchaus Notwendige in der Darstellung beschränkt, so entsteht dadurch eine reiche Diktion. Vor allem ist es Eigentümlichkeit der Sprache des Volkes, dann der Dichter und Redner, nicht in Anwendung der Darstellungsmittel zu kargen; wir werden somit in allen der Umgangssprache nahe stehenden Schriftwerken, den Dichtungen, den Reden und in der poetisierenden nachklassischen Prosa Reichtum der Darstellung finden. Manchmal versteigt sich dieser

480 Lateinisohe Grammatik. •• Stilistik.

zur Verschwendung, was in Komödien begreiflich ist, unangenehm aber in der Prosa wirkt; daher kommt uns gar manches in der silb. Lat, noch mehr bei Apulejus und überhaupt im Spätlat. manieriert oder abgeschmackt vor. So sagt beispielsweise Treb. PoUio trig. tyr. 16 pcUernae indulgentiai affedione permotus für einfaches paterno amore motus, und Fulgentius spricht gar von einem „töÜichen Sterben*^ miserandae necis functos interüu, wie Min. Fei. 18, 3 den einfachen Begriff Muttermilch mit ubetias lactei roru umschreibt! Mit dem Reichtum der Sprache hängt enge die Mannigfaltig- keit zusammen, welche indes gleichfalls zur Manier werden kann und uns dann ebenso anwidert, wie ein zwar kostbares, aber in regelloser, un- schöner Weise überladenes Gewand; Beispiele bieten auch hier besonders die silb., arch. und spät. Latinität.

60. Unter Hendiadyoin verstehen wir die kopulative Verbindung zweier Wörter, welche dieselbe Sache, nur von einer andern Seite be- trachtet, bezeichnen. Die Figur erklärt sich daraus, dass dem Sprechen- den der zweite Ausdruck als zu wichtig erschien, um ihn zur nähern Be- stimmung des erstem zu machen; daher koordinierte er ihn demselben als gleichberechtigt, z. B. Verg. G. 2, 192 paieris libamus et auro. Das- selbe Verhältnis kann auch in ganzen Sätzen herrschen, freilich selten bei klass. Schriftstellern, häufiger bei vulgärschreibenden und spätlat. Autoren, z. B. Vopisc. Sat. 11, 1 er rare quosdam et putare, was klass. nur cum putent lauten könnte.

Anmerkung. Diejenigen, welche das Hendiadyoin weiter fassen, rechnen nntef dasselbe alle kopulativen Verbindungen, wo zwei Wörter in irgend einem andern Yerhfilt- nisse als dem zweier von sich unabhängigen Begriffe zu einander stehen, z. B. festina^o hrevitasque litterarum, wo die festinaiio der Grund der brevitas ist. Im Altlatein hat ach das Hendiadyoin in bescheidenen Grenzen bewegt, auch noch bei Gic. in den ErstUngSr Schriften, während Cic. in den vollendeten Reden dasselbe sehr bevorzugt (Wöufli>'« Archiv IV p. 143).

61. Synonyme Subst., Adj., Verb, und Adv. erscheinen verbunden, um einen Begriff so voll als möglich zum Ausdruck zu bringen, z. 6. animum fnentemque, cupidi avidique, relinquere atque deserere u. ä. Diese zunächst rhetorische Ausdrucksweise ist in der röm. Litteratur weit ver- breitet; wir finden schon bei Plaut. Amph. 118 veterem atque antiquamrenij 231 potest et valet, femer salvum et sospitem, sana et salva, accepta ä graiOj niemals jedoch durch andere Wörter getrennt! Auch die klassische Sprache gebraucht solche synonyme Zusammenstellungen, doch dieselben erreichen ihren Höhepunkt erst in der vulgären Diktion, so namentlich bei Apulejus und dann im Spätl. überhaupt; z. B. Dracontius 5, 218 exsul et extorm

5, 58 inimicus et hostis.

Anmerkung. Hieher gehört eine Art des formelhaften zweigliedrigen Asyn- detons. Dasselbe treffen wir vonsugsweise bei den komischen Dichtem, ganz selten in ^^^ klassischen Zeit, nicht viel häufiger im silb. Lat., dagegen oft bei den ArchaisteD, wo Fronifi in ceteris aliis rebus, omnes univeraos, inter du os am6o» u. ä. wieder aufgenommen hat und damit bei Grell, und Apul. bereitwillig Nachahmung findet Vgl. auch § 262 der Syntax bezüglich qiMque etiam, itaque ergo, post deinde u. ft.

62. Gemination nennt man die unmittelbare Wiederholung eben- desselben Wortes, z. B. magis magis, iam iam, auch durch einfache Kopol» verknüpft, z. B. minus minusque, etiam atque etiam. Dieselbe erstreckt sich auf Nomin., Verb, (besonders die Imperative, vgl. Birt im Archiv XI S. 188)

6. Beiohtnm und Mannigfaltigkeit der Dantellnng. (§§ 60—63.) 4g 1

und Partdk.; sie findet sich besonders in der gehobenen Poesie, in sorg- fältig ausgearbeiteten Reden, bei den Historikern weniger in der Erzäh- lung als in den erat. Partien; aber auch die Eonversationssprache bedient sich dieses Mittels, so oft sie Pathos und Affekt in die Rede legen will. Alle diese schon durch die Allitteration empfohlenen Verbindungen gehören zum rhetorischen Rüstzeug der Darstellung.

Anmerkung 1. Bei manchen Geminationen hat die Sprache in ihrer Entwicklmig einen Unterschied zwischen asyndetischer und kopulativer Fügung und in letzterem Falle im Gebrauche der Konjunktionen selbst hervortreten lassen; z. B. ist in magis magisque die Kopula spätere Zuthat, ebenso überwiegt tarn iam in archaischer Latinität, aliua alitisque gehört dem silb. Lat. an, wfthrend die klaas. und vorklass. Sprache aliua atque alius vor- zieht u. ft.

Anmerkung 2. Die Adjektiva multus und omnis werden gerne verdoppelt, um dadurch einen möglichst umfassenden Ausdruck zu gewinnen, jedoch so, dass verschiedene Kasus und namentiich gerne eine substantivische imd eine adjektivische Form zusammen- gesteUt werden. Dies finden wir schon im AlÜat, oft bei Lucr., häufig auch bei Cicero, nicht bei Caes., auch im nachklass. und späteren Latein; z. B. Cic. Sest. 45 multi ex multis locis praedones, Fam. 5, 12, 7 omnes imagines omniumy Gyprian 628, 18 H. multa multorum vocibus ventüantur. Nicht so häufig wird 8tnguU verdoppelt, um das distributive Verhältnis scharf zum Ausdruck zu bringen, z. B. Cic. de or. 1, 8 cum vix sing Ulis aetatibus singuli tolerabiles oratores invenirentur, auch Caes. b. G. 2, 20, 3 ab bingtüis Ugionibus singulos legatoa Caesar discedere vetuerat. Namentlich bei Dichtem finden wir auch andere Zusammenstellungen, z. B. Hör. sat 2, 6, 81 veterem vetus hospes amicutn^ Yerg. Aen. 4, 83 absena absentem, Prep. 2, 84, 20 «Kultus quod stuUo saepe timore tremo,

63. Besonders im Gebrauche der Pronomina zeigt sich vielfach eine förmliche Verschwendung. Hieher gehört:

1. die Setzung des Pron. poss., besonders des Refl. suus, namentlich bei Nepos, Vitruv, Vell. und Spätlat., wo die klass. Sprache die Beziehung als selbstverständlich nicht zum Ausdruck bringt. Bei Properz, welcher überhaupt eine Vorliebe fUr das Possessivum zeigt, bringt der Zusatz des Pron. poss. zu Substantiven, die eine Thätigkeit oder das unmittelbare Ergebnis derselben bezeichnen, das Subjekt der Thätigkeit noch einmal in Erinnerung und dadurch diese selbst zu plastischer Anschaulichkeit, z. B. 1, 5, 25 quod si parva tuae dederis vesHgia culpae; vgl. Rothstein zu Prop. 1,1,1;

2. die Verstärkung des Poss. durch den Dat. des Pron. pers., z. B. tneus mihi, tuus tibi; Plaut. Cap. 50 suo sibi servit patri. Wir finden dies bei Plaut., Ter., Acc, kaum wohl bei Cicero (vgl. Seyppert-Müllbb z. Lael. 11), höchstens Phil. 2, 96 priusquam tu suum sibi venderes, in Prosa demnach zuerst bei Vitruv 207, 18 R., dann bei Petron 66 und Colum. 12, 41, 3, dann erst wieder bei den Archaisten und im Spätlat. bis in die späteste Zeit herab, vgl. Rönsch, Semas. Beitr. II p. 52 ; Pibson, Le style des inscriptions latines de la Gaule, Louvain 1898 ;

3. die Hinzufügung von quisquam zu nemo, uUus, quis, von quidquam zu nihil. Bei Cicero und Caesar begegnen wir dergleichen nicht, wohl aber bei den Kom., Cato, Liv. und den Archaisten. Zu unterscheiden da- von ist die Verbindung von unus mit quisquam, quivis, quilibet, nemo, nullus, quidam, aliquis, welche auch der klass. Sprache angehört (ausser quisquam unus) und worin unus fast immer seine gegensätzliche Bedeutung bewahrt, z. B. Liv. 3, 45 cum multi magis fremerent quam quisquam unus recusare auderet; Cic. rep. 2, 65 nullum ex iis unum esse optimum;

Handbuch der klaas. Altertumswlasenschaft n. 2. 3. Aufl. 81

482 Lateinisoha Grammatik, e. Stilistik.

4. die Wiederholung des Subj. beim Infin., z. B. Plaut. Stich. 5, 4, 36 haud tuum est istuc vereri te. Die Komiker, die Briefe an Cic, ja Cic. selbst in den epp. ad Att. weisen hiefÜr Beispiele auf;

5. die Häufung der Pronom., besonders des Pron. is. Während die klass. Sprache in der Verwendung von is sich sehr massvoll zeigte und höchstens im Briefstile dasselbe in abundant scheinender Weise zur Wiede^ aufnähme eines ebengenannten Subj. zuliess, übertreiben vulgäre und spätlaL Skribenten den Gebrauch desselben sehr; z. B. b. Hisp. 1, 4 cum aliquis n ea civitate optime meritus civis esset, aliqua ei inferebatur causam ut eo de medio sublato ex eins pecunia latronum largitio fieret. Vgl. besonders Altenburo S. 493 über die ersten Erscheinungen dieser Fülle des Aus- drucks.

64. Fülle des Ausdrucks entsteht durch Wiederholung des Verbs im Partizip; diese Wiederholung soll die rasche Aufeinanderfolge der Hand- lungen anzeigen oder die Bedeutung der durch das Verbum erzählten That betonen. Die Konstruktion finden wir noch nicht bei Plaut., wohl aber bei Ter. Andr. 298, bei Cato fr. 19, 2 Jord., bei Sisenna fr. 27 Romanos impetu suo protelant, protelatos persecuntur, bei Lucrez, bei Caesar, z. B. b. civ. 1, 28 naves cum militibus reprehendunt, reprehensas excipiunt (hier tilgt jedoch J. Lange, N. Jahrb. 1895 S. 800 reprehendunt): bei Cicero wird in der Regel ein sinnverwandtes Partizip gesetzt, z. B. p. S. Rose. 32 patrm iugulastis, occisum in proscriptorum numerum rettulistis; Liv. und die folg. Historiker schliessen sich an Caesar an, sie nehmen die Konstruktion um so bereitwilliger an, als sie sich mittlerweile durch den Einfluss der Dichter, namentlich des Ovid, welcher sehr viele Beispiele aufweist, ein- gelebt hatte; so sagt noch Orosius H. p. 97, HZ. Croesum cepU captum- que vita donavit. Bei den epischen Dichtern steht das Partiz. wohl regel- mässig zu Anfang des 11. Hemistichiums, z. B. Ov. Met. 18, 189 nunc equx- dem fateor fassoque ignoscat Atrides, ebenso noch im Spätlatein, z. B. Fnid. Apoth. 114 verbum conspicuum misit missumque recepit; vgl. aber auch Properz 4, 7, 92 nos vehimur, vectum nauta recenset onus. Viel mag das Oriechische zur Empfehlung der Konstruktion mitgewirkt haben; Herodot hat beispielsweise sehr häufig solche Fügungen, z. B. 6, 52 Tot*g ^axsäai- fioviovg dnoQ€€iVy dnoQovvTag 6^ näfiTistr^ auch Platon, Soph., ja schon Hom. Iliad. 1, 595.

66. Adverbiale Ausdrücke treten oft zu einem Verbum, dessen Bedeutung oder Zusammensetzung den Zusatz überflüssig erscheinen lässt, z. B. necessario cogere, ante praedictum est, rursus revertamur, magis inirari prae, crebro ventitare, semper solere, malo potius quam, praeopto potius quam u. ä. Wenn auch die mit rursus gebildeten Phrasen, z. B. rursus reddere, manchmal etwas Gegensätzliches bezeichnen, und in crebro ventitare, saepe visitare u. ä. (Lorenz zu Plaut. Pseud. S. 58 Anm. 48) vielleicht die Iterativ- bedeutung des Verbs verblasst war, so müssen die genannten Wendungen doch im ganzen als abundante Ausdrücke bezeichnet werden, die vorzug^ weise der Volkssprache angehören.

66. Auch im Gebrauch der Konjunktionen zeigt sich oft eine Abun- danz des Ausdrucks, z. B. bei tametsi tarnen, propterea quia, interea

6. Beiohtam und Mannigfaltigkeit der Daratellnng. (§§ 64—69.) 483

dunif prius quam prius (Plaut. Poen. 321), priusquam . . . ante (Lact. I, 284 priusquam incipiam, pauca ante dicenda sunt), prius , . ante . . quam (Verg. Aen. 4, 24), prius quatn ante (Prop. 2, 25, 25), postquam , . post Plaut. Trin. 417, ideo quod, nihilo minus tamen, nisi si, quasi si u. ä. Bei Cicero findet sich dergleichen höchstens in Erstlingsschr. und epp., namentlich ad Att., z. B. 9, 15, 5 praeterquam quod te moveri arbiträr opor- tere iniuria, praeterea te ipsum hie violavit.

67. Fülle des Ausdrucks zur Abrundung der Rede liegt vor:

1. wo yy. des Sagens und Meinens namentlich in indirekten Frage- sätzen fast pleonastisch angefügt werden, z. B. Cic. Rose. Am. 153 videte quem in locum rempublicam perventuram put et ist Dieser besonders den Rednern eigentümliche Ausbau der Sätze findet sich schon bei C. Gracchus, am häufigsten aber bei Cic. und zwar auch ausserhalb der Reden;

2. wenn zu einem speziellen Begriff eine näher erklärende Ausführung hinzugefügt wird, gleichsam als ob ein allgemeines, erst näher zu charakte- risierendes Wort vorausgegangen wäre, z. B. me commissurum, ut patiar bei Plaut. Trin. 704, permitto, ut liceat bei Cic, Caes., Nep., mihi integrum est, ut petere possim bei Cicero, noli velle bei Cic, Nep., Liv., genus eiusmodi bei Cic, yarro. Sali., Nep., b. Afr. u. sonst; infinita aetas ante ctcti temporis bei Lucr. 1, 558, öfters aetas temporis, tempus saeculorum u. ä. bei Cat., Tib., Properz, optio eligendi und Crescendi accessio bei Cic, aditus conveniendi bei Nep., cuUus venerandi bei Tac, prima initia incohastis bei Liv. u. ä.; vgl. noch yAHLEN, Berl. Lektionskatalog 1894/95 S. 19 f.

68. Reich wird der Ausdruck auch durch die yerwendung der Di- minutiva. Dieselben dienen zur Darlegung der Teilnahme, Zärtlichkeit, besonders aber des Schmerzes, Spottes und der yerachtung. Sie sind sehr zahlreich in der Sprache des yolkes und haben sich in derselben zu allen Zeiten und so auch ins Romanische herein erhalten. Schon Plaut, gebraucht Diminutiva in ausgiebiger Weise, Cicero namentlich in epp., dann Catull; die Sprache CatuUs erhält durch den zu reichen Gehalt an Diminutiven etwas Tändelndes. Am auffälligsten werden sie in der archaistischen Zeit und hier von Apul. verwendet; derselbe treibt förmlich Missbrauch mit den Dim. und gibt so seiner Diktion oft geradezu einen läppischen Charakter. Treffend sagt Couat, Etüde sur Catulle 1876 p. 228: les diminutifs tßmoi- gnent de Timpuissance des ^crivains ä trouver la gräce sans Taffectation qui pourrait la corrompre. Auch nach Apul. zeigt sich im Spätlat. eine grosse yorliebe für Diminutiva, so bei den christl. Autoren, namentlich auch bei den christlichen Dichtem; Prudentius hat 55 Dim., yerg. nur 80.

Spielerei mit Dim. treiben heisst es, wenn zum Subst. dim. noch ein solches Adj. tritt. Doch hat dies schon Plaut., dann wieder die silberne Latinität, z. B. yal. Max. 8, 8, 1 filioli parvuli, Apul. und namentlich der hyperarchaistische Kaiser Hadrian gepflegt; man vergleiche seine yerse bei Peteb scr. bist. Aug. I p. 27 {animula vagula blandula u. s. w.).

69. Metaphern dienen richtig angewendet ganz besonders zur reichen Ausschmückung der Rede. Die alte und die klass. Sprache weiss hier Mass zu halten; so werden z. B. die Ausdrücke des Entbrennens wie exar- descere, accendi u. ä. bei Cic nur von der Gewalt eines hervorbrechenden

31*

484 LateinUiohe Grammatik, e. Stiliatik.

Affekts gebraucht, z. B. exardescU sive amor sive amicüia. Im Verlaufe der Zeit aber, besonders im silb. Latein, entwickelte sich eine masslose Vorliebe für metaphorische Ausdrücke und zwar zum Nachteile der Rede, wie z. B. Suet. Ti. 34 Corinthiorum vasorum pretia in immensum exarsisse schreibt.

70. Reichtum der Diktion wird auch erreicht durch die figura ety- mologica und hinsichtlich des Klanges durch die damit verwandte Allit- teration und den Reim.

1. Unter der figura etymologica (vgl. Syntax § 48) versteht man die Verknüpfung zweier Wörter desselben Stammes, wodurch indes nur ein Begriff, dieser aber in gesteigerter und ausdrucksvoller Weise, bezeichnet wird. Wir unterscheiden folgende Arten der fig. etymologica:

1. Verbindung von Nomen und Verbum und zwar in nachstehenden Erscheinungsformen: vüam vivere, odio odisse, potestas paksi;

2. Verbindung je zweier Nomina oder Verba, z. B. rex reyum^ scelus in scelere, pulchra pulchrüudo, studiosus studiorutn, propero properare;

2. die etymologische Figur in der Komparation, z. B. stuUe stuUus, pessimorum pessimus u. ä.

Eine Erweiterung erfuhr die fig. etymologica dadurch, dass an Stelle des einen Wortes vom gleichen Stamme vielmehr ein Synonym trat, z. B. aetaiem vivere statt vüam vivere; pseudoetymologisch heisst aber die Figur in allen Fällen wie verbis verberare, dentes dentiunt, wo lediglich Oleichklang herrscht; hierin war besonders die witzige Sprache des Plaut sehr fruchtbar.

Überhaupt bildete Plaut, mit grösster Kunstfertigkeit die fig. etymoL in mannigfacher Weise aus; manche der von ihm eingeführten Formeln erhielten sich, andere aber verschwanden mit ihrem Urheber. Bei Ter. ißt von der Kühnheit des Plaut, in Gestaltung etymol. Figuren nichts mehr zu bemerken; er hält sich bereits in den Grenzen, welche nachher die klas- sische Prosa sich zog und streng beobachtete; Lucil., Lucrez und nament- lich CatuU dagegen gingen wieder viel weiter als Ter. Bei Cic. ist eine ziemlich gleichmässige Verbreitung der fig., freilich nur der allgemein üb- lichen und vollständig eingelebten, in allen Schriften zu bemerken; Caesar jedoch, Corn. Nep., Vell. Pat. und Tac. verwenden sie sehr selten, während Sali, und Liv. ihr grösseren Spielraum gönnen. Wie in Allitteration und Reim, so hat auch in Bevorzugung der fig. etymol. die archaistische Periode und ganz besonders Apul. Grossartiges geleistet; fast ebenbürtig stehen ihm auch hier wieder Tertullian und Augustinus zur Seite, die neben Wiederaufnahme üblicher Figuren gftr noch neue schufen, z. B. paenUeniiaw paenitere.

Wenn auch die fig. etymol. eine echtlateinische Spracherscheinung is*^ so lässt sich doch nicht leugnen, dass die Nachahmung griechischer Dichter und bei den christlichen Autoren das griechische oder hebräische Vorbild grossen Einfiuss ausgeübt hat. Der echtlateinische Charakter der fig. etymol. geht daraus hervor, dass sie sich in uralten Formeln schon findet und dass sie in der rituellen, der gerichtlichen und publizistischen Sprache und

6. Beichtnm und Mannigfaltigkeit der Daratellnng. 70.) 485

hauptsächlich im Sprichwort sowie in Lebensregeln, also in der natur- wüchsigen Sprache des Volkes, ihre Heimat hat und dass ausser den an- gestammten und sorgfaltig weiter überlieferten Formeln sich im Laufe der Zeit (abgesehen von besonders kühnen und neuerungssüchtigen Autoren wie Plautus, Apulejus und Tertullian) keine neuen gebildet oder doch kaum erhalten haben.

2. Die Allitteration gehört ebensogut der Prosa als der Poesie an; ja, wir müssen sogar annehmen, dass der Ursprung der Allitteration nicht in der Poesie zu suchen sei, und zwar weil eine der ältesten poetischen Urkunden, das Carmen Arvale, keine bemerkenswerte Allitteration zeigt und weil allitterierende prosaische Formeln über die ersten Dichter Roms hinaufreichen. Am meisten bemerklich macht sich die Allitteration im archaischen Latein, wo sie bei Plautus, welcher der Volkssprache überhaupt und namentlich auch dem Sprichwort, zweien Fundgruben der Allitteration, breiten Baum gewährt, noch bedeutend wirksamer ist als bei Terenz. Gegen das Ende der Republik wird sie weniger beliebt, und dies vererbt sich auch in die erste Kaiserzeit; hier machen Quintilian undTacitus, der letztere wenigstens in den erzählenden Partien, fast gar keinen Gebrauch von ihr. Erst mit Fronte brachte das Zurückgehen auf die Alten auch die Allit- teration wieder zur Geltung; neben Fronte ist besonders Apulejus und von den christlichen Schriftstellern Tertullian reich an allitterierenden Ver- bindungen; ja der letztere scheint noch neue bisher nicht gebrauchte, z. B. pastus et potus und de caelo in caenum, eingeführt zu haben. In späterer Zeit tritt die Allitteration immer mehr zurück, ihre Wirksamkeit hörte zusehends auf, manche Schriftsteller verhalten sich ganz ablehnend ihr gegenüber (vgl. Bonnet p. 727: eile finit par itre blämS), Allein sie lebte in der Volkssprache fort und drängte sich daher in besonders beliebten Verbindungen immer wieder vor. So ist auch ein Wiederaufleben in der Litteratur leicht begreiflich; der Dichter Apoll. Sidonius war es, der ihr neues Leben einhauchte, und von da wurden nicht nur alte Formen neu- belebt, sondern es entstanden sogar Neubildungen; vgl. auch Bonnet S. 726. In der Hymnenpoesie, besonders der angelsächsischen, war die Allitteration sehr beliebt, vgl. Huemeb S. 52.

Die vokalische Allitteration, gewöhnlich Assonanz genannt, konnte nicht die Bedeutung erlangen, wie die konsonantische; während regelmässig nur a und a, e und e etc. assonieren, hat infolge vulgärer Aussprache auch aurum und ornatus sich entsprochen; ja es scheint, dass selbst der sermo urbanus sich dem letzteren nicht ganz entziehen konnte, da z. B. auch Vergil und andere august. Dichter, in Nachahmung derselben auch spätere, Wörter wie aurum und ostrum assonieren lassen.

Die Allitteration wie auch die Assonanz sind von besonderer Wirk- samkeit bei syntaktisch koordinierten Gliedern; hier können Nomina, ge- wöhnlich Subst., auch Adj. oder Adv., seltener Verba oder noch weniger Partikeln allitterierend beigeordnet sein. Dieselben sind in ihrer Bedeutung entweder synonym, oder sie ergänzen einander zu einer höheren Einheit oder sind sich ausschliessende Gegensätze. Die ursprüngliche Form der Zusammenstellung war die asyndetische, welche sich in Formeln noch bis

486 Lateiaische Grammatik, e. Btiliatik.

in spätere Zelten erhalten hat, z. B. loca lautia^ purus putus u. ä. Zu- nächst trat dann die Verbindung mit atque ein, an welcher auch Cicero in feierlicher Rede festhält und die bei archaisierenden SchriftsteUern wiederkehrt; die jüngere Prosa begnügt sich mit et oder que. Besonders häufig sind die disjunktiven Formeln mit nee nee, z. B. nee cor nee Caput,

3. Der Reim. Zu einem korrekten Reim genügt nicht die Gleichheit einer oder zweier kurzen unbetonten Schlusssilben, etwa calcaribus montilm^ sondern man bedarf dazu mindestens einer langen oder einer langen (be- tonten) und kurzen Silbe, z. B. natus und gratus. Wenn der Reim als stilistisches Mittel wirken soll, so ist abgesehen von der Endung noch Gleichheit eines Buchstabens oder einer Silbe des Stammes zu verlangen, wie dies in getnens und timens, noch besser in gemena und tremens der Fall ist. Die reimenden Worte können entweder unmittelbar und zwar kopulativ, seltener disjunktiv, verbunden sein, z. B. nee res nee spes, oder aber sie bilden den Abschluss paralleler Sätze und Satzglieder, in Poesie von Versen oder Halbversen; während wir erstere Erscheinungsform „reimende Ver- bindungen'^ nennen, bezeichnen wir letzteres als »Gliederreim' oder aSatzreim".

Bei Plaut, finden wir eine Anzahl strenger Reime, die er zum Teil geschaffen, in der Mehrzahl aber wohl der Volkssprache entnonmien hat, z. B. mel et fei, spes et opes, weniger bei Ter. und bei Cato ; die Frag- mente der Tragiker und der Annalen des Ennius weisen kein Beispiel auf, somit waren reimende Verbindungen in höherem Stile gemieden. Dies zeigt sich namentlich auch in der klassischen Sprache des Caesar und in den späteren Reden Ciceros; freilich in den Briefen Hess sich Cicero bei seiner Neigung zu Witzworten mehrfach Reime, darunter sogar rustike, wie Att. 14, 19, 6 villam ceUamque entschlüpfen. Sallust hat nur weniges, was wahr- scheinlich dem alten Cato entlehnt ist, auch Livius und die Vertreter der silbernen Latinität, sowie Quint. und Tac. sind äusserst sparsam im Reim. Die aug. Dichter weisen ihn offenbar absichtlich zurück ; selbst Ovid bietet nur Vereinzeltes, wie auch bei Horaz nur verus merus und ridet videt sich nachweisen lässt. Das gleiche gilt für die nachfolgenden Dichter wie Lucan, Silius, Statins u. a. Dagegen dringt mit den archaisierenden Bestrebungen des Fronte der Reim in vielen neuen und alten Beispielen in die Litteratur ein; was früher nur in der Komödie erlaubt gewesen und von Cic. und Quint. energisch zurückgewiesen worden, das glänzt jetzt in öffentlichen Vorträgen und in der mustergültig werdenden Prosa. Die meisten Reime gestattete sich Apulejus und von den christlichen Schriftstellern Tertullian und Augustin (vgl. Archiv III S. 455) ; Gellius dagegen verhielt sich sehr zurückhaltend. Die spätere Zeit brachte weder in der christlichen noch in der heidnischen Litteratur Bemerkenswertes hervor; namentlich die letztere pflegte lieber Allitteration und Assonanz als den vollen Reim.

Der Satz- oder Gliederreim fand in der archaischen, klassischen und silbernen Latinität, abgesehen von der Zauberpoesie und der Geschmacks- verirrung einzelner Rhetoren, so gut wie keine Verwendung. Anders wird es auch hier mit den Archaisten. Apulejus und in viel höherem Gra^ö

6. Reichtum und Mannigfaltigkeit der Darstellung. (§§ 70—71.) 487

Tertullian bildeten den Gliederreim aufs sorgfältigste aus; namentlich der letztere verwendete ihn so häufig in seinen Schriften, dass ein Einfluss auf die folgenden christl. Schriftsteller unvermeidlich war. Und in der That pflegte auch Augustin den Glieder- und Satzreim, zumeist in den Predigten; daraus geht hervor, dass der Reim populär war; nur Hieronymus verhielt sich merkwürdiger Weise ablehnend. Auch das christliche Kirchenlied neigt dem Eeime zu, wenn auch derselbe meist nicht korrekt gebildet oder nicht regelmässig durchgeführt ist; an moderne Reimkünste erinnert ein Vers des Nigellus: nee tua rura colo, nee tua iura volo.

71. Mannigfaltigkeit im Ausdruck suchen nach dem Vorgänge der august. Dichter Liv., Plin. mai. und besonders Tac. dadurch zu erreichen, dass sie in parallelen Satzgliedern verschiedene Konstruktionen, z. B. Sing, statt Flur. u. ä. eintreten lassen, z. B. Verg. Aen. 6, 858 Poenos Gallumque rebellem. Damit ist die Konzinnität, welche die klassischen Schriftsteller so hoch stellen, verletzt. Est steht fest, dass für Cicero eines der höchsten Gesetze des Ausdrucks war, korrespondierende Satzglieder -gleichartig zu gestalten und gleichmässig auszubauen ; so sagt Cic. pro Sest. 14 ut eos, quorum sceleris furore violatus essem, vocis Hb er täte perstringerem nur der Konzinnität wegen sceleris furore statt scelere; ebenso verdankt Cic. Mur. 7 quod esset aut ab amico aut a g ratio so aut a constde postulandum die Substantivierung a gratioso ihr Dasein nur dem Streben nach Konzin- nität; vgl. auch noch Cic. Rose. Am. 85 non tarn propensus ad misericordiam quam implacatus ad severitatem videbatur; dann Cic. Pomp. 34 Siciliam adiit, Africam exploravit, Sardiniam cum classe venu, vgl. Landgraf im Archiv X S. 395. Offenbar war schon zur Zeit Ciceros eine gewisse Ab- neigung gegen diese Gleichmässigkeit, welche in ungeschickter Handhabung ermüdend und abschreckend wirken muss, entstanden. Die ersten Autoren nun, die gegen die klassische Konzinnität Widerspruch erhoben und an ihre Stelle die Abwechslung im Ausdruck zu setzen suchten, waren Asinius Pollio und Sallust; der letztere ging bereits soweit, dass er von ein und demselben Worte, z. B. expers, neben einander den Gen. und den Abi. abhängig sein liess. Mit den aug. Dichtern und Liv. stiegen diese Be- strebungen immer mehr, und mit Tac. erreichten sie ihren Höhepunkt, namentlich in den Annalen; beispielsweise lässt Tac. erst in den Annalen Part, praes. und Abi. gerund.. Dat. und Gen. gerund., das Gerund, und Final- satz, Bedingungs- und Finalsatz, z. B. ann. 11, 28 sed in eo discrimen verti, si defensio audiretur, utque clausae aures etiatn confitenti forent, abwechseln.

Anmerknng 1. Bei Dichtem, namentlich bei Properz, werden zwei Verba, die parallel stehen und von der nämlichen Eonjanktion abhängen, in verschiedenen Modus ge- setzt, z. B. Prop. 5, 4, 10 quid tum Borna fuit, cum quateret saxa lavis tuhicen atque stabant Romano pila Sabina foro? In der Prosa der klass. Zeit, namentlich bei Cicero, sind alle Beispiele nach Madvig's Vorgang geändert; aber bei Varro lesen wir in parallelen Sätzen, namentlich in Relativsätzen, Indikativ und Konjunktiv nebeneinander, z. B. r. r. 1, 5, 4 quae moventur atque in fundo debeant esse culturae causa, ebenso im b. Alex. 25 cui subsidium nemo tulit, sive quod, .putarent, sive quod ipsi sibi timebant. Im silbernen Latein scheut sich Sen. phil. nicht, in parallelen Sätzen gerade wie die Tempora, so auch die Modi wechseln zu lassen, z. B. N. Q. 3, 25, 4 est et in Cappadocia flumen, quo poto equis color mutetur et spargüur albo cutis) namentlich aber im Spätlatein finden wir oft diesen Wechsel, z. B. Hygin. 51, 12 Arg<mautae dum apud Lycum mor antut et stramen- tatum exissent; dasselbe gilt fttr Lact., Ammian, Sulp. Sev. u. a.

488 Lateinlsohe Grammatik« e. Stilistik«

Anmerkung 2. Abwechslung im Ausdruck entsteht, wenn in entsprechenden Satz- gliedem ein aktiver und passiver Infinitiv von einem impersonellen Verb abh&ngig gemacht werden, z. B. Cic. fat. 23 id fuU defendi melius quam introducere declinationem; Cic. und Caes. haben dafOr trotz ihrer Vorliebe fOr Eonzinnität viele Beispiele, auch das b. Afr^ dann Liv. und Tac., ebenso die Dichter (vgl. Becher zu Tac. ann. 8, 12). Weniger ao&llend ist der Obergang von einem Genus verbi ins andere beim Anschluss des aktiven Infinitivs an ein persönliches Verb, z. B. Sali. Gat. 8. Bei Dichtem finden wir oft nebeneinander den Inf. Prfts. und Inf. Perf., namentlich wo beide sich in der Bedeutung nicht wesenÜich unterscheiden, vgl. Gatnll 64, 124, Properz 3, 14, 19.

Anmerkung 3. IHcht selten finden wir in parallelen Satzgliedern Adjektiva und Adverbien und zwar schon im Altlatein, vgl. Ter. Ad. 609 et recte et verum dicis, Sisenna fr. 15 occulte tadtique advenxentiam cohartium praestolari occipiunt, aber auch in klassi- scher Sprache, z. B. Cic. Pomp. 47 timide et pauca dicamus, off. 1, 27; 1, 136 (aber nicht Fam. 18, 69, welche Stelle korrupt ist), dann bei Liv. öfters, doch so, dass er das Adverb unmittelbar zum Verb stellt, z. B. 36, 23, 4 Jioc et frequentes et impigre fecerunt, v^ M. Mülles zu Liv. 2, 30, II. Hier mag das Vorbild griechischer Schriftsteller viel bei- getragen haben, vgl. Plat. Phftd. 79 D. xaXwg xal aXtj9ij XiyBHy Protagoras 352 D., schon Hom. niad. 15, 53, Soph. Aias 839, oft bei Thukyd., vgl. 3, 4, 1 änaQaaxevoi xai i^ai<prrj<:. Dem Sali, haben diese Konstruktion seine sp&ten Nachahmer abgelauscht, z. B. Dict. Cret. 5, 12 foede atque inuUos obtruncari.

Anmerkung 4. Ausserdem entsteht Mannigfaltigkeit durch den Wechsel des histo- rischen Präsens und des Perfekts; bei Caesar freilich hat Mbusbl mit Recht eine Gleich- mfissigkeit hergestellt; aber bei weniger sorgfältigen und gerne variierenden Autoren werden Prftsens und Perfekt durcheinandergewQrfelt, so noch Prudent. C. 6, 61 dat poculum, deinde monuü. Femer wechseln Adjektiv und Gen. oder Abi. qualitatis, auch in klassischer Sprache, z. B. Cic. de or. 2, 360 summos homines et divma prope memoria, Caes. b. G. 2, 15, 5 homines feroa magnaeque virtutis; dann wechseln Gen. und prftpositionale Wendungen, z. B. D. Brutus bei Cic. Fam. 11, 11 et biduo db Ällobrogibus et totius Gdüiae legaios exspecfo, für Cicero jedoch C. F. W. Müller zu Cic. off. 1, 99, der die Koordination solcher Bestun- mungen in klassischer Sprache verwirft wie etwa reverentia adversus homines et optimi Ciiiusque,

72. Mannigfaltigkeit im Ausdruck entsteht dadurch, dass die Schrift- steller einen in kürzerer Frist öfter sich wiederholenden Begiiff auf ver- schiedene Weise zur Anschauung bringen. Massvoll und rechtzeitig an- gewendet wird dieser Wechsel im Ausdruck Einförmigkeit vermeiden und somit ein Vorzug sein; dies ersehen wir aus den Schriften Ciceros, Caesars^ des Liv. und Tacitus und anderer Autoren, die, wenn zum Teil auch pathetisch und rhetorisch, doch nicht manieriert schreiben; vgl. z. B. Cicero Fam. 5, 12, 4 cum et reprehendes ea, quae vituperanda duces und Att. 3, 15, 2 ceteros quod pur gas, debent mihi probati esse. Dagegen hat die silberne Latinität, besonders Yell., Plin. mai. und Gurt, und von den Archaisten Apulejus im Wechsel der Wörter fast Unglaubliches geleistet. So braucht Voll, zur Abwechslung cupiditas neben cupido, eloquium neben eloquentia, praevalidus neben praevalens und vieles Ahnliche; Plin. mai. in defectibus siderutn neben deliquio solis, summa fluminum neben amne reliquo u. ä.; ferner zählt Vell. für den Begriff „sterben'^ nicht weniger als 25 mehr oder minder verschiedene Phrasen, für flöten* 13 eben solche u. ä.; Plinius mai. hat für „heilen" mehr als 30 Ausdrücke etc.

Umgekehrt müssen wir es als eine Nachlässigkeit bezeichnen, wenn in geringem Zwischenraum eben dieselben Worte wiederholt werden. Wenn bei den guten Schriftstellern dies sehr selten vorkommt (vgl. z. B. Caes. b. G. 1, 3, 2 u. 3 ad eas res conficiendas, wo jedoch die Wiederholung ver- dächtig ist), so ist es dagegen häufiger bei geringeren Stilisten, wie Nepos und Curtius, und im b. Afr. zu finden, wo cp. 23 naves inde avertit , . classemque ad hisulas Baleares versus convertit zu lesen ist.

6. Mannigfaltigkeit der Darstellimg. 72.) 6. Einfachheit des Anadnicke. (§§ 73—74.) 489

In den Schriften des älteren Plin. können solche Wiederholungen bei dem bedeutenden Umfange seines Werkes und der Anlage und Behandlungs- weise seines Stoffes nicht besonders auffallen, namentlich da sie gegenüber dem sonstigen Streben nach Mannigfaltigkeit und Abwechslung nicht sehr hervortreten.

Anmerkung. Geradezu tadelnswert ist der bei vulgftrachreibenden Autoren sich findende masslose Gebrauch des Relativs zur EAinleitung der Sätze, vgl. Hygin 53, 23 und Priscillian 46 b (Arch. III p. 323), oder ebenderselben Konjunktion in aufeinanderfolgenden Sfttzen, ygl. Vitray im Prooem. bezüglich quom.

Vgl. Hatz, Beiträge zur lat. Stilistik (Zur Hendiadys in Ciceros Reden), Schweinfurt ]88€; Roth, Gomm. qua Taciü aliquot per figuram iy auc dvoty dicta . . . colliguntur et digemntur, Nürnberg 1825; id.. De Taciti synonymis et per figuram ^y dia dvoty dictis, 1826; C. F. W. Müllbb im Philol. VH, 297 ff.; Ulbricht, Taciti qui ad figuram ^i' dtd dvoTy refemntur ex minoribus scriptis locos congessit atque interpretatus est, Freiberg 1874; Pbbubs, De bimembris dissoluti apud scriptores Romanos usu solemni, Edenkoben 1881 (vgl. meine Rezension in Phil. Rundsch. I, 1053 ff.); WOlfflin, Die Gemination im Lat., S.Ber. d. bayr. Akad. 1882 S. 422 ff.; Mülles, De diminutivis L lat., Leipzig 1865; G. Ryhiner, De diminutivis Plautinis Terentianisqne, Basel 1894; J. Franke, De Tib. Silii Italici Puni- corum tropis, Leipzig 1889; Wölfflin im Philol. XXXIY S. 158; Lorenz zu Plaut. Pseud. S. 58 ff.; Laitdoraf, De figoris etymologicis ling. lat., Acta sem. philol. Erlang. 11 S. 1 70; Wölfflin, Die aUitterierenden Verbindungen der lat. S^che, S.Ber. d. bayr. Akad. 1881, 1 ff. ; id., Der Reim im Lat., Arch. I S. 350 389 ; id., Zur AUitteration und zum Reime, Arch. m p. 443—457; Norden in Antike Eunstprosa n S. 810—883; Ebrard, Die AUitte- ration in der lat. Sprache, Bayreuth 1882; Böttioher, De allitterationis apud Romanos vi et usu, Berlin 1884; Bintz im PhiloL XLIV, p. 62—278; 0. Keller, Gramm. Aufsätze S. 1— 72; Wölfflin, Arch. IX S. 567—573; Fr. Ranninoer, Über die AUitteration bei den Gallolatei- nem des 4., 5., 6. saec, Landau 1895; Hüemer, Lat. christliche Hymnen, S. 52 ff. Reiche Litteratumachweise zum Gebiete der Metapher siehe bei Naoelsbach-Müller, VUI. Aufi. p. 504. Über Inkonzinnitftt vgl. Drbssler, Eonstruktionswechsel und Inkonzinnität bei den römischen Historikem, Wien 1897; über Eonzinnltät Norden, Greif swalder LektioDskatalog 1897, 8. 24 f.

6. Einfachheit und Kürze des Ausdrucks.

73. Die Geschichte des römischen Volkes wird uns für das Vorkommen der Einfachheit und Kürze des Ausdrucks den Weg zeigen. Die altrömische Sprache jener prisci et casci viri kann nur einfach gewesen sein; die klas- sische Zeit verliert infolge des Eindringens rhetorischer Bestrebungen und der immer mehr sich entwickelnden Periodenbildung einen Teil der alten Einfachheit, weiss aber immer noch zu rechter Zeit die Kürze des Aus- drucks zu wahren. FreiUch zeigen sich hier schon gegenteilige Bestre- bungen; ihnen arbeiten Sali., Pollio und Varro entgegen. Die Kaiserzeit verliert das Gefühl für die konzise und prägnante Sprache, um so mehr gibt sich Tac. Mühe, seine Diktion einfach und kurz in der Weise des Thucydides zu gestalten. Nach ihm aber kommt der Wortschwall immer mehr auf, wie uns namentlich die Schriften des Apul. zeigen, oder aber die Kürze des Ausdrucks ist gesucht und affektiert und wirkt infolgedessen ab- stossend.

74. Kürze des Ausdi-ucks entsteht zunächst durch die Ellipse; vgl. darüber Syntax § 9 und 10. Dieselbe ist von besonderer Wirkung in der Charakteristik und Schilderung (vgl. meine Anm. zu Sali. Cat. 5, 8) und findet sich so besonders bei Historikem. Femer ist sie geeignet, den polternden Charakter des Redners oder Schriftstellers zum Ausdruck zu bringen, wie wir dies noch Spätlat. bei Lucifer sehen. Neben der eigent-

490 Lftteinisolio Qrawmatilr. e. Sülutik.

liehen Ellipse ist noch die Spracherscheinung bemerkenswert, wo ein oder mehrere Wörter sich leicht aus korrespondierenden Satzteilen ergänzen lassen, z. B. Cic. Phil. 2, 25 si te municipiorum non pudebat, ne veterani qui- dem exercitus? So wird namentlich aus einem negativen Wort ein positives ergänzt, z. B. fehlt dicere nach negare^ quisque nach netno^ iubere nach retare, curare nach vUare^ scire nach nescire, aliquid nach ntmimtim, quia vereor nach non quo rerear u. ä. Dies letztere finden wir bei Varro und den klassischen Schriftstellern, den august. und nachklass. Dichtem, Xep. und Liv. und noch im Spätlatein, z. B. Lact., welcher I 401 nemo rem reri^ tote ponderat, sed omatu schreibt. Der umgekehrte Fall, dass aus einem im zweiten Gliede stehenden negativen Worte fürs erste Glied ein positives ergänzt wird, ist sehr selten, z. B. Tac. ann. 12, 64 quae filio dare Imperium. tolerare imperitantem nequibat; hier ist aus nequibat zu dare das Verbum quibat zu ergänzen. Bei Cicero finden wir dies vielleicht nur de fin. 1,2 verituSj ne movere {ac. posse) hominutn studia viderer, retinere non passe.

Anmerkung. Manchmal ist ans einer Temposform des zweiten Gliedes ein anderes Tempos zum ersten Glied zu ergänzen, so besonders bei Dichtem, aber auch in Prosa, z. B. bei Vitmy; vgl. Verg. Georg. 2, 1 hcictentis arvarum cultus et sidera caeli, nunc te, Baeche, canam; seltener ist ans dem ersten Glied die Ergänzung zn entnehmen, vgl. Rothbtsik zu Properz 2, 10, 7.

75. Kürze des Ausdrucks erkennen wir, wenn in der Verbindung zweier Verba, welche ein verschiedenes Objekt verlangen, dasselbe beim zweiten ausgelassen wird, z. B. Cic. de erat. 1, 72 apparet, utrum simus earum rüdes an didicerimus. Dies ist klassischer Brauch; vulgär dagegen erscheint die Wiederholung, welche Hygin sogar bei gleichem Objekt an- wendet, z. B. 129, 16 Archelaus regem arreptum in foveam coniecit atque ita eum perdidit, vgl. § 63, 5. Bei Sali., Liv., Curt. und Juv. wird das Objekt erst zum zweiten Verb gesetzt, z. B. Sali. Cat. 51, 38 imiiari quam invidere bonis malebanf, selten bei Cicero, z. B. oflf. 1, 23 qui non defendü nee obsistit, si potest, iniuriae; dafür zieht Cicero Wendungen vor wie off. 3, 74 no7i defendit iniuriam nee propulsat; vgl. C. F. W. Müller zu Cic. off- 1, 23.

76. Kürze des Ausdrucks findet statt in Vergleichungen, indem die Eigenschaft, Handlung etc. eines Gegenstandes mit dem andern Gegenstand direkt verglichen wird, z. B. Cic. orat. 230 sunt etiam qui in quoddam genus abiectum incidant Siculonim simUlimiim. Man nennt dies comparatio compendiaria. Dieselbe treffen wir auch bei Cic. und Caes., oft im silbernen Latein, selten jedoch bei Tacitus, vgl. Gudeman zu Tac. dial. S. 169, auch noch im Spätlatein, vgl. Orosius 2, 14, 5 ausi facinus nuüi tyranno comparandum.

Kürze des Ausdrucks erkennen wir da, wo mit Unterdrückung der Konjunktion quam eine Beiordnung von Komparativ und verglichenem Gegenstand stattfindet, z. B. Liv. 33, 30 1 ne plus quinque milia artnatorum haberet; diese Erscheinung ist schon im Altlat. häufig; vgl. Wölfflin, Comp. S. 49, Altenburo S. 502. So finden wir die Komparative amplius, longius, plus, minus gebraucht und zwar wie Adverbia unveränderlich, Liv. 40, 32, 6 cum equis plus quingentis.

6. Einfachheit und Ettrze des Ansdracks. (§§ 75—79.) 491

77. Eine bemerkenswerte Kürze des Ausdrucks entsteht,

1. wenn an Stelle des Urteils über eine Sache diese selbst gesetzt ^wird, z. B. ratio cogit verum esse statt ut verum esse existimemus, oder ad- ducor ut verum für adducor ut verum esse existimetn, wofür man auch sagen kann adducor verum esse. Das erste Beispiel dieser kurzen Aus- drucksweise scheint sich bei Lucr. 5, 1341 zu finden; oft begegnen wir ihr bei Cicero, namentlich in den philosophischen Schriften, auch in den Briefen, vgl. Lehmann zu Cic. Farn. 15, 15, 2, ebenso in den Reden, z. B. Sull. 40 nee vero possum tantum meo ingenio dare, ut tot res tardas tarn varias mea sponte dispexerim (= ut me dispexisse glorier), nachklass. vereinzelt auch bei Golum., Curtius und Tac; vgl. Becher zu Tac. ann. 6, 22 non eximitur quin und 4, 57, wo permoveor, num = permoveor, ut quaeram^ num ist;

2. wenn an Stelle des Verbum dicendi die Behauptung selbst als Hauptsatz eintritt, z. B. Verg. ecl. 3, 23 si nescis, meus ille caper fuU (== iiti dicam meum . . fuisse), oft auch in Prosa; in anderer Satzstellung z- B. Plaut. Poen. 1038 Carthagini ego sum gnatus, ut tu sis sciens (= dies sage ich, damit du . . .).

78. Kürze des Ausdrucks ist da zu konstatieren, wo die Adverbia oder adverbiale Bestimmungen (Becher zu Tac. ann. 1, 18 leviore flagitio interficietis) ein Urteil über die Handlung und nicht die Art und Weise der letzteren angeben, z. B. Cic. Tusc. 3, 34 male reprehendunt »sie haben Un- recht, wenn sie tadeln". Diesen Sprachgebrauch finden wir in eleganter Weise bei Cicero und den aug. Dichtern gehandhabt; Livius aber und die meisten nachklassischen Schriftsteller gehen auch hierin weiter. Während der jüngere Plin. ganz in den Fusstapfen Cic. wandelnd melius omnibus quam singulis creditur schreibt, lesen wir in den Quint. decl. 6, 10 excusatius ali- quid fit «es ist eher zu entschuldigen^.

Schon im Altlat. ist eine ähnliche Kürze in den mit quam mox und quam dudum eingeleiteten Sätzen bemerkbar: dies hat auch Cic. (ad Att. 14, 12, 3) namentlich in Briefen und Erstlingsreden (ebenso Liv., vgl. Archiv X, 29) angenommen und analog noch quam pridem in denselben Schriften verwendet, z. B. Verr. 1, 126 quam pridem sibi hereditas venisset „wie lange es her sei, dass etc."

79. Gedrungen wird der Ausdruck durch die Zusammenstellung zweier Pronomina, von denen das zweite regelmässig ein Demonstrativ ist, z. B. kic ille, quis hie, quis iste, quicunque ille, quisquis ille u. ä. Wir finden dies schon im Altlat., z. B. Acc. 455 R. quae vastitudo haec aut unde in- vasit mihi?, dann in klass. Zeit, vgl. Cic. Verr. 4, 47 quod hoc monstrwn in provindam misimus, besonders aber bei Dichtem, z. B. Hör. epod. 3, 5, bei Tac, Apul., Sulp. Sev., Min. Fei. und sonst im Spätlat., vgl. Min. Fei. 10, 2 cur etenim occultare, quiequid illud colunt, tnagnopere nituntur, wo quicquid illud colunt = quiequid illud est, quod colunt; vgl. noch Tac. ann. 1, 12 quidquid istud sceleris imminet. Diese Ausdrucksweise lässt sich durch Vergleich mit hie unus restitit u. ä. leicht erklären. Das Griechische liebt solche Zusammenstellungen gleichfalls, vgl. Hom. Iliad. 11, 612 ovnva tov- Tov ay«, Plato Apol. 5 noiav drj aoifCav ravzrjVy Herod. 7, 48 xoTa tavva Xsyaq,

492 LateiniMhe Orammatik. e. BtilUitik.

80. Ein persönliches oder mindestens substant. Obj., wo wir eine präpositionale Wendung erwarten, gibt dem Ausdrucke den Charakter der Gedrungenheit, z. B. Gic. parad. 6, 50 ne semper Curios et Luscinos loquamurj vgl. noch Tac. ann. 6, 4 und spätlat. Prudent. Apoth. 125 caecorum caecos loquor. So werden die W. audire, legere, narrare, loqui, ingredi, incohare, horiari u. a. konstruiert, auch in der klassischen Sprache, vorwiegend aber im familiären Ton, also in epp., dann bei Nepos, Tac. und spätem Histo- rikern. Der Zusammenhang mit der Yulgärsprache wird durch die bei Yitr., im b. Hisp. und auf Inschr. sich findende pass. Konstruktion er- wiesen, z. B. fons supra scriptus.

81. Auf dem Streben nach Kürze beruht die Angleichung des Kasus an den Akkusativ einer vorausgegangenen Orat. obliq., wo der Gedanke den Nominativ verlangt, z. B. Cic. Att. 13, 45, 1 dies feriarum mihi ctdditos rideo, sed quam multos fac sciam; wir erwarten quam muUi addüi sint; von dieser Konstruktion finden wir Beispiele bei Ter., Civ., Liv.

