Handbuch ? 3... der pathogenen Mikroorganismen Unter Mitwirkung von Medizinalrat Dr. Rudolf Abel, Berlin, Prof. Dr. Axenfeld, Freiburg i. B., Prof. Dr. V. Babes, Bukarest, Prof. Dr. M. Beck, Berlin, Privatdozeut Dr. Blumenthal, Berlin, städt. Ober -Tierarzt Bongert, Berlin, Professor Dr. O. Busse, Greifswald, Prof. Dr. G. Cornet, Berlin, Stabsarzt Privatdozeut Dr. Dieudonne, Würzburg, Dr. F. Doflein, München, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Dönitz, Berlin, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Ehrlieh, Frankfurt a. M., Prof. Dr. van Ermengem, Gaud (Belgien), Prof. Dr. Th. Eseherich, Wien, Privatdozent Dr. E. Friedberger, Königsberg i. Pr., Tierarzt Glage, Hamburg, Dr. E. Gotschlich, Alexandrien, Prof. Dr. M. Hahn, München, Prof. Dr. Armauer Hansen, Bergen, Stabsarzt Dr. Hetsch, Berlin, Prof. Dr. Hofer, München, Prof. Dr. C. O. Jensen, Kopenhagen, Tierarzt Dr. Joest, Stettin, Prof. Dr. Kitt, München, Prof. Dr.W.Kolle, Berlin, Reg.-Rat Prof. Dr. H. Kossei, Berlin, Dr. O. Lentz, Berlin, Prof. Dr. von Lingelsheim, Beutheu (Oberschlesien), Dr. Lipstein, Frankfurt a. M., Stabsarzt Prof. Dr. Marx, Frankfurt a. ^L, Prof. El. Metschnikoff, Paris, Dr. Arthur Meyer, Berlin, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. A. Neisser, Breslau. Prof. Dr M. Neisser, Frankfurt a. M., Dr. F. Neufeld, Berlin, Prof. Dr Nocard, Alfort, Dr. C. Oppenheimer, Berlin, Prof. Dr. Ostertag, Berlin, Prof. Dr. Paltauf, Wien, Dr. J. Petruschky, Danzig, Prof. Dr. M. Pfau.ndler, Graz, Dr. H. C. Plaut, Hamburg, Prof. Dr. Preisz, Budapest, Dr. S. von Prow^azek, München, Marine-Oberstabsarzt Dr. Reinhold Rüge, Kiel, Prof. Dr. Schlegel, Freiburg i. B., Privatdozent Dr. Scholtz, Königsberg, Prof. Dr. Sobernheim, Halle a. S., Prof. Dr. A. Wassermann, Berlin, Hofrat Prof. Dr. Weichselbaum, Wien, Prof. Dr. Wernicke, Posen, Dr. WladimirofF, Petersburg, nebst mikrophotographischem Atlas, zusammengestellt von Prof. Dr. E. Zettnow, Berlin, herausgegeben von Prof. Dr. W. Kolle und Prof. Dr. A. Wassermann iu Berlin Zweiter Band. Mit 1 Tafel und 60 teilweise farbigen Abbildungen im Text. Jena Yerlag von Gustav Fischer 1903. Inhaltsverzeichnis. Seite I. G. SoBERNHEiM, Milzbrand. (Mit 7 farbigen Figuren im Text) ... 1 IL G. CoRNET & A. Meyer, Tuberkulose. (Mit 6 farbigen Figuren im Text) 78 III. G. A. Hansen. Lepra. (Mit 2 farbigen Figuren im Text und 1 Tafel) 178 IV. F. Neufeld, Typhus 204 V. 0. Lentz, Dysenterie 309 VI. Th. Escherich & M.Pfaundler, Bacterium coli commune. (Mit 2 farbigen Figuren im Text) 334 VII. A. DiEUDONNE, Pest. (Mit 9 Figuren im Text) 475 VIII. Th. Kitt, Septikämie der Vögel (Hühnercholera). (Mit 1 Figur im Text) 543 IX. Th. Kitt, Septicaemia haemorrhagica s. pluriformis 559 X. V. Lingelsheim, Tetanus 566 XL Th. Kitt, Rauschbrand 601 XII. C. 0. Jensen, Malignes Oedem. (Mit 4 Figuren im Text) 619 XIII. VAN Ermengem, Die pathogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. (Mit 4 Figuren im Text) 637 XIV. C. 0. Jensen, Bradsot. (Mit 2 Figuren im Text) 685 XV. C. 0. Jensen. Die vom Nekrosebacillus (Bacillus necroseos) hervor- gerufenen Krankheiten. (Mit 8 Figuren im Text) 693 XVI. A. Wladimiroff, Rotz 707 XVIL M.Beck, Diphtherie. (Mit 6 Figuren im Text) 754 XVIII. J. Petruschky, Die pathogenen Trichomyceten. (Abbildungen im Atlas Tafel V, Fig. 149-153) 832 XIX. M. Schlegel. Aktinomykose. (Mit 9 Figuren im Text) 861 Sachregister 918 3f *äi j^ . ; : ) Milzbrand. Von Dr. G. Sobernheim, Privatdozüiit in Halle. Mit 7 farbigen Figuren im Text. I. Historisches. Der ]\Iilzbrnnd zählt zu den seit ältesten Zeiten bekannten Infektions- krankheiten. Schon in der Bibel (2. Buch Mos., 9, 3—10) wird von einer Seuche berichtet, welche man als Milzbrand zu betrachten pflegt. Es starben, Avie es dort heisst, den Egyptern Pferde, Esel, Kamele, Ochsen und Schafe, und auch Menschen wurden von den »bösen schwarzen Blattern « heimgesucht. Bei griechischen und römischen Schriftstellern finden wir ähnliche Andeutungen, und die Angabe Homers (Ilias, 1. Buch), dass im griechi- schen Heere bei der Belagerung von Troja zuerst Maultiere, dann Hunde und schließlich Menschen von der Seuche befallen wurden, wird ge- wöhnlich auf den Milzbrand bezogen. Sexeka (Oedip.) und Ovid (Metam., VII) beschreiben gleichfalls milzbrandartige Erkrankungen. Nach Plinius (Hist. nat., Lib. 26) war der Milzbrand in dem narbonen- sischen Gallien einheimisch und wurde von dort im Jahre 164 n. Chr. zuerst nach Italien eingeschleppt. Zwei Konsuln, Kufus und Bassus, sollen an Milzbrand gestorben sein. Von den arabischen Aerzteu wurde dann in späterer Zeit der jMilzljrand des Menschen zum Gegenstande genauerer Untersuchungen gemacht und als »persisches Feuer« beschrieben. Allmählich gewann der ^Milzbrand in den folgenden Jahrhunderten immer mehr an Umfang und Bedeutung, trat sehr häufig in Form von Epidemieen auf und verbreitete sich wiederholt in Seuchenzügen ül)er die meisten Länder und Erdteile. In den Jahren 896 und 992 wurde fast ganz Europa heimgesucht, Binder, Schafe und auch Schweine fielen massenhaft der Seuche zum Opfer. Während der Epidemiejahre 1375/7() hatte namentlich Siiddeutschland sehr schwere Verluste zu beklagen, die ganz besonders das Wild betrofien haben sollen. Aus dem 16. und 17. Jahrhundert sind weitere verheerende Seuchenzüge bekannt ge- worden, und nach Athanasius Kiroiier (Scrutiu. pest. , Ptom 1658) llandliucli der pathogenen Mikroorganismen. IL 1 2 Gr. Sobemheiin. wurde im Jahre 1617 eine Krankheit, die zunächst die Ochsen befiel, in ausg-edehntestem Maße auf den ^Menschen ül^ertrageii. so dass schließlich 60000 Personen daran zu Grunde gingen. Genauere Beobachtungen und ^Mitteilungen über die Verbreitung des Milzbrandes stammen erst aus dem 18. Jahrhundert (Will, Chabert u. a.), doch kann es kaum einem Zweifel unterliegen, dass vieles von dem, was als Milzbrand damals und selbst noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts bezeichnet und beschrieben wurde, in Wirklichkeit nichts mit der von uns heute als Milzbrand anerkannten Aftektion zu thun hatte, dass vielmehr der Name »Milzbrand eine Sammelbezeichnung für eine Reihe der verschiedensten Tierseuchen darstellte. So finden wir Namen wie Milzseuche, ]\lilzfieber, brandiges Blut, gelber Schelm, schwarze Blatter, Sommerseuche, Beulenfieber, Sumpffieber, Beuleu- pest u. s. ^Y., und in Frankreich sprach man noch bis vor ca. 50 Jahren als gleichbedeutend von charbon apoplectique, fievre charbonneuse, charbon symptomatique, charbon benin, emphyseme charbonneux, sang de rate, fievre splenique etc. (Heusingek, W. Kocii, Pütz). Der entscheidende Fortschritt datiert von der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Erst mit dem Augenblick, als die Ursache des Milzbrandes in einem wohl charakterisierten Lebewesen aus der Klasse der Bakterien erkannt war, sah sich l)egreifliclierweise die gesamte Milzbrandforschung auf eine gesicherte Grundlage gestellt und in die Möglichkeit versetzt, über Art der Verbreitung, Austeckungsweise, Mittel zur Bekämpfung u. s. w. zu wohlbegTündeten Anschauungen zu gelangen. II. Allgemeines über Vorkommen des Milzbrandes. A. Geographische Verbreitung. Der Milzbrand kommt fast in allen Ländern und Erdteilen vor. In Europa sind es namentlich die östlichen Länder, die am meisten befallen werden, ganz besonders Eussland. Bekannt sind die Verheerungen, die daselbst in den Jahren 1864 — 1866 durch die »Sibirische Pest« an- gerichtet wurden und auch Tausende von ^lenschen zum Opfer forderten. Die von der preußischen Eegierung zur Ermittelung des Charakters der fraglichen Seuche dorthin gesandte Kommission stellte fest, dass es sich tun nichts anderes handelte als um Milzbrand. Im Jahre 1864 sollen allein 72000 Pferde gefallen sein, und in den Jahren 1864/70 gingen im Gouvernement Nowgorod über 65000 Pferde, Kühe und Schafe, sowie 528 Menschen an Milzbrand zu Grunde. Von anderen Gebieten, die besonders unter Milzbrand zu leiden haben, sind dann die unteren Donauländer zu nennen, ferner rngarn, Galizieu, Böhmen, Frankreich und Deutschland. Bei uns sind die oberbayrischen Alpen, sowie Thüringen und die Provinz Sachsen in erster Linie als Milzbrandgegenden hervorzuheben. Der Milzbrand tritt außerdem, wenn auch seltener, auf in England, Dänemark, Schweden, Spanien, Italien, und von außereuropäischen Ländern in Amerika, Afrika, Persien, Ost-Indien, China u. s. w. Dass er auch in Australien heimisch ist, wurde durch die Ermitte- lungen von LoiR, Gkumond ^.K: ILxds festgestellt, welche zeigten, dass Milzbrand. eine bis dahin ihrer Natur nach unbekannte und jährlich ca. 300000 Hammel hinraffende Seuche ^lilzbrand war. Wenn sich auch nicht leugnen lässt, dass au manchen Stellen im Laufe der Jahre sich ein Rückgang- der Milzbrandsterblichkeit bemerkbar gemacht hat, eine Thatsache, die mit der größeren Aufmerksamkeit, verbesserten Futteruugsverhältnissen , allgemeinen hygienischen Matl- nahmen und erfolgreichen Schutzimpfungen zu erklären ist, so darf man auf der anderen Seite sich Ul)er den Umfang dieses Rück- ganges keinen Täuschungen oder allzu optimistischen Auffassungen hin- geben. Eine genauere Nachforschung wird vielmehr erkennen lassen, dass auch heute die Ausl)reitung des Milzbrandes in den verschiedenen Ländern eine recht erhebliche ist und zu sehr bedenklichen epidemischen Ausbrüchen zu führen pflegt. Im besonderen scheint es, als ob bei uns in Deutschland von einer sehr nennenswerten Besserung in der angedeuteten Hinsicht kaum die Rede sein kann. Den statistischen Angaben ist Avohl nach übereinstimmender Ansicht erfahrener und zuverlässiger Beurteiler ein entscheidender Wert nicht beizumessen, insofern, als die Anzeigepflicht zwar gesetzlich vorgeschrieben ist, in Wirklichkeit aber nur in höchst unvollkommenem Maße ausgeübt wird. Abgesehen von den durch äußere, hier nicht näher zu erörternde Verhältnisse bedingtei; Schwierigkeiten in jedem Falle den Milzbrand als solchen sicher festzustellen, haben die Viehbesitzer kein Interesse, derartige Krankheitsfälle zu melden, solange sie sich damit nur unangenehmen und lästigen Folgen aussetzen, nicht aber eine Entschädigung für Milzbrandverluste erhalten. Eine solche wird zur Zeit in Deutschland nur für Rinder in einigen wenigen Ländern und Provinzen, für Schafe überhaupt nicht gewährt. Einige statistische Aufzeichnungen mögen hier Platz finden. Deutschland erkrankten in den Jahren 1886 — 1890 an Milz- in braud 11000 Rinder, 2400 Schafe, 327 Pferde, 197 Schweine, 19 Ziegen mit einer Sterblichkeit von 96 — 97^. Im Jahre 1899 betrug die Zahl der Milzbrandfälle im Deutschen Reich: 3678 Rinder, 307 Schafe, 282 Pferde, 61 Schweine, 6 Zielen. in Russland: 42 289 Milzbrandfäll e. in Grdß-Britannien (excl. Irland): 634 Rinder, 69 Schafe, 30 Pferde, 253 Schweine und zwar verteilen sich diese 986 Fälle auf 534 Gehöfte. 1* 4 6- Sobernheim, Aus Italien wird für das gleiche Jahr (1899) über 1208 Milzbrand- fälle berichtet. In Frankreich (einschl. Algier) bewegte sich die Zahl der in den einzelnen Monaten des Jahres verseuchten Gehöfte im Jahre 1898 zwischen 20 (im Juni) und 68 (im Oktober), im Jahre 1899 zwischen 25 und 77. In Ungarn wurden im Jahre 1900 auf insgesamt 1831 Gehöften 2285 Kinder, 764 Schafe und 200 Pferde von Milzbrand befallen. B. Oertliche Verhältnisse. In den einzelnen Ländern sind es wiederum ganz besondere Distrikte und Plätze, auf die sich der ^Milzbrand mit Vorliebe konzentriert. Hier, an diesen sog. Milzbrandherden, tritt also die Seuche stationär (enzootisch) auf und fordert alljährlich und regelmäßig eine größere oder geringere Zahl von Opfern, im Gegensatz zu anderen Plätzen, an denen der jMilzbrand sich gelegentlich in sporadischer Form bemerkbar macht. Für das stationäre, aber nicht selten auch für das sporadische Auf- treten sind, wie man schon seit langen Zeiten beobachten konnte, ge- wisse äußere Vei:hältnisse des Bodens und des Klimas, im besonderen die Niederschläge von Bedeutung. Kalk-, Mergel-, Thon- und Lehm- boden, sowie lockerer schwarzer Humusboden werden besonders von Milzbrand bevorzugt. Auch in sumpfigen Gegenden, die reich an Mooren (Torfmooren), Wiesen, Morästen u. s. w. , ist der IMilzbrand sehr ver- breitet; endlich findet er auch auf Steppenbödeu günstige Bedingungen. Den wesentlichsten Einfluss aber üben zweifellos Feuchtigkeit und Temperaturverhältnisse aus, Faktoren, welche der Ansiedlung, Entwick- lung und Verbreitung der Krankheitserreger Vorschub zu leisten ver- mögen. Besonders ist es der Wechsel in der Feuchtigkeit des Rodens, dem in dieser Beziehung eine bedeutsame Rolle zufällt und auch z. B. nach den Untersuchungen Bollingers (1885) in den Milzbranddistrikten Oberbayerns für den Verlauf der Seuche die Hauptschuld beizumessen ist. Eine zu starke Durchtränkung des Bodens auf der einen Seite, ein zu hoher Grad der Trockenheit andererseits stellen keine günstigen In- fektionsbedingungcu dar. Am häutigsten sieht man Milzbranderkrankuugen auftreten, sobald Sümpfe etwas einzutrocknen beginnen oder umgekehrt, in noch höherem Grade, sobald heiße, dürre Gegenden nach starken Niederschlägen gewisse Mengen von Feuchtigkeit in sich aufnehmen. Namentlich pflegen Niederungen, welche zu bestinnntcn Zeiten der Ueberschwemmuug ausgesetzt sind, die Hauptmilzbranddistrikte dar- zustellen, und es ist geradezu Regel, dass in Milzbrandländern Herden, die unter derartigen Verhältnissen an bestimmte Weide- und Träuk- plätze geführt werden, von Milzbrand befallen werden. Indessen kommt der Milzbrand auch an höher gelegenen Plätzen zum Ausbruch, sobald nur die sonstigen lufektionsbedingungen vorhanden sind, und man kann, wie z. B. in den bayerischen Alpen, die Seuche bis zu einer Höhe von 1300 m verfolgen. Es leuchtet ohne weiteres ein, dass nach alledem Milzbranderkran- kungen im Frühjahr und im Sommer am häufigsten sein müssen, wie dies auch thatsächlich die Erfahrung gelehrt hat. Im besonderen ist bei uns die Zeit von Mitte Juni bis Ende Se})tember als die Hauptmilz- braudperiotle zu bezeichnen. Milzbrand. 5 Daneben kommen aber, und zwar bäutig genug, zu anderen Zeiten Ausbrüche der Krankheit vor, und Stallinfektiouen im Winter zählen keineswegs zu den Seltenheiten. Hierbei spielen jedoch Ver- hältnisse besonderer Art, auf die wir bei späterer Gelegenheit noch ein- gehender zurückkommen werden, eine ausschlaggebende Rolle. C. Vorkommen des Milzbrandes bei den einzelnen Tierarten. Der Milzbrand stellt eine Krankheit dar, die zwar in erster Linie Tiere, vornehmlich das Herdenvieh, befällt, aber doch gelegentlich auf den Menschen übertragen werden kann. Personen, die mit milz- l)randkranken bezw. mit an Milzbrand zu Grunde gegangenen Tieren zu thun haben (»der mit der Verarbeitung tierischen Materials beschäftigt sind, pflegen nicht allzuselten sich mit ]\Iilzbrand zu infizieren. Von den Tieren erkranken Rinder und Schafe am häufigsten. Während Unterschiede zwischen den einzelnen Rinderrassen in dieser Hinsicht nicht sicher erwiesen sind, hat man bei Scliafen die Beol)achtung gemacht, dass die algerischen und marokkanischen Hannnel eine sehr weitgehende Immunität an den Tag legen. Der Milzbrand kann ferner Pferde befallen. Seh w^ eine, Ziegen, Rot- und Damwild, Hasen, Büffel, Kamele, Hunde, Katzen und, allerdings recht selten, das Geflügel (Hühner, Enten und Gänse). Dass auch Raubtiere der Milzbrandinfektion zugängHch sind, dafür liefert die ^Mitteilung von Jensen den sicheren Beweis, der eine Milz- brandepidemie unter derartigen Tieren im Zoologischen Garten von Kopenhagen beschreibt. Hier erkrankte eine größere Anzahl von Raub- tieren nach der Fütterung mit dem Fleisch eines an jMilzbrand gestorbenen Pferdes, und es gingen 2 Leoparden, 2 Pumas, 3 Waschbären, 4 Nasen- bären, 3 Iltisse, 1 Steinmarder an der Infektion zu Grunde. Es handelte sich in diesem Falle zwar nicht mehr ganz um die reine Form einer spontanen Erkrankung, sondern schon um eine Art künstlicher Infektion, indessen darf man hiernach wohl ohne Frage annehmen, dass auch unter natürlichen, freien Verhältnissen Raubtiere an Milzbrand erkranken und eingehen. Eine ganz analoge Beobachtung ist neuerdings durch Lange aus dem Zoologischen Garten zu Posen mitgeteilt worden, woselbst nach Fütterung mit milzbrandigem Fleisch 2 Silberlöwen, 1 Jaguar, 1 Scha- kal, 3 Waschbären und 2 Rüsselbären starlien, 1 Königstiger schwer erkrankte. Ueber die der ex ])erini enteilen Milzbrandinfektion zugänglichen, aber unter natürlichen Bedingungen von Milzbrand meist nicht befallenen Tierarten, Avie Kaninchen, Meerschweinchen, Mäuse, Ratten u. s. w. wird an späterer Stelle ausführlich berichtet werden. Erwähnt sei, dass Mosebach unlängst den spontanen Ausbruch einer Milzbrandseuchc unter Meerschweinchen im hygienischen In- stitut zu Bonn beobachtete. Infizierte Torfstreu hatte offenbar den Au- lass hierzu gegeben. III. Aetiologie. Im Jahre 1855 berichtete zuerst Rollender über Beobachtungen, die er im Herbst des Jahres 1849 bei der mikroskopischen Unter- suchung der Organe milzbrandgefallener Tiere gemacht hatte. Er fand 6 G. Sobernheim. in dem Blute, sowie in der Milz und in dem den Milzbrandbeulen ent- stammenden Gewebssafte von Eindern 18 — 24 Stunden nach dem Tode neben anderen eigentlimlicben Veränderungen, wie namentlich Auf- lösung- der roten Blutkörperchen, stabförmige, äußerst kleine und feine Elemente. Die Zahl dieser Gebilde erschien als eine sehr große, und ihrer Form nach wurden sie von Pollender als »nicht geschläugelte, nicht wellenförmige, nicht eingeschnürte, sondern ganz gerade, platte, in ihrem Verlauf nicht verästelte, bewegungslose Körper« beschrieben. Brauell, der unabhängig von Füllender Aehnliches beobachtet hatte, konnte später, in den Jahren 1857/58, diese Angaben bestätigen und nach mancher Richtung hin ergänzen. Er sah im Blut von Menschen, Schafen und Pferden, die an Milzbrand zu Grunde gegangen waren, die gleichen Elemente, wie sie Pollexder bei Eindern gefunden hatte, und konstatierte deren Verbreitung durch das ganze Gefäßsystem des Orga- nismus. Durch zahlreiche Impfversuche aber glückte es ihm fernerhin, eine erfolgreiche Uel)ertragung der Krankheit auf die verschiedensten Tiere herbeizufüliren. Da stets, sowohl bei den spontan erkrankten wie bei den künstlich infizierten Individuen, die charakteristischen Stäbchen mikroskopisch nachweisbar waren, während sie unter sonstigen Verhältnissen im Blute niemals zur Beobachtung gelangten, sprach sich Brauell schon mit Entschiedenheit für die ganz spezifische Bedeutung der beschriebenen Stäbchen aus, ohne freilich über deren Charakter etwas genaueres zu ermitteln. Er wurde in seiner Ansicht durch den Umstand bestärkt, dass das Blut des Fötus eines an Milzbrand ge- storbenen Tieres frei von Stäbchen befunden wurde und dementsprechend bei Verimpfung auf andere Tiere keine Infektion hervorzurufen ver- mochte, während das stäbchenhaltige Blut des Muttertieres hochgradig infektiöse Eigenschaften besaß. Neben den beiden soeben genannten Forschern ist es Davaixe, der zuerst die Aufmerksamkeit auf das Vorkommen eigentümlich geformter Elemente im lUutc von Milzbrandtieren lenkte. Schon 1850 hatte er in Gemeinschaft mit Rayer im l>lute von Schafen diese Gebilde wahr- genommen, von denen zunächst nur ausgesagt werden konnte: »II y avait en outre dans le sang des petits corps filiformes ayant environ le double en longueur du globule sanguin ; ces petits corps n'offraient point de mou\^ements spontanes«. Erst 13 Jahre später, im Jahre 1863, vermutlich angeregt durch die inzwischen veröffentlichten Mitteilungen der deutschen Forscher, setzte Dayaine seine Untersuchungen fort und gelangte durch eine Reihe bemerkenswerter Beobachtungen zu der Anschauung, dass die fraglichen Gebilde zu dem Milzbrand in ursächliche Beziehung zu setzen seien. Auch ihm glückte die erfolgreiche Uebertragung des stäbchenhaltigen Blutes auf Kaninchen und weiße Ratten, vor allen Dingen aber der einwandfreie Beweis, dass nur stäbchenhaltiges Blut imstande ist, die Krankheit hervorzurufen, stäbchenfreies dagegen nicht. Davaixe machte zuerst die Beobachtung, dass bei milzbrandinfizierten Tieren (Kaninchen) die stäbchenförmigen Elemente frühestens 5 Stunden vor dem Tode im Blute aufzutreten pflegen und dass erst von diesem Moment an das Blut der infizierten Tiere die Fähigkeit besitzt, bei anderen Individuen ]\Iilzbrand zu erzeugen. Vorher, solange also das Blut noch frei von Stäbchen ist, äußert es dagegen keine infektiösen Eigenschaften. In dem gleichen Sinne sprach der weitere Versuch, Älilzbrand. 7 dass nämlich s?täbcliciilinltig-es 3[ilz1irandblut selbst in millionenfacher Verdünnung noch seine infektiösen Eigenschaften bewahrte, diese letz- teren also kanm auf die Anwesenheit von unbelebten Fermenten oder sonstigen Gärungsstoffen, wie man sich früher dachte, zurückgeführt werden konnten. Tiegel tK: Klebs zeigten alsdann, dass Milzbrandblut, welches unter Druck durch Thonzellen filtriert und damit seines Gehaltes an jenen stäbchenförmigen Gebilden beraubt wird, nicht mehr virulent ist, während der von dem Filter festgehaltene Rückstand Tiere tötet. Diese Versuche sind später in ähnlicher Weise durch Pasteur & Joubert wiederholt und bestätigt worden. Erst Robert Kochs Eingreifen in die jMilzbrandforschnng war von ausschlaggebender Bedeutung und brachte den entscheidenden Fortschritt. War auch mit den eben berichteten Beobachtungen der ursächliche Zu- sammenhang zwischen den im lUute von Milzbrandtieren vorkommenden Stäbchen und der Krankheit in hohem Maße wahrscheinlich gemacht, so lieferten doch erst Kochs Versuche hierfür den einwaudfreien und unzweifelhaften l^eweis. Koch (1876) konnte zeigen, dass diese Gebilde thatsächlich Mikro- organismen waren, die, wie bereits F. Cohx vermutet hatte, in die Klasse der »Bazillen« gehören, sich durch Teilung fortpflanzen und außer- halb des Körpers cntwickelungs'fähig sind. Es glückte ihm nicht nur die künstliche Züchtung dieser Mikroorganismen, sondern auch die bedeutsame Feststellung, dass mit derartigen Kulturen nun bei Tieren Milzbrand hervorgerufen w^erden kann, ganz wie nach der Verimpfung- vom Blut erkrankter oder verstorbener Tiere. Er fand auch, dass längere Aufbewahrung des Milzl)randmaterials (Blutes) unter den verschiedensten Bedingungen (trocken, feucht, verdünnt und unverdünnt, faulend u. s. w.) unter Umständen Jahre lang möglich ist und die Infektiosität in keiner Weise schädigt, solange entwickelungsfähige, d. h. lebende Keime vorhanden bleiben. Erst mit dem Zugrundegehen dieser letzteren verliert das Milzbrandblut oder sonstiges Milzbrand- material seine Virulenz. Das größte Verdienst Kochs um die Klärung der Milzbrandätiologie aber liegt vor allen Dingen in der Entdeckung der Sporenbildung des Milzbrandbacillus. Die beiden Sätze der ersten Kociischen Arbeit: »Im Blut des toten Tieres oder in anderen geeigneten Nähr- flüssigkeiten wachsen die Bazillen innerhalb gewisser Temperatur- grenzen und bei Luftzutritt zu außerordentlich langen, uuver- zweigten, leptothrixähnlichen Fäden aus, unter Bildung zahlreicher Sporen« und Die Sporen des liacillus anthracis entwickeln sich unter ge- wissen Bedingungen (bestimmter Temperatur, Nährflüssigkeit und Luftzutritt) wieder unmittelbar zu den ursprünglich im Blute vor- kommenden Bazillen« enthalten in kurzen Worten das wichtige Ergebnis jener grundlegenden Untersuchungen. Der Kreis der Formveränderungen des Milzbranderregers war damit geschlossen und dessen vollständige Entwicklungsgeschichte gegeben, nun aber auch die Aetiologie erst in befriedigender Weise aufgedeckt und in ihren Beziehungen zu örtlichen Verhältnissen (Boden u. s. w.) 8 G. Sobernheiiu. dem allgemeinen Verständnis näher geführt. Die Kenntnis der vege- tativen Formen des Milzbrandbacillus konnte allein für sich nicht im- stande sein, alle die eigentümlichen Beobachtungen nnd epidemiologi- schen Erfahrungen bezgl. Uebertragung und Verbreitung des Milzbrandes aufzuklären, vielmehr bezeichnete erst die genaue Erforschung der Be- dingungen der Sporenbildung und die Erkennung der Sporen als echter »Dauer formen«, wie wir sehen werden, den hohen wissenschaftlichen und praktischen Fortschritt. Alle späteren Arbeiten können wir lediglich als Ergänzung und weiteren Ausbau dieser KocHSchen Untersuchungen betrachten*). A. Morphologie. Der Milzbrandbacillus (Bac. anthracis) ist ein Stäbchen, dessen Länge auf 4,5 — 10 (.1, dessen Dicke auf 1 — 1,25 u angegeben wird. Er ist voll- kommen unbeweglich. Von den morphologischen Eigentümlichkeiten des Milzbrandbacillus überzeugt man sich am leichtesten und besten, wenn man frischen Ge- webssaffc eines an Milzbrand eingegangenen Tieres der mikroskopischen Betrachtung unterwirft. Untersucht man Blut oder besser Milzsaft eines derartigen Tieres, z. B. einer Maus oder eines Meerschweinchens, zunächst ungefärbt, im hängenden Tropfen, so erblickt man zwischen den roten Blutkörperchen reiche Mengen der charakteristischen Stäbchen. Sie erscheinen als glashelle cylindrische Elemente von homogener Beschaffenheit mit ab- gerundeten Enden und entbehren jeder Spur von Eigenbewegung. Auch Molekularbewegung ist meist nur in sehr geringem Grade wahrzunehmen. Die Stäbchen liegen gewöhnlich isoliert, höchstens zu zweien oder dreien in kleineren Verbänden aneinander gereiht. Längere Fäden sind bei der Untersuchung frischen Milzbrandblutes in der Regel nicht zu konstatieren. Weitere Besonderheiten der Form pflegen erst bei der Anwendung der gebräuchlichen oder ganz spezieller Färbemethoden zu Tage zu treten, doch kann man unter Umständen auch schon im ungefärbten Präparat einige Einzelheiten andeutungsweise wahrnehmen. Man beobachtet, wie R. Klett hervorhebt, bei geeigneter Abbiendung, dass das einzelne Milz- brandstäbchen nicht ein zusammenhängendes, gleichmäßiges Gebilde dar- stellt, vielmehr scheinbar aus mehreren Einzelgliedern zusammengesetzt ist und auch in seiner Substanz eine Reihe verschiedener Schichten auf- weist. Im angetrockneten, aber ungeftirbten Ausstrichpräparat tritt dies noch deutlicher hervor. Alle übrigen Verhältnisse lassen sich jedoch erst im gefärbten Zustande mit der gewünschten Klarheit erkennen. Der Milzl)raudbacillus ist der Färbung mit den gebräuchlichen wässerigen Aniliufarbstoff- lösungen (Fuchsin, Gentianaviolett, Methylenblau) leicht zugänglich und färbt "sich außerdem gut nach der GiiAMSchen Methode. Zweckmäßig ist es, gerade in dem letzteren Falle, die Fixierung der Präparate mit Alkohol vorzunehmen, den man auf das Deckglas aufbringt nnd nun *) Dies gilt auch von den Arbeiten Pastfairs auf dem Gebiete der Milzbrand- ätiologie. Es dürfte vielleicht nicht ohne Interesse sein, daran zu erinnern, dass R. Koch seine grundlegenden Entdeckungen am 27. Mai 1876 abgeschlossen der Oeffentlichkeit bekannt geben konnte, während Pasteur nahezu ein Jahr später, am 30. April 1877, der französischen Akademie die ersten Mitteilungen über Milz- brand machte. Milzbrand. ' 9 rasch abbrennt. Im einfach gefärbten Präparat, bei der Untersuchung in Wasser oder aber nacli Einbettung- in Kanadabalsam, zeigen die Milz- brandbazilleu vielfach schon gewisse Abweichungen von den im frischen Zustande beobachteten Formeigentümlichkeiten. Neben der gewöhnlich zu konstatierenden schärferen Abkantung der Enden sind es namentlich zwei Erscheinungen, auf die man schon seit langer Zeit aufmerksam geworden ist. Die einzelneu Stäbchen treten nämlich zunächst nicht mehr als gleichmäßige cylindrische Gebilde hervor, vielmehr pflegen sie eine etwas stärkere Verdickung der Enden zu zeigen, eine leicht kolben- förmige Anschwellung, und gleichzeitig eine tellerförmige Einziehnng der kurzen Endflächen, etwa vergleichbar den Gelenkpfannen eines Knochens (C. Fränkel, 1890). Der letztere Umstand bewirkt es dann, dass dort, wo zwei Stäbchen aneinanderstoßen, eine bikonvexe Lücke wahrzunehmen ist. Sind eine Eeihe von Stäbchen, welche das eben beschriebene Verhalten darbieten, miteinander verbunden, so kommt es zur Entstehung eines Gebildes, das man mit dem Aussehen eines Bambusrohres verglichen hat. Wenn diese Bambus form der Milz- brandbazilleu auch keineswegs in allen Fällen und regelmäßig zu konstatieren ist, so findet mau sie doch häufig genug, um sie als eine charakteristische Eigenschaft des gefärbten Milzbrandbacillus aufzufassen. Der von verschiedenen Seiten (Joiine, R. Klett u. a) im Laufe der letzten Jahre geltend gemachte Einwand, dass es sich hierbei gar nicht um die wahre Form der Bazillen handele, sondern um gewisse Veränderungen, die teils künstlich durch die Art der Präparation hervorgerufen, teils als gewöhnliche Zellteilungserscheinungen aufzufassen seien, dürfte an dem diagnostischen Wert dieser Formen kaum etwas ändern. Man findet eben die beschriebenen Bambusformen lediglich bei der Färbung von Milzbrandbazillen und kann daher zunächst wohl von der Frage, wie ihre Entstehung zu erklären sei, völlig absehen. Johne ist der Ansicht, dass die kolbenförmige Endanschwellung nur vorgetäuscht werde und in Wahrheit auf einer Einschnürung des Mittelstückes beruhe, hervor- gerufen durch die beginnende Teilung der Stäbchen, während R. Klett die Verdickung der Enden auf eine Kontraktion der Plasmahülle zu- rückführen will. Wenn beide aber ferner die Existenz einer leicht teller- förmigen Veitiefiuig an den Enden der Stäbchen überhaupt in Abrede stellen, so sei demgegenüber nochmals hervorgehoben, dass es sich dabei keineswegs um ein konstantes, bei sämtlichen Stäbchen stets erkenn- bares Phänomen handelt. Dass es indessen thatsächlich existiert, dürfte durch eine Reihe einwandfreier mikrophotographischer Aufnahmen über jeden Zweifel sichergestellt sein. x41s eine weitere bemerkenswerte Eigenschaft stellt sieh im gefärbten Präparat die sog. Kapsel der Milzbrandbazillen dar. Man erblickt auch wiederum nicht regelmäßig, aber doch oft bei einer ganzen An- zahl von Stäbchen um einen zentralen, intensiv gefärbten Teil eine hellere blassgefärbte Zone. Sekafini war der erste, der auf die Er- scheinung aufmerksam machte, sie als Kapsell)ildung deutete nnd deren Färbbarkeit nachwies, zugleich al)er auch schon betonte, dass nur aus dem Tierkörper stammendes frisches Material, nicht aber die aus Rein- kulturen gewonnenen Milzbrandstäbchen jene Kapsel erkennen ließen. Um das genauere Studium der Milzbrandkapseln, ihre Darstellung, Fär- bung und Deutung hat sich alsdann namentlich Johne und nach ihm eine größere Zahl von Forschern verdient gemacht. Wie diese »Kapsel« zu deuten und ob es sich dabei, wie die einen betonen (Kern, Hinter- 10 Gr. Sobernheim. HiiRGER), um einen unter allen Verhältnissen nachweisbaren integ;rie- renden Bestandteil der Bakterienzelle handelt oder aber um eine unter dem Einfiuss der tierischen Körpersäfte bezw. anderer chemischer Sub- stanzen künstlich zur Quellung gebrachte Gallerthülle (Johne), lässt sich freilich zur Zeit noch nicht mit völliger Sicherheit entscheiden. Immerhin scheint es, als ol) die letztere Anschauung das IMchtige träfe. Deutlicher und siclierer als l)ei der gewöhnlichen Art der Färbung lassen sich die Kapseln mit Hilfe besonderer Färbungsmethoden zur Darstellung bringen, wobei zugleich die feinere Struktur der Milz- l)randl)azillen klarer erkennbar wird. Man sieht alsdann, was im un- gefärbten Präparat nur unvollkommen angedeutet, dass das einzelne, von einer Kapsel umschlossene Stäbchen in seiner Längsrichtung durch QuerlUcken unterljrochen und damit in mehrere, 2 — 3, Tcilglieder von 1 — 1'/2— 2 n Länge zerlegt ist (Klktt, Lüi'KE, Johne). Mit Johne darf man diese Erscheinung wohl als den Ausdruck fortschreitender Teilung der Bakterien auffassen. Ferner aber hat man im Inneren der eben erwähnten Einzelglieder noch eine abgegrenzte zentrale Partie als »Kernkörperchen« oder »Kernstäbchen« l)eschriel)en (Schottelius, Klett). Man würde demnacli au dem Milzbrandbacillus 3 Schichten zu unter- scheiden hal)en, nämlich eine äuBere Kapsel, von Klett auch als Plasmahülle bezeichnet, ferner den eigentlichen Protoplasmakörper, der segmentiert ist und aus mehreren Einzelgliedern besteht, und endlich das Kernkörperchen oder Kernstäbchen. Kapselfärbung. Sekafini bediente sich der FßiEDLÄNDERSchen Methode der Pneumokokken-Kapselfärbung: Ehklichs Gentianaviolett- lösung, wenige Minuten, Entfärbung in 90 proz. Alkohol, 15 — 20 Sekun- den, Abspülen in destilliertem Wasser u. s. w. Das JoHNESche Verfahren der Kapseltärbung ist das folgende: Das frische Präparat, am besten Milzsaft, wird, nachdem es völlig lufttrocken, vorsichtig durch dreimaliges Hindurchziehen durch die Flamme fixiert, hierauf mit 2 proz. wässeriger Lösung von Gentianaviolett unter vor- sichtigem Erwärmen V4 — Vi Minute behandelt. Dann folgt ganz kurzes Eintauchen in Wasser, Behandlung mit 1 — 2 proz. Essigsäure, 6 — 10 Sekunden, hierauf Abspülen und Untersuchung in Wasser. Mit Hilfe des JoHNESchen Verfahrens lassen sich die Milzbrandkapseln in der That ausgezeichnet und mit der größten Sicherheit zur Darstellung bringen. Sie erscheinen als mattgefärbter Hof Bei der Benutzung von Reinkulturen treten Kapseln für gewöhnlich nicht hervor, obwohl auch hier gelegentlich Ausnahmen vorkommen (Johne, Nötzel (1896), Haase u. a.). R. Klett wendet zur Kapselfärbung ein anderes Verfahren an. Nach seiner Vorschrift fixiert man das gut lufttrockene Ausstrichpräparat, das man womöglich einige Stunden erst liegen lässt, in der Flamme. Es folgt alsdann ganz kurzes Eintauchen in eine wässerige rasch färbende Lösung (Fuchsin oder Violett) und Abspülen in Wasser. Hierauf giebt man auf die bestrichene Deckglasseite destilliertes Wasser und zieht das Präparat 6 — 12 mal durch die Flamme. Abspülen und Untersuchung in Wasser. Erscheint die Kapsel nicht deutlich genug, so kann man das Präparat mit aufgelegtem Deckglas noch einige Male durch die Flamme ziehen und kräftig erwärmen. Für die endgültige Untersuchung ist auch Einschluss in Kanadabalsam zulässig. Nach LüPKE bringt man auf das Deckglas 0,2 proz. Gentianaviolett- lösung, erhitzt direkt bis zum Aufkochen, und spült gründlich ab. Die LüPKEsche Methode ist einfach und scheint ebenso sichere Resultate zu Milzbrand. 11 die Anwendung der geben wie das JoiiNESche Verfahren, macht also Essigsäure entbehrlich. Nach HoLTZENDORP soll 5 Minuten lange Färbung des Ausstrichpräpa- rates mit konzentrierter alkoholischer Methylenblaulösung und einfaches Abspülen in Wasser geniigen, um die Kapseln deutlich darzustellen. NöTZEL (1896) bringt zum Zweck der Kapselfärbung die Milzbrand- bazillen im fixierten Präparat durch 5 proz. Essigsäure (einige Minuten) oder 1 proz. Kalilauge (3, höchstens 5 Minuten) zum Quellen und färbt hierauf, nach sorgfältigem Abspülen in Wasser, mit Gentianaviolett. Kern erzielte gute Resultate bei Färben des Ausstrichpräparates mit Anilinwasserfuchsin oder ZiEiiLschem Karbolfuchsin oder Löfflers Methylenblau unter kräftigem Erwärmen über der Flamme (4 — 6 mal zum Dampfen erhitzen), dann Abspülen und Untersuchen in Wasser. Heim (1891) fand, dass bei Behandlung mit LöFFLERSchem Methy- lenblau die Milzbrand- kapseln im Ausstrich- präparat von Gewebs- saft sehr schön hervor- treten und als rosa- gefärbte Hülle das blaue Stäbchen einschließen. Bei degenerativen Ver- änderungen der Bak- terien nimmt die l)lau f;irl)bare Substanz mehr und mehr ab, so dass schließlich nur rosage- färbte schollenartige Ge- l)ilde von Stäbchenform resultieren. Nach Olt gelingt es mit Hilfe einer 3 proz. wässerigen Lösung von Safraniu, Abspülen und Untersuchen in Wasser, die Stäbchen rot, die Kapseln gelb zu färben. Zur Herstellung der Safraninlösung bringt man 3 g des Farbstoffs in 100 ccm siedendes Wasser und filtriert später vom Bodensatz ab. Eine einfache und sehr gute Methode ist neuerdings durch Räbiger angegeben worden, darin bestehend, dass die Fixierung der Präparate nicht in der Flamme, sondern mit Hilfe von Formalin vorgenommen und gleichzeitig mit der Färbung verbunden Avird. Räbiüer bedient sich zu diesem Zwecke einer Formalin -Gentianaviolettlösung, die man so herstellt, dass man etwa 100— 150 g des käuflichen Formalius (40proz.) auf 15 — 20 g Gentianaviolettpulver gießt, kräftig verrührt und einige Stunden, z. B. über Nacht, stehen lässt. Diese kaltgesättigte Lösung wird filtriert, was sehr langsam von statten geht, ist dann aber sogleich gebrauchsfertig. Sie stellt eine glyceriuartige Flüssigkeit mit goldig schimmernder Oberfläche dar. Für die Färbung ist das Material in möglichst dünner Schicht aufzutragen und, nachdem es gut lufttrocken Fig. 1. Milzbrandbazillen, Milzsaft, Maus, Ausstrich- präparat. Kapselfärbung nach Räbkier. Vergr. lUOOfach. 12 G- Sobernheini. (nicht fixiert), für ca. 20 Sekunden zu färl)en. Hierauf Abspülen mit Wasser und Einbetten in Balsam. Die Kapsel erscheint rötlicliviolett, der Bazillenleib dunkelviolett. Schmidt, der bei der Nachprüfung- ausge- zeichnete Erfolge hatte, empfiehlt nicht 20 Sekunden, sondern längere Zeit, etwa 4 — 5 Minuten, zu färben. Marx rät, die Stammlösung zum Gebrauch noch weiter mit Formalin zu verdünnen, und hat damit vor- zügliche Präparate erhalten. (Fig. 1.) Eine Keihe weiterer Methoden gestattet eine Doppelfärbung der Milzbrandkapseln. So ist eine solche zuerst durch Piaxese bekannt ge- geben worden, die nicht nur in frischem, aus dem Tierkörper stam- mendem Material, sondern auch in Reinkulturen sowie in Schnittpräpa- raten zu positiven Ergebnissen führen soll. Die Vorschrift lautet: Die Präparate werden in ZiEiiLscher Lösung im Wärmeofen gehalten, und zwar Deckglaspräparate 2 Stunden bei 60 — 70", Schnitte 3 Stunden bei 45 — 50". Nach dem Abkühlen gründliches Waschen in Wasser, Ent- färben mit Alkohol-Fluoreszin (2 - 5 Minuten), flüchtiges Eintauchen in absoluten Alkohol, Abwaschen in Wasser, wenige Sekunden Eintauchen in wässerige Lösung von Kalikarbonat (1 : 10,000). Hieran schließt sich die Gegenfärbung mit L(")FFLERschem Methylenblau, und zwar Deck- gläser (nach dem Trocknen 5 Minuten lang, dann Abspülen, Trocknen, Einlegen in Kanadabnlsam. Schnitte sind 15 — 20 Minuten in Löfflek- schem Methylenblau zu färben, dann mit 1 proz. Essigsäure zu differen- zieren und mit reinem Wasser auszuwaschen. Zum Schluss Alkohol, Xylol, Kanadabalsam. Die Bazillen erscheinen in diesen Präparaten blau, die Kapseln rot. Einfacher und bequemer sind die Doppelfärbungsmethoden, wie sie von Klett und Kaufmanx empfohlen Avcrden. R. Klett giebt für sein Verftihren folgende Vorschrift: Das Deckglas- ausstrichpräparat (Milzsaft u. s. w.) wird gut lufttrocken mit alkoholisch wässeriger Methylenblaulösung (1 : 10 : 100) über der Flamme bis zum Aufkochen erwärmt und dann mit Wasser abgespült. Hierauf lässt man eine Fuchsinlösung von der gleichen Konzentration wie die Methylen- blanlösung 5 Sekunden einwirken und spült wieder mit Wasser al). Die inneren Teile der Bazillen erscheinen blau, die Hüllen leicht rosa ge- färbt. Kaufmann erhält eine Doppelfärbung der Kapseln, indem er die Präparate einige Minuten mit Löfflers IMcthylenblau färbt, dann 4 Mi- nuten in Arg. nitr.-Lösung (V2pi"oz.) oder in Protargollösung (1/4 proz.) diffe- renziert und nun mit wässeriger Fuchsinlösung (1:20) 5 — 10 Sekunden behandelt. Der Kern der Bazillen nimmt hierbei eine tiefblaue bis schwarze Farbe an, die Kapsel erscheint intensiv dunkelrot. Endlich tritt 'auch bei x\nwendung einiger, nicht eigentlich für die Kapselfärbung bestimmter Methoden die Kapsel der Milzl)randbazillen sehr deutlich hervor. So giebt die RoMANOWSKYSche Eosin-Mcthylen- blaufärbuug, die von Zettnow mit bestem Erfolge zum Studium des feineren Baues der Bakterienzelle benutzt wurde (cf. Bd. I, S. 428), auch beim ^Milzbrand sehr schöne Präparate. Man sieht hier die Bazillen, die ihre Zusammensetzung aus rot gefärbter Chromatin- und blau gefärbter Plasmasubstanz deutlich erkennen lassen, von einer hellrötlichen Kapsel eingeschlossen (Fig. 2). Hinterbergeh konnte mit Hilfe der von ihm in besonderer Weise modifizierten van ERMENGE:\ischen Geißelfärbungs- methode (s. Bd. I, S. 425) auch in Reinkulturen auf verschiedenen Agarnährböden eine Kapsel nachweisen, welche bei dieser Art der Milzbrand. 13 Färbung* noch von einer weiteren, zarteren und breiteren Hülle einge- schlossen erscheinen soll. Gleichzeitig- ist nach Hintekbekger in der- artigen Präparaten (von mindestens 24— 48 ständigen Kulturen) ein die Bakterien wie ein Strahlenkranz umgebendes oder auch von einem Ende pinselförmig ausstrahlendes, vielfach verzweigtes Netzwerk zarter Fäden erkennbar, das wohl mit den von Migula beschriebenen geißclähulichen, von der ^erquellenden Bakterienmendjran ausgehenden Schleimfäden identisch sein dürfte. Schließlich sei erwähnt, dass es BoNi gelungen ist, durch Verteilung des Bakterienmaterials in einer eiAveißreichen Flüssigkeit bei allen von ihm untersuchten Arten, so auch beim Milz- braudbaeillus. Kapseln in den Reinkulturen zur Darstelluug zu ])ringen. Man bringt nach Boxi auf das Deckglas ein Tröpfchen einer filtrierten Mischung von einem Hühnereiweiß, 50 ccm Glycerin uud 2 Tropfen Formahn, schwemmt die IJakterien darin auf, breitet gut aus und trocknet über der Flamme bis zum völ- ligen Verdampfen des Glycerins. Dann folgt Färbung mit Karbolfuch- sin (20-30 Sek.). Eine Gegenfärbuug mit Löpf- i.EKSchem Methylenblau (4 — 0 Min.) ist nicht nötig, aber oft zweckmäßig. Es stehen uns somit zahlreiche ^lethoden zur Verfügung, die eine Dar- stelluug der Milzbrand- kapseln mehr oder minder sicher uud Ijequem ge- statten. Mit Ausnahme der letztgenannten Ver- fahren von HiXTERBERGER iinfl li()\-T liotVrn uns die Fi^. 2. Milzbraiidblut, ÄLaus. Ausstrichpni])arat. unaJ>()M iician uns aie Färbung nach Eomanowskv. Vergr. 600 fach, verscbiedenen luirbungen aber immer nur im frischen Blute oder Gewebssaft, nicht in Reinkulturen, zuverlässige Resultate, uud höchstens bei Kultivierung in flüssigem Blutserum ist eine Kapsel fast ebenso sicher wie im Milzbrandblut färbbar (Johne). Dass gelegentlich auch in Schnittpräparaten eine Kapsel zu Ijeobachten ist, wird von ver- schiedenen Seiten angegeben; nach Günther soll sie unter Umständen schon bei der gewöhnlichen ]\lethylenblaufärbung sichtbar sein. Auch die GuAMsche Methode kann, wie erwähnt, zur Färbung der jMilzbraudba Zilien benutzt werden und giebt recht schöne und an- schauliche Bilder. Bei Anwendung des Verfahrens für Blut- oder Ge- webssaftpräparate (Gegenfärbung mit Eosin) ist aljer von den morpho- logischeu Eigentümlichkeiten, die bei einfacher Färbung bezw. mit Hilfe der Kapselfärbuugsmethoden beobachtet werden, wie Bambusform, Kapsel uud Gliederung der einzelnen Stäbchen nichts wahrzunehmen. Die Stäb- chen ercheinen meist mit al)gerundeten Ecken, auch ist die Färbung häufig eine ungleichmäßige, so dass die Bazillen ein eigentümlicli granu- liertes Aussehen gewinnen. 'Fig. 3.) 14 Gr. Sobernheira, Die Form des Milzljraudbacillns erftihrt sofort eine Reihe bemerkens- werter und cliarakteristiscber Veränderungen, sol)ald wir ibn den Bedingungen seines natürlichen Vorkommens im Blute und in den Gevvebs- säften von Mensch und Tier entziehen und auf künstliche Substrate übertragen. Abgesehen davon, dass gewisse Erscheinungen, wie bereits erwähnt, hier nicht mehr mit der gleichen Deutlichkeit wahrzunehmen sind wie im frischen Milzbrandblut, treten nunmehr neue Entwicklungs- formen auf. Man kann sich von diesen Formveränderungeu ohne weiteres und vielleicht am einfjichsten überzeugen, wenn man nach dem Vorgange von 11. Koch eine kleine Menge Milzbrandblut in einem Tröpfchen Nähr- flüssigkeit, wie Humor aqueus oder Nährbouillon, aufschwemmt und nun im hohl geschliffenen Objektträger, durch Vaselineabschluss sorg- fältig gegen Verdunstung geschützt, im Brutschrank bei ca. 37° der weiteren Entwicklung überlässt. Schon nach relativ kurzer Zeit, nach wenigen Stunden, sieht man, dass die ursprünglich einzeln liegenden oder höch- stens in Verbänden von 2—3 — 4 Gliedern an- geordneten Elemente sich vermehrt haben und zu kürzeren oder längeren Fäden aus- gewachsen sind, die sich unter Umständen durch ein ganzes Ge- sichtsfeld erstrecken und zunächst wohl noch die Scheidewand der einzelnen Glieder er- kennen lassen. In Fig. 3. Milzbrandblut. Maus. Ausstriclipräparat, einem späteren Sta- Färbung nach Gram. 'Gegenfärbung m. Eosin.; dium, nach etwa zwölf Vergr. 750 fach. Stunden, sind diese Fäden noch weit größer und zahlreicher geworden, in schlingeuartigen Windungen zu haarzopf- oder schiffstauähnlichen Formen (C. Fkänkei., 1890) angeordnet, während zugleich die ursprünglich homogene und durchsichtige Struktur der Bak- terien einer leicht granulierten und trüben Beschaffenheit Platz zu machen scheint. Untersucht man zu einer noch späteren Zeit, nach etwa 24 Stunden, so ist das Bild wiederum ein anderes geworden, insofern, als die vielfach verschlungenen und gewundenen Bakterien- knäuel, die nun einzelne Abschnitte und Abgrenzungen kaum noch erkennen lassen, im Inneren des plasmatischen Inhalts deutlich eine größere Anzahl mehr oder minder stark lichtbrechender kleiner Körn- chen aufweisen. Schließlich ändert sich auch dieses Aussehen und man findet im Inneren der Milzbrandfäden, perlschnurartig aneinander gereiht, stark lichtl)rechende, glänzende Körperchen von eiförmiger Ge- stalt, die Milzbraudsporen. Nachdem die Milzbrandsporen zur vollen Entwicklung gelangt sind, pflegt der Rest der Bakterienzelle bezw. der Milzbrand. 15 Bakterienfädeu der Degeneration und Auflösung anheimzufallen, so dass allmäblicli die Sporen in Freiheit treten und nur noch allein sichtbar sind. Der zeitliche Verlauf des ganzen Prozesses ist begreiflicherweise durch eine Reihe der verschiedensten Momente, wie Beschaffenheit des Nährsubstrates, Temperatur, Sauerstoffzutritt u. s. w., bedingt, Verhält- nisse, auf welche wir bei der Erörterung des Wachstums, der Sporen- bildung und der Sporenkeimung noch eiugehender zurückkommen werden. Schon hier sei indessen darauf hingewiesen, dass der Milzbrand- l)acillus ganz besonders dazu neigt, auf scheinbar geringfügige Aende- rungeu seiner Ernährungs- und Wachstumsbedinguugen sofort mit aty- pischer Entwicklung und der Bildung von Involutiousformen zu reagieren. So sieht man gar nicht selten stark aufgequollene und wurstförmig ver- dickte Elemente und statt der sonst so charakteristischen Faden- und Knäuelbildung kurze, spiralig aufgerollte Gebilde, statt der Sporen nur kümmerlich entwickelte, sporenähnliche Körper, die lediglich durch ge- wisse, den Sporen zukommende Eigenschaften ihre wahre Natur zu er- kennen geben. Sicherlich sind manche als »Varietäten« des Milzbrand- bacillus benannte Formveräuderungen in dieser Weise zu erklären, nicht aber als Abarten im eigentlich naturwissenschaftlichen Sinne aufzufassen. So beschreiben beispielsweise Ciiauveau & Phlsaijx als Varietät einen Bacillus antliracis claviformis, den sie aus einer schwach viru- lenten alten Rasse durch Verimpfung auf Tiere erzielt haben wollen, und Phisalix (1900) züchtete im Hundekörper einen »Bac. anthracis brevigemmans« heran. Mit Recht macht Eitinger darauf aufmerksam, dass es sich hier wohl um nichts anderes als um Degenerationsformen eines gleichzeitig in seiner Virulenz stark abgeschwächten Milzbrand- bacillus handele. B. Wachstumsverhältnisise. Der Milzbrandbacillus zählt zu den aeroben Mikroorganismen, also denjenigen Arten, welche nur bei Sauer Stoff zu tritt zu üppiger Entwicklung gelangen. Dass der Milzbrandbacillus freilich auch unter anaeroben Bedingungen zu existieren und zu gedeihen vermag, ist von den verschiedensten Seiten festgestellt worden (Libouius u. a.). Niemals aber kommt es bei Abschluss des Sauerstoffs zu einer gleich kräftigen Entwicklung der Milzbrandkulturen wie sonst, und fast alle Untersucher sind darin einig, dass das fakultativ anaerobe Wachstum des Milzbrand- bacillus immer nur eine kümmerliche Existenz unter ungünstigsten Be- dingungen darstellt. Hiermit stimmt auch die Thatsache überein, dass Milzbrandkulturen bei anaerober Züchtung weniger widerstandsfähig sind und rascher zu Grunde gehen als bei aeroljem Wachstum (Sanfeuce). Bezüglich der Temperatur gestattet der Milzbrandbacillus relativ weitgehende Scliwankungen, indem er etwa zwischen 15" und 43" zu ge- deihen vermag. Schon R. Kocii (1881) hatte dem Einfluss der Temperatur auf die Entwicklung des Milzbrandbacillus seine Aufmerksamkeit zuge- wendet und konnte als Ergebnis genauerer Prüfungen die folgenden Werte angel)en: Bei 30—40" findet das Auswachsen zu Fäden und die Sporenbildung gewöhnlich innerhalb 24 Stunden statt: bei 25 — 30" in 35-40 Stunden, bei 23" in 48—50 Stunden; bei 21" sind schon 72 Stunden zur Beendigung des Prozesses erforderlich; bei 18" pflegen erst nach ca. 5 Tagen die ersten Sporen aufzutreten, bei 16" erst nach 7 Tagen, indem die Sporenbildung gleichzeitig auch eine viel spärlichere 16 Gr- Sobernheim, bleibt, und unter 15° konnte von Koch weder Wachstum noch Sporen- bikiung- beobachtet werden. Die üppigsten und bestentwickelten sporen- haltigen Kulturen wurden bei einer Züchtungstemperatur von 20—25° erhalten. Die obere Wachstumsgrenze der Milzbrandbazillen ist bei etwa 43° gegeben, obwohl schon von 40° aufwärts sich gewisse Schädigungen an den Kulturen bemerkbar machen, und l>ei 42 -43" Sporenbildung nicht mehr regelmäßig zu beobachten ist. Sehr bemerkenswert sind die Feststellungen von Dieudonne (1894, b) über die künstliche Anpassung der Milzbrandbazillen an Temperaturen, die unterhalb oder oberhalb des Züchtungsoptimum gelegen sind. Es ergiebt sich daraus, dass es möglich ist, durch ganz allmählichen und vorsichtigen Uebergang den Milzbraudbacillus auch an weniger zusagende Temperatur- verhältnisse zu gewöhnen und selbst noch bei niedrigen Temperaturen von ca. 12—16° zu üppiger Entwicklung zu bringen. Auch bei höheren Temperaturen von 41 — 43° konnten relativ günstige Ergebnisse erzielt werden. Außer den gewöhnlichen Kulturmedien (Bouillon, Gelatine, Agar, Blutserum u. s. av.) sind eine Ileihe der verschiedensten Substrate mit Erfolg für die künstliche Züchtung des Milzbraudbacillus verwendet worden, sofern diese nur neutrale oder schwach alkalische Eeaktion besitzen. Dass aber selbst auf saurem Substrat unter Umständen eine Entwicklung von Milzbrandbazillen möglich ist, scheint aus den Unter- suchungen von Schlüter hervorzugehen, der bei Zusatz von 0,2 ^^ Milchsäure oder 0,2 % Alaun recht gut entwickelte Kulturen erhalten haben will. Die Art der Säure dürfte dabei vielleicht eine Eolle spielen. Nach R. Kochs P^rmittelungen gedeiht der Milzbraudbacillus gut j uf neutralisierten oder schwach alkalischen Infusen von Heu und gewissen Grassorten, auf Erbsenstrohiufus, frischen Kartoffeln und Rübensaft, namentlich aber findet auf zerquetschten, stärkemehlhaltigen Sämereien ausgezeichnetes Wachstum statt. Gerste sowohl wie Mais, und ganz besonders Weizen, stellen zerquetscht und mit Wasser angesetzt vor- treffliche Substrate dar. Ein üppiges und vorzügliches Wachstum wurde durch AuTEMOwiTscH auf sterilisierten Gurkenscheibeu imd neutralisiertem Gurkensaft konstatiert, desgleichen auf den neutralisierten ausgepressten Säften von Birnen, Zwiebeln und Rüben, wogegen auf frischen Birnen die Entwicklung nur eine kümmerliche war. Dass Züchtung in Harn ge- lingt, war bereits durch Pasteur (1878) festgestellt worden; nach Butter- sack eignet sich namentlich Eiweißharn gut, wogegen in alkalischem Rinder-, Schaf- oder Pferdeharn eine Entwicklung ausbleibt (Rivolta, Kl r r 1885). Nach Büchner wachsen Milzbrand1)azillen in lOproz. Pepton- lösuug und in 10 — 40 proz. Rohrzuckerlösung rasch und üppig. Deycke benutzte mit Erfolg glycerinhaltigen Alkalialbuminatagar, Taranuchix zeigte, dass Zusatz von reinem Lecithin zum Nährboden die Entwicklung der vegetativen Formen befördert, Sporenbilduug aber hemmt, während Zusatz von Eigelb (Eigelbagar) auch der Sporenbildung günstig ist. Auf Hirnpeptonagar, d. h. einem Agar, zu dessen Herstellung ein wässe- riger Auszug von Kälberhirn als Grundlage diente, haben Podwyssotzky & Taraxüchix üppige Kulturen erzielt; auch Hinterberger empfiehlt diesen Nährboden als einen sehr vortrefflichen. MAver (1899) erhielt auf Speicheldrüsen- und Mucinnährböden gutes Wachstum. Rcjdet & Paris wollen gefunden haben, dass in nährstoflfarmea Medien im allgemeinen lauge Fäden, in nährstoffreichen dagegen vorwiegend kurze Fäden ge- bildet werden. Auf eiweißfreiem Substrat endlich gedeiht der Milz- Milzbrand. 17 braudbacillus nach den einsehläg-igen Untersuchungen von C. Fränkel (1894) nur kümmerlich. Wachstum auf den einzelnen Nährsubstraten. Nährbouillon: Ueber trägt man Milzbrandkeime in Nährbouillon, so kommt es hier zu einer außerordentlich charakteristischen Form der Ent- wicklung. Die Bouillon — und das gleiche gilt von sonstigen flüssigen Nährsubstraten — wird nicht in toto getrübt, lässt vielmehr eine Flocken- bildung erkennen, die gCAvöbnlieh von den tieferen Teilen der Flüssigkeit, 'wohin die ausgesäten Bakterien infolge ihrer Schwere und ihres Mangels an Eigenbewegung niedersinken, ihren Ausgang nimmt. Die flockige, schleimige Bakterienmasse zieht sich von dem Boden nach den oberen Partieen des Nährsubstrates in Form von lockeren, vielfach verzweigten Schleimfäden und lässt den übrigen Teil der Nährbouillon klar. Unter Umständen, namentlich wenn man die in Entwicklung begriflene Kultur einmal aufgeschüttelt hat, kann aber diese eigentümliche Wachstums- ersclieinung verschwinden und statt dessen eine allgemeine Trübung der Bouillon stattfluden. Aber auch in diesem Falle sammelt sich die Haupt- masse der Kultur in Gestalt eines flockigen schleimigen Bodensatzes in der Tiefe des Eöhrchens. Die mikroskopische Untersuchung lehrt, dass dieses äußere Verhalten dem vorhin beschriebenen Auswachsen der Stäbchen zu längeren Fäden, Schlingen und Knäueln entspricht. Dabei sei indessen bemerkt, dass infolge des ungenügenden Sauerstoflfzutritts Sporenbildung in derartigen Bouillonkulturen, im Gegensatz zu der Züchtung des Milzbraudbacillus im hängenden Bouillontropfen, nicht selten erst spät und unvollkommen eintritt. Nährgelatine: Auf der Gelatineplatte entwickelt sich der Milzbraudbacillus bei geeigneter Zimmertemperatur (18 — 20") in 2 bis 3 Tagen zu sehr charakteristischen Kolonieformeu. Schon bei ober- flächlicher Betrachtung bemerkt man, dass die einzelne Kolonie kein zusammenhängendes und kompaktes Gebilde darstellt, sondern ein lockeres Gefüge aufweist. Noch deutlicher tritt diese Erscheinung hervor, sobald man die Platte bei schwacher Vergrößerung (ca. SOfxch) der mikro- skopischen Besichtigung unterwirft. Man sieht hier, wie von dem zen- tralen, etwas massigeren Teil der Bakterienanhäufung die Kolonie nach den Bändern zu sich in eine Reihe von schnörkelartigen Ausläufern auflöst und in das umgebende Nährsubstrat zahlreiche verschlungene, geschlängelte, fadenförmige Fortsätze aussendet. ]\Ian hat daher viel- fach von der Medusenform« der Milzbrandkolonie gesprochen, weil die Ausläufer um das Centrum der Bakterienmasse ähnlich angeordnet er- scheinen, wie die Schlaugen um das Haupt der Medusa. Im mikro- skopischen Khitschpräparat kann man sich bei starker Vergrößerung sehr schön von dem Aufbau der einzelnen Ausläufer und Schlingen aus den charakteristischen Milzbrandstäbchen überzeugen. Vermöge eines peptonisierenden Fermentes, das man auch aus den Kulturen künstlich dargestellt hat (Permi), bewirkt der Milzbraudbacillus bei seinem Wachstum auf Nährgelatine eine Verflüssigung des vSubstrates. Auf der Gelatineplatte macht sich diese Verflüssigung deutlich, wenn auch laugsam bemerkbar, so dass im Umkreise der Kolonie allmählich eine flache mit flüssiger Gelatine gefüllte Delle entsteht und die Kolonie selbst unter das Niveau des Substrates einsinkt. Die verflüssigende Kraft des Milzbraudbacillus hält sich innerhalb bescheidener Grenzen Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. II. 2 18 Gr. Soberuheim, und stellt beispielsweise hinter der von Heu-, Proteus- oder anderen, energisch peptonisierenden Bakterien erheblich zurück. In der Gelatinestichkultur kommt es zunächst zu einer Ent- wicklung der Bakterien längs des Impfstiches, am üppigsten in den oberen Partieen, und erst nach einer Reihe von Tagen beobachtet man häufig ein Ausstrahlen von Fortsätzen, die sich von dem Impfstich fast rechtwinkelig in die Umgebung des Nährbodens erstrecken. Es gewinnt dadurch die Stichkultur ein stacheliges, borstiges Aussehen und lässt sich in ganz typischen Fällen wohl auch mit der Gestalt eines »umge- kehrten Tannenl)aumes« vergleichen. In manchen Fällen bleil)t jedoch dieses charakteristische Verhalten aus und es tindet einfach eine Ent- wicklung längs des Impfstiches statt. Die Verflüssigung schreitet von oben her langsam nach der Tiefe fort. Matzuschita beobachtete bei einem IY2 Jahre auf 10^ Nährgelatine in Zimmertemperatur fort- gezUchteten, sonst völlig normalen Milzbrandstamme erst nach 50 Tagen sehr spärliche Verflüssigung der Gelatiuestichkultur. Es sei an dieser Stelle bereits hervorgehoben, dass es auch auf der Nährgelatine in der ersten Zeit nicht zur Sporenbildung kommt, weil die gewöhnliche Zimmertemperatur hierzu nicht auszureichen pflegt. Als absolut sporenfrei sind indessen Gelatinekulturen des Milzbrand- bacillus nicht zu bezeichnen, vielmehr gelingt es meist, bei etwas längerer Beobachtungsdauer (4 — 5 Tage), sporentragende Stäbchen nachzuweisen. Nur in den ersten Tagen der Züchtung, bis zur vollen Entwicklung der Kulturen, ist gewöhnlich auf Gelatinenährböden eine Sporenbildung nicht zu entdecken. Nähragar: Auf der Agarplatte präsentiert sich die Milzbrand- kolonie ganz ähnlich, wie auf der Gelatineplatte und giebt hier sowohl bei makroskopischer wie mikroskopischer Betrachtung ihre lockere, nach der Peripherie hin in arabeskenförmige Ausläufer und Fortsätze sich auflösende Struktur alsbald zu erkennen. Das Klatschpräparat, das im übrigen dem der Gelatineplatte außerordentlich ähnlich ist, imter- scheidet sich von letzterem dadurch, dass man im Innern der Stäbchen beginnende und auch vollendete Sporenbildung beobachten kann, je nach dem Alter der Kolonie. Die Agar Stichkultur zeigt mitunter ein ähnlich stacheliges Aus- sehen wie der Gelatinestich, bietet im allgemeinen aber keine besonderen Eigentümlichkeiten, und auf der 01)erfläche von schräg erstarrtem Agar entwickelt sich die Milzbrandkultur in Form eines ziemlich üppigen, grauweißlichen Rasens, der einen matten Glanz besitzt, von zäher Be- schaffenheit ist und sich mit der Oese nicht leicht ablösen lässt. Bei dem Versuch, zur Abimpfung kleine Mengen zu entnehmen, muss man diese meistens mit der Platiunadel etwas gewaltsam von der zähschleimigen und fadenzieheudeu Bakterienmasse lostrennen. Das Wachstum auf Gl yc er inagar zeigt gegenüber dem auf gewöhn- lichem Nähragar keinerlei Differenzen. Kartoffel: Auf der Oberfläche gekochter Kartoffelnährböden, in der Form der KoCHSchen Kartoft'elscheiben, der EsMARCiischen Kartoffel- schälchen oder der GLOBioschen Kartofitelröhrchen u. s. w., gedeiht der Milzbraudbacillus außerordentlich üppig, in Gestalt eines weißen matt- glänzenden Bakterieurasens, in dem sich schon sehr frühzeitig ganz außerordentlich reiche Mengen von Milzbrandsporen nachweisen lassen. Es scheint freilich, als ob die äußerst schwankende chemische Zusammen- setzung dieses uns von der Natur gelieferten Nährsubstrates, im be- Milzbrand. 19 sonderen die Reaktion der Kartoffel, für deren Verwendung zu Kultur- zwecken gerade bei dem Milz1)randbacillus eine sehr große Rolle spielt und Wachstum, sowie Sporcnbildung in schwerwiegendem Maße beein- flusst. Man kann gelegentlich wahrnehmen, dass die Entwicklung der Milzbrandkartoftelkulturen eine wenig üppige ist und Sporen gar nicht oder höchst unvollkommen gebildet werden. Es finden sich in derartigen Fällen glänzende, wohl als sporogene Körner aufzufassende Granula innerhalb der stark degenerierten, aufgequollenen und unförmigen bak- teriellen Elemente. Blutserum: Auf schräg erstarrtem Rinderblutserum entwickelt sich die Milzbrandkultur als weißlich-gelber, von der Farbe des Nährbodens nur wenig sich a1)hebender Bakterienrasen, unter langsam fortschreitender Verflüssigung des Nährsubstrates. Statt des gewöhnlichen IJinderblut- serums kann mit gleichem Erfolge auch LöPFLERSches Blutserum vom Rinde, Pferde u. s. w. Verwendung ünden. Milch: Infolge Bildung eines labartigen Ferments, das die Milz- brandbazillen erzeugen (Lüfflkr [18871, Roger [1893, a]), wird Milch zu- nächst zur Gerinnung gebracht. Später wird das ausgefällte Kasein von oben her langsam peptonisiert. Bei Züchtung in größeren Kulturgefäßen (Kolben), in denen der Sauerstoff' der Luft mit der Milch eine breitere Berührungsfläche findet, bleibt die im Reagenzglase zu beobachtende Gerinnung aus, und es tritt statt dessen nur eine gelbbräunliche Ver- färbung ein, bedingt durch die Umwandlung des Kaseins in eine nicht fällbare Modifikation (Roger, 1893 a). Bezüglich der chemischen Veränderung des Nährsubstrats ist hervorzuhel)en, dass der ]\Iilzbrandl)acillus bei Züchtung in Lackmus- agar (Stichkulturen) eine Entfärbung des Nährbodens lie wirkt und damit reduzierende Fähigkeit bekundet (Behring, 1889). Bei Zusatz selenig- saurer Salze, wie Natr. selenosum, zu Agar- oder Gelatinenährböden erscheinen die Kolonieen infolge Reduktion der selenigen Säure zu metallischem Selen rot gefärbt (Sc'iieurlen [1900], A. Kle ir [1900, a]). x\uf geeignetem Nährboden (lOproz. Peptonlösung) ist Bildung von Schwefel- wasserstoff' nachweisbar (Petri & Maassen). Säurel)ildung auf den ver- schiedensten Substraten, namentlich Blutserum, wurde durch Behring (1889) konstatiert, später von anderer Seite (v.Sommaruga u. a.) bestätigt. Durch Züchtung in Lnckmusmolke lässt sich diese Säurebilduug sehr schön demonstrieren und titrimetrisch genauer bestimmen; sie soll für virulenten Milzbrand -=0^1% Zehntcl-Norinalsäure entsprechen (Petruschky, 1890). Indol wird vom ^Iilzl)randbacillns nicht gebildet (Petri, Lewandowski). In Blutbouillon macht sich schwach hämolytische Wirkung bemerkbar. In Milch soll nach den Ermittelungen von Iv/anow der Milzbrandbacillus Fette und Zucker nicht angreifen und nur aus dem Kasein flüchtige Säuren abspalten; in jungen Kulturen konnte Iwanow vorwiegend Ameisensäure, danel)en Essigsäure und auch Kapronsäure auffinden. Roger (1893) stellte fest, dass der Milzbrandl)acillus Glykogen zerstört und zwar sowohl innerhall) wie außerhalb des Tierkörpers, während Zucker nur im Reagenzglase, nicht aber im Tierkörper angegriffen wird. Aelm- liches fand Maumus, der zeigte, dass auf stärkehaltigen Substraten der Milzl)raiidbacillus die Stärke in Zucker umsetzt und diesen letzteren später allmählich verzehrt. Nach Napias wird hierbei ]Milch- und Essigsäure gebildet. Auch Permi wies ein diastatisches Ferment in Milzbrandkulturen nach. Ueber die Bildung- giftiii'er Substanzen vergl. S. 52. 2* 20 G. Sobernheim, 0. Sporenbildung und Sporenkeimung. 1. Sporenbildung. Ebenso wie das Waclistnm ist auch die Spoi-enl)ilduiig der Milzl)raiid- bazillen au die Erfüllung- ganz bestimmter liedingungen geknüpft, die mit denen der einfaelien Entwicklung und Ernährung nicht ohne weiteres zusammenüillen . Die Sporcn1)ildung des Milzl)randes ist in erster Linie abhängig von der AuAvesenheit freien Sauerstoffs, eine Thatsache, die es sofort verständlich macht, weshalb innerhalb des tierischen Organismus niemals die Entstehung von Sporen möglich ist, und wir daher bei der Unter- suchung von frischem l^ute oder Gewebssäften von Individuen, die an Milzbrand zu Grunde gegangen sind, immer nur die vege- tativen Formen des Erregers antreffen. Durch einen sehr einfachen und hübschen, von Turrö (1891) angegebenen Versuch lässt sich das Sauerstoffbedürfnis der sporenl)ildenden Bakterien gut demonstrieren. Bringt man nämlich ein mit Milzbrandblut geimpftes Agartr(3pfchen auf ein Deckglas, das man in Ijekannter Weise auf einen hohl geschliffenen 01)jektträger auflegt und mit Vaseline fixiert, so lässt sich nach 24 stündigem Aufenthalt dieses »hängenden Agartröpfchens« im Brut- schrank die Beobachtung machen, dass lediglich in den freien, der Ein- wirkung des Sauerstoffs leicht zugänglichen Bandpartieen gute und üppige Sporulation erfolgt ist, während im Inneren des Tropfens meist nur sporeufreie Milzbrandstäbchen vorhanden sind. Man hat neuerdings gegen diese, seit R. Koch bekannte und durch langjährige Beobachtungen bestätigte Thatsache EinwJinde zu erbeben versucht und auch in an aeroben Milzbrandkulturen Sporenbildung fest- stellen wollen. So hat Weil (1899) mitgeteilt, dass es ihm gelungen sei, bei Kulturen, die auf besonderen Nährsubstraten, nämlich auf einem mit 25^ Traubenzuckerl)ouillon versetzten Schafblutserum, sowie ferner auf Kartoffelscheiben, auf 5 proz. Quitten- und Eibischschleim und auf 10 proz. Weizenauszug in Wasserstoffatmosphäre gezüchtet waren, Sporenbildung nachzuweisen. Diese liöchst auffällige Angabe darf wohl zunächst noch Zweifel herausfordern, um so mehr als A. Klett (1900, b) ])ei einer dies- bezüglichen Nachprüfung zu etwas abweichenden Ergebnissen gelangte. Dagegen wollte nun Klett wiederum gefunden haben, dass die gewölni- liche Art der auaeroben Züchtung nur deshalb eine Sporenbildung ver- hindere, weil der Wasserstoff selbst kein ganz indifferentes Gas darstelle, sondern eine direkt schädigende Wirkung auf die Kulturen ausübe. Man erhalte ein durchaus anderes Eesultat, sobald an Stelle des Wasserstoffs der in dieser Hinsicht völlig indifferente Stickstoff trete. In einer Stickstoff- atmosphäre soll nach den Angaben von Klett der Milzbrandl^acillus nun thatsächlich Sporen l)ildcn. Auch diese überraschende Behauptung konnte indessen alsbald auf Grund sorgfältiger Nachprüfungen durch Weil (1901, c), Jacobitz und Slupski als irrtümlich erwiesen und auf eine fehlerhafte Versuchsanordnung zurückgeführt werden. Neben dem Sauerstoff ist es die Temperatur, die, wie bereits von K(JCH hervorgehoben, auf den Verlauf der Sporenbildung einen ent- scheidenden Einfluss ausübt. Neuere diesl)ezügliche Untersuchungen von Weil (1899) haben ergel)en, dass Sporenbildung bei 37" und 31° inner- halb 16 Stunden erfolgt und beendet ist, bei 24" in 36 Stunden, bei 18° in 50 Stunden, während bei 12" der Erfolg meist ein unsicherer bleibt. Milzbrand. 21 ScHREiRKii will bei 12" zwar noch kiiiiiiiierlielies Waehstuui, aber schon unter 14^' niemals Sporenbildung beobachtet haben. Kitt und Baum- GARFEN behaupten sogar, dass unter 18° nur noch ganz ausnahmsweise Sporenbildung erfolge. Auch für die Sporenbildung giebt es ein ge- wisses C)ptinumi der Temperatur. Von 11. Koch wurde als günstigste Temperatur eine solche von 20 — 25" bezeichnet; nach Baumgarten und KrrT liegt das Temperaturoptimum für Sporenbildung bei etwa 30'\ nach Günther bei 28", von anderer Seite (Schrehjer) ist 34" als günstigste Temperatur angegeben worden, und ich selbst möchte auf Grund vielfacher Beobachtungen diese Mitteilungen dahin bestätigen, dass in der That die beste Sporenausbente erhalten zu WT-rden pflegt, wenn man die Milzbrandkulturen nicht bei eigentlicher l)rutwärme, sondern bei etwas niedrigeren Temperaturen züchtet. Bei 32—35" sind die Er- gebnisse sicherlich bessere als bei 37 — 38°. Was endlich die Beschaffenheit des Nähr Substrates anlangt, so ist neben der gekochten Kartotfelscheibe vor allem ein peptoufreier Agar der Sporeubilduug günstig (Buchner). Nach Behring (1889) wird durch Zusatz von Kalkwasser (0,05 proz.) und Calciumchlorid (1:200) zur Bouillon die Sporulatiou befördert. In Glaskörperflüssigkeit und Kummerwasser von Bindern und Kaninchen kommt es zu besonders üppiger Sporen- entwicklung (Koch, ]>ehking). Eine zweckmäßige Methode zur Er- zielung möglichst sporenreichen Materials besteht nach Turrö (1891) ferner in dem Aufgießen von Bouillonaufschwemmungen auf Agarplatten. Auch ich selbst habe bei dieser Art der Züclitung ausgezeichnete Erfahrungen gemacht und kann sie für den angedeuteten Zweck sehr empfehlen. Auf der anderen Seite pflegen weniger zweckmäßige Nährsubstrate, die an sich schon dem Wachstum der Milbrandbakterien nicht sonderlich günstig sind, die Sporenbilduug zurückzuhalten und zu beeinträchtigen. Es sei in diesem Zusammenhange auf die später noch genauer zu be- sprechende Thatsache hingewiesen, dass im deflbrinierten Blut und im flüssigen Blutserum eine Sporenbildung des Milzbrandbacillus nur schwer zu erzielen ist. Ueber die Bedeutung des Phänomens der Sporulatiou sind wir auch für den ganz besonderen Fall des Milzbrandes noch zu keinen fest be- gründeten Anschauungen gelangt. Thatsache ist lediglich, dass Sporen erst dann aufzutreten pflegen, wenn die Milzbrandkultur den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht oder bereits über- schritten hat (Behring). Nach Buchner soll der Milzbrandbacillus sich in dem Augenltlick zur Sporenl)ildung anschicken, wo er nach einem Stadium ü}ti)iger Entwicklung in eine Art des Hungerzustandes versetzt wird, und es sollen daher die Sporen in den gewöhnlichen Kulturen entstehen, sobald sich unter dem Einfluss des Wachstums eine Erschöpfung der NährstoÖe geltend macht. Dass unter dauernd un- günstigen Ernährungsverhältnissen eine Sporulation sehr erschwert ist oder überhaupt nicht zustande zu kommen pflegt, ist sicherlich zu- treffend und von den verschiedensten Seiten experimentell bestätigt worden (Lehmann [1890], Osbornej. Dass andererseits auch eine ununter- brochene und dauernde Züchtung in nährstoffreichen Kulturmedien meist nicht zur Sporenbilduug führt, ist durch Schreirek gleich- falls wahrscheinlich gemacht. Es ist eben nach Buchner der plötzliche Uebergang von günstigen in ungünstige Lebens- und Ernährungsbedinguugen das entscheidende Moment für das Einsetzen der Sporenbildung. In Bestätigung dieser Auffassung konnte 22 G- Sobernheim. BüCiiNEii z. B. aucli konstatieren, dass eine Uebertragung- der üpi)i8' entwickelten Milzl)randl)akterien aus Bouillonkulturen in physiologische Kochsalzlösung-, destilliertes Wasser u. s. w. alsljald das Auftreten reich- licher Sporen zur Folge hat. Mag man sich nun auch, wie das von verschiedenen Seiten geschehen ist (Schreiber u. a.), der BucnNERschen Anschauung über die Bedingungen der Sporulation anschließen, so wird man auf der anderen Seite nicht vergessen dürfen, dass gewisse That- .sachen hiermit doch nicht ohne weiteres in Einklang stehen, zum Ave- nigsten aber noch der Aufklärung bedürfen. Hierzu zählt vor allen Dingen die Beobachtung, dass Milzbraudbazilleu auf alten Milzbrand- nährböden, z. B. auf keimfreien Filtraten älterer Milzbrandbouillonkulturen, in denen die frühere Generation bereits Sporen gebildet hatte, von neuem zur Entwicklung und selbst Sporulation gebracht werden können. Wenn wir ferner annehmen dürfen, dass, wie B. Koch bei seinen ersten Beobachtungen im Humor ac^ueus des Kindes konstatiert zu haben glaubt und KR(mPECHER jetzt neuerdings in Agarkulturen bemerkt haben will, Milzbrandsporen in ein und demselben Nährmedium zunächst entstehen und später wieder zur Stäbchenfcn-m auskeimen, so kann dies der BüCHXERSchen Theorie kaum zur Stütze gereichen. Was die Art und Weise anbelangt, in der sich die Sporenbildung der ]\rilzbrandl)azillen vollzieht, so macht sich zunächst eine Trübung des ursprünglich durchsichtigen homogenen Protoplasmas der Bakterien- zelle Ijemerkbar. Die Stäbchen weisen eine feine Granulation auf und gewinnen ein gleichsam »gepudertes« Aussehen (Buttersack). Das Vor- stadium der eigentlichen Sporenbildung ist dann durch das Auftreten einer größeren Anzahl von stark lichtbrechenden Körnchen im Inneren des Bakterienleibes charakterisiert, die nach den Untersuchungen von Bunge als echte sporogene Granula, d. h. als Anfangsformen der Sporen aufzufassen und von den sogenannten metachromatischen Granula, wie wir sie mit Hilfe der BABES-ERXSTSchen Körnchenfärbung auch bei Milzbrandbazillen darstellen können, wohl zu unterscheiden sind. Ebenso haben sie wahrscheinlich mit den l)ei Anwendung der RoMAXOWSKYScheu Färbung durch Zettxow in der Bakterienzelle nachgewiesenen Chro- matinkörnern nichts zu thun. Die sporogenen Granula der Milzbrand- bazillen, wie ül)rigeus auch anderer sporenl)ildender Arten, lassen sich im Gegensatz zu den übrigen Körnungen bei Behandlung mit kochen- dem Methylenblau ohne weiteres färben und geben nach Bunge damit schon ihre Beziehungen zu den eigentlichen Sporenelementen zu er- kennen. Neuerdings ist es Krompecher gelungen, im Innern der Milzbraudbazillen außer den bisher bekannten und eben erwähnten Körnchenarten noch eine weitere nachzuweisen, die sich mit Karbol- methylenblau metachromatisch intensiv hellrot färbt, den l^uxGESchen Granula vielleicht nahesteht, durch erhebliche Eesistenz gegen Hitze ausgezeichnet ist und daher nach Krompechers Ansicht gleichfalls Be- ziehungen zur Sporenbildung haben dürfte. Während man bisher annahm, dass durch einfache Verschmelzung der sporogenen Körner schließlich die fertige Spore entstände, haben die eingehenden Untersuchungen von Nakanishi und Ascüli zu einem etvt^as abweichenden Ergebnis geführt. Es gewinnt hiernach den Anschein, als ob die sporogenen Körner durch eine Vereinigung und Verschmelzung nicht nur untereinander, sondern auch gleichzeitig mit gewissen Bestandteilen der kernhaltigen Substanz der Bakterienzelle zur Entstehung der fertigen Sporen führen. Ja, AscoLi vertritt sogar die Anschauung, dass die verschiedenen als sporo- Milzbrand. 23 geue Körner beschriebenen Granulationen gleichsam al« Degenerations- iind Alterserscheiniingen des zur Rporulation schreitenden Milzbrandbacillus aufzufassen seien, die unal)h;ingig von den wahren Sporen existierten und mit den letzteren ül»erliaupt in keinem direkten Zusannnenliange ständen. Jeder Bacillus bildet stets nur eine Spore, die in der Mitte des Stäbchens ihren Platz hat. Dadurch, dass der Rest der Bakterienzelle allmählich und ungleichmäßig zu Grunde geht, kann es unter Umständen den Anschein erwecken, als rücke die Spore mehr an das eine oder andere Ende, doch beruht dies auf Täuschung. Die Milzbrandsporen stellen hellglänzende Gebilde dar, die sich für das geübte Auge durch ihre Form von sehr vielen anderen ähnlichen Bakteriensporen unterscheiden lassen. Sie sind von eiförmiger Gestalt und nähern sich der Kugelform mehr als dies bei vielen anderen, meist länglicher gearteten Sporen der Fall ist. Sie besitzen eine sehr derbe Meml)ran, nach den Untersuchungen von Nakaxishi sogar wahrscheinlich eine doppelte Sporenhaut. Die innere, stark entwickelte Sporenhülle (Endosporium) soll dabei nur an den Polen von der äußeren zarten Hülle (Ektosporiiim) aljsteheu und so einen halbmondförmigen Zwischenraum entstehen lassen. Ilkewicz giebt au, dass es ihm gelungen sei, mit Hilfe einer besonderen Osmiumbehandlung (Moditikation einer von Ko- Lossow, Zeitschr. f. wissensch. Mikr., Bd. IX, 1892, angegebenen Methode) in den Sporen je ein bis zwei schwarze Körnchen zur Darstellung zu bringen, die er als Sporenkerne auffassen möchte. Ihrer chemischen Zusammensetzung nach sollen die Sporen mehr Fettsul)stanzen und mehr stickstoffhaltige Körper enthalten als die Milzbrandfäden, und zwar die Sporen ca. 77,75^ Eiweiß, die Fäden nur 42,5^<> Eiweiß (Dyrmont). Die Färbung der Sporen kann mit Hilfe der hierfür gebräuch- lichen Methoden vorgenommen werden. Man behandelt die Präparate mit Anilinwasserfuchsin oder Karbolfuchsin, unter starkem Erwärmen, 2 — 3 Minuten, entfärbt in Alkohol und benutzt zur Gegenfärbung Methylenblau. Indessen l)ereitet die Anwendung dieser Methode gerade bei der Darstellung der Milzbrandsporeu nicht selten gewisse Schwierig- keiten, so dass nmn sich oft vergebens bemüht. Novy rät daher, nach der Fuchsinfärbung und Entfärbung in Alkohol zunächst in Wasser mikroskopisch den Erfolg zu prüfen und bei ungenügendem Resultat nochmals den Farbstoff einwirken zu lassen. Caxon modiliziert die Methode derart, dass er das auf Objektträgern ausgestrichene und fixierte Material ganz ähnlich wie bei der Tuberkelbazillenfärbuug behandelt: 4 bis 5 maliges Aufbringen frischer Karbolfuchsinlösung und Aufkochen, Gegen- färbuug mit 25 proz. Schwefelsäure-Methylenblaulösung (1—2 Minuten). Auch die ül)rigen Meth(tden der Sporenfärbung sind mehr oder minder brauchbar (s. Bd. I, S. 424). Nach Möller färbt man Milzbrandsporen in folgender Weise. Das lufttrockene Präparat wird in der Flamme oder 2 Minuten in absolutem Alkohol fixiert und dann zur Entziehung des Fettes in Chloroform gebracht. Hierauf erfolgt Abs}>ülen mit Wasser und Behandlung mit 5 proz. Chromsäure, 2 Älinuten, dann wieder gründliches Abspülen. Zur Färbung des so vorbehandelteu Präparates dient Karbolfuchsin, das ca. 1 Minute unter Erwärmen und einmaligem Aufkochen einwirken muss. Entfärbung in 5 proz. Schwefelsäure, Abspülen, Gegenfärijung mit Methylenblau oder Malachitgrün. Foth (1892) findet die MöLLEKsche Methode einfach und zuverlässig, konnte anstatt der Chromsäure auch Wasserstoffsuperoxyd (2,7^) mit Vorteil benutzen. 24 Gr. Sobernheim, Besonders gut scheint sich zur Färbung der Milzbrandsporen das Ver- fahren von AujESZKY (1898, a) zu eignen. Das hifttrockene (nicht fixierte) Präparat Avird mit der bestrielienen Seite auf eine im l'orzellanschälclieu zum Kochen erhitzte ^/2\n'0z. Salzsäure aufgelegt und so 3— 4 Minuten be- lassen. Dann folgt Abspülen mit Wasser, Trocknen, Fixieren, Färbung mit ZiEHLScher Lösung oder Anilinwasserfuchsin, unter wiederholtem Er- wärmen, l)is dreimal Dämpfe aufsteigen. Man lässt dann 1 — 2 Minuten abkühlen und entfärbt mit 4— 5proz. Schwefelsäure. Gegenfärbuug mit Methylenblau oder Malachitgrün, 1 — 2 Minuten. Als eine ganz ausgezeichnete und empfehlenswerte Methode, die bei der Färbung der Milzbrands})oren eigentlich niemals im Stiche lässt und ausnahmslos günstige Kesultate liefert, ist das A. KleinscIic Verfahren zu nennen. Man stellt sich hierbei eine Aufschwemmung des sporenhaltigen Materials in physiologi- O scher Kochsalzlösung her und mischt diese, etwa 1 — 2ccm, im Uhr- schälchen mit dem gleichen Quantum einer filtrierten ZiEHLSchen Karbolfuchsinlösung. Die Mischung wird nun erwärmt, bis Dämpfe aufsteigen, ca. 6 Mi- nuten, worauf man mit der Platinöse ein klei- nes Tröpfchen der Flüssigkeit entnimmt und auf dem Deck- glase ausbreitet. Man lässt das Präparat luft- trocken werden und fixiert zweimal in der Fhunme. Entfärbung in Iproz. Schwefel- Fig. 4. Milzbrandbazillen (Agar) SporenfürbuDg- nach ^-^^^.^ wenige Sekun- A. Klein. Verg. (.OOtach. ^^^ (1-2), Abspülen in Wasser, Nachfär- bung mit verdünnter Methylenblaulösung, ohne Erwärmen, 3 — 4 Minuten. Als eine zweckmäßige, wenn auch nur geringfügige Modifikation des KLEixschen Verfahrens sei erwähnt, dass man die Mischung von Sporeu- aufschwennnung und Fuchsinlösung im Keagenzglase herstellen und ein- fach über der (lasfiammc erwärmen kann. Die Sporenfärl»ung vollzieht sich hierbei gewöhnlich noch etwas rascher und intensiver, ohne dass im übrigen Form und Färbbarkeit der Bakterienfäden geschädigt würden. (Fig. 4.) 2. Sporenkeimung. Werden die Milzbrandsporen in geeignete Nährsubstrate übertragen und unter günstigen Entwicklungshedingungen gehalten, so keimen sie allmählich wieder zu Stäbchen aus. Nach R. Koch wächst dabei die Sporenliülle zu einem langgezogenen, eiförmigen oder walzenförmigen Körper aus, während die an den einen Pol rückende Spore selbst all- Milzbrand. 25 mählich mehr und melir an Glanz verliert, schließlich zerfällt nud ver- schwindet. DE Bary beschriel) den Vorgani;- so, dass die Spore an Glanz verlieren und größer werden sollte, bis allmählich die Sporen- haut einfach verquillt. Weitere Untersuchungen von Pkazmowsky zeigten indessen, dass diese Beol)achtungen sich lediglich auf das Anfangsstadiuni der Sporenkeinmiig erstreckten, diese letztere sell)st aber noch nicht in der richtigen Weise erklärten. Pkazmüwsky stellte fest, dass nach einigen Stunden aus der vergrößerten Spore durch ein polares Loch der Bacillus heraustritt und die Sporenhaut ab- wirft, • eine Beobachtung, wie sie durch die späteren eingehenden Untersuchungen von Guethe im wesentlichen bestätigt werden konnte. Gkethe fand, dass bei 35 — 37° in etwa V4~1V2 Stunden die Auskeimung der Milzbrandsiioren sich vollzieht. Dabei nehmen die Sporen unter Verlust ihres Glanzes zunächst völlige Kugelgestalt an, um sich alsdann wieder in der Längsrichtung zu strecken und in diesem Stadium eine große Aehnlichkeit mit jungen Milzbraudstäbchen an den Tag zu legen. Nur pflegen die Enden etwas mehr abgerundet zu erscheinen. Dann schlüpft der Bacillus an dem einen Ende in der Längsaxe heraus und streift die Si)orenhülle ab, die nun direkt hinter dem Bacillus liegt. Nakanisiii will neben dieser polaren« auch in selteneren Fällen eine »äquatoriale« Auskeimung der Milzbrandsporen beobachtet haben. Neuere Versuche von Weil (1901, b) haben zu dem bemerkenswerten Ergebnis geführt, dass bei der Uel)crtrngung in geeignetes Nährmaterial und Ge- währung günstiger Entwicklungsbedingungen innerhalb bestimmter, mit der Temperatur wechselnder Zeit doch immer nur ein Teil der aus- gesäten Sporen zur Auskeimung schreitet. Dieser Prozess beginnt nach Weils Ermittelungen bei 37 und 30" in der Kegel nach etwa 8 Stunden, bei 24" nach 16 Stunden, bei 18° nach 70 Stunden, bei 12° unregel- mäßig, kann aber bei 7°, ja mitunter scheinbar sogar bei 0" noch er- folgen. 3. Asporogene Stämme. Durch Lehmann (1887) wurde zuerst darauf aufmerksam gemacht, dass gewisse Milzbrandstännne auch unter sonst ausreichenden Be- dingungen niemals Sporen bilden. Er konstatierte diese Thatsache für eine Reihe von Kulturen, die sämtlich Abkömmlinge einer seit Jahren im Laboratorium in Gelatine fortgezüchteteu Milzbrandkultur waren und auf Kartoffeln im Inneren der Fäden nur glänzende Körnchen, niemals aber echte Sporen Zustandekommen ließen. Eine Umwandlung dieser zufällig gewonnenen asporogenen Rasse in die typische, sporen- bildende Art gelang nicht. Eine Verminderung der Virulenz war nicht nachzuweisen. Erst Behring (1889) blieb es vorbehalten, durch systema- tisches Vorgehen diese Frage weiter zu klären und auf experimentellem Wege asporogene Milzbrandstämme künstlich zu erzeugen. Das Ver- fahren, dessen sich Behring für seine Zwecke bediente, bestand in der Züchtung der Kulturen in Gelatine, die mit geringen Mengen verschie- dener antibakterieller Substanzen versetzt war (Salzsäure, Natronlauge, Rosolsäure, Lackmustinktur, Safranin, Malachitgrün u. s. w.). Nach 2 Monaten konnten in Salzsäuregelatine (Iproz. Normalsäure), bezw. in Rosolsäuregelatine (Zusatz bis zu starker Rotfärbung) zwei asporogene Stämme gew^onnen werden. Obwohl im allgemeinen von den gewöhn- lichen typischen Milzbrandkulturen kaum unterschieden, zeigten die so erhaltenen asporogenen Rassen doch auf Agar rasch Degenerationsfornien 26 Cr. Sobernheim, und starben in der Regel nach wenigen Wochen (3—4) ab. Behring ist daher geneigt, in der Asporogenität der Milzbrandkulturen das Zeichen eines degeuerativen Prozesses zu erblicken, aber, wie er ausdrücklich betont, ohne Aenderung der Morphologie und der Infektiosität. liüux (1890) bediente sich zur Erzeugung asporogener Milzbrand- stämme eines etwas anderen Verfahrens. Die ursprünglich von ihm und CiiAMBERLAND empfohlene Methode, die in der Züchtung der Kulturen in einer mit Kaliumbichromat (1:2000) versetzten Nährbouillon bestand, wurde später in folgender Weise verbessert. Eine Anzahl von Buuillon- röln-clien wird mit Phenollösung versetzt, im Verhältnis von 2 : 10 000 bis 20: 10 000, und nun mit Milzbrand geimpft. In der Phenolbouillon von der Konzentration 2 : 10 000—6 : 10 000 tindet gewöhnlich noch Sporenl)ildung statt, während in den Röhrchen mit stärkster Konzen- tration (20 : 10 000) Wachstum ül)erhaupt ausbleibt. In den dazwischen gelegenen Phenolverdünnungen, die ein Wachstum noch gestatten, kommt es in der Regel nicht zur Entstehung von Sporen. Kulturen, die in der eben beschrieljcnen Weise nach 8— lOtägigem Wachstum gewonnen werden, sollen nach Roux dauernd die Fähigkeit der Sporeubilduug eingebüßt haben und sich damit als echte asporogene Rassen darstellen. Uie Virulenz dieser Stämme ist unverändert. Nur wenn eine längere Züchtung als 8 — 10 Tage in der Phenolbouillon stattgefunden hat, macht sich auch eine Abnahme der pathogeuen Wirksamkeit Ijcmerkbar. Auf dem Wege der Tierpassage bei Tauben und Kaninchen kann eine Steige- rung der Virulenz, aber keine Rückkehr der Sporulation erzielt werden. Noch über eine Reihe anderer Methoden zur Gewinnung asporogener Stämme wird berichtet, die sich ganz allgemein dahin charakterisieren, dass man bei der Züchtung der Kulturen gewisse entwickelungs- schädigende Einflüsse zur Geltung bringt. So fand Boraians, dass Kultivierung der Bakterien in Scliaf-, Kalb- und Pferdeserum für den angedeuteten Zweck mit Erfolg benutzt werden kann, Avenn man regel- müHige Uebertragungen in kurzen Zwischenräumen von Serum zu Serum ausführt. Phisalix (1892 u. 1893), sowie Surmont & Arnould konnten sporenbildende Kulturen durch längere Züchtung bei 42" in eine asporogene Varietät umbilden. Indessen zeigte der so gewonnene asporogene Milzbrand Neigung zur Rückkehr der Sporulation, namentlich, wie PiiiSALTX feststellte, bei Züchtung in Bouillon mit Zusatz von frischem Meerschweinchenblut. Vor allen Dingen aber machen die letztgenannten Forscher darauf aufmerksam, dass gleichzeitig mit der Asporogenität sich auch mehr oder minder ausgesprochene Abnahme der Virulenz einzustellen pflegte, insofern als die Kulturen für Meer- schweinchen und Mäuse nur noch unvollkommene Pathogenität besaßen. Auch ergiebt sich aus den Angaben von Phisalix ohne Zweifel, dass seine asporogenen Milzbrandstämme Zeichen weitgehender Degeneration au den Tag legten und alle diejenigen Veränderungen aufwiesen, wie wir sie gerade als ein charakteristisches, wenn auch nicht untrügliches Zeichen abgeschwächter Kulturen, in Form von Bildung längerer Fäden, Aufquellung der Hüllen, Zerfall, schlechter Färbbarkeit u. s. w. noch kennenlernen werden. In gleichem Sinne spricht wohl die Angabe MoMONTs, dass asporogene Milzbrandkulturen weniger widerstandsfähig sind (gegen Austrocknung), als die gewöhnlichen Stämme, und auch ich selbst habe bei den durch Züchtung bei 42 — 43" erhaltenen asporogenen Kulturen stets Zeichen weitgehender Degeneration und Viruleuz- abnahme konstatieren können. Milzbrand. 27 Damit haben wir eine sehr wiehtig-e Frage berührt. Es kann kaum wunderbar erscheinen, wenn die degenerativen Veränderungen der Bak- terien, wie sie sich unter dem Eintiuss schädigender Mittel in den Kul- turen vollziehen und schließlich in dem Verluste der sporenbildenden Kraft zum Ausdruck gelangen, auch die tierpathogene Wirksamkeit in Mitleidenschaft ziehen. Höchstens das Gegenteil könnte uns über- raschen, und, wenn man z. B. nach Büiiring in dem Ausbleiben der Sporen- l)ildung lediglich »eine partielle Schädigung der physiologischen bezw. morphologischen Eigenschaften des Milzbrandes« erblickt, damit also annimmt, dass unbeschadet der Virulenz einer Kultur die Sporen- bildung dauernd unterdrückt werden kann, so ist die Frage sicherlich berechtigt, ob in der That eine derartige Anschauung sich auf eine völlig einwandfreie experimentelle Begründung zu stützen vermag. Hier besteht zweifellos noch eine Lücke. Man wird sich zu erinnern haben, dass eine exakte Virulenzljcstinnnung, unter Berücksichtigung der Dosierung, Auswahl der Tierart u. s. w. , wie wir sie jetzt auf Grund unserer neueren Erfahrungen auszuführen genötigt sind, von den frühereu Untersuchern kaum vorgenommen sein dürfte, und es wäre dringend er- wünscht, diese gewiss nicht unwichtige Frage nochmals einer genaueren experimentellen Nachprütung zu unterwerfen. Schon Süraiont & Aknould, Heim (1894) u. a. betonen mit Nachdruck die großen Schwierigkeiten, die sich ihnen bei der Gewinnung der asporogenen Stämme mit Hilfe der verschiedenen Methoden dargestellt haben, eine iVeußerung, der ich auf Grund eigener Beobachtungen durchaus beipflichten muss. Nur die Rouxsche Methode soll nach Sürmont & Arnuuld einigermaßen zu- verlässige Resultate geben. Es kommt, wie jeder Bakteriologe sicher- lich oft genug schon erfahren hat, gar nicht selten vor, dass Milzbrand- kulturen plötzlich hinsichtlich der Sporenbildung versagen, ohne dass eine Ursache hierfür irgendwie nachgewiesen werden köimte. So be- müht man sich unter Umständen tagelang vergeblich, Sporenbildung zu erzielen, bis plötzlich wieder, aus ebenso unbekannten Ursachen, höch- stens vielleicht bei Benutzung eines neuen, im übrigen aber in genau der gleichen Weise hergestellten Nährl)odens Sporen in der gewünschten Weise gebildet werden. Durch diese Erscheinung des vorübergeheudeu unaufgeklärten Ausl)leil)ens der Sporulation bei gewöhnlichen sporen- bildenden Milzl)randstämmen kann eine asporogene Varietät vorgetäuscht werden, die dann natürlich auch über volle Virulenz verfügt. Die Frage, ob es thatsächlich echte asporogene Milzbrandrassen giebt, sei es unter natürlichen Verhältnissen entstanden oder aber künstlich erzeugt, die über volle Pathogenität verfügen, genau so wie die sporenbildenden Arten, dürfte heute wolil als noch nicht völlig spruchreif zu l)ezeichnen sein. D. Eesistenz der Milzbrandbazillen und Milzbrandsporen gegenüber schädigenden Einflüssen. Während Milzbrandkeime in Stäbe heuform nur einen Avenig höheren Resistenzgrad zu zeigen pflegen, als er auch manchen anderen vegetativen Bakterienelementen eigen ist, sind die Milzbrands poreu durch hohe Widerstandsfähigkeit ausgezeichnet. Mau hielt sie in früheren Zeiten für die dauerhaftesten Bakterienformen. Heute wissen wir, dass dies nicht zutrefiend, vielmehr von gewissen saprophytischen Arten aus der Gruppe der Kartoffelbazillen noch weit resistentere Sporen gebildet 28 Gr. Sobernheim, werden können. Immerhin stellen unter den pathogenen Keimen die Milzbrandsporen die widerstandsfähigsten Gebilde dar und haben daher seit Jahren gewissermaßen als das vorgeschriebene Testobjekt für alle Desiufektionsprüfungen gedient. Auch heute greifen wir noch meist für diesen Z^veck auf die Milzl)randsporen zurück, die man entweder in Form von Emulsionen oder aber zweckmäßiger an Seidenfäden an- getrocknet der Einwirkung des Desinfektionsmittels aussetzt. Die Sporen sind in dieser letzteren Form außerordentlich haltbar und können noch nach 10 — 12 Jabren lebensfähig und virulent befunden werden (Aiello & Drago). Herstellung der Milzbrandsporenfäden: Man benutzt als Ausgangs- material am besten eine Kartotiel- oder auch Agarkultur, auf der üppige Sporenbildmig eingetreten ist. Hiervon wird eine dichte, milchig trübe Aufschwemmung in sterilisiertem Wasser bereitet und diese nunmehr mit einer größeren Anzahl von sterilisierten Seidenfäden (1 — 2 cm lang) be- schickt. Nachdem die Fäden Gelegenheit gehabt haben, sich gründlich mit der Flüssigkeit zu imprJigniereu (etwa 10 — 15 Minuten), werden sie auf steriler Unterlage, wozu sich der Boden einer sterilisierten PETRischale gut eignet, zum Trocknen ausgebreitet. Es ist dabei darauf zu achten, dass die Fäden wohl getrennt voneinander zu liegen kommen und mög- lichst rasch getrocknet werden, um ein nachträgliches Auskeimen der Sporen nuter allen Umständen zu verhüten. Die Trocknung erfolgt am zweckmäßigsten im Exsiccator. Die Widerstandsfähigkeit der Milzbrandsporen unterliegt sehr erheblichen SchAvankungen. Es ist das Verdienst von V. EsMARCH (1888), wohl zuerst auf die Bedeutung der Herkunft der Sporen und auf die diesbezüglichen Differenzen verschiedener Milzbraud- rassen die Aufmerksamkeit gelenkt zu haben. So erklärt es sich, wenn beispielsweise die Angaben über die baktericide Wirkung der Karbolsäure auf Milzbrandsporen so außerordentlich divergieren. E. Koch (1881) fand Milzbrandsporen in öproz. Karl)olsäure nach 2 Tagen abgetötet, GuTT.AiANN dagegen nach 37 Tagen, C. Fränkel (1889) sogar nach 40 Tagen noch lebend, v. Esmarch selbst einige Proben nach 4 Tagen abgetötet, andere wiederum, von einem anderen Milzbrandstamme gewonnene, nach 40 Tagen noch entwicklungsfähig. Auch der Dampfdesinfektion wider- standen nach V. Esmarchs Ermittelungen die einzelnen Sporenproben, je nach ihrer Abstammung, verschieden lange Zeiten, die zwischen 3 und 12 Minuten schwankten. Dass ferner bei ein und demselben Sporen- material, d. h. Abkömmlingen des gleichen Stammes, die einzelnen Sporen Individuen sich durch ihre Widerstandsfähigkeit recht er- heblich unterscheiden können, ist von mehreren Seiten hervorgehoben worden (Geppert, 1891, Krönig & Paul). Das Alter der Sporen, im besonderen der au Seidenfäden zur Antrocknung gebrachten, spielt inso- fern eine Rolle, als sich zunächst innerhalb der ersten Zeit (circa 24 Stunden) eine ausgesprochene liesistenzsteigeruug l)emerkbar macht (C. Fränkel, Krönig & Paul, Otsuki). Den so einmal erlangten Re- sisteuzgrad scheinen die Sporen dann allerdings gleichsam als Rassen- eigentümlichkeit zu bewahren, eine zuerst von C. Fränkel festgestellte Thatsache, die auch durch die Untersuchungen von Otsuki erneute Be- stätigung erfahren hat. Die hiermit in einem gewissen Widerspruch stehende Angabe von Krönig & Paul, dass sich bei den angetrock- neten Milzbrandsporen nach anfänglicher Resistenzzunahme bis zu einem gewissen IMaximum eine spätere kontinuierliche Abnahme der Wider- Milzbrand. 29 stanflsfäliii;kcit bemerkbar mache, konnte dureli Otsuki bei Aufbewali- rung- der Proben bis zu 120 Tagen nicht bestätigt werden. Uel)rigens erwähnen Krönig & Paul selbst, dass die Resistenz der Milzbrand- sporen im Eisschrank (ca. 7") nahezu konstant erhalten bleibt. Otsuki vermochte al)er ferner, gestützt auf umfangreiche experimentelle Prü- fungen, den Nachweis zu erbringen, dass die Beschaffenheit der 01)jekte, an welchen die IMilzbrandsporen angetrocknet sind, deren Widerstandsfähigkeit in niclit unbeträchtlichem Maße beeinflusst, indem die au porenreichen Substanzen (Seide, Wolle, Filtrierpapier, Baum- wolle u. s. w.) haftenden Sporen weniger leicht der Vernichtung zugäng- lich sind als das an glatten Gegenständen (Glasperlen, Granaten u. s. w.) angetrocknete Material. Damit steht auch die ältere Feststellung Gepperts in Einklang, dass Milzbrandsporenemulsionen sich in der Hegel gegenüber Desiufizientien weit resistenter verhalten als Sporen- seidenfäden. Von mancher Seite hat man auch der Temperatur, bei welcher die Sporenbilduug erfolgte, eine gewisse Bedeutung für die Eesistenz der entstandenen Sporen l)cimessen wollen, doch lassen die bisher vor- liegenden, einander stark widersprechenden Angaben ein klares Urteil niclit zu. So will z. B. Frankland konstatiert halben, dass die l)ei 18 — 20" gebildeten Sporen widerstandsfähiger seien als die bei 35 — 38** erhaltenen, während Weil (1899) gerade umgekelirt die von einer Temperatur von 37° stammenden Sporen widerstandsfähiger fand als die von 31°, 24° oder 18", und Otsuki Unterschiede überhaupt nicht fest- stellen konnte. Dass endlich auch Art und Zusammensetzung des Nähr- substrates nicht nur für die Widerstandsfähigkeit der vegetativen Formen, sondern auch für die der Milzbrandsporen in Betracht zu ziehen ist, wurde bereits durch v. Esjiarch hervorgehoben. Wenn wir hiernach die einzelnen Mittel und Methoden kurz ins Auge fassen, so werden wir dieser Verhältnisse eingedenk sein müssen und die für die Widerstandsfähigkeit der Milzl)randbazillen und Milzl)rand- sporen gemachten Feststellungen — wenigstens soweit pliysikalische und chemische Schädigungen in Betracht kommen — einfach als Durch- schnittswerte, etwa für Keime von mittlerer Resistenz, ansehen dürfen. 1. Physikalisehe Schädigungen. Milzbrand bazillen werden durch Erhitzen auf 55° nach Roux & CiiAMBERLAND (1888) crst uach 40 Minuten abgetötet, durch Erhitzen auf 50—55° in frischem Milzl)randblut nach einer Stunde (Momont). Im getrockneten Milzbrandblut erfolgt Abtötung bei Erhitzen auf ca. 100" sogar erst nach 2 Stunden (Momont). Sporenfreie Bouillonkulturen gehen nach Erwärmen auf 65° in b'^j-i Minuten, l)ci 75" in 3 Minuten, bei 80° in einer Minute zu Grunde (Weil, 1899). Milzbrandsporen sterben bei Einwirkung heißer Luft von 140° erst nach 3 Stunden ab (R. Koch & Wolffhügel). Wasserdampf von 95° tötet Milzbrandsporen iunerhall) 10 Minuten, strömender Wasserdampf von 100° nach etwa 5 Minuten (Koch, Gaffky & Löffler, 1881). In siedendem Wasser fand Geppert (1890) Milzbrandsporen nach 5 Minuten noch entwick- lungsfähig. Auf der anderen Seite scheint nach einzelnen Beobachtungen auch eine stark erniedrigte Temperatur auf Milzbrandkulturen einen nachteiligen Einfluss auszuüben. Weil (1899) will festgestellt haben, dass von 6—8° abwärts nach gewisser Zeit Entwicklungsfähigkeit und 30 (t- Sobernheim, Virulenz der Milzl)ranclkultureii leiden. Klepzofp sali bei einer durch- schnittlichen Kälte (Russland) von — 24" Milzl)randbazillcn nach 12 Tag-en, hei — 10,6° nach 24 Tagen zu Grunde gehen. Pictet & Joung konnten durch Temperaturen von — 130" Milzbrandbazilleu in wenigen Stunden abtöten, Wcährend anderseits bei starker Kälteeinwirkung in flüssiger Luft {■ — 180") Sporen und sporenfreie Bakterien durch Ravenel (1899, b) und Belli nach 3 bezw. 15 Stunden noch lebend gefunden wurden. Dass Milzbraudsporen gegenüber der Trocknung ganz außerordent- lich resistent sind, ist aus den früher erörterten Verhältnissen ohne weiteres ersichtlich. Das Verhalten der Milzbrandbazillen gegenüber diesem Eingriff ist durch Momont in umfassenden und vielfach variierten Experimenten studiert worden. Es ergab sich hierbei, dass Milzl)rand- bazillen in Kaninchenl)lut, das auf Glas zur Antrocknung ge1)racht Avar, bei Zimmertemperatur (16—22") unter Luftzutritt nach 57 Tagen, im Vacuum nach 48 Tagen abstarben, während bei 33" nach 45, bezw. 50 Tagen Al)tötung erfolgte. An Seideufäden getrocknete Milzbraud- bazillen gingen im Vacuum bei Zimmertemperatur nach 70 Tagen zu Grunde. Hoher Druck von 15—20 Atm. wirkt schädigend und 1)ringt Kulturen bei 35" rasch zum Absterben (Wossnesseksky). Dass das Licht, im besonderen die Sonnenbestrahlung, auch für den Milzbrand einen exquisit schädlichen Faktor darstellt und merk- würdigerweise die Sporen leichter ihrer Keimfähigkeit beraubt, als die sporenfreien Bazillen, ist zuerst durch Arloixg (1886) festgestellt, dann durch Roux (1887) bestätigt worden, der namentlich zeigte, dass hier die Mitwirkung des Sauerstoffs der Luft von größter Bedeutung ist. Uoux fand nändich, dass sterile Nährbouillon, längere Zeit der Sonnenbestrahlung bei Luftzutritt ausgesetzt, desinfizierende Eigenschaften erwarb, während in einer in gleicher Weise, aber unter Luftabschluss behandelten Nährbouillon die später eingebrachten Sporen sich ungestört entwickeln konnten. Im Einklang hiermit steht die von Momont mitgeteilte Beobachtung, dass Bouillonkulturen bei Luftzutritt durch das Sonnenlicht nach 2'/2 Stunden abgetötet werden, im Vacuum dagegen noch nach 50stündiger Ein- wirkung lebensfähig bleiben. Im getrockneten Blut gehen Milzbrand- bazillen, wie Momont weiter fand, unter dem Einfluss der Sonnen- bestrahlung (Temperatur 25 — 35°), je nach Dicke der Schicht, Luftzu- tritt u. s. w. nach 6Y2 — 15 Stunden zu Grunde. Getrocknete Bouillou- kulturen starben am Lichte bei Luftzutritt nach 5, im Vacuum nach 6V2 Stunden ab. Sporen widerstanden der Belichtung mehr als 100 Stunden. Aus den Versuchen von Wakd ergiebt sich aber ferner, dass es wesentlich der l)lauviolette Teil des Sonnenspectrums ist, der auf Milzbrandbazilleu und Milzbrandsporen baktericid Avirkt, eine An- gabe, die durch Dieldonxe (1894, a) bestätigt und dahin ergänzt Avurde, dass hierdurch im Nährboden (Agar- und Gelatineplatten) H2 O2 zur Ent- stehung gelangt. Der galvanische Strom von 200 — 300 M.-A. tötet Milzbrandsporen nach halb- bis einstündiger Einwirkung (Prochoavnik & Späth). Röntgenstrahlen blieben nach einer EiuAvirkung von 60 Minuten bis zu 3 Stunden 5 Minuten in den Versuchen von Blaise & Sambuc ohne Einfluss auf Lebensfähigkeit und Virulenz von Milzbrandkulturen, Avährend Rieder nach 1 — 3stündiger EiuAvirkung in sorgfältig durchgeführten Experimenten die auf Agarplatte ausgesäten Milzbrandkeime mit Sicher- heit abgetötet fand. Milzbriind. 31 2. Chemische Schädigungen. Die Aug-aben über die Wirksamkeit des Sublimats gegenüber Milzbraudsporen geben ans den frülier angefübrten Gründen ziemlicb weit auseinander. Nacli C. Fränkel (1889) gelien in V'2Pi*oiii- Sublimat- lösung Sporen in 40 Minuten zu Grunde, in 1 prom. Lösung, sowie in ^2 prom. Salzsäuresublimat nacli 20 Minuten. Geitert (1889) fand dagegen Sporen, die 2 — 3 Stunden in Sublimat gelegen batten, noeb nicbt sieber abgetötet, benutzte allerdings Milzl)randsporenenmlsionen, nicbt Sporen- seidenfäden. Iproz. Sublimatlösung tötet nacli GEPi'ERr in 6 — 12 Minuten. Audi nacb Heider ist Sublimat in Iprom. Lösung innerbalb 2 Stunden nocb unwirksam; Erwärmen der Flüssigkeit auf 55° giel)t keinen viel besseren Erfolg. In der Verdünnung 1:10000 ist Sublimat für Milzltrand entwicklungshemmend (Behring, 1889, c). Argentum uitr. soll nacb Behring bei 1 : 25000 ein Wacbstum nicbt mehr zulassen, Heider ümd die Wirksamkeit dagegen weit geringer und selbst in Iproz. Lösung nacb 54 Stunden noch keine Abtötung der Sporen. Erwärmte Lösungen (55") von Silbernitrat (Iproz.) sind nach 2 Stunden, solche von Chlor- zink (oproz.) und Kupfervitriol (5proz.) nacb 2Y2 bezw. 61/2 Stunden für Abtötung von Milzbrandsporen unzureichend (Heider). In Iproz. Karbollösung mit Kochsalzzusatz (24^) sah Sciieurlen (1895) Milzbrandsporen in spätestens 3 Tagen zu Grunde geben, Röjier in Iproz. Karbollösung mit Zusatz von Kochsalz (11,8^), Natriumsulfat (14,2^), Natriumuitrat (17,0^) u. s. w. nach 6 7 Tagen. Pane (1890) fand, dass Karbolsäure (oproz.) bei Erwärmung auf 37° Milzbrandsporen nach 2 — 3 Stunden abtötet, bei 9 — 10° dagegen nocb nach 10 Tagen unverändert lässt. Bei 55° tötet öproz. Karbolsäure Milzbrandsporen in 1 — 2 Stunden, bei 75° in 3 Minuten (Heider). Lysol (5proz. Lösung) tötet Milzbrandsporen nach 7 Stunden (Foth, 1891), Kreolin, in lOproz. Lösung, sporenfreie Bazillen in 10—20 Minuten, während Milzbrandsporen selbst durch 60pr(»z. Lösung in ihrer Entwicklungs- fähigkeit nicht beeinträchtigt werden (Sirena & Ale.ssi, 1891, a). Selbst nacb 35 Tagen vermag Kreolin (rein) Milzbrandsporen nicht all- zutöten (Hünermann). Thymol (2 prom.) lässt Milzbrandsporeu nach 7tägiger Einwirkung bei 34° noch lebend (Pane). In Chlorwasser (0,2 proz.) gehen Milzbrandsporen in circa 15 Sekunden zu Grunde (Geppert). Wasserstoffsuperoxyd tötet Milzbrandsporen bei 26 — 28° in 15 Minuten (Pane). Ozon erweist sich gegenüber Milzbrand- sporen als ziemlich wirkungslos (Ohlmüller). Fornmlin soll Milz- brandsporen in Iproz. Lösung nach 2 Stunden, in 2 — 5 proz. Lösung nach einer Stunde, in 10— 20 proz. Lösung nach 10 Minuten töten (Hammer & Fehler). In Verdünnung 1 : 20000 wirkt Formaldehyd in Bouillonkulturen entwicklungshemmend (Aronson). Durch Salzsäure (1,5 — 3 proz.) werden Milzbrandbazillen nach 48 Stunden allgetötet, während Milzbrandsporen in 2 proz. Salzsäure nach 24 stündiger Ein- wirkung noch unbceinflusst bleiben (Dyrmont). Kalkmilch (20proz. und 50proz.) tötet Milzbrandbazillen nacb 24 Stunden, Sporen dagegen nach 48 stündiger Einwirkung nocb nicht (de Giaxa). Zusatz von Chlorkalk (0,1 proz.) zu Bouillonkulturen lässt sporenfreie Bazillen schon in 1 Minute absterben, während bei Sporen, selbst in stärkerer Konzen- tration (5 proz. Chlorkalklösung) Abtötung je nach Besistenz erst in V2— 41/2 Stunden erfolgt (Nissen, 1890). Durch Einpökeln gehen Milz- brandbazillen im Fleisch nach länger als 14 Tagen (Peuch), bei einem 32 G. Sobernheim. Salzg-elialt von ca. 7 — 10;%; nach 4 Wochen zu Grunde; Sporen werden durch Einpökehi nicht beeinfiusst (Abel). Versudie, wie sie von Behring (1887), Löte u. a. ang-estellt worden sind, die Desinfektionskraft gewisser chemischer Substanzen gegenüber Milzbrand auch innerhalb des Tierkörpers zur Geltung zu bringen, gehören nach unseren heutigen Anschauungen in das Gebiet der resistenz- steigernden Eingriffe. 3. Biologische Schädigungen. a. Antagonistische Bakterien. Der Milzbraudbacillus wird durch Berülirung mit einer Reihe anderer Bakterienarten ungünstig beeinfiusst und in seiner Entwicklung Ijehindert oder völlig unterdrückt. Als Hauptantagonist ist der Bacillus pyo- cyaneus bekannt, der in flüssigen Avie auf festen Sul)straten seine milz- brnndfeindlichen p]igenschaften äußert (Charuin & Guigxard, Böichard, Emmerich, Woodhead & Wood). In Mischkulturen in Bouillon ent- wickelt sich lediglich der Bac. pyocyaneus, während die Milzl)randkeime absterben. Führt man über die Oberfläche einer Agar- oder besser Gelatineplatte eine Reihe von parallelen Impfstrichen, und zwar abwech- selnd von Milzbrand und Pyocyaneus, so entwickeln sich lediglich die letzteren. Ein ähidiches Resultat Avird erhalten, Avenn man die beiden Bakterien in Form von Kreuzstriclien aussät, indem hierbei an den Kreu- zungspunkten die Milzbrandkulturen steril bleiben (Blagovetschevski). Die entwicklungshemmende Wirkung des Bac. pyocyaneus ist, wie sich hieraus bereits ergiebt, auf die Produktion eines besonderen löslichen Stoffes zurückzuführen, mit dessen Studium sich neuerdings namentlich Emmerich und seine Mitarbeiter (Löav, Korschun, Saidai in eingehenden Untersuchungen beschäftigt haben. Es gelang den genannten Forschern aus Kulturen des Bac. pyocyaneus eine Avirksame Substanz darzustellen, die von ihnen als Pyocyanase bezeichnet und als bakteriolytisches Enzym aufgefasst wird. Die Pyocyanase löst im Reagenzglase Milzbrand- bazillen energisch auf und äußert auch im Tierkörper antibakterielle Eigenschaften, die mit Erfolg zur Heilung milzbrandinfizierter Tiere (Kaninchen) verwendet Averden können. Dass die antagonistischen Wir- kungen, welche der Bac. pyocyaneus soAvohl, wie eine Reihe noch weiter zu besprechender Bakterienarten innerhalb des Tierkörpers auf den Milzbraudbacillus ausüben, nicht einfach als eine direkte Bakterien- schädigung aufzufassen, sondern höchstwahrscheinlich auf Einflüsse zurückzuführen sind, die mit der künstlich gesteigerten Resistenz des tierischen Organismus in engstem Zusannuenhange stehen, möge an dieser Stelle nur kurz angedeutet Averden. Es wird darauf bei späterer Gelegenheit zurückzukommen sein (vergl. darüber auch Wassermann, Bd. I, S. 314). Die Pyocyanase zeigt eine sehr beträchtliche Widerstands- fähigkeit und wird, wie Tavernari in Bestätigung der EMAiERiciischen Angaben fand, durch stärkeres Erhitzen (30 Minuten bei 100") in ihrer bakteriolytischen Wirkung nur unbedeutend altericrt. Auch von anderer Seite (Dietrich, Klimoff, Yaerst, Krause) ist über bestätigende Ergebnisse berichtet Avorden, nur dass man die Bakterienauflösung durch Pyocyanase nicht als EnzyniAvirkung, vielmehr als Ausdruck osmo- tischer Veränderungen auffassen Avill (Dietrich). Dass Streptokokken auf Milzbrandbazillen antagonistisch ein- wirken, ist gleichfalls durch Eaimerich (1886), sowie Eaimerich & di ]\[ilzbrancl. 33 Mattei festgestellt worden. Die Milzbnindinf'ektion der Kaiiiiiclien ließ sich auch mit Streptokokken erfolgreich l)ekänipfen. In Mischkulturen auf Agar und Gelatine soll der Stieptococcus das Wachstuni des Milz- brandbacillus unterdrücken (Doehj.e), während umgekehrt nach Tiüro (1891) Milzbrandkulturen das Wachstum von Streptokokken begünstigen. Der Staphylococcus äußert seine antagonistischen Eigenschaften in vitro nur innerhalb enger Grenzen, in sehr ausgesprochener Weise dagegen im Tierkörper. Dass bei gleichzeitiger Anwesenheit von Sta- phylokokken die Milzbrandinfektion bei Tieren (Kaninchen, Meer- schweinchen, Mäusen] wesentlich milder verläuft und unter Umständen nicht zum Tode führt, ist durch Czai'LEwski (1889), Bai'.aigaktex, Beco, FßANK (1899), Beruonzini, u. a. übereinstimmend konstatiert worden. Nach BiCHXEu, v. Düngern und Pawlüwsky erweist sich der FRiEDLÄNDERsche Pneumonicbacillus bei Kaninchen als wirksamer Ant- agonist des Milzbrandbacillus. Auch der Pueumococcus soll nach Tane (1894^ in künstlichen Kulturen, namentlich l^ouillon, schädigend auf Milz- brandl»azillen einwirken, während er sich nach Mühlmann in dieser Hinsicht indifterent verhält. Auf sterilisierter Oholerabouillon ptlegt, wie Zagari fand, der ]Milzbr;indI);icillus kümmerlich zu wachsen und eine Abschwächung seiner Virulenz zu erfahren, um so stärker, je älter die Cholerakultureu gewesen, während Sirotinin auf »Choleragelatine« ein ebenso gutes Wachstum des Milzbrandbacillus konstatierte, wie auf ge- wöhnlicher Nährgelatine. Auf Typhusgelatine ist die Entwicklung des Milzl»randl)acillus etwas behindert (Sirotinin). Als weitere Antagonisten sind zu nennen: Bac. fluorescens liq. (Olitzky), Bac. prodigiosus (Paw- LowsKY, RoGEiv', 1895), Bac. phosphorescens (Freudenreich). Auch die eigenen Stoflfwechselprodukte des Milzbrandbacillus können unter Um- ständen entwicklungshemmende Eigenschaften besitzen. Malfitano avüI aus Milzbrandkulturen eine durch Erhitzen auf 65" zerstörl>are Substanz, »Protease«, gewonnen haben, welche ]\Iilzbrandbazillen im Beagenzglase zur Auflösung bringt und somit autobakteriolytische Wirkung äußert. Demgegenüber sei hervorgehoben, dass Freidenreich auf tiltrierter Milzbrandbouillon, Sirotinin auf sterilisierter ]\Iilzl)randgelatine gutes Wachstum erhielten. Nach Hüppe c^ Wood bewährte sich ein milz- brandälmlicher Saprophyt im Tierkörper als Antagonist des Milzbrand- bacillus. Endlich Aväre zu erwähnen, dass sporenfreie Milzbrandbazillen in nicht sterilisierter Milch der Konkurrenz der zahlreichen Milchbakterieu innerhalb kurzer Zeit, nach ca. 24 Stunden erliegen (Caro, Inghilleri), und dass auch gewisse Produkte der Fäulnisbakterien eine rasche Ab- tötuug herbeiführen. Nach Kostjurin & Krainsky soll »Fäulnistoxiu«, in Gestalt von filtrierten und bei 65° eingedickten Fäulnisextrakten aus gefaulter Fleischbrühe oder Fleischinfusen, schon in geringen JMengen von 0,1 — \% Milzbrandkulturen ihrer Virulenz berauben. b. Körpersäfte. Die Körpersäfte, namentlich das Blutserum verschiedener Tierarten stellen für den Milzbrandbacillus ein ungünstiges Nährsubstrat dar und wirken geradezu abtötend. Es kommt dabei meist zu charakteristischen Formveränderuugeu, die sich durch Kontraktion des Protoplasmas, Ab- hebung v(m der Zellwand und Zertrennung in kleine, kugelige Abschnitte als plasmolytische Erscheinungen zu erkennen geben (Baumgarten, 1899). Handbuch der patliogenen Mikroorgauismen. H. 3 34 Gr- Sobernheim. Ob hierbei antibakterielle Stoffe, entsprechend der fast allgemeinen An- nahme der Bakteriologen, die eigentliche Ursache sind, oder ob es sich nach der Anschauung der BAUMGARTENscheu Schule wesentlich um osmo- tische Einflüsse handelt, möge an dieser Stelle unerörtert bleiben. Es sind dies Fragen, die in das Gebiet der Immunität fallen. Nur soviel sei kurz bemerkt, dass ein Zusammenhang zwischen der Empfänglich- keit einer Tierart und der baktericiden Kraft seiner Körpersäfte keines- wegs regelmäßig nachweisbar ist (Lubarsch (1889), Eosatzin, u. a.). Besonders stark baktericid wirkt Kaninchenserum, das nach Pane (1891) in der Menge von 1 ccm nahezu 8000 Milzbrandkeime ab- töten soll. Es scheint, als enthielte das Kaninchenserum ein gerade den Milzbrandbakterien schädliches Agens, das l)ei Erwärmen auf 57" erst nach 24 Stunden zerstört wird (Wilde). Humor aqueus und PerikardialflUssigkeit von Kaninchen wirken gleichfalls stark bactericid (Nuttall). Auch das Blutserum von weißen Hatten lässt Milzbraudbazillen nur schwer zur Entwicklung gelangen, und zwar, wie Behring (1888) annimmt, infolge seiner hohen Alkaleszenz. Es gelang Behring nämlich durch Säurebehandlung ^2% Oxalsäure subkutan) der Tiere oder durch Chloroformnarkose Verminderung der Alkaleszenz des Blutes herbei- zuführen und damit das Hattenserum in einen guten Nährboden für Milzbrandl)azillen umzuwandeln. Danysz zeigte neuerdings, dass durch andauernde Uebertragung auf Battcnserum die Milzbrandbazillen allmäh- lich an dieses Medium gewöhnt werden imd darin gut gedeihen. Hunde- serum übt auf Milzbrandbazillen keine erheblichere Schädigung aus, ebensowenig Katzenserum (Bail). Das Blutserum von Kindern und Hammeinwirkt schwach entwicklungshemmend, desgleichen Hühner- und Taubeublut. Die exquisit milzbrandfeindliclien Eigenschaften, welche die Froschlymphe im Tierkörper äußert, sind im Reagenz- glase nicht nachweisbar (Petruschky, 1889). In dem pleuritischen Exsudat des Menschen sah Nüttall die Milz- brandbazillen rasch zu Grunde gehen. Ganz allgemein soll arterielles Blut stärker baktericid wirken als venöses (v. Fodok, 1890). Das Sekret der Thränendrüseu höherer Säugetiere ist nach De Bono & Frlsco für Milzbrandbazillen und Sporen völlig unwirksam. Glycerin-Auszüge aus Kaninchenorganen enthalten hitzebeständige, durch 65" nicht zerstörl)are Stoife, die Milzl»raudbazillen abtöten (Christ- mas, Bitter, [1892]), Avährend gewöhnliche Kochsalzextrakte aus Milz von Hunden und Kaninchen, ebenso wie Tliynuisextrakte vom Kalbe, entgegen der Angabe von Hankin (1890) durch Bitter als wirkungslos befunden wurden. Livingood sah auf Nälirsubstraten, die aus wäss- rigen, durch Filtration keimfrei gemachten Organ extrakten (Schweine- leber ^ Schweinemilz, Ochsenleber, Schafmilz etc.) hergestellt wurden, entschiedene Wachstumshemmung. Die durch Aufkochen sterilisierten Organextrakte wirkten dagegen nicht mehr bakterienfeindlich. Turrö (19Ö0 und 1902) stellte fest, dass frisch ausgepresster Schilddrüsen-, Nieren- und Muskelsaft vom Schwein und Rind innerhalb 1 — 3 Tagen bei einer Temperatur von 35—38° mindestens 10^ seines Gewichtes Itägiger Milzbrandkultur verdaut. Auch das Hühnerei, bezw. die Mischung des Weißen mit Dotter übt diese bakteriolytische Wirkung aus, wobei die Stäbchen die bekannten Erscheinungen der Plasmolyse aufweisen und bei Färbung nach Gram den sauren FarbstoiT (Eosin) aufnehmen. Im Magensaft von Hunden, Hammeln und Menschen gehen Milzl)rand- Milzbrand. 35 bazilleu nach V4 — V2 Stunde zu Grunde. (Straus & Wüktz, Kurlovv & Wagner.) Durch Trypsin und Pepsin werden Milzbraudbazillen bei Anwesenheit von Salzsäure verdaut (Sigwart). E, Pathogenes Verhalten. Der Milzbrand kann erfolg-reich auf eine Reihe der verschiedensten Tierarten übertra.c:en werden. Zahlreiche Tiere sind der künstlichen Infektion zugänglich, darunter auch solche, die unter natürlichen Verhält- nissen nicht von Milzljrand befallen werden. Reinkulturen des Milzbrand- bacillus, Sporenfäden, Milzbrandblut, Gewebssäfte (Milzsaft) oder Organ- stückchen von Milzbrandtiereu sind in gleicher Weise für diesen Zweck geeignet. 1. Empfänglichkeit der Tierarten. Als hochempfänglich sind Meerschweinchen und weiße Mäuse zu bezeichnen; aber auch Kaninchen erliegen den Milzl)randimpfungen ausnahmslos und prompt innerhalb der gewöhnlichen Zeit (24 — 42 Stun- den), sofern es sich nur um hochvirulentes Milzbrandmatcrial handelt (Baumgarten, Sobernheim). Die Empfänglichkeit der Ratten hat den Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gebildet (Löffler [1881], Metschnikoff [1890], Behring [1888], u. a.). Ursprünglich als mehr oder weniger immun betrachtet, haben sie sich bei genauerer Prüfung als sehr wohl empfänglich herausgestellt, allerdings bei weitem nicht in dem Maße wie die eben genannten Tiere. Rassenunterschiede und Ernährungsverhältnisse sind bei ihnen von Bedeutung. Nach K. Müllers umfassenden Prüfungen überlebten von schwarzen Ratten 79,4^ die Milzbrandimpfung, von weißen Ratten 14^, von schwarz- weißen 23,4^ und von grau-Aveißen ^Qß%. Impfung mit ^lilzstückchen frisch ver- endeter Meerschweinchen wirkte bei ihnen am sichersten. Frank (1890) sah weiße Ratten, denen Sporenseidenfäden in die Bauchhöhle gebracht wurden, regelmäßig zu Grunde gehen. Der Tod tritt bei Ratten ge- wöhnlich erst am dritten Tage ein. Rinder legen gegenüber der künstlichen Infektion eine nicht un- erhebliche Resistenz an den Tag, die zu ihrer ausgesprochenen Dis- position für eine Spontanerkrankung in auffallendem Gegensatz steht. Sel])st nach Verimpfung relativ großer Mengen virulentester Milzbrand- keime kommen die Tiere oft mit dem Leben davon. Es scheint, als ob Kühe und Kälber besonders widerstandsfähig seien. Demgegenüber erweisen sich Schafe im Versuche genau so empfänglich, wie unter natürlichen Verhältnissen, und gehen nach der Einverleibung geringster Virusmengeu nach einem bis längstens zwei Tagen an Milzbrand zu Grunde. Weit unempfänglicher sind Schweine und Hunde. Ueber erfolgreiche Infektion von Schweinen durcli sul)kutane Impfung berichten v. Ratz, Tschernogoroff u. a., während dabei gleichzeitig die Unempfänglich- keit der Tiere für Fütterung mit Bazillen oder sporenhaltigem Material betont wird. Nach v. Ratz scheinen Ferkel von 4—6 Monaten sich resistenter zu verhalten als ältere Tiere, die ungarische Rasse resistenter als amerikanische und englische Schweine. Hunde sind am sichersten durch intravenöse Injektion großer Bakterienmassen zu töten (Toussaixt). BüJwiD sah einen Fuchs nach Fütterung mit milzbrandigem Fleisch an Allgemeininfektion eingehen. Vgl. im übrigen bezüglich der Raub- tiere S. 5. 3* 36 G. Sobernlieiiii. Nach Ekkert gehen Renutiere nach der Impfung mit Milzbrand zu Grunde. Loir fand, dass eine Anzahl australischer Säugetierarten, wie Känguruhratte, australische Katze, das große Känguruh und der australische Bär (Koala) für die suhkutane Milzbrandimpfung höchst empfänglich sind und nach längstens 42 Stunden eingelien. Bei Fütterung war der Erfolg ein weniger sicherer. Vögel sind für Milzbrandimpfungen nur in sehr beschränktem Maße empfänglich. So gehen die in eine Hauttasche eingebrachten Milzbrand- sporen, wie Weyl feststellen konnte, bei Hühnern nach 4, bei Tauben nach ca. 6 Tagen zu Grunde, eine Thatsache, die Sacciii für Milzbrand- bazillen in ganz analoger Weise bestätigt fand. Tauben können, wie die Untersuchungen von Oemler, Perroxcito, Kitt (1886) u. a., dann aber namentlich von Czaplewski (1889 u. 1892) gezeigt haben, noch am sichersten getötet werden. Besonders empfänglich erscheinen junge Individuen. Nach Salvioli & Spongaro geben Tauben bei künstlicher Infektion, in Uebereinstimmuug mit den Beobachtungen von Oemler, eine Sterl)lichkeit von etwa 31,5^. Czaplewski fand nur eine solche von 18, 2^^^. Am sichersten gelingt nach Metschxikoff (1890) die Infek- tion der Tauben von der vorderen Augeukammer aus, während Fütterung in der Regel ohne Erfolg ist (Oemler, Feser). Noch unempfänglicher sind Hühner, Gänse, Sperlinge und Enten Oemler, Kitt [1886). Frösche verhalten sich unter gewöhnlichen Verhältnissen gegenüber der experimentellen Milzl)randinfektion gänzlich refraktär, wie schon R. Koch bei seinen ersten Versuchen feststellen konnte. Die in den dor- salen Lymphsack der Tiere eingebrachten Sporen gelangen ül)erhaupt nicht zur Auskeimuug, während Milzbrandl)azillen unter dem Einfluss der Körpersäfte sowohl, wie der phagocytären Elemente sehr rasch ver- nichtet werden. *) Nur die künstlich an niedere Temperaturen gewöhnten Milzbrandkulturen sind nach den Ermittelungen von Dieudonxe (1894, 1)) imstande, Frösche unter Umständen zu töten. Fisciiel fand Kröten für Milzbrand sehr empfänglich, indem die geimpften Tiere sämtlich nach 2 — 6 Tagen starben. Goldfische sollen nach Ferxice & Pollaci (1892) nach Milzl)raudimpfuug gelegentlich an typischer allgemeiner Infektion zu Grunde gehen, und bei Seepferdchen (Hippocampus) führt, wie SABRAzfis & CoLOMBOT fanden, subkutane und intra peritoneale Impfung nach 6 — 8 Tagen zum Tode. Catterina infizierte Tritonen erfolgreich mit frischer Milzbrandemulsion aus Meerschweinchenleber. 2. Infektionsbedingungen. Für das Zustandekommen der Infektion sind eine Reihe von Fak- toren bedeutsam, die einerseits in der Beschaffenheit des Infektions- materials, andererseits in gewissen Eigenschaften des tierischen Organis- mus gelegen sind. a) Virulenz der Kulturen. Der Milzbrandbacillus zählt zu den exquisit infektiösen Bak- terien, derart, dass Impfung mit allergeringsten Mengen, wie z. B. das Ritzen mit der infizierten Fiatinnadel, schon sicheren Tod der Tiere *] Der lebhafte K.ampf um die Frage, ob »Phagoeyten« oder »Alexine<: die natürliche Immunität bedingten, ist seinerzeit gerade wesentlich mit Hilfe des Froschexperimentes beim Milzbrand geführt und zum Austrag gebracht worden. Vergl. hierüber die einschlägigen Abschnitte in Bd. III. Milzbrand. 37 veranlasst. Einige wenige Keime einer liochvirulenten Milzbrandkultur, mögliclicrweise sogar schon ein einziger Keim, rufen bei empfänglichen Tieren unter allen Umständen eine tödliche Infektion hervor (Watsox Chkyne, GrABRiTSCHEAVsKY, SoBEKNiiEni u. a.). Dics gilt iu gleicher Weise für Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen, und wenn sich in der Litteratur nicht selten Mitteilungen finden, wonach für die letzt- genannte Tierart weit größere Bakterienmengen erforderlich seien, so ist dies zweifellos nur bei Verwendung nicht vollviruleuter Milzbrand- kulturen der Fall. Die Zahl der verimpften Keime ist, wie sich mit Hilfe einer exakten Dosierung unschwer feststellen lässt, auf den Verlauf der Infektion und den Zeitpunkt des Todes innerlialb gewisser Grenzen von Eintluss, nicht aber für den endgültigen tödlichen Ausgang. So sterben z. B. Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen selbst nach Verimpfung von V2001J0000 Oese virulenter Kultur genau so gut, wie nach Impfung mit 1 ganzen Oese, nur dass in dem letzteren Falle der Tod nach 24 bis 36 Stunden, in dem anderen aber erst nach 5 — 10 Tagen zu erfolgen pflegt. Für ein- und dieselbe Kultur lässt sich somit etwa die folgende Skala ermitteln: Eine Maus stirbt bei subkutaner Infektion mit Yioo Oese nach 24—30 Stunden, mit Viooo- — Vioooo Oese nach 30 — 40, mit Viooooo Oese nach 50 — 58, mit Vsooooo Oese nach 75—82 Stunden, mit Vsoooooo Oese nach ca. 4 und mit ^/-^o 000 000 Oese nach 5—6 Tagen. Die Virulenz scheint, freilich weniger als dies bei anderen ])athogcneu Mikroorganismen der Fall, der natürlichen Ab Schwächung zu unter- liegen, indem bei längerer Fortzüchtung im Laboratorium der ursprüng- liche Grad der Infektiosität eine Abnahme aufweist (Kocii, Gaffky & LÖFFLEK (1884), Arloing (1890, c). Faxe (1892) u. a.), indessen lässt sie sich leicht auf dem üblichen \Ye^e der Tierpassage wiederherstellen. Nach den übereinstimmenden Angaben von Mütschxikoff (1890), Saw- TSCHENKo (1891), DiEUDOXNE (1894, bj u. a., gelingt dies am besten durch Verimpfung auf Tauben. Es soll damit nicht nur eine spezifische Virulenz- steigerung der Milzbrandbakterieu für diese eine Tierart, vielmehr eine allgemeine Erhöhung der Pathogenität auch für andere Tiere, wie z. B. Meerschweinchen und Kaninchen, erreichbar sein. Das gleiche will Metschnikoff (1890) durch Tierpassage bei Ratten erzielt haben, und M'ARTEL bewirkte durch Hunde-Passage eine Virulenzsteigenmg der Milz- brandbakterien für Hunde, Katzen, Tauben und Schafe. Zur Erhaltung der Virulenz bewährt sich Einschmelzen von Milz- braudaufschwemmungen (Kochsalzlösung) in Glaskapillaren und Auf- bewahrung im Eissclirank, sowie Konservierung in Gestalt von vSporen- seidenfäden. Nach der ersten Verimpfung auf Tiere, am besten Kaninchen, gewinnt man sofort wieder vollvirulcnte Kulturen. Praktisch wie theoretisch bedeutsam ist aljcr vor allem die That- sache, dass mau imstande ist, auf künstlichem Wege Milzl^rand- kulturen abzuschwächen. Zahlreiche Methoden können für diesen Zweck Verwendung finden. «) Methoden der Absch'wächung. ToussAiNT war der erste*), der Milzbrandbakterien künstlich ab- schwächte, indem er defibriniertes Milzbraudblut 10 Minuten bei 55" *) Ueber die ältere Angabe Büchners (1880). dass es ilim gelungen sei, Milz- brandbazillen durch künstliche Abschwiiehnng in Ileubacillen niiizuziichten. können wir heute wohl hinweggehen. 38 G- Sobernheim, erhitzte. Er selbst war freilich der Ansicht, dass durch diesen Eingriff eine völlige Abtötung der Bakterien erreicht worden sei. Es ist das Verdienst Pasteurs, den Vorgang in seiner wahren Bedeutung erkannt und aufgeklärt zu haben. Pasteür, Ciiambekland & Roux benutzten ihrerseits ein anderes Verfahren, da sich die ToussAiNTSche Methode als wenig zuverlässig erwies, und bewirkten die Abschwächung durch länger dauernde Züchtung der Kulturen in neutraler Hühnerbouillon bei 42 — 43°. Durch Koch, Gaffky & LöFFLER (1884) wurden die PASiEURschen Angaben im w^esent- lichen ])estätigt, vor allen Dingen aber dahin ergänzt, dass sie einen Weg zeigten, um den Grad der Al)schwächung in jedem Falle mit Bestimmtheit zu fixieren. Sie stellten fest, dass die Empfänglichkeit von Kaninchen, Meerschweinchen und Mäusen in der genannten Eeihen- folge der fortschreitenden Virulenzabnahme der Milzbrandkulturen parallel geht, in dem Sinne, dass zunächst Kaninchen, später Meerschweinchen und zuletzt Mäuse auf die Impfung mit den entsprechenden Kulturen nicht melir reagieren. Mit der Dauer der Züchtung nimmt die Virulenz der Bakterien in progressiver Weise ab, wobei es gleichgiltig zu sein scheint, oIj ein und dieselbe Kultur während der ganzen Zeit bei 42 — 43° gehalten, oder aber regelmäßig, etwa täglich, eine Abimpfuug auf neuen Nährboden vorgenommen wird. El)enso kann statt der PASiEURschen Hühnerbouillon auch gewöhnliche Binder- oder Pferdebouillon, sowie Agar mit gleichem Erfolge Verwendung finden. Sclion nacli wenigen Tagen verliert der Milzbrand unter den erwähnten Bedingungen seine sichere Wirkung für Kaninchen, nach 10 — 20 Tagen geht die Infektiosität für Meerschwein- chen allmählich verloren, so dass der sog. »Mäusemilzbrand«, ein nur noch bei Mäusen tödlicher Stamm, resultiert, und nach noch längerer Zeit kann endlich eine völlig avirulente Varietät erhalten Averden. Ganz exakte zeitliche Werte für die Züchtung lassen sich infolge der verschie- denen unberechenbaren Einflüsse, die bei dem Zustandekommen der Abschwächung mitwirken, begreiflicherweise nicht angeben. Die von Pasteur zu Schutzimpfungszwecken benutzten Vaccins (cf. Bd. III, Kap. »Milzbrandimmunität' ) sind abgeschwächte Milzbrandkulturen, deren eine (I. Vaccin) für Meerschweinchen, deren andere (II. Vaccin) für Kaninchen nicht mehr volle pathogene Wirksamkeit besitzt. Die Abschwächung der so erhaltenen Kulturen erweist sich, wie Pasteur und seine Mitarbeiter, Chajiberland und Boux, fanden, als eine konstante und bleil)t bei weiterer Uebertragung in Bouillon und Fortzüchtung bei gewöhnlicher Brütwärme, 35 — 37°, dauernd unverändert. Auch auf dem Wege der Tierpassage ist eine Bückkehr zur Virulenz schwer zu erzielen, und nur ganz ausnahmsweise und zufällig pflegt dies beobachtet zu werden, namentlich dann, wenn die Abscliwächung der Kulturen in sehr kurzer Zeit bewirkt worden war (K(jcii, Gaffky & Lüffler). Tsilinski fand eine mäßige Virulenzzunahme des I. Vaccin nach Kaninchen- und Mäusepassage durcli 15—16 Generationen. Nach CiEXKOwsKi soll es gelingen, die Konstanz des einmal vorhandenen Virulenzgrades bei abgeschwächten Kulturen durch Murmeltierpassage noch weiter zu sichern. Nach Pas TEURS Auffassung sollte wesentlich der Sauerstoff der Luft die Abscliwächung herl)eiführcn, die hohe Temperatur aber lediglich die Sporenbilduug verhindern und damit eine laugdauernde Einwirkung des Sauerstoffes auf die Stäbchenformeu ermöglichen, während Kocii gerade Milzbrand. 39 umgekehrt in der erliühten Temperatur das abseliwäeliende Moment er- blickte, um 80 mehr als geringe Temperaturdififerenzen Gang und Grad der Abschwiu'lumg sehr entscheidend beeinflußten. Dieser Anschauung schloss sich auch Ciiauveau (1882) an, auf Grund von Versuchen, die dafür zu sprechen schienen, dass bei Öanerstoffabschluss eine Abschwächung durch erhöhte Temperatur noch rascher erfolgt. Chauveau (1883) modi- fizierte im übrigen das PASPEURsche Verfahren in der Weise, dass Hühncrbouillou, mit Milzbrandblut geimpft, nur 20 Stunden bei 42 — 43 '^ belassen, dann für 1 — 3 Stunden, je nach der gewünschten Abschwächung, auf 47° erwärmt wurde. Ein neues Verfahren Chauveaus (1884) bestand in der Züchtung der Milzbrandbazilleu bei 38—39° unter gleichzeitigem Druck von 8 Atmo- sphären. Eine IJückkehr der Virulenz lässt sich jedoch bei derartig abgeschwächten Kulturen nach Ciiauveau (1889) durch Züchtung in Blut- bouillon wieder herbeiführen, und zwar bewirkt Zusatz von Meer- schweinchenblut zur Bouillon Virulenzsteigerung für Meerschweinchen, Mäuse und Kaninchen, Zusatz von Hammelblut auch eine solche für Schafe. WossNESSENSKY hatte in ähnlicher Weise Abschwächung durch Züchtung der Kulturen bei 42 — 43° unter 3 — 6 Atmosphären Druck erzielt. Demgegenül)er erreicht man durch Kultivierung der Bakterien bei 35° unter 3 — 13 Atmosphären Druck, wie Wossxessensky fand, gerade das Umgekehrte, nämlich Zunahme der Virulenz. AiiLOiNU (1886) konstatierte, dass das Sonnenlicht, ehe es Kulturen abtötet, eine Verminderung der Virulenz bewirkt. Chamberland & Roux bedienten sich zur küustlicheu Abschwächung des Zusatzes von Desinfizieutien zum Nährsubstrat. So konnte durch Karbolsäure (1 Teil: 600—800 Teile Bouillon) oder Schwefelsäure (1:200) Abschwächung erreicht werden. Ebenso l)ewährte sich gut Zusatz von doppeltchromsaurem Kali (1:2000 — 1:5000) zur Bouillon, wodurch Sporeubildung verhindert, rasche Abschwächung herbeigeführt und be- reits nach 10 Tagen ein für Schafe völlig avirulenter Milzbrandstamm erhalten wurde. Im Körper refraktärer oder w^enig empfänglicher Tier- arten (Frösche) scheint gleichfalls bisweilen Abschwächung der Kulturen beobachtet zu sein (Lubarsch [1888], Sanarelli [1891]). Ogata & Jasuhara W'Ollen bei Züchtung auf sterilisiertem Froschblut den Mäuse- milzbrand völlig avirulent gemacht haben. Nach Phisalix (1900) werden Milzbrandbazillen im Hundekörper ihrer Virulenz beraul)t. Aehnliches konstatierte Frank (1890) für Sporenfäden, die einige Zeit (24 Stunden und länger) im Körper der wT-ißen Ifatte verweilt hatten. Dass endlich in dem Serum künstlich immunisierter Tiere die Virulenz der Milzbrandbakterieu herabgesetzt wird, wie dies z. B. Metsciiniküff (1887), De Nutis u. a. behaupten, ward bei späterer Gelegenheit (Kap. Immunität) noch weiter zu erörtern sein. p]s gelingt somit durch eine Reihe verschiedener Methoden in den Besitz abgeschwächter Milzl)randst:unme zu gelangen, die im allgemeinen den künstlich geschaffenen Virulenzgrad nunmehr als unveränderliche Eigenschaft bewahren. Diese echte Abschwächung ist, im Gegensatz zu der geringeren pathogenen Wirksamkeit, wie sie natürlich auch bei au und für sich virulenten Stämmen in älteren Bouillon-, Gelatine- u. s. w. Kulturen angetroffen und vielfach mit Unrecht als »Abschwächung« be- zeichnet wird, dadurch charakterisiert, dass selbst junge, 12— 18 stündige, 40 Gr. Sobernheim, unter besten Wachstumsbedingimgeu entwickelte Kulturen niemals volle Virulenz an den Tag legen. Es äußert sieh, wie Avir sahen, diese ver- minderte Pathogenität der abgeschwächten Milzbrandstämnie zunächst in dem ungleichmäßigen Verhalten der verschiedenen Tier- arten, sie ist aber auch ferner die Ursache, dass die einzelnen In- dividuen der gleichen Tierart auf die Impfung in sehr Avech- selnder Weise reagieren und eine sichere Dosierung wie bei viru- lenten Kulturen in keiner Weise mehr gestatten. Es kann sich z. B. ereignen, dass von 3 Kaninchen, die mit gleichen Virusmengen des Pas lEUKSchen Vaccin II geimpft werden, das eine nach 3 Tagen stirbt, das zweite nach längerer Erkrankung mit dem Leben davonkommt, das dritte überhaupt nicht in nennenswerter Weise reagiert. Auch sieht man oft Thiere, die eine relativ geringe Dosis erhalten haben, der In- fektion erliegen, während andere mit einer höheren Dosis ohne alle Krankheitserscheinun- gen bleiben. Dies ist bei virulenten Kulturen niemals der Fall. ß) Eigenschaften der ab- geschwächten Stämme. Nach morpholo- gischem Verhalten bestehen zwischen den abgeschwächten Milz- brandstämmen und den virulenten nur relativ geringfügige Difleren- zen. Schon Pasteur fand, dass die durch Züchtung bei höheren Temperaturen gewon- nenen Vaccins äußer- lich dem virulenten Milzln*and vollkommen glichen, eine Beobach- tung, die von Koch und seinen Mitarbeitern im wesentlichen bestätigt werden konnte. Das gleiche gilt ganz allgemein von sämtlichen abgeschwächten Kulturen und es unterscheidet sich z. B. der »Mäusemilzlirand oder selbst ein völlig avirulenter Milzbraudstannn in dieser Hinsicht kaum von den allerviru- lentesten Kulturen. Gewöhnlich wird als eine charakteristische Eigentümlichkeit der ab- geschwächten Milzbrandstämme ihre Neigung zu längerer Faden- bilduug angegeben, während man von anderer Seite (Pa.steuk, Cham- BERLAXD & Iioux) gerade das Umgekehrte, nämlich die ausgesprochene Neigung, in Bouillonkulturen nur ganz kurze Fäden zu bilden und dem- entsprechend sich leichter und diffuser in der Flüssigkeit zu verteilen, als charakteristisch hervorgehoben hat. Offenbar spielen sowohl Eigen- tümlichkeiten der ursprünglichen Milzbrandrasse, wie auch die Art der künstlichen Abschwächunff eine sehr wichtige Kolle. Fig. 5. Abgeschwächter Milzbrand, Milzsaft, Maus. Ausstrichpräparat, Alkoholfixierung, Fuchsintarbung. Vergr. 750 fach. Milzbrand. 41 Deutlielier können gewisse morphologische Besonderheiten innerhalb des Tierlvörpers zu Tage treten, und man findet in der That bei Anfertigung frischer Ausstrichpräparate aus Blut oder Milzsaft von Tieren (Mäusen), die nach der Impfung mit abgeschwächten Kulturen zu Grunde gegangen sind, in numchen Fällen längere, dabei gleichzeitig in ihrer äußeren Form veränderte Milzbraudelemente. Die Fäden sind ver- dickt, lassen schon bei gewöhnlicher Färbung (Fuchsin) eine stark ent- wickelte Kapsel, sowie Zerfallserscheinungen des protoplasmatischen Zellinhalts erkennen und erscheinen dort, wo die einzelnen Stäbchen sich gegeneinander absetzen, kugelig aufgetrieben. (Fig. 5.) In vSchnitt- präi)araten sieht man bisweilen die feinen Gefäße, besonders schön und instruktiv die Glomerulischlingen der Nieren, mit ungewöhnlich langen Milzbrandfäden und Knäueln angefüllt. (Fig. 6.) Wir haben es hier siclier mit einer Erscheinung zu thun, die auf eine besondere Empfindlich- keit der abgeschwäch- ten Bakterien zurück- zuführen ist, diesen aber nicht etwa als konstantes und spezi- fisches Merkmal zu- kommt, vielmehr auch bei virulenten Kulturen beobachtet werden kann, sobald die letz- teren einer länger dauernden schädi- genden Einwir- kung der tierischen Gewebssäfte unter- worfen sind. So erhält man ganz analoge Bil- der von Milzbrand- bazillen, die, wie früher erwähnt, einige Zeit in flüssigem Serum be- lassen werden , oder aber in Ausstrichprä- paraten vom Milzsaft solcher Tiere, die mit geringsten Spuren (Viooooo — Vi 000 000 Oese) virulenten Milzbrandes infiziert und erst nach einer größeren Anzahl von Tagen eingegangen sind , endlich auch bei Verimpfung virulenter Kulturen auf wenig empfängliche Tiere , Avie z. B. Frösche, in deren Körper die Bakterien unter gewissen Bedingungen zu äußerst langen Fäden und verflochtenen Spirulinenformen auswachsen können (Peirusciiky, 1888). Ebenso wie durch die äußere Form lassen die abgeschwächten Stämme in ihrem kulturellen Verhalten nur geringfügige Unterschiede gegen- über virulenten Kulturen hervortreten. "Wenn auch nicht sehr ausge- sprochen, so zeigen abgeschwächte Milzbrandkulturen gelegentlich ein verzögertes und weniger üppiges Wachstum, wie zuerst schon durch Pasteur, Koch, Chauveau u. a., dann namentlich aber durch Smikxow^ in einer licihe außerordentlich gründlicher Untersuchungen dargethan Fig. 6. Abgeschwächter Milzbrand, Niere, Meer- schweinchen. Schnittpriiparat, Färbung nach Gram. (Gegenfärbung: Lithioncarmin.) 42 G. Sobernheiui. werden konnte. Im Gegensatz zu Chauveau, der das scliwäcliere Waclistiim einfach mit der Uebertragung in neues Näln-material zu erklären suchte, betonte Smirnow mit Entschiedenheit, dass die Waclis- tumsverminderung ohne Frage als eine Herabsetzung der Lebens- und Proliferationsenergie der Bakterien und damit als eine Art degenerativer Veränderung aufzufassen sei. Auf allen Sub- straten pflegt die Entwicklung im Vergleich mit virulenten Stämmen etwas langsamer, die Verflüssigung der Nährgelatine unvollkommener zu erfolgen, und zwar proportional dem Grade der Abschwächung (Smirnow, GA:\rALEiA). Auch neigen wenig virulente oder ganz avirulente Stämme zu raschem Absterben auf künstlichen Substraten, Sporeubildung er- folgt dagegen bei den PASTKURschen Vaccins so gut wie auch sonst, bleibt höchstens bei dem Mäusemilzbrand etwas zurück und fehlt in der Eegel nur bei den völlig avirulenten Kulturen. Die Behauptung, dass die Zahl der BAEES-ERNsrscheu Körnchen bei virulenten Stämmen eine größere sei als bei abgeschwächten, kann nach den Untersuchungen von AscoLi und Krompecher kaum als allgemein giltige Regel angesehen werden. Auch der Stoffwechsel giebt gewisse Alterationen zu erkennen. Nach Behring (1888) soll der abgeschwächte Milzbrand weniger Säure als vollvirulente Kulturen produzieren, während die Reduktionsfähig- keit, geprüft an Sticlikulturen in Lackmusagar, sowie die Bildung von Schwefelwasserstoft" der Virulenz umgekelirt proportional zu verlaufen scheint (Behring, Andrejew). Ferner will Andrejew gefunden haben, dass die Fähigkeit, Glycerin und Fette (Olivenöl) zu spalten, umgekehrt, die Fähigkeit, Stärke in Zucker umzusetzen und Eiweiß zu peptonisieren, dagegen direkt proportional der Bakterienvirulenz sein soll. Gegenüber Schädigungen sind die abgeschwächten Bakterien weniger resistent als virulente. So wirkt Zusatz von Salzsäure oder Karbolsäure zur Gelatine auf die Vaccins stärker entwicklungshemmend, als auf andere Kulturen (Smirnow). 5proz. Karbolsäure tötet die Sporen der abgesclnvächteu Kulturen sicher nach 5 — 8 Tagen (Smirnow), und Erhitzen auf 80" schädigt sie gleichüills in erheblicherem Maße als virulente Milzbrandsporen (Chauveau, 1883). b) Resistenz der Tiere. Die Widerstandsfähigkeit des einzelnen Individuums gegenüber der experimentellen Milzbrandinfektion kann durch verschiedenartige Ein- flüsse in günstigem oder ungünstigem Sinne verändert Averden. Als resisteuzsteigernde Momente sind zunächst, wie bereits früher erwähnt, viele der sogenannten antagonistischen Bakterien Wir- kungen zu betrachten. Aehnlich sind die Angaben zu beurteilen, welche von der günstigen AVirkung desinfizierender Substanzen (PjEhring [1887], Löte, Spissu u. a.) innerhalb des Tierkörpers, von der Heilwirkung des Natr. bicarbon. (v. Fodor, 1890), von erfolgreichen Terpentininjek- tionen (FocHiER & Merieux) u. s. w. berichten, ähnlich auch die Mit- teilungen von WooLDRiDGE, Hankin (1891) u. a., wonach Tieren durch Vorbehandlung mit Eiweißlös nngen besonderer Art sehr erheblicher Impfschutz gegen Milzbrand verliehen werden kann. So will ferner AujESZKY (1898, b) bei Kaninchen durch Injektion von Milzemulsion ge- sunder Tiere in zahlreichen Versuchen eine erhöhte Resistenz bewirkt haben. Nach Conradi (1901, c) üben die filtrierten, auf dem Wege der »Autolyse« gewonnenen Orii'ansäfte von Kalbsthymus und Stierhoden bei Milzbrand. 43 intravenöser Injektion auf Kaninchen eine resistenzsteigernde Wirkung aus, und auch Meerschweinchen, denen derartige Säfte, aus Rindermilz stammend, mit virulentem ]\Iilzl)rand gemischt, intraperitoneal eingespritzt werden, überstehen diesen Eingriff". Aehnliches war früher durch Brie- GEii, KiTASATO & WASSERMANN konstatiert worden, denen es gelang, durch Thymusextrakte, die mit der Milz von Milzl)randtieren verrieben und dann 15 Minuten lang auf 70" erhitzt wnirden, bei Mäusen und Meerschweinchen Resistenzsteigerung zu erzielen. Durch Ijesondere operative Eingriffe kann man lokal auf die Wider- standsfähigkeit der Tiere in günstigem Sinne einwirken. Die Durch- schneidung des N. cruralis und K. ischiadicus bei Tauben an einem Bein zeigte sich bei Versuchen von Salyioli & Spongaro zwar zunächst ohne Einfluss, ließ aber später, ca. 40 Tage nach der Operaticm, eine deutliche örtliche Resistenzsteigerung zu Tage treten, indem die sub- kutane Impfung an dem operierten Bein viel harmloser verlief als bei Kontrolltieren. Für die Durchschneidung des N. iscliiadicus bei Kanin- chen war früher bereits durch Dache & Malvoz Aehnliches gefunden worden. Die Durclischneidung des N. sympathicus oder der sensiblen Nerven bei Kaninchen übt demgegenül)er, wie Frenkel feststellte, eine nennenswerte Wirkung auf den Verlauf der ^lilzbrandiufektion kaum aus. Eine lokale Resistenzsteigeruug kann ferner auf dem Wege venöser Stauung herbeigeführt werden (Noetzel, 1900]. Kaninchen, bei denen man am Ohr oder an einer Extremität durch Umschnürung Stauungshyper- ämie erzeugt, pflegen nach Lösung der Ligatur einer Milzbrandimpfung im Bereich des abgeschnürten Gliedes meist zu widerstehen. In dem Transsudat, das alle Gewebsmaschen reichlich erfüllt, sind die injizierten Milzbrandbazillen bereits nach 24 Stunden mikroskopisch oder kulturell nicht mehr nachweisbar. Auch in vitro äußern derartige Transsudate sehr beträchtliche baktericide Wirkung. Die Bedeutung der künstlichen Verminderung der Resistenz für den Verlauf der Milzbrandinfektion ist in zahlreichen Experimenten geprüft WT)rden. Hierzu zählt zunächst die Beobachtung, dass durch sehr eingreifende und gewaltsame Aenderung der Körpertempe- ratur Tiere außerordentlich viel empfänglicher gemacht werden können. Hühner und Tauben*), welche in kühles Wasser längere Zeit einge- taucht gehalten werden, pflegen einer Milzl)randinfektion rascher und sicherer zu erliegen als gewöhnliche Kontrolltiere (Pasteur, Joubert & Chamberland). Bedeutende Erniedrigung der Körpertemperatur durch Antipyrin soll nach K. Wagner bei Hühnern in der gleichen Weise wirken. Umgekehrt setzt bei Kaltblütern, nämlich Fröschen, eine Erhöhung der Körperwärme, wie zuerst Gibier und Metschni- KOFF (1884) zeigten, die natürliche Widerstandsf äbigkeit so stark herab, dass die von Natur refraktären Tiere nunmehr erfolgreich mit Milzbrand iuiiziert werden können. Die eingespritzten Bakterien vermehren sich, auch Sporen keimen aus, und führen sehr rasch eine Allgemeininfektion herbei. Die Angabe der eben genannten Forscher, dass Frösche, die z. B. im Brütschranke gehalten W' erden, regelmäßig einer Milzbrand- impfung erliegen, ist späterhin von vielen Seiten (Petruschky, [1888], Lubarscii [1888], Faiirenholtz, Trapeznikoff u. s. w.) bestätigt worden, und es kann kaum einem Zweifel unterliegen, dass hier, ebenso wie bei *) Die normale Körpertemperatur der Tiere beträgt ca. 42° und sollte nach Pasteur die Ursache für deren geringe Empfänglichkeit sein. (Vergl. Bd. III.) 44 Gr. Sobernheim, deu in kühles Wasser getauchten Hühnern und Tauljeu, nicht einfach die der Entwicklung der Bakterien günstigere Temperatur, vielmehr der an sich schwer schädigende Eingriff die wahre Schuld trägt. Es ist diese Anschauung mit entschiedenstem Nachdruck namentlich durch LuiiARSCii vertreten worden, der zeigen konnte, dass Frösche bei längerem Auf- enthalte im Brütschranke sehr häufig auch ohne nachfolgende Infektion zu Grunde gehen. Dass die Erkältung Tiere für Milzbrand empfänglicher macht, wird von Phisalix (1897) auf Grund einer Beobachtung angenommen, wonach in einer Menagerie zwei Raubtiere, nämlich ein Panther und ein Tiger, die von Bronchitis befallen waren, an Milzbrand eingingen. Durch Loh DE ist dann das Moment der Erkältung genauer studiert und gezeigt worden, dass entfiederte Hühner und geschorene Patten einer für Kon- trolltiere unwirksamen ^lilzbrandinfektion leicht erliegen. Noch deut- licher trat diese Wirkung zu Tage, wenn die so vorbereiteten Tiere gewisse Zeit der abkühlenden Wirkung eines starken Luftstromes aus- gesetzt wurden. Der Einfluss der Ermüdung ist durcli Charrin & Roger in der Weise studiert worden, dass sie Patten in einer rotierenden Trommel stundenlang laufen ließen und nun zeigten, dass derartige Individuen viel sicherer und rascher einer Milzbrandimpfung erlagen als die Kon- trolltiere, ja selbst mittels abgeschwächter Kulturen getötet werden konnten. Beobachtungen aus jüngster Zeit haben mir den Beweis ge- liefert, dass auch Zugochsen durch angestrengte Feldarbeit eine sehr erhebliche Herabsetzung ihrer Resistenz erfahren. Die Art der Ernährung kann auf deu Verlauf der Infektion von Einfluss sein, insofern als Feser und K. Müller Ratten nach Brot- fütterung für Milzbrand weit empfänglicher fanden, als die auf Fleisch- kost gesetzten Tiere. Im Einklang hiermit dürfte vielleicht die Thatsache stehen, dass ganz allgemein fleischfressende Tiere (Raubtiere, Hunde, Katzen u. s. w.j sich gegen Milzbrand resistenter verhalten als Pflanzen- fresser. Canalis & MoRi'üRGO machten durch Hungern Tauben und Hühner für Milzbrand besonders empfänglich, während bei weißen Ratten das gleiche Verfahren versagte. Sacciii bestätigte diese Ergebnisse bei Tauben, die er mit sporenfreiem Material (Meerschweinchenmilz) infizierte. Harris fand dagegen, dass l)ei Mäusen durch Hungern eine größere Empfänglichkeit für Sporenfütterung (cf. unten) nicht zu erreichen ist. Pernice & Alessi zeigten, dass Hunde, Hühner und Tauben durch Durst (Wasserentziehung) für Milzbrand sehr empfänglich werden. Nach KuTSCHUK gelingt es, auch Dohlen und noch besser Sperlinge durch Hungern, Dursten, Frieren u. s. w. der Milzbrandinfektion zugänglicher zu machen. Nach Rostowzew scheint Gravidität die Resistenz herabzusetzen. Drei gravide Frauen, die an ^Milzbrand (Pustula maligna) erkrankt waren, starben, während bei drei anderen, in gleicher Weise infizierten, aber nicht gravideu weiblichen Personen die Krankheit zur Genesung führte. Durch Lichtbestrahlung mit Hülfe einer öOkerzigen Glühlampe erhöhte v. Drigalski die Empfänglichkeit von Mäusen für Milzbrand. Die Entfernung der Milz wirkt ungünstig auf den Verlauf der Milzbrandinfektion. So konnte Bardacii entmilzte Hunde viel leichter töten als normale, indem von 25 Tieren 19 einer intravenösen Injektion erlagen, von der gleichen Zahl unbehandelter Koutrollhunde aber Milzbrand. 45 nur 5. Audi bei Kauinclieu sprachen die Erg'chiiisse in dem g'lciclicu Sinne; von 35 Tieren, denen die Milz entfernt worden war, gingen 26 bei intravenöser Impfung mit dem für Kontrolltiere völlig unwirk- samen I. Vaccin ohne weiteres zu Grunde. Melmkow-Raswedenkow gelangte bei Kaninchen zu ähnlichen Resultaten, während von anderer Seite eine höhere Empfänglicldieit der entmilzten Tiere (Kaninchen und Meerschweinchen) nicht konstatiert werden konnte (v. Kurlow, Marti- NOTTi & Barbacci). Nach Sanqüirico erhöht Blutentzichung- bei Hunden nicht deren Empfänglichkeit für Milzbrand. Dass Tiere (Tauben), denen man eine ganze Großhirnhemisphäre exstirpiert, leiciiter an Milzbrand zu Grunde gehen, ist durch London, sowie Salvioli & Spon- GAR(3 in besonderen Versuchen erwiesen worden, aber auch wohl ohne dies einleuchtend. Wie namentlich die letztgenannten Ix'iden Forsclier darthun konnten, gelingt es übrigens, die resistenzvermindernde Wirkung dieser schwer eingreifenden Operation zu paralysieren, wenn man nachträglich für geeignete künstliche Ernährung der operierten Individuen sorgt. Es können dann, wie sich zeigte, Tauben selbst nach totaler Exstirpation des Großhirns eine Milz1)randinii)fung eljensogut ül)erstelien wie normale Tiere. Durchschneidung des Rückenmarkes l)ei Tauben l)ewirkt Ver- minderung der Resistenz. Die Tiere sterben nach der Impfung mit starkem Oedem an der Impfstelle (Sawtschenko, 1891). Entfernung einer Niere soll nach Bonardi auf Empfänglichkeit der Tiere und Verlauf der Infektion ohne nennenswerten Einfluss sein, während Pernice & PoLLACi (1893) bei Hunden nach Erschwerung der Harn- sekretion doch höliere Empfänglichkeit Ivonstatierten. Die stark resistenzwidrige Eigenschaft des Alkohols ist durch De- LEARDE, namentlich al)er durcli die sehr gründlichen Untersuchungen von Laitinen in das hellste Licht gerückt worden. Der letztere konnte zeigen, dass durch längere Darreichung größerer oder kleinerer Alkohol- gaben Hunde, Hühner und Taul)en eine nicht unerhebliche, Aveit über die Norm gesteigerte Empfänglichkeit für die Impfung mit virulenten ]\Iilzbraiulkulturen erwarben, und dass auch Kauinclieu und Meerschwein- chen bei gleicher Art der Vorl)ehandlung der Infektion mit Milzbrand- vaccins weit zugänglicher wurden als die Kontrolltiere. Auch Goldberg fand sowohl bei akuter, wie nach chronischer Alkoholintoxikation die Resistenz der Tauben gegen Milzbrand stark erniedrigt. Zagari & Inno- CENTE wollen bei alkoholbehandelten, wie übrigens aucli bei angestrengten, hungernden u. s. w. Tieren einen Parallelismus zwischen Herabsetzung der Empfänglichkeit und verminderter Alkaleszenz des Blutes konsta- tiert haben. Frösche sind durch Curare, Hunde durcli Chloral- hydrat und Alkohol für IMilzbrand empfänglicher zu machen (Pla- tania) Nach intravenöser Injektion von Chloralhydrat will Simoncini bei Kaninchen sogar vom Darm aus durch Milzbrandbazillen sichere Infektion erreicht haben. Chloroformäthernarkose hebt nach Klein & Coxwell die Immunität von Fröschen und weißen Ratten für Milz- lirand völlig auf, wenn die Infektion während der Narkose oder kurz vorher erfolgt. Einatmung von Kohlensäure lässt Kaninchen und Meerschweinchen einer späteren Milzbrandinfekticm, auch mit abge- schwächten Kulturen, rascher und sicherer erliegen als sonst. Ebenso sterben Hühner und Tauben nach vorhergehender Kohlensäureinhalation weit prompter. Auch Kohleuoxyd-, Schwefelwasserstoä- und Schwefel- kohleustotf-Eintitmung wirkt in der gleichen Weise (Di Mattet). Durch Vorbehandlung mit Phloridzin, Pyrogallol, sowie Wutvirus konnte 46 G. Sobenilieiin. Martel die Resistenz von Hunden erheblich liernhsetzen. Nach Maltzew soll subkutane Impfung mit Filtraten von Milzbrand])ouillon- kulturen Kaninchen für eine spätere Infektion (nach 10 — 18 Tagen) empfänglicher machen. c) Infektionsmodus. Als Eintrittspforten für die experimentelle Milzbrandinfektion stehen alle drei ül)erhaupt in Betracht kommenden Wege offen, nämlich die direkte Einl)ring"ung der Milzbrandkeime in das Gewebe, also eine Impfung im eigentlichen Sinne, ferner die Fütterung und endlich die Infektion von den Lungen aus. f(] Impfung. Die einfachste und gel)räuchlichste Art der Milzbrandimpfung ist die subkutane, wobei man entweder gewisse Mengen einer Bouillonkultur bezw. einer Bakterienaufschwemmung unter die Haut spritzt oder aber das infektiöse IMaterial in eine Hauttasche einträgt. Sporenfreie Bak- terien und Milzlirandsporen können ohne Unterschied hierfür Verwen- dung finden; die Benutzung sporenfreien oder sporenhaltigen Impf- materials lässt in dem weiteren Verlauf irgend welche Differenzen kaum hervortreten. Die Tiere gehen beispielsweise nach der Impfung mit virulenter junger Milzbrandkultur oder frischen Milzbrandorganen genau in der gleichen Weise zu Grunde, wie nach der Einverleibung von Sporenseidenfäden. Bei empfänglichen Tieren, z. B. Meerschweinchen, ge- nügt es oft schon, das virulente Material in die kurz geschorene, intakte oder durch oberflächliche Abschürfungen und Skarifikationen leicht lädierte Haut einzureiben (Machnoff, Galtier). Ja selbst vorsichtiges Aufträufeln oder Aufpinseln der Bakterien kann nach Galtier von der rasierten und skarifizierten Rückenhaut der Meerschweinchen aus wirk- sam sein. Durch frische Wunden wird, wie die später noch näher zu besprechenden Untersuchungen von Sctiimmelbuscii (1894) gelehrt haben, die Aufnahme der I\lilzl)randkeime sehr wesentlich begünstigt. Diese Thatsache ist auch von anderer Seite, durch Koetzel (1898, b und 1900), dem eine Infektion von frischen Wunden aus durch Ein- reiben des Infektionsstoffes immer sicher gelang, vollkommen bestätigt, durch Friedrich aber dahin eingeschränkt worden, dass ein bloßes Eintauchen frischer Wunden in eine virulente Milzbrandemulsion, ohne weitere mechanische Unterstützung, nicht zu einer allgemeinen Infektion zu führen pflegt. Dass junges Granulationsgewebe, sowie natürlicher oder künstlich erzeugter Wundschorf (Brand- oder Aetzschorf) im Gegen- satz zu frischen Wunden ein Eindringen der äußerlich aufgetragenen Milzl)randbakterien verhindert, ist durcli Afanassieff, Noetzel (1897), P. CoHN u. a. in zahlreichen Versuchen festgestellt worden. Während vielfach behauptet wird, dass von der Blutbahn aus eine Milzbrandinfektion sicherer zu erzielen sei als bei subkutaner Verimpfung, dürfte eher wohl das Gegenteil den Thatsachen entsprechen. Es kann nach den Ermittelungen von NoETzel (1898, d) kaum einem Zweifel unterliegen, dass Tiere eine reine intravenöse Injektion von beträcht- lichen Bakterieumengen, wie sie bei subkutaner Verimpfung ohne wei- teres tödlich Avirken, noch zu ertragen vermögen, sofern nur mit Sicher- heit eine Infektion des Unterhaut-Zellgewebes vermieden wird. Die ältere Angal)e von v. Fodor (1886), dass auch mit Vermeidung einer Infektion der ums-ebendeu Gewebe Milzbrandbakterien bei direkter Ein- Milzbrand. 47 bringunc: in die Blutbaliu sicher zum Tode t'iiliren, ist jedenfalls dahin zu modifizieren, dass bei exakter Dosierung- des Infektionsstoffes (Nüetzel) die Ueberlegenheit der subkutanen Impfung unverkennbar hervortritt. Naeli KosciiiN soll Infekti(tn von der Olirvene aus bei Kaninehen rascher zum Tode führen, als Injektion der Bakterien in einen Ast der Pfortader. Reine intraperitoneale Impfung wirkt gleichftxlls unsicherer als die subkutane, sobald eine Infektion der Bauchdecken sorgfältig ver- mieden wird. Kaninchen und Meerschweinchen widerstehen in diesem Falle der intraperitouealen Injektion selbst größerer Mengen virulentester Kultur (NoETzEL [1898\ van Leent). Milzbrandsporen gelangen nach Radziewsky in der Bauchhöhle von Meerschweinchen schwerer zur Aus- keimung als im Uuterhautzellgewebe. Impfungen in die Hornhaut sind bei Kaninchen wenig wirksam. Frank (1888) fand bei p]inl)ringung des Infektionsstoffes durch Schnitt oder Stich in die Kanincliencornea nur geringe Trübung als Folge des Traumas, aber keinerlei infektiöse Erscheinungen. Aehnliche Erfahrungen hat LiAKHovETSKY gemacht, während Stkaus sowohl mit Sporen wie mit sporenfreiem Milzbrandblut etwas bessere Resultate erhalten und die Tiere nach 1 — 2 Wochen getötet haben will. Hirota konnte durch Uebertragung von Milzbrandbakterien in den intakten Koujunktival- sack l)ei Mäusen, Ratten, Meerschweinchen und Kaninchen so gut wie niemals Allgemeiuinfektion erzielen, wie dies früher auch bereits durch Braunschweig festgestellt worden war. Die positiven Ergebnisse von RÖMER (1899) und Mayer (1900) sind offenbar durch stärkeres, gewalt- sames Einreiben des Materials in die Conjunctiva zu erklären. Von der vorderen Augenkammer aus gelingt eine Milzbrandinfektion nach Mar- TiNOTTi & Tedeschi, sowic Baumgarten sicher, wogegen Manfredi & Viola bei Kaninchen und Meerschweinchen erst relativ große Mengen von Y40— Y20 com virulenter Milzbrandkultur wirksam fanden. Intracerebrale Impfung erwies sich ferner nach den Untersucliungen ^'on Martinotti & Tedeschi bei Kaninchen und ^leerschweinchen viel wirksamer als die subkutane. Auch Hunde, w^eiße und graue Ratten, Tauben und oft selbst Schildkröten, denen nach Trepanation oder durch eine kleine Oeff- nung des Schädeldaches mittels feiner Glasröhrchen Milzbrandkeime ein- gebracht wurden, gingen fast ausnahmslos zu Grunde. Ebenso wirkte Impfung in das Lendenmark. Für Meerschweinchen konnte der sichere und rapide tödliche Verlauf innerhalb 12—18 Stunden nach intracere- braler Milzljraudimpfuug durch Pane (1892) bestätigt werden. ;9) Fütterung. Schwieriger als durch Impfung gelingt eine Infektion der Versuchs- tiere vom Magendarmkanal aus, wie schon durch Kocii, Gaffky & Lr)FFLER (1884) l)ei ihren ersten grundlegenden Prüfungen festgestellt wurde. Für ^lilzl)randl)azillen kommt diese Eintrittspforte wohl über- haupt nicht in Betracht, da sie in dem Magen, wesentlich unter dem Einlluss des sauren Magensaftes, alsbald abgetötet w^erden und somit überhaupt nicht Gelegenheit tindeu, in die tieferen Abschnitte des Ver- dauungstractus zu gelangen. Die Fütterung selbst hochempfängiicher Tierarten mit sporenfreiem Kulturmaterial oder mit (Jrganstückchen und Geweljssäften von Milzbrandtieren bleibt völlig wirkungslos. Auch die Erfahrung, dass Menschen nach dem Genüsse milzbrandigen Fleisches in der Regel nicht an primärem Darmmilzl)raud zu erkranken pflegen, dürfte in gleichem Sinne sprechen. 48 G. Sobernheim. Demgegenüber stößt die Erzeugung von Djirm- oder Fütterungsmilz- brand auf dem Wege der Sporeninfektion auf keine erheblichen Schwie- rigkeiten. Es steht dieser Infektionsmodus vielleicht an Sicherheit des Erfolges hinter dem der direkten Impfung zurück, führt aber doch in den meisten Fällen, wenigstens bei hochempf anglichen Tierarten, zum Ziele. Die einverleibten Sporen keimen im Darm aus, dringen in die Darmschleimhaut ein, wo sie sich nunmehr weiter Acrmehren und nach örtlicher Einwirkung in Form von hämorrhagischer Infiltration und Ge- schwürsbildung als1)ald zur Allgemeiuinfektiou schreiten. So konnten II. K(JCH und seine ^Mitarbeiter Schafe dadurch töten, dass sie ihnen entweder größere ^Mengen sporenhaltiger Milzl)randkultur per os ein- flößten oder aber längere Zeit hindurch Sporenseidenfäden dem Futter ])eimischten. Auch Kaninchen, Meerschweinchen und Ratten sind durch Verfütterung großer Sporenmengen zu infizieren (C. Fuänkel [1890], Sdbeknheim, Xikolskv), während ein gleiches bei weißen Mäusen nach den Ermittelungen von R. Koch (1876), Kokkuxoff u. a. niclit gelingen, die Darmschleindiaut dieser Tiere vielmehr einen sicheren Schufzwall darstellen soll. Tödlicher Verlauf nach Sporenfütterung bei Mäusen spricht, wie Korkunoff zeigte, für Aufnahme der Sporen von anderen Stellen aus, namentlich von Mund- und Rachenschleimhaut. Auch Ckooksiiank weist darauf liin, dass die Tonsillen bei der ]\Iilzbrand- fütterung als Eintrittspforten nicht ohne Bedeutung seien. Die Schwierig- keif, bei wenig empfänglichen Tieren, wie z. B. Schweinen, eine Fütteruugsinfektion zu erreichen, ist bereits früher hervorgehoben worden. ;') Inhalation. Dass auch die Lungen als Eintrittspforte den Milzbrandkeimen often stehen, hat zuerst Biciinfi; (1880, 1887 u. 1888) in überzeugender Weise dargethan. Es gelang ihm, auf dem Wege der Respiration Milzbrand- infektion bei Mäusen, Meerschweiiiclien und Kaninchen dadurch herbei- zuführen, dass er die Tiere getrocknete und verstäuljfe Milzbrandsporen, die an verschiedenartigen Staubmassen (Kohlepulver, Talk etc.) hafteten, einatmen ließ. Bei der Inhalation nass verstäubter Sporen und Stäb- chen war der Erfolg ein weniger sicherer. Ebenso erwies es sich als nötig, möglichst große Bakterienmengen den Lungen zuzuführen. Durch genauere histologische L^nfersuchungen und Kontrollversuche konnte fest- gestellt werden, dass es sich in diesen Fällen thatsäclilich innner um echten, primären Inhalationsmilzbrand handelte, bei dem die Aufnahme der Keime in Stäbehen- oder Sporenform lediglich von der Lungeu- oberfläche aus st^ittgefuuden hatte. Im besonderen Avurde von Buciinkk die auch später von anderer Seite (Muskatblüth) l)estätigte Thatsache betont, dass eine erfolgreiche Infektion auch bei völlig unversehrter Beschaffenheit der Alveol arschleim haut zustande kommt. Je nach der Verwendung von Milzbrandsporen oder j\Iilzbrandi>azillen war der Verlauf bei den BuciiNERSchen Versuchen übrigens ein verschiedener. Während in dem ersteren Falle die aus den Sporen ausgekeimten Stäb- chen direkt durch die Alveolarwand in die Gefäße (Kapillaren) hinein- wuchsen und zu einer Allgemeininfektion führten, ohne weitere nennens- werte örtliche Enfzündungserscheinungen zu veranlassen, trat bei der Einatmung von Milzbrandbazillen die Lokalreaktion in den Vordergrund. Es kam stets schon frühzeitig zur Entstehung einer serofibrinösen Pneu- monie und AnfüUuug der Alveolen mit reichen Mengen eines Exsudates, in dem sich die Stäbchen zu dichten Knäueln entwickelten. Die Milzbrand. 49 Bi'CiiNERselieu Versuche fanden diiroli Muskatblütii, der die Bakterien intratracheal injizierte, weitgehende Bestätigung- und Ergänzung. Ebenso zeigte Enderlkn, dass auch bei größeren Tieren, nämlich Schafen, eine Milzbrandinfektion mittels Sporen von den Lungen aus zu erreichen ist. 3 Versuchstiere starben prompt 2 — 7 Tage nach der Inhalation, während Verfütterung der Sporen an ein Koutrollschaf ohne Erfolg blieb. Wyssokowitsch (1889) wählte einen etwas anderen Infektions- modus, kam aber auch zu den gleichen Ergebnissen. Er injizierte mittels Trachealkatheters das Kulturmaterial den Tieren (Kaninclien] direkt in die Luftröhre und erreichte von hier aus Uebertritt der Bak- terien in die Blutbalm und Allgemeininfektion. In entschiedenem Gegensatz zu den bisher berichteten Versuchs- ergebnissen und Beobachtungen stehen die Angaben anderer Autoren. So gelangte Morsk bei Kachprüfung der BuciiNKRschen Versuche zu gänzlich negativen Resultaten. Ebenso berichtet Hildebrandt, völlig aljweichend von Wyssokowitscii, dass es ihm bei Einführung virulenter Milzbrandbouillonkulturen (0,1 — 0,5 ccm) durch eine vernarbte Tracheal- iistel niemals geglückt sei, Kaninchen von den Lungen aus zu infizieren. TscHisTOviTSCH will bei ähnlicher Versuchsanordnung konstatiert haben, dass die Milzbrandbazillen in den Lungen von Phagocyteu aufgenommen und vernichtet werden. Positive Ergebnisse sind nach seiner Ansicht lediglich durch eine Infektion der Hautwunde, nicht aber durch Aufnahme der Bakterien von den Lungen aus zu erklären. Aehnlich äußert sich Gra- iMATSCHiKOFF auf Gruud von Infektiousversuchen an Kaninclien mit Milz- brandsporen und Milzbrandbazillen. In keinem Falle kam es zur Entstehung einer Pneumonie oder Allgemeininfektiou, sofern nur eine vorsichtige Injek- tion in die Trachea unter sorgfältigster Vermeidung einer Wundinfektion vorgenommen wurde. Die intakte Lungenoberfläche übt sogar nach dem Ausfall der GRAMATSCHiKOFFschen Versuche eine vernichtende Wirkung auf Milzbrandbazillen aus, die nach kurzem Aufenthalt in den Alveolen Degenerationserscheinungen und bei der Verimpfung auf Mäuse deutliche Virulenzabnahme erkennen lassen. Der Anschauung, dass von der intakten Lungenoberfläche aus eine Aufnahme von Milzbrandsporen oder Bazillen nicht stattfinde, schließt sich auch Baumgarten (1890) an. Er glaubt, gestützt auf die Beobachtungen von Hildebrandt, Gramatschikoff, Crookshank u. a., dass bei dem »luhalationsmilzbrand« nicht die Lungen, sondern die Tonsillen, sowie Epiglottis, Larynx und Trachea die wahren Eintrittspforten darstellen. Im Hinblick auf die vielen, in exakter Weise gewonnenen positiven Ergebnisse, sowie namentlich auf die später zu erwähnenden, durch gründliche histologische Untersuchungen gestützten Beobachtungen Eppixgers beim Menschen dürfte dieser Standpunkt wohl nicht allgemein giltig und lialtbar sein. Ohne Zweifel setzt das normale Lungenepithel dem Eindringen von Mikroorganismen ein starkes Hindernis in den Weg, das aber von infektiösen Bakterieuarten, wie z. B. Pneumokokken, Tuberkelbazillen u. a. besiegt werden kann und darum sicherlich auch für den Milzbrand nicht unüberwindlich sein dürfte. Dass erheblichere Bakterienmengen zur erfolgreichen Infektion inhaliert werden müssen, hat ja Buchner ausdrUcklicIi anerkannt, und positive Befunde sind in dieser Frage entschieden beweisender als negative. Auch die neueren Untersuchungen von Snel, wonach viru- lente Milzbrandbazillen und Milzbrandsporen bei Einführung in die Meer- schweinchenlunge per Sonde und ohne Verletzung der Trachea oder des submucösen Gewebes rasch zu Grunde gehen , und zwar die Bazillen Handbuch der palhogenen Mikroorganismen. 11. 4 50 Gr. Sobernheiiu, schon nach ca. 1 Stuucle, und niemals eine Allgemeininfektion herbei- führen, können höchstens ebenso wie die früheren negativen Resultate von Morse, Hildebrandt, Guamatsciiiküff u. a. als ein Beweis dafür betrachtet werden, dass die EiDg-ießung- von Milzbrandkultnren in die Trachea und Bronchen bei Tieren noch weit unsicherer wirkt als die Einatmung sporenhaltigen Staubes. Als eine entscheidende Widerlegung- der BuciiNEKSchen Experimente dürfen wir sie al)er sicherlich nicht hin- nehmen. Ohne Zweifel verhalten sicli übrigens in dieser Hinsicht die einzelnen Tierarten sehr verschieden, und es ist bemerkenswert, dass unter natürlichen Verhältnissen lediglich der Mensch, aber keine der an sich viel empfänglicheren Tierarten von spontanem Lungenmilzbrand befallen wird. 3. Verlauf der experimentellen Infektion. a) Allgemeiner Verlauf. Nach der Infektion zeigen die Versuchstiere zunächst keinerlei irgendwie auffällige Symptome und erscheinen völlig gesund, abgesehen von einer mein- oder minder erlieblichen teigigen Anschwellung an der Injektionsstelle, wie sie bei subkutaner Impfung alsbald zur Entwicklung gelangt. Erst kurze Zeit, unter Umständen nur wenige Minuten vor dem Tode, der l)ei hochempfilnglichen Tieren, wie Mäusen, Meerschwein- chen und Kaninchen, nach 1 — 2 Tagen zu erfolgen pflegt, treten die ersten Krankheitssymptome auf. Die Tiere kauern ruhig in einer Ecke des Käfigs, bis sie plötzlich umfallen und kurz darauf meist unter Krampf- erscheinungen zu Grunde gehen. Fieberhafte Steigerung der Körper- temperatur ist in der Regel während des ganzen Krankheitsverlaufes nicht zu konstatieren*). Bei der Sektion findet man, wenn es sich um Impfmilzbrand handelt, an der Injektionsstelle ein ausgebreitetes sulzig -ödematöses Infiltrat, ferner die Milz stark vergrößert und von tief dunkelroter Färbung, im übrigen alle auch für den spontan erworbenen Milzbrand charakteristischen pathologischen Veränderungen (cf S. 66). Die mikroskopische Unter- suchung lehrt, dass die Milzl»randbakterien durch den ganzen Körper verl)reitet sind und das ausgesprochene Bild einer Septikämie darbieten. Die Verbreitung der Bakterien und die Art ihrer Verteilung innerhalb der einzelnen Organe lässt sich an Schnittpräparaten sehr^schön zur Anschauung bringen. Die Herstellung der Präparate kann auf dem Wege der einfjichen Färbung mit Hilfe der gewöhnlichen wässerigen Lösungen der Anilinfarbstott'e erfolgen, oder aber zweckmäßiger Weise nach der GramscIicu Doppelfärbungsmethode. Sehr gut pflegt die Färbung zu gelingen, wenn man das Anilinwasser mit der alkoholischen Gentianaviolettlösung im Verhältnis von 2 : 1 oder selbst zu gleichen Teilen mischt und hiermit die Präparate ganz kurze Zeit, wenige Sekunden, behandelt. Statt des GKAMSchen Verfahrens sind auch dessen Modifikationen nach Günther, Czapeewski, Kühne und Nicolle, sowie die WEKiERTSche Fibrinfärbung (cf Methodik, Bd. I) mit bestem Erfolge zu benutzen. Alan sieht alsdann die feinsten Kapillaren massenhaft mit Milzbrandfäden angefüllt und stellenweise geradezu verstopft, während *) Dies ist nur für kleinere Yersachstiere giltiff. Einder und Schafe dagegen zeigen bei künstlicher Infektion etwa die gleichen Erscheinungen wie bei Spontan- erknmkungen und fiebern stark. Milzbrand. 51 das Liinieu der gvößeren Gefäße nur relativ spärliclien Bakterieugebalt aufweist. Besonders diclit durchsetzt von Milzbrandbazillen erscheint die ■Milz, auch die Leber; in den Nieren sind es vorwiegend die Glomeruli, deren Schlingen mit Bakterien angefüllt sind, in der Darmschleindiaut finden sich in den Spitzen der Darmzotten reichlichere Anhäufungen. Auch im Knochenmark, wo sie eine Nekrose der stark vermehrten Markelemeute bewirken, sind die Bakterien nach Roger & Josue regel- mäßig anzutreffen. (Fig. 7.) Eine Abweichung von dem typischen Kraukheitsverlauf und patho- logischen Bilde ist mitunter dann zu beobachten, wenn die Infektion ent- weder mit weniger virulentem i\Iaterial, also mit abgeschwäctiten Kul- turen, oder aber an einer wenig empfänglichen Tierart vorgenommen wird. In diesem Falle kann die Milzvergrößerung sich auf ein sehr geringfügiges Maß be- schränken, die Verände- rung der inneren Grgane überhaupt nur unbedeu- tender Natur sein, vor allen Dingen die Zahl der Milzbrandbakterien in Blut und Gewebe weit hinter dem gewöhnlichen Befunde zurückstehen, während nur die Lokal- erscheinungen ausge- prägteren Charakter zu tragen pflegen. So tiudet man öfters bei Meer- schweinchen, Kaninchen, aber auch bei größeren Tieren, wie Schafen und Rindern, nach der Impfung mit einer töd- lichen Menge abge- schwächter Kultur eine ödematöse Durchträn- kung des subkutanen Gewebes in einer Form und Ausdehnung, wie es bei der Verwendung hoch virulenten Mate- rials mir selten zu beobachten ist. Auch bei nicht tödlichem Verlauf kommt es gelegentlich zu sehr ausgebreiteten Infiltrationen, die all- mählich nach außen durchbrechen, einen weißlichgelben, eiterähnlicheu, sehr zähen, sterilen Inhalt entleeren, um erst nach längerer Zeit, unter Abstoßung nekrotischer Hautstücke, wieder zur Rückbildung zu schreiten. Man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man die stärkere Lokalreaktion als ein Zeichen des erschwerten Ehidringens der Bakterien in die inneren Gewebe und damit gleichsam als eine Abwehrmaßregel des infizierten Organismus betrachtet. In Uebereinstimmuug hiermit ereignet es sich gelegentlich auch umgekehrt, dass die Verimpfung hoch virulenter Kul- turen bei sehr empfänglichen Tieren eine rasch verlaufende tödliche Allgemeininfektion herbeiführt, ohne dass es zur Entstehung irgend- wie nennenswerter örtlicher Erscheinungen kommt. In diesem Zusammenhang sei ferner bemerkt, dass — gleichfalls abweichend von Fig. 7. Milzbrandbazillen, Milz, Meerschweinchen. Schnittpräparat. Färbung nach Gram. (Gegenfärbung: Lithionkarmin). Vergr. 750lach. 4* 52 Gr. Sobernheim, dem g-e wohnlichen Verhalten — Tiere, die der Impfung mit abge- schwächter Kultur unterworfen werden, mit mehr oder minder erheb- licher Temperatursteigeruug zu reagieren pflegen. V(m den mor- phologischen Veränderungen, welche bei abgeschwächter Infektion an den ]>akterien innerhalb d.es Tierkörpers zu konstatieren sind, ist bereits an früherer Stelle die Rede gewesen. b) Wirkungsweise der Bakterien. Der Verlauf der experimentellen Infektion steht in engstem Zu- sammenhange mit der Verbreitung der Milzbrandkeime im Orga- nismus. Ehe wir jedoch diesen Verhältnissen weiter nachgehen, sei mit kurzen Worten die wichtige Frage erörtert, welchen Eigenschaften und welchen Kräften die Milzbrandbakterien überhaupt ihre pathogene Wirksamkeit verdanken. «) Untersuchungen über Milzbrandgifte. Dass die intensive Vermehrung und weitgehende Verbreitung der Milzbrandbakterien innerhalb des Organismus für das Zustandekommen der Infektion von größter Bedeutung ist, kann kaum einem Zweifel unterliegen. Ebensowenig ist wohl in Abrede zu stellen, dass bei der massenhaften Ansammlung der Bakterien in lebenswichtigen Organen und bei der oft durch nahezu vollständige Verstopfung der l^lutkapillaren l)ewirkten Behinderung der Zirkulation das einfach mechanische Moment sehr gewichtig in die Wagschale fällt. Dass hierin indessen nicht das Wesen der infektiösen Wirkung zu suchen, und der Milz- brandtod der Tiere nicht etwa, wie man sich früher wohl vorstellen mochte, gewissermaßen auf eine »innere Erstickung« zurückzuführen ist, ergiebt sich schon aus der Thatsache, dass in vielen Fällen die Zahl der Älilzbrandbaktericu eben eine relativ geringfügige bleibt, dass ferner und namentlich aber so Aveitgehende Läsionen des Gewebes (Nekrosen u. s. w.), wie wir sie unter solcher Voraussetzung annehmen müssten, sehr häufig nicht wahrzunehmen sind. Nichts lag näher, als auch für den Milzljrand genau wie für die sonst bekannten Infektionskrankheiten an die Existenz eines spezifischen Krankheitsgiftes zu denken. Zahlreiche Untersuchungen haben sich mit dieser Frage beschäftigt. Die älteren Beobachtungen von Arciiangelski, Roloff, Osol u. a., wonach die Milzbrandbazillen überhaupt nicht den primären Infektions- stoff darstellen, vielmehr erst aus gewissen »Protokokken« unter dem Eiufluss eines unorganischen, chemischen Giftes entstehen und wirk- sam werden sollten, dürfen wir wohl übergehen, um so mehr als die Angaben der genannten Autoren durch W. Koch nicht in einem Punkte beseitigt werden konnten. Ebensowenig führten die Untersuchungen von Tatarski ü1)er Milzbrandgifte in Kulturen und Organen zu ein- wandfreien Ergebnissen. Hoffa ist der erste, der auf experimen- teller Grundlage die Anschauung vertrat, dass Milzbrandbazillen aus komplexen, im Organismus vorhandenen Verbindungen toxische Stoffe abspalten. Aus Fleischbrei, der sterilisiert und mit Milzbrandbakterien geimpft wurde, konnte durch Hoffa ein sehr giftiger alkaloidartiger Körper extrahiert werden, der für Kaninchen, Merschweinchen , auch Frösche in sehr kleinen Dosen tödlich war und milzbrandähnlichen Krankheitsverlauf bewirken sollte. Auch aus dem Körper von Milz- brandtieren will Hoffa ein sehr wirksames Gift »Anthracin« dargestellt haben. Hankin (1889) gewann aus Milzbraudkulturen eine Albumose, die Milzbrand. 53 bei Mäusen und Kaninchen in kleinen Dosen immunisierend, in größeren giftig- wirkte. Bei späteren Versuchen fenden ferner Haxkix & Wi:s- BKooK in Kulturen, die in Fleisehextrakt (Lösung- 1 : 1000) unter Fibrin- zusatz, sowie in l)es(»nders hergestellten Peptonlösungen bei 20° ge- züchtet wurden, neben einem trvptischen Ferment eine Albumose, die für Eatten und Frösche sehr giftig w^ar, nicht aber für Mäuse, Meer- schweinchen und Kaninchen. Die Ergebnisse, zu denen Pi:teumanx bei Naeliprüfung dieser Untersuchungen gelangte, sprechen indessen nicht gerade zu Gunsten der HAXKixschen Angaben. Martix berichtet über giftige Proto- und Deuteroalbumosen, sowie Alkaloide, die er aus Milz- brandkulturen auf reinen Alkaliall)uminat-]S;ährl)öden erhalten haben will. Die Wirksamkeit der Albumosen wird nach Mar rix durch Kochen zerstört, die der Alkaloide wenig- beeintiusst; letztere bleil)en auch nach dem Er- hitzen für Meerschweinchen tödlich. Die Alkaloide bewirken Oedem und Tod, die iVlbumosen hauptsächlich Fieber. Auch im Körper von Tieren (Meerschweinchen, Schaf), die an Milzbrand gestorben, will Martix" die gleichen Giftstolfe gefunden halben. Durch die Verarbeitung wäss- riger Auszüge von Milzi)randorg-anen (Leber, Milz, Lungen, Nieren) nach der Methode der Toxalbuminclarstellung (cf. Bd. I, Bakteriengifte) ge- langten Brieger & C. Fräxkel in den Besitz von giftigen Substanzen. Balp & Carboxe gewannen aus den Organen eines an Milzln-and ge^ storbenen Menschen Eiweißstofife, die für ]\läuse und Meerschweinchen in geringen Mengen toxisch waren. Laxdi konnte aus Blut und Or- ganen von Milzbrandtieren Albumosen darstellen, die scliwache Giftig- keit für Kaninchen, Meerschweinchen und Mäuse besaßen, gewann in- dessen ganz ähnliche Eiweißkörper aus den Organen völlig gesunder Tiere. In Milzbrandkulturen ließen sich keine giftigen All)umosen auf- finden. Martixotti et Tedesciii wiesen in dem Gehirn von Milzbrand- tieren toxische Suljstanzen nach. In gekocliten Milzbrandkulturen fand Klemperer ein Protein, dass bei Versuchstieren Fieber erzeugte, während E. Kleix (1894) durch intraperitoneale Verimpfung aufgekochter Kul- turen (5 Minuten in kochendem Wasser) bei Meerschweinchen keinerlei Krankheitserscheinungen entstehen sah. Heim & Geyger konnten bei der Züchtung in Hühnereiern aus Milzbrandkulturen stark giftige Ver- bindungen erhalten. Die Ausbeute war allerdings gering, die bei Mäusen damit hervorgerufene Erkrankung von Milzbrand recht ver- scliieden. Durch zahlreiche Experimente hat dann Marmier den Beweis für die Existenz eines Milzbrandtoxins zu erbringen gesucht und glaul)t auch in einem durcli Züchtung der Bakterien in glycerinlialtiger Pep- tonnährlösung bei 20° erhaltenen Produkt einen Giftstoff gefunden zu haben, der für die spezitische Wirkung der lebenden Infektionserreger verantwortlich zu machen sei. Mau wird indessen bei genauerer Durch- sicht der MARMiERschen Angaben und Versuchsprotokolle dieser An- sicht nicht ohne weiteres l)eiptlichten können. Nach alledem dürfte sich für den unbefangenen Beurteiler der Stand unserer gegenwärtigen Kenntnisse bezüglich der spezitisch pathogenen Wirkung der Milzbrandbakterien dahin charakterisieren lassen, dass die Existenz eines Milzbrandgiftes noch nicht einwandfrei erwiesen ist. Schon die stark divergierenden Angaben der verschie- deneu Forscher sprechen gegen die Eindeutigkeit der gewonnenen Ergebnisse. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die mit Hilfe besonderer Methoden aus Kulturen und Organen dargestellten Eiweiß- oder eiweißartigeu Substanzen toxische Zersetzungsprodukte 54 Gr- Sobernheim, repräsentieren, welche mit dem eigentlichen spezifischen Milz- brandgifte nichts zu thun haben. Diese Annahme scheint um so mehr berechtigt, als es sich bei allen bisher l)ekannten positiven Befunden stets nur um vereinzelt dasteliende Mitteilungen handelt, denen eine anderweitige oder gar allgemeinere Bestätigung nicht gefolgt ist. Dass die keimfreien Filtrate von Milzbrandl)lut und Milzbrandkulturen ohne jede Giftwirkung auf empfängliche Versuchstiere bleiben, ist schon von den ältesten Untersuchern, wie Pasteur & Joubert, Ne>X'ki und vielen anderen sichergestellt worden, und die gegenteilige Angabe Arlüings (1890, c), der mit filtrierten Milzbrandkulturen bei Lämmern, Kaninchen und selbst Hunden toxische, unter Umständen sogar tödliche Wirkung erzielt haben will, ist sicherlich unzutreffend. Auch die Mitteilung W. Kochs, dass die intravenöse Injektion großer Mengen von Kultur- filtraten (Hühnerbouillon) bei Schafen und Kaninchen starke Dyspnoe und Temperatursteigerung um 1 — 2" hervorzurufen vermag, kann natürlich nicht als l)eweisend angesehen werden. Ebensowenig ist dies der Fall bezüglich der an sich interessanten Beobachtung von Biaxchi-Mariotti, dass filtrierte Milzbrandkulturen nach intravenöser Injektion bei Kaninchen das isotouische Vermögen des Blutes verändern und den Hämoglobin- gelialt herabsetzen. Demgegenüber berechtigen die Versuche von Sana- RELLi (1893), wonach Kaninchen, denen Milzbrandkulturen in Collodium- säckchen unter die Haut gebracht wurden, völlig gesund blieben, ob- wohl die Bakterien erst nach 20 — 27 Tagen abstarl)en, wohl sicherlich zu dem Schlüsse, dass auch innerhalb des Tierkörpers lösliche, dialysier- 1)are Giftstoffe nicht gel)ildet werden. Im besonderen al)er liefern die gründlichen, erst neuerdings auf die Entscheidung dieser ganzen Frage gerichteten Untersuchungen von Cünradi (1899) den Beweis, dass mit Hilfe aller unserer zur Zeit bekannten und gebräuchlichen Methoden weder intracelluläre noch extracelluläre Giftstoffe der Milzbrandbazillen nachgewie sen werden können. Auch die plasmatischeu Presssäfte erweisen sich l)ei Milzl)rand])akterien im Gegen- satz zu den meisten übrigen Bakterienarten als völlig unwirksam und be- sitzen weder giftige noch innnunisierende Eigenschaften (Haux, Coxkadi). Es soll damit natürlich die Existenz eines spezifischen Milzbrand- giftes nicht geleugnet werden, nur sind wir bisher außer stände, ein solches nachzuweisen. Die Thatsache, dass Tiere, z. B. Meerschwein- chen und Kaninchen, nach subkutaner Infektion bis kurz vor dem Tode ohne jegliche Allgemeinerscheinungen bleiben, obwohl das Lokalinfiltrat von ganz enormen Bakterieumengen durchsetzt ist, spricht vielleicht nicht gerade zu Gunsten der Gifthjpothese, kann auf der anderen Seite aber auch nicht als ein entscheidender Beweis dagegen betrachtet werden. Denn abgesehen davon, dass die pathogene Wirkung in an- derer Weise ja kaum zu erklären wäre, finden wir doch bei der großen Mehrzahl der Tierarten, vor allen Dingen auch beim Menschen, die In- fektion von Anfang an durch mehr oder weniger lebhafte Allgemein- erscheinungen ausgezeichnet, die durchaus den Charakter einer schweren Intoxikation darbieten. Das Milzbrandgift stellt ofienbar einen Stoff dar, der von den bisher studierten Bakteriengiften nach chemischer Be- schaffenheit und Wirkungsweise weit verschieden ist. Der Eintritt der Bakterien in die Blutbahn scheint dabei für die Entftiltung der deletäreu Giftwirkung notwendige Vorbedingung zu sein. In einer soeben erschienenen Veröffentlichung berichtet Sclavo über die bisher nicht bekannte oder kaum beachtete Thatsache, dass bei Milzhranri. 55 Kjuiincheu nuter Umständen Milzbrau dl äliniiui gen liervorgenifen werden können. Er fand diei^e Erscheinuugeu bei Tieren, die eiue intra- venöse Injektion von Milzbraudserum erhalten hatten und darauf mit Kultur subkutan geimpft worden waren. Die Sensibilitäts- und Motilitäts- störungen traten bei allen Kaninchen (9 unter 352) an den hinteren Extremitäten auf, und zwar 16^31 Tage nach der Impfung. Sämt- liche Tiere gingen kürzere oder längere Zeit nach dem Beginn der Lähmungen zu Grunde, ohne dass sich, mit Ausnahme eines einzigen Falles, Milzbrandbazillen in Blut oder (Organen nachweisen ließen. Sclayo ist daher geneigt, diese Beobachtungen im EniiLiCHSchen Sinne einer Toxonwirkung zu deuten. Es mag hier erwähnt sein, dass auch bei Rindern, die Milzbrand überstanden haben, gelegentlich lähmungsartige Schwäche der Beine längere Zeit zurückbleibt. li] Verbreitung der Bakterien innerhalb des Tierkörpers. Der Eintritt der ^ erimpften Bakterien in die Blutbahn und die Ver- schleppung in entferntere Organe erfolgt l)ereits sehr kurze Zeit nach der Infektion. Fkank & Liüarsch stellten fest, dass Kaninchen, die am Ohr mit Milzbrand geimpft wurden, auch dann noch prompt innerhall) 30 Stunden zu Grunde gingen, wenn ihnen das inhzierte Ohr 3 Stunden nach der Impfung abgeschnitten wurde. In Uebereinstimmung hiermit zeigte ferner SciiiMMELiuscir (1894), dass Milzbrandbazillen von frischen, bhitenden Wunden aus bei weißen Mäusen sehr rasch aufgenommen und schon nach einer hallten Stunde in Lunge, Leber, Älilz und Nieren nach- gewiesen werden können. Das gleiche Resultat wurde l>ei Mäusen und Kaninchen erhalten, die intramuskulär oder subkutan mit Bazillen oder Sporen infiziert worden waren (Schimmelbusch & Ricker). Wurden weiße Mjiuse am Schw^anz geimpft und der letztere alsdann 2 cm ober- halb der Injektionsstelle abgetragen, so war es schon nach 10 Minuten nicht mehr möglich, die Tiere zu retten (Schimmelbusch, 1895). Die Ver- breitung der Milzbrandkeime dürfte dabei in erster Linie auf dem Wege der Lymphbahnen erfolgen. Wie Wyssokowitsch (1891) durch systematische kulturelle Untersuchung der Lymphdrüsen, des Blutes und der inneren Organe an Kaninchen ermitteln konnte, gelangen die subkutan z. B. am Schenkel verimpften Milzbrandkeime durch Becken- und Retroperitoneal-' drüsen in den Ductus thoracicus und von hier aus in die V. jugularis. Auch Bezanc. in dem Bestände eines Rinderstalles gelegentlich nur ein einziger Milzbrandfall vorkommt, die übrigen Binder aber verschont bleiben. Es könnte ja hierbei die Menge und Verteilung des Infektionsstoffes, also der Sporen, eine Rolle spielen, derart, dass eben in manchen Fällen nur vereinzelte Individuen ül)erhaupt in die Lage kämen, etwas davon aufzunehmen, und sicherlich wird man diesem Moment eine außerordent- lich große, vielleicht entscheidende BedeutuDg l)eizumessen haben. An- dererseits darf aber noch, wie ich glaube, ein weiterer, bisher wenig berücksichtigter Umstand Beachtung beanspruchen. Es ist in hohem Maße wahrscheinlich, dass der Milzl)rand gerade unter den Rin- dern in milderer Form und zugleich weit verbreiteter auftritt, als man glaul)t oder auch festzustellen vermag; nur tijdliche oder mit schweren Allgemeinerscheinungen, örtlichen Anschwellungen u. s. w. ein- hergehende Erkrankungen werden als MilzbrandfäUe registriert, während ohne Frage leichtere Erkrankungsformen, die vielleicht höchstens mit kurzem Fieber, leicht verminderter Fresslust u. s. w. verbunden sind, sehr häufig übersehen oder nicht nach ihrem wahren Charakter erkannt werden, ja wohl überhaupt schwer als Milzl)rand diagnostiziert werden können. Dass derartiges vorkommt und dass bei dem Milzbrand, ebenso wie ausnahmslos bei sämtlichen bisher genauer studierten Infektions- krankheiten, neben den schweren auch ganz leichte Fälle auf- treten können, wird man ohne weiteres annehmen dürfen und damit die auffällige Thatsache der scheinbar ganz isolierten Erkrankungen dem Verständnis näher führen. Es gewinnt diese Anschauung um so mehr an Wahrscheinlichkeit, als zufolge experimenteller Feststellungen die Empfänglichkeit der Rinder weit hinter dem Grade zurückbleibt, den man nach den bisherigen Beobachtungen über Schwere und Verlauf der Spontanerkrankungen eigentlich voraussetzen müsste (s. S. 64). Der Milzbrand des Menschen kommt erfahrungsgemäß fast aus- schließlich durch Uebertragung des Contagiums von Tieren zustande und befällt daher vornehmlich solche Personen, die nach ihrem Berufe mit der Pflege von Tieren oder der Verarbeitung tierischen Materials beschäftigt sind. Nach den Jahresberichten über die Verbreitung der Tierseuchen im Deutschen Reich erkrankten, wie eine Zusammenstellung von MosEßACH zeigt, in den Jahren 1893 — 99 in Deutschland 604 Milzbrand. 63 Personen au Milzbrand, mit 96 Todesfällen, bei einer f>-leichzeitig'en Erkranknngsziffer unter den Tieren von 29686. Von den 604 Milzbraud- f allen des Menschen fand sieb bei 290 der Beruf angegeben, und zwar waren die einzelnen Erwerbszweige in folgender Weise beteiligt: Scbläcliter =178 In Rossbaarspinnereien Beschäftigte = 31 Schäfer und Hirten ^= 31 Abdecker = 24 Landwirte und Viehbesitzer = 17 Tierärzte = 4 Kurpfuscher = 3 Fleischbeschauer = 2 Diese Uebersicht entsi)riclit freilich nicht völlig den thatsächlichen Ver- hältnissen, insofern als unter den industriellen Betrieben neben den hier nur genannten Eossbaarspinnereien noch eine ganze Reihe von anderen Gewerben ein sehr erhebliches Kontingent zu den Milzbranderkrankungen zu stellen pflegt. Vor allen Dingen in Gerbereien*), Bürsten- und Pinsel- fabriken, Papierfabriken, bei WoU- und Lumpensortierern ist der Milz- l)rand zu Hause, konnnt aber auch bei Pelz- und Handschuhverfertigern, Sattlern, Schuhmachern u. s. w. nicht allzu selten vor. Auch Fälle, in denen Bakteriologen und Laboratoriumsdiener Milzbrand acquirierten, sind nicht unbekannt. Im Gegensatz zu dem fast ausschließlich stomachalen Infektions- modus der Tiere kann der Mensch auf dem Wege der Impfung, von der äußeren Haut aus, durch die Nahrung und durch Inhalation den Krankheitskeim aufnehmen. Am häutigsten ist der Hautmilz- brand des Menschen, der sich von kleineren Verletzungen und Schrunden der äußeren Haut aus entwickelt und mit Vorliebe die mit frischen Teilen von ]\Iilzbraudtieren umgehenden Personen, wie Schlächter und Abdecker, befällt. Aber auch in Gerbereien, Kammgarn- und Kosshaarspinnereien u. s. w. tritt der Milzbrand gerade in dieser Form, unter dem P)ilde der »Pu- stula maligna« auf. Es ist das Verdienst von Davaini: c*c Raimbekt, zuerst die Milzbrandnatur der Pustula maligna erwiesen zu haben. Seltener schon erfolgt die Infektion auf dem Wege der Atmung. Die »Woolsorters disease« ist eine unter den Lumpensortiereru und Wollarbeitern zuerst in England bekannt gewordene und weitverbreitete Krankheit, die sich sehr bald als Lungenmilzbrand herausstellte (Green- field) und in ihrem Wesen vor allen Dingen durch die eingehenden Untersuchungen Eppix(iERS klargelegt worden ist. Es werden hier mit dem Staube des verarbeiteten Materials Milzbraudsporen eingeatmet, die nun auskeimen, um alsdann in Stäbchenform den Lymphbahnen entlang sich in Lunge, Pleura und Bronchialdrüsen weiter zu ver- breiten und schließlich eine Allgemeininfektion herbeizuführen (Eppixger, Paltauf). Auf das Vorkommen des primären Darmmilzbrandes beim Menschen endlich haben Bollixger (1872) und E. Wagner zuerst die Aufmerksam- keit gelenkt. Diese Art der Infektion ist nicht allzu häuhg und ereignet *) Die vielfach verbreitete Anschauung, wonach wesentlich ausländische Felle als milzbrandgefälirlich zu betrachten seien, ist nicht ganz zutreffend. Auch die Verarbeitung einheimischer Häute, besonders von Schaffellen, führt nachgewiesener- maßen oft genug zu Milzbranderkrankungen. 64 Gr. Sobernheim, sich meist dann, wenn Personen, die mit si)orenhaltigem Material, wie Feileu, Borsten, Haaren u. s. w. zu thuu haben, ohne vorhergehende gründliche desinfizierende Reinigung ihre Mahlzeiten einnehmen. Auf gewissen Nahrungsmitteln, wie z. B. Brot (Troitzky), Butter (Scala & Alessi), oder Obst (Celli) halten sich Milzbrandsporen relativ lange. Der Genuss des Fleisches von milzbrandkranken Tieren pflegt dagegen in der Regel keine Darminfektion zu veranlassen, offenbar deshalb, weil die Krankheitserreger sich hier nicht in der von der Darmsehleimhaut aus allein wirksamen Form der Sporen vorfinden und daher auch schon durch die Zubereitung des Fleisches (Kochen, Braten u. s. w.) meist unschädlich gemacht werden. Dass natürlich bei längerer und namentlich unzweckmäßiger Aufbewahrung milzbrandigen Fleisches in feuchter, warmer Atmosphäre Sporeubildung erfolgen, und so der Genuss dieses Materials schließlich doch Darmmilzbrand hervorrufen kann , ist experimentell durch Schmidt -Mühlheim festgestellt und durch die klinisch epidemiologische Beobachtung mehrfach bestätigt. V. Krankheitsformen, Krankheitsverlauf und pathologische Veränderungen. Krankheitserscheinungen und Krankheitsverlauf pflegen nicht nur bei den einzelnen Tierarten, sondern auch bei Individuen der gleichen Art oft recht weitgehende Differenzen aufzuweisen, die zum Teil wohl auf der Art der Infektion, sowie der Menge und Virulenz der aufge- nommenen Bakterien beruhen mögen. Inwieweit die zur Zeit noch ziemlich verl)reitete Anschauung, dass bei Tieren allen Formen des Milzbrandes der plJJtzliche Beginn und der schwere, meist stürmische, fieberhafte und gewöhnlich in 1 — 3 Tagen zum Tode führende Verlauf der Krankheit gemeinsam sei, als zu Recht bestehend anerkannt werden darf, ist an früherer Stelle bereits in Erwägung gezogen worden. Der Milzbrand des Rindes tritt am häufigsten als akut fieberhafte Erkrankung ohne äußere Lokalisation auf Die Temperatur steigt plötz- lich auf 41 — 42" an, während die Tiere gleichzeitig Allgemeinerschei- nungen in Gestalt von großer Hinfälligkeit und Benommenheit darbieten. Unter Umständen gesellt sich hierzu noch Atemnot, Hämaturie und blutiger Ausfluss aus den natürlichen Körperöffuungen, namentlich aus dem After. Der Tod der Tiere erfolgt gewöhnlich nach 1—2 Tagen unter Zittern und Krampferscheinungen. Nicht selten nimmt die Krankheit aber auch einen etwas anderen, und zwar ganz rapiden Verlauf, derart, dass scheinbar völlig gesunde Tiere im Stalle oder auf der Weide plötzlich umfallen und in wenigen Minuten, höchstens wenigen Stunden, verenden. Man pflegt diese Formen als Anthrax acutissimus oder als apoplektiformen Milzbrand zu bezeichnen. Hierzu sind ebenfalls die oft genug zu beobachtenden Fälle zu zählen, in denen Rinder, die vorher keinerlei Krankheits- symptome aufgewiesen hatten, am IVl^orgen im Stalle tot aufgefunden werden. Weniger häufig sind s üb akute Milzbrandfälle beim Rinde, obwohl auch diese vorkommen. Sie gehen mit wiederholten Fieberremissionen einher und erstrecken sich auf 3—7 Tage. Der äußere Milzbrand des Rindes, der als Milzbrandkarbunkel an den verschiedensten Hautstellen auftreten kann, entwickelt sich ent- Milzbrand. 65 weder als Sekimdärersclieinung- im Verlaufe des akuten und subakuteu Milzbrandes oder als eigentliche Primärerkrankuug-, in letzterem Falle liüclistwahrscheinlicli wohl zugleich als Ausdruck einer auf dem Wege der Impfung erfolgten Infektion. Die Karbunkel, die sehr bedeutende Ausdehnung erreichen und gelegentlich die ganze Brust- oder Schulter- oder Halspartie bedecken können, sind kaum schmerzhaft. Auch Kar- bunkel der Mundschleimhaut und Zunge kommen vor. Die Prognose des JMilzbrandkarbunkels ist eine erheblich günstigere als die der nicht lokali- sierten allgemeinen Infektiousform. Bei Schafen verläuft die Krankheit zumeist unter dem Bilde des apoplektiformeu ]Milzbrandes und rafft die Tiere ohne irgend welche Prodrome plötzlich dahin. Sie brechen zusammen und gehen unter Krämpfen zu Grunde. Ein längerer Krankheitsverlauf ist selten und pflegt auch dann nicht mehr als höchstens einige Stunden zu betragen. Ebenso kommen Karbunkel bei Schafen nur ganz ausnahmsweise zur Beobachtung. Pferde sterben gewöhnlich unter akuten Erscheinungen innerhalb von 1 — 2 Ta^-en, können aber auch mit Karbimkeln erkranken und in diesem Falle etwas länger, 2—3 Tage, am Leben bleiben. Der Milzbrand des Schweins ist durch Karbunkel der Rachen- und Kehl- kopfschleimhaut charakterisiert, ähnlich dem des Hundes, obwohl bei letzterem auch Darmmilzbrand, sowie Hautkarbunkel beobachtet werden. Das Geflügel, das freilich nur zu Zeiten ausgedehnterer Epizootieen gelegentlich zu erkranken pflegt, zeigt meist stürmischen Verlauf, wobei der Tod unter Zittern und Krämpfen ganz plötzlich erfolgen kann. Nur selten zieht sich die Krankheit etwas länger hin, derart, dass die Tiere unter Zeichen allgemeiner Mattigkeit, sowie Dyspnoe, blutigen Diarrhöen u. s. w. nach etwa einem Tage eingehen. Milzbraudkarbuukel können dabei an den verschiedensten Stellen (Kamm, Extremitäten, Zunge, Gaumen u. s. w.) beobachtet werden. (Friedberger & Frühxek.) Für den Milzbrand des Menschen ist Verlauf imd Prognose \\% wesentlichen bedingt durch den Infektionsmodus. Der Hautmilzbrand, in der Form der Pustula maligna, ist im allgemeinen als rein lokale Affektiou charakterisiert, die in der weit überwiegenden Mehrzahl aller Fälle bei sachgemäßer Behandlung und Ruhelage einen günstigen Ver- lauf aiifweist und zur Heilung führt. Au der Eintrittsstelle des Infek- tionserregers, gewöhnlich Arm oder Gesicht*), kommt es zur Entstehung einer mit blutig-serösem oder auch leicht eitrigem Inhalt gefüllten Blase und im Anschluss hieran zu einer furunkel-, bezw. karbunkelartigen Infllti'ation des Gewebes. In der Umgebung des Lokalaftektes macht sich alsdann vielfach eine ödematöse Durchtränkuug der Haut bemerk- bar, die unter Umständen sehr erhebliche Ausdehnung annehmen und sich z. B. über die ganze Brust- und Rückenhaut erstrecken kann. Fieber fehlt oft, ebenso halten sich sonstige Allgemeinsymptome inner- halb enger Grenzen, solange nicht der Prozess in ein Stadium schwerer Allgemeininfektion übergeht. Sel])st allerschwerste Fälle aber pflegen noch relativ häufig den Ausgang in Heilung zu nehmen. Der Tod kann erfolgen — meist erst nach 6 — 8 tägiger Krankheit — , sobald es zu einer Generalisierung des InfektionsstoÖes im Blute und in den inneren Organen kommt, bisweilen aber auch gewissermaßen infolge rein mechanischer Ursachen, wenn nämlich eine sehr hochgradige ödematöse Infiltration *) Unter 66 Fällen von Hautmilzbrand, die Koranyi beobachtete, waren 41 mal das Gesicht, 21 mal die oberen Extremitäten befallen. Haiidbucli der patliogenen Mikroorgaiiisinen. II. 5 66 G- Sobernheim, des Halses, des Rachens, des Kehlkopfes n. s. w. eine, selbst auf dem Wege der Tracheotoniie nicht mehr zu behebende Erstickung herbeiführt. Ganz anders steht es mit dem Lungen milzbr and und dem Darm- milzbrand des Menschen. Beide Formen treten unter dem Bilde einer schweren, fieberhaften Allgemeinerkrankung auf, oft mit unbestimmten Symptomen, und führen meist nach kurzem und stürmischem Verlauf in wenigen Tagen zum Tode, in der Regel noch ehe der wahre Charakter der Affektion mit Sicherheit erkannt worden ist. Im Gegensatz zur Pustula maligna giebt also der sogenannte »innere« Milzbrand beim Menschen eine äußerst ungünstige Prognose, indessen ist der Verlauf nicht, wie man früher anzunehmen geneigt war, unter allen Umständen tödtlich. Nach EPPINC4ER beträgt die Sterblichkeit des Lungenmilzbrandes ca. 50^ , Schottmüller schätzt sie etwas höher; auch bei dem Darmmilzbrand sind gelegentlich mildere Erkrankungsformen und Heilungen beobachtet worden. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des klinischen Bildes sei nur so viel bemerkt, dass der Darmmilzbrand des Menschen nach einem kurzen Prodromalstadium unbestimmter Beschwerden, wie Schwindel- gefühl, Kopfschmerz u. s. w., mit heftigsten Intoxikationserscheinungen von Seiten des Magendarmkanals einhergeht, bestehend in Uebelkeit, galligem, auch blutigem Erbrechen, lebhafter Schmerzhaftigkeit und Auftreibung des Leibes, sowie profusen, oft blutigen Darmentleerungen. Demgegenüber setzt der Lungen milzbrand meist plötzlich mit einem Schüttelfrost ein und lässt ausgesprochene bronchitische und pneumonische Erscheinungen in den Vordergrund des Krankheitsbildes treten (starke Dyspnoe, Auswurf von schaumig-klebriger, seltener blutiger Beschatfen- heit, stechende Brustschmerzen u. s. w.). Das Sensoriimi ist meist frei, das Fieber kann relativ geringfügig sein. Auch subnormale Tempera- turen kommen vor. Unter Kollaps erfolgt der Tod nach 3 — 7 Tagen. Endlicli wird als eine höchst seltene Form des menschlichen Milz- •brandes die der reinen Milzbr an dseptikämie beschrieben, wobei die Krankheit ohne deutliche Eintrittspforte bezw. ohne Primärerscheinungen von Seiten der Haut, des Darmes oder der Lungen einfach unter dem Bilde einer schweren Allgemeininfektion verläuft (Baumgarten [1876j, CURSCHMANN, MaRCHAND). Die pathologischen Veränderungen des Milzbrandes bestehen bei Tieren vor allem in einer eigentümlich teerartigen Beschaffenheit des Blutes. Nach Räsaxzew ist im Milzbrandblut der Sauerstoff um die Hälfte seines Volumens vermindert, Kohlensäure dagegen und Stick- stoff weisen relative Zunahme auf Daneben findet man mehr oder minder starke Vergrößerung der Milz, die eine tief schwarzrote Farbe und außerordentlich weiche, zerfließliche Konsistenz der Pulpa erkennen lässt, sowie allgemeine sulzig-hämorrhagische Infiltrationen des Binde- gewebes. Außerdem sind zahlreiche Hämorraghieen in den verschiedensten Organen, besonders unter dem Epikard, vorhanden, ferner parenchymatöse Schwellung der Leber und der Nieren, Erosionen der Magen- und Darm- schleimhaut, namentlich im Bereich der SolitärfoUikel und PEVERschen Plaques, und unter Umständen hierselbst furunkulöse Schleimhautschwel- lung und -Nekrose. Beim Menschen sind die Veränderungen im allgemeinen die gleichen. Auch hier zeigt das Blut eine dunkele, lackfarbene, dickflüssige Be- schaffenheit, die Milz leicht zerfließliche Konsistenz, während anderseits die Milzvergrößerung, wie auch die Schwellung der Leber, weit weniger ausgesprochen zu sein pflegt, als bei Tieren, und selbst vollständig fehlen Milzbrand. 67 kauu. Bei Darmmilzbrand konstatiert man im besonderen ausgedehnte ödematöse Infiltration der Schleimbaut mit Hämorrhagien und Kai-bunkeln, namentlich im Bereich des oberen Dünndarmes, außerdem erhel)liche Schwellung der Mesenterialdrüseu. Handelt es sieh um Inhalations- milzbrand, so treten auffällige Veränderungen im Bereiche des gesamten Respiratioustractus hervor, die, mit blutig- fleckiger Infiltration der Nasen- schleimhaut beginnend, sich in Form von ödematöser Schwellung und Blutungen in Kehlkopf und Trachea bis in die Lungen verfolgen lassen. Die Lungen Aveisen Infarkte von dunkelblauroter Farbe auf, die Pleura ist verdickt, die Pleurahöhle enthält größere Mengen (2—4 Liter) seröser Flüssigkeit, meist von trübem, Aveißgelblichem Aussehen. Endlich sei bemerkt, dass bei Milzbrandleichen, menschlichen sowohl wie tierischen, Totenstarre nur kurz anzudauern oder ganz zu fehlen pflegt. Fäulnis tritt rasch ein. VI. Diagnose. Für die Erkennung des Milzbrandes kommt der Nachweis des spezifischen Krankheitserregers, die bakteriologische Diagnose, in erster Linie in Betracht. Zwar bieten die Krankheitserscheinungen so- wohl wie die pathologischen Veränderungen gelegentlich schon genug des Charakteristischen, um mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit beim er- krankten Individuum oder an der Leiche Milzbrand diagnostizieren zu lassen, doch wird man sich bei der einfachen und bequemen Art des bakteriologischen Nachweises dieses Hilfsmittels unter allen Umständen, wo nur irgend möglich, zur Sicherung der Diagnose zu bedienen haben. Wissen wir doch, dass der Milzbrand des Menschen nicht selten zur Verwechslung mit anderen Aflektiouen, wie z. B. Morbus Werlhofii (Jawurski &"Nencki), Cholera (Krumbholz), Fleischvergiftung, Typhus, Pneumonie u. a. Veranlassung geben kann und selbst bei der Sek- tion eine unzweifelhafte Diagnose ohne bakterielle Prüfung kaum ge- stattet. Auch bei Tieren, namentlich Rindern, würde die einfiiche klinische Beobachtung, ebenso wie der nicht durch bakteriologische Untersuchung gestützte Sektionsbefuud mit der Möglichkeit einer Fehldiagnose zu rechnen haben. Im besonderen kommen hinsichtlich der pathologischen Veränderungen Krankheiten wie Rauschbrand, malignes Oedem, Sepsis, Petechialfieber, Wild- und Rinderseuche u. s. w. dififerentialdiagnostisch in Betracht (Ostektag). Nur in denjenigen Fällen, die mit ausgeprägten Lokalerscheinungen einhergehen, wie die Pustula maligna des Menschen oder Karbunkel des Rindes, ist die nicht-bakterielle Milzbranddiagnose auf eine gesichertere Grundlage gestellt, obwohl sell)st dem erfahrensten Kliniker, wenigstens bei dem äußeren Milzbrand des Menschen, hier gleichfalls die bakterio- logische Bestätigung meist sehr erwünscht ist. Als allgemeines Gesetz für die bakteriologische Milzbranddiagnose sei von vornherein der Satz ausgesprochen, dass wir stets sämtliche uns zur Verfügung stehenden Methoden des Nachweises (Mikroskop, Kultur, Tierversuch) zur Anwendung bringen müssen, um nach Möglichkeit auf ein sicheres Ergebnis rechnen zu können. Nicht als ob die eine oder andere Art der Untersuchung für sich allein versagte und eine Auffindung der Milzbrandbazilleu nicht gestattete, nur dürfen wir uns nicht, wie zahlreiche Beobachtungen gelehrt haben, auf eine einzelne 5* 68 G. Sobernheim, Methode des Nachweises verlassen und etwa für alle Fälle beschränken. Sehr häufig- wird die mikroskopische Untersuchung- schon die charak- teristischen Formen der Milzhrandstäbchen aufdecken. Namentlich wird dies dann zutretfen, wenn es sich um die Untersuchung vou nicht zu altem Milzl)randblut, Milzsaft oder sonstigen bakterienreichen Gewebs- flüssigkeiten handelt, doch kann auch hier sowohl, wie in einer Eeihe anderer Fälle die einfache mikroskopische Prüfung im Stiche lassen oder zu Täuschungen führen. In noch höherem Maße ist mit dieser Möglich- keit zu rechnen, sobald bereits Fäulnis eingetreten und das Material (Blut, Organsaft u. s. av,] durch eine Reihe andersartiger Mikroorganismen verunreinigt ist. Mit der Kapselfärbung gelangt man in solchen Fällen auch nicht immer zum Ziel und, wenn vielfach behauptet wird, dass die Milzbrandbazillen selljst in faulendem Blute lange Zeit der Kapselfärbung zugänglich seien*), so ist dies eine Eigenschaft, die sie sicherlich nicht allein besitzen, sondern mit verschiedenen anderen Bakterienarten teilen. So sind z. B. nach den Erfahrungen Berndts in Milz und Blut von Pferden, die nach kurzer Krankheit gefallen sind, dann aber einige Zeit gelegen haben, häufiger kapseltragende Fäulnisstäbchen von milzbrandähnlichem Charakter zu finden. Auch Noetzel (1896) giebt an, dass gewisse Kadaverbakterien der Kapselfärbungsmethode der Milzbrandbazillen zugänglich sind. Man ist dann also auf Kultur- verfahren und Tierversuch angewiesen, die auch wiederum beide als gleichberechtigte und gleichAvertige Methoden neben- einander stehen. Die von mancher Seite, neuerdings z. B. erst durch Lange vertretene Anschauung, dass der Tierversuch gewissermaßen das feinere Reagens auf Milzbrand darstelle und in solchen Fällen, in denen die Kultur versage, noch ein positives Resultat liefere, ist durcli C. Fränkel (1901) dahin berichtigt und ergänzt worden, dass vielfach auch gerade das umgekehrte Verhältnis beobachtet werde. Die Anwesenheit und antagonistische Wirksamkeit anderer, in dem Ausgangsmaterial vorhan- dener Bakterieuarten kann unter Umständen jede Erkrankung der Ver- suchstiere verhindern, dagegen die Entwicklung- isolierter Milzbrand- kolonieen auf dem Substrate noch zulassen. Was die Ausführung der bakteriologischen Untersuchung im einzelnen anlangt, so kommt für die mikroskopische Prüfung das frische Präparat (hängender Tropfen) und die Färbung in Betracht. Neben der einfachen Färbung ist ev. auf Kapsclf ärbung, sowie auf Doppelf ärbung nach Gram Gewicht zu legen. Für den kulturellen Nachweis empfiehlt sich Ausstrich des Materials auf einer Agarplatte oder aber Verdünnungs- ausstrich auf 3 — 4 Agarröhrchen. Als Versuchstiere endlich sind Mäuse, gelegentlich wohl auch Meerschweinchen zu wählen, denen das verdächtige Material, wenn nötig nach Aufschwemmung in Kochsalz- lösung, unter die Haut gespritzt wird. Bezüglich der Auswahl des Untersuchuugsmaterials sei kurz bemerkt, dass in erster Linie Blut und Milzsaft zu Ijerücksichtigen sind. Indessen findet man beim Menschen nicht selten das Blut sehr Ijakterien- arm, so dass infolge rasch eintretender Fäulnis der Nachweis auf Schwie- rigkeiten stoßen kann. Eppinger empfiehlt daher die Untersuchung der GehirnventrikelflUssigkeit , aus der die Isolierung der Milzbrandbazillen *) Nach E. Klett sind die Kapseln dei- Milzbrandbazillen im Kadaverbliit bis zum 4. Tage, nach Mehrdokf bis zum 12. Tage, nach Berndt bis zum 13. Tage nachweisbar. Milzbrand. 69 iiimier noch am sicher.steu gelingen soll. Auch die Lungen pflegen für den Nachweis der Bazillen geeignet zu sein (Epi'inger, Hitzig). Im Kinder- und Pferdehlut können, namentlich hei sehr akutem Verlauf, die Milzhraudbazillen äußerst spärlich vorhanden sein, ebenso ist dies hei Schweinen fast Kegel. Fiokentini rät, hei Kindern und Pferden die Meseuterialdrüsen, Ostertag, beim Schwein die ödematösen Schwel- lungen der Kachen- und Kehlkopfgegend zur genaueren Untersuchung auszuwählen. Neben Blut und Gewebssäften sind natürlich Lokalaffekte zu l)erück- sichtigeu und dementsprechend Inhalt der Pustula maligna, Oedemsaft, Darmentleerungen, Sputum, unter Umständen auch Urin u. s. w. bakterio- logisch zu prüfen. In solchen Fällen, in denen aus äußeren Gründen eine sofortige l)ak- teriologische Untersuchung nicht vorgenommen werden kann, dürfte neben der Aufbewahrung und Versendung von Organstückchen und Blut in der gewöhnlichen Weise auch die Antrocknung von Blut oder Milz- saft auf Objektträgern bezw. an der inneren Wand eines Rea- genzglases, in möglichst dicker Schicht, in Betracht kommen (Bon- gert, Hosang). Noch zweckmäßiger ist es vielleicht, nach einem Vorschlage Olts eine gekochte Kartoffel in der Mitte aufzuln-echeu und die JJruchflächen nun zum Auftragen des Blutes zu benutzen. Nach dem Zusannnenlegen kann die Kartoffel wieder bequem aufbewahrt werden; das Material bleiljt so für Kultur- und Tierversuch lange Zeit gut erhalten. Soll die Sektion aus irgend welchen Gründen unterbleiben, so genügt es vollständig, wie ich es an Tieren (Schafen) wiederholt mit Erfolg gethan, mittelst einer Spritze von außen durch die Haut etwas IMilzsatlt zu aspirieren. Man erhält so ausreichendes Material zur bakteriologischen Untersuchung. Kisslixg eniptiehlt für den gleichen Zweck die An- wendung eines stiletartigen Instrumentes, das mit tiefen scharfkantigen Killen hinter der Spitze versehen ist und dem uneröflfneten Kadaver in die Milz eingestochen wird. Der Nachweis der Milzbrandbazillen in und auf unbelebten Ob- jekten, z. B. Fellen, Borsten, Lumpen, Heu, Stroh, im Wasser, in der Jauche u. s. w. , ist schwierig und glückt, wie bereits früher erwähnt, nur in recht spärlichen Fällen. Der Umstand, dass hier die Milzbrand- keime (Sporen) meist in sehr geringer Zahl, andere, saprophytische Arten dagegen in ganz enormen Mengen vorhanden zu sein pflegen, dürfte dieses Ergebnis ohne weiteres verständlich machen. Nach Gruber verfährt man in derartigen Fällen am besten so , dass man das Untersuchungs- material bezw. eine hiervon hergestellte Aufschwemmung zunächst einer 1/4^ — V2 stündigen Erhitzung auf 60 — 70° unterwirft und damit durch Aus- schaltung aller vegetativen Formen eine weitgehende Reinigung bewirkt. Die Schwierigkeiten, die dem Nachweis der Milzbrandbakterien mit Hilfe des Tierversuchs durch gleichzeitige Anwesenheit von Sporen des malignen Oedems erwachsen können, wusste Gruber mit Vorteil in der Weise zu umgehen, dass er die Bouillonaufschwemmungeu des ver- dächtigen Materials vor dem Erhitzen erst einige Zeit unter streng anaeroben Bedingungen bei Brütwärme hielt. Es wurden so die Oedem- sporen zum Auskeimen gebracht, die Bazillenformen durch die spätere Erhitzung auf 60—70° abgetötet imd die Milzbrandsporen schließlich fast in Reinkultur gewonnen. In differeutialdiagnostischer Hinsicht können bei dem jetzigen Stande unserer Methodik die Milzbrandbazillen zur Verwechslung eigent- 70 Gr. Sobernheim, lieh niemals Anlass geben. Die Bazillen des malignen Oedems, die ihnen morphologisch nahestehen, sind infolge fehlender Kapselbildung, sowie mit Hilfe von Kultur und TierversucTi jederzeit leicht zu unterscheiden. Das gleiche gilt von manchen, nach Form und Größe an das Aussehen der Milzbrandbazillen erinnernden Fäulnisbakterien. Nur bei der Unter- suchung besonderer unbelel)ter Ol)jekte, wie namentlich von Eüben- schnitzeln, Dünger und Stallmist stößt man nicht selten auf Bakterien, die in ihrem morphologischen und kulturellen Verlialten, nach Sporen- bildung und Form der Kolonieen, eine so weitgehende Uebereinstimmung mit echten Milzbrandbazillen aufweisen können, dass erst genaueste Prüfung eine sichere Entscheidung bringt. Oft lässt sich Eigenbewegung, wenn auch schwache, feststellen, vielfach giebt erst der Tierversuch Aufschluss. Genauer bekannt und studiert sind von milzbraudähnlicheu Arten der im Boden gefundene Bac. anthracoides (Hüppe & Wood), ßac. pseudanthracis aus Futtermehl (Bukri), Bac. sessilis aus Einderblut (L. Klein). Eine Serodiagnostik des Milzbrandes, wie sie von Lambotte c^ Mapeciial beim Menschen versucht worden ist, erscheint ausgeschlossen, weil nach den Erniittliingen der eben genannten Forscher auch normales menschliches Blutserum, z. T. in starker Verdünnung schon agglutinierende Wirkung auf Milzbrandbazillen ausübt. Gerade beim Milzbrand dürfte übrigens die serodiagnostische Methode, im Hinblick auf den bequemen und einfachen Nachweis des Krankheitserregers selbst, sehr wohl ent- behrlich sein. VII. Prophylaxe und Therapie. Die Bekämpfung des Milzbrandes auf prophylaktischem Wege schließt sich im Avesentlichen den ganz allgemein für die meisten In- fektionskrankheiten festgelegten Grundsätzen an und fordert zunächst so- fortige, rascheste Tilgung der Infektionskeime am Orte ihrer Ent- stehung. Daher ist als wichtigste Maßnahme die sachgemäße Beseitigung und Vernichtung der Milzbrandkadaver zu be- trachten. Zu welchen höchst bedenklichen Folgen eine Missachtung dieses Gebotes zu führen vermag, haben die Erfahrungen mit der »sibi- rischen Pest« in Russland in den Jahren 1864 — 1866 (s. S. 2) zur Genüge gelehrt, wo man die zum Ziehen der Kähne benutzten und an Milzbrand verendeten Schiffspferde einfach in den Fluss geworfen oder unverscharrt im Freien gelassen hatte (Pütz). Schon im Jahre 1869 erschien in München ein vom 14. September datiertes landesherrliches Mandat, welches rügt, dass man das an der leidigen Sucht gefallene Vieh nicht vorschriftsmäßig tief und an ab- gelegenen Orten verscharre, und dessen bessere Vergrabung streng an- befiehlt. Durch Reichsgesetz ist jetzt in Deutschland bestimmt, dass Milzbrandkadaver von gefallenen oder getöteten Tieren sofort unschädlich zu beseitigen sind und nicht abgehäutet werden dürfen. Auch für Fälle, in denen nur Milzbraudverdacht l)esteht, gelten die gleichen Vorschriften. Milzbrandkranke Tiere, ebenso wie milzl)randverdächtige dürfen nicht geschlachtet werden. Für die gefahrlose Beseitigung der Milzbrandkadaver kommt möglichst schleuniges Vergraben an Ort und Stelle oder wenigstens in der engereu Milzbrand. 71 Nachbarschaft*) als sicherstes Mittel in Betracht. Die Entwicklung- der Sporen wird damit hintan gehalten und eine Vernichtung der Milzbrand- Stäbchen, wie die einschlägigen, speziell auf diesen Punkt gerichteten Untersuchungen von Hejja, Feser, Petki, v. Esmakcii (1889), Karlinski, KiTASATO u. a. ergeben haben, nach relativ kurzer Zeit, innerhalb weniger Wochen, herbeigeführt. In allen Fällen, in denen man eine längere Persistenz der Keime, z. T. über Monate und Jahre, nachweisen konnte, handelte es sich stets um Kadaver, die zuvor an der Luft gelegen und hier bereits Sporen gebildet hatten oder aber in zu geringe, eine Sporenentwicklung noch zulassende Tiefe versenkt worden waren. Es muss eben ein sachgemäßes, wirkliches Vergraben in ca. 2 — 3 m Tiefe, nicht ein oberflächliches »Verscharren« der Kadaver vorgenommen werden. Aber selbst wenn Milzbraudkeime (Sporen) in beerdigten Kadavern auch nach längerer Dauer (1 Jahr) noch ihre Lebensfähigkeit bewahren, so ist damit, wie Lösener teststellte, eine Gefahr für die Nachbarschaft nicht verbunden, insofern, als nach den sorgfältigen Untersuchungen Lösexers eine Verschleppung der Keime in das umgebende Erd- reich und Grundwasser bei gewöhnlichen Bodenverhältnissen niemals zustande kommt. Zweckmäßig ist es, die Kadaver in den Gruben in frischgelöschten Kalk oder dgl. einzubetten. An sich empfehlenswert, aber wegen des damit notwendigen Trans- portes der Milzbrandkadaver nicht einwandfrei, erscheint deren Ver- nichtung in den Verbrennungsöfen der Abdeckereien. Um so be- denklicher kann eine solche Beförderung werden, wenn, wie es leider sehr häufig geschieht, schon vorher auf dem betr. Gehöft die Sektion des Tieres vorgenommen oder gar dessen Fell dadurch unbrauchbar gemacht und der weiteren Verwendung entzogen wird, dass man die Haut des Tieres nach allen Richtungen zerschneidet. Selbst wenn, was gleichfalls keineswegs immer der Fall, das zur Beförderung des Kadavers bestimmte Gefährt vorschriftsmäßig abgedichtet ist, wird bei dem Auf- und Abladen begreiflicherweise eine Besudelung der Außenteile, der Räder u. s. w. mit Blut und Körpersäften unvermeidlich sein und daher in hygienischer Hinsicht als höchst verwerflich erscheinen müssen. Im übrigen sind natürlich alle von dem kranken oder verendeten Tier berührten Objekte nach den gewöhnlichen Regeln der Desinfektion zu behandeln, ganz besonders ist für eine gründliche Stalldesinfektion ver- mittelst Lysol," Kalkmilch oder dergl. Sorge zu tragen. Streu und Stall- mist werden am einfachsten durch Verbrennung vernichtet. Die Prophylaxe des menschlichen Milzbrandes hat zunächst die Aufgabe, die in bestimmten industriellen Betrieben erfahrungsgemäß stark gefährdeten Individuen durch hygienische IMaßnahmen allgemeiner Art nach Möglichkeit zu schützen. Peinlichste Sauberkeit, zweckmäßige Kleidung, strengste Vorschriften bezüglich Einnehmens der Mahlzeiten, regelmäßige Desinfektionen, Verhütung der Staubentwicklung bezw. so- fortige Absaugung des entstehenden Staubes u. s. w. würden hier zu nennen sein. Daneben aber wäre hauptsächlich eine gründliche Sterilisierung des infektionsverdächtigen Materials vor der Verarbeitung unbedingt geboten, eine Forderung, die freilich auf recht erhebliche, bisher noch nicht in befriedigender Weise überwundene Schwierigkeiten stößt. Alle hier in *j Nach dem deutschen Viehseuchengesetz soll man von Gebäuden und Ge- wässern mindestens 30 Meter, von Wosren mindestens B Meter entfernt bleiben. 72 G. Sobernheim, Frage stehenden Gegenstände, wie Felle, Haare, Wolle, Borsten ii. s. w., werden nnter dem Einfluss eingreifender Desiufektionsmaßnahmen in mehr oder minder beträchtlichem Grade geschädigt imd unter Umständen für eine weitere Verarbeitimg entwertet, ja selbst gänzlich unbrauchbar ge- macht. Zum Schutze der Hadern- und Wollzupfer ist die Sterilisierung des Rohmaterials im gespannten Dampfe vorgeschlagen worden (Eppinger), für Rosshaarspinnereien empfehlen Kübler und Musehold auf Grund der im Reichsgesundheitsamt angestellten Untersuchungen halbstündige Desinfektion im Wasserdampf bei 0,15 Atmosphäre Ueberdruck, während das empfindlichere Material der Bürsten- und Pinselindustrie nach Kübler am besten entweder durch mehrstündiges Kochen in Wasser, oder aber durch 1/4 — 1/2 stündiges Kochen in 2proz. Permanganatlösung und nach- folgendes Bleichen in 3 — 4proz. schwefliger Säure zu l)ehandelu ist. Für Felle dürfte sich Anwendung von Desinfektionslösungeu, namentlich Lysol oder Kalkmilch am meisten empfehlen, ol)wohl es nicht aus- geschlossen erscheint, dass auch auf diesem Gebiete der Formalin- desinfektiou Erfolge beschieden sind. Nach den Feststellungen von Gruber soll durch Behandlung mit Formalindämpfen die Brauchbarkeit des Rohmaterials für weitere technische Verarbeitung nicht nachteilig beeinflusst werden. Ausdrücklich bemerkt sei, dass nach übereinstimmendem Ergebnis zahlreicher experimenteller Ermittelungen (Ravexel [1898], Griglio u. a.), in Einklang mit der praktischen Erftxhrung, die verschiedenen Arten des Gerb Verfahrens eine Abtötung der Milzbrandsporen im allgemeinen nicht bewirken. Da bei uns in vielen Gegenden namentlich die Verarbeitung von Schaffellen die Hauptursache für das Auftreten des Milzbrandes beim Menschen abgiebt, andrerseits aber die sog. »Sterbliugsfelle« fast aus- nahmslos von Milzbrandsterbliugen herzurühren pflegen, erscheint eine von Garrels gegebene Anregung sehr beaclitenswert, wonach ganz all- gemein Scliaf-Sterblingsfelle von dem freien Verkehr ausgeschlossen und, als stets infektionsverdächtig, gesondert verarbeitet werden sollen. Inwie- weit eine spätere, noch radikalere, vom hygienischen Standpunkte aber sicher sehr zweckmäßige Forderung Garrels, nämlich die Sterbliugs- felle überhaupt von jeder weiteren Verwendung auszuschließen, mit öko- nomischeu Interessen vereinbar ist, mag hier unerörtert l)leiben. Bezüglich der therapeutischen Behandlung des Milzbrandes sei kurz bemerkt, dass mau neuerdings auch beim Menschen bestrebt ist, von einer operativen Entfernung des lokalen Hautaffektes (pustula maligna) Abstand zu nehmen und statt dessen exspektativ zu verfahren, wie dies bei den Milzbrandkarbunkeln der Tiere schon längst geschieht. Feuchte Umschläge, warme Alkoholverbände, Kreolinsalbe und ähnliche Mittel sollen sich hier bewährt haben. Die Behandlung des Lungen- und Darmmilzbraudes kann sich natür- lich mir auf rein symptomatische Maßnahmen beschränken. Von der inneren Darreichung von Kreolin, Karbolsäure, Salicyl säure, Jod, Arsen u. s. w. will man, ebenso wie von subkutanen Sublimatinjek- tionen bei Tieren mitunter gute Erfolge gesehen haben. Von der spezifisch-prophylaktischen und -therapeutischen Bekäm- pfung des Milzbrandes auf dem'Wege der Schutzimpfung und Serum- therapie wird in dem Kapitel » Milzbrandimmunität <; ausführlich die Rede sein. 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Bakt, Bd. 5, 1889. — 403c Ders., Ueber die Passierbarkeit der Lungen für die Bakterien. Wiesbaden (Bergmann 1889. — 4031 Ders., cit nach Baumi^artens Jahresber., Bd. 7. 1891. — 404 Zagari, cit. nach ebd., Bd. 3, 1887. — 405 Zagari & Innocente, Giorn. interuaz. delle scienze med., 1892. — 4or, Zettnoav, Ztschr. f. Hyg., Bd. 30, 1899. II. Tuberkulose. Von Prof. Dr. G. Cornet und Dr. Arthur Meyer in Berlin-Reichenliall in Berlin. Mit 6 farbigen Fignren im Text. I. Historische Einleitung. Die Kenntnis der Phthise ist so alt wie die Medizin. Schon in den Schriften der Inder ist das Krankheitsbild mit ziemlicher Schärfe ge- zeichnet. Bei HiiTOKRATES findet sieh eine klassische Schilderung der Symptome; anatomisch fasst er die Phthise als Verschwärung {fl-Acoaig] der Lungen auf, beruhend auf (pvuara (eircumskripte Eiterherde, nicht = Tuberkel). Aetiologisch finden sich bei den älteren griechischen Autoreu meist Erkältung, Unterdrückung von Se- und Exkreten, besonders Hämoptoe (in Umkehrung des Verhältnisses von Ursache und Wirkung) angegeben. Erst Aretaeus vereinigt das Krankheitsbild der rpO^iaig, das früher in mehrere ätiologische Arten geteilt war. Die Kontagiou ist dem Hippokrates noch unbekannt, erst in den pseudo-aristotelischen »Problemen« Avird die Ansteckung durch die Luft gelehrt. Aehnliches begegnet uns in den »Problemen« des Alexander und in einer Pvede des Isokrates, die beweist, dass die Ueberzeugung von der Infektiosität der Phthisis selbst im Volke festen Fuß gehabt haben muss. Das Mittelalter hat zur Aufhellung des klinischen und anatomischen Bildes wenig beigetragen, aber der Gedanke der Kontagiou äußerte sich immer wieder. (Hieronymus, Avicenna, Frascatorius, Montani.) Auch aus späterer Zeit werden gewichtige Stimmen gerade der Besten zu Gunsten der Kontagiosität abgegeben. Besonders bemerkenswert ist des Zacutus: utrum phthisis sit morbus contagiosus? Respondo affirmative, unanimi medicorum munitus voto. Von den vielen, die sich in gleichem Sinne äußern, seien nur genannt Eich. Morton, Sylvius, Portal, van Swieten. Morgagni erklärt, dass sowohl sein Lehrer Valsalya als er nur ungern und selten Phthisikerleichen sezierten, wegen der damit verbundenen Ansteckungsgefahr für sich und ihre Schüler. Hieraus erhellt, dass nicht, wie Stricker schreibt, »diese Idee offenbar erst in dem Laboratorium zu Tage gefördert« ist, sondern, dass sie in allen Zeitaltern in den Köpfen erleuchteter Aerzte gelebt Tuberkulose. 79 hat. Sie ist also nicht »die Tochter der Bakteriologie«, sondern ihre Mutter. Der erste, der Tuberkel als Grund der Lungenphthise beschrieb, war Sylvius (1614 — 1672). Die anfangs supponierte Drüsennatur wurde von Morgagni, Eeid, Baillie bestritten, welch letzterer auch den Tu- berkel von der käsigen Pneumonie trennte. Bagle (1774 — 1816) stu- dierte dann genauer den Entwicklungsgang des Tuberkels; die Tuber- kulose fasste er als Allgemeiukrankheit auf und unterschied verschiedene Formen derselben. LAiiNXEC (1781 — 1826) schuf die Einheit des Tuberkulosebegriffes und trennte diesen ab gegen Krebs und Gan- grän der Lunge. Die Skropheln fasste er als Lokalisation des tuber- kulösen Prozesses in den Drüsen auf. Von maßgebendem Einfluss auf die Entwicklung der Lehre ist Virchow gewesen, der strenge Unterscheidung des Tuberkels und der käsigen Pneumonie forderte (1847) (Dualitäts- lehre). Er leugnete, dass die einzelnen Produkte des Tuberkels -- Riesenzellen, Vcrkäsuug etc. — etwas Spezitisches hätten. Buhl er- kannte die Miliartuberkulose als spezitische Kesorptions- und Infektions- krankheit. Die histologische Forschimg schritt emsig fort; genannt seien nur Eoki- TANSKi^, Laxghaxs'^, Wagner'-*, Schüppel'Oj Baumgarten^s. Ihre Ergebnisse, auf die Bewertung der Gewebselemente des Tuberkels bezüglich, können hier nicht besprochen werden. Erst der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts blieb es vorbehalten, der uralten Idee von der Kontagiosität der Phthise eine experimentelle Basis zu geben. Obgleich schon Klencke (1843) nach der Injektion von Tuberkelmaterial in die Ohrvene eines Kaninchens verbreitete Tuber- kulose entstehen sah, nahm erst Villemin^'- (1865) in zielbewusster Weise die Frage in Angriff. Er wies nach, dass mit tuberkulösem Material subkutan geimpfte Kaninchen regelmäßig tul)erkulös wurden, während dies niemals der Fall war nach Impfung mit nicht tuberkulöser Materie. Damit war die Auffassung der Tuberkulose als einer spezi- fischen, tiberimpfbaren, also infektiösen Krankheit fest be- gründet. Auch den Modus der Infektion zog Villemin in den Bereich seiner Versuche. Da es ihm gelang, durch Injektion staubförmigen Sputums in die Trachea Lungentuberkulose zu erzeugen, schloss er auf Entstehung durch Inhalation. Mit Perlsuchtknötchen ließen sich die gleichen Läsionen erzielen. Wie jede große Entdeckung wurde natürlich auch die Villejiins angegriffen (Aufrecht i^^ Talma i^), da man durch Eiter, Sehwammstück- chen etc. dieselben Veränderungen hervorgebracht zu haben glaubte; aber weitere Untersuelmngen von Klebs^^'^'^, Chauv^eau^^, Baum- gartex, Cohnheim 1'' 1'^ (welch letzter die Impfung in die vordere Augen- kammer einführte) bestätigten Villemins Resultate. Es war nur die Konsequenz der so gewonnenen Erkenntnis, dass man unter dem Ein- fluss von Pasteurs gewaltiger Anregung auch bei der Tuberkulose einen lebenden Erreger vermutete und suchte. Irrtümliche Angaben über solche Befunde machten Klebs (»Monas tuberculosum« , bestätigt von Schüller2o ^md Eeinstadler^i) und ToussaixtS-^. Baumgarten^i sah wohl zuerst den wirklichen Tuberkelbacillus nach Aufhellung von Schnittpräparaten mit verdünnter Lauge. Robert Koch ^^ begründete dann in genialer Arbeit unsere Kenntnis des Erregers. Es gelang ihm mit alkalischem Methylenblau den Bacillus 80 Gr. Cornet & A. Meyer, zu färben und durch Dififerentialentfärbung im Gewebe kenntlich zu macheu und nachzuweisen, dass er in allen Produkten der menschlichen, Kinder- und Gefiügeltuberkulose vorkommt, niemals dagegen in gesunden oder anderweitig erkrankten Geweben. Die Züchtung machte besondere Schwierigkeiten, da der Bacillus das Wachstum auf den üblichen Nährböden verweigerte; endlich gelang die Kultur auf Blutserum bei 37". Dem Einwand, dass es sich um einen unschädlichen oder zufälligen Bewohner tuberkulösen Gewebes handeln könne, begegnete Koch durch Impfversuche. Durch mehrfache Weiterzüchtung, selbst in hundertster Generation, gewonnene Kulturen, die die sichere Garantie gaben, dass sie keine Krankheitsprodukte mehr enthielten, wurden an Meerschweinchen, Kaninchen, Affen etc. verimpft, und typische Tuberkulose wurde erzeugt, genau wie nach Impfung mit tuberkulösem Gewebe. Es war somit die Aetiologie der Tuberkulose für alle Zeiten aufge- klärt, zugleich die sicherste Handhabe für die Diagnostik und Prophylaxe gegeben. Litteratur. *) 1 CoRXET, Die 'J'uberknlose, Wien 1899, S. 4 u. 195. — 2 Predöhl, Die Ge- schichte der Tuberkulose, Hamburg und Leipzig 188S (Voss). — 3 Waldenburg, Die Tuberkulose, die Lungenschwindsucht und die Skrofulöse, Berlin 1869 (Hirsch- wald . — * ViRCHOW, Die krankhaften Geschwülste. ■ — -^ Hirschberg, Deutsche med. Wochenschr., 1899. — (< J. Marcuse, Ztschr. f. diät. n. phys. Ther., 1900, S. 168. — " RoKiTANSKi. Lehrb. d. pathol. Anatomie, 1858. — « Langhans, Die Uebertrag- barkeit der Tuberkulose auf Kaninchen, Habil-Sch., Marburg 1867. — 'J Wagker, Arch. d. Heilk., Bd. 11 u. 12. — i" Schüppel, Untersuchungen über Lymphdrüsen- tuberkulose, Tübingen 1871; Virch. Arch. Bd. 66; Arch. d. Heilkunde Bd. 13. — 11 Baumgarten, Virch. Arch. Bd. 82, S. 397; Centralbl. f. med. Wiss. 1882, No. 15; Deutsche med. Wochenschr. 1882, No. 22. — 12 Villemin, Gazette hebdom. 1865 ; Etudes sur la tuberculose 1868; Acad. de med. 1868 — 69; Etudes exper. sur la tuberculose 1888-89. — « Aufrecht, Centralbl. f. med. Wiss. 1869, No. 28. — 11 Talma, Ztschr. f. kliu. Med., Bd. 2. — i"' Klebs, Virch. Arch.. 1868, Bd. 44; 1870, Bd. 49; Arch. f. exper. Path. u. Pharm. 1873, Bd. 1. — le Ders., Prag. med. Woch., 1877, Nr. 42 u. 43. — i' Cohnheim, Die Tuberkulose vom Standpunkt der Infektionslehre, 1880. — is Cohxheim & Salomoksen, Sitzungsbericht d. Schles. Ges. f. Vat. Kultur. 13. Juli 1877. — i9 Robert Koch, Die Aetiologie der Tuberkulose, Mitteil. d. Kais. Ges.-Amts, 1884, Bd. 2; Berl. klin. Woch., 1882, Nr. 15. — -'-^ ScHÜLLER, Dtsch. Med. Woch., 1877, Nr. 5. — 21 Reinstadler, Arch. f. exper. Pathol. u. Pharm. 1879, Bd. 11. — ~ Toussaint, Deutsche med. Wochenschr., 1881, 498. — -i Baumgarten, Ueb. Tuberkel und Tuberkulose, Berlin 1885; Ztschr. f. klin. Med., Bd. 9 u. 10. — 24 Chauveau, Gaz. de Paris, 1868; Bull, de l'Ac, 1868, vol. 23; Gaz. hcbd., 1872. p. 215. II. Morphologie des Tuberkelbacilkis. Im ungefärbten Zustande wurde der Tuberkelbacillus von Koch ^ beschrieben als kurzes, schlankes Stäbchen ohne Eigenbewegung, zuweilen stark lichtbrechende Körnchen enthaltend. Baumgartex '-' ^ hat ihn be- kanntlich im mit Kalilauge aufgehellten Gewebe, gleichfalls im unge- färbten Zustande, als schlankes Stäbchen erkannt. Zur e-enaueren Er- *) Es ist nicht möglich, hier eine ausführliche Litteratur über Tuberkulose zu bringen. Wir beschränken uns auf das Nötige, und geben nur die Arbeiten des letzten Lustrums möglichst vollständig; für die ältere Litteratur verweisen wir bezüglich ausführlicherer Angaben auf Cornet, die Tuberkulose (s. 0.), Strau.s. La tuberculose et son bacille, Paris 1895, und Hildebrand, Tuberkulose und Scrofulose. Stuttgart 1902. Tuberkulose. 81 kenntnis seiner Morphologie und Struktur sind wir auf gefärbte Präparate angewiesen. Im gefärbten Zustande erscheint der Tuberkelbacilhis im Sputum, im tuberkulösen Gewebe und in der Kultur als graciles Stäbchen mit leicht abgerundeten Enden, ca. 2—4 [x lang (1/4 — 3/4 der Länge eines roten Blutkörperchens) ca. 0,3 — 0,5 fi breit. Er ist meist gleichmäßig dick, gerade oder schwach gekrümmt, auch leicht S förmig. Die Bazillen liegen einzeln, oft aber (nicht nur in der Kultur, sondern auch in tierischen Sekreten) in kleineu Haufen, auch in Zopf- oder Fischzugform neljeu- und hintereinander, letzteres namentlich in der Kultur und auch im Urin. Sie liegen frei, nicht selten aber auch in Zellen, die mit Ba- zillen hin und wieder wie vollgepfropft erscheinen. Yakuolen. In Präparaten älterer Kulturen sowie in kavernösen Sputis, findet man häufig in den rotgefärbten Bazillen mehrere, oft bis zu 6 farblose Stelleu, so dass der Bacillus perlenschnurähulich aussieht und einer Kokkenkette*) gleicht. Diese Gebilde haben eine gewisse Aehnlichkeit mit Sporen, uud Koch, der sie zuerst beobachtete, war auch anfangs geneigt, sie dafür anzusprechen. Doch ihre etwas ab- weichende Gestalt — sie sind nicht rundlich, sondern häufig bikonkav (Metschxikoff^, Coppen- Jones''') — ließ sie eher als Vakuolen, als Degenerationserscheinungen oder Anhäufung von Keservestoffen erscheinen, eine Auffassung, der man heute wohl allgemein beigetreten ist. Sporen? Wesentlich anderer Natur sind gewisse Gebilde, welche in älteren Kulturen und im Sputum bei sehr starker Färbung zu Tage treten, wenn man z. B. mehrere Minuten in verdünnter ZiEHLScher Lösung kocht uud dann rasch entfärbt. Zuerst beschrieben wurden sie von Nocakd i^ Koux*, Metschxikofp^ Klein" u. a. als rundliche Körnchen, deren Durehmesser den des Bazillen- leibes übertrifl"t. Sie sind zu 1—3, meist aber zu 2, und zwar je an einem Ende des Stäbchens gelegen. Sie färben sich weit intensiver als der übrige Bazillenkörper, werden braun- bis schwarzrot und halten die Farbe gegen HNO;, fester als dieser (Coppex- Jones), geben somit die NEissERSche Sporeureaktion. Vermutlich sind sie identisch mit den von Koch im ungefärbten Präparate beschriebenen, stark liclitbrechenden Körnchen des Bacillus. Man trifft sie hauptsächlich in Kavernen und den davon herrührenden Sputis, seltener in Kulturen. Manches spricht für die Sporennatur dieser Gebilde und doch wieder fehlt ihnen das eigentliche Attribut der Dauerformen; denn bis jetzt hat man keine größere Widerstandsfähigkeit gegen Hitze oder Chemikalien kdustatieren können; so tötet z. B. eine Stunde langes Er- hitzen auf 60" diese Gel)ilde ebenso wie die Bazillen ab (Schumowski^'), so dass die Frage über die Bedeutung dieser Körnchen heute noch nicht entschieden ist. Membranen. Zweifellos besitzen die Tuberkelbazillen eine Hülle? (wenn auch nicht in dem von Ehrlich i- ^^ 14 m-sprünglich gedachten Sinne). Auf deren Existenz deutete schon die Beobachtung hin, dass mit Methylen- blau gefärl)te Bazillen schlanker als mit Fuchsin gefärbte erscheinen, und die gefärbten Bazillen aus Kulturen ungefärbt bleibende Konturen oder Zwischenräume aufweisen (Koch). — Namentlich aber spricht die hohe Resistenz der Bazillen gegen äußere Einflüsse, ganz besonders gegen *i Lutz, Darmstudien, heraus^, v. Uuna, 1887, Heft 1, wollte Tuberkulose-Lejjra- bacilUis als eigenes Genus Coccothrix vom Gros der Bazillen abtrennen. HaiiiHnu-li der pathogenen Mikroorganismen. 1\. ' (J 82 <^- Cornet & A. Meyer, Austrocküimg, sowie der Nachweis von Cellnlose dafür. Die Zellmem- l)ran ist wohl auch der Hauptsitz der in den Bazillen nachgewiesenen fett- und wachsartig-en Substanzen. Kern. Kürzlich ist man auch der Frage nach der Existenz eines Kernes nähergetreten. Feixberg ^-^ gelang es mit alkalischer Methylen- blaulösung, deren roter Anteil durch Eosin in Lösung gehalten ist (modifizierte RoMANOWSKYSche Lösung) bei stundenlanger Erwär- mung und Differenzierung mit Alkohol ein an einem lilnde verdicktes, kommaähnliches, rotgefärbtes Gebilde sichtbar zu machen, das meist eine Hälfte des Bakterienleibes, selten dessen Mitte einnimmt, ebenso selten doppelt, an beiden Polen, vorhanden ist. Es hält seine Farbe 24 Stunden gegen Alkohol, während unterdessen das blaugefärbte Plasma entfärbt ist. Fig. 1. Sputum eines Phthisikers. ;Frau K.) Gef. n. Ziehl-Gabbet. Leitz Im. Vi2, Oc. 2. Vergr. 650. Durch eine besonders schonende Behandlung, welche nicht eine diffuse, sondern mehr differenzierende Färbung ermöglicht, suchte Nakani.shi'*' den Bau der Tuberkelbazillen (und der Bakterien ül^erhaupt) zu studieren. Nakanishi benetzt Objektträger mit konzentrierter wjissriger Farblösung, lässt sie trocknen, und bringt ein Tröpfchen einer Aufschwemmung von Tuberkelbazillen in Wasser oder Bouillon auf den gefärbten Objektträger. Dabei löst sich der Farbstoff, der auf der Oberfläche des Objektträgers haften geblieben ist und tingiert die morphotischen Elemente. Tuberkelbazillen nehmen auf diese Weise in kürzester Zeit Farbstoff auf. In jungen Kulturen fand Nakanishi durch sein Verfahren z'svei Formen von Bazillen: Die einen, besonders in Bouilloukultur mit typisch zelligem Bau, die anderen Stäbchen mit Polfärbung. Bei der ersten Tuberkulose. 83 Gattung- ist die Menibran unr schwach angedeutet, der Zellleib schwach gefärbt, der Kern liegt meist länglieh oval in der Mitte des Leibes; daneben kommen auch sanduhrähniiche Kerne oder auch zwei neben- einander vor. Die zweite Form ist schmäler, das Cytoplasma intensiver gefärbt, besonders intensiv die beiden, etwas verdickten Enden, ein Kern ist nicht nachweisbar. Pleoiuorphie. Mit den einfachen Stäbchen, mit oder ohne Vakuolen, mit oder ohne sporenähnliche Körnchen, ist der Formenkreis der Tuberkel- Ijazillen lange nicht, wie man anfangs glaubte, erschöpft. Wir treffen vielmehr noch Formen, welche für unsere Auffassungen des Tuberkulose- erregers, hinsichtlich seiner botanischen Stellung, sehr bedeutsam sind. NocAKT) & Pioux'^, sowie Maffucci '^' 20.21 jj.^jjeu zuerst bei Hühner- tuberkulose. Metsciixikoff^ in Kulturen, die bei hoher Temperatur Fig. 2. Sputum bei kavernöser Phthise. Prinz G.) Polkürperchen in den Bazillen; in der Mitte ein fadenförmig verlängertes Exemplar. Sekundäre Bak- terien: Diplokokken, Sarcina. Zieiil-Gabbet. Leitz Im. Vii) Oc- 5. Vergr. 1250. (43,6) gewachsen sind, also wohl auch in Hülmertuberkulose, später dann Kleik^ FisciiEL-2j Dixox^s^ Coppen- Jones'», Hayo Bruxs-^ Semmer25, Craig26 u. a. teils l)ei Hühner-, teils bei menschlicher Tuber- kulose in alten Kulturen verlängerte, zum Teil auch viel dickere Formen des Tuberkelbacillus gefunden. Einige Bazillen zeigen sich zu Fäden ausgewachsen, die sich gabiig oder rechtwinklig verzweigen, nach Art der Hyphen der Mycelpilze; oder sie besitzen knospenartige, seitliche Ausl)uchtungeu, bisweilen mit einem ungefärbten Fleck, die zu Zweigen auswachsen. Selbst sekundäre Verzweigungen sind, allerdings selten, wahrzunehmen. Coppex -Jones konnte diese Verzweigungen be- sonders in 2-4 Monate alten Agarkulturen durch Schnitte oder Mazera- tionen in NaCl oder in künstlichem Magensaft, am besten in Kanviers ' 3 Alkohol darstellen. Oft zeigen die fadenähnlichen Formen inter- 84 ^- Cornet & A. Meyer. mediiire, ruiid- oder endständig-e . keulen- oder flasclieuähiilielie Ver- dickungen. Die kleinsten Kolben sind strukturlos, die größereu wie bei Actinomyces konzentrisch geschichtet und in der Mitte oft hohl (Coppen- JoNEs). — Solch verzweigte Fäden mit kolbigeu Enden fanden Coppex- JoNEs, MARPiMANN^^, Craig^'^' auch im Sputum. Dass diese verzweigten Fäden mit dem Tuberkelbacillus identisch sind, kann nach all den übereinstimmenden Beobachtungen nicht be- zweifelt Averden; sie deuten darauf hin, dass man es im Tuberkelbacillus nicht mit einem einfachen Bakterium (Schizomyceten), sondern mit der parasitischen Form eines Fadenpilzes zu thun habe. Die Faden- formen sind danach nicht als Degenerationsprodukt, sondern als ein Kückschlag in die saprophytische (höhere) Wuchsform aufzufassen. Auch das Auftreten langer, wenn auch unverzweigter Fäden, in sauren Kar- tofifelkulturen in den ersten Tagen und zwar in großer Menge (LuBiNSKi*3) spricht gegen einen degenerativen Ursprung jener Gebilde. COPPEN-JONES glaubte diese Keulen- oder Kolbenbildung in einem Sputum auch rings um elastische Fasern zu finden ; er hielt sie für einen Appositions- vorgang aus der Umgebung, für unorganische Ablagerungen um Tuberkel- bazillen und Actinomycespilze, die mit dem inneren Leben des Pilzes nichts zu tlum hätten, während GaspapvINI in ihr eine spezielle Reaktion gegen Hindernisse erblickt. Gegenüber diesen Befunden in Keinkulturen und Sputum erfuhr die ganze Frage eine wesentliche Ergänzung, als fast gleichzeitig Babes & Levaditi28 durch subdurale Einspritzungen und Friedrich 2" durch Injek- tion einer feinen Bazilleuemulsion in die Carotis und den linken Ventrikel hn TiOrkörper völlig acthiomycesartigen Wuchs der Tubcrkelbazillen dar- stellen konnten. Uebrigens hatte Petrone^ schon 1884 (in einem FaHe von Leptomeningitis) die gleiche Ersclieinimg gesehen. Schulze, der auf LußARSCiis Veranlassung eine Kachprüfung der Tierversuche unternahm, konnte auch bei parenchymatöser Impfung anderer Organe besonders schön in Gehirn, Niere und jMamina das gleiche erreichen. Es lagern sich im Ceutrum eines Tu))erkels die Bazilleu zunächst fischzug- artig, vom 15. Tage an tritt im Innern ein Filzwerk von Fäden neben Ba- zillen auf; die i)eripheren Bazillen stellen sich radiär und schwellen zu kolbigen Verdickungen an, deren dickes Ende stets nach außen gelagert ist und in denen die Bazillen häufig kuopfförmig enden. Diese Kolben sind anfangs klein und spitz, und später lang, dick und stumpf. Die fertige Btrahleupilzform zeigt also im Innern ein verfilztes Mycel, umgeben von einem Wall radiär gestellter Kolben. Die Strahlenherde liegen teils in Riesenzellen, teils sind sie von Leukocyten eingeschlossen. Am besten darzustellen sind diese Herde nach Vorbereitung der Organe in lOproz. Formalin und Paraffin, mit GuAM-WEiGERTscher Färbung, oder mit BiRcii- Hirschfelds Actinomycesfärbung (Hämatoxylin-Karbolfuchsin- Gram-Diflerenzierung mit Pikrinsäure-Alkohol) oder nach Frieduichs Victoria- blaumethode, weniger gut auch nach Ziehl. Dabei zeigen die Kolben analog dem Actinomyces eine von den Bazilleu diffe- reute Färlnmg und sind z. B. nach FRiEDRiCHScher Färbung die Pilze blau, die Keulen rot, variieren aber in ihrem Verhalten gegen Farbstoöe (Schulze). Die Strahlenpilztorm der Tuberkulose ist nur am Kaninchen, einem rehiti\' wenig enipfäuglicheu Tier, und fast nur mit sch^vacll virulenten Tuberkulose. 85 Kulturen erzeugt worden. Im späteren Verlaufe nach 2—3 jMonateu sind sie nicht mehr zu finden. Bedeutung der Pleomorphie. Es ist ausgeschlossen, dass es sich bei all diesen Beobachtungen etwa, wie anfangs Boström glaubte, um eine Verunreinigung mit Schimmelpilzen handelte; dagegen spricht schon, wie Schulze liervcn-hebt, die Zeit des häufigsten Auftretens der Strahlenpilzformen, nämlich nach dem 14. und l)is zum Dl. Tag, während eingeführte Schimmel])ilze nach IiIBBERT schon nach wenigen Tagen zu Grunde gehen. Welche Bedeutung der Kolbenbilduug zukommt, müssen wir zunächst noch dahingestellt sein lassen. Der Auffassung von Coppen -Jones, der darin mehr passive Vorgänge und unorganisierte Ablagerung erblicken will, haben wir bereits Erwähnung gethan. Mehr scheint uns die An- Fij?. 3. Tuberkelbazillen im Uriusediment. (Herr M.) Luge teils in Zopffonn, teils intracellulär, stark gef;irbte Polkürnchen in den Bazillen. Gef. n. Zh-^iil-Gabbet, Leitz Im. Vis, Oc. 5. siclit von LuBARSCH"" für sich zu haben, der sie als Hemnmngsmiss- bildungen infolge von mangelndem liaum, bei sonst guten Bedingungen der Ernährung erklärt, während Fi8crrEL22 nicht abgeneigt erschien, sie als echte Konidien aufzufassen. Systematische Stellung. Jedenfalls aber lässt die Gleichartigkeit der Wuchsformen und der pathogenen Eigenschaften an einer nahen Gattungsverwandtschaft der Tuberkulose und der Aktinomykose nicht zweifeln, eine Ansicht, für die l)esonders Fisghel zuerst kräftig einge- treten ist. Zu der gleichen Gattung sind wohl auch noch andre säure- feste Pilze zu rechnen, bei denen teils in der Kultur, teils im Tierkörper ähnliche Formerscheinungen beobachtet wurden. Dazu gehören der Bacillus der Huhnertuberkulose (Schulze, Lubarsch), Moellers^^-^'^ 86 G. Cornet & A- Meyer, Timothec- und Gnisbacillus II, die Blindschleiclientiiberkulose und der Mist- bacillus (MoELLER, Lubarsch), die Fischtuberkulose, Rabinowitschs •' ' Butterbacillus (Lubarsch), ferner Lepra (Barannikow) und der Rotz, in welchem Marx 39 Kolbenfornaen und Verzweigungen fand. Auch bei Tetanus und Diphtherie (Klein 9' lo] sind Verzweigungen entdeckt worden, die sie als Entwieklungsstadien einer h()hcren Pilzart erscheinen lassen und sie der obigen Gruppe nähern, wenn auch keine Strahlenherde nachgewiesen worden sind (Lubarsch). Nach neueren Arbeiten wäre auch der Smegniabacillus trotz Mangels der Pathogenität hierher zu rechnen (Moeller3*5). Die ganze Gattung hat Lachner-Sandoval ^o als Strahlenpilze be- zeichnet, und es erliob sich die Frage, wohin sie im System der niederen Pilze zu stellen ist. Den Schizomyceten lässt sie sich, ihrer echten Verzweigungen in Kulturen und der Strahlenpilzformen im Tierkörper wegen nicht zurechnen. Vielfach werden sie daher zu den Streptotri- cheen (Lachner-Sandoval, Behla^ij gerechnet, mit denen sie die Art der Verzweigung gemeinsam haben. (Echte Verzweigung, jedoch keine Dichotomie, wenn unter dieser eine dipodiale Teilung am Vegetations- punkt zu verstehen ist). Für diese Auffassung spricht auch der Um- stand, dass Schulze mit der Streptothrix Eppinger gleichfalls Strahlen- pilzherde erzeugen konnte. Da aber beim Tuberkelbacillus und den verwandten Mikroorganismen nicht mit Sicherheit Sporen nachgewiesen sind, erhebt Lubarsch Be- denken gegen die Identifizierung der Strahleni)ilze mit den Streptotricheen und damit gegen die Einreihung in die Klasse der Hyphomyceten. Er stellt die Strahlenpilze als eigene Gattung zwischen Schizomyceten und Hyphomyceten. Sei aber die Stellung im System wie immer, so- viel scheint als sicher zu gelten, dass der Tuberkelbacillus und seine Sippe parasitische Entwicklungsformen höherstehender I'ilze darstellen. Litteratur. 1 RoB. Koch, Mitteil. d. Kais. Ges.-Amts, 18.S4. — - Battmgarten. Centralbl. f. d. med. Wiss., 1882, Nr. 15. — ^ Ders., Deutsche med. Wochenschr., 1882, Nr. 22. — 4 Metschnikoff, Yirchows Archiv, Bd. 118. — -^ Ders., Ann. de Tlnst. Pasteur, 1888, t. 2. — « Coppen -Jones. Centralbl. f. Bakt., Bd. 17, 1895. — " Petrone, ({azz. d. osped. 18S4. — s^ Nocard & Rotx, Ann. de l'Inst. Pasteur, 1887. t. 1. — 9 Klein, Centralbl. f. Bakt., 1890, Bd. 7, S. 793. — i" Ders., ebd., 1892. Bd. 12, S. 905. — " Schumowski, ebd., 1898, Bd. 23, S. 838. — i- Ehrlich, Deutsche med. Wochenschr., 1882, No. 19. — i-^ Ders.. Berl. Klin. Wochenschr., 1883, No. 1. — 14 Ders.. 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Woch., 1897, No. 41. — 30 Q_ Schulze, Untersuch, über die Strahlenpilzform des Tuberkulose- erregers, In-Diss., Rostock 1899. Leipzig Veit & Co.), und Ztschr. f. Hyg., Bd. 31. — 31 Lubarsch, Ztschr. f Hyg.. Bd. 31, 1899. — 32 Ders., Verhandl. d. Deutschen pathol. Ges., 1898; Berliner Centrallil. f Bakt., Bd. 27, S. 747. — 33 Moeller, Ver- handl. d. Ges. Dtsch. Naturf u. Aerzte. Bd. 22, S. 413, Leipzig 1899. — 34 Ders.. Ther. Monatsh., Nov. 1898, Deutsche med. Wochenschr., 1898, S. 376. — 35 Ders., Tuberkulose. 87 Centrabl. f. Bakt.,'Bd. 25, Nr. 11, 1899. - ^r, Ders., Verh- f- inri. Med.. Berlin 19iri. — ^' Rabinowitsch, Ztsehr. f. Hyg.. Bd. 26, 1897. — •'^s Barannikow, Ceutralbl. f. Bakt., Bd. 27. S. 709. — ■«' Mak.\-. Centralbl. f. Bakt., Bd. 25, S. 274. — *i Lachner- Sandoval. Ueber Strahlenpilze, In-Diss.. Bonn 1898. — ^i Behla, Centralbl f. Bakt., Bd. 23, S. 817, 1838. — 42 Pelnär, Wiener klin. Edsch.. 1900. S. 45 ii. 66. — 4:* LuBiNSKi. Centralbl. f. Bakt., Bd. 18. 1895. — « Abbot & Gildersleeve, ebd. Bd. 31, H. 12, 1902. — *■' Bier. Naturf.-Vers.. Hamburg 1901. Bd. 2. S. 568. III. Nachweis und Färbungsverfahren. Nachweis. Der Nachweis der Tuberkelbazilleu in den verscbiedeueu Se- und Exkreten, in der Kidtnr und im Gewebe erfährt je nach der Beschafleuheit dieser gewisse Modifikation. Nachweis im Sputum. Zum Nachweis der Bazillen im Sputum schüttet man dasselbe auf einen schwarzen Teller oder in eine Glas- schale mit untergelegtem schwarzen Papier. Man lasse sich die Mühe nicht verdrießen, auf die Auswahl der zu untersuchenden Partikel eine gewisse Sorgfalt zu verwenden, durch die man sich die Aufgabe ganz wesentlich erleichtert. Am besten untersucht man die bekannten opaken, weißgrauen Kavernenbröckel, die auch den gewöhnlichen Fundort der elastischen Fasern bilden; — fehlen diese, so nimmt man reineitrige Partieen. Ein gutes Hilfsmittel ist es oft, zunächst eine größere Anzahl suspekter Stellen zwischen zwei Objektträgern bei schwacher Vergröße- rung zu mikroskopieren und die aus der Lunge stammenden Stellen, die man an den elastischen Fasern oder den Alveolarepithelien mit schwarzem Pigment erkennt, herauszufischen. Man thut auch gut, kleinste Partikel ans mehreren suspekten Stellen auf das Deckglas zu übertragen resp. auszustreichen. Die Schicht soll nicht allzu dünn sein. Das Deck- glas wird in die CoRXETSche l'inzette geklemmt, an der Luft oder durch vorsichtiges Erwärmen getrocknet, durch dreimaliges Durchziehen durch die Flamme fixiert und ist nun für die Färbung fertig. Sind im Sputum wirklich Bazillen vorhanden, so kommt man mit dieser Methode nach unserer Erfahrung gewöhnlich zum Ziel, namentlich wenn man die zu untersuchenden Partikel sorgfältig ausgewählt hat. Auch KL(jpsro(K bestätigt neuerdings diese Erfahrung. Findet man mit diesem Verfahren keine Bazillen und besteht gleich- wohl begründeter Verdacht auf Tuberkulose, so homogenisiert man das Sputum, um den Bazillen in den konsistenten Schleimmassen ein Absetzen nach der Tiefe zu ermöglichen, lässt es dann im Spitzglas sedimentiereu oder zentrifugiert. Zur Sedimentierung verfährt mau nach Biedert ^ wie folgt. Zu 1 Esslötiel Auswurf werden zwei Esslöflel Wasser und 15 Tropfen Liq. Natr. caust. gesetzt, dies ordentlich verrührt und bis zur Verflüssigung langsam gekocht: dann werden weitere 4 Esslöflel Wasser zugesetzt und das Ganze weiter ge- kocht, bis eine gleichmäßige Flüssigkeit entsteht, in welcher nur noch einzelne kleine Partikel schwimmen. Man kann dann noch weitere 3 — 6 Esslööel Wasser hinzufügen und lässt das Gemenge 24 — 48 Std. in einem Spitzglase sich absetzen. Da der Bodensatz oft schlecht am Deckglase haftet, thut man gut, ihn mit Glycerin-Eiweiß oder Sputum desselben Patienten dort zu fixieren. Andere Einengungsverfahren sind von MtJHLHAusEii^, Stroscheix 3, VON Ketel-1, Dahmen^, JLKEwrrscHö, Spengler^, CzAPLEWski^ und anderen beschrieben. 88 G. Cornet & A. Meyer. Nach der auch von Sterling ^ empfohlenen Methode von Ketels^ werden in einem 100 ccm haltenden Cylinder 10 gr Wasser, 6 ccm Karbolsäure und 10 — 15 ccm Sputum gegossen, derselbe dicht verschlossen, geschüttelt, das Gemenge dann auf 100 verdünnt und 12 — 24 St. sedimentiert. CzAPLEW.SKi^ verflüssigt Sputum unter Umrühren mit 0,2^ Lauge, setzt dann einige Tropfen Phenolphthaleinlösung zu (Dunkelrotfärbung) und dann tropfenweise 10 _^ Essigsäure gerade bis zur Entfärbung; verdünnt bis zur Dünnflüssigkeit mit Wasser oder nach Strasburger i" mit Alkohol und sedi- mentiert oder zentrifugiert. Um das spezifische Gewicht der nach Biedert homogenisierten Flüssig- keit dem des Wassers gleichzumachen und so das Absetzen zu erleichtern, kann man auch nach Kamen i^ ^^ — i/io Volumen Alkohol hinzusetzen. Ganz wesentlich wird das Verfahren dadurch abgekürzt, dass man statt der spontanen Sedimentierung zentrifugiert (s. a. Ilkewitsch, 1. c. '^j. Nachweis im Urin. Zum Nachweis im Urin wird dieser zentri- fugiert. Ist w^nig Sediment vorhanden, so hebt man die überstehende Flüssigkeit ab, gießt Urin in das Zentrifugengläschen nach, zentrifugiert wieder und so fort, oder man kann nach Strasburg er das 2 — 3 fache Volumen Alkohol zufügen, wodurch das Absetzen erleichtert wird (s. oben). Ist der Urin reich an harnsauren Salzen, so kann man diese vor dem Zentrifugieren durch vorsichtiges Erwärmen lösen, während man zu alkalischem, sedimentreichem Urin einige Tropfen Essigsäure hinzufügt. (Siehe auch D. E. de Vosi2, AlbuI^ Br. Krüger».) Nachweis in den Faeces. In den Faeces sucht man die Bazillen am besten in den schleimigen und eitrigen Partieen; wo diese fehlen, kann man die verrührten und von gröberen Teilen befreiten Faeces nach Strasburger i» mit 1—2 Volumen 96^ Alkohol verdünnen und dann zentrifugieren. RosEXBLATTs ^■'' Methode, durch Opiumverabreichung, geformte Stühle zu erzielen, um den von diesem mitgerissenen und außen anhaftenden Schleim zu untersuchen, verspricht nur bei den im unteren IMckdarm sitzenden Geschwüren einen Erfolg. Uebrigens ist der Befund yon Tuberkelbazillen im Stuhle für die Frage, ob eine Tuberkulose des Darmkanals vorliegt, nur von sehr bedingtem Werte, da man stets mit der Möglichkeit rechnen muss, dass dieselben von ver- schlucktem Sputum herrühren. BoDO^*^ untersuchte von 9 Phthisiker- leicheu, die anatomisch keine Darmtuberkulose zeigten, den Darminhalt und fand dreimal Tulierkelbazillen. Nun mögen ja diese während oder vor der Agonie hereingclangt sein, denn es ist zweifellos, dass Moribunde weit mehr ihren Auswurf verschlucken als Kranke in leidlichem Kräftezustand ; immerhin aber kann man dem Tuberkelbazillenbefund in den Faeces nur dann einen gewissen diagnostischen Wert beilegen, wenn man sich versichert hat, dass der Kranke seinen Auswurf nicht verschluckt, Avenn der Bazillenliefund sich gleichwohl wiederholt, und auch klinische Symptome den Verdacht einer Darm- erkrankung unterstützen. Ueber die Gefahr einer Täuschung durch andere säurefeste Bazillen siehe weiter unten. Analog den oben beschriebenen Verfahren gestaltet sich auch der Nachweis im Eiter, z. B. Ohreitcr, in Exsudaten u. s. w. Für die Milch hat der mikroskopische Nachweis von Bazillen an Wert eine starke Einbusse erlitten, worauf wir an anderer Stelle zurückkommen. Tuberkulose. 89 — Man wird sich auch hier des Einengungsverfahrens durch die Zen- trifuge nach iLKEwrrscu hedicnen. Färbungsverfaliren. Der Tuherkelbacillus zciclmct sich durch eine besondere Farbreaktion aus. Er ist zwar auch (nach Lichtheim ^ GiAC0Mi2, Baumgarten ^) in einfachen wässrigen oder alkoholischen Lösungen färbbar, nimmt jedoch Farbe nur schwer auf und erfordert meist "die Gegenwart einer Beize und besonders intensiver Einwirkung der Farblösung, sei es durch längere Dauer oder erhöhte Temperatur. Einmal gefärbt, giebt er die Farbe nur schwer wieder ab und hält sie selbst gegen starke Säuren und Alkohol (Alkohol- und Säurefestig- keit) verhältnismäßig lange Zeit, genügend lange, dass unterdessen alle anderen Bakterien sowie das Gewebe entfärbt werden. Diese nehmen eine Gegenfärbung leicht an, welcher man sich mit Vorliebe zu bedienen pflegt, um den Tuherkelbacillus ganz isoliert gefärbt auf andersfarbigem Grunde durch den Kontrast schärfer hervortreten zu lassen. Der Tuherkelbacillus nimmt in jedem Zustande, ob jung oder alt, Farbe auf, auch wenn er durch Hitze, Alkohol u. s. w. abgetötet ist. Doch zeigen sich besonders in Bazillen aus alten Kavernen einzelne Stellen infolge uns noch unbekannter, offenbar degenerativer Vorgänge gegen Farlie "widerstandsfähig und treten dann als hellgel)liebene Lücken hervor. Im weiteren Verlaufe verweigert dann der ganze Bacillus die An- nahme der Farl)e, sofern er nicht durch Alkohol oder ähnliche Stoffe konserviert wird, sondern der Degeneration anheimfällt. Schon ZiEHL^' hat bei seinen Umfärbungsversuchen bemerkt, dass einzehie Bazillen die Sekundärfarbe acceptieren und schloss aus diesem verschiedenen Verhalten, dass bei den üblichen Methoden immer eine Anzahl der Beobachtung sich entziehen. Auch Ehrlich ^ konstatierte, dass nicht nur die Aufnahme- fähigkeit, sondern auch die Säurefestigkeit der Bazillen nach dem Alter ver- schieden war, desgleichen Klein'''. Namentlich aber betonte Marmorek'. dass junge Bazillen sich leichter färben und entfärben und konnte sogar in ganz jungen Kulturen »primäre Bazillen: auffinden, die wie andere Bakterien basische Anilinfarben, z. B. Methylenblau, in wässriger Lösung annehmen, aber nach Ziehe gefärbt, ihre Farbe an HNO;j und iVlkohol leicht abgeben und dafür die Kontrastfarbe annehmen. Auch in alten Bazillen bilden sich farbschwache Stellen, die auch -geneigt sind die Gegenfarbe anzu- nehmen, auch treten in ihnen häufig die sogenannten Vakuolen oder sporeu- ähnlichen Formen auf Die vollständige Differentialfärbung geht also in drei Akten vor sich: 1. Ueberfärbung mit einem basischen Anilinfarbstoff bei Gegen- wart einer Beize; 2. Entfärbung aller Elemente mit Ausnahme des Bacillus, und 3. Gegenfärbung mit einer deutlichen Kontrastfarbe. Nachdem Koch anfangs alkalische Methylenltlaulösung angewandt hatte, erlaubte erst Ehrlichs Verfahren die sichere und allgemeine An- wendung in der Praxis. Er verwendet Anilinwasser-Gentianaviolett oder Anilinwasserfuchsin und färbt 12 — 24 Stunden. Die EHRLiCHSche Farblösuug wird folgendermaßen bereitet: 5 ccm chemisch reines Anilinöl werden mit 95 g destilliertem Wasser gut durchgeschüttelt und durch ein feuchtes Filter filtriert. Hierauf wird tropfenweise so viel gesättigte alkoholische Methyl- oder Gentian aviolett- oder Fnchsinlösung (20 : 100 bis 150 Alkohol) hinzugesetzt, bis sich eben ein schillerndes Häutchen an der Oberfläche bildet (nach WeiCtERT* 11 ccm Farblösung + 89 ccm Anilinwasser). 90 Gr. Cornet & A. Meyer, Die Lösung miiss jedesmal frisch bereitet werden, da sie sich schnell zersetzt; auch Zusatz von 10 ^ Alkohol erhöht die Haltbarkeit nur kurze Zeit, etwa 14 Tage. Das ganze Tinktionsverfahren vereinfachte Rindfleisch, indem er vorschlug, die Farblösung zu erwärmen, und zeigte, dass man so eine wesentlich verkürzte Zeit zur Färbung braucht. Man färbt dann zweckmäßig in einem Uhrschälchen, in welchem die EHRLiCHSche Lösung auf einem Drahtnetz bis zum Aufsteigen von Dämpfen mäßig erhitzt wird. Das Deckglas lässt man mit der Schicht nach unten auf der Lösung schwimmen. Die leichte Zersctzlichkeit der genannten Farblösungen wird vermieden durch die ZiehlscIic^ Methode der Färbung mit Karbolfuchsin, die auch theoretisch einen Fortschritt bedeutete, da sie zeigte, dass die alkalische Reaktion der Farblösimg nicht nothwendig sei, und statt deren eine Beize einfidirte. Die Lösung wird bereitet indem mau 1 gr Fuchsin in 10 ccm absolutem Alkohol löst und 90 ccm 5 % Karbolwasser hinzufügt. Diese Lösung ist sehr lange haltbar; erst nach monatelangem Gebrauche scheiden sich ölartige Farbstoifmassen aus, weshalb mau gut thut ältere Lösungen vor dem Gebrauche zu filtrieren. Nachdem das Deckglas-Präparat nach Ehrlich oder Ziehl gefärbt ist, wird es mit destilliertem Wasser abgespült und die übrigen Restand- teile mit Ausnahme der Bazillen wieder entfärbt. Nach Neelsen ^ö schwenkt man das Präparat einige Sekunden lang in 21/2 X Salpetersäure (manche verwenden sogar bis 33^ HNO3), bis es fast entfärbt ist und nur noch einen schwachen gelbbraunen Farben- ton hat. Dann wird es in 60 — -80^ Alkoliol ausgewaschen und mit 1 % wässrigem Methylenblau (bei Violett- Vorfärbung mit Bismarckbraun oder Vesuvin) nachgefärbt. Eine weitere Vereinfachung stellt das Verfahren von Gabuet^^ dar, der (übrigens nach einem früheren Vorgange von B. Fräxkel-^) Ent- färl)ung und Kontrastfärbung in einen Akt verband. Das Ziehl-Gaubei- sche Verfahren ist wohl das in der Praxis, besonders für Sputumunter- sucliungen gebräucldichste. Das Verfahren gestaltet sich dann kurz so : Auf das fixierte, mit Kultur oder tierischem Sekret beschickte, und in die CoRNEXsche Pinzette einge- klemmte Deckglaspräparat werden einige Tropfen ZiEHLscher Karbolfuchsin- lösung gebracht, so dass es gleichmäßig davon bedeckt ist; dann wird es auf oflener, nicht zu großer Flamme vorsichtig V-i — 1 ^^ii^- erwärmt, so dass reichlich Dämpfe aufsteigen, ohne dass die Flüssigkeit kocht. Hierauf wird in Wasser abgespült uud GABBETSche Lösung (Methylenblau 1,0, Acid. sulfur. 25,0, Aqua dest. ad 100.0) aufgetropft, nach 2 — 4 Min., je nach der Dicke der Schicht, die Lösung abgegossen, wieder gespült, das Präparat auf Fließ- papier, besser durch vorsichtiges Erwärmen getrocknet und in Kanadabalsam eingeschlossen. Diese Vereinfachungen der Färbemethoden A\'aren von ganz eminenter Bedeutung für die Popularisierung des Tuberkelbacillus ; denn man bedenke, dass nach den ersten Angaben Kochs zur Anfertigung eines Präparates ca. 24 Stunden notwendig waren, dass nach Ehrlich dies Verfahren schon auf 1 Stunde reduziert wurde; und heute genügen nach Ziehl-Gabbet schon Tuberkulose. 91 2 — 4 Minuten, um ein musterhaftes Präparat herzustellen. Was anfangs nur einzelnen Forschern zugänglich war, ist heute Gemeingut aller Aerzte. Bei allen Vorzügeu imd aller Bequemlichkeit dieser Methoden lässt sich doch nicht leugnen, dass sowohl das ZiEHL-NEELSENSche Verfahren als besonders das von Gabi?et ziendich eingreifend ist und, wie es scheint, nicht alle im Präparat vorhandenen 1 Bazillen zur Darstellung' bringt, was Kühne veranlasste, die Mineralsäure durch Fluoreszem- alkohol zu ersetzen. Czaplewskii^ verbesserte die Methode noch durch Zusatz von Methylenblau. Leider haftet der Methode der Nachteil an, dass die Entfärl)uug unvollständig bleibt. Dass in Fällen, wo nur w^enig Bazillen vorhanden sind, die ge- schilderten Methoden im Stiche lassen können, beweist uns eine von Br. Wolfe 12 mitgeteilte Beobachtung: in einem Fall von Tul)entuberkulose konnte weder er noch Weigert in zahlreichen Schnitten, die nach Ziehl gefärl)t waren, Bazillen auffinden, doch gelang dies leicht durch Ehrlich- sche Färbung, die sich also überlegen zeigte und bei dringendem Ver- dachte, wenn n:ich der ZiEHLSchen Methode Bazillen sich nicht finden, eine schätzbare Kontrolle bietet. Alsbald wurden aucli andere Stoffe als Beize benutzt. Ortho-Toluidin (B. Fränkei/J) Terpentinöl (Priorix] Thymol (Brie(4er) sowie Aldehyde (Ehrlich 11). Die Methode wurde auch sonst in mancher Weise modifiziert: LubinoffI-'' nahm Borfuchsin, Arexs i*' Chloroformfuchsin, Nastinkow c^ Pewsner 1^ Sublimatlösungen von Anilinfarben. Peters ^^ entfärbt mit nnterschwefliger Säure, KijHNE (nach Borrels-'' Beschreibung) mit 2promill. Lösung von salzsaurem Anilin. Neuerdings benutzen Rondelli & BuscALiONi23 zur Entfärbung die eau de Javelle, welche durch Chlor in statu nascendi wirkt. Sie lösen 6 gr Calciumhypoclilorit in 60 gr W^asser, und 12 gr. Kalium carbouicum (Pottasche) in 40 gr Wasser. Die filtrierten Lösungen Averden zusammengegossen, umgertdirt und in blauer Flasche aufbewahrt. Das Präparat more solito gefärbt, kommt auf 2 — 3 Minuten in die Lösung, l)is alles braun aussieht, und wird dann im Wasser mikro- skopiert. Alle Gewebselemente sind braun, nur die Tuberkelbazillen rot. Das Verfahren zeichnet sich durch große Einfachheit aus. Ai). Müllerei entfärbt Karbolfuchsin-Präparate in 5 — 10^ Kalium- perkarbonat mindestens Vi Stunde (bis zur Entfärbung) oder noch besser in Wasserstoffsuperoxyd von 12 — 13 Volumprozent, durch Soda oder Pott- aschelösung leicht alkalisiert, einige Minuten laug. Bei dieser Anwendung sollen alle Elemente entfärbt sein, die Tuljerkelbazillen aber auch einen Aufenthalt von 1 Stunde in Kaliumperkarbonat oder H2 O2 vertragen. Einen interessanten Versuch stellt Marion Dorsets 25 Färbung mit Sudan III dar, die direkt das Fett (oder Wachs) des Bazillenkörpers färbt. Das Präparat in gewöhnlicher Weise fixiert, wird 5 — 10 Minuten in gesättigter Lösung von Sudan III in 80^ Alkohol gefärbt und mit 10^ Alkohol eben- solange ausgewaschen. Es werden nur Tuberkelbazillen gefärbt, keine an- deren Bakterien, vor allem keine Smegmabazillen. Leider ist den verschiedenen Nachprüfern (Le Dorx^e^ Cowie'^'^) die Färbung infolge der inkonstanten Beschaffenheit des Präparates niemals gelungen und ihr also ein praktischer Wert vorläufig nicht beizulegen. Ursache der spezifischen Färbung. Die Ursache des eigentümlichen Verhaltens der Tuberkelbazillen gegen Farbstofle suchte Ehrlich einer die Bazillen umgebenden Hülle zuzuschreiben, die das Eindringen der 92 G. Cornet & A. Meyer. Farbe nur unter dem Einflüsse eines Alkali erlaubt und g'egen Mineral- säuren, also das entfärbende Agens undurdidringlich sei. Nachdem aber durch die Versuche Ziehls u. a. die Impermeabilität dieser Hülle gegen Säuren sich keineswegs bestätigt hatte , musste man diese Hypothese fallen lassen und suchte den Grund in fettigen Bestandteilen, welche Färbung und Entfärbung erschwerten. In der That gelang es Biexstock-'* und Go'n stein 2'J auch andere Bakterien durch entsprechende Behandlung mit Fetten (Trocken- präparate durch Einwirkung von Butter, Paraffin, Lanolin, Wachs; Schnitte durch Oele, Anilin-, Oliven-, Nelkenöl) säurefest zu machen. Auch durch ähnliche Zusätze zu den Kulturuährboden wurde den darauf gewachsencD, sonst nicht säurefesten Bakterien eine gewisse Säurefestig- keit verliehen, wobei aber nicht an eine physiologische Aufnahme der Fette, wie Bienstock wollte, sondern wohl gleichfalls nur an eine künst- liche Einfettung zu denken ist. Eine gewisse Stütze fand die Annahme durch die Beobachtung der Säurefestigkeit der Smegmabazillen, die man zum Teile geneigt war auf die fettige Beschaffenheit der Nähr- medien, in denen sie mit Vorliebe gedeihen, z. B. der talgdrUsenreichen Labien zurückzuführen. Nun fand sich weiter, dass die von den plasmatischen Bestandteilen durch verdünnte NaOH befreiten Bazillen, also die Bakterienhüllen die spezifische Farbreaktion gaben (Weyl'^o). Andererseits wies Hammkr- sciiLAG^^i in den aus Kulturen gewonnenen Bazillen 27,2% Alkohol- ätherextrakt nach, ebenso Cellulose durch ihre Reaktion; dabei gaben Bazillen, die mit Alkoholäther und mit KOH behandelt waren, keine Farbreaktion mehr, wohl aber nach Alkoholätherextraktreaktion allein. Klebs^^ fand 22^^ Fett in den Bazillen, welches die Bazillenfärbung gab, während der Rückstand diese verloren hatte, das gleiche bestä- tigten Koch ^^3 xiy\([ Borrel. Desgleichen extrahierte Aroxson^^ aus den Bazillen ein Wachs, etwa ein Viertel des Trockengehaltes, das auf Objektträger ausgestrichen, sich mit Karbolfuchsin in der Hitze färbte und die Farbe nur schwer gegen HCl-Alkohol abgab. Unna" gelang es mittelst Osmiumsäure, M. Dorset^s mittelst Sudan HI, einem Fettfarbstoff, die fettartige Substanz der Bazillen selbst darzu- stellen. • Bemerkenswert ist au dieser »Stelle eine Beobachtung von Gieiei: ^''j dass andere Bakterien z. B. Milzbrand, welche mit Tuberkelbazillen zu- sammen in derselben Kulturflüssigkeit gezüchtet wurden, die gleichen Eigenschaften, was Färbung und Entfärbung betrifft, annehmen, diese aber bei Weiterzüchtung verlieren. Dieses Phänomen scheint sich durch Aronsons Beobachtung wohl zu erklären, nach welcher die Wachs- sul »stanz in Kulturen auch zwischen den Bazillen liegt. DifferentialfJirbung. Die Färbungseigentümlichkeiten des THl)erkel- bacillus galten lange Zeit für so spezifisch, dass man, wo immer auf die beschriebenen Methoden sich säurefeste mit den Tuberkelbazillen in Form und Gestalt übereinstimmende Stäbchen sich zeigten, sich für berechtigt hielt, diese für Tuberkelbazillen anzusprechen. Zwar war bekannt, dass auch Epithelialgebilde, ferner gewisse Sporen (Lichtiieim, Neisser, Bienstock), Fettsäurekrystalle (Celli & GuARNiERi^), manche Schimmelpilze, Hefepilzsporeu (Gaffky^, Petri-^), Mastzellenkörner (Orth^), Lanolin (Gottstein •^) gegen Entfärbung wider- standsfähig sind, aber eine Verwechslung damit war von vornherein ausgeschlossen. Tuberkulose. 93 Auch der säurefeste Leprabacillus konnte schon bei der geringen Verbreitung der Lepra der Diagnose nur selten gefährlich werden. Der Leprabacillus pflegt an einem Ende verjüngt zu sein (A. NEissERf"'), ferner im Gewebe nicht einzeln wie der Tuberkelbacillus, sondern in dicken, kompakten Massen zu liegen, endlich vorwiegend iutracellulär, (der Tuberkelbacillus vorwiegend extracellulär). Für die praktische Unterscheidung, die in Lepragegenden wichtig sein kann, ist am besten die Eigenschaft des Leprabacillus zu verwerten, vermöge deren er basische Anilinfarben in wässeriger Lösung viel leichter annimmt als der Tuberkuloseerreger. Raumgarten' schlägt folgendes Verfahren vor: 1. Deckglaspräparate: Zu einem Uhrschälclien voll destillierten Wassers setzt man 5—6 Tropfen gesättigter alkoholischer Fuchsinlösung, und lasse hierauf das Präparat 6—7 Minuten lang schwimmen, entfärbe Y4 Minute in 10^' Salpetersäure-Alkohol, wasche in destilliertem Wasser und untersuche sofort in verdünnter Methylenblaulösung mit Oelimmer- sion. Leprabazillen sind rot, Tuberkelbazillen ungefärbt. 2. Schnittpräparate bleiben 10 — 15 Minuten in der Fuchsinlösuug, werden f 2 Minute entfärbt, gewaschen, 3 — 4 Minuten in Alcohol abso- lutus entwässert und in Bergamottöl untersucht. MarzixowskiS schlägt vor, 2—3 Minuten in ZiEiiLscher Lösung, die mit 2 Teilen Wasser verdünnt ist, kalt zu färben, und nach sorgfältigem Ausspülen 1^2 — 2 Minuten in Löfflers Methylenblau gegenzufärben. Dann folgen Alcohol absol. , Xylol, Balsam. Auch hier bleil)t der Kocusche Bacillus ungefärbt, der der Lepra ist rot. Mehr Schwierigkeiten l)ereiten die Smegmabazillen, die in ihrer Form den Tuberkelbazillen fast genau gleichen, doch den körnigen Zerfall, das perlschnurähnliclie Aussehen (v. Leyden), namentlich auch die zopfartige Anordnung der Tuberkelbazillen vermissen lassen, der mau bei iTogenitaltuberkulose im Urin häufig begegnet. Ihr gewöhnlicher Aufenthaltsort ist der Präputialsack und die Falte zwischen den großen und kleinen Labien: sie sind aber auch sonst in den Falten der äußeren Genitalien, am After in der Falte zwischen Genitalien und Oberschenkel zu tinden, sie kommen aber auch im Ceru- men (nach Güttstein'' und Bitter 1*^), an den verschiedensten Stellen der Haut (Laabs^i), an allen natürlichen Körperöffnungen, sowie an den Tonsillen, im Zahn- und Zungenbelag vor (Marzinowski^^ u, -x.). Dem bevorzugten Sitze der Smegmal)azillen entsprechend, findet man sie zunächst in den Faeces und Lriu und hier haben sie schon zu fatalen Verwechslungen und selbst zu operativem Vorgehen Veranlassung gegeben. Dies zeigte ein Fall von Laabs, der infolge vermeintlichen Tuberkelbazillennachweises im Urin zur Operation gelangte, und statt der vermuteten Nierentuberkulose einen Abszess der Lendengegend auf- wies. Uel)er Xierenexstirpationen auf Grund ähnlicher diagnostischer L-rtümer berichten auch: MexdelsohnJ-^, Königes Bunge & Tranten- ROTii^^ Einen gewissen Schutz gegen die Einmischung des Smegma- bacillus verleiht allerdings die Entnahme des Urins mittelst Katheter. Außer den Smegmabazillen haben uns die letzten Jahre jedoch noch eine ganze Reihe von Bazillen kennen gelehrt, die sich färberisch ähn- lich wie Tuberkelbazillen verhalten. So ftinden u. a. Petri'" und Rabi- NO WITSCH iMu Butter, Moüller ^Mm Timotheegras und im Mist derartig säurefeste, dem Tuberkelbacillus ähnliche Bazillen. 94 6. Cornet & A. Meyer, Ganz besonders wichtig und bei Verwechslungen folgenschwer, ist das Vorkommen solcher Bazillen im Sputum, oline dass der klinische Befund, oder die Sektion eine Spur von Tuberkulose aufweist. Solche gegen Entfärbung resistente Bazillen im Sputum finden sich schon bei Zahn^'-' erwähnt. A. Fränkkl^o berichtete 1898, dass er öfters im Sputum bei Lungengangrän säurefeste Stäbchen aus der Kategorie der Smegmabazillen gefunden habe; anfangs habe er sie für Tuberkelbazilleu gehalten und sei sehr erstaunt gewesen, als die Sektion keine Tuberkulose zeigte. Einmal traten solche Stäbchen auch bei reiner Bronchostenose ohne putride Prozesse auf Kurz darauf publi- zierte A. PAPi'p:NHEiM2i aus der LiOHTHEDischen Klinik einen ähnlichen Fall (Bronchiektasie und kleiner gangränöser Abszess). RabinowitschJ' fand in dem Sputum eines gangränösen Lungenabszesses säurefeste Bakterien, »mitunter etwas dicker und länger als Tuberkelbazillen, mit- unter auch etwas kürzer«, die sich aber in der Kultur und beim Tier- versuch als identisch mit Butterbazillen, oder als eine Varietät derselben Art erweisen. Janeway22 teilt einen Fall mit, in welchem Bazillen im Sputum eine Fehldiagnose verschuldeten. Aehnliche Bakterien fand MarzixowsivI J- in einem Falle von Bronchitis; auch Lubarsch -•' be- richtet über zwei Fälle, in denen er im Sputum säurefeste Bazillen fand und in welchen beiden der Tierversuch, im zweiten auch Sektion Tuber- kulose ausschloss; ferner fand er sie in einer bronchiektatischeu Höhle, und einmal im Eiter eines Abszesses in der Hüftgeleuksgegend, einmal im Inhalt von Atheromen des Armes, in deren Wand Fremdkörper- tuberkel sich gebildet hatten. Ferner enthielten die Krypten von Gaumenmandeln unter 12 Fällen, die Marzinowski untersuchte, fünfmal säurefeste Stäbchen, die nach Ziehl- GABBET-Färbuug nur bisweilen ehie leichte lila Schattierung zeigten, oft aber rein hellrot oder schwachblau mit roten Körnern am Ende sich färbten; diese Bazillen ließen sich leicht kultivieren, was bekanntlich ))ei Smegma nicht gelingt. CiMA^i konnte in 8 Fällen von Ohreiterungen bei Kindern nicht weniger als 6 mal Bazillen feststellen, die der GABBETscheu Entfärbung widerstanden; ihre massenhafte Anwesenheit erregte seinen Verdacht, und die Diflferential- färbung ergab in der That, dass es sich nicht um Tuberkelbazilleu handelte. MoüllerJ* konstatierte bei sich selbst gelegentlich einer Bronchitis säurefeste, desgleichen bei einem Kranken mit wiederholter Hämoptoe säure- aber nicht alkoholfeste Bazillen, ebenso kürzbch Lichtexsteix 25. Erwähnt seien hier noch säurefeste Streptothrix bei der Sektion im Lungeneiter (AoYAMA & MiYAMUTo^f'j, dann säurefeste, aber nicht näher bestimmte Ba- zillen in einer für tuberkulös gehaltenen, vereiterten Ovarialcyste (Dittrich^^] und säurefeste Bazillen in einem typhusverdächtigen Stuhle (Microxescu^s). Mit dem Vorkommen dieser Stäbchen als einer Fehlerquelle für den mikroskopischen Nachweis der Tubcrkelbazillen ist somit immerhin zu rechnen. Zwar findet sich in den meisten der erwähnten Fälle die Angabe, dass die Bazillen starrer, gerader und etwas dicker als Tuberkelbazillen ausgesehen hätten, doch sind diese Unterschiede zu gering und zu inkonstant, namentlich da ja auch die Gestalt der Tuberkelbazillen ziemlich bedeutende Differenzen zeigt. Können uns nun solche morphologische Momente höchstens den Verdacht nahelegen, dass wir durch Pseudotuberkelbazillen getäuscht werden, so bringt uns die Modifikation des Färbeverfahrens erheblich weiter. Tuberkulose. 95 Um echte Tuberkelpilze von Smegma- und ähnlichen Bazillen zu differenzieren, können wir uns nun der oben beschriebenen Entfiirbungs- verfahren, der GABBETSchen und NEELSEXSchen, nicht bedienen. Die Säureresistenz der Smegmabazillen ist fast so groß wie die der Tu- berkelbazillen. Beide vertragen (nach Bunge & Trantenroth i-^) das acid. sulfnr. dilut. Ph. Gr. (= ca. 16^'' Schwefelsäure) V2 Stunde lang gut, und beginnen dann sich zu entfärben. Gegen kombinierte Säure- und Alkoholentfärbung scheinen sich die Pseudotuberkelbazillen nicht in allen Fällen gleich zu verhalten. Sie entfärbt wohl die meisten Smegmabazillen, wenn die Alkoholbehandluug lange genug ausgedehnt wird (Gkethe2!>), kann diese aber auch ziemlich lange gefärbt lassen, so dass Pappeniieim^J zu der Ansicht kommen konnte, dass die Säure die Bazillen vor der Entfärbung durch Alkohol schütze. Während oft die Bazillen fast momentan entfärbt werden, halten sie die Farbe bisweilen so lange, bis auch die Tuberkelbazillen sie verlieren. Besser schon ist die einzeitige Entfärbung mit Säurealkohol: die alte B. FRÄNKELsche-^^' Methode (Methylenblau und Salpetersäure in 50^ Alkohol) leistete nicht genug zur Unterscheidung, da es zu dieser (nach Weigert -^1, Bunge & Trautenrotii'-^ u. a.) vor allem auf die Verwendung absoluten Alkohols ankommt; dagegen wird Honsells-'^ Methode auch von A. Fränkel-*^, sowie von Gima'-* u. a. als Difterential- färbung empfohlen. Nach ZiEHi.scher Karbolfuehsinfärbung wird das Präparat abgespült, getrocknet und 10 Minuten in eine Mischung von 3,0 SalzScäure auf 100,0 Al- oohol absol. gelegt, dann mit zur Hälfte mit Wasser verdünnter konzentrierter alkoholischer Methylenblaulosung gegengefärbt. Mehrfach sind Versuche gemacht worden, organische Säuren zur Unterscheidung zu benutzen. Alvarez & Tavel^:«, sowie G. Klemterer-'^ empfahlen den Eisessig, doch haben spätere Nachprüfungen ergeben, dass er nicht den ihm zugeschriebenen Wert hat. Noch wenig nach- geprüft ist das HAUSERSche^s Verfahren, die Entfärbung mittelst h% Milchsäure; auch Citronen-, Wein- und Pikrinsäure fand er verwend- bar. Noch schneller gelang ihm die Differenzierung in 2 — 3^ alko- holischer Lösung. Im wesentlichen auf der Wirkung des Alkohols basiert Weichsel- baums'0 Verfahren: Das in Karbolfuchsin gefärbte Präparat wird abgespült, getrocknet und ohne weitere Entfärbung auf 5^ — 10 Minuten in konzentrierte Lösung von Methylenblau in Alcohol absolutus gelegt. Die Smegmabazillen sind blau, die Tuberkclbazillen rot gefärbt. Ein leicht saures Agens, das Fluoreszein, fügt dieser Entfärbungs- lösung nach Kühnes Vorgang Czaplewski (1. c.) zu: Einer gesättigten Lösung von gelbem Fluoreszein in Alkohol Avird Methylen- blau im Ueberschuss zugesetzt, und die Lösung durch Abgießen vom Bodensatz getrennt. In diese Lösung wird das in Karbolfuchsin gefärbte Präparat nach einfachem Abtropfen der ZiEHLschen Farbe (ohne Waschen) 5 Minuten lang ein- getaucht, wird dann noch ^j-i — 1 Minute in konzentrierter alkoholischer Methylen- blaulosung nachgefärbt, schnell in Wasser abgespült, getrocknet und eingebettet. Pappenheim (1. c.) ersetzte das Fluoreszein durch Korallin (Rosolsäure) ; er löst in 1 % alkcdiolischer Lösung von Korallin ]Methvlenblau bis zur Sättisrung- 96 G- Cornet & A. Meyer. und setzt zu 100 Teilen 20 Glycerin. Das fuclisingefärbte Präparat soll man 3 — 5 mal eintauchen und langsam ablaufen lassen: kurzes Abspülen in Wasser, Trocknen, Einbetten. Sowohl die WEiCHSELBAUMSche wie die CzAPLEWSKisclie Methode haben sich bei der Nachprüfung durch Gretiie^s sowie Bunge cV: Traxten- R0TH15 u. a. bewährt: In fast allen Fällen waren nach fünfminutenlanger Urafärbuug alle Smegmabazilleu blau, während beim Tuberkelbacillus selbst eine 15 Minuten dauernde Einwirkung die Farbe nicht veränderte. Mit Eücksicht auf ausnahmsweise hohe Resistenz einzelner Smegma- bazilleu schlagen Bunge & Trantenroth eine der Färbung vorangehende Entfettung des Präparates vor, wodurch die Smegmabazilleu einen großen Teil ihrer Resistenz verlieren, nicht aber die Tuberkelbazillen: Fixierung, Entfettung der Ausstriebpräparate in Alcohol absolutus, Ver- bringen in 5 ^ Chromsäurelösung, 15 Minuten sorgfältiges Auswaschen der Chromsäure in mehrfach zu wechselndem Wasser. — Färben mit Karbolfuchsiu, Entfärben mit Schwefelsäure (ac. sulfnr. dil. Ph. G. = ca. 16^ H2 SO4) 3 Minuten, oder Salpetersäure (ac. nitr. pur. 1 — 2 Minuten), nochmalige Ent- und zugleich Cegenfärbung in konzentriertem alkoholischen Methylenblau (wenigstens 5 Minuten). Zahlreiche Untersuchungen erwiesen die so behandelten Smegmabazilleu stets entfärbt, Avährend Tuberkelbazillen die Farbe noch hielten, selbst wenn der Aufenthalt der Präparate im Alkohol auf 24 Stunden, in Chromsäure auf 1 Stunde, die Entfärbung mit Ac. sulf. dil. auf 7 Minuten, und die Be- handlung mit konzentriertem alkoholischem ^lethylenblau auf 20 Minuten aus- gedehnt war. Diese Versuche wurden im Sputum augestellt; wie weit ihre Resul- tate auch für l;rin, besonders ammoniakalischen Frin, in dem die Resi- stenz der Bazillen herabgesetzt ist, Geltung haben, muss dahingestellt bleiben. Hier wird man sich vor allem durch Entnahme des l^rins mittelst Katheters vor Verunreinigung durch Smegmabazilleu schützen müssen. Im Zweifel aber greift man zum Tierexperiment, das nur den einen Nachteil hat, dass die wichtige und oft dringliche Entscheidung lange Zeit hinausgeschoben Avird. Der Nachweis der Tuberkelbazillen hat durch die Entdeckung der säurefesten Pseudotuberkelbazillen nichts von seinem Werte verloren, er ist nur schwieriger geworden. Verfahren für Schuittpräparate. Mit geringen Modifikationen sind die obigen Färbungen nach Ziehe und Ehrlich und Entfärbung beson- ders nach Neelsen und Hoxsell auch für Gevvebsschnitte anwendbar. Die größere Dicke der zu färbenden Schicht und der festere Zusammen- hang ihrer Teile macht jedoch eine etwas längere Einwirkung der Agentien notwendig. Vorbedingung ist eine gute Fixation. Sublimatfixation , Fixation in gesättigter Sublimatlösung mit Zusatz von 5 ^ Eisessig, nach Bokrel J aber auch die meisten anderen sind anwendbar. Nur von der Formol- anwendung haben wir Nachteile gesehen, indem Formol den Gewebs- elementen eine erhöhte Verwandtschaft zum Fuchsin erteilt, so dass sie sich zuweilen schwerer entfärben als die Bazillen. Auch eine Alkohol- fixation soll nach d'Arrigo & Stami'ACChia -, sowie nach Borrel (»l'ideal des mauvais ßxateurs«) eine gute Bazillenfärbung dadurch schädigen, dass sie die Gewebe schrumpfen macht. Tuberkulose. • 97 Neuerdings ist darauf aufmerksam gemacht worden, dass bei der ttbliclieu Art der Einbettung viele Bazillen durch die entfettende Wirkung des Alko- hols und Xylols bezw. Aethers dem Nachweis entzogen werden, und ist Färbung im Gefrierschnitt vorgeschlagen worden (Akonson). Leider lassen sich oft so nicht hinreichend dünne Schnitte erzielen, sicherlich nicht bei allen Organen. Zur Einbettung ist sowohl Celloidin wie Paraffin geeignet; in beiden Fällen sollen die Schnitte möglichst dünn sein, Celloidin schnitte nicht über 15«, Paraffinschnitte nicht über 10 ,u. Letztere werden vor der Färbung more solito auf das Deckglas oder den Objektträger aufgeklebt. Man verfährt folgendermaßen: Der Schnitt wird auf warmes Wasser (höchstens etwa 40'^) geworfen, auf dem er sich ganz glatt ausbreitet, mit einem gut in Alkohol-Aether ent- fetteten Deckglas aufgefischt und oberflächlich mit Fließpapier getrocknet. Dann lässt man den Schnitt antrocknen (24 Stunden bei gewöhnlicher Tem- peratur oder einge Stunden im Brutschrank), entfernt das Paraffin durch Xylol. dieses durch Alkohol und färbt. (Cimmino & Paladino-Blandini^.) Zur Färbung stellt man Paraffinschnitte mehrere Stunden in der Farbtlüssigkeit in den Brutschrank oder kann sie auch ohne Scheu auf offener Flamme mit ZiEHLScher Lösung erwärmen, bis Dämpfe aufsteigen; man wiederholt dies mehrmals, muss sich aber hüten, das Erwärmen soweit zu treiben, dass Blasen aufsteigen. Das Präparat bleibt mit der Farbe einige (2 — 3) Minuten stehen, wird dann im Wasser abgespült und kommt in 33Y3proz. Salpetersäure auf 10 bis 30 Sekunden oder nach Honsell" in 3(— 10)X Salzsäurealkohol; hierauf wird es in 10% Alkohol gewaschen, bis keine Farbe mehr abgeht. Ist das Präparat jetzt noch rot, so muss die Entfärbung wiederholt werden. Wir möchten hier die Mahnung anfügen, nach der Entfärbung recht sorgfältig zu wässern; wir haben die schmerzliche Erfahrung gemacht, dass eine wertvolle Sammlung von Präparaten im Laufe von etwa 10 Jahren die Farbe aus den Bazillen völlig verlor, und so die Frucht von vieler Arbeit vernichtet wurde. Der Grund ist zwar nicht nachzu- weisen, doch liegt es am nächsten, in den Schnitten zurückgebliebene Säure als die Ursache anzusehen. Einen weiteren Grund für das, auch von anderer Seite beklagte Verblassen der Präparate sieht Unna "' ^'' in noch unverharzten Gelen in der Aufhelluugsflüssigkeit und im Balsam und sucht durch Antrocknungsmethode und entölten Balsam diese Miss- stände zu vermeiden. Gegen färb ung geschieht entweder mit basischen Auilinftirben, wässriger Methylenblau- oder MalachitgrUnlösung, oder besser mit Häma- toxylin. Wir ziehen letzteres vor, weil es einmal leichter von den, durch die Säure beeinflussten Geweben angenommen wird, und weil zweitens eine reine Kernfärbimg und somit ein übersichtlicheres Bild resultiert. Mau färbt ^■2 — 'i- Minute in Böhmers Alaunhämatoxylin oder einem ähnlichem Präparat, und wässert mindestens 5 Minuten in ge- wöhnlichem (nicht in destilliertem) Wasser, überführt die Präparate dann in Alkohol, Xylol und schließt sie in Kanadabalsam ein. Für C e 1 1 0 i d i n p r ä p a r a t e gestaltet sich, da sie unaufgeklebt gefärbt w^erden, das Verfahren etwas langwieriger : das Erhitzen auf offener Flamme ist nicht augängig, sondern mau muss im Blockschäleheu 24 Stunden bei gewöhnlicher Temperatur oder mindestens 6 Stunden im Brutschrank Handbucli der patliogeneii Mikroorganismen. II. 7 98 G. Cornet & A. Meyer, färben. Die weitere Behandhmg stimmt mit der der Paraffinsclinitte überein. CiMMiNO imd Paladino-Blandini ^ vereinigen Entfärbimg und Gegen- färbnng zu einem Akt. Die Schnitte wie oben in Ziehl vorbehaudelt und gut ausgewaschen kommen auf 4 Minuten in ein Gemisch von gleichen Teilen Hansens Hämatoxylin und 8 proz. HNO3 > dann 5 Minuten in Brunnenwasser. (Die gelblichen Schnitte Averdeu violett.) Dann in dünne Lithionlösung (Schnitte blau), Alkohol 70^ bis absolut, Xylol, neutraler Balsam. Auch die EuRLiCHSche Methode ist mit Vorteil anwendbar, und zwar ist ihre Handhabung ganz analog der für Deckglaspräparate geschilderten. Als Gegenfarbe kann Lithionkarmin oder auch Vesuvin dienen. Erwähnt seien noch die Methoden von Martin ^ (Färbung mit Krystall- violett, Gegenfärbuug mit Eosin) und Kühnem. Dieser spült die in kaltem Karbolfuchsin 15 — 20 Minuten gefärbten Präparate in Alkohol ab und tiber- trägt sie in konzentrierte Lösung von Malachitgrün in Anilinöl. Je nach der Dicke der Schnitte ist das Fuchsin in 5 — 20 Minuten aus dem Gewebe und den anderen Bakterien ausgezogen, Avährend die Tuberkelbazillen es noch 24 Stunden halten. Die Schnitte kommen dann in Terpentinöl und dieses wird durch Xylol entfernt. EoloffI" kombiniert die WEiGERTsche Fibrinfärbung mit der Färbung auf Tuberkelbazillen, um beide Elemente differenziert hervorzuheben. Die nach Ziehe gefärbten Schnitte werden mit Ebners Flüssigkeit entfärbt, in 70 proz. Alkohol ausgewaschen, mehrere Stunden in essigsaure Vesuvinlösung gelegt, nochmals in Wasser und Alkohol ausgcAvaschen, aufgeklebt und nach Weigert gefärbt. Die Kerne werden braun, die Tuberkelbazillen rot, die anderen Bakte- rien blau. In dem Bestreben, Bau und Veränderungen des die Bazillen um- gebenden Gewebes möglichst scharf und detailliert zu zeichneu, erzielte Dreyers" Methode eine 4 fache Färbung der Schnitte: die Bak- terien werden tief dunkelblau, die Kerne braun bis brauuviolett, Proto- plasma und rote Blutkörper hellgelb, das Bindegewebe rot. Die Methode besteht in einer Kombination der Bazillenfärbuug mit der VAN GiESONSchenBindegewebsfärbung: Färbung in Iproz. wässriger Lösung von Methyl- oder Gentianaviolett im Brutschrank 1/2 — 1 Stunde — Abspülen in Aq. dest. — konzentrierte wässrige Pikrinsäure 3 — 4 Minuten — sorgfältiges Trocknen mit Filtrierpapier — Anilinöl mit 1 proz. Pikrinsäure bis der Schnitt graugelb ist und keine violette Farbe mehr abgiebt — Abspülen in Aqua destillata, bis der Schnitt das Wasser nicht mehr scheut — Färben in Dela- FIELDS Hämatoxylin 5 — 8 Minuten — Spülen in Aqua destillata ca. 5 Min. — Gegenfärben in HANSENscher Lösung (2 — 3 ccm Pikrinsäurefuchsin mit Zusatz von 1 Tropfen 1 proz. Essigsäure) 3 — 5 Minuten. Heben diese Verfahren die Gewebs struktur hervor, so soll das von Unna 12 angegebene und von Delbanco^^ neuerdings wieder em- pfohlene im Gegenteil das histologische Bild einfarbig nur in matten Umrissen sehen lassen, damit sich die Bazillen desto mehr ab- heben. Die Schnitte kommen mehrere Stunden bis 1 Nacht in ZiEHLSche Lösung, werden in 25 proz. Schwefelsäure und 80 proz. Alkohol entfärbt. Nun werden sie auf 5 Minuten in eine 33^ 3 proz. (konzentrierte) Tanninlösung übertragen, Tuberkulose. 99 der soviel Orange oder Wasserblau, als sich löst, zugesetzt ist (von Grübler, Leipzig), dann gründlicli mit destilliertem, neutralen oder leicht angesäuertem Wasser (nicht Brunnenwasser] abgespült. In 80 proz. Alkohol wird das über- schüssige Karbolfuchsiu ausgewaschen, mit Alcohol absolutus entwässert; Xylol, Kanadabalsam. Das Tannin hat den Zweck, das Fuchsin auf die Bazillen zu fixieren. Die so gefärbten Präparate sind auch übersichtlicher und haltbarer und zeigen mehr Bazillen, als die mit basischen Farben gegengefärbten. Litteratur. 1. Nachweis: i Biedert, Berl. klin. Wochenschr., ISSG; 1887, S. 30; 1891, S. 31. — - MiJitLHÄusER, Dtsch. med. Wochenschr., 1891, S. 282. — ^ Stroschein, Mitt. V. Brehmers Heilanst., 1889, S. 285. — * v. Ketel. Arch. f. Hyg., Bd. 15. — 5 Dahmen, Münch. med. Wochenschr., 1891, S. 667. — 6 Ilkewitsch, Centralbl. f. Bakt. Bd. 15, 1894, S. 162. — ' Spengler, Dtsch. med. 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Dorset, New York med. jour., 1899. 4. Febr., 8. 148. — ^o Le Doux, Centralbl. f. Bakt., Bd. 27, 1900, 8. 616. — -'tCowie, New York med. jour., 1900, 8. 16. — -'« Bienstock. Fortschr. d. Med., 1886, Nr. 6. — 2'J Gottstein, ebd.. 1886, Bd. 8. — *' Weyl, Dtsch. med. Wochenschr., 1891, 8. 256. — 3t Hammerschlag, Centralbl. f. inn. Med., 1891, Bd. 12. 8. 9. — 3-' Klebs, Centralbl. f. Bakt., Bd. 20, S. 488, 1896. — 33 Koch, Dtsch. med. Wochenschr., 1897, 8. 209. — :« Borrel. Ann. Inst. Pasteur, t. VII u. YIII. — 35 Aronson, Berl. klin. Wochenschr.. 1898, Nr. 22. Verein f. inn. Med., Berlin, 1902. Ref. Münch. med. Woch., 8. 986. — 3G GiBiER, Centralbl. f Bakt., Bd. 25, 8. 392. 1899; Compt. r. Soc. BioL, 1897. 8. 798. — 37 Helbing, Ver. f. inn. Med., Berlin. 21. V. 1900; Dtsch. med. Woch. Ver.-Beil., 8. 133. — 3s Andrejew, Centralbl. f. Bakt, Bd. 22, S. 593. — 39 8 ATA, ebd.. Bd. 28. — 4o Rosenberger, Jour. of appl. micr. Bd. 6, 1900. — 41 Unna, Deutsch. Med.-Ztg., 1896, Nr. 99. 3. Differentialfärbung: 1 Celli & Guarnieri. Fortschr. d. Med., Bd. 2, 8. 27. — 2 Gaffky. Mitt. d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 2, 8. 12. — 3 Petri, Berl. klin. Wochenschr., 1883. — * Orth, ebd., 1883. — 5 Gottstein, 1. c. — « A. Neisser, Virchows Arch., Bd. 84, S. 526. — " Baumgarten, Monatsh. f. prakt. Denn., Bd. 3, 1884, Nr. 7. — & Marzinow.sky. Centralbl. f. Bakt, Bd. 25, 1899, 8. 762. — 'J Gott- stein. 1. c. — IC Bitter, Virchows Arch., 1886, Bd. 106, 8. 209. - " Laabs, In.- Diss., Freiburg 1894. — 12 Marzinow.ski. Centralbl. f. Bakt, Bd. 28, 1900. — 13 Mendelsohn, Dtsch. med. Wochenschr., 1896, Nr. 17. — " König, cit. n. Bunge & Trantenroth. — i"^ Bunge & Trantenroth, Fortschr. d. Med., Bd. 14, 1898. — 16 Petri, Avb. a. d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 14, 1897. — i" Rabinowitsch, Ztschr. f. Hyg. u. Inf. Bd. 26; Dtsch. med. Wochenschr. 1900. 8. 257. — 1« Moüller, Dtsch. 100 G. Cornet & A. Meyer, med. Wochenschr. 1898, S. 376; Ther. Monatsh., Nov. 1898; Dtsch. Med.-Zt^-, 1898. S. 135; Centralbl. f. Bakt.. Bd. 25, Nr. 11; Ver. f. inn. Med., Berlin, 3. II. 1902. — i'J Zahn, In.-Diss. Tübingen. — 20 A. Fränkel, Berl. klin. Wochenschr., 1898. S. 246 u. 880. — 21 A. Pappenheim, Berl. klin. Wochenschr., 1898, Nr. 37. — 22 JANEWAY, New York acad. of med., 18.1.1900; Med. news, Bd. 76. S. 316. — 23 LuBARSCH, Dtsch. Aerzte-Ztg., 1901. H. 20. — 24 Cima, Arch. Ital. di Otol., Bd. 9, S. 72, 1900. — 25 Lichtenstein. Ztschr. f. Tub., Bd. 3. S. 197, 1902. — 2r. Aoyama & MiYAMOTO, Mitt. d. Univ. Tokio. Bd. 4, Nr. 7. Ref. Centralbl. f. Bakt, Bd. 29. — 2T DiTTRiCH, Berl. klin. Wochenschr.. 1899. S. 189. — 28 Micronescu, Ztschr. f. Hyg., Bd. 37, S. 497. — 29 Grethe. Fortscbr. d. Med.. 1896, Nr. 9. — 30 ß. Fränkel, [. c. — 31 Weigert, Dtsch. med. Wochenschr.. 1885, S. 599. — 3-2 Hon.sell. Arb. a. d. path. Inst, Tübingen (Baumgarten), Bd. 2, S. 317. — 33 Alvarez & Tavel. Arch. d. Phys., 1885, S. 303. — 34 G. Klemperer, Dtsch. med. Wochenschr.. 1885. S. 809. — 35 Hauser, Compt. r. Sog. Biol., 1898. S. 1003. — sc Weichselbau.m. cit. nach Grethe 2'J. — 37 Kayserling, Ztsch. f. Tub.. Bd. 3, H. 1. — 3S Lichten- stein, ebd., Bd. 3, H. 3, 1902. 4. Schnittfärbung: 1 Borrel. Ann. de Tlnst Pasteur. t 7, S. 600ff. — 2 D'ARUKto & Stampacchia, Centralbl. f. Bakt.. Bd. 23, 1898, S. 123. — 3 Pacinotti, Gaz. d. osped., 1892. S. 726; Centralbl. f. Bakt., Bd. 14, S. 292. — 4 Letulle, Gaz. hebdom., 1892. Nr. 22; Centralbl. f. Bakt Bd. 12, S. 441. —5 Cimmino e Paladino- Blandini, Ann. d'Ig. sperim., Bd. 10, S. 203. — '■ Honsell, Arb. a. d. path. Inst, Tübingen. Bd. 2, S. 317. — ' Unna, Leprastudien, 1886. — !^ Martin. Ann. Inst. Pasteur. 1889, S. 160. Centralbl. f. Bakt, Bd. 5, S. 843. — '■' Kühne, Centralbl. f. Bakt., Bd. 11, S. 757. — ^ Roloff, Arb. a. d. path.-anat. Inst.. Tübingen (Baum- garten), Bd. 2, 189G, S. 261; Centralbl. f. Bakt.. Bd. 21. S. 749. — n Dreyer, Centralbl. f Bakt, Bd. 27, S. 534, 19;t0. — 12 Unna. Monatsh. f. prakt. Derm.. Bd. 25. 1895. — i» Delbanco, Dtsch. Med.-Ztg., 1899, S. 1. IV. Züclitung des Tuberkelbacillus. Seriimkiiltur. Die Kultivierung des Tuberkelbacillus stieß uament- lich anfangs auf ganz erbebliche Schwierigkeiten. Die meisten künst- lichen Nährböden erwiesen sich als ungeeignet. Erst auf erstarrtem Blutserum und bei Bruttemperatur gelang Koch die Kultur. Den Tuberkelbacillus aus einem Gemisch von Bakterien vermittels des ge- wöhnlichen Plattenverfahrens zu isolieren, erwies sich als unmöglicli, da er zu langsam wächst und von anderen Bakterien bereits überwuchert ist, wenn er sichtbare Kokmieeu zeitigi. Man musste darum als Aus- gangsmaterial solche Krankheitsprodukte nehmen, in denen der spezi- fische Erreger sich möglichst isoliert findet, nämlich miliare Tuberkel von möglichst frischen Leichen, am besten von eben getöteten Versuclis- tieren. Die Reinkultivierung der Tuberkelbaziilen gelingt ferner aus geschlossenen Kavernen und sogar, falls keine Mischiufektion vorliegt, aus Sputum; in letzterem Fall nach einer speziellen Methode Kochs: Kultur aus Sputum. Das Sputum, natürlich nur aus der Tiefe kommendes Sekret, wird zu diesem Zwecke mehrere Male, mindestens 10 mal, mit sterili- siertem "Wasser gewaschen und so von dem aus den oberen Luftwegen stammenden bakterienhaltigen Schleim befreit. Aus seiner Mitte wird ein Flöckchen zur mikroskopischen Untersuchung herausgerissen. Ueberzeugt man sich, dass nur Tuberkelbazillen, keine anderen Bakterien vorhanden sind, so wird ein zweites, ebenfalls der Mitte entnommenes Flöckchen auf den betreffenden Nährboden gebracht. Aus Sputum gewonnene Kolonieen unterscheiden sich von den aus Organteilen gezüchteten anliings durcli feuclite, glänzende und glatte Beschaffenheit (Kitasato^), die ihren Grund (nach Ficker^) in der An- wesenheit von Schleim hat und bei der Weiterzüchtung verloren gelit. Tuberkulose. 101 Gewebsstücke, die zur Aussaat benutzt werden sollen, müssen vorher zwischen sterilen Objektträgern oder Skalpellen zerquetscht werden. Das Impfmaterial (Sputum oder Organteile) wird unter aseptischen Kautelen mit kräftigem Platinspatel in den Nährboden eingerieben. Die Serumkulturen, in der beschriebenen Weise geimpft und bei 37° im Thermostaten gehalten, zeichnen sich vor allen bekannten Bak- terien durch die Langsamkeit ihrer Entwicklung aus. Kaum, dass sich am 4.-5. Tage mit der Lupe einige feinste mattweiße Punkte erkennen lassen; diese vergrößern sich und bilden nach 8—14 Tagen kleine glanzlose Schuppen. Mikroskopische Untersuchung in diesem Stadium zeigt uns bei schwacher Vergrößerung am Rande S-förmig- gewundene, si)itz auslaufende Zöpfe, die, -wie das gefärbte Präparat l)eweist, aus lauter langen fadenähnlichen Bazillenreihen zusannnengesetzt sind. Schmale helle Zwischenräume zwischen den einzelnen Individuen sind wohl als Kittsubstanz zu betrachten (Koch). Die Schuppen konfluieren dann und überziehen schließlich nach ca. 4 Wochen die ganze Seruinoljerfläche als matter Belag. Am Kondeus- wasser angelangt zieht sich die Kultur als dünne Haut brockenartig über dasselbe, und schiebt sich an der gegenüberliegenden Glaswand noch etwas in die Höhe. Die Kultur lässt sich besonders bei fester Beschaffen- heit des Nährbodens in ziendich umfangreichen Schollen glatt abheben, das Serum wird durch den Tuberkelbacillus nicht verflüssigt. Glycerinnährböden. Die Schwierigkeit, immer keimfreies Serum zu beschaffen, der große Aufwand von Zeit, den die Anfertigung von Serumkulturen beansprucht, hemmte in hohem Grade ein eingehendes Studium des Tuberkelbacillus. Doch hat sich glücklicherweise immer mehr gezeigt, dass der Bacillus keineswegs so anspruchsvoll in Bezug anf seinen Nährboden ist, wie man in der ersten Zeit glaubte. Den ersten und praktisch wichtigsten Schritt in der Vereinfachung des Kulturmediums und der Erleichterung des Studiums bedeutet die Entdeckung von Nocard & Eoux^, dass ein Zusatz von Glyceriu imstande ist, die Bouillon und den Bouillouagar zu einem vorzüglichen Nährsubstrat für Tuberkelbazillen zu macheu. Auf welcher Eigenschaft des Glycerins diese Fähigkeit beruht, ist nicht ganz sicher; Nocard & Roux schreiben sie der Hygroskopizität zu, doch kann Glycerin eher als Kohlenstofflieferant für die Bazillen gelten, da die ein- zigen Stoffe, welche es zur Not ersetzen können, nach Proskauer & Beck^ Lävulose und Stärkelösuug- sind. V. LiNGELSHEiM^ vermutet den günstigen Einfluss des Glycerinzusatzes darin, dass dieses bei großer Penetrationsfähigkeit rasch das osmotische Gleich- gewicht herstellt, was besondei'S bei den an osmotisch unwirksamem Materiale (Fett, Wachs) reichen Tuberkelbazillen notwendig ist. Die Menge des Glycerinzusatzes beträgt am besten ca. 2 — 5^, doch genügen allenfalls schon l,b % . Durch allmähliche Umzüchtung kann man die Bazillen an völlig glycerinfreies Wachstum gewöhnen. G 1 y c e r i u a g a r. Der G 1 y c e r i n - A g a r n ä h r b o d e n wird hergestellt, indem man lOÖO gr Kalbs- ' oder Rindfleischwasser oder Fleischextrakt (10 : 1000) mit 10 gr Pepton, 12 gr Agar, 5,0 Na Ol und 30—50 gr Gly- cerin kocht. Ein Mehrzusatz von Pepton verschlechtert nach Kresling'^' den Nähr- boden, sobald er 3^ übersteigt. — Gegen den üblichen Salzgehalt von 0,5^ 102 G. Cornet & A. Meyer, hat ueuerdiugs v. Lingelsheim^ Bedenken geäußert, da die patliogeuen Bak- terien im Körpergewebe gewiss unter niedrigem osmotischen Drucke stehen, und daher Bakterien wie die fett- und wachsreichen Tuberkelbazillen, die ihren Turgor nicht durch schnelle Produktion wirksamer Stoffe steigern können, geschädigt werden. Glyceriukulturen wachsen schneller und namentlich üppig-er als Serumknlturen. Schon nach wenigen Tagen bilden sich krümelig-e, un- regelmäßig geformte, glanzlose oder mattgläuzende, weißgelbliche, trockene Schollen. Diese wachsen zu ziemlich dicken Körnern oder Warzen, oft von einem schuppenartigen Hofe umgeben. Durch Konfiuenz entsteht eine dicke, zusannnenhängeude Meml)ran. Mit zunehmenden Alter nimmt diese mehr eine gelbe bis gelbbräunliche oder rötliche Färbung an und wirft durch intermediäres Flächenwachstum Falten, die sich von der Unterlage abheben (Coppent-Joxes ^), analog ungefähr der Faltenbilduug der Hirnrinde. Zugleich entstellt ein eigentümlicher aromatisch -muffiger Geruch, der an Obst erinnert. Bei reichlicher Aussaat sind die Vegetationen besonders üppig und dick. Der mikroskopische Bau der Glycerinkulturen ist ähnlich wie der der Serumkulturen. Senkrechte Schnitte (durch eine in Paraffin eingebettete Glyceriu- agarkultur) zeigen, dass dieselbe aus parallelen, aus der Tiefe auf- steigenden Fäden besteht, die erst nahe der Oberfläche umbiegen, um mit dieser parallel zu verlaufen (in den l)eschriebenen schleifenförmigen Figuren). In der Tiefe hören die Fäden fast alle im gleichen Niveau auf, und nur dicht unter demselben finden sich noch vereinzelte Bazillen COPPEX-JOXES). Ein Verfahren das die Vorteile der Serum- und Agarknlturen vereinigen soll, haben kürzlich Bezax^on & Griffox* augegeben. Sie fangen Blut aus der Carotis von Kaninchen direkt in ßöhrchen auf, welche mit Gh'cerinagar (6 % Glycerin , 2 % Agar) beschickt sind , und mischen Blut und den im Wasserbade flüssig gehaltenen Agar durch öfteres Schräghalten der Röhre, ohne sie jedoch zu schütteln. Nach der Erstarrung werden die Röhrchen ge- impft. Nach 6 Tagen sind die Kolonieen sichtbar. Nach 15 Tagen ist die ganze Oberfläche mit krümeligen, chokoladefarbenen, hervorragenden und zu- sammenhängenden Massen bedeckt. Verif. empfehlen ihren Nährboden nament- lich zum Nachweis spärlicher Bazillen (z. B. in serösen Exudaten). Bouillon. Will man größere Mengen von Reinkulturen gewinnen, so bedient man sich der flüssigen Nährböden, in erster Linie der Bouillon — (nach Boxhoff^ am besten der Kalbslungenbouillon) — mit Zusatz von \% Glycerin. Ihre Zusammensetzung ist der des Agar- u ä h r b 0 d e n s analog. Man füllt die Bouillon in weite Glasballons mit möglichst großer Bodeufläche (ERLEXMEYERsche Kolben und ähnliche] und impft sie mit einem Kulturpartikelchen. Es ist sorgfältig darauf zu achten, dass das zur Aussaat dienende Bröckchen nicht untertaucht, sondern oben schwimmt, weil die Tuberkelbazillen ein großes Sauer Stoffbedürfnis zeigen und sich daher in der Tiefe der Bouillon nicht genügend entwickeln. So konnte Saxder in zugeschmolzenen Kulturröhrcheu das Wachstum bis zu einem gewissen Punkte fortschreiten und dann sistieren sehen; brach er das Röhrchen auf und schmolz es dann wieder zu, so erfolgte durch den Zutritt eines bestimmten Luftquantums ein neuer Entwicklungsschul). Tuberkulose. 103 Auf der richtig g-eimpften Bouillon zeigen sich als erstes Stadium der Entwicklung nach wenigen Tagen (Marmoreki^) rings um das Kultur- bröckelchen zarte radiäre Ausläufer, die sich untereinander ver- binden und eine dünne, durchsichtige Membran bilden, die un- gefähr wie die Cholestearinschicht aussieht, die sich auf Blutserum bei längerem Stehen ausscheidet. Diese Membran, aus noch fettarmen jungen Bazillen bestehend, nimmt erst mit der Zeit das gewohnte Aussehen an und nach 2 — 3 Wochen findet man eine dicke, trockene, zum Teil runzelige Haut, die die ganze Oberfläche eiunimmt und sogar an der Glaswand sich emporschiebt, später aber, von Flüssigkeit benetzt, streckenweise zu Boden fällt. Die Ernte einer solchen Kultur ist wesent- lich reicher als auf festem Nährboden. Die Reaktion der Bouillon ist für das Wachstum keineswegs gleichgiltig. Während man ihr früher allgemein einen leichten Grad von Alkaleszeuz verlieh, hat sich bei systematischen Nachforschungen (Sander 10, FiCKER 2, Jochmann 12) herausgestellt, dass die ursprüngliche saure Eeaktion dem Wachstum entschieden förderlicher ist als neutrale oder alkalische. Hesses Nährböden. Einem wesentlich anderen Zwecke als die erwälmtf^u dient das von Hesse i3 angegebene Verfahren der beschleu- nigten Züchtung der Bazillen aus Sputum, das auf der Anwendung des Heyden sehen Nährstoffs beruht. Das Nährmedium soll die Ent- wicklung anderer Bazillen hemmen und die möglichst schnelle (mikro- skopische) Erkennung der ersten Wachstumsvorgäuge des Tuberkel- bacillus erlauben. Der Nährboden ist folgendermaßen zusammengesetzt: Nährstoff Heyden 10,0 Natr. chlor. 5,0 Glycerin 30,0 \r. n. fnach Jochmann 20,0, °' ' um ihn festzumachen) Normallösung von krystallisierter Soda (28,6^) 5 com Aqua destill. 1000,0 Die Verwendung von Fleischbrühe statt des Wassers widerrät Hesse, da sie dem Tuberkelbacillus keine wesentlichen Vorteile bietet, dagegen die Ueberwucherung durch andere Bakterien erleichtert. Je 20 com des filtrierten Nährbodens Averden in Petrischalen ausgegossen, und diese nach dem Er- starren umgekehrt (Nährböden nach nuten) und in dieser Stellung bewahrt. Dem ganz frischen Auswurf entnimmt man (ohne weiteres Waschen) ein etwa linsengroßes Stück eitrigen Schleimes, und zieht dieses auf der Nähr- bodenoberfläche kreisförmig aus und verteilt von diesem Kreise aus weiter, so dass etwa 20 — 30 kleine gesonderte Flöckchen auf der Schale liegen. Klatschpräparate werden angefertigt, indem man ein sterilisiertes Deckglas auf der Mündung eines Reagenzglases von unten gegen ein Sputumflöckchen andrückt und dasselbe mit einer Platinöse bei schräggehaltener Schale vom unteren Rande her abhebt. Bleibt kein Flöckchen am Deckglase haften, so berührt man letzteres mit erwärmtem Glasstab, um den Agar an der betr. Stelle zu schmelzen. Durch dieses Verfahren kann man oft Reinkulturen erzielen und zeigen sich nach 4—5 Tagen Kolouieeu mit der charakteristischen Schleifen- und Zopfbildung" Weit wichtiger aber ist der Erfolg bei 104 <^- Cornet & A. Meyer, Gegenwart schnell wachsender Bakterien: Ehe diese überhandnehmen, ist schon nach 5 — 6 Stunden Vermehrung- der Tuberkelbazillen nachweisbar, indem man dieselben in paralleler Anordnung hinter- und nebeneinander gelagert antrifft. Deutlicher erkennbar wird die Bildung kleinster Kolonieen nach Yo — 1 Tag. Die Züchtung nach Hesse wirkt somit als Anreicherungsverfahren. Auch die Nachprüfungen von Römer i^, Ficker ^, Sondern i^, Bronstein ^ö, Jochmann 1', C. Fränkel i* , Gäthgens^» u.a. bestätigen diese Resul- tate, wollen aber zum Teile mehr dem mitgeführten Schleime als dem Nährstoif Heyden das beschleunigte Wachstum zuschreiben. Eine Modifikation dieses Anreicherungsverfahreus hat Jochmann angegeben. Man bringt 10 gr möglichst speichelfreies Sputum oder Urinzentrifugat mit 20 gr Heydenbouillon (Nährstoff Heyden 5 gr, Koch- salz 5,0, Glycerin 30, Normallösung von Krystallsoda [28,6 : 100] 5,0, destilliertes Wasser 1000) in Petrischalen in den Brutschrank und kann nach 24 Stunden Anreicherung den Tuberkelbacillus feststellen, indem man 3 com Karbolsäure zusetzt, schüttelt und sedimentiert. Vegetabilische Nährböden. Auch pflanzliche Nährböden, vor allem feste, saftreiche Kartoffeln und Kartoffelbrühe bewiesen sich für Hühner- (PawlowskiI'^) und Säugetiertuberkulose (Sander ^^^ Toma- SCZEWSKY20, Ficker2, LuBiNSKi^i) als ergiebiges Substrat, allerdings wechselnd nach den Kartoffelsorten. Begünstigt wird das Wachstum durch Glycerinzusatz, Luftzutritt und geringen (natürlichen) Säuregehalt. Auch Mohrrüben, Kohlrabi, weißer Sommerrettig und Makkaroni ge- statteten, wenn auch geringere Entwicklung (Sander). Die auf pflanz- lichen Nährböden gezüchteten Bazillen zeigen anscheinend geringere Virulenz. Nährstoffbedürfnis. Nachdem erwiesen war, dass die Bazillen durchaus keine so großen Ansprüche an ihren Nährboden stellen, wie man geglaubt, trat man der Frage näher, welcher Nährstoffe sie mindestens zum Wachstum bedürften. Da ergab sich zunächst, dass sie auch auf eiweiß- und pep ton freiem Nährboden gedeihen, dass die Fleisch- bouillon, oder an ihrer Statt Fleischextrakt, nicht durch ihre organischen Stoffe das Wachstum befördern, sondern durch ihre Asche, und dass sie durch diese, oder eine analog kombinierte Mischung, vollkommen ersetzt werden können (Kühne 22). Die der Fleischextraktasche nachgebildete Mischung bestand aus: 16,0 NaCl, 3,5 krystallisiertem Magnesiumsulfat, 1,5 gebranntem Gips, 2,5 gebrannter Magnesia, 62,13 trockener Pottasche, 7,35 Soda, 6,20 Ferrum reductum, 95,0 Phosphorsäure von 1,3 spez. Gewicht, 50 — 60 Milchsäure von 1,2 spez. Gewicht; das Ganze aufgekocht mit 600 ccm Wasser, entsprach in 12 ccm = 10 gr Fleischextrakt. Dies setzt er zu der (weiter unten angegebenen) Mischung organischer Nähr- substanzen. Nach Proskaüer & Beck^ genügen schon ein Alkaliphosphat, ein Magnesiumsalz und etwas Sulfat als Aschenbestandteile der Nährlösung. Das Glycerin erwies sich als fast unersetzlich, da es die Aus- nutzung anderer Stoffe, des Glykokoll, Leucin, Asparagiu und Kohle- hydrates (Proskauer-Beck) sowie organischer Säuren (Maassen2-*) ver- mittelt. Am ehesten kann Glycerin noch durch Stärke oder Fruchtzucker substituiert werden. Tuberkulose. 105 Eiweiß freie Nährböden. Das bei der Tuberkulinbereituug ge- brauchte WiTTESche Pepton 'richtiger Album osegemisch) konnte leicht durch jede einzelne chemisch reine Album ose oder Pepton ersetzt werden: Kühne 22 gii^o- indes noch einen Schritt weiter und ließ alle Proteinsubstanzen aus der Xährlösung weg, indem er sie durch einige chemisch wohl definierte Zersetzungsprodukte ersetzte: 4,0 Leucin, 2,0 schleimsaures Ammon, 1,0 Tyrosiu, 0,5 Taurin, 2,0 Asparagin, 40,0 Glycerin, 5,0 Na Gl, 12 ccm der beschriebenen Aschelösung in 1 1 Wasser. vSowohl auf diesem Nährboden wie auf den von Usciiinski^^, C. Fränkel25 |^ii(J j)j^ Schweinitz26 angegebenen gediehen die Kulturen schnell und üppig. Doch sind selbst diese Substanzen nicht alle not- wendig (Pkoskauer & Beck). Von organischen Substanzen genügte neben Glycerin schon die Anwesenheit einer Amidosäure (Leucin, Alaniu, Glykokoll oder Asparagin) in der Menge von mindestens 0^2 % . Die Bazillen brauchen, um ihren eiweißhaltigen Körper aufzubauen, gelösten Stickstoff, können diesen aber auch in anorganischer Form assimilieren, wenn nur ein C-Träger, etwa Traubenzucker oder Zitron- säure, daneben vorhanden ist. Die einfachste, last nur anorganische Stofte enthaltende Zusammensetzung, die noch Bazillenwachstum ermög- licht, ist nach Proskauer & Beck folgende: Animoniumkarbonat 0,35 % Monokaliumphosphat 0,15 » Magnesiasulfat 0,25 » Glycerin 1,5 » Auf eiweißfreier Nährlösung wachsen die Bazillen nach Schu- MOWSKY27 etwas langsamer als auf Bouillon. Ihre Kulturen sind weniger fest zusammenhängend, ihre Körpersubstanz ärmer an Eiweiß und Fett, reicher an Cellulose. Von erheblichem Vorteil sind proteinfreie Nährböden für die reine Her- stellung der wirksamen im Tuberkulin (der filtrierten Kulturflüssigkeit) ent- haltenen Substanz (Kühne), da dieselbe von den eiweißartigen Stoffen sich chemisch nicht trennen lässt. Sputum-, Gehirn- und Lecithin-Nährböden. Erwähnt seien noch einige Nährsubstrate, welche indes bisher keine große praktische Bedeutung gewonnen haben. Makpmann^^ bekam gutes Wachstum auf einer Abkochung von Eoh- Lecithin. — Ficker^ und Römerin beobach- teten beide eine wesentlich begünstigende Wirkung der Gegenwart von Schleim, auf welche die größere Wachstumsgeschwindigkeit indirekt aus Sputum gezüchteter Kulturen zurückzuführen ist. Besonders günstig gestaltete sich dementsprechend das Wachstum auf Agar oder Serum, das mit sterilisiertem Sputum versetzt war. Auch im Dampf gehärtete Gehirn schnitte, sowie Gemische von saurer »Hirnkolatur« mit Glyceriu-Agar oder -Serum ergiebt einen vor- trefflichen Nährboden (Ficker, v. Hibler^ö). Cantani verwendete auch Sperma und Hodensaft des Eindes als Nährsubstrat. 106 ^- Cornet & A. Meyer, Litteratur. 1 KiTASATO, Ztschr. f. Hyg., 1892, Bd. 11. — -' Ficker, Centralbl. f. Bakt., Bd. 27, 1900, S. 504. — 3 Nocard & Roux, Ann. Inst. Pasteur, t. 1, 1887, S. 19. — 4 Proskaiter & Beck, Ztschr. f. Hyg., Bd. 18, S. 128, 1894. — j v. Lingelsheim, ebd., Bd. 37, S. 136. — ^' Kresling, Dtsch. med. Wochenschr.. 1898, Lit.-B., S. 50. — 7 COPPEN-JONES, Centralbl. f. Bakt, Bd. 17, 1895. — « BszANgoN & Griffox, Ber. ü. d. Kongr. z. Bek. d. Tub., Berlin 1899, S. 627. — o BoiNhoff, Hyg. Rundsch., 1892, S. 1009. — 10 Sander, Arch. f. Hyg., Bd. 16, 1893, S. 238. — u Marmorek, XIII. Int. Kongr.; Ztschr. f. Tub.. Bd. 1. H. 444, 1900. — 12 Jochmann, Hyg. Rundsch., 1900, S. 969; 1901, S. 1. — i3 Hesse, Ztschr. f. Hyg., Bd. 31. S. 502; Kongr. z. Bek. d. Tub., Berlin 1899. S. 239; Centralbl. f. Bakt.. Bd. 28, S. 255, 1900. — i* Römer. Centralbl. f. Bakt., Bd. 27, S. 705. — i5 Sondern, Med. Rekord, 1900, Nr. 11. — 1« Bronstein, Ztschr. f. Tub., Bd. 1, S. 71, 1900. — i' Jochmann, Münch. med. Wochenschr., 1900, S. 782. — 1« C. Fränkel, Hyg. Rundsch., 1900, Nr. 13. — 19 Pawlowsky, Ann. Inst. Pasteur, 1888, S. 303. — -o Tomaszewski, Inaug.-Diss., Halle 1898; Ztschr. f. Hyg., Bd. 32, S. 246. — 21 Lubinski, Centralbl. f. Bakt., Bd. 18, S. 125. — 22 Kühne, Ztschr. f. Biol., Bd. 29, S. 24 u. Bd. 30, S. 221. — 23 Maassen, Arb. a. d. Kaiserl. Ges.-Amt, Bd. 12, S. 340. — 24 Uschinski, Centralbl. f. Bakt., Bd. 14, Nr. 16. — 25 c. Fränkel, Hyg. Rundsch., 1894, S. 769. — 26 De Schweinitz, New York med. journ., Bd. 3, 1893. — 27 Schumowsky, Ref. Centralbl. f. Bakt., Bd. 26, S. 155 u. Bd. 23, S. 838. — 28 Gähtgens, Ztschr. f. Tub., Bd. 1, S. 409. — 20 Marpmann, Centralbl. f. Bakt., Bd. 22, S. 582. — 3o y. Hibler, ebd., Bd. 25, S. 602. — 3i Menzi, Ztschr. f. Hyg., Bd. 39, 1902. V. Biologie, Lebensdauer und Verhalten gegen äufsere Einflüsse. Der Tubcrkelbacillus ist unbeweglich. Die scheinbare Beweglich- keit bei der ÄRLOiNG-CouEMONTSchen ^ Serumdiaguose beruht wohl nur auf einer außerordentlich gesteigerten Molekularbewegung (C. Fränkel 2). Der Tuberkelbacillus hat ausgesprochenes Sauerstoffbedürfnis. Be- ständige Lüftung der Kulturen übt (nach den Versuchen von Sander -^ Obici^ u. a.) einen günstigen Eiufluss auf das Wachstum aus, währeud der Bacillus von Kulturflüssigkeit bedeckt so gut wie gar nicht wächst. Die Züchtung des Tuberkelbacillus hat uns gezeigt, dass er zwar keinen besonders komplizierten Nährboden verlangt, aber doch ganz bestimmte Anforderungen an seine Umgebung stellt, wenn er sich entwickelu und vermehren soll. Wir sahen, dass außer Serum fast nur glyceriiihaltige Gemische zur Züchtung verwendbar sind und wie schwer ersetzbar das Glycerin in dem Nährsubstrat ist. Weit empfindlicher noch sind die Kulturen gegen Schwankungen in der Temperatur. Das Optimum liegt bei'^S? — 38°; über 42" und unter 30" hört die Ent- wickelung völlig auf Die Angaben französischer Forscher aus den 80 er Jahren, die über Züchtung bei 43 — 44° berichteten, bezogen sich stets auf den Bacillus der Hühnertuberkulose, der etwas weitere Tempe- raturgrenzen verträgt. Es erhellt somit, dass die Vermehrung des Ba- cillus unter natürlichen Verhältnissen durchaus an den Organis- mus des Warmblüters gebunden ist, der Tuberkelbacillus also ein obligater Parasit ist. Dieser allgemein angenommenen These widersprechen Beobachtungen von Ferran^, der in seinem »Bac. spermigenus« eine sapropliy tische, bewegliche, bei niedriger Temperatur wachsende Variation des Tuberkuloseerregers ge- funden haben wollte. Zupnik" wies ihm jedoch nach, dass er nicht mit Reinkulturen gearbeitet haben kann. — Auch Schumowski^ will bewegliche Bazillen gesehen haben. Tuberkulose. 107 Ungefälir das g-leiche Schicksal hatten Bataillon & Terre*. DuBARD 9 und MoELLER 1", dic durch Verimpfimg- auf Frösche und Fische, bezw. auf Blindschleichen eine ähnliche Modifikation des Bacillus erzielt zu hal)en glaubten. Vielfache Untersuchungen über den Eifekt solcher Impfungen auf Kaltblüter (Auche & Hobbs^^, Siox^^^ Lubarschi-^ Herr^^ 11. a.) zeigten, dass der Kaltblüterorganismus sich refraktär ver- hält, die Bazillen aber, bis sie langsam zu Grunde gehen, ihre biologische Eigenschaft behalten. Sind mm der Entwicklung des Bacillus enge Grenzen gezogen, so dass sie außerlialb des Körpers nicht vor sich gehen kann, so ist die Lebens Zähigkeit der Bazillen dagegen weit größer als die der meisten anderen pathogenen Bakterien. Jedoch ist die Lebeuszähigkeit des KocHSchen Bacillus auch wieder überschätzt worden; sie hat ihre Grenzen und erreicht lange nicht die von sporenbildenden Bakterien. Serumkulturen sind meist nach 5 — 6 Monaten und sieher nach 8 — 12 abgestorben, GljTeriuagarkulturen oft schon nach 2 — 3 Monaten steril. Haltbarer ist Hühner tuberkulöse, deren Kulturen selbst 2 Jahre lang entwicklungsfähig und virulent bleiben (Maffücci). Von großer Wichtigkeit für die Verbreitungs weise der Tuberkulose ist das Verhalten der Bazillen im Sputum. Wird dasselbe (oder tuber- kulöse Orgaue) feucht gehalten, so ist der am meisten auf die Bazillen wirkende Faktor die Fäulnis, die Konkurrenz anderer Bakterien. Diese vernichtet sie in relativ kurzer Zeit. Schill & Fischer ^^ fanden gefaultes Sputum noch nach 6 Wochen in- fektionstüchtig, DE Toma dagegen die Virulenz schon nach 10 — 11 Tagen erloschen. In Wasser hält sieh nach Sormani^^ tuberkulöses Sputum über 10 Monate, kranke Organteile (von Rindern) nach Galtier 2" 8 Tage bis 2 Monate. Kulturen waren in sterilisiertem Seinewasser (Chantemesse & Widal^I) nach 50 — 70 Tagen noch prodnktionsfähig, hatten aber ihre Virulenz ein- gebüßt. In einer Beobachtung von Hangers war nach 17 Monate langer Fäulnis keine Virulenz, wohl aber auch nur Trümmer von Bazillen vor- handen. Nach den neuesten Untersuchungen von Moeller^:^ und Musehold 2+ zeigt sich, dass die Fäulnis doch nicht unter allen Verhältnissen diesen rasch deletären Einfluss ausübt. Auf Kieselfeldern einer Lungenheil- stätte, sowie in Kanaljauche konnte monatelange Kesistenz konstatiert werden. Vertrocknen. In der Praxis wird das Sputum, sofern es eine In- fektionsquelle wird, gewöhnlich eintrocknen, sei es, dass der Kranke es achtlos auf den Boden, oder nach verbreiteter Unsitte ins Taschen- tuch entleert hat. Das Eintrocknen an sich scheinen die Bazillen nun sehr lauge zu ertragen. Den Grund für diese Resistenz sah Koch in der Sporen- bildung, während man heute mehr geneigt ist, sie der Fett- und Cellulose- hülle zuzuschreiben. Die Resistenz ist natürlich größer, je mehr der getrocknete Sputumballen im Zusammenhang bleibt, geringer, wenn er fein verteilt wird und deshalb zu einer vollkommeneren Vertrocknung kommt. Dieser Umstand sowie andere Faktoren (verschiedene Temperatur, Belichtung u. s.w.) sind schuld daran, dass die Angaben der Autoren nicht ganz übereinstimmen. 108 G- Cornet & A. Meyer, ViLLEMiN fand getrocknetes Sputum nach mehreren Wochen, Koch nach 4 — 8 Wochen virulent; Schill & Fischer ^^ getrocknetes Sputum nach 95 Tagen noch virulent, nach 179 Tagen abgestorben, ein andermal nach 186 Tagen zum Teil, nach 7 Monaten gänzlich abgestorben, de Toma^s getrocknetes Sputum bis zum 10. Monat virulent. SormaniI» Sputum auf Glas und Tuch nach 2 Monaten virulent, nach 4 und G Monaten abgestorben. Sawitzki 26 getrocknetes Sputum nach 2^2 Monaten nicht mehr virulent. MaffucciI'^ Kulturen an Seidenfädeu getrocknet nach 1 Monat infektions- tüchtig, nach 2^3 Monaten nicht mehr. Cadeac & Malet 27 zerrieben ge- trocknete tuberkulöse Lunge zu Pulver; uach 43 Tagen infizierte sie noch, nach 102 Tagen nicht mehr; ein im ganzen erst gefaultes, dann getrocknetes Stück war erst nach 150 Tagen nicht mehr infektiös. Galtier 2tJ ließ verschiedene Krankheitsprodukte 15 — 38 Tage trocknen und fand sie noch infektiös. Malassez & Vk4NAl28 abwechselnd getrocknetes und befeuchtetes Sputum noch nach 12 Tagen. Unwahrscheinlich ist Stoxes29 Angabe, in 3 Jahre lang trocken gehaltenem Sputum nur herabgesetzte Virulenz gefunden zu haben, da sie allen anderen Erfahrungen widerspricht. Im Mittel kann man nach den genannten Untersuchungen etwa 3 Monate als Lebensdauer der Bazillen in getrocknetem Sputum an- nehmen. B e 1 i c h t u n g. Beschränkt wird ihre Lebensdauer außer der Trocken- heit in erster Reihe durch das Licht. Dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt gehen nach Koch Bazillen in einigen Minuten bis Stunden zu Grunde, je nach der Dicke der Schicht, während im diffusen Tages- licht 5 — 7 Tage genügten, um Kulturen zum Absterben zu bringen. Auch Straus33 bestätigt, dass reichlich entwickelte Glycerin-Bouillon- kulturen, 2 Stunden dem Sonnenlicht exponiert, abgestorben waren. Bazillen, die daneben in dünner Schicht auf Deckgläschen angetrocknet standen, erwiesen sich schon nach 1/2 Stunde als nicht mehr entwick- lungsfähig. Dagegen fand Migneco ^^ Sputum, das auf Wolle und Leinwand an- getrocknet, der vollen sicilianischen Sonne ausgesetzt war, nach 10—15 Stunden Bestrahlung erst abgeschwächt, erst nach 20 — 30 völlig abge- tötet. Die desinfizierende Kraft des Lichtes auf die Tuberkelbazillen wurde auch von Delepixe & Raxsoaie''^ bestätigt. Bei De Rexzi^" gingen der Sonne ausgesetzte infizierte Meerschweinchen in Glaskästen später (nach durchschnittlich 57 Tagen) zu Grunde, » ove entra il sole non entra il medico.« Siehe noch Jousset^s, Lucibello=^9^ Mitchell & Crouch^^. Bekanntlich entfalten auch die Röntgenstrahlen eine intensive baktericide Wirkung. Nach Rieder ^^ töten sie bei Entfernung von 10 cm in Flüssigkeiten suspendierte Bakterien bei einstündiger Ein- wirkung sicher ab, Avährend Tuberkulose-Kulturen nach dieser Zeit ab- geschwächt sind. Die große Resistenz der Bazillen gegen Kälte Wirkung zeigen Galtiers 2'> Versuche, nach denen dieselben Frost von 3 — 8°, abwechselnd mit höheren Temperaturen ertrugen. Auch Versuche von Cornet ^^ hatten das Ergebnis, dass Sputum, auf Asphalt eingetrocknet, bei niedriger Außentemperatur, die oft bis 10" betrug, und unter einer Schneedecke seine Virulenz 6 Wochen lang bewahrte. Aehnliche Resultate erzielte Eichhorn ^'^. Im Erdboden vergraben, behielten Bazillen in Leichenteilen ihre Virulenz nach Galtier20 23 Tage, nach Cadeac & Malet27 167 Tage; nach Tuberkulose. 109 Petri-*^ im Ziuksarg 3 Monate 6 Tage, im Holzsarg 1 Mouat 5 Tage; später vorgenommeue Impfung hatte negatives Ergebnis. Klein ^^ f.^ii,j 7 — 10 Wochen beerdigt gewesene Tierleichen niemals infektiös. Hitze. Wir kommen nun zu den Einwirkungen, welche zur künst- lichen Abtötung' der Bazillen benutzt werden, unter denen den ersten Rang die hohen Temperaturen einnehmen. Von den zahlreichen auf ihre Wirksamkeit bezüglichen Arbeiten (Sormanii^, Yersix, Forster, Bonhoff ^1, Grancher tN: Ledoux-Lebard^^ de Man ^3, Beck^^ Morgen- roth ^^^ Smith 5^, Barthel & Stenström ■^*, Gottstein & Michaelis ^9, Levy & Bruns^^o^ Galtier 20 sei nur das Gesamtergebnis mitgeteilt: Zur Abtötung von Tuberkelbazillen in flüssigen Medien (Kultur, Milch) ist notwendig eine 4 — 6 Stunden lange Einwirkung einer Temperatur von 55° » 1 » » » » » » 60" :> 10—20 Minuten » » » » »70° » 5 '> » » » » » 80° » 1—2 » » » » » »90—95° Nach neueren Arbeiten kommt jedoch den Bazillen im Sputum eine viel höhere Kesistenz zu, so dass es zu ihrer sicheren Abtötung 5 Minuten langen Kochens bedarf. Gegen trockene Hitze sind die Bazillen (nach Schill & Fischer i« und Grancher & Ledoux-Lebard^^j ggi^y resistent; sie lebten noch nach 1 Stunde langer Erhitzung auf 100°, während sie bei 30 Minuten langer Einwirkung von strömendem Dampf, sowie nach 5 Minuten langem Aufkochen abgetötet waren. Die Einwirkung des strömenden Dampfes wurde von einer unter Gerhards Vorsitz zusammengetretenen Kommission als die Normalmethode zur Vernichtung des Sputums in Lungenheilstätten empfohlen. In tuberkulösem Fleisch (Toussaint^i, Bouley, Galtier 1. c.) per- sistieren Keime, wenn es nur blutig (»englisch«) gebraten wird, sterben aber beim Kochen ab. Chemische Desinfizientien stehen der Hitzwirkung nach. Zur Vernichtung von Sputum ist Sublimat ganz ungeeignet, da eine peri- phere Eiweißfallung sein tieferes Eindringen verhindert (Schill und Fischer). Dagegen ist öproz. Karbolsäure, in gleicher Menge, 3proz. in 8 — 12facher Menge, mit dem Sputum einmal umgerührt, in 24 Stun- den zur Desinfektion genügend, 2 V2 proz. nicht. Auch a b s 0 1 u t e r A 1 k 0 h 0 1 in 10 facliem Quantum dem Sputum zugesetzt, entgiftet es in 10 Stunden. Dämpfe von schwefliger Säure töten Bazillen, die in Organsaft auf Fließpapier angetrocknet sind, bei Verbrennung von 30 — 40 gr Schwefel auf 1 cbm Luftraum (Vallin''^)^ iu getrocknetem Sputum und Kulturen (Hühnertuberkulose) erst nach Verbrennung von 60 gr nach 24 Stunden (Thoinot^s); geringere Mengen Schwefel hatten unsichere Erfolge. Formo Idesinfektion hat sich für angetrocknetes Sputum wirksam, für feuchtes selbst bei hoher Konzentration als nicht genügend erwiesen (Waltherö^, Pfuhl 6*, Steinitz^'). Rhodannatriumzusätze (Schlegel, Treupel & Edinger^*>) zu Glyceriu- serum hemmten von 1/2 % ^^ ^^^ Wachstum des Tuberkell)acillus wesentlich (jedoch fehlten jede Heilerfolge bei Menschen oder prophyl. Wirkungen länger dauernder Rhodanbehandluns;. ) 110 G. Cornet & A. Meyer, Zahlreiclie Stoffe wurden auf ihre abtötende Kraft gegen Tnberkelbazilleu geprüft: Borsäure, Kreosot (y2proz.), Eukalyptol, Thymol (Ysproz.), Salicyl- säure, Brom, a- und /i?-Naplithol, Terpentin, Bromäthyl, Milchsäure, Kampher, Eisensulfat, Ziuksulfat, Arsen, Tannin, Chlorkalk, Kaliseife, Kaliumpermanganat (Küssner 6^ Pahrot & Martin ^y, Cavagnis^", Sormani & Brugnatelli^i, Yersin^2^ P. Villemin ^3^ d'Estree & Gallemaerts ^^, Sabrazes^^, Murrel'S, SteinitzS3]. Besonders wirksam erwies sich noch die Fluorwasserstoffsäure 1:5000, und ihre Derivate, Ammoniak, CnS04, ferner nach Koch einige ätherische Oele, aromatische Verbindungen und Anilinfarbstoffe, Quecksilber in Dampfform, Silber- und besonders Goldsalze; namentlich Cyangoldver- biu düngen hemmen schon in einer Verdünnung von 1:2 Millionen das Wachstum. Das Jodoform, in der Praxis so bewährt gegeu tuberkulöse Prozesse, benachteiligt in Kulturen das Wachstum erst in größeren Mengen, nach Stchegüleff^^, wenn die Bouillon 5^ Jodoform enthielt; Troje & Tan GL ^ß fanden nach Injektionen von Bazillen, die der Einwirkung der 15 — 80 fachen Jodoformmenge aiisgesetzt waren, bei Kaninchen eine mehr chronische Tuberkulose. Diese entwicklungshemmende Wirkung ist jedenfalls nicht imstande, den Heileffekt des Jodoforms zu erklären imd muss hierzu wohl die Wirkung auf den Organismus herangezogen werden. Von Wichtigkeit für das Zustandekommen der Darminfektion ist das Verhalten der Bazillen gegen den Magensaft. So gewiss dieser die Entwicklung verhindert, ist er andererseits nicht imstande, in der zur Einwirkung gegebenen Zeit die Bazillen zu vernichten (Fkank''^ Fischer*", Sabrazes", Straus & WuRz^ij. Der Magensaft eines Himdes tötet sie in 6 Stunden nicht ab. Der Tuberkelbacillus zeigt also Empfindlichkeit gegen Tempe- raturschwankungen, die an und für sich jede Entwicklung außerhalb des Körpers ausschließt. Eine relativ lange Lebensdauer, ziemlich hohe Resistenz gegen Vertrocknung und Kälte geben anderer- seits die Möglichkeit der Verbreitung. Eingetrocknet befindet sich der Bacillus im Zustande der größten Anspruchslosigkeit. Sein größter Feind, und praktisch wohl der wichtigste, ist das Licht ; im direkten Sonnenlicht sind wenige Stunden, im diffusen Tageslicht Tage ausreichend, um ihn zum Absterben zu bringen. Bleibt sein Medium feucht, so greift die Fäulnis ein, die ihn lang- sam vernichtet. Gegen Wärme und gegen viele Chemikalien ist er äußerst em- pfindlich; einige töten ihn, andere hemmen seine Entwicklung. Wir sehen also in der Biologie die Bedingungen gegeben, welche einerseits unter gegebenen Verhältnissen die allgemeine Verbreitung (»Ubiquität«) des Bacillus verhindern, andererseits uns die Möglichkeit seiner Bekämpfung an die Hand geben. Ueber verschiedene Virulenz der Bazillen siehe unten (Kap. VE). Litteratur. 1 Arloing & CouRMOJ^T, Acad. d. scienc, 8. Aug. 1898. — ~ C. Fpänkel, Hyg. Ruüdsch., 19(K), S. 632. — 3 Sander, Arch. f. Hyg., Bd. 16, S. 238. — * Obici, Ceutralbl. f. Bakt., Bd. 19, Nr. 9—10. — & Ferran, Compt. r. Acad. d. scienc, 1897, p. 515; Centralbl. f. Bakt., Bd. 24, S. 845. — c Schumowski, Centralbl. f. Bakt., Bd. 23, 1898, S. 838. — ' Zupnik, Wiener klin. Woch., 1898, S. 725. — « Bataillon Tuberkulose. 111 & Terre, Compt. rend. Acad. scienc, 1897, p. 1399 u. 1898, p. 538; Compt. rend. Soc. Biol., 1899, Ö. 608. — '-^ Dubard, Bull. acad. d. med., 1897, S. 580. Ref. Centralbl. f. Bakt., Bd. 24. — i" Moeller, Blindschleichentuberkulose. Deutsche med. Wochenschr., 1894. — " Auche & Hobbs, Compt. rend. Soc. Biol., 1897, S. 929 u. 1899, S. 816, 877, 825. — 12 Sion, Centralbl. f. Bakt., Bd. 27, S. 710. — i3 Lubarsch, ebd., Bd. 28, 1900, S. 421. — i4 Herr, Ztschr. f. Hyg., 1901, Bd. 38. — i5 Nicolas & Lesicur, Compt. rend. Soc. Biol., 1899, S. 417. — «' Hormann & Morgenroth, Hyg. Rundsch., 1899, S. 857. — i' Maffucci, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 11, H. 3. Rif. med., Mai 1890; Centralbl. f. a. Path.. 1890, Bd. 1, S. 825. — i» Schill & Fischer, Mittheil. d. Kaiserl. Ges. -Amts, 1884, Bd. 2. — la Sormani, Giorn. Soc. Ital. d'igiene. 8. No. 5 — 6; Ann. univ. di medic. , 1884, vol. 269. — -'^' Galtier, Compt. rend. Acad. scienc, 1887, t. 105, p. 231; Congr. et. tub., Paris 1888, p. 305; Compt. rend. Soc. Biol., 1900, p. 120. — 21 Chantkmesse & Widal', I. Congr. et. tub., Paris, 1888. — 22 Hange, Med. news, Bd. 73. S. 787. — 23 Moellek, Ztschr. f. Tuber- kulose, Bd. 2, 1901. — 24MusEnoLr), Arb. a. d. Kaiserl. Ges.-Amt, 190O, Bd. 12, S. 56. — 25 x>F. ToMA, Ann. di med., 188ö, vol. 275, p. 3 e vol. 277, p. 39. — 26 Sawitzki, Med. Chron., 1890, S. 877; Centr. f. Bakt, 1892, Bd. 11, S. 153. — 2" Cadeac & Malet, Congr. et. tuberc. 1888, p. 310; Eev. de med., 1887, Nr. 7; Centr. f. med. Wiss., 1888, Bd. 26, S. 264. — 2« Malassez & Vignal. Compt. rend. Soc. Biol., 19, 366. — 29 Stone, Centr. f. Bakt, Bd. 10, S. 106; Deutsche med. Wochenschr.. 1891, S. 1064. — 3u Deycke, Centralbl. f. Bakt., Bd. 23, 1898, S. 1033 u. 1081. — 31 Abba & Barelli, Riv. d'igiene. Vol. 12, p. 115. Ref. Centralbl. f. Bakt., Bd. 29, S. 958. — 32 Laschtschenkow, Eshenedelnik, 1898, Nr. 8 (Russ.;. — 33 Straus, La tuberculose et son bacille, 1895, Paris (Rueff & Co.l. — 34 Migxeco, Arch. f. Hyg., Bd. 25. S. 361. — 3ö Ransome, Brit med. journ., 1891, S. 796. — 3''' Delepine & Ransome, Brit. med. Journ., 1895, S. 349. ^ — 37 de Renzi, Riv. clin. e therapeut.. 1894, Nr. 6. — 38 Jousset, Compt rend. Soc. Biol, 27. X. 1900. Ref Sem. med., Nr. 45. — 39 Lucibelli, Gazz. d. osped., 1899, 26 Nov. — 40 Ramond & Ravaut, Arch. d. med. exper., 1899, S. 494. — 4i Gärtneh, Ztschr. f Hyg., Bd. 28, 1900. — 42 Leighton, Centralbl. f. Bakt. Bd. 29, S. 446, 1901. — 43 e. Klein, ebd., Bd. 25, S. 743. — 44 Hauser, Ztschr. f. Heilk., Bd. 18, 1897. — 4.5 Rieder, Münch. med. VVoch., 1898, Nr. 4. — 46 Eichhorn, Inaug.-Diss., Jena 1894. —47 Petri, Arb. a. d. Kaiserl. Ges.-Amt, Bd. 3, H. 1; Dtsch. med. Wochensch., 1892. — 4s Cornet, Die Tuberkulose. Wien (Holder) 1899, S. 29. — 49 Yersin, Ann. Inst. Pasteur, 1888, S. 60. — 50 Forster, Hyg. Rundsch., 1892, Bd. 2, S. 869. — ^i Bonhoff, ebd., 1892, S. 1009. — 52 Grancher & Ledoux-Lebard, Arch. med. exper., 1892, t. 4, p. 1. — 53 DE Man, Arch. f. Hyg., 1893, Bd. 18; Centralbl. f. med. Wiss., 1894, Bd. .32, S. 206. — 54 Mitchell & Crouch, Jour. of Path. and Bact, Bd. 6, S. 14. — 5.5 Beck, Dtsch. Vjsch. f. öff. Gespfl., 1900, H. 3. — 5(! Morgenroth, Hyg. Rundsch., 1900, S. 860. — 57 Smith, Jour. exper. med., 3, p. 217, 1899. Ref. Centralbl. f. Bakt., Bd. 28, S. 409. — 5S Barthel & Stenström, Centralbl. f. Bakt., Bd. 30, S. 429. — 59 Gottstein & Michaülis, Dtsch. med. Wochenschr., 1901, S. 162. — 60 Levy & Bruns, Centralbl. f. Bakt., Bd. 30, S. 681. — 61 Toussaint, Dtsch. med. Wochenschr.. 1881, S. 498. — 62 Vallin, Rev. d'hyg., 1883, S. 89. — f» Walther, Ztschr. f Hyg., Bd. 21, S. 421 u. Bd. 26, S. 454. — «4 Pfuhl, ebd.. Bd. 22, S. 339, 1896. — 65 Thoinot, Ann. Inst. Pasteur. 1890, S. 500. — «6 Treupel & Edinger, Münch. med. Wochenschr., 1900, S. 767. — 67 Bakt er. Inst Bern, Centralbl. f. Bakt, Bd. 27, S. 631. — 6s Küssner, Dtsch. med. Wochenschr., 1883, S. 525. — 69 Parrot & Martin, Rev. de med., 1883, p. 809. — ™ Cavagnis, Att. del r. Ist. Veneto di scienze, vol. 4, p. 1127 e 1.547. — 'i Sormani & Brugnatelli, Ann. univ. di Med.. ,Bd. 271, 1885. — '2 Yersin, Ann. Inst Pasteur, 1888, S. 60. — '3 p. Villemin, Etudes exper. et clin. s. 1. tuberc. p. Verneuil, t. 2, p. 237. — '4 Destree & Gallemaerts, La tuberculose en Belgique. Bruxelles 1889 (Lamertin). — "5 Stchegoleff, Arch. de med. exper., t. 6. p. 813, 1894. — "6 Troje & Tangl, Arb. a. d. Path. Inst. Tübingen Bauragarten), Bd. I, 1891. — " Sabrazes, Compt. rend. soc. Biol., 1897, S. 1088 und 1898, S. 844. — ™ Murrel, Brit med. jour., 1899, S. 202. — ™ Frank, Dtsch. med. Wochenschr., 1884, S. 309. — »o Fischer, A. f. exp. Path. u. Pharm., Bd. 20. — «1 Straus & Würz, Congr. et. tub., 1888, S. 330; Arch. de med. exp., 1889, S. 370. — 82 Kaiser, Münch. med. Wochenschr., 1902, S. 302. (Einwirk, blauen Lichts.) — §3 Steinitz, Ztschr. f Hyg., 1901, Bd. 38. — «4 Ottolenghi, ebd., Bd. 34, 190J. fS. hier die Litteratur über Desinfektion.) 112 G. Cornet & A. Meyer, VI. Chemie der Bazillen. Die Kenntnis der cliemischen Zusammensetzung hat wesentlich zum Verständnis der pathogeuen Eigenschaften des Tuberkelbacillus beige- tragen, da es gelungen ist, diese zum großen Teil aus der Wirkung teils der Stofifwechselprodukte, teils der Bestandteile des Bazillenleibes zu erklären. Auch die Resistenz und die spezifische Färbbarkeit be- ruhen auf gewissen chemisch wohldefinierten Stoffen. Die Analyse war erst möglich, als die Entdeckung der Glycerin- nährböden ihre Züchtung in größerem Maßstabe erlaubte. Die Bazillen, von dem Kulturmedium getrennt, enthalten nach Hammeu- schlagi durchsclmittlich 85,9^ Wasser. Die Trockensubstanz besteht aus Proteinstoffen, die sich mit warmem Alkali extrahieren lassen (Th. Weyl2), aus einem beträchtlichen in Alkohol und Aether lös- lichen Bestandteil (Hammerschlag u. a.), endlich aus Kohlehydrat und Asche. A. Das Alkohol- Aetherextrakt beträgt ca. ein Viertel des Trocken- gewichts der Bazillenmasse (Hammerschlag 26,2^, Klebs^ 22^«?^, de ScHWEiNiTz & Dorset3 37^, R. Koch 5, Aroxson^ 20—25^, Ruppel'^ 8 — 10 bis zu 25 — 26^). Es besteht zu etwa 11 % aus freien Fett- säuren (de Schweixitz & DoRSET, Aronson), zum bei weitem größten Teil aus Verbindungen von Fettsäuren mit höheren, wasserunlöslichen Alkoholen, also Wachs. Die frühere Bezeichnung dieser Substanz als »Fett« lässt sich nicht aufrecht erhalten, da kein Glycerin — Fette sind Fettsäure-Glycerinäther — wohl aber ein höherer Alkohol nachgewiesen ist (Aronson, bestätigt von Ruppel). Derselbe giebt nicht die Chole- stearinreaktion. Nicht alle im BaciUus enthaltenen fettähuliehen Körper sind in Alkohol imd Aether löslich; Klebs^ fand außer einem ätherlöslichen Fett von 42" Schmelzpunkt ein hochschmelzeudes (über 50°) in kleiner Quantität, dass sich nur mit Benzol extrahieren ließ; Aroxson erhielt nach Alkohol -Aether- extraktion noch einen nur unter Ansäuern mit HCl löslichen Anteil. Die Fettsäuren — nach Verseifung der Substanz durch fraktio- nierte Krj^stallisation getrennt (de Schweixiz & Dorset^) — bestehen (neben einer Spur flüchtiger Säure) zum größten Teil aus Palmitin- säure, die bei 62" schmilzt; daneben findet sich in geringer Menge eine Fettsäure von sehr hohem Schmelzpunkt (102"), wahrscheinlich Arachidinsäure, und eine bei 42 — 43° schmelzende, der Laurinsäure entsprechend. Wie oben schon erwähnt, beruht auf dieser Wachsubstanz die Farbreaktion der Tuberkelbazillen. Sie lässt sich nämlich wie Tuberkelbazillen mit Anilin- farben färben und widersteht der Entfärbung (Klebs, Koch, Aroxsox); da- gegen geben die Bazillenreste, völlig von Fettsubstanz befreit, [durch Benzol (Klebs), durch heiße Natronlauge (Koch), durch Zusatz von HCl zum Alkohol- Aethergemisch (Aroxsox)] die Farbe gegen Säure und Alkohol leicht wieder ab. Koch konnte den Austritt der gefärbten Tröpfchen ans den Bazillen direkt beobachten. Auch- als Ursache der Resistenz der Bazillen gegen schä- digende Einflüsse, besonders die Austrocknung ist diese Substanz (nach Koch) anzusehen. Tuberkulose. 113 Außer den Fetten soll daa Alkohol- Aetliercxtrakt nacli Hamaikr- st'iiLA(i^ Lecithin und ein Krumpfg'ift enthalten. Ferner die Sub- stanz, die den Kulturen den angenehmen, aromatisch-obstähnlichen Geruch verleiht. Nach Hajdiersciilag würde es sich um einen Alkohol handeln (er giebt Jodotbrmreaktion, bei Oxydation Aldeliyd und bildet einen lienzoe- säureäther), nach Kleijs um das Glycerid einer flüchtigen Fettsäure. Jedenfalls beruht auf diesem Stoffe die Kühne sehe Reaktion^: Das alkoholische Extrakt aus Tuberkulin giebt beim Kochen mit HCl und etwas Nitrit eine rote Farbe, ähnlich der Indolreaktion, aber nicht so purpurfarben wie diese. I»eim Kochen mit Lauge entsteht auch kein Indolgernch, sondern der 'geschilderte, den Tuberkulosekulturen eigentümliche. — Die Reaktion trat, nur schwächer, auch mit HCl allein auf, »gerade als ob Nitrit in den Bazillen enthalten wäre « . B. Protein Stoffe. Der von den alkohol- und ätherlöslichen Stoffen befreite Bazillenrest besteht zum größten Teil aus Brot einen, die sich mit verdünnter Lange extrahieren lassen (Weyl'-^, Hammersciilac^' u. a.j. Die alkalische^jÄisung ist fadenziehend, ihr Hauptanteil ist ein Nukleo- albumin. AYar heiß extrahiert, so gerinnt die Lösung beim Erkalten. Besonders groß ist die Ausbeute bei Einwirkung gespannter Wasser- dämpfe im Autoklaven; mit 2 — 5^ (llycerin beträgt sie 18—20^^ der Trockensubstanz in Gestalt von At m i d a 1 b u m o s e n (Neumeister). Auch Hopfmann gewann aus Tuberkelkultureu 6 Eiweißkörper = 23^ der Gesamtmasse. Die Proteine des alkalischen Extrakts sind mit Essigsäure fälDtar und im üeberschuss unlöslich (Weyl), auch durch Ammonsulfat aussalzbar und geben die Farbenreaktionen der Eiweißkörper (Ha:mmehsciila(4). Nach Weyls Analyse enthalten sie 4,4 % N, 7,3 % H, 51,6 ^ C, sowie Spuren von P. Beim Kochen mit Schwefelsäure ergaben sie keine reduzierende Suli- stanz. Weyl hielt den Körper für ein Toxomucin, gab jedoch die ^lög- lichkeit zu, dass es sich auch um ein Nukleoalbumiu handeln kr)nne. Ki-Eus isolierte ein 8 — 9 ^^ P enthaltendes Nuklei'n. Genauere Analyse ermöglichten erst Kochs neuere Forschungen über Tuberkulinpräparate. Er stellt ein Bazillenvcrreibungsextrakt her, indem er trockene Kulturen im Achatmörser auf das feinste zerreibt, den Bazillenstaub mit Wasser schüttelt und zentrifugiert. Die Flüssigkeit heißt TG; der Bodensatz wird wieder getrocknet, gelöst und zentrifugiert und so fort; seine gesammelten Lösungen heißen TR. Dieses Ver- reibungsextrakt (TG + TR) fällt Eiweißkörper aus ihrer Lösung. Nach RrppEL^ erzeugt Essigsäure in diesem Verreibungsextrakt eine Fällung, welche weder Xanthoprotem- noch ]\Iillonsche, sondern nur Biuret- reaktion giebt, ein Nuklein. Mit 1 ^ H2OS4 lässt sich seine Base isolieren, ein (P-freies) Protamin (Kossel), von Kuppel Tuberkulosamin genannt, das in ammoniakalischer Lösung Eiweiß fällt. Gebimden ist es an eine stark P-haltige (9,42 ^,;) Nukle'in säure, welche Eiweiß fällt, die sogenannte Tnberknlinsäure. Diese muss in dem Ver- reibungsextrakt auch frei vorhanden sein, da das tuberkulinsaure Protamin keine eiweißfällenden Eigenschaften besitzt. In dieser Säure sieht Behri x< ; '■' das spezifisch wirksame Prinzip des Tuberkulins. Als Ivriterium dient die besonders große Giftigkeit des Präparats für tuberkulöse Meerschweinchen, die 100 mal so groß ist wie die Handbuuli der ijatkugenon Mikroorganismen. IL 8 114 G- Cornet & A. Meyer, für Gesunde. 0,002 Tuberknlinsäure entsprechen 0,04 altem Tuberkulin (= 0,0067 fester Substanz). Ein Nuklein mit starken physiologischen Wirkungen, das Eiweiß fällt und die Blutgerinnung befördert, beschreiben neuerdings auch de Giaxa^" und GlOFFREDll'. Hüllstoife. Der von Fett- und löslichen Proteinstoffen befreite g-rau- 2:efärbte Rest enthält die der Hülle des Bacillus angehörigen Stoffe. Hammerschlag 1 rechnet sie der Cellulose zu; der niedrige Stickstoff- gehalt des Rückstandes nach Alkohol-Aether-Extraktion (9,09 ^ N) machte ihn geneigt, (neben dem Eiweiß) ein Kohleh^^drat anzunehmen; nach NiSHiMURA^2 handelte es sich um Hemicellulose; nach Ruppel giebt die gereinigte Substanz noch immer MiLLONSche Reaktion und gehört somit den Proteiden, und zwar der Gruppe der Chitine an. Die Sub- stanz löst sich nur in konzentrierter Salz- oder Schwefelsäure und liefert beim Kochen mit der Säure Lösungen, welche Kupferoxyd reduzieren (Hammerschlag, Ruppel). Asche. Die Asche der Pazillen beträgt 8,0^ der Trockensubstanz (Hammersciilag 1) und besteht (nach de Schweinitz & Dorset^^*) aus: Natriumoxyd 13,62 ^ Kaliumoxyd 6,35 > Calciumoxyd 12,64 » Magnesia 11,55 » C und Kieselsäure 0,57 » P2O5 55,23 > Bemerkenswert ist der hohe Gehalt an alkalischen forden (Ca und Mg], dann die Abwesenheit aller anderen Säuren außer Phosphor- säure. Chloride und Sulfate mögen zum Teil ausgewaschen sein. Tul)ei*kuliu. Kouiis^^ Tuberkulin wird hergestellt aus den Kul- turen, die in ihrem eigenen Medium (Glyceriii-Pcptonbouillon) aut dem Wasserbade extrahiert werden, bis die Bouillon auf Vio i'^'e^ Volums eingedampft ist. Kach Filtration enthält es ungefähr 50^ Glycerin, ungefähr 10^ Albumosen, daneben eine »Spur Albumin at und echtes Pepton, auch weitere Spaltungsprodukte des Eiweiß, so Tyrosin und reichlich Tryptophan, jenen Körper, der durch violette Reaktion mit Broniwasser die tryptische Eiweißzersetzung anzeigt (Kühne). Die in Tuberkulin vorhandenen Eiweißkörper sind ungefähr die gleichen, wie in dem zur Kultur l)enützten > Wittes Pepton«, nur durch die Bazillen im Sinne der Verdauung weiter verändert (Kühne). Diese Unter- suchungen, soweit sie sich auf Alltumosen beziehen, wurden später durch Ruppel bestätigt. Bezüglich der Trennung der einzelnen Albu- mosen und ihres chemischen Verhaltens müssen wir auf Kühnes* Original verweisen. XachKüCHi' kann man das Tuberkulin mit ziemlich geringem Ver- lust an wirksamem Prinzip reinigen durch Fällen mit 66^ Alkohol und Waschen des Niederschlages mit absolutem Alkohol. Die erluiltenc schneeweiße Substanz ist jedoch nach Kühne keineswegs chemisch rein, sondern besteht größtentheils ebenfalls aus den Albumosen des Nähr- bodens. Die gesamten Eiweißkörper des Tuberkulins lassen sich in chemisch sehr verschiedene Anteile sondern, die alle die gleiche, nur quantitativ unterschiedene toxische Wirkung zeigen, so dass sie nur als Träger der wirksamen Substanz angesprochen werden können, während 'riiberkulose. 115 diese selbst dem Chemiker unter den Händen entschlüpft. — Auf eiweißfrei gezüchteter Tuberkulose konnte Kühne in der filtrierten Nährflüssig-keit eine Spur Albumiuat nachweisen, das giftige Eigen- schaften hatte. Fermente. Ein ei weißlr» sende s Ferment nimmt BArMGARTEN als wahrscheinlich an, um die Erweichuno; der käsigen j\[assen zu erklären. Ein lösliches, fettspaltendes Ferment ist nach Carrii';ri: i^ in den Kulturen enthalten, denn ältere Tuberkelbazillenkultur ruft in Monobutyrin Säurebildung hervor. Es soll sich vielleicht um Lipase handeln. Litteratur. 1 Hamjierschlag. Centralbl. f klin. Med., 1891. — - Th. Weyl, Dtsch. med. Wochenschr.. 1891, S. 256. — -^ de Schweinitz & Dorset, Journ. Amer. ehem. Suc, 1895 und Centralbl. f Bakt, Bd. 19, S. 707, 18%. — * Klebs. Centralbl. f. Baki, Bd. 20, S. 488. 1896. — ■> R. Kocii. Dtsch. med. Wochenschr.. 1897. S. 209. — fi Aronson, Berl. klin. Wochenschr., J898, S. 484. Ders., Ver. f. inn. Med. Berlin 1902. — ' Rupi'EL, Ztschr. f phys. Chem., Bd. 26, S. 218. — 8 Kühne, Ztschr. f. Biol., Bd. 29, S. 24 u. Bd. 30, S. 221. — '•• Behring. Berl. klin. Wochenschr., 1899, S. 537. — if De Giaxa, Centrnlbl. f. Bakt, Bd. 30. S. 670, 1901. — u GiOFFREni. ebd., Bd. 30. S. 681, 1901. — i^ Nishimura, Arch. f. Hyg., Bd. 21. H. 1. — i^^ de ScHWEiNrrz & Dor.set, Centralbl. f. Bakt., Bd. 23, S. 993. 1898. — w Koch, Dtsch. med. Wochenschr.. 1891. 8. 101 u. S. 1192. — i"» Carriere. Compt. rend. soc. biol., 1901, Nr. 11. — i'i Kresling, Centralbl. f. Bakt., Bd. 30, No. 24. VII. Toxine. Die Giftwirkung des Tuberkclbacillus ist eine doppelte: Sie ist zum Teil den im Bazillenkörper enthaltenen Substanzen zuzuschreiben, zum Teil seinen Stoffwechselprodukten. Die erste Gruppe von Substanzen erzeugt lokale Al)szessc, Nekrose und Verkäsung, ferner Marasmus und Hypothermie. Diese Wirkungen zeigen besonders die abgetöteten, von ihrem Nähr- boden befreiten Kulturen und die aus ihnen isolierten Substanzen. Abszesse. Gesunden Meerschweinchen unter die Haut gespritzt, erzeugen tote Bazillen einen Abszess (Koch); Ja solche Infektion ist (nach demselben) das beste Verfahren, um sterile Abszesse zu be- kommen. Dementsprechend besitzen die Bakterienproteine stark positiv chemotaktische AVirkung. Auch dem (kalten) alkalischen Extrakt der Bazillen kommt dieselbe zu (Kociisi TA). Tuberkulöse Tiere gehen bei Injektionen schon geringer Dosen in 6—48 Stunden zu Grunde. Nekrose. Dagegen wirkt das 1)cim Kochen erhaltene alkalische Extrakt (Tu. Weyl2) nur nekrotisierend, ebenso das von de Giaxa-' und GioFFREDi^ isolierte Nuklein. Verkäsung. Für Verkäsung machen Aitclair-'' und Barbier^' das Aether- und das Benzinextrakt verantwortlich, da sie mit diesen echte Verkäsimg, bei trachealer Injektion käsige Pneumomie erzeugen konnten; A. Fränkel &, Tküje'-* schreiben dagegen die Verkäsung Stoft- wechselprodukten zu. Ferner erzeugen tote Bazillen allgemeinen Marasmus (Maffücci*^, Pruddex c^ Hodenpyl', Straus c\: Gamaleia«]. Hühnereier, mit sterilen Kulturen von Hühnertuberkulose injiziert, ergeben marantische Embry- onen und Küken ohne das anatomische Bild der Tuberkulose. Hühner 8* 116 G. Cornet & A. Meyer. mit Säu^-etier-, Meersclnveiuchen mit Huhnertuberkulose geimpft, sterben g-leichfalls an Marasmus ^daneben weisen sie nur lokale Abszesse auf), (Maffucci). Auch spontan abgestorbene (1 Jahr alte), sowie bei 65 — 70" abgetötete Kulturen wirken ebenso; der Marasmus dauert fort, wenn der lokale Abszess schon verheilt ist. Dass diese Allgemeinwirkung nicht auf Stoffwechselprodukten be- ruht, geht daraus hervor, dass auch durch sorgfältiges Auswaschen von diesen gereinigte sterilisierte Kulturen sie besitzen (Prudden & Hodenpyl) und dass Kulturfil träte nur vorübergehende Gewichts- abnahme hervorrufen (Straus & Gamaleia). Auch ein ans den Bazillenleibern bei 130° mit verdünnter Natron- lauge extrahiertes Gift (AronsonIi) tötet die Versuchstiere iu 3 — 6 Wochen unter Kachexie ohne das anatomische Bild der Tuberkulose. Bei intravenöser Injektion toter Bazillen (Prudden & Hodenpyl, ÖTRAUss & Gamaleia) beginnen die Versuchstiere, Kaninchen und Meer- schweinchen, nach einigen Tagen abzumagern und sterben nach erheb- licher Gewichtsabnahme (beim Kaninchen 400 — 500 g) nach kürzerer oder längerer Zeit, 10 Tagen bis 2 — 3 Monaten, je nach der Dosis. Nach kleineren Dosen kann sich das Tier sogar wieder erholen, behält jedoch große Empfindlichkeit gegen erneute Injektion selbst geringer Kulturmengen zurück ; dagegen bleiben allerkleinstc Dosen ohne Wirkung und gewöhnen das Tier durch allmähliche Steigerung an größere. Nach HuLOT & E AMOND '2 geht mit dieser Kachexie eine progressive Abnahme der roten Blutkörperchen einher. Bei Injektion hinreichend feiner Bakterienaufschwemmung bleibt dabei jede anatomische Läsion aus (Straus & Gamaleia). Dickere Emulsionen dagegen verursachen ein embolisches Auf- treten von 3 — 4 mm großen weißlichen Knötchen in Lunge, Leber und Milz, die miliaren Tul)crkeln äußerst ähnlich sehen, aber selten (oder nie?) verkäsen. Sie enthalten die toten Bazillen, umgeben und zum Teil aufgenommen von Epitheloid- und Riesenzelleu. Diese Knötchen entsprechen gewissermaßen den Fremdkörper- tuberkeln und beruhen weniger auf der chemischen als der mechani- schen Wirkung der Bazillen. Fieber. Die fiebererzeugeude Wirkung der Tul)erkulo?ekultnren ist bekannt durch Kocii. Sie ist keine Eigentümlichkeit der Bazillen selbst, sondern haftet ihren Stoffwechselprodukteu an und ist daher auch filtrierten Kulturen eigen. Sie ist das besondere Kennzeichen des alten Tuberkulins, sowie der aus ihm hergestellten Albumosen (Kühne) und der Tuberkulinsäure (Kuppel, Behring). Gleichzeitig tritt eine Vermehrung der Lenkocyten, besonders der eosinophilen, im Blut auf. Die Temperatursteigerung ist beim Gesunden gering, beim Tuberku- lösen weit höher, so dass die ungefähr lOOfache Menge Tuberkulin not- wendig ist, um beim gesunden Menschen die gleiche Temperatursteigerung wie beim erkrankten hervorzurufen. Maraolianois und Bezancon & GouGPrr^^ haben die temperatural- terierende Wirkung des Tuberkulins sowie des von erstercm hergestellten Toxalbumins auf gesunde Meerschweinchen genauer untersucht und eine doppelte Wirkung, eine temperaturerhöhende und eine herabsetzende gefunden, deren letztere einem »Toxalbumin« entsprechen soll, das Tuberkulose. 117 (lurcli Erhitzcu auf 100° unwirksam wird, während das temperatur- erböliende Gift hitzebeständig ist. Sowohl Tul)erkulin wie Toxalbumin bringen in letaler Dosis bei Kaninohen und Meerschweinchen progrediente Hypotliermie hervor. Während aber in nichttödlicher Dosis das Toxalbumin gleichtalls die Temperatur erniedrigt, wirkt Tuberkulin erhöhend. Es scheinen also in letzterem 2 verschiedene Tempernturgifte enthalten zu sein. Kranipfgift. Endlich sei nochmals das von Hammersciilao '■'" mit Alkohol und Aether aus den Bazillen extrahierte Toxin erwähnt, das bei Tieren unter Krämpfen den Tod herbeiführt. Alle Gifte des Tuberkelbacillus sollen eine weit stärkere Wirkung bei intracerebraler Injektion entfalten. Xach v. Lixcielsiieim'^' lässt sich diese Eigenschaft zur Prüfung der Giftigkeit verwenden, da man so Material spart. Abschwächuiig;. Was die Abschwächung oder verminderte Virulenz mancher Tuberkelkulturen und Bazillen anlangt, so ist man mit diesem Prädikate etwas zu freigebig. Sputum, der Fäulnis überlassen, oder ältere Kulturen, ferner auch frische Kulturen unter Einwirkung von Jodo- form (Troje c^ Tangl22) oder Bazillen, gewonnen durch Züchtung auf Eiern, auf Borsäure-Glycerinagar (Fisciiel^s), auf Kartoffeln (Sander 2^) rufen, in ungefähr gleichen Mengen verimpft, bei den Tieren eine lang- samer verlaufende und mehr lokal bleibende Tuberkulose hervor, als wenn mau sonstige frische Kulturen, Sputum oder frische Organteile verimpft. Loti^'^ behauptet auch, einen solchen Unterscliied der Virulenz zwischen frisch aus dem Tierkörper gezüchteten und lange auf künst- lichem Nährboden fortgepflanzten Tul)erkelbazillen beobachtet zu haljen, während Koch, Corxet und andere Tuberkelbazillen sowohl verschie- dener Provenienz als verschieden hoher Generation hinsichtlich der Viru- lenz gleich fanden. Diese ol)igen Unterschiede müssen aber nicht notwendig auf ver- schiedener Virulenz beruhen, sondern lassen sich viel wahrschein- licher darauf zurückführen, dass ein Teil der Bazillen abgestorben ist, also weniger lebende verimpft werden, und dass der mitverimpfte Anteil toter Bazillen die lel)enden in ihrer Lebensbetliätigung Ijeein- trächtigt. Verimpft man die tul)erkulösen Organe solcher mit anscheinend ab- geschwächter Tul)erkulose infizierten Tiere, so unterscheidet der Effekt sich in keiner Weise mehr von irgend einer Impfung mit frischem Material hoher Virulenz, ebenso zeigt eine davon angelegte Kultur volle Virulenz. Eine wirkliche Abschwächung könnte man nur danii beweisen, wenn diese aus dem Tierkörper gew^onnene Beinkultur oder die Organe eine Ab- nahme der Virulenz auch weiterhin als eine dauernd oder wenigstens länger anhaftende Eigenschaft darböten. Vagedes'^« hat nun in verschiedenen Fällen aus tuberkulösem Ka- verneneiter, aus Lungenknoten u. s. w. Tuberkelbazillen unter möglichst gleichen Bedingungen rein gezüchtet und dann auf Kaninchen ver- irapft. Das Resultat war eine ungleich intensive und ungleich ra})ide Tuberkulose. Diese Versuche ließen sich wohl im Sinne einer verschiedenen Virulenz bei verschiedenen Menschen deuten, bedürfen aber zur endgiltigen Entscheidung der Frage noch erbeblich größerer Ausdehnung, da die individuell verschiedene Empfänglichkeit gerade des Kaninchenkörpers nicht genügend ausgeschaltet ist. 118 G. Cornet & A. Meyer, Litteratur. 1 Koch, Mitt. a. d. Kaiserl. (res. -Amt, 1884, Bd. 2; Dtsch. med. Wochensclir.. 1891, S. 101 u. 1192; ebd.. 1897, S. 209. — 2 Th. Weyl, Dtsch. med. Wochenschr.. 1891. — 3 DE GiAXA, Centralbl. f. Bakt.. Bd. 30. — * Gioffredi, ebd., Bd. 30. — •"' AucLAiR, Arch. de med. exp.. 1897, S. 1124; Rev. de La tub., 1898; Arch. de med. exp., 1899 u. 1900, S. 189. — <■ Maffucci, Centralbl. f. allg. Path.. 1890, Bd. 1. S. 825. — '' Prudden & HoDEKPVL, Ncw York med. journ., 1891. 6. u. 20. Juni. — *^ Stuais & Gamaleia, Arch. med. exper., t. 3, p. 705," 1891. — '■' Straus, La tuberculose et son bacille, Paris 1895. — w Prudden, New York med. journ.. 1891, Dec. — 11 Aron.son, Berl. klin. Woch.. 1898; Münch. med. Wochenschr.. 1902, S. 986. — 1- HuLOT & Ramond, Soc. Biol., 1899, S. 736. — ^^i Maragliako, Berliner klin. Wochenschr.. 1899, S. 385; Soc. Biol, 1897, S. 309. — w Bezancon & Guuget. Compt. rend. soc. biol, 1899, S. 521. — i'' Hajdierscpilag, Centralbl. f. inn. Med.. 1891. — 1'' V. Lin(4elshe1xM, Dtsch. med. Wochenschr.. 1898, No. 37. — i' Barbier, La Tub. infantile. 1900, Nr. 1; ref. Ztschr. f. Tub.. Bd. 1. S. 523. — 1« Peron. Compt. rend. soc. biol.. 1898, S. 446. — w Badano, Gazz. d. osped., 1900, 1. April. — -" Borrel, Compt. rend. .Soc. Biol.. 1900. S. 358. — -' Kelber. Arb. a. d. pathol. Inst., Tübingen Baumgarten), Bd. 2, H. 3. 1899. — 2:^ Tro.je & Tangl, ebd., Bd. 1. — 23 Fischel, Untersuchungen über Morphologie u. Biologie des Tub. -Erregers, Wien und Leipzig 1893 Bniumüller). — 24 Sander. Arch. f. Hyg.. J893, Bd. 16. S. 2,38. — 2.-> LoTJ, Baumgartens Jahresber., 1889. — 21: Vagedes, Ztschr. f. Hyg., Bd. 28, S. 276. — 2: ('our.moxt & Denis. Revue de tub.. 1897. S. 289. — 2s Smtth, Journ. of the Boston soc. med. sei.. Bd. 3, S. 33. 1898; Boston med. aud surg. journ. . 1899. S. 31. — 2'.i Baumgarten. Centralbl. f. klin. Med.. 18S4, Nr. 2. — :*' F.vlk", Berl. klin. Wochenschr., 1883. — ''i Cavagnis. Baumgartens Jahresber., 1886, S. 204. — ^'2 Martin, ebd., 1888, S. 137. — ;« Fischer. Arch. f. exp. Path. n. Pharm., Bd. 20. — 'ii Fränkel & Tro-je, Ztschr. f. klin. Med., Bd. 24, 1894. — ■^■' de Schweinitz & Schröder, U. St. agric. depart., I89(). VIII. Histologische Wirkung: der Tuberkel. Zur Charakterisierung des Tuberkelbacillus g-ehört mit in erster Reihe seine Eigenschaft, im tierischen Gewehe eine Knütchenkrankheit zu erzeugen. Wir werden sehen (Kap. IX), dass ihm diese Fälligkeit nicht allein zukommt, sondern dass er sie bis zu einem gewissen (Irade mit seinen Verwandten, den »Strahlenpilzen« oder ;>Streptotricheen« teilt, sofern diese überhaupt pathogene Eigenschaften besitzen; jedoch ist der ätiologisch echte Tuberkel durch histologische Eigentümlichkeiten von allen ähnlichen Gel)ilden unterschieden. Zum Studium seiner Struktur, besonders aber seiner Histogenese ist außer der Untersuchung spontaner Läsioneu besonders auch der Tier- versuch erforderlich, der den Vorteil bietet, Affektionen beliebig ver- schiedenen Alters frisch unmittelbar nach Tötung prüfen und die Art der Infektion variieren zu können. Namentlich durch die klassischen Untersuchungen Baumgartexs, der die Entwicklung des Tuberkels systematisch verfolgte, wurde unser Wis sen über das histologische und bakterielle Verhalten desse]l)en wesent- lich bereichert. Die histologischen Beobachtungen an den verschiedensten Organen ergeben ein im großen und ganzen übereinstimmendes Bild. Von der Infektionsstelle gelangen die Bazillen teils durch den Saft- strom, teils durch ihre »Wachstumsbewegung« in das umliegende Gewebe, und zwar in der Regel frei, nicht in Zellen eingeschlossen. Hier vermehren sie sich langsam und in den ersten Tagen verändert sich das Bild gar nicht. Das erste Zeichen der Reaktion ist das Auftreten von karyo kineti- schen Figuren in den fixen Gewebselementen, und zwar (nach Tuberkulose. 119 Baumgarten) sowohl der Bindegewebs- und Endotbelzellen, als auch der Epithelzellen des Parenehyms. Zugleich füllen sich die sonst platten Zellen zu polygonalen protoplasmatischen Gebilden mit großem, bläschen- förmigem Kern, den sogenannten Epitlieloidzelleu. Viele hiervon enthalten Bazillen, andere nicht; nur ein kleinerer Teil der Bazillen liegt frei zwischen den CTewel)selemeuten. Während BAiT'SRiARTEN 1 mit Marchand^^ Ribuert', Arnold^, Bchieck^, Kockel", Brodex' u. a. den fixen GeAvebs zollen die IT.inp trolle Fig. 4. Miliartuberkulose der Lunge fakut Hartn. IV, Üc. III. IläiuatoxvHn-Eosin. bei der KncUehenbildung- zuschreibt, aus iluien die EpitheloTden hervor- gehen lüsst und nur eine sekundäre Einwanderung der Leukocyten in späterem Stadium annimmt, hält namentlich Metschxikoff "^ und seine Schule (Yersin'*, Stschastny'', Tsciustowitsch'Oj Borrel"] noch an der ursprünglich Kocnschen Theorie fest, nach der den Wanderzellen die Rolle des Transports der Bazillen, sowie der Bildung der Epithelioiden zukomme. Die Theorie stützt sich darauf, dass letztere amöboide Bewegungen zeigen, die Abkömmlingen fixer Zellen nielit wohl beigelegt werden k('inne; Versuche von Marchanu und Rhujkrt haben jedoch letztere Möglichkeit ergeben. — Auf 120 <^- Cornet & A. Meyer. einem vermittelnden Standpunkt stehen Pilt.iet'2^ Doi?roklonski1 •, Paw- LowsKi 1^, Welcker 1^. Gegen Baum(iartens und der meisten Autoreu Angabe, dass auch die Parenchymzellen an der Tuberkelbildung sich beteiligen, schreiben Kocki:!, und Welcker diesen ein rein passives Verhalten zu. Auf der Vermehrung' dieser lixeu Elemente beruht zuuäclist das Wachstum des Tuberkels. Seine Form und Größe hängt zum Teil ab von dem Bestreljen der Bazillen, nur kleine, runde Kolonieen zu l)ilden, zum Teil aber auch von der konzentrischen Einengung durch den Druck des umgebenden Gewebes. Im Glaskörper z.B., in dem dieser Druck gering ist, kommt es nicht zu so scharfer Begrenzung des Tuberkels wie sonst. Gefäße im Invasionsgebiete gehen teils durch Kompression, teils durch Umwandlung der Endothelien in epitheloide Zellen zu Grunde. Ueber die Erklärung der verschiedenen Vorgänge, welche den Gang der Tuberkelbildung ausmachen, herrschen noch vielfache Meinungsdifferenzen. Die anfängHche Zellvermehrung wird nach Virchow ausgelöst durch einen »formativen Reiz« auf das Gewebe. Weh4ERT^" und Ziegi>er"^ er- kennen einen solchen nicht an, sondern supponieren, dass die primäre Ein- wirkung stets eine Schädigung des Gewebes sei, auf welche die Zellen mit Karyokinese reagierten. Weigerts Schüler W^ECHSUERCii'* wies nach intra- venöser Bazilleninjektion primäre Schädigung der elastischen Fasern und Zellen nach; P)AU>I(;arten erklärt diese jedoch durch mechanische Läsion: werde hinreichend feine Bazillenemulsion injiziert, so sei Karyokinese der Endo- und Epithelien die erste sich zeigende Veränderung. Ist durch lebhafte Zellteilung eine gewisse Größe erreicht, so sistiert das Wachstum annähernd. Es tindet zwar noch lebhafte Kernteilung, auch mehrfache Teilung der Epitheloidzelleu statt, aber häufig folgt dieser keine Teilung des Zellleibes mehr nach; man sieht mehr kernige Zellen, bis zu den echten »Rieseuzellen « , große, plasmatische Gebilde von ovaler oder unregelmäßiger Form, die meist Bazillen und stets eine größere Anzahl von Kernen enthalten. Diese sind, wenn Bazillen vor- handen, in eine Hälfte der Kiesenzelle gesammelt, meist wie eine Art von Kappe den Plasmakörper zur Hälfte umschließend; die Bazillen liegen dann meist auf der entgegengesetzten Seite (Koch). Die Entstehung der Riesenzelle ist der umstrittenste Punkt der ganzen Tuberkelhistologie. Nach Weigert ^", BaumcjartenI u. a. bildet sie sich aus Epithelioiden durch Kern Vermehrung, indem der Protoplasmaleib der Teilung der Kerne nicht mehr zu folgen vermag, da er zum Teil bereits in Nekrose begriffen ist (Weigertj. Diese Theorie stützt sich darauf, dass Kernteilungen in Riesenzellen in seltenen Fällen gesehen wurden. (BArMGARTEX, Schtsch astxy y, Schmaus & Albrecht 20, Arnold.) Sie ist verknüpft mit einer Auffassung der Riesenzelle als degenerativen Produkts der Giftwirkung des Bacillus, d. h. als einer Hemmungserscheinung. Dem gegenüber fasst Metschnikofes Schule die Riesenzelle teleologisch als eine Abwehrerscheinung des Organismus auf (Makrophagen): Um die Phagocytose im größeren Maßstabe betreiben zu können, sind eine Anzahl epitheloider Zellen verschmolzen. Leray will sogar diese Verschmelzung direkt beobachtet haben. Ein Kontluieren von Epitheloidzelleu mit darauf folgenden durch den Bacillus hervorgerufenen Kernproliferationeu nehmen auch Kosten n'scu &. Tuberkulose. 121 WoT.KOW an, wälireud Kockel die Riesenzellen aus hyalinen Kapillaitbromben und Endothelien entstehen lässt. Ehe noch die regressive Metamorphose einzusetzen beginnt, zeigen sich, besonders in der Peripherie des Tuberkels, kleinere protoplasnia- arme Elemente mit dunkel tingiertem Kern: Wanderzellen, aus den benach- barten Blutgefäßen ausgewandert. An- fangs erscheinen nur einkernige Lympho- ^ cyten, später auch polynukleäre Leuko- cyten. Eingebettet sind die verschiedenen Elemente des Tuberkels in ein Reticu- luni I Wagner), das verschieden stark ausgesprochen ist, je nach dem Grund- gevvebe. Denn zu dem Reticulum tragen die Fasern des Grundgewebes bei (Vir- CHOW, SCHÜPPEL, BaUMGARTEN, KoSTE- NITSCH iV: WOLKOW', SCIIMAUS & AlBRECHT). Daneben konmien wohl Fibringerinuungen, auch der Eintluss der Fixationsflüssigkeiten in Franc. Friedlandkr und neuerdings als Fig. 5. R i e s e u z e 11 e m i t e i n em Tuberkelbacillus aus einem Miliartuberkel des Kehlkopfes. Zieiil-Np^elskx, Leitz Hom. Im. Viü- Oc. 3. J .# Kockel wollen das Reticulum nur Artefakt gelten lassen. Dass die Teilung der Epithelioiden auf einem gewissen Stadium bei der Karyokinese stehen bleibt, ohne dass Teilung des Protoplasmas nachfolgt, ist bereits das erste Zeichen beginnender Degeneration. Diese tritt vollkommen in ihr Recht mit der Verkäsung des Tu- berkels, die im Cen- trum beginnt. Die Kerne zerbröckeln und zerfallen, das Plasma wird opak, die Struktur geht verloren. Nach und nach verliert auch der Kerndetritus seine Aufnahm ef ähigkeit für basische Farben. Der Tuberkel sieht in die- sem Stadium gelblich aus. Auch über den Grund der Ve r k ä s u n g ist noch keine Einigkeit erzielt. Während Virchow^ die Inspissation infolge der Gefäßlosigkeit des Tu- berkels als Grund ansieht, betrachtet Weigert sie als eine Koagulations- nekrose. Nach Lehmann & Albrecht trägt außer dem Absterben der Zellen zu der trocknen Reschaft'enheit des Käses g.anz wesentlich die Transsudation einer fibrinüideu im Tuberkel erstarrenden Masse bei. Fig. 0. Tuberkelbazillen in tuberkulöser Infiltra- tion des Kehlkopfes (Taschenband . Gef. n. Zieiil-Neelsen; Leitz Hom. Im. Vi: Oc. 3. 122 6- Coi-net & A. Meyer, Das letzte Stadium bildet die Erweichung des Knötchens zu einem rahmig- käsigen Eiter. Die Erweichung der käsigen Massen erklärt Yirchow einfach für einen Mazerationsprozess ; andere Autoren wollen sie stets als die Wirkung von Eiterbakterien aufgefasst wissen. Baumgartex macht es wahr- scheinlich, dass es sich um eine Proteolyse, etwa durch ein in den Ba- zillen enthaltenes Ferment, haudeln könne ähnlich der von Friede. Müller 2'^ für die Auflösung pneumonischer Exsudate gegebeneu Erklärung. Welche Eigenschaften des Tuberkelbacillus sind es nun, die auf die Ge- webe den spezifischen, zur Tuberkelbildung führenden Reiz ausüben? Am nächsten liegt es natürlich, die (liftwirkung der Bazillen zur Erklärung heranzuziehen. Wir erinnern daran, dass es gelang (Weyl^^^ Auclair^^] Gifte mit lokaler nekrotisierender Wirkuug in den Bazillen nachzuweisen, soAvie dass ihre Proteine sich stark positiv chemotaktisch erwiesen haben. — Es scheint jedoch, dass wenigstens im Anfang der Tuberkelbildung (im Stadium der Zell Vermehrung) auch der mechanische Reiz, den die junge Bazillenkolonie teils als Fremdkörper, teils durch ihre Wachstumsvorgäuge auf die Umgebung ausübt, einen wesentlichen Anteil hat. Es ist zu be- deuken, dass Injektion toter Bazillen in die Blutbahn lun- dann Knöt- chenbildung zur Folge hat, wenn die eingespritzte Emulsion nicht zu fein war. — Vielleicht ist die beste Erklärung die, dass der formative Reiz auf mechanische, die degenerativen Erscheinungen auf chemische Einwirkung zurückzuführen sind. Daneben betont Baumgartex :ils Ursache auch noch die biologische Wirkung des Bacillus, der dem GcAvebe nicht nur Nährstofte entzieht, sondern auch Zersetzungen einleitet. Mit der fortschreitenden Entwicklung des Tuberkels tritt immer mehr die Giftwirkung der aus den abgestorbenen und zerfallenden Bazillenleibern sich loslösenden Proteine und damit des entzündlich exsudativen Prozesses in den Vordergrund. Schon oben haben wir augedeutet, dass die Gewebselemente des Tuberkels an sich nichts Spezifisches haben. Fremdkörper rufen im Organismus ebenfalls Knötchen hervor, die zum größten Teil aus epitheloiden Zellen bestehen und daneben Einwanderung von Kleinzellen zeigen. Auch liiesenzellen kommen in diesen Frcmdkörpertuberkeln« vor und zeigen ähnliche Anordnung wie in echten: Wenn sie Fremd- körpercheu enthalten, so liegen ebenfalls diese im einen, die Kerne im anderen Pol der Zelle konzentriert. Riesenzellen finden sich übrigens nicht ganz selten auch in Gummata. Unterschieden ist jedoch der Fremdkörpertuberkel von dem echten durch eine weniger typische Anordnung und vor allem durcli den Mangel an Verkäsung. Diese ist in ausgedehnterem Maße nur im echten Tal)erkel vorhanden. Was ihn aber vor allem differenziert, ist das Fehlen infektiöser Eigenschaften. Er lileibt an Ort und Stelle und verbreitet sicli weder im Tierkörper selbst, noch lässt er sich auf ein anderes Tier lllier- t ragen. Litteratur. 1 Baumgarten, Berl. klin. Wochenschr., 1901, Nr. 44—46; Ztsohr. f. klin. Med.. 1885, Bd. 9, S. 93 u. 245; 1886, Bd. 10, S. 24. — -' Makchand. Virch. Arch., 188:J, Bd. 93, S. 518. ^ ■* RiiuiERT, Ziegl. Beitr., 1889, Bd. 6. — * J.Arnold. Virch. Arch., Bd. 82, 83, Hl. SS. 93, 95, 98. -^ ^' Schieck, Zieglers Beitr., 1890, Bd. 20. — Tuberkulose. 123 C' KocKEL, Virch. Arch., Bd. 143, S. 574. — "? Broden, Arch. de med. exper., 1899. — *^ Yersin, Ann. Inst. Pasteur. 188S, S. 245. — '•> Stsciiastm", Virch. Arch., Bd. 115. ^i. 108; Ann. Inst. P.asteur, 1888. — w Tschistowitsch, Ann. de l'Inst. Pasteur, 1889, Bd. 3. — n BüRREL, ebd., Bd. 7, S. fi02, u. Bd. 8, S. 65; 11. Internat, med. Congr. — 12 Pjlliet, Arch. de med. exper., vol. 6, p. 769, 1894. — is Dot.roklonski. Arch. de med. exp., 1890, S. 253. — n Pawlowski. Centralbl. f. Bakt., 1890, Bd. 7, Ö. 213. — 15 Welokeu, Zieglers Beitr.. 1895, Bd. 18. — ^^' Met.schnikoff, Virch. Arch.. Bd. 113. S. 63; Ann. Inst. Pasteur. 1888, ,S. 604; Lee. sur la path. comp, de rinflamm. Paris 1892; Berl. klin. Wochenschr., 1884, Nr. 50' u. 51. — " Weioert, Dtsch. med. Woch., 1885, ,S. 599. — i"* Ziegeei:, Lehrb. d. pathol. Anatomie. — w Weciisberg, Zieglers Beitr., Bd. 29. S. 203, H. 2, 1901. — 2" Schmau.s & Albrecht, Virch. Arch., 1890, Bd. 144, Spl. — -'i Leray, Arch. de med. exp., 1895, Bd. 7. — -- Kostemt,sch & WoLKOw, Arch. de med. exper., t. 4. 1892. p. 74i. — -3 Hauser. Dtsch. Arch. f. klin. Med.. Bd. 40. — ^^ Weyl, 1. c. — -•' Auclair. 1. c. — 20 Mileeij. Zieglers Beitr., Bd. 31. H. 2. 1902. — 27 Müller, Miinch. med. Wochenschr.. 1902. S. 7(;4. — -'S Orth, Nat.-Vers. Hamburg 1901. Bd. 2, S. 10. — 2'' Watanare, Ziegl. Beitr., Bd. 31, 1902, H. 2. IX. Dem Tuberkelbacillus verwandte Mikroorganismen. Bereits bei BeHpreclmiig- der Klassifikation des Tiilterkuloseerreg-ers hatten wir darauf aufmerksam gemacht, dass derselbe keineswegs im System isoliert dasteht. Eine ganze Gruppe \o\\ Mikroorganismen teilt mit ihm wesentliche Eigenschaften, während sie untereinander vielfache Differenzen aufweist und Uebergänge l)is zum Kotz- und Diphtherie- bacillus bildet. Die auffallendste Eigenschaft, welche den Gliedern der Gruppe in mehr oder weniger hohem Grade gemeinsam ist und die derselben auch den Namen gegeben hat, ist die Säurefestigkeit. Alle halten, ein- mal gefärbt, die Farbe energisch gegen chemische Entfärbungsmittel, Ijesonders Säure und Alkohol. Wesentlich ist die fernere Eigenschaft dieser Mikroorganismen, ver- zweigte Fäden und kolbige Auswüchse zu bilden; wenn auch bei allen die Razillenform die Kegel ist, deutet das Vorkommen solch ab- weichender Bildungen auf eine höhere Stellung im botanischen System hin, außerhalb der Klasse der Spaltpilze. Hierin liegt auch die wesent- liche Verwandtschaft mit dem Rotz- und Diphtheriebacillus begründet. Endlich verursachen die säurefesten Bazillen bei solchen Tieren, für die sie pathogen sind, eine Knötchenkrankheit. Die Pathogenität ist dabei sehr verschieden: Von der vernichtenden Wirkung des Tuberkel- bacillus bis zu der, soweit bekannt, völligen Harmlosigkeit des Smegma- bacillus finden sich alle Al)stufungen. Im allgemeinen ist, mit Ausnahme des Bacillus der Hühuertuberkulose, der durch die Bakterien erzeugte Frozess weniger nuiligne als bei echter Tuberkulose, hat mehr die Ten- denz lokal zu bleiben und neigt mehr zu eiteriger Einschmelzung als zur Verkäsung, ol)gleich auch diese vorkommt. Mit der gleichen Ausnahme unterscheiden sich die Kulturen der »säurefesten« von denen der echten Tuberkulose durch ihre Fähigkeit, auch bei Zimmertemperatur, wenngleich langsamer und spärlicher, zu wachsen. Auch entwickeln sich die Kulturen stets schneller als bei Tuberkelbazillen. Glycerinzusatz fördert in allen Medien das Wachs- tum; Gelatine wird nicht verflüssigt, Gasbildung ist nie beobachtet. Alle säurefesten, soweit ge})rüft, scheinen fakultativ anaerob zusein; in Wasserstoffatmosiihäre und überschichtet wachsen sie spärlich; auf der Agarplattel)leiben tiefe Kolonieen stets klein und wenig charakteristisch. 124 O- Cornet & A. Meyer, Besprechen wir uun die Bazillen einzeln. Die Smegmabazillen haben uns bereits im Kapitel über Diflerential- färbung- beschäftigt. Wir kenneu sie als Stäbchen, die an Form und Größe dem Tuberkelbacillus gleichen und nach Karljolfuchsinfärbuiig eine ihm fast gleiche Resistenz gegen Säure, eine geringere gegen Alkohol an den Tag legen; doch geht die Entfärbung spruugweis vor sich, so dass, wenn die einen Stäbchen entfärbt sind, die übrigbleibenden bedeutend stärkere Einwirkung vertragen. C. Fränkel ' und Xeub^eld^ machen darauf aufmerksam, dass sich im Smegma mindestens zwei säurefeste Bazillenarten linden: eine tuberkuloide, schlankere, hellrot »arteriell« gefärbte, und eine diphtheroide, plumpere, dickere, »venös abschattierte«, welche leichter entfärbbar ist, häufig Verdickungen, Keulen und Diplokokkenformen zeigt. Alle Züchtungsversuche, soweit sie ein positives Resultat hatten, (DoUTliELEPONT-', LaSER^, OZAPLEWSKI *^, GrÜXBAUM 1'^, C. FrÄXKEL 1, Neufeld 2), scheinen sich nach C. Fränkel auf die letzteren zu beziehen. Auf Blutagar, Nutrose-Serumagar, Heydenagar gelang die Isolierung im Ausstrich. Es zeigten sich zarte, tautropfenälmliche Kolonieen von säure- festen, ziemlich schlanken, an den Diphtherieliacillus erinnernden Stäbchen, die sich auch auf Glycerinagar, Serum, Bouillon (krümeliges Wachstum ohne Trübung) übertragen ließen. Die Entfärbungsresistenz war, auch wenn auf nicht fetthaltigem Nährboden gewachsen, ziemlich hoch, verlor sich aber bei Fortzüchtung mehr und mehr. Von den tuberkuloiden Smegmabazillen sah nur Neufeld in einem Falle auf Harn- und Ascitesagar mikroskopische Kulturen. Doch war ihre Fortzüchtung unmöglich. Kürzlich berichtete Moi<:LLER' ül)er eine gelungene Züchtung aus einer Kantharidenblase. Leprabacilliis. Da die Kulturversuche des Leprabacillus au anderer Stelle dieses Handbuchs bes])rochen Avordeu, können wir sie übergehen. Das letzte Lustrum hat uns zwei neue Gruppen von säurefesten Ba- zillen gebracht: die Milch- und Butterbazillen (Petri*, Raiuxo- wiTSCH^, Korn'") und die von Moüller aus Pflanzen isolierten. MilchbaziHen. Petri stieß bei peritonealen Injektionen von Butter, die an Meerschweinchen zum Zweck der Untersuchung auf Tuberkel- bazillen unternommen wurden, auf eigentümliche Sektionsbefunde: Die Oberflächen der Bauchorgane waren von peritonitischen Membranen über- zogen, die Leber durch dicke Schwarten mit dem Zwerchfell verwachsen, die Milz in solche Schwarten eingehüllt, das Netz aufgerollt, von Knoten durchsetzt; die Mesenterialdrüsen waren vergrößert und mit knotigen Auflagerungen ähnlicher Art besetzt; in der Bauchhöhle zuweilen etwas seröse Flüssigkeit; die Därme miteinander und mit der Bauchwand ver- klebt; die Sternaldrüsen, die Interkostaldrüsen vergrößert, mit käsigen Massen erfüllt. In diesen Massen, sowie in den schwartigen Auflage- rungen zeigte das Mikroskop eine Unzahl von Stäbchen, die sich färbe- risch den Tuberkelbazillen äußerst ähnlich verhielten.« Sowohl Petri wie später Raijinowitsch gelang die Reinkultur dieser Stäbchen, und da beide ihre Bazillen ziemlich übereinstimmend fanden, hielten sie sie für identisch, zumal namentlich Petri unter den von ihm kultivierten Stämmen nicht geringe Unterschiede fand. Die Bazillen stimmen an Gestalt ungefähr mit den Konischen über- ein, sind aber mitunter etwas dicker. Tuberkulose. 125 Tinktorieil zeigen die Milchbazillen dureluius das glciclic Verb alten wie die Tulierkelba/illen, nur dass in Schnitten aus alkoholgehärteten Organen die Entfärhungsresisteuz sehr gering war, ebenso in Ausstrich- präparaten, die vor der Färbung entfettet wurden. Petri fand die Säurefestigkeit weit geringer, so dass bei dem ZiEiiL-NEELSEX-Ver- fahren sich viele entfärbten. Charakteristisch ist das Wachstum auf Agar: Es bilden sich dicke sahnenartige Beläge, die erst spät orangegelben Farbstoff annehmen und »in sich schrumpfen«. Durch wiederholte Tierpassage ändert sich das Wachstum, so dass ein »trockener, brüchiger Ueberzug« entsteht, der einer Tuberkulose- kultur auf Glycerinagar sehr ähnelt. — Die Bouillonkultur bleibt klar und bedeckt sich mit einer üppigen, gefalteten Membran, entwickelt un- angenehmen ammoniakalischen oder dumpfen Geruch und geringe Mengen von Indol. Eigenartig ist das Verhalten im Tierversuch: In Reinkultur ist das Bakterium nur für Meerschweinchen und auch für diese nur bei intraperitonealer Injektion größerer Mengen pathogen. Es erzeugt so eine Knötcheukrankheit mit peritonitischen Schwarten, welcher die Tiere, je nach der Virulenz des Stammes, in kürzerer oder längerer Zeit (2 Tage bis 2 Monate) erliegen, oder die sie auch überstehen (Hölschek^^). Viel stärker ist die Wirkung, viel ausgedehnter die Läsion, wenn die Kultur zusammen mit Butter injiziert wurde. Tuberkelbazillen, in dieser Weise einverleibt, ergeben übrigens die gleiche Affektion, deren Schilderung durch Petki oben wiedergegeben ist. (Siehe auch G. Mayer '^^ Grassbergeri^, Petterssoni**, Carnevali''^, Freymuth"^, Klein 2fi, TüBLER21). Für den Menschen ist der Bacillus nicht pathogen, wie zwei Selbstversuchc von Heubert im Tübinger pathologischen Institut er- gaben. Petri fand diese Stäbchen unter 102 Butterproben 54 mal (= 52, 9^^%;), Uabinowitsch unter 80 Proben 23 mal (= 28,7^), Santoki in Rom in fast allen Fällen, Keein (London) in 8 von 100 Proben. Ein ähnliches Bakterium isolierte Korn ^^ aus Freiburger Marktbutter. Dasselbe ähnelt in vielen Stücken den beschriebenen; nur die Unterschiede seien genannt: Auf der Agarplatte hebt sich in den oberflächlichen Kulturen der Rand, während das Centrum kraterlormig einsinkt. Auf Kartoffeln farbloses Wachstum, im Gelatinestich gleichmäßiges Wachstum. Der Geruch ist zwar »übel«, aber nicht ammoniakalisch. Vor allem aber verhalten sich Kaninchen und Meerschweinchen refrak- tär, während der Bacillus weiße Mäuse sicher unter ausgedehnter Knötchenbildung tötet. (ilrasbazillen, Moellei; suchte auf Pflanzen nach einer saprophy- tischen Form des Tubcrkelbacillus und kam so zu der Entdeckung seiner drei Mikroorganismen, die untereinander manche Aehnlichkeiten zeigen. Zuerst fand er auf dem Timotheusgras (Phleum arvense), nach- dem er es 24 Stunden in sterilem Wasser in den Brutschrank gestellt, einen säurefesten Bacillus, der dem Tuberkelbacillns sehr ähnelte, dann einen zweiten im Mist verschiedener Pflanzenfresser, einen dritten im Pflanzenstaub auf Futterböden, den er Grasbacillus 11 nennt. Alle waren relativ leicht rein zu züchten. Sie wachsen im Gegen- satz zu den Butterbazillen auf Agar mehr trocken, wenig erhaben, und 126 G. Coruet & A. Meyer. bilden viel früher (am 3. bis 4. Tag) gelblichen bis cUmkeloraugegcllieii Farbstoif. Die oberflächlichen Kolonieen auf Platten liegen dem Näh r- l)oden ziemlich locker auf. Vor allem sind die MoELLEUschen Mikro- organismen noch weit säurefester als der Tuberkelbacillus selbst. Geruch und ludolbildung fehlen ihren Kulturen. Der Timothec- und Mistbacillus, die manche Aehnlichkeit auf- weisen und von PetterssonI^ für identisch erklärt werden, Avachsen am besten bei hohen Temperaturen, 45 — 50°. Untereinander unter- scheidet sie hauptsächlich das Verhalten gegen Bouillon: der Timothee- bacillus bildet ein zartes Häutchen auf der klaren Bouillon. Der Mist- bacillus trübt sie und bildet einen strähnigen Bodensatz. Ferner haben die Agarplattenkohinieen des letzteren in der Mitte oft Knöpfchen, die dann kraterartig einsinken, während ersterer trockene Schüppchen bildet. Der Grasbacillus II zeichnet sich aus durch die besondere Leich- tigkeit und Reichhaltigkeit, mit der er verzweigte Fäden bildet, über- haupt durch seine große Pleomorphie, sowie Beweglichkeit in jungen Kulturen. Das Wachstum auf Bouillon steht zwischen den beiden genannten Bazillen: Häutchen an der Oberfläche, strähniger Satz, die Bouillon bleibt klar. Dem Timothec ähnliche, säurefeste Bazillen hat Herr22 auf Gersten- und Weizenkörnern und unter 13 Proben 10 mal in der Ackererde gefunden. Der Gedanke läge nahe, den einen oder anderen der M(JELLEitschen Bazillen mit den Butterbazillen zu identifizieren, da so die Infektion der Milch sich erklären würde (Petterssun). Immerhin liegen kulturelle Unterschiede vor, die nicht ganz vernachlässigt werden können, jedoch ist eine Ilmzüchtnng vielleicht möglich. Welcher der Bazillen hierzu der geeignetste is^, lässt sich kaum entscheiden. Es bleibt noch ein von Karlin'ski ^'^ ans Naseusclileim gezüchteter Ba- cilhis zu beschreiben, der sich unter 235 Fällen bei 19 Gesunden und Kranken fand. Da der Bacillus eine ziembch bedeutende Säurefestigkeit be- sitzt, ist gar nicht abzusehen, wie oft er bei Untersuchungen des Nasen- schleimes Tul)erkel- oder I^eprabazillen vorgetäuscht hat: eine neue Mahnung, Tiiberkelbazillen (außerhalb des Sputums) nur da anzunehmen, wo sie durch Tierversuch oder Züchtung beglaubigt sind. Es werden 2 Methoden der Difl'erenziernug angegeben: 5 ^Minuten lange Entfettung in Chloroform oder Aether hebt die Säurefestigkeit auf; heißes Wasser entfärbt in lY'i Minuten, während Tuberkelbazillen auch 4 Minuten langer Einwirkung widerstehen. Der Bacillus ist für den Menschen nicht pathogen. Litteratur. I C. Fkänkel. C. f. Bakt.. Bd.29, S.l. — ^Neufku), Z. f. Ilyg., Bd.31), II. 2. J«.K)1 ; C. f. Bakt., Bd. 29. — 3 Doutrelepont, Vjschr. f. Deruiat. Bd. 14. S. 101. — * Buit- uoni-Uffreduzzi, Arch. f. Hyg., Bd. 3. "1SS7. — ^' La.ser. Wien. med. Woch., 1897, Nr. 43. — « C/aplewski, Münch. med. Woch., 1897, Nr. 43. — ' Moeller. Ver. f. inn. Med.. Berlin, ;-5. II. 1902: Dtsch. Med.-Ztg.. 1902, S. 137; Centralbl. f. Bakt., Bd. 31, H. 7. — •'^ Petki. Arb. a. d. Kaiserl. Ges.-Amt. Bd. 14, 1897. — '' Rauino- wiTSCH, Zeitschr. f. Hyg.. Bd. 26, S. 30, 1897. — i'» Korn. Centralbl. f. Bakt., Bd. 25, 8.532, 1899. — ^ Mokller, Dtsch. Med.-Ztg.. 189S, S. 135: Ther. Monatsh.. 1898, Nov.; Dtsch. med. Woclienschr., 1898. S. 376: Centralbl. f. Bakt.. Bd. 25, S. 3(iK: Bd. 30, S. 513, 1901. — i^ hölscher. Wien. klin. Ruudsch.. Nr. 51. 1901; Centralbl. f. Bakt., Bd. 29, S. 425. — i^' Mayer, Centralbl. f. Bakt., Bd. 26, S. 321. 1899. — « Grassberger. Münch. med. Woch., 1899, Nr. 11 u. 12. — i'' Carnevali, Ann. d. ig. sperim., Bd. 10, 8. 470. — i^ Frevmuth, Centralbl. f. Bakt., Bd. 29, S. 530. — 1" Karlinsiu, ebd., Bd. 29, S. 521. — i« Pettersson, Berl. klin. Wochenschr.. 1899. Tuberkulose. 127 S. öfi2. — 1" Gut NBAUM. MüDcli. med. Wochenschr.. 1897, S. 1192. — -" Klein, Cen- tralbl. f. Rakt.. Bd. 28. 8. 111, 190O. — ^i Tobler, Ztschr. f. Hyg.. Bd. 86. S. 120. — ^-' Herr, ebd., Bd. 38. S. 201. 1901. — '^^ Baranmkow, Centralbl. f. Bakt., Bd. 31. H. 7, 19U2 (Sraegraabacillus;. — ^^ Kayserling, Ztschr. f. Tub., Bd. 3, H. 1, 1902. X. Geflügeltuberkulose ; Fischtuberkulose. Die größte Aehnlichkeit mit dem Erreger der menschliclien Tuber- kulose besitzt der Bacillus der Geflügeltuberkulose, so dass beide lange für identisch galten, und eine Reihe von Missverständnissen daraus entsprang. Die Tuberkulose des Geflügels befällt vorwiegend Hühner, Fasanen, Tauben, Truthähne, während Enten und Gänse davon verschont bleiben. Sie ist eine der häutigsten Krankheiten des Geflügelhofes, ZtJRN 1 fand unter 600 Sektionen von Hühnern 62 mal Tuberkulose. Bei der Autopsie zeigen sich erbsen- bis Avallnussgroße weißgelbliche Knoten in Darm und Leber. Dieselben sind hart und oft reich an Kalkab- lagerungen. Koch 2 wies als erster nach, dass diese Knoten von säurefesten Bazillen wimmeln, die er für die gewöhnlichen Tuberkelbazillen nahm, da er sie in Form und Färbung durchaus mit diesen übereinstimmend fand. Da er die Bazillen bis in die Darmzotteu verfolgen konnte, und stets fast nur der Digestionsapparat erkrankt war, schloss Kocn auf Infektion vom Darme aus, vermutlich infolge des Verschluckens mensch- licher Sputa. Als jedoch Nocaku und Kuux ihre Glycerinnährböden entdeckt hatten, erschienen von französischen Autoren (Nocaiu) t^Roux'', Yersix', Met.schnikoff'') Angaben über Aenderungen des Charakters der Kul- turen, die man anfangs als Folge des neuen Nährbodens ansah: das Aussehen der Kulturen, ihre Konsistenz war anders, sie wuchsen bei 43" und mehr, erzeugten l)ei Kaninchen und Meerschweinchen nicht das sonst so prompt auftretende Krankheitsbild. Koch kam dann LSQO auf den Grund dieser Unterschiede: die französischen Forscher hatten mit Kulturen gearbeitet, die ihren Ursprung von einem tuberkulösen Fasan ableiteten. Vorher schon hatten Rivolta'^ auf Grund der Schwierigkeit der Uebertragung tuberkulöser Produkte von Säugetieren auf Vögel, Mafkucci", der die Hühnertuberkulose besonders gründlich studierte, wegen der kulturellen Unterschiede sich für eine Trennung beider Arten ausgesprochen. Der Bacillus der Gcflügeltuberkulose gleicht morphologisch dem Tuberkelbacillus des Menschen durchaus. Nur neigt er mehr zur Pleomorphie. Alle Wuchsformen des menschlichen Bacillus finden sich auch bei ihm, nur öfter: Kolben, ungefärbte Vakuolen, sporen- ähnliche Körnchen, Fäden; besonders bei hoher Temperatur gewachsen, produziert er reiche verzweigte Fäden. Auch die Färbung ist die gleiche, nur dass er leichter sich mit kalten, wässerigen Lösungen von Anilinfarben anfärbt. Die Kultur zeigt dagegen wesentliche Unterschiede. Zunächst geht sie leichter an. Sie entwickelt sich, von rimdlichen feuchten Flecken beginnend, binnen 10 — 15 Tagen zu einer kontinuierlichen, wachs- weißen, mattglänzenden Schicht, die feucht und fett ist, und nach einigen Wochen Falten wirft und sich gelblich färbt. Unterscheidet sich so das Aussehen wesentlich von dem trockenen, scholligen, warzigen der Säuger- 128 Cr. Coruet & A. Meyer. tuberkulöse, so ist Musscliluggebeucl die Konsistenz: Hühnertuberkulose zieht sich, ist weich und lässt sich gut verteilen, menschliche ist brüchig, spröde, hart, schwer zu verreiben. Ledüux-Lehard^ erklärt die Unter- schiede der Konsistenz zum größten Teil aus der mikroskopischen Struktur der Kolonieen : die Fadenkuäuel, aus denen sich die Kolonie des menschlichen Tuberkelbacillus zusammensetzt, sind länger und enger miteinander verflochten und bedingen so den festeren Zusammenhalt. — Auf Bouillon ist der Unterschied der gleiche; auch wächst Hühner- tuberkulose etwas besser am Boden der Bouillon, als die der Säuger (Straus). Der vielleicht wesentlichste Unterschied beider Bazillen ist die Wachstumstemperatur: während der Erreger der Säugertuberkulose über 40, höchstens 41'* nicht gedeiht, wächst der der Vogeltuberkulose leicht bei 40 — 45", selbst bei 45 — 50", jedoch dann pleomorph (Maf- Fucci). Auch ist die Lebensdauer der Geflügelkolonieen größer. Mapfucci fand eine Kultur noch nach 2 Jahren entwicklungsfähig. Die histologischen Veränderungen sind ähnlich; auch Riesenzellen, von einigen Autoren bestritten, wurden von anderen nicht selten ge- funden. Auffallend ist die ungeheuere Menge von Bazillen. Die Pathogenität des Bacillus tub. avium ist für die verschiedenen Säugetiere recht verschieden (Stkaus & GAMALiörA-^). Das Meer- schweinchen, ein untrügliches Reagens auf Säugertuberkulose, verhält sich gegen Vogcltuberkulose ziemlich resistent. Erkrankt es, so ist die anatomische Läsion gering; die Verkäsung der Leistendrüsen und der Milz, der allgemeine Ausbruch miliarer Tuberkel fehlt, ob die Bazillen intravenös oder subkutan, intraperitoneal oder intrapulmonal eingeführt waren. Am konstantesten ist die (rote) Milzschwellung. Die Ab- magerung ist gering, der Tod tritt nach 10 — 30 Tagen ein. Der Hund ist gegen Vogeltuberkulose fast ganz immun; nur die intravenöse Injektion kolossaler Mengen (10 — 20 ccm dicker Bakterien- emulsion) tötet ihn rein toxisch, ohne Tuberkulose. Da.s Kaninchen, gegen menschliche Tuberkulose resistenter, er- krankt leichter an Vogeltuberkulose, der es schnell erliegt. Der Befund ist meist ähnlich wie beim Meerschwein: Milzschwellung, sonst geringe anatomische Läsion. Auch das Pferd (Nocard ^o) ist für ])eide l^azillen empfänglich ; Vogel- tul)erkulosesoll>' typeabdominal«, menschliche »type pulmonal« hervorrufen. Hühner und Tauben erkranken an dem für sie charakteristischen Krankheitsbilde. Ob sie für Säugertuberkulose empfänglich sind, ist eine viel diskutierte Frage. Berichte von Hühnerhöfen, auf denen epide- mische Tuberkulose auftrat, infolge Anwesenheit eines phthisischen Be- diensteten, dessen Sputum gefressen wurde, bedeuten wenig gegenüber Versuchen von Straus & WuRz^i, später Nocard, die Hühner Monate, bis 1 Jahr lang mit phthisischem Sputum und Lunge fütterten, ohne dass die Tiere erkrankten. Injektionsversuche mit Tuberkulosekulturen vom Menschen ergaben (Hip. Martin '-, G.ärtner ^■\ Straus & Würz i^, Nocard ^o und Auclair '^) negative Resultate. Die Bazillen bleiben al)er in der Taube mindestens 14 Tage am Leben und lokalisieren sich meist in den Organen, Leber, Lunge u. s. w. ; doch ergaben Weiterimpfungen mit diesen Organen (Auclair'^) oder mit dem Blute (Martin, GrÄRTxi:Ri noch längere Zeit (Martin bis 7^ 2 Monate) nach der Infektion eine langsam verlaufende, oder lokale Tuberkulose bei Meerschweinchen. Ob letzterer Umstand Tuberkulose. 129 Folge einer Abschwäeliung oder der geringen Zahl der Bazillen ist, bleibt dahingestellt. KocH^ erzielte dagegen positive Ergebnisse; Caüiot, Gilbert & Roger 1-^ sahen von 40 Tieren nur 5 an kleinen Tuberkeln der Abdo- minalorgane erkrankt, die au Hühner nicht weiter verimpf bar waren. (Siehe auch Palmidessi 1*5.) Gegen die auf solche Unterschiede basierte »Dualitätslehre«, nach der es sich um zwei völlig verschiedene Arten von Bazillen handelt, wurde die »Unitätslehre«, wenngleich in veränderter Form, weiter verfochten. Die Schwierigkeit direkter üebertragung wird anerkannt, ebenso die Verschiedenheit der Kulturen. Aber es soll sich um eine ZUchtungsdifierenz handeln, die durch den Aufenthalt im Vogel- bezw. Säugetierkörper verursacht ist. Zum Beweise versuchte man beide durch UmzUchtuug einander zu nähern. Dies gelaug durch Züchtung der menschlichen Tuberkulose auf Hühnerei und Borsäureglycerinagar (Fischel i^), in Glycerinbouillon (sogen, homo- gener Kultur) (Nicolas i^) ; in beiden Fällen wuchsen die Bazillen, auf die üblichen Nährmedien zurückgepflanzt, weich, feucht und glänzend, und be- wahrten diese Eigenschaft ein Jahr und iu 6 Generationen (Nicolas). Da- gegen Vogeltuberkulose konnte Fischel durch Thymolzusatz zum Agar trocken und warzig wachsen lassen. Dagegen bleibt der Unterschied iu der Patho- genität nach Fischel bestehen. CouRMONT & Dor19 fanden Vogelkultur, nachdem sie 3 Jahre lang auf künstlichen Nährböden gezüchtet war und den Kaninchenkörper passiert hatte, äußerst virulent für Meerschweinchen, bei denen allgemeine Miliartuberkulose nach subkutaner Impfung entstand; nach erneuter Passage durch das Huhn ging aber diese Meerschweiuchenpathogenität sofort verloren, Aehulich sind Nocards ^^ Versuche: Er brachte Bouillonkultur von Säuger- tuberkulose in Collodiumsäckchen in den Peritonealraum von Hühnern, so dass sie durch Diffusion mit den Säften des Organismus in Berührung standen: nach 4 — 6 Monate langem Aufenthalt brachten sie bei Kaninchen und Meer- schweinchen Veränderungen hervor, die den durch Bacillus tub. avium hervor- gerufenen glichen; nach 3 maliger Passage hatten sie auch Pathogenität für Hühner erlangt. Endlich soll erwähnt werden, dass öfters Tnberkelbazillen vom Menschen gezüchtet wurden, die wie Vogeltuberkulose wuchsen (Vagedes^", NocARD^'^ u. a.). Freilich versicherte Straus, jede solche Kultur durch Prüfung der Konsistenz, Wachstumstemperatur u. s. w. unterscheiden zu können. Es sei noch erwähnt, dass Papageien eine Zwischenstelluiig ein- nehmen, indem sie besonders für Säugertuberkulose, aber auch für die des Geflügels empfänglich sind (Cadiot, Gilbert & Roger i^). Im ganzen haben die »Unitarier« die beiden Bazillen einander sehr nahe gebracht und ihre enge Verwandtschaft bewiesen; zu einer wirk- lichen UmzUchtuug jedoch scheint es bisher nicht gekommen zu sein, trotz emsiger und geistreicher Bemühungen. Und so neigt sich auch heute noch die Schale auf die Seite der Dualität. Fischtuberkulose. Weit weniger kann ein Bacillus auf Verwandt- schaft mit dem Tuberkuloseerreger Anspruch machen, den Bataillon, Dübard & Terre i aus dem Bauchwandtumor eines Karpfens isolierten und den sie »Bacillus tuberculosis piscium« nannten. (Ferner studiert von Kral & Dübard'-; Dübard' u. a.) Handbucli dei- pathogeneii Mikroorganismen. II. 9 130 G. Cornet & A. Meyer, Er ist dem Tuberkelbacillus sehr ähnlich, ziemlich säurefest, färbt sich mit gewöhnlicher Farbe schlecht, wächst auf fast allen Medien bei niederer Temperatur von 12 — 36" mit dem Optimum von 25°. Er bildet auf Agar und Kartoffeln weiße, sahnige oder seifenartige Kolo- nieen; die Bouillon bleibt klar, nach 3 — 4 Tagen flockiger Bodensatz, nach 9 — 10 Tagen zeigt er verzweigte Fäden, die oft spitz ausgezogen sind. Im Gewebe liegt er meist in den Zellen, besonders in Riesen- zellen in schöner Strahlenkranzform. Für Frösche ist der Fischtuberkel- bacillus pathogen; er tötet sie bei Injektion in den Lymphsack in einigen Wochen bis Monaten, oft unter Krämpfen. Es finden sich Tuberkel der inneren Organe mit Verkäsung (?) besonders in der Leber. Bataillon et Tkrre^ und DuBAKD^ haben nun aus Fröschen, die sie mit Säuge- tiertuberkulose geimpft hatten, einen der Fisehtuberkulose ähnlichen oder damit identischen Bacillus gezüchtet, der gleichfalls Wachstum bei niederer Temperatur und veränderte pathogene Eigenschaft zeigte. Sie hielten sich daraufhin zur Annahme einer Art Umzüchtung des Tuberkel- bacillus, mittels Passage durch den Kaltblüterorganismus, berechtigt. Diese Versuche, schon an sich durch den ungleichartigen Ausgang (einmal waren es bewegliche, einmal unbewegliche Bazillen] zweifelhaft, fanden bei mehrfachen Nachprüfungen von anderer Seite (Auche & HoBBS^, LuBARscH*', SiON ' Herr^ u. a.) keine Bestätigung. Das Ergebnis war, dass Tiiberkelbazillen vom Menschen in den Bauchlymphraum oder unter die Nackenhaut eines Frosches verimpft, infolge der anatomischen Eigentümlichkeit des Froschkörpers (Lubarsch gegen Sign) in alle inneren Organe verschleppt werden, ohne sich zu vermehren; nur um größere Bazillenhaufen bilden sich in den Organen (nach DuBARD, Auche & Hobbs — nur an der Impfstelle nach Lu- barsch — j sogenannte Fremdkörpertuberkel, genau wie nach Injektion toter Bazillen. Noch nach 5—6 Monaten konnte Lubarsch die Bazillen in den Organen durch Schnitte und Züchtung, Sion an der Impfstelle durch den Tierversuch nachweisen, ohne eine wesentliche Veränderung ihrer Eigenschaften, außer einer Abschwächung ihrer Virulenz (Lubarsch) zu bemerken. Für Fische wiesen ferner Hormann & Morgenroth ^, Nicolas & Lesieur^ö u. a. übereinstimmend nach, dass sie tuberkulöses Sputum ohne Schaden fressen, und dass sich die Tuberkelbazillen in den Organen nicht vermehren, aber noch nacli 1 Monat entwicklungsfähig sind. Worauf diese abweichenden Kesultate von Bataillon & Terre u. s. w. zurückzuführen sind, ist nicht festgestellt; vermutlich haben die Autoren einen Parasiten ihrer Versuchstiere gezüchtet. Das gleiche gilt von dem der Fischtuberkulose sehr nahe stehenden Bacillus der Blind- schleichentuberkulose, denMoELLERii von einer mit tuberkulösem Sputum geimpften Blindschleiche gezüchtet zu haben angiebt (Herr*). Litteratur. a)_ Hühnertuberkulose: i Zürn, cit. n. Straus-i. S. 188ff. — - Koch, Mitt. d. Kais. Ges.-Amts. 18S4; Int. med. Kongr., Berlin 1890, »über bakteriologische Forschung«. — =< Nocard & Roux, Ann. Inst. Pasteur, 1887, Bd. I, S. 19. — 4 Yersln, Ann. Inst. Pasteur, 1888, S. 60 u. 245. — "' Metschxikoff, Virch. Arcb.. Bd. IIH. — 6 RivoLTA, Giorn. di Anat. e fisiol, 1889, H. 1. — " Maffucci, Ztschr. f. Hyg., 11, H. 3; Rif. med., Mai 1890. — ^ Ledoux-Lebard, Arch. de med. exper.. 1898, S. 337. — 'J Straus k Gamaleia, Arch. de med. exper., 1891, Bd. 3, S. 457. — 10 Nocard, Ann. Inst. Pasteur, 1898, S. 561; Rec. de med. vet, 1885, S. 92 u. 98; Forsch, d. Med., 1886, S. 112. — " Straus & Würz, 1888, cit. n. Straus2i. — 12 Hip. Martin, Arch. de med. exp^r, Bd. 1, 1889, S. 77. — i3 G;vrtner, Ztschr. f. Tuberkulose. 131 Hyg., Bd. 13, 1893. — i* Auclair, Arch. de med. exper., 1897, S. 277. — is Cadiot, Gilbert & Roger , Soc. de biologie, 1898, S. 1065, 1112, 1113. — if- Palmidessi, Fortschr. d. Med., Bd. 8. S. 23. — i' Fiscuel, Untersuchungen über die Morphologie und Biologie des Tuberkuloseerregers, Wien u. Leipzig, 1893 BrauinüUer). — 1^ Nicolas. Compt. red. soc. biol., 1899, S. 617. — i'' Courmont & Dor, Arch. de med. exper., 1891. — -" Vagedes, Ztschr. f. Hyg., Bd. 28, H. 2, S. 627, 1898. — -i Straus, La tuberculose et son bacille, Paris (RueffeV'Co.) 1895. — 22 Bollinger, Allg. med. Ctr.-Ztg., 1885, S. 1731. b) Fischtuberkulose: ^ Bataillon, Dubakd & Terre, Compt. rend. soc. biol., 1897, S. 446. — -' Kral & Dubard, Rev. de la tub., 1898, S. 129. — 3 Dubard, Bull. acad. d. med,, 1897, S. 580; Centralbl. f. Bakt., Bd. 24, 8.85; Rev. d. 1. tub., 1898, S. 13: Bourgogne med., 1900. — 4 Bataillon & Terre, Compt. rend. Acad. Scienc, 1897, S. 1399 und 1898, S. 538; Compt. rend. soc. biol, 1899, S. 608. — 5 AucHE & HoBBS, Compt. rend. soc. biol., 1897, S. 929; 1898, S. 13; 1899, S. 816 n. 817. — 6 LUBARSCH, Centralbl. f. Bakt., Bd. 28, 8.421, 1900. — ' Sign, ebd., S. 710, 1900. — « Herr, Ztschr. f. Hyg., Bd. 38, 8. 198, 19ül. — 0 HormaxNN & Morgenroth, Hyg. Rundsch., 1899, S. 857. — w Nicolas & Lesieur, Compt. rend. soc. biol., 1899, 8. 714. — " Moüller, Dtsch. med. Woch., 1894. — 12 Ledoux- Lebard. Ann. Inst. Pasteur, 1900, Nr. 8 ; Compt. rend. soc. biol., 1898, S. 601. — 13 Herzog, Centralbl. f. Bakt., Bd. 31, H. 3, 1902. XI. Bacillus der Perlsucht. Während die Frage nach der Identität des Bacillus der Hühner- tuberkulöse mit dem der menschlichen ein wesentlich theoretisches Inter- esse hat, nimmt der Erreger der Perlsucht vom Standpunkt der praktischen Prophylaxe unsere Aufmerksamkeit in höchstem Grade in Anspruch. Denn da Fleisch und Milch der Rinder ein Hauptnahrungs- mittel bilden, und in beiden oft in größerem oder geringerem Prozent- satz der Fälle Bazillen nachgewiesen wurden, so ist die Frage, ob es sich hier um den Erreger der menschlichen Tuberkulose handelt oder nicht, von hoher Wichtigkeit. Der Beantwortung stellen sich aber noch größere Schwierigkeiten entgegen als beim Hühnerbacilhis. Die Perlsucht der Rinder, auch beim Schwein, Ziege, Schaf u. s. w. vorkommend, baut sich, wie die menschliche Tuberkulose, aus Knötchen auf, welche auch eine entsprechende mikroskopische Struktur besitzen. Dagegen ist sie ausgezeichnet durch die Größe der Knoten, die im Parenchym meist im gesunden Gewebe eingebettet liegen, besonders häufig aber die serösen Häute befallen und hier meist gestielte, derbe Tumoren bilden. Die Knoten sind von Anfang an fibrös und gehen dann sehr schnell in Verkäsung und Verkalkung über, so dass selbst kleine Tuberkel schon Kreideherde enthalten. Die Tendenz zur Erweichung ist dagegen gering, ebenso kommt es selten zu Kavernen- bildung und zu akuter Generalisation. Die sekundäre Entzündung der serösen Häute imd die Mischinfektion spielen gleichfalls eine geringe Rolle in der Pathologie. Klinisch gestaltet sich diesem anatomischen Bilde entsprechend der Verlauf äußerst langsam, und wird die Ernäh- rung zuweilen wenig beeinträchtigt. Ist nun dies verschiedene Krankheitsbild der menschlichen und Rinder- tuberkulose auf eine Verschiedenheit der Erreger zurückzuführen, oder auf verschiedene Wirkung des gleichen Erregers in verschiedenen Medien? Mit anderen Worten, sind beide anatomisch unterschiedenen Kraukheiten ätiologisch identisch oder nicht? Mit dieser Frage deckt sich nicht jene, ob menschliche Tuberkulose auf Rinder übertragen werden kann und umgekehrt: denn der Umstand, dass dieselbe Species für beide Erreger empfänglich ist, beweist noch nicht deren Identität; aber Nicht- übertragbarkeit beweist Nichtidentität. 9* 132 G. Cornet & A. Meyer, Die Rindertuberkiüose zeigt große Differenzen in der geograpliischen Verbreitung, die der Menschen schwankt in relativ engen Grenzen. Auch decken sich die Gebiete nicht immer. In Norddeutschland existiert wesentlich mehr Perlsucht als in Sttddeutschland, während bei menschlicher Tuberkulose das Verhältnis zu Gunsten Norddeutschlands liegt. Daraus lässt sich aber gegen die Identität nichts ableiten; denn den Hauptfaktor menschlicher In- fektion bildet die Inhalation, der gegenüber die Nahrungsinfektion nur eine untergeordnete Rolle spielt. Ob dieser mehr nebensächliche Faktor nun erhöht, oder vermindert wird, vermag für die Gesamtsumme keinen Ausschlag zu geben. Morpliologiscb und kulturell besteht zv^^isclieii den ebenfalls von Koch in Perlsuchtmaterial nachgewiesenen Bazillen und den aus menschlichen Krankheitsprodukten stammenden gar kein Unterschied. Wenn Hueppe ihnen eine etwas abweichende Form, mehr den Lepra- bazillen ähnlich, zuschreibt, so sind das Ditferenzen, wie sie auch unter menschlichen Tuberkelbazilleu vorkommen. Auch der Färbung gegen- über verhalten sie sich gleich. Schon lange vor der" Entdeckung des Tuberkelbacillus, 1868, tiber- trug ViLLEMix Perlsuchtmaterial auf Kaninchen und konstatierte genau die gleichen Veränderungen, wie sie durch tuberkulöses Material vom Menschen hervorgebracht werden. Auch an Meerschweinchen und Hunden sind die Läsionen dieselben; jedoch »fehlte es nicht», wie Koch sagt, »an Andeutungen, welche eine Verschiedenheit der beiden Tuberkuloseformen wahrscheinlich machten«. Oft ündet man größere Virulenz der Rinderbazillen den Versuchstieren gegenüber verzeichnet. Dass perlsüchtige Rinder auf Tuberkulin reagieren, das aus menschlichen Kulturen stammt, beweist wenig; denn sie teilen die Reaktion mit Leprösen und Aktinomykotikern. Es handelt sich eben beim Tuberkulin um eine Gruppenreaktion. Eine strittige Frage ist nun die nach der Uebertragbarkeit der Menschentuberkulose aufs Rind. Hier hat Kocn^ kürzlich ange- setzt, um die Nichtideutität der Bazillen zu beweisen. Koch experimentierte 1899 — 1901 mit Schütz gemeinschaftlich au 19 jungen Rindern, denen er Kulturen aus menschlichem Sputum subkutau, intra- peritoneal und intravenös injizierte, sowie durch Verfütterung und Inhalation beibrachte; 6 davon wurden 7 — 8 Monate lang fast täglich mit bazillen- haltigem Sputum gefüttert, 4 inhalierten große Mengen von Bazillen-Auf- schwemmung. Nicht ein Mal gelaug die Erzeugung von Tuberkulose. Die Tiere nahmen au Gewicht zu, ihre Organe erwiesen sich unverändert, und nur an den Injektionsstellen fanden sich kleine Abszesse mit wenigen Bazillen, wie nach Injektion toter Bazillen. An 6 Schweinen, die mit menschlichem Material gefüttert wurden, zeigten sich nur vereinzelte Knötchen in den Halsdrtiseu, und in einem Falle graue Knötchen in der Lunge; intravenöse Injektionen bei Eseln, Schafen und Ziegen ergaben ähnliches Resultat. Kontrollversuche mit Perlsuchtmaterial bezw. einer Kultur aus perlsüchtiger Lunge erzeugten ausnahmslos schwere Infektion. Auch Cornet führte 1889 Impfungen mit menschlicher Tuberkulose auf die Schleimhäute dreier junger Schweine, die ihm v. BerCtMANN zur Verfügung stellte, aus, ohne dass die Schweine, ca. 6 Monate später getötet, tuberkulöse Veränderungen zeigten. Koch beruft sich auch auf ähnliche Erfahrungen von Chauveau^, Gün- ther & Harms, Bollinger^^, Dammann u. a. aus der älteren Litteratur, Tuberkulose. 133 vou Smith 1^, DiNWiDDiE^^ iiud Repp aus den letzten Julireu. Auch Gaiser^b berichtet über eineu negativen ausgefallenen Uebertragungsversuch. So sehr diese Versuche, von autoritativer Seite angestellt, auch zu denken geben, so zeigt doch die Litteratur eine Anzahl anscheinend ge- lungener Uebertragungen. Schon 1872 hat Chauveau-, der menschliche Tuberkulose aufs Rind übertrug, berichtet, dass man den erzeugten Läsionen nicht ansehen könnte, ob sie durch menschliche oder Rindertuberkulose liervorgerufen waren. So injizierte er Emulsion, die aus einer miliartuberkulösen Rinderlunge bereitet war, in die Jugularis eines Kalbes und traf bei der, nach 29 Tagen erfolgten Tötung, auf Tuberkulose der Lunge und der Brouchialdrüsen. Seine Ver- suche (7) mit subkutaner Impfuug mit menschlichem Material zeigten stets lokal einen tuberkulösen Tumor und entsprechende Atfektion der nächsten Lymphdrüse, während Generalisation vermisst wurde; der Erfolg war der gleiche, wenn Perlsuchtmaterial benutzt wurde. Ferner teilt Crookshank^s einen positiven Uebertragungsversuch mit. Klebs3 i-ief das Bild der Perlsucht durch intraperitoneale Impfung hervor. BoLLiNGER^ impfte 1879 ein 3 monatliches Kalb intraperitoneal mit der Flüssigkeit eiuer menschlichen tuberkulösen Lunge; nach 7 Monaten getötet, wies es echte Perlsuchtknoten des Bauchfells, in Form gestielter Tumoreu, auf. Prettser^ spritzte noch neuerdings 2 jungen Kälbern ins Peritoneum und die Ohrvene die Aufschwemmung einer Bazillenkultur, die von einem mit menschlichem Material geimpften Meerschweinchen erhalten war. Das eine Kalb starb unter hohem Fieber nach 21 Tagen, und wies erhebliche Tuberkulose der Nierenoberflläche, des Mesenteriums sowie der Mesenterial- und Bronchialdrüsen auf. — Das andere, nach 2 Monaten getötet, hatte zahl- reiche Perlknoten am Bauchfell, tuberkulöse Perisplenitis, wachsartige Dege- neration der Bronchial- und Mesenterialdrüsen. Arloinc4^'' erzeugte an 2 — 3 Kälbern, ferner Ziegen und anderen Tieren, im ganzen 16, mit Kartoffelkulturen stets Tuberkulose, die weiterverimpft werden konnte. MoELLER^^ dagegen erhielt negativen Erfolg und konnte Tuberkelbazillen nur gemeinschaftlich mit Butter zum Haften bringen, wobei dann die gleichen Veränderungen wie mit Pseudotuberkelbazillen hervorgebracht wurden. Nach Behring (Bericht in der Akad. d. Wissensch. Stockholm) sollen frisch aus dem Menschen gezüchtete oder vorher durch Ziegen gegangene Bazillen für Rinder große Virulenz besitzen. Diese und einige andere Versuche scheinen für die Möglichkeit der Uebertragung vom Menschen aufs Rind zu sprechen, und die Erzeugung perlsuchtähnlicher Tumoren (Klebs, Bollinger, Prettnek) scheint auch zu zeigen, dass besondere (unbekannte) Eigenschaften der Tierart es sind, die das abweichende pathologisch-anatomische Bild be- dingen. Aber es lässt sich nicht leugnen: Einzelne Experimente sind immer unzähligen, oft unübersehbaren Zufälligkeiten ausgesetzt. Was dem Experiment die sieghafte Kraft des Beweises giebt, ist erst die große Anzahl stets gleichartiger Resultate. Die Frage harrt also nach dieser Seite noch der endgiltigen Erledigung durch imifangreiche mit allen Kautelen angestellte Versuche, wenngleich nach den neueren Versuchen, zu denen auch v. Behrings Experimente zählen, die Ansicht Kochs richtig zu sein scheint, dass die Menschentuberkulose nicht auf das Rind übertragbar ist. 134 Gr. Cornet & A. Meyer, Noch wichtig-er ist die andere Seite der Frage, ob nämlicli Tuber- kulose des Kindes auf den Mensehen übergehen kann? Hier sind wir auf die immerhin unsichere, mehr zufällige, klinische Beobachtung an- gewiesen. Im wesentlichen kommen drei Modi der Infektion in Betracht : durch Inhalation, durcli Wunden, und durch den Darmkanal. Auf dem Wege der Inhalation ist eine Ansteckung des Menschen durch das Tier wohl denkbar. Dabei ist ein weit geringerer Wert der Vertrockuung der infektiösen, tierischen Se- und Exkrete beizumessen, weil die Stallluft in der Regel zu feucht ist, um eine so intensive Ver- ' trocknung, wie sie ein inhalationsfähiges Pulver zur Voraussetzung hat, zu gestatten. Hier spielt ohne Frage die von Flügge anderwärts so übertriebene Tröpfcheninfektion eine nicht unwesentliche Rolle ; denn das Tier hustet, spuckt aber nicht, sondern das Sekret kommt meist aus der Nase lieraus und wird durch forcierte Exspirationsstöße verstreut. Die Verhältnisse liegen hier ganz anders, als beim Menschen, wie Cornet dies schon an anderer Stelle hervorhob. In der That liegen nun mehrfache Mitteilungen vor, nach denen das Wartepersonal in Ställen mit viel tuberkulösen Kühen infiziert wurde, aber sie sind doch bis heute nicht zahlreich genug und nicht genau genug beobachtet, um als Bew^eismittel zu gelten. Maßgebender sind die Wundinfektionen durch tierische Tuberkelbazillen, zumal hier auch das Moment der Infektion und der sichtbaren Erkrankung hin und wieder genauer sich verfolgen lässt. Wir finden auch eine Reihe solcher Erkrankungen publiziert, welche alle im Anschluss an eine Hautverletzuug bei der Sektion tuberkulöser Rinder entstanden sind. So zog sich ein Tierarzt, vou dem L. Pfeiffer'' berichtet, bei Perl- siichtsektiou eine Gelenkverletznng zu, und starb nach 18 Monaten au einer sich daran schließenden Lungentuberkulose. Ein Schlächter, der sich an der Hand bei Eröflnung einer tuberkulösen Kuh verletzte, erkrankte au Lupus, der sich bis zum Oberarm hinaufzieht. (Jadassohn" 1890.) Die Sitte, leichte Wunden mit Milch oder Rahm zu verbinden, wie sie in Thüringen nnd zum Teil in Frankreich herrscht, hat (nach Leloir^) bei einer blühenden Bauersfrau Lupus zur Folge gehabt.. Ein Manu wollte eine Hauttättowierung durch Stichelung und Milch- einreiben beseitigen, und erkrankte im Anschluss an diese Manipulation an Hauttuberkulose (Priester ■^} . RavenelIO teilt 3 FäUe mit: 1. Ein Tierarzt verletzt sich bei Sektion einer tuberkulösen Kuh; es bildet sich ein ulzerierender Knoten. Exzision, Heilung. Histologisch der Befund von Tuberkulose, jedoch ohue Bazillennachweis. 2. Ein Tierarzt, verletzt bei Sektion einer mit Rindertuberkulose künstlich infizierten Ziege. Knötchenbildung, Exzision, Heilung. Bazillen durch Tier- versuch nachgewiesen. 3. Dem ersten völlig gleicher Fall, mikroskopisch Bazillen gefunden. Stützer ^2; Ein fünfjähriger Knabe wird vou einem Hunde, den er im Fressen der Placenta einer tuberkulösen Kuh störte, ins rechte untere Augenlid gebissen. Nach beginnender Veruarbuug entsteht nach ca. 3 Monaten eiterndes Geschwür. Exzision, Heilung. Histologisch und durch Tierversuch Tuberkulose erwiesen. Tuberkulose. 135 Joseph & Trautmanx^' hatten unter 47 Fällen von Tuberculosis verru- cosa cutis 8 Schläcliter, von denen 3 lediglich mit tuberkulösem Fleisch be. schäftigt waren. Diese 3, sonst gesund, aus gesunder Familie, waren alle im Anschluss an Verletzungen der Hand erkrankt. Krause ^^: Ein Schlächter zieht eine kranke Kuh ab, unmittelbar nach- dem er sich an einem Splitter verletzt hat. Es folgt Lymphdrüsenerkrankung mit Bazillenbefund. Lassar^' fand unter 365 Schlachthofangestellten 13mal Hauttuberkulose, jedoch stets rein lokal. Andererseits berichtet Baumgarten ^^ über einen missglückten Ver- such, Perlsuchtbazillen auf Menschen zu übertragen, der bei malignen Tumoren zu therapeutischen Zwecken unternommen war ; in über einem halben Dutzend Fälle kam es höchstens zu lokalen kleinen Abszessen; bei der Sektion war niemals Lymphdrüsen- oder Organafiektion vorhanden. Zweifellos kommen also nach Infektion mit Perlsuohtmaterial, der ja besonders Schläcliter und Tierärzte ausgesetzt sind, gering-fUge lokale Läsionen vor. Es fällt jedoch der Unterschied gegen den malignen Verlauf der Infektion mit menschlicher Tuberkulose auf: Der Erreger der Perlsucht ist auf den Menschen nur schwer übertragbar und besitzt für ilm geringe Pathogenität. Was endlich die Infektion durch den Darmkanal durch Milch und Fleisch anlangt, von der in praxi am meisten zu fürchten wäre, so lässt sich diese für die schwebende Frage als Beweis schwer ver- werten. Denn wer will, wenn eine Erkrankung eintritt, noch wissen, woher Monate vorher das Fleisch, die Sammelmilch, die Butter stammte? Verglichen mit dem häutigen Vorkommen virulenter Tuberkelbazillen in der Milch ist die primäre Darmtuberkulose beim Menschen selten, selbst im Kindesalter viel seltener, als die Inhalationstuberkulose. Das große Leichenmaterial der Charite in Berlin weist in 5 Jahren nur fünf solcher Fälle auf. Baginski fand unter 933 Sektionen tuber- kulöser Kinder niemals. Biedert unter 3104: 16 mal primäre Tuber- kulose des Darmes. Grosser beschreibt unter 1407 Tuberkulosesektionen des Tübinger patliologischen Instituts nur einen Fall von primärer Darm- tuberkulose (1900). KocH^ selbst hat unter vielen Obduktionen nur zweimal primäre Darmtuberkulose gesehen. Aber weit öfter kommt primäre Tuberkulose der Mesenterialdrüsen vor, nach Woodhead'^* sind die Mesenterialdrüsen sogar in 14^ aller Sektionen von Kindertuberkulose allein erkrankt. Nach Biederts^»^ Zusammenstellung waren von 1346 Sektionen tuberkulöser Kinder in 40 die Mesenterialdrüsen allein ergriffen, nach Carr^s iu 120 Fällen fünfmal allein verkäst ; und im Greifswalder pathologischen Institut (Grawitz -^] hatten unter 1104 Sektionen drei Kinder und ein Manu Darmgeschwüre bezw. Tabes mesaraica ohne Lungenherde. Die Mesenterialdrüsentuberkulose ist, was Infektionsmodus anlangt, der Darmtuberkulose gleicliwertig und bildet nur den Ausdruck der leichteren Durchgängigkeit der kindlichen Darmschleimhaut (Corxet;. Alle diese nicht seltenen Fälle sind auf Nahruugsinfektion zurück- zuführen, oft vielleicht durch Muttermilch, vorgekautes Brot, vorgekostete Suppe (Demme2*), oft aber wohl auch durch Kuhmilch. Die Bauchskrofeln führen ebensowenig wie die Halsskrofeln immer zum Tode, sondern heilen oft ohne merkliche Spuren zu hinterlassen 136 G. Cornet & A. Meyer, aus ; oft bilden sie auch nur gelegentliche Befunde isolierter Tuberkulose bei der Sektion. In späteren Jahren kommt, so häufig die Darmtuberkulose eine Begleiterscheinung der Lungenphthise ist, eine isolierte oder primäre Darmtuberkulose oder gar Mesenterialdrüseutuberkulose kaum je vor. Fälle von Behrens-^, Grosser 21^ Grawitz22 lassen sich vielleicht dahin deuten. Aber es sind außerdem Fälle beobachtet, in denen die Darmtuber- kulose mit einer an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit die Folge des Genusses von Milch war. So lassen sich die Fälle eines so gewissen- haften und kritischen Beobachters wie des früh verstorbenen Demme kaum anders erklären. Demme 2^ beobachtete ein aus gesunder Familie stammendes Kind mit ausgedehnter Darm- und Mesenterialtuberkulose (Lunge und Hirnhäute ge- sund), dessen Infektion nach Lage der Verhältnisse auf den Gennss der Milch einer acht Wochen später an Perlsucht verendeten Kuh zurückzuführen war. Ferner wies er Darmtuberkulose bei vier nicht belasteten Kindern, nach dem Genüsse der rohen Milch einer perlsüchtigen Kuh nach. Innerhalb eines Jahres verzeichnete Demme in sieben FäUen primäre isolierte Darm- und Mesenterialdrüseutuberkulose, ferner isolierte Mesenterial- drüseutuberkulose bei einem viermonatlichen, in keiner Weise hereditär be- lasteten Kinde, dass mit der ungekochten Milch einer Kuh ernährt worden war, die beim Schlachten sich gleichfalls als tuberkulös erwies. Ollivier 29 berichtet von einem Pensionat, in welchem 13 Mädchen an Tuberkulose erkrankten und 6 starben, darunter mehrere an primärer Darm- tuberkulose. Die im Pensionat konsumierte Milch stammte, wie sich nach- träglich herausstellte, von einer tuberkulösen, vorzüglich an vorgeschrittener Eutertuberkulose leidenden Kuh. Weniger genau zu überschauen ist der Zusammenhang der Erkrankungen mit Nahrungsinfektion in den Fällen von: Wvss^", Schlenker^i, Epstein ^2^ BaginskyIÖj Herterich33^ Hermsdorf 3^ und Eisenhart-'^ u. a. Wenngleich die Frage, ob Genuss perlsüchtiger Milch unter Um- ständen nicht beim Menschen Tuberkulose hervorrufen kann, noch nicht endgültig entschieden ist, so ist die Gefahr der Milchinfektion doch weit überschätzt worden. Auffallend bleibt ja die relative Seltenheit primärer kindlicher Darm- und Mesenterialtuberkulose (soweit die pathologische Statistik zeigt) im Verhältnis zur Häufigkeit tuberkulöser Milch, sowie das anscheinende Fehlen derselben beim Erwachsenen trotz aller tuberkulösen Milch und tuberkulösen Butter und Fleisches. Ob dies in den für eine tuberkulöse Infektion an sich ungünstigen Verhältnissen des Darmkanals (s. CorjsET, Die Tuberkulose, S. 101 — 105) seinen Grund hat? Man könnte es annehmen, da auch Phthisiker (also sicher Disponierte), die hin und wieder Auswurf unvermeidlich ver- schlucken, oft jahrelang von Darmtuberkulose verschont bleiben. Oder ob vielleicht die Bazillen der Rindertuberkulose eine eigene Species bilden, wie dies Koch annimmt? Das sind Fragen, deren Lösung uns die Zukunft bringen muss. ViRCHOW^e, der die Möglichkeit von Uebertraguug der Perlsucht auf den Menschen zugiebt, hält namentlich solche Fälle hierauf für verdäch- tig, die massenhafte Wucherungen zeigen, wie sie sonst beim Menschen nicht vorkommen. Tuberkulose. 137 Litteratur. 1 Robert Koch, Tub.-Congr. London; Deutsche med. Wocbenschr., 1901, S. Ö49. — -' Chauveau, Gaz. hebdom., 1872, S. 215. — 3 Klebs. Virch. Arch., 1870, Bd. 49, S. 292. — 4 BoLLiNGER. Münch. med. Wocbenschr., 1894. S. 85. — 5 Prettner, Centralbl. f. Bakt.. Bd. 27, 1900, S. 791 u. Bd. 31. 1902, H. 14—15. — f> L. Pfeiffer, Ztscbr. f. Hyg., Bd. 3, 1887. S. 189. — ' Jadassohx, Virch. Arch., 1890. Bd. 121. — « Leloir, Etudes exper. et cliniques sur la tub. par Verneuil, 1892. Bd. 3, S. 482. — 'J Priester. In-Diss. Kiel 1895. cit. von Heller, Münch. med. Wocbenschr., 1902, S. G09. — 1^^ Mazyck P. Ravekel, Philad. med. jour., 1900, 21. July. — " Ostertag, Ztscbr. f. Fleisch- u. Milch-IIyg.. 1901. — i^ Stützer, Beitr. z. Augenbeilk., 1901, H. 30 ref. Dtsch. med. Woch., Bd. 42). — i3 Joseph & Trautmann, Dtsch. med. Wocb.. 1902, S. 200. — "Dies., ebd., Ver.-Beil., 1902, No. 10. — i5 Bollinger, Arch. f. exper. Path. und Pharm., 1873, Bd. 1, S. 35(i. Zur Aetiologie der Tuber- kulose, München 1883 (Riegerl; Dtsch. med. 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Aerzte, 1893, S. 225. — 31 Schlenker, Virch. Arch., 1893. Bd. 134, S. 145 u. 161; Wien. med. Bl., 1893, S. 630. — 32 Epstein. Vg. f. d. prakt. Heilk., Bd. 142, S. 103. — 33 Herterich, Münch. Aerztl. Intell.-Bl, 1883, No. 26. — 3i Hermsdorf, In.-Diss.. München 1889. — 3-. Eisenhart, ebd., München 1891. — 3f' Virchow, Berl. med. Ges. 1880, 10. März; ebd.. 1901, 24. VII.; Berl. Klin. Wocbenschr., 1901; Centralbl. f. Bakt., Bd. XXX, S. 706. — 37 Di Vestea. Centralbl. f. Bakt., Bd. 29, S. 611. — 3« Baumgartex, Berl. klin. Woch., 1901, Nr. 35. — »i Arloing, Acad. med., Paris, 24. XII. 1901. Ref. Münch. med. Woch., 1902, S. 213. — lo Disselhorst, Ver. d. Aerzte, Halle 1902; Münch. med. Woch., Nr. 26 u. 27. — « Freytag, Allg. med. Ctrztg., 1902, Nr. 24. — 42 HÜLS, Münch. med. Woch.. 1902. S. 1003. — « Krause, ebd., 1902, Nr. 25. — 44 Ostertag, Ztscbr. f. diät. u. pbvs. Ther., Bd. 5, H. 6, 1902. — 4.5 m. Wolff, Ver. f. inn. Med., Berlin, Juli 1902. — 40 Gaiser, In.-Diss., Tübingen 1893. — 4- Lassar, Ver. f. inn. Med., Berlin, 14. VII. 1902. XII. Verbreitung der Tuberkelbazülen durch Milch und Fleisch. Nächst der lulialatioustuberkiüose nimmt die Infektion des Darmes unser Hauptinteresse in Anspruch. Nach den bisher geltenden An- schauungen gilt, abgesehen von der Darmphthise infolge verschluckter Sputa, die Ernährung mit Milch und Fleisch tuberkuliJsei Tiere als die Ursache. Einen überwiegenden Einfluss hat aber diese Nahrungsiufektion keinesfalls; außer vielem anderen zeigt uns das die Thatsache, dass in englisch sprechenden Ländern, in denen die Milch roh und Fleisch oft halbroh genossen wird, die Tuberkulose nicht verbreiteter ist, als in Deutschland, wo man sie kocht (Conn). Nun hat neuerdings Koch die Identität der menschlichen Tuber- kulose und der der Kinder in Abrede gestellt, und es lässt sich nach unseren früheren Ausführungen (s. vor. Kap.) nicht leugnen, dass die für die Infektion durch Milch und Fleisch sprechende Kasuistik, wenn wir von der isolierten Mesenterialdrüsentuberkulose der Kinder 138 G. Cornet & A. Meyer, absehen, keineswegs die breite Sicherheit und Ueberzeugungskraft wie auf anderen Gebieten der tuberkulösen Infektion in sich hat. Gleicliwohl werden wir, bevor weitere umfangreiche Beweise für die Unschädlichkeit tuberkulöser Produkte für den Menschen vorliegen, mit der Gefährlichkeit derselben rechnen müssen. Dieser Standpunkt ist um so gerechtfertigter, als bei der großen Verbreitung der Rindertuber- kulose die Gelegenheit, tuberkulöse Nahrung zu erhalten, sehr häufig ist. Die Lebensfähigkeit der Tuberkelbazillen in Milch, Butter und Käse wurde durch Galtier^, Heim^, Gasperini^, Harrison^, Dawsox-^-^ erwiesen, Bazillen sind in der Milch tuberkulöser Kühe wiederholt kon- statiert worden; doch ist der Gehalt an Bazillen meist nicht so groß, dass sie sich mikroskopisch nachweisen lassen, während dies in künst- lich infizierter Milch, selbst bei starker Verdünnung noch leicht zu ge- lingen pflegt (BüEGE^). Der lediglich mikroskopische Nachweis ist auch ungenügend, weil er uns über Lebensfähigkeit der Bazillen keinen Aufschluss giebt und auch da ver- sagt, wo andere Methoden positive Resultate geben (Buege^, Roth^). Vollends aber hat die Auffindung der tnberkelähnlichen, säure- und alkobolfesten Ba- zillen durch Petri* der mikroskopischen Untersuchung ihren Wert genommen, da wir kein sicheres Merkmal zur Unterscheidung der Stäbchen auf diesem Wege besitzen. Wir bedürfen also des Tierversuchs, des sichersten Mittels zur Fest- stellung von Tuberkelbazillen. üntersuchungsmethode. Die Milch wird zeutrifugiert. Nach Sciieürlen iö finden sich die Mehrzahl der Bakterien teils in der Rahmschicht teils in dem Bodensatz. Es wird deshalb entweder das eine, oder das andere, oder beide Teile gemischt verwandt und Meerschweinchen intraperitoneal infiziert. Nach 6 — 8 Wochen tötet man die noch lebenden Versuchstiere, um sich durch die Autopsie von dem Ausfall des Versuchs zu überzeugen. Bei positivem Ausfall findet man die gleichen Veränderungen wie stets nach Injektion von Tnberkelbazillen in das Peritoneum. Jedoch thut man gut, sich durch Weiterverimpfung der Läsionen darüber zu vergewissern, dass man es wirklich mit Tuberkelbazillen, nicht mit den (oft ähuHche Affektion setzenden) Säurefesten (s. o.) zu thnn hat. — Schon während des Lebens deutet starke Abmagerung nnd Vergrößerung der Milz (Obermüller n) auf den positiven Ausfall hin. Ferner muss man mit jeder Probe mehrere Tiere impfen, da die große Zahl der vorzeitig an Sepsis sterbenden Tiere sonst die Zahl der wirklich geprüften Proben herabsetzt. Butter wird vor der Infektion bei 34 — 37*^ geschmolzen und entweder im ganzen injiziert, oder sedimentiert. Lässt man Butter bei erhöhter Temperatur 24 Stunden stehen, so sondern sich drei Schichten: eine obere aus gelbem flüssigem Fett bestehend, eine mittlere wässrige und ein weißer käsiger Satz, welch letzterer am besten zur Injektion verwandt wird, da dann (nach Ober^siüller) weniger Tiere an Peritonitis und an Infektion mit säure- festen Bazillen zu Grunde gehen. Die Angaben darüber, in welchem Prozentsatz und bei welchem Grade der Erkrankung- die Tuberkelbazillen vorkommen, gehen ziemlich weit auseinander. Tuberkulose. 139 Wenn wir von geringem Zalilen absehen (Bollixgek ^2^ May^s^ Stein 1^, Smith & Schröder i^) so fand Bang 16 1884 u. 91 in 63 fortgeschritt. Tub. 9 mal =14^ Bazillen, HirschbergerI" 1889 unter 20 Fällen verschiedeneu Grades 11 mal = 55 %^ Ernst 18 1889 in 114Proben von 36 eutertub. Kühen 32mal = 28,57^, Schröder 19 1894 bei 31 tuberkulösen Kühen 2 mal = 6 %.^ Delepine20 1898 unter 22 tuberkulösen Kühen 5mal = 22,7^. (Alle 5 positiven Proben stammen von Kühen die mit Eutertuberkulose be- haftet waren. Bei 14, bei denen diese fehlte, waren auch ferner keine Bazillen vorhanden). Rabinowitsch & Kempner2i 1899 unter 15 auf Tuberkulin re- agierenden 10 mal =66,7^; 2 hiervon zeigten gar keine klinischen Symptome. Ostertag22 1899 unter 50 lediglich auf Tuberkulin reagierenden 1 mal ? = 2 ^ ; das einzige tuberkulöse Yersuchsmeerschwein scheint anderweitig Tuberkulose erworben zu haben. Douglas 2:i 1898: von 15 eutertuberkulösen Kühen hatten nur 8, die Geschwüre am Euter hatten, infektiöse Milch. Nonewitsch24 1901 von 15 auf Tuberkulin reagierenden 13 = 86,7 ^. Es ist nicht überraschend, dass die Milch an hochgradiger allge- meiner, besonders an Eutertnbcrkulose leidender Kühe Bazillen enthält; besonders wichtig aber ist die Entscheidung, inwieweit die Milch leicht- kranker, nur auf Tuberkulin reagierender Tiere infektiös wärkt. Der Deutsche milchwirtschaftliche Verein-^ schloss sich in dieser Hinsicht den von Ostertag auf Grund seiner großen Versuchs- reihe erhaltenen Sätzen an, nach welcher die Milch solcher Tiere unschädlich ist. Immerhin wird man Milch reagierender Tiere auf Grund der positiven Ergebnisse anderer für suspekt ansehen müssen. Einen Maßstab für die Häufigkeit bazillenhaltiger Milch im allgemeinen gewähren die Untersuchungen von Milch und Butter größerer Molkereien, die die Milch verschiedener Kühe, oft ver- schiedener Höfe, sammeln, mischen und die Städte damit versorgen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind sehr verschieden gewesen, je nach der Quelle. Es ist möglich, dass gerade höheres Alter der Butter, Salzzusatz und andere Prozeduren, die die Qualität der Butter herabsetzen, zugleich die Lebensfähigkeit der Bazillen schädigen (Hell- ström 26); jedenfalls ist die Häufigkeit bazillenhaltiger Milch abhängig von der Frequenz der Rindertuberkulose in der betreffenden Gegend. So waren mehrere Untersuchungen der Marburger Butter völlig negativ (ScHucHARDT^', Bonhoff"-*, Abenhausex 2'^) , während z. B. Ober- Müllerei und Rabinowitsch 'J bei Untersuchungen zahlreicher Butter- proben aus einer und derselben Quelle in Berlin in 87,5 — 100,0^ der Proben Bazillen nachweisen konnten, und Kanthack & Sladen^" unter 16 Molkereien neun fanden, von denen wenigstens eine der entnommeneu Proben Bazillen enthielt. Die verhältnismäßig hohe Zahl der bazillenhaltigen Proben in der Mischmilch und -butter erklärt sich daraus, dass nur wenige tuber- kulöse Kühe dazu gehören, um die Milch eines Bestandes von Hunderten von Kühen zu infizieren, wie Kühnaus^i sorgfältige Forschung beweist: In seinem Falle hatten zwei Kühe, die infektiöse Milch lieferten, genügt, die Mischmilch von 800 gesundheitsschädlich zu machen. 140 G. Cornet & A. Meyer, Die folgende Tabelle stellt die Kesultate der Untersuchungen von Marktmilch und -butter dar. Wir haben dabei von denjenigen Unter- suchungen abgesehen, welche nur aus einer Quelle stammende Proben verwandten (Obermüller i^, Eabinowitsch 32 1899). Ferner sind die bis zum Jahre 1896 erhaltenen Resultate mit Vorsicht aufzunehmen, da bis zu diesem Termine die durch PETEische Bazillen gesetzten Läsionen wahrscheinlich als tuberkulös angerechnet wurden. Autor Anz. der Proben Zahl posit. Befunde absolut I in % 1. Brusaferro33 2. Eoth' 3. SCHCCHARDT^i 4. Gröning34 5. PetriS (i. Rabin owiTSCH'J 7. BUEGEß 8. BoYCE u. a. 35 9. HORMANN & Morgenroth 36 10. Delepine^o 11. Boyce38 (publ. bei Annett) 12. Rabinowitsch3- 13. Ascher 3y 11. COGGI40 15. Bonhoff28 16. Herbert 41 17. Klein 42 18. Marke« 19. Nonewitsch-4 20. Buj^vid45 2L HeRR& BENINDE^fi 1890 1894 1896 1897 1897 1897 1897 1897 1897 1898 1898 18981 1899( 1899 1899 1899 1900 1900 1900 1900 1900 1901 1901 1901 1901 B. Turin B. Zürich B. Marburg B. Hamburg B. Berlin B. Berlin B. Philadelphia M. Halle M. Liverpool, Stadt M. » Land B. Berlin Quarkkäse Berlin M. Liverpool, Stadt M. » Land M. Liverpool, Stadt M. » Land B. Berlin B. Königsberg B. Mailand B. Marburg B. Würtemb. Land B. Berlin B. München M. London B. Wien M. Wilna M. Krakau B. Breslau 9 20 42 17 102 30 50 9 144 24 13 15 55 125 159 91 15 27 100 28 100 20 5 100 43 22 60 45 M. = Milch, B. = Butter. 1 1 1(?) 8 33 0 0 2 3 7 6 3 3 22 12 16 2 2 2 0 0 0 0 7 0 12 2 7(5) 11,1 5,0 2,4 47,0 32,3 0 0 22,2 2.1 29,1 46 20 5,5 17,6 7,5 17,6 13,3 7,4 2 0 0 0 0 7 0 54,5 3,3 15 5 (11,1) Das Fleisch ist im allgemeinen nur bei hochgradiger oder generali- sierter Tuberkulose des Tieres infektiös (Bollinger ^^j j)i(3 eigentlich tuberkulös veränderten Organe werden in der Regel, wenigstens bei geordnetem Schlachthof betrieb , vom Konsum ausgeschlossen oder nur gekocht verzehrt. Doch lässt sich nicht in Abrede stellen, dass von gewinnsüchtigen Fabrikanten recht oft direkt tuberkulöse Teile zur Fabrikation von Wurstwaren verwendet werden. Dies erscheint um so bedenklicher, als gerade diese Fleischpräparate meist nur in leicht an- geräuchertem und nicht gar gekochtem Zustande genossen werden. Gleichwohl scheint, nach der Seltenheit der Darmtuberkulose beim Er- wachsenen zu schließen, der Genuss selten verhängnisvoll zu Averden. Auch in dem bekannten Ersatzmittel der Butter, derMargarine, wurden, wie sich aus ihrer Herstellung aus Rinderfett, Milch und Schweinemagen wohl verstehen lässt, Tuberkclbazilleu nachgewiesen (Morgeneoth ^^^ Anxett^^; Marke 43 hatte negatives Resultat). Auch die Sana ist nach Moeller49 nicht zuverlässig bazillenfrei. (Vgl. Michaelis 6i.) Im Plas- mon fand dagegen Bloch ^- in 1 Proben keine Bazillen. Tuberkulose. 141 Litteratur. 1 CoNN, Med. ncws. Bd. 76, S. 395, 1900. — 2 Galtier, Compt. rend. Acad. Scienc, Bd. 104, S. 1333, 1887; Dtsch. Med.-Ztg., 1888, S. 804 u. 815. — 3 Heim, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt, 1889, Bd. 5. S. 294. — * Gasparini, Giornal della r. Soc. d'igiene, 1890: Dtsch. med. Ztg.. 1890, S. 987. — 5 Harrison, Landw. Jahrb. d. Schweiz, 1900. S. 317; Centralbl. f. Bakt., Bd. 29, S. 310 u. 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Die letztere Alternative ist mm hinfällig durch die uns bekannte Biologie des Erregers: seine Ansprüche an Nährboden und Wachstums- temperatur, seine langsame Entwicklung, der Mangel an echten Dauer- formen und die hierdurch gegebene Empfindlichkeit gegen allerlei Ein- flüsse machen seine Vermehrung in der freien Natur unmöglich. Auch die Forschungen nach saprophytischen Formen sind stets erfolglos geblieben (Moellek, Bataillon & Teere u. a.) Somit bleibt nur die Uebertragung vom erkrankten Menschen oder Tier übrig. Diese kann direkt oder indirekt sein. Direkte Uebertragung ist möglich durch Infektion von Hautwunden, durch Küssen, durch den geschlechtlichen Verkehr, endlich hereditär — diese Möglichkeiten zu besprechen ist einem späteren Kapitel vorbehalten. Indirekte Uebertragung ist möglich durch die Krankheitsprodukte, durch bazillenhaltige Sekrete, sowie durch den Genuss bazillenhaltiger Milch, Fleisches und ihrer Produkte. Hiermit ist für den Infektions- erreger gleichzeitig eine zwiefache Möglichkeit gegeben, (auf indirektem Wege) in den Körper zu gelangen, und zwar durch den Digestionstrakt und durch Inhalationen. Schon der Umstand, dass in der ungeheuren Ueberzahl der Fälle die Tuberkulose primär im Kespirationsapparat lokalisiert ist, drängt zu der Annahme, dass derselbe auch die Eintritts- pforte der Erkrankung bildet. Von den Krankheitsprodukten kommt fast ausschließlieh das Sputum für die Uebertragung in Betracht. Zwar ist die Möglichkeit durchaus nicht ausgeschlossen, dass auch einmal bazillenhaltige Darm- entleerungen, Urin und eventl. der Eiter von tuberkulösen Ulzerationen und Abszessen in gleicher Weise wie das Sputum die Verbreitung der Erreger vermitteln, jedoch erstens enthalten sie selten eine solche Menge von Bazillen, dass sie quantitativ neben dem Sputum eine Rolle spielten ; zweitens werden die genannten Sekrete in ziemlich unschädlicher Weise beseitigt. Verbreitung durch Sputum, übiquitätslehre, Mit dem Sputum jedoch wird vielmals achtlos umgegangen aus Unkenntnis der Ansteckungsfähigkeit, aus Indolenz und, in vorgeschritte- nem Stadium der Krankheit, aus physischer Schwäche. Ferner sind in demselben ungeheure Mengen von Bazillen enthalten — man hat berechnet, dass ein Phthisiker 7200 Millionen täglich produziert (Heller). Schon Villemix hat 1869 im getrockneten Sputum die Hauptgefahr für die Verbreitung der Tuberkulose liegen sehen. Wenn man daher anfangs auf den Gedanken eines ubiquitären Vor- kommens der Bazillen kam, schien dies angesichts der großen Verbreitung der Tuberkulose in allen Erdteilen, in Stadt und Land wohl gerechtfertigt. Dass diese Annahme aber falsch war, haben nicht nur die Unter- suchungen über Verbreitung des Tuberkelbacillns außerhalb des Körpers mit seltener Uebereinstimmung ergeben, sondern das weitere Stadium der Biologie hat auch die Ursache für die Einschränkungen aufgeklärt. Tuberkulose. 143 Die erste Einschränkimg der Ubiquität liegt darin, dass durchaus nicht alle Bazillen, welche sich im Sputum mikroskopisch nachweisen lassen, auch entwicklungsfähig sind (KitasatoI). Aus Hesses Befunden geht zwar hervor, dass in jedem tuberkulösen Sputum lebensfähige Bazillen sich finden, aber nicht, wie er anfangs be- hauptete, dass »fast alle Bazillen im Sputum entwicklungsfähig sind«. Viel wesentlicher ist die zweite Einschränkung: Von feuchten Oberflächen können sich Bakterien, selbst bei starken Luft- strömen, nicht loslösen; solange also das Sputum feucht ist, haften die Keime am Boden und sind somit un- schädlich. — Die Ueb ertragung ist also im wesentlichen nur durch vertrocknetes Sputum möglich. Die Vertrocknung nimmt aber längere Zeit in Anspruch, während deren Fäulnis und Sonnenlicht die Bakterien schädigen. Zugleich wird ein großer Teil des Sputums durch atmosphärische Niederschläge, oder durch die Straßen- reinigung, in ordentlichen Wohnungen durch nasses Aufwischen beseitigt. Selbst vom vertrockneten Sputum gelangt nur ein geringer Teil zu seiner Verstäubung, wegen der ihm innewohnenden hygroskopischen Eigenschaften. CoRNET^ wurde auf die Hygroskopie des Sputums zuerst aufmerksam, als er sorgfältig getrocknetes und gepulvertes Sputum in einem Keller nach einer Nacht zu Klumpen geballt fand, die nicht mehr verstäubungs- fähig waren. So erklärt sich, dass die Arbeiter in Kohlenbergwerken, trotz der sonst sehr ungünstigen hygienischen Verhältnisse, bei der hohen Luft- feuchtigkeit ihrer Arbeitsstätte sich nur selten gegenseitig infizieren. Auch in feuchten Wohnungen wirkt, trotz ihrer sonstigen Schädlichkeit, dieses Moment der Inhalationstuberkulose entgegen. Die Schwierigkeit, getrocknetes Sputum in respirationsfähiger Form zu erhalten, haben auch die späteren Versuche von Sticher^ und Be- NiNDE^ gezeigt. Wenn wir dazu die desinfektorische Kraft des Lichtes und die oft- malige Befeuchtung auf der Straße und im Freien in Kechnung ziehen, ergiebt sich, dass alle anderen Infektionsgelegenheiteu in den Hinter- grund treten gegenüber der in geschlossenen Räumen, also in Wohnung und Arbeitsstätte. Wenn hier Sputum auf den Boden ausgeworfen wird und eintrocknet, so wird durch das Hin- und Hergehen der Personen nach und nach die trockene Kruste zerrieben und es entsteht ein feiner Staub, der durch Zugluft, Kleiderschleppen, rasches Gehen aufgewirbelt, in seinen feinsten Partikelchen in die tieferen Luftwege gelangen kann. Natürlich darf man sich aber nicht vorstellen, dass schon jeder ein- zelne Tritt eine mächtige Staubwolke nach sich zieht; wohl aber thut das z. B. der Besen beim trockenen Auffegen, oder das Ausschütteln infizierter Wäsche (Betten, Taschentücher u. s. w.). Diesen theoretischen Erwägungen waren bereits die praktischen Staubuntersuchungen vorausgeeilt und hatten das gleiche Ergebnis. Direkte Untersuchung der Luft, die am nächsten lag, ergab keine Eesultate, da hierbei zu geringe Luftmengen untersucht wurden (250 bis 1000 Liter). Versuche in verschiedenen Anordnungen von Williams ß, Celli & Ctuarnieri^, Weiide®, Bafmgarten-J blieben ohne Erfolg. Erst durch Untersuchung des Staubes, der sich auf 1 qm Wand, Querleisten etc. abgelagert, wurden positive Resultate erzielt (Cornet 3), 144 Gr. Cornet & A. Mejer, da er weit größere Luftquauta repräsentiert. Nach vergleichender Keim- zähhmg lässt sich berechnen, dass der Staub von 1 qm Wand mindestens 51000 Liter Luft entspricht. Der Staub wurde nur von solchen Stellen entnommen, die vor direkter Verunreinigung geschützt waren. Man reibt ihn mit einem sterilen Schwämnicheu ab, verteilt ihn in Bouillon und injiziert diese in den Peritonealraum von Meerschweinchen. Diese Untersuchungen, die sich in erster Linie auf Räume erstreckten, in denen Phthisiker sich aufzuhalten pflegten, ergaben dann positive Resultate. Es fanden sich Bazillen in Krankenzimmern von Tuberkulösen fast durchgängig nur dann, wenn der Kranke seinen Auswurf auf den Boden oder in das Taschentuch ent- leerte; hierbei war es gleichgiltig, ob der Patient sich in seiner Woh- nung oder im Krankenhause befand. Räume, in denen sich Phthisiker nur vorübergehend aufhielten, so zwei Polikliniken, fanden sich nie tuberkulös infiziert, ebensowenig Straßen, öffentliche Gebäude, der Hör- saal des pathologischen Instituts u. s. w. Bestätigt wurden diese Untersuchungen durch Rembold^o, Krüger i', Kastner 12^ Bollingeri^, Kustermann ^^^ Enders i^, Prausnitz i**. PetriI^ wies Tuberkelbazillen im Staube von Eisenbahnwagen nach, wo in der That alle Bedingungen gegeben sind um das auf den Boden ent- leerte Sputum in Staub zurückzuführen. M. Kirchner 1^ untersuchte mit positivem Erfolg die Bekleidungs- kammer einer Kompagnie, aus der binnen IV2 Jahren drei Kammerunter- offiziere mit Tuberkulose ins Lazarett gekommen waren. Während eine erste Untersuchung von 6 Proben erfolglos blieb, verursachten bei einer wieder- holten von 8 Staubproben 3 Tuberkulose. BissELL 19 wies Bazillen in den Taschen getragener Uniformen nach. Auch Heymann 20 fand, bei Entnahme des Staubes mit trockenem Pinsel, in 5 von 15 Privatkrankenzimmern und in 5 von 16 Krankenhauszimmern (also in 33,3 % bezw. 31,3 %\ in denen Phthisiker lagen, Bazillen; bei Entnahme der Proben mit Schwämmchen war die Zahl der positiven Resultate weit größer, nämlich von 17 Krankenhaussälen erwiesen sich nicht weniger als 13 = 76,5^ als infiziert. Im Konnex hiermit steht der Nachweis von Tuberkelbazillen im Nasenschleim. Straus^i wies in dem Nasensekret von 29 gesunden Krankenwärtern 9 mal Tuberkelbazillen durch Impfung nach. — Unter 16 Personen, die au der Bibliothek und Oper beschäftigt waren, fanden sich nur 2 mal Bazillen. — Noble -Jones 22 fand Bazillen im Nasen- schleim bei 10,3 % der von ihm untersuchten gesunden Personen, die nicht durch ihren Beruf mit Kranken in Berührung gebracht wurden. Die von Cornet 3 zuerst erwiesene Gefährlichkeit des Tasche n - tuchspuckens, die von mancher Seite (Flügge 23) Widerspruch er- fahren hatte, hat neuerdings durch Flügges Schüler Heymann 20 eine weitere experimentelle Bestätigung erfahren. Bespuckte und 2 Tage getrocknete Taschentücher wurden in einem Glas- kasten von 3 cbm Inhalt leicht gerieben und geschwenkt. Von 3 Versuchen waren einmal bis zu 30 Minuten, einmal biz zu 60 Minuten nach Beendigung der Manipulation Bazillen in der Luft nachzuweisen. Das Ergebnis war bei ruhiger und bewegter Luft das gleiche. Am eindringlichsten wird die Gefahr des aufgewirbelten Sputum- staubes durch folgenden Versuch illustriert (Cornet 24): Tuberkulose. 145 Ein wenige Tage vorher mit tuberkulösem Sputum bespuckter Teppich wird iu einem Zimmer mit scharfen Besen kräftig aufgekehrt, so dass Wolken von Staub sich erheben. Von 48 Meerschweinchen , deren Käfige in ver- schiedener Höhe im gleichen Zimmer aufgestellt waren, teils nahe, teils bis 3 m entfernt, wurden 47 tuberkulös. Bemerkt werden muss noch, dass alle künstlichen Steigerungen der Versuchsbedingungen vermieden wurden; kein künstlicher Trocknungsprozess des Teppichs, keine absichtliche Erzeugung stärkerer Luftströme in dem Zimmer fand statt; der Versuch wurde also unter den natürlichsten Verhältnissen ausgeführt, wie sie alltäglich in der AVohnung eines mit dem Sputum unvorsichtigen Phthisikers sieh ergeben. Geringere Bedeutung kommt der Infektion der Nahrungsmittel durch tuberkulösen Staub, wie sie Sciixirer an Weintrauben nachwies, zu; desgleichen der Verbreitung der Tuberkelbazillen durch Fliegen, in deren Entleerung, nachdem sie auf tuberkulösem Sputum gesessen, Spillmann und seiner Schüler Untersuchungen der Boden entzogen; es konnte der Nachweis geführt werden, dass die Exspirationsluft keimfrei ist. Dieser Satz entspricht dem Gesetze, dass durch Luftströme allein Keime nicht von feuchten Flächen abgelöst werden können. Beim Husten und Sprechen jedoch ermöglichen forcierte Luftströme und ein plötzliches Voneinanderplatzeu feuchter Flächen (der Lippen, der Zunge von den Zähnen oder dem Gaumen, der Stimmbänder) das Versprühen feinster Tröpfchen. Schon 1888 machte Cornet auf die Möglichkeit einer solchen Verbreitung aufmerksam, ohne derselben jedoch eine große, volkshygienische Bedeutung beizulegen, und riet zur Vermeidung derselben, Phthisiker beim Husten das Taschentuch vor den Mund halten zu lassen. Flügüe^:^ und seine Schüler jedoch legten der »Tröpfcheninfek- tion« größeres Gewicht und anfangs sogar fast ausschließliche Be- deutung bei und untersuchten genauer ihre Ausdehnung und ihre Be- dingungen. Zunächst stellte LaschtsciienkoSo vermittelst in den Mund genommener Prodigiosuskultur fest, dass iu der That um einen Sprechen- den und Hustenden sich ein Nebel feinster Tröpfchen verbreitet, der Bakterien zu tragen und sich stundenlang in der Luft zu halten imstande ist. Es ist die Schwebedauer ungefähr umgekehrt proportional der Größe der Keime (Büchner, Wegele & Rapp^i, Köxiger^^). Die außer- ordentliche Durchdringuugsfähigkeit künstlicher Spraynebel bewiesen KiRSTEiN''2 und Hutchinson ''. Aus solchen Versuchen lassen sich für die Tuberkulose nun keine strikten Schlüsse ziehen ; denn was beim Husten und Sprechen verspritzt wird, ist hauptsächlich Speichel, der aber beim Phthisiker in der großen Mehrzahl der Fälle keine Bazillen enthält. Beim Sprechen verschleudert der Tuberkulöse wohl kaum je Bazillen, wohl aber beim Husten. Die- selben lassen sich vermittelst ausgestellter Objektträger mikroskopisch Haiidbucli der ijatliogeneu Mitroorganismen. H. -[Q 146 Gr. Cornet & A. Meyer, und nach Auffangen in offenen Schalen auch durch den Tierversuch nachweisen. Sie sind jedoch nur bis etwa 80 cm vor und seitlich vom Patienten vorhanden, nicht hinter demselben (v. Weismayk''^, Moüller^ö^ Engelmann ^ö, Heymann 2<^j. In dieser Form sind die Versuche recht roh; denn es werden so Tröpfchen von erheblicher Größe mit aufgefangen, die keine große Flugfähigkeit zu besitzen brauchen, wie sie notwendig ist, um dem gewundenen Wege des Inspiratiousstroms folgen zu können. Beweisender sind Versuche, die noch, nachdem der Phthisiker den Versuchsraum verlassen hat, sich absetzende infektiöse Teilchen darthun. Der Ausfall war zwar positiv, aber recht spärlich. Eine halbe Stunde erwiess ich als Grenze der Schwebedauer. Auch die Lebens- fähigkeit der in verspritzten Tröpfchen verschleuderten Bazillen ist enge begrenzt, besonders im hellen Zimmer nicht über 2 — 3 Tage. Da zu- gleich die abgesenkten Tröpfchen fest an der Fläche haften, ist keine Gefahr vorhanden, dass sie durch Luftströme wieder abgehoben werden und Infektion veranlassen könnten. — Die Aspiration der Luft eines engen Raumes, in dem ein Phthisiker hustet, ergiebt gleichfalls nur bei starkem Luftstrom und in ganz wenigen Fällen Bazillen (Hey3Ianx). Es liegen auch Versuche mit direkter Infektion von Tieren durch Husten- luft vor (Heymann). Sehen wir den Erfolg: Meerschweinchen wurden mehrere Wochen bis Monate lang jeden zweiten Tag 3 Stunden lang (!) von geeigneten (!) Phthisikern auf eine Entfernung von 20 — 45 cm (!) angehustet, mit dem Er- folg, dass von 25 : 6 erkrankten zum Teil ohne andere Veränderuugeu, als »geschwollene, zum Teil verkäste Bronchialdrüsen« aufzuweisen, in deren Ausstrichpräparaten Bazillen mehrfach nicht gefunden werden konnten. So übertriebene Bedingungen sind jedoch im praktischen Leben äußerst selten. Es mag wohl einmal der Kehlkopfarzt in eine ähnliche Lage kommen, oder jemand, der mit einem Phthisiker das Lager teilt; aber für die all- gemeinen natürlichen Verhältnisse bedeuten die Versuchsergebnisse nichts. Die Untersuchung von Masken aus Celluloid sowie von Mundbindeu, welche Phthisiker eine Zeit lang getragen haben, ergiebt natürlich öfters die Anwesenheit von Bazillen (B. Fkänkel). Für die Verstreuuug respirabler Tröpfchen beweist das indes gar nichts. Somit sind die Resiütate um so spärlicher geworden, je mehr die Versuche den natürlichen Verhältnissen genähert wurden, und je mehr man bemüht war, wirklich flugfähige Partikel zu finden. Wir leugnen keineswegs, dass die Hustenstöße von Phthisikern infektiös sein können; nach den eigenen Untersuchungen von Flügc^es Schülern jedoch besteht diese Gefahr nur in engem Bezirk, nur vor und wenig seitlich von dem Patienten, nur wenn dieser sehr heftig hustet, und endlich ist selbst unter all diesen Bedingungen die Zahl der Keime äußerst gering. Es kann daher der Tröpfcheninfektion bei der Ver- breitung der Phthise keine praktisch wichtige Ptolle zuge- sprochen werden. Ferner ist das Vorhalten des Taschentuchs (Cornet) als gutes pro- phylaktisches Mittel experimentell bestätigt (Bartenstein 3«, Heymann 20). Litteratur. 1 KiTASATO, Zeitschr. f. fly^., 1892, Bd. 11. — 2 Hesse, ebd., Bd. 31, S. 502. — 3 Cornet, ebd., 1888, Bd. 5. — 4 Sticher, ebd., 1899, Bd. 30, S. 136. — s Beninde, Tuberkulose. 147 ebd., 1S99, Bd. 30, S. 193. — <■ Williams. Lancet. 1S83, 8. 135. — ■ Celli & GuARNiERi, Arch. per scienz. med., vol. 7, 1883, p. 233 e Nr. 16; Atti E. acad. med., Eoma 1886. A. XII. vol. IL — « Wehde, Inaug.-Diss., München 1884. — ^ Baum- garten, Ztschr. f Klin. Med., Bd. 7. 1883. — ^ Rembold, Corr. d. württb. ärztl. Landesver., 1889. Bd. 59, Nr. 27. — n Krüger. luaug.-Diss.. Bonn 1889. — i- Kastner, 63. Naturf.-Yers.. Bremen 1890. — ^^ Bollinger, ebd., Bremen 1890; Dtscb. med. Wocbensebr., 1891, S. 404:. ■ — ^ Küstermann , Münch. med. Wochenschr.. 1891, S. 773. — 1^ Enderlex. 63. Naturf.-Ver., Bremen 1890. — i" Prausnitz, Arch. f. Hyg., Bd. 12, S. 292. 1891: Münch. med. Wochenschr.. 1893, Nr. 1. — i' Petri. Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt. 1893. — i« M. Kirchner. Ztschr. f. 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Die zahlreichen Autoren — um nur einige zu nennen: Louis ^6, Lebert^, Killiet & Bartiiez-, Schäffer3, Bockexdahl^, Leudet^, Haupt 6 — erhielten recht ungleiche Kesultate, die einen 10^, andere mehr, einige sogar 85^ »hereditär Belasteter«. Diese Differenz wird dadurch verständlich, dass die einen Forscher einen hereditären Eiufluss nur von den Eltern annahmen, andere einen solchen den Großeltern, Geschwistern und sonstigen näheren oder entfernteren Verwandten frei- gebig konzedierten. Alle diese Zusammenstellungen, ob nun SpezialStatistik, oder ob die seinerzeit unternommenen großen Sammelforschuugen, sind — es ist 10* 148 f^. Cornet & A. Mejer, nicht zuviel gesagt — ad tliema probaudum völlig wertlos. lu frUliereü Zeiteu vielleiclit verzeihlicli , bekunden sie nach der Entdeckung des Tuberkelbacillus und nachdem man mit der vielleicht noch so entfernten Möglichkeit der Ansteckung rechnen musste, in dieser Form einen bedauerlichen Mangel an Logik. Grandregel der Logik ist es, dass von zwei Möglichkeiten eine nur dann erwiesen ist, wenn man die andere auszuschließen vermag. Hier aber wird von den zwei Möglich- keiten, der Erblichkeit und der Ansteckung, die eine schlankweg für erwiesen erklärt, nur dadurch, dass mau die andere, die Ansteckung, ignoriert. Und doch: Wo w^äre, wenn man die Ansteckung nicht von vornherein als etwas Unmögliches bezeichnen will, mehr Gelegenheit dazu gegeben, als gerade im engen Familienleben zwischen Eltern und Kindern und zwischen Geschwistern. In der That hat auch die genaue Kasuistik solcher Erhebungen die frappante Thatsache ergeben, dass sehr häufig gerade die Kinder tuber- kulöser Eltern der Tuberkulose verfallen, die zu Hause in Gemein- samkeit mit den kranken Eltern lebten, während ein Teil der Kinder, teils jünger, teils älter, die durch besondere Verhältnisse außerhalb der Familiengemeinschaft in Stellungen, auf der Schule u. s. w. weilten, gesund blieben. Dafür haben sich namentlich in Coenets'^ Statistik über 800 Tuberkulosefälle zahlreiche Beispiele ergeben, die neuerdings auch durch Löffler^ u. a. ergänzt wurden. Geradezu als Experiment kann man Berniieims Vorgehen bezeichnen: Bernheim '■^ veranlasste 3 tuberkulöse Mütter von Zwillingeu, von je einem sich zu trennen, den anderen dagegen zu Hause von gesunden Ammen er- nähren zu lassen. Die 3 isolierten Zwillinge blieben dauernd frei von Tuber- kulose, die 3 zu Hause aufgezogenen starben an der Krankheit (und mit ihnen 2 der Ammen). Keine Regel ohne Ausnahme! Dass auch Fälle vorkommen, wo die Kinder bei ihren kranken Eltern nicht infiziert, während außerhalb lebende Kinder tuberkulös werden, steht außer Frage, aber die Erklärung hierfür liegt auf der Hand: Wie überhaupt nicht jeder Tuberkulöse auf seine Umgebung infektiös wirkt, sondern nur, wenn er mit den Exkreten unvorsichtig ist, so werden von (in diesem Sinne) vorsichtigen Eltern auch die Kinder nicht infiziert, während die auswärtigen Kinder bei der großen Verbreitung der Tuberkulose leicht einer anderweitigen In- fektion in ihrer Stellung, in ihrer Wohnung, in Schlafstellen, durch Ehegatten u. s. w. zum Opfer fallen können. Auch dafür hat Cornets Detailerhebuug zahlreiche eklatante Beispiele ergeben. Das Fernbleiben der Tuberkulose bei Trennung von den Eltern finden wir an ganzen Gruppen bestätigt: an den Pfleglingen unserer Findel- rmd Waisenhäuser, die, obwohl sie sehr häufig (in 41 ^ und darüber, SciinitzleinI*^) ihre Eltern an Tuberkulose verloren haben, doch nach den übereinstimmenden Berichten von Stich i^, Schnitzlein i**, Epstein 12 uur in den seltensten Fällen an Tuberkulose erkranken. Zu ähnlichen Resultaten kam Cornet i' durch eine, in 51 Waisenhäusern angestellte Erhebung. In einer Anzahl hygienisch günstiger Waisenhäuser mit einer Durchschnittskopfstärke von 515 Personen sind während 5 — 21 Jahren unter 7245 Persouenj ahren nur 3 Kinder einige Zeit nach der Aufnahme ins Waisenhaus an Tuberkulose erkrankt. Deutlich zeigt sich also, dass die sogenannte hereditäre Belastung uur beim Kontakt mit den kranken Eltern wirksam ist, dass mit anderen Worten die Uebertragung Tuberkulose. 149 der Tuberkulose von Eltern auf die Kinder nicht eine Folge der Erb- lichkeit, sondern der Familien Infektion bildet, deren reichliche Gelegenheit keiner weiteren Motivierung* bedarf. So erklärt sich denn auch die »aszendierende Heredität«, in denen Kinder, anderweitig; infiziert, oft Jahre laug- vor den Eltern erkranken, die Tuberkulose in die Familie einschleppen und dann ihre Eltern direkt oder indirekt durch ihre Geschwister intizieren. Auch die sehr häufigen Fälle, in denen tuberkulöse Eltern ihre vor der Erkrankung- geborenen Kinder infizieren, werden meist für hereditär angeführt. Wenn man übrigens — um auf jene Statistiken klinischer Erfahrung- noch einmal zurückzukommen — den hereditären Einfluss von Seite der Eltern in Va — V4 ^^^' Fälle von Tuberkulose (Küthy, F. Fkied- 3Iann'^ u. a.) beobachtet haben will, so ist doch dieser Einfluss in seiner Bedeutung für die Verbreitung- der Tuberkulose recht fragwürdig-; denn in den Altersklassen, denen die Eltern angehören, dem 20.— 60, Jahre, stirbt doch überhaupt ^/s — V4 aller Menschen an Tuberkulose; also zeigen die Eltern der Tuberkulösen keine wesentlich höhere Tuberkulosefrequenz als die gesamte Bevölkerung- der gleichen Altersklassen. Die direkte Gegenüberstellung von Tuberkulösen und Kichttuberku- lösen hat dann auch ergeben, dass von ersteren (432 Personen] 22,8^, von letzteren (108 Personen) kaum viel weniger, nämlich 19,4^ tuber- kulöse Eltern hatten (Küthy). Wie immer man also diese Statistiken kritisch beleuchtet, es zeigen sich Widersprüche und einseitige Ver- mutungen; nur das eine geht daraus mit Sicherheit hervor: die Erb- lichkeit beweisen sie nicht nur nicht, sondern machen sie nicht ein- mal wahrscheinlich. Ein bemerkenswertes Beispiel, wie wenig sieh auch bei den hochempfäng- lichen Meerschweinchen ein hereditärer Einfluss konstatieren lässt, berichtet Heller i6. Sämtliche Meerschweinchen des Kieler pathologischen Instituts stammen von ca. einem Dutzend Tiere ab, die 1890 mit Riudertnberkulose tuber- kulisiert worden sind. Außer 2 kurzen Tuberkuloseepidemieen, die auf infiziertes Heu bezogen werden, sind sämtliche Tiere stets kräftig und gesund gewesen. Nicht durch die Frage, ob in der Familie schon Tuberkulose vor- gekommen, sondern nur durch spezielle Detailforsclmng, wie dies der eine von uns an anderer Stelle (Cornet 1. c. S. 281) auseinandersetzte, ließe sich ein wahres Bild über die einschlägigen Verhältnisse gewinnen. Weit mehr Beachtung- verdienen experimentelle und pathologisch- anatomische Forschungen über die Möglichkeit der Vererbung. Denkbar wäre eine solche entweder als Vererbung des Bacillus oder als Ver- erbung ehier gewissen Disposition. Vererbung des Bacillus. Die Lehre von der erblichen Uebertragung des Bacillus hat ihren Hauptvertreter in Baumgarten ^l Sie erscheint ihm als notwendige Voraussetzung für die Erklärung- gewisser Erschei- nungen, vor allem für die primäre Lokalisation der Tuberkulose in den von außen abgeschlossenen Partieen, den Lymphdrüsen, Knochen und Gelenken; denn ein Durchtritt durch die Schleimhaut ohne teilweises Haftenbleiben und Fortentwicklung in derselben kommt seiner Ansicht nach nicht vor. Nun ist die spurlose Passage für die Darmschleimhaut von Orth^s ujifi Wesener 19 u. a., für die Bronchial- und Lungcnschleimhaut 150 G. Cornet & A. Meyer, von Büchner 2, Cornet, für die übrigen Schleimhäute (Conjunctiva, Mimclschleinihaut, Vagina) von Corxet so häufig nachgewiesen und demonstriert worden, dass an einer Infektion der Lymphdrüsen ohne Erkrankung des Quellgebietes nicht zn zweifeln ist. Wir kennen vom Leichentische her die unendliche Verbreitung der Drüsentuberkulose, namentlich in den Bronchialdrüsen und im Kindes- alter. Liegt da die Annahme nicht nahe, dass von einer solchen tuberku- lösen Drüse sich der eine oder andere Bacillus loslöst, in den Lymph- und Blutkreislauf gelangt und sich in Knochen und Gelenken ablagert, wo (durch die starre Gefäßwand) eine Verlangsamung des Kreislaufes bedingt oder durch ein Trauma der Kreislauf vollkommen unter- brochen ist? Nicht nur die Drüsentuberkulose bevorzugt die Jugendjahre — wir haben dies durch die leichtere Durchgängigkeit der Schleimhaut erklärt, — sondern auch die Loslösung der Bazillen, selbst in großer Menge, und der Einbruch in die Blutbahn ist gleichfalls ein Attribut der Kiuderjahre (Häufigkeit der kindlichen Miliartuberkulose). Dürfen wir uns wundern, wenn auch die Knochen und Gelenktuberkulose, entstanden durch Loslösung einzelner Bazillen aus Drüsenherden, hauptsächlich wieder in der Kindheit vorkommt? Wenn man aber nicht in allen Fällen von Knochen- und Gelenk- tuberkulose ältere Drüsenherde gefunden hat (in den allermeisten findet man sie), so erklärt sich dies aus den Untersuchungen von Loomis^i. Tizzixi, Corxet, Si'Exgler22^ dass die Bronchialdrüsen nicht selten, vollkommen isoliert erkrankt, bei mikroskopischer Untersuchung und bei Verimpfung sich als tuberkulös erweisen, ohne dass ihr makro- skopisches Aussehen auf eine Erkrankung hindeutete. Eine solche latente Drüsentuberkulose ist auch in Fällen einer schein- bar isolierten, primären Knochenaftektion nicht ausgeschlossen. Oder erklärt etwa die Hereditätslehre die Knochentul)erkulose besser? Niemals fand sich in den später za besprechenden Fällen kongenitaler Erkrankung eine isolierte Affektion der Knochen. Ein weiterer Einwand Baumgaktexs gegen die Infektionstlieorie gellt dahin, dass bei Inhalation zn wenige Bazillen in den Organismus ge- langen können, um ernstere Erkrankungen hervorzurufen; sie führten stets nur zn leichten, bald vernarbenden Prozessen, während die schweren, tödlichen ererbt seien. Aber damit steht die tägliche Erfahrung im Widerspruch, dass die hereditär Belasteten, Avas Heilungsresultat und Dauererfolg anlangt von den Nichtbelasteten, in nichts sich unterscheiden (Brehmer2^ ii a. 24, 25)_ — Ferner wenn wir selbst zugeben wollten, dass auf dem Wege der hereditären Uebertragung eine größere Zahl von Bazillen in den Körper gelangen kann, als durch extrauterine Infektion, Avie vertrüge sich das mit eineip anderen Postulat der Heredität, der jahrelangen Latenz der kongenitalen Herde? CJerrainative Uebertragung. Die hereditäre Uebertragung ist denk- bar, indem entweder der Keim bereits den Bacillus enthält, oder indem dieser auf dem Blutwege — durch die Placenta — dem Fötus zugeführt wird. Für die Betrachtung der erstgenannten — der germinativen Uebertragung — fällt der weibliche Keim, das Ei, von vornherein weg, denn, abgesehen von 1 Fall von Jäckh^" mit tuberkulöser Peri- tonitis, sind im Ovarium nie Bazillen gefunden worden. Dagegen ist der Nachweis von Bazillen im menschlichen Samen hin und wieder geglückt (Jani^s, Spano^s, DohrokloxsivI^o — diesem Tuberkulose. 