82. Mit der Kürze der Darstellung hängt auch das formelhafte Asyndeton zweier Satzglieder zusammen, z. B. uUro citro, coniuges liberi, ire redire u. ä. Dasselbe gehört vorzugsweise der Umgangssprache, dem Kurialstil, den Formeln der rituellen Sprache und dem Sprichwort an und hat sich hier am längsten erhalten. Im Altlatein findet es sich viel häu- figer als bei den klassischen und nachklassischen Schriftstellern und dies vorzugsweise bei den scenischen Dichtern. Schon Yarro beschränkt den Gebrauch, Cicero hat in vielen asyndetischen Yerbindungen eine Kon- junktion angefügt, ohne jedoch das Asyndeton ganz zurückzuweisen, wie er dann equis viris, ventis remis, apeHe tecte, vuüu taciturnitate, ovo obsecro und ähnliches besonders in den Briefen unbedenklich verwendet; Caesar aber verschmäht das Asyndeton fast ganz; Ausnahmen, die gar nicht auffaUen, sind z. B. im b. Gall. 5, 27, 7 monere, orare, 7, 14, 10 liberos coniuges; nicht übermässig oft hat es Sallust, wenn er auch in seiner Yorliebe für die alte Sprache etwas mehr zweigliedrige Asyndeta bewahrt hat, als seine Zeitgenossen; ebenso sind die aug. Dichter sehr sparsam in der Yerwen- dung des formelhaften Asyndeton, verhältnismässig auch Livius. Oft treffen wir es beim Philosophen Seneca, zu dessen Stil es vorzüglich passt; die beiden Plinius und Tac. verfahren dagegen um so vorsichtiger, während umgekehrt bei den Archaisten viele Beispiele aus Plaut, und Ter. wieder zum Yorschein kommen. Im übrigen Spätlatein dagegen, z. B. bei Am- mian, Cyprian, Min. Fei. u. a.,* wird man ausser den allgemein üblichen kaum ein formelhaftes Asyndeton finden, vgl. z. B. Cypr. ep. 66, 4, cum publice legeretur: si quis tenet possidet de bonis Cypriani; ja die späteren Grammatiker, wie z. B. Donat, nahmen geradezu Anstoss daran und suchten es, wo es vorkam, als formelhaft und sprüchwörtlich zu entschuldigen.

Man unterscheidet zwei Arten des formelhaften Asyndeton, 1. wenn zwei Wörter entgegengesetzter Bedeutung, z. B. uüro citro^ sursum deor- sum, clam palam, und 2. wenn zwei Wörter verwandter Bedeutung, z. B. vidus vestitus, arma tela, oro obsecro zusammengestellt werden. Zur ersten Art gehören auch die disjunktiven Formeln wie velim nolim, plus minus, serius ocius u. ä.

6. Einfachheit nnd Kftrze des Aasdrucks. (§§ 80-84.) 493

83. Dem Streben nach Kürze verdankt das Zeugma seine Ent- stehung. Unter Zeugma verstehen wir die Beziehung ebendesselben Wortes in verschiedener Bedeutung auf zwei Satzteile. Solche Konstruktionen hat schon Plautus öfters, sehr selten sind sie bei den klassischen Schriftstellern (vgl. jedoch Cic. Att. 10, 4, 4 fortuna, qua Uli florentissima, nos duriore con- fiictati videmur); häufiger treffen wir sie bei Yarro und Nepos, den aug. und den nachklass. Dichtern, bei Livius, Voll., verhältnismässig selten bei Plinius mai., zahlreicher aber als bei allen genannten Autoren bei Tacitus; nach ihm nehmen sie ab, auch bei den Archaisten, z. B. Apulejus, ist nur weniges (und dies ist grossenteils bestritten) zu verzeichnen. Ein recht signifikantes Beispiel für die durch das Zeugma hervorgebrachte Kürze des Ausdrucks bietet Plin. n. h. 11, 58 duas acies contrarias duosque im- peratores instruunt.

84. Hieher gehört auch die Konstruktion dno xoivov. Wir verstehen darunter die gleichmässige Beziehung eines Satzgliedes auf zwei andere, z. B. Nep. Thras. 2, 4 neque tarnen pro opinione Thrasybuli audae sunt opeSy wo Thrasybuli ebensogut zu opes wie zu opinione gehört; die Stellung des gemeinschaftlichen Satzteiles ist gewöhnlich wie hier in der Mitte, ohne dass jedoch Vor- oder Nachstellung ausgeschlossen wäre. Hieher rechnet man auch die einmalige Setzung des Komparativs, so besonders von magis, z. B. Hör. sat. 1, 2, 123, die Stellung der Präposition beim zweiten Gliede, z. B. Tac. DiaJ. 6 nam ingenio quoque sicut in agro. Diese Struktur wird wohl bei Cic. und Gaes. nur sehr selten auftreten; öfter schon ist sie bei Sallust, z. B. rapere omnes trahere, pavere omnia rogitare, und bei Nepos, dann bei CatuU und den aug. Dichtem, z. B. Hör. ep. 2, 2, 142 Kiessling, Properz 3, 1, 1 Rothstein (Anhang), auch bei den nachklass. Dichtern, z. B. bei Statins, und hauptsächlich bei Livius, sowie bei Tac, z. B. ann. 2, 14 ^' taedio viarum ac maris finem cupiant. Auch im Altdeutschen ist die Konstruktion äno xoivov sehr üblich, vgl. Was sein Pfeil erreicht, das ist seine Beute, was da kreucht und fleugt (vgl. Lyon, Die Lektüre I S. 131 ; Paul, Mhd. Gramm. § 385).

Vgl. WiCHEBT, Über die Ergänzung elliptischer Satzteile aus korrespondierenden, Guben 1861, Progr.; Akbn, De fignrae dno xoivov usu apnd Gatullum, Tibullnm, Propertium; Schwerin 1884, Progr.; Wölpplin, Zum Asyndeton bei Sallust, Archiv XI S. 27 35; Paul, Prinzipien der Sprachgeschichte* 289 300.

Lateinische Lexikographie

von

Professor Dr. Ferdinand Heerdegen.

Lateinische LexiJcograptiie.

1. Geschichte und Litteratur der lateinischen

Lexikographie.

1. Wie in der Sprachforschung überhaupt, so stehen auch in der Lexiko- graphie die Leistungen der Römer hinter denen der Griechen an umfang, Wissenschaftlichkeit und Selbständigkeit der Forschung weit zurück, i) Wie weit sich die lexikalischen Studien des Begründers der römischen Philologie, L. Aelius Praeconinus Stilo, erstreckten, lässt sich aus den uns über- lieferten geringen Resten seiner litterarischen Thätigkeit nicht entnehmen; dasselbe gilt von seinem jüngeren Zeitgenossen Aurelius Opilius. Dass es der eifrige Schüler und Portsetzer des Aelius, M. Terentius Varro, neben seinen etymologisch-grammatischen auch nicht an semasiologisch- lexikalischen Studien fehlen liess, davon geben die uns erhaltenen Teile seines Werkes De lingua Latina Zeugnis; ob sich unter seinen verlorenen Werken auch ein solches rein lexilogischen Inhalts befunden habe, lässt sich nicht entscheiden. Aus der Litteratur der augustischen Zeit ragt der Name des Grammatikers M. Yerrius Placcus hervor, des Verfassers eines Werkes De verborum significatu, in welchem übrigens nicht bloss rein lexikalische, sondern auch realencyklopädische Erklärungen in alphabetischer Reihenfolge vereinigt waren. Eine nur sehr abgeschwächte Vorstellung von dem Werte dieses Werkes gewähren die beiden auf uns gekommenen Auszüge: der des vielleicht der Mitte des 2. christlichen Jahrhunderts an- gehangen Sex. Pompeius Festus, wovon jedoch gleichfalls ein Teil (bis zur Mitte des M) verloren ist, und der aus diesem Auszuge abermals ex- zerpierte Auszug des Paulus (Paulus Diaconus) aus der Zeit Karls des Grossen.*)

^) Bezüglich der hier gegebenen Notizen j der Litteratur des Mittelalters im Abend-

aber die Lexikographie des Altertums, wel- lande, Bd. I. II. Leipz. 1874. 1880. Nur mit

chen ebensowenig wie denen über die Glosse- ; grösster Vorsicht ist noch zu gebrauchen

graphie des früheren Mittelalters eigene A. Gräfbnhan, Geschichte der klassischen

Untersuchungen zu gründe liegen, genügt es ftir den Zweck dieses Abrisses auf die be- treffenden Abschnitte der gangbaren römi- schen Litteraturgeschichten zu verweisen, so- wie auf A. £bbbt*s Allgemeine Geschichte

Philologie im AUerthum, wovon der IL Bd. (Bonn 1844) S. 319 ff. und der IV. Bd. (Bonn 1850) S. 205 ff. die „Lezilogie'' der Römer enthält.

*) Ausgabe von C. 0. Mülles, Lips. 1839

Handbach der Uaea. Altertamswinenflcbaft. U, 2. 3 Aufl. 32

498

LateiniBohe

2. Im Vorbeigehen zu erwähnen ist der Allerweltsammler A. Oellius (2. Jahrh.), dessen zwanzig Bücher Nodes Atticae zwischen vielem andern für uns wichtigen Material auch zahlreiche lexikalische Bemerkungen ein- gestreut enthalten. Ein Afrikaner von Geburt und, wie es scheint, dem Ende des 3. oder dem Anfange des 4. Jahrhunderts angehörig war Nonins Mar cell US. Sein auf uns gekommenes lexikalisches Werk führt den Titel De compendiosa doctrina und ist ebenso wertvoll durch den darin erhaltenen, aus guten älteren Orammatikem geschöpften Stoff als in der Yerarbeitung und Durchführung geist- und verständnislos. Auch hier geht der real- encyklopädische Gesichtspunkt Hand in Hand mit dem lexikalischen, was sich schon äusserlich in der gewählten Eapiteleinteilung kundgibt.^) In noch höherem Masse gilt diese herkömmliche Verbindung von dem rein sachlich geordneten, unvollendet gebliebenen Werke des Isidorus (um 570—636), Bischofs von Sevilla: Etymologiarum libri XX, worin ebenfalls alte, uns jetzt zum Teil verlorene Quellen benützt sind;') auch das ganze spätere Mittelalter hindurch blieb diese (uns höchstens noch bei Eigen- namen geläufige) kombinierte Wort- und Sacherklärung im Schwange.

3. Das Mittelalter schuf dem Altertum gegenüber auf dem iexikalisch- glossographischen Gebiete wenig neues. So zahlreich die uns erhaltenen mittelalterlichen Glossare und Vokabularien sind, so schöpfen sie doch alle mehr oder weniger aus der seit dem 7. Jahrhundert nachweisbaren Tradition. Die Hauptrepräsentanten >) dieser Periode sind: der Lombarde Papias, genannt Vocabulista, mit seinem um 1063 voUendeten Elementarium doctrinae eruditnentum,^) einer Schulencyklopädie, in welcher zweierlei Quellen verarbeitet sind: einerseits die traditionellen Glossarien, welche aber für sich allein schon deshalb nicht genügen konnten, weil sie ihr Hauptaugen- merk mehr auf seltene, zweifelhafte oder dunkle Wörter gerichtet hatten,

(wovon neuer Abdrack ebd. 1880); jetzt über- holt durch Aek. Thewrewk db Ponob, ed. Budapestini 1889 (Pars I: Text).

^) Neueste Ausg. von Lucian Müllbb, Pars. I. LI. Lipsiae 1888; zitiert wird ge- wöhnlich nach der Ausg. von J. MbrcieB) zuletzt nach der Pariser Ausgabe von 1614 abgedruckt Lips. 1825.

*) Hauptausgabe (des ganzen Isidor) noch immer die von F. Abbvalo, Rom. 1797—1803, in 7 Bdn.; daraus der Abdruck bei Migne, Bd. 81-84.

*) Entlehnt sind diese Angaben teils der inhaltreichen Schrift Fr. Haasens, De medii aevi studiis philologicis disputatio, Ind. lect. Vratisl. 1856, p. 31 sqq., teils dem für die wissenschaftliche Bearbeitung der Glossen bahnbrechenden Werke von G. Löwe, Pro- dromus corporis glossariorum Latinarum, Lips. 1876, wo besonders das genealogische Verhältnis der einzelnen Glossarien zu ein- ander ins Licht gestellt ist; vom Corpus selbst sind bis jetzt erschienen Vol. II V, hrsg. teils von G. Goetz und G. Gundbr- MAKN teils von ersterem allein, dazu Yf, Fase. I: Thesaurus glossarum emendatarutn,

confecit G. Gtobtz, Lips. 1899 (Pars prior, Fase. 1). Eine Sammlung von Vorarbeiten Löwb's enthalten die y^Glossae nominum^y nach dessen Tode hrsg. von G. GloRZ, Lips. 1884. Benatzt habe ich ferner den Artikel Fr. Aug. Ecksteines, Lateinischer Unterricht, in Schjud's Encykl. des gesamten Erziehungs- und Unterrichtewesens, 2. Aul Bd. IV, Gotha 1880 (Separatabdr. S. 32), so- wie F. A. Specht, Geschichte des Ünterrichtt- Wesens in Deutschland von den ältesten Zeiten bis zur Mitte des dreizehnten Jahrhunderts, Stuttg. 1885, S. 104. Die Schrift Schblkb's, Lexicographie Latine du XII. et du XlU- siede, Lpz. 1867, enthftlt kommentierte Ab- drücke des «Dictdonarius* des Johanne sde Garlandia nebst zwei andern Vokabularien; Proben aus mittelalterlichen Glossatoren Ober- haupt gibt Baebler, Beitrage zu einer Ge- schichte der lateinischen Grammatik im Mittelalter, Halle 1885, S. 170 ff.

*) So (erudimentum, nicht ruditnenivm) gibt den Titel die Vorrede der mir vorlie- genden Papias- Ausgabe, Venedig 1491; ▼g^ auch Löwe a. a. 0. p. 235.

1. Gesohiohte und Litteratiir der lateiniBohen Lexikographie. (§§ 2—4.) 499

nicht auf den lateinischen Sprachschatz überhaupt, andererseits das Nötigste aus den damaligen Kompendien der sieben freien Künste; ferner um etwa hundert Jahre später Osbern, ein Mönch von Glocester, mit der Panormia, einem für seine Zeit achtungswerten Versuche genealogisch- etymologischer Worterklärung ;i) wieder etwas jünger Hugutio, ein Pisaner, Bischof von Ferrara bis 1210, Verfasser eines liber derivationum (ungedruckt), ebenfalls vorzugsweise etymologischen Inhalts,^) und viele andere.

4. Ein für jene Zeit verdienstliches Sammelwerk, welches sich haupt- sächlich auf Papias und Hugutio stützte, daneben aber doch auch eigene Zuthaten aufwies, war das Catholicon des Dominikanermönches Giovanni de Balbi aus Genua (Joannes Januensis).^) Vollendet wurde es, wie die Subskription des Verfassers lehrt, im Jahre 1286; es blieb dann die beiden folgenden Jahrhunderte hindurch in Gebrauch und war eines der ersten Werke in lateinischer Sprache, welches gedruckt wurde, nämlich zu Mainz im Jahre 1460>) Der Inhalt dieses Werkes ist nicht das Lexikon allein, sondern es geht demselben noch ein Abriss der Grammatik, Stilistik und Rhetorik voraus, welcher zu jenem gleichsam die systematische Ein- leitung bildet; als Aufgabe des Vokabulars selbst wird dann bezeichnet die „orthographia, prosodia, significacio, origo, ethgmologia quarundam diccionum, que frequenter inueniuntur in biblia et in didis sanctorum et poetarum" ; die Berücksichtigung der klassisch-römischen Litteratur ist neben der späteren christlichen noch sehr dürftig.

^) Gedrackt (unter willkürlichem Titel) in A. Mai*8 ClcLssicorum auctorum Tom. Ylll, Romae 1836. AosftLhrlicheres bei Löwe a. a. 0. p. 240 sqq. ; über Mai's Ausgabe W. Mbyeb im Rhein. Mus. 29 (1874) S. 179 ff.

') Als Probe fttr die halsbrechende Art, wie man im Mittelalter nach filteren Mustern etymologisierte, teüen wir aus dem sogleich scu nennenden Catholicon s. v. bellum folgenden aus älteren QueUen ent- lehnten Versuch mit: Bellum dicitur a ho- num per antifrasim. Dazu fllgt der spätere Yocabularius Breyiloquus unter demselben Artikel einige Analoga in versificierter Fas- sung: Isla per antifrasim dieuntur nomina quinque: Lucus et officium bellum libitinaque mundus (nämlich: lucus „per contrarium a lucendo*' u. s. w.); auch der berüchtigte canis a non canendo, der in diesem Verse vergessen scheint, fehlt doch an seinem Platee nicht: canis .dicitur a cano, caniSf vel ca- nor, eanoris . Wie weit dergleichen Ver- sucne lateinischer Wortableitung zurtlck- gehen, beweisen Beispiele wie Paul. p. 122M: Militem Aelius a mollitia xaid nvtlfpQaaiv dictum putat, eo, quod nihil moUe, sed po- tius asperum quid gerat j sie ludum dicimus, in quo minime luditur.

') Die Überschrift lautet in der Ed. princ. : Incipit summa que uocatur catholicon, edita a fratre iohanne de ianua, ordinis fratrum predicatorum; etwas genauere Auskunft über

seine Person gibt der Verfasser in dem lexi- kalischen Teile seines Werkes selbst unter dem Artikel Janua: Item a ianua porta dicia est quedam ciuitas potens nobilis pul- chra et diues, iuxta mare sita. Et est quasi introitus et porta lombardie, tuscie prouincie. Huius eiuitatis oriundus fuit conpilator pre- sentis Ubelli qui dicitur prosodia uel catho- licon. Conpilator siquidem isiius operis dictus est frater iohannes ianuensis de bal- bis de ordine fratrum predicatorum modicus, worauf dann die übrigen von ihm verfassten Werke aufgezählt werden. Über die Be- zeichnung des Werkes sagt der Verfasser in der Vorrede: ünde tractatus iste tanquam a principaliori intento si plaeet prosodia nuncupetur, uel si magis plaeet liber iste uocetur catholicon eo quod sit communis et uniuersalis, ualet siquidem ad omnes ferme scientias.

*) Wie es in der Subskription des Druckers heisst: Alma in urbe maguntina nacionis inclite germanice. Von den späteren Aus- gaben liegt mir noch die Nürnberger vom Jahr 1483 vor: Impensis anthonij koburger Nurenberge. Über Umfang, Ausstattung und typograplusche Eigentümlichkeiten jenes wert- voUen ersten Druckes sehe man z. B. die Notizen in Jacobs und Ukbbts Beiträgen zur altem Litteratur oder Merkwürdigkeiten der Herzogl. öffentlichen Bibliothek zu Gotha. Bd. ]. Leipzig 1835, S. 331 f.

82*

500

Lateiniflohe Lezikographi«.

5. Dass die italienischen Humanisten des 14. und 15. Jahrhunderts sich mit der lexikalischen Bearbeitung des lateinischen Wortschatzes in ausgiebigerem Masse beschäftigt hätten, lässt sich nicht beobachten. Die Fülle des neuen Stoffes, der auf sie eindrang, die schwärmerische Be- geisterung, mit der sie ihn aufnahmen, das oft übereifrige Bestreben, selbst Meister in der Handhabung lateinischen Stils und lateinischer Bedekunst zu werden, das alles waren für die mühsame, nüchterne, kritische Aufgabe der Lexikographie keine förderlichen Umstände. Doch fehlte es nicht ganz an solchen, welche wenigstens über einzelne Wörter und Ausdrücke nach Bedeutung und Gebrauch synonymisch-stilistische Forschungen anstellten, wie dies namentlich Lorenzo Valia (1407 1457) that in seinen Elegantiarum linguae Latinae libri VL^)

6. Ebensowenig wie der italienische hat auch der deutsche Huma- nismus des 15. Jahrhunderts eine selbständige zusammenhängende Leistung auf dem Gebiete der lateinischen Lexikographie aufzuweisen. Der eine Zeit- lang vielgebrauchte Vocabularius Breviloquus, eine Jugendarbeit Johann Reuchlins (zuerst erschienen 1475 oder 1476 in der Amorbach'schen Druckerei in Basel, und zwar hier wie in allen folgenden Ausgaben anonym) ist trotz der neuen Einteilung es werden in drei Abteilungen zuerst die Nomina, dann die Yerba, zuletzt die Adverbia und Partikeln alphabetisch behandelt doch nur zu einem verhältnismässig geringen Teile des Heraus- gebers eigenes Werk und fusst, wie eine Vergleichung ausgewählter Stich- proben lehrt, zunächst und hauptsächlich auf dem Catholicon.^) Er- wähnung verdient auch die von Erasmus veranstaltete EpUome in Ele- gantiarum libros Laurentii Vallae in alphabetischer Ordnung.

7. Überschreiten wir die Schwelle des 16. Jahrhunderts, so tritt uns wiederum auf italienischem Boden ein neues reichhaltiges Werk entgegen,

^) Im Vorbeigehen darf auch ein Werk nicht ungenannt bleiben, welches, obwohl an sich nicht lezikographischer Natur, doch seinem Hauptinhalte nach sehr viel lexika- lisches Material enthält: dies ist der Kom- mentar des NioooLo Perotti (f 1480), Bi- schofs von Siponto, zum 1. Buche des Mar- tial, nach seinem Tode von seinem Neffen PiRRo Perotti unter dem Titel Cornu- copiae siue linguae latinae commen- tarii herausgegeben; die mir zu geböte stehende Ausgabe ist die Venetianer vom Jahr 1489. Zu jedem Worte des Dichters wird alles erdenkliche an sprachlichem Ma- terial beigebracht, was sich nur irgendwie anknüpfen lässt: Etymologien, Derivata, Com- posita u. s. w., so dass z. B. die Erklärung des aus 10 Worten bestehenden ersten Di- stichons allein sechs und eine halbe Seite in folio einnimmt. Ein vorausgeschickter alphabetischer Index ermöglicht den lexika- lischen Gebrauch des um die Förderung und Verbreitung einer reineren Latinität fOr seine Zeit immerhin wohlverdienten Werkes.

*) L. Geiger, Johann Reuchlin, sein Leben und seine Werke, Leipzig 1871, S. 68 ff.

und ihm folgend Bursiak, Geschichte der klass. PhiloL I S. 121 f., hat das selbstftn- dige Verdienst Reuchlins um den Vocabu- larius Breviloquus doch wohl zu hoch ange- schlagen, und zwar infolge davon, dass dort zwar eine Vergleichung des Vocabularius mit Papias, nicht aber auch mit dem Catholicon vorgenommen ist. (Als Stichproben habe ich hier, wie auch bei allen folgenden Verglei- chungen, aus dem ersten und dritten Drittel des Alphabets sieben gebräuchliche Worter von übersichtlichem lexikalischem Umfang gewählt: acies, bellum, caput, domus, orart^ rogare, ttierL) Ähnlich wie wir urteilt fibei die direkte Abhängigkeit des Breviloquns vom Catholicon auch schon Haasb a. a. 0. p. 35. Wie gross übrigens das lexikalische Bedürfnis damals in Deutschland war, ergibt sich aus der (von Geiger a. a. 0. mitgeteil- ten) Thatsache, dass der Breviloquus bis zum Jahre 1504 nicht weniger als 25 AufUgen erlebte (die von mir benutzte Ausgabe ist eine Strassburger vom Jahre 1489); man be- greift heutzutage freilich kaum mehr, «ie man damals mit einem so bescheidenen Wörterbuche auskommen konnte!

1. GeBohiohie and Litteratur der lateinisohen Lexikographie. (§§ 5—8.) 501

das Dictionarium des Augustinereremiten Ambrogio da Calepio, Ambrosius Calepinus (oder auch Calepinas) Bergomas, f 1511; erste Ausgabe: Reggio in Oberitalien 1502.^) Was dieses Werk vor dem Catholicon auf den ersten Blick auszeichnet, ist eine bedeutend grössere Zahl von Belegstellen aus der klassischen römischen Litteratur; freilich aber scheint der Verfasser nur sehr wenig von diesem Reichtum aus originalen Quellen geschöpft zu haben ; er selbst erklärt wenigstens in der Vorrede, dass er sich seit Jahren damit beschäftigt habe, uel a prophanis tum ueteribus tum recentibus uel a catholicis et iis sane dodissimis sanctissimisque uiris complurimas dictionum interpretationes excerpere atque in unum cogere, was man doch wohl nicht von eigener Interpretation, sondern nur von der Kompilation fremder, ihm schon vorliegender Belege wird verstehen müssen.

8. Einen wirklichen Anfang ^) wissenschaftlicher, auf eigener Quellen- forschung beruhender Lexikographie bezeichnet der Thesaurus linguae La- tlnae hier findet sich, wie es scheint, zum erstenmale dieser Titel! des gelehrten französischen Philologen und Buchdruckers Robert Estienne (t 1559), latinisiert Robertus Stephanus, des „princeps lexicographorum**.«) In den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts hatte man ihn aufgefordert, den Calepinus neu herauszugeben ; er lehnte dies jedoch aus verschiedenen Gründen ab und legte vielmehr seitdem eigene lexikalische Sammlungen an, die er auch nach dem Erscheinen der ersten Ausgabe seines Thesaurus (Paris 1531 in Einem Bande)*) mit ungeschwächtem Eifer fortsetzte. Was

*) Die Unterschrift des Druckers lautet: Impressum Rhegii lingohardiae [so!] indu- stria presbyteri Dionysii Berthochi impres- soris, MDIL Die zweite Ausgabe, Venedig 1509, scheint ein blosser Abdruck der ersten; dann folgten im Laufe des 16., 17. und 18. Jahrh. eine Menge (zum Teil vermehrte) Aus- gaben, namentlich in Basel, sowie auch 1573 ein „Supplementum Hnguae Latinae seu Dic- tionarium abstrusorum vocabulorum a Bob. Consiantino collectum", wie es auf dem Titel, und „ad Ambrosii Calepini Dictionarium postremo editum", wie es in der Überschrift des Textes heisst.

') Als ältere Darstellungen der Geschichte der lateinischen Lexikographie vom Ausgange des Mittelalters bis ins 18. Jahrhundert nennen wir: Jo. Georgii Walchii Historia critica latinae linguae (zuerst Lipsiae 1716), Caput V.: De lexicis latinis earun- demque usu; D. G. Morhofii Polyhistor, wovon mir die 3. Ausgabe, Lubecae 1732, mit einer Praefatio des Jo. Albertus Fabri- aus vorliegt, Tom. I. Lib. IV. Cap. IX.: De Laiina Lingua; besonders aber die ausführ- liche Praefatio der Londoner Ausgabe von R. Stephani Thesaurus linguae Latinae vom Jahr 1734: De praecipuis Lexicis Latinis eorumque Auetoribus.

*) In der Famüie dieses neben seinem berühmteren Sohne Henri nicht immer nach Gebühr geschätzten Gelehrten war die Be- schftftignng mit den alten Sprachen von mehr

als einer Seite her traditionell: er selbst war der Sohn jenes Henri, welcher die Pariser Druckerei gegründet hatte, und der Schwieger- sohn des (von Lyon nach Paris übergesie- delten) Druckers Jodocus Badius Ascensius, dessen Tochter das Latein fast wie ihre Muttersprache gebrauchte; in Roberts Hause arbeiteten ferner nicht weniger als 10 Ge- lehrte aus allen Ländern, für welche das Lateinische das Verkehrsmittel bildete, und so gewöhnte sich sogar das Gesinde, das Lateinische, das es fortwährend hörte, zu verstehen, auch wohl selbst zu gebrauchen. Es war ein förmlicher kleiner lateinischer Freistaat: gewiss der beste Boden, auf dem ein „Thesaurus linguae Latinae' gedeihen konnte! Vgl. Franz Passow in Fr. v. Räu- mers Histor. Taschenbuch, II. Jahrg. 1831, S. 553 f., sowie die der Londoner Ausgabe des Thesaurus vorausgeschickte Vita.

*) Vollständiger Titel der ersten Aus- gabe: Dictionarium, seu Latinae linguae Thesaurus, Non singulas modo dictiones continens, sed integras quoque Latine et loquendi, et scribendi formulas ex optimis quibusque authoribus accuratissime coUectas. Cum Gallica fere interpretatione, Parisiis Ex officina Roberti Stephanie MDXXXL Von den zunächst folgenden Ausgaben habe ich gesehen eine kleinere (ohne Gitate) unter dem Titel Dictionarium Latinogallicum, Pa- risiis MDXXXVIII, und die grosse drei- bändige Parisiis MDXLIIL

502

Lateiniaehe Lexikographie.

er hier in der Vorrede über die Art, wie er seine Sammlungen begann, bemerkt, enthält einen wahrhaft methodischen Grundgedanken: er habe, sagt er, unter den lateinischen Autoren zunächst die zwei ältesten, Piautas und Terenz, als et copia et elegantia et verborum proprietate praestaniimmi herausgegriffen: in quibus etiam minutissima quaeque adeo scrupulose anno- tavi, ut nuUum fere verbum praetermiaerim, quod ad Latine tum loquendum tum scribendum commodum esse existimarem ; diese annotationes, alphabetisch geordnet, hätten ihm dann den feststehenden Rahmen, gleichsam die Cadres, gebildet, in welche er die ex omni scriptorum genere gesammelten dictione$ cum suis interpretamentis eintrug, i) Aber nicht nur dem Stoffe nach be- zeichnet Stephanus' Werk einen wahrhaft wissenschaftlichen Fortschritt sondern ganz besonders auch in der Darstellung und Behandlung. Denn Stephanus stellt zum erstenmale die Bedeutung und ihre auf syntaktische und phraseologische Verbindungen gestützte Interpretation in den Hittel- punkt seiner Darstellung, wogegen jene etymologischen Versuche bei ihm völlig in den Hintergrund treten und die Derivata und Composita, welche man bisher dem Grundwort unterzuordnen liebte, bei ihm, wie sich's ge- bührt, als selbständige lexikalische Individuen behandelt werden und als eigene Artikel erscheinen. Bei der Interpretation selbst, welche in der ersten Ausgabe in französischer Sprache gegeben ist, verfährt er mit ausser- ordentlicher Sorgfalt; nur die Bezifferung der Gitate lässt bisweilen noch zu wünschen übrig, insofern er sich hie und da mit blosser Angabe des Autors (z. B. Virg.) oder des Autors und seiner Schrift (Virg. Georg.) be- gnügt, vermutlich weil er solche Stellen aus älteren Quellen nahm, welche auch nichts weiter angaben.

9. Einen wesentlichen weiteren Fortschritt bezeichnet die im Jahre 1543 erschienene, ebenfalls noch von Robertus Stephanus selbst bearbeitete Ausgabe des Thesaurus in 3 starken Foliobänden, welche auf dem Titel als Editio secunda bezeichnet wird.*) Dem Stoffe nach ist diese Ausgabe, gering angeschlagen, um das Fünf- bis Sechsfache vermehrt; besondere Sorgfalt ist den Zitaten gewidmet, unter welchen jetzt fast nirgends mehr ein unbeziffertes, selten ein mangelhaft beziffertes vorkommt; viele Artikel sind neu hinzugekommen ; noch grösser aber ist der Fortschritt in der Be- handlung. Mit sichtlicher Liebe ist jeder etwas grössere Artikel in ver- schiedene einzelne Unterabteilungen (Paragraphen), doch ohne Zählung zer- legt, unter welchen die dazu gehörenden phraseologischen Verbindungen

^) Der Verfasser selbst bezeichnet in dieser Vorrede sein Werk, namentlich dem Galepinos gegenüber, mit Recht als ein omnino recens opus, ohne doch die von ihm benutzten alten und neuen Vorgänger zu verschweigen; als solche nennt er in fdpha- betischer Reihenfolge: Acre, Asconius Pae- dianu8[so!], Aulus Gellius, Bndaeus, Cale- pinus, Caper, Cato, Cicero, Oolumella, Dio- medes, Donatus, Erasmus, Festus Pompeius, Laurentins Valla, Linacer, Macrobius, Nonius Marcellus, Pandectae iuris civilis, Perottus, Plinius maior, Porphyrie, Priscianus, Probus, Quintilianus, Servius, Varro, Vegetius. „Ex

ipso autetn Buddeo heisst es dann noch quem nostra aetate praeeipuum omnU evaditionis lumen optimus quisque iudiratj tarn muUa ad verbum transeripsimuSf vt pene omnia et rara et exquisita iÜi in hoc opere deheantur": Guillaume Budä (Budaeus) t 1540.

^) Der Titel dieser Ausgabe stimmt znit dem der ersten überein, jedoch mit dem viel- sagenden Zusätze: ea quidem nunc Qcei^ sioney ut nihil propemodum ohaervatu dignu» ait apud Oratores, Histaricos, PoetaSf &ntnU denique generis scriptores, quod hie (sc. The- saurus) nan promptum paratumque habeat

1. QeBchichte nnd Litteratnr der lateinisohen Lexikographie. (§§ 9—11.) 503

und dergleichen wiederum je in alphabetischer Reihenfolge vorgeführt werden, so z. B. der Artikel acies in 10, der Artikel bellum in 7, der Artikel Caput in 19 Abteilungen u. s. f. Die Worterklärung ist knapper gefasst und in dieser Ausgabe auch dies ein Fortschritt! nicht mehr in franzö- sischer, sondern in lateinischer Sprache gegeben. Hervorzuheben ist endlich noch die HinzufQgung zahlreicher Eigennamen, worauf die Vorrede aus- drücklich hinweist.

10. Auf dieses grundlegende Werk, ein seinen Namen mit Recht führendes „Schatzhaus'' der lateinischen Sprache, geht eine Reihe lexiko- graphischer Erscheinungen des 16. wie auch der beiden folgenden Jahr- hunderte teils direkt teils indirekt zurück.^) Wir nennen 1) des Theodosius Tbebelliüs Foroiuliensis Latinae linguae uniuersae Promptuarium, 2 Teile, Basel 1545, der in seiner vorausgeschickten „Epistola nuncupatoria*' den Thesaurus des Rob. Stephanus zwar nicht als einzige, aber doch als Haupt- quelle rühmt; 2) des Caeliüs Secündüs Cürio zuerst 1561 ebenfalls in Basel erschienenen Thesaurus linguae Latinae sive Forum Romanum, 3 Bände, der als seine beiden Gewährsmänner nur Stephanus und den weiter unten noch zu nennenden Marius Nizolius angibt; eine zweite Auf- lage erschien 1576 78 unter dem Namen des Albertus Burerus; endlich 3) den Thesaurus eruditionis scholasticae des Erfurter Rektors Basilius Fabeb Sorantjs (d. i. aus Sorau): wie schon der Titel angibt, ein Schul- wörterbuch, und insofern eigentlich ausserhalb unserer Darstellung liegend, aber beachtenswert wegen der darin zusammengestellten Phraseologie; als seinen hauptsächlichsten Gewährsmann nennt Faber in der Vorrede der ersten (einzigen von ihm selbst besorgten) Ausgabe, Leipz. 1571, >) den Caelius Secundus Curio, d. h. indirekt wieder Stephanus.

11. Auffallend arm an neuen Erscheinungen auf dem Gebiete der lateinischen Lexikographie ist das 17. Jahrhundert. Die letzten Jahrzehnte des vorigen und die ersten dieses Jahrhunderts sind übrigens die Zeit, in der die mehrsprachigen Wörterbücher (Polyglotten) üblich werden; so z. B. der nicht weniger als sechs Sprachen (Lateinisch, Griechisch, Hebräisch, Französisch, Italienisch und Deutsch) umfassende Thesaurus linguarum des gelehrten Pastors Henricus Decimator, Lips. 1606. Schulmässig und wieder mit besonderer Rücksicht auf Phraseologie abgefasst ist Andbeae Reyhebi Theatrum Romano-Teutonicum, als Erweiterung eines ähnlichen kleineren Werkes desselben Verfassers (des Thesaurus sermonis Latini ele- gantioris) zuerst Gotha 1668 und dann wiederholt herausgegeben. Einen vorwiegend stilistischen Zweck verfolgte auch Philipp Paeeüs mit seinem Lexicon criücum, Nürnberg 1645, nebst Mantissa, ebd. 1646. Eine selbst-

^) Über die Art, wie manche «Nenbe- arbeiter* des Stephanus bei der Einreibung neuer Artikel in dessen Wörterbuch bisweUen zu Werke gingen, erz&hlt eine hübsche Ge- schichte Henri, der Sohn, die man abgedruckt lesen kann bei Mobbof a. a. 0. p. 822 sq. (es ist wohl Nizolius' Ausg. gemeint, Yen. 1551).

^) Die zweite Ausgabe dieses vielge- brauchten Buches wurde von des Verfassers beiden Söhnen, Philipp und Christoph,

besorgt 1587. Eine (nicht ganz vollständige) übersieht über die vielfach vermehrten Aus- gaben aus dem 17. und dem Anfange des 18. Jahrb. mit Bezeichnung ihrer Bearbeiter gibt Bdbsian, Gesch. d. klass. Philologie, I S. 215 Anm. 2: eine vermehrte imd verbes- serte Ausgabe besorgte zuletzt J. M. G ebner 1726 £f., bevor er seinen eigenen Novus Thesaurus herausgab (1749).

504

Lateinische Lexikographie.

ständige und bahnbrechende, den spätlateinischen Sprachschatz zusammen- fassende Leistung ist das berühmte Glossarium ad Scriptores mediale et infimae Latinüatis, audore Cabolo du Fresne, Domino du Gange (1610 1688), Paris 1678 in 3 Bänden (verbreitetste moderne Ausgabe die von G. A. L. Henschel, 7 Bände, Paris 1840— 50). i)

12. Aber auch noch die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts beherrschte der Thesaurus des Stephanus. Es ist eine ganze Qruppe unmittelbarer Neubearbeitungen dieses Werkes, welche uns hier kurz nach einander ent- gegentreten; wir führen sie mit genauer Bezeichnung ihrer Titel an: 1) Roberti Stephani Thesaurus linguae Latinae, editio nova prioribus muUo auctior et emendatior, Tom. I— IV, Londini 1734—35; als Herausgeber nennen sich unter der vorausgeschickten Widmung vier Gelehrte: Ed- mundus Law, Joannes Taylor, Thomas Johnson, Sandys Hut- chinson, Cantabrigiae. 2) Diese Ausgabe wurde sehr bald überholt durch die 1740—43 erschienene Baseler des Antonius Birrius, eben- falls IV tomi ; der Titel hat den Zusatz : Accesserunt nunc primum Henrki Stephani Rob. F. annotationes autographae ex codice biblioth. p, civü. Genet.; als einen Hauptvorzug seiner Ausgabe vor der der englischen Gelehrten bezeichnet ausserdem Birrius, dass er die letzte von Stephanus selbst her- rührende Ausgabe (von 1543) zugezogen habe, während sich jene nur an die unzuverlässige Leidener (1573) gehalten hätten. 3) Aber auch des Birrius verdienstliche Ausgabe wurde bald aus dem Felde geschlagen durch Johann Matthias Gesneb's: Novus linguae et eruditionis Romanas Thesau- rus post Ro. Stephani et aliorum nuper etiam in Anglia eruditissimorum hominum curas digestus, locupletatus, emendatus, 4 Bände, Lips. 1749. Die vor- treffliche Vorrede dieses Werkes wird man noch heute nicht ohne Nutzen lesen; sie lehrt, dass Gesner zwar die Londoner Ausgabe zur Grundlage genommen, jedoch auch die Baseler Ausgabe dazu benützt hat; die Haupt- sache jedoch hat er selbst gethan, indem er den lexikalischen Stoff nach festen Grundsätzen teils kürzte teils berichtigte teils ergänzte. Seine Kürzungen bestanden darin, dass er eine strenge Sichtung der dem römi- schen Altertum nicht unmittelbar angehörigen Artikel vornahm, innerhalb der grösseren Artikel selbst aber die Bedeutungsentwickelung vereinfachte; die Zitate berichtigte er durch sorgfältige Kontrollierung derselben nach den besten Ausgaben; die Interpretation ergänzte er durch Zuziehung einer Menge von erklärenden Ausgaben, wie er es denn als ein Ideal der Lexikographie bezeichnet, dass sie die Ergebnisse der Schriftstellererklä- rung so viel als möglich zu konzentrieren habe. In demselben Sinne legt er auch grossen Wert auf die sachliche Seite der Worterklärung; för die Zwecke der Etymologie endlich ist am Schlüsse ein eigener 292 Spalten

^) Als Supplemente zu dieser Ausgabe dienten das Glossarium Latino-Gennanicum mediae et infimae aetatis, Frankfurt a. M. 1857, und Novum ghssarium Latino-Ger' manicum mediae et infimae aetatis, ebd. 1867, beide von L. Diefbnbaoh; ein etwas ver- mehrter Abdruck des Ducange aus neuester Zeit ist der von L. Favre, Niort 1883 flf.

(siehe die Bemerkungen E. Wölfflw's im Arch. f. lat Lex. I 128 ff., 11 619, HI 304, IV 150 ff.). Einen modernen handlichen, aber freilich auch dürftigen Auszug aus Ducange gibt es u. d. T. : Lexicon manuale ad scrip- tores mediae et infimae Latinitaiis, parU^i^^ d'Abnis, publiS par Mionb, Paris 1866.

1. OeBohiohte und Litteratur der lateinisohen Lexikographie.

12-13.) 505

umfassender Latinitatis index etymologicus hinzugefügt. Das Ganze be- zeichnet Gesner als eine Frucht zwöl^'ähriger Arbeit, i)

18. unsere Berichterstattung wendet sich nun der neuesten Periode zu,*) innerhalb welcher das Lebenswerk Egidio Forcellini's (1688 1768) eine ähnliche massgebende Rolle spielt, wie bisher das des Stephanus. Schon in jungen Jahren widmete sich dieser Zögling des Seminars zu Padua unter Anleitung seines Lehrers J. Facciolati der lateinischen Lexiko- graphie und blieb bis zu seinem Tode mit kurzer Unterbrechung etwa 40 Jahre lang dieser Thätigkeit treu. Als Ergebnis seiner Lebensarbeit erschien 1771 zu Padua*) das Totius Latinitatis Lexicon, consilio et cura Jacobi Facciolati, opera et studio Aegidii Forcellini, alumni seminarii Pata- vini, lucubratum. Das Werk beruht seinem Stoffe nach auf eigenen For- schungen, sowohl aus den Autoren selbst als auch aus Kommentaren und Hilfswerken; von besonderer Bedeutung ist das aus Inschriftensammlungen geschöpfte neue epigraphische Material. Die Bedeutungsentwickelung lässt noch zu wünschen übrig; immerhin ist auch in diesem Punkte ein Fort- schritt unbestreitbar; in der Unterscheidung der Bedeutungen von einander hat der Verfasser jedenfalls selten zu wenig, in der Regel zu viel gethan. Die gewählte Interpretationssprache ist die italienische; auf die Phraseo- logie erklärt der Verfasser besonders behufs praktischer Sprachübungen der Studierenden des Paduaner Seminars Gewicht gelegt zu haben. Mit Recht ist denn auch dieses Seminar auf die Leistung seines früheren Zög- lings von jeher stolz gewesen und hat es nicht unterlassen, fiir deren weitere Vervollkommnung Sorge zu tragen. Mehrere spätere Zöglinge und

0 Auf Gesner's Thesaurus stützte sich (der Vorrede zufolge) das, wie es scheint, nur zu geringer Verbreitung gelangte „Lexi- con catholicon Latinae linguaej coniuncta quarundam doctorum haminum opera ador- natttm", 2 Tomi, Lips. 1784; die Namen der Bearbeiter sind nirgends genannt. Kurz vor seiner Vollendung war Scbbller's Ausführ- liches Lexikon (s. unten) erschienen, mit welchem das namenlose Werk die Konkur- renz offenbar nicht zu bestehen vermochte.

*) Lber die neuere Litteratur vom Ende des 18. bis gegen die Mitte des 19. Jahrb. ist noch immer lesenswert der Abschnitt Lexikologie in F. A. Wolp's Vorlesungen über die Encyklopftdie der Altertumswissen- schaft, herausg. v. Gübtleb, Leipzig 1839, S. 229 ff.; desgleichen für die ersten Jahr- zehnte unseres Jahrhunderts die beiden Artikel von E. £. Georges, Lateinische Lexiko- graphie, in der Neuen Jenaischen All- gemeinen Litteratur-Zeitung, IH. Jhrg. (Leipz. 1844) S. 955 ff. und IV. Jhrg. (Leipz. 1845) S. 493 ff., woran sich aus der neuesten 2^it die reichhaltigen, auch durch viele Nach- träge zu den rezensierten Schriften wert- vollen Jahresberichte des nämlichen Ver- fassers in Bürsian-Müllbr's Jb. üb. d. Fort- schritte der klass. Altertumsw. seit dem Jahre 1873 anschlössen. Endlich sind die biblio-

graphischen Zusammenstellungen beachtens- wert, welche E. Höbnbr in seinem Grund- riss zu Vorlesungen über die latei- nische Grammatik, 2. verm. Aufl. Berlin 1880 S. 19 ff., gibt, wo nicht nur die Ge- samtwörterbücher bis auf die neueste Zeit herab genannt werden, sondern auch zahl- reiche SpezialWörterbücher zu einzelnen Schriftstellern, sowie monographische Dar- stellungen einzelner Wörter und Wortbe- deutungen (S. 19 ff., 36 f., 69 f.).

') Leider habe ich nicht diese, sondern nur die vermehrte zweite, 1805 in 4 Bänden zu Padua erschienene Ausgabe benützen können; eine umfängliche Appendix dazu von J. FuRLANBTTO erschieu ebd. 1816. über die in Deutschland seinerzeit vielgebrauchte Schneeberger Ausgabe (1831 ff., in 4 Bdn.), welche von mehreren sächsischen Schul- männern nach der dritten italienischen (s. u.) neu bearbeitet wurde, jedoch nicht mit glei- cher Solidität bis zum Schlüsse durchgeführt werden konnte, siehe näheres bei Georges, Neue Jenaische Allgemeine Litteratur-Zeitung, III. Jahrg. S. 956. Eine englische Ausgabe von J. Bailby, London 1827, 2 Bände, deren Herausgeber manches eigene hinzugefügt haben soll, ist mir nicht näher bekannt ge- worden.

506

Lateinische Lexikographie.

Lehrer haben ihre Kraft dieser Aufgabe gewidmet: J. Fublanetto, der die III. vermehrte und verbesserte Auflage herausgab (Padua 1827 £, 4 Bände, nebst Appendix, ebd. 1841); ferner Franc. Corradini, welcher seit 1858 an einer Ergänzung des Werkes aus den lexikalischen Arbeiten von Klotz, Freund, Döderlein u. a. arbeitete (Tom, L Patavii 1864);^) und endlich liegt vollständig die vermehrte Bearbeitung von Vekc. de-Vit vor (Prato 1858 flf. in 6 Bänden; nur das den zweiten Teil bildende Ono- masticon totius Latinitatis ist noch nicht ganz erschienen), welch letzterer Bearbeiter es aber leider versäumt hat, durch erschöpfende kritische Ver- gleichung der Zitate mit den neuen massgebenden Autorenausgaben seine Bearbeitung auf die Höhe der modernen philologischen Forschung zu bringen.

14. Mit Immanuel Johann Gerhard Scheller's Ausführlichem und möglichst vollständigem lateinisch-deutschen Lexikon (zuerst Leipz. 1783 in 2 Bänden) beginnt eine zusammenhängende Reihe höchst verdienstlicher und in ihrem letzten Ausläufer, Georges, noch jetzt den deutschen Bücher- markt beherrschender Handwörterbücher. Scheller selbst gab einen mit eigenen Zuthaten versehenen und neu geordneten Auszug') aus For- cellini; von Auflage zu Auflage verbesserte und vermehrte sich dann der- selbe; zuerst noch unter den Händen Scheller's, dann (auszugsweise) unter denen seines Nachfolgers G. H. Lünemann,») endlich ganz besonders durch die fortgesetzte hingebende Thätigkeit des dritten Bearbeiters E. E. Georges, welcher dasselbe zuletzt mit Recht ausschliesslich unter seinem Namen erscheinen liess. Auch dieses Ausführliche lateinisch-deutsche Handmrter- buch Georges', von welchem die 7. neubearbeitete und sehr vermehrte Auflage (Leipzig 1879 f.) in 2 Bänden erschienen ist, muss in seiner Art

^) Der lY. (letzte) Band nähert sich zur zeit seiner Vollendung; allerdings nicht mehr von Corradini's Hand, sondern „CIbl- rissimo Auetore yitft defuncto, continuandi operis curam et Studium a folio XI. tom. IV. suscepiti ex Episcopi mandato, prof. Jo- sephus Perin, Seminarii Patavini alumnus.*'

') Ein wesentlich auf Forcellini he- ruhender Auszug ist auch W. Fbextnd's Wörterbuch der lateinischen Sprache nach historisch-genetischen Prinzi- pi-en u. s. w., 4 Bände, Leipz. 1834 ff., auf dessen ausführliche und in methodischer Hin- sicht wichtige Vorrede wir weiter unten zu sprechen kommen werden; von demselben Gelehrten erschien kurz darauf ein «Gesamt- wörterbuch der lateinischen Sprache, zum Schul- und Privatgebrauch', Breslau 1844 f., worin auch auf das , Mittel- und Neu- latein ** besondere Rücksicht genommen ist. - Fbbund's Wörterbuch bildete wieder die erste Grundlage für ein inzwischen neu be- arbeitetes amerikanisches Werk, bekannt unter dem Namen Harpeb's Latin Dictio- nartfj ed. by E. A. Andrews (s. über dieses wie überhaupt über die Erscheinungen der ausserdeutschen Litteratur Georges in seinen

Jahresberichten).

') Das Verhältnis der Bearbeitangen Schellers, Lünemanns und Georges' (vgl. Georges* eigene Bemerkungen, Jbb. f. klBSS. Phüol. 1882 S. 593 f.) ist folgendes: aof die dreibändige zweite Auflage seines Ausftiir- liehen und möglichst vollständigen Lexikons (1788) liess ScheUer 1804 noch eine dritte ,von neuem verbesserte und sehr vermehrte Auflage* in fünf Bänden folgen; zwischen beide hinein fällt sein aus der zweiten Aufl. verkürztes , Handlexikon' 1792, und dieses war es, welches Lünemann zuerst 1806 und dann in mehreren weiteren Auflagen be- arbeitete; für dessen 7. Aufl. (1831 er schienen) trat im Herbste 1828 Georges zum erstenmale als Mitarbeiter ein. Was wir an Lünemanns und Georges' Bearbeitangen ungern vermissen, ist eine durchgängige ziffermässige Zitierweise (meist wird nur der Name des Autors genannt), wodurch freilich der Umfang des Werkes erheblich vermehrt worden wäre; ein wissenschaftliches Hand- wörterbuch der Zukunft wii*d sich der Er- füllung dieser zur Eontrolle der Zitate nn- erlässlichen Forderung aber gleichwohl nicht entziehen dürfen.

1. Geschichte nnd Litteratnr der lateinischen Lexikographie. (§§ 14—16.) 507

als ein Lebenswerk bezeichnet werden, in welchem an Reichhaltigkeit, Handlichkeit und Genauigkeit alles das geleistet ist, was von der Kraft eines Einzelnen nur überhaupt geleistet werden kann. Als willkommene Ergänzung dazu dient desselben Altmeisters Lexikon der lateinischen Wort- formen j Leipz. 1890.

15. Als ausserhalb dieser Reihe liegend und zum Teil auf selb- ständigen Sammlungen beruhend sind schliesslich folgende weitere Werke hinzuzufügen: der jetzt, wie es scheint, ziemlich selten gewordene Thesaurus der cl^zssischen Latinität, d. h. trotz des imponierenden Titels doch nur ein „Schulwörterbuch, mit besonderer Berücksichtigung der lateinischen Stil- übungen'', begründet von K. E. Georges, vom Buchstaben D an fortgesetzt von G. Mühlmann, Leipzig 1854—68, auf 2 Bände berechnet, aber nur bis zum Buchstaben K (= Zweiten Bandes erste Abteilung) durchgeführt; ferner Reinhold Klotz, Handwörterbuch der lateinischen Sprache, 2 Bände, Braunschweig 1853—57 und seitdem öfter, ein Werk, welches der Heraus- geber freilich auch nicht in der von ihm anfangs beabsichtigten Weise durchzuführen vermochte, sondern unter dem Zwange äusserer Verhältnisse mit Hilfe zweier Mitarbeiter, Fr. Lübker und E. E. Hudemann, so gut wie möglich zu Ende bringen musste,i) worunter der einheitliche und selbständige Charakter der späteren Teile gelitten hat. Endlich ist hier als neueste, sehr bemerkenswerte Erscheinung auf dem Gebiete der latei- nischen Lexikographie zu verzeichnen das Lateinisch- Deutsche Schulwörter- buch von J. M. Stowasser, Wien 1894, welches, wie schon der Titel besagt, zwar zunächst den Zwecken der Schule zu dienen bestimmt und deshalb auf gewisse Schulautoren " beschränkt ist, gleichwohl aber auch hier er- wähnt zu werden verdient, erstens wegen seiner geschickt abgefassten, wenn auch keineswegs in allen Einzelheiten einwandfreien Einleitung Vor- begriife* S. VH— XX), zweitens aber ganz besonders wegen des dankens- werten Versuchs, die Gliederung der einzelnen Wortbedeutungen auf grund der Etymologie nach modernen semasiologischen Prinzipien durchzuführen: ein unleugbarer bedeutsamer Fortschritt gegenüber allen bisherigen Wörterbüchern!!