151 unter 25 Fällen 1 Mal und zwar bei Nebenhodentuberkiilose — Jaeckh^', Kakarai^i), während Roiilff^^, Westermayer-^s^ Walther-^* n. a. Sperma und Hoden in 36 Phtliisikerleiclien bazillenfrei fanden. Die Bedeutung dieser positiven Befunde für die Erblichkeitsfrag-e ist jedoch recht zweifelhaft; denn sie ergab sieh nur bei an Miliar- tuberkulose und hochgradiger Phthise Gestorbenen. Die Frage bleibt also offen, ob nicht — ^vie dies durch die Intaktheit der Organe wahrscheinlich ist — die Bazillen erst kurz vor dem Tode in die Blut- l)ahn gelangt sind. Auch muss die Zahl der Bazillen außerordentlich gering" sein; denn der mikroskopische Nachweis glückte nur selten, der Tierversuch ergab stets langsamsten Verlauf und geringe Ausbreitung der gesetzten Prozesse, ja er versagte sogar bisweilen, wenn mikro- skopisch Bazillen sich gezeigt hatten (Nakarai^I; tote Bazillen?). Von 3 Stieren mit hochgradiger Tuberkulose konnte Albrecht ■'•'^ nur bei einem, der am Hoden erkrankt war, Bazillen nachweisen. Auch im Hoden und Samen tn1)erkulisierter Kaninchen und Meer- schweinchen finden sich in einer Minderzahl der Fälle Bazillen (Cava(4- Nis36, Gärtner", Maffucciss), nach 0. Mayer-'^ auch bei lokalisierter Tuberkulose; doch fand Mayer in solchen Fällen stets auch das Blut bazillenhaltig. Es kommen somit für die Uebertragung mit dem Samen wohl nur die relativ wenigen Fälle von Hoden- und Nebenhodentuberkulose in Kechnung. Aber, selbst wenn Bazillen im Samen enthalten wären, er- heben sich noch schwere Bedenken: Erstens ist es nicht wahrscheinlich, dass Bazillen in das Ei hineingelangen können. Zweitens ist es eben- sowenig wahrscheinlich, dass ein infiziertes Ei sich entwickeln kann. Ad 1. Wie die Bazillen ins Ei gelangen sollen, bleibt ein Rätsel, wenn man den Mechanismus der Konzeption berücksichtigt. Im Samen liegen die Bazillen nicht in den Spermatozoen, sondern in der Flüssigkeit. Ist es wohl als wahrscheinlich zu betrachten, dass der unbewegliche Bacillus gerade im Moment der Konzeption die geöffnete Mikropyle findet und mit dem Samenkörperchen hineinschlüpft, zumal da die Zahl der Bazillen im Sperma gering ist? Ad 2 zeigt uns die Histologie, dass eine vom Tuberkelbacillus inva- dierte Zelle "dem Tode, der Nekrose verfallen ist. Und das Ei soll nicht nur den Bazillengiften widerstehen, sondern auch in normaler Weise seine ungeheueren Wachstumsfunktionen erfüllen? (Virchow). Maffucci und Baumgartex begegneten diesem Einwand, indem sie Bazillen in Hühnereier injizierten und tuberkulöse Küken erhielten. Jedoch hinkt diese Analogie, denn das »meroblastische« Hühnerei ent- wickelt sich nur an derKeimscheibe und die Bazillen lagern in dem inerten Eiweiß; nur Infektion der Keimscheibe selbst könnte die Ver- hältnisse beim Säugetier nachahmen (Westermayer-"). Das gleiche gilt für die Analogie mit der P 6b r ine, einer Erkrankung der Seidenraupen, die sich mit dem Ei vererbt; auch das Insektenei ist meroblastisch. Diese theoretischen Bedenken werden auch durch Friedmakns -^^ Versuche nicht beseitigt, der nach Injektion von Bazillen in die Vagina eben befruch- teter Meerschweinchen in den sechstägigen Embryonen Bazillen fand. Die Zahl der erhaltenen positiven Befunde und die der Versuche überhaupt ist nicht genannt. Für die Entwicklungsfähigkeit eines infizierten Eies beweist der Befund gewiss nichts, denn die Embryonen sind nur bis zum 6. Tao; beobachtet worden. 152 G- Cornet & A. Meyer, Ganz wesentlich spricht gegen die Uehertragung vom Vater der absohlt negative Ausfall der bisher angestellten Vererbiiugsversuche, zumal für dieselben meist die Bedingungen so gewählt wurden, dass sie der Uehertragung möglichst günstig waren. Gärtner'*' infizierte 22 Kauiucheu tmd 21 Meerschweinchen durch intra- testikuläre BaziUeuinjektiou; keins a'Ou den Föten und Jungen (29 Kaninchen und 45 Meerschweinchen) wurde tuberkulös. Den gleichen Erfolg hatte Corxet (1. c. S. 243) mit 32 MeerschAveinchen- jungen, die von 20 an den Hoden infizierten Männchen stammten, und Hauser 41 mit 14 von tuberkulösem Vater stammenden Meerschweinchen. In allen genannten Versuchsreihen wurden sogar eine Anzahl der Mutter- tiere infiziert, aber die Jungen blieben gesund. Auch sämtliche Fälle von kongenitaler Tuberkulose des Menschen (s. unten) stammen von tuberkulösen Müttern, nicht ein einziges Mal ist vom Vater vererbte Tuberkulose nachge- wiesen. Die Keimübertragung ist also theoretisch so gut wie un- möglich und praktisch noch niemals beobachtet worden. Placentare Uehertragung. Im Gegensatz hierzu ist die Möglichkeit placentarer Uehertragung über jeden Zweifel erhaben, aber ihre quantitative Bedeutung ist umstritten. Die Placenta bildet für gewöhnlich ein sicheres Filter gegen den Uebertritt von Bakterien aus dem mütter- lichen Kreislauf in den des Fötus. Unter nicht näher bekannten Bedingungen kann dieser Schutz jedoch versagen. Den Beweis hierfür bilden die beobachteten Fälle kongeni- taler und fötaler Tuberkulose. Die Zahl der mitgeteilten angeblich kongenitalen Fälle beträgt beim Menschen über 100, wird durch kritische Sichtung jedoch sehr vermindert. Namentlich früher wurden oft genug Gummiknoten für Tuberkulose gehalten. Fälle, die nicht während eines bestimmten Zeit- raums nach der Geburt (etwa 3—6 Wochen) zur Beobachtung kommen, können nicht als sicher bewiesen gelten, namentlich wenn die Lokali- sation nicht der bei placentarer Uehertragung gewöhnlichen entspricht; es liegt dann die Möglichkeit extrauteriner Infektion nahe. Alle kongeni- talen Fälle zeigen primäre Affektiou der Leber und Portal- drüsen, sekundär sind Milz und Mesenterialdrüsen, Niere, endlich Lunge ergriffen. Mit diesen Einschränkungen bleiben etwa 20 sicher festgestellte Fälle angeborener Tuberkulose beim Menschen übrig. Da wohl fast alle in der letzten Zeit zur Kenntnis von Aerzten gekom- menen Fälle publiziert sind, staunt man wohl über die geringe Zahl. Alle diese Kinder und Föten stammen von tuberkulösen Müttern — so dass die angeborene Tuberkulose von vornherein eine Erklärung für die Heredität vom Vater, die nach den klinisch-statistischen Er- hebungen ungefVdir die gleiche Rolle spielen soll, verweigert. Die Mütter litten durchweg an den schwersten Formen der Tuberku- lose, 6 unter ihnen an allgemeiner Miliartuberkulose, und starben (mit nur 2 Ausnahmen) entweder Avährend der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt. Es ist somit nur bei den vorgeschrittensten Erkran- kungen Heredität zu erwarten. Den wenigen positiven Befunden steht eine ganze Anzahl negativer bei systematischer Untersuchung von Föten tuberkulöser Mütter gegen- über Granchek & Straus42, Leyden«, ViGNAL-i-t, M. Wulff -15, Londe^«, Tuberkulose. 153 BuGGE-*^). Außerdem beweist die Erfahrung- patbologisclier Auatomeii, dass es sich bei den kongenitalen Fällen um seltene Ausnahmen handelt. ViRCHOw^*^ erklärte noch auf dem Berliner Tuberkulose-Kongress auf das bestimmteste niemals einen einschlägigen Fall gesehen zu haben; Hammer sah unter 447 Sektionen tuberkulöser Kinder keinen zweifellos kongenitalen Fall. Die Kinder zeigten ebenfalls stets weite Verbreitung der Bazillen und gingen früh zu Grunde. Niemals wiesen Kinder, die auch nur mehrere Monate alt starben, die für placentare Entstehung charakteri- stische Lokalisation ihrer Krankheit auf. Die hereditäre Tuberkulose führt ihre kleinen Opfer in wenig Tagen oder Wochen zum Tode; sehr bäulig tritt Unterbrechung der Schwangerschaft ein. Analog sind die Erfahrungen bei Eindertuberkulose. Die Zahl der kongenital Erkrankten ist hier höher, es sind über 60 zweifellose Be- obachtungen mitgeteilt. Dies entspricht vielleicht der häufigeren Lokaliserung der Rindertuberkulosc auf das Urogenitalsystem und die Unterleibsorgane überhaupt. Rlepp^^ berechnet, dass ungefähr 2,63 % der von tuberknlösen Kühen stammenden Kälber tuberkulös geboren werden. Aber auch Rinder- tuberkulose vererbt sich nnrbei den schwersten Formen generaUsierter Erkrankung. Auch experimentell ist der Nachweis erbracht, dass die Tuber- kulose von infizierten Muttertieren auf die Föten übergehen kann, nament- lich von Gärtner-'"'; die Versuche von Galtier^'J, Maffucci^*, deRenzi^** sind nicht einwandsfrei. Auch Gärtners positive Resultate erklären sich nur durch die ge- waltigen Massen von Bazillen, mit denen das Muttertier förmlich über- schwemmt wurde; es stehen ihnen eine größere Anzahl negativer Nach- forschungen entgegen, besonders von Sanchez Toledo ^2, Auch Cornet hat bei 137 Föten tuberkulöser Muttertiere, die er zerstückelt weiter verimpft hat, niemals Tuberkulose konstatieren können. Desgleichen beobachtete er auch an 96 von tuberkulösen Müttern geboienen und gesäugten Tieren keine Abweichung von der normalen Entwicklung. Ferner ist es niemals gelungen, experimentelle Tuberkulose lebend geborener Jungen sicher zu erweisen. Wenn in den Versuchen solche anscheinend vorgefunden wurde, war sie wohl stets auf Säugung zurück- zuführen. Wie leicht durch diese die Ergebnisse beeiuflusst werden, gehe aus Bernheims ^' Tierexperimenten hervor: nur diejenigen Jungen erkrankten, die von ihrer infizierten Mutter gesäugt wurden; die von derselben getrennten blieben gesund. Bei der Seltenheit beglaubigter kongenitaler Fälle hat man die Lehre von der erblichen Uebertraguug durch den Hinweis auf Syphilis zu stützen versucht. Aber bei dieser sind alle Säfte des Körpers mit dem Virus infiziert, während der Tuberkelbacillus sich nur bei allgemeiner Miliartuberkulose im Bbite findet, sonst aber lokal bleibt. Bei Syphilis sind Placentarblutungen, die eine Fruchtinfektion vermitteln können, häufig, bei Tuberkulose äußerst selten, also ist der ganze Vergleich unzutreffend. Die Erblichkeit TOm Standpunkte der Statistik. Noch ein all- gemeines Bedenken steht der kongenitalen Uebertragung entgegen: würde sie den gewöhnlichen Modus der Verbreitung darstellen, so mUsste die Frequenz der Tuberkulose in den ersten Monaten am höchsten sein und mit dem Alter ständig abnehmen. Das Gegenteil ist der Fall: Todesfälle an Tuberkulose in den ersten Monaten sind verschwindend selten, erst gegen das Ende des ersten Jahres zeigt sich eine Vermeh- 154 Gr- Cornet & A. Meyer, rung, den frühesten Infektionen eiitspreeliencl; nach dem dritten Jahr sinkt die Ziifer wieder, um erst ungefähr mit dem löten, entsprechend den Gefährdungen des Berufs, wieder — und nun andauernd — anzu- steigen. Eine Zusammeustelhmg der Kindersektionen des Berliner patho- logischen Instituts von 1876—1891 durch Kothe auf Cornets (S. 261) Veranlassung ergab, dass von 263 obduzierten tuberkulösen Kindern bis zu 5 Jahren keines unter 2 Monat alt w\ar, 10 im ersten Halbjahr, 43 im ersten Jahre, 83 im zweiten, 56 im dritten, 51 im vierten und 30 im fünften standen. Viele andere Zusammenstellungen ergeben gleich- falls die Seltenheit der Tuberkulose der ersten Monate. Entsprechend sind die Statistiken für Tuberkulose der Rinder: Nach Er- mittelungen von Cornet, Röckl^^, der Landwirtschaftlichen Ministerien in Preußen, Baden, Sachsen, beträgt die Tuberkulosefrequenz der Kälber etwa 4 — ^8 tausendstel Prozent, während sie in den ersten 6 Wochen noch geringer (0,002 ^) ist, dagegen bei ausgewachsenen Rindern zwischen 2 und 20 % schwankt. Baimgarten nimmt nun an, dass die kongenitalen Herde lange latent bleiben, in Schranken gehalten durch erhöhte Widerstands- kraft der Gewebe während des AV ach st ums. Alle Erfahrung zeigt dagegen, dass Infektionen anderer Art im kindlichen Gewebe sich weit schneller verbreiten und viel perniziöser wirken als beim Erwachsenen. Aber auch die Tuberkulose des Kindesalters zeichnet sich aus durch weite Propagation, durch gleichzeitiges Befallensein vieler Organe, sowie durch Neigung zur akuten Geueralisation (allgemeinen Miliartuberkulose), endlich durch kurzen, malignen Verlauf. Die Vota aller Kliniker und Pathologen lauten hierin gleich. In diesem Sinne äußern sich: Weigert, CoRNiL, FR0E15ELIUS, LANDOUZY, MiCHAEL, Henocii, Und ihre Zahl lässt sich wohl leicht vermehren. Wo bleibt da der Schutz durch er- höhte W a c h s t u m s e n e r g i e ? Noch abenteuerlicher ist die Behauptung mancher Autoren, dass die vererbte Tuberkulose gar in einer Generation ganz latent bleiben und erst in der zweiten manifest werden könne; es fehlt nicht nur der Schatten eines Beweises, sondern auch jedes Analogon zu einem solchen Vorgang, wenigstens bei Infektionskrankheiten. Nicht einmal bei der Syphilis kommt dergleichen vor. Somit ist kasuistisch und experimentell der Nachweis für die Mög- lichkeit intrauteriner Infektion ZAvar erl)racht, jedoch hat sich auf dem gleichen Wege ergeben, dass ihr nur eine sehr geringe praktische Bedeutung zukommt, da sie nur bei schwerster Erkrankung der Mutter möglich ist und der Lebensfähigkeit des infizierten Kindes enge Grenzen zieht. Lehnen wir auch die erbliche Ueb ertragung als für die Verbrei- tung der Tuberkulose irrelevant ab, fragt es sich doch, ob das gehäufte Vorkommen von Tuberkulose in der Familie Erkrankter nicht zum Teil auf einer vererbten Anlage zur Erkrankung beruht. Hierüber im folgenden Kapitel. Litteratur. 1 Lebert, Traite pratique des mat. scrof. et'tub., 1849. — - Rilliet & Barthez. Traite des maladies des enfants, 1854. — 3 Schäffer, Dtseh. med. Wochenschr.. 1883, S. 307. — 4 BocKENDAHL, Mitt. f. d. Ver. Schlew.-Holst. Aerzte, 1879, H. 6, S. 128 11. H. 7, S. 107. — 5 Leudet, Bull, de l'acad. de med., 1885. — " Haupt, Dtsch. Med.-Ztg., 1890, S. 340: 1891, S. 997. — ' Cornet, Die Tuberkulose, Wien 1899 (Hülderl, S. 214 fif. — « Lüffler, Referat f. d. Tub.-Kongr., Berlin 1899, S. 202. Tuberkulose. 155 Arch. f. Wiss. u. prakt. Tierhk., 1899, S. 427. — o Bernheim XI. Int. Kongr., Rom: Centralbl. f. inn. Med., 1894, Bd. 15, S. 417. — lo Schnitzlein, Ann. d. städt. Krkh., München, Bd. 5. — ^ Stich, Arch. f. kliu. Med., 1888. Bd. 42, S. 221. — i-' Epstein, Viertel], f. prakt. Heilk., 1879, Bd. 2; Arch. f. Kindhlk., 1881, Bd. 2. S. 345. — 1'^ CoRNET, 1. c, S. 271. — 14 KÜTHy, Klinisch. -stat. Beitrag u. s. w. Pester med. Chirurg. Presse, 1894. 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Seit das Experi- ment aber gezeigt hat, dass die Bazillen nicht ubiquitär sind und sich nur unter gewissen Bedingungen in einem Zustande befinden, der sie zum Eindringen in den menschlichen Organismus befähigt, musste natur- gemäß die Dispositionslehre an Boden verlieren. Was mau früher für ein disponierendes Moment hielt, stellt sich sehr häufig nur als eine vermehrte Exposition der Ansteckung gegenüber heraus. Auch der Befund von Bazillen in der Nase Gesunder wird als ein Beweis dafür angesehen, dass es einer besonderen Disposition bedarf, um eine Erkrankung herbeizuführen, aber das Freibleiben solcher Per- sonen erklärt sich daraus, dass die Bazillen in der Käse überhaupt nur bei Verletzung oder bei Einreibung die Möglichkeit finden, in das Ge- webe einzudringen. Dies leitet auf die sogenannte »Organdisposition«: das eine Organ erkrankt, wenn Bazillen auf seine Oberfläche gelangen, das andere nicht (Lunge — Nase, Haut u. s. w.) Darf man darum von Disposition sprechen, in dem Sinne, dass die einen Gewebe sich weniger wider- standsfähig erweisen als andere? Gewiss nicht; es handelt sich um rein mechanische Verhältnisse. Das Flimmerepithel und der Schleim- strom eliminieren im einen Organe die Erreger schnell aus dem Cavum, so dass sie nicht haften können, im anderen ist ihr Eintritt erleichtert. Sind sie einmal ins Gewebe selbst eingedrungen, so erkranken beide Organe in gleicher Weise. Ohne das Wesen der Disposition erklären zu können, stellt man sich vor, dass dieselbe besteht, entweder in einer spezifischen Neigung, gerade an Tuberkulose zu erkranken — oder in einer allgemeinen Minderwertigkeit der Konstitution, — die ebenso andere infektiouen erleichtert, — oder in grob-anatomischen Eigentümlichkeiten gewisser Organe, welche das Haftenbleiben der Bazillen begünstigen. Diese Disposition soll eine ererbte oder erworbene sein können. Hereditäre Disposition. Für die ererbte Disposition erblickt man den Beweis in der Häufig- keit der Tuberkulose in gewissen Familien; doch wie man gesehen, erklärt sich dieselbe ungezwungen aus der Infektionsgefahr, der die Augehörigen von Phthisikern ausgesetzt sind. Einen neuen Faktor sollen nun nach Martius i die Ergebnisse der »wissenschaftlichen Genealogie«^ in die Diskussion bringen: aus EiFFELs^ Forschungen soll hervorgehen, dass die Nachkommenschaft von Phthisikern viele Generationen hindurch tuberkulös l)leibt, während ander- seits Menschen mit annähernd tuberkulosereiner Aszeudenz auch in einem Tuberkulose. 157 infizierten Hause gesund bleiben. — Doch wir können in dieser De- duktion kein neues Argument erblicken; was für die sonstigen Erfah- rung-en über Heredität gilt, l)ebält seine Geltung auch für diese nur mit größerer Mühe gewonnenen : der Beweis ist nicht erbracht, dass es sich nicht um eine lufektion »von Geschlechtern zu Geschlechtern« handelt. Nach den Erfahrungen Cornets u. a., welche zeigen, wie sich die Phthise 30 Jahre, lange nach dem Tode des Ersterkrankten, durch Seiteuketteninfektion in der Familie fortpflanzen kann, ist eine Konser- vierung der Seuche, auch durch ein Jahrhundert, nichts Unverständliches. Was aber Riffels Statistik im besonderen anlangt, so hat der eine von uns bereits an anderer Stelle uacligeAvieseu, dass er bei diesem Autor auf wenig über 100 Seiten gegen 100 sachliche sinnentstellende Fehler und Widersprüche, natürlich in Zahlen fand; wir müssen Mautius gegenüber, der diese Fehler selbst zugiebt, daran festhalten, dass ein statistischer Autor, der mit so vielen falschen Zahlen operiert (während doch die Zahl das Rückgrat seiner Be- weise bilden soll), so wenig Beweiskraft hat, wie ein Bakteriologe, der seine neuesten Forschungen an verunreinigten Kulturen demonstrieren wollte. Von mehreren Seiten wurde betont, dass Frauen öfter als Männer eine tuberkulöse Aszendenz haben. Nach Reiches'^ Erfahrungen an 1439 Phthisikern waren von den Männern elterlich belastet 25,5^ von den Frauen » » 43,4^. Die große Zahl scheint den Zufall auszuschheßen: Wie erklärt sich also die Difiereuz? Den Frauen, die weniger aus dem Hause kommen, droht die größte Ansteckungsgefahr in der Familie, während bei den Männern die In- fektion in den Werkstätten u. s. w. u. s. w. eine größere Rolle spielt. Solche Fakten, durch Dispositiousunterschiede nicht zu erklären, erscheinen vom Stand- punkte der Infektion durchaus natürlich. Eine natürliche spezifische Disposition, darin bestehend, dass nicht sowohl das Eindringen und Ansiedeln von Bazillen erleichtert, als vielmehr die Bewältigung der eingedrungenen erschwert würde, müsste ein Minus einer natürlichen Immunität darstellen. Sie ist bis heute noch nicht erwiesen. Indes können von einer hochgradig tuberkulösen Mutter, bei dem regen Austausch der mütterlichen und kindlichen Blutbestandteile, auch die Tuberkel- toxine zum Teil auf die Frucht übergehen und dieselbe schädigen; der frühe Tod solcher Früchte beweist uns das. V^ielleicht könnte man annehmen, dass diese Toxine dem kindlichen Körper eine gewisse Ue her empfind lic h- keit gegen das Tuberkelgift verleihen, etwa wie infizierte Meerschweinchen durch ein geringes Plus von Tuberkeltoxineu, das gesunde noch gut vertragen, rasch getötet werden. Doch nach unserer allgemeinen Anschauung über Infektionskrankheiten muss man im Gegenteil dafür halten, dass der Fötus, der durch Dift'usion die Bazillengifte aus dem mütterlichen Blute aufnimmt, eine Toxin-Immunität gegen Tuberkulose intrauterin erwirbt.' Die Disposition im angegebenen Sinne müsste jedenfalls auch den Verlauf ungünstig beeinflussen. Aber die Erfahrungen fast aller Phthisiologen, von B Rehmer an, ergeben übereinstimmend, dass die Zahl der Heilerfolge bei den hereditär Belasteten nicht geringer ist, als bei den nicht Belasteten. 158 Ct. Cornet & A. Meyer, Im Gegensatz zur spezifischen Disposition ist es denkbar, dass die Herkunft von kranken, z. ]>. luetischen oder karzinoniatösen Eltern eine Schwächung- der Frucht und damit eine allgemeine Unter- wertigkeit der Nachkommenschaft l)ediugt. So stiefmütterlich von der Natur bedachte Personen werden dann auch leichter einer Infektion er- liegen. Aber auch hier fehlen Anhaltspunkte, dass dies bei Tuberkulose eine ausschlaggebende Eolle spielt. Eine etwas größere Bedeutung gebüln-t der dritten Art hereditärer Disposition, die wir als erbliche mechanische Disposition bezeichnen wollen. Sie erleichtert nur das Eindringen und Haftenbleiben der Ba- zillen und kann zustande kommen durch Familiengleichheit der Bildung gewisser Orgaue. So ist es möglich, dass Anomalieen der Nase oder adenoide Vege- tationen, welche die Nasenatmung erschweren, dass etwa die recht- oder spitzwinklige Abknickung gewisser Bronchien, dass endlich die Ver- kürzung des Eippenknorpels sich vererben. Mehr als eine Möglich- keit lässt sich jedoch mangels spezieller Nachforschungen nicht aus- sagen. Wie ferner bekanntlich verschiedenartigste Bewegungen der Eltern oft unheimlich ähnlich sich bei Kindern wiederfinden, wie es einen Familiengang, Familienlachen u. s. w. giebt, so giebt es auch einen vererbten Atemtypus, der als günstig für das Hineiugelaugen von Bazillen in die tieferen Luftwege beziehungsweise ungünstig für ihre Elimiuie- rung gedacht werden kann. Die Summe der Disposition für Phthise soll sich in dem »habitus phthisicus« ausdrücken, der sich durch schmalen, nach unten ver- jüngten Thorax, fiügelförmiges Abstehen der Schulterblätter, blasse, zarte Haut kenntlich macht. In der großen Mehrzahl der Fälle ist der habitus phthisicus nicht Ursache, sondern Folge der Erkrankung; auch kann er eine allge- meine disponierende Bedeutung nicht haljen, da er nur bei einem ver- hältnismäßig geringem Prozentsatz der Phthisiker (Laenxec, Hkrard, CoiiNiL & Hanot, Reiche^ u. a.) und anderseits nicht nur bei diesen anzutreffen ist. Immerhin kommt er bei Belasteten etwas öfter vor, als bei Unbe- lasteten, (nach Reiche in 23,1 bezw. in 17,4%^ der untersuchten Phthisiker). Einen Beweis für Vererbung einer örtlichen Disposition sieht Turban ^^ darin, dass er bei Familienmitgliedern fast stets die gleiche Seite der Lunge befallen fand. Wo Ausnahmen vorkamen, bestand meist schon äußerlich nur geringe Familienähnlichkeit. Hin und wieder mögen solche lokale, vielfach erbliche Zustände für die leichtere Infektion von Einfluss sein, ob sie aber in einer nennens- werten Zahl den xlusschlag geben, lässt sich vorerst nicht überschauen. Erworbene Disposition. Aehnliche Zustände, wie wir sie bei der Erblichkeit als möglich voraussetzen, lassen sich auch als nach der Geburt erworben denken. Die frühere Ansicht von der Disposition eines gewissen Alters, des Blütealters, ist bekanntlich durch Untersuchungen definitiv wider- legt, und hat sich herausgestellt, dass die Tuberkulose bis zum Greisen- alter au Frequenz zunimmt und die Zahl der Erkrankungen merkwürdig genau der Infektionsgefahr entspricht, der jedes derselben ausgesetzt wird. Tuberkulose. 159 Gewisse Berufe zeigen auffallend viel Tuberkulose, namentlich solche, die mit starker Staubiuhalatiou und mit Entwicklung harten .staubes verbunden sind und zu gebückter Haltung zwingen. Die ein- zelnen Staubpartikel wirken hier wie Inseln, auf denen die Tuberkel- bazillen sich entwickeln können. Schlechte soziale Lage kann durch allgemeine Herabsetzung der vitalen Energie möglicherweise Disposition bedingen. Als vermittelnde Momente kommen Unterernährung, Mangel an Licht und Luft u. s. w. in Frage. Es ist aber zu bedenken, dass Armut vor allem Gelegen- heit zur Infektion schafft (durch enges Zusammenwohnen, un- hygienische Wohnungsverhältnisse). Diesen überwiegenden Einflüssen gegenüber kommt der Verschlechterung der Konstitution nur sekundäre Bedeutung zu. Vikchow fand bei den oberschlesischen Webern ge- legentlich seiner Hungertyphusforschungen auffallend wenig Tuberkulose. Dagegen ist bei bestehender Tuberkulose der Einiluss der hygienischen Verhältnisse — Ernährung, Wohuuug, Luft u. s. w. — auf den Verlauf ein außerordentlich großer uud bestimmend über Tod und Leben; demgemäß ist es wohl denkbar, dass ein abgekapselter Herd durch Unternähruug ausgelaugt, imd die Bazillen mobilisiert werden. Das gleiche gilt von körperlichen Anstrengungen und Ge- mütsbewegungen. Sie haben hauptsächlich Einfluss auf den Verlauf, weniger auf die Entstehung der Phthise. — Früher schrieb man den Strapazen die Schuld an der vermeintlich großen Tuberkulose frequenz in der Armee zu. Genaue Statistiken haben ergeben, dass dieselbe wesentlich von der Güte des Ersatzes abhängt — also davon, wie oft Tuberkulose geringen Grades in die Armee hineingeschleppt wird, zum geringsten Teile aber von der Infektion während der Dienstzeit selbst. Durch sorgfältige Auswahl bei der Aushebung und hygienische Maß- nahmen, die gegen die Infektion gerichtet sind, ist es daher besonders in Deutschland gelungen, trotz gleichbleibender Anforderungen die Tuberkulose der Armee auf ein Minimum heral »zudrücken. Dem Alkoholismus wird eine große, disponierende Kraft zuge- schrieben. De Lavarexne ^- hat für Frankreich berechnet, dass in den Departements der Alkoholverbrauch pro Kopf und die Tuberkulose- frequenz durchaus parallel liefen. Das dürfte im wesentlichen daher kommen, dass Alkohol und Tuberkulose beide aus der gleichen Wurzel wachsen: der Armut. Die Lehre vom immunen und disponierenden Klima ist ver- gessen: jedes Klima kann beides sein; Menschenanhäüfung und soziales Elend »disponieren« in jedem Klima, reine Luft, Verkehrsabgeschiedenheit, hygienisches Milieu »schützen« in gewissem Grade in jedem, und werden bei bestehender Krankheit eine entsprechend günstige Wirkung üben. Krankheiten können auf den Organismus disponierend wirken: durch Schaffung von Eintrittspforten für die Bazillen (Geschwüre, Katarrhe), — durch Schwächung der Konstitution; — endlich nur schein- bar durch Aufrütteln alter Herde. Voran steht der Diabetes. Er begünstigt unserer Erfahrung nach nicht sowohl das Entstehen der Tuberkulose, sondern er bedingt durch Entzieliung der Kohlenhydrate vor allem den äußerst ungünstigen Verlauf. Viele Tuberkelherde, die sonst unbemerkt verheilt wären, führen unter seinem Einflüsse zum Tode. Man hat hier vielleicht mit Recht das Ge- webe als besseren Nährboden angesprochen. 160 G. Cornet & A. Meyer, Wunden der Haut und der Schleimhäute, syphilitische, karzinomatüse und typhöse Geschwüre bieten den Bazillen einen Invasionspunkt. Nicht selten sind die Fälle des Auftretens von Tuber- kulose auf Hautverletzung-en; vielleicht geben Khag-aden und Epithel- lückeu des Kehlkopfs die Pforte für die Kehlkopftuberkulose ab. Bis- weilen sieht man auch Kombination von luetischen und tuberkulösen Geschwüren, wobei indes oft zweifelhaft bleibt, welches das primäre war. Auch Schleimhautkatarrhe können den Bazillen einen Angriffs- punkt bieten. Speziell Katarrh der Nase, der zur Mundatmung zwingt, kann wesentlich die Infektion begünstigen; denn die Wichtigkeit der Nasenatmung als Schutz gegen tieferes Eindringen der Bazillen ist ex- perimentell erwiesen (Cornet ^9) Andere Momente, welche die Nasen- atmung verlegen, werden natürlich in gleicher Weise wirken (adenoide Vegetationen, Polypen, Septum-Verbildungen). Der Katarrh des retro- nasalen Pharynxteils erleichtert das lange Liegenbleiben der Bazillen (FßEUDEXTHALl*). Besonders berüchtigt sind Masern, Scharlach, Keuchhusten, in deren Gefolge sich oft die Phthise einstellt. Es ist wahrscheinlich, dass sie den gleichen disponierenden Einfiuss, wie alle Katarrhe der oberen Luftwege, ausüben, daneben wird aber ihre hyperämisierende entzündliche Wirkung auf die Lymphdrüsen sehr geeignet seien, alte Herde zum Erwachen zu bringen. Dasselbe mag für die Influenza gelten, deren Einfiuss auf die Phthise gewaltig überschätzt worden ist (Ruhemann, Petit^'); mau ging so weit, den Tuberkelbacillus für einen inerten Saprophyten zu halten, der erst durch Symbiose mit dem Influenzabacillus seine deletäre Wirkung gewinnt. Nach Sperling 22 erhöhen die Influenzaepidemieen die Mortalität an Phthise nicht, sondern beschleunigen nur ihren Verlauf. Schwangerschaft ist kein disponierendes Moment, beschleunigt aber den Verlauf der Phthise. Besonders neigen Gravide zur akuten Generalisation. Das Trauma schafft einen locus minoris resistentiae, der die An- siedlung der Bazillen erleichtert — wie die später zu besprechenden Versuche über Knochentuberkulose lehren; die Anwesenheit der Bazillen im Blute ist jedoch Voraussetzung. Weiter hat man noch disp(mierenden Einfiuss der Anämie und Chlo- rose, der Enge der Aorta und der Kleinheit des Herzeus (Brehmer^, Beneke^) zugeschrieben. Manche dieser Zustände sind wohl sicher öfter Folgen der Tuberkulose. Nach dem Gesagten hat die Disposition keinen bestimmenden Einfiuss auf die Verbreitung der Tuberkulose, wohl aber einen gelegentlichen auf die Entstehung des einzelnen Krankheitsfalles und den Verlauf des- selben. Litteratur. 1 Martius, Berl. klin. Wochenscbr., 1931, S. 1125. — - Lorenz, Die wissen- schaftliche Genealogie. Berlin 1898. — 3 Beseke, Die anatomischen Grundhigen der Öonstitutionsanomalien des Menschen, 1877. — * Brehmer, Die Aetiologie der chronischen Lungenschwindsucht vom Standpunkt der klinischen Erfahrung. Berlin 1885 (Hirschwald). — -J Rühle, IL Kongr. f. inn. Med.. 1883. — e Riffel, Die Erblichkeit der Schwindsucht, 1890; Weitere pathogenetische Studien über Schwindsucht und Krebs. Frankfurt 1900. — " Nauss, Aerztl. Rundsch., 1901. Nr. 25, 27. — « Reiche, Ztschr. f. Tub., Bd. 1, S. 302, 1900. — '■> Rokitanski, Lehrb. d. pathol. 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Infektionsgefahr und Statistik. Da Erblichkeit und Disposition keine wesentlichen Faktoren für die Verbreitimg- der Tuberkulose darstellen, werden wir schon per ex- clusionem zu der Infektion als dem ausschlaggebenden Moment geführt. Wir wissen auch aus früheren Kapiteln, auf welchem Wege sie zustande kommt: Die Erkrankung infolge Genusses von infekti(3ser Nahrung ist selten, man intiziert sich fast ausschließlich durch Inhalation, und zwar hauptsächlich von Staub, wozu nur hin und wieder die Einatmung direkt mit dem Husten verspritzter Tröpfchen tritt. Das Zustandekommen der Infektion wird eingeschränkt und hängt ab erstens von der infizierenden Person, zweitens von der Umgebung. Die Zahl der Phthisiker wird gewöhnlich weit überschätzt. Eine annähernd richtige Vorstellung von derselben erhält man, wenn man die Zahl der in einem Jahre an Tuberkulose Verstorbenen (auf 10000 Le- bende berechnet) mit der durchschnittlichen Zahl der Krankheitsjahre multipliziert. Diese beträgt durchschnittlich etwa 3 Jahre, bei Erwachsenen etwas mehr, bei Kindern erheblich weniger. Der viele Jahre dauernde chronische Verlauf der einen wird ausgeglichen durch die ganz akuten Fälle. Wenn Dettweiler 7 Jahre als Durchschnitt annimmt, so beruht das nur auf Erfahrungen an der sozial am günstigsten gestellten Bevölkerungsklasse, die an sich numerisch schwach, zur Phthise noch besonders wenig beiträgt. Im Deutschen Reiche starben 1897 von 10000 Lebenden 21,7 an Lungenschwindsucht; mit 3 multipliziert ergiebt sich 65,1; also nur etwa auf 150 (genauer 153,6) Lebende kommt einer, der an Lungenphthise leidet. Etwas größer wird die Zahl, wenn nur die Erwachsenen in den Kreis der Berechnung gezogen werden (1 Phtisiker auf 85 Männer, bezw. auf 109 Weiber); man kann aber rechnen, wie man will, nie findet man so große Zahlen, dass man sagen könnte, »jeder Mensch lebe gewisser- maßen in einem Kreise von Tuberkulösen«. Dieser übertriebenen Vor- stellung verleihen Nägelis^* Befunde, nach welchen der überwiegend größte Teil aller erwachsenen Leichen Spuren überstandener lokaler Handbueli der patliogenen Mikroorganisraen. IT. 11 162 G. Cornet & A. Meyer, Tuberkulose aufweist, nur scheinbar eine Stütze: Denn in solchen Fällen war die Tuberkulose nur kurze Zeit oder nie manifest. Hierzu kommt, dass lange nicht alle Phthisiker infektiös sind. In den Anfang-sstadien wird kein oder nur bazillenarmes Sputum aus- gehustet; manche verschlucken ihr Sputum, und ein sehr großer, stets wachsender Teil der Phthisiker entleert es vorschriftsmäßig und in un- schädlicher Weise. Die Infektion beschränkt sich nahezu auf die geschlossenen Räume. Die Beschaffenheit der Wohnung ist dabei von größtem Einfluss. In hohen, hellen, gut gelüfteten und reinlichen Räumen, selbst wenn ein Phthisiker in ihnen lebt, ist die Gefahr der Konservierung lebender Bazillen und der Staubentwicklung gering; dagegen ist die Tuberkulose zu Haus in den engen, überwohuten, schlecht belichteten und gelüfteten Quartieren der Arbeiter und der Armen. In den verschiedenen Bezirken Hamburgs verhält sich (nach GebhardtI) die Tuberkulosefrequenz durchweg umgekehrt wie das mittlere Einkommen der Bewohner; sie beträgt in 2 ganz nahe gelegenen Distrikten 13,2 (durchschnittl. Ein- kommen über 2000 M.) und 34,3 (Einkommen unter 400 M.]. An diesem vorwiegenden Befallensein der Armen ist aber nicht so- wohl die Ernährung schuld, sondern einmal die schlechte, lichtlose Be- schaffenheit der Wohnung, sodann das enge Zusammengedrängtsein vieler Menschen auf kleinen Raum; je mehr Menschen zusammenwohnen, um so größer ist der Kreis der Personen, den ein Phthisiker infizieren kann, um so größer natürlich auch für jeden einzelnen die Gefahr infiziert zu werden. Viel hängt von der Art der Wohnungsreinigung ab. Der trockene Besen wirbelt den Staub auf, der nasse Scheuerlappen beseitigt Schmutz in imschädlicher Weise. Auch ob die Reinigung in Anwesenheit vieler Bewohner stattfindet, ist von großer Bedeutung; ich erinnere an die kurze Flugdauer bazillenbeladenen Staubes, ferner an die Untersuchungen von Neumann^, Stern s, Richard •'j die das baldige Absetzen der zahl- reichen, während des Fegens in der Luft enthaltenen Keime zeigen. Am meisten ist die Familie der Geftihr ausgesetzt, durch ein phthi- sisches Familienmitglied infiziert zu werden; mau trifft daher so häutig bei Phthisikern die Angabe, »dass Tuberkulose in ihrer Familie sei-^. Wenn man dies Zusammentreffen auf Heredität zurückführen will: wie erklärt man dann das gleichzeitige Befallensein von Eheleuten? Dasselbe ist relativ nicht seltener als das z. B. der Eltern; während 25 — 33;%^ der Kranken auch Tuberkulose des Vaters oder der Mutter an- geben, haben nach Brehmer und Haupt 12^ (bei Wohlhabenden), nach Corxet (bei Krankenhausmaterial) 23^ der verheirateten Phthisiker erkrankte Gatten, welche Zahl sich noch bedeutend erhöht, wenn man die Fälle abzieht, in denen der andere Teil vorzeitig starb oder in denen beide Teile getrennt lebten. Andere Hausgenossen sind von der Infektion natürlich nicht weniger bedroht, besonders das mit der Ordnung der Betten und der Reinigung der Zimmer beschäftigte Dienstpersonal. Xamentlich Krankenpfleger, die andauernd in der Nähe des Phthisikers sich befinden, werden besonders häufig von Tuberkulose be- fallen, wie nach unseren Feststellungen ^ die hohe Mortalität in den Kraukenpflegeorden beweist. Aerzte dagegen, die den Kranken nur während kurzer Zeit und nicht gerade während der Zimmerreinigung besuchen, zeigen keine be- Tuberkulose. 163 sonders hohe Tuberkulosefrequeuz ; immerhin ist die Tuberkulose auch bei ihnen I^ein seltener Gast. In zweiter Reihe sind Schlafburscheu und Chambreg-arnisten der Infektion durch die Wohnung- ausgesetzt; nicht einmal ein Zusammen- leben mit einem Kranken ist Voraussetzung, sondern es genügt oft das Beziehen eines Zimmers, das kurz vorher von einem Phthisiker bewohnt war. Die Infektion in der "Werkstätte bedingt das vorwiegende Be- trolFensein des erwerbsfähigen Alters, sowie des männlichen Geschlechts. Die Ursache der Infektion ist auch hier hauptsächlich darin zu suchen, dass auf den Boden gespuckt und trocken aufgefegt wird; viel hängt natürlich wieder von Kubikraum, von Lüftung und Beleuchtung der Werkstätte ab, auch von der mehr oder minder großen Staubent- wicklung, mit der das Gewebe verbunden ist. Der Staub, besonders feinerer, Woll- und Pflanzenstaub dient als Träger der Bazillen, während der scharfe Mineralstaub (bei Schleifern, Steinmetzen) die Atemorgane zur Aufnahme der Bazillen disponiert. Ueberall, wo das Trockenschleifeu durch Nassschleifen ersetzt wurde, ist daher die Tuberkulose zurück- gegangen. Auch die gebückte Haltung, zu der gewisse Berufsarten zwingen, hindert die Exkursionstahigkeit des Thorax, besonders die Ex- spiration, und mag so die Erkrankung erleichtern. Sitzen die Arbeiter einander sehr nahe, so können sie sich wohl auch einmal durch Husteu- tröpfchen infizieren. Für gewisse Berufsarten liegt endlich noch die Gefahr vor, dass ihr Arbeitsmaterial bei der vorhergehenden Fabri- kation mit Sputum verunreinigt ist, so bei Schneidern i^. Ein eigenartiger Fall wird von amerikanischer Seite mitgeteilt : 20 Schreiber, die mit alten Büchern beschäftigt waren, erkrankten au Tuberkulose: in den Blättern wurden Bazillen nachgewiesen ' K Endlich sind diejenigen Berufe der Tuberkulose am meisten aus- gesetzt, die im geschlossenen Baum, diejenigen am wenigsten, die im Freien ausgeübt werden, so Kutscher, Polizisten, Straßenkehrer. Auf dem Lande ist die Tuberkulose zwar nicht ganz so häufig wie in der Stadt, doch ist der Unterschied lange nicht so ausgeprägt, als mau bei der dünneren Bevölkerung und der Beschäftigung im Freien er- warten sollte ; die elenden Wohnungsverhältnisse auf dem Lande macheu die übrigen Vorteile beinahe wett. Es sind eben nie die Berufsgeftihren allein, sondern die Gesamtheit der Lebensverhältnisse, welche die Tuberkulosefrequenz einer Be- völkerungsklasse bedingen. In der Statistik der Altersfrequeuz der Tuberkulose prägt sich mit erstaunlicher Deutlichkeit jeder Einfluss erhöhter oder verringerter Infektionsgefahr aus. Beim Kinde ist die Tuberkulose bis zum 2. und 3. Jahre relativ häufig; es ist während des ganzen Tages im Hause und der Infektion durch kranke Hausgenossen exponiert. Vom 3. Jahre au, also im gleichen Moment, wo das Kind einen erheblichen Teil des Tages im Freien zul)ringt, sinkt die Mortalität auf ein Minimum, das auch durch die Schule — ■ nur Gemeinschaft mit Altersgenossen — nicht geändert wird. Sie steigt dagegen rapid vom 15. Jahre an infolge der Gefahren des Berufs und steigt andauernd bis etwa zum 70. Jahre, — um von jetzt an — bei den aus Zimmer gefesselten Greisen — auf die gleiche Höhe, wie in den ersten Kindeijahren herabzusinken. 11* 164 G. Cornet & A. Meyer, Das weibliche Geschlecht, das mehr der lufektioiisgefahr des Hauses, weniger der des Berufes ausgesetzt ist als das männliche, wird dementsprechend vom 3. bis 15. Jahre häufiger, vom 25. an seltener als das männliche befallen; dass in dem Zeitraum vom 15. bis 25. Jahre ebenfalls das männliche Geschlecht günstiger gestellt ist, ist den Militärjahren mit ihrer sehr geringen Ansteckungsgefahr zu verdanken. Hierbei ist zu beachten, dass die MortalitätsziÖern (wenigstens bei Erwachsenen) der Infektion der 3 Jahre jüngeren Altersklasse ent- sprechen. Die geographische Verteilung der Tuberkulose zeigt uns, dass der Einfluss klimatischer Faktoren gering ist, höchstens scheint, nach Schweizer Ermittelungen, mit größerer Höhe über dem Meere die Mor- talität sich etwas zu verringern. Die Tuberkulose ist eine Kultur - krankheit und ist in gänzlich unzivilisierten Ländern, sowie in kulturell hochstehenden bei nur dünner Bevölkerung (Schweden-Norwegen) selten ; wir sehen jedoch auch, dass die Kultur die Wunden, die sie schlug, auch zu heilen vermag, da nur auf sie eine rationelle Prophylaxis sich stutzen kann; so hat eines der dichtbevölkertsten, industriereichsten Länder, England, die geringste, Russland trotz vorwiegender Agri- kultur, ungefähr die höchste Tuberkulosemortalität in Europa. Der Vergleich der Tuberkulosemortalität der letzten 20 Jahre zeigt in der That eine wesentliche Abnahme vom Jahre 1887 an, nach- dem bis 1886 das Niveau gleichgeblieben war, und zwar in denjenigen Staaten, in denen eine rationelle Prophylaxis staatlicherseits durchgeführt wurde; innerhalb des deutschen Reiches ist diese Abnahme namentlich zu konstatieren in Preußen, Hamburg, Elsass-Lothringen. Die Hebung des allgemeinen Wohlstandes kann nur zum kleinen Teil zur Erklärung herangezogen werden, da in den übrigen deutschen Staaten, die doch ebenfalls an dem sozialen Aufschwung teilhatten, das Sinken der Tiiberkulosefrequenz in weit geringerem Maßstabe erfolgte: in den erstgenannten Ländern betrug die Abnahme in 10 Jahren ein Drittel. Zudem ist die Todeszififer gerade an denjenigen Stellen besonders stark gesunken, die der behördlichen Einwirkung am zugänglichsten sind: in Armen-, Strafanstalten und Krankenhäusern. Dies ist eine »Probe auf das Exempel«, die uns die Richtigkeit der giltigen prophylaktischen Maßnahmen gegen die Tuberkulose bestätigt und uns Mut und Ausdauer stärkt, indem sie die Erreichbarkeit des großen Ziels beweist, dem wir zustreben: Es handelt sich um nichts kleineres als die Ausrottung der Tuberkulose. Denn wenn die Krank- heitsfrequenz jährlich auch nur um einen geringen Prozentsatz sinkt, so ist im nächsten Jahre eine entsprechend geringere Anzahl von In- fektionsquellen vorhanden, und da die erste verringernde Ursache fort- wirkt, muss sich eine geometrisch absteigende Reihe ergeben mit dem ersehnten Endpunkt Null. Litteratur. 1 Gebhardt, Tub.-Congr., S. 80. — - Köhler, Tub.-Congr. Berlin, S. 42. — ■■^ RiECK, Deutsche Med.-Ztg., 1901, No. 101-103. — * Neumann, Vischr. f. ger. Med., N. S. 45, S. 2. — 5 Stern, Ztschr. f. Hyg., Bd. 7. — '' Richard, Rev. d'hyg., t. 8, p. 305. — " Brehmer, Die Aetiologie der Tuberkulose. Berlin 1S85. — 8 PJaupt, Deutsche Med.-Ztg., 1890, S. 340; 189i, S. 997; 1898, S. 400. — o Cornet, Ztschr. f. Hyg., 1889, Bd. 6, S. 65. - w Med. news, Bd. 77, p. 815. — n Michigan board of health, med. news. 1899, p. 592. — i- Sch.terninö, Dtsch. med. Wochen- schrift, 1899, S. 333. — 13 Pryor & H. R. BiGGS, New York, med. news, Bd. 77, p. 817. — 11 J. Meyer, Berliner klin. Wochenschr.. 1901, No. 37. — i'' Aebi, Corrbl. Tuberkulose. 165 f. Schwz. Aerzte, 1S98, S. 33. — "' IL R. Beevor. Brit. med. journ., 1900, p. 41(5. — 1" Colin, Ann. cVhyg. pnbl., 1899, No. 4. — i« C. Fkänkel, Dtsch. med. Wochen- schrift. 1902, S. 186. — !'• LuzzATTü, Wiener klin. Kundsch., No. 460. — 20 Knopf, Med. Record, 1901, p. 334. — -i Curschmann, Deutsche med. Wochenschr., 1901, 8. 809. — 22 RicoCHOX, Rev. d'hyg. i. 20, p. 128. — ^3 Nägeli, Virch. Arch., Bd. 160. XVII. Infektions wege. A. Tierexperiment, Ueber Infektions wege und Modus bat uns erst der Tierversucb volles Verständnis gebracbt. Von Klenke abgeseben, war Yillemin der erste, der durcb subkutane Verimpfung tuberkulösen Materials die Uebertrag- barkeit der Tuberkulose auf Tiere und die Spezifität ihrer Produkte nachwies. Cohnheim & Salomonsen'^ führten dann die zum ge- naueren Studium so wichtige Impfung in die vordere Augen- kammer ein. Ferner kamen intraperitoneale und intravenöse Injektionen, Fütterungsversuche und Inhalationen (Tappeixer^ Koch ^^ und Coenet i3) mit verspritztem und getrocknetem Sputum und mit Reinkulturen zur Anwendung. Durch die außerordentlich große Anzahl der Tierversuche (Cornet allein hat zu diesem Zwecke über 3000 Tiere, meist Meerschweinchen, infiziert) haben wir allgemeine Gesetze über das Verhalten der Bazillen im Körper kennengelernt, und diese wieder durch die klinische Er- fahrung am Menschen bestätigt gefunden. Demgemäß entwickeln sich die Bazillen zunächst an dem Ort, au welchem sie in den Organismus eingedrungen sind und verbreiten sich von hier weiter auf dem Lymphwege; sie gelangen sodann in die nächstgelegenen Lymphdrüsen. (Lokalisationsgesetz.) Aber am Orte der Infektion braucht nicht unbedingt eine Läsiou zu entstehen; die nächsten Lymphdrüsen werden jedoch stets ergriffen, bevor es zu einer Ausbreitung der Bazillen kommt. Sie fangen die Bazillen wie ein Filter ab und halten den Gang der Erkrankung auf. Die Weiterverbreitung geht in der Weise vor sich, dass die regionär nächstgelegenen Drüsen und Organe zunächst erkranken; dsilier findet man bei der Sektion in der Nähe des Impfungsherdes stets die ältesten und vorgeschrittensten Läsionen, und kann aus dem ana- tomischen Befund fast stets die Art der Impfung diagnostizieren. Die Häufigkeit der Luugeuerkrankung beim Menschen deutete man früher als eine besondere Disposition dieses Organes für die Tuberkulose. Der Tierversuch belehrt uns dagegen, dass dieselbe lediglich eine natür- liche Folge der häufigen lufektionsgelegenheit ist; d. h. das häufigst exponierte, ist auch das häufigst infizierte Organ. Daher bleibt die Lunge frei, oder wird spärlich und spät befallen, wenn die Eintrittspforte ihr fern liegt. Andere Organe, die mau früher für immun gehalten (Cornea, Coujuuctiva, Zunge u. s. w.), haben sich alle bei Berührung mit dem Virus empfänglich gezeigt, und die Beobachtung am Menschen hat dies dann bestätigt. Der Bacillus ist imstande in die unverletzte Haut oder Schleim- haut, besonders bei inniger Berührung (Einreibung) einzudringen und kann sie sogar passieren, ohne Spuren zu hinterlassen. Je nach der Menge der Bazillen und der Impfstellen sind die Bilder außerordentlich verschieden. 166 Gr. Cornet & A. Meyer, Bei der Injektion in die Blutbalin findet sich in vielen Organen gleichzeitig eine Aussaat von Tuberkeln auf ungefähr gleicher Entwick- lungsstufe. Bei intravenöser Injektion (Ohrvene, Jugularis) ist am ausgiebigsten die Lunge ergriffen, da die Bazillen sie zuerst zu passieren haben. Es folgen die Orgaue ihrem Blutreichtum entsprechend: Leber, Milz u. s. AV. Bei Impfung in den linken Ventrikel (Friedrich ^j finden sich die meisten Tuberkel in den Nieren, deren vorwiegendes Befallensein sich aus ihrer Eigenschaft als Exkretionsorgau erklärt, während die Lunge hier, bei wirklich gleichmäßiger Infektion aller Organe, nicht in erster Reihe steht. Bei subkutaner Impfung verklebt zunächst die Impfstelle, bricht aber in der Regel nach einigen Tagen auf und bildet ein eitriges Geschwür, oder einen Schorf. Nach 2 — 3 Wochen wird die nächste Lymphdrüse befallen; bei Injektion in das Hypogastrium die gleichseitige lugninaldrüse; später kommt die der anderen Seite an die Reihe; ihre Affektion ist also stets jüngeren Datums; vom 30. — 40. Tage an ist die Milz, ungefähr vom 40. Tage die Leber und die Mesenterialdrüsen ergriffen; die Lunge und Bronchialdrüsen zeigen erst vom 40. — 50. Tage an spärliche, später reichlichere Knötchen. — Aehnlich bei Impfung am Hinterfuß, nur dass die Affektion der inneren Organe verzögert wird, da die Bazillen mehr Drüsen zu passieren haben. Bei Infektion des Vorderfußes (Zehen) erkranken zuerst in aufsteigender Reihenfolge die Drüsen der entsprechenden Extremität, dann die Bronchial- und Mediastinaldrüsen und die Lunge, viel später die Uuterleibsorgane. Bei Infektion am Kopf (Ohrspitze) findet man die seitlichen Hals-, Mediastinal- und Brouchialdrüsen ergriffen, erhebliche Tuberkulose der Lunge, spärliche der Bauchorgane (nach 2 Monaten). Bei Verreibung tuberkulöser Materie auf ganz oberflächlich ver- letzte (gekratzte) Hautstellen entstehen bald Ulzerationen, bald lupusähnliche Veränderungen, bald nur leichte Schuppuug, stets jedoch gefolgt von Drüsen- und AUgemeinerkraukung. Auch die Schleimhaut der Genitalien reagiert in gleicher Weise: Bei Einreibung des Impfstoffes in den unverletzten Penis oder Vagina kann die örtliche Läsion ausbleiben und die erfolgte Infektion sich erst nach 2 — 3 Wochen durch Drüseuerkrankungen dokumentieren; war vorher die Schleimhaut verletzt, so erfolgen ausgedehnte Ulzerationen. Die direkte Infektion der Schleimhaut der oberen Luftwege ge- lang bisher nur durch submucöse Injektion (Martuscelli'^) und Einreiben in die gekratzte Schlüimhaut des Larynx (A. Meyer •*). Es bilden sich dann beim Hund und Kaninchen graue bis gelbe miliare Knötchen in der Schleimhaut. Bei intraperitonealer Infektion — der geeignetsten Methode, die tuberkulöse Natur des verimpften Materials festzustellen — ent- stehen kleine und größere (erbsengroße) Tuberkel am Peritoneum. Am auffallendsten ist die Affektion des großen Netzes: reihenweise, dem Verlaufe der Lymphgeftiße entsprechend, entstehen kleine Tuberkel; bei reichlicherer Anwesenheit von Bazillen retrahiert sich das Netz und bildet einen dicken, von Käsemassen erfüllten Wulst. Sehr schnell werden die retroperitonealen Drüsen, die Milz und Leber befallen. Die Milz, um das Mehrfache vergrößert, ist oft schon intra vitam fühlbar. — Bisweilen erkrankt vom Stichkanal aus auch die Inguinaldrüse. Tuberkuloee. 167 Durchs Diaplirag-ma greift der Prozess längs der Lymphbahueu auf Pleura, Brouchialdrüsen und Luuge über. Bei Fütterungs versuchen dringen die Bazillen durch völlig in- taktes Epithel (Orth'J, Wesexek^ Baumgarten «, Fischer 7, Dobrok- LOXSKi*) und rufen meist zuerst Schwellung der Follikel hervor. Häufig aber gelangen sie gleich in die Mesenterialdrüsen und es entsteht primäre Mesenterialdrüsentuberkulose, ohne dass der Darm selbst beteiligt ist. Demnächst erkranken Milz und Leber, erst spät die Liiuge. Bei reich- licher Anwesenheit von Bazillen entstehen ausgedehnte Darmulzerationen. Am wichtigsten ist die Infektion der Lunge durch Inhalation. Der Effekt ist bei reichlicher Verstäubung eine multiple Eruption miliarer Tuberkel in der Luuge. Bei einer den natürlichen Verhält- nissen angepassten spärlichen Verstreuung von Tuberkelbazillen gelingt es jedoch, auch vereinzelte (1 oder 2) Lungenherde hervorzurufen, die in ihrer weiteren Entwicklung durch käsige Pneumonie und Ka- vernenbildung vollkommen das Bild menschlicher chronischer Lungen- phthise darbieten. Es ist uns unverständlich, warum selbst in einzelnen neueren Schriften dieses Factum konsequent ignoriert und immer nur von einer durch die Tierversuche erzielbareu Miliartuberkulose ge- sprochen wird. Experimentell lässt sich übrigens auch feststellen, welch wesentlicher Eintluss der Nase als Schutzorgan des Körpers gegen Inhalatious- gefahren durch Filtration der eingeatmeten Luft zukommt; denn Tiere, welche während des Versuchs mit Ausschaltung der Nase, ausschließ- lich durch den Mund zu atmen gezwungen werden, zeigen ausgedehntere Lungenherde, als normal atmende. Nach Infektion der vorderen Augenkammer entwickeln sich nach 1 — 2 Wochen Tuberkel der Iris. Die Tuberkelbazillen breiten sich von da über den ganzen Körper aus. B. Infektion beim Menschen. Beim Menschen lässt sich erklärlicherweise der Zusammenhang zwischen Infektion und Affektion nur selten sicherstellen; denn fürs erste hat der Infektionsmoment zu wenig Sinnfälliges an sich, als dass er sich ins Bevvusstsein drängen, oder gar in der Erinnerung fest- haften sollte, zweitens ist zwischen Infektionsgelegenheit und Erkran- kung meist zu viel Zeit verstrichen um nachträglich noch eine kausale Beziehung feststellen zu können. Doch zeigen unsere Beobachtungen am Menschen mit den beim Tierversuch gewonnenen Erfahrungen, sowohl was das Krankheitsbild, als was die näheren Umstände der Infektion betrifft, eine vollkommene Uebereinstimmung. Infektion der Haut. Die Hautinfektion äußert sich in 3 Hauptformen: die Tuberculosis verrucosa cutis; der Lupus und die (seltene) tuberkulöse Ulze- ration. Die erste ist die typische Impftuberkulose, wie sie nach Infektion von oberflächlichen Wunden oder nach infektiösen Verletzungen auftritt, Avährend aus tieferen Wunden eindringende Bazillen durch das Blut weggeschwemmt werden. 168 ^- Cornet & A. Meyer, Die Infektion äußert sicli durch Bildung eines rötlichen, warzigen Knötchens, der nach Wochen eine Tuberkulose der nächstgelegenen, meist der Achseldrüsen, zu folgen pflegt (Laünnec ^^, Gerberei, Verneuil^^ u.a.). Der Infektion durch tuberkulöses Tiermaterial haben wir an anderer Stelle Erwähnung gethau. Der Lupus ist trotz kliuisclier und anatomisclier Ditifereuzeu zweifel- los eine Hauttuberkulose mit einer durch den Bau oder das Alter des Gewebes bedingten Tendenz zur Fläclienausbreituug-. Er lässt uns schon durch seinen bevorzugten Sitz an Stellen, die häufiger Berührung aus- gesetzt sind, z. B. der Nase, seine Entstehung von außen — durch in- fizierte Finger u. s. w. — ahnen. Der Lupus entsteht vorwiegend im jugendlichen Alter; den Anlass zur Infektion giebt das Kratzen an zu- fälligen kleineu Verletzungen, z. B. an einem Kopfschmiss (Wolters i^), oder an Ekzemen, das Bohren in der Nase, Manipulation mit infizierter Wäsche (Taschentuch) (Eiselsberg ", Leloir i^) das Tragen von Ohrringen phthisischer Personen u. s. w. Infektion des Digestionsapparates. Am Ernährungskanal finden wir relativ selten eine Tuberkulose in den oberen Teilen; denn die Mundhöhle ist durch ihr resistentes Pflaster epithel gegen eine Ansiedelung der meist nur rasch vorbei- passierenden und in Schleim oder Speisen eingehüllten Bazillen ziemlich geschützt. Finden wir da Tuberkulose, so sind es meist Stellen, die durch spitze Zahnkanten verletzt sind, an der inneren Wangenfiäche oder am Zungenrand, bin und wieder auch an den, den Küssen aus- gesetzten Lippen. Nicht so selten ist die Tuberkulose des Pharynx, au dem bei hochgradiger Lungentuberkulose lange Zeit bazillenreiches Sekret vorbeipassiert, besonders des retronasaleu Teils, wohin das Sputum beim Husten geschleudert werden kann und wo es längere Zeit zu verweilen vermag. Namentlich sind die Mandeln ihres buchtigen Baues wegen für die Ausiedlung der Bazillen geeignet und ihre häufige Erkrankung bei vorgeschrittener Lungenphthise , selten auch primär, durch Strass- MANN^^j DMOCII(JW^SKI 20, SciILEXKER^l, KrÜCKMAXN 22, VON SCHEIBXER 23, Friedmaxn24 erwiesen (48 von 50 Fällen progresser Phthise). Oesophagus und Magen, jener durch mächtiges Pflasterepithel, dieser durch acides Sekret geschützt, gestatten dem Bacillus wieder selten ein Unterkommen; um so häufiger gewährt ihm der an lymphatischen Appa- raten reiche Darm eine Ansiedlungsstätte. Zwar hindert auch hier die Vermischung mit Speisebrei in den meisten Fällen die innige Berührung zwischen Schleimhaut und Bacillus, aber wenn, wie im verschluckten Sputum der Phthisiker, immer wieder unzählige Bazillen zugeführt werden, gelingt es doch dem einen oder andern, haften zu bleiben und, einmal festgesetzt, sich weiter auszubreiten. Ueber die Gefahr, soweit sie von Fleisch und Milch tuberkulöser Tiere droht, haben wir uns an anderer Stelle ausgesprochen; aber als Beleg andersartiger Nahrungsinfektion finde hier noch ein Fall von Demme 25 Erwähnung : Vier nicht belastete Kinder starben rasch nacheinander an isolierter Darmtuberkulose: Ihre gemeinsame Wartefrau pflegte, vor Darreichung des Mehlbreies, den Lööel zwischen den Lippen zu prüfen, ob er nicht zu heiß sei. Als das 4. Kind gestorben, ergab sich, dass die Frau an einer Tuber- kulose der Highmorshöhle litt, deren bazillenhaltiger Eiter sich durch eine Fistel in den Mund entleerte. Tuberkulose. 169 Die im Experiment erwiesene Durchgängigkeit der Schleimhaut, ohne teilweises H{iftenbleil)en der Bazillen, wird für den Menschen unter an- derem am Darmkanal durch die nicht seltene primäre Mesenterialdrüsen- tuberkulose bestätigt. Wie im Tierexperiment bilden den Ausgangspunkt der Darmerkrankung die Follikel, die als erste Sammelstelle des lympbatischeu Apparates alle feiuköruigeu, resorbierten Stofte (z. B. Tusche: Kleimamn) aufuebmeu, und somit die natürliche Ablagerungsstelle auch der Bazillen darstellen. Im Rectum bildet das lange Verweilen der Scybala, die zudem bei harter Konsistenz leicht Fissuren erzeugen, das begünstigende Moment für die Entstehung tuberkulöser Abszesse und Mastdarmfisteln. Infektion des Respirationsapparates. Die Lunge ist bekanntlich der liäufigste primäre Sitz menschlicher Tuberkulose, obgleich ihre tiefe Lage und der Bau der oberen Luftwege ihr gegen das Eindringen von Bazillen einen bedeutenden Schutz ge- währt. Die meisten der eingeatmeten Bakterien lagern sich, genau wie Staubteilchen, an den Winkeln und Falten der Nase oder im Eachen ab, nur wenige gelangen in Kehlkopf oder Trachea und nur selten wird ein Keim bis in die Lunge verschleppt. Dass jedoch Keime in die tieferen Luftwege und die Lunge gelangen, ist nicht zu bezweifeln ; zeigt doch die Anthracosis und ähnliche Zustände, welche Aufstapelung staub- förmiger, weit gröberer Partikel im Laufe der Zeit stattfinden kann. — Trotzdem in die oberen Luftwege nun weit häufiger und größere Mengen von Bazillen geraten, erkranken sie selten: es stehen ihnen wirksamste Mittel zu Gebote, sich der Eindringlinge zu entledigen. In den meisten Fällen genügt die Fortbewegung durch das Flimmerepithel, der nach außen (oben) ziehende Schleimstrom, bei gröberen Partikeln das durch den Keflex hervorgerufene Schnauben, Pväuspern und Husten, um keimbeladene Stäubchen zu entfernen. Je tiefer eine Stelle im Kespirationstrakt liegt, um so seltener ist ein Eindringen von Keimen, um so schwieriger aber auch ihre Entfer- nung. Erst den Alveolen sind Eliminationsorgane völlig versagt. So erklärt sich die relative Seltenheit primärer Infektion der oberen Luftwege. Viel öfter sind diese sekundär beiallen; bei der Phthise gelangt das Sputum mit seinen zahllosen Keimen immer wieder in Hals, Rachen und Nase und bedingt so in hohem Prozentsatz die Erkrankung dieser Partieen. Der Nase verleiht einen erfolgreichen Schutz die außerordentlich lebhafte Reflexthätigkeit, die ausgiebige Sekretion und die, Avie es scheint, antibakteriellen Eigenschaften des Sekretes. Daher findet man auch andere Bakterien selten in großer Menge. Dem entsprechend erkrankt die Nase au Tuberkulose meist nur bei Lungenphthise, wo beim ver- haltenen Husten leicht Sputum in die Nase gelangt. Daneben kommt Infektion durch Finger, Taschentuch, Fremdkörper vor, endlich die lymphogene Fortleitung von Prozessen, die in der Nach- barschaft bestehen (besonders Lupus des Naseneinganges). Häufiger ist die Aftektion des retronasaleu Pharynxteiles sowohl durch Staubinhalation, als auch durch Hineingelangen von Spu- tum fz. B. beim Husten mit geschlossenem Munde). Diese Partie wird weniger ausgiebig durch Schnauben gereinigt und ist der Sitz häufiger trockener Katarrhe, auf deren Bedeutung für die Infek- tion, namentlich in gewissen Berufen, Freudenthal -^ aufmerksam macht. 170 G- Cornet & A. Meyer, Besonders ist die Raclientousille geeignet, Bazillen festzuhalten, da vielfach ihr Flimmerepithel durch Pflasterepithel ersetzt ist und die Buchten Gelegenheit zum Eindringen in die Tiefe geben. Dement- sprechend hat die histologische Untersuchung teils von Leichen, teils durch Operation entnommener, adenoider Vegetatiouen nicht nur sekun- däre, sondern auch primäre Tuberkulose ergeben. Durch den Tierversuch wies Dieulafgy^'? unter 35 Rachenmandeln 7 als tuberkulös nach, auf histologischem Wege fanden Lermoyez^s^ Gott- stein ^ö, Brindel^o^ Pluder & Fischer'^ ^ und v. Scheibner^s unter zusammen 176 Fällen 21 mal Tuberkulose. Die Fälle von Gottstein, Pluder & Fischer, v. Scheibner scheinen, soweit klinische Untersuchung als maßgebend gelten kann, primär zu sein. Auch Suchannek32 ^nd Dmochowski teilen entsprechende Fälle mit. Die Tuberkulose kommt demnach in 10 — 15 % der adenoiden Vegetationen vor; sie dagegen für die alleinige Ursache der Hyperplasie zu halten (Trautmann), ist unberechtigt. Die Tuberkulose der Rachen- und Gaumenmandeln (s. oben) hat eine besondere Bedeutung wegen ihrer Verbreitung auf die Halsdrüsen. Ein großer Teil der skrofulösen Drüsen lässt sich wohl auf sie zurück- führen; aber auch hier geht es angesichts der zahlreichen anderen, ins Qucllgebiet der Cervikaldrüsen gehörigen Infektionspforten viel zu weit, sie als ausschließliche Ursache der Skrofulöse zu betrachten. Infektion des Kehlkopfes. Ueber die glatte Trachea! wand gleitet das Sputum leicht hinweg; anders im Kehlkopf : der komplizierte, faltige Bau, der teilweise Ersatz der Flimmerzellen durch mäßig dickes Plattenepithel, begünstigt hier ein Hängenbleiben des Sputums, das beim Husten und Sprechen direkt in die Mucosa hineingepresst wird, und zwar gerade an den Processus vocales und der Interarywand, die wir als Lieblingssitz der Kehlkopftuberkulose kennen. Dem gegenüber nehmen manche Autoren eine Entstehung der Kehlkopf- tuberkulose auf dem Blut- und Lymphwege an, inid stützen sich dabei auf die Gleichseitigkeit der Kehlkopf- und Lungenaffektion (Krieg ^^) und histologischen Befund, der (nach Kurkunoff35] den Beginn der Er- krankung in den tiefereu Schichten der Schleimhaut zeigt. Doch die Gleich- seitigkeit erklärt sich nach Schäffer^s durch eine leichte Parese des Stimmbandes, die häufig prodromal durch Druck einer tuberkulösen Bronchial- drüse auf den Nerv entsteht. Der histologische Befund aber beweist nichts für die Art des Eindringens der Bazillen, die ja das Epithel durch- wandern können um erst in größerer Tiefe Fuß zu fassen (E. Fränkel^tj Selbst wenn aber die primäre Läsion ganz oberflächlich läge, würde man den in den Lymphwegen fortkriechenden Prozess in tieferen Schichten wiederfinden. Wesentlich gegen die Deutung Kurkunoffs sprechen die Befunde A. Meyers^, dass experimentell von der Schleimhaut aus erzeugte Tuberkulose das gleiche Bild zeigt: Tuberkel in der Mucosa propria, von der Epithellage durch eine Schicht gesunden Gewebes getrennt. Auch die Häufigkeit der Kehlkopferkrankung gerade bei der Luugen- plithise (Ys— V4 ^®i" F'ihe) bi-sst sich nur durch direkte Infektion erklären, denn von einer besonderen Organdisposition des Laryux kann man nicht reden, da er bei allgemeiner Miliartuberkulose (nach Meyers Untersuchungen) Tuberkulose. 171 seiner relativ geringen Blutversorgung entsprechend nur wenige Tuberkel zeigt, und zwar, entgegen ihrem sonstigen Sitze, an der Epiglottis. Auch eine primäre Infektion des Laryux ist l)ei seinem kom- plizierten Bau verständlich und durch einige Fälle von Machiafaya^», Orth39^ E. Fräxkel-'" sichergestellt. Weit seltener dagegen ist die Tuberkulose in der glatten Trachea und den größeren Bronchien. Die Infektion der Lunge auf dem Wege der Einatmung ist eine erwiesene Thatsache. So gut die Kohlen-, Stein- und Eisenpartikel eindringen — und nicht etwa vererbt sind — so gut gelangen die viel kleineren Tuberkelbazillen in die Alveolen, zumal die kleinsten Bronchiolen immer noch 100 mal so weit sind als ein Bacillus lang. Den sicheren Beweis dafür liefert außerdem der Tierversuch. Auch an der Gelegenheit zur Einatmung fehlt es nicht, wie der Nachweis von Bazillen in der Umgebung von Phthisikern ergeben hat. Da nun der Tuberkelbacillus stets da, wo er in den Körper eintritt (oder in den nächsten Lymphdrüsen) die ersten Veränderungen hervorruft, und die Lunge in den allermeisten Fällen das zuerst, oder allein ergriffene Organ ist, so geht daraus mit Notwendigkeit hervor, dass sie beim Menschen die gewöhnliche Eintrittspforte bildet und auf dem einzig möglichen Wege von außen, dem der Inhalation, erkrankt. Also nicht der Tierversuch allein, sondern unsere ganze klinische und pathologische Erfahrung bildet die Stütze der Inhalationstheorie. Der häufige Einwand, dass beim Tierversuch durch Inhalation nur eine akute Miliartuberkulose der Lunge zustande käme, hat längst seine Berechtigung verloren, seitdem es durch Inhalation geringster Mengen ge- lungen ist, auch vereinzelte Lungenherde zu erzeugen, die, weil das Tier länger lebt, eine der menschlichen Lungentuberkulose analoge Entwick- lung aufweisen. Umgekehrt erkrankt der Mensch unter gleichen Versuchsbedingungen wie die Tiere unter akuter Bildung zahlreicher und miliarer Herde. Die beginnende Lungentuberkulose hat beim Erwachsenen ihren Sitz gewöhnlich in der Spitze, weil diese schlechter ventiliert wird, schlechter exspiriert (Hanau, Birch- Hirschfeld) und dadurch weniger fähig ist, eingedrungener Keime sich zu entledigen. Diese »mechanische Disposition« der Spitze erklärt sich durch gewisse anatomische Befunde. Birch- Hirschfeld -^'^ wies nach, dass die Lungentuberkulose zumeist nicht im Parenchym, sondern in einem Bronchus 3. — 5. Ordnung beginnt, dem »Bronchus apicis posterior«, der sich durch besonders steilen und unregelmäßigen Verlauf aus- zeichnet. Die scharfe Knickung dieses Bronchus ist die Folge einer mangelhaften Entwicklung der ersten Eippe (Schmorl^^). Diese ragt dann in den Thoraxraum hinein und verursacht eine mehr oder weniger tiefe Furche an der hinteren Fläche der Spitze. Nach W. A. Freukd^*^, 51 kommt die inspiratorische Hebung des Thorax dadurch zustande, das der erste Eippenknorpel passiv um seine Längsaxe gedreht wird. Eine Verkürzung des Knorpels durch Verknöcherung hindert die Respirations- thätigkeit, besonders der Spitzen, und soll sich namentlich bei Spitzen- affektion häufig finden. Esser ^^ beobachtete, dass der mittelgroße, die Spitze versorgende Bronchus eingeschlossen war von verscliwollenen Bronchialdrüsen. 172 G. Cornet & A. Meyer, Daher setzt sieb auch nicht nur der Tuberkelbacillus, sondern auch der gewöhnliche Staub mit Vorliebe in der Spitze ab. Arnold ■•'* hat gezeigt, dass sich in den oberen Teilen gewöhnlich mehr Euß abgelagert findet und dass sie bei Inhalationsversucheu mit ge- ringen Mengen Ultramarin nach Ablauf einiger Zeit stärker gefärbt sind als die unteren, und zwar rechts mehr als links. So ist die vorwiegende Erkrankung der Spitzen durchaus durch die mechanischen Verhältnisse erklärt, und wir brauchen weder die kunstliche Konstruktion einer retrograden Infektion auf dem Lymphwege, noch die Annahme einer besonderen, in der Beschaffenheit des Gewebes begründeten Disposition der Spitzen. Einzelue Autoren versuchen die Lungentuberkulose dadurch zu erklären, dass Keime von den Tonsillen, oder kleinen Wunden aus in die Halsdrüsen aufgenommen werden und von dort direkt in die Lungenspitzen gelaugten, oder gar auf dem Umwege durch den Ductus thoracicus und. das rechte Herz (VoLLAXD^'J, Roosevelt-^*') mit Kennerblick sich die »schlechtgenährten« Spitzen aussuchten. Auch Aufrecht, Ribbekt^^. " u, a. lassen die Lungen- spitzen auf dem Blutwege infiziert werden, letzterer von primär erkrankten Bronchialdrüsen aus. Diese Hypothesen sind rein spekulativ und entbehren jeder thatsächlichen Unterlage. Es ist auch gar nicht einzusehen, warum die Tuberkelbazillen diese komplizierten Wege geheu sollen und nicht die ihnen offenstehende breite Heerstraße der Bronchien. Wenn selbst in manchen Fällen Bazillen von den Halsdrüsen aus in die Lungen kommen sollten, so hat dies für die Lungeuphthise wenigstens der Erwachsenen keine Be- deutung, weil die Voraussetzung, die erkrankten Halsdrüsen, fehlt. Dass auch bei akuter Miliartuberkulose, wie Ribbert Avill, die Spitzen zuerst und am intensivsten erkranken, wird durch die Erfahrung am Sektionstisch nicht be- stätigt und ist ausdrücklich von v. Haissemann und Sciimorl^^ widerlegt. Infektion des Urogenitalsystems. Von einer äußeren Infektion der Genitalien ist am bekanntesten die sogenannte Beschneidungstuberkulose geworden, von denen Lindmann 52^ Lehmann 5=«, Elsenberg s^, Hofmokl^s^ Löwenstein •'^^ KoLizow", Neumann ^^ u. a. Fälle mitteilen. Von ähnlicher Infektion in späteren Jahren berichten (beim Manne) Kraske^'J, Malecot«', Glockner 'fi u.a.; beim Weibe haftet wegen des taschenartigen Baues der äußeren Genitalien das Virus noch viel leichter, wenn es durch Kohabitation, Masturbation, Speichel u. s. w. hineingelangt. (Ausführl. Litteratur s. in Cornet, Tuberkulose, S. 608.) Für die Infektion der Genitalien scheint die Vita sexualis eine wesentliche Rolle zu spielen. W^euigsteus ist wiederholt die Ansteckung von Ehegatten auf diesem Wege beobachtet worden. Der intizierende Teil litt häufig nicht an einer Urogenital-, sondern an Lungentuberkulose ; und bei der Seltenheit eines infektiösen Spermas ist die Infektion eher sonstigen Manipulationen zuzuschreiben. Nicht jede derartige Infektion braucht in den äußeren Genitalien den Anfang zu nehmen, sondern auch die isolierte Erkrankung von Tube oder Hoden kann daraus resultieren. Es sind wie am Kespirationsapparat die äußeren, der Infektion am meisten ausgesetzten Teile am besten geschützt: Fortspüluug durch den Urin, reichlicher, vielleicht baktericid wirkender Schleim. Demnach wird die äußere Infektion, auch bei Phthisikeru, weit häufiger zu beschuldigen sein, als es den Anschein hat. Tuberkulose. 173 Am häufigsten ist demnacli der aszeudiereude Charakter der IJrogenitaltuberkiüose ; doch auch der deszendierende spielt eine nicht unwesentliche Rolle. Im allg-cmeiuen wird man annehmen dürfen, dass die isolierte tuberkulöse Afifektion der Schleim haut flächen (Urethra, Blase, Ureter, Nierenbecken; Uterus, Tube, Vas deferens) aufsteigend, die der parenchymatösen Organe (Niere und Keimdrüsen] auf dem Blutwege entsteht, und von da deszendiert; bei kombinierter Erkrankung giebt das Alter der verschiedenen Läsiouen den Ausschlag, doch wird sich in vielen Fällen die Art der Infektion sehr schwer feststellen lassen. Infektion der Lymphdrüsen. Die Drüsentuberkulose kommt, wie die Tierversuche uns lehren, durch Infektion des Quellengebietes der betreffenden Drüse zustande. Stets wird die zunächst gelegene Drüse zuerst befallen; erst wenn in ihr die Krankheit einen gewissen Grad erreicht hat, die nächste und so fort; auch die inneren Organe kommen in regionärer Reihenfolge heran. Diese Verbreitung weist mit Sicherheit auf den Lymphweg hin, wäh- rend auf dem Blutwege die Bazillen gleichzeitig und wahllos auch in entferntere Organe gelangen müssen. Bei Infektion irgend einer Stelle des Körpers sind nur drei Möglich- keiten gegeben : Entweder es entsteht eine Affektion an der Eintritts- pforte, die lokal bleibt und die Drüsen verschont (wie meist beim Lupus) ; oder außer der lokalen Läsion kommt es zur Tuberkulose der regionären Lymphdrüsen, oder endlich die Eintrittspforte bleibt verschont und das Eindringen der Erreger manifestiert sich erst in den Drüsen. Dieser letzte Verlauf kommt häufiger vor als man glaubt und ist der gewöhnliche bei der Skrofulöse, soweit dieselbe auf Tuberkulose beruht; denn es giebt zweifellos Formen, bei denen sich Entstehung durch Tuber- kelbazillen nicht nachweisen lässt: »Pyogene Skrofulöse« Corxets^^^ Zu einer primären Drüseninfektion prädisponiert eine lockere, durchgängige Haut und Schleimhaut, mit weiten Lymph- spalten und raschere Lymphzirkulation, wie sie im jugendlichen, besonders kindlichen Alter, sich finden. In der That ist die Drüsen- tuberkulose vorwiegend eine Krankheit des Kindesalters, besonders bis zum 15. Jahre. Wohlgemutiis "^2 Statistik ergiebt für die ersten zehn Lebensjahre 68,15^ aller Fälle von Drüsentuberkulose, über 20 Jahre nur 11,85 X- Die häufigste Lokalisation der Drüsentuberkulose im Kindesalter ist die in der Bronchialdrüse; so fanden Steiner & Neureü tter '^3 unter 802 Sektionen tuberkulöser Kinder 299 mal Drüsentuberkulose, davon 286 mal der Bronchialdrüsen, Carr^s unter 120 Fällen die Bronchial- drüsen in 80 X, die Mesenterialdrüsen in 54^ ergriffen. Wenn beide zugleich affiziert sind, lässt sich meist aus dem Alter des Prozesses die Bronchialdrüse als die zuerst erkrankte erkennen. Also spielt auch im Kindesalter bei der Aetiologie der Tuber- kulose die Inhalation die größte Rolle. Von den äußeren Drüsen sind in ganz überwiegender Meln-zahl die seitlichen Halsdrüsen befallen, von Wohlgemuths 430 Fällen in 93^^'. Ihre Erkrankung, so charakteristisch für die Skrofulöse, ist häufig anscheinend primär; mit Rücksicht auf den so oft erhobenen Be- fund von latenter Tuberkulose der Rachenmandel (vergl. bei »Infektion des Respirationsapparats«) ist sicherlich ein großer Teil von Erkrankungen 174 G. Cornet & A. Meyer, der Halsdrüsen ebenfalls auf Inhalation zurückzuführen. Daneben Avird Kontaktinfektion der Haut, des Zahnfleischs, Nahrungstuberkulose der Gaumenmandeln (selten) als Ursache in Betracht kommen. Die Erkrankung- aller anderen Lymphdrüsen kommt selten, und wohl nur infolge von Hautinfektion vor. Die Infektion der Knochen und Gelenke ist fast stets sekundär, da sie von jeder Kommunikation mit der Außenwelt abgeschlossen sind. Seltene Ausnahmen bilden Fälle perforierender Verletzung, an die sich Tuberkulose anschließt (Middeldorpff^s, J. Israel 6"). Das Zustande- kommen sekundärer Infektion ist denkbar durch Verbreitung auf dem Lymphwege von einem unweit gelegenen Herd her, (wie es z. B. bei der Mastoiderkrankung im Anschluss an Otitis media tuberculosa zutrifft), oder durch Ansiedlung von Erregern, welche vereinzelt in der Blutbalm kreisen, herstammend von einem irgendwo im Körper, zumeist in der Lunge oder Bronchialdrüsen gelegenen Herd. Für die letzte Entstehungsart sprechen zahlreiche Tierversuche: Durch Injektion von Bazillen (oder tuberkulösem Eiter) in die Blutbalm lassen sich tuberkulöse Erkrankungen der Knochen und Gelenke hervorrufen; wurde abgeschwächtes Material verwandt, so kam es zu lokal bleiben- den und chronisch verlaufenden Prozessen, ähnlich den analogen beim Menschen. Für die Lokalisation Avird gewöhnlich ein Trauma als Schafi'ung eines toten Punktes, in dem kreisende Bazillen aufgehalten werden, als Gelegenheitsursache angegeben. Die Tierversuche haben dies auch zum Teile bestätigt (Schüller^s, F. Krause f'", Müller ^o^ Friedrich"'. Lannelongue & Achard ''2]. 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Sie ist charakterisiert durch Desquamation des Epithels, Exsudation einer stark fibrinhaltigen Flüssigkeit (Orth) und Leukocytenanhäufung, welche Produkte später käsig degenerieren. Sie kann einzelne Alveolen- gruppen befallen, aber selbst lobär auftreten. Besonders Virchow^s Autorität hat die dualistische Auffassung gestützt, welche die ätiologische Identität der käsigen Pneumonie mit der Tuberkulose verwirft. Man wollte sie durch verzögerte Kesorption von Exsudaten erklären, die infolge fehlender Gefäßversorgung der Verkäsung anheimfallen (Dett- WEiLER, MEISSEN). Hcute ist man sich darüber klar, dass verzögerte Resorption nicht zur Verkäsung führt, sondern dass diese lediglich auf dem Tuberkelbacillus beruht. Die histologische Einheit vertritt namentlich Balmgarten, der (gegen Orth) nacliwies, dass es sich bei miliarer Tuberkulose und käsiger Pneumonie um den gleichen Prozess handle, nur mit dem Unterschied, dass er sich das eine Mal in der Wand, das andere Mal in dem Limien 176 (>• Cornet & A. Meyer, des Alveolns abspiele. Es existieren auch alle Uebergänge imd Misch formen zwischen beiden : bald wenig Pneumonie um ausgedehnte Tuberkelbildung, bald nur einzelne Tuberkel in massenhafter pneumonischer Intiltration. Die käsige Pneumonie kommt zustande durch Aspiration von Sputum bezw. Kaverueninhalt, der bekanntlich fast stets verschie- dene pathogene Bakterien neben lebenden und toten Tuberkelbazillen enthält. So erklärt sich ihre histologische Eigenart. Während aber einige sie lediglich auf Aspiration des Tuberkelbacillus zurück- führen wollen — so scheint es Auclair gelungen zu sein, durch intra- tracheale Injektion des Aetherextraktes der Bazillen käsige Pneumonie zu erzeugen — oder auf die Anwesenheit ihrer Stoffwechselprodukte (A. Fr.\nkel & Troje26), schreiben andere der Anwesenheit der Sekundärbakterien eine mehr oder weniger wichtige Mitwirkung zu. Mischinfektiou. Sowohl Eitererreger wie Fäulnisbakterien und andere Mikroorganismen sind in dem grijßten Teil der tuberkulösen Lungen nachgewiesen worden von Koch, Gaffky, Babes, Pansini, TSCHISTOWITSCH, KiTASATO, CORNET, PeTRUSCHKY, OrTNER, SpENGLER, ScHABAD, Ehret, Schütz, Sata (s. dort die Litteratur). Es fanden sich (von den Fäulniserregern abgesehen) am häufigsten Streptokokken; besonders ganz lange Formen (über 50 Glieder) sollen nach Spengler die Prognose verschlechtern. Demnächst kommen am häufigsten Sta- phylokokken vor, aureus und albus, dann Tetragonus (Koch), Pyocyaneus, Diplokokken, Pneumokokken imd -bazillen, Diphtherie- und Pseudodiphtheriebazillen (Ehret, Schütz), In- fluenzabazillen. Die Bakterien der »Kavernenflora« ließen sich züch- ten, und durch den Tierversuch konnte der Beweis ihrer Pathogenität erbracht werden. Das Studium der Lage der Sekundärbakterien im kranken Gewebe lässt auch über ihre Beteiligung au dem plithisischen Prozess keinen Zweifel. Sie finden sich, zumeist mit dem Tuberkelbacillus gemeinschaftlich, bei der käsigen Pneumonie, ferner im Kaverneninhalt (wie erwähnt), sowie in der nächsten Umgebung tuberkulöser Herde, den langsam wachsenden Bazillen den Boden vorbereitend oder den Zerfall der Käseherde l)esehleunigend. — Sie können auch ohne Be- teiligung des Tuberkelbacillus akute fieberhafte pneumonische Infiltrate eines kleineren oder größeren Gebiets verursachen, die dann oft in kurzer Zeit zurückgehen, im Gegensatz zu den echt tuberkulösen Nach- schüben. Auch die begleitende Bronchitis der Phthisiker (fieberlos) kann von Misch ])akterien herrühren. Man hat versucht, auf Grund dieser Beteiligung anderer Bakterien dem Tuberkelbacillus die überwiegende und primäre Bedeutung für die Lungenphthisis zu nehmen. Nichts kann verkehrter sein; denn die Mischbakterieu kommen nur auf dem tuberkulös veränderten Gewebe zur Entwicklung; die gesunde Lunge ist mit verschwindenden Ausnahmen keimfrei. Und wenn die Eitererreger infolge ihres schnellen Wachs- tums auch pneumonische Verdichtungen hervorrufen sollten, an denen der Tuberkelbacillus zunächst unbeteiligt ist: ihren bleibenden deletären Charakter, sowie die Yerkäsung erhalten diese Afiektionen erst durch die Anwesenheit des KocHschen Bacillus. Man könnte mit dem gleichen Recht dem LöFFLERScheu Bacillus die ätiologische Be- deutung für die Diphtherie absprechen, an der ja ebenfalls Strepto- kokken u. s. w. mitbeteiligt sind. Tuberkulose. 177 Die Mischinfektion lässt sich intra vitani duvch den Nachweis der Eitererreg-er im Sputum, und zwar im Kern der Sputnmballen er- kennen. Nach KocH-KiTASATO wäscht man den Ballen in oft erneuertem sterilen Wasser (ca. zehnmal) und entnimmt aus der Mitte der übrij-- bleil)enden Flocke Partikel zur mikroskopischen und kulturellen Unter- suchung". So werden diejenigen Bakterien, die den oberen Luftwegen entstammen, eliminiert. Die Untersuchung des Sputums giebt uns ein Spiegelbild der Lungen- Üora; jedoch kann ein Teil der Lunge sekundär infiziert sein, ein an- derer nicht, und in verschiedenen Teilen der Lunge können verschiedene sekundäre Bakterien wohnen (Counet). Daher kann nur die Unter- suchung mehrerer Spntumpartikel ein vollständiges Bild geben. Fieber. Die konstanteste Folgeerscheinung der Mischinfektion ist das Fieber. Jedoch erlaubt dasselbe auf Vorhandensein und Art der Sekundärbakterien nicht immer einen EUckschluss. Nur hektisches Fieber scheint wohl stets auf Mischinfektion zu beruhen, während das l)ei dem remittierenden oder kontinuierlichen Fieber nicht immer der Fall zu sein braucht; ist uns doch bekannt, dass die Stotfwechselprodukte der Tuberkelbazillen (Tuberkulin) Fieber erzeugen. Aber auch im Status subfebrilis sind nicht selten Sekundärbakterien vorhanden. Beim Fieber der Phthisiker sind auch im Blute Eitererreger nach- gewiesen worden. Wenn manchen Autoren das bei den meisten Fiebern- den geglückt ist, so mag meist die Untersuchungsmetliode das Hinein- gelangen fremder Keime verschuldet haben. Im terminalen hektischen Fieber ist dagegen das Vorkommen der Bakteriämie- gesichert. Litteratur. 1 Koch. Mitteil. d. Kais. Ges.-Amts, 1884. — -^ Gaitky, ebd.. 1881. Bd. 2. — •■' Babks, C'entralbl. f. P.akt. 1889. Bd. ß; La Eoumanie med.. 1893, Nr. 7; I. Congr. ).. l'et. de la tub.. 1889. — 4 Pansixi, Yircli. Arch.. 1890. ]5d. 122. S. 424. Centralbl. f. med. Wiss., 1891. Bd. 29. — •> 'J'scnis towitsch. Berl klin. Woehenschr.. 1892. Nr. 21. — '' KiTASATO. Ztschr. f. Hvg:.. 1892. Bd. 11. — ' Cornict. Wien. med. Woehenschr.. 1892, Nr. 19 u. 20. Berl. klin. Woehenschr.. 1898. — f^ Bäumj.er. Dtsch. med. Woehenschr.. 1893. Nr. 1 und J899. S. 380. — '^ Biedert & SmjEL, Virch. Arch.. J884, Bd. 98, S. 91: Centralbl. f. med. Wiss.. 1885. Bd. 28. S. 73. — i" Evans, Virch. Arch.. 1889, Bd. 105, H. 1. — " Jakowski. Centralbl. f. 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So viel sclieint jedenfalls sicher, dass die Krankheit zuerst in Acgypten und Vorderindien beobachtet worden ist; ob sie aber von dem einen dieser Länder nach dem andern verschleppt oder ob sie von anderswo her in die zwei i;enannten Länder eini;eführt ist, weiß man nicht. Während MuNUOE ' annimmt, dass die Lepra in Aegypten in den ältesten Zeiten existiert hat, und dass sich die Hel)räer Lepra in Aej;ypten geholt haben, ist Mixen 2 der Ansicht, dass die Lepra in Aegypten erst in den letzten Jahrhunderten vor Christus aufgetreten ist, und^^ dass ferner die Lepra auch nicht in Palästina in alten Zeiten vorgekommen ist, sondern dass die im alten Testament erwähnte Krankheit Zaraath, die von mehreren Verfassern als Lepra aufgefasst worden ist, Vitiligo war. -ledeufalls sucht man vergeblich in den Mosesbüchern nach einer deutlichen und unzweifelhaften Lcschreibung der Lepra. Im folgenden schließe ich mich Munuoes Darstellung in der ol)en citierten Arbeit an. Griechenland trat erst nach 525 v. Chr. in nähere Verbindung mit Aegypten, und 345 v. Chr. gab es Lepra in Griechenland. Auch nach Italien scheint die Lepra direkt von Aegypten eingeführt zu sein durch die Truppen des Pompeius im ersten Jahrhundert v. Chr. Von Italien breitete sich die Lepra einerseits nach Deutschland und Frankreich aus, andererseits nach Spanien. Im Jahre 636 n. Chr. Avurden Leprahospitäler in Italien, Verdun und Maestricht errichtet. 757 n. Chr. machte Pipin und 789 Karl der Große lepröse Ehen ungesetzlich und Lepra zu ge- setzlichem Scheidungsgrund. Im 9. und 10. Jahrhundert finden wir Leprahospitäler in Bremen und Konstanz. *) Die Tafel ist der Arbeit von Westphal & Uhlenhuth (Kliu. Jahrbuch, 1901) entnommen. Lepra. 179 In Mitteleurupji wurden diese Hospitäler Lazarushäuser , hier im Norden St. Georj^-sbäuser genannt. Die Gcsetzg-ebung- in Bezug auf Lepröse war in den meisten Ländern selir streng. Ein Lepröser wurde fast wie ein Toter betrachtet und bebandelt; ül)or ilm wurde Totenmesse gelesen, sobald er in ein Lei)rabaus gebracht wurde. Das Betteln wurde den Leprösen gestattet; sie mussten aber durch Schellen oder in anderer auffälliger Weise ihr Annahen kundthun, damit gesunde Leute sich vor ihrem Annähern retten könnten, wenn sie Furcht hatten. Etwas, worüber alle Autoren, die die Geschichte der Lepra erforscht haben, einig sind, ist die Tliatsaclie, dass die Lepra während der Kreuz- züge sich überall in Europa sehr verl)reitet hat, einerseits dadurch, dass viele Kreuzfahrer vom Orient leprös zurückkamen, andererseits, weil die sozialen und hygienischen Verhältnisse während der Kreuzzüge überall so zerrüttet waren, dass die Bedingungen für die Verbreitung der Krankheit günstiger wurden. Während der Kreuzzüge wurde auch der Lazarusorden gestiftet, dessen Mitgliedern es oblag, sich s])eziell der Leprösen anzunehmen; es wurden überall mehr und mehr Le])ra- häuser errichtet. Aus dem Testament Ludwig des Achten (1229) sieht man, dass es damals in Frankreich 2000 Leprahäuser gab, und im ganzen Europa gab es nicht weniger als 19000. In England scheint das erste Leprahaus St. Giles in London (1101) gewesen zn sein; schon im 10. Jahrhundert gab es Lepra in Wales. Später gab es 112 Lei)rahäuser in England und Schottland. Von hier aus verbreitete sich die Krankheit nach den nördlich liegenden Inseln, nach Island und Grönland; wahrscheinlich auch nach Norwegen. Wir wissen nicht genau, wann die Lepra nach Norwegen gekommen ist. Im 18. Jahrhundert wurde ein Leprahospital in Bergen gegründet. Nach Dänemark und Schweden kam die Lepra wahrscheinlich von Deutsch- land, und von Schweden wurde sie wahrscheinlich nach Finnland und den russischen Ostseeprovinzen eingeführt. In Russland war die Lejira früher kaum sehr verbreitet; sie kam in der Krim vor, wurde auch die Krimsche Krankheit genannt, auch östlich von der Krim gegen das Kaspische Meer hin, in Astrachan und im Wolgadelta; jetzt ist sie auch in Sibirien vorhanden. Von Vorderindien ist die Lepra wahrscheinlich nach China und > on da aus nach Japan und die ostindischen Inseln gekommen. Tu Afrika ist die Lepra ziemlich weit verbreitet; ob sie aber dorthin von den Weißen eiugeschlei)pt worden ist, oder ob sie mögliclierweise von den Negern nach Aegypten gebracht worden ist, ist nicht entschieden. Zicndich sicher scheint es zu sein, dass mit den Negern die Lepra nach Südamerika und Westindien verbreitet worden ist. Während die Le}»ra in England, Frankreich, den Ländern deutsclier Zunge und Dänemark heute fast verschwunden ist und nur in Frankreich wenige Leprakranke in der Bretagne vorhanden sind, ist die Krankheit noch in Spanien. Italien, Griechenland, der Türkei, Russland, Finnland, Schweden und Norwegen vorhanden, sowie auf Island, am häutigsten in Norwegen und Island. Nach den letzten Nachrichten (vgl. Kil'Chxkr ^^ KtJBLEK) ist die Lepra in Russland jetzt noch reichlicher verbreitet, als wir bis vor kurzem wussten. Während die Lepra in Norwegen um die Wende des 20. Jahrhunderts infolge der Isolierung Lepröser abnimmt, scheint sie in mehreren Ländern eher zuzunehmen als umgekehrt und breitet sich auch weiter aus. So ist die Lepra in Deutschlari^d bei Memel von den russi- schen Ostseeprovinzen eingedrungen (Kirchner & Kübler*^] und hatte 12* 180 G. A. Hansen. sich unbemerkt nicht unerheblich ausg-ebreitet. Es ist jetzt namentlich dank den Bemühungen Kiuchxeks in Memel ein Leprosorium errichtet, das eine Musteranstalt für derartiii-e Anlagen bildet. (Vergl. KiRcriNEK, Berl. med. Gesellsch., 1899, Dezbr.) Nach den Sandwichinseln ist die Lepra um die Mitte des 19. Jahr- hunderts gekommen und hat sich hier ganz enorm und rasch ausgebreitet. Nach Algier ist die Krankheit von Spanien eingeführt, nach den süd- lichen Staaten von Nordamerika wahrscheinlich von Westindien, nach den westlichen Staaten von Nordamerika von Norwegen aus durch die leprösen Einwanderer; hier hat aber die Krankheit keine Ausbreitung gefunden, ofienbar wegen der großen Reinlichkeit, die dort herrscht. Da man fast nirgends, abgesehen von Norwegen, eine genaue Statistik über die Lepra besitzt, ist es unmöglich, irgend eine sichere Meinung sich zu bilden, ob die Krankheit in den verschiedenen Ländern, wo sie vorkommt, zu oder abnimmt. Die Lepra ist auch jetzt noch über die ganze Erde verbreitet; es giebt viel Lepra in Südamerika, ebenso in Afrika, hauptsächlich, Avie es scheint, im Kaplande und in Südafrika ül)erhaupt. Li Asien ist der Hauptherd der Lepra besonders in Vorder- indien, China, Japan und in den holländischen Besitzungen, in Australien giebt es auch nicht Avenig Fälle, die möglicherweise auf Einschleppung von China zurückzuführen sind. Bei dem chronischen Verlauf der Krankheit und der schleichenden Verbreitung derselben ist es immer sehr schwierig, die Geschiclite der Ausbreitung festzustellen, besonders auch, da in manchen Ländern die Aerzte erst in neuerer Zeit die Krankheit wieder kennengelernt haben. Es sind vielfach Verwechselungen mit anderen Krankheiten vorgekommen. Das erste wissenschaftliche Studium der Lepra fängt, wie Virchow gesagt hat, mit Daniel.ssen an, das heißt in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts. Damals kam die Lepra von allen Ländern in Europa am häufigsten in Norwegen A'or, wie noch jetzt, und es ist daher nicht zu verwundern, dass auch hier ein genaueres Studium der Krankheit anfing. DANiELSsen und W. Boeck^-^ veröffentlichten in norwegischer und französischer Sprache ihre große Arbeit über Lepra, Spedalskhed, wie die Krankheit norwegisch genannt wird, 1848. Der klinische Teil der Arbeit ist Danielssens Werk, der durch seine spätere Arbeit: De la forme anästhesif|ue de la Spedalskhed vervollständigt wurde. II. Leprabacillus. Morphologie. In dieser letzten Arbeit erwähnt Daxielssex eigen- tümliche Zellen, die in den leprösen Produkten vorkommen, und die er von Anfang an als charakteristisch für Lei)ra ansah. Nach seiner eigenen Aussage wurde ihm diese Auffassung von Vikchow, als dieser Forscher in Bergen die Krankheit studierte, genommen, indem Virchow die Zellen als Fcttkörnchenzellen ansah. Diese Zellen waren indessen das, was wir jetzt C41obi nennen, das heißt Ansammlungen von Leprabazillen und Bazillenkörnern. Nichtsdestoweniger hat man diesen Zellen später auch den Namen ViRCHowsche Leprazellen gegeben. Als ich 1868 die Lepra zu studieren anfing, fielen mir auch sogleich dieselben Gebilde auf und es war mir leicht, mich davon zu überzeugen, dass sie keine Fettkörnchenzellen waren ; ich nannte sie in meiner ersten Publikation: Bidrag und Fortsalte Bidrag til Spedalskhedens Karakte- Lepra. 181 vistik, Nord. Med. Arkiv, Bd. 1 bvauue Körperclien, weil sie im frischen Zustande eine braune Farbe besitzen, und gelangte zu der Ansieht, dass man in ihnen ein untrügliches Kennzeichen der leprösen Natur einer Neubildung hatte. Da ich ferner auch klinisch die Lepra als eine spe- zitische Krankheit auffassen musste, und da ich durch Untersuchungen in den Landdistrikten die LTeberzeugung gewonnen hatte, dass die Krank- heit ansteckend sei, lag es nahe nach einem Ansteckiingsstoft" zu suchen; ich suchte denselben in frischen Zerzupfungsprä})araten der leprösen Knoten und fand bald in denselben kleine Stäbchen, die durch Essig- säure und Kalilauge anscheinend nicht angegriffen wurden. Damals kannte man nur den Milzbrand als eine sicher bewiesene Mikroben- krankheit und hatte den Verdacht, dass mehrere akute Krankheiten auch Bakterienkraukheiten waren; bezüglich chronische Krankheiten hatte man noch keine Anhaltspunkte, dass sie auch Mikrobenkraukheiten sein könnten, und obwohl die Zeit von Cohniielm die »pilzfrohe Zeit ge- nannt worden war, ist es leicht begreiflich, dass ich, da Weigert und R. Kocii noch nicht die Färbungsmethoden gefunden und ausgebildet hatten, von Tag zu Tag, von Woche zu Woche fast unsicherer in meinen Befanden wurde. Die Ueberzeugung gewann ich allerdings, dass es in jedem Präparat kleine Stäbchen gab, und dass die braunen Körper viel Aehnlichkeit mit von Klebs im Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmacologie, Hft. I abgebildeten Pilzen hatten. Als ich daher im .lahre 1872 einen Bericht an die Medizinische Gesellschaft in Christiania abgab über meine Untersuchungen über die Aetiologie der Lepra, konnte ich in demselben nur mitteilen, dass ich in leprösen Knoten immer kleine Stäbchen gefunden hätte, die sich in meinen Präparaten teils in Zellen eingeschlossen, teils frei in der Präparatflüssigkeit darboten. Ich sah damals die Stäbchen als beweglich an, Ijemerkte jedoch, dass ich ihre Bewegungen nicht von BriowNSchen Molekularbewegungen mit Sicherheit unterscheiden konnte. Diese Stäbchen waren die Leprabazilleu, als welche sie durch Färbung gleichzeitig von Neisser und mir erkannt wurden. Neissers Publikation^ kam der meinigen -^ voraus, da ich glaubte, noch mehr sichere Beweisstücke nötig zu haben, bevor ich meinen Befund publizierte. Nachdem ich längere Zeit mich vergeblich bemüht hatte, die Bazillen zu färben, gelang dies mir erst, nachdem ich von R. Koch privatim wohlwollenderweisc eine Anweisung für Färbungs- zeit und -weise bekommen hatte. Im ungefärl)ten Zustande ist der Lepral)acillus ein unbewegliches kleines gerades Stäbchen von 6 ii Länge. In frisch zerzupften Knoten- stücken sieht man die Bazillen ganz deutlich im Innern von Zellen liegen, und noch deutlicher, Avenn mau in 1 proz. Osmiumsäure zerzu])ft, denn dann sieht man auch die Zellenkerne deutlich, und man kann die Zellen unter dem Deckglas rollen lassen, so dass kein Zweifel darüber bestehen kann, dass Bazillen in den Zellen liegen, denn die Bazillen folgen den Zellen in allen ihren Bewegungen und werden dabei teils der Länge nach, teils von den Enden gesehen. Zu gleicher Zeit sieht man auch Bündel von Bazillen in der Präparierungsflüssigkeit; es ist natürlich unmöglich ein Zupfpräparat herzustellen, ohne viele Zellen zu verletzen. Zerzupft und untersucht man ohne Wasserzusatz, so sind die Bazillen äußerst schwierig zu entdecken und wenn man einige sieht, liegen sie bewegungslos. Setzt man aber Wasser zu dem Präparat, sieht man die Zellen durch Imbibition schwellen und man sieht dann die Bazillen deutlicher; sie bewegen sich jetzt in den Zellen; diese letzteren bersten 182 0- A. Hansen. zuletzt und die Bazillen werden frei in der Flüssigkeit; und die Be- weglichkeit ist dieselbe, ob sie im Wasser oder in Iproz. Osmiumsäure schwimmen (BKOWxsche Molekuhirbewegung). Setzt man aber eine Eiweißlösung- zum Präparat, werden die Bewegungen langsamer und sistieren ganz, wenn die Lösung konzentriert ist. Die Bazillen liegen selten vereinzelt in den Zellen, meistens mehrere zusammen und dann gewöhnlich dicht zusammen als cigarrenbüudelälmliche Pakete. Neben bazillenhaltigen Zellen findet man fast immer braune Körper, meistens runde Gebilde von äußerst verschiedenen Größen; sie sind immer körnig und liegen zum Teil in Zellen eingeschlossen, was man deutlich sehen kann, wenn man einen Knoten mit MüLLEKScher Flüssigkeit oder mit dünner Chromsäurelösung behandelt; es ist dann leicht aus Schnitten durch Zupfen isolierte Zellen zu bekommen. Färbt man mit Karmin, erhält man die Zellkerne gefärbt, während die braunen körnigen Klumpen keine Farbe annehmen, und man sieht dann leicht, dass in vielen Zellen kleine Klumpen liegen. Sind die Klumpen größer, können sie fast den ganzen Zellleib ausfüllen, und sie liegen dann wie in einem Siegelring, dessen Siegelplatte durch den Kern repräsentiert ist. AVerden die Klumpen noch größer, sieht man zuletzt keine Sjmr mehr vom Zellleib oder vom Kern; gewöhnlich schließen dann die Klumpen eine Vakuole ein oder mehrere, wenn sie recht groß sind, und bisweilen sind sie so groß, dass sie mit bloßem Auge gesehen werden können; sie sind dann oft nicht rund, sondern oblong und bisweilen mit wenigen oder mehreren halbkugeligen Vorsprüngen versehen, als beständen sie aus mehreren zusammengeschmolzenen Elementen: gewöhnlich giebt es dann eine Vakuole in jedem Vorsprung. III. Färbung des Bacillus. Die Bazillen verhalten sich den Anilinfarben gegenüber wie die Tuberkelbazillen; sie färben sich etwas leichter als diese letzteren; der Unterschied ist aber so gering, dass er nicht für die Diagnose: Lepra oder Tuberkulose verwertet werden kann. Schnitte lässt man am Ijesten 24 Stunden in der Farbflüssigkeit, Anilin-Karbolfuchsin oder Gentiana- violett, und entfärbt mit Salzsäurealkohol, nach Gentianaviolettfärl)ung mit GiiAMscher Lösung und färbt im ersten Falle mit Methylenblau, im zweiten mit Bismarckbraun nach. Man kann auch in 12 Stunden oder noch kürzerer Zeit gute Färbuns,' bekommen, wenn man die Schnitte in Avarmer Farblösung (bei 37" C] liegen lässt. IV. Liegen die Leprabazillen intracellulär oder in Lymphräumen ? In Schnittpräparaten sieht man auch viele Bazillen in den Zellen, aber gleichfalls viele außerhalb derselben. Ich bin der Ansicht, dass alle Bazillen ursprünglich in Zellen gelegen haben und dass sie durch die Präparatiou teilweise außerhalb derselben gekommen sind. Diese Frage ist noch ein Streitinmkt. Unna hat zuerst behauptet, dass die Bazillen nie in Zellen liegen, sondern nur in Lymphräumen. Die braunen Körper bieten sich gefärbt dar meistens als runde Kugeln mit Körnern gefüllt, dann und wann sieht man auch einzelne Bazillen zwischen den Körnern; die Vakuolen sind ungefärbt. Ich habe von Testikeln Präpa- Lepra. 183 rate, in welchen Gllobi vorkommen, in deren Vakuolen mit Bismarck- brann gefärbte Fartikelclien liegen, die ich für Bruchstücke von Kernen halte. Die Bazillen dringen nicht in die Kerne hinein. Deshalb nehme ich au, dass die Vakuolen die früheren, aufgelösten Kerne sind: doch giebt es so kleine Globi (wie die braunen Körper von iSI^eisser genannt worden sind), die auch Vakuolen enthalten, dass sie kaum Zellen mit ihren Kernen repräsentieren können. Uxxa meint, in Ue1)ereinstimmung mit seiner Annahme von der Lage der Bazillen in Lymphräumen, dass die Globi nur Ansammlungen von Bazillen in einer Gloeamasse sind, deren Centrum durch irgend einen chemischen Prozess eingeschmolzen ist und dadurch die Vakuole bildet. Unna behauptet auch, dass es nur ein Trugbild ist, wenn man glaubt, Zellen zu sehen. Ich muss bekennen, dass ich mich vergeblich bemüht habe, dies recht zu verstehen; ich glaube auch, dass man etwas zu freigebig mit Lymphräumen umgeht; jede Spalte im Gewebe wird Lymphraum genannt und man beachtet kaum, dass viele oder vielleicht alle diese Spalten in den Schnittpräpa- raten gewiss künstlich geschaffen sind. Ich nehme die Cornea als Bei- spiel. In einer lebenden oder in einer frisch ausgeschnittenen Cornea hat kaum jemand eine Spalte gesehen. Versilbert man jedoch die Cornea, dann entsprechen die hellen Bäume ganz genau den Corneazellen, wie man sie bei anderer Präparationsweise (Goldfärbung) sehen kann, und versilbert man eine entzündete Cornen, dann entsprechen die hellen Räume ganz genau den Eiterkörpercheu, die in der Cornea liegen, die man mit Goldfärbung darstellen kann, und es zeigt sich, dass dieselben zwischen den Fibrillen des Bindegewebes liegen. Was die Fibrillen zusammenhält, weiß ich nicht, aber Spalten zwischen ihnen sind nicht zu sehen. In der Cornea habe ich auch sehr häufig Corneakörper mit deutlichen Kernen, und die Zellkörper mit braunen Körnern mehr oder weniger vollständig gefüllt gesehen, und warum ich dieselben nicht als Zellen auffassen soll, begreife ich nicht. Wenn Unna auf der Berliner Leprakonferenz (1897) verlangte, dass mau seine Präparations- methoden benutzen müsse, um seine Resultate und Anschauungen be- urteilen zu können, hat er zum Teil ein Recht dazu, aber wir anderen haben auch das Recht zu verlangen, dass Unna auch die alten, bewährten und einfachen Präparationsmethoden genau auf ihren Wert prüft, bevor er glaubt, dass seine neuen Methoden die einzigen sind, welche die wahren Verhältnisse veranschaulichen. Und ich halte aus alter Gewohnheit viel von einer Methode, die in meiner Jugend sehr gebräuchlich war, jetzt aber sehr wenig in Gebrauch gezogen zu werden scheint, nämlich von der Untersuchung frischer Präparate und von Präparaten, in welchen die Zellen in schonender Weise isoliert sind; wenn ich in solchen Präpa- raten Zellen mit Bazillen sehe, begreife ich nicht, warum sie nicht Zellen sein sollen, wenn sie von Lepraaffektioneu herrühren, während ähnliche Gebilde, wenn sie von normalen oder anderen pathologischen Geweben herstammen, doch von allen als Zellen anerkannt werden. Ich zweifle sehr daran, dass eine recht farbenkünstlerische Präparation, trotz der schärferen Bilder, eine wahrheitsgetreuere Wiedergabe der natürlichen Verhältnisse giebt. Ich stehe aber ziemlich allein mit meiner Anschauung, dass die Leprabazillen ursprünglich sämtlich in Zellen liegen und wahr- scheinlich nur durch die Präparationsmethoden aus ihnen befreit Averden, wenn auch viele Untersucher der neuesten Zeit meinen, dass die Bazillen teils in Zellen, teils außerhalb derselben liegen. Nur Unna und ich repräsentieren die äußersten Gegensätze. Wie diese Streitfrage endlich 184 G. A. Hansen. entschieden werden wird, ist zur Zeit nicht abzusehen. Auch Über die Natur der braunen Körper oder Globi gehen die Meiuuug-en auseinander. Unna nennt sie (Ibjea, aber spricht sich nicht über ihre Bedeutung aus. Ganz neulich hat George Pernet (in Lepra, Vol. 2, Fase. 4) die Meinung ausgesprochen, dass die Gh)ea nur ein Stadium in der Ent- wicklungsgeschichte des Parasiten ist, in welchem er sich zu weiterer Proliferation vorbereitet. Ich betrachte sie als Untergangsformen der Bazillen aus folgenden Gründen: 1. sie konnnen nicht in ganz jungen Knoten vor, 2. je älter die Knoten sind, um so häufiger sind sie und häu- tiger auch in Knoten, die gauz weich sind und klinisch deutlich resor- biert werden. Ich glaube, dass man das Becht hat hieraus zu schließen, dass sie mit dem Untergang der Bazillen in Zusammenhang stehen. Ferner findet man dieselben viel häufiger in iiinereu Organen als in der Haut, und daraus glaube ich annehmen zu können, dass sie bei höherer Tem- peratur schneller und reichlicher gebildet werden als bei einer niedrigeren, die in der Haut existiert; auch habe ich mehrmals gesehen, dass sie bei Fieberzuständen, also bei erhöhter Temperatur, schnell entstehen können. Knoten, die früher derb und fest waren, wurden während des Fiebers weich, und enthielten dann zahlreiche Globi. Neisser hat zuerst auf helle Lücken in den gefärbten Bazillen auf- merksam gemacht. Solche Lücken, die teils einzeln in der Mitte der Bazillen litgen, teils mehrere in Reihe nacheinander in denselben, sieht man am häufigsten in den Bazillen erweichender Knoten; ich habe sie auch einmal in fast sämtlichen Bazillen eines Knotenstückes, das 8 Tage auf Fleischpeptonagar im Thermostaten gelegen hatte, nachweisen können. Und da ich bei meinen sämtlichen Züchtungsversucheu nur das Zerfallen der Bazillen erreicht habe, glaube ich, dass diese Lücken nur den Anfang des Zerfalles anzeigen. Bei aller Unsicherheit und Uneinigkeit verschiedener Forscher glaube ich, dass man kaum aus Untersuchungen der leprösen Afifektionen zu einem endgültigen Resultat kommen wird in Bezug auf die noch streitigen Punkte, sondern das man abwarten muss, dass ein glücklicher Forscher eine Methode zur Kultivierung des Leprabacillus findet. V. Kulturversuche und Tierversuche. Alle bisherige Kulturvcrsuche sind misslungen. Ich selbst fing so- gleich au i. J. 1872 und 1873 mit den damals so wenig ausgebildeten Methoden Versuche der Züchtung zu machen, hauptsächlich nur frische Präparate in feuchte Kammer zu legen und sie jeden Tag zu unter- suchen, wie ich es in ViRCH(nvs Archiv Bd. 71, H. 1 beschrieben habe. Neisser machte weitergehende Versuche in Spanien, indem er Knoten in die Peritonealhöhle von Tieren einbrachte (siehe seine Weitere Bei- träge u. s. w. in ViRCHOWs Arch. Bd. 84, H. 3i, er erhielt aber auch keine Vermehrung der Bazillen. Später versuchte ich die Bazillen auf verschiedenen Medien, Agar mit Zusätzen von Fleisch wasser, Pepton, auf Gelatine und menschlichem Blutserum zu züchten; dann und wann fanden sich einige Razillen außerhalb der ausgesäeten Knotenstücke, die als neu ausgewachsene imponieren konnten, die aber wahrscheinlicher nur bei dem Aussäen ausgestrichen waren. Viele andere Forscher haben die Kultur der Leprabazillen versucht, und mehrere haben geglaubt, dies Ziel erreicht zu lial)en; aber keiner Lepra. 185 von den g-ezüchteten Bazillen hat Anerkennung- als Leprabacillus be- kommen können. Boedoni-Uffreduzzi" meinte, den Lepral)acillus auf Agar gezüchtet zu haben ; aber der unzweifelhafte Beweis für die Lepra- natur der gezüchteten Bazillen wurde nicht geliefert. Dasselbe gilt von allen den Bazillen, die Campana', Dücrey*, Levy'-*, CzAPLEWsKi^ö, SprüncrI', Teich ^2^ BahesI', Barannikow 1^ und noch einige mehrere gezüchtet haben, und die teils als zur (Iruppe der Tuberkelbazillen (Säurefestigkeit) gehörig, teils als Diphtheriden (Baues) bezeichnet worden sind. Es kann unterbleiben, alle diese Arbeiten detailliert zu besprechen; es muss genügen mitzuteilen, dass wir bis jetzt keine geeigneten Nährböden für Leprabazillen kennen und dass infolgedessen niemand liehaupten kann, den Leprabacillus gezüchtet zu haben. Die Farljenreaktionen sind für den Leprabacillus dieselben wie für den Tuberkelbaeillus; es giebt aber auch andere Bazillen, die säurefest sind wie die zwei ge- nannten, und wenn man in Kulturen einen säurefesten Bacillus findet, ist es auch nicht ohno weiteres sicher, dass er zur (^ruppe der Tuberkel- bazillen gehört, wie mehrere Forscher annehmen, und noch weniger sicher, dass er in irgend einer Beziehung zum Leprabacillus steht. Auch kann man die Art der gezüchteten Bazillen nicht durch Tierversuche feststellen; denn wenn man Knotenstücke unter die Haut oder in die Peri- tonealhöhle eines Tieres (jedenfalls der bisher versuchten Tiere) bringt, vermehren die Bazillen sich nicht, sondern sterben, und das Tier wird nicht leprös. Wenn also die gezüchteten l)azillen einem Tiere einver- leibt werden, und das Tier nicht krank wird, kann man höchstens sagen, dass die Bazillen keine Tuberkelbazillen sind, aber keineswegs, dass sie Leprabazillen sind. Es ist auch unnötig, alle Uebertraguugsversuche von Lepra auf Tiere zu referieren; es genügt zu sagen, dass die als gelungen angegebeneu nicht als solche anerkannt worden sind. Neben der großen Zahl von völlig negativen Resultateu (Köijner^-^) haben ül)er bis zu einem ge- wissen Grade erfolgende Tierversuche berichtet Melcher & Ortmann 22^ die an Kaninchen Lepraknoten in die vordere Augenkammer verimpften, Tedeschi''-', der Lepraknoten unter die Dura mater des Rückenmarks bei Affen brachte, ferner Damsch2i, Neisser, Vüssius. Zu dem Aus- bruch echter Lepra und A'ermehrung der Bazillen im Tierkörper ist es allerdings bei keinem der Tiere gekommen, sondern nur zu einer Ver- schleppung der Bazillen und Ablagerung im Gewebe, das mit entzünd- lichen Erscheinungen auf diese wie Fremdkörper wirkenden Bazillen reagiert hat. Es köiuien so kleine lokale Knötchen entstehen, in denen die Bazillen liegen. Das gleiche sahen aber Wesexer^'^, Leloir sowie Ca^ipaxa auch nach Einverleibung von Leprastückchen, die in absolutem Alkohol gelegen hatten, also nur abgetötete Lepral)azillen erhalten konnten. Es scheint vorläufig, als wäre der Leprabacillus ein obligater Zellparasit, der nur im Menschen gedeiht. Es muss noch zugefügt werden, dass mehrere Untersuclier, neuerdings Kedrowski^ die vermeintlichen Leprabazilleu auf verschiedenen Kultur- medien von wechselndem Aussehen und Säurefestigkeit gefunden haben, zum Teil auch verzweigt, was nach meiner Auffassung die Zuverlässig- keit der Kulturen als solche der Leprabazillen sehr verringert. Die best- bekaunten Mikroben sind doch sich selbst in Kulturen immer gleich. Die verzweiü'teu Tuberkell)azi]len sind aucli kaum zuverlässiii*. 186 G. A. Hansen. VI. Vorkommen des Leprabacillus. lieber das Vorkommen des Leprabaoillus kann man ganz im allg-e- meineu sagen, dass er überall gefunden wird, wo eine lepröse Neu- bildung bestellt. Es sind mit der Entdeckung des Leprabaeillus viele Hunderte von typischen Leprafallen auf die Anwesenheit der Bazillen genauestens untersucht worden, wie aus der Zusammenstellung ^on Wolter 1* z. B. hervorgeht. An allen Stellen der p]rde sind bei Leprösen dieselben, morphologisch und tinktoriell wohlcharakterisierten Lepra- l)azillen nachgewiesen worden, während es nicht beobachtet ist, dass die Leprabazillen bei gesunden Menschen oder solchen, die an anderen Krankheiten leiden, vorkommen. Trotz der fehlenden Kultur- und Tier- versuche müssen Avir die Leprabazillen als alleinige Erreger der Lepra betrachten, vor allem weil die Bazillen eine ganz gewaltige Ausbreitung im Körper der meisten Leprösen erfahren, so dass sie oft alle Organe erfüllen. In der Haut findet man ihn in kolossalen Massen in den leprösen Knoten; in den Flecken bei der maculo-anästlietischen Form der Krankheit findet man ihn viel seltener. Anatomisch sind diese ervthematösen Flecken durch Rundzellenansammlungen den Blutgefäßen entlang charakterisiert; in diesen Ansammlungen findet man Bazillen ziemlich spärlich zerstreut, während man in den Knoten, die fast aus- scliließlich aus Zellen bestehen, im gefärbten Präparate fast nur Bazillen sieht. Die Bazillen scheinen für Bindegewebe Vorliebe zu haben; in der Epidermis findet man sie nur sehr selten; mir ist es nur einmal gelungen, sie in einem Knoten mit vielen Bissen im E])ithel nachzuweisen, und hier schienen die Bazillen in Wanderzellen eingeschlossen gewesen zu sein; jedenfalls kann ich nicht behaupten, dass Bazillen in den Epithelzellen lagen In den Scliweißdrüsenei)ithelien sind die Bazillen von mehreren Untersuchern gesehen worden; man rauss sich hüten, jedes mit Fuchsin färbbare Körnchen als Bruchstück eines Leprabacillus an- zusehen; sehr häufig kann das Vorkonmien der Bazillen in den Schweiß- drüsen kaum sein, denn ich habe unendlich viele Präparate von Haut- schnitten untersucht, ohne Bazillen in dem Lumen der Schweißdrüsen gesehen zu haben; wie es sich mit dem Vorkommen der Bazillen in Schweißdrüsen verhält, so auch mit dem Vorkommen in den Haar- bälgen; ich kann bestimmt behaupten, dass sie wahrscheinlich nur selten da vorkommen, jedenfalls so selten, dass die Haarl)algdrüseu nicht, wie UnxaI" behauptet, eine stetig fließende Bakterienquelle bilden können. Leprabazillen auf der äußeren Haut ist gewiss ein seltenes Vorkommnis; jedenfalls habe ich sie nie da gefunden, habe sie aber verhältnismäßig selten gesucht. Nur Avenn es Ulzerationen giebt, die von aufgebrochenen Knoten oder Infiltraten herstammen, in deren Sekret immer Bazillen zu finden sind, werden diese auch auf der Haut in der nächsten Umgebung gefunden. Im Speichel finden sich immer Leprabazillen, wenn auf der Zunge und (oder) im Rachen Knoten und Infiltrate vorhanden sind, die ihres Epithelüberzuges teilweise l)eraubt sind. Schäffeu''* hat gefunden, dass die Leprösen beim Spucken bazillenhaltige Schleimi)artikelchen ziemlich weit ausschleudern. Bei Kontrollversuclien in der hiesigen Lepraanstalt hat Dr. Lie gefunden, dass nur beim Husten, Niesen und forcierten Sprechen Flüssigkeitspartikelchcn mit Bazillen ausgestoßen werden, nicht beim gewöhnlichen Sprechen. Lepra. 187 Sticker 3*^ hat das Nasensekret Lepröser untersucht und gefunden, dass es fast immer Bazillen enthält, und zieht den Schluss, dass die Lepra immer als eine Nasenkrankheit anfängt, weil er Bazillen im Nasen- schleim auch in ganz frischen Fällen fand. Hiermit hat Sticker eine Frage berührt, die zunächst von Köbner angeschnitten, dann von K. Koch wesentlich gefördert wurde durch den Nachweis, dass im Nasen- schleim und Sputum einiger von ihm im Kreise Memel untersuchter, mit Lepra tul)erosa heliafteten Patienten große Mengen von Leprabazillen vorhanden Avaren. Jeanselme ä Lairens-*" fanden dann bei einer größeren Anzahl von Leprösen, auch anästhetischeu mit dem Morvan- schen Typus, fast regelmäßig die Leprabazillen im Nasensekret, und zu gleichen Ergebnissen gelangte Sticker •" in Indien und Egypten. Auch KoLLE^i konnte bei Untersuchungen in dem Lepraasyl Kobbeu Island diese StiCKERSchen Angaben l)is zu einem gewissen Grade bestätigen. KoLLE kommt auf Grund seiner an ca. 200 Leprösen ausgeführten Untersuchungen indessen zu dem Schluss, vorläufig nicht, wie Sticke w schematisierend vorzugehen, sondern in jedem einzelneu Falle nach der Eingangspforte der Infektion, dem Primäraffekt, zu suchen. Kolle er- erkiärt sich allerdings auch für die Ansicht v(m Spicker, dass bei anästhetischen wie tuberösen Leprösen die Ausbreitung der Bazillen häufig ausschließlich von den Xasengeschwüren ausgeht. In diesem Sinne ist die Lepra eine Nasenkraukheit. Wo sich Ulzerationen in der Nase bei Leprösen finden, müssen sie behandelt werden. Dr. Lie hat in der hiesigen Lepraanstalt 142 Patienten, 50 knotige und 92 maculo- anästhctische, hierauf untersucht und hat Bazillen im Nasenschleim in 00,25^^ gefunden, und Globi in 46 von den 50 knotigen Fällen, aber nur in 4 von den 92 maculo- anästhetischen Fällen, und von diesen 4 hatten 2 früher Knoten gehabt, so dass man annehmen kann, dass die chronische Phinitis, die so oft bei der knotigen Form vorkommt, nicht vollständig verschwunden war. Von den 46 mit Lepra tuberosa behafteten Patienten, die Bazillen im Nasenschleim hatten, litten die meisten an chronischer Rhinitis, nur wenige hatten Knoten oder Ulzerationen in der Nase. Obwohl diese Pesultate nicht die STiCKERSchen Resultate vollauf l)ekräftigen, habe ich doch einen Fall von knotiger Lepra vor zwei Jahren gesehen, in welchem ein Kollege die Diagnose nach Unter- suchung des Nasenschleims, in welchem er Leprabazillen gefunden hatte, stellte. Als ich den Patienten sah, konnte ich nicht mit Sicherheit die Diagnose stellen; ein Jahr später war aber die Diagnose unzweifelhaft. Hieraus zu schließen, dass die Lepra immer als eine Nasenkrankheit anfängt, scheint mir aber doch zu gewagt. Es ist nun nicht nur die Haut und die Schleimhäute der Nase, des Mundes, des Rachens und des Laryux, die bei Lepra ergriffen sind, sondern fast alle Organe können Sitz lepröser Affektionen sein. Die Lungen werden nicht oft ergriffen ; mehrmals sind sie jedoch leprös ge- funden. DouTRELEPoNT^'' Stellte dic Diagnose auf ein lepröses Lungen- leiden nach der Untersuchung des Sputum, in welchem er Leprabazillen und Glol)i fand; die Diagnose scheint mir jedocli nicht sicher sein zu können, da der Bazillenbefund von ulzerierenden Knoten der Mundhöhle oder des Larynx herrühren kann. In den Fällen von leprösen Lungen- leiden, die ich gesehen habe, war makroskopisch nichts Charakteristisches zu sehen; etwas Verdichtung des Gewebes ohne irgend charakteristisches Aussehen, am meisten einer schlaffen Pneumonie ähnlich. Mikroskopisch lindet man Bazillenhaufeu und Globi ohne bedeutende Reaktion in der 188 G- A. Hansea. Umgebung', die Alveolen zum Teil mit Zellen erfüllt, aber viele aucti leer. Die Bronchialdrüseu habe ich noch nie leprös gefunden. An den Unterleibsorganen findet man in den knotigen Fällen die Leber und die Milz immer leprös. Makroskopisch kann dies nicht immer er- kannt werden; wenn die zwei Organe aber stärker erkrankt sind, sieht man in der Leber sowohl durcli die Kapsel durchscheinend wie auf Schnittflächen kleine weißliche Punkte und Striche, und die Milz hat eine etwas trockene Schnittfläche, auf welcher man kleine weißliche Pünktchen und Striche sieht. Diese Pünktchen und Striche sind Ansammlungen von Globi und bazillengefüllten Zellen, die in der Leber in der Capsula Glissonii liegen, in der Milz sowohl in der Pulpa, wie in den Malpighi- schen Körpern. Müsehold-^' giebt an, dass in der Milz die Bazillen an den Fäden des Reticulums haften. Hiervon habe ich mich mit Sicher- heit niclit überzeugen können, obwohl es oft den Anschein haben kann, Fig. 1. Schnitt Anrch Milz einer Lepröseu. als wäre es der Fall. Bei glücklicher Härtung der Milz kann man in derselben die Bazillen direkt in Zellen liegend sehen; mau findet in der Milz auch Globi von höchst verschiedener Größe, von ganz kleinen bis zu sehr großen, und oft mehrere zusammen, kleine wie große, anscheinend in einem Protoplasmakörper eingeschlossen ; diese letzteren habe ich nur in frischen Zupfpräparaten gesehen. Eine lepröse Darmatfektion ist von Doitrelei'ont'' beschrieben, die er neben tuberkulöser Aftektiou fand. Seine Beschreibung lässt keinen Zweifel übrig, dass es eine wirkliche lejiröse Aflektion war; mir ist es nicht vorgekommen, eine solche zu finden, vielleicht, weil ich nicht genau genug untersucht habe. Die Nieren sind bei der knotigen Lepra last immer krank; man findet alle Formen von der großen bleichen Niere und Amyloidniere bis zur Schrumpfniere; in den seltensten Fällen scheinen aber die Nieren Bazillen zu enthalten, und in den Fällen, die ich gesehen hal)e, Lepra. 189 hatten die Ba'illcn sehr wenige oder keine Keaktion im Gewebe hervor- gerufen. Man muss annehmen, dass die meisten Veränderungen der Nieren bei Lepra einen toxisclien Ursprung haben. Wenn Bazillen in der Niere sind, liegen sie meistens vereinzelt in den Glomerulis. In den weiblichen Geschlechtsorganen sind bis jetzt keine Lepra- bazillen gefunden; dagegen sind die Testikeln bei der knotigen Form immer leprös affiziert. Meistens kann man makroskopisch nichts sehen; nnr wenn die Testikeln stark affiziert sind, sieht man wie einen braunen Anflug auf der Schnittfläche; erst als ich die Testikeln mikroskopisch untersuchte, fand ich in denselben große braune Körper, Globi; au Zupfpräparaten sahen die Samenröhrchen wie Perlsclmüre ans, indem sie viele sie erweiternde Glol)i enthielten. Die Testikeln sind das einzige Organ, in welchem die Bazillen regelmäßig in Epithelien vorkommen, da die Samenkanälcheu immer affiziert sind. Immer ist auch das interstitielle Bindegewebe angegriffen, und in keinem anderen Organ habe ich die Endothelien der Blutgefäße so häufig mit Bazillen gefüllt gesehen. Uebrigeus kommen die Bazillen überall in den Blutgefäßendothelien vor. Glück hat auch in den Venen an der Innenseite der Wände le- pröse Wucherungen gefunden, so dass die Venen sich knotig anfühlten. Dies hal)e ich nur in den Präparaten von Glück gesehen. Auch im Blute selbst findet man Bazillen, meistens in weißen Blut- körperchen eingeschlossen; ich habe jedoch bei Testikelpräparaten die Bazillen frei zwischen den roten Blutkörperchen liegend gefunden. Wenn man einen Knoten ansticht und den ausfließenden Bluttropfen untersucht, findet man fast immer Leprabazilleu ; diese können aber von dem Gewebe des Knotens herrühren. Nur einmal habe ich im Blute, von einem nicht leprös affizierten Finger, Ikizillen gefunden. Sticker*", welcher in aus- gedehnterem Maße Blutuntersuchungen bei Leprösen angestellt hat, ist es öfter gelungen, die Lepraljakterien im mikroskopischen Präparate, das mit lilutstropfen aus der Fingerkuppe hergestellt war, nachzuweisen. Nach »Stickek muss man namentlich während der Fieberanfälle, von denen Lepröse oft ohne nachweisbare Ursache heimgesucht werden, auf Bazillen untersuchen. Man findet sie dann so häufig, dass man nicht umhin kann, anzunehmen, dass eine plötzliche Ueberscliwemmung des Blutes mit Le])ral)azillen die Ursache für die Anfälle ist. In den peripherischen Nerven findet man immer Bazillen, besonders reichlich in knotigen Fällen; in der maculo-anästhetischen Form hat zuerst Arnixg Bazillen in den Nerven nachgewiesen, indem er aus einem lebenden Patienten ein Nervenstück exstirpierte und dieses untersuchte. In den letzten Jahren hat Dr. Lie hier die Nerven gründlich untersucht und er hat auch in sehr alten Fällen der maculo-anästhetischen Form immer Bazillen gefunden. Zu gleichen Besultaten kamen Westi'Hal c^ Uhlenhuth^i. In dem zentralen Nervensystem haben mehrere Untersucher, so z. B. Westphal & Uhlenhuth^^, aus deren Arbeit auch die beigegebenen Zeichnungen mit ihrer Erlaubnis genommen sind, Bazillen gefunden, in den Nervenzellen der Intervertebralganglien und des Kückenmarks. Bazillen sind auch von Dr. Lie in diesen Zellen gefunden und die Zellen zeigen zum Teil ein vakuolisiertes Aussehen. In den leprösen Neubildungen sind von mehreren Untersuchern Rieseu- zellen gefunden, die in jeder Beziehung den Riesenzellen bei Tuber- kulose entsprechen ; besonders sind sie in den Flecken der maculo-an- 190 G. A. Hansen. ästhetischen Form i;cfuiideii hei g-leielizeitigev Nekrose des Gewebes. Die Beobachtungen müssen als zuverlässig angesehen werden; es ist doch aber merkwürdig, dass ich, trotzdem ich so viele Präparate von Lepra angefertigt und untersucht habe, wie kaum jemand sonst, nie eine typische Eiesenzelle oder die mindeste Andeutung einer Nekrose in derselben gesehen habe. Dieser Punkt ist von großer Bedeutung-, weil ich immer die Kiesen- zellen und die Nekrose als sichere Kennzeichen der Tuberkulose und somit als sichere diagnostische Mittel zur Unterscheidung zwischen tuber- kulösem und leprösem Gewebe angesehen habe. In früheren Jahren habe ich in unseren hiesigen Anstalten sehr viel Tuberkulose bei Leprösen gesehen und habe nie Schwierigkeiten gehabt, den Unterschied der tuberkulösen Veränderungen der ( )rgane von den leprösen festzustellen, auch wenn sie zu gleicher Zeit in demselben Organ vorkamen, selbst ohne Bazillenfärbung. Jetzt ist die Tuberkulose ein so seltenes Vor- kommnis in unseren Leprosorien, dass es scheint, lange dauern zu sitllen, bevor ich wieder Gelegenheit bekomme, die Sache nochmals gründlich zu untersuchen. Es fällt aber so schwer, wenn man eine so reiche Er- fahrung, wie ich, besitzt, seinen Standpunkt aufzugeben, bevor man sich durch Selbstanschauung überzeugt hat, dass man etwas tiber- sehen hat. VII. Pathologische Anatomie. Da die Leprösen neben ihrer Lepra au allen auderen Krankheiten leiden können, würde es zu weit führen, alle diejenigen pathologisch- anatomischen Aenderungen anzugeben, auf die man gelegentlich bei Leprösen stoßen kann. Ich werde nur in aller Kürze augeben, was man gewöhnlich als wahrscheinliche direkte Gewebsveränderungen als Folge der Ansiedluug der Leprabazillen sieht. Ich habe schon erwähnt, wie die lepröse Lunge, die lepröse Leber und Milz aussehen; die letz- teren Organe sind nie durch die Lepra vergrößert, jedenfalls so wenig, dass man es nicht durch Messung feststellen kann. Die auffälligsten Veränderungen der inneren Organe findet man in den Nieren, die, wie schon bemerkt, teils groß und bleich, teils amyloid und teils geschrumpft wie bei interstitieller Nephritis gefunden werden. Die peripheren Nerven findet man teils verdickt, teils verdünnt, und zwar an bestimmten Stelleu, nändich ül)erall, wo sie über Knochen hin- gleiten, oder wo sie gedehnt werden können. So findet man den ülnar- nerven verdickt oder verdünnt an der Ellenbeuge, den N. peronäus, wo er sich um die Fibula herumschlägt, den N. medianus, wo er über das Handgelenk hingleitet. Die Nerven findet mau in den Aufangsstadien der Krankheit verdickt, in späteren, besonders bei den alten maculo- anästhetischen Fällen, atrophiert. Am meisten Bazillen findet man in den Nerven der auch mit Knoten behafteten Leprösen, wenn sie noch keine oder wenig Anästhesie darbieten. Anfangs findet man Ilundzelleu- inhltration in den Nerven, und erst si)äter wird der ganze Nerv an den ol)en genannten Stellen fast ^'ollständig in ein Narbengewebe um- gewandelt, das die Nervenfasern zerdrückt, wodurch die Anästhesie bewirkt wird, und dabei wird der Nerv atrophisch. Der Durchschnitt eines verdickten Nerven mit vielen Bazillen ist ganz leicht bräunlich verfärbt, weil viele Globi sich in dem Nerv finden, und ganz glatt; die Lepra. 191 Nervenfascrbiinclel drängen «eli an der Öelinittfinclie nicht hervor. Die verdünnten Nerven halben eine Schuitttiäehe wie Narbengewebe, i;'an/. weiß und perlnmtterc,'Umzend. In dem IMickenmavk sind die hin- teren Stränge, wenn darauf untersucht worden ist, mehr oder weniger atrophisch gefunden oder vielmehr nur die Nervenfasern atrophisch. Diese Atrophie ist von den Uutersuchern, Looft & Lie, als eine se- kundäre, aufsteigende infolge der Atrophie der peripherischen Nerven aufgefasst worden. Ein lepröser Knoten bietet, wenn er noch jung ist, eine glatte, weiße Schnittfläche, auf der man bisweilen kleine Blutgefäße durchschimmern sehen kann; die Knoten sind nämlich ziemlich reichlicli mit Blutgefäßen versehen, wenn auch nur mit erweiterten Kapillaren. Diese Kapillaren sind wahrscheinlich meistens neugebildet, denn in leprösen Knoten der Cornea, die ja keine Blutgefäße besitzt, finden sich ebensoviel Kapillaren Avie in den Hautknoten. Macht man Sclmitte aus Knoten, die in Müller- scher Flüssigkeit gehärtet sind, kann man die Zellen durch Pinseln zum großen Teil entfernen, und behält dann ein Netz von feinen Bindc- gewebsfäden zurück, das fast wie das Netz einer Lymphdrüse aussieht. Mit den Zellen sind auch die Bazillen entfernt, und dies scheint mir auch dagegen zu sprechen, dass die Bazillen in Lymphräumen liegen. Wenn dielvnoten älter sind, können sie in der Mitte zerfallen, wobei die Sclmittfläche hier deutlich bräunlich gefärbt ist. Die kleinen Zeßen eines leprösen Knotens liaben zum größten Teil das Aussehen gewölin- licher Rundzellen mit runden gekörntem Kernen; je älter die Knoten werden, um so häufiger findet man in denselben größere Zellen, teil- weise mit zwei oder noch mehr Kernen; aber diese Kerne liegen in den Zellen unregelmäßig zerstreut; niemals habe ich, wie schon erwähnt, tuberkelriesenzellen-ähnliche Gebilde gesehen. Niemals habe ich in dem erweichten Centrum eines Knotens das geringste Zeichen einer Nekrose oder einer hyalinen Degeneration, von dem unter anderen Babes sjtricht, gesehen, besonders nichts, was mit der käsigen Degeneration eines Tuberkels die entfernteste Aehnlichkeit hat. Noch einen merkwürdigen Fund von ARNiN(i muss ich erwähnen; er hat nämlich mehrmals lei)röse Nerven in ihrer Mitte von einer nekro- tischen Sul)stanz erfüllt gefunden. In den letzten Jahren hat auch Dr. Lie hier verkalkte Ulnarnerven gefunden. Aehnliche Funde halte ich, trotzdem ich unzweifelhaft viel mehr Nerven als Dr. Arning und Dr. Lie untersucht habe, nie gemacht. Die Lepra wird gewiss noch längere Zeit eine Fundgrube für neue wissenschaftliche Feststellungen bleiben. Unna hat bemerkt, dass der Leprabacillus ein verhältnismäßig un- schädlicher Bacillus sein muss, da er trotz seiner enormen Mengen do(;h so wenig das Allgemeinbefinden der Patienten l»eeinfiusst. Das ist völlig zutreffend. Erzeugt also der Leprabacillus wenig Toxin, so scheint er andererseits außerordentlich zähleibig zu sein und durch seine zwar langsame, aber reichliche Vermehrung zuletzt den Organismus zu unter- graben. Die meisten Patienten hier in unseren Anstalten sterben an Marasmus oder an interkurrenten Krankheiten. Ich ])ersönlich neige der Annahme zu, dass er meistens durch die Nierenaffektionen hervorgerufen ist; da diese aber sicherlich eine Folge der Lepra sind, so bildet diese letztere auch die Ursache des Marasmus. Der Bacillus scheint von verschiedener Virulenz zu sein, da er in vielen Fällen eine üppige Knotenbildung hervorruft, in anderen dagegen 192 Gr. A. Hanson, in der Haut nur erythematöse Flecke, die kaum über das Hautniveau erhaben sind und die nur wenig-e Bazillen enthalten, während die Knoten Milliarden solcher einschließen. Es ist ja auch mög-lich, dass die Virulenz des Bacillus nur wenig schwankt, dass aber der Boden, in dem er ge- deihen soll, in den verschiedenen Individuen verschieden ist, dass also die verschiedene Form des Aussatzes bedingt ist durch die Disposition der Kranken. Obgleich wir den LepralKicillus nicht züchten und in exakter Weise, wie das für den Tuberkelbacillus durch Vaüedes geschehen ist, auf seine Virulenz im Tierversuche prüfen können, müssen wir doch auf Grund der von Vagedes^- gemachten Feststellungen auch für den Lepra- bacillus dieselben Virulenzschwaukungeu annehmen, die Vagedes beim Tuberkelbacillus feststellte. VIII. KHnische Einteilung der Lepraformen. Diagnose. Die klinischen Formen der Lepra wurden zuerst von Daxielssen & Boeck gut und genau gedeutet. Diese Autoren stellten drei Formen des Aussatzes auf, eine knotige, eine anästhetische und eine gemischte. Die knotige Form, Lepra tuberosa, zeichnet sich durch meistens zahlreiche, halbkugel förmige Tumoren in der Haut des Gesichtes und der Ex- tremitäten, deren Streckseiten, aus, die anästhetische nur durch erythe- matöse Flecke und eine ausgebreitete Anästhesie der Extremitäten und des Gesichtes mit Atrophie und Lähmung der Muskeln; die knotige Form kann in die anästhetische übergehen, und vice versa die au- ästhetische in die knotige; die gemischte Form zeigt Knoten und An- ästhesieen bei demselben Lidividuum. Ich hal)e diese letzte, die gemischte Form, aus dem Schema aus folgenden Gründen gestrichen. Alle knotigen Fälle würden als an- ästhetische enden, wenn sie nur lauge genug dazu lebten, und würden dann auf einem gewissen Stadium ihrer Krankheit, bevor alle Knoten geschAvunden waren, als gemischte anzusehen sein. Danielssen & Boeck lehrten, dass die mit der tuberösen Form des Aussatzes behafteten Patienten nicht anästhetisch waren; dies trifft aber nur im Anfang der Krankheit ein; nach einigen Jahren fangen die Patienten an anästhetisch zu werden, und während die Knoten allmählich schwinden, breitet sich die Anästhesie weiter aus. und zuletzt kann man in seltenen Fällen die Patienten von ihrem Hautleiden vollständig befreit sehen, auch von ihren Schleimhautafifektionen, nur ausgebreitete Anästhesicen der Extremitäten und des Gesichtes verbunden mit Atrophie der Muskeln bleiben bestehen. Die Haut zeigt nur Narl)en da, wo früher Knoten gesessen hatten. Ich habe Gelegenheit gehal)t, einige solcher Fälle nach dem Tode zu unter- suchen und habe "bei ihnen ebensowenig leprose Atfektionen gefunden w^ie bei alten maculo-anästhetischen Fällen. Die Diagnose der knotigen Lepra ist gewöhnlich leicht, doch kann es Fälle geben, die nur so wenig charakteristische Ausschläge darbieten, dass man die vereinzelten Knoten leicht mit Gummata verwechseln kann; doch kann man, wenn dazu Gelegenheit ist, mittelst Herstellung eines Ausstrichpräparates aus einem Knoten und Färbung auf Bazillen die Diagnose sicherstellen. Wie oben erwähnt, hatte ein Kollege die Diagnose auf "Lepra durch Untersuchung des Nasenschleims, in welchem er Lepra- bazillen gefanden hatte, gestellt in einem Falle, den ich wegen der Lepra. 193 blassen Farbe der Knoteu nicht mit Sicherheit als Lepra erkennen konnte, weil ich glaubte, es sei niüglicherweise Syphilis. Hätte ich damals ein Knochenstück untersuchen können, wäre ofifenbar kein Zweifel übrig- geblieben. In der maculo-anästhetischen Form, wie ich die von Danielssen & BoECK nur als anästhetisohe bezeichnete benenne, ist wahrscheinlich innner auch eine Hautaffektion zu einer gewissen Zeit vorhanden in Form von erythematösen Flecken, die auch im Gesicht und auf den Extremitäten wie auf dem Rücken, wo nur äußerst selten Knoteu zu finden sind, auf- treten. Diese Flecken sind gewöhnlich anfangs rosenrot, sehr selten rotgelblich oder hellrotbraun, welche Farbe sie aber gewöhnlich nach einiger Zeit annehmen, ül)er das Niveau der Haut nicht oder nur ganz wenig erhaben. Zuweilen sehr schnell, häufiger ungefähr nacli Jahres- Fig. 2. Ausstrichpräparat aus dem Nasenschleim einer an Lepra anaesthetica leidenden Kranken. frist, von der Entstehung gerechnet, blasst der Fleck in der Mitte ab und wird hier anästhetisch ; es bleibt dann ein 4 — 5 mm breiter roter oder bräunlicher Rand oft mehrere Jahre bestehen und dieser Rand kann ein ganz wenig erhaben sein, während die Mitte etwas eingesunken aussehen kann, was sie in Wirklichkeit kaum ist, denn, wenn endlich der Rand auch schwindet, kann man keinen Niveauunterschied entdecken. Wie schon vorher bemerkt, findet mau in diesen Flecken Rundzelleninfiltration den Gefäßen entlang und die Gefäße selbst erweitert. Die Zelleninfiltration kann von sehr verschiedener Dichtigkeit sein und davon hängt der Grad der Erliel)ung über das Hautniveau ab. Es giebt hier alle möglichen Ueber- gänge bis zur Knotenstruktur und die Untersclieidung zwischen knotiger und maculo-anästhetischer Form kann oft imsicher sein. Mehrere Ver- fasser haben auch Bazillen in den Flecken beschrieben. Es ist wohl kaum zweifelhaft, dass die mit dichten Infiltrationen versehenen Flecken der knotigen Form zugehört haben. Wenn man dichte Infiltrate findet, niinilluicli ilt'v pathogi'ijrii Mikroorganismen. 11. l ;5 194 G. A. H.insen, die unter dem Finger eine gewisse Resistenz bieten, gehört der Fall eben der knotigen Form ; entweder findet man in solclieu Fällen auch an anderen Stellen deutliche Knoten oder solche brechen bald hervor. Ich habe noch nicht einen sicheren Fall von anästhetischer Le])ra gesehen, in welchem keine Flecken vorhanden waren; wenn sie nur wenig hervortretend gewesen und wieder verschwunden sind, kann mau bisweilen nach dem Abblassen keine Spuren von ihnen finden ; meistens verbleibt nur die Haut an solchen Stellen weißer als die umgebende und es besteht Anästhesie. Die Flecken sind meistens das erste Symptom der Krankheit; es kommen allerdings Fälle vor, in welchen die Nerven zuerst und ganz akut angegritifen werden und erst später Flecken auf- treten; ich habe nur einen solchen Fall gesehen. Die peripherischen Nerven sind wie bei der knotigen Form ergriffen, und die Folge hiervon sind ausgebreitete Anästhesieen des Gesichtes und der Extremitäten, in diesen letzteren an den Fingern und Zehen be- ginnend und allmählich durch Jahre sich weiter und weiter nach oben ausbreitend bis zu den Ellenbogen und oberhalb der Kniee. Die An- ästhesie fängt immer in dem Ulnaris- und Peronäusgebiet au, also am auswendigen Rand der letzten Finger und Zehen, bisweilen der Hand und des Fußes, bevor Finger und Zehen anästhetisch werden. Ziemlich schnell breitet sich die Anästhesie dann ül)er den ganzen Umfang des Gliedes aus. und ich halte nie nur eine Hand oder nur einen Fuß, oder nur Füße anästhetiscli gefunden. Da in den maculo-anästlietischen Fällen so wenig Bazillen zu finden sind in Gegensatz zu dem reichlichen Bazillenbefund in den Nerven bei der knotigen Form, und da die Anästhesie bei der ersteren gewöhnlich vielmehr ausgesprochen ist als bei der letzteren, haben einige Forscher angenommen, dass in der niaculo-anästhetischen Form etwas Besonderes vorhanden sein müsse, das die Anästhesie hervorrufe. Nach dem früher Erörterten, dass nämlich die Gegenwart von Ba- zillen allein keine Atrophie der Nervenfasern hervorruft, sondern dass diese letztere erst durch die sekundäre Entzündung und die ihr folgende narbige Zusammenziehung des Bindegeweltes veranlasst wird, braucht man kaum etwas derartiges anzunehmen. Wie auch früher bemerkt, werden die mit tuberöser Lepra behafteten Patienten, wenn sie nur lange genug am Leben bleiben, auch anästhetisch, uud wenn sie ge- wöhnlich gar nicht oder nur wenig anästlietisch gefunden werden, kommt dies wohl daher, dass sie meistens sterben, bevor die sekundäre Entzündung mit ihren Folgen sich ausgebildet hat. Man muss bei der Lepra immer ihren langsamen Verlauf in Er- innerung haben, und auch die Thatsache, dass man den Beginn der Krankheit nie feststellen kann. Danielssen & Boek haben als Pro- drome der Krankheit rheumatoide Schmerzen und leichte Fieberbe- wegungen beschrieben, die dem Aus1)ruch des Exanthems mehrere Jahre vorausgehen können. Diese Symptome sind kaum Prodrome, sondern in Wirklichkeit wahrscheinlich Symptome der schon bestehenden Krank- heit, und es ist wohl möglich, dass die Patienten mit der maculo-an- ästhetischen Lepra meistens jedenfalls schon längere Zeit krank gewesen sind, wenn wir Aerzte sie als die tuberösen Fälle zu sehen bekommen. Dadurch kann der Schein erweckt werden, als ob die Anästhesie sich schneller entwickelte bei der maculo-anästlietischen als bei der knotigen Forni, während dies in der Wirklichkeit nicht der Fall zu sein pfiegt. Lepra. 195 Ich ziehe diese Erklärimi;' ihrer Einfachheit weg'cn einer Annahme von etwas Unbekanntem oder sogar Mystischem vor. Zugleich trifft sie sehr wahrscheinlich das Richtige. Unna hat mehrere Hautaftektionen der maculo-lepröseu Form als Lepride in Gegensatz zu Leprome bezeichnet, mit welchem Namen mau die eigentlich leprösen, mit Bazillen versehenen Keuljildungen belegt. Die Lepride sollten also keine Bazillen enthalten und durch trophische Einflüsse entstehen. Zu diesen Lepriden können aber Kapillarembolieen von Bazillen kommen und dann wird das Leprid allmählich ein Leprom. Hierzu will ich bemerken, das wir gar nicht wissen, ob es ül)erhaupt eine Hautafiektion, die von der Lepra abhängig ist, giebt, in der Ba- zillen nicht zu finden sind. Viele haben das früher von den Flecken in der maculo-auästhetischen Form angenommen; nachdem aber Looft die Bazillen in derselben nachwies, muss man sie als Leprome bezeichnen. Doch kann es gewiss sehr oft vorkommen, dass ein Untersucher in den- selben keine Bazillen findet, wenn er nicht außerordentlich genau unter- sucht. Aus einer solchen negativen Untersuchung hat mau aber kein Recht zu schließen, dass es überhaupt konstant keine Bazillen in diesen Stelleu giebt, und dass man ein Leprid vor sich hat. Ich kann auch Haut- nicht finden, dass es irgend einen Fortschritt in der Diagnose oder dem Verständnis der Krankheit repräsentiert, die Lepride aufzustellen. Denn selbst wenn sie existieren sollten, würde dadurch unsere Kenntnis der Krankheit nicht vermehrt sein; es wäre nur ein neues Rätsel zu den vielen anderen, die die Lepra noch birgt. Auch geht Unna mit Kapillarembolieen von Bazillen nach meiner Meinung etwas zu ver- schwenderisch um. Ebie solche ist einmal von Piiilii'SOhn beschrieben; ob jemand sonst eine lepröse Bazillenembolie gesehen hat, ist mir un- bekannt. Und ich muss bekennen, dass ich nicht volles Vertrauen in Philip.sohns Beobachtung habe, da Bazillen sonst so selten im Blute gefunden sind und nie in größeren Mengen. Allerdings sind neuerdings, so auch von Siickek, Block u. a., häufiger, als man annahm, bei fie- bernden Leprakranken, Leprabazillen im zirkulierenden Blute, das aus der Fingerspitze oder dem Ohrläppchen entnommen wurde, ziemlich leicht durch gefärbte Deckglaspräparate nachgewiesen worden. Nach diesen neuesten Ihitersuchungen ist es ja immerhin nicht aus- geschlossen, dass häufig die sog. Lepride durch Kapillarembolieen der Bazillen hervorgerufen werden, welche bei den eigenartigen Fieber- attacken von Herden in der Xase u. s. w. in den Lymphstrom und weiter ins Blut gelangen. Die Diagnose der niaculo-anästhetischen Form kann oft schwierig sein. Mit der Untersuchung auf Bazillen kommt man nicht immer zum Ziele, wahrscheinlich weil man nicht genau genug untersucht. 1S97 stellte sich mir ein Patient vor, bei dem ich auf den ersten Blick eine knotige Lepra diagnostizierte, weil in den Augenbraunen mehrere bläulichrote Knoten saßen. Beim näheren Zusehen fand ich aber die Augenbraunenhaare intakt und in den Knoten sitzend, was bei Lepra nicht vorkommt. Beim Befühlen der Knoten fand ich diese auch ganz weich; ich wurde unsicher, exstirpierte einen Knoten und machte von demselben ein Ausstrichpräparat, das ich auf Bazillen färbte; ich fand keine Ba- zillen und musste infolge dessen den Patienten als nicht leprös ansehen. Ich hatte aber wegen des ersten Eindruckes Verdacht, dass ich nicht genau genug auf Bazillen untersucht hatte und suchte das folgende Jahr den Patienten auf. Ich fand dann die Knoten noch schlaffer als das 13* 196 G. A. Hansen. vorige Jahr, aber außerdem einen Fleck an jedem Oberarm und be- ginnende Anästhesie in den Fingern. Ein exstirpierter Knoten zeigte auf Schnitten den Bau eines Leprafleckes, Zellintiltration den Gefäßen entlang und in den Infiltrationen zerstreute Bazillen. Ich hatte also 1897 schlecht untersucht. Später sind die weichen Knoten fest geworden und die Haare aus ihnen herausgefallen. Der Patient litt also jetzt au Lepra tuberosa ein Umstand, der sieh im Verlaufe der anfangs maculo- anästhetische Formen nicht so ganz selten ereignet. Mit gewissen syphi- litischen Exanthemen können die leprösen Flecke Aehnlichkeit haben; in den zweifelhaften Fällen, die ich gesehen, gab die Anamnese und übrigen Symptome Auskunft. Es empfiehlt sich, in solchen zweifelhaften Leprafällen, mehr als das l)isher gescheheu ist, die Xase mit dem Nasenspiegel zu untersuchen und nach Auffindung von Geschwüren in dem Sekret dieser letzteren nach Lepra- bazillen zu untersuchen. Endlich können anästhetische Fälle, die so weit gekommen sind, dass kein Exanthem mehr besteht, mit Syringomyelie verwechselt werden. Zambaco Pascha-' behauptet sogar, dass viele von den Fällen, die als Syringomyelie diagnostiziert wurden, nur Lepra gewesen sind. Dass hierbei leicht Irrtümer vorkommen können, ist sicher. Auf der Berliner Konferenz 1897 wurde ein Fall von Syringomyelie vorgestellt, den ich zuerst für Lepra hielt; bei näherer Untersuchung zeigte sich aber, dass die Ausbreitung der Anästhesie eine andere als bei Lepra war; in den Füßen war keine Anästhesie und ich habe noch nicht einen Fall von Lepra gesehen, in welchem nur Hände oder nur Füße ergriffen waren. Wir haben schon gesehen, dass es Uebergänge zwischen den zwei Formen giebt, und ich kann noch einen Fall anführen: ein junges Mädchen wurde von einem andern jungen, mit Lepra tuberosa, behafteten Mädchen, mit dem sie das Bett längere Zeit hindurch geteilt hatte, an- gesteckt und wurde zunächst maculo-anästhetisch leprös. Xach 1^/-, bis 2 Jahren ging al)er diese Krankheit in die knotige Form über. Bei der Unkenntnis, in der wir uns in Bezug auf die Virulenz des Bacillus befinden, ist es unmöglich zu sagen, warum ein Patient die eine oder die andere Form der Krankheit bekommt. Ich habe hier in Norwegen gefunden, dass die meisten knotigen Formen in den Distrikten an der See vorkonnnen, die meisten maculo-anästhetischen dagegen in den Landesteilen, wo ein trocknes Klima V(n'herrscht. AVenn jemand viel in Wind und Regen sich be^vegt wie die Seeleute und Fischer, wird das Gesicht wie l)ekanut rot und zum Teil angeschwollen; die Kapillaren wer- den offenbar erweitert und dadurch der Blutstrom langsamer. Ein solches Gesicht kann oft beim ersten Anblick den Eindruck eines Leprösen geben. Da wir nun wissen, dass die Leprabazillen sich in den Endo- thelien der Blutgefäße festsetzen, könnte mau vielleicht annehmen, dass sie sich in größerer Menge in den Blutgefäßen eines solchen Gesichtes festsetzen werden. Damit aber Knoten entstehen sollten, müsste auch das außerhalb der Gefäße liegende Gewebe einen besseren Nährboden für die Bazillen abgeben; hiervon wissen wir aber nichts. Die aus- gesprochene Vermutung ist daher nur eine ziemlich vage. Wie die Krankheit auf Gesunde übertragen wird, darüber wussten wir bis vor kurzem sehr wenig, und das hatte wahrscheiiüich seinen Grund darin, dass wir die allerersten Symptome l)ez. den Initialaflekt der Krank- heit nicht mit Sicherheit kannten. Die Kranken selbst könneii keine Lepra. 197 Auskunft geben, meistens findet man, dass sie unzweifelhaft viel länger krank gewesen sind, als sie selbst meinen. Wenn die Annahme Htkkeks, Schäffers u. a. zutreffend ist, dass die Lepra durch die Absonderungen der Schleimhäute, vor allem der Nasenschleimhaut, vorwiegend ansteckend für Gesunde wird, und dass die Bazillen wieder von den Schleim- häuten eindringen, so wird sich die Febertragungsfähigkeit der Lepra anästhetica auch wahrscheinlich auf diese Weise aufklären. Es ist gerade in Bezug auf die Lebertragungsweise der Lepra noch manches aufzuklären. Für das epidemiologisch so merk- würdige Verhalten, dass die Leprösen, trotzdem sie z. B. teilweise bei jedem Hustenstoß Bazillen aushusten, viel weniger ansteckend sind, als Tuberkulöse, haben wir bis jetzt keine hinreichende Erklärung. Hier in Norwegen kennen wir kein Beispiel von Dienern oder Dienerinnen in den Lepraasylen, die leprös geworden sind. Vielleicht bilden eine Ausnahme ein Mann, der mehrere Jahre Badediener in einem Asyl ge- wesen war, und eine Magd, die mehrere Jahre Wäscherin in einem anderen war. Beide haben also mit den Kranken oder mit ihrem schmutzigen Leinen intimen Umgang gehabt. Das haben aber auch die Krankenwärteriuneu und unter diesen ist kein Fall von Ansteckung vor- gekommen. AeuRerst merkwürdig ist es auch, dass Eheleute ihr Leben laug den intimsten Umgang ptlegen können, ohne dass die Krankheit von dem einen auf den andern übertragen zu werden braucht. Diese That- sache ist oft als Argument gebraucht worden dafür, dass die Krankheit nicht ansteckend ist. Ich kenne dagegen Fälle, wo die Wahrscheinlich- keit stark dafür spricht, dass Eheleute einander angesteckt haben; weil wir sonst so starke Argumente für die Kontagiosität der Ixpra besitzen, müssen Avir deshalb einfach zugeben, dass wir für das Ausbleiben der Ansteckung bei Eheleuten, die zuweilen beobachtet wird, bis jetzt keine Erklärung haben. IX. Uebertragungsweise der Lepra. Da die Lepra eine chronische Infektionskrankheit, eine Bazillen- krunkheit ist, so muss sie wohl \oü Person zu Person auch ansteckend sein: denn der Leprabacillus ist bis jetzt nur im menschlichen Körper ge- funden worden. Es ist zwar behauptet worden, dass man den Lepra- bacillus in der Erde gefunden hat, an Stellen, wo Lepröse gewandert sind, so z. B. von der englischen Kommissou, die in Vorderindien war; al)er diese Thatsachc ist höchst unverlässlich; denn nicht jeder Bacillus, der säurefest ist, ist ein Lei)rabaeillus oder Tuberkelbacillus. Dr. KAiinx hat in einer unserer Anstalten, dem Keknäshospital, in den Kranken- zimmern, im Staub und anderswo, vergeblich nach Leprabazillen gesucht. Es ist auch von Dr. Geill^^ die Ansicht vertreten worden, dass die Menschen auf Java leprös werden, weil sie mit nackten Füßen herum- spazieren: Bill will sogar den Leprabacillus in der Erde auf Tiermist nachgewiesen haben. Man hat früher auch angenommen, dass die Lepra, weil "sie meistens in Küstenländern vorkommt, durch Essen von unge- kochten Fischgerichten oder fauligen Fischen acquiriert Averde. und diese Ansicht wird sogar jetzt noch von Hutchinson verfochten: es müsste, wenn diese Annahme zutreffeud wäre, gelingen, den Leprabacillus in diesen Fischwaren nachzuweisen, aber das ist noch nicht geglückt. Da 198 Ct. A. Hansen, an der Tliatsaclie nicht mehr zu zweifeln ist, dass die T^ei)ra durch den Leprabacillus verursaclit wird^'^ •^•', so muss der Bacillus in den gesunden Körper eingeführt werden, damit die Krankheit entstehen kann, und da wir den Leprabacillus bisher nur in menschlichen Körpern gefunden haben, ist es wahrscheinlich, dass die Krankheit nur von Person zu Person übertragen wird. Beweisen können wir dies zw^ar nicht ad oculos, wie überhaupt so außerordentlich w^enig in Bezug auf diese Krankheit. Es lässt sich aber immer wieder nachweisen, dass die Patienten irgend einmal in ihrem Leben einige Zeit in Berührung mit anderen Leprösen oder in Lepragegenden gewesen sind, bevor sie selbst am Aussatz erkrankten. In einem Lande wie Norwegen und wahrscheinlich überall, wo die Lepra eine häufiger beobachtete Krankheit ist, ist es unmöglich, eine Berührung mit Leprösen auszuschließen. Was es unmöglich oder oft so schwierig macht, eine Berührung mit Leprösen nachzuweisen, ist der früher erwähnte Umstand, dass wir den Anfang der Krankheit oder das Latenzstadium nicht kennen. Nach Neisseks und meinen Untersuchungen müssen wir aber dieses Liitial- und Latenzstadium der Krankheit schon als infektiös betrachten. So kann ein Mensch mit einem Leprösen Umgang gehabt haben, ohne selbst zu wdssen, dnss der ]\lensch l^cpra hatte. Es muss ferner angenommen werden, dass es einer sehr intimen Berührung zwischen Ge- sunden und Leprösen bedarf (z. B. Geschlechtsverkehr, Zusammen- schlafen u. s. w.), um angesteckt zu werden, denn, wie schon angeführt, ist keine von unseren Krankenwärterinnen leprös geworden, trotzdem sie doch ziemlich viel mit den Kranken umgehen. Die Pflegerinneu sind al)er sehr reinlich, sie waschen sich viel u. s. w. Das thut unsere Bauern- bevölkerung sehr wenig, sie ist unsauber; dassellte kann man wohl von den meisten, die leprös werden, annehmen, jedenfalls nach den Be- schreibungen, die man von den Lebensgewohnheiten Lepröser erhält, zu urteilen; und Avenn man früher sagte und zum Teil noch sagt, dass die ärmeren Volksklassen für gewisse Infektiouskranklieiten mehr disponiert sind als die reicheren, so hat dies wahrscheinlicli seinen Grund darin, dass die Bedingungen der Uebertragung der Krankheiten bei jenen \ iel günstiger sind, teils Avegen Zusammenhäufung vieler ]\[enschen in engen Bäumen, teils wegen mangelnder Peinlichkeit. Ich bin der xinsicht, dass eine streng durchgeführte persönliche Peinlichkeit in der Kegel eine hinlängliche Abwehrmaßregel ist, um die Uel)ertragung der Lepra zu verhüten. X. Verlauf der Leprainfektion. Inwieweit es eine natürliche Immunität gegen Lepra giebt oder ob Immunität gegen Aussatz erworben werden kann, ist äußerst schwierig zu entscheiden, da wir die Krankheit nicht experimentell bei Tieren her- vorrufen und bearbeiten können. Baumgaü iE n^ hat hervorgehoben, dass man noch nicht ein Kaninchen immun gegen Tuberkulose gefunden hat, und ich bin geneigt, anzunehmen, dass man keinen Menschen imnmn gegen Lepra finden würde, wenn der Leprabacillus an der rechten Stelle oder in der rechten Weise ihm inokuliert würde. Zu dieser An- Lepra. 199 nähme niuss man l)ere('litig't s^eiu, wenn man Menschen jeden Alters und von anscheinend blühender Gesundheit von der Krankheit ergriffen worden sieht. Bei vielen Infektionskranklieiten __ wird durch selbst leichtes Ergrititenseiu Immunität erworben. Etwas Ahnliches scheint bei der Lepra nicht der Fall zu sein, denn maculo -anästhetische Lepröse können, wie wir gehört haben, knotig: leprös werden, was kaum ein- treten würde, wenn die Patienten durch die leichtere Form der Lepra, die man durch die mit weniger Bazillen ausgestatteten leprösen Flecken repräsentiert glauben sollte, immunisiert würden. Und der Ausbruch der Knoten kann mehrere Jahre nach dem ^'erschwinden der Flecken kommen, wenn man die Patienten als geheilt anzusehen geneigt ist. Ich habe solche Patienten auch früher als geheilt angesehen und be- schrieben, ohne genau angeben zu können, wann die Heilung- als ein- getreten betrachtet werden konnte, weil man bisweilen bis 10 Jahre nach dem Verschwinden der Flecken Knoteuausbrüche sehen kann. Jetzt kann ich diese Ansicht nicht länger aufrecht erhalten, weil Dr. LiK selbst in sehr alten anästhetischen Fällen Bazillen in den Ner- ven und im llückenmark gefunden hat; wenn Bazillen noch nachge- wiesen werden können, kann man die Patienten ja nicht für geheilt erklären, um so weniger, als frische xVusbrüche der Krankheit bei solchen scheinbar ausgeheilten Fällen, wie ich anführte, vorkommen. Das gleiche geht aus den Untersuchungen von Stickkk, 11. Kocii, Jeanselme . — -'^ DoNTREEEroxT, Vcrh. d. Deutsch, dermat. Ges. — -i Westphal & Uiilen- iiUTn„Klin. Jahrb., 1901. — -"• Hutchnison, Internat, med. Kongr., Berlin 1890. — -'■' Haxsex, Festschr. f. Virch.. Berlin 1891. — -' Socdakewitscii, Zieglers Beitr., Bd. 2. — * Ciiarüiotis. ]Monatsh. f. prakt. Dermatol, 1887. — -•' Zamhaco l'ASCJt.\. Semaine medicale. 189;$. — :"' 1;ai;i;s & KAr.ixDF.r.o. Dtsch. med. Wochen- schrift, 1891. — -i Baues. Archive de l'hvsiol. etc.. 18815. — ■'- Löget. Virch. Arch. Bd. 128. — 3:! MÜNCii. 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Virulenzprüfungen mit Tuberkulosekulturen. Zeitschr. f Hyg. u. Inf. Bd. 2S. 1898. — "'3 Verhandl. d. Internat. Lepra-Konferenz zu Berlin. 1897. — 'i4 Lepra, Bibliotheca internationalis. IV. Typhus. Von Dr. F. Neufeld in Berlin. I. Einleitung. Wenngleich der Abdominaltyplins, wie nach Wunderlich aus der Beschreibung von Hippokrates deutlicli zu erselien ist, zu denjenigen Infektionskrankheiten gehiJrt, welche bereits seit mehreren Jahrtausenden in den europäischen Kulturländern heimisch und bekannt sind, so ist doch seine feste Agrenzung gegenüber anderen schweren Allgemein- krankheiten erst verhältnismäßig spät möglich gewesen. Lange Zeit hindurcli wurden der ursprünglichen Bedeutung des Wortes entsprechend [rvipog der Hauch, Nebel) die verschiedensten Zustände, welche eine länger dauernde, schwere Benommenheit gemeinsam haben, darunter zusammengeworfen; die größten Schwierigkeiten l)ereitete jedoch die Difterentiaidiagnose gegenüber dem Typhus recurrens und noch mehr dem exanthematischen Typhus, und die Kämpfe um die Einheit oder Vielheit dieser 3 Krankheiten haben sich bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hineingezogen. Eine vollkommene Abgrenzung des Abdominaltyphus von anderen Erkrankungen ist jedoch, wie bei allen Infektionskrankheiten, erst durch die ätiologische Forschung ermöglicht Avorden; die Arbeiten auf diesem Gel)iet sind aber noch nach keiner Dichtung hin völlig abgescldossen. Der Nachweis der spezitischen Erreger ist gerade Ijei unserer Krankheit oft mit erheblichen Schwierigkeiten verknüpft, doch verfügen wir heut- zutage über Methoden, welche in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle diesen Nachweis auf dem einen oder anderen Wege zu führen gestatten. Es erscheint um so mehr geboten, von diesen Methoden da, wo die vorhandenen Hilfsmittel es gestatten, in jedem Falle Gebrauch zu machen, als die überraschenden Beobachtungen Schottmülleks u. a. es sichergestellt hal)en, dass es Krankheitsfälle giebt, die klinisch vollkommen das Bild eines echten Typhus bieten (nur dass sie im Durchschnitt etwas leichter und schneller verlaufen), die jedoch auf Infektion durch einen andern Bacillus beruhen (Paratyphus nach Schottmüller). Wenngleich diese Untersuchungen in mancher Be- ziehung noch der Ergänzung bedürfen, so kann mau wohl schon jetzt sagen, dass derartige Fälle von »Paratyphus« gar nicht besonders selten Typhus. 205 sind. Jedenfalls darf mau auf Grund dieser Befunde erwarten, dass in Zukunft die bakteriolog'ischen Methoden mehr al^^ bisher für die klinische Diagnose herangezogen und die ge\Yonnenen Kulturen in durchaus ein- wandfreier Weise identitiziert werden. Lange währte es, bis sieh richtige Anschauungen über die Art der Entstehung und Uebertragung der Krankheit Bahn brachen. Noch in den sechziger Jahren fanden die auf ein großes Beobachtungs- material gegründeten Lehren Murchi.sons allgemeinen Anklang, welcher gegenüber der schon damals weit verbreiteten Annahme eines spezitischen Contagium vivum speziell für den Typhus die spontane Entstehung durch üble Dünste, zersetzte Fäkalien Gesunder u. dgl. zu beweisen unternahm. Diese Anschauungen konnten aus dem Grunde eine so große Verbreitung finden, weil es damals unmöglich war, die oft so mannigfaltigen Wege der Infektion zu verfolgen. Die Nachwirkungen dieser Ideen kann man jedoch bis in die neueste Zeit verfolgen, und noch in den 90. Jahren findet man Autoren, welche glaubten, dass die Typhusbazillen erst durch Zer- setzung der Faeces ihre Pathogenität für den Menschen erlangten, und an- dere, welche Versuchstiere durch Einatmung von Kanalgasen für die In- fektion empfänglich zu machen unternahmen! Auch auf dem Gebiete der Epidemiologie verdanken wir erst der bakteriologischen Forschung die Mittel zu einer völligen Klärung der strittigen Fragen. (Näheres s. in der Einleitung des Abschnittes »Epidemiologie«.) Die Entdeckung des Typhusbacillus fällt in das Jahr 1880; er wurde zuerst von Ebekth nach dem mikroskopischen Befunde in den Mesen- terialdrüsen und der Milz von Tyi»husleichen beschriel)en. Etwa zu derselben Zeit wurde er auch von K. Koch gesehen, dem die Färbung der Bazillen in Schnitten der Darmvvand, der Milz, Leber und Niere, sowie die erste photographische Wiedergabe gelaug. (Weiteres s. unten in dem Abschnitte: Verbreitung der Typhusbazillen in der Leiche.) Gaffky gewann 1884 die ersten Reinkulturen des Bacillus, und gab gleichzeitig in der Kartotfelkultur ein Kennzeichen an, welches er- möglichte, ihn von vielen anderen, ihm ähnlichen Bakterien des normalen Darminhaltes unterscheiden zu lernen. Nun beruht aber, wie sich immer mehr herausstellte, die Haupt- schwierigkeit, die der Züchtung und Identifizierung des Typhusbacillus im Wege steht, auf seiner weitgeheiiden Aehulichkeit mit einer Anzahl von Bakterienvarietäten, welche, in menschlichen Faeces, in verun- reinigtem Wasser und Boden weit verbreitet, der umfassenden Gruppe des Bacterium coli mehr oder weniger nahestehen. Hatte Gaffky durch die Kartofi'elkultur in glücklichster Weise den Beginn zur Ueber- Avindung dieser Schwierigkeiten gemacht, so blieb doch zu einer völligen Lösung der Frage noch so viel zu thun übrig, dass eine ganz außer- ordentlich große Zahl von Arl)eiten inuner wieder auf diesen Punkt zurückkamen. Je mehr spezielle Eigenheiten und Kennzeichen man nändich als Charakteristika des Typhusbacillus ausfindig machte, um so variabler erwies sich bei eingehenderem Studium andererseits die große Gruppe derjenigen Bazillen, welche von einzelnen Autoren alle- samt zum Bacterium coli gerechnet, von anderen als »typhusähnliche«, als Bac. pseudotyphosus abgesondert werden, und von denen eine Anzahl mit speziellen Namen belegt worden ist. Von diesen zeigten einzelne eine so weitgehende Uebereinstimmung mit echten Typhus- bazillen, dass sie eine Zeit lang mit den vorhandenen Methoden von ihnen nicht mit Sicherheit unterschieden werden konnten. Kocii 206 F.'Neixfelcl, resümierte 1890 den Stand der Frage dahin, dass ein absolut sicheres Kriterium, welches es gestatte, den Typhusbacillus unter allen Umständen von andern Arten zu differenzieren, noch fehle, und dass man daher bei Vorhandensein sämtlicher Kennzeichen noch die Herkunft des be- treffenden Bakteriums, seinen Zusammenhang mit dem Krankheitsfalle, heranziehen müsse. Andere Autoren zogen weniger A'orsichtige Schlüsse: sie glaubten aus dem Wirrwarr der Bakterienvarietäten, welche alle denkbaren Ueber- gäuge zwischen einem typischen Bacterium coli und dem Typhusbacillus darzustellen schienen, am besten durch die Annahme herauszukommen, dass dieser letztere überhaupt keine konstaute Species sei, sondern durch die genannten Zwischenstufen unter besonderen Umständen aus dem gewöhnlichen Bacterium coli hervorgehen könne. Noch vor etwa 10 Jahren haben G. Roux & Rodet, Auloixg u. a. diese Annahme allen Ernstes verteidigt. Seitdem haben sich durch die Fortschritte des letzten Jahrzehntes, insbesondere durch die Arbeiten von E. Pfeiffer, Issaeff, Wassek- MAXX, Marx, Löfff^er, Auel u. a., diese Fragen außerordentlich geklärt und vereinfacht; aber immer noch erscheint für den Typhuserreger ein ganz besonders genaues Studium des Verhnltens, das er unter den ver- schiedensten Bedingungen künstlicher Kultur zeigt, und ein eingehender Vergleich mit allen andern in Betracht kommenden Arten dringend geboten. Die in dieser Beziehung bis zum Jahre 1804 als das Ergebnis zahl- reicher, außerordentlich mühsamer Arljeiten gew(mnenen Ivcsultate wurden durch LösEXER in mustergültiger Weise kritisch zusammengestellt und durch eigene Forschungen ergänzt. Es ergal) sich, dass von der großen Menge der Merkmale, welche zur Unterscheidung des Typhusbacillus von andern Mikroorganismen vorgeschlagen waren, nur eine beschränkte Anzahl wirklich brauchbar sind, dass es jedoch darunter kein einziges giebt, welches für sich allein ausschlaggebend ist, sondern dass ein fraglicher Bacillus sämtlichen Proben zu unterwerfen ist, um als Typhus- bacillus anerkannt zu werden. Eine völlig sichere Entscheidung ist aber auch dann nicht gegeben, und falls der betreffende Bacillus nicht durch seine Beziehung zu einem Krankheitsfälle von vornherein legitimiert ist, muss die Frage, ob es echter Typhus ist oder nicht, off'en gelassen werden. Auf eine ganz neue Basis gestellt wurde die Diff'erentialdiagnose des Typhusbacillus im Jahre 1894 durch die >Immuuitätsreaktion«, welche der von R. Pfeiffer gefundenen Reaktion bei Cholera nachgebildet und als praktisch verwertbares Difterenzierungsmittel für die sichere U^nterscheidung der Typhusbazillen von den typhusähnlichen Bakterien zuerst in einer grundlegenden Arbeit von R. Pfeiffer und W. Kolle nachgewiesen wurde. Dieselbe beruht darauf, dass im Blute eines gegen Typhus immunisierten Tieres spezifische, gegen den Typhusbacillus ge- richtete baktericide Antikörper entstehen; daraus, ob ein zweifelhafter Bacillus durch ein solches spezifisches Serum beeinflusst wird oder nicht, kann man schließen, ob es ein echter Typhus oder ein fremder Bacillus ist. Die Prüfung geschieht dabei in der Weise, dass eine geringe Menge des Immunserums mit dem zu prüfenden Bacillus zusammen in die Bauch- höhle eines Meerschweinchens eingebracht wird. Nicht lange danach lernte man durch Gruüer & Dikham, sowie etwas später durch R. Pfeiffer und Kolee eine zweite Gruppe von Stoffen Typhus. 207 kenneu, die Agglntininc, welche el)entalls im Laufe der Immunisierung' als spezitisclie Jleaktionsprodukte des Körpers im ßlute auftreten, und die in entsprechender Weise zur Differentialdiagnose von Bakterienarten verwandt werden können, indem sie ihre agglutinierende Wirkung nur auf eine bestimmte Bakterienart ausüben. Dieser letztere Vorgang der Agglutination, d. b. der Häufclienbildung und Verklumpung, die eine Bakterienaufschwemmung unter dem Eintiuss eines spezifischen Serums im Reageuzglase erleidet, ist jedoch noch in umgekehrtem Sinne benutzt worden, um die Erkennung des menschlichen Typhus zu erleichtern. Widal wies nämlich 1(S96 darauf hin, dass diese agglutinierenden Stofte nicht nur, wie bereits bekannt war, im Serum von Typhusrekonvaleszenteu, sondern oft bereits in früheren Stadien der Erkrankung auftreten, und dass man ihr Auftreten daher zur Diagnose der Krankheit verwerten kann. Diese verhältuismäßig leicht auszuführende Agglutinationsprüfung des Blutes bei typhusverdächtigen Krankheiten fand bei der Unsicherheit der Diagnose in den ersten Stadien schnellen Eingang in die Klinik und hat sich als ein sehr wertvolles Hilfsmittel der Diagnose erwiesen, wenn auch die übertriel)enen Hoffnungen, die anfangs vieltach darauf gesetzt wurden, sich nicht erfüllt haben. Danel)en sind mit gutem Erfolge dielkmühungen fortgesetzt worden, die Typhusdiaguose durch die Isolierung des Kranldieitserregers zu sichern. Auch diese liestrebungen hatten durch die sichere Grundlage, welche nunmehr für die Unterscheidung desselben von anderen Bakterienarten gegeljen war, die mächtigste Förderung erfahren. Im Jahre 1899 gelang es, zwei .Untersuchungsmethoden, nämlich die der Roseolen und des Venenblutes, so auszubildeu, dass dieselben in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle schnell zu einem positiven Ergebnis führen und in- folge ihrer Einfachheit ein für den Kliniker praktisch brauchbares Hilfs- mittel der Diagnose darstellen. Demgegenüber stellt die Züchtung des Krankheitserregers aus den Faeces, an deren Methodik inzwischen eben- falls erfolgreich gearbeitet wurde, immer noch größere Ansprüche au die Arbeit und Uebung des Untersuchers. Immer noch vermissen wir trotz aller Bemühuugen ein ähnlich brauchbares Verfahren zur »An- reicherung für Typhusbazillen, wie es das Peptonwasserverfahren für Cholera ist; ein solches würde mit einem Schlage die Züclitung der Bakterien aus den Stuhlgängen sowie aus verunreinigtem Wasser außer- ordentlich erleichtern. In Bezug auf die Prophylaxe des Typhus sind wir, insbesondere durch Petkusciikys Veröffentlichung im Jahre 1898, auf die wichtige Rolle aufmerksam geworden, welche neben den Faeces der Urin l)ei der Verbreitung der Krankheit spielt; derselbe enthält die Bazillen oft in ganz enormer Menge und zwar nicht selten wochen- oder sogar monatelang bis in die Rekonvaleszenz hinein. Diese, insbesondere unter unhygienischen ländlichen Verhältnissen so gefährliche Infektion des Urins ist um so wichtiger, als sie verhältnismäßig leicht zu erkennen und unschädlich zu machen ist. Gegenüber diesen Fortschritten auf dem CTcbiet der Diagnose und Prophylaxe ist die Therapie unserer Krankheit durch die bakteriolo- gischen Forschungen bisher nicht direkt gefördert worden. Die Berichte über ein am Menschen wirksames Serum habeu bisher keine Bestätigung gefunden; neuerdings ist jedoch auch versucht worden, durch aktive Immunisierung den Krankheitsprozess abzukürzen. 208 F. Nexxfeld. II. Die Eigenschaften des Typhusbacillus. A. Morphologie und Verhalten auf den gewöhnlichen Nährböden. 1. Morphologie und Färbbarkeit. Der Typhusbacillus ist ein kurzes, ziemlich plumpes Stäbchen, dessen Dimensionen recht wechselnd sind und auf 0,5— 0,8:1 — 3 /< augege))en werden. Längere Fäden werden häufig gebildet, insl)esondere l)ei nie- derer Temperatur auf Gelatine und KartoÖel, sowie in Bouillon, an deren Oberfläche man l)esonders lange Stäbchen trifft. In seiner Form hat der Bacillus nichts besonders Charakteristisches, wenngleich er ge- wöhnlich schlanker und zierlicher erscheint, als die Mehrzahl der Coliarten. Auch in der Färbbarkeit entspricht er diesen so ziemlich, wenn er auch im Durclischnitt die üblichen Farbstoffe insbesondere in Schnitten etwas langsamer anzunehmen pflegt; er teilt mit sämtlichen Coli- und verwandten Bakterien die Eigenschaft, sich nach Gkam zu entfärben. 2. Beweglichkeit. Von ii'roßer Wichtiiikeit ist die Prüfung der Beweglichkeit. Eine lebhafte Bewei;lichkeit ist ein konstantes Merkmal des Typhusbacillus, was um so bedeutunii'svoUer ist, als das typische Bacterium coli nicht oder nur recht träge beweglich ist. Dagegen giebt es atypische Coli- arten, welche ebenfalls gute Beweglichkeit besitzen und dem alsbald genauer zu beschreibenden Bact. faecalis alcaligenes kommt eine solche regelmäßig zu. Zur Feststellung der Beweglichkeit ist jedoch ein geeigneter Nährboden, der nötigenfalls durch Kontrollaussaat einer anerkannten Typhuskultur zu prüfen ist, ein unbedingtes Erfordernis; denn bei Fortzüchtuui;- auf schlechtem Xährsubstrat sieht man die bestbeweglichen Kulturen das Vermögen der Eigenbeweguni;- schnell einbüßen. Die Prüfung auf Beweglichkeit nimmt man bei Zimmertemperatur in einem hängenden Tropfen Bouillon oder Kochsalzlösun^i;- vor, worin eine minimale Menge einer jungen Ai;arkultur verricl)eu ist. Falls mau über geeigneten Agar verfugt, dürfte das beschriebene Verfahren genuinen. Andernfalls kann man als besonders i;-ünstigen Nährboden zur Erzieluug beweglicher Kul- turen nach Lösexkk' schräg- erstarrtes Serum, nach Teuni"^ eine pepton- freie 3 proz. Glycerinbouillon, welcher ihr natürlicher Säuregrad, etwa 0,1 ?ö' HCl entsprechend, belassen ist, endlich nach Gekmano »t Maurea-' 2 proz. Traul)enzuckerbouillon versuchen. Was die Art der ausgeführten Bewegungen anlangt, so zeigen die kurzen Bazillen pendelnde, rotierende, sich lebhaft überschlagende, die längeren mehr schlängelnde Bewegung: übrigens bewegen sich die typhusähnlicheu Bazillen, soweit sie überhaupt lebhafte Beweglichkeit zeigen, in durchaus ähnlicher Weise. 3. Geifseln. Vermittelt wird die Beweglichkeit durch Geißeln, welche in größerer Anzahl, etwa 10 — 12, nicht "nur an den Enden, sondern auch an den Seiten des Bazillenleibes angeheftet sind. Vergl. das Photogramm. Typhus. 209 Zum Nachweis der Geißeln sind die Methoden von Zettnow* und von Peppler"'' als die geeignetsten zu empfehlen; Näheres über die Technik der GeiJßelfärbuug siehe im allgemeinen Teile (Band I dieses Handbuchs). Dem gegenüber sind die Geißeln bei dem typischen Bacterium coli weniger zahlreich (2 — 4) und sitzen vorzugsweise an den spitzen Enden; stark bewegliche Varietäten können jedoch, wie aus den Beschreibungen und Abbildungen zahlreicher Autoren hervorgeht, in Zahl und Anordnung ihrer Geißeln den Typhusbazillen durchaus gleichen. 4. Bildung von Sporen und Polkörnern. Sporenbildung kommt entgegen den ersten Angaben von Gaffky'^, und späteren von Birch-Hirschfeld', Chantemesse & Widal^ u.a. nicht vor (Buchner 9, Pfuhl i", Ali-Cohen ii). Dagegen kommt es unter ge- wissen Bedingungen, besonders auf Kartoifeln, zur Bildung stark licht- 1 »rechender Gebilde, der sogen. »Polkörner«; nach Leo Müllerin können dieselben, da sie bei Bacterium coli fehlen, zur Diöerenzierung benutzt werden. 5. Allgemeine Wachstumsbedingungen. Das beste Wachstum findet bei Körpertemperatur statt, bei 20" ist dasselbe langsamer, jedoch ebenfalls kräftig, bei 9 — 15° nur noch in geringem Grade zu konstatieren. Das Wachstum findet ungefähr gleich gut ])ei Anwesenheit von Sauer- stoff wie auaerob statt (LiboriusI^). Gegen Schwankungen der Alkaleszenz ist der Typhusbacillus weniger empfindlich, als viele andere pathogene Keime, er gedeiht bei alkalisclier, neutraler, sowie bei saurer Reaktion : das Optimum, welches insbesondere zur Erzielung gut beweglicher Kulturen wünschenswert ist, ist schwache Alkaleszenz ; dieselbe muss merklich geringer sein, als etwa für Cholera- bazillen oder Streptokokken erforderlich. Dagegen giebt man vielfach da, wo es sich um Isolierung unseres Bacillus aus Bakteriengemischen handelt, dem Kährboden mit Vorteil einen ziemlich erheblichen Säure- grad, der den Typhusbacillus nicht schädigt, viele andere Arten dagegen iu der Entwicklung hemmt (s. unten). 6. Wachstum auf Agar und Gelatine. Auf allen Nährljöden wächst der Typhusbacillus zarter und weniger üppig als das gewöhnliche Bacterium coli. Auf Agar bildet er einen wenig charakteristischen feuchten, grauweißen, dabei aber ziemlich durch- sichtigen Ueberzug. Die Gelatine wird niemals verflüssigt, in der Stichkultur wird vom Impfstiche aus die Oberfläche überwuchert. Von praktischer Wichtig- keit ist das Aussehen der Gelatineplatteukultur. Hier sieht mau nach 24 Stunden bei schwacher Vergrößerung kleine kreisförmige oder ovale, oft auch wetzsteiuförmige, scharf begrenzte Kolonieen, die anfangs ziem- lich farblos und durchsichtig sind und im Innern keinerlei weitere Zeichnung, höchstens eine leichte Körnung zeigen. Nach 48 Stunden sind sie vergrößert und meist leicht gelblich oder bräunlich getönt, ohne im übrigen verändert zu sein. Bei längerem Wachstum werden sie er- heblich größer, dicker, nehmen einen dunkleren, braunen Farbenton und oft gröbere Körnung an, wodurch sie dem gewöhnlichen Bacterium coli Handbucli der pathogenen Miliroorganisnien. H. 14 210 F. Netifeld, älinlich werden. Hierbei ist jedoch nebeu anderen Faktoren, die auf der niemals ganz gleichmäßigen Beschaffenheit des Nährbodens beruhen, die Dichte der Kolonieen von großem Einfluss. Liegen sie sehr dicht bei einander, so bleibt die einzelne Kolonie aus Mangel an Nährstoffen schon auf einer früheren Entwicklungsstufe stehen, resp. sie entwickelt sich langsamer, befinden sich dagegen auf der Platte weniger Keime, so werden sich schneller große und braun gefärbte, coliähnliche Kolo- nieen bilden. Andererseits kann auch die letztere Bakterienart, wenn sie durch andere, dicht daneben wachsende Keime behindert wird, ein zarteres, typhusähnliches Aussehen behalten; außerdem finden sich nicht selten atypische Varietäten, denen dasselbe überhaupt eigen ist. Somit erklärt sich leicht, dass auf einer ungleichmäßig besäten Platte aus Faeces oder Wasser, wo außerdem auch noch miteingebrachte chemische Stoffe einen Einfluss ausüben können, den angegebeneu Kennzeichen der Typhuskolonie nur ein bedingter Wert beizumessen ist. Dies gilt auch von der sogen. »Weinblattform« der an der Ober- fläche liegenden Kolonieen. Dieselben breiten sich auf der Ge- latine als zarter, irisierender Belag aus, welcher einem Blatte ähnlich nach außen zackig oder wellig begrenzt, innen von feinen, oft unter- brochenen Adern durchzogen ist, von denen eine Anzahl ungefähr dem meist exzentrisch gelegeneu sogen. »Nabel« zustreben, — einer dunkleren rundern Stelle, von der die ganze Bildung ausgegangen ist. (Vergl. das Photogramm.) Derartige Kolonieen sind stets als typhusverdächtig an- zusehen; aber weder kommen sie ausschließlich bei Typhus vor, noch nimmt jede an die Oberfläche gelangende Typhuskolonie derartige Form an. Auch hier sind kleine Schwankungen in der Zubereitung des Nähr- bodens von Einfluss. 7. Kultur auf Kartoffeln. Gaffky^ verdanken wir den Hinweis auf die Wichtigkeit der Kar- toffelkultur zur Unterscheidung des Typhuserregers von anderen Keimen und eine ausgezeichnete Beschreibung des charakteristischen Wachstums auf diesem Nährboden. Danach bemerkt man mit bloßem Auge auch nach 2 — 3 Tagen kein deutliches Wachstum auf der geimpften Kartoffel- oberfläche, und überhaupt keine weitere Veränderung derselben, als höchstens einen leichten, feuchten Glanz. Bei Berührung mit der Platin- nadel findet mau jedoch eine feine, farblose, über die ganze Fläche ausgebreitete, zäh zusammenhängende Haut, welche, wie das mikrosko- pische Präparat lehrt, meist aus kurzen Bazillen, zum Teil auch aus längeren Scheinfäden besteht. Spätere Untersuchungen haben ergeben, dass sich auf manchen Kartoffel- sorten, ganz besonders aber danu, wenn dieselben alkalische Reaktion zeigen, anstatt des beschriebenen »nusichtbaren« Wachstums makroskopisch sichtbare, graue, schmierige Beläge bilden, welche sich dem für die Coli-Gruppe charak- teristischen grauen oder braunen, dickeren und trockenen Wachstum nähern. Es scheint, dass in manchen Gegenden geeignete Kartoffelsorten, welche ein typisches Wachstum gestatten, viel seltener sind als in anderen; so erklärt es sich, dass viele Autoren eine der GAFFKy'schen Beschreibung entsprechende Kultur überhaupt nicht beobachten konnten. Diese Differenzen haben heute nicht mehr dasselbe Interesse wie früher, wo man zur Unterscheidung von Typhus und -ähnlichen fast ausschließlich auf die Kartoffelkultur augewiesen war; sie sind damals der Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen Typhus. 211 (Buchner i^, Fkänkel & Simmosds '^' i^, Ali-Cohen ^*\ Heim'^, Belfanti'^, Germano & Maurea3. Kruse 9'J u. a.). Nach den Ergebnissen dieser Uutersuclinng-en hat man bei Prüfung einer zweifelhaften Kultur einmal darauf zu achten, dass die normale^ leicht saure Reaktion der Kartoffel vorhanden sei ; zweitens ist auf einem Stück derselben Kartoffel eine Parallelkultur mit einem sicheren Typhus- stamme anzulegen (Germano & Maurea^); schließlich ist das Wachs- tum längere Zeit, etwa 8 — 10 Tage lang zu beobachten, da manche Abweichungen vom typischen Wachstum erst spät deutlich werden. LöSEENR^ empfiehlt die Kartoffeln 2 — 3 Tage bei 37", die übrige Zeit bei Zimmertemperatur zu halten. Zeigt eine zweifelhafte Kultur unter Beobachtung der angegebenen Kautelen erhebliche Abweichungen von der Kontrollkultur, so handelt es sich nicht um Typhus ; im anderen Falle ist die Diagnose Typhus im hohem Grade wahrscheinlich, jedoch nicht absolut sicher, wie Beobachtungen von PfuhiJ^o ^^ ^ lehren. 8. Wachstum in Bouillon. In Bouillon wächst der Typhusbacillus als lebhaft bewegliches Stäb- chen, zum Teil auch Scheintaden bildend unter ganz gleichmäßiger Trübung der Flüssigkeit. Eine oberflächliche Haut wird nicht gebildet. B. Spezielle diflferentialdiagnostische Merkmale. 1. Indolreaktion. Zur ferneren Differenzierung des Typhusbacillus von ähnlichen Arten dienen eine Anzahl chemischer Proben, welchen allen das gemeinsam ist, das unser Bacillus auf künstlichen Nährböden eine erheblich ge- ringere Lebensenergie entwickelt und eine Anzahl chemischer Um- setzimgen nicht hervorzurufen vermag, welche bei den meisten der ver- wandten Arten eintreten. Das erste derartige Kriterium entdeckte Kita- SATO^'J im Jahre 1889: läßt mau Typhusbazillen einen oder einige Tage in Bouillon, oder besser noch in Peptonkochsalzlösung wachsen, so tritt niemals Indol auf, während die meisten Colistämme solches durch Zer- setzung des Peptons produzieren. Dass jedoch nicht ganz selten Varie- täten dieser Bakteriengruppe sich finden, bei denen die Indolprobe ebenfalls negativ ausfällt, hat schon Kitasato selbst angegeben. Der Nachweis des ludols geschieht in der Weise, dass zu 10 ccm der Kultur 1 ccm 0,02 proz. Kaliumnitritlösnng und einige Tropfen konzentrierter Schwefelsäure hinzugefügt werden. Bei Anwesenheit von Indol tritt Rot- färbuug ein. Setzt man nach eingetretener Rotfärbung Amylalkohol zu, so geht der Farbstoff in diesen über. Hierdurch kann einerseits eine schwache, oder durch bräunliche Verfärbung der Flüssigkeit verdeckte Rotfärbung deut- lich gemacht werden, andererseits können manche anderen, nicht auf Indol- bildung beruhenden roten Farbstoffe dadurch ausgesondert werden, indem die- selben größtenteils nicht in den Amylalkohol übergehen (Maassen 2"). 2. Bildung einiger anderer Stoflfweohselprodukte. Während die Indolprobe insoweit praktisch einen sicheren Ausschlag giebt, als ein positiver Ausfall die Diagnose: Typhus ausschließt, sind die Untersuchungen einer Reihe von anderen Stofl'wechselprodukten bis- 14* 212 F. Neufeld, her nur von theoretiscliem Interesse, da die Differenzen zwischen Typhus- und anderen Bazillen zu gering und inkonstant, und die Methoden ihrea Nachweises z. T. recht kompliziert sind. Dies gilt für die von Lewan- DOWSKi^i, Chantemesse22^ Lösener ^ Studierte Phenolbildung, für die Kohlensäureentwickluug, deren quantitativen Grad Weyland23, für die H2 S = Bildung, die Orlowski"-i als Unterscheidungsmerkmal benutzen wollte (vergl. Lüsener), sowie für die Bildung von Nitriten in Fleisch- w^asserbouillon (Lunkewitz^^, Hügounenq tt Doyon^s, Grimbert^«). ZiNN()2^ gab an, dass in einer 2^ Pankreaspepton und V-2^ Kochsalz enthaltenden Lösung Bact. coli Kreatinin bilde, Typhus dagegen nicht. Nach L().sener1 fällt jedoch die von Z. angewandte Kreatininprobe auch bei bloßer Anwesenheit von Indol positiv aus. 3. Verhalten in Laekmusmolke. Die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale ergeben sich aus der diffe- renten Einwirkung des Typhusbacillus und der verwandten Arten auf die in den Nährl)öden enthaltenen Zuckerarten. Die erste Thatsache auf diesem Ge1)iet wurde 1889 von PE•iRUSC^KY2*^ 29 gefunden, dessen > Lackmusmolke« sich als eins der einfachsten und sichersten DiÖe- renzierungsmittel für zweifelhafte Kulturen bewährt hat. Ueber die Herstellung derselben vergl. Bd. I 8. 447. Auf diesem Nährboden treten deutliche Differenzen meist schon nach 24 stündigem, in anderen Fällen erst nach 48 stündigem Aufenthalt bei 37 " auf; seltener findet man typhusähnlichc Bakterien, die sich erst nach längerer Beobachtung auf Lackmusmolke vom Typhusbacillus differenzieren lassen. In den mit Typhus besäten Röhrchen ist der neutrale violette Farbenton mehr dem Rot genähert, die Flüssigkeit dabei fast völlig klar geblieben, während die Coliröhrchen infolge viel stärkerer Säurebilduug hellrot ge- worden, außerdem aber deutlich gleichmäßig getrübt sind. Nicht nur das typische Bacterium coli, sondern auch die überwiegende Mehrzahl der atypischen Varietäten zeigen deutliche Differenzen in ihrem Ver- halten auf der Lackmusmolke dem Typhusbacillus gegenüber; ; typhus- ähnliche« Bazillen, welche dieselbe Säuremenge, wie dieser, produzieren, sind ziemlich selten gefunden worden, zuerst von Germano & Maurea^. Diese Probe gestattet auch einen Bacillus zu differenzieren, der sich auf den meisten anderen Nährböden ganz wie Typhus verhält und daher zu Verwechslungen Anlass gegeben hat, nämlich den Bacillus faecalis alcali- genes. Derselbe ist auf Lackmusmolke sofort kenntlich, da er dieselbe durch Bildung von Alkali blau färbt. Unerlässlich ist es auch bei dieser Probe, jedesmal eine Kontrolle mit einem authen- tischen Typhusstamm anzulegen, zumal der nicht ganz leicht herzustellende Nährboden nicht jedesmal absolut gleichmäßig ausfällt; gleichzeitig impft man in ein drittes Röhrchen einen Colistamm. Ist die Probe irgendwie zweifelhaft, so entscheidet die titermäßige Feststellung der gebildeten Säure: Typhus bildet unter 3^, Coli etwa 1 % und darüber i'io Normalsäure. Eine annähernde Titrierung geschieht am einfachsten durch Zusatz von 1 Teil Vi 00 Normalnatronlauge zu 3 Teilen der 48 stündigen Lackmusmolkekultur: eine Typhuskultur wird dadurch ziem- lich genau zu dem ursprünglichen violetten Farbenton zurückgebracht, eine Colikultur bleibt stark rot und erfordert zur Neutralisierung mehr als das Doppelte. Da man annimmt, dass der Typhusbacillus Milch- zucker nicht anzugreifen vermag, so beruht die Säurebildung auf Zer- Typhus. 213 Setzung' der kleinen Mengen anderer Zuckerarten, die sich z. T. aus dem ^Milchzucker bei der Herstellung- des Nährbodens gebildet haben mögen, z. T. aber auch bereits vorher in der Milch enthalten sind (siehe unten). 4. Die Gärungsprobe. Auf dem Verhalten unseres Bacillus dem Traubenzucker gegenüber beruht eine fernere, äußerst wichtige Reaktion, die von G. Th. Smith 3o 1890 angegeben, von Chantemesse & Widal^s, Dunbar'^^, Germano & Maurea', Lösener^ u. a. bestätigt und variiert wurde. Füllt man gewöhnliche Fleischwasserpeptonbouillon mit Zusatz von 2% Trauben- zucker in Gäruugskölbchcn und impft dieselben mit Typhus- und Coli- bazillen, so findet in den Coliröhrchen meist schon nach 24 stündigem Aufenthalt im Brutschrank Gasbildung statt, in den Typhusröhrchen auch nach längerem Wachstum niemals. Das typische Bacterium coli pflegt sehr reichlich Gas zu produzieren, aber wenn von einem zweifelhaften Bakterium auch nur ganz geringe Mengen Gas*) gebildet werden, so ist es sicher kein Typhus; anderseits giebt es unter den atypischen Colivarietäten solche, die niemals Gas bilden, und auch typische Arten können durch schädigende äußere Einflüsse die Fähigkeit der Zuckervergärung vorübergehend einbüßen. Vielfach geübt wird auch die von Germano & Maurea-^ angegebene und von Kruse angelegentlich empfohlene Methode der Stichkultur in 2proz. Trauben- zuckeragar, welcher bei reichlicher Gasbildung nach 24 Stunden durch die Gasblasen zerrissen und zerklüftet erscheint. Doch entgehen hierbei kleine Gasmengen, wie sie von »typhusähnlichen« Bazillen nicht selten l)roduziert werden, leicht der Beobachtung; der Wert dieser Methode ist daher bei negativem Ausfall ein etwas beschränkterer als der ursprüng- lich von Smith angegebenen. Aus diesem Grunde giel)t wohl die Mehr- zahl der Untersucher den SMiTHSchen Gärungskölbchen den Vorzug; dem gegenüber berichten Germano äMaurea^ allerdings von Kulturen, bei w^elchen nur bei der Stichkultur in Zuckeragar, nicht aber in Gärungsröhrchen eine Gasbildung sichtbar gewesen sein soll. Wenn die Verfasser bei sämtlichen von ihnen untersuchten »typlmsähnlichen« Stäbchen nach ihrer Methode Gasbildung sahen, und daher diese Prol)e allein für ausschlaggebend hielten, so hat die spätere Erfahrung das nicht bestätigt. Bei ihrer Einfachheit findet die Methode der Stichkultur aber auch heute noch vielfach mit Nutzen Verwendung, insbesondere in der von Scheffler angegebenen Kombination mit Neutralrot (siehe unten). 5. Wachstum in Milch. Von Chantemesse & Widal^s sowie von Malvoz-^^^ (iggi) wurde die Kultur in sterilisierter Milch als Aveiteres unterscheidendes Merkmal zwischen Coli- und Typhusbazillcn angegeben. Allerseits wurde bestätigt, dass letztere niemals eine Gerinnung der Milch hervorrufen, Bacterium coli dagegen oft schon nach 24 — 48 Stunden, bisweilen freilich erst nach 3 bis 5 Tagen. In letzteren Fällen bleibt die Gerinnung dann oft unvollständiü:. *) Hier ist iminer nur von sichtbaren Gasblasen die Rede; geringe Mengen COo werden nämlich nach Hesse 3i auch von den Typhusbazillen ebenso wie von anderen Bakterien) schon auf gewöhnlicher Bouillon aus dem Sauerstoff der Luft gebildet, jedoch in der Flüssigkeit gebunden. 214 F- Neufeld, Nicht selten findet mau Colivarietäteu, die die Milch überhaupt uiclit geriuueu macheu, so dass hierbei wiederum dieselbeu Eiuschräukuugeu wie bei der Gähruugsprobe uur uoch in verstärktem Grade gelten : dass uämlieli eine Anzahl »typhusähnlichcr« Stäbchen die Fähigkeit, die Milch gerinnen zu macheu, von Anfang an nicht besitzt, und typi- sche Bact. coli sie vorübergehend (durch Wachstum in ungünstigen Verhältnissen) verlieren könuen (Malvoz^^s, Löseneri u. a.). Mit beiden Proben kann man ferner, wie leicht begreiflich, den Bacillus alcaligenes, der überliaupt keine Zuckerart zer- setzt, von Typhus nicht unterscheiden. 6. Verhalten der Typhus- und verwandten Bakterien gegenüber den Zuckerarten. — Nährböden von Capaldi-Proskauer und Barsiekow. Die chemisclien Grundlagen der 3 letztbeschriebenen Eeaktionen sind trotz vieler Untersuchungen noch nicht völlig klargestellt; jedenfalls handelt es sich um sehr komplizierte Vorgänge, indem z. B. die ge- bildete Säure durch die daneben auftretenden alkalischen Stoffwcchsel- produkte, die aus den Proteinen stammen, teilweise neutralisiert wird. Auf gewölmlicher Peptonl)ouillon bilden daher Typhus- ebenso wie Coli- bazillen stets Alkali; zuweilen geht eine kurze Periode der Säuerung voran, nach der Annahme Löseners infolge Zersetzung kleiner, aus dem Glykogengehalt des Fleisches stammender Zuckermengeu. Auf 5proz. Glycerinbouillon bilden beide Bakterienarten nach v. Somm aruüa ^^ viel mehr Säure, als auf Lackniusmolke, doch sind die Differenzen lange nicht so ausgeprägt, weshalb den SoMMARUGASchen Nährböden eine praktische Bedeutung nicht zukommt. Ebensowenig sind übrigens quantitative Unterschiede in der Bildung der erwähnten alkalischen Produkte in N-reiclien Nährmedien differentialdiagnostisch zu verwerten (Germano & Maurea-', LösenerI). Milchzucker wird nach übereinstimmender Angabe der Autoren vom Typhusbacillus nicht angegriffen, wohl aber werden andere Zuckerarten, wie Traubenzucker, Lävulose, Galaktose, sowie das den Kohlehydraten nahestehende Maunit unter Bildung saurer Produkte, jedoch ohne Bildung von Gas zersetzt. Capaldi & Proskauer^», welche das Verhalten der Kohlehydrate unter verschiedenen Bedingungen eingehend studierten, empfehlen folgende zwei Nährböden zur Diöerentialdiagnose : IL WiTTESches Pepton 2,0 Mannit 0,1 Aqua dest. ad 100,0 Neutralisiert mit Zitronensäure. Neutralisiert mit Natronlauge. Beide werden nach genauer Neutralisation mit Lackmus versetzt. Typhus wächst auf Nährboden I überhaupt nicht sichtlich, ruft dagegen in II nach 20 Stunden starke Säurebildung hervor. Coli wächst auf beiden Nährböden, säuert aber nur I ; atypische Coliarten zeigten in dem letzteren Medium verschiedenes Verhalten. Die Alkalibilduer differen- zieren sich durch Ausbleiben der Säurebildung in IL Die Angaben be- I. Mannit 0,2 Asparagin 0,2 Natriunu'hlorid 0,02 Magnesiumsulfat 0,01 Calciumchlorid 0,02 Monokaliumphosphat 0,2 Aqua dest. ad 100,0 Typhus. 215 ziehen sich nur auf den Zustand nach 20stündig-em AVachstum bei 37°, anfangs bildet Coli in II ebenfalls Säure. Ein Uebelstand ist es, dass in dem peptonhaltigen Nährboden II der Farljstoff nicht haltbar ist. In der Praxis haben diese Nährböden die Lackmusmolke nicht zu verdrängen vermocht; Dürham^ö fand sie auch zur Ditferenzierung der »typhusähnlichen« Bakterien untereinander weniger brauchbar als die Molke. Dass, wie zu erwarten, auch auf diesen Nährlösungen bisweilen »Typhusähnliche« ganz wie Typhus wachsen, konnte Verfasser ge- legentlich beobachten. Aus dem Gesagten geht schon hervor, dass es nicht angängig ist, einen der uns hier interessierenden Bazillen einfach als »Säurebildner« oder als »Alkalibildner« zu bezeichnen, sondern dass die genaue Zu- sammensetzung des Mediums, auf welchem saure oder alkalische Produkte entstehen, sowie die Dauer des Waclistums angegeben werden müssen. Wenn auch nur quantitative Unterschiede in dem Gehalt des Nähr- bodens an einer bestimmten Zuckerart vorhanden sind, so kann schon deshalb die Säureproduktion ganz verschieden ausfallen, eventl. ganz ausbleiben. Die gewöhnliche Fleischwasserbouillon empfiehlt sich zu genaueren Untersuchungen über die fermentative Wirkung der Bakterienarten nicht, da sie einmal reichlich N-haltige Stoffe enthält, aus denen alkalische Produkte gebildet werden, welche die entstehenden Säuren binden, ferner weg§n des unberechenbaren Gehaltes an Zucker, der aus dem Glykogen des Fleisches stammt. (Smith-" fand etwa lb% der untersuchten Proben von Fleisclibrühe zuckerhaltig.) Daher kann Bacterium coli auch in reiner Bouillon Gas l)ilden (Dunbae^^), doch ist dieses Vorkommnis viel zu inkonstant, um darauf eine Differenzierung von Bakterienarten zu gründen. Ein sehr beachtenswerter Punkt bei allen einschlägigen Unter- suchungen ist die Zersetzung der Disaccharide bei höherer Temperatur, sowie durch die Einwirkung von verdünnten Mineralsäuren. So werden aus Milchzucker beim längeren Kochen Traubenzucker und Galaktose abgespalten, die vom Typhusbacillus unter Säurebild inig zersetzt werden, was beim Milchzucker selbst nicht der Fall ist. Hieraus ist begreif- lich, dass bei nicht genau gleicher Herstellungsweise der Gehalt eines Nährbodens an den verschiedenen Zuckerarten differieren kann. Als Regel ergiebt sich, zuckerhaltige Nährböden nicht über 100° zu er- hitzen, sie nicht länger als notwendig und stets in neutralem Zustande zu kochen, — es sei denn, dass eine andere Herstellungsart ausdrück- lich von einem Autor vorgeschrieben ist. Um eine Spaltung des Milch- zuckers nach Möglichkeit zu vermeiden, empfiehlt Dürham^ö bei Her- stellung der Lackmusmolke die Milch anstatt, wie von Petrusciiky an- gegeben, durch Ansäuern mit Salzsäure, durch Lab zur Gerinnung zu bringen. Nicht richtig ist jedoch die von Löseneri und anderen Autoren ge- machte Annahme, dass der Typhusbacillus in Milch und Molke nur des- halb Säure bilde, Aveil sich infolge der Sterilisation, resp. bei der Molke außerdem durch den Salzsäurezusatz der Milchzucker größtenteils zer- setzt habe. Vielmehr enthält die Milch von vornherein eine kleine Menge, etwa 0,1^ einer anderen Zuckerart, die sich wie Dextrose (oder Galaktose?) verhält (Smith ^9, Durham^^). Dieser geringe Gehalt an einem für Typhus angreifbarem Zucker ist es offenbar, der außer dem fast völligen Maugel an Proteinstoffen die Molke zu einem so empfind- lichen Reagens macht. 216 F. Neufeld, Jüngst sind von Barsieküw^o als Ersatz der Lackmusmolke zwei mit dem käuflichen Milchpräparat Nutrose (der leichtlöslichen Natriumver- bindung' des Kaseins) hergestellte Lösungen empfohlen worden. Dieselben enthalten je 1 ^ Nutrose und V2 % ^a Cl, die eine außerdem 1 % Traubenzucker, die andere statt dessen ebensoviel Milchzucker; beide sind mit Lackmus gefärbt. Bacterium coli bringt beide Lösungen unter starker Säurebildung schnell zur Gerinnung, der Typhusbacillus säuert und koaguliert nur die Traubenzuckerlösung, während er die Lösung mit Milchzucker unverändert lässt; der Alkaligenes erzeugt in beiden eine schwache Alkalibildung. In einer Nachprüfung konnte Verfasser die außerordentlich augenfälligen Diöerenzeu bestätigen, die wenigstens beim typischen Bacterium coli schon in weniger als 24 Stunden auf- traten; über das Verhalten der »typhusähnlichen» Bazillen kann erst eine ausgedehntere Prüfung Aufschluss geben. Dagegen hat sich bei einer auf Anregung des Verfassers von Klopstock-^^ ausgeführten Unter- suchung gezeigt, dass die von Baksieko'.v angegebene Nutroselösung mit 1 % Traubenzucker ein vorzügliches Difl'erenzierungsmittel zwischen Typhns- und Ruhrbazillen ist: die ersteren rufen eine schnelle Ge- rinnung mit starker Säurebildung, die letzteren eine geringere Säuerung, aber, w-enigstens in den ersten Tagen, keine Gerinnung hervor. Diese Differenz ist um so wichtiger, als sich der Ruhrbacillus , wie unten noch ausgeführt wird, in allen anderen, zur Differenzierung des Typhus- bacillus von Bacterium coli gebräuchlichen Nährböden vollkommen wie Typhus verhält, und sich nur durch den Mangel an Beweglichkeit von diesem imterscheidet. Da es durchaus nicht unwahrscheinlich ist, dass es auch bewegliche Bakterienarten giebt, die sich chemisch wie Euhr- bazillen verhalten, so darf man die BAU.siEKOWsche Probe wohl in Zukunft als uuerlässlich bezeichnen. Sie ist jedoch nur als eine Er- gänzung, nicht als Ersatz der Lakmusmolke anzuwenden; denn Verf sah typhusähnliche Bazillen, die sich wohl auf dem letzteren Nährboden, aber nicht auf dem BAKSiEKOwschen von echtem Typlius unterscheiden ließen. Die Nährmedien haben außerdem den Vorzug einer sehr ein- fachen Herstellung und einer langen Haltbarkeit; dieselben können daher zu weiterer Nachprüfung nur empfohlen werden. Auch der Vorgang der Milchgerinnung ist keineswegs ganz einfach zu erklären, nnd die gewöhnlich gegebene Erklärung, dass nämlich der Typhusbacillus nur zu wenig Säure bilde, um die Milch gerinnen zu lassen, ist nicht allgemein acceptiert. Setzt man nämlich der Milch 1—2^ Dextrose zu, so bildet der Typhusbacillus große Mengen Säure und trotzdem tritt keine Gerinnung ein (DuRHAM^ßj. Die durch Typ hus- und Colibazillen gebildeten Säuren sind jedoch nach den Untersuchungen Blachsteins*2 und Peres ^3 verschieden: Coli bildet rechtsdrehende, Typhus linksdrehende Milchsäure. Nach Pere gilt das jedoch nur von dem Bacterium coli, das aus den Faeces erwachsener Menschen ge- züchtet ist, während die Colistämme des Säuglingskotes rechtsdrehende Säure produzieren sollen. Die Untersuchungen bedürfen wohl noch der Bestätigung. Das Studium der Zuckerarten in ihrem Verhalten zu verschiedenen Bakterienarten ist nicht nur zur Unterscheidung des Typhusbacillus von anderen Mikroorganismen, sondern auch zur weiteren Differenzierung innerhalb der Gruppen des Bacterium coli, der »Typhusähnlichen«, des Bacterium enteritidis (Gärtner) u. s. w. brauchbar (vergl. das Kapitel Bacterium coli commune in diesem Bande). Hier sei davon nur soviel Typhus. 217 erwähnt, class der Bacillus faecalis alcaligeues für sieh allein steht, indem er keine einzige Zuckerart angreift. Der Typhusbacillus, das Bacterium enteritidis und eine Anzahl der sogenannten »typhusähnlichen Bazillen« zersetzen vor allem Dextrose, ferner Lävulose, Mannose, Arabinose, Galaktose und Maltose, ferner auch Mannit. Ein Teil dieser Bazillen, wie der GÄiiTNERsche, unterscheidet sich sogleich vom Typhus- bacillus dadurch, dass bei der Zersetzung von Dextrose freies Gas ge- bildet wird; keiner derselben zersetzt Laktose oder Sukrose. Das typische Bacterium coli commune dagegen greift außer den genannten Zuckern auch Laktose an, seltener sind Arten, welche auch Sukrose zersetzen. Hieraus erklärt sich, dass nach Gekmano & Maueea^ u. a. für die Anstellung der Gärungsprobe zur Difterentialdiagnose zwischen Typhus- und andern Bazillen die Nährböden mit Traubenzucker die meisten Vorteile bieten, während auf milchzuckerhaltigen Medien schon viel zahlreichere fremde Mikroorganismen, auf solchen mit Rohrzucker gar die meisten der in Betracht kommenden Arten sich ebenso wie Typhusbakterien verhalten. 7. Weitere zuckerhaltige Nährböden zur Differenzierung und Isolierung der Typhusbazillen. Außer den genannten Proben sind noch eine beträchtliche Anzahl anderer angegeben worden, welche im Grunde ebenfalls auf derii Ver- halten der Bakterien zu einer der besprochenen Zuckerarten beruhen. Dieselben sind von den Autoren teils zur Difterentialdiagnose von Rein- kulturen empfohlen worden, teils auch zugleich zur Isolierung der Typhusbazillen aus Faeces, Wasser und sonstigen Bakteriengemischen. Vor allem in dieser letzteren Hinsicht verdienen die hierher gehörigen Untersuchungen entschiedenes Interesse, und wir werden daher z. T. darauf gelegentlich der Faeces- und Wasseruntersuchung noch zurück- kommen. Was dagegen die Difterentialdiagnose von Reinkulturen an- langt, so ist wohl für keine dieser Reaktionen nachgewiesen, dass sie vor der Gärungs- und Molkeprobe einen Vorteil besitzt; es genügt daher folgende Untersuchungen aufzuzählen : Am meisten Verwendung fanden Kährböden mit Zusatz von Milch- zucker und Lackmustinktur, besonders in der Form des von Wurtz^^ angegebenen schwach alkalischen Lackmuslaktoseagars , auf dem die Typhusbazilleu in blauen, die Colibazillen infolge ihrer Säurebildung in roten Kolonieen wachsen, w^obei die gebildete Säure dem Nährboden in größerer oder geringerer Ausdehnung die rote Färbung mitteilt. Kurze Zeit nachher wandten auch Silvesteini^s und Dunbar 3* Lackmus- laktoseagar an; wenn letzterer angiebt, auch bei Typhus Rotbilduug gesehen zu haben, so muss man wohl annehmen, dass durch zu langes Sterilisieren des Nährbodens (s. oben) ein Teil des Milchzuckers sich zersetzt hatte. Der WuRTZSche Agar ist vielfach als Difterenzierungs- mittel gebraucht worden; dass er jedoch hinter der Lackmusmolke und der mit Traubenzuckerlösung angestellten Gärungsprobe zurücksteht, ergiebt sich aus dem oben Gesagten. Kashida ^^ suchte den WuRTzscheu Agar zu modifizieren, Matiüews^^ empfahl ihn zur Plattenaussaat bei Wasseruntersuchungen, endlich haben v. Drigalski & Conrad! ^^ durch zweckmäßige Zusätze daraus einen Nährboden gewonnen, den sie mit Erfolg zur Isolierung der Typhusbazillen aus den Stuhlgängen benutzt haben (s. unten). 218 F. Neufeld, Graziani^ö verwandte eine \% Laktose enthaltende, mit Phenolphthallein gefärbte Bouillon; dieselbe wird durch B. coli entfärbt, durch B. typhi nicht verändert. Cesaris-Demel -^0 verwandte zuerst eine aus Leber hergestellte Bouillon; hierin wuchs B. coli unter Trübung und Gasbildung, der Typhusbazillus ließ dagegen die Flüssigkeit klar und bildete kein Gas. Gorbunoff^i setzte diesem Nährboden Lackmus zu; nach seinen und Cesaris-Demels'^2 weiteren Untersuchungen tritt darin durch das Wachstum von Typhusbazillen Ent- färbung, durch B. coli Rotfärbung (neben Gasbildung) ein, später entstehen noch weitere Aenderungen der Färbung, welche je nach Konzentration der einzelnen Bestandteile schwanken; schließlich bleibt die Typhuskultur rosa, die Colikultur violett. Bei diesen Farbenveränderungen spielen sowohl Säure- bildung wie Reduktion eine Rolle. Nährböden mit Milchzucker- und Säurefuchsiuzusatz empfalil Romond^^. Er versetzte Gelatine oder Agar mit 4^ Laktose, färbte mit Säurefuchsin rot und entfärbte nach Erhitzen mit etwas Sodalösung; dann wurde der Nieder- schlag abfiltriert. In gegossenen Platten wächst B. coli in kurzer Zeit unter Rotfärbung und Bildung kleiner Gasblasen, während Typhus den Nährboden nicht verändert; auf Oberflächenausstrichen ergiebt ersteres rote, Typhus farb- lose Kolonieen, während im Gelatinestich, der sich zum Zwecke der Differen- tialdiagnose wohl am meisten empfehlen würde, B. coli kirschrote Färbung und Gasblasen, Typhus nur einen leichtroten Hauch in den unteren Partieen des Stichkanals hervorruft. (Ueber Mankowskis ebenfalls mit Säurefuchsin versetzten Agar s. u.) Von dem Gedanken ausgehend, dass die gallensauren Salze durch Säure gefällt werden, benutzte Macconkey^^ einen Laktoseagar, dem 1% glyko- cholsaures Natron zugesetzt wurde. In Stichkulturen sah der Autor durch B. coli den Nährboden (infolge Säurebildung) sich trüben, während er bei Typhusaussaat klar blieb. Denselben Nährboden empfiehlt er zu Platteuaus- saaten zwecks Untersuchung von Faeces und Wasserproben; hierbei erweist sich der Zusatz des gallensauren Salzes auch dadurch vorteilhaft, dass viele andere Bakterienarten außer Typhus und Coli dadurch in der Entwickelung gehemmt werden (s. u.). Auch versuchte derselbe Autor Traubenzuckerbouillou mit Lackmus und 1/2 % taurocholsaurem Natron versetzt zur Anstellung der Gärungsprobe. Da die verschiedenen Früchte einen gewissen Gehalt an Zuckerarten haben, so haben einige Autoren es für vorteilhaft gehalten, daraus Nährlösungen her- zustellen und deren Beeinflussung durch das Wachstum der Bakterien zu be- obachten. So sah Kaufmann ^^ in einer Abkochung von Jequirity-Samen den Typhus- und Colibacillus unter verschiedener Färbung wachsen; nach Germano & MafreA'^ sind diese Diflereuzen zwar vorhanden, aber inkonstant und decken sich ungefähr mit Einwirkung derselben Bakterienarten auf Rohr- zucker. Von Davalos ^^ wurde Kokosmilch empfohlen, deren Zucker sich nach DüRHAM^*' unsern Bakterien gegenüber wie Maltose verhält, ferner wurden Abkochungen von Hefen, Artischocken, Pilzen u. s. w. versucht (vergl. Durhaäi). Ein praktischer Wert dürfte all diesen Versueheu wenigstens für die Differenzierung- aus Typhusknlturen heutzutage nicht mehr zukommen, da wir über andere genügend erprobte Differenzierungsmittel verfügen; eher dürften sie nach Durham'^''' zur Unterscheidung »typhusähnlicher« Arten voneinander zu verwerten sein. Schließlich können, wie erwähnt, eine Anzahl dieser Nährböden auch zu Plattenaussaaten aus Stuhl- oder Wasserproben verwandt werden. Typhus. 219 8. Wachstum auf Nährböden mit Farbstoffen. — Reduktions Wirkungen . Außer eleu im vorsteheudeu beschriebenen zuckerhaltigen Nährböden mit Zusatz von Lacls:mus oder anderen Farbstoffen, sind noch eine große Zahl weiterer gefärbter Nährböden angegeben worden, welche durch das Wachstum von Typhus-, Coli- und verwandten Bakterien in charak- teristischer Weise verändert werden, und zwar handelt es sich dabei in der Kegel um Reduktionsvorgänge. Zur Differentialdiagnose wird von allen diesen heute wohl nur der EorirBERGERSche Neutralrotagar häufiger angewandt, insbesondere in der Modifikation von Scheffler. Nach der ursprünglichen Vorschrift von Rotiiberger^^ werden Schüttelkulturen der zu untersuchenden Bakterienarten in Röhrchen flüssig gemachten Agars mit Neutralrotzusatz, nach Scheffler ^^ Sticli- kulturen in hochgefüllte Röhrchen mit Traubenzuckeragar (am vorteil- haftesten erwies sich etwa 0,3^' Zucker) angelegt, dem auf 100 ccni 1,0^ einer konzentrierten Neutralrotlösung zugesetzt ist. Der Typhus- bacillus wächst in dem Nährboden ohne ihn zu verändern, Bacterium coli bewirkt in 24 — 48 Stunden Entfärbung und grünliche Fluoreszenz, außerdem infolge des Zuckergehalts Gasbildung. Die Methode ist wegen ihrer Einfachheit und der augenfälligen Diff'ereozen schnell in Aufnahme gekommen; sie gestattet jedoch nicht die Differenzierung des Bacterium foecalis alcaligeues und wie Verfasser beobachtet hat, auch mancher typhusähnlicher Bakterien. Auch der Ruhrbacillus verhält sich hierin wie Typhus. Außer dem Neutralrot ist von Rotiiberger^' unter den weiteren von ihm untersuchten Farbstoffen das Safranin als geeignet gefunden worden; dasselbe wird dem Nährboden in derselben Weise wie das Neutralrot zugesetzt und entfärbt sich ebenfalls nur durch das Wachs- tum von Bacterium coli, nicht durch das des Typhusbacillus. Von den übrigen hierher gehörigen Nährböden gilt etwa dasselbe, was oben über die vielen auf der Zersetzung von Zuckerarten beruhenden Nährböden gesagt ist und was weiter unten noch über diejenigen Typhus- proben zu sagen sein Avird, bei denen einem Nährniedium hemmende Zusätze verschiedenster Art zugefügt werden, die auf Typhusbazillen in anderer Weise als auf Bacterium coli einwirken sollen. Bei einem Teile dieser Verfahren ergeben sich nämlich nur zwischen Typhusbazillen und dem typischen Bacterium coli Differenzen, während sich die atypischen Varietäten des letzteren wie Typhus verhalten. Andere Methoden geben feinere Ausschläge und gestatten eine mehr oder weniger vollständige Absonderung auch der »typhusähnlichen« Bakterien; sie werden nur deswegen praktisch kaum angewandt, weil wir allgemein anerkannte und vielfältig bewährte Differenzierungsmittel l)esitzen, welche meist einfacher sind, dasselbe leisten und bei denen wir, wenn auch keines derselben für sich allein eine absolute Sicherheit giebt, doch wenigstens durch zuverlässige Untersuchungen über die Grenze ihrer Leistungs- fähigkeit ziemlich gut orientiert sind. Endlich ist auch heute das In- teresse an weiteren derartigen Typhusproben lange niclit mehr so groß, wie früher, weil wir in der PFEiFFERSchen Immunitätsreaktion imd in der Agglutination (s. unten) zwei Verfahren zur Unterscheidung der Typhusbazillen von sämtlichen anderen besitzen, die den chemischen Proben an Sicherheit weit überlegen sind. 220 F. Neufeld, Andererseits gilt das vorhin über die zuckerhaltigen Nährböden Ge- sagte auch hier, dass nämlich das Interesse daran nicht mit Differential- diaguose von Reinkulturen erschöpft ist, sondern viele derselben sind außerdem auch zur Isolierung der Typhusbazillen aus verdächtigen Stuhl- und Wasserproben anwendbar. Diese beiden Punkte sind so vielfach mit- einander verquickt, dass sie bei der Besprechung nicht völlig auseinander gehalten werden können und manchmal hat sich erst im Laufe der Zeit herausgestellt, zu welchem der beiden Zwecke ein Xährboden geeignet ist. Was nun die Rednktionswirkungen der Typhus- und Colibazilleu betrifft, so sei bezüglich der allgemeinen theoretischen Grundlagen der- selben auf das im allgemeinen Teil dieses Handbuchs (Bd. I, S. 94 f.). Gesagte, sowie auf die Arbeiten von Th. Smith ^s^^ Wolff^'J und Müller ''o hingewiesen. Stets ist die Regel zu befolgen, neben den geimpften Röhrchen ein ungeimpftes als Kontrolle stehen zu lassen, da manche Farbstoffe durch die Wirkung des Nährbodens an sich reduziert werden können. Ein Teil der hierher gehörenden Nährböden ist daher auch nur kurze Zeit haltbar. Ferner ist zu beachten, dass manche Farbstoffe, wie z. B. Methylenblau, nach der Reduktion in den obern Schichten des Mediums durch den Sauerstoff der Luft wieder oxydiert (verkiipt) werden. Germano & Maurea 3 studierten die Reduktionswirkuugen au Sticbkulturen im Agar mit Zusatz von Y2 Voo iudigschwefelsaurem Natron uud fanden, dass die meisten B. coli-Arten stärkere Reduktionswirkung als der Typhusbacillus zeigten ; doch sab Lösener ^ bei einer lange Zeit fortgezüchteten Colikultur viel schwächere reduzierende Wirkung, als bei einer Typbuskultur. E))euso fand derselbe Autor, dass die von v. Sommaruga-'^ empfohleue Rosolsäure- bouillon gleich schnelle Entfärbung durch beide Bakterienarten erfuhr. Grancher & DESCHAMPsf*! versetzten Gelatine und Bouillon mit dem von Nöggerath62 angegebenen Farbengemisch und gaben an, dass durch Wachs- tum von Typhusbazillen eine violette, durch B. coli rote Färbung auftritt; außerdem bewirkt Typhus eine teilweise p]ntfärbung des Nähr))odens. Holz ''•*, Dunbar38, Germano & Maurea'^ haben diese Untersuchungen nachgeprüft und erweitert; danach lassen sich zwar derartige Differenzen zwischen Typhus und Coli beobachten, doch sind dieselben nicht konstant und mit derselben Bakterienart ergeben geringfügige Aenderungen in der Bereitung des Nähr- bodens große Unterschiede. Auch die einzelneu Komponenten der NüGGERATH- scbeu Gemisches, insbesondere Methylenblau Heßeu Unterschiede in den Kul- turen hervortreten; eine praktisch brauchbare Differenzierungsmethode hat sich jedoch aus all diesen Untersuchungen nicht ergeben. Ebenso imsicher und geringfügig sind nach Dunbar und GerMxVNO & Maurea die Differenzen in der Entfärbung auf einem nach Gasser ^^ mit Fuchsin gefärbten Agar. Marpmann 65 empfahl einen mit 2 ^ Malachitgrün versetzten, dann mit Natriumbisulfit entfärbten Agar zur Obertlächenaussaat ; hierauf wachsen Typhusbazilleu in dunkelgrünen, B. Coli in dickeren grauweißen Kolouieen. Ferner arbeitete Marpmann mit einem Nigrosinagar, auf welchem B. Coli einen dicken und weißlichen, der Typusbacillus einen zarten und ungefärbten Belag bilden soll. Robin 66 bereitete einen Nährboden aus 8 g Agar, 0,1 IvaHphosphat, 1,0 Iproz. Lösung von bleu soluble, 35,0 normaler Kalilösung, 250,0 Wasser; nach dem Kochen wurden noch 10 g Milchzucker zugesetzt. Während T}phus- bazilleu hierauf farblos wachsen, bildet B. Coli blaue Kolouieen und färl)t auch den Nährboden in der Umgebung blau. Typhus. 221 Maxkowski*^' bereitet 2 Farblösimgeu : A eine 1 proz. Kalilauge mit Säurefuclisin gesättigt, B eine gesättigte wässrige Lösung von Indigokarmin. Kun mischt man 2,0 von Lösung A, 1,0 von B mit 22,0 Wasser, und macht die Mischung ganz schwach alkalisch. Träufelt man diese Mischung auf Oberflächenkultureu von Typhus- und Colibakterien , so wird sie durch die ersteren schnell karmoisinrot, durch letztere blaugrün gefärbt. Setzt man dieselbe Farbmischung einem ca. ^/^in'oz. Traubeuzuckeragar zu und legt darauf Oberflächenkulturen au, so bildet der Typhusbacillus ebenfalls kar- moisinrote, B. Coli anfangs blaugrüne, dann farl)lose Kolonieen. Statt des Zuckeragars empfiehlt Maxkowski ferner eineu aus einem Pilzdekokt (von Boletus edulis) hergestellten Agar, auf welchen auch ohne jenen Zusatz von Farbstoffen Typhus- und Colikolonieen sich unterscheiden lassen, indem erstere zarte, feuchte und durchsichtige, letztere trockne und silberweiße Kolonieen mit Gärungsbläscheu bilden. Erwähnt sei die Angabe von Pacinotti *'*, dass in einem durch rohe Kaffeebohnen grün gefär1)ten Hühnereiweiß der Typhusbacillus langsam eine gell)grüne, B. coli schneller eine rötliche Färbung, außerdem die Bildung von Gasblasen bewirkt. Von gelegentlichen Angaben anderer Autoren sei noch hervorgehoben, dass nach Capaldi & Proskauer'^^ eine mit Fluoreszein versetzte Molke durch das Wachstum von Typhusbazillen nicht verändert wird, während B. coli die Fluoreszenz zum Verschwinden bringt. Dieselben Autoreu beobach- teten, dass mol5'Vidänsaures Ammonium durch B. coli in 24 Stunden energisch reduziert, durch Typhus dagegen nicht verändert wird. WoLFF^ä fand, dass Orcem durch B. coli rascher als durch Typhus- bazillen reduziert wurde. Dieudoxxe'^-^ giebt an, dass B. coli schon nach 17 Stunden Nitrate zu Ammouiak reduzierte, während beim Typhusbacillus diese Wirkung erst viel später eintritt. Nach IxGHiLLERi ' *^ ist nur das B. coli, nicht aber der Typhusbacillus imstande, aus amygdaliuhaltiger Bouillon (nach Art des Emulsins] Blausäure abzuspalten. 9. Verhalten in Nährböden mit hemmenden Zusätzen und in eiweifsfreien Nährlösungen. Es giebt eine große Anzahl chemischer Stolle, deren Zusatz zum ]S'ährboden in einer gev^issen Konzentration die Entwicklung des Typhus- bacillus verhindert, die des weniger empfindlichen B. coli dagegen noch zulässt. Hieraus eine diagnostische Methode abzuleiten, w-ie z. B. von Schild "1 versucht wurde, der eine im Verhältnis 1:7000 mit Formalin versetzte Bouillon empfahl, ist nicht angängig, denn die typhusähnlichen Arten pflegen das zartere Wachstum und die geringere Resistenz gegen Schädigungen mit dem echten Typhus gemeinsam zu haben; zur Unter- scheidung des gemeinen B. coli bedürfen wir jedoch keiner weiteren Hilfsmittel. Bei einer Nachprüfung des StuiLDSchen Nährbodens fand denn auch Abel^^^ (jj^gg manche typhusähnliche Stämme gegenüber den Formalin sich ebenso empfindlich, einzelne sogar noch empfindlicher zeigten als Typhus. Aehnlich steht es mit der von Thoinot & Brouardel'3 angegebeneu Probe. Danach soll in einer Peptonbouillon mit Zusatz von 0,01 '*/oo arseniger Säure nur B. coli Wachstum zeigen, Typhus dagegen nicht. Markus ^^ konnte diese Angaben nicht granz bestätis-en. 222 F. Neufeld, Neuerdings wurde von Braun '^ ein mit h% Galle (fei tauri inspiss.) ver- setzter Agar empfohlen, welcher ebenfalls nur das Wachstum des B. coli, nicht des Typhusbacillus gestatten soll. Die von Torini'*' empfohlene Stichkultur in 2proz. Harnstoffgelatine er- giebt nach Lüsenj:r keine differentialdiagnostisch brauchbaren Unterschiede. Von PiORKOWSKi'^ wurde ein mit Harn hergestellter und mit Hämatoxylin gefärbter Agar zur Differentialdiagnose empfohlen. Die von demselben Ver- fasser später verwendeten Harnnährböden finden weiter unten Berücksichtigung (s. Untersuchung der Faeces S. 240). Von Chantemesse & Widal "*, sowie von Wurtz ^^ wurde behauptet, dass auf alten Agar- und Bouillonkultureu, auf denen Typhusbazillen gewachsen, und dann durch Abschaben resp. Filtrieren entfernt seien, nach erfolgter Sterilisation eine aufs neue übertragene Typhuskultur nicht mehr anginge, wohl aber eine solche von B. coli. Nach Germano & Maurea^ und Lö- senerI ist das beschriebene Verhalten durchaus nicht regelmäßig zu konsta- tieren und die typhusähnlichen Bazillen, die ja allen Schädlichkeiten gegen- über sich ähnlich empfindlich wie echte Typhusbakterien zeigen, weisen auch hier dasselbe Verhalten auf. Irgend eine spezifische Bedeutung kommt dieser Probe jedenfalls nicht zu. Von größerem Interesse ist wohl die von Silvestrini^o, sowie später von Laschtschenko^i studierte Einwirkung defibrinierten Kaninchenblutes resp. Kaninchenserums auf Typhus- und Colikulturen. Die ersteren sollen energisch abgetötet, die letzteren wenig beeinflusst werden. Dies ist im allgemeinen Avohl richtig, auch menschlichem Serum gegenüber besteht übrigens in der Regel ein ähnliches Verhalten; doch ist die baktericide Kraft des Serums verschiedener Tiere derselben Species erfahrungsgemäß zu ungleich und über das Verhalten typhusähnlicher Stämme in dieser Hinsicht zu wenig bekannt, als das man dieser Probe bisher eine praktische Bedeutung zusprechen könnte. Bei der größeren Anspruchslosigkeit des Bact. coli ist es leicht be- greiflich, dass es auf eiweißfreien Nährböden, wie auf der von C. Fränkel*2 moditizierteu UscHiNSKYSchen Lösung ziemlich üppig wächst, während der Typhusbacillus nur recht kümmerlich darin fort- kommt. Zur Differentialdiagnose sind jedoch derartige bloße Differenzen in der Stärke des Wachstums kaum zu verwerten. Dagegen hat sich die sog. Normallösung von Maassen*-^ (Lösung von Asparagin, Aepfelsäure, Salzen mit 1—4^ Glycerin) als gutes Differenzierungsmittel bewährt; in derselben wachsen Tvphushazillen niemals sichtlich, während nicht nur das typische B. coli, sondern auch atypische Arten, sowie der B. alcaligenes (Lösener i) deut- liches Wachstum zeigen. Die übrigen vielfach konstruierten Nährböden, welche das Wachs- tum des B. coli noch gestatten, das des Typhusbacillus dagegen aus- schließen sollen, haben wenigstens für die Differentialdiagnose keine Bedeutung gewonnen, und soweit genaueren Prüfungen vorgenommen sind, verhalten sich auf ihnen die zarter wachsenden typhusähnlichen Bazillen meist ganz ebenso wie der echte Typhusbacillus. Da das typische B. coli commune allen Schädlichkeiten gegenüber widerstandsfähiger und in seinem Bedarf an Nahrungsstoffen viel ansprachloser als der Typhus- bacillus ist, so lassen sich begreiflicher Weise viele solcher Nährböden herstellen. So sind in den Tabellen der Arbeit von Capaldi & Pros- kauf,r35 mehrere Zucker enthaltende einfache Lösungen angegeben, auf denen nur der Coli- nicht aber der Typhusbacillus wächst. Nach Typhus. 223 Crescenzi^^ ist dasselbe auf emfachei*, mit 0,4^ Natrou versetzter Bouillon der Fall. Nach Dunbar ^^ wachsen Typhusbazillen (in Agar) noch bei einem Karbolzusatz von 0,11^, nicht mehr bei 0,14^, wäh- rend B. coli auch hiervon einen höheren Prozeutgehalt verträgt. Alle diese Untersuchungen sind deshalb von Interesse, weil die meisten andern, in reinem und venmreinigtem Wasser sowie in Faeces vorkommenden Bak- terien gegen derartige Zusätze viel empfindlicher sind als die Typhus- und Colibazillen ; durch Zusatz mäßiger Mengen derartiger Stoffe gelingt es daher, diese fremden Bakterien zurückzuhalten und den in einem Gemisch etwa spärlich enthaltenen Bazillen der Typhus- und Coligruppe einen Vorsprung zu verschaffen. Ebenso haben die letzteren eine relativ bedeutende Resistenz gegen Säuren (KiTASATO^e), gegen Anilinfarbstoffe (Upfelmann", Köhler^*), gallensaure Salze (Macconkey^s), a-Naphthol (Rawitscii-Stscherba90) u. s. w. Auf die mit solchen Zusätzen ver- sehenen Nährböden werden wir weiter unten, bei der Besprechung der Methoden zur Isolierung der Typhusbazillen aus Faeces und Wasser, ausführlicher zurückkommen. C. Zusammenfassende üebersicht über die Bedeutung der be- schriebenen Typhusproben zur DiflPerentialdiagnose des Bacillus gegenüber anderen Arten. Ihre Ergänzung durch die Immunitätsproben. Was den praktischen Wert der angeführten zahlreichen Merkmale des Typhusbacillus anlangt, so stimmen alle sorg- fältigen Untersucher darin überein, dass jedem einzelnen derselben nur ein negativer Wert zukommt, d. h. dass ein Bacillus, der eine der anerkannten Proben nicht besteht, kein Typhus ist, dass aber der umgekehrte positive Schluss nicht zulässig ist. Be- reits bei der Aufzählung der Eigenschaften, die der Typhusbacillus unter mannigfach variierten Bedingungen zeigt, wurde betont, dass nicht jedem einzigen der angegebenen Kriterien ein entscheidender Wert zukommt; es seien nun im folgenden diejenigen Merkmale übersichtlich zusammen- gestellt, welche nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse eine Bakterienkultur notwendig besitzen muss, um als echter Typhus aner- kannt zu werden. Es herrscht in dieser Beziehung im allgemeinen in den maßgebenden Laboratorien allseitige Uebereinstimmung, bei einzelnen Proben, die nicht allgemein eingeführt sind, soll dieses bemerkt werden. Danach muss ein Typhusbacillus: 1. unter geeigneten Bedingungen (s. oben) lebhaft beweglich sein; dem entspricht eine größere Zahl von ringsum ansetzenden Geißeln; 2. sich nach Gra:\[ entfärben, 3. in Gelatine ohne Verflüssigung in annähernd derselben Weise, wie eine Kontrollkultur wachsen; 4. desgleichen auf Kartoffel keine erhebliche Abweichung- von einem auf derselben Kartoffel gezüchteten echten Typhusstamm zeigen; 5. in Peptonwasser (oder Bouillon) kein Indol; 6. in Traubenzucker-Bouillon (oder = Agar) kein Gas bilden; 7. in Lackmusmolke ohne erhebliche Trübung und genau mit dem- selben Farbenton, wie eine Kontrollkultur wachsen ; die gebildete Säure darf Oß % Normalsäure nicht überschreiten; 224 F. Neufeld, 8. Neutralrotagar darf diircli das Wachstum des Bacillus nicht ver- ändert werden; 9. die Milch wird auch hei lauger Beohachtungszeit niemals koagu- liert. Diese Probe wird meist als unerlässlich angegeben; doch dürfte ihr Ergebnis durch die viel empfindlichere Molke- uua Gärungsprobe wohl vorweggenommen sein, indem diejenigen Bak- terien, die sich in diesen eTienso wie Typhus verhalten, auch die Milch nicht koagulieren dürften; 10. dagegen möchte Verfasser die von Barsiekow angegebene Nutrose- traubenzuckerlösung (s. S. 216), in der der Typhusbacillus Säure- bildung und Gerinnung- bewirkt, als notwendig zur Differential- diagnose erachten, da sie in einer bestimmten Richtung, wie oben ausgeführt, den übrigen chemischen Proben überlegen ist. Sämtliche Proben müssen in der Weise ausgeführt werden, dass neben der zu prüfenden Kultur stets ein authentischer Typhusstamm gleichzeitig unter denselben Bedingungen beobachtet Avird; bei allen chemischen Proben impft man ferner ein drittes IJöhrchen mit einem Bact. coli. Von den anderen im vorhergehenden beschriebenen Ditterenzierungs- mitteln werden ferner vielfach angewandt: die MAASSEXSchc Normal- lösung (s. S. 222), die Nährmedien von Capaldi-Prosk alter, die Ro- :\iONDSche Säurefuchsinlaktosegelatine, sowie Piorkowskis Harngelatine (s. unten S. 240). Diese, im übrigen brauchbaren, Diflferenzierungs- methoden sind jedoch nicht allgemein in Gebrauch und von keiner derselben ist nachgewiesen, dass ihre Anwendung unerlässlich wäre. Dagegen müssen die vorher aufgezählten Proben sämtlich angestellt werden ; man darf nicht, wie es immer noch vielfach geschieht, nur die eine oder andere davon herausgreifen. Das typische Bact. coli commune wird freilich durch jede einzelne dieser Proben ausgesondert werden können. Weit größere Schwierigkeiten bereitet der Bacillus faecalis al ca- ll genes. Er wächst auf Gelatine und Agar durchaus typhusähnlich, ist stark beweglich, besitzt zahlreiche ringsum angeheftete Geißeln, bildet kein Indol, kein Gas, bringt die Milcli nicht zur Gerinnung, ent- färbt das Neutralrot nicht. Bei hinreichend langer Beobachtung ist er auf der Kartoffel zu differenzieren, schnell jedoch nur auf der Lackmus- molke und den daraus abgeleiteten Nälirböden. Besonders hervorgehoben sei noch, dass dieser Bacillus auf Gelatine- und Agarplatten, sowie auf fast allen unten zu besprechenden Modi- fikationen derselben, welche speziell zur Züchtung der Ty])husbazillen aus Stuhl und Wasser im Gebrauch sind, durchaus wie Typhus wächst. Es ist daher begreiflich, dass er schon zu falschen Diagnosen Anlass gegeben (vergl. Pollack^i), zumal er liäufig und zwar oft reichlich in den Darmausleerungen bei Typhus wie auch ])ei andern Krankheiten enthalten ist und ebenso in verunreinigten Wässern. Möglicherweise besitzt er auch unter Umständen eine pathogene Bedeutung; wenigstens fand ihn Verfasser einmal nahezu in Reinkultur in dem wässerigen In- halt des stark entzündeten Dünndarms bei einer Person, die an akuter Enteritis unter choleraverdächtigen Erscheinungen gestorben war. Außer diesem typischen Bacillus faecalis alcaligenes (Petruschky) trifft man bisweilen auch andere » Alkalibildner <;, welche sich zum Teil allerdings schon durch das Wachstum auf Gelatine oder durch mangel- hafte Beweglichkeit von Typhus leichter unterscheiden lassen ; öfters findet man, dass solche Bakterien in den ersten Tagen die Lackmus- Typhus. 225 iiiolke leicht säuern, uud erst später die Reaktion umschlagen lassen. Uebrig-ens sah Verf. mehrfach, dass derartige Stämme bei längerer Fort- züchtung im Laboratorium ihr Verhalten in Lackmusmolke änderten, ähnlich wie bei manchen Coli-Varietäten Aeuderungen in Bezug auf Gär- fähigkeit und Indolbildung beobachtet worden sind. Ihnen nahe steht der Bacillus enteritidis (GtÄrtner), der Er- reger der Fleischvergiftung. Er ist durch seine Beweglichkeit und die Anzahl der Geißeln dem Typhus ähnlich, bildet kein Indol, dagegen aus Traubenzucker Gas, säuert die. Lackmusmolke anfangs leicht, um alsbald Alkali zu bilden. Es ist jedoch zu bemerken, dass die aus verschiedenen Erkrankungsfälleu isolierten uud als zur Gruppe des GÄRTNERscheu Bacillus gehörig beschriebenen Bakterien unter sich nicht völlig identisch sind. Näheres hierüber und das Vorkommen des Bacillus enteritidis findet man in dem einschlägigen Kapitel dieses Handbuchs. Abgesehen von Fällen echter Fleischvergiftung ist dieser Bacillus resp. ihm außerordentlich ähnliche Arten zuweilen in den Faeces von anderweitig Kranken, sowie in verunreinigtem Wasser ge- funden Avorden. An die Grujjpe des GÄRTNERSchen Bacillus schließt sich der von Schottmüller '•'■^ als Erreger einer besonderen, dem Typhus fast völlig ähnlichen Krankheit beschriebene »Paratyphus- «Bacillus an, der sich ebenfalls hauptsächlich durch die Gasbildung aus Traubenzucker, ferner auch durch leichte Unterschiede der Färbung in Lackmusmolke kenntlich macht ; übrigens bieten die von dem Autor aus verschiedenen Fällen isolier- ten Bazillen unter sich gewisse Differenzen in ihrem chemischen Verhalten. Ferner gehört hierher der von Kurth 9 ' ebenfalls bei durchaus typhus- älmlichen Krankheitszuständen gefundene Bacillus Bremensis febris gastricae, sowie die Paratyphusbazillen von Kayser ^oi mid von Hüner- MANN102. Sie unterscheiden sich vom Typhusbacillus hauptsächlich da- durch, dass sie Traubenzucker vergären. Nach den neuesten Unter- suchungen wird angenommen, dass sich alle diese Bazillen auf 2 Typen zurückführen lassen, die den von Schottmüller gefundenen entsprechen. Vergl. unten den Abschnitt »Paratyphus«. Die große Gruppe der »typhusähnlichen« Bazillen umfasst Bakterien, welche, unter sich recht verschieden, bald das eine, bald das andere Kennzeichen mit dem Typhusljacillus gemeinsam haben, und in Bezug auf ihre Beweglichkeit, ihr Verhalten den verschiedenen Zuckern gegen- über, ihre reduzierende Kraft u. s. w. alle möglichen Kombinationen aus den oben aufgeführten Eigenschaften der Typhus- sowohl Avie der Coli- bakterien zeigen. Bei manchen aus früherer Zeit stammenden Befunden, z. B. bei denen von Paxsini^*, der aus 4 Fällen vom Leberabszess (bei denen 3 mal Dysenterie vorausgegangen war) einen Bacillus isolierte, der alle damals bekannten Kennzeichen des Typhusbacillus bot, muss es unentschieden bleiben, ol) es sich um echte Typhus- oder um ihnen außerordentlich ähnliche Bakterien gehandelt hat. Auf die Einzelheiten über die verschiedenen Stämme aus der Gruppe der typhusähnlichen Bakterien kann hier nicht eingegangen werden; es sei auf die Unter- suchungen von KiTASATO ^9, Pasquale 95, Kruse & Pasquale "ß, Sil- VESTRLNl'J^, PaNSINI^-I, HoLZ 63, DUNBAR=^8^ GeRMANO & MaUREA 3, Kruse 99, Lösender i, Durham^s sowie auf die Darstellung »Bacterium coli« dieses Handbuchs verwiesen. Dagegen sei hier als ein wohl charakterisierter pathogener Bacillus, der dem Typhusbacillus außerordentlich ähnlich ist, der von Shiga ent- Handbucli der patliogenen Mikroorganismen. II. \^ 226 F- Neufeld, (leckte Kuhrerreger erwähnt. Er gleiclit unserem Bacillus in der Agar-, Gelatine-, sowie nach Shiga auch in der Kartoffelkultur, bildet ebeutalls weder Gas noch Indol, und zeigt auch in Lackmusmolke wenigstens in den ersten Tagen keinen Unterschied fauch nicht bei der Titrierungj. Von den chemischen Typhusproben ist, wie oben erwähnt, die Nutrose- Traubenzuckerlösung die einzige, welche eine Differenz beider Bak- terien erkennen lässt. Ferner ist der Ruhrerreger unbeweglich, und besitzt dementsprechend auch keine Geißeln. Im übrigen vergl. das Kapitel »Dysenterie«. Kann es nun aber auch vorkommen, dass ein Bacillus alle angeführten Merkmale besitzt und dennoch kein Typhus- bacillus ist? Eine solche Möglichkeit können wir nicht völlig aus- schließen; stehen doch die chemischen Reaktionen, auf denen alle diese Differenzierungen beruhen, zu wenig in einem erkennbaren Zusammen- hange mit dem eigentlichen Wesen unseres Bakteriums, nämlich seiner spezifisch krankmachenden Wirkung. Einen großen Teil all dieser Proben würden wir entbehren können, wenn uns ein Ver- suchstier zu Gebote stände, für das unser Bacillus, ähnlich wie es für den Menschen der Fall ist, eine ganz spezifische Pathogenität besäße. Dies ist aber nicht der Fall. (Vergl. weiter unten das Kap. Pathogenität des Typhusbacillus.) Die wieder- holt aufgetauchten Behauptungen, dass sich an Tieren eine dem mensch- lichen Typhus analoge, spezifische Darmerkrankung erzeugen ließe, haben sich stets als irrtümlich herausgestellt. Wohl kann mau durch verschiedene Applikationsweise Tiere durch den Typhusbacillus krank- machen und töten, aber diese Krankheit hat mit dem menschlichen Typhus wenig gemein und nnterscheidet sich nicht von den Krankheiten, die bei denselben Tieren durch viele Stämme von Bacterium coli entstehen. In allen Fällen beruhen die Krankheitserscheinungen, wie später aus- geführt Averden wird, hauptsächlich auf der Wirkung der in den Bak- terienleibern enthaltenen Giftstoffe. Diese Giftwirkungen haben, wie gesagt, nichts derart Spezifisches, dass wir daraus den Typhusbacillus als solchen erkennen könnten: es war daher ein überaus folgenreicher Gedanke ebenso wie bei der Cholera auch beim Typhus statt dessen die spezifischen Reaktionsprodukte, mit denen der Tierkörper auf die Ein- verleibung dieser Gifte antwortet, zur Diagnose zu benutzen. Behandelt man nämlich Tiere in geeigneter Weise mit Typhusgiften und Kulturen, so treten Vtie zuerst Pfeiffer & Kolle, später Löffler & Abel zeigten, in ihrem Blute Stoffe auf, welche eine spezifische Einwirkung auf den Typhusbacillus, und zwar nur auf diesen, nicht aber auf alle andern, noch so ähnlichen Bakterien ausüben. Hierauf beruhen die beiden wichtigsten Typhusproben: die Immunitätsreaktion, bei welcher wir unter dem Einflüsse des Immunserums eine spezifische Auflösung der Typhus- bazillen in der Peritonealhöhle eines Meerschweinchens, und die Agglu- tiuationsprobe, bei der wir eine charakteristische Haufenbildung der- selben im Reagenzglase beobachten. Beide Vorgänge stehen im engsten Zusammenhange mit der Immunität und können auch nur in diesem Zusammenhange verstanden werden; sie werden daher später in dem Kapitel »Typhusimmunität« Bd. III dieses Handb.) besprochen und finden hier nur Erwähnung, um ihre Stellung gegenüber den bisherigen Typhus- proben zu beleuchten. Im Gegensatz zu diesen sind sie — insbesondere gilt dies von der Immuuitätsreaktion — aufs engste verknüpft mit Typluis. 227 der wesentlichen, nämlich der spezifisch krankmachenden Einwirknng- des Bakteriums auf einen lebenden Organismus, während dem gegen- über z. B. seine AVirkung auf eine bestimmte Zuckerart doch nur als ein sekundäres, mehr zufälliges Attribut erscheint. Dementsprechend ist auch die spezifische Immunitätsreaktion bei allen danach untersuchten echten Typhusstämmen positiv ausgefallen, dagegen stets negativ bei Kulturen, bei denen nach dem einen oder anderen 5lerkmal die Diagnose Typhus mit ^^icherheit auszuschliesseu war. Wir können daher die Ergebnisse der PFEiFFEKSchen Keaktion be- nutzen, um über Leistungsfähigkeit der frühereu Typhusproben ein sicheres Urteil zu gewinnen. Wenn wir vorhin die Frage verneinen mussten, ob ein in allen diesen Probeu sich wie Typhus verhaltender Bacillus daraufhin mit absoluter Sicherheit, ohne Ilücksicht auf seine Herkunft, als echter Typhuserreger anzusehen ist, so können wir jetzt hinzufügen, dass dennoch bei sorgfältiger Ausführung der genannten Proben die Gefahr eines Irrtums zum mindesten sehr gering sein muss. So hatte Lösexer^ aus Fundorten, wo man keinen Typhus erwarten sollte, nämlich aus normalen Faeces, Erde, Leitungswasser 5 Kulturen isoliert, die alle damals bekannten Kriterien des Typhus aufwiesen, von dem Autor aber wegen ihrer Herkunft als zweifelhaft angesehen wurden. Sie wurden dann dem kurze Zeit nach diesem Betundc publizierten Verfahren von Pfeiffer unterworfen und erwiesen sich sämtlich als echte Typhen (s. Pfeiffer ttKoLLE-^*). Auch sonst ist, soweit dem Verf. bekannt, nicht berichtet worden, dass bei einem Bacillus, der sämtliche anderen Proben bestanden hatte, die bakteriolytische Immunitätsreaktion negativ ausgefallen wäre. Wir können daraus wohl zu Gunsten dieser an- deren Proben schließen, dass sie uns bei exakter Ausführung einen außerordentlich hohen Grad von Sicherheit geben. Sie sind jedoch in letzter Zeit von manchen Seiten über Gebühr vernachlässigt worden, insbesondere von Autoren, die ihre Kulturen nicht der PFEiFFEEschen Probe, sondern nur der einfacheren Agglutination unterwarfen. Bei dieser giebt es jedoch, wie später ausgeführt werden wird, allerlei Fehlerquellen, so dass daneben noch die Berück- sichtigung mindestens der wichtigsten anderen Proben un- bedingt verlangt werden muss. Wenngleich auf die Details der Agglutinationsprobe erst im III. Bande eingegangen werden kann, so sei doch vorläufig soviel bemerkt, dass das Ergebnis der Agglutination nur dann als einwandfrei anerkannt werden kann, wenn ganz hochwertiges Serum eines behandelten Tieres, dessen Wirksamkeit genau bekannt ist, zur Anwendung kommt. Eine Agglutination bei niedriger Verdünnung des SerumS;, etwa 1 : 100 oder darunter, kann niemals ausschlag- gebend sein. Noch geringeren Wert hat die Agglutination, wenn sie, wie leider vielfach üblich, anstatt mit Tierserum mit dem Blute von Typhuspatienten oder -Rekonvaleszenten angestellt wird. Das letztere besitzt nämlich nicht selten auch gegenüber gewissen Arten von Bact. coli eine erbebliche Agglu- tinationswirkuug, so dass eine derartig angestellte Probe, gleichviel welche Verdünnung zur Anwendung kam, niemals als einwandfrei anzusehen ist. Im Laufe unserer Darstellung werden wir noch öfter darauf hinzu- weisen haben, dass infolge derartig ungenügender Identifizierung der gewonnenen Kulturen eine große Zahl klinisch hochinteressanter Be- obachtungen ihren hauptsächlichsten Wert verlieren. 15* 228 F. Neufeld, Viel zu wenig- Gebrauch wird leider vou den spezifischen Bakterio- lysinen zwecks Diagnose zweifelhafter Kulturen gemacht. Die An- stellung des PFEiFFERSchen Versuches ist keineswegs mit besondern Schwierigkeiten verbunden, und man darf wohl sagen, dass derselbe keine höheren Anforderungen an die Erfahrung des Untersuchers stellt, als eine wirklich mit allen Kautelen ausgeführte Agglutinationsprüfung. Die Ansicht, dass die Agglutinationsprüfung den Immunitätsversuch etwa überflüssig gemacht habe, können wir keineswegs als richtig anerkennen, da die beiden in Frage kommenden spezifischen Substanzen des Serums — das Bakteriolysin und das Agglutinin — voneinander nachgewiesener- maßen völlig verschieden sind, und ebenso vermutlich auch diejenigen Bestandteile des Bazilleukörpers , in denen jene Substanzen ihren An- griö'spunkt finden. Vor allem wird man überall da die Anstellung der Immuni- tätsreaktiou mittelst der Bakteriolysine im PpEiFFERscheu Ver- such fordern müssen, wo es sich um den Nachweis von Typhus- bazillen außerhalb des menschlichen Körpers fim Wasser, in der Erde) handelt, oder wo die Bazillen innerhalb des Körpers unter ungewöhnlichen Bedingungen gefunden werden, z.B. bei sogenannter Septikämie durch Typhusl)azillen ohne Darmerkrankung- oder bei Eiterungen und Entzündungen, bei denen eine typhöse Erkran- kung überhaupt nicht oder viele Jahre vorher stattgefunden haben soll. Litteratur. 1 LüSENER, Arb. Kais. Ges.-Amt, Bd. 11, S. 207, 1895. — -' Terni, Ann. dell' Inst. d'ig. sperim. di Koma. vol. 3, fasc. 3, 1893. — -^ Germano & Maurea, Ziegl. Beitr., Bd. 12, S. 494, 1893. — ^ Zettxow, Ztschr. f. Hyg. n. Inf.-Krankh,, Bd. 30, 1899. — •' Peppler, Centralbl. f. Bakt., Bd. 29, S. 345, 1901. — e Gaffky, Mitt. a. d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 2, S. 372, 1884. — " Birch-Hirschfeld, Arch. f. 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Dagegen ist über die Infektiosität des Typhuserregers für Tiere ein jahrelanger Streit geführt worden. Man thut gut, zwei Fragen, die hierbei vielfach miteinander verquickt wurden, auseinander zu halten: 1. Ist der Typhusbacillus für Versuchstiere überhaupt pathogen? 2. Ver- mag er bei ihnen eine dem menschlichen Typhus analoge Krankheit zu erzeugen ? 230 F. Neufeld, Die zweite Frage müssen wir durchaus verneiueu; die Autoren, welche in dieser Beziehung- positive Resultate erzielt haben wollten, übersehen, dass die Schwellung der Milz, der Mensenterialdrüsen und der Follikel des Darmes, die sich durch Applikation von relativ sehr großen Dosen bei ihren Tieren erhielten, keine spezifische Bedeutung haben, sondern in derselben Weise durch ähnlich große Dosen anderer Bakterien hervor- gerufen werden können, ebenso auch durch abgetötete Kulturen und Kultiirfiltrate. Die genannten Veränderungen sind somit niclit, wie beim menschlichen Typhus, der Ausdruck einer spezifischen Infektion durch einen Mikroorganismus, der, in minimalen Mengen eingeführt, die Fähig- keit besitzt, in einem empfängliclien Körper außerordentlicli stark fort- zuwuchern, — sondern es handelt sich dabei um nicht spezifische Gift- wirkungen, die, wofern nur die nötige Quantität von Baktcrienkörpern resp. Bakterienprodukten eingeführt wird, von allen möglichen Mikro- organismen in durchaus ähnlicher Weise ausgelöst werden können. In der anderen Frage, ol) der Tj'phusbacillus überhaupt für Tiere pathogen (oder »infektiös«) ist, müssen Avir dagegen heute einen ver- mittelnden Standpunkt zwischen den extremen Ansichten einnehmen. Der Bacillus ist für Tiere nicht in dem Sinne infektiös, wie wir es für den Menschen mit Bestimmtheit annehmen müssen, dass nämlich eine ganz geringe Menge von Bazillen eine tödliclie Krankheit auszulösen vermag: andererseits ist er aber insofern infektiös, als eine Vermehrung im Tierkörper sich mit Sicherheit nachweisen lässt. Der Grad dieser Vermehrung hängt von der Tierart, der Applikationsweise, sowie schließ- lich von der Virulenz der betreffenden Kultur ab; in jedem Falle ist die Vermehrung aber nur eine beschränkte, niemals eine unbeschränkte, wie z. B. beim Milzbrand und anderen septikämischen Krankheiten. Diese Eigenschaft jedoch giebt uns keinen genügenden Grund, dem Typhusbacillus die Pathogenität für Tiere abzusprechen ; verhält sich doch grade in dieser Beziehung der menschliche Körper ähnlich, indem er ebenfalls einer schrankenlosen Wucherung der Bazillen und damit dem Zustandekommen einer richtigen Septikämie Widerstand entgegensetzt. Auch in einem weiteren Punkte verhält sich der Tierkörper dem Typhus- bacillus gegenüber ganz ebenso wie der menschliche, darin nämlich, dass die eigentlichen Krankheitserscheinungen der Ausdruck einer Vergiftung sind, Avelche durch die im Körper zu Grunde gehenden und durch die Körpersäfte aufgelösten Bakterienleiber hervorgerufen Avird. Die hierbei zur Resorption kommenden Gifte finden weiterhin beim Versuchstier, ganz entsprechend den Verhältnissen bei der spontanen Infektion des Menschen. Körperelemente von einer spezifischen Empfänglichkeit, »Rezeptoren« nach Ehrlich, welche wiederum die Produktion von spezifischen »Anti- körpern« ermöglichen. Das Studium dieser letzteren durch R. Pfeiffer und seine Mitarbeiter, sowie Wassermann, Lüffler, Auel u. a. und ihre vielseitige Verwendung zu den praktischen Zwecken der Diagnostik bil- det den Markstein in der Geschichte der neueren Typhusforschung. Nachdem diese allgemeinen Gesichtspunkte vorausgeschickt sind, seien die wichtigsten Untersuchungen auf diesem Geljiet kurz besprochen. Gaffky^ hatte als der erste die gCAvölmlichen Laboratoriumstiere, soAvie auch Affen mit Typhuskulturen zu infizieren versucht; er hatte, offenbar da er mäßige Dosen anwandte, nur negative Resultate. E. Fränkel & SiMMONDS^' 7 g-laubtcu (1885) dagegen an Tieren eine dem menschlichen Typhus analoge Krankheit erzeugt zu habeu. Sie injizierten Mäusen, Meerschweinchen und Kaninchen intraperitoneal, Typhus. 231 (Ten letzteren Tieren auch intravenös große Mengen von Typliusknlturen lind sahen die Tiere danach akut längstens in wenigen Tagen zu Grunde gehen, wobei sie mehrfach Diarrhöen beobachteten und bei der Sektion, insbesondere von intravenös injizierten Kaninchen, Läsioneu fanden, die sie für analog dem menschlichen Abdominaltyphus erklärten. Die Milz und die Mesenterialdrüsen waren geschwollen, oft auch die solitären Follikel und PEYERschen Haufen des Darmes ; einigemal zeigten letztere sich mit deutlichen Schorfen bedeckt. Aus der Milz und den Mesenterialdrüsen konnten die eingeführten Bakterien wiederum heraus- gezüchtet werden. Subkutane Injektionen sowie solche direkt in den Darm hinein waren erfolglos. A. Fräxkels^ Ergebnisse stimmten im allgemeinen mit den der vor- her genannten Autoren übereiu. Außerdem gelang es aber A. Feänkel. Meerschweinchen auch durch Einführung der Kultur in das Duodenum krank zu machen und zu töten : die Tiere gingen nach 3 — 7 Tagen ein, zeigten ähnliche Darmersclieinungen, wie sie soeben beschrieben wurden; aus der Milz konnte der Autor Reinkulturen von Typhus gewinnen. Umfangreiche Tierexperimente veröfteutlichte im Jahre 1886 Seitz'*. Von 16 Meerschweinchen, die er (nach dem Vorgange von Koch bei Cholera) per os iniizierte, starben 8, darunter eins erst nach 4 Tagen. Xur dieses letztere zeigte JMilzsch wellung, die übrigen gingen schnell an akuter Enteritis ein. Die eingeführten Bazillen fanden sich im Darm- iuhalte wieder, konnten dagegen nur ausnahmsweise in den Organen durch Kultur, niemals in Schnitten nachgewiesen werden. Bei intra- venös injizierten Kaninehen bestätigte Seitz die Befunde von Fkänkel & Si.MMONDs; er fand jedoch, dass Kaninchen sowie Meer- schweinchen, denen sterilisierte Kulturen intraperitoueal einverleibt wurden, unter ähnlichen Erscheinungen starben, wie die mit lebender Kultur behandelten. Beümer & Peiperiö' 11 bestätigen im allgemeinen zwar die Versuchs- ergebnisse ihrer Vorgänger, zogen jedoch vollkommen andere Schlüsse daraus, indem sie die erzielten Wirkungen als reine Intoxikation deu- teten und den Typhusbacillus als nicht pathogen für die Versuchstiere erklärten. Sie stützen sich dabei auf folgende Gründe: 1. Geringe Kulturmengen machen die Tiere nicht krank ; die Schwere der Erkrankung ist meist der Menge des eingeführten Materials direkt proportional. 2. Die eingeführten Bazillen vermehren sich nicht, sondern gehen schnell im Körper zu Grunde (nach intravenösen Injektionen geschieht die Eli- mination in der von Wyssokowitsch beobachteten Art). 3. Die durch Typhusbazillen gesetzten Läsionen, die übrigens vom menschlichen Typhus wesentlich abweichen, lassen sich in derselben resp. in ähnlicher Weise auch durch mehrere saprophytische Wasser- imd Bodenbakterien her- vorrufen. Ebenso wie Seitz fanden Beumer & Peiper, dass auch steri- lisierte Kulturen eine entsprechende Wirkung hatten ; doch mussteu davon erheblich größere Dosen gegeben werden. Zu ganz ähnlichen Ergebnissen und Schlussfolgerungen gelangte SiROTiNix 12 fiu einer Arbeit aus FlIIgges Institut). Er schrieb die posi- tiven Erfolge der ersten Untersucher den enormen Dosen zu, mit denen sie gearbeitet hatten (z. B. hatte Seitz 5—10 ccm Bouillonkultur ge- geben). Den tödlichen Erfolg bei solchen Infektionen erklärt er als reine Giftwirkuug, da bei 100° sterilisierte Kulturen von denselben Applika- tionsstellen aus dieselben Wirkungen wie lebende hatten. Die intravenös injizierten Bazillen sah er schnell aus dem Blute verschwinden und 232 F. Neufeld, später nicht wieder dariu erscheinen, in den Organen fand er um so weniger davon, je länger das Tier die Injektion überlebte; dabei waren die meisten Bazillen im Knochenmark zu finden, erst an zweiter Stelle kamen zugleich Leber und Milz, so dass von einer spezifischen An- häufung resp. Vermehrung in dem letzteren Organe keine Bede ist. Die Schwellung und " Verschorfung der follikulären Elemente des Darmes, die Hämorrhagieen der Schleimhaut sind nach SiRükdachii empfohlen, der damit 6 positive Er- folge hatte; der Autor verwandte anstatt der Petrischalen Petru.schkys »Flachkölbchen , welche ungefähr die gleiche Oberfläche bieten und impfte davon nach 12—24 Stunden die kleinen, zarten Kolonieen ab. b) Züchtung auf speziellen Nährböden. Durch verschiedene Zusätze zum Nährboden hat man versucht, die Differenzen, die zwischen dem Wachstum von Typhus- und Colibak- terien bestehen, noch zu vergrößern und augenfälliger zu machen. Dies gelingt in der That leicht, da die ersteren, wie oben auseinandergesetzt wurde, durch einen relativ ungünstigen Nährboden viel sichtlicher gehemmt werden, als die letzteren. Doch sind hier zwei Bedenken geltend zu machen: erstens ist zu befürchten, dass durch die, wenn auch nur leichten Schädlichkeiten, die diese Nährl)öden enthalten, eine Anzahl von Typhus- keimen üljerhaupt am Auswachsen verhindert werden könnte, zweitens aber werden durch die meisten Zusätze die »typhusähnlichen« Bakterien, die das zarte Wachstum mit dem Typhus gemein ha1)en, auch in der- selben Weise wie dieser modifiziert. Hierher gehört, um mit den Agar-Nährböden zu beginnen, der CAPALDische Nährboden 12, der 2^ Agar, \% Gelatine, 2% Pepton, \% Mannit, sowie je ^li% Natriumchlorid und Kaliumchlorid enthält. Die Ditferenzen in Farbe und Größe der Kolonieen sind hier ähnlich, nur deutlicher ausgesprochen als auf Agar ohne Zusatz. Eichakdsox ^^ hat in sorgfältiger Weise die CAi'ALDische Methode gleichzeitig mit der ELSXERschen (s. u.) nachgeprüft und als recht brauchbar befunden. Er hatte bei der Untersuchung von 13 Typhusfällen 10 mal positiven Erfolg, davon 7 mal gleich bei der ersten Untersuchung; dieselben Fälle wurden in der Rekonvalenszenz untersucht und dabei nur Inuil, und zwar am ersten Tage nach dem Fieberabfall die Bazillen gefunden. Der früheste positive Befund wurde am fünften Krankheitstage erhoben. Der aus Pilzdekokt hergestellte Agar Marpmanns i^, auf dem Typhus- imd Colibakterien recht erheljliche Ditferenzen zeigen sollen, und den der Autor daher auch zur Stuhluntersuchung empfiehlt, ist bereits oben (S. 220) beschrieben worden. Sehr starke Unterschiede zeigen beide Bakterienarten auf einen aus Molke zubereiteten und mit b% Blutserum versetzten Agar nach Pe- truschkyi^; hier sind die Colikolonieen verhältnismäßiii' wenig verändert, 238 F- Neufeld, während die Typlmsljaktcrieu in ganz winzigen, hellen Kolonieen, ähnlich wie Streptokokken auf gewöhnlichem Agar wachsen. Weit häufiger als zu Agar sind jedoch zur Gelatine Zusätze em- pfohlen worden um einerseits eine Anzahl fremder, insbesondere ver- tiüssigender Bakterienarten in der Entwicklung zurückzuhalten oder ganz auszuschalten, andererseits die Unterschiede zwischen Typhus- und Coli- bakterien stärker hervortreten zu lassen. Eine Anzahl solcher Vor- schläge sind bereits bei der Besprechung der Differenzierung beider Bakterienarten erwähnt worden (s. o.). In dieser Weise wirkt auch die HoLzsche Kartoffelsaftgelatine i*^ (die Herstellung ist im Band I beschrieben), welche insbesondere die ver- flüssigenden Keime genügend zurückhält und die Beobachtungszeit der Platten um mehrere Tage verlängert. GrawitzI^ verwandte den Holz- schen Nährboden zur Stuhluntersuchung; bevor er die Aussaat machte, ließ er jedoch die Stuhlproben 12— 24 Stunden lang geMeren und dann auftauen, um dadurch eine Anzahl anderer Bakterienarten, die weniger resistent sind, abzutöten. Diesen Zweck erreicht man jedoch dadurch nicht, da alle Arten von Bacterium coli und eine große Menge der sonst in Faeces vorkommenden Bazillen dieselbe oder eine größere AViderstauds- fähigkeit, wie der Tvphusbacillus, besitzen. Ebensowenig haben sich, wie "hier gleich bemerkt sei, alle Versuche bewährt, durch chemische Schädlichkeiten in einer sogenannten »Vorkultur« zunächst die Zahl der fremden Bakterienarten herabzusetzen, ehe man zur Plattenaussaat schreitet; im Gegenteil hat sich gezeigt, dass in solchen Vorkulturen, von denen später bei Besprechung der Methoden zur Isolierung von Typhusbazillen aus dem Wasser noch ausführlicher die Piede sein wird, geradezu die etwa spärlich vorhandenen Typhuskeime überwuchert werden. Kruse 1^ empfahl eine nicht alkalisierte Gelatine mit 0,05 % Kar- bolsäurezusatz, welche er ausschließlich zur Oberflächenaussaat benutzte, wobei das Material sorgfältig mit einem feinen Pinsel verteilt wurde. Auch dieser Nährboden häft eine Anzahl anderer, insbesondere ver- flüssigender Bakterienarten zurück, gestattet dabei aber die Bildung der charakteristischen Oberflächenkolonieen, die außerdem noch den Vorzug haben, sich ohne weiteres abimpfen zu lassen. Der Autor hatte mit dieser einfachen Methode recht gute Erfolge bei Stuhluntersuchungen. Auch LoESEXER 19 fand eine mit 0,03 — 0,05^ versetzte Gelatine als den brauchbarsten Nährboden zur Isolierung der Typhusbazillen aus Gemischen von Bakterien ; von einem Ersatz des Karbols durch a-Naph- thol (nach Rawitsch-Stscherba^o) in einer Konzentration von 0,l%o sah derselbe Autor keinen Vorteil. Viel angewandt ist das Verfahren von Elsner^S welches im Zusatz von 1 % Jodkalium zu der HoLzschen Kartoffelsaftgelatine besteht. Auch in diesem Nährboden werden besonders die verflüssigenden Arten genügend zurückgehalten , aber auch die Typhusbazillen soweit gehemmt, dass sie erst nach ungefähr 24 Stunden als zarte, fast ungefärbte und kaum granulierte Kolonieen erscheinen, während Bacterium coli schon in 24 Stunden größere, gelbliche oder bräimliche, und stärker granulierte Kolonieen bildet. Da sich alsbald zeigte (Pollack 22, Chizzola23u. a.), dass eine Anzahl typhusähnlicher Stäbchen sowie der Bacillus faecalis alcaligenes auf der Jodkaliumgelatine durchaus wie Typhus wachsen, so müssen natürlich auch bei diesem Verfahren die verdächtigen Kolo- nieen stets isoliert und geprüft werden, wobei die Sprödigkeit des Nähr- bodens das Abstechen wesentlich erschwert. Typhus. 239 Recht gute Erfolge mit Elsneks Gelatine bericliteteu Briegee2^, Lazarus 25," Chantemesse26, Jemma2', Sterling 2*, Pollack 22 u. a., währeud Chizzola23, Breuer 2», Hädke^*", Curschmann^i, E. Frän- kel-'2, Landmann 33 gieh weniger günstig aussprechen. Aus Lazarus' Beobachtungen sei noch hervorgehoben, dass er auch unter 16 Rekon- valeszenten "dreimal ein positives Ergebnis erzielte; in einem Falle be- richtet er, die Bazillen 41 Tage nach der Entfieberung im Stuhlgang gefunden zu haben. Erwähnt seien auch die öfters citierten Angaben von Remlinger & Schneiderst, die nach der ELSNERSchen Methode in den Faeces einer großen Zahl gesunder Personen, im Boden u. s. w. Typhusbazillen nachgewiesen haben wollen, — die Behauptungen tragen den Stempel freier Erfindung. Neuerdings giebt Remy^s eine Gelatine an, welche neben Pepton Asparagin, Oxal-, Milch- und Zitronensäure, verschiedene Salze, Milch- zucker "und Karbol enthält; das Nähere über die Zubereitimg und über das Wachstum auf diesem Nährboden muss im Original eingesehen werden. Bei Untersuchung von 32 Stuhlproben berichtet der Autor auf diesem Nährsubstrat stets ein positives Resultat gehabt zu haben. Der Nährboden ^Iaccoxkeys^« ist bereits gelegentlich der Differential- diaguose des Typhusbacillus erwähnt worden; er besteht aus 0,5^ Glykocholsaurem Natron, 0,3^ Milchzucker, 1,5^ Pepton und l,b^ Agar. Auch hierin sollen eine Anzahl fremder Bakterienarteu aus- geschaltet werden, und Typhus- und Colikolonieen deutliche Wachstums- imterschiede aufweisen. Während bei de]i bisher aufgezählten Verfahren die Unterschiede zwischen dem Typhusbacillus und dem Bacterium coli auf der geringeren Wachstumsenergie und Resistenz des ersteren beruhen, hat man anderer- seits seine lebhafte Beweglichkeit auszunutzen versucht, um ihm einen Vorsprung vor den in ilirer überwiegenden ^Mehrzahl weniger beweg- lichen Darmbakterien zu verschaffen. Ali-Cohen 3" verwandte zu diesem Zwecke mit Kartoffelsaft gefüllte Kapillarröhrchen, in welche infolge ihrer starken Beweglichkeit, sowie außerdem durch eine Art Chemotaxis gelockt, vorwiegend die Typhus- bakterien einwandern sollten. Pasquale ^s giebt an, von dieser Methode in einem Falle Erfolg gesehen zu haben. Von Interesse is"t "ein von GabritschewskiSs angegebenes Ver- fahren. Dasselbe knüpft an eine Beobachtung Kochs an, der etwas Cholerafaeces auf die Mitte eines feuchten Leinwandläppcheus brachte und nach einiger Zeit die Choleraliazilleu nahe dem Rande des Läpp- chens in Reinkultur fand. Gabritschewski bedeckte eine Agarplatte mit bouillongetränktem Fließpapier, welches er in der Mitte mit dem Untersuchungsmaterial infizierte; in einiger Entfernung davon legte er kleinere Stückchen Fließpapier auf und fand nun, wenn er in die Mitte etwa ein Gemisch von Typhus- und unbeweglichen Colibakterieu ge- bracht hatte, dass nach Verlauf einiger Stunden nur die ersteren bis in das kleine Papierstückchen gew^andert waren. Bei weitereu Versuchen mit einer beweglichen Coliart gewann diese jedoch immer einen kleinen Vorsprung vor den Typhuskeimen. Nun stellte sich Gabritschewski ein hochw^ertiges Serum her, welches diesen Colistamm noch in einer Verdünnung von 1 : 5000 agglutinierte , machte davon eine 0 proz. Ver- dünnung in Bouillon und tränkte das Fließpapier mit dieser spezifischen Serumlösung. Nunmehr wanderten die Typhusbazillen selbst dann schneller nach der Peripherie zu, wenn das in die Mitte gebrachte Bakterien- 240 F. Neufeld, gemiscli sehr spärliche Typusbazilleu neben sehr zahlreichen beweglichen Colibazillen enthielt. An zwei Typhusstühlen versuchte Gabritschewski dieses Verfahren mit gutem Erfolge, giel)t aber selbst au, dass man zu diesem Zwecke eigentlich ein polyvalentes Serum haben müsste. Weiter machte derselbe Autor Versuche, in flüssigen Nährböden die Beweglichkeit der Bakterien zu ihrer Isolierung auszunutzen, indem er Bakteriengemische in eine mit Bazillen gefüllte Bohre einsäte, die im Abstände von 5 cm durch Hähne unterbrochen war, welche in geöff- netem Zustande eine schmale Kommunikation zwischen den einzelnen Abschnitten der Röhre gestatteten. Auch bei dieser Versuchsanordnung gewannen bewegliche Bazillen, darunter auch Typluisbazillen unter ge- wissen Bedingungen einen Vorsprung vor anderen Arten , indem sie schneller die engen Passagen zwischen den einzelnen Abschnitten durch- Avanderten. An Tvphusfaeces hat der Autor dieses Verfahren noch nicht erprobt; vorläufig dürfte auch beiden Methoden mehr ein theo- retisches Interesse zukommen. Dasselbe darf mau wohl von dem Vorschlage von Landmann 33 sagen. Dieser Autor brachte eine Oese Faeces, welchen Typhus und Colibakterien zugesetzt waren, zusammen mit 0,3 eines gegen diesen Colistamm wirksamen Serums in die Bauchhöhle eines Meerschweinchens; er giebt an, in den nach 30 Minuten aus dem Peritonealinhalte ange- legten Platten Reinkulturen von Typhus erhalten zu haben. Auch hier ist nel)en anderen Bedenken) der Umstand hinderbch, dass ein durch Immunisierung mit einem bestimmten Colistamm erhaltenes Serum nicht gegen jedes Bacterium coli, sondern nur gegen den eigenen und ver- einzelte andere Stämme wirksam ist. Von einer praktischen Verwendung des bereits 1896 veröffentlichten Vorschlages ist denn auch nichts be- kannt geworden. Ebenfalls zum Teil auf den Unterschieden der Beweglichkeit beruht das Verfahren von Piorkowski "10-42^ welches zur Zeit wohl als das erfolgreichste, freilich auch als das komplizierteste für die Stulilunter- suchung angesehen werden darf. Der Nährboden besteht aus alkalisch gewordenem Harn, am besten solchen von spezifischem Gewicht 1020, mit ^l2% Pepton und 3V2X Gelatine; über die Details der Herstellung möge man die Mitteilung Piorkoavskis, sowie imter den unten citierten Arbeiten hauptsächlich die von Peppler^" und Hayaschikawa^^ ver- gleichen. In dieser weichen Gelatine wachsen bei 21,5" bis 22° die Typhuskeinie in etwa 20 Stunden in recht charakteristischer Weise aus: sie bilden in dicht besriteu Platten Kolonieen mit kleinem wasser- hellen, meist oblongem Kern, an diesen setzen sich, zumeist an beiden Polen, etwa je 4 — 6 rankenförmig oder spirillenartig gewundene, faser- förmige Ausläufer an, die au Länge den Kern bis um das Fünffache übertreffen können. Bisweilen ist das Fasergeflecht noch viel üppiger und umrankt den Kern ül)erall. Auf wenigen dicht gewachsenen Platten ist der Kern oft mehr rundlich und etwas gelb gefärbt, übrigens kann derselbe bisweilen auch gänzlich fehlen. Die meisten Coliarten bilden dagegen runde, gelbliche, scharfrandige Kolonieen ohne Ausläufer; atypische bewegliche Coli-, sowie Alkaligeuesarteu bilden wohl auch Ausläufer; zum Teil sind dies mehr plumpe Ausstülpungen mit kurzen Stacheln, zum Teil korkzieherförmige oder schneckenförmig gewundene Bildungen, die man bei der nötigen Uebung nicht mit Typhus verwech- seln wird; nur recht selten scheinen bei fremden Keimen die für Typhus charakteristischen Formen mit zahlreichen, dünnen und gewundenen Typhus. 241 Fasern vorzukommen. Doch muss man stets mit dieser Mögiiclikeit reelineu, wie andererseits auch nicht jede Typhuskolonie die typische Grestalt anzunehmen braucht; es ist daher nicht aug-ängig-, aus dem Woßen Ansehen der Platten mehr als eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose zu stellen, sondern die fraglichen Kolonieen müssen zu weiterer Prüfung abgestochen werden, was übrigens durch die Weichheit des Nährmediums außerordentlich erleichtert wird; der weniger Geübte wird sich dabei mit Vorteil der Bakterienharpune bedienen. Nachprüfungen und Ergänzungen des' PiORKOW^SKischen Yerfjihrens haben Schütze^'', Wit- tich ^^ GEBAUER^^ Scholz & Krause lo, Bischoff & Menzer46, Her- ford ^^, Mayer^*, Clemm^", Pei'plerSo, Barone 51, Galai52, Unger & Portner 53 u. a. vorgenonnnen und einen sehr hohen Prozentsatz positiver Ergebnisse gehabt. Allgemein werden die Schwierigkeiten der Her- stellung eines geeigneten Nährbodens hervorgehoben, derselbe bleibt infolge des niedrigen Gelatinegehaltes leicht Üüssig, auch scheint nicht jeder Harn gleich geeignet zu sein, und es empfiehlt sich, jedesmal zur Kontrolle eine Platte mit Typhus auszusäen, um festzustellen, dass der betreffende Nährljoden in der That geeignet ist, die charakteristischen Formen entstehen zu lassen. Worauf dieselben beruhen, ist nicht völlig klargestellt: es scheinen dabei die Beweglichkeit der Bazillen imd ihre Neigung zur Fadenbildung zusammenzuwirken. Dass jedenfalls die Be- weglichkeit nicht der einzige Grund für die Rankenbildung ist, beweist der Umstand, dass die Kolonieen der äußerst beweglichen Para- typhusbazillen gar keine Fortsätze zeigen (Scholtmüller'^'J) — eine bei dem anscTieinend nicht allzu seltenen Vorkommen von Para- typhusfällen sehr beachtenswerte Thatsache. Es ist bisher nicht ge- glückt, den Urin durch ein chemisches Präparat zu ersetzen, auch soll man ihm nach Piorkowski die erforderliche Alkaleszenz nicht durch Alkalizusatz verschaffen (vergl. jedoch unten die Modifikation von Hayaschikawa 5i) ; beschleunigen kann man das Alkalischwerden dagegen durch Impfung mit Proteus (Mayer-**) oder Microc. ureae (Krause 'O}, nach dem letzteren Autor kann mau auch solchen alkalischen Urin ein- fach zu gleichen Teilen mit gewijhnlicher, 10 proz. Gelatine versetzen. Falls die Einstellung des Gelatineschraukes auf höchstens 22° Schwierig- keiten macht, so empfiehlt Piorkowski 6 proz. Gelatine zu nehmen, alsdann aber bei 28" zu züchten. Hayaschikawa ^4 fand jedoch bei einer Nachprüfung, dass bei der genannten Temperatur eine 6 proz. Gelatine bereits flüssig wurde. Derselbe Autor giebt weiterhin als Resultat sehr sorgfältiger Unter- suchungen eine Vereinfachung des Nährbodens an. Nach ihm kann man beliebigen normalen Harn verwenden; man hält denselben so lange kühl, bis die Urate ausgefallen sind, filtriert und alkalisiert mit Soda- lösung. Am besten lässt man ihn alsdann noch eiuen Tag zur Aus- scheidung der Phosphate stehen, was jedoch nicht unbedingt nötig ist; die weitere Verarbeitung erfolgt nach Piorkowskis Vorschrift. Dieser Nährboden hat die Vorzüge einer konstanten Ziisammeusetziing, des Ausbleibens störender Krystallbilduiig und der schnellen Herstellung; er ist außerdem einige Wochen haltbar. In Anbetracht der sehr un- günstigen Bedingungen, unter denen Havascihkawa arbeitete, indem die von ihm untersuchten Faeces großenteils von auswärts eingeschickt und oft stark zersetzt und bereits alkalisch geworden waren, wird mau es als recht guten Erfolg bezeichnen müssen, wenn er bei nur ein- maliger Untersuchung jedes Falles 62^ positiver Befunde Handliucli der atliogeneii Mikrooi-ganismen. II. 16 242 F. Neufeld, hatte. Nach Hayaschikawa muss man sich auf die Diagnose der Kolo- nieen erst einüben, alsdann wird man aus der Größe, dem Farbenton imd der Art der Ausfaserung die Typhuskolonieeu mit großer Sicher- heit erkennen und fast stets von solchen atypischer Colibakterien unter- scheiden. Die verdächtigen Kolonieen wurden nach 24 Stunden in Bouillon abgeimpft und 6 Stunden später hierin die Agglutinations- probe vorgenommen. PiORKowsKis Bemühungen waren übrigens nicht die einzigen in ihrer Art, sondern eine Anzahl von Forschern haben schon vorher in ähnlicher Richtung Versuche augestellt. Löffler^^ erwähnt gelegent- lich, dass im Greifs walder Institut zufällig eine gewöhnliche Gelatine gefunden wurde, in welcher Typhusbazillen üppig wuchsen und Kolo- nieen mit nach allen Seiten ausstrahlenden Fortsätzen bildeten, so dass sie unter allen anderen Bakterieukolonieen sofort erkannt werden konnten. Löffler versuchte vergeblicli, die Ursache dieser eigentüm- lichen Wachstumsweise zu finden. Auch Verfasser sah einmal in ge- wöhnlicher, nicht besonders weicher Gelatine ohne erkennbare Ursache fast sämtliche Typhuskolonieeu eigenartig gewundene Fortsätze bilden. Bereits vor Piorkowski studierte Rosentiial^'^ die DiÖerenzen, welche Bacterium coli und Typhusbazillen in niedrigprozentiger Gela- tine zeigen; seine Untersuchungen wurden von Klie"^^ fortgesetzt, der Typhusbazillen in lOproz. Gelatine bei höherer Temperatur, oder mit besserem Erfolg in 3,3proz. bei 18 — 19" wachsen ließ und neben ge- w^öhnlichen Kolonieen solche mit spirillenartigen und fadenförmigen Ausläufern auftreten sah; Bacterium coli zeigte zuweilen ähnliche, Jedoch größere Kolonieen mit weniger Ausläufern. Da aber Ueber- gangsformen vorkamen, hielt der Autor das Verfahren für nicht brauch- bar zur Diagnose. Hiss^* studierte die Bildung der Kolonieen in verschiedenen bei 37" halbflüssigen Medien und gab schließlich folgenden Nährboden an: Agar 10,0, Gelatine 25,0, Liebigextrakt 5,0, Dextrose 10,0, Na Ol 5,0, Aqua ad 1000,0. Die Reaktion soll 2^ Normalsäure (mit Phenolphthallein als Indikator) entsprechen. Hierin wachsen Typhusbazillen in kleinen, mit fadenförmigen Ausläufern versehenen, Colibakterien in großen, runden Kolonieen. Park^^ konnte mit diesem Nährboden aus 50^ der Fälle in der ersten Krankheitswoche die Bazillen züchten. Auch Stoddart*^» empfiehlt ein halbflüssiges Gemisch von Agar und Gelatine, giebt jedoch an, dass darin auch typhusähnliche Bazillen ebenso wie Typhus wachsen. Während die angeführten Untersuchungen bereits vor Piorkowski gemacht waren, hat neuerdings Weil^^ als Ersatz des PiORKOWSKischen Nährbodens einen 0,75 proz. Agar, der aus Kartoffelsaft hergestellt ist, empfohlen. Ferner hat in jüngster Zeit Krause ^i^ einen Nährboden aus 1 % Agar, 13 % Gelatine und Zusatz von 2,5 % Harnstotf und 0,3 % Milchsäure hergestellt, worauf Typhuskolonieeu ebenfalls charakteristische Ausläufer bilden. Man darf hiernach wohl hoffen, dass sich aus all diesen Versuchen ein Verfahren ergeben Avird, welches bei einfacher Handhahuug die Vorzüge des PiORKOWSKisehen besitzt. Vielfach ist versucht worden, durch das verschiedene Verhalten der Typhus- und Colibazillen in zuckerhaltigen Nährböden die Isolierung der ersteren zu erleichtern. So schlug Kraus ^^2 vor, die verdünnten Faeces in 2 proz. Traubenzuckerglycerinagar zu Platten auszugießen, wo- bei sich die Colikolonieen durch kleine Glasbläschen kenntlich machen. Typhus. 243 Hierher g-eliöreu ferner eine Anzahl der oben (S. 217 f.) beschriebenen Jiefärbten Nährmedien, welche man nicht nur zur Differenzierung von Keinkultnren, sondern auch zur Isolierung- des Typhusbacillus aus Faeces und Wasserproben auszunützen versucht hat. Marfmann^s empfahl einen Agar mit Zusatz von 2% Malachitgrün, das zuvor durch Natrium- bisultit entfärbt ist; hierauf wächst Typhus in dunkelgrünen. Coli in grauweißen Kolonieen. Maxkijwski ß-* versetzte ein Pilzdekokt mit Säurefuchsin und Indigokarmin, E. Pfuhles verwandte Gclatineplatten mit Zusatz von Phenolphthallein. Alle diese Methoden haben sich nicht in die Praxis einzul)ürgern vermocht. Dasselbe gilt auch von dem WuKTZschen, mit Milchzucker und Lackmuslösung versetzten Agar"^", welcher von seinem Autor zunächst zur Differenzierung von Keinkulturen angegeben wurde, indem Typhus darauf blaue, Bacterium coli rote Kolo- nieen bildet. Von Mathews ^^ wurde er dann benutzt, um aus typhus- verdächtigem Wasser Platten zu gießen. Erst v. Drigalski & Conradi^ ist es gelungen, diesen Nährljoden zu modifizieren und in einer Weise zu verwenden, dass dersell)e praktisch brauchbare Resultate für die Untersuchung der Exkremente liefert. Das Prinzip des Nährbodens von v. Drigalski & C(jnradi ist das- selbe, wie das von Wurtz, dass nämlich Bacterium coli den Milchzucker des Nährbodens unter Säurebildung zersetzt und dementsprechend rote Kolonieen bildet, während der Typhusbacillus Milchzucker, wie bekannt, niclit anzugreifen vermag, sondern durch Zersetzung des Peptons oder anderer Proteinsubstanzen des Nähragars Alkali produziert. Die ge- bildete Säure diffundiert leicht in die Umgebung- und kann den größten Teil der Platte rot färben, was für den von WuRi'z zunächst verfolgten Zweck der Prüfung von Reinkulturen nichts ausmacht, die Isolierung einzelner Kolonieen eines Bakteriengemisches aber unmöglich macht. So fand denn auch Löseneri-^ die WuRTZschen Platten zu diesem Zweck unbrauchbar. Dieser Schwierigkeit begegnen v. Drigalski & CoNRADi auf dreifache Weise: 1. durch Verwendung Sproz. Agars, welcher die Diffusion der gel)ildeten Säure erschwert, 2. durch Zusatz von 0,2^^ Soda, welche dieselbe teilweise neutralisiert, 3. durch Hinzufügen von Krystallviolett in einer Konzentration von 1 : 100 000; dasselbe soll einen Teil der fremden Bakterienarten, insbesondere Kokken, aussclialten, welche niclit selten in Typhusstühlen vorkommen und durch starke Säurebildung die ganzen Platten rot färben und dadurch un- brauchbar macheu. Die Details der Zubereitung- des Nährbodens müssen in der Originalarbeit eingesehen werden. Die Platten werden ausschliess- lich zur Oberflächenaussaat benutzt und die verdächtigen Kolonieen in der üblichen Weise identifiziert. Dies ist natürlich unerlässlich, denn wie nach dem früher x4.usg-eführten leicht zu verstehen ist, werden die Alkali- bildner und diejenigen atypischen Coliarten, die ebenfiills Milchzucker nicht zersetzen, auch auf diesem Nährboden ähnlich wie Typhus wachsen, ebenso ist dies nach Angabe der Autoreu selbst der Fall mit Bakterien aus der Gruppe des Proteus und Fluorescens. Auch Kayser^^ faud bei einer Nachprüfung, dass, wie zu erwarten, eine Anzahl typhusähnlicher Stämme auf dem Lackmuslaktoseagar dieselben Kolonieen wie der Typhusbacillus bilden. Die Autoren haben ihr Verfahren in 50 Fällen mit Erfolg erprobt; dasselbe kann daher nur zur weiteren Prüfung empfohlen werden. Auch Chaxtemesse'O hat mit einer Modifikation des WuRTzschen Agars die besten Erfolge erzielt. Er verwendet ebenfalls einen mit 16* 244 F. Neufeld, Lackmus gefärbten und mit 2% Milchzucker versetzten Agar, der 2^ Agar, ^% Pepton sowie auf je 10 ccm 4 Tropfen öproz. Karbolsäure enthält. Die Platten sollen nur 1 — 2 mm dick gegossen, die Faeces stark verdünnt und mit einem feinen Pinsel ausgestrichen werden. Nach 12 Stunden sind die blauen Kolonieen als typhusverdächtig durch Agglu- tination u. s. w. zu prüfen. In allen bisher untersuchten Fällen gelang der Nachweis der Bazillen aus den Faeces. c) Kesume über die Ergebnisse der Typhusdiagnose aus den Faeces. Außer den genannten sind noch andere Methoden zur Isolierung der Typhuskeime aus dem Bakteriengemisch der Faeces angegeben worden, von denen eine Anzahl bei den zur Differenzierung von Typhus- und Colibazilleu vorgeschlagenen Nährböden bereits beschrieben wurde, wei- tere bei der Methodik der Untersuchung des Wassers auf Typhusbazillen noch Erwähnung finden sollen. Man vergleiche daher die genannten Abschnitte. Wenn hier auf weitere Methoden zur Stuhluntersuchuug nicht eingegangen wird, so geschieht es deshalb, weil dieselben für die Praxis nicht in genügendem Maßstabe erprobt sind; es soll damit aber keineswegs behauptet werden, dass nicht manche darunter sein mögen, Avelche einem darauf eingeübten Untersucher dieselben oder bessere Ke- sultate liefern können, wie das eine oder andere der hier ausführlicher behandelten Verfahren. Wichtiger als eine vollständige Aufzählung aller, auch der unge- nügend erprobten Vorschläge zur Stuhluutersuchung erscheint es, sich über die Kesultate der Faecesuntersuchungen überhaupt und über die Grenzen, die bisher der Leistungsfähigkeit aller Methoden gesteckt sind, klar zu werden. Denn über diesen Punkt haben unter Bakterio- logen und Klinikern manche Missverständuisse stattgefunden: schon mehrmals ist eine neue Methode in engeren oder weiteren Kreisen mit Jubel begrüßt worden, als wäre nun ein einfaches, auch dem bakterio- logisch weniger geübten Kliniker oder womöglich dem praktischen Arzt zugängliches Mittel gefunden, um mit geringem Zeitaufwand durch ein- oder zweimalige Stuhluntersuchung annähernd jeden Typhus zu diagnosti- zieren. In Wirklichkeit ist jedoch keine von allen Siethoden für den praktischen Arzt ausführbar, und natürlich macht auch keine die kli- nische Untersuchung irgendwie überflüssig, sondern jede erfordert ganz spezielle Uebung und in der Mehrzahl der Fälle eine wiederholte, oft recht mühselige Untersuchung. Können wir doch immer nur einen winzigen Teil der Entleerungen wirklich durchsuchen. Kraus ^^ giebt sogar an, dass er, wenn er die Stuhlprolje etwa millionenfach verdünnte und hiervon 1 2 ccm zu einer Platte verarbeitete, immer noch circa 60 — 100 Kolonieen darauf gehabt habe. In der Regel kommen jedenfalls nur Bruchteile einer Oese von dem verdächtigen Material zur Untersuchung. Nun sprechen aber alle unsere theoretischen wie praktischen Erfahrungen dafür, dass in vielen Fällen, insbesondere wo es sich nicht gerade um die typischen diarrhöischen Ausleerungen handelt, gar nicht in jeder Oese derselben die spezifischen Erreger enthalten sind. Hierin hat also jedes Verfahren seine natürliche Grenze, und das würde erst anders werden, wenn wir, wie bei der Cholerauntersuchung, eine Anreicherungsverfahren besäßen, welches uns gestattete, anstatt Bruchteile einer Platinöse ganze Kubikcentimeter der Exkremente auf vereinzelte Bazillen zu durchsuchen. Alle darauf gerichtete Mühe ist jedoch bis jetzt umsonst gewesen. Typbus. 245 Bis etwa uacli dieser Rielitiiug hin ein Fortschritt erzielt werden sollte, möchte der Verfasser dkher auf Grund frem- der sowie zahlreicher eigener Erfahrungen den Staudpunkt vertreten, dass es bei der Untersuchung der Typhusaus- leerungen nicht so sehr auf die Methode, als vielmehr auf die Uebuug, die man in ihr besitzt, und die Geduld, die mau darauf verwendet, ankommt. Beide Eigenschaften finden sich nicht leicht in höherem Grade vereinigt als bei einem Autor, der eine eigene Methode ausarbeitet, und ihnen dürfen wir wohl in der Kegel einen Teil der guten Erfolge zuschreiben, die der Autor für sein neues Verfahren in Anspruch ninnut. Die meisten Autoren machen keine genaue Angabe, wie oft in den einzelnen Fällen die Untersuchung wiederholt und wieviel Platten ungefähr jedesmal angelegt wurden, um ein positives Resultat zu erhalten. Hieraus erklären sich leicht die übertriebenen Hoffnungen und darauf folgenden Enttäuschungen, die wir gerade auf diesem Gebiet erlebt haben. Wenn also die bakteriologische Diagnose aus den Faeces au Schnellig- keit und Sicherheit noch viel zu wünschen übrig lässt und daher wohl in der Mehrzahl der Fälle zu einem positiven Ergebnis erst zu einem Zeitpunkt führt, wo die klinische Untersuchung die Diagnose bereits im höchsten Grade wahrscheinlich gemacht hat, so scheint sich ihr neuer- dings ein praktisch wichtiges Gebiet zu eröffnen, auf dem die klinische Beobachtung uns mehr oder weniger im Stiche lässt. Es handelt sich darum, im Interesse der Prophylaxe die leichten, am- bulatorischen Typhusfälle, — ähnlich wie es von R Koch bei der Cholera- bekämpfung mit so gutem Erfolge durchgeführt worden ist, — bakterio- logisch zu diagnostizieren und auf geeignete Weise für ihre Umgebung unschädlich zu machen. Auf Kochs Veranlassung haben v. Drigalski & CoNRADi^ in der That in mehreren Fällen bei Personen, die in der Umgebung von Typhuskranken lebten, selbst aber kaum merkliche Ge- sundheitsstörungen zeigten, Typhusbazillen in den Entleerungen nach- gewiesen. Eine Fortsetzung dieser Bemühungen erscheint daher als sehr aussichtsvoll und von großem praktischen Interesse. Bisher sind wir noch ziemlich im unklaren darüber, ob solche »Bazillenträger« beim Typhus häutig vorkommen und wie lange sie Bazillen ausscheiden (vergl. auch den Ai3schnitt: Epidemiologie des Typhus). Litteratur. / A. Pfeiffer, Dtsch. med. Wochenschr., 1885. S. 500. — - E. Fränkel & SiiiMONDS, Die ätiol. Bedeutung d. Typhusbacülus. Hamburg 1886. — ^ Dies., Ztschr. f. Hyg., Bd. 2, S. 138, 1887. — ^ Kruse. Centralbl. f. Bakt., Bd. 15, S. 419, 1894. — 5 V. Drigalski & Conrad:. Ztschr. f. Hyg. u. Inf.-Krankh., Bd. 39, S. 283, 1902. — f' Seitz, Studien z. Typhusätiologie. München 1886. — " Vilchour, Lancet, 1886, 2, 17. July. — « Merkel, Münch. med. Wochenschr., 1886. S. 491. — !) Wathelet, Ann. Pasteur, 1895, p. 252. — w Scholz & Krause, Ztschr. f. klin. Med., Bd. 41, S. 403, 1900. — " Burdach, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektions- krankh., Bd. 41. 1902. — i^ Capaldi, ebd., Bd. 23, S. 475, 1896. — i3 Richardson, British med. Journ., 1897, 2, p. 1842. — i* Marpmann, Centralbl. f. Bakt., Bd. 16, ]i. 817, 1894. — i-- Petruschkv, ebd , Bd. 19, S. 187, 1896. — i«' Holz, Ztschr. f. Hyg. u. Inf.-Krankh., Bd. 8, S. 143. — i" Grawitz, Charite Ann., 17, 1892. — i*^ Kruse, Flügges »Mikroorganismen«, Bd. 2, 398. Ders., Centralbl. f. Bakt., Bd. 15, S. 419, 1894. — w Lösener, Arb. Kais. Ges.-Amt. Bd. 11, S. 232 ff., 1895. — -" Rawitsch-Stscherba, ref. Hyg. Ruudsch., Bd. 3, S. 392. — 2i Elsner, Ztschr. f. Hyg. u. Inf.-Krankh., Bd. 21, S. 25, 1895. — ^ Pollack, Centralbl. f. inn. Med., 1896, Nr. 31. — ^-^ Chizzola, Settimana medica, 1896, Nr. 28. — -'< Brieger, Berl. klin. Wochenschr., 1895, Nr. 50. — -•"• Lazarus, ebd., 1895, Nr. 49. — 2fi Chante- 246 F. Neufeld, MESSE, Compt. rend. de la Soc. de Biol.. 1896, p. 215. — 27 Jemma, Münch. med. Wochenschr., 1896, Nr. 33. — 28 Sterling. Centralbl. f. Bakt., Bd. 22, S. 334, 1896. — ^0 Breuer, Berl. klin. Wochenschr.. 1896, Nr. 47. — 30 Hädke, Dtsch. med. Woch.. 1897, Nr. 2. — 3i Curschmann, D. Unterleibstyphus (Nothnagels Handb. , 1898. S. 401. — 32 E. Fkänkel. Baumgart. Jahresb., 1898, Anm. S. 346. — 33 Land- mann, ref. Baumgart. Jahresb., 1896, S. 325. — 34 Remlinger & Schneider, Ann. Pasteur, vol. 11, p. 55, 1897. — 35 Remy, ibid., vol. 14, p. 555, 1900. — 30 Macconkey, Lancet, 1900, vol. 2, S. 20. — 37 Ali-Cohen, Centralbl. f. Bakt., Bd. 8, S. 161, 1890. — ** Pasquale, ref. Baumg. Jahresb., 1891. S. 249. — 39 Gabritschewski, Ztschr. f Hyg. u. Inf.-Krankh., Bd. 35, S. 104, 1900. — 4o Piorkowski, Berl. klin. Woch., 1899, S. 145. — 41 De rs., Dtsch. med. Woch., 1899, Ver. Beil., Nr. 7 u. 44. — 42 Ders., Münch. med. Woch., 1900. S. 87. — 43 Schütze, Ztschr. f klin. Med., Bd. 38, S. 1, 1899. — 44 Wittich, Centralbl. f Bakt.. Bd. 26, S. 390, 1899. — 45 Gebauer, Fort- schr. d. Med., Bd. 18, S. 21, 1900. — 4^ Chantemesse, Sem. med., 1889. — '' E. Fränkel, Dtsch. med. Wochenscbr., 1887, S. 101. — w Curschmann, Der Abdominaltypbus. S. 162, 1889. — 11 HÄDKE, Deutsche med. Wochenscbr., 1897, Nr. 2. — 12 Biffi & Galli, Riv. crit. di clin. med., 1901. 3. Die Züchtung der Typhusbazillen aus den Roseolafleeken. Die ZUclitmig der Typliusbazilleu aus den Roseolen ist schon früh- zeitig versucht worden, und bereits im Jahre 1886 berichtete Neuhauss ^ über 9 positive Befunde unter 15 Fällen, später gelang- es Tiemich^ bei 3 unter 7 Fällen, Rütimeyer'* bei 1 unter 6, Singer •^ bei 5 Fällen die Kultur. Die übrigen außerordentlich zahlreichen Roseolauntersuchungen seitens namhafter Bakteriologen und Kliniker, wie Gaffry^, Fränkel <.^ SiMMONDS **, SeITZ ^, ViLCHOUR S, MERKEL & GOLDSCHMIDT ^^ WiDAL & Chantemesse ^0^ Janowski^i, Grawitz^^, Curschmann ^3, hatten jedoch ein vollkommen negatives Ergebnis, obgleich sie anscheinend in ganz der- selben Weise angestellt waren, nämlich durch Verimpfung von Roseolen- blut auf Gelatine (Neuhauss) oder in flüssigen Agar (Tiemich). Es wurde daher, zumal in jener Zeit die Differentialdiagnose der Typhusbazillen noch nicht mit derselben Sicherheit wie heute gestellt werden konnte, die Richtigkeit der positiven Befunde allgemein angezweifelt, und her- vorragende Bakteriologen wie Kliniker sprechen sich für die Annahme aus, dass das Exanthem des Typhus auf Giftwirkung beruht. Durch die Untersuchungen von Neufeld ^^ Avurde jedoch der Grund der bisherigen Misserfolge aufgeklärt. Die Typhusbazillen sind in den Roseolen nämlich nur in sehr geringer Anzahl vorhanden und zwar in dem Gewebssafte derselben, nicht in dem Blute; sie können im Gegenteil durch das bei der Incision der Roseole ausströmende Blut, das eine starke baktericide Wirkung auf Typhusbazillen hat, in kürzester Zeit abgetötet werden. Um dies zu verhüten, muss das entnommene Material sofort in einem flüssigen Nährboden verdünnt werden. Die Anleguug der Kultur gestaltet sich demnach so, dass nach oberfläch- licher Reinigung der Haut mit Alkohol-Aethermischung mit einem scharfen Messer ein verdächtiger Hautflecken incidiert, darauf sofort mit der Spitze des Messers etwas Gewebssaft herausgekratzt und mit dem etwa ausfließenden Blutstropfen zusammen möglichst schnell von der Messerspitze in ein Bouillon- röhrchen abgespült wird. Am besten kratzt man aus derselben Incisionswunde noch mehrmals etwas Gewebssaft heraus und impft das Material in mehrere Bouillonröhrchen. Es empfiehlt sich, möglichst frisch aufgetretene Flecken in Angriif zu nehmen, da in den älteren die Bazillen allmählich absterben. Wenn man auf diese Weise mehrere verdächtige Flecken, etwa 3 — 5 zugleich in Untersuchung nimmt, so wird man fast ausnahmslos aus einem oder mehreren derselben Typhusbazillen in der Bouillonkultur erhalten. Daneben kommen 248 F. Neufeld, jedoch sehr häufig Staphylokokken, offenbar aus durchschnittenen Drüsenaus- führungsgängen stammend, zur Entwickelung, viel seltener findet man andere Verunreinigungen und fast nie solche, die irgendwie mit Typhus verwechselt werden könnten. Die Diflerentialdiagnose der gewachsenen Bazillen ist daher relativ einfach und es dürfte wohl genügen, die aus den Bouillonröhrchen ausgestrichenen Agarkulturen oder auch die Bouillonröhrchen selbst durch Zusatz von gut agglutinierenden Serum eines immunisierten Tieres zu prüfen; vereinzelte Staphylokokken, die etwa in den letzteren enthalten sind, stören die Agglutinationsprobe nicht. Auf diese Weise kann man in 24 Stunden aus den Bouillonröhrchen selbst ein sicheres Resultat haben. Noch besser ist es, nachdem dieselben etwa 8 Stunden im Brutschrank gestanden haben. Aus- striche auf Agar daraus anzulegen; dann hat man um dieselbe Zeit bereits eine Agarkultur, mit der man die Agglutinations- sowie die chemischen Proben anstellen kanu. Neufeld hatte l)ei dieser Art der Uiitersuelinng unter 14 Fällen 13 mal einen positiven Erfolg. Auch alle folgenden Untersncher be- stätigten diese guten Erfolge: Curschmann^^, Scholz & Krause i*', EiCHARDSON 1^, WiDENMAXN 1^, Seemann ^'-^ u. a. Ueber eine große Unter- sucbungsreihe mit 50 positiven Resultaten berichteten kürzlich Polacco c^ Gemelli 20; die Autoren gingen so vor, dass sie ein Gewebsstttck aus der Roseole excidierten und in Bouillon brachten. Von besonderem Interesse ist ein bisher nicht publiziertes Verfahren, welches Oberstabsarzt Schmiedicke schon vor längerer Zeit in einer Reihe von Fällen erprobt und dem Verfasser in liebenswürdiger AVeise zur Mitteilung überlassen hat: Man macht überhaupt keine Incision, sondern kratzt nach vorhergegangener Reinigung die die Roseole be- deckende Haut schichtweise ab und bringt die Gewebsstückchen in Bouillon. Man erhält hieraus eine Typhuskultur, ohne dass ein Tropfen Blut dabei geflossen ist — der beste Beweis dafür, dass die Bazillen im Gewebssaft und nicht im Blut der Hautflecken sitzen. Auch aus den unten noch zu erwähnenden Untersuchungen von E. Fränkel-1, (leni es gelang, nach Anreicherung der spärlichen Bazillen dieselben auch in Schnitten durch excidierte Roseolen aufzufinden, geht hervor, dass die Bakterien hauptsächlich in den Lymphspalten sich ansiedeln (vergl. unten S. 269). Wenn somit die Kultur aus den Roseolen die einfachste und sicherste Methode ist, um den Krankheitserreger aus dem Körper zu gewinnen, so ist ihr praktischer Wert natürlich von vornherein dadurch begrenzt, dass die spezifischen Hautflecken eben nicht in jedem einzigen Typhus- talle auftreten und dass ferner durch ihr Auftreten an sich die Diagnose erheblich au Wahrscheinlichkeit gewinnt. Bekanntlich ist jedoch das Aussehen des Typhusexauthems keineswegs so charakteristisch, dass man es von anderen Hautflecken, z. B. den bei septischen Infektionen auftretenden mit Sicherheit unterscheiden könnte; mindestens genügen die ersten spärlichen, frisch aufschießenden, hellroten Flecke, die gerade für die kulturelle Untersuchung die besten Chancen bieten, erfahrungs- gemäß nicht für die Diagnose aus dem bloßen Anblick. Dazu kommt neuerdings noch die Dififerentialdiagnose gegenüber dem »Paratyphus« (s. u.). Die Fälle von Paratyphus verlaufen meist mit einem sehr reich- lichen Exanthem und die bakteriologische Untersuchung des- selben dürfte sich vielleicht als der einfachste Weg zur Diag- nose auch dieser Krankheit herausstellen. Typhus. 249 Die Zeit des Auftretens der Hautfleckeu ist in der Regel das Ende der ersten oder der Beginn der zweiten Kranlvlieitswoehe (nach Hünek- mann23 lianptsächlicli der 23. und 24. Tag uacli der Infektion), — - eine Zeit also, in der eine bakteriologische Sicherung der Diagnose in den meisten Fällen noch recht wünschenswert erscheint. Was den Vergleich mit den anderen bakteriologischen Methoden anlangt, so hat die Er- fahrung gezeigt, dass in der Mehrzahl der Fälle die Roseolenuuter- suchung immer noch früher zum Ziele führt, als die der Faeces und als die Agglutinationsprobe (Neufeld i^, Richardson ^'). Wenn eine typisch ausgebildete Roseola bisher als ein fast sicheres diag- nostisches Zeichen für Typhus gegolten hat, so mahnen die interessanten, unten in einem eigenen Abschnitte zu besprechenden Beobachtungen von Scitott- müller22 und anderen über »Paratyphus«, d.h. eine typhusäbnliche, aber durch einen andern Bacillus verursachte Krankheit auch in dieser Hinsicht zur vor- sichtigen Beurteihmg. Die Fälle von Paratyphus verliefen nämlich zum größten Teil mit deutlichem Roseolaexanthem, und in einem Falle gelang es Brion & Kayser24^ auch aus deu Roseolaflecken den Bac. paratyphosus zu züchten. Es ergiebt sich daraus die Forderung, so ist künftig die Identifikation auch der aus Roseolen gewonnenen Kulturen in dieser Richtung sicherzustellen. Es sei daher hervorgehoben, dass die von Neufeld i^ aus Roseola gezüchteten Bakterien in allen Fällen durch den PFEiFFERSchen Versuch als echte Typhus- bazillen bestätigt wurden. Litteratur. 1 Neuhauss, Berl. klin. Wocheuscbr., 1886, Nr. 6 u. 24. — ^ Tiemich, Dtsch. med. Wochenschr., 1895, Nr. 31. — ^^ Rütimeyer, Centralbl. f. klin. iMed., 1887, Nr. 9.-4 Singer, Wiener klin. Wochenschr., 1890, Nr. 15. — 5 Gaffky, Mitt. Kais. Ges.-Amt. Bd. 2, 1884. — f' Fränkel & Simmoxds. Dtsch. med. Wochenschr., 1886, S. 662. Ztschr. f. Hyg., Bd. 2. S. 145, 1887. — ' Seitz, Bakteriol. Studien zur Tjqjhus-Aetiologie. München 1886. — « Viltchour, Lancet. 1886, Bd. 2. — '' Merkel & Goldschmidt, Centralbl. i klin. Med.. 1887. Nr. 22. — lo Widal & Cha.vtemesse, Arch. de phvsiol. norm, et pathol,, 1887. — i^ Janowski, Centralbl. f. Bakt.. I. Abt., Bd. 5, S. 657, 1889. - i-' Gkawitz, Charite-Annalen. Bd. 17, 1892. — 13 Curschmann, Monographie: D. Unterleibstyphus, S. 113 u. 162, 1898. — i4 Neufeld, Ztschr. f. Hyg. n. Inf.-Krankh., Bd. 30, Ö. 498, 1899. — iü Curschmann, Münch. med. Wochenschr., 1899, Nr. 48. — iß Scholz & Krause, Ztschr. f. klin. Med., Bd. 41, S. 403, 1900. — i" Riciiardson, Philadelphia med. Jonrn . 1900, March 3. Journ. of the Boston Soc. of med. Scienc. vol. 4, p. 110, 1900. — i'^ Widenmann. Deutsche militärärztl. Zeitschr., 1901, S. 44. — w Seemann, Wien, klin. Wochenschr., 1902, Nr. 22. — 20 Polacco & Ge.melli. Centralbl. f. inn. Med., 1902. — 21 E. Fr.A-Nkel. Ztschr. f. Hyg. u. Inf-Krankh., Bd. 34, S. 482, 190O. — -- Schottmüller. Dtsch. med. Wochenschr., 1900, Nr. 32 und Ztschr. f. Hyg., Bd. 36, S. 368, 1901. — 23 Hünermann, Dtsch. militärärztl. Ztschr., 1901, H. 7. 4. Die Züchtung der Bazillen aus dem zirkulierenden Blute. Um die Typhuserreger im zirkulierenden Bhite zu finden, ist es unumgänglich, dieselbe Methode wie l)ei der Untersuchung der Roseolen anzuwenden, d. h. eine sofortige und möglichst ausgiebige Verdünnung des Blutes vorzunehmen, um die baktericiden Eigenschaften desselben auszuschalten. Dies ist, nachdem früher Kühnau'-* auf ähnlichem Wege weniger gute Resultate erzielt hatte, (vermutlich deswegen, weil er die Verdünnung des Blutes nicht schnell genug vornahm) in systemati- scher und erfolgreicher Weise zuerst von Castellani^ sowie von SciiOTTMÜLLERio geschehen. Theoretisch wurde die Notwendigkeit, auch bei Untersuchung des zirkulierenden Blutes auf Typhus- bazillen eine sofortige ausgiebige Verdünnung vorzunehmen und der 250 F. Neafeld, prinzipielle Gegensatz dieser Methodik zu der bei septikämischeu Krank- heiten Ublielien bereits von Neufeld ^ im Zusammenhang mit seinen Eoseolenuutersuchungen begründet. Von den Blutuntersuchungeu bei septikämiseheu Krankheiten her war man vielfach gewöhnt, die bakterio- logische Bhituntersuchung nach ganz entgegengesetzten Gesichtspunkten , auszuführen: hier erhielt mau gute Eesultate, wenn man das ge- wonnene Blut einige Stunden zur Gewinnung klaren Serums stehen ließ. Die im Blute enthaltenen Streptokokken oder Staphylokokken gehen nämlich in das sich abscheidende Serum über, ohne von demselben ge- schädigt zu werden, ja sie können sich in dem reinen Serum, wenn man dasselbe in den Brutschrank stellt, weiter entwickeln. Bei der Uuter- suclmng auf Typhusbakterien dagegen würde diese Methode kaum jemals zum Ziel führen; man erhält, wie Neufeld beobachtete, sogar dann, wenn man einen Schröpfkopf über dicht stehende Roseolen appliziert, so dass eine ganze Reihe derselben eröffnet werden, in dem Schröpf- kopfblute keine Bazillen, da dieselben schnell darin zu Grunde gehen. Dem entspricht das Experiment, welches lehrt, dass Typhusbazillen von normalem menschlichen Serum energisch abgetötet, virulente Strepto- und Staphylokokken dagegen, wie sie als Sepsis- resp. Pyämieerreger im Blute vorkommen, gar nicht beeinflusst werden, sondern im Gegenteil ganz gut darin gedeihen. In einer anderen Hinsicht dagegen muss sich die Blutuntersuchung bei Typhus an die bei septikämiseheu Krankheiten insbesondere durch Petrusc'hky gewonnenen Erfahrungen anschließen, indem nämlich mög- lichst große Blutmengen , etwa 10 — 20 ccm, zur Verarbeitung kommen müssen (Stern 2<', Küiinau-^, Sciiottmülleriö). Castellaxi^' =^' "^ und Schottmüller lo haben durch systematische Blutuntersuchungen nach einer geeigneten Methode bewiesen, einen wie guten Prozentsatz positiver Resultate man auf diesem Wege erhalten kann. Das Blut wird, natürlich unter aseptischen Kautelen, aus der Vena mediana entnommen und sofort in flüssigen Nährboden gebraclit, und zwar so, dass eine ausgiebige Verdünnung eintritt. Castel- lani hatte zunächst, als er das entnommene Blut in Bouillonröhrchen brachte, negative Resultate, dagegen erhielt er ausgezeichnete, sobald er geringe Mengen des Blutes (10 — 40 Tropfen) mit großen Mengen Bouillon mischte. Schottmüller, der von allen Autoreu über die größten Untersuchungsreihen verfügt, bringt das Blut in flüssig ge- machten Agar, so dass mindestens eine Verdünnung 1 : 3 eintritt, und gießt Platten. Das Verfahren ist etwas umständlicher und führt lang- samer zum Ziel, da die Entwicklung der Kolonieen auf den Platten, offenbar infolge der hemmenden Wirkung des Blutzusatzes stark ver- zögert ist; dafür gestattet die Methode eine Keimzählung. Die Erfolge des Autors waren sehr gute (s. u.). Ebenfalls mit gutem Erfolge haben alsdann Auerbach & UxVGer^, Scholz & Krause •>, Courmont^, Stefa- nelli*, Hewlett 2^ in zahlreichen Fällen das Blut Typhuskranker unter- sucht. Am besten verteilt man es in mehrere große, mit Bouillon gefüllte ERLENMEYERSche Kölbcheu, und bringt diese in den Brutschrank; dies Verfahren ist einfacher, als wenn man nach Kühnau^ das zuvor mit Bouillon verdünnte oder nach Schottmüller lo das unverdünnte Blut mit flüssigem Agar mischt und zu Platten ausgießt. Die besten Erfolge hatten Castellani ^ mit 12 positiven Erfolgen unter 14 Fällen, Schott- müller mit 40 unter 50, derselbe Autor in einer zweiten Serie mit 58 von 69, Auerbach & Unger^ mit 7 unter 10, Hewlett-^ mit 20 Typhus. 251 von 24, C(>le25 mit 11 vou 15 Fällen. Die güustigste Zeit für die Blutuutersiicliuug scheint die Eruptiouszeit der Koseolen zu sein, wo offenbar ein besonders reichliches »Ausschwärmen« der Bazillen in das Gefäßsystem stattfindet; doch gelingt der Nachweis auch in Fällen, wo gar kein Exantlieni auftritt, sowie bei milde verlaufender Krankheit. Niemals aberfindet man, was praktisch sowie theoretisch von großem Interesse ist, die Bazillen in fieberfreier Zeit im Blute. Macht man die Aussaat in Bouillon, so muss man darauf gefasst sein, die Typhusbazillen als schwach bewegliche oder unbewegliche Stäbchen, oder auch im Zustande der Agglutination resp. des fadenförmigen Wachs- tums zu sehen; dies beruht auf der wachstumshemmenden und aggluti- nierenden Eigenschaft des beigemischten Blutes. Dieselbe Beobachtung kann man übrigens gelegentlich bei der Roseolenuntersuchung machen, falls den Röhrchen reichlich Blut zugefügt ist. Den guten Resultaten gegenüber, welche man nach den beschriebenen Me- thoden erhält, haben die früheren Versuche nur noch historisches Interesse. Ganz unzulänglich erwies sicli, ebenso wie ])ei den Blutuntersuchuugen von septikämisch Kranken, die Untersuchung des Fingerblutes; SeitzI', Merkel & GoLDSCHMiuT 12 ^j^^ Janowski ^^ u. a. erhielten auf diese Weise niemals die Bakterien und die besseren Resultate, die einige andere Autoren erhalten haben wollen (Meisels^^, Silvestriki^^j^ können einer ernsten Kritik nicht standhalten. Aber auch die Untersuchung des Venenblutes blieb weitaus in den meisten Fällen resultatlos (Lucatello ^^\ .Tanowski 1'\ Stagnitta i", ÜRßAN^® u. a.). Die Möglichkeit, auch auf einfachen Gelatineplatten gelegent- lich, sobald nämlich das Blut schnell mit der Gelatine verdünnt wird, einen Erfolg zu haben, wie es Fkänkel & Simmonds in einem Falle (von 6 unter- suchten) schon 18861^ gelang, ist heute leicht einzusehen. Auch mehrere andere Autoren, wie Pasqitale20, Tiemicii^', Block 22 berichten über je einen positiven Befund. Einer methodischen Anwendung ist die Blntunter- suchuug aber nur in der oben geschilderten Weise fähig. Die bisherigen Erfolge fordern zu weiteren Versuchen mit der direkten Aussaat größerer Blutmengen auf, besonders in solchen Fällen, wo noch keine Roseolen aufgetreten sind. Das Verfahren hat ferner den Vorzug, dass es die Möglichkeit gewährt, in Fällen, wo für die Diagnose außer Typhus noch Pneumonie oder Sepsis (cvent. auch Pest) in Betracht kommen, die Erreger der letzteren Krankheiten in der Kultur zu erhalten. Nach den neuesten Erfahrungen sind ja besonders bei Pneumonie die Aussichten auf positiven Erfolg recht gute (PK0CHASKA2:i). Bei der Identi- fikation der aus dem Blut erhaltenen Kulturen ist man natürlich viel weniger Irrtümern ausgesetzt, als bei der Faecesuntersuchung, Avas eine erhebliche Erleichterung bedeutet; etwaige Verunreinigungen wird man ohne große Mühe als solche aussondern. Größere Schwierigkeit kann dagegen nach Schottmüller '*^ das Vorkommen von Paratyphusbazillen im Blute verursachen, vergl. hierüber weiter unten S. 279. Litteratur. 1 Neufeld, Ztschr. f. Hyg. u. Inf.-Krankh., Bd. 30, S. 508-510, 1899. — ^ Ca- •STELLANi, La settimana medica, 1899. Nr. 3. — '^ Ders., Riforma medica. 1900, p. 63 e 76. — * Ders., Centralbl. f. Bakt., I. Abt., Bd. 31, S. 477, 1902. — 5 Auer- bach & ÜNGER, Dtsch. med. Wochenschr., 1900, Nr. 49. — *5 Scholz & Krause, Ztschr. f. klin. Med., Bd. 41, S. 403, 1900. — ' Courmont, See. des hopitaux de Paris. 27. XII. 1901.— « Stefanelli, Rivista di critica medica. 1901. — ^ Kühnau, Ztschr. f. Hyg. u. Inf.-Krnnkli.. Bd. 25. S. 492. 1897. — w Schottmüller, Dtsch. 252 F. Neufeld, med. Wochenschr.. 1900, Nr. 32; Ztschr. f. Hyg. u. Int'.-Krankh.. Bd. 36, S. 368, 1901. — 11 Seitz. Bakt. Studien z. Typhus-Aetiol. München 1886. — 12 Merkel & GoLDRCHMiDT. Ccntralbl. f. klin. Med., 1887. Nr. 22. — « Janoavski. Centralbl. f. Bakt, I.Abt., Bd. 5. S. 657, 18S9. — i* Meisels, Wien. med. Wochenschr., 1886. — 15 SiVESTRiNi. Eivista gener. di clinica med., 1892, p. 330, 394. — if' Lucatello, Bollet. d. K. Accadem. di Genova, 1886. Nr. 8. — " Stagnitta. Rif. med.. 1890, Nr. 239. — 18 Urban, Wien. med. Wochenschr., 1897, Nr. 32 u. 35. — i'> P'ränkel & SiMMONDS, Dtsch. med. Woclieuschr., 1886, S. 662. — -<• Pasquale, Giornale med. del. R. Esercito e della R. Marina. 1891. — ^i Tiemich, Dtsch. med. Wochenschr., 1895, Nr. 34. — 22 Block. Johns Hopk. Hosp. Bull., vol. 8, p. 119, 1897. — 23 Prochaska, Dtsch. Arch. f. klin. Med.. Bd. 70, S. 559, 1901. — 2* Hewlett, Med. reoord, 1901. — 2.-, C'ole, Johns Hopk. Hosp. Bull.. Jiüi 1901. — 2r, Stern, Samml. klin. Vortr., N. F., No. 138, 1895. 5. Resume über die Leistungen der bakteriologischen Typhus- diagnostik. Ihre Ergänzung durch die Widalsche Reaktion. Neben den drei im vorstehenden beschrieljenen Methoden, die bak- teriologische Diagnose am Krankenbett zu stellen, nämlich ans den Stuhl- entleerungen, den Roseolen und dem Venenblute kommen andere Mög- lichkeiten praktisch wenig in Betracht. Am meisten Aussicht bietet noch die Untersuchung des Urins, da in ihm Bazillen, wie unten ausgeführt werden wird, recht häufig auftreten und dann sehr leicht daraus zu züchten sind; in den meisten Fällen erscheinen sie aber im Harn erst zu spät, fils dass man den Befund anders als zur Bestätigung der bereits gestellten Diagnose verwerten könnte. Zur Bestätigung der Diagnose ist jedoch die Züchtung der Bazillen aus dem Urin in vielen Fällen sehr willkommen. Dass man die Typhusbazillen im Sputum, in der Punktionsflüssigkeit eines pleuritischen Exsudats oder im Eiter eines metastatisch aufgetretenen Abszesses findet, ist ein zu seltenes Ereignis, um als reguläres Hilfsmittel zur Diagnose in Betracht zu kommen, ab- gesehen von dem meist recht späten Auftreten auch dieser Kompli- kationen: gelegentlich wird natürlich in zweifelhaften Fällen auch die Gewinnung der Bazillen aus einer dieser seltneren Fundstellen die Diagnose sichern können. Die beschriebenen drei Wege des Bazillennachweises liefern jedoch dem sorgfältigen Untersucher hinreichend gute Resultate, um die Möglichkeit hinzustellen, fast bei jedem Typhusfalle auf einem dieser Wege die Bazillen zu züchten; man ist daher bei der Unsicherheit, die der klini- schen Diagnose unserer Krankheit immer noch anhaftet, und welche durch die bereits mehrfach erwähnten Beobachtungen Schottmüllers u. a. neuerdings in überraschender Weise ver- mehrt worden ist, wohl zu der Forderung berechtigt, dass in denjenigen Anstalten, welche über die erforderlichen Hilfsmittel und geschulten Hilfskräfte verfügen, dieser Nachweis auch in jedem Falle versucht wird. Als das ein- fachste Vorgehen hierzu möchte Verf. folgendes empfehlen: in allen Fällen wo Roseolen bestehen, zunächst ausschließlich diese zu unter- suchen, in fieberhaften Fällen ohne Exanthem dagegen eine Blutentnahme zu machen und daraus Kulturen anzulegen, einen kleinen Rest des Blntes aber zur Agglutinationsprüfung zu verwenden. Erst wenn man auf diesem Wege kein Resultat erhält (was sich bereits in 24 Stunden über- sehen lässt), möge man an die Untersuchung der Faeces gehen; nur da, wo flüssiger Stuhlgang vorhanden ist, möchte Verf. eine Ausnahme zu Gunsten der sofortigen Stuhluntersuchung machen. Typhus. 253 Schwieriger ist uatürlich die Diagnose der ganz leichten, mitunter fast symptomlos verhiufenden Typhusfälle ; hier h\ssen uns die klinischen Symptome mehr oder Aveniger vollständig im Stich, Roseolen treten nicht auf und ein einigermaßen regelmäßiger und andauernder Uehergang der Bazillen ins lUut, wie er für das Gelingen der Kultur Bedingung ist, findet nach allgemeiner Annahme bei tieberlosen Zuständen nicht statt. Hier bleiben uns nur die Untersuchung der Faeces sowie daneben noch die sogleich zu erwähnende WiDALSche Probe übrig, doch sind wir über die Leistungen beider Methoden für diese Fälle bisher nur unvollkommen unterrichtet. Au dieser Stelle niuss auch der Agglutinationsprobe gedacht werden, um kurz ihre Bedeutung gegenüber den soeben besprochenen Me- thoden der bakteriologischen Typhusdiagnose zu kennzeichnen, während alles Weitere, sowohl was die Ergebnisse als was die Technik und die theoretische Begründung des Verfahrens anlangt, erst im III. Baude, im Zusammenhange mit der Immunität dargestellt werden wird. Das Verfahren beruht auf der Thatsache, dass der menschliche wie der tierische Körper auf die Einführung des Typhusgiftes mit der Bildung von speziüschen Iteaktions})rodukten antwortet. Von diesen sind uns bisher zwei bekannt: nämlich die s])czifischen Baktcriolysine und die Agglutinine. Beide sind bereits oben bei Gelegenheit der Difierentialdiagnostik des Typhusbacillus erwähnt w^orden, da sie das sicherste Unterscheidungsmittel zwischen Typhus- und typhusähnlichen Bazillen darstellen. Diese »Antistoffe « besitzen nändich eine ganz exklu- sive und spezifische Wirkung auf echte Typhusbazillen, während ihnen eine solche allen anderen Bakterien gegenüber abgeht. Bringt man also ein Blutserum, dessen Gehalt an diesen spezifischen Stoffen bekannt ist, mit einem fraglichen Bacillus zusammen, so kann mau erkennen ob derselbe ein Typhusbacillus ist oder nicht. Während die Einwirkung der bakteriolytischen Antikörper in der Weise studiert werden muss, dass mau kleine Mengen des Serums zusammen mit an sich tödlichen Dosen des Bacillus in die Bauchhöhle von Meerschweinchen einbringt, äußern die uns hier interessierenden Agglutinine ihre Wirksamkeit im Reageuzglase, indem sie die sonst isolierten und beweglichen Bazillen zu größeren oder kleineren Haufen zusammentreten lassen, wobei die Beweglichkeit der einzelnen Bakterien mehr oder weniger vollständig aufgehoben wird. Das Charakteristische ist nun, dass ein spezifisches Serum diese Wirkung- schön in ziendich erheblicher Verdünnung zeigt; denn auch normales »Serum besitzt in vielen Fällen, wenn es unverdünnt oder in geringer Ver- dünnung auf die Bazillen einwirkt, einen durchaus ähnlichen Einfluss. Nun kann man umgekehrt auch ein Serum darauf prüfen, ob es spezifisch gegen Typhusbazilleu gerichtete Stofte enthält, indem mau es in gleicher Versuchsanordnung mit einer echten Typhuskultur zusammen- bringt; man kann aus dem Nachweise dieser spezifischen Stoffe den Schluss ziehen, dass der Organismus, dem das Serum entstammt, unter dem Einfluss von Typhusgiften gestanden hat. So benutzten zuerst Pfeiffer & Kolle die bakteriolytischen Antikörper zu einer retrospektiven Diagnose, indem sie Rekonvaleszenten Blut entzogen, um hieraus die Natur der vorhergegangenen Krankheit festzustellen. Grubek beobachtete darauf, dass auch die agglutinierenden Stoffe sich bei Typhusrekonvaleszenten, ebenso wie bei immunisierten Tieren, im Blute voriinden. Widal fand alsdann, dass nicht nur l)ei Rekonvales- zenten, sondern auch schon im Verlaufe der Erkrankung, ja oft schon 254 F. Neufeld, in eleu ersten Stadien derselben das Blut der Patienten eine ag-g'luti- nierende Wirkung auf Typliusbazillen gewinnt: hierdurch war die Agglutinationsprobe ein klinisch brauchbares Hilfsmittel für die Typhusdiagnose geworden. Als solches ist sie der Gegen- stand ungezählter Publikationen geworden und hat sich, wenngleich sie anfangs von manchen Seiten stark überschätzt wurde, eine hervorragende Stellung in der Diagnostik gesichert. Um Irrtümern zu entgehen, ist jedoch unbedingt darauf zu achten, dass die Agglutinatiousprobe in der Weise vorgenommen wird, dass die Verdünnung, bis zu welcher das betreifende Blut eine Typhuskultur agglutiniert, unter den später zu erwähnenden Kauteleu festgestellt wird, und dass ein positiver Ausfall der Probe erst von einer bestimmten Ver- dünnung an, die jedenfalls nicht niedriger als 1:30 liegen sollte, ange- nommen wird. Dies ist deswegen unerlässlich , da in niedrigeren Ver- dünuuugsgraden auch normales Serum gelegentlich dieselbe Wirkung haben kann. Ferner ist nur bei positivem Ausfjill der Agglutination ein diagnostischer Schluss zulässig; ist das Resultat negativ, so kann es sich trotzdem um einen Typhus handeln. Denn es hat sich gezeigt, dass die WiDALsche Reaktion in nicht ganz seltenen Fällen Avährend der ganzen Dauer des Typhus fehlen kann; zu Beginn der Krankheit ist sie über- haupt nur ausnahmsweise vorhanden und in der ^lehrzahl der Fälle tritt sie erst zu einer Zeit auf, wo es möglich ist, die Diagnose durch die klinische Untersuchung sehr wahrscheinlich zu machen, oder durch die bakteriologische sicherzustellen. So ist sie nicht geeignet, andere Untersuchungsmethoden überflüssig zu machen, sondern bietet eine höchst wertvolle Ergänzung- derselben. B, Vorkommen der Typhusbazillen in den übrigen Organen. 1. Typhusbakteriurie und Typhuscystitis. — Epidemiologische Be- deutung der Urininfektion. Außer im Darm, im Blut, in der Milz und in dem spezifischen Exan- them finden wir den Typhusbacillus noch an zahlreichen anderen Stellen mehr oder weniger häufig lokalisiert; diese Lokalisationen haben aber verhältnismäßig selten ein diagnostisches, sondern vorwiegend allgemein- pathologisches Interesse. Eine der häufigsten dieser Lokalisationen und jedenfalls praktisch die allerwichtigste ist die in den Harnwegen. Ueber gelegentliches Vorkommen des Typhuserregers im Harn be- richteten bereits 1886 Hüeppe^ und Seitz^, eine größere Zahl von zu- verlässigen Untersuchungen verööentlichten zuerst Konjajeff^ und Neumaxn^ (1888). Die Richtigkeit dieser Befunde wurde jedoch bei der Unvollkommenheit der damaligen Identifizierungsmethodeu vielfach an- gezweifelt und ihre epidemiologische Bedeutung nicht erkannt. Erst Petkuschky-^ stellte 1898 die große praktische Bedeutung der Infektion der HarnAvege, die enorme Menge der ausgeschiedenen Bazillen und die wochenlange, sich oft weit in die Rekonvaleszenz hinziehende Dauer der Ausscheidung fest. Weitere eingehende Untersuchungen lieferten Horton- Smith 6- ", RichardsonS' 9, Neufeld lö^ welche die Häufigkeit der Bakterienaus- scheidung durch den Urin auf etwa 1/4 '^ügi' Fälle feststellten, die lange Dauer und das relativ späte Auftreten des Zustaudes für die Mehrzahl der Fälle bestätigten, und in dem Urotropin ein Mittel fanden, welches in fast allen Fällen die Bakterien schnell und vollständig aus dem Urin Typhns. 255 zum Verschwinden bringt. Dabei beobachteten sie jedoch, dass in niclit seltenen Fällen eine einmal zum Verschwinden gebrachte Bakteriurie rezidivieren kann, offenbar indem eine neue Infektion der Harnwege durch einen sich öffnenden Niercuherd stattfindet. Es ist gewiss auffallend, dass eine so häufige und epidemiologisch so außerordentlich wichtige Komplikation des Typhus, wie die Bakteri- urie, die sich außerdem noch so einfach feststellen lässt, erst so spät anerkannt und gewürdigt worden ist. Noch vor wenigen Jahren stand man allgemein auf dem Standpunkte, dass neben den Faeces alle übrigen Ausscheidungswege praktisch kaum in Betracht kämen und man stellte wohl häufig, wie es u. a. von Curschmanxi^ ausgesprochen wurde, die Gefahr der Krankheitsübertragung durch den Urin in eine Linie mit der durch den Auswurf. Gewiss geben von den früheren Untersuchungen manche zu Bedenken Anlass, z. B. die Befunde von Kaulinski ^^, welcher öfters die Bazillen schon ganz zu Beginn, am 3. Krankheitstage, im Urin zu finden glaubte, die von Silvestrini ^^ und Wric^ht & Semple ^% welche sie fast in jedem Falle nachgewiesen haben wollten, ferner auch BoüCHARDs^^ aus dem Jahre 1881 stammende Angaben; in den meisten Fällen dürften jedoch die früheren Befunde richtig gewesen sein. Außer den schon genannten seien die Arl)eiten folgender Autoren aufgezählt: Baart de la Faillei^, Silvestrini i^, Besson^^, Rostocki^s, SCIIICHOLD^O, BÖSEXBliRG^l, UrBAN22, GwYN^S, YoUNG^*, A. FiSCHER^S, Schüder26^ Fuchs 2", Burdach 28^ Ichikawa & Kabaike29j Loida^^, COLE -18. Die Beobachtungen der neueren Autoren stimmen im wesentlichen gut miteinander ül)erein. Danacli treten die Typhusbazillen etwa in 1 4 bis 1/3 aller Fälle im Urin auf. Sie erscheinen frühestens gegen Ende der zweiten Woche, meist aber erst später und am häufigsten erst in der Rekonvaleszenz ; ja noch bis zur dritten und vierten Woche nach der Entfieberung muss mau auf das Eintreten der Bakteriurie gefasst sein. In manchen Fällen sind die Bazillen wenig zahlreich und bedingen keine sichtliche Veränderung des Urins; in der Regel aber treten sie plötzlich so massenhaft auf, dass der vorher klare Urin von einem Tage zum andern völlig getrübt erscheint. Es ist diese Thatsache insofern wichtig, als sie auch da, wo eine bakteriologische Untersuchung nicht gemacht werden kann, den dringenden Verdacht auf Bakteriurie und die Einleitung entsprechender Maßnahmen rechtfertigt. Die Zahl der ausgeschiedeneu Bazillen ist meist eine sehr große und kann mehr als 100 Millionen im ccm betragen (Petruschky^). Bisweilen tritt gleichzeitig etwas Albumen oder leichter Blutgehalt auf; falls jedoch Zeichen einer schweren Xierenaffektioti bestehen, so kann es wohl fraglich sein, ob diese mit der Bazillenausscheiduug in einem ursächlichen Zusammenhange steht. In der großen Mehrzahl der Fälle fehlen auch alle ernsten Symptome seitens der Blase: der Harn ist un- verändert sauer, enthält nur wenige Leukocyten und außer etwa einem leichten Brennen der Harnröhre beim ersten Auftreten der Bakterien findet sich absolut keine subjektive Störung. Gerade des symptomlosen Verlaufes wegen wird die Affektion so leicht übersehen und die Weiter- verbreitung der Krankheit auf diesem Wege erleichtert. Sehr viel seltener sind die Fälle, in denen als Reaktion auf die Bazillenwucherung im Harn eine bisweilen ziemlich schwere und fast immer recht protra- hierte Cystitis entsteht, wobei der Urin sauer bleibt, reichlich Eiter ent- hält und oft erhebliche Beschwerden bestehen. Ein derartiger Fall ist 256. F. Keufeld. wohl zuerst von Melchior 30, weitere von Blumer ^i, Krogius^s, Levi & Lemierre^ö beschrieben worden; auch in den Berichten der oben er- wähnten Autoren, insbesondere bei Eichardson'*' '^, Horton- Smith", sind Fälle mit mehr oder weniger heftiger Cvstitis enthalten. Eine ein- gehende Darstellung fand die Cystitis typhosa durch Curschmann^-. Uebrigens finden sich alle Uebergänge von symptomloser einfacher Bakteriurie zu schwerer Cystitis. lieber eine, durch Reininfektion mit Typhusbazillen hervorgerufene sehr schwere Blasen- und Nierenerkrau- kung berichtet Kovsing^^; es fanden sich neben Cystitis eine Nephritis suppur., Pyonephrose und Nephrolithiasis. Ist eine typische Bakteriurie aufgetreten, so pflegt sie ohne Behand- lung nicht so leicht zu verschwinden, sondern bleibt meist mehrere Wochen, nicht selten auch einige Monate bestehen. Vielleiclit kommen sogar Ausnahmefälle vor, in denen der Typbusbacillus jahrelang in der Blase persistiert. So ist von YouNG^a ein Fall beschrieben worden, wo ein Patient mit Blasenbeschwerden in dasselbe Hospital wieder aufgenommen wurde, aus dem er vor 5 Jahren als von Typhus geheilt ent- lassen worden war; es wurden im Urin Typhusbazillen gefunden. Ferner hat HorsTON ''^ als Ursache einen seit 3 Jahren bestehenden Cystitis Typhus- bazillen gefunden, und zwar ohne dass anamnestisch ein Typhus festgestellt werden konnte; Houston nimmt daher eine latent verlaufende Erkrankung an. So interessant ein solches Vorkommnis wäre, so kann sich Verfasser durch die Beschreibung der fraglichen Kultur nicht für ganz überzeugt erklären. Auch in dem Falle von Young ist leider nur eine Agglutinationsprobe mit dem Serum eines typhuskranken Menschen (bei 1:100) vorgenommen worden, so dass auch dieser nicht als völlig sichergestellt angesehen werden darf. Auf diese Weise zieht sich der Zustand oft bis in die Rekonvales- zenz hinein und es sind Fälle bekannt, wo Patienten ndt noch bestehen- der massenhafter Bakterienausscheidung als geheilt entlassen werden mussten. Gerade diese lange Persistenz der Bakteriurie bedingt neben der enormen Zahl der Bakterien praktisch eine so große Gefahr, auf die bei Erörterung der epidemiologischen Verhältnisse noch zurückzu- kommen ist. Was die Pathogenese des Zustandes anlangt, so kommt die frühere Vorstellung einer einfachen »Ausscheidung« pathogener Mikroorganismen durch die unveränderte Niere, gleichsam als einer zweckmäßigen Schutz- maßregel des Organismus, heute nicht mehr in Betracht. Diese Anschau- ung ist durcli die Versuche von WYSsoKovviTSCii^ä widerlegt worden und die oft wiederholten Versuche, sie von neuem zu Ehren zu bringen, sind gescheitert. Auch die Ansicht von Kürth^ö, dass die Bazillen von außen her durch die Harnröhre einwandern, muss als irrtümlich angesehen werden. Dagegen spricht schon das überwiegende Auftreten in der Rekonvaleszenz; auch die Annahme, dass vorwiegend Frauen befallen würden, Avird durch größere Statistiken nicht bestätigt. Ob dagegen die noch zu erwähnende nicht ganz selten im Lauf eines Typhus eintretende Infektion des Urins mit Bact. coli vielleicht von außen her, oder ob sie in derselben Weise wie die Infektion mit Typhusbazillen erfolgt, lässt sich bisher nicht sagen. Wir dürfen wohl der zuerst von Konjajeff' ausgesprochenen An- nahme folgen, dass sich die Bakterien zunächst in den Niereu ansiedeln und hier kleine metastatisclie Herde bilden, ehe sie in den Urin über- gehen. In der That konnte der Autor derartige, meist dicht unter der Typhus. 257 Nierenkapsel gelegene, kleine nekrotische Herde nachweisen, und aus den- selben Typhusbazillen durch Kultur und in gefärbten »Schnitten erhalten. Wir können diese Nierenmetastasen pathologisch wohl als gleichwertig den Hautmetastasen, den Eoseolen auffassen, die nach E. FränkelsS» Untersuchung (s. u.) ebenfalls kleine nekrotische Herde darstellen. Angelegt werden diese Xierenmetastasen aller Wahrscheinlichkeit nach schon zur Zeit der Fieberhölie und des Entstehens der Roseolen, wo wir ein reichliches x\usschwärmen der Bazillen in alle Organe an- nehmen müssen; sie können dann offenbar längere Zeit besteben, ehe sie sich nach den Harnwegen öffnen. Es ist leicht begreiflich, dass oft in demselben Falle mehrere solcher kleinen Herde bestehen, die zu verschiedenen Zeiten eine Kommunikation mit den Harnwegen finden; so lässt sich das häufige Ereignis des Rezidivierens einer spontan oder durch medikamentöse Behandlung geheilten Bakteriurie erklären. Von größter praktischer Wichtigkeit ist es, dass wir in dem Uro- tropin ein Mittel besitzen, um in fast allen Fällen die Bazillen aus dem Urin schnell zum Verschwinden zu bringen. Während andere ähnliche Mittel, wie Salol nach den Erfahrungen von Richardson^ und Cürschmann32^ ferner auch Blasenausspülungen (Richardson) unwirk- sam sind, fanden Richardson ^^ Hortox-Smith^ und Neufeld lo^ dass nach mäßigen, ohne Beschwerde zu nehmenden Dosen (1,5 — 3,0 pro die) Urotropin meist schon am ersten oder zweiten Tage der Harn völlig steril ist. Auch bei Aussaat in Bouillon und genügender Verdünnung erhält man dann kein Wachstum mehr, wie hier gegenüber der gegenteiligen, allerdings ohne jede eigene Erfahrung von SciiUMBURG^^ ausgesprochenen Annahme festgestellt sei. Damit sind auch alle Spekulationen, welche der Autor daran knüpft, hinfällig. Da es sich um eine Frage von praktischer Wichtigkeit handelt und ScHUMBURG so Weit geht, vor der Urotropinbehandhmg, über die er selbst keine Erfahrung besitzt, geradezu zu »warnen«, und da ferner die Schum- BURGSche Arbeit von mehreren Seiten in ganz missverstandener Weise in dem Sinne citiert wird, als habe dieser Autor nachgewiesen, dass durch das Urotropin kein völliges Verschwinden der Typhusbazillen aus dem Urin erzielt, sondern ein solches durch Entwicklungshemmung nur vorgetäuscht werde, so sei hier betont, dass dies unrichtig ist. Wenigstens in den Beob- achtungen von Neufeld lo ist die Sterilität des Urins stets durch Aussaat in Bouillon geprüft und dies nur deswegen nicht ausdrücklich bemerkt worden, weil dieses Vorgehen seit langer Zeit bei allen sorgfältigen Untersuchern als selbstverständlich gilt. Ob das definitive VerschAvinden der Bazillen aus dem Urin durch Abtötung erfolgt, oder ob eine Entwicklungshemmung dazu genügt, ist eine rein theoretische Frage, die übrigens durch ScHüMBruGS Versuche der Lösung nicht näher gebracht worden ist. Der Versuch dieses Autors, die Desinfektion skr aft des Urotropinnrins nach dem für die Untersuchungen über Möbel- und Wohnungsdesinfektion gebräuchlichen Schema an Seidenfäden zu prüfen^ erscheint um so überflüssiger, als bereits vorher durch Cam>udge^^ nachgewiesen war, dass sich bei richtiger Versuchsanordnung allerdings eine erhebliche abtötende Wirkung des Urotropinurins auf Typhusltazillen fest- stellen lässt, was Verf gelegentlich einer zu anderem Zweck unternommenen Versuchsreihe bestätigen konnte. Praktisch ist die Frage nach der Wirksamkeit des Urotropins wohl da- durch gelöst, dass, soweit dem Verf bekannt, sämtliche Autoren, die dieses Mittel versucht haben, in seiner Empfehlung übereinstimmen. So wurde noch Handbuch der patliogenen Mikroorganismen. IL ]^7 258 F. Neufeld, jüngst von BüsiNG^2 berichtet, dass bei einem Soldaten, der 7 Monate vorher in China einen Typhus acquiriert hatte und dauernd Typhusbazillen im Urin ausschied, dieselben nach eintägigem Gebrauch von ürotropin verschwanden. Am wichtigsten erscheint die Anwendung- des Urotropins für ländliche Verhältnisse, wo einerseits infolge ungenügender Abwasserbeseitigung resp. Wasserversorgung die Infektionsgefahr viel größer, andererseits eine Wochen- und Monate lange regelmäßige Desinfektion des Urins schwer durchfUhrl)ar ist. Sehr günstig ist es hierfür, dass gerade in den gefährlichsten Fällen, wo eine Massenausscheidung stattfindet, schon die bloße Betrachtung des Urins genügt, um den Verdacht auf Typhus- bakteriurie zu erwecken. Seine natürliche Grenze hat die Wirksamkeit des Urotropins in den Rezidiven der Harninfektion, es muss daher, wo eine regelmäßige Kon- trolle nicht möglich ist, so lange gegeben werden, als die Möglichkeit eines Rezidivs besteht. Dagegen erweist es sich, wie Verfasser nocli jüngst zu Ijeobachten Gelegenheit hatte, bei Cystitis typhosa ebensogut wirksam, wie bei der einfachen Bakteriurie; auch Levi & Lemierre^" berichten, dass eine seit 3 Monaten bestehende typhöse Cystitis nach kurzem Urotropingebrauch heilte. Anscheinend ohne Einfluss ist es da- gegen auf die noch später zu erwähnende Infektion des Harns mit Bac- terium coli, die im Verlauf des Typhus nicht ganz selten vorzukommeu scheint. Man kann daher wohl nach den bisherigen Erfahrungen mit Sicherheit annehmen, dass eine Bakteriurie, welche nach Anwendung von Ürotropin gar keine Aeuderuug zeigt, nicht durch Typhusbazillen bedingt ist. (Erwähnt sei hierbei auch eine Beobachtung von Appel^^ welche allerdings nicht an einem Typhuskranken erhoben wurde, nämlich eine äußerst hartnäckige, auch durch Ürotropin nicht zu beseitigende Bakteriurie, die durch einen typhusähnlichen Bacillus bedingt war.) Wenn die hauptsächliche Bedeutung des Auftretens der Typhus- bazillen im Urin zweifellos auf epidemiologischem Gebiete liegt, so kann die Urinuntersuchung natürlich gelegentlich auch zur Diagnose herangezogen werden und bisweilen in unklaren oder komplizierten Fällen allein den Ausschlag geben, Avie z. B. die Fälle von Kübler^-^ und A. Fis('HEr25 zeigen. Levy & Geissler^o berichten, dass sie in 10 von 22 Typhusfällen die Bazillen aus dem Urin isoliert haben; die- selben seien nur spärlich darin enthalten gewesen, so dass der Urin zentrifugiert werden musste. Diese Beobachtungen bedürfen wohl noch der Bestätigung; denn die Typhusbazillen finden zwar nicht in jedem Harn einen günstigen Nährboden (Horton-Smith^), aber in der Mehr- zahl der Fälle entwickeln sie sich doch, sowie sie einmal in den Urin gelangen, darin außerordentlich üppig, so dass man kaum erwarten kann sie häufig darin in verehizelten Exemplaren anzutretten, ohne dass es zur Ausbildung der typischen Bakteriurie kommt. Andererseits ist das Zentrifugieren durchaus kein sicheres Mittel, um die stark beweglichen Typhusbakterien im Bodensatz aufzufinden. Gelegentlich kommt jedoch zweifellos ein derartiges sporadisches Auftreten der Bazillen im Urin vor, wie ein Fall von Schüder^« ])e- weist; hier wurden die Bazillen trotz 50 Tage laug fortgesetzter Be- obachtung nur an einem Tage gefunden und dies war zugleich der einzige Tag, wo der Urin Eiweiß enthielt. Es hatte sich ofienbar ein Nierenherd geöffnet, ohne dass die Bazillen in dem Urin einen ihnen zusagenden Nährboden fanden. Typhus. 259 Derartigen Schwaukimgeu iu der cliemisclien Zusammeusetzuug- des Harns, AYelche zeitweise ein Waclistmn der Bazillen nicht gestatten, ist es oöenbar zu verdanken, dass eine einmarentstandeue Bakteriurie über- haupt spontan aufhört. Es muss dazu genügen, dass eine solche Be- schatt'enheit des Harns nur kurze Zeit anhält; wenigstens untersuchte Verfasser einmal den Harn eines Patienten, bei welchem eine Bakteriurie nach vierwöchentlicher Dauer spontan geheilt war, und fand, dass derselbe wenige Tage danach einen vorzüglichen Nährboden für Typhus abgab. Als ünicum sei schließlicli der von Broavx^-^ beschriebene Fall erAvähut, dass bei einer Avegen eines gynäkologischen Leidens operierten Person, wie der Autor als wahrscheinlich annimmt, mittels des Katheters Typhusbazillen in die Blase eingeführt wurden. Es entstand eine eitrige Cystitis, aber keine AUgemeininfektiou. Leider ist die Identifikation der erhaltenen Kultur nicht ausreichend durchgeführt, insbesondere die Agglutinationsprüfung in ganz un- genügender Weise angestellt worden, so dass die Beobachtung nicht als einwandfrei gelten darf. Litteratur. 1 HuEPPE, Fortsein-, d. Med.. 18S6, S. 448. — ^ Seitz. Bakteriol. Studien z. Tvphus-Aetiol. München 18S6. — » Konjajfff (Russisch), ref Baurag. Jahrb., 1890, S. 228; Centralbl. f. Bakt., Bd. 6, S. 672, 1889. — 4 Neumann, Berl. klin. Wochenschr.. 1888. Nr. 7—9, 1890, Nr. 6. — 5 Petruschky, Centralbl. l Bakt., Bd. 23, S. 577, 1898. — ^' Horton-Smith, Trans, of the Roval med. and surg. Soc. London, Bd. 80, S. 141. — - Der s., Lancet. 1900. Bd. 1, S. 915 u. 1059. — « Rkjhard- SON, The Journ. of exper. Med. Juni 1898. — ■' Ders., ebd., Januar 1899. — 1" Neufeld, Dtsch. med. Wochenschr.. 1900. Nr. 51. — " Cuk.schmann. Der Unter- leibstyphus. S. 16, 1898. — i- Karlinski, Prag. med. Wochenschr.. 1890, Nr. 35/36. — 1^ Silvestrini. 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Urininfektion, Kopenhagen 1893, (Fall IX). — 3i Blumer, The Johns Hopk. Hosp. Rep., vol. 5, 1895. — '^- Cursciimann, Münch. med. Wochenschr., 16. Okt. 1900. — 33 YouxG, The Johns Hopk. Hosp. Rep., vol. 8, p. 401, 1900. — 3i Houstox, Brit. med. Journ., 14. Januar 1899. — 3.j Wyssokowitsch , Ztschr. f Hvg., Bd. 1, 1886. — 36 E. Fränkel, ebd., Bd. 34, S. 482, 1900. — 3t Schumburg, Dtsch. med. Woch., 28. Febr., 1901. — :» Appel, Ztschr. f Hyg. u. Inf.-Krankh., Bd. 38, S. 355, 1901. — 3'» Kltbler, Deutsche militärärztl. Zeitsehr. — "lo Lew & Gissler, Münch. med. Wochenschr., 1897, Nr. 51. — ii Cammidge. Lancet 19, I., 1901. — 42 Büsixg, Dtsch. med. Wochenschr., 1902, S. 443. — « Broa\-x, Med. Record, 1900, March lOtii. — 44 LuiDA. Ueber die Ausscheidung von Typhnsbaz. u. Darmbakt. im Urin Typhus- kranker. Diss., Königsberg 1901. — 45 Krogius. Annales genito-urin., Mai 1894. — 4f; Levi & Lemierre, ref Yirch.-Hirsch Jahresber., 1901, S. 17. — 47 Rovsing, Inf.-Krankh. d. Harnorg., Berlin 1898. — 4s Cole, Johns Hopk. Hosp. Bull.. Juli 1901. — 49 Kurth, Deutsche med. Woch., 1901, S. 500. 2. Typhöse Erkrankungen der Gallenblase. In der Galle treten die Typhusbazillen außerordentlich häutig auf; sie linden sich, wie bei den Ergebnissen der bakteriologischen Leichen- untersucliung noch ausgeführt wird, in gewissen Stadien der Krankheit beinahe regelmäßig darin. Aehnlich Avie in der Harnblase wuchern sie 17* 260 F. Neufeld, jedocli darin in den allermeisten Fällen ohne irgendwelche klinischen Erscheinungen hervorzurufen; ihr Vorkommen in der Galle ist aber auch in diesen Fällen insoweit von Interesse, als eine Anzahl von Autoren darin den Grund für das Auftreten von Rezidiven sehen. Krankheitserscheinungen der Gallenblase treten entweder schon im Verlaufe oder erst nach Heilung des Typhus auf. In leichteren Fällen von Galleublasenkatarrh, die ohne Operation zur Heilung kommen, kann der Typhusl)acillus als Erreger nur vermutet werden; 3 solcher Fälle beschreibt Ryskai. Nachgewiesen sind dagegen die Bazillen in den nicht seltenen Fällen, wo infolge dauernder Beschwerden durch Cholecystitis oder wegen Vereiterung der Gallenblase, schmerzhafter Ver- wachsungen und Abknickungen in der Umgebung, oder schließlich wegen Steinbildung zur Operation geschritten wurde. Stewart ^^ sah unter 620 Typhusfällen 7 mal Cholecystitis. Bei 3 Fällen , die wegen Stein- bildung operiert wurden, fanden sich Typhusbazillen. Weitere Fälle publizierten, freilich nicht in allen Fällen mit ganz genügender Identi- tizierung der Kulturen, Gilbert & Girode^, Dupre-*, Chiari^, Guar- NiERi^, Anderson^, Parmentier^, Cushing^, Hünner*^, Camaci*, Ehret & Stolz 15, Brion^^ (vergl. auch die Litteraturangaben der letztgenannten Autoren). Hierbei hat sich die überraschende Thatsache heraus- gestellt, dass die Typhusbazillen viele Jahre lang in der Gallenblase fortwuchern können. So fanden Buschkeio sowie Miller i'^ die spezifischen Bazillen in der Gallenblase 7 Jahre nach über- standenem Typhus, v. Dungern " sogar noch nach 15 Jahren in einem Fall von Cholecystitis, während Droba ^^ sie sowohl aus der Galle selbst als auch aus dem Kern eines Gallensteines in Reinkultur züchtete bei einem Patienten, der 17 Jahre vorher einen Typhus durchgemacht hatte. Diese Beobachtungen sind von großem allgemeinem Interesse, da sie lehren, dass pathogene Mikroorganismen jahrelang im Körper persistieren können, ohne irgend welche Kraukheits- symptome hervorzurufen. Der Nachweis unseres Bacillus in dem Kern von Gallensteinen ist noch mehrfach geliefert worden; Richard- sON^ä berichtet auch, dass er bei einem Kaninchen durch Einspritzung von vorher agglutinierten Typhusbazillen in die Gallenblase eine Stein- bildung experimentell erzeugen konnte. Bei den Fällen von protrahierter Wucherung der Bazillen in der Galle muss man an die Möglichkeit denken, dass dieselbe mit den Faeces nach außen gelangen und zu Infektionen Veranlassung geben könnten; Beobachtungen liegen hierüber noch nicht vor. Ueber die Art und Weise, wie die Typhusbazillen in die Galle hinein- gelangen, ist uns nichts Näheres bekannt. Litteratur. 1 Ryska, Münch. med. Wochenschr., 1S99, S. 757. — 2 Gilbert & Girode, Compt. rend. de la Soc. de Biol., 1890, Nr. 39 und 1893, Nr. 35. — 3 Dupre, Les infections biliaires. Paris, Steinheil. 1891. — * Chiari, Prager med. Wochenschr., 1893, Nr. 22. — ^ Guarxieri, Riv. gen. di clin. med., 1892, Nr. 10. — « Anderson, ref. Baumg. Jahresb., 189ii, S. 330. — " Parmentier, Sem. med., 1900, Nr. 25. — ^ Cu.SHiNG, Johns Hopk. Hosp. Bull., Mai 1898. — " Huxner. ibid., August and Sept. 1899. — 10 Buschke, Deutsche Chirurgie, 1897. Lieferung 25c, 2. Hälfte, S. 173. — '' v. Dungern, Münch. med. Wochenschr., 1897. S. 699. — i-' Droba, Wiener klin. Wochenschr.. J899, S. 1141. — « Richardsox, ref. Baumg. Jahresb., 1899, S. 298. — 14 Camac, Johns Hopk. Hosp. Rep., vol. 8, p. 339, 1900. — i"' Ehret & Stolz, Typhus. 261 Mitt. a. d. Grenzgebieten u. s. w., 1900, S. 389. — "■ Biuox, Centralbl. f. Bakt.. Bd. 30, S. 400. 19U1. — i" Stewaüt. Brit. med. Journ., June 15, 1901. — i« Miller, Johns Hopk. Hosp. Ball., Mai 1S99. 3. Respirationsorgane. Eine fernere wichtige aber seltenere Lokalisatiön des Typlniserregers ist die in den Respirationsorganen. Ueber sein Vorkommen in der Lunge und im Auswurf liegen bisher nur spärliche Beobachtungen vor. Die An- nahme einer primären Ansiedelung der Krankheit in der Lunge (Pneumo- typhus im eigentlichen Sinne des Wortes), wie sie von Rokitanski, (tkiesingek u. a. verteidigt wurde, ist unbewiesen. Aber auch die Pneu- monieen, wie sie sekundär im Verlaufe der Krankheit auftreten, sind nach dem sehr ausgedehnten Material A. Fränkels^'-^ [h ^qy Mehrzahl nicht durch Typhusbazillen, sondern durch Pneumokokken bedingt. Dagegen fand v. Stühlern ^ bei einer Sektion den Typhusbacillus in Reinkultur in einem pneumonischen Lungenlappen, sowie in einem zweiten Falle von Typhuspneumonie die Typhusbazillen zusannnen mit Pneumokokken im Auswurf Eine gleiche Mitteilung machte Dieu- L)ONNe2. Ueber Sektionsbefunde von Typhuspneumonie berichten ferner Fol & Bordoni-Uffreduzzi^, Chantemesse & WiDAL^, Karlinski 5, Arustamoff^; in dem Falle des letzten Autors fanden sich neben den Typhusbazillen noch Pneumokokken. Edel^ fand die spezifischen Ba- zillen im bronchitischeu Sputum eines Typhösen, Chantemesse & Widal^ bei Sektionen in bronchitischen und bronchopneumonischen Prozessen. Natürlich ist die Möglichkeit einer Uebertragung der Krankheit durch den Auswurf gegeben, zumal au diese Gefahr bisher kaum gedacht worden ist; vielleicht ist auch das Vorkommen nicht ganz so selten, als es nach den vorliegenden Beobachtungen scheint. Auch im Kehlkopf finden sich echte Typhusmetastasen. So wies Schultz 8 bei einer Autopsie den Bacillus in den markig geschwollenen Lymphfollikeln der Epiglottis nach. Weitaus die Mehrzahl der Kehl- kopfaffektionen, die während einer typhösen Erkrankung auftraten, be- ruhen jedoch auf Mischinfektion mit anderen Krankheitserregern (s. u.) Nachdem früher Benson ^ und Capellari ^o über Angina typhosa be- richtet haben, beschreiben jüngst Bendix & Bickel^^ einen Fall, wo unter bedrohlicher entzündlicher Schwellung des Kehlkopfeinganges auf dem Kehldeckel und den Gaumbögen Infiltrate sich bildeten, die später ulzerierten und aus deren Belag Typliusbazillen gezüchtet wurden. Weitaus am häufigsten von den Brustorganen sind die Pleurahöhlen betroffen, wenngleich diese Lokalisation immer noch zu den selteneren Komplikationen des Typhus zählt. So fand A. Fränkel ^^ unter 500 Fällen überhaupt nur 4 Empyeme, von denen 2 Strepto- resp. Pneumokokken, die beiden andern dagegen den Typhusbacillus in Reinkultur enthielten. D. Gerhard *3 f^^^ beiderseitigen Erguss, der zuerst serös war und später eitrig wurde, allein durch Typhusbazillen bedingt; es trat völlige Resorption ein und der Autor sieht die Prognose bei Typhusexsudaten verhältnismäßig günstig an, womit die Erfahrungen anderer Autoren übereinstinnnen. Günstig verlief auch ein schwerer Fall Warburgs^^, wo ein großes Empyem, ohne irgend eine Fiebersteigerung zu bewirken, in der 6. Woche der Rekonvaleszenz auftrat und nach der Lunge durch- brach; dasselbe enthielt nur Typhusbazillen. Weitere Fälle von teils se- rösen, teils eitrigen, durch Typhusbazillen bedingten Pleuritiden beschreiben LoRiGA & Pensuti 15^ Fernet16j Sahli^^, Spihigis, Valentini^'J, Wein- 262 F. Neufeld, TRAUD^Oj Remlinger2J. Der letztere Autor giebt eine Uebersieht über 37 derartige Fälle. Dettling22 l)ericlitet über Luugeuiufarkte, die Typhusbazilleu ent- hielten und Perforation und Pneumothorax hervorriefen. In jüngster Zeit hat Glaser ^3 einige eigene Beobachtungen und eine Uebersicht über die bisherigen Befunde von Typhusbazillen in Sputum und in den Eespirationsorgauen mitgeteilt. Litteratur. 1 V. Stüiilern, Centralbl. f. Bakt., Bd. 27. — 2 Dieudonne, ebd., Bd. 30, Nr. 13, 1901. — 3 FoA & Bokdoni-Uffreduzzi, Rif. med., 1887, Nr. 1. — * Chantemesse & WiDAL. Arch. de phvsiol. norm, et path., 1887. — 5 Karlinski, Fortsein-., 1889, S. 681. — 6 Aru.stamüff, Centralbl. f. Bakt., Bd. 6, S. 75 u. 105, Bd. 7, 8. 119. — ' Edel, Fortschr., 1901, S. 301. — « Schulz, Berl. klin. Wochenschr., 1894, Nr. .34, S. 748. — '' Bensox, cit. nach Bendix e^ Bfckelh. — w Capellaui, Gazetta degli ospedall, 1899, Nr. 43. — ii Bendlv & Bickel, Dtsch. med. Wochenschr., 1902, S. 408. — 12 A. Fränkel, ebd., 1899, Nr. 15 ii. 16. — i3 r>. Gerhard, Mitt. aus d. Grenzgeb. u. s. w., Bd. 5, S. 105. — i* WarrurCt, Münch. uied. Wochenschr., 1899, Nr. 9. — 15 Loriga & Pexsuti, Eiform. med., 1890, p. 206. — "' Fernet, Bull, med., 1891, p. 40. — i" Sahli, Centralbl. f. Bakt, Bd. 16, S. 651, 1894. — is Spirig, Mitt. aus d. Kliniken u. med. Inst. d. Schweiz, 1894, Bd. 1, H. 9. — i'' Valentiki, Berl. klin. Wochenschr., 1889, Nr. 17. — 20 Weintraud. ebd., 1893, Nr. 15. — 21 Remlinger, Rev. de meJ., 1900, Nr. 12. — 22 Dettling, Gaz. des höpit.. 1900. p. 472. — 23 Glaser, Verein f. inn. Med. Sitzung 26. Mai 1902. 4. Metastatische Eiterungen und Entzündungen. In ähnlicher "Weise, wie in der Gallenblase, der Lunge und Pleura, kommt der Tvphuslnicillus auch an zahlreichen anderen Stellen als Ent- zündungs- und Eiterungserreger vor. Alle diese Lokalisationen treten häutiger erst in der Rekonvaleszenz, als während der Fieberhöhe auf; oft treten sie erst monate-, bisweilen sogar erst jahrelang nach Al)lauf der Krankheit zu Tage, so dass wir annehmen müssen, dass die Bazillen sich so lange Zeit hindurch im Körper lebend erhalten können, ohne Krankheitserscheinungen hervorzurufen, aber auch ohne den Schutzkräften des Organismus zum Opfer zu fallen. Der Verlauf all dieser Metastasen gilt als durchschnittlich günstig; viele derselben verlaufen ohne jede Fiebersteigerung. Außerdem aber kommen im Gefolge von Typhus auch Eiterungen vor, die ausschließlich durch die gewöhnlichen Eiterkokken hervorgerufen sind ; dieselben werden weiter unten unter »Mischinfektion bei Typhus« besprochen werden. In anderen Fällen finden diese Mischinfektiouserreger sich neben den Typhusbazillen, wobei es dann wohl oft unentschieden bleiben muss, welcher Mikroorganismus sich primär angesiedelt und durch seine Wirkung dem andern den Boden vorbereitet hat. Ueber die Beziehungen des Typhusbacillus zu diesen Eiterungen ist ein jahrelanger Streit geführt worden, wobei namentlich von Baumgarten i' ^ xii^d e. Fränkel 3- ^'5, ferner auch von Dunin ^ und Klemm'', die Auffassung vertreten wurde, dass die Typhusbazillen allein niemals Eiterungen hervorrufen könnten, sondern dass in allen Fällen von Eiterung stets primär andere Bakterien vorhanden gcAvesen sein müssten; die letzteren könnten zuweilen frühzeitig zu Grunde gehen und so die erst sekundär hinzugetretenen Typhus- bazillen allein übrig bleiben. Im Gegensatz hierzu nehmen die meisten Autoren, welche ein- schlägige Beobachtungen publiziert haben, an, dass die Typhusbazillen Typhus. 263 wenigstens da, wo sie als allcinig-e Mikroorganismen bei Eiterungen ge- funden wurden, auch wirlilicli als Erreger derselben anzusehen sind. Verf. möchte sich dieser Ansicht anschließen, wenngleich man Baum- garten und E. Fränkel in der Forderung beistimmen muss, dass das Vorhandensein resp. das Fehlen von pyogenen Mikroorganismen neben den T^-phusbazillen unter Benutzung geeigneter, insbesondere tlüssiger Nährböden sorgfältiger festzustellen ist, als dies bei manchen Publi- kationen geschehen ist. Wir fassen heutzutage ja überhaupt die Spezifität der Krankheits- erreger auf dem hier in Betracht kommenden Gebiet in etwas anderem Sinne auf, als es eine Zeit laug die herrschende Ansicht war. Wir wissen, dass eine Anzahl von pathogenen Mikroorganismen neben der spezifischen Erkrankung, als deren Erreger sie gekannt sind, auch Ent- zündungen verschiedener Art, darunter auch eitrige Entzündungen er- regen können, während man andererseits auch von den eigentlich pyogenen Kokken jetzt allgemein annimmt, dass jeder derselben nicht nur eine l)estimmte Art von Entzündung, sondern je nach seiner Virulenz, dem Orte seiner Ansiedlung und den Widerstandskräften des befallenen Or- ganismus ganz diflferente Krankheitsbilder zu erzeugen vermag, so z. B. derselbe Streptococcus einerseits Erysipel, andrerseits Abszesse, all- gemeine Sepsis oder auch Pneumonie. Natürlich ist der von Rosenbach u. a. begründete Standpunkt der Spezifität der eitererregenden Bakterien damit nicht völlig umgestoßen, sondern nur in ganz bestimmter Hinsicht eingeschränkt worden; zweifellos wird ja die überwiegende Mehrzahl aller Eiterungen durch die pyogenen Kokken hervorgerufen, und für andere Mikroorganismen ist die Fähigkeit der Eitererregung jedesmal strikt nachzuweisen. Für den Typhusbacillus darf man diesen Nachweis wohl als erbracht ansehen. Die Beobachtungen von eitrigen Entzündungen der verschie- densten Organe, in denen ausschließlich Typhusbazillen gefunden wurden, sind so zahlreich, dass es schon deswegen allein gezwungen wäre, an- zunehmen, dass in allen diesen Fällen die primären, anderen Entzündungs- erreger übersehen, oder nur in der Abszesswand vorhanden oder bereits überhaupt zu Grunde gegangen seien. Ferner sind einzelne dieser Fälle, z. B. der von Takaki & Werner *, sowie der von Bollack & Bruns^^ so frühzeitig untersucht worden, dass die Möglichkeit aus- geschlossen erscheint, die eigentlichen Eitererreger könnten schon vorher zu Grunde gegangen sein. Auch der schleichende Verlauf vieler Eiterbildungen, welche erst Monate oder Jahre nach Ablauf der Grund- krankheit manifest werden, und in denen man alsdann die Typhus- bazillen in Reinkultur findet, lässt sich schlecht mit der Annahme in Ein- klang bringen, dass dieselben ihre ursprüngliche Entstehung dem Ein- dringen von pyogenen Kokken verdankten. Für die eitererregende Wirkung sprechen auch die Tierversuche. Nachdem es Orlow-J, Gasser ^^^ Neumann & Schäfferii, Dupraz^^^ HoNL 13, CoLzi 14, Ullmann ^^, TiCTiNE ^^' gelungen war, bei Versuchs- tieren durch Reinkulturen von Typhusbazillen Eiterungen zu erzeugen, haben Dmochowski & JanowskiI" in sorgfältigster Weise die Be- dingungen untersucht, unter denen dieselbe zustande kommt. Sie konnten bei Kaninchen und Meerschweinchen durch subkutane Injektion von Typhusreinkulturen, ferner bei Kaninchen durch Injektion in die Meningen, bei Hunden durch Injektion in die Hoden, in Ausnahmefällen auch durch Einspritzung in das Knochenmark Eiterungen erzeugen; bei 264 F. Neufeld. anderer Applikation, z. B. iu die Baucli- und Brusthöhle, iK'im Hunde auch bei subkutaner Einspritzung-, erhielten sie nur dann Eiterung-, wenn zugleich durch chemisch reizende Mittel eine Entzündung- hervorgerufen wurde. Stets war jedoch ein ganz bestimmter Virulenzgrad der Kulturen notwendig, wodurch sich die negativen Ergebnisse Öirotinixsi^ und anderer erklären. Injizierten die Autoren gleichzeitig Typhusl)azillen und Staphylococcus aur. , so fanden sie, dass iu den Abszessen bisweilen die erstereu verschwanden und nur die Staphylokokken übrig blieben, dass jedoch niemals das umgekehrte Ereignis stattfand. Soweit also überhaupt von derartigen Tierexperimenten ein Schluss auf den Menschen zulässig ist, sprechen dieselben in dem Sinne, dass da, wo in Eiterungen ausschließlich Typhusbazillen gefunden werden, dieselben auch die Ur- sache der Aifektion sind. Dass bei manchen Untersuchungen gleich- zeitig vorhandene Kokken übersehen worden sein mögen, wird man ohne weiteres zugeben. Diejenigen Fälle von Metastasenbildung- bei Typhus, bei welchen das Vorkommen von Mikroorganismen, sei es allein oder mit Typhus- bazillen zusammen nachgewiesen wurde, werden unten in dem Abschnitt »Mischinfektion bei Typhus« besonders besprochen. Hier sollen von den andren Fällen eine Anzahl angeführt werden ; weitere Litteraturaugaben über dieses vielbearbeitete Gebiet tindet man vor allem in der sorg- fältigen Arbeit von Dmochowski & JanowskiI', sowie in den beiden Arbeiten von Keen 1^,20 Ferner sei auf die Veröifentlichungen von Dopfer22 und von Hölscheli^s aufmerksam gemacht, Avelche an einem großen Sektionsmaterial die Komplikationen des Typhus studierten; auch bei Hokton-Smith J"! linden sich entsprechende Angaben. Weitaus am häufigsten finden sich Erkrankungen des Knocheusystems, und zwar vorwiegend des Periosts, seltener des Knochenmarks und der Gelenke. Eine ältere, aber noch heute interessante Zusammenstellung über 47 Fälle giebt Keex^^^ jedoch ohne bakteriologische Untersuchungen; am häufigsten fand er, wie alle späteren Autoren, die unteren Extremi- täten ergriffen. Die ersten Befunde mit Reinkulturen von Typhusbazillen veröflentlichteu Valentini^i (Tibiaabszess) und Ebermaiek^S; von den weiteren, recht zahlreichen Beobachtungen seien hier die von Achalme -^ CoLzii^, Barbacci^s, Welch 29^ Chantemesse & Widal^ö, Ullmann^^, DUPRAZ12^ TlCTINE^ß, SuLTAn32^ L^j^IPESS^ LeXER^I, MÜHSAM^^, CONRADI^l, Burdach 2^, Unger^', Richardson^^ hervorgehoben. Ein besonderes Interesse bieten diejenigen ostromyelitischen resj). periostalen Prozesse, die sich erst lange Zeit nach iVblanf der Grund- krankheit entwickeln. So züchtete BuscHKE^e 7 Jahre nach Ablauf der Typhuserkraukung eine Pieinkultur von Typhusbazillen aus einem Knochenherd. Bruni^^ teilt einen, von Pean beobachteten Fall mit, wo eine durch Typhusbazillen bedingt-e Osteomyelitis des Oberschenkels 6 Jahre nachher sich entwickelte, während in Hübeners^s Beobachtung zuerst 2 Monate nach Ablauf des Typhus eine Hüftgelenksentzündung, 41/2 Jahre danach al)er eine Osteomyelitis der Ulna auftrat, die ebenfalls nur Typhusbazillen enthielt. Auch Sultan =^2^ Oelow'', Keen^'^' 20 teilen analoge Späterkranküngen mit. Man wird sich hierbei des zuerst von Quincke ^9 erwiesenen regel- mäßigen Vorkommens der Typhusbazillen im Knochenmark erinnern; eine Hypothese darüber jedoch, weshalb sie hier in gewissen Fällen noch so lange nach Heilung der Krankheit symptomlos persistieren und dann mit einem Male zu einer neuen, lokalisierten Erkrankung Anlass Typhus. 265 geben, köuuen wir uiclit aufstellen, lüsweilen wird ein Trauma als Veranlassung angegeben, in anderen Fällen lässt sich von einer solchen nichts nachweisen. In den Fällen, wo es nicht zur Eiterung kommt, sondern wo sich nur schmerzhafte Verdickungen an den Knochen bilden, die von selbst wieder zurückgehen (s. Fürbringer^"), kann eine Beteiligung desTyphus- bacillus natürlich nur vermutet werden. Dies ist auch der Fall bei der interessanten, zuerst von Quincke ^i an der Hand von 2 Fällen beschriebenen Spondylitis typhosa. Der Autor nimmt eine entzündliche Schwellung mit seröser Durchtränkung des Periosts der Wirbelknochen an; dadurch werden die Nervenwurzeln der Cauda equina komprimiert und starke Schmerzen, Parästhesieen und Krämpfe in den unteren Extremitäten bedingt. Die Affektion trat ein- mal in der ersten, das andere Mal in der zehnten Woche der Rekon- valeszenz auf, und ging nach längerer Zeit in völlige Heilung über. Be- stätigende Beobachtungen teilten Köxitzer^-, Schanz *3, Lüvett-'^, Kühn ^03^ Bonardi^os Yn.it Seltener als Knocheneiterungen sind subkutane und intramusku- läre Abszesse. Von den ersteren sahPRATT^= zwei eigene Fälle und citiert drei Fälle anderer Autoren, in denen sich der Typhusbacillus in Reinkultur fand; derselbe Autor hat 6 Fälle von Muskeleiteruug mit ent- sprechendem bakteriologischen Befunde zusammengestellt. In multipeln Ulzcrationen der Vulva und Vagina fand Lartigan^" ausschließlich Typhusbazillen. Vergl. ferner die Beobachtungen von ColziI'^, Hoel- SCHER23, Raymond^", SwiEZYNSKi^^ Fasching-i^, Zahradnicky^ö, Tic- TINEl^ Melchior-''', Si'Irig-^", Prochaska^^, Bollack & Brüns^^, Richardson^'^. Nicht so selten sind die zuerst von Velpeau beobachteten Ent- zündungen des Hodens und Nebenhodens, welche meist erst kürzere oder längere Zeit nach der Entfieberung auftreten, mit heftigen Schmerzen, öfters auch mit Fieber verlaufen und in etwa 20—25^ in Eiterung übergehen. Tavel^s, Mya & Belfanti'^^, Peines, Girode^s, Strasburger ^', Bünts^* ^^ a. wiesen darin die alleinige Anwesenheit von Typhusbazillen nach : größere Zusammenstellung gaben Keen -^ mit 32^ Eshner mit 44, Do^'" mit 37 Fällen, von denen jedoch nur ein Teil bakteriologisch untersucht wurde; doch darf man wohl auch für einen Teil der leichteren Fälle von entzündlicher Hodenschwellung, bei denen es nicht zur Abszedierung kommt, die Anwesenheit von Typhusbazillen vermuten. Abszedierung der Bartholini sehen Drüsen mit alleinigem Be- fund von Typlmsbazillen beobachteten Takaki & Werner *, Vereiterung der Prostata mit demselben Befunde Richard.son^'^ Ueber Abszesse in der Schilddrüse mit Befund von Typlmsbazillen giebt es eine ganze Reihe von Beobachtungen (Colzi^^, Tavel^-^ ^^ a. , die sich bei Schudmack & Vlachos*^^ zusammengestellt finden (außer- dem s. Bertacelliös); stets handelte es sich um bereits vorher krank- haft veränderte Schilddrüsen, die dadurch wohl einen Locus miuoris resistentiae boten. Aehnlich aufzufassen sind wohl die Vereiterungen schon vorher be- stehender Ovarialcysten, wobei sich die Typhusbazillen teils in Rein- kultur (WERTHf'2^ Wallgren63, Engelmann 1^^, WiDAL^oa]^ tcils mit Kokken gemischt (Sudeck ^^j vorfanden. Der Fall Wallgrens ist noch dadurch l^emerkenswert, dass erst durch den Befund der Typhusbazillen 266 F. Neufeld, bei der Operation eine vorhergegangene fieberhafte Erkrankung als Typhus erkannt wurde. Zu den häufigeren Komplikationen gehört die Meningitis; 11 Fälle davon, bei denen ausschließlich Typhusbazillen gefunden wurden, sind bei Dmochowski & Janowski^" (1. c. S. 281) zusammengestellt, denen sich weitere Beobachtungen von Kamen ^5, Kühnau^ö, Ohlmacher f*^, Tarchetti^^^ Fishersö anschließen. In den Fällen von Jemma^og -Q^^d Guixoxi**" gelang es die Tvphusbazillen in der durch Lumbalpunktion erhalteneu Flüssigkeit nachzuweisen. Auch die Meningitis kann erst in der Rekonvaleszenz oder auch nach völliger Heilung auftreten, wie in Bketons"* Falle. Dass eine Meningitis typhosa scheinbar primär auf- treten kann, lehrt die interessante Beobachtung Fernets'^'^ Eine gesunde Frau erkrankte plötzlich unter meuingitischen Erscheinungen und starb nach 5 Tagen: die Sektion ergab eitriges Meniugealexsudat, welches ausschließlich Typhusbazillen enthielt, daneben nur eine Anschwellung der PEYERscheu Plaques. Auch in einem Falle von Troisier & Sicard*-^"^ fand sich außer eitriger durch Typhusbazillen bedingter Meningitis nur ein ober- flächliches Darmgeschwür. Von selteneren Lokalisatiouen des Typlmsbacillas seien erwähnt: abgesackte Peritoneal- resp. subphrenisclie Abszesse (A. Fränkel"", Weichselbaum "^ Lehmann "2, Maydl'^*, A. Schmidt ^-i, Caton & Thomas '5), Vereiterungen der Parotis (Janowski^^j, des Thränensackes (BucALOSSi"), der Paukenhöhle (Destree'^), der Augenhöhle (Panas^^, anscheinend begünstigt durch das Bestehen eines retrobulbären Angioms), doppelseitige Mastitis (Luigi^^), Abszesse der Nieren (Winternitz), der Leber (Haushalter si, Lannoir c^c Lyonet^^) der Milz (Koux S3, Vincent »4, Haushalter *i, Kruse ssj. Einen Hirnabszess, der ausschließlich Typhus- bazillen enthielt, sah Mc Clintock*o_ Eine Beobachtung von Silvestrini^^ über ein Erysipel, welches Typhusbazillen in Reinkultur enthielt, begegnet mit Recht allgemeinem Misstrauen (ebenso wie eine frühere ähnliche, aber nur auf mikrosko- pische Beobachtung gegründete Behauptung von Rheiner*"). Als irr- tümlich darf man ebenso die Behauptungen über das Vorkommen von Typliusbazillen im Schweiß (GeisslerS^ Sudakoff^'J), im Speichel (Lucatello ioo) und iu ([er Exspirationsluft (Sicard ^ö) ansehen. Hier seien noch zwei alleinstehende Beobachtungen erwähnt: die von Curschmann 91, der bei einer im Anschluss an Typhns entstandenen LANDRYschen Paralyse, welche übrigens klinisch das Krankheitsbild beherrschte, die Bazillen in der weißen Substanz des Rückenmarkes fand*), und die von Haushalter *i, betreffend einen Thrombus der Vena cruralis mit Typhusbazillen. Litteratur. 1 Baumgartex, Lehrbuch der pathol. Mj'kologie. — - Ders., Zahlreiche _Fuß- noten in den Abschnitten »Typhusbacillns« in Banmgartens Jahresb., 1887 bis 1900. — 3 E. Fränkel, ebd. — * Ders., Deutsche med. Wochenschr., 1887, S. 101. — J Ders., Jahrb. der Hamburger Staatskrankenanstalten, Bd. 1, 1889. — G Du.NiN, Dtsch. Arch. f. klin. Med., Bd. 29. 1880. — " Klemm, Arch. f. klin. Chir.. Bd. 46, 1893. — 's Takaki & Werner, Zeitschr. f. Hyg. u. Inf., Bd. 27, S. 31, 1898. — '' Orlow. Deutsche med. Wochenschr., 1890, S. 1086. — w Gasser, These de Paris. 1890. — n Neumann & Schäffer., Virch. 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Was das Vorkommeu imd die Verteihmg der Typlmsbazillen in der Leiche anlangt, so ergiebt sich vieles bereits ans dem, was oben über ihre Verbreitung innerhall) des lebenden Körpers gesagt wurde. hl seiner ersten Veröffentlichung teilte Ebertri als das Resultat der Untersuchung von 23 Fällen mit, dass er die Bazillen in Schnitten durch die Mesenterialdrüsen 12 mal, daneben 6 mal auch in der Milz fand. Eine genügende Färbung gelang ihm jedoch nicht. Koch 2 hatte unabhängig von Eberth und gleichzeitig mit ihm in unge- fähr der Hälfte der untersuchten Fälle die Bazillenherde in den tieferen Teilen der Darmschlcimhaut, in der Milz, der Leber und den Nieren aufgefunden; es war ihm ferner gelungen, die Bazillen in den Schnitten (mit Bismarckbraun) distinkt zu färl)en und ihre charakteristische Lage- rung in Haufen photographisch Aviederzugeben. Als dritter verötfentlichte im selben Jahre (1881) W. Meyer -^ eine unter C. Friedländehs Leitung entstandene Arbeit; er hatte die Bazillen in 16 von 20 Fällen mikroskopisch finden können, hauptsächlich in in- takten, geschwollenen Follikeln. Von ganz besonderem hiteresse ist der Ijefund, den dieser Autor bei einem ganz im Beginne der Erkrankung (am zweiten Tage?) gestorbenen Typhuskranken erhalten konnte. Ana- tomisch fand sicli eine hochgradige Schwellung der PEYERschen Haufen und der Solitärfollikel , jedoch noch kein Defekt der Darmschleimhaut und ebensowenig eine Vergrößerung der Mesenterialdrüsen; die Bak- terien ließen sich in überaus großer Menge in den Infiltraten sowie von hier ausgehend bis zu den tiefsten Schichten der Darmschleimhaut und der Submucosa nachweisen. Dieser Fall ist ein deutlicher Beweis für die Entstehung des Typhus durch primäre Infektion vom Darme aus. Während es sich l)ei den Befunden der genannten drei Autoren zweifellos um dieselben Bazillen, nämlich die echten Typhuserreger handelt, ist mit Sicherheit anzunehmen, dass die schon vorher von Klebs^ bei Typhus gefundenen langen Bazillen mit den Eberth-Koch- schen nicht identisch sind, sondern wohl sekundär eingewanderte Keime darstellen. Gaffkys'' klassische Arbeit (1884) brachte zunächst eine überaus sorg- fältige Fortführung dieser Schnittuntersuchungen, wobei von 28 Fällen nur 2 mal der Nachweis der Bakterien nicht gelang. Im einzelnen fanden sie sich in der Milz in 20 von 22, in den Mesenterialdrüsen in 3 von 4, in den Nieren in 3 von 7 untersuchten Fällen, in der Leber in allen (13) Fällen. Das Auffinden der Bazillenherde war bisweilen äußerst mühselig, so mussten einmal 100 Milzschnitte durchmustert werden, um dieselben zu entdecken. Vor allem aber gelang es Gaffky als dem ersten, die Typhusbazillen in Eeinkultur zu erhalten, und zwar 13 mal aus der Milz, einmal wurde daneben auch die Leber mit positivem Er- folge untersucht. Durch Fränkel & Simmonds ^^^ Seitz^^ u.a. wurden diese Befunde bestätigt und erweitert. Obgleich bereits durch Koch 2 der Uebergang der Bazillen in viele Organe nachgewiesen war, galt doch weiterhin die Milz stets als der klassische Fundort. Aus ihr sind die Bazillen in jedem Falle eines auf der Typhus. 269 Höbe der Krankheit Gestorbeneu mit Leichtigkeit zu isolieren, falls nicht etwa bereits das alles überwuchernde Bacteriuni Proteus in die Bauch- org-ane eingedrungen ist, w^as nach den Erfahrungen des Verfassers bei Typhusleicheu häufiger und frühzeitiger als bei anderen eintritt. Neben der Milz ist später noch in zwei anderen Organen ein fast regelmäßiges und reichliches Vorkommen der Bazillen festgestellt worden : nämlich in der Galle (Anton & Fütterer'', Chiari^ u. a.) und im Knochenmark (Quincke^, Busch ^ u. a.). In beiden Orgauen können sich die Bazillen außerordentlich lange lebend erhalten und bisweilen, wie oben bereits dargestellt ist, nachdem sie monate- oder jahrelang latent geblieben sind, aufs neue zu lokalen Entzündungen Anlass geben. Blackstein & Welch i** wollen für diese merkwürdige klinische That- sache auch eine experimentelle Analogie erhalten haben: sie geben an, bei einigen intravenös mit Typhusbazillen injizierten Kaninchen noch lange Zeit, bis zu 128 Tagen nach der Injektion die Bazillen in der Galle gefunden zu haben, während alle anderen Organe steril waren. Im Herzblut wird der Typhusbacillus verhältnismäßig selten, häufiger dagegen in der Flüssigkeit der serösen Höhlen, sowie auch in der Arachnoidealflüssigkcit gefunden (vergl. auch die Angaben von Horton- Ömith" über die Verteilung der Bazillen in den einzelnen Organen). Dies stimmt mit den Tierversuchen Petrüschkys 12 überein, wonach sich die Bazillen bei Tieren, die durch Injektion lebender Typhusbazillen getötet sind, wohl im Peritoneum und in dem Pleuren sehr reichlich, im Herzblut dagegen nur ganz vereinzelt finden. Diese Erscheinung hängt zweifellos mit der starken l^aktericiden Kraft des Blutes zusammen. Aus demselben Grunde kommt es auch nicht zu einer Vermehrung der Bazillen in der l^lutbahn und zur Bildung der für die Septikämieen charakteristischen Kapillarembolieen, sondern man findet die Stäbchen in eigentümlichen Haufen gelagert außerhalb der Blutgefäße, von einer kleinen nekrotischen Zone umgeben. Diese kleinen Bazillenhäufchen sind schon während des Lebens angelegt, z. T. jedoch erst durch post- mortales Weiterwuchern vergrößert. Zum besseren Nachweis dieser Herde kann man daher nacli E. Fräxkel & Simmonds^s die Organ- stücke, bevor man sie in Alkohol legt, noch einige Stunden bei hoher Zimmertemperatur aufbewahren, wobei die spärlich vorhandenen Bazillen sich lebhaft vermehren. Dieselbe Anreicherungsmetbode hat neuerdings E. Fränkel^^ mit Erfolg benutzt, um die Typhusbazillen in Schnitten durch excidierte Roseolaflecke nachzuweisen. Es erwies sich dabei, dass auch die Rose- olen kleine nekrotische Herde darstellen, welche infolge der Ansiedlung von Typlmsbazilleu in den Lymphbahnen vorzugsweise des Papillar- körpers entstehen. Die Untersucliungeu Neufelds ^^ hatten bereits zu der Annahme geführt, dass die spärlichen, in der Roseole vorhandenen Bazillen nicht etwa in dem Blut der Hautgefäße, sondern in dem Ge- webssafte sitzen, und die auch von späteren Autoren immer wieder ge- brauchte Bezeichnung einer Züchtung der Typhusbazillen aus dem Rose- oleublute ist in keiner Weise gerechtfertigt. Im Gegenteil dürfen wir mit Sicherheit annehmen, dass die lokale Hyperämie, welche das äußer- liche charakteristische Zeichen der Roseole darstellt, nur die sekundäre Reaktion auf die Bazilleuansiedlung darstellt, und dass die dadurch herbeigeführte seröse Durchtränkuug des Gewebes mit baktericider Flüssigkeit schließlich das schnelle Zugrundegehen der Bakterien ver- ursacht. 270 F. Neufeld, Die von Kun.tajeffi^ bescliviebeneu kleiuen nekrotischen Herde in der Niere, Avelche ebenfolls auf metastatisclier Bazilleuansiedlung- be- ruhen und pathologisch wohl als gleiclnvertig mit den Roseolen ange- sehen werden können, sind bereits oben (S. 256) erAvähnt worden. Da- gegen ist uns über die Entstehung der von Wagxee, Hofmann u. a. studierten »Lymphome« der Nieren und Leber nichts bekannt; es wird angenommen, dass dieselben nicht durch direkte Einwirkung der Bazillen, sondern durch Gift Wirkung zustande kommen. Wie schon hervorgeholjen, müssen wir der von Nut all, Nissen, Buchner und vielen anderen festgestellten baktericiden Wirkung, Avelche das menschliche Blutserum den Typhusbazillen gegenüber besitzt, einen großen Anteil au der Gestaltung des ganzen Krankheitsprozesses zu- schreiben. Sie verhindert das Zustandekommen einer eigentlichen Septi- kämie und hält die Ansiedlungen derjenigen Bazillen in Schranken, welche, ohne der Abtötung zu verfallen, einen kurzen Weg durch die Blutl)alm nach irgend einem Organ zurückgelegt haben. Diese Anschau- img von der Bedeutung der Alexiue, d. h. der im normalen Serum vorhandenen Schutzstoö'e, wird durch einen Vergleich mit anderen Krank- heiten gestutzt. So Avissen wir, dass der Cholcrabacillus vom mensch- lichen Blutserum noch viel energischer abgetötet wird als der Typhus- erreger: damit stimmt überein, dass ein regelmäßiges Ausschwärmen der Bakterien in fast alle, Organe und eine Mctastasenbildung, wie sie beim Typhus so häulig ist, bei Cholera üljerliaupt nicht vorkommt. Andrerseits entbehrt das menschliche Blutserum im Reagenzglase jeder Ijaktericideu Kraft gegenüber pathogenen Streptokokken nud Staphylokokken, also den eigentlichen Septikämieerregern. Dass der Typhusl)acillus in der Mitte zwischen diesen beiden Extremen steht, stimmt durchaus mit dem klinischen Verlauf der Infektion üljercin, welche ebensoweit entfernt ist von einer streng auf den primären Herd beschränkten Lokalisation der Krankheitserreger, als von einer scln-ankenlosen Wucherung derselben im ganzen Gefäßsystem. Vergl. auch den folgenden Abschnitt: Typhus ohne Darmerkrankung. In Bezug auf die baktericide Wirkung des Blutserums gegenüber dem Typhusbacillus verhalten sich, wie bereits bei der Besprechung der Pathogenität unseres Bacillus für Tiere dargelegt wurde, die meisten derselben el)enso wie der Mensch (vgl. S. 230). Es ist auch anzunehmen, dass z. B. die subkutane Injektion lebender Typhusbazillen (wie sie bei Cholera nach Haffkines Vorgang ausgeführt worden ist) beim Menschen durchaus dieselbe Wirkung wie beim Kaninchen oder Meerschweinchen haben würde: nämlich eine schnelle Auflösung der injizierten Bazillen durch die Körjiersäfte und eine durch die aufgelösten Bazillenkörper hervorgerufene Intoxikation. Der Unterschied in der Empfänglich- keit des Menschen und der Tiere liegt offenbar nur darin, dass beim Menschen die normale Darms clileimhaut nicht ent- sprechende Schutzstoffe gegen das Eindringen gerade der Typhuserreger hat, wie etwa das subkutane Gewebe, während bei den Tieren derartige Abwehrkräfte vorhanden sein müssen. Irgend etwas Näheres ist uns jedoch hierüber nicht bekannt. Wir wissen nur, dass bei vielen anderen Infektionen ähnliche Verliältnisse obwalten. So vermag z. B. der Gonococcus sich nur in ganz bestimmten Schleimhäuten des Menschen anzusiedeln; hat er hier jedoch festen Fuß gefasst, so ist er imstande, auf dem Wege der Blutbahn Metastasen in andere Organen zu machen. Typhus. 271 Dass die Typliusbazilleii erst dann, weuu sie vom Blute oder deu Gewebssäfteii abgetütet und aufi;-elöst werden, ihre Giftwirkuug entfalten, ist schon durch die Ergebnisse der an anderer Stelle mitgeteilten Tier- versuche wahrscheinlich gemacht worden. In demselben Sinne spricht auch der Verlauf der so häutigen Infektion des Urins auf Typhusbazillen. Wir sehen in solchen Fällen die Typhusbazillen in den Harnwegen sich in ganz enormer Weise vermehren, — sehr viel stärker als es in der Regel im Darm der Fall ist. Trotzdem kommt es zu keinen allgemeinen Vergiftungserscheinungen, weil eben im Harn keine Abtütung und Auf- lösung der Bakterien stattfindet. Ein lösliches und resorptiousfähiges Gift sondern die Bazillen jedenfalls auch bei diesen anseheinend so außerordentlich günstigen Wachtumsbedingungen innerhalb des mensch- lichen Kürpers nicht ab; jedenfalls spricht bisher keine Thatsache dafür, dass bei der Erkrankung des Menschen noch andere Typhusgifte in Frage kommen, als die von Pfeiffer & Kolle durch das Tierexperiment nachgewieseneu Giftstoffe, welche in der Leibessubstanz der Bakterien enthalten sind. Litteratur. 1 Eberth. Virch. Arch.. Bd. 81. ISSO u. Bd. 83, 1881. — 2 Koch, Mitteil. d. Kais. Ges.-Auus, Bd. 1. S. 45. 1881. — 3 Wilh. Meyer, Untersuchungen über den Chiari, Prao-er med. Wochenschr., 1893. — ^ Quincke. Berl. klin. Wochenschr., 1894, Nr. 15. — '•' Busch. Ztschr. f. Hyg. u. Inf.. Bd. 28. S. 479, 1898. — i" Blacksteik & Welch, Johns Hopk. Hosp. Bull. June. 1899. — " Horton S-Mith. Lancet. 1900. Bd. 1, S. 821 u. 1050. — i-' Petruschky, Zeitschr. f. Hyg. u. Infekt.. Bd. 12, S. 261. 1892. — 13 E. Fränkel & Simjiond.s. 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Falls man den Ausdruck »Pneumotyphus« überhaupt noch geljrauchen will, so sollte es nur in dem Sinne geschehen, um damit einen Adominal- typhus zu bezeichnen, bei dem die Symptome seitens der Lunge das klinische Bild beherrschen, ohne Rücksicht auf die Aetiologie der Luugen- affektion. Ganz dasselbe gilt von der Bezeichnung »Nephrotyphus«. Derselbe beruht sicherlich nicht etwa auf einem i)rimären Befallensein der Niere, sondern die im Vordergrunde stehenden Kierenerseheinungen werden entweder durch sekundäre Ansiedlung, oder durch die Gifte des Typhuserregers hervorgerufen. 272 F. Neufeld, RosTOCKi 1 faud iu einem solchen klinisch anfangs unter dem Bilde einer primären akuten Nephritis erscheinenden Falle die Erreger selbst reichlich im Harn ebenso Cunze^'^ iu einem ganz entsprechenden Falle, der mit Niereu- blutung einsetzte. Hier wurden die Bazillen auch innerhalb von gekörnten Cylindern gesehen. Von einem ähnlichen Falle berichtet neuestens Scheib^^; hier fanden sich schwerste Veränderungen der Kieren und der Gallenblase neben einigen wenigen, kleinen Darmulzerationen. Ein von Willia:hs2 berichteter Fall, wo in den Lochien einer fiebernden Wöchnerin Typhusliazillen neben Streptokokken gefunden wurden, ist wohl so zu erklären, dass die Patientin, deren Mann kurz zuvor an Typhus gestorben war, ebenfalls au Abdomiualtyphus litt, und dass in die Lochien sekundär die Bazillen hineingelangt waren. Aehnlich liegt der Fall von Dobbin^, wo bei einer fiebernden Puerpera Typhusbazillen neben Streptokokken im Cavum uteri gefunden wurden (s. auch die Litteraturangaben dieses Autors, sowie die Beobachtung Blumers 3^]. Nun ,siud aber eine ganze Eeihe von Fällen als »Typhus ohne Darm- erkrankuug« beschrieben worden, bei denen die Erreger aus anderen Organen oder aus dem Blut gewonnen sind, und die von den meisten Autoren als richtige Septikämieen aufgefasst werden. Am ehesten sicher- gestellt sind Beoijaclitimgen von wirklicher Typhusseptikämie beim Neu- geboreneu resp. beim Fi3tus (Eberth^, Hildkbrandt^, Frascaxi^ Ernst ^, büRCK^, HoRTox- Smith '^). Ein von Blumer ^'^ berichteter Fall von fötaler Infektion unterscheidet sich von den anderen dadurch, dass die Mutter 4 Monate vor der Geburt einen Typhus durchgemacht hatte. Freilich kann man bei einigen dieser Berichte gegen die Identifi- zierung der isolierten Kulturen Bedenken erheben; bei einem Teil der- selben" aber handelt es sich doch wohl um echte Typhusbakterien , die sich, nach den in Schnitten gefundenen Bakterieuembolieeu der Kapil- laren (Erxst 7) zu urteilen, im fötalen Blute, das anscheinend noch nicht über dieselben Schutzstotfe Avie später verfügt, in der That sogar ver- mehrt zu haben scheinen. In den meisten dieser Fälle handelte es sich jedoch um abgestorbene Föten, oder um solche, die kurz nach der Ge- burt starben ; nur einmal, in dem Falle von Ernst ', lebte das betreffende Kind 4 Tage lang in schwerkrankem Zustande. Wie bei anderen fötalen Infektionen nehmen viele Autoren für alle diese Fälle Läsionen der Placenta an; diese, resp. die Krankheitsherde der Mutter, würden dann eigentlich die primäre Affektion darstellen, von der die Infektion des Blutes ausgeht. In einzelnen Fällen mag auch noch nach dem Absterben der Frucht" eine Wucherung der Bazillen in den Organen stattgefunden haben, iu anderen, wie z. B. in dem von Neuiiauss lo, sind die Bazillen vielleicht überliaupt erst nach dem Absterben der Frucht eingewandert. Dass nicht in jedem Falle bei typhöser Erkrankung einer Schwangeren eine Infektion des Fötus stattzufinden braucht, ist wohl selbstverständlich. Vergl. hierzu auch Bd. I »Erbliche Uebertragung von Infektionskrank- heiten « . Was die Fälle von Allgemeiniufektion durch Typhusbazillen bei Er- wachsenen anlangt, bei denen eine Lokalisation im Darm überhaupt nicht nachzuweisen war oder den übrigen Veränderungen gegenüber völlig zurücktrat, so darf man wohl die vielfach gebrauchte Bezeichnung Septikämie für solche Vorkommnisse beanstanden. Denn nach allge- meinem Gebrauche verstehen wir unter Septikämie eine Allge- meinerkrankung, bei welcher die Erreger nicht nur in das Typhus. 273 Blut eindringen, sondern sich auch im kreisenden Blute zu hnlten und zu vermehren imstande sind; als Ausdruck dieser Vermehrung- finden wir Bakterienembolieen in den Kapillaren. Ein bloßes zeitweises Uebergehen der Bakterien in die Blutbahn und eine Verschleppung auf diesem Wege in alle Organe genügen nicht, um eine Krankheit als Öeptikämie zu bezeichnen, denn sonst würde man jeden Typhusfall und sogar auch eine große Zahl von Diphtheriefällen so nennen müssen. Ein solcher Uebertritt von Bakterien in den Kreislauf findet vielmehr, wie wir jetzt wissen, bei vielen Krankheiten ganz regelmäßig statt; andrerseits beginnt bei den eigentlichen Septikämieen die ungehinderte Vermehrung der Mikroorganismen im Blute erst in der letzten Lebens- zeit. Wenn somit die typisch septikämischen Krankheiten nach den heutigen Anschauungen vielleicht den übrigen, bei denen die Erkrankung vorzugsweise in einem Hauptherde lokalisiert ist, nicht so fernstehen, als es früher den Anschein haben mochte, und man die Möglichkeit von Uebergaugsstufen zugeben wird, so ist das kein Grund zu einer will- kürlichen Erweiterung des Begriffs Septikämie über die Grenzen der soeben gegebenen Definition hinaus. Ganz unberechtigt ist natürlich die u. a. von Wkight & Semple^i sowie von Sanarellii^ vertretene Auffassung, auf Grund der neu er- worbenen Kenntnisse über die weite Verbreitung des Typhusbacillus in den Organen den Typhus überhaupt als eine Septikämie, die Darni- erkrankung aber als eine sekundäre anzusehen. Aber auch für die Typhusfälle mit atypischer Lokalisation ist eine Vermehrung der Bazillen im kreisenden Blute nicht erwiesen, vielmehr sclieint es sich um Fälle zu handeln, in denen die Bazillen den Darm passieren, indem sie nur ganz geringe oder auch gar keine sichtbaren Veränderungen hinterlassen, um sich in den Mesenteriaklrüsen und in der Milz, oder in andern Fällen auch vielleicht sogleich in der Milz anzusiedeln, von wo aus sie ganz dieselben allgemeinen Vergiftungssymptome hervorrufen kcJnnen, wie von der gewöhnlichen Darmlokalisation aus (Eiselts^^ »Spleno-typhus«). Das letztere ist insofern vom bakteriologischen Standpunkte aus ohne weiteres verständlich, als wir annehmen müssen, dass die schweren Allgemein- symptome auch bei dem gewöhnlichen Darmtyphus in der Hauptsache nicht durch die in und auf den Geschwürsflächen oder im Darm wuchern- den Bakterien hervorgerufen werden, sondern durch diejenigen, welche dauernd von den Lymphspalten des Darmes aus ins Blut übergehen und hier abgetötet werden oder zunächst in die Milz und das Knochenmark, wahrscheinlich ebensogut auch in noch andere Orgaue gelangen, wo sie sich fortdauernd lebhaft vermehren, aber auch dauernd durch die baktericiden Kräfte des Körpers aufgelöst werden. Die durch die fortgesetzte Auf- lösung der Bakterienleiber im Blute freiwerdenden Giftstoife sind es, denen wir die schweren Allgemeinerscheinungen des Typhus zuschreiben müssen, und daher dürfen wir dieselben Symptome auch da erwarten, wo es zu sichtbaren Veränderungen des Darmes ül)erhaupt nicht ge- kommen ist. Diese Auffassung wird gestützt durch die interessanten Beobach- tungen, welche alle Zwischenstufen zwischen typischem Abdominaltyphus und den Fällen ohne jede Darmläsion darstellen. Bekannt ist ja, dass die Schwere einer Typhuserkrnnkung nicht immer im Verhältnis zu der Zahl und Ausdehnung der Darmveränderungen zu stehen braucht. An die Fälle von geringfügiger Geschwürsbildung schließen sich nun in Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. II. 1,S 274 F. Neufeld, ganz allmählicher Folge andere an, hei denen man nur Rötung- und Schwellung- einzelner PEYERscher Plaques oder auch nur einzelner Soli- tärfollikel, oft ganz minimalen Grades, findet, und welche dennoch mit den schwersten Allgemeinerscheinung-en eiuhergehen können. Schon in vorbakteriologischer Zeit sind solche Beoljachtungen von letal verlaufen- den Typhen mit ganz unbedeutenden Darmveränderuugen von Eüki- TANSKY, Fagge^^ u. a. mitgeteilt und, wie wir jetzt annehmen müssen, durchaus richtig gedeutet worden. Mau vergleiche hierzu auch die sorgftlltige Arbeit von Littex^*^. Einmal fand sich (in dem bakterio- logisch sichergestellten Falle von Banti^^) als einziges Zeichen einer Darmerkrankung eine kleine vernarbte Stelle; für andere Fälle dürfen wir wohl als sicher annehmen, dass geringe Veränderungen im Darm, wie Rötung- und Schwellung der lymphatischen Elemente, anfangs vor- handen gewesen, aber ohne Narbenbildung abgeheilt sind. In einer Anzahl von Fällen fehlte jedenfalls bei der Sektion jede Andeutung- von Darm Veränderung, bisweilen waren auch die Mesenterial- drüsen nicht sichtlich erkrankt. Die Diagnose wurde durch Nachweis der Bazillen aus der Milz, der Galle, oft auch aus der Leber, der Niere, in einem Falle Lartigans i" auch aus dem Urin gestellt. Solche Fälle berichten Chiari & Kraus i^, Karlinski i^, Banti^^, Bryanti^, Larti- GAN^ß, Flexner & Harris 20, du Cazal^i, Cheadle^s^ Silvestrini ^3, NiCHOLLS & Keenan23, Türney2i, Mc. Phedran^s, Flexner 26, Blumenthal^s, Scheib29, Barjon & Lesieur^^, Opie & Basset^s, guizetti 37. Insbesondere in der letzten Arbeit Flexners, sowie auch bei Hor- ton-Smith2' findet sich eine historisch-kritische Uebersicht über dieses interessante Gebiet. Es ist allerdings durchaus nicht ausgeschlossen, dass bei dem einen oder anderen dieser Autoren bezüglich der Identifikation der Typhus- bazillen ein Irrtum untergelaufen sein mag; die meisten Fälle sind jedoch nach dieser Richtung hin sorgfältig bearbeitet, so dass man das Vorkommnis an sich wohl nicht bezweifeln kann, zumal dasselbe durch die Uebergangsfälle mit minimalem Darmbefund wahrscheinlich gemacht wird. Dringend zu wünschen wäre es allerdings, dass bei künftigen Fällen dieser Art mit den Kulturen der Pfeifb^er- sche Versuch angestellt würde, was bisher nicht geschehen ist. In dem folgenden jüngst von Weictihardt^o publizierten Falle wurde wenigstens die Agglutinationsprobe mit hochwertigem Serum (1 : 6000) herangezogen. Bei einem nach 14tägiger Krankheit unter meningitischen Symptomen verstorbenen Manne fanden sich nur ein PEYERscher Haufen, sowie einzelne Solitärfollikel in seiner Umgebung leicht geschwollen, ebenso zeigten die Mesenterialdrüsen leichte Schwellung. Die Milz war mäßig vergrößert, die Muse, recti wachsartig degeneriert. Typhusbazilleu wurden durch Kultur in allen Organen, auf Schnitten in der Milz, der Leber und den Mesenterial- drüsen nachgewiesen. Sie fanden sich hier massenhaft und zwar in Haufen innerhalb nekrotischer Herde gelagert, also ganz entsprechend dem sonst bei Typhus bekannten Verhalten und ganz im Gegensatz zu der Lagerung der Mikroorganismen bei richtiger Septikämie. Wenn wir also in diesem Falle den Nachweis, dass die in allen Organen gefundenen Bakterien echte Typhusbazillen waren, als sicher erbracht ansehen können, so darf man deswegen noch nicht von einer Typhus-Septikämie sprechen. Typhus. 275 Bei allen diesen Fällen kann man wohl mit Sicherheit annehmen, dass als die Eintrittspforte der Mikroorganismen ausschließlich der Darm in Betracht kommt; in den meisten Fällen werden wohl anfangs gering- fügige Kraukheitsprozesse darin aufgetreten sein, die zur Zeit der Autopsie bereits nicht mehr erkennbar waren. Vielleicht erklärt sich auf dieselbe Weise auch die Pathogenese derjenigen Affektionen, die als Septicaemia tvphosa im Puerperium beschrieben worden sind. Einen merkwürdigen Fall von puerperaler Septikopyämie beschreibt KüiixAU^i; Hier traten bei der schwer fiebernden Kranken einerseits Roseolen, anderer- seits zweimal Erysipel auf. Bei der Autopsie fand sich der Darm völlig normal, die Mesenterialdrnsen vereitert, die Nieren von kleinen Abszessen durchsetzt, die Ven. spermat. thrombosiert. Aus der Milz, sowie aus den Eiterherden und Thromben wurden Bakterien gezüchtet, die auf Grund der chemischen Proben vom Verfasser als Typhusbazillen angesprochen wurden. — Die Komplikation mit Erysipel lässt mit Sicherheit annehmen , dass bei dem obigen Krankheitsprozesse Streptokokken zum mindesten mitbeteiligt waren, dass dieselben aber in den angelegten Kulturen überwuchert wurden oder auch auf den betrefienden Nährböden überhaupt nicht angingen, was ja ein sehr häufiges Vorkommnis ist. Im übrigen wird man mit der Deu- tung des Falles zurückhalten müssen, bis etwa weitere entsprechende Be- obachtungen vorliegen, bei denen man heutzutage die Prüfung der fraglichen Kulturen durch den Immunitätsversuch unbedingt ver- langen muss. Neuerdings berichtet de GraisDMAISON ^2 über 2 Fälle von Typhus, die sich an eine Geburt resp. einen Abort anschlössen und unter den Erschei- nungen einer Sepsis verliefen; die Typhusbakterien wurden zu Lebzeiten aus dem Blute gezüchtet, und die WiDALScbe Probe war positiv. Bei derartigen Fällen möchten wir — die Richtigkeit der Beobach- tungen vorausgesetzt — die Wahrscheinlichkeit immer noch für die größte halten, dass es sich um vom Darme ausgehende Infektionen handelt, bei denen die Erscheinungen seitens des Darmes nur minimale sind. Eine richtige puerperale Wundinfektion ist schon wegen der starken baktericiden Wirkung, die das Blut auf die Typhusbazillen aus- übt, außerordentlich unwahrscheinlich. (Vergl. das vorige Kapitel: Die Verbreitung des Typhusbacillus in der Leiche.) Das Vorkommnis einer Infektion vom Darme aus, ohne dass zur Zeit der Autopsie sich nach- weisbare Darmläsionen finden, muss dagegen nach den erwähnten bak- teriologischen Untersuchungen als erwiesen angenommen werden, und es ist höchst bemerkenswert, dass erfahrene Kliniker aus rein klinischen Beobachtungen zu ganz demselben Resultate gelangt sind. So sagt CuRscHMANX (D. Abdominaltyphus. 1898, S. 86.): »Ganz so wie Diphtherie ohne ausgebildeten Belag, akute Exantheme ohne charakteristische Hautaffektion verlaufen können, so kann gewiss, wenn auch äußerst selten, beim Abdominaltyphus der Follikelapparat des Darmes nur minimal befallen sein oder selbst ganz verschont bleiben. Fast jeder erfahrene Arzt erinnert sich in dieser Beziehung an Fälle, wo nach sorgfältigster Erwägung aller Verhältnisse Abdomiualtyphus diagnostiziert worden war, in der Leiche aber nur im allgemeinen die Erscheinungen einer schweren Infektionskrankheit ohne spezifische Loka- lisation sich finden.« 18* 276 F. Neufeld, Litteratur. 1 RoSTOCKi. MüBch. med. Wochenschr.. 1899, S. 209. — i^ Cunze, San.-Ber. d. Prenß. Armee 1897/98, S. 32. — - Williams, Americ. Journ. of Med. Scienc, July 1893. — 3 DoBBiN, Johns Hopk. Hosp. Rep.. vol. 8, p. 321, 1900. — 4 Eberth, Fortschr. d. Med., 1889, Bd. 7, S. 161. — 5 Hildebrandt, ebd., 1889, Bd. 7, S. 889. — (' Fkascani, Riv. gen. ital. di clin. med., 1892, p. 282. — "> Ernst, Zieglers Beitr., Bd. 8, S. 188, 1890. — s Dürck, Münch. med. Wochenschrift, 1896, Nr. 36. — ■> Horton- Smith, Lancet, 1900, vol. 1. p. 821 and 910. — 'i^ Blumer, Journ. of the Amer. med. Assoc. 1901, Nr. 26. — w Neuhauss, Berl. klin. Wochenschr., 1886, Nr. 24. — n Wkight & Semple, Lancet, 1895, vol. 2, p. 196. — 12 Sanarelli, Ann. Pasteur, 1894, p. 193 et 353. — i"* Eiselt, Verh. d. 10. intern, med. Kongr., 2. Abt., Bd. 5. 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(Vergl. auch die Diskussion.' — 20 Scheib, Prag. med. Wochenschr., 1902. Nr. 22. — 3ü Weichardt, Ztschr. f Hyg. u. Inf, Bd. 36. — 31 Kühxau, Berl. klin. Wochenschr., 1896, S. 666. — 32 de Grandmaison, Arch. de med. exp. et d'anat. pathol. 1900, p. 289. — 33 Silvestrini, Settimana med. dello Sperimentale. 1897, Nr. 45. — 34 Blumer, Americ. Journ. of Obstetrics, vol. 39, Nr. 1. — 35 Barjon & Lesieur, Journ. de physiol. März 1901. — 3(; Qpie & Basset, ref Jahresb. Virchow-Hirsch, 1901. Bd. 2, S. 11. — 37 Guizetti, Rif. med. 1900, p. 66. 2. Rolle der Misehinfektion beim Typhus. Wie bei vielen anderen Kranklieiteu, so können auch beim Typhus sich noch weitere Mikroorganismen zugleich mit dem spezifischen Er- reger im Körper ansiedehi und das Bikl einer Misehinfektion hervor- rufen. Dabei kann es sich einmal um das Nebeneinanderbestehen von zwei unabhängigen Krankheiten handeln. Hierher gehört die in den Tropen wohl nicht seltene und prognostisch ziemlich ungünstige Kombination von Typhus mit Malaria, von der Lyon^ 30 Fälle zu- sammengestellt hat, das ebenfalls sehr gefährliclie gleichzeitige Vor- kommen mit echter Diphtherie (P. Fränkel^), ferner mit Miliartuber- kulose (KiENER & Villard ^, Meunier^). Bekannt ist der einzig dastehende Fall Karlinskis 5, in welchem ein Typhuskranker durcli die Milch einer milzbrandkranken Kuh einen tödlich verlaufenden Darm- milzbrand acquirierte. Ebenfalls eine Seltenheit stellt die Beobach- tung von Ippa'', betreffend das gleichzeitige Vorkommen von Typhus abdominalis und Recurrens dar; die Recurrensspirillen wurden im Blute, die Typhuserreger gleichzeitig im aspirierten Milzsaft nachgewiesen. Als Seltenheit sei weiter ein Fall von Typhus bei einem Cholerarekonvales- zenten erwähnt (Girüde^); ferner ist das gleichzeitige Vorkommen von Typhus und Ruhr beobachtet worden (Remlinger^i). Viel häufiger sind jedoch die exakter als »Sekundärinfektion« be- zeichneten Fälle, in denen durch die von dem typhösen Prozesse ge- schaffenen Eingangspforten sekundär andere Mikroorganismen in den Körper eindringen (vergl. im I. Bande das Kapitel »Misehinfektion«). Schon Eberth s fand bei Eiterungen von Typhuskranken mikroskopisch nicht Stäbchen, sondern Kokken, und Dunin '■> wies in 4 Fällen von Abszessen bei Typhus durch die Kultur nach, dass in denselben aus- Typhus. 277 scliließlicli Streptokokken resp. Staphylokokken enthalten waren. E. Frän- KEL 10' 11 sowie E. Fränkel & Simmunds ^'^^ i^' i-i berichten über das Vorkommen pyogener Kokken in den verschiedensten metastatischen Prozessen, so bei EntzUndung-en des Pharynx und Larynx, bei eitrig-er Parotitis, Pleuritis, Peritonitis, Meningitis, Otitis media, bei Abszessen des Hodens, der Prostata, der Milz, bei verschiedenartigen Aflektionen der Lungen. Die genannten Autoren, denen sich BAUMGARrE>f ^^ und später Wassermann auschloss, glaubten daraufhin, dass alle im Verlaufe eines Typhus vorkommenden Eiterungen ausschließlieh durch die gewöhnlichen Eitererreger und niemals durch die Typhusbazillen selbst verursacht seien, — eine Annahme, die wie schon vorher näher ausgeführt (s. S. 262), nach Ansicht der überwiegenden Mehrzahl der Autoren heute nicht mehr aufrecht zu erhalten ist. " Dass jedoch im Anschluss an Typhus Ent- zündungen und Eiterungen aller Art auftreten können, die nicht durch Typlmsbazillen , sondern ausschließlich durch andere sekundäre Mikro- organismen bedingt sind, ist allgemein anerkannt. Außerordentlich zahlreich sind die Beobachtungen von subkutanen, Drüsen- und Knocheueiterungen, von Abszessen der Milz, Leber und Niere, von Meniugitiden, Pleuritiden und Peritonitiden, die im Verlaufe eines Typhus entstehen und bei denen sich Streptokokken oder Staphylo- kokken als alleinige Mikroorganismen finden. Es sind, wie man sieht, dieselben Affektionen, wie sie nach dem oben Berichteten auch durch den Typhusbacillus hervorgerufen werden können. So ist es denn auch leicht verständlich, dass sich häufig beide Arten, sowohl die Typhusbazillen, wie auch die pyogenen Kokken gleichzeitig in solchen Metastasen finden. Bezüglich der sehr reichhaltigen Litteratur über diese Fälle kann auf die schon öfters citierte eingehende Arbeit von D.mochowski & Ja- NOWSKiiö verwiesen werden, sowie auf die neueren von Flexner22^ Pennato 23^ Dübbin 2^, Prüchaska25, in denen ebenfalls zahlreiche Litteraturnachweise enthalten sind. Wenn auch nicht in allen diesen Fällen die sekundären Krankheitserreger durch die Darmulzerationen in den Kreislauf eingewandert zu sein brauchen, so ist dieser Weg der Infektion doch für die meisten wahrscheinlich, — abgesehen von den durch Streptokokken und Pneumokokken bedingten Lungenaffektionen. Als schwere Allgemeininfektion sind sekundäre Streptokokkenerkran- kungen bei Typhösen von Vincent'^, WasserxMANN i*, Carter i« u. a. be- schrieben worden. Der erstere fand bei 5 Sektionen die Sti-eptokokken neben den Typhusbakterien in allen Organen, Wassermann wies sie durch die Blutuutersuchung intra vitam nach. Die von Wassermann mitge- teilten Fälle zeigten neben starken Fieberremissionen und relativ hoher Pulsfrequenz vor allem Neigung zu Blutungen in der Haut und in ver- schiedenen Orgauen, sowie zum Teil sekundäre Eiterungen und Erysipele. Ob die sog. hämorrhagische Form des Typhus, die schon von Trousseau und von Wagner studiert wurde, und die durch Petechien der Haut und profuse Blutungen der Nase, des Darmes, der Genitalien u. s. w. charak- terisiert ist, vielleicht einer sekundären septischen Infektion ihre Ent- stehung verdankt, müssen weitere Untersuchungen lehren. Weniger ist uns über die Beteiligung des Bacterium coli an sekundären Krankheitsprozessen bekannt, wenngleich diese Annahme durch die Beobachtungen Bibers rEiNs27 ^^ .^_ nahegelegt wird, wonach im Verlaufe von Typhuserkrankungen das Blut der Patienten nicht selten eine Steigerung seines Agglutinationsvermögens gegenüber dem Bacterium coli erfährt, Beobachtungen, die freilich, wie wir später sehen werden, 278 F. Neufeld, auch eine andere Deutung gefunden haben (Pfaundler 29). Nicht ganz selten scheint nach den Erfahrungen von Silvesteini^^, Blumer ^-, Pe- TRUSCHKY^'i, Neufeld 21 u. a. das Bacterium coli als Erreger von Bak- teriurie bei Typhösen vorzukommen, zuweilen übrigens auch gleichzeitig mit dem Typhusbacillus. Ferner erwähnt Petruschky ^o einen bakterio- logisch sichergestellten Typhusfall, welcher an einer durch Bact. coli bedingten Nierenkomplikation zu Grunde ging. Bei der Sektion fand sich nur ein kleines TyphusgeschwUr sowie in allen Organen eine Rein- kultur von Bact. coli. Litteratur. 1 Lyon. Jobns Hopk. Hosp. Eep.. vol. 8. p. 263, 1900. — ^ p. Fränkel, Dtsch. med. Wochenschr., 1901. S. 196. - 3 Kiener & Villahd, Sem. med., 1893, Nr. 15. — 4 Meunier. ref. Centralbl. f. Bakt. Bd. 21. S. 749, 1S97. — 5 Karlinski, Berl. klin. Wochenschr., 1888. Nr. 43. — c Ippa, ref. Baumg. Jahresb.. 1890. S. 334. — ■^ GiRODE, Sem. med.. 1893. S. 580. — 8 Ebertii, Der Typhusbacillus und die intestinale Infektion. Volkmanns klin. Vortr., 1883. — '^ Dunin, Dtsch. Areh. f. klin. Med., Bd. 29, 1886. — i" E. Fränkel. Jahrb. der Hamburger Staatskranken- anstalten. Jahrg. I. 1889. — " Ders., Münch. med. Wochenschr., 1890, Nr. 23. — 12 E. Fränkel &. Simmonds, Die ätiol. Bedeutung des Typhusbacillus. Hamburg 1886. — « Dies.. Ztschr. f. Hyg., Bd. 2, S. 138, 1887. — i4 Dies., Centralbl. f. klin. Med.. 1886, Nr. 39. — i'^J Baumgarten. Lehrb. der path. Mykologie. — 16 D.MOCHOW,SKi & Janowski, Zicgl. Beitr., Bd. 17, S. 221. 1895. — " Vincent, Ann. Pasteur. 1893. — i« Wasserm.\nn. Charite Annalen 1895. — i'-' Carter, ref. Baumg. Jahrb., 1897. — 20 PETRUScmcv, Zeitschr. f. Hyg. u. Inf, Bd. 36. S. 151, 1901. — 21 Neufeld, Deutsche med. Woch., 1900, Nr. 51. — 22 Flexner. Johns Hopk. Hosp. Eep., vol. 5, p. 343. 1896. — 2;i Pennato, Gaz. degli ospedali, 1898, Nr. 10. — 24 DoBBiN, Johns Hopk. Hosp. Eep., vol. 8, S. 321, 1900. — 25 Prochaska, Dtsch. med. Wochenschr., 1901, S. 132. — 2- Biberstein, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 27, S. 347, 1898. — 2s SiLVESTRiNi, Settimana med., 1896, Nr. 5. — 29 Pfaundler, Münch. med. Woch., 1899. Nr. 15. — 3o Petru.schky, Zeitsch. f. Hyg., Bd. 40, 573, 1902. — 31 Eemlinger, Eev. de med., 1901, p. 236. — ■^- Blumer, Johns Hopk. Hosp. Eep., vol. 5, 1895. 3. Ueber das Vorkommen von reinen Intoxikationen durch Typhusgift. Es sei hier noch kurz die von CuRSCH]\r.4NN (Der Abdomina- typhus 1898, S. 285) aufgeworfene Frage besprochen, ob nicht beim Menschen zuweilen kurzdauernde, aber relativ schwere Krankheits- erscheinungen durch reine Intoxikation mit Typhusgift hervor- gerufen sein könnten. Es handelt sich um Personen, die in der Um- gebung von Typhuskranken lel)en, unter heftigen Darm- und AUgemein- erscheinungeu plötzlich erkranken, nach längstens 2 — 3 Tagen jedoch völlig wiederhergestellt sind. Unsere jetzigen Kenntnisse über die Gifte des Typhusbacillus, besonders auch die zu Immuuisieruugsz wecken am Menschen ausgeführten Injektionen mit sterilisierten Typhuskulturen, liefern uns für eine solche Annahme keine rechte Stütze; schon bei subkutanen Injektionen muss die Kulturdosis zur Erzeugung von hohem Fieber ziemlich groß sein, während, wenn mau mit Curschmann eine Intoxikation mittels infizierter, aber z. B. durch Kochen sterilisierter Nahrungsmittel annehmen wollte, die Menge der auf diese Weise ein- geführten Bazillenkörper meist doch nur ziemlich gering sein dürfte. Bei stomachaler Einverleibung rufen aber, wenigstens bei Tieren, auch große Dosen keine erhebliche Temperatursteigeruug oder überhaupt Erkrankung hervor. Somit können unsere bisherigen bakteriologischen Erfahrungen zum mindesten nicht zur Unterstützung der von Cükschmann ausgesprochenen Vermutung herangezogen werden. Typhus. 279 VI. Ueber typhusähnliche Erkrankungen bei ander- weitigem Bakterienbefund (Paratyphus). Dass ein dem Typhus diircliaus älmlicbes Krankheitsbild durch an- dersartige Prozesse, am häutigsten durch Meningitis, Miliartuberkulose oder septikämische Krankheiten erzeugt werden kann, ist eine alt- bekannte Erfahrung; an der Hand eines größeren Materiales bespricht SiLVESTRiNi^ die verschiedenen Aetiologieen der fraglichen Zustände (u. a. das Febbre mediterranea). Nun hat jedoch in neuester Zeit ScHOTTMtJLLER 2' 3 5 Fälle publiziert, die klinisch durchaus als Typhen, ja speziell auch größtenteils mit reichlicher und typischer Eoseola ver- liefen, bei denen jedoch aus dem Venenblute anstatt der erwarteten Typhusbazillen andere Bakterien wuchsen, die in den 5 Fällen, wenn auch nicht vollständig, so doch annähernd miteinander übereinstimmten und jedenfalls der Gruppe der »typhusähnlichen« zuzurechnen sind. Vom Typhusbacillus unterschieden sie sich in chemischer Hinsicht haupt- sächlich durch ihr Gärungsvermögen, ferner durch die Agglutination. Dass es sich um eine zufällige Verunreinigung handelte, muss man schon deshalb für vollkommen ausgeschlossen halten, weil die betreffen- den Bakterien meist ziemlich reichlich auf den Agarplatten aufgingen, bisweilen fanden sich 100 und mehr Kolonieen derselben Art. Eher könnte man daran denken, dass dieser Bacillus, den der Autor als Bacillus paratyphosiis bezeichnet, nur sekundär in das Blut eingedrungen sei, zumal über Versuche, auf anderem Wege als aus dem Venenblute bei einem dieser Fälle die Tvphusbazillen zn erhalten, nichts berichtet wird. Gegen die Typhusuatur der Krankheitsfälle sprach auch die Agglutinationsprobe. Dieselbe ergab, dass die ScjHoTTMÜLLERschen Bazillen von dem Serum der Patienten in stärkerer Verdünnung beein- flusst wurden als echte Typhusbazillen. Auf Grund desselben Aggluti- nationsbefuudes fasst Schottmüller noch einen weitereu Fall als »Para- typhus« auf, bei welchem außerdem die Möglichkeit einer Infektion durch einen der anderen Fälle nahelag. Die übrigen Fälle zeigen dagegen keinerlei ätiologischen Zusammenhang miteinander. Eine willkommene Ergänzung zu den überraschenden Befunden ScTiüTTMÜLLERS bietet die Arbeit von Kurth-^. Der Autor hat einen von ihm als B. Bremensis febris gastricae bezeichneten Bacillus, der den ScHOTTMÜLLERschen zum mindesten sehr ähnlich ist, in zwei von fünf Krankheitsfällen aus den Stuhlentleerungen der Kranken ge- züchtet; einmal traten dieselben Stäbchen auch in der Rekonvaleszenz reichlich im Urin auf. Es waren stark bewegliche, gasbildende Stäb- chen, welche der Gruppe des B. euteritidis Gärtner nahestehen. Für Meerschweinchen erwies sich eine Kultur so pathogen, dass Y200 Oese bei intraperitonealer Einverleibung die Tiere tötete. Die Bazillen wurden durch das vSerum der Kranken resp. Ptckonvaleszenten in starker Ver- dünnung agglutiniert (bis zu 1 : 500 und 1 : 8000), während dasselbe Serum auf Typhusbazillen keine spezifische Wirkung hatte. Klinisch verliefen die Fälle ähnlich denen von SchotTiMÜller, zum Teil mit Roseolabildung. Auch hier ließ sich ein Zusammenhang der einzelnen Erkrankungen nicht nachweisen. Nach den Beobachtungen Schottmüllers müssten Fälle von »Para- typhus« keine allzugroße Seltenheit sein, da der Autor bei seinen Blutuntersuchungen fünf derartige Fälle imter 69 typhusverdächtigen Er- 280 F. Neufeld, kraukungen fand. Es ließ sich daher erwarten, dass die letzten Be- denken, die mau gegen die Befunde etwa haben könnte, alsbald durch weitere Beobachtungen widerlegt werden würden. Vor allem war dabei der Versuch zu macheu, bei demselben Kranken sowohl das Blut, wie die Faeces, die Roseolen und den Urin auf Bakterien zu untersuchen, und außerdem die Agglutinationswirkung des Blutes festzustellen. Hier- durch lässt sich vor allem der Einwand widerlegen, dass es sich um echte Typhen handeln könne, bei welchen der »Paratyphusbacillus« nur eine sekundäre Rolle spiele. Ferner ist es von großem Interesse, zu wissen, ob diese Fälle in derselben Weise wie echte Typhen zu Epi- demieen Veranlassung geben, oder ob sie sich epidemiologisch eher den Fleischvergiftungen ähnlich verhalten, bei denen nur gelegentlich eine Weiterverbreitung von Mensch zu Mensch vorkommt. Auch die weit- gehende x^elmlichkeit des »Paratyphusbacillus« mit den Bakterien der GÄRTNER-Gruppe, welche wir als Erreger Yon Fleischvergiftungen kenneu (vergl. das einschlägige Kapitel dieses Handbuches) fordert zu genauerem Vergleiche mit diesen letzteren Erkrankungen heraus. Ein sehr wichtiger Punkt ist es, dass auch die ScHOTTMÜLLERSchen Bazillen untereinander nicht vollkommen identisch sind; dasselbe ist von den einzelnen Bazillen der GÄRTNER-Gruppe, die als Erreger von Fleischvergiftungen beschrieben wurden, bekannt. Es ist daher von großem Interesse, zu sehen, wie ähnliche Fragen und Zweifel bereits vor langer Zeit aufgetaucht sind. So berichtet Eberth^o über eine auch von anderer Seite (Wälder^' ", Huguexix^'^, HuBERö) beschriebene große Epidemie zu Kloten (Schweiz) i. J. 1878 von über 600 Fällen, welche zweifellos durch das Fleisch eines kranken Kalbes verursacht war. Die Erkrankungen zeigten zum großen Teile einen klinischen Verlauf, der dem des Typhus näherstand als dem der gewöhnlichen Fleischvergiftung; speziell wurde starke Milzschwellung und sehr reichliche, gegen Ende der ersten Woche auftretende Roseola- eruption konstatiert. Andererseits waren auch deutliche Unterschiede gegenüber echtem Typhus zu finden. So war die Inkul)ationszeit kürzer, vor allem aber der Verlauf viel leichter. Dem entsprechend war auch die Mortalität unter 1%. Bei zwei Todesfällen, deren Sektion von Eberth gemacht wurde, fanden sich im Darm und an den Mesenterial- drüsen Veränderungen, die einem schweren Typhus durchaus entsprachen. Eberth glaiibt die Fragen offen lassen zu müssen: »War die Klotener Erkrankung der gewöhnliche Abdominaltyphus? war sie eine Abart desselben oder ein anderer dem Abdominaltyphus ähnlicher, ihm viel- leicht verwandter infektiöser Prozess? giebt es nur einen Abdominal- typhus oder ist die bisher so genannte Krankheit in mehrere verschie- dene Formen zu zerlegen?« Einer ganz ähnlichen Auffassung begegnen wir bei BollingerIi, nach ihm ist die Fleischvergiftung eine besondere Form der Infektion, »die große Aehnlichkeit, ja eine gewisse Verwandtschaft mit dem mensch- lichen Abdominaltyphus hat und vielleicht als eine Abart desselben be- trachtet werden kann;. Große Aehnlichkeit mit der Klotener besitzt die ältere Andelfinger Epi- demie ^^ (1839), welche ebenfalls dnrch Kalbfleisch hervorgerufen war; auch hier wurde noch lange hinterher ein lebhafter Streit darüber geführt, ob die Krankheit als echter Abdominaltyphus aufzufassen sei (Griesinger^-^, Lieber- meister i-i u. a.). Von besonderer Wichtigkeit ist es, dass bei beiden Epidemieen sekundäre Infektionen von den zuerst erkrankten Personen aus erfolgten. Typhus. 281 Nim sind iu jüngster Zeit mehrere Mitteilungen erschienen, welche die ScHOTTMÜLLERschen Beobachtungen bestätigen und iu wesentlichen Punkten erweitern. Vor allem gelang es Bkiox & Kayser ^^, in einem Falle die Para- typhusbazillen gleiclizeitig aus den Faeces, den Roseolaflecken, dem Venenblute, dem Urin sowie schließlich aus dem eitrigen Vaginal- und Urethralsekret zu züchten. Klinisch war Milzvergrößerung, reichliche Roseola, Bronchitis, zeitweilig auch positive Diazoreaktion vorhanden: es traten ferner zwei ziemlich schwere Rezidive auf. Wenn die ätio- logische Bedeutung des gefundenen Bacillus durch sein gleichzeitiges Vorkommen in verschiedenen Organen bereits zweifellos festgestellt war, so wurde sie noch dadurch bestätigt, dass das Serum des Patienten diesen Bacillus noch in einer Verdünnung 1 : lOOO agglutinierte. Einen weiteren Fortschritt, vor allem in Bezug auf die Epidemiologie des Paratyphus bringt die Arbeit von Hünerma^^x^'I Es handelt sich im Gegensatz zu den bisherigen Mitteilungen über Para- typhus um ein epidemisches Vorkommen der Krankheit. In einer Kaserne traten im ganzen 38 Erkrankungen auf; es ließ sich mit Sicherheit feststellen, dass die Krankheit durch einen Soldaten eingeschleppt worden war, der sich während eines Urlaubes infiziert und eine leichte Erkrankung mit Diarrhöen durchgemacht hatte. Die Krankheitserreger waren ofl'eubar in das Leitungs- wasser geraten und durch dieses verschleppt worden. Hünermaxn selbst giebt vorläufig nur einen Teil der bakteriologischen Beobachtungen wieder; der größte Teil der Untersuchungen ist von anderer Seite ausgeführt und bisher nicht publiziert worden. Hünermaxn fand in einem Falle in den Faeces eines Erkrankten, in einem anderen im Urin eines Rekonvaleszenten einen Bacillus, der mit einem der beiden Stämme von Schottmüller identisch zu sein schien (s. unten). Dieser Bacillus nun wurde durch das Blut von 19 der Patienten noch in einer Verdünnung von 1 : 1000 bis 1 : 2000 deutlich agglu- tiniert; dieselbe Agglutinationsfähigkeit zeigte das Blut des bereits wieder völlig gesundeten Soldaten, der die Krankheit eingeschleppt haben musste. Ein Typhusstamm dagegen wurde durch das Blut derselben Personen teils nicht mehr als normal, teils in viel geringerem Grade als der Paratyphusbacillus (bis 1 : 100) agglutiniert. Klinisch verliefen die Erkrankungen ähnlich leichteren Typhusfällen; auch hier wieder wurde reichliche Roseolaeruption beobachtet. Da die Infektion offenbar bei allen Erkrankten gleichzeitig und aus einer gemeinsamen Quelle erfolgt war, nämlich durch das verunreinigte Wasser einer Leitung, an der zur fraglichen Zeit ein Defekt konstatiert Avurde, so ließ sich die Inkubationszeit gut feststellen. Dieselbe scheint hiernach ungefähr die gleiche wie beim Typhus zu sein; speziell beobachtete der Autor, dass die Roseolaeruption in der Mehrzahl der Fälle etwa am 21. und den darauf fol- genden Tagen nach der mntmaßlicheu Infektion auftrat, wie es nach seinen Erfahrungen auch beim Abdominaltyphus der Fall zu sein pflegt. Ferner seien hier zwei vereinzelte Befunde erAvähnt, die sich ofl'enbar auf Paratyphus beziehen. Petruschky^^ züchtete bei einem klinisch als Typhus erscheinenden Krankheitsfalle ans mehreren Roseolen anstatt der erwarteten Typhusbazillen einen Bacillus alcaligenes (die Paratyphusbazillen, wenigstens der eine Typus derselben, bilden iu Molke Alkali); Burdach ^^ isolierte bei einer schwer fiebernden, typhusverdächtigen Patientin sowohl aus dem Blute wie aus den Faeces ebenfalls einen Alkalibildner, dem er eine wesentliche Rolle, sei es eine primäre oder eine sekundäre in dem Krankheitsverlauf zuschreibt. 282 F. Neufeld, Aucli einige Beobaclitungeu amerikanischer Autoren müssen hier »heran- gezogen werden. Bereits im Jahre 1898 fand Gwyn ^'^ im Bhite eines klinisch vollkommen als Typhus verlaufenden Falles einen typhusähnlichen Bacillus '»Paracolonbacillus«), auf welchen das Serum des Patienten in der Verdün- nung 1 : 200 agglutinierend wirkte, während es auf Tj'phusbazillen ohne Ein- tiuss Avar. Der Fall, welcher einwandfrei nachgewiesen und durch- aus richtig gedeutet wurde, dürfte somit der erste seiner Art sein. Neuerdings haben dann Colema^; & Buxton^o bei einem Paratyphusfalle die Bazillen aus dem Blut gezüchtet. Vielleicht gehört auch eine Beobachtung Cushixgs^i hierher: derselbe isolierte einen typhusähnlichen Bacillus aus einem osteomyelitischen Prozess, der sich an eine klinisch als Typhus diagnostizierte Krankheit anschloss. Auch hier agglutinierte das Serum des Rekonvaleszenten diesen Bacillus, nicht aber einen echten Typhusstamm. Achard & Bexsaude26 beschrieben bereits 1896 als »Infektions paratyphoidiques« den Befund von typhusähnlichen Bazillen, die sie einmal aus einem Abszess, einmal aus einer Cystitis nach vorangegangener typhöser Erkrankung züchteten. Ueber den Charakter der Grundkrankheit lässt sich daraus natürlich nichts Sicheres entnehmen. Vergl. auch eine Be- obachtung Widals^'^. Schließlich findet sich in einer Zusammenstellung von Hoffmann -2 eine neue bisher nicht erschienene Arbeit von de Feyfer & Kayser erwähnt, betreffend eine in Holland beobachtete Epidemie von 14 Fällen, als deren Erreger sich ein Bacillus feststellen ließ, der mit einem der Schottmüller- schen identifiziert wurde. Die vorliegenden Beobachtungen werden sicherlich alsbald weitere Ergänzungen finden. Bisher bleiben hauptsächlich zwei Fragen offen: einmal wissen wir, da bisher kein Sektionsbericht vorliegt, nichts Be- stimmtes Ul)er die pathologisch-anatomischen Veränderungen, insbesondere solche des Darmes, die dem Krankheitsbilde zu Grunde liegen, zweitens ist die Art der Krankheitsübertragung noch vielfach unklar. Zweifellos kommen, wie schon Sciiottmüllek für einen seiner Fälle annahm, Kontaktinfektionen von einem Kranken auf seine Umgebung vor und ebenso scheint durch HünekmaxnIö eine Verbreitung durch Trinkwasser, welches durch die Ausleerungen eines Kranken verunreinigt ist, erwiesen. Soweit liegen also die Verhältnisse genau so wie beim Typhus; fraglich ist aber, ob der Paratyphusbacillus ebenso wie der echte Typhuserreger sich unter natürlichen Verhältnissen so gut wie ausschließlich innerhalb des menschlichen Körpers vermehrt, so dass jeder Krankheitsfall auf einen früheren zurückzuführen ist, oder ob er auch zu einer dauernden Existenz außerhalb des menschlichen Körpers befähigt ist und nur ge- legentlich auf den Menschen übertragen wird. Es liegt nahe die er- wähnten beiden Epidemieen von typhusähnlichen, aber leichter verlau- fenden Erkrankungen heranzuziehen, um die Lücken unserer bisherigen Beobachtungen auszufüllen. Auch noch andere ältere Epidemieen scheinen nach den vorliegenden Beschreibungen große Aehnlichkeit mit den neuerdings als Paratyphus angesprochenen Krankheitsfällen zu haben, vor allem die von Wtss^^ beschriebene Epidemie von Wtiren- los (1880). Auch hier handelt es sich um eine Krankheit, die unter dem Bilde des Tj^phus, mit Roseolaexanthem , Diarrhöen , und hohem Fieber, jedoch durch- schnittiich gutartiger als Abdominaltyphus verlief; auch diese Epidemie ließ sich mit Sicherheit auf Kalbfleisch, das von einem erkrankten Tiere stammte, Typhus. 283 zurückführen. In den zum Exitus gekommenen Fällen wurden hier ebenso wie bei den Klotener Fällen Darmgeschwüre gefunden. Es soll hier mir auf die Aehuliclikeit, welche diese alten Beobach- tung-cu mit den neuesten haben, hingewiesen sein, ohne dass weitere Hypothesen daran g-eknüpft werden. Bei der relativen Häufigkeit des »Paratyphus darf man mit Sicherheit erwarten, dass alle noch zweifel- haften Punkte alsbald völlige Aufklärung finden Averden. Es wurde bereits mehrfach erwähnt, dass die aus verschiedenen Fällen gewonnenen Paratyphusbazillen untereinander nicht völlig über- einstimmen. Nach den Untersuchungen von Kayser24 i^^^ Bkiox & Kayseris, die sich sowohl auf die kulturellen und chemischen Eigen- schaften, als auch auf die Aggliitinationsverhältnisse stützen, lassen sich die bei Paratyphus gefundeneu Bakterien in zwei Typen rubrizieren, entsprechend den bereits von Öchottmüller beschriebenen beiden Varie- täten, die sich untereinander durch das Wachstum auf Gelatine und Kartoffel, und in Lackmusmolke unterscheiden. Vom Typhusbacillus lassen sich beide Arten durch die Gasbildung aus Traubenzucker und die Reduktion des Neutralrotes, vom Bact. coli durch die starke Beweglich- keit, das Wachstum in Molke und Milch und die negative Indolreaktion sofort differenzieren. Der eine Typus der Schot TMÜLLERSchen Bak- terien wächst auf der Kartoffel, auf Gelatine und Agar sehr ähnlich wie Typhus und bildet in Lackmusmolke Säure, der andere zeigt auf den erstgenannten Nährböden ein viel üppigeres AVachstum und säuert die Molke anfjxngs zwar leicht, bildet später jedoch Alkali. Auf Piorkovvskis Harngelatine wachsen beide Arten durchaus vom echten Typhus ver- schieden (Sciiottmüller3). Auch Kurths Bacillus Bremensis ist hier- nach mit einem der Schot iMÜLLERsehen identisch, vielleicht auch einige bereits früher beschriebene Arten, wie der bei einer Fleischvergiftung ge- fundene Bac. Friedebergensis, der Bac. Breslaviensis, der Bac. morbifi- cans bovis (Basexau^s), der Bacillus »0« von Gwrx^y. Soweit Virulenz- prüfungen vorgenommen Avurden, erwiesen sich die Kulturen als in hohem (irade pathogen für verschiedene Tierarten, so dass sie sich auch hierin von Typhusbazillen unterscheiden. So tötete bei intraperitonealer Ein- verleibung die HüxERMANNSche Kultur Kaninchen noch in der Dosis von Vio Oese, während der Bacillus von Kurth für Meerschweinchen so virulent war, dass Y200 Oese (intraperitoneal) die tödliche Dosis dar- stellte. Erheblich geringer war die Virulenz des Bacillus von Briox- Kayser. Die Diagnose des Paratyphus ist nur auf bakteriologischem Wege zu stellen. Die Untersuchung des Blutes, der Roseolen und der Faeces erfolgt genau in derselben Weise, wie beim echten Typhus, nur kommt bei der Faeces-Untersuchung Pkjrkowskis Nährboden nicht in Betracht (s. 0. S. 241). Die Agglutinationsprobe scheint durchschnittlich höhere Werte als beim Typhus zu ergeben; zu ihrer Ausführung müssen beide Typen von Paratyphusbazillen herangezogen werden. Litte ratur. i SiLVESTRiNi, Settimana inedica dello Sperimentale, 1897, Nr. 4.5 e 46. — - ScHOTTMÜLi.ER, Dtsch. med. Woeh.. 1900. S. 511. — ;' Ders.. Ztsobr. f. Eyg. u. Infekt.-Krankh., Bd. 36, S. 368, 1901. — 4 Kurth, Dtsch. med. Woch.. 1901, S. 500. — -^ Walder, Berl. Klin. Woch., 1878, Nr. 39. — 6 Ders., Die Typhusepidemie in Kloten. Diss., Zürich 1879. — ' Huguexin, Corrcsp. -Blatt f. Schweizer Aerzte. Bd. 8. S. 15, 1878. — ^ Ders.. ebd., Bd. 9, S. 137. 1879. — '• Huber. D. Arch. f. Klin. Med.. Bd. 2.5, S. 220. — w Eberth, Volkmanus Samml. klin. Vortr., Nr. 226, 1883. — 11 BoLLiXGER, Münch. med. Woch.. 1881, Nr. 15—18. — i^ Schmidts Jahrb.. 284 F. Neufeld, Bd. 31, S. 34, 1841. — i' Griesinger, D. Arch. f. Klin. Med., Bd. 3, S. 509. 1867. — 14 Liebermeister, ebd.. S. 221 u. 510. — i5 Brion & Kayser. Münch. med. Woch., 1902, S. 611. — 1^^' HÜNERMANN, Ztschr. f. Hyg. u. Infekt.-Krankh., Bd. 40, S. 522, 1902. — 17 Petruschky, ebd., Bd. 40. S. 573, 1902. — i^ Burdach, ebd., Bd. 41. 1902. — i'> Gwyn, Johns Hopk. Hosp. Bull., 1S98, p. 54. — 20 Coleman & Buxton, Amer. Journ. of the med. scienc. Juni 1902. — -i Cushing, Johns Hopk. Hosp. Bull.. 1900. p. 156. — 22 Hoffmann, Hyg. Rundsch., 1902. S. 835. - 23 Wyss, Corresp.-Bl. f. Schweizer Aerzte, 1881. Nr. 8—10. — -'4 Kayser. Centralbl. f. Bakt.. Bd. 31. Nr. 9, 1902. — 2.. Basenau, Arch. f. Hyg., Bd. 32, S. 219. 1898. — 2fi Achard & Bensaude, Bull, et Mem. Soc. med. des hopit., 1896, p. 820. — 27 Widal, Sem. med.. 1897, p. 285. VIII. Vorkommen des Typhusbacillus in Wasser und Boden. Methoden des Nachweises. Ueber das Vorkommeu von Typhusbazillen außerhalb des erkrankten Körpers und seiner Ausscheidungen liegen zwar zumal aus früheren Jahren eine große Zahl von Mitteilungen vor, doch können wir von unserem heutigen Standpunkte aus denselben keine Bedeutung bei- legen, da die damaligen Methoden zur sicheren Erkennung des Typhus- erregers nicht ausreichten. Für die meisten dieser Berichte können wir sogar mit größter Wahrscheinlichkeit annehmen, dass die gefundenen Keime keine Typhusbazillen waren, da wir jetzt wissen, wie außer- ordentlicli schAvierig es ist, auch in stark verdächtigem Wasser die spezifischen Keime nachzuweisen. Was die Identifizierung der aus der Außenwelt, vornehmlich aus dem Wasser oder dem Boden isolierten Bazillen anlangt, so ist sie mittels der oben gegebenen Proben mit ganz besonderer Sorgfalt vorzunehmen, da man erfahrungsgemäß gerade bei diesen Untersuchungen auf sehr viele Arten »typhusälmlicher« Bazillen stößt, über die unsere Kenntnisse im einzelneu noch durchaus unvollständig sind. Außer den bewähr- ten und oben als unerlässlich augeführten Typhusprol^en ist aber gerade bei Kulturen solcher Herkunft unbedingt die Anstellung des PFEiFFEiischen Immimitäts Versuches zu for- dern, ehe man sie als echte Tvphen anerkennen darf. (Yergl. oben S. 228.) Hiernach können wir die älteren Angaben, von denen sich 65 an- geblich positive Befunde bei Lösener 1 zusammengestellt finden, ül)er- gehen und als den ersten einwandsfreien Befund von Typhusbazillen den von Lösexer^ 1895 aus dem Berliner Leitimgswasser erhobenen ansehen. Aus einem Wasser, durch welches erwiesenermaßen eine Krankheitsübertragung erfolgt war, nämlich aus einem ländlichen Brunnen, wiesen zum ersten Mal Kübler & Neufeld 2 die Typhusbazillen ein- wandfrei nach. Es folgte der Befund von Fischer & Flatau^. Der Grund, weshalb der Bazillennachweis so selten zu liefern ist. liegt einmal darin, dass wir in vielen Fällen mit unserer Untersuchung zu spät kommen; bei der langen Inkubationszeit des Abdominaltyplms und der anfangs unsicheren Diagnose besonders der ersten Fälle einer Epidemie werden zu der Zeit, wo wir auf die Infektionsquelle aufmerk- sam geworden sind, die schuldigen Bakterien daraus oft schon wieder verschwunden sein. Die Hauptschuld an den bisherigen schlechten Er- folgen trägt jedoch die Mangelhaftigkeit unserer Untersuchungsniethoden. In l)eideu Beziehungen liegen also die Verhältnisse außerordentlich viel ungünstiger, als etwa bei der Cholera, wo wir infolge der kurzen In- Typhus. 285 kubationszeit und des charakteristischen, schnell sich entwickelnden Krnids;heitshildes rechtzeitig auf die Infektionsquelle aufmerksam werden; und wo wir in dem Teptonwasserverfahren eine Aorziigliche Anreiche- rungsmethode besitzen, um auch vereinzelte Keime aufzufinden. Viel mehr noch als bei der Untersuchung- der Faeces vermissen wir bei der des Wassers ein solches Anreicherungsverfiihren für Typhus. Sehr oft sind daher die Bemühungen der besten Forscher erfolglos geblieben, in einem Wasser, durch welches zweifellos zahlreiche Krank- heitsübertragungen stattgefunden hatten, die Typhusbazillen durch Kultur nachzuweiseii (G!-affky,"Löffler, HuErPE, Ffeifpek u. v. a., s. die An- gaben LÖFFLEKS*). In letzter Zeit haben einige französische Autoren die schlechten Ergebnisse der WasseruntersucliiiDgen dadurch zu erklären versucht, dass die Typhus- bazillen bei längerem Aufenthalt im Wasser ihre Eigenschaften wesentbch ändern sollen. Da sich die angegebenen Veränderungen hauptsächlich auf die Agglutination beziehen, so werden die betreuenden Arbeiten bei der Agglutination der Typhusbazillen (Bd. 3) besprochen werden. An Versuchen, eine dem Cholera- Anreicheruugsverfahreu entspre- chende Methode auch für Typhus auszuarbeiten, hat es nicht gefehlt. Obgleich diese Bemühungen eigentlich zu keinem befriedigenden Er- gebnis geführt haben, so soll doch das Hauptsächlichste davon hier kurz erwähnt sein; vielleicht, dass aus den Grundgedanken des einen oder anderen Verfahrens heraus sich später eine vollkonnnenere Methode ent- wickelt. Bisher ist von den Schwierigkeiten der Wasseruntersuchung nur eine annähernd überwunden: nämlich der störende Einfluss der zahlreichen, in allen suspekten Wässern meist besonders reichlich vor- handenen geAvöhn liehen Wasserbakterien, von denen ein großer Teil zu den Gelatine verflüssigenden Arten gehört, deren Entwicklung eine genügend lange Beobachtung der Platten außerordentlich erschwert. Diese" Keime nun werden durch die meisten der angegebenen Methoden in genügender Weise ausgeschaltet. Nicht gelungen ist es dagegen bisher — trotz vieler gegenteiliger Angaben — ■, in einem Wasser, wel- ches gleichzeitig Typhusl)akterieu und solche von der Gruppe der Colibazillen enthält, die letzteren auszuschalten oder auch nur den Typlmsbazillen gegenüber in ihrer Entwicklung zurückzuhalten. Die Angaben, dass ein Zusatz von Karbol zum Nährboden diesen Erfolg haben sollte, haben sich als irrtümlich erwiesen und alle später em- pfohlenen ähnlichen Zusätze beeinträchtigten das AVachstum des Typhus stets in höherem Grade als das des B. coli. Dagegen erreicht man durch die meisten dieser Nährböden eine ausreichende Zurückhaltung der sapro- phytischen Wasserbakterien : so sah z. B. Uffelmaxx ^ aus einem Tropfen stark keimhaltigen Wassers auf seinem Nährboden 19 Kolonieen, auf gew^öhnlicher Gelatine dagegen 12500 Kolonieen aus wachsen. Die spezifischen Substanzen, welche eine Anzahl anderer Mikroorga- nismen zu Gunsten der gesuchten Typhuserreger in ihrer Entwicklungs- fähigkeit vernichten sollen, werden von den Autoren entweder direkt dem Nährboden (meist Gelatine) zugesetzt, oder aber man lässt sie zu- nächst in einem flüssigen Medium auf die zu untersuchende Wasserprobe einwirken, die dann nach einiger Zeit zu Platten verarbeitet wird (»Vor- kultur«). Die auf dem letzteren Prinzip basierten Methoden sind nach den Nachprüfungen von Kruse", Heim^ und LösEXEii^ wenigstens für alle diejenigen Wasserprobeu, in denen gleichzeitig Bacterium coli enthalten ist, 286 F. Neufeld, nicht zu empfehleu; sie wirken im Gregenteil geradezu scliädlicli, da sie eine Ueberwucherung- der etwa A'orhandeneii Typlniskeime durch die lebenskräftigeren Coliarten begünstigen. Aclmliche Mängel weist auch die von HANKixy in Anlehnung au frühere Versuche Pariettis aus- gearbeitete Methode (s. u.) auf, die der Autor in Indien vielfach mit Erfolg angewandt hat. Auch sie lässt nach Hilbertio bei gleichzeitiger An- wesenheit von Coli durchaus im Stich, während sie in den selteneren Fällen, wo dieses Bakterium nicht vorhanden ist, ebenso wie manche der anderen Methoden von Nutzen sein könnte. Neuerdings teilt Weil ^^ mit, dass er von einer Vorkultur mit Zusatz von 0,05 ^ Karbolsäure dann gute Erfolge hatte, wenn er dieselbe nur für 3 Stunden anwandte. Die definitive Aussaat machte er in 0,75 proz. aus Kartoffelsaft hergestellten Agar, worin Typhus ähnlich wie in Piorkowskis Gelatine wächst. Außer diesen Versuchen, durch chemische Einwirkungen auf das Bakteriengemisch eine Auslese herbeizuführen, hat man dasselbe durch höhere Temperaturen zu erreichen versucht, welche bei gewisser Zeit- dauer die Typhusbazillen unversehrt lassen oder sogar noch ein Wachs- tum desselben gestatten, die meisten anderen dagegen schädigen sollten (Rodet 1", VixcextH). Ferner versuchte man die starke Beweglichkeit der Typhusbazillen zu ihrer Isolierung auszunutzen (Ali-Cohen i^, GtAbritsciiewski i3, Cam- bier i'i) ; desgleichen wurde in verschiedener Weise von der Wirkung der Zentrifuge und des Sedimentiereus Gebrauch gemacht (Fixkelxburci^^, CHAXTEMESSE^ß u. a.). Schließlich sind mehrere der bei der Stuhlunter- suchung erprobten Methoden, insbesondere solche mit Farbstoffzusätzen, auch für Wasseruntersuchungen empfohlen Avorden. Eine ausgezeichnete zusammenfassende Darstellung über die Methoden und Ergebnisse der Wasseruntersuchung giebt Löffler^. Man ver- gleiche ferner die Diskussion auf dem Pariser Hygienekongress^^ (1900). Im einzelnen seien folgende Untersuchungen hervorgehoben. Chantemesse & WiDAL^ brachten Proben des verdächtigen Wassers in eine mit 0,25 ^ Karbol versetzte Gelatine. Die Annahme, dass die Typhus- bazillen gegen Karbol so auffallend widerstandsfähig seien, wurde von Kitasato's, HoLzi'J, Duxbar2o u. a. als irrig erwiesen; Holz fand, dass die Typhusbazillen sich bei 0,25^ Karbolzusatz überhaupt nicht mehr entwickehi, und sah 0,083^ als das Maximum an. Kruse ^ brauchte eine nicht alkah- sierte Gelatine mit 0,05 — 0,1^ Karbol und empfahl, ausschließlich Ober- flächenausstriche mit einem feinen Pinsel anzulegen, um die charakteristische Bildung der Oberflächenkolonieen für die Diagnose ausnutzen zu können. LüsexerI fand auf Grund seiner äußerst sorgfältigen und zahlreichen Unter- suchungen einen Karbolzusatz von 0,03 — 0,05^ als den zweckmäßigsten: ein solcher hält die verflüssigenden Keime in ihrer Entwicklung genügend zurück, beeinträchtigt dagegen Coli und Typhus nicht merklich und lässt eine charakteristische Entwicklung der Kolonieen des letzteren zu. Bei stärkeren Zusätzen sowohl von Karbol, wie von anderen hemmenden Substanzen zeigen die Colikolonieen Neigung, das sonst für Typhus typische Wachstum nach- zuahmen; hierdurch sind offenbar manche Untersucher, die ihre Kulturen nicht genügend identifizierten, zu Irrtümern verleitet worden. Eine ganze Reihe von Methoden basieren auf der Anwendung von Karbol- znsätzen, z. T. mit anderen elektiv wirkenden Faktoren kombiniert, zu einer Vorkultur, aus der erst die definitiven Platten angelegt werden. Typhus. 287 Thoikot^i setzte dem zu untersuclieiiden Wasser 0,2^', Holz^^ 0,25^ Karbol zu; nach Sstündigem Stehen wurden daraus Platten gegossen. Vincent 12 brachte 5 — 15 Tropfen des Untersuchungsmaterials in mit 0,07 % Karbol versetzte Peptonbouillon und hielt die Röhrchen bei genau 42°, impfte dann aus denjenigen Röhrchen, welche eine gleichmäßige, nicht flockige Färbung zeigten, in frische Röhrchen weiter, event. noch mehrmals in derselben Weise. Der Autor giebt an, hierdurch fast alle Keime außer Coli und Typhus ausgeschaltet, und die letzteren in der That zweimal aus Seinewasser isoliert zu haben. Paiuetti22 setzte aus einer h% Karbol und 4»^ Salzsäure enthaltenden Stammlösung 3—9 Tropfen zu je 10,0 Bouillon, ])rachte einige Tropfen des verdächtigen Wassers hinein, und meinte in den nach 24 Stunden bei 37° getrübten Röhrchen mit Leichtigkeit Typhusbazillen finden zu können. Seine sowie Kamess23 und Velichs^^ angeblich gelungene Züchtungen beruhen wohl sicher auf Verwechslung mit Coliarten. Ungünstige Resultate mit Pakiettis Methode berichten Capogrossi '^-'^ sowie Mc Weeney^g. Etwas modifiziert wurde Pakiettis Verfahren von Hankin 9. Derselbe setzte abgestufte Mengen von 1—4 Tropfen der PARiETTischen Lösung zu den mit dem fraglichen Material beschickten Bouillonröhrchen, wählte die- jenigen aus, Avelche am nächsten Tage eine gleichmäßige Trübung zeigten und impfte hiervon in andere Röhrchen, die denselben als den günstigsten erprobten Zusatz erhielten, event. noch ein drittes Mal in derselben Weise. Hankin giebt an, auf diese Weise in Indien eine Anzahl echter Typhuskultureu ge- züchtet zu haben, die bei einer Nachprüfung in Pfeiffers Institut 2' wenigstens zum Teil als solche Ijestätigt wurden. HilbertIO fand, dass man auf diesem Wege aus künstlich infiziertem Wasser allerdings selbst minimale Mengen von Typhuskeimen isolieren kann, aber nur dann, wenn nicht gleichzeitig B. coli vorhanden ist; andernfalls erhält man nur das letztere, aber nicht die gesuchten Typhuskeime. Aehnlichen Erfolg dürfte die Methode von Pere^» haben, welche nach Art des Cholera-Peptonwasser-Verfahrens große Quantitäten des verdächtigen Materials zu verarbeiten sucht. Diesem Averden auf je 100 ccm im Erlen- meyerkölbchen 10 ccm gewöhnlicher neutraler Bouillon, 5 ccm neutraler lOproz. Peptonlösung und 2 ccm 5proz. Karbollösung zugesetzt; aus den bei 34° gehaltenen Kölbchen Avird, sobald deutliche Trübung eingetreten ist, je eine Oese in 2 Röhrchen derselben Mischung übertragen, nötigenfalls hieraus nach 6 Stunden noch eine gleiche Uebertraguug gemacht, dann in normale Bouillon, hieraus schließlich auf Platten geimpft. Der Autor will mit seinem Verfahren zwei Typhuskulturen aus Wasser gezüchtet haben. Eine Nachprüfung von Kleber 29 ergab weniger günstige Resultate. Durchaus auf denselben Grundlagen, Avie die genannten Methoden, beruht auch der Vorschlag von Wasbutzki-'ö, der ebenfalls eine »Vorkultur« in einem karbolhaltigen Medium benutzt. Uffelmann" verwendete einen Zusatz von Zitronensäure und Methylviolett zu geAvöhnlicher, alkalischer Gelatine, wodurch die Aveitaus größte Menge der Wasserbakterien in der That ausgeschaltet wird. Das Methyl violett soll im Verhältnis von 0,025 : 1000 zugesetzt werden, die Zitronensäure so reichlich, dass 10 ccm der Gelatine durch 14 ccm Y^o Normallauge gerade neutralisiert Averden. Da diese Zusätze ofienbar an der Grenze stehen, bei Avelcher eine völlige Wachstumshemmung auch des Typhusbacillus eintritt, so ist jedesmal eine Probeaussaat mit Typhus zu machen. Die Typhusbazillen sollen sich anf dem UFFELMANXSchen Nährboden zu intensiv blauen, granulierten Kolonieen entAvickeln; Dunbar 20 fand jedoch, dass gerade das B. coli dieses Wachstum 288 F. Neufeld, zeigt, während Typhusbazillen bei seiner wie bei Schottmüllers ^^ Nach- prüfung überhaupt nicht wuchsen. Ra\vitsch-Stschkrba-^2 empfahl anstatt des Karbolzusatzes einen solchen von a-Naphthol. Seine Angabe, dass in einer Bouillon mit 0,01% «-Naphthol Typhus sich schneller als Coli entwickele, und dass mau darin also eine wirkliche Anreicherung erhalten könne, ist von LösenerI und Drewitz-^s widerlegt worden. Da jedoch die meisten Wasserbakterien dadurch energisch gehemmt werden, versuchte Lösener denselben Zusatz zu Gelatineplatten, ohne jedoch einen Vorteil vor dem Karbolzusatz konstatieren zu können. Ebensowenig bietet der von Riedel ^^ empfohlene Zusatz von Jodtrichlorid besondere Vorteile. Viel Verbreitung hat die HoLzsche^^ Kartoffelgelatine gefunden (die Her- stellung ders. s. Bd. 1), welche eine längere Beobachtuugszeit der Platten gestattet, allerdings nach Lösener die Entwicklung typischer Oberflächen- kolonieen meist verhindert. Aus der HoLzschen Gelatine ist die ELSXERSche durch Zusatz von 1% Jodkalium abgeleitet. Diese ist von ihrem Autor außer zur Stuhl- auch zur Wasseruntersuchung empfohlen worden, da sie die verflüssigenden Keime zum größten Teile zurückhält. In der That ist mit Benutzung dieses Nähr- bodens von KüBLER & Neufeld 2 echter Typhus aus Brunnenwasser gefunden Avorden. Eine ganze Reihe von Nährböden mit Zusatz verschiedener Farbstoffe ist ferner außer dem schon erwähnten UFFELMAJs^Nschen vorgeschlagen worden. Die älteren, wie die von Nüggerath^s und Gasser ^^^ haben sich bei der Nachprüfung von Dunbar 20^ Germano & Maurea-^s u. a. nicht bewährt und können daher wohl übergangen werden. Marpmann^ö verwandte einen mit 2 % Malachitgrün versetzten , durch Zusatz von Natriumbisulfit wieder ent- färbten Agar, auf welchem Typhus dunkelgrüne, B. coli grauweiße Kolonieeu bildet. Mankoavskis-^'^ Nährböden, nämlich ein Agar aus Pilzdekokt, sowie ein Glukoseagar, der mit einem Farbgemisch von Säurefuchsin und Indigo- karmin gefärbt ist, sind bei Gelegenheit der üntersuchungsmethoden für Faeces schon beschrieben Avorden (vergl. dort). Matheaa's^i empfahl zur Wasseruntersuchung den WuRTZscheu Lackmus- laktoseagar; da jedoch bei AuAvesenheit säurebildendeuder Kolonieen der ganze Nährboden in kurzer Zeit sich rötet und das gewünschte Diflferenzierungs- merkmal damit vernichtet Avird, fand Lösener ^ den Nährboden unbrauchbar. Dieser Uebelstand Avurde in der bei den Methoden der Stuhluntersuchung beschriebenen W^eise von v. Drigalski & Conradi^^ vermindert und die Autoren empfehlen den von ihnen verbesserten Nährboden auch zur Wasser- untersuchung, wobei das Wasser eventuell zentrifugiert , und der Bodensatz zur Oberflächenaussaat verAvandt werden soll. Während in allen angeführten Verfahren chemische Einwirkungen die Isolierung der Typhusbazillen erleichtern sollen, beruhen die folgenden Vor- schläge auf andereu Gesichtspunkten. Rodet ^1 hielt die mit Bouillon versetzten Wasserproben bei einer Tem- peratur von 45 — 45,5"; in ähnlicher Weise suchten Vincent (s. o. 8.287] und Foote^s die EiuAvirkung höherer Temperatur, sei es auf die Wasserproben direkt, sei es auf die daraus angelegten Platten zur Ausschaltung fremder Keime zu benutzen. Auch hier gelingt wohl die gewünschte EiuAvirkung gegenüber den Wasserbakterien, nicht aber den B. coli-Arten, denen minde- stens dieselbe Widerstandsfähigkeit, Avie den Typhuskeimen, auch in dieser Hinsicht eigen ist. Typhus. 289 Die Beweglichkeit der Typbusbazilleu suchten Ali-Cohen 13^ Gabrit- scHEWSKii^, sowie neuerdings Gambierin 2u benutzen, um ihnen vor den Coliarten einen Vorsprung zu verscbafien. Die Methoden der beiden ersten Autoren sind gelegentlich der Untersuchung der Faeces besprochen worden. Nach Cambier '5 gehen Typhusbazillen schneller als viele andere, speziell Coli durch Porzellankerzen hindurch; es handelt sich dabei nicht um Filtra- tion, sondern um aktives Durchwachsen. Brachte der Autor künstlich infi- ziertes Flusswasser in die Kerzen, so konnte er die Typhuskeime schon nach wenigen Stunden in der vorher sterilen Außentlüssigkeit nachweisen. Biffi *^ erhielt mit diesem Verfahren keine genügenden Resultate und schlug vor, das- selbe dadurch zu verbessern, dass die im Wasser enthaltenen Colibazillen vor der Filtration durch polyvalentes Coliserum zur Agglutination gebracht werden. Von Chantemesse^^ ist vor einiger Zeit ein Verfahren augegeben worden, das eine Kombination mehrerer anderer Methoden vorstellt. Man saugt 6 Liter Wasser durch CHAMBERLAND-Filter, wäscht die an der Außenfläche haftenden Bazillen mit 200 ccm einer 3proz. Peptonlösung ab, welche alsdann bei 37" gehalten und dauernd durchlüftet wird; das Peptonwasser wird alle 6 bis 12 Stunden erneuert, indem es durch Kerzen abgesaugt wird. Dann wird Y2 Stunde zentrifugiert, und die obere Flüssigkeitsschicht, welche die leich- teren und beweglichen Bakterien enthält, zu Oberflächenaussaaten auf einem mit 0,105 % Karbol versetzten Agar verwandt. Die weiteren Einzelheiten des sehr umständlichen Verfahrens mögen im Original eingesehen werden; da die einzelnen Faktoren desselben, z. B. das längere Wachsenlassen in Pepton- lösung, wobei die Typbusbazilleu »ihre Jugendlichkeit und Energie« wieder- gewinnen solleu, bereits z. T. als zweckwidrig nachgewiesen sind, so darf man von einer Kombination derselben wohl keinen Fortschritt erwarten. Die An- gabe des Autors, dass er mit seiner Methode in dem Pariser Leitungswasser mit Regelmäßigkeit Typhusbazillen habe nachweisen können, dürfte zunächst wohl einigem Zweifel begegnen. In derselben Weise hat bereits vor langer Zeit Kleix-*^ die Wirkung der Filtration auszunutzen versucht, indem er mehrere Liter des verdächtigen Wassers durch BERKEFELD-Filter sog, die Bakterien von der Oberfläche ab- schabte und auf Karbolgelatine brachte. Theoretisch ist allerdings nicht ein- zusehen, was dadurch gewonnen werden soll, dass man die Bakterien zuerst aus dem Wasser entfernt, um sie nachher in irgend einem Nährboden wieder aufzuschwemmen, anstatt dass man sie mit einigen Tropfen des Wassers so- gleich in diesen Nährboden briugt. Ein besonderer Apparat zur Sedimentierung von typhusverdächtigem Wasser wurde von Fixkelnburg^^ augegeben; auch Zentrifugieren wurde versucht, aber von Heim* u. a. als unzweckmäßig befunden. Bei dem vergeblichen Bemüheu, aus einem verdächtigeu Wasser Typlmsbazilleii zu isolieren, findet man recht häufig- statt dessen Bac- terium coli oder aucli Alcaligenesarten. Es ist nun viel darüber ge- schrieben Avordeu, ob ein solcher Befund, insbesondere der von Bac- terium coli zu dem Sclihisse berechtigt, dass das betreöende Wasser bakteriell verunreinigt sei, speziell dass menschliche oder tierische Ab- gangsstoffe ihm beigemengt seien. Es ist vielfach üblich, ein solches Urteil abzugeben, und wenn diese Bakterien nicht ganz spärlich in dem Wasser enthalten sind, so dass sie auf gewöhnlichen Plattenaussaaten gefunden werden, kann man wohl in der That mit ziemlicher Wahr- scheinlichkeit eine Verunreinigung vermuten. Für andre Fälle jedoch. Handbucli der patliogenen Mikroorganismen. II. 19 290 F. Neufeld, wo das Bacterium coli mu- in ganz vereinzelten Exemplaren in den Wasserproben enthalten und erst durch besondere Anreicherung" daraus zu züchten ist, ist nach Ansicht der meisten Untersucher ein solcher Schluss nicht berechtigt, da sie auch in ganz unverdächtigem Wasser Bacterium coli fanden (Kruse ^i, Lehmann ^^^ v. Freudenreiches, Papa- sotirin"^^). Derselben Ansicht sind auf Grund eingehender Versuche auch LösenerI und Weissenfeld^O; bei ihnen findet man weitere Litteraturangaben über diesen Punkt. Zum Nachweise der Bazillen im Erdboden dienen dieselben Me- thoden, wie zur Wasseruutersuchung. Lösener^ isolierte aus einer im Boden vergrabenen Typhusmilz mittels Karbolgelatine noch nach 96 Tagen die Typhusbakterien. Dagegen können Avir jetzt mit Sicher- heit annehmen, dass die Angaben früherer Autoren über das Vorkommen der Bazillen in Garten- oder Ackererde irrtümlich sind. So wollte FüLLES^^ sie in einer beliebigen Probe der Ackererde in der Nähe Frei- burgs gefunden haben. Ganz phantastische Angaben über häufiges Vorkommen der Typhusbazillen im Boden machten Remlinger - Lehmann. Centralbl. f. Bakt., 1894, Nr. 10. — '<-^ v. Freudeneeich, ebd., Bd. 18, S. 102, 1894. — "'* Papasotirin, Arch. f. Hyg., Bd. 41, S. 204, 1902. IX. Epidemiologie. 1. Allgemeines und Geschichtliches. Die Geschichte der Epidemiologie gerade des Typhus mit ihren wechselnden Anschannngen ist an interessanten Momenten so reich, dass hier nur ein Teil davon augedeutet werden kann. Aehnlich wie bei anderen großen epidemiologischen Fragen sehen wir, wie hervor- ragende Aerzte, z. B. Bketoxxeau, Troi sseau u. a. sich bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus ihren Beobachtungen im wesent- lichen zutreffende Vorstellungen über die Kontagiosität der Krankheit gebildet hatten. In geradezu bewundernswürdiger Weise sprach der Engländer Budd ^ in den fünfziger Jahren die Hauptpunkte unserer modernen Lehre aus: Eine Typhuserkrankung entsteht nie spontan, sondern leitet sich stets von einem anderen Typhusfalle ab. Das Gift haftet besonders an den Stuhlentleerungen der Kranken; gelänge es diese unschädlich zu machen, so würde man die Weiterverbreitung ver- hindern können. Demgegenüber vertrat der berühmte englische Kliniker Mirchisox^ die Ansiclit, der Typhus entstehe durch Fäulnisgase, die sich bei Zer- setzung organischer Stoffe, insbesondere der Faeces bildeten; diese putriden Stoffe sollten in die Wohnungen eindringen, und zu direkter Infektion durch die Luft Veranlassung geben, oder durch ihre Bei- mengung zum Wasser oder Nahrungsmitteln die Erkrankung herbei- führen. Dank der großen Autorität Mukchisoxs und dem Scharfsinn, mit dem er ein großes, scheinbar exakt gesammeltes Material für seine Lehre zu verwerten wusste, wurden diese Anschauungen auf lange Zeit die herrschenden. Bot doch die kontagionistische Lehre Angriffspunkte genug; ein direkter Zusammenhang eines neuen Typhusfalles mit einem vorausgegangenen war sehr oft beim besten Willen nicht zu konstruieren, da man eben den Erreger nicht kannte und die oft langen und kom- plizierten Wege, die er einschlägt, nicht zu verfolgen vermochte. Von Mitte der sechziger Jahre an begann die von Pettexkofer3 aufgestellte »lokalistische« Theorie immer mehr Boden' zu gewinnen. Diese Theorie, welche ihren Ausgangspunkt in der zuerst von Buhl-i beobachteten Abhängigkeit der Typhusmorbidität in München von Schwan- kungen des Grundwasserstandes fand, nimmt zwar ein spezifisches Gift an, dasselbe soll aber nicht von dem Kranken direkt auf Gesunde übergehen, sondern zuvor in den Boden gelangen, hier einen »Aus- reifungsprozess« durchmachen, und dann, begünstigt durch gewisse Ver- änderungen des Grundwasserstandes, auf deren Studium eine imendliche Sorgfalt verwandt wurde, aus dem Boden in die Luft übergehen und so dem Körper zugeführt werden. Der Infektion durch die Luft gegenüber wurde eine Uebertragung durch das Wasser zwar nicht völlig in Ab- rede gestellt, dieselbe sollte jedoch nur ausnahmsweise vorkommen. 19* 292 !"'• Neufeld, Eine exakte Prüfung- dieser Fragen und eine sichere Widerlegung- der PETTENKOFERScben Theorie wurde erst durch die Entdeckung- des Typhusbacillus und die sich daran schließenden Untersuchungen über seine Lebenseigenschaften ermöglicht. Es ergab sich dabei, dass 1. die Bazillen außerhalb des Körpers keine besondere Dauerform oder dergl. bilden, sondern in der Form, Avie sie den Körper verlassen, fortpflau- zungs- und infektionsfähig sind, 2. dass sie sich, falls sie in den Boden gelangen, hier nicht zu vermehren imstande sind — abgesehen von der beschränkten Vermehrung, Avelche etwa auf gleichzeitig eingeführtem organischen Material stattfinden mag — , 3. dass, falls durch besondere Umstände einmal der Boden reich mit spezifischen Keimen imprägniert worden ist, gar keine Möglichkeit besteht, dass diese durch Luft- strömungen aus der Tiefe des Bodens in die Wohnräume transportiert werden könnten. Vergl. zur PErrEXKOFKUschen Theorie die Darstellung im allgemeinen Teil dieses Handbuchs, Bd. I, S. 178 fif. Dass der Boden l)ei der Verbreitung des Typhus gelegentlich eine Eolle spielen kann, jedoch eine ganz andere als nach den Pettex- KOFEuschen Hypothesen, wird unten ausgeführt werden. Die mit Ex- krementen und LTrin in die Erde gelaugten Bazillen können direkt, z. B. bei Erdarbeiten, zunächst auf die Hände oder Kleider, alsdann in den Mund der Arl^eiter gelangen, oder sie können durch Spalten des Erdreichs in einen Brunnen gelangen, gelegentlich auch an den Stiefeln der Arbeiter weiter transportiert werden und so zu indirekten Infektionen Anlass geben. Wenn also die endgiltige Widerlegung der »Bodentheorie« erst durch die Fortschritte der Bakteriologie möglich Avar, so hatten doch bereits rein klinische resp. epidemiologische Beol)achtungeu zu durchaus rich- tigen Anschaimngen geführt. Es ist ein großes Verdienst von Liebekmelster-^, den Lehren Pettex- kofeks und seiner Schüler gegenüber in überzeugendster AVeise die Bolle des Wassers als Hauptträger der Infektion an zahlreichen Epi- demieen nachgewiesen zu haben. Ihm schlössen sich Biekjier" u. a. mit weiteren Beweisen an. Die PETTEXKoFEKsche Anschauung war jedoch so fest eingewurzelt, dass sie noch lange Zeit gerade an den maßgebenden Stellen bei der Lösung großer hygienischer Fragen viel- fach den handgreiflichsten Beweisen gegenüber den Ausschlag gab. So wies CuESCHMAxx'' für die Hamburger Epidemie von 3886/87 in ein- dringliclier Weise auf die Infekti(m des Leitungswassers hin, welches in geringer Entfernung von dem Einfluss der Kanalisationsrohre aus der Elbe entnommen wurde, und offenbar auf diesem Wege die in den Ex- krementen enthaltenen Ansteckungskeimc durch die ganze Stadt ver- breitete. Man fand es, Avie CrESCiiMAXx'^ selbst mitteilt, »in maß- gebenden Kreisen nicht einmal der Mühe Avert, auf diese Behauptung einzugehen. Die GrundAAassertlieorie genügte AMillkommen, die Epidemie zu erklären und die gegen das Eibwasser erhobenen Einwendungen zu beseitigen.« Bekanntlich bedurfte es der großen Choleraepidemie, um auch den Befangensten die Augen zu öffnen und eine Aenderung der Wasserversorgung Hamburgs herbeizuführen. Heutzutage dürfte wohl allgemein anerkannt sein, dass die Einführung von A'irulenten Typhusbazillen allein ohne irgend andere begünstigende Einflüsse genügt, um eine Erkrankung herbeizuführen. Auch die leider nicht seltenen Infektionen durch Keinkulturen in Laboratorien (die übri- gens seit der Einführung der WiDALschen Agglutiuationsprobe in die Typhns. 293 allgemeine klinische Praxis noch häufiger geworden zu sein scheinen), sind als überzeugende Beweise hierfür anzusehen, Verfasser möchte hier einen Fall erwähnen, der dadurch besonders beweisend ist, dass es mit fast völliger Sicherheit gelang, die aus dem Körper des Erkrankten isolierte Typhuskultur als dieselbe zu identifizieren, mit welcher der Betrettende im Laboratorium ausschließlich zu thun gehalit hatte. Diese Kultur besaß nämlich infolge fortgesetzter Passagen eine ganz unge- w^ölmliche Virulenz für Meerschweinchen und bot auch hinsichtlich ihrer Agglutination einige Besonderheiten. Bei der außerordentlichen Reichhaltigkeit des Materiales kann im folgenden nur ein Ueberblick über die wichtigsten Momente der Typlms- epidemiologie gegeben werden, wobei einzelne, besonders markante Be- obachtungen gewissermaßen als Paradigmen angeführt werden sollen. Es sei bezüglich weiteren Materiales verwiesen auf Hiijschs Handbuch der historisch-geographischen Pathologie (Stuttgart 1881), dann Weichsel- baum, Epidemiologie (Jena 1899), Curschmaxxs Monographie: Der Abdominaltyphus (Leipzig 1898), die einschlägigen Kapitel in den Jahresberichten von ViRCiiow-HinsCH, die »annual Reports of the Lokal Government Board«, die Sanitätsberichte der Königl. Preußischen Armee, die von der Medizinalabteiluug des Ministeriums herausgegebenen Be- richte: »Das Sanitätswesen des Preußischen Staates« (der letzte 1902 herausgegebene Bericht umfasst die Jahre 1895 — 1897, s. S. 76—176;. Zumal die letztgenannten beiden Veröttentlichungen enthalten gerade in den neuen Jahrgängen ein äußerst sorgfältig bearbeitetes Material. Zu- sammenstellungen über eine sehr große Zahl, insbesondere in England l)eobachteter Epidemieen geben Haut^" sowie neuestens CoRFiELom. Außerdem sei noch darauf hingewiesen, dass die Verbreitungsweise des Typhus in allen wesentlichen Punkten mit der der Cholera überein- stimmt. Nun lässt sich aber die Epidemiologie der letzteren in vieler Hinsicht weit besser verfolgen; wir besitzen für Cholerabazillen ein vor- zügliches Anreicherungsverfahren, so dass der Nachweis derselben, ins- besondere im Wasser, mit viel größerer Sicherheit als Ijeim Typhus zu führen ist, ferner wird durch die kurze Inkubationszeit der Cholera die Orientierung über den Zusammenhang der einzelnen Erkrankungsfälle sehr erleichtert. Daher sind die Ergebnisse der Choleraforschung ge- eignet, manche Lücken auszufüllen, die unsere Typhusbeobachtungen noch bieten; es sei hierfür auf das einschlägige Kapitel dieses Hand- buchs verwiesen. 2. Die Wege auf denen die Krankheitserreger ausgeschieden werden. Zum Verständnis der verschiedenen Wege der Krankheitsübertragung müssen wir uns zunächst vergegenwärtigen, auf welche Weise die An- steckungskeime den Körper des Erkrankten verlassen, und wie lange sie sich unter verschiedenen Verhältnissen in der Außenwelt lebensfähig erhalten. Bis in die jüngste Zeit glaubte man, dass für die Uebertragung fast ausschließlich die Faeces in Betracht kämen. In ihnen kann sich der Typhusbacillus während des ganzen Verlaufes der Krankheit und jeden- falls noch einige Zeit in die Rekonvaleszenz hinein finden; eine zeitliche Grenze hierfür ist uns nicht bekannt. Oben ist erwähnt, dass die Bazillen sich nicht selten noch lange nach Ablauf der Krankheit in der Gallenblase halten, und die IMöglichkeit, 294 F. Neufeld, dass sie von liier aus gelegentlich wieder in den Darm gelangen und mit dem Stuhl entleert werden könnten, ist jedenfalls nicht ganz aus- geschlossen, wenngleich die Gefahr eine sehr geringe sein dürfte; eine positive Beobachtung darüber liegt nicht vor. Mindestens dieselbe Wichtigkeit für die Weiterverbreitung des Typhus wie den Faeces kommt dem Urin zu; ja für die Entstehung von Wasserepidemieen muss man diese Art der Verbreitung wohl für die allerhäufigste halten. Es ist daher gewiss auffallend, dass wir über eine so wichtige Infektionsquelle, die sich zudem so leicht nachweisen lässt, erst vor kurzem, hauptsächlich durch Petuüschkys'' Veröffentlichung im Jahre 1898 aufgeklärt worden sind. Die Haupt- bedeutung der Bazillenausscheidung durch den Urin beruht einmal auf der enormen Keimzahl (Petruschky berechnet in einem Falle die Menge der täglich auf diesem Wege ausgeschiedenen Bazillen auf etwa 200 Milliarden), ferner auf der langen Dauer, welche durchschnittlich einige Wochen, bisweilen mehrere Monate beträgt, schließlich darauf, dass sie oft zu einer Zeit erfolgt, wo die Patienten als gesund und für ihre Um- gebung völlig ungefährlich gelten. Erhöht würd die Bedeutung der Uriniufektion für die Praxis noch dadurch, dass ihr Nachweis sowohl wie ihre Bekämpfung resp. Verhütung verhältnismäßig einfach gelingt (s. S. 254 ff"). Dies ist deswegen von so großer Wichtigkeit, weil diese Zustände ihre Gefährlichkeit eigentlich nur unter ländlichen Verhältnissen voll offenbaren, wo durch den Urin, insbesondere wohl von Eekouvaleszenten, Brunnen, Teiche und Flüsse verunreinigt werden, die den Umwohnern Trink- und Nutzwasser liefern. In Großstädten dagegen mit guter Kanalisation und Wasser- leitung werden auch Patienten mit langdauernder Bakteriurie in der Regel nur zu Kontaktinfektionen Veranlassung geben. Neben dem Urin und den Faeces tritt, soweit uns bisher bekannt, die Bedeutung der übrigen Wege, auf denen die Bazillen den kranken Körper verlassen können, sehr zurück. In den oben (S. 261) besprochenen, allerdings recht seltenen Fällen, in denen der Auswurf die spezifischen Bazillen enthält, erscheint eine Infektion, insbesondere durch VerStreuung von Tröpfchen, als durchaus möglich; ferner würden die oben beschrie- benen Eiterungen, sol)ald ihr Inhalt nach außen entleert wird, eine ge- wisse Gefahr bedingen. Dies kann, wie wir gesehen haben, bisweilen erst mehrere Jahre nach Ablauf der Krankheit geschehen. Als unglaubwürdig Avurde dagegen bereits oben die Angabe Lucatellos lo- über das Vorkommen der Typhusbazillen im Speichel sowie die phantastischen angeblich durch Experimente gestützten Behauptungen Sicards ^^^ bezeichnet, der die durcli die Atmungsluft erfolgende Ausscheidung der Typhusbazillen als die wichtigste Infektionsquelle entdeckt zu haben glaubte. Ebenfalls irr- tümlich ist die Angabe Sudakoffs ^"^, der die Bazillen im Schweiß zu finden glaubte. Wenn wir durch das nähere Studium der Typhusbakteriurie dahin geführt worden sind, anzunehmen, dass neben den eigentlichen Kranken auch die Rekouvaleszeuten resp. die völlig Gesundeten eine besonders wichtige Rolle für die Verbreitung der Krankheit spielen, so ist die Be- deutung der ganz leichten und der ambulatorischen Fälle in dieser Hin- sicht entschieden noch nicht genügend gewürdigt worden. Nachdem Koch auf die Rolle der leichtesten Choleraerkrankungen für die Epidemiologie hingewiesen hatte, und nachdem das Vorkommen der Bazillen im Darme Typhns. 295 anscheiuend völlig: gesimder Personen, die iu der Umgebung- von Cholera- kranken lebten, als ein gar nicht seltenes Vorkommnis festgestellt worden war, lag es nahe, an eine ähnliche Bedeutung der leichtest Erkrankten, resp. der bloßen »Bazillenträger« für den Abdominaltyphus zu denken. Dieser Gedanke ist denn auch von mehreren Autoren ausgesprochen worden, ohne dass es jedoch infolge der Schwierigkeit der bezüglichen Untersuchungen gegenüber denjenigen bei der Cholera bisher gelungen wäre, für diese Annahme die nötigen positiven Anhaltspunkte zu liefern. Neuerdings haben v. Dkigalski & CoxradiI" auf Kochs Veranlassung sich mit dieser Frage beschäftigt und in der That die Tjphusbazillen in den Ausleeraugen A"on vier anscheinend ganz gesunden Personen nach- weisen können. Klinisch sind dagegen die verschiedenen Formen und Abstufungen des Typhus ambulatorius, afebrilis, levissimus u. s. w. von Liebeemeistek, CüRSCHMAXN, Fräntzel u. a. in sorgfältigster Weise studiert worden. Die genannten irregulären Formen bieten allerdings klinisch große Ver- schiedenheiten untereinander; hier interessiert uns nur ihre gemeinsame Eigentümlichkeit, dass sie der Diagnose leicht entgehen und daher für die Umgebung besonders gefährlich sind. Was speziell die afebrilen Fälle anlangt, so haben die älteren Autoren, wie Griesinger und Wunder- lich noch die Ansicht vertreten, dass es einen Typhus ohne Fieber nicht gäbe; heute wissen wir, dass dieses Vorkommnis gar nicht ganz selten ist und einem leichten und fieberlosen Verlauf durchaus nicht immer geringfügige Darmveränderuugen zu entsprechen brauchen; wir können also schon deswegen annehmen, dass auch in Bezug auf die Infektio- sität solche Fälle nicht viel hinter den ausgebildeten zurückstehen werden. Hochinteressant in diesem Sinne ist die Beobachtung von Liebek- meister, der bei vielen Personen, welche in Basel zur Zeit einer dort grassierenden Typhusepidemie an anderen Krankheiten oder durch Un- glücksfälle starben, als Nebenbefund leichte Schwellung der Peyerschen Haufen konstatierte. Ferner fand er zur selben Zeit eine außerordentlich große Zahl von »fiel)erlosem Abdominalkatarrh« . welche er als leichte Typlien auffasst. Hier bietet sich noch ein reiches Feld für bakteriologische Forschungen. Sehr lehrreich wäre es auch, zu erfahren, ob auch bei ganz leichten, latent verlaufenden Fällen eine Urininfektion zustande kommt. Houston 11 berichtet iillerdings über einen derartigen Fall, wo sich bei einer seit 3 Jahren bestehenden Cystitis Typhusbazillen gefunden haben sollen, während anamnestisch keine typhöse Erkrankung nachzuweisen war. Leider ist jedoch die Identifikation der Bazillen nicht mit der Sorgfalt ausgeführt worden, wie sie ein solches Vorkommnis erfordert hätte. Spezielle Berücksichtigung verdienen bezüglich der latenten Fälle Kinder und Greise. Dass bei ersteren der Typhus durchschnittlich milde und wenig charakteristisch verläuft, ist bekannt; bei alten Leuten ist der Verlauf zwar schwer, das P^'ieber und auch die übrigen Symptome aber oft sehr irregulär. Während der allgemeinen Annahme nach, der sich auch Curschmann anschließt, die Erkrankung im höheren Alter als recht selten gilt, meint Manges^^ u. a. neuerdings, dass sie nur selten richtig diagnostiziert würde; auch hierüber dürfen wir völlige Aufklärung wohl erst von systematischen bakteriologischen U n t e r s u c h u n s: e n e r Av a r t e n . 296 F. Neufeld, 3. Uebertragung durch direkten Kontakt und durch Gebrauchs- gegenstände. Das Vorkommeu von direkten Koiitaktiiifektioneii wird heute wohl von niemandem mehr bezweifelt. Es lässt sich da, wo Typhuskranke unter schlechten hygienischen Verhältnissen zu Hause verpflegt werden, nicht selten eine ganze Kette von Infektionen in der Familie und unter den Hausgenossen verfolgen, die sich im Abstand von mehreren Wochen aneinander schließen und schon hierdurch erkennen lassen, dass es sich nicht um eine gemeinsame Infektionsquelle, sondern um Uebertragung von Fall zu Fall handelt. Ein ergiebiges Material zum Studium der Kontaktiufektionen bieten auch die innerhalb der Spitäler erfolgenden Infektionen. Dieselben be- treifen weitaus am häufigsten das Pflegepersonal, seltener andere Patienten desselben Hospitals; sie bleiben unter keinen Verhältnissen völlig aus, wenngleich ihre Häufigkeit sehr schwankt und einen guten Maßstab für die hygienischen Zustände der betreffenden Anstalten abgiebt. Kicht ganz selten kommt es leider vor, dass sich der Typhus innerhalb eines Hospitals eine Zeitlaug ausschließlich durch Infektionen des Pflegepersonals fortpflanzt; eine Kette von 5 derartigen, sich aneinander reihenden Fällen beschreibt Eschkich ^3. In den Hamburger Krankenhäusern hatten unter mehreren Tausend Typbusfällen CuRSCiiMAXN 14 0,57^, KumpfI^ 0,85 ^ Spitalinfektionen. Aehnlich günstige Zahlen werden aus mehreren englischen Anstalten (MuRCiiisoN '-) berichtet. In den meisten Kliniken ist jedoch der Prozent- satz weit höher: Liebermeister i^ sah in Basel 2,4^, Goth^" in Kiel 5,5 % ; aus den Sanitätsberichten der preußischen Armee berechnet SchüderIs aus dem großen Material von 23554 Fällen (für 16 V2 Jahre) 4,3^ Erkrankungen unter dem Pflegepersonal, dazu noch 2,2^ unter den anderen Patienten. Ferner berichten über größere Zusammen- stellungen Berg^^, Alexander 20, Marsden^". Die" Uebertragungen erfolgen in diesen Fällen oft so, dass von dem mit den Ausleerungen verunreinigten Körper des Krauken, oder von seiner Wäsche, seinem Bett und Gerät, vom Uringlase oder Stechbecken das infektiöse Material mit den Fingern aufgenommen wird und nun direkt von den Fingern oder durch Nahrungsmittel und Gebrauchsgegen- stände in den Mund des Betreffenden gelangt. Begreiflicherweise kann der Infektiousstoff auf diese Art auch zu Personen verschleppt werden, die selbst in keinerlei Berührung mit dem Kranken gekommen sind; so finden Spitalinfektionen nicht nur bei Pa- tienten statt, die neben Typhuskranken oder im selben Saale liegen, sondern auch auf entfernten Sälen und anderen Stationen (H. Schul rz i^]. Eine sehr häufige Infektionsgelegenheit für das Pflegepersonal ist das Baden der Typhuskranken, wobei das Verspritzen keimhaltiger Tropfen oft schwer zu vermeiden ist. Als Seltenheit seien dagegen die Beob- achtungen LEUBEs^Mmd Bormaxs'23 erwähnt, welche eine Uebertragung vom After aus durch das Messen mit einem infizierten Thermometer fest- stellen. Den Kontaktinfektionen am nächsten stehen die Uebertraguugeu durch infizierte Gebrauchsgegenstände. Dieselben sind bei Typhus zwar nicht so häufig wie bei vielen anderen Infektionskrankheiten, doch ist mit ihrem Vorkommen immer zu rechnen, da sich die Bazillen im angetrock- neten Zustande, nach den Untersuchungen von Gaffky^^, Pfuhles, Typhus. 297 Uffelmaxn26 und Schiller^?^ zweifellos einige Monate lebensfähig er- halten können. Aehnlich lange haltbar fanden Karlinski'^^ und Uffel- mann26 sie in Fäkalmassen. Ein instruktives Beispiel für eine Uebertragnng durch weithin ver- schickte Wäsche berichtet Cukschmann (S. 39 der Monographie). Eine besondere Art der Kontaktinfektion ist die durch unsaubere Aborte, ins- besondere verunreinigte Sitzbretter. Dieselbe dürfte hauptsächlich beim Militär während eines Feldzuges, oder auch im Manöver eine nicht zu vernachlässigende Eolle spielen, natürlich auch sonst gelegentlich bei mangelnder Sauberkeit vorkommen. 4. Uebertragung durch Wasser. a) Allgemeines. Während durch direkte Uebertragung hauptsächlich vereinzelte Krank- heitsfälle entstehen, ist die weitaus überwiegende Mehrzahl epidemisch auftretender Erkrankungen auf intiziertes Trinkwasser, in zweiter Linie auf sonstiges Gebrauchswasser zurückzuführen. Nach Schüders Zu- sammenstellung'^ ließen sich unter einer großen Zahl von Epidemieen bei 10% die Entstehung durch das Wasser wahrscheinlich machen. Da der Nachweis der Typhusbazillen im Wasser nur ganz ausnahms- weise gelingt, so muss der Beweis für die Uebertragung der Krankheit durch das Wasser in der Eegel indirekt geführt werden; die Art dieser Beweisführung ergiebt sich aus den unten mitgeteilten Beispielen. Es wurde bereits hervorgehoben, dass dagegen der Nachweis der Cholera- Ijazillen in verunreinigtem Wasser viel häufiger erbracht werden konnte, und dass uns die durchsichtigen Verhältnisse der Choleraepidemiologie bei der weitgehenden Uebereinstimmung in der Verbreitungsweise beider Krankheiten sehr wertvolle Anhaltspunkte geben, um daraus Rückschlüsse für die Uebertragung des Typhus zu ziehen. Von hohem Interesse sind die in Hamburg 1892 und 1893 gemachten Beobachtungen über die Folgen einer gleichzeitig erfolgten Verun- reinigung des Leitungswassers mit Cholera- und Typhusbazillen. Da die Inkubationszeit des Typhus 2—3 Wochen länger ist, als die der Cholera, so muss man erwarten, dass bei gleichzeitiger Aufnahme beider Keime die Typhuserkrankungen etwa um so viel später manifest werden, als die Cholerafälle. Und in der That erwies sich in Hamburg, dass mehrmals nach einem solchen Ereignis ein plötzliches Anschwellen der Cholera-, 2 — 3 Wochen danach aber eine entsprechende Häufung der Typhusfälle auftrat (Reincke29). Häufiger kommt es vor, dass ein schmutziges Wasser zugleich Typhnsbazillen und die Erreger von gewöhnlichem Intestinalkatarrh enthält; alsdann erkranken viele Konsumenten des Wassers sogleich an akutem Brechdurchfall, ein Teil derselben aber nach einigen Wochen an Typhus. Solche Vorkommnisse beschreiben Reincke^ö, Pfuhl 3**, Strasser'' 1, Euphrat32j Picht 33. b) Brunnen. Auf dem Lande und in kleinen Städten sind es meist Brunnen, die die Krankheitskeime enthalten. Hineingelangt sind dieselben bisweilen von unten her, wenn der Brunnen zu dicht an einer Abtrittsgrube an- gelegt ist, oder der Boden in der Umgebung sonst verunreinigt wird, 298 F. Neiifeld, SO dass durch Erdspalten oder schlecht filtrierende tiefere Bodenschichten eine direkte Kommimikation stattfindet. Noch häufiger jedoch findet eine Verunreinigung- der Brunnen von oben her statt. Vielfjich werden die Nachtgeschirre oder die Wäsche der Kranken direkt am Brunnen gewaschen, gelegentlich auch Urin und Faeces auf den Hof unweit der Brunnenötfnuug deponiert; A'^on hier aus sickert durch mangelhafte I^edeckungen oder AYandungen keimhaltiges Material in den Brunnen hinab oder wird bei einem Regengüsse hinein- gespült. Bei vielen ländlichen Brunnen lehrt schon die einfache Inspektion, dass mehrere dieser Möglichkeiten zur Verunreinigung gegeben sind. Die Nähe der Abortgrul^e lässt einen unterirdischen Zufluss als möglich erscheinen, Spalten in dem umgebenden Erdreich, Bisse im Mauer- oder Holzwerk der Wandung, fehlende oder mangelhafte Deckimg des Brun- nens, gelegentlich aucli so tiefe Lage desselben, dass bei stärkeren Regen- güssen ohne weiteres ein Zufluss erfolgen muss, — alle diese Momente begünstigen eine Verunreinigung von oben her; in unmittelbarer Nähe liegt der Dunghaufen und der Waschtrog, wo Wäsche und schmutziges Gerät gespült werden, falls das nicht unmittelbar unter der Pumpe ge- schieht; nicht selten fliesst auch der Rinnstein diclit an der Brunnen- öffnung vorl)ei. Für jede der erwähnten Möglichkeiten der Verunreinigung von Brunnen sind typische Beispiele in der Litteratur beschrieben worden; bei der außerordentlichen Reichhaltigkeit der einschlägigen Publi- kationen können hier, wie bei den folgenden epidemiologi- schen Ausführungen, nur einzelne besonders instruktive Be- obachtungen erwähnt werden. YÄn klassisches Beispiel einer in allen Punkten klargestellten Brunnen- epidemie giebt R. Pfeiffek-^^ lu Zelidenick, einem kleinen Orte olme Kanalisation und Wasserleitung, lagen etwa Anfang Juni 1895 zwei typhuskranke Kinder in einem Hause, welches keinen Abort hatte; die Fäkalien der Erkrankten wurden daher in Eimern über die Straße getragen und teils in eine Duuggrube, teils nach- gewiesenermaßen in den offenen Rinnstein entleert. Dieser Rinnstein floss mit ziemlichem Gefälle die Straße herab und 100 m abwärts von dem verseuchten Hause dicht am Pumpbrunnen vorbei, dessen mangelhafte Fassung Zuflüsse von oben her begünstigte. Das Wasser dieses Brunnens wurde von 303 Personen benutzt und von diesen erkrankten (von leichteren, nicht diagnostizierten Fällen abgesehen) 94 Personen von Ende Juni an bis Mitte Juli. Andere Familien, die in denselben Häusern wohnten und alle übrigen Lebensbedingungen teilten, nur ihr Wasser von einem anderen Brunnen holten, bUeben völlig verschont. In entsprechender Weise muss, da der direkte Nachweis der Krankheitserreger nur ausnahmsAveise gelingt, bei allen Typhusepidemieen die Entstehung klarzulegen versucht wer- den, indem man die ersten Fälle, von denen der Infektions- stoff geliefert wurde, ausfindig macht, und naclnveist, wie dieser in das verdächtige Wasser, in die Milch oder auf son- stige Nahrungsmittel gelangen konnte; alsdann muss sich er- geben, dass nach entsprechender Inkubationszeit ein großer Prozentsatz der Personen, die sich der betreffenden Infek- tionsmöglichkeit aussetzten, in der That erkrankt ist, während andere, die im übrigen mit ihnen durchaus in denselben Ver- Typhus. 