16. Anhangsweise seien neben diesen Gesamtwörterbüchern aus der übrigen lexikographischen Litteratur») nur noch einige hervorragende Erscheinungen genannt, und zwar

0 Das Werk sollte (nach der Vorrede znr ersten Auflage) die Mitte halten zwischen den grösseren Thesanren nnd den kleineren Hand- oder Schulwörterhttchem der lateini- schen Sprache. Eine vorübergehende Unter- statznng wurde, nachdem die drei ersten Lieferangen schon im Jahre 1847 rasch hinter einander erschienen waren, die weitere Aus- gabe aber ins Stocken geriet, dem Heraus- geber durch die Doktoren Geier und Hüser zu Halle zu teü, von denen die mit ihren NamenschifEren {H,, bezw. G.) bezeichneten Artikel concedo-conclamo und Constitution eonsuefacio herrühren; in nachhaltigerer Weise trugen dann die beiden oben genann-

ten Gelehrten, deren Namenschiffiren L., bezw. Hn. sich von den Artikeln contendo, bezw. credibilia an, mit Artikeln des Heraus- gebers untermischt, vorfinden, zur Vollendung des Werkes bei. Von den folgenden Auf- lagen unterzog der Herausgeber die dritte (nach dem Vorwort i. J. 1861 erschienene) einer eingreifenden Revision; die vierte und (1874) fünfte sind unveränderte Abdrücke der dritten.

") Zur etymologischen Litteratur ge- hört See. Zehetmayr's Analogisch-verglei- chendes Wörterbuch über das Gesamtgebiet der indogermanischen Sprachen, Lpz. 1879, worin das Lateinische voransteht; zur

508 Lateiniaohe Lexikographie.

a) unter den SpezialWörterbüchern zu einzelnen Schriftsteüern aus älterer Zeit die Observationes in Ciceronem ordine lütef-arutn digestat des Mario Nizzoli (Nizolius) f 1566, zuerst erschienen, wie es scheini 1535, dann zu einem vollständigen Thesaurus Ciceronianus erweitert und öfter herausgegeben, zuletzt von Faooiolati, Padua 1734 (die dreibändige Londoner Ausgabe v. J. 1820 ist davon ein Abdruck); femer E. Bonneu's Lexicon QuintUianeutn, als Vol. VI. der Spaldingschen Quintilianausgabe, Lips. 1834, u. s. w. u. s. w.

b) unter den auf bestimmte einzelne Gebiete der lateinischen Sprache sich beschränkenden Wörterbüchern: Ferdinandi Handii Tursd- linus seu de particulis Latinis commentarii, Vol. I IV (reicht bis zum Ende des Buchstaben P), Lips. 1829 45, ein trotz aller Mängel noch immer unentbehrliches Nachschlagebuch; L. Quicherat's Thesaurus poeticus lingmt Latinae, Paris, zweite verbesserte Ausg. 1875; für die juristische Sprache bis jetzt noch das Manuale Latinitatis foniium iuris civilis Romanorum, audore Henrico Eduardo Dirksen, Berlin 1837, und das Handlexikon zu den Quellen des römischen Hechts von H. G. Heumann in verschiedenen Auflagen (6. verbesserte, Jena 1885)^); endlich für das Bibellatein die Concordantiae Bibliorum (Konkordanzen), sowie die betreffenden Abschnitte des Werkes von H. Rönsch, Itala und Vulgata, 2. Ausg. Marburg 1875. Ein „namenloses, nicht unnützes*' Glossarium eroticum, Paris 1826, erwähnt Bücheier im Arch. f. lat. Lex. 11 S. 117, womit zusammenzustellen ist C. Rambach, Thesaurus eroticus linguae Latinae, Stuttgart 1833.

c) Unter den Arbeiten über die Fremdwörter im Lateinischen die vortreffliche lexikographisch-kulturhistorische Preisschrift F. 0. Weise'«, Die griechischen Wörter im Latein^ Leipz. 1882, und der umfassende, aber zu wenig selbständige und im einzelnen nicht genug durchgearbeitete „Ten- saurus^ Italograecus von G. A. Saalfeld, Wien 1884.

d) Auf synonymischem Gebiete: L. Döderlein's Lateinische Syno- nyme und Etymologien, 6 Teile, Leipzig 1826 flf., in etymologischer Beziehung längst veraltet, in semasiologischer Hinsicht aber von unverwüstlicher Frische; L. Ramshorn's gründliche Latei^iische Synonymik, 2 Teile, Leipz. 1831 33; die gute Schulsynonymik von Ferd. Schultz, Paderborn, seit 1841 in vielen Auflagen; und vieles andere.

e) Unter den lexikographischen Einzelbeiträgen, und zwar zunächst solchen grösseren ümfangs, die Äddenda lexicis Latinis, investigavU coUegU digessit L. Quicherat, Parisiis 1862, der in der Praefatio beklagt, das8 namentlich die Kirchenväter von den Lexikographen bis dahin so sehr ver- nachlässigt worden seien, und hiezu wie überhaupt zum späteren Latein allerlei Nachträge liefert; dann die umfangreichen, aber unkritischen Materialsammlungen auf demselben Gebiete von C. Paucker (darunter be- sonders das Supplementum lexicorum Latinorum, Vol. L Berol. 1883—

stilistischen die Antibarbari, von denen 1888, besonders wertvoll geworden ist

der f, Antibarbams der Lateinischen Sprache" *) Im Erscheinen hegten ist das Ber-

von Ebebs und Alloater der bekannteste ' liner„yocabalariuminrispradentiaeRoinanfte

und durch die durchgreifende Neubearbeitung (Fase. II. 1898), worüber s. Archiv f. !•*•

von J. H. Schmalz, 2 Bände, Basel 1886 bis Lexikogr. XI S. 277 f.

2. Theorie der lateixdschen Lexikographie. 17, 18.) 509

sowie dieVorarbeiten zur lat Sprachgeschichte^ herausg. von H. Rönsch, 3 Teile, Berl. 1884; ferner nicht zu vergessen die umfassenden Contributions to Latin lexicography des liebenswürdigen, hochverdienten, der Wissenschaft zu früh entrissenen Henby Nettleship, Oxford 1889 ; und vieles andere mehr. Dazu endlich eine Unzahl kleinerer wertvoller Beiträge vieler Gelehrter in Zeit- schriften, Programmabhandlungen und Rezensionen, auf deren Aufzählung wir hier verzichten müssen; über Wölfflin's Archiv für lat. Lexikographie wird unten speziell und in anderem Zusammenhange zu berichten sein.

2. Theorie der lateinischen Lexikographie.

17. Indem wir nach dem vorstehenden litterarhistorischen Überblick dazu übergehen, die theoretischen Ziele und Grundsätze der lateinischen Lexikographie darzustellen, wird man es bei dem Interesse, welches sich gerade in den letzten Jahrzehnten diesem Zweige der lateinischen Sprach- wissenschaft zugewendet hat, nicht unangemessen finden, wenn wir uns darüber etwas ausführlicher verbreiten. Und zwar gedenken wir zur Orien- tierung zuerst die Gesichtspunkte vorauszuschicken, welche auf diesem Oebiete überhaupt in betracht kommen, und alsdann diejenigen lexiko- logischen Untersuchungen und Vorarbeiten in geschichtlichem Zusammen- hange zu verfolgen, welche im Laufe unseres Jahrhunderts namentlich im Hinblick auf das Ideal eines allen wissenschaftlichen Anforderungen ent- sprechenden Thesaurus linguae Latinae in die Öffentlichkeit ge- treten sind.

Die Aufgabe der Lexikographie kann im allgemeinen unmöglich eine andere sein als die, jedes einzelne Wort einer Sprache als eine für sich bestehende Einheit, als ein sprachliches Individuum ins Auge z\x fassen und dasselbe in monographischer Weise darzustellen. Daraus ergibt sich die Frage, welches denn die verschiedenen Seiten oder Gesichtspunkte sind, die ein solches Wortindividuum je nach seiner Beschaffenheit für die lexiko- graphische Darstellung überhaupt darbietet, und wir glauben im ganzen sieben solche Seiten oder Gesichtspunkte unterscheiden zu dürfen: den historischen, den etymologischen, den flexivischen, den semasiologischen, den syntaktischen, den phraseologischen und den stilistischen. Mit diesen Gesichtspunkten haben wir uns nunmehr im einzelnen zu beschäftigen.

18. 1) Weitaus der erste und wichtigste, weil für alle übrigen grundlegende Gesichtspunkt ist der historische. Wie die Sprache als Ganzes genommen, so hat auch jedes einzelne einigermassen bedeutungs- volle Wort seine bestimmte historische Entwickelung, und diese gilt es nach dem Masse der uns zu geböte stehenden Mittel von Anfang an zu verfolgen. Nach dem Masse der uns zu geböte stehenden Mittel: denn allerdings sind wir ja bei einer sogenannten toten Sprache nie im stände, die Individualität eines Wortes, geschweige denn seine gesamte historische Entwickelung unmittelbar aus dem Leben der Sprache selbst kennen zu lernen, sondern wir sind angewiesen auf die Ausbeutung der oft sehr un- gleich fliessenden, uns zufällig zugängigen Quellen. Der Einblick, welchen die bis auf uns gekommenen litterarischen Urkunden in die Geschichte eines

510 Lateinische Lexikographie.

Wortes gestatten, wird, wie in allen historischen Dingen, meist ein mebr oder weniger lückenhafter sein, und der wissenschaftliche Lexikograph wird sich stets bewusst bleiben, welche Schranken seiner Thätigkeit ge- setzt sind. Was nun aber wirklich überliefert ist, das muss eben danun auch um so sorgfältiger registriert und verwertet werden. Nicht als ob es nötig wäre, jede Stelle, wo das Wort überhaupt vorkommt, in den Thesaurus aufzunehmen (das würde, zumal bei sehr gebräuchlichen Wörtern, gerade das Gegenteil einer klaren Anschauung ihres individuellen Lebens hervorrufen), sondern nur die charakteristischen Stellen, d. h. diejenigen, welche nach irgend einer Seite hin zur Kennzeichnung seiner historischen Entwickelung beitragen. Um aber diese charakteristischen Stellen ausfindig zu machen, ist es eben nötig, dass irgend jemand in der lexikographischen Welt, so zu sagen, als jeweiliger Vertrauensmann aufgestellt werde und als solcher wenigstens einmal alle Stellen, an welchen das Wort vorkommt, im Zusammenhange zu überblicken im stände sei; denn anders ist es nicht möglich, in jedem Falle endgiltig zu entscheiden, welche Bedeutung einer einzelnen, an sich oft gleichgiltig scheinenden Stelle für die divinatorische Erkenntnis der historischen Qesammtentwickelung des Wortes beiwohnt und welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden können.

Von besonderem Interesse sind, innerhalb dieses allgemeinen histo- rischen Rahmens, noch folgende Einzelmomente. Eine hervorragende Wichtigkeit hat unter allen Umständen zunächst diejenige Stelle, an welcher das Wort in der Litterat ur zum erstenmale vorkommt. Man wird sich zwar auch hier vor übereilten Schlüssen hüten müssen: es kann ein Wort oder eine Wortbedeutung schon längere Zeit im Munde der Nation gelebt haben, ehe sich dazu Gelegenheit fand, es in einem der uns gerade übe^ lieferten Litteraturwerke schriftlich anzuwenden. Aber in gar vielen Fällen ist doch ein sicherer Schluss ex silentio möglich. Wenn an Stellen älterer Werke, an welchen man gerade dieses Wort unbedingt gebraucht zu sehen erwarten darf, z. B. im Gegensätze oder in der Ableitung, eben nicht dieses, sondern ein anderes von naheverwandter Bedeutung vorkommt, so ist dies immerhin ein Judicium, dass man das Wort noch nicht ge- brauchte, weil man es noch nicht gebrauchen konnte; und wenn sich solche Indicien häufen, so gewinnt der daraus zu ziehende Schluss grosse Wahr- scheinlichkeit. Um ein Beispiel anzuführen, so scheint es, dass das Wort udorare (als Kompositum) dem älteren Latein noch völlig fremd war. Denn die ältesten Stellen, wo es mit Sicherheit nachweisbar ist, finden sich erst bei Vergil und Livius; und doch hätten Plautus, Lucrez, Varro und vor allem Cicero sehr oft Anlass dazu gehabt, es zu gebrauchen, wenn sie ge- konnt hätten.^) Solche Schlüsse ex silentio nach rückwärts sind also, wenn sie mit Vorsicht gezogen werden, für die Wortgeschichte von der grössten Wichtigkeit.

Ahnliche Schlüsse ex silentio gibt es aber auch nach vorwärts, in der absteigenden Richtung der Wortgeschichte. Gerade im Bereich der

•) Siehe das Nähere in meinen Untersuchungen zur lateinischen Semasiologie, Hefk fll- Erlangen 1881, S. 101.

2. Theorie der lateinischen Lexikographie. 18.)

511

lateinischen Sprache nämlich lässt sich bei vielen Wörtern, wie vorhin der Anfang, so hier das Ende beobachten, d. h. das bald frühere bald spätere Absterben eines Wortes oder einer Wortbedeutung und, was damit eng zusammenhängt, seine Ersetzung durch ein Synonymen. Wenn beispiels- weise weinen im Französischen pleurer (plorare) heisst und ein dem lat. flere entsprechendes Wort nicht mehr vorkommt, so scheint letzteres Wort schon vor der Entwickelung der romanischen Sprachen aus dem Wort- schatze der lateinischen Volkssprache verschwunden zu sein und plorare schon hier seine Stelle vertreten zu haben. Oder wenn fille im Franz. nicht nur die Tochter, sondern auch das Mädchen heisst, so liegt auf der Hand, dass nach dem Untergänge des lat. puella das Wort filia als Ersatz dessen Funktion mitübernahm. In diesen Beispielen sind es die Wörter selbst, welche verloren gingen; um einen Bedeutungswandel handelt es sich z. B. im Italienischen bei dem Worte casa (Haus) gegenüber lat. dotnus, welch letzteres auf ital. Sprachgebiet nur noch in einer sehr eingeschränkten (determinierten) Bedeutung: duomo (Dom) erhalten blieb. Ich habe für diese ganze Erscheinung, die sich bereits im klassischen Latein im Ver- hältnis zum archaischen an zahlreichen Beispielen erweisen lässt, den Kamen Stellvertretung oder Substitution vorgeschlagen^) und glaube z. B. gezeigt zu haben, wie orare seine alte Bedeutung redest, die noch im ältesten Latein lebendig war, in der klassischen Periode mit unerheb- lichen formelhaften Ausnahmen aufgab und sich auf die Bedeutung bitten einschränkte, wogegen dicere, absolut gebraucht, seine Stelle einnahm. Wird in einer späteren archaisierenden Periode oder zu technischen Zwecken (technische Terminologie) ein solches veraltetes Wort oder eine solche Wortbedeutung wieder aufgenommen (Quint.: ars orandi = ars dicendi u. dgl.), so ist dies natürlich wieder eine Sache für sich und thut unserer obigen Behauptung keinen Eintrag, sondern bestätigt vielmehr dieselbe.

Aber noch ein weiterer Gesichtspunkt ist dem historischen unterzu- ordnen: der geographische. Seit der Ausbreitung der römischen Herr- schaft über so viele Provinzen nahm die Entwickelung des Lateinischen natürlich nicht überall den gleichen Gang, und die einzelnen Wörter und Wortbedeutungen hatten nicht überall die gleichen Schicksale. Ist dies in erster Linie ein Gesichtspunkt, welcher den Romanisten interessiert, so darf doch auch der Latinist gegen die sich hier darbietenden Erscheinungen (Provinzialismen) nicht gleichgiltig bleiben; ja schon in der klassischen Litteraturperiode entgingen derlei Unterschiede der Aufmerksamkeit fein- höriger Römer nicht, wie die bekannte Erzählung in Ciceros Brut. 171 an- deutet. Hier ist die Litteraturgeschichte die Bundesgenossin der Lexiko-

') Siehe das Nähere in meinen Unter- snchungen zur lat. Semasiologie, Heft II. Erlangen 1878, S. 28 (und vgl. 100); ich halte jetzt den Aasdmck «Snbstitntion'^, welchen ich ebendaselbst (Zeile 3 v. n.) neben dem Aosdrack „Ersatz* (Zeile 7 nnd 13 v. u.) be- reits gebraucht hatte, fDr den bezeichnend- sten. Hierdurch erledigt sich der Einwand WöLFFLiN*B, Archiv II S. 484 (wo ausserdem

auf den Fall hingewiesen wird, dass auch mehrere Wörter um die Erbschaft eines absterbenden , konkurrieren* können). Ich meine, dass man sich auf den Ausdruck »Substitution' mit gutem Willen gar wohl vereinigen könnte, da derselbe das Missver- ständnis, als ob dabei nur an etwas vorttber- gehendes zu denken wäre, nun nicht weiter aufkommen lässt!

512 Lateinische Lexikographie.

graphie, wie sonst die Orammatik, und es spiegelt sich hier in der Sprach- und Wortgeschichte der Gang der politischen und Kulturgeschichte wider, welcher die Entwickelung, die Blüte und den Verfall der römischen Lit- teratur bedingt hat.

Fragt man endlich noch nach der Art, wie denn in einem wissen- schaftlichen Thesaurus alle diese Momente des historischen Gesichtspunktes darzustellen seien, so ist es freilich schon aus äusseren Gründen eine Unmöglichkeit, von jedem einigermassen bedeutungsvollen Wort eine zu- sammenhängende historische Monographie zu geben. Der Lexikograph ist vielmehr gezwungen, ein abgekürztes Verfahren einzuschlagen, indem er in herkömmlicher Weise nach chronologischer Reihenfolge diejenigen Stellen in wohlberechneter (auch die wichtigeren Lesarten berücksichtigender) Fassung ausschreibt, in welchen sich ihm der historische Entwickelungs- gang am deutlichsten zu kennzeichnen scheint. Aber ein solches abge- kürztes Verfahren setzt freilich Leser voraus, welche nicht nur auf, son- dern auch zwischen den Zeilen zu lesen verstehen, und welche im stände sind, diejenigen historischen Kombinationen selbständig zu vollziehen, für welche ihnen der Lexikograph das gesichtete Material darbietet, Leser endlich, welche bereits geübt sind, nicht nur aus dem vorhandenen, son- dern auch aus dem nichtvorhandenen Material ihre Schlüsse zu ziehen, d. h. aus dem Fehlen eines Wortes zu einer Zeit und an einem Orte, wo man mit Bestimmtheit erwarten durfte dasselbe gebraucht zu sehen. Die Zusammenfassung bestimmter Zeiträume seitens des Lexikographen und eine kurze Bezeichnung derselben durch übliche Schlagwörter (arch. klass. silb. Lat. u. s. w.) ist hiebei unstreitig ein nützliches orientierendes Hilfsmittel.

19. 2) Der etymologische Gesichtspunkt (mit Inbegriff der Wort- bildung) beschäftigt sich zunächst mit der Frage nach der genealogischen Herkunft des Wortes seiner lautlichen Stammform nach. Eng verbunden damit sind die Fragen nach der Orthographie und nach der Prosodie des Wortes; allerdings sind aber Schreibung und Aussprache keineswegs durchaus durch die Etymologie bedingt; gewisse Anomalien des usus (vgl. schon Cic. Or. 159 f.) sind oft mächtiger als die etymologische Regel. Für die Etymologie selbst ist natürlich Vertrautheit des Lexikographen mit den Ergebnissen der vergleichenden indogermanischen Sprachforschung unerlässlich; kein klassischer Philologe wird heutzutage mehr die früheren Vorurteile gegen die Verwertung derselben für die griechische und latei- nische Grammatik hegen. Aber auch die vergleichende romanische Sprachforschung ist dem Latinisten bis zu einem gewissen Grade unent- behrlich, besonders dann, wenn es sich um den Nachweis von Wörtern oder Wortbedeutungen handelt, welche die uns erhaltenen lat. Sprach- quellen nur mangelhaft oder gar nicht überliefern. In solchen Fällen ist nicht selten eine Rekonstruktion der verlorenen lat. Grundform oder Grund- bedeutung nach derselben Methode möglich, wie in der ig. Sprachver- gleichung die Rekonstruktion einer Grundform oder Grundbedeutung der ig. Ursprache.

30. 3) Der flexivische Gesichtspunkt enthält die Bestimmung der

r

3. Theorie der Uteinisohen Lexikographie. (§§ 19—22.) 513

grammatischen Wortgattung, welcher das Wort vermöge seines Formen- wandels im Satze (Deklination, Konjugation u. s. w.) angehört. Ist dieser Formenwandel ein regelmässiger, so genügt nach der bekannten Sitte unserer Lexika ein einfacher grammatischer Hinweis (Angabe des Genetivs, des Genus, des Perfektstammes, der Konjugationsklasse u. s. w.) ; ist er aber unregelmässig, so sind hiefÜr genauere Angaben nötig. Zweierlei Momente verdienen hiebei besondere Beachtung. Einerseits das Vor- kommen von Doppelbildungen in B^zug auf Kasusbildung, Genus, Plu- ralbildung, Tempusstammbildung u. s. w., also iecinoris neben iecoris; loci neben loca; pepigi, pegi, panxi; lavatum, lautum, lotutn u. dgl; bisweilen, aber nicht immer ist auch eine Differenzierung der Wortbedeutung damit verbunden. Dass solche Doppelformen durchaus nicht immer als gleich- zeitig und gleichwertig, sondern unter dem Gesichtspunkt historischer und geographischer Verschiedenheit zu beurteilen sind, versteht sich nach 0em oben Gesagten von selbst. Das andere Moment ist das Ausbleiben und Fehlen gewisser Flexionsformen, deren Gebrauch man aller Analogie zufolge erwarten sollte. So z. B. wenn, um ein klassisches Vorbild zu gebrauchen, bei Cic. Top. 30 die Formen von species: specierum und spe- ciebus ausdrücklich vermieden und dafür die entsprechenden Kasus von forma: formarum und formis substituiert sind: eine Erscheinung, welche wir nach dem, was wir oben über den Begriff der Substitution sagten, wohl mit dem Ausdruck flexivische Substitution bezeichnen dürfen.

21. 4) Der sgmasiologische Gesichtspunkt betrifft die Feststellung der Bedeutung oder der Bedeutungen eines Wortes und, falls es sich um mehrere Wortbedeutungen handelt, den Nachweis der analogischen Entwickelung der jüngeren Bedeutungen aus der älteren. Hierher ge- hört also z. B. die gesamte Lehre von den Übertragungen (Metaphern und Metonymien) im Lateinischen, deren Gebrauch bekanntlich von dem deutschen in sehr vielen Fällen abweicht; hierher ferner die Fälle der Determination, d. h. der Verengerung oder Spezialisierung einer Wort- bedeutung, wie z. B. von hostis: Fremder Feind, u. dgl. Ein sehr wich- tiges semasiologisch-lexikalisches Hilfsmittel ist die Synonymik, welche den Bedeutungsumfang und den Bedeutungsinhalt mehrerer sinnverwandter Wörter mit einander vergleicht, dabei aber selbstverständlich wiederum den historischen Gesichtspunkt nicht ausser Acht lassen darf. Denn wie wir oben bei der Substitution sahen, findet im Laufe der Sprachgeschichte sehr häufig eine förmliche Verschiebung der zuerst scharf von einander getrennten Synonyma unter einander statt: rogare z. B. (in der Bedeutung bitten) schiebt sich schon im silbernen Latein allmählich an die Stelle des jetzt auch in dieser Bedeutung veraltenden orare^ u. dgl. Eine notwendige Ergänzung zur Synonymik ist endlich die Angabe der Gegensätze (Ant- onyma, Antitheta), wo solche überhaupt vorhanden sind, wie sie z. B. Georges in seinem Handwörterbuche in dankenswertester Weise angibt.

22. 5) Der syntaktische Gesichtspunkt umfasst die Feststellung derjenigen Verbindungsweisen eines Wortes, auf welchen das Gefüge des Satzes und der Periode beruht, wozu wir auch die Lehre von der Wortstellung, soweit sie am einzelnen Worte haftet, und mit derselben

Handbuch der klaas. AltertumswiABcnschaft. U, 2. 3. Aofl. 33

514 Laiainisohe Lexikographie.

Einschränkung auch wohl die Ellipse rechnen dürfen. Hier handelt es sich also um Fragen wie: wann und wo tritt diese oder jene Konstruktion des Wortes zum ersten (oder letzten) Male auf? ist der absolute Gebrauch gestattet, ist das Yerbum ein transitives, ist das Adjektivum ein relatives oder nicht? u. dgl. Dass solche Fragen oft in erster Linie von der Wort- bedeutung abhängen, liegt ohne weiteres auf der Hand, wird aber besonders deutlich an Erscheinungen wie der sog. constructio xazd (Tvvsaiv: capita coniurationis caesi sunt, insofern in solchen Fällen durch Assoziation der Vorstellungen eine andere Bedeutung die gewöhnliche syntaktische Regel durchkreuzt, welcher das Wort sonst zu folgen pflegt {capita übtr. = prin- cipeSf duces, und darnach in der Kongruenz wie ein Masculinum behandelt).

23. 6) Der phraseologische Gesichtspunkt hat es zu thun mit den- jenigen Verbindungen eines Wortes, welche (im Unterschiede von den wechselnden syntaktischen) als dem Sprachgebrauche ständig angehörend empfunden werden: Formeln und Wendungen, welche der nationale Sprachgeist sich (meist in bestimmter Stellung) ein für allemal zurecht gelegt hat, sei es aus rhetorischen oder ästhetischen Gründen (Gteichklang, AUitteration), sei es aus Giünden des in den Wortbedeutungen selbst liegenden korrespondierenden Gegensatzes oder der Bedeutungsverwandir Schaft. Ersterer Art sind z. B. Verbindungen wie caput et cervices, oro atque obsecro, letzterer Art z. B. domi bellique, tueri a>c defendere. Aber auch solche Verbindungen verschiedener Redeteile gehören hierher, welche in dem Verhältnis syntaktischer Unterordnung stehen und als besonders bequem oder als besonders präzis und schlagend beliebt und unabänderlich (formel- haft) waren, wie bellum yerere, sententiam rogare u. s. w.

24. 7) Als stilistischen Gesichtspunkt bezeichnen wir schliesslich denjenigen, der die Sphäre feststellt, welcher der Gebrauch eines Wortes, einer Wortbedeutung oder einer Konstruktion ganz oder doch vorzugsweise angehört, selbstverständlich wiederum mit Berücksichtigung der historischen Entwickelungen und Wandlungen, welche sich in dieser Hinsicht mit einem Worte oder mit einer Wortbedeutung vollzogen haben. Diese Sphäre kann entweder eine allgemeine sein: poetischer und prosaischer Stil, Schrift- sprache und Volkssprache (Vulgärlatein), rhetorische, historische, philo- sophische, überhaupt technische Redeweise u. s. f.; oder aber eine rein persönliche, insofern ein bestimmter Autor ein bestimmtes Wort oder eine Wortverbindung liebt, die bei anderen wenig oder gar nicht vorkommt, oder auch insofern bisweilen ein und derselbe Autor in seinen Jugend- schriften einer andersartigen Stilrichtung ergeben war als in seiner späteren Zeit, wie z. B. Cicero in seinen Jugendreden, Tacitus u. a. Ein wichtiges Stilmoment eines Autors oder einer ganzen Litteraturperiode ist die Nach- ahmung von Vorgängern, insbesondere das Archaisieren, worauf bereits oben unter dem historischen Gesichtspunkt 18) hingewiesen wurde; be- kannt sind die Andeutungen, welche schon Quintilian im VHI. Buche seiner Institutio oratoria darüber gibt. Insofern ist der stilistische Gesichtspunkt ganz besonders eng mit dem von uns an erster Stelle betrachteten histo- rischen verwoben und verwachsen; wie denn überhaupt die hier unter- schiedenen Gesichtspunkte auch sonst in der Theorie sich zwar deutlich

2. Theorie der lateinisohen Lexikographie. (§§ 23—25.) 515

von einander abgrenzen lassen, in der Praxis der lebendigen Sprach- entwickelung aber natürlich stets in engster Verbindung mit einander stehen und eine fortwährende Wechselwirkung auf einander ausüben.

26. Nach dieser orientierenden theoretischen Übersicht wenden wir uns nun zu der Besprechung derjenigen lexikologischen Vorarbeiten, Unter- suchungen und Vorschläge, welche zur HersteUung eines wissenschaftlichen Thesaurus linguae Latinae in neuerer Zeit gemacht worden sind.

I. Wir beginnen 1) mit dem Begründer der modernen klassischen Philologie, mit Friedrich August Wolf. Dieser auf fast allen Gebieten schöpferische Geist hat nicht verfehlt, auch der lateinischen Lexikographie sein Augenmerk zuzuwenden; Zeugnis hieven gibt ein Plan, welchen er auf der Höhe seines Ruhmes stehend fasste, später aber freilich wie so manches andere nach vielversprechendem Anlauf wieder fallen Hess. „Der Hauptgedanke so äussert er sich darüber an deni sogleich näher zu bezeichnenden Orte ging dahin, teils in Deutschland teils in Holland, Frankreich, Italien und England eine Zahl von zehn oder mehreren Ge- lehrten zu vereinigen, die sich in die sämtlichen Schriftsteller bis auf die Zeit, wo das Latein als lebende Sprache verschwindet, nach Neigung und Vorkenntnissen teilen und dann ihre Vorräte zweien selbstgewählten Re- daktoren überlassen sollten. Der Plan gefiel etlichen verbundenen Freunden, und besonders dem damals mit der Holländischen Redaktion des Scheller- schen Wörterbuches beschäftigten Ruhnkenius so wohl, dass er noch etliche Jahre hindurch gepflegt und in Gesprächen und Briefen besprochen wurde, bis zu dem Zeitpunkte, wo nur Jüngern und Begünstigtem vergönnt war, ein litterarisches Leben wie von vorn anzufangen. " Der Ort, an welchem Wolf diese Mitteilung von seinem „vor 20 Jahren* gehegten Projekte macht, ist die Schlussnote zu einem grossen Aufsatze Über die Einrich- tung eines Thesaurus der Lateinischen Sprache in den Litterarischen Ana- leiten^ vorzuglich für alte Litteratur und Kunst, deren Geschichte und Me- thodik, herausgeg. von Friede. Aug. Wolf, IV. Heft Berlin 1820, S. 307 ff. (Kleine Schrr. H. S. 1192 f.). Der Verfasser dieses interessanten und früher öfter zitierten Aufsatzes ist zwar nicht Wolf selbst, sondern, wie in einer einleitenden Note von diesem bemerkt wird, „ein im vorigen Jahre verstorbener gelehrter Schulmann Westphalens", unterzeichnet als G. D. K. in D. (d. i. Georg David Koeler, Rektor in Detmold); immerhin aber be- kennt sich Wolf ausdrücklich und wiederholt dazu, diesen Aufsatz „redigiert** zu haben, und wir dürfen denselben daher durchaus als aus seinem Sinn und Geist geschrieben ansehen. Es verlohnt sich, auf die darin ausge- sprochenen Grundgedanken, nach welchen ein künftiger Thesaurus der lateinischen Sprache „seiner würdig" behandelt werden müsse, hier etwas näher einzugehen.

Der Verfasser beginnt seine „Betrachtungen über bessere Einrichtung

0 Eine kleine Schrift G. H. Lüitexann's, welche unter dem wunderlichen Titel: Pri- mae lineae theoriam lexicographiae latinae Httientes im Jahre 1807 in Göttingen erschie- nen sein soll, habe ich nicht gesehen; sie

handelt, wie es scheint, besonders von der Berücksichtigung der Etymologie im Lexikon (vgl. Lünemann's Vorrede zu seiner ersten Bearbeitung des Scheller'schen Handlexikons Anm. b).

88*

516 Lateinische Lexikographie.

der Wörterbücher der alten Sprachen '^ S. 311 damit, die ,, Hauptmängel der Behandlung eines Thes. L. Lat. im einzelnen darzulegen", um alsdann „summarisch zu zeigen, was geschehen müsse, um jene zu heben und die letztere einer wenigstens verhältnismässigen Vollkommenheit näher zu bringen''. Seine Kritik wendet sich in erster Linie gegen Gesner und Forcellini; die summarische Zusammenfassung erfolgt S. 359 ff. Jeder Artikel, heisst es hier, solle, mit Ausnahme nur weniger, in drei Hauptr teile zerfallen, von denen der erste die Formenlehre, der andere die Be- deutungslehre oder Hermeneutik, der dritte die Yerbindungslehre oder Syntaxis betriflft. In der Formenlehre ist das erste das Wort selbst in seiner Hauptform nebst den übrigen Formen und Schreibarten in genea- logischer Folge mit Bemerkung der Zeitalter und mit grammatisch-kritischer Würdigung in orthographischer Hinsicht; darauf sollen die Formen folgen, in denen es „in den besseren Handschriften" vorkommt, in , artistisch- mechanischer'^ Hinsicht^) nebst den Zeichen, Abkürzungen, Monogrammen und der Anzeige der übrigen Wörter, mit denen es der Ähnlichkeit wegen leicht verwechselt wird; endlich die nötigen Angaben in prosodischer Hin- sicht. Daran reihen sich die wichtigsten Flexionen; bei den bekannten und vollständigen Wörtern wäre es aber unnütz, alle Biegungsformen mit Beispielen zu belegen; bei diesen wird es nur da der Belege bedürfen, wo einzelne zweifelhaft sind; alle selteneren Abweichungen von der gewöhn- lichen Form dagegen müssen nicht allein mit Beispielen, sondern sogar mit allen vorhandenen Beispielen begründet werden, um den Wert und die Giltigkeit des Wortes richtig zu schätzen.

Im zweiten Hauptteil, der Bedeutungslehre, solle sorgfältig darauf geachtet werden, dass die Bedeutungen gehörig gestellt und aus ein- ander entwickelt werden (S. 361). Es müsse daher das Allgemeine vorausgehen vor dem Besondern, das Eigentliche vor dem Uneigentlichen, das Sinnliche und Konkrete vor dem Intellektuellen und Abstrakten, dem Entwickelungsgange des menschlichen Geistes gemäss. Alle Bedeutungen sollen so richtig, bestimmt und deutlich als möglich dargestellt werden; hiezu sei notwendig, dass die Bedeutungen nicht bloss absolut, sondern auch relativ, d. i. ihre Unterschiede von gleichbedeutenden oder von ver- meinten Synonymen genau angegeben werden, zu welchem Ende alle diese Wörter hie und da unter Einen Artikel zusammenzufassen seien. Dazu müssten den Weg bahnen 1) die Etymologien, die als die Grund- lagen des Bedeutungssystems von keinem Artikel wegbleiben dürften; hie- rauf müssten 2) die Bedeutungen selbst folgen in folgerichtiger Ableitung aus einander, mit Beifügung der treffendsten Stellen, und zwar sowohl derjenigen, durch welche oder in welchen die Alten die Bedeutung selbst erklären oder bestimmen, als auch solcher, in welchen dies indirekt durch Vergleichung, Entgegenstellung, Verbindung und Beziehung geschieht. Diese Stellen müssten möglichst chronologisch gestellt und die Belege durch ganze Zeitstrecken durchgeführt werden, um daraus entweder auf die Festigkeit und Häufigkeit oder auf die Vergänglichkeit und Seltenheit

') Es können hier wühl nur paläo- 1 welche heutzutage freilich niemand m^ graphischeVerschiedenheiten gemeint Bein, , dem Lexikon aufbürden wird.

2. Theorie der lateinischen Lexikographie. 26.) 517

einer Bedeutung zu schliessen. Endlich fiihrt der Verfasser 3) die Be- stimmung des Geschlechts und der darauf bezüglichen Besonderheiten an, als schicklichen Übergang zum dritten Hauptteil, zur Syntaxis.

Der syntaktische Hauptteil (S. 363) legt es darauf an, alle wesent- licheren Verbindungen, in welche ein Wort mit anderen treten kann, zu- sammenzustellen. Hiebei soll 1) die Stelle, welche ein Wort in Sätzen oder mit anderen Wörtern verbunden einnehme, und bei einem Pronomen die Fälle, wann es sich einem mit einem Adjektiv verbundenen Substantiv zugeselle, beachtet werden; sodann 2) mit was für anderen Wörtern ein Wort verbunden vorzukommen pflege, wobei die Natur der Wörter (Sub- stantiv, Adjektiv u. s. w.) mancherlei feine Unterschiede mache; 3) das Verhältnis der Rektion zu anderen Wörtern oder Sätzen; 4) alle be- sonderen, seltsamen, sprichwörtlichen Redensarten; zuletzt 5) der ellip- tische, und auch wohl der pleonastische Gebrauch, bezw. Nichtgebrauch eines Wortes. Der Verfasser schliesst diese Auseinandersetzung (S. 365) mit den trefflichen Worten: „Überall muss das chronologische Prinzip in dem ganzen Thesaurus und in jedem Teile jedes Artikels durchherrschen, weil dadurch die Charakterisierung der Stilarten jedes Zeitalters so sehr gefördert wird.«

Die ganze Darlegung, die wir hier im Auszuge wiedergegeben haben, wird man noch heutigen Tages nicht ohne Interesse lesen. Den skizzierten neuen Bau selbst aufzuführen, lehnt der Verfasser freilich aus triftigen Gründen ab; er richtet vielmehr in den Schlussworten an Wolf die Auf- forderung, in Verbindung mit Männern wie Schneider, Hermann, Jacobs der Idee näher zu treten, worauf dann Wolf in der oben bereits wieder- gegebenen Schlussnote ablehnend antwortet. Indessen, fährt Wolf fort, was sich nicht auf einmal zu stände bringen lasse, möchte sich wohl all- gemach, auch bloss in Deutschland, bewirken lassen. „So drängt sich der Gedanke auf, welche schöne Vorsammlungen zusammenkommen müssten, wenn nur in einem und anderm Teile unseres Vaterlandes die gelehrtesten Schulmänner von einsichtigen Aufsehern aufgefordert würden, zu ihren Programmen den Stoff aus der Lexikographie beider Sprachen planmässig zu wählen. Leicht Hessen sich so alljährlich ein paar Dutzend solcher Schriften erwarten, worin bald ganze kürzere Autoren für den Thesaurus erschöpft, bald einzelne schwierige Artikel nach einem höhern Ideal als bisher behandelt, bald die Lücken, die G(esner) und r(orcellini) gelassen haben, ausgefüllt werden könnten.'' ^)

26. n. Eine vorübergehende Erwähnung verdient die im Jahre 1826 erschienene kleine Schrift E. Käbcher's: De optima Latini lexici condemli ratione, Carolsruhae, in welcher vor allem einer sorgfältigeren Berück- sichtigung der Etymologie das Wort geredet wird, sowie auch einer Ab- leitung und Gliederung der Bedeutungen nach festen Grundsätzen, so dass namentlich jedesmal dem Verbum die Priorität vor dem Nomen eingeräumt werde und bei dem Nebeneinanderstehen zweier Bedeutungen, einer all-

*) (Janz ähnliche Vorschläge macht für gänzung Griechischer Wörterbücher, Berlin das griechische Lexikon bereits Passow in 1812, S. 64 ff. der Schrift: Über Zweck, Anlage und Er-

518 Lateinisohe Lexikographie.

gemeinen und einer besonderen, immer die erstere als die ältere und ur- sprüngliche, die zweite als die jüngere und abgeleitete anzusehen sei, Grundsätze, welche schon in der erwähnten Schrift selbst, noch eingehender aber in der Vorrede zu dem Stuttgart 1842 erschienenen Handwörterbuch desselben Verfassers an zahlreichen Beispielen erläutert werden. Leider sind die etymologischen Anschauungen des mit der indogermanischen Sprach- vergleichung noch unbekannten Verfassers an beiden Orten so durchaus willkürlich und dilettantisch (so sollen z. B. die Wörter 8olj i}liog und (teXrjvrj mit dem deutschen hell zusammengehören!), dass auch der gesunde Kern seiner semasiologischen Anschauungen ihn fast immer nur zu miss- glückten Versuchen führt und bei der Unsicherheit der etymologischen Grundlagen bleibende Ergebnisse nur selten erzielt werden.

27. III. In der ausführlichen Vorrede zu seinem Wörterbuch der Latei- nischen Sprache S. I XXXIV, geschrieben 1834, spricht W. Freund in sechs Abschnitten L Von dem Begriffe und den Elementen der lateinischen Lexikographie, IL Von dem Umfange vorliegenden Wörterbuches. III, Von der Darstellung der einzelnen Artikel, IV. Von der Ordnung der Artikd. V, Von der im Werke herrschenden Technik, VI, Von den Hilfsmitteln. Die Grundgedanken, welche hier entwickelt werden, waren zu ihrer Zeit zum Teil neu und fanden ausserordentlichen Beifall, ja sie waren die Ur- sache, dass das Wörterbuch selbst beim Erscheinen des ersten Bandes an- fangs mit einer seinen originalen Wert weit übersteigenden Anerkennung begrüsst wurde. ^) Wir deuten im folgenden das Wesentlichste dieser Grundsätze in Kürze an.

Im I. Abschnitte definiert der Verfasser die Lexikographie als , die- jenige Wissenschaft, welche die Darstellung des Wesens eines jeden ein- zelnen Wortes einer Sprache durch alle Perioden der Existenz desselben zur Aufgabe haf* und bezeichnet demnach als Objekt der lateinischen Lexikographie „die Geschichte eines jeden einzelnen Wortes der lateinischen Sprache. ** Diese Geschichte eines Wortes setze sich zusammen aus fol- genden sieben einzelnen , Elementen der Lexikographie'*: aus dem grammatischen hinsichtlich der Formenbildung und syntaktischen Kon- struktion; aus dem etymologischen hinsichtlich der Abstammung (Genea- logie); aus dem exegetischen hinsichtlich der Bedeutung; aus dem syno- nymischen hinsichtlich der Unterschiede der Bedeutung; aus dem spe- ziell-historischen oder chronologischen hinsichtlich der Dauer des Bestehens der Wörter, Wortformen und Wortbedeutungen; aus dem rhe- torischen hinsichtlich des Gebrauches der Wörter, Wortformen und Wortr bedeutungen in den einzelnen Redegattungen; endlich aus dem statisti- schen Element hinsichtlich des häufigen oder seltenen Vorkommens der Wörter (Lieblingswörter einer Sprache u. dgl.).

Im II. Abschnitte wird der Umfang des Wörterbuches dahin be- stimmt, dass darin die , Geschichte aller derjenigen Wörter geliefert werden solle, welche sich in den schriftlichen Überresten der Römer von der

') S. darüber n. a. Gbobobs in seinem Jahresbericht über lateinische Lexikographie fflr 1879 und 1880, S. 393 f.

2. Theorie der lateinieohen Lexikographie. 27.) 519

ältesten Zeit bis zum Untergänge des weströmischen Reiches vorfinden'', sowie dass auch die ihrem nationalen Ursprünge nach fremden, ihrem Gebrauche nach aber im Lateinischen eingebürgerten Wörter darin auf- zunehmen seien.

Im III. Abschnitte wird gezeigt, wie die Darstellung der einzelnen Artikel in vorliegendem Wörterbuche bemüht gewesen sei, der Idee einer „Monographie'' der einzelnen Wörter mit Berücksichtigung der zuvor auf- gestellten sieben Elemente zu entsprechen. Hier verdient, wie uns scheint, noch heute ganz besondere Beachtung, was S. XV ff. über das von Freund so genannte exegetische Element, d. h. über die Darstellung der Be- deutungen eines Wortes hervorgehoben wird. Als Leitpunkte " werden festgestellt: 1) es sei unter mehreren Bedeutungen eines Wortes immer die durch die Etymologie gewonnene als die erste anzunehmen; 2) es müsse in der Reihe der Bedeutungen die eigentliche, als die ursprüngliche, der tropischen, als der erst abgeleiteten, vorangehen; übrigens sei es not- wendig, den Begriff des Tropischen, der in seiner Allgemeinheit die Sphäre der Bedeutung zu unklar bezeichnet, in Unterabteilungen zu zerlegen, wozu dann die ausführliche Entwickelung der verschiedenen Bedeutungen des Wortes j^arena" (Sand, Kampfplatz des Amphitheaters, Tummelplatz für irgend eine Thätigkeit) als Musterbeispiel vorgeführt wird; endlich müssten 3) die Nebenbegriffe angegeben werden, durch deren Hinzutritt zu den ursprünglichen Bedeutungen die abgeleiteten entstanden sind, z. B. ,die Sphären des Subjektiven und Objektiven, des Allgemeinen und Besonderen, des Raumes, der Zeit und der Zahl, der Absicht, des bestimmten Zweckes, des Prägnanten, des Feindlichen u. dgl." Ausser diesen auf das semasio- logische Element bezüglichen Leitpunkten ist von besonderem Interesse für uns S. XXn auch die auf die Synonymik bezügliche Bemerkung, dass der Unterschied zwischen mehreren sinnverwandten Wörtern oft ein rein historischer sei, insofern das eine Wort ausschliesslich in dieser, das andere in jener Periode zur Bezeichnung eines und desselben Begriffes gedient habe.

Im IV. VI. Abschnitt endlich werden die verschiedenen Anord- nungsweisen der Artikel: die alphabetisch-genealogische, die alphabetisch- etymologische und die rein alphabetische gegen einander abgewogen und die letztere als die bequemste und zweckmässigste anerkannt; femer werden gewisse, in der äusseren Einrichtung des Wörterbuches getroffene Massregeln und angewandte Zeichen erklärt und hervorgehoben; schliess- lich werden die Hilfsmittel namhaft gemacht, wobei der Verfasser, bevor er zur Ausarbeitung des Wörterbuches schritt, den Stoff der ältesten (vor- ciceronischen) Latinität in sechs einzelnen Speziallexika (Vorplautinisches, Plautus, Terenz, Lucrez, poetische Fragmente, Prosa) sich zurechtgelegt zu haben versichert, aus welchen er dann die wichtigsten und kritisch sichersten Stellen in sein Wörterbuch übergetragen habe; für die klassische und nachklassische Latinität habe er nur die Ausbeute mehrjähriger Lek- türe zusammengestellt, überall unter Zugrundelegung der besten kritischen Ausgaben.

Man wird den von Freund aufgestellten Gesichtspunkten, namentlich

520

Lateüüsohe Lexikographie.

den in Abschnitt I III vorgetragenen, die Anerkennung nicht versagen, dass sie viele Momente enthalten, welchen eine bleibende Bedeutung zu- kommt, so dass das Aufsehen, welches dieser Teil seines Wörterbuches machte, immerhin gerechtfertigt war. Ob und wie weit freDich diese theoretischen Grundsätze in der Praxis wirklich durchgeführt und auf die Lexikographie der nächstfolgenden Jahrzehnte von förderlichem Einfluss gewesen sind, lässt sich ohne eingehende Untersuchungen und Yergleichungen nicht feststellen.

28. IV. Einen „schlichten Bericht" über eine in den fünfziger Jahren in Aussicht genommene Begründung eines wissenschaftlichen Thesaurus linguae Latinae erstattete Karl Halm in seinem Vortrage auf der 18. Philo- logenversammlung zu Wien im Jahre 1858 (s. die Verhandlungen dieser Versammlung, Wien 1859, S. 6 flf.). Er teilte mit, dass sich zur Entwerfung des Planes, zur Bestimmung der nötigen Spezialarbeiten, zur Wahl der Mitarbeiter, sowie für die zahlreichen übrigen Anordnungen ein Komitee gebildet habe, bestehend aus Ritschl, Flegkeisen, Bücheler (als dem künftigen Hauptredakteur des Unternehmens) und dem Vortragenden. Seinem umfange nach solle das Werk den ganzen lateinischen Sprach- schatz umfassen mit Inbegriff der Lehn- und Fremdwörter; der Anfangs- punkt sei durch die uns überkommenen Sprachdenkmale von selbst be- stimmt; als Endpunkt solle im allgemeinen die zweite Hälfte des 6. Jahr- hunderts festgehalten werden. Für den Kern der Latinität, d. h. für die Litteratur bis zum zweiten Jahrhundert n. Chr., bedürfe man fast durch- weg genauer Spezi allexika der einzelnen Schriftsteller als Grund- lagen des Thesaurus;^) für die spätere Kaiserzeit kämen zum Teil mehr die einzelnen Gattungen (Grammatiker, christliche Dichter, Rechtsquellen u. s. w.) als Ganze in Betracht. Zur Bearbeitung dieser einzelnen Autoren und Gebiete seien zahlreiche, aber mit Strenge ausgewählte Kräfte nötig, welche nach festem Plane und mit Ausschluss alles eklektischen Verfahrens je ihren Spezialbezirk zu erschöpfen hätten. Ein eigenes Onomastiken solle schliesslich einen besonderen Teil des Thesaurus bilden.

In der Behandlung der einzelnen Wortartikel wurde dem Redakteur eine möglichst vollständige Geschichte jedes Wortes nach Form wie Be- griff zur Aufgabe gestellt;^) zu diesem Zwecke müssten einerseits die verwandten Sprachen beigezogen werden, vor allem das Altitalische, so- dann das Griechische und Sanskrit, wobei jedoch alle etymologischen

^) Siehe auch Boeckh, Encykl. u. Metho- dol. der philol. Wissensch.«, Lpz. 1886, S. 790: „Die Lexikographie muss immer gute Glos- sare und Speziallexika zur Grundlage haben, da sich der allgemeine Sprachge- brauch nur historisch durch die genaueste Spezialforschung ermitteln Ifisst.'' Vgl. F. A. Wolf oben § 25.

^) Vgl. die Bemerkungen Büchelbrs in seiner zwanzig Jahre später (Bonn 1878) ver- öffentlichten Schrift , Philologische Kritik' S. 16: „Sehr im Rückstand sind wir, was beide Sprachen betrifft, in lexikalischer und syntaktischer Kenntnis derselben; wir brau-

chen die Geschichte jedes Wortes, durch deren Mangel auch die linguistische Forschung sehr beeinträchtigt wird, da ans falschen Prämissen über Grundform und Be- deutung kein richtiger Schluss auf das Efy- mon eines Wortes gezogen werden kann; wir brauchen eine genaue Statistik und Ge- schichte aller KoBstruktionsverhältnisse und stilistischen Erscheinungen, welche uns be- fähigt, im Sprachgebranch und in der Flira- seologie jedes Schriftstellers Ererbtes nod Eigenes, Gemeinübliches und Freierfundenes, Notwendiges und Beliebiges strengstens zu unterscheiden."

2. Theorie der lateinisohezi Lexikographie. (§§ 28, 29.) 521

Kontroversen grundsätzlich auszuschliessen seien; andererseits sei ausser dem Ursprung und der Geschichte auch das Fortbestehen in den Tochter- sprachen nachzuweisen, weshalb alle Umwandlungen, welche lateinische Wörter in den verschiedenen romanischen Sprachen erfahren haben, auf- zunehmen seien. Einige praktische Mitteilungen, sowie Andeutungen über die beabsichtigte äussere Organisation des Unternehmens im einzelnen bildeten den Schluss dieses von der Versammlung mit lautem Beifall auf- genommenen und auch jetzt noch höchst lesenswerten Vortrages. Eine Erfüllung fanden die damals an dieses Unternehmen geknüpften Hoff- nungen freilich nicht; über die äusseren Umstände, welche die Ausführung des Planes verhinderten, sehe man die Mitteilungen Wölfflin's in seinem Archiv für lateinische Lexikographie, I Vorwort S. 2 f. ; eine weitere Notiz ebendaselbst n S. 485.

29. V. Im Jahre 1882 Hess Eduard Wölfflin im Rhein. Mus. Bd. 37 S. 83—123 einen Aufsatz erscheinen, welcher den Titel führt: lieber die Aufgaben der lateinischen Lexikographie. Nach einer Einleitung, welche darauf hinweist, dass der Ausbau der Lexikographie und Grammatik eine gerade jetzt zeitgemässe Aufgabe der klassischen Philologie sei, werden von S. 86 an die einzelnen Forderungen formuliert, welche ein auf ge- schichtliche Prinzipien gegründeter Thesaurus der Latinität zu erfüllen habe. Eine kurze Vorbemerkung gilt der Orthographie; hierauf wird

1) als eine notwendige Ergänzung der Grammatik durch die Lexiko- graphie bezeichnet, dass letztere genau anzugeben habe, ob alle Formen eines Wortes gleichmässig im Gebrauche seien, ob alle Kasus (satias, satie- tatis), ob Komparativ und Superlativ {ferus, ferocior, ferocissimus), ob alle Verbalformen {incipio, coepi). So sei z. B. das Part. Praes. von nolo zuerst nur in den casus obliqui gebildet oder gebraucht worden, zuletzt im Nomin. Sing, nolens (= invitus), was dann an der modernen Redensart noleris volens in ihrem Verhalten zum Sprachgebrauche der guten und der spätem Latinität näher erwiesen wird ; im gleichen Sinne wird (S. 89 f.) die Frage behandelt, ob gesta = res gestae in gutem Latein gesagt worden sei oder nicht.

2) Über den wichtigen Gesichtspunkt der Wortbedeutung, welcher von S. 90 an besprochen wird, erwartet man, dem Zwecke des Aufsatzes entsprechend, etwas ausführlicheres gesagt zu sehen; der Verfasser be- schränkt sich jedoch auf wenige Bemerkungen: „Wir haben darüber nichts nlBues von allgemeiner Bedeutung zu sagen [so!] und glauben, dass nach dieser Seite mit Ausnahme des Spätlateins verhältnismässig wenig zu thun sein werde, so leicht es auch wäre, Berichtigungen im einzelnen zu machen."^) Doch werden dann immerhin einige interessante Fälle von Bedeutungswandel beigebracht: situs = Geographie oder Topographie; lit-

0 Die stiefmütterliclie Behandlung, wel- che dieser wesentlichen Seite der lat. Lexi- kographie von Seiten Wölfflins sowohl in seinem ohen besprochenen Aufsätze (wofür die im Arch. 11 S. 485 Z. 10 ff. ▼. u. ausge- sprochene Entschuldigung doch wohl nicht genflgt) als überhaupt in den früheren Bftnden

des Archivs (s. unten) zu teil wurde, mussten wir wiederholt bedauern ; auch der nachträg- lich auf der Philologen versammlung zu Zttrich 1887 gehaltene Vortrag «Über Bedeutungs- wandel* (Verhdlgn. S. 61-70) konnte dafür nicht als ausreichender Ersatz gelten.

522 Lateinisohe Lexikographie.

teratura im modernen Sinne = litteratur; Ersatzwörter wie vitium und infirmüas für das absterbende morbus, nimius für magnus, auricula für auris.

3) Es folgt nun (S. 92 ff.) der Nachweis, wie wichtig es für den Lexikographen in historischer Hinsicht sei, überall vor allem die älteste Belegstelle zu geben (Beispiele: püosus, persaepe, idcirco, modernus, Cyprius = cupreus) und andererseits schon im Lateinischen die Symptome des Eran- kelns und Absterbens solcher Wörter festzustellen, welche den romanischen Sprachen abhanden gekommen sind (actvium, prosapia), oder aber die Er- scheinungen solcher Wörter zu verfolgen, welche im klassischen Latein zwar zurückgedrängt, im Spätlatein aber wieder aufgenommen worden sind und auf diese Weise sich ins Romanische irgendwie hinübergerettet haben {absque). Hieran schliesst sich

4) die nicht minder wichtige Aufgabe (S. 100 ff.)» das Fehlen solcher Wörter bei bestimmten Autoren sorgfaltig zu beobachten, welche von an- deren gleichzeitigen unbedenklich gebraucht worden seien. So wird z. B. gezeigt, wie etsi, necopinans bei gewissen Autoren der klassischen Zeit nicht zu finden und welche Ersatzmittel von diesen dafür angewendet sind; allseitig durchgeführt biete dieser Gesichtspunkt gar oft sichere Anhalts- punkte dar für die Kritik der Echtheit oder Unechtheit, bezw. für die Bestimmung des Verfassers einer Schrift, was dann in Bezug auf den ver- schiedenen Charakter gewisser Teile der Vulgata an zahlreichen Beispielen nachgewiesen wird. Aber auch geographische Unterschiede seien hier oft von Belang; gewisse Wörter treten in bestimmten Ländern zurück, wie z. B. toti statt omnes in Gallien ausschliesslich die Oberhand gewann, wo- gegen in Italien wenigstens der Singular omnis in ogni, ognuno neben dem Plural tuüi stehen blieb; bisweilen hätten in solchen Fällen auch noch andere Synonyma (cxindi) eine Zeitlang um den Vorrang konkurriert Schliesslich kommen

5) der syntaktische und der phraseologische Gesichtspunkt, wie wir uns kurz ausdrücken dürfen, zur Sprache: zunächst der letztere (S. 110 ff.), wozu einige Verbindungen präpositionaler und adverbieller Art als Beispiele vorgeführt werden (praeter , supra, ultra modum u. s. w., recens als Adv. beim Part. Perf. Pass.); sodann probeweise einige syntaktische Konstruktionen (S. 114 ff.), wie die von dignus mit Gen. und Dat., persua- dere mit Acc, mederi mit Acc, ebenso bene und male dicere. Zum Schlüsse des Ganzen (S. 119 ff.) wird endlich noch die Stellung erörtert, welche die regelmässig verbundenen Wörter zu einander einzunehmen pflegen; hiebei werden einige Andeutungen gemacht über die Wortverbindungen reda via, versa vice, dare operam und operam dare, senatus populusque Romanus u. dgl.

Fassen wir unser Urteil über das, was in diesem Aufsatze geleistet ist, kurz zusammen, so können wir eine erschöpfende Darstellung dessen, was zu den Aufgaben der lateinischen Lexikographie gehört, darin aller- dings nicht erkennen. Auch hinsichtlich der einzelnen Gesichtspunkte, welche darin behandelt sind, sowie hinsichtlich der historischen Beispiele, welche dazu beigebracht werden, hätten wir gewünscht, dieselben in einer weniger skizzenhaften Weise dargestellt zu sehen, als dies meist der Fall

3. Theorie der latemischen Lexikographie. 30.) 523

ist. Für den Zweck aber, welchen der Verfasser offenbar zunächst im Auge hatte, nämlich in weiteren philologischen Kreisen Propaganda zu machen und sein sogleich näher zu bezeichnendes periodisches unternehmen dadurch vorzubereiten, mit Einem Worte: gewisse lexikographische Ideen zu popularisieren, ist der Aufsatz unstreitig vortrefflich und verdient un- geteilte Anerkennung.

30. VI. Schon ein Jahr später nämlich, im Herbste des Jahres 1883, lies WöLFFLiN das erste Heft eines vielversprechenden Unternehmens folgen, dessen Titel lautete: Archiv für lateinische Lexikographie und Chrammatik mit Einschluss des älteren Mittellateins, als Vorarbeit zu einem Thesaurus linguae Latinae mit Unterstützung der k. bayerischen Akademie der Wissen- Schäften herausgegeben, Erster Jahrgang, Leipzig 1884. Von dieser Zeit- schrift, welche auch dann ihren Wert behält, wenn man von ihrer Be- stimmung als Vorarbeit zum Thesaurus linguae Latinae zu dienen absieht, liegen bis jetzt zehn vollständige Jahrgänge (1884—1896) vor,i) worin eine wahre Fülle lexikalischen, grammatischen und stilistischen Materials in Abhandlungen, Miszellen und Rezensionen verarbeitet ist; einen Begriff von diesem Reichtum bekommt man, wenn man die von dem Herausgeber den 9 Sammlern'' vorgelegten „Fragezettel'' überblickt, deren Material nach und nach in Einzelaufsätzen und lexikalischen Artikeln zur Bearbeitung kam. Dazu treten noch eine Reihe weiterer, natürlich nicht sämtlich auf gleicher Höhe stehender Einzelbeiträge, deren Thema von den betreffenden Verfassern selbständig gewählt ist, auf deren Aufzählung im einzelnen wir hier jedoch verzichten müssen. Bemerkt sei nur noch, dass die Ergebnisse dieser Arbeiten, der Tendenz des ganzen Unternehmens entsprechend, meist in gleichem oder in noch höherem Grade der Geschichte der romanischen Sprachen als der der lateinischen zu gute kommen ; besonders ist in dieser Beziehung aus den früheren Jahrgängen auf die wichtigen und interessanten Beiträge G. Gröber's: Sprachquellen und WortqueUen des lateinischen WöHer- buchs und Vulgärlateinische Substrate romanischer Wörter hinzuweisen.

So reich und mannigfaltig aber dieser Inhalt ist, so möge es doch auch jetzt noch gestattet sein, speziell im Hinblick auf das Ideal des künftigen Thesaurus linguae Latinae folgendem Wunsche Ausdruck zu geben. Im Mittelpunkte aller lexikographischen Darstellung steht doch immer die Bedeutung eines Wortes und ihre erschöpfende historische Interpretation. Wo bei einem umfangreicheren Artikel mehrere Bedeu- tungen vorliegen, da erstreckt sich diese Interpretation notwendig auch darauf, die richtige Anordnung und Ableitung (Genealogie) dieser Be- deutungen unter einander festzustellen. In dieser Beziehung Klarheit zu schaffen, halten wir für eine der wesentlichsten Aufgaben des künftigen Thesaurus. Denn wie der Augenschein lehrt, gehen gerade in dieser Be- ziehung die bisherigen Lexika oft in der auffallendsten Weise auseinander, und doch kann, wie bei aller Interpretation, so auch hier naturgemäss immer nur Eine die historisch richtige und logisch notwendige sein. Frei- lich wird hiebei derjenige Zweig der wissenschaftlichen lateinischen Gram-

') Dazu Heft I, ü vom XI. Jahrgang (1898).

524 Lateinische Lexikographie.

matik, welcher von den Analogien der Bedeutungsentwickelung handelt: nämlich die Wortbedeutungslehre oder Semasiologie, zu Rate gezogen werden müssen. Es gibt einen gewissen Naturalismus der Lexikographie, welcher darin besteht, dass man sich begnügt, bei jedem Wortartikel die Gliede- rung der Bedeutungen willkürlich und nach augenblicklichem Gutdünken oder höchstens nach einem hergebrachten konventionellen Schema vorzu- nehmen. Diesem naturalistischen Verfahren von Fall zu Fall steht gegenüber das methodische, welches darin besteht, dass man aUgemeine und durchgreifende Analogien oder Prinzipien des historischen Bedeutungs- wandels aufsucht und diesen gemäss bei jedem einzelnen Worte die Be- deutungsgliederung vornimmt. Solche Prinzipien also für das Lateinische festzustellen ist die Aufgabe der lateinischen Semasiologie, und die Be- rücksichtigung dieser Disziplin halten wir deshalb von Seite einer wissen- schaftlichen Lexikographie für ganz unerlässlich. Dass dergleichen Untersuchungen, wie man bemerkt hat, viele Mühe und Raum in Ansprach nehmen, ist allerdings wahr; aber folgt denn daraus, dass man um so länger von diesem Teile sich „möglichst fernzuhalten'' habe? Wir denken, im Gegenteil: es folgt vielmehr, dass man nur um so energischer, um so nachhaltiger und um so vielseitiger diese so lange vernachlässigte Seite der wissenschaftlichen Lexikographie in Angriff nehme! In diesem Sinne geraeint ist es auch, wenn bereits E. Reisig, der Begründer jener Dis- ziplin, in seinen Vorlesungen über lateinische Sprachwissenschaft, heraus- gegeben von Fr. Haase, Leipzig 1839, S. 286, sich über wissenschaftliche Bedeutungsgliederung der Lexika folgendermassen ausspricht: „Die Ent- faltung der Gedankenreihe in betreff der Bedeutung der Wörter ist ein anziehendes, anmutiges Geschäft für einen jeden, der rein menschliches Interesse besitzt. Die Lexika aber sind hierin sehr mangelhaft und un- vollkommen, indem bei ihnen an systematische Anordnung und richtige Ableitung der Bedeutungen von einander selten zu denken ist; eine Her- leitung der übrigen Bedeutungen von der ersten, logisch und historisch geordnet, ist vielen ganz fremd; denn wer da glaubt, eine richtige Ord- nung getroffen zu haben, wofern er 10 oder 12 Bedeutungen hinstellt nach 1, 2, 3, 4 u. s. w., der ist in grossem Irrtum. Denn die arithmetische Anordnung nach Zahlen ist bloss etwas Äusserliches und kommt gar nicht in Betracht, wenn nicht auch eine innere Ordnung herrscht." Indessen ist ja wohl, wenn nicht alle Zeichen trügen, alles Ernstes zu hoffen, dass unser obiges wiederholtes Ceterum censeo im neuen Jahrhundert mit ver^ einten Kräften seine thatsächliche und endgiltige Erfüllung finden werde!! 31. Inzwischen (seit Mitte des Jahres 1894) sind zum Thesaurus lingüae Latinae selbst die direkten Vorarbeiten in umfassendstem und erfreulichstem Masse im Gang oder vielmehr sie nähern sich zur Zeit bereits ihrem Abschlüsse, so dass demnächst an die eigentliche Inangriffiiahme und VeröffentUchung des grossartigen Werkes gedacht werden kann, üeber den bisherigen Verlauf dieser Vorarbeiten bezw. den dermaligen Stand des Unternehmens möge es für unsern Zweck genügen, aus der Fülle von Be- richten, Beiträgen und orientierenden Besprechungen zwei Stücke heraus- zuheben, nämlich erstens den „Plan zur Begründung eines Thesaurus

2. Theorie der lateiniBohen Lexikographie. 31.) 525

linguae latinae*", welcher die Genehmigung sämtlicher fünf beteiligter Akademien deutscher Zunge (Berlin, Göttingen, Leipzig, München und Wien) fand, Archiv VIII S. 621 flf.; zweitens den neuesten „Bericht über den Thesaurus linguae latinae*^ des Direktorialmitgliedes Fbiedb. Leo: Nachrichten der E. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, geschäft- liche Mitteilungen 1899, Heft 1.

Was den Plan selbst betrifft, so war demselben durch Martin Hertz (t 1895) in dankenswertester, erfolgreicher Weise vorgearbeitet worden. Dieser Gelehrte hatte eine erneute Anregung in seiner Eröffnungsrede auf der 40. Philologenversammlung zu Görlitz (1889) gegeben und war dann durch eine von der preussischen Regierung im Jahre 1890 zu Berlin zu- sammenberufene Konferenz zur Abfassung eines (in den Sitzungsberichten der preussischen Akademie der Wissenschaften vom Jahre 1891 abgedruckten) , Gutachtens über das Unternehmen eines lateinischen Wörterbuchs" ver- anlasst worden; auch erschien von demselben Verfasser noch eine »Dis- sertatio de Thesauro Latinitatis condendo** zum Index lectionum der Uni- versität Breslau, Sommer 1892. Der endgiltig genehmigte Plan kam dann im Jahre 1893 auf Grundlage des aus gemeinsamen Beratungen der Direktorialmitglieder Bücheler und Wölfflin hervorgegangenen Entwurfs zu stände. Seitdem wurden durch alljährliche Kommissionsberatungen die von Göttingen und München aus verteilten und geleiteten Vorarbeiten über- wacht und geregelt; nach neuerlicher Bestimmung ist aber nunmehr München als der einheitliche Mittelpunkt und vorläufige Aufbewahrungs- ort des gesamten Materials gewählt, woselbst vom Jahr 1900 ab unter Oberaufsicht des Direktoriums als „Generalredaktor" Dr. Friedr. Vollmer und als Sekretär (wie schon bisher) Dr. Oskar Hey nebst einer Anzahl Assistenten mit der eigentlichen Ausarbeitung der Lexikonartikel be- schäftigt sein werden.

Als eine Pflicht der Pietät erscheint es schliesslich, eines unlängst (Sommer 1898) dahingegangenen hochverdienten früheren Mitgliedes der Thesaurus-Kommission auch an dieser Stelle dankbar zu gedenken, nämlich Otto Ribbecks, welcher im Jahre 1896 dem Thesaurus folgende treffende Worte widmete: „Es soll hiermit zum ersten Mal, aus dem Vollen und Ganzen geschöpft, mit allen Mitteln fortschreitender Erkenntnis und Methode ein bis in die feinsten Züge ausgeführtes getreues und zuverlässiges Abbild des lateinischen Sprachschatzes von den ältesten Zeiten bis zum 7. Jahr- hundert n. Chr. geschaffen werden, welches allen Wissenschaftszweigen, die nach irgend einer Seite hin auf das Verständnis der lateinischen Sprache und der von ihr entlehnten Ausdrucksweise angewiesen sind, zu gute kommen, für das sichere Verständnis aber der lateinischen Autoren, ihrer stilistischen Eigenthümlichkeiten und Vorbilder, die Feststellung ihrer Texte und das Studium der Sprachentwickelung auch in kulturhistorischer und psychologischer Richtung von unermesslichem Nutzen sein wird."

Berichtigungen. Nachträge und Zusätze.

Alphabetische Indices.

Berichtigungen. Nachträge und Zusätze.

A. Zur Laut- und Formenlehre von Fr. Stolz.

(K.N. = Korrektur-Note.)

S. 5 Z. 18 V. o. ist nach ,2. Aufl. S. 6 f/ einzuschalten ,3. Aufl. S. 3\ S. 8 Fussnote 1: W. Herabus, Die Sprache des Petronius nnd die Glossen. Leipzig 1899. S. 9 zu § 1 Ende ist hinzuzufügen: Fokrowskij, Materialien zur historischen Grammatik der lateinischen Sprache (russisch), Moskau 1899. Vgl. die Besprechung im Liter. Gentralhlatt 1899 Sp. 628. Zu § 2: Th. Birt, Üher das Arvallied im Arch. f. lat. Lex. 11, 149 195. P. £. Rosenstock, Die Acten der Arvalbrttderschaft, Pro- gramm d. kgl. Gymn. zu Strassburg in Westpreussen 1895 (Studie zur lat. Recht- schreibung). Eine der ältesten römischen Inschriften, die erst vor kurzer Zeit bei den Ausgrabungen auf dem Forum Romanum vorgefunden worden ist, stammt nach Gamurrini sicher aus der ersten Hälfte des 6. vorchristlichen Jahrhunderts. Die Inschrift, welche in vertikalem Bustrophedon geschrieben ist, ist leider sehr fragmentiert, so dass sich für die Geschichte der lateinischen Sprache nur w^nig Sicheres ergibt. Die Form quoi (Nom. d. Sing.), daneben hoi = „lue'', scheint zu be- stätigen, dass das qoi der Duenosinschrift (vgl. S. 66 u. 140) wirklich ein Schreib- fehler ist. iouxmenta ist trotz Geci mit der grössten Wahrscheinlichkeit späterem iügmenta gleichzusetzen und beweist mithin die Richtigkeit der Ansetzung des Suf- fixes -smo-. Von Wichtigkeit für die Geschichte der lateinischen Sprache ist end- lich noch iovestodf das Hülsen und Skutsch klassischem iüatö gleichsetzen. Die Inschrift ist publiziert in den Notizie degli Scavi del mese di maggio 1899 unter dem Titel , Stele con iscrizidne latina arcaica scoperta nel foro Romano" (49 SS. im SA., der mir durch die Güte Geci's zugekommen ist). Auch in der Berliner

Shilol. Wochenschr. 1899 Sp. 1001 fif. hat Hülsen die Reste der Inschrift veröfifent- cht. Vgl. ausserdem Sk(utsch) im Lit. Gentralhlatt 1899 Sp. 1103 ff. u. 1310. Auf die Ausführungen Hülsens a. a. 0. hat Geci geantwortet in der Schrift „L'iscrizione antichissima del foro e lo chauvinismo itaUano*. Vgl. noch desselben italieni- schen Gelehrten Aufsatz „LMscrizione antichissima del foro e la storia di Roma" (Estratto della Rivista d'Italia fasc. 7 (24 SS.)). Zu Fussnote 1 ist zu bemerken, dass die dortselbst erwähnte Schrift von Weise i. J. 1899 in 2. Auflage erschienen ist. Zur Fussnote: Z. 1 (2. Kolumne) 1. ,1, 156 ff." Die Schrift von Alten buro (so ist für .Attenberg" zu lesen) ist im 24. Supplementbande der Jahrbücher für klassische Philologie erschienen.

S. II ist zu erwähnen der Bericht über das Vulgär- und Spätlatein in Bursian's Jahres- berichten Bd. 98, 33—160 von P. Geyer.

S. 14. Auch Hirt IF 9, 291 spricht sich energisch gegen den indogermanischen Charakter der etruskischen Sprache aus. R. S. Gonway hat weiter „Dial. Ital. exempla sei. in usum academicum latine reddita" (Cambridge 1899) erscheinen lassen.

8. 15. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass Gamurrini Stele con iscrizione latina arcaica (Notizie degli Scavi del mese di maggio 1898) S. 13 des Estratto das römische Alphabet vom etruskischen herleiten will, eine Ansicht, die nach meinem Dafür- halten durch nichts gerechtfertigt ist.

S. 19. über das Vorkommen von „i longa" in den Inschriften aus dem narbonensischen Gallien vgl. man Dr. F. Nbuhann, Verzeichnis der auf Aussprache und Recht-

HandbQcta der kUwB. AltertnxnswlaBenschaft II, 2. 8. Aufl. 34

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, «10** statt ^mäior, äiö*. ,j lese man ,ne-i?c* statt ,*ng-re'*. .an a*-öis *-ttis'' statt ,-oifi -ais^. ,,U'o (Z. 18 V. u.) vgl. man die von Züpitza, K. Z. 36, 285 ans verschie- idg. Sprachen beigebrachten Beispiele hypokoristischer Eonsonantenver- nelung. Vgl. ausserdem lat. Macco, Mucco, venet. Fremmo CIL. 5,2278 it'irrscHMBR, Einleitung 267, ZmjcBBMANir, BB. 25, 12). *s V. o- ^8^- Bemerkung von Bbügmann, Griech. Gramm.' 134 Anm. 2: ,lat ö^ ffiatnilla aus *mammiUa {*mam\milla ging in fna\tnmil\la über)*. ' / I V. o. ist die Bemerkung , Endlich hat (ahd. swarz)" (Z. 4 v. o.) zu streichen ^^ und dem entsprechend die aus Versehen noch stehen gebliebene LÄngenbezeich- nung bei poscö sucmim zu tilgen (S. 60 Z. 21 v. o.; S. 78 Z. 14 v. o.; S. 85 Z.6 V. 0.; S. 91 Z. 19 V. o.). oi^ Zu dem auf dieser Seite behandelten Gegenstand vgl. man E. Wbissbrodt, De r > et l cons. lat. mutua ratione praecipue e glossariis lat. illustranda in Gommeo-

tationes philologae lenenses 6, 2. ^ $1 Z. 23 V. o. lese man ^waürta* statt ^waürd^, 5. ft4 Z. 18 V. o. lese man ,,8eptfp,* statt „septt^i*. S. 65^: Pedersen, K.Z. 36, 292 steht jetzt «ohne vorbehält auf dem Standpunkt derBezzes-

berger'schen dreireihentheorie*. K.N.

S. 67 zu Anmerkung 1: vannus wird von Solmsen, XitQiartJQia f. F. E. KoRsca 171 ff.

dem Bbugmanh, Griech. Gramm.' 301, beistimmt, mit griech. äy&o dna ='

*c(/faye(a, orlVw ,ich befreie durch Schwingen, Werfen von den Halsen, derSpren"

/ zusammengestellt, invitus verbindet Brügmann, Griech. Gramm.' 278 mit ai

veti „er dringt heran, strebt"*. S. 70 Z. 25 V. 0. lese man ^*mädo8* statt „mädos*. Zu dem im § 496 behandelten Gegen-

"^eriobüg^iingen. Naohträge und Zosätse. 531

^^^ .^'^^^■leuesteiifl zu vergleichen V. J. Pbtb, Über den Wechsel der Laute d l \m \_^teini8chen in Bezz. Beifcr. 25, 127—158. -Y^^* man nenestens Johansson anlaatendes indogennan. 6 in E. Z. 36,

t

seae man ^gazds* statt ^gazd'^.

' Gegen die SoLMSBN'sche Erklftning von mälö spricht sich ans Soxmbb,

*ationssaffixe im Lateinischen 57, doch glaube ich trotzdem an ihr fest-

"fen. Bbugmann f&hrt das Wort a. d. St nicht auf. E.N.

\n .der Aspiraten gh gk und dial. bh*^ statt „der drei Aspiraten".

n vgl. man jetzt noch Brüomann, Griech. Gramm.' 443. Z. 20

'st auch Laobrcrantz, Zur griech. Lautgeschichte (Upsala 1898)

'ichen.

" statt ^088'^.

^49" ist der folgende aus dem Manuskript aus Versehen

'wfttgen: „Spirant und zwei Verschlusslaute, vöpte

Verschlussiaut + Spirant, ipse aus *i8'p8e vgl. eum-pse

'8^).* Z. 24 V. o. lese man ^Cambriänus* statt ,Gam-

Fassnote 9) vgl. man jetzt auch Ebbtschmbb, E. Z.

e 2 Ende" statt ,Fussnote 6 Ende', atweder mit Bruomann, Grundriss 1^ 763 aus ngendes" zu ai. dhvd^sati „er fällt herab" oder Lautgeschichte S. 14 f. aus ^dhunsriä griech. *^en ist. Letzteres dttnkt mich fast wahr- 'gl. oben § 23, 3 (S. 38). ^'st jetzt noch Somjcer, Die Eomparations- E.N. *petna wird auch von Zupitza, E. Z.

efdZt". Fussnote 5 füge man noch lehauptet, dass es irgendwie zu ai.

•tikLl

.1 ^scructor'^. Zu Fussnote 1 ist zu bemerken, ^uriss I^ 858^ zunächst an Assimilation von *equiciiTia zu ^ciikt. Mir scheint aber immerhin der von mir angedeutete Ge- ^ ^uKt beherzigenswert. , o ist das neu erschienene Buch von Maubenbrbchsk, Forschungen zur lateini- schen Sprachgeschichte und Metrik 1 (Leipzig 1899) zu erwähnen (Behandlung des auslautenden m und 8 in der Poesie, des m in Hiatus und Verschleifnng, Elision des auslautenden 8 vor Eonsonanten, Geschichte des ablativischen d). Vgl. übrigens die Besprechung von Sk(ut8ch) im Lit. Gentralblatt 1899 Sp.'967 ff. S. 97 Z. 12 V. o. (ebenso S. 131 Fussnote 5 Eol. 2 Z. 4) lese man ^exsträd'^ statt ^exträd*. Vgl. S. 16 ^ Über die Auslassung des m in der Schrift vgl. man £. Dibl, De M finali epigraphica im 25. Supplementband der Philologischen Jahrbücher.

S. 100 Z. 18 v.u. lese man ^U^tomammia'^ statt j^unomammia* ,

S. 104. Über die Synkope entwickelt zum Teil neue beachtenswerte Gesichtspunkte Sommer, Die Eomparationssuffixe im Lat. S. 4, 38 f., 42 f. E.N.

S. 109 Z. 16 V. o. lese man „näs-* statt ,näa*.

S. 110, 4. Das Neutrum des Eomparativs ist als eine altererbte Bildung zu betrachten, die im alten Latein einigemale durch die Form des Maskulinums verdrängt wurde; vgl. Sommer, Die Eomparationssuffixe im Lat. S. 53. E.N.

8. 112 Z. 8 V. o. ist ^lien* anzusetzen; vgl. Bechtel, Gott. g. Nachr. 1889, 185 f. E.N.

S. 116. Dass Dt8 sicher mit Adjektiv dis zusammenhängt, wird von Bechtel, Gott. g. Nachr. 1889, 195 f. nachgewiesen. E.N.

S. 118 Z. 5 V. o. lese man „hatte* statt , hatten ''.

S. 126 Z. 11 V. o. lese man ^-ai* statt „at*.

S. 166 Z. 17 V. o. lese man „se-* statt ,86*'.

S. 188 Z. 16 V. o. füge man als Beleg für hec CIL 12, 2409 hinzu (Neumann, Programm von Pola S. 25, vgl. Nachtrag zu S. 19).

S: 140 Z. 2 V. u. (1. Eolumne) lese man j,dükteri'^ statt j,dükteri'^.

S. 141 Z. 14 V. o. ist das Sternchen vor is-ti zu tilgen.

S. 143. mtlle wird von Sommer, IF. 10, 216 ff. auf *8mt gzhll ,eine Tausendheit* zurück- geführt {*gzM- schwache Form zu *g}i€sl-o-f vgl. lesb. /^Uiot aus *xs<fXioi), E.N.

S. 145. Zu § 92 ist nenestens zu erwähnen die Habilitationsschrift von F. Sommer, Die

84*

530 Beriohtigangen. Nachträge and Zasätse.

schreib ang bezaglichen Eigentttmlichkeiten in den Inschriften aus Ghillia Narbo- nensis, Programm des k. k. Staaisgymn. in Pola v. J. 1897, S. 15 ff. In diesem, sowie in dem Programmaofsatze vom Jahre 1898, anf die ich hiemit ein f&r alle- mal verweise, sind die auf den Vokalismas bezüglichen inschrifUichen That- sachen aus dem oben bezeichneten Gebiete gesammelt und registriert.

S. 21 Fussnote 3 Z. 1 lese man ,n* statt »n".

S. 22 Fussnote 1 sind auch noch zu erwiümen die phonetischen Erlftuterungen in Brug- manm's Griech. Gramm.' 25 f.

S. 25 Z. 19 y. u. lese man „tingö* statt ^tiggö*,

S. 27 Z. 23 y. o. lese man «stationem habef* statt ^stationem fuMbef^; Z. 25 „q^et^er-* statt j.qeti^ier-" .

S. 29 Z. 12 y. o. lese man ^Quodrätus'^ statt „quodrätua'^ . Vgl. übrigens Otto 24. SuppL d. Jahrb. f. class. Phil. 827.

Zur neuesten Litteratur: L. Hobton-Sxith, The Etablissement and Extension of the Law of Thumevsen and Hayet etc., Cambridge 1899. Vgl. meine Anzeige in der Neuen philol. Kundschau 1899, S. 393. Aus Versehen habe ich unter- lassen, auf das von Bücheleb, Rh. M. LII 391 ff., ans Licht gezogene fove = „fave*, wahrscheinlich aus der Zeit yor dem hannibalischen Ejieg, anfimerkaam zu machen.

S. 29 Z. 23 V. o. ist zu vis zu bemerken, dass Bkuomann, Griech. Gramm. ^ 114 es mit griech. ßla yerbindet.

S. 81 Z. 27 y. 0. ist y,aeri8 aus *aie8es* zu streichen. Vgl. S. 45^.

S. 82 Z. 34 y. o. lese man „-i> statt ,-i:''.

S. 85 Z. 21 y. o. lese man „es-'^ statt ,,68*; Z. 21 y. o. n-nuö'^ statt „nuö*, desgleichen S. 176 Z. 19 y. 0. ,und -nul'^ und S. 193 Z. 94 y. o. ^-nuitürus*. Nach Brugmann, Griech. Gramm.' 277 ist griech. yevoi aus *y6vao} heryorgegangen.

S. 86 Z. 5 y. o. ist zu bemerken, dass Bbüomann, Griech. Gramm.* 287 dürus zweifelnd nach FiCK zu griech. dvyttjuai stellt, was mir weniger wahrscheinlich yorkommt.

S. 37 Z. 7 y. 0. lese man ,d* statt „ä*.

S. 88 Z. 17 y. o. ist yor ^clupeus* einzuschalten ^clipeus und". Z. 24 y. o. ist zu ffvXXot^ u. s. T^ jetzt zu yerweisen auf Tbümb, E. Z. 36, 191 f. (Liquida und Nasal in Verbindung mit t^ ist eine Ablautstufe der e-Reihe). Z. 29 y. o. lese man ,colli- gate" statt ^colligate*,

S. 89 Z. 16 y. o., S. 41 Z. 17 y. o. und S. 44 Z. 20 y. u. lese man ^regifnentum* statt ^regi- mentum'^ und an letzter Stelle auch „*regem€ntum* .

S. 48 Z. 14 y. u. lese man j,rettull'^ statt „retull*.

S. 45 Z. 4 y. 0. lese man ^vänitäts* statt ^*vänitä8*,

S. 46 Z. 4 y. 0. lese man ^maior^ aiö* statt ^mäior, äiö*.

S. 47 Z. 2 y. u. (2. Kolumne) lese man ^ne-ve* statt ,*nc-rc*.

S. 54 Z. 19 y. 0. lese man ,*-öw *-äi8* statt „-ois -ais*.

Zu Varro (Z. 18 y. u.) ygl. man die yon Züpitza, E. Z. 36, 235 aus yerschie- denen idg. Sprachen beigebrachten Beispiele hypokoristischer Eonsonantenyer- doppelung. Vgl. ausserdem lat. Macco, Mucco, yenet. Fremmo CIL. 5, 2273 (Kbbtschubb, Einleitung 267, Zimhebmann, BB. 25, 12).

S. 55 Z. 15 y. o. ygl. die Bemerkung yon Bbüomann, Griech. Gramm.* 134 Anm. 2: ,lat, mamilla aus *mammilla {*mam\milla ging in ma\mmil\la über)*.

S. 57 Z. 1 y. o. ist die Bemerkung , Endlich hat (ahd. swarzj* (Z. 4 y. o.) zu streichen und dem entsprechend die aus Versehen noch stehen gebliebene Likngenbezeich- nung bei poscö suastim zu tilgen (S. 60 Z. 21 y. o.; S. 78 Z. 14 y. o.; S. 86 Z. 6 V. o.; S. 91 Z. 19 y. o.).

S. 58. Zu dem auf dieser Seite behandelten Gegenstand ygl. man E. Weissbrodt, De r et l cons. lat. mutua ratione praecipue e glossarüs lat. illustranda in Commen* tationes philologae lenenses 6, 2.

S. 61 Z. 23 y. 0. lese man „waürt8* statt j^waurd"^.

S. 64 Z. 18 y. o. lese man ^sepitj^* statt ^septrn'^,

S. 65^: Pedbrsen, E.Z. 36, 292 steht jetzt „ohne yorbehalt auf dem Standpunkt der Bezzen- berger'schen dreireihentheorie'*. E.N.

S. 67 zu Anmerkung 1: vannua wird von Solmsen, XaQiarfJQia f. F. E. Eobsgb 171 ff., dem Bbugmanh, Griech. Gramm.' 301, beistimmt, mit griech. ttväiü dyeto == *c(/:ayB(o, aXyü) „ich befreie durch Schwingen, Werfen yon den Hülsen, der Spreu* zusammengestellt, inritus verbindet Brugmann, Griech. Gramm.' 278 mit ai. veti ,er dringt heran, strebt^

S. 70 Z. 25 y. o. lese man ^*mado8* statt „miklos". Zu dem im § 496 behandelten Gegen-

Beriohtignngen. Nachträge and Znsätze. 531

stände ist neuestens zu vergleichen V. J. Pbtr, Über den Wechsel der Laute d und l im Lateinischen in Bezz. Beitr. 25, 127 158.

S. 71. Zu § 51 vgl. man neuestens Johansson anlautendes indogerman. & in E. Z. 36, 342—390.

S. 77 Z. 19 V. u. lese man ^gazds'^ statt ^gazd'^.

S. 79 Anmerkung 1 : Gegen die SoLMSSN'sche Erklärung von mcUö spricht sich aus Sommbb, Die Eomparationssuffixe im Lateinischen 57, doch glaube ich trotzdem an ihr fest- halten zu dürfen. Bbugkann fährt das Wort a. d. St. nicht auf. E.N.

S. 80 Z. 16 V. 0. lese man ,der Aspiraten gh ^h und dial. bh*^ statt ,der drei Aspiraten**.

S. 82 Z. 4 V. o. Über cum vgl. man jetzt noch Brüohann, Griech. Gramm.' 443. Z. 20 V. u. Über tinea ist auch Lagbrcrantz, Zur griech. Lautgeschichte (Upsala 1898} S. 121 f., zu vergleichen.

S. 86 Z. 11 V. u. lese man „os'^ statt „oss**.

S. 87 Z. 7 V. n. hinter „mäliM § 49** ist der folgende aus dem Manuskript aus Versehen ausgelassene Zusatz einzufügen: „Spirant und zwei Verschlusslaute, vöpte aus *vö8-pie. Spirant + Verschlusslaut + Spirant, ipse aus *is-p8e vgl. eum-pse u. s. w. unten i^ 90 (S. ISS^).** Z. 24 v. o. lese man „Cambriänus'^ statt ,Cam- brianus**. Über tempus (Fassnote 9) vgl. man jetzt auch Eretschmeb, E. Z. 36, 264 ff.

S. 88 Fnssnote 3 Z. 1 lese man ,Fussnote 2 Ende* statt «Fussnote 6 Ende".

S. 89, b fäge man hinzu fimbria, das entweder mit Brugkann, Grundriss 1^ 763 aus ^dki^ensriä ursprünglich „herabhängendes** zu ai. dhvä^sati „er fällt herab** oder aber mit Laoebcrantz, Zur griech. Lautgeschichte S. 14 f. aus ^dhttnsriä griech. dvaayog „Troddel, Quaste" herzuleiten ist. Letzteres dünkt mich fast wahr- scheinlicher. Wegen t für urspr. u vgl. oben § 23, 3 (S. 38).

S. 90, c. Wegen des Übergangs von -djc in -ii- ist jetzt noch Sommer, Die Eomparations- su^xe im Lat. S. 79 ff. zu vergleichen. K.N.

S. 90 Fussnote 5. Die Erklärung von penna aus *petnä wird auch von Züfitza, E. Z. 36, 233 gebilligt.

S. 94 Fussnote 3 Z. 3 lese man ^krntdti'^ statt Jcrntdli*. Fussnote 5 füge man noch hinzu: Thitmb, E. Z. 86, 199, der von träna behauptet, dass es irgendwie zu ai. tvrda „durch** gehöre.

8. 95 Z. 4 V. 0. lese man ^sructor'^ statt j^scructor^. Zu Fussnote 1 ist zu bemerken, dass Brugmann, Grundriss 1* 858* zunächst an Assimilation von *equicirria zu *equiquirria denkt. Mir scheint aber immerhin der von mir angedeutete Ge- sichtspunkt beherzigenswert.

S. 96 § 69, 3 ist das neu erschienene Buch von Mause nbbechek, Forschungen zur lateini- schen Sprachgeschichte und Metrik 1 (Leipzig 1899) zu erwähnen (Behandlung des auslautenden m und 8 in der Poesie, des m in Hiatus und Verschleifung, Elision des auslautenden s vor Eonsonanten, Geschichte des ablativischen d). Vgl. übrigens die Besprechung von Sk(utsch) im Lit. Centralblatt 1899 Sp.*967 ff.

S. 97 Z. 12 V. o. (ebenso S. 131 Fussnote 5 Eol. 2 Z. 4) lese man j^exsträd'^ statt j,exträd*. Vgl. S. 16'. Über die Auslassung des m in der Schnft vgl. man E. Diel, De M finali epigraphica im 25. Supplementband der Philologischen Jahrbücher.

S. 100 Z. 18 v.u. lese man Unomammia'^ statt „unomammia'^ .

S. 104. Über die Synkope entwickelt zum Teil neue beachtenswerte Gesichtspunkte Sommeb, Die Eomparationssuffixe im Lat. S. 4, 38 f., 42 f. E.N.

S. 109 Z. 16 V. o. lese man „nös-** statt „nös**.

S. HO, 4. Das Neutrum des Eomparativs ist als eine altererbte Bildung zu betrachten, die im alten Latein einigemale durch die Form des Maskulinums verdrängt wurde; vgl. Sommeb, Die Eomparationssuffixe im Lat. S. 53. E.N.

S. 112 Z. 8 V. o. ist ^lien" anzusetzen; vgl. Bechtel, Gott. g. Nachr. 1889, 185 f. E.N.

S. 116. Dass Dts sicher mit Adjektiv dts zusammenhängt, wird von Bechtel, Gott. g. Nachr. 1889, 195 f. nachgewiesen. E.N.

S. 118 Z. 5 V. 0. lese man „hatte** statt „hatten**.

S. 120 Z. 11 V. o. lese man ^-ai" statt „ai'^.

S. 186 Z. 17 V. o. lese man „se-* statt „«e**.

S. 188 Z. 16 V. o. füge man als Beleg für hec CIL 12, 2409 hinzu (Nbümann, Programm von Pola S. 25, vgl. Nachtrag zu S. 19).

S: 140 Z. 2 V. u. (1. Eolunme) lese man ^dükteri'^ statt ^dükteri*.

S. 141 Z. 14 V. 0. ist das Sternchen vor is-ti zu tilgen.

S. 148. mille wird von Sommeb, IF. 10, 216 ff. auf *8mi gzhli „eine Tausendheit* zurück- geführt {*gz}il' schwache Form zu *gJiesl-o-, vgl. lesb. /e'AAto* aus *;|f«aÄAo*). E.N.

S. 145. Zu § 92 ist neuestens zu erwähnen die Habilitationsschrift von F. Sommeb, Die

34*

532 Berichtigangen. Nachträge nnd Znsätse.

Eomparationssiiffixe im Lateinischen (IF. 10, Heft 1 u. 2), die ich in den Korrektor- Noten wenigstens teilweise noch berUcksichtigen konnte, femer G. Ciyitelu, II suffizo del Superlative latino, Napoli 1898 (ohne Wert).

S. 161. Nach Bbcbtel's Mitteilung (Gott. g. Nachr. 1899, 189 ff.) lautet bei Piautas das Ferf. von regelmässig n, dagegen das von queö quivi. An dieser Thatsache dfirfl« die OsTHOPF'sche im Texte angeführte Etymologie scheitern. E.N.

S. IM Z. 11 y. u. streiche man „caedö". Vgl. § 104a und Bruomann, Grundriss 2, 1051. Z. 14 V. u. lese man ^-fendö'^ statt Jendö'^.

S. 167 § 1056 fftge man y^aginat Corp. Gloss. 5, 43 (2, 11, 34 und 2, 11, 42)* hinzu.

S. 170 Z. 9 y. u. lese man ^vcLCätum^ statt «rocaeum*.

S. 171 Z. 7 y. o. lese man ,4)" statt ,3)"; Z. 17 y. o. ^vhe\vhaked'' statt ^vhe:v1ui:ked\

S. 182. Als Optatiyformen des «-Aoristes sind mit Solmsek, Studien 179 siris sirit u. s. w. zu yerzeichnen. Vgl. auch Bechtel, Gott. g. Nachr. 1899, 193. E.N.

S. 192. Nach Sommeb, Die Komparationssuffixe im Lat. S. 67 sind aecus und tenus als Part, perf. anzusehen, eine immerhin mögliche Auffassung. E.N.

B. Zur Syntax und Stilistik von J. H. Schmalz.

S. 197. Es ist mir sehr wohl bekannt, dass die yielfache Übereinstimmung der spftteren Latinität mit dem Altlatein auf Archaismen zurückgeführt wird und dass jetzt bei yielen die Gleichung gilt

Vulgärlatein = Archaismus, Africitas = apulejische Rhetorik. Allein ich bin auch jetzt noch dayon überzeugt, dass wir neben der Schriftsprache der Gebildeten eine in mancherlei Abstufungen der Sprache der Gebildeten bald sich n&hemde, bald yon ihr sich entfernende Umgangssprache haben. Beide haben natürlich ihre Entwickelung gehabt; aber der Volkssprache ist eine yiel gr&asere Zähigkeit in Erhaltung des Wortschatzes und der Konstruktionen zuzutrauen. Ich glaube mich am nächsten mit Prof. Paulus Geyer zu berühren, welcher die yon SiTTL angebahnte Ernüchterung gerade wie ich mitmachte, ohne jedoch den Glauben an das Vorhandensein einer lat. Volkssprache zu yerlieren. S. 200. Die antike Eunstprosa yon E. Nobdbn ist mir erst bei Beginn des Druckes bekannt geworden; daher konnte ich das bedeutende Werk nur noch bei der Eorrektor benützen. S. 202. Zur Litteratur ist beizufügen : George M. Lane, A Latin Grammar for Schools and Colleges; NewYork and London 1898 (nach Lane's Tod herausgegeben yon Prof. Morris M. Morgan); Otbon Riemann et Henri Goelzeb, Grammaire com- nar^e du Grec et du Latin. Syntaxe. Paris 1899; sehr umfangreiches Werk (893 S.), nerausgegeben yon Goelzer mit Benützung des Nachlasses yon Ribkahn. Von letzterem leider so früh y erstorbenen Gelehrten haben wir noch ein anderes be- achtenswertes Buch zu yerzeichnen: Riemank, Syntaxe latine d'apres les principas de la grammaire historique, Paris 1890. S. 281. Im § 48 Anm. 4 muss es heissen: Die Dichter haben diesen Ablatiy yor dem

Akkusatiy beyorzugt, weil der Akkusatiy nur die Zeitdauer misst etc. S. 273. Über simul mit Datiy handelt Zögbbauek zuerst in der Festgabe aus dem Theresianom,

Wien 1893, S. 85 ff. S. 297 Z. 17 y. u. lies § 297 statt § 258. S. 808. Zum finalen Gen. Gerundii (Gerundiyi) ygl. noch Sedlmateb in Eranos Vindobonensis

(Wien 1893) S. 111. S. 824. Zum Gebrauche yon nonne bei Plaut, und Ter. ygl. noch Lease, American Journal

of PhUology XX Nro. 1 p. 61. S. 829. Eduard Bottek gibt in seiner soeben erschienenen Schrift „Die ursprüngliche Be- deutung des Konjunktiys in lateinischen Nebensätzen. I. Teil: Ut-, Ne-, Quo-, Quo- minus-. Quin-, Relatiy- und Cum-Sätze", Wien 1899 folgende Übersicht über die Gebrauchsweisen des lateinischen Konjunktiys: Goni. hört. Neg. ne Goni. delib. Neg. a) non

b) ne Coni. potent. Neg. non Coni. opt. Neg. ne

(hieher gehört auch Eonj. in Beteuerungen, z. B. ne mariar) Coni. concess. Neg. ne.

BerichtigQngen. Nachträge nnd Zns&tze. 533

Ich kann hierin im ganzen Bottek zustimmen ; nnr wird man oben aus § 199 er- sehen, dass Bottee die Stelle aus Cic. Att. 12» 40» 2, die einzige» aus der man auf den Gebrauch von ne beim Coni. dubit. (oder dehb.) schliesst» falsch konstruiert hat; damit fällt ne beim Coni. delib.

S. 383 ff. Über die Tempusgebung im Briefstil äussert sich Babdt im Kommentar zu seiner Auswahl von Briefen aus ciceronischer Zeit (Leipzig» Teubner» 1898) S. XVill so trefflich» dass ich hier ganz besonders darauf anhnerksam machen will.

S. 886. Zu § 216 vgl. noch Thiblkann, Archiv 11 S. 85 f. Wenn Brugmann» Griech. Gramm. § 551 Anm. ßovXtjaouat noirjam- so erklärt» dass der Begriff der Zukunft» der an dem Objekt des Wollens haftete» auf das Yerbum des Wollens über- tragen wurde» so verweise ich noch auf Cic. Fam. 17» 2 ultima exspectato; quae ego tibi iucunda et honesta praestabo = dass das Ende gut ausfallen wird, dafür garantiere ich.

S. 889. Zu i nunc 222 Anm. 1) vgl. jetzt auch Zibmeb» Woch. f. klass. Philol. 1899 S. 1064.

Sw 855. ZiBHEB erhebt» Woch. f. klass. Philol. 1899 S. 1063» nach Bennbtt Widerspruch da- gegen» dass man in Sätzen wie velim venias eine Parataxe annimmt. Wie ich oben § 267 ausgeführt, kann ich in einem Satze wie sine te exorem = ich möchte dich erbitten: lass es zu nur Parataxe erkennen» ebenso in velim venias; denn hier sind die beiden Glieder velim und venias ohne jegliche Veränderung oder Zuthat nebeneinandergestellt. Dass man aber schon frühe» nament- lich infolge des Konjunktivs, eine Unterordnung herausfühlte, bestreite ich nicht. Vielleicht könnte man auch von Parataxe in engerem und weiterem Sinne sprechen. Vgl. noch Weise» Berl. Phil. Woch. 1899 S. 681.

S. 858 (und S. 365 f.). Das Buch „Der Gebrauch der Zeitformen im konjunktivischen Neben- satz des Deutschen. Mit Bemerkungen zur lateinischen Zeitfolge und zur griechi- schen Modusverschiebung von Otto Behaohel, Paderborn 1899" wurde mir erst bekannt» als das Kapitel über den Gebrauch der Tempora in Nebensätzen bereits gesetzt war. Ich habe daher nur noch wenig daraus zum Nutzen meiner Syntax verwenden können. Hier möchte ich mich nur dagegen verwahren» dass ich etwa auch (vgl. S. 16) zu denen gerechnet werde, welche in quaesivi, num aegrotaret den Konjunktiv aegrotaret als einen ursprünglichen hinstellen; vgl. § 213 der zweiten Auflage meiner Syntax» wo ich ausdrücklich die, quis emerit aus die: quis emit? mittels Eintretens des unterordnenden Konjunktivs, quaesivit, cur afuissem aus quaesivit: cur afuisti? mittels Personen- und Tempusverschiebung herleite. Unrichtig ist (Behaohel S. 17), dass der Konjunktiv des Perfekts im Hauptsatz keine Vergangenheitsbedeutung habe; zuzugeben ist nur, dass er selten diese Bedeutung hat, vgl. Lattmann, De coniunctivo latino S. 11 bezüglich des Potentialen Koniimktivs des Perfekts; für den konzessiven Konj. Perf. zitiert Latthann S. 18 Cic. Lig. 18 fuerint cupidi mögen sie gewesen sein.

S. 869. Mehr Litteratnr bringt noch bei Behaohel in dem zu S. 358 zitierten Buche S. 13.

S. 888. Bei Cic. Att. 12» 37, 3 liest C. F. W. Müllbb Äpud Terentiam tarn gratia opus est nobis tua quam auctoritate nach Tybrell» vgl. auch Boot, Mnem. 1892 S. 124; ich halte an der Überliefei-ung fest.

Ö. 895. Bottek erklärt 1. 1. S. 74 ff. den Konjunktiv in den Nebensätzen mit cum historicum (narrativum) als Concessivus und will darthun» «dass alle Cum-Sätze» die man im allgemeinen als erzählende Sätze ansieht, falls sie nicht unter die Kausalsätze einzureihen sind» als Konzessivsätze aufgefasst werden müssen". Vgl. meine Erklärung S. 864» die mit der BoTTEK'schen sich berührt.

S. 400. Näheres über den Gebrauch von dum und donec bis in die augusteische Zeit habe ich in Archiv XI» 333—351 veröffentlicht. Der Sprachgebrauch des Tacitus ist für donec von Ihm» Quaestiones syntacticae de elocutione Tacitea» Giessen 1882» S. 66 entwickelt.

S. 410. Zu den Bedingungssätzen vgl. noch: Richard Horton-Smith, The theory of Conditional- Sentences in Greek and Latin» London 1894.

S. 422. Bottek sagt S. 27, dass ich ganz ohne Grund in der bei den Komikern (soll heissen bei Plautus) häufigen Formel mirum quin einen negativen Charakter suche. That- sache ist, dass miror = ich kann nicht begreifen bedeutet» z. B. Hör. sat. 1, 4, 99 admiror, quo pacto iudicium illud fugerit; es ist also dem Verbum dubitare bedeutungsverwandt. Wie nun duhita, dann quis dubitat negativen Sinn hat und deshalb einen Satz mit quin nach sich haben kann, so auch mirum; vgl. Kieiqtz» welcher S. 24 mirum h. e. num mirum est non mirum est sagt und dann fort- fährt: nam illud dubitatione prorsus caret» nisi negativa praecedat sententia,

534 Berichtignngen. Nachträge and Znsätse.

nusquam quiti legi. Bottek selbst übersetzt dies mirum bei Plaut Tiin. 495 mit „das wäre merkwürdig'^ ^ es ist aber völlig = ^rfoÄ wäre unbegreiflich*. Vor dem silbernen Latein schliesst sich quin nirgends an einen affirmativen Haupt- satz an.