299 liältuisseii und unter denselben Bediugung-en lebten, verschont blieben. Erhel)lich seltener findet eine unterirdische Veriinreinigimg eines Brunnens über weitere Strecken statt, wie sie Hägler^s als Ursache einer größeren Epidemie in Lausen (Schweiz) nachgewiesen hat. In dem Dorfe erkrankten in kurzen Zwischenräumen 130 Personen und zwar nur solche, die einen öflentlichen Quellbruuneu benutzt hatten, während alle Besitzer eigener Brunnen verschont blieben. Der Brunnen wurde von einer am Fuße des nahen Berges entspringenden Quelle gespeist. Auf der audern Seite dieses Berges doss ein Bach, in welchen nachweislich etwa 3 Wochen vor Ausbruch der Epidemie die Dejektiouen eines Typhösen ent- leert worden waren, und der gerade zur selben Zeit die anliegenden Wiesen überschwemmt hatte. Daraus, dass während solcher Ueberschwemmung der Wiesen die Quelle auf der anderen Seite des Berges reichlicher lloss, hatte man schon lange auf eine Kommunikation zwischen beiden geschlossen; er- Aviesen wurde dieselbe dadurch, dass Kochsalz, welches man in die obere Quelle reichlich hineinschüttete, alsbald in der unteren gefunden wurde. Erwähnt seien die beiden von Kübler & Neufeld ^e sowie von Fischer & Flatau^^ beschriebenen Brunneninfektionen wegen des ge- lungenen Nachweises der Typhusbazillen; von Interesse ist ferner die Beobachtung von BARrii^s, weil 500 Personen am selben Tage das Wasser eines verseuchten Brunnens tranken, so dass sich die Inkubations- zeit vorzüglich feststellen ließ. Es erkrankten von den 500 13,5^; 2 % hiervon schon nach 7 Tagen, weitere 2% nach 14 Tagen u. s. w., 62^ zwischen dem 20. und 25. Tage, die letzten (2^) nach 30 Tagen. Der Verf. giebt an, dass die Fälle mit kurzer Inkubation die schwersten waren. Der Prozentsatz der Erkrankten war wohl nur deshalb verhältnis- mäßig gering, weil viele der betreffenden nur ganz geringe Quantitäten Wasser getrunken hatten; wurden diejenigen, welche größere Mengen zu si(di gencnnmen hatten, gesondert berücksichtigt, so kam ein viel höherer Prozentsatz heraus. c) Flüsse. Wesentlich anders als die Brunnenepidemieen pflegen solche zu ver- laufen, zu denen die Verunreinigung eines fließenden Wassers Ver- anlassung giebt. Hier sehen wir seltener ein explosives Auftreten der Krankheit, als vielmehr eine Gruppierung einzelner in etwas längeren Intervallen einander folgender Fälle längs des verseuchten Gewässers. Für deu 8 Kilometer langen Lauf eines kleinen Baches, an dessen Ober- lauf die Wäsche eines Typhuskrankeu gewaschen worden war, beschreil)t Picht-'' eine sich über vier Monate hinziehende kleine Epidemie von 18 Fällen. Petruschky39 erläutert für die nicht an die Kanalisation angeschlossenen Vororte Danzigs die Verbreitung der Typhusfälle entlang der Radaune, die allen Verunreinigungen ausgesetzt ist. Eine ganz besondere Beachtung hat man mit Becht in neuerer Zeit den Erkrankungen des Personals der Fhissschiffe und Flöße zugewandt. Auch hier sind wiederum vielfach die bei der Cholera gemachten Er- fahrungen vorbildlich auch für die Epidemiologie des Typhus geworden. (Man vergl. daher in diesem Haudbuche die Artikel Cholera, sowie spe- zielle Prophylaxe von Cholera und Typhus.) In Hamburg ergab sich, dass in den Jahren 1893 — ^95, also nach Einführung der Filtration, an der nunmehr stark herabgesetzten Typhusmorbidität die Schiffsbevölke- 3ÜÜ i^ Neufeld, ning mit über 10^ beteiligt war, während sie an Zahl weniger als 1% der Gesamtbevölkernng beträgt 2«. Da die Abgänge der ScMÖs- insasseu ohne Desinfektion in den Fluss entleert werden, so bilden sie eine große Gefahr für die Anwohner, sowie für die Benutzer der Bade- anstalten (vergl. Pfuhl ^oj^ yqy allem aber für die Hafen-, Werft- und Quaiarbeiter. In der That sind Epidemieen unter diesen Arbeitern nicht selten zur Beobachtung gekommen (Nijcht^', Reixcke^s. 4"-^]. Pfeiffer 43 g^h, dass sich an eine schwere Epidemie in der Stadt Lüneburg in den darauf folgenden 3 Monaten eine größere Zahl von Typhuserkrankungen unter Schiffern, Fischern und Anwohnern der die verseuchte Stadt durchfließenden Ilmenau anschloss, und zwar erfolgten die Erkrankungen bis etwa 20 km unterhalb der Stadt, während au dem oberen Laufe sich keine Fälle zeigten. Dieses Beispiel lehrt, wie wenig mau sich bei starker Verunreinigung eines Flusses auf die Selbst- reinigung« verlassen kann. Gleichzeitig kann man aus derartigen Be- obachtungen über die Haltbarkeit des Typhusbacillus im Wasser sicherere Schlüsse ziehen als aus Laboratoriumsversuchen. Haltbarkeit der Bakterien im Wasser. Die Resultate der letzteren Versuche (vergl. auch Bd. I, S. 192 — 195) variieren ziemlich stark je nach den Versuchsbedingungen und geben bei der Unsicherheit unserer Methoden zur Isolierung des Typhusbacillus aus Bakteriengemischen keinen richtigen Maßstab für die Verhältnisse der Praxis. Es seien daher hier nur kurz die Arbeiten von AVülff- HÜGEL & Riedel 44j Krauses, Straus & Dubarry-^ö, Holz*^, Fraxk- LAXD48 sowie die zusammenfassende Darstellung von Löffler^» her- vorgehoben. Als Ergebnis derselben kann angesehen werden, dass die Typhusbakterien in nicht sterilisiertem Wasser nicht länger als 2 bis 3 Wochen nachzuweisen sind, während sie sich in sterilisiertem mehrere Monate lang halten. Eine Vermehrung dürften sie im Wasser nur aus- nahmsweise erfahren, sowohl wegen der Konkurrenz anderer Bakterien- arten als auch wegen Mangels an Nährstoffen; nach Bolion^'O uämiich bedürfen sie zum Wachstum 67 mgr organischer Substanz pro Liter. d) Wasserleitungen. Das größte Interesse von den Trinkwasser-Epidemieen haben die durch Wasserleitungen vermittelten zu beanspruchen: sie betreffen oft eine sehr große Zahl von Menschen und treten häuflg im exquisitesten Sinne ex- plosiv auf, können sich jedoch auch, wenn die Gefahr der Verunreinigung dauernd besteht, über lange Zeit hinziehen. Von Großstädten befludet sich noch heute z. B. Petersburg in dieser Lage; in früherer Zeit waren München, bis vor etwa 10 Jahren Hamburg mit einem dauernd der Ver- unreinigung ausgesetzten Wasser versorgt, so dass hier fortgesetzt reich- liche Typhuserkrankungen vorkamen, welche sich zu Zeiten besonders starker Verunreinigung in bedrohlicher Weise häuften. So erkrankten z. B. in Haml)urg in den letzten 10 Jahren vor I^iuführung einer ge- nügenden Filtration jährlich mindestens 0,2^ der Einwohner an Typhus, in einzelnen Jahren aber bis über 1^ ; innerhalb der 4 Jahre 1885 — 88 wurden 15804 Fälle gemeldet (Reixcke29]; als die Schöpfstelle verlegt und eine genügende Filtration eingeführt wurde, sank die Erkraukungs- ziflfer sogleich um mehr als die Hälfte. Die durch Curschmann^, Reincke^^ ''i' ^2^ Simmonds^^ (vergl. auch die Debatte im Hamburger ärztlichen Verein 1888^4 sowie Pfuhl ^^j Typhus. 301 eiug'ehend studierten Vcrliältuisse der alten, fehlerhaften Wasserversorg'img- in Hamburg- bieten ein durchsichtiges Beispiel für Leitungsepidemieen. Das gesamte Wasser wurde aus der Elbe entnommen und ohne Filtra- tion in die Häuser geleitet. Die Kanalisationsrohre ergossen ihren In- halt ebenfalls in die Elbe und zwar in so geringer Entfernung unterhalb der Öchöpfstelle der Wasserleitung, dass nachgewiesenermaßen bei jeder Flutwelle Partikel aus den x^bwässern bis über jene Stelle hinaus rück- wärts transportiert wurden. So konnte das Leitungswasser nicht mit Unreclit als ein verdünntes Kanalisationswasser bezeichnet werden. Die Typliusfälle waren gleiclunäBig über die Stadt verteilt, ohne Eücksicht auf die sonstigen Lebensverhältnisse der Einwohner; fast v<)llig frei blieb jedoch während der heftigen Epidemieen 1887 und 88 eine Kaserne, welche ihr Wasser aus einem eigenen Brunnen bezog, ebenso die mit Hamburg unmittelbar zusammenhängende Nachbarstadt Wandsbeck, welche eine eigene Leitung besaß (Cukschmaxn). Bei kurzdauernden explosiv verlaufenden Epidemieen durcli Leitungs- wasser wird es im Gegensatz zu der geschilderten dauerndeu AVasser- verseuchung oft möglich sein, die Quelle und den Gang der Infektion mit Sicherheit klarzulegen. Ein Musterbeispiel hierfür bietet die von Pfeiffer 43 studierte Epidemie, die 1895 in Lüneburg ausbrach. Hier ging die Epidemie aus von eiuem oberhalb der Stadt an der Ilmenau, einem kleinen Nebenflusse der Elbe, gelegenen Hause, in welchem im Juli eine Person schwer an Typhus krank war. Ein Abort befand sich nicht im Hause ; die Faeces Avurden direkt in den Fluss gegossen und die schmutzige 'Wäsche dort gewaschen. 100 m unterhalb dieses Hauses wurde aus der Ilmenau während der 5 Tage vom 15.— 20. Juli das gesamte Wasser für eine der beiden Leitungen, von denen ziemlich ausschließbcli die Stadt versorgt wurde, entnommen; die Entnahme geschah an dieser Stelle nur ausnahmsweise wegen einer notwendigen Reparatur der Leitung , eine Filtration fand nicht statt. Ende Juli und in der ersten Hälfte des August traten plötzlich zahlreiche Typhuserkrankungen in der Stadt auf, und zwar beschränkten sich dieselben fast ausscbUeßlich auf die Benutzer dieser einen Wasserleitung. Dieser Nachweis einer Uebereinstimmung der Wasser\'ersorgung mit der Mor])idität bildet, wie man sieht, einen Hauptpunkt in der Beweis- führung; so erkrankten während einer Wasserleitungsepidemie in Stutt- gart 1872^6 in einem bestinnnten Hause mehrere Bewohner des 2. und 4. Stockwerkes, welche an die Leitung angeschlossen waren, während die des 1. und 3. Stockes, die auf Brunnenwasser augewiesen waren, verschont blieben. Von derartigen Beobachtungen sind eine ganze An- zahl gesammelt worden, die den eindeutigsten Beweis gegen jede »Boden- theorie« liefern. In derselben Weise wie die Flüsse werden begreiflicherweise auch größere Teiche der Verunreinigung mit Typhusausscheidimgen ausgesetzt sein; die Stadt Stralsund liefert hierfür ein Beispiel, indem sie, solange sie aus einigen großen Teichen ihre Wasserleitung speiste, die höchste Typhusmorbidität unter allen deutschen Garnisonen hatte (v. Haselberg^") ; nach Aenderung der Wasserentnahme und Einführung der Filtration wurde die Stadt fast völlig typhusfrei. Dass auch anscheinend einwandfrei angelegte Wasserleitungen, die Quellwasser führen, unter besonderen Umständen einer Verunreinigung mit Typhusbazillen ausgesetzt sind, lehren einige interessante Beobach- tungen aus Frankreich. 302 F. Neufeld, Die erste derselben betrifft die von Thoinot^* untersuchte Epidemie in Havre 1887/88. Hier waren die aus kreidigem Boden entspringenden Quellen offenbar dadurch verunreinigt worden, dass ein etwa 50 m höher ge- legenes Plateau, an dessen Fuß sie zu Tage traten, gerade kurz vor Aus- bruch der großen Epidemie zum ersten Male mit Fäkalien aus Havre gedüngt worden war. Eine der Quellen erwies sich in der That als außerordentlich keimhaltig. In ganz analoger Weise ist nach Vallin, Landouzy & Hänkiot^-^ eine Pariser Epidemie zu erklären, indem die ebenfalls in kreidigem Grunde ent- springende Vanne-Quelle von einem 12 Kilometer entfernten hochge- legenen Typ hu Sorte her durch in den Kreideuntergrund bestehende Risse verunreinigt Avurde; das Vorhandensein solcher Kommunikationen wurde durch die Fluoreszinprobe erwiesen. Währeud in allen diesen Fällen das Wasser bereits in infiziertem Znstande in die Leitung- hineingelaugte, findet in anderen Fällen die Verunreinigung erst innerhalb der Leitung statt. Das Leitungsrohr kann undicht werden oder platzen und aus einem in der Nähe verlaufen- den Abwnsserrolir oder aus einer sonstigen zufälligen Infektionsquelle die Bazillen aufnehmen, — ein Vorkommnis, das durch den Druck, unter dem das Wasser in den Leitungsrohren steht, wohl erschwert, aber doch nicht immer mit Sicherheit verhütet werden dürfte. Ganz besonders leicht ereignen sich solche Zwischenfälle gelegentlich von Reparaturen, wie die 1879 in der Grafschaft Surrey beobachtete Epidemie 6" zeigt. Hier war zwecks einer Aenderung der Leitung ein Schacht gegraben, in welchem ein typhuskranker Arbeiter beschäftigt war, der von häufigem Stuhl- drang befallen, seine Stuhlgänge in den Schacht selbst deponierte, von wo ans sie direkt in das Leitungsrohr hinabsickerteu. Nach etwa 2 Wochen brach in den beiden von der Leitung versorgten Ortschaften eine schwere Epidemie aus, welche ganz explosiv auftretend innerhalb der ersten 14 Tage 179 Personen ergriff und zwar ausschließlich solche, welche Leitungswasser benutzt hatten. Natürlich wird in ähnlichen Fällen die Verunreinigung nicht immer in so grober Weise erfolgen und daher auch nicht so direkt nachzu- weisen sein; gelegentlich könnte der Infektionsstoif wohl auch von weiter her, etwa an den Stiefeln der bei der Reparatur beschäftigten Arbeiter transportiert sein, oder auch schon seit längerer Zeit sich in dem Boden, in dem die Arbeiten stattfinden, gehalten haben. Bei der ven Hesse *5i vorzüglich beschriebenen Löbtauer Epidemie ist zweifellos ebenfalls die Wasserleitung verunreinigt gewesen, da die Häuser, welche ihren Bedarf aus eigenen Brunnen oder einer anderen Leitung bezogen, freiblieben, und die (über 200 Personen umfassende) Epidemie nach Durchspülung der verdächtigen Rohrleitung zurückging. Mindestens sehr wahrscheinlich gemacht wurde die Aufnahme von Kei- men in das Hauptrohr aus einem daneben verlaufenden Abwassergraben, dem gerade um die fragliche Zeit Typhusbazillen zugeführt worden waren. Hier sei noch kurz auf die Gefahren aufmerksam gemacht, die bei einer sonst gut eingerichteten Filtrationsanlage durch Störungen der Filter eintreten können. Auch hierbei muss wieder auf die Erfahrungen bei der Cholera hingewiesen werden, man vergl. Kochs Abhandlung: Typhus. 303 Wasserfiltration und Cholera los. Dort ist als eine Ursache solcher Störungen das Gefrieren der iinverdeckten Filter in strenger Winterkälte nachgewiesen worden; erkannt können Unregelmäßigkeiten der Filtra- tion dadurch werden, dass täglich das von einzelnen Filtern gelieferte Wasser gesondert untersucht wird. Eine auf Störung der Filtration beruhende Epidemie Avurde in Berlin von Füänkel & Piefkeio**^ in Hamburg von Reixcke^"' beobachtet. Bei der letzten Beobachtung handelte es sich um einen gleichzeitigen Diirchbruch von Typhus- und Cholerabazillen in die Leitung: dementsprechend trat das Maximum der Typhusfälle 2 — 3 Wochen nach dem der Choleraerkraukungen ein. f) Uebertragung durch Gebrauchs- und Badewasser. Bei allen augeführten Epidemieen, bei denen das Wasser als Träger des Contagiums anzusehen ist, handelt es sich keineswegs ausschließlich um direkte Aufnahme von Bazillen mit dem Trinkwasser, sondern die- selben können auch au Gläsern, Tellern u. s. w., die mit dem infizierten Wasser nur gespült worden sind, in genügender Zahl haften bleiben, sie können ferner auch beim Waschen uud Baden aus dem Wasser auf- genommen werden. Falls das Wasser nur spärliche Kraukheitskeime enthält, ist allerdings die Gefahr, auf einem der letztgenannten Wege sich zu infizieren, nicht allzu groß, da dabei natürlich nur geringe Wassermengen aufgeuommen werden. In den meisten Fällen wird sieh natürlich uicht entscheiden lassen, ob die Uebertragung durcli Trink- oder durch Gebrauchswasser erfolgt ist; doch sind einzelne Epidemieen beschrieben worden, bei denen z. B. das Spülen von Gläsern an einem infizierten Brunnen die Hauptrolle gespielt hat. Dass Milchgeräte, die auf dieselbe Weise verunreinigt sind, sehr häufig zu Epidemieen Anlass geben, wird unten noch aus- geführt werden. Was die Infektion durch Baden in einem verunreinigten Wasser anlangt, so sei auf die interessante Beobachtung Pfuhls 3" aufmerksam gemacht. 5. Eis. Dass durch Eis Typhusübertragungeu vorkommen können, steht außer Zweifel, da die Bazillen gegen Kälte äußerst widerstandsfähig sind. In den Versuchen von Pkudden*'^ waren sie nach dreimonatlichen Aufent- halt im Eise noch lebensfähig. PARK^ä beschreibt eine Epidemie, die durch das von einem Teiche geschlagene Eis vermittelt wurde; es ließ sich nachweisen, dass die Exkremente eines Typhuskranken auf die Eisdecke geschüttet worden waren. 6. Mineralwasser. Ebenfalls den Wasserinfektioneu ganz nahestehend sind solche durch künstliche Mineralwässer, in denen sich nach Hochstetter^^ die Typhus- keime bis zu fünf Tagen halten können. Helavig"^ beobachtete in Mainz eine Epidemie, die auf Selterswasser zurückgeführt werden konnte, welches aus dem Wasser eines verdächtigen Brunnens hergestellt war. 7. Milch. Nächst dem Wasser spielt bei allen Nahrungsmitteln die Milch bei weitem die wichtigste Rolle bei der Typhusepidemiologie; in der um- 304 . F. Neufeld, fassenden Zusammenstellung- von Schüder ^^ gind 110 durch Milch, g'egen- über 462 durch Wasser veranlassten Epidemieen erwälmt. Ganz be- sonders reichhaltig ist die englische Litteratur an einschlägigen Beob- achtungen, größere Zusammenstellungen gaben Hakt'^ö^ Rossi*^^, Schleg- tendal'^s. Die Haltbarkeit der Bazillen in der Milch beträgt nach HEiM'^y 30 Tage, und da dieselbe ein guter Nährboden für Typhus- bakterien ist, so dürfen wir in ihr viel eher als in allen anderen Medien der Uebertraguug eine ausgiebige Vermeh- rung der hineingelangten Keime annehmen. In weitaus der Mehrzahl der Milchepidemieen ist im Grunde nicht die Milch an sich infiziert, sondern das Brunnen- oder Leitungswasser, mit dem die Milchgeräte gespült werden und das bekanntlich sehr häufig der Milch direkt zugesetzt wird. Ausführliche Beobachtungen dieser Art sind in großer Zahl publiziert, in anderen Fällen muss man sich mit dem Nachweise begnügen, dass zu der Zeit, wo die Infektion erfolgt sein muss, ein Melker, Knecht oder deren Familienangehörige au Typhus erkrankt waren, wodurch die Krankheitskeime durch schmutzige Hände auf das Kuheuter oder in die benutzten Gefäße gelangt sein mögen. Aus der Fülle gut beobachteter Epidemieen seien hier nur die Arbeiten von Almquist^ö, Reich ^i, Schmidt '2, Eeincke'^^^ Rapmuxd'^^^ Davies-^ Wn.KENS^", Nägeli", Hüxermann'S, Pfuhl "-Miervorgehoben, in denen sich, ebenso wie in den oben genannten Zusammenstellungen, weitere Angaben finden. Die Milchepidemieen treten oft ebenso explosiv auf und in annähernd so großem Umfange, wie die durch Wasserleitimgen vermittelten; sie haben diesen gegenüber die Eigentümlichkeit, ganz über- wiegend Frauen und Kinder zu betreffen (z. B. bei Wilkexs 65 Frauen und Kinder gegenüber 17 Männern, bei Eeincke 23 : 7), wodurch unter Umständen allein schon der Verdacht auf die Milch gelenkt werden kann. Eine ähnliche Rolle wie die Milch kann auch die Buttermilch spie- len; nach E. Fränkel & Kister so bleiben die Bazillen darin über 48 Stunden lebensfähi"-. 8. Andere Nahrungsmittel. Von anderen Nahrungsmitteln, deren Rolle hinter der Milch so weit zurücktritt, dass sie nach Schuber ^^ insgesamt nur mit 3,5^ unter den Ursachen von Epidemieen rangieren, seien zunächst die Austern als Krankheitsvermittler hervorgehoben. Horcicka*' beschreibt eine x4.usteru- epidemie in Pola; er fand in den aus dem Hafen entnommenen Austern zwar keine Typhusbazillen, dagegen Zeichen von Verunreinigung durch Fäkalien. Das ist auch sehr leicht erklärlich, da die Austernbänke oft dicht vor den Flußmündungen liegen, und zudem die mit Austern ge- füllten Körbe bisweilen in hochgradig verunreinigtem Flusswasser auf- bewahrt wurden. Nach FooteS2j Herdmann & Boice^s^ Horcickasi fanden sich in Austern, die in künstlich infizierte Bassins gesetzt Avurden, die Typhusbazillen noch bis zu 20 Tagen, während sie im umgebenden Wasser längst nicht mehr naclizuweisen Avaren. Ueber weitere epidemio- logische Beobachtungen vergl. Klein '^^, Newsholme S5, Husemanx '^•', WhITTIErS^, HaRRINGTON*^, GiAXA^Ö, EaDEÖO, BrOADBENT 90'\ Viele andere Nahrungsmittel,' man kann wohl sagen alle, die in Tohem Zustande genossen werden, können gelegentlich zur Uebertraguug Typhus. 305 der Krankheit dienen. Ganz besonders geeignet erscheinen hierzu Gemüse, Sahite und Obst, die durch die Hände der Lieferanten, häufiger aber wohl durch Abwaschen und Besprengen mit infiziertem Wasser ver- unreinigt werden. Wenn man bedenkt, dass die genannten Viktualien zum großen Teil auf Kähnen nach der Stadt geschaöt werden, häutig genug jedenfalls durch infizierte Flußläufe hindurch, dann vielfach eine Zeitlang in den unhygienischsten Kellerwohnungen der Händler liegen, so wird man in ihnen wohl die Hauptüberträger des Typhus für diejenigen Großstädte sehen, deren Wasser- und Kanali- sationsverhältnisse eiuwandsfrei sind. Es würde sich daraus erklären, dass für die Typhusfälle der Großstädte, deren Kette ja nie ganz abreißt, nur in Ausnahmefällen sich der Infektionsmodus und der Zusammenhang mit anderen Fällen feststellen lässt, selbst dann, wenn in verschiedenen Stadtgegenden eine auffallende Häufung der Fälle auftritt. So gelang es in den vom Verfasser in der Kraukenabteilung des Instituts für Infektionskrankheiten beobachteten Typhusfällen in der Eegel nicht, die Ansteckungsquelle aufzudecken. Natürlich können Früchte und Gemüse auch noch, nachdem sie ge- kocht sind, infiziert werden. So beobachtete Pfuhl eine Kasernen- epidemie durch Kartoffelsalat und stellte fest'^S dass die Typhuskeime auf gekochten Kartofleln selbst bei gleichzeitigem Vorhandensein von Coli und anderen Arten sich kräftig zu entwickeln vermögen. Auch die Butter, in der nach Heim "'s die Typhusbazillen 21 Tage lang sich halten, sowie manche Käsesorteu scheinen die Krankheitsübertragung vermitteln zu können; die Haltbarkeit in den letzteren beträgt nach demselben Autor freilich nur wenige Tage. 9. Die Rolle des Bodens, der Luft und der Insekten bei der Ueb ertragung. Wenn wir von dem Boden als Vermittler der Typhusinfektion spre- chen, so brauchen wir nicht erst zu erörtern, dass damit nicht im PETTENKOFERschen Siuue eine »Eeifung« des Krankheitskeimes im Boden und ein Uebergaug desselben in die Luft gemeint ist. Nach den Ex- perimenten von Koch u. a. finden die in den Boden gelangenden Typhuskeime daselbst keine Bedingungen, die eine Vermehrung ge- statten; wird gleichzeitig mit den Bakterien Nährmaterial eingeführt, so können sie natürlich auf diesem noch eine Zeitlang wachsen, aber auch in diesem Falle ist der Boden selbst von keiner Bedeutung dafür (man vergl. hierzu die Darstellung Pfeiffers in Flügges »Mikroorganismen« Bd. I über die Beziehungen der Bakterien zum Boden). Dagegen ist die Haltbarkeit der Bazillen im Boden vermutlich eine ziemlich beträchtliche. Hierfür kommen wohl weniger die Experimente von Kullmann ■^^ u. a. in Betracht, welche Typhusbazillen in sterilisierter Erde länger als ein Jahr lebensfähig bleiben sahen, als vielmehr die äußerst sorgfältig den natürlichen Verhältnissen nachgebildeten Versuche von Lösener^^. Der Autor konnte die Bazillen aus einer vergrabenen Typhusmilz noch am 96. Tage herauszüchten ; wenn man die Schwierigkeit der Isolierung bedenkt, so kann man hiernach eine noch erheblich längere Lebensdauer wohl für wahrscheinlich halten. Wenn hiernach also eine Vermehrung der in den Boden eingebrachten Bazillen, wenigstens in irgend erheblichem Grade, unbedingt auszu- schließen ist, so kann wohl eine Weiterverbreitung der Infektion von Hamlbucli der pathogenen Mikroorganismen. II. 20 306 F. Neufeld, einem verunreinigten Boden ans gelegentlich einmal in der Weise er- folgen, dass bei starkem Winde infizierte Partikel staubförmig auf- gewirbelt und in geringer Entfernung z. B. auf Esswaren deponiert werden. Diesen Modus nimmt wenigstens Pfuhl ^^ für einige von ihm beobachtete Fälle an, wo nachweislich die oberflächlichen Bodenschichten mit Typhusfäkalien verunreinigt worden waren. Solche Fälle werden unter gewöhnlichen Verhältnissen nur ausnahmsweise vorkommen (über die auBergewöhnlichen Verhältnisse in Kriegszeiten siehe unten). Dass die Typhnsbazillen jedenftills nicht in der Weise wie z. B. Tuberkel- bazillen in feinem Zimmerstanb sich lebensfähig erhalten und durch die in geschlossenen Räumen vorkommenden Luftströmungen verschleppt werden können, geht sowohl aus den epidemiologischen Thatsachen, wie aus den Laboratoriumsversucheu von Eduardo'^^, Germano^s, Flügge 9- und Neisserös hervor. Dagegen müssen wir mit der Möglichkeit einer »Tröpfcheninfektion« nach Art der insbesondere von Flügge bei der Tuberkulose studierten Uebertragungs weise in denjenigen Fällen rechnen, wo sich die Typhnsbazillen im Auswurfe finden. Jedenfalls aber dürfte dieser Infektionsmodus ein sehr seltener sein. Nach früherer Annahme sollte ferner der Boden insofern eine große Eolle spielen, als beim Aufgraben lange unberührt gebliebener Boden- schichten unter den Arbeitern und Anwohnern oftmals Typhusepidemieen ausbrechen sollten. Nach Schubers mehrfach erwähnter Zusammen- stellung wird diese Ursache für 1,2^ aller Epidemieen augegeben. Soweit diese Beobachtungen wirklich richtig sind, mögen bei solcher Gelegenheit Infektiouskeime an den Händen, Stiefeln und Kleidern der Arbeiter haften geblieben sein, besonders avo es sich um Erdarbeiten in der Nähe von Abortgruben, Latrinen, Abwassergräben und dergleichen handelte. Schließlich ist der Boden in gewissem Sinne auch bei den durch Rieselfelder vermittelten Infektionen beteiligt. Die Möglichkeit, dass durch das Trinken des von den Feldern abfließenden Rieselwassers die Krankheit übertragen werden kann, ist jedenfalls a priori nicht in Ab- rede zu stellen und gelegentlich sind von Virchow^^ Beobachtungen ge- macht worden, für welche dieser Uebertragungsmodus mindestens als sehr wahrscheinlich gelten muss. Auch Infektionen durch Gemüse, welches auf einem Rieselfelde gewachsen ist, insbesondere Wurzelgemüse, das roh gegessen wird, z. B. Radieschen, sind durchaus wahrscheinlich. Insekten dürften unter gewöhnlichen Verhältnissen in der Typhus- epideraiologie kaum eine Rolle spielen. Dagegen wird ihnen für Kriegszeiten eine ziemlich große Bedeutung beigelegt, wie dies be- sonders von Veederioo für Jen Krieg auf Kuba zwischen Nordamerika und Spanien ausgeführt worden ist. Es handelt sich darum, dass Fliegen den Infektionsstotf in den Latrinen aufnehmen und dann auf Nahrungsmittel deponieren. Es ist zweifellos , dass besonders dann, wenn, wie häufig, Latrinen und Küchen dicht nebeneinander liegen, eine solche Gefahr nicht nur für Kriegszeiten, sondern auch im Manöver und auf Truppenübungsplätzen besteht. Aehnliche Be- obachtungen sind auch während des jüngsten südafrikanischen Feld- zuges gemacht worden (Pogre^os ^ a.j Daneben wurde jedoch von englischen Aerzten noch ein anderer Uebertragungsmodus für sehr häufig erklärt, der ebenfalls unter normalen Verhältnissen nur ganz ausnahms- weise eine Rolle spielt (vergl. die oben citierte Mitteilung von Pfuhl): nämlich die Ausstreuung des eingetrockneten Inhalts der Abortgruben Typhus. 307 durch heftige Wirbelwinde. Mehrere gute Beobachter stimmeu darin tiberein, dass dieser Infektiousmodiis unter den dortigen Verhältnissen weitaus der wichtigste sei (Tooth^"'-*, vax Houtumi^oj, Auch sonst bietet die Epidemiologie des Typhus in kriegführenden Truppen manche Besonderheiten gegenüber der Verbreitungsweise im Frieden. Wie außerordentlich die Ausbreitung der Krankheit durch die speziellen Verhältnisse des Kriegslebens begünstigt wird, ist bekannt; noch im Feldzuge 1870/71 übertraf die Sterblichkeit an Typhus die an allen anderen Krankheiten zusammen. Besonders ungünstige Zahlen weisen auch die neuereu, in außereuropäischen Ländern geführten Feld- zUge auf. Auf die speziellen einschlägigen Verhältnisse kann hier nicht eingegangen werden; es sei von neueren Arbeiten auf die Veröffent- lichung der Medizinalabteilung des Kriegsmiuisteriums: Entstehung, Ver- hütung und Bekämpfung des Typhus bei den im Felde stehenden Armeen (Hirschwald 1900), auf die erwähnte Darstellung von VeederI"" und von Vaughan^oi über den Krieg auf Kuba, sowie auf die zahl- reichen im Lancet und British med. Journal erschienenen Berichte über den Krieg in Südafrika hingewiesen. Litteratur. 1 BuDD, Oü intestinal fever etc. Lancet, 1856, 1859, 1860. — - Mürchison, A treatise of the continued fevers of Great-Britain. 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Die, Dysenterie oder Ruhr ist eine deu Meusclieii von alters her bekannte Krankheit, die in kleineren oder g-rößeren Endemieen wie in Epidemieen und gewaltigen Pandeniieen sich ausgebreitet hat und als fast ständige Begleiterin kriegführender Heerscharen unter den Armeen oft ärger hauste als die Waffen des Feindes. Schon die älteren medizinischen Schriftsteller erwähnen dieselbe. Während aber noch Hippokkates die diuQQOuc, den Durchfall, von der dvgsvraQia, der Ruhr, unterschied, wurde später die Bezeichnung »Dysenterie« verallgemeinert, so dass die Aerzte in der nachgalenischen Zeit Bauchflüsse verschiedenster Art schlechtweg als Dysenterie bezeichneten (Hirsch 21). Erst allmählich lernte man verschiedene Arten der Erkrankungen des Verdauungstraetus als besondere Krankheiten kennen und von der Ruhr unterscheiden, so den Typhus, die Cholera, den akuten und chronischen Magen- und Darmkatarrh, und beschränkte schließlich den Begriff »Ruhr« auf die diphtherische bezw. geschwürige Erkrankung der Dickdarmschleimhaut. Die im 19. Jahrhundert innnermehr zunehmende pathologisch -ana- tomische Forschung- brachte auch hier weitere Fortschritte. Man lernte die tuberkulösen, urämischen und die durch Vergiftungen, speziell Metall- vergiftungen, hervorgerufenen geschwürigen und diphtherischen Erkran- kungen des Dickdarms von den dysenterischen unterscheiden. Die in dem letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts mächtig fort- schreitende ätiologische Forschung brachte es naturgemäß mit sich, dass auch dem Erreger der Dysenterie, die noch el)en erst im (liefolge des deutsch -französischen Krieges eine große, über mehrere Jahre sich erstreckende Epidemie in Deutschland verursacht hatte, sicli die Auf- merksamkeit der Forscher zuwandte. Die Entdeckung des Choleravibrio und des Typhusbacillus als Erreger der Cholera und des Typhus rief naturgemäß die Vermutung hervor, dass auch der Erreger der Ruhr in die große Familie dieser kleinsten Lebewesen gehören müsse. Die Frucht der in dieser Richtung vorgehenden ForscTumgen war die Iso- lierung einer ganzen Reihe von Bakterien aus den Stühlen Ruhrkranker, 310 0. Lentz, die unter mehr oder minder guter Beweisführung von Seiten ihrer Ent- decker als die Erreger der Dysenterie bezeichnet wurden. So fand Klebs28 einen kleinen die Gelatine verflüssigenden Bacillus; ähnliche Stäbchen sah auch Ziegler **! in den LiEBERKÜHNSchen Drüsen bei Ruhrleichen. Ogata"*^ beschrieb ein feines bewegliches, nach Gram färbbares Stäbchen, Grigorieff^^ einen dem Bact. coli ähnlichen, auf Gelatine jedoch punktförmig wachsenden Bacillus, de Silvestri^o einen Diplococcus, Maggiora39 und Arnaud^ ein »bösartiges« Bact. coli; ferner Celli & Fiocca'*. s, und nach ihnen Galli-Valerioi^^ Valagussa^s eine Abart des Bact. coli, die Celli als »Bact. colidysentericum« be- zeichnet, und die Valagussa mit der von Escherichia als Erreger der Colitis contagiosa der Kinder angesehenen Abart des Bact. coli identi- fiziert. Endlich fand auch DeyckeI" in Koustantinopel ein dem Bact. coli ähnliches, von ihm aber deutlich zu unterscheidendes Bakterium. Während so die auf die Entdeckung eines bakteriellen Erregers gerichteten Bemühungen zunächst zu keinem einheitlichen, befriedigenden bezw. ernster Kritik standhaltenden Resultate führten, fanden Lösch ^s in St. Petersburg und 8 Jahre später Kgch-'^* und Kartulis ^^ j^ Aegypten in den l)lutig schleimigen Entleerungen bezw. der Darmwand und den Leberkapillaren Ruln'kranker eine Amöljenart, die der zuletzt genannte Forscher auf Grund eingehender Studien und besonders des Tierexperi- raents für den Erreger der ägyptischen Ruhr ansehen zu dürfen glaubte. Diese Befunde wurden durch die Untersuchungen von Osler 46^ Coun- ciLMAN & Lafleurs, Quincke & Roos^^, Kruse & Pasquale^^ u. a. bestätigt, welche sich auch bezüglich der ätiologischen Bedeutung der Amöben für die endemische und sporadische Ruhr der Ansicht von Kartulis anschlössen. Auch Casagrandi & Barbagallo^ fanden in Aegypten stets die Amöben, legten ihnen jedoch nur die Bedeutung von Schmarotzern bei, die erst im Verlauf der Krankheit in den erkrankten Darm eingewandert wären. So war zwar für eine große Reihe von Ruhrendemieen der Nach- w^eis eines Erregers gelungen, aber in einer großen Zahl von Ruhrfällen misslang dieser Nachweis gänzlich; es gab große Epidemiceu, wäh- rend welcher in den Stülden der Kranken die Amöl)en niemals nach- gewiesen werden konnten. Dazu kam die Beobachtung, dass diese letzteren Fälle sich auch pathologisch-anatomisch, wie klinisch in man- cher Beziehung von jenen unterschieden, so dass selbst Kruse & Pas- quale32>33 ebenso wie Grigorieff^ö und Maggiora^ö neben der durch Amöben hervorgerufenen Dysenterie eine zweite Form derselben an- nahmen, für deren Ursache sie einen anderen Erreger ansehen zu müssen glaubten. So kam es, dass die Bestrebungen, welche auf die Entdeckung eines bakteriellen Erregers der epidemischen Ruhr, die hauptsächlich die Länder der nördlichen gemäßigten Zone in zahlreichen, zum Teil recht schweren Epidemieeu heimsuchte, nicht zur Ruhe kamen. Ihnen ist es zu danken, dass das Studium ül^er die Dysenterie mit der Entdeckung eines bis dahin noch nicht bekannten Bakteriums, das der Japaner Shiga'^' •''2 1898 zuerst beschrieb, in eine neue Aera trat. Dieser Forscher konnte während einer mit außerordentlicher Heftig- keit in Japan wütenden Ruhrepidemie niemals Amöben nachweisen, dagegen gelang es ihm, aus den blutig- schleimigen Entleerungen der Kranken, sowie aus den Organen von an Ruhr Gestorbenen einen Ba- cillus von ganz bestimmten Eigenschaften zu isolieren, der mit dem Dysenterie. 311 Serum von Eulirkranken noch in stärkerer Verdünnung- agglutiniert wurde. Auf Grund dieser Erscheinung- und wegen des konstauten Vor- handenseins des Stäbchens in den Dejektionen der Kranken und den Organen der Leichen glaubte Shiga, diesem Bacillus eine Eolle bei der japanischen Euhr beimessen zu dürfen. Zwei Jahre später fand dann Kruse 3^ bei einer Euhrepidemie im rheinisch-westfälischen Industriegebiete ähnliche Bazillen, denen er aus denselben Gründen, wie Shiga den seinen, ätiologische Bedeutung beimaß. Kruses Verdienst ist es, durch seine Veröffentlichungen das Interesse für die fast vergessene Euhr in Europa und speziell in Deutschland wieder wachgerufen und die wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiete in neue Bahnen gelenkt zu haben. Fast gleichzeitig mit Kruse berichteten Flexxeri^ und Stroxg^^, dass sie bei Euhrkranken auf den Philippinen sowie in Nordamerika und Puerto Eico Bazillen gefunden hätten , welche den SniGASchen sehr ähnlich seien. Auch sie hielten diese Bazillen für die Erreger der von ihnen studierten Krankheit. Weiterhin fand v. Drigalsky^s Bazillen, die er mit denen von Shiga und Kruse gefundenen identifizierte, bei der Euhrepidemie, welche im Hoch- sommer 1901 bei Truppen des preußischen Gardekorps auf dem Döbe- ritzer Uebungsplatze ausbrach, ferner bei einer kleineren Epidemie, welche zu gleicher Zeit Truppen des VII. Armeekorps heimsuchte. Seine Befunde wurden von E. Pfuhl ^* und Schmiedicke^^ bestätigt. E. Pfuhl •^'^ fand dieselben Bazillen auch bei einer kleinen Epidemie in Alexandrowo, sowie bei Soldaten des chinesischen Expeditionskommandos, welche in China an Euhr erkrankt waren und nach ihrer Eückkehr nach Deutschland Eezidive erlitten. Vedder & Düval^"' ^7 fanden weiterhin bei mehreren kleineren Euhrepidemieeu im Nordwesten der Vereinigten Staaten von Nordamerika Bazillen, die sie für artgleich mit den von Flexxer gefundenen erklärten. Endlich hat Th. Müller 43 bei einer Epidemie in Steiermark Bazillen isolieren können, welche er mit denen Kruses identifizierte. Während Flexxer ^^' auf Grund vergleichender Untersuchungen die Bazillen von Shiga, Kruse, Stroxg und Flexxer für identisch erklärt, ein Eesultat, das von Shiga ^^ füj- ^jq Stämme Shiga, Kruse und Flexxer und von Curry « für die SiiiGAschen und FuEXXERschen Stäbchen bestätigt wird, erheben E. Pfuhl und seine Mitarbeiter ^s Zweifel an der Artgleichheit des von ihnen geprüften, auf den Philippinen gewonnenen FLExxERscheu Stammes einerseits und der aus der japa- nischen (Shiga), der westfälischen (Kruse) und der Döberitzer (v. Dri- GALSKY & E. Pfuhl) Epidemie stammenden Kulturen andererseits, welch letztere sie für artgleich halten. Neuerdings haben dann Martixi & Lextz'^ an einer größeren Anzahl von Euhr- und ruhrähulichen Bazillenstämmen mittelst der spezifischen Agglutiuationsreaktion eines künstlichen, hochwertigen Serums, Untersuchungen angestellt und dabei nachweisen können, dass die aus Japan (Shiga), China (v. Drigalsky), Nordamerika (Flexxer), Westfalen (Kruse), Döljeritz (v. Drigalsky & E. Pfuhl) und Steiermark (Müller) stammenden Bazillen artgleich, die von den Philippinen herrührenden Stämme Flexxers und Siroxgs so- Avohl von jenen wie untereinander artverschieden sind, ein Eesultat, das Lextz3^ auch auf kulturellem Wege bestätigen konnte. Die Amöbendysenterie oder, wie sie jetzt allgemein ge- nannt wird, die Amöbenenteritis ist bereits in dem Kapitel Protozoen abgehandelt worden. Uns soll im folgenden die 312 0. Lentz. Form der Dysenterie, bei welcher Amöben nicht gefunden werden, die eigentliche epidemische oder Bazillenruhr und ihr mutmaßlicher Erreger, der von Shiga und Kruse gefun- dene Bacillus dysenteriae, beschäftigen. II. Pathologische Anatomie. Pathologisch -anatomisch stellt sich die epidemische Ruhr als eine diphtherische Entzündung des Dickdarms dar; in seltenen Fällen greift der Prozess auch auf das Coecum und den imtersten Abschnitt des Ileum über. Wie bei der diphtherischen Entzündung anderer Schleim- häute werden auch hier alle Uebergänge von der einfachen entzündlichen Hyperämie bis zu ausgedehnter Nekrose und Zerfall der darunter lie- genden Gewebe beobachtet. Stets sind die erhal)enen Teile der Darm- schleimhaut, die Falten, der bevorzugte Sitz der Erkrankung; von hier breitet sich dieselbe auch auf die benachbarten Schleimhautpartieen aus; die stärksten Zerstörungen finden sich wiederum an den Stellen, welche den stärksten mechanischen Insulten durch den Darminhalt ausgesetzt sind, an den Flexuren und im Mastdarm. Im katarrhalischen Anfangsstadium der Krankheit ist die Schleimhaut infolge der Hyperämie imd serösen Durchtränkung gerötet und ge- schwollen, ihre Oberfläche erscheint sammtartig. In mikroskopischen Schnitten sieht man die Blutgefäße der Mucosa und Submucosa erweitert und prall mit Blut gefüllt, in den erweiterten Lymphspalten beobachtet man starke Lymphocytenanhäufungen. An dieses Stadium schließt sich das der Epithelnekrose, das sich makroskopisch durch das Auftreten fleckiger, kleienartiger Beläge, mikroskopisch durch die schlechte Färbbarkeit der Kerne in der Epithel- schicht zu erkennen giebt. Allmählich greift diese Nekrose weiter in die Tiefe. Die ganze Darmwand erscheint nunmehr verdickt, die Beläge werden, zugleich auch infolge tibrinöser Ausschwitzung, massiger und bilden missfar])ige Borken, die oft unter das Niveau der umgebenden Schleimhaut zurücktreten. Auch das darunter gelegene Gewebe zeigt serös-flbrinöse Durchtränkung. Die Lymphfollikel der Schleimhaut bieten das Bild eitriger Einschmelzung. Infolge von Abstoßuug der vereiterten Follikel wie der Schorfe tritt der krankhafte Prozess in das dritte Stadium, das Stadium der Ge- schwürsbildung. Im Gegensatz zu den tiefgreifenden, die Schleimhaut unterminierenden Geschwüren, wie sie sich bei der Amöbenenteritis flnden, stellen die Geschwüre bei der epidemischen Dysenterie in der Regel flache Substanz- verluste mit unregelmäßig gezackten Rändern dar. Nur selten geht die Geschwürsbildung über die Submucosa hinaus bis in die Muscularis hinein oder bis zur Serosa. Die Geschwürsränder erscheinen infiltriert, wie auch die ganze Umgebung des Geschwürs kleinzellige Infiltration aufweist. In den Schorfen wie auch in den Intercellularräumen der Mucosa und Submucosa sieht man zahlreiche Bakterien. In jedem Stadium der Erkrankung kann die Heilung eintreten, die natürlich bei den mit Sul)stanzverlusten verbundenen Prozessen nur unter Narbenbildung erfolgen kann. Nicht unerhebliche Verengerungen des Darmlumens zeugen dann bisweilen von der Ausdehnung der ein- stigen Geschwtirsbildung. Dysenterie. 313 Gegenüber den geschilderten Veränderungen im Darm treten die pathologischen Vorgänge in den übrigen Organen ganz in den Hinter- grund. Die Meseuterialdrüsen sind gewöhnlich geschwollen und hyper- ämisch, auch die Nieren zeigen oft Hyperämie. Die Milz ist gewöhnlieh unverändert. Im übrigen finden sich an den anderen Organen nur die Zeichen der Anämie und Kachexie. III. Klinischer Verlauf der epidemischen Ruhr. Die epidemische Euhr ist eine in der IJegel akut verlaufende Krank- heit. Nach einem kurzen lukubationsstadium von oft nur 2 — 3 Tagen treten zunächst nur Erscheinungen eines einfachen Magendarmkatarrhs auf, Unregelmäßigkeit des Stuhls, leichte Durchfälle, Mattigkeit, Appetit- losigkeit, leichtes Druckgefühl im Leibe, das sich bis zu Leibschmerzen steigern kann. Nachdem diese katarrhalischen Erscheinungen gewöhnlich ohne Temperaturerhöhung wenige Tage bestanden haben, ändert sich das Krankheitsbild. Die Leibsclimerzen steigern sich bis zur Unerträg- lichkeit, so dass die Kranken mit angezogenen Extremitäten zusammen- gekauert daliegen; der Stuhldrang wird stärker und treibt die Patienten in immer kürzeren Pausen zur Verrichtung des Stuhlganges aus dem Bett. Zwanzig und mehr Stuhlgänge erfolgen innerhalb 24 Stunden, besonders zahlreich während der Nacht. Dabei tritt meist ein äußerst heftiger Tenesmus auf. Gleichzeitig verändert sich das Aussehen des Stuhlganges. Seine Menge ist gering, sie beträgt ein bis zwei EsslöÖel voll. Der Stuhl verliert die kotige Beschaffenheit und besteht aus einem zähen glasigen Schleim von süßlich-fadem Geruch, dem mehr oder weniger reichlich Blut, in schweren Fällen auch Eiter und abgestoßene Schleimhautfetzen beigemengt sind. In den Schleimmassen linden sich reichliche Epithelien und Eiterkörperchen, daneben zahlreiche Bakterien, die häufig intracellulär liegen. Die Körpertemperatur ist in diesem Stadium gewöhnlich etwas ge- steigert, oft aber auch unter die Norm gesunken. Die Nahrungsaufnahme ist gering, und die Patienten verfallen rapide, zumal sie dem Ruhebedürfuis nicht nachgeben können, ihnen auch be- sonders die Nachtruhe durch den gerade nachts gesteigerten Stuhldrang geraubt wird. Der Unterleib ist gewöhnlich etwas eingesunken und auf Druck schmerzhaft. Ein Milztumor besteht in der Regel nicht. Die Zunge ist meist dick pelzig belegt. Bisweilen tritt Erbrechen und heftiger Sin- gultus auf; namentlich das letztere Symptom ist prognostisch sehr un- günstig. Die Urinmenge ist vermindert, oft besteht Blasentenesmus. Der Puls ist beschleunigt und in den schweren Fällen klein und unregelmäßig, zeigt aber sonst keine Abweichung von der Norm. Das Sensorium ist gewöhnlich frei, Delirien treten selten, meist nur als agonales Symptom auf. Der Tod tritt, falls nicht Komplikationen das Ende beschleunigen, infolge von Inanition, meist in der 2.-4. Woche ein. Von großem Einfluss auf den Verlauf und den Ausgang der Krank- heit ist der allgemeine Kräfte- und Ernährungszustand der Patienten. Es ist eine immer wiederkehrende Beobachtung (Shiga^^, Kruse ^e, WoLFFBERG ^^ ^^ a.), dass Individuen von schwächerer Konstitution und 314 0. Lentz, schlechtem Ernährungszustand (besonders Kinder, Greise, Strafge- fangene) der Ruhr leichter zum Opfer fallen, als kräftige, gut genährte Menschen. Auch durch eine frühzeitig einsetzende geeignete Behandlung kann der Krankheitsprozess nicht unwesentlich beeinflusst werden, insofern als es gelingt, einerseits die Krankheit durch möglichste Entfernung des schädlichen Agens aus dem Körper (Abführmittel, Klystiere mit des- infizierenden und adstringierenden Medikamenten) im ersten Beginn zu coupieren oder abzukürzen, andererseits durch Vermeidung reizender Nahrung (blande, flüssige Diät) und Darreichung Ton Analepticis den Körper in dem Kampfe gegen das Krankheitsgift zu unterstützen. In jedem Stadium der Krankheit kann eine AVenduug zum Besseren eintreten. Dieselbe erfolgt nicht selten plötzlich ; die Entleerungen werden wieder fäkulent und oft aashaft stinkend, der Stuhldrang lässt nach. Allmählich tritt alsdann die Genesung ein. Die Dauer der Krankheit beträgt in den leichten Fällen 4 — 8 Tage, in den schweren 2— 4 Wochen. Die Genesung tritt in den leichten Fällen, wenn keine weiteren Störungen sie aufhalten, rasch ein, in den schweren dagegen zieht sie sich oft über Wochen hin. Nicht selten ist die Heilung nur eine scheinbare, und die Krankheit wird chronisch. Bei mehr oder minder gutem subjektivem Allgemein- befinden des Patienten bleiben leichte Unregelmäßigkeiten des Stuhlgangs bestehen, bisweilen ständig leichte Diarrhöen, welche gewöhnlich von dem Patienten gar nicht beachtet werden. Doch schon geringfügige äußere Ursachen, Diätfehler, Erkältungen, Ueberanstrengungen, können eine plötzliche Aenderung dieses Zustandes hervorrufen und eine neue Euhrattacke, ein Rezidiv, veranlassen, die unter denselben Erscheinungen verläuft, wie die primäre Erkrankung. Chronisches Siechtum scheint dagegen im Gefolge der epidemischen Ruhr nur selten aufzutreten. Gerade die gänzlich oder doch nahezu symptomlos verlaufende Form der chronischen Dysenterie erheischt unser besonderes Interesse, da der Kranke sich ihrer gar nicht bewusst wird, und so um so gefährlicher für seine Um- gebung werden kann. Eine ganze Reihe von größeren und kleineren Epi- demieen sowie der Wiederausbruch der Seuche nach langer Pause au Stellen, an denen sie früher gewütet hatte, werden wohl nicht mit Unrecht auf Rech- nung solcher unerkannter chronischer Ruhrfälle gesetzt. Von den Komplikationen der epidemischen Dysenterie sind die wich- tigsten die Gelenk- und Sehnenscheidenentzünduugen, die relativ häufig beobachtet werden und wohl als der Ausdruck der allgemeinen Toxinämie anzusehen sind. Auch peritonische und pleuritische Reizerscheinungen werden öfter beobachtet, nehmen aber selten einen bösartigen Charakter an 22, 27, 58 SinGAS3 bcobachtetc fünfmal eitrige Parotitis bei seinen Ruhrkranken. Dagegen scheinen die so häufigen Komplikationen der Amöbenenteritis, profuse Darmblutungen infolge von Arrosion eines Darmgefäßes, Perfrationsperitonitis und Leberabszess sowie Stenosen und Abknickungen des Darms infolge narbiger Schrumpfungen des ver- heilten Geschwüres und peritonischer Adhäsionen, bei der epidemischen Ruhr nur seltene Komplikationen zu sein. Unter 1130 Fällen epide- mischer Ruhr fand Buchanan^i niemals einen Leberabszess. Nicht unerwähnt soll Itleiben, dass mehrfach neben der Ruhr gleich- zeitig Typhus bei demselben Patienten beobachtet worden ist-*2, ss V. Drigalsky fand auch in einem Falle in den Faeces eines aus China Dysenterie. 315 zurückgekelirten Kuhrkraiikeu sowohl die SniGA-KRUSESchen Stäbchen wie auch Amöben. Die Prognose der Ruhr muss stets mit Vorsicht gestellt werden, da Rezidive der Krankheit in jedem Momente der Rekonvaleszenz wie auch nach längeren Intervallen besten Wohlbefindens eintreten können. Bisweilen folgt dabei, wie beim Typhus, auf eine leichte primäre Ruhr- attacke ein schweres, tödlich verlaufendes Rezidiv 22, au, 27, 5S Die Diagnose der epidemischen Ruhr gründet sich außer auf den oben geschilderten Symptomenkomplex auf den eventuellen Nachweis der agglutinierenden Eigenschaften des Blutserums der Patienten gegenüber dem SniGA-KRUSESchen Bacillus und die Isolierung dieses Bacillus aus den Entleerungen der Kranken bezw. den Organen der Verstorbeneu. IV. Aetiologische Bedeutung des Shiga-Kruseschen Bacillus. Was die Frage der ätiologischen Bedeutung des SniGASchen Bacillus für die Entstehung der epidemischen oder Bazilleudysenterie betrifft, so müssen wir anerkennen, dass die Resultate zahlreicher Untersuchungen über diesen Mikroben, welche in den letzten Jahren bekannt wurden, es höchst wahrscheinlich machen, dass derselbe in der That der Erreger der Krankheit ist. Es muss allerdings zugegeben werden, dass wir so zahlreiche Beweise für die ätiologische Bedeutung dieses Bacillus bei der Entstehung der Dysenterie nicht besitzen, wie z. B. für den Milz- brand-, den Tuberkel-, den Pestbacillus, den Choleravibrio und anderer bei den entsprechenden Krankheiten. Es ist sicherlich nur wünschens- wert, dass eingehende Nachprüfungen und möglichst zahlreiche Unter- suchungen die bisherigen Ergebnisse der wissenschaftlichen Aetiologie- forschungen kontrollieren und, wie zu erwarten steht, befestigen. Kruse 35 glaubt, für die ätiologische Bedeutung der von ihm gefundenen Bazillen ein beweisendes Argument erbringen zu köunen. Er berichtet näm- lich, dass in seinem Laboratorium sich sein Assistent sowie das Kind des Laboratoriumsdieuers mit Ruhr infizierten und aus ihren Dejektionen sein Bacillus reingezüchtet werden konnte. Aus dem Umstände, dass in den letzten 2 Monaten vor der Erkrankung der beiden Personen in dem Laboratorium nicht mehr mit Ruhrstühleu, sondern nur noch mit Reinkulturen des Ruhr- bacillus gearbeitet worden war, zieht Ivruse den Scbluss, dass die Infektion durch letztere herbeigeführt worden sei. Wie wir jedoch weiter unten sehen werden, ist der Zeitraum von 2 Monaten doch immerhin zu kurz, als dass die Möglichkeit auszuschließen wäre, dass die Infektion der beiden erkrankten Personen nicht doch auf die in dem Laboratorium verarbeiteten Dysenteriestühle zurückgeführt werden könnte. Als ein weiterer BcAveisgrund für die ätiologische Bedeutung des Shiga-Kruse- schen Bacillus könnte die von den verschiedensten Seiten (Shiga^^- ^^^ Kruse 34— 36^ FlexnerI^' 16, Stroxg & MusGROVE^^^ Vedder & DuvAL^f'' ^\ Foulerton 17, Curry 9, v. Drigalsky-^*, Pfuhl s*, Schmiedicke s*, Müller 4-^, Bowman2J angeführte wichtige Thatsache gelten, dass die gefundenen Bazillen von dem Serum der Dysenteriekranken und -rekonvaleszenten noch in starker Verdünnung agglutiniert werden. Nicht unerwähnt darf hier eine Beobachtung von Markwald ^o bleiben, die für die Entscheidung der Frage mit herangezogen werden kann. Mark- 316 0. Lentz, WALD fand nämlich bei einem Neugeborenen, dass von einer an Dysenterie leidenden Mutter geboren war und wenige Stunden nach der Geburt starb, ehe es etwas genossen hatte, neben typischen dysenterischen Darmveränderungeu sowohl im Herzblut wie im Meconium und den Auflagerungen auf der diph- therischen Schleimhaut Bazillen, die er bei der weiteren Untersuchung mit denen Kruses identifizieren konnte. Die Prüfung: einer ganzen Anzahl von bei Dysenteriekrankeu ge- wonnenen Kulturen, die neuerdings mittels der spezifischen Agglutinations- wirkung künstlich hergestellten Ruhrserums im KocHschen Institute^' stattgefunden hat, hat ergeben, dass bei Dysenteriekranken in den verschiedensten Ländern eine bestimmte, bisher weder bei Gesunden noch Kranken gefundene Bakterienart vorkommt, eben der SHiC4A-KRU8ESche Bacillus. Diese Thatsache spricht sehr dafür, dass der Bacillus auch die Ursache der epidemischen Dysenterie ist. Und wenn man mit einem abschließenden Urteil über die ätiologische Bedeutung dieses Bacillus heute auch noch zurückhalten mag, so ist eine eingehende Besprechung der Euhrbazilleu an dieser Stelle doch um so mehr gerechtfertigt, als anerkannte Forscher dieselben bereits mit Bestimmtheit als Erreger der Ruhr bezeichnet haben. V. Der Dysenterie-Bacillus. 1. Morphologie und allgemeines Verhalten. Der Shiga-KeusescIic Bacillus dysenteriae ist ein Kurzstäbcheu. Er ist etwa so lang wie der Typhusbacillus, aber dicker und plumper als dieser. In Kulturen ist er nicht selten polymorph; neben großen, wohl- ausgebildeteu Stäbchen sieht man häutig kürzere Formen. An den Enden ist er abgerundet, bisweilen etwas verjüngt (s. Tafel XII, Nr. 281). Der Bacillus neigt zur Bildung von Involutionsformen; besonders beim Wachs- tum auf Neutralrotagar ist diese Eigenschaft sehr ausgeprägte^. Faden- bildung ist selten, dagegen haben die Bazillen die Neigung, sich zu- sammenzuklumpen; dabei legen sie sich mit den Längsseiten aneinander. In Flüssigkeiten lassen sie sich leicht aufschwemmen und geben dann eine gleichmäßige Trübung. Auch bei längerem Stehen klärt sich diese Aufschwemmung, wenn sie in einer Nährflüssigkeit hergestellt ist, nicht, solange die Bazillen am Leben bleiben, nur ein schwacher Bodensatz bildet sich; ist die Aufschwemmung dagegen in einem indifferenten Me- dium, z. B. Kochsalzlösung erfolgt, oder sind die Bazillen abgetötet, so sinken sie alsbald zu Boden und bilden hier einen klumpigen Satz, der sich aber bei leichtem Schütteln des Grefäßes wieder gleichmäßig verteilt. Sporenbildung ist nicht beobachtet worden. Die Kulturen des SniGA-KRUSEsehen Bacillus zeichnen sich durch einen eigentümlich spermaartigen Geruch aus. 2. Beweglichkeit, Geißeln, Die Dysenteriebazillen sind unbeweglich und tragen keine Geißeln. Sie zeigen jedoch eine außerordentlich lebhafte Molekularbewegung, welche selbst geübte Beobachter verführen kann, sie im ersten Moment für beweglich zu halten, doch erkennt man bei genauerer Beobachtung- deutlich, dass eine typische Ortsbewegung nicht statthat; nur scheinbar Dysenterie. 317 kommt es bisweilen zu geringen Ortsveränderungen, wenn zwei lebhaft oscillierende Individuen aneinanderstoßen und nun wie Gummibälle nach verschiedenen Richtungen auseinanderfahren. Es macht den Eindruck, dass sich Shiga^i^^s*) und Flexneri-^' i** durch diese Eigentümlichkeit der Bazillen haben täuschen und zu der Angabe verleiten lassen, dass die von ihnen gefundenen Bazillen beweglich seien, eine Angabe, auf die Kruse 35, 36 ^{q Artverschiedenheit der von ihm gefundenen Stäbchen einerseits und der Shiga- und FLExxERschen Bazillen andererseits hauptsächlich gründete. Es spricht dafür auch der Umstand, dass SiiiGA sowohl wie Flexxer angeben, dass ihnen der Nachweis von Geißeln nur sehr selten und dann stets nur an wenigen Exemplaren im Präparat gelungen sei. Vedder & Duval i**- 5"^' ^^ wollen dagegen deut- liche perithriche Geißeln von bedeutender Länge und spiraliger Form an den Dysenteriebazillen und zwar sowohl an den FLExxERSchen als auch an denen von Kruse, Siiiga und Stroxg nachgewiesen haben; sie haben jedoch bei der Geißelfärbung nach der vax ERMEXGEMSchen Methode gearbeitet, bei welcher sich bekanntlich Niederschläge, welche Geißeln vortäuschen können, gar nicht vermeiden lassen. Bei der Färbung nach der außerordentlich feinen Methode von Zettnow^ und der Verwendung von keimfrei gemachtem Wasser bei der Herstellung des Deckglas- präparates sind Geißeln an den Bazillen nicht nachweisbar. 3, Färbbarkeit. Die Dysenteriebazillen färben sich mit allen Anilinfarben, doch ist die Färbung bei der Herstellung des Präparat!^ aus Kulturen nie gleich- mäßig; neben gut gefärbten Individuen sieht man stets viele, welche den Farbstoff schwächer aufgenommen haben. Häufig sieht man bei der Färbung mit Methylenblau oder dem verdünnten Karbolfuchsin Pol- färbung, besonders gut an Bazillen, die im Tierkörper (Peritoneum des Meerschweinchens) oder auf Kartoffeln (Kruse ^^j gewachsen sind. Bei der Färbung nach der GRAMschen Methode werden die Bazillen entfärbt und färben sich in der Kontrastfarbe. Nakaxishi^^ fand bei der Färbung nach seiner Methode in den Ruhr- bazillen meist mehr oder weniger unregelmäßig gestaltete, sowie unregelmäßig lokalisierte Kerne. Dagegen zeigten der TyphusbaciUus und das Bact. coli ganz regelmäßig einen runden, ovalen oder Sanduhr förmigen Kern in der Mitte der Zelle, bisweilen zwei Kerne. 4. Kulturelles Verhalten. Der SHiGA-KRUSESche Bacillus wächst auf allen gebräuchlichen Nähr- medien gut. Am besten gedeiht er bei leicht alkalischer Reaktion des Nährbodens. Das Temperaturoptimum liegt bei 37 '\ doch wächst er auch bei Zimmertemperatur gut; bei einer Temperatur unter + 6" C. wächst er nicht. Er wächst aerob wie auch anaerob. Den einzelnen Nähr- medien gegenüber verhält er sich folgendermaßen: Auf der Kartoffel bildet der Dysenteriebacillus wie der Typhus- baciUus einen dünnen Ueberzug, der bei leicht saurer Reaktion der Kar- toffel weiß und kaum sichtbar bleibt, bei alkalischer Reaktion dagegen deutlicher sich abhebt und bräunlich färbt. *] Shiga hat dies direkt zuffegeben ■-'ö. 318 0. Lentz, Die Gelatine verflüssigt er nicht. In der Tiefe der Gelatine- platten bildet er nach 24 Stunden kleine helle, leicht gelbbraun ge- färbte Kolonieen von runder oder ovaler Form mit scharfer Kontur; dieselben erscheinen leicht gekörnt, im übrigen wenig charakteristisch. Später nehmen sie einen dunkleren Farbenton an. Die oberflächlichen Kolonieen bieten anfangs das gleiche Aussehen wie die tiefen, doch zeigen sie schon nach 48 Stunden das Bestreben, sich auf der Gelatine auszubreiten. Diese Kolonieen sind zart imd durchsichtig, sie besitzen unregelmäßig gezackte Ränder; bei schwacher Vergrößerung lassen sie die bekannte weiublattartige Struktur erkennen, wie sie die Typhus- kulturen zeigen. Auch bei ihnen ist meist deutlich ein gewöhnlich ex- zentrisch gelegener Nabel sichtbar, dem die Blattrippen vielfach zustreben. Wenn Siiiga augiebt, dass diese typische Wachstumform nur in Gelatineplatten zu linden sei, deren Gehalt an Gelatine 10^ nicht über- steige, so kann Verfasser dem auf Grund eigener Untersuchungen nicht zustimmen, denn auch in 15 ja selbst 20proz. Gelatine hat Verfasser die beschriebene Kolonieenbildung nach 48stüudigem Wachstum der Kulturen regelmäßig beobachtet. Möglicherweise liegt der Grund für das abweichende Resultat Shigas in der Reaktion der von ihm ver- wandten Gelatine oder darin, dass Shiga die Platten schon nach 24 stündigem Wachstum untersuchte, zu einer Zeit, in der die Ent- wicklung der blattförmigen Kolonieen allerdings noch mangelhaft ist. In der Gelatinestichkultur wächst der SiiiGA-KiiusEsche Bacillus gleichmäßig längs des ganzen Stiches, auf der Oberfläche bildet er eine zarte weiublattartige Ausbreitung. Auf der Agar platte wächst er schwächer als das Bact. coli. Er bildet nach 24 Stunden ca. 1 — V/2 mm im Durchmesser betragende, runde, flache Kolonieen, die im auffallenden Lichte weißlich und feucht, im durchfallenden Lichte bläulich-grau und durchscheinend sind. Im Agar- stich wächst er gleichmäßig längs des Stiches, sich auf der Oberfläche ausbreitend. Die Strichkultur auf Schrägagar ist flach, nur wenig über den Strich ausgebreitet und durchscheinend; sie glänzt feucht und irisiert nicht, eine Erscheinung, die manche ruhrälmliche Stäbchen sehr deutlich zeigen. Die Bouillon wird durch den Bacillus gleichmäßig getrübt, ein geringer Bodensatz bildet sich ; nach 48 Stunden wird die oberste Schicht der Bouillon klarer, doch tritt auch bei längerem Stehen der Kultur keine vollständige Klärung ein. Häutchenbildung auf der Oberfläche der Bouillon findet nicht statt. Indolbildung findet Aveder in Bouillon noch in Peptonwasser statt. In sterilisierter Kuhmilch bildet der Dysenteriebacillus leichte Säure, er koaguliert die IMilch auch bei längerem Stehen nicht. Ebenso findet in der PETRUSCHKVschen Lackmusmolke bei dem Wachstum des Bacillus leichte Säurebildung, etwa in demselben Grade wie beim Typhusbacillus , statt; wie der letztere lässt auch der Ruhr- bacillus dabei die Lackmusmolke fast klar. In Traubenzuckeragar wie Traubenzuckerbouillon bildet der Ruhrbacillus kein Gas. Den RoTHBERGERSchen Neutralrotagar (s. vorher in Abschnitt Typhus) lässt der Bacillus unverändert. Auf Lackmus-Milchzuckeragar nach v. Drigalsky^s (Näheres über diesen Nährboden wie über die beiden folgenden s. in Abschnitt 8 Dj-senterie. 319 und 9) bildet der Bacillus nach 16 Stunden g'leiclimäßig- runde, tautropfen- älinliche Kolouieen von ca. 1 mm Durchmesser, die im durchfallenden Lichte eine leichte milchige Trübung zeigen; der Agar wird durch die Bazillen nicht gesäuert, er scheint vielmehr unverändert blau. In Stichkulturen des Lackmus-Maltose-Agar und Lackmus- Mann it- Agar verändern die Ruhrbazillen den Nährboden nur insofern, als sie in den tiefen Schichten den Lackmusfarbstoft" reduzieren und so den Nährboden aufhellen, in den oberen Schichten bleibt der Lackmus- farbstoÖ' unverändert. Auch hier findet keine Gasbildung statt (Lentz^'i. 5. Eesistenz. Wohl jedem, der mit Ruhrbazillen gearbeitet hat, ist es aufgefallen, dass die Lebensdauer derselben in den Kulturen eine verhältnismäßig kurze ist. Schon aus 4 Wochen alten Kulturen lassen sich die Ba- zillen nur mit Mühe weiterzüchten; in älteren sind dieselben meist ab- gestorben. Wie in den Kulturen zeigen die Dysenterie-Bazillen auch äußeren Einflüssen, wie sie unter natürlichen Verhältnissen auf sie einwirken, und den gebräuchlichen Desinfektionsmitteln gegenüber nur eine ver- hältnismäßig geringe Widerstandsfähigkeit. Besonders schnell fallen sie der Ueberwucherung durch andere Bak- terien zum Opfer. So gelingt es gewöhnlich schon nach 2 Tagen nicht mehr, dieselben aus den Faeces zu züchten, falls dieselben nicht unter besonderen Vorsichtsmaßregeln , z. B. auf Eis , aufbewahrt werden (Keuse36); auch in gewöhnlicher Milch, in welcher sie mit dem Heere der Milchsäurebakterien in Konkurrenz treten, sind sie oft schon nach 8 Tagen abgetötet: in etwa derselben Zeit gehen sie auch in Butter und Käse sowie im Wasser zu Grunde (E. Pfuhl ^'). Sehr W'Cnig widerstandsfähig sind sie auch gegenüber der Austrock- nung. So halten sie sich in trocknem Saude nur etwa 12 Tage, an Leinwand angetrocknet 17 Tage lebensfähig^". Direktes Sonnenlicht tötet sie in 30 Minuten (Shiga'^-^j. Höhere Temperaturen bewirken ein schnelles Absterben, die Siedehitze in wenigen Minuten, eine Temperatur von 58*^ innerhalb einer Stunde. Mäßigem Frost widerstehen sie nach den Untersuchungen von G. Schmidt ^^ etwa 2 Monate laug. Dagegen bleiben sie unter Bedingungen, unter denen sie vor direkter Belichtung, vor Austrocknung und vor einer Uel)erw ucherung durch andere Bakterien geschützt sind, wie in feuchter Gartenerde, Selterswasser ^" oder an mäßig feuchter Leinwand nur oberflächlich angetrocknet ^6, mehrere Monate lebensfähig. In 0,5 proz. Karbollösung gehen sie in 6 Stunden, in 1 proz. Karbol- lösung in 30 Minuten zu Grunde; durch 5 proz. Karbol- und eine schwache (1 : 20000) Sublimatlösung werden sie augenblicklich abgetötet. Alkohol tötet sie schon in schwachen Konzentrationen (5 — 10 X) in wenigen Minuten ab. Gegenüber dieser geringen Resistenz gegen äußere Einflüsse scheinen sich die Ruhrbazillen innerhalb des menschlichen Körpers bisw^eilen außer- ordentlich lange lebensfähig zu erhalten; denn es sind Fälle beobachtet worden, in denen zwischen der primären Ruhrattacke und ausge- sprochenen Rezidiven Zeiträume von vielen Monaten lagen ^'•. 320 0. Lentz, 6. Vorkommen der Bazillen im Körper des erkrankten Menschen. Der SniGA-KRUSESclie liacillus findet sieh nur bei ruhrkranken Men- schen ; er ist bislier weder bei Gesunden noch bei an anderen Krankheiten Leidenden gefunden worden (SrirGA^i-^ä^ Kruse ^i— 3«, Flexneri^^ le^ Strong^^, V. Drigalsky^^, E. Pfuhles). Bei den Ruhrkranken kommt er vor im Darminhalt, in den die Geschwüre bedeckenden Schorfen und in den obersten Schichten der geschwUrig veränderten Darmwand, sowie in den geschwollenen Mesenterialdrüsen. Die blutig-sclileimigen Entleerungen der Kranken enthalten die Ba- zillen fast in Keinkultur, nur wenige Colibazilleu sind in ihnen neben den Ruhrbazillen enthalten (Kruse^^, v. Drigalsky^^j, Häufig liegen die Stäbchen in Eiterzellen eingeschlossen (Kruse 3^, Döpteris]. Der Nachweis der Stäbchen gelingt in der Regel, sobald der Stuhl die für Ruhr charakteristische schleimige oder schleimig-eitrige Beschaffenheit zeigt; mitunter führt aber erst die wiederholte Untersuchung der Faeces zum Ziele (Shiga'^^jj ^q^ Nachweis der Bazillen wird jedoch schwierig oder gelingt überhaupt nicht mehr, wenn die Dejektionen wieder fäku- lent werden; es tritt dann in den Faeces wahrscheinlich sofort eine ITeberwucherung der Ruhrbazilleu durch die Colibakterien ein. Während sich die Bazillen in den geschwollenen Mesenterialdrüsen regelmäßig nachweisen lassen, finden sie sich in der Milz nicht; die- selbe zeigt auch, wie oben bereits erwähnt wurde, in der Regel keine pathologischen Veränderungen. Auch in den übrigen Organen sowie im Blute, Urin und der Milch der Kranken ist der Ruhrbacillus bisher nicht gefunden worden. Shiga^' bemühte sich auch vergeblich, die Bazillen aus dem Eiter bei abszedierender Parotitis zu züchten. Die Dysenterie gehört somit nicht, wie z. B. der Typhus, zu den septikämischen Krankheiten, sie charakterisiert sich vielmehr als eine lokale Erkrankung der Darmschleimhaut und der zugehörigen Lymph- drüsen. Nur die von den Bakterien produzierten Toxine gelangen mit dem Lymphstrom in die Blutbahn und erzeugen das charakteristische Krankheitsbild, das ähnlich wie bei der Cholera den Eindruck einer schweren Vergiftung, einer akuten Toxinämie macht. 7, Agglutinierende Eigenschaften des Blutserums der Dysenterie- Kranken. Wie gesagt, enthält das Blut der Kranken die Bazillen nicht. Da- gegen zeigt dasselbe, jedoch nicht vor dem 7. Tage von Beginn der Erkrankung ab gerechnet, die Fähigkeit, die Ruhrbazillen noch in stärkerer Verdünnung zu agglutinieren. Diese Erscheinung ist nicht kon- stant. Sie ist vorhanden in allen Fällen, welche zur Heilung neigen, sowie in der Rekonvaleszenz; sie ist dagegen schwach oder fehlt ganz in schweren und infausten Fällen (Shiga ^'^). Auch bei leiclit Erkrankten ist die Bildung der Agglutinine gering, die agglutinierende Wirkung des Serums solcher Patienten daher nur schwach. Die Agglutination hat demnach nur eine Bedeutung, wenn sie positiv ist; fällt sie dagegen negativ aus, so entscheidet dies nicht gegen die Diagnose »Ruhr«. Da außerdem die Agglutinationswirkung des Blutserums erst ver- hältnismäßig spät auftritt, kommt sie für die Diagnose frischer Fälle Dysenterie. 321 kaum in Betracht und wird jedenfalls durch die klinische Diagnose überholt; doch kann sie unter Umständen in zweifelhaften, bereits in der Kekonvaleszeuz befindlichen Fällen gute Dienste leisten. 8. Bakteriologischer Nachweis der Bazillen. Für den bakteriologischen Nachweis der Ruhrbazillen beim erkrankten Menschen kommen in erster Linie die Faeces in Frage. Durch Anlegung eines gefärbten Deckglaspräparates aus einer schleimigen oder schleimig- eitrigen Flocke kann man sich über die etwa vorhandene Darmflora orientieren; hierbei sieht man oft, wie Kruse ^* hervorhebt, nur eine einzige Art von plumpen Stäbchen, anscheinend in Reinkultur, einen Teil der Stäbchen in Eiterkörperchen eingeschlossen. Um die Bazillen zu isolieren, fischt mau eine der Schleimflocken heraus und verwendet sie ohne weitere Präparation, allenfalls nach kurzem Abspülen in sterili- siertem Wasser zur Anlegung von Kulturen. Hierfür kommen 3 Methoden in Frage: 1. Das Gießen von Gelatineplatten. Eine Flocke wird in einem Gelatineröhrchen verteilt, in der üblichen Weise Verdünnungen her- gestellt und Platten gegossen, die mau 48 Stunden bei Zimmertemperatur (22° C.) wachsen lässt. Alsdann sieht man auf den Platten neben den tiefen eine Reihe oberflächlicher Kolonieen, die durcli ihre charakteri- stische Weinblattform die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Die dicker gewachsenen und gelbbraun gefärbten Kolonieen kommen für die weitere Untersuchung nicht in Betracht, dies sind meistens Ko- lonieen von Bacterium coli. Nur die zarten durchsichtigen, typhus- ähnlichen Kolonieen werden zur weiteren Untersuchung herangezogen (s. unten). 2. Der Oberflächeuausstrich auf Agarplatten mittels eines Platinpinsels, der Platinöse oder eines reclitwinklig gel)ogenen Glasstabes. Dieses Verfahren gestattet, da die Kulturen Brüttemperatur vertragen, dass die Platten schon nach 24 Stunden untersucht werden können. Doch ist hier der Unterschied zwischen den Kolonieen des Ruhrbacillus und denen des Bact. coli nicht so ausgeprägt, wie auf den Gelatineplatteu. Im allgemeinen sind ja die ersteren kleiner und mehr durchscheinend als die letzteren; jedoch wachsen auch manche atypische Colistämme, besonders wenn die Kolonieen etwas dicht stehen, so zart, dass die Auswahl schwierig wird. 3. Der Oberflächenausstrich auf dem v. DßiGALSKYSchen Lackmus- Milchzuckeragar. Dieser Agar wird folgendermaßen hergestellt: Zu 2 1 flüssigen gewöhnlichen FleischAvasserpeptonagars wird eine Lösung von 26g Milchzuckers in 260 ccm Lackmuslösung (nach Kahlbaum) gefügt; es wird erst die Lackmuslösung für sich 10 Minuten lang im Dampftopf gekocht, sodann der Milchzucker hinzugefügt und nun das Gemisch noch 10 — 15 Mi- nuten im Dampftopf gelassen. Vor dem Mischen des Agars und der Lackmus- Milchzuckerlösung lässt man die letztere unter mehrmaligem Lüften des Watte- pfropfs zweckmäßig auf etwa 40 — 50° C. abkühlen, damit ein etwa ein- getretener Umschlag der blauen Lackmnsfarbe in braunrot^'' sich wieder zurückbilden kann. Auch den Agar verwendet man zweckmäßig nicht kochend- heiß, sondern lässt ihn vor dem Mischen etwa auf 70" abkühlen, da in zu heißer Lösung wieder der Umschlag des Lackmusfarbstoflfes eintritt. Nach der Mischung des Agars mit der Lackmus -Milchzuckerlösung erscheint der Handbuch der patliogenen Mikroorganismen. II. 21 322 0. Lentz, Nährboden leicht sauer. Unter ständigem Schütteln des denselben enthaltenden Gefäßes wird mm vorsichtig soviel heiße Normalsodalösung zugesetzt, bis dei beim Schütteln sich bildende Schaum, der anfangs rot ist, sich deutlich blau färbt. Der Agar selbst erscheint dann noch rotviolett, nimmt beim Abkühlen jedoch eineu mehr blauvioletten Farbenton an; seine Alkaleszenz entspricht dann einem Zusätze von ca. 0,4 ^ Normalsodalösung zu dem neutral gemachten Nährboden*). Der Nährboden wird in kleineren Kolben (von ca. 100 bis 200 ccm Inhalt) aufgehoben, um unnötiges Erwärmen größerer Mengen zu vermeiden. Zum Gebrauche wird er in ca. 2 mm hoher Schicht in Petri- schalen von 10 oder 15 cm Durchmesser gegossen. Die Schalen lässt man an der Luft etwas trocknen; man kann sie zu dem Zwecke, nachdem sie erstarrt sind, umgekehrt mit einem Rande auf den ebenfalls umgekehrt auf dem Tische liegenden Deckel setzen, um sie vor Luftinfektionen zu bewahren. Die Platten werden ebenfalls mittelst Oberflächenausstriches mit dem zii untersuchenden Materiale beschickt und zwar verreibt man mit dem Glasspatel zunächst einen Tropfen einer Aufschwemmung- von einer Schleimflocke aus den Faeces in einigen Tropfen Bouillon auf einer Platte, und bestreicht sodann mit dem Spatel (ohne ihn abzubrennen!) weitere 2 — 3 Platten; die Platten lässt man in der oben geschilderten Weise noch etwa Y2 Stunde lang trocknen und verbringt sie dann ge- schlossen, aber mit der Agarschicht nach oben gewendet, in den Ikütofen. Schon nach 16 Stunden können die Platten untersucht werden. Die Colibakterien und eine Reihe anderer Darmsaprophyten haben dann durch Zersetzung des ^Milchzuckers Säure gebildet, die sich durch Eot- färbuug des Agars in der Umgebung der betreflenden Kolonieen zu erkennen giebt. Diese kommen für die weitere Untersuchung nicht in Betracht. Neben diesen roten Kolonieen sieht man eine ganze Anzahl solcher, welche den Agar unverändert blau gelassen halben. Unter diesen zeichnen sich einige aus, welche einen doppelt konturierten Kand haben, andere zeigen eine matte trockne Oberfläche; es sind Kolonieen von Subtilis-, Proteus- und Megaterium arten ; auch sie können unberücksichtigt bleiben. In großer Zahl pflegen außer den bisher erwähnten Kolonieen solche von etwa 1 mm Durchmesser, wie Tautröpfchen sich ausnehmend, vorhanden zu sein ; dieselben sind kreisrund, scharf konturiert, fast klar durchsichtig und zeigen nur eine geringe milchige Trübung. Nur sie werden zur weiteren Untersuchung herangezogen. Zum bakteriologischen Nachweise der Ruhrbazillen aus den Belägen und Schorfen der Darmgeschwüre, der Darmwand oder den Mesenterial- drüsen werden Teile derselben in geringen Mengen von Bouillon oder physiologischer Kochsalzlösung verrieben und nun ein Tropfen dieser Verreibung zur Anlegung der Kulturen in der beschriebenen Weise verwandt. Es kommen also für die weitere Prüfung in Betracht: die zarten typhusähnlichen Oberflächenkolonieen von den Gelatineplatten, die kleinen durchscheinenden Kolonieen von den gewöhnlichen Agarplatten, sowie die kleinen, blauen, tautropfenähnlichen Kolonieen von den Lackmus- Milchzuckeragarplatten. Diese Kolonieen bieten sämtlich genügendes Material, um zunächst, bevor man sie auf Agarröhrchen überträgt, zwei orientierende Untersuchungen vornehmen zu können. Die erste besteht *) Diese Methode der Herstellung des Nährbodens weicht in einigen Punkten von der ursprünglichen Vorschrift ab, sie erreicht jedoch dasselbe Resultat und hat sich dem Verfasser als praktisch erwiesen. Dysenterie. 323 in der Aulegurig eines liäiigeuden Tropfens mit einer geringen Menge der Kolonie in Bouillon. Zeigen die Bakterien hier keine Beweglichkeit, so schreitet man zur Vornahme einer orientierenden Agglutinationsprobe mit einer weiteren kleinen ]Menge derselben Kolonie im hängenden Tropfen einer starken Verdünnung eines künstlichen hochwertigen Kuhrserums. Erst wenn diese vorläufigen, orientierenden Proben im Sinne der Euhrdiaguose positiv ausgefallen sind, wird der Eest der Kolonie auf ein Schrägagarrölirchen übertragen, um so Material für die genauere Untersuchung zu erhalten. Nicht unerwähnt darf bleiben, dass bei der Probe im hängenden Tropfen eine ganze Eeihe von Bakterien, die sich bei der weiteren Untersuchung als beweglich herausstellen, zunächst unbeweglich erschei- nen, besonders wenn sie auf den trockenen Agarplatten gewachsen sind. Unter diesen wie auch unter thatsächlich unbewegiiclien Bakterien giebt es ferner eine ganze Anzahl, welche durch das spezifische Serum im hängenden Tropfen aggiutiniert werden oder doch sich in demselben derart zusammenklumpen, dass sie eine Agglutination vortäuschen. Es werden also bei diesem Verfahren noch unter Umständen eine Anzahl von Kolonieen für Ruhrbazilleu gehalten werden, die in der weiteren Untersuchung als etwas anderes erkannt werden. Die Verwendung von Rekonvaleszentenserum, gewonnen von Patienten, welche die Ruhr überstanden haben, zur Anstellung der Agglutinations- probe ist nicht zu empfehlen, da dieses viele der ruhrähnlichen Bazillen ebenso stark aggiutiniert, wie die echten Ruhrbazilleu (Martini & Lextz-^'), also zu groben Täuschungen Anlass geben kann. 9. Differentialdiagnostische Hilfsmittel zur Trennung der Kuhrbazillen von anderen Darmbakterien (Typhusbazillen, Bacterium coli-G-ruppe, ruhrähnlichen Bazillen). Die von den verdächtigen Kolonieen auf Schrägagar angelegten Kulturen dienen zur weiteren dififerentialdiagnostischen Untersuchung und Identifizierung der verdächtigen Bakterien als Ruhrbazillen. Hierzu empfiehlt es sich, dieselben in Bouillon, PErnusciiKYSche Lackmusmolke, Traubenzuckeragar und Mannitlackmusagar zu tibertragen. In der Bouillon erhalten manche Bakterien, die auf den trocknen Agarplatten ihre Beweglichkeit eingebüßt hatten, dieselbe wieder und lassen sich so ohne weiteres von den Ruhrbazillen unterscheiden : so der Typhusbacillus, die beweglichen Coliarten, der Bac. faecalis alcaligenes; ferner wird etwa vorhandene Indoll)ildung (Bact. coli) die Diagnose in negativem Sinne entscheiden. Von den ruhrähnlichen Bakterien zeigt in der Bouillon nur der von Strong auf den Philippinen isolierte Ba- cillus, der sich kulturell sonst nur noch im Mannit-Lackmus-Agar (s. unten) von dem SiiiGAschen Bacillus unterscheidet, einen deutlichen Unterschied gegenüber dem Ruhrbacillus dadurch, dass er die Bouillon klar lässt und am Boden des Röhrchens einen dicken klumpigen Satz bildet. In der PETRUsciiKYSchen Lackmusmolke bilden die Ruhrbazillen innerhalb 24 Stunden einen mäßigen Grad von Säure, etwa in derselben Stärke wie der Typhusbacillus; erst nach 5 — 6 Tagen beginnt allmählich Bildung von i\.lkali und damit ein Umschlag der roten Farbe des Nähr- bodens in Blau. Wie die Tjphusbazilleu bewirken auch die Ruhrbazillen in der Molke nur eine ganz geringe Trübung. Dagegen bilden die Coliarten in der gleichen Zeit unter deutlicher Trübung der Molke starke 21* 324 0. Lentz, Säure, während die Alkalibildner die Molke schnell blau färben. (Bac. faecalis alcaligenes, einige ruhrähnliche Stäbchen. Unter den letzteren giebt es einige, welche zwar anfänglich, in den ersten 24 Stunden, leichte Säure bilden, jedoch bei gleichzeitiger Trübung der Molke, dann aber stark Alkali erzeugen, und dadurch einen Umschlag der Farbe hervorrufen.) Der Traubenzucker wird von den Ruhrbazillen nicht vergoren, wäh- rend die meisten Saprophyten unter den Darmbewohnern diese Eigen- schaft haben; diese lassen sich durch die starke Gasbildung, die sie im Traubenzuckeragar hervorrufen, unschwer von dem Dysenterie- Bacillus trennen (Bact. coli, einige ruhrälmliche Bazillen). Es erwies sich dem Verfasser als notweuclig, den Gehalt des Agars an Traubenzucker nicht unter 0,5^ zu wählen, da bei einem Zusatz von nur 0,3^ Traubenzucker zum Agar bei einigen ruhrähnlichen Bazillen die Gas- bildung nicht zu erkennen war, während sie bei einem solchen von 0,5 % deutlich hervortrat. In Stichkulturen des Lackmus-Mannit-Agars reduziert der Ruhr- bacillus in den tiefen Schichten des Agars den Lackmusfarbstofif und hellt den Agar auf. In den obersten Schichten desselben ruft er da- gegen keine Veränderung hervor, hier behält der Agar seine ursprüng- liche Farbe. Diese Eigenschaft hat nach des Verfassers Untersuchungen =" nur der Kuhrbacillus, denn sowohl der Typhusbacillus als auch das Bact. coli wie die meisten ruhrähnlichen Bazillen bilden hier in 24 bis 48 Stunden Säure und färben den Agar daher rot; einige wenige ruhr- ähnliche Stämme bilden dagegen in dem Nährboden Alkali und färben ihn deutlich blau; ein Vergleich mit einem frischen ungeimpften Röhr- chen desselben Agars lässt diese Unterschiede klar zu Tage treten. Der Lackmus-Mannit-Agar ist analog dem Lackmus- Milchzucker- Agar zusammengesetzt (s. oben) ; an Stelle des Milchzuckers enthält er die gleiche Menge Mannit. Die Kultiu" in sterilisierter Milch hat für die Differentialdiagnose der Ruhrbazillen keine Bedeutung, da dieselben die Eigenschaft, die Milch nicht zu koagulieren, sowohl mit den Typhusbazilleu als auch mit allen bisher be- kannten ruhrähnlichen Stämmen gemein haben (Kruse 36, Martini & Lentz ^i). Dagegen scheinen bei der Differenzierung von Ruhr, Typhus und Bact. coli nach den Untersuchungen von Klopstock^'j einige der von Barsiekow (Wiener klin. Rundschau 1901 Xr. 41, s. auch Neufeld, Typhus, in diesem Bande) für die Unterscheidung des Typhusbacillus vom Bact. coli angegebenen Lackmus-Nutrose-Nährboden gute Dienste leisten zu können. Besonders brauchbar erwies sich hier Kloi'Stock ein Nährboden, welcher in 100 g dünner Lackmuslösung je 1 g Nutrose, Milch- und Traubenzucker und 0,5 g Kochsalz enthält. Derselbe wird im Gärungskölbchen mit den zu untersuchenden Bakterien geimpft. Nach 24 stündigem Aufenthalt im Brütofen zeigen dann die Ruhrkölbchen nur Säurebildung, die Typhuskölbchen Säurebildung und Gerinnung des Kaseins, die Colikölbchen Säurebilduug, Gerinnung und Gasbildung. Wenn es somit auch gelingt, auf kulturellem Wege mit ziemlicher Sicherheit die Differentialdiagnose der Ruhrbazillen auszuführen, so werden doch, was Sicherheit und vor allem Schnelligkeit der Diagnose betrifft, die geschilderten Methoden, wie Martini & Lentz gezeigt habendi, durch die spezifische Agglutinationsreaktion der zu prüfenden Dysenterie. 325 Bakterien mit einem hochwertigen, durch künstliche Immunisierung eines Tieres mittels echter Ruhrbazillen gewonnenen Serum weit übertrotien. Durch stärkere Verdünnungen eines solchen Serums (1 : 100 und höher) werden nur die echten Ruhrbazillen agglutinicrt, während alle anderen Bakterien unbeeiuflusst bleiben. Die Ruhrbazillen verhalten sich also in diesem Punkte genau so, wie die Typhusbazillen, Pestbazillen, Cholera- vibrionen und Staphylokokken (s. die betretfenden Kapitel im II. Bde. dieses Handbuches). Kruse 3^ fand bei seinen Untersuchungen öfter fadenförmige Agglutination der Piuhrbazillen , eine Beobachtung, die von anderer Seite bisher nicht be- stätigt wurde. Auch Verfasser hat dieselbe nicht beobachtet, auch nicht bei den FLEXXERSchen Phihppinenstämmen, bei denen sie Kruse besonders gut ausgeprägt gesehen haben will. Ueber die näheren Einzelheiten der Agglu- tinationsreaktion sowie der Herstellung des spezifischen Serums siehe die betreifenden Kapitel im III. Bande dieses Handbuches. Für die Vornahme der Agglutination der Piuhrbazillen sei bemerkt, dass dieselbe am besten im Reagenzröhrchen nach der KoLLEschen Methode (siehe KOLLE, Spezifizität des Infelvtionserregers im I. Bde. dieses Handbuches) gelingt. Sie wird beschleunigt, wenn das Reagenzröhrchen, nachdem die Bakterien- aufschwemmung hergestellt ist, in Schräglage ein wenig in der Längsrichtung des Röhrchens geschüttelt wird, so dass die Flüssigkeit in pendelnde Bewegung gerät (Martini & Lentz^i); offenbar wird dadurch die Annäherung der un- beweglichen Bazillen untereinander beschleunigt. P"m Irrtümer bei der Vor- nahme der Agglutination zu vermeiden, ist es notwendig, stets eine Kontrolle mit der 10 — 20 fachen Menge (auf den Titer des spezifischen Serums bezogen) von normalem Serum derselben Tierart, von der das spezifische Serum stammt, sowie mit der zur Verdünnung des Serums verwandten Flüssigkeit anzusetzen. Der große Wert, den ein künstliches hochwertiges Serum hat, ist bei den Untersuchungen von Martini & Lentz^i klar zu Tage getreten. Sie zeigen, dass die von FlexnerI^ und Strong^"* auf den PhiHppinen gefundeneu und von ihnen besonders auf Grund der Agglutination durch ein Rekonvales- zentenserum als Dysenteriebazillen angesprochenen Bakterien sowohl von den SniGA-KRUSESchen Bazillen wde auch untereinander artverschieden sind, w^ährend Flexner diese Stämme auf Grund der völligen Uebereinstimmung ihrer mor- phologischen und kulturellen Eigenschaften mit denen der SiiiGAschen Bazillen, besonders aber auch auf Grund der Agglutinationswirkung, die Rekonvales- zentenserum auf beide ausübte, für identisch erklärt hatte. Auch Shiga^'^ und Curry ö hatten sich in demselben Sinne ausgesprochen. Die Entscheidung der Frage, ob es sich bei den FLEXNERSchen uud STRoNGSchen Philippinenstämmen um besondere pathogene Mikroorganismen handelt, welche mit der Krankheit der Individuen, aus deren Stühlen sie isoliert worden sind, in einem ätiologischen Zusammenhang stehen, oder ob sie nur als Saprophyten und zufäUige Befunde anzusehen sind, muss weiteren For- schungen vorbehalten werden. Nicht ausgeschlossen ist es auch, dass Flexner und Strong neben den eben beschriebeneu Stämmen auch echte SiiiGA-KRUSESche Stäbchen gefunden haben; die Veröfieutüchungen von Flexner i6 und Foulerton i'^ machen dies sogar wahrscheinlich. Eine besondere Stellung nehmen unter den rühr ähnlichen Bazillen auch die von Kruse als Erreger der Pseudodysenterie der Irren be- schriebenen Stäbchen 36 ein. Kruse fand diese bei marastischen Irren, haupt- sächlich Paralytikern, welche im Endstadium ihres Leidens unter ruhrähnlichen 326 0. Le.ntz, Symptomen erkrankt waren. In den Dejektionen dieser Kranken fand er Stäbchen, welche er morphologisch und kulturell von den echten Ruhrbazillen nicht trennen konnte; von letzteren unterschieden sie sich lediglich dadurch, dass sie von dem Serum von Rekonvaleszenten, die au echter Ruhr gelitten hatten, nicht agglutiniert wurden, dagegen gaben sie mit dem Serum der au Pseudodysenterie Erkrankten noch in stärkeren Verdünnungen typische Agglu- tination, während echte Ruhrbazillen von diesem Serum unbeeinHusst blieben. Lentz^", welcher einen dieser Pseudod3^senteriestämme zu untersuchen Ge- legenheit hatte, fand in dem Lackmus-Maunit-Agar einen Nährboden, mittelst dessen auch auf kulturellem Wege eine Difierenzierung dieses Stammes von den echten Ruhrbazilleu möglich ist, da ersterer in Stichkulturen dieses Nährbodens Säure bildet und ihn rot färbt, während die letzteren ihn unver- ändert lassen. Ob diesen Pseudodysenteriebazilleu thatsächlich, wie Kruse anzunehmen geneigt ist, eine ätiologische Bedeutung beizumessen ist, oder ob sie nur zu- fällige Befunde sind, müssen erst weitere Untersuchungen lehren. 10. Tierversuche. Während es bei der Amöbeuenteritis verhältnismäßig- leicht gelingt, hei Katzen durch Einführung der aniöbenhaltigen Dejektionen Kranker oder des amöhenhaltigeu Eiters aus Leherabszcssen per os oder per rectum die typischen Erscheinungen der Krankheit zu erzeugen, versagt das Ticrexperiment bei der Bazillenruhr gänzlich. Bei einer jungen Katze und einem jungen Hunde gelaug es Shiga^^ zwar durch Einbringung einer ganzen Agar-Reinkultur seines Bacillus in den Magen schleimige diarrhöische Entleerungen hervorzurufen, aus denen er seinen Bacillus Avieder züchten konnte; die Tiere zeigten jedoch bei der Sektion nur Hyperämie und einige Hämorrhagien in den oberen Teilen des Dünndarms; die unteren Abschnitte desselben wie auch der Dickdarm waren frei von Veränderungen. Die übrigen Versuchstiere, Katzen, Hunde, Meerschweinchen, Kaninchen, Hühner und Tauben reagierten auf die Einverleibung von Reinkulturen des Bacillus oder von dysenterischen Dejektionen überhaupt nicht, oder doch nur mit geringer, schnell vorübergehender Mattigkeit und Al)magerung. Auch Conradi-^'' hatte l)ei Einverleibung von Reinkulturen des Ruhrbacillus oder dysen- terischer Dejektionen per os oder per rectum bei Hunden, Katzen und Kaninchen gänzlich negative Resultate; Kaninchen ertrugen sogar die Einführung lebender Ruhrbazilleu nach Laparotomie in eine Dünndarm- schlinge oder das Coecum. Ganz anders verhalten sich die Versuchstiere gegen die intravenöse, intraperitoneale oder sul)kutane Injektion lebender und abgetöteter Ruhr- bazillen. Die kleineren, zu Laboratoriumsversuchen gewöhnlich benutzten Tiere sind gegen diese Art der Applikation der Ruhrbazilleu außer- ordentlich empfindlich. Schon Y20 Oese (die Oese = 2 mg) lebender Reinkultur eniem Kaninchen intravenös injiziert ruft bei dem Tier Durchfälle und Lähmungen erst der hinteren, dann auch der vorderen Extremitäten hervor und tötet das Tier innerhalb weniger Tage^*. Shiga^'^ sah Kaninchen nach subkutaner Injektion von Y10 Oese lebender Kultur in 3 Tagen unter starker Abmagerung sterben. Meerschweinchen gehen nach der intraperitonealen oder subkutanen Injektion von 1/3 Oese lebender Kultur unter starker Temperaturerniedrigung und Auftreten von Durchfällen inuerhall) 24 Stunden zu Grunde. Ebenso werden Dysenterie. 327 Hunde und Katzen durch die sul)kutnne bezw. intraperitoneale Injektion schon geringer Mengen lebender Kultur getötet (Shiga^^, Conradi^s). Auch gegen die Injektion abgetüteter Kulturen der Bazillen sind die Versuchstiere sehr empfindlich. So sah Verfasser starke Kaninchen von 2^-2 — 3 kg Gewicht schon nach subkutanen oder intraperitonealeu In- jektionen von Y2 — Vs Oese, Meerschweinchen von ca. 300 g Gewicht nach solchen von 2/3 — ^ Oese abgetöteter Kultur in 1—3 Tagen zu Grunde gehen. Auch hier traten Durchfälle und starke Abmagerung bei den Tieren auf. Auch größere Tiere, Ziegen, Esel, reagieren auf die subkutane In- jektion schon geringer Mengen (1/4 — Y2 Agarkultur) abgetöteter Euhr- bazillen mit Temperaturabfall und nachfolgendem hohen Fieber, man- gelnder Fresslust und Abmagerung. Dass auch der Mensch auf die Injektion recht kleiner Mengen ab- getöteter Kultur außerordentlich stark reagiert, erfuhr Öhiga, als er sich mit 1)2 abgetöteter Hchrägagarkultur seines Bacillus aktiv immunisieren wollte ^^. Während er nach der Injektion einer gleichen Menge abge- töteter Cholerakultur nur vorübergehend leichtes Fieber und Unbehagen verspürt hatte, litt er nach der Injektion abgetöteter Ruhrbazillen tage- lang an hohem Fieber und heftigen Kopfschmerzen. Auch Kruse ^ß machte an sich selbst und einem Assistenten ähnliche Erfahrungen. Diese starke Reaktion, welche die Ruhrbazillcu im Tierkörper hervor- rufen, macht die Immunisierung von Tieren mittelst Ruhrbazillen behufs Gewinnung hochwertiger spezifisch wirkender Sera zu einer sehr schwierigen Aufgabe ; die Verwendung kleinerer Tiere zu diesem Zwecke (Meerschweinchen, Kaninchen) ist wegen der großen Empfindlichkeit dieser Tiere fast unmöglich, während man auch bei größeren Tieren gezwungen ist, nur äußerst vorsichtig und langsam mit der Steigerung der Dosen vorzugehen. Bei der Sektion bieten die Tiere, ganz gleich, ob sie nach der In- jektion lebender oder abgetöteter Ruhrbazillen zu Grunde gegangen sind, im allgemeinen folgendes Bild: Die serösen Häute sind stark hyperämisch, häufig mit Blutungen durchsetzt. In der Bauchhöhle, oft auch in der Brusthöhle findet sich ein seröses oder blutig-seröses Exsudat. Die Leber ist bisweilen, be- sonders nach intraperitonealer Injektion, mit fibrinösen Massen bedeckt; sie ist leicht vergrößert und l)lutreich. Die Milz ist nach der Injektion lebender Bazillen gewöhnlich beträchtlich, nach Injektion abgetöteter Kultur nur wenig vergrößert, stets weich und blutreich. Der Dünndarm ist mit flüssigem Inhalt schwappend gefüllt, der Dick- darm meist leer. Die Schleimhaut des Darms ist hyperämisch, nicht selten auch mit Blutextravasaten durchsetzt. Conradi^* sah nach In- jektion abgetöteter Ruhrbazillen Geschwiirsbildung in der Darmschleim- haut. Bei subkutaner Injektion findet man an der Injektionsstelle eine starke Infiltration, bisweilen, wenn der Tod des Tieres erst nach einigen Tagen eingetreten ist, einen Abszess: aus dem Eiter lassen nach In- jektion lebender Bazillen die letzteren sich in großen Mengen reinzüchten; nach Injektion abgetöteter Kulturen ist der Eiter steril. Aus dem Umstände, dass die gleichen pathologisch-anatomischen Veränderungen sowohl bei der Injektion lebender wie abgetöteter Ruhr- l)azillen auftreten, geht hervor, dass die beschriebenen Organverände- rungen auch bei den mit lebenden Kulturen behandelten Tieren ihre Entstehung: der den Ruhrbazillen eigentümlichen Toxinwirkung , nicht 328 0. Lentz, jedoch der vitalen Thätigkeit der lebenden Bazillen verdanken. Ob diese Toxine die Stoffwechselprodukte der Euhrbazillen darstellen oder ob wir in ihnen Bakterienleibergifte zu sehen haben, welche durch die Auflösung- zu Grunde gegangener Bazillen freiwerdeu, kann auf Grund der heute vorliegenden Uutersuchungsresultate noch nicht einwandsfrei entschieden werden. Die Ausscheidung der Toxine aus dem Körper erfolgt aller Wahrscheinlichkeit nach durch den Darm; darauf deuten die schweren pathologisch-anatomischen Veränderungen am Verdauungs- tractus hin, die in gleicher Stärke bei iutraperitonealer wie bei subkutaner und intravenöser Injektion lebender oder abgetöteter Ruhrbazillen oder flüssiger Kulturfiltrate auftreten. Mit einigen Worten muss noch des Schicksals der in dem Körper des Versuchstieres injizierten Kuhrbakterien gedacht werden. Shiga^- fand bei Tieren, welchen er mehr als die sechsfache tödliche Dosis sub- kutan eingespritzt hatte, sowohl an der Injektionsstelle, in allen Organen und dem Blute als auch im Inhalte des Darms die Bazillen wieder. Ging er jedoch unter diese Dosis herunter, so waren die inneren Organe nach dem Tode der Tiere steril. Die Bazillen waren also aufgelöst Avorden, die Tiere aber trotzdem der Toxinwirkung erlegen. Nach intra- peritonealer Injektion waren auch bei der Einverleibung geringerer Mengen sämmtliche Organe von den Bakterien überschwemmt. Verfasser konnte bei Kaninchen nach intravenöser Injektion einer Oese lebender Kultur die Ruhrbazilleu ebenfalls im Herzblute wie in allen Organen und dem serösen Exsudat der Bauchhöhle durch das Kulturverfahren nachweisen. Bei intraperitouealer Injektion konnte er sich überzeugen, dass etwa 3—4 Stunden nach der Injektion eine deutliche Verminderung der Bazillen eingetreten war; bei Meerschweinchen, welche die einfach tödliche Dosis erhalten hatten, war das Peritoneum nach 24 Stunden fast steril, durch das Kulturverfahren konnten nur einige wenige Ko- lonieen von Ruhrbazillen aus dem Peritonealexsudat gewonnen werden; hatten die Tiere jedoch mehr als die einfaclie tödliche Dosis erhalten, so trat nach der anfänglichen Verminderung der Bakterien eine enorme Vermehrung derselben ein, sie konnten alsdann nach dem Tode des Tieres auch aus dem Blute und allen Organen desselben in Reinkultur gewonnen werden. f 11. SerumbehandiuDg. Fällt das Tier der Injektion von Ruhrbazillen nicht zum Opfer, über- steht es vielmehr die auf die Injektion folgende Reaktion, so bilden sich, wie beim Menschen, welcher eine Ruhrattacke til)ersteht, in seinem Blute spezifisch wirkende Substanzen. Durch fortgesetzte Injektionen von Ruhrbazillen gelingt es, die Bildung dieser Stoffe, von denen die Agglu- tinine am frühesten auftreten, bis zu einem gewissen Grade zu steigern. Immerhin ist ihre Menge im Vergleich zu der der gleichen Substanzen bei mit Typhusbazillen oder Choleravibrionen behandelten Tieren nur gering. Kruse 36 konnte bei Hammeln ein Serum erzeugen, das noch in der Verdünnung 1:1000 Ruhrbazillen agglutinicrte , Martini & Lextz^' brachten das Serum einer Ziege bis auf den Titer 1 : 500. Inzwischen ist es dem Verfasser gelungen, das Serum dieser Ziege bis auf den Agglutinationstiter 1:2000 zu bringen. Dieses Serum hatte, wie auch das von Kruse, keine bakteriolytische Wirkung, der PFEiFFERsche Versuch fiel vollständig negativ aus. Auch die Prüfung dieser Sera bezüglich ihrer schützenden bezw. heilenden Eigenschaften führte noch Dysenterie. 329 nicht zu befriedigenden Eesultaten. Dagegen berielitet Shiga^^^ (Jass es ihm gelungen sei, ein Serum zu erzeugen, von welchem schon wenige Milligramm Meerschweinchen gegen die Injektion der fünffachen töd- lichen Dosis lebender Ruhrbazilleukultur schützten. Auch au ruhr- kranken Menschen will Shiga sein Serum mit gutem Erfolge angewandt und damit erreicht haben, dass die Mortalitätszifl'er der so Behandelten nur V3 der Zahl derer betrug, die einer rein medikamentösen Be- handlung unterzogen wurden. Diese Resultate sind bisher noch von keiner Seite bestätigt worden, doch steht zu hoffen, dass weitere Untersuchungen nach dieser Richtung auf diesem noch dunklen Gebiete Klarheit schaffen werden. In einer erfolgreichen Serumtherapie würde zugleich die sicherste Bestätigung der ätiologischen Bedeutung der Ruhrbazilleu zu sehen sein. VI. Epidemiologisches. Die Ruhr ist, wie wir gesehen haben, eine spezifische Krankheit des Menschen. Sie befällt gleichmäßig alle Rassen des Menschengeschlechts und alle Altersklassen (Hirsch 21, Kruse ■^'). Die Schwere der einzelnen Epidemieen ist, nach der Mortalitätszififer beurteilt, recht verschieden. In Nordamerika sind mörderische Epidemieen Ijeobachtet worden, während welcher fast 100 % der Erkrankten starben (Hirsch 21). In Japan betrug die Mortalität nach Shiga^^ etwa 22^ der Erkrankten, nach Kruse ^3 im rheinisch -westfälischen Industriebezirk 10^. Die Ruhr giebt also an Gefährlichkeit dem Typhus nichts nach, übertrifft ihn vielmehr hierin häutig und tritt sogar bisweilen mit den geftihrlichsten Infektionskrankheiten, die das Menschengeschlecht be- drohen, der Cholera und der Pest, in Konkurrenz. Eine immer wiederkehrende Beobachtung ist es, dass körperlich schwächliche und schlecht genährte Individuen, Kinder, Greise, Straf- gefangene, der Krankheit in größerer Zahl zum Opfer fallen als An- gehörige der mittleren Alterskhissen (Kruse 3:*, Shiga^s, Wolffberg^o). Wie alle Seuchen findet auch die Ruhr ihre hauptsächlichste Ver- breitung unter Menschen, welche in hygienisch ungünstigen Verhältnissen leben. So ist sie eine der häufigsten Begleiterscheinungen der Kriege, während sie in Städten in den ärmeren Vierteln ihre größte Ausbreitung findet (K AKTULIS 27]. Die wichtigste Infektionsquelle stellt der ruhrkranke IMensch dar. In seinen Darmentleerungen finden sich die Krankheitskeime in ungeheuren Mengen und gefährden zunächst die Umgebung der Krauken, ihre Familie und Pfleger. Unreinlichkeit und unvorsichtige Behandlung der Dejek- tionen führen zur Beschmutzung der Wäsche und Kleidung der Patienten sowie der Gegenstände in ihrer Umgebung. Durch den Transport solcher infizierter Sachen kommt es dann zu einer weitereu Verschleppung der Krankheit. So lassen sich bei jeder Ruhrepidemie stets eine große Zahl der Erkrankungen auf Kontaktinfektionen zurückführen (Kruse ^^^ KöTTGEX^i^ WoLFFBERG^'», Veröffentlichungen des preußischen Kriegs- ministeriums ^s). Auch Fliegen können, wenn sie Gelegenheit haben, sich auf frischen Faeces der Ruhrkranken niederzulassen, zu einer Ver- schleppung der Keime beitragen (Hoppe-Seyler22). Andererseits können die Ruhrbazilleu mit den Faeces in offene Fluss- läufe und, was von viel größerer Wichtigkeit ist, in Brunnen infolge 330 0. Lentz, unzweckmäßiger Anlage und Beschaifenlieit der letzteren gelangen. Eine ganze Anzahl von Riihrepidemieen sind mit Sicherheit auf solche Triuk- wasseriufektion zurückgeführt worden. Duprey i^ nennt die Ruhrepidemie, welche im Jahre 1901 auf der Insel Grenada wütete, geradezu ein »water- borne desease«. Eine kleine Zusammenstellung von Trinkwasser-Infek- tionen bringt Kartülis in Nothnagel's Handbuch der speziellen Patho- logie und Therapie 27. Auch für die ersten Fälle der Epidemie, welche im Hochsommer 1901 auf dem Truppenübungsplätze bei Döberitz zum Ausbruch kam, hat Bcilaiie dicke ö"* die Infektionsquelle in einem offenen Ziehbrunnen ermitteln können, Avelcher zu einem Hause gehörte, in dem mehrere Ruhrkranke lagen. Durch Vermittelung des Wassers können die Ruhrkeime natürlich auch in Milch sowie in und auf andere Nahrungs- und Genussmittel (Speiseeis, künstliches Selterwasser, Obst und Gemüse) gelangen und so zu weitereu Infektionen Veranlassung geben. Ob auch auf andere Weise, z. B. wie E. Pfuhl ^^ anzunehmen ge- neigt zu sein scheint, durch Erde und Staub, welche Faecestcilchen von Ruhrkranken in feinverteiltcm bezw. zerstäubtem Zustande enthalten, die Uebertragung der Ruhrkeime vom kranken auf den gesunden Menschen vermittelt werden kann, müssen weitere Beobachtungen lehren. Stets sind es aber, dass sei hier noch einmal betont, die die Ruhr- bazillen enthaltenden Faeces, welche direkt oder indirekt zur Verbreitung der Seuche beitragen. Von ganz besonderer Bedeutung sind hierfür die bei jeder Epidemie vorkommenden leichten Erkrankungen der Ruhr, welche gar nicht zur Kenntnis des Arztes kommen, ja deren sich oft der Kranke selbst kaum bewusst wird, sowie die scheinbar in Heilung über- gegangenen, thatsächlich aber in das chrouisclie Stadium der Ruhr ge- tretenen Erkrankungen, welche ebenfalls, wenn nicht gerade ein früh auftretendes Rezidiv den Kranken über seinen Zustand aufklärt, dem Patienten gar nicht zum BcAvusstsein kommen, weil er »den geringen Durchfall, den er nach der Ruhr zurückbehalten hat« gar nicht mehr als etwas Anormales ansieht. Nicht ausgeschlossen ist es auch, dass ebenso, wie es für die Erreger von Cholera uod Typhus (s. die betreffenden Kapitel) bereits nachgewiesen worden ist, auch der Ruhrbacillus in die Verdauungswege und den Darminhalt von Gesunden geraten und sich in denselben vermehren kann, ohne die betreffenden Individuen krank zu macheu. Auch hier wird niemand die Gefahr ahnen, die derartige Personen für ihre Umgebung darstellen. Und doch sind solche kranke und gesunde »Bazillenträger« an sich ebenso gefährlich wie jene, bei denen alle Symptome der Krankheit deutlich ausgesprochen sind, denn auch in ihren Faeces sind die Ruhrkeime in großen Mengen enthalten; viel gefährlicher als jene aber werden sie dadurch, dass weder von ihnen noch ihrer Umgebung ihr Zustand erkannt wird, und entsprechende Vorsichtsmaßregeln daher verabsäumt werden. Sehr lehrreich iu dieser Beziehung war eine kleine Epidemie, die im Herbst 1901 im Eegierungsbezirk Stade beobachtet wurde ^*. Diese ließ sich auf einen Soldaten zurückführen, welcher im Döberitzer Lager erkrankt war^ und nach seiner Genesung in seine Heimat im Regierungsbezirk Stade entlassen worden war. Hier hatte er noch ab und zu an leichtem Durchfall gelitten, dem er aber selbst keine Bedeutung beigemessen hatte. Erst infolge der Erkrankung mehrerer Personen an Ruhr in der sonst von Ruhr gänzlich freien Gegend wurde sein Zustand erkannt. Djsenterie. 331 Derartige entweder gäuzlich symptomlos oder doch mir unter leichten Krankheitserscheinungen verlaufende chronische Erkrankungen sind jedenfalls häufig die Ursache für den Ausbruch neuer Ruhrepidemieen an Orten, an denen die Ruhrepidemie bereits seit Jahr und Tag erloschen schien. Kruse ^^ und Shiga^-^ scheinen zu der Annahme zu neigen, dass der Ruhrbacillus außerhalb des menschlichen Körpers überwintern und so im folgenden Jahre von neuem Infektionen veranlassen könne. Wenn auch die Mögliclikeit eines solchen Zusammenhanges einer neuen Epi- demie mit einer solchen des Vorjahres nach den bisherigen Unter- suchungen über die Resistenz des Ruhrbacillus zugegeben werden muss, so darf doch niclit verkannt werden, dass auch die obige Annahme eine große Wahrscheinlichkeit für sich hat. Durch eine Erweiterung unserer Kenntnisse über die Bazillenruhr und ihren Erreger wird voraussichtlich auch in diese Frage größere Klarheit gebracht Averden. Wenn, wie wir gesehen liaben, die Faeces der Ruln-krauken und die in ihnen enthaltenen Bazillen eine so außerordentlich große Rolle bei der Weiterverbreitung der Krankheit spielen, so dürfen doch einige weitere Momente nicht außer acht gelassen werden, welche die Ent- stehung und Verlireitung der Krankheit begünstigen. Es ist bereits oben darauf hingewiesen Avorden, dass die Krankheit unter Menschen, die in ungünstigen hygienischen Verhältnissen leben, sich geAvöhnlich schnell ausbreitet, und dass besonders schwache und ungenügend genährte In- dividuen durch die Krankheit gefährdet werden. Andererseits kann auch nicht geleugnet werden, dass Verdauungsstörungen aller Art eine gewisse individuelle Disposition für die Erkrankung schatfen. Es ist wohl kein zufälliges Zusammentreffen, dass die weitaus größte Zahl der bis jetzt beobachteten Ruhrepidemieen (s. die Zusammenstellung bei Kruse 3^^) iu die Monate Juli — September fallt, also in eine Zeit, in welcher infolge unvorsichtigen Trinkens und des Obstgenusses die Menschen zu Darm- krankheiten neigen. Aus dem oben Gesagten geht auch hervor, nach welchen Gesichts- punkten die Bekämpfung der Ruhr durchzuführen ist. In erster Linie ist Ulli die Unschädlichmachung der Darmentleeruugen der Patienten zu achten und eine möglichst strenge Isolierung der Kranken zu erstreben. Leichtkranke und vorkommendenfalls gesunde »Bazillenträger« müssen ausfindig gemacht und von der Arbeit ausgeschlossen werden ; ihre Stuhl- gänge müssen desinfiziert, sie selbst und ihre Umgebung zu größter Vorsicht angehalten werden, da ihre Isolierung in den seltensten Fällen möglich sein wird. Den allgemeinen hygienischen und Trink- wasserverhältnissen ist die größte Aufmerksamkeit zu widmen. Im üb- rigen muss der Entstehung von Magendarmkatarrhen nach Möglichkeit vorgebeugt und durch Belehrung des Volkes und Einführung der all- gemeinen Meldepflicht aller verdächtigen Erkrankungen die Durchführung aller prophylaktischen Maßnahmen unterstützt und gewährleistet werden. Lieber die Durcliführung der letzteren im einzelnen siehe den Abschnitt Prophylaxe im III. Band dieses Handbuches. 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Bd., H. 25. — -^ Ders., Einiges über die Pathogenese der Dysenterie. Ebd., 1891, 9. Bd., H. 11. — ^f' Ders., Behandlung der Dysenterie im Handbuch der Therapie innerer Krankheiten von Penzold-Stinzinc..' Bd. 1. Jena 1892. — -" Ders., Dysenterie in der speciellen Pathologie und Therapie von Nothnagel. Wien 1896. 5. Bd., 3. Teil. — -'^ Kleb.s, Die allgemeine Pathologie oder die Lehre von den Ursachen und dem Wesen der Krankheitsprozesse. Jena 1887, 1. Teil. — -^ Klopstock, Beitrag zur Difterenzierung von Thyphus-, Coli- und Ruhrbazillen. Berl. klln. Wochenschr., 1902, No. 34. — '^'-^ R. Koch & Gaffkys Bericht über die Erforschung der Cholera, 1883. G. Anlage, S. 65, im 3. Bd. d. Arb. a. d. kaiserl. Ges. -Amt — ^'^ Köttgen, Ueber die 1899 in Barmen aufgetretene Ruhrepidemie. Centralbl. f. allgem. Gesundheitspflege, 19. Jahrg. 1900, H. 6. — «- Kruse & Pas- cjUALE, Untersuchungen über Dysenterie und Leberabscess. Ztschr. f. Hyg., Bd. 16, 1894, H. 1. — ^3 Kruse, Die Ruhrgefahr in Deutschland, insbesondere im rheinisch- westfälischen Industriebezirk. Centralbl. f. allff. Gesundheitspfl., 19. Jahrg. 1900, H. 5 u. 6. — 34 Ders.. Ueber die Ruhr als Volkskrankheit und ihren Erreger. Dtsch. med. Wochenschr., 1900, No. 40. — 3.' Ders.. Der jetzige Stand der Dysen- teriefrage. Dtsch. Aerzte-Ztg., 1902, No. 2. — 3C Ders., Weitere Untersuchungen über die Ruhr und die Ruhrbazillen. Dtsch. med. Wochenschr., 1901, No. 23 u. 24. — 37 Lentz, Vergleichende kulturelle Untersuchungen über die Ruhrbazillen nebst Bemerkungen über den Lackmu.sfarbstoft'. Ztsch. f. Exg. u. lufektionskrankh.. UK)2, Bd. 41, H. 2. — 38 LÖSCH, Massenhafte Entwicklung von Amöben im Dickdarm. Virch. Arch., Bd. 65, 1875. — 39 Magcuora, Einige mikroskopische und bakteriologische Beobachtungen während einer epidemischen dysenterischen Dickdarmentzündun^^. Centralbl. f. Bakt.. 1892, Bd. 11, No. 6 7. — « Markavald. Ein Fall von epidemischer Dysenterie beim Foetus. Münch. med. Wochenschr., 1901, No. 48. — *i Martini & Lentz. Die Differenzierung der Ruhrbazillen mittelst der Agglutination. Ztschr. f. Hyg. u. lufektionskrankh., 1902. Bd. 41. H.2. — 4^ Marx, Die experiment. Diagnostik, !serumtherapie und Prophylaxe der Infektionskrankheiten. Bibliothek von Coler, Bd. 11, Berlin 19ü2. — 43 'i'h. Müller, Ueber den bakteriologischen Befund bei einer Dysenterieepidemie in Südsteiermark. Centralbl. t Bakt., 1W2. Bd. 31, H. 12. — 44 Nakanishi, Ueber den Bau der Bakterien. Ebd., 1901. Bd. 30, H. 3. — 45 Ogata, Zur Aetiologie der Dysenterie. Ebd.. 1892, Bd. 11, No. 9 u. 10. — 4« Osler. Ueber die in Dysenterie und dysenterischem Leberabscess vorhandene Amoeba. Ebd., 18TO. Bd." 7. H. 23. — 47 e. Pfuhl. Vergleichende Untersuchungen über die Halt- barkeit der Ruhrbazillen und der Typhusbazillen außerhalb des menschlichen Körpers. Zeitschr. f Hyg. u. Inf., Bd. 40, 1902. — 4s Quixke & Roos, Ueber Dysenterie. 333 Amüben-Enteritis. Berl. klin. Wochenschr., 1893, H. 45. — *' Schmidt, Zur Frage der Widerstandsfähigkeit der Shiga-Kruseschen Ruhrbazillen gegen Winterfrost. Centralbl. f. Bakt, 1902, Bd. 31, H. 11. — 5ö de Silve.stri, Contributo allo studio deir etiologia della dissenteria. La Riforma med., 1894, No. 292. — ''^ Shiga, lieber den Erreger der Dysenterie in Japan (Vorl. Mitteil. ). Centralbl. f. Bakt., 1898, Bd. 23, H. 14 — -^2 Ders., Ueber den Dvsenteriebacillus (Bacillus dysenteriae). Ebd., 1898, Bd. 24, H. 22-24. — ^'^ Ders., Studien über die epidemische Djsenterie in Japan unter besonderer Berücksichtigung des Bacillus dysenteriae. Dtsch. med. Wochenschr., 1901, Nr. 43—45. — ^'^ Strong & Musgrove. Report of the etiology of the dysenteries of Manila. P. J. Report of the Surgeon General of the Army to the Secretary of War for 1900. Washington 190U. — •"'•"' Valagussa, Aetiologie und Serumtherapie der Kinderdj^senterie. 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Bd. 32, H. 5. — ''j Shiga, Weitere Studien über den Dysenteriebacillus. Ztschr. f. Hyg. u. Inf., Bd. 41, H. 3*). *) Die Resultate dieser Veröffentlichung sind in vorliegender Arbeit nicht verwertet worden, da sie nicht eindeutig sind. Das Serum nämlich, mit dem sie gewonnen sind, stammt von einem Pferde, das, wie Shiga selbst angiebt, mit ver- schiedenen Ruhrstämmen immunisiert wurde; dabei sind auch ruhrähnliche Stämme Flexner) mit untergelaufen. Die Resultate Shigas bedürfen daher erst noch einer gründlichen Nachprüfung, namentlich mit Rücksicht auf die Spezifitätsfrage. VI. Bacterium coli comimme. Von Th. Escherich und M. Pfaundler in 'SVieii iu Graz. Mit 2 farbigen Figuren im Text. Einleitung (Esclierich). Die Bezielnmg-eu de^i Bact. coli com. zu den Darmbakterieu siud. wie schou der Name erkemien lässt, so innige, dass zum besseren Ver- ständnis seiner Geschichte und Abgrenzung einige Worte über die Darm- bakterien im allgemeinen vorausgeschickt werden mögen. Die Mikro- organismen des normalen Stuhles sind schon von Leeuwenhoek gesehen und als »animalcula« in ihren auffälligsten Formen und Bewegungen be- schrieben worden, freilich nur in deskriptivem Sinne ohne dass denselben eine tiefere Bedeutung für die Vorgänge im Organismus beigelegt wurde. Eine solche war erst gegeben, als durch die Forschungen Pasteurs der Zusammenhang zwischen diesen Lebewesen und den wichtigen chemischen Vorgängen, die mit den Namen der Gärung und der Fäulnis bezeichnet werden, aufgedeckt wurde. Das Studium dieser Beziehungen bildet auch heute noch eines der reizvollsten freilich auch eines der dunkelsten Kapitel der Physiologie der Verdauung. Die bakteriellen Vorgänge im Darme galten den älteren Autoren als das Prototyp der Fäulnis, insbesondere der stinkenden Eiweißfäulnis, ohne dass man den Versuch machte, dieselben näher zu analysieren. Dies änderte sich mit einem Schlage durch die Entdeckung der E. KocHschen Methodik. Jetzt konnte man an die Diifereuzierung der Faecesbakterieu herantreten, wie dies in der bekannten Arl)eit von Bien- stock: Ueber die Bakterien der Faeces (84) geschah. Dieselbe ist insofern von Bedeutung, als darin zum ersten Male der Versuch gemacht wird, die Zersetzungsvorgäuge auf bestimmte, aus dem Stuhle isolierte Mikroorganismen zurückzuführen. Nach BienstDarml)acillus G«, der, wie wir heute wissen, ein zur Coligruppe gehöriger Spaltpilz war, dass dessen Wachstum in zuckerhaltigen Pepton-Fleischextraktlösungen mit Gas- und Säurebildung einhergeht. Buchner Ijezog das Auftreten der gasförmigen und sauren Körper auf eine bakterielle Zerlegung des Zuckers und stellte fest, dass für deren Zustandekommen die Anwesen- heit peptonartiger Nährstoöe Bedingung sei. Sauerstoff begünstige die Zerlegung der Kohlehydrate, ohne gerade erforderlich zu sein. Das entwickelte Gas enthält nach Büchner CO2; die Säuerung des Nähr- bodens stamme von Fettsäuren. Die Angaben Buchners wurden späterhin vielfsich nachgeprüft und großenteils bestätigt; sie erfuhren eine wesentliche Erweiterung nament- lich durch die Untersuchungen von Escherich & Kohler, von Baginsky, ferner von Petruschky, Smith, Wurtz, Chantemesse & Widal, Pere, Ide u. a. Der jetzige Stand der Frage ist kurz folgender. In Colikulturen können Kohlehydrate, namentlich gewisse Zucker, ferner auch konstitutionell verwandte Körper einer bakteriellen Zer- setzung anheimfallen. Zu diesen Kohlehydraten zählen namentlich: von den Hexosen, CeHi20ß, d-Glukose, d-Mannose, d-Fruk- tose, d-Galaktose, von den Pentosen, C5H10O5, 1-Arabinose, Xylose und das homologe Methanderivat einer Pentose, nämlich Ehamnose, C5H9O5— CH3, von den Bioseu, C12H22O11, Saccharose, Laktose, Maltose, Melibiose und Tr eh alose. Es können ferner zersetzt werden die den Zuckern nahestehenden mehrwertigen Alkohole : von den 6-wertigen Alkoholen, Mannit, Dulcit, Sorbit, von den 5-wertigen Alkoholen, Erythrit, von den 3-wertigen Alkoholen, Glycerin*). *) Keine imter den (von Capaldi & Proskauer] gewählten Versachs- bedingungen erkennbcare Zersetzung ergaben R affin ose (Trisaccharid), Sorbose (Hexose) und Adonit 5-wertiger Alkohol,. 350 Th. Escherich & M. Pfaundler, Das Verhalten der Zuckerarten ist ein verschiedenes ; während z. B. Rohr- zucker auf Nährböden nur von gewissen Colistämmen zersetzt wird, von [den meisten (Grimbekt)] anderen nicht — Smith unterscheidet darnach die a- und die /:/-Pteihe — vermögen fast*) alle Colistämme, sofern sie nicht vorher künstlich verkümmert wurden, Milchzucker und Malzzucker und alle ohne Ausnahme Traubenzucker zu zerstören; Maunit wird von Bact. coli auffallender Weise unter gewissen Bedingungen nicht [oder erst sehr viel später als vom Typhusbacillus (Capalüi & Prüskauer)] augegriffen. Die Fähigkeit, Milch- zucker zu zersetzen, kommt naturgemäß namentlich jeneu Colistämmen in höherem Grade zu, welche die Milch rasch koagulieren, wenngleich die beiden Qualitäten nicht völlig gleichsinnig variieren. Dulcit und Glycerin sind nach Pere nur dem aus Säuglingsdärmen stammenden Bact. coli angreifbar. Die Beding-imgeu für das Ziistaudekommen dieser Zersetzimg- decken sich im allgemeinen mit den Waclistmnsbedingungen des Bact. coli überhaupt, sind also iusbesouders : 1. Die Anwesenheit von Stickstoffsubstanzen, die dem Spaltpilze an- greifbar sind, daher zur Nahrung dienen können. Buchner verlaugt »peptouartige« Verbindungen. Diese Forderung ist jedoch weiter zu fassen; auch die Stiekstoffsubstanzen des Fleischwassers, jene der Molke, jene des Harnes, jene der NÄGELi-Usc;iiiNSKi-MAASSENscheu Nährböden, jene des Kartoffelbreies, der Gelatine und des Agars u. s. w. genügen dem Zwecke. Es scheinen überdies minimale Mengen hinzureichen. Dass die Anwesenheit solcher Stickstoffsubstanzen durch hohe Kon- zentration des Zuckers ersetzt werden könne (Büchner) und dass Zucker in physiologischer Kochsalzlösung gelöst zerlegbar sei (Petruschky) wurde nicht bestätigt. 2. Eine der Entwicklung des Spaltpilzes günstige Temperatur; das Optimum für die Zuckerzersetzung liegt bei 30 — 35° C; eine Ueber- schreitung des bei etwa 50° C gelegenen Maximums ist mit dem bloßen Fortleben der Keime noch verträglich. 3. Die Abwesenheit schädlicher Mengen von bakterienfeindlichen Substanzen. Zu diesen zählen höher konzentrierte Zuckerlösungen selbst und gewisse saure Produkte der Zuekerzerlegung, welche daher eine Selbsthemmung des Zersetzungsprozesses herbeiführen können (s. u.). Aerobiose ist, wie schon Buchner fand, in der That keine Be- dingung für das Zustandekommen der Zuckerzersetzung, wenngleich die Abwesenheit von atmosphärischem Sauerstoffe in der Umgebung der Kultur den Prozess qualitativ und quantitativ beeinträchtigt (Fehlen gas- förmiger Produkte u. s. w.). Auch von anderen Einflüssen, wie Licht, physikalische Beschaffen- heit des Nährbodens u. s. w. sei die Zuckerzerlegung- ziemlich unal)- hängig. Die aus der Zersetzung der Kohlehydrate hervorgehenden Produkte sind namentlich folgende aliphatische Verbindungen: a) (Niedere) einbasische Fettsäuren: Ameisensäure, H — COOH, Essigsäure, GH,— COOH, [Propionsäure, C2H5-COOH], [Buttersäure, C3 H; — COOH]. *) Ausnalimen fanden Rodet & Roux . Vinx'EXT, Gilbert & Lion, Gautie (letzterer 2 mal unter 20 Darmcolistämmen) u.a. Bacteriiim coli commune. 351 Eine liölier koustitutioiiierte Fettsäure konnte Sommerfeld einmal nachweisen, jedoch nicht identifizieren. b) Niedere einbasische Oxvfettsäuren: Kohlensäure, OH-COOH, Milchsäure, CH3-CH-OH-COOH. c) Zweibasische Fettsäuren: [Bernsteinsäure, C2 H4 (COOK).]. d) [Aethylalkohol, C2H5-OH oder Acetaldehyd, C2H4O (?), nämlich ein jodoformhefernder Körper, den Bagixsky für Aceton g-e- halteu hatte (LiEBExsche Eeaktion)]. Ferner: e) Wasserstoff, H2 [und Methan, CH^ (?)]. Sauerstoff wird bei dem Zersetzung-sprozesse zwar disponibel, aber kaum frei. (Vergl. Ide.) Zur Säurebildung aus Zucker. Die Spaltung des Zuckers in jene Säuren ist die Ursache des Ee- aktionsumschlages in schwach alkalisch angesetzten zuckerhaltigen Coli- kulturen, der — durch l)eigefUgte Indikatoren (Lackmus oder besser Rosolsäure, Kreideemulsion*) angezeigt — ein wichtiges Kriterium der Art ist (S:nuth). Die maximale Gesamtacidität ist uacli dem Vorgehen von EsciiERiCH & KoiiLER, Petruschky u. a. titrimetrisch einer ap- proximativen Bestimmung zugänglich; sie schwankt unter konstanten Bedingungen bei überschüssigem Zuckergehalte in ziemlich engen Grenzen und ist bemerkenswerter Weise von der anfänglichen Reaktion der Lösung unabhängig (Hellström). EscHERicn & KoiiLER fanden die Acidität einer 14tägigeu aeroben Colikultur in Milch gleich 12.04—14,40^, im Mittel 13,61^ "/lo Säure [native Acidität 2,15^] (Phenolphthalein. Auf Molke bestimmten: Petruschky !■ — 12^ "/i,, Säure (Lackmus) Lembke (1—4 Tage) 8—10^ Lehmann & Nelmann 7^ » » • Deelemann 8,4 — 14,0;^; » » Weyland 12,9—15,4^ » (Phenolphthalein) V. SoMMARUGA 7 — 8 % » (Bosolsäurc) Sternberg, typhimorphe Stämme 5,5 — 11,0^ » (Lackmus) typischer Stamm 16 X » » u. s. w. Auch feste Nährböden lassen sich der titrimetrischen Bestimmung- zugänglich machen V. Sommaruga: Glyceriugelatine 50,2—60,1^ Glycerinagar . 29,0 — 36,2^' "/jo Säure. Weitere Bestimmungen unter variierten Bedingungen siehe bei Kayser (sub »B. Bischleri«). *) Lackmus (Ruchner, PETRUSCffl^Y) und Rosolsäure (v. Sommaruga) werden überdies reduziert, was jedoch bei letzterer die Probe nicht beeinträchtigt. Um Kreideteilchen (Beijerinck entsteht in sauer gewordenen festen Substraten durch Auflösung ein heller Hof 352 Th. Escherich & M. Pfaundler, Die aufgezählten Säureu werden nicht in jedem Falle von coli- bakterieller Zuckerzersetzimg- alle aufg-efunden ; auch schwanken die relativen Mengen beträchtlich nuter dem Einflüsse wenig erforschter Be- dingungen. Es ist (entgegen Scruels Annahme) nicht undenkbar, dass Milch- säure das einzig primär entstehende Produkt ist, das namentlich bei Anwesenheit von atmosphärischem oder aus Nitraten der Lösung stam- mendem Sauerstoffe in Essigsäure und Ameisensäure umgesetzt wird. Letztere kann dann CO2 und H2, erstere auch Methan liefern. Butter- säure, Propionsäure, Berusteinsäure und Aethylalkohol sind als Produkte einer bakteriellen Zersetzung der Milchsäure bekannt. In sauerstofffreier Atmosphäre soll (nach Oppeniieimer) ganz vorwiegend — vielleicht aus- schließlich — Milchsäure*) entstehen, bei Anwesenheit von Nitraten in der Lösung nur Essigsäure (Blachstein) ; wogegen in einfachen aeroben Versuchen etwa 70 % der gebildeten Säure auf Ameisensäure -j- Essig- säure, 30^ auf Milchsäure entfiillen (Oppeniieimer). Einfache Aeration ist ohne wesentlichen Einfluss auf die relativen Mengen der Abbau- produkte (Scruel). Propiou- und Buttersäure bleiben wohl stets in geringer Menge ; das- selbe gilt im allgemeinen wohl auch von der Bernsteinsäure, wenngleich sie Grijibert (Peptonzuckerlösung) und Blumenthal (Milch) unter ge- wissen Bedingungen ausschließlich, bezw. als einzige nicht flüchtige Säure angetroffen haben. Quantitative Bestimmung der wichtigsten Spal- tungsprodukte ergab in einem Falle nach Grimbert folgendes: Anaerobe Züchtung:. Blumentiials Versuch mit Milch (je 500 cm^, in der Probe A ohne Zusatz, bei B mit 4 cm^, bei C mit 6 cm^ 8 proz. Na2C03 -Lösung durch 24 Tage mit Bact. coli der Bruttemperatur ausgesetzt) ergab folgendes: Probe A Probe B Probe C Vollständige Koagulation nach 24^^ 48^ Qß^^ Zu Ende des Versuches lebensfähige in geringer Keime nicht nachweislich Zahl vorh. Alkohol und Aldehyd (?), bestimmt als Jodoform 0,0212 g 0,0174 g 0,0190 g Flüchtige Säureu, Halbnormallauge sätti- gend ? 20,8 cm* 40,0 cm» Nicht flüchtige Säuren, Halbnormallauge sättigend 17,0 cm^ 20,5 cm» 22,76cm3 Bernsteinsäure 0,5296 g 0,5740 g 0,0190 g Milchsäure in keiner Probe nachweislich! (Kayser fand dementgegen in Milchkulturen des »B. Bischleri« niemals Bernstein säure und stets Milchsäure.) Die gebildete Milchsäure ist Aethylidenmilchsäure oder a-Oxypropion- säure, CH3-CHOH-COOH, welche bekanntlich als Trägerin eines asymme- Laktose Ghikose (wie viel?; Aethylalkohol 6,84 Spuren \ Essigsäure 25,43 14,30 1-Milchsäure Spuren 42,73 Bernsteinsäure 29,76 0,00 ) *) Milchsäure neben etwas Essigsäure ^Huggunenq & Doyon). Bacterium coli commune. 353 irischen Kohlenstoffatoms in drei optisch isomeren Modifikationen auftritt, nämlich als Rechts- (Fleisch- oder Para-), als Links-Milchsäure und als die racemisclie, optisch inaktive oder Gärungs-Milchsäure. Da je nach der Natur des ausgesäeten Colistammes, ferner je nach anderen Versuclishedingimgen (Natur des Zuckers, Eruährungs- und sonstige Wachstumsverhältnisse des Spaltpilzes) bald die eine, bald die andere Komponente des primären, racemischen Produktes ausschließlich oder in größerer Menge weiter zerlegt wird (»elektive oder Vorzugs- gärung«), kann man in verschiedenen Versuchen bald ein die Ebene des polarisierten Lichtes rechts-, bald ein linksdrehendes Gemenge gewinnen. (Die Laktate drehen stets in entgegengesetztem Sinne, als die freie Säure.) Man war ursprünglich geneigt anzunehmen, die Elektion der einen oder anderen Komponente des racemischen Körpers zur weiteren Zersetzung, also die Biklung rechts- oder linksdrehender Gemenge, sei von dem Stamm- oder Artcharakter des Mikroben oder aber von der Konstitution des als Ausgangs- material dienenden Zuckers abhängig. So wollte z. B. Blachstein auf diesem Wege Coli- und Typhusbazillen differenzieren (Bact. coli biklete unter den von ihm gewählten Bedingungen aus d-Glukose d-Milchsäure, Bact. typhi 1-Milch- säure — in überdies viel geringerer Menge), Nencki unterschied, in der Meinung ein Spaltpilz könne unter allen Umständen nur dieselbe Milchsäure bilden, das die inaktive Verbindung (nach Kayser 1-MiIchsäure) hinterlassende »Bact. Bischleri« von dem d-Milchsäure erzeugenden, sonst völlig identischen Bact. coli. V. ErmenCxEM schied die d-Milchsäure und die 1-Milchsäure bilden- den Colistämme. Bei solchen Unterscheidungsversuchen müssen jedenfalls, wie die eingehenden Forschungen Peres lehren, zum mindesten die Versuchs- bedinguugen stets durchaus gleichartig gestaltet werden. Aus d-Glukose bildet nämlich Bact. coli nach Pere unter ungünstigen Ernährungsbedingungen (wenn die einzige Stickstoffquelle in der Nährlösung Ammoniak ist) 1-Milchsäure. Unter günstigen Ernährungsbedingungen jedoch (in Peptonlösung) gilt dies nur von dem aus menschlichem Darm gezüchteten Colistämme, wogegen die Coli- stämme aus Tierdärmen d-Milchsäure erzeugen. Hiernach ist Nenckis An- nahme hinfäüig. (S. auch Kayser.) In neuereu Versuchen fand Pi^re, dass ein aus normalem SäugHngsdarme stammender ColibaciUus bei Anwesenheit von Pepton und CaCOs bei Bruttemperatur nach 4 — 16 Tagen hinterlässt: Ci 2 II22 Gl 1 aus Saccharose d-Milchsäure (Spuren von 1-Milchsäure) » Laktose 1-Milchsäure C6Hi2Gfi aus Invertzucker i-Milchsäure » Dextrose i-Milchsäure (und d-Milchsäure) » Galaktose i-Milchsäure » Mannose i-Milchsäure C5H10O5 aus Arabiuose 1-Milchsäure aus Mannit 1-Milchsäure » Dulcit 1-Milchsäure CgH.Og aus Glycerin 1-MiIchsäure. Aus diesen Versuchen ergiebt sich, dass der optische Charakter des End- produkts der Zersetzung nicht von der stereochemischen Konstitution des Handbuch der patliogenen Miiroorgauismeu. II. 23 354 Th. Escherich & M. Pfaundler, Ausgangsmaterials, souderu von rein pbysiologisclien Verhältnissen, nämlich von seiner Zersetzlichkeit abhängt. Die leicht (rasch) zersetzlichen Zucker geben d-Milchsäure, die schwerer angreifbaren i-Milchsäure, die resistentesten Zucker und die Alkohole 1-Milchsäure. Pere illustrierte ferner den Eintluss der Ernährungs- und Wachstumsbediugungeu dadurch, dass er manche Proben mit Phenol versetzte, manche bei nur 25° C. züchtete, mit weniger Pepton oder ohne Pepton und mit Ammouiaksalzen ansetzte. Dadurch konnte bei Dextrose und Mannose (nicht bei Saccharose) eine verzögerte Zersetzung und Bildung von 1-Milchsäure, anstatt i-Milchsäure erzielt werden. Wenn eine Nährlösimg große Mengen vou zerlegbarem Zucker ent- hält, so pflegt infolge der zunehmenden Säuerung*) eine Hemmung des Wachstums, endlich eine Abtötung aller vorhandenen Keime einzutreten und ein Teil des Zuckers bleibt dann uuzersetzt. So fanden beispiels- weise Escherich & Kohler in 14tägigen Milchkulturen noch etwa 78,5 % des ursprünglich vorhandenen Zuckers vor. Verhindert man aber die Uebersäuerung der Kultur etwa durch Hinzufügung vou Calcium- karbonat, so wird auch in stärker konzentrierten Zuckerlösungen all- mählich aller Zucker zersetzt. Die Funktion, die hier das Karbonat erfüllt, kann vermutlich in ge- wissem Grade auch von Eiweißkörperu der Nährlösung übernommen werden, sofern diesen ein Säurebindungsvermögen zukommt, [vielleicht auch insofern sie alkalische Abl)auprodukte liefern?]. Nach Hellstr()M wird der zur Keimtötung erforderliche Aciditätsgrad umso früher erreicht, je weniger Nährstoffe in dem Substrate enthalten sind; derselbe kann unter Umständen von nur 1 % Zuckerzusatze geliefert werden. Zur Gasbildung aus Zuckern. Legt man in Traubenzuckeragar eine Stichkultur von Bact. coli an, so sieht man schon nach 24 — 48 Stunden (37" C) die ganze Kulturmasse von gasförmigen Produkten des Zuckerabbaues durchsetzt und zerrissen. Auf flüssigen, zuckerhaltigen Nährböden ist die Gasbildung gleichfalls, aber weniger deutlich, erkennbar, oft erst wenn man durch Eintauchen einer erwärmten Platinöse oder durch Erschütterungen die Entstehung- größerer Gasblasen begünstigt hat oder aber bei Verwendung von Gä- rungskölbchen. Oft beschränkt sich die Gasbildung in flüssigen Kulturen auch auf die ersten paar Stunden des Wachstums, ohne — wie die Säuerung — später erkennbare Merkmale zu hinterlassen. Approximative Bestimmungen der Gesamtgasmenge, die unter gewissen Bedingungen auftritt, wurden namentlich von Smith und Fremlix aus- geführt. Letzterer berichtet über den zeitlichen Ablauf der Gärung- unter wechselnden Bedingungen. Die wichtigsten gasförmigen Produkte der colibakteriellen Zucker- zersetzung sind CO2 und H2. Ihr gegenseitiges Mengenverhältnis schwankt zumeist zwischen 1 CO2 zu 1 H2 bis 1 CO2 zu 3 H2**)- Bei der Beur- *) Auch die Anhäufung der Kohlensäure mag nach Scruels Versuchen bei dieser Hemmung mitwirken. **! Bei aiiaerober Züchtung in der Nährlösung von Hugounenq & Doyon auch ca. 2 COo zu IH2; dasselbe Verhältnis fand Lehmann bei den gasförmigen Produkten der durch Bact. levaus bewirkten Zersetzung von Kohlehydraten. Lembke be- stimmte COoiHo an 23 Stämmen und fand 6mal 1:7 1!), 2inal 1:6, je 4mal 1 : ö, 1 :4 und 1 : 2. (Versuchsbedingungen?) Bacterium coli commune. 355 teiluug der entstehendeu Kolilensäuremengen liat man außer auf deren Provenieuz aus eventuell im Substrate vorhanden gewesenen und bei der vSäuerung- zersetzten Karbonaten auch auf die durch bakterielle »Atmung« in Zucker- und karbonatfreieu Nährböden gebildete Kohlensäure zu denken. (S. u. S. 382.) Ein nach Entfernung von CO2 undH2 verbleibender und für einwandfreie Identifizierung meist nicht mehr hinreichender Gasrest wurde von den meisten Autoren für CH4 (von manchen für N gehalten). Dass sauerstoff- arme, bezw. sauerstofffreie organische Verbindungen (wie CH4 eine wäre) bei der bakteriellen Zuckerspaltung gebildet werden müssen, leitete Ide aus dem Umstände ab, dass ein Gemenge der als Zersetzungsprodukte bekannten Säuren, wie folgendes Schema zeigt, auf gleiche Kohlenstoflf- mene-en mehr Sauerstoff" als der Zucker enthalten muss. C ; H : 0 Zucker 2 : 1 Ameisensäure : 2 • 2 Essigsäure : 2 : 1 Kohlensäure : 2 : 3 Milchsäure . 2 : 1 Bernsteinsäure : lV'-> : 1 Die Entstehung von Kohlensäure und Wasserstoff' ist bei der coli- bakteriellen Zuckerspaltung ein sekundärer Vorgang, der nicht selten auch ausbleibt. Manche Colistämme vergasen überhaupt keinen Zucker, manche nur bestimmte Zuckerarteu; in manchen Fällen bleibt das Ein- treten der Vergasung von gewissen in und außerhalb des Substrates ge- legenen, teilweise unbeherrschbaren Bedingungen abhängig. Aerobiose begünstigt die Gasbildung in hohem Grade, was daran denken lässt, dass atmosphärischer Sauerstoff" bei der oxydativen Spaltung der primär gelnldeten Milchsäure mitwirkt, wenngleick wir mit ihm bei dem vor- liegenden Zersetzungstypus sonst nicht zu rechnen pflegen. Im einzelnen gilt, dass Traubenzucker fast von allen Colistämmen, Milchzucker von etwa 60 ^ aller Darmcolistämme aerob vergast wird. Die nicht vergasenden, nur säuernden Stämme (z. B. Lembkes Bact. coli anaerogeues) nähern sicli in ihrem Verhalten dem Typhusbacillus und soll diese eigentümliche Veränderung im biologisclien Charakter des Mikroben durch Anpassung an parasitäre Lebensweise erworben werden (Smith). Die nicht vergasenden Stämme säuern auch weniger stark, sind mithin überhaupt minder zersetzungstüchtig. »Bact. coli anaerogenes« von Lembke lieferte auf Molke 3 — 5% cm^ "/j^ Säure, wogegen Bact. coli commune 8 — 10^, Bac. typhi 1 — 3^; das erstere war auch auffallend virulent für Ver- suchstiere. Quantitative und qualitative Unterschiede bei der Kohlehydratvergasung durch die der Gruppe Bact. coli angehörenden Arten Avurden mehrfach als Kriterien zu einer Klassifizierung verwendet. So unterscheidet Smith nach der Menge des in Gärkölbchen mit Traubenzuckerbouillon gebildeten Gases und nach dessen Zusammensetzung folgende Typen: A. Das Volum des gebildeten Gases nimmt etwa die Hälfte des geschlossenen Schenkels ein (» Totalgasbildung = Vs^li ^^ diesem Gas- gemenge verhält sich H2 : COo = 2:1... Bact. coli (sensu strict.) Bact. enteritidis Gärtner. 23* 356 Th. Escherich & M. Pfaundler. B. Das Vohim des gebildeten Gases nimmt den geschlossenen Schenkel ganz ein (»Totalgasbildung ^= Yi«j; H2 : COo = 1:2 bis 3 . . . Bact. cloacae. C. Das Volum des gebildeten Gases nimmt den geschlossenen Schenkel ganz oder fast ganz ein (»Totalgasbildung = Ys bis Vi«). H2 : CO2 = 1 : 1 =t . . . Bact. lactis aerogenes. Diese Eiiiteilnug-sversuclie begegneten übrigeus Widersprüchen (Lembke), die zum Teil wohl berechtigt sind. Für die Klassifizierung des Vorganges bei Zersetzung von Zuckern und mehrwertigen Alkoholen durch Bact. coli sind nach dem heutigen Stande der einschlägigen Kenntnisse namentlich folgende Thatsachen verwertbar. 1. Die »plastische« Thätigkeit des Mikroben beim Waclistume in Zuckerlösungen, seine Assimilations- und Fortpflanzungsarbeit verscliwiudet gegenüber dem außerhalb seines engeren Haushaltes vor sich gehenden Zersetzungsprozesse ebenso, wie seine Leibesmasse gegenüber der Ge- samtmenge der gebildeten sauren und gasförmigen Produkte. 2. Der Zersetzungsprozess ist an die Anwesenheit lebender Spalt- pilzindividuen gebunden (wenngleich er noch fortdauern kann, wenn die Lebensl)ediugungen für diese sich bis zur Ausschließung ihrer weiteren Vermehrung verschlechtert haben). 3. Die Zersetzung ist ein exothermischer Prozess, d. h. die Gesamt- heit der aus den Kohlehydraten gebildeten Produkte hat eine geringere Verbrennungswärme, als das Ausgaugsmaterial. Bei der Zersetzung wird somit lebendige Kraft (in Form von Wärme) frei. 4. Bei der Zersetzung handelt es sich nicht um einfache hydrolytische Spaltung, wie sie enzymatischen Prozessen eigen ist, sondern es kommt zu tief eingreifenden Umlageruugen , es werden z. B., wie schon das Auftreten von Kohlensäure beweist, neue Bindungen zwischen C- und 0 -Atomen geschafieu, andere gelöst. Aus diesen Thatsachen geht hervor, dass wir es mit einem echten Gärungs vorgange zu thun haben. Um eine Gärung handelt es sich dem Wesen des Prozesses nach auch dann, wenn keine gasförmigen Produkte entstehen; denn die Gasbildung ist kein essentielles Merkmal der Gärungsprozesse, wie die eben aufgezählten. Die Vergärung der Zucker durch Bact. coli ist keine oxydativ- synthetische Gärung, sondern eine Gärung durch Spaltung (»Dekom- positionsgärung«). Dies geht aus ihrem Zustandekommen unter anae- roben Bedingungen hervor. Allerdings kommt es bei der Coligärung zu Oxydationen, doch stammt der Sauerstofi' hierbei wolü vorwiegend aus dem Zuckermoleküle selbst, in dem seine Stellung gelockert wurde, nicht aus der Atmosphäre; er spielt in der Gärungsgleichung keine Eolle, wie etwa bei der Essiggärung. Die Gärung soll nach einer bekannten Theorie den Zweck haben, den niederen Organismen das ihnen fehlende freie respirable Gas zu liefern. Die in Colikulturen erfolgende Bildung von Säuren, welche sauerstoflreicher sind, als das Ausgangsmaterial der Zersetzung, der Zucker, spricht scheinbar gegen diese Annahme, doch hat Ide, wie bereits angedeutet wurde, zur Lösung dieses Widerspruchs beigetragen, indem er zeigte, dass ein beträchtlicher (?) Teil des Zuckers Körper nichtsaurer Natur (Methan und Aldehyd oder Alkohol) liefert und dass deren Entstehnug aus dem Zucker eine Sauerstoffquelle darstellt. Bacteriurn coli commune. 357 Die Colig'änmg lässt sich in keines der bekannten, einfachen Gärungs- schemen einreihen. Von der alkoholischen Gärung der Zuckerarten durch Hefe ist sie schon dadurch verschieden, dass sie nicht ausschließlich Monosaccharide mit 3 nC -Atomen betrifft, von dieser und der ihr sehr nahestehenden typischen Milchsäuregäruug dadurch, dass die Menge der außer Alkohol, CO2 und Milchsäure auftretenden Nebenprodukte eiue sehr beträchtliche ist. Der Vorgang bei der Zuckerzcrlegung durch Bact. coli lässt sich auch in eine Gleichung kaum fassen; man bedürfte für die Darstellung der hier ablaufenden Prozesse eines ganzen Systemes von Gleichungen, deren jede nur für ein bestimmtes Stadium der Gärung zutreffen" würde. *) Ein Teil des dispouibeln Zuckers wird allerdings zunächst möglicherweise nach dem einfachsten Typus der Milchsäure- gärung, mithin nach dem Schema C6H12O0 = 2 CyHfiO;? zerlegt; die übrigen simultanen oder successiven Prozesse aber sind auf Grund der bisher vorliegenden Untersuchungen nicht in solcher Form darstellbar, (Siehe Nachtrag!) Mehrfache Analogieen lassen annehmen, dass die Vergärung der Biosen durch Bact. coli nicht direkt, sondern erst nach vorangegangener hydrolytischer Spaltung in die entsprechenden Monosaccharide erfolgt. Diese Spaltung kann innerhalb des Bakterienleibes in solchem Ausmaße nicht zustande kommen; es muss sich also wohl um die Thätigkeit eines bakteriellen Enzymes, einer Invertase, Laktase, bezw. Maltase handeln, wenngleich ein gesonderter Nachweis solcher Fermente in Coli- kulturen noch aussteht (vergl. Moro). Die durch Bakterien der Coligruppe erregten Gärungen sind von hoher praktischer Bedeutung, nicht allein im Großen für gewisse in- dustrielle Betriebe (Rahmsäuerung in Molkereien, Sauerteiggärung, Sauerkrautgärung u. s. w.), sondern auch für Zwecke der systematischen Unterscheidung gewisser Bakterienarten. Diesl)ezüglich ist nebst den bereits citierten Angaben von Smith namentlich erwähnenswert, dass die praktische Unterscheidung von Typhus- und Colibazillen vielfach auf dem verschiedenen Angriffsvermögen der beiden Arten für Kohlehydrate beruht (Chantemessk & Widal, Pkiruschky, Wukiz, Peue, Germaxo & Maurea, siehe auch Tabelle S. 376f.), als dessen Ausdruck auch der differenzierende Umstand angesehen werden kann, dass mäßiger Zucker- zusatz zu Nährböden das Wachstum von Colibazillen im allgemeinen fördert, jenes von Typliusbazillen jedoch eher hemmt. Eine systematische Forschung allerjüngsten Datums (v. Drkialsky & CoNRADi) ergab betreffs des differentiellen Verhaltens von Coli- und Typhusbazillen auf kohlehydrathaltigem (1^) Fleisch wasserpeptouagar mit Lackmus folgendes Verhalten (24 ständige Züchtung): Farbe des Nährbodens Bacteriurn coli. Bacillus typhi. Traubenzucker rot rot Fruktose rot rot Galaktose rot rot od. stark rot Mannit blau od. teils rot rot Dulcit blau blau Arabinose rot blau *) Vergl. Gottschlich. 358 Th. Escherich & M. Pfaundler, Farbe des Nährbodens (Fortsetzung) Bacterium coli Bacillus typhi Xylose rot od. rötlich rot od. rötlich Ehamnose r o t h 1 a ii Eohrzucker blau blau Maltose rot od. mäßig rot rot od. rötlich Milchzucker rot blau Amylum blau blau Inuliu blau blau Dextrin blau violettl)lau Besonders charakteristisch für Bact. coli und differeutiell verwertbar ist die Bildung- gasförmiger Gärungsprodukte. Rambousek sieht darin den »wesentlichsten« und einzig qualitativen (?) Unterschied zwischen Bact. coli und Bac. typhi. Natürliche oder künstliche Einflüsse, welche die Wachstumseuergie und sonstige Lebensthätigkeit des Bact. coli schädigen, können auch sein Gärungsvermögen beeinträchtigen. So fand Löseneü verkümmerte Colistämme vorübergehend zur Zuckerzersetzung unbefähigt. Eemy & SuGG, sowie EooET c^ Eoux konnten ])ei Colistämmen das Zersetzungs- vermögen für Milchzucker (damit naturgemäß auch das Milchgerinnungs- vermögen) auf experimentellem Wege herabsetzen, bezw. ganz unter- drücken. Aehnliches scheint Unkeliiäuser gelungen zu sein (cit. bei Lehmann). Bei der Anstellnug von Gärungsversucheu , uamentlicb solchen, die zu einer Diflferenzierung des Bact. coli und seiner Verwandten dienen sollen, ist es sehr wissenswert, dass die gebräuchliche Peptonbouillon Zucker (und zwar vermutlich Traubenzucker) enthält. Derselbe kann aus unreinem Peptonprä- parate stammen; bei Verwendung des zuckerfreieu Peptones Witte jedoch handelt es sich um einen aus dem Fleischsafte stammenden Zucker (Smith). Züchtet man Bakt. coli in Peptonbouillon ohne besonderen Zusatz von Zucker, so sieht man schon nach 5 — 6 Stunden Gasblasenbildung (Eintauchen er- . wärmter Platinöse, Aufschüttelung!) und kann finden, dass eine Säuerung der Flüssigkeit stattgefunden hat, während bei Züchtung von Bac. typhi Säuerung ohne Blasenbildung auftritt (Duxbar, Pake, Radzievsky). Natürlich darf eine Kulturflüssigkeit, die dem Zwecke dieser Beobachtung dienen soll, nicht etwa mit sodahaltiger Lauge alkalisiert werden oder sonstiges Karbonat ent- halten. Dass selbst starke Säuren aus sodahaltiger Bouillon kein Gas entbinden sollen (SinTH), ist unverständlich und konnte ich auch nicht bestätigen. Von klinischen Beobachtungen, die in dieses Kapitel der Biologie des Bact. coli einschlagen, ist beispielsweise erwähnenswert, dass zuckerhaltiger Harn bei Glykosurie schon in der Blase durch Bact. coli vergoren werden kann, so dass er moussierend entleert wird (Peke), dass ferner eine rein coli- bazilläre Sepsis bei Diabetes mellitus durch Zuckervergasung zu Hautemphy- sem führen kann (Chiari). Dagegen konnte Bunge bei phloridziu-diabetisch gemachten Tieren in subkutanen Coliabszessen keine Gasproduktion bemerken. Ueber das Verhalten von Bact. coli gegenüber polymerisierten Zuckern, Körperu der Cellulosegruppe (CfiHio05)x, wie Stärke und Glykogen, hat die bisherige Forschung folgende Thatsachen festgestellt. Eine diastasierende Wirkung, sei es durch unmittelbare i\.ktion des Mikroben oder durch Ausscheidung einer Amylase, hat weder auf reinen Stärkenährböden, noch auf stärkehaltigem Substrate mit Nährsalzen und Bacterium coli commune. 359 Pepton statt. (Die Bedingnugeu für Produktion von Dinstase sollten nach WoRT.^iAxxs Angaben betreffend Bakterien überhaupt in ersterem Falle, — nämlich wenn Stärke die einzige Kohleustoffquelle ist — nach Feumi unter den letztgenannten Umständen günstigere sein.) Dies wurde unter aeroben und anaeroben Versuchsbedingungen von Bagixsky kon- statiert und in jüngster Zeit von Moro bestätigt gefunden. Auch Deele- MAXx sah durch (atypische) Colistämme auf Peptonwasserstärkekleister- kulturen eine Hydratation des Amylums nicht eintreten*) und Pregl kam bei der Prüfung der Darmbakterien des Schafes (unter welchen Bact. coli vertreten ist) auf diastatische Eigenschaften zu einem nega- tiven Ergebnisse. Fekmis Angabe, das sein »Faecesbacillus« — sogar auf stärkefreien Substraten — Amylase produziere, ist mangels genauer Spezitizienmg der Natur der Mikroben hier nicht verwertbar. Wenn somit eine Verzuckerung der Stärke durch Bact. coli l)isher nicht nachweisbar wurde, so ist damit noch nicht gesagt, dass die Stärke für Bact. coli unangreifbar sei. Das üppige Wachstum von Bact. coli auf Stärkenährböden (z. B. Kartoffel) legt vielmehr die Vermutung nahe, dass eine Amylolyse und Assimilation der gebildeten Produkte statthat, sei es nun, dass Diastasierung in geringem Ausmaße zustandekommt, aber die gebildeten reduzierenden Substanzen sogleich weiter zerlegt werden, sei es, dass eine Zersetzung nach ganz anderem Typus vor sich geht. Bagixsky und Sciilossmaxx neigen zu letzterer Annahme. ScHLOSSMANX fand , dass in Y^ — 1 proz. Lösungen verschiedener Stärke- und Mehlsorten in KocHscher Bouillon, auf denen Bact. coli anaerob gezüchtet wurde, eine lebhafte Zersetzung der Kohlehydrate zustandekommt, derart, dass in 48 — 72 Stunden nur mehr ca. 61 — 87^ der ursprünglichen Menge nachweisbar ist. Als regelmäßige Zersetzungs- pr(Klukte »dürften« nach ihm Essigsäure, Diacetessigsäure, Propionsäure, Berusteinsäure, Aceton und Buttersäure zu bezeichnen sein. Für die Angreifbarkeit der Stärke durch Bakterien der Coligruppe spricht ferner deren Beteiligimg an der durch Sauerteig vermittelten Brotteiggärung, Zu den Erregern der Brotteiggärung zählt nach Leimaxx-Wolffix nament- lich der Bac. levaus, ein naher Verwandter des typischen Bact. coli; aber auch letzteres selbst bewirkt nach den C4enannten in Reinkultur eine Gärung im Brotteige und sind nach den jüngsten Forschungen aus Leh:manxs In- stitut die Merkmale, welche den »Bac. levaus «-Wolffin vom typischen Bact. coli unterscheiden sollen, zum mindesten inkonstante, derart, dass das Bact, coli selbst als Organismus der Sauerteiggärung des Brotes be- zeichnet werden kann (PAPASOTmiu). Andere Autoren nehmen bei der Brot- teiggärung eine kombinierte Wirkung von Hefen und Bakterien an, wobei den Bakterien diastatische, lösende und säurende Funktion zukommen soll. (Cit. nach Gottschlich.) Zu anderem Ergebnisse gelangte ich jüngst (1902) in Versuchen der Züchtung von Bact. coli auf Nährsalzlösungen mit reiner löslicher Stärke, Hierbei trat nach lOtägigem Wachstume in aeroben und anaeroben Kulturen weder Zucker noch ein sonstiges Spaltungsprodukt des Kohle- hydrates auf und fand sich die Stärke unverändert wieder. *) Es fand sich nämlich kein Zucker, was an sich allerdings bei der hohen Angreifbarkeit der Zucker noch nicht beweist, dass eine Diastasierung ausblieb. 360 Th. Escherich & M. Pfanndler, Das Glykogen betreflfend fand ich nur die Angabe von Etienne vor, dass Bact. coli aus Lösungen von Glykogen in Pepton- oder Fleisch- extraktbouillon jenes in der Mehrzahl der Fälle (3 von 4 Stämmen) unter Säuerung und Gasbildung in wenig Tagen zum Verschwinden bringe, ohne dass daljei Zucker nachweislich würde. Auf luulinpepton und Dextrinpeptonlösuugen sahen Capaldi & Pßos- KAUER keine Säuerung durch Bact. coli entstehen. Verhalten des Bact. coli zu stickstofifreien organiselien Säuren. Wie im vorangehenden bereits mehrfach anzudeuten Gelegenheit war, vermag Bact. coli nicht allein Kohlehydrate unter Bildung orga- nischer Säuren abzubauen, sondern auch diese letzteren Produkte zum Teile weiter zu zerlegen. Zur Kenntnis dieser Funktion des Bact. coli trug nebst den schon dargelegten Forschungen über die Gärungsprozesse namentlich eine ausgedehnte Versuchsreihe von Maassen über die bakte- rielle Zersetzliclikeit der organischen Säuren und ihre Eignung als Bakteriennährstotfe bei. Maas.sex züchtete Bact. coli auf enier Iproz. Peptonlösung, der nebst den erforderlichen anorganischen Nährsalzen verschiedene organische (zumeist aliphatische) Säuren als Natron- oder Kalisalze in zehntelnor- maler Konzentration beigefügt waren. In solchen Kulturen kam es oft zur Zersetzung der betreöeuden Säure, welcher Vorgang durch Bildung von Alkalikarbonat (Abspaltung der Karboxylgruppe) , mithin durch Anstieg der Alkaleszenz (Lackmus) bemerkbar wurde. Einer direkten Verwertung des titrimetrischen Befundes zur Bestimmung der zersetzten Säuremengen stand zwar die gleichzeitige Ammoniakproduktion (aus Pepton) im Wege, doch konnte dieser Faktor durch Koutrollbestimmungen eliminiert werden. Maassen fand so, dass von den geprüften Säuren durch Bact. coli folgende (in verschiedenem Ausmaße und nach abstei- gender Intensität geordnet) zersetzt wurden: Aepfelsäure Weinsäure Bernsteinsäure Ameisensäure Zitronensäure Milchsäure Essigsäure Schleimsäure (Maleinsäure) Fumarsäure Propionsäure Glycerinsäure (/j-Oxybuttersäure) Oxyessigsäure (Acetonsäure) hingegen blieben völlig uhzersetzt: Oxalsäure Malonsäure Trikarlj a lly Isäure Akonitsäure Chinasäure*) Mandelsäure. Welche Spaltungsprodukte neben der in jedem Falle auftretenden Kohlensäure gebildet wurden, ist nicht erforscht, doch setzt die Eechnung Maassexs voraus, dass diese anderen Produkte nicht saurer Natur sind. *) Von einem Colistamme zersetzt. Bacterium coli commune. 361 Maassen scheint anzuuebmen, dass die Trümmer des Säm-emolekUles direkt zimi Aufbau der Bakterieuleibessubstanz Verwendung finden und leitet aus gemeinsamen konstitutionellen Charakteren der meist zersetzten Verbindungen ab, dass gewisse organische Reste (siehe unten S. 389 f.) besonders geeignet seien, den Kohlenstoff zur »Assimilation« für die Bakterienzelle zu liefern. Es scheint dementgegen mindestens erwägenswert, ob die Natur des vorliegenden Prozesses nicht eher als den Gärungen verwandt und plastischen Zwecken fernstehend aufgefasst werden kann, was erst weitere Untersuchungen aufzuklären imstande wären. Der T^'phusbacillns vermag im Gegensatze zum Bact. coli Trikarballyl- säure zu zerlegen, ein Umstand, der möglicherweise zu ünterscheidungszwecken dienen könnte. Verhalten des Bact. coli zu Stickstoffsubstanzen. Nährgelatine wird durcli Bact. coli niemals verflüssigt, oder mit an- deren Worten: verflüssigende Bakterien, welche im übrigen Colicharakter besitzen (Bact. vitulinum, Bac. foetidus liquefaciens, Bac. cloacae u. a.), werden von allen Autoreu einstimmig aus der Coligruppe ausgeschieden. Eine Peptonisierung von Kasein (Ide) und anderen Eiweißkörpern (Fermi) durch Bact. coli hat nicht statt. Hieraus geht hervor, dass Bact. coli kein proteolytischer Spaltpilz im landläufigen Sinne des Wortes ist. Dennoch vermag es imter gewissen Bedingungen aus höheren stickstoö- haltigen Komplexen, nämlich zu den Proteinsubstanzen gehörenden Körpern, kleinere Atomgruppen (z. B. sog. Eiweißelementargruppen] ab- zuspalten. Den ersten Hinweis darauf bot der Befund Kiiasatös, dass sich in Kulturen auf flüssigen, proteinhaltigen Nährböden Indol CßH, <(cH/ ^^ nachweisen lasse. Dieser Befund wurde später von allen Autoreu, welche auf gewisse Versuchsbedingungen (siehe unten) achteten, bestätigt. Die Indolbilduug ist in der That eines der meist charakteristischen, wenn- gleich auch nicht völlig konstanten Merkmale der Colikultur. Indol- bildung hat meist statt auf peptonhaltiger Bouillon*) und stets auf (WiTTE-)Peptonkochsalzlösung; letzterer Nährboden wird als Testobjekt für Indolbilduug meist verwendet. Dass echte Eiweißkörper durch Bact. coli unter Indolbildung zerlegt werden, findet sich in der Littcratur zwar mehrfach angedeutet (Beck- ham, Lösexek), doch wurde anscheinend noch nicht unternommen, den Nachweis dessen einwandsfrei zu führen. Manche Angaben sprechen auch direkt gegen jene unwahrscheinliche Annahme. Nach Pere z. B. soll Indol nur als »Pepton« [»WiTTE-Pepton« ist im wesentlichen bekanntlich ein Gemenge von primären und sekun- dären Albumosen (Pick)I, oder aus Eiweiß bei Gegenwart eines fremden, peptouisi er enden Fermentes gebildet werden. Dem- nach vermöchte also Bact. coli das intakte Eiweißmolekül nicht anzu- greifen oder wenigstens nicht bis zur Abspaltung von Elementargruppen *) Fleischsaft enthält manchmcal Substanzen, welche die Indolbildung hemmen (Kruse. Gouini, Baginsky). 362 Th. Escherich & M. Pfaundler, zu zerlegen. In diesem Sinne spriclit auch das Ergebnis von ZUelitnug-s- versuelien auf Serumeiweißlösungen, die ich jüngst (1902) zwecks Ent- scheidung dieser Frage vornahm. Indol wurde hierbei nicht gebildet. Bedingung für die Indolbildung ist ferner die Abwesenheit größerer Mengen von Zucker (Skelig) und von Nitraten (Pere). Ist Zucker in der Nährlösung vorhanden, so muss dieser erst zerstört werden, bevor es zur Indollnldung kommt. Permi verwendet zur Prüfung eines Bakte- rienstammes auf Indolbildung einen Bouillonuährboden , in welchem der Zucker durch Colizüchtung vorher vergoren worden ist. Die hemmende Wirkung des Zuckers ist nachweislich nicht auf eine Hemmung der Aktion gebildeter Fermente, sondern auf mangelhafte Fermentbildung von selten der Bakterien zu beziehen. Die Nitrate wirken vermutlich durch die Nitrit- bildung (s. unten). (Vergl. hierzu auch die Befunde in Maassens jüngster Publikation.) Weitere Bedingung für die Indolbildung ist die Aerobiose. Unter streng anaerobiontischen Bedingungen fehlt die Indolbildung oder sie ist minimal; in letzterem Falle kann sie stets darauf bezogen werden, dass Sauerstoff aus anderen Quellen beschafft wird. Die Indolbildung ans geeignetem Stammmateriale ist eine den aller- meisten Colistämmen zukommende Fähigkeit, welche sie von Typlius- bazillen unterscheiden hilft. Unter typhusähnlichen (Coli-?)Bakterien fanden Maurea & Germano ca. 16^ nicht indoll)ildende. Nach anderen Autoren sollen wenigstens Spuren von Indol auf geeigneten Nährböden stets nachweisbar werden. Oft sind die produzierten Mengen sehr be- trächtliche. Ein Bact. coli »auindolicum« mit sonst charakteristischem Verhalten wurde von Lejibke beschrieben, aueli von Hoix u. v. a. (Wi- DAL, Malvoz, Vallet, DiNBAR u. s. w.) erwähnt*]. Im verunreinigten Wasser scheinen nicht indolbildende (und auch sonst typhimorphe) Coli- bazillen (»Paracolibazillen«) nicht selten vorzukommen (Sterxberg, Refik). Nach französischen Autoren soll das nicht indolbildende Coli auch in der Vergärung des Milchzuckers zurückbleiben. Recht oft findet man schon nach 24 stündigem Aufenthalte der Kultur im Brutschranke die Indolproben positiv, in anderen Fällen wird das Indol erst später nachweisbar. Nach Germaxo & Maurea wird ein bestimmtes Maximum des Indolgehaltes in den Kulturen nach bestimmter Zeit, nämlich nach etwa 10—12 Tagen (37° C), erreicht. Der zeitliche Ablauf der Indolbildung sei übrigens mehr von der Qualität des Sub- strates, als von dem Stammcharakter des Mikroben abhängig. Die Iiidolbildungsfähigkeit entspricht im allgemeinen der Wachstumsenergie des Stammes, sowie auch dessen Virulenz (Peckham); sie kann wie diese experimentell beeiuflusst werden. Ein durch Züchtung auf phenolhaltigen Nährböden durch mehrere Wochen geschwächtes Bact. coli bildet weniger, eventuell gar kein Indol (Malvoz, Villixger); Peckham konnte die Indol- bildung bei Bact. coli durch Variation der Lebensbedingungen anregen oder vermindern, ja sogar ganz unterdrücken (wogegen andrerseits B. typhi zur Indolproduktion gebracht wurde). Namentlich fortgesetzte Züchtung auf eiweiß- reichen Medien (Serum) begünstigt (durch eine Art spontaner Zuchtwahl?) die *) MoiiRiS will allerdings in 10- resp. 20tiigigen Kulturen des »Bact. coli anindolicum« auf oproz. Peptonbouillon gleichwohl sehr deutliche Indolreaktion er- halten liaben. Der hohe Peptongehalt wirkt nach ihm begünstigend. Die Angabe Lembkes bezieht sich auf die Beobachtung 1 — 2 tägiger Kulturen in gewöhnlicher Bouillon. Bacterium coli commune. 363 Indolbildnngsfähigkeit. Züchtuug von Bact. coli auf Kulturen, die mit Antipyrin- lösungen versetzt sind, hat nach Remy & Sugg denselben Eflekt, Einwirkung höherer Temperatur (60 — 80*^ C durch 1 — 20 Minuten nach Villinger) den gagenteiligen. Das aus Colikulturen gewonnene Indol hat einen reinen, angenehmen Jas- mingeruch, wogegen das aus Fäulnismischungen dargestellte bekanntlich un- erträglichen Gestank verbreitet (BLmiEXTHAL). Der Indolnachweis geschieht nach Kitasatos Vorgehen (Methode S^u.- kowsky) derart, dass 10 cm^ der Kultur (auf Pepton- *)Kochsalzlösung) mit etwa 1 cm^ 0,02 proz. Kaliumnitritlösung und dann mit etwas konzentrierter Schwefelsäure versetzt werden. Der im positiven Falle hierbei entstehende Farbstoff wird behufs Konzentration und Unterscheidung von anderen Farb- stoffen mittelst Amylalkohol (worin er nach Pohl löslich ist) ausgeschüttelt (Lösener). Unter Umständen empfiehlt es sich, diese Ptcaktion im alkalischen Destillate der Kultur anzustellen**). Eine andere Reaktion auf Indol wird angestellt wie die LEGAL-WEYLSche Kreatininreaktion mit Natrium -Nitro prussid und Kalilauge. Hierbei färben sich indolhaltige Lösungen blau (Lösener); die Probe ist daher nur bei Ab- wesenheit von Schwefelwasserstoff anwendbar, der bekanntlich gleichfalls in alkalischer Lösung mit den Salzen der Nitroprussidwasserstoffsäure eine purpur- blaue Färbung giebt. Auch mittelst der Fichtenspanreaktion lässt sich die Indolbildung durch Bact. coli erweisen (Crisafulli). • Interessant ist der Vorschlags Peres, die Indolbildung aus Pepton durch Bact. coli zum Nachweise von Peptonen in physiologischen und pathologischen Flüssigkeiten zu verwerten. Die Indolreaktiou sei empfindlicher als andere Methoden des Peptonnachweises. Im Darmkanale dürfte Bact. coli höchstens geringe Mengen von Indol bilden; denn aus dem normalen Säuglings darm, wo fäulniserregende Spaltpilz- arten fehlen und Bact. coli neben Stammverwandten oft nahezu in Reinkultur vorliegt, wird nur wenig Material zur Bildung gepaarter Schwefelsäuren im Harne resorbiert. Vielleicht spielt auch hier der Zucker eine hemmende Rolle. Neben dem ludol fand Chantemesse in Peptonfleischwasserkulturen Skatol, /^Methylindol, C6H4 <(c(CHi/ ^^' das aber Lösener vermisste. Auch betrefis der Pheuolbildiiug durch Bact. coli liegeu wider- sprechende Angaben vor. Lösener, Chantemesse, Lehmann & Neu- mann, Blumenthal fanden Phenol, zum Teil allerdings nur in Spuren und inkonstant, Lewandowski konnte es nicht nachweisen. Die Angabe Zinnos, dass in Peptonfleischwasserkulturen auch Kreatinin gebildet werden könne, begegnet berechtigtem Zweifel, da die [nebst der Dar- stellung von Kreatininchlorzinkkrystallen] angewandte Farbenreaktion als Me- *) Nach Pere eignet sich namentlich tryptisch gewonnenes Pepton bestimmter Firmen. **) Da auf nitrathaltiiien Nährböden unter gewissen Bedingungen (s. u.) durch das Wachstum des Spaltpilzes eine Reduktion der Nitrate zu Nitriten statthat, kann man mitunter die »Nitrosoindolreaktion« auf Zusatz von Schwefelsäure allein auftreten sehen. Das »Pyobacterium Fischeri« von Küttner giebt diese Reaktion, welche nach dem Gesagten kein Unterscheidungsmerkmal vom Bact. coli vorstellen kann ; Kruse). 364 Th. Escherich & M. Pfaundler, tliocie des Nachweises bei Anwesenheit von Indol nicht einwandsfrei ist. Die Substanz könnte überdies auch aus dem Kreatin der Fleischbrühe stammen (Lösener). IjLumicnthal fand iu Peptoiiwasserknlturen von Bact. coli (mit kohlensaurem Natron versetzt) Merkaptan (wohl Methylmerkaptan, CH3— SH). In Abszessen, welche Bact. coli in Reinkultur enthalten, kommt es nicht selten zur Bildung stinkender Gase, deren Geruch an jenen von Methylmerkaptan und jenen von gewissen Aminen erinnert. Dem Bact. coli wird auch die Fähigkeit zugeschrieben, aus gewissen Proteinsubstanzen Stickstoff und zwar vermutlich wohl nur »locker ge- bundenen« oder »Amid«-Stickstofi" (Bindungstypus: — CO — NH2) in Form von Ammoniak abzuspalten. Diese Ammoniakabspaltung soll mit der Indolbildung Hand in Hand gehen; sie erfolgt im allgemeinen unter denselben Bedingungen wie diese (Abwesenheit von vergärbarem Zucker, Aerobiose u. s. w.). Lösener will in Colikulturen auf Fleischwasser, Peptonkochsalzlösung imd »anderen eiweißhaltigen« Lösungen stets Bil- dung von flüchtigem Alkali, nämlich Ammoniak, konstatiert haben. WuRTZ unterstützt diese Angabe. Eschericii spricht von einer »alka- lischen Gärung« mit Ammoniakproduktion, die das Bact. coli im Darm- kauale hervorrufe und die er in Gegensatz zu der von demselben Er- reger erzeugten »sauren Gärung« beim Abbaue der Zucker setzt. Schmidt & Aschoff nahmen auf Gelatinekultureu von Bact. coli stets schon nach einigen Tagen einen intensiven Geruch nach ammoniakalisch zersetztem Harne Avahr und konnten Ammoniak objektiv nachweisen. Am sichersten lässt sich die Ammoniakl)ildung durch Bact. coli jedoch, wie uns Escherich lehrte, an mehrtägigen Kartoäelkulturen demon- strieren, indem man einen mit Salzsäure befeuchteten Glasstab der Vege- tation nahebringt. Es bilden sich dichte Salmiaknebel. Das Ammoniak stammt in diesem Falle aus den spärlichen Proteinsubstanzen oder aus den Amidosäureu und Amideu des Substrates. (Verf.) Die Bildung flüchtigen Alkalis aus gewissen »Eiweißkörperu« (im weitesten Sinne des Wortes), die übrigens nach v. SoiMmarlca sämtlichen aerob wachsenden Bakterien zukommen soll, kann somit dem Bact. coli nicht abgesprochen werden ; doch scheinen nach meinen neueren Untersuchungen (1902) echte, native, völlig intakte Proteine (im Gegensatze zu Eiweiß- bruchstücken, namentlich zu den ersten Verdauungs- und sonstigen noch hochmolekularen Spaltungsprodukten) für Bact. coli überhaupt nicht angreifbar, also auch kein Substrat zur Ammoniakbildung zu sein. Auf reinen Eiweißlösungeu (Serumeiweiß) und Eiweißsalzlösungen findet auch sozusagen keine Vermehrung des Bact. coli statt; doch ist darin nicht etwa die Ursache für die ausbleibende Indol- und Ammoniakbildung zu erkennen, sondern der Ausdruck dessen, dass solches natives Eiweiß dem Bact. coli nicht zur Nahrung dienen kann. Der Spaltpilz kann sich die im Zusammenhange des intakten Eiweißmoleküls befindlichen Elementar- teile nicht zu nutze machen. Eiweißderivate und Albumiuoide verhalten sich dem Bact. coli gegen- über anders; sie sind mehr oder weniger angreifbar. Syntonin fördert z. B. nach Pere das Wachstum von Bact. coli auf Bouillon, Darmschleim wird nach Ad. Schmidt durch Bact. coli, wenn auch nur langsam, ver- flüssigt. In reinem Zustande ist er dem Mikroben allerdings ein schlechter Nährboden. (Siehe auch G. Mayer.) Bacterium coli commune. 365 Einseliläg'ig* beachtenswert ist die von Bosse bestätigte Angabe Dey- CKES und VoiGTLÄNDERS, dass das Wachstum von Bact. coli ein besseres ist, wenn das als Substrat dienende Agar oder die Gelatine vorher einer peptischeu und tryptischen Verdauung- ausgesetzt war. Bact. coli spaltet auf zuckerfreien Nährböden (Gelatine, Agar und Peptonbouillon) aus albuminoiden Substanzen — (wenn nicht aus den Sulfaten, was äußerst unwahrscheinlich [Rubxer]) — Schwefelwasser- stoff ab, wodurch nach gewisser Wachstumszeit (ca. 2 Tagen) z. B. Schwarzfärbung- des mit Eisen- oder Bleisalzen imprägnierten (Fkomme, Morris) oder Violettfärbung- des mit Nitroprussidnatrium versetzten Nähr- bodens zustande kommt (Stagnitta- Balis treri). Die Versuche, Bact. coli und Bact. typhi nach dem Auftreten dieser Reaktion zu unter- ^ scheiden, haben zu keinem günstigen Ergebnisse geführt (Orlowski, ' Lösexer). Nitratgehalt des Nährbodens hemmt die Schwefelwasserstoff'l)ilduug, woraus Petri und Maassen Schlüsse über das Wesen der Reaktion ab- leiten. lu einer mehrere Jahre alten eingedickten Kultur von Bact. coli in Fleisch- wasserpeptonlösung fand ich einen syrupösen Bodensatz, der mikroskopisch Leucinkugeln völlig ähnliche Gebilde enthielt und dessen alkoholischer Aus- zug Kupferkarbonat mit blauer Farbe löste. Zu einer einwandsfreien Iden- tifizierung dieses Körpers reichte die vorgefundene Menge nicht aus.*) Der Befund von Eiweißabbauprodukten in Colikulturen scheint auf den ersten Blick mit jenem der ausbleibenden Gelatinevertlüssigung- in einem gewissen Widerspruche, der sich jedoch folgendermaßen aufklärt: Wenn das Bact. coli auf Gelatine gedeiht, so verflüssigt es ohne Zweifel eine gewisse Menge des Substrates, jedoch nicht mehr, als es sogleich weiter zu zersetzen und zum Aufbaue seiner Leibessubstanz verwenden kann, wogegen die sogen, proteolytischen Bakterien in Ueberschuss tryp- tisclie Fermente erzeugen, welche sich in weitere Schichten des Nähr- bodens verteilen und im Verhältnis zum Nahruugsbedürfnisse der Kultur enorme Massen des Nährbodens in lösliche Produkte und gelöste Form überführen. Der Unterschied zwischen Gelatine verflüssigenden und nicht verflüssigenden Arten ist in diesem Sinne ein nur quantitativer. An älteren Coligelatinekulturen kann man mit freiem Auge ein Ein- sinken der Kulturmasse in das Substrat, an jüngeren Kulturen mit der Lupe winzige Verflüssigungstrichter bemerken, wie sie auch anderen nicht »proteolytischen« Arten, z. B. dem Streptococcus pyogenes, zu- kommen. Beim Vergleiche der proteolytischen Wirksamkeit von Bact. typhi und Bact. coli fanden Ide , Proskauer & Capaldi , Hellstküm u. a. , dass letzteres unter gewissen Bedingungen ceteris paribus die albuminoiden Sub- stanzen nur minder wirksam anzugreifen vermöge als ersteres. Bact. coli ist nämlich befähigt den zum Aufbau seiner Leibessubstanz benötigten Stickstoff aus einfach zusammengesetzten Verbindungen, z. B. ptlanzeusauren Ammonsalzen zu beziehen (in ähnlicher Weise Avie dies chlorophyllhaltigen Pflanzenzellen unter Mithilfe des Sonnenlichtes möglich ist), welche Befähigung dem T^phus- bacillus abgeht. Letzterer ist daher aiif die höher organisierten Stickstoff- verbindungen angewiesen. Damit hängt auch die Thatsache zusammen, dass *) Die Bedeutung des Befundes wird überdies dadurch eingeschränkt, dass das verwendete Wittepepton kleine Leucinmengen enthalten kann. 366 Th. Escherich & M. Pfaundler, Bact. coli im Gegensatze zum Typhusbacillus auf den von Nägeli, üschinsky, VoGES und Fränkel angegebenen Nährlösungen (enthaltend anorganische Salze nebst milchsaurem Ammon, asparaginsanrem Natron, Asparagin) nach Escherich u. a. eine üppige Vermehrung aufweist. Eine Vorstellung über das quantitative Verhajlten der verschiedenen Zer- setzungsprodukte beim Wachstum von Bact. coli auf proteinhaltigem Substrate ist in gewissem Grade gegeben durch die Forschungen Blumenthals. Blu- MEXTHAL, der namentlich den Einfluss des Alkaligehaltes verschiedener Nähr- böden auf den Chemismus der Proteolyse durch Bact. coli zu studieren be- zweckte, fand in Nährböden, welche aus 20 g käuflichen Peptones, 1 1 Wasser und 8 cm3 (A), bezw. 32 (B) und 48 cm^ (Cj lOproz. Lösung von Natrium carbouicum bestanden, nach 20tägiger Bebrütung folgende Mengen von Zer- setzungsprodukten*) : Nährboden A Nährboden B Nährboden C (Methyl) -Merkap tan, be- stimmt als Quecksilbermer- kaptid, (CH3-S)2Hg 0,022 g — 0,0735 g Schwefelwasserstoff, be- stimmt als Quecksilbersulfid, HgS — Indol Phenol, bestimmt als Tri- brompheuol, Cr H2 (OH) Brg Flüchtige Säuren, Halb- normallauge sättigend Flüchtige Säuren, qualitativ Nichtflüchtige Säuren, Halbnormallauge sättigend Nichtflüchtige Säuren, qualitativ 0,045 g 0,340 g 2,9 cm3 9 6,5 cm-' 0,108 g 0,049 g 0,192 g 8,2 cm3 Butter- säure (?) Rückständiges Pepton 9,4 cm» Spuren von Oxy säuren und von Bernstein- säure 9,093 g 11,592 g 0,061 g 0,226 g 77,4 cm^^ Gemisch von Baldrian- und Kapron- säure 48,0 cm3 Oxy säuren und Bern- steinsäure 8,047 g Betreffs des Einflusses der Alkalien schließt Blumenthal hieraus , dass (sowie bei der Fäulnis) das Alkali keinen besonderen Einfluss auf die Zer- setzungsfähigkeit des Mikroben habe (Zersetzungsintensität annähernd in den drei Proben gleich), dass aber die Quantität der einzelnen gebildeten Stoff- wechselprodukte vom Alkaligehalte abhängig sei. Von besouderem Interesse au Blumenthals Befunden ist der meines Wissens sonst nirgends erbrachte Nachweis von Fett- und 0 xy fett- säur en als colibakteriellen Zersetzuugsprodukten von »Pepton«. Es wird allerdings geboten sein, diesen Befund mangels gewisser Kontroll- bestimmungen vorläufis; mit Reserve aufzunehmen; es wäre nämlich wohl denk- *) Das Ammoniak wurde hier leider nicht bestimmt; es ist somit nicht ersicht- lich, wieviel von dem Stickstoff des zersetzten Peptones in identifizierbarer Form gewonnen werden kann. Bacterium coli commune. 367 bar, dass die Säuren als solche oder aber in Form der entsprecbenden Amido- verbindimgen in dem verwendeten Peptonpräparate anwesend oder präformiert waren und dass die Prozeduren der Sterilisierung, der Erhitzung in alkalischer und saurer Lösung zu ihrer Entbindung führten. Bei der Darstellung des käuflichen »Peptons« wird mit eingreifenderen Spaltungsmitteln vorgegangen, als sie dem Bact. coli zur Verfügung stehen, und mit solcheu, welche geeignet sind, Amidofettsäuren aus dem Eiweiße abzuspalten. (Auch auf die Menge der übrigen gefundenen Spaltungsprodukte köunte die Prozedur der Destilla- tion in alkalischer Lösung von Einlluss gewesen sein.) Bemerkenswert ist die sehr beträchtliche (hauptsächlich auf die Oxy- säuren entfallende) MehrbUdung von Säuren in den stärker alkalisierten Medien, welche gewissermaßen als eine selbstthätige Korrektur der dem Mikroben nicht zusagenden Reaktion des Substrates aufgefasst werden kann. Möglicherweise werden von Bact. coli aber neben den von Blumen- TiiAL erwähnten Säuren (Bernsteinsäure, Baldriausäure, Kapronsäure und eventuell »höhere Fettsäuren«) auch niedrigere Homologe gebildet, welche als solche zersctzliclier sind und dem weiteren Abbaue (siehe S. 360) anheimfallen. Der Vorgang bei der Herstellung alkalischer Reaktion in proteiulialtigen Colikulturen wäre dann derart aufzufassen, dass das Proteinmolekül als > neutrales Geflige« zunächst in Komplexe saurer und alkalischer Natur zerfällt, wovon erstere weiter konsumiert werden. Diesem in größerem Maßstabe vor sich gehenden Dissimilationsvorgange stehen natürlicli Assimilationsvorgäuge, welche vermutlich bei den Amido- säuren einsetzen, entgegen. Unter den Produkten, w^elche beim Wachstum des Bact. coli auf Nährböden mit gewissen stickstoffhaltigen Substanzen entstehen können, befindet sich merkwürdiger Weise auch elementarer Stickstoff. Hierauf wurde z. B. Schlossmanx gelegentlich des Studiums von fermentativen Vorgängen im Säuglingsdarme aufmerksam. Beim anaeroben Wachstum von Bact. coli (und Bact. lactis aerogenes) auf mehlhaltiger Kociischer Bouillon entstand ein Gasgemenge, das viel (21 — 50 _^) freien Stickstoff enthielt. »Bact. coli vermag also (ebenso wie Bact. lactis aerogenes) aus Eiweiß (? Verf ) und Pepton freien N abzuspalten, ein Vorgang, der ein Analogon findet in der Einwirkung von Bromlauge auf Harnstoff (HüFXERSche Picaktion) und den ich als Nitrolyse bezeichne. Ueber die einzelnen Phasen dieses Vorganges fehlt noch jede Vorstellung, doch kann man wohl daran denken, dass ein Teil der Endprodukte, die hierbei entstehen und im Verhältnis viel mehr H enthalten als das Ausgangsmaterial, das Mehl, diese H-Atome den Amidogruppen des Ei- weißes, resp. Peptoues eutzieht.« Diese Interpretation Sc^hlossmaxxs mag Widersprüchen begegnen, sein Befund jedoch steht fest, zumal er durch einen analogen von an- derer Seite gleichzeitig erhobenen bestätigt wird. Lepierke sah in 2proz. Peptongelatiue, die völlig kohlehydratfrei war, nach Einimpfung von typischen Colibazillen regelmäßig, bei Verwendung atypischer Stämme zuweilen Gasbildung auftreten. Das Gas bestand aus 22, bezw. 33^ Wasserstoff und 78, bezw. 66 j% Stickstoff. Bei Gelegenheit der Mit- teilung von Lei'Ierkes Befunden wurde darauf hingewiesen, dass bereits 6 Jahre früher Chahrie die nach Charrix in Coligelatine-Kulturen stets zustandekommende Gasbildung auf freiwerdenden Stickstoff hatte zurück- führen können. (Chabrie hatte den von Bouchard sogen. »Urobacillus septicus non liquefaciens«, d. i. einen aus cystitischem Harne stammenden 368 Th. Escherich & M. Pfaundler, Colibacillus in Händen.) Endlich fand ich bei Küttner die Angabe, Fischer habe in einem durch Wachstum von Bact. coli auf (zucker- haltiger?) Bouillon gelieferten Gasgemenge 6—11 Vol. ^ Stickstoff ge- funden. Für die Beurteihmg: dieser Befunde kommt mir eine, bisher nicht ins Auge gefasste Fehlerquelle noch in Betracht, die Nachuntersucher auszuschalten haben werden. Nach Petri enthält nämlich das zur Herstellung von Nähr- böden verwendete Material, namentlich die Gelatine, aber auch manches Pep- tonpräparat und das käufliche Kochsalz Salpetersäure in mehr weniger deut- hchen Spuren, bezw. ansehnlichen Mengen (Gelatine: 0,13^). Durch das Wachstum des Spaltpilzes kann diese zu salpetriger Säure reduziert Averden, welche auf zufällig anwesende Amide und Amidosäuren unter Stickstoflfab- spaltung einwirkt (vergl. unten S. 374) oder aus der Stickstoff durch weitere Reduktion entsteht. Es mag hier anschließend erwähnt sein, dass in Kulturen von Bact. coli (sowie von vielen anderen Spaltpilzen) eine Bindung von freiem Stickstoffe aus der Atmosphäre statthat. Die nebenher verlaufende Ammoniakabgabe kann diese Stickstoff bindung überkompensiereu, so dass (wie z. B. auf Plattenkulturen) in toto ein Stickstoffverlust zustaude- kommt. Auf Bouillonkulturen hingegen überwiegt nach Küxvalewski stets die Assimilation. 10 cm^ Colibouillou vermehrten bei lOtägigem Stehen im Brutschranke ihren Stickstofifgehalt beispielsweise um ca. 2,0 mg. Ueber das Verhalten des Bact. coli gegenüber Harnstoff haben lange Zeit hindurch widersprechende Ansichten vorgelegen; auch die jüngeren einschlägigen Arbeiten vermögen die Frage, wie mir scheint, noch nicht endgiltig zu entscheiden, obwohl sie zu ziemlich übereinstimmendem Ergebnisse geführt haben. Seitdem" man jene Formen von Cystitiden kennt, bei welchen im Harne Bact. coli in Reinkultur (oder aber im Vereine mit gewissen an- deren Mikroben) gefunden wird (Escherichs Colicystitis , deren Be- deutung und häufiges Vorkommen im Kindesalter*) man nunmehr ein- stimmig anerkennt)," konstatierte man stets, dass die saure Reaktion des Harnes" hierbei im Gegensätze zu anderen Cystitisformen auch in schwersten Fällen unverändert bestehen bleibt. Dieser Befund, gestützt durch ex- perimentelle Forschungsergebnisse, verleitete eine Reihe von Autoren (Morelle, Miquel, Achard & Renault, Barlow, Schxitzler, Mel- chior) anzunehmen, dass eine Zerlegung des Harnstoffs in Ammoniak und Kohlensäure durch Bact. coli überhaupt nicht oder nur in ganz unbeträchtlichem Maße statthabe, sei es, weil Harn oder andere Harn- stofflösungen keinen geeigneten Nährboden für Bact. coli bieten**), sei es, weil dem Mikroben die Fähigkeit der Amidspaltung abgehe. Die gegenteilige Ansicht scheinen Bouchard, Reijlaud, Ali Krogius, Albaran & Halle zu vertreten (cit. nach Halle & Dissard), ohne jedoch überzeugendes Beweismaterial beizubringen. Jüngere und eingehendere Forschungen stammen von Halle & DissAED, Ogatas Schüler Kashida und Maxx (noch nicht publiziert. *; Auch bei Cystitiden Erwachsener fand sich z. B. jüngst in 120 Fällen 80 mal Bact. coli oder das ihm sehr nahestehende Bact. lactis aerogenes als Erreger (ROSTOSKI). **) Nach Achard & Renaui/f kommen dem Harnstoffe in ca. 3— 4proz. Lösung sogar baktericide Fähigkeiten zu. Bacterium coli commune. 369 bei Lehmaxx & Neumanx evwäbut). Die Geiiaimteu fanden, dass manehe (Maxx), bezw. alle Colistämme auf sterilem Harne oder barn- j^toÖ'baltigen Xäbrböden gezüebtet den Harnstoff teilweise in kohlensaures Amnion verwandeln. Die Folge davon ist beispielsweise, dass Harn bei 37" C je nach dem Grade seiner nativen Acidität in 3 — 7 — 30 Tagen seine Reaktion gegenüber Indikatoren verändert, alkaliseb wird oder dass Milebzueker-Harnstoff-Agar mit Lackmus (Ogata -Kasiiida) nach 24stUndiger Rötung (saure Zuckergärung) wieder blau gefärbt wird. Dieses Älerkmal wird zur Differenzierung des Bact. coli vom Typbus- bacillus empfohlen. Nach Halle & Dissard ist die durch Bact. coli bewirkte »Harn- stofifgärung« der durch andere Spaltpilze bewirkten gegenüber dadurch ausgezeichnet, dass sie sehr allmählich geschieht und dass in ihrem Verlaufe eine fortschreitende Hemmung eintritt, derart, dass in keinem Falle der ganze anwesende Harnstoff zerlegt wird. Bemerkenswert ist auch die Angabe der beiden Autoren, dass au Stelle des Harnstoffes neben kohlensaurem Ammoniak »albuminoide« (?) Substanzen entstehen. Kashida gegenüber fand Deelemaxx bei Züchtung von Bact. coli auf Peptonwasser mit Harnstoff-Kurkumapapier als Indikator, dass die Befähigung zur Harnstoffspaltung zum mindesten eine inkonstante Eigen- schaft des Bact. coli sei. Wilde berichtet, dass die dem Bact. coli verwandten Arten der »Fkied- LÄXDER-Grnppe :< normalen, durch Hitzesterilisierung ammoniakalisch gemachten Harn bei ihrem Wachstume stets säuern. Eine Erklärung dieses höchst auf- fallenden Befundes zu geben, hat er nicht unternommen. Das Auftreten von Ammoniak in harnstoffhaltigen Nährböden aus Gelatine, Peptonwasser u. s. w. beweist natürlich noch nicht, dass Harnstoff durch Bact. coli fermeutativ gespalten wurde, da es in jenen auch ohne den Harn- stoffzusatz zur Ammoniakbilduug zu kommen püegt. Wenn man ferner Bact. coli auf sterilem Harn züchtet und findet, dass das Substrat dadurch ammo- niakabsch wird, so wird mau noch den Nachweis erbringen müssen, dass die Menge des anwesenden Harnstoffes in dem Maße abgenommen hat, als der Vermehrung des nativen Ammoniaks entspricht, um dem Bact. coli eine der Harnstoffgärung durch andere Spaltpilze analoge Wirksamkeit zuschreiben zu dürfen. Selbstverständlich müssen die solchem Zwecke dienenden Methoden der Harnstoffbestimmung direkte sein und dürfen nicht auf Differenzbestimmungen bernheu, bei welchen von den gefnndeueu Ammoniakwerteu ausgegangen wird. Mit Rücksicht auf solche Ueberlegung stellte ich jüngst neuerliche Unter- suchungen über die Harnstoffzersetzung durch Bakt. coli im Harne an, welche bei gleichbleibenden GesamtstickstoflVerten eine Vermehrung des Ammoniaks (mit Reaktionsiuuschlag), aber auffallender Weise keine Harustoffvermin- derung ergaben. Betreffs der noch unsicheren Deutung dieses Befundes siehe Orig. Aus höher konstitutionierten Säureamiden vermag Bact. coli ohne Zweifel größere Mengen von Stickstoff in Form von Anmioniak abzu- scheiden. Dies gilt beispielsweise vom Asparagin. Weitere und detail- lierte Angaben liegen hierüber nicht vor. Ein Rückblick auf die das Verhalten des Bact. coli zu Stickstoff- substanzen betreffenden Befunde ergiebt namentlich folgendes: 1. Der Angriff auf höher zusammengesetzte, sowie einfach gebaute Stickstoffsubstanzen erfolgt durch Bact. coli stets nur unter eng um- Hamlbucli der pathogenen Mikroorganismen. II. 24 370 Th. Escherich & M. Pfaundler, schriebenen Bedingungen und auch dann nur in relativ geringem Um- fange (verglichen mit der Kohlehydratzersetzung). Es ist nicht erwiesen, dass die Zersetzung der Stickstofisubstanzeu durch Bact. coli an die Anwesenheit lebender Spaltpilzzellen gebunden ist; mehrfache Analogieen machen das Gegenteil wahrscheinlich; es handelt sich vermutlich um die Thätigkeit eines von der Bakterienzelle in spärlicher Menge aus- geschiedenen oder wenig aktiven Fermentes. Der Vorgang ist seinem ganzen Charakter nach ein enzymatischer und von Gärungsprozessen verschieden. 2. Der Angriff erfolgt anscheinend nicht, oder doch nur äußerst träge, auf völlig intakte, weit energischer auf bereits im Abbau begriffene oder irgendwie modifizierte Eiweißmoleküle. (Hierin erinnert die Aktion des vom Bact. coli gelieferten »tryptischen Enzymes« an die gleichfalls nur auf teilweise gespaltenes Eiweiß beschränkte Wirksamkeit des von CoHXHEiM in der Darmwand aufgefundenen »Erepsiues«.] 3. Die Produkte der Einwirkung von Bact. coli auf die komplexeren Stickstoffsubstanzen sind, soweit bisher bekannt, namentlich Indol, Skatol, Ammoniak, Schwefelwasserstoff" und Merkaptan. Die Abspaltung von NH-j-Gruppen aus Amiden (und Amidosäuren?) ist eine durch Bact. coli vermittelte hydrolytische Funktion; das Auftreten der genannten heterocyklischen Verbindungen in proteinhaltigen Substraten jedoch weist darauf hin, dass es sich nicht um eine einfache hydrolytische Spaltung handelt (wie etwa durch die gewöhnlichen Verdauungsenzyme), dass vielmehr daneben sekundäre Prozesse nicht näher bekannter Natur ablaufen, die übrigens an die Vorgänge bei der Einwirkung von Laugen auf Protei'nsubstanzeu und an den Chemismus bei der Fäulnis erinnern. Verhalten zu Fettsubstanzen. Zur Spaltung von Fetten (Oel, Rinderfett] auf Nährböden (unter Säure- bildung) ist Bact. coli — im Gegensatze zum Typhusbacillus — auf- fallender Weise nach v. Sommaruga nicht befähigt. Auch übt die Anwesenheit .von Fettsubstanzen im Substrate auf Bact. coli nicht — wie auf viele andere Spaltpilze — einen Proliferationsreiz aus. Die von v. Sommaruga zum Nachweise der event. Fettspaltung ange- wandte Methode (vergleichende Titration der Gesamtacidität der Kultur auf fetthaltigen und gleich zusammengesetzten, aber fettfreien Nährböden) ent- spricht wohl allerdings nicht den höchsten Anforderungen und lässt obige These nur mit Reserve äußern. (Vergl. auch Rubner.) Säuerung und Alkalibildung durch Baet. coli auf zusammen- gesetzten Nährböden. Enthält ein fester oder tlüssiger Nährboden angreifl)are Kohlehydrate und Proteinsubstanzen nebeneinander, so können beim Wachstume von Colibazillen erstere unter Säure-, letztere unter Alkalibildung zerlegt werden. Die Reaktion des Substrates, die man durch einen beigemengten Indikator anzeigen lassen kann, ist dann von gewissen Bedingungen, insbesondere von den Konzeutrationsverhältuissen und vom Sauerstoff- zutritte abhängig. Im allgemeinen erfolgt der eigentliche Angriff auf die Protein- substanzen erst nach völliger oder weit vorgeschrittener Konsumierung der Zucker. Doch bleiben erstere auch bis dahin nicht intakt, da sie. Bsicterinm coli commune. 371 wie erwähnt, den Stickstoff für das Bakterienwachstiira zu liefern haben. In Peptonzuckerlösungen kommt es beispielsweise zur Indolbildung nicht, solange unveränderter Zucker vorliegt und überhaupt nicht, wenn die Konzentration des Zuckers au sich oder wegen der entstehenden Säure- mengen*) das Bakterienwachstum oder die Fermentationen hemmt. Ist dies nicht der Fall, so schlägt die anfänglich sauer gewordene Reaktion bei der folgenden vorwiegend alkalische Produkte liefernden Zersetzung der Stickstoffsubstanzen in die alkalische um. Auf zuckerhaltiger Gelatine hemmt der Zucker den Angriff auf die albuminoiden Bestandteile des Nährbodens (bei proteolytischen Bakterien die Yertlüssigung) und zwar ist dies nicht etwa auf excessive Säurebildung zu beziehen, sondern darauf dass bei Anwesenheit von Zucker kein proteolytisches Enzym gebildet wird (Auerbach). Die saccharolytische Thätigkeit des Bact. coli verhält sich der proteolytischen gegenüber in diesem Sinne antagonistisch. Die Milch ist kein Nährboden, der die Bedingungen für solchen Reaktions- umschlag bietet, vermutlich weil ihr natives Eiweiß dem Mikroben nicht gut angreifbar ist keine Bildung von Indol, Phenol, Merkaptan, H28! (Blumex- THAL, Bienstock)]; wohl aber gilt dies von der Labmolke, deren Eiweiß- bestandteile Albumosennatur besitzen. Von festen Nährböden eignet sich namentlich Zuckergelatine, die nach Buchner mit Lackmus gefärl)t wird, zur Demonstration des Farbenumschlages (Schmidt & Aschoff). Auf Nährböden, welche nur sehr geringe Mengen von angreifbaren Kohlehydraten enthalten, hingegen viel Stickstoffmaterial, wie z. B. Peptoubouillon, Gelatine und Agar, kommt es beim aeroben Wachstum von Bact. coli bald zu beträchtlicher Alkalibildung, v. So:\[ArAKUGA fand in einschlägigen Versuchen nach mehrwöchentlichera Wachstum folgende, breit schwankende Werte für die stattgehabte Alkalibilduug (Indikator Rosolsäure) : Peptoubouillon 5,8 — 18,4^ " lo Lauge Gelatine 8,2— 25,4^ » Agar 9,1-23,7^ » Die Alkalibildung auf zusammengesetzten Nährbödeu wird von mancher Seite (Hellstrüm) gewissermaßen als eine Wehrvorrichtung des Mikroben gegen die ansteigende Säuerung aufgefasst. Das Bact. coli vermöge sich dieses Selbstschutzes aber im Gegensatze zum Typhusbacillus nur in be- schränktem Maße zu bedienen und gehe daher leicht an Uebersäuerung des Nährbodens zu Grunde, wogegen letzterer stets rechtzeitig Alkali beschaffe. Anderseits deutet Smith an, dass die anregende Wirkung von geringem Zuckerzusatze zu Nährböden auf das Wachstum von Bact. coli mit der neutrali- sierenden Funktion der Gärungssäure zusammenhängen könne, welche die Entstehung einer stark alkalischen Reaktion verhindere. Solche Annahmen sind natürlich nur dann berechtigt, wenn die beiden Vorgänge der sauren und der »alkalischeu Gärung« als teilweise nebeneinander ablaufende Prozesse gelten dürfen. Bestimmtes Avurde hierüber nicht bekannt. Während Luftabschluss die Säurebildung quantitativ nicht wesentlich beeinträchtigt, kommt die Alkalibildung bei Anaerobiose nur in geringem Maße oder gar nicht zustande; daher ist z. B. die Wachstumshemmung *) IX Traubenzucker in Bouillon kann nach Smith schon eine die Vegetation bedrohende Säuerung verursachen. 24* 372 Th. Eschei-ich & M. Pfaundler, durch überschüssige Gärimgssäure namentlich im geschlossenen Schenkel des Gärkölbchens erkennbar. Die Alkaleszenzznnahme beim Wachstum von Bact. coli auf Nähr- böden bestimmter Zusammensetzung beruht nicht immer ausschließlich auf Bildung alkalischer Abbauprodukte der Proteinsubstauzen, sondern unter Umständen auch auf der Zerstüruug organischer Säuren, die ur- sprünglich als Alkalisalze anwesend in Alkalikarbonat übergeführt werden können (Smith). Vergl. hierüber die obeu Seite 360 referierten Untersuchungen von Maasskn. Deüinacli Aväre das Bact. coli im Sinne PJ'.truschkys zu den »Alkali- bildnern« zu zählen, obwohl Petkuschky selbst den mit Bact. coli identischen Bac. neapolitanus (Emmerich) nach seinen Versuchen mit (der milchzueker- haltigeu) Lackmusmolke als »Säurebildner« führte. Die diesbezüglich klärende Erkenntnis, dass das Verhalten der Mikroben in beti'eff der Säure- und Alkali- bildung in erster Linie von der Zusammensetzung des Nährbodens abhängt, nämlich die Säurebilduug an das Vorhandensein eines unter den jeweilig vorliegenden Umständen vergärbaren Kohlehydrats, die Alkalibildung an das Vorhandensein einer angreifbaren Stickstoffsubstanz gebunden ist, verdanken wir Smith; wenigstens stammen von ihm die ersten präzisen Aeußerungeu hierüber. Die Einteilung der Bakterien in alkali- und säurebildeude ist eine unzweckmäßige, weil die Bedingungen für die Bildung tiberwiegend saurer oder alkalischer Produkte zumeist außerhalb des Mikroben liegen. Pktruschkys Meinung, es könnten sich unter seinen »Säurebildnern« auch solche finden, welche aus Eiweiß und Pepton vorwiegend saure Produkte abspalten, ist theoretisch wohl gerechtfertigt, doch liegt etwas Thatsächliches hierzu nicht vor. (Vergl. die Befunde Blumenthals und PtOLLYs.) Reduktion durch Bact. coli. In den Kulturen von Bact. coli verlaufen bei Anwesenheit geeigneter Substrate Retluktionsprozesse. Diese Reduktion wurde früher als eine Funktion der Bakterienzelle als solcher angesehen (Smith, Scheurlen, Kleit); dementgegen konnte Fr. Müller jüngst zeigen, dass die Re- duktion des Farbstoffes außerhalb des Bakterienleibes und zwar durch ausgeschiedene Stoöwechsclprodukte zustandekommt. Diese Produkte sollen nicht unmittelbar nach ihrer Ausscheidung, sondern erst einige Zeit später reduzierend wirken und allmählich durch den Sauerstoff der Luft zerstört werden. L Reduktion von Farbstoffen. Die Reduktionswirkuug, welche das Bact. coli äußert durch Um- wandlung gewisser Farbstoffe in die farblosen Leukoprodukte und in andersfarbige Zwischenstufen, ist in der Reihe der anderen Mikroben eine etwa mittlere, im allgemeinen höher als beim Typhusbacillus. (Ger- MANO & Maurea, Wolff.) Maucheu Farbstoffen, z. B. dem Orcein gegenüber ist das Verhalten allerdings ein umgekehrtes. Wolff spricht daher von einer »spezifischen Reduktionsaffinität.« Zu den Farbstoffen, welche Bact. coli auf geeigneten Nährböden entfärbt, gehören namentlich folgende: Lackmus (Cahex, Duxbau, Fr. Müller auf Lackmusbouillou, Smith auf Lackmusmilch im geschlossenen Schenkel des Gärkölbchens), Rosol- säure (v. S(^mmaruga, Lösexer in Bouillon und Agar — nicht in Ge- latine — Entfärbung nach 24 Stunden). Bacterium coli commune. 373 ludig-schwefelsaiires Natron (CIermaxo & Maukea, Entfärbung nach 2 Tagen; Lösenek, Entfärbung- rascher oder hmgsamer, je nach dem Ziichtungsalter des verwandten Stammes). Methylenblau (Smith, Fr.Müller; lleduktion namentlich auf zucker- haltigen Nährböden, dauert nach dem Absterben der Zelle noch fort); ferner: Safranin, Toluidinblau, Orseille (Rothbeugek). Letzterer Autor sah Eutfarbuug, bezw. Verfärbung durch Bact. coli über- dies bei einer großen Zahl anderer Farbstofie erfolgen. Doch scheint es sich dabei nicht immer um Keduktionswirkung oder nicht um diese allein zu handeln. Eine beachtensAverte Fehlerquelle bei der Beurteilung der Reduktionswirkung durch Bakterien liegt darin, dass die gebräuchlichen Nährböden an sich bei Brutschranktemperatur reduzierend wirken (so z. B. auf Methylenblau — auf Lackmus nur bei Anwesenheit von Fleisch- oder Traubenzucker. Smith). Praktische Bedeutung haben namentlich einige der Farbenveränderungen auf Colikulturen erlangt, welche zur Unterscheidung von CoU- und Typhus- bakterien u. s. w. verwendbar sind. Bewährt und bestätigt scheint diesbezüg- lich nur das Verfahren von Rothher(;er (modifiziert durch Maxkowsky und Scheffler), welches darauf beruht, dass Nentralrot auf Colikulturen ent- färbt Avird und Fluoreszenz zeigt (s. unten). Zu den durch Bact. coli reduzierbaren Farbstoifen gehört auch das Oxy- hämoglobin, welches in Colikulturen (nach Bildung von etwas Methämoglobin) in Hämoglobin verwandelt wird (Labbe). In den auaeroben Versuchen dieses Autors bbeb das Hämoglol)in als solches bestehen, während es in den aeroben Versuchen weiterhin neuerdings oxydiert, endlich in Methämoglobiu, bezw. Hämatin übergeführt wurde. Einschlägige Beobachtungen machte auch Lasch- TSCHKNKO, der namentlich auf die diiferentialdiagnostisch verwertbare luaktivität der Typhusbazillen gegenüber dem Farbstoffe des Kaniiichenblutes hinweist. II. Reduktion von anorganischen Salzen. Neben der Reduktion von selenigsaurem Natrium, wol)ei metallisches Selen abgeschieden wird (Sciieurlex und Klett), ist einschlägig die Reduktion von Nitraten zu erwähnen. Wie die Mehrzahl der bekannten Ibxkterienarten (worunter im Gegen- satze zu früheren Angaben auch der Typhusbacillus [Maassex]) vermag Bact. coli Nitrate in geeigneten Nährlösungen (z. B. Fleischwasser) in Nitrite zu verwandeln (Li xke wirz). Die Anwesenheit eines als Sauer- stoffquelle verwertbaren Zuckers soll diesen Vorgang nicht wesentlich beeinträchtigen, doch scheint er an andere, noch unerforschte Bedingungen geknüpft zu sein (Bordaxo). Höchst interessant sind die Beobachtungen von Birri & Stutzer, wonach die Reduktion der Nitrate in einer Misehkultur von Bact. coli und einem nicht näher definierten anderen Mikrolien aus Pferdefaeces (»Bact. denitrificans I und II«) über die Nitritbildung und unter Auf- zehrung aller Nitrate und Nitrite zur Entbindung freien Stickstoifes fuhren kann. Diese Art der Denitrifikation unterscheidet sich von einem analogen, sehr vulgären Gärungs vorgange namentlich durch das Zustandekommen unter aeroben Bedingungen, was dafür zu sprechen scheint, dass es sich dabei nicht bloß um die Eröfinung einer Sauerstotfquelle für das Wachstum des Mikroben handle. . Weitere Untersuchungen machen dies allerdings gleichwohl wahrscheinlich; denn, wie Weissexpeld in Be- stätigung und Erweiterung der Angaben von Burri & Stutzer fand, 374 Th. Escherich & M. Pfaundler, kann die Denitrifizierung- im kleineu durch reichliche Zufuhr von Sauev- stoö' (Luft) hintaugehalteu werden. Im großen hat der Landwirt längst, in- dem er den Boden gut durchlüftet, empirisch das Mittel gefunden, um eine seine Kulturen schädigende Denitrifizieruug der Ackererde zu verhindern. Nach Weissenfeld zerfällt der Vorgang der Stickstotfeutbindung aus Nitraten in der Mischkultur von Burri & Stutzer in zwei Phasen : 1. Reduktion von Nitraten zu Nitriten, z. B. NaNOa = NaNOo -\- 0. 2. Eeduktion von Nitriten zu freiem Stickstoff und Lauge, darstellbar etwa durch folgende Glleichung: 2NaN03 + H.O = 2 Na (OH) + N. + O5 Die Fähigkeit, erstere Eeaktionsphase einzuleiten, ist vielen Bakterien eigen (im Falle der BuRRi-SruTZERschen Symbiose dem Bact. coli). Der letztere Vorgang kommt durch Sauerstoffentnahme von selten der Bak- terieuzellen zustande und wird durch das »Bact. denitriticans« vermittelt. Er geht naturgemäß mit Alkalibildung einher und diese kann schließlich durch Behinderung des Bakterienwachstums eine Selbsthemmung des Prozesses herbeiführen. Einen wichtigen Schritt zur Aufklärung der hier einschlägigen, für den Stickstofiumsatz in der Natur offenbar höchst belangreichen Vor- gänge bedeutet eine von Grimbert jüngst beigebrachte Beobachtung. Grimbert fand, dass Bact. coli (sowie Bac. typhi) aus salpeterhaltigem Peptouwasser keinen, aus salpeterhaltiger Peptonbouillon hingegen vielen Stickstoff" abspaltet, mehr als den ursprünglich vorhandenen Nitratmengeu entspricht; letztere können also nicht die einzige Stickstoflfquelle sein. Grimbert schloss, dass die »Stickstoffgärung« in den Kulturen an die Anwesenheit von Amidverbinduugen, wie sie das Fleischinfus enthält, gel)unden sei und vermutet, dass dieselbe durch die bekannte typische Keaktion der (hier durch Keduktion entstandenen) sal- petrigen Säure auf die Amidogruppen zustandekomme nach der Formel: R _ CO — NH-, + HNO.> = R — COOH + N2 H- H2O oder R — CH2 — NH2 + HNO2 = R — CH2OH + N2 + H2O. In den Versuchen von Hugounenq & Doyox wurde auch aus Pepton- wasserkulturen Stickstofl" entbunden; dieser Befund klärte sich aber im Sinne der GiiiMBERTSclien Annahme dadurch auf, dass dem Peptonwasser bei der Impfung reichliche Bouillon beigemengt worden Avar. Geringe Mengen ent- bindbaren Stickstoffes dürften übrigens auch die Peptonpräparate enthalten (geringe Gasbildung in stärker konzentrierten Peptonwasserkulturen Grimbekts!); manche von ihnen vielleicht sogar erhebliche Mengen. Da Nitrite als solche (die Kulturflüssigkeit in den Versuchen der Autoren reagierte meist neutral oder alkalisch!) auf die Amide nicht reagieren, nimmt Grimbebt an, dass kleine Mengen durch Gärung gebildeter Säure gewisser- maßen in statu nascendi durch Entbindung von salpetriger Säure wirksam seien. Die Reduktion der Nitrate soll überhaupt nur bei Anwesenheit von reak- tionsfähigen Amidgruppen erfolgen (Grimbert); dies könnte darauf hinweisen, dass Nitrite wachstumshemmend wirken, was aber nicht nachweislich der Fall ist. (Grimbert, Weissexfeld.) HuGOUKEXQ & DoYON glauben eher einen primären, biochemischen als den von Grimbert vermuteten sekundären, rein chemischen Vorgang annehmen zu sollen; das letzte Wort in der Frage steht wohl noch aus Der von Burri & Stutzer und Weissenfeld beobachtete Vorgang kann jenem in Grimberts Versuchen nicht wesensgleich sein, da der erstere BacteriuiB coli commnne. 375 an die gleiclizeitige Anwesenheit des Bact. denitrificans oder Bact. pro- digiosnm (Weissenfeld) neben dem Bact. coli, der letztere an die An- wesenheit von reaktiousfähig-en Amidogriippen (des Fleischextraktes) gebunden ist. Weissenfeld sah Stick stottentbindung in Mischkulturen eintreten, deren Substrat als einzige Stickstottquelle >!H4N03, oder gar nur NaNOs enthielt. Dieudonne konnte mittels der schon von Lunkewicz zum gleichen Zwecke empfohlenen, äußerst empfindlichen Nitritreaktion von Griess- Ilosvay (Kotfärbung auf Zusatz eines Gemenges von Sulfanilsäure und Naphthylamin) die Nitritl)ildung durch Bact. coli gleichfalls nachweisen. Der Ausfall dieser Reaktion in einer Kultur von Bact. coli (und Bac. typhi) auf \% Wittepeptonwasser mit 0,0001 X Kalisalpeter (37" C.) ist von der Züchtungsdauer abhängig und ergiebt sich folgendes typische Verhalten: Nach Bact. coli Bac. typhi 4 Stunden -\ — \- — 17 — + + 2 X 24 V — + -h 3 X 24 . — + Die im Beginne sehr stark positive Nitritreaktion (Wittepeptonlösung er- giebt selbst eine schwache Rotfarbung von Spuren salpetrigsaurer Salze) verschwindet somit beim weiteren Wachstum des Cobbacillus. Gleichzeitig wird Ammoniak in der Flüssigkeit nachweislich. Dadurch hält es Dieudonne für erwiesen, dass das gebildete Nitrit in Ammoniak weiter reduziert wird. Nach den citierten Forschungen Grimberts kann man diese Beweisführung nicht mehr als zwingend anerkennen. Vielleicht handelt es sich auch hier um einen Denitrifikationsvorgang und stammt das Ammoniak vom Angriffe des Spaltpilzes auf Amidogruppen des »Peptons«. In der Typhuskultur verläuft anscheinend derselbe Prozess, nur träger. Neuerdings beobachtete Maassen gleichfalls völliges Verschwinden von Salpeter- und salpetrigsauren Salzen aus Peptonwasserkulturen von Bact. coli und stellte durch Nachweis von Ammoniak in Nährsalzlösungen, die Stickstoff nur in Form von Nitrat enthalten uud 14 Tage dem Wachstum von Bact. coli gedient hatten, endgiltig fest, dass Bact. coli Nitrate in Nitrite und diese in Ammoniak zu reduzieren thatsächlich be- fähigt sei. Nach Maassen spielt die Reduktion von Nitraten durcli Bact. coli mehr im dyuamogenen als im plastischen Stoffwechsel des Mikroben eine Rolle; wenigstens gilt dies bei Anwesenheit von gut nährenden organischen Stickstoffsubstanzen. In Peptonwasserkulturen von Bact. coli wurden unter dem Ein- flüsse anwesenden Glycerins Nitrate unter Bildung von Nitriten, Stickstoff und (wenig) Stick stofifoxyd zerlegt. In betreff der Stick- stofifentl)indung unterscheidet sich nach Maassen Bact. coli (nebst an- deren Mikroben) von den eigentlich denitrifizierenden Bakterien dadurch, dass die Stickstoffentbindung bei ihm an die Anwesenheit von be- stimmten Kohlehydraten gebunden ist. Waehstvirn des Baet. coli avif spezifischen, namentlich zu seiner Unterscheidung vom Typhusbacillus dienenden Nährböden. Von den zahlreichen Nährböden, welche namentlich zum Zwecke einer raschen oder sicheren Unterscheidung von Coli- imd Typhusbazillen empfohlen 376 Th. Escherich & M. Pfaundler, wurden und sich Nachuutersuchern mehr oder weniger bewährt haben, in Kürze folgende srenannt. seien Colibacilliis Typhusbacillus 1. Die Unterscheidung beruht auf dem verschiedenen Assimilationsvermögen für stickstoffhaltige Atomgruppen. Nährlösungen , enthaltend weinsaures, salzsaures, schwefelsaures, phosphor- saures Ammon, Aspara- giu , Leucin , Harnstoff, andere Ami de u. Amido- säuren. (Nägeli, USCHINSKY, MaASSEX„ C. Fränkel.) Nährlösung aus Aspara- gin, Zitronensäure, Calci- umchlorid, prini. Kalium- phosphat und Zuckern. (PrOSKAUER & C AP ALDI.) stets deutliche, oft üppige Entwicklung. minimale oder keine Ver- mehrung. kräftige Entwicklung unter Säurebildung. geringe oder keine Ver- mehrung;. 2. Die Unterscheidung beruht hauptsächlich auf dem verschiedenen Angriffs- vermögen auf Kohlehydrate. Lackrausmolke (Petruschky). Lackmuslaktose-Gelatine und -Agar*) (Wurtz, Mathews). 2 prz. Traubenzuckeragar (Germaxo & Maurea), Milchzucker- Kreide- bouillon (Chantemesse & Widal). LöFFLERSche Kalbs- leberbouillon (mindestens 20^ Leber) mit Lackmus (Cesaris-Demel, Gor- buxoff). Trübung unter starker Säurebildung (mindestens 4 — h% 7io Säure). Rötung bald nach Er- scheinen der Kultur zu- nächst in der Nachbar- schaft, dann in weiteren Schichten. Gasentwicklung. rasch eintretende Gärung, starke anhaltende Trü- bung, nach 24 Stunden Ptotfärbung , nach 48 Stunden bleibende Vio- lettfärbung. schwache Säurebildung (höchstens 3 ^ "/, o Säure) . Blaufärbung. keine Gasentwicklung. keine Gärung, zarte Trübung, bald Klärung durch Agglutination, nach 24'' Entfärbung, nach48'' bleibende Rosafärbung. *) An Stelle von Lackmus wurden in analoger Weise verwendet: »rubine acide« (Ramond:, »bleu soluble« (Robix;, Phenolphthalein (Abba, Grazioni, Merieux und CARRii), Flaoreszin (Graziaxi). Am besten bewährte sich nach Gautie die Em- pfehlung von Rajiond, dann jene von Wurtz; die übrigen Methoden rangieren in gleicher (dritter) Linie. (SanÄrelli, SIL^^:sTRlNl u. a. sahen ausnahmsweise gegen- teiliges Verhalten.) Bacterium coli commune. 377 Dieselbe anaerob. Pepton - Pilz dekokt (Mankowski). Pepton - Maunitlösun g mit P\iclisin und ludig- carmiu (Proskauer- Capaldi). Asparagin- Mannitlösung mit Ncährsalzen (Proskauer- Capaldi). Jequirity-Dekokt (Kauf- mann). »KünstlicliesMilcbserum« (Milchzncker- Eiereiweiß- lösnng) (BoRüAS und Joulin). Fleisehwasser-Peptou- Nutrose-Agar mit Milcb- zucker, Lackmnslösung und 0,01 Voo Ki-ystall- violett (v. Dri(4ALski & CONRADi). Colibacillus erst Piotfarbung und Trü- bung unter Gasbildung, dann Farblosigkeit. silberweißes, festes, trock- nes Häutclien, Gärung. nach 20 stündiger Züch- tung bei 37° noch alkali- sche Reaktion. saure Reaktion. Grünfarbung oder färbung*]. Trübung und starke Koa- gulation in 1 bis späte- stens 3 Tagen**). nach 20 bis 24stündiger Züchtung Kolouieen 2 bis 6 mm groß, leuchtendrot, nicht durclisichtig. ***) Typhusbacillus. erstRotfärbungu. Trübung ohne Gasbildung, dann dauernde Farblosigkeit. durchsichtig glänzender Streifen, keine Gärung. saure Reaktion. alkalische Reaktion. Ent- schwache Grünfarbung;. Trübung ohne Koagu- lation. Kolonieen 1 — 3 mm groß, blau (Stich ins Violette), glasig, tautropfenähnlich. 3. Die Unterscheidung beruht auf der verschiedenen Befiihigung zu spezifischen chemischen Leistungen. Amygdalinhaltige Bouillon (Inghilleri, nach BoRDANO kein kon- stantes Verhalten des Bact. colil. Harnstoff-Milchzucker- Agar (Kashida, Savel- .ieff). nach 36 Stunden Spal- tung des Glykosides in Traubenzucker, Blau- säure und Benzaldehyd; Vergärung des Zuckers, Säuerung, Geruch nach Bittermaudelöl (emulsiu- artige, doch nicht fermen- tative Wirkung, da vor- sichtig sterilisierte Kul- turen nicht wirken). erst Säure-, dann bald Alkali- (NHg) -Bildung. keine Spaltung, Säuerung. erst späte Säuerung, kein NII3. *) Nach G10RMANO & Maurea kommt durch Rohrzucker vergärendes Coli Entfärbung (Säuerung), durch Rohrzucker nicht vergärendes Coli Grünfiirbung (Alkalisierung), durch Typhusbazillen schwache Grünfärbung oder keine Farben- veründerung zustande. **) Nach Gautie der Milchprobe vorzuziehen. Die Koagulation durch Bact. coli bleibt nur ausnahmsweise aus. ***, Nach H. Kayser verhalten sieh mehrere »intramediäre« Stämme, die der Coligruppe angehören, auf diesem Medium genau wie Typhusbazillen. 378 Th. Escherich & M. Pfaundler, 2proz. Harnstoff-Gelatine (Gorini). Artischo cken - Fr uclit- boden (Roger) nncl Arti- schockenbrüh- Gelatine (Roux). Colibacillus nach 3 — 4 Tagen längs des Impfstriches lianfen- förmig augeordnete Kry- stalle,* in der Gelatine- masse Gasbläschen (NII3 nnd CO2?). gutes Wachstum und Grünfärbuug durch Oxy- dation einer chromogenen Substanz**''';. Typhusbacillns Auftreten gleichmäßig verteilter, feiner weißer Körnchen*) [ (N 1^4)2003 - Kry stalle?] minder gutes Wachstum und keine Grünfärbung. 4. Die Unterscheidung beruht auf der verschiedenen Wachstums-Intensität im allgemeinen oder auf der verschiedeneu Widerstandsfähigkeit gegen bakterien- feindliche Stoße. Bierwürzegelatine. . sehr üppiges Wachstum schlechtes Wachstum, in Form eines dicken, Aveißlichen, mehr weniger ausgebreiteten Ueber- zuges mit welligen Rän- dern. Kauinchenblutserum (SlLVESTIUNl). Schilddrüsen extrakt- Gelatine (Kopp; analog verhält sich ein mit Bauchspeicheldrüsen her- gestellter Nährboden nach Kotlar). Kokosmilch (Sterxberg, DaVxVLOS). Malzzucker- Gelatine (Malvoz bei Roux). Zitronensaure Gelatine f) mit Methyl violett (Uffel- mann). Wachstum**). sehr üppiges Wachstum, Bildung einer dicken, ge- falteten Haut. gutes Wachstum, stroh- gelber Bodensatz spär- lich, fein verteilt; Indivi- duen vorwiegend in Diplo- kokken- u. Ovalformen. schmale, kaum sichtbare Streifen. kein oder sehr kümmer- liches Wachstum. kein Wachstum**). kaum sichtbarer, schleier- artiger üeberzug. gutes Wachstum, schmutzig- Aveißer Boden- satz sehrreichlich, flockig; Filidienbildung. dichte, üppige Schichte. nach 48 Stunden Kolo- nieen von etwa 1,5 mm Durchmesser mit blauem Schein , später intensiv blau, a-ranuliert. *) Dieser differentielle Befund wurde von Lösener nicht bestätigt. **) Nach Germano & Maurea soll der Typhus kümmerlich, das Bact. coli teils üppig, teils schlecht, teils gar nicht gedeihen. ***) Die Angaben Rogers wurden (im Gegensatze zu jenen Rouxs) bei einer Nachprüfung der Methode durch Gautie im ganzen und großen bestätigt. Nur gewisse »Paracolibazillen« zeigten ein den Typhusbazillen ähnliches Verhalten. i) Nach Dunbar können diese beiden Unterscheidungs- und Trennnngs- methoden, sowie die anderen auf Wachstumshemmung beruhenden (Parietti, Vmcent, Chantemesse & WiDAL, Thoinot) wohl Bact. coli aus Gemengen mit Bac. typhi, nicht aber Bac. typhi aus Gemengen mit Bact. coli gewinni n helfen. Bacterium coli commune. 379 Kartoffelsaft- Gelatine *] (Holz . Jodkali-Kartoffel-Gela- tiue (Elsner, modifiziert von Grimijert, bestätigt von Saveljeff , Ster- LisfG, Jemjia u. a). Peptonbonillon mit 0,02 bis 2,00/00 arseniger Sänre (Thoixot und Brouardel). Speicheldrüsenwasser und Speicheldrüsen- wasser-Agar (G. Mayer). Kartoffel- Agar mit Clii- ninum sulfuricum (l^/oo) oder Baryum aceticum 2,5%, (Elsner). Agar 0,5^)-Gelatiue- (5^)- Gemisch (Strod- dart; nach C. Fränkel unzuverlässig;). Colibacillus kein oder kümmerliches Wachstum. nach 48 stündigem Wachstum charakteristi- sche Wachstumsform in großen , brauneu Kolo- nieen. zumeist Wachstum**). mäßige Trübung, weißer, dicker, »schattiger« Rasen. Wachstum. kleine Auflagerung der Impfstelle. Typhusbacillus charakteristisch aus- sehende , durchsichtige , flache , feingezeichnete Kolouieeu von relativ be- trächtlicher Größe, winzige, wassertropfen- artige, feinst granulierte Kolonieen. kein Wachstum. kräftige Trübung, kräfti- ger, grauer, an den Rän- dern stärkerer Rasen, kein Wachstum. rasche Verbreitung unter Trübung des Substrates. 5. Die Unterscheidung beruht auf der verschiedenen Weiche (3,3proz.) Harn- Wachstum wie auf ge- gelatine mit 0,5proz. wohnlicher Gelatine; vor- Pepton***) (PiORKOWSKi, wiegend runde Kolonieen vergl. auch Hiss). ohne Ausläufer oder mit plumpen, kurzen Aus- läufern. Beweglichkeit. (?) Zurückbleiben desWachs- tums; Bildung charakte- ristischer, feiner Aus- läufer (Schwärm- kolonieen), wurzeiförmi- ger Geflechte und völlig zerfaserter Kolonieen ohne Centrum. Reduktionsvermögen, keine Veränderung:. 6. Die Unterscheidung beruht auf dem verschiedenen Neutralrot -Agar und in 24 Stunden Aufhellung -Gelatine (Schüttelkultur, und starke Fluoreszenz. ROTHBERGERj). *) Siehe Anmerkung t) auf S. 378. **) Nach Markus sowie nach Gautie ist die Trennung keine zuverlässige; manche Colistämme sollen sich betreffs Widerstandsfähigkeit gegen das Gift ebenso verhalten, wie der Typhusbacillus. ***) Der PiOHKOWSKische Nährboden wurde von diesem Autor selbst, ferner von Schütze, G. Mavee u. a. modifiziert. Die Angaben Piorkowskis wurden von den meisten Nachuntersuchern (Wittich, Krause, Peppler, Gebauer, Schlitze, Clemm, Unger & Portner, Bischoff & Menzer) bestätigt; sein Verfahren bedeutet einen wesentlichen Fortschritt in der Technik der Trennung von Bact. coli und Bac. typhi. Die jüngste eingehende Nachprüfung des Verfahrens (mit Litteraturbericht) stammt von üayaschikawa. i) Mankowski, Scheffler u. a. haben das Verfahren von Rothberger mit günstigem Ergebnisse nachgeprüft und etwas modifiziert; dasselbe scheint sehr verwendbar. Vergl. auch Hunter und Wolff. 380 Th. Escherich & M. Pfaundler, Safranin-Agar (Roth- berger). Lackmusbonillon (Fr. Müller). Fucbsiuagar*) (Gasser). Malacbitgrüu-Siilfit-Agar (Marpmann). Kartoffelabkochuiig mit Hydrocbinou (Elsner). Colibacillus in 24 Stundeu die ober- sten Scbicbten entfärbt. Reduktion bei Zimmer- und Körpertemperatur. Entfärbung des Agars nur längs des Impf- stricbes. grauweißer Belag. Entfärbung des bei der Sterilisierung gebräunten Substrates. Typhusbacillus keine Entfärbuno;. keine Reduktion. Entfärbung des Agars in großer Ausdehnung. dunkelgrüner Belag. kein Farbenumschlag. Betreffs der weiteren, iiamentlicli der älteren Versuche, durch diffe- rentielle Wachstumsmevkmale Bact. coli und Bac. ty])hi auf a erschiedeuen Nährböden zu unterscheiden, sei auf die bei Lösen er gesammelte und kritisch bearbeitete Litteratur verwiesen. Anaerobes Wachstum des Bact. coli. Bact. coli gedeiht auf geeigneten Substraten auch hei Sauerstoffab- schluss, wenng-leich meist minder gut als in der sauerstoffhaltigen Atmo- sphäre. Das anaerobe Wachstum wurde namentlich von Buchner, C. Fränkel (C02-Strom), Weisser (H- Strom) und Skrafjni (H-, H2S- und CO-i-Atmosphäre) untersucht. Im Beginne ist der Unterschied von aerober und auaerober Wachstumsintensität oft kaum bemerkbar, später- hin tritt er mehr hervor; in Schwefelwasserstoöatmosphäre ist das Wachstum schlechter als in Kohlensäureatmosphäre (Skrauxi). Die Thatsache, dass die Anwesenheit von Traubenzucker (oder Peptcm) auf dem Nährboden Bedingung für das anaerobe Wachstum ist, wurde schon von Escherich notiert und seither mehriach bestätigt. Ide erklärt die Ersetzbarkeit des LuftsauerstoÜes durch Zucker damit, dass er annimmt, Bact. coli mache bei der Zuckerspaltung Sauerstoff frei (s. oben und verBact. coli« ist jedoch an- scheinend weiter gefasst, da er z. B. auf die Eigenschaft der Milchver- gärung und der Indoll)ildung zur Abgreuzung keinen Wert legt. Die Ansicht Weissenfelds hatten schon früher Kruse, Beckmann, Refik (cit. bei ersterem), Poujol & Miquel, namentlich aber mit aller Schärfe Flü(4Ge geäußert. Sie wird auch von Lehmann geteilt, dessen Schüler Papasotiriu in betreff der Deutung von Colibefund im Wasser einen vermittelnden Standpunkt einuimmt: reine Wässer enthalten keine größeren Mengen von Bact. coli; die Anwesenheit von spärlichen Colikeimen ist ohne diagnostische Bedeutung, wogegen die Anwesenheit zahlreicher Individuen in einem frisch geschöpften Wasser den Verdacht auf fäkale Verunreinigung erweckt. Damit dürfte auch das Richtige ge- troffen sein. Nach Lew & Bruns werden in reinen Wässern zwar Colibazillen gefunden, die sich aber von jenen des Darmes durch man- gelnde Pathogenität unterscheiden. Unter aseptischen Kautelen entnommene Tier- und Frauenmilch ist frei von Bact. coli; doch findet sich dieses in den meisten (durch Kuh- kot verunreinigten) Marktmilchproben (Wvss, Uhl, Fiorentini, Abba, Zacharbekow, Valagussa & Ortona u. a.). Naheliegend ist der Weg, den die Infektion bei gewissen anderen Nahrungsstoffen nimmt z. B. den Würsten (Scheff), dem Fleische (Kraus), angefaulten (gefallenen) Früchten u. s. w. In anderen Nah- rungsmitteln wird Bact. coli nicht so häufig angetroffen. 440 Unter- suchungen verschiedener Nahrungsmittel: Trinkwasser, Milch, Butter, Käse, Fleisch, Büchsenkonserven u. s. w. lieferten Chick nur 19 mal Bact. coli (17 mal in Milch, 2 mal in Schellfisch). Der Angabe von Chick, dass Getreide- und Mehlsorten meist von Bact. coli frei seien, steht jene Papas(jtirius entgegen, wonach in 21 Cerealienproben (je 10 Körner) 14 mal Bact. coli anzutreffen war. Bact. coli vermag, wie WiLM zeigte, auch durch die Eischale in das Hühnerei einzudringen. Bei der Fäulnis pflanzlicher Produkte ist Bact. coli stets zu finden (Gordon). \ü'ä Auf der Kleidung (Tuch) von Soldaten fanden Brunner und Pfuhl, auf Verbandstücken Henke Bact. coli; im Staube von Spitalsgeräten ist Bact. coli ein häufiger Befund (Solowjew, Zieleniew), ebenso im Schul- staube (Cacace). Von 21 verschiedenen Bodenarten enthielten (bei Houston) 13 Bact. coli; Lortet traf dieses noch im tiefen Schlamme des Genfer Sees 40 m vom Ufer entfernt, unter einem Drucke von 4 bis 5 Atmosphären und bei einer konstanten Temperatur von 4,5° C. Einige Hundert Liter Luft und einige Centigramm trockenen Straßenstaubes wurden hingegen meist frei von Bact. coli befunden (Chick). Bact. coli ist ferner ein häufiger Bewohner verschiedener, mit der Außenwelt kommunizierender menschlicher Körperhöhleu [Nasenhöhle, Haudbiick der patkogeiieii Mikroorgauismeu. II. 26 402 Th. Escherich & M. Pfaundler, Mundhöhle (GIrimbekt, cit. uach Kruse), Gehörgaug-, Scheide] uud findet sich sehr oft auf den äußeren Körperdecken, namentlich an den Fingern, im Nagelfalze u. s. w. (Heubxkr). Methoden zur Isolierung. Während die Isolierung von Typhusbazillen aus Faeces, Wasser, Staub u. s. w. in der Regel mit technischen Schwierigkeiten verknüpft ist, die zu umgehen eine Reihe besonderer Methoden, elektiver Nähr- böden, Anreicherungsverfahren u. s. w. dienen sollen, gelingen Nachweis und Reinzüchtung von Colibazillen aus solchen Substraten meist mit den einfachsten Mitteln. Unter Umständen wird es sich jedoch empfehlen, zu einem der folgenden Verfahren zu greifen. 1. Verfahren von Liunieres. Einsaat der betreffenden Massen in filtriertes, sterilisiertes 3proz. Heuinfus. Nach 18 — 24 stündigem Stehen bei Bruttem- peratur hat sich in der Flüssigkeit Bact. coli elektiv vermehrt und kann nun durch das Plattenverfahren rein gewonnen werden. Die dui'ch IJact. coli erzeugte, leichte Säuerung scheint andere Spalt- pilze minder gut aufkommen zu lassen. 2. Verfahren von Freudenreich. Einsaat wachsender Mengen des Ausgangsmaterials (Wasser) in 5proz. Laktosebouillon. Anwesenheit von Bact. coli in den verwendeten Impfportionen macht sich nach 12 — 24 Stunden durch lebhafte Gärungserscheinung in den Kolben bemerkbar. Die nicht in die Coligruppe gehörigen Wasserkeinie > ergären nicht in diesem Malie. 3. Verfahren von Abba und von Graziani. Einsaat in eine Lösung von Laktose, Pepton und Soda mit etwas Phenolphthalein oder Fluoreszin. Bact. coli erzeugt Gärung und Entfärbung, bezw. Verlust der Fluoreszenz. 4. Verfahren von AVeissenfeud uud von Jordan. Einsaat in Bouillonröhrclieu, die mit einigen Tropfen Parietti- scher Lösung (5proz. Karbolsäure, 4proz. Salzsäure) versetzt worden waren, oder (bei Verarl)eitung größerer Wassermengen) Zufügung von lOproz. Peptonkochsalzlösung bis zu einem Pepton- und Koch- salzgehalt von 0,5—1^. Jordan bebrütet gleichfalls erst phenolhaltige Fleischbrühe und gießt dann Platten aus Lackmus-Laktose-Agar. Meusburger & Rambousek empfehlen besonders das Parietti- sche Verfahren. Variation der morphologischen und biologischen Charaktere. Bakterien der »Coligruppe«. Im Anschlüsse an die Darlegung der wichtigsten morphologischen und biologischen Eigenschaften des Bact. coli wurde bereits mehrfach erwähnt, dass manche dieser Charaktere unbeständige sind, insofern sie bei manchen Stämmen angetroffen werden, bei anderen hingegen nicht oder doch nur in minder hohem Grade. Es wurde auch schon angedeutet, dass auf das Verhalten der Colistämme betreffs dieser unbeständigen Charaktere gewisse äußere Umstände, wie z. B. die Zusammensetzung des Bacterinm coli commune. 403 Nährbodens, die Umgebungstemperatur, das Züchtungsalter u. s. w. von maßgebendem Einflüsse sind. Solche äußere Lebensbedingungen können vielfach nach Belieben variiert werden. Es ist daher auch möglich, ge- wisse morphologische und biologische Eigenschaften des gezüchteten Stammes künstlich zu beeiutlusseu. Solche Versuche haben namentlich für die Frage nach den Beziehungen zwischen dem Typhus- und dem Colibacillus hohe Bedeutung erlangt. Die wichtigsten einschlägig er- hobenen Befunde seien hier im Zusammenhange dargelegt. Dem Zwecke der planmäßigen, künstlichen Beeinflussung, der »Um- züchtung« von Colistämmen dienten namentlich folgende Methoden: a) Man ließ die Kulturen altern, d. h. Wochen und Monate ohne Wechsel des Substrats stehen (Rodet & Roux, Malvoz, Vil- LixuER u. a.); b) man setzte sie während ihres Wachstums längere Zeit hindurch Temperaturen aus, welche das Entwickluugsoptimum übersteigen (44—46" C.) oder erhitzte die Kulturen vorübergehend (1 — 15') auf 60 — 80° C. (Rodet & Roux, Burci, Malvoz, Villixgeru. a.); c) mau fügte den Kulturen baktericide Substanzen, wie Antipyrin (Rodet & Roux), Phenol*) (Rodet & Roux, Malvoz, Villixger u. a.j, l^orsäure, Salol, Galle (Grimbert & Legros) u. s. w. hinzu ; d) man züchtete durch viele Generationen auf einseitig zusammen- gesetzten Nährböden (Peckham), auf saurem oder alkalischem Harne (Schmidt & Aschoff), Milch (Laruelle, Krogius, Achard & Rexault), Nährböden mit Zusatz von fremden Bakterienstoffen (Proteus, VivALDi); e) man ließ den Mikroben gesunde und fiebernde tierische Orga- nismen passieren (Malvoz und viele andere . Die wichtigsten der auf diesem Wege herbeigeführten Aenderungen von morphologischen und biologischen Charakteren des Bact. coli wurden von Anhängern der »Lyoner Schule , welche den Monismus von Bac. typhi und Bact. coli lehrte, als mehr oder minder ausgesprochene Annäherung an die Charaktere des Bac. typhi gedeutet. Manche von diesen Autoren gingen so weit, zu verkünden, die künstliche Umzüchtung von Bact. coli in wahre Typhusl)azillen sei theoretisch möglich und praktisch auf dem angedeuteten AVege durchgeführt. Dagegen wurden allerdings bald viele Stimmen laut (Chaxtemesse l^ Widal, Smith u. s. w.). Bei Nachprüfungen konnte man nämlich die Angaben der Lyoner Forscher teils überhaupt nicht bestätigen (Chaxtemesse & Widal, Villixger), teils ganz anders deuten. So betont Villixger insbesonders, dass es sich bei der in Rede stehenden Metamorphose einfach um eine Verkümmerung des Bact. coli, einen Verlust an Wachstumsenergie, eine Herabsetzung aller seiner Lebensäußerungen handle. Eine Annäherung an die Charaktere des Typhusbacillus werde nur dadurch vorgetäuscht, dass diesem eben gewisse Fähigkeiten, (z. B. jene zur Indolbildung , Zuckervergäruug, Milchgerinnung, zum üppigen Wachstum auf gewissen Nährböden u. s. w.), die dem ungeschwächten Bact. coli zukommen, von vornherein fehlen. In Bezug auf andere Charaktere, nändich solche, die den Typhusbazillen in höherem Maße als dem Bact. coli zukommen (wie Entwicklung von *; Die Beeinflussung des Bact. coli durch Phenolgehalt höher temperierter Nährböden täuschte nach Rodet in Vincents Versuchen eine elektive Begünstigung des Bact. typhi in Mischkulturen vor. 26* 404 Th. Escherich & M. Pfaundler, Geißelfäden, Beweglichkeit) führe die besagte Metamorphose des letzteren im Gegenteile zu weiterer Unterscheidung der beiden Arten. Bemerkens- wert ist die Angabe v^on Gkumbert & Legros, dass der Agglutinatious- wert eines Typlmsserums gegenüber Colibazillen, die auf obigem Wege einzelne Eigenschaften des Typhusbacillus gewonnen hatten, kein höherer ist, als gegenül)er dem nativen Cdlistamme. Im einzelnen wurde namentlich folgendes gefunden. 1. Morphologie des Individuums. Der Colibacillus werde »el)erthiform« (Rodet &Roux, au. b)*). Eine Reduktion der Länge der Stäbchen fanden Villinger (c), Grimbert A: Legros (c). 2. Motilität. Die Beweglichkeit des Colibacillus wird vermehrt (Rodet & Roux, c, e); sie wird herabgesetzt (Villinger, a, b, c); damit hänge die Neigung zur Kettenbildung und zu einer liesonderen Art des 01)erflächenwachstums auf Nährl)öden zusammen. Die Zahl der Geißeln ist l)eeiuflussl)ar; die Geißeln können ganz ver- schwinden (Ferrier, b, c). 3. Wachstum auf Nährböden. Dasselbe wird durchwegs typhusartig (IJodet ^^ Roux, a, b); dem Avidersprechen CiiANrEMEs.SE typhusartig« bis auf die bräunliche Kartoffelkultur und die geringe Virulenz. Ueber die Beeinflussung der Virulenz durch künst- liche Mittel wurde oben im Zusanmienhange berichtet. Wohin bei mangelnder Kritik der Umzüchtungsgedanke führen kann, illustriert folgende Beobachtung und Ausführung eines phantasiebegabten Forschers. Vernäht man Ratten das Rectum, so gehen sie nach einigen Tagen an einer Coliperitonitis zu Grunde; ein aus dem Krankheitsherde gewonnener Colistamm kann durch künstliche Züchtung in Symbiose mit einem aus Reis stammenden Aspergillus (oryzae?), Tierpassagen u. s. w. morphologisch und *) Die neben den Autorenuamen stehenden Buchstaben bezeichnen die zur Modifikation der Charaktere nach obeustehendem Verzeichnisse angewandten Me- thoden. Bacterium coli coruniuue. 405 biologisch dem Pestbacilliis genähert werden und ein gegen diesen Mikroben immunisiertes Pferd liefert ein Serum, das Ratten gegen Pestinfektion schützt. Bact. coli und B. pestis sind also »biologisch äquivalent«. Die Bubonenpest aber ist in ihren originären Herden eine Colibazillose der Ratte, entstanden durch Einfuhr eines Reises, der Aspergilluskeimo enthält. Die Passage durch den Rattenkörper macht den Colibacillus dieses Tieres dann zum Erreger der Seuche beim Menschen (Caldas) ! Die künstlich erzielten Veräuderuug'eu bilden sich durch einfache Weiterzüchtung' der Stämme nach den Angaben von Malvüz wieder zurück. Nach Villinger geschieht dies nur dann, wenn man (scheinbar) wahllos weiterimpft, Aveil hierbei die minder verkümmerten Generationen aus der Masse der anderen zuchtwahlartig herausgehoben werden; es geschieht hingegen nicht, wenn mau auf diese Fehlerquelle Bedacht nimmt und die entarteten Kolonieen fortzüchtet. (xRiMBEiir ifc Leguüs erzielten unverwandelbare Modifikationen. Eine spontane Annäherung des Bact. coli an den Typhusljacilhis (betreffs seiner l)iologischen Charaktere) soll sich vollziehen l)eim Aufent- halte im Darme von Kadavern (Dallemagne) und bei der Einwanderung in die Milz Lebender (s. bei Wathelet). Durch solche planmäßige, oder aber durch unbeeiuflusste Aenderung- der Lebensbedingungen entstehen in der Hand der Untersucher, in weit größerem Maßstal)e noch im natürlichen Verbreitungsgebiete des Bact. coli, in- und außerhalb der Organismen Bakterienstämme, die nicht mehr alle oben aufgezählten Merkmale des typischen, primitiven Darmcolistammes besitzen, die daher als Spielarten oder Varietäten zu bezeichnen sind. Es ist — schon aus praktischen Gründen — zweckmäßig, diese Spielarten (deren Unterscheidung im einzelnen vielfach schon die relative Unzulänglichkeit der heute verfügbaren Charakterisierungsmethoden gar nicht gestatten würde) mit dem gewissermaßen in ihrem Mittelpunkte stehenden durchaus typischen Bact. coli in eine gemeinsame Gruppe zu vereinigen, für welche sich die Bezeichnung »Gruppe der Colibak- terien« eignet. An den zu dieser Gruppe gehörigen Arten kann man obligate, be- ständige oder essentielle und fakultative, unbeständige oder sekundäre Eigenschaften unterscheiden. Zu ersteren zählen als positive Merkmale die Kurz stäbchenform der Individuen, da« relativ üppige Wachs- tum auf den gebräuchlichsten Nährböden und die Entfärbung bei An- wendung der GßAMSchen Tinktionsmetliode, als negative Merkmale die mangelnde Befähigung zur (makroskopischen) Verflüssigung von Gelatine und die (unter gewöhnliehen Umständen) ausbleibende Sporen- bildung. Die wichtigsten der fakultativen Charaktere wären die Indol- bildung, die Zuckervergärung, die Milchgerinnung, die Beweglichkeit, ein gewisser Grad von Pathogenität u. s. w. Die obligaten Charak- tere können zweckmäßig gleichzeitig zur Definition und Um- schreibung der Coligruppe dienen. Stöcklin und Gilbert & Lion haben dieselbe abweichend zu umgrenzen gesucht; ers^erer rechnet alle Kurzstäbchen ein, welche sich nach Gram entfärben und die Gelatine festlassen (also z. B. auch den Pest- und den Rotzbacillus?!), letztere verlangen für alle Bakterien der Coligruppe überdies unsere »fakultativen« Charaktere. 406 Th. Escherich & M. Pfaundler. Als weiteres Merkmal für die zur Coligruppe zählenden Bakterien- arten k(5nute man geradezu auch die so vielfach zum Ausdruck kom- mende Variationsfäliigkeit in morphologischer und biologischer Beziehung hetrachten. Diese Eigentümlichkeit steht möglicherweise mit der Stellung, die das Bact. coli als Saprophyt des tierischen Körpers spielt, in engerem Zusammenhange. Die saprophytische Rolle verlangt eine weitgehende Anpassungsfähigkeit an wechselnde Lebensbedingungen, die ihrerseits eine Reaktion in den LebensäuBerungen und Erscheinungsformen des Mikroben zur Folge haben muss; starres Festhalten des biologischen Gesamtcharakters ist zumal pathogenen Spaltpilzen eigen; die pathogenen Arten wird man in der Regel schärfer umgrenzt finden, als die ver- wandten, harmlosen Formen. Eine Uebersicht über die zahlreichen Spielarten, welche die Coli- gruppe bilden und unter verschiedensten Namen, wie »Paracolibazillen« (Gilbert), »koloide Bazillen« (Deelemanx), »coliforme Bakterien« (Roux), »Kolonbakterien (Kiesslixg), -Similtyphusbazillen« (Esciierich) u. s. w. beschrieben wurden, gewinnt man am besten, wenn man die einzelnen Typen nach einem geeigneten, besonders kennzeichnenden Merkmale zu einer »Artenreihe< anordnet, wie dies zuerst von Rodet und von Orlowski versucht wurde. Man stößt ])ei diesen Versuchen auf die bemerkenswerte Thatsache, dass die Reihenfolge der Typen oft der Anordnung nach verschiedenen, scheinbar voneinander unabhängigen Charakteren gleichzeitig entspricht; dadurch gewinnt diese Art der Gruppierung an Bedeutung und Interesse. Es ist ferner instruktiv, Bakterienarten, die außerhalb der Coligruppe, aber auf benachbarten Feldern liegen, in den Kreis dieser Betrachtung mit einzubeziehen, da dieselben, in die Artenreihe eingesetzt, gewisser- maßen als fixe > Eckpfeiler < die Orientierung erleichtern und da ihr systematisches Verhalten zu den Bakterien der Coligruppe dadurch er- sichtlich wird. Schemata, die zu solchen Artenreihen geliefert wurden, wären fol- gende : Orlowski (dessen russische Pul)likation mir im Originale nicht zu- gänglich) fügt zwischen den Grundtypus des Bact. coli und den Typhus- bacillus 11 Bakterientypen ein uncl konstatiert, dass die Pathogenität in dieser Reihe mit der Milchkoagulati(»nsfähigkeit parallel und gleich- mäßig variiert. Die Typen können im Tierkörper ineinander über- gehen. Gilbert reiht 6 Paracolibazillentypen in folgende Ordnung: Paracolibacillus 5 4 3 2 Ib*) la**) Bact. coli commune Beweg- Laktose- Indol- lichkeit gänmg bildung- r4elatinewachstum + + + + + + zarte Auflagerung + + ziemlich üppiges Wachstum -h + üppiges Wachstum. *) Identisch mit Bact. endocardititis (Gilbert & Lion). **) Identisch mit Bact. lactis aerogenes (Escherich). Bacteriura coli commune. 407 Lembkes Typen sind folg-ende : Bact. coli commune Bact. coli anindolicnm Bact. coli anaerogenes Bact. typhi abdominalis Schema nach Refik: Zucker- Indol- Patho- otilitiit vergasung bildung genität ± + ^ ^ + + 4- — — — — + + ; H — h — — ++ Laktose u. Dextrose. aerobe Bazillen der Coli- gTuppe A B C D E Milchkoa- Indol- Vergärung ^^l^tioii Bildung + + — + — + Wachstum auf Geißeln Kartoffel ^^JS^ + - spärlich "l^P;^ Typhushacilhis zahl- reich kaum c,'ut wachsend nicht Schema der Durmmikroben nach Ehrenfest: Beweglich- keit + Milch- coagulation + + + Milchzucker- vergärung + + + siclitbar wachsend Indolbildung + + + Eine von WiLoe mitgeteilte Gruppierung von Bakterientypen habe ich zu folgendem Schema ergänzt: Bac. faecalis alcaligeues » typhi abdom. Bact. coli a » » b '> » immobile ;> lactisjierogenes Bac. pneumoniae Sklerombacillus Bac. lactis innocuus Zwischen diesen Typen bestehen nach Wilde noch Uebergangs- formen. Zum Schlüsse füge ich die Artenreihe bei, wie sie von Eschericii seit Jahren in seinen Vorlesungen vorgetragen, bisher aber noch nicht Trauben- zucker- vergasung (auf Agar) Säuerung auf Milch- zucker- bouillon Milch- gerin- nung Indol- bil- dung Geißeln S^ap- sel 1 — — . — . j sehr (Alkali- bildung!) schwach zahlreich zahlreich + stark ^= + mehrere — + stark + + wenige — "^ + - stark . ± ^ ' + keine — - + , sehr stark , + ■ ' — keine dr + stark — keine + + + (od. gering) (Alkali- bildung!) 408 Th. Escherich & M. Pfaundler, publiziert worden ist. Eschekich geht aus von dem aus dem Brustkind- stuhl gezüchteten Bakterium, dem normalen Typus, für welchen er den Namen des »Bacterium coli commune« reserviert. Um dieses als Mittel punkt reihen sich die biologisch nahestehenden Bakterien, welche als Ba- zillen der Coligruppe bezeichnet werden. Dieselben haben mit dem B. c. c. die wesentlichen obligaten Eigenschaften, wie Wuchsform, mangelnde Sporenbildung, Entfärbung nach Gram, üppiges, festlassendes Wachstum auf den Nährböden gemein, während sie in Bezug auf die weniger wichtigen fakultativen, wie Zersetzungsvermögen für Kohlehydrate, Indol- bildung, Beweglichkeit, Virulenz u. s. w. mannigfache Abweichungen im Sinne einer Steigerung oder einer Abschwächung zeigen. In der Regel erfolgt diese Aenderung in der Art, dass bei Steigerung der Gärfähig- keit das Zersetzungsvermögen für alle Zuckerarten erhöht ist, während beispielsweise die Beweglichkeit vermindert ist. So mannigfach und unberechenbar auch die Abstufungen sind, so lässt sich doch eine gewisse Gesetzmäßigkeit in der Kombination der Eigenschaften erkennen. Dieselbe Avird am besten dadurch charakteri- siert, dass man von einer Annäherung des normalen Typus nach der einen Seite gegen den Typhusl)acillus, nach der anderen gegen das Bac- terium lactis aerogenes spricht. In dem beifolgenden Schema sind die Aenderungen der fakultativen Eigenschaften des B. c. nach diesen beiden Richtungen hin eingetragen. Richtiger freilich wäre es, sich die Reaktionen, resp. P^igenschaften nicht einfach nebeneinander, sondern nach ihrer biologischen Stellung in verschiedenen Ebenen um den Kern des B. c. c. gruppiert vorzustellen. unsicht- bar erbsen- gelb fehlt vor- handen fehlt vor- handen schwach mäßig stark Typhus- baciüus. Ueppigesfest lassendes Wachstum B. c. c. Kurzstäb- chen ohne Sporen, gramisch entfärbt. sehr lebhaft träge hoch- gradig abge- schwächt fehlt vor- handen Kartoffel- kultur Milchge- rinnung Gas- prod.