S. 457. Recht interessante Beispiele fOr die Hftnfang der Negationen bringt Stix ans Hikr. de trinitate bei (vgl. oben S. 210). Er findet in der H&nfong der Negationen Ad- schlnss an griechischen Sprachgebrauch oder an die Ausdrucksweise der römi- schen Volkssprache. Einfluss des Griechischen ist besonders da anzunehmen, wo nach negiertem Verbum der Infinitiv negiert wird, z. B. gut possit negare non inesse; vgl. auch noch Huemer, Eranos Vindobonensis, Wien 1893, S. 123.

S. 471. Vielleicht ist bei Caes. b. Gall. 5, 39 doch adepti zu halten; ein Schüler übersetzte mir den Satz: Ich hoffe durch Empfehlung des Trehatius mir u^d Dir genützt zu haben, auf folgende Weise: Trebatium commendans spero me et mihi et tibi profuisse.

Sachverzeichnis zur lateinischen Laut- und Formenlehre

von Fr. Stolz.

Die saffem bedeuten In allen folgenden Indioes die Seiten.

Accent siehe Betonuiig.

AccinB, lat. Dichter nnd Grammatiker 3; versucht den Gebranch der Zeichen c, ky qza regeln 17; f(ihrt zur Bezeichnung der Lftnge die Gemination der Vokale ein 19.

Adiectiva auf -öc-, -Ic- 108; auf -er (für -€8) 109; auf -w, -c 113; auf -u- {-eu-) entweder zu i-Stämmen weiter gebildet oder in die o-Deklination übergegangen 114.

Adverbia auf -as 134; auf -e, -ed, -o 132; -im 133; -tro 133; -tus 133; erstarrte Nom. d. Sing. 107.

Aktionsart 153 Yorb.

Allen 7.

Alphabet, lat. : Bestand und Herkunft 15 f. ; Geschichte 16 f.

Altenburg 9.

Analogie (Analogisten) 3.

Anomalie (Anomalisten) 3.

Analogiebildungen (Formassoziaüon, As- soziationsbildungen) eines Systems nach einem Kasus (Nom. oder Akk.) 107 f.; des Gen. des Sing, der u-St&mme 126; des Nom. des Plur. der o-Stämme auf -es, -eis, -is 120; der diphthong. Stämme 126; beim Komparativ 148; bei Zahl- wörtern 142, 143, 144, 145; in der No- minalkomposition 150; des Perfekts 176 f.

Aoriste siehe Yerbalflexion.

Apex, Zeichen der L2lnge 20.

Apokope von -i, -I, -ö, -u 96, 99.

Archaismen, in der Dichtersprache er- halten 10; durch Nachahmer 11; decken sich mit Vulgarismen 11.

Arro 7.

Artes 4.

Asper, lat. Grammatiker 4.

Aspiratae siehe Konsonanten.

Aspiration in der Schrift unbezeichnet bei

den griech. Aspiraten im alten und vul- gären Lat. 18; in der Schriftsprache stets bezeichnet 18; h nach falscher Analogie zu r hinzugefügt in gallischen und echtlateinischen Wörtern 18.

Assimilation, progressive und regress. der Vok. 44; der Verschlusslaute 84 fF.; der Nasale 91 f.

Auslautsgesetze 55 f., 95 f.; Doppelkon- sonanz im Auslaut im alten Latein noch nachzuweisen 93; Vereinfachung aus- lautender Konsonantengruppen 94.

Aussprache siehe Lautzeichen.

Bailly 8, siehe Br^aL

Betonung: ältere Bet. (der ersten Silbe) nachweisbar durch den Schwund der Vok. der 3. oder 4. als der nachtonigen Silbe, durch Bet. der drittletzten Silbe bei langer Pänultima und durch die Vo- kalisation der nachtonigen Silbe 101 ff., 103; der lat. Accent wesentlich exspira- torisch-energisch 98; Wortaccent durch das Dreisilbengesetz und die Länge der Pänultima beschränkt 99; scheinbare Ausnahmen von dem letzteren Gesetz durch Apokope oder Synkope zu erklären 99; Accent im Vokativ zurückgezogen 121; Acutus 100; Gravis 100; Cirkum- flex, wahrscheinlich eine Fiktion der Grammatiker 100; Dreisilbengesetz 99; Barytonesis 99; Enklisis und Proklisis 101; Exspirationsintensität und -exten- sität 99; Prosodia media 100.

Br^al, Dictionnaire ^t3rmologique 8.

B rag mann, Grundriss der vergl. Gramm. 8.

Büchelers Arbeiten auf dem Gebiet des alten Latein 8.

Cäsar, Staatsmann und Gelehrter 3. Carmen arvale und Saliare 9, 16.

536

SachverzeiohniB snr lateinisohen Laut- and Formenlehre.

Claudius, Appius, verbessert das lat. Al- phabet 3, 7.

Claudius, Kaiser, yermehrt das lat. Alpha- bet um drei Zeichen 17 f.

Cledonius 4.

Cookson 8.

Corssen und seine Verdienste um Erfor- schung des Lateinischen 6, 22.

Curtius G. Arbeiten zur vergl. Granmi. des Griech. und Lat. 7.

Deecke's auf das Italische bezügliche Ar- beiten 8.

Deklination der Nomina 106 ff.; der Pro- nomina 140 f.

Deponentia, mit passivischer Flexion 157 f.

Dialekte des Italischen 12 f., 14; des Lat. 12, Anm. 2, 13.

Dialektmischung 68«, 73, 75.

Diomedes, lat. Grammatiker 4.

Dionysius Thrax 4.

Diphthonge siehe Vokal Verbindungen.

Dissimilation der Liquidae 58 f.; von n 62 f. ; von 8 (voritalischer Schwund) 76«. Silbenverlust durch Dissimilation siehe Haplologie.

Donati ars 4.

Doppel formen eine Folge der satzphone- tischen Gesetze 95 f. Vorbem.

Duenos-Inschrift 10, 16.

£don über die Aussprache des Lat. 22.

Elision von auslautendem -e in den Zusam- mensetzungen mit ne- 51 ; des schliessen- den Vokals im 1. Gliede der Nominal- komposita 150.

Ennius Dichter und Grammatiker 3, 10; führt die Gemination der Konsonanten ein 20.

Epenthese (von i und u) im Lat. nicht nachweisbar 53, 164^.

Ersatzdehnung 56 f., 88 ff.

Etrusker 13; ihre Sprache gehört nicht zum Italischen 13 f.

Fernassimilation von Konsonanten 94. Ferndissimilation von Konsonanten 82

Anm., 95. Fla vi US Caper, lat. Grammatiker 4. Fla vi US Sosip. Charisius, lat. Gramm. 4. Flexion der Nomina durch Analogie vom

Nom. ausgegangen 107 f. Futurum siehe Verbalflexion.

Georges, Lexikograph 8.

Giles 8.

Götz, glossographische Thätigkeit 8.

Gräko-italische Hypothese 12 f.

Grammatik, lat. im Verhältnis zur vergl. (indog.) Sprachwissenschaft 5, 7 f. ; hi- storische 5 f.; von Staatsmännern und Dichtem beeinflusst 3; unter dem Ein- fluss und nach dem Muster der griech. ausgebildet 4 f.; im Mittelalter 5; in der

neueren Zeit 5 f.; unter dem Einflüsse der vergl. und der sogenannten histori- schen Grammatik 5 f. ; Histor. d. lat. Sprache 9.

Grammatiker, lat., Charakteristik ihrer Thätigkeit 4.

Guardia J. M. 7.

Haasens Vorlesungen 5. Halsev, Ch. S. 8. Haplologie 95. Henry Pr^cis etc. 7. Hermann, G. 5. Herzog 7. Heteroklita 107 f. Hypostase 107.

Imperfekt siehe Verbalflexion. Infinitive siehe Verbalflexion. Institutiones 4. Italiker 13.

Japyger 13.

Jordan 's Arbeiten zur lat. Grammatik 8.

Keltische Sprachen können eine engere sprachliche Einheit mit dem Italischen ausmachen 12.

King 8.

Komparationsformen 145 ff.

Komparativ, Deklination 110; Neutrum 531 ; Neubildungen von Komparativen 147.

Komposita beeinflussen die Form des Sim- plex 26, 33, 43'; mit dis- 87 Anm.; oiit ob 86; mit sub 86.

Komposition stört die lautgesetzliche Ge- staltung der nachtonigen Vokale im Lat. 43.

Konjugationen nach den lat. National- grammatikem 159, Vorb. und Fussnote 3.

Konsonanten:

Indogermanische: ^ 77.

Aspiratae: Med. indog. im Lat. 72 ff.;

Tenues 76. Media und Tenuis im Wechsel schon idg.

69 Anm. 4. Mediae und Tenues haben im Lat die Ar- tikulationsart der idg. Grundsprache 65 ; dentale 69 ff. ; labiale 71 f.; p^tale 66 f.; Velare 66 f. ; labiovelare 66 f. Lateinische: geminierte ursprOnglich nicht geschrieben, erst seit Ennius 20; aus- lautende assimiliert an den konsonanti- schen Anlaut des folgenden Wortes 98; auslautende fehlen in der Schrift 97. b = idg. 6 71; = idg. bh 73 f.; = idg. dh 74; b- aus du- 82; nicht aus idg. 68; aus p durch Assimilation 71, m griech. Lehnwörtern 71, vor tönenden Lauten entsprungen und verallgemeinert 71; in t? übergegangen 23, 72; -br- aus -wir- 87, aus -sr- 89. c bezeichnet auch vor hellen Vok. bis zum 6. nachchrisÜ. Jahrhundert einen prfipa-

BachYerseiohnis inr lateiniBohen Laut- und Formenlehre.

537

latalen YerschlnBslant 24; = idg. £ 66; = idg. g 66; = idg. 67; co- ans qtu)- (vorhistorisch) 67, ans que- 67 ; ans quo vor u und Eons. 67, 82; ans t 69; ohne sprachgeschichtliche Berechtignng fttr qu 66; nicht geschwnnden vor u 67; auch fOr g verwendet 69 ; nicht mit im Latein entwickeltem velü'em Nachklang 66; er ans tr (spätlat afrik. Inschr.) 69; 'CC' aus 'bc-, 'de-, 'te- 85; er- in cn- ahergegangen (?) 83.

d- = idg. d 69; = idg. dh (inl.) 74; ans- laut. geschwnnden nach langen Vok. 97 ; ans du- 82; ans l 59; ans r 70; ans -zd- 87 ; wechselt im Anslant mit -t 97 ; dl- 83, dr- nnr in Fremdwörtern nachzn- znweisen 83.

/•= idg.^Ä- 73; = ^h- 73; = idg. dh- 74; = idg. bh' 73; ans bhu-, dh^- 82; ans sf' 82; dialektisch fOr 6 im Inlaut 74; = gr. <jp 18; -ff' aus -bf-, -cf-, -pf- 86; ans -sf- 87; /r- aus «r- 83, aus wr- 84.

g = idg. ^ 68; = idg. g 68; = idg. 68; = idg. gh, gA, qvh 73; (^ und A; neben- einander in griech. LehnwOrtem 69, in- folge archaischer Schreibung 69 ; g aus k in gewissen Lautgruppen 93; g nicht mit im Latein entwickeltem volarem Nach- klang 66; -gu- = idg. -g«- 68, = idg. -g»/i- 73; -gg- aus -bg-, -dg- 85; -gn- aus -en- 90.

h = idg. gh 72, = 73 ; im An- und In- laut geschwunden 80; ünbestftndigkeit der Setzung und Weglassung im arch. und vulg. Lat. 80; h nicht aus j hervor- gegangen 76, 81 ; h und f nebeneinander als Vertreter der idg. Aspiraten gh und bh 73, 74, 75.

j = idg. t, j 76; aus di- 82; inl. (-t-) 90, 531.

k nur in wenigen Wörtern erhalten 17.

l palatal und velar 24; aus d 70; ans gl anl. nicht sicher nachzuweisen 83; aus hl- nicht nachweisbar 83; aus sl anl. 83, inl. 88; aus spl-, stl- 84; aus Ü- 83; aus rl- 83; durch Dissimilation aus n 59 ; ans r 58 f. ; mouilliert in der spftt- lat. Volkssprache 59; -«- = -dl- 90; = -W- 91; = -In- 87 f.; = -U- 91; = Au- 88; = -nl- 88; = -rl- 88; -In- aus -Izn- 93 ; -/«- aus -Ics-, 4g8-, -Its- 92 ; •It- aus -/cf- 92.

m- aus efm- 82; im Auslaute sehr reduziert 97; aus -dm-, -gm- 90; aus sm anl. 83, inl. 88; -mm- aus -dm- 90; aus -m&- (vulgftr) 92; fOr 6 (volksetymologisch) 72 Anm.; nicht aus f v 63; -mn- aus -6n-, -pn- 90; -mpl- aus -OT^ nicht sicher nachzuweisen 87'; -mps-, -mpt- ans -ms-, -mt- 92; -mp- aus -mbp- 92; -mr- über- gegangen in -br- 63; m und n wechseln in der Schrift 91 f.

n aus l 59; aus iit 62; aus r durch Dissim. 58; aus gn anl. 83; aus -gn-, -cn- 90;

aus «n anl. 83, inl. 89; -nc- aus -mbc- 92; -n<f- aus -dn-, -tn- für das Lat. sehr unsicher 91; -ttj^ aus -mi- 87; -nt- aus -m^ uritalisch 62, lat. 91; -nd- aus -md- 91; -mi- aus -dn- 90; aus -fn- 90; aus -mn- 88; aus -n<{- (dialektisch) 92; aus -ffitt- und -m- (vulg.) 88; -ns aus -n<fe, -nto 94, aus -nt nach Thumeysen 118, 145; -nt- aus -nct- 92. p vertritt nicht idg. qv in echt lat. Wör- tern 68; für ß in griech. Lehnwörtern 72; aus pU' 82; -pp- aus -pu- 90, -dp- 85; -p^ aus -8pt- 531 Nachtr. z. S. 87. q Zeichen f&r die gutturale Tennis vor dunklen Vok. 65 f.; = idg. qv 66 f.; aus p durch Assimilation 67, 72. r durch Dissimilation geschwunden 59 ohne etym. Begründung 59; aus d 70 aus intervok. idg. 8 77; = idg. z 77 aus i'r- 84; r und l vertauscht in auf- einanderfolgenden Silben 59; r aus l durch Dissim. 58; -rc-, -rd- aus -rdc-, -rzd- 93; -riw- aus -rpm- 93; -m- nicht aus -sn-ll; aus -rcn-, -rzn- 93; -rr- aus -rs- 91 ; -rs- aus -res-, -rgs 93, ans -rcfo- 92; -rt- aus -rc^ 93; -rr- aus idg. -rgt'- 68; -rv- nicht aus -zv- 77 Anm. 2. « tonlos = idg. s 76; = idg.^ 77 Anm. 3; intervok. nicht geschwunden 79 Anm. 1 ; geschwunden vor inl. u v 79 Anm. 1; im Auslaut nicht lautgesetzlich zu r ge- worden 78; ausl. nicht geschrieben 97; fOr griech. z im Anlaut 17; aus ks-, ps- 81; aus 8u- 83; aus sj- (?) 84; aus sk- 82; aus sp- 82; aus st- 82; aus -rs- 91; aus -88- 77 f.; s- und sc- nebeneinander 82; -sc- aus -fesc-, -esc- 86, aus -rsc- 93; -sp- aus -bsp- 85 ; -ss- für inlaut. griech. z 17; aus Dental + t 85, aus Dental 4" « 86; sf- aus pst- 81, inl. aus -6sf-, -est- 86, -ns^, -rs^ 93. t aus f^ 82 f.; assibiliert vor t 24; ausl. abgefallen (spfttlat. und faliskisch) 98; ans pt- 81; aus tu- 82; für d 71; -fr- ans -dr- 89 f.; -tt- aus -tu- 90. t? = idg. gt' 68, = idg. g»^Ä 73; in die Spirans verwandelt 23 ; aus u 33 f . ; nicht aus g entwickelt 80; nicht in / über- gegangen 80; wechselt mit b 80; aus- gefallen zwischen zwei gleichen Vokalen 32 f., vorhistorisch 33. z als Schriftzeichen im alten Alphabet vor- handen 16 f.; für s 17; zu Augustus' Zeit unmittelbar aus dem Griech. entlehnt 17; spätlat. für .; 76.

Eonsonantendehnung 54 f.

Eontraktion, pro- und regressive 49 f.

Erates von Mallos 3.

Eühner, Lat. Gramm. 7.

Eurialstil 10.

Kurznamen mit Eonsonantendehnung 54, 530.

Eflrzung auslautender langer Vokale infolge Tonanschlusses von Enkliticis 55.

538

SachTerseiohiiis sar lateinischen Lant« nnd Formenlehre.

Latein, afrikanischeSi gallisches 11, silber- nes 10.

Lateiner 13.

Lateinische Sprache in den verschiedenen Perioden ihrer Entwicklung 9 ff.

Lantstand, lat. im Vergleich zum indog.21.

Lantzeichen (Buchstaben), Aussprache der lat. 23 ff.

Ligurer 13.

Lindsay W. M. 7, 9.

Liquidae, indog. als Konsonanten im Lat. 58 f.; als Sonanten nnd zwar kurze im Lat. 60 f.; lange 61. Sonantische lat. l r stets durch el er vertreten 61.*)

Li vi US Andronicns hält f&r das Epos am Satumier fest 10.

Löwe, glossographische Th&tigkeit 8.

Lokativformen zu Städtenamen gewor- den (?) 130.

L u c i 1 i u s , Dichter und G rammatiker 3 ; ver- sucht die beiden verschiedenen t-Laute durch ei und i wiederzugeben 19, 47.

Harruciner 13.

Marser 13.

Mediae siehe Konsonanten.

Medium siehe Yerbalflexion.

Merguet, Formenbildung 7.

Metaplasmen 108.

Metathesis (Umstellung) der Liquidae 59.

Meyer, L., VergL Gramm, des Griech. und

Lat. 7. Modi siehe Yerbalflexion.

Naevius, hält für das Epos am Satumier fest 10.

Nasale, indog. als Konsonanten im Lat. 62 ff.; als Sonanten und zwar kurze im Lat. f )4 f. ; lange im Lat. 65. In der Schrift nicht bezeichnet 57, 63. In vorhistori- scher Latinität ausgeworfen vor s 63. Reduziert im Auslaut 97. Der gutturale bezeichnet durch g, n 91. Vor Konso- nanten in den homorganen verwandelt 91.**)

Nasalvokal 57, 63.

Nationalgrammatiker 4.

Neue, Formenlehre 7.

Neuschöpfungen im Verbalsystem 154.

Nigidius Figulus 3.

Nomina masc. auf 115 und -or 109.

Nomina ohne stammbildende Suffixe (Wur- zelnomina) 108 f. Durch Hypostase ge büdet 107.

Nominalflexion: Geschlechter 106; Nu- meri 106; Kasus: Nominativ: Bildung, im Singular der Masc. mit dem Kasussuffix -8 (sigmati- sche Bildung) 117; Stamm als Nomina- tiv (asigmatische Bildung nach älterer

*) Liquidae ia koosonantlBcher Funktion Biehe unter «Konsonanten*'.

**) Nasale in konsonantischer Fanktion siehe nnter Konsonanten.

Terminologie) 117 f.; der -ie-Stämme auf -9 117; der Neutra (zugleich Vok. und Akk.) 118.

Dual: wahrscheinlich pluralisch fungierend bei den ä-Stämmen 120; Rest der urspr. Bildungsweise erhalten in t^ginti 106, 143; andere mögliche Reste dieses Ka- sus des Duals 106^.

Plural: Masc. und Fem. mit -^s 119; mit -t 120; -Es von den t-Stämmen auf die kons, übertragen 119; -U keine eigene Bildungsweise 119; -äs der ö-Stämme 120; -es, -eis, -is der o-Stämme Analogie- bildungen 120; Neutra mit -a ^ idg. 9 121; der o-Stämme auf urspr. (eigent- lich Nom. d. Sing, weiblicher €k)llectiva) 120 f.; Rest urspr. Bildnngsweise der i- Stämme 121 tn-ginta, der u-Stämme comn (?) 121.

Vokativ: Sing.: eigener V. nur von den o-Stämmen 121 Anm.; bei den übrigen und im Flur, durch den Nominativ ver- treten 121 Anm.

Akkusativ: Sing.: Bildung durch Suffix -m (nach Kons. lat. -em) 64, 122; Plural: durch Suffix ->tö (lat. -es nach Kons.) 122; durch den Nom. vertreten bei den et-Stämmen 122 f.; Akk. auf -is und -Is nebeneinander 122 f.; -äs der dT-Stämme ursprünglich 123; kkk, für den Nom. 1206.

Genetiv: Sing.: Bildung mit den Suffixen -OS, -US 123 f.; mit -es, -is, -s 124; Gen. auf -l der o-Stämme und auf -äs, -äf, -ae, -aeSf -es der ö-Stänmie 125 f.; der lat. S-Stämme 126. Plural: mit -om (aus älterem -öm), -um 127; bei den ä-St&m- men nach der pronominalen Dekl. auf •rum (aus urspr.* -som), ebenso bei den 0- und ^-Stämmen 127 f.; -mm der i- Stämme auf kons. Stämme übertragen 127.

Dativ: Sing.: Bildung mit d. idg. Suffix -ai 128 f. ; Dative auf -ft, -t, -g Varianten derselben Grundform 129; Dativ der i- Stämme wahrscheinlich Neubildung 129; Dative auf der u-Stämme urspr. Loka- tive 130. Plural: mit dem Abi. gleich- lautend 133 f.

Lokativ: Sing.: Bildung mit Suffix -f 130 f.; suffixlose Lokative 131.

Ablativ: Sing.: nur von o-Stämmen ge- bildet in der idg. Grundsprache 131; im Lat. 131 f.; der Abi. der kons. Stämme auf -^ urspr. Instrumental oder wahr- scheinlicher Lokativ 132; die Adverbia auf urspr. Instrum. 132; Plural (zu- gleich Dativ): mit Suffix -&US 134; -ibus von den t-Stämmen auf die kons, über- tragen 134; bei den ä-Stämmen durch den Instrumentalis verdrängt 133.

Instrumentalis: Sing.: in ablativischer und adverbialer Funktion 132. Plural: in dativischer Funktion bei den o-St&m-

SaohTerseiohnis sar latemlsoheu Laut- und Formenlehre.

539

men auf -ts 138; darnach auch der Dativ des Flur, der ä-Stftmme neugebildet 133; ausgehend auf -68, -eis 133 f. Reste untergegangener Kasus: Ad- verbia auf -im (Instr.?) und -trö 133 Anm. 2, und -tue (Ablat^) 133 Anm. 3.

Nominalkomposition (Form und Bedeu- tung) 149 ff. Vier Klassen von Korn- posiia in den idg. Sprachen 149; verbale ümdeutung des 1. Gliedes 151; Juxta- position 149; echte Komposition 150 f.; Kasaskomposita 151; beiordnende Kom- posita 1 52 ; unterordnende Komposita 1 52 ; keine alle unterordnenden Kompp. rich- tig unterbringende Klassifikation möglich 152 Anm. 2; mutierte Kompp. 152; nicht mutierte Kompp. 152; Einteilung der Kompp. im allgemeinen 152 Anm. 1 u. 2; Einteilung nach den alten Gramma- tikern 152 Anm. 2; die lat. Sprache arm an Nominalkompp. 153 Anm. 3.

Nominalst&mme (nominale Stammklassen, siehe Suffixe) 108 ff. Yokalische zu kon- sonantischen abgestumpft 106, 113; a-, o-, u- und konsonantische Stämme in der Zusammensetzung in t-Stftmme Überge- gangen 150; ö-Stämme 150; Dentalst. 108 f.; diphthongische 116; 6-St. 115; Gutturalst. 108; t-St. 113; -tc-St. idg. -ie/i-St. 115; Labialst. 108; Liquidast. mit Spuren urspr. Stammabstufung 112; Na- salst, mit urspr. Abstufung 110 f.; r-St. im Wechsel mit n-St. 112; -to-St. 115, o-St. 114; 5-St. und zwar mit Abstufung -OS-, -es- 109, in t'-St. übergegangen oder ursprüngliche Doppelst. 110, auf-is, -ü« 110; ti-St. 113 f. Im 1. Gliede der Zu- sammensetzung 150 f., im zweiten 151.

Norden, Die antike Kunstprosa 9.

Normalaussprache 22.

Numasios-Inschrift 9.

Orthoepie 25 Anm. Osker 13.

Pftligner 13.

Palaemon, Qu. Remmius 4.

Partikeln: -ce 138; -dam, -dum, -em 138*; -t 140; -met 140 Anm. 3; -pte 138*; sed-f se 136.

Partizipien siehe Verbalflexion.

Passivum siehe Verbalflexion.

Pauli, Arbeiten über die italischen Spra- chen 8.

Perfekt siehe Verbalflexion.

Personalendungen siehe Verbalflexion.

Pezzi Dom. 7.

Philologie, lat. 3 ff.

Picenum 18.

Plusquamperfekt siehe Verbalflexion.

Pompeius, lat. Grammatiker 4.

Positionslänge unterblieben 53 Anm.

Präsens siehe Verbalflexion.

Priscianus, lat. Grammatiker 4.

Pronomina, geschlechtige 137 f.; Dekl. 140 f.; Stämme 137 ff.;*) Formen der lat. Pr. in späterer Zeit 140 Anm. 4; Personalpronomina (ungeschlechtige) 135 ff.; Stämme 135 ff.; Deklination 135 ff.; Possessiva 137 Anm. 1 u. 2.

Quantitäts Verschiedenheit, ursprüng- liche 55.

Rein ach, Grammaire Latine 8.

Reisig, Vorlesungen Über lat. Sprachwissen- schaft 5.

Rekomposition 43, 49^

Rhotazismus, abgeschlossen in vorlittera- rischer Zeit 77.

Ribbeck 6.

Ritschi, Begründer der sog. historischen Gramm, des Lat. 6.

Romanische Sprachen, Verh. z. Lat. 11.

Ruddimanus 5.

Sabiner 13. Sanctius 5. 'Satzphonetik 95 f. Scaliger 5. Schneider, E. 7. Schneider, K. L. 5. Schriftsprache des Lateinischen 10. Schweizer-Sidler, Lat. Grammatik 8. Schweisthal, über die Ausspr. des Lat. 22. Seelmann, über die Ausspr. des Lat. 22. Sermo plebeius, rusticus, urbanus 10. Servius, Kommentator 4. SicilicuB 21. Silbenverlust durch Dissimilation siehe

Haplologie. Stammabstufung der Nomina im Lat. in

der Regel zu einem einheitlichen Para- digma ausgeglichen 106. Stellung des Lat. im Kreise der indog.

Sprachen 12 ff. Suffixe:

Indogermanische:

-ies-, -108-. -is- 145.

-U^nt-f -%irit- 65.

-iHmo- 148.

-ti^mo- 148.

-tlo-, tlä 69. Europäische:

-dhro-, -fihrä 74.

-dhlo-, -dhla 74. Lateinische:**)

-äc- 108.

-all-, äri- 58.

-hlo- 51.

-hundo- 193.

-clo- 51, 58, 69.

-CO- 114.

-cro- 58, 69.

*) Die elDzeloen Formen Bind im aiphabetiBcheo Wortlndez nachzasehen.

**) Hier habe ich auch alle suffixartigen Komplexe aufgeführt und mit Absteht die Lät<ge der Vokale be- zeichnet.

540

Saohverseiohnis snr lateiniBohen Laut- and Formenlehre.

'Cundo- 193.

-elltM, -ella 65.

-en- (-n-, -ö»-) 36, 112.

-enl (Distributiyzahlen) 144.

-ensimo- 148*; -ensumo- 144; -Ssimo- 144.

-tc- 108.

-ien/- (Grundform* -i^t-) 145.

-inquO' 65.

-tön- 111.

-io- 115.

-i'or (Komp.) 110, 146.

-is 110.

-iMttwo- 148.

-istinw- 148.

-is^o- 147».

'itürO' 192.

-Zo- 114, Deminutiva bildend 61.

'tnen 65, 111.

-meno-f -mno-f -mön- 192.

-mcn-, -wiön- 36, 111.

-mento- 65, 111.

-mo- 114, 147.

-n<£o- 192 f.

-no' 114, 144.

-nt' 86, 191 f.

-0- 114.

-or (-öris) 109.

-OS (-es, -«) 109.

-Ö80- 55, 78, 114.

-ro- 114.

-«?no- 529.

-so- (nicht zu erweisen) 86.

-t- 109.

-<ä^, -fä^i- 109.

-ter- (-tr-) 112.

-^ero- 69, 147.

-ti- 69, 113.

-timo-, -tumo- 144, 148.

-<mo- 65.

-tio- 114.

-iiän- 111.

-to- 69, 114, 192.

-^ör- 36, 69, 112.

-tro- 144.

-tüdö 111.

-two- 114.

-iüro- 192.

-tut-, tüti- 109.

-MO- 114.

-ro- 114. Zur Bildung von Adverbien: -«71. Superlativ 147 f. Supinum siehe Verbalflexion. Surber 9. Synkope der Vokale 104 f., 531.

Tenne s siehe Konsonanten. Terentius Scaurus, lat. Grammatiker 4. Termini technici der lat. Gramm. 4.

Umbrer 13.

Unif ormierung der Formensysteme 33, 106.

Valerius Probus 4.

Va ni ö e k , etym. Wörterbuch der latSprache 8.

Yarro, Antiquar und Grammatiker 3. Velins Longus, Grammatiker 4. Veneter 13. Veränderungen des lat. Verbalsystems im

Vergleich zu dem der idg. Grundsprache

und Gründe ders. 153 f.

Verba:

V. auf -aOf -eo, -io wechseln miteinander 170; auf -ao, -eo, -io, -uo 169 f.; deno- minative auf -äsco, -isco, -esco, -XscOf -isco 169; auf -eo, auf io- Verba zurftck- gehend 169'; auf -sso 166; auf -iq, ur- sprünglich unthematische Flexion ders. 168; auf -oo, nur in sp&rlichen Resten erkennbar 170 Anm. 1.

causativa 171.

denominativa 169 f.; auf -oo und -eo mit bestimmt geschiedener Bedeutung 170 Anm. 2.

inchoativa 167 f.; von Nomina abgeleitet 168; mit kausativer Bedeutung im Vul- gärlatein 168.

zusammengesetzte mit perfektiver Be- deutung 170 f. Verbalflexion 153 ff. Aorist: die Reste des starken thematischen Aorists dem Präsens eingegliedert 153, dem Perfekt 172; sigmatischer Aorist erhalten im Perfekt auf -st 110 f.; in den Modi des Perf., Plusquamperf., Fu- turum exact. und im Konj. des Imp. 180 ff.

Augment im Lat. verloren 153.

Futurum, idg. auf -sjo im Lat. nicht er- halten 154. F. auf -6o Neubildung 154, 183; auf -am, -es u. s. w. urspr. Kon- junktiv 185, 186 Anm. 2.

Futurum exactum 181.

Imperfekt auf -bam eine italische Neu- bildung 184; einfaches Imp. eram eine Injunktivbildung 184; archaisch-lateini- sches auf -am (?) 184.

Infinitive: sämtliche aktive mit *-s« ge- bildet 189; Kasus von «s-Stämmen 1^9; dixe vielleicht gleich griech. dei^ai 180, 189; die passiven und deponentialen auf -l dativischen Ursprungs 189; die pas- siven Inf. auf -ter nicht sicher erklärt 190; Spuren des Inf. auf -om, -um 190 f.

Medium, indog. im Lat. nur in einzelnen Spuren nachweisbar 153, 157, 177; das italische Mediopassiv eine Weiterent- wicklung des uridg. Mediopassivs 157.

Modi: Bildung: Imperativ des Akt. 187 f.; des Pass. 157, 158, 188 f.

Injunktiv 154 Anm., 188.

Konjunktiv mit -o-, -e- von unthematischen Verben 185; von thematischen Verben mit den Suffixen -ä- und -e- 185.

Optativ mit Suffix -U-, -ijfi-, -f- von un- thematischen Verben 185 f.; die Bildung mit -i- der thematischen Verba im Lat nicht nachzuweisen 186 Anm. 1 ; Opt. des sigm. Aorists 180 f., 186. Konjunk-

SaohTerseichiiis rar lateiiÜBOh«!! Laui- uid FormenlAra,

541

tiy und Optativ schon im iltesten Latein vermischt 186 Anm. 3.

Partizipien: Bildung: 191 ff. (siehe Suf- fixe); DekL der Part aof -nt- 65, 109. Part, des akl Perfekts im Lat nicht sicher nachgewiesen- 192; des wgmat Aorists 183 Anm.; Part des Perf. pass^ Bildung 78, 86 f.; Part necessiUtis, Bil- dung 191.

Passivnm: eine Neubildung 153, 157 f.; Formen vom sigmat Aoiist ISO; der Passivexponent r nicht ans s hervorge- gangen 79 Anm. 2.

Perfekt: Bildung: Reduplikation 171 f.; Fehlen der R. seit idg Urzeit 172; Ab- fall im Lat 172. Stammbildung durch Abstufung 172 f.; Perf. auf -«'. -ri, -mi 174 ff. Anfügung der Personalendungen uispr. unmittelbar an die Wurzelsilbe 177; Flexion u. Personalendungen 177 f. Übergang in die prSsent Flexion 179. Synkopierte Perfektformen 180.

Periphrastische Bildimgen 184.

Personalendungen: Unterscheidung in primftre und sekundäre 154 f.; speziell perfektische 177 f.; des Akt 96, 154 f. (Präsens), 177 f. (Perfekt), 187 f. (Im- perativ); des Pass. 157 f.

Plusquamperfekt 181.

Präsens: Bildung der Stämme 159 ff.; Themavokallose Stämme 160 ff.; Über- gang der themavokallosen Stämme in die thematische Konjugation 160. Thema- vokalische Stänmie 164 ff. Präsensstamm = der einfachen Wurzel 160 ff.; = Wurzel (starke oder schwache Form) + themat Vok. 164 ff.; = reduplizierter Yerbalstamm -|- them. Vok. 165; Verba auf -nö = Wurzel -|- -wä- (urspr. un- thematisch) oder Wurzel -f -noine- (the- matisch) 166 f.; Yerba auf -inö (wahr- scheinlich denominativ) 167; Verba auf ~nuö = Wurzel -|- -neu-j-nu- (urspr. un- thematisch) 167; Verba mit infigiertem Nasal 167. Präsensstamm = Wurzel (starke oder schwache Form) -\- -iolie- 168 f.; = Nominalstamm -|- ioiüi- 169 f.; = der hochstnfigen Wurzelf. -f c'io- : cie- 171; = Wurzel -f to- : te- 165; = Wurzel -I- 'dhO'i-dhe- oder -do-i-de- 166; = Wurzel + -so-:-8€- 166; = Wurzel -|- skO' : ske- 167 f.; sekundäre Bildungen 168 f. Scheinbar unthematische Präsens- formen 164 Anm. Aorist- und Imperfekt- präsentia 165 Anm.

Supinum, Kasus eines ^u-Stammes 114, 191 Anm. Yerbalstämme, primäre und abgeleitete, wechseln im Präsens und in der Tempus- bildung 170 Anm. 3. Yerbum finitum und infinitnm 154. Yen ins Flaccus, Antiquar und Grammati- ker 3. Yerschlusslaute siehe Konsonanten.

Yestiner 13.

Yokal, thematiachor 36, 164. Yokalablant(-abstnfnng)34ff..62Anm.; unursprilnglicher, durch analogiache Neu- bildung entstanden 37 ; Ablant r : r bei den f-Wuneln im Perfekt 173, ^ : d 173 f. : -öt- : t 184*. Vokale: idg. als Sonanten und zwar i, i 29; M, » 29; ^ « 25 f.; o, ö 27 f.; ri, d 28; a, ä 25; 9 29; in nachtonigen Silben verschiedenen Veränderungen unterwor- fen 39 ff.

Als Konsonanten und zwar i 31 f., 32. idg. II und r nicht zu unterscheiden 79.

Lateinische: a, e neben t^ a anderer ital Dialekte oider verwandter Sprachen 27.

a abergegangen in f, f. u 39, 43; in ti 41.

e aus a 89; übergegangen in i 25 f., 40, 42, 43; in o 26 f., 3S; in li 40; svara- bhaktisch 51; Übergang von e in i sehr zweifelhaft 27.

t = tt 31 ; t übergegangen in t 38, 40, 42: t und e wechseln in älterer Zeit 40; i longa 19 f.; t svarabhaktisch 51, 52; -i in der Deklination der Pronomina 141; -ie- -ie- nicht durch Dissimilation aus -ti- -ti- hervorgegangen 45; i = fi 36. 46 f.

0 in a fibergegangen in der Lautverbindung -or- 28 f., 530; in au 46; in e in der Lautverhindnng ro- 28; in t 40; in m 28, 38; in ü 41; o svarabhaktisch 51; o neben griech r 38; -o- aus unbetonten -re- -vi' 83; -quo- in -cii- übergegangen, nicht in -guu- 66; -ro- in -rw- überge- gangen 42; ö in ü 38, 39, 42; -ör- in -är 29.

u in t (ü) übergegangen 88, 41; in-o-(arch. u.vulg.) 38; -u- aus -vo- in SchlusssUben 38; aus nachhaupttonigen -a^- -ou- und -iu 33; nicht aus vo- 79; u svarabhak- tisch 51, 52; u lautgesetzlich nicht ge- schwunden nach g und im Lat. nicht entwickelt nach c, g 66; u in e über- gegangen in der Komp. 44; ü eu, oi 36, 47 f . ; jf \i (in konsonantischer Funk- tion) 32 ff.; -it- als Übergangslaut hinter -u- vor folgendem Vokal nicht bezeich- net bis zur Zeit des Kaisers Augustus 34; i< nach c- geschwunden 68.

ü (oder ö-artiger Laut) 23, 41; y urspr. durch u (i, oe) wiedergegeben 17, 48; zur Zeit des Augustus unmittelbar vom Griech. entlehnt 17. Vokale, anaptyktische (svarabhaktische ) 51 f.; assimUiert an den Vokal der vor- hergehenden oder folgenden Silbe 26 Anm. 1, 39, 41, 43, 44, 52; an den Vo- kal des Nom. in den abhängigen Kasus 40; gedehnt vor gewissen Konsonanten- gmppen 41, 42; im Supinum vielleicht durch Analogie 58; gekürzt vor Vokalen 53 f., uritalisch vor i, u Nas., Liqu. -f-

542

SaohTeneichnifl snr lateinisohen Laut- und Formenlehre.

Kons. 51, infolge Verschiebung des Hoch- tons 55, im Anslant 55 f. ; geminierte zur Bezeichnung der Länge 19; ge- schwächt in der Zusammensetzung 42 ff., 102 ff.; proihetische 53; durch Synkope geschwunden 104 f.; im Auslaut abge- fallen 96, 99. Besonderheiten in der Aussprache in älterer Zeit 23. Yokalyerbindungen: Idg. Eurzdiphthonge im Lat. 30; idg. Langdiphthonge 30 f% Lateinische: ai übergegangen in aet, ae, e 45 f.; in i (e) in Endsilben 30; ftir e geschrieben in scaena u. s. w. 45 ; = -aijf- 46; at ae in nachtoniger Silbe überge- gangen in »43; au übergegangen in a 46, in 0 46, in ü in nachtoniger Silbe 44; ei übergegangen in i und e 47; inl 36 ; für i und ^ geschrieben 47 ; i pin- guis 19; = -eii' 47; oi übergegangen in oCf ü 36, 48; in t in Schlusssilben 30, 31, vielleicht auch in Tonsilben 48 f. Anm.; ou in ü (ö) übergegangen 49; eu schon im Italischen in ou übergegangen 27, im Lat. in ü 33; in i 49 Anm. 1.

Vokalverschleifung 98 Anm. 2. Volsker 13. Vossius 5. Vulgärsprache 10, 11.

Wagener 7.

Weise Charakteristik der lat. Sprache 9.

Wharton Etyma Latina 8.

Wierzeyski J. 7.

Wölfflin, Archiv f. lat. Lexikographie und

Gramm. 8. Wordsworth 7. Wurzeln, zweisilbige 35, 62 Anm.

Zahlwörter (NumeraUa): Cardinalia 141f. Ordinalia 144; Distribntiva 144 f.; Multi plikativa 145; im ersten Eompoaitions- glied 141 f.; zusammengesetzte Zahl Wörter 143, 149.

Zahlzeichen, zum Teil aus den Buchstaben zeichen der griech. Aspiraten entspnm gen 16.

Zeitstufe 153 Vorb.

Lateinisches Wörterverzeichnis zur Laut- und Formen- lehre von Fr. Stolz.

ab 96.

abdere 161.

ahdidi 174.

abei 161.

abiet' 109.

abi^^ B2.

abietis 40, 45.

abitnus (Perf.) 50.

abin 89.

abU (Perf.) 50.

ablacuari 66.

ablciqueare 66.

a2>/uo 38.

abnu^re 170.

abripio 41.

<x&« 94.

abstulit 86.

a<? 67, 96.

acceptus 43.

accerso 166.

(tecestis 180.

accipio 41.

accipiter 54.

accussoßse 78.

ac«- 87.

acerbtts 61.

acetare 41.

acetat 69.

Achaia 18.

^cÄtr» 47.

acf>8 25, 36.

acinus 52.

^cmefiteno (prftn.) 52,

101. aequiro 85. actum (Snp.) 58, 84. acuere 170.

^CMIMO 66.

^ciim« 52. aruo 86. acupedius 87. acupenser 66. arw« 37, 90. acutus 66.

ad 70, 96. adagium 44. arffp« 59. adessint 182. adgrediri 169. adgretus 85. adiese 45. adiesent 45. adludiare 169. adnüit 176. Adolenda 193. adolesco 36. (K^^u« (= a^gtt«) 97. advenat 169. adulari 37. adülescens 43. at^M»^ 112. aduncus 36, 152. advoraus 91. advo8em 91. Aecetiai 66. a^ci«« 67. otfrfea 74, 110. aedificare 171. aedituoa 149. af(2w« 73. ««(/«r 73. aegrotus 170. Aegupto 17. w^^no&af&u« 150. a^iM 31, 45. a^^wipero 43. a^e 132. äe^ 110. Aeselapio 52. Aescolapius 52. aesculus 86. afÄ^flw 30, 77. aestimo 41, 86. aestuare 169. aestumo 41. ae^^M« 77. aeviternus 59. oeum 33.

a/^71.

a^a«o 78.

agceps 91.

ö^r« 25, 187.

a^^a 39.

a^f^/tt« 61, 88.

a^^r 61, 85.

ö^er« 189.

aggulus 91.

agidum 41.

a^»«r 190.

aginat 532.

agnte» 90.

a^na 90.

agnosco 90.

a^nu« 68.

a^o 25, 36, 68, 165.

agolum 41.

agricola 149, 151.

Agrigentum 69,102,108.

a^ro9 (Acc. pl.) 94.

Agustus 46.

aheneus 76, 89.

at (Imp.) 187.

ate2e« 30.

aiiebas 19.

ate> 46, 75.

a«^o« 67.

afW(2 45, 132.

at« 45, 110.

a^a 56, 89.

alacer 44.

aZopa 41, 44.

alaris 58.

att>« (Imp.) 187.

a»60 160, 169.

a/6^r« 170, 189.

^;2)ma 63.

albicapiHus 152.

albicare 169.

albogalerus 150.

^^6«» 105.

Alemona 192.

a/er« 36.

-4Zma 59, aZio« 134. alicubi 67. alicunde 67. aliefius 45. aK» (Gen.) 141. alimentum 44. alimonium 192. a/to- 139. alioqui 96. alioquin 96. aliovorsum 38. a/ipf« 59, 150. aliqua (Nom. pl. n.) 140,

141. aliquod (= aZtguo^) 97. a/»tt(^ 141. a2»M.<f 82, 141. aZtuto 138.

Alixentrom 40, 90, 102. Alixentr[o8] 71. ^Ut>^ 63. aZntM 88, 93. a?o 165. a/M' 92.

a/^«- 141, 147. aUerae (Dat.) 141. alteras 134. a/^ero- 139. alterplex 61. altitonus 152. altrim 183. aUrinsecus 92. alveolus 40. aZui 176. alwm 80, 88. Alumento 72. alumentum 44. alumnibus 134. aZumnu« 192. ama 51. ama&am 184. ama&o« 155. amabo 183.

544

Lateinisohes WOrterverzeiohnia Eor Laut- und Formenlehre.

amatnini 192. amantis 54. amare 189. amares 182. amari 189. amas 155. amaasim 181. amasso 181. amate 51. amato 188. amavi 176. am2>a2>M^ 134. amhages 74. am&io 161. ambissit 181. ambUus 73. am&o 73, 105. am&oöi4« 134. ambrices 74. ameicitiam 47. am«« 50. atnicibus 134. amicio 169. amnegare 90. amituer«; 90. omo 50, 159. amplector 92. amploctor 38. ampotis 65. amptermini 92. amputo 92. amsegetes 92. amtermini 92. amurca 69. on- 96. ana« 52, 65. anatis 41. ancaesa 92, 103. anclabris 51. anclare 69. awrZo 51. ancu/u« 92. ancora 40, 102. ancufo 51. anculus 51, 102. ancus 36. andruare 92. anfractus 74. aw^ro 25, 62, 73, 167. anguis 73. angultis 93. angustus 110. an^Wo 43, 102. Anienicola 150. anima 41. animadvertere 149. animus 29. anites 41, 65. anitis 41. annus 90. anquina 48. anaer 72, 75, 80. an/a« 65. an^e 42.

antestamino 158. antestari 95. antioper 94. ÄtUipho 108. antiguitus 133. antistet' 109. andruare 92. anxius 110. apo^« 71. apellamino 159. I Apellinem 111. ai>er>e) 71, 90, 168. opica 43. apiscor 168. aplustrum 59. Äpolenei 111. Apollo 111. ApoUoni 111. Apolones 111. opor 70.

opro* (Acc. pl.) 56. aprugnus 90. aprunus 90. aj»« 71. apscede 84. apsterserunt 84. oputf 70, 97. aguae (dreisilbig) 34. aquagium 150. aquifoUus 66. aquilex 150. aquipedium 66. aquipenser 66. ar 70. aranea 89. arar« 58. ar5»7«- 70, 112. arftor 110. firfto« 78. ar6o««m 77. arbuium 41. arcessere 70. arcesso 166. arcubii 95. arcM« 67. ^rdtföf« 106. arduiua 148. arduos 32, 61. ardw« 54. arc- 183. ar^feo 183. arefacit 183. argentum 64, 68. ar^«* 85. ar^u» (1. Sgl. perf.) 53,

mit Ä 176. Ariadine 52. ariV« 27. arj«^« 32. arietis 40, 45. arimorum 52. armw« 61. aro 25, 159. Arpinas 99.

arquilenes 63, 67. ar« 94. ar«i 92. artar« 170. Artavctsdis 17. Artavazdis 17. artifex 42. artificis 41. artfrc 170. arvom 32. 93, 112. a«<;ea 40. ascendiderat 176. Asculum 46. Aaiagenes 150. Aaiagenus 150. a«inw« 52, 78. aspernari 166. aspellere 85. asporto 85. assensi 178. a««jc^uu« 86. assoJet 43. assula 87. a««tt« 87. astasent 180. a«^«c^ 155. astula 87. astulit 85. a* 90.

Atafiditis 151. atavus 43. ^^«//a 88. ^^Aaman« 63. ^^Äo 108. ^^/an« 63. a^gu« 96. atquin 96. a^roa? 90, attendo 85. attingo 43, 85. attollo 85. attulat 153. aM- 29, 71. aw6u2»uZow« 68. aticella 46. auceps 149. auctionari 169. aucupo 41. audac- 108. audeire 47. audere 46. audt 51. audiaa 185. audibam 184. audies 185. a«rff»^ 153. a«dio 87, 160, 166. audire 189. audirem 182. awdiW 189. aurff^ (Perf.) 83, 99. at/<;»7« 51, 188. awdfm 176.

aw 80.

apfr« 46.

averta 28.

averuncassere 189.

aufero 43.

Aufidus 75.

aufugio 46.

au^eo 30.

aw^^r 40.

augeratus 40.

augur 40.

auguratus 40.

ari^ 68.

auto 46.

aur^o« (= oreae) 46.

aureficina 150.

aureM« 31.

aurichalcum 46.

auriga 46.

auris 29, 30, 109.

awrora 30, 110.

aurufex 150.

ausettUo 109.

aM«rMZum 37, 46.

auaem 180.

auspicari 169.

auspicis (Dat.- AbL)134.

aussimne 78.

auster 86.

aw«^ea (= o«/ia) 46.

att«w« 78.

au^^m 30.

aa?(;2a 89.

cujcites 183.

0X0 180.

6acu2um 72. baetere 68. &aiuZu« 90. balairones 52. fta/!n« 58, 72. balbutio 58. balineae 101. balineum 47. balneum 53, 101. 6ar&a 74, 94. 6ar6artt« 41, 58. 6eWi (Loc.) 130. beüipotens 152. 6W/ttm 82. £«2otot 63. ^ß2wa 88. fren« 132.

benevolentissitnus 149. &eni<7Mu« 57. Benventod 132. 6«n»ty>{w« 102. berbeeea 79. &M 82, 142, 151. &«««« 142. &««^»a 88.

6ift<?r (= fei&<»r«) 189. W6«r (Subst.) 74. 6Ä* 171.

LateiniBohes WörterrerzeiolmiB zur Laut- und Fonnenlehre.

545

^ Ö8. niiloctis 152. 'litndiri 170. blaterones 152. MaHa 85. boere 68. Bonifctdus 24. Bonifatius 24. doMM« 82. bos 30, 68. (ore 131. hovid 132. boum 33. &rir9i9 72. hrevUer 149. bruma 147. frttZKi^u« 80. &u2>a« 80. &fi2»o 57. Bubona 80. bubulcus 80. dura 52. bucea 52. bueina 72. frw/<> 68. Burredius 91. 6um<9 71. Burrus 18, 71. bttxum 71.

eadaver 192. catfo 36. caducetts 70. cac?u<?fw 70. caecus 30. crotfifo 53, 166. CaeieÜius 45. Caeieian[u8\ 45. Caeidia 45. eaelUus 133. eaelum (Meissel) 90. ra^mew^wm 90. caeruleus 59. Caesaris 40. eaeaius 30, 78. co^^um (Sap.) 85. ra»a 90. <?a/flre 62, 170. ealceus 40. edldus 91.

ca^cafM^am 52. CdUndae 170. calfacere 105. oa/or 109.

•^f?en«/[»M«] 52. 'o^oniff 108. /•a 40. uhrianus 87. ^.umenae 57, 77. camera 40. Campana 99, 106. Campanus 64. can- 112. canaiis 55. Cancer 58. candeo 65. cam- 112. canM 29, 68. canistrum 102. canna 55. canndbis 41, 44. Canons 72. can^e 164. cantitare 169. cafft/9 89.

capwe 66, 170, 189. caperes 182. capM<o 166, 182. capto 160. capissam 166. capitaU 37. cajnVe 188. capito 188. Capitolium 37. copao 180. cop^w« 192. Caima 64. capulum 37. coptM 82. carbaaus 71. careares 40. carc/o 82. car«fo (fal.) 183. cartfio 167. Carmen 77. carnis (Nom. u. Gen.)

111. caro 36, 61, 111. caro (1. Sgl.) 167. carpebam 184. cascus 89.

Ca8enter[a] (prftn.) 71. caseus 68. Casmenae 57, 77. ca«nar 56. ca«fti(j 42. ca«^iM 29, 76. catapulta 40. ccUellus 61. caterva 77. catlaster 51. ca^u/t 51. Catulus 51. ca<M« 29.

Cbpa^urJne« 132.

cauda 46.

carea 40.

caveo 29.

cavere 66, 82.

causidieus 29.

cauasa 78.

cautus 46.

caru« 29, 66.

-{ce)culit 173.

cedere 36.

cc(f»/o 45.

cc(2o (weiche) 164.

cc(2o (gib her) 101, 138,

161, 187. ccdrc 45, 164, 179. CWtfia 46. cetvi« 30. celeber 41. celebria 89. celerrimua 148. -cellere 35. cc/o 35. ccna 93.

cen«en<o (paas.) 159. cenaere 170. cenairi 170. ccn^M« 64, 86. centemmanua 143. ccn^um 16, 62, 64, 66,

143. centeni 144. centmaumua 144. centeaimO' 144. ccp» 174. ceraaua 42. Cerealia 79. cerebrum 89, 110. Orcn« 42. Orc« 62, 110. cemere 66.

cerno 58, 61, 62, 166. cefnuua 93. cerrUua 91. Ceaula 45. ceteroqui 96. ceteroquin 96. Cethegua 18. ce«c 84, 85, 161. cctt 47.