*) Säure- bildung Beweg- lichkeit Vinüenz Indol- bildung üppig, weiß, mit Gas- stark, mit Gas- bildung sehr stark sehr stark fehlt wech- selnd i'ehlt blasen durch- setzt Bact. lact. aerogenes Alle diese coliähnlichen , in den wesentlichen Merkmalen unterein- ander, sowie mit dem B. c. c. übereinstimmenden Bakterien bilden die Gruppe der Colibazillen. Obgleich darin alle Uebergäuge sowohl zum Typhusbacillus als zum Bacterium lactis vorhanden sind, dürfte es doch Auf glukosehaltigen Nährböden. Bacterinm coli commune. 409 zweckmäßiger sein diese beiden wohl charakterisierten, konstanten Bak- terienarten trotz ihrer biologischen und wahrscheinlich auch phylogene- tischen Verwandtschaft nicht in die Coligruppe einzubeziehen, sondern sich ihrer vielmehr als natürlicher Grenzlinien dieses Gebietes zu be- dienen. Eine solche schon aus praktischen Gründen zweckmäßige Ab- trennung erscheint auch nach dem Ergebnisse der Immunitäts- und Serum reaktion durchaus gerechtfertigt. Nachtrag zu Abschnitt I, betreffend Arl)eiten, die nach Abschluss des Manuskriptes erschienen, oder zur Kenntnis des Verf. gelangt sind. Ad »Besondere Formveränderungen am Bakterienleibe«, S. 338. Ad AMI, Abbot, Mau de & Nicholson, sowie Wolff berichten über eine Diplokokkenform, die das Bact. coli unter gewissen Umständen annehme. Diese Diplokokkenform wird nach den erstgenannten Autoren eigentlich nur vorgetäuscht, und zwar durch abnorme Kürze der Indi- viduen und Polfärbung. Sie komme besonders beim Wachstum außer- halb des Körpers, und beim Verweilen in Körperflüssigkeiteu (wie Ascitesserum , Galle) zustande. Die Kulturen bestehen dann aus lauter solchen Formen, die einem »abgeschwächten Typus« entsprechen sollen, da diese Bakterien auch unbeweglich seien, Glukose nicht vergären und kein Indol bilden. Letztere Angaben treffen übrigens für die von Wolff — insbesondere durch vitale Neutralrotfärbung — dargestellten »Diplo- kokkenformen« des Bact. coli nicht zu. Ad »Strukturdarstellung am Bakterienleibe durch vitale Färbeverfahren«; Ö. 340. Wolff fand, dass Colikolonieen , die auf Neutralrotagar entstanden waren, eine intensive Rotfärbung annahmen. Diese rührt von der Farbstoffaufnahme in ein bis zwei äußerst kleine Granula im Bakterien- leibe her. Ad »Milchgerinnung durch Bact. coli«; S. 347. Jüngste Forschungen von Fixizio begründen eine neue Auffassung vom Wesen der durch Bact. coli bedingten Milchgerinnung. Nach Finizk^ ist nämlich der Vorgang hierbei dem Labungsprozesse verwandt. Fügt man einer bestimmten Milchportion jene Menge Säure zu, welche durch colibakterielle Zuckervergärung in einer anderen gleich großen Portion derselben Milch Gerinnung zustande gebracht hat, so pflegt die Gerinnung auszubleiben. Es handelt sich daher sicher nicht um eine reine Säure- geriunung. Vielmehr wurde erwiesen, dass das Bact. coli in Milch ein Ferment secerniert, welches das Substrat bei Gegenwart von Calcium- salzen, besonders in saurer Lösung zur Gerinnung bringen kann, welches also dem Chj^mosin oder Labfermente ähnlich "wirkt. Das Bact. coli muss somit in die Gruppe der -acidopresamigenen« Bakterien (Gorixi) eingereiht werden. Dass der Charakter der Colimilcligerinnung jenem der Labgerinnung nähersteht als dem der einlachen Säuregerinnung 410 Th. Escherich & M. Pfaundler, geht aus dem Umstände hervor, dass das Coligerimisel eine kompakte Masse bildet, welche in Alkali schwer löslich ist und viel unauswasch- bare Asche enthält; dass sich ferner im Serum bei der Gerinnung- durch Bacterium coli ein Protein mit Albumosennatur (entsprechend dem Labmolkeneiweiß) findet. Die Säurebildung beim Wachstum von Bacterium coli auf Milch mag das Zustandekommen der Gerinnung unterstützen, ist aber keineswegs ausschließlich dafür verantwortlich zu machen. Die Befunde Finizkjs sind auch in anderer Hinsicht, nämlich für die Frage der Proteolyse durch Bact. coli bedeutungsvoll. Neben der besagten Albumose Avurde von Finizio im Milcbserum nach Coligerinnung auch ein KiJrper mit den Beaktionen der Peptone nachgewiesen, der in der nativen Milch nicht enthalten ist. Aehnliche Eiweißspaltungsprodukte werden auch in Kulturen von Bact. coli auf (zuckerfreier) Ascitesfiüssig- keit gebildet; es erscheint daher nicht wohl annehmbar, dass die Coli- säuerung der Milch als solche die besagte Proteolyse bewirke. Dieselbe muss nach Aveiteren Untersuchungen Fixizios der direkten Einwirkung des Mikroben, nicht etwa ausgeschiedenen Fermenten zugeschriel)en werden. Soferne sich die Befunde von Fixizio bestätigen, wird die oben be- gründete These von der Unangreifbarkeit nativer Eiweißkörper durch Bact. coli vielleicht eine Einschränkung betreffend das Kasein erleiden müssen. Doch ist es auch denkltar, dass der erste Angriff" auf das Kasein-Molekül bei Gerinnung der Milch durch Bact. coli von der Gärungssäure ausgeht. Ad »Wesen der Zuckervergärung durch Bact. coli«; S. 357. In jüngster Zeit hat sich insbesonders Hakden mit der Kohlehydrat- vergärung durch Bact. coli eingehend beschäftigt. Die wichtigsten seiner Befunde sind kurz folgende: Aus Glukose, Fruktose, Arabinose und Galaktose wird als Endprodukt hauptsächlich 1- Milchsäure (neben 5— 25^ i - Milchsäure) gebildet; Mannit hingegen liefert nur 1-Milchsäure. Die gebildete Milchsäure entspricht dabei aber in keinem Falle auch nur der halben zersetzten Zuckermenge. Die Nebenprodukte sind: Gasarten, Alkohol, Bernstein- säure, Essigsäure und Ameisensäure. Die größten Mengen Alkohol werden aus Mannit gebildet, was sich Hardex dadurch erklärt, dass die Alkohol liefernde Gruppe CH^OH — CHOH im Mannit CHoOH — (CHOH)4 — CH20H zweimal, im Traubenzucker CH.,OH — (CHÖH)4 — COH nur einmal vertreten ist. Glycerin, CH2OH — CHOH — CH2OH gehe glatt in Aethylalkohol und Ameisensäure über. Das Auftreten der wichtigsten Gärungsprodukte in qualitativer und quantitativer Hinsicht wäre beim Traubenzucker mit einem Ablaufe der Keaktion nach folgender Gleichung ziemlich gut vereinbar: 2C6H12O6 -I-H2O =2C3HfiO:3 + CH3 - COOH -f C2H5— OH + 2CO2 4- 2H2 Trauben- Wasser Milchsäure Essigsäure Aethyl-Alkohol Kohlen- Wasser- zucker säure Stoff Den mutmaßlichen Spaltungsmechanismus bei der Vergärung von Traubenzucker durch Bacterium coli stellt Hakden in folgendem Schema dar: Bacteriuni coli commnne. 411 CHoOH I = CHg — CH2OH + CO-, + H-, CH OH CH2OH Aethyl-Alkohol Kohlen- Wasser- : " säure stoff CH OH CH OH CHOH CHOH =2C:,He03 I I Milchsäure CH OH CH OH COH CH OH I + HoO = CH3 — COOH + C( ). + H2 COH Wasser Essigsäure Kohlen- Wasser- Zwei Moleküle säure stoff Traubenzucker Aelmlich g-estaltet sich nach Hardkx die Formulierung des Trozesses bei colihakterieller Verg'ärung' von Mannit: CHoOH ! = CH, — CH^OH + CO., H- H2 CH OH CHoOH Aethyl-Alkohol Kohlen- Wasser- I " säure stoff CH OH CH OH CHOH CHOH =2C3H603 ] I Milchsäure CH OH CH OH I I CH2OH CH OH ! = CH3 — CH.OH + CO., + H-, CH2OH Aethyl-Alkohol Kohlen- Wasser- Zwei Molekiile säure stoff Mannit Kohleni*äure und Wasserstoff entstehen sekundär aus ursprünglich gebildeter Ameisensäure: HCOOH = CO2 + Ho (Pakes cV: Jollymaxn). Ad »Verhalten des Bact. coli zu nativen Eiweißkörpern«; S. 364. DiEUDoxxE konnte die Angabe des Verfassers, wonach das Bact. coli nicht imstande sei, uative EiweiRkörper anzugreifen, neuestens bestätigen. In 5 proz. Lösungen von Rinder- und Menschenblutserum mit oder ohne Zucker kam es — wie in den Versuchen des Verfassers — niemals zu Ammoniak- oder Indolbildung, selbst dann nicht, wenn die Lösung vorher durch Hitze sterilisiert worden war. Dagegen fand Dieudoxxe, dass eine Erwärmung der Kulturlösungeu auf nur etwa 45" C. (durch eine halbe Stunde) eine »Denaturierung« der Serumeiweißkörper zur Folge hat, welche sicli dadurch zu erkennen giebt, dass schon geringe Mengen organischer Säuren (z. B. geliefert durch die Colivergärung des Zuckers) eine Fällung herbeizuführen imstande sind (vergl. zu Dieu- DOXXES Versuchsanordnung auch Hanna). 412 Th. Escherich & M. Pfaundler, Ad »Spezifische Nährböden für Bact. coli«; S. 379. Gkünhaum & HuMK berichten über die Vorzüge eines mit Neutralrot g-efärbten Laktosenährbodens, dem zur Unterdrückung des Wachstums anderer Arten noch Krystallviolett oder Natrium taurocholicum hinzu- gefügt werden kann. Ad »Verhalten des Bact. coli gegen tierische Gewebe und Säfte«; S. 388. Nach CozzoLiNO erfährt der Colibacillus etwa 24 Stunden nach Ein- impfung in Frauenmilch eine Entwicklungshemmung, wogegen er in Eselinnen-, Kuh- und Ziegenmilch üppig weiterwuchert. Erst nach 48 Stunden werde dieser Unterschied allmählich ausgeglichen. Frauen- milch erscheine demnach als minder günstiger Nährboden. Cozz. T 1 1 . • j.' 1,4 mm, Ucul. o. regelmanig die charakteristi- schen Formen des Biexst(jck- schen Eiweißfäulnisbacillus und regelmäßig und schon sehr frühzeitig das Bact. coli com. ScHir>D, Szegö, Bordaxo glauben, dass die Infek- tion des Mekoniums durch das keimhaltige Badewasser verursacht werde. Jedenfalls darf man nicht, wie dies Bexda will, aus der An- wesenheit des Bact. coli com. im Darme den Schluss ziehen, dass das Kind gelebt und Nahrung zu sich genommen hat. Ueber die Zahl und Verteilung des Bact. coli com. im Darmkanal bei Brustkindern liegen nur meine älteren Angaben vor, wonach in den oberen leeren Darmpartieen bei saurer Reaktion des Inhaltes nur wenig oder gar keine Bact. coli zur Entwicklung kommen. Aus den Unter- suchungen von Gessxer (1898) an Leichen, von Macfadyx, Kexcki & Sieber (1891), Ciechaxowsky & Jakowsky (1894) an Darmfisteln geht 416 Th. Escherich & M. Pfaundler. hervor, dass auch diese Autoren ähnliche Verhältnisse, das Ueberwiegeu der sauren Grärung- und coliähnlicher Bazillen (Bact. lactis aerogenes) im Dünndarm, beobachtet haben. Eine geradezu sprungweise Vermehrung der Mikroorganismen erfolgt dann im Coecum und Beginn des Colon asceudens, woselbst auch die gramisch färbbaren, ])ald schlanken, bald unregelmäßig gestalteten und verzweigten Stäbchen einsetzen und im weiteren Verlaufe des Dick- darmes bald so sehr überwiegen, dass sie im normalen Stuhle des Brustkindes geradezu als Reinkultur erscheinen und die Colibazillen im mikroskopischen Bilde nur vereinzelt, in der gewöhnlichen Platteu- kultur allerdings oft in Reinkultur nachgewiesen werden (vergl. S. 415 Fig. 1). Kohlbrügge (1901) hält auf Grund von Tierversuchen den Dünndarm, soweit er nicht Speisereste enthält, für steril und das Coecum resp. den Processus vermiformis für die eigentliche Brut- und Zufluchtsstätte der Colibazillen, in welcher diesell)eu vor mechanischen Einflüssen und den baktericiden Wirkungen des Darmsaftes gesichert, ihre Rasse fortpflanzen und rein erhalten. Bei dem Umstände, dass auf den geAvölmlichen Nährböden eigentlich nur der Coligruppe zugehörige Darmbakterien in größerer Zahl sich entwickeln, können wir die Zahlen, welche in der Litteratur als Zählung der Faeces- bakterien auf gew()hnlichen Agar- und Gelatineplatten vorliegen, mit geringen Fehlerquellen für die Colibazillen acceptieren. Die erste derartige Unter- suchung wurde angestellt von Giaxa, dann von Sucksdorf (1886), welche die Zahl der Keime beim ErAvachsenen im Durchschnitte auf 381000 pro 1 mg feuchten Kotes bestimmten. Gilbert & Domenicini (1894) schätzen die Zahl der täglich mit dem Stuhle den Darm verlassenden Bakterien sehr niedrig, auf 12 — 15 Millionen. Auf meine Veranlassung zählte Eberle (1896) die Bakterien, welche sich aus dem Kot eines mit GÄRTXERscher Fettmilch ernährten Säuglings entwickeln. Er fand pro Milligramm feuchten Kotes 1,5 Millionen auf Gelatine, 3,5 Millionen auf Agar, während im Deck- glaspräparat 33 Millionen sichtbar waren. Die Ergebnisse stimmen mit denen überein, welche kürzlich C. de Lange (1901) mitgeteilt hat. Klein zählt beim Erwachsenen mikroskopisch 75 Millionen pro MiUigramm, wovon jedoch nur 356 sich auf den Platten entwickelten. Die Differenz zwischen den mikroskopisch sichtbaren und den auf den Platten zur Entwicklung kommen- den Bakterien ist hier noch viel erheblicher als beim Säuglingskot. Klein ist der Meinung, dass die weitaus größte Zahl dieser Bakterien infolge der baktericiden Fähigkeiten des Darmes abgetötet sei. Meiner Meinung nach spricht das Resultat dafür, dass die Colibazillen in den unteren Partieen des Dickdarmes ungünstige Vegetationsbedingungen finden und durch andere ersetzt werden. Sehr hübsch wird dies demonstriert durch die sorgfältigen Untersuchungen Hellströms (1901). Derselbe fand, dass im Mekonium die Zahl der zählbaren und der entwicklungsfähigen Keime anfangs parallel zunimmt, dass aber mit dem Erscheinen des Milchkotes zwar die Zahl der zählbaren Keime weiter ansteigt, jedoch die Zahl der zur Entwicklung kom- menden Kolonieen sich erheblich vermindert. Es hängt dies nicht, wie er annimmt, mit der Abtötung der Bakterien durch die geringe Zunahme der Säure, sondern mit dem Auftreten der mehrfachen erwähnten anaeroben und acidophilen Bakterienflora zusammen, welche seinem Züchtungsverfahren ent- gang-en ist. Bacterium coli commune. 417 Punktion des Bact. coli com. im normalen Darm. Es ist uaheliegencl anzuuebmen, class eine so konstaute und innige Beziehung, wie sie zwischen dem Darmtrakt und dem Bact. coli com. besteht, der Ausdruck einer zweckmäBig-en Einrichtung oder mindestens einer besonderen Anpassung ist. Nachdem das Bact. coli com. von dem Wechsel der Nahrung nicht oder wenigstens nicht unmittelbar berührt, ja bei völlig mangelnder Nahrungszufuhr gefunden wird, kann es nicht zu den auf Kosten eines bestimmten Nahrungsbestandteiles ablaufenden Zersetzungsvorgängen in Beziehung stehen. Immerhin dürfen wir bei der nahen l)iologischen Beziehung, in welchen dasselbe zu dem obligaten Bakterium der Milchverdauung steht, erwarten, dass das Bact. coli com. des Säugliugsdarmes das Bact. lactis aerogenes in seinen physiologischen Funktionen unterstützt. Auch sonst wird es, namentlich da, wo unver- daute Nahrungsreste und Kohlehydrate (Sciilossmaxn) im Dickdarm vorhanden sind, sich an dem Abbau derselben beteiligen, wozu es ja durch die Fähigkeit zur Zersetzung sowohl der Kohlehydrate als der EiweiBtrümmer besonders befähigt erscheint. Das ist aber wohl nur eine nebensächliche, accidentelle Bethätiguug. Dagegen eröft'net sich eine weite Perspektive, wenn die von SciiorrELiu.s in Angriff genom- mene Untersuchung an Hühnern über die Bedeutung der Darmbakterieu, insbesondere des Bact. coli galliuarum, auch für die Physiologie des Menschen Bedeutung gewänne, und die Vegetation der Darmbakterieu resp. des Bact. coli sich wirklich als ein für die normale Entwicklung und Assimilation unentbehrlicher Faktor herausstellen sollte. Das konstante uud reichliche Vorkommen des Bact. coli com. gerade in den unteren Partieen und im leeren Darmrohr, im Mekonium uud den diarrhöi- schen Stühlen beweist, dass ein vom Darmkanal selbst gelieferter Körper, also wahrscheinlich ein Darmsekret, ihm als Nährboden dient und es liegt am nächsten an das unter den genannten Verhältnissen stets und in besonders reichlicher Menge vorhandene Mucin zu denken. .Jedoch halten die Versuche, das Bact. coli com. auf Mucinnährböden zu züchten, unbefriedigende Resul- tate ergeben. Vergl. S. 364. Freilich liegen die Verhältnisse im Darmkanal, in welchem kräftige Verdauungsfermente, lebende Zellen, Bakterien u. a. vorhanden sind, wesentlich anders und es wäre denkbar, dass die Colibazillen auf dem durch Fermentwirkung augegriflenen Mucin und dessen Spaltungs- produkten vielleicht doch günstige Vegetatiousbedingungen finden. Jedenfalls ist die Erforschung derjenigen Substanzen und Bedingungen, welche das elektive Wachstum der Colibazillen im Darnikanal ermöglichen, eine der wichtigsten und lohuendsten Aufgaben. Erst dann wird man imstande sein, über die ph3'siologische Funktion und die wahrscheinliche teleologische Be- deutung dieses Bakteriums klarere Vorstellungen zu gewinnen. Da es an den Zersetzungsvorgängen der Nahrung uicbt wesentlich beteiligt ist, hat man seiner Anwesenheit einen wohlthätigen , schützenden Eintluss gegenüber den bakteriellen Vorgängen zugeschrieben. Das ist auch, insofern das Bact. coli com. bei Anwesenheit von Kohlehydraten organische Säuren bildet und da- durch nach dem von Hirsohler entdeckten Gesetze die Eiweißfäulnis hindert, auch zweifellos der Fall; jedoch teilt es diese Fähigkeit mit zahlreichen an- deren Bakterien. Bienstock, der die Vernichtung der Putrificuskeime bei der Passage durch den Darmkanal nachgewiesen hat, glaubt diese Erschei- nung einer antagonistischen, direkt fänlnisheramenden Wirkung der Colibazillen zuschreiben zu müssen und hält das Bact. coli com. für das wichtigste Schutz- mittel zur Einschränkung der Darmfäuluis. Handbuch der patliogenen Mikroorganismen. II. 27 418 Th. Escherich & M. Pfaundler, Besser als über die uiitzbringendeu Eigenschaften des Bact. coli com. sind wir über die schädigenden orientiert. Die S. 390ff". besprochenen Tierversuche zeigen, dass die Einführung der Bakterien in die Blutbahn, in das Peritoneum oder das Unterhautzellgewebe schwere Erkrankung und Tod der Tiere im Gefolge hat. Es w\ar dies gewiss eines der über- raschendsten Ergebnisse der Untersuchung der normalen Darmbakterien und es drängt sich die Frage auf, wie und wodurch es möglich ist, dass ein Bakterium mit so ausgesprochen pathogenen Eigenschaften im Darmkanal des Menschen und sogar des Säuglings ohne Schaden für den Organismus existieren kann. Die von französischen Autoren (Lesage & Macaigne) vertretene Anschauung, dass das im normalen Darmkanal vorhandene Bakterium nicht pathogen sei, ist irrig. Wenn auch zu- gegeben werden kann, dass dem im normalen Darmkaual vorhandenen Bact. coli com. eine relativ geringe Virulenz zukommt, so kann dieselbe doch angesichts der großen Menge der im Darme hausenden Bakterien durchaus nicht vernachlässigt werden. Da auch, wie die gelegentlich eintretenden Erkrankungen beweisen, eine Immunität des Organismus gegen das ihn bewohnende Coli nicht oder nur in sehr beschränktem Grade vorhanden ist, so bleibt nur die Annahme, dass der Körper durch besondere Schutzvorrichtungen vor der Invasion und Intoxikation geschützt sei. Denys & v. d. Bekgk (1893) haben diese Frage sehr eingehend studiert. Er stellt zunächst fest, dass eine Auf- schwemmung der Bakterien, welche bei Injektion in die Pleura das Tier in wenigen Stunden tötet, bei Yerabfolgung derselben Dosis per os oder bei direkter Injektion in den Dünndarm ohne Störung ertragen wurde. Entweder muss also das Gift im Darmkanal zerstört werden, oder es wird in der Leber zurückgehalten und unschädlich gemacht, oder es wird überhau})t nicht resorbiert. Nach Zurückweisung der beiden ersten Möglichkeiten kommt er zu dem Schlüsse, dass die lebende und intakte Ephlielschicht den Schutzwall darstellt, welcher den Uebertritt der Bak- terien wie des Toxines hindert. Sobald dieser Schutz an einer Stelle unterbrochen wird, kommt es nach Denys zur Resorption des Toxins, welches auf vasomotorischem Wege gleichsam von rückwärts her Hyper- ämie, IMutungen uiid Epitheldesquamation des Darmes hervorruft, wo- durch wiederum der Uebertritt der gebildeten Toxine erleichtert wird. Endlich dürfte wenigstens gegenüber dem individuellen Darmcoli auch noch eine spezifische Ani)assung in Betracht kommen. Einerseits liegen von Kraus und Pfaundler Angaben vor, welche eine mit dem Alter des Individmims zunehmende, wenngleich schwache Agglutinations- fähigkeit des Blutserums gegen sein individuelles Bact. coli com. konstatieren. Andererseits hai)en wir in der Seite 414 geschilderten Individualreaktion den Beweis, dass auch das Bakterium seinerseits unter dem Eiudusse seines Wirtes Veränderungen erlitten hat. Wenn die Art dieser Veränderungen auch nicht bekannt ist, so können wir doch an- nehmen, dass sie im Sinne einer gegenseitigen Anpassung nicht nur in Bezug der Ernährungsbedingungen, sondern auch in Bezug auf die Ab- schwächung der pathogenen Eigenschaften des Bakteriums und der Zunahme der Toleranz des Organismus gegenüber den von diesen Bak- terien gebildeten Toxinen erfolgt ist. Nehmen wir dazu, dass die An- wesenheit dieser abgeschwächten Bakterienarten durch Behinderung des Wachstums anderer Mikroorganismen, vielleicht auch durch die Anregung von Immunisierungsvorgängen dem Wirtsorganismus Nutzen bringt, so können wir thatsächlich mit Fermi (1895) von einer Symbiose oder Bacterium coli commune. 419 richtiger Pseudosymbiose zwischen dem Bact. coli com. uud deu Epithel- zelleu der Darmschleimhaut sprechen. Mit dieser Thatsache steht es vielleicht auch im Zusammenhange, dass die individuelle Colirasse von den bakterieiden Fäliiü^keiten der Darmsekrete oder der Epithelien ver- schont bleibt, während andere in den Darm eingeführte Bakterien zu Grunde gehen. Wenn wir aunehmen, dass das deu Darminhalt des Neugeborenen infi- zierende Bact. coli com. nicht von einem belieVtigen, in der Natur vorkom- menden Stamme, sondern aus dem Darmkanal eines anderen Menschen, viel- leicht der eigenen Mutter stammt^ wenu es sieh Aveiter richtig erweisen sollte, dass die Mehrzahl der den Darm bewohnenden Colibazillen Abkömmlinge dieser ersten Ansiedler sind und den Menschen durch das ganze Leben als seine individuelle Colirasse begleiten, so würden wir in dem normalen Darmcoli ein durch zahllose Generationen unter überaus gleichmäßigen Ernährungs- und Lebensbedingungen fortgezüchtetes Bakterium erkennen, dass sich jetzt von seinem ursprünglichen Stammvater durch weitgehende Anpassung an die neuen Verhältnisse unterscheidet, so etwa wie unsere Haustiere von ihren ursprünglich wilden Vorfahren. Der Umstand, dass diese Art der Symbiose nicht nur beim Menschen, sondern der größten Zahl der Säugetiere sich vor- findet, weist darauf hin, dass dieselbe phylogenetisch sehr alt ist. (Fermi). 2. Verhalten des Bacterium coli bei Diarrhöen. Wenn das Vorkommen und die Verbreitung des typischen Bact. coli com., wie wir sie im vorigen Abschnitte kennengelernt haben, der Ausdruck der Anpassung an deu normalen Zustand des Darmkanales ist, so erscheint es verständlich, dass funkti(tnelle Störungen und Erkran- kungen des Darmes eine Aenderung dieser Verhältnisse zur Folge haben können. So verschiedenartig auch die Ursache und die Pathogenese dieser Störungen ist, so führen sie doch fast alle zu dem als Diarrhöe bezeichneten Zustande, der je nach dem Grade der Erkrankung durch gesteigerte Peristaltik, verminderte Resorption der Nahrung, Vermehrung* der Darmsekrete, sowie das Erscheinen abnormer Bestandteile im Stuhle charakterisiert ist. Ich beschränke mich hier darauf, jene Aeuderuugen der Bakterieuvegetation des Darminhaltes zu besprechen, welche ledig- lich den geänderten Vegetationsbedingungen, dem größeren Wassergehalt, der infolge der reichlicher zuströmenden Darmsekrete und der abge- stoßenen Gewebsbestandteile abweichenden chemischen Zusammensetzung; zuzuschreiben sind, während die von außen eingeführten oder der als Erreger des Zustandes angesprochenen Bakterien auBer Betracht bleiben*). Auch in dieser Hinsicht liegen die frühesten und eigentlich die ein- zigen genauen Angaben bezüglich der Säuglingsdiarrhiten vor. Tissier hat die Veränderung des Stuhlbildes, die infolge von Abführmittel uud Eingießungen eintreten, studiert und dabei ein Anwachsen der den Coli- bazillen ähnlichen Formen unter gleichzeitigem Zurücktreten der anaeroben und acidopliilen Vegetation konstatiert. Die Beobachtung von einer auf- *) Bezüglich des Vorkommens einer abnormen Colivegetation im .Alagen liegt nur eine Angabe von R. Schmidt (1901; vor. Bei einem an scirrhösem Magenkrebs leidenden Manne fand sich fineui versus im Mageninhalte eine Reinkultur i?) von Bact. coli, keine BoAS-KAUFMANX-ichen Bazillen, keine Salzsäure. Der Autor ist geneigt, das explosionsartige Aufstoßen geruchloser Gase mit diesem Befunde in Zusammenhang zu bringen. .27* 420 Th. Escherich & M. Pfaundler, fälligen Vermehrung und Veränderung des Stuhlbildes bei Darmerkran- kungen der Säuglinge ist eine schon vor vielen Jahren von Johxston, Uffelmanx, Demme u. a. konstatierte und von allen Autoren bestätigte Angabe. Das starke Ueberwiegen der coliähnliehen Bazillen in diar- rhöischeu Stühlen tritt namentlich bei der von mir geübten Methode (Fil)rinfärbuug nach Weigert, Xachfärbung mit verdünnter alkoholischer Fuchsinlösung) deutlich hervor (E. 1894). Die Ursache dieser Vermeh- rung ist wohl in dem Wegfall der die IJakterienentwicklu ng schädigenden Eindickuug, sowie in dem reichlichen Zuströmen von Schleim und Darmsekreten zu erblicken. Audi beim Erwachsenen kommt es zu ähnlichen Verhältnissen, obgleich hier das Fehlen eines normalen Stuhl- bildes die Pjeurteilung erschwert. Am besten gekannt ist diese sympto- matische Vermehrung der Darmcolibazillen beim Typhus , wo sie eben die Auffindung der spezifischen Bazillen in den Stuhlplatten erschwert. Dass sie auch im Verlaufe der Cholera asiatica sich einstellt, zeigt die Abbildung, welche Emmerich von der Bakterienvegetation einer Schleim- flocke eines Reiswasserstuhles giebt und welche im mikroskopischen Bilde ausschließlich coliähnliche Formen erkennen lässt*). Die genauere Analyse dieser sekundären Coli Vegetation der Diarrhöen steht noch aus. Nur bei Gabritsciiewhky (1894) findet sich die Angabe, dass Colibazillen der diarrhöischen Stühle meist lebhaft beweglich seien, während sie beim Gesunden nur schwache oder gar keine Beweglichkeit zeigen. Nach meinen eigenen Erfahrungen, die sich ausschlieBlich auf das kindliche Alter beziehen, kann ich sagen, dass die ^Mehrzahl der aus diarrhoischen Stühlen isolierten Kolonieen dem normalen Typus des Bact. coli com., also der Annahme entsprechen, dass sie einer abnormen Vermehrung der schon vorhandenen ihre Entstehung verdanken. Dagegen findet man die Zahl der schon unter normalen Verhältnissen niemals fehlenden Spielarten der Coligruppe, insbesondere die dem Similtyphus angehörigen Formen mit lebhafterer Beweglichkeit, fehlender Gas- oder Indolbildung nicht nur absolut, sondern auch relativ vermehrt. Die diarrhöischen Stühle stellen die ergiebigste Quelle zum Studium dieser Varianten dar. Booker, Jeffries, Baginsky, welche sich eingehend mit der Flora der diarrhöischen Entleerungen beschäftigt haben, be- stätigen dieses Verhalten für die Diarrhöen der Kiuder. Die Mehrzahl der Autoren hat allerdings bis zur Entdeckung der Dysenteriebazillen durch Kruse den feineren biologischen Unterschieden der Bazillen keine Beachtung geschenkt. Um so eifriger wurde das Verhalten der Virulenz studiert, da man hoffte dadurch einen Aufschluss über die Aetiologie der Erkrankung zu erhalten. Bezüglich der in diarrhöischen Stühlen beol)achteteu geringen Virulenzsteigerung, sowie deren mut- maßlichen Ursachen sei auf S. 395 ff. verwiesen. 3. Durchgängigkeit des Darmes für das Bacterium coli; die agonale und postmortale Auswanderung desselben. Der Gegensatz zwischen dem von Bakterien wimmelnden Darme und den keimfreien Geweben des Körpers hat schon Leeuweniioek, den *) Im Beginne der Choleraerkranknng soll freilich nach den Angaben von Gabritschewsky & Maljutin das Bact. coli ans den Stuhlgängen manchmal ganz verschwinden infolge einer antagonistischen, entwicklungshemmenden Wir- kung des Koramabacillus. Bacterium coli commune. 421 Eutdeeker der Darmbakterieu, zu der Annahme g'efülirt, dass die das Nährmaterial aufsaug'endeu Gefäße so enge seien, dass »die von ihm gesehenen Animalcuhi, selbst wenn sie noch tausendmal kleiner wären, dieselben nicht durchwandern könnten.« Diese Undurchgängigkeit*) der Darmw^and hängt in erster Linie ab von der Widerstandsfähigkeit bezw. baktericiden Fähigkeit der Gewebe, sowie von der Intaktheit des Epi- thels, insbesondere der Kutikularschichte. Sol)ald diese Schutzvorrich- tungen alteriert oder vernichtet werden, sehen wir, dass die Bakterien des Darmiuhaltes, allen voran das Bact. coli, in die Darmwand und die Gefäße eindringen. Es ist selbstverständlich, dass die abgestorl)ene oder schwer ge- schädigte Darmwand der Einwanderung der Bakterien verfällt. Um die Bedingungen zu erfahren, unter welchen dies Ereignis sich vollzieht, ist es notwendig, diejenigen geringfügigsten Veränderungen kennen zu lernen, bei welchen die Darmwand ihre Bakteriendichtigkeit verliert. Nach BoucHAKD, WuRFz, Biico, CiivosTEK & Egger genügt schon die durch langsame Erfrierung oder Erstickung, sowie durch gewisse Gifte (Arsen) hervorgerufene Blutstauung, um Bakterien aus dem Darmkanal ins Blut übertreten zu lassen. Eine besonders günstige Gelegenheit zu derartigen Beobachtungen bietet sich in den Zirkulationsstörungen, wie sie in dem eingeklemmten Stücke inkarzerierter Hernien Zustandekommen. Die- selben können auch experimentell leicht erzeugt werden. Es treten dabei, wie schon Bd. 1, S. 152 ausgeführt, sobald die Darm wand durchlässig wird, Bakterien ins Bruchwasscr über, wo sie leicht nachgewiesen werden können. Freilich stehen sich die Meinungen der Autoreu über den Zeit- ])unkt, in welchem dies geschieht, noch schroff gegenüber. Während für die einen schon die durch die Umschnürung veranlasste venöse Hyperämie genügt, um vereinzelte Bakterien durchtreten zu lassen, halten andere Epithelverluste, ja circumskripte Nekrosen der Darmwand für notwendig. Unter den durchwandernden Bakterien nimmt nach den Untersuchungen von Boennecken, Arnd, Scharfe, Brentano, Fischer & Levy, Tavel, d'Anna, Ziegler das Bact. coli die erste Stelle ein. Nach Garre, Ljuxggreen (Baumgartexs Jahrb. 1893), Schloffer er- scheinen Kokken früher, während Tietze, de Klecki u. a. eine aus Kokken, Bact. coli und Proteus gemischte Vegetation gefunden haben. Die histologischen Details dieser Verhältnisse studierten Oker-Blom, Böse & Blanc, de Klecki. Ersterer fand, dass bei heftiger Inkarzeration das Bact. coli com. nach 10 Stunden die Darmepithelschicht durchdringt und frei, nur selten in Zellen eiugeschlossen, in die Lymphwege der Sub- mucosa und längs dieser zur Serosa gelangt. In der Mnscularis werden die Bakterien vermisst. Aehnliches sah de Klecki bei seinen Experimenten am Hundedarm. Bei Nekrose der Darmschleimhaut wird dieselbe in toto von den Bakterien durchsetzt. Posner & Lewin konstatierten, dass nach Verschluss des Afters Colibazillen sowie andere in das Rectum eingeführte Bakterien im Harn, *) Die zwischen der ti-canzösischen nnd der Breslauer Schule diskutierte Streit- frage über die normale Resorption von Bakterien wird in einer kürzlich erschie- nenen Arbeit von Eogozinski (1902, dahin vermittelt, dass zwar der Chylus der Versuchstiere sich als steril erwies, jedoch in den mesenterialen Lymphdrüsen vereinzelte Keime, insbesondere Coliarten, aber auch andere verfütterte Bakterien häufig angetroffen werden. 422 Th. Escherich & M. Pfaundler, einmal aucli im Blut uacliweisbar werden. Sie schlössen daraus, dass schon einfache Koprostase ohne gröbere anatomische Läsionen genüge, Bakterien aus dem Darm austreten zu lassen. Maklezow bestimmte die Zeit, innerhalb welcher es bei Kotstauung zur Durchwanderung der Bakterien kommt, auf 22 Std. Markus konnte diese Angaben nicht be- stätigen, als er unter Beobachtung gewisser Vorsichtsmaßregeln (Ver- meidung mechanischer Läsionen] die Versuche wiederholte; ebenso AusTERLiTZ & Landsteiner. Diese Neigung und Fähigkeit des Bact. coli, in die (lewebe der er- krankten Darmwand und damit auch in die (lefäße und die allgemeine Zirkulation einzudringen, ist auch die Ursache einer Erscheinung, die, so- lange sie unbekannt Avar, zu vielen Fehlschlüssen Veranlassung gegeben und auch jetzt noch keineswegs genügend klargelegt ist: das Vor- kommen des Bact. coli in den Organen der Leichen von Per- sonen, die an beliebigen, insbesondere chronischen Krank- heiten zu Grunde gegangen sind. (Die diesbezügliche Litteratur Bd. 1, S. 151 ö".) Als Ursache dieser Erscheinung hat man zwei Möglichkeiten ins Auge zu fassen: die agonale Verschleppung und die postmortale Auswanderung der Darmbakterien. Durch die namentlich bei chroni- schen Erkrankungen dem Tode vorausgehende Verlangsamung der Zirku- lation und der Lebensvorgänge wird die Widerstandsfähigkeit der Ge- webe, welche das wesentlichste Hindernis für das Eindringen der Bakterien in die Darm wand darstellt, bis zum völligen Erlöschen herabgesetzt. Bestehen unter diesen Umständen noch Epithelläsioneu, Geschwüre u. s.w., welche das Eindringen der Bakterien erleichtern, so ist es leicht verständ- lich, dass Colibazillen auf dem Wege der Saftlücken in die Darmwaud und so in die Zirkulation gelangen und nach den verschiedensten Organen verschleppt werden. Lang dauernde Agonie, Erfrierung, Erstickung (Chvostek & Egger) begünstigen den Uebertritt der Bakterien. Falls sie nicht durch die baktericiden Kräfte oder die Autolyse der Organe vernich- tet werden, können sie nach dem Eintritt des Todes sich dort vermehren und bakteriologisch nachgewiesen werden. Diese Annahme ist von WuRTz, Welch u. a. aufgestellt worden und wird durch den Umstand, dass unter sonst gleichen Verhältnissen die Colibefunde gerade in den- jenigen Leichen am häufigsten sind, bei welchen Läsionen des Darm- epithels bestehen, wesentlich gestützt. Von anderer Seite (Beco, Hauser) wird aber darauf hingewiesen, dass die gleichen Befunde, wenn auch weniger häufig, bei Leichen erhoben werden, welche keinerlei Verände- rung des Darmepithels erkennen lassen. Auf die Häufigkeit des Fundes von Colibazillen in den Organen hat, wie Achard & Phulpin, dann Hauser und Low gefunden haben, die Temperatur, bei welcher die Leiche aufbewahrt wird, und ebenso das Litervall, das zwischen dem Tode und der Vornahme der Sektion ver- strichen ist, einen wesentlichen Einfluss. Bei hoher Außentemperatur und langem Intervall steigt die Zahl der positiven Befunde. Ordnet man die Organe nach der Häufigkeit, in welcher Colibazillen gefunden wurden, so sind die dem Darmkanal zunächst gelegenen: Gallenblase, Leber, Milz, Harnwege am frühesten und häufigsten befallen. Außer- dem ist aber auch die Lagerung der Leiche von bestimmendem Einfluss auf die Verteilung der Keime (Hauser). Beco hat in 11 unmittelbar nach dem Tode untersuchten Fällen das Bact. coli in der Milz nach- gewiesen, während er das Blut steril fand. Bacterium coli commune. 428 All diese Beobachtungen lassen erkennen, dass neben der ag-onalen Verschleppung- auf dem Blutweg noch ein anderer Verbreitungsmodus besteht: die direkte Üeberwanderung (Durchwachsen) des Bact. coli vom Darm nach den benachbarten Orgauen. Die genauesten Untersuchungen über das Invasionsvermögen des Bact. coli gegenüber Leichenorganen sind von BiRCH-HiRSCHFELD angestellt worden, der die Organe in verschie- denen Intervallen nach dem Tode untersuchte. Er hält die Üeberwan- derung für ein regelmäßigeres und wichtigeres Ereignis als die agonale Verschleppung. Sie ist in manchen Fällen schon wenige Stunden nach dem Tode und nach 10 Stunden in den meisten Orgauen nachweisbar; nach Grassi am frühesten in der Leber. Auch Fhulpin & Achard legen derselben eine weitaus größere Rolle bei als der agonalen Verschleppung. Sie konnten bei der Untersuchung des Blutes in der Agone nur in solchen Fällen Bakterien nachweisen, wo das Bestehen einer den Tod verursachenden Infektion angenommen w^erdeu musste. Neisser, Austerlitz & Landsteiner wollen ein Durchtreten der Keime und damit die Möglichkeit einer agonalen Ver- schleppung bei intakter, ja selbst bei nicht allzu stark geschädigter Darmwand überhaupt nicht anerkennen. Für die Infektion der vom Darm entfernten Organe (Gehirn) werden aber doch kaum andere Wege übrig bleiben, wie dies auch von Syaies (1899) angenommen wird. III. Die Bakterien der Coligruppe als Krankheitserreger. Das Bact. coli com. ist ursprünglich als ausschließlich saprophytisches Bakterium beschrieben und durch lange Zeit betrachtet worden. Ob- gleich die zur Charakterisierung desselben angestellten Tierversuche eine ausgesprochene und charakteristische Pathogenität für Tiere er- geben hatten, so tauchte doch erst zu Anfang der 90 er Jahre die Vorstellung auf, dass dieses im normalen Darm so reichlich enthaltene Bakterium zu Krankheitszuständen des Menschen in ätiologischer Be- ziehung stehe. Die erste diesbezügliche Arbeit stammt von Larielle, der das Bact. coli com. aus dem Exsudate einer Perforationsperitonitis isolierte. Es folgten die Angaben der französischen Autoren über das Vorkommen eines virulenten Bact. coli com. in den Entleerungen und den Organen an Darmleiden gestorbener Personen, die Entdeckung desselben in den Harn-, in den Galleu wegen, im Blute, auf den verschiedensten Schleimhäuten, in den Lungen, den Hirnhäuten u.s.w., so dass schließlich wenige Krankheiten existierten, bei welchen das Bact. coli com. nicht gefunden und auch als Krankheitsursache angeschuldigt wurde. Die Fehler, welche zu diesen Trugschlüssen führten, liegen heute klar zu Tage. Sie sind, wenn wir von groben Missgritfen absehen, begründet in der ungenügenden Beachtung des elektiven Wachstums, welches das Bact. coli com. auf den gebräuchlichen Nährböden zeigt und die anderen daneben vorhandenen JMikroorganismen der Beobach- tung entgehen lässt, und in der Unkenntnis der Verbreitung des Bact. coli com. und seiner agonalen und postmortalen Auswanderung. Der Umstand, dass das Bact. coli com. im Blute und in den anscheinend vor jeder Verunreinigung gesicherten inneren Organen gefunden wurde, hat zusammen mit der einseitigen Ueberschätzung des Züchtungsversuches auch gewissenhafte Forscher zu Trugschlüssen geführt. Als sich dann die Unrichtia'keit der aus diesen Befunden 2:ezo2:enen Schlüsse heraus- 424 Th. Escherich & M. Pfaundler, stellte, kam es zu einer auch heute uoch andauerndeu Gegenströmung, welche dem Bact. coli com. schließlich jede pathogene Bedeutung absprach und demselben im günstigsten Falle den Charakter eines Kosoparasiten im Sinne Liebreichs zuerkannte. Diese Reaktion kam erst durch die bedeutungsvolle Entdeckung Urubers zum Stillstande, welche in der specifischen Agglutination ein sicheres und bequemes Mittel an die Hand gab, einen bestehenden oder vor kurzem abgelaufenen Coliinfekt, sowie die denselben veranlassenden Bazillen zu erkennen. In dem Lichte dieser neugewonnenen Erkenntnis wurde nunmehr das in der Litteratur aufgehäufte Material revidiert und für eine freilich bis jetzt noch recht beschränkte Zahl von Krankheits- zuständen des Menschen auf dem Wege der Agglutinationsprobe der Nachweis erbracht, dass sie durch Bact. coli com. oder demselben ähn- liche Bazillen hervorgerufen sind. In all diesen Fällen stimmen auch die klinischen und bakteriologischen Befunde mit dieser Annahme überein. Es kann demuacli an der Existenz selbständiger, durch B. coli com. her- vorgerufener Erkrankungen, der sg. Colibazillosen, nicht gezweifelt werden. Dieser Xame, zuerst von Gilbert gebraucht, umfasst alle Erkran- kungen, welche durch das Bact. coli comm. oder die ihm biologisch nahestehenden Bazillen der Coligruppe (vgl. S. 402 f.) hervorgerufen sind. Eine solche weitere Fassung ist wenigstens für die gegenwärtige Dar- stellung notwendig. Die gegebene Dehuition des Bact. coli com. als das normale, typische Darmbakterium lässt im Stiche, sobald es sich um krankhafte Zustände oder Krankheitsherde außerhalb des Darmtraktes handelt. Nur für eine beschränkte Zahl von Fällen lässt sich die Ab- stammung des pathogenen Bacillus aus dem eigenen Darmtrakte des Individuums wahrscheinlich machen; in anderen ist die Infektion von außen von vornherein wahrscheinlich, in den meisten ein Aufschluss über diesen Punkt überhaupt nicht zu erhalten. Wir können uns daher nur an die morphologischen und kulturellen Merkmale, Avie sie eben die Gruppe der Colibakterien charakterisieren, halten. Es ist aber an anderer Stelle auseinandergesetzt, dass selbst die weitgehendste Ueber- einstimmung der verschiedenen, unter solchen Umständen gefundenen Bazillen noch keine Sicherheit der wirklichen Identität giebt. Anderer- seits wechselt die Art und Zahl der Testproben nach dem jeweiligen Stande unserer Kenntnisse und der Sorgfalt des Untersuchers, abgesehen davon, dass gewisse Schwankungen der Eigenschaften im Laufe der Züchtung sich einstellen können. Insbesondere in den älteren Beobach- tungen genügte schon die Uebereinstimmung bezüglich der elementarsten Eigenschaften, um den Bacillus ohne weiteres als B. coli com. zu bezeichnen. Wenn auch in neuerer Zeit die Anforderungen bezüglich der Charakteri- sierung sehr viel strengere sind, so kommen wir doch bei den bekannten Schwierigkeiten über die Einreibung der Bazillen in die Coligruppe nicht hinaus und müssen uns für praktische Zwecke damit zufrieden geben. Wir werden daher bei der Abgrenzung der Colibazillosen nicht auf die durch das typische Bact. coli com., sondern auch die durch ähnliche, d. h. der Coligruppe angehörige Bakterien hervorgerufenen Erkrankungen darunter zusammenfassen. Freilich ergiebt sich dadurch von vornherein eine theoretisch imd auch praktisch nicht unwichtige Trennung der Krankheitsfälle: nämlich solche, welche durch Invasion der eigenen normalen oder virulent gewordenen Darmcoli, also gleichsam durch Auto- infektion entstehen: endogene Coliinfekte, und solche, welche durch fremde, von außen zugeführte Colibazillen, also auf dem Wege der An- Bacteruim coli commune. 425 steckuug- hervorgerufen werden: die ektogenen Coliinfekte. Diese letztere Gruppe umfasst zufolge obiger Deiinition nicht nur die aus menschlichem Darmkanal stammenden Arten, sondern auch die zahl- reichen coliähnlichen Bazillen, die man als Erreger von Tierseuchen, der Öchweineseuche, der Kälberruhr, des Typhus murium, der l'sitta- kosis u. s. w. kennengelernt hat. Dieselben können gelegentlich durch Kontakt bei der Pflege oder dem Clenuss von Fleisch oder Milch er- krankter Tiere auch auf den Menschen übertragen werden, wie zahlreiche Beispiele zeigen. Auch die sogenanuteu Paratyphus- bezw. Paracoli- infekte, sowie die durch coliähnliche Bazillen hervorgerufenen Dickdarm- entzündungen (Dysenterie) müssen entsprechend unserer Abgrenzung der Coligruppe den ektogenen Colibazillosen zugerechnet werden, wenigstens solange die selbständige Stellung dieser Bazillen und ihre specifische Verschiedenheit noch nicht allgemein anerkannt ist. Nachdem für diese Erkrankungen, entsprechend ihrer praktischen Bedeutung, besondere Kapitel dieses Werkes reserviert sind, bleiben für unsere Besprechung als ektogene Coliinfekte des Menschen nur die als Colicolitis bezeich- neten Diarrhöen, vielleicht gewisse Fälle von Septikämie, von Schleim- hauterkrankungen u. s. w. ül)rig. Die Colibazillosen, die uns hier vorwiegend beschäftigen, die auch die französische Schule bei der Kreirung dieses Namens ausschließlich im Auge hatte, sind die endogenen Colibazillosen. Die Bedingungen, auf welchen die Unschädlichkeit des normalen Darmcoli beruht, sind S. 418 besprochen. Soll das IJact. coli com. zu einem pathogenen Bacillus werden, so kann dies entweder dadurch geschehen, dass es sich an Orten findet, wo es normaler Weise nicht vorhanden ist, oder dadurch, dass die im Darmkanal vorhandenen Bazillen eine Steigerung ihrer Virulenz bezw. die Schutzkräfte des Organismus eine Verminderung erfahren. Das beste Beispiel einer Invasion infolge von einseitiger Herabsetzung der Widerstandskraft ohne Steigerung der Virulenz bietet die agonale Invasion. Aehnliche Verhältnisse können sich im Verlauf erschöpfender Krankheiten entwickeln, insbesondere wenn durch ausgedehnte Epithel- läsionen der Uebertritt der Bazillen erleichtert ist (sekundäre Coliinvasion nach Cholera asiatica, nach Typhus abdominalis, bei Perforationsperito- nitis u. s. w.). Besonders gefährdet sind die Körperhöhlen, welche mit einer für das Wachstum der Bazillen geeigneten, nur schwach oder gar nicht baktericiden Flüssigkeit erfüllt sind, wie die Gallenblase und die Harnwege. Hier genügt unter Umständen schon die Thatsache der In- fektion, das Versagen derjenigen Vorrichtungen, welche unter normalen Verhältnissen das Eindringen der Bakterien hindern, um eine Vermeh- rung derselben zu ermöglichen. Wenn auch die Virulenz dieser Bazillen keine besonders hohe ist, so können doch durch ihre Anwesenheit und ihre Stoffwechselprodukte Krankheitserscheinungen ausgelöst werden, die, wie die klinische Erfahrung bestätigt, im allgemeinen nicht sehr stürmisch und relativ gutartig verlaufen, aber doch mitunter zu schweren, ja tödlichen Prozessen Veranlassung geben können. Merkwürdigerweise hat die Vorstellung der Herabsetzung der Wider- standsfähigkeit des Körpers als Hilfsmoment zur Erklärung der Auto- infektion*) in der Litteratur sehr viel weniger Anklang gefunden als *) Nur au einer Stelle schreibt Macaigne p. 165: De quelle nature sont les modifications de ce milieu qni rendent le B. c. pathogene? . . . Nous l'ignorons . . . C'est Findividu qui cree la cause premiere . . . c'est Torganisme lui-meme qui donue au B. c. sa virulence. 426 Th. Escherich & M. Pfaundler, die Aunalime einer Steigerimg der Virulenz des ursprünglich schwach virulenten Bact. coli. Die letztere wurde zuerst von den französischen Autoren (Gilbert, Lesage, Macaigne) auf Grund ihrer Untersuchungen an diarrhöischcn Stühlen aufgestellt und seitdem von den meisten Autoren auf diesem Gebiete zugestanden. Die Möglichkeit, dass im Darmtrakte des Menschen Bedingungen eintreten, welche in kurzer Zeit zu einer hochgradigen Steigerung der Virulenz der normalen Darmcolibazillen führen, kann zugegeben werden; jedoch fehlt uns darüber noch jede bestimmte Vorstellung. Jedenfalls liegt es näher, überall da, wo hoch- virulente oder sonst in ihren Eigenschaften veränderte Colibazillen im Beginn einer Erkrankung gefunden und als Erreger derselben angeschul- digt werden, zunächst an die Möglichkeit eines ektogenen Coliinfektes zu denken, da auB erhalb des menschlichen Körpers die besonderen, zu einer Virulenzsteigerung führenden Bedingungen viel eher gegeben sein dürften. Es ergiebt sich aus diesen Ausführungen, dass von einem einheitlichen Bact. coli com. als Krankheitserreger, einem patliogenen Bact. coli in dem Sinne, wie von einem normalen typischen Bact. coli com. gesprochen wird, nicht die Rede sein kann. Trotzdem hat man versucht, demselben bestimmte Eigenschaften zuzuschreiben. Macaigne glaubte in der Virulenz für Tiere das unterscheidende Merkmal gefunden zu haben und stellte den Satz auf: le Bact. coli normale n'est generalement pas virulent. Wenn auch im all- gemeinen den aus Krankheitsfällen gezüchteten Colibazillen insbesondere bei ektogenen Infekten eine höhere Virulenz zukommt, so ist dies doch keine konstante und insbesondere keine für diese Trennuug verwertbare Eigen- schaft. Man hat dann weiterhin versucht, Abweichungen im biologischen Verhalten, in der Kultur u. s. w. zu finden. Im allgemeinen kann man sagen, dass in der Reihe der aus Krankheitsfällen gezüchteten Colibazillen Ab- weichungen vom normalen Typus des Bact. coli com. relativ häufig gefunden werden. Es ist dies verständlich, wenn man bedenkt, dass ja schon die abweichenden Vegetationsbedingungen die Eigenschaften des Bact. coli com. zu modifizieren vermögen. Nach Rodet (1896) unterscheidet sich das aus pathologischen Fällen ge- züchtete CoU von dem normalen durch unregelmäßige, zur Fadenbildung neigende Formen, ähnlich denjenigen, welche sich durch längere Fortzüch- tung im Laboratorium entwickeln oder durch Wachstum bei der temperature dysgenesique von 44—45°. Besonders auffallend ist das häufigere Fehlen der Gärwirkung auf Zucker, insbesondere der Gasbildung bei anaerobem Wachstum auf Zuckeruährböden, sowie die meist damit einhergehende stärkere Eigenbewegung, mit einem Worte die mehr oder weniger aus- gesprochene Annäherung an die als Similtyphus bezeichnete Varietät der Coligruppe. Findet man die vorgenannten Veränderungen zumeist bei solchen Arten, die als Erreger spezifischer Darminfekte angesehen werden, so sehen wir bei den aus Colicystitis gezüchteten Stämmen eher eine Zunahme der Gär- fähigkeit. Die wichtigste Eigenschaft des pathogenen Bact. coli ist die Fähigkeit, durch das Serum der damit infizierten Menschen und Tiere noch in beträchtlicher Verdünnung agglutiuiert zu werden. Thatsächlieh hat die Serumprobe, wie schon oben gesagt worden, für die Erkennung und die Ab- grenzung der Colibazillosen unschätzbare Dienste geleistet. Aber auch hier zeigt sich die Verschiedenartigkeit der hier zusammengefassten Bakterien, indem jedes einzelne nur auf das homologe Serum oder die aus derselben Epidemie stammenden Sera reagiert (Pfaundler). Bacteriuin coli commune. 427 Die Uutersclieiduug- der endogenen und der ektog-enen Colibazilloseu ist auch fUr die BehandluDg- der Fälle von einschneidender Bedeutung. Die letzteren sind als echte kontagiöse Infektionskrankheiten zu betrach- ten und als solche entsprechend zu isolieren, während bei den ersteren die Gefahr einer Ansteckung nicht besteht und das Augenmerk auf die Hebung der Kräfte des Organismus zu richten ist. Trotzdem ist es bei dem heutigen Stande der Kenntnisse nicht möglich, diesen Gesichtspunkt bei der Schilderung der Colibazillosen zu Grunde zu legen, da es eben nur ausnahmsweise möglich ist, die ektogene Herkunft des Krankheits- erregers mit Sicherheit nachzuweisen und das Studium der biologischen Eigenschaften des Bacillus selbst keinen sicheren Anhaltspunkt in dieser Hinsicht liefert. Dies gilt auch, wie schon oben auseinandergesetzt, be- züglich der Virulenz im Tierversuch, deren Resultate nur mit großer Vorsicht für die Pathologie des Menschen verwertet werden dürfen. Noch weniger zulässig ist die Differenzierung der pathogenen Colibazillen nach der Art der krankmachenden Wirkung, womit man die Vorstellung besonderer Kassen verband, bei denen die eine oder andere Seite der pathogenen Fähigkeiten stärker ausgebildet war. In diesem Sinne sprechen Lesage & Macaigxe von einem Bact. coli septique, pyogene, cholerigene u. s. w. ; ja sie glauben, dass man diese Varietäten experi- mentell erzeugen könne: »On peut obtenir le B. c. pyogene en laissant s'attenuer le B. c. septique etc.« Es braucht kaum erwähnt zu werden, dass die Art der krankmachenden Wirkung in erster Linie von dem Orte, wo die Infektion erfolgt, und dem Verhalten des Organismus, erst in zweiter Linie von dem Grade der Virulenz abhängt. So habe ich schon in meiner ersten Arbeit gezeigt, dass das normale Bact. coli des Säugliugsstuhles, ins Blut eingeführt, das Bild der Sepsis, bei subkutaner Injektion dagegen Abszesse hervorrufen kann. Es empfiehlt sich also für die nachfolgende Schilderung der Coli- bazillosen das klinische Krankheitsbild, das im wesentlichen von der Lokalisation des Infektes bestimmt wird, als Einteilungsprinzip zu wählen. Wir werden zunächst die unter dem Bilde der Sepsis verlaufenden All- gemeininfektionen, dann die Erkrankungen des Darmkanales und der angrenzenden Körperhöhlen, Peritoneum, Gallen-, Haruwege und schließ- lich das Vorkommen des Bact. coli bei anderen Erkrankungen besprechen. L Bakterien der Coligruppe als Sepsiserreger. Die Fähigkeit und Neigung des Bact. coli zum Gewebeparasitismus kommt schon unter normalen Verhältnissen durch den Umstand zum Ausdruck, dass es im Darminhalt, vorwiegend auf den Darmsekreten, also absterbenden, tierischen Geweben sich entwickelt; noch deutlicher tritt dieselbe hervor in der Thatsache der agonalen und postmortalen Auswanderung aus dem Darme. Neumanx hat gezeigt, dass es eine allgemeine Eigenschaft der an irgend einer Stelle des Körpers lokalisier- ten, infektiösen Bakterien ist, bei Herabsetzung der Widerstandsfähigkeit, wie sie insbesondere bei dem dem Tode vorausgehenden Absinken der vitalen Funktionen stattfindet, sich im Blute und den Geweben zu ver- breiten. Das Bact. coli, das schon normaler Weise im Darmkanal und auf den Schleimhäuten in großer Menge vorhanden ist, lauert, wenn man so sagen darf, auf den Moment, welcher ihm gestattet, in die Gewebe einzudringen. Wie S. 422 auseinandergesetzt, ist dies namentlich da der Fall, wo durch den vorausgegangenen Krankheitsprozess ausgedehnte 428 Th. Escherich & M. Pfaundler, Epithelläsioiieu des Darmkanals hervorgerufen worden waren. Koch g-iinstiger liegen die Bedingungen in jenen Krankheitsfällen, welche lokalisierte Coliinfekte der Blase, der Haruwege, der Gallenwege u. s. w. vorstellen. In allen diesen Fällen kommt es häufig zu einer terminalen Verbreitung der Bakterien, einer Coliseptikämie. Die klinischen Er- scheinungen dieser agonalen Sepsis gehen in dem Bilde des schweren Grundleidens und der allgemeinen Auflösung unter; doch können viel- leicht einzelne terminal auftretende Erscheinungen, wie diarrhöische Entleerungen, Ansteigen oder Absinken der Temperatur, Herzschwäche, Hämorrhagien der Haut oder inneren Organe u. s. w., als Ausdruck der Intoxikation von den eingeschwemmten Bazillen angesehen werden. Nur ausnahmsweise kommt es zu einer auf dem hämatogenen Wege entstandenen, lokalisierten, entzündlichen Eeaktiou der Gewebe (Pneu- monie, Meningitis, Thrombose, Abszess), wovon in den späteren Kapiteln die Bede sein wird. Der Nachweis einer generalisierten Coliseptikämie in vivo wird zu- meist nur durch den Befund von Bazillen im Blute erbracht werden kön- nen. Solche Fälle liegen namentlich als Ausgang einer Coliinfektion der Harnwege vor von Hart.manx & de Gennes (1888], von Albarrax (1889), von Sittmann & Barlow (1894). Eine reine Beobachtung ist der von Hitschmann & Michel (1896) beschriebene Fall, wo sich eine typische, mit Schüttelfrösten einhergehende Septikämie an eine Verletzung der Harnröhre beim Katheterisieren anschloss. Auch die Gallenwege geben nicht selten Veranlassung zu Coliseptikämieen (Legenüre & Eaoult, citiert bei Macaigne), Stern (1893), Etienne (1896); seltener andere Erkrankungen: Influenza (Sihedey & Bodin, 1895), Pneumonie (Seitz, 1895), gangränöse Mittelohrentzündung (Guizzetti, 1896). Die weitaus größte Zahl der Beobachtungen bezieht sich naturgemäß auf die Invasion vom Darmkanal aus; darunter linden sich auch die Beobachtungen, in welclien dem Bact. coli zum ersten Male die Bolle eines fakultativ septischen Bakterium zugesprochen wurde. Nach einer glücklich verlaufeneu Kropfoperation bildet sich ein Abszess in der Wunde, dessen Eiter Bact. coli in Reinkultur enthielt. Tavel (1889) nimmt an, dass der Bacillus vom Darm aus in das l>lut und auf diesem Wege in die Wunde gelangt sei. Kurz darauf berichtet Wyss (1889) über den Befund von Bact. coli com. in der Milz eines 5 monatlichen Kin- des, das bei guter Zunahme ohne erkennbare Ursache plötzlich gestorben war. Bei der Sektion hatten sich neben vergrößerter Milz und Thymus nur Erscheinungen eines leichten Darmkatarrhs gefunden. Die Deutung dieser Fälle als Coliseptikämie erscheint fraglich; vielleicht liegt im letzteren Falle ein Status lymphaticus vor. J. Seitz berichtet über eine Reihe von Beobachtungen, in welchen nach vorausgegangenen Darm- erkrankungeu Colibazillen im Blut und im Gehirn gefunden wurden, die er jedoch wegen der geringen Anzahl der Bakterien nicht als Septikämieen, sondern als Toxinämieen aufgefasst wissen will. Das Ein- dringen der Colibazillen in die durch Zirkulationsstörungen, örtliche Entzündungsi)rozesse, Druck geschädigte Darmwand und damit in die Gefäße und allgemeine Zirkulation ist bereits früher als ein häufiges, ja regelmäßiges Vorkommnis bei gewissen Krankheitszuständen besprochen. Dass dasselbe auch zu metastatischen Prozessen Veranlassung geben kanu, zeigt die Beobachtung von Fischer & Levy, welche in dem frisch entstandenen, pneumonischen Herde eines an inkarzerierter Hernie leiden- den Patienten eine Reinkultur von Colibazillen nachwiesen. Bacterium coli commune. 429 Am besten bekannt sind die sekundären Coliseptikämieen, die sich im Anschliiss an mit Epithelzerstörimgen einhergehende Darmerkrau- kungen entwickeln. Das Vorkommen der Coliseptikämie im Verlauf der Cholera asiatica und die Bedeutung derselben für die Entstehung der Nachkrankheiten insbesondere des Typhoids wurde durch die Unter- suchungen Ej[mekichs über den Bacillus Neapolitanus dargethan. Dass das Bact. coli auch im Verlaufe und nach Ablauf des Typhus abdominalis eine KoUe spielt, wurde zuerst von Neissek (1893) ausge- sprochen. Schon WiDAL, insbesondere aber Stern und Bibersteix (1898) deuteten die agglutinierende Wirkung des Typhusserums auf Colistämme in dem Sinne, dass fast regelmäßig sekundäre, den Abdominaltyphus kom])liziereude Coliinfekte hinzutreten. Das klinische Bild derselben ist allerdings noch ein sehr unbestimmtes. Neisser ist geneigt ein atypisches Rezidiv als Ausdruck eine Coliinfektion zu betrachten. Eine besondere Gruppe bilden die Coliseptikämieen der Neugeborenen, welche eine verminderte Widerstandsfähigkeit gegen Infektionen über- haupt und gegen Coliinfekti(nien im besonderen zu besitzen scheinen. Die Zartheit der Schleimhaut und die Häufigkeit der Darmerkrankungen begünstigt ihre Entstehung. Klinisch sind dieselben ausgezeichnet durch einen malignen Verlauf und hämorrhagische Erscheinungen. Die wich- tigste Arbeit auf diesem Gebiete ist die von Kamen (1894), welcher in der Landesgebäranstalt in Czernowitz eine unter den Neugeborenen aus- gebrochene Epidemie beobachtete, wobei die Kinder unter leicht ikteri- scher Verfärbung der Haut, unter zunehmender Cyanose und Entleerung von schwarz-braunem Kot ohne Fieber binnen ^/^ — 4 Tagen starben. Die Sektion ergab hämorrhagischen Infarkt der Lungen, akuten Milz- tumor, beginnende fettige Muskatnussleber und eine vorwiegend intersti- tielle Herdnephritis. In sämtlichen Organen wurden teils einzeln teils in Haufen angeordnet zumeist in den Gefäßen Bazillen gefunden, welche nach allen Merkmalen sich als typisches Bact. coli com. erwiesen. Die- selben Bazillen wurden in dem Brunnenwasser gefunden, welches in der Anstalt als Trinkwasser benutzt wurde. Mit der Schließung des Brunnens sistierte die Epidemie. K. schließt, dass das durch Aufenthalt im Brunnenwasser virulent gewordene Bact. coli com. aus dem Darm- kanal durch die Venae mesentericae in das Pfortadersystem gelangte und von da im Wege der Blutbahn rasch in alle Organe verschlep[)t wurde. Es entsteht so das Bild einer schweren Sepsis, welche aber bei dem Mangel der Hämoglobinurie meines Erachtens mit Unrecht mit der sog. WiNCKELSchen Krankheit identifiziert wird. Weitere Fälle mit Agglutinationsproben belegt wurden kürzlich aus meiner Klinik von KowALEwSKY & MuRO (1901) veröttentliclit. Ein lebensschwacher Säug- ling erkrankt am 4. Lebenstag unter den Erscheinungen der Pyelone- phritis, Tod am 10. Lebenstag. Während des Lebens wurden das typische Darmcoli von nur wenig erhöhter Virulenz aus dem trüben, eiterhaltigen Harn, wenige vStunden nach dem Tode aus dem Herz1)lut, der Cerebro- spinalflüssigkeit, sowie aus sämtlichen Organen in Reinkultur gezüchtet. Dieselljen wurden durch das Serum im Verhältnisse 1 : 100 agglutiniert. Der zweite Fall stellt vielleicht eine primäre Coliseptikämie unbekannten Ausgangspunktes dar. Ein im Alter von 4 Tagen eingebrachtes lebens- schwaches Kind zeigt ohne andere Krankheitserscheinungen Hämor- rhagieen am Gaumen, dann auf der äußeren Haut. Letztere gewinnen eine solche Ausdehnung, dass schließlich das ganze Kind schwarzblau verfärbt ist. Dazu gesellt sich Icterus, Milztumor. ]>luthaltiger Stuhl, 430 Th. Escherich & M. Pfaundler, schließlich kontinuierliches Fieber. Am Tag- vor dem Tode werden in dem der Fing-erbeere entnommenen Blute Colibazillen bakteriologisch und mikroskopisch nachgewiesen. Sektion ergiel)t beginnende, eitrige Menin- gitis, Hämorrhagieen in der Haut und den serösen Häuten, Milztumor und fettige Degeneration des Herzens, der Leber und der Nieren. Die aus sämtlichen Organen gezüchteten Colibazillen waren von beträchtlich ge- steigerter Virulenz und gaben mit dem Blutserum des Patienten eine positive Serumreaktion 1 : 50 — 1 : 100. Eine hierher gehörige Beobachtung lag bereits vor von Lubarsch & TsuTsui (1891). Bei der Sektion eines 2'/.2 Tage alten Kindes findet sich eine ausgedehnte hämorrhagische Pneumonie mit fibrinösen Auflagerungen auf der Pleura, außerdem parenchymatöse Trül)ung der Nieren, Milz- tumor und Fettinfiltration der Leber. Die bakteriologische Untersuchung der Lunge und der Milz ergiebt Bazillen, welche dem Bacillus enteritidis Gärtner am nächsten stehen, jedoch eine geringere Toxizität aufweisen. Mikroskopisch Averden sie in großer Zald in dem Exsudat der Lunge, in den anderen Organen zumeist in den Gefäßen nachgewiesen. Ueber die Quelle der Infektion (Aspiration zersetzten Fruchtwassers?) ist nichts bekannt. Die beim Erwachsenen beobachteten Fälle von Septikämie oder In- toxikation im Anschlüsse an den Genuss von Fleisch oder Milch er- krankter Tiere sind zum Teil durch Bazillen der Coligruppe (Bacillus Gärtner, va?^ Ermengem) hervorgerufen. Bedenkt man, dass dabei zumeist septikämische Erkrankungen der Schlachttiere vorliegen, so ist es begreiflich, dass es bei der gelegentlichen Infektion des Menschen auch zum Bilde der Sepsis kommen kann. Schließlich sind noch einige Fälle vom Uterus ausgehender Wund- septikämie zu erwähnen, bei welchen coliähnliche Bazillen gezüchtet wurden. Chantemksse, Widal & Legry (citiert bei Macaigne) fanden solche bei einer abortierenden Frau in den septischen Eihautresten, so- wie nach dem Tode in den Organen und dem Blute; ebenso Eisenhart (1894) und Kerr (1899). Einen Fall von puerperaler Sepsis mit Gan- grän und (Gasbildung in der Leber, in welchem neben Bacterium coli commune auch anacrobe Bakterien vorhanden waren, beschreibt MoNOD (1895). 2. Die Bakterien der Coligruppe als Diarrhöeerreger. Ein eigentümlicher Zufall fügt es, dass die Toxine der den normalen Darmkanal bewohnenden Bakterien bei Einführung in den Körper der Versuchstiere wiederum Veränderungen des Darmtraktes hervorrufen. Es hat dieser Umstand Veranlassung gegeben, das Bact. coli com. schon frühzeitig mit Darmerkrankungen in ätiologischen Zusammenhang zu bringen. Der erste derartige Versuch ging von Emmerich aus, ge- legentlich seiner Studien über die Neapeler Choleraepidemie. Wenn auch die Deutung, die er seinen Befunden gab, eine unrichtige war, so verdanken wir doch diesen ausgedehnten und sorgfältigen t^ntersuchungen die erste Kenntnis der Wirkungen der Colibazillen auf die verschiedenen Tiere. Einem ähnlichen Irrtum verfielen Antaug der 90er Jahre eine Anzahl französischer Autoren, welche die Behauptung aufstellten, dass das Bact. coli com. die Ursache zahlreicher und schwerer Darmerkran- kungen insbesondere des Kindesalters sei. Bacterium coli commune. 431 Zum ersten Male, freilicli mit der gebotenen Reserve, wurde die Idee einer Diarrhöe erzeugenden Wirkung des Bact. coli com. ausgesprochen von HüPPE (1887), der bei Untersuchung eines Stuhles von Cholera nostras 8 verschiedene Varietäten coliähnlicher Bakterien aus den Ausleerungen iso- lierte. Dieselben zeigten eine ausgesprochene Virulenz bezw. Toxizität (ähn- lich den Neapler Bazillen), die Hippe auf die geänderten Vegetations- bedingungen des Darmes zurückzuführen geneigt ist. Er ervs^ägt aber auch die Möglichkeit, dass sie die Ursache der Erkrankung selbst darstellen. Der Kampf, der gerade in dieser Zeit von selten der KoOHschen Schule gegen den Bacillus neapolitanus geführt wurde, ist wohl die Veranlassung, dass dieser Vorstellung von selten der deutschen Bakteriologen keine weitere Folge gegeben wurde. Dagegen fand sie in Frankreich, wo unter dem Ein- tiusse der Lehren Bouciiarüs von den Autointoxikationen (1887) die Neiguug bestand, den Schwerpunkt der Pathogenese auf die im Verdauungstrakt sich abspieleuden Vorgänge zu legen, einen überaus günstigen Boden. Im Jahre 1881 untersuchten Gilbert & Girüue 3 Fälle von Cholera nostras und fanden in den Ausleerungen derselben eine Reinkultur von Bact. coli com. In einem Falle wurde es auch im Leber- und Milzblut gefunden. Injektionen der aus den Cholerastühlen isolierten Bact. coli com. erzeugten bei Meerschweinchen Enteritis, während Kulturen aus uormalen Stühlen wirkungs- los blieben. Das Bact. coli com. war sonach der Erreger der Cholera nostras. Aehnliche Befunde liatten Schiavuzzi (1890), (jIrandeau & Renon (1893), Mc Weeny (1893), Carp (1893), Horbs (1897), ohne dass sie neue Gesichts- punkte oder Beweise vorbrachten. Diese Lehre wurde von Mace & Simon (1891), insbesondere aber von Macaigxe & Lesage (1892) auf die so häufigen Ver- dauungsstörungen des Säuglingsalters, die sog. Cholera infantum und ver- wandte Zustände übertragen und von letzterem in einer großen Reihe von Publikationen bis in die jüngste Zeit vertreten. Er stützte sich dabei auf den Nachweis der Bazillen im Herzblut und den Organen der Verstorbenen, auf das auffällige Ueberwucheru der Colibazillen in den diarrhöischen Stühlen und auf die Steigerung der Virulenz derselben gegenüber den in normalen Stühlen enthaltenen. Die Autoren sind geneigt, fast alle klinischen Formen, eine Forme algide, eine Forme pyretique, eine zur Kachexie führende Forme prolongee auf die Infektion mit diesem Bact. coli zurückzuführen. Als Infektionsquelle für diese meist bei künstlich genährten Kindern auftretenden Erkraukungen betrachtet Lesage (1897) die Kuhmilch, deren saure Gärung seiner Meinung nach wesentlich durch Bact. coli hervorgerufen wird. Er hat zahlreiche Milch- proben untersucht und darin das virulente Bact. coli sowie dessen Toxine nachgewiesen. Außerdem kommt natürlich noch die Infektion mit den aus diarrhöischeu Stühlen stammenden Bakterien in Betracht. Es wurden epi- demische Ausbreitungen der Erkraukungen in Säuglingskrippen beobachtet und der genannte Krankheitserreger in der Luft, in der aufbewahrten Milch und in den Schnullern nachgewiesen. Diese tlieorie colibacillaire hat sich in Fraukreicli eine Zeit lang" trotz der mangelhafteu lieweisfiihrung- fast ungeteilter Anerkennung- er- freut. Erst nach und nach erfuhr sie Einseliräuknng und Widersprucli. So will Marfan (1900) zwar die Bedeutung des Bact. coli für die Magendarinerkrankungen der Säuglinge nicht leugnen, allein er glaubt, dass es in der Mehrzahl der Fälle einer Infektion von außen gar nicht bedarf, sondern dass durch alimentäre Schädlichkeiten, Sekretvermehrung u. s. w. Bedinu'ungen im Darme geschaffen werden, welche die Virulenz 432 Th. Escherich & M. Pfaundler, des Bact. coli steig-ern (endogene Infektion). Dieser letztere Punkt wird näher präzisiert durch Nobecouet (1899), welcher die Symbiose mit bestimmten anderen im Darme hausenden Bakterien, so die asso- ciation strepto-bacillaire, beschuldigt, die Virulenz des normalen Darm- bakteriums zu steigern. Vergl. S. 398. Zu ähnlichen Vorstellungen ge- langte MoTTA Cocco (1899). Mit dem genaueren Studium der Stulil- flora wurde eine immer größere Zahl anderer pathogener Organismen in den Stühlen gefunden, und auch nach dieser Richtung hin die Be- deutung des Bact. coli eingeschränkt. So erklärt Lesage selbst im Jahre 1898, dass nur 25^ der von ihm untersuchten 770 Fälle von Säuglingsdiarrhöen sich als reine coliforme Diarrhöen herausgestellt hatten, während in anderen Kombinatiooen mit Staphylokokken, Hefe, Proteus, Streptokokken, Tyrothrix u. s. w. vorgelegen. Das Schicksal dieser Lehre wurde besiegelt durch das Ergebnis der Scrodiagnostik, welche, wie Pfaundlers und Nobecoukts Untersuchungen im Gegen- satze zur Behauptung von Lesage feststellten, durchaus negative Resul- tate ergeben hat. Mit sehr viel größerer Reserve wurde diese Frage in anderen Ländern be- handelt. BoöKEH verööentlichte schon im Jahre 1887 eine sorgfältige Studie über die in diarrhöischen Stühlen der Säuglinge vorkommenden Mikroorga- nismen. Er isolierte ebenso Avie Jeffries (1888) und Holst (1889) eine große Zahl coliähnlicher Bazillen, ohne denselben eine besondere Bedeutung für die Aetiologie beizulegen. Eher schien ihm dieser Gedanke gestattet gegenüber dem Bact. lactis aerog., das bisweilen in abnorm großer Zahl im diarrhöischen Stuhle gefunden wurde. In Deutschland wurde die Annahme des Bact. coli com. als des einheit- lichen, specitischen Krankheitserregers der Säuglingsdiarrhöen von mir (1889) und Baginski (1891) zurückgewiesen. Letzterer nähert sich allerdings sehr dem Standpunkte Marfans, wenn er (1897) schreibt: »Als Krankheitserreger wirken nicht specifische, sondern die vulgären, saprophytischen Bakterien des Darmkanals (insbesondere das B. 1. a.), welche besondere Virulenz anzunehmen vermögen«. Als unbedingter Anhänger bekennt sich K. Szegö (1896), der in 3 Fällen von Gastroenteritis das virulente Bact. coli im Blute und den Organen nachgewiesen hat. Im allgemeinen aber steht man auch in der deutschen Litteratur der Annahme einer diarrhöeerregenden Wirkung des virulent gewordeuen Bact. coli com. ablehnend gegenüber und führt die im späteren Verlaufe auftretenden Coliiufektionen auf eine sekundäre Invasion auf dem Wege des ulzerierten, stellenweise seines schützenden Epithels be- raul)ten Darmkauais zurück. Der direkte Nachweis und die richtige Deu- tung der sekundären CoUinvasion an den Leichen der an Verdauungs- krankheiten gestorbenen Kinder wurde zuerst von Marfan & Nanu (1892) geliefert. Bestätigende Angaben sind seitdem erschienen von Heubner (1895), Booker (1896), Bagjnskt (1897). Ich selbst hatte oft Gelegenheit, mich davon zu überzeugen, und konnte außerdem bei Anwendung geeigneter Methoden auch die jüngst entdeckten anaeroben und acidophilen Bakterien des Säuglings- darmes in mehreren Fällen in den Organen nachweisen. Inwieweit wir berechtigt sind, diese Thatsache zur Erklärung klinischer Symptome heranzuziehen, erscheint noch unsicher. Mir selbst ist ein dem Choleratyphoid analoger Zustand nach Brechdurchfall der Kinder, wie ihn Baüinski beschreibt, nicht vorgekommen. Am ehesten dürfte der Uebergang der Colibazillen in die Harnwege und die anschließende Cystopyelitis zu klinischen Erscheinungen Veranlassung geben. Bacterium coli commuue. 433 Im Blute des lebenden darmkranken Kindes wurde das Bact. coli zuerst von CzERKY & MosEK (1894) gefunden. Sie versuchten daraufhin eine neue Gruppe von Magen-Darmerkrankuugen: die zu septischer Allgemeininfektion führende Gastroenteritis aufzustellen. Ihre Befunde konnten jedoch von anderen, Cozzolino (1896), Bacjinski u. a., denen ich eigene Untersuchungen anreihen kann, nicht bestätigt werden. Wenn wir im vorstehenden die ätiologische Beziehung des normalen Darmcoli, des typischen Bact. coli com. zu der großen Gruppe der ge- wöhnlichen Darmkatarrhe und Choleranostraslalle abgelehnt haben und auch der Annahme, dass dasselbe unter besonderen Vegetationsbedin- gungen eine zur Entstehung v(m Darmerkrankungen führende Virulenz erwirbt, zweifelnd gegenüberstehen, so hindert dies nicht die Aner- kennung der Thatsaehe, dass in der Gruppe der Colibazillen, d. b. den dem Darmcoli biologisch nahestehenden Arten sich solche befinden, welche echte Infektionen und speziell Darminfekte des Menschen hervor- zurufen imstande sind. Die Gründe für diese Annahme sind folgende: 1. Die Tierpathologie ist reich an epidemisch auftretenden Erkran- kungen, welche durch der Coligruppe angehörige Bakterien hervorge- rufen werden. Ich führe als solche an: die Bazillen der Kälberruhr, der Öchweinecholera, der Schweineseuche, des Mäusetyphus, der Darmdiph- therie der Kaninchen (Ribbert), der Enteritis der Kühe, einer mit Fieber, Kolik und Darmgeschwüren einhergehenden Pferdeseuehe (Piorkowski) u. a. m. In der Mehrzahl dieser Erkrankungen handelt es sich um primäre Lokalisatiou des Krankheitserregers im Darmtrakte und um einen am Darmrohr ablaufenden Entzündungsprozess. 2. Eine direkte Beziehung zur menschlichen Pathologie erhalten diese Fälle dadurch, dass in einer nicht geringen Anzahl von Fällen durch den Genuss von Fleisch oder Milch derartig erkrankter Tiere ähnliche schwere Erkrankungen des Darmtraktes hervorgerufen werden. Die erste derartige Beobachtung betrifft den Bacillus enteritidis Gärtner (1888), der sieh die Befunde von van Ermengem (1892), Holst (1894), Känsciie (1896), DuRHAM u. s. w. anschließen. Die Mehrzahl der dabei gefundenen Bakterien stellen, wie dies van Ermengem (1895) ausdrück- lich hervorhebt, Spielarten des Bact. coli com. vor, die man auch wohl zu einer besonderen »Enteritis-Gruppe« zusammengefasst hat. 3. Das Bact. coli com. zeigt eine ausgesprochene Artverwandtschaft mit dem Typhusbacillus und ist mit diesem durch zahllose Uebergangs- formen verbunden. Mehr noch als im morphologischen und kulturellen Verhalten tritt diese Aehnlichkeit im Tierversuch hervor (Blachstein 1891), der höchstens graduelle Unterschiede erkennen lässt. Auch dieser Umstand legt den Gedanken nahe, dass in der großen Reihe der coli- ähnlichen Bazillen, welche den Uebergang zwischen Darmcoli und Typhus- bacillus in biologischer Beziehung vermitteln, auch Uebergänge in Be- zug auf die pathogene Wirkung bestehen. Die Aehnlichkeit ihrer Wir- kung gegenüber dem menschlichen Organismus wird auch durch das Auftreten der Agglutination nach Ablauf des Infektes demonstriert. Erst durch die Entdeckung dieser Reaktion, welche es ermöglicht, unter der Anzahl ähnlicher, ja auf andere Weise überhaupt nicht uuterscheid- barer Bakterienarten, wie sie in dem erkrankten Darmtrakte beisammen sind, den eigentlich Schuldigen herauszufinden, ist dieses Gebiet der exakten Erforschung zugänglich geworden, während ältere Schilderungen, selbst wenn sie richtig beobachtet waren, der Beweiskraft entbehren. Haudbuoli der pathogenen Mikroorgauismeu. II. 28 434 Th Escherich & M. Pfanndler, Freilich legt uns andererseits die Thatsaclie der sekundären Coliinvasion, sowie die später zu erwähnenden Fehlerquellen in der IJeurteiluug- der Agglutinationsbefunde eine gewisse Vorsicht auf. Die hierher gehijrigen Erkrankungen, die in ihren klinischen Symp- tomen dem Typhus abdominalis nahestehen, aber durch einen mildereu Verlauf, durch das Fehlen der Gruber- WiDALschen Reaktion und das Agglutiuatiousvermögen ihres Serums gegenüber einem der Coligruppe angehörigen, aus ihren diarrhöischen Stühlen gezüchteten Bacillus aus- gezeichnet sind, wurden früher als gastrisches Schleimfieber, Typhoid, Typhoidette (Brouardel), in neuerer Zeit als Paratyphus (Schottmüller) oder Parakoloninfektion (Libman) bezeichnet, liezüglich derselben sei auf das Kapitel über Typhus abdominalis verwiesen. Wesentlich verschieden von diesem Bilde ist eine 2. Gruppe von Erkrankungen, welche ebenfalls — nach dem Ausfallen der Agglutina- tionsproben zu schließen — durch Angehörige der Coligruppe hervor- gerufen wird. Wälirend bei den typhoiden Erkrankungen die klinischen Erscheinungen durch eine Allgemeininfekti(ni mit vorwiegender Lokali- sation der Krankheitserscheinungen im unteren Abschnitte des Dünn- darmes veranlasst erscheinen, begegnen wir hier einem Symptomen- komplexe, welcher auf eine ausgesprochene, mit entzündlichen und nekrotisierenden Prozessen einhergehende Erkrankung der Dickdarm- schleimhaut liinweist und in der epidemischen Ruhr sein Paradigma besitzt. Indem ich betreffs derjenigen Litteratur, welche sich mit den Be- ziehungen des Bact. coli zur epidemischen Ruhr beschäftigt, auf den diesbezüglichen Abschnitt dieses Werkes verweise, beschränke ich mich hier auf die Schilderung jener ruhrähnlichen Erkrankungen, welche seitens ihrer Beobachter von der Ruhr abgetrennt und auf eine Infektion mit einem der Coligruppe angehörigen P)acillus zurückgeführt wurden. Es ist dies die ursprünglich als Enteritis follicularis, später von mir als Colitis contagiosa oder Colicolitis, auch als Enterocolitis dysenteriformis (Coxcetti, Valagussa) bezeichnete Erkrankung. Es gehören diese Beobachtungen ganz vorwiegend dem Kiudesalter zwi- schen dem 2. bis 5. Lebensjahre an. Die Krankheit tritt in epidemischer Form zumeist in den Herbstmonaten auf. Sie beginnt akut mit hohem, aber rasch wieder abfallendem Fieber und zahlreichen unter Tenesmus abgesetzten, schleimigen oder blutigschleimigen Stühlen bei eingesunkenem Abdomen und strangartig kontrahiertem, in der linken Fossa iliaca fühlbarem Dickdarm. In leichten Fällen klingen die Symptome rasch ab. Der Blutgehalt der Stühle schwindet, ihre Zahl vermindert sich und es schließt sich ein bisweilen lange sich hinziehender, chronisch katarrhalischer Zustand au. In schweren Fällen schreitet der Prozess unter fieberhaften Nachschüben nach aufwärts fort und kann unter schweren toxischen Erscheinungen, Herzschwäche, Benommenheit, auch wohl hinzutretender Lungenentzündung zum Tode führen. Die Sektion ergiebt dann eine vom Anus nach oben zu sich ausbreitende nekrotisierende Entzündung der Schleimhaut, die von einem kleienartigeu Belag bedeckt ist, der sich später abstößt und den betroffenen Teil der Oberfläche als geschwürige Fläche zurücklässt. Die Follikel treten dabei nicht besonders hervor; sie sind nur sekundär in Mitleidenschaft gezogen, weshalb auch die Bezeichnung Enteritis follicularis mir nicht zutreffend erscheint. Sehr ausgesprochen ist die Infektiosität dieser Erkrankung, welche nament- lich unter den Insassen der Kinderspitäler Verheerungen anrichtet und auch Bacterinm coli commune. 435 .'«*' f^i» /\ u :uif das Pflegepersonixl übergreifen kann. In den typischen kotfreien Stühlen findet man auf der Höhe der Erkranknno: eine relativ spärliche Bakterien- vegetation, welche in typischen Fallen fast ausschließlich aus gramisch ent- färbten, coliähnlichen Kurzstäbchen, die zum Teil in Eiterzellen eingeschlossen sind, besteht (vergl. Fig. 2). In anderen Fällen dagegen ist das bakterio- skopische Bild weniger charakteristisch, stets aber erhält man mit den üb- lichen Kulturraethoden Bact. coli com. in Reinkultur oder doch in ganz über- wiegender Zahl. Wir erkeimeu die charakteristisclien Züge der Krankheit, v^^eim wir von älteren Autoren absehen, in der meisterhaften Schilderung-, welche WiDERHOFER (1880) vou der Enteritis follicularis geliefert bat. Der Zu- sammenbang derselben mit dem IJact. coli com. wurde zuerst V(m Rossi DoRiA (1892] behauptet, der im Findelliause zu llom eine epidemische Ausbreitung von Diarrhöen im Anschlüsse an einen von außen eingebrachten Krank- heitsfall beobachtet hat. Die Krankheitserscheinungen ent- sprachen annähernd dem obigen Bilde, jedoch wurden im Verlaufe derselben ty- phoide Zustände mit IMilz- schwellung u. s. w. beobach- tet. Die anatomischen Ver- änderungen erstreckten sich über den ganzen Dickdarm und einen Teil des Dünn- darms. Bei Untersuchung der Faeces wurde eine Reinkul- tur von Bact. coli com. ge- funden, das auch in den Or- ganen vorhanden war. Das- selbe war wenig beweglich, brachte Zuckerlösungen anae- rob zur Gärung und stimmte somit in den wichtigsten Eigen- schaften mit dem typischen Darmcoli überein. Sehr viel eingehender sind die Untersuchungen, welche Finkelstein (1896) bei einer Epidemie, die in der berliner Kinderklinik ausgebrochen war, anzustellen Gelegenheit hatte. Die Krankheit breitete sich epide- misch unter den jüngeren Kindern aus und hatte zahlreiche Todesfälle zur Folge. Das klinische Bild und der pathologisch- anatomische Be- fund entsprach der obigen Schilderung. In den Stühlen fand sich mikro- skopisch und bakteriologisch nahezu in Reinkultur ein Bacillus, der in seinen biologisclien Eigenschaften (Beweglichkeit, Gasbildung, Milch- gerinnung, ludolbildung) mit dem typischen Darmcoli übereinstimmte, von Finkelstein nur auf Grund seiner Eigenschaften im Tierversuche von demselben abgetrennt wurde. Er fand nämlich, dass Mäuse, die mit den Kulturen gefuttert wurden, an schweren Diarrhöen mit blutig- serösen Stühlen eingingen. Die Sektion zeigte intensive Rötung und Schwellung der Follikel. Ich hatte Gelegenheit, mich von der Richtig- 28* f ^'^' «' Fig. 2. Bild einer eitrigen Partie des Stuhles von infektiöser Colitis ebenso wie Abb. 1 mit Weigkrts Fibrinfiirbung und Fuchsin gefärbt. Es fehlen die nach Graxi färbbarenlJazillen voll- ständig. Zwischen und zum Teil in den Eiter- zellen finden sicli ausschliel31ich die mit der Kontrastfarbe gefärbten coliähnlichen Kurz- stäbchen. Vergrößerung wie Fig. 1. 436 Th. Escherich & M. Pfaundler, keit dieser Angaben zu überzeugen, jedoch war die deletäre Wirkung- der Verfütterung au Mäusen nach einigen Generationen nicht mehr nach- weisbar. Unsere eigenen Beobachtungen datieren seit dem Herbste 1895, zu welcher Zeit diese Erkrankung in Form einer schweren Hausepidemic an der Grazer Kinderklinik auftrat. Angaben darüber finden sich in den Mitteilungen des Vereins der Aerzte in Steiermark (1897], in den auf der Düsseldorfer Xaturforscher-Versammlung (1898) und auf dem Kongresse für innere Medizin (1899) gehaltenen Vorträgen, sowie in der Arbeit von Pfaundler (1899). Aus diesen Mitteilungen geht hervor, dass uns die klinische Eigenart und der auffällige bakteriologische und bakterioskopische Befund in den Stühlen schon von Anfang an auf- gefallen war und auch uns zur Vermutung geführt hatte, dass das Bact. coli com. mit der Actiologie der Krankheit in Beziehung stehe. Jedoch hielt uns die Unmöglichkeit, die Krankheitserreger von den anderen im Stuhle vorhandenen Colibazillen zu trennen, davon ab, dieser Vorstellung früher Ausdruck zu geben, als bis es im Sommer 1898 gelungen war, die Agglutination der aus dem Stuhle gezüchteten Bazillen durch das Serum der betreffenden Patienten zu erhalten. Die Thatsache war um so wichtiger und beweisender, als wir in jener Zeit uns durch zahlreiche Nachprüfungen von der Unrichtigkeit der Angaben Lesages, die Agglu- tination der Colibazillen bei gewöhnlichen Brechdurchfällen der Kinder betreffend, überzeugt hatten. Die Mitteilung dieses Befundes erfolgte zeitlich vor dem Erscheinen der SiiiGASchen Arbeit in der deutschen Litteratur, also jedenfalls unabhängig von derselben und zwei Jahre vor dem Vortrage Kruses über die Aetiologie der Dysenterie (1900). Bezüg- lich der Details der Iteaktion sei auf die Ausführungen Pfaundlers verwiesen. Hier sei nur erwähnt, dass ich die agglutiuierbaren Kolonieen nur im Beginne der Erkrankung und nur in sehr beschränkter Zahl nicht aber im späteren Verlaufe nachweisen konnte, während allerdings das Blutserum noch längere Zeit nach Ablauf der Erkrankung die Eeaktion gab, dass der Grad der Agglutination, wie dies überhaupt dem Kindes- alter eigentümlich zu sein scheint, keine besonderen Höhenwerte er- reichte (zwischen 1 : 10 bis 1 :250), zumeist aber um 1 : 30 — 40 schwankte, dass endlich nur die aus einer Epidemie resp. Infektionsquelle stam- menden Bazillen von dem Serum der betreffenden Patienten agglutiniert wurden, nicht aber die aus normalen Därmen oder aus anderen Epide- mieen herrührenden. Betreffs der biologischen Eigenschaften der Ba- zillen erwähne ich, dass sämtliche, die Reaktion gebenden Kulturen die Artmerkmale der Coligruppe tragen. Es wurde aber nicht nur bei den verschiedenen Fällen, sondern sogar bei einem und demselben Falle eine positive Serumprobe mit Kulturen erhalten, welche sich gegenüber der Gärungsprobe auf Traubenzucker verschieden verhielten. Freilich gehörten die Mehrzahl der positiven Kolonieen und gerade die- jenigen, welche diß höchsten Agglutinations werte aufwiesen, der nicht vergärenden Spielart des Similtyphus an. Auch bezüglich der Beweg- lichkeit fand ich kein einheitliches Verhalten. Später wurde die Erkrankung auch in Italien von Vallagu.ssa, einem Schüler von Celli und Concetti, an einer großen Zahl von Kindern beobachtet. Seine klinischen und epidemiologischen Beobachtungen stimmen mit den unseren völlig überein, ebenso die Ergebnisse seiner Stuhluntersuchungen sowohl in Bezug auf das mikroskopische Bild als Bacterium coli commune. 487 die kulturellen Ergebnisse und die Serumreaktiou ; letztere allerdings mit dem wesentlichen Unterschiede, dass die aus dem Stuhle isolierten Colikolonieen sich sowohl bezüglich des positiven Ausfalles der Gärungs- probe auf Traubenzuckerbouillon, als bezüglich der Agglutination völlig gleichartig verhielten. Sie wurden mit Ausnahme von 3 unter 16 Fällen durch das Serum nicht nur des eigenen, sondern auch der anderen Fälle, sowie durch das von Celli & Belfanti hergestellte Dysenterie-Heil- serum in Verdünnungen von 1 : 50 agglutiniert. Die mit dem letzteren erzielten therapeutischen Eesuitate waren sehr zufriedenstellend, und Vallagussa sieht darin einen Beweis für die ätiologische Zugehörigkeit dieser Fälle zur echten, epidemischen Ruhr. In der That stellt das klinische Symptomenbild und die ausge- sprochene Kontagiosität unserer Colitis dieselbe unmittelbar an die Seite der echten Dysenterie, von welcher sie sich nur durch den im ganzen milderen Verlauf, die anscheinend autochthone Entstehung ohne nach- weisbaren Zusammenhang mit Ruhrepidemieen und die vorwiegende Ver- breitung in Kinderspitälern und unter Kindern unterscheidet. Jedoch haben wir auch leicht verlaufende Erkrankungen des erwachsenen Pflegepersonales beobachtet. Dagegen besteht wenigstens für unsere Fälle der Unterschied, dass unter den aus dem Stuhle isolierten und durch das Serum agglutinierten Bazillen sich auch solche finden, die ein aus- gesprochenes Gäruugsvermögen für Traubenzucker und Eigenbewegung aufwiesen, die bei dem SniGA-KRUSESchen Bacillus fehlen. Die Prüfung des Serums dieser Patienten gegenüber dem SniGA-KRUSEschen Dysen- teriebacillus steht noch aus. Diese Schwierigkeit entfällt für Valla- GUSSA, welcher den CELLischen Bacillus colidysentericus als Ursache der Krankheit betrachtet. Er hält sich deshalb für berechtigt, diese Erkrankung als Dysenterie der Kinder zu bezeichnen. In der That scheint es mir nach dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse kaum gerechtfertigt, auf Grund so geringfügiger, biologischer Diffe- renzen der Bakterien diese klinisch und epidemiologisch so ähnlichen Fälle ätiologisch zu trennen. Freilich könnte man diesen Krankheitsfällen auch eine gewisse Selbständigkeit gegenüber der echten Dysenterie belassen, in ähnlicher Weise wie dem Typhoid oder Paratyphus gegenüber dem Tvphus abdo- minalis. Die nahe biologische Verwandtschaft der Dysenterie- und der hiebei gefundenen Coli- resp. Paracolibazilleu lässt es sehr wohl mög- lich erscheinen, dass auch in den durch sie hervorgerufenen Krank- heitsbildern Zwischenformen in Erscheinung treten. Es ist zu erwarten, dass mit Hilfe der Serodiagnostik diese Frage in Bälde zur Entschei- dung kommt. 3. Die Bakterien der Coligruppe als Entzündungserreger. Bei den bisher besprochenen Erkrankungen handelte es sich wesent- lich um Wirkungen der Colibazillen, welche durch die Resorption der Toxine und die elektive Affinität derselben zu bestimmten Organen oder Geweben Zustandekommen. Fast allen pathogenen Bakterien kommt aber außerdem noch eine allgemeine entzUndungserregende Wir- kung zu, welche an die Anwesenheit der Bakterien selbst, an die in den Bakterienleibern enthaltenen, Leukocyten anziehenden Stoffe ge- bunden ist. Diese pyogene Fähigkeit ist bei den gemeinhin als Eiter- kokken bezeichneten Arten im höchsten Grade entwickelt. Sehr viel 438 Th. Escherich 6c M. Pfaundler. weniger ausgesproclieu findet sie sich bei den Bazillen, unter denen die Colibazillen als Eitererreger weitaus die wichtigsten sind. Ihre Fähig- keit, örtliche Entzündung und Eiterung hervorzurufen, wurde schon bei der ersten Schilderung konstatiert; aber schon vorher waren sie bei verschiedenen Eiterungsprozessen des Menschen gesehen und unter ver- schiedenen Namen beschrieben worden. Ihre besondere Bedeutung als Entzündungserreger — trotz der relativ geringen pyogenen Wirkung — ist darin gelegen, dass sie einer in der Umgebung des Menschen un- gemein verbreiteten Bakteriengruppe angehören und vor allem darin, dass sie schon normaler Weise im Darmkanale in großer Menge vor- handen und in der Lage sind, von dort aus unter pathologischen, ja vielleicht sogar unter normalen Verhältnissen in gewisse Körperhöhlen einzudringen. Damit hängt es zusammen, dass die dem Darmtraktc zunächst liegenden Organe, das Peritoneum, die Gallen- und Harnwege am häufigsten Sitz dieser durch das Eindringen des Bact. coli hervor- gerufenen Erkrankungen sind. Außerdem wird das Hact. coli als Er- reger von Eiterungen und Entzündungsprozessen auf Wunden, Schleim- häuten, sowie in verschiedeneu Organen betrachtet. A. Die Gruppe des Bacterium coli als Erreger der Peritonitis. Die Frage der Peritonitiserregung durch Bakterien war schon einige Jahre vor der Entdeckung des B. coli durch den Streit zwischen Grawitz und Pawlowsky lebhaft besj)rochen. Speziell durch letzteren war die Schädlichkeit des nicht sterilisierten Darminhaltes festgestellt worden, und schon Cornil hat die »Bacilles de l'intestin« als Ursache für die Ent- zündung des Peritoneums angesehen. Es ist möglich, ja wahrscheinlich, dass auch der von Pawlowsky entdeckte Bacillus peritonitidis ex inte- stinis cuniculi nichts anderes ist als ein Bact. coli. Aber erst Laruellk (1889) hat in dem konstantesten aller Darmbakterien, dem Bact. coli com., das eigentliche, ursächliche Agens der Peritonitis erkannt. Er fand dasselbe in den Produkten der von ihm untersuchten zwei Fälle von Perforationsperitonitis, die den Ausgangspunkt seiner Untersuchungen bildeten. Außerdem hat er experimentell fünf Fälle traumatischer Peritonitis bei Tieren erzeugt und daraus ebenfalls Bact. coli com. in Reinkultur isoliert, so dass er zum Schlüsse kommt, dass demselben die wichtigste, wenn auch nicht ausschließliche LNdle bei dem tödlichen Ausgange der Perforationsperitonitis zukommt. In der That gelang es ihm, durch iutraperitoneale Injektion des Bact. coli Peritonitis zu er- zeugen; allein es bedurfte dazu einer gleichzeitig das Peritoneum rei- zenden Substanz (sterile Faecesemulsion), während die mit Kochsalz- lösung aufgeschwemmten Bazillen zwar das Tier töteten, aber trotz- dem keine Peritonitis erzeugten. Seine Angaben wurden von Rorx i^c Rodet, von Vendriks, Dupre, Goullioud, Adenot bestätigt, welche das Bacterium coli aus den nach Perforation von Typhusgeschwüren entstandenen Peritonitiden züchteten. Barbacci fand es weiter in 13 Fällen von Perforationsperitonitis in Reinkultur. A. Fränkei. und Ziegler zeigten in ausgedehnten Versuchsreihen, dass es gelingt, durch intraperitoneale Injektion von Bouillonkultur des Bact. coli das Bild der akuten, wie der chronischen Peritonitis zu erzeugen. Die Bazillen finden sich in großer Menge in dem Peritonealexsudate, sowie auch im Herzblute und den Organen der Versuchstiere. Es erscheint sonach das konstant im Darminhalte enthaltene Bact. coli als die eigentliche Bacteriuni coli commune. 439 Ursache der Scliädliclikeit des austretenden Darminlialtes, der diffusen, an die Perforation sich anschließenden Peritonitis. Das klinische lUld derselben entspricht nach Fränkel im wesentlichen einer Intoxikation durch die 8tottVechselprodukte dieser Pakterien. Nicht in allen Fällen ist der Wec,-, auf welchem das Pact. coli ins Peritoneum gelangt, ein so offenkundiger. Pei schwerer Schädigung- der Darmwaud kommt es ohne Perforation zu einer Kontinuitätsinfektion infolge des Durchwachsens der Darml)akterien , und auch bei gering- fügigen Läsionen können, wie S. 421 auseinandergesetzt, einzelne Mikro- organismen, in erster Linie das Pact. coli, die Darm wand passieren. Finden sich dann im Peritonealraum disponierende Momente (Stagnation der Flüssigkeit, Läsionen des Endotheles, Fremdkörper), so kann es auch zur Entstehung einer diffusen, akuten Peritonitis kommen. Malvoz fand in sechs von sieben untersuchten Fällen die sich an entzündliche Darm- erkranknngen ohne Perforation anschlössen, das Pacf. coli; in dem siebenten, der einer Eesektion der Gallenblase wegen Cholelithiasis nach- folgte, waren Streptokokken vorhanden. Auch Fränkel konnte das Pact. coli nur in 9 von 31 Fällen nachweisen und vermisste es stets in den an (Operationen oder Eiterungsprozesse sich anscliließenden, sej»- tischen Peritonitiden. Es lässt sich also der bakteriologisclie Pefund in dem Sinne verwerten, dass die Anwesenheit des Pact. coli in dem Exsudate darauf hinweist, dass die Peritonitis von Erkrankungen des Intestinums ihren Ausgang genommen. Auch Ziegler bestätigt den dia- gnostischen Wert des Nachweises der Colil)azilleu für die intestinale Form der Peritonitis, der freilich von Tavel & Laxz bestritten wird. Im weiteren i^aufe der ITntersuchungeu ergaben sich Zweifel, ob das P. coli der einzige Erreger der intestinalen Form der Peritonitis sei. A. Fränkel tand in zwei von sieben untersuchten Fällen das dem P. coli nahestehende P. lactis aerogenes in Reinkultur. Noch wichtiger aber ist, dass mit der feineren Ausbildung der l)akteriologischen Technik es sich herausstellte, dass in den meisten Fällen von Peritonitis eine Misch- oder richtiger gesagt Polyiufekti(m vorliegt. Das ist von vorneherein ein- leuchtend, wenn die Peritonitis durch Perforation des Darmes oder durch Kontinuitätsinfektion vom Darminhalte her entstanden ist, wobei sämt- liche Pakterien des Darminhaltes in das Peritoneum gelangen. Allein auch in denjenigen Fällen, wo nur geringfügige Darmläsionen vorliegen, finden wir, dass neben dem Pact. coli auch Kokken und andere Mikro- organismen den Darm durchwandern, wenngleich hier die Auswahl der Arten eine sehr viel beschränktere ist (vergl. S. 421). Tavel & Lanz, welche diesem Punkte ihre spezielle Aufmerksamkeit gewidmet haben, fanden in dem Peritonealexsudate der zahlreichen, von ihnen unter- suchten Fälle stets ein Gemenge von Pakterien, unter denen mikro- skopisch neben den als Pact. coli anzusprechenden Stäbchen zahlreiche andere, gramisch färbbare Mikroorganismen, insbesondere Streptokokken erkennbar waren. Trotzdem ergab die Kultur auf den üblichen Nähr- böden ausschließlich oder ganz vorwiegend Colibazillen, deren ein- zelne Stämme untereinander kleine Verschiedenheiten aufwiesen, so dass die Autoren 31 verschiedene Spielarten unterscheiden konnten. Sie kamen zum Schlüsse, dass das Bacterium coli in der Aetiologie der bakteriellen Peritonitis nur deshalb eine so hervorragende Holle spiele, weil es so außerordentlich leicht zu züchten sei, dass aber den anderen in dem Exsudate nachweisbaren Pakterien, insbesondere den aus dem Darminhalte stammenden Streptokokken für das Zustande- 440 Th. Escherich & M. Pfaundler. kommen der Kranklieitserscheimingen die viel größere Bedeutung- zu- komme. Die Entscheidung dieser Frage wird erst von weiteren Unter- suchungen zu erwarten sein, bei welchen sämtliche im Peritonealexsudate vorhandene Bakterien, auch die bis jetzt noch ganz unbeachteten Anaeroben in Betracht gezogen und auf ihre pathogenen Eigenscliaften geprüft werden. Wenn sich, wie es nach den vorliegenden Angaben zu erwarten wäre, Peritonitiden finden, in welchen das Bact. coli thatsächlich in Keinkultur vorhanden ist, so kann angesichts des positiven Ausfalles der Tierversuche wohl nicht daran gezweifelt werden, dass das Bact. coli thatsächlich imstande ist, eine Peritonitis zu erzeugen. Freilich werden diese Fälle sehr selten sein gegenüber den mit Polyinfektion einhergehenden. Aber auch bei diesen dürfte das Bact. coli an dem Zustandekommen der schweren toxischen Erscheinungen beteiligt sein, wofür ich den Umstand anführen kann, dass das Blut eines an wieder- holten, peritonealen Attacken erkrankten Patienten gegenüber dem aus dem Peritoneum gezüchteten Bact. coli positive Serumreaktion er- kennen ließ. Aehnlich liegen die Verhältnisse bei den so häufig vorkommenden, circumskripten Peritonitiden, welche sich an entzündliche Vorgänge, insbesondere im Appendix, anschließen. An den dort ablaufenden Ent- zündungsprozessen sind außer Eingeweidewürmern (Metschnikoff) die gewöhnlichen Darmbakterien (Bact. coli, Streptokokken, Pneumokokken) beteiligt. Auch in den nach Appendicitis oder circumskripter Peritonitis sich bildenden, bezw. zurückbleibenden Eiterherden wird das Bact. coli neben anderen Eitererregern und Anaeroben oder nach Absterben dieser in Eeinkultur gefunden (Adenot, Curky). B. Die Gruppe des Bacterium coli commune als Krankheitserreger in den Gallenwegen. Der Inhalt der Gallenblase ist trotz der offenen Kommunikation mit dem bakterienhaltigen Darmrohre unter normalen Verhältnissen sowohl beim Menschen wie bei den Tieren steril (Netter, Naunyn, Fränkel, Krause). Da der Galle keine baktericiden Eigenschaften zukommen, ja dieselbe sogar einen guten Nährboden für Bakterien, speziell auch für das Bacterium coli commune darstellt, kann dies nur dem normalerweise geringen Bakteriengehalt des Duodenums, insbesondere aber dem nach dem Darme zu gerichteten Flüssigkeitsstrome der Gallen- wege zuzuschreiben sein. Gilbert & Girode fanden die Galle auch 24 Stunden nach dem Tode in sechs von acht Fällen noch steril; sobald es jedoch in vivo zu einer länger dauernden Stauung der Galle kommt, können sich die vom Darm aus eindringenden Keime vermehren. So berichtet Netter, dass bei Kaninchen regelmäßig schon 24 Stunden nach aseptischer Unterbindung des Ductus choledochus dicht am Duodenum Bakterien aus der Galle kultiviert werden können. Fast stets handelt es sich dabei um das Bact. coli com. , das nicht selten auch ohne erkennbare anatomische Veränderung, fast regelmäßig aber im Gefolge der verschiedenartigsten Erkrankungen der Gallenwege in der Galle gefunden wird. So fand Letienne in 42 untersuchten Fällen elfmal das Bact. coli com. in der Gallenblase, ohne dass anatomische Ver- änderungen vorhanden waren; um so häufiger, je längere Zeit nach dem Tode bis zur Vornahme der Untersuchung verstrichen war. Schon im Jahre 1886 dürften Netter & Martha dasselbe in einem Falle von Bacterium coli commune. 441 Tjcherabszess mit komplizierender Eudocarditii^ unter den Händen g-ehabt haben, ohne dasB ilmen die Züchtung gelang. 1890 züchteten Gilijekt iSc GiRODE dasselbe aus zwei Fällen von Empyem der Gallenblase und sprechen es als die Ursache der bestehenden Entzündung an, ebenso Gilbert & Domenici. Charrin & Eoger gelang es durch Injektion von Bouillonkulturen des aus einem Krankheitstall gezüchteten Hact. coli in die Gallenwege von Kaninchen eitrige Gallengangsentzündungen experimentell zu erzeugen. Gilbert & Domenici (1894) wiederholten diese Experimente mit den aus dem normalen Stuhle gezüchteten Bazillen. Dagegen sprechen Veillox & Jayle dem Befund des Bacillus in dem von ihnen untersuchten Leberabszesse jede kausale Bedeutung ab, da sie den Abszessinhalt bei der ersten Untersuchung steril gefunden hatten. Sie betrachten die Bazillen als sekundär eingewandert. Von deutscheu Forschern hat Nauxyn sich zuerst mit den Spaltpilzen der Gallenblase beschäftigt. Das von ihm aus einem Falle von Hydrops cystidis gezüchtete Stäbchen verhielt sich bis auf die stärkere Patho- genität für Mäuse wie das Bact. coli com. Bei Injektion desselben in die Gallenblase von Hunden gingen dieselben an Peritonitis zu Grunde. In beiden Fällen bestand Angiocholitis mit massenhafter Wucherung der Bazillen. In seinem großen Werke (1892) teilte er mit, dass er das Bact. coli com. in fünf Fällen von akuter Cholelithiasis mittelst Punktion nachgewiesen hat. Ebenda finden sich auch wichtige Angaben über die Beziehungen dieses Spaltpilzes zu den Krankheitszuständen , speziell über die Frage, ob dieselben durch ihre Wucherung eine direkte Aus- scheidung von Bilirubinkalk in den Gallenwegen hervorzurufen ver- mögen. Dieser Vorstellung widerspricht die Thatsache, dass in jungen Konkrementen keine Pilzanhäufungen gefunden werden. Viel anspre- chender ist die Annahme, dass die Erkrankung der Gallenblasensehleim- haut, welche zu Steinbildungen führt, der steinbildende Katarrh, eine Folge der Invasion des Bact. coli com. sei. Der Bacillus ist zweifellos befähigt, Cholangitis und Cholecystitis hervorzurufen, jedoch scheint dazu außerdem noch Gallenstauuug erforderlich zu sein, denn, während er in den Gallenwegen der Hunde nach Unterbindung des Ductus choledochus die heftigste Infektion erzeugte und die Tiere in kurzer Frist erlagen, rief die Injektion der gleichen Dosis bei einem Hunde ohne Unterbindung des Ductus choledochus gar keine Erscheinungen hervor und als das Tier nach 8 Tagen getötet wurde , fand sich nichts Ab- normes in den Gallenwegen und der Leber vor. A. Fränkel, der das Bact. coli in einem durch Gallenstein bedingten Leberabszess gefunden hatte, schließt sich der Auffassung Xaunyxs an, ebenso Dmochowski & Janowski. Dass von bazillären Erkrankungen der Gallenwege aus terminal auch septische Zustände (Coliseptikämie) ihren Ausgang nehmen können, ist bereits S. 428 erwähnt. Im Anschlüsse hieran seien auch die Fälle von Icterus angeführt, bei welchen man einen ätiologischen Zusammenhang mit dem Bact. coli ange- nommen. Hangt schildert 3 Typen mit Gelbsucht und Hypothermie einher- gehender Fälle: 1. infektiöser Icterus mit typhösen Symptomen; 2. chroni- scher Icterus, Kachexie, Colibazülen in der Galle; 3. schwerer Icterus mit gastrischer Erkrankung, Bact. coli in der Leber. Dagegen fehlt das Bact. coli in 2 späteren Fällen, die zum Unterschiede mit Temperaturerhöhung einhergingen und durch Streptokokken und Staphylokokken bedingt waren. Eine ähnliche Beobachtung teilt Vincent mit. Nach ihm kann schwerer, ' 442 Th. Escherich & M. Pfonndler. tödlich verlaufender Icterus durch verschiedene Bakterien, am häufigsten durch Bact. coli erzeugt werden. Schließlich sei noch auf die biologische Verwandtschaft des Bact. coli zum Bacillus icteroides von Sanakelli und dem von Sterxbero bei Gelbfieber gefundenen Bacillus X hingewiesen. lu auffälligem und vorläufig- noch nicht erklärten Gegensatz zur Häufigkeit der Infektionen der Gallenwege steht die Seltenheit derartiger Erkrankungen des Pankreas, obgleich dieses durch den Ductus Wirsun- gianus gleichfalls in offener Kommunikation mit dem Darmlumen steht. Die Litteratur weist nur wenige Fälle auf, in welchen das Bact. coli zumeist neben anderen Eitererregern in dem Krankheitsherde angetroifen wurde. Der erste stammt von Welch (1891); Pankreatitis und multiple Fettnekrose zugleich mit diphteritischer Colitis. Unter den fünf von DiECKHOFF in seiner Monographie erwähnten Fällen von eitriger Pan- kreatitis war nur in einem das P>ac. coli in Reinkultur, in den anderen nel)en Kokken, insbesondere dem FRÄXKEL-WEicHSELnAUMSchen Diplo- coccus vorhanden; bei Kükte zusammen mit Staphylokokken. Die sorgfältigste Beobachtung ist die von Poxfick. Derselbe fand einen dem Bact. coli nahestehenden Mikroorganismus schon wenige Stunden nach dem Tode in den blutig infiltrierten Herden einer abdominalen Fettnekrose in Reinkultur. Er lässt jedoch die Frage offen, ob derselbe als Erreger des Krankheitszustandes zu betrachten sei. C. Bacterium coli als Krankheitserreger in den Harnwegen. Das Bact. coli ist bei Erkrankungen der Harnwege wahrscheinlich schon im Jahre 1879 von Bouchard als bacterie urinaire beschrieben und im Jahre 1887 durch Clado & Halle aus einem unter septischen Erscheinungen endenden Falle von Cystitis als »bacterie septique« ge- züchtet worden. Schon im folgenden Jahre berichten Albarran & Halle (1888) über eine lleihe von 50 Fällen, in welchen sie das nun- mehr als »bacterie pyogene« bezeichnete Stäbchen als Ursache der eitrigen Cystitis und ihrer Folgezustände angetroffen hatten. Auch Doyen, der sich speciell mit der Aetiologie der aszendirenden Nephritis beschäftigt, ist demselben neben dem Proteus Hauser häufig begegnet. Morelle (1891) hat einen ähnlichen Bacillus bei 13 Cystitiden gefunden, und identifiziert denselben als erster mit einem Darmbakterium: dem Bac- terium lactis aerogeues. Erst Krogius hat in seiner zweiten bedeutungs- vollen Arbeit (1892) über Infektion der Harnwege das von den vor- stehenden Autoren beschriebene Stäbchen als Bact. coli com. erkannt. Er betont auch, dass unter den 17 Patienten, bei denen er den Ikicillus gefunden, nur 6 vorher katheterisiert worden Avaren. In 4 Fällen fehlten eigentlich cystitische Erscheinungen ; bei mikroskopischer Unter- suchung enthielt der Harn nur wenig Eiterkörperchen, dagegen Bazillen in ungeheurer Menge, so dass Krogius diese Fälle als Bakteriurie (1894) bezeichnete. Bestätigende Mitteilungen kamen dann von Haushalter, Reblaud, Achard i^ Hartmaxx, Charkix, Gulxox, Renault, Schxitz- LER, Huber, Barlow, während Denys ebenso wie sein Schüler Morelle das Stäbchen als Bact. lactis aerogenes ansprechen. Von Melchior wurde die Häufigkeit der Coliinfektion auch für Dänemark nachgewiesen, während sie in der kurz vorher erschienenen Monographie von Rovsing noch keine Erwähnung gefunden. Die pathogene Bedeutung der gefundenen Stäbchen wird durch den ' Tierversuch erhärtet. Schon Albarrax & Halle war es gelungen, Bacteriura coli commune. 443 durch Injektion der Bazillen in die Blase das Krankheitsbild zu er- zeugen. Freilich musste vorher eine Hyperämie oder eine Läsion der Blaseuschleimhaut oder eine Harustauuug (durch Ligatur des Penis) her- vorgebracht werden. Krogius, Schmidt & Aschoff, von Wunsch- HELM wiederholten und bestätigten diese Versuche. Nur Barlow ge- lang es, durch Injektion von virulenten Kulturen ohne anderen P^ingrilf (Zystitis zu erzeugen. Die Vermehrung der Bazillen beschränkt sich in vielen Fällen nicht auf die Blase, sondern dieselben dringen auch durch die Harnleiter in die Nieren ein und erzeugen dort eine von den Pyramiden ausgehende und nach der Rinde sich fortsetzende, suppura- tive Nephritis, welcher die Tiere erliegen. Melchior gelang es auch die diffuse, parenchymatöse, Albarran die interstitielle, chronische Nephritis mit Ausgang in l^iindegewebsbildung und Schrumpfniere expe- rimentell zu erzeugen. Derselben Verbreitung des Prozesses begegnen wir auch beim Menschen. Sehr häufig, in laug dauernden Fällen fast regelmäßig, kommt es bei bestehender Colicystitis zu einer Infektion der Ureteren und des Nierenbeckens. Der Prozess wird durch Anomalieen in der Form und Lagerung der Harnleiter (Knickung, Divertikel, Er- weiterung) begünstigt und unterhalten (Halle). Vom Nierenbecken aus dringen die Bakterien auf dem Wege der Harnkanälchen in die Niere ein und rufen dort eine eitrige Entzündung und die multiplen Abszesse hervor, welche die aszendiereude, suppurative Nephritis auszeichnen. Das Studium dieser Erkrankung verdanken wir der ausgezeichneten Monographie von Schmidt & Asciioff, den Arbeiten von Savor und VON WrxscHHEiAL Mikroskopisch werden die Bazillen in den Harn- kanälchen, sowie in dem Nierengewebe, nur ausnahmsweise in den Gefäßen gefunden. Schmidt c^i: Aschoff machen auf das Vorkommen eigentümlicher Nekrosen aufmerksam, welche dem Ausbreitungsgebiete eines Harnkanälchens, ja einer Nierenpapille entsprechen und durch sequestrierende Entzündung abgegrenzt werden. Die Bazillen können in einem Teile der Fälle auf dem Wege der Lymphgefäße der Niere und des Nierenbeckens in den allgemeinen Kreislauf übergehen (v. Wunsch- iieim) und septische oder pyämische Zustände hervorrufen. Nach Al- BARRAN, Savor, Orth kann das Bild der suppurativen Nephritis auch auf umgekehrtem Wege durch Deszension entstehen, indem Colibnzilleu, die von den harnleitenden Wegen oder anderen Orten her ins Blut eingedrungen sind, durch die Nieren ausgeschieden werden! Das Bact. coli ist, wenn auch der häutigste, so doch nicht der einzige Erreger dieser Zustände. Nicht selten ist es von vornherein vergesellschaftet mit Eiterkokken und in einem nicht geringen Pro- zentsatze der Fälle werden Staphylokokken, Streptokokken oder Pro- teus allein gefunden. Diese Fälle verlaufen erheblich maligner und enden, wenn einmal die Niere ergriffen ist, meist unter dem Bilde der Pyämie. Ein weiterer, bemerkenswerter Fortschritt auf diesem Gebiete knüpft sich an die Entdeckung der Serumreaktion im Blute der an Colicystitis resp. -Pyelitis erkrankten Kinder, welche im Jahre 1898 von Pfaindler an meiner Klinik gefunden wurde. Er zeigte, dass die liouillonkulturen der aus Harn gezüchteten Bazillen mit dem Serum der betreffenden Patienten gemischt noch in erheblicher Verdünnung die von Gruber experimentell bei Coliinfekten nachgewiesene Agglutination, in manchen Fällen eine besondere, neue Abart derselben, die Fadenreaktion, geben. Durch diese Thatsache war der überzeugende Nachweis erbracht, dass die 444 Th. Escherich & M. Pfaundler, Colibazillen des Harnes nicht, wie von Kovsing, Maxwell und Clakke behauptet wurde, bedeutungslose Nosoparasiten oder sekundäre Ansiedler sind, welche an die Stelle der eigentlichen Krankheitserreger getreten, sondern, dass die von ihnen gebildeten Toxine in den Körper einge- drungen sind und eine spezifische Reaktion desselben hervorgerufen haben. Es war damit zum erstenmal in der Pathologie des Menschen auch auf diesem Wege der Nachweis erbracht, dass das Bact. coli für den Menschen pathogene Bedeutung gewinnen kann, und zugleich die praktische Verwertung der späterhin so erfolgreichen Serodiagnostik der Colibazillose eröffnet. Nachdem so die Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchungen die Aufmerksamkeit auf diese interessante, bis vor kurzem noch wenig beachtete Erkrankung gelenkt hatten, folgten zahlreiche Arbeiten, welche sich mit der Klinik und Kasuistik derselben befassten. Die Häufigkeit der Erkrankung wechselt sehr nach dem Materiale des Beobachters. Während noch anfangs der 90er Jahre die mit saurer Reaktion des Harnes einhergehenden Cystitiden, welche man in der Mehrzahl als durch Bact. coli veranlasst ansehen darf, gegenüber denen mit ammonia- kalischer Harnzersetzung als seltene Vorkommnisse betrachtet Avurden, hat sich dieses Verhältnis jetzt ins gerade Gegenteil verkehrt. Nach den Pul)likationen der letzten Jahre ist das Bact. coli, wenn man von den durch Katheterismus erzeugten Fällen absieht, der weitaus häufigste Erreger der Harniufektion (nach Rostoski in ca. 80 % aller Fälle) und lässt in dieser Hinsicht die anderen Cystitiserreger (die pyogenen Kokken, Proteus, Typhusbacillus, Sarcine) weit hinter sich. Eine unerwartete Be- reicherung erfuhr die Litteratur von selten der Kinderärzte. Nachdem ich im Jahre 1894 auf das häufige Vorkommen der Colicystitis bei Kindern, insbesondere bei kleinen Mädchen, hingewiesen, folgten die Mitteilungen von Trumpf, welcher über 22 an meiner Klinik beob- achtete Fälle berichtet, von Finkelstein, Baginsky, Pfaundler, Heubner, Hutinel. Unter diesen Fällen überwiegen noch mehr als im erwachsenen Alter die Coliinfekte; unter 60 an meiner Klinik beob- achteten Fällen war 58mal das Bact. coli allein oder in Mischiufektion vorhanden. Das klinische Bild der Coliinfektiou der Harnwege ist ein imgemein wechselndes. Der leichteste Grad derselben verläuft unter dem Bilde der Bakteriurie und wurde unter diesem Namen zuerst von KnOGiüs (1894) be- schrieben. Fälle dieser Art sind außerdem von Schottelius & Reinhold, von Goldenberg, Nicolaysen, Barlow mitgeteilt. Die Patienten haben dabei keinerlei Beschwerden; nur der Urin, der etwas häufiger entleert Avird — so dass eine Enuresis diurna vorgetäuscht wird (Nicolaysen) — zeigt die charakteristische, gleichmäßig staubige Trübung, ähnlich derjenigen, wie sie in dem vor längerer Zeit entleerten Harn durch Bakterienentwicklung hervor- gebracht wird. Dieselbe ist schon in dem frisch entleerten Urin und im Anfang wie am Ende der Miktion gleichmäßig vorhanden. Dabei besteht saure Reaktion, ein fader Geruch und meist auch stärkere Schleimbeimengung. Die zeUigen Elemente, Blasenepithelien und Rundzellen sind nur wenig vermehrt. Gelöstes Eiweiß fehlt oder ist nur in Spuren vorhanden. Der Zustand kann durch Wochen oder Monate bestehen und spontan verschwinden oder in das Bild der Colicystitis übergehen. Die leichteren Formen der Colicystitis bei Mäd- chen, wie ich sie in meiner ersten Mitteilung beschrieben, unterscheiden sich nur durch stärkeren Harndrang, Brennen beim Urinieren und die Vermehrung Bacterium coli commune. 445 der Eiterzellen im Harnsedimente von der Bakteriurie. In schwereren Fällen kommt es im akuten Stadium auch zu leichter Fieberbeweguug, Schmerz- haftigkeit der Blase und Tenesmus. Im Spitzglase setzt sich ein Aveißliches Sediment von Eiter zu Boden, über welchem der gleichmäßig trübe Urin sich schichtet. Chronische Fälle sind fieberlos, lassen jedoch die Störung des Allgemeinbefindens durch Blässe, Mattigkeit, nervöse Unruhe erkennen. Zumeist kommt es in diesen Fällen zu einem Weiterkriechen der Infektion durch die Ureteren ins Nierenbecken. Dieselbe giebt sich klinisch durch kolik- artige Schmerzen (Pkedöiil) und Druckempfindlichkeit in der Nierengegend zu erkennen. Das wichtigste Symptom der Pyelitis sind intermittierende, in längeren Zwischenräumen auftretende Temperatursteigerungen, die in ihrem Typus an Malariafieber erinnern. Dazwischen liegen Perioden anscheinend vollständigen Wohlbefindens. Das Hinzutreten einer Pyelitis zu schon be- stehendem Blasenkatarrh kann nach Rosenfeld aus der Steigerung des vor- her geringen, 0,15^ nicht übersteigenden Eiweißgehaltes, aus dem Erscheinen amöboid verzerrter Eiterkörperchen, ausgelaugter roter Blutkörperchen und der kleinen, kubischen Epithelien der oberen Harnwege erkannt werden. Bei unkomplizierter, primärer oder einseitiger (Graf) Pyelitis ist der Eiter- und Bakteriengehalt im allgemeinen geringer, die Eiweißausscheidung ver- hältnismäßig hoch und die Reaktion stärker sauer als bei Cystitis. Zeitweise kann die Trübung und der Bakteriengehalt vollständig schwinden. Das Hinzu- treten der Nephritis bewirkt Steigerung der Allgemeinsymptome: hohes, re- mittierendes Fieber, das bei Säuglingen aucli fehlen kann, Prostration, Oedeme, auch wohl urämische Erscheinungen, Diarrhöe, Erbrechen, Konvulsionen. Die Harumenge ist stark vermindert, der Eiweißgehalt überschreitet 0,3^', Cylinder- und Nierenelemente sind mikroskopisch nachweisbar. Terminal können sich Coliseptikämie (vergl. S. 428) oder auch pyämische Erscheinungen anschließen. So berichten Schmidt & Aschoff von einem Falle mit ascen- dierender Nephritis, in welchem das Bact. coli in dem Eiter des linken Knie- gelenks nachgewiesen wurde. Hall konstatiert das Auftreten von Pleuritis, Pneumonie, Purpura, schließlich Dnrchbruch eines perinephritischen Abszesses in den Darmkanal. Jedoch hat man selten Gelegenheit, das Krankheitsbild in reiner Form zu beobachten, da die Coliinfektion mit Vorliebe wenig wider- standsfähige oder anderweitig erkrankte Individuen befällt. Auch Misch- infektiouen mit Eiterkokken, Proteus oder Mesentericus sind häufig und namentlich bei Säuglingen, wo die Untersuchung des Harnes auf Schwierig- keiten stößt, wird man bei der Sektion durch den Befund einer Pyelitis oder Pyelonephritis überrascht. Die Therapie kann nur, solange das Leiden auf die Blase beschränkt ist, eine örtlich desinfizierende sein (Blasenspüluugen mit Kreolin, Lysol, Höllensteinlösungen). Für die anderen Formen besitzen wir in dem Salol, Naphthalin, insbesondere aber in dem Urotropin, Mittel, welche den Prozess günstig beeinflussen. In einzelnen Fällen, wo Erweiterung oder Divertikelbildung des Ureters vorliegt, kann auch ein chirurgischer Eingriff Heilung bringen. Die von Albarran & Mosny in Vorschlag gebrachte Sero- therapie hat bis heute noch keine praktischen Erfolge aufzuweisen. Die gleichmäßig- staubige Trübimg, sowie die feinen Flöckcbeu, welche der frisch entleerte Harn in allen diesen Fällen aufweist, be- stehen nicht oder nur zum geringen Teile aus zelligen Elementen, son- dern sind durch Anwesenheit von Bakterien bedingt, die in der Mehrzahl der Fälle mit dem Bact. coli identisch sind. Die Zahl der Bakterien ist meist eine so große, dass die Untersuchung eines beliebigen Tropfens genügt, sie mikroskopisch nachzuweisen. Sie liegen paarweise oder in 446 Th. Escherich & M. Pfaundler, klemeii' Häufchen gruppiert, sind Diauchiual von kokkenälinlicher Kürze, dann wieder zu langen, geschwung-enen ►^cheinfäden ausgewachsen, frei in der Flüssigkeit, nur selten in Zellen eingeschlossen. (Vergl. Photo- gramm.) Zum bequemen Nachweise bedient man sich am besten der LÜFFLERSchen Lösung, die man direkt zum frischen Präparat zufließen lassen kann. Es empfiehlt sich jedoch, um etwa vorhandene Mischin- fektionen zu erkennen, stets auch die GiiAMSche Färbemethode mit Nach- färbung in Anwendung zu ziehen. Die Kultur gelingt ohne Schwierig- keit auf den gebräuchlichen Nährböden und ergiebt ein so üppiges Wachstimi von Colibazillen, dass dadurch die Entwicklung und Er- kennung anderer etwa vorhandener Bakterien erschwert wird. Die Bazillen zeigen, wie das der Coligruppe eigentümlich, kleine, kulturelle Verschiedenheiten. ScHi\riDT cV: Aschoff unterscheiden die transparente (nach Savok die flache), die opake (nach Savor die dicke) und die leistenförmige Varietät. Die Gärungsfähigkeit der einzelnen Ba- zillen gegenüber Zuckerlösungen erscheint im Vergleich zum typischen Darmcoli meist erhöht; ja man trifft Kulturen, welche in der ersten Gene- ration bei anaerober Züchtung auf Milch eine deutliche Gasentwicklung zeigen. Jedoch verliert sich diese Eigenschaft bei weiterer Züchtung, so dass ich mit der Mehrzahl der Autoren diese Form dem B. coli zurechne. Einzelne Autoren erwähnen auch Bazillen, welchen die Gasbildung auf Traubenzuckerlösung fehlt (Huber). Die Beweglichkeit wird manchmal als eine lebhafte angegeben; in der Mehrzahl der Fälle fehlt sie. Diese Annäherung des Wachstumstypus an das Bact. lactis aerogenes hat manche Autoren (Morelle, Denis) veranlasst, das letztere als den ge- Avühnlichen Cystitiserreger zu bezeichnen. Nach meinen Erfahrungen ist dies nicht zutreffend, jedoch konnte ich das Vorkommen des Bact. lactis im Harne, insbesondere bei cystitiskranken Säuglingen öfters konstatieren. Von Heyse liegt eine interessante Arbeit über Pneumaturie, veranlasst durch Bact. lactis aerogenes, vor; da es sich um einen zuckerfreien Harn handelte, so bleibt die Ursache der Gasbildung in der Blase unerklärt. Bei Diabetikern, welche eine Harninfektion mit B. coli oder lactis erleiden, wäre dieses Symptom zu erwarten. Betreffs Einwirkung des Bact. coli auf die im Harn enthaltenen Substanzen, insbesondere den Harnstoff, sei auf S. 367 ff. verwiesen. Für die klinischen Verhältnisse kann von einer Zersetzung des Harnstoffes, wie sie beispielsweise durch pyogene Kokken erfolgt, nicht die Rede sein. Beweis dafür ist das Fehlen der bei den septischen Blasen- katarrhen konstauten, ammoniakalischen Harngärung, Avoraus sich die saure Reaktion des Harns bei Colicystitis erklärt, die sie mit der tuber- kulösen Form der Cystitis teilt. Die örtlich reizende und das Allge- meinbefinden schädigende Wirkung der Infektion ist demnach auf die W^irkung der von den Bakterien gebildeten Toxine zurückzuführen, die sie — wie ich seinerzeit gezeigt — auch aus einfach zusammengesetzten Stickstoflfverbindungen aufzubauen vermögen. Die Virulenz der isolierten Bazillen in üblicher Weise durch intraperitoneale und subkutane In- jektion geprüft, lässt keine wesentliche Steigerung gegenüber dem nor- malen Darmcoli und ebensowenig eine direkte Beziehung zur Schwere des Krankheitsprocesses erkennen. Die letztere wird, wie schon aus der klinischen Beschreibung ersichtlich, im wesentlichen durch die Loka- lisation des Krankheitserregers in den Harnwegen bestimmt. Die aus dem Harne eines schwerereu Falles von Colicystitis oder -Pyelitis gezüchteten Bakterien werden durch das Serum des betreffen- Bacterium coli commune. 447 den Patieuteu ag-glutiniert, bisweilen unter Auftreten der sogenannten Fadenreaktion, vergl. IUI. III. Die Verdünnung des Serums, bei welcher diese Reaktion auftritt, schwankt zwischen 1 : 30 bis 1 : 00. Sie fehlt in den kurz dauernden und leichteren Fällen, kann aber auch in schweren, sogar tödlich durch Pyelonephritis endenden, vermisst werden. Sie ge- lingt aber nur bei Verwendung des homologen Serums, während das Serum, das von Gesunden oder anderen Cystitiskranken stammt, dieselbe nicht hervorruft (Pfaundler). Auch die aus dem Darmkanale gezüch- teten Colibazillen desselben Individuums geben, in der Pegel wenigstens, die Reaktion nicht, während sämtliche aus dem Harne gezüchteten Stämme gleichmäßig agglutiniert werden und sich dadurch als Ab- kömmlinge eines oder einiger weniger Colibazillen dokumentieren, welche die Infektion bewirkten. Dieses Verhalten der Serunu'caktion im Zusammenhalt mit dem, was oben über das Auftreten und den klinischen Verlauf der Krankheit mit- geteilt wurde, weisen darauf hin, dass bei der Invasion der Ilarnwege mit Colibazillen nicht eine ektogene, durch Kontakt sich verbreitende Infektion, sondern das typische Beispiel einer Autoinfektion mit einem auf dem Organismus resp. in dessen Darmkanal schmarotzenden Ba- cillus vorliegt. Diese Anschauung gewinnt an Wahrscheinlichkeit durch den Umstand, dass, nachdem man die im Cystitisharne gefundenen Bak- terien mit dem Darmcoli identifiziert hatte, alsbald auch die anderen häufiger, im Darmkanale vorkommenden Bakterien (Bact. lactis aerogenes, Streptokokken, Proteus, Mesentericus) im Harne Cystitiskranker nach- gewiesen wurden. Ein weiterer Beweis hat sich in einigen, der von uns beobachteten Fällen dadurch erbringen lassen, dass auch die im Stuhle vorhandenen Colibazillen dieselbe oder eine etwas schwächere Serunn-eaktion gaben, wie die aus dem Harne gezüchteten (Kreisel), woraus sich die Identität dieser Bazillen resp. die Zugehörigkeit der letzteren zu der individuellen Colirasse ergiebt. Da unter normalen Verhältnissen die im Stuhle vorhandenen Colibazilleu durch das homologe Serum nicht agglutiniert werden, so ist die Annahme statthaft, dass die Reaktion des Organismus erst infolge des Eindringens derselben in die Harnwege zustandegekommen ist. Es war nunmehr die Frage zu lösen, auf welchem Wege die Bak- terien in die Blase gelangen. Es konnten 1. die Bazillen durch die Harnröhre eindringen ; 2. mit dem Blutstrom in die Niere und von dort in die Haruwege gelangen, oder 3. von irgend einem benachbarten Or- gane aus durch die Wandung hindurch eindringen. ad 1. Die Urethra, sowohl der Männer wie der Frauen, enthält bekanntlich zahlreiche Bakterien, unter denen Melchior, Savor, Gaw- RONSKY das Bact. coli nachgewiesen haben. Immerhin ist es hier ein seltener Gast, während es auf der offen liegenden Schleimhaut des Präputiums, der Vulva und Vagina, sowie endlich an der Harnröhren- mündung von Melchior in der Hälfte aller Fälle gefunden wurde. Es ist dies offenbar auf die Nähe des Afters und die Möglichkeit einer Beschmutzung mit Fäkalbestandteilen zurückzuführen. Die überwiegende Häutigkeit der Colicystitis beim weiblichen Geschlechte zeigt, dass der Durchwanderung der kurzen, weiblichen Harnröhre seitens der Bakte- rien keine unüberwindlichen Schwierigkeiten entgegenstehen, insbeson- dere dann, wenn begünstigende Momente (Katarrh der Schleimhaut [Goschler], Schwäche des Sphinkters, eine das Klaffen der Urethral- mündung begünstigende Lagerung [Baginsky] etc.) hinzutreten. Beim 448 Th. Escherich & M. Pfaundler, männliclien Gesclileclite dürfte dieselbe, wenn man von den Fällen mit Incontinentia urinae absiebt, kaum in Betracbt kommen. ad. 2. Die bämatogene Infektion ist durcb die bekannten Experi- mente von PosNEK & Lewin (1894) gestützt, welcbe das Bact. coli nacb Ligatur des Anus im Blute und im gestauten Harne nachweisen konnten. Die Colibazillen sollen vom Blute aus durch die intakten Nieren aus- geschieden werden und so deszendierend zu einer Infektion der Harn- wege Veranlassung geben. Der experimentelle Befund ist von Bajjy bestätigt und die Annahme von der Mehrzahl der Autoren acceptiert worden. Sie mag auch für gewisse Fälle von primärer Pyelitis zutreffen. Indes sind auch zahlreiche Zweifel laut geworden, ob diese Hypothese für die Aetiologie der Coliinfektion der Harnwege beim Menschen heran- gezogen werden darf. Wunschheim weist darauf hin, dass die Annahme eines so häufigen Eindringens von Coli))azillen in die Blutbahn unwahr- scheinlich sei und dass die Blutuntersuchung in derartigen Fällen stets negative Resultate ergeben habe. Auch die Ausscheidung der Bazillen durch die intakte Niere widerspricht den sonst bekannten Thatsachen. In jüngster Zeit endlich hat Markus gezeigt, dass, wenn der Verschluss des Anus nicht durch Umstechen oder Abklemmen, sondern in schonen- der Weise durch einen obturierenden Verband durchgeführt Avird, die Infektion der Harnwege ausbleibt, so dass also die bei der Verschluss- operation gesetzten Läsiimen des Darmes als die eigentliche Ursache des Uebertrittes der Colibazillen in den Harn erscheinen würden. Es führt dies zur 3. Hypothese, der Durchwanderung der Bakterien von einem benachbarten Organe, insbesondere dem Darmkanale her, der ja beim männlichen Geschlechte in recht beträchtlicher Ausdehnung der hinteren Blasenwaud anliegt. Der experimentelle Nachweis dieses Ueber- trittes ist von Wkeden (1893) erbracht worden. Er kommt auf Grund sehr zahlreicher Versuche zum Schlüsse, dass jede Verletzung des Mast- darmepitheles an der Grenze der Prostata und höher eine Cystitis zur Folge habe, und dass der Charakter der Cystitis und ihres Verlaufes völlig von dem Grade der Verletzung der Mastdarm Schleimhaut und dem Charakter der Entzündungserreger abhängt. Auch die oben erwähnten Versuche von Markus sind in diesem Sinne zu deuten. Von klinischer Seite sind Guyon und seine Schüler dafür eingetreten, ferner Reymond, HuTiNEL, Barlüw", van Calcak u. a. Es ist dabei vorausgesetzt, dass das Darmepithel durch Kraukheitsprozesse zerstört ist, wie dies ja auch mit der Thatsache des häufigen Auftretens von infektiösen Blasen- katarrhen nach Darmerkrankungen, Vaginal- und Mastdarmoperationen, Analfissureu u. s. w. übereinstimmt. Meine eigenen Erfahrungen sprechen durchaus in dem Sinne, dass die Cystitiscrkrankungen im Kindesalter mit Vorliebe im Anschlüsse an Darmerkrankungen, insbesondere an entzündliche Veränderungen im untersten Abschnitte des Darmkauales, so die S. 434 erwähnte Colitis contagiosa, anschließen (Trumpf). Auch andere Bakterien, so Darmstreptokokken, können auf diesem Wege in die Blase gelangen. Es ergiebt sich also, dass abgesehen von der Infektion durch Ka- theterismus im wesentlichen 2 Infektionsmöglichkeiteu in Betracht kom- men, der Weg durch die kurze, weibliche Urethra und das Eindringen durch die dem Darme anliegende Blasenwandung auf dem Wege der Lymphbahnen; letzteres dürfte für das männliche Geschlecht der ge- wöhnliche Infektionsmodus seio. Welcher von beiden im Einzelfalle in Betracht kommt, kann nur vermutungsweise erschlossen werden. In Bacterium coli commune. 449 jedem Falle müssen aber, damit das Eindringen einzelner Keime zu einer Infektion führt, noch disponierende Momente in der Blase selbst vorhanden sein. Das wichtigste derselben ist die Harnstaunng- (Guyon), die durch ungenügende Funktion der Blasenmuskulatur, durch Hinder- nisse der Entleerung, durch Prostatahyjtertrophie, Ötrikturen, Di^er- tikel u. s. w. veranlasst sein kann. In ähnlicher Weise wirken die Hyperämie, sowie Läsionen der Schleimhaut. Auch schwere Krankheits- zustände, insbesondere wenn sie mit Diarrhöen einhergehen, erhöhen schon an und für sich durch Verminderung der Diurese infolge der Wasserverluste durch den Darm und das Sinken der Herzkraft, sowie die Heizung der Blaseuschleimhaut durch Toxine die Disposition zur Entstehung einer Infektion der Harnwege durch Colibazillen, die gewiss in Zukunft noch viel häufiger gefunden werden wird, als man heute annimmt. 4. Bakterien der Coligruppe als Eitererreger s. st. Wenn wir von Fasset absehen, der einen der Coligruppe zugehörigen Bacillus pyogenes foetidus, aus einem perirektalen Abszesse gezüchtet, beschrieb, so stammen die ersten Mitteilungen von der eitererregenden Wirkung des Bact. coli beim Menschen von Levy und Welch (1891). Ersterer untersuchte gemeinsam mit Fischer einen Fall von Lymphan- goitis des Armes, die von einer Wunde am Daumen ausging. Bact. coli wurde sowohl bakteriologisch als mikroskopisch in dem excidierten Lymphgefäße nachgewiesen. Welch hat beim Studium der Wund- infektionen das Bact. coli 15 mal augetroffen. 3 mal fand er es in cir- cumskripten Abszessen der Haut, 6 mal auf Laparotomiewuuden. Er hält es für den Erreger einer nicht sehr häutigeu und wenig gefähr- lichen Wundinfektion, wogegen Bruxxer übelriechende, nekrotisierende, sog. diphtheritische Wundbeläge durch seine Anwesenheit entstehen sah. Ein von Alessandri beschriebener Fall, in welchem die Operationswunde einer Mammacxstirpation einen dicken, festhaftenden, nekrotisierenden Belag aufwies, aus dem Colibazillen gezüchtet wurden, kann nicht wohl in diesem Sinne verwertet werden, da gleichzeitig eine von Colidysen- terie ausgehende Septikämie bestand. Eine jauchig-eitrige Perimetritis nach Abort mit anschließender Endometritis ergab Uhlexhuth überall ein Bact. coli von ungewöhnlicher Virulenz. Doch fehlte die Serum- reaktion. Als eine besondere Form der Wundinfektion mit Bact. coli stellen sieh die Gasphlegmoneu dar. Chiari (1893) hat zuerst in einem sorgfältig studierten Fall von septischem Emphysem, das sich nach einer Gangrän des Beines entwickelte, das B. coli an der Stelle der Erkrankung sowie im Blute und den Organen nachgewiesen. Jedoch gelang es ihm nicht, die AiTektion im Tierversuch wieder zu erzeugen. Ein zweiter von Infektion des retroperito- uealen Bindegewebes ausgehender Fall, der durch Peritonitis tödlich endete, wurde von DuNCiERX beschrieben; ein weiterer vom Decubitus am Kreuzbein ausgehend von BuN(iE; ein Fall von Gasentwicklung in den GallenAvegeu von Hintze; eine progressive emphysematöse Gangrän von Marüarucoi; ein durch Bact. coli verursachter Pneumothorax von Finley. Auch die Tympania uteri ist nach Gebhard durch eine Infektion mit dem gasbilden- den Bact. coli hervorgerufen, das durch Kontakt oder Autoinfektion in das Innere der üterushöhle gelangte. Er hat es aus 6 Fällen in Reinkultur isoliert. In einer späteren Arbeit hat er die Zahl dieser Fälle noch ver- Handbueli der pathogenen Mikroorganismen. IL 29 450 Th. Escherich & M. Pfaundler. mehrt und auch auf der Haut der Neugeborenen konstant Bact. coli nach- gewiesen. In all diesen Fällen muss auf das gleichzeitige Vorkommen anae- rober Bakterien, insbesondere der von Hitschmakn & Lindenthal beschriebenen Bazillen der Gangrene foudroyante geachtet werden, die nur bei Anwendung der speziell darauf gerichteten Kulturmethodeu gefunden werden. Dieselben Autoren zeigen übrigens, dass durch postmortale Vermehrung der intravenös eingespritzten Colibazillen das typische Bild der Schaumorgane mit Kern- schwund experimentell erzeugt werden kann. Häufiger und beweisender sind die Befunde von Colibazillen im Eiter von Al)szessen, die zumeist in der Nähe von (3rg-anen sich entwickeln, in welchen das Bact. coli normal oder unter pathologischen Verhältnissen vorhanden ist. Muscatello, Snoeck-Henkemans, Marogna, Albarran und Baxzet fanden es in periurethralen, Valleggi in einem Kieren- abszess; Lenander & Sundberg in dem perincphritischeu Abszess einer Graviden, Reymond in einem perivesikalem Abszess, Malherbe & Moxnier bei einem Fall von Penitis. In Bauchdecken- oder perianalen Abszessen, entzündeten Hämorrhoidalknoten wurde es gefunden von Passet, Hartmaxn & Lieffrin(!, Alessandri, de Gaetano, Küttner (1895). Letzterer will das von ihm beschriebene Stäbchen auf Grund einer geringeren Beweglichkeit und Gärfähigkeit als Pyobacterium Fischeri von dem Bact. coli unterscheiden. Aber auch bei Eiterungen an beliebigen anderen Orten wurde das Bact. coli gezüchtet und als Erreger beschrieben: so von Kiefer bei Pyosalpynx und Ovarial- abszessen, von Rand()LPH bei einer nach einem Trauma auftretenden PanOphthalmia suppurativa, von zur Neddex bei Hypopyonkeratitis, bei verschiedenen anderen Eiterungen von Banzet & Düwd. Im Ohreiter der drei an Colimeningitis gestorbenen Kinder fand Scherer das Bact. coli in Beinkultur. Guizzetti isolierte aus einer gangränösen Mittelohr- entzündung einen der Coligruppe augehörigen unbeweglichen Bacillus, den er wegen seiner Wirkung im Tierversuch als Bacillus necrosans septicus bezeichnete. Sehr schwierig zu beurteilen ist die Bedeutung des B. coli, wenn es auf entzündeten, der Kontaktinfektion zugänglichen Schleimhäuten gefunden wird. Während das Darmccdi, wie das Vorkommen desselben auf der empfindlichen Darmschleimhaut zeigt, keinerlei Störung hervorruft, scheint es doch coliähnliche Bazillen zu geben, welche vorhandene Reizzustände steigern, ja sogar fibrinöse Exsudation hervorrufen können. Ein solches Kiu'zstäbchen wurde von Emmerich jüngst auch von Seitz beschrieben und als Ursache der Diphtherie angesprochen. Uebrigens wurde das Bact. coli wiederholt von mir u. a. als Mischinfektion in diphtherischen Membranen gefunden. Blasi & Russo-Travail züchteten es auch aus den inneren Organen, insbesondere den Lungenherden und schrieben ihm eine die Virulenz des Diphtheriebacillus steigernde Wirkung zu. Nach Bourges (cit. nach Macaigne S. 127) finden sich Colibazillen auch recht häufig bei der Scharlachangina, unter sieben Fällen dreimal be- gleitet von pyogenen Kokken. Lekmüyez hält das Bact. coli für den Erreger einer durch 2 Monate sich hinziehenden membranösen Angina. Die Bedeutung dieser Befunde wird aber wesentlich abgeschwächt durch die Angabe von Gilbert & Choquet (1895), wonach das Bact. coli sich sehr häufig in der jMundhöhle und mit Vorliebe auf den Tonsillen aufhält. Durch die Nähe des Anus ist die Schleimhaut der weiblichen Geni- talien der Infektion mit Colibazillen ganz besonders ausgesetzt. Knapp Ba(?terium coli commune. 451 beschreibt einen Desquamativkatarrh l)ei Neugeborenen, welcher durch die Besiedelung der Scheide durch Darmbakterien hervorgerufen sein soll. Bei Gelegenheit meiner Untersuchungen über Colicystitis konnte ich konstatieren, dass bei kleinen Mädchen namentlich in der heißen Jahreszeit ein spärlicher schleimig-seröser Ausfluss aus der Scheide vor- kommt, in welchem das Bact. coli in auffälliger Menge gefunden wird. Laborde, Veillon & Halle haben in je einem Falle von Vulvo-vaginitis keine Glonokokken, sondern das Bact. coli in Reinkultur gefunden. Als Mischiufektion wird es von Coyxe & Auche erwähnt. Gonorrhöeähulicher Ausfluss mit Bact. coli (ohne Kokken) in Reinkultur bei einem Mann nach Cohabitation wurde von van der Pluy.^i & ter Laag beschrieben. Ganz vereinzelt ist die Angabe Biettis, der den blennorrhijeartigen Aus- fluss aus dem Konjunktivalsack eines Neugeborenen durch das Bact. coli veranlasst sah. Auch Nogues fand bei einem früher gonorrhöischen Patienten im Sekret der entzündeten Prostata, sowie in den Urethralfäden Colibazillen statt der erwarteten Kokken. 5. Die Bakterien der Coligruppe bei verschiedenen Erkrankungen. Die übrigen Erkrankungen, bei denen das Bact. coli als Krankheits- ursache beschrieben wurde, lassen sich nicht unter größeren Gesichts- gruppeu zusammenfassen und seien hier nach den Organen geordnet angeführt. Zunächst sei das Vorkommen des B. coli bei Kraukheitszuständen der Lunge und Pleura besprochen. Die ersten diesbezüglichen Befunde liegen vor von Gilbert & Girode, welche in einem Fall von tödlich endender Cholera nostras durch Punktion der hepatisierten Lunge und des Pleuraexsudates B. coli neben dem Pneumococcus erhielten und gleichzeitig (1891) von Fischer & Levy, welche es aus dem metastatischen Lungen- herd bei inkarzerierter Hernie züchteten (vergl. S. 428). Welch, Widal, haben Bact. coli aus bronchopneumonischen Herden in vivo sowie post mortem gezüchtet. Allein der mikroskopische Nachweis der Bazillen, ihr Verhalten zu den entzündlichen Veränderungen des Gewebes fehlt durch- gehends, und da in diesen Fällen entweder Umstände vorlagen, welche eine die Anwesenheit des Bact. coli im Blute bedingende Erkrankung, eine Coliseptikämie, wahrscheinlich machten, oder eine agonale resp. postmortale Invasion und die Anwesenheit anderer Entzündungserreger nicht auszuschließen gestatteten, so scheint der Nachweis einer selbst- ständigen, auf hämatogenem Wege durch Bact. coli hervorgerufenen Pneumonie noch nicht erbracht. Wohl aber mögen bestehende entzünd- liche Herde oder Zirkulationsstörungen der Lunge die Ansiedlung des im Blute kreisenden Bact. coli sowie seine agonale Vermehrung begün- stigen. Dass aber auch die Entstehung entzündlicher Veränderungen durch virulente, auf dem Wege der Bronchien eindringende Colibazillen möglich ist, beweist die S. 430 erwähnte, durch Aspiration faulenden Fruchtwassers entstandene Pneumonie eines Neugeborenen. Die Bedeutung des Bact. coli für die Aetiologie gewisser Pneumonieen wurde namentlich in der pädiatrisclieu Litteratur diskutiert. Auf klinische Be- obachtuugeu gestützt, hatte Sevkstke (1887) die Behauptung aufgestellt, dass bei jungen 1 — 2j;ihrigeu Kiudevu im Gefolge von infektiösen Darmkatarrhen hautig entzündliche Lungenerkrankungen (Bronchopneumonies iufectieuses d'origine intestinale) auftreten. Er stellte sich vor, dass die krankheitser- 29* 452 Th. Escherich & M. Pfarmdler, regenden Bakterien Jius dem Darme mit dem Lymphstrom in das venöse Blut und so in die Lunge gelangten, in deren Kapillaren sie festgehalten Averden. Lesage hat in Konsequenz der Anschauung, dass das Bact. coli der alleinige Erreger der Darmiufektion sei, in der Sitzung der Societe me- dicale des hopitaux vom 22. Januar 1892 die Behauptung aufgestellt, dass die im Verlaufe von Darmerkrankungen auftretenden Lungenentzündungen aus- schließlich durch das virulente Bact. coli hervorgerufen seien. Sevestre hat diese Angabe sofort dahin richtig gestellt, dass die von Renard in seiner Klinik ausgeführten Uutersuchungen insofern ein abweichendes Resultat er- geben haben, als das Bact. coli nur selten allein, sondern zumeist in Be- gleitung der gewöhnlich bei Pneumouie vorhandenen Kokken gefunden wird. Spiegelber(1 hat dann in meiner Klinik die Frage nochmals bearbeitet und kommt zu dem Schlüsse, dass die große Mehrzahl der im Gefolge von Darm- störungen bei Säuglingen auftretenden Lungenentzündungen bronchogenen Ur- sprunges sind, hervorgerufen durch Aspiration von Nahrungsresten, die beim Trinken oder Erbrechen in die Luftwege gelangt sind. Daraus erklärt sich noch die in manchen Fällen konstatierte Uebereinstimmung der in diesen Herden gefundenen Bakterien mit den im Darm vorhandenen. Ueber das Vorkommen des Bact. coli bei Pleuritis liegen in der älteren französischen Litteratur (cit. bei Macaigne) einige Angaben vor: die wichtigste von Dumontpallier (Gazette des hopitaux 1892), der bei einem metapneumoniscben Empyem das liact. coli neben dem Pnenmo- coccus gezüchtet hat. Er kommt zum Schlüsse: donc le Bact. coli peut etre l'agent des pleuresies purulentes. Auch A. Schmidt fand in einem nach schwerer Colitis entstandenen eitrigen Pleuraerguss das Bact. coli in Reinkultur. Weitere Befunde sind mir nicht bekannt. Die Tierver- suche Heyers, die speziell in der Absicht angestellt wurden, zu erfahren, ob bei der durch Bact. coli hervorgerufenen Peritonitis ein Uebergreifen auf die Pleurahöhle eintritt, haben zu einem negativen Resultate geführt. Von größerer Bedeutung sind die Erkrankungen einer anderen serösen Haut: der Meningen. In der These von Macaigne finden sich schon sechs Fälle von Meningitis mit Colibefund zusammengestellt, darunter auch ein Fall von Neumann & Schäffer, welche die Gasbildung bei ihrem sonst mit Bact. coli übereinstimmenden Bacillus vermissten. Stern liefert die genaue Beschreibung einer eitrigen Meningitis, die sich als Abschluss einer infektiösen Augiocholitis bei einer an Cholelithiasis leidenden Frau nach eitriger Thrombosierung der Pfortader als Teil- erscheinung einer Allgemeinsepsis entwickelt. Im Eiter der Leber und der Hirnhäute , sowie in der Milz findet sich in großer Zahl und in Reinkultur ein typisches Darmcoli. Howard sah eine Colimeningitis im Anschluss an eine Analoperation entstehen. Entsprechend der größeren Neigung des Säuglingsalters für septische Prozesse und Coliinfekte finden wir in der pädiatrischen Litteratur eine Reihe hierher gehöriger Fälle. Die erste Angabe stammt von Scherer (1895), der in drei Fällen eitriger Meningitis bei Säuglingen das Bact. coli in Reinkultur in den Meningen fand. Er suchte den Ausgangspunkt der Infektion in einem Mittelohr- katarrh, aus dessen Eiter er Bact. coli züchtete. Heubner, der ähnliche Fälle gesehen, nimmt dagegen eine direkte Infektion vom Darme her auf dem Blutwege an. Das klinische Bild dieser Fälle entspricht demjenigen der akuten eitrigen Leptomeningitis, die bei atrophischen Säuglingen ohne Fieber und mit sehr unbestimmten Erscheinungen verlaufen kann, so dass man bei der Sektion Bacterinm coli commune. 453 dnreli den Befimd der längs der Gefäße imd iu den Furchen der Konvexität verteilten Eitermassen überrascht wird. Die Diagnose kann durch den Befund der Colibazilleu in der eitrig getrübten Lumbal-Punktiousflüssigkeit schon in vivo sichergestellt werden. Bei Eudocarditis züchteten Gilbert & Liox ilHOl) einen Bacillus, den sie zwar nicht mit dem Bact. coli identifizierten, der aber doch in diese Gruppe gehören dürfte. Mit den aus den Kulturen gewonnenen Toxinen erzeugten sie bei Tieren paralytische Symptome. Die gleichen Befunde hatte Etiexxe bei einem Fall von Eudocarditis vegetans. Eine sehr sorgfältige, schon S. 428 erwähnte Beobachtung stammt von Hitsch- mann & Michel aus dem Wiener path. Institut. Im Anschluss an eine beim Katheterisieren entstandene Verletzimg der Ilaruröhre entstand eine foudroyante Sepsis mit Eudocarditis ulcerosa und Perforation der Klappe. Die mikroskopische Untersuchung wie die Kultur ergab Bact. coli in seiner typischen Varietät als alleinigen Erreger. Entzündungen der Schilddrüse hervorgerufen durch Bact. coli be- schreiben Tavel (1891) und Bruxxer. In dem ersten Falle entstand nach glatt verlaufener Operation ein Colibazilleu enthaltender Abszess, bei dem letzteren kam es spontan zur akuten Vereiterung der Drüse. Die Infektion erfolgte durch Autoinfektion vom Darme her, obgleich keinerlei Krankheitserscheinungen von Seiten des Darmes bestanden. Erkrankungen der Niere durch die von den Harnwegen her aufsteigende Coliinfektion sind bereits S. 443 ausführlich beschrie))en. Dagegen scheint die Niere gegenüber den im Blute kreisenden Colibazilleu und deren Toxinen sehr widerstandsfähig zu sein. Es liegen nur sehr wenige Angaben vor, welche eine Infektion der Niere auf hämatogenem Wege mit coliähnlichen Bazillen annehmen: so von Jeanselme (1893), der bei einer an akuter hämorrhagischer Nephritis erkrankten Frau reichlich Colibazilleu im Harn nachwies, die mit Ablauf der Nierenentzündung verschwanden. Auch betreffs eines vou Nicolaier mitgeteilten Falles glaubt Krogius die Zugehörigkeit des isolierten Kapselbacillus zu Bact. coli annehmen zu können. Durch intravenöse Injektion des Bact. coli konnte Ackermann (1895) bei Tieren ostitische Prozesse erzeugen. Die Bazillen fanden sich im Knochenmark und bei einer Anzahl derselben kam es zu einer tj'pischen Osteomyelitis iu dem an die Epiphyse angrenzenden Teil der Diaphyse. Der einzige analoge Befund beim Menschen stammt von Meyer (1898). Bei einem 10 Monate alten Knaben entwickelte sich im Anschluss an eine akute Darm- erkrankuug und eine diphtheroi'de Angina hohes Fieber und mehrfache Schwelhmg der Phalangen. Nach einigen Tagen war Fluktuation nachweis- bar. In dem Eiter der subperiostal gelegenen Abszesse war Bact. coli vor- handen. Ausgang in Heilung. Mehrfach findet man Angaben über das Vorkommen von Bact. coli bei anämischen Zuständen, insbesondere bei italienischen Autoren: so fanden Gabbi & Barbacci ein für Tiere virulentes Bact. coli sowohl in den Orgauen als in dem wenige Tage vor dem Tode entnommenen Blute, ebenso Mircoli (1893) bei einer progressiven perniciosen Anämie. Die von Somma, Fede & Toinimaso Guida bei Anaemia splenica in- fantum erhobenen Befunde von Colibazilleu in der Milz und den Organen sind, w4e der letztgenannte Autor (1901) berichtigt, ohne Beziehung zur Aetioloffie des Zustandes und als atonale Einwandernuff zu deuten. 454 Th. Escherich & M. Pfaundler, Aehüliclie Angaben dürften noch mebr in der Litteratur zerstreut sein. Sie entstammen jener Zeit, in welcher das Bact. coli als Mikrobe ä tout faire (Baxzet) angesehen wurde. Wenn auch die Vertiefung der bakteriologischen Forschung einerseits dazu geführt hat, die Zahl der- jenigen Erkrankimgcn , für deren Entstehung man dieses Bakterium verantwortlich machte, erheblich einzuschränken, so ist es andererseits gelungen, mit Hilfe neuer Methoden seine Bedeutung als Krankheits- erreger für gewisse Zustände so zu erweisen, dass an der Existenz selbständiger Coliinfekte nicht gezweifelt werden kann, wenn auch das klinische Bild und die Abgrenzung dieser Erkrankungen erst noch durch weitere Forschung festgestellt werden müssen. Litteratur. Abba, lieber ein Verfahren, den Bacillus coli communis schnell und sicher aus dem Wasser zu isolieren. Centralbl. f. Bakt., 1896. — Der s., Contributo allo studio del B. coli e del B. pyogenes foetidus. Annali dell' Istituto d'igiene dl Roma, 1892. Abel, R., Ueber die Brauchbarkeit der von Schild angegebenen Formalinprobe zur DitFerentialdiagnose des Typhusbacillus. Centralbl. f Bakt., 1894. 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In den Kollektaneen des Oribasius findet sieh eine den Schriften des Eüfus entnommene Notiz, die die Kranklieit als »pestilentes l)ultoues maxime letales et acuti, qui maxime circa Li- byam et Aegyptum et Syriam observantur« schildert. Die ersten genauen »Schilderungen und epidemiologischen Beobachtungen stammen aus der großen Pestepidemie des 6. Jahrhunderts n. Chr.. die sich während der Regierungszeit Justiniaus (527 — 565) im ganzen ost- und weströmischen Reiche und weit über dasselbe hinaus verbreitete. Die Seuche durchzog von Aegypten her das von politischen und sozialen Wirren zerrüttete Europa, wo sie zuerst im Jahre 542 in Konstantinopel auftrat und im Laufe der nächsten Jahrzehnte so verheerend fortschritt, dass noch vor Ende des 6. Jahrhunderts die Hälfte sämtlicher Bewohner des oströmischen Kaisertums der Krankheit oder der durch sie bedingten Not erlegen war. Die erste Verbreitung der Seuche erfolgte auch hier schon immer längs der Küste. Mit der »justinianischen Pest« fasste die Seuche festen Fuß in Europa, das in den nächsten Jahrhunderten immer wieder von Epidemieen heimgesucht wurde. Diese Pestilenzen nahmen im Mittelalter umsomehr an Umfang und Gefährlichkeit zu, je mehr die Bevölkerung sich in den durch Wall und Mauer eingeengten Städten zusammendrängte (Beneke 13). In diesen Städten mit ihren engen, schmutzigen Straßen und luft- und lichtlosen Häusern fand die Pest den günstigsten Boden für ihre Verbreitung. Die furchtbarste und ausgedehnteste Pandemie ist die unter dem Namen »des schwarzen Todes« oder »des großen Sterbens« bekannt gewordene, welche in den Jahren 1347—50 Europa verheerte. Der Ausgangspunkt der Seuche war das östliche Asien (China und In- dien), von wo aus sich dieselbe höchstwahrscheinlich auf mehreren Wegen 476 A. Dieudonne, über die vorderasiatischen Länder und von hier nach der Nordktiste von Afrika und nach dem europäischen Kontinente verbreitete. Im Herbst 1847 wurde die Krankheit von der Krim aus durch Schiffe nach mehreren Hafenorten von Italien (namentlich Messina) und nach der Südküste von Frankreich (Marseille) verschleppt. Von da verbreitete sich die Seuche in den nächsten Jahren über den ganzen europäischen Kontinent und die meisten zu demselben gezählten Inseln. Die Verbreitung auf dem Landwege war übrigens ziemlich langsam, so brauchte die Pest von Straßburg bis Köln ein halbes Jahr. Die Verluste waren ganz enorm. Hecker be- rechnet die Gesamtzahl der Opfer in Europa auf den 4. Teil der damals lebenden Menschen, also auf 25 Millionen. Die Ursache dieser großen Verluste liegt in dem Charakter der Epidemie. Wie aus zahlreichen Berichten der damaligen Aerzte hervorgeht, trat die Seuche außer unter dem Bilde der Drüsenpest auch in der Form der Lungenpest auf*]. Wir werden später sehen, dass diese Form der »Pest ohne Bubonen« für die Verbreitung der Krankheit von der größten Bedeutung ist. Auch im 15. und 16. Jahrhundert Avurde Europa von einer Reihe von Seuchenzügen heimgesucht; es verging kaum ein Jahr, dass die Pest nicht in kleineren oder größeren Bezirken herrschte. Allmählich begannen sich auch die epidemiologischen Beobachtungen zu klären und es Avurden darauf gestützt die ersten zweckmäßigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Krankheit ergriffen, so die Verhütung einer Einschleppung auf dem Seewege (Quarantäne, in Venedig bereits im Jahre 1422) und auf dem Landwege (Absperrung), sowie allgemeine und individuelle hygienische Maßnahmen (Städtereinigung, persönliche Reinlichkeit, Regelung der Krankenpflege und des Begräbuiswesens). Vom 17. Jahrhundert ab wurden die Epidemieen weniger heftig, zum Teil deshalb, weil die Be- teiligung der Lungen seltener wurde und fast nur noch Fälle von reiner Drüsenpest vorkamen, zum Teil vielleicht auch schon als Folge der immer energischer durchgeführten Bekämpfungsmaßregeln. In den letzten drei Dezennien des 17. Jahrhunderts macht sich ein allmähliches Zurück- treten der Seuche von dem Boden Europas bemerklich und seit der Mitte des 18. Jahrhunderts blieb Westeuropa von derselben frei, während Osteuropa, die Türkei, Russland, Uugaru, Siebenbürgen, Italien, Griechen- land noch bis in das 19. Jahrhundert hinein von Zeit zu Zeit von Epi- demieen heimgesucht wurde, das letzte Mal im Jahre 1841. Seitdem blieb Europa von der Pest verschont, aljgesehen von einer im Jahre 1878 ausgebrochenen kleinen Epidemie in Wetljanka im Kreise Astrachan, die aber bald durch entsprechende Maßnahmen wieder unterdrückt war. Als im Jahre 1893 die Pest in Hongkong und im Jahre 1896 in Bombay ausl)rach, lag bei den regen Handelsbeziehungen zwischen diesen Ländern und Europa die Gefahr einer abermaligen Verschleppung nahe. Die in den letzten Jahren in verschiedenen Hafenstädten (London, Oporto, Glasgow, Triest, Alexaudrien, Sydney, Hamburg, Bremen, Neapel u. a.j aufgetretenen Pestfälle haben dieser Befürchtung recht gegeben. *)_ So unterscheidet Guy de Chauliac, der Leibarzt des Papstes Clemens VI., der die Pest in Avignon mitmachte und selbst schwer erkrankte, scharf die zwei Formen voneinander. »Pestis habuit duos modos. Primus fuit per duos menses cum febre continua et sputo sanguinis. Et isti moriebantur infra tres dies. Se- cundus fuit per residuum temporis cum febre etiam continua et apostematibus et anthracibus in exterioribus, potissime in subasellis et inguinibus. Et moriebantur infra quinque dies. Et fuit tantae contagiositatis, specialiter quae fuit cum sputo sanguinis, quod nou solum morando. sed etiam inspiciendo unus recipiebat ab, alio.« (Haeser. Lehrbuch der Geschichte der Medicin. 3. Bearbeitung. Jena 1882.) Pest. 477 2. Entdeckung des Pestbacillus. Von besonderer Bedeutung- für die Geschichte der Pest wurde die Epidemie in Hongkong- 1893 94, da hier zum erstenmal mit modernen Hilfsmitteln die Aetiologie der Seuche untersucht wurde. Von dem Japaner Kitasato, einem Schüler E. Kochs, und dem Franzosen Yersin, einem Schüler Pasteurs, wurde gleichzeitig und unabhängig voneinander der Erreger der Pest entdeckt. Die ersten pathologischen Untersuchungen wurden bei dieser Epidemie von Aoyama gemacht. Ausgedehnte Unter- suchungen, besonders auch epidemiologischer Natur, wurden von Wilm in Hongkong 1896 ausgeführt. Beim Ausbruch der Epidemie in Bombay 1896/97 wurden von den in Indien ansässigen englischen Aerzten Han- kin, Haffkine, Childe, Snüw% Lowson, Simond u. a. eingehende Studien über die Seuche gemacht, außerdem wurden von den verschie- densten Staaten wissenschaftliche Kommissionen zum Studium der Krank- heit dorthin entsandt, so von Aegypten: Bitter, Rogers, von Oesterreich: Müller, Albreoht, Ghon, Poecii, von Deutschland: R. Kocii, Gaffky, Pt. Pfeiffer, Sficker, Dieudonne, von Frankreich: Yeustn, von Euss- laud: Wyssokowipz, Zabolotny, von Italien: Lusitg, Galeotti. Durch die Untersuchungen dieser Forscher wurde die Bakteriologie, Klinik, pathologische Anatomie und Epidemiologie der Pest erforscht und festgelegt. Bei der Verbreitung der Seuche in den letzten Jahren nacli den ver- schiedensten Teilen der Welt gab sich dann reichlich Gelegenheit, diese Kenntnisse zu erweitern und zu ergänzen, so insbesondere bei den Epidemiecn in Formosa (Ogata, Yamagiwa), in Oporto (Kossel, Frosch, Vagedes, CALMETrE u. a.), in Alexandrien (Gotschlich), in Kobe und Osaka (Kitasato, Takaki, Shiga und Moriya). Endlich verdanken wir insbesondere den Ausbau der bakteriologischen Diagnose, sowie die Vervollkommnung der Serumtherapie zahlreichen Untersuchungen in den heimischen Laboratorien durch eine Eeihe von Forschern wie Roux, Metschnikoff, Weichselbaum, NuTTALL, Abel, Kolle, Kossel, Nocht, Martini, Overbeck u. v. a. Als die Ursache der Pest haben wir zweifellos den von Kitasato und Yersin entdeckten, in die Gruppe der Bakterien der hämorrhagischen Septikämie gehörigen Pestbacillus anzusehen. Die Spezifität dieses Bacillus ist mit Sicherheit festgestellt. Man hat denselben bei allen Epidemieen der letzten Jahre in allen Teilen der AVeit konstant ge- funden. Ferner fand man ihn nur beim pestkranken Menschen, niemals bei Gesunden oder bei an anderen Krankheiten Leidenden. Beim Tier hat man mit den auch durch viele Generationen fortgezüchteten Rein- kulturen die gleichen Erscheinungen und Veränderungen erzeugen können, wie beim Menschen. Einen leider traurigen Beweis lieferten die in Wien im Jahre 1898 vorgekommenen Pestfälle, die von einer Laboratoriums- iufektion mit aus Bombay niitgel)racliten Kulturen ausgingen. Endlich spricht noch das Auftreten von spezifischen Schutzstoffen im Blute von Menschen, die die Pest überstanden haben, sowie im Blute von Tieren, die mit Pestbazillen behandelt waren, und der durch die abgetöteten Pestkulturen hervorgerufene Impfschutz gegen die natürliche Infektion für die Spezifität des Pestbacillus. Erwähnt sei, dass in den ersten Arbeiten von Kitasato und Yersin gewisse Differenzen bei der Beschreibung der Morphologie und Biologie des Bacillus sich fanden, insbesondere in Bezug auf die Form, 478 A. Dieudonne. die Eigeubewegung- und die Färbung nach Gk'AM. Ogata und Yama- GiWA haben besonders auf diese Unterschiede hingewiesen und die von den beiden Forschern isolierten Bakterieuarten nicht für identisch er- klärt. Doch lässt sich aus der vergleichenden Untersuchung von Kultur- stämmen des von Kita.sat<> und des von Yeksin isolierten Bacillus kein Unterschied erkennen. Ohne Zweifel haben beide Forscher denselben Bacillus, der ja in der Pestleiche in geradezu enormen Mengen vor- kommt und gar nicht tibersehen werden kann, vor sich gehabt. 3. Morphologie des Pestbacillus. Der Pestbacillus erscheint in Ausstriehpräparaten , die von frischen Leichenteilen an Pest verendeter Menschen oder Tiere augefertigt sind, in der Regel als ein kurzes, plumpes, an den beiden Polenden gleich- mäßig abgerundetes, an den beiden Seitenflächen leicht ge- bauchtes Stäl)chen, das bei der Färbung sich au den beiden Endpolen stärker färbt als in der Mitte (Polfärbung). (Fig. 1.) Meist finden sich die Bazillen einzeln oder als Diplobazillen eng aneinander gereiht als Aus- druck der eben vollendeten Teilung. Längere Ketten oder Fäden sind bei Präparaten aus dem Organismus selten. Die Größe ist eine wechselnde; im Durchschnitt beträgt nach zahl- reichen Messungen von Al- nuECHT & Gh()n4 die Länge 1,5 — 1,75 // und oft etwas mehr, die Breite' 0,5—0,7 .«. Neben dieser typischen ova- len Form, die für die Diagnose in erster Linie in Betracht kommt, findet man eine Reihe anderer Formen, wie überhaupt der Pestbacillus sich durch seine große Variabilität auszeichnet. Insbesondere ist der Längendurch- messer sehr wechselnd und wir finden daher bald kurzovale Formen (Kokkentypus), bald lauge Stäbchen (Stäbchentypus). Alle diese Formen sieht man in den verschiedensten Orgauen bei den Pestleichen , sowie in den Sc- und Exkreten der Pestkranken, also in dem Ausstrich aus Bubonen, aus Blut, Milz, Sputum n. s. w., ferner aber auch in Präparaten aus Reinkulturen. Für die Stellung der mikroskopischen Diagnose in Ausstrichen ist es von Bedeutung, dass außer diesen Formen der Pestbacillen noch zahl- reiche Abweichungen vorkommen, namentlich sieht man blasse, un- regelmäßig begrenzte, bauchig aufgetriebene, bläschen- oder scheiben- förmige, gequollene, oft hefezellenähnliche Gebilde, die den Farbstoff' nur seh wach, meist nur in der Randzone, aufnehmen. Fig. 2.) Oft sieht Fig. 1. Ausstrich aus Biibonensaft. Metliylen- blaufiirbung. Vergr. 1000: 1. Pest. 479 mau alle Uebergänge von den uormalen Pestbazillen zu diesen Bläschen. Wir haben diese Gebilde mit Albkecht & Ghon als Degenerations-, bezw. Involutiousformen aufzufassen, die jedoch ihre lufektionsfähig- keit keineswegs verloren haben. Besonders häufig findet man diese Formen in frischen Leichen, noch mehr aber in solchen, die bei höherer Außentemperatur (z.B. in Bombay bei 30° C.) gelegen haben, die also schon in beginnender Zersetzung waren (Deutsche Kommission i^). Sai a 127 konnte den Uebergang der nor- malen Pestbakterieu zu diesen Degenerationsformen in Tier- leichen verfolgen. Vom 4. Tage ab begannen die Bazillen ihre Form zu verändern, sie wurden rundlich oder oval, quollen auf und verloren ihre scharfe Be- grenzungsliuie: am deutlichsten waren diese Veränderungen in der Milz, am wenigsten in der Leber. Außer in der Leiche sind a])er diese polymorphen Gebilde nach Albkecht & Ghox auch und zwar um so zahlreicher, je Fällen am schönsten im primären anderen Organen nachweisbar sein. Diese Neigung der Pest- bazillen, Involutionsformen zu bilden, ist dift'erentialdiagnostisch von Bedeutung imd mau muss sie kenneu, um bei der mikrosko- pischen Diagnose nicht in Irr- tümer zu verfallen. Auch in Präparaten aus R e i n - kultureu kann mau alle die erwähnten Formen antreifeu. Neben den typischen Kurz- stäbchen treten mehr oder weniger häufig 8cheinfädeu auf, an denen eine Gliederung nicht sichtbar ist und welche häufig plumper er- scheinen als die kurze Form. (Fig. 3.) Ueberhaupt trifft man in Reinkulturen die typischeForm Fig. 2. Involutionsformen aus einer 4 Tage alten Agarkultur. Methylenblaufärbung. Vergr. 1000:1. im lebenden Organismus zu bei finden akuten älter der Pestprozess ist Bubo ; sie können aber auch in allen wenis'er häufig als im Organismus. Fig. 3. Ausstrich einer 24 stund. Agarkultur. Methylenblaufärbung. Vergr. 1000:1. Gerade bei der Züchtung auf den verschiedenen Nährmedien fällt die charakteristische Variabilität der Pestbazillen am meisten auf; es zeigen sich oft unter geringfügigen Ein- fiüssen und Bedingungen, die sich der Beobachtung entziehen können, ganz ausgesprochene morphologische Differenzen. Die Zusammensetzung 480 A. Dieudonne, des Nährbodens, die äußere Temperatur u. a. spielt hierbei eine große Rolle; insbesondere bilden die Pestbazillen bei ihnen nicht zusagenden Nährböden, wie Kochsalzagar , leicht Involutionsformen. Wir werden auf dieses diagnostisch wichtige Verhalten bei der Besprechung der Biologie genauer zurückkommen. Zuweilen kann man keulenartige Anschwellungen, ähnlich wie bei den Diphtheriebazillen, und Verzweigungen, namentlich bei Züchtung aus dem Tierkörper, beobachten (Aliikecht & Ghox^, Kolle^i). Färbung. Der Pestbacillus färbt sich leicht mit allen Anilinfarben, besonders ist Methylenblau zu empfehlen. Gotschlicii^ö erhielt schöne Bilder mit nur ganz momentaner Einwirkung der unverdünnten Ziehl- NEELSENSchen Karbolfuchsinlösung und sofortigem nachherigeu Abspülen mit reichlich Wasser. Oft (zumal bei Blut- und Organsaftausstrichen) ist es zweckmäßig, das Präparat vor der Färbung etwa Y2 Minute lang mit Y2Pi'f>^- Essigsäure zu behandeln (Gaffkys Verfahren), dann ab- spülen, trocknen und färben. Man erhält auf diese Weise sehr klare Präparate, welche die charakteristische bipolare Färl)ung deutlich zeigen. Oft ist allerdings auch das ganze Stäbchen gleichmäßig gefärbt, oder es zieht sich von den Polen noch ein Streifen färbbare Substanz an der Längsseite hin. Gotschlicii beobachtete auch Polfärbung an den Längs- seiten, die Vakuole lag ganz an der einen Längsseite und die färbbare Substanz ganz an der anderen. Zur deutlichen und konstanten Darstellung der Polfärbung bedarf es gewisser Kunstgriife, auf die Soberniieim, sowie Kossel & OvERBECK^^ hingewiesen haben. Fixiert man nämlich die Deckglas- ausstrichpräparate in der sonst üblichen Weise durch dreimaliges Hindurchziehen durch die Flamme, so lassen oft die Pestbazillen die Polfärbung gar nicht oder nur andeutungsweise erkennen. Man tropft auf die Präparate, nachdem sie lufttrocken geworden, absoluten Alkohol und entfernt nach kurzer Zeit (etwa 1 Minute) denselben durch rasches Verdunstenlassen wieder, indem man das mit Alkohol befeuchtete Deckgläschen in die Nähe der Flamme hält. Die Deck- gläschen werden dann in gewöhnlicher Weise mit verdünnter wäss- riger oder alkalischer Methyleublaulösung oder mit verdünnter Karbol- fuchsinlösung 2 — 3 Minuten lang gefärbt oder nach Kossel mit Boraxmethylenblau (Lösung von 2 % Methylenblau in 5 ^ Borax ent- haltendem Wasser) Y2 Minute lang. Sind die Präparate überfärbt , so ist eine Differenzierung mit Alkohol oder ganz verdünnter Essigsäure notwendig. Sehr schöne Bilder erhält man bei Benutzung der von Kossel an- gegebenen Modifikation der RoMAXOWSKYSchen Färbung. Konzentrierte wässrige Methylenblaulösung (Methylenblau medicinale Höchst) wird mit der zehnfachen Menge destillierten Wassers verdünnt und auf jeden Kubikcentimeter der konzentrierten Stammlösung 3 Tropfen einer 5 proz. wässrigen Lösung von krystallisierter Soda hinzugefügt. Nun wird unter Umschütteln Iproz. wässrige Lösung von Eosin B. A. Extra Höchst tropfenweise zugesetzt, auf jeden Kubikcentimeter der Stammlösung des Methylenblau kommen etwa 0,5—1,0 ccm der Eosinlösung. Im Gegensatz zu der für die Chromatinfärbung nach Romaxowsky erforderlichen Farbmischung muss für den vorliegenden Zweck das Auftreten eines Niederschlages vermieden werden. In dieser Farblösung, welche jedes- mal frisch zu bereiten ist, werden die mit Alkohol fixierten Präparate 8 Minuten lang kalt gefärbt, dann kräftig mit Wasser abgespült, ganz Pest. 481 kurz in äußerst verdünnter Essigsäure (1 Oese auf eine Petrischale mit Wasser) eini^etaueht, sofort abgespült und getrocknet. In Oel unter- sucht zeigt sich die Folfärbuug besonders schön. Die sehr empfehlens- werte Methode eignet sich vor allem für die Untersuchung des Blutes von pestkranken Menschen, weil in sorgfältig hergestellten Präparaten der einzelne Pestbacillus wegen der Kontrastfärbung leiclit zu ent- decken ist. Für die difterentialdiaguostische Bedeutung der Polfärbung der Pest- bazillen kommt in Betracht, dass eine Reihe anderer Bakterienarten insbesondere aus der Gruppe der hämorrhagischen Septikämie dieselbe Eigentümlichkeit zeigen, so namentlich die Ijazillen der Geflügelcholera und der Schweineseuche. Diese Bakterien lassen die Polfärl)ung konstanter erkennen als die Pestbazillen und unterscheiden sich von diesen auch da- durch, dass sie im Tierkörper durchschnittlich kleineres Außenmaß haben. Immerhin begünstigen die zur Polfärbung der Pestbazillen angegebenen Methoden auch eine solche Färbung bei anderen Bakterien. Gotsciilich^'^ erhielt bei der erwähnten Essigsäurebehandlung einmal bei einer un- zweifelhaften Kultur vom Bact. typhi so typische Polfärbnng, dass die Aehnliclikeit mit Pestbazillen ganz unverkennbar war. Kossel & Ovek- 15ECK prüften in dieser Beziehung difterentialdiagnostisch Bact. coli und die Bazillen der Pseudotuberkulose der iSTagetiere, ferner einen von Sc'HiLLixG beschriebenen rattenpathogenen Bacillus. Die Polfärbung kam bei diesen Bakterien bei Ausstrichen vom Organsaft geimpfter Tiere gar nicht oder nur andeutungsweise zustande; auch die Form der Stäbchen ist eine andere; sie sind i)lumper und meist länger als die Pestbazillen. Vor allen Dingen werden die Stäbchen niemals in so großer Zahl in den inneren Organen angetroffen, wie es bei der Pest- infektion meist der Fall ist. Jedenfalls ist die Polfärbung ein wichtiges difterentialdiagnostisches Mittel, aber nur dann, wenn sie ganz ausge- sprochen ist. Die Färbung in Schnitten hat gewisse Schwierigkeiten. Die Fixierung der Orgaustücke erfolgt am besten in Alkohol oder Sublimat- alkohol. Zur Färbung eignet sich vor allem alkalische Methylenblau- lösung, doch heben sich die Bazillen dabei oft wenig vom Gewebe ab, da beim Entwässern der Farbstoff den Bazillen durch den Alkohol leicht entzogen wird. Albrecht & Ghox empfehlen besonders das polychrome Methylenblau nach Uxxa mit oder ohne nachfolgender Differenzierung in Glycerinäthermischung. Kossel & 0\'Erbeck erhielten schöne Bilder bei Benutzung des erwähnten modifizierten EoMAXowsKYschen Verfahrens. Die Schnitte bleiben in dem alkalischen Eosinmethylenblaugemisch etwa 2 Stunden liegen, werden dann nach kurzem Abspülen in Wasser in der sehr stark verdünnten Essigsäure differenziert, bis der Schnitt den rosa Eosinton zeigt, werden mit Wasser ausgewaschen und nun schnell in TOproz., dann in absolutem Alkohol entwässert, in Xylo] 'aufgehellt und in Oel eingebettet. Die Pestl)azillen heben sich als dunkelblau- violette Stäbchen sehr gut von dem rosa gefärl)ten Untergrund ab und zeigen zuweilen sogar schöne Polfärbung. Die Methode giebt, wie ich mich überzeugte, sehr schöne Resultate. Bei der GRA:\[schen Färbung werden die Pestbazillen entfärbt und zwar sowohl in Präparaten aus Reinkulturen, wie in solchen aus menschlichen und tierischen Gewebssäften und in Gewebsschnitten. Alle neueren Untersuchungen von den verschiedensten Seiten haben dies übereinstimmend ergeben im Gegensatze zu der Angabe von Kitasato^* Haiidbucli der pathogenen Mikroorganismen. 11. 3j_ 482 A. Diendonne, bei der ersten Beschreibung-, dass die im Blut Pestseptikämischer ent- haltenen Bazillen nach Gram nicht entfärbt werden. Mit der von M. Nelsser (Zeitschr. für Hyg;., Band 24) zur Diphtherie- diagnose ang:egebenen Doppelfärl)ung (essigsaures Methylenblau und Vesuvin) giebt auch der Pestbacillus deutliche Doppelfärbung, bei der aber nur ganz feine Körnchen gefärbt erscheinen. Da diese Färbung außer Diphtheriebazillen nur ganz wenige Bakterien zeigen, so ist dieses Verhalten vielleicht differential-diaguostisch neben den anderen Merk- malen zu verwerten. Allerdings hat Neisser die Färbung nur an einem Peststamm geprüft. Kapselbildung. Die Pestbazillen sind von einer schleimigen Hülle umgeben. Es ist nicht ganz leicht, sich von deren Existenz zu über- zeugen, da in den gefärbten Trockenpräparaten in der Regel kaum eine Andeutung davon zu sehen ist, doch spricht dafür schon die schleimige fadenziehende Beschaffenheit der Pestkulturen auf Nähragar. Sehr schön tritt die Kapsel hervor bei sehr vorsichtiger Trocknung und Fixierung in Präparaten, die aus dem Peritonealexsudat von Meer- schweinchen und Mäusen ge- wonnen werden. (Fig. 4.) Auch in Präparaten aus Kul- turen lassen sich, namentlich mit der LöFFLERSchen Geißel- beize, Kapseln nachweisen, wie Zettx( )W 1'^'' zuerst gezeigt hat, doch gelingt dies hier noch schwerer als bei Präparaten aus dem Tierkörper. Oft sind sie auf demselben Nährboden ganz leicht, oft sehr schwer nachzuweisen, ohne dass sich hierfür ein Grund ersehen lässt. Von großer Bedeutung ist auch hier die Fixierung der Präparate, die besser mit Alkohol als durch das gebräuchliche Durchziehen durch die Flamme erfolgt. Nach den P>fahrungen von Albrecht &. Ghux erhält man schöne Kapselfärbung mit einer von Pittfield für die Geißelfärbung ange- gebenen Methode. Die in dünnen Schichten aufgestrichenen und ent- sprechend vorsichtig fixierten Präparate werden mit einem Gemenge gefärbt, das unmittelbar vor dem Gebrauch aus gleichen Teilen der beiden folgenden Lösungen hergestellt ist: I. Solut. alumin. conc. 1,0. Gentianaviolett alcohol. conc. 10,0. II. Acid. tannic. 1,0. Aqu. destillat. 10.0. Die Färbung geschieht unter leichtem Erwärmen und nachheriger kurzer Differenzierung in verdünntem Alkohol oder verdünnter Essigsäure. Bei Fig. 4. Ausstrichpräparat aus dem Peritoneal exsudat einer infizierten Ratte. Vergr. 1000:1. Pest. 483 dieser Methode heben sich die schwach g-efärliten oder ganz farbh)seu Kapseln sehr deutlich von dem stark tingierten Bazilleuleib ab. Die Bilder gleichen vollkommen denen bei den Bazillen aus der Kapsel- l)azillengruppe. Eigenbewegung und Geißeln. KirASAiu'^'^ gab bei der ersten Beschreibung des Pestbacillus an, dass derselbe eine allerdings sehr träge Eigenbewegung zeigt, während Yersin dieselbe vermisste. Auch andere Forscher wie Kasansky"^!, Gordon ^5 wollen deutliche Eigenbewe- gungeu gesehen haben. Im Gegensatz hierzu beobachtete die Deutsche Kommission, Albreciit & Ghon, Kossel & Overheck u. a. niemals in Reinkulturen, selbst wenn die Bedingungen nach Möglichkeit variiert wurden, auch nur eine Spur von Eigenbewegung. K<)ssei> & Overheck prüften die Beweglichkeit der bei verschiedenen Temperaturgraden (37", 30", Zimmertemperatur, Eisschrankj gezüchteten Pestbazillen, ver- anlasst durch die Beobachtung von Mironesco, dass es Bakterien giebt (z. B. Pseudotuberkulosebazillen), welche je nach den Wärmegraden, bei denen die Kulturen gehalten werden, beweglich oder unbeweglich sind. Die Pestbazillen zeigten bei keiner der erwähnten Temperatareu echte Eigenbewegung, wohl aber auffallend starke Molekularbewegung. Diese besonders bei manchen Stämmen stark vorhandene Molekularbewegung dürfte bei manchen Beobachtern den Eindruck von Eigenbewegung her- vorgerufen hallen. Geißelfäden konnten weder von der Deutschen Kommission, noch von Albrecht äGhon nachgewiesen werden, trotzdem die Methoden von LöFFLER, Bunge, van Ermengem u. Pittfield angewendet wurden. Dagegen hatte Gordün'*^ mittels dervANERMENGEMSchen Methode Geißeln erhalten, die angeblich meist einzeln polar, selten zu zweien seitenständig sitzen sollten. Es ist aber nicht unmöglich, dass es sich bei dieser Beobachtung um Kunstprodukte handelte. Geißeln können leicht durch Zerrung und Ausziehen der Schleimhülle und durch Farbstoff- oder Silberniederschläge vorgetäuscht werden. Sporen wurden weder von der Deutscheu Kommission noch von Albrecht & Ghon nachgewiesen. Man sieht zwar manchmal in gefärbten Präparaten ungefärbte rundliche Gebilde, die an Sporen erinnern, die aber nur als vakuolenartige Lücken zu betrachten sind. So hat N. K. Schultz is» ju 4 Jahre alten Pestkulturen, die noch lebens- fähig waren, eigentümliche Körnchen beobachtet, die durch eine Zu- sammenziehung und Verdichtung des Protoplasmas entstehen und auf diese Weise den Pestbacillus lange vor dem Tode bewahren. Bei Ueber- impfung dieser Körnchen auf frische Nährböden wuchsen üppige Pest- kulturen. Diese Körnchen sind aber sicher keine Sporen, da sie nicht einmal eine l^ 4 stündige Erwärmung auf 50" ertrugen. Auf diese Weise ist wahrscheinlich auch die Angabe von Ibrahim -^^ 2u erklären, der Sporen- bildung bei 45" C. am lebhaftesten, bei niedriger Temperatur langsamer, bei Temperaturen über 50" C. gar nicht beobachtete. Gegen eine Sporen- bildung spricht das gesamte biologische Verhalten der Pestbazillen, ins- besondere ihre geringe Widerstandsfähigkeit gegen Erwärmen auf 60" und gegen Desintizientien. 31* 484 A. Diendonne, 4, Biologie des Pestbacillus. a) Kultur. liei der Züchtung auf künstlichem Nährboden kommt vor allem das Temperaturoptimum, dann die Reaktion des ]S[ährl)odens und endlich der Grad der Feuchtigkeit desselben in Betracht. A¥as zunächst die Temperatur betrifft, so liegen beim Pestbacillus im Gegensatz zu anderen pathogenen Bakterien die Wachstumsgrenzen weit auseinander. Der Pestbacillus wächst am besten bei 25 bis 30° C. Temperaturen über 35 "C. sind nicht so günstig, nach Lignieues*^ soll man sogar eine Temperatur von 37 — 38° C. vermeiden. Wie dieser Autor beobachtete, gingen aus Pestblut bei 18 — 20" C. zahlreiche Kolo- nieen auf, während die Kulturen bei 37° C. noch nach 4 Tagen steril geblieben waren. Stellte man diese bei 37° C. steril gebliebenen Gläser auf Temperaturen von 25° C. und darunter, so wuchsen nachträglich die Kolonieen. Die untere Wachstumsgrenze geht nach den Beobachtungen der Deutschen Kommission noch erheblich unter 20° C. herab. Selbst im ungeheizten Zimmer bei einer Temperatur von 12—15° C. trat auf Gelatine sehr ausgesprochenes, wenn auch verlangsamtes Wachstum ein. In einem Eisschrank, dessen Temperatur höchstens 4,5° C. betrug, entwickelten sich auf Gelatine im Verlaufe von 20 Tagen makroskopisch sichtbare Kolonieen, die bei mikroskopischer Untersuchung aus ganz normalen Bazillenformen bestanden. Als obere Grenze für die Ent- wicklungsfähigkeit ist nach Albreciit & Ghon 43,5° C. anzunehmen. Das Wachstum ist bei allen Temperaturen auffällig langsam und es dauert in der Regel mindestens 2 Tage, bis die Kulturen auch unter den günstigsten Verhältnissen ihre Entwicklungshöhe erreicht haben. Besonders ist dies der Fall bei der Anlage der ersten Kulturen aus dem Menschen- oder Tierkörper. Die ersten Kulturen gehen immer schlechter an. Die Reaktion des Nährbodens ist am besten neutral oder ganz schwach alkalisch. Erhöhung der Alkaleszenz beeinträchtigt das Wachs- tum, bei Zusatz von 4^ Normalnatronlauge und darüber erlischt es gänzlich (Albrecht & Ghon). Noch empfindlicher sind die Pestbazillen gegen Säuren. Zusatz von Glycerin zum Nährboden begünstigt die Entwicklung nicht, ein höherer Prozentsatz (5^) hemmt und beeinträchtigt sogar dieselbe (Aerrecht & Ghon). Auch der Zusatz von Traubenzucker zum Nährboden bietet keinen wesentlichen Vorteil für die Entwicklung. Der Feuchtigkeitsgehalt der festen Nährböden darf nicht zu gering sein, da in sehr trockenen Nährmedien der Pestbacillus leicht Involutionsformen bildet. Nach den Untersuchungen der Deutschen Kommission sind die Pestbazillen streng aerob. Darauf weist schon die Thatsache hin, dass in flüssigen und festen Nährböden das Wachstum ein ausgesprochen oberflächliches ist. Bei völligem Fehlen von Sauerstofl' bleibt die Ent- wicklung der Pestbakterien aus, selbst bei reichlicher Einsaat. Bouillon, welche durch Auskochen oder durch Einleiten von Wasserstofi' von () befreit ist, erhält sich nach der Impfung völlig klar und man siebt die hereingebrachten Pestbazillen als eine zarte weiße Flocke lange Zeit unverändert auf dem Boden des Kulturgläschens liegen. Abeli, Pest. 485 sowie Alurecht & Gh(jn erklären deu Pestbacillus dag-egeu als fakul- tativen Anaerobier. Nach Abel Aväehst der lUicillus sowohl aerob als auaerob, ))ei Abschluss von Luft höchstens unwesentlich langsamer. Albrecht & Ghon fanden in Zuckeragarschüttelkultureu deutliches Wachstum in allen Schichten. Jedenfalls ist aber, wie man sich an Bouillonkultnren, insbesondere an den nach Haffkine hergestellten Butterbouillonkulturen überzeugen kann, das O-Bedürfnis der Pestbazillen sehr groß. Für die Differentialdiaguose der Pestbazillen kommt vor allem Nähragar und Nährgelatine in Betracht. Agar. Neutrale oder leicht alkalische Reaktion ist für die Ent- wicklung am günstigsten. Küssel & Overbeck empfehlen hierzu eine von MxVASSEN (Arbeiten aus dem K. Gesundheitsamt Bd. 8) beschriebene Methode zur Alkalisierung des Agars. Man fügt zum Nährljoden soviel Natronlauge hinzu, dass blaues Lackmuspapier nicht mehr gerötet wird und setzt darauf krystallisierte Soda in bestimmten Mengen zu. Für Pestbazillen wurde das Optimum der Alkalität erreicht, wenn über den Neutralpunkt gegen blaues Lackmuspapier (Lackmuspapier auf Post- papier der Fabrik von E Dietrich, Helfenberg) 0,5 g kry stallisierter Soda zum Nähr- boden hinzugefügt vv'urde. Der so bereitete Agar wird in dicker Schicht in PETRische Schalen ausgegossen und er- starren gelassen. Wird mm mit dem pesthaltigen Material oberflächlich geimpft und die Platte bei 30° C. gehalten, so beginnt schon nach 24 Stunden die Entwicklung von kleinen zarten tautröpfchenähnlichen Fig. ö. Plattenkultur auf Agar. 48 Stunden Kolonieeu, die zum Teil erst bei 30«. Vergr. 100 :L bei Betrachtung mit schwacher Vergrößerung zu erkennen sind; nach 48 Stunden sind sie zu schon makroskopisch deutlich sichtbaren Kolonieeu herangewachsen, die im auffallenden Lichte grau , im durchfallenden weißlichgrau erscheinen. Diese jungen Kolonieeu stellen durchsichtige, unregelmäßig gestaltete, in der Mitte gekörnte Auflagerungen dar mit prominentem dunkel ge- färbtem Centrum und ziemlich In'citem, zartem, gezacktem oder stark gebuchtetem Rande. (Fig. 5.) Auf trockenen Agarplatten lassen die Kolonieeu häufig die Bildung eines zarten, durchsichtigen Saumes um ein knopfartiges, dunkelgefärbtes Centrum erkennen (Kolle'^i). Derartige zarte Kolonieeu von der beschriel)enen Form bildet keine für die Pest- diagnose in Betracht kommende Bakterienart, besonders noch, wenn man die langsame Entwicklung berücksichtigt. Nur der Influenzabacillus kann, worauf Albrecht & Ghon hingewiesen haben, gelegentlich als Ab- weichung von seinem Typus ähnliche Kolonieeu zeigen. Bei mikro- skopischer Untersuchung sind al)er die Iufluenzak(donieen im zentralen Teil nicht so grob gekörnt und der periphere Saum im allgemeinen weniger grob gebuchtet. Man muss aber, wie Albrecht & Ghon mit Recht betonen, insl)esondere bei Sputumuntersuchungen von Pest- verdächtigen oder Pestkranken den Influenzabacillus im Auge behalten, 486 A. Dieudonn^, umsomchr, als wir neuerdings auch von einem sporadischen Vorkommen desselben Kenntnis erhalten haben. Doch wird es nicht schwer fallen, schon bei Berücksichtiguni;' der Temperaturen, bei denen die Platten ge- halten werden, und des Nährbodens, sicher aber durch ein Deckglas- präparat Influenzal)azillen auszuschließen. Die tiefliegenden Kolonieen haben nichts Charakteristisches. In der Mehrzahl der Fälle wachsen auf den Agarplatten diese »typischen« Kolonieen; allerdings kommen manchmal auch von diesem Typus abweichende Kolonieen vor mit glatten Eändern oder mit ganz grol)er Körnung. Gotsciilich^-' beobachtete z. B. derartige atypische Kolonieen bei zwei Fällen von wochenlangem Fortbestehen der Pest- bazillen im Sputum von Rekonvaleszenten; auf neuen Nährsubstraten ließen sich diese Kolonieen trotz mehrfacher Uebertragnngsversuche nicht fortzüchten. Die erste Entwicklung der Kolonieen bei 30" ist eine verschieden lange, meist zeigen sich dieselben schon nach 24 Stunden oder sogar schon nach 16 bis 18 Stunden, manclimal erst nach 48 Stunden. Ein Grund für diese Wachstumsdiftereuzen lässt sicli nicht feststellen. Nach GoTSCHLiCH kann man öfters eine Schnelldiagnose schon nach 12 Stunden machen, indem man unter Kontrolle eines seh wachen Objektivs Ausstrich- präparate von denjenigen Stellen der Platte macht, auf denen noch keinerlei Entwicklung zu beobachten ist; oft findet nuxn dann schon im gefärbten Präparat die charakteristischen Pestbazillen. In Klatschpräparaten von jungen Kulturen sind die Formen der Bakterien nicht gleichartig, neben kurzen Stäbchen kommen längere Stäbchen, auch Fadenbildungen und Schlingenbildungen vor. Bei dem langsamen Wachstum der Pestbazillen darf man erst dann eine negative Diagnose aussprechen, wenn nach 48 — 72 Stunden noch nichts gewachsen ist. Wie schon Yersin gezeigt hat, bilden die Pestbazillen in Kulturen, namentlich in den ersten Kulturen, leicht zwei Arten von Kolonieen, große und kleine, die in ihrer Größe recht erhebliche Unterschiede zei- gen. Die ersteren können eine Größe von mehreren Millimetern erreichen und bilden dann weißgniue, granulierte Kolonieen. Isoliert man eine Art, so entwickeln sich aus jeder bei der Aussaat auf Agarplatten wieder beide Arten von Kolonieen (Frosch). Bei längerer Weiterzüchtung auf Agar geht jedoch diese Eigenschaft meist verloren. Ein Unterschied in der Virulenz der in den kleinen und der in den großen Kolonieen enthaltenen Pestbazillen besteht nicht. Ebensowenig konnte Abel ^ einen Unterschied zwischen den Abkömmlingen der großen und kleinen Kolo- nieen in ihrer Resistenz gegen Karbolsäure feststellen. Bei Strichkulturen auf Agar entwickelt sich bei 30° C. nach 36 — 48 Stunden entlang des Impfstrichs ein zarter, grauweißer Rasen, der beim Berühren mit dem Platindrahte eine zähe, schleimige Beschaffen- heit verrät. Die Kultur haftet nicht sehr stark an dem Substrat. Bei dem Versuch, sie abzuheben, zieht sich die Pestbazillensubstanz in mehr oder weniger lange Fäden aus. Die im Kondenswasser gewachsenen Bazillen zeigen meist schöne Polfärbung. Man kann auch schräg erstarrte Agarröhrchen direkt zur Züchtung der Pestbazillen aus dem Organismus benutzen, insbesondere, wenn sich von vornherein vermuten lässt, dass wenig andere Bakterien daneben vorhanden sein w^erden, wie bei der Untersuchung des Blutes von Pest- kranken im septikämischen Stadium. Auf den Agarröhrcheu, welche mit Tröpfchen derartigen Blutes besät sind, entwickeln sich außerordentlich Pest. 487 feiue, tautropfenähiiliche Koloaieen, die in der Kegel erst nach 30- bis 40stündig-em Aufentlialt im Brutschrank dem bloßen Auge sichtbar werden. Bei weiterem Wachstum erreicht eine Anzahl der Kolonieen schließlich die Größe von kleineu Stecknadelküpfchen. Stichkulturen in Agar zeigen einen langsam von der Oberfläche in den Stichkanal sich ausbreitenden Rasen. Bei älteren Kulturen ent- stehen entlang des Stichkanales öfters büschelförmige Ausstrahlungen. Glycerin- und Traubenzuck er- Agar bietet für das Wachstum keine Vorteile gegenüber dem gewöhnlichen Agar. Von größter diagnostischer Bedeutung ist das Verhalten der Pest- bazillen auf Agar mit erhöhtem Kochsalzgehalt. Wie Hankin & Leumann ^^ entdeckten, findet man bei der Aussaat der Pestbazillen auf 21/2 — 31/2 pi'oz. Kochsalzagar nach 24 — 48 Stunden statt der normalen Stäbchen eigentümliche aufgequollene Formen, kugelige, spindelförmige und ovale Ge- bilde von wechselnder Größe, die oft Hefepilzen oder Protozoen gleichen. (Fig. 6.) Die Färb- barkeit dieser Involutions- oder Degenerationsformeu ist ver- schieden, sie nehmen bald den Farbstoff intensiv an, bald er- scheinen sie in schwachem, un- regelmäßig verteiltem Farbenton. Auch auf sehr trockenem Agar findet man diese Formen (Haff- kixe), aber nicht soausgesprochen. Am schönsten treten sie auf trockenen Nährböden mit 3 — 4'%, Kochsalz zu Tage. Hankix hat den Kochsalz- agar wegen dieses Verhaltens der Pestbazillen zu diagnostischen Zwecken zur raschen Identifizierung der Pestbazillen empfohlen. Der diagnostische Wert hängt aber natürlich in erster Linie davon ab, ob jene Formen ausschließlich bei den Pestbazillen vorkommen. Von ver- schiedenen Seiten Skchivani^^, Matzuschita'^*', Kossel & 0 verbeck", sowie Eosenfeli) i24j wurden daher eine große Reihe von Bakterien- arten, insbesondere solcher, die eine gewisse Aehnlichkeit mit den Pest- bazillen haben, auf Kochsalzagar gezüchtet. Nach Matzuschita bilden auch andere Bakterien auf Kochsalzagar ähn- liche luvolutionsformen wie der Pestbacillus; so treten große blasige Kugeln gelegentlich beim B. pyocyaneus, beim B. aeidi lactici, B. phosphorescens, B. liquefaciens pathogenes, Vibrio cholerae und selbst beim Bac. anthracis auf, aber niemals lassen sich jene großen Kugeln auch nur annähernd in solchen Mengen beobachten, wie sie der Pestbacillus zeigt. Außerdem sind nach Matzuschita bei diesen anderen Bakterienarten fast durchweg höhere Koch- salzgehalte und längere Wachstumszeiten erforderlich, bevor jene großen blasigen Gebüde auftreten. Matzuschita hält daher die Degenerationsformen für sehr charakteristisch für Pestbazillen. Nach den Untersuchungen von Kossel Fig. (). Involutionsformen auf 3proz. Koch- salz-Agar 3 Tage bei 30". Karbolfachsin. Vergr. 1200:1. A. Dieudonn^, & OvERBECK, die verschiedene von Matzuschita nicht benutzte Bakterien- arten prüften, waren die einzigen Bakterien, bei denen es zur ausgesprochenen Bildung von Involutionsformen kam, der Bac. lactis aerogenes und der HoFERSche Bacillus der Krebspest. Der erstere wächst auf Agar von 3^ NaCl- Gehalt zu langen, zuweilen gekrümmten oder in der Mitte spindelförmig aufgetriebenen Fäden aus; der Krebspesterreger bildet ganz bizarre Formen, rankenartige Bildungen, ferner riesige Spindeln, doch sind dieselben mit den Formen der Pestbazillen nicht zu verwechseln. Die übrigen untersuchten Mikroorganismen (Bac. pseudotuberculosis rodentium, Bacillus der von Schilling beschriebenen Rattenseuche, Mäusetyphusbazillen, Schweineseuchebacillus und B. coli) bildeten überhaupt keine deutlichen Involutionsformen. Rosenfeld prüfte uuter der Leitung von R. Pfeiffer eine Reihe von Bakterien, insbesondere solcher, die bei Tierversuchen gelegentlich mit den Pestbazillen verwechselt werden können, wie B. typhi murium, B. suipestifer (amerik. Schweiueseuche), B. mustelae suisepticus (Frettcheuseuche), Danysz- scher Rattenbacillus, B. cholerae gallinarum, B. pseudotuberculosis (Pfeiffer) und B. suisepticus. Bei den Bazillen des Mäuset}'phns , der Frettchen- und der amerik. Schweineseuche fanden sich keine mit den Pestbazillen vergleich- bare Involution sformen, auch bei den Hühuercholerabazillen waren die ver- einzelt bei 3 — ^^1-1% Kochsalzgehalt auftretenden großen Kugeln als aufge- rollte Spiralen zu deuten, die sich von den aufgequollenen dicken Pestbazillen erheblich unterscheiden. Größere Aehnlichkeit zeigten die Degenerationsprodukte des DANYsz-Bacillus, des Erregers der Pseudotuberkulose und der deutschen Schweineseuche, doch zeigten sich auch hier Unterschiede. Nach Rosenfeld berechtigen aufgequollene Stäbchen, dickere Fäden und Spindelformen, ebenso wie vereinzelte intensiv gefärbte und selbst reichlichere matt färbbare ovale und kreisförmige Elemente noch nicht zu der Diagnose der Pestbazillen, und nur da, wo bei Aussaat auf 2^2 — 4proz. Kochsalzagar bei schwachem Wachs- tum intensiv gefärlite hefeähuliche Kugeln neben anderen gut färbbaren Auf- quellungsprodukten reichlich in jedem (iesichtsfelde zu finden sind, ist eine sichere Unterscheiduug vou den bei den angeführten Bakterienarten vorkom- menden Involutiousformen möglich. Nach allem darf der HANKixsche Kochsalzagar als ein wertvolles UnterstUtzung-smittel bei der Differeutialdiagnose der Pestbazillen angesehen werden; insbesondere ist das Auftreten der Involutiousformen in der kurzen Zeit (24 — 48 Stunden), die l)ei anderen Bakterienarten fehlt, für Pestbazillen charakteristisch. Gelatine. Dieser Nährboden eignet sich ^or allem für die Unter- suchung von Sekreten, in denen noch andere Bakterien vorhanden sind, wie Sputum, Faeces, Urin u. a. Nach Kossel & Overbeck ist bei der Gelatine derselbe Alkaleszenzgrad zu empfehlen wie bei Agar. Am besten wird das zu untersuchende Material auf der Oberfläche von fertig gegossenen und erstarrten Gelatineplatten mit der Platinöse oder noch besser mit Platinpinsel oder mit kleinen sterilisierten Watte- bäuschchen aufgetragen. Bei 22*^ C. entwickeln sich die Bazillen in 2 — 3 Tagen zu makroskopisch sichtbaren, zuerst grau, dann gelb ge- färbten Kolonieen. Sie erscheinen alsdann als feine, halbdurchsichtige Pünktchen, die die Gelatine niemals verflüssigen. Das Centrum der oberflächlichen Kolonieen tritt deutlich über das übrige Niveau der Gelatineoberfläche hervor; es ist grob granuliert und von einem feinen zarten glashellen am Rande ausgezackten Saume umgeben. Der Pest. 489 unregelmäßig, ähnlich wie bei Typhusbazillen vorg-eschol)ene Rand und die mit dem Alter zunehmende Körnung ist ungemein charakte- ristisch. Die tiefliegenden Kolonieen lassen sich nicht zur Diagnose verwerten. Die charakteristische Form der oberflächlichen Pestkolonieen spiegelt, wie KossEL c^' OvERBECK gezeigt haben, das Klatschpräparat in aus- gezeichneter Weise wieder. (Fig. 7.) Der Kand besteht zuweilen ganz, zuweilen nur an einer Seite, oft auch nur an einzelnen Stellen aus langen Fadenschlingen. Fast stets tindet man einzelne Kolonieen auf der Platte, die ganz aus solchen gewundenen Fäden zu bestehen scheinen und einem lockeren Drahtknäuel vergleichbar sind. Dieses Verhalten der Pestbazillen ist nach Kossel & Oveubec^k ein sehr brauch- bares dilferentialdiagnostisches Merkmal, umsomehr, als eine Keihe von anderen daraufhin geprüften Bakterien auf einer Gelatine von gleicher Zusammensetzung niemals diese Form im Klatschpräi)arat gaben. Bei steigendem Alkaligehalt der Gela- tine scheint die Häutigkeit der Schlingenbildung abzunehmen, sie ist am schönsten ausgeprägt, wenn Material aus dem infizierten Tier- ^ ,^^ ^ körper auf der Gelatineoberfläche ''^ ' / d^j^^^^x^ ausgestrichen wird, ist aber auch / / ^ A^>5^]k^ ' l)ei Aussaat von Kulturmasse zu , ' J^ iff^Ai^''^^\ \- beobachten. ^ >^' ^0\L^ --5-- \ Man kann auch auf Gelatine- V'^ '^^i^' '^^"^j^- platten, ähnlich wie auf Agar- ; "^ "^ -wT -^ ])latten schon nach 24 Stunden .^ -^ durch Anlegung von Klatsch- präparaten häufig sehr charakte- ristische Bilder erhalten (Klein •**', Kossel & Overbeck"). AVenn die Klatschpräparate sorgfältig an der Luft getrocknet, in der Flamme Fig. 7. Gelatinekultnr. 48 stund. Klatsch- tixiert, gefärbt und nach dem präparat (nach Kossel & Overbeck). Abspülen unter Vermeidung des Abtupfens durch Absaugen mit Fließpapier vom Waschwasser befreit sind, so zeigen die Kolonieen der Pestbazillen im mikroskopischen Bilde häuflg ein äußerst charakteristisches Aussehen. Während die mikro- skopische Betrachtung der Gelatineplatte selbst mit schwachen Linsen nach 24 Stunden an "den meisten Stellen Wachstum deutlich überhaupt noch nicht erkennen lässt, oder höchstens die Oberfläche des Nährbodens einen äußerst feinen reifähnlichen Beschlag aufweist, sind im Klatsch- präparat oft feinste Kolonieen schon in großer Zahl zu erkennen, die in landkartenartiger Zeichnung angeordnet sind. Bei dem ungemein charakteristischen Verhalten der Pestkolonieen auf Gelatine ist also die Verwendung dieses Nährbodens dringend zu empfehlen. Insbesondere ist die Gelatine, wie schon erwähnt, wert- voll bei Material, das neben Pestbazillen zahlreiche andere Keime ent- hält. Wie wir später sehen werden, werden die Pestbazillen leicht von anderen Bakterien in der Entwicklung gehemmt und überwuchert. Der Agarnährboden kommt daher hauptsächlich da in Betracht, wo von vornherein wenig andere Keime zu erwarten sind (Blut, Bul)onensaft). Meist ist aber zu raten, namentlich bei der Diagnose der 490 A. Dieudonn^, ersten Fälle sowohl Agar- wie Gelatiueplatten anzuleg-eu und die ersten bei 30° C, die letzteren bei 22" C. zu halten. In Gelatinestichkulturen bildet sich ein sehr langsam wachsen- der, zarter, weilier Faden, dessen Entwicklung in der ganzen Aus- dehnung des Impfstichs ziemlich gleichmäßig von statten geht. Oft beobachtet man auch ähnlich wie auf Agar büschelförmige Ausläufer vom Impfstich ausstrahlen, namentlich wenn die Gelatine etwas weicher und die Kulturen etwas älter sind (Albrecht & Ghon). Auch in Gelatinestrichkulturen sieht man oft ziemlich lange büschelförmige Fortsätze vom oberflächlichen Rasen in den Nährboden ausstrahlen. Bouillon. In Bouillon bilden die Pestbazillen bei 30° C in den ersten 24 Stunden auf dem Boden des Kulturkölbchens einen langsam an Quantität zunehmenden fein- flockigen weißlichen Bodensatz, von dem aus oft entlang der Wand kleinste Flocken emporzukriechen scheinen. Gleichzeitig entwickelt sich, wenn jede Bewegung der Flüssigkeit vermieden wird, am oberen Rande der Bouillonschicht, dem Glase anhaftend ein weißer Vegetationsring, der langsam über die freie Oberfläche der Bouillon als dünnes schwimmendes Häutchen sich auszudehnen beginnt. Sehr begünstigt wird dieses Oberflächen- wachstum, wie zuerst Haffkine g:efunden hat, durch indiflerente auf der Bouillon Substanzen, wie welche den Pest- l)azillen gewissermaßen als Stütz- punkt dienen. Die Bazillen ent- wickeln sich dann in Form von an den Fetttröpfchen herabhängen- den Stalaktiten, welchen die von der Bodenfläche emporwachsenden Ausläufer als Stalagmiten entgegen- kommen. (Fig. 8] Dieselbe Er- scheinung zeigen übrigens auch andere Bakterien, z. B. die Pseudo- tuberkelbazillen der Nager, sie ist also nicht spezifisch für Pestbazillen. Die kleinste Erschütterung lässt diese Stalaktiten zu Boden sinken; die Flocken zerteilen sich wolkenartig und es tritt leicht diftuse Trübung der vorher klar gebliebenen Bouillon ein. In ganz alten Kulturen beginnt die Trübung der Bouillon sich allmählich abzusetzen, so dass schließlich die Flüssigkeit wieder klar wird mit mäßigem krümeligen Bodensatz. Zusatz von Glycerin oder Traubenzucker zu der Bouillon befördert das Wachstum der Pestbazillen nicht. Weder in gewöhnlicher Bouillon noch in Zuckerbouillou tritt Gasbildung ein und zwar wurden von der Deutschen Kommission die 4 Zuckerarteu: Dextrose, Lävulose, Milch- zucker und Mannit daraufhin geprüft. Aus Traubenzucker wird Links- milchsäure gebildet (Gosio & Bigixelli^^'M. korpuskulare schwimmende Butter, Oel, Fig. 8. Bouillonkultur uach Haffkine. (Stalaktitenbildung.) Pest. 491 Die Pestbazilleu l)edürfeii zu ihrer Entwicklung eine ziemlieh hohe Konzentration des Nährl)oden8 (Deutt^che Kommission). In einer Verdünnung- von 2 com IJouillon mit 5 ecm destilliertem Wasser war das Wachstum recht erheblich verlangsamt, und bei einer Verdünnung von 1:10 blieb dasselbe vollkommen aus. In den Bouillonkulturen zeigen die Pestbazillen ganz eigentümliche Formen, es entwickeln sich lange Ketten bis zu 10 und 12 Elementen, die auf den ersten Blick eine überraschende Aehnlichkeit mit Strepto- kokken haben. (Fig. 9.) Bei genauer Betrachtung überzeugt man iiah aber, dass die Glieder aus aneinandergereihten typischen Kurzstäbchen gel)ildet werden. Auffallend au dieser Kette ist, dass die Bazillen selten zu mehreren in geraden Linien nebeneinanderliegen, sondern dass sie vielfach in scharfem Winkel an den Trennungsstellen gegenein- ander aljgeknickt sind. Solche Ketten bilden die Pestbazillen ül)erhaupt leicht in flüssigen Nähr- böden. Löffler"^ beobachtete in Bouillon mit schwachem Karbolsäurezusatz sehr schöne Involutiousformen , ebenso in stark konzentrierter Bouillon. Auf erstarrtem Blutserum gedeihen die Pestl)azillen sehr gut, ebenso auf dem Löffleu- schen Traubenzuckerserum, und zwar besonders üppig im Kondens- wasser, wo sie auch Ketten- formen bilden. Nach Kossel & OVERBECK ist das LÖFFLERSche die Fortzüchtung deshalb zu em- hier die Virulenz besser erhalten bleibt als auf Agar. Für diagnostische Zwecke konmit das Blutserum jedoch nur da in Betracht, wo eine starke Verunreinigung des zu untersuchenden Materials mit anderen Bakterien nicht zu erwarten ist, besonders also ))ei Aussaat von Blut und Drüsensaft Pestkranker. Seruniagar hat nach den Erfahrungen von Alhrecht & Ghox keinen wesentlichen Vorzug vor dem gewöhnlichen Agar. In steriler Milch wachsen die Pestbazillen bei Bruttemperatur sehr langsam und spärlich ohne Gerinnung der Milch. In Petruschkyscher Laekmiismolke tritt sehr geringe Entwicklung ein. Die Flüssigkeit wird dabei gerötet, was auf eine, wenn auch geringe Säureproduktiou hinweist. Peptoulösung ist kein so guter Nährboden wie Bouillon. Weder in Bouillon noch in Peptoulösung wird Schwefelwasserstoff oder Indol gebildet. Auf Kartoffeln wachsen die Pestbazillen bei 35° C. langsam; es bildet sich nach 48 Stunden längs des Impfstriches eine düime, meist feuchte, weißliche, sich von dem Nährsubstrat wenig abhel)ende Leiste. Nach einiger Zeit nimmt der Käsen einen dunkleren Strich ins Bräunlich- Gelbe an, der bei den alkalisch reagierenden Kartoft'eln stärker ist als Blutserum für der Kulturen pfehlen ,' weil Fig. 9. Bouillonkultur. 48 Stunden bei 30". Methylenblau. Vergr. 1000:1. 492 A. Dieudonn6, bei den saiireu. Irgendwie charakteristisch ist das Wachstum nicht. Weit besser ist nach Lignieres*^ ^[q Entwicklung- bei 15 — 20°. Ligxieres beobachtete wiederholt bei 37" kein Wachstum anf Kartoffeln, bei 15 — 20° dagegen deutliche Entwicklung zwischen dem 4. und 6. Tage in Form eines durchsichtigen Rasens. Macht man eine zweite Kultur, so ist die Entwicklung üppiger. Auf gekochten Banauen war bei den Versuchen der Deutschen Kommission AVachstum nicht zu bemerken, auf gekochtem Reis bei Temperaturen von 36 — 37° C. mäßiges Wachstum in Form eines grauen Kasens. Mikroskopische und kulturelle Diagnose. Wie Avir sehen, zeigt der Pestbacillus eine Reihe morphologischer und kultureller Merkmale, wie Polfärbung, Färbung nach Gram, Wachs- tum auf Agar, Gelatine, Blutserum und in Rouillon, Bildung der In- volutionsformen auf Sproz. Kochsalzagar. Bei Berücksichtigung aller Merkmale wird die Diagnose in manchen Fällen durch die mikro- skopische und kulturelle Untersuchung allein möglich sein, insbesondere während einer Epidemie. Dagegen bedarf es bei der Diagnose der ersten eingeschleppten Fälle, sowie bei der Untersuchung von Tier- kadavern unter allen Umständen des Tierversuches. Der kulturelle Nachweis der Pestbazillen ist besonders erschwert bei Anwesenheit von anderen Bakterien, wie im Sputum, in Faeces u. a. In der Regel wachsen diese Begleitbakterien rascher und üppiger als die Pestmikroben und verhindern so deren Entwicklung mehr oder weniger vollständig. Insbesondere unterliegt der Pestbacillus beim gleich- zeitigen Vorhandensein von B. coli, auch von Streptococcus pyogenes und Diplococcus pneumoniae. Diese Ueberwucherung findet man nament- lich auf Agarplatteu, die bei 30—35° C. gehalten wurden. In solchen Fällen kam die Deutsche Kommission zu positiven Resultaten, wenn das Material in feiner Schicht auf erstarrte Gelatineplatten ausgestrichen und die Platten bei 20—22° C. gehalten wurden. Die Pestbazillen wachsen bei dieser Temperatur noch recht üppig, während die kon- kurrierenden Bakterienarten in ihrer Entwicklung stark zurückgehalten werden. Albrecht & Ghox sehen dagegen von der Gelatineplatte ganz ab und empfehlen nur Agarplatten, die teils bei Temperaturen von 30° C. teils bei solchen von 20^ C. gehalten werden sollen. Die Gelatineplatte hat nach Albrecht & Ghon den Nachteil, dass leicht Verflüssigung eintritt und ein Weicherwerden der Gelatine unangenehme Folgen haben kann ; auch ist das Aussehen der Kolonieen auf der Agar- platte so charakteristisch, dass eine Diagnose sich ebenso leicht ermög- lichen lässt Avie bei der Gelatineplatte. Nach meinen persönlichen Er- fahrungen möchte ich aber doch dringend die Anwendung der Gelatine- platte bei 22" C. neben der der Agarplatte bei 30° C. empfehlen. b) Lebensdauer außerhalb des Körpers. Für das Verständnis der Art der Pestverbreituug wie für die Be- kämpfuugsmaßnahmeu ist die Frage, wie lange der Pesterreger außer- halb des Körpers lebensfähig bleiben kann und wie er sich gegen schädigende Einflüsse verhält, von der größten Bedeutung. In Reinkulturen, die vor Eintrocknung und Licht geschützt sind, halten sich die Pestbazillen mouate-, sogar jahrelang. N. K. Schultz i-^^ Pest. 493 fand 4 Jalire alte in Bouillon Makmorek gezüchtete Pestkulturen noch lebensfähig. Gotsciilich^'^ beobachtete in 7 und 8i/2 Monate alten ledig- lich unter Watteverschluss aufbeAvahrten Agarkulturen , die teilweise vertrocknet und verschimmelt waren, noch lebende Pestbazillen. Von Wichtigkeit für die Dauer der Lebensfähigkeit ist es, dass die Kulturen bei niedrigen Temperaturen (20" C.) aufbewahrt werden. Konstant ein- wirkende höhere Temperaturen (37" C.) vernichten im allgemeinen rasch die Lebensfähigkeit der Kulturen (Albrec ht & Ghon). In Versuchen von Gladix^i lilieben die Kulturen bei 37" C. 2 — 3 Monate, bei Zimmer- temperatur 260 Tage lebensfähig. Wir werden auf diese Frage noch bei der Pespreehung der Virulenz zurückkommen. Der Pestbacillus wird, wie Bitter ^i^ zuerst gezeigt hat, von anderen l^akterien, auch wenn diese in der Minderzahl sind, insbesondere bei der Züclitung bei 30 — 37" C. überwuchert. Die Deutsche Kommission, sowie Albreciit & Giiox stellten eine Keihe von Versuchen über das Verhalten der Pestbazillen gegenül)er anderen Bakterien an. Agar- platten von Pestbazillen in dichter Aussaat wurden nach dem Erstarren oberflächlich mit B. coli beimpft. Die Pestbazillen entwickelten sich hier im ganzen Bereiche der Platten und ebenso dicht unter und nel)en den kräftig gewachsenen Colistrichen in durchaus gleichmäßiger Weise. Ein schädigender EinÜuss der C-olikolonicen auf die Pest- bazillen konnte denniacli nicht festgestellt werden. Fernerhin wurde ein Gemisch von Colibakterien und Pestbazillen auf der Oberfläche von erstarrtem Agar verrieben. Hier kamen zunächst üppig die Coli- kolonieen zur Entwicklung, dazwischen wuchsen dann im Laufe der nächsten Tage die Pestkolonieen, doch in geringer Zahl und kümmerlich. Oftcnbar hatten die rasch wachsenden Colibakterien den Nährboden er- schöpft, ehe die sich viel langsamer entwickelnden Pestbazillen aus- zukeimen verniocliten. Bei den Versuchen von Alurecht & Giiox ^^■urden Bouillonkulturen von B. coli und Staphyl. pyog. aur. durch Pukalfllter geschickt und das Filtrat zu verflüssigtem Agar hinzugesetzt. Auf diesem die Stoff'wechselprodukte der beiden anderen Bakterien ent- lialtcnden Nährboden wuchsen die Pestbazillen in ganz normaler Weise. Fernerliin wurden schiefe Agarkulturen von B. coli und Staphyl. pyogen, aur. bis zur sicheren Abtötung der betreöenden Bakterien erhitzt und dann mit Pestbazillen beschickt; auf diesem durch die Vorgänger schon erschöpften Nährboden war das Wachstum deutlich verlangsamt. Offen- bar sind es also nicht die Stoflfwechselprodukte der Begleitliakterien, die das Wachstum der Pestbazillen beeinflussen, sondern die durch diese Bakterien den Pesterregern geschaöenen schlechten Existenzbedingungen, die das Aufkeimen der Pestbazillen aucli in sonst geeigneten Nährböden verzögern. Trotzdem die Pestbazillen unter der Konkurrenz der Saprophyten sehr leiden, besitzen sie doch eine gewisse Kesistenz gegen Fäul- nis und können sich, wenn auch gehemmt in ihrer Fortpflanzung, selbst inmitten faulender Massen relativ lange in lebendem virulentem Zustande erhalten. Auch hier ist die umgebende Temperatur von Bedeutung; bei liöherer Temperatur ist die Lebensfähigkeit kürzer als bei niedriger. Die Deutsche Kommission fand in der faulenden Milz einer Pest- leiche nach 4 Tagen noch lebende Pestbazillen durch Kultur und Tierversuch. In den Versuchen von G(jtschlich zeigten Organe von intraperitonealer Pestinfektion erlegenen Meerschweinchen, die in Schalen bei 25 — 28° C. im Dunkeln aufbewahrt wurden, nach 24 Stunden 494 A. DieudoniK^, eine sehr bedeutende Vermelirung- der Pestbazillen ; nach 2 Tagen Ueber- wucherung durch Saprophyten und negativer Ausfall der Agarausstrich- kultur, aber durch den Tierversuch (Meerschweinchen) waren noch nach 4 und 7 Tagen Pestbazillen nachweisbar. Nach Baxdi & Stagnitta- Balistreui-^ können Pestbazillen im Eattenkadaver bis zu 2 Monaten ihre Virulenz beibehalten. Satai^" fand in Tierkadavern nach 16 Tagen neben degenerierten Pestbazillen noch zahlreiche gutgeformte und voll- virulente. Die Pestbazillen vermehrten sich und wucherten in die Haut bis auf die Oberfläche durch. In Bul)oneneiter konnten Albrecht & Giiox den Pestbacillus außer- halb des Organismus bei Fehlen anderer Bakterien durch 20 Tage lang nachweisen. Solange der Eiter, der l)ei einer Tagestemperatur von 30 — 36" C. aufbewahrt Avar, keine Eintrocknung zeigte, blieb sich die Keimzahl der nachweisbaren Pestkolonieen ziemlich konstant (etwa 10 Tage lang). Erst mit Beginn der Eitereindickung nahm ihre Zahl rasch ab und verschwand gänzlich, noch bevor der Eiter vollständig eingetrocknet war. In einem von einer Pestpneumonie stammenden Sputum, welches massenhaft Pestbazillen, daneben al)er auch noch andere Bakterien ent- hielt, wurden von der Deutschen Kommission nach 10 Tagen nocli virulente Pestbazillen nachgewiesen, nach 16 Tageuj^niclit mehr. Das- selbe Resultat hatte Gotschlich. In sterilisierten und dann mit Pest- bazillen versetzten Faeces waren nach 4 Tagen noch lebensfähige Keime nachzuweisen, nach 5 Tagen dageg:en nicht mehr (Deutsche Kommission). Auf manchen Nahrungsmitteln (Kartoffel, Reis u. s. w.) kann es unter Umständen zu einer Vermehrung der Pestbazillen kommen nament- lich bei Temperaturen von 25 — 30° und bei Fehlen von konkurrierenden Bakterien. Nach Versuchen von Gladin^^ blieben die Bazillen auf rohem und geronnenem Eiweiß, Milch, Rüben, Kartoffeln, Pflaumen, Aepfeln, Gurken, Schwarzbrot 1 — 3 Wochen lebensfähig. Auf hartgesottenem Ei- weiß hielten sie sich 1 — 3 Monate, in Milch bei Zimmertemperatur mehr als 3 Monate lebensfähig, bei 37° C. gingen sie im ersten Monate zu Grunde. Verhältnismäßig rasch gingen sie auf Schwarzbrot und in ge- schmolzener Butter ein. In gepökeltem Fleisch waren die Pestbazillen nach Stadler 136 nach einem 16tägigen Pökelprozess nicht abgetötet. In Pflanzensamen, namentlich in Getreide halten sich die Bazillen nach Hankin ^2 ujcht länger als 6^ — 13 Tage. Im Leitungswasser Jin Bombay, das ziemlich reich an Keimen war, konnte die Deutsche Kommission nach 5 Tagen, in sterilisiertem Leitungswasser nach 10 Tagen keine virulenten Pestkeime mehr nach- weisen. Wil:mi^i fand die Bazillen in destilliertem Wasser 20 Tage lang, in Brunnen- und Leitungswasser 16 Tage lang, in Seewasser 6 Tage lang. Abel^ konnte in keimarmem Leitungswasser 20 Tage lang Pestbazillen kulturell nachw^eisen. Nach Wernicke^ gehen die Bazillen innerhalb 8 Tagen im Wasser zu* Grunde. Im Meerwasser halten sich dagegen die Bazillen nach Würtz & Bourges ^^-^ bis zu 47 Tagen lebend; sie scheinen sich sogar anfangs darin zu vermehren und bilden ähnlich wie auf Kochsalzagar Involutionsformen. Die zum Teil so weit auseinandergehenden Versuchsresultate haben offenbar ihren Grund in dem verschiedenen Keimgehalt des benutzten Wassers, nament- lich aber in der Temperatur, bei der die Versuche angestellt werden. Dies geht auch aus den Versuchen von Gladin** hervor, nach denen Pest. 495 Pestbazillcn in Wasser bei 37" C. niclit länger wie 2 Tage, bei Zimmer- temperatur dagegen bis zu 30 Tagen lel)ensfähig waren. In steriler Erde, deren organische Substanz durch Glühen ver- nichtet war, kamen nach Gladin die Bazillen in 2 Wochen um, hielten sich jedoch, wenn die organischen Substanzen nicht vernichtet Avaren, 3 Monate lang. Zuweilen konnte Gladin auch in nicht sterilisierter Erde Pestbazillen nach 2 Monaten noch nachweisen. In beerdigten Kadavern von Meerschweinchen, die an intra- peritonealer Pestinfektion zu Grunde gegangen waren, fand Goi schlich'-' nach 3 Tagen noch lebensfähige Pestbazillen (Lufttemperatur 25 — 28" C.). Die Fäulnis war derartig fortgeschritten, dass alle inneren Organe in einer grünlichen stinkenden Flüssigkeit aufgegangen waren. Am 5. Tage Avar das Resultat negativ. Yokote i*^** fand die Lebensdauer der Pestbazillen in Tierleichen, die in Holzkisten eingeschlossen waren, höchstens 30 Tage. Je höher die Temperatur und je reichlicher die Saprophyten, um so rascher gingen die Pestbazillen zu Grunde; bei einer Außentemperatur von 22 — 30° C. waren sie in 7 Tagen, bei 6—10° C. erst in 20 bis 30 Tagen abgestorben. Die den Holzkasten umgebende Erde wurde stets frei von Pestbazillen gefunden. Satai^" fand in be- erdigten Meerschweinclienkadavern bis zu 16 Tagen, Klein '5" nach 17 Tagen noch lebenstahige und virulente Keime, nach 21 Tagen nicht mehr. Die Resultate waren dieselben, ob die Leichen in Erde oder Sand, in Holz- oder Zinnsärgen oder ohne Umhüllung eingesargt waren. Aus allen diesen Beobachtungen geht hervor, dass die Lebensdauer der Pestbazillen außerhalb des Körpers in verschiedenen Medien abhängt von der Menge der daneben vorhandenen Saprophyten und der um- gebenden Temperatur. Je größer die Zahl der Saprophyten und je höher die Temperatur, um so kürzer ist die Lebensdauer. Durch die rascher wachsenden Saprophyten Averden die Pestbazillen in ihrer Ent- Avicklung überAvuchert; bei niedriger Temperatur, im Winter ist das Wachstum der Saprophyten geringer und die Pestbazillen können sich daher länger lebensfähig und virulent erhalten. c) Widerstandsfähigkeit gegen schädigende Einflüsse. Austroeknung. Kitasato*^* ließ Buboneneiter an Deckgläsern antrocknen und be- wahrte diese bei 28 — 30" C. auf; nach 4 Tagen Avaren die Pestbazillen abgestorben. WilaiI'^' beobachtete dieselbe kurze Lebensdauer bei Rein- kulturen von Pestbazillen, die an Deckgläschen bei 29 — 31" C. ange- trocknet waren; bei AufbeAvahrung im Exsiccator konnte sogar schon nach 3 Stunden kein Wachstum mehr erzielt werden. Eingehende Versuche Avurden von der Deutschen Kommission gemacht mit dem verschiedenartigsten Infektionsmaterial: AufschAvem- mungen von Reinkulturen und Pestorganen, mit Sputum Aon Pest- pneumonikern, Peritonealexsudat u. a. Das Material Avurde an den verschiedensten Objekten, Glassplittern, sterilen Seidenfäden und Fil- trierpapierstückchen, verschiedenen Stoffproben (Wolle, Seide, Leinwand, Gaze), steriler Erde angetrocknet. Die Temperatur bei den Versuchen war 29 — 31° C. Die längste beobachtete Lebensdauer der Pestbazillen auf sterilen Woll-, Seiden- und GazestUckchen betrug 6 Tage, an Seiden- 496 A. Dieiidoiiii6, fäden 5 Tage, au Filtrierpapierstückclien und Glassplittern 2 Tage. In angetrocknetem Buboueneiter waren bei Wollstückelien nach 24 Stun- den, bei Glassplittern nach 6 Stunden die Pestbazillen abgestorben. Die getrocknete Haut von an Pest verendeten Mäusen enthielt nach 6 Tagen keine virulenten Pestbazillen mehr. In getrockneten Organstückchen betrug die Lebensfähigkeit nicht über 7 Tage. Energische Austrocknung im Exsiceator über Schwefelsäure l)eschleunigte das Absterben der Bazillen um mehrere Tage. Offenbar ist eine rasche und energische Austrocknung für die Pestbazillen sehr schädlich. Dafür spricht die Beobachtung, dass die Lebensdauer bei den Glassplittern, dem Fil- trierpapier und den Seideufäden, wo die Trocknung rasch erfolgen konnte, eine viel kürzere war als bei der Antrocknung an den Zeug- stückchen. GoTSCHLicii fand in einem an kleinen Läppchen von Baumwollen- stott" angetrockneten Sputum eines Falles von Lungenpest sogar noch nach einem Monat lebende virulente Pestbazillen. An Baumwoll- und Wollstott" angetrocknetes schleimiges Exsudat eines intraperitoneal mit Pest infizierten Meerschweinchens erwies sich noch nach 3 Wochen virulent. Dagegen enthielt ein in gleicher Weise angetrockneter, mit einer geringen Menge Pestkultur künstlich infizierter Urin lebende Pestbazillen nur bis nach 3 Tagen, oftVnbar, weil hier die Antrocknung viel vollkommener erreicht war als in den beiden ersten Fällen, in denen die Pestbazillen durch die schleimige Zwischensubstanz geschützt gewesen waren. Von großem Einfluss auf die Dauer der Lebensfähigkeit der ange- trockneten Pestbazillen ist die Temperatur, bei der dieselben aufbe- wahrt werden. Wie nämlich zuerst Abel i, dann Giaxa & Gosio^s ^md die Deutsche Kommission fanden, ist die Lebensdauer bei Tempe- raturen von 20" G. und darunter, wie sie also unserem Khma ent- sprechen, weit länger. Abel fand hierbei beträchtliche Unterschiede. Erfolgte die Trocknung bei Temperaturen von ca. 35° C. im Brut- schrank und die Aufbewahrung im Zimmer bei 16 — 20° C, so waren die Bazillen bisweilen schon nach 2, spätestens nach 3 Tagen zu Grunde gegangen. Dagegen blieben die bei 16—20° langsam angetrockneten Pestbazillen viel länger am Leben und zwar hing dies ab von der Be- schaffenheit des Materials, an dem sie angetrocknet waren. An Deck- gläscheu blieben sie 9 Tage, einmal sogar 14 Tage lebendig, an Fäden verschiedener Art, Leinenstückchen und in Organteilchen waren die Bazillen 30 Tage, in einzelnen Versuchen sogar bis zu mehr als 60 Tagen lebend. An frischen Häuten angetrocknet konnten die Bazillen bis zum 10. Tage nachgewiesen werden. Aehnliche Resultate erhielten Gl4XA & Gosio bei Parallelversuchen mit liölieren und niedrigeren Tempe- raturen. Bei 10 — 18° C. an Stotiproben angetrocknete Pestbazillcn waren nach 30 Tagen noch lebensfähig, bei 30—37° C. gehaltene da- gegen nach 5 Tagen bereits abgestorben. In den Versuchen von Gladin gingen die bei 37° G. an den verschiedensten Materialien angetrock- neten Pestbazillen meist schon nach 3 Tagen zu (nlrunde, bei Zimmer- temperatur (14 — 21° C.) dagegen viel später, und zwar an Deckgläschen in 1 — 9 Tagen, an Seidenfäden in 1 — 21 Tagen, an Filtrierpapier in 1 — 20 Tagen, an Tuch in 14 Tagen, an grober Leinwand in 12 bis 76 Tagen. Ging der Aufbewahrung bei Zimmertemperatur ein 20 stün- diger Aufenthalt im Brutschrank vorher, so kamen die Bazillen viel schneller um. Auch die Deutsche Kommission konnte bei ihren Versuchen in Deutschland diese Beobachtungen bestätigen. Löffler^ Pest. 497 beobachtete bei au Seideiifädeu angetrockneten Pestbazilleu, die bei Zimmertemperatur gehalten wurden, eine Lebensdauer von 56 Tagen. Aus allen diesen Versuchen geht hervor, dass die Aufbewahrungs- temperatur der getrockneten Pestbazillen von der größten Bedeutung ist. Je niedriger die Temperatur, je dicker die Schicht ist, in der sie angetrocknet sind, und je laugsamer und unvoll- kommener infolge dessen die Antrocknung vor sich geht, umso länger bleiben die Bazillen lebensfähig. Bei der nie- drigen Temperatur unseres Klimas bewahren die Pestbazil- len bei der Antrocknung ihre Lebensfähigkeit viel länger als im tropischen Klima. Da die Pestbazillen gegen intensives Eintrocknen wenig resistent sind, so gehen sie im Staube bald zu Grunde. Germano^' ließ Pest- bazillen an feinstem Staub antrocknen und diesen dann aufwirbeln; es zeigte sich, dass diese Staul)teilchen vijllig steril waren. Eine Ueber- tragung der Pestbazillen durch den Luftstrom ist also nicht wahrschein- lich; etwas anderes ist es mit dem Verschleudern größerer Partikel, welche mit dem Pesterreger imprägniert sind (Tröpfcheninfektion nach Flügge). Ueber die Lebensdauer der mit feinsten Tröpfchen ver- spritzten Pestbazillen liegen noch keine Versuche vor. Nach der von KiRsiEiN^s beobachteten kurzen Lebensdauer einer Reihe auf diese Weise verspritzter Bakterien darf man wohl annehmen, dass auch die Pest- bazillen, mit feinsten Tröpfchen verspritzt, nach ihrem Absitzen verhältnis- mäßig rasch zu Grunde gehen, doch sind zur Entscheidung dieser Frage noch besondere Versuche nötig. Von praktischem Interesse ist die Beobachtung von Fkker^^, dass intensivem Trocknen ausgesetzte Pestbazillen, die aufs neue eine Wasser- zufuhr erfahren, erheblich rascher ihre Entwicklungsfähigkeit einbüßen, als wenn sie dem steten Austrocknen überlassen bleiben. Der Wechsel von Trocknung und Feuchtigkeit, wie er gerade in der Natur so häufig vorkommt, schädigt also die Pestbazillen besonders intensiv. Sonnenlieht. Gegen die Einwirkung des Sonnenlichtes sind die Pestbazillen sehr empfindlich. Nach Kitasato sterben sie, in Buboneneiter an Deck- gläschen angetrocknet, nach 3 — 4 stündiger Besounung ab; ähnliche Re- sultate erhielt Wilm. Nach den Versuchen der Deutscheu Kom- mission waren Reinkulturen, in ganz dünner Schicht an Deckgläschen der Sonne ausgesetzt, nach einer Stunde, in dicker Schicht nach 4 Stun- den abgestorben. In gut entwickelten Agarkulturen, die der Sonne aus- gesetzt wurden, waren nach eiustündiger und zweistündiger Besonnung noch lebensfähige Keime vorhanden. Auch die Sonne des europäischen Klimas tötet die Pestbazillen rasch ab. Fein verteilte, au Deckgläschen angetrocknete Pestbazillen waren nach Abel schon nach einer Stunde, nach Giaxa & Gosio in 2 bis 3'/2 Stunden abgetötet. Bei Antrocknung an Baumwoll- und Leinwand- stoff waren sie dagegen noch nach 18 stündiger Besounung lebens- fähig. Die Sonne tötet umso rascher und intensiver ab, je dünner die Schicht, je zugänglicher dieselbe für die Strahlen und je höher die Temperatur ist. Nach Gladin tötete Besonnung Bouillonkulturen in dünner Schicht auf Deckgläschen in 1^4 Stunden 1)ei 39" C, Agar- kulturen nach 23/4 Stunden, Bouillonkultureu an Seidenfaden nach Haiidbuch der pathogeiien Mikroorganismen. II. 32 498 A. Dieudonne, 41/2 Stunden, auf Leinwand dagegen selbst nicht uacli 18 ^A Stunden. Bei 44° C. genügte IstUndige Besonuuug von Deckgläsclieu, Filtrierpapier und Seidenfäden. Im hängenden Tropfen gingen die Bazillen nach 4 stündi- ger Besonnung hei 38" C, nach Sstündiger hei 42—44" C. zu Grunde, auf Agar[)latten hei 40—46" C. in b^/2 Stunden; im Reagenzröhrchen waren die Kulturen in ÖV-, Stunden hei 40—44" 0. nicht getötet. Kälte. Gegen Kälte sind die Pesthazillen sehr wenig empfindlich. Dafür spricht schon die früher erwähnte ungemein niedrige Wachstumsgrenze. Förster 6 sah Wachstum hei Temperaturen zwischen 4 und 7" C., aber nicht mehr hei 0° C; die Bazillen waren jedoch noch lebensfähig ge- blieben. Nach Wladimiroff & Kresling'-^^^ sowie GabritsciiewskyS» ertragen Pestl)azillen eine natürliclie Kälte von 0 bis — 20" C. 12 bis 40 Tage lang, eine künstliche Kälte von — 20" 0. 2 Stunden lang, doch beobachteten die erstgenannten Autoren eine deutliche AbSchwächung der Virulenz nach einer 6tägigen Kälteeinwirkung von — 8 bis — 18" C. Nach Kasansky62 hielten Agarkulturen eine Kälte von — 31" C. b^/^ Mo- nate lang aus, wobei sie 4 Monate vollständig durchgefroren waren und eine der Kulturen 8 mal aufgetaut und darauf wieder eingefroren war, doch ließ sich auch hier eine deutliche Abschwächung der Virulenz feststellen. In den Vcrsuclien von Gladin^-i hielten sich die Bazillen bei — 20° C, auch bei täglich wiederholtem Frieren und AViederauftaucu- lassen 40 Tage lang lebensfähig. Trockene und feuchte Hitze. Trockene Hitze von 100" tötet nach Abel in einer Stunde an Deckgläschen angetrocknete Bazillenmassen aus Agarkulturen. Eine halbe Stunde Erhitzen auf 75" genügt nicht, eine Stunde Erhitzen auf 75" nicht immer zur Vernichtung der Bazillen. Einstündiges Erhitzen auf 50° tötete sie nicht al). Nach Gladin tötete heiße Luft die ange- trockneten Bazillen bei 160" C. in einer Minute, bei 140—130" in 3, bei 120" in 10, bei 100" in 20 Minuten; Ijei 80" genügte selbst eine Stunde nicht immer. Ueber die Resistenz der Pestbazillen gegen feuchte Hitze gehen die Angaben auseinander. Kitasaio gal) an, dass Bouillonkulturen bei 30 Minuten langem Erhitzen auf 80" und in wenigen Minuten bei 100" getötet werden. Yersix, Calmette & Borrel^'^'J sterilisierten Bazillen- aufschwemmungen für Immunisierungszwecke durch eiustündiges Er- wärmen auf 58". Nach Abel werden die Bazillen bei 100" C in 1 Minute, bei 80" in 5, bei 70° in 10, bei 50" in 60 Minuten abgetötet; Giaxa & Gosio beobachteten Abtötung bei 60° in 40, bei 80" in 10 Minuten. Bei den Versuchen der Deutschen Kommission waren die Pestbazillen bei 100" sofort, bei 80" in 5 Minuten, bei 55", 60" und 70" in 10 Mi- nuten nicht mehr lebensfähig. Gladin erhielt bei Bouillonkulturen, in Kapillaren eingeschmolzen, bei 70° C fast augenblickliche Abtötung, bei 60° in 2, bei 56" in 10. bei 50" in 60 Minuten. Diesen Angaben gegenüber beobachteten Albrecht & Ghon, dass selbst eiustündiges Erhitzen auf Temperaturen von 55 — 60° C im Wasserbad nicht immer genügte, um die Pestbazillen sicher abzutöten. Von derart behandelten Kulturen erzeugten einzelne bei Meerschweinchen noch Pest, während Kulturen kein Wachstum zeigten. Allerdings Avar der Ablauf des Pest. 499 Krankheitsprozesses iu diesen Fällen verlaugsamt, älmlich wie bei der Impfung- von schwachvirulenteu Kulturen. Gotschlich machte eine ähn- liche Beobachtung. Aufgeschwemmte Agarkulturen zunächst 20 Minuten bei 68" und dann 1 Stunde bei 65° im Wasserbade belassen ergaben bei Aussaat auf Agar kein Wachstum; dagegen starb ein mit 1 ccm der Emulsion intraperitoneal geimpftes Meerschweinchen nach 3 Tagen an Pest. Diese Beobachtuagen sind von großer praktischer Bedeutung, da der Impfstoff für die aktive Immunisierung bei Temperaturen von 65° hergestellt wird. Zur Kontrolle desselben auf Sterilität ist also außer der Kultur auch noch der Tierversuch notwendig. Offenbar sind die unsicheren Resultate durch die stärkere Konzentration der Kulturaufschwemmungen bedingt, welche das Ueberleben vereinzelter Pestitazillen nach der Erhitzung begünstigt. Nach Kolle^^ gelingt eine sichere Al)tötuug auch von den konzentriertesten Aufschwemmungen, wenn dieselben während einer ein- stündigen Erhitzung auf 65° C in einem Schtittelapparat stark der Schüttelung unterworfen werden. Hierbei werden niclit nur die sämt- lichen in der Aufschwemmuug enthaltenen Bakterienkouglomerate zer- stört, sondern es ist auch die Verteilung der Wärme von vornherein eine gleichmäßigere. Wie zahlreiche Versuche ergaben, waren die im Schüttelapparat hei 65° C 1 Stunde lang gehaltenen Kulturen frei von entwickelungsfähigen und infektiösen Pestbazillen, selbst wenn die Auf- schwemmungen sehr konzentriert waren. Desinfektionsmittel. Versuche über die Wirksamkeit verschiedener Desinfektionsmittel wurden von den verschiedensten Seiten gemacht. Die Resultate der- selben stimmen nicht immer völlig überein, was vor allem in der ver- schiedenen Versuchsanordnimg, insbesondere auch in der Temperatur, bei der die Versuche angestellt wurden (30 — 32° C iu Bombay, 15 — 20° in unserem Klima), seine Erklärung findet. Doch geht aus allen Ver- suchen hervor, dass die Pestbazillen gegen die gebräuchlichen Des- infektionsmittel wenig widerstandsfähig sind. Karbolsäure. Abel^: \%: Deckg-läscheu mit Eiter und Agarkultur- ausstricheu nach 2 Stunden abgetötet; h%: Agarkultxn-eu nach 10 Minuten, Bazillen aus Agarkulturaufschwemmuug au Deckgläscheu nach 5 ]Miunten ab- getötet. — Deutsche Kommission (Kulturen): \% tötet nach 10 Minuten, 21/2 und 5% in 1 Minute. — Giaxa & Gosio^S: 1^ tötet in .3 Stunden. — N. K. Schultz 131 (Bouilloukulturen) : -l % in 5 Minuten. — Gladix^-^ (Seidenfäden): 2^ iu 15 Minuten, h% iu 5 — 10 Minuten; iu Serum tötete 2 % Karbolsäure erst iu 20 Minuteu. Karbolscliwefelsäure (durch Mischen von roher Schwefelsäure uud roher Karbolsäure äa unter Einstelleu iu ein Kühlgefäß hergestellt). Eine Iproz. Lösung tötet nach Abel Agarkulturen in 10 Minuten, Pestbazillen in Eiter an Deck- gläscheu angetrocknet in 2 Minuten ab, 0,2proz. Lösung vernichtete Agarkulturen in 10 Minuten noch nicht, aber in 30 Minuten. Lysol. Abel: \% vernichtet Agarkulturen in 30 Minuten, Bazillen in Eiter auf Deckgläschen in 5 Minuten. 