Cherranenai 63. cicindela 44. cicuria 40. ct7io 166.

cinaid (= ctnae(i) 19. cineria 40. ctn<70 25. ciniflo 151. cintd 44, 110.

Ctn/i (= Cw»»^») 06-

circa 132.

ci« (= d'rw) 33.

ciaium 78.

cftcr 147.

Hundbach der kliM. Alteitamswlneiischaft. n, 2. 8. Anfl.

citerior 147. cithara 42. cito 132. c»<ro 133. ci^ru« 71. citumo- 148. civüatium 109, civitatum 109. cZaife» 61, 91. ctom 35. clamitare 169. ctomo 61, 62. clarimum 147. clarua 62. elaudere 46. ctouefo 84, 166. c^vi« 25. [c(|aw«si4m 78. clemena 192. clepere 71. c/cp» (Perf.) 173. -c2»no 58. Cloetemeatra 48. cloatra 46. cluaca 39. clucidatua 69. c2«co 58. cluere 36. c^uo 165. clunia 58. elupeua 38. cluatrum 59. CO- 38, 64. CO (= guo) 67. coacervo 50. coagüo 50. coaieaco 50. cocodrillua 59. coctua 67. Coeliua 48. coepere 172. cocpt 48, 172, 174. coepiam 172. coerare 48. coerceo 80. coetua 48. co^i^o 50. cognecto 83. cognomen 83. cognoaco 83. cogro 50. coherceo 80. cohibeo 50. C!i>tn^cn(^a 193. coirare 48. coiriaverunt) 48. eolliciae 67. co«t5 87. Collum 91. coleaco 50. coüigo 43. coto 27, 67. coluber 41, 58. eolumella 65.

35

546

Lateiniaohes WOrterveneiolmia zur Laut- und Formenlehre.

columen 111. eolumna 111. cclumnella 65. columus 59. coliut 67. com- 38, 82. cotnbretum 27, 66, 74. cotnburere 50. com(2tiü^tfm 91. comere 50. comestus 85. com^^iM 85. comfluont 91. (Tommera 94. commircium 26. commode 132. commodo 132. Comtnolenda 193. commugento 170. commura^ur 92. comoffi«[m] 30, 48. compedis 43. compeJlare 166. comperce 167. camperio 43. compescere 167. compUtus 192. compromesise 47. cotnptianalis 50. eomva/em 91. CO»- 38. con<;artt« 43. concido 102. ronciliaholum 51. concreduo 161. Concors 94. concupisco 168. condempnave[rU] 87. condere 161. condire 67. coneatat 49. confessus 43. conficio 102. confido 29. conflovont 36. cow/tt^f» (Perf.) 29. conflugae 69. confluus 69. congenuclo 51. conger 61. congiiia 76. conieciant 105. coniveo hl, conivere 69, 73. coniug- 108. coniunx 94. contr» 173. conixi 69. connus 38. conpr^mwnefa 92. conquaeisivi 45. conscendo 43, 102. consere (— censere) 38. consero 43.

consternare 81, 160,

166. contempsi 92, 174. cofUerui 176. conticesco 167. conticiscam 168. con^io 33, 91. constituo 43. consul 112. consulo 43. eontages 37. contra 132. contrire 62. contubernalis 41. contubernium 43. convertuit 176. convicium 44, 67. copertus 49. cop^ia 49. coptamus 50. copula 50. co^utna 68. coquino 167. coquitare 169. cogwo27,67,72,94,167. cor 94. coram 50. coravero 48. corclum 52. corcodillus 59. corcotarii 59. corcwZum 52, 93. cord- 60, 70, 108, cordoHum 151. Corintho 18. Corinto 18. cornifrons 152. comiger 150. Corniscas 134. cornix 111. cornu 60, 106.

COTMU« 60.

corporate 169. corpus 60. cor« 49. cortiscus 82. Cotoneus 71. co««d»c 67, 102, 130. cottidio 132. couraverunt 48. coventionid 132. cotenumis 41. CSt>2?a 17. Cozano 17. crabro 89. cracentes 69. cracilo 69. Crassipes 41. Crassupes 41. crates 61. crebesco 59. crebresco 59. credere 161. creditus 36, 43.

crcdo 74, 77. crecftiam 161. creduis 161. cr«(;u«^ 161. crefrat 74. CreisUa 47. crepiculum 69. crepida 102. crepUtdum 69. erepui 176. crepuseulum 83. crescere 62. cr«8co 167, 168. crm 62, 176. erisare 78. Omda 47. crissare 78. crocodillus 59. cn4or 36. cuam 66. cuancfo 66. -cttfri 139. cucinus 52. cucurrit 173. cu<2» 173. cf«do 166. cw» 141. cmcuffiiod» 140. cttüus 19. cutMm 141. ctttM« 140. cuiuscemodi 66. culmen 35. ciämus 35. ctfZtor 59.

cum 38, 67, 81, 531. cwm&a 17. cumc 139. -cumque 67. cunctari 92. cunctus 92. -cundc 139. ctifffa 92. Oun[<w«] 66. cwpa (= cu&a^, fal.) 98. cupa 52. cupivi 176. cuppa 52. cupressus 17, 101. cwjprwm 17. curar« 169. curculio 69. cMro 159. currere 60, 91. cttrro 166. curtus 60. curvos 58, 60. custod' 109. cuÄ^o» 77. cyparissi 101. Cydoniiis 71.

rfa 187.

dacruma 25, 41, 76.

-ctom 138. damdam 91. damdum 91. (iamna« 94, 106. damnum 90. damu9 37, 161. danna (= damna) 88. danunt 157, 167. rfap- 108. Daphine 52. darc 70, 189. Daretu 47. dart 189. Darius 47. «eo« 161. rföMrf 77. (ia< 161. (^(1^6 188. (lo^i« 101. c^a^o«; 188. dator 36. da^or- 112. (fo^rü; 36. dafttir» 19 L daturum 191. da^u« 29, 37, 192. Dcumius 105. deabus 134. deamare 50. deambulo 50. deargento 50. dearmatus 50. deartuo 50. (2c&co 50. <fc6»7 112. c;c2»^wr 105. (f«ccm 25, 64, 70, 142. decemmodius 150. decemviri 101. dfccc^ 35. dccimu« 144. Decmbres 105. decmtis 105, 144. decolor 152. dccor 78, 109. decoris 40. decreivit 47. (fccu« 78, 90, 109. dedc (Perf.) 178. d«derf 179. dederitis 186. dederont 179. dcd» (1. Sgl. perf.) 87.

174, 178. (26<2t (3. Sgl. perf.) 17S- dedimus 174. dfcdi/ 42, 156. 172. dcdro (prto.) 179. dedrot (prftn.) 179. defendo 166. defenstrix 85. Deferunda 193. defetigare 43. defrutum 55.

LateiniBCheB WörterTerzeiohniB zur Laut- und Formenlehre.

547

degener 109. dego 50. degunere 36. deguno 89, 166. deicere 29, 30, 35. deicerent 47. deina 46. deinceps 107. deividunda 47. (f^iw« 30, 33, 46, 134. deleres 182. delibuere 35. delinio 27. delUiseere 168. Delmateis 134. Delmatia 39. demediam 102. demens 109. dempsi 174. <fmf 89, 144. denique 96. rfiffw 35, 70, 109. densare 170. densere 170. densetus 192. densus 64. cfenMO 33, 49, 101. deorsum 33. depecisH 43. depstus 86. dertMse 49. derbiosus 3^. d^»^ 49. (fe» (= &tf«) 82. rf^jj (= rft«^) 32.

descendiderat 117. deseendidU 176. cfe«^ 49. deteriae 147. deterior 147. c^^ro« 47, 134. cfew« 33, 70. dearfer 86, 102. dextimo- 148. d«rtro 76, 133. I>ia»« 45, 129. diöus {== dis und di«-

&M«) 134. die 9ß, 187. dt<;# (1.8gl.fat.) 185. dlc^ (2. Sgl. imp.) 96. dür^2>o 183, dMT^e 29. dicerem 182. diceres 182. dtci 189. dfco 164. dicom 155. dictatored 132. didicavU 44. didl<7tY 173. cf»<7l^ 44. di> (Abi.) 131. dt>2^u« 134.

dt^« 19. dt^m 30. diequarte 130. diequinte 130. dierecte 32. die« 30.

DiespUer 82, 149. Diesptr 105. difeidens 30, 35. difßcilia 87. diffundo 87. digitus 143. d^nu« 26, 90. di/t^o 174. dilaris 142. dimidius 102. dimminuam 89. dimoveo 89. dimus 82. dtfta« 33, 46. dingua 70. Z>Mwe 129. [D]»Vwe» 129. dirifeeo 77, 87. dirimo 11, dirus 36, 82. Di« 116, 531. disceres 182. discerpo 43. diaciplina 51. discipulinae 52. diücipulus 51. dwrco 35, 86, 167. dt«did»7 87. disgresaus 87. dishiaaco 87. disicio 87. disiungere 87. dismota 87, 89. dispenniie 92. dispesco 167. disposicionem 24. disrumpetur 87. dissice 87. disaipo 41. dissupo 41. distennite 92. distineo 11, disturbat (Perf.) 99. dii«<w (= diwrto«) 32. diYior 32. di/i« 32. ditiasimus 148. diu 131. dircWo 79, 87. diver go 87. dirtf^- 109. divido 165. divitis 32. diurnus 11, divus 70. dtee 180, 189. diarem 180, 182. dia?i 35, 177.

dtxim 180. diximus 177. dtVm« 177. diarf««« 177. dfxo 180. dia:« 178, 180, do 161. doc« 187. docects 185. doceo 35, 93, 160, 171. docere 189. doc^M« 192. dorumentum 39, 44. dogmam 108. do/ar« 170. dofeo 60. doleunt 157. do«tMr 170. domare 159. dorn» (Loc.) 130. domitor 29. domo- 107. domu- 107. domwi 33, 176. dorn«« 27, 35, 62. danare 169. donec 96, 139. donicum 85, 96. donique 96. donMm 28, 37. dormio 60. do« 37. dotore 169. douco 35, 49, 164. draconis 108. dra(;uma 52. duabus 134. du&iu« 31, 142, 183. dMc- 108. dMc 96, 187. duce 96. duceni 35, 144. ducenteni 144. duoen/i 142, 143. ducentum 143. ducesimus 144. dMco 29, 164. dudum 36. duellum 82. Buenos 42. duicensua 82, 142. duiden« 82, 142. dmm 161, 186. duw (= 6i«) 82, 145. dulcioreloeus 151. dulicia 52. -dum 138. dMm 137, 139. dumme^um 89. dumus 89. dune 96.

dtto 30, 32,70, 105, 142. duobus 134. duodecim 42, 143.

duodeviginti 143, 149. duonoro 32, 82. dwp/ßa? 42, 82, 108,142. duplicare 169. dMp/t« 108, 145. durare 36. duresco 168. dt/ru« 530. dusnto 56, 89. dussis 142. diio; 29. d2re 16. «a (Nom. d. Sing.) 31,

138, 141. gam(Akk.d. Sing.) 138. «aw (1. Sgl. coni.) 161,

185. «op«« 138. ebrietaa 40, 45. ecaator 136. «cce 139. eccum 140. ecferri 86. ecu« 67. ed- 172. <?dam 163. <fdere 35, 70. edico 43.

^d»m 62, 163, 186. eew (Nom. d. PI.) 138,

141. eei« (Dat.-Abl. d. PI.)

138. egenus 89. egestas 89. if^i 172, 174. «i)ro 25, 96, 135. egregissima 149. (Nom. d. PL) 138. e* (Dat. d. Sing.) 138,

141. ßi (2. Sgl. imp.) 161. fidem 138. «« 138, 141. eire 161. ßi« (Nom. n. Dat.-Abl.

d. PL) 138. eis (du gehst) 35, 137,

161. eU 161. eUur 161. eius 31, 47, 140. bIvs, bIiys, eiIvs 19. elegans 43. eligantiam 43. ^Zt^o 89. ^Z/a 140. ellam 140. ^i/um 140. eluacrus 33. «m 138. ; -em 35, 138'. I emancipatus 169. I emem 138.

35*

548

WOrterverseiohBis rar Laat- und Formenlehre.

em- 172.

emerut 179.

emo 41, 64.

empos 65.

emptum 170.

emptus 92.

en (Präp.) 26.

ett' (priv.) 65.

endo- 26.

endoitium 26.

«n«co 43.

enfitiare 65.

etitco 43.

ettormis 89.

«no« 136.

f««w 64, 77.

eo (1. Sgl.) 31, 35, 160.

eorundem 91.

eorundum 138.

eorunt (= eorum) 188.

epistula 99.

epolonos 41.

Epona 68.

Eporedia 45.

f gwe« 42.

equestris 85.

egue^ 109.

equidem 136.

equirine 136.

equirria 95, 581.

^gui8 133.

equiso 78.

equitis 44.

tf^uo- 28.

<f2M08 25, 32, 66, 67.

e^uu« 67.

er 112.

<rram 62, 155, 162, 181,

184. «rtff* (= «-wn«) 182. erw 153. «•0 162, 185. «•ror 91. erugere 36. ^«- 162.

es (da bist) 155. (sei) 187. ea (du issest) 155, 163. esa 77.

Mc»< 162, 167. ese 189. eftpirUum 53. f9« (du bist) 93, 162. esse 189. e««« 189. essem 182. e9«fm 163. 6«8i9 182. essum 78. <»«^ 35, 76, 162. est 85, 163. esie 188. ^^r/e 163. «8/td 162.

estis 85, 163. g«to 163, 188. egtod 188. tf«Mm 155. et 96.

et^ena^ 169.

<;Mm(Akk.d. Sing.) 188. eum (Gren. d. Plur.) 141. eunt 161. eun/- 65. euntis 161. Euretice 71. Eurydice 71. exaestimo 48. exalans 80. exam^n 90. «xcf/to 166. execiae 66. eiTfcun^Mr 66. exemplaris 58. exemplum 87. exercitare 169. exferri 86. «rferto 188. exfodiri 169. exfuti 85. exilium 44. eart'm 188. e27tmfti8 87, 193. expando 103. expergefio 190. explenunt 157, 167. eir«^ra(; 16, 97, 131. exsugebo 183. extempulo 52. externa 147. extorris 35. «rtra 86, 97. extremO' 147. «;r^umo- 148. exvehito 188. i'arMÄ 172. ^xu/ 44, 112.

/•a&a 74.

fabaginus 150.

faiifr 74.

/ac 187.

/ac« 96.

facere 74.

/a(;<;8«o 166, 182.

facias 185.

/acif (1. Sgl. fut.) 185.

/a«« (Dat. d. Sing.) 31,

130. faciebam 184. faciebus 134. form 130.

/acte« (2. Sgl. fat) 185. /a<!« 130. /'aci/e 96. facilis 44. facWimus 91, 148. facilumed 132.

/"aWo 86, 160, 174. faciom 155. /"oct^iMf 188. /acn«; 44, 96. /a^M« 73.

faenisicei (Abi.) 132. fa^tM 78. i?V»l«Wt 88. faWo 76, 82, 166. /a^«!» 61. /(x/x 61, 94. faina 37. famidus 51. /'antim 86, 74. /ar 98, 110. farcias 185. farciea 185. farcino 167. /arcto 61, 73, 167. /ar«7« 188. farcito 188. farfarus 41. farferi 41. /aW 25, 87, 78, 160. farina 55. fariolua 72. farreum 74. farreus 91. farria 55. /(w 109. faacinare 75. faacinum 75. faaena (sab.) 74. faatigium 93. /af<?or 37, 166, 169. fatiscar 166. Faetio« 82. faw 175. Faii^^u/tM 88. fauatua 110. /aare^ 180. /krtm 180, 186. fax»7 186. /oarttMr 180. /aro 180. faxor 180.

/if^TM 74.

februam 89.

/<?cif(i 155, 174, 178.

fecerum (= fecerunt)

188 /ec» 36, 74, 174. ftfct(f 155.

/if/^eWi 40, 102, 174. /■«i 93, 111. /etore 27, 30, 36, 87, 74. Felena (prän.) 75. fblIcI 19. femella 65. fernen 112. femina 27, 36, 74, femoria 112. />»iur 37, 42, 60. 'fendo 164.

fenebria 89. /Vr 163, 187. /«rcMci^ 168. ferbeo 80. />r6wf 80. Ferclea (prftn.) 75. ferculum 102. ferebam 155. ferena (Mask.) 94. />rtf9i«(Nentr.) 145, 156 ferent- 65. /(WM 185. ferimua 163. ferinunt 167. />Ho 168. ferire 35. /m« 168. /Vf^«> 163. ffrm« 182, 147. /W-025, 35,73, 155, 163. Feronia (bat) 81. ferre 91, 189. /i?rW 189. fers 98, 168. f«^ 94, 163. ferte 168, 188. fertia 163. /«Wo 163, 188. fervere 80, 164. ferundus 191. /erufi^ 163. /«w 36, 78. feaias 11. fessus 48. /"M/ra 102. festus 86, 98. -/ex 108. fia (= /W*a) 59. fiber 70. /f6u/a 32. /W« (Dat.) 180. /idei 58.

/{<;<»« (Trene) 29, 35. fides (Darmsaite) 76, 82. fidU 165, 172. fido 85, 164. fidustus 109. fiere 189. ^ert 31, 54, 189. figarus 158. /^ere 69. figlintis 51. figulus 51. /?;i»a« 29, 40. /!/et[at] 40. /i/i 51. fUia 40. /I^ia&tt« 134. filiolua 40. /f/iM« 27, 37. > ßum 74. fimbria 581. /Sndere 29. /Sm(2o 167.

LateinisoheB WOrterTerzeiohniB znr Lant- und Formenlehre.

549

fimum 38. fimus 38. fingo 73. finio 31. finire 170. finis 90. finitimo- 148. finitimus 41. finitumus 41. ylmYii« 192. /?o 54, 82. /mi8 85. ^f?«re 33, 69. fiunt 54. /Sa» 69. /?a 187. fUibam 183. flagrare 59, 61. /Jam^n 90, 111. flamonium 111. /?a« 159. /7a/o 188. Flaus 33. /f^rfo 61, 165. fleo 31, 169. /feW 176. flexanimus 151. /Ifgr«-^ 160, 170. flo 169. floceus 85. i?7ora 110. >?o* 36, 109. /fu^e 33, 36, 69. flutnen 36. fluvius 69. ^Mx» 69. fodare 170. /brf«-^ 37, 170. /bdt 37, 174. foedifragus 151. /o^c^w« 48, 109. faideratei 35. /Wd«-e 30, 35, 48. foied (fal.) 75, 131. folium 38, 73. far 169. forare 35. föTO« 134. Forätia (prän.) 75. foretus 93. fordeum 73. fordus 74. /öT« 189. forem 29. /e>re« 82. foresia 63. forfex 94. forma 84. formica 84. formido 84. farmonstLS 78. formus 73. fornax 60. farnus 73.

forpex 94. /br« 35, 60. forsam 98. fortaase 149. /br^w 93. fortuUu 132. i?V>«Mt« 88. /b««a 73. Fostlus 51. /Ww« 176. /<w« 530. /bW 175. /Vacc« 84. fragare 59. fragilis 61. fragor 82. fraglare 59. fragrare 73. fragum 83. 'fragtis 37. /Vaf<fr 112. fraudare 169. /Ve^t 174. fremere 91. /rewo 84, 164. /rtfnrfo 91, 166. frequens 61. frequentare 169. /r»^o 38. frigus 83. /tö«» 94.

fruniscor 90, 166. fructu 131. fruimino 158. frundes 38. frundiferos 88. /V-ttÄfra 107, 132. 187. fuam 165. /f<a« 35. fttdi 173. fuerunt 179. /•«^^ 35, 178. /w^a 29. /M^ß 187. fugere 37. fwi^t 37. fw» 73. /m« 172. fulgerator 40. fulgur 28. fulguris 40. fulmentum 98. /ttZ« 92. /"m/po« 61. fumo 31. funambultis 150. funda 82. fundare 170. fundatid 188. i^ttwd« 130. funditus 41, 133. funder e 170. /•«ndo 73, 166, 167.

fundus 91. funebris 89. funeris 77. funestus 77. fungus 82. funiambulus 150. /'wr 35, 73, 112. /wrca 60. fumus 60. furvos 77. fuscus 11, fuiieo 19. /UM«7 178.

ÖatM« 17, 33, 45. ^ai«f<ro 54, 74, 102, 166. Gavius 38. ^e/u 68. gemellus 65. gemisco 168. gemma 88. gemmasco 168. gemmesco 168. ijren«* 63. generare 169. genetivus 40. genetrix 40. geniculo 51. genitrix 29. genitus 41, 192. <7«wo 165. ^e«« 65. ^«iM 106. gen^a 34. örenm' 83, 176. ^e/itt« 25, 35. 5^«ro 77. ^em 77. gestus 11, gigno 29, 35, 165. glaber 74. glaciare 169. glacies 61. ^/an« 68. glaucumam 108. i7/m« (?) 79. ^K»co 167. glocire 58. glomus 55, 109. glorificus 150. ^7ö« 33. gltibere 36. gluttire 54. Grnaeus 17. Gnaivod 17, 83, 132. gnanv^ 83. gnarus 62, 65. ^na/u9 35, 62, 65, 83. gnavare 83. gnitor 83. gnohilis 83. gnoritur 182. gnoscier 83. gnoseo 167.

gnovit 83. gobius 69.

gondecorant (fal.) 69. gonlegium (fal.) 69. Gracchus 18. gracillare 58. gradior 61, 78. gragulus 69. grallae 90. ^ranum 61. ^ro/w (= gratiis) 134. gratus 61. ^rarw 29, 68. Grecia (prftn.) 45. gregare 169. gressus 43. grundio 92. grunnio 92. ^rt« 68. gubernator 69. ^uZa 58. guminasium 52. gummi 69. gurdus 60. gurges 60. gurgulio 58, 60, 69. gustare 169. gustus 89. gutturis 40.

Äa6a (fal.) 74, 75. Äfl&ß 187. ^a&eo 169. ^a&f« 159. habesso 181. Habetdeum 149. /ia2><?^oe^ 188. habiturio 170. /ia€ 141.

Äa^c 138, 140, 141. Äa^rfw« 30, 73. haerere 30. Äa^Äj 78, 174. Aatc« 141. halare 80. hamotrahones 150. hanulum 74. harena 74. haruspex 61. ÄOÄfa 36, 77. Aau Aauä Aau/ 97. Äare 80. Äawrt 187. ÄattWo 30, 80, 168. haiistum 85. Aau^um 86. Äe (fal.) 138. Äec 138, 531. hebetis 41. hebris 74. Ä« (fal.) 138. Ä«tctf (Loc.) 138. Ä^ictff 47. Am 141.

550

Lateinisohea Wörterrerseichnis zur Laut- und Formenlehre.

helitores 88.

hehos 32, 61.

helw* 38, 72.

helusa 77.

hemo 64.

hemonem 27.

her 112.

Äer&a 74.

Hercele 52.

i7<frc/«« 52, 99.

herctum 80.

Hercules 52.

Ätfrt 82.

Herucina 80.

hesternus 82.

Äett 47.

Äei« 47.

Äi 48, 141.

Äia 187.

kiaseo 167.

hibernus 63, 87.

^i^M« 141.

Ļc (Nom. d. Sing.) 96,

138, 140. hicc 138. hice (Loc.) 101. hiemare 169. hiemps 94.

Atem« 63, 72, 94, 110. hiefare 40, 45, hilaris 42. hilum 74. Ätnc 133. Hinnad 20. ÄJo 169. Äw 48. Awco 167. Äocr 85, 93, 138. Äodie 55, 131, 138, 149. hodierniis 77. hoi 529. Aoti49 140. ÄoZi« 27, 38, 72. homicida 111, 150. homines 91. Äomo 27, 62, 111. homullus 88. AoMO« 78. Horatia 75. hordeum 73, 93. hordus 74. horniis 31. horreo 169. Äorreum 74. horrificus 151, horsum 138. hortesia 63. ' Äo«/>fs 42, 102. hospitis 43. hostia 73. Ao9ft> 73. ÄMtC 141. Autu^ 140. huiusce 66.

huiusque QQ. humilift 52. Aumu 132. humulas 52. Awmu9 72. huncine 41. Hydruntum 108.

»a<?»o 105, 169. iam 139. iandtidum 91. ianUrices 62, 65, 76. »W 74, 138. tAi(26m 138. i&o 183. t^m« 141. iccirco 85. »et 173. W 138, 140. t<i<fm 35, 87, 138. 174. iecinoris 67. t>(rwr42,60,67,76,112. iecuaculum 112. (Dat.) 138. tV» (= ü) 26, 138. t«« (= t») 141.

tew (= *«) 26, 138.

ieiento 39.

i«n« 161.

ieiunus 39.

lenuarius 39.

i^t^Mr 102.

ignarus 83.

ignifer 150.

i^nt« 26. 64.

ignosco 90.

ignotus 83.

i/eap 90.

tViVo 43.

iligni43 90.

»72a (Nom. plnr. n.) 141.

»Vtae (Dat.) 141.

«Z/aec 138.

t7/e 139.

illibus 141.

»2/»m 133.

»7/»fi(; 133.

»?Zo (Dat.) 141.

illtistris 86.

»m 138.

imher 26, 64.

impedire 170.

impetua 43, 103.

»mpZ<; 187.

»mjp2«fo 188.

imphio 33.

impoene 48.

improbe 132.

impunis 48.

tm«« (Adj.) 75, 147.

»ww? (1. pl.) 161.

»'«- (priv.) 65.

»n 62.

inciegualia 103. incantaasU 103. inceideretis 43, 47. ineeps 107. incertus 61. incesso 166. incido 43. ineiens 82. incitega 26. mo»to 26. inclifiare 166. inclino 29. includo 44. ineohare 36. incolomis 41. incamma 26. »'»df« 25. »n<fe2r 148. indicare 29. indigeto 102. indignua 149. indoles 36. »n(2M- 26. »nduo 33, 165. indupedat 170. induperator 26. induaium 78. ineritia 52. inermis 43. infera 52. inferior 147. inferne 141. »f»/>r«« 75, 147. infimus 75, 147. infistae 44. »nfra 75. infringo 43.

»n/W« 107. «f»^«r 188. »n^u^n 25, 64, 112. inlecehrae 43. innotescere 168. Jnon» 108. inpeirator 47. inquam 67, 185. inquüinus 26, 27, 102,

167. inquiro 30. »ngu»^ 35. inrogasit 182. »'n^anti« 149. insece 35. insectiones 67. inseque 26, 67. insexit 67. insidet 43. insidiantes 32. insilio 41. instigare 66. »n«ft7w» (Perf .mitü) 176. »'n^Wa 107. »n^ 161. integer 41. intellego 174.

»fi^er 58, 149. intercedeto 41. interieiati 178. interim 133. ♦«/ra (Imp.) 187. »n<ra[d] 97. intras 159. »n^ro 138, 169. intutnO' 148. »n^iM 133. t»9»7M« 67, 530. mm;»«« 27. ioübeatis 54w ioudex 49. ioudicium 49. ioudico 49. ibf?€ (Abi.) 131. /<w« (Dat.) 47, 129. /of?«»" 47. iovestod 529. low 47. 129. Ioi7»s 32. iourare 49. »(Hm 49, 54. iottsiset 30. iouxmenta 529. »i?»« 137, 138, 531. ip^tf'^^ 140. »pd»2»u« 141. ipaimus 140. ipaipte 138. ipsissimus 140. »p«o« 138. w 137.

iscolasticus 53. iscripta 58. »'«cfem 138. »8fe 69.

»8fa0 (Gren.) 141. Mtoec 138. istituuU 34. ♦«^« 137.

wi» (Nom. d. Plur.) 141. «<t (Oen.) 140. »«/tm 133. istimodi 140. »^»'fic 133. »9^»u9 140. »«f M(2 42. iafu« 137. i^a 138. /to/«a 80. itaque 48. ««r 188. »fem 138. iteneris 112. »7er 112. Herum 138. »^(fem 138. »7»ner 112. itineris 112. »f»8 161. »fo 188. ifum 35, 161.

Lateinisohes Wörterverzeichnis zur Laut- nnd Formenlehre.

551

iuba 74. iubaris 40.

iubeo 55, 74, 166, 171. iudex 87, 150. iudicare 171. iugere 76. iugerum 118. iugulandes 52. tu^ 35. tu^um 35, 76. rvLio 20. iumentum 90. iunctus 57. lungere 76. lUft^o 167. tMftior 112, 146. iunipirus 40. tun- 112. tunto; 112. Jupiter 54. luppUer 54, 82, 149. :tM (Recht) 29, 109. \u8 (Brühe) 76. M^mrandum 149. usH 54, 86. ustitiutn 150. ittf?or« 37, 159, 170. uve 170. turen- 112. tiv^nctt« 64, 66. uveni" 112. uvenior 146. «renM 29, 34, 41. uventus 34. wri 34, 37. luvo 34. MU« 19. 'Mor^a 86, 102.

jugere 76.

kaput 17. karessemo 149.

Za^^'um 61, 72. /ac 94. lacatio 44. tocer 84, 167. lacesso 166. hicinia 167. lacona 38. lacrima 41. lacruma 41. /cm:<- 94. {or^« 94, 108. tect« 70, 89. 2af(/o 53, 164. fo^fu« 83. teer«« 30, 70. Jama 56, 89. {ana 61, 83. lancea 40. lancinare 167. Langensium 66.

languere 83. Langueses 66. lanientis 45. Zoim; 94. ^IHdf- 109. lapiäesco 168. ZainZZu« 90. /opü 61. lapsutn 86. Iagueu8 67. I^r 112. largus 83. Iaridu8 83. Lariscolus 151. torw 33, 77. I<i8civu8 58. Zagere 69. laterna 57. Latium 82. Xa^ona 108. latrare 58. to^rina 32, 49. latrocinium 95. latrocinar 95. 2a^um (Snp.) 61. to^t4« (Part.) 35, 61, 62,

83 ^u«'(hreit) 84. tova 187. lavacrum 69. lavare 159. laudarier 190. laudate 188. laudatua 192. Laudicaea 46. lavere 29. foiw 175. Laviniaque 32. toro 169, 178. Zawr 178. lautus 46. Zcwj 67. i^fero 47. 2ec^i4m (Sup.) 58. ^^am 155. legamini 159. («^a« 155, 185. {«^a^ 155. ;<f^« 187. legebam 184. Ztf^m^i 178. ^^ere (Inf.) 40, 189. legemini 159. legeremini 159. legeris (2. sgl. pass.) 1 58. legeris (2.sgl.coni. perf .)

155. 2«^«^ (2. Sgl. fat.) 42,

155, 185. Ztf^t 172, 173. legimini (Imp.) 1 58,188. /«^im»ni(Inf.)129, 190. legimur 158. /^j/»> (2. Sgl.) 154, 155.

Ztf^t^ 42.

{«^»e« 41, 154.

legUimo- 148.

2ß^t^i« 42.

2«^ito 188.

/if^i^Mr 157. '

%o 164.

^^or 158.

leguntur 157.

Xiife«' (prän.) 47.

leigibus 47.

Leivelio (fal.) 46.

/ena 83.

lenoeinium 95.

/«<mt8 108.

hepar eses 63.

{<^^i8 62.

i^ur«9tV 30, 47.

Zer» 176.

levigare 169.

Z^rior 146.

Zmr 30, 70.

levirum 40.

ZfTta 64.

lex 94.

«6^r 47, 49, 61, 74.

libertabus 134.

libertaa 61.

K6er/af7[t«] 72.

;»5e^ 38.

libo 36.

K2>ra 75.

/»fe« 105.

liceo 169.

Wc^« 189.

licetod 188.

-Krtw« 67.

Z/en 80, 96, 112, 531.

lignum 26.

Hlinum 59.

lilium 59, 94.

Ztmpa 38.

lincunt 67.

««^«•e 66, 70, 167.

Zw^M« 64, 70.

linguere 66.

Ztnto 166.

Uno 166.

linquere 167.

linquis 66.

Hnquitis 66.

linquo 58.

Hnquont 67.

/»«Zer 38, 112.

lippus 90.

liquere 67.

liquiritia 66, 83.

lirinum 59.

»« 84.

locaMnt 182.

locuplet- 108.

Zocu« 84.

locusta 83.

loeutus 66.

loebertatem 49. loedus 48. /o/er^a (fal.) 49. /ot(foj? 36, 48. lolarii 59. longisco 168. longiter 149. longitudo 100. longus 83. lopades 38. /o^ut 36. loquuntur 67. lorarii 59. Zorwm 83. Zo«fta 35, 49. /o^M« 33, 50. loucarid 132. ix)ucawam 30. Loucilio 30. 2u&^ 38. lubricus 72, 83. Zwe»8 105. /wc- 108.

ZM<?^ma 29, 35, 77. lueinus 52. Zuci« 35. X^ctu« 48. lucrutn 58. Lucullus 48. Zw(;m« 49. /u(?o 164. /w^M« 36, 48. Iugere 36. luiturua 192. ZwmM 106. lumbricus 28, 87. lumbus 74. lumemulia 150. lutnpa 38. lumphieis 63. /una 35, 56, 89. Zun^^r 38. Ztfp^ 25. Zupu« 68.

Luqorcos (prän.) 66. luridus 36. Zua7U9 76. lympha 18.

Maarcus 57. Macco 530. machina 41. mactare 90. madfo 25, 169. madidus 70. ma^« 42, 98. ma^»> 42, 98, 146. magister 147. magisterare 52. ma^[f]9Z«ra^«« 52. magistratuos 33. magistratus 132. magmentum 90. magnanimus 152.

552

Lateinisohe« WOrteryeneiohnis snr Laut- nnd Formenlelire.

Magolnia 66. maiestfis 110. maiiores 19. maior 46,75,110,148. Maiugefia 150. male 132. tnalignus 35, 57. mdlitn 164. mallem 164. mo/ifo 164. malluvium 118, 150. ma/o 164, 531. maltas 61. malum (Apfel) 25. malu« (Mastbaum) 70. mamüla 55, 530. mamma 55, 90. man- 112. manceps 112, 150. man{;upar0 171. maneo 27. manifeatus 93. Manios 42. mansues 106. mansuetus 106. mantare 86. mantele 89. manM 112. manu (Instr.) 130. manubies 133. manwmi8«u9 150. mawM« 106. 3fa9(o7n»a) (prftn.) 66. marcidus 84. Marcipor 106. Jfarn4« 85. maredtis 70. margo 27. marid 29. marmoris 40. 3far« 46. Maasilia 102. mo/er 25, 112. materies 65, 82. matertera 147. matula 62. maturrimus 148. matus 85. 3fa^f/7a (Dat.) 31. mavelim 164. mavelleni 164. mavelo 164. mavolo 79. Mavore 46. Maurte 46.

maximtts 41, 101, 148. Jfaxomo (fal.) 41, 148. fnooTumu« 41. wiß (Dat.) 135. me (Akk.) 136. fne<2(Akk.u.Abl.)136. medialem 70, 95. m«(2t02r»mwm 147. mediterraneMS 150.

m«(ftM« 62, 74. me/ie 136. (Gen.) 135. meiere 167. meilia 143. wWo 47, 72. Melerpanta 72. meliar 149. membrum 89. mem^ff/o 35,64,179,187. mementote 187. meminens 179, 192. meminere 179, 192. memini 173. memoT oo. m^mori« 40. memorare 169. niemordit 171. Menerva 26, 35. Menolavua 89. m^n« 35, 64. m^nW« (Monat) 62, 77,

109. menm (Dat.-AbL) 138. menstruus 109. Mentovines 133. mentum 35, 64. -mentus 64. merced' 109. iwercennaWf« 90. mercM 106. merda 83. merear 159. merentesaimo 149. mergee 27. mergo 77. mergus 77. meridiea 70. mcr« 94. mertare 86. merula 38. m^a? 94, 106. me««m 86, 177. meiere 163. metiri 170. m«to 36, 72. metuere 160, 170. wMfw« 31, 137. wt (Dat.) 135, 136. mi (Vok.) 121. mim (= mei«) 26, 137. migrare 68. mf'Ae 73, 185, 136. m»A^ 136. m»At 26, 73, 101. mile88 93. mi/ia 143. milium 44. m«»tf 143, 144, 531. millesimO' 144. miluus 88. mt/tn/« 33, 88. mtna 52, 99. minere 35.

m««errtmtiir 147. Minerva 26, 77. mingere 167. mingo 73. mimmtM 147. miniacar 26. mtnMtfimu« 148. minister 146, 147. mintto 167. minus 146. Mircurios 26. Mirqurios 26, 66. mtnM 83. mirimodis 149. mi8 (Gen.) 135. mMCM 86, 167. mww 78. misericordia 100. misericors 152. miM 78. missit 78. mitesco 168. Mühridates 89. miu« 137. mixtus 93. modestus 109. mo<7o 132. mocfu« 109. moenitum 48. fm>«ri«« 48. moic« (= mo«cÄ«) 19. maincipieis 80. moiros 48. moZa 88. mo/^« 110. moi^ir« 170. mo//»9 60, 62, 91. momen 111. momentum 111. momordi 171. mamordimus 60. momordit 173. mon^o 31, 35, 60, 171. mora 83. morbus 74. mordeo 35, 173. mordicus 107. moner«» 182. moneri 189. monete 188. monimentum 44. nionf/u9 192. mofM 35. montt» 176.

monumentum 39, 41 , 44. morior 31, 61, 62, 168. moriturus 192. mor« 60.

mor«w« 60, 85, 86. mortuos 32. mortuua 34. mortut*s 192. mo« 109. Mostellaria 63.

mostrare 63. mostrator 63. nto^iM 33. morfo 35. mop» 175. mai: 96. lfue<;o 530. mufrius 73. I muger 73. mugio 29. mugire 170. fiiMl(;«o 61. mulctus 92. muliebris 89. niM^' 92. mufou^ 61. muZ^a 60. muUangulus 150. muZ^minu« 144. muUianguJus 150. muUimodis 149. multiplex 150. muüotiens 145. mwZu« 89. mundiciei 24. munerigerulus 150. municeps 150. mMHictpitim 41. munio 168.

muntu (= mwl^Mm) 59. murmuro 60. mtM 29, 109. mus<;a 29. muscipula 150. mw«CM/ti9 67. muM'mo 52. mtiWrM« 47. mtiMfio 52. mu/o 48, 178. mwto (Snbst.) 55. mw^or 178. mutoniatus 55. mti^uo« 32, 48.

MO« 30. Naevius 83. nanciseor 62. fianc^WJT 92. nan^tt« 92. nanu« 83. nanxiior 180. nar« 83. naru« 83. no« (2. Sgl.) 159. noj?- 109. na«ct 83. no^co 168. na««a 85. nassum 78. nasum 78. no^u« 78. no^e« 37. natinari 82. natrix 86.

Lateinisches Wörterverzeichnis znr Laut- nnd Formenlehre.

553

navaled 132.

navare 170.

nave (Abi.) 131.

naufragua 46, 54.

naugatorius 46.

navigare 169.

navire 170.

nama 30.

natfus 83.

fi^ 137.

we- 55.

-ne 99.

M«^tt»<{»n«« (lan.) 73.

nebula 51, 73.

nec 67, 96, 108.

neceritn 139.

neclegens 69.

n^ro 35, 62.

nectaris 40.

ffe«;to 83, 165.

nefarius 11,

nefas 11,

nefrones (prän.) 73.

neglego 69, 174.

nei 137.

neli 187.

«1^0 49, 80, 111.

nemus 62.

neo 31, 160, 169.

fi^po« 28, 62.

nepct' 108.

neptis 108.

fi^^am 55.

fiegi*e 55, 67, 96, 101.

nequeo 101, 161.

nequinont 167.

JV^fta 79.

nere 27, 36.

Nerienem 32.

nesciho 183.

nescio 101.

nescioquis 55.

nescit 49.

fie^ 137.

n^M 47.

«tewfi^ 157.

M^rofö 163.

neuter 47.

neutiqttam 47.

♦«»ar 94.

nexui 177.

«» .137.

nidar 83.

mcTt«« 35, 56, 87.

ff»A»7 44, 96.

nihilum 96.

m7 50, 80.

nimis 44, 146.

mVi^t< 73, 167.

ninyuU 73.

ninguli 144.

nur 137.

4f»8e 137.

ffMM* 137.

n»9l 49, 137. n*^ 157. mVt^o 159. mvi« 73. nivU 165. nta? 108. ffo5»8 136, 137. noceo 171. nocere 35. «oc^ 108. noc^» 108. nodicolor 152. noctu- 108. nocT^u 130, 131. noc^Ma 108, 180. noctor- 108. nocturnus 11, Nodotua 170. noenum 48, 51. no^a« 46. notn« 144. noZ«« 187. nolenti 164. nolentis 164. no/t 187. no2tm 163. no^fV« 187. noUis 164. no^o 101, 163. noUis 163. ftom^n 65, 88. nomenclator 51, 150. nomenctdatar 51. nomini 129. fiommi« 52. fton 48.

non(2{n[um] 49. nongenti 93, 143. noningenti 143. nontiare 49. nonu8 33, 144. norimus 186. no» 28, 62, 136. noscere 83. noscitare 169. MO^co 28. noater 137. ^0^««« 147. no«<rorMm 136. noalrum 136. fu>rem 27, 32, 64, 142. Novenaidea 70. Novenailea 70. fkwi 176. Novioa 42. noundinum 49. nautrix 49. fioru« 27. noor 38, 124. noa?a 35. fioo?« 38. nw&8 105.

ftM&<»9 74.

nudua 68.

MM^a« 46. nM^e« 133. -nw» 176. -nuiturua 192. nW» (Dat.) 141. nutnen 36. Mum^ro 132. numerua 38, 64. numielatori 111, 150. numquam 92. ftum^Mt« 101. nuncupo 41, 43, 101. nundinum 49, 142. -nMO 35. nupturio 170. fittra 108. nurua 108. nurw« 83.

oJ 27, 96. [o&]la/uc; 42. obinunt 167. obitarunt 138. obliacier 32. oblongua 149. oboedio 44. obaetrix 82, 95. obatinet 86. o&«^o 85. obtinere 84. obtrecto 43. occM^ 35, 165. occultua 60, 192. occupar« 160, 166, 170. occupo 41. oaor 28, 37. ocrw 36. oc^atni« 29, 144. octingenti 143. octipea 142. octo 142. oc^oftf 144. octuaginta 143. octuplua 142. oc^w« 142. octitaaia 151. ocu/i« 28, 37. odefaHt 70. od» 37, 174. orfiwm 28, 37, 90. odoriaequua 150. oenigenoa 48, 141. o/e/to 55. o/fa 55.

o/jVwdo 73, 166. <#ero 86. o)^c»wa 86, 102. o»na 141. otno- 141. otno 30, 48. oinvoraei 30, 102, 141. oZ^a 70. oleaginua 150. oZ^'o 169.

o/we 70.

oZewm 54, 70.

olfaeere 70, 105.

oZm 28, 133, 139.

o«t?<2 27.

olivum 27.

oZ/a 46.

oZ/a (Fem.yon o?/u9) 1 39 .

oZ^M 139.

oüi (= ^Mwc) 139.

ollic 138.

oZ/iM 139.

o/na (fal.) 46.

oloea 47, 133, 139.

olar 27.

Olu(mpio) 17.

-om 35.

omne« 91.

omn)(a 32.

omnia 90.

omnimodia 149.

opificina 102.

(TptVto 33.

opimua 95.

O^« 106.

ojptV^ 46, 151.

opüumua 101, 148.

oportum eat 163.

0iW5 28, 42.

oppidum 70.

oppodum 44.

op« 94.

Qp« 106.

opaecro 71, 84.

opaervari 71.

opatiterit 71, 84.

op^tmw« 101, 148.

optrudere 71.

oquoltod 66.

oqupatum 66.

ora 37.

Ördinia 57.

orichalcum 46.

oriduriua 152.

oWof- 27, 61, 168.

oriturua 192.

oriundi 32.

OrphaetM 47.

orfw« (= Äor<u«) 80.

(Mund) 28, 37, 109.

(Bein) 86, 93, 109.

osc^n 42.

0«CM5 85.

Oaculum 46.

oapicatur 46.

o«9w 109.

o«9Ma 109.

oatendo 86.

Of><?o 40.

ore» 31.

Oufentina 75.

(w* 129, 130.

ori« 32.

o^i'me 101, 148.

554

LateinisoheB Wörtenrerseichnis zur Laut- und Formenlehre.

paasiores 19. pac- 108. pacare 37. pacis 165. paciseor 69. pacunt 69. paenula 40. poig- 69. pahari 189. j9a/a 56, 89. palea 61. i)a//co 61, 68. pdlUdus 27, 88. palpare 81. i^a/t^d- 109. palumbes 68. pando 167. pangere 167. pango 91. -panxi 175. papaver 192. Paperius 40. Papisius 79. PaguJw« 66. parare 170. parcui 175. parcus 82. parentatid 188. parere 170. paretes 32. parietis 40, 45. Parilia 59. i?arto 27, 61. parva 81. parricida 100. i)ar« 61, 65, 106. ^ar«t 175. parsum 86. parvoltis 40. jjflwro 167. passer 82.

passum (Gen. Plur.) 50. passus (Part.) 85. ^o/er 29, 86, 69, 71,

112. potior 69. j:;a/r 105. i>a/rt 129. Patricoles 52. patrius 31. pauciens 145. paullus 88. pauper 30. paa: 37. peccatum 170. />ec(?o 85. pecten 111. ^«c^o 165. j^ecu 66, 107. pecudem 141. ji^^cu« 66, 107.* ;?«rf^ 25, 132. pedem 64. pedere 35.

j7«dea 56. ^(^i« 35. pedüis 44. i>«do 87.

jölfior 32, 47, 90, 146. Pegasus 42. /?e^t 174. \peiero 44. pelagus 42. Pelegrinus 59. pellesuina 150. ^fZ/»« 88. j>W/o 166. pelluvium 90. Ptf/op« 94. peluis 34. pe/vür 34, 88. pendere 35. pendo 164. p^e« 131. p^nt> 56, 89. penna 90, 531. pensus 86. pepedi 173. pependi 178. i)<perc* 40, 102, 174,

175. pepercit 172. peperi 40, 174. peperit 172. pepigi 174. pepugi 171. peptäit 171. pepulatu 66. j9«r 96.

percello 61, 91, 166. perdoliscit 168. peregre 43, 130. peregri 130. perenniservus 152. ^er«« (= p<frfw) 70. perfines 185. periclum 51. periculum 51. perlongus 152. permities 62. ^er«a 93. pernicies 62, 102. Perpenna 88. perpeti 43. perpetis 44. perpetuius 149. persihtis 192. ^M 35, 71, 94. pessimO' 147. pessimus 90. pessulum 86. pessulus 40. pestulum 86. petasus 42. petesso 166. p^^»V (Perf.) 50. ji?tf<m 176. i?e^o 27, 164.

j9ea?ti» 177. phalerae 40. phalariea 18. Phrates 49. phyrgio 59. piacli 51. piaclum 69. pianUum 69. /H(ni« 82. pietas 40, 45. pientissimus 149. pigmentum 57. pignora 77. piissimus 149. püare 81. Pifataerus 39. pfVum 56, 88. pilumKoe 47. j?tM^o 69. pinguis 64. pinsare 170. pinsere 78. pinsihant 170. pinsio 167. p(pa/b (fal.) 188. piscari 169. pisere 78. pistum 93. l)ftt« 53, 82. placare 37. placere 87. />Za^a 37. plango 37. plantes 50, 185. p/an/o 50, 159. planxi 93. pte^m 47, 54. plaudo 164. Piautios 42. Plautus 46. pleham 184. p/efcW (= />/tf6i) 19. iji<?6«« 105, 110. ^^<?&o 183. 2?/e6« 94, 105. plecto 165. plector 165. plenus 193. 2?Zfo 160, 169. pleores 31, 146. jj/tfr« 36. 2>Z^9 159. ^/<?ri 176. j9Z<?a^ 174. jt>;u;o 26. plisima 146. ploera 146. ploirume 47. 146. plorare 28, 36. plorasU 182. P/o^f« 46. plouruma 48, 146. |>/ou9 146. pluere 33.

l)/i** 176. p{Mi7 165. plurimus 147. pluriara 148. p/tM 146. plusscius 151. p/Mrit 176. ;>o- 96. poblicus 49. poclutn 51. pocolom 40, 51. pocuJum 40. podex 35. poematis (Dat. - AbL)

134. jH>«na 48, 68. Po«fii 18, 48. polenta 55. jH)/«) 71, 96. polten 55, 111. PoUuces 101. PoZ/t«: 101. poZtt^tftn 96. pomeHttiM 43, 48, 52,

89. pondo 109. iMm(2iM 35, 109. iWfw 89, 97, 141. pontes 49.

pontifex 149, 150, 152. pontufex 41, 150. popina 68. Poplicola 49. poplieus 51. pop2oe 47, 52. poplus 52. poposci 173. populo 31. populus 51, 52. j»or- 60. porca 60. porc<?f 50, 71. porclus 52. Porcöbera 59. porculus 52. porrutn 60. jw)r<a 60. portendo 60. |K>rfio 61, 65, 111. 2>orfor»i4m 95. portus 60. i)o« 97. poscere (verlangen) 93,

167. poscere (trinken) 167. j>o«c«nummftu« 151. p<w« (8. Sgl. perf.) 178. p(Wftf 177. poseivei 177. |W»ti 177. Po9tKa 39. po^tmerium 52. j>oWmtr»um 48. p(w*« 177.

Lateinisohes Wörterrerzeichnia zur Laut- und Formenlehre«

555

posUus 71, 96. posivi 177. posse 86, 162. possem 162. possim 162. possimus (Ind.) 38. possit (= posuit) 177. possitur 162. po88um 162. l>o«< 97. ^o«^e 97. posteae 138. posterus 147. postis 93. jM>^mo<?rtttm 43. postremior 148. postremisaimus 148. postremo- 147. postridie 101, 130. postumo- 148. ^05t*» 177. posuuit 34. polare 169. />ö^« 42, 98. potens 162. poteratur 162. paterint (fiit. ex.) 182. potestas 98. potestur 162. ^o^tn 89. potire 162. po<i« 42, 71, 98. /?o/wi< 162. pctisse 162. potisaet 162. ^f«t?»< 162. lH>^ui 162. poit« 29, 30, 71. poumilionam 23. 2>ra« 30. praebeo 80. praecesti 178. praeda 167. praefiscini 102. praehibeo 50, 102. praemium 87. />ra«M«tM 50. praesse 50. prctestigiae 59. praeatrigiator 59. praeatu 132. praeter 149. praetereena 161. praida 50. praidad 132. praitor 50. l^rifcor 35.

prehendo 73, 164, 167. prelum 56, 88. premo 41. prendere 49, prendo 80. preaaum 86. pretor (fal.) 45.

pridetn 138. l>r»die 130. pWmor 37,

i>r»mi« 56, 89, 144,147. princepa 108. priacua 144, 146. priatintta 144. privicloea 133. privignua 57. prtüMÄ 146. i?ro- 55. ^o&« 132. probeat 50. prohere 80. pr{o)boum 49. procerea 146. ProcUiua 44. Pvocine 52. Procobera 59. proconaul 107. ProcwZw« 44, 51. ^oc«m (Akk.) 146. procurare 44. procua 85. ^o<?- 55. ^o(?« «wm 163. prodinunt 157, 167. profanua 55. profligare 160, 166, 170. prohibeo 50, 102. prohibeaait 181. proiecitad 105, 188. pro/M 50. promello 166. promenervat 26. promere 50. promoacia 72. pronipai 174. promtUeo (Abi.) 69. pramulgare 69. prope 67. propedat 170. propinquoa 65, 92. proportio 107. proptervua 85. Proqilia 66. pror 70. proroatra 107. proraum 91. proraua 33, 49. proaicarier 43. proaperua 107. proapicea 185. pro«(«)uw 91. protervua 68, 85. protrebiboa 134. provinela 134. provoraua 33. proxitnua 67, 101. proxumi (Lok.) 130. prw*«a 79. Prurigo 79. Paeudoltia 41. pw&w 109.

pttfcif« 109, 110. publieua 49. Pi^/iua 49. puerpera 61, 101. pt<^f? 112. pulcerritnO' 148. pulcher 18. pwZea; 81. pwZZw« (jnng) 88. ptdlua (rein) 88. puUua (schwarz) 88. ptdmentum 28. pulmo 111. pu?« 94. pu2«ti« 61. pultare 86. ptUvia 110. pumex 82. pufi^o 167. punire 48. 'punxi 175. puplicua 49. pupugi 171, 173. purime 147. Purpura 44. pu^ti» 85. p«fa 187. pu^eo 29. putere 69. puieaco 59. putreaco 59. pw^u« 82.