0,2 ^ Lösung tötet Agarkulturen noch nicht sicher in 24 Stunden. — Deutsche Kommission: \% tötet in 5 Minuten, 21/2 X ^^ ^ Minute. Sublimat. Abel: 1%o tötet Agarkulturen in 10 Minuten, Bazillen iu Eiter an Deckgläschen angetrocknet in 2 Minuten; 0,2 ^/^jy vernichtet Agar- 32* 500 A. Dieudonne, kultureu in 1 Stunde. Zusatz von 0,5^ Kochsalz giebt keinen Unterschied. Entwicklung findet noch statt in Bouillon mit einem Zusatz von Sublimat 1 auf 100000 Teile Bouillon; bei 1:50000 bleibt dieselbe aus. — Deutsche Kommission: l%o tötet in wenigen Augenblicken. — CtIAxa & Gosjo: l%o iii 2 Stunden, 0,50/oo in 5 Stunden. — N. K. Schultz: IO^q in 2 Minuten. Zusatz von 0,5^ Salzsäure erhöht die Wirkung beträchtlich, schon 0,05 o/oo tötet dann in 2 Min. — Gladin: l^/oo i° 20 Minuten, 0,2 0/oo '^^ 60 Minuten. Zusatz von Sublimat zu 2tägiger Bouilloukultur bis zu einer Konzentration von 1 : 5000 tötete die Bazillen in 1 Minute. Parachlorphenol. N. K. Schultz: 0,5^ tötet in 2 Minuten, 0,3^ in 5 Minuten. Kalkmilch. Kitasato: 1^ nach 2 Stunden Abtötung, 0,5 ^'' nach 2 Stunden spärliches Wachstum, nach 3 Stunden Abtötung. — Abel: Bouillon- kulturen, so stark mit 20proz. Kalkmilch versetzt, dass die Mischung 1 '-'; Kalk- milch enthielt, waren nach 1 Stunde noch nicht, jedoch nach 2 Stunden zu Grunde gegangen. Agarkulturen mit gesättigtem Kalkwasser übergössen (0,13^ Ca(0H]2) hatten nach 1 Stunde ihre Entwicklungsfähigkeit verloren, unter Ein- wirkung öOproz. Kalkwassers (0,06^ Ca(0H)2) aber selbst nach 24 Stunden noch nicht. An Deckgläschen in Eiter angetrocknete Pestbazillen wurden von Kalkwasser mit 0,09% Ca (0H)2- Gehalt nach 2 Stunden noch nicht, aber nach 24 Stunden abgetötet. — Deutsche Kommission: Sterilisierte mit Pestbazillen versehene Faeces wurden zu gleichen Teilen mit gebräuchlicher Kalkmilch versetzt; nach 30 Minuten waren noch Bazillen nachweisbar, nach 60 Minuten nicht mehr. — Giaxa & Gosio : 1 X tötet in 1 Stunde. Sterile mit Pestblut gemischte Faeces wurden mit Kalkmilch im Verhältnis 1 Kalk- milch zu 4 Faeces versetzt; nach 3 Stunden war das Gemisch steril. Ein Kaninchenfell wurde getrocknet, dann an verschiedenen Punkten mit Pestblut infiziert und 15 Tage bei 12 — 16° aufljewahrt; dann wurde es mit lOproz. Kalkmilch besprengt, nach 24 Stunden Berührung waren die Bazillen tot. — Gladin: 1^ Kalkmilch tötete in 20 Minuten, 20 ^ in 15 Minuten. Chlorkalk. Abel: 1 %' tötet Agarkulturen in 30 Minuten, Bazillen in Pesteiter an Deckgläschen in 5 Min.; 0,2^ tötet Agarkulturen in 2 Stunden. — Deutsche Kommission: 1^ tötet Bazillen an Seidenfäden in 15 Minuten. — N. K. Schultz : 1 ^ tötet in 2 Minuten. Aetzkalk. Deutsche Kommission: 1^ tötet in 30 Minuten. — N. K. Schultz: dasselbe llesultat. Schmierseifenlösung. Deutsche Kommission: 3^ tötet in 30 Min., 1% noch nicht in einer Stunde. — Giaxa & Gosio: 3^ bei 35° C in 23 Stunden. Schwefelsäure. Deutsche Kommission: 1 : 2000 tötet in 5 Minuten. Zu einem Gemisch von sterilen Faeces und Pestbazillen, das deutlich alkalisch reagierte, wurde soviel von einer Iproz. Schwefelsäure hinzugesetzt, bis die Re- aktion deuthch sauer war (etwa 2 ccm auf 20 ccm des Gemisches); nach 30 Minuten waren die Bazillen abgetötet. — N. K. Schultz: 100:1000 tötet in 10 Minuten. Salzsäure. Deutsche Kommission: 1 : 1000 tötet in 30 Minuten. — Giaxa & Gosio: 1 : 100 in 1 Stunde, 0,5^ in 6 Stunden. Essigsäure. Deutsche Kommission: 1:200 nach 1 Stunde noch keine Abtötung; ebensowenig Milchsäure 1 : 1000 nach ^/^ Stunde. Natronlauge. N. K. Schultz: 10^ tötet nach 10 Minuten. — Giaxa & Gosio, 0,6% bei 60" C in 20 Minuten. Alkalische Teerlösung. N. K. Schultz: b% tötet in 30 Minuten. Pest. 501 Arsenigsaures Natron wurde deshalb von Abel geprüft, weil Lösungen dieser Substanz zur »Arseuisierung < der frischen Rindshäute in Indien Ver- Avenduug finden, um Insektenfrass an denselben zu verhindern. Meist werden hierzu höchstens 1 proz. Lösungen benutzt. Bouillonkulturen mit Zusatz von \% Avaren nach 1 Stunde abgetötet, solche mit Zusatz von 0,1^ nach 2 Stunden noch nicht. Deckgläschen mit Pesteiter waren nach 1 Stunde Ein- wirkung von 0,5 proz. Lösung noch bazillenhaltig, uacli 25 Stunden langem Liegen dagegen nicht mehr. Agarkulturen waren durch 0,5 proz. Lösung nach 25 Stunden noch nicht sterilisiert. Da die Häute nur kurz in die Lösung eingetaucht werden, so ist eine Einwirkung des Desinficiens auf die Bazillen nicht zu er- warten. Gosio^' fand, dass die Pestbazillen in dünnen Schichten durch Lösungen von \% arsenigsaurer Salze schnell, besonders bei Körperwärme, abgetötet werden. Dickere Schichten leisten viele Stunden Widerstand. Das Eintauchen von Fellstücken eines an Pestinfektion eingegangenen Kaninchens in 1,5 proz. Lösungen von Natriumarsenit hatte nur nach mehrstündiger Dauer Abtötung der im Fell enthalteneu Bazillen zur Folge. Das in der Praxis geübte Ein- tauchen der Rindshäute für einige Augenblicke in eine Iproz. Lösung von arsenigsaurem Natron tötet in den Häuten befindliche Bazillen sicher nicht ab. Da aber die Rinder nicht für Pest empfänglich sind, ist trotzdem die Furcht vor einer Einschleppung durch Gerberhäute nicht berechtigt. Formaldehyd. Abel: Eine Bouillonkultur, mit 0,44^ Formaldehyd = 1,1^ Formalin versetzt, enthielt nach 3 Stunden keine lebenden Pest- bazillen mehr; bei 0,22 % Formaldehydgehalt waren die Bazillen noch lebendig. Wurden auf den in das Röhrchen schauenden Teil des Wattebausches einer Agarkultur 3 Tropfen Formalin gegossen, so waren bei luftdichtem Abschluss die Bazillen nach 3 und 17 Stunden noch entwicklungsfähig, nach 48 Stunden nicht mehr. Formaldehyddämpfe (0,8 ccm Formaldehyd = 2 ccm Formalin auf eine Zweiliterflasche] töteten die Bazillen in 24 Stunden. — X. K. Schultz: Formalin in Lösung ist nicht sehr wirksam: 1 : 50 tötet Bouillonkultur in 2, an Papierstreifen angetrocknete Pestbazillen in 30 Minuten. Dagegen ist es sehr wirksam als Gas zur Zimmerdesinfektion bei längerer Einwirkung. — ■ Gladin: \% Formalin tötet die Pestbazillen an Seidenfäden in 20 Minuten. Holzrauch. Der Verbrennungsrauch von Tannenholz tötet nach Catte- RiNA^s Pestbazillen in 20 Minuten. Schwefel dämpfe sind ohne Wirkung Haxkin). Für die praktische Desinfektion kommt demuacli vor allem iu Be- tracht: Sublimat, Karbolsäure, uamentlich Karbolschwefelsäure, Chlorkalk, Kalkmilch, Miueralsäureu, (iusbesondere zur Desinfektion von Faeces sehr brauchbar), Formaldeliyd (zur Zimmerdesinfektion), Wasserdampf und Siedehitze. 5. Pathogene Wirkung auf Tiere. Besonders empfänglieh für Pest sind die Nagetiere, insbesondere Ratten, Mäuse und Meerschweinchen. Diese Tiere kommen daher auch iu erster Linie für diagnostische Impfungen in Betracht. Ratteil. Die Ratten besitzen eine überaus große Empfänglichkeit für die Pest; dafür sprechen schon die so oft beobachteten Sjjoutaniufektionen. Ein wesentlicher Unterschied bezüglich der Empfänglichkeit zwischen grauen und weißen Ratten bezw. bunten Ratten scheint nicht zu be- stehen, so dass auch die weiße Ratte zu diagnostischen Tierversuchen benutzt werden kann. 502 A- Dieudonne, Einfache subkutane Impfungen mit den geringsten Mengen einer Kultur oder pestbazillenhaltigen Materials genügen, um eine in wenigen Tagen zum Tode führende Pest zu erzeugen. Die Tiere verlieren ihre Fresslust, sitzen mit gesträubtem Haar zuerst zusammengekauert in ihrem Käfig und fallen meist vor dem Tode auf eine Seite. Bei der Sektion finden sich die der Impfstelle zunächstliegenden (primären) Drüsen hoch- gradig geschwellt und in ein ödematöses, hämorrhagisch durchtränktes Gewebe eingebettet, das von großen Mengen von Pestbazillen durchsetzt ist. Auch die entfernter liegenden (sekundären) Drüsen sind oft gerötet und geschwollen. Die Milz ist sehr stark vergrößert, schwarzrot und enthält geradezu enorme Mengen von Bazillen. Lunge und Leber sind hyperämisch, das Peritoneum ist feucht und glänzend, fast stets ohne Auflagerungen . das in geringer Menge vorhandene Exsudat enthält zahlreiche Bazillen. Auch von der Haut aus (durch Einreiben von Pestmaterial auf die rasierte, blutende oder nichtblutende Haut) gelang Alurecht & Ghox eine tödliche Infektion, Avenn auch nicht so sicher wie beim Meer- schweinchen. KoLLE^' hatte hierbei nur negative Ilesultate. Bei der intraperitonealeu Verimpfung tritt nach den Beobach- tungen von KossEL & OvERBECK mcist kein erhebliches Exsudat auf, sondern die Oberfläche des Bauchfells erseheint nur ein wenig feuchter; Abstriche von der Serosa ergeben gewöhnlich Pestbazillen in sehr großer Zahl mit Kapselbildung. Sonst finden sich die Bazillen am zahlreichsten in der Milz. Die intraperitoneal einverleil)te Menge darf nicht zu groß sein, da die Tiere sonst an den in den Bakterien- leibern enthaltenen Toxinen sterben und bei der Sektion verhältnismäßig wenig Bazillen in den inneren Organen gefunden werden. Bei der Infektion per os dringen die Pestbazillen meist von den oberen Verdauungs- und Kespirationswegen , Maul und Nase, in die Halslymphdrüsen auf einer oder auf beiden Seiten, von denen aus dann allgemeine Sepsis eintritt. Diese Drüsen sind bis zu Erbsengröße ge- schwollen, dunkelblaurot und enthalten zahlreiche Pestl)azillen. Im üb- rigen zeigt sich das Bild echter Septikämie. In anderen Fällen lässt sich eine direkte Infektion vom Magen da rmkaual aus konstatieren. Hierbei findet sich die Magenschleimhaut um den Pylorus herum stark hyperämisch und mit zahlreichen feinsten Blutungen durchsetzt. Am Darm findet man Schwellung und hämorrhagische Infiltration der Follikel- haufeu und Mesenterialdrüsen, diese sind oft bis zu Erl)sengröße ge- schwollen, fleckig gerötet und enthalten massenhaft Pestbazillen. Die Darmschleimhaut zeigt oft feinste Blutungen. In Schnitten findet man dieselbe einschließlich der Zotten vollgepfropft mit Pestbazillen; auch im Darndumen sieht man zahlreiche teils gut erhaltene, teils etwas ge- quollene (degenerierte) Bazillen. Bei einer weiteren Anzahl von Ratten entsteht nach der Infektion per os eine zum Tode führende Aspiratious- pueumonie. Die Lungen zeigen hierbei frische entzündliche kleinere oder größere Herde, in denen sich große Mengen von Pestl)azillen nach- weisen lassen; mitunter sind auch ganze Lappen ergriflen. Im übrigen findet sich Milztumor und Hyperämie der Leber. Bei der Mehrzahl der mit Pestmaterial gefutterten Tiere findet sich der erste Infektionsweg, die Bildung der primären Bubonen in der Submaxillargegend mit daran anschließender Sepsis. In den Versuchen von Kolle zeigten von 48 per OS infizierten Tieren 40 den Halsbubo, bei vier Tieren fand sich daneben eine primäre Pestpneumonie, bei zwei Tieren nel)en dem primären Pest. 503 Bubo multiple Herde auf der Mucosa de^ Dünndarmes und nur bei zwei Tieren zeigten sieh primäre Herde im Dünndarm und primäre Bubonen in den Mesenterialdrüsen. Die Infektion per os gelingt durch Yerfütterung nicht allein von Eeinkulturen , sondern auch von Pestratten , deren Kadaver von ihren gesunden Genossen angenagt werden. Die Infektion der Eatten unter natürlichen Verhältnissen erfolgt in der Weise, dass die Tiere sieh beim Benagen der Kadaver durch kleine Verletzungen am Maule infizieren, von wo aus die Bazillen in die Submaxillardrüsen gelangen. Im Darm- iuhalt der per os infizierten Eatten wurden von der Deutschen Kom- mission wiederholt virulente Pestbazillen nachgewiesen, ebenso im Urin, eine Beobachtung, welche für die Verl)reitung der Pestkeime durch Eatten von Bedeutung ist. Auch von der Kasenschleimhaut und der Augen Irindehaut aus gelingt, wie zuerst die Deutsche Kommission zeigte, eine tödliche Infektion. Wird eine Spur einer frischen Kultur vorsichtig mit einem Glasstabe auf die Nasenschleimhaut gebracht, so dass sicher keinerlei Verletzung erfolgen kann, so sterben die Tiere nach 3 Tagen an Pest (HaL^lrüsenbulx), Milztumor mit zahlreichen Bazillen). Die Infektion gelingt also von der intakten Schleimhaut aus. Batzaroff '^ will bei Eatten und Meerschweinchen durch Einstreichen von Pestbazillen aus Agarkultur oder von Milzsaft an Pest gestorbener Tiere auf die Nasenschleimhaut mit Hilfe eines Glasstäbchens oder auch durch Be- pinseln der äußeren Naseneingänge mit Bazillenmaterial primäre Pest- pneumonie herv<»rgerufen haben; es entstand zunächst eine Broncho- pneumonie, und im Anschluss daran Sepsis mit terminalem Lungenödem; doch ist, wie wir bei Besprechung der Meerschweinchenversuche noch sehen werden, das Entstehen der primären Pestpneumonie auf diesem Wege wenig wahrscheinlich. Wie die Versuche von Bandi^, der die Arbeit von Batzaroff nachprüfte, zeigen, verbreitet sich die Infektion auf dem Wege der Lymplibahnen; es entstellt ein primärer Bubo an den der Impfstelle l)enaclibarten Lymphdrüsen und von da aus Allgemein- infektion. Die Impfung auf die unverletzte Conjunctiva ist von großem prak- tischen Wert. Wenn man die Augenbindeliaut mittels eines in eine Eein- kultur getauchten Glasstabes leicht berührt, so sterben die Eatten in 3 — 4 Tagen. Bei der Sektion finden sich geschwollene Halslymphdrüsen und die Erscheinungen der Pestseptikämie. Der Magen zeigt in manchen Fällen im Fundus zahlreiche kleinere und größere Hämorrhagieen, ebenso das Jejunum, also die Erscheinungen der Fütterungspest. Offenbar ge- langt das infektiöse Material von der Conjunctiva aus durch den Thränen- nasenkanal in die Nase und ruft entweder von hier aus oder weiter fortschreitend von der Maulhöhle aus Drüsenschwellungen und von da die tödlich verlaufende Pestseptikämie hervor. Nach den Untersuchungen von Eö.AiER führt vom Bindehautsack ein Weg in den tierischen Organis- mus, auf welcliem außerordentlich günstige Bedingungen für die Auf- nahme der Mikroorganismen in die Lymphlnxhnen gegeben sind. Diese Impfung wurde von der Deutschen Kommission mit Erfolg zur Isolierung der Pestl)azillen aus Organen, sowie aus pestverdächtigen Exkreten (Darminhalt, Sputum) benutzt. Wiederholt gelang es auf diese Weise eine tödliche Infektion hervorzurufen mit Material, das nur wenige Pestbazillen enthielt und Mäuse bei subkutaner Infektion nicht tötete. K(js8EL & OvERBECK konnten diese Beobachtung bestätigen, doch giebt 504 A. Dieudonne, uach ihren Erfahruugeu die später besprochene Impfung- auf die radierte Bauchhaut des Meerschweinchens noch sicherere Resultate. Mari'INi'J'' gelang- es durch Inhalation bei Ratten konstant primäre Pestpneumonie hervorzurufen. Die Tiere wurden mittels eines von ihm konstruierten Inhalationsapparates, der ohne Gefahr für den Experimen- tator funktioniert (Bd. I, b. 497), zum Inhalieren von Aufschwemmungen von Pestkulturen oder frischen Pestpneumoniesaftes gezwungen. Von 36 Ratten gingen 32 an primärer Pestpneumonie fast stets in 3 — 4 Tagen ein. Die Lungenherde waren bald lobulär, bald lobulär konfluierend, bald lobär; in denselben fanden sich zahlreiche Pestbazillen, während Herzblut und Milz nur spärliche aufwiesen; es ist dies ein Hauptzeichen der primären Pestpneumonie. Die Züchtung- der Pestbazillen von Lunge zu Lunge der Passageratten mittels Inhalation bewirkte eine erheblichere Steigerung- der Virulenz als die sonst üblichen Methoden der Tier- passage. Die von Pneumonie zu Pneumonie gezüchteten Pestbazillen erlangten allmählich auch die Eigenschaft, selbst bei subkutaner oder intraperitonealer Verimpfung auf empfängliche Tiere — allerdings nur, wenn zwischen Infektion und Tod mehr als 4 Tage vergangen waren — tödliche Pestpneumonie hervorzurufen. KoLLE&MARTiNi^3]3eobachteten bei ihren ausgedehnten Tierversuchen Aviederholt bei Ratten eine chronische Form der Pest; es fanden sich bei Tieren, die monatelang vorher mit Pest infiziert waren, verkäste Bronchialdrüseu, derl)e Indurationen der Lunge und abgekapselte Herde in den Sul)maxillardrüsen, in denen entwicklungsfähige und infektiöse Pestkeime nachweisbar waren. Beim Arbeiten mit Ratten und bei der Feststellung der Ursachen verdächtigen Rattensterbeus muss man stets daran denken, dass auch durch andere Bazillen bedingte Seuchen vorkommen können, so z. B. durch den Bacillus Danysz und den von Schilling beschriebenen rattenpathogenen Bacillus. Küssel & Overbeok fanden, dass bei der intraperitonealen Injektion weiBe und bunte Ratten sich nicht ganz refraktär verhalten gegenüber verschiedenen Bakterienarten, die sonst für diese Tiere als unschädlich gehalten werden; so erlagen Ratten einer intraperitonealen Injektion von ^j^ ccm Blut eines an Hühnercholera ver- endeten Kaninchens innerhalb 24 Stunden. Sowohl in dem — im Gegen- satz zur Pestinfektion — reichlichen Peritonealexsudat, wie im Blut und den inneren Organen fanden sich die Hühnercholerabazillen in großer Zahl und waren bei oberflächlicher Betrachtung leicht mit Pestbazillen zu verwechseln. Ebenso konnte Tjaden mit bakterienhaltigem Gewel)ssaft von an Schweineseucheinfektion verendeten Kaninchen bei intraperitonealer Infektion bunte Ratten töten. Auch hier fanden sich im Peritonealexsudat und in den Organen sehr große Mengen von polgefärbten Bakterien, die sich allerdings durch ihre Kleinheit von den Pestbazillen unterschieden. Eine Verfütterung von au Hühnercholera bezw. vSchweineseuchebazillen sehr reichen Kadavern an Ratten vermochte die Tiere jedoch nicht zu töten. Man darf sich also bei Verimpfung verdächtigen Materials nicht auf die intraperitoneale Injektion bei L'atten beschränken. Mäuse. Mäuse sind in etwas geringerem Grade für Pest empfänglich als die Ratten. Graue Mäuse verhalten sich bezüglich der Empfänglich- keit ebenso wie weiße. Bei einfacher subkutaner Impfung kleinster Mengen infektiösen Materials sterben die Tiere in der Regel nach 3 — 5 Tagen an Sepsis. Von der Infektionsstelle aus bildet sich ein hämorrhagisches Infiltrat mit Pest. 505 Dvüseuseliwelluug'. Im Bhit, sowie iu der meist geschwellten udcI blut- reicbeu Milz tiudeu sich massenhaft Pestbazillen. Manchmal verzögert sich der Tod bis zum 6. und 7. Tage und man kann dann besonders schön die Entstehung der Bubonen beobachten. Wenn z. B. die Impfung in die Haut der Schwanzwurzel erfolgt, so schwellen die Leistendrüsen an und können Linseu- bis Erbsengroße erreichen. Diese Bubonen sehen auf dem Durchschnitt rot marmoriert aus und enthalten in der ßegel große Mengen von Pestbazillen. Bei den Versuchen der Deutschen Kommission haben in ganz vereinzelten Fällen Mäuse die subkutane Infektion mit virulenten Pest- reinkulturen, ohne zu erkranken, überstanden. Negative Impfresultate sprechen hier also nicht sicher gegen das Vorhandensein von Pest. Namentlich werden die Resultate unsicher bei Verwendung von nicht ganz virulenten Kulturen. Besonders wichtig ist die Beobachtung von KoLLE & Martini, dass ein Teil der Mäuse bei Verwendung wenig virulenter Kulturen nach längerer Zeit, nach 10 — 20 Tagen, plötzlich an Pestsepsis eingeht, ohne vorher anscheinend erkrankt gewesen zu sein. Für diagnostische Impfungen sind daher Mäuse wenig geeignet und es empfiehlt sich hierfür stets Meerschweinchen und Ratten zu benutzen. Bei Verfütterung von Pestbazillen sterben die Mäuse nicht konstant, nach den Versuchen von Kolle nur in 50^^. Die Resultate der Deutschen Kommission waren noch ungünstiger; wiederh(»lt wurden von Pest- bazillen wimmelnde Kadaver der an Pest gestorbenen Mäuse gesunden weißen Mäusen zum Fressen vorgeworfen, ohne dass eine tödliche In- fektion eintrat. Nach Kossel & Ovekbeck starben dagegen graue Haus- mäuse prompt innerhalb von 3 Tagen nach Verfütterung von Pestkadavern unter Auftreten von mit Hämorrhagieeu durchsetzten Öchwelluugen der Darmfollikel, die eine beachtenswerthe Aehnlichkeit mit den Darmver- äuderungen beim Mäusetyphus der Feldmäuse zeigten. Bei den Ver- suchen von Kolle zeigten von 80 der Fütterungspest erlegenen Mäusen nur zwei Herde im Darm, ohne dass eine Veränderung der submaxillaren Drüsen im Sinne eines primären Bubo stattgefunden hätte. In diesen beiden Fällen waren auch die Mesenterialdrüsen wie bei einem primären Bubo vergrößert, mit zahlreichen Blutungen durchsetzt und enthielten zahlreiche Pestbazillen. In den anderen Fällen dagegen waren, ähnlich wie bei der Fütterungspest der Ratten, die Pestbazillen von der Schleim- haut des Maules in die Lymphwege und von da in die submaxillaren Drüsen gelangt und hatten dort die ersten pathologisch -anatomischen Veränderungen gesetzt. Unter natürlichen Verhältnissen ist für diese Infektionsweise häufig Gelegenheit gegeben, da auch die Mäuse wie die Ratten die Gewohnheit haben, die getallenen Tiere anzunagen, wobei sehr leicht die Pestbazillen in kleine Verletzungen der Schleimhaut des Maules eindringen können. Bei Einspritzung von Pestbakterien ins Maul starben in den Versuchen von Kolle von neun Tieren vier an primärer Pestpneumonie, bei zwei Tieren fand sich ein primärer Bubo in der Submaxillargegend und drei Tiere blieben gesund. Mittels Inhalation konnte Martini »si^ bei Mäusen eine Pneumonie hervorrufen, doch kam es auch öfters zu Septikämie. Meerschweinchen. Die Meerschweinchen sind, wie die Unter- suchungen von Albrecht & Ghon zeigten, für die diagnostische Impfung sehr brauchbar. Bei der subkutanen Infektion kleinster Mengen von Pestbakterien findet man bei akutem Verlauf (2 — 3 Tage) um die Injektionsstelle ein 506 A. Dieudonnt'. hämorrhagisches Exsudat mit sulzigem oft von Bhituugen durchsetzten Oedem. Die regionären Lymphdrüsen sind gesehwellt und in hämor- rhagisch-infiltriertes Bindegewebe eingebettet; sie enthalten massenhaft Pestbazilleu. Die Milz ist sehr stark vergrößert und mit zahlreichen kleineren oder größeren (bis zu Stecknadelkopfgröße) miliaren Knötchen durchsetzt, die vollkommen den kleinsten nekrotischen Herden der Pseudotuberkulose ähneln. Diese Pestknötchen enthalten massenhaft in kleinzelliges Infiltrat eingelagerte Pestbazillen, die je nach dem Stadium der Krankheit teils typische Polfärbung, teils Involutionsformen bilden. Die Züchtung ergiebt eine Reinkultur von Pestbazillen. Auch in der Leber und in der Lunge findet man zahlreiche gelbe punktförmige Nekrosen mit Pestbazillen. Beim chronischen Verlauf, z. B. bei Ver- impfuug von wenig virulentem Material erfolgt eine starke Schwellung der Lymphdrüsen, die indessen häufig in Pesorption und Heilung über- gehen kann. Manchmal sterben die Tiere erst nach Wochen an Marasmus, wohl infolge der durch die Krankheit zurückgebliebenen Vergiftung; wenigstens zeigen sich in solchen Fällen die Organe steril. Von größter diagnostischer Bedeutung ist die kutane Infektion. Verreibt man pestbazillenhaltiges Material auf einer rasierten Hautstelle an der Bauchhaut, so tritt eine zum Tode führende Infektion ein. Diese Infektion kommt zustande von blutenden oder nicht blutenden Stellen der Haut aus; sogar schon ein leichtes Einreiben von ganz kleinen Mengen von Pestmaterial auf behaarte, nicht rasierte, makro- skopisch anscheinend intakte Stellen erzeugt tödliche Allgemeininfektion. Albrecht & GiiON hatten mit dieser Methode niemals eiiien Misserfolg. Bei den geimpften Tieren entsteht nach Kolle^' eine entzündliche Veränderung in der Gegend der Impfstelle, es kommt zu einer leichten Eötung und die Haut hebt sich in kleinen Bläschen ab, die in der Mitte "eine leichte Vertiefung zeigen können, wie man sie bei Vaccine- pusteln findet; in diesen Pusteln lassen sich Pestbakterien durch Kultur und Tierimpfung nachweisen; nach wenigen Tagen bildet sich eine starke Schwellung der regionären Lymphdrüsen und in 4 — 5 Tagen tritt der Tod ein. Bei der Sektion findet man eine starke hämorrhagische oder eitriguekrotische Infiltration in dem Unterhautbindegewebe und neben der Stelle der Einreibung. Die regionären Lymphdrüsen sind typische primäre Bubonen, die von starkem entzündlichen Oedem umgeben sind und ungeheure Mengen von je nach dem Stadium der Krankheit mehr oder weniger deformierten Bazillen enthalten. ( )ft entstehen infolge der Lymphgefäßverteilung von einer Infektionsstelle aus zugleich zwei oder mehrere primäre Bubonen. Der Befund an den inneren Organen (Milz, Leber, Lunge) ist derselbe wie bei der subkutanen Infektion. Oft ist auch hier der Verlauf ein chronischer und die Tiere gehen erst nach 3—4 Wochen au Pestmarasmus zu Grunde. Von Albreuht & Ghdn wurde die kutane Impfung empfohlen zur Isolierung von vereinzelten Pestbakterien aus Gemischen z. B. aus Faeces oder aus faulenden Flüssigkeiten oder aus faulenden Leichenteilen, wo meist die Kultur versagt, da die Pestbazillen der Konkurrenz der saprophytischen Bakterien unterliegen. Bei vergleichenden Unter- suchungen von KoLLE zeigte sich diese Methode der Impfung in die Conjunctiva von Ratten im allgemeinen überlegen. In zahlreichen Ver- suchen gelaug der Nachweis von Pestbazillen aus Fäulnisgcmischen und auch aus Faeces. Da die saprophytischen Bakterien und die Bakterien der Darmfiora bei Verreibung auf der rasierten Haut keine pathologischen Pest. 507 Veränderung-eu erzeugen, so gelingt hierdurch die Trennung der Pest- keimc von den begleitenden Mikroorganismen. Von den zur Gruppe der hämorrhcigischen Septikäraie gehörigen Bakterien töten nach Fritsche3o^ nur die Pcstbazillen Meerschweinehen hei kutaner Tnipfung. Auch tinden sich nach Martini ^'^^ bei den mit diesen Bakterien kutan geimpften Tieren niemals die für die Pest so charakteristischen pathologischen Veränderungen [ausgedehnte, hämorrhagische primäre Bubonen und die starke mit Knötchenbildung einhergehende Milz- schwellung). Der Tod der Tiere tritt bei dieser Methode nicht vor dem 4. oder 5. Tage, oft noch später ein, so dass in der Praxis die Stellung der Diagnose sehr verzögert wird. Nach Mar riNi ^^^ kann man aber aus den meist schon 24—48 Stunden nach der Einreibung auftretenden Bubonen in der hinteren Sehenkelbeuge mittels Pravazspritze etwas Saft aufziehen, in dem sich Pestbazilleu nachweisen lassen. Dadurch ist eine frühere Diagnose möglich. Zur sicheren Feststellung werden dann noch mit dem Bubouensaft Agarplatten und Agarröhrchen besäet, sowie Ratten intraperitoneal infiziert. Mittels dieser Methode der Bubopunktion gelingt es auch avirulente Keime, wie sie z. B. in faulen Kadavern von Pestratten V(n"kommen, nachzuweisen. Bei der intraperitonealeu Verimpfung genügen kleinste Mengen von virulenten Pestbazillen oder von Pestblut, um die Tiere in 24 — 36 Stunden zu töten. In dem Peritoneum findet sich ein sehr reichliches, stark fadenziehendes Exsudat, das massenhaft Pestbazillen enthält. Bitter"^ lenkte zuerst die Aufmerksamkeit auf diese Impfung und GoTSCHLiCH^9 fand dieselbe sehr brauchbar, insbesondere zur Isolierung von Pestbazillen bei Lungenpest. Sind die Pestbazillen im Impfmaterial nur in verschwindend geringen Mengen vorhanden, so stirbt das Tier zuweilen erst nach mehreren (bis zu 8) Tagen. Bei solch protrahiertem Verlauf bietet die Sektion oft nichts Charakteristisches mehr, und selbst ein Ausstriclipräparat der Peritonealflüssigkeit zeigt nur wenige oder selbst gar keine Pestbazillen. CtOtsciilich impfte in solchen Fällen dieses Exsudat einem zweiten Meerschweinchen ein und wiederholte nach dessen Tode dieses Verfiihren nochmals; im Exsudat dieser Tiere fanden sich dann Pestbazillen in reichlicher Menge. Auch ist es nach Goi- SCHLICH zweckmäßig, nicht erst den Tod des Tieres abzuwarten, son- dern schon am lebenden Tier 24 — 48 Stunden nach der Impfung mittels IssAEFFScher Kapillaren Proben aus der Bauchhöhle zu entnehmen; man erhält so leichter ein von Saprophyten nicht verunreinigtes Ausgangs- material für Kulturen. Manchmal findet man die Bauchhöhle des Tieres schon 12 Stunden vor dessen Tode, wenn es äußerlich noch gar nicht abnorm erscheint, ganz erfüllt von Pestbazillen und kann so die Dia- gnose wesentlich abkürzen. Die Infektion per os führt bei Meerschweinchen nicht immer zum Tode. Bei den Versuchen von Kolle starben von 12 gefütterten Tieren 6 an Pest; sie zeigten subinaxillare Bubonen. Die Infektion erfolgt also auch hier, wie bei den Ratten, von den obersten Teilen des Digestions- tractus aus. Selten ist der Darm allein die Eingangspforte. In solchen Fällen findet man dann im Dünndarm mehrere oft mehr als erbsengroße knötchenartige Gebilde, die entweder stark hämorrhagisch infiltriert oder im Centrum nekrotisiert sind. Die Mesenterialdrüsen sind geschwollen und zu wahren Bubonen verwandelt. Auch Sata^^t Jiatte bei der In- fektion per OS keine konstanten Erfolge; bei den tödlich verlaufenden 508 -^- Dieudonne, Fällen zeigten sicli typische Herde im Darm (markige Scliwelluug und zellige Infiltration der PEYERSclien Plaques). Bei der EinspritzAiug von größeren Mengen von Pestkulturen in das Maul bezw. auf die Schleimhaut der Xase erkrankten in den Versuchen von KoLLE von 6 Meerschweinchen 1 an primärer Pestpneumouie, 2 an Bubonenpest, bei einem Tiere entwickelte sich primäre Darmpest und die übrigen 2 Tiere blieben gesund. Bei EinStreichung von infektiösem Material in die Augenbinde- haut erfolgte gleichfalls der Tod nicht bei allen Tieren; von 10 so in- fizierten Tieren erkrankten 7 mit primärem Bubo und nachfolgender Sepsis. Batzauoff'" wollte angeblich durch Einbringen von Pestkulturen oder von Milzsaft eines an Pest eingegangenen Tieres auf die Nasen- schleimhaut mit Hilfe eines Gillasstäbchens bei Meerschweinchen kon- stant eine primäre Pestpneumonie hervorgerufen haben, doch ist diese Angabe wenig w^ahrscheinlich nach den Versuchen von Bandi *, welcher niemals bei der Naseninfektion eine primäre Lokalisation der Pest in den Lungen beobachtete. Die Infektion verbreitet sich vielmehr, wie auch die Versuche von Kolle zeigen, in erster Linie auf dem Wege der Lymphbahnen und verallgemeinert sich, in den Lungen Hämorrhagieen und Infarkte als sekundäre Erscheinungen herbeiführend. Man findet überhaupt oft bei Sektionen sekundäre Pneunionieen lobulär- hämor- rhagischer Natur, doch ist dieselbe höchstwahrscheinlich eine Gift- wirkung, da diese Partieeu meist wenig oder gar keine Bazillen enthalten, während bei primärer Lungenpest die Lunge mit diesen voll- gestopft ist. Nach Batzaroff kann man auch von anderen Schleimhäuten aus eine tödliche Pestinfektion hervorrufen, also außer der Nasen-, Kon- junktival- und Maulschleimhaut auch von der Darm-, Kektal- und Vaginalschleimhaut. Sehr interessante pathologische Befunde findet man bei Injektion von schwach virulenten Kulturen, die subkutan höchstens eine lokale Drüsenschwellung hervorrufen, in die Bauchhöhle von Meerschweinchen. Wie Albrecht cV: Giion, sowie Kolle gezeigt haben, entwickeln sich im Peritoneum an der Leber- und Milzoberttäche, sowie am Netz ge- schAVulstartige Auflagerungen, ähnlich den chronischen Clranu- lationsgeschwülsten, die bei der mikroskopischen Untersuchung sich voll von Pestbakterien erweisen. Die durch diese chronische Form der Pest unter Abmagerung gestorbenen Tiere zeigen ähnliche Ver- hältnisse, wie sie sich bei Aktinomykose oder auch Rotz finden. Die schwach virulenten Pestkulturen sind also imstande, Veränderungen hervorzurufen, die in die Gruppe der chronischen Infektionsgeschwülste gehören. Bei Verfütterung und bei Einspritzung in das Maul oder Ein- bringimg auf die Nasenschleimhaut entfalteten diese avirulenten Kulturen in den Versuchen von Kolle keine pathogen en Eigenschaften, dagegen erwiesen sie sich bei der kutanen Infektion selbst bei Verwendung kleinster Kulturmengen noch höchst infektiös. Kaninchen. Kaninchen sind für Pestinfektion weit weniger em- pfänglich als Meerschweinchen und Platten, doch erliegen sie in der Eegel nach subkutanen Impfungen; der pathologisch-anatomische Befund bietet das gewöhnliche Bild der Pestseptikämie. Für die Infektion von den Schleimhäuten aus und per os sind sie wenig empfänglich. Nach Kolle sind junge Kaninchen empfänglicher für die kutane Infektion, Pest. 509 die Tiere sterben mit Bildung: von Bubonen und uadifolg-euder Sepsis, aiieb Knötchen finden sich manchmal in der Milz. Ausg:ewachsene Kaninchen widerstanden dieser lufektionsweise. Iclineuraonratteu. Diese Tiere sind für subkutane Impfung sehr empfänglich, el)euso für die Infektion per os. Hierl^ei erfolgte die In- fektion nach den Versuchen der Deutscheu Kommission von der Maulschleimhaut aus. Eichliörnclien. Die indischen Eichhörnchen starben sowohl nach der subkutanen Impfung wie nach Verfütterung von Pestkulturen (Deutsche Kommission). Affen. Eingehende Versuche wurden insbesondere von der Rus- sischen (Wyssokowitz & Zabolotnyi^^ i63j umi der Deutschen Kom- mission angestellt. Die Versuche mit Affen sind auch für die mensch- liche Pathologie deshalb von großer Bedeutung, da das Verhalten dieser Tiere gegen Pest mit Rücksicht auf den ganzen Krankheitsverlauf und die pathologisch-anatomischenVeränderungenAnalogieen mit der Menschen- pest darbieten. Die zwei in Bombay zur Verfügung stehenden Affenspecies, der braune Macacus (Macacus radiatus) und eine größere graue langhaarige Art (Semnopitliecus entellus) zeigten in der Empfänglichkeit ganz be- trächtliche Unterschiede, die letzteren waren viel empfänglicher als die ersteren. Bei den Makaken gelang eine tödliche subkutane Infektion noch mit V4 Oese einer Pestkultur innerhalb von 3 — 4 Tagen. Es zeigte sich ein primärer Bubo der regionären Lymphdrüsen und von der In- jektionsstelle ausgehend ein ausgedehntes sulziges Oedem, welches fast den halben Umfang des Rumpfes einnahm und massenhaft Pestbazillen enthielt, außerdem war die Milz stark geschwellt und dunkelbraunrot. In einer Reihe von Fällen fanden sich punktförmige Hämorrhagieen auf der Schleimhaut des Magens und des Darmes. Bei Injektion von kleineren Kulturmengen fi/ioo Oese) wurden die Tiere nur leicht krank unter Bildung einer Schwellung der regionären Drüsen bis zu Erbsen- größe und eines kleinen Intiltrats, das bald zurückging. Bei der intraperitonealen Infektion genügten kleinste Mengen, um mit Sicher- heit in kurzer Zeit (30 Stunden) den Tod herbeizuführen. Die Infektion per OS gelang sicher; wie bei den Ratten und Meerschweinchen geht dabei die Infektion meist von der Maulschleimhaut oder vom Maul und Darm aus. Einmal ging in den Versuchen von Albreciit & Ghon die Infektion vom Dickdarm aus. In einem Falle gelang es Albreciit & GnON eine primäre Pestpneumonie beim Macacus hervorzurufen. Die Infektion erfolgte beim Einträufeln bazillenhaltiger Flüssigkeit ins Maul, während welcher Manipulation das narkotisierte Tier zufällig hustete. Der Tod trat nach 10 Tagen ein. Polvekixi^i^ rief durch Injektion von Pestbazillen in die LuftriUire Pestpneumonie hervor. Ebenso wie bei der künstlichen Pneumonie der Ratten ließ sich die Virulenz der Bazillen durch diesen Infektionsmodus bedeutend steigern und die dabei ge- wonnenen Kulturen erlangten die Eigenschaft, auch bei subkutaner Infektion bei Tieren wenigstens in einem gewissen Prozentsatz der Fälle Pneumonie hervorzurufen. Die andere Affenart Semnopithecus entellus ist für Pest außer- ordentlich empfänglich. Nach subkutaner Impfung kleinster Mengen 510 A. Dieudonne, (Vi 00 — Viooo Oese) sterben die Tiere an Pestseptikämie. Nach den Ver- suchen von Wyssokowitz & Zabolotny genügt hei diesen Tieren ein einfacher Stich mit einer in Pestkultur getauchten Xadel in die Palma nianus oder Planta pedis zur tödlichen Infektion; allerdings dauert der Krankheitsverlauf bei dieser Impfung oft etwas länger (3 — 10 Tage). In den nächsten Lymphdrüsen bildet sich ein Bubo; eine lokale Reaktion der Impfstelle bleibt dagegen aus, so dass ein völliges Analogon zu den Erkrankungen beim Menschen besteht. Von den seither besprochenen Tierarten kommen für den diag- nostischen Tierversuch wenigstens für unsere heimischen Laboratorien nur das Meerschweinchen und die Ratte in Betracht und zwar beim Meerschweinchen die kutane Impfung (Einreiben des Materials auf die rasierte Bauchhaut , bei der Ratte die subkutane Impfung, bei stark verunreinigtem Material außerdem noch die Verimpfung auf die unverletzte Coujunctiva und die Verfütterung. In schwie- rigen Fällen ist zu empfehlen, beide Tierarten nebeneinander zu benutzen. Außer den erwähnten Tieren wurden namentlich von der Deutschen Kommission, sowie von Albkecht iNc Giiox eine Reihe anderer Tier- arten, insbesondere Haustiere auf ihre Empfänglichkeit für Pest geprüft. Hunde zeigten sich bei Versuchen der Deutscheu Kommission wenig empfänglich. Bei subkutaner Infektion reagierten die Tiere gar nicht oder nur mit geringen Temperaturschwankungen; Albkecht & Giiox fanden dagegen doch eine gewisse Empfänglichkeit für subkutane und intraperitoneale Einverleibung der Pestbazillen. Auf Verfütterung großer Mengen voUviruleuten Materials reagierten die Tiere gar nicht; trotzdem ließen sich in den Faeces eines gefütterten Hundes mit Hilfe der Eiu- reibungsmethode vollviruleute Pestbazillen nachweisen. Es können also auch nicht pestkranke Tiere, wenn sie Pestmatcrial gefressen haben, Pestbazillen im Kot ausscheiden. Bei der intraperitonealen In- jektion von Pestbazilleu beobachtete Gütschlich ein rasches Ziigrunde- gehen derselben (in 1 Stunde mikroskopisch, in 41/2 Stuudeu kulturell nicht mehr nachweisbar). Katzen. Bei kutaner und subkutaner lufektion bekamen Haus- katzen nach den Versuchen der Deutschen Kommission eine schwere fieberhafte Erkrankung, die schließlich aber in Genesung überging. Nach Albkecht & Ghon tritt l)ei Verfütterung in der Regel ein Bubo der submaxillaren Drüsen aul^ entweder bleibt die Erkrankung lokal, oder das Tier erliegt einer sich anschließenden Allgemeininfektion. Auch Pestmarasmus im Anschluss an einen Ilalsbubo wurde beobachtet. In den Versuchen von Kollk erkrankten von 4 gefütterten Katzen 2, die am 7. Thge starben. Bei der Sektion der einen Katze zeigte sich primäre Schwellung der Halslymphdrüsen und die Zeichen der Septikämie. Bei der anderen Katze fanden sich mehrere hämorrhagische Herde im Dünndarm vor, entsprechend den PEYERScheu Plaques, und in den Mesen- terialdrüseu primäre Bnl)oneu. In beiden Fällen waren in den Drüsen, im Blute und in der Milz vollvirulente Pestbazillen. Von zwei Katzen, die mit je einer toten, an Pest gestorbenen Ratte gefüttert waren, er- krankte und starb die eine an Pestsepsis unter Bildung eines primären Bubo in der Submaxillargegend. Die andere Katze zeigte am 8. Tage außer Fressunlust Ausfluss aus beiden Nasenlöchern, in denen virulente Pest. 511 Pestbazilleu iiacliweis1)nr waren. Die Katze ging' uiclit zu Gründe, sondern erholte i^ieh wieder uacli schwerer Erkrankung und nachdem sie sehr abgemagert war. Am 80. Tage nach der Infektion wurde sie getötet, es konnten aber weder pathoh^gische Veränderungen noch Pest- bazillen nachgewiesen werden. Wahrscheinlich hatte dieses Tier eine Pestangina überstanden. Die Thatsache, dass Hauskatzen für Verfütte- ruugsinfektioneu empfänglich sind, ist von der größten Bedeutung, da es nicht ausgeschlossen ist, dass diese Tiere pestkranke oder an Pest eingegangene Mäuse und Patten fressen. Eine Sixtntaninfektion wurde von TiKniPSON^^i in Sydney beobachtet. Im Kot solcher Tiere können, auch wenn sie anscheinend gesund bleiben, virulente Pestbazilleu vor- kommen. Schweine. Wilm^^i beobachtete bei der Epidemie in Hongkong- spontane Pestinfektioneu bei Schweinen und es gelaug ihm auch, durch Verfütterung bei diesen Tieren eine tödliche Infektion hervorzurufen; es ist allerdings sehr auffällig, dass bei den Tieren, die meist spät, erst nach 40 Tagen, starben, noch ganz akute Veränderungen nach- weisbar waren. Die Deutsche Kommission fand die indische Schweine- rasse fast völlig unempfänglich gegen subkutane Infekti(m; dasselbe be- obachtete DI Matfei''^'' bei den Schweinen in Italien. Ali^recht & Ghon futterten junge Schweine verschiedener, bei uns einheimischer Rassen (darunter auch feiner englisclier) wochenlang mit großen Mengen pest- bazillenhaltigen Materials, einige Male unter Beimengung von Cllas- scherben, vollkommen erfolglos. Vom Peritoneum aus erwiesen sich Schweine dagegen empfänglich. Nach diesen Untersuchungen erscheint eine Spontauinfektion der Schweine wenig wahrscheinlich. Rinder besitzen nach den Untersuchungen der Deutschen Kom- mission und von Gosio^'' geringe Empfänglichkeit gegen Pest. Nach subkutaner Injektion einer ganzen Agarkultur erkrankten die Tiere leicht unter Fieber und einer lokalen Schwellung der Injektionsstelle ohne Drüsenschwellung, erholten sich aber bald wieder. Spontaninfektionen sind also unwahrscheinlich. Dieser Befund ist deshalb von Bedeutung, da man die Furcht hatte, dass durch rohe Kindshäute die Pest einge- schleppt werden könnte und deshalb Einfuhrverbote erließ. Pferde sind nach der Deutscheu Kommission gleichfalls wenig empfänglich; subkutane Einspritzung einer ganzen vollvirulenten Pest- kultur hatte nur eine mäßige lokale Reaktion und ein mehrtägiges Fieber zur Folge. Yersin ^^" beobachtete nach subkutaner Injektion von ' 4 Agar- kultur heftiges Fieber während 48—60 Stunden mit großem Tumor an der Impfstelle, der in Abszessbildung überging. Bei Schafen entstand nach subkutaner Einspritzung einer frischen Pestkultur rasch Temperatursteigerung; an der Injektionsstelle bildete sich eine teigige Schwellung, die in Abszedierung überging; im Eiter fanden sich massenhaft Pestbazillen in Reinkultur. Beide Tiere erholten sich langsam w-ieder (Deutsche Kommission). Ziegen reagierten mit hohem Fieber; an der Injektionsstelle bildeten sich Abszedierungen, ohne dass im Abszess Pestbazillen nachzuweisen waren (Deutsche Kommission). Die Wiederkäuer scheinen also eine geringe Empfänglichkeit für Pest zu besitzen. Vögel sind anscheinend völlig immun gegen Pest. So gelang es London ^^ nicht, Tauben, Hühner, Enten und Singvögel zu infizieren trotz 512 A. Dieudonne, gleichzeitiger Anwendung scliädigender Einflüsse (Hunger und Frost). GriAXA & Gosiü^' fanden dagegen, dass Tauben und Sperlinge, wenn man sie hungern lässt, für das Pestvirus empfänglich werden. Nach Nuttall i"; sind Sperlinge überhaupt empfänglich für Pest. Bei den Versuchen der Deutschen Kommission erwiesen sich Tauben, Hühner und Gänse gegenüber der Infektion in den Brustmuskel unempfänglich. Bei einer in dem Europäerviertel von Bombay ausgebrochenen Hühnerseuche handelte es sich um Infektion mit Hühnercholerabazillen. Auch nach Albkecht & Ghon sind Hühner den verschiedensten Infektionsmethodeu gegenüber resistent. Aasgeier zeigten auf intravenöse, intrathorakale und iutrapulmonale Injektion keine Reaktion. Bei Tauben gelang es Albrechp & Ghon bei intravenöser und intraperitonealer Injektion größerer Kulturmengen eine tödliche Allgemeininfektion zu erzielen, die natürliche Resistenz der Taube wäre demnach keine absolute. Dem- gegenüber wiesen Kossel & Overmeck darauf hin, dass man bei den in diesen Versuchen verimpften großen Mengen nicht auf eine auch nur mäßige Empfänglichkeit der Tauben scldießen darf. Jedenfalls lässt sich durch die Taubenimpfung eine Unterscheidung der Pestbazilleu von den Hühnercholerabazillen leicht ermöglichen. Bei Schlangen, Eidechsen und Fröschen versuchten Albrecht & Ghüx die Infektion per os, subkutan und intrathorakal, jedoch ohne Erfolg. Devell^^ f-^^i^ dagegen, dass Frösche (Rana temporaria) der Pestinfektion zugänglich sind. Mit Pestkulturen oder mit Organen an Pest erlegener Tiere in den Rückenlymphsack geimpft und bei Zimmer- temperatur gehalten, sterben die Tiere nach 13 — 19 Tagen. Die Milz ist etwas vergrößert, der Rückenlymphsack bisweilen mit gallertartigem Inhalt gefüllt, der Befund sonst negativ. Die Pestbazillen lassen sich aus Blut und Milz züchten. Bei Fortzüchtung der Kultur von Frosch zu Frosch steigerte sich die Virulenz, so dass bei der dritten Passage Frösche schoninnerhalb von 5 Tagen eingingen. Ein Frosch mit einer Wunde am Fuß wurde zu einem pestinlizierten Frosche in das Glas gesetzt: er starb ebenfalls an Pest, so dass auch eine spontane Infektion von Fröschen bei dem Vorhandensein von Hautwunden nicht ausgeschlossen erscheint. Nach Nuttall i**^ sind Kreuzottern und Eidechsen bei 16 bis 18° C. gehalten gegen Pest resistent, dagegen bei Temperaturen von 26 bis 28° C. empfänglich. Insekten. Yersin^^^ beobachtete bei seinen Untersuchungen in Hong- kong, dass tote Fliegen, die in seinem Laboratorium herumlagen, viru- lente Pestbazillen enthielten. Seine Experimente klärten aber nicht die Frage auf, ob die Fliegen infolge der Aufnahme der Pestbazillen ge- storben waren. Nach Nut tall ^"^ gelingt es, Fliegen (Musca domestica) durch Fütterung mit Organsaft an Pest gestorbener Tiere tödlich zu infi- zieren. Die Fliegen starben um so schneller, bei je höherer Temperatur sie gehalten Avurdeu; bei 23 -31° in 3 Tagen, bei 14 — 16° nach 7 bis 8 Tagen, bei 12 — 14° gehaltene aber noch nicht einmal sämtlich in 18 Tagen. Gleich gehaltene Kontrollfliegen starben nur zum Teil. Fliegen können also mehrere Tage leben, nachdem sie pestinfizierte Nahrung zu sich genommen haben imd bei der Weiterverbreitung der Pest eine Rolle spielen, wenn sie in Nahrungsmittel hereinfallen oder ihre Exkremente darauf entleeren. Die Fliegen können auch, wie Albrecht & Ghon fanden, wenn sie mit pestbazillenhaltigem Material in Berührung kommen, eine gewisse Zeit nachher noch lebensfähige Keime an ihren Füßen herumtragen. Pest. 513 Wanzen, die sich an pestinfizierten Ratten oder Mäusen vollgesogen hatten, enthielten in ihrem Darmkanal bis zu 72 Stunden virulente Pest- bazillen (Nüttall) ; nach noch läng-erer Zeit (120 Stunden) waren keine virulenten Pesterreger mehr nachzuweisen; dieselben scheinen also all- mählich im Wauzenleibe abzusterben. Mäuse, von Wanzen gebissen, die vorher auf pestkranken Tieren gesaugt hatten, erkrankten nicht au Pest. Die Gefahr der Ansteckung durch Wanzenstiche scheint demnach gering zu sein. Im Säugrüssel und im Magen einer Stechmücke, die eben an einem Pestkranken gesaugt hatte, fanden PonXxVrdiere t^ Xaxtho- PULiDEsiß' mikroskopisch und kulturell Pestbazilleu. Hankin konnte in Ameisen, die tote Pestratten angefressen hatten, virulente Pestbazillen nachweisen ; es gelang durch Verimpfung von Sekreten solcher Ameisen auf Ratten und Mäuse Pest zu erzeugen; er fand infizierte Ameisen nur in solclien Gegenden, wo es tote Ratten gab. Die Ameisen fressen in Indien tote Ratten mit überraschender Schnelligkeit. Von großer epidemiologischer Wichtigkeit ist die Frage, ob Flöhe die Pestkeime übertragen können, insbesondere deshalb, da Ratten wäh- rend des Lebens oft mit zahlreichen Flöhen bedeckt sind, die nach dem Tode von dem Wirte abkrieeheu. Ogata"'-* erzeugte bei einer Maus da- durch Pest, dass er Flöhe von einer Pestratte auf sie brachte; er glaubte daher, dass die Pestbazilleu meist durch Insekten, wie Flöhe und Mos- kitos, verschleppt werden. Simondi^^ stellte auf Grund experimen- teller Untersuchungen die Theorie auf, dass die Uebertragung der Pest- bazillen von Ratte zu Ratte und von Ratte zu Mensch in erster Linie durch Vermittlung der Flöhe stattfindet. Sijkjxd gelang es wiederholt, mit infizierten Flöhen Pest auf Mäuse zu übertragen. Setzte er gesunde Ratten zu einer an der Pest gestorbenen, aber von Ungeziefer freien Ratte, so erkrankten sie nicht an Pest; wurden sie dagegen, in einen Drahtgitterkäfig eingeschlossen, in einen Behälter gesetzt, in dem sich eine pestkranke, mit Flöhen besetzte Ratte befand, so erkrankten sie an der Pest. Simoxd gelang auch der Nachweis von Pestbazillen in den auf pestkranken Ratten schmarotzenden Flöhen. Nach Zikolia^^' sollen sich Pestbazillen an Flöhen lauge Zeit (7 — 8 Tage) lebensfähig und virulent erhalten, sich sogar vermehren. Demgegenüber hatte Kulle ^^ bei seinen Versuchen völlig negative Resultate. Die Versuchsanordnung war die, dass bei den mit Ungeziefer besetzten Ratten, wenn sie an Pest gestorben waren, die Flöhe, soweit dies möglich war, auf eine frische Ratte übertragen wurden. In den meisten Fällen fand man allerdings schon beim Tode der mit Ungeziefer besetzten pestkranken Tiere, dass die meisten während des Lebens an den Ratten befind- lichen Flöhe von dem Wirt nach dem Tode abgekrochen waren und sich in die Spreu des Käfigs verkrochen hatten. Um diesen höchstwahr- scheinlich infizierten Flöhen Gelegenheit zu geben, auf neue Ratten die Pest zu übertragen, wurden in einen so infizierten Käfig frische Ratten hiu eingesetzt. Da, wo noch reichlich Gelegenheit war, Un- geziefer au den Pestkadavern zu sehen, wurden die Kadaver auf einige Stunden in eineu frischen Käfig gelegt und daun frische Ratten hineingesetzt, nachdem die Kadaver wieder entfernt waren. In keinem der so angestellten Versuche kam es zu einer Uebertragung der Infektion auf die gesunden Tiere, obgleich in mehreren Fällen der direkte Ueber- gang des Ungeziefers von den infizierten Ratten auf die gesunden da- Handbucli der pathogenen Mikroorganisraeu. H. 33 514 A. Dieudonne, durch festgestellt werden konnte, dass sicli auf den gesunden Tieren mehr Flöhe nach einiger Zeit nachweisen ließen, als vorher vorhanden waren. Fassen wir nochmals unsere Kenntnisse über die Empfänglichkeit der wichtigeren Tierarten für Pest zusammen, so sind in erster Linie empfäng- lich die Nagetiere, namentlich die Meerschweinchen und die Eatten, etwas weniger die Mäuse, dann die Affen, insbesondere der graue Affe, der fast so empfänglich wie die Eatte ist. Ferner sind für künstliche Infektion empfänglich Katzen. Hunde, Schweine, Rinder, Pferde, Schafe, Ziegen erkranken zwar bei Infektion mit großen Dosen, erholen sich aber bald wieder, sie sind also wenig empfänglich. Vögel sind immun, ebenso Schlangen, Eidechsen und Frösche, wenn sie bei gewöhnlicher Tempe- ratur gehalten werden, bei höherer Temperatur sind letztere dagegen empfänglich. Spontaninfektionen von Tieren wurden bis jetzt beobachtet vor allem bei Ratten; bei vielen in der Freiheit tot aufgefundenen Ratten konnten die pathologischen Erscheinungen der Pest und Pestbazillen nachgewiesen werden. Außerdem wurden Spontaninfektioneu gesehen durch Annagen, bezw. Belecken pestbazillenhaltigeu Materials bei Mäusen, Meerschweinchen und Affen (Albrecht & Ghon). Nach Simond i34 uncl Clemow22 wurden spontan entstandene Pestepidemieen bei Affen be- obachtet. Auch unter einer Murmeltierart der Mongolei, den Tarbaganen (Arctomys bobac), wurden spontane Epidemieen beobachtet, bei denen es sich offenbar um Pest handelte; der bakteriologische Nachweis dafür steht allerdings noch aus. Wir werden auf die Tarbaganenpest bei der Besprechung der Epidemiologie noch zurückkommen. Bei Katzen ließ sich durch Verfütterung von Pestmaterial tödliche Pestinfektion erzeugen; bei der Epidemie in Sydney wurde auch eine Spontaninfektion be- obachtet. Bei den anderen Tieren wurde bis jetzt nichts von einer Spontaninfektion bekannt; insbesondere ist bei der indischen Epidemie kein Fall von Uebertragung der Pest auf die mit dem Menschen dort in sehr nahem Kontakt lebenden Haustiere konstatiert worden. 6. Virulenz. Von den verschiedensten Seiten wurden bei der Fortzüchtung von manchen Peststämmen auf künstlichen Nährböden plötzliche Virulenzalj- schwächungen beol)achtet, während andere unter denselben Bedingungen ihre Virulenz behalten, gleichgiltig, ob man die Kultur in vielen Gene- rationen fortzüchtet, also oft überimpft oder durch längere Zeit uuüber- impft lässt. So tötete in Versuchen von Albeeciit & Ghon ein aus einer Pestratte gezüchteter Stamm, nachdem derselbe etwa 13 Monate lang in 19 Generationen ohne Tierpassage fortgezüchtet war, nach dieser Zeit Meerschweinchen noch in Mengen von \iooooo Oese vom Perito- neum aus mit den Bilde schwerster hämorrhagisch -septikämischer In- fektion. Ein anderer Peststamm, der in der dritten Generation durch mehr als 15 Monate unUberimpft geblieben war, tötete, nach dieser Zeit mit positivem Erfolge übertragen, in der neuen 4. Generation Meerschweinchen nach kutaner Infektion ebenso rasch und unter dem- selben Bilde wie 15 Monate vorher. Bei anderen Stämmen vermindert sich dagegen die Virulenz rasch und in hohem Grade. Worauf diese Unterschiede beruhen, ist schwer zu sagen. Pest. 515 Besitzt man solche Kulturen, deren Virulenz sich auf künstlichen Nährböden ohne Tierpassage wenig ändert, so lassen sich dieselben, wie Maassex zeigte, durch AiTfbewahrung in einem zugeschmolzenen Reagenzröhrcheu im Eisschi'auk und Ueberimpfung in ZAvischenräumen von je einigen AVochen lange Zeit hindurch auf einer gewissen mittleren Virulenz erhalten. In zugeschmolzenen, vor Licht geschützten und kühl aufbewahrten Eöhrchen fand Maassen*' nach zwei Jahren unveränderte Virulenz. N. K. Schultz 1^3 fand sogar 4 Jahre alte Pestkultureu noch vollvirulent. Die Kulturen waren in Bouillon Marmorek gezüchtet, dann zugelötet, vor Licht geschützt und an einem kühlen Ort verwahrt worden. Bei Eröffnung der Kulturen sah die Bouillon ganz klar aus, die Bakterien befanden sich am Boden des Röhrchens. Die in den Kulturen ent- standenen morphologischen Veränderungen haben wir bereits früher be- schrieben. Nach Löffler'* emptiehlt sich zur Erhaltung der Virulenz die Züchtung auf Blutserum statt auf Agar und nachheriges Kühlhalten. Unter Umständen kann die Virulenz auch ohne Anwendung be- sonderer Kautelen sich sehr lange erhalten. So fand Gotschlich in 7 Monate lediglich unter Watteverschluss aufbewahrten Agarkulturen, die mit der Zeit teilweise vertrocknet und größtenteils von Schimmel- pilzen überwuchert waren, noch lebende vollvirulente Pestbazillen. Die Kultur war in den ersten 3 Monaten bei ca. 25", später bei 20° im Dunkeln aufbewahrt worden. Besonders schädlich für die Erhaltung der Virulenz in Kulturen sind liöhere Temperaturen, namentlich wenn sie konstant einwirken. Nach Albrecht & Gonx kann der Pestbacillus eine konstante Einwirkung einer Temperatur von 36° C. ohne Schädigung der Virulenz nur etwa 14 Tage lang ertragen, nach längerer konstanter Einwirkung tritt eine zunehmend stärkere Virulenza])nahme ein. Für die Virulenz]trüfung der Pestbazillen eignen sich vor allem Meerschweinchen und Ratten. Kolle & Martini "^ empfehlen nament- lich für die Prüfung schwachvirulenter Kulturen die früher beschriebene kutane Infektion beim Meerschweinchen. Wenn mau dabei auf eine stets gleichgroße, sorgfältig rasierte Fläche der Bauchhaut stets die gleiche Menge der Kultur, z. B. 1 5 Oese in 0,2 ccm Bouillon auf- geschwemmt verreibt, gelingt es, genaue Abstufungen in der Virulenz zur Wahrnehmung zu bringen, die bei keiner anderen Tierart demonstrier- bar sind. Bei avirulenten Kulturen gehen die Tiere bei dieser Infektions- art nicht ein, es entsteht höchstens eine vorübergehende mäßige Drüsenschwellung. Bei schwach virulenten Kulturen sterben die Meer- schweinchen in 2 — 3 Wochen an chronischer Pest unter Bildung der früher beschriebenen Knoten. Für Ratten sind solche Kulturen weder bei konjunktivaler noch bei subkutaner Impfung pathogen. Mäßig virulente Kulturen töten Meerschweinchen bei kutaner Infektion in 8 — ^10 Tagen unter Bildung von miliaren Knötchen in der Milz. Ratten werden durch solche Kulturen nicht sicher getötet, mehr als die Hälfte der Tiere entgeht der Infektion. Als vollvirulent ist eine Kultur zu be- zeichnen, welche Meerschweinchen in 4 — 5 Tagen tötet. Es fehlen hierbei irgend welche makroskopisch sichtbaren Knötchen in den inneren Organen, die Milz ist stark vergrößert und hyperämisch. Sehr wenig geeignet für die Viruleuzprüfung sind nach Kolle & Martini Mäuse. Diese Tiere sind sehr ungleich empfänglich, auch spielt die Art der Impfung bei ihnen eine viel größere Rolle als bei an- deren Tierarten. Bei weniger virulenten Kulturen erfolgt der Tod nicht 33* 516 A. Dieudonne, mit der wUnsclieuswcrteu Gesetzmäßigkeit. Wie erwähnt, g-eheii oft Mäuse bei Verwenduug wenig virulenter Kulturen nach längerer Zeit, nach 10 — 20 Tagen, plötzlich an Pestsepsis ein, ohne vorher anscheinend, erkrankt gewiesen zu sein. Auch Kaninchen und Affen eignen sich nicht für Virulenzbestimmungen, da l)ei diesen Tieren große Unterschiede in der Empfänglichkeit zwischen den einzelnen Individuen imd zwischen den Tierspecies vorhanden sind. Zur Erhaltung der Virulenz sind bei den meisten Peststämmen Tierpassagen erforderlich. Auch schwächer virulent gewordene Pest- kulturen werden durch mehrere Tierpassagen wieder infektiöser. War die Virulenzverminderung nur gering, so gelingt dies durch wenige Tierpassagen, bei stärkeren Virulenzverlusteu ist es aber meist sehr schwierig. Für diese Passagen werden die verschiedenen empfänglichen Tierarten, namentlich Meerschweinchen und Ratten benutzt. Eine Steigerung der Virulenz erhält man, Avie schon erwälmt, durch Züchtung der Pestkeime von Lunge zu Lunge von Passagetieren (Affen und Ratten) mittels Inhalation, am besten durch direkte Verimpfung des Lungensaftes frisch an Pneumonie gestorbener Tiere ohne Zwischen- züchtung auf Agar. Yersin, Calmette & BoRREL^s'^ gaben an, dass die Steigerung der Virulenz eines Peststammes für eine Tierart, z. P. Ratten, eine Abnahme der Virulenz für eine andere zur Folge habe. Nach Haxklx^ö soll der durch die Ratte geschickte Pesterreger für den Menschen weniger gefährlich werden, wenn er nicht durch andere außerhalb des Tieres (und auch außerhalb des Menschen) belegene Verhältnisse eine Steigerung seiner Virulenz auch für den Menschen erfährt. Dem gegenüber zeigten Albrecht & Giion, sowie Kolle & Martini, dass die vermittelst der Tierpassage (ohne Zwischenkultur) erzielte Steigerung der Virulenz sowohl für die zu der Passage benutzte Tierart wie auch für alle anderen mehr oder weniger stark empfänglichen Tierarten Geltung besitzt. Ein Stamm, welcher mit einer einzigen Zwischenzüchtung 44 Meerschweinchen inner- halb 8 Monaten passiert hatte, zeigte auch für Kaninchen, graue Ratten, weiße Mäuse und Affen eine entsprechende Steigerung der Virulenz. Ebenso gilt die Virulenzabnahme eines Peststammes nicht bloß für eine bestimmte Tierart, sondern für alle darauf geprüften, sonst empfänglichen Arten. Dagegen scheint bei Uebertragung des Pestvirus von Kaninchen zu Kaninchen nach Kolle & Martini eine Abschwächung stattzufinden. Auch das morphologische Verhalten der nach längeren Passagen aus Kulturen gezüchteten Pestbakterien sowie ihr Wachstum auf Nährböden zeigt ein eigenartiges Verhalten, das darauf hinweist, dass der Kaninchen- körper ein wenig geeigneter Boden für Pestbazilleu ist. Es ist des- halb doch nicht ganz ausgeschlossen, dass mau bei lange genug fort- geführten Passagen durch verschiedene Tierarten auch eine Abschwächung der Virulenz für die eine, Anpassung und Erhöhung für eine andere findet. Zwischen Mensch, Ratte und Maus besteht aber, wie Epidemiologie und Experimente zeigen, ein solcher Antagonismus nicht. 7. Giftbildung. Dass die Pestbazillen ein Toxin bilden müssen, geht schon aus den klinischen Erscheinungen der pestkranken Menschen und der pestkranken Tiere hervor. Die tiefe Prostration, welche ein so charakteristisches Moment Pe8t. 517 der schweren Pestiiifektion darstellt, die raiischartig-e BenoinmcDlieit des Sensoriiims, die Neig-uiig zu Blutungen finden ihre Erklärung durch Eesorption toxischer, den Pestl)azillen entstammender StoÖe. Dafür sprechen auch die von der Deutschen Kommission beobachteten pathologisch-anatomischen Befunde an 3 von pestkranken Müttern aus- gestoßenen Föten. Dieselben erwiesen sich als bakteriologisch völlig steril, zeigten aber dieselben sekundären Krankheitswirkungen, wie sie in Pestleichen gefunden werden: Blutungen und i)arenchymatöse De- generation innerer Organe. Das Toxin durchdrang also den Placentar- kreislauf, die Bazillen dagegen nicht. Versuche, das Gift darzustellen, wurden von verschiedenen Seiten aus- geführt. Nach Yersin, Caljiette & BorrelI^o gin^ Filtrate von Bouillon- kultureu ohue Wirkung auf Tiere, während die Leiber der auf Agar ge- wachseneu Bazillen auch nach ihrer Abtötung durch eiustüudiges Erhitzen auf 58" Meerschweinchen und Kauiuchen tüten, weuu sie in genügender Quantität intravenös oder intraperitoneal eingeführt werden. Lustig & Galeotti*^ suchten durch verdünnte Kalilauge die toxischen Substanzen zu extrahieren; sie behandelten die Kulturen 12 — 24 Stunden lang mit 0,75 — Iproz. Lösungen von Kali causticum; mit Essigsäure bezw. Salzsäure wurden Fällungen erzeugt, durch welche die Giftstofie mit nieder- gerissen wurden. Von den so hergestellten Präparaten töteten kleine Mengen die Versuchstiere (Ratten, Meerschweinchen und Kaninchen). Bei den Versuchen der Deutschen Kommission erwiesen sich Filtrate von lOtägigen Bouillonkulturen selbst in der Dosis von 5 ccm für Kaninchen und Aßen unwirksam. Deutliche toxische Effekte ließen sich jedoch mit älteren, 6 Wochen lang bei 30° C gewachsenen Bouillonkulturen an Ratten erzielen. Abgetötete Agarkulturen iu großen Mengen (55 — 80 mg Trocken- substanz) Affen intraperitoneal injiziert riefen keine erheblichen Vergiftungs- symptome hervor. Doch fand sich bei der Sektion der getöteten Tiere eine lokale Nekrose der Magenschleimhaut. Demnach ist das in den Pest- bazilleu enthaltene Gift bei weitem nicht so wirksam wie das der Cholera- und Typhusbazillen. Auch Wernicke '^o fand Filtrate junger Kulturen unwirksam, dagegen erhielt er aus älteren, 14 Tage alten Kulturen mit starkem Ober- ilächenwachstum (nach Abtöten mit Formabn oder Toluol und Extraktion bei 30 — 35° C) ein Gift, das in der Menge von 0,1 ccm eine Maus in 5 — 6 Tagen tötete; dieselbe zeigte Schwellung der subkutanen Lymphdrüsen. Aus dieser Flüssigkeit wurde mittels Ammoniumsulfat ein Gift in fester Form gewonnen, das für Mäuse in der Dosis von 1 : 72000 tödlich war, bei Meerschweinchen aber keine erheblichen Schädigungen erzeugte. Nach Aj^brecht & Ghon nimmt die Giftigkeit der Filtrate zu mit dem Alter der Kulturen, jedoch nur bis zu einem gewissen Grade. Ganz junge Bouillonknlturen, 2 und 3 Tage alt, hatten bei Ratten und Mäusen keine Wirkung; 5 Tage alte Filtrate töteten dagegen Meerschweinchen schon iu Mengen von 0,5 ccm bei intra- peritonealer Einverleibung. Der Tod der Tiere erfolgte unter zunehmender Abmagerung und auffallendem Haarausfall meist erst nach Wochen, immer mit lang anhaltenden, starken Krämpfen. Aeltere Kulturfiltrate töteten Meer- schweinchen schon nach wenigen Tagen. Bei Ratten und weißen Mäusen war die Dosis letalis minima der Kulturfiltrate geringer als bei Meerschweinchen. Die Tiere gingen auch rascher ein, bei älteren Filtraten meist innerhalb der ersten 24 Stunden, bei sehr giftigen oft schon nach 6 — 7 Stunden. Bei den Mäusen war meist eine hochgradige fettige Leberdegeneratiou zu beobachten; bei Ratten zeigten sich nach intraperitonealer Einverleibung älterer, stark- 518 -A-- Dieudonne, wirkender Filtrate zalilreiclie Blutungen auf der Leberoberfläclie und aucli im Netze mit akutem Milztumor. Abgetötete Agarkulturen (48 Stunden alt durch mehrstündiges Erwärmen auf 55 — 60" C abgetötet) töteten Meerschweinchen unter analogen Erscheinungen wie schwächere Kulturfiltrate. Nach Makkl^S' ^ö, 92 kommt durch Chloroform abgetöteten Pestkulturen eine größere Giftigkeit zu als den durch Hitze abgetöteten; mit dem Alter der Kultur nimmt die Giftigkeit zu; so betrug die minimale tödliche Dosis für Mäuse bei einer 6 Wochen alten Kultur 0,02 ccm, bei einer 8 wöchentlichen Kultur 0,005 ccm. Doch scheint die Giftigkeit der Bouillonkulturen innerhalb 2 Monaten das Maximum zu erreichen; wenigstens wurde bei einer 31/2 Monate alten Kultur keine größere, eher eine geringere Giftigkeit beobachtet als bei einer zweimonatlichen. Diese Toxine sind gegen die Einwirkung der Temperatur sehr empfindlich; die Siedehitze entgiftet die Knlturen sofort, aber auch relativ niedrige Temperaturen, selbst die Körpertemperatur beeinilusst das Pestgift sehr ungünstig. Bei der Gewinnung des Toxins darf man daher die Kulturen niemals bei höherer, über die Zimmertemperatur hinausgehender Temperatur züchten. Fernerhin hängt der Giftigkeitsgrad der Pestfiltrate davon ab, ob die Kultur mittelst großer oder geringer Oberfläche mit der atmo- sphärischen Luft in Verbindung steht. Weiterhin beobachtete Markl, dass selbst die jüngsten 24 stündigen flüssigen Pestkulturen schon toxische Körper enthalten und er ist daher der Ansicht, dass die Pesttoxine keinesfalls eine an die Bakterienzelle gebundene Substanz, sondern ein Stoflwechsel- produkt der Bakterien darstellen, das allerdings zum Protoplasma, selbst zu der Bakterienzelle eine erhöhte Affinität besitzt. Die in den alten Kulturen enthaltenen Gifte sind nach Markl ein Gemisch von BakterienstoflVechselpro- dukten und von Bakterienzellentoxiuen, wobei aber den ersteren keine unter- geordnete, sondern die Hauptrolle zufallen dürfte. Die (jiftbildung der Pest- bazillen hängt übrigens nicht direkt mit ihrer Infektiousfähigkeit zusammen; trotz Sinkens der Giftproduktion in den künstlichen Nährsu])straten blieb die Kultur virulent und infektiös. Nach langer Zeit fortgesetzter Züchtung auf künstlichen Nährböden verliert der Pestbacillus allmählich die Eigenschaft, für Mäuse giftige Stoffe zu bilden. Die Toxinproduktion kehrt aber wieder zurück, wenn die Kultur durch das Tier geschickt wird. Durch Erhitzen auf 70° C geht die Giftigkeit der Pestfiltrate für Mäuse vollkommen verloren, für Ratten, Meerschweinchen und Kaninchen ist sie dagegen nur abgeschwächt. Demnach enthalten die Filtrate ein Gemenge von verschiedenen, wenn viel- leicht auch verwandten Giften, von welchen das eine, für Mäuse giftig, durch höhere Temperaturen zerstört wird, während das andere für Mäuse unwirk- same Toxin hitzebeständig ist. Durch vorsichtige Einverleibung steigender Mengen von Pesttoxin konnte Mahkl eine Giftfestigkeit erzielen; das Blut- serum der Tiere zeigte antitoxische Eigenschaften. KossiEL & OvERBECK ^*' machten ähnliche Beobachtungen. Es gelang ihnen, Ratten durch Injektion von Bouillonfiltraten, die auf 50 — 60° C. erhitzt waren, gegen die Infektion mit Pestbazillen zu immunisieren. Am wirksamsten waren die Kulturfiltrate, wenn man Serum der Nährbouillon zusetzte. Nach diesen Untersuchungen ist das Toxin nicht ausschließlich au die Bakterienleiber gebunden, wie das der Cholera- und Tvphusbakterieu, sondern es ist auch ein Stoöwechselprodukt derselben. Wir dürfen das Pesttoxin als ein Gemisch von Bakterieustoffwecbselprodukten und von Bakterienzellentoxiuen betrachten. Das Pesttoxin verhält sich also nicht so verschieden von den löslichen Giften der Diphtherie- und Tetauus- bazillen, als man früher annahm. Dafür spricht schon die Zunalime der Pest. 519 Giftbildmig- mit dem Altei; der Kulturen weuigsteus bis zu einem ge- wissen Punkt, ferner auch die von GaffkyO hervorgehobene Thatsache, dass bei dem HAFPKiNESchen Verfahren der Schutzimpfung, bei welchen ältere Bouillonkulturen zur Anwendung gelangten, eine stärkere Reaktion eintritt, als bei dem von der Deutschen Kommission angewendeten Verfahren, welche abgetötete, frische Kulturen von Agar zu diesem Zweck benutzte. Eine Reindarstellung der wirksamen Substanz ist bis jetzt noch nicht gelungen ; alle Versuche scheiterten an der großen Empfindlichkeit dieses Körpers gegen alle Reagentien, sowie an der großen Zähigkeit, mit welcher dieselbe an dem Eiweißmolekül anklebt und mit diesem alle Reaktionen durchmacht. Weitere Forschungen über die Pesttoxiue ge- hören zu den zur Zeit praktisch wichtigsten Aufgaben der Pestforschung, denn mit dem Besitz eines wirksamen Giftes sind wir auch imstande ein antitoxisches Serum herzustellen. Das bis jetzt durch Injektion von lebenden oder abgetöteten Pestkultureu gewonnene Pestserum ist ein baktericides und kein autitoxisches (vgl. Bd. III, Pestimmunität) und die Resultate in der Praxis mit demselben sind nicht einwandsfrei. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein antitoxisches Serum bessere Erfolge giebt. Am zweckmäßigsten wäre aber eine Kombinierung des antitoxischen 'und antiinfektiösen Serums, das sich durch Immunisierung mit Toxinen und abi2:etöteten Bazillenleibern erreichen lassen wird. 8. Pathologie und pathologische Anatomie beim Menschen. Die Eintrittspforten für den Pesterreger in den menschlichen Körper sind die äußere Haut bezw. Schleimhäute oder der Respirations- tractus. Die Lokalisation erfolgt im ersteren Fall meistens in den zu der Infektionsstelle in Beziehung stehenden Lymphdrüsen (Bubo), seltener in der Haut oder der Schleimhaut selbst (Pustel oder Karbunkel) , im zweiten Falle in der Lunge (primäre Pestpneumonie). Demnach teilen wir die Pestformen am besten ein in Drüsenpest und Lungenpest. Die Hautpest werden wir im Zusammenhang mit der Drüsenpest be- sprechen. Das Krankheitsbild der Pest 12 ist bei allen Formen durch die frühe Herzschwäche charakterisiert; offenbar ist das Pestgift ein heftiges Herzgift. Der Herzschlag ist stark beschleunigt, die Arterien entspannt, der Puls an der Radialis doppelschlägig, oft schon fadenförmig und dem Erlöschen nahe, während der Ilerzstoß noch lebhaft ist. Die Temperatur geht rasch in die Höhe und hält sich dann meist in mäßiger Höhe mit morgendlichen Remissionen. Fast nie fehlen mehr oder weniger heftige Kopfschmerzen und intensives Schwindelgefühl mit Erbrechen. Das Sensorium ist selten ganz frei; meist besteht große Somnolenz und Prostration, die aber oft durch ganz eigentümliche Delirien unterbrochen wird; viele Kranke stehen auf und gehen wie schwer Trunkene umher; oft sieht man dieselben das Bett verlassen und aus dem Krankenhaus ent- fliehen (Fluchtdehrien). Die lallende Sprache der Pestkranken ist gerade- zu charakteristisch. Das Gesicht hat meist, besonders bei den soporös daliegenden Kranken einen schlatien , unbeweglichen Ausdruck, bei den Dehrierenden den eines Sehwertrunkeneu. Die Conjunctiva ist stets stark injiziert; in manchen Fällen besteht hochgradige Lichtscheu. Die Zunge 520 A. Dieudonne, ist meist weißlich, wie mit Kalk betüncht, seltener himbeerähnlich rot und warzig. Die Atmung ist ängstlich seufzend. Meist gelingt es bei genauer Untersuchung schon in den ersten Krankheitsstunden den örtlichen Krankheitsherd (Bubo oder die Zeichen beginnender Lungenentzündungj zu finden und so der Diagnose näherzu- kommen. Drüsenpest. Bei dieser häufigsten und eigentümlichsten Lokalisation des Pest- erregers, welche der Seuche von alters her den Namen gegeben hat, kommt es zur Bildung eines Bubo, der sich als geringere oder stärkere, rascher oder langsamer sich entwickelnde entzündliche Anschwellung einer oder mehrerer Lymphdrüsen darstellt. Jede äußere Lymphdrüse kann erster Krankheitssitz sein. In den weitaus meisten Fällen (75^) entsteht der Bubo in der Leistenbeuge oder im oberen Schenkeldreieck, häufig in der Achselhöhle oder — besonders bei Kindern — am Halse, in einzelnen Fällen sind die Drüsen am Hinterkopf, in der Elleubeuge oder in der Kniekehle, die vorderen oder hinteren Ohrdrüsen Sitz der Entzündung. Wir unterscheiden nach Albrecht & Ghox den primären Bubo. der den primären örtlichen Herd und die erste Etappe der geschehenen Infektion darstellt von dem sekundären, der erst nach dem Eintritte der Allgemeininfektion d. h. nach der Ueberschwemmung der Blut- bahn mit Bazillen in den verschiedensten, oft vom primären Bubo weit entfernten Lymphdrüsen metastatisch entsteht. Dieser Einbruch der Pestbazillen in den Blutstrom erfolgt immer vom primären Bubo aus. Oft ist dieser so klein, dass er bei der klinischen Untersuchung nicht gefunden und erst durch die genaue anatomische Untersuchung auf- gedeckt wird. Am Bubo lassen sich anfangs oft die einzelneu ver- größerten Drüsen deutlich abtasten, meist Itildet sich nach wenigen Stunden eine Schwellung von Hühnerei- bis über Gänseeigröße, welche durch die mächtige hämraorrhagische Infiltration und das Oedem des die Drüsen umgel)enden Bindegewebes und durch die teigige Schwellung der Nachbarschaft entsteht. Die Haut über dem Tumor ist glatt ge- spannt, matt glänzend, oft dunkel rot. Diese Bubonen zeichnen sich durch ihre ganz enorme Schmerzhaftigkeit bei Berührung aus, die oft in keinem Verhältnis zu der Größe des Bubo steht und die diagnostisch von Bedeutung ist ; dagegen ist die spontane Schmerzhaftig- keit geringer. Der Bubo kann, falls nicht der Tod in den ersten Krankheitstagen eingetreten ist, entweder in Zerteilung oder in Ver- eiterung übergehen, im letzteren Falle kommen meist Mischinfektionen mit Streptokokken vor. In sehr schweren Fällen, bei denen rasch eine Allgemeininfektion eintritt, kommt es manchmal nicht zur Ausbildung eines typischen primären Bubo; bei der anatomischen Untersuchung finden sich aber doch geschwellte Drüsen, die mehr oder weniger den- selben Grad der Veränderungen zeigen. Die im primären Bubo sich abspielenden Veränderungen sind hämor- rhagisch-nekrotischer und entzündlicher Natur; die normalgroßen oder vergrößerten, selten über taubeneigroßen Lymphdrüsen sind mit dem serös oder hämorrhagisch infiltrierten Bindegewebe zu einem Paket vereinigt. Die Drüsen und ihre Umgebung zeigen je nach der Heftigkeit des Pro- zesses und der Dauer der Krankheit alle Grade der Entzündung: von der einfachen speckigen oder markigen Schwellung bis zur sulzigen Pest. 521 Durch tränkung- und l)lutigen Infarzierung-, von der Erweichung und Ver- flüssigung 1)is zur Vereiterung und völligen Nekrose, alles bedingt durch eine wahre Bazilleninliltration. Wie das periglanduläre liindegewebe können auch die Faszien, das Fettgewebe, die Muskeln, Gefäße und Nervenscheiden in weiter Ausdehnung von der ödematösen, fadeu- ziehenden massenhaft Pestbazillen enthaltenden Durchtränkung befallen sein. Die sekundären Bul»onen erreichen meist nicht den Umfang der primären und siiul durch gleichmäßige Hyi)erämie, vereinzelte Hämor- rhagieen und medulläre Schwellung ausgezeichnet. Der hämorrhagische Charakter der Pest zeigt sich in den zahllosen Blutungen in den verschiedensten Organen; fast ausnahmslos linden sie sich in der Wand der großen Veuenstämme im Bereiche eines primären Bubo, dann in den serösen Häuten (namentlich Epi- und Perikard), auf der Schleimhaut des Verdauungskanals, namentlich des Magens und des Coecums und in den parenchymatösen Organen. Außerdem findet man hochg,radige parenchymatöse Degeneration der inneren Organe, ins- besondere der Leber, der Nieren und des Herzmuskels, ferner einen mehr oder weniger beträchtlichen akuten Milztumor, besonders in den septischen Fällen. Zuweilen sind in der Milz und in der Leber eitrige Infarktherde, die massenhaft Pestbazillen enthalten. Die Hautpest äußert sich in dem Auftreten von Pestkarbunkeln und -pusteln. In manchen Fällen stellt die Pustel oder der dem Milzbrandkarbunkel ähnliche Pestkarbunkel die primäre Infektion beim Eindringen der Pestl»azillen dar. Außerdem entwickelt sich derselbe aber sekundär im Verlaufe der Krankheit bei einem Individuum mit schon vorhandenem Bubo auf dem Wege der Metastasen durch die Blutbahn oder der rückwärtigen Lymphstauung. Stets ist bei den Karbunkeln Bubonenbildung vorhanden. Bei der Pestpustel sieht man oft entzündete Lymphgefäße zu dem nächsten Drüsenlager führen, in welchem dann ein Bubo zu entstehen pflegt. Die Pustel entsteht als ein linsengroßer, brauner Fleck auf der Haut, in dessen Umgebung die Haut hochrot und brennend wird; es entwickelt sich dann ein Bläschen bis zur Haselnussgröße mit trübem, Pestbazillen enthaltendem Inhalt und dunkel- rotem Rand. Gotschlich^^^ sowie ZAiJOLO'rNY^*"'^ beobachteten das Auf- treten von über den ganzen Körper verbreiteten varizellenartigen Pusteln, deren seröser Inhalt kulturell Pestljazillen enthielt. Ueberschreiten die Pestbazillen die Grenzen des Bubo und gelangen in das Blut, dann kommt es zu dem Bilde der Pestseptikämie und es erfolgt der Tod oft in wenigen Stunden. Fast ausnahmslos bildet sich dabei sehr schnell ein bedeutender, empfindlicher Milztumor. Im Blute finden sich dann zahlreiche Pestbazillen, ebenso in den Se- und Exkreten, namentlich im Harn, in den Faeces, in der Galle, auch im terminalen Lungenödem. Der Befund von einzelnen Pestbazillen im Blute ist ziemlich häufig und berechtigt noch nicht zu der Annahme von Septikämie; es sind viele Fälle bekannt, bei denen Pestbazillen vereinzelt oder in mäßiger Menge im Blut nachgewiesen werden konnten und die in Genesung übergingen. Eine richtige Ueber- schwemmung des Körpers mit Pestbazillen findet, ähnlich wie beim Milzbrand, erst kurz vor dem Tode statt; man darf eigentlich nur in solchen Fällen von einer Septikämie sprechen. Mit einzelnen Pestbazillen wird der Organismus, solange seine natürliche Widerstandsfähigkeit noch erhalten ist, fertig. Oft werden auch im Blut neben Pestbazillen Strepto- kokken gefunden (Mischiufektion). 522 A. Dieudonne, Lungenpest. Diese Form spielte bei manchen Epidemieeu z. B. dem schwarzen Tod, eine g-roße Rolle, sie tritt aber meistens geg-entiber der Drüsen- pest an Hiiiifigkeit zurück. Childe i-^' 20 hat bei der Epidemie in Bombay zuerst den Nachweis erbracht, dass der Pcstbacillus eine Lungen- entzündung hervorrufen kann. Man unterscheidet primäre und se- kundäre Pestpueumonieeu. Bei der ersteren stellt der pneumonische Herd die primäre Lokalisation dar, während die sekundäre Pneumonie zum bereits ausgebildeten Bilde der Pest als ein weiteres Symptom sich zugesellt. Bei der primären Pestpneumonie entwickelt sich unter Frost und folgender Hitze mit schnell zunehmenden Rasselgeräuschen über einem oder mehreren Lungenlappeu das Bild einer katarrhalischen Lungenentzündung. Der Kranke entleert reichlichen, serös schleimigen oder rostfarbenen Auswurf, der enorme Mengen von Pestbazillen ent- hält. Nur durcli die bakteriologische Untersuchung lässt sich die Pest- pneumonie von anderen Lungenentzündungen unterscheiden. Unter hoch- gradiger Dyspnoe und häufig unter Exaltationszuständen stirbt der Kranke meistens schon am dritten Krankheitstage. Doch verlaufen niclit alle Fälle tödlicli, es kommen auch Genesungen vor, wie Bitter ^i" zu- erst mitteilte, und es werden dann unter Umständen noch wochen- und monatelang (bis zu 76 Tagen) virulente Pestbazillen von den Rekon- valeszenten expektoriert (Gotsciilich-"^, Vagedes'^^). Häufig kommt es im Verlauf der Krankheit und in der Rekonvaleszenz zu Misch- infektionen mit anderen Bakterien, namentlich Diplo- und Strepto- kokken. Bei der Sektion hndet man entweder herdförmige Pneumonieen oder konfluierende Lobulärpneumonieen, welche die Unterlappen bevor- zugen. In einem von der Deutschen Kommission beobachteten Falle war in krupösen Herden Nekrose und hämorrhagische Infiltration des Centrums so weit verbreitet, dass eine Ausstoßung größerer Lungeu- fetzen und schwere Blutungen nach außen in nächster Bälde zu erwarten war. Die Bronchialdrüsen zeigen dieselben Veränderungen wie die äußeren primären Bubouen. Die weit häuflgeren sekundären Pestpneumonieen können sich bei jedem Fall von gewöhnlicher Bubonenpest finden, entgehen aber oft der klinischen Beobachtung; nach Albrecht & Ghon handelt es sich ent- weder um metastatische Pneumonieen in Form von multiplen, kleinen und größeren, peripher, subpleural sitzenden Herden oder um echte Aspirationspneumonieen, die dadurch entstehen dass Partikelchen der in diphtheritischem Zerfall begriffenen Bubonen der Tonsillen und Lymph- follikel des Pharynx und Zungengrundes direkt aspiriert werden. Ein von Voges^^*' beobachteter Patient erkrankte mit Halsschmerzen; die Besichtigung der Mundhöhle ergab nur leichte Röte der hinteren Rachen- wand; in dem davon abgekratzten Schleim fanden sich Pestbazillen in beträchtlichen Mengen. Erst am dritten Tage stellte sich Fieber ein und es entwickelte sich ein typischer Pestfall mit Bubonen, Pneumonie und Septikämie. Sowohl während der Erkrankung wie in der Rekon- valeszenz noch nach vier Wochen wurden im Auswurf massenhaft Pest- bazillen gefunden. Oft finden sich im Auswurf Pestbazillen auch in leichten Fällen von Lungenerkrankung ohne deutliche Symptome einer Lungenentzündung; solche Fälle verlaufen dann imter dem Bilde einer gewöhnlichen Bron- chitis. ITeberhanpt hndet mau bei der Sektion sehr häufig diffuse Pest. 523 Broncliitis. Besonders leicht scheint die Liingeupest zu einer hinge vorher bestandenen chronischen Lungenerkrankung-, namentlich zu tuberkulösen Prozessen hinzuzukommen; offenbar findet der Pestbacillus in der- artigen Herden einen günstigen Boden für seine Ansiedelung. In Bom- bay ließ sich eine Zunalime der Todesfälle an Erkrankungen der Re- spiratiousorgane und an Lungenschwindsucht parallel der Pestmortalität statistisch feststellen. Die Eintrittspforte für den Pestbacillus ist in erster Linie die Haut, doch ist es in der Praxis meist sehr schwer, diese Eintrittspforte ausfindig zu machen. In der Mehrzahl der Fälle genügen offenbar kleinste Verletzungen der Epidermis, unbedeutende Kratzwunden, um den Keimen den Eingang zu verschaffen, ja es reicht sogar schon inten- sives Einreiben einer Hautstelle mit Fingern oder Kleidern, denen Pest- bazilleu anhaften, hin, um eine Infektion zu erzeugen. Sehr selten kommt es dann zu einer Entzündung in der Umgebung der primären Infektionsstelle; auch eine primäre Lymphangitis fehlt fast immer, und es ist gerade eine spezifische, für die klinische DiÖerentialdiagnose wichtige Eigentümlichkeit der Pest, ohne vorangehende Lymphangitis Bubonen zu erzeugen. Sehr schön lassen sich diese Verhältnisse bei den kutan geimpften Meerschweinchen beobachten. Je nach der Impf- stelle kommt es zur Schwellung der dieser benachbarten Lymphdrüsen, zum primären Bubo. Man ist also, wie Albrecht & Giion zuerst be- touten, berechtigt, aus dem Sitze des primären Bubo auf den Ort der Invasion des Pestvirus zu schließen. Auch von der Schleimhaut insbesondere der Mund-, Nasen- und Rachenhöhle, von den Tonsillen und Follikeln des Zungengrundes und von der Conjunctiva aus kann die Infektion erfolgen. Im ersten Falle kommt es zur Bildung von Bubonen an der betreffenden Halsseite. Die Tonsillen scheinen ziemlich häufig die Eintrittspforte des Pest^■irus zu bilden. Bubonen der Gaumcntonsillen kommen zur Beobachtung, ferner primäre Geschwüre an den Mandeln mit sekundären Bubonen an den Kiefer winkeln. Bei der Lungenpest erfolgt die Infektion durch die Atmungswege durch Inhalation pestbazillenhaltigeu Materials; besonders gefährlich sind die kleinsten, noch feuchten Partikelchen des infektiösen Sputums von Pestpneumonikern, welche beim Husten und Sprechen verspritzt werden. Eine Infektion durch Inhalation trockenen Staubes ist wenig wahr- scheinlich, da die Pestbazillen im eingetrockneten Zustande bald zu Grunde gehen. Von der Nasen- und Mundhölde gelaugt das infektiöse Material durch Verschlucken und Aspiration in die Bronchien und in die Lungen und es kommt so zur Entstehung der Pestpneumonie. Eine primäre Magen- und Darminfektion beim Menschen wurde von keiner der in Bombay anwesenden Kommissionen beobachtet; sie ist jedenfalls so selten, dass man mit der Annahme einer solchen sehr vorsichtig sein muss. Dagegen spricht schon das Fehlen eines richtigen primären Bubo an den Mesenterialdrüsen, was die erste Bedingung für die Annahme einer primären Darmpest wäre. Für eine solche Infektion würde es, wie aus den Tierversuchen zu schließen ist, jedenfalls sehr großer Mengen von Pestbazillen bedürfen, welche direkt in den Magen oder Darm celangeu müssen. 524 A. Dieudonne, 9. Diagnose. Die Diagnose der Pest ist nur innerlialb der Epidemie aus dem klinischen Verlauf allein zu stellen, außerhalb derselben bedarf es stets der bakteriologischen Untersuchuugsmethoden. Insbesondere sind die- selben notwendig zur Feststellung der ersten Fälle; auch Lungeupest kann nur durch die bakteriologische Untersuchung festgestellt werden. Da diese unter Umständen sehr schwierig ist, so kann sie nur von einem geschulten Bakteriologen ausgeführt werden. Die Entnahme von Pestmaterial zur Versendung sollte möglichst vermieden werden, im allgemeinen sollte die Untersuchung eines pest- verdächtigeu Falles stets an Ort und Stelle durch einen bakterio- logischen Sachverständigen erfolgen. Nach den Erfahrungen in Wien müssen beim experimentellen Ar- beiten mit Pest, insbesondere bei Tierversuchen, Sicherungsmaßregeln ergriffen werden. In Deutschland wurden für die Errichtung und den Betrieb von solchen Pestlaboratorien ganz bestimmte Vorschriften er- lassen (Veröifentlichungen des K. Gesundheitsamtes 1902 , Nr. 38. Be- sondere Beilage). Auch Markl'*o hat die für Pestlaboratorien not- w^endigen Sicherungsmaßregeln zusammengestellt. Fassen wir zunächst nochmals den Gang der bakteriologischen Unter- suchung nach den bereits ausführlich besprochenen Methoden zusammen, so ist derselbe folgender: 1. Mikroskopisches Präparat. Polfärbuug. Fixierung in absoluten Alkohol (25 Minuten). Färbung mit Methylenblaulösung. 2. Aussaat auf Agarplatten (Strichkulturen) und Agarröhrchen (30° C). 3. Aussaat auf Gelatineplatte und Züchtung bei 22" C., sowie bei niederer Temperatur (Eisschrank), letzteres bei stark verunreinigtem Material. 4. Verimpfuug auf Eatten (subkutan, auf die unverletzte Bindehaut, Verfütterung). 5. Verimpfung auf Meerschweinchen kutan auf die rasierte Bauch- liaut, eventuell Punktion des sich bildenden Bubo nach 24 — 48 Stunden. 6. Zur Identifizierung der gezüchteten Pestkultur Agglutinations- probe. Diagnose am Lebenden. Für die Untersuchung am Lebenden kommt vor allem in Betracht der Gewebssaft von frischen Bubonen. Derselbe wird gewonnen durch Punktion und Aspiration mit einer starken PRAVAzschen Spritze oder durch breite Inzision, beides unter antiseptischen Kautelen (Ab- waschen der Haut, Sublimat, Alkohol und Aether). Der letztere Ein- griff ist, wie die Erfahrung der englischen Aerzte gezeigt hat, völlig unschädlich und es tritt sogar nach der Spaltung meist Erleichterung für den Kranken ein; allerdings wird er wahrscheinlich nicht immer von den Kranken oder dessen Angehörigen gestattet werden und man wird sich daher meist mit der Punktion mittels der Spritze be- gnügen müssen. Nach den Erfahrungen von Gotschlich genügt die- selbe zur Diagnose. Die Untersuchung des gewonnenen Saftes erfolgt nach den oben angeführten Methoden. Bei bereits vereiterten und auf- Pest. 525 gebroclieiieu Bubouen wird das Exsudat mit Spritze oder mit Kapillar- rölirchen aufgefang-en. Die Diagnose ist liier schwieriger, weil solcher Eiter meist nur noch wenig lebensfähige Pestbazillen enthält. Die mikro- skopische Untersuchung allein lässt in solchen Fällen im Stich, unter Umständen sogar auch das Kulturverfahren; erst der Tierversuch, insbesondere das Einreiben auf die rasierte Bauchhaut des Meer- schweinchens giebt hier die Entscheidung. Doch spricht der negative Ausfall des Versuchs ebenso wie bei der Prüfung des Bubonensaftes keineswegs gegen das Vorhandensein von Pest. Das Exsudat von Pestkarbunkeln und -pusteln wird gleichfalls mittels Spritze oder Kapillare gewonnen. Oft zeigen die in den Pusteln nachweisbaren Pestbazillen Degenerationserscheinungeu. In vielen Fällen führt die bakteriologische Untersuchung des Blutes zur Diagnose. Dasselbe wird gewonnen durch Einstich mit einer sterilen Lanzette an einer Fingerkuppe oder am Ohrläppchen, nachdem vorher die Haut mit Seife abgewaschen und mit Sublimat, Alkohol und Aether desiuliziert ist. Das so entnommene Blut wird auf Agarplatteu oder schräg erstarrte Agarröhrcheu ausgesät; es entwickeln sich dann in 24 — 48 Stunden die charakteristischen tautropfenähnlichen Kolonieeu. Die mikroskopische Untersuchung des Blutes ergiebt selten positives Er- gebnis, am ehesten noch mittels Doppelfärbung mit Eosin und Methylen- blau. In wichtigen Fällen ist es nötig, alle 1 — 2 Stunden Blut auf Agar auszusäen. Der Nachweis von Pestbazillen aus dem Blute ge- lingt am leichtesten kurz vor dem Tode, wo meist der Organismus von Pestbazillen überschw^emmt ist. In Fällen, wo nur vereinzelte Bazillen nachweisbar sind, erhält man nach Kolle durch Ueber- impfung von größeren Mengen Blut (1 — 2 ccm) auf größere Mengen von liüssigen Nährböden (100 ccm Bouillon) öfters noch positive Re- sultate; außerdem werden Agarplatten mit je 0,5 — 1 ccm beschickt. Endlich werden größere Mengen (1 — 2 ccm) auf Ratten (konjunktival, subkutan und intraperitoneal;, sowie auf Meerschweinchen durch Ver- reibung auf der Bauchhaut verimpft. Die hierzu nöthigen größeren Blutmengen werden durch Aderlass gewonnen, in sterilem Gefäß aufge- fangen und detibriuicrt. Von großer diagnostischer Bedeutung ist die Untersuchung der Se- und Exkrete der Kranken. Bei primärer Lungenpest ermöglicht die bakteriologische Prüfung des Sputum meist leicht und sicher die Diagnose; in typischen Fällen genügt oft der mikroskopische Ausstrich allein. Oft finden sich neben den Pestbazillen im Auswurf noch andere Bazillen und die Pestbazillen sind sogar in der Minderzahl. In solchen Fällen ist der Tierversuch, insbesondere die kutane und intraperitoueale Meerschweincheuimpfung notwendig. Auch das Bronchialsputum von Pestseptikämischen, sowie das terminale Lungenödem ist für die Diag- nose von großem Wert. Bei krankhaften Zuständen der Rachenorgane lassen sich in den Abstrichen von der Oberfläche der Schleimhaut unter Umständen Pestbazillen nachweisen. Auch im Harn werden Pestbazillen, insbesondere bei den septikämischen Fällen mit Beteiligung der Nieren, gefunden. Weit schwieriger ist dagegen der Nachweis in den Faeces; hier führt nur die Meerschweinchenimpfung zum Ziele. Sero diagnose. Wie bei Typhus, so treten auch bei Pest im Blut- serum agglutinierende Substanzen auf, wie zuerst Wyssokowitz & Za- BOLOTNY^ß', sowie die Deutsche Kommission gezeigt haben, doch hat die Reaktion nicht die praktische Bedeutung wie bei Typhus. Meist tritt 526 A. Dieudonne,'! nämlich die ag'glntiniereiicle Wirkung erst in der zweiten Krankheits- woche auf, also zu einer Zeit, wo die Diagnose bereits auf Grund anderer Symptome außer jedem Zweifel steht. Ferner ist die Eeaktion, wie auch Vagedes144 jjj Oporto bestätigen konnte, keineswegs konstant; sie kann also nur bei positivem Resultate zur Diagnose ver- wertet werden, ihr Fehlen schließt Pest nicht aus. Auch in den positiven Fällen agglutiniert das Serum meist nur in Ver- dünnungen von 1 : 3 bis 1:5, stärker wirksame Sera sind sehr selten. Die Seliwere der vorangegangenen Erkrankung steht in keinem Zu- sammenhange mit dem Grade der agglutinierenden Wirkung. Die Aufschwemmung der Pestkultur ist so herzustellen, dass keine Kon- glomerate vorhanden sind, doch hat dies oft Schwierigkeiten. Klein 6^* empfiehlt zur Aufschwemmung nicht Bouillon, sondern physiologische Kochsalzlösung zu benutzen. Man stellt das Gemisch von Aufschwemmung und Serum in den Brutschrank bei 35" und verfolgt mit freiem Auge oder mit der Lupe die in wenigen Minuten auftretende Flockenbildung. Dieselbe wird immer größer, bis die Kultur zu Boden sinkt und die Flüssigkeit darüber klar bleibt. Normales Serum hat selbst in der Verdünnung 1 : 1 keine Wirkung; das Gemisch bleibt gleichmäßig ge- trübt. Bedeutsam kann die Reaktion werden, wenn es sich darum handelt, eine in Genesung übergegangene verdächtige Erkrankung nach- träglich als Pest zu diagnostizieren. Das Serum von künstlich immunisierten Tieren (vgl. Pest- immunität, Bd. III) hat meist eine viel beträchtlichere agglutinierende Wirkung und kann zur Identifizierung einer verdächtigen Kultur mit Vorteil verwendet werden (Kossel & Overbeck, Markl^i, Kolle & Martini). Das Pestserum hat streng spezifische Eigenschaften und agglu- tiniert nur den Pestbacillus, dagegen keine diesem nahestehende Bakte- rienart, z. B. Hühnercholera. Je geringer die Virulenz des Peststammes, desto stärker wird derselbe von dem Serum agglutiniert. Das vom PASTEURSchen Institut gelieferte Pestserum agglutinierte Peststämme verschiedener Virulenz in Verdünnungen von 1 : lÖOO bis 1 : 6CX)0 (Kolle & Martini). Serum von normalen Tieren zeigte selbst unverdünnt keine Wirkung. Das Pariser Pestserum, das in trockenem Zustande geliefert wird, ist demnach zur Identifizierung von Pcstbazillen sehr brauchbar. Namentlich empfehlen es Kolle & Martini zur Ditferenzierung von avirulenten Kulturen, bei denen also selbst der Tierversuch versagen kann. Das Pestscrum ist durch diese Eigenschaft den kulturellen Unterscheidungsmethoden sogar überlegen; eine einzige Agglutinations- probe mit Kontrollversuch genügt und gestattet sofortiges Urteil. Diagnose von der Leiche, Meist ist eine völlige Sektion, wenigstens für praktische diagnostische Zwecke, unnötig und es genügt die Untersuchung der zur Diagnose Avichtigsten Organe. Am besten wird an Ort und Stelle eine mikro- skopische Untersuchung des primären Bubo ausgeführt. Ein positiver Bazillcnbefuud erlaubt dann eine vorläufige Diagnose, doch ist stets Kultur und Tierversuch anzuschließen, namentlich bei ersten Fällen. Ist kein primärer Bubo vorhanden, so macht man eine Eröffnung der Brust- und Bauchhöhle und fertigt zunächst Ausstriche aus der Milz und von Herzblut an. Bei verdächtigen Lungeuerkrankungen werden Abstriche von der Schnittfläche der Lunge gemacht, eventuell genügt Pest. 527 auch eine Aspiration von Luugeninhalt mit langer Kanüle mittels PRAVAzsclier Spritze. Ergiebt die mikroskopisclie Untersnchung an Ort nnd Stelle keine sicheren Anhaltspunkte, so ist eine vollständige Sektion notwendig, die aber nur in einem wasserdicht ausgepichten Sarg unter Beobachtung der peinlichsten Vorsichtsmaßregeln ausgeführt werden darf. Namentlich ist eine vollkommene Sektion nötig, wenn es sich um Fest- stellung der Eingangspforte handelt. Mau hat dann besonders auf das Verhalten der Eachenorgane, sowie aller, auch der versteckt liegenden Drüsengruppen, ferner auf das Vorhandensein von Blutungen (namentlich in der Schleimliaut des Verdauungskanals und in den serösen Üeberzügen des Herzens), eventuell auch auf das Bestehen einer Hirnhautentzündung zu achten. Milz, Leber, Lunge, namentlich Lungenödem, Blut aus dem Herzen, Pleura- und Peritonealexsudat, Galle, eventuell Meningealeiter wird zur mikroskopischen und kulturellen Untersuchung, sowie zum Tierversuch verwendet. Untersuchung von pestverdächtigen Tierkadavern. Vor allem kommen hierbei in Betracht Ratten und Mäuse, eventuell Katzen. Bei frischen, nicht vorfaulten Kadavern wird sorgfältige Ob- duktion meist zum Ziele führen; hierbei ist auf die besonders bei liatten oft schön ausgeprägten primären Bubonen (Submaxillar- und Aurikular- drUsen) und auf die Milz zu achten. Aus diesen Organen sowie aus Blut werden mikroskopische Ausstriche gemacht, Agarplatten angelegt, Ratten und Meerschweinchen geimpft und die Kadaver au Ratten ver- füttert. Bei vcrtaulten Kadavern ist die Untersuchung schwierig und kann unter Umständen negative Resultate ergeben. Auch hier ist eine sorgfältige Obduktion notwendig mit genauer Untersuchung der Lymph- drüsen; mikroskopisches Präparat und Verimpfung der Drüsen- oder Milzemulsion auf die rasierte Bauchhaut von Meerschweinchen. Untersuchung von Schmutzabfällen, Staub u. s. w. Mau macht eine Aufschwemmung des verdächtigen Materials und verimpft dieselbe auf die rasierte Bauchhaut von Meerschweinchen. In Deutschland ist zum Zweck eines einheitlichen Verfahrens bei der bakteriologischen Prüfung pestverdächtiger Krankheitsfälle eine Anwei- sung zur Entnahme und Versendung pestverdächtiger Untersuchungs- objekte, sowie eine Anleitung für die bakteriologische Feststellung der Pestfälle ausgegeben worden (al)gedruckt bei Kossel & Overbeck^'"), deren Wortlaiit hier angefügt sei: Anweisung zur Entnahme und Versendung pestverdächtiger üntersuohungsobjekte. Vorbemerkung'. Die Versenduug pestverdächtigen Materials wird iu der Regel nur erforderlich: 1. wenn die Entsendung eines bakteriologischen Sachverständigen zur Untersuchung des Falles ' an Ort und Stelle nicht schnell genug oder überhaupt uiclit erfolgen kann. 528 A. Dieudonne, 2. wenn der Sachverständige Material zur genaueren Untersuchung an ein Laboratorium senden will, während er an Ort und Stelle bleibt, 3. wenn Uutersuehuugsmaterial oder Kulturen von einem Laboratorium an ein anderes versandt werden sollen. A. Entnahme des Materials. a) vom Lebenden. Drüsensaft. Nach gründlicher Reinigung der Haut mit warmem Seifen- wasser, Alkohol und destilliertem Wasser wird aus einer geschwolleneu Drüse mittels Einschnitts oder durch Ansaugen mit einer frisch durch Auskochen keimfrei gemachten Ppavaz sehen Spritze etwas Drüsensaft gewonnen und auf eine Anzahl Deckgläschen in der Weise verteilt, dass auf jedes ein kleines Tröpfchen gebracht und mit der Kanüle in dünner Schicht verteilt Avird. Das Gläschen wird dann mit der bestricheneu Seite nach oben zum Trockneu hingelegt. Drüseuteile. Die DrüsengeschAvulst wird unter Aetherspray durch eiuen Schnitt gespalten und ein hinreichend großes Stück derselben exstirpiert und in ein weithalsiges Pulverglas gethau. Drüseneiter. Ist die Drüsengeschwulst schon in Eiterung übergegangen, so wird sie gespalten und der Eiter in einem weithalsigen Pulverglas auf- gefangen. Blut. Durch Einstich mit sterilisierter Lanzette in die sorgfältig gereinigte Haut (Fingerspitze, Ohrläppchen u. s. w.) des Krauken werden Blutstropfen gewonnen und auf möglichst viele Deckgläscheu übertragen. Hat ein Einschnitt gemacht werden müssen, so wird das dabei ausfließende Blut in eiuem Pulverglas aufgefangen. Lungenauswurf, Lungenödemflüssigkeit und Urin des Krauken werden in starkwandige Gläser gefüllt. b) von der Leiche. Die Obduktion der Leiche ist in der Piegel nur soweit auszuführen, wie die Sicherung der bakteriologischeu Diagnose bezw. die Gewinnung des ge- eigneten Untersuchungsmaterials es erfordern. Meist wird es genügen, der bereits in den abgedichteten Sarg gelegten Leiche folgendes Material zu ent- nehmen : 1. eine geschwollene Lymphdrüse (möglichst einen sogenannten pri- mären Bubo); 2. ein etwa wallnussgroßes Stück der durch einen Schnitt am linken Piippenbogen zugänglich gemachten Milz; 3. 10 bis 20 ccm Blut, das zweckmäßig einer Vena jugularis ent- nommen wird. Falls ein Bubo nicht aufzufinden ist oder der Verdacht auf Luugen- pest besteht, so siud die Brusteiugeweide vorsichtig herauszunehmen und die Lungen auf pneumonische Herde zu untersuchen. Unter solchen Umständen sind 4. aus erkrankt oder verdächtig befundenen Lungenteilen ein oder einige etwa wallnussgroße Stücke zu entnehmen. Die Organstücke werden zusammen, das Blut für sich, in ein weithalsiges Pulverglas gethan. Pest. 529 B. Behandlung der zur Aufnahme von Untersuchungsmaterial bestimmten Gefäfse. Die Pnlvergläser düifen nicht zii dünnwandig sein und müssen vor dem Gebrauche frisch ausgekocht werden. Nach der Aufnalime des Untersuchungs- materials sind sie mit eingeriebenen C41asstopfen oder frisch ausgekochten Korken zu verschließen und die Stopfen mit Pergamentpapier zu überbinden. Die Gefäße dürfen nicht mit einer Desinfektionsflüssigkeit ausgespült sein, auch darf zu dem Untersuchungsmateriale keine fremde Flüssigkeit hinzugesetzt werden. C. Verpackung und Versendung. In eine Sendung dürfen immer nur üntersuchungsmaterialien von einem Kranken bezw. einer Leiche gepackt werden. Ein Schein ist beizulegen, auf dem anzugeben sind: die einzelnen Bestandteile der Sendung, Name, Alter, Geschlecht des Kranken bezw. der Leiche, Tag und Ort der Erkrankung, Heimats- bezw. Herkunftsort der von auswärts zugereisten Personen, Krankheitsform, Tag und Stunde des Todes, Tag und Stunde der Entnahme des Untersuchungs- materials. Auf jedem einzelnen Glase ist außerdem der Inhalt zu verzeichnen. Zum Verpacken dürfen nur feste Kisten — keine Zigarrenkisten, Papp- schachteln und dergleichen — benutzt werden. Mit Untersuchungsmaterial beschickte Deckgläscheu werden in signierte Stückchen Fliespapier geschlagen und mit Watte fest in einem besonderen Schächtelchen verpackt. Die Gefäße und Schächtelchen mit dem Untersuchungsmateriale sind in den Kisten mittels Holzwolle, Heu, Stroh, Watte imd dergleichen so zu verpacken, dass sie unbeweglich liegen und nicht aneinander stoßen. Die Sendung muss mit starkem Bindfaden umschnürt, versiegelt und mit der deutlich geschriebenen Adresse der Untersuchungsstelle sowie mit dem Vermerke »Vorsicht« versehen werd"en. Bei Beförderung durch die Post ist die Sendung als dringendes Paket aufzugeben und der Untersuchungsstelle, an welche sie gerichtet ist, tele- graphisch anzukündigen. Ueberhaupt ist sowohl bei der Entnahme als auch bei der Verpackung und Versendung der Materialien jeder Zeitverlust zu ver- meiden, da sonst das Ergebnis der Untersuchung in Frage gestellt wird. D. Versendung lebender Kulturen der Pesterreger. Die Versendung von lebenden Kulturen der Pesterreger erfolgt in zu- geschmolzenen Glasröhren, die, umgeben von einer weichen Hülle (Filtrierpapier und Watte oder Holzwolle), in einem durch übergreifeuden Deckel gut ver- schlossenen Blechgefäße stehen, das letztere ist seinerseits noch in einer Kiste mit Holzwolle oder Watte zu verpacken. Es empfiehlt sich, nur frisch angelegte, noch nicht im Brutschrank gehaltene Aussaaten auf festem Nährboden zu versenden. Die weitere Verpackung und Versendung geschieht wie unter C. Abs. 3 u. 4. Anleitung für die bakteriologische Feststellung der Pestfälle. 1. Gewinnung des zur Untersuchung geeigneten Materials. A. Vom Lebenden. 1. Aus erkrankten Drüsen: a) frischer Bubo: Gewinnung von Gewebssaft durch breiten Einschnitt (unter antiseptischen Kautelen) oder durch Punktion mittels Pravaz- scher Spritze; bj vereiterter Bubo: Gewinnung des Eiters wie bei a. Handbucli der pathogenen Mikroorganismen. IL 34 530 A. Dieudonne, 2. Blut: Gewinuimg durch Stich mit sterilisierter Lanzette in die vorher mit Seife, Alkohol und Aether gereinigte Haut (Fingerspitze, Ohrläppchen u. s. w.). Größere Mengen von Blut zur Gewinnung von Serum für die Agglutinations- probe (zwecks Feststellung überstandener Pest) werden durch Venenpunktion am Vorderarm oder sterilen Schröpfkopf gewonnen. 3. Von erkrankten Hautstellen: primäre Pestpusteln, Furunkel, pustulöses Exanthem. Gewinnung des Inhalts mittelst Glaskapillareu, Platinöse, schmalen Platiuspatels, Messerspitze oder dergl. 4. Ausscheidungen: Auswurf bei primärer Lungenpest, Pneumonie und terminalem Lungenödem schwerer Septikämie; bei krankhaften Zuständen der Rachenorgane Abstriche von der Überfläche der Schleimhaut; Harn. B. Von der Leiche. Vorbemerkung. Die Sektion hat zu geschehen, während die Leiche im abgedichteten Sarge liegt. Jede Verunreinigung der Umgebung durch Ge- websflüssigkeit ist sorgfältig zu vermeiden. Eine vollständige Sektion ist besonders bei den ersten Fällen in einer Ortschaft möglichst zu umgehen. Am besten wird zunächst an Ort und Stelle eine mikroskopische Untersuchung von Drüsen- oder Milz- oder Lungensaft ausgeführt. Sobald Pestbazillen in erkrankten Drüsen oder in der Milz oder in der Lunge mikroskopisch nachgewiesen sind, ist möglichst auf die weitere Sektion zu verzichten. Falls die mikroskopische Untersuchung der genannten Organe an Ort und Stelle keine sicheren Anhaltspunkte für Pest ergeben hat, ist die vollständige Sektion auszuführen und dabei besonders auf das Verhalten der Ptachenorgane, sowie aller, auch der versteckt liegenden Drüsengruppen, ferner auf das Vor- handensein von Blutungen (besonders in der Schleimhaut des Verdauungskanals und in den serösen Ueberzügen des Herzens), eventuell auch auf das Bestehen einer Hirnhautentzündung zu achten. Es empfiehlt sich, auch eine bakterio- logische Untersuchung der Galle in diesen Fällen vorzunehmen. In jedem Falle werden Organe zur weiteren Verarbeitung mittelst des Kulturverfahrens beziehungsweise Tierversuchs in gut verschlossenen Gefäßen mitgenommen, ebenso kleine Organstückchen in Alkohol oder Sublimatalkohol. Nach vollendeter Sektion ist der Sarg in Gegenwart des Obduzenten sofort zu verschließen, etwa verspritzte Gewebsflüssigkeit durch verdünntes Kresol- wasser unschädlich zu machen und sind die zur Sektion benutzten Instrumente durch Auskochen zu reinigen, Tücher, Schwämme u. s. w. zu desinfizieren oder, wenn wertlos, zu vernichten. 1. Aus Mund und Nase hervorgequollene Flüssigkeit. 2. Pusteln und Furunkel der Haut. 3. Drüsensaft, Drüseueiter oder Oedemflüssigkeit aus der Umgebung der Drüse, Drüsenstückchen. Zu gewinnen durch Einschnitt in erkrankte Drüsen- pakete, vorzugsweise solche, welche starke entzündliehe Durchtränkung des umgebenden Bindegewebes zeigen. Besonders zu achten ist auf blutig infil- trierte Drüsen. 4. Herzblut. 5. Lunge. Abstrich von der Schnittfläche; bei ödematöser oder pneu- monisch infiltrierter Lunge; Inhalt der Luftröhre und ihrer Verzweigungen; Lungenstückchen. 6. Milz. Abstrich von der Schnittfläche; Milzsaft; Milzstückchen. 7. Gehirn. Krankhaft veränderte Stellen des Hirns und seiner Häute. 8. Herdförmige Erkrankungen der inneren Organe (metastatische Abszesse, Infarkte, Blutungen u. s. w.). Pest. 531 2. Gang der Untersuchung. Bei jeder üntersncliung auf Pest ist außer der Untersuchung durch das Mikroskop und die Kultur auf Agar und Gelatine möglichst stets der Tier- versuch heranzuziehen. Derselbe ist unerlässlich, Avenn es sich um die Fest- stellung des ersten Falles in einer Ortschaft handelt. A. Mikroskopische Untersuchung. Von dem zu untersuchenden Materiale sind zunächst reichlich Deckglas- präparate anzufertigen. Ein Teil derselben wird unfixiert und ungefärbt in einem Deckglasschächtelchen aufbewahrt, um bei etwaiger Nachprüfung des Uutersuchungsergebnisses benutzt zu werden. Die anderen Ausstriche werden nach einer der folgenden FärbuugsmQthoden behandelt und ebenfalls für spätere Nachprüfungen aufgehoben. Färbung: mit Methylenblau — alkalisches M. nach Lüffler, Borax- methylenblau [p % Borax, 2% Methylenblau in Wasser), — verdünnter ZiEHLScher Lösung, Gentianaviolett. Charakteristische Polfärbung: Trockenpräparate 25 Minuten in absolutem Alkohol oder für weuige Sekunden in einer Mischung von Aether und Alkohol zu gleichen Teilen härteu, daun mit einem der genannten Farbstofie färben. B. Kultur. 1. Fleischwasseragar (0,5^ Kochsalz, \% Pepton). Schwach alkalisch, nicht trocken, zu Platten ausgegossen oder in weiten Reagenzgläsern schräg erstarrt; Temperaturoptimum etwa 30°. Anzuwenden bei Blut und anderem möglichst reinen Untersuchungsmateriale. 2. Blutserum nach Löffler: Rinderserum mit dem 4. oder 5. Teile einer 1 % Traubenzucker enthaltenden alkalisierten Peptoubouillon in weiten Röhrchen schräg oder in Platten erstarrt. Anzuwenden wie Agar. 3. Fleischwassergelatine (0,5^ Kochsalz, \% Pepton). Schwach alkalisch. Plattengießen oder Ausstrich auf der Oberfläche der erstarrten Platte. Anwendung in jedem Falle erforderlich, besonders wertvoll bei Material, das mikroskopisch andere Bakterien neben Pestbazilleu enthält, z. B. Sputum, Urin, Kot, Leichenteile. Bei stark verunreinigtem Material ist die Züchtung auf Gelatine bei niederer Temperatur (Eisschrank) zu versuchen. Aus den Originalausstrichen sind die Pestbazilleu rein zu züchten und Rein- kulturen derselben auf Agar oder LöFFLERSchem Blutserum zur Nachprüfung aufzubewahren. Zur genaueren Bestimmung einer auf den unter 1 bis 3 genaunten Nähr- böden aus verdächtigem Material gezüchteten Kultur dient Prüfung auf Be- weglichkeit (unbeweglich), Färbung nach Gram (Entfärbung), Züchtung auf Agar mit 3 % Kochsalzgehalt (zur Darstellung der Involutions- und Degene- rationsformen), in schwach alkalischer Bouillon (zur Darstellung der Ketten), eventuell Gärungsprobe (keine Gasentwicklung) ; Tierversuch siehe C ; Aggluti- natiousprobe siehe D. C. Tierversuch (nur in den vorschriftsmäßig eingerichteten Pestlaboratorien vorzunehmen). 1. Ziar Erleichterung der Diagnose: Impfung von Ratten. Die Impfung geschieht durch Einspritzung von Gewebssaft unter die Haut oder Einbringung eines Stückchens des verdächtigen Materials in eine Hauttasche unter anti- 34* 532 A. Dieudonne, septischen Kautelen. Bei stark verunreinigtem Ausgangsmaterial ist daneben die Verimpfung auf die unverletzte Conjunctiva und die Verfütterung vorzunehmen. Neben den Ratten können auch Meerschweinchen benutzt werden. Die Impfung derselben geschieht am besten durch Einreiben des zu untersuchenden Materials auf die rasierte Bauchhaut. 2. Zur Bestimmung einer aus verdächtigem Materiale gezüchteten Rein- kultur: Impfung von Ratten. Die Versuchstiere sind am zweckmäßigsten in hohen, in Wasserdampf sterilisierbaren Glasgefäßen mit Drahtumhüllung und fest anschließendem Drahtdeckel mit Watteabschluss unterzubringen. Die Kadaver sind durch Verbrennen oder Auflösen in konzentrierter Schwefelsäure zu vernichten, be- ziehungsweise durch längere Einwirkung von Wasserdampf sicher unschädlich zu machen, die infizierten Käfige mit den Streumaterialien und Fntterresten durch Wasserdampf zu sterilisieren. Die verendeten Tiere sind unter Beobachtung peinlicher Vorsiehtsmaßregelu gegen Verspritzen des Materials zu sezieren. Blut, Milz, Drüsensaft, Peritoneal- exsudat sind mikroskopisch und kulturell zu untersuchen. D. Agglutinationsprobe. 1. Zur Bestimmung einer gezüchteten Kultur: Wirksames Serum immuni- sierter Tiere wird in den entsprechenden Verdünnungen zu einer frisch be- reiteten, möglichst homogenen Aufschwemmung zweitägiger Agarkulturen in Bouillon oder Kochsalzlösung hinzugefügt. Die Beobachtung der eintretenden Agglutination erfolgt am besten in kleinen Reagenzgläschen mit Hilfe der Lupe. Es empfiehlt sich, die Probe mit dem Serum gut durchzuschütteln und dann bei Bruttemperatur Y2 Stunde lang ruhig stehen zu lassen. Positiver Ausfall der Reaktion — an dem Auftreten zu Boden sinkender Flöckchen mit Klärung der überstehenden Flüssigkeit erkennbar — spricht mit größter Wahrscheinlichkeit für Pestbazillen. 2. Zur Prüfung des Blutserums eines unter verdächtigen Erscheinungen erkrankt gewesenen Menschen: In Verdünnung des Serums 1:1, 1:2, 1:5, 1 : 10 in 0,6 prozentiger Kochsalzlösung wird je eine Oese einer zweitägigen Agarkultur von Pestbazillen auf 1 ccm der Serummischung gut verteilt und gut umgeschüttelt. Die so hergestellten Proben werden, wie bei 1 angegeben, weiter behandelt. Tritt makroskopisch sichtbare Agglutination auf, so handelt es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um einen abgelaufenen, in Rekon- valeszenz befindlichen Pestfall. Ein negativer Ausfall der Probe spricht nicht gegen die Diagnose Pest. 10. Epidemiologie. Die europäischen Pestepidemieen aller Jahrhunderte lassen sich mit Sicherheit sämtlich auf den Orient zurückführen. Wir nehmen zur Zeit 4 endemische Pestherde an, von denen aus die Seuche sich von Zeit zu Zeit epidemisch ausbreitet. Ein Herd ist in China, in der Pro- vinz YUnnan, mit dem der Pestausbruch in Hongkong in Verbindung steht, ein zweiter ist im Himalaya, von dem die Bombayer Epidemie wahrscheinlich ihren Ausgang genommen hat, ein dritter in dem südlich von Mekka, an der Westseite von Arabien sich hinziehenden Gebirgs- lande Assir. Ein vierter Herd wurde von R. Koch 69 und Zupitza i^* im Innern von Afrika in Uganda (Britisch -Ostafrika) am Quellgebiet des weißen Nil festgestellt, von wo aus bereits eine Verschleppung nach dem Pest. 533 iu deutschem Besitz befiudliclien Kisiba erfolgt ist. Auf diesen Herd sind wahrscheinlich die früheren Epidemieen iu Egypten zurückzuführen. Ueber den Pestherd in den Abhängen des Himalaya finden sich im Bericht der Deutschen Kommission nähere Mitteilungen; er umfasst die beiden in den südwestlichen Ausläufern des Himalaya gelegenen Distrikte der Nordwest-Provinzen British ClarbwaP; und »Kumaun«, ein von sehr tiefen Einschnitten durchzogenes, überaus wildes, von etwa einer Million Seelen bewohntes Gebirgsland. Seit Jahrzehnten sind in diesen Gebieten epidemische Ausbrüche einer Krankheit erfolgt, welche als »Mahamari« oder < Phutkiya Eog« bezeichnet wird und die zweifel- los mit Pest identisch ist. Von 1823 — 1897 wurden von den englischen Aerzten 30 größere oder kleinere p]pidemieen beolxachtet; nach A. Hirsch unterliegt es aber keinem Zweifel, dass die Seuche weit über das Jahr 1823 zurückreicht. Viele dieser Epidemieen waren ähnlich wie der schwarze Tod des Mittelalters durch das Auftreten von Lungenpest charakterisiert. Bei verschiedenen Seuchen war ein auffallendes Sterl)en der Ratten be- merkbar. Die Deutsche Kommission nimmt an, dass diese Tiere aucli an der Erhaltung der Pestbazillen in diesen endemischen Herden wesentlich beteiligt sind. Diese Ansicht findet eine wesentliche Stütze iu der schon erwähnten Beobachtung, dass bei den Ratten eine chronische Form der Pest vorkommen kann. Auf diese Weise können sich die Pest- keime lange im Tierkörper lebensfähig erhalten und von Zeit zu Zeit wieder eine Epidemie imtcr den Ratten hervorrufen. Die Seuche bleibt dann in dem überaus zerklüfteten Gebirgslande durch allmähliche Ver- schleppung des Krankheitskeimes von einer Rattenkolonie zur andern auch ohne Beteiligung der Menschen lange erhalten. Die Beobachtung, dass dem Ausbruch der Mahamari an einem Orte nicht selten eine Aus- wanderung der zuerst heimgesuchten Ratten vorangegangen ist, weist auf die Möglichkeit derartiger Verschleppungen hin. Von Interesse für die Erklärung des Erhaltenbleibens der Pest in ihren endemischen Herden sind auch die Beobachtungen der russischen Aerzte Bieliawskyis' und RE8CiiETNiKOFFi23üi)er die Tarbaganenpest in der Mongolei. In den ausgedehnten, dem Baikalgebirge angrenzenden Steppen konnnt eine dem Murmeltier nahestehende Nagerart, der »Arctomys bobac« häufig vor. Fast in jedem Jahre, hauptsächlich im Spätsommer, bezw. Herbstanfang und begünstigt durch Trockenheit herrscht unter diesen Tieren eine von den Eingeborenen als »Arctomyspest ; bezeichnete Seuche. Von derselben befallene Tiere werden apathisch und lassen sich leicht ffingen ; sie erliegen der Krankheit stets. Wie Favre "-'^ berichtet, vermeiden die Eingeborenen das Abhäuten und Verzehren kranker Tarbagauen und hüten sich vor der Berührung aller solcher Tiere, die in der Axillar- oder Inguiualgegend Bubonen aufweisen. Während Wölfe und Hunde solche Kadaver ohne Nachteil fressen, kann der Mensch durch Kontakt mit denselben oder auch mit den kranken Tieren sich anstecken und die als unheilbar geltende Krankheit soll sich dann leicht durch Kontagion auf andere Menschen verbreiten. Die Symptome der Krankheit sind: hohes Fieber, Kopfschmerz, zuweilen blutig gefärbter Lungenauswurf, schmerzhafte Anschwellung der Achsel- und Leistendrüsen. Ganze Ort- schaften der eingeborenen Bevölkerung sollen schon zu Grunde gegangen sein. Nach Skschivax^^si kommen solche Epidemieen auf dem ganzen Gebiete des ostasiatischen Plateaus von Sibirien durch die ganze Mongolei bis nach Tibet vor. Aus weiteren Berichten russischer Forscher (Zabo- L0TNYiß2^ RuDEXKO'25) geht hcrvor, dass es sich bei dieser Tier- und 534 A. Dieiidonne, Menschenkrankheit sicher um Pest handelt, wenn auch der hakterio- logische Beweis hierfür noch nicht erbracht ist. Die Pest breitet sich nach erfolgter Einschleppnng- zunächst langsam aus und nistet sich so im Laufe von Wochen und Monaten ganz un- bemerkt ein, wenn sie einen günstigen Boden findet und sich selbst überlassen bleibt. Man kann bei jeder Pestepidemie drei Stadien unter- scheiden: ein langsames Anschwellen von kleinen Zentren aus, die Akme eines fast allgemeinen Sterbens und ein langsames Abschwellen. Durch dieses charakteristische Verhalten unterscheidet sich die Pest epidemiologisch von anderen Volksseuchen, wie Cholera, bei welcher ein explosionsartiges Auftreten zu beobachten ist. Hat sich aber ein Pestherd ausgebildet, so bleibt die Seuche lange, oft Jahrzehnte bestehen, und bietet dann allen Bemühungen, sie auszurotten, Trotz. Die Pest haftet hartnäckig an den Wohnungen und breitet sich ferner nicht, wie die Cholera, rasch ül)er weite Teile einer Stadt aus, sondern sie geht langsam von Haus zu Haus. Sobald die Bewohner ein solches Haus verlassen, hört für sie die Infektionsgefahr auf In solchen »Pesthäusern« ist otfenbar das Pestvirus in haltbarer Form und großer Konzentration vorhanden. Bei der schmutzigen Umgebung der Eingeborenen Chinas und Indiens, ihrer Zusammendrängung in engen, dunkeln, schlecht ventilierten Wohnungen wird dies nach dem ganzen biologischen Verhalten des Pestl)acillus leicht verständlich. Die Pest ist in der Hauptsache eine Krankheit des Schmutzes und des Elends. Wo Licht und l^uft reichlich vorhanden ist und Reinliclikeit herrscht, findet die Seuche keinen Boden. Die in luftigen, hellen und geräumigen Wohnungen lebenden Europäer in China und Indien blieben fast ganz verschont. Meteorologische Einflüsse spielen bei der Entstehung und Ausbrei- tung der Seuche keine große Belle und haben vielleicht nur indirekten Einfluss. In Indien bevorzugt die Seuche die kühlere Jahreszeit und geht im eigentlichen Sommer zurück. Die Pest kehrt sich weder an Breitegrade, noch an Höhen. Die Inkubationsdauer beträgt nach den seitherigen Erfahrungen im Durchschnitt 3, höchstens 10 Tage; Gotsciilicii''''* konnte dieselbe in einigen Fällen bestimmt auf 4—6, Kitas ato"^ auf 6— 7 Tage feststellen. Von verschiedenen Seiten wurde allerdings eine längere Inkubations- dauer für möglich gehalten, doch hat dies otfenl)ar darin seinen (Irund, dass man nachträgliche späte Infektionen durch Wäsche u. dgl. für An- steckung mit langer Inkubation hielt. Die Verbreitung der Pest erfolgt durch den Menschen und den menschlichen Verkehr einerseits und durch Ratten an- dererseits. Ueberall folgt die Pest den großen Handels- und Verkehrsstraßen. Alle Ausbrüche der letzten Jahre deuten auf die Verbreitung durch den Seeverkehr hin, indem die ersten Fälle immer in den Seehäfen beobachtet wurden. Die Uebertragung vom Menschen zum Menschen kann entweder direkt durch den erkrankten Menschen selbst erfolgen oder indirekt in der Weise, das die infizierte Wohnung desselben oder infizierte Wäsche- und Kleidungsstücke und sonstige Gebrauchsgegenstände die Zwischen- träger abgeben. Bei der direkten Ueberti'agung sind die leichteren, unkomplizierten zur Heilung gelangenden Bubonenfälle wenig gefährlich, auch dann, wenn Pest. 535 die Buboneu eitern und aufbrechen, da dieser Eiter meist keine oder wenig lebensfähige Keime enthält. Dafür sprechen die verhältnissmäßig seltenen Infektionen unter dem Personal gut gehaltener Pestspitäler. Infektiös sind dagegen die schweren septikämischen Fälle, wo sekundär die Pest- bazillen in das Blut und in alle Organe einwandern und wo die Krank- heitskeime noch während des Lebens mit den Exkreten (Sputum, Urin, Faeces) ausgeschieden werden, besonders massenhaft in dem kurz vor dem Tode erscheinenden Lungenödem. Am gefährlichsten aber sind die Fälle von Lungenpest mit dem kopiösen, dünnflüssigen, massenhaft Pest- bazillen enthaltenden Sputum, das von dem Kranken beim Husten und selbst schon beim Sprechen in Form feinster Tröpfchen leicht verspritzt wird. Die Uebertragung der von den Pestkranken ausgeschiedenen Pest- keime auf die Gesunden erfolgt entweder von der Haut aus durch kleinste, meistens unbemerkt bleibende Verletzungen, un1)edeutende Kratzwunden, Flohstiche u. dgl., dann von den inneren Schleimhäuten oder von den Lungen aus. Dagegen ist, wie sclum erwähnt, der Darm- tractus nicht mit Sicherheit als Eingangspforte nachgewiesen und es kann daher auch das Wasser keine große Rolle in epidemiologischer Be- ziehung spielen. Von Bedeutung für die Verbreitung der Seuche sind die in Heilung tibergehenden Fälle und die leichten Fälle von Lungenerkraukung, die unter dem Bilde einer gewöhnlichen Bronchitis auftreten und so un- bemerkt mit ihrem ganz normal aussehenden Sputum die Krankheit verschleppen können. Rekonvaleszenten von echter Lungenpest können Wochen- und monatelang mit ihrem gleichfalls äußerlich ganz unverdächtigen Auswurf lebensfähige virulente Keime entleeren. Mau muss daher bei der Entlassung solcher Kranker aus dem Spital sehr vorsichtig sein. Die indirekte Uebertragung erfolgt durch Vermittelung von getragenen Wäsche-, Kleidungsstücken und sonstigen Gebrauchsgegenstän- den, sowie durch die verseuchte Wohnung. Diese Art der Uebertragung scheint nach den Erfahrungen von Gotsciilich^'J häufiger zu sein als man bisher annahm. Wie Gotschlkh hervorhebt, ist die Zahl von Per- sonen, die mit einem Pestkranken bezw. mit dessen infektiösen Exkreten (Harn und Auswurf) in direkten Kontakt kommt, viel geringer als die Anzahl derer, die Gelegenheit finden, sich durch die mit Lungenpest- auswurf infizierten oder mit einer Pestleiche in Berührung gewesenen Kleidungsstücke oder durch die Wohnung des Verstorbenen anzustecken, zumal wenn man bedenkt, dass die Pestbazillen unter Bedingungen, wie sie in praxi oft genug vorkommen, sich an infizierten Eflekteu lange lebend und virulent erhalten können. Das Wiederauftreten einzelner Fälle nach langer Pause (vielen Wochen), wo die Epidemie schon er- loschen scheint, lässt sich nach Gotschlich nur dadurch erklären, dass sich irgendwo noch Pestbazillen in der Außenwelt lebend und infektions- tüchtig erhalten haben. Die indirekte Ansteckung ist deshalb von praktischer Bedeutung, weil sie unkontrollierbar und unbeschränkt in ihrer Wirkung, viel weniger zu beherrschen ist, als der direkte Kontakt mit schweren Pestkranken oder mit Pestleichen. Auch über weitere Strecken kann die Pest, wie verschiedene Beobachtungen in der neueren Zeit gelehrt haben, durch infizierte Eftekteu, insbesondere Wäsche und Kleider verschleppt werden. So ist in London 1896 eine Pesteinschleppung durch Wäsche erfolgt, welche von Indien nach London transportiert und dort nach einiger Zeit ausgepackt 536 A. Dieudonne, worden war. Nacli Havelburg ^^ soll die Pest in Buenos Ayres 1899 dnrcli Pakete aus Oporto mit getragenen Kleidern und Wäsche einge- schleppt worden sein. Die Kesistenz der Pestbazillen ist zwar gegen energisches Austrocknen verhältnismäßig gering, dagegen halten sich die Keime bei unvollkommener Austrocknung in dicken Schichten wochen- und monatelang vollvirulent, so z. B. im Innern von Wäschebüudelu, die mit Auswurf eines Lungenkranken infiziert sind. Insbesondere wird dies der Fall sein in feuchten dunkeln Räumen und auf Schiffen. Waren an sich sind von untergeordneter Bedeutung, sie können aber durch Batten gefährlich werden, namentlich das Getreide. Beerdigte Pestlei cheu sind für die Verbreitung der Pest ohne Bedeutung, da die Pestbazillen sich nur kurze Zeit in beerdigten Leichen halten. Auch die Erfahrungen in Bombay haben gezeigt, das Friedhöfe niemals Infektionsquellen darstellten. Eine wesentliche, vielleicht sogar die wesentlichste Rolle bei der Verbreitung der Pest spielen die Ratten. AVie wir gesehen haben, besitzen diese Tiere eine sehr große Empfänglichkeit für Pest und über- tragen die Krankheit leicht auf ihre Artgenossen. Bei verschiedenen Epidemieen ging dem Ausbruch der Pest unter den Menschen eine seuchen- artige Krankheit und ein massenhaftes Sterben der Ratten voraus (Hong- kong, Bombay). Die Untersuchung scdcher in der Freiheit der Pest erlegenen Ratten ergab das Vorhandensein von Bubonen und massen- haften Pestbazillen in allen Organen. Die pestkranken Ratten zeigen ein eigentümliches Verhalten: sie verlassen ihre Löcher, zeigen keine Furcht vor dem Menschen mehr, tummeln sich herum, macheu seltsame Sprünge, werden schnell schwach und l)leibcn dann tot liegen. Die Eingeborenen in Bombay waren von dem Zusammenhang der Ratten- und Menschenpest so überzeug-t, dass manche schon ihre Häuser ver- ließen, wenn sie eine tote Ratte fanden. Dasselbe thun nach Zupitza^^s die Eingeborenen in Zentralafrika (Kisiba). Die Verbreitung der Seuche unter den Ratten erfolgt sehr rasch, da diese Tiere die Gewohnheit haben, ihre erkrankten oder gestorbenen Artgenossen anzunagen, wobei es dann meist zu der früher beschriebenen ]\Iaulinfektion kommt. An einer der Pest erlegenen Ratte infizieren sich daher sofort zahlreiche Tiere, die ihrerseits die Seuche weiterverschleppen. Viele Forscher, darunter auch R. Koch sind der Ansicht, dass die Ratten das Ausschlaggebende bei der Verbreitung der Pest bilden und dass diese Krankheit in erster Linie eine Rattenkrankheit ist, die nur zuweilen auf den Menschen übergeht. Dafür spricht allerdings eine Reihe namentlich in den letzten Jahren gemachter Beobachtungen in Hafenstädten (Oporto, Sydney, Kobe, Alexandrien u. a.); die Pest setzte sich hauptsächlich in diesen Seehäfen fest, während die Ausbreitung in den Hafenstädten selbst und in das Land hinein nur langsam erfolgte oder ganz ausblieb. Selbst in den dicht bevölkerten und schmutzigen Städten des Orients kam es bei der Einschleppung durch Menschen fast nie zur Bildung von Pestherden. In den Hafenstädten dagegen, in welchen die Pest sich epidemisch ausbreitete, konnte die Epidemie nicht auf einen zugereisten Pestkranken, dagegen mit ziemlicher Sicherheit auf Ratten zurückgeführt werden. Bei verschiedenen Pestepideniieen, waren Getreidespeicher, welche Ratten in großer Menge beherbergen, der Mittelpunkt der Pestherde. In Bombay i^ brach die Seuche zuerst unter den »Banniahs« (Gemeinschaft der Getreidehändler) aus. Auch in Oporto (KossEL & Frosch ^^) spielten diese Lebensmittelmagazine eine Pest. 537 große Rolle bei der Ausbreitung- der Pest; die Pest trat dort vielfach zuerst iu Häusern auf, die in der Umgebung dieser Magazine lagen. Auch der Umstand, dass die Pest gewisse Häuser (Pestbäuser) bevor- zugt, spricht für Beteiligung der Ratten; es handelt sich hier meist um Häuser, in denen sich Ratten eing;enistet haben, angelockt durch Schmutz und Al)fälle des Haushaltes. Besonders häufig wurden Pesterkrankuugen in den unteren Stockwerken von solchen Pesthäusern beobachtet, ver- mutlich auch wegen des häufigeren Vorkommens der Ratten in den- selben. Von besonderer Bedeutung für die Verbreitung der Pest sind die Schiftsratten. Einen Begriff von der Gefahr, die den Häfen von den Schiffsratten droht, [geben die Beobachtungen von Kossel & Nocht^'^, welche auf einem im Januar 1901 in Hamburg angekommenen Schiffe Rattenpest feststellen konnten. Der betreffende Dampfer hatte das damals pestverseuchte Smyrna angelaufen und dort Ladung (meist Lebens- mittel) eingenommen. Beim Löschen wurden an mehreren Stellen des Schiffsraumes zwischen der Ladung tote in Gruppen von 5 — 10 Stück beisammenliegende Ratten gefunden, die, wie die Itakteriologische Untersuchung ergab, an Pest eingegangen waren. Unter den an Bord befindlichen Menschen waren keine Pesterkrankungen vorgekommen. Durch die rechtzeitige Erkeiniung gelang es, mittels umfassender und gründlicher Maßregeln eine Uebertragung der Infektion durch die Ratten, durch das infizierte Schiff und die Ladung zu verhindern. Ein ähnlicher Fall kam gleichfalls im Januar 1901 in Bristol vor. Diese Beobachtungen zeigen, dass auch Schiffe, auf denen keine Er- krankungen an Pest unter Menschen vorgekommen sind, durch die auf denselben herrschende Rattenpest sehr gefährlich werden können. Man muss daher iu den Häfen alle einlaufenden Schiffe während ihres Auf- enthaltes im Hafen überwachen. Pestkranke Ratten oder Pestkadaver von Ratten sind gefährlicher als ein pestkranker Mensch. Auch ^Mäuse spielen unter Umständen, wenn auch nicht so häufig, eine Rolle bei der Verbreitung der Pest, z. B. bei der Epidemie in Formosa 1896 und in Sydney 19(X). Gotschlich stellte bei einer auf dem Dach eines Hauses in Alexandrien tot aufgefundenen Maus bak- teriologisch Pest fest; bald danach traten in der Umgebung dieses Hauses Pestfälle auf. Von Thompson ^^^ wurde bei der Pestepidemie in Sydney, bei der zahlreiche Ratten und Mäuse an Pest starben, auch bei einer Katze Pest konstatiert. Man darf allerdings nicht immer bei einem Massensterben unter den Nagern vor oder während einer Pestepidemie ohne weiteres annehmen, dass es sich um Ratten- oder Mäusepest handelt. So hatte Gotschlich bei der bakteriologischen Untersuchung von 30 Ratten, die in infizierten Quartieren tot aufgefunden worden waren, ein vollkommen negatives Resultat; man muss also vorsichtig sein in der Deutung von Fällen, die lediglich auf Angabe seitens der Bevölkerung basieren. Ferner kommt zweifellos manchmal Rattenpest ohne gleichzeitige Menschenpest und umgekehrt vor. In Alexandrien wurden an verschiedenen Orten tote, nach der bakteriologischen Untersuchung sicher der Pest erlegene Ratten gefunden, ohne dass daselbst Erkrankungen unter den Menschen vorkamen. Auch Hankin '^^ beobachtete in Indien Pestepidemieen unter den Menschen ohne Beteiligung der Ratten. Wie die Uebertragung von der Ratte auf den Menschen erfolgt, ist noch nicht sicher festgestellt. Zunächst sind die Pestratteu da- 538 ^- ßieudoniiL', durch g-ef ährlich , dass sie mit dem Urin und den Darmentleerungen massenhaft Pesthazillen ausscheiden, die in allen Eäumen deponiert werden, wo die von der Pest ergrifi'enen Nager hingelangen. In dunkeln, feuchten Käumeu können sich dann die Pestkeime lange lehensfähig erhalten. Von manchen Seiten wurde, die Ansicht aufgestellt, dass das auf der Ratte lebende Ungeziefer (Flöhe, Läuse) die Pest auf den Menschen übertragen könne. Simoxd's^ konnte, wie erwähnt, durch Flöhe Pest von kranken auf gesunde Ratten übertragen und will be- obachtet haben, dass die bei den Ratten in Indien vorgefundene Floh- art auch den Menschen anfalle, sowie dass die in Verendung begriffenen oder eben verendeten Ratten, deren Körper noch warm war, von Un- geziefer wimmelten, während erkaltete Kadaver von Ungeziefer verlassen waren; demnach wäre die an Pest verendende oder eben verendete Ratte besonders infektionsgefährlich, jedoch nicht mehr der erkaltete Kadaver. Wie jedoch Galli-ValeuiO'»'' ^o, Nuttall 'o^, sowie Kolle^^ gezeigt haben, geht Simond in seiner Ansicht zu weit. Zunächst gelingt es fast nie, bei Tieren durch den Biss pestinfizierter Flöhe eine Infektion hervorzurufen. Die Flöhe gehen zwar häufig von den Pestkadavern auf gesunde Tiere über, aber ohne die letzteren zu in- fizieren, obwohl sie nachweisbar Pestbazillen in dem gesogenen Blut enthielten. Ferner hat, wie sicher erwiesen ist, jede Tierart ihre eigene Flohart. Schon morphologisch ist der Ratten- und der Menschenfloh grundverschieden (Galli- Valerio); auch beißen die Rattenflöhe den Menschen nicht, selbst wenn man sie hungern lässt. Die Erfahrungen in I^ombay und bei anderen Epidemieen sprechen gegen das Vorhandensein einer beträchtlichen Infektionsgefahr durch den Biss infizierter Flöhe. Auch Mosquitos scheinen keine große Rolle zu spieleu, da sonst In- fektionen unter dem Personal der Pesthospitäler überaus zahlreich ge- wesen wären, was keineswegs der Fall war. Dagegen können gewisse Insekten (namentlich Flöhe, Fliegen und Wanzen)"für die Uebertragung der Pest von Mensch zu Mensch eine gewisse Bedeutung dadurch haben, dass sie beim Kratzen nach dem Stich zerdrückt werden und dass so etwa am Körper der Insekten vor- handene Keime in die kleine Stichwunde oder in die beim Kratzen ent- standene Hautverletzuug gelangen; durch dieselben Eintrittspforten können auch Keime, welche sich auf der Haut oder an den Kleidern des Menschen befanden, eindringen. Fliegen können durch Verschleppung von Sputumteilen oder sonstigen Exkreten den Krankheitskeim auf Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände übertragen. Litteratur von 1894 ab. Die ältere Litteratur findet sich in dem Werke von MüLLER-PüECH, Dic Pesti"f'. (Litteratur über Pest-Immunität siehe Band IIL) 1 R. Abel, Zur Kenntnis des Pestbacillus. Centralbl. f. Bakt., Bd. 21, 1897. — 2 Ders., Was wussten unsere Vorfahren von der Emi)fänglichkeit der Ratten und Mäuse für die Beulenpest des Menschen? 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Verheerende rapid tödliche Geflügelseuchen sind unter den Namen Geflügelcholera, Hühnerpest, Hühnertod, epizootisches Ty- phoid des Geflügels (Cholera des poules, franz.; Feste dei poUi, Enzootia tifoide dei gallinacei, ital.; Fowl cholera, Chicken cholera, engl.) seit mehr als einem Jahrhundert in der Litteratur verzeichnet worden und haben schon in den fünfziger Jahren des vorigen Centenuiums experimentelle Bearbeitung gefunden. Auf die infektiöse Natur der bezüglichen und kurzweg als Vogelseptikämie (Septicaemia avium) zusammenzufassenden Seuchen wurde man frühzeitig auf- merksam (BEX.TAM1X, Maillet) Und führten insbesondere Rexault, Reyxal und Delafoxü wichtige, mit unseren heutigen Erfahrungen völlig im Einklang stehende Experimente über die Ansteckungsfähigkeit des Blutes und der ver- schiedenen Organteile seucheerkrankter Vögel durch (Klinik der Alforter Tier- arzneischule 1850 — 51). Notizen über die größeren Seucheuzüge finden sich bei Perroxcito, Kitt, Marchiafava & Celli. Die Krankheit ist auf dem ganzen Festlande Europas und Nord -Amerikas verbreitet. Welchen Umfang die Verluste annahmen, ist beispielsweise aus einem Berichte von J. N. Bradley ersichtlich, wonach im Jahre 1885 im Staate Missouri bei einem Gesamt- geflügelbestande von 11,664,408 Stück 1,087,460 Tiere (im Werthe von 175,145 Dollar) durch Geflügelcholera zu Grunde gingen. Ueber die Anwesenheit eines spezifischen Spaltpilzes soll sich zuerst der elsässische Tierarzt Moritz (1875) geäußert haben; Rivolta, welcher dies citiert, und Semmer verzeichneten 1878 den Fund von Mikroben als Krank- heitserreger der Seuche und Perroxcito veröfi'entlichte im selben und darauf- folgenden Jahre über die Bedeutung der betreflenden Bakteriensorte. Impfungs- versuche, Infektionspforten, pathologische Befunde und Seuchengang eine Reihe gründlicher und aufklärender Studien. Hieran schlössen sich Berichte von ToussAiXT (1879 — 1881), Pasteur (1880), Salmon (1881—1884) über die künstliche Kultivierung der Bakterien und biologische Eigentümlichkeiten, als- dann Mitteilungen von Zürx, Marchiafava & Celli, Megxin, Corxil, Babes, Kitt, Sticker, 0. Katz, Karlixski, Barthelemy, welche teils Be- stätigung der voraufgegangenen Angaben brachten, teils neue Besonderheiten zu 544 Th. Kitt, verzeichnen wussten (1882 — 1889). Von weiteren Arbeiten, welche den Gegen- stand behandeln, sind die Studien Ligxieres (1900) über die Znsammen- gehörigkeit der hämorrhagischen Septikämieen und eine Dissertation von V. Stang über das Toxin der Geflügelseptikämiebakterien bemerkenswerth. Von LiGXiERES ist für die Septicaemia avium und überhaupt die Septic. haemorrhagica der Name Pasteurellose und für die Bakterien der Name Pasteurella einzuführen gesucht worden. Einige französische Autoren haben daraufhin diese Nominierung gewählt, während Moxtfaleet & Boschetti mit begründeter Darlegung Stellung dagegen nahmen. Auch dem Referenten scheint die Neubenennung unnötig und willkürlich, und der Name, welcher den Charakter der Krankheit ausdrückt, passender. Der Krankheitserreger, der Bacillus avisepticus (auch Bac- terium avisepticum s. avicidum genannt) ist ein 0,3 — 1 u kleiner, 0,25 i( schmaler Organismus, gewöhnlich von ovaler oder biskuit- förmiger Gestalt. Er nimmt alle Anilinfarben an und zwar so, dass an den ovalen und biskuitförmigen Mikrophjten meistens bloß die beiden Pole gefärbt werden, in der Mitte ein ungefärbtes Zwischenstück mehr oder weniger auffällt (gegUrteltes, bipolar färbbares Bak- terium), namentlich bei Methylenblau-, Thionin- und Krystallviolett- tinktiou. Bei intensiver Farbimprägnierung (Karbolfuchsin und Aether- alkoholfixierung unter Erwärmung) ist allenfalls das Mittelstück nicht zu unterscheiden. Ferner trifft man auch rundliche Zellen, einzeln und zu zweien, welche Diplokokken gleichen. Das runde Ansehen kann teilweise durch senkrechte Stellung der ovalen Stäbchen bedingt sein, anderseits macht es den Eindruck, dass die farblose Lücke in der Mitte die bevorstehende Teilung des in die Länge gewachsenen Mikrophyten andeutet (von der Membran herrührt), und nach der Teilung die jungen Individuen zunächst rundlich oder oval sind; Xicolle fasst den lichten Zwischenraum (bacteries ä espace clair oder en uavette) als Vakuole auf. Verbände von mehr als zwei Individuen sind nicht häufig. Perron- ciTO hat Zusammenreihung von 3 — 12 Bakterien im frischen Blute be- obachtet, Wertheim ganze Kettenverbände, oft in förmlichen Nestern in unteren nekrotischen Herden bei chronischem Verlauf der Krankheit. Der genannten Wuchsformen halber ist der Mikrobe teils als Micro- coccus, theils als Coccobacterium und Coccobacillus beschrieben bezw. mit solchen verglichen worden (Rivolta, Marchiafava & Celli, Perroncito, BABES, LlGJslf:RES). Der Bacillus avisepticus nimmt niemals GRAMsche Färbung an. Er gilt als unbeweglich, besitzt keine Geißeln; in Bouilloukulturen sieht man nur zitternde Molekularbewegung. Montfallet (1901 S. 46) versichert eine Mobilität Avahrgenommeu zu haben, welche als Eigen- bewegung taxiert werden könne. Fundort im Tierkörper. Das Blut der an akuter Geflügelsepti- kämie verendeten Vögel bietet das typische mikroskopische Bild einer Bakteriämie. Jeder Blutstropfen enthält gew^öhulich in enormer Menge die Bakterien; dieselben lagern regellos im Plasma zwischen und dicht neben den ovalen Blutscheiben, teilweise auch in Phagocyten. Desgleichen lässt jeder bluthaltige Saft der Organe, vornehmlich der Lungen, Milz und Leber, jedes Exsudat, besonders auch der Darminhalt zu Grunde gegangenen Tiere die Bakterien massenweise ersichtlich werden. Septikämie der Vögel (Hühnercholera). 545 In solcher Art ist ihre Anwesenheit schon in der Agonie und un- mittelbar nach dem Tode gegeben; in dem warmen Kadaver erfolgt noch eine bedeutende Vermehrung der Bakterien. Weniger zahlreich, oft nur ganz vereinzelt ist der Bacillus im Blute und den Geweben der in chronischem Siechtum erlegenen Vögel zu linden; nach Ligxieres überhaupt nicht mehr durch das Mikroskop bei den chronischen mit Arthritis verlaufenen Formen nachzuweisen (s. oben Wektheim). Kultur des Bacillus avisepticus. Die Züchtung der Bakterien ist leicht. In Nährgelatine erlangt man bei Zimmertemperatur und Aussaat des Herzblutes frischer Vogelkadaver gewöhn- lich direkt Reinkulturen. Dieselben formieren sich in wenigen Tagen entlang des Drahtstichs als zarte, transparente, hyaline, weißliche Kolonieen, an- fänglich sehr kleine Punkte bildend, dann zu einem Faden ohne Ausläufer zusammentretend und auf der Ober- fläche eine beschränkte, ebenfalls transparente sparsame Belagszone rings um die Stichöffnuug bildend*). In P 1 a 1 1 e n k u 1 1 u r überschreiten diese halbdurchsichtigeu Kolonieen nicht die Größe eines Hirsekorns, sitzen in und auf der Gelatine. Keine Verflüssigung. Auf schiefer Gelatine kontiuieren die Strichkolonieen zu durchsichtigen, Wassertröpfchen ähnlichen Belag, nent ist und sich wenig über den ausbreitet. In Agar i)räsentiert sich das Wachstum bei Brutofen- wärme gleichfalls in halbtrausparenten Kolonieen, die aiif Schrägagar als zarte Tröpfchen und von geringer Aus- breitung im Stich ebenso wie auf Gelatine wenig hervor- treten, ein leicht irisierendes mit dem Aelterwerden opakes, weißliches Ansehen erlangen. Auf Blutserum kommt ein anfangs durchsichtiger, dann mattweißer sehr dünner Belag. Kartoffeln sind nur wenig zur Kultur der Hülmer- cholerabaktcrieu geeignet, es entwickelt sich meist gar kein für das bloße Auge erkennbarer Belag oder höch- stens am Rande eines ausgestrichenen Blutstropfens eine zarte hyaline Zone sparsam wachsender Bakterien. Wie MoNTFALLET bemerkt, ist das negative Resultat durch die gewöhnlich saure Reaktion der Kartoffeln bedingt und erfolgt einiges Wachstum bei Kartoh'elsorten, welche von natürlicher neutraler Reaktion sind, oder mit Soda alkalisiert Averden. Es scheint auch, dass einzelne Stämme des Bacterium avisepticum leichter, selbst zu deutlicher grauweißer Kolonieenbildung sich anschicken, namentlich bei 20-37° C. In neutraler oder alkalischer Bouillon, ebenso in Blutbouillou und Serumbouillou gedeiht das Hühnercholerabakterium imter gleich- mäßiger Trübung der Flüssigkeit, bei Ruhestellung kommt es zu- der kaum gemachten promi- Strich Stichkiiltur des Bac. avisepti- cus in Gelatine. *) Nie über die ganze Oberfläche, bloß beim Eintrocknen der Gelatine den Glasrand stellenweise erreichend. Handbuch der patliogenen Mikroorganismen. II. 35 546 Th, Kitt, weilen zur Bildung von Häutchen auf der Oberfläche der Bouillon und an den Wänden des Glases (Lignieres). Milch wird nicht koaguliert und ändert nicht ihre Reaktion (Lignieres, eig. Vers.). Indol wird nicht gebildet (Lignieres). Anderslautende Angaben (Flügge, Mace] über letztgenannte beide Punkte erklärt Lignieres als irrtümlich. Das Bacterium avisepticum ist ein Aerobe, doch tritt eine be- schränkte Vermehrung auch bei Luftabschluss in Serumbouillon zu Tage (Lingnieres). Krankheits- und Sektionsbild bei Vögeln. In spontanem Aus- bruche und kontagiöser Weiterverbreitung befällt die Seuche alles Hausgeflügel: Hühner aller Eassen, Truthühner, Gänse, Enten, Tauben, Bfauen und Schwäne, kommt zuweilen auch bei kleinen Vögeln (Sperlingen, Finken), welche auf die Höfe zur Fütterung zu- fliegen, vor. 0. Katz hat eine Reihe australischer Vögel empfänglich gefunden; ich sezierte einmal einen an der Septikämie erlegenen Uhu. Karlinski sah Fütterungsinfektion beim Zwergadler, Kutten- geier, Schmutzgeier, Hühnerhabicht, Sperber und Uhu; fand da- gegen Felsentauben vollständig unempfänglich. Der Krankheitsverlauf ist gewöhnhch ein hochakuter. An- scheinend gesunde Tiere können plötzlich, nachdem sie noch soeben ge- fressen haben, unter Krämpfen tot zu Boden sinken, oder es zeigen sich nur einige Stunden hindurch Krankheitserscheinungen, welche durch Traurigkeit der Tiere, Niederhängeu der Flügel, Appetitlosigkeit, Durch- fall (dem EierweiB ähnliche Exkremente), Mattigkeit, Taumeln, Schlaf- sucht, Aufblasen des Gefieders, blaurote Verfärbung des Kammes und der Kehllappen, krampfhaftes Atmen, Speicheln, Konvulsionen u. s. w. sich andeuten (näher beschrieben von Nocard-Leclainche). Selten ist ein längerdauerndes, auf mehrere Tage sich erstreckendes Siechtum, wie die chronischen Einzelfälle, in welchen der Tod erst nach 1 — 3 Wochen sieh einstellt und die Tiere unter permanenter oder intermittierender Diarrhöe, allgemeiner Anämie und Schwäche (Zürn, Salmon, eig. Beob.) abmagerten oder auch Gelenkentzündungen bekommen hatten (Lignieres). Dementsprechend sind auch die pathologisch -anatomischen Veränderungen verschieden. Bei den akuten Krankheitsfällen ergiebt sich das Bild der hämorrhagischen Septikämie, bezw. Bakteriämie: schlecht geronnenes Blut, eine oft sehr beträchtliche Milz seh wellung (bei Tauben bis zum Dreifachen des normalen Volumens), zahlreiche Blutungen auf den serösen Häuten (Luftsackmembranen, Gekröse), namentlich am Herzen, das oft wie mit Blut bespritzt aussieht (bei Wasservögeln), seröse und fibrinöse Exsudate im Herzbeutel, Kongestion oder Hepatisation der Lungen, Hämorrhagieen in der Vor- magen- und Muskelmagenschleimhaut und insbesondere diffuse hämor- rhagische Enteritis (nähere Beschreibung in Kitts Lehrbuch der pathol. Anatomie der Haustiere IL Aufl. 1900, und Atlas der Tierkrank- heiten, Enke, Stuttgart). Septikämie der Yügel (Hühnercholera). 547 In den clirouisclieD Erkrauknugsfälleu kann es auftreflfeu, dass ledig- lich Anämie bei der Sektion zu linden und die Diagnose mikroskopisch an den Bakterienfund geknüpft ist, oder es finden sich chronische käsig fibrinöse Pneumonieen (Sticker), oder ein und mehrere Ge- lenke (Fuß) aufgetrieben, mit eitrigen, käsigen oder kreidigen Massen gefüllt (LiGNIERESJ. Infektionsmoflus. Die Seuchenausbrüche der Geflügelseptikämie lassen sich gewöhnlich auf Verschleppung des Ansteckungsstofifes aus Gegenden, in denen die Krankheit stationär ist, auf Kontakt oder Ko- habitation mit kranken Tieren und deren Abfällen zurückführen. Jeder an der Krankheit leidende Vogel bringt durch seine Exkremente die Gefahr einer massenweisen Ausstreuung des Infektionsstofifes. In den Ausleerungen des Darmes, auch im Speichel findet man in Unmenge die Bakterien in virulentestem Zustande. Die Ablagerung der infektiösen Exkremente auf Düngerstätten, woselbst gesunde Hühner wieder nach Futter scharren, im Wasser der Teiche und Bäche, in welchen Enten und Gänse Nahrung suchen, oberflächliches Vergraben von Kadaverab- fällen, Besudluug der Futter- und Trinkgeschirre sowie Nester, und der Umstand, dass mit Exkrementen auf dem Fütterung swege die Krankheit übertragen werden kann, erklärt uns die kontag lösen Vor- kommnisse. Es sind indes Beispiele zu verzeichnen gewesen, dass die Seuche auch spontan ohne jeden Import zum Ausbruche kam, z. B. nach Verfütteruug von faulem Pferdefleisch und Fliegenmaden; solche Geschehnisse lassen die Vermutung berechtigt erscheinen, dass die Bak- terien der Geflügelseptikämie gleich anderen pathogenen Erdbakterien (malignes Oedeni, Tetanus u. s. w.) da und dort als Saprophyten existieren und die Krankheit terrestrigenen (agrigenen) Ursprung haben kann. Schon ToussAixt glaubte eine Identität der Hühuer- cholerabakterien mit solchen, welche in halbfaulem Blute verschiedenen Herkommens sich finden und Ijei Verimpfuug eine Wundinfektion vom Charakter der Vogelseptikämie zur Enstehung bringen, annehmen zu dürfen und wenngleich es nicht mit jedem beliebigen faulenden Materiale und jeder Erdprobe gelingt, eine saprophy tische Verbreitung der avi- septischen Bakterien zu beweisen, so gaben doch verschiedene Experi- mente (Pasteuk, Gamaleia*], Bordoni-Uffreduzzi, DI Mattei, Darem- BERG, Gaffky, Magendie, Cuze & Feltz. Vuges, eig. Vers.) kund, dass im Mundschleim des Menschen, Pferdes, Sehweines, in manchen Erd- proben und Faulwässern sich tierpathogene Bakterien finden, welche den gesuchten Septikämiebakterien nahestehen, und kaum von ihnen zu unterscheiden sind (beispielsweise Gaffkys Kaninchenseptikämiebak- terien und Pasteue.s microbes de la salive d'enfant mort de la rage). Wenn die Virulenz solcher Sputum- und Erdbakterieu nicht immer so stark ist, dass sie prompt eine tödliche Infektion von Geflügel bewerk- stelligt, so giebt das keinen Grund den Zusammenhang zu negieren. Ferner auch die im Körper des an der Seuche erlegeneu Geflügels sich findenden Bakterien sind von ungleicher Virulenzenergie, bald hoch- infektiös, so dass sie jedes geimpfte Huhu dem Tode überliefern, außer- dem auch Kaninchen, Mäuse und selbst Meerschweinchen tödlich in- fizieren, bald weniger infektiös, so dass nur ein Teil der Tiere erliegt, *) Nach Gamaleia soll das Bact. avicidnm gelegentlich im Darmkanale gesunder Frauen in avirulentem Zustande sich befinden; Katz, welcher Nachsuche hielt konnte diese Angabe nicht bestätigen. 35* 548 Th. Kitt, MeerschAveiuclien nur örtliche Eiterung bekommen. Und die aus Erde und faulenden Stoffen gewonneneu Sorten können zweifellos durch Pas- sage und Anpassung eine progressive Virulenz erlangen. Auf die Verwandtschaft der Hühnercholerabakterien mit den Bazillen der hämorrhagischen Septikämie haben namentlich Versuche von Jensen & Voges deutlich hingewiesen. Ersterer konnte mit den Bakterien einer Kälberseptikämie Hühner gegen Geflügelcholera immuni- sieren; letzterer konnte durch Fütterung mit Schweineseptikämie- bakterien beim Huhn eine tödliche mit der Geflügelcholera vergleichbare Krankheit erzeugen. Bei Versuchen, welche ich auf Anregung Hueppes unternahm, zeigte sich, dass mit Kaninchenseptikämie gegen Hühner- cholera gerade so immunisiert werden kann, wie mit abgeschwächten Hühnercholerabakterien, und dass beide Krankheiten wechselseitig auf Vögel und Kaninchen mit gleichen klinisch-anatomischen Effekten übertragbar sind, wenn man durch Passage das Virus entsprechend anzüchtet. (Man hat jedoch verschiedene Kaninchenseptikämieen beschrieben und gilt das Gesagte nur für die der Hühnercholera nahestehende Form.) Der Umstand, dass die Bakterien der Hülmercholera in füllendem Kadaver, in stark verunreinigten Kulturen und in der Erde von Blumen- töpfen, in Vermischung mit anderen Spaltpilzen, lange Zeit unter Um- ständen drei Monate laug lebensfähig und infektioustüchtig bleiben können (eig. Vers.), giebt uns zu erkennen, dass durch die Exkremente kranker Tiere der Erdboden auf lange verseucht werden kann und spricht ferner für die Annahme, dass die Hühnerseptikämiebakterien überhaupt in freier ^sdxiv Existenz haben können. Ueber die Haltbarkeit der I^kterien im Wasser hat eine Arbeit von ScHÖNWERTH dargethau. dass von 2 — 3 Litern virulenter Kultur, welche in einem Reservoir von 200 — 900 Liter Wasser verteilt wurden, dieses Quantum nicht dauernd zur Seuchenquelle wurde, sondern die Bakterien nach 3 Wochen daraus verschwanden. Es sind bei solchem Versuche so viele Möglichkeiten für den Unter- gang der Bakterien und das Fehlschlagen des Experimentes gegeben (Licht, Konkurrenz mit Wasserbakterien besonderer Wachstumsschnellig- keit, Verdünnung, niedrige Temperatur), dass der Einzelfall keinen all- gemeinen Schluss zulässt. In einem von mir gemachten Versuch kon- servierte ein Wasserreservoir, in welchem eine kranke Gans ihre Exkre- mente entleert hatte, mehrere Wochen lang das Contagium so genügend, dass frisch gekaufte in das Reservoir gesetzte Gänse die Seuche be- kamen, während das übrige nicht ans Wasser gelangende Geflügel des- selben Hofes gesund blieb (s. auch Tenazität). Durch Verfütterung von Blut, Fleisch, Leber-, Lungeustücken u. s. w. und Darminhalt septikämiekranker Vögel, ebenso von Kulturraaterial lässt sich die Seuche ziemlich leicht auf das Hausgeflügel (auch auf Sperlinge und Kaninchen) übertragen, wie schon Renault, Perroncito, Pasteur, Salmon gezeigt haben und ich in ungezählten Versuchen es sah. LiGNiERES*) machte indes gegensätzliche Erfahrungen; er konstatierte zwar auch, dass Kaninchen prompt der Fütterungsinfektion zugänglich *) Wegen dieser Angaben Ligxieres habe ich neuerdings (1901) die Fütterungs- infektion nachgeprüft und gesehen, dass von drei Hühnern, welche Leberstückchen fraßen, zwei nach drei Tagen starben, eins am Leben blieb, drei Tauben, welche in den Schnabel gesteckte Stückchen verschluckten, nach 24 Stunden erlagen. Septikämie der Vögel (Hühnercbolera). 549 sind, konute aber nur ausnahmsweise Hühner auf diese Art infizieren. Sogar Hühner, welche täglich die Abfälle der bezüglichen Kadaver im Sektionslokal aufpickten, blieben gesund, ebenso blieben Tauben, welche gemeinsam mit kranken gleicher Art in den Käfigen gehalten wurden, verschont. In der That sind Ansteckungen in mangelhaft ge- reinigten Käfigen und beim Zusammenhalten gesunder und geimpfter Versuchsvögel nicht häufig; aber Kaninchen infizieren sich außerordent- lich leicht, wie alle Beobachter erfuhren, in solchen Käfigen. Auch VoGES verzeichnete das negative Experimentalergebnis der Fütterung von Hühnern mit einem Virus, welches bei endermatischer Impfung sicher tödlich wirkte. Anderseits hat wiederum Karlinski (1890, S. 337) positive Fütterungsversuche gehabt. Nach ScHöxwERTH sollen mindestens 60000 Bakterien nötig sein, um eine tödliche Fütterungsinfektion auszulösen. Da für die natürliche Ansteckung vermutet werden muss, dass schon wenige Keime zur Infektion hinreichen, so müssen wohl besondere Virulenzqualitäten des Contagiums oder besonders günstige intestinale Vermehrungsbedingungen der Infektion zu Grunde liegen. luhulatious versuche mit frischem, durch Spray verteilten oder ge- trockneten Virus (Blut, Bouillonkulturen) haben teils positive, teils negative Resultate. Erstere können auch darauf zurückzuführen sein, dass das Virus direkt in den Rachen gerät, von hier aus resorbiert oder abgeschluckt wird (da beim Verstäuben das Virus auch in die Federn gelangt und die Vögel sich diese mit dem Schnabel zu putzen die Gewohnheit haben, ist weiters hierbei intestinale Infektion möglich). Nach Büchner sollen die Bakterien durch die Schleimhaut der Luftwege bezw. Alveolen einwandern. Negative Resultate sind teilweise bei vertrocknetem Virus zu verzeichneu. Kutane, korneale und subkutane Impfung wirkt in der Regel prompt tödlich und zwar schon bei minimalen Dosen, z. B. einem win- zigen Blutströpfchen, wie es an der Spitze einer Impflanzette fassbar ist; nach den Versuchen von V. Stang genügt die Einverleibung von 1-6 Bakterien oder 0,000001 ccm Bouillonkultur. Impft man eine Taube in eine kleine Hauttasche über den Brustmuskel, so geht sie gewöhnlich in 12 — 24 Stunden zu Grunde. An der Impfstelle entwickelt sich eine trübweißgclbliche, knotige Hautverdickung und nach Abzug der Haut sieht man ein strohgelbes Exsudat in Ausbreitung eines 10— 20-Pfenuigstücks über dem Fleische und dieses auf Vs"! cm Tiefe speckig trüb verfärbt; die Taube zeigt weiter gewöhnlich eine hochgradige hämorrhagische Enteritis (stark blutiger Darminhalt) und eine akute, seröse Pericarditis. Abgeschwächte Kulturen veranlassen das tödliche Ende bei Tauben in 5 — 11 Tagen, W'Obei die anatomischen Veränderungen nicht so typisch sind : manchmal ist ein bedeutender Milztumor vorhanden, andere Male nur eine all- gemeine Anämie. Bei Hühnern, die am Brustmuskel subkutan geimpft wurden, und welche dann nach 1 — 4 Tagen zu sterben pflegen, triift mau eine breite Anschwellung der betreffenden Brusthälfte: das Unterhautzell- gewebe ist hier sulzig verquollen, das Fleisch der Impfregion trübgrau- weiß oder rötlichweiß wie Schweinespeck aussehend. Manchmal ist ähnlich wie bei Tauben eine gelbe fibrinöse Exsudatplatte unter der Haut. Bei Impfung am Flügel entsteht eine daumendicke Anschwellung 550 Th. Kitt, (Vorarmgegeud) daselbst unter trüber, speckiger Verfärbung der Haut und des Fleisches, mehr oder weniger begrenzt, von hyperämischer Zone umgeben. Die zu Grunde gegangeneu Hühner weisen ferner teils Peri- carditis, Hämorrhagieen auf dem Herzen, serös hämorrhagische und fibrinöse Pneumonie und Pleuritis (auch Exsudat in den sonst lufthaltigen Armknochen), teils hämorrhagische Gastroenteritis auf. Bei resistenteren oder mit abgeschwächtem Virus geimpften Tieren wandelt sich an der Impfstelle die entzündliche Anschwellung in einen mit käsigem, trockenem Exsudate gefüllten, allenftills nussgroßeu Abszess, oder es bildet sich eine Verschorfung aus, welche zur Ablösung eines schmutzigbraunen oder braimgrünlicheu, trockenen Hautsequesters führt, der 2—5 cm lang sein kann. Nach Lignieres können auch an den Fußgelenken Anschwellungen, wirkliche deformierende Arthritiden sich ausbilden, welche das Tier zum Gehen unfähig machen und ein chro- nisches, zur Anämie, skelettförmigen Abmagerung führendes Siechtum in Begleitung haben. Bei Enten und Gänsen ist die örtliche Reaktion an der Impfstelle meist gering, dafür bieten sie aber ausgeprägte Ecchymosierungen der serösen Häute und hämorrhagische Enteritis stärksten Grades. Salmox sah von 95 geimpften Hühnern G5 zu Grunde gehen, 2 nach ernst- licher, 3 nach milder Erkrankung wiedergenesen, und 25 schienen von vorne- weg resistent oder überstanden die Durchseuchung so leicht, dass sich Krank- heitssymptome der Beobachtung entzogen. Die Vermehrung der Bakterien im Tierkörper erfolgt zunächst im lymphatischen System (Nocard-Leclainche) au der Impfstelle in den Saftspalten des iPHndegewebes , wobei es hier zu Gefäßerweiterung und Blutstagnation kommt (Wertiieim). Durch die Lymphe werden die Bakterien dem Blute beigemischt. Die im Blute gefallener Tiere ersicht- liche enorme Bakterienanhäufung tritt erst Avenige Stunden vor dem Tode ein, daher bei geschlachteten kranken Vögeln gewöhnlich nur sparsam im Blutausstriche die Krankheitserreger zu finden sind. In den Gefäßen lagern die Bakterien vielfach den Gefäßintima an, bei chronischem Verlaut können Kapillargefäße ganz mit Bakterien voll- gestopft erscheinen und auch in den nekrotischen Geweben reichlich zu- gegen sein (Wertiieim). Der Uebertritt in die Sekrete geschieht wohl hauptsächlich durch die Hämorrhagieen, und zwar bei akuter Erkrankung sehr schnell, so dass z. B. bei Tauben 6 — 12 Stunden nach subkutaner Impfung schon die mit Blut gemischt abgehenden Exkremente Massen der Krankheitserreger enthalten. Die Galle der verstorbenen Hühner und Kaninchen enthielt in einigen von mir gemachten Versuchen keine virulenten Bakterien, gab aber keine Immu- nität, scheint sonach nur antiseptisch zu wirken. Uebertragung auf Säugetiere. Kaninchen sind äußerst empfäng- lich für Vogelseptikämie. Die kleinste kutane Ritzwunde an der Innen- seite des Ohres, mit Blut oder Kulturmaterial beschmiert, genügt zur Infektion, welche innerhalb 10 — 20 Stunden tödlichen Ausgang nimmt. Desgleichen erliegen die Kaninchen, wenn ihnen die Bakterien auf dem Futter vorgesetzt werden. Man hat das zu verwerten gesucht, um Kaninchen, wo sie als Landplage oder in Gärten schädlich werden, auf dem Ansteckungswege zu beseitigen (Pasteür, Katz), was jedoch Ge- Septikämie der Vögel (Hühnercholera). 551 fahren für die Vogelwelt und Feldhasen, allenfalls auch für größere Haustiere mit sich bringt. Hühnercholera kommt auch spontan bei Kaninchen vor (Lignieres, Smith, Thoixot & Masselin, eig. Beob.); allem Anschein nach ist die von Gaffky mit Pankewasser durch Impfung bewerkstelligte Ka- ninchenseptikämie, gleich denen, welche man gelegentlich mit Speichel- bakterien von gleichem Habitus erzeugen kann (eig. Vers.) durch Staudortsvarietäteu des Bacterium avicidum bedingt. Die akut erlegenen Kaninchen zeigen meistens eine seröse Pleuropneu- monie und hämorrhagische Tracheitis. Subkutane Verimpfung von Serum immunisierter Pferde giebt den Kaninchen teils Resistenz, teils verzögert sie den Krankheitsausbruch, so dass diese sonst so empfindlichen Tiere erst nach 4 — 25 Tagen zu Grunde gehen und dann entsprechend dem protrahierten Krankheitsver- lauf statt Septikämie eiue Pyämie aufweisen, nämlich von der Impf- stelle (Ohr] ausgehende Phlegmone, Senkungsabszesse (Inhalt bloß das Bacterium avisepticum), purulent fibrinöse Pleuritis und Pericarditis. Von R. Koch, Luget, Eberth und Mandry beschriebene Kaninchen- septikiimieen haben andere (bewegliche) Bakterien zur Ursache gehabt (Lignieres). Hausmäuse, Feld- und Waldmäuse sind ebenfalls der Infektion zugänglich, aber nicht prompt bei jedem Virus (Fütterung, Impfung ans abgeschnittene Ohr oder in Hauttasche). Meerschweinchen accpiirieren, wie schon Pasteur beschrieben hat, bei subkutaner Impfung gewöhnlich bloß eiue lokale, mit Abszess- bildnng einhergeheude Entzündung, wobei der Eiter wochenlang die für Vögel pathogen bleibenden Bakterien enthält und nach Aufbruch des Abszesses die Tiere gesund bleiben; junge Meerschweinchen können aber subkutaner Impfung erliegen. Bei intraperitonealer Injektion kommt es zur toxischen Infektion und kann nach einigen Passagen die Wirkung des Erregers so gesteigert werden, dass die Meerschweinchen schon nach 4 Stunden erliegen (Lignieres). Vereinzelte Male gelaug es Katz, auch durch Fütterung Meerschweinchen tödlich zu infizieren. VoGES sah die Virulenz der im Peritonealsaft vorfindlichen Bakterien für Meerschweinchen zunehmen, dass Vioooooooo ^^^ des Exsudats (verimpft in Kochsalzlösung) zur tödlichen Infektion der Meerschweinchen hinreichte. Solches autanglich für Hühner nur in der Dosis von Viooooo ccm tödliche Virus wurde nach Passage von 20 Hühnern für diese auch so pathogen, dass alsdann Vioooooooo genügten, ohne dass hierbei die Virulenz für Meerschweinchen sich minderte. Weiße Ratten gehen nach Lignieres bei intraperitonealer Impfung zu Grunde, widerstehen dagegen subkutaner Injektion von Y4 ccm einer in Peritonealsaft gewachsenen Kultur. Hunde und Katzen, welche viele Kadaver des an der Seuche er- legenen Geflügels in rcdiem Zustande verzehrten, erlangten davon keine Gesundheitsstörung (Perroncito, Marchiafava & Celli, eig. Vers.). Bei subkutaner Impfung bekommen sie eine sehr schmerzhafte und starke Anschwellung und Fieber, erholen sich aber gewöhnlich wieder; junge Tiere indes können todkrank werden. Intravenöse Impfung von Kulturen, die reich an Bakterien sind und durch Passage an Viru- lenz gewonnen haben, tötet Hunde und Katzen in schnellem, nur 2 bis 552 Th. Kitt, 8 vStunden dauerndem Kraukheitsverlauf, welcher Erbrechen, Kolikanfälle, Diarrhöen, hämorrhagische Enteritis mit sich bringt, worüber Lignieres Näheres berichtete. Schweine sind auch, wie ebenfalls Lignieres in Experimenten dar- g-ethan hat (eines 1. c. näher beschrieben), durch intravenöse Injektion (1 ccm) septikämisch tödlich zu infizieren; bei subkutaner Impfung rea- gieren sie nur mit örtlicher Abszessbildung und vorübergehend fieber- hafter Allgemeinerkrau kung-. Schafe können je nach dem Impfmodus und der Virulenz der avi- septischen Bakterien vorübergehend oder tödlich infiziert werden. Eine subkutane Impfung am Schenkel veranlasst eine Phlegmone mit den Symptomen des Lahmgehens u. s. w., welche mit Abszessbildung endet. Der zähe, gelbe, geruchlose Eiter, welcher aus dem Abszesse zur Ent- leerung kommt, birgt wochenlang das Virus (eig. Vers. 1884). Intra- venöse Injektion kann in 24 Stunden tödliche Septikämie oder nach fieberhafter mehrtägiger Allgemeinerkraukung eine eitrig fibrinöse Poly- arthritis verursachen (Lignieres). Das gleiche trift't bei Ziegen auf, welche Tiere besonders empfindlich sind und selbst nach mehrmaligem Ueberstehen der fieberhaften, septikämischen Allgemeininfektion, die auch eine schwere Ophthalmie mit sich bringen kann (nach kleinen Dosen), und mehrwöchentlicher Pause zuletzt von größeren Dosen (1 — 2 ccm Kultur) doch getötet werden (eig. Vers.). Ein der verhalten sich ähnlich, insofern subkutane Impfung von Blut oder Kultur 1^ — 2 ccm eine intensive, zu Abszessbildungen führende Phlegmone zu veranlassen pfiegt und bei intravenösen Impfungen schwere Erkrankung resultiert. Schon 1/2 Stunde nach Einspritzung in die Jugu- larvene sind Symptome der Atemnot, fieberhafte Temperatursteigerung, Pulsfrequenz, Diarrhöe zu beobachten und kommen selbst krupöse Darm- entzündungen nach 1—2 Tagen zum Ausl)ruch. Auch bei sehr vor- sichtiger Injektion entwickeln sich durch ins Zellgewebe daneben gelangte Bakterien gern Abszedierungen am Halse, einmal beobachteten wir Abszesse in der Leber, deren Inhalt das Virus der Geflügelseptikämie in Reinkultur beherbergte (Mayr und eig. Vers.). Nur bei sehr kleinen Dosen sind Rinder (junge Tiere) wiederholt schadlos zu impfen (s. Serum- therapie). Pferde bekommen bei subkutaner Impfung von Geflügelblut oder Kulturmaterial, welches dasBacterium avisepticum enthält, schnell reifende, hühnereigroße Abszesse (nach 2- — 5 Tagen); der gelbgrüne geruchlose Eiter derselben ist wegen seines Reingehaltes an den Bakterien voll- virulent für Geflügel und Kaninchen (eig. Vers. 1886). Wie Rivolta & Delprato eitleren, hat schon Reynal Hühnercholera auf das Pferd mit positivem Erfolg übertragen; von vier Versuchen mit intravenöser Injektion, welche Mayr und ich unternahmen (1897), verliefen zwei mit Genesung der Tiere (welche nur Reaktionsfieber bekamen), zwei aber nahmen Ausgang in akute, tödliche Septikopyämie, wobei hämatogen eine hämorrhagisch jynrulente Myositis entfernt von der Impfstelle auf- trat. Lignieres beobachtete beim Pferde bei gleicher Impfweise teils Genesung, nach fieberhafter, unter Koliksymptomen und Gelenkrheuma- tismus erfolgter Erkrankung, teils rapid tödliches Ende; beim Esel Kolikanfall und doppelseitige vorübergehende Ophthalmie. Auf keines der größeren Haussäugetiere war durch Fütterung die Krankheit zu übertragen. Insbesondere hat man Hunden und Katzen in Menge die rohen Kadaver seuchekranken Geflügels verzehren lassen, Septikämie der Vögel (Hühnercholera). 553 ohne eiue Erkraukung- zu bewerkstellig-en (Perroxcito, MAiiCiiiAFAVA- Celli, eig. Vers.). Injiziert uicau ohne Verletzung des Euters einer milchgebende Kuh die Hühnercholerabakterien in die Milchzisterue, so bekommt die Kuh eine auf das betrefieude Euterviertel beschränkte katarrhalische Mastitis und verbleiben die Bakterien in der Milch bezw. Milchdrüse circa 14 Tage lang (eig. Vers. 1886, S. 62). Die Eier, welche von seuchekranken Hühnern gelegt werden, enthalten das Virus, wie Marchiafava & Celli durch Experimente beweisen konnten und auch schon durch Rlyxal und Bartiielemy dargelegt worden war. Letztgenannter Forscher teilte eine Beobachtung mit, wonach 14 während des Krankseins von Hühnern gelegte Eier, der Bebrütung unterworfeu, nicht zur Reife kamen uud, als man sie öftuete, nur einen Blutklumpen bargen, der von den Bakterien durchsetzt war; von drei Hühnern, welche die Reste aus den Eiern fraßen, starben drei au Hühnercholera. Nach Versuchen, welche Marchiafava & Celli an trächtigen Meerschweinchen unternahmen, kommt den aviciden Bakterien die Fähigkeit zu, durch die Eihäute auf den Fötus des Säugers überzugehen; 0. KxVtz konnte dies, soweit mikroskopische Unter- suchung des Fötusblutes allein einen Ausspruch zulässig macht, nicht kon- statieren (1889, S. 581). Wirkung beim Menscheu. Obgleich Beobachtungen vorliegen, dass seihst krepiertes, mit der Seuche behaftetes Geflügel des öfteren von Menschen ohne Nachteil verspeist wurde (Perroxcito), so ist selbst- redend derlei verendete und auch Schlachtware nicht zum Genüsse freizugeben, da sie mindestens unter den Begriff des »verdorbenen« Nahrungsmittels fällt. Zürx (1883) berichtete über ein Vorkommnis, wonach eine Persönlichkeit, Avelehe absichtlich einen Versuch über die Genießbarkeit des gekochten Fleisches eines geschlachteten kranken Huhns und der hieraus bereiteten Bouillon an sich inszenierte, nicht unerheblich an Darmkatarrh erkrankte. Auch Willacii teilte mit, dass das gebratene Fleisch einer krank gewesenen Ente bei einem Manne Durchfall und Erbrechen veranlasste. Obgleich solche Fälle es un- bestimmt lassen, ob nachträglicher Ekel oder eine interkurrente Er- krankung für die Geschehnisse Anlass Avaren, so ist die Möglichkeit einer gesundheitsschädlichen Wirkung in Anbetracht der toxischen Eigen- schaften von Kulturen nicht ausgeschlossen. Wenn Hühnercholeravirus mit wunden Hautstellen in Berührung kommt, scheint es eine geringe Abszessbildung veranlassen zu können (Marchiafava & Celli). Tenazität und Desinfektion. Die Bakterien der Septicaemia avium bleiben in verunreinigten Kulturen uud faulenden Organen unter Umständeu mehrere Wochen, selbst drei Monate lang lebeusfähig uud virulent (eig. Versuche, 0. Katz); Feuchtbleiben, Licht- und Luftabschluss, Temperatur und die Sorten der konkurrierenden Bakterien sind natürlich mit in Betracht zu ziehen, ob und wie lange solche Haltbarkeit sich ergiebt. Salmox fand z. B. faulendes Blut nach 2 — 3 monatlicher Aufbewahrung und die Reste eines sechs Monate vergrabenen Huhnkadavers nicht mehr ansteckend (188182, S. 274); in einem Versuche, den ich machte, war faules Blut schon nach 2 Wochen unwirksam. Feucht aufbewahrte Kulturen auf festem Nährboden können ohne ümzüchtung ca. 6 Monate vollständig virulent (für Kaninchen uud Tauben) uud keimfähig bleiben (eig. Vers.), dagegen 554 Th. Kitt erlisclit in Bouillonkultureu (ohne Umzüclitung) in solchem Zeitraum allmählich die Virulenz, was Pasteur dem Einflüsse der atmosphärischen Luft zuschrieb, anderseits auch dem Lichteinflusse und dem Kontakt mit Stoffwechselprodukten. Nach Pasteur sollen die Hühnercholerabakterien bei Licht- und Luftabschluss mehrere Jahre konservierbar sein (wahr- scheinlich gemeint mittelst Umzüchtung). In destilliertem Wasser bestehen die Bakterien 8 Tage, im Brunnen 30 Tage lang (Strauss & Dubarry, cit. nach Nocarü-Leclainche). Beim Austrocknen büßen die Bakterien der Hühner- cholera in wenigen Tagen ihre Lebensfähigkeit ein, wie es die Versuche von Delafond, Renault, Marchiafava & Celli, Salmon, 0. Katz und Kitt übereinstimmend dargethan haben. Daher sind halbvertrocknete Gelatinekulturen oft schon in 2 Monaten nicht mehr virulent. Kauiuchenl)lnt, Leber und Kulturmaterial bei ca. 20" C getrocknet war 3 Tage wirksam, nach 4 — 5 Tagen avirulent (Katz, 1889, S. 573). Werden die bakterieuhaltigen Organstücke der krepierten Stücke in feuchtem Zustande länger als Y2 Stunde mir auf 45 — 46° erwärmt, so ist ihre Virulenz ver- nichtet (eig. Vers.), ebenso erlischt dieselbe in wenigen Stunden und zwar um so schneller, je höher die Temperatur ist, wenn derlei Organteile oder Blut bei 25 — 47" getrocknet werden (0. Katz). Erhitzung auf 80, 85 und 90° C vernichtet in 5 — 10 Minuten das Virus (Marchiafava & Celli, 1883, S. 19, eig. Vers.). Glycerin soll, wenn Organe, z. B. eine Milz, darein gelegt werden, die Bakterien 74 Tage konservieren, erst nach 4 Monaten wirkungslos machen (Sclavo, citiert nach Nocard-Leclainche). Auch Gefrierenlassen von Blut oder Organstücken konserviert das Virus in denselben mindestens 14 Tage lang (eig. Vers.). Ueber desinfizierende Wirkung von Chemikalien hat schon Paste lir angegeben, dass Schwefelsäure 5 : 1000 solche ausübt; Salmon, welcher dies bestätigte, schrieb auch 1 — 2% Karbolw asser, 1:500 Salzsäure und Salicyl Wasser solche Wirkung zu. Colin erwähnt, dass Kupfer- vitriol und Chlorzink 5 : 100 bei gründlicher Mischung mit Blut und Exkrementen diese desinfiziert. Nach Jäger (cit. nach Behring) werden Ilühuercholerabakterien in 1 Minute vernichtet von Chlorkalkmilch 1 : 100, Kali hypermang. 5:100, und genügt ein einmaliger Kalkanstrich (Kalkmilch 1 : 20) zur Desinfektion; von Eisenvitriol ist erst eine Lösung von 1:3 (also 33Y3^^) hinreichend. Nach Fürster haben lOgrad. Schmierseifen- lösung, gesättigtes Kalkwasser keine desinfizierende Wirkung und braucht 20grad. Sodalösung bis zu 1 Stunde, um die Vernichtung herbeizuführen. Toxizität der Filtrate. Der Bacillus avisepticus war der erste Mikrophyt, bei welchem es gelang, lösliche giftige Stoffwechselprodukte, welche ein typisches Krankheitssymptom veranlassen, festzustellen, und zwar brachte Pasteur 1880 diesen Nachweis, indem er das mittelst Chambeiiandkerzen bakterienfrei gewonnene Filtrat von Bouillonkulturen Hühnern subkutan ein- impfte, und beobachtete, dass alsdann diese Tiere auf die Dauer von 4 Stunden in auffallende Schlafsucht verfallen, sich aber hiervon wieder erholen. Diese für das Vorhandensein eines narkotisierenden Toxins sprechenden Er- scheinungen sind von Salmon*) und neuerdings von Val. Stang bestätigt worden, welch letzterer eine sehr gründliche Arbeit über die Sachlage ver- öffentlichte (1901). *) Salmon (1880, S. 295, beobachtete auch lokal irritierende Wirkung; er hatte aber seine Filtration nur durch Papier vorgenommen und dickte das Filtrat im Wasserbade ein, so dass wohl abgeschwächte Bakterien auch zur Wirkung kamen. Septikämie der Vögel (Hühnercholera]. 555 Es bedarf zur Ersiclitlichmacliung der toxischen Wirkung verhältnis- mäßig großer Dosen der keimfreien Kultur. Pastfatr verwendete 120 ccm auf 2 ccm im Vacuum eingeengt. Val. Staxü konnte mit 2 — ^26tägigen Bouillonkulturen (Hühnerfleisch nud Rindfleisch), welche bei 37° C gezüchtet waren, nacli Filtration oder Abtötung durch Toluolzusatz bei Hühnern und Taiiben die typische Schlafsucht hervorrufen und Tauben auch tödlich vergiften, wenn er Dosen von 30 — 80 ccm, eingeengt auf 1 — 21/2 ccm, zur Injektion verwendete. Die minimal tödliche Dosis beträgt bei 4tägigen Kulturen ungefähr 50 ccm (1:6 Körpergewicht), bei Stägiger Kultur -lO — 60 ccm; Züchtung bei 42° C war weniger günstig zur Toxin-Produktion als die Züchtung bei 37°. Der Tod erfolgte innerhalb 18 Stunden bei Verwendung der bei 37° 8 Tage gehaltenen Kultur, aber erst nach 13 Tagen bei gleich- viel und gleichaltriger Kultur, welche bei 42° gewachsen war. 27tägige Kultur erzeugte nur Schlafsucht. Auch durch Erwärmen bei 58° abgetötete Bouillonkulturen erzeugten Schlafsucht und Tod. Dagegen war bei Agarstrichkulturen wegen des geringen erzielbaren Quantums keine Schlafsucht zu bewirken und verliefen Intoxikationsversuche mit bakterienfrei gemachtem Blute und Peritoneal- exsudat (0,5 — 20 ccm) sowie mit intraperitoneal eingenähten Schilf- sackkulturen negativ*). Verschiedene Bakteriäniieeu der Vögel. In verschiedenen Gegenden sind Enzootien spontanen Ausbruchs bei Vögeln beobachtet worden, welche mehr oder weniger der Septicaemia avium oder Geflügelcholera im Krank- heitsbilde oder bakteriologischem Befunde ähnelten, aber wegen einzelner Ab- weichungen als umschriebene Krankheitsformen angesehen werden konnten und mit Sonderbezeichnungen in der Litteratur Vermerk fanden. Ein Teil der- selben steht der gewöhnlichen Geflügelseptikämie so nahe, dass man die be- treflenden Krankheitserreger nur als Spielarten, Standortsvarietäten auffassen kann, die in der Anpassung an bestimmte Vogelgattungen Abänderungen ihres Pathogenitätscharakters erfahren haben. Ein anderer Teil der Funde ist nur unzureichend erforscht und daher nicht nach allen Seiten vergleichbar, so dass über die Zugehörigkeit oder Heterogenität nicht entschieden werden kann. Bei einem weiteren Teil sind jedoch wirklich durchgreifende Unterschiede gegenüber der gewöhnlichen Vogelseptikämie vorhanden. Da es sich meist um ganz ver- einzelte Krankheitsausbrüche und nur von einem Autor beschriebene Funde handelt, dürfte folgende kurze Aufzählung mit Angabe der Hauptcharaktere und Hinweis auf die Originallitteratur genügen. Dysenterie der Hühner und Puten, von Lucet beschrieben. Ver- schont Tauben, Enten und Gänse. Nur bei intravenöser Impfung auf Kaninchen übertragbar, durch Fütterung auf Hühner und Truthühner. Bacillus 1,2 bis 1,8 I« groß, im übrigen wie Bac. avisepticus. (Annales Pasteur, 1891, No. 4.) Infektiöse Hühnerenteritis, in England von Klein beobachtet. Taiiben und Kaninchen nicht zu infizieren. Bac. gallinarum (Klein) 0,8 — 2 f.t lang, 0,3—0,4 ii dick. (Centralbl. f. Bakt., 1889, 5. Bd. No. 21, 6. Bd. No. 10, 1895, 18. Bd.) Septikämie der Hühner von Lisi. Kein charakteristischer Unterschied. (Clinica veter. 1895.) Infektiöse Leukämie der Hühner, beschrieben von Moore in Amerika. Verursacht durch das Bacterium sanguinarium (Moore), dessen *j Abschwächung der Hühnerseptikämiebakterien s. Immunität, III. Band dieses Werkes. 556 Th. Kitt, Kultureu mehr den typliusälinliclien Colibakterien gleichen, üppigere weiße Kolouieen bilden und auch auf Kartofleln mit graugeblicher Färbung wachsen, keine Milchgerinnung hervorrufen. Kur intravenöse Impfung geht sicher au bei Hühnern und Kaninchen. Neben der Leukämie ist der Befund einer be- trächtlichen Lebervergrößerung (leukämische Infiltration) charakteristisch. (Report of anim. industry, 1895 u. 1896, Washington.) Taubenkraukheit, beschrieben von Moore. Bewegliches Bakterium, dem der Schweinepest nahestehend, auf Kartofleln wachsend. (Bull. d. Bureau of anim. industry, Washington 1895, No. 8, p, 63 u. 71.) Fasanenseuche (Klein), Bact. phasiani septicus (Flügge). Tauben, Hühner, Kaninchen nicht empfänglich. Beweglicher, Milch nicht gerinnender Bacillus. Fasanenenteritis (Fiorentini), verursacht durch ein Bakterium, welches üppige gelbe Kulturen auf Kartofleln bildet. (Societä ital. di scienzi natur., 1896, p. 89.) Truthühner Pneumonie (Mc Fadyeax). Bewegliches, unvollständig dekla- riertes Bakterium. (Journ. of. comp, pathol. and therap., 1893, S. 334.) Kanarienvogelseuche (M. Rieck). Bakterium sehr ähnlich der Hühner- cholera, aber auf Kartofleln einen graugelben Belag bildend. (Dtsch. Ztschr. f. Tiermed., 1889, Bd. 15.) Entencholera, von Corxil & Toupet beschrieben. Nicht auf Taubeu und Hühner übertragbar. Bact. cholerae anatum, 1 — 1,5 fi lang, 0,5 u dick, auch nach Gram färbbar. (Acad. d. sciences, 1888, Bd. 108, S. 1747.) Entenseptikämie (Lisi). Das verursachende Bakterium verflüssigt Gela- tine. (II moderno Zoojatro, 1896.) Septikämie bei Schwänen und egyptischen Gänsen, von Fioren- TiNi beschrieben. Der gefundene Erreger gleicht mehr den Colibakterien. (Centralbl. f. Bakt., 1896, Bd. 19, S. 932.) Seuche wilder Tauben, von Leclaixciie beobachtet. Der Erreger, Bac. cholerae columbarum, tötet Kaninchen erst nach ca. 8 Tagen. (Ann. Pasteur, Vol. 8, 1894, p. 490.) Moorhühnerseuche (Grouse disease) von Klein. Das Bakterium ist sehr mobil, wächst in dicker weißer Belagsmasse auf Gelatine, auch reichlich auf Kartofi"eln, bildet viel Indol (Lignieres). (Centralbl. f. Bakt., Bd. 6, 1889, S. 36 u. 593; 1890, Bd. 7, S. 81.) Seuche der Steinhühner (Karlinski). Die biskuitförmigen Bakterien, welche 1 f,i Größe hatten, behielten die Gramsche Färbung. Die Krankheit dauerte 10 — 14 Tage und brachte Abszessbildung in den Muskeln und der Leber mit sich, war auch auf Hausgeflügel nur vereinzelt übertragbar. (Cen- tralbl. f. Bakt, 1890, Bd. 7.) Kanari enseuche (Kern). Bewegliches Bakterium, tötet auch Mäuse in 6 — 8 Tagen, Meerschweinchen erst nach Wochen, wobei letztere Tiere käsige Abszesse davontragen. (Dtsch. Zeitschr. f. Tiermed., 1896, Bd. 22, S. 171.) Htihnerseuche, welche durch unsichtbare Mikroben veranlasst ist (Lombardische Hühnerseuche). In den letzten zwei Jahren ist verschiedeuen Orts in Deutschland (Braun- schweig, Rheinpfalz, München) Tirol und Italien ein Massensterben der Hühner beobachtet worden, welches, wie eingehende von Centanni, sowie von A. LoDE & J. Grubes durchgeführte Forschungen bewiesen, durch einen un- sichtbaren, durch Berkefeld- und Chamberlandfilter passierenden An steckuugs Stoff veranlasst ist. Die Krankheit ist durch Fütterung und siibkutane Impfung von Leberbrei und Gehirnemulsionen imd deren Filtraten auf Hühner übertragbar, die Inkubationsperiode uud der Krankheitsverlauf mehrtägig, die Sektionsmerkmale sehr ungleich, meist ist das Sektionsresultat Septikämie der Vögel ^Hiihnercholera). 557 ziemlicli negativ. Am konstantesten habe ich hochrote Flecken nnd wirkliche Blutungen im Vormagen und Muskelmagen (an der Grenze beider) getroffen; LoDE & Graber schlugen den Namen Kyauolophiea (^ Blaukammseuche) nach dem Symptom des Blauwerdens der Hautlappen vor. (Centralbl. f. Bakt., 1901, Bd. 30, S. 593.) Litteratur. 1 Babes, Observations sur la topographie des bacilles de la K-pre dans les tissus et sur les bacilles du cholera des poules. Arch. de physiol. norm, et pathol. , 1883, Nr. 5. — - Bartuklemy, De inciib. des ceufs d'une poule atteinte de Cholera. Corapt. reiid., vol. 114. 1882, p. 1322. — :' Bexjajiin, Fievre pestilen- tielle et contagieuse des oiseaux de basse cour. Reo. med. veter., 1851. — 4 BosCHETTi, Suüe classificazioni patologiche a proposito di Pasteurella e Pasteu- rellosi. Giorn. della R. Societä et Accad. Veterin. Italiana l^JUl, Nr. 14 e 31. — •"> J. N. Bradley, Report of tbe commiss. of Agriculture 1885. 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Septicaeinia haemorrhagica s. pluriformis. Von Prof. Dr. med. Th. Kitt in München. Der Name »Septieaemia liaemorrliagica« wurde von Hueppe 1886 für eine Gruppe vou lufektionskrauklieiteu der Tiere ein- geführt, als deren Erreger ovale, bipolar in einfach tiugiertem x4us- striche sich färbende, nicht jod feste (nicht nach Gram färbbare), un- bewegliche, sporenlose, auf Nährgelatine ohne Verflüssigung wachsende Bakterien nachgewiesen waren. Die vom ätiologischen Standpunkte aus vorgeschlagene Sammel- bezeichnung umfasste zunächst die als Hühnercholera, Kaninchen- septikämie, Schweineseuche, Wild- und Rinderseuche in der Litteratur beschriebenen Krankheiten. Weiterhin traf man Bakterien von gleichem Habitus noch bei anderen teils als experimentelle Infektionen, teils als seucheuhafte Zoonosen beobachteten Krankheitsfällen , die , mehr oder minder als etwas Neues erscheinend unter diversen Namen entweder erstmalig in der Litteratur Erwähnung fanden oder unter älteren Titeln ungesiclitet blieben, so bei der Büffelseuche, septischen Pleuropneumonie der Kälber, Ferkel, Ziegen und Lämmer, bei infektiösen Nabelentzün- dungen, bei der Brustseuche der Pferde. Die Liste solcher Krankheiten, die man wegen der Gleichförmigkeit ihrer Erreger genannter Gruppe anreihen kann, wird immer mehr ver- größert, und ist kaum abzuschließen, wofern jedes Krankheitsvorkommnis spontaner Entstehung wegen einzelner Besonderheiten des Krankheits- bildes oder wegen der Standortsvarietät des Infektionserregers mit neuer Bezeichnung vermerkt wird. Auf der einen Seite haben die Sonderbezeichnungen ihre Be- rechtigung, insofern die betreffenden Krankheiten bei verschiedenen Tiergattungeu als umschriebene, mancherlei Abweichungen bie- tende Krankheitsformen zum xA.u^liruche kamen und bestimmte Eigen- tümlichkeiten bewahrten. Auf der anderen Seite ergiebt sich jedoch trotz des Auseinanderliegeus der Krankheitsvorkommnisse und der Mannigfaltigkeit der Krankheitsbilder jener Infektionen so viel Uebereinstimmendes, und ist die Aetiologie so einheitlich, dass man sagen kann, es bestehen mehr Berührungsflächen als Trennunas- 560 Th. Kitt, linieu, und dass der Versuch, die scheinbar heterogenen Krankheits- formen in eine Gruppe zusammenzulegen, ungezwungen sich bewerkstel- ligen lässt. Die als Erreger angesprochenen Bakterien weisen bei den verschie- denen Krankheitsformen im mikroskopischen Bilde und nach Kulturmerk- malen keine durchgreifenden Unterschiede auf Geringe Schwankungen der Größe, kleine Differenzen im Hinblick auf kümmerliches oder üppiges Wachstum lassen sich durch Ungleichheiten der Ernährung, des Alters, der Aufbewahrungsart erklären und verwischen sich nach Wahl und Abstufung des Nährbodens (Voges). Die morphologisch konformen Erreger sind in der Hauptsache nur dadurch unterschieden, dass sie in auseinander liegenden Krankheitsvorkommnissen gefunden, aus verschie- denen Tierspecies gewonnen wurden, also nach Fundorten divergieren, dass sie weiters bestimmte Virulenzqualitäten und verschiedene Infektionsfähigkeit für die verschiedenen Tierarten darboten. Diese biologischen Eigenschaften sind aber als wandelbare erkannt und ihre Inkonstanz so, dass man die betreffenden Bakterien nur als Varietäten oder Rassen betrachten kann. Die Verschiedenheit der Krankheitsbilder lässt sich einerseits durch die jeweilige Virulenz- qualität der Mikrophyten, ihre Anpassungsfähigkeit und Virulenz- steigerung: im Tierkörper, andererseits durch die temporären Re- sistenzgrade des letzteren, die individuelle oder Rassendisposition der Tiere erklären und experimentell demonstrieren. Hierbei sieht man, dass jede einzelne der mit Separatnamen be- dachten Kranklieiten für sich ebenso weehselvolle und unterscliiedsreiche anatomische Veränderungen und solche Variabilität des klinischen Ver- laufes bekunden kann, wie sie alle Tierseuchen der ganzen Gruppe miteinander und gegenseitig zeigen. Kaninelien, welche bei einer Wundinfektion oder Fütterung mit hocli- ^irulentem Material der Hühuercholera in 6 — 12 Stunden an akutester Septikämie sterben, bekommen, wenn sie mit minder virulentem Ma- terial derselben Kategorie geimpft werden, oder wenn sie durch Ein- spritzung von Serum temporär resistent gemacht werden, keine akut tödliche Bakteriämie, sondern einen verlängerten Krankheitszustand, welcher mit Phlegmone, Eiterungen der Subcutis, fibrinöser und eitriger Pleuritis, Pericarditis, Pneumonie oder Darmulzerationen einhergeht. Hühner erliegen der Geflügelcholera in hochakuter Septikämieform, in subakutcr Erkrankung oder chronischem Siechtnm; wie die klini- schen Bilder, so sind auch die anatomischen Veränderungen hierbei ganz verschiedenartig: in ersteren Fällen akute Hyperämieeu, Häniorrhagieen und fibrinöse Exsudationeu bietend, in letzteren Fällen bloß allgemeine Anämie, käsige Pneumonieen oder sogar Gelenksaffektionen vorführend. Derselbe Krankheitserreger, welcher bei der einen Tierspecies akute Septikämie verursacht, bedingt bei einer anderen lokale Eiterungsprozesse oder allgemeine Pyämie. Die Stammes verwandt Schaft der» für die einzelnen Fundortskate- gorieen beschriebenen Infektionserreger ergiebt sich aus folgenden Beob- achtungen. Bei Versuchen, welche ich auf Hueppes Anregung unter- nahm, konnten Hühner durch Kulturen der Kaninchenseptikämie (Gaffky) gegen Hühnercholera geradeso immunisiert werden, wie mit abgeschwächter Hühnercholera. C. 0. Jensen konnte mit den Bakterien einer Kälberseptikämie Hühner gegen Hühuercholera Septicaeraia haemorrhagica s. phiriforinis. 561 immunisieren. J. Mayii und ich liaben Kaninchen gegen Schweiue- seuche und Hühuercholera mit gleichen Serumarteu immu- nisiert. Perroncito sah bei IJeberimpfung von Kulturmaterial der Schweineseuche auf ein Kalb in drei Tagen tödliche Erkrankung des letzteren (an Pneumonie). Galtier fand Schweineseuchebakte- rien infektiös fUr Schafe, Ziegen, Kälber, Esel und Pferde. VoGEs hat mitgeteilt, dass er mit hoehvirulenten Schweineseuche- bakterien sogar durch Fütterung eine der Geflügeleholera gleich- wertige tödliche Krankheit beim Huhne zu erzeugen vermochte. V. Staxg & Pfersdorff konstatierten bei einem spontanen Seuchenausbruche, dass Schweine durch das Virus der Hühnercholera erkranken können. J. Mayr und ich haben durch intravenöse Verimpfung von Hühner- cholera auf Pferde eine schwere tödliche Septikopyämie bei diesen zustandegebracht. In großer Versuchsreihe hat endlich Lignieres wechselweise die Bakterien der verschiedenen Krankheits Vorkommnisse der Septicaemia haemorrhagica auf alle llausticrgattungen übertragen und die variabelsten Krankheitsbilder hervorzurufen vermocht. Wenn nun auch nicht in jedem Falle beliebig durch Impfung die nach Fundorten und Tierspeeies unterschiedlichen Krankheiten ineinander übergeführt werden können, so zeigt das bislang Gefundene genügend, dass man von einer Krankheitsgruppe der Septicaemia haemorrhagica oder wegen der Mannigfaltigkeit der klinisch anatomischen Erscheinungen von einer Septicaemia pluriformis (s. polymorpha) spreclien kann. Die Erreger dieser Septikämie sind allem Anscheine nach weit- verbreitete Saprophyten von ungleichem Pathogenitätsver- mögen. Man hat in freier Natur, in Faulflüssigkeiten, in der Erde, im Speichel und Eachensclileime gesunder Menschen und Tiere solche Bakterien gefunden, welche bei Impfung ins Blut und Unterhaut- zellgewebe an kleinen Versuchstieren eine akute tödliche Septikämie zu erzeugen vermochten, die vollständig mit der genannten Krankheit übereinstimmt (Davaixe, Pasteur, Gaffky, Gamaleia, Moore, J. Mayr, eigene Versuche). Namentlich konnte bei Verimpfung solchen Materials an Kaninchen experimentell die Septicaemia haemorrh. pluriformis hervorgerufen werden. Gewöhnlich zeigt sich dann, dass dieselben Bak- terien, wenn sie einmal durch Wundinfektion dem Tiere inkorporiert waren und in dessen Blut sich vermehrt hatten, an Virulenz zunehmen, so dass schon nach einmaliger Passage sie auch auf dem Fütterungs- wege weiterhin zu infizieren vermögen; es l)egegnet auch, dass Bak- terien, welche anfänglich nur für Kaninchen und Tauben pathogen waren, infolge wiederholter Passagen auch für Hühner tödlich infek- tiös werden. Andererseits trifft man Stämme, welche von vorneweg für alle drei Tierspeeies virulent sind. Mehrfach wurden bei Kaninchen auch spontane Seuchenausbrüche gleichen Cliarakters gesehen (Smith, Thoixot & Masselix, Ligxieres, eig. Beob.). Ein Teil dieser Seuehen- vorkommnisse konnte mit der Geflügelseptikämie (Geflügelcholera) identifiziert werden, welche ebenfalls ganz spontan an einzelnen oder gleichzeitig mehreren Tieren in Erscheinung tritt. Bei der enormen Vermehrung, welche die betreftendeu Bakterien im Blute und allen Organen eingehen, und dem Umstände, dass bluthaltige Dejek- tionen, namentlich mit Blut gemengter Darmiuhalt, von den erkrankten Tieren abgeleert wird, die virulenten Bakterien wieder auf die Erde gelangen, Futter und Trinkwasser infizieren, gewinnt die Krankheit dann weiterhin den Charakter einer kontagiösen Seuche. Handbuch der imthogenen Mikroorganismen. II. 36 562 Th. Kitt, Die Verl)i'eituug' und in uatürlichem Vorkomnieu verscWedenartige Virulenz der Septikäniiebakterien macht es uns verständlich, dass Wundinfektionen durcli derlei Saprophyten auch vom Nabel aus bei Kälbern, Ferkeln, Zicklein u. s. w. stattfinden, und dass da und dort in ganz spontaner Entstehungsweise, d. h. vom Erdboden her (agrigeu, ektogen) bei Schweinen, Eindern, Pferden, Büffeln oder Wildtiereu Einzel- und Massenerkrankungen auftraten, die zum Teil früher unbekannt schienen. Wenn bei solchen Seuchegescheh- nissen nur die Individuen einer Tiergattung ergritten wurden, andere Species am Seucheuorte unempfänglich sich verhielten, so liefert uns ebenftills das von Natur aus imgleiche Pathogenitätsvermögen der Spiel- arten des Infektionserregers und der Umstand, dass durch Passage die Virulenz jeweils auf eine Tiergattung gestimmt wird, den Schlüssel zur Erklärung. Nach den natürlichen Seuchenausbrüchen und den haupt- sächlich erkrankten Tierarten hat man die betreffenden Infektionserreger als Bac. avisepticus, suisepticus, vitulisepticus, bovisepticus, cuniculisepticus u. s. w. auseinandergehalten*), die Septikämieform als Vogelseptikämie , Kaninchenseptikämie , Wild- und Rinderseuche, Schweineseuclie, Büttelseuche u. s. w. verzeichnet. Auf experimentellem Wege ist gewöhnlich für solche Krankheiten, denen vorwiegend eine eiuzehie Tiergattung zum Opfer fiel, noch eine Anzahl anderer empfänglicher Tiergattuugen gefunden worden; bei solchen künstlichen Uebertragungen tritt die Inkonstanz der Pathogenität häufig in der Weise zur Schau, dass dem einen Beobachter diese, dem anderen jene Tiergattung infektiousfähig erschien, und die Impfungen namentlich kleiner Versuchstiere sehr unregelmäßige und ungleiche Re- sultate gaben. In manchen Fällen ist das Patliogenitätsvermögen der vorgefuudeuen Spielart so vielseitig, dass alle oder die meisten Haus- tiere und kleineu Versuchstiere bei künstlichem oder natürlichem Infektionsmodus erkranken und man in Verlegenheit ist, welcher Separattitel der Krankheit und dem Infektionserreger zu geben ist, und mit welcher Speziaisorte man es zu thun hat. Für derartige schwer zu sichtende und vielgestaltige Krankheitsfälle dürfte, wie schon erwähnt, der Name Septicaemia pluriformis (s. polymorpha), für den viel- fach und hochvirulenten Infektionserreger der Name Bacillus pluri- septicus (Bact. phiricidum) vereinfachend und passend sein. Zu solcher Zusammenfassung gaben namentlich die von mir bei Rin- dern, Pferden, Schweinen und beim Wilde beobachteten Seuchenzüge, welche einstweilen der BoLLixGERSchen Wild- und Rinde rseuche subsumiert wurden, ferner die von Lüpke, Buch, Boxgartz, Guillebeau & Hess, Ligxieres, C. 0. Jexsex, Galtier, Bosso & Plana verzeich- neten Massenerkrankungen und die Studien über deren Infektionserreger die Unterlage und Hauptbeispiele. *) Nachdem solche von Flügge, Preisz u. a. gewählte Nomeuklatur sachlich gut ist und bereits üblich geworden, besteht, wie Boschetti in ausführlicher Kritik einem Versuche Lignieres gegenüber betonte, keine Notwendigkeit, die Bakterien in Pasteurella avium u. s. w.. die Krankheit als Pasteurellose umzutaufen; denn so sympathisch das Motiv, die pietätvolle Ehrung eines be- deutenden Forschers erscheint, würde bei Nachahmung solcher Benennungen die Bezeichnung einer Krankheit mit dem Namen eines Gelehrten von diesem vielleicht ungern vernommen und das Bakterienlexikon nicht vereinfachen. (Es könnte z. B. jemand verlangen, dass man die Hühnercholera nach dem Entdecker des Bakteriums MoritzoUose und das letztere Moritzella nenne, ähnlich die Schweine- seuche, den Eauschbrand u. s. w. umtaufe und so fort z. B. Müllereilose, Schultzerella.) Septicaemia haemorrhagica s. pluriformis. 563 Nach kliuiscliem Verlauf zeigt sich solche Septikämie als akute Allg'emeiuiufektion, welche hämorrhag'ische Enteritis, serös fibrinöse Pleuropneumonie und Pericarditis, entzündlich öde- matöse Anschwellungen der äußeren Weichteile wechselweise oder nebeneinander vorführt. Hiernach hat Bollinger eine intestinale, pektorale und exanthematische Form, bezw. Lokalisation der Krank- heit unterschieden. Das Inkubationsstadium beträgt wenige Stunden, bei Impfungen können kleine Versuchstiere schon nach 6 — ^12 Stunden, größere nach 12 — 48 Stunden erkranken und verenden. Der Sektionsbefund liefert sehr verschiedenartige Bilder und Ab- stufungen der genannten Typen, welche in ausgeprägten Fällen durch Blutungen und intensivste Hyperämie der Schleimhäute und serösen Häute, blutigen Magendarmiuhalt, die akuten Stadien der krupösen Pneumonie, Pleuritis und Pericarditis, und mäch- tige gallertige Infiltrationen des Zellgewebes charakterisiert sind, jeweils nur einzelne dieser Veränderungen vorweisen, andere vermissen lassen, andere ]\Iale auch nur sehr wenig Anomalieen gleich toxisch infektiösen Septikämieen bieten *). Der mikroskopische Nachweis des Infektionserregers ist am einfach fingiertem Ausstrichpräparate von Blut, den blutgemischten Gewebssäften und Exsudaten leicht zu machen. Der Bacillus plurisepticus hat Form und Größe der Vogelseptikämiebakterieu, also 7-2/' — 1," Länge (nach Angabe einzelner Autoren bis 2,5 u Länge^, un- gefähr 0,3 u Breite ; er ist unbeweglich , von rundlicher , ovaler und biskuitförmiger Gestalt, mit den gewöhnlichen Anilinfarben bipolar sich fingierend, nicht nach Gram färbbar. Die Menge der in einem Bluts- tropfen zur Ansicht kommenden Mikrophyteu ist sehr ungleich: bei den Haustieren oft sehr spärlich, selbst in der Milz, der Lunge, Leber u. s. w. auffallend gering, im Gesichtsfelde des Mikroskops nur vereinzelt, in anderen Fällen, zumal bei kleinen Versuchstieren, sind Myriaden zu- gegen, mehr Bakterien von der einzigen Sorte als wie Biutzellen vor- handen**). Die Bakterien lagern vorwegs im Plasma zwischen und neben den Biutzellen, teilweise auch auf denselben und in Leukocyten einge- schlossen. Die Kultur des Bac. plurisepticus gelingt bei Zimmertemperatur und Briitofenwärme so leicht und mit denselben Charakteren wie das Wachs- tum des Bac. avisepticus. Auf Nährgelatiue und in Nähragar kommen weißlich hyaline, durchsichtige Kolonieen von geringer Aus- dehnung; die Gelatine wird nicht verflüssigt. Auf Kartoffeln habe ich die Bildung virulenter graugelblicher, transparenter Kolonieen beob- achtet, andere Male (wahrscheinlich wegen saurer Reaktion der Kar- toffeln) blieb das Wachstum aus. Nach Hueppes Versuchen, und wie auch VoGES & Proskauer notierten, vermehrten die Bakterien der Septicaemia haemorrhagica sich auch in Brunnenwasser und in einem bewachsenen, feuchtgehaltenen Gartenboden bei Zimmertemperatur. Die Bakterien der Septicaemia-haemorrhagica-Gruppe spalten nach VoGEs & Proskauer Schwefelwasserstoff aus Schwefelverbindune-en *) Näheres siehe Kitt, Lehrbuch der pathol. Anatomie der Haustiere, IL Aufl. Stuttgart 1901 (F. Enke). **) Photogramm siehe Kitt, Bakterienkunde für Tierärzte, IV. Aufl., Wien 1902, (M. Perles Verl., 36* 564 Th. Kitt, (Pepton) abj liefern ludol und leisten Nitratreduktion, bilden aber keine Phenole und rufen keine Vergärung der Kohlehydrate hervor. Impfungsversuehe mit virulenten Stämmen des Bacillus pluri- septicus bedingen bei kutaner, subkutaner und Fütterungsinfek- tion au Mäusen, Kaninchen und kleinen Vögeln prompt und rapid eine tödliche Septikämie ; die schon nach 6 — 36 Stunden verendeten Tiere zeigen hämorrhagische Enteritis, Tracheobronchitis, akute Pleuro- pneumonie, Pericarditis, Milztumor, Haut- oder Muskelödeme in wech- selnder Intensität. Bei Meerschweinchen, Tauben, Hühnern, bei Schweinen, Schafen, Ziegen, Eindcrn und Pferden, sowie Fleisch- fressern ist das Ergebnis solcher Impfungen ungleich je nach der Malignität der Stämme und Applikationsweise. In der Regel bringt die subkutane Injektion Aveniger Tropfen Blut oder Gewebssaft der seuchenkranken Tiere bei den gesunden Tieren derselben Art eine rasch tödliche Septikämie, und auch das Kulturmate- rial hat denselben Effekt; die Virulenz des letzteren schwächt sich indes leicht ab. Tiere der verschiedenen Species sind durch iutraperitoneale und intravenöse Impfung meistens zu infizieren. Die kutane Impfung schlägt oft fehl. Die Verfütterung von Kulturen oder Abfällen der seuchekranken Tiere kann auch bei den großen Haustieren die typische Erkrankung herbeiführen. Hochvirulente Stämme sind pathogen für alle genannten Tierarten. Bei subkutaner Impfung pflegen enorme ent- zündliche Oedeme von der Impfstelle aus zu entstehen, an welche dann die tödliche Allgemeininfektion sicli anschließt, oder welche in prota- hiertem Verlaufe als fieberhafte Phlegmone, mit und olme Eiterung, mit Genesung endigt. FUtterungsinfektion pflegt die hämorrhagische Ente- ritis zu bringen, doch können hierbei auch die pektoralen Veränderungen sich ausbilden. Von einer Uebertraguug der Septicaemia haemorrhagica pluriformis auf den Menschen ist nichts bekannt; es wurden früher vielfach not- geschlachtete, seuchenkrank gewesene Tiere verspeist, ohne dass man Nachteile für die Gesundheit der Menschen wahrnahm. Die als Wild- und Kind er seuche titulierten seuchenhaften Erkran- kungen werden gleich denen des Milzbrandes bekämpft (thermische oder chemische Desinfektion und Vernichtung der Kadaver und Abfälle, Ent- schädigung der Tierbesitzer für die Viehverluste nach Maßgabe der l)e- stehendeu Gesetze). Die Teuazitätsverhältuisse des Bae. pluriseptieus sind im allgemeinen wie bei der Hiüinercholera ; ihre genauere Bestimmung bedarf neuer Bearbeitung, da die Angaben der älteren Litteratur noch auf Studien fußen, bei welchen die einzelnen Formen nicht auseinandergehalten wurden, sondern beispielsweise Schweinepest noch zur Schweineseptikämie gerechnet wurde. In vorstehendem habe ich mich auf eine kurze Angabe der allgemeinen Charaktere der Septicaemia pluriformis und ihrer Erreger beschränkt; über die Besonderheiten der Vogelseptikämie, Schweineseptikämie, Büffelseptikämie u. s.w. geben die betreffenden Spezialkapitel xmi citierten Schriften nähere Auskunft. Inwieweit die namentlich von Licixieres als Pasteurellosen verzeichneten Er- krankungen der Pferde, Hunde, Katzen, Schafe u. s. w., welche diese Forscher vom ätiologischen Gesichtspunkte aus der Septicaemia haemorrhagica einreiht, thatsächlich dieser zugehören, bedarf noch der bestätigenden Nachprüfimg und erneuter Studien. Manche der bezüglichen Versuche haben nur auf dem etwas gewaltsamen Wege intravenöser Impfung relativ großer Dosen Virus (z. B. 5 ccm) Scpticaeinia haeinorrhagica s. pluriformis. 565 eine vergleiclibare, nicht genügend typische Erkrankung veranlasst, bei der es sich anscheinend nur um allgemein toxisch-infektiöse Wirkung, wie sie vielerlei Bakterien, z. B. auch Colistämme kundgeben, handelte. Bakterien vom Habitus und von der Wirkung des Bac. plurisepticus finden sich gelegentlich in dem Sputum und den Kadavern auch gesunder geschlachteter Tiere und können also bei Erkrankungen bloßer Nebenfund sein; z. B. ist es vorgekommen, dass bei Piroplasmose des Rindes die Verimpfung von Gewebssaft, welcher solche Bakterien zufällig enthielt, typische hämorrhagische Septikämie bei Mäusen und hiermit zunächst eine Fehldiagnose veranlasste (in Hamburg). Ob daher Krankheiten, für welche die epidemiologischen Beobachtungen gar keinen Zusammenhang mit der Wild- und Rinderseuche, Geflügelcholera, Schweineseuche u. s. w. aufbringen können, und nicht eiumal künstliche Impf- barkeit möglich ist, wie die Brustseuche des Pferdes, die Hundestaupe und der Hundetyphus, auch der beschriebenen Septikämiegruppe zuzählen, wie französische Autoren annehmen, bleibt noch ofiene Frage. Litteratur. Baumöartens Jahresberichte. GuiLLEBEAU & Hess, Schweizer Archiv f. Tierheilkunde, Bd. 36, 1894. HuEPPE, Berl. klin. Wochenschr.. 1886. Kitt, Sitzungsber. d. Ges. f. Morphol. u. Physiol., München 1885; Jahresber. d. Münchener Tierarzneischule 1885/86 und 1887/88. LiGNiEREs, Contribution a Tetude et a la Classification des Septicemies hemorrha- giques, Buenos Aires 1900. Daselbst alle weiteren, zahlreichen Litteratnr- angaben. VoGES, 0., Zeitschr. f. Hyg. u. Inf., Bd. 23, 1895; Bd. 28, 1898. XIL Tetanus. Von Dr. von Lingelsheim, Privatdozeiit in Marburg a./L. I. Historisches über den Tetanus. Der Starrkrampf ist, soweit unsere Ueberlieferuagen reichen, immer eine seltene Erkrankuni;- i^-ewesen. Er hat deshallj die allgemeine Auf- merksamkeit nicht in dem Maße in Anspruch genommen, wie viele an- dere Krankheiten, namentlich manche Infektionskrankheiten, die durch dauernd häufiges Auftreten oder g-elegentliche wuchtige Schläge sich dem Gedächtnis der Menschen einprägten. Um so mehr wurde dagegen schon frühzeitig- das Interesse des g:elehrten Arztes durch den eigenartig charakte- ristischen Symptomenkomplex gefesselt. In den Schriften des Hippokrates spielt der Starrkrampf schon eine Rolle; Krankheitsfälle werden beschrieben, Diagnose und Prognose ein- gehend gewürdigt. Von dem gelehrten Kappadozier Aretaeus rührt eine Einteilung des Tetanus her, die sich bis in die neuere Zeit erhalten hat. Danach gab es einen Opisthotonus, einen Emprosthotonus und einen Tetanus, jenachdem mehr die ^luskulatur der PJiekenfläche, der Vorderfiäche oder die Muskulatur gleichmäßig betroffen war. Dieser alten Einteilung des Aretaeus wurde später noch der Pleurothotonus angefügt, bei dem vorwiegend die seitliche Muskulatur an dem Krämpfe beteiligt war. Auch in ätiologischer Beziehung trennte man schon im Altertume den Tetanus, der sich an Wunden anschloss, von dem aus anderen Ur- sachen. Die letzteren galten für prognostisch günstig, während es von dem Wundstarrkrampf heißt Pjv Itz) rgcöi-iart arcaai.idg ytvtiTai, oled-Qiov l^dr ymI dvofA/riorov ccQrjyeiv de xqvj (Aretaeus). Während des ganzen Mittelalters bis in die neuere Zeit hinein machte die Kenntnis des Tetanus keine Fortschritte. Erst das 18. Jahrhundert mit seinen großen verlustreichen Kriegen, in denen auch der Tetanus zahlreiche Opfer forderte, belebte aufs neue das Interesse an der eigenartigen Krankheit. Eingehendere Studien aus dieser Zeit verdanken wir vor allem einer Reihe französischer Militärärzte, Dazille, sowie Larey, der Napoleon auf seinem Zuge nach Aegypten begleitete. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stand auch die medizinische Litteratur des Tetanus. 567 Tetanus vorwiegend unter dem Zeichen der pathologischen Anatomie. Ebenso emsig als erfolglos war man bemüht, durch genaue Untersuchung des Rückenmarkes und der Nerven Sitz und AVesen der Erkrankung kennenzulernen. Erst die zielbewusste Benutzung des Tierexperimentes, wie sie Ende der 60. Jahre vorigen Jahrhunderts zur Erforschung der Wundkrankheiten üblich wurde, führte aus dem Wirrsal der Hypothesen zu einer einheitlichen und auf unanfechtbare Thatsachen gestützten Theorie. Wie ich bereits erwähnte, wusste mau schon im Altertume, dass der Tetanus sich in der Mehrzahl der Fälle an Verletzungen anschloss. Es blieb aber bis in die neuere Zeit hinein trotz aller Erklärungsversuche dunkel, welche Beschaffenheit nun eine Wunde haben müsse, damit sich die ebenso seltene als gefährliche Komplikation anschließen konnte. Wurde eine Wunde brandig, so sollte leicht Tetanus hinzutreten — man sprach dann von einem »krampthaften Brand.« Nicht minder gefährlich war schon die jauchige Beschaffenheit der Sekrete; es entwickelte sich dann der »faulichte Krampf«. Da es aber sowohl brandige wie jauchige Wunden gab, die nicht zum »Krampf« führten, so mussten noch andere Be- dingungen erfüllt sein. In erster Linie dachte man hier an eine direkte Ivcizung der peripherischen Nerven. Bei jedem Tetanus, meinte Micha- elis, Garnisonmedicus in Harburg (1797), läge eine sphacelöse Be- schaffenheit der Wunde vor, und man könne bei den Sektionen nach- weisen, wie beträchtliche Nervenstämme der Wirkung der faulichten Jauche« ausgesetzt gewesen seien. Ganz besonders war man auf die Annahme direkter Nerveninsulte für die Erklärung der Fälle hingewiesen, Avo die Wunde eine anscheinend ganz gutartige Beschaffenheit hatte oder gar schon vernarbt war. Als Schulfall für diese Art Tetanus galt immer der DüPUYTREXsehe Fall, wo sich am Arme eines tetanuskranken ^lannes eine Narbe gefunden hatte, die beim Einschneiden ein Stück Peitschen- schnur, eingehüllt von N. ulnaris, enthielt. Aber auch intensivere Reizungen peripherischer Nerven durch Fremd- körper oder andere Insultate führten erfahrungsgemäß nicht immer zu Tetanus. Zeigte sich doch, dass nicht selten sogar Fremdkörper von stark irritierender Beschaffenheit im Gewebe und in der Nähe von Nervenstämmen sich aufhalten und sogar einheilen konnten, ohne dass es zu Tetanus kam, wie in dem LAFOKErscheu Falle, wo eine Patientin eine Glasscherbe 12 Jahre unter der Plantaraponeurose schadlos mit sich herumgetragen hatte. Auch das Experiment ergab durchaus negative Resultate. Vergeblich haben sich in den 70. Jahren Arloing & Tripier - (und vor ihnen schon Descot & Legros) Ijemüht, durch mechanische Reizung peripherischer Nerven starrkrampfartige Krankheitszustände hervorzurufen. Wusste man so schon für die Erklärung des Wundtetanus keine plausil)ele Erklärung zu finden, so noch weniger für die Fälle, wo nicht einmal ein Locus morbi in Gestalt einer Wunde zu erkennen war. Hier musste dann, wie bei so vielen anderen Krankheiten, die Erkältung als Ursache herhalten; eine solcher Tetanus war, wenn irgend möglich, ein rheumatischer. Auch zu Wunden konnte sich der rheumatische Tetanus gesellen : es gab dann einen Wundtetanus auf rheumatischer Gruudlage. Mit der Annahme von der ätiologischen Bedeutung der Erkältungen kamen auch meteorologische und klimatische Faktoren zu ihrem Recht. Gegenden und Witterungsverhältnisse, die die Entstehung von Erkältungen begünstigten, begünstigten auch den Tetanus. So erklärte sich die rela- 568 '^- Lingelsheim, tive Häufigkeit der Krankheit au mauclien Orten, ihre große Seltenheit an anderen. Nach Dazille, der Mitte des^ 18. Jahrhunderts seine Er- fahrungen vorwiegend in den amerikanischen Kolonieen Frankreichs sammelte, waren es besonders »niedrige, frische, feuchte Länder«, aber auch »heiße Gegenden mit heißen Nächten«, die wegen der »Unterdrückung der Schweiße« für Tetanus gefürchtet waren. Bajox dagegen, Ober- wundarzt in Cayenue, machte besonders die salzige Seeluft für das häufige Auftreten der Krankheit auf der Insel verantwortlich. Je direkter eine Person dieser ausgesetzt war, um so mclir war sie gefährdet. Außer Erkältungen kamen ätiologisch auch noch Störungen auf see- lischem Gebiete, heftiger Schrecken, psychische Depression in Betracht. Solche Momente wurden dann gern für die Fälle herangezogen, wo weder eine Verletzung noch eine Erkältung nachweisbar war (T. idiopathicus). Die Unmöglichkeit, ein so einheitliches Symptomenbild, wie es der Tetanus beim Menschen darstellt, mit so heterogenen Ursachen in Ver- bindung l)ringen zu können, führte dann Ende der 60. Jahre vorigen Jahrhunderts im Zusammenhang mit der neuen Auffassung der Dinge bei den übrigen Wundkrankheiten auch beim Tetanus zu einer zymo- tischen Hypothese. Nach Heiberg & Roser, Billrotii & Spencer Wells sollte derselbe durch ein eigenes Miasma entstehen, und ein im Blute kreisendes, dem Strychnin ähnliches Gift sollte die Krämpfe ver- anlassen. Auch der Vergleich mit der anerkannt infektiösen Hydrophol)ie, mit der nicht selten der Tetanus viel Aehnlichkeit zeigt {T. hydroplio- bicus), erleichterte der neuen Anschauung Boden zu gewinnen. Bald erklärten sich Griesinger^ und namentlich auch Strümpell •'• für die infektiöse Natur. Die ersten experimentellen Anläufe allerdings, das supponierte Gift nachzuweisen, waren ergelniislos. Akloixg & Tripier gelang es nicht durch Uebertragung von Blut und Eiter Tetanischer bei Hunden und Kaninchen Starrkrampf zu erzeugen. Ebenso negativ waren die Ver- suche von Billkoth & Schulz, die gleiclifalls mit Hunden arbeiteten. Erst im Jahre 1884 kamen zwei italienische Forscher Carle & Eattone ^ zu positiven Resultaten. Dieselben injizierten eine Aufschwemmung von dem infiltrierten Gewebe aus der Umgebung einer Aknepustel, von der Tetanus ausgegangen war, einer Reihe Kaninchen teils in die Nerven- scheide des N. ischiadicus, teils in die Rückenmuskulatur. Nach 2 bis Stägiger Inkul)ation entwickelten sich l)ei 11 unter den 12 Tieren aus- gesprochen tetanische Erscheinungen. Auch Uebertraguugen von Tier zu Tier gelangen. Diese wichtigen Versuche erhielten im Jahre darauf eine wertvolle Ergänzung durch die Arbeiten, welche Nicolaiek'o unter Flügges Leitung im Göttinger hygienischen Institute ausführte. Durch diese wurde erwiesen, dass Erde, auf Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen übertragen, eine Krankheit mit starrkrampfartigen Symp- tomen hervorzurufen vermag, während Hunde sich refraktär zeigten. Weiter, dass der Träger dieser Wirkung mit aller Wahrscheinlichkeit in einem schlanken feinen Bacillus zu suchen ist, der sich im Eiter der ge- storbenen Tiere und in der nächsten Umgebung der Impfwunde vor- findet. Die Reinkultur dieses Bacillus gelang nicht, wohl aber die Fortzüchtung in Mischkultur auf erstarrtem Hammelblutserum. Bald nachher fand Rosenbach ^^ den von Nikolaier beschriebenen ähnliche Bazillen in dem Eiter eines Kranken, dessen Tetanus von einer Frost- gaugrän der Füße ausgegangen war. Auch hier war es möglich, mit dem bazillenhaltigen Eiter die Krankheit auf Tiere zu übertragen. Unter Tetanus. 569 Zubilfeuabme eines besonderen anaerobeu Verfabrens vermocbte dann KrrASAT()i3' ^* 2 Jahre später die Bazillen auch in Eeinkultur zu zücbten und durcb erfolg-reicbe Uebertraguug- derselben den Nacbweis zu er- bringen, dass in ibnen tbatsäcblicb die Erreger des Tetanus gefunden waren. Litteratur. 1 E. Rose, Der Starrkrampf beim Menschen. Lief. 8 der deutschen Chirurgie. — 2 Arloixg & Tripieu, (Jazette medicale de Paris, 1870, p. 337. — 3 Spexcer Wells, The medical Times and Gazette, 1859. p. 564. — * Ders., Wien. med. Presse, 1809, S.26. — 5 Griesinger, Arch. f. Heilkunde, Bd. 3, S. 174. —6 Strümpell, Arch. f. klin. Med., Bd. 36. S. 14 u. 15. — " Schultz, Ueber eine Kumulation von Tetanusfällen im Stadtkrankenhause zu Rostock. Rostock 1S7(), S. 13. — « Bill- roth, Allgemeine chirurgische Pathologie und Therapie. Berlin 1882, S. 504. — " Carle & Rattone, Giornale della R. Accademia di mediciua di Torino. Marzo 1884. — "' NicoLAHCR, Beiträge zur Aetiologie des Wundstarrkrampfes. iJnaug.- Diss.) Göttingen 1885. — " Ders., Virch. Archiv, Bd. 128. — i- Brenneke, Ein Fall von Kopftetanus. (Inaug.-Diss.) Göttingen 1890. — i3 Kitasato, Dtsch. med. Wochenschr., 1889, Nr. 31. — ^ Ders.. Ztschr. f Hyg., Bd. 7. — is Rosenbach, Arch. f. Chiurgie, Bd. 34. II. Morphologie, Kultur, Züchtung, Biologisches. In einige Tage alten Gelatinekulturen erscheinen die Tetauusbazillen als feine, 2 — 4 /.i lange und 0,3 — 0,5 /n breite Stäbcbeu mit leicbt ab- gerundeten Ecken. Ein Teil der Stäbeben liegt frei, andere sind in mebr oder weniger langen Fäden von meist leicbt bogenförmiger Krüm- mung geordnet, wieder andere zeigen eine v-förmige oder aucb parallele Lagerung. Werden die Kulturen älter, 6 — Stägig, so nimmt die Zabl der einzeln liegender Bazillen ab, die der Fäden zu. In 10 — Mtägigen Kulturen erscbeineu schon viel sporentragende Bazillen, in noch älteren verschwinden Fäden und Bazillen, um das Feld ganz den Sporen zu überlassen. Der Tetannsbacillus besitzt eine zwar deutlich wahrnehmbare, aber wenig lebhafte Eigenbewegung, die zweckmäßig auf erwärmtem Objekt- tisch beobachtet wird. Die Beweglichkeit ist bedingt durch eine große Zahl peritricher Geißeln, deren Zahl nach Kantiiak & Coxxel, die mit dem vax Er- MENGEMSchen Verfahren arbeiteten, 30 beträgt, nach Votteler ^^-^ sogar 50-100. Die Sporenbilduug beginnt bei Kulturen, die bei Brüttemperatur ge- halten werden, schon bei 24 — 30 Stunden, in Gelatinekulturen dagegen erst nach 8 — 10 Tagen, wenn schon der untere Teil der Gelatine in Verflüssigung begrifleu ist. Frühzeitige und reichliche Sporenbildung beobachtet man vor allem auf Blutserum und zuckerfreier Bouillon. Die Spore ist eine runde Köpfchenspore von 1 — 1,5 fi Durchmesser. Am Ende des Bacillus sitzend, verleiht sie demselben ein tronmielschlägel- ähnliches Aussehen. Bei einem gewissen Gehalt des Nährbodens an Zucker oder Glycerin soll sich die Gestalt der Sporen ändern und mehr elliptisch werden (v. Hibler2i). Die Färbung der Bazillen gelingt leicht mit den gebräuchlichen Farb- stoöen und nach dem GRAMschen Verfahren. Auch die Sporen sind unschwer bei Färbung mit ZiEHLScher Lösung und nachfolgender Ent- färbung mit 25proz. Schwefelsäure darzustellen. Schwieriger ist dagegen die Geißelfärbung nach Löffler oder vax Er:\[exgem. Bedingung 570 ^- Lingelsheim, für das Gelmg-en ist, dass mau sich ganz junger Kultureu (12 — 16stim- diger) bedient, die in sclmeller Folge Uberimpft sind. Die Eeiuzüchtung der Tetanusbazillen gelang Kisatato iu der Weise, dass er von dem bazillenhaltigen Materiale auf schrägen Agar ausstrich und die Röhrchen auf 1--2 Tage bei Brüttemperatur hielt. Von den so erhaltenen Mischkulturen wurden, nach 1 stündiger Erwärmung auf 80 °, Agarplatteu angelegt. Als Behälter dafür dienten besondere blasenartige Schalen, in denen die Luft über dem Agar durch eine Wasserstoff- athmosphäre verdrängt werden konnte. Bei diesem Verfahren sollen in der Mischkultur sämtliche vorhandene Sporen zum Auskeimen gebracht werden. Die Erhitzung beseitigt sodann den größten Teil der nicht sporeubildenden Bazillen und von den sporenbildendeu diejenigen, die sich noch in vegetativer Form in der Mischkultur vorfinden. Vermittels des KiTASATOschen Verfahrens, das übrigens in einer im Prinzip durchaus übereinstimmenden Form schon vor der Ki rASATOscheu Veröffentlichung mit Erfolg in einem Falle von NiKOLAiER^f' angewandt Avorden war, gelang es nicht nur Kitasato, sondern auch einer ganzen Reihe anderer Forscher Reinkulturen des Tetanusbacillus herzustellen. Nicht selten hat aber auch die Methode versagt und auch in geübten Händen. Das Gelingen hängt zunächst davon ab, dass nicht zu wenig Tetauusbazillen in dem Ausgangsmaterial vorhanden sind, vor allem aber von der Beschaffenheit der begleitenden Bakterien. Sind in großer Menge solche vorhanden, die auch frühzeitig widerstandsfähige Sporen bilden, so gelingt die Isolierung meist nicht. Man hat versucht die Erhitzung noch über eine Stunde auszudehnen, da die Tetanussporeu zu den wider- standsfähigeren gehören, widerstandsfähiger sind als die Sporen des ma- lignen Oedems und mancher Chlostridiumformen. Statt von der erhitzten Misclikultur direkt zur Isolierung auf festem Substrat zu schreiten, kann man auch eine vorherige Anreicherung ver- suchen. Mau impft dabei eine Anzahl Bouillonröhrchen iu möglichst verschiedener Verdünnung und hält dieselben unter Luftabschluss zwei Tage bei 37". Hierauf wird wieder erhitzt und das Verfahren event. nochmals wiederholt, v. Hibler vermochte die Tetanusbazillen von den Oedembazilleu zu trennen, indem er Vorkulturen (tiefer Impfstich) in er- starrtem und sterilisiertem Kaninchenblut anlegte, die eine Reihe von Tagen bei Brüttemperatur gehalten wurden. Liegen die erwähnten Schwierigkeiten nicht vor, ist die Zahl der Sporen keine zu geriuge, so macht die Isolierung keine weiteren SchAvierig- keiten. Man kann sich dazu der von Kitasato konstruierten Schalen bedienen. Bequemer und auch meist zum Ziele führend ist das Ver- fahren von Büchner, wobei die geimpften Röhrchen mit Pyrogallus- lösung eingestellt werden. Meist gelingt es aber auch schon in der Höhenschichtkultur (Zuckergelatiue) nach Liborius positive Resultate zu erzielen, wenn man nur darauf achtet, dass die Gelatine resp. der Agar durch 1 2 stündiges Erhitzen von Sauerstoff befreit und nach der Impfung durch Kühlung mit Eiswasser schnell zum Erstarren geln-acht wird. Nach dem Erstarren kann dann noch zweckmäßig die Kultur mit Ge- latine oder Agar überschichtet Averden. Statt der BucnNERScheu Röhren kann man auch den Apparat von NovY benutzen, der in etwas anderer Form schon A^on Nicolaier an- gegeben war. Es ist hierbei möglich, mehrere Röhrchen in einem Gefäß unterzubringen. Auch die anderen Verfahren, das von Fränkel 4, Bot- Km2o^ Blücher y sind verwertbar. Es kommt Adel weniger darauf an. TetaBus. 571 welche Methode g-ewählt wird, ak darauf, dass dieselbe von dem Uuter- sucher bis in alle Eiuzellieiteu beherrscht wird. Auf der Gelatiuei)latte (20'^) werden die Kolonieeu der Tetanusbazillen erst vom 3. Tage an sichtljar. Bei mikroskopischer Betrachtung- gewahrt man eine kompaktere zentrale Partie, von der aus dünne Fäden aus- strahlen, so dass die Kolonieen denen von Proteus mirabilis ähnlich sehen (Saxfelice). Bei manchen Tetanusstämmen zeigt die peripherische Zone wieder ein mehr starrstrahliges Gefüge, wobei dann die Kolonie mehr an eine Heubazillenkohmie erinnert (Kitasato). Auch in der Gelatine- höhenschichtkultur können sowohl Kolonieen von starrstrahligem Bau und kompakterem Gefiige wie solche von scheinbar dendritischem Bau und lockerem GefUge beobachtet werden. Nicht selten wird sogar hier das Gefüge so locker und zart, dass die Erkennung Schwierigkeiten macht. Im Gelatiuestich beginnt das Wachstum etwa 2 cm unter der Oberfläche. Von dem Stichkanale aus werden zahllose feine Fortsätze in fast senkrechter Bichtung in die Gelatine getrieben, die in ihrer Ge- samtheit den Eindruck einer wolkigen Trübung machen. Dabei wird die Gelatine durch zahlreiche kleine Gasblasen auseinaudergedrängt. Die Verflüssigung beginnt erst spät, nach etwa 10 — 14 Tagen. In Agar ist das Wachstum bis auf die Verflüssigung ganz ähnlich dem in Gelatine. Makroskopisch erscheinen die Kolonieen nach 1 bis 2tägigem Aufenthalt im Brutschrank als feine Wölkchen, mikroskopisch als ein Gewirr feinster Fäden. Im Agarstich hat die Kultur viel Aehn- lichkeit mit einem Tannenl)aum. Merkmale, die eine durchaus sichere Unterscheidung der Tetanus- bazillen von den anderen Anaeroben gestatteten, sind in der Kolouieen- bilduug und Kultur nicht gegeben. Bei Verwendung von Gelatine wird man einen Anhalt für die Auffindung an der sehr geringen Wachstums- sclmelligkeit der Kolonieen haben. In Agar ist das besonders zarte Gefüge zn beachten. Volle Sicherheit ergiebt aber erst die weitere Be- obachtung. Nach Lehmann & Neumaxn sind die Kulturen des Tetanns- Bauschbrand- und Oedembacillus nicht mit Sicherheit zu unterscheiden. Der Tetanusbacillus wächst gut in neutraler Bouillon, die diöus ge- trübt wird, auch in Milch und zwar ohne zu koagulieren. Auf Kartofteln tritt nach Saxciiez- Toledo & Villon kein Wachstum ein. Nach Vaillaki) & Vincent bildet sich ein feiner Ueberzug, ähnlich dem für Typhusbazillen charakteristischen, die Bazillen sind hier zu langen Fäden geordnet, Sporen werden nicht gebildet. Blutserum ist nach Kitasato ein schlechter Nährboden für die Teta- uusbazilleu und wird durch sie nicht verändert. Nach Tizzoni, Cat- tani & Baquis ist dagegen Kanincheublut ein vorzüglicher Nährboden, auf dem der Bacillus auch ohne Luftabschluss gut gedeiht und Sporen bildet. Aehnlich äußern sich v. Hibler & Kitt. Nach Tizzoni & Kitt wird auch das Serum durch die Kultur verflüssigt. Als Zusätze zu den Nährböden, die das Wachstum begünstigen sollen, werden verschiedene reduzierende Substanzen benutzt, Traubenzucker 2X, ameisensaures Natron 0,3 — 0,5^ und iudigsulfosaurer Natron 0,1^ (Kitasato), sowie Lackmuslösung (Novy^^). Die geeignetste Temperatur für das Wachstum ist die Brutwärme. Unter 14" wird weder Auskeimen noch Vermehrung beobachtet. Von biologischen Eigentümlichkeiten des Tetanusbacillus sind das Peptonisierungsvermögen und die Gasbildung schon erwähnt. Das ge- bildete Gas besteht aus Kohlenwasserstofit und Kohlensäure. Dabei 572 V. Lingelsheim, befinden sich flüchtige Substanzen von widerlichem Geruch vor, der an verbranntes Hörn erinnert. Säure wird in zuckerfreien Nährböden nur in Spuren gebildet. Um den Tetanusbacillus zum Wachstum zu bringen, ist der Ab- schluss des Sauerstoffes notwendig. Doch gilt dies, streng genommen, nur für den Fall, wo der Pjacillus zunächst in wenigen Exemplaren auf- tritt, wie dies bei der Isolierung der Fall ist. Bei reichliclierer Ueber- traguug, also bei Ueberimpfung von Eeinkulturen, wirkt der Sauerstoff nicht mehr so schädigend; es genügt dann schon eine übergelagerte Nährbodenschicht oder ein Oelverschluss. Auch größere liouillonmengen, namentlich im frisch bereiteten Zustande, gestatten meist, ohne dass der Sauerstoff abgehalten wird, ein gutes Wachstum. Man kann annehmen, dass dasselbe hier zunächst in den tiefsten Schichten vor sich geht, wobei dann der Bacillus durch Bildung reduzierender Substanzen sich die Existenzbedingungen auch für die höher gelegenen Schichten verschafft. Der Sauerstoff hat für den Tetauusl)acillus die Bedeutung eines Al)- schwächuugsmittels, eines Antisepticums. Die Wirkungen eines solchen sind immer bis zu einem gewissen Grade paralysierbar durch besondere Gunst anderer Lebensbedingungen, der Temperatur und des Nährbodens. So scheint auch bei Wahl eines ganz adäquaten Nährl)odens der Teta- nusl)acillus auch bei ungehindertem Luftzutritt vegetieren zu können (auf erstarrtem Kaninchenblut nach Tizzoni). Von großer praktischer Bedeutung ist, dass der Bacillus auch ohne Luftabschluss zu gedeihen vermag bei Symbiose mit anderen aeroben Bakterien. Hierauf beruht die DebkandscIic Methode der Giftherstel- lung. Nach Pasteur erklärt sich diese Thatsache einfach dadurch, dass die aeroben Bakterien den Sauerstoff' für sich in Beschlag nehmen und dadurch das anerobe Bakterium gewissermaßen unter Luftabschluss bringen. Die Annahme von Kedrowski ^'\ dass die aerol)en Bakterien einen Stoff' ausscheiden, der den Anaeroben die Existenz ermögliche, hat sich nach den Untersuchungen von Scholz-'^ als nicht stichhaltig erwiesen. Nach manchen Angaben soll aber auch der Tetanusbacillus so an den Sauerstoff gewöhnt werden können, dass er zum Aerobier wird. l^ELFANTii^ sah dabei an dem Bacillus morphologische und biologische Veränderungen so eigentümlicher Art vor sich gehn, dass die Ijeobach- tungen doch etwas zweifelhaft erscheinen. Dasselbe gilt von den Eighi- schen^e Angaben. Ferkan^ö brachte die Gewöhnung an den Sauerstoff* dadurch zustande, dass er die Bazillen zunächst in reiner Acethylen- atmosphäre, dann in Gemischen von Acethylen mit allmählich steigen- dem Luftgehalt züchtete. Im Auschluss hieran erwähne ich die Mitteilung von Cakbone & Perrero2^, die aus dem Brouchialsekrete einer Tetauusleiche einen dem Nicolai liRschen Bacillus ähnlichen, aber aeroben und avirulenteu Bacil- lus züchteten. Auch Kruse ^i gelang es in einem Falle, ein dem Teta- nusbacillus morphologisch gleiches, aber zum aeroben Wachstum be- fähigtes und avirulentes Bakterium zu züchten. A priori wird man die Möglichkeit nicht von der Hand weisen können, dass unter dem Einflüsse des Sauerstoffs, ebenso wie es unter dem der Belichtung geschehen kann (Vaillard & Vincent, Wesbrook und andere) die Toxizität ganz oder teilweise verloren gehen kann, womit nach analogen Beobachtungen an anderen Bakterien auch ge- wisse morphologische Aenderungen Hand in Hand gehen mögen. In Tetanus. 573 den Fällen von Carbone & Perrero und von Kruse ist aber eigent- lich kein Grimd für eine solche Abschvvächung-, die sich anscheinend doch nicht so schnell vollzieht, einzusehn. Ich halte es für wahrschein- lich, dass es sich bei den meisten Mitteilungen über aeruljc und atoxische Tetanusbazillen um morphologisch ähnliche Pseudotetanusbazillen gehan- delt hat. Sicher dürfte auch der von Tavel^o aus einem resezierten Wurmfortsatz gezüchtete Bacillus hierher gehören. Die Haltbarkeit der Sporen ist unter natürlichen Verhältnissen, wenn das Sonnenlicht nicht einzuwirken vermag, eine erhebliche. Hexrijean35 konnte mit einem infizierten Holzsplitter noch nach 11 Jah- ren Tetanus erzeugen. Das direkte Sonnenlicht schwächt sie dagegen ziemlich schnell ab. In den Versuchen von Vaillakd ^^c Vincent hatten auf Papier angetrocknete Sporen, die während des Sommers der direkten 15elichtung (Temperatur nicht über 35") ausgesetzt waren, nach 6 Tagen Virulenz und Fälligkeit zur Sporenbildung verloren. Ueber die abtötende Wirkung anderer Mittel liegen schon von Kitasat(> eine ganze Reihe Versuche vor. Hiernach waren die Sporen vernichtet bei Einwirkung von 5 Minuten strömendem Dampf, 5proz. Karbolsäure nach 15 Stunden (bei 10 Stunden noch keine Abtötung , 5proz. Karbolsäure + 0,5proz. Salzsäure nach 2 Stunden, 1 promill. Sublimat nach 3 Stunden, 1 promill. Sublimat -+- 0,5proz. Salzsäure nach 30 Minuten. Litteratur. 1 LiBORius, Ztschr. f. Hyg.. Bd. 1, S. 115. — 2 Gruber, Centralbl. f. Bakt., Bd. 1, S. 867. — 3 Vkjxal, Annales de Tlnstitut Pastenr, vol. 1, p. 358. — ^ Fräxkel, Centralbl. f. Bakt., Bd. 3, S. 735. — 5 Buchner. ebd.. Bd. 4. S. 149. — f' Kitasato & Weyl. Ztschr. f. Hyg., Bd. 7, S. 41. — « Nikiforoff, ebd., S. 489. — o Blücher, ebd.. 8. 499. — if Sanfelice, Annali delF Istuto d'igiene della R. Universitä di Roma, vol. 2, p. 99. — " Ders.. vol. 1, fasc. IV. — i- Ders.. Zeitschr. f. Hyg., Bd. 14, p. 339. — « Wesbrook . Journal of Pathol. and Bacteriol., 1894, Bd. 3. — " Kaxthac & CoxNEL, Transact. of the patholog. soc. of London, vol. 48, p. 271. — 15 Grixoni, Riform. med., 1895, Nr. 209; ibid., Nr. 194—196. — ip Kedrowski, Ztschr. f. Hyg.. Bd. 20, H. 3. — i" Belfaxti, Archivio per le scienze med., vol. 16. — i*^ Tizzoxr & Cattaxi, Rendiconti della R. Accademia dei Lincei, vol. 7, fasc. 7 e 9. — i'* Dies., Zieglers Beiträge zur path. Anatomie und allg. Pathol., Bd. 7, S. 597. — 20 Botkix. ebd., Bd. 9, S. 383. — 2cu Vaillard & Vixcent, Annales de Tlnstitut Pasteur, Bd. 5. p. 30. — -<- v. Hibler, Centralbl. f. Bakt., Bd. 25. — 22 Scholz, Ztschr. f. Hyg., Bd. 27, S. 132. — 23 Sormaxi, Rendiconti di R. Istituto Lombardo. 21. Nov. 1889. — 24 Carboxe & Perrero, Centralbl. f. Bakt.. Bd. 17. — 2.5 Novy. ebd., Bd. 14. S. 581. Ders., ebd., Bd. 16. S. 566. — 2"' RiGHi, Riforma med., 1894, Bd. 3. — -' Uschixsky, Centralbl. f. Bakt.. Bd. 14, Nr. 10. — 28 Braatz. ebd.. Bd. 17, Nr. 21. — 211 Ferrän, ebd., Bd. 24. Nr. 1. — *' Tavel, ebd., Bd. 23, Nr. 13. — ^i Flügge, Die Mikroorganismen. Leipzig, Vogel, 189ß. — 32 Lehrmaxx & Neümaxx, Atlas und Grundriss der Bakteriologie. München 1896. — 33 Hueppe, Die Methoden der Bakterienforschung. Wiesbaden. — 34 Votteler. Ztschr. f. Hyg.. Bd. 27, S. 480. — 35 Hexrijeax, Annales de la soc. med.