^oi 66, 140, 529. g(o^ia) 66. ^a 67, 140. gt<a(2rayin^a 61,69, 143. quadrangulua 150. gua(^ra«9i9 151. quadri- 69. quadriduum 142. quadrigeia 134. quadrilibria 152. quadringenti 143. quadruaaia 142, 151. gua« 140, 141. guaero 30. quaeao 166. guaes^o 78, 166. ^Mai 141. qualia 139. qualum 78. guam 137, 139. quamdiua 11, quanUua 91. quande 91. quando 139. 9uan«<H 78, 92. quantua 91. quartua 27, 142, 144. gwoÄi 78. quaaillum 78. quasaum 86. ^a«9ti« 86.

^a^ßnoe; 42. quater 145. quatinua 41. 3«attor 34, 90. quattuor 27, 90, 142. quatt^or 34. gua^fw« 142. -$11« 25, 99. queena 161. gw^' 46, 140. guem 139. $14^0 31, 161, 532. quercua 67, 72, 94. querela 56, 88. querella 88. quemua 93. queror 66. gue8 139.

gttM<'a«(= 9UfV9(;a«)32. queadam 139. queatua 66. quexit 33.

gu» 48, 67, 140, 141. jui (Adv.) 139. guia 139. quiapropter 139. gui&o 183. gut'^« 139. quicquam 85. quicunque 101. 9iit(/ 140. quidam 87. quidem 138. <^wtn 96. quincentum 143. Quinctua 92. ^uiw(c)^ua 67. quingentum 143. quincuplex 142. quindecim 57, 102, 142. quingenti 143. gutni 57, 144. quinquageaiea 145. quinquagiea 145. gwingw« 25, 57, 62, 67,

72, 94, 142. quinquennia 152. quinquiplex 142. Quintilianua 92. ^m^M« 25, 57, 92, 144. quippe 85. quippini 41. quippiam 85. quirquir 139. gu»9 48, 66, 139. quiaquiliae 44, 76. ^uium 139, 141. ^wii^ 139. quixit 33. giio- 139. guoci 67. quodannia 71. Quodratua 29, 530. guot 141, 529.

556

Lateinisohes WOrtenrerzeiohnia znr Laut- nnd Formenlehre.

quoiH 140, 141. quoiquoimodi 140. quaiiis 31 , 140. quom 67, 189. qtioniam 87. -quomque 67. quoque 55. Quorta 29, 144. quorum 67, 141. ^0« 139. qiioUens 145, 156. quotumo- 148. qtiotus 139. (^MrarwM«^ 66.

rädere 37. radtc- 29, 108. racito; 61, 84. raÄ> 164. rc^da 45. ropio 25, 61. rapsare 87. ro^^rum 85. rationem 36. ra/w 61. ro/ttÄ 37. re- 55. reapse 49. r^&uj? 134. recctdt 102, 172. recens 107. recensiius 170. reciprocua 146, 152. r^rf- 55.

redamptruare 92. redarguo 103. reddas 185. reddimus 161. redditis 161. reddo 161.

redemptum (Sup.) 58. r«dm< 178. redinunt 167. referttts 93. r^^- 108. regem 27. regina 29. Regium 18. regere 170.

regimentum 39,41,44. regnO' 111. re(70 35, 58. regressus 43. reguit 176. reliciae 66. relicuos 66. religens 174. relinquunt 67. r<?Ztjw» (Perf.) 37,173. reliquos 37. r^m 30. remex 42. remu8 56, 58, 89. rm 96, 112.

repango 105. repente 84. rifpp^r» 102, 172. requaerens 43. requies 107. r^r» 36. rw 49. reseeo 43. resieare 43. respublica 149. restaurare 30. Restutus 95. r«^ro 133.

rf«wK 43, 102, 172. reverti 178. rar 35. r«rt 174. AAae^t 18. rÄ^rfa 18 i^Aenu« 18. rtjMi 36. robigo 35, 49. roder e 36. ro<fo 164. rogan 89. ro(7U9 35. i2oma 83. 12oma» 130. roresco 168. ro« 109. roM 18, 79. rufteo 74. rwft^ 35, 58. ruhicundus 193. rubrO' 74. ru&u9 74. rudivi 176. ftirfo 165. r«/t« 74. rumen 83. rumentum 90. rwmtnar« 167. rumpo 167. runcinare 167. rwo 165

rur« (Abi.) 131. rwr» 130. rttr«Mm 91. rw« 109. ru»(fi)Mm 91. Ru8tiu8 147. rutilus 69. rutundus 44.

^a2»»n» 90.

Sabinus 72.

aabulum 81.

sacena 37.

sacerda 108.

aacerdos 36, 61, 151, 152.

sacrifex 151. ; Ä]a6cZ[ore» 51. ! saeclum 51.

«a^ruZum 45, 51. 8a«^a 30. Saetumus 45. sagax 37. «a^u8 37. «a/ 112. salapitta 52. «aZe 112. 9a2u> 25. «aZta: 61. «aZto 91, 166. aaloute 49. 9a29w« 61, 86. «a/veo 169. «a/uj 176. «a^vo» 32, 88. «am 83, 137. iSbmni« 99. SiamniMm 90. aoMO« 94. «afk?to 167, 170. aancire 170. «ancfu« 57, 92. aanguen 112. aanguinolentus 39. aanguis 112. aanguiauga 150. iS^nguaZM 66. san/iM 92. sop^a 137. aarcio 25. aarctus 93. aarmentum 93. sarpo 61. aarpta 93. aartua 93. «ae 146. «ffftm 146. sa^f'n 89, 96. aatira 40. ao^t« 146. «a^wra 40. S^timii« 45. «a^tt« 36. 5avmu« 72. aaxum 37. acabellum 71. acabere 36. «ca6f 174.

«ca6o 71, 72, 76, 165. acaena 45. acaevua 30. a<?atna 45. «<?a7a 56, 88. acamnum 90. acandi 171. acaprea 71. acapula 37, 71. «copti^ 37, 71. j((;ato 165. acecidi 171. ac^Zi^« 76. achema 108. acibatn 184.

9ct6o 188. acicidi 171. «ctrf» 177. aeidimua 177. scirf** 165, 172. 9(^« (pari, praes.) 63. scifk^o 76, 167. acirpua 82. «c?M 69, 84. «d»ft& ... 69. acloppus 69. 9C0&»« 36. acopae 87. acopulua 40. «üortwctM 82. «<?rt6o 36. «(^tjMi; 180, 189. aeripsere 179. «(^ripfMm (Sup.) 84. acroba 94. «(^ro/a 57, 74. actUpai 93. acutum 29. «<; 83.

«« (= «) 137. aecedo 85 aecerno 29. 9<;cii« 136, 582. 9e(^u« 66. »d»d 55, 98, 1.36. aedeeim 142. «e(2«o 25, 35. aedere 70. 9e(fe« 110. aedimentum 44. aedimua 173. aedulo 40. aedtUua 107. aedum 96. aegaatrum 95. aegetia 41, 44. «tf^men^wm 57, 90. m 137. Sei^itH 27. »«»t (= att) 185. Mjr« 47. 9^//a 90. «^w- 64, 76. «ernifZ 64, 142, 145. aemen 86. aemermia 150. «eiHf- 27, 36. aemiermia 150. aemigraecua 152. »emtnar« 169. aemodiua 95. «emo/ 64, 145. s^l)<»- 64, 94, 142. aempUernua 59. aemul 145. aenatorbus 134. aenatuei 129. aencUui 129. «ena^wo« 42, 123.

«>d#

9emex €2. Tf. 9eni «9. 141. seniem 41. 9em ict» ItfS. 10*. Sd. -«M^ 65. tenti iljiip.1 IST. sentima 62. itMtire 166. MpTM 64. 6£>. TL 142. geptemflmms l^J. 9ept€wUrio 107. «ejiT^ 142. sepfimus 144. septimg^mH ^ 143l Mp/M- 142. «<^ifa^m«iiattMi 144. sepiuagimta 143l sepitumei 130. S^auNHJeMW 62. SeptunoUma 62. M^l^eia 142. sepuUuB 60. sequere 28, 157, l^&. sequeri» 15& 9«9Mt 67, 76. 189. sequitmur Ib^. BtquUur 66. 157. seqttomiMr 157. sequor 158. «er^mct 81. serior 146. sermo 111.

«ero 38, 76, lö<3, 165. serpere 71. 9erp9i d3. serracum 89. servibo 18^3. 9^rwm 81. sescentae 86. sescenti 143. «esc^N/iim 143. sessus 85. &^tiM 56, 86. «er 55, 98. Sf<i» 17. «eu 47. «er»r 107. seriri 79. «er(7r<9iMfi 33. «ea? 83, 142. sexeenti 143. sexiens 145. Sextius 56, 86. sextus 144. «em« 106. « 83, 137. «»6e 135, 136. «»6^1 135. «i6> 26, 73, 83, 101.

135. M^iM 192. «ü; 137.

>*rw»« 44. ^•n<J«# 4(». 44. *»«>• S5, *T, 165.

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fiMormm 40.

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Haimut 37.

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#ijrfo 1^>.», 165.

«^irr 170.

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#!>€ 47.

«^i» 84.

tobrimw» 89.

«>f 137.

«>rrr 27.

Bocera 108.

tociftas 40, 45.

soeius 32, 67.

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«-? S?l >\ 96. 112.

#r«>« 70.

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^B(>rfit# ::.S, 102. «* S3. 137- ffjfpeJt 27. 9or€is 27. «T» 27. «>rcrM 27. «on»» 76. tparH 93. fpatiarug 158. »pGtium 36. 4pefere 82. *pecio 16S, 170. ßtpectarla 51. ttpeiumra 69. fpepondi 171. fpepomdii 172. jfpernari 160. 9pernere 160. ifpemo 76, 166. «-f^e« 36. -fpexi 174. fpirio 26.

it;p/^fg 84. ßtpoiiare 169. spondfo 27, 178. ^ponätrit 176. fpon»H9 84. 9pf/pondi 171. »ptjrta 60. sporluia 60.

*j»fYri 176. itpKwa 36. $3. j^iMO S4. itrut^or 95. *f« 187, ftahüis 52. «raJtWwm 40, 74. jtfMv 138. ^aiiK« 37. «f«rf 76. ftarrm 182. *f j* 162. itf«f 162. #r0riBi 111. 133.

«fOfÜtf 111.

^a^mT ISS. Sf«/«r 37.

«f4EMl^ IST.

«te/wo 31. «farmr 29, 37. ttatutuf 66. <#^i^ SS. tirrrmf 67. Mtrrmfre 35. tfrrmeg 1S5. «f^no 16«X 166. jEf^niM^ Sl, 160. 167. ft^rqui^imium 62, 67. fi^rtere 164. *f« 1S5.

#f/fi 95, 171, 174. firtimmt: 174. stimguo 66. ffip- lOS. ttipfmdium 95. ftipuUire 52. ftircu* 26. itf/a/Mir 61. 84. jtfi« 69, 84. ftloeus S4. ftloppus 69. #fo 50. 162. 169. ft&ma^hus 42. eiorax ^>!?. gtorta 35. icfram^uJare 64. tiratfts 35. 61, 62. gtrari 176. firenmiu* 148. üirigulus 62. ftringo 64. ftrvere 35, 69, ictrufertaHut 152. «rntTt 69. ^Mc 13 S, fiMrmH* S2. ^M<i(f S3, 137. sH'idfo 37. S3. ^M<iW 7S. tTNOjriffn iSubst.^ 78. 85,

91. fH^rior 146, .*M(ir»> 25. 32, 37, 8Sw ^«^ 71, ^l.

558

WOrtenreneiohiiia snr Ltut* und Formenlehre.

»ubaquilua 152.

aublatuiri 97.

aublimis 107.

aubniger 149.

suboles 43.

«U&0 94.

subtegmine 89.

subtemen 89.

jm2>^fr 84, 149.

subtilis 44.

subtrahere 84.

««6^iM 133.

^tt2»M« (Dat.-Abl.) 134.

«tM^or 83.

9t/«g (= 9ui«gtt«) 133.

stüram 33.

SU«« (Abi. plur.) 133.

suesco 167.

suetum 83.

suevi 83.

auffero 86.

«u/yfo 82.

*M/yire 74.

suffragor 37.

«tt» (Dat.) 130.

9u» (Gen.) 135, 186.

8uibu8 134.

«uinu« 29.

suis (Gen. sing.) 32.

8tdcvi8 28.

suUaturio 170.

«um (Acc. sing.) 137.

«um ( 1. sing, praes.) 1 55,

162. sumen 90. summus 147. sumpsi 92. sumptus 92. «um^um 92. «umu« 162. Äunii 130. sunt 162. suntod 188. «um/u 188. «uo (1. sing, praes.) 31,

84. suobus (= «uw) 134. auovetauriJia 150, 152. «uper 71, 81, 96. 8upera 52. 8uperbu8 35, 188. auperior 147. auperne 141. auperstes 52. super U8 147. supra 71. 8uprad 131. siipsterne 71. «urtfu« 60. suremit 71. surruptus 41. «ur«um 71. suscipio 85. «MÄpicto 27, 44, 170.

«uuo (= «Mo) 34. «uu« 33, 76, 101. «y6u« (= «ui«) 134.

tabelai 51.

tdbleis 51.

tabolam 51.

tabula 51.

^ac<? 187.

^acen 89.

tacentem 54.

^acfo 160.

^af(;<;f 90.

/ae^er 90.

tagam 153.

^a^a< 37, 165.

to^t7 153.

to^o 153.

talenium 40.

^a/w 137.

tom 91, 137.

tamdius 11.

tarne 137.

tarnen 137.

tofiff« 87.

^an/u« 91, 137.

Taren^um 40, 99, 102.

tarmea 27.

tarpezita 59.

Tarsumennus 59.

Ta««o« 40.

fauru« 30, 53.

82, 136.

techina 52.

!Z>cum«««a 52.

^«d 136.

^f^f^ 109.

tegetis 44.

<«^o 27, 35, 68, 82.

tegolis 41.

f<;pu« 59.

/«;/u« 110.

temno 166.

^emo 56, 89, 111.

temperare 40.

tempere 109.

^em2>er* 40, 109, 130.

tempestatebtia 29, 41.

tempestutem 109.

templum 87.

temporis 40, 109.

temptare 12.

^em^u» 68, 531.

tendere 69.

^^(2o 165.

tenebrae 62, 89.

tennitur 92.

^ewör 109.

tentare 92.

/enfio 64.

/«n^u« 64, 192.

/enut 176.

tenuior 146.

tenuis 64.

tenuia 34.

^e»u« 107, 109, 532.

««/>or 27.

^ei* 93, 145.

terdecimu8 144.

Terebanio 52.

^«•«r« 27, 62.

^er«« 109.

tergere 82.

^er^o 61.

f^^ru« 59, 73.

termen 111.

termino 106.

terminus 69, 112.

^«rmo 111.

^«•ra 35.

terräi 129.

terruneius 93, 145.

<erfa 86.

tertius 144.

^^r^u« 93.

r«M/(>n 81.

tesqua 82.

testamentum 98.

/e«^»« 93.

^e^e 135.

fegend» 173.

^e%»< 172.

^«/»tit^ 173.

^e^u/»^ 173.

^ßx» 74.

^fico 77, 164.

^«w^u« 86.

^«rul 177.

Thalassio 18.

thensaurus 63.

/»60 136, 137.

^}6<!« 136, 137.

fi6» 26, 82, 101, 136,

137. tibicen 150. tignum 26, 90. ^i/ia 44, 81. timedus 41. tineti*8 67. a'n^a 82, 531. ^m^o 25. tinguere 66. tintinnio 169. tirocinium 95. ^w 135. tisana 81. to/'w« 74. to^a 27. ^o/e« 88. tolUmus 167. ^o//i7w 167. ^o//o 35, 58, 166. Tolomaidi 81. tonare 82. tondeo 173. tondere 91. tongent 36. tongionem (prftn.) 86.

tcnotru 44. tonsiüae 82, 88. ^ORptfr 85, 93, 137. tarculum 67. «orr^o 27, 169. tor«i 93. tor^u« 93. <oru« 35, 82. ^orru« 60, 68. /o« 137. ^o«^u« 60. totiens 145. totondit 173. ^o/u« 33. rof?[om] 27.

^(HH>« 69.

<ra^>« 27, 105. traduco 89. tragula 72. trahere 72. traloquor 89. <ra»o 89. ^roM« 89, 94, 531. translatus 89. trapezita 59. 7Va«um«»iiu« 59. /r^a 142. ^r<>ctfn^» 142, 148. trecentum 142, 143. tredecim 87, 142, 149 tremesco 168. tremiseo 168. tremonti 96, 156. ^re« 31, 49, 58, 142. fre«M 142, 151. tresviri 107. /rm 142. triangulus 150. tr»c«/>« 142, 152. triceaimus 144. trichilino 52. tricies 145. triclinium 52. triduom 33. triens 145. ^H/'ur 142. trigeaimus 144. triginia 50, 143. ^rtm 144. tripodare 35. triresmoa 56, 89. /m 56.

trisaeelisenex 152. tristificus 150. fWrt 62. ^rium 31. triumpe 72. triumphans 18. frtumj^Au« 72. triumviri 107. IVotorf 132. Troiugena 150. trudere 36. ^rurfo 166.

I

Lateinisohes WörterverzeiohniB zur Laut- und Formenlehre.

559

trutina 41. tu 82, 135. tuber 63, 87. tubulustrium 150. tugurium 35. tut (Gen.) 135. iulit 39, 165, 172. tum 137. /Mm^o 63. tumulu» 63. tundere 82. tunica 39. tuquidem 55. turanne 17. /wrfeen 111. <ur6o 111. Twrfto 111. /urcfu« 82, 93. f«rr» 130. <«r<ttr 112. /««r 18, 50, 109. Tuscolana 51. TtMCtt« 93. tute 135. ^li^tm^ 135. tutudi 171, 173. tutudimus \11, tutudisse 189. tutudigti 177. tutudistis 177. tutudit 41. /uiM 69, 101.

vacatio 29. vacatum 170. vacivus 29. vacuos 33. vacuus 29. rarf- 108. vadere 37. tJflrfo 164. factum 37. ra^^ 91, 104. «?fl7^« 68. Valesius 79. ro/Je^i^ 182. vanitas 45. vannue 67, 530. ropor 67. variegare 40, 45. Farro 54. ran« 61. vasculum 27. Mft«- 60, 74, 112. «W 67, 74, 139.

MdM« 70.

-t?e 98, 99.

rec/«Ä 69.

rertum (Sup.) 81, 84.

vegetus 41, 44.

vehemens 109, 192.

vehere 35.

t^Ai^ür 156.

wÄo 72, 164.

veicus 30.

veiginti 143.

rm 164.

w^ 163, 187.

r^Zim 60, 163.

r«K^r(w 130.

wZ?if 91, 163, 189.

velletn 163.

vellint 164.

w/oc- 108.

f^^um (Kleid) 88.

velum (Flosa) 89.

vetnens 49, 80.

veneficus 95.

«<;n^o 149.

F«n«rem 40.

wm (Perf.) 172, 178.

venia 31, 62, 87,

168. venire 68. Venös 28, 42. venaica 78. venter 112. w«*Mw (Sup.) 62, 64. tim^tt« 36, 161. venum 89. Fent«r 110. t?<?r 79. verbum 58. Fer^cMwnM« 92. veredus 28. vergere 164. vermis 58. r«r«a 77. verres 91. t?^ro 28.

t?«r«i« 28, 86, 107. vertero 29. Vertex 28. üerft 171. Verticordia 151. vertisti 29. f?erto 28, 60. wrw 68, 106. rer«« 79. vesica 78. vesper 76. vesperi 130. vespertilio 62. w»^^ 28, 137, 147. r^id 76. i7^«/r* 136. vestrorum 136. t'^^^rtim 136. u«i«r 109. f?rter««« 77. veterrimus 147. f?«^o 28. r^^uZu« 69. VetuHus 28. f«^u« 69, 109. wx» 81, 174. vexillum 89. üjT«»«« 74.

rÄepÄaJfctfrf 103,155,171,

173, 178, 532. viarius 79. via8iu8 79. viceni 144. vicesimo- 144. vtce8imu8 64, 85. vicesma 105, 144. vicessis 151. WC* (Perf.) 173. vt'ci«« 145. Victarie 129. ri<?^ric- 108, 112. vicvs 19. iTict« 36, 48. pW« 187. wrfen 89, 96. m(f«o 169. videram 181. wder« 29, 37, 70. videres 182. wdeWw 181, 186. videro 181. wdf 37, 172. vidisse 181. vidissem 181. wrfis^t 177, 181. wdi«rts 177, 181. Wdi^ 48. vidua 33. viduu8 74. f7«V« 133. vigenti 143. w^« 106, 112. vigilare 169. rt^m/« 44, 64, 105,

143. vigliaa 105. WM 89. vincio 167. vindiserU (?) 182. t?tn«a 40. Vincemalus 149. vinclum 51. vindemia 102. vindex 151. pinifer 43. vinolentus 39. wn/t 143. vinum 36, 48. Viocurus 150, 152. violare 170. violasit 182. violatod 188. violens 170. üfrco 69. wro«w» 85. rJr^M^e» (Abi.) 132. wrM« 29.

w> (2. Sgl.) 155, 164. rt« (Subst.) 29, 530. f7t«n^ 89. wso 166. w>»o 78.

FwrtMto 52. tn^a 32. Vitoria 85. vitreus 67. vitrum 67. w«a 90. vittUus 51. vivebo 183.

wrifr« 36, 69, 183, 189. vivixit 171. t?it?OÄ 29, 68. vivous 49. tnu9 33. ria? 96. rtet 35, 69. m/»^o 70. TOiFtf« 70. ti//» (Gen.) 141. u//o (= Mteo) 180. uZZtM 88. ulmus 61. uZna 88. liZ« 93, 139. ulso 180. u/^mti« 28, 149. ultra 28, 139. uUro 133. uZh4« 92.

umbilicus 28, 73. umöo 28, 111. umerus 38. umquam 92. unanimus 149, 152. uncia 28. «nc^M« 57, 92. uncus 28. im(2a 91. undare 169. Mn<?« 67, 139. undecim 42, 102. undeviginti 143. ungella 66. unguen 68, 112. unguentum 111. unguere 66. unguis 28. un^uo 62, 68. ungulus 93. unitas 109. MNO- 141. ünomammia 100. unu« 48. roJi« 136, 137. WC- 108. vocatio 29. vocivus 29. rot« 164. t?o/- 60. f^oZam 163. Volaterrae 27. volimus 163. volnus 84. w?o (will) 26, 163. volsus 61.

560

WOrterYerseiohnis cur Laut- und Formenlelire«

voU 27, 163. voüia 163. volucer 41. Volutnnius 27. volumus 163. volunt 163. volujp 26, 52, 96. volupest 96. voluptahilis 95. voluptariu8 95. romer 110. romi« (Subst.) 110. romi« (2. Sgl.) 29. vomo 26. vootum (fal.) 19. ro/w 33, 58. vopte 531.

vorare 58. rorro 28. twaw« 28, 60, 91. vortex 28. roWo 28, 60. V08 136. rö»fer 28, 137. voto 28. 90^u« 33. VotuHus 28. voreo 73. rori 175. vox 28, 35. tHxror 80. urbs 94. urceus 93. f#r^eo 60.

«r^ere 66, 79. urguere 66. uHffa 79. urna 93. uro 86, 76, 164. urma 60, 77, 93. unw» 60, 68, 79. U8ce 66. U8si 174. iM^wra« 78, 85. ustus 76, 86. M^Mra 48.

%19U8 85.

iäarus 158.

«<»' 139.

«/er 67, 141, 147. I uti 139.

u/or 165. taputa 187. tUrimque 133. ti/ro- 139. idrubolis 163. u/un/o 159. fit^a 34, 68. upMco 34. uvidus 34. vulnifieu8 151. tm// 27, 163. t?wZ/ur 112.

Zänuario 76. ZeuZ 16. Zov^Uac 76. CvxXa 24.

Sachverzeichnis zur lateinischen Syntax und Stilistik

von J. H. Schmalz.

Ablativus, AllgemeiDes 248; caasae 248; modi 249; modi statt eines Adverbs 249; respectus 249 ; respectus bei dignus und indigntis 249; preili 249; mensurae 250; mensurae ersetzt durch den Akkusativ 250; qualitatis 250; quäl, bei Eigen- namen 250; quäl, und Qenetivus quäl. 250 ; instnimenti 25 1 ; instr. bei den Verba des Opfems 251; instr. bei utor n. ä. 251; instr. bei usus est und opus est 252; instr. von Personen 252; instr. ersetzt durch Abi. mit ab 252; instr. bei esse, facere, fieri 252; instr. bei den W. copiae et inopiae 252; instr. bei Adjek- tiven 252; comparationis 253; compar. ersetzt durch präpos. Wendungen 254; compar. bei alius 254; compar. bei par 254; compar. beim Superlativ 254; se- parativus bei Städtenamen 255; separ. bei Lftndemamen 255; separ. bei Ap- pellativen 255; des Ursprungs 255; bei den Verben des Anfangens 255; beim Briefdatum 255; der Ortsruhe 255; der Ortsruhe ohne in von Ländernamen 255 ; der Ortsruhe ohne in von Appellativa 255; tempoiis 256; temp. mit der Prä- position in 256; absolutus 256; absol. vom substantivierten Part. Perf. Pass. 257; absol. statt Part. coni. 258; absol. vermieden 258.

Abrundung der Rede durch W. sentiendi oder dicendi 483; durch Anfttgung eines synonymen Begn£fs, z. B. noli veUe 483.

Abundante konjunktionale Verbindungen 351, 482.

Abwechselung im Gebrauch der Zeiten im Nebensatz 367; im Ausdruck 487 f.; im Gebrauch des Modus in parallelen Sätzen 487.

Adiectiva 433; Substantivierung derselben 433 f.; Mangel daran in klass. Sprache 436; A. wie mnltus, paucus im Singular 437; Steigerung derselben 437; Um- schreibung von Komparativ und Super- Handbuch der klaw«. AltertumswiRAenschaft II, 2. 8.

lativ 438; Steigerung des Komparativs und Superlativs 438 f.; Abschwächung der Bedeutung der Komparationsgrade 440; pronominale 449; von Eigennamen hergeleitet, Stellung derselben 463.

Adjektiva und Adverbia in parallelen Satz- gliedern 488.

Adverbia attributiv gebraucht 224; statt eines prädikativen Adjektivs 227; Ge- brauch derselben 280; bei esse 280; Ad- verbia geben ein Urteil über die Handlung 491; pronominale, dienen zur Verbindung der Sätze 351.

Adverbiale Ausdrücke pleonastisch gesetzt 482.

Afrikanisches Latein 474.

Akkusativ, Allgemeines 229; als direktes Objekt 230; der Richtung 230; des in- neren Objekts 231; Inhaltsakkus. 231; Akkus, der Ausdehnung i^ der Zeit 231 ; des Inhalts durch ein Adjektiv im Neu- trum 231 ; in Verbindung mit Substan- tiven 232; Accusativus adverbialis 232; Akkus, bei den Adj. auf bundus 232; nach Adjektiven 232; nach medialen W. des Bekleidens und Entkleidens 232; Accus, graecus 233; Akkus., doppelter 233; prädikativ gebraucht 233; Accus, exclamationis 233; des Ganzen und des Teiles 233; absolutus 258; Akkusative, mehrere bei einem Verbum 233.

Aktionsart der Tempora 333.

Allitteration 485.

Anakoluthe 471.

Analogie bei Neubildung von Wörtern 475.

Anantapodoton 471.

Anaphora 459; A. und Chiasmus verbunden 459.

Angemessenheit der Sprache 472, 476.

Angleichung der Kasus 492; des unpersön- lichen Hauptsatzes an den Nebensatz 471.

Anschluss, relativischer 371, 375.

Apposition 223, 225; Stellung derselben 464; parataktisch (statt Gen.) 225; Ge-

Aufl. 36

562

SaohTerseiohniB bot Uteinischen Syntax und Stilistik.

rundium in der Appos. 225; Appos. zu einem ganzen Satze 226.

Archaismen 198, 475.

Arten des einfachen Satzes 214, 822.

Artikel, Ersatz desselben 445. * Asianismus == neuer Stil 200.

A 8 8 i m i 1 a t i 0 n der Kasus des Relativurns 373.

Assonanz 485.

Asyndeton, formelhaftes 481, 492.

Atticismus = alter Stil 200.

Attraktion 470.

Attractio modorum 365; temporum 367.

Attribut 223; Übereinstimmung 223; ad- jektivisches, Stellung desselben 462 ; zu mehreren Substantiven 224; substantivi- sches 224; substantivisches, Stellung des- selben 464; durch Adverb 224; besteht aus Substantiv und Präposition 224; be- steht aus Substantiv im Ablativ 224; Synesis in demselben 225; pronominales bei der Apposition 225.

Bedingungssätze 410 ff.

Behauptungssätze 214, 322.

Beiordnende Konjunktionen 340 ff.

Beiordnung 339 ff.; der Imperative 339; von Komparativ und verglichenem Gegen- stand 490.

Bezogene Zeitgebnng 265 f.

Briefe, Tempora in denselben, s. Zusätze.

Chiasmus 459; Ch. und Anaphora verbun- den 459.

Christentum, Einfluss desselben auf die Sprache 473, 475.

Comparatio compendiaria 490.

Concessivus coniunctivus 331.

Coniugatio periphrastica 315 f.

Consecutio temporum 366.

Dativus, Allgemeines 243; als indirektes

Objekt 243; bei Substantiva verbalia 244;

possessoris 244; bei mihi est nomen 244;

commodi et incommodi 244; ethicus 245;

der Relation 245 ; auctoris 246 ; praedica-

tivus 246; finalis 247; des Zieles 247;

bei Adjektiven 247; comparationis 254. Dauer der Handlung (Aktionsart) 333. Deklination griecluscher Eigennamen im

Lat. 472. Deliberativus coniunctivus dubitativus

326. Deponentia 338; Part. Perf. Pass. derselben

310. Diminutiva 483. Disjunktive Konjunktionen 347. Distributiva 450. Doppelfrage 324; indirekte 361. Doppelpräpositionen 279.

Eigennamen wie Adjektive gebraucht 224;

Stellung derselben 464. Eigentümlichkeiten im Gebrauch der

Redeteüe 429 ff.

Ellipse des Verbum finitum 215, 489; des Verbums esse 215 f.; des Substantivs, z. B. ad Vestae 235; von potius bei quam 382.

Einfachheit des Ausdrucks 489.

Eintritt der Handlung (Aktionsart) 333.

Ergänzung eines oder mehrerer Wdrler aus korrespondierenden Satzteilen 490; eines positiven Ausdruckes aus einem nega- tiven 490.

Figura etymologica 231, 484.

Finale Relativsätze 370, 372.

Finales ut 404.

Folgernde beiordnende Konjunktionen 350 f.

Fragesätze 322 ff.; 358 ff.; Ergänzongs- fragen 322, 359; Bestätigungsfragen 323, 360; rhetorische Fragen 326; Doppel- fragen 324, 361; missbilligende oder un- willige Fragen 326; Modus derselben 326; indirekte oder Fragenebensätze 358; Modus der indirekten Frage 358 ; mehrere Fragesätze vereinigt 470; Fragesatz und Acc. c. inf. vereinigt 470.

Fragewörter in der direkten Frage 323; in der indirekten 359; Stellung derselben 460.

Fremdwörter im Lat. 472; durch den Ein- fluss des Christentums 473.

F u t u r a , Ersatz derselben im Konjunktiv 366 ; siehe Tempora.

Fülle des Ausdrucks 483.

Gemination 480; asyndetische und kopu- lative 481.

Genera verbi 337 f.; Medium 337; Depo- nentia 338; passiver Infinitiv bei coeptus sum u. ä. 338.

Genetivus, Allgemeines 234; possessoris 234; possessoris in Verbindung mit latus 235 ; possessoris ersetzt durch Pron. poss. 235; possessoris ohne Substantiv 235; definitivus 285; inhaerentiae 235; be- zeichnet den Ausgangspunkt der Zeit- dauer 235 ; obiectivus 235 ; obiectivus er- setzt durch Pron. poss. 236; obiectivus ersetzt durch Subst mit Präpos. 236; subiectivus 236 ; subiectivus ersetzt durch Pron. poss. 236; subiectivus und obiec- tivus verbunden 236; Genetive gehäuft 236; Genetivus quaUtatis 236; qualitatis bei Eigennamen 236 ; qualitatis zu einem zu ergänzenden Nomen 236 ; qualitatis = Adiectivum compositum 236; qualitatis und Abi. qualitatis 237; qualitatis ohne Attribut 237; partitivus 237; partitivva ersetzt durch appositives Verhältnis 237; partitivus bei Adjektiven ohne Quantitftts- begriff 238; partitivus unlogisch 238; partitivus bei Eigennamen 238; partitivus bei mille 238; praedicativus 238; nach Adiectiva relativa 238; nach Partizipien des Präsens 240; nach Verba iudictalia 240; pretii 240; nach Verba des &-

SachTerzeichnia zur lateinisohen Syntax nnd Stilistik.

563

innerns nnd Vergessens 241; nach mi- seret, pudet n. ä. 241; nach Verba in- folge Analogie 241; nach interest nnd refert 242; exclamativns 242; compara- tionis 253, 237; absolutns 258.

Gerundlnm mit Objektsakknsativ 300.

Gernndinm und Gerundivum 298 ff.; All- gemeines 298; im Genetiv 302; im Ge- netiv bei Substantiven 302; im Genetiv bei Adjektiven 304; im Dativ 304; im Akkusativ 305; im Ablativ 305; im Ab- lativ ohne Präposition 305; im Ablativ mit Präposition 306; in der Apposition 225; fttr Infinitiv 286, 305.

Gerundivum attributiv gebraucht 30 1 ; prä- dikativ gebraucht 301.

Gleichzeitigkeit, Ausdruck derselben 365, 366.

Gliederreim (Satzreim) 486.

Gnomisches Tempus 337.

Gräzismen 472; Begriff des Gräzismus 203; gräzisierende Konstruktionen 474.

Hauptsatz 214; unpersönlicher an denNeben- satz angeglichen 471 ; Stellung desselben 465; beim Relativsatz 369.

Häufung der beiordnenden Konjunktionen 351; der Pronomina 482; der Konjunk- tionen 482.

Hendiadyoin 464.

Hilfs verba, Stellung derselben 462.

Hyperbaton 463; Trennung des Adverbs von seinem Adjektiv 464.

Hypotaxe der Sätze 353 ff.

Hypothetische Periode 410.

Imperativus Futuri 332; Negation dabei 333; Imperative asyndetisch zusammen- gestellt :339.

Imperfektum siehe Tempora.

Impersonalia 217; mit folgendem Infinitiv 286; mit folgendem Acc. c. inf. 292.

Indikativ 327 ff.; in prädikativen Phrasen 327; an Stelle des dubitativen Konj. 327; Fnturi an Stelle des Konj. 328; zum Ausdruck einer Aufforderung 328; in Nebensätzen 364; und Konj. in Neben- sätzen 364.

Individuelles Element des silbernen Lat. 199.

Infinitiv 281; Allgemeines 281; = Lokativ 281; substantiviert 281; bei Adjektiven 281 ; bei Substantiven 282; als Ergänzung von Verba 283; nach kausativen Verben 283; nach Hilfsverben des WoUens und Könnens 284; nach unpersönlichen Ver- ben und Phrasen 286; Prädikativum beim Infinitiv 287; Inf. passiv, bei licet 287; mit Akkusativ 287 ; mit Akkus, nach V. des Affekts 288; mit Akkus, nach V. sentiendi und dicendi 288; mit Akkus, nach memini 289; mit Akkus, nach tum dubito und dubium non est 289; des Futurs nach spero, iuro u. ä. 289; mit

Akkus, nach V. des Wollens 290; mit Akkus, nach V. des Beschliessens 290; mit Akkus, nach V. des Bittens, Er- mahnens 290; mit Akkus, nach V. der negativenWillensrichtung 29 1 ; mit Akkus, nach facere u. ä. V. 292; mit Akkus, nach Phrasen, verb. impers. und Adjek- tiven 292; mit Nominativus 293; mit Nominativus beim Passiv der V. sen- tiendi 293; indignantis 295; mit Akkus, nach Pass. der V. sentiendi 295; des Perfekts für Inf. Präs. 295 ; ohne Sub- jektsakknsativ 297; mit Akkus, nach quam 297; mit Akkus, und vorantreten- dem de c. Abi. 297; historicus 334; Fut. Akt. in der Kongruenz 223.

Ingressive Bedeutung umschrieben durch coepi 335, durch incipio 336.

Inhaltsakkusativ 231.

Inkonzinnität 487.

Innere Abhängigkeit der Sätze 364.

Inselnamen auf die Frage wohin? 230; auf die Frage wo? 259; auf die Frage woher? 254.

Instrumentalis 251.

lussivus 331.

Kardinalzahlen, Stellung derselben 464.

Kasus, grammatische 228; lokale 228; ob- liqui 228; synkretistische 228.

Kasuslehre 227.

Kasus theorie, lokalistische 228.

Keltische Wörter im Lateinischen 474.

Kirchensprache 200.

Kollektiver Singular statt des Plurals 432.

Komparation der Adjekti va und Partizipien 437 ff.

Komparationsgrade, Verschiebung und Abschwächnng derselben 440; Steigerung derselben 439 ; K. der mit per und prae zusammengesetzten Adjektive 439.

Komparativ, bei quisque 440; doppelter infolge formaler Ausgleichung 388.

Komparative Adjektiva und Adverbia mit quam 383.

Koinzidente Sätze 368.

Kongruente Sätze 368.

Kongruenz 219; bei mehreren Subjekten 219; hinsichtlich der Personen 222; unterbleibt 222; des Prädikats mit der Apposition 221.

Konjunktionalsätze 375; Verbindungeines Konjunktionalsatzes mit einem Fragesatz 470; asyndetischeAnfügung eines zweiten Konjunktionalsatzes 468.

Konjunktionen, beiordnende 340 f.; kopu- lative 340 f.; adversative 845 f.; dis- junktive 347 f. ; begründende 348 f.

Konjunktiv 329 ff.; = Subiunctivus 329; Einteilung nach dem Gebrauch 329 ; als Optativ 329; als Optativ, Negation da- bei 380; als Optativ für den irrealen Wunsch 331; als Optativ, Einleitung des- selben 331; hypothetischer 331; als lus-

86*

564

BaohyerEeiohDiB zur lateinisohen BynUx nnd Stilistik.

sivus 331; konzessiver 331; als Poten- tialis 332; in Nebens&tzen 363 ff.

Konkrete Snbstantiva statt der Abstracta 432.

Konsekutive Relativsätze 372.

Konstruktion nach dem Sinne 220 f.; ano xoiyov 493.

Konstruktionen, Vereinigung verschiede- ner 469.

Konzinnitfttin parallelen Satzgliedern 487 .

Kopula mit folgender Negation 340.

Korresponsion der Partikeln 344.

Kürze des Ausdrucks 489; durch Ellipse 489 ; in Vergleichungen 490.

Ländernamen auf die Frage wohin? 230;

auf die Frage woher? 255; wo? 255. Lehnwörter, griechische 472. Lokativ 259.

Mannigfaltigkeit der Darstellung 479; durch Wechsel des Praes. hist. und des Perfekts 488; durch Wechsel von Ad- jektiv und Gen. oder Abi. quäl. 488, von aktivem und passivem Infinitiv 488, von Inf. Praes. und Inf. Perf. 488.

Metaphern 483.

Meteorologische Verba 217.

Modi des einfachen Satzes 327; der Neben- sätze 363 f.

Nachzeitigkeit, Ausdruck derselben 366.

Nebensatz, Definition 214.

Nebensätze der oratio obliqua 364; innere Abhängigkeit 364; Stellung derselben 465 f.

Negation der Fragesätze 326 ; der Wunsch- sätze 330.

Negationen 454; Begriffsnegationen 455; Satznegationen 455 ; Aufhebung der Ne- gation 456 ; mehrere ohne Bejahung 456 ; Halbnegationon (t^ix, minus) 457.

Neologismen 474.

Nominativ Kasus des Subjekts 216; = le mot non declin^ 228; absolutus 259; c. infinitivo 293.

Numeralia 450; Kardinatia für Distributiva 451; Distributiva für Kardinalia 450; quintum für quinquies 451 ; Stellung der- selben 464.

Objekt wieder aufgenommen durch ts 218; zu zwei Verben nur einmal gesetzt 490; bei zwei Verba wiederholt 490 ; substan- tivisches Objekt an Stelle einer prä- positionalen Wendung 492.

Objektsakkusativ 230.

Oratio obliqua 298, 375.

Ordinalzahlen, Stellung derselben 464.

Optativus 329.

Ortsadverbien mit Genetiv 237.

Ortsbestimmungen 230, 251, 254,255, 259.

Parataxis(e/ statt cum) 341 ; der Apposition 225; statt Hypotaxis der Sätze 354 f.;

nominale Parataxe zur Umschreibung des Reziprokums 443.

Parenthese 340, 471; mit quod oder id quod 445.

Partikeln 454.

Particula pendens 471.

Partizipien 307 ff.; Arten derselben 307; Häufung derselben 468; Part. Praes. 308; Part. Praes. mit dem Genetiv 240 ; Part. Perf. Pass. 309; Part. Fut Pass. 310; attributiver Gebrauch der Part. 310; prä- dikativer Gebrauch derselben 311; prä- dikativ gebrauchtes Part, nach fado, reddo u. ä. 311; prädikativ gebrauchtes Part, nach verba sentiendi 311; Part. Fut. Akt. prädikativ gebraucht 312; prädikativ gebrauchte entsprechen einem Nebensatz 313 ; entsprechen einem deutschen Verbal- substantiv 313; logische Beziehung zum Satz ausgedrückt 315; Goniugatio peii- phrastica 315; Goni. per. mit Part. Praes. und esse 315; Coni. per. mit Part. Perf. Pass. und esse 316; Coni. per. mit Part Perf. Pass. und habere 317; Coni. per. mit Part. Fut. Akt. und esse 318; Coni. per. mit Part. Fut. Pass. und esse 819; substantiviert 319, 435; bezeichnen den örtlichen oder geistigen Standpunkt bei der Beurteilung 245; verbunden mit einem Fragesatz 470; nachgestellt mit abhängi- gem Objektsatz 468; das zum Acc. c inf. gehörige Partizip richtet sich nach dem Hauptsubjekt 471.

Passivum, unpersönlicher Gebrauch des- selben 217; unpersönliches von Depo- nentia 217.

Perfekt, siehe Tempora.

Periodenbau 465 ff.; Grrundformen der Peri- ode 465 f. ; Entwickelung des Perioden- baus 466; Einteilung der Perioden 468; historische Periode 468 f.

Persönliche Snbstantiva mit Sachsubstan- tiven verbunden 224.

Plural der Abstracta 431; PI. in Bezug auf eine Mehrheit von Personen oder Sachen 431; PI. der Verbalia auf sus und tus 430.

Pluralia tantum 432.

Plusquamperfekt, siehe Tempora.

Positiv bei quisque 440.

Potentialis 332.

Prädikat 214 ff.; kongruiert mit Apposition 221 ; kongruiert mit seinem Nomen 222; Stellung des Prädikats 458.

Prädikativa 226; Adjektive der Zeit 227; multus, nullits 227.

Prädikat! vum, proleptisches 227.

Präpositionen 260 ff.; mit dem Akkusativ 260 ff.; mit dem Ablativ 270 ff.; mit dem Akkusativ und Ablativ 275 ff.; Stellung 277, 463; bei mehreren Nomina 279 ; zwei bei einem Nomen 279; Doppelpräposi- tionen 279.

Präsens, siehe Tempora.

SftohTerzeiohnia znr lateinischen Syntax nnd Stilistik.

565

Prohibitivus 330.

Pronomina 441; personalia als Snbjekts- wort 216; relativa in der Kongruenz 222; demonstrativa in der Kongruenz 222; neutara bei einem Adjektiv 232; reflexiva 441; reflexiva, »uus 442; in reziprokem Verhältnis 442; demonstrativa und rela- tiva 444; indefinita 446; relativa, ver- allgemeinemde 447 ; demonstrativa, Stel- lung derselben 463; Verschwendung im Gebrauch der Pron. 481 ; possessiva, Vor liebe für sie 481; possessiva, verstärkt durch Dat. Pron. pers. 481 ; relativa, Stel- lung derselben 460, masslos gebraucht zur Einleitung der Sätze 489 ; Zusammen- stellungen wie quis iste 491.

Pseudoetymologische figura etymologica 484.

Bei ch tum in der Darstellung 479.

Reim 486.

Reimende Verbindungen 486.

Reinheit der Sprache 472.

Relativsätze mit Konjunktiv 365, 370 ff.; Entstehung derselben 369 f. ; Modus der- selben 369; mit verallgemeinernden Pro- nomina oder Partikeln 371; mit Wieder- holung des Beziehungswortes 371; im Anschluss an eine Apposition 372; finale 372; konsekutive 372; kausale 373; mit Assimilation des Pron. relativum im Kasus 373 ; im Anschluss an ein Adiektiv 374 ; einander beigeordnet 374; relativer An- schluss 375 ; ohne Bezugsmasse 445 ; mit Konjunktionalsatz oder Fragesatz ver- bunden 470.

Reziprokes Verhältnis, Ausdruck desselben 442.

Rhetorik, ihr Einfluss auf die Angemessen- heit des Ausdrucks 476.

Sache für das Urteil über dieselbe 491.

Satz, vollständiger 214; unvollständiger 214; Behauptungssätze 322 ; Behauptungssätze in oratio obliqua 298; Fragesätze 322 f.; Fragesätze in oratio obliqua 298; Auf- forderungssätze 326 ; Aufforderungssätze in oratio obliqua 298; koinzidente Sätze 368; kongruente Sätze 368; Relativsätze 369; Konjunktionalsätze 375; Definition 214; Arten 214.

Satzbau 465.

Satzbeiordnung 214.

Satzlehre 214.

Satzreim (Gliederreim) 486.

Satzteile, Stellung derselben 461.

Satzunterordnung 214.

Schriftsprache 197, 200.

Selbständige (absolute) Zeitgebung 265 f.

Semitische Einwirkung auf die lat. Sprache 474.

Separativus 254.

Subjekt 216; Kasus desselben 216; Stellung desselben 458; Zurücktreten desselben 461; angefügt durch cum 219: ist Pron.

demonstrat. oder relativum 222; noch- mals aufgenommen durch is 218; sub- stantivisches bei der ersten und zweiten Person 217; mehrere Subjekte 219; Sub- jekt des Nebensatzes wurd Objekt des Hauptsatzes 470; Subjekt in den Abi. abs. eingefügt 461.

Subjektlose Sätze 217.

Subjektsakkusativ ausgelassen beim Acc. c. inf. 297.

Subjektswort 216; fehlt bei lü. Plur. 218

Substantiva 429; Mangel daran im Lat 429; abstracta 430; verbalia auf to 430 verbalia mif sua und tue 430; abstracta auf tos 431; abstracta im Plural 431 abstracta in konkretem Sinne 431; ab stracta als Subjekt oder Objekt 432 statt eines Adjektivs 482; im kollektiven Singular 432; Pluralia tantum 432 ; ver- balia auf tor und 8or 433.

Substantivierung der Adjektiva und Par- tizipien 433 ff.

Superlativ umschrieben 438 ; gesteigert 438 ; Abschwächung desselben 440; Vertau- schung mit Komparativ 440.

Supina 320 ff.

Supinum, erstes 320; zweites 321.

Synesis des Numerus 220; des Numerus bei mille 220; des Genus 221; des Genus bei Eigennamen 221; von Genus und Numerus 221.

Synonyma verbunden 480.

Tempora 333 ff. ; 365 ff. ; des Hauptsatzes 333 f.; Präsens 333; Imperfekt 334; Im- perfekt de conatu 335; Perfekt 335; Plusquamperfekt 335; Futurum 336; Futurum exactum 336 ; gnomisches Tem- pus 337; Praesens historicum in der con- secutio temporum 367; Folge derselben in konjunktivischen Nebensätzen (con- secutio temporum) 366 ; in indikativischen Nebensätzen 365; zum Ausdruck der Gleichzeitigkeit 366 f.; zum Ausdruck der Vorzeitigkeit 366 f.; Verstösse gegen die consecutio temporum 368; selbständiger Gebrauch derselben 365, 368 ; bezogener Gebrauch derselben 365, 368; im Brief- stil siehe Zusätze ; Tempusform zum ersten Gliede aus dem Tempus des zweiten Gliedes zu ergänzen 490.

Tumor Africus 474.

Unterordnung der Sätze 353; der Sätze ohne Pronomina oder Konjunktionen 353 ; der Sätze mit Personen-, Modus- und Tempusverschiebung 356; der mit ne ein- geleiteten Sätze 356; der mit ne ein- geleiteten Sätze nach Verba timendi 357; mittels relativer Pronomina und Kon- junktionen 363 ; von Fragesätzen 358.

Verba 451; transitiver Gebrauch derselben 229; unpersönliche 217; transitiva, re-

566

SaohTerzeiohnis zur lateinischen Syntax und Stilistik.

flexiv gebraucht 451; tranaitiva, absolut gebraucht 452; transitiva, medial ge- braucht 452; frequentativa 452; com- posita 452 ; decompoBita 452 ; durch Par- tizipien wiederholt 482; verstärkt durch adverbiale Ausdrücke {ruraus reverti) 482; des Streitens mit Dativ 243.

Verbalia auf tor und sor 433; auf Sita und tu3 430; auf io 430.

Verbalperson enthält Subjekt 216.

Verbum finitum, Definition 214; fehlt 215; für uns ttberflUssig 216; Stellung des- selben 458.

Verbum infinitum, Satzbestimmungen durch dasselbe 281 ff.

Vokativ, prädikativ gebraucht 227; in der Apposition 225.

Vollendung (Aktionsart) 333.

Vorzeitigkeit, Ausdruck derselben 365, 366.

Vulgärsprache, Verhältnis zur Schrift- sprache 197.

Wiederholte Handlung, Ausdruck derselben 364, 396, 408, 414.

I

Wiederholung des Substantivs im Relativ- satze 371; ebendesselben Wortes nach geringem Zwischenraum 488; des Ver- bums im Partizip 482; der Pronomina 482; des SubjekiB beim Infinitiv 482.

Wortarten in der Syntax 214.

Wortformen in der Syntax 214.

Wortfügung 214.

Wortstellung 458; traditionelle 458; ok- kasionelle 458; bedingt durch den In- halt 458; bedingt durch den Wohllaut 460; in der Dichtersprache 464.

Wunschsätze, Negation derselben 330; Ein- leitung derselben 331; irreale 331.

Zahlangaben, appositiv angefügt 225; rund 450; zerlegt 450; genaue 450.

Zeitbestimmungen 256, 259; Ausdehnung in der Zeit 231.

Zeitstufe 333.

Zeugma 493.

Zusammenstellung ungleichartiger Par- tikeln {sed enim) 352.

Lateinisches Wörterverzeichnis zur Syntax und Stilistik

von J. H. Schmalz.

fl, ab, ab»; af 270.

ab mit Ablativ für Abl.instrum.

252; für Abi. comp. 254. abante 279.

abducere mit Dativ 244. abesse mit Akk. 231. abest ut 405. abhorrere mit Akk. 230. abluviitm statt diluvium 475. absente ohne Kongruenz 223. absistere und desistere 453. absistere mit Infinitiv 285. absque 274, 354. abundare mit Abi. 252. abunde mit Gen. partit. 237;

bei Adjektiven 437. abusque als Präposition 274. abusus Part. Perf. Pass. 310. ac = atque 342. ac ne 358.

ac ne . . quidem 455. ac non zur Berichtigung 340. ac si 421. accedit ut 405. accensus und incensus 453. accidii ut 405 ; mit Acc. c. inf .

292. ad 260.

adaeque mit Abi. compar. 254. adaeque ut 401.

adaugeo 454.

adde quod 376.

addecet mit Acc. c. inf. 292.

adducor ut sit verum 491.

adepttis Part Perf. Pass. 310.

adfingunt man dichtet dazu 218.

adhuc 457.

adicio mit Dat. oder mit ad 261.

adicio quod 376.

adiciunt man fügt bei 218.

adigere aliquem ius iurandum 233.

adimere mit Infinitiv 283.

adipisci rerum 241.

adiutare mit Dativ 243.

admisso Abi. abs. 258.

admodum quam 358; bei Ad- jektiven 437.

adnotor mit Nom. c. inf. 294.

adnuere mit Infinitiv 283.

adulteritas für adulterium 475.

adventoria sc. cena 436.

advorsum quam 383.

Aegypti Lokativ.259.

Äegyptum nach Ägypten 230.

aequalis cum 378.

aeque Stellung (Hyperbaton) 464 ; mit Abi. compar. 254.

aeque et 343.

aeque quam 382.

aeque ut 401.

aequum est mit Inf. Perf. Pass.

296; (Indikativ) 327. aequus beim Abi. quäl. 237. aerarium 436. aestus die grosse Hitze 431. affatim mit Gren. pari. 237;

bei Adjektiven 437. affectare mit Infinitiv 284. «y«,ayÄ« beim Imperativ 839. agere iniuriarum 240. aggredio 338. agitare mit Infinitiv 283. agnoscere mit Acc. c. inf. 288. alia Acc. adv. 232. alias 229. alias alias 345. alimento serere 247. aliquis 446; bei Zahlen 451. aliter quam 383; ut 401. alius mit Abi. compar. 254. alius ab 254. alius atque 343. alius quam 383. alii die anderen 449. altei' quam 383. alter und alius 449. alteras alteras 345. alterutrum und alterutro 443. amabunt, ita me di 328.

Lateinisches Wörterrerzeichnis znr Syntax und Stilistik.

567

amare mit Infinitiv 284.

an in direkter Frage 325 ; Her- leitung von atne 825; in einfacher indirekter Frage 360; in der Doppelfrage 324; = aut 348.

an an in disjunktiver Frage 362.

ancillatus 475.

angi mit Acc. c. inf. 288.

animi Lokativ 240.

anne in einfacher indirekter Frage 861; in der Doppel- frage 825.

anntts mit Ordinalzahl, Stel- lang 464.

ante 262; mit Partizipium 814.

ante praedicere 482.

antequam 386.

aperte tecte 492.

apiarium 436.

apparere mit Nom. c. inf. 294.

appellere =■ naves appellere 452.

applicare mit Dat. oder mit ad 261.

aptus qui 372.

apud 261.

artifex mit Gen. Ger. 302.

aapernandus attributiv 301.

aapicere mit Acc. c. inf. 288.

asais Gen. pretii 240.

astante ohne Kongruenz 223.

atf ast 845.

at enim 352.

at vero 352.

atque 842; nach idem 843; nach iuxta 843; nach alius 343; nach contra 343; im Nachsatze 843.

atque atque 344.

atqui 346.

attinet mit Infinitiv 286.

auctor mit Gen. Ger. 302.

auctor 8um mit Acc. c. inf. 292.

audetur dimicari 338.

auscuUare mit Dativ 243.

ausim 380.

aut 347.

autem 346.

autumare mit Acc. c. inf. 288.

arere mit Infinitiv 284.

auxilio (= auxilior) 838.

auxilio arcessere 247.

axungia 475.

fc«//a devincere 231. 2)e;/« Lokativ 260. bellum hellare 231. &en6 bei Adjektiven 437. &i« Septem 451. hunduSj Formen auf bundus 232.

cadere causa 255. eaecus mit Dativ 248. callere mit Infinitiv 285. campt Lokativ 260. cantor« mit Abi. instr. 251. capere für accipere 453. copt/a im Subjekt mit Synesis

221. capsim 829.

capu< 69^ mit Dat. Ger. 804. carere mit Akkus. 243. Cariam, nach Karten 230. caro em«r« 250. Carthagini 260. ca««a f«^ mit Acc. c. inf. 293. causa mit Gen. 249. causa mei 249. cave dicas 355. caveo ut 406.

ceZare mit dopp. Akk. 233. censere mit Acc. c. inf. 290. cernere mit Acc. c. inf. 289. certare mit Infinitiv 284. certum est mit Infinitiv 286;

mit Parataxe 355. certus mit Inf. 282. cetera Acc. adverb. 232. ceteri alii 480. ceterum 346. circa mit Gerund. 805. circiter 268. circumadspicio 454. circum (circa) 267. circumcirca 279. c«rct«wo6f«o 454. circumvehens 808. ci« 265. ct^ra 265. cZam 277. c/am palam 492. clancuhim 277. claresco mit Nom. c. inf. 294. claritudo 431. clericatus 475. c/u«o mit Nom. c. inf. 294. co^t ingressiv 835. co^tV /?€ri 888. coeperunt lapides mitti 838. cogere mit Infinitiv 283. cogitare mit Infinitiv 284. cognoscor mit Nom. c. inf. 294. cognovi in der consecutio tem-

porum 367. comitia decemviris creandis

304. comitiis Abi. temporis 256. commiserescit mit Gen. 241. commodo nicht prädikativer

Dativ 247. commoe^um im Hauptsatze bei

^4om inversum 396. compellere mit Infinitiv 284. comperior mit Nom. c. inf. 294.

complere mit Gen. 252.

componere mit Infinitiv 284.

concedere mit Infinitiv 284.

canceditur mit Infinitiv 286.

concedar mit Nom. c. inf. 294.

cancupiscere mit Acc. c. inf. 290.

eancursiones Plural zu con- cursus 430.

condecet mit Acc. c. inf. 292; mit Infinitiv 286.

condicere mit Gen. 240.

condignus 249.

conducere mit Gerundiv 302.

confidentia est mit Acc. c. inf. 298.

conspicari mit Acc. c. inf. 288.

consuetudo est mit Infinitiv 287.

contemnificus 475.

contemptus 437.

eon^^nä^r« mit Infinitiv 284.

continens sc. t^rra 436.

contingit mit Acc. c. inf. 292.

contingit ut 405.

contra 265.

contra atque 383.

con/ra guam 383.

contrarius quam 888.

contra versum 279.

copta (2a^ur mit Infinitiv 287.

copia «9^ mit Infinitiv 287.

coram 278.

cor(2i prädikativer Dativ 246.

Corinthia sc. ra«a 486.

corporeus und corporalis 436.

eotidie beim Inf. bist 884.

crehro ventitare 482.

credituri die Gläubigen 436.

credulus mit Dat. 248.

cruciari mit Acc. c. inf. 288.

cuhitum ire 322.

cubitu surgere 822.

cuitt«, a; um 234| 235.

cum 272; fügt ein zweites Sub- jekt an 219.

cuncti hotninum 238.

cupere mit Infinitiv 284.

cupidus mit Gen. Gerund. 304.

cupientibus est Ulis 247.

cur als Fragewort 360.

cura est mit Infinitiv 287.

curare mit Inf. Perf. 296; mit Dativ und Akkus. 248 ; mit Gerundiv 302; mit Part. Perf. Pass. 811.

curator muris refiriendis 804.

curatoria sc. actio 486.

d.

damnare mit dopp. Akk. 233. dare mit Part. Perf. Pass. 311 ;

mit Infinitiv 282. de 271; mit Gerund. 806; mit

568

Laieinisohea WörtervereeiohniB zur Syntax und Stilistik.

Ablativ als Ersatz fttr Gen. 285; fttr Abi. comp. 254.

de ab ante 280.

de post 279, 280.

de 8ub 279.

debemur haberi 339.

debeo Indikativ 327.

decessus Part. Perf. Act. 809.

decet mit Dativ 243.

decipi laborum 241.

decretum est mit Inf. 286.

dedecet mit Inf. 286.

dedignari mit Inf. 285.

defendor mit Nom. c. inf. 294.

deinceps beim Partiz. 315.

deinde beim Partiz. 315.

denique begründend 351.

dentes dentiunt 484.

dentiducum 475.

depopulatus passiv 257.

desino, deaitus aum 338.

desipere ntentis 241.

desistere und absistere 453.

desperare mit Acc. c. inf. 289.

deterrere und absterrere 453.

detrahere mit Dativ 244.

dicta dicere 231.

dicunt man sagt 218.

die quinti 259.

dies beim Relativ wiederholt 371 ; mit Ordinalzahl, Stel- lung 464.

dignari mit Inf. 285.

dignus 249.

dignus qui 372.

dignus ut 406.

discessus Part. Perf. Act. 309.

discors mit Dativ 248.

discruciari mit Acc. c. inf. 288.

displicet mit Inf. 286.

dispudet mit Inf. 286.

dissimiUs beim Abi. quäl. 237.

dissuadere mit Inf. 284.

distare mit Akkus. 231.

diurna sc. ac^a 436.

diverstis mit Dativ 248.

rftr«» arar«» 435.

doceor mit Nom. c. inf. 294.

docere mit dopp. Akkus. 233.

dolere mit Acc. c. inf. 288.

doleo restri 241.

<2om» 259.

dominari catholicorum 241.

dontinari mit Dativ 243.

domo 255.

domuitio 232.

domtim 230.

don^c beiordnend 399; &»« 399; «0 /an.((76 als 400; seine For- men 398.

dubito an 360.

dubium non est mit Acc. c. inf. 289; mit quin 422.

ducere mit prädikativem Dativ i 256.

ducere mit Gen. pretii 241.

duo8 ambos 480.

(2um 390; so lange als 390; bis 391; kausal 391; w^nn nur 391; final 392.

dummodo 892.

dummodo ne 892.

cfuinmocfo non 392.

(?um n^ 392.

dum tarnen 392.

dtinc (= dum) 898.

e, eo^, ec 272; mit Gerundiv 306.

ecce beim Akkusativ 234; beim Dat. ethicus 245.

edepol beim Akkusativ 234.

efficio ne und «^ non 406.

egenus 253.

e^ere 252; mit Akkusativ 243.

e?ieu beim Akkusativ 234.

«m beim Akkusativ 234.

emeritus Part. Perf. Pass. 810.

emo ut 405.

en beim Dat. ethicus 245; in direkter Frage 324 ; in in- direkter Frage 360.

enim 349.

enim vero 352.

eniti mit Infinitiv 284.

enotescit mit Acc. c. inf. 292.

eo mit Gen. part. 237; zur Verbindung der Sätze 851.

eo quod 378.

equis viris 492.

erga 269.

ergo 350; mit Genetiv 249.

ergo igitur 352.

erit Potential 328.

erubescere mit Infinitiv 285.

erubescere mit Partiz. 312.

erubescendus attributiv 301.

esse ausgelassen 215; pleo- nastisch 216; mit prädi- kativem Dativ 246; mit Instrumentalis 252; Stel- lung 462.

est eingeschoben 461.

est ut 405.

et = auch 340; nach einem Imperativ 840; adversativ 340; statt atque nach alius 343.

et atque 344.

et autem 352.

et = etiam 340.

et ipse, etiam ipse 341.

et non, et nihil 840.

et ne 358; et ne.. quidem 455.

et que 344.

et neque 344.

et quoque 351.

et vero etiam 352.

et vero 352.

^ntm 349.

etiam ^851.

etiam quoque 351.

etiamsi 419.

£tot 419.

evenit mit Infinitiv 286.

0r«nt^ ut 405.

exadversum 269, 279.

exaugeo 454.

excepto filiabus 223.

excepto hos 223.

excubias ire 229.

excusor mit Nom. c. inf. 294.

exercitus Teile eines Heeres

488. exercens sich übend 308. exigere mit Acc. c. inf. 291. existimo c. Gen. pretii 241. exoptare mit Inf. 284; mit

Acc. c. inf. 290. expedit mit Inf. 286. experiri mit Inf. 284; mit

Gen. 241. expetere mit Inf. 284. expetundus attributiv 301. explere mit Abi. 252. exposcere mit Acc. c. inf. 291. expostulare mit Acc. c. inf. 291. exsequias ire 230. i?2;^ra 266.

extremum est ut 405. extundo ut 405.

/ac venias 855.

fasere opfern 251.

facere mit Dativ und mit In- strumentalis 252; mit Acc. c. inf. 292; mit prädika- tivem Partizip 311.

faeetiae klassisch Plur.tantum 432.

facie Abi. quäl. 250.

facfHs mit II. Sup. 321.

factu 321.

fama est mit Acc. c. inf. 293.

fas est mit Infinitiv 287.

fastidire mit Infinitiv 285.

fatigo ut 406.

fatum est mit Infinitiv 287.

fauior sum mit Dativ 244.

faxim 330.

fere und /W-w« 457.

ferens medial 808.

ferre mit Supinum 321.

ferunt man sagt 218.

fides est mit Acc. c. inf. 293.

fieri potest ut 405.

■ßeri non potest %U 405.

fieri mit Dativ und mit In-

LateiniBohes WOrterverzeiobnis zar Syntax nnd Stilistik.

569

stramentaliB 252; mit prä- dikativem Dativ 247.

fiUus fehlt 234.

fine ifini) als Präpos. 274.

fingere mit prädikativem Par- tizipium 311.

finire mit Gen. pretii 241.

ß ut 405.

fluere mit Abi. instrum. 251.

fiagitare mit Acc. c. inf. 291.

flocei faeere 240.

foras labt 229.

fare 317.

farem 317.

farmidare mit Infinitiv 285; mit Acc. c. inf. 288.

faris als Präpos. 274.

frequens mit Abi. 253.

frui mit Abi. 251.

frunisci = frui 251.

fuger e mit Infinitiv 285.

/u<8«£ ausgelassen 216.

/wn^t mit Abi. 251.

furere mit Inf. 284.

furtum konkret 431.

futurum als Accus, abs. 259.

ftUurus attributiv 310.

gaudere mit Infinitiv 284; mit Acc. c. inf. 288; mit Par- tizip 312.

gentium mit Ortsadverbien 237,

genus eiusmodi 483.

genus, z. B. id genus, omne genus 232.

gesta für res gestae 435.

gestire mit Infinitiv 284.

gladiatoribus Abi. temp. 256.

granarium 436.

gratia mit Gen. 249.

h.

habere mit Infinitiv 283; mit Gerundivum 302; mit Part. Perf. Pass. 317; = se ha- bere 452.

haberi mit Gen. pretii 241.

habitare transitiv 230.

haud 455.

haud nolo ich will nicht 456.

hem beim Akkus. 234.

heu beim Akkus. 234.

hie 444; Stellung 463; in der Eorresponsion 344; in ora- tio obliqua 444.

hie nie 491.

hie als Artikel 445.

hinc in der Eorresponsion 344; zur Verbindung der Sätze 351.

hominem, post h. nach dem Tode 432.

honesta ehrbare Handlungen

434. honestum das sittlich Gute

434. hora mit Ordinalzahl, Stellung

464. hortari mit Infinitiv 284. hostilis, hosticus 436. huc mit Gen. part. 237. humi Lokativ 260.

i.

i nunc 339.

iam in der Eorresponsion 344.

iam ut 403.

iam iam 480.

id aetaiis 232.

id genus 232.

id quod 445.

idcirco zur Verbindung der

Sätze 351. idem mit Dativ 248; ut 40\;

atque 343; et 343. t<2«m fp8« 444. ideo zur Verbindung der Sätze

351. idoneus qui 372. igitur 350. illaudatus 437. «/;« 444; Stellung 463. tV/itc in der Eorresponsion 344. niinc in der Eorresponsion

344. imUo 338.

immaturus mit Dat. Ger. 304. immemor mit Akkus. 232. impense und impendio bei Ad- jektiven 437. imperare ne 357. impellere mit Infinitiv 284. implacatus 437. implere mit Gen. 252. imponere mit Infinitiv 284. tmjt;o9 mit Gen. 239. in 275.

in 60 ^9/ K^ 405. inaccessibilis fUr inaecessus

475. incertus mit Gen. 239. incipio bezeichnet das In-

gressive 336 ; mit Ablativ

255. incircum 279. inclino ut 406. in(;oncu«9M« 437. incoram 273. incurvicervicus 475. ind« zur Verbindung der Sätze

351; in der Eorresponsion \

344. indigere 252. indignus 247. indignus qui 372. indigus 253.

inducere mit prädikativem Par- tizip 311. induor vestem 233. indutui habere 247. inferior mit Dat. compar. 254. inferius 439. in/S^io« ir« 229, 233. i«/ra 267.

in frequens mit Gen. 240. ingratus mit Dativ 248, ingredi mit Infinitiv 284. inicere aliquem manum 233. inimicitiae klass. Plnrale tan-

tum 432. innotesco mit Nom. c. inf. 294. inop8 253.

in^ui^ ohne Subjektswort 218. insidiae klass. Plurale tantum

432. insuper 279. insuper quam 383. intendere mit Infinitiv 284. in^<fr 266 ; mit Gerund. 305 ;

mit Inf. 281. interdum in der Eorresponsion

344. interea dum 483. interest 242. interest ut 406. interim beim Inf. bist. 334. intolerandus attributiv 301. in^r« 266.

inu^i/i« mit Dat. Ger. 304. invenior mit Nom. c. inf. 294, inventio und inventum 430. invicem 442. invictus 437. inmdere 243.

int>i/o mi^i «a^ aliquid 247. ipse 442, 443; Stellung 463. ire mit Infinitiv 282. irritare mit Infinitiv 284. 444; Stellung 463; gehäuft

482. is demum, is vero 218. i«/« 444; Stellung 463. ita zur Begründung 351, i^a atque 343, i^a; i^an^ in direkter Frage

324. itaque 350. itaque ergo 352. iubere mit folgendem Eon-

junktiv 356. iubere ne 357.

itt&ere u^ 406; mit Dativ 243. iudicare mit Acc. c. inf. 288. iudicor mit Nom. c. inf, 294. iuga iungere 231. iungere mit Dativ 243. iustitiae Gesetze 431. iiwat mit Infinitiv 286; mit

Inf. Perf. 296. iuxta 263.

570

Lateinische« Wörterrd^eichnis zur Syntax und Stilistik.

iuxta atque 343. iitxta quam 382. iitxta quod 379. itixtim 263.

I.

Idborare mit Infinitiv 284; mit Inf. Perf. 296.

lahorem impertire mit Dat. Ger. 804.

laetari mit Acc. c. inf. 288.

lamentari mit Acc. c. inf. 288.

Jargiter mit Gen. part. 237.

tatet mit Acc. c. inf. 292.

Latinae sc. feriae 436.

laurea sc. corona 486.

leto mittere 247.

liheri von einem Kinde 432.

liberor mit Nom. c. inf. 294.

Übet mit Inf. 286; mit Inf. Perf. 296.

libet, libitum est 218.

licet f lieitum est 218.

licet beim Partizip 315; ak Konjunktion 8o8; mit In- finitiv 286; mit passivem Inf. 287.

Uquet mit Infinitiv 286.

litterae Latinaey Stellung 463.

locare mit Gerundivum 302.

loci, locorum mit Ortsadverb 237.

locus beim Relativ wiederholt 871.

longe mit Superlativ 250; stei- gert den Superlativ 438; steigert den Komparativ 438.

longum est (Indikativ) 327.

lubido est mit Infinitiv 287.

luctari mit Infinitiv 284.

ludificare aliquem 229.

ludis als Abi. tempoiis 256.

tnaestus sum mit Acc. c. inf. 288.

magis umschreibt den Kom- parativ 438; beim Kom- parativ 439.

magis magis 480.

magno Abi. pretii 250.

tnagnus beim Abi. quäl. 250.

malest as tua 432.

male bei Adjektiven 437.

malo potius quam 482.

malue^'am 327.

manare mit Abi. instrum. 251.

mancipio dare 247.

mandare mit Infinitiv 284.

mani Lokativ 259.

manifestus mit Genetiv 239.

manifestus sum mit Partizip 312.

manuarvus fttt- für 475. |

manum miectio 282. manus teuere mit Dat. 247. mafurtt« mit Dat. Gerund. 304. ' maxime umschreibt den Super- |

lativ 438; beim Superlativ

439. maximus beim Abi. quäl. 250. meditari mit Infinitiv 284. medius beim Abi. ohne in 255. mel et fei 486. meminisse mit Infinitiv 284. memini in der consecutio tem-

' porum 367. memor mit Akkusativ ^82. mentem, venit in mit Genetiv

241. metam facere mit Dat. Ger.

304. metuere mit Infinitiv 285. metuo ne 857. meum est mit Infinitiv 286. meus mihi 481. miUs Kollektiv 432. milia, Synesis des Genus da- bei 221. militia Abi. temp. 256. militiae Lokativ 260. mille Synesis 220; mit Gen.

part. 238. minime Negation 457. minime mirum ohne est 215. minimo Abi. pretii 250. ministrare mit Infinitiv 283. minuere = minui 452. minus Negation 457. mirandus attributiv 301. mirari mit Acc. c. inf. 286. mirum quantum 858. mirum quin 422. misereor mit Genetiv 241. miserescit mit Genetiv 241. miseret 241. miseretur 218. miseria est mit Acc. c. inf.

286. misereor mit Genetiv 241. missum facio 311. mittere mit Infinitiv 285. modo in der Korresponsion 844 ;

wenn nur 892. modo ne 392. modo ut 331. molestia est mit Acc. c. inf.

293. monere mit Infinitiv 284. mors = Leichnam 431. mortuus ein Toter 435. mos est mit Infinitiv 287. movere tribu 255. movere mit Infinitiv 284. mox 457; in der Korresponsion

844. mox ut 408.

muUi facere 241.

mtiltum bei Adjektiven 437;

statt muUo 250. multus prädikativ 227.

naetus passiv 257. nam 848. namque 349. namque enim 352. narrant man erzähU 218. nasci mit Abi. 255. natus mit Abi. 255. nauci, hämo non nauci 240. naucif non nauci esse, habere

240. ne angehängtes Fragewort 323. ne = num 324; = nanne 323. . ,ne an in direkter Frage

824. . .ne an an in indirekter

Frage 862. ne aut aut 347. ne et et 347. , .ne . .nein direkter Frage

325. .. fi« .. ft« in indirekter Frage

862. ne non = ut 456. ne quoque 456. nee = non 455 ; = nicht ein- mal 455. nee nee 844. nee non Stellung 456. nee non et 351. nee non etiam 851. nee non etiam ^851. nee non quoque 851. necdum = nondum 455. necessario eogere 482. necesse est, ut 406. necessum est mit Acc. c. inf.

293. necne 325, 362. nedum 892. neglegere mit Inf. 235; mit

Acc. c. inf. 292. negor mit Nom. c. inf. 294. negotium est mit Acc. c. inf.

293. nemo 448.

nemo quisquam 481. nemo unus 481. neque ctc 344. neque autem 852. fitf^u« et 344. ff^gii« . . que 344. nequitur 339. nescio quis 858. nescio quo pacto 858. ne»<;ir« mit Inf. 285. n^e 858.

nil^i/ moror mit Acc. c. inf. 292. nihil pensi habere 288.

A

/

LateinisoheB Wörterverzeichnis zur Syntax nnd Stilistik,

571

nihil quiequam 481.

nihil reliqui facere 238.

nimio Abi. mensurae 250.

nimium est mit Acc. c. inf. 293.

nimium quantum 358.

nimium und nimio bei Ad- jektiven 438.

ningitur 218.

nisi adversativ 417; zur An- knüpfung eines Substan- tivs an das Subjekt 219; bei der Apposition 225.

nisi und si non 417.

nisi forte 417.

nisi quia 380.

nisi quod 379.

nisi si 417.

nisi ut 404.

nisi vero 417.

nive 419.

nocere mit Akkus. 243.

noctuabundus prädikativ 227.

nolo mit Inf. Perf. 295.

nomen mihi est 244.

non in der Gegenüberstellung des Subjekts 219.

non eo quia sed 380.

non eo quo sed 380.

non eo quod sed 380.

non modo sed 352.

non modo non verum ne . . quidem 353.

non quia 380.

non quin 380.

non solum sed etiam 352.

non tarn quam 382.

nonne in direkter Frage 323; in indirekter Frage 361.

nullum = nihil 448.

nullus 448 ; nullus prftdikaüv 227.

nullus unus 481.

num in direkter Frage 324; in indirekter Frage 360.

num an in direkter Frage 325.

numnam 324.

numquid in direkter Frage 324.

numquidnam 324.

nunc in oratio obliqua 444; in der Eorresponsion 344.

nundinis Abi. temp. 256.

nuntiare mit Inf. 284.

nuntior mit Nom. c. inf. 294.

nuntius affertur mit Acc. c. inf. 292.

o.

ob 264; mit Gerundiv. 305. obest mit Inf. 286. obitus Part. Perf. Akt. 309. oblivisci mit Gen. und Akkus.

241; mit Acc. c. 'inf. 288. obsecrare mit Acc. c. Inf. 290. obstinare mit Inf. 284. oecasus Part. Perf. Akt. 309. occipere (= incipere) 453. occupare mit Inf. 283. odio odisse 484. omnia, Gen. omnium rerum

434. omnium rerum beim Super- lativ 439. omnium optimus 238. onti^^w« mit Gen. 238; mit

Abi. 252. operam dare mit Dat. Ger.

304. operari mit Dat. Ger. 304. oportet mit Infinitiv 286; In- dikativ 327; mit Inf. Perf.

296; mit Inf. Perf. Pass.

296. oppido bei Adjektiven 437. opplere mit Ablativ 252. opsonatu redire 322. optare mit Acc. c. inf. 290;

mit Infinitiv 284. optato Abi. abs. 257. optio eligendi 483. optabile est^ optatum est mit

Inf. 285. qptandum est mit Inf. 285. opus est mit Abi. 252; mit

Inf. 286; mit Nom. c. inf.

294; mit Partiz. 319. orare mit Inf. 283; mit Acc.

c. inf. 290. orbus mit Abi. 255. Orco agere 247. ordiri mit Abi. und ab 255. oro obsecro 492. ortus mit Abi. 255. ostendor mit Nom. c. inf. 294.

pace Abi. temp. 256.

pacem pacisci 231.

pactus Part. Perf. Pass. 310.

paenitendus attributiv 301.

paenitet 241 ; persönlich kon- struiert 218; mit Infinitiv 286.

pdlam als Prftpos. 273.

par beim Abi. quäl. 250; mit Abi. compar. 254.

par cum 273.

par fuit (Indikativ) 327.

parare mit Inf. 284.

parcere mit Inf. 285 ; mit Akkus. 243.

partitus Part. Perf. Pass. 310.

parum mit Gen. part. 237.

parvissimus 477.

parvo Abi. pretii 250.

pateo mit Nom. c. inf. 294.

patrocinium est mit Acc. c. inf. 293.

paucus im Singular 437.

pavere mit Inf. 285.

pendo mit Gen. pretii 241.

penes 263.

per 269, 279.

per quam 358.

perditum ire 320.

peregri Lokativ 259.

pereundus 299.

perficere mit Acc. c. inf. 292.

perhorrescere mit Inf. 285.

periculum est ne 357.

perinde qiMm 382.

periturus 310.

perminimus 439.

permittere mit Inf. 283; mit Acc. c. inf. 292; mit fol- gendem Konjunktiv 356.

permitto ut liceat 483.

permittor mit Nom. c. inf. 294.

peroptimus 439.

perpaucissimi 439.

perpeUere mit Inf. 284.

perpluU 218.

perpluunt parietes 218.

persequi mit Inf. 283.

perseverare mit Inf. 284.

perstare mit Inf. 284.

persuadere mit Akkus. 243; mit Inf. 284; mit Acc. c. inf. 291.

persuasio est mit Acc. c. inf. 293.

pertimescere mit Inf. 285.

pessimorum pessimus 484.

petere mit Acc. c. inf. 290; mit Gerundiv 302.

piget 241.

pili Gen. pretii 240.

pingere mit prädikativem Par- tizip 311.

placendus 299.

placet mit Inf. 286.

plenus 252.

plerumque noctis 434.

pluit 218; mit Abi. instrum. 251.

pluitur 218.

plurimum praestare 250.

plurimus im Singular 437.

pluriores 439.

j7/u« beim Komparativ 439; umschreibt den Kompara- tiv 438.

pollere mit Inf. 285.

pone 262.

poscere mit dopp. Akk. 233.

poscere ut 406.

poscere mit Inf. 284; mit Acc. c. inf. 291.

possidere 244.

possum Indikativ 327.

572

Lateinischea WOrterverzeiobni« sar Syntax nnd Stiliatik.

po8t 262, 385; beim Partizip

315. postea quam und postea quam

385. postquam 385. postquam post 483. p08t quod 379. posterius 489. postridie quam 387. postulare mit Acc. c. inf. 291. postulor mit Nom. c. inf. 294. potestas est mit Inf. 287; mit

Gen. Ger. 302. potestas potest 484. potestur, poteratur 339. potiri 251.

potiSy pote ohne e««« 215. potin ut 405. j90^tt 321. prae 273; fttr Abi. comp. 254;

mit Genind. 306. prae quam 388. prae quod 379. praebere mit Inf. 283. praeceptum est mit Acc. c. inf.

293. praecipere mit Inf. 284; mit

Acc. c. inf. 291. praeclarissimus 439. praeesse mit Dat. Gerund. 304. praeficere mitDat.Gemnd. 304. praefiscini 273. praegestire mit Inf. 284. praenobilior 439. praeopto potius quam 482. praepedire ■= impedire 453. praescribei'e mit Inf. 284. pttiesente nohis 223. praesidio proficisci 247. i?ra«^€r 268, 219. praeterpropter 279. praeter quam 383, 219. praeter quam quod 379. praeter quod 379. praetexta sc. fabula 436. praevenio mit Partiz. 312. precari mit Acc. c. inf. 291. pridie quam 387. ^rtu« ^«^ mit Parataxe 355. priusquam 386. priusquam prius 483. i>ro 273; beim Akkus. 234;

mit Gerundiv. 806; beim

Gen. exclam. 242. i>ro eo ac 343. ^0 gwam 383. procM? 273. prodest mit Inf. 286. prohibei^e mit Acc. c. inf. 291. prohibeor mit Nom. c. inf. 294. prope 263. prope est ut 405. properare mit Acc. c. inf. 290;

mit Inf. 284.

propter 264; mit Partiz. 264; mit Gerundium 305.

propterea zur Verbindung der Sätze 351.

propterea quia 482.

proverbium est mit Acc. c. inf. 293.

provocare mit Inf. 284.

proximior 439.

proximum est ut 405.

puJchra pulchritudo 484.

pudendus attributiv 301; p. dictu 821.

pudety puditum est 218, 241.

jpw(7«/ mit Inf. 286; persön- lich konstruiert 218; mit n. Supinum 321.

pudetur 218.

pugnare mit Inf. 284.

putaram, non 327.

putor mit Nom. c. inf. 294.

qtia bei der Apposition 225.

qxM - qua 345.

quaerere mit Inf. 284.

qualiter = ut finale 407.

quam 381; ohne potius 382; korrelativ zu fam 881 ; beim Positiv 439; beim Super- lativ 489; zur Anknüpfung eines Substantivs an das Subjekt 219; zur Anf&gung eines Acc. c. inf. 297.

quamdiu 387.

quam dudum 491.

quamlibet 388.

quam mox 491.

quam pridem 491.

quamquam 387 ; beim Partizip 315.

quam si 420.

quamvis 388; beim Partiz. 315.

quando 389.

quandone = quandoque 389.

quandoque 889.

quandoquidem 889.

gua^^um zurAnknüpfung eines Substantivs an das Subjekt 219.

quantus und quanti 449.

gi^ar^ als Fragewort 360.

quare ergo 352.

guar« igitur 352.

^wo^i zur Anfügung der Ap- position 222; beim Parti- zip 315; = quam si 420; quasi si 421.

quatenus 409.

que 341; gehäuft 342; adver- sativ 340; Stellung 842; = auch 842. i que ac 843.

que et, Stellung 343.

que que 348.

queantur 339.

queri rerba 231.

qui im Fragesatz 322; leitet einen Wunsch ein 381.

quia 879; bei der Apposition 225.

quianam 349, 879.

quiaproptt-r 379.

quicunque als Fragewort 360; mit Indikativ 371; fort- gesetzt mit qui 371.

quid im Fragesatz 322; als Relativpronomen 869.

quidam 447.

quidquid mit Indikativ 371.

quiescere mit Acc. c. inf. 292.

quin, Entstehung 421; als Konjunktion 422; im Re- lativsatz 423.

quinque dies ein paar Tage 450.

quintum und quinquies 451.

quippe 350; vor kausalem Re- lativ 373; vor quom 397; beim Partizip 315.

quis im Fragesatz 822; als Relativpronomen 869 ; und qui, Unterschied 359.

quis hie 491.

quispiam 446.

quisquam 446.

quisquam unus 481.

quisque als verallgemeinern- des Relativ 871, 447; beim Positiv 440; beim Kom- parativ 440; in der Appo- sitio distributiva 222.

quisquis mit Indikativ 371.

quisquis und quicunque in- definit 447.

quisquis und quisque 8ynon3rm 447.

quisquis ille 491.

quivis unus 481.

quo 428; im Fragesatz 822; mit Gen. partit. 287.

quo facto, qua re, quihus rebus cognitis 357.

quoadusque 409.

quo magis 424.

quo minus 424.

quo setius 425.

quo usque 409.

quoad 408.

quocum 277.

quod Konjunktion 375 ; bei der Apposition 225 ; nach den verba sentiendi und de- clarandi 376; kausal 377; eingeleitet mit ideo, eo, propterea, idcirco, ea gra- tia 377; als Universal-

Lateinisohes Wörterverzeichnis snr Syntax nnd Stilistik.

573

konjanktion 378; = quoad (quad) 409.

quod eins 288, 409.

quod nisi 445.

quod qui 445.

quod 8% 445.

quod utinam 445.

quom 392 ; mit iterativem Kon- junktiv 396 ; adversativnm 397; causale 397; conces- sivum 397; explicativnm 397; inversum 396.

quom interim und interea 895.

quom tarnen 395.

quom tum 396.

quomodo als Konjunktion 407.

quoftiam 897; bei der Appo- sition 225; nach verb. di- cendi 398 ; mit Acc. c. inf . 398.

quotquot mit Indikativ 871.

receptui eanere 247.

recipere = se recipere 451.

recordari de 241.

redamare 475.

reddereimilni. 283 ; mitPartiz. 311.

refert 242.

regnare populorum 241.

reJinquere mit Inf. 283.

reliquum est ut 405.

remedio adhibere 247.

remedium est mit Acc. c. inf. 293.

replere mit Abi. 252.

repandirostrtis 475.

repens bei quom inversum 396.

res beim Relativ wiederholt 37 1 ; mit Attribut, Stellung 468.

restat mit Inf. 286. .

rex regum 484.

ridere mit Acc. c. inf. 288.

rogare mit dopp. Akk. 233.

rogare mit Inf. 284; mit Ge- rundiv 302.

ruhor est mit Acc. c. inf. 293.

rupicapra 475.

rure 255.

ruri Lokativ 260.

rursus reverti 482.

rus auf das Land 230.

sacrificare mit Abi. 251. saepe beim Inf. bist. 334. salrificator 475. sane quam 358. sanguisuga 475. *«/w mit Gen. part. 237. satisfacitur 477. satisfacto Abi. abs. 257.

satius est 327.

«awiTi'um facere = sauciare 233.

8ca2a€ eine Treppe 432.

«(;Wii« f9f mit Acc. c. inf. 283; mit n. Supinum 321.

sceJus in scelere 484.

scilicet mit Inf. 286; mit Acc. c. inf. 292.

scire mit Gerundiv 302.

scius mit Abi. 253.

scribendo adesse 804.

secundum 268.

secundum quod 379.

secundus mit Dat. comp. 254.

secus 268; rirt7<; s, 232.

fion 5^(;u« w^ 401.

sed 347.

«e(2 autem 351.

wrf rero 851.

««£{ enim 352.

semper solere 482.

sententia est mit Inf. 287.

servassim 329.

9t^ ursprüngl. Bedeutung 41 1 ; mit iterativem Konjunktiv 414; nach Schwurformeln, Verwünschungen 415; nach Imperativ 415; nach Part. Fut. Akt. 415; nach V. des Affekts oder Versuches 416; in konzessivem Satze 419; bei der Apposition 225 ; in direkter Frage 324 ; indirekt 361.

8% sie in Korresponsion 411.

si Sit Sit 413.

si non und nisi 417.

si minus 417.

si si asyndetisch 418.

si sive 418; konzessiv 419.

sive ve 419.

si tarn 420.

si mckxime 420.

si modo 420.

si necne in indirekter Frage 863.

si seu in indirekter Frage 863.

si quidem 420.

si tarnen 420.

si vero 420.

Sicyoni 260.

similis beim Abi. quäl. 237.

simul mit Abi. 273 ; beim Parti- zip 315; = simulac 385.

sin 418; sin vero 420.

sine 272.

sine mit Gerund. 306.

singulus im Singular 437.

sinor mit Nom. c. inf. 294.

sive 348, 418.

solvendo non esse 304; ad sol- vendum esse 261.

solvi lege 255.

sortito Abi. abs. 257.

spatium est mit Gen. Ger. 802.

specie Abi. quäl. 250.

sperare mit Acc. c. inf. 289.

spsro ut 406.

spes mit Attribut, Stellung

463. spes est mit Gen. Ger. 302. stabile est mit Acc. c. inf. 293. statim beim Partiz. 315. stcUim quam 387. statim ut 403. studere mit Dat. Ger. 304; mit

Acc. c. inf. 290. Studiosus mit Gen. Gerund.

304. Studiosus Studiorum 484. stulte stüUus 484. stultitia est mit Inf. 287. stupere mit Acc. c. inf. 288. suadere mit Inf. 284; mit Acc.

c. inf. 291. sub 276.

subigere mit Inf. 283. subinde 457.

subito bei quom inversum 396. subolet mit Inf. 286. subtus 276.

successus Part. Perf. Akt. 309. sudare mit Abi. instrum. 251. sufficit mit Inf. 286 ; mit Acc.

c. inf. 292. summus beim Abi. quäl. 215. sunt qui mit Indikativ 372. super 276.

super mit Gerund. 306. superadduco 454. superest mit Parataxe 355. 8u/)^ »<2 ^uod 879. superimpono 454. 9i«p«r ^am 383. super quam quod 379. suppetias ire 230. supplicare mit Akkus. 230. supputare mit Gen. pret. 241. «M^ra («wper«) 267. supra quam 383. «tir^um deorsum 492. suscipere mit Inf. 284; mit

Gerundiv 302. 9u^^an«t<« mit Akkus. 229. in suspicione sum mit Nom.

c. inf. 294. in suspicionem venio mit Nom.

c. inf. 294. sustinere mit Inf. 284. suus sibi 481.

t.

tactu 321. taedet 241.

tam, Stellung (Hyperbaton) 464.

574

Lateinisohes WOrteirerzeichnifl snr Syntax nnd Stilistik.

tarn quam 381.

tarnen 420.

tametaij tamenetsi 419.

tametsi tarnen 482.

tatnquam 384; beim Partizip

315; bei der Apposition

222. tantum quod 379. tantum ahest ut ut 404. tantus und tanti 449. tantus beim Abi. quäl. 250. tantulo Abi. pretii 250. taxare mit Gen. pretii 241. temnendus attributiv 301. temperare ne 357. temperi 259. temptare mit Inf. 285. tempus est mit Inf. 287; mit

Gen. Gerund. 302. tenef'e mit Part. Perf. Pass.

318. tenere se mit Abi. 251. tenus 274. ter quaterque 450. terrae Lokativ 260. terrarum mit Ortsadverb 237. tertium est ut 405. testis sum mit Acc. c. inf. 292. timere mit Inf. 285; mit Acc.

c. inf. 288. timeo ne 357. timeo ut {ne non) 357. totus mit Gen. 235; im Abi.

ohne in 255. totus und toti 449. tradere mit Gerundiv 302; mit

Inf. 283. trador mit Nom c. inf. 294. tradunt man überliefert 218. trans 269. triumphare mit Acc. c. inf.

288. tresviri reipublicae constituen-

dae 304. turpitudo est 247. tum temporis 238. tum tum 344.

vhi im Fragesatz 322; als

Konjunktion 407. übicumque 407. ubi primum 408. ii&ii<2)t mit Indikativ 371. uUra 265. u/^ra quam 383. wZ^ro cjVro 492. ultum hortor ^l\. unde im Fragesatz 322.

undecumque 371.

universi omnes 480.

wniM, uftMT omnium beim Superlativ 439.

wtiM« mit Gen. part. 238.

urgeo mit Acc. c. inf. 290.

usque als Präposition 274 ; als Konjunktion 409.

usus Part. Perf. Pass. 310.

usus est 252; mit Acc. c. inf. ! 293; mit Partizip 319.

usu venit ut 405.

ut, Konjunktion, Entstehung 400; Konjunktion, relative Bedeutung 401; in der Parenthese 402; zur Be- zeichnung des Standpunk- tes in der Beurteilung 402 ; relatives, ohne Verbum 402 ; temporale 403; consecuti- vum 403 ; condicionale404 ; finale 404; finale, Negation darnach 405; in Ergän- zungssätzen 405; explica- tivum406 ; nachVerba sen- tiendi 406; nach spero, minor, iubeo 406; nach dignus 9um406; nachVerba timendi 357 ; zur Anfügung der Apposition 222; mit Gen. partitivus 237; beim Partiz. 315; leitet Wunsch ein 330 ; vor kausalem Re- lativ 373; vor qwm 397.

uiut und uiquomque, Bedeu- tung und Konstiuktion 403.

iUut mit Indikativ 371.

ut ita 401.

ut ne 404.

ut qui mit Superlativ 402.

ut quid? 405.

ut quisque 402.

vi quisque ita (perinde, proinde, exinde) 402.

ut quam mit Superlativ 402.

ut si 421.

utcumque mit Indikativ 371.

uier im Fragesatz 322.

uterque 448.

utilis mit Dat. Ger. 304.

utinam 331.

utinam ne neve 331.

utor 230, 251.

utpote vor kausalem Relativ 373; vor quam 397; beim Partizip 315.

utrum an in direkter Frage 325; in indirekter Frage 361.

utrumnam 325.

utrumne an in direkter

Frage 325; in indirekter

Frage 862.

vacat mit Inf. 286. vae beim Akkus. 234. valde bei Adjektiven 487. vagere mit dem Inf. 285. validus mit Dat. Ger. 304; mit

Abi. 253. vehementer bei Adjektiven 437. vehi mit Abi. instrum. 251. vel beim Superlativ 438; vel

347. velor Caput 232. velut «t 421. veneror ut 406. ventis remis 492. venturus 810. vereor, veritum est unpersGn-

Uch 218. vereor ne 357. vereri mit Inf. 285. vereri mit Gen. 241. verbis verberare 484. veritates Wahrheiten 431. versus (Präpos.) 269. vertere mit prädikativem Dat.

246. vero, verum 346. verum vero 351. verum enim vero 352. vescor 251. Veto ne 357.

non vetari quominus 424. via est mit Gen. Ger. 302. viatoria sc. pecunia 736. videlicet mit Acc. c. inf. 290. Video ut 406. videre fOr providere 453. vili emere 250. vineere mit Inf. 285. vis mit Attribut, Stellung 463. vitam vivo 229. Visum est ut 406. vitam vivitur 231. vitare mit Akkus, und Dat. 243. Vitium est mit Inf. 287. vix Negation 457. vix bene im Hauptsatz bei

quom inversum 396. volenti mihi est 247. volo mit Acc. c. inf. 290 ; mit

Inf. Perf. 295. volup est mit Acc. c. inf. 293. voti damnari 240. voti liberari 240.

C H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung Oskar Beck in München.

€oe6en etf^ienen:

ie mtkn mx mittler k^ <f)M^?

t)on

Dr. Hbolf l^attl^ias,

^ot)tn3iaIfd^uItat in ^oMenj.

14 Sogen. 8«>. ®cl^. 3 c^ Sn Seiniüanbbanb 4 JL

3nljalt: L IDem gilt biefes 8u(^ bes (Slücfs? II. Unfer (Slürf unb itnfcrc Stenuttfl; 3um feben unb 3u unferer gcit. HI. (Slücfsbegrijf unb (ßlürfsempflnbung. IV. <Släd unb (Cemperament. V. (ßlüd unb Stimmungen. VI. Unfer <5Vnd unb was bie ieüie fagen. VII. (Sind nnb fonüentioneüe formen. - VIII. (Slüd unb UTobe. IX. <5Iücf unb iJamilie. X. Das (Slücf unb bie ^Jrauen. XI. <5Iäcf unb (gefeüigfeit. (Einfamfeit unb <5emeinfQmfeit. Xn. (Slücf unb Pienjiboten. - Xin. (Slfid unb 2lrbeit. XrV. ÖIncf nnb Befife. - XV. (Slücf unb Bilbung. XVI. (Slücf unb Hatur. XVn. (Slücf unb Hetfen. ~ XVIH. (Slücf unb (Slaube. - XIX, (Slücf unb feib. - XX. (Slücf unb (Eob. XXI. Suchen unb S'mben.

®leid^3etttg gelangt aut Sudgabe:

Mit nitf^tn mix nnfem M^ lieniamiu?

Dr. JlHolf ptatt^ia«,

^roüinaialfd^ulrat in Aoblenj. Sritte ttntieviii^rTte Hitfl«ge*

274 @. »rod&. 3 .M, geb. 4 Jk

Sud bec SBottebe: ^^df^d nannte ben jüngften unb (iebften ©o^n 3afobS IBemOni, ben Sd^merjendfol^n, ahn fein 9)ater l^ieg i1)n SBen^^amin, ben @IücCdfo^n. ©o ift jeber ©o'^n ein 95en*Dni, fo longe bie ©orge um fein SGÖerben er^iel^enber Altern ^erj erfüllen, ed foUie aber jeber SBen^Oni ein ^en>3[amin, ein ^lüdtdfol^n, toerben burd^ gute unb gefunbe ^aie^ung. ^a^u mbd^te biefed SBüd^lein beitrogen.'

Su3 ber gfüUe lobenber Sefpred^ungen, bie baS äBerfd^en erfal^ren "^at, feien nur einige {)auptftellen l^ertoorge^oben. Oberfd^ulrat Dr. ti. fSamltt^'&oi^a („@otl^aifd^e 9{euefte ^a^-- rid^ten'): v^adSud^ entl^ält einen reid^en @d^a^ eraie^^M^er 2BeiS(eit in anmutenbfler gform." @e^. 9lot BenU („ÄarUru^er Seitung") rül^mt, bog l^ier ,burd^aud t)ortreff lid^er Äat* ficife finbe »für aö^l^^eid^e rec^t toid^tigc fragen, bie feinem (glternpaar erfpart bleiben." ?rof. 5rleWil| ^Juttlfeit („^off. 3tg.''): ,6in SBud^ Doli gefunben ÜRenfd^enPerftanbed unb fd^Ud^ter SBeidl^eit, üoll ernflen @inne8 unb guter Ißaune." (S^^mn.^^ir. Dr. fttetff|lltMll („Sanaiger 3»iung'): .2)03 ift eben bad $räd^tige an bem ^ud^e: ed p!}ilofopl^iert unb tl^eoretifiert nid^t, e3 trögt nid^t öerttJÄfferte Sil gemeinl^eiten bor, fon* bem in bunter 9lei^e unb gftillc bringt ed SBilbcr au8 ber Söirllid^« feit Slled i{l fo fc^lid^t toie eS toa^r ift."

C. H. Beck'sche Verlagsbnchhandlimg Oskar Beck in München.

SBot fur^etn ift erfc^ieneii:

, >^ Sein Ceben un5 feine IDerfe

fh0. Dr. HIB. BieIf*0tti0fes,

i 3" S^J^^ Bänbeit.

Crftcr San6. 3>^^i*^ iluflage. ZTlit Oelgrapüre.

33 B09. 3n (eintDanbbanb 6 c/^; in ^albfalbleberbanb 8 «J^ == Set n. Suttb etMeint im 3a|te 1900. ==^ ^ud ber pQe beifäUiget Uttetle: gfriebt. 6)^M|agrit: »(Sd ifi einSabfal oufein äBerl litteiattf(!^er ®eIe|tfoin{eit ^u ftogen, beflen iSetfoffet ftd^ Qi\% (Setfled^ unb'@eeIent)ertDanbter bed ^t^terd auf jeber Seite legitimiett." $rof. Mts ftodi etlläri bie Siograpl^ie füt mufler^aft. $rof. 6- ttitft^MH: .S)a3 trefflt^e SBerf gel)ött 3U ber geringen ^Injal)! berjenigen Sebendbefd^retbungen, bie il)re gelben bem Sefer in boller SebenSgrdge mit i^raft unb Snmut üorfü^ren/ $rof. Dr. SieJerf: ,5Der SBerfaffer öerpel)t e3 in ber ©eele be8 S)id^terg ju Icfen*. $rof. Ctto i^attlttdt: .,193ieIfd^otodI^ l^at bie (Sinl^eit bed <S^ara!terS, bie groge 9lot« loenbigfeit, toeld^e in feinen $Bett)Öttgungen maltet, erfannt." !Prof. H. iPilt Seilen: ,^er @nth)i(!lungSgang ®oet^ed ifl nod^ in feiner ^iograp^ie fo ))er* ft&nbnidboTl befftod^en toorben.' Dr. Sftait} SerliMiS: ,$en (S^eifl bed IBud^e^ i(|at man begriffen, aud^ toenn man nur bie Einleitung gelefen l^at. <Sd ift t>on (Soetl^e bur^fdttigt.' Dr. mlbeTt ®eftler: »Ein feltened, ein groged SBerf.'* John G. Robertson: ,Di< stinctly the best story of Goethe's life.*

SBetle Unit Jtttgufl $j>erf:

3n 4. tllgage erfd^ienen:

©eftöü&ten Xixisx 3Bilber

aus 6cm £eben eines (Emigrantengefc^Iedjtes.

%t% S Ji bO ^ ®eb. 4 ^ 50 ^

a)3m» ■►♦ €in neuer I^tfiorifdjer Homan -H- »■<^

@inc Sichtung. 3it)et S3änbe. ©leg. ge^. 10 ^, geb. 12 Jk

Ein {)iftorifd^er 9toman, ber im 3etta[ter ^aifer 9lubolfd l?on ^ab^burg unb ^önig Dtto> farä in bem Don beutfc^jem Urabel folonifterten Söl^men fpielt. %n^ ben SBefpred^ungen: ^einvidl i^art („S3e(f). u. mal ^onatl^efte"): „@$ gibt toenige 9lomane, bie man bem beuifc^en ^olfe aU ein |>augbud^; Don ©efd^lec^t ju ®efd^led^t au Dererben unb im t)äudlirf|cn Greife toieber unb toicbcr ju Icfen unb ^u »befpred^en* em^)fel^len fann. 3)ie »©öl^ne bed |)errn SBubitoo}' finb ein fold^eä S5ud^; jebem, ben Sungen toie ben^Iten bietet ti titoai, unb fein^c^a^ an bid^terifd^er, nationaler unb feeli^ fd^cr 5lnregung ifl fo leidet nid^t auSaufc^öpfen/ Wtx Sdrtetg (»Äreuaaeitung") : ©eit Äonrab gferbinonb aWc^cr l^ot fein Erjdtiler fo anfd^aulid^ unb tief in eine toeit entlegene S^it ein» aufü^fren Dcrmod^t." $roö.=©d6ulrat 9Ratt|iad^6oblena: »3)ie ganae ftnnlid^e SRad^t flangüott beraufd^enber ©prac^e üerbinbct fid^ mit tiefen unb fc^önen ©eban!en, benen nad^a^benfen fittlidfte Erquidfung bringt, unb bie e3 toert finb, Eigentum be§ bcutfd^en ^oufc8 a" toerbcn.*

m §<tn^.

<ßct|. 3 ~4S 50 ^; eleg. geb. ^ eJ^ 50 ^

,Einc norbifd^e Ob^ffee ... in pröd^tigen SBerfen unb tieffinniger ©prod^e, bit ge^eimmg> Don toie bie (Segenben, bie fic befingt, an unfcr D^r unb unfere ^l^antafic ftd^ toenbet. Dr. M. WutHia« („3)üffelb. atg.-). „gSerfldnbniS unb Siebe für |)elbengrö6c l&at ben 3)t(^ter bcgciftert unb eine grofee, ibeale SQBeltanfd^auung ifl ber ^intergrunb, Don bem fid^ feine gelben abgeben." (»6l)riftlid^c SCÖelt.") ~ „Ein SDßere Don ]&oI)er poctifd^er Ihaft, Don reid^em (Semüt unb pl)iIofopl)ifd^er SCiefe." („ßcipaiger Leitung.") - SW it bicf cm ©angc bctofttirt ftd^ ©perl als ein gottbegnobctcr S)id§ter, ber bie Don feinem gelben im. ^eraen getragenen 3beale in ber eigenen SBrufi empfinbet unb if^ncn einen bcgeifterten unb formDottenbeten STuSbrudf Derlei^t.* („ÜJlünd^. 9fJeuefle «Rad^r.*)

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