-chir. de Liege, 1891, Nr. 10. — 36 Nicolaier, Virchows Archiv, 128. — 3^ NovY, Centralbl. f. Bakt.. Bd. 14, S. 581 uud Bd. 16, S. 566. III. Der Tetanus beim Menschen. Wenn eingangs des Kapitels bemerkt wurde, dass der Tetanus im ganzen beim Menschen eine seltene Erkrankung darstellt, so sind doch von dieser Regel einige Ausnahmen bekannt. Es giel)t sogar Gebiete, in denen der Tetanus einen gar nicht zu unterschätzenden Anteil an der 574 '^- Lingelsheim, Gesamtmortalität der Bevölkerimg hat. In den sUdliclieu Teilen der Vereinigten Staaten, auf der Insel Bonrbou, sollen nach Maxwp:ll 25^, nach Grier sogar 50^^ der Neugeborenen an Tetanus zu Grunde gehn. Nicht hesser ist es auf der Insel Cayenne, wo auch die Er- wachsenen häufig genug von der Erkrankung betroffen werden. Von anderen Ländern der tropischen und subtropischen Zone erinnere ich an Indien (Bombay)*), an die Gebiete des Senegal, wo nach Chassa- NioL der Tetanus puerperalis zahlreiche Opfer unter der eingeborenen Bevölkerung forderte. Aber auch aus einzelnen Ortschaften unter ganz anderen Klimaten wird über ein endemisches Vorkommen berichtet. Dazille erzählt von einem Dorfe in Frankreich, wo 10^ der Neuge- borenen an einer Krankheit starben, die er für nichts anderes als Teta- nus halten konnte. Noch auffallender ist das Beispiel von der Insel Heimaey bei Island, wo bei einer Bevölkerung von 200 Seelen in 25 Jahren 185 Neugeborene au Tetanus verstorben sind. Aller auch in den Ländern, avo die Krankheit im allgemeinen selten ist, macht sich eine nach Gegenden verschiedene Verteilung der Fälle bemerkbar. Berlin beispielsweise und Umgegend ist verhältnismäßig häutig betrotfen, während es gleichfalls stark bevölkerte Landstriche in Deutschland giebt, wo selbst vielbeschäftigte Aerzte während ihrer ganzen praktischen Thätigkeit nie einen Tetanus zu Gesicht bekommen. Zeitweise Häufungen von Tetanusfällen in Friedenszeiten sind selten vorgekommen, immerhin wird von einigen kleineren Epidemieen berichtet. So wurden im Jahre 1884 während eines Monats in der Stockholmer Gebäranstalt Almänna Barnbördsliused von 34 Neugeborenen 16 von Tetanus befallen. In Peine hatte ein einziger Arzt in der ersten Hälfte des Jahres 1828 unter 100 Geburten 11 tödlidie Fälle von Tetanus. Kleinere Epidemieen, die wegen der Art ihrer Entstehung ein gewisses Interesse bieten, sind aus griechischen Hospitälern l)erichtet. Im Militärhospital von Larissa starben im Jahre 1881 3 Soldaten an Starrkrampf, die mit derselben Pravazspritze Chinininjektionen erhalten hatten. Auf dieselbe Ursache war eine kleine Epidemie zurückzuführen, die nach dem Be- richte des Dr. Kapetanakis malariakranke Soldaten von der grie- chischen Occupatiousarmee in Thessalien betraf. Es sei hier auch er- innert an die vor Jahresfrist in Italien vorgekctmmenen Fälle, die nach Zeitungsnachrichten auf die Applikation von nicht sterilem Diphtherie- heilserum zurückzuführen waren. Kriegszeiten führten stets zu einer Steigerung der Erkrankungsziffer an Tetanus. Das Verhältnis aber, in dem die Erkrankungen au Teta- nus zu den übrigen stehn, ist in den verschiedenen Kriegen ein sehr wechselndes. Bilgner, der Generalarzt Friedrichs des Großen, sah weitaus die meisten Tetanusfälle nach der Schlacht bei Prag. Im spa- nischen Befreiungskriege verloren die Engländer 1812 von 7193 Mann 4 au Tetanus, im Jahre 1814 dagegen von nur 2909 Mann 24. Auch im Krimkriege wechselte die Morbidität und Mortalität sehr erheblich in den einzelnen Jahren. Zahlreiche Opfer forderte der Tetanus wieder in dem Feldzuge von 1866 auf. den böhmischen Schlachtfeldern, wäh- rend der westliche Kriegsschauplatz fast verschont blieb. Wie haben wir uns nun auf Grund unserer heutigen ätiologischen *) In Bombay starben iu den Jahren 1848 — 1853 3,9 ;i von der Gesamtzahl der Toten an Tetanus. Tet.aniis. 575 Anschaming-en das Zustandekommen einer Erkranknng- an Tetanns vor- znstellen ? Der Erreger des Tetanns gehört entschieden zn den verbreitetsten pathogenen Bakterien. An den oberflächlichen Erdschichten namentlich des kultivierten Landes haftend, dringt er von dort im Sporenznstande auch in nnsere Wohnhäuser, wo er, vor Licht geschützt, sich lange wirksam zu erhalten vermag. Mit dieser großen Verbreitung des Er- regers steht die Seltenheit der Erkrankung in einem zunächst schwer erklärlichen Gegensatz. Der wesentliche Grund hierfür ist in den bio- logischen Eigenschaften des P)acillus gegeben. Derselbe ist lange nicht in" der Weise, wie beispielsweise die Erreger anderer Wundkraukheiten, die Staphylokokken und die Streptokokken, zum parasitären Dasein, zur Vegetation innerhalb der tierischen Gewebe, geschaften. Leicht unterliegt er den l)aktericiden Kräften des Organismus, seine Vermehrung im Tierkörper bleibt auch unter den günstigsten Umständen eine gering- fügige und wird überhaupt erst möglich, wenn er entweder von vorn- herein in überwältigender Menge auftritt oder ihm sonst gewisse Um- stände zu Hilfe kommen. Diese letzteren werden in der Praxis vorwiegend repräsentiert durch die Mitarl)eit saprophytischer Begleit- bakterien. Nun scheinen aber gerade — auch nach den Versuchen Vaillari^s — die pathogenen Staphylokokken und Streptokokken nicht besonders für eine wirksame Symbiose geeignet zu sein. Anderseits sind die geeigneten saprophytischen Bakterien in der Kegel nur dann fähig in einer Wunde kräftiger zu gedeihen, wenn sie in größerer Menge eingeführt werden. In der That zeigt sich dann auch l)ei Impf- versuchen an Tieren, dass man meist gar nicht so wenig Erde über- tragen muss, wenn man seines Erfolges sicher sein will. Kleine Ritz-, Schnitt- und auch Stichwunden, die nur wenig Impfmaterial aufzunehmen vermögen, heilen meist ohne Folgeerscheinungen ab. Aehuliche Ver- hältnisse beim Menschen vorausgesetzt, sind also zunächst nur solche- Personen schwer gefährdet, in deren Wunden während und nach der Verletzung tetanusbazillenhaltiger Schmutz in größerer Menge einge- drungen ist. Hier liegt force majeure vor und in solchen Fällen wird das Auftreten des Tetanus die Regel sein. Anders, wenn es sich um kleine oberflächliche Wunden handelt, in die solcher bazillenhaltiger Schmutz dringt; nur ausnahmsweise werden hier, gerade wie beim Tier, die Saprophyten zu einer wirksamen Vermehrung gelangen können. Aber auch derartige kleine Wunden können erfahrungsgemäß zum Tetanus führen. In dem Falle von Gaule & Rattone ging derselbe von einer aufgekratzten Aknepustel aus. Meist handelt es sich aber dann um tiefergehende Wunden , bedingt durch Eindringen stark ge- webslädierender Fremdkörper, Splitter u. s. w., die dann auch wohl in der Wunde zurückbleiben. Man hat das Gefährliche solcher Ver- letzungen in ihrer Tiefe gesucht, die den anaöroben Tetanusbazilleu gute Existenzbedingungen gewähren soll. Thatsächlich ist innerhalb des Gewebes die Vermehrungsfähigkeit des Bacillus auch unter anaeroben Verhältnissen gering, und außerdem bedarf derselbe in Gegenwart von geeigneten Saprophyten gar nicht des Luftabschlusses. Günstig scheint dagegen die Anwesenheit eines Fremdkörpers für die Infektion zu sein, wenn auch die Wirksamkeit desselben nur für den Fall sicher erwiesen ist, dass außer demselben noch Saprophyten zugegen sind. Ob eine Wunde an der Oberfläche des Körpers gelegen ist oder in Körperhöhlen, die mit der Außenwelt kommunizieren, scheint wenigstens 576 V. Lingelsheim, für die Entstehung des Tetanus beim Menschen nicht von großem Be- lang. Abgesehen von dem Tetanus puerperalis, bei dem durch den In- sult des Geburtsaktes die Wunde gesetzt wird, handelt es sich hier im allgemeinen weniger um Verletzungen auf mechanischer Grundlage, als um Läsionen im Gefolge anderer Erkrankimgen. Als wiihrend der Freiheitskriege der Typhus zahlreiche Opfer forderte, wurde wiederholt auch Tetanus im Anschluss daran beobachtet. Im Gefolge von Diph- therie beobachteten denselben Bagixsky^^, Marquardt, Cagnat (Rose), nach Anginen Verneuil (Rose), le Roy des Barres (Rose), Kühne- MANX2S luid F0GES29.1 Größere Schwierigkeiten machen für die Erklärung die Fälle, wo die Wunde schon verlieilt und der Tetanus sich von einer Narbe aus entwickelt. Es ist hier wieder zu beachten, dass der Tetanusl)acillus, im Gewebe auf sich selbst angewiesen, wieder zu einer Vermehrung, noch zu stärkeren Reizwirkungen befähigt ist. Als relativ blander Fremdkörper wird er schon Stunden nach der Infektion von den Leuko- cyten aufgenommen, in denen und mit denen er verschwindet. Eine völlige Vernichtung scheint jedoch nicht immer einzutreten, was nament- lich dann der Fall zu sein scheint, wenn die ganze Beschaäenheit der Verletzung es zu keiner stärkeren Gewebsreaktion kommen ließ. So berichten Vaillard & Rouget von einem Meerschweinchen, das mit Tetanussporen und Milchsäure geimpft war, und erst 4 Monate nach der Impfung an einem Tetanus erkrankte, der auf nichts anderes als auf die an der Impfstelle zurückgebliebenen Sporen bezogen werden konnte. Auch sonst sind noch Fälle ausnahmsweise langer Inkubation l)ei Tieren bekannt geworden (Thalmann). In derselben Weise — kann man annehmen — können auch beim Menschen Tetanussporen, ohne Erscheinungen zu machen, längere Zeit im Gewebe, also auch in einer Karbe, liegen bleiben, bis günstige Um- stände ihre Vermehrung gestatten. Ihr Verbleiben an der Impfstelle ist aber niclit notwendig. Mit den Leukocyteu wandern sie l)is in die re- gionären Lyni])hdrüsen, w^o sie von Schnitzler f' beim Menschen, von Büdinger" bei Tieren nachgewiesen wurden. Auch hier braucht ihr Schicksal noch nicht sein Ende zu finden. Es steht nichts der Annahme entgegen, dass sie von dort noch nach anderen Organen verschleppt w^erden können. Alle diese Vorgänge berühren die Eingangspforte nicht. Dieselbe kann nicht nur ganz geringfügig und reizlos gewesen sein, son- dern es wird dies vielmehr nach dem, w^as ich bemerkte, die Regel sein. Kurz, die Möglichkeit, dass Tetanusbazillen oder Sporen von außen in das Körperinuere vordringen, ohne dass eine dem Kranken bewusste oder durch die Untersuchung feststellbare Verletzung vorliegt, ist gerade bei der Eigenart dieser Bazillen durchaus gegeben. Das bloße Eindringen einzelner Tetanuserreger genügt aber noch nicht zum Zustandekommen des Tetanus. Es müssen erst noch Um- stände eintreten, die auch eine Vermehrung ermöglichen. Diese können nun sehr wohl durch ein stärkeres Trauma gegeben Averden, namentlich wenn dasselbe zu einer Knochenfrakturierung führt, die nach Vaillard et Rouget besonders gute Gelegenheit zur Ansiedelung der Bazillen bietet. In dieser Weise lässt sich wohl ein Teil der Tetani attyroti erklären. In den Fällen des eigentlichen Tetanus rheumaticus der Autoren liegt aber auch kein Trauma vor. Hier w^erden wir den Grund für die plötzliche Vermehrung in einer Herabsetzung der allgemeinen bakteri- Tetanus. 577 eitlen Energie des Organismus zu suchen haben. Dass unter anderem auch »Erkältungen« in diesem Sinne wirken können, halte ich nicht für ausgeschlossen. Welche Störungen des Chemismus der Gewebe mit der Erkältung einhergehen, wissen wir nicht. Dass aber damit eine Schwächung der normalerweise vorhandenen Sehutzkräfte verbunden ist nnd dass erst auf diesem Wege die Erkältung zur Krankheit führt, ist durchaus wahrscheinlich. Die TiiALMANXSchen Versuche, durch Ab- kühlung die Widerstandsfähigkeit der Meerschweinchen herabzusetzen, waren allerdings ergebnislos. Für den Menschen sind aber sicher solche Experimente nicht beweisend, da es sehr schwer halten dürfte, gerade bei unseren kleineren Tieren die Verhältnisse zu reproduzieren, die bei dem Menschen erfahrungsgemäß zur Erkältung führen. Fasst man das Wesen der Erkältung also in diesem Sinne auf, so wird man die Er- fahrungen der Praktiker auch mit den jetzigen ätiologischen Anschauungen Avohl in Einklang bringen können. Der Sitz der Bazillenwucherung beim Tetanus rheumaticus ist bei der geringen lokalen Reizwirkung begreiflicherweise sehr schwer aufzufinden. A'ielfach hat man ihn, da häufig Katarrhe die Krankheit l)egleiten, in der Rcspirationsschleimhant gesucht, namentlich, nachdem es Carbone & Perrero gelungen war, mit dem Bronchialsekret eines Kranken bei Mäusen Tetanus hervorzurufen. Die gezüchteten Bazillen waren aller- dings aerob und a virulent. An sich wäre es ja durchaus nicht unmög- lich, dass die Bazillen in Symbiose mit anderen Bakterien auf der Bron- chialschleimhaut w^achsen und Gift bilden können; dieses Gift niuss aber auch resorbiert werden, und hierzu gehört eine entsprechende Läsion der Schleimhaut*). Ist diese al)er vorhanden, so wird wohl auch hier der Herd zu suchen sein. Dass leichtere Katarrhe schon die Aufnalnne des Toxins ermöglichen, erscheint nicht gerade wahrscheinlich. Häufiger als auf diesem Wege wird der rheumatische Tetanus von kleinen Läsionen der Nasen- und Rachenhöhle seinen Ausgang nehmen, wie wir das auch von einer Reihe anderer Erkrankungen, dem Erysipelas faciei und der Meningitis kennen. Prüft mau an der Hand unserer jetzigen ätiologischen Anschauungen nun weiter das epidemiologische Verhalten des Tetanus, so hat dasselbe — • die Seltenheit der Erkrankung im allgemeinen, Häufungen unter be- stimmten Verhältnissen — • nichts Wunderbares. Ob nach einer Schlacht ein hoher Prozentsatz der Verwundeten an Tetanus erkrankt oder ein geringer — wird ceteris paribus zunächst davon abhängen, welcher Art die Verwundungen sind, ob es sich beispielsweise mehr um glatte Hieb- wunden oder um buchtige Risswunden handelt. Da der Tetanusbacillus ein l)ewohner der oberflächlichen Erdschichten ist und dabei das kulti- vierte Land bevorzugt, so wird es weiter nicht gleichgiltig sein, ob der Kampf auf Feld und Straßen oder im Walde stattgefunden hat. Auch meteorologische Einflüsse kommen in Betracht. Bei einem durch Regen- güsse kotig gewordenen Boden vermögen Erdbestandteile leichter zu den Wunden zu gelangen als bei Trockenheit. Je früher der Verwun- dete einem Lazarett überwiesen werden kann, um so geringer sind die Chancen für die Infektion. Auch der Einfluss von Erkältungen soll nicht geleugnet werden. In Friedeuszeiten muss wieder den besonderen Lebensgewohnheiten der Bevölkerung, ihrer kulturellen und sozialen Stufe Bedeutung beigemessen werden. Schon Dazille schrieb die *) Die unverletzte Schleimhaut der Luftwege resorbiert nicht das Tetanustoxin. Handbucli der patliogenen Mikroorganismen. II. 37 578 V. Lingelsheim, Häufigkeit des Tetanus bei der schwarzen Rasse auf Cayenne und in dem südliclien Amerika dem Wohnen in Erdhütten zu. Auch aus un- seren Gründen heraus erscheint diese Erklärung- durchaus plausibel. In unseren Klimaten begegnen wir, von einzelnen Fällen abgesehen, Häu- fungen des Tetanus nur bei den Neugeborenen. Nicht unwahrscheinlich ist es, dass diese Infektionen von der Wäsche ausgehen, die auch heute noch vielfach in kleineren Ortschaften zur Bleiche auf Garten- und ge- düngter Wiesenfläche ausgebreitet wird. Hierbei wäre die Möglichkeit für die Aufnahme von Tetanussporen durchaus gegeben. Hospitalepi- demieen sind heute nicht mehr denkbar; die früher beobachteten wird man auf ungeeignete Aufbewahrung von Verbandstoffen zurückzuführen haben. Dem Eintritt der Krankheitserscheinungen geht beim Tetanus eine Inkubation vorauf, deren Dauer zwischen einigen Tagen und mehreren Wochen variieren kann. Rose erwähnt 2 Fälle, wo der Tetanus schon am zweiten Tage nach der Verletzung auftrat. Das sind jedoch seltene Ausnahmen, ebenso wie die ganz späten. Nach der Zusammenstellung von Rose beginnen die Krankheitserscheinungen in 45^ der Fälle in der zweiten Woche nach der Verletzung (serotini), in etwa 30^ schon in der ersten (maturi) und in etwa 20^ in der dritten und vierten Woche (remoratiores). Klinisch zeigt uns der Tetanus eine au bestimmten Stellen beginnende und von liier symmetrisch fortschreitende Muskelstarre. Kiefer- und Nackenmuskeln werden zunächst ergriffen, von da geht die Starre auf die Rücken- und Bauchmuskeln und schließlich auf die Beine über. Die Hände und Vorderarme bleiben unbeteiligt, ebenso die Sinne und das Bewusstsein. Die Unabhäng:igkeit der ersten Krankheitserscheinungen von dem Sitze der Verletzung wird übrigens nicht von allen Autoren anerkannt. In der Disser- tation von Friedrich aus dem Jahre 1837, auf die sich Kombekg vielfach stützt, wird ausgeführt, dass der Tetanus nach Verwundung eines sensitiven Nerven entstehe, infolge deren Krämpfe entweder nur im verletzten Gliede oder in allen Muskeln folgten. Nicolaier citiert einen Fall, der von Pieran- TONi^o beschrieben ist, wo nach einer Verletzung des linken Fußes zuerst Starre im linken Beine, dann im rechten Beine auftrat. Romberg erklärt in seinem Lehrbuche der Nervenkrankheiten, dass der Ausbruch des Starrkrampfes an dem Sitze der Verletzung oder entfernt davon erfolgen könne. In neuerer Zeit hat namentlich Klemm ^-^ den lokalen Beginn des Tetanus verfochten. Neben der dauernden Starre werden dann namentlich an den Muskeln, an denen die Starre erst beginnt oder schon in der Al)nahme begriffen ist, zeitweilig auftretende Exazerbationen des Krampfzustandes beobachtet, die sogenannten »Stöße«, »crises«. Diese Stöße entstehen durchaus spontan und ohne äußere Veranlassung, haben also nichts mit erhöhter Reflexerregbarkeit zu thun. Daneben kann es aber auch zu Reflexstößen kommen, die durch periplierische Reize ausgelöst werden und dann auch den Ausdruck einer erhöhten Reflexerregbarkeit darstellen. Notwendig gehört jedoch diese nicht zum Bilde des Tetanus beim Menschen; jeden- falls versichert der kompetente Kenner desselben, Rose, dass es genug Fälle gäbe , in denen nichts von einer solchen zu merken wäre. Meist handelt es sich dann auch nur um bestimmte peripherische Reize, die zur Auslösung von Reflexstößen befählet sind. Bei dem einen Kranken Tetanus. 579 sind es Reize vom Gesicht aus, ll)ei dem andern vom Geliör aus, bei einem dritten ruft nur der Schlingakt den Krampf hervor (Tetanus hydrophobicus). Von Abarten des Tetanus seien noch zwei in der alten Litteratuv eine Rolle spielende Formen erwähnt, der Emprosthotonus und der Pleurothotonus. Bei dem ersteren, der nach Larey bei Wunden an der Vorderfläche des Körpers entsteht, sollte der Rumpf nach vorn, beim letzteren seitwärts gebeugt sein. Nach Roses kritischer Durchsicht kommt weder der eine noch der andere beim Tetanus des Menschen vor und handelt es sich bei den beschrie- benen Fällen um Verwechselung mit anderen Krankheitszuständen. Mehr Interesse verdient der zuerst von Rose beschriebene Tetanus facialis — Te- tanus paralyticus (Klemm) — , der bei Sitz der Verletzung im Bereiche der zwölf Hirnnerven beobachtet ist. Das Auffällige bei dieser Form ist, dass neben den Erscheinungen des Tetanus sich Lähmungen im Gebiete des N. facialis einstellen. Neben der einseitigen Facialislähmung wurden mehrfach Krämpfe in der Schlundmuskulatur beobachtet, wodurch das Krankheitsbild der Hydrophobie ähnlich wurde (Tetanus hydrophobicus). Nach Klemm i^ handelt es sich dabei um eine direkte peripherische Giftwirkung auf die ner- vösen Endapparate. Von anderen klinischen Erscheinungen seien noch ervvälmt die pro- fusen Schweiße und die fast stets vorliandene Insomnie. Fiel)er, der sonst nie fehlende Begleiter einer Infektionslvrankheit, kann beim Tetanus völlig ausbleiben, sowohl bei den Fällen, welche tödlicli enden wie bei denen, die in Genesung übergeben. Sein Eintreten ist nach Rose ein Signum mali ominis, ein Zeichen der eintretenden Erschöpfung. Die Prognose ist bei Tetanus eine ungünstige. Aus 716 Fällen, die in verschiedenen Hospitälern zur Beol)aclitung kamen, bereclmet Röse eine durchschnittliche Mortalität von 88^. Als prognostisch ungünstiger hat stets der Tetanus gegolten, der sich an äußere Verletzungen an- schloss. In den Aphorismen des Hippokrates heißt es: hrl TQi'ouati OfiaGj-ihg iTCLyvöuEvnQ d-aväoiuov und Aretaeus sagt: iqv hrl TQv'juari- aitaaabg ylvrjvai oMd^gio)' f.ihv -/.al dvoeXirigro)' dgr^yetv Se XQtj' f^it- reSereQoi rs yag xcä l-/. voiCüi'öe laojß-tjoav. Als sehr wesentlicli liat sich aber vor allem für die Prognose die Dauer der Inkubation heraus- gestellt. Nach dieser geordnet starben bei Rose von den frühen Fällen 91^, von den serotini 81,3%, von den remoratiores 52,9^. Die Todesursache ist in einem großen Teile der Fälle Asphyxie, die im Anschluss an schwere Stöße unter Beteiligung des Zwerchfells und der Kehlkopfmuskeln au dem Krämpfe eintritt. Außerdem kann der Tod durch plötzlichen Herzstillstand eintreten oder auch infolge Er- schöpfung. Nach dem Tode steigt nicht selten die Körpertemperatur noch und erreicht dabei bisweilen ganz exzessive Grade (43° und mehr). Solche postmortale Temperatursteigerungen sind von Hübbenet bei Cholera- leichen, von Benxet Dowles bei Leichen von an Gelbfieber Verstor- benen beobachtet. Dieselben sind ein Leicbenpbänomen und werden durch die komplette Gerinnung des Myosins, bei der Wärme frei wird, erklärt. Der pathologisch-anatomische Befund bei Tetanus ist negativ, soweit er sich nicht auf die mit der unmittelbaren Todesursache zusammen- hängenden Veränderungen in den Lungen (Hyperämie, Ekchymosen, 37* 580 '^- Lingelsheim, Oedem) bezieht. Weder die nervösen Zentralorgane noch die peri- pherischen Nerven zeigen, wenigstens makroskopisch, konstante Ver- änderungen. Die Diagnose auf ätiologischer Grundlage ist mikroskopisch nicht zu stellen. Die Bazillen sind in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle auch an der Eingangspforte viel zu spärlich vorhanden, außerdem bieten sie zu wenig Charakteristisches, um im gefärbten Präparate mit Sicher- heit als solche erkannt werden zu können. Die mikroskopische Unter- suchung hat nur einen orientierenden Wert, indem sie uns uugefähr über die Menge der überhaupt vorhandenen Bakterien und über das Mengenverhältnis derselben zu etwa verdächtigen Stäbchen aufklärt, mithin für die Austeilung des Kulturversuches Winke giebt. Aber auch auf die Kultur, die häutig genug im Stich lässt, wird man sich nicht verlassen, sondern von vornherein zum Tierexperiment schreiten. Einer nicht zu kleinen Anzahl Mäuse — je weniger Bazillen man vermutet, um so mehr Tiere sind erforderlich — werden Wundsekret, Gewebs- stückchen aus der Umgebung der Wunde, Teile von etwa in der Wunde aufgefundenen Fremdkörpern unter die Haut eines Hinterschenkels ver- impft. Zugleich bringt man zum Zwecke der Anreicherung der Bazillen Teilchen von dem verdächtigen Materiale auf eine Anzahl Bouillonrühr- chen, die bei Luftzutritt 3 — 4 Tage bei 39° gehalten werden. Außerdem werden noch eine Anzahl Röhrchen mit erstarrtem Kauinchenblut (siehe vorigen Abschnitt) durch tiefen Stich geimpft und mehrere Tage bei Brut- temperatur gehalten. Mit den so erhaltenen Mischkulturen werden dann wieder jMäuse am Hinterschenkel oder dcrSchwanzwurzel subkutan geimpft. In dieser Weise vorgehend gelingt es, wenn überhaupt Tetanus- bazillen vorhanden waren, au dem einen oder anderen Tiere die charak- teristischen Symptome zu produzieren. Verwechselungen mit anderen Infektionen können dem einigermaßen Geübten nicht vorkommen. Das Tierexperiment misslingt nur, wenn stark pathogene Bakterien anderer Art (malignes Oedem) die Tiere zu früh töten. Die Mitwirkung von nicht sporenbildenden Bakterien (sehr virulenter Streptokokken u. s. w.) würde man durch Erhitzen der Mischkulturen auf 80" ausschalten können. Bleiben sämtliche Tiere 5 Tage am Leljen, ohne tetaniseh zu werden, so ist das Resultat negativ. Auch von der Kultur ist in solchen Fällen nichts zu erwarten. Erliegt ein Tier dem Tetanus, so ist der Diagnose Genüge gethan. Um die Bazillen aus dem Tier jetzt in Reinkultur zu gewinnen, verfährt mau weiter in folgender Weise: 1. Mikroskopische Untersuchung des Eiters, respective Wundflüssig- keit u. s. w. 2. Impfung des Eiters auf Bouillon oder Agar, Einstellen der Röhr- chen auf 36 — 48 Stunden in den Thermostaten, Erhitzen 1 Stunde auf 80°, Anlegen hoher Agar- und Gelatinezuckerschichtkulturen, die in BucHXERsche Röhrchen mit alkalischer Pyrogalluslösung kommen. 3. Stichimpfung auf Kaninchenblut, Einstellen in den Brutschrank auf eine Reihe von Tagen, Untersuchung des Kondenstropfens, Zuckergelatineschichtkultur wie oben. 4. Aseptisches Herauspräparieren von Milz und Herz, Einlegen in eine feuchte Kammer, Einstelleu auf 24 Stunden in den Thermo- staten, Zuckergelatineschichtkultur wie oben. Tetanns. 581 Ergab die mikroskopische Untersuchung der Wundflüssig'keit von vornherein viel verdächtige Stäbclien, so wird man gleich mit der Aus- saat des Origiualmateriales für die Isolierung beginnen können. Handelt es sich um eine Leiche mit bekannter Verletzung, so wird man in gleicher Weise verfahren, dann aber auch mindestens noch die regionären Lymphdrüsen in die Untersuchung einbeziehen. Auch von den inneren Organen, Milz, Gehirn, Blut, sowie von dem der Impfstelle benachbarten Muskelgebiet ist auf Mäuse, event. nach vorhergehender Anreicherung in feuchter Kammer, zu verimpfen, da nach den Unter- suchungen von ZuMPE, v. Oettinger, V. HiüLER die Tetanusbazillen, namentlich in Verein mit anderen Bakterien, sich doch weiter zu verbreiten scheinen, als man früher annahm. Auch in beerdigten Leichen gelingt der ISlachweis der Bazillen jedenfalls noch nach vielen Wochen. Gerade hier wird man sich auch an die von der Impfstelle entfernter liegenden Gewebe halten können. Bezüglich der Einzelheiten dieser Untersuchungen ver- weise ich, abgesehen von den oben citierten Arbeiten, auf die Mitteihmgen von BOMBICCl26^ PtOHARDT22j LöSEXEli 2^, V. ESMAKCH^^. Ist die Eingangspforte nicht bekannt, so wird man auf irgend welche die Tetanuserkrankung begleitende katarrhalische oder sonst entzündliche Zustände sein Augenmerk zu richten haben und mit den an diesen Stellen erhältlichen Krankheitsprodukten Tierimpfungen anstellen. Nament- lich kommt hier Schleim aus den Bronchien, der Nasen- und Kachenhöhle in Betracht. Abstriche von den Mandeln auf Agar mit nachfolgender Verarbeitung der Mischkultur nach dem Schema kann versucht werden. Vor allem ist aber durch die Anamnese nach früher erlittenen Ver- letzungen zu forschen, deren Karben, wie wir früher sahen, der Sitz der Bazillen sein können. Gerade in solchen ätiologisch schwierigen Fällen ist auch der Ver- such am Platze, das spezifische Gift im Blute nachzuweisen. Durch die Versuche von Shakespeare '^i, Nissen 12, Kfiasato, Kartells ^2, BuscHKE & Oergel2o n. a. wissen wir, dass das Tetanusgift im Blute Tetanischer nicht selten so reichlich auftritt, dass es durch Injektion auf Mäuse ca. 0,2 — 1,0 ccm nachgewiesen werden kann. Doch ist dies keineswegs immer der Fall. Behring ^3 fand in zwei mittelschweren Fällen das Blut nicht gifthaltig. Die Körperorgane enthalten das Gift nur dann, wenn es auch die Körpersäfte enthalten. In die Sekrete, den Schweiß, Speichel, Harn und die Galle geht das Gift nicht über. Nur bei künstlicher Ueberschwemraung des Blutes mit Toxin, wie sie al)er nur experimentell erzeugt werden kann, können kleine Bruchteile im Harn nachgewiesen werden. Bei der spontanen Infektion enthält er kein Tetanusgift, soll aber durch den Gehalt an anderen Stoifen hyper- toxisch wirken (Bosk^^). Den Tetanusbacillus agglutinierende Substanzen treten im Blute Tetanischer nicht auf. Eine Serodiagnose nach Art der WiDALschen bei Typhus ist also bei Tetanus nicht angängig (CouRMuxT^ä, 34j_ Litteratur. 1 Nicolas, La sem. med., 1893, p. 486. — 2 Heyse, Dtsch. med. Wochenschr., 1893, Nr. 14. — 3 Peiper, Dtsch. Arch. f. klin. Med., Bd. 4. - * Beunler, Berl. klin. Wochenschr., 1887, Nr. 30. — ^ Stern, Dtsch. med. Wochenschr., 1892, Nr. 12. — *' Schnitzler, Centralbl. f. Bakt., Bd. 13, Nr. 21 u. 22. — " Büdinger, Wien, klin. Wochenschr.. 1893, S. 287. — ^ Carbone & Perrero, Centralbl. f. Bakt., Bd. 18, Nr. 7. — '' Kamen, ebd., Bd. 18, Nr. 17 u. 18. — 10 Brunner, Dtsch. med. Wochenschr., 1892, Nr. 19. — n Kallmeyer, ebd., 1892, Nr. 4. — 12 Nissen, ebd.. 582 ^- Lingelsheim, 1890, Nr. 24. — i3 Behring, Das Tetanusheilserum. Leipzig, Thieme. — ^* Klemm, Dtsch. Zeitschr. f. Chir., Bd. 42, H. 4 u. 5. — i5 Ders., Berl. klin. Wochenschr., 1893, Nr. 3. — ig Bosk, Compt rend. de la soc. de biologie, 1897, p. 819. — 1' QuADU, Riforma med., 1894, Bd. 4. — i^ Immerwahr, Dtsch. med. Wochenschr., 1891. Nr. 30. — w Vülpius, ebd., 1893, Nr. 41. — 20 Buschke & Oergel, ebd., 1893, Nr. 7. — 21 Goldberg. Centralbl. f. Bakt., Bd. 26, S. 547. — 22 Rohardt, Hvg. Rundschau, Bd. 10, S. 376. — 23 Liermann, Arch. f. experiment. Pathologie und Pharmakologie, Bd. 27, S. 241. — 24 Esmarch, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 7, S. 29. — 25 Lüsener, Arb. aus d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 12. — 20 Bombicci, Arch. per le scienze med., 1891, vol. 14, p. 193. — 2" Baginsky, Dtsch. med. Wochenschr.. 1893, S. 41. — 2s KüHNEMANX, Dtsch. militärärztl. Zeitschr., Bd. 27. — 29 Foge.s, Wien, med. Wochenschr., 1895, Nr. 24. — 3o Schmidts Jahrbücher, Bd. 173, Ö. 89. — 31 Shakespeare, Gaz. hebd.. 1887. — 32 Kartulls, Untersuchungen über das Ver- halten des Tetanusgiftes im Körper. Inaug.-Diss. Berlin 1893. — 33 Courmont. Compt. rend. de la soc. de biol., 1898, Nr. 38. — 34 Ders., ebd., 1893, p. 163. IV. Der Tetanus beim Tier, Impfversuclie mit lebendem Material. Außer beim Meuscheu wird der Starrkram})f uocli bei einzelnen Haustierarteu beobachtet, vor allem beim Pferde, wo er nach Huf- yerletztmgeu, Kastration keine so seltene Erkrankung- ist. Kach einer Inkubation, die zwischen 4 — 5 Tagen und 3 Wochen variiert, beginnt, wie auch beim Mensclien, die Starre an ganz bestinnnten Muskelgrupi)en. Nach Bkhkixg (Das Tetauusheilserum, Leipzig Thieme) ist das erste und wichtigste Zeicheu das eigentümliche Verhalten der Nickhaut, die beim Emporheben des Kopfes den Bulbus über die Hälfte bedeckt hält. Je weiter die Krankheit fortschreitet, um so kleiner wird die Partie, welche von der Nickhaut frei bleibt. Auch sonst ist das Verhalten des Tieres charakteristisch. Der Kopf ist steif aufgerichtet, das Kauen durch beginnenden Trismus erschwert, die Nüstern sind trompetenartig erweitert, die Ohren eng gestellt und aufwärts gerichtet. Frühzeitig beteiligt sich auch der Schwauzheber an der Kontraktur, wodurch der Schwanz in eine steifgestreckte Lage gebracht wird. Bei weiterem Fortschreiten der Erkrankung zeigt die J^ückgratssäule opisthotonusartige Einsenkung, die Hals- und Pumpfmuskeln werden bretthart. Der voll- ständig gewordene Trismus macht Nahrungsaufnahme unmöglich. Die Eeflexerregbarkeit ist in diesem Zustande meist stark erhöht. Wie beim Menschen werden profuse Schweiße beobachtet, während Fieber in der Regel fehlt. Der Tod erfolgt unter starker Dyspnoe. Die Obduktion ergiebt keine für die Krankheit charakteristischen Befunde. Am meisten fällt noch das dunkele, ungeronnene und lackfarbige Blut auf. Die Lungen sind infolge der sub hnem vitae eintretenden schweren Störungen im Eespirations- und Zirkulationsapparat hyperämisch und ödematös. Nächst den Pferden werden von den Haustieren noch am häufigsten Piinder und Schafe von Tetanus befallen. Ausnahmsweise ist er auch bei anderen Tieren beobachtet, beim Hunde von Sylvain le Roux, bei einer Ziege nach einer Operation am Halse von Deves, bei einem Esel von Makquard (Revue de Chirurgie p. 664 u. f.) Beim Geflügel kommt der Tetanus nicht vor. Durch Einführung großer Mengen fertigen Giftes sind auch die meisten gegen die Infektion immunen Tiere tetanisch zu machen, wie Tauben, Gänse, Hühner. Der Tetanus der letzteren — zuerst von CouPvMOXT beobachtet — ist durch die Erhöhung der Reflexerregbarkeit und die fast gleichmäßige Beteiligung der Muskulatur an der Starre Tetanus. 583 ausgezeiclmet. Viel empfindlicher gegen das Gift als die genannten Tiere sind nach Tekmi & Pkrx(jssi25 die Sperlinge. Völlig refraktär verhalten sich dagegen Schlangen, Tritouen und Schildkröten, während der Frosch, wenigstens bei höherer Temperatur, fast die Empfindlichkeit der Säuger besitzt. Beim Tetanus des Frosches springt mehr noch als bei dem des Huhnes die Erhöhung der Refiexerregbarkeit ins Auge. Leicht gelingt die Auslösung von Retlexstößen, daneben finden sich auch Starre und Schwerbeweglichkeit der Extremitäten, nach Bruxxer na- mentlich als Initialsymptome eine gerade Streckstarre der vorderen Extremitäten. Dass der spontane Tetanus der größeren Haustiere ätiologisch gerade so zu beurteilen ist wie der des Menschen wurde durch zahlreiche Ver- suche, an denen sich namentlich KittI^^i'^ beteiligt hat, erwiesen. Be- treffs der Einzelheiten verweise ich auf dessen Sammelreferat in den »Monatsheften für praktische Tierheilkunde, 1890, Heft 5. Auch klinisch steht der Tetanus der größeren Haustiere, namentlich der des Pferdes, dem menschlichen Tetanus ziei^lich nahe, indem auch hier die Krankheit immer au gewissen Muskelgruppen beginnt und von da symmetrisch auf die übrige Muskulatur fortschreitet. Wesentlich anders ist dagegen das Symptomenbild, das wir experimentell durch subkutane oder intramuskuläre Impfung bei unseren kleineren Versuchstieren, der Maus, dem Meerscli weinchen, dem Kaninchen, hervorrufen. Hier tritt nach einer Inkubation von 1 — 3 Tagen die Starre ausnahmslos zunächst an den der Impfstelle zunächst gelegenen Muskeln ;iuf (lokaler Tetanus). Ist die Impfung beispielsweise an einem Hinterbeine ausgeführt, so w4rd beim Beginn der Starre dieses Bein leicht abduziert und gestreckt. Unter Zunahme von Abduktion und Streckung kann schon in Stunden die Starre vollständig w^erden. Hierbei sind dann die Zehen gespreizt, die Fußsohle ist nach oben gekehrt, gleichzeitig wird auch meist der Schwanz starr und nach der kranken Seite hin verzogen. Während sich an der zunächst betroffenen Extremität die Starre so zu ihrer vollen Höhe entwickelt, lieginnt an der anderen Extremität derselbe Vorgang • — es entwickelt sich die Querstarre. Dann erst schreitet der Tetanus auch auf den Vorderkörper fort, auf die Vorderbeine und die Eückenmusku- latur. Erhöhung der Refiexerregbarkeit, Reflexstöße werden bei schwäche- ren Impfungen überhaupt nicht, l>ei stärkeren meist erst Stunden vor dem Tode beobachtet. Dauer der Inkubation sowie der Erkrankung sind von der Tierart und der Stärke der Impfung abhängig. Bezüglich mancher interessanter Einzelheiten in den Krankheitsbildern der ge- impften Tiere verweise ich auf die BRiNXERScheu Arbeiten, insbesondere auf die experimentellen und klinischen Studien über Tetanus ^^ Je nach der Tierart tritt also der Tetanus in drei Haupttypen auf Bei dem einen beginnt die Starre unabhängig vom Orte der Einführung au bestimmten Prädilektionsstellen (Mensch, Pferd), bei dem anderen er- greift sie zuerst die der Impfstelle zunächst liegenden Muskeln (Maus, Meerschwein, Kaninchen), während der dritte Typus, der sich bei einer Reihe wenig empfindlicher Tiere findet, vorwiegend durch die Erhöhung der Refiexerregbarkeit ausgezeichnet ist. Diese Krankheitsform findet sich, worauf ich noch im Abschnitte über das Gift zurückkommen werde, auch bei Meerschweinchen und Kaninchen, wenn das Gift nicht subkutan, sondern intravenös eingeführt wird. Die ersten positiven Impfresultate an unseren kleineren Versuchs- tieren waren, wie schon bemerkt, mit Mischkulturen erzielt (Carle & 584 V. Lingelsheim, Kattose, Nicolaier, Eosenbacii). Erst Kitasato arbeitete mit reinem Materiale imd zeigte, dass es auch hiermit, und zwar schon bei Ver- impfung kleinster Mengen, gelingt, typischen Tetanus zu erzeugen. Bei der Autopsie der mit Reinkulturen in^zierten Tiere fiel schon Kitasato die außerordentlich geringfügige lokale Reaktion auf, die sich stets auf leichte Hyperämie und etwas Oedem beschränkte. Noch merkwürdiger musste die geringe Zahl der nachweisbaren Bazillen erscheinen. An der Impfstelle ergab nur die Kultur positive Resultate, im Blute und in den Orgauen aber fehlten sie ganz. Hier lag auch ein Widerspruch zu den Angaben von Nicolaier vor, dem es unter 52 Uebertragungen von Blut und Organstücken von an Erdtetanus gestorbenen Tieren 11 mal gelang, wieder Tetanus zu erzeugen. Auch Tizzoni ^* wies die Bazillen in der Milz nach und neuerdings konnten Zumpe & v. OetttngeriI' ^- auch ihre Anwesenheit im Blute feststellen. Zumpe brachte das Herz einer an Tetanus verstorbenen Maus in toto in Nährbouillon und hielt dieselbe 4 Tage bei 37°. Die Bouillon hatte sich dann getrübt und enthielt neben anderen Bakterien tetanusbazilleuähnliche, sporentragende Stäbchen. Bei Ueberimpfung auf andere Mäuse entstand Tetanus. In den Organen gelang der Nachweis am sichersten, wenn dieselben behufs Anreicherung- einige Tage bei 37" in feuchter Kammer aufbewahrt waren. Die ZuxMPESchen Angaben wurden auch v. Hibler l)estätigt, der mittels Kulturverfahrens die Bazillen entfernt von der Impfstelle sowohl im Muskel- und Unterhautzellgewebe, wie in den Organen (Milz, Gehirn) nachweisen konnte, weim er größere Stücke der Organe unter Luftab- schluss einige Tage bei 37° gehalten hatte. Die Tetauusbazillen brauchen also nicht immer an der Impfstelle zu verbleiben, es ist dies vielmehr nur die Regel, wenn, wie dies von Kitasato geschah, die Impfung mit einer Reinkultur vorgenommen wird. Bei Verimpfung von unreinem Material kann dagegen ein Uebergang in die Organe und das Blut statt- finden. Der Grund für dies verschiedene Verhalten Avird aus dem folgen- den ersichtlich. Bei der weiteren Verfolgung der KiTASATOschen Beobachtung waren Vaillard & Vincent 2 zu einer Reihe interessanter Untersuchungen und Schlussfolgerungen gekommen. Zunächst hatten sie festgestellt, dass die Zahl der Bazillen an der Impfstelle schon 6 — 8 Stunden nach der Einführung erheblich verringert ist und die noch übrigen großenteils in Leukocyten eingeschlossen sind. Nach 24 Stunden konnten mikroskopisch überhaupt keine Bazillen mehr nachgewiesen werden, sondern nur noch auf kulturellem Wege. Vaillard & Vincent erklärten deshalb, dass bei Verimpfung mit Reinkultur überhaupt keine Vermehrung der Bazillen, also auch keine Bildung neuen Giftes, wie dies Kitasato angenommen hatte, einträte, dass vielmehr der so produzierte Tetanus lediglich auf die Wirkung des mit den Bazillen eingeführten Giftes zu beziehen sei. War dies der Fall, so mussten die Bazillen ohne Gift unschädlich sein, was auch die Versuche zu bestätigen schienen. So bewirkte die Ver- impfung von Kulturen, die bei 20 — 22° gewachsen waren, bei welcher Temperatur die Giftbildung sehr geringfügig ist, nur ganz leicht tetanische Erscheinungen, oder die Tiere blieben auch ganz gesund. Das gleiche Resultat wurde erzielt, wenn bei 37° gehaltene Kulturen durch 20minutiges Erhitzen auf 60° entgiftet, oder die Bazillen durch wiederholtes Aus- waschen mit sterilem Wasser von dem anhaftenden Gifte befreit waren. Die Nachprüfung der Versuche von Vaillard & Vincent, die von Sanchez Toledo % Roncali 7' s, Klipstein ^ vorgenommen wurde, führte Tetanus. 585 allerdings zu etwas abweichenden Resultaten. Es ergab sieh, dnss die Yerimptimg von Tetanusbazillen oder Sporen, wenn sie unter den von Yaillakd & YiNCExr angegebeneu Bedingungen vorgenommen wurde, doch noch meist zu Tetanus führte. In der Tliat vermochte weder die Züchtung bei niederer Temperatur die Giftbildung genügend zu hindern, noch die Erhitzung auf 60"^ gebildetes Gift völlig zu zerstören. Auch die Befreiung der Sporen von Gift vermittels Auswaschens erwies sich bei dem zähen Haften des Giftes als eine keineswegs leicht durchzu- führende Maßnahme. Vaillakd selbst giebt dann auch bei einer gemein- sam mit RouGET'^ veröftentlichteu Arbeit als das einzig sichere Verfahren eine mehrstündige (3 stündige) Erhitzung der Sporen auf 80° an. So behandelte Sporen sollen noch völlig entwicklungsfähig, aber bei asep- tischer Einführung völlig harmlos sein. Jedenfalls hat sich bei der ganzen Diskussion der Frage so viel ergeben, dass Tetaniisbazillen oder Sporen im Gewebe es zu keiner nennenswerten Vermehrung bringen, wenn sie nicht in großer Menge eingeführt werden oder ihnen sonst günstige Umstände zu Hilfe kommen. Solche die Vermehrung im Organismus ermöglichenden Momente sind nach Vaillard zunächst in allen Mitteln gegeben, die die Leukocyten von der Impfstelle fernhalten, also in mechanischem Schutz durch Ein- bringen der Sporen in Säckchen aus Berzeliuspapier oder auch nur in Fließpapier, ferner in der Beigabe gewisser Chemikalien, Milchsäure, Trimethylamin u. s. w. Praktisch wichtiger ist, dass in dem gleichen Sinne auch stärkere mechanische Läsion der Impfstelle, Quetschung der Weichteile und namentlich Frakturierung von Knochen wirkte. Wirk- samer noch als die genannten Mittel erwies sich die Beigabe gewisser Saprophjten, wie sie bei der Verimpfuug von Erde oder sonst bei der spontanen Infektion stets die Tetanusbazillen begleiten. Hiernach finden auch die verschiedenen Angaben über das Vorhanden- sein der Bazillen im Blute und in den Organen ihre Erklärung-. Bei Verimpfuug von Reinkultur fällt das eingebrachte Sporeumaterial bald der Vernichtung anheim. Sind aber die Bedingungen für eine Wuche- rung der Bazillen gegeben, so steht nichts einer Weiterverbreitung von der Impfstelle aus im Wege. Das üblichste Verfahren, Infektionen bei unseren Versuchstieren zu erzielen, besteht in der Einführung von mit Sporen imprägnierten Holz- splittern, Kammzähnen, Bimssteinstückchen u. s. w. in eine Hauttasche. Die Holzsplitter (0,5 cm lang, 2 mm breit) werden nach Kitasato mit einer sporenhaltigen Bouillonkultur, die 1 Stunde auf 80" erhitzt ist, imprägniert und getrocknet. Es gelingt damit leicht, Mäuse und Meer- schweinchen, nur ganz ausnahmsweise auch Kaninchen, zu infizieren. Nach Vaillakd & Rouget beruht der Erfolg auch dieser Impfung nur auf der Mitwirkung von Begleitbakterien. Dieselbe ist also wirkungslos, wenn sie völlig aseptisch ausgeführt wird. Thatsache ist jedenfalls, dass man bei der Untersuchung der Impfstelle der mit Splitter infizierten Tiere fast stets noch andere Bakterien vorfindet. Durch Verfütteruug von Tetanusbazillen resp. Sporen lässt sich bei unseren Versuchstieren nicht Tetanus erzeugen, ebensowenig durch Inha- lation, vorausgesetzt, dass der Mageudarmkanal resp. die Atmuugsorgane keine Verletzungen aufweisen. Sind aber durch Inhalation von reizenden Stoffen, beispielsweise von schwefliger Säure, heftigere Katarrhe der Bronchien gesetzt, so erliegen Meerschweinchen leicht, wenn sie einem Spray von Tetanussporen ausgesetzt werden (Thaljiann). Kleine Wun- 586 V. Lingelsheim, den der Nase sind leicht durch Inhalation zu infizieren. Die Mund- höhle verhält sich als Eing-angspforte wie die äußere Haut. Eine Reihe anderer Applikatiousmethoden , die iutraperitoneale, intravenöse, intra- cerebrale, bieten für die Infektion kein Interesse und finden im Ab- schnitte über das Gift ihre Erledigung. Litteratur. 1 Babes, Annales de rinatitut de Pathol. et de Baeteriol. de Bukarest, vol. 5, p. 343. — 2 Vaillard & Vincent, Annales de Tlnstitut Pasteur, 1891. Nr. 1. — •^ Vaillard, Sem. med.. 1891, Nr. 38. — * Vaillard & Rouget, Annales de rinstitut Pasteur. 1893, Nr. 11. — ■' Dies., ibid., 1892, Nr. 6. — <'' Sanchez Toledo, Sem. med.. 1891, Nr. 32. — ■? Roncali, Riform. med.. 1893. Nr. 165. — « Ders., Annali dell' Istituto dlgiene di Roma. 1893, p. 117. — '' Klip.stein, Hyg. Rund- schau, 1893, Nr. 1. — 1" Beck. Zeitschr. f. Hvg.. Bd. 19. S. 427. — h v. OttinCxEN & ZujiPE, Dtsch. Arch. f. klin. Med.. Bd. 64, 8.478. — '^ Zumpe. Schmidts Jahrb., Bd. 256, S. 174. — i3 Thalmann, Ztschr. f. Hyg., Bd. 33, S. 387. — i* Tizzoni & Cattani. Zieglers Beiträge zur pathol. Anatomie , Bd. 7. S. 606. — i^ Kitt. Cen- tralbl. f. Bakt., Bd. 7, Nr. 10. — ^^' Ders.. Monatshefte für praktische Tierheilkunde, 1890, H. 5. — 1" ZrPNiK. Dtsch. med. Wochenschr.. 1900, Nr. 52. — i« Brunner, Berl. klin. Wochenschr.. 1891, Nr. 36. — ''• Ders., Bruns Beiträge. Bd. 9, 10,12, 1892—1894. — -'» CouRMONT & Doyon. Corapt. rend. de la soc. de biol., 1892, p. 1002. — 21 Dies., ibid.. 1893. La sem. med., 1893, p. 112. — -'2 Dies., Province med., t. XII, p. 219. — 23 Dies., Compt. rend. de la soc. de biol., 1898, Nr. 19. — 24 CouRMONT, ibid., 1899, ]^. 163. — 20 Fermi & Perno.ssi, Ztschr. f Hvg- Bd. 16. V. Verbreitung des Tetanusbacillus in der Aufsenwelt. Bei keinem anderen pathogenen Bakterium gelang der Nachweis in der Umgebung des Menschen so früh und mit der Siclierheit, wie beim Tetanusbacillus. Xicolaier konnte mit 12 unter den 18 Erdproben, die er aus der Unigel)uug von Göttingen untersuclite, l)eira Tiere Tetanus hervorrufen. Auch von 172 Erdproben, die aus Leipzig, Berlin, Wies- baden bezogen waren, ergaben bei der Yerimpfung 81 den charakteri- stischen Symptomenkomplex. Nach dem Vorgange von Nicolaier sind dann Aveiter Erdproben aus den verschiedensten Städten und Ländern untersucht. In den Versuchen von Bossaxo^, der im bakteriologischen Institute der medizinischen Schule zu IMarseille unter Eietschs Leitung arbeitete, erwiesen sich unter den Prolten aus 38 Städten, die allen fünt Weltteilen augeliörten, nur 12 als frei von Tetanusbazillen. Aber auch im Wasser ist der Nachweis mehrfach gelungen. Lortet^ fand die Bazillen sowohl im Schlamm des Genfers Sees wie in dem des Toten Meeres. Im Bielschwasser der Schiffe durchqueren sie auch die Welt- meere (TkiNGELiNC4^i, wobei sie es denn auch gar nicht selten zur Bethäti- gung ihrer pathogenen Eigenschaften kommen lassen. Auf den groüen Handelsdampfern sind wiederholt Tetanusfälle beobachtet und geradezu eine Epidemie zur See ereignete sich im April 1782, wo in der Flotte des Lord Rodney nach einem Seegefechte unter 354 Verwundeten 16 an Tetanus zu Grunde gingen. Aus allen diesen Thatsacheu ist zu schließen, dass der Tetanus- bacillus eine außerordentliche Verbreitung besitzt. Ob es aber docli Landstriche giebt, in denen der Tetanusbacillus völlig fehlt, wie dies z. 11 am Kongo der Fall sein soll, und ob andere sehr reichlich damit gesegnet sind, lässt sich, da es sich bei den bisherigen Experimenten doch nur um Stichproben gehandelt hat, nicht mit Sicherheit sagen. Aus dem Fehlen der Krankheit an dem einen Orte und der Häufigkeit 'l'etanns. 587 au einem anderen, dürfen wir, wie ich früher auseinandersetzte, noch nicht auf ein gleiches Verhalten der Bazillen schließen. Für das Zu- standekommen der Erkrankung- spielen eben außer dem Bacillus eine Eeihe anderer Momente, Lebensg-ewohnheiten, Beschäftigung, kulturelle und soziale Verhältnisse eine große Rolle. So viel aber scheint schon nach den bisherigen Versuchen sicher zu sein, dass innerhalb derselben Gegend der Boden nicht in gleichem Grade infektiös ist. Schon Nicolaiek machte darauf aufmerksam, dass die nicht infektiösen Erdproben namentlich aus dem AValde und anderen der Verunreinigung weniger ausgesetzten Orten stammten, während die infektiösen Gärten, Höfen, Strassen, Rieselfeldern entnommen waren. Nach dieser Richtung weiter angestellte Versuche ergal)en, dass es sich hier nicht \m\ einen Zufall handelte. Bisserie*' fand in Verneuils La- boratorium den Staub von viel benutzten Straßen, Reitwegen, den Sand vom Boden einer Reitschule stark infektiös, während auch wieder Wald- erde unwirksam war. Neben viel benutzten Straßen scheint namentlich gedüngtes Acker- und Gartenland Tetanusbazillen zu beherbergen (San- ciiez Toledo, Reclus u. a.). Von diesen Orten aus werden die Bazillen resp. deren Sporen an Stiefeln und Kleidern in die Wohnungen trans- portiert, gelangen mit dem Wolniungsstaub in die Dielenritzen und ver- mögen dann dort und an anderen vor Licht geschützten Stellen lange Zeit Lebensfähigkeit und Virulenz zu bewahren. Vielfach ist auch der Nach- weis innerhall) der Wohnungen gelungen, so in den Dielenritzen (Küh- NAui6^ Chantemesse & WiDAi/''^), im Staube der Fehlbödeu (Heinzel- MANN^j, in Spinnweben (Kitasato, Belfaxti & PescarolO'*) u.s.w. u.s.w. Noch einen direkteren Weg zum Menschen schlagen die Sporen ein, die sich au 01)st, das zur Erde gefallen ist oder nahe am Erdboden wächst, an Salate, Radieschen u. s. w. ansetzen und mit diesen Vehikeln in die jMundhöhle und von da in die kommunizierenden Höhlen gelangen. Dass dieser Weg ein gar nicht so seltener ist, ergeben die Versuche von Pizzini 13, der m b % der Fälle mit menschlichem Kote Tetanus hervorrufen konnte. Auch für die Pathogenese mancher Krankheitsfälle ist dieser Lifektionsmodus wohl im Auge zu behalten. Können wir so den AVeg der Bazillen von dem Erdboden zum Men- schen direkt oder durch Verinittelung der AVohnung ziemlich gut ül)er- sehen, so ist die Lifektion des Erdbodens selbst durch die Tetanusl)azillen noch Gegenstand der Kontroverse. A priori wäre sehr wohl denkbar, dass die Tetanusbazillen von Haus aus Bewohner der oberflächlichen Erdschichten sind, dass sie hier ausreichende Bedingungen für Existenz und Vermehrung finden und dass ihr Auftreten im Organismus von Mensch und Tier nur eine durch Zufälligkeiten bedingte, für ihre Fort- existenz ganz überflüssige Exkursion darstellt. Mit dieser rein tellurischen Theorie stimmen jedoch nicht ganz die vorhin angeführten Thatsachen, wonach die Bazillen sich vorwiegend nur in einer solchen Erde vor- finden, die der Verunreinigung durch den Kot von Tieren ausgesetzt ist. Dass der letztere in der That das Virus enthält, ist durch wiederholte Versuche festgestellt. Sanchez Toledo & Veillon* hatten bei ihren Versuchen in 50^ positive Resultate. In den Darm der Tiere gelangen die Sporen mit der Nahrung, Gras, Heu u. s. w., in welch letzterem sie von RiETSCii^* auch nachgewiesen wurden. Man wird sich also doch vorzustellen haben, dass das Tier die an irgend einer Stelle mit der Nahrung aufgenommenen Sporen mit dem Kote weiter verstreut und so mindestens für die Verschleppung des Virus von einem Ort zum anderen 588 ^- Lingelsheim, von Bedeutung- ist. Verneuils equiue Theorie ist wieder für die Thatsaclieu zu eug" gefasst. Nach Verneuil ist der Tetanus von Haus aus wie der Rotz eine Pferdekranklieit , das Pferd ist der eigentliche Träger des Bacillus und von ihm aus ist alles andere erst infiziert. Der Vergleich mit dem Rotz ist schon deshalb nicht zutreffend, weil der Rotzhacillus ein ausgesprochener Gewehsparasit ist, für den der Organismus des Pferdes den adäquaten ISIährljoden darstellt, Avährend die parasitäre Fähig- keit des Tetanusbacillus immer eine geringfügige ist. Die Empfindlich- keit des Pferdes für Tetanus hängt mit der enormen Empfindlichkeit gegenüber dem Toxin zusammen. Im Darmkanale scheint sich der Tetanusbacillus aber bei anderen Haustieren (Hund, Rind) ebenso wohl wie beim Pferde zu fühlen. Während nach der vorhin präzisierten Theorie das Tier lediglich der Ausstreuung der ]>azillen oder der Sporen dient, gehört nach Sormani^-ii die Passage des Darmkanals notwendig in den Lebenscyklus des Tetanus- bacillus hinein. Sormani glaubt entgegen der tellurischen Theorie, dass der Bacillus auf der Erdoberfläche sich nicht nur nicht vermehren kann, sondern dass er hier sogar durch meteorologische Einflüsse verschiedener Art, Belichtung u. s. w., seine Virulenz verlieren und laugsam absterben muss. Der Darmkanal der Tiere dagegen, der reichliches Nährmaterial, eine geeignete Temperatur und anaerobe Bedingungen bietet, ist für den Tetanusbacillus sowohl der Ort der Vermehrung wie der Restituierung der Virulenz — »una nuova läse di ringiovanimento e di moltipli- catione«. Dass im Darmkanale des Menschen und der Tiere die Sporen aus- keimen und eine Vermehrung eintritt, ist durchaus wahrscheinlich. Immerhin erscheint mir die »fäkale« Theorie Sürmanis für die Erklärung der Fortexistenz des Tetanusbacillus nicht unbedingt notwendig. Es können sicher auch auf der Erdoberfläche in gedüngtem, an Nährmaterial reichem Boden und bei entsprechender Temperatur die Bedingungen für die Vermehrung gegeben sein. Bei den meisten übrigen Infektionskrankheiten spielen für die Ver- breitung der Erreger in die Außenwelt der Kranke selbst resp. die von ihm herstammenden krankhaften Produkte eine große Rolle. Das ist beim Tetanus aus naheliegenden Gründen nicht der Fall. Auch von einer beerdigten Tetanusleiche wird man sich für die Infektion des Erd- reiches kaum größerer Gefahren zu versehen brauchen, als von irgend einer anderen Leiche. In einer von Veriioogen & Charles Bärt^^ verfassten Preisschrift wird mitgeteilt, dass in einer Erde, die die Ver- wesungsreste eines an Tetanus gestorbenen Pferdes enthielt, Tetanus- virus nachgewiesen werden konnte. Dasselbe hätte auch der Fall sein können, wenn das Tier nicht an Tetanus zu Grunde gegangen wäre, da die Bazillen ja aus dem Darmkanal stammen konnten. Litteratur. 1 BossANO, Gazette des hopit., 1889, p. 1342. — 2 Lortet, Centralbl. f. Bakt., Bd. 9, S. 709 und Bd. 10, S. 567. — 3 Belfanti & Pescarolo , ebd., Bd. 6, 1889. — 4 Schwarz, Archivio per le scienze med.,,Bd. 15, Nr. 8. — ^ Eingelikg, Arch. de med. exp., Bd. 7, Nr. 6.-6 Bisserie, Etüde des differents rnodes de propa- gation du bacille tetanique. These. Paris 1894. — ^ Heinzelmann, Münch. med. Wochenschr., 1891, S. 185. — « Sanchez-Toledo & Veillon, Sem. med., 1890, Nr, 45. — 'J Sormani, Annali dell' Istituto d'Igiene speriment. della R. Universitü di Roma, 1891. — 10 Ders., Estratto dei Rendieonti del R. Istituto Lombardo. Ser. II, vol. 24. fasc. 14, 1891. — " Ders-, Bolletino della societä med.-chir. di Tetanus. 589 Pavia, 1890, p. 74. — i- Verneuil, Revue de Chirurgie, 1887. — 23 PizziNi, Riv. d'igiene, 1898, Nr. 5. — i^ Rietsch, Compt. rend. de l'academie des sciences, t. 8, 1888. — 1"' MoLiNARi, Giornale d. R. soc. ital. d'igiene, 1898, Nr. 1. — 16 Kühnau, r>erl. med. Wochenschr.. 1898, Nr. 28, 29. — '' Rene Verhoogen & Charles Bart, Aus dem Universitätslaboratorium für Phj'siologie zu Brüssel. Premieres recherches sur la natura et l'etiologie du tetanus, p. 68. — 1« Marciie.si, Annali delF Istituto d'igiene della R. Universitä di Roma. 1892, Bd. 2. — i'J Chantemesse & Widal, Bull, med., Sept. 1889. VI. Das Tetanusgift. Schon vor der ReinzUclituug- des Tetanus bacillus hatte Brieger^^^ aus Mischkulturen in Fleischbrei eine Reihe basischer Substanzen dar- gestellt, die zwar, wie das Tetanin und das Tetanotoxin, giftig waren, aber doch nicht die charakteristischen Erscheinungen des Tetanus her- vorriefen. KxuT Fai5Er gelang dagegen im Jahre 1889 der Nachweis des Giftes in den Filtraten von Mischkulturen. Al)er erst mit dem Bekanntwerden der KriASATOschen Methoden der Reinztichtung und Kultivierung des Tetanusbacillus in festen und flüssigen Kährl)öden, wo- durch die Möglichkeit geschalfen war, das Gift in beliebiger Menge und wirksamster Form zu gewinnen, Avaren die Wege für die weitere Er- forschung dieser theoretisch so interessanten Substanzen geebnet. Die außerordentliche Giftigkeit, das charakteristische mit nichts anderem zu verAvechselnde Bild der Intoxikation, die hier erweisbare Thatsache, dass eine bakterielle Erkrankung nichts anderes war als eine Vergiftung mit einem bestimmten von dem Bakterium produzierten Toxin, vor allem aber die auf dieser Grundlage gewonnene Perspektive für ein thera- peutisches Eingreifen sicherten den hier gefundenen Substanzen das eingehendste Interesse. Unter denen, die sich um die weitere Forschung besonders verdient gemacht haben, nenne ich in Deutschland neben K1TASAT0 Brieger, Büchner und vor allem Behring & Knorr, in Frankreich Roux & Vaillard, in Italien Tizzoni und seine Mitarbeiterin Fräulein Caitani. Zur Herstellung guten Tetanusgiftes sind nur Kulturen geeignet, die unter streng anaeroben Bedingungen gehalten sind. Dass die Tetanus- bazillen für ihr Wachstum nicht so unbedingt den Abschluss des Sauer- stoffs verlangen, ist früher mitgeteilt. Aber die bei Luftzutritt gewon- neneu Gifte sind minderwertig, was sicher zum Teil in der unter dem Einfluss der Bruttemperatur und des Sauerstoffs eintretenden Giftzerstö- ruug seinen Grund hat. Bei Züchtung in Mischkultur mit manchen anderen Bakterien, namentlich dem B. subtilis, sollen dagegen nach Debrand^i ohne Anaerobiose recht wirksame Präparate erzielt werden können. Als Nährboden eignet sich am besten eine neutrale oder ganz schwach alkalische Bouillon, die \% Pepton (Witte) und 0,5^ Kochsalz ent- hält. Das Fleischwasser für dieselbe stellt man zweckmäßig in der Weise her, dass man das zerkleinerte Fleisch eine Stunde mit der doppelten Gewichtsmenge Wasser kocht und filtriert. Das Fleisch wird dann noch kräftig ausgepresst und der Saft dem Filtrate zugesetzt. Zusätze von Glycerin und namentlich Traubenzucker sind zu vermeiden, da hierdurch wohl infolge der eintretenden Säureproduktion das Gift geschädigt wird. Tizzoni will mit gelatinehaltigen Nährböden gute Resultate erzielt haben. Auch durch Zusätze von 1 — 1% Kochsalz kann die Giftausbeute verbessert werden; es ist jedoch dann darauf zu achten. 590 V. Lingelsheim, dass die Kulturen nur wenige Tage bei 37° gehalten werden, da bei liöberem Koehsalzgebalte als 0,5 % schon die Bruttemperatur schädigend auf das Gift einwirkt (Knorr^^). Auf den UscHiNSKYschen Nährböden wachsen die Tetanusbazillen, bilden aber nur sehr wenig Gift. Einen geringeren Einfluss als die Züchtungsbedingungen scheint die Herkunft des Kulturstammes auf die Giftausbeute zu hal3en. Sieht man von den Angaben über die sogenannten uugiftigeu Tetanusstämme ab, so scheinen, bei sonst richtiger Behandlung, die von den verschiedenen Forschern be- nutzten Kulturen wenigstens keine auffälligen Unterschiede nach der Eichtung aufzuweisen. Für den Aufenthalt der Kulturen im Brutschrank hat sich ein Zeitraum von 6 — 8 Tagen als geeignet herausgestellt. Bei Innchaltung der hier kurz skizzierten Bedingungen sind ziemlich leicht Kulturen zu erhalten, von denen 0,000005 ccm eine Maus von 10 Gramm Körpergewicht tötet. x4.usnahmsweise kommt man auch höher, auf die 2 bis 3 fachen AVerte, und Kxokr hat sogar Präparate besessen, von denen schon der 5. Teil der angegebenen Dosis zur Tötung einer Maus ausreichte. Hiermit ist dann zur Zeit aber auch die Grenze er- reicht. Die weitere Verarbeitung der in der angegebenen Weise gewonnenen Kultur beschränkt sich dann eigentlich auf die Beseitigung der Bazillen durch Filtration. Aber auch auf diese kann man verzichten, da sie für das Experiment keinerlei Störung ergeben. Wohl aber empfiehlt es sich, das Gift in Bücksicht auf seine große Labilität möglichst bald in eine feste und damit haltbare Form überzuführen. Dies geschieht am ein- fachsten vermittels der zuerst von Briec^er c^ Fräxkel^, weiter von Büchner 1" empfohlenen Ammouiumsulfatfälluug. Bei gut gelungener Fällung erhält man hiermit Präparate, von denen 0,0000001 Granmi eine Maus tötet, bei zweimaliger Fällung auch solche von der doppelten Stärke. Von diesem Originaltrockenpräparate stellt man sich weiter eine 10 proz. Stainmlösung her, die mit 10 % Kochsalz versetzt längere Zeit ihre Wirksamkeit behält*). Schwächere Lösungen für den Versuch müssen immer frisch bereitet werden. Das Tetanusgift ist eine Substanz, dessen cliemische Eigenschaften wir nur ganz unvollkommen kennen und dessen Beindarstellung bis dahin nicht gel^^ngen ist. Der Tierexperiment ist das einzige Reagens, welches uns hier zu Gebote steht. Durch dieses sind wir aber auch in der Lage, das Gift mit aller Sicherheit nachzuweisen, seine Konzentration in einer Lösung zu bestimmen, qualitative Aenderungen zu verfolgen. Schon bei den ersten Tierexperimenten zeigte es sich, dass das Gift auf Individuen verschiedener Tierarten sehr verschieden stark einwirkt (Wladimiroff, Babes, Vaillard, Vincext). Bei derselben Tierart da- gegen und gleicher Applikation ist die Toxizität eine außerordentlich gleichmäßige, sobald die Dosis auf die Einheit des Körpergewichts be- rechnet wird. Für jedes Gramm Körpergewicht ist bei einer bestimmten Tierart für die sicher tödliche Wirkung stets das gleiche Giftquantum erforderlich. Nach der v. BEiiRiXGSchen Bezeichnungsweise, der ich mich im folgenden ausschließlich bediene, wird dasselbe Avie folgt be- zeichnet. *) Das gelöste Trockenpräparat zeigt zunächst eine Trübung, die zum Teil aus den Bakterienleibern besteht, zum anderen Teile aus bei der Fällung unlös- lich gewordenen Eiweißkörpern. Für Versuchszwecke wird nur die klare Flüssig- keit nach dem Absetzen der Trübung benutzt. 1 Gramm Maus, 1 » Meerscliweinchen 1 » Kaninchen 1 Pferd 1 » Ziege 1 > Gaus 1 » Taube 1—1 Huhn. Tetanus. 591 1 + Ms*) = tödliche Dosis für 1 + M = 1 + K = 1 + Pf = 1 + Z = » » » 1 -(- G = » » » 1 -(- T = » » » 1 + H = Unter Zugrundelegung der sul)kutanen Applikationsform für das Gift ergiebt sich für die Giftempfindlichkeit der angegebeneu Tierarten fol- gende Gleichung : 1 + Ms = 12 + Pf = 6 + M = J + Z = ji^ + K "" lOCK) + ^^ "^ 40()() + ^ = 30000 "^ ^• Das Pferd ist also 12 mal so empfindlich wie die Maus, diese aber 30000 mal so empfindlich als das Huhn. Als sicher tödliche Dosis wird diejenige Dosis angesehen, die das Tier in 4 — 5 Tagen tötet. Die tödliche Dosis für das Tier selbst wird mit deutscheu Anfangs- buchstaben bezeichnet unter Beifügung des Körpergewichtes des Tieres in Grammen; also M^i^^ = 15 + Ms. Der Einführung einer jeden wirksamen Giftdosis in den tierischen Organismus folgt zunächst eine Latenzperiode des Giftes — die Inku- bation. Die Dauer derselben ist abhängig von der Tierart, der Appli- kationswT^ise und der Höhe der Giftdosis, außerdem noch von gewissen Eigenschaften des Giftes, auf die ich noch zurückkonunen werde. Im allgemeinen gilt der Satz, dass die Inkubation um so kürzer ausfällt, je empfindlicher die Tierart und je höher die Dosis ist. Die Abhängig- keit der lukubationsdauer von der Höhe der Dosis mag folgende Zu- sammenstellunir illustrieren : Maus 1 erhielt 13 4- Ms. Inkubation 36 Stunden » 2 » 100 + Ms 24 . 3 » 333 + Ms 20 , 4 » 13(X) + Ms » 14 » » 5 >> 3600 4- Ms 12 Gauz zu umgehen ist die Inkubation bei keiner Applikationsform und keiner Höhe der Giftdosis. Sie sinkt bei der Maus beispielsweise nicht unter 8 Stunden. Das Wesen der Giftinkul)ation ist bis dahin nicht ergründet. Die Ansicht von Courmont & Doyon, dass die Inkubation beim Tetanus- gift durch gewisse Umwandlungen bedingt sei, die das Gift erst, um wirksam zu werden, im Körper durchmachen müsse, hat sich nicht be- wahrheitet. Behring machte darauf aufmerksam, dass gerade die schwer dialysierbareu Gifte eine ausgesprochene Inkubation zeigen. Mau könnte sich danach vorstellen, dass diese Gifte erst eine längere Zeit brauchen, imi aus den Gefäßen au die empfindlichen Zellen zu gelangen, und dass dieser Zeitraum die Inkubation darstelle. *) Das Pluszeichen verwendet v. Behrino für die Gifte, das Minuszeichen für das Antitoxin. 592 V. Lingelsheim, Nach Ablauf der lukubatioii setzeu die Krauklieitserscheiuun^eu ein, die durelians denen bei Impfuni;- mit lebendem Virus entsprechen. Es handelt sieh dabei, Avie ich früher ausführte, um das Auftreten einer mehr oder minder ausgesprochenen Muskelstarre, die je nach der Tierart entweder lokal an der Umg-ebung der Eingangspforte oder an besonderen Prädilektionsstellen zum Ausdruck kommt. Solche Krankheitserschei- nungen vermögen auch Giftdosen auszulösen, die unterhalb der tödlichen liegen. Diejenige Dosis, die imstande ist, noch eben leicht krankmachend zu wirken, ist die »krankmachende« Dosis. Dieselbe stellt bei jeder Tierart einen ganz bestimmten Bruchteil der tödlichen Dosis dar. Das Verhältnis, in dem die beiden Giftmengen zu einander stehen, ist bei den verschiedenen Tierarten ein ganz verschiedenes. Von der Maus beispielsweise wird ^ + Ms pro 1 Grannn injiziert ohne weiteres ver- tragen; die krankmachende Dosis liegt erst bei -^ 4- Ms, bei dem Meer- schwein dagegen bei v^ -f- M, bei dem Huhne bei ^ -f- H und bei dem Kaninchen gar bei ^^.7? + K. Während also der Maus der dritte Teil der tödlichen Dosis eingeführt werden muss, um leichte Krankheits- erscheinungen hervorzurufen, gelingt das beim Kaninchen schon mit dem hundertsten Teil derselben. Den Abstand zwischen der tödlichen Dosis und der eben krankmachenden Dosis nennt Kxorr die Empfiudlichkeits- breite einer Tierart. Dieselbe ist, wie wir sahen, für verschiedene Tier- arten ganz verschieden, stellt aber für dieselbe Tierart gegenül)er dem- selben Gifte eine konstante Größe dar. Giftmengen, die auch unter der krankmachenden Dosis liegen, sind nun aber keineswegs überhaupt wirkungslos. Dieselben vermögen viel- mehr noch sehr ausgesprochene physiologische AVirkungeu auszuüben, die in einer Veränderung der Giftemptindlichkeit des Tieres, sei es im Sinne einer Erhöhung oder einer Her^ibsetzung derselben, zum Ausdruck kommen. Tierart und Giftdosis gleichgesetzt, ist es nun weiter nicht gleichgiltig, au welcher Stelle das Gift eingeführt wird, ol) im Gewel)e höherer oder niederer Dignität, ob von der Eingangspforte leicht eiae Diffusion ins Blut möglich oder ob diese erschwert ist u. s. w. u. s. w. Der am meisten benutzte Modus der Applikation, auf den sich auch die Bestimmung der tödlichen und krankmachenden Dosis bezieht, ist die subkutane Injektion. Nur bei dieser sowie l)ei der sich ganz analog verhaltenden intramuskulären Injektion ist auch der charakteristische Tetanus ascendens, d. h. der lokal an der Einführuugsstelle des Giftes beginnende und von hier sich ausbreitende Tetanus zu beoljachten. Wesentlich andere Eesultate ergiebt bei unseren kleineren Versuchs- tieren nach einer Mitteilung von Zupxik (Deutsche med. Wochenschrift 1900, Nr. 52) die Applikation des Giftes an solchen Stellen, in deren Nähe keine Muskeln gelegen sind, also am Sprunggelenke und Schwanz. Es soll sich hier ein deszendierender Tetanus entwickeln, der mehr an den des Menschen und des Pferdes erinnert. Bei einem am Sprunggelenke infizierten Meerschwein lässt sich nach Züpxik kurz vor dem Ausbruche der eigentlichen tetanischen Erscheinungen eine er- höhte Erregbarkeit wahrnehmen, die durch eine bei Betastung eintretende kurz anhaltende Spannung der Muskulatur bemerkUch Avird. Bald darauf Tetanus. 593 treten die ersten Tetanussymptome im Bereiche der vorderen Extremitäten ein; dieselben werden mäßig gestreckt, so dass der Vorderkörper in eine höhere Lage kommt. Zugleich stellt sich auch Trismus ein, der an lutensität im Laufe der nächsten Stunden oder Tage zunimmt. Der Kopf, dessen Be- weglichkeit beschränkt ist, wird in den Nacken zurückgezogen. Erst zu allerletzt stellen sich auch Kontrakturen der hinteren Extremitäten ein. Zugleich soll bei dieser Art der Applikation die Inkubation verlängert und das zur Tötung erforderliche Giftquautum um das mehrfache größer sein als bei der subkutanen Injektion. Direkt iu die Bauch- uucl Brustorgane wurde das Gift von Binot22 eingeführt. Es ergab sicli dabei, dass nach Injektion tödlicher Dosen in den Uterus, die Hoden, Lunge, Nieren ein cliarakteristisclier splanch- nischer Tetanus eintritt, der durch längere Inkubation und schnelleren Verlauf sowie durch das Fehlen von Muskelkontrakturen leicht von dem gewöhnlichen Typus zu unterscheiden ist. Bei Injektion in das Zwerch- fell war schon 1,0 der sonst tödlichen Dosis von tödlicher Wirkung. Bei intraperitonealer Einverleil)ung entspricht die tödliche Dosis der bei der subkutanen Injektion erforderlichen Menge. Das Kraukheitsbild ist hier wenig charakteristisch, so dass schon Verwechselungen mit den Wirkungen von ganz anderen Substanzen vorgekommen sind. Zur Er- kennung und Wertbestimmung des Tetamisgiftes sollte deshalb diese Applikationsform nicht gewählt werden. Größeres Interesse verdienen dagegen Experimente von Koux & B(>RREL'3, wobei das Gift direkt in das Gehirn der Versuchstiere ein- geführt wurde. Schon im Jahre 181)1 hatten Tizzoni & Fräulein Cat- TANi^'' ähnliche Versuche angestellt, in denen sie das Gift unter die Dura mater von Kaninchen applizierten. Das Krankheitsbild war jedoch nicht ganz dasselbe, weil auch medulläre Wirkungen mit unterliefen. Die französischen Forscher erhielten dagegen bei Kaninchen, Meer- schweinchen, Mäusen, Batteu eine ganz charakteristische Krankheitsform, bei der alle Kontrakturen fehlten und die nur in Gehirnsymptomen zum Ausdruck kam, den cerebralen Tetanus . Derselbe beginnt nach einer Inkubation von 8 — 12 Stunden und ist charakterisiert durch eine außer- gewöhnliche Unruhe, epileptifurme Krämpfe und Polyurie. Im Anschluss hieran sei auch der Versuche von Vaillard, Brunxer, Kansüm gedacht, die das Gift in den subarachnoidalen Raum einführten. Nächst der subkutanen Injektion ist wohl die intravenöse noch am häufigsten an unsern kleinen Versuchstieren ausgeführt. Die tödliche Dosis ist hier dieselbe wie bei der subkutanen Injektion, die Inkubation ist dagegen auffälligerweise verlängert. Nach Ablauf der Inkubation treten die Krankheitserscheinungen ziemlich unvermittelt auf, der Krank- heitsverlanf ist ein viel stürmischerer als bei der subkutanen Injektion. Im Kraukheitsbilde fehlen die lokalen Kontrakturen, dagegen befindet sich die ganze Muskulatur in einem Zustande mehr oder minder ausge- sprochener Starre. Zugleich zeigt sich die Eeflexerregbarkeit deutlich erhöht, lleflexstöße sind durch äußeren Reiz leicht auszulösen. Wird die tödliche Dosis bei der Injektion nicht erreicht, so beobachtet man namentlich bei Kaninchen ein Kraukheitsbild, das DöNiTZ als Tetanus sine tetano beschrieben hat. Hierbei fehlen, außer einer häufig wahrnehmbaren geringen Rigidität der Muskulatur und leichter Nackenstarre alle charakteristischen Krankheitserscheinungen. Das Ganze präsentiert sich vielmehr als eine mit starker Abmagerung eiuher- Hanclbueli der pathogeneii Mikroorganismen. IL gg 594 V. Lingelsheim, gehende Kachexie, wie wir sie auch hei Einverleihung- anderer bakte- rieller Gifte geleg-entlich beobachten. Uebrigcns sind schon früher von Vaillard, neuerdings von Tiialmaxx auch chronische Tetanuserkran- kungen bei Meerschweinchen nach Impfung mit lebendem Virus be- obachtet, die dem Tetanus sine tetano der Kaninchen durchaus ent- sprechen. Als völlig unschädlich hat sich die Einführung des Giftes per os herausgestellt. Der Grund dafür ist in der Unresorbierbarkeit des Giftes durch den Magendarmkanal gegeben (Raxso.^i^s]^ nicht in einer Zerstö- rung des Giftes durch die Darmwandung (Epithel) oder die Verdauungs- säfte. Nur so sind die Versuche von Eaxsoim zu erklären, in denen trotz Einführung gewaltiger Giftmenge (100000 tödliche Dosen) niemals Tetanus entstand, das Gift vielmehr unverändert in den Abgängen nach- gewiesen werden konnte. Gleichwohl ist es durchaus uicht unwahr- scheinlich, dass kleinere Giftmengen, mit denen andere Forscher arbei- teten, auf ihrem Wege durch den Verdauuugskanal leiden (Vixcenzi so 3i^ Sieber & SciiüU.AKnv-SiE.MAXowsKi^^). Auch die neueren Versuche von Carriere23 im Liller Institut scheinen das zu beweisen. Carriere unter- band nach Einführung des Giftes in den Magen das Rectum und tötete die Versuchstiere (Kaninchen) nach 24 Stunden. Es war dann in dem ausgewaschenen und filtrierten Magendarminhalt keine Spur des Giftes mehr nachzuweisen. Die Verdauungssäfte, von denen Ptyalin und Magensaft abschwächend, Galle und Paukreassaft direkt zerstörend wirken sollen, hatten hier Gelegenheit gehabt, lange und intensiv ein- zuwirken, so dass das Resultat nicht unwahrscheinlich erscheint. Unter normalen Verhältnissen aber dürfte der auf diesem Wege möglichen Giftzerstörung keine große Bedeutung beizumessen sein. Abschwächung des Giftes — modifizierte Gifte. Das Tetanusgift ist in wässriger Lösung eine sehr lal)ile Substanz, die durch eine ganze Reihe physikalischer und chemischer Einwirkungen leicht abgeschwächt wird. Der Grad dieser Abschwächung wird wesent- lich bestimmt durch die Beschaffenheit des schädigenden Agens, aber auch — und das wird häufig nicht l)eachtet — durch die Zusammen- setzung des Mediums, in dem sich das Tetauusgift gelöst befindet, namentlich durch den Salzgehalt desselben. So vermögen schon Tem- peraturen von 40" das Gift merklich zu schädigen, wenn der Salzgehalt des Mediums ein höherer (3^) ist als ihn die gewöhnliche Bouillon be- sitzt. Karbolsäure wirkt stärker in salzreicher Lösung als in salzarmer. Das Tetanusgift verhält sich nach der Richtung abweichend von den gleichfalls sehr labilen Verdauungs- und Blutfermenten. Von den physikalischen Einflüssen wirkt die Wärme am schnellsten zerstörend. Nach Kitasato wird das Gift im Kulturfiltrat schon durch öminutiges Erhitzen auf 65°, durch 20minutiges auf 60", total zerstört. Thatsächlich handelt es sich hierbei nur um eine sehr starke Ab- schwächung, nicht um eine völlige Zerstörung. Durch Eindampfen der erhitzten Filtrate lässt sich nachweisen, dass man erst durch mehr- stündiges (3 stündiges) Erwärmen auf 80° das Gift wirklich vernichtet (Vaillard & Rouget). Die Zersetzung des Tetanusgiftes setzt nicht erst bei einer bestimmten Temperatur ein, sie wird vielmehr nur durch Erwärmung beschleunigt und führt dann durch eine Reihe minder gif- tiger Zwischenstufen, die leicht der Beobachtung entgehen können. Tetanus. 595 schließlicli auch zu ganz uugiftigeu Produkten. Gerade so verhält es sich auch mit den ülu-igen schädigenden Agentien, wenn sie in der ge- nügenden Stärke einwirken. Das diffuse Tageslicht wirkt nur langsam schädigend. Bei direkter Belichtung wurde das Gift in den KiiASATOschen Versuchen nach 15 bis 18 Stunden zerstört, in denen von Fermi & Perxossi schon nach 8—10 Stunden. Hitze (Istiindige Erwärmung auf 120°) und Belichtung (100 Stunden) werden von dem Tetanusgifte gut vertragen, wenn es sich im völlig trockenen Zustande belindet. Dassell)e ist der Fall, wenn sich das trockene Gift in Amylalkohol, Chloroform, Benzol suspendiert befindet. Elektrische Ströme von 0,5 Ampere Stärke vernichten das Gift nach etwa 2 stündiger Einwirkung. Bezüglich der für die Giftzerstöruug geeigneten chemischen Mittel verweise ich auf die Arbeiten von Kitasato und Fermi & Perxossi. Hier sei nur erwähnt, dass die anorganischen Säuren, namentlich die Salzsäure, stark scliädigend wirken. Bei 1 stündiger Einwirkung ver- nichteten das Gift Salzsäure 0,55^, Schwefelsäure 0,735^, Phosphor- saure 1,63 % . Die organischen Säuren bedürfen stärkerer Konzentration — Essigsäure \^%^ Buttersäure 6^, Milchsäure 4^. Sehr energisch wirken die Alkalien. Bei einer Einwirkungsdauer von 1 Stunde wirkten Natronlauge 0,3^, Kalilauge 0,42^, Aetzkalk gar schon 0,1^ zer- störend. Werden nun die verschiedenen schädigenden Agentien nicht in der Stärke angewandt, dass es zu einer Zerstörung des Giftes konnnt, so treten doch wesentliche Aenderungen au demselben ein. Je nach Stärke und Beschafteuheit des einwirkenden Agens vollziehen sich diese Aen- derungen schneller oder langsamer, bei allen aber kommt es schließlich zur Bildung stabilerer Gifte. Hier haben dann die Moleküle einen ge- wissen Gleichgewichtszustand erreicht, der, vorausgesetzt, dass nicht neue Schädigungen eintreten, lange Zeit erhalten bleiben kann. Die so ge- wonnenen Giftkörper — die modiüzierten Gifte — haben nicht nur ein hohes theoretisches Interesse gewonnen, sondern sind auch praktisch für die Immunisierung von großer Bedeutung geworden. Am bekanntesten ist die zuerst von v. Behring mit großem Erfolg benutzte Abschwächung mit Jodtrichlorid. Zusatz von 0,01 % setzte den Wert eines Giftes von 2,5 Millionen + Ms auf 250,000 H- Ms herab, von 0,025 X auf 20,000 + Ms, und von 0,05^ gar auf 3 bis 4000 + Ms. Die Giftabschwächung tritt schon nach Stunden ein; die dann gefundenen Gift werte bleiben für Monate unverändert. Von anderen Mitteln erwähne ich noch das hypermangansaure Kali. Uebrigens ist es gar nicht nötig, zu diesen energisch wirkenden Substanzen zu greifen, auch die bloße Aufbewahrung einer Giftlösung unter Toluol oder mit noch indifferenteren Konservierungsmitteln führt nach längerer Zeit zu charakteristischen und stabilen Modifikationen. Die modifizierten Gifte sind von den genuinen Giften zunächst da- durch unterschieden, dass ihre tödliche Giftwirkung eine geringere ge- worden ist. In Bezug auf die krankmachende Fähigkeit kann dagegen das Gift noch sehr wirksam sein. Die Emptindlichkeitsbreite einer be- stimmten Tierart, ist also gegenül)er dem Gifte oder, wie es Behring ausdrückt, der D (Differenz) wert des Giftes ist verändert. Bei dem genuinen Gifte war der L| (Limestod) wert für die Maus 1 + Ms, der Lowert, der Wert, bei dem noch keine Krankheitserscheinungen eintreten, 38* 596 V. Lingelsheim, V- + Ms, woraus sich der Dwert berechnet = 5. Bei deu Toluolgifteu ist nach Behring der D wert in der Eegel erheblich vergrößert, bei den Jodtrichloridgiften häufig verringert. Eine zweite wichtige Eigentümlichkeit der modifizierten Gifte ist die Veränderung der spezifischen Giftigkeit gegenüber den verschiedenen Tierarten. Die früher aufgestellte Formel 1 4- Ms = 12 + Pf = 6 + M = i + Z = ^^Q + K ^ 1000 + ^^ = 4000 + '^ = 3ÖÖÖÖ "^ ^ gilt nur für die genuinen Gifte: die Modifikationen zeigen mehr oder minder beträchtliche Verschiebungen. So ergab ein altes Toluolgift 1 + Ms = 3 + Ms = y^ + K . (Behring i3) Dies Gift war also gegenüber Kaninchen relativ sehr wirksam geworden. Bei dem TizzoNischen Gifte fand Behring ^^ sogar 1 + Ms ^ 1 + K. Es wird sich also hierbei nach den obigen Ausführungen um ein stark modifiziertes Gift handeln. Eine dritte Eigentümlichkeit der modifizierten Gifte ist die ver- änderte Inkubatiousdauer. Bei den Jodtrichloridgiften ist dieselbe in der Kegel crheblicli verlängert. In dem Kapitel über die Immunität wird auf die modifizierten Gifte namentlich auch auf ihr Verhalten gegenüber den Antitoxinen noch näher eingegangen werden müssen. Einiges über die Theorie der Giftwirkung. Nach der Theorie von Courjkjnt & Doyon ^'^-^o stellte das Tetanus- gift selbst nicht die krampferzeugeude Substanz her. Dieselbe wurde vielmehr erst durch eine Art Fermentation, die im Körper unter dem Einflüsse des Giftes zustandekam, gebildet. In der That gelang es auch den beiden Forschern aus deu Muskeln ein ohne Inkubation wirken- des Gift darzustellen. Brunner 4' und Marie ^i konnten das bestätigen, fanden aber zugleich, dass das Gift nicht tetanuserzeugeud wirkte. Zur Zeit stellt man sich unter dem Einflüsse der EiiRLicuschen Anschauungen die Wirkung der Bakteriengifte, insbesondere auch des Tetanusgiftes, in der Weise vor, dass dasselbe mit gewissen ZellsuJj- stanzen chemische Verbindungen einzugehn vermag, wodurch die Zellen funktionsunfähig werden . Das bei der Wirkung des Tetauusgiftes in der That chemische Bin- dungen eine Eolle spielen, wird durch mancherlei Thatsachen wahr- scheinlich gemacht. So hat sich gezeigt, dass das Gift in den Säften immuner Tiere lange Zeit unverändert konserviert wird (Fermi & Per- Nossi, Metschnikoff). Knurr 33 fand Aehnliches bei Hühnern. Solauge Giftmengen verwandt wurden, die keinerlei Krankheitserscheinungen hervorriefen, konnte das Gift quantitativ im Blute nachgewiesen werden. Dasselbe verschwand aber, sobald größere Dosen zu tetanischen Er- scheinungen führten. Kansom^^ komite bei Tauben, die er mit größeren Mengen Gift behandelt hatte, das Gift in allen Organen nachweisen, nur Tetanns. 597 uiclit im Zentralnervensystem. Als direkt beweisend wird jetzt von vielen Seiten der WASSERMANNSclie** Versuch angesehen, hei dem ziem- lich große Giftmengen durch Beifügung einer Meerschweinchengehirn- emulsion neutralisiert werden. p]s wird hierauf noch an anderer Stelle einzugehen sein. Jedenfalls nimmt man jetzt an, dass das Gift nur da wirkt, wo es Bindungen eingeht. Es kann aber sehr wohl reichlich Bindungen ein- gehen, ohne stark wirksam zu sein. Eis besteht kein einfaches Ver- hältnis zwischen der Fähigkeit einer Tierart, Tetanusgift in den Geweben zu binden, und der Empfindlichkeit für das Gift. Bei dem wenig em- pfindlichen Kaninchen beispielsweise wird das Gift sehr bald aus dem Blute von den Geweben aufgenommen. Umgekehrt verhält es sich bei dem sehr empfindlichen Meerschwein, wo das Gift bei jeder Applika- tionsart bald und zum größten Teile im P)lute auftritt. Es kommt also für die Empfindlichkeit einer Tierart wesentlich darauf an, ob das Gift vorwiegend von Geweben hoher oder niederer Dignität gebunden wird, was wieder wesentlich davon abhängen wird, ob giftbindende Substanz außer im Zentralnervensystem noch in anderen Geweben vorhanden ist. Ist das letztere der Fall, so kann das Gift gewissermaßen abgefangen werden, bevor es zu den lelienswichtigen Zentren gelangen kann. Weiter wird die Durchlässigkeit der Kapillaren im Zentralnervensystem für das Gift von großer Bedeutung für die Empfindlichkeit der Tierart sein. Ge- rade den Geliirnkapillarcn scheinen ja nach den Versuchen von Roux ausgesprochen elektive Fähigkeiten zuzukommen. Nicht weniger schwierigen Pro1)lemen begegnen wir, wenn wir die verschiedenen Tetauustypen, wie sie uns bei verschiedenen Tierarten entgegentreten, ins Auge fassen. Nach Heiberg war der Tetanus eine primäre Muskelerkrankung, nach CouR^MOxr & Doyox eine Reflex- wirkung infolge Heizung der sensibelen Nerven. Beide Theorieen sind verlassen zu Gunsten einer anderen, nach der es sich um eine zentrale Erkrankung handelt. Den aszeudierendeu Tetanus erklärt dann Gold- SCIIEIDER53 auf Grund der Neuronentheorie so, dass, wenn auch sämt- liche Ganglienzellen unter dem Einflüsse des Giftes ständen, dies doch besonders bei denen der Fall sein müsste, die peripherisch der direkten Einwirkung ausgesetzt seien. Nicht unwahrscheinlich erscheint mir die Hypothese von Stinzinci^^, wonach ein Teil des Giftes vom Blute auf- genommen wird, ein anderer aber in den Maschen des Perineuriums zen- tripetal vorwärts schreitet, um dann zunächst an der EiumUndungsstelle in das Rückenmark zu wirken. Man könnte sich so erklären, weshalb bei den kürzeren Nervenbahnen, wie wir sie bei den kleineren Tieren haben, der Tetanus zunächst lokal ausbricht, während beim Menschen und den großen Tieren zunächst das vom Blute aufgenommene Gift zur Wirksamkeit kommt. Dass bei den großen Tieren nun wieder ganz bestimmte Muskelgruppen in erster Linie betroffen werden, kann dann nach Bkunxer als in einer besonderen Empfindlichkeit, oder wie wir auf Grund unserer jetzigen Vorstellungen auch sagen könnten, auf einer besonderen Fähigkeit der Giftbinduug von selten gewisser Ganglienzellen im Gehirn und in der Medulla oblongata beruhend erklärt werden. Wie weit die verschiedenen Typen mit den Resultaten der ZupxiKschen Ver- suche in Verbindung gebracht werden können, müssen weitere Unter- suchungen lehren. Erwähnen will ich schließlich noch, dass man in neuerer Zeit, an- scheinend mit mehr Glück als früher, versucht hat, mikroskopische Ver- "59B V. Lingelsheim, äuderüiigeu im Zentralnervensystem bei Tetanus nachzuweisen. Maki- NESCO^^ fand bei der Untersuchuni;' des Rückenmarkes von Meer- schweinchen, die mit Tetanustoxin vergiftet waren, vermittels der NissLSchen Metliode Veränderungen sowohl an den Zellen der Vorder- wie der Hinterhörner. Auch Goldsciieidek & Flatau^^, sowie West- PHAL^^ und PECHorTRE^e berichten über eigentümliche Befunde in den Zellen der Vorderhörner sowohl bei experimentellem Tetanus wie beim Tetanus des Meuschen. Kach den erstgenannten Forschern handelt es sich dabei in der Hauptsache um Vergrößerung der NissLSchen Zell- körperchen und der Kernkörperchen. Nach Courmont, Doyon & Paviot^2 gi]2(i jedoch die bisher beschriebenen Zellveränderungen nicht charakteristisch für Tetanus. Chemisches, Konzentrierung und Konservierung des G-iftes. Was wir über das Tetanusgift abgesehen von seinen spezifisch gif- tigen Eigenschaften wissen, ist äußerst wenig. Es ist löslich in Wasser, unlöslich in Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol. Durch Alkalien uucl anorganische Säuren wird es veruiclitet, ebenso durch höhere Tem- peraturgrade und direkte Belichtung. Es dialysiert nur sehr laugsam und scheint dabei zum Teil zerstört zu werden. Nach Fermi & Pek- xossi'''^ dialysiert es überhaupt nicht. Ob das Gift zu den Eiweiß- körpern gerechnet werden muss, konnte bis dahin nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Die reinsten von Brieger & Boer^ dargestellten Gifte geben keine Eiweißreaktion. Es waren das Zinkdoppelverbiu- dungen, die durch Eintragen von Zinkchlorid in die Kulturfiltrate ge- wonnen waren. Die Zinkgiftdoppelverbindung, die dagegen Hayaski*'' im pharmakologischen Institute zu Tokio darstellte, verhielt sich wie eine Albumosedoppelver1)induug. Hayaski hält es daher für wahrschein- lich, dass auch das Tetanusgift zu der Eiweiß- und zwar zur Albu- mosengruppe gehört. Das Tetanusgift wird aus seinen Lösungen durch die meisten Mittel- salze wie Kochsalz, Natriumsulfat nur teilweise niedergeschlagen. Die charakteristischen Eiweißfällungsmittel wie Essigsäure und Ferro cyau- kalium, Salpetersäure und Quecksilljerchlorid sollen nach Brieger & Cohx " dasselbe nicht fällen. Durch Calciumphosphat, das von Eoux (t Yersin bei der Darstellung des Diphtheriegiftes mit Erfolg benutzt wurde, sowie kohlensaure Magnesia und Aluminiumhydroxyd wird das Gift nicht mit niedergerissen. Nahezu vollständig wird es dagegen gefällt durch Al- kohol und durch Sättigung mit Ammoniumsulfat. Praktische Verwen- dung hat bisher nur die letztere Methode gefunden. Einigermaßen gute Kulturen geben bei der Fällung leicht Präparate, von denen 1 Gramm einen Gift wert = 40 Millionen + ]\Is besitzt, sehr gute Kulturen auch solche von doppeltem Werte. Werden die Niederschläge wieder gelöst und nochmals gefällt, so wird der Giftwert, allerdings häufig unter starker Einbuße der gesamten Giftausbeute, noch w^eiter gesteigert. Eine gewisse Schwierigkeit macht bei der Methode nur die Be- seitigung des überschüssigen Salzes aus der Fällung. Tizzoni^'-* verfuhr dabei in folgender Weise. Das zweimal mit Ammoniumsulfat gefällte Präparat wurde in Wasser gelöst und sodann 24 Stunden in fließendem Wasser dyalisiert. Nachdem das Gift so von den Salzen und manchen anderen, bei der Fällung mitgerissenen Substanzen befreit war, erfolgte die Einengung (bei 20 — 25°) im Vacuum und dieser die völlige Trocknung Tetanus. 599 über Schwefelsäure. Aber auch schon auf reiu mechanischem Wege lässt sich das Ammouiumsulfat bis auf ganz geringe und nicht mehr sturende Mengen beseitigen, indem der Niederschlag wiederholt im Kuliertuche mit der Hand oder in der Fleischpresse kräftig ausgedrückt wird. Die Aus- breitung auf Thontellern, wie es früher vielfach üblich war, ist bei dem hygroskopischen Verhalten dieser Niederschläge nicht zu empfehlen. Bei aller Brauchbarkeit der Ammoniumsultatfällung kommt es aber doch vor, dass man für die Konservierung einer gegebenen Giftlösung ein anderes Verfahren einschlagen muss. Die Fällung zeigt nändich nicht immer, namentlich bei modifizierten Giften, alle Eigentümlichkeiten der ursprüng- lichen Giftlösung. Sollen diese unverändert dem Präparate erhalten bleiben, so ist dies nur durch Eindamijfen im Vacuum bei 20—25° bis zur Trockene möglich. Giftlösungen, die von den Trockenpräparaten für den Gebrauch an- gefertigt werden, erhalten, wie ich schon früher bemerkte, zweckmäßig einen Zusatz von 10 % Kochsalz, der auch hinreicht, um die Mikrol)en- entwicklung zurückzuhalten. Aber auch ohne Koclisalz bewahren stär- kere (10 — 20proz.) Lösungen, wenn sie mit Paraftin liquid, überschichtet und im Dunkeln aufbewahrt werden, durch Wochen ihre Wirksamkeit, wenigstens in Bezug auf den indirekten, d. h. den autitoxinneutrali- sierenden Wert. Hier muss aber ein Antisepticum , Sublimat 0,05^, oder auch Malachitgrün zugetiigt werden. Statt des Paraffin kann auch Toluol benutzt werden, wobei dann weitere antiseptische Zusätze nicht nötig sind. Unter Toluol geht aber der Giftwert schneller herunter. Schwächere Lösungen eignen sich nicht zur Aufbewahrung, sondern werden immer frisch angefertigt. Das Tetanolysin. Außer der krampferzeugendeu Substanz, dem Tetanospasmin, von dem im Vorhergehenden ausschließlich die Picde war, ist in den Tetanus- kulturen noch ein Gift enthalten, das auf die roten Blutkörperchen auf- lösend wirkt, das Tetanolysin. Dass beide Gifte verschiedene Sub- stanzen sind und es sich nicht um verschiedene Wirkungen derselben Substanz handelt, schloss Ehklicii", der das Tetanolysin zuerst fest- stellte und beschrieb, aus folgenden Thatsachen. Zunächst ist das Ver- hältnis beider Giftwirkungen in verschiedenen Kulturfällungen ein ver- schiedenes. Weiter schwächt sich die hämolytische Wirkung eines Giftes viel schneller ab als die tetanisierende und zwar sowohl spontan als bei Erhitzung. Auch die Bindungsverhältnisse beider Gifte sind verschieden, indem das eine mit roten Blutzellen in Berührung gebracht sich mit diesen verbindet, während das andere in Lösung bleibt. Schließ- lich entspricht jedem der beiden Gifte ein besonderes Antitoxin. Das Tetanolysin löst die roten Blutkörperchen des Kaninchens, der Ziege, des Hammels, des Pferdes und vieler anderer Tiere. Madsex ^^-82 konnte durch partielle Sättigung mit Antitoxin nachweisen, dass auch das Tetanolysin in analoger Weise, wie das Eiiklicii vom Diphtherie- gifte gezeigt hatte, in eine Reihe verschieden wirksamer Komponenten zerfällt, die als Prototoxin, Deuterotoxin, Tritotoxin und Toxone be- zeichnet werden. Dass dem Tetanolysin neben dem Spasmin bei der Tetanuserkrankung eine besondere Rolle zufällt, ist nicht anzunehmen. Man hat versucht die Tetanuskachexie, den Tetanus sine tetano, mit diesem Gifte in 600 V. Lingelsheim, Tetanus. Verbindung zu bringen. Aber auch tliese Vermutung ist nacli den Ver- suchen von MiYAMOTO^^^ cler dieselben Zustände auch mit tetanolysin- freien Giften erzeugen konnte, nicht mehr berechtigt. Litteratur. 1 Brieger, Dtsch. med. Wochenschr., 1887, S. 303. — 2 Ders., Berl. klin. Wochenschr., 1888, Nr. 17. — 3 Ders., ebd., 1889, Nr. 39. — 4 Brieger & Fränkel, ebd., 1890, Nr. 11 u. 12. — 5 Brieger, Ztschr. f. 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Wochenschr., 1894, Nr. 26. ■ — 58^Ders., ebd., 1895, Nr. 42. — 50 Ders., Arch. für die gesamte Physio- logie, Bd. 59. S. 105. — 60 Harnak & Hochheim, Ztschr. f. klin. Med., Bd. 3. — *i Bonome, Arch. per le scienze med., vol. 15, fasc. 1. — 02 Metschnikoff, Annales de rinstitut Pasteur, 1898, p. 81. — 03 Stintzing, Mitteilung aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. 3, H. 3. u. 4. — "4 Ders., Münch. med. Woch., 1898, Nr. 40. — «s Wladimiroff, Ztschr. f. Hyg., Bd. 15. — f« Blumenthal, Deutsche med. Woch., 1898, Nr. 12. — o" Ders., Ztschr. f. klin. Med., Bd. 30, H. 5 u. 6. — 68 Ders., ebd., Bd. 32, S. 325. — 00 Danysz, Annales de l'lnstitut Pasteur, 1899, Nr. 2. — '^^' Borrel, Bericht üb. IX. Internat. Kongress in Madrid. Hyg. Rundsch., 1898, S. 764. — -i Marie, Annales de ITnstitut Pasteur, 1897, p. 591. — ■^2 Miyamoto, Deutsche med. 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XI. Raiischbrand. Von Prof. Dr. Th. Kitt in Miiiicheii. Der Raiischbrand des Rindes (Sarcophysema haemorrliag-i- cum bovis) ist eine in den verschiedensten Weltteilen vorkommende Infektionskrankheit, welche, a irrige nen Ursprung- nehmend, namentlich Jungrinder befällt, durch subkutane und intramuskuläre Impfung künstlich auf das Rind, Schaf, Ziege und Meerschweinchen über- tragbar ist, unter natürlichen Verhältnissen aber keinen kontagiösen Charakter hat. Der Infektionserreger ist ein an aerob er Mikrophyt, Bacillus s. Clostridium sarcopliysematos bovis (Bac. Chanvoei d. franz. Autoren). Uebertraguugen des Rauschbrandes auf den Menschen oder spontane Infektion desselben mit Rauschbrand sind nicht bekannt ge- worden. Die von W. Koch hierüber gemachten Angaben beruhen w^ahr- scheinlich auf Verwechslungen mit malignem Öedem und anderen als Gasphlegmone auftretenden Wundinfektionen. Historisclies. Die Erkennung des Rausehbrandes als einer l)esonderen Krankheitsform fand zuerst Ende des 18. Jahrhunderts in Publikationen fran- zösischer Tierärzte Ausdruck, insofern Chabert (1782) bei dem Versuche, die Milzbraudformen zu sichten, das Krankheitsbild des Rausehbrandes als Char- bon symptomatique beschrieb, ferner das von Boutrolle (1797) unter dem Namen Mal de cuisse notierte Leiden damit zusammenfiel. Nachdem Mitte des vorigen Jahrhunderts alsdann durch die Entdeckung des Milzbraud- bacillus der Begriff Milzbraud schärfer zu umgrenzen war, erfolgte die Ab- trennung des Rausehbrandes von der Milzbrandbakteriämie, insbesondere auf Grund mikroskopischer und experimenteller Untersuchuugsergebuisse , welche BoLLiXGER 1875 und Feser 1876 und 1879 pubbzierten. Alsdann brachte eine Reihe von Forschungen, die weiterhin in einem preisgekrönten zusammenfassenden Werke von Arloixg, Cornevix & Thomas niedergelegt wurden (1879^ — 1887), über die Pathologie des Rauschbrandes nach allen Seiten hin (Aetiologie, Symptomenbild, Prophylaxis) reiche Kenntnis. Nächstdem hat Ehlers über die Morphologie des Infektionserregers 1884 sehr zutreffende Beschreibungen gebefert und erschienen viele statistische Mit- teilungen über die Verbreitung und Bekämpfung der Seuche (Hess, Strebel, SucHAXKA, Nürgaard), Über die Kultur des Rauschbraudbacillus (Kitasato, Kitt, v. Hibler), und diverse Einzelheiten der Pathologie und Immunitätslehre 602 Th. Kitt, (Kitt, Roltx). In jüngster Zeit haben namentlicli die Studien von E. Leclainche & H. Vallee interessante nnd wichtige Dinge über die Biologie des In- fektionserregers und die Methodik der Schutzimpfungen zu Tage gefördert. Torkoiiimen und Ausbreitimg. Entsprechend der agrigenen oder ektogenen Existenz des Infektionserregers treten die Erkrankungen an Kaiisclibrand spontan, sporadisch oder jeweils bei einer Mehr- zahl von Tieren auf und zwar vorwegs in der Zeit des Weide- gangs, selten hei Stallhaltung l)ezw. reiner Stallfütterung. Ueber- ü-agungen von Tier zu Tier direkt oder durch Zwischenträger sind Raritätsvorkommnissc (einige Fälle von Hafxek berichtet). Das Vorkommen der Krankheit ist in zahlreichen Ländern vermerkt, in den verschiedensten Zonen und Höhenlagen, es macht sich aber eine gewisse geographische Einschränkung in der Art kund, dass es weite Länderstrecken giebt, in denen die Krankheit unbekannt blieb, und anderseits Gebiete, in welchen sie stationär ist, Jahr für Jahr immer wieder auftritt, sog. Eauschbranddistrikte. In Europa findet sich der Rauschbraud am häufigsten in den Alpen- gebieten der Schweiz, Oesterreichs, Bayerns (auch in Mittelfranken), in Baden, Schleswig-Holstein, Ungarn, Schweden, ferner in Frank- reich (dort charbon symptomatique, mal de montagne, ch6tivier, noire cuisse, ferimente genannt), Italien (acetoue, forbicione), Spanien, Belgien, Hol- land (in letzterem die Namen bilwuur, butwuur, lendewuur führend) nnd auch in England. In Asien ist das Vorkommen für Japan und Britisch Indien registriert, in Afrika für die französische Nordküste (daselbst louba genannt), sowie für Transvaal. Sehr verbreitet ist der Eauschbrand in Süd- und Nordamerika (dort blackleg tituliert), worüber eine kartographische Ueber- sicht von Nürgaard (1898) gegeben wurde. Krauklieits- und Sektionsbild. Unter den Krankheitszeichen des Ranschbrandes beim Rinde, welche zunächst in einem Iiifektiousfieber mit seinen allgemeinen Begleiterscheinungen (Mastdarmtemperatur von 40—42,8°, Traurigkeit, Fressunlust, Sistierung des Wiederkauens, Trocken- heit des Flotzmaules) bestehen, ist am meisten charakteristisch die rasche Entstehung unscharf begrenzter, breitauslaufender Anschwellungen der Haut und Muskulatur, welche anfangs sehr schmerzhaft und prall er- scheinen, dann dadurch auffällig werden, dass sie beim Betasten ein deutliches Knistern bemerken lassen; die Anwesenheit von Luft unter der Haut kann so stark werden, dass bei Perkussion statt des leeren Schcnkel- tons tympanitischer Klang hijrbar wird und bei Berührung und Kneten der angeschwollenen Teile man das Gefühl hat, als ob Papier unter der Haut wäre, oder wie es beim Zerdrücken von Tauschuee sich ergiebt. Der Sitz der Anschwellungen ist sehr verschieden; am häufigsten schwellen in breitem Umfang die dicken Muskelpartieeu der Hinter- oder Vordergliedmaßen an, wobei starkes Oedem bis zur Zehe herab sich entwickelt, anderseits bilden sich die Veränderungen auch am Halse, am Kopfe oder in tief gelegenen, äußerlich nicht markierten Muskel- gruppen Becken, Zwerchfell). Die Krankheit ist immer akut, in der Regel nur von 12 — 40 stündiger Dauer und fast ausnahmlos tödlich endigend. Nur selten sind Fälle zu verzeichnen, in denen der Verlauf sich 3 — 4 Tage hinzieht und spontan oder durch therapeutisch-opera- tives Eingreifen Heilung-en erfol2:ten. Rauschbrand. 603 Nach Arloing-Corxeving-Thomas und Bremoxd sollen in Algier, nach HuTYRA (cit. bei Nörgaard) auch in Ungarn abortive, mit Genesung endigende Krankheitsfälle öfter vorkommen, was teils dem in afrikanischer Sonne an- scheinend modifizierten Infektionserreger, teils der größeren Resisteuz der dortigen Rinderrasseu zugeschrieben Avird. Die Kadaver raRSchbrandig-er Rinder sind gewöhnlich stark aufg-e- trieben. Diese Blähung des Tierleibes beschränkt sich nicht bloß auf die Bauchregion, sondern es erscheinen die im Leben an2:eschwollenen Kürperteile mehr oder weniger gedunsen, da in den erkrankten Muskeln und im Unterhautzellgewebe eine starke Gasproduktion stattfindet. Der emphysematöse Zustand macht sich beim Durchtasten der Körperober- fläche erkennbar. Beim Abziehen der Körperhaut werden die charakteristischen Ver- änderungen des Fleisches und Zellgewebes auffällig. Als sulzige, bern- steingelbe oder blutiggefärbte Masse deckt das hämorrhagisch- serös infiltrierte Unterhautzellgewebe die schwarzrot, braunschwarz und braun- rot verfärbten Muskelteile. Reichlich tropft blutigseröse Flüssig-keit von den bloßgelegten Flächen und sammelt sich in den Nischen der Haut während des Ablederns. Beim Einschneiden und Durchtasten knistern die dunklen, morsch und brandig- gewordenen Fleischteile und zeigen ein löcheriges Ansehen, beim Ueberstreichen mit der Messerkling-e ge- winnt man eine schaumige, blutigseröse Flüssigkeit*). An der Luft lagernd nehmen die dunkelbrandigen Fleischpartieen wieder helleres Rot an. Das frische Fleisch rauschbrandiger Tiere besitzt einen eigentümlichen süß- lichen (nicht widrigen, nicht tauligen) Geruch (Buttersäuregeruch). Die Ausbreitung des hämorrliagischen Emphysems der Muskulatur ist eine sehr verschiedene; es können umfangreiche Körpergebiete, z.B. von beiden Hinterschenkeln aus über den Rumpf so verändert sein, andere Male nur eine Extremität oder vereinzelt handbreite Muskelpartieeu. Neben den in verschiedener Intensität schwarzrot bis braunschwarz (nie grünlich brandig) verfärbten und mit Blut angeschoppten Fleisch- teilen findet sich kollaterale Anämie, die so stark sein kann, dass der halbe Körper eines krepierten Rindes wie der eines verbluteten Schlacht- tieres aussieht. Im übrigen bestehen noch serösblutige Traussudatiouen in den Körperhöhlen, blutige Imbibition und jeweils auch Ecchymo- sierungen der serösen Häute, Lnngenödem und Lungenhyperämie. Die Milz ist gewöhnlich gar nicht geschwellt, das Herzblut teils fest ge- ronnen, teils teerartig. Leber und Nieren sind im Zustande paren- chymatöser Degeneration und Hyperämie, manchmal besteht Schaumleber, akute Enteritis und können auch Föten im Tragsack rauschbrandige Veränderungen zur Schau tragen. Bei Schafen und Meerschweinchen, welche an Impfrauschbrand er- lagen, ist der Befund teils der gleiche wie beim Rinde, teils die hämorrhagische Stase weniger ausgeprägt, mehr das Oedem vorwaltend. Morphologie und Fundorte des Infektionserregers. Der Rausch- braudbacillus findet sich regelmäßig in großen Mengen in dem serös- bhitigen Safte des hämorrhagisch infiltrierten Fleisches und Zellgewebes und der serösen Körperliöhlen, auch in den Ge- *) Einzelne Fleischstücke können so mit Gas durchsetzt sein, dass sie auf Wasser schwimmen. Nach einer Analyse von H. Tappeixer berechnete sich in einem Falle die Zusammensetzung der aus rauschbrandigem Fleische gesammelten Luft zu C O2 13,15, H 76,51, N 10,34 Vol. Prozent. 604 Th. Kitt, lenken, ferner in der Galle der erkrankten Tiere. Er kann auch auf den Fötus trächtiger Tiere übergeben und reicblicb in der Am- nionflüssigkeit zugegen sein (Arloing, Cornevin, Thomas, eig. Beob.). In einzelnen Fällen ist bei Abgang blutigen Harnes auch dieser mit den Bazillen besetzt. Im Ausstrichpräparate giebt die Färbung mit Nicolles Karbol- thionin und die GüAMSche Methode (Moditikatiou nach v. Claudius) die klarsten Bilder. Es präsentiert sich der Eauschbrandbacillus als Stäbchen von 2 — 6 /< Länge, 0,5 — 0,8 // Breite, die meist einzeln und zu zweien als sich der Quere nach teilende Mikrophyten vorliegen; seltener sind Verbände mehrerer Individuen. Von diesen Stäbchen sind die einen geradeliuig, au den Enden abgerundet, die meisten mehr oder weniger ovalspindelig gestaltet, teilweise auch keulenförmig. Ehlers, welcher sehr gute Be- schreibung lieferte, verglich diese Clostridium form zutreffend als einer halbierten Zitrone ähnlich, die französischen Autoren wählten den Vergleich mit Schneeschuhen, andere mit der Gestalt eines Wetz- steins oder mit Hefezellen. Die Clostridiumformen sind im Zustande der Sporeubilduug, welche der Eauschbrandbacillus schon innerhalb des Tierkörpers, insbesondere im Kadaver, eingeht. Die Spore erscheint als farblose ovale Einlagerung entweder in der Mitte der ovalspindelig aufgetriebenen Zelle oder mehr am Ende derselben und hebt sich bei den genannten Färbungen scharf ab; auch freien Sporen begegnet man im Eauschbrandsafte der Muskulatur u. s. w. Die Eauschbrandbazillen werden, wie Ehlers schon gefunden hat, durch Jod gefärbt, und zwar die Stäbchen blau, die Clostridiumformen sehwarzviolett, die Sporen bleiben dabei ungefärbt; auch werden einzelne Zellen hierbei ungleich geiärbt. Diese ungleiche, tleckweise minder intensive Färbung, welche von Schattenfroh & Grasberger auf den Granulosegehalt der Bakterienzelle zurückgeführt wird, prägt sich entsprechend auch bei der GRAM-Jodbehandlung aus. Je nach der Krankheitsdauer, der Zeit, welche nach dem Tode des Tieres verstrichen ist, und der Aufl)ewahrung in warmer oder kühler Luft, begegnet man bald mehr, liald Aveuiger den vegetativen oder den germinativen Wuchsformeu. Gelegentlich triö't man im Fleische soeben verendeter Binder, selbst bei notgeschlachteten Tieren, schon sporen- haltige Eauschl)randbazillen; je länger der Kadaver lagert, desto reich- licher findet sich die Sporenbildung; andere Male, namentlich bei Meer- schweinchen, sind unmittelbar nach dem Tode fast nur sporenlose Bazillen und Clostridiumformen mit unfertigen Sporen vorhanden, worauf KiTASAr(j aufmerksam machte. Im Blute sind die Eauschbrandbazillen gewöhnlich sehr sparsam, manchmal nur durch Kulturversuch auffindbar, andere Male zahlreich genug, dass sie mit dem Mikroskop gefunden werden, aber nie in solchen Mengen, wie bei den eigentlichen Bakteriämieeu. Eauschbrandiges Fleisch von Bindern bietet in der Eegel in Eein- heit und Massenhaftigkeit die genannten typischen Wuehsformen des Eauschbrandbacillus dar, bei geimpften Meerschweinchen trübt sich wenige Stunden nach dem Tode oft das Bild durch die Beimengung von Coli- und Kadaverbazillen; auch bei länger gelegenen Kadavern des Eindes kommen natürlich durch die postmortale Ueberwanderung von Bakterien, deren es sehr rauschbrandähnliche giebt, Bakterien- gemische zu Schau. Eauschbrand. 605 Dem Anscheine nach kommen auch häiifig Mischinfektionen vor, doch ist es wegen der Möglichkeit kadaveröser Beimengungen schwer zu entscheiden, ob die begleitenden Bakterien schon intra vitam mit- gewirkt haben. lieber die Beweglichkeit der Kauschbrandbazillen ist durch Löff- LER, ToKisHiGE Und W. Ernst der Nachweis von Geißeln erbracht worden, die seitenständig zahlreich vorhanden sind, lange spiralige Zöpfe bilden und leicht abreißen. Die älteren Autoren (Feser, Arloing, CoRNEViN, Thomas) schildern die Rauschbrandbazillen als lebhaft beweg- liche Stäbchen; im hängenden Tropfen ist die Bewegung indes manchmal so gering, dass man sie vom Molekularzittern nicht unterscheiden kann; das Alter der Bakterieuzelle und das Medium in welchem sie betrachtet wird, beeinflussen offenbar die Bewegungsfähigkeit und sind die Geißeln nur an ganz jungen Kulturen darstellbar. Kultur. Der Rauchbrandbacillus geliört zu den anaeroben Mikro- ])hyten, insofern er nie auf der Oberfläche eines Nährbodens Kolonieen bildet, sondern nur in den tieferen, vor Luftzutritt geschützten Schichten. Zur Gewinnung von Kulturen ist die von Hesse & Liborius gelehrte Höhenschichtmetliode*] oder die Verwendung 20 — 30 cm langer, 3 — 5 mm enger Glasröhren (unten zugeschmolzen, oben mit Wattepfropf verschlossen, in welche mit einem sehr feinen Trichter das geimpfte ver- flüssigte und geschüttelte Näliragar oder die Nährgelatine umgegossen wird), dienlich**). Die Litteraturangabeu über das Wachstum der RauschbrandbaziUen lauten etwas verschieden; es macht deu Eindruck, dass einzelnen Autoren Verwech- selungen unterlaufen sind, insofern sie ihre Kulturen nicht direkt vom Rinde, sondern von geimpften Meerschweinchen anlegten oder das Material nicht von einem typischen Raiisclibrandfalle stammte, sondern von einer der zahlreichen ranschl>randähulichen Erkrankungen. Auch maclit gelegentlich durch Tausch ein Kulturmaterial in den bakteriologischen Instituten die Runde, dessen Her- kunft nicht mehr bestimmbar ist und dessen ursprünglicher Charakter bei Umzüchtungen, die manchmal einem Diener oder Zögbng überlassen werden^ verloren ging. Arloing, Cornevin & Thomas züchteten erstlings in Bouillon, und haben sicher mit echtem Ranschbrandmaterial gearbeitet, Ehlers ver- *) Jeweils unterstützt dnrch Büchners Pyrogallolmethod e. **) Man erreicht eine weitgehende Trennung der Keime, wenn man4 — lOAgar- und Gelatine-Reagenzgläser nimmt und jedesmal vom ersten bis zum letzten Glase in den verflüssigten Nährboden unter Verdünnung impft, also ins erste Glas ein paar Tropfen Fleischsaft oder Herzblut giebt, schüttelt, dann 3 Platinösen aus dem ersten in den zweiten Nährboden überträgt, schüttelt, und mit frisch geglühter Nadel wieder 3 Oesen aus dem zweiten ins dritte Glas überimpft und so fort. Im ersten Glase kommen die Kolonieen dicht, in jedem folgenden Glase ver- einzelter, und oft werden in dem vierten bis sechsten Glase nur 3, 2 weit voneinander stehende Kolonieen oder gar nur eine einzige Kolonie ersichtlich . so dass man mit einer Platinnadel, deren Ende schaufeiförmig und rechtwinkelig gebogen, leicht die isolierte Kolonie herausan^jeln kann. Hatte man reines Aussaatmaterial, wie es manchmal von natürlichen Krankheitsfällen des Rindes zu erlangen ist, so sind ohnehin sämtliche Kolonieen von vorneweg nur solche des Rauschbrandbacillus. Bei solche Isolierung beginnt die Gasbildung oft erst nach mehreren Tagen und erschwert daher nicht das Ausfischen. War das Aussaatmaterial nicht ganz rein , wie es insbesondere bei Meer- schweinchen der Fall zu sein pflegt, die mit getrocknetem Fleischsaft geimpft wurden oder die schon ein paar Stunden tot sind, so hält es sehr schwer, Rein- kulturen zu bekommen; es ist dann die Erhitzungsme thode Kitasatos am Platze. 606 Th. Kitt, wendete geronnenes Blut als Nährboden und konnte bei der damaligen primi- tiven Technik schwerlieh Reinkulturen erlangen. KiTx\sato, welcher die ersten exakten Züehtungsversuche auf festen Nährboden ausführte, erwähnt, dass seine Kulturen penetrant säuerlichen Geruch hatten, was nicht jedesmal zutrifft und vielleicht der Beimengung eines Kadaverbacillus zuzuschreiben war. W. Koch behauptet Rauschbrandbazillen auf Kartofleln ohne Schwierigkeit gezüchtet zu haben, eine Angabe, die vermuten lässt, dass es sich nicht um Rauschbrand handelte. Ob Votteler, welcher auf der Oberfläche von Schrägagar bei Pyrogallolanwendung Kulturen erzielte, wirkliche Rauschl)randbazillen zu seinen Versuchen zur Verfügung hatte, ist ebenfalls fraglich. Roux, v. Hibler, Leclainche & Vallee sind jedenfalls im Besitze von Reinkulturen gewesen, Avie auch die in Fränkel- Pfeiffers Atlas der pathogenen Bakterien ge- gebenen Photographieeu über die Rauschbrandbazillen zutreftend erseheinen. Die Anschauungen des Referenten stützen sich auf Rauschbranduntersuchungeu, welche derselbe viele Jahre hindurch in den bayerischen Alpen und an einem von typisch rauschbrandigen Rindern stammenden Material, sowie Vergleichs- objekten von malignem Oedem und Pseudorauschbrandfällen vorzunehmen oftmals Gelegenheit hatte. Das Aussehen und Wachstum der Rausclibrandbazillcn in den üblichen Nährböden ist, wie schon v. Hiblkr darlegte, je nach kleinen Verscliie- denlieiten in der Zusaimneusetzung (z. B. Zuckerzusatz, Alkalinität, Festigkeit) und nach der Temperatur, bei welcher die Züchtung- erfolgt, etwas variabel, andererseits von einer ganzen Eeilie heterogener Anae- roben (der Oedenibazillen, Gasphlegmonebazillen, Kadaverbazillen) so wenig unterschiedlich, dass es schwer hält, bestimmte Waclistumscharak- tere zur Differenzierung aufzustellen; auch scheint es, dass die einzelnen Stämme des Rauschbrandes unter sich in Bezug auf Schnelligkeit des Wachstums und Form der Kolonieen sich nicht konform verhalten und ist der Gegenstand, namentlich die Frage der Standortsvarietäten, erneuter Forschungen bedürftig. In der Kegel ist in liochgeschichtetem Agar bei Brutofenwärme und wenn die Aussaat reichlich gemacht wurde (ein paar Platinösen voll Fleischsaft, ein Fleischstückchen von Hirsekorngröße) das Wachstum so rapid, dass die Einzelkolonieen nicht erkennbar werden, sondern über Nacht infolge starker Gasbildung der Nälu'boden in Stücke zerspellt, hochgeschoben und allenfalls der Wattepfropf herausgetrieben wird. Bei genügender Verteilung, bezw. Verdünnung der Aussaat erblickt man zarte, grauliche Kolonieen von drüsiger fein punktierter BeschaÜ'enheit, die nach 12—36 Stunden die GröHe von V2 — ^ i^^u^ haben und dann entweder durch Gasbildung sich auflösen, bezw. versclioben werden oder die jeweils ohne Gasbildung melirere Tage verharren, ohne wesentlich an Größe zuzunehmen. Manchmal erreichen sie etwas kompaktere, un- durchsichtige Beschaffenheit und die Größe eines Hanfkorns. Die Ober- fläche des Nährbodens und eine etwa fingerbreite Zone darunter bleibt frei. Umzüchtungen in Agar schlagen häufig fehl. In Gelatine bilden sich bei 20 — 25" grauweißliche verflüssigende Kugelkolonieen, die mit einem Froschei vergleichbar sind, insofern sie ein dichtes trübes Centrum und eine hellere Außenzone haben. Die Verflüssigung schreitet in der Art fort, dass knospenförmige Ausläufer von den zuerst rundlichen Kolonieen ausgehen und mit mehr oder weniger starker Gasbildung allmählich der Inhalt des Glases bis auf eine fest bleibende obere Zone von 1 — Vj^ cm Stärke zusammenfließt und eine weißliche zart wolkige sparsame Kulturmasse zu Boden sinkt. Eausehbrand. 607 Manchmal (bei Pyrogallolverfahreu) verflüssigt von unten her die ganze Gelatine (niemals findet Oherfläclienwachstum statt), so dass alsdann längere Zeit hindurch erneut Gasblasen aufsteigen und oben sich zu Schaum sammeln. Welche Zusammensetzung der Nährgelatiue und des Nähragars die günstigste ist, bedarf noch der Feststellung; ich habe bei Zusatz von Serum das reichlichste Wachstum gesehen, auch neu- trales Hirnagar gut befunden, während die gewöhnlichen Nährböden häutig bei Aussaat selbst ganzer Fleischstückchen steril blieben oder nur in den ersten Generationen ein Wachstum zuließen. In neutraler Nährbouillon wächst der Rauschbrandbacillns in 12 — 48 Stunden unter Trübung sogleich mit Gasentwicklung, die Trübung macht in wenigen Tagen einer Klärung Platz, wobei es zu mehr oder minder starkem wolkigem Bodensatz kommt. Das Gas, welches fort- Avährend in Bläschen aufsteigt, ist geruchlos*). Am üppigsten erfolgt das Wachstum, wenn frisches Blut oder Bluts er um (natürlich steril) der Bouillon zugesetzt ist; hier schäumt dann die Flüssigkeit wie Champagner oder Bier. Wenn zu 10 ccm Bouillon 1 — 5 ccm Blut zu- gegeben" wurden (frisch vom Aderlass weg), so dass in dem zur Kontrolle der Reinheit zunächst im Brutofen einige Tage stehengelassenen Glase ein kleiner Blutkuchen sich bildet, so wachsen die Eauschbrandbazillen auch bei Luftzutritt; das Blutgerinnsel wird dann so von Gas durch- setzt, dass es als blasige Kugel zuletzt oben schwimmt. Aehnlich gut erfolgt die Vegetation, wenn man in das Bouillon- reagenzglas ein steril ausgeschnittenes rohes Fleischstückchen legt (z. B. vom Brustmuskel einer Taube), welches ein natürliches luftarmes Substrat repräsentiert, das ganz von den Bacillen durchwachsen wird; V. HiiJLEK (1899) züchtete den Ptauschbrandbacillus auch in Gehirn - brei (natursauer) und konstatierte dabei, dass die Ptauschbrandbazillen und einige Buttersäurebazillen keine Reaktiousänderung bedingen, wäh- rend Oeciembazillenstämme diesen Nährboden alkalisieren und durch SH2- Bildung intensiv schwärzen (bei 37° in 2 — 1 Tagen). Gelegentlich gelingt es, auch in gewöhnlicher oder mit Pepton u. s. av. versetzter Bouillon Massenkulturen zu erlangen, wenn man die Bouillon zu V'i ^lud 1 1 in Roll fla sehen füllt und mit größeren Agarkultur- brocken oder 1 — 3 ccm Bouillonkulturen impft. W. ScHOLTZ erklärt diese Möglichkeit damit, dass hierbei die Ent- wicklung in dem Klumpen des in Masse eingebrachten Bakterienhaufens beginnt und die Anaeroben durch ihre eigene Lebensthätigkeit, durch die Erzeugung reduzierender Stoffe und die Gasproduktiou sich in der nächsten Umgebung ihrer ersten Position ein sauerstofffreies Medium schaffen und, indem sich dieses fortsetzt, sie schließlich in der ganzen (2^ Traubenzucker haltenden) Bouillon gedeihen. Auch in reinem Blute gedeiht der Rauschbrandbacillus gut und bildet hier namentlich reichlich Sporen; Leclainciie & Vallee bevor- zugten dieses Medium und die MARrmsche Bouillon**) zur Erlangung virulenter, bezw. stark toxischer Kulturen, da in den gewöhn- lichen Nährböden die Virulenz der Rauschbranderreger sehr rasch sich verliert. *) Stinkendes Gas macht stets anf Yerunreinigung durch Kadaverbakterien aufmerksam. **) Deren Herstellung s. Annales de Tinstitut Pasteur. 1898, Bd. 12, S. 26 u. 32; ferner L. H. Thoinot & E. J, Masselix, IV. Edit, Paris 1902 (Massox & Cie). 608 Th. Kitt, lu den Kulturen präsentieren sich die Mikrophyten des Rausch- brandes teils in Stäbchenform, teils in Clostridiumformen, wobei eine Aufreihun«? , bezw. ein Auswachsen zu gegliederten Fäden, Sporenbilduug und diverse Involutionsgestalten zu beobachten sind. Die wenigstündigen, \-2 — 1 Tag jungen Kulturen führen gewöhn- lich nur Stäbchen, dann mehrt sich das Auftreten von Clostridiumformen ; in Blntbouillou und Scrumgelatinekulturen sind gelegentlich am 2. bis 3. Tage ausschließlich die letzteren als schön ovale, schneeschuhförmige Zellen zugegen und bereits die Sporenentwickluug im Gange. Faden- bildung triti't man besonders in Agarkulturen, verquollen aussehende, ungewöhnlich große, hefezellenähnliche Gebilde namentlich in Gelatine und Serumgelatine * ) . Nach ScHATTENFROH & Grasbeiic4ek soU der RauschbrandbaciUus zwei Entwicklnngsformeu eingehen, erstens einen sporenfreien, bei welchem die Stäbchen unbeweglich und ohne Geißeln sind, keine löslichen Gift- stoffe biklen, nur Gasphlegmone hervorrufen und granulosefrei sind, auch Milchsäure nicht angreifen, zweitens einen sporenbildenden, granuloseführenden, in welchem die Stäbchen beweglich sind, Milch- säure in tlüssige Säuren überführen und Gifte bilden. Als Hanptnnterschied gegenüber Kadaverbazillen und Oedembazillen geben ScHATTEXFROH & Grasberger an, dass diese aus Dextrose Aetylalkohol bilden, der liauschbrandbacillns aber niclit und dass letzterem die Fähigkeit fehlt, gewonnene Eiweißkörper wieder in Lösung zu bringen; nach AcHALME indes erfolgt diese Auflösung z. B. an gekochtem Hühner- eiweiß infolge der Trypsinsekretion, wenn keine Kohlenhydrate in der Flüssigkeit vorhanden, sind letztere zugegen und wird die Flüssigkeit sauer, so bleibt das Eiweiß fest. Fl! G(;e, Schattexfroh & Grasberger reihten den Eauschbranderreger den Buttersäurebazillen ein, Achalme in die Gruppe der Buttersäure- Trypsinbakterien. Infelitionsinodus uud empfängliche Tierspecies. Der Rausch- brand befällt unter natürlichen Verhältnissen nur das Rind und ist künstlich bei dieser Tiergattung durch subkutane und intramusku- läre V erimpf ung des Infektionserregers zu bewerkstelligen. Frisches Virus in seinem Hauptvehikel, dem Rausch b randfleisch saft appliziert, kann in der Dosis von wenigen Tropfen genügen, ein Rind typisch und tödlich zu infizieren, von getrocknetem solchem Material, welches wegen des Gehaltes an resistenten Sporen viele Jahre laug seine An- steckungsfähigkeit bewahrt , reicht manchmal eine Dosis von wenigen Centigrammen aus * * ) . *) Abbildungen und Einzelheiten s. Kitt. Monatshefte f. prakt. Tierheilk., 1901, 13. Bd. ** Zur Konservierung von Impfmaterial für Laboratoriumszwecke lässt man den ausgepressten Fleischsaft auf flachen Tellern- oder Glasgefißen (die mit Spiritus überbrannt oder sonstwie sterilisiert sind) in dünner Schicht rasch trocknen, was am einfachsten im Brutofen bei 35 — 40" geschieht. Oder man schneidet die brandigen Fleischstücke zu 5 — 10cm langen und ein paar Centimetern breiten Streiten und trocknet sie ebenso oder an Draht auf- gehängt vor der Durchsicht eines geheizten Zimmerofeus. In einer gewöhnlichen Kaffeemühle lassen sich die trockenen Fleischbrocken genügend zerkleinern oder fertigt man durch Verreiben mit sterilem Wasser eine Emulsion, welche nach Filtrieren durch ein frisch geglühtes feines Drahtsieb oder ausgekochtes Leinwandstück eine passende Impfflüssigkeit abgiebt. Rauschbrand. 609 Die tödliche Impfvvirkung- ist abhäng-ic; von der Virulenz qua lität der Mikrophyteu, von der Äpplikationsstelle und von der indivi- duellen Resistenz des Tieres. Dasselbe Virus, welches in kleiner Dosis bei intramuskulärer Impfung- ein Tier todkrank macht, kann in doppelt und dreifach größerer Portion bei subkutaner Impfung allen- falls ertragen werden. In Rauschbranddistrikten bleiben gewöhnlich Kälber bis zum 5. Le- bensmouat vom Rauschbrande verschont, und vertragen solche junge Tiere auch die Impfung eines Quantums, welches ältere Rinder zu töten imstande ist: Arloixg, Cürnevin & ThOiAias impften 17 Kälber (verschiedener Rasse), welche im Alter von 6 Tagen bis 3 Monaten standen, 1 — 6 Tropfen frisches, äußerst wirksames Virus in die Musku- latur ohne Krankheitserfolg, während durch dieselbe Dosis ältere Tiere, die ein zehnmal größeres Gewicht haben, in der Proportion von 90^^ getötet werden. Den Grund dieser Resistenz so junger Kälber glauben die genannten Autoren vornehmlich in der Konstitution, welche durch die animalische, bezw. Milclmahrung geschaffen wird, suchen zu müssen, weil sich die Resistenz in dem Maße mindert, je mehr mit dem Aelter- werden die Kälber zur Pflanzennahrung übergehen. Gelegentlich treten Rauschbranderkrankungen indes auch bei wenig Wochen alten Kälbern auf, und können 1 — 14 Tage alte bei Impfung von 7— 10 Tropfen, 2 bis 12 Wochen alte durch 10 — 20 Tropfen Virus dem Rauschbrande erliegen (AULOING, CORNEVIN, TlIOMAS). Kontrollimpfuugen und praktische Beobachtungen haljen gezeigt, dass Kälber, an welchen eine so zeitige Impfung spurlos vorüberging, hier- durch keine Immunität gegen spätere Rauschbrandinfektion erlangen. Am meisten empfänglich sind die Rinder im Alter von 1—3 Jahren. In Rauschbranddistrikten erkranken die hier aufgewachsenen über 4 Jahre alten Tiere selten. Man vermutet, dass bei der Häufigkeit der Weideiufektion die älteren Tiere schon abortiv durchseucht haben und deshalb widerstands- fähiger seien ; denn aus rauschbrandtVeien Gegenden eingebrachte alte Rinder sind ebenso empfänglich wie Jangrinder und kann mau durch Impfung auch die ältesten Tiere typisch rauschbrandiirauk machen. Die Inkubationsdauer der Impfkrankheit beträgt bei starkem Virus und großer Dosis oft nur 12 — 24 Stunden, sonst bis zu fünf Tagen. Schafe und Ziegen sind gleichermaßen wie das Rind durch Impfung mit Rauschbrand zu töten, namentlich die Schafe sehr zuverlässige Ver- suchstiere (Feser, Bollinger, Arloing, Cornevix, Thomas, eig. Vers.). Spontane Erkrankungen unter diesen, häufig auf Rauschbrandalpen ge- haltenen Tieren sind indes fjist unbekannt. Weiters sind Meerschweinchen, wie schon Ehlers notierte, für Rauschbrandimpfung sehr empfänglich, bei subkutaner und intra- muskulärer Applikation von wenigen Tropfen Fleischsaft schon in 12 bis 36 Stunden erliegend. Die jimgen Meerschweinchen sind resistenter als die alten, großen und 300— 650 g schweren Tiere (Leclainche- Vallee). Das Kaninchen ist, wie bereits Feser und weiterhin alle Rausch- brandforscher konstatierten, der Infektion wenig zugänglich, so dass es zur Differential diagn ose und Kontrolle, ob eine Kultur u. s. w. Oedemba Zilien oder blos Rauschbrandbazillen enthalte, dienlich er- scheint, denn die Kaninchen pflegen prompt einer Impfung mit Oedem- bazillen zu erliegen, während sie sogar intramuskuläre Impfung von Handlnicli der patliogenen Mikroorganismen. H. 39 610 Th. Kitt, 1/2—2 com Fleisclisaft oder sehr toxischer K^^lturen von Ransehbraud iu der Eegel gesund lässt. Leider hat mau aber mit den Ausnahmen zu rechnen, dass es einerseits Oedembazillenstämme giebt, welche Kaninchen nicht sicher töten (Hibler), andererseits einzelne Individuen dieser Nagersorte durch stark wirksames Eauschbrandmaterial, z.B. sehr toxische Kulturen, getötet werden (ISIocaed, Leclainche-Vallee, eigne Beob.). Nach Leclainche-Vallee ist aber die Verimpfung der serösen Ge- websflüssigkeit eines an Eauschbrand erlegenen Kaninchens auf wei- tere Kaninchen effektlos, während Meerschweinchen davon Rausch- brand erlangen (Unterschied gegen malignes Oedem), und soll ferner eine Rauschbrandkultur, welche in der Dosis von 3 ccm subkutan Kaninchen tötet, bei intraperitonealer Einverleibung für diese Tiere wirkungslos sein. Die Verimpfung von Fleischsaft auf Mäuse giebt ungleiche Resul- tate; je nach Dosis und Bazillenstaud ist sie teils todbringend, teils ohne Effekt. Pferd, Esel und weiße Ratten bekommen bei intramuskulärer Impfung nur örtliche, in einigen Tagen wieder verschwindende An- schwellungen, Schweine, Hunde, Katzen, Kaninchen, graue Ratten, Enten, Hühner und Tauben verhalten sich nahezu immun; diese bei einer großen Anzahl von Versuchen der französischen Autoren zu Tage getretene Regel hat aber auch ihre Ausnahmen. Akloing, CoKNEViN c^ Thomas z. B. haben ein Erkrankungsvorkommnis bei einem auf Weide befindlichen Füllen beobachtet, Marek beim Schweine die Seuche gesehen und Referent mehrmals Tauben durch Impfung rauschbrandig gemacht. Arloixg, Cürxevin & Thomas impften auf Frösche uud fauden dabei, dass die Rauschbrandbazillen sich in deren Körper vermehren und die Tiere in 15^ — 30 Stunden sterben, wenn sie in 22" warmem Wasser gehalten werden, dass aber bei in kühler Temperatur gehaltenen Fröschen das Virus keine Er- krankung bedingt, nur einige Tage im Körper verbreitet bleibt und dann untergeht. Das Fleisch uotgeschlachteter , sogar krepierter rausclibrandiger Tiere ist überaus häufig von Personen verspeist worden und der Umgang mit Kadaver- abfällen, bei der Schlachtung u. s. w. gewöhnlich ein sorgloser; gleichwohl sind Nachteile für den Menschen nicht zu Tage getreten. Das Zustandekommen der tödlichen Rauschbrandiufektion ist davon abhängig, dass der Infektionserreger in die Saft spalten des lockeren Zellgewebes gerät. Wie sehr die Beschaffenheit des Bindegewebes, die Lokalität des Atriums und auch die lokale Temperatur für die In- fektion in Betracht kommen, ist durch mannigfaltige Experimente von Arloing, Corxevix & Thomas beleuchtet worden. Je weiter vom Rumpfe entfernt, z. B. am Ohr oder Schweife, eine Impfung vollzogen wird, desto geringer fällt die örtliche Reaktion aus und desto weniger ist auf todbringenden Impfefifekt zu rechnen. Eine Impfung am distalen Schw^anzende, ganz au der Schweifquaste, bis zu 10 cm über derselben (beim Rinde mit wirksamem Muskelsaft (20 Tropfen , rief nur mäßige Anschwellung und jeweils nur vorübergehende lieberhafte Reaktion hervor. Wurde aber die Impfung 20 cm höher , also näher der Schweifwurzel gemacht, so traten heftige, lokale und allgemeine Störungen, sowie auch entfernt von der Applikationsstelle rauschbrandige Anschwellungen auf. Durch Umhülluno- des Schwanzes mit schlechten Wärmeleitern, welche Rauschbrand. 611 eine lokale Erwärmung- herbeiführt . wird die Impfung am SchAveifeude ebenfalls zu malignerem Verlauf gebracht. Umgekehrt konnte beim Schafe, dessen Schweifende lockeres weitmaschiges Bindegewebe fuhrt und das bei daselbst vorgenommener Impfung regelmäßig typisch todkrank wird, durch Umhüllung des Schwanzes mit einem Eisbeutel und dadurcli bewirkte Abkühlung die örtliche Eeaktion hiutangehalten werden. Tiere, welche die Schweif Impfung überstanden haben, sind für die Folge immunisiert. Nach Ansicht der genannten Autoren lässt sich vermuten, dass unter den erwähnten Verhältnissen die Infektionserreger lokal nur langsam sich vermehren und sehr spärlich in die Säftemasse des Körpers übertreten, so spärlich, dass, wie bei Impfung mit minimalen Dosen, nur eine abortive febrile Erkrankung mit Immunisierungsreaktion eintritt. Das Zirkulieren des Infektionserregers im Blute ist daran ersichtlich, dass bei den am Schwänze Geimpften, wenn ihnen an einer anderen Körperstelle eine Verletzung, z. B. Kontusion, beigebracht wird, daselbst eine Eauschbrandgeschwulst entsteht, weil den Bazillen durch solche Verletzung der Weg aus der Blutbahn freigemacht und die \'ermehrung im Zellgewebe ermöglicht wird. Ebendasselbe trifft bei intravenöser und intratrachealer Impfung zu; die französischen Forscher sahen, dass man 1 — 6 ccm Muskelsaftvirus, also eine erhebliche Dosis, Rindern direkt in die Vene oder in die Luftröhre spritzen kann, ohne dass die Tiere tödlich erkranken. Erst größere Portionen Virus, oder wenn bei der Injektion etwas daneben ins Zellgewebe geriet oder durch eine Quetscliung u. s. w. der Austritt ins Zellgewebe sich eröffnet, geben eine Rauschbrandinfektion. Bei richtiger Ausführung der Injektion, wonach der Infektionserreger von der Vene aus oder von den Kapillaren der Lunge her rasch im Kaualwerk der Blutgefäße über den ganzen Körper hin verstreut wird, findet derselbe keine günstigen Vermehrungsbeding- ungeu, giebt aber dem Körper Immunität. Die "einfach kutane Impfung mit Lanzette, das Aufbringen des Virus auf eine oberflächliche Hautverletzung führt in der Regel zu keiner Erkrankung, jedoch gelang es den französischen erstgenannten Autoren bei Meerschweinchen und beim Schafe manchmal auf diese Art eine Infektion zu bewerkstelligen. Der Versuch, auf dem Wege der Fütterung Tiere rauschbrandkrank zu machen, ist nur in sehr wenig Fällen geglückt. Man kann Rindern und Schafen große Quantitäten (quartweise) virulenten Muskelsaft oder Fleischbrei eingießen, eine Hand- voll getrocknetes Fleischpulver verzehren lassen, ohne eine Erkrankung zu erzielen; auch Meerschweinchen bleiben gesund, wenn man sie mit rauschbrandigen Fleischstückchen stopft, ebenso Mäuse, die solches frisches Fleisch gerne verspeisen f^ein einziges Mal ist mir bei solchem Versuche eine Maus erlegen, welche alsdann bedeutenden Milztumor und Enteritis, und in dem Milzsafte eine förmliche Reinkultur von Rausch- brandbazillen vorwies). In der Litteratur finden sich nur zwei Fälle mit positivem Ergebnis des Fütterungsversuches registriert*), der eine von BoLTJNGER, der zweite in dem Werke von Arloing, Cornevin & Thomas (1887). Wenngleich somit nur bei subkutaner und intramuskulärer Impfung und relativ großen Portionen Virus sich mit ziemlicher Sicherheit künst- *j Die Versuche Fesers betreff Verfiitterung von Erde und Sumpfschlamm an Schafe sind für diese Frage nicht zu beurteilen, weil damals die Unterscheidung zwischen anderen Infektionen und Rauschhrand schwierig war. 39* 612 Th. Kitt, lieh Tiere rauselibvandkrank machen lassen, und mau jedenfalls folgern darf, dass unter natürlichen Verhältnissen der Eauschhrand als Wund- infektion zustaudekommt, so ist nicht ausgeschlossen, dass der natürliche Infektiousmodus auch die Fütterungsinfektion sei. Die wenigen positiven Versuchsresultate beweisen die Möglichkeit, und da es gelegentlich gelingt, von oberflächlichen Hautwunden aus eine Impf- krankheit zu schaffen, so müssen es nicht immer gröl:lere Verletzungen sein, welche das Atrium abgeben. Wir haben Gründe anzunehmen, dass der Rauschbrandbacillus ein in der Erde verschiedener Gegenden vorkommender Saprophyt ist und dass er in verschiedener Viru- lenzqualität existiert. Die Häufigkeit der Erkrankungen beim Weide- gang der Jungrinder muss wohl, wie allgemein von den Autoren gefolgert wurde, damit zusammenhängen, dass die Jungrinder häufig Verletzungen tragen, die mit Erde beschmutzt werden, z. B. in den Alpen beim Klettern über Gestein Wunden an den Füßen (die Tiere waten in morastiger Erde), oder beim Zahnwechsel in der Maulhöhle, und dass bei Weidefütterung auch Erdpartikel in die Verdauungswege gelangen (Ausreißen von GrasbUscheln, Trinken aus Sümpfen). Toxizität. Die Virulenz der Eauschbrandkeime ist in der ge- wöhnlichen Bouillongelatine und Agarkulturen stets geringer als im Fleischsaft. Nach wenigen Umzüchtungen pflegen einfache Bouillonkulturen gewöhnlich so schwach wirksam zu sein, dass eine Dosis von 1 ccm zur Tötung von Meerschweinchen nötig ist, 1 — 5 ccm Schafe und Rinder am Leben lassen; solche Kulturen geben indes Immunität (KiTASATo, eig. Vers.). Blutkulturen sind viel giftiger, so dass 1 ccm zur Tötung von Schafen genügen kann. Leclainche & Vallee fanden, dass bei Züchtung in MARTixscher Bouillon die Viru- lenz einen sehr hohen Grad erreicht; von derartigen Kulturen genügen 2 — 4 Tropfen um Meerschweinchen bei intramuskulärer und subkutaner Impfung in 18 — 24 Stunden zu töten, bei intraperitonealer Einverleibung in 12 Stunden, bei intracerebraler in wenigen Stunden. Nach Leclainche- Vallee bildet der Eauschbrandbacillus ein lösliches Gift, das im keimfreien Eilt rate nachweisbar ist. Während gewöhnliche Bouillonkultur filtratc Meerschweinchen nicht einmal in der Dosis von 20 ccm töten, bewirken Filtrate der MARTix-Bouillonkultur schon bei 5 ccm intraperitonealer Impfung tödliche Intoxikation. Die Kulturen erlangen Toxizität schon nach 48 stündigem Wachstum und besteht die höchste Giftigkeit bei etwa 14tägiger Kultur; später nimmt die Giftigkeit wieder ab. Eine solche (dekantierte) Kultur- flüssigkeit tötet bei intravenöser Injektion Kaninchen in wenigen Minuten und sogar Pferde konnten auf diese Art in 5 Minuten (Dosis 10 — ^12 ccm einer 5 — 8 tägigen Kultur) toxisch getötet werden. Die filtrierten Kulturflüssigkeiten sind etwas weniger giftig als die keimhaltigen, weil die Filter einen großen Teil des Giftes zurückhalten; weiters alteriert die Filtration die toxischen Eigenschaften junger Kul- turen, weil die Leiber der zurückbleibenden vegetativen Zellen noch Gift adhärent haben, und erst nach der Sporenbildnng dieses sich gelöst im Filtrate reichlicher findet. Immerhin gewannen Leclaixche & Vallee Filtrate, welche in der Dosis von nur 3 ccm Kaninchen (intravenös) in 5 Minuten töteten, Meerschweinchen in 7 — 12 Stunden vergifteten. Die an schneller Vergiftung sterbenden Tiere zeigen Körperzitteru, beschleu- nigte Eespiration, Konvulsionen, stürzen tot nieder oder verenden in Rauschbrand. 613 komatösem Zustande. Meerscliweincheu, welche sehwache Dosen oder minder toxische Filtrate l)ekamen, zeig-en Somnolenz, Sträuben der Haare, Diarrhöe, vorübergehende Hyperthermie (2 — 3°) und gehen in einem Zustande extremer Abmagerung und bedeutenden Gewichtsverlustes nach 7 — 9 Tagen zu Grunde (von 31 so behandelten Meerschweinchen blieben nur 2 bis zum 14. und 23. Tag am Leben). Meerschweinchen, welche durch Immunserum gegen die Rausch- brandbazillen geschützt sind, erscheinen gegen das Toxin nicht unempfindlich, sondern erliegen nach 15 — 30 Tagen einer solchen Vergiftung. Das Toxin wird durch Luftzutritt alteriert, eine mit Luft durch- blasene Kultur verlor in 48 Stunden ihre Toxizität. Dagegen ist das Toxin sehr hitzebeständig; wie E. Roux gezeigt hat, bleibt es bei 115° Erhöhung- noch wirksam, was Leclainciie & Vallee bestätigten. Zweistündige Erhitzung auf 70— 75" modifiziert nur die chemo- taktischen Eigenschaften und zwar so, dass die negative Che- motaxie sich in positive verwandelt (was für die Erklärung des Schutzimpfungsvorgangs sehr wichtig; s. später). Die rapide Intoxi- kation scheint durch rasche Uindung des Giftes am Zentralnervensystem bedingt; dafür sprechen die bei intracerebraler Impfung ersichtlichen Symptome. Wenn z. B. Kaninchen und Meerschweinchen an vorderen l'artieen des Gehirns geimpft werden, tritt fast immer Polyurie und Glykosurie ein. Besistenz des Rauschbraudvirus. Die von den Eauschbrand- bazillen gehildeten Sporen sind äußerst widerstandsfähige, lang- lebige Keime. Sporenhaltige Fleischstücke und Fleischsaft konservieren in getrocknetem Zustande viele Jahre hindurch (10 Jahre, di Mattei, eig. Vers.) die Sporen in voller Virulenz und Keimfähigkeit. Auch der Fäulnis widersteht solches Sporenmaterial monatelang (Nocaed & Leclainciie, 6 Monate nach Aeloing, Cor- NEViN, Thomas). Dies Verhalten berechtigt zur Vermutung, dass durch Abfälle rauschbraudiger Tiere (Galle bezw. Darmexkremente, vergrabenes oder auf den Düngerhaufen gebrachtes Fleisch) eine Im- prägnierung des Bodens mit dem Ansteckungsstoff auf Jahre hinaus statthnden kann. Schon Arloing, Corxevin & Thomas, welche dies Tenazitäts Ver- hältnis ergründeten, weiters di Mattei, Leclainche & Vallee haben in einer großen Reihe von Versuchen den Einfluss verschiedener Tem- peraturen und chemischer Agentien auf das IJauschbrandvirus studiert. Es ergab sich, dass das getrocknete Virus im allgemeinen resis- tenter ist als das frische feuchte Material. Resistenz gegen Erhitzung. Frisches Virus, in kochendes Wasser getaucht (in Glasröhren eingeschmolzen], wurde nach 2 — 30 Minuten unwirksam, getrocknetes Virus bedurfte einer mindestens zweistündigen Berührung mit kochendem Wasser, bis Vernichtung ein- trat. Sporenfreies Material (frischer Saft aus serösen Höhlen) wird bei 1/2 stündiger Erhitzung auf 65° schon vernichtet, frische Fleischstückchen, welche Sporen enthalten, können indes nach 1/2 stündiger Erhitzimg im strömenden Dampfe noch virulent sein. Kulturmaterial hat je nach der Sporenreife verschiedene Teuazität; 24 stündige Kulturen werden schon bei 1/2 stündiger Erhitzung auf 70'^ 614 Th. Kitt, abgetötet, 8tägig-e halten eine 2stlmdig'e Erhitzung auf 80° aus, bei 100° werden Kultursporeu in wenigen Minuten vernichtet. Getrocknetes sporeuhaltiges Eauschbrandfleisch oder Fleischsaft (gepulvert) kann nach 5 — 6 stündiger Erhitzung im strömenden Dampfe noch so virulent sein, dass es in der Dosis von 1^ — 2 dg Schafe tötet; erst nach 7stiindigem Verweilen im Dampfe ist es avirulent. Bei trockener Erhitzung auf 104° ist selbst siebenstündige Dauer in der Regel nicht imstande, das genannte Material völlig zu vernichten; dagegen verliert das Trockenmaterial im Autoklav (Papinschen Topfe) bei dieser Temperatur schon in 10 Minuten seine Lebensfähigkeit. Bei den Versuchen über den Einfluss höherer Temperaturen zeigte sich, dass erhitztes Rauschbrandvirus jeweils geeignet sein .kann Immu- nität zu geben und arbeiteten Aklüing, Coknevix & Thomas eine Methode ans, um mittelst Schutzimpfung Rinder widerstandsfähig gegen den Rauschbraud zu machen; dieselbe besteht in der subkutanen Einspritzung kleiner Dosen (circa 1 centigr.) Fleischsaftpulver, welche als I. und II. Vaccin durch 6 stündige Erhitzung auf 100 — 105° (I.) und 85 — 90° (IL) bereitet werden. Solche Schutzimpfung ist seit ein paar Jahrzehnten in großem Umfange und mit Erfolg praktisch bethätigt worden, wobei auch noch in anderer Abstufung des Erhitzungsverfahrens brauchbare Vaccins Herstellung und Verwendung fanden (s. III. Bd. dieses Handbuches). Neue Studien von Leclainche & Vallee lehrten, dass die Vaccin- sporen, welche Immunität geben, noch mit Toxin versehen sind, das aber durch die Erhitzung alteriert oder modifiziert ist, und dass toxinfrei gemachte Sporen ganz wirkungslos sind. Um den Sporen das Toxin zu nehmen, bedienten sich die französischen Forscher des Erhitzungsverfahrens; 5 Tage alte Kulturen der Bouillon Martin, in ganz gefüllten und zugeschmolzenen Röhren im Wasserbad einer Temperatur von 80 — 85° 2 — 3 stündig ausgesetzt, sind für Meer- schweinchen ganz ungiftig. Aber derart erhitzte Sporen haben ihre Kultur fähigkeit vollständig bewahrt, sie geben sofort wieder virulente Kulturen, nur im Gewebe keimen sie nicht aus. Dabei ist bemerkenswerth, dass die ganz unschädlich gemachten Sporen, selbst wenn sie in großer Quantität eingespritzt Averden, keine Immu- nität geben. Wie die histiologische Untersuchung lehrte, werden diese Sporen, weil sie durch Phagocytose rasch zerstört werden, von Leukocyten aufgepackt; oft sind 12 — 15 Sporen im Leibe dieser Zellen zu sehen. Es vollzieht sich die Phagocytose schon in 12 — 48 Stunden, (auch bei intraperitonealer Impfung), und verbleibt subkutan nur ein kleiner entzündlicher Impf knoten, der nach 14 Tagen verschwindet. Die Masse der Sporen, welche solcher Art im Körper eines Meerschwein- chens weggeschafft und als unschädlich ertragen wird, konnte auf 3 bis 20 Millionen berechnet werden. Leclainche & Vallee verwendeten auf diese Versuchsfrage 40 Meer- schweinchen und durch Dekantieren sporenreich gewonnene Knhurmeugen. Das Zustandekommen der Phagocytose, Ausbleiben der toxischen Infektion und ebenso der Immunität erklärt sich, wie Leclainche & Vallee darthun, daraus, dass durch die Erhitzung das Toxin seine negativ chemotaktische Wirksamkeit einbüßt, bezw. das den Sporen Rausclibrand. 615 momentan anhaftende Toxin zerstört wird. Es ist hierdurch die Zu- wanderung- der Leukocyten nicht mehr gehemmt und diese Zellen Aerzehren und vernichten die Sporen ehe letztere aus- keimen. Interessante Versuche zeigten nun, dass alles, was negative Chemotaxie wieder im Umkreis injizierter Sporen herbeiführt, so dass die Leukocyten an der Zuwanderung Avieder gehindert werden, das Auskeimen der Sporen im Gewebe begünstigt, so dass die toxiufrei gewesenen Keime nunmehr eine tödliche Infektion durch rasche Wiedergewinnung ihrer Virulenz entfalten können. Wenn z. B. zu inoöensiven reinen Sporen eine gewisse Dosis liltriertes Toxin gegeben wird, keimen die Sporen (in minimo 1 ccm zu 1 ccm Sporen) aus und das Tier erliegt dem Rauschbrande. Ferner bewirkt dasselbe die Zugabe von etwas Milchsäure, welche ausgesprochen negativ chemotaktisch die Leukocyten beeinflusst. Früher glaubte mau, die Milchsäure erhöhe die Virulenz abgeschwächter Sporeu, der Effekt ist al)er, wie Vaillaed & Vincext, Massart & Bürdet auch bei Tetanus gezeigt haben, der negativen Chemotaxie zuzuschreiben. Von erhitzten Sporen, welche millionenweise vertragen werden, genügt eine zehnfach kleinere Dosis zur Erzeugung einer klassischen Rausch- brandinfektiou, wenn ein Tropfen Acidum lacticum mit eingespritzt wurde; die Meerschweinchen gehen in 18—24 Stunden zu ürunde und zeigen die massenweise ausgewachsenen Bazillen in dem hämorrhagisch iutiltriertem Gewebe. Die Bedeutung der Phagocytose für das Nichtzustandekommen der In- fektion wurde weiters durch das sinnreiche Experiment, mit sterilem Sande vermischte avirulente Sporen einzuspritzen, illustriert. Wenn die aviru- leute Sporenkultur mit Sand gemengt, dann getrocknet und verrieben wird, giebt das kleine Köruerklümpchen; werden solche subkutan eingespritzt, so entsteht fast immer eine tödliche Rauschbrandinfektiou. Denn nur die auf der Oberfläche der Sandkonglomerate haftenden avirnlenteu Sporen konnten von den Phagocyten angegriffen und vertilgt werden, die zwischen den ver- klebten Sandkörnern eingeschlossenen haben ihrer geschützten Lage halber in dem warmen Körpergewebe Zeit und Gelegenheit auszukeimen und produzieren dabei wieder das tödliche Gift. Das letale Ende der so geimpften Meerschweinchen erfolgt etwas später als gewöhnlich, nämlich in 3 — 4 Tagen. Wenn man die Sandbröckchen mit den avirulenten Sporen in kleine Papiersäcke gehüllt ins Gewebe bringt, sind sie vor Phagocytose noch mehr geschützt, keimen daher reichlicher und der Tod an Rauschbrand erfolgt schneller. Die Gasentwicklung ist dabei eine sehr beträchtliche, so dass die Haut in )n-eitem Umfange abgehoben wird; in dem Säckchen findet sich die Stäbchen- form des Infektionserregers und selten einige Leukocyten und die Aussaat des Inhaltes giebt eine virulente Reinkultur. Diese Experimente erklären, warum mechanische Einflüsse eine Infektion auch bei abgeschwächten bezw. zu Schutz- impfungsstoff hergerichteteu Sporen begünstigen können, wie dies bei trau- matischen Läsionen, Hämorrhagieen gelegentlich beobachtet Avird. Man weiß, dass die Assoziation mit anderen Bakterien ein Faktor ist, welcher das Zustandekommen einer Infektion oder toxischen Infektion zu be- günstigen vermag. Da in rauschbrandigem Fleische verendeter Rinder häufig neben den Rauschbrandbazillen noch andere Mikrophyteu vorhanden sind, wird. 616 Th. Kitt, wie schon verscliiedene Autoren mutmaßten, vielleiclit von solch assoziierten Keimen der Ausbruch der Krankheit favorisiert (man könnte annehmen, dass solche Keime die Abwehreinrichtung der Phagocytose lähmen) . Leci.ainche & Vallee untersuchten diese Frage, indem sie avirulente, thermisch beeinHusste Sporen mit diversen anderen Bakterien (Reinkulturen) zusammen einspritzten. Die Assoziation mit dem Bacillus rhusiopathiae suis, Bact. coli und mehreren aus dem Darmkaual bezw. Chymus des Rindes gezüchteten Sorten verursachte keine Eauschbrandinfektion , dagegen veranlasste die Beigabe einer chro- mogenen Streptothrixart und eines nicht pathogenen Streptococcus und des Staphylococcus albus zu avirulenten Rauschbrandsporen teils schwere lokale Reaktion, teils typischen tödlichen Rauschbrand. Von den überlebenden Versuchstieren waren dann nur diejenigen, welche lokale Reaktion gezeigt hatten, immun geworden. Gefriereu altcriert uiclit im g-eriugsteii das Eausclibrniidvirus; selbst die künstliche hochgradig-ste, mehrstüDdigc Tcmperatureruiedrigung auf — 70 bis — 120°, selbst — 130° hatte, wie Arloing, Corneyin & Thomas feststellen, keinen deletären Eintluss. Ueber die Einwirkung des Sonnenlichts auf das Rauschbrand- virus ist aus den Arbeiten der genannten Autoren bekannt geworden, dass eine Emulsion getrockneten Fleisches im Juli August bei 42 — 54" dem Sonnenschein ausgesetzt nicht über 24 Stunden seine Virulenz behielt, frisches Avasserh altiges Material schon in 18 Stunden abgetötet war. Der Effekt von chemischen Desinfektionsmitteln auf das Rausch- brandvirus ist von Arloing, Corneyin & Thomas, Kitasato und di Mattei geprobt worden, von letzterem in der Art, dass 1 g pulverisiertes Fleisch oder Kultur in den Lösungen der Chemikalien fein verteilt und dann nach 5, 15, 20 u. s. w. IVIinuteu bis 48 Stunden langem Stehenlassen das Gemisch verimpft wurde. Die Ergebnisse der bezüglichen Untersuchungen variieren etwas, weil das Material, welches dieser oder jener Forscher in der Hand hatte, nach Sporenreifung, Virulenz und Haltbarkeitsgrad wohl überhaupt nicht gleichartig war, sondern an und für sich die Rauschbrandstämme, Kul- turen etc. sich verschieden verhalten. Es trat Vernichtung ein bei Anwendung von Sublimat 2:1000 nach 10 Minuten (Kultur), nach 30 Minuten (frisches Fleisch), nach 60 Minuten (trockenes Fleisch); bei Sublimatlösung 1 : 1000 nach 15 Minuten (Kulturen), 60 Minuten (frisches Fleisch), 2 Stunden (getrocknetes Fleisch). Frisches und getrocknetes Fleisch, welches 12 Stunden in 1 : 5000 Sublimatlösuug gelegen hatte, war noch virulent. In Karbolsäure 1 : 100 blieben Kulturen 12 Stun- den, frisches Fleisch 18—24 Stunden, getrocknetes Fleisch 48 Stunden wirkungsfähig; lOproz. Karbollösung vernichtete Kulturen in 15 Minuten, frisches Fleisch in 30 Minuten, getrocknetes Fleisch in 2 Stunden (di Mattei). Nach Kitasato tötete öproz. Karbollösung die Sporen erst nach 10 Stunden. Nach Arloing, Cornevin & Thomas ist das Zeitmininium, in welchem 2proz. wässerige Karbolsäurelösung auf eine Vernichtung der Sporen rechnen lässt, bei frischem Virus 8 Stunden, bei getrocknetem Virus 15 — 20 Stunden des Kontakts. Arloing, Cornevin & Thomas haben in tabellarischer Uebersicht noch über eine Reihe anderer Des- infektionsmittel Versuche berichtet; insofern die meisten Chemikalien indes erst nach 48stüudigem Kontakt eine Vernichtung herbeiführen, ist ihre Bedeutung für die praktische Desinfektion gering und sind neue Untersuchungen über diesen Gegenstand nötig-. Rauschbrand. 617 Die Beliämpfung des Eauschbraudes hat, nachdem der lufektions- erreger ein Erdbacillu!^ is^t, ihre Schwierig'keiteii. Weideplätze, welche als Ranschbrandherde bekannt sind, werden nach Thunlielikeit durch Aufforstung- anderer Benützung- zugeführt, oder bei sumpligem Terrain durch Trockenlegung ungefährlicher zu machen gesucht. Der erneuten Imj)räguierung des Bodens wird durch thermische Vernich- tung der Kadaver und Kadaverabfälle am besten vorgebeugt. (Ueber Schutzimpfungen s. III. Bd.) Pseudorauschbrand. Es giebt Krankheitsfälle, die in ihren kliuisch-anatomischeu Charakteren' dem Rauschbraude täuschend ähneln, uameutlich eine tief schwarzrote Ver- färbung, poröse, knisternde Beschaftenheit des Fleisches nebst Oedem (ohne Fäulnis] mit sich bringen und Bazilleubefnnde liefern, welche von denen des Ranschbraudes kaum zu nuterscheideu sind, die aber nach der Art ihres Zustandekommens als sporadische "Wundinfektion als Wundbrand, puerperaler Brand und nach Besonderheiten der Infektionserreger als heterogene Krankheiten zu betrachten sind. Die Diöerentialdiagnose kann sich oft nur auf den Nachweis der Wundinfektion stützen, zumal auch bei Impfungs- versuchen z. B. an Meerschweinchen ein dem Rauschbrande sehr ähnliches Ergebnis (Tod nach 24 Stunden, starkes hämorrhagisches Oedem) zu Gesicht kommt und die Kulturversuche keine scharfen Trennnngsmerkmale liefern. Es können Bazillen vom Charakter der Oedembazillen solches Krank- lieits- und Sektionsbild geben ^bei Rindern, Schafen, beim Wildschwein, Pferde von mir beobachtet), und wenngleich im allgemeinen das Auftreten langer Scheinfäden, das Vorwalten des Oedems namentlich bei der Kontroll- impfung an Meerschweinchen sowie die leichte Infektion der Kaninchen hier diagnostische Anhaltspunkte liefert, so sind derlei Unterschiede eben erst im Verlaufe zeitraubender vergleichender Experimeutalarbeiten herauszubringen und sind andererseits auch beim echten Ranschbrande Varianten zu ver- zeichnen, welche diese Unterschiede unsicher erscheinen lassen. Ueber die in CTcfolge des Geburtsvorganges zu beobachtende rauschbraudähnliche Wund- infektion durch ödembazillenähnliche Organismen hat S. Carl eine ausführ- liche Arbeit geliefert. Es ist wahrscheinlich, dass es eine Reihe von Erdbazillen giebt, welche zwischen den Oedembazillen und Rauschbrandbazillen stehend ähnliche pathogene Eigenschaften haben, oder dass wir vielerlei Stämme beider Gruppen mit kleineren oder größeren Unterschieden der pathogenen Wirkung unterscheiden müssen. So haben z. B. Kerry & NovY bei einer rauschbrandigen Kuh einen Bacillus oedematis thermo- philus gefunden, Avelcher bei Meerschweinchen ein rauschbrandähnliches Impf- ergebnis lieferte, aber auch für Kaninchen und Ratten pathogen war, morpho- logisch den Rauschbrandbazillen glich, aber auch Fäden bildete und schon bei einfacher Fuchsin färbung Geißeln darbot. Weiterhin giebt es häufig bei Pferden und anderen Tieren, welche an heterogenen Krankheiten zu Grunde gingen, anaerobe Kadaverbazillen, die morphologisch den sporentragenden Rauschbraudbazilleu sehr ähneln (ge- wöhnlich etwas dicker und in Kulturen stinkendes Gas produzierend). Ganz besonders den Ranschbrandbazillen gleichend sind die Erreger des Walfischrauschbrandes (IvAR Nielsen), der Gastromj'co sis ovis oder Biadsot der Schafe (Ivar Nielsen, C. 0. Jensen, Tokishige) und der 618 Th. Kitt, Rauschbi-cand. Reuntierpest (J. Luxdgren & Arvid M. Bergmann), die sich aber bio- logisch nach Pathogeuitäts- und Immunitätseigeuschaften unterscheiden lassen (s. d. einschlägigen Kapitel). Litteratur. AcHALME, Ann. de l'institut Pasteur, 1902, Nr. 9. Arloing, Cornevin & Thomas, Le charbon symptomatique du boeuf. IL Ed. Paris 1889; diesem zusammenfessenden Werke gingen Einzelmitteilnngen voran, welche im Recueil de med. veter. de Lyon, 1880, 1881 u. 1883, im Journal de med. veter. de Lyon 1882 u. 1883 und den Comptes rendus 1882 und 1883 publiziert sind. BoLLiNGER, Deutsclie Ztschr. f. Tierm., 1. Bd. . 1875; Sitzungsber. d. morpb. Ge- sellsch. z. München v. 12. Juni 1878. Carl, S., Deutsche tierJirztl. Wochenschr., 1896. Ehlers, Untersuchungen ü. d. Rauschbr.-Pilz. Dissert. Rostock 1884. Feser, Studien über d. sog. Rauschbrand d. Rindes. Zeitschr. f. prakt. Vet.-Wiss. Bern 1876; Der Milzbrand auf den oberbayr. Alpen. Berlin 1879. Verl. von Hirschwnld. (S. 69—71.) Hafner, Tierärztl. Mitteilungen (S. 17, 151, 191). Karlsruhe 1882. E. V. HiBLER, Beitr. z. Kenntn. d. d. anaer. Spaltp. erz. Infekt. Centralbl. f. Bakt. u. Par., 1899, 25. Bd. Kerry, Oesterr. Zeitschr. f wiss. Vet.-Kunde, 1894, Bd. 5. Kitt, Der Rauschbrand, Centralbl. f. Bakt. u. P:ir., 1887, 1. Bd., Nr. 24; Ab- schAvächung im ström. Dampf, Züchtung bei Luftzutritt, ebd., 1888, S. 572 u. 1895, 17. Bd. ; Unters, ü. Rausch br. u. malign. Oedem, Jahresb. d. Tierarznei- schule, München 1883/84, S. 39; Neues über Rauschbr., Monatshefte f prakt. Tierheilk., 1896 u. 1902 (13. Bd.); Bakterienkunde u. pathol. Mikroskopie f Tierärzte, 3. Aufl., 1899. Koch, W., Milzbrand u. Rauschbr. Deutsche Chirurgie, Lief. 9., Stuttgart 1886. KiTASATO, Zeitschr. f. Hyg. u. Inf., 1889 u. 1890. Leclainche & Vallee, Recherches experim. sur le charb. sympt. Annales Pasteur, 1900. J. LuNDGREN & A. Berghl^nn , Reuntierpest. Deutsche Zeitschr. f. Tierm., 5. Bd., 1901, H. 4 u. 5. Nielsen, Ivar, Bradsot. Monatshefte f prakt. Tierheilk., 1896, Bd. 8; Walfisch- rauschbr., Centralbl. f. Bakt, 1880, Bd. 7. NoCARD & Leclainche, Les malad, microb. des animaux. Paris 1898, IL Ed. (daselbst weitere Litteratur). NÖRGAARD. Blackleg in the unit. states. Ann. Rep. of the Bureau of anim. ludustry 1898. Sanfelice, Unters, üb. anaer. Mikroorg. Zeitschr. f. Hyg. u. Inf, 1893, Bd. 14. Schattenfroh & Grasberger, Münch. med. "Woch., 1900, Nr. 50, 1901, Nr. 2, 1902, Nr. 38. Tierärztl. Centralbl. (Wien;. Nr. 23 v. 10. Aug. 1902. ScHOLTZ, Zeitschr. f. Hyg. u. Inf., 1898, Bd. 27. ToiaSHiGE, Immun. Vers. üb. Bradsot. Monatshefte f prakt. Tierheilk. Stuttgart 1901, 12. Bd. Votteler, Zeitschr. f. Hyg., 1898, 27. Bd., S. 132. XII. Malignes Oedem. Von Prof. C. 0. Jensen in Kopeiiliageu. Mit 4 Figuren im Text. Bei seineu Uutersuclmug-en über den Raiischbrand fand Feser 1876 im Erdboden und in verfaulten Stoffen häufig- Bazillen, denjenig-en älm- lieli, welche man in den von der genannten Krankheit befallenen Tieren findet, und es gelang ihm mehrmals, durch Impfung bazillenhaltiger Erde auf Tiere eine dem Rauschbrand ähnliche Krankheit hervorzurufen. Er war jedoch nicht imstande, was um den genannten Zeitpunkt ganz natürlich war, die betreffenden Bazillen näher zu untersuchen. 1877- trat Pasteur66 mit der Mitteilung auf, dass er durch Impfung verfaulter Kadaverteile auf Kaninchen und Meerschweinchen eine Krankheit er- zeugt habe, die sich wesentlich durch ödematöse Infiltration des subku- tanen und intermuskulären Bindegewebes wie auch durch degenerative Aenderung der inneren Organe äußere, dass diese Krankheit sich durch Impfung von Individuum auf Individuum übertragen lasse, und dass in der Oedemfiüssigkeit eine stäbchenförmige Bakterienart angetroffen werde, die sporentragend sei, und die sich nicht unter gewöhnlichen Verhält- nissen, wohl aber unter Abschluss der Luft züchten lasse. Er schlug vor, die betreftende Bakterienart »vibrion septique> zu nennen, in- dem er annahm, die durch dieselbe bewirkte Impfkrankheit sei eine Septikämie. Joubert & Ciiamberland bestätigten im wesentlichen Pasteürs Beobachtung. 1881 machte Koch-** indes darauf aufmerksam, dass es nicht korrekt sei, die betreffende Krankheit als Septikämie zu bezeichnen, da der genannte Bacillus sich nicht in nennenswerter Menge im Blute lebender, von der Krankheit ergriffener Tiere finde, sondern sich lokal an der Impfstelle halte oder von hier aus sich durch die Lymphbahnen oder durch direktes Wachstum durch die Gewebe hin- durch verbreite. Er schlug deshalb vor, die Krankheit von den eigent- lichen Septikämieen abzutrennen und sie als malignes Oedem zu be- zeichnen, und die Bakterienart den Bacillus oedematis maligni zu nennen. Fast zu gleicher Zeit erschien eine ausführlichere Arbeit von Gaffky27j der imstande war, die Richtigkeit von Pasteürs Angabe zu konstatieren, dass der betreftende Bacillus gewöhnlich in verfaulten 620 C. 0. Jensen, Flüssigkeiten und ebenfalls sehr häufig in den oberen kultivierten Erd- schichten zu finden sei. Er trat Kochs Ansicht von der Beschaffenheit der Krankheit bei, und von diesem Zeilpunkt an wird die betreffende Krankheit fast überall als malignes Oedem bezeichnet, nur die Fran- zosen haben zum Teil noch die Benennung »septicemie« oder »septi- cemie gangreneuse« beibehalten. Gesteigertes Interesse erhielt diese Krankheit, als Brieger & Ehr- lich'^ 1882 zwei Fälle derselben beim Menschen konstatierten, die nach einer subkutanen Injektion von Moschustiuktur entstanden waren, als Kittes. 44 qI^ paar Jahre später Untersuchungen über die Empfänglich- keit der verschiedenen Tiere, speziell der größeren Haustiere, für diese Impfkrankheit anstellte, und als zugleich Jensen & Sand "'''3* die ersten spontanen Fälle beim Pferde konstatierten. Das spontane Auftreten der Krankheit beim Menschen und bei den Haustieren. Während der 20 verflossenen Jahre sind in der Litteratur einige, allerdings nicht zahlreiche Mitteilungen über das Auftreten des malignen Oedems beim Menschen erschienen. Wie zu erwarten war, hat die In- fektion in den meisten Fällen durcli irgend eine Wunde stattgefunden; wie es scheint, liegen indes auch einzelne Beobachtungen über ma- lignes Oedem vor, das auf andre Weise entstanden war. Wie gesagt, beschrieben Brieger & Ehrlich die ersten Fälle beim Menschen. Es handelte sich um zwei typhuskranke Individuen, die zu therapeutischem Zwecke eine subkutane Injektion von Moschustinktur erhielten. Es entstand eine bedeutende ödematöse Infiltration, und nach Verlauf von 3 Tagen trat der Tod ein. In der Oederaflüssigkeit wurde der charak- teristische Bacillus nachgewiesen. Woher der Infektiousstoff" eigentlich stammte, wurde dagegen nicht dargelegt, van Cott '" unternahm aller- dings einige Untersuchungen, um zu konstatieren, ob die betreffenden Bazillen in gewöhnlichem Moschus öfter zu finden seien; das Eesultat w^ar aber ein negatives. In diesen Fällen ist nicht ausgeschlossen, dass die primäre Krankheit, das typhoide Fieber, die Kranken für die sekun- däre Infektion besonders stark empfänglich gemacht haben kann. Oefter ist das maligne Oedem in Verbindung mit Wunden ent- standen. So beschrieb Koenig 4ß einen Fall , wo die Krankheit nach Läsion der Beine durch Ueberfahren äußerst schnell entstand, und Hoegh''3 hat einen Fall bei einem 11jährigen Mädchen mitgeteilt, das nach Beschädigung des einen Beines durch einen Nagel typisches malignes Oedem bekam. Komplizierte Beinbrüche sind ebenfalls nicht selten der Ausgangspunkt für das Eindringen der Bazillen; so sah LABir^"^^' das maligne Oedem bei einem Patienten auftreten 3 Tage, nach- dem dieser sich durch den Sturz von einem Pferde eine komplizierte Fraktur zugefügt hatte. Der Fall wurde durch eintretenden Tetanus kompliziert. Hlava untersuchte einen 38jährigen Kutscher, der sich eine Fractura radii dextri complicata nebst einer Fractura costae zu- gezogen hatte, und bei dem sich am rechten Arm eine bedeutende Ge- schwulst entwickelte, die von emphysematöser Infiltration der Hals- gegend begleitet war; es bildeten sich an vielen Stellen Bläschen, mit jauchiger Flüssigkeit gefüllt, und durch eine größere Wunde entleerte sich eine stinkende, mit Gas gemischte Exsudatmasse. Die nach dem Malignes Oedem. B21 Tode des Patienten an den Sekreten der Wunde, an den Muskeln und der Milz angestellte bakteriologische Untersuchung ergab große Mengen von Oedembazillen , und es gelang, die Richtigkeit der Diagnose so- wohl durch Züchtung als durch Impfung zu bestätigen. Sekundär nach gangränösen Prozessen beobachtete Rosenbacii""-^ 2 Fälle malignen Oedems. Einen interessanten Fall bespricht Braatz s, der eine bedeutende Ge- schwulst in der Regio submaxillaris entstehen sah, ohne dass Läsionen sichtbar waren. Vermutlich ist der Fall als eine von der Mundhöhle ausgehende Infektion aufzufassen, und diese stand wahrscheinlich damit in Verbindung, dass der Patient zu therapeutischem Zwecke einen Lötfei voll Rattenexkremente in Kamillenthee eingenommen hatte. Nach In- cision entleerte sich stinkender Eiter, und in diesem wurden Oedem- bazillen konstatiert. Einen von einer Läsion des Uterus ausgehenden Fall malignen Oedems führt Bremer^ an: In der Absicht, einen Abortus hervorzurufen, hatte eine 35jährige Frau eine Sonde in den Uterus eingeführt; es ent- stand hierauf eine heftige Infektion mit emphysematösen Inliltrationen im subkutanen Gewebe an der Brust und den Armen; sowohl durch mikroskopische Untersuchung der Oedemflüssigkeit und der inneren Or- gaue als durch Verimpfung auf Meerschweinchen wurde festgestellt, dass die Infektion von Oedembazillen herrührte. Die Frage, ob die Oedembazillen imstande sind, die Darmschleim- haut des Menschen zu durchdringen, ist mehrmals aufgeworfen worden. Eine Beobachtung von Grigorjepf & Ukke'--^ könnte so gedeutet werden: Bei einem vom Typhus ergriffenen Patienten trat der Tod plötzlich, ziemlich unerwartet ein, und die allerdings erst 40 Stunden später unternommene Sektion konstatierte u. a. stark emphysematösen Zustand der Subcutis an dem Halse und der Brust, wie auch der Leber und anderer Organe, in welchen Oedembazillen in großer Menge gefunden wurden. Es ist indes nicht ausgeschlossen, dass es sich hier um eine postmortale Einwanderung der Oedembazillen gehandelt haben kann, wie diese häufig bei größeren Tieren stattfindet. Eine von den Lungen ausgehende Infektion wurde konstatiert von Nekam63^ der bei einem Kranken, welcher nach einer krupösen Pneu- monie sekundär gangränöse Prozesse in der Lunge nebst Adhäreuz- bildung und Verbreitung der Destruktion nach der Brustwand bekommen hatte, eine mit Emphysem verknüpfte Phlegmone an der Brust fand; in den gangränös zerfallenen Geweben wurden Oedembazillen konstatiert. Die Frage, ob die Oedembazillen durch die unversehrte Lunge aufge- nommen werden können, ist dagegen mehr zweifelhaft. Wie später be- rührt werden wird, ist es nicht gelungen, experimentell auf diesem Wege eine Infektion hervorzurufen, und die sogenannte >Hadernkrankheit«, die Krannhals*** für ein durch Einatmung der Sporen des Oedem- bacillus erzeugtes malignes Oedem (akutes Lungenödem) hielt, scheint sich späteren Untersuchungen zufolge nicht auf diese Weise auffassen zu lassen. In den von Kranxhals beobachteten Fällen gelang es aller- dings, in den Leichen das Vorhandensein von Oedembazillen nachzu- weisen, da die Sektionen und die LTntersuchungen aber erst zu einem späten Zeitpunkte angestellt wurden, kann hier von einer postmortalen Einwanderung die Rede gewesen sein, und die Möglichkeit, dass die Krankheit durch Milzbrandbazillen oder andere Bakterien verursacht sein könnte, lässt sich wohl kaum bezweifeln, umsomehr, da es später in 622 C. 0. Jensen, mehreren Fällen der Hadernkrankheit mit Sicherheit festgestellt wurde, dass es sich hier um einen Inhalationsmilzbrand handelte. Ferner mag noch erwähnt werden, dass der Bacillus des malignen Oedems beim Menschen in einzelnen Fällen mehr begrenzter Entzüu- dungsvorgänge beobachtet wurde, so in einem »Gangräuherde« (Mene- KEUL^**), bei der Pyosalpinx (Witte "9) und in einem periuterinen Ab- szess (GiGLi()2S)j wie auch, dass Monod*'1 einen vom Uterus ausgehenden Fall vermutlicher allgemeiner Infektion beobachtet hat, wo Oedem- bazillen im Verein mit Streptokokken und dem Bacterium coli commune gefunden wurden, ohne dass jedoch Veränderungen eingetreten wären, die sich mit einigem Recht als malignes Oedem bezeichnen ließen. Die geringe Häufigkeit, mit welcher das maligne Oedem nach der Litteratur der letzten 20 Jahre zu schließen auftritt, findet ihre Erklärung unz\Yeifelhaft in der immer mehr durchgeführten antiseptischen und aseptischen Behandlung der Wunden. Wenn oben erwähnt wurde, dass Brieger & Ehrlich den ersten Fall der Krankheit beim Menschen kon- statiert hätten, so ist dies so zu verstehen, dass der Fall der erste war, in welchem die Diagnose durch bakteriologische Untersuchung festge- stellt wurde; denn es kann keinen Zweifel erleiden, dass das Leiden früher wegen der mangelhaften Wundbehandluug sogar ziemlich häufig beim Menschen auftrat, und dass ein großer Teil derjenigen Krankheits- fälle, die ehedem bezeichnet wurden als: progressives gangränöses Emphysem, septicemie gaugreneuse, gangrene gazeuse, akutes purulentes Oedem, jauchige Infiltration, brandige Phlegmone, gangrene foudroyaute u. s. w., sich in der That auf malignes Oedem beziehen. Dass es sich indes nicht in allen Fällen um diese Infektion gehandelt hat, geht u. a. aus neuereu Untersuchungen über mehrere, von bedeutender Gasent- wicklung in den Geweben begleitete Fälle von Phlegmonen (»Gasphleg- monen«) hervor, wo man keine Oedembazillen fand, wohl aber andere Bakterien, wie Fr.'vnkels Bacterium emphysematosum und das Bacterium coli commune. Die Krankheit ist an mehreren unserer Haustiere beobachtet worden, zuvörderst am Pferde, das für die Infektion in hohem Grade empfäng- lich zu sein scheint. Die ersten Fälle dieser Art wurden (1885) von Jexsex & Sand 37 beschrieben: Bei zwei Pferden trat die Krankheit nach Wunden auf und verlief tödlich; in einem Falle entstand sie nach einer Eserininjektion und wurde geheilt. St. Friis^' teilte ebenfalls einen Fall mit, der nach Eserininjektion entstanden war, und einen anderen, der durch Ritzung an einem verrosteten Nagel verursacht war. Andere Fälle sind von Schlacke "5, Böhm^, v. Ratz^»^ Fj»'öhxer25, 2r. ^ ^^ beob- achtet worden: sie gingen sämtlich von größereu oder kleineren Wunden aus oder waren eine Folge subkutaner Injektionen. Besonderes Interesse hat eine Mitteilung von Moretti^^^ der drei Fälle malignen Oedems konstatierte, w^elche als Folge der Kastration mittels elastischer Ligatur entstanden waren. — Die Symptome waren in allen diesen Fällen wesentlich dieselben: plötzliches Entstehen einer bedeutenden ödematösen, bisweilen zugleich emphysematösen Anschwellung, von starkem Fieber begleitet. In den leichteren Fällen, die mit Genesung endeten, begrenzte sich die Infil- tration ziemlieh schnell, während sie sich in anderen Fällen über einen großen Teil des Körpers verbreitete und mit dem Tode endete. Bei der Sektion konstatierte man sehr beträchtliche seröse oder hämorrhagisch- seröse Infiltration der Subcutis und des intermuskuläreu Bindegewebes, Malignes Oedem. 623 zugleich in geringerem Grade Infiltration der Muskeln an der ange- griöenen Stelle. Diese sowohl als die in der Nähe gelegenen Drüsen waren übrigens mehr oder weniger hämorrhagisch infiltriert, und zu- weilen kamen sowohl in den Muskeln wie im Bindegewebe reichliche Mengen stinkenden Gases vor. In einigen Fällen fand sich außerdem Exsudat von mehr purulenter Beschaifeuheit vor, wie auch in großem Umfange gangränöser Zerfall des Bindegewebes und der Haut beobachtet wurde. Während Cornevins'^ experimentelle Untersuchungen darauf hinzu- deuten scheinen, dass das Kind keine Emptänglichkeit für malignes Oedem zeigt, und während Witts^'^- ^4 Impfung nur ein leichteres Leiden verursachte, wurden in den jüngsten Jahren eine größere Reihe spontaner Krankheitsfälle, zum Teil sogar von sehr bösartiger Beschatfenheit, beim Rinde konstatiert. Jensen & Sand verwiesen auf die häufig im Verein mit puerperalen Metriten bei Kühen auftretende emphysematöse und ödematöse Infiltration, ohne jedoch mit Sicherheit l)ehau])ten zu können, dass es sich hier um eine Infektion mit Oedembazillen handle. Später haben Untersuclmngen von Mayer 56 (1891), Carlio (1894), HoeneSs (1895), Albrecht 1 (1897) u. ra. dargelegt, dass diese Krankheitsform, der sogenannte »Geburtsrauschbrand «, in der That gewöhnlich malignes Oedem ist, und dass die Infektion zweifelsohne von Läsionen des Genitalkanals und der zunächst angrenzenden Haut, die während der Geburt entstanden sind, ausgeht. Die Fälle entstehen gewöhnlich ein paar Tage nach dem Kalben, beginnen mit heftigem Fieber und mit Anschwellung der Vulva und der Vagina, die sich bald nach dem Perinäum, den Extremitäten, zuweilen nach der Bauchwand oder längs des Rückens hin verbreitet. Das Emphysem ist meistens stark entwickelt, und wenn die Fälle nicht akut und tödlich verlaufen, kommt es oft zur Ausscheidung- größerer gangränöser Teile der Haut und später des gangränösen Bindegewebes. Außerdem wurden von Hafner & Adimar^o, Reutek^" und mehreren anderen Fälle malignen Oedems beim Eind mitgeteilt, die vermutlicii auf Infektion durch zufällige Wunden zurückzuführen sind. Diese Fälle, welche bedeutende Aehnliclikeit mit dem Rauschbrand darbieten können, sollen Koninski 4^ zufolge sogar imstande sein, epidemisch aufzutreten. Da die Difierentialdiagnose zwischen dem malignen Oedem und dem Rauschbrand indes gewisse Schwierigkeiten zu bereiten vermag, und da überdies zweifelsohne Fälle des Rauschbrandes vorkommen, in welchen der Rauschbrandbacillus vom Oedembacillus begleitet wird, ist letztere Be- ol)achtung jedoch mit gewisser Vorsicht aufzunehmen, und ausgeschlossen ist es wohl kaum, dass es sich um eigentliche Rauschbrandfälle ge- handelt haben kann. Ein vonHoRNR34 beobachteter Fall scheint anzudeuten, dass die In- fektion beim Rinde gelegentlich, wiewohl seltener, durch den Schlund stattfinden kann. In betreif des Schafes liegt eine interessante, obschon nicht völlig aufgeklärte Beobachtung von Kitt^i vor, der zwei plötzliche Todesfälle untersuchte. Bei der Sektion fand er nur akutes Lungenödem, und in der Oedemflüssigkeit traf er Massen von Oedembazillen an; eine post- mortale Einwanderung derselben konnte mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Ein epidemisches Auftreten des malignen Oedems beobachtete Lejibeken^^^ ([qy unter einer Herde von 600 kastrierten Schafen 50 Todes- fälle an malignem Oedem feststellte. 624 C. 0. Jensen, Aus eleu jüDg'steu Jahreu liegeu eiue Eeihe vou BeobacLtuug-eu über eiue akute Kraukheit des Schweines vor, die für Rauschbraud ge- halten wurde. Die Fälle sind vou Battistini^, Maeek^^ ^^^id Born^ ber-ichrieben. Letzterer erwähnt, es seien in den Infiltrationen viele Fädeu gefunden, und Maijek teilt mit, dass außer Bazillen vou dem Aussehen des Rauschbrandbacillus zugleich Fäden gefunden wurden, die den Oedembazillen ähnlich waren. Es könnte deshalb vielleicht zweifel- haft sein, ob diese Fälle wirklich als Rauschbrand aufzufassen wären, und es lässt sich schwerlich die Möglichkeit ausschließen, dass es sich hier entweder um malignes (Jedem oder um Infektion mit einer nahe- stehenden, jedoch sowohl vom Rauschbrand- als vom Oedembacillus verschiedenen Art handelte. In mehreren dieser Fälle lag als an- scheinender Beginn eine Angiua vor, die den Bazillen möglicherweise das Eingaugsthor abgab. In einigen vom Verfasser beobachteten, jedoch nicht beschriebenen Fällen fand sich bei den Schweinen ein ähnlicher entzündungsartiger Zustand des Schlundes und eine serös-hämorrhagische Infiltration der Schlundgegend. Es wurden hier Bazillen gefunden, die zweifelsohue für Oedembazillen zu halten sind. Auch bei Kaninchen hat mau Fälle konstatiert (Petrins] ^ die möglicherweise als spontanes malignes Oedem zu deuten sind. Das Vorkoramen des Bacillus. Wie bereits von Feser, Pasteür und Gaffky nachgewiesen, kommen die Oedembazillen äußerst häutig in faulenden Flüssigkeiten vor, wie sie auch in den oberen Erdschichten allgemein verbreitet sind. Ge- wöhnlich wird in den Lehrbüchern angegeben, der Bacillus sei als ubiquitär zu betrachten. Das ist indes wohl kaum korrekt. Er scheint allerdings in angebauter Gartenerde ziemlich allgemein verbreitet zu sein, während er dagegen in unkultivierter Erde, Moorerde, Waldboden weit seltener gefunden wird; sell)st in Garteuerde ist er aber nicht überall vorhanden: während einige Erd|)roben ihn in so großer Menge enthalten, dass fast sämtliche mit der Erde geimpfte Mäuse dem malignen Oedem erliegen, kommt er in Proben von anderen Stellen nur spärlich oder gar nicht vor. Saxfelice^* z. B. erhielt nur an einer geringen Anzahl der geimpften Mäuse ein positives Resultat, und der Verf. selbst hat nur in seltenen Fällen durch Impfung mit Erdproben aus verschiedenen Orten in der Umgebung von Kopenhagen ein Resultat erzielt. — Wo die Bazillen in der Erde angetroöen werden, scheinen sie auf die oberen Schichten beschränkt zu sein; in der Tiefe von 1 — l^/o Meter scheinen sie zu verschwinden. Der Bacillus findet sich ferner allgemein im Staub verbreitet, unter anderem hat M. Kirchner sein häufiges und massenhaftes Vorkommen im Zimmerstaub nachgewiesen. Auch in stillstehendem unreinem Wasser wird er häufig angetroffen. Mit verunreinigtem Futter, mit Wasser und auf andere Weise Averden die Bazillen in den Darmkaual hinabgeführt, und allenfjxlls bei den Pflanzenfressern scheint der Oedembacillus ein häufiger, um nicht zu sagen konstanter Bewohner des Darmes zu sein. Wenn die Kadaver größerer Tiere 16 — 24 Stunden nach dem Verenden liegen bleiben, so findet eine bedeutende Einwanderung von Bazillen aus dem Darminhalt durch die Darmwand und weiter durch die Venen statt, so dass die Leiter und die Milz nach Verlauf der s-enannten Zeit von Bakterien völlig Malignes Oedem. 625 durchsetzt sein könneu. Bei kleinen Tieren stellt diese Bakterien- vegetation sich nicht ein, es sei denn, dass die Kadaver ca. 24 Stunden hindurch bei Körpertemperatur im Thermostat aufbewahrt würden. Die auf diese Weise in die Tiere eingewanderten Bazillen sind wohl schwer- lich immer die nämlichen, wenn man anders imstande ist, aus dem von den Organen dargebotenen mikroskopischen Bilde Schlüsse zu ziehen. Pasteuk gab an, diese Bazillen seien mit seinen »vibrions septiques« identisch, Lewis, der diese Bazillen an Ratten untersuchte, führt da- gegen an, sie seien in allen Stücken den Milzl)raDdbazillen ähnlich, Gaffky, der diese Sache experimentell untersuchte (1882), legte jedoch dar, dass diese Aehnlichkeit nur eine äußerst oberflächliche sei, und dass diejenigen Bazillen, die man in erstickten Meerschweinchen findet, welche längere Zeit gelegen hatten, ()edembazillen seien, die durch Verimpfung auf andere Tiere deren Tod herbeiführten. In einer »Zur Kenntnis bakteriämischer Erkrankungen bei Pferden« Ijetitelten Schrift beschrieb Lustig ^'^ eine Reihe von Sektionen an Pferden, die ihm zahl- reiche große Bazillen im Blute gezeigt hatten. Er nimmt an, dass diese Bazillen aus dem Darmkanale eingewandert seien und die Krank- heitsfälle hervorgerufen liätten. Kocii unterwarf seinerzeit diese Fälle einer scharfen Kritik, was später auch von Jensen & Sand geschah, welche behaupten, es habe sich in 5 dieser Fälle um einfache post- mortale Einwanderung gehandelt, während die Möglichkeit nicht gänz- lich ausgeschlossen sei, dass die 2 Fälle durch Infektion von Wunden aus entstandenes malignes Oedem gewesen sein könnten. Die in Kadavern größerer Tiere regelmäßig vorkommenden Bazillen sind übrigens nicht näher untersucht worden. Jensen & Sand machen darauf aufmerksam, dass diese Bazillen ebenfalls bei weitem nicht immer mit Oedembazillen identisch sind. So gelang es bei ihren Unter- suchungen nur in einem einzigen Falle, durcb Verimpfung faulender Orgauteile auf kleinere Tiere malignes Oedem hervorzurufen, und die betreöenden Bazillen verhielten sich auch teils rein morphologisch, teils, was ihre Färbungsmethoden betriflt, von den Oedembazillen etwas verschieden. Die sogenannten Kadaverbazillen dürfen daher nicht ohne weiteres als Oedembazillen aufgefasst werden. Liwiefern letztere häufig in Kadaver größerer Tiere einwandern, scheint noch zweifelhaft. Da der Oedembacillus in Erde, Staub, Wasser, Darminhalt und selbst- verständlich auch in den Faeces der Pflanzenfresser äußerst verbreitet ist, kommt derselbe nicht selten in Milch und in Meiereierzeugnisseu vor. Fkeudenreicii & Gseller22 beschrieben so seinerzeit eine Bazillen- art unter dem Namen Clostridium foetidum lactis, legten aber durch spätere vergleichende Untersuchungen dar, dass es sich in der That um den Oedembacillus handelte. Selbst wenn man deshalb nicht behaupten darf, dass diese Bazillen- art ubiquitär sei, kommt sie, wie es scheint, doch in allen Weltteilen in außerordentlicher Verbreitung vor. Systematik. Der Oedembacillus gehört zu einer Gruppe von Bakterien, die füglich nach demselben die »Oedembazillengruppe« benannt werden kann. Diese Gruppe umfasst große Bazillen, welche längliche Sporen bilden und mit zahlreichen seitlich geordneten Geißelfäden versehen sind. Sie sind Handbucli der pathogenen Mikroorganismen. II. 40 626 C. 0, Jensen. sämtlich streng- anaerob, und insofern sie pathogen sind, erzeugen sie hei Verimpf img auf Tiere serös -hämorrhagische Entzündung, meistens von Gasentwickhmg begleitet. Zu dieser Gruppe von Bazillen gehören außer dem Oedembacillus (B. oedematis maligni) zugleich • die Rauschbrand- und Bradsotbazillen und aller % Wahrscheinlichkeit nach auch der sogenannte Wal- /j septikämiebacillus (Ivar Nielsex). Wie später \ ^ /^ näher zu besprechen sein wird, verbergen sich unter \ / der Bezeichnung » Oedembacillus <; Avahrscheinlich eine Reihe nahestehender Formen, wie denn auch die Ba- Fig. 1. Sporentragende Oedembazillen. Zilien in den Rauschbrandfällen nicht immer gleichartis: sind. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben wir in Oedemflüssigkeit dieser Gruppe dasselbe Verhalten, das wir aus anderen vom Pferde. Gruppen, z. B. der Typhus -Coligruppe, kennen, dass nämlich die Gruppe zahlreiche nahestehende Formen umfasst, die schwer voneinander zu unterscheiden sind. Der Oedembacillus erweist sich als ein ca. 3 a langes und 1 /< starkes Stäbchen; gewöhnlich liegen die Stäbchen in großer Anzahl in einer Reihe, oder auch sind sie zu langen ungegliederten Fäden ausge- wachsen. Diese Fäden sind sowohl in Kulturen als auch in den Or- ganen der kranken Tiere anzutreten. In der Oedemflüssigkeit, vorzüglich aber in den Kulturen kommt es rasch zur Sporeubilduug ; die ovalen Sporen werden nie in den Fäden, sondern nur in den kurzen Stäbchen ^ . angetroffen; meistens liegen sie in der // /\ ^^ Mitte der Stäbchen, oft auch am einen / t ' \ ^ Ende, und die Stäbchen sind gewöhn- / / / \ - lieh ein klein wenig angeschwollen. I / \ Es scheinen indes Abweichungen hier- / y / \ von vorzukommen. So hat Ver- fasser Fälle malignen Oedems be- obachtet, wo sich in der Oedemflüs- sigkeit und den Organen überhaupt keine Scheinfädeu, sondern nur kurze Bazillen vorfanden, und avo es auch Fig. 2. Oedembazillen. Schleimfäden nicht durch weitere Impfung oder und Stäbchen. Züchtung gelang, diese Form hervor- zubringen. Es ist deshalb, wie gesagt, nicht ausgeschlossen, sondern im Gegenteil wahrscheinlich, dass sich unter der Bezeichnung Bacillus oedematis maligni verschiedene nahe- stehende Arten mit ziemlich gleichartigen pathogenen Eigenschaften verbergen. Züchtung. Der Oedembacillus ist streng anaerob. Es gelang Pasteur, ihn in Bouillon unter Luftabschluss zu züchten, schwerlich aber wohl in g-anz reinem Zustande. Gaffky brachte ihn im Inneren gekochter Kartoffeln zum Wachstum, Jensen & Sand züchteten ihn teils in Bouillon unter Kohlensäureatmosphäre, teils in einer Mischung von Agar- Agar und Serum, die mit einer hohen Schicht Agar-Agar übergössen wurde. Es entstand hierdurch teils diffuses Wachstum im Agar-Serum '// Malignes Oedein. 627 mit starker Gaseutwickluug- , teils zerstreute isolierte Kolonieeu in den tiefereu Schichten der Agar-Agarmasse. Liborius^* erzielte Eeinkultur des Oedcmbacillus durch Aussaat in Gelatine, indem er diese durch eine hohe Schicht sterilisierten Oeles vor der Einwirkung des Sauerstoffes schützte. Der Oedembacillus lässt sich mittels unserer jetzigen Methoden ziem- lich leicht rein kultivieren, sowohl in Gelatine als in Agar-Agar, teils unter Anwendung von Reagenzgläschen mit hohen Schichten Nährsub- strates, teils l)ei Anwendung von Plattenkulturen unter Pyrogallol, in Wasserstoffatmosphäre oder auch in luftleerem Räume. Er wächst so- wohl in gew^öhulicher Bouillon als in Fleischwasser-Pepton-Gelatine und in Agar-Agar, vorzüglich, wenn diesen ameisensaures Alkali, Trauben- zucker oder ähnliche Stoffe zugesetzt werden. Ferner gedeiht er be- sonders gut in Serum oder in Mischungen aus Serum und den oben- genannten Substraten, wie er auch in vegetativen lufuseu, gekochten Kartoffeln u. dergl. zum Wachstum gebracht werden kann. In Gelatine entstehen nach 2 — Stägigem Stehen bei 20" kleine kugelige Kolonieeu, V2 — 1 ^^ ioi Durchschnitt, die gradweise an Größe zunehmen. Von Anfang an sind sie ganz klar und deswegen schwer zu gewahren, später wird der flüssige Inhalt trübe und mehr grauweiß, noch später erscheint deutlicher Bodensatz in demselben. Bei schwacher Vergrößerung, zuweilen auch bei makroskopischer Betrachtung, gewahrt man eine feine radiäre, von der Oberfläche der Kolonie ausgehende Streifung. Allmählich geht das charakteristische Aussehen verloren und die gesamte Gelatinemasse wird flüssig. Die Kolonieeu in Agar-Agar zeigen ein etwas verschiedenes Aussehen, je nachdem man Agar-Agar von etw^as verschiedenem Festigkeitsg'rade, verschiedener Reaktion oder Zusammensetzung anwendet. Bald entstehen wolkige, dem Anschein nach nicht scharf begrenzte Trübungen, aus dicht zusammengedrängten Bazillenmassen l)estehend, bald erscheinen nach 20 stündigem Stehen bei Körpertemperatur kleine bikonvexe, linsenförmige Kolonieeu mit ziem- lich glattem Rande und granuliertem Inhalte; aus diesen Kolonieeu werden sich rasch Ausläufer mehr oder weniger haarähulichen Aussehens bilden, so dass die Kolonie schließlich ein Aeußeres erhalten kann, das einen an einen haarigen Bezoar denken macht. Auch in Kolonieformeu des malignen Oedems kommen indes Variationen vor. So giebtToKiSHiGi'" an, er habe bei vergleichenden Untersuchungen über echte Oedembazillen- kulturen und Bazillen des Geburtsrauschbrandes gefunden, dass die Ko- lonieeu der letzteren größer und heller seien und kürzere Ausläufer hätten, so dass die Kolonieen ein dem Blumenkohl mehr ähnliches Aus- sehen annähmen. Dies kann noch mehr darauf hindeutcu, dass es, w ie früher erwähnt, mehrere Arten Oedembazillen giebt. In Gelatine- Stichkulturen entsteht in den tieferen Schichten trübe Verflüssigung der Gelatine, die sich allmählich seitwärts ausbreitet, und in der die Bazillen nach und nach zu Boden gefällt werden. Schw-ache Vergröße- rungen zeigen auch hier eine feine radiäre Streifung der Grenze des Gewächses. Findet sich Zucker in der Gelatine, so erscheinen außerdem mehr oder weniger reichliche Gasbläschen. In Agar-Agar-Stich- kultureu entsteht gewöhnlich eine mehr oder Aveniger diffuse wolkige Trübung im Bereiche des Stiches, und auch hier wird es, wenn Zucker vorhanden ist, zur Bildung von Gasbläschen kommen. In Bouillon entsteht in der Regel nur eine Trübung; allmählich erscheint ein ver- hältnismäßig geringer Bodensatz, während die Bildung eines Häutchens 40* 628 C. 0. Jensen. dagegen nicht gewahrt wird. In Milch entsteht allmählich schwaches Gerinnsel, die koagulierten Kaseinklümpchen werden später wieder pep- tonisiert; Milchkulturen verbreiten ebenso wie die anderen Kulturen einen höchst unangenehmen Geruch. In erstarrtem Blutserum oder in Agar-Agar, dem man Serum beigemischt hat, wachsen die Oedem- bazillen äußerst üppig, rufen diffuse wolkige Trübung hervor und ent- wickeln stets eine bedeutende Menge übelstinkender Gasarteu. In gekochten Kartoffeln wird der Bacillus sich unter Abschluss des Sauerstoffes vermehren können, ohne jedoch sichtbare Kolonieen zu erzeugen. Ueber die Umwandlungen, welche der Oedembacillus in Trauben- zucker und anderen Kohlenstoffhydraten hervorzurufen vermag, liegen keine genaueren Untersuchungen vor. Wir wissen nur, dass er diesen unter Säurenbildung und Entwicklung von Gasarten spaltet, welche aus einer Mischung von Wasserstoff, Kohlensäure und vielleicht Kohlen- wasserstoff' bestehen. Welche anderen Zuckerarten und welche poly- valenten Alkoholarten er überhaupt zu spalten vermag, ist uns dagegen unbekannt. Er gehört zu denjenigen Bakterien, welche jauchige Zer- setzung der Eiweißstoffe unter Entwicklung stinkender Gasarten hervor- rufen ; nähere Untersuchungen über die entstehenden Produkte liegen indes nicht vor. Färbung. Der Oedembacillus lässt sich mittels der gewöhnlichen Färbungs- methoden färben. Sein Verhalten der GRAMSchen Methode gegenüber wird etwas verschieden angegeben; während viele behaupten, er entfärbe sich gänzlich bei Jod- und Alkoholbehandlung, führen andere au, entweder, dass er zum Teil die Farbe behalte, oder auch, dass er sich nach dieser Methode sogar ausgezeichnet färben lasse. Die verschie- denen Ansichten können von Verschiedenheiten der angewandten Methode herrühren; vielleicht handelt es sich aber, wie oben erwähnt, nicht immer um dieselbe Bazillenart. Er behält die Färbung nach Grams Methode, wenn zur Ent- färbung statt des Aethylalkohols Amyl- oder Pro- ^>J^-P^Ä"'^'^^ff^'? pylalkohol benutzt wird; ebenfalls behält er seine "''* schematfsch. Färbung bei der Pikrinsäuremethode. Die Fär- bung der Geißelfäden bietet keine besonderen Schwierigkeiten dar. Die Geißelfäden lallen verhältnismäßig leicht ab und tiuden sich oft in den Präparaten nur als lose verworrene Massen. Eiesengeißeln scheinen gar nicht oder doch nur selten vorzukommen. Die Färbung der Sporen geschieht leicht nach den gewöhnlichen Methoden. Empfänglichkeit der verschiedenen Tierarten. Außer den bereits genannten Tieren, die spontan vom malignen Oedem angegriffen werden, hat es sich durch experimentelle Untersuchungen erwiesen, dass eine Reihe anderer Tierarten empfänglich ist, z. B. die meisten kleineren Nagetiere, und zugleich Hühner und Tauben. CoRNEvixi* suchte die verschiedenen Tierarten nach ihrer Empfang- Malignes Oedem. 629 liclikeit zu gruppieren. Als die empf äng-liclisten führt er in der Gruppe I au : Meerschweinchen , Esel und Pferde ; in der Gruppe II kommen Schafe imd Tauben, in der Gruppe III Kauincheu und Hühner. Die Gruppe IV besteht aus weißen Katteu, während er in der Gruppe V als die am wenigsten empfänglichen: Hunde, Katzen und Enten anführt. Das Ivind wird in dieser Reihe nicht genannt; als Cornevin seine Ver- suche austeilte, meinte man, das Rind sei völlig oder doch fast völlig unempfänglich, da nur junge Kälber nach Impfung eine lokale An- schwelluug bekamen. AVie erwähnt, bat es' sich später erwiesen, dass das Rind keineswegs unempfänglich ist, sondern sogar ziemlich häufig von der Krankheit ergritfeu wird, wenn diese auch seltener den Tod herbeiführt, als es z. B. mit dem Menschen und dem Pferde der Fall ist. Vermutlich würde das Rind sich in Cornevins Schema unter der Gruppe IV oder V anbringen lassen. Ganz im allgemeinen gilt, dass junge Tiere empfänglicher sind als ältere; selbst Tiere, die im erwachseneu Alter nur in ganz geringem Grade durch die Impfung affiziert werden, unterliegen, so lange sie ganz jung sind, gewöhnlich der Infektion. Infektionsarten. Ebenso wie die meisten anderen Mikroben vermag auch der Oedem- bacillus auf verschiedene Weise in den Organismus einzudringen. Die wichtigste Infektions weise ist das Eindringen durch Wunden der Haut; es kann von größeren oder kleineren Stichw^unden , gerissenen Wunden oder besonders gequetschten Wunden die Rede sein. Nicht selten tritt das maligne Oedem sekundär auf, nachdem sich, von der Wunde aus- gehend, gangränöse Prozesse entwickelt haben, indem die Bazillen augen- scheinlich besonders gut im abgestorbenen Gewebe gedeihen, wo sie überdies guten Schutz vor der Einwirkung des Sauerstofies der Luft finden. Nicht selten gelingt es überhaupt nicht, den Einwanderuugsort der Bazillen nachzuweisen; dann handelt es sich sicherlich um Infek- tion durch äußerst geringe Läsionen, die sich dem klinischen Nachweis entziehen. In einer relativ großen Anzahl von Fällen sowohl beim Menschen als beim Pferde hat die Infektion sich vorausgehenden sub- kutanen Injektionen zugesellt, wie aus den oben angeführten Beispielen hervorgeht. Zweifelsohne wird die Infektion auch durch die Schleimhaut des Mundes und des Schlundes geschehen können, was Beobachtungen am Menschen, Rinde und Schweiue zeigen; ob es erforderlich ist, dass hier Wuuden vorliegen, ist nicht sicher. Eine von dem gesunden Darm- kanal ausgehende Infektion erscheint als höchst unwahrscheinlich; schon der Umstand, dass bei den Pflanzenfressern regelmäßig Oedembazillen im Darminhalte angetroÖen werden, spricht wider eine Infektion auf diesem Wege. Wie früher erwähnt, können die von Lustig angeführten Beispiele von vermeintlich vom Darmkanal ausgehender Infektion nicht als beweiskräftig angesehen werden. Zahlreiche Versuche, durch Fütte- rung malignes Oedem hervorzurufen, hatten denn auch negativen Erfolg. So unternahm Happicii-'i Fütterungsversuche teils mit Reinkultur, teils mit dem serösen Exsudat und den infiltrierten Muskeln angegriffener Tiere an Meerschweinchen, Kaninchen, weißen Ratten, Schafen, Ziegen, Füllen, Hunden, Katzen und Hühnern, ohne hierdurch jemals einen 630 C. 0. Jensen. Krankheitsfall hervorzurufen. Andererseits lässt sich die Möglichkeit nicht bestreiten , dass eine Einwanderung vorkommen kann , wenn der Darm sich vorher in krankhaftem Zustande befindet; wenigstens deuten einige Versuche von Mexereul "o in dieser Eichtung. Mexereul zeigte, dass Kaninchen, denen man Alkohol und darauf ödemhaltige Flüssig- keit eingab, an malignem Oedem starben, indem eine Gastroenteritis entstand, die eine durch Oedembazillen verursachte Peritonitis im Ge- folge hatte. Wie oben gesagt, liegt auch ein einzelnes Beispiel eines Leidens beim Menschen vor, das möglicherweise durch eine derartige sekundäre Einwanderung von Oedembazillen entstanden war (Grigoejeff & Ukke). Alle Versuche, Infektion durch Inhalation hervorzurufen, hatten negativen Erfolg, und, wie bereits erwähnt, ist es unwahrscheinlich, dass die sogenannte »Hadernkrankheit« zu Kecht als eine durch Einatmung von Oedembazillensporen erzeugte Oedemkrankheit aufzufassen sein sollte. Es bleiben also nur als Beobachtungen, welche die Möglich- keit einer solchen Infektion andeuten könnten, die beiden in aller Kürze von Kitt erwähnten Krankheitsfälle bei Schafen übrig, die plötzlich starben und nur heftiges Lungenödem zeigten, in welchem Oedeml)azilleu gefunden wurden. Ebensowenig ist es gelungen, durch Versuche die Krankheit auf anderen gesunden Schleimhäute experimentell hervorzurufen. So hatten Happichs Versuche, durch Einguss von Kulturen in den Konjunktival- sack und in die Nasenhöhle bei Füllen, Kaninchen und Meerschwein- chen die Krankheit zu erregen, negatives Resultat. Experimentelle Unter- suchungen ergaben dagegen, dass Einspritzungen in seröse Hölilen äußerst leicht eine Infektion herbeiführen, wie es scheint, noch leichter als subkutane Einspritzungen. Vorsichtig ausgeführte intravenöse In- jektionen bewirken aber keine Krankheit, ganz wie dies mit dem nah- verwandten Eauschbrande der Fall ist. Eine von der Schleimhaut des Uterus oder vielleicht vielmehr von der Schleimhaut der Scheide ausgehende Infektion kann, wie schon erwähnt, ziemlich leicht statt- finden, und spontane Krankheitsfälle dieser Art werden, beim Kinde gar nicht selten beobachtet. Bedenken wir, welche außerordentliche Verbreitung die Oedembazillen in der Natur haben, sowohl im Darminhalt als im Dünger, in der Erde und an ähnlichen Stellen, so muss es uns auffallend sein, dass so selten Fälle der Krankheit bei Menschen und Tieren angetroffen werden. Zum Teil lässt diese Seltenheit sich wohl auf die mehr oder weniger sorg- fältige antiseptische Behandlungsmethode zurückführen, welche heut- zutage selbst der Laie bei Verwundungen befolgt, wie auch auf den Umstand, dass anaerobe Bakterien sich nicht leicht in offenen Schnitt- wunden oder doch glatten Wunden ansiedeln. Dies genügt doch wohl kaum, um die Seltenheit zu erklären. Wie die experimentellen Unter- suchungen aber darthun, geschieht die Infektion bei weitem nicht so leicht, wie man von vornherein annehmen möchte, und wie es mit vielen anderen Infektionen der Fall ist. Namentlich liegt eine Eeihe Unter- suchungen von Besson^ vor, welche zeigen, dass man in vielen Fällen große Mengen von Oedembazillensporen in weniger empfängliche Tiere injizieren kann, ohne irgend welche schädlichen Folgen zu bewirken. Die genauere Untersuchung ergiebt, dass die Sporen in diesen Fällen überhaupt nicht zur Entwickelung gelangen, dass sich dagegen rasch eine Menge Leukocyten einstellen, welche die Sporen in sich aufnehmen. Malignes Oedeiu. 631 oder mit anderen Worten, dass die Keimung- der Sporen durch Phago- cytose verhindert wird. In anderen Fällen beobachtet man dagegen tödliche Infektionen nach Injektion sogar ganz kleiner Mengen von Sporen. In letzteren Fällen is^t Bessox zufolge anzunehmen, dass aus irgend einem Grunde keine Phagocytose auftritt. Neuere Untersuchungen von Leclaixche & ValleeöI' ö2 gaben im wesentlichen eine Bestätigung- dieser Beobachtungen nicht nur, was das maligne Oedem, sondern auch was den Rauschbrand betrifft, und der Verf. selbst fand mit Bezug- auf den Bradsot im wesentlichen ganz dasselbe Verhalten. Es scheint, dass diese drei Leiden, die ja auch durch sehr nahverwaudte Bak- terieuformen verursacht werden, sich in außerordentlich vielen Bezie- hungen gleich verhalten. Bessox ist zu der Ansicht geneigt, dass die Einführung von Oedembazillensporen allein fast nie die Entstehung der Krankheit veranlasse, es sei denn, dass zugleich das Gewebe auf irgend eine Weise beschädigt werde; eine solche Beschädigung- kann rein traumatisch sein: Verwundung-, Quetschung, Einführung fremder Körper, sie kann aber auch toxischen Ursprungs sein. Wird z. B. außer den Oedembazillensporen eine ganz geringe Menge Milchsäure eingeführt (CoRXEVix), so wird man stets tödliche Infektion erzielen. Der die In- fektion fördernde EinÜuss der Milchsäure, der ursprünglich beim Rausch- brand gefunden wurde (Akloixg und Corxevix), darf nicht so erklärt werden, wie man ihn anfangs zu erklären geneigt war, dass er nämlich die Virulenz der Bazillen steigere; es ist dagegen als sicher zu be- trachten, dass die Wirkung der Milchsäure darin zu suchen ist, dass sie die Gewebe beschädigt und deren vitale Eigenschaften herabsetzt, während sie zugleich die Zufuhr von Leukocyten verhindert, indem sie negativ chemotaktisch wirkt. Eine Infektion wird außerdem äußerst leicht stattfinden, wenn zugleich mit den Oedembazillensporen noch andere Bakterien eingeführt werden, selbst wenn diese an und für sich durch- aus imschädlich sind. So wird das Bacterium prodigiosum im Verein mit den Oedembazillen mit Sicherheit die Entstehung der Krankheit ver- anlassen. Es sind jedoch nicht alle Bakterienarten im Besitze dieses Vermögens. Dies mit Sicherheit zu erklären sind wir für den Augen- blick nicht imstande, die Annahme liegt aber nahe, dass auch hier von negativen chemotaktischen Einwirkungen die Rede sein kann, welche die Zufuhr von Leukocyten und die Phagocytose, mithin also die Zer- störung- der Sporen verhindern. Indes ist es wohl kaum korrekt, so weit wie Bessox zu gehen, wenn er annimmt, die Oedembazillen allein seien nicht imstande, malignes Oedem zu erregen; zahlreiche Versuche, u. a. die seiner Zeit von Jexsex & Saxd ausgeführten, erwiesen, dass man mit Leichtigkeit imstande war, die Krankheit viele Generationen hindurch von Tier auf Tier zu übertragen, nur indem man eine geringe Menge OedemflUssigkeit in eine frische siibkutane Wunde einführte, und neuere Versuche von Saxfelice"^ haben dies in allem Wesentlichen bestätigt. Wahrscheinlich wird eine Infektion weit sicherer stattfinden, wenn man nicht Bazillensporeu, sondern Bazillen einführt. Noch mehrere andere Umstände vermögen die Entstehung der Infektion zu begünstigen; es erweist sich z. B., dass Tiere oder Menschen, die vorher von einer akuten Infektionskrankheit befallen waren, Itesonders leicht vom malignen Oedem ergriffen werden. In dieser Beziehung können wir auf die wiederholten Beobachtungen über das Auftreten der Krank- heit und deren Komplikation mit typhoidem Fieber beim Menschen verweisen. 632 CO. Jensen, Bei den t^pontaii auftretendeu Fällen der Krankheit, sowohl beim Menschen als bei Tieren, handelt es sich in der Eegel gewiss nm eine »Mischinfektion«, was leicht zu verstehen ist, wenn mau die Infektions- Aveise in Betracht zieht, und es kann uns deshalb nicht wundern, dass das klinische Bild, unter welchem die Krankheit , auftritt, in den ein- zelnen Fällen nicht so gar wenig variiert. Bei typischen Fällen der Krankheit gew^ahrt mau eine mehr oder weniger ausgebreitete ödematöse Infiltration der Subcutis, die sich bis in das darunter gelegene inter- muskuläre Bindegewebe erstreckt und ebenfalls von Oedem in der Cutis und in den Muskeln begleitet wird; die Oedemflüssigkeit kann gelblich, klar oder rötlich sein, in den Muskeln und deu nahegelegenen Drüsen kann es zu größeren oder geringeren Hämorrhagieen kommen; ferner bemerkt man in der Subcutis und im intermuskuläreu Bindegewebe eine größere oder kleinere Anzahl von Gasbläscheu. In vielen Fällen nimmt die Oedemflüssigkeit indes zunächst den Charakter eines dünnflüssigen Eiters an, oder Avird die Gasentwicklung ungewöhnlich stark, so dass das hervortretendste Symptom der Krankheit eigentlich das Emphysem ist. Wieder in anderen Fällen verläutt die Krankheit wesentlich wie eine von starker Gasentwickelung begleitete Phlegmone, so dass das Gewebe schnell nekrotisch wird und sich nebst einer jauchig um- gebildeten Eitermasse und Gasarten durch Wunden ausscheidet, die durch gangränöse Vorgänge in der Haut entstanden sind. In diesen letzten Fällen liegt ja zweifelsohne eine Komplikation vor, indem außer dem Oedeml)acillus pyogene Bakterien wie auch Fäulnisbakterien ver- schiedener Art vorhanden waren, und es wird deswegen in vielen Fällen recht schwierig, den Kraukheitsbegrifl": malignes Oedem von anderen Formen phlegmonöser, von Gasentwickelung begleiteter Vorgänge ab- zugrenzen. Dass nicht jede solche :>Gasphlegmone« vom Oedembacillus herrührt, geht u. a. aus mehreren neueren Untersuchungen hervor; so hat FrÄxkel, wie früher erwähnt, in einigen Fällen als Ursache der »Gasphlegmone« beim Menschen ein unbewegliches anaerobes Bakterium (B. emphysematosum) nachgewiesen, während man in anderen Fällen zur Colibazilleugruppe gehörende Bazillen konstatierte. Wie verhalten sich nun die nichtkomplizierten Fälle ma- lignen Oedems? Auf Basis angestellter Experimente hat man wieder- holt hervorgehoben, das nichtkomplizierte maligne Oedem werde nicht vou Gasentwicklung in den Geweben begleitet, und es lässt sich nun auch nicht bezweifeln, dass eine solche unterbleibt, jedenfalls bei klei- neren Versuchstieren. Da wir anderseits aber wissen, dass die Oedcm- bazillen nach Züchtung teils in zuckerhaltigem Substrat, teils in Blut- serum, Gasarten von verschiedener Zusammensetzung und in reichlicher Menge zu entwickeln vermögen, so liegt an und für sich kein Grund für die Annahme vor, dass die Bazillen durch ihr Wachstum in dem Ge- webe lebender Tiere keine Emphysembildung sollten veranlassen können, und wir dürfen deslialb gewiss davon ausgehen, dass bei größeren Tieren die Gasentwicklung mit zum Krankheitsbilde gehört, auch in nichtkomplizierten Fällen. Es lässt sich nun aber wieder nicht be- streiten, dass neben dem Oedembacillus häufig andere nahverwandte, nichtpathogene Bakterieuarten vorkommen, die ebenfalls und zum Teil in größerem Umfange imstande sind, Gas zu entwickeln. In dieser Be- ziehung kann namentlich der schon von Liborius^''^ beschriebene Pseudo- ödembacillus hervorgehoben werden, der sehr oft im Verein mit dem ecliten Oedembacillus anzutreffen ist, der aber an und für sich nicht Malignes Oedem. 638 im Besitze selbständiger patliogeuer Eigenschaften sein soll. Der Ba- cillus pseuclooedematis ist etwas dicker als der echte Oedembacillus ; er scheint im Besitz einer dünnen, nur wenig hervortretenden Kapsel zu sein; die Sporen, deren man gewöhnlich zwei in jedem Stäbchen findet, sind nicht dicker als der eigentliche Bacillus und bewirken des- halb keine Anschwellung desselben. In Kulturen entwickelt sich eine reichlichere Menge Gas, als bei (Jedembazillkulturen der Fall ist, und die in den Kulturen entwickelten Gasarten bestehen größtenteils aus Butter- säure. Uebrigens weicht die Kultur airch in mehreren anderen Be- ziehungen von der des Oedembacillus ab. Erst nach tiefer eindringender bakteriologischer Untersuchung wird es a1)er zu entscheiden möglich, ob die in einem gegebenen Falle «ngetroffeneu Bazillen ausschließlich Oedembazillen sind, oder ob eine Mischung derselben mit Pseudoödem- bazillen vorlieirt. Verteilung der Bazillen im kranken Organismus. Bei der mikroskopischen Untersuchung der größeren, von der Krank- heit befallenen Tiere finden sich Oedembazillen in selir großer Menge in der Oedemilüssigkeit vor und oft, einen dichten Filz bildend, in un- glnublichcr Masse in den festeren Bindegewebsteilen wie auch in den oberflächlichen Scliichten der Mus- keln; in den tieferen Schichten der "^v . Muskulatur finden sich die Bazillen dagegen in spärlicherer Menge. Die Verbreitung ist überhaupt ziemlich lokal; so werden sie sich bei noch 4^^«; ^ , vv^^,. -^ -' ^ . , ■ lebenden Tieren nur in sehr spar- %f'i)^^'{^v'^^^^i^^:- "^^'r"'-'' . , .. lieber Menge im Blute nachweisen '" " ''"^^%'S/^^^1'"^t^ ^^ .:' lassen und fehlen sie meistens in - .. :^^^'^'^^tß^'^'''^^^%^^^ den inneren Organen, wogegen sie, '"^^^ 'ä?y^ ■^^\J^>-zV- 'i'^*;^\'^'^^^.\ wenngleich nicht konstant, in den . ,„.^ .^,.,,,^^, ,. ,^^ >y -^, serösen Körperhöhlen vorgefunden ü/,-,, '^'' ^_4^^^sk ^C^ werden. Nach dem Tode des Tieres ',..; ■■_- ''T-^-'^,/*'" '^^\ wird das Verhältnis rasch ein an- 7 ' Z"^- - '' deres, indem die Bazillen dann rasch "'.^ - ins Blut einwandern und sicli, den pj^ 4 Gefäßbahnen folgend, überall im Malignes Oedem. »Sclmittpräparat der Organismus ausbreiten, so dass man Subcutis. Präparat vom Pferde, nach Verlauf von 12 — 20 Stunden selbst bei großen Tieren in den meisten Organen Oedembazillen in un- geheurer Anzahl finden kann. Bei den kleineren Tierea, besonders dem Meerschweinchen, verhält es sich etwas anders. Hier finden wir nämlich schon bei der Sektion auch in den meisten inneren Organen Bazillen; durch Untersuchung an Schnitt- präparaten kann man sich aber leicht überzeugen, dass die Bazillen nicht auf dem Wege der Blutbahn dahin geführt sind, sondern dass sie sich, wie zuerst von Gaffky angegeben, durch einfache Verbreitung und fort- gesetztes Wachstum von der ursjtrünglichen Infektionsstelle aus fort- gepflanzt haben, bis sie in die Körperhöhlen gelangten; sie wachsen hier weiter, infizieren die Oberfläche der Organe und breiten sich all- mählich von deren oberflächlichen Schichten in die tieferen hinab aus. 634 C. 0. Jensen, Nur in betreff der Mäuse findet schon beim lebenden Tiere eine rascbe Einwaudenmg von Bazillen in den Blutstrom statt, so dass wir immittel- bar nach dem Tode im Blute Bazillen in großer Menge finden können, welches Verhalten gewiss zur früher so häufig vorgekommen Verwechse- lung dieser Krankheit mit dem Milzbrand geführt hat. Die in der Oedemflüssigkeit angetroftenen Bazillen erweisen sich teils als kurze Stäbchen, teils als Ketten von Stäbchen, teils endlich als lauge, oft ungegliederte Fäden (Scheinfäden). Häufig ist ein Teil der kurzen Stäbchen sporentragend. In den serösen Höhlen kommen die Bazillen meistens als lange Fäden vor. Von diesem Verhalten giebt es indes Abweichungen, indem man Stämme von Oedembazillen erhalten kann, die sich überhaupt nicht bis nach den serösen Höhlen der Tiere aus- breiten, und die in den Tieren nie als Fäden oder Bazillenketteu, son- dern nur als einzeln liegende kürzere Stäbchen auftreten. Dies ist wieder ein Verhalten, das dafür spricht, dass sich unter dem Kamen, »Oedembazillen« mehrere nahe verwandte Arten verbergen. Wirkungsweise. Virulenzänderung. lieber die AVirkungsweise der Bazillen liegen bisher nur verhält- nismäßig wenige Untersuchungen vor. Roux & Chamberland '^^ kon- statierten 1887, dass die Bazillen in künstlichen Substraten nur in spär- licher Menge toxische Stoffe bilden, indem Meerschweinchen erst nach intraperitonealer Injektion großer Dosen Kultur erkrankten, aus welchen die Bazillen entfernt waren. Als weit stärkere Giftwirkung besitzend erwies sich dagegen die filtrierte Oedemflüssigkeit der kranken Tiere; doch waren auch von dieser ziemlich große Dosen (40 ccm) erforderlich, um mit Sicherheit den Tod herbeizuführen, der nach Krämpfen eintrat. Neuere Untersuchungen, u. a. von Saxfelicei^ imd Besson^ haben eben- falls die liildung toxischer Stoffe in den Kulturen festgestellt, jedoch nur in ziemlich spärlicher Menge oder von verhältnismäßig geringer Wir- kung. Die toxischen Stoffe passieren Chaml)erlands Filter und scheinen ■ — wenigstens zum Teil — starke Erhitzung (105 — 110°, Roux & Chamberland) ertragen zu können. Ueber ihre Natur und ihre sonstigen Eigenschaften liegen übrigens keine sicheren Aufschlüsse vor. Aus Versuchen, die von Bessox unternommen und später von Leclainche & Vallee51'52 wiederholt Avurden, geht hervor, dass diese Stoöe — ganz wie es auch beim Eauschbrand der Fall ist — im Besitze einer negativ chemotaktischen Wirkung auf die Leukocyten sind, so dass sie es wahrscheinlich sind, die die Emigration der weißen Blutkörper- chen bei der durch den Bacillus erregten Entzündung verhindern. Ver- mutlich ist anzunehmen, dass die toxischen Stoffe stark irritierend auf die Gefäße oder auf deren Nerven wirken und hierdurch das starke Austreten des serösen Exsudats bedingen. Nähere Untersuchungen ül)er dieses Verhalten liegen nicht vor, wir wissen indes, dass man imstande ist, mittels großer Dosen Filtrat von Kulturen eine ödematöse Infiltration zu erregen, die allenfalls teilweise der durch Infektion erzeugten ähn- lich ist. Was Aenderungen der Virulenz der Oedembazillen betrifi't, so liegen nur ganz wenige sichere Untersuchungen vor. Ein Vergleich der Sporen mit Bezug auf den Grad ihrer Virulenz ist relativ schwierig, weil es, wie oben erwähnt, öfters eintritt, dass die Sporen überhaupt Malignes Oedem. 635 nicht zur EntwickluDg g-elaug-eu, nachdem sie in die Gewehe lebender Tiere eingeführt sind. Zum Vergleich eignen sich deshalb die vegeta- tiven Formen des Bacillus besser. Unters n chunge u , die von Cornevix und anderen angestellt wurden, ergaben, dass man imstande ist, durch Einwirkung des Phenols und phenolartiger Stoffe, ferner durch Ein- wirkung höherer Temperaturen eine graduelle Abschwächung der Viru- lenz des Bacillus zu erzielen, so dass man auf diesem Wege Vaccins von verschiedener Stärke darzustellen vermag, die sich als Schutzmittel gegen die Wirkung der Impfung mit vollvirulenten Kulturen anwenden lassen. Neuere Untersuchungen von Leclainciie & Vallee haben die Richtig- keit hiervon in allem Wesentlichen festgestellt und dargelegt, dass völlige Uebereinstimmung der biologischen Verhältnisse stattfindet, mithin auch, was die Aenderungen der Virulenz und die Immunitätsverhältnisse beim Rauschbrand und malignen Oedem betrifft. Der Oedeml)acillus kann also ganz unter denselben Verhältnissen, wie es mit dem Eauschbrand- bacillus der Fall ist, an Virulenz verlieren. Anderseits wurde durch verschiedene Versuche festgestellt, dass die Virulenz abgeschwächter Bazillen durch fortgesetzte Einimpfung auf empfäugliche Tiere Avieder gesteigert werden kann, und Versuche von Cornevin scheinen ferner anzudeuten, dass es möglich ist, durch fortgesetzte Einimpfung auf eine bestimmte Tierart nicht nur die Virulenz mit Bezug auf die betreffende Tierform auf etwas einseitige Weise abzuändern, ebenso wie dies mit so äußerst vielen anderen Bakterieuformen der Fall ist, sondern auch die Virulenz des Bacillus überhaupt durch fortgesetzte Passage durch weiße Ratten zu schwächen, während dieselbe vermeintlich — jedenfalls hinsichtlich der Kaninchen — durch Passage durch Hühner zunimmt. Es ist früher erwähnt worden, dass man in Fällen von »Gasphleg- monen« oft nicht den Bacillus oedematis sondern andere Bakterienarten und besonders Fräxkels Bacillus emph3'sematosus antrifft. Bei spontanen typischen Fällen malignen Oedems hat man bis jetzt immer den Oedembacillus gefunden ; dagegen kennen wir eine Reihe Bakterien- formen, die imstande sind, bei Einimpfung auf kleine Versuchstiere das Bild typischen malignen Oedems hervorzurufen, und die nicht obligate Anaerobionten sind. Als Beispiele solcher Bakterien können besonders Nows^"^ »Bacillus oedematis maligni II« (aus Milchnuklein isoliert), Kleins44 Bacillus oedematis sporogenes (aus Gartenerde) und Saxfe- lices^^ Bacillus oedematis aerogenes genannt werden. Litteratur. 1 Albrecht, Woclienschr. f. Tierh.. 1897, S. 479. — 2 Attinger, ebd., 1895. Bd. 39, S. 197. — 3 Besson, Ann. Pasteur, 1895, p. 179. — * Born, Veterinarius, 1897, Nr. 16. — 5 Braatz. Baumgartens Jahresber., Bd. 3, S. 120. — c Bremer, ref. Centralbl. f. Bakt.. 1888, Bd. 4. S. 303. — - Brieger & Ehrlich, Berl. klin. Wochenschr., 1882, S. 661. — « Böhm, Wochenschr. f. Tierh., 1895, Bd. 39, S. 485. — " Battistini, La clinica veter., 1897, p. 205. — lo Carl, Deutsche tierärztl. Wochenschr., 1895, Bd. 3, S. 353. — n Charrin & Koger, Comptes rend.. 1887, Nr. 25. — 12 Chauveau & Arloing, Ann. d. med. veter., 1884, p. 385 et 601. - 13 Dies., Reo. de med. vet6r., 1884, vol. 61, p. 544. — ^ Cornevin, Journ. de med. vetor.. 1888, p. 393. — i- Ders., Comptes rend., 1888, vol. 107, p. 183. — iß van Cott, Centralbl. f. Bakt., 1891, Bd. 9, S. 303. — n Le Dantec, Ann. Pasteur, vol. 6, p. 851. — 1« Duexschmann, ibid., vol. 8, p. 403. — w Eckart, Wochenschr. f Tierh., 1898, S. 489. — 20 EiSENBi^RG, Przeglad Lekarski, 1899. Nr. 45—46. — 2i Erhardt, Schweiz. Arch. f. Tierh.. 1896, Bd. 38, S. 82. — 22 Freudenreich & Gseller, 636 C. 0. Jensen, Malignes Oedem. Landwirtsch. Jahrb. d. Schweiz, 189Ö, Bd. 10, S. 136. — ■^■i- ^^ Friis, Tidsskrift for Veterinjerer, 1888, Bd. 18, S. 182; Deutsche Z. f. Tiermed., 1889. Bd. 15. S. 427. — 25,20 Fköhner, Mouatsh. f. pr. 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Von Prof. Dr. van Ermengem in Gent [Belgien;. Mit 4 Fieruren im Text. 1. Geschichtliches. Die Kraukheitserscheinungen, welche unter dem Namen der Fleisch- vergiftung bekannt sind, wurden lange Zeit als echte Vergiftung infolge von Fäulnissuhstanzen , Ptomainen, betrachtet. Infolge der neueren bakteriologischen Untersuchungen wissen wir indessen heute, dass man unter der Bezeichnung Fleischvergiftung Krankheiten zusammeugefasst hat, welche vollkommen verschieden sind, indem die einen richtige In- fektionen, die anderen richtige Vergiftungen durch die Produkte von Saprophyten sind. Es ist außerdem aber jetzt durchaus erwiesen, dass die giftigen Substanzen, die infolge der gewöhnlichen Fäulnis entstehen, nur eine sekundäre Rolle oder überhaupt keine bei dem Entstehen der Fleischvergiftung spielen und dass die sogenannten Fleischvergiftungen ebenso sehr durch die Spezitizität ihrer Ursachen, sowie durch die Ver- wickeltheit ihrer Aetiologie und durch die bestimmten Formen ihres klinischen Verlaufes eine besondere Stellung einnehmen. BollingerI (1876) und nach ihm Siedamgrotsky^ (1880) haben das Verdienst, zum ersten Male eine erste Gruppe von Krankheits- erscheinungen infolge der Nahrungsaufnahme aufgestellt zu haben, die häufig vorkommen und bei welchen die gastrointestinalen Symptome vorherrschen. Bollinger reihte diese pathologischen Erscheinungen ein unter den Begriff der Sepsis intestinalis oder der septisch pyämischeu Gastroenteritis. Bollinger legte den Nachdruck auf die infektiöse »mykotische« Natur dieser Vorgänge und suchte in einer großen Anzahl dieser Fälle die Ursache darin, dass das genossene Fleisch von Tieren herrührte, die selbst an septischen Infektionen erkrankt gewesen waren. Der Scharfblick Bollixgers wurde in- dessen erst mehrere Jahre später erkannt, im Jahre 1888 bei Gelegenheit einer Entdeckung von Gärtner 3, der zuerst bei einer Epidemie zu Frankenhausen die entscheidende Rolle eines bestimmten IMikroorganismus, des Bacillus entcritidis nachwies. Die Forschungen, Avelehe Klein vom Jahre 1880 ab in derselben Richtung anstellte, kann man kaum 538 '^^^ Ermengem, » als beweisend annehmeu: obwohl Buchanan^, Ballard ^ i\. a. sicli aiit dieselben stützten, als Beweis dafür, dass die in Frage stehenden Krank- heitsfälle »angesichts der Befunde als richtige Infektions- krankheiten betrachtet werden mussten, genau ebenso wie der Scharlach oder die Tuberkulose« (Ballard, 1892. S. 114). Seit dem Jahre 1888 haben sich dann die exakten Beobachtungen sehr vermehrt und haben immer weiter dazu beigetragen, die Rolle be- stimmter Mikroorganismen bei der Entstehung der intestinalen Form der Fleischvergiftungen deutlich zu zeigen. Man kennt gegenwärtig mindestens ein Dutzend Mikroorganismen, die aus verdächtigen Nahrungs- mitteln oder aus den Organen von Gestorbenen in Deutschland, in Belgien, in Holland, in der Schweiz, in Frankreich und in England isoliert wurden bei Epidemieen, die sich an den Genuss von Fleisch von kranken Tieren anschlössen. Alle diese Mikroorganismen scheinen zu einer gemeinsamen Gruppe zu gehören, zu der Gruppe des Bacillus enteritidis von Gärtner. Die gastrointestinale Form der Fleischvergiftungen kann indessen sehr wahrscheinlich noch dadurch hervorgerufen werden, dass Nahrungs- mittel, vornehmlich Fleisch, durch andere Mikroorganismen invadiert werden. Zu wiederholten Malen schon hat man in dieser Hinsicht gewisse Arten, die zur Klasse des B acter ium coli gehören (cf. Escherich und Pfaundler), ferner Proteusartcu beschuldigt. Aber die Liste der Saprophyten, welche ein von einem gesunden Tiere herstanmiendes Fleisch oder auch irgend ein anderes Nahrungsmittel, das ursprünglich gänzlich unschädlich war, ungenießbar machen können, ist noch weit davon entfernt, vollständig entschöpft zu sein. Die Fleischvergiftungen infolge der Thätigkeit dieser Mikroorganismen stellen eine zweite Gruppe dieser Krankheitserscheinungen dar. Unter den pathologischen Erscheinungen, die unter der gemein- schaftlichen Bezeichnung der Fleischvergiftung zusammengefasst Averden, bleibt noch eine wohl charakterisierte dritte Gruppe, welche diejenigen Krankheitserscheinungen umschließt, die die eigentlichen klinischen Charaktere des klassischen Botulisnius zeigen, Avie diese beobachtet und beschrieben wurden von den älteren Autoren Kerner 6, Schloss- BERGER^, Müller*, Husemann'^ u. s. ^\. Die Aetiologie dieser wichtigen Kategorie von Nahrungsmittelvergiftungen blieb lange Zeit vollkommen dunkel, und bis in die jüngsten Jahre war man weit davon ent- fernt zu vermuten, dass sich imter diesen so eigcntümliclien Krank- heitserscheinungen eine von Mikroorganismen herrührende Vergiftung barg, die vollständig verschieden ist von derjenigen der Eiweißfäulnis. Die charakteristischen Krankheitserscheinungen des Botulismus be- stehen in l)estimmten nervösen Störungen, und die Veränderungen in den Nahrungsmitteln, durch Avelche diese Störungen hervorgerufen werden, werden, wie man dies bereits seit vielen Jahren vermutet hatte [Heller9 (1852). VAN den CorpütIo (1854)] durch die fermentative Thätigkeit eines spezifischen Mikroorganismus verschuldet. Es ist dies ein Saprophyt, der sich in den betreffenden Nahrungsmitteln vermehrt hat, und zwar infolge der besonderen Bedingungen der Konservierung oder der Zubereitung der betreöenden Nahrungsmittel, indem dieselben dem Einfluss der Luft entzogen Avurden, und dem van Ermengem ii, der ihn im Jahre 1896 entdeckt hatte, den Namen des Bacillus botulinus gegeben hat. Die pathogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. 639 2. Fleichvergiftungen infolge von Mikroorganismen, die zur Gruppe des Bac. enteritidis gehören. Gewölmlicli werden die Fleisch Vergiftungen hervorgerufen durch den Genuss von Schlachttieisch oder durch Wursttieisch, die in frischem, zuweilen selbst rohem Zustande genossen werden. Es entstehen dann häutig mehr oder weniger ausgebreitete Epidemieen, deren Schwere und klinisches Bild ziemlich wechselnd sind. Im allgemeinen zeigen die Symptome einen akuten Gang und entwickeln sich in einigen Tagen wie ein Anfall von Cholerine, von Cholera nostras oder einer entzündlichen Gastroenteritis (Febris gastrica), bisweilen begleitet von mehr oder weniger ausgesprochenen Symptomen von Muskelschwäche oder Ataxie. Sie können auf diese Art und Weise sogar einen typhösen Zustand vortäuschen. Häutig unterscheiden sie sich kaum von einem einfachen und gewöhnlichen Gastrointestinalkatarrh. Die Rekon- valeszenz ist immer langsam, und Rezidive sind durchaus nicht selten. Die Sterblichkeit überschreitet kaum 2 — b%. Neben den im Vorder- grunde stehenden Symptomen, wie diarrhöischen, gelblichen, stark riechenden Entleerungen, kolikartigen Schmerzen, Erbrechen, Muskel- schwäche, beol)achtet man ziemlich häutig All)uminurie, katarrhalische Pneumonie und auch Erscheinungen seitens der Haut, wie Herpes, poly- morphe Erytheme, Roseola, Urticaria, skorbutoide Blutergüsse in die Haut oder Petechien und bisweilen nach der Heilung eine ausgebreitete Abschuppung der Epidermis auf der Innenfläche der Hände oder der Fußsohle u. s. w. Augenstörungen fehlen; von Zeit zu Zeit will man dabei Erweiterung der Pupillen beobachtet haben, die indessen im all- gemeinen wenig ausgesprochen und vorübergehend war. Die Krankheitserscheinungen beginnen gewöhnlich 6 — 12 Stimden nach dem Verzehren des verdächtigen Fleisches, bisweilen allerdings weit später. Das Erbrechen und die Diarrhöe treten in einigen Fällen wie bei einer richtigen Magenstörung unmittelbar nach der Mahlzeit auf. Bei der Autopsie fludet man mehr oder minder ausgesprochene Läsionen von Gastroenteritis, öfter hämorrhagischen Charakters. Der Dünndarm zeigt sich stark aufgetrieben und hyperämisch. Die Follikel und die PEYERSchen Plaques sind geschwellt und hervortretend; der Dickdarm ist wenig ergritien. Die Milz zeigt ein vergrößertes Volumen. Die Nieren und die Leber sind blutreich, und bisweilen lässt sich Nephritis nachweisen. Die Fleischsorten, deren Genuss die in Frage stehenden Unglücks- fälle verursachen, stammen im allgemeinen von Rindern, Kälbern, Kühen, bisweilen von Schweinen oder selbst von Pferden. In einer sehr großen Zahl der Fälle konnte nachgewiesen werden, dass die Tiere, von denen das Fleisch stammte, notge- schlachtet worden waren und rapide abmagerten, ja sogar dass sie schon vorher verendet waren, bevor sie notge- schlachtet werden konnten. Am häufigsten litten sie an septischen Entzündungsprozessen oder an traumatischen, puerperalen u. s. w. Septikämieen (Metritis, MaramaentzUn- dung, Polyarthritis, Phlebitis der Nabelvene u. s. w.) oder an anderen ungenau umschriebenen Krankheitserscheinungen, welche die Symptome von Enteritis oder von Darm- und Lungenentzündung darboten. Die gastrointestinalen Formen in- 640 van Ermengeui, folge des Genusses solchen kranken Fleisches entstehen besonders im Sommer und zwar nach dem Geuuss von verarbeitetem Fleische, also Würsten, Schabe- und Hackfleisch, Fleischpasteteu, gepökeltem oder geräuchertem Fleisch. Diese Nahrungsmittel sind ganz besonders ge- fährlich, weil man hierzu Eingeweide hinzumischt, wie Leber, Milz, Drüsen, Lunge, in denen die pathogeuen Bakterien sich ansammelo, und weil infolge der längeren Konservierung derartiger Fleischwaren die Mikroorganismen und ihre Gifte Zeit haben, dort in größerer Menge zu gedeihen. Basenau12, Poels & Dhoxti* haben nachgewiesen, dass Bakterienarten, welche dem Bacterium enteritidis sehr nahe- stehen, in dem Muskelgewebe hervorragend geeignete Wachstums- bedingungen für eine reichliche Entwickelung selbst bei niederen Tem- peraturen (10") finden. Endlich ist das mehr oder weniger vollkommene Kochen im allge- meinen ebensowenig genügend wie die Pökelung und die Käucherung, um Fleischvergiftungen infolge von Fleisch, das von kranken Tieren stammt, zu verhüten, während im Gegensatze hierzu diese Zubereitungs- arten die Nahrungsmittel, welche das so starke Botulismusgift enthalten, unschädlich machen. Das Gift dieses Bacillus wird bei der Erwärmung auf 60 — 70" unwirksam, während das Toxin des Bac. enteritidis selbst der Siedehitze Aviedersteht. Noch dazu wird im Innern der gekochten oder gebratenen Fleischstücke häutig nicht einmal der Temperaturgrad erreicht, der nötig ist, um diese Mikroorganismen ' abzutöten (60 — 70"). Die ersten Forschungen, welche dahin führten, in einwandsfreier Weise die infektiöse Natur der Fleischvergiftungen gastrointestinaler Formen nach- zuweisen, verdanken wir Gärtnek. Dieser Autor isoherte im Jahre 1888 aus dem noch frischen Fleisch und aus der Milz einer Kuh, die iu extremis wegen eines Darmleideus notgeschlachtet werden musste, sowie aus der Milz eines an der Fleischvergiftung Gestorbenen einen pathogeuen Mikroorganismus, den er sehr gründlich studierte. Auf Schnitten bildeten die iu Frage stehen- den Mikroorganismen im Muskelgewebe längliehe Häufchen, Avelche die kleinen Gefäße ausfüllten. In der Milz des Tieres waren sie zerstreut, iu der mensch- lichen Milz in einzelnen Herden da und dort angeordnet. Gärtner be- schreibt diesen Mikroorganismus als einen ziemlich beweglichen Bacillus, kurz und dick, häufig umgeben von einem Hofe, der sich iu alten Gelatiuekulturen ungleichmäßig färbt, indem eines seiner Enden stärker die Farbe annimmt. Infolgedessen entsteht, wenn zwei derartige Mikroorganismen aneinanderstoßen, das Bild einer 8. Die oberflächlichen Kolonieen erscheinen ihm charakte- ristisch: sie sind granuliert, wie aus groben Körnern bestehend, und zeigen einen durchsichtigen Saum. Gärtner stützte sich hauptsächlich auf diese Eigenschaften, um den Bacillus enteritidis zu identifizieren. Unglückbcher- weise aber sind diese Eigenschaften keine beständigen und fehlen häufig, wie VAN ErmengemI^, Fischer i^, Gärtner selbst 'f* u. a. in der Folge nachweisen konnten. Remy & Sugg^^ (1892) haben im Laboratorium von VAN Ermengem die Merkmale des Bacillus enteritidis noch vervoll- ständigt, indem sie an Kulturen, die sie von Gärtner erhalten hatten, folgende Charaktere zeigen konnten: ziemlich große Beweglichkeit, ähnlich der des Typhusbacillus, etwa 6 — 8 ziemlich lange Geißeln, Fehleu der Färbbarkeit nach Gram, keine Indolerzeugung in Peptonwasser (s. Petri^*). Milch wird nicht koaguliert, wird dagegen nach etwa 8 Tagen Kultur bei 37" weniger undurchsichtig, etwas gelblich und deutlich alkabsch; Traubenzucker, Milch- zucker, Rohrzucker u. s. w. wird vergoren unter ziemlich bedeutender Gas- entwicklung. (Fischer 19 sagt in einer neueren PubUkation, dass der Bacillus Die patbogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. 641 enteritidis, den er studiert habe, Milcli- und Kobrzucker nicht vergäre). Gärtner wies das pathogeue Vermogeu seines Mikroben für zahlreiche Tier- arten nach, für Mäuse, Meerschweinchen, Kaninchen, Tauben, Schafe und Ziegen; Hunde, Katzen, Hühner u. s. av. zeigten sich unempfänglich. Die empfänglichen Tiere erliegen ebensowohl der Infektion per os wie der sub- kutanen und intraperitouealen Impfung. Sie zeigen flüssige Entleerungen, und bei der Sektion findet mau eine ausgesprochene entzündliche Hyperämie der Eingeweide, die häufig hämorrhagischen Charakter zeigt, ferner lobuläre pneumonische Herde, Exsudate in den Pleuren, Blutergüsse unter der Pleura, auf der Oberfläche der Leber, Nieren u. s. w. Die Mikroorganismen lassen sich in großer Menge nachweisen im Blute, im Darminhalt, in den parenchy- matösen Organen, wo sie häufig nekrotische Herde verursachen, welche den- jenigen bei Pseudotuberkulose ähneln. Lokal entstehen an dem Orte der Einspritzung unter der Haut ausgedehnte seröse oder serös hämorrhagische In- filtrationen, häufig speckig mit Eiterbildung. Die Stoffwechselprodukte der durch Kochen abgetöteten Kulturen zeigten sich giftig, allerdings in ziemlich hohen Dosen, für Mäuse und für Meer- schweinchen. Sie riefen nach der Einführung per os bei Meerschweinchen dieselben Zeichen von Gastroenteritis hervor wie die lebenden Keime und zu gleicher Zeit nervöse Störungen , Paresieen der hinteren Extremitäten ab- wechselnd mit krampfartigen Zusammenziehungen. Karlinski'-ö glaubte im Jahre 1889 ebenfalls den Bacillus enteritidis gefunden zu haben und zwar in dem Darminhalt eines Kranken, der an Gas- troenteritis litt, und in den Resten von geräuchertem Ziegenfleisch, das der Betrefleude verzehrt hatte. Der von Karlinski isolierte Mikroorganismus ist indessen unvollständig beschrieben, und man muss an seiner Ueberein- stimmung mit demjenigen von Gärtner zweifeln, weil nach dem Autor selbst er die Milch zum Gerinnen bringt. Karlinski sagt, er habe denselben Mikroorganismus in dem Darminhalte von gesunden Ziegen und in demjenigen des gesunden Menschen gefunden; danach wäre es ein ge- wöhnlicher Saprophyt, der in jedem organischen, in Zersetzung befindlichen Material verbreitet ist. Gärtner 21 selbst, der zuerst die Spezifizität des Bacillus enteritidis aufrecht erhalten hatte und ihn vergeblich in der- artigem Material gesucht hatte, hat dann in der Folge zugegeben, dass der Bacillus enteritidis sich in organischem, in Verwesung befindlichem Material wie in beliebigen Leichen in ziemlicher Verbreitung findet. LuBARSCH-2 hat eine septische Infektion bei einem Neugeborenen einem Mikroorganismus zugeschrieben, den er mit dem Bacillus von Gärtner identi- fiziert, aber seine Beschreibung ist sehr unvollständig. Den Untersuchungen von Gärtner über die Fleischvergiftung waren, ob- wohl sie, was das Datum der VeröÖentlichung angeht, die ersten waren, trotzdem solche von anderen Autoren, nämlich von Gaffky & Paak^s voran- gegangen, die sich seit 1885 damit beschäftigt hatten. Diese Forscher ver- öffentlichten im Jahre 1890 ihre Beobachtungen bei Gelegenheit der Epide- mieen von Rohrsdorf und von Egelsdorf, welche 80 Personen betroffen hatten, unter diesen einen Todesfall. Sie konnten in den angeschuldigten Nahrungsmitteln, Würsten aus Fleisch und der Leber eines Pferdes, das Abszesse gehabt hatte, nur den verflüssigenden Proteus nachweisen. Aller- dings hatten sie das Untersuchungsmaterial erst in einem Zustande der voll- ständigen Fäulnis erhalten. Aus den Organen der Tiere, welche mit den Würsten geimpft worden waren, züchteten sie einen kleinen, kurzen, beweg- lichen Bacillus, der auf Gelatine in Form von wenig charakteristischen Kolo- nieen wuchs, die sehr denjenigen von Bact. coli ähnelten. Seine Entwick- Handbueh der pathogenen Mikroorganismen. IL 41 (342 van Ermengem, hmg auf Agar, in Bouillon, auf Kartoffeln zeigte ebenfalls keine charakteristische Eigenschaften. Er bringt die Milch nicht zum Gerinnen (s. Gaffky^^)^ erzeugt kein Indol (Petrins) und vergärt die verschiedenen Zuckerarten, Traubenzucker, Milchzucker unter Gasbildung (Poels & Dhoxt^*»). Der Mikroorganismus von Gaffky & Paar ist also durch keine bestimmten Eigenschaften von dem Bacillus enter itidis zu unterscheiden. Dahingegen scheint er stärker virulent zu sein. Er tötet akut in kleinster Quantität verimpft, selbst bei einfacher Haut- oder Kornealeiureibung Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen. Per os erzeugten seine Kulturen regelmäßig bei Mäusen, Meerschweinchen und Affen, seltener bei jungen Hunden, Katzen und Kaninchen eine Gastroenteritis, die im allgemeinen tödlich verlief. Wenn die Infektion vom Magendarmkanal aus sich in die Länge zog, so kam es häufig zu Lähmungen der hinteren Extremitäten. Die verimpften Mikroorganismen finden sich im Blut, in den Darmentleerungen, den inneren Organen, der Leber, der Milz, und verursachen die Bildung von kleinen nekrotischen Herden, die makroskopisch sichtbar sind. In den Kapillaren bilden sie Häufchen, welche die Gefäße verstopfen. Endlich bilden sie häufig wenig umfangreiche Abszesse in der Milz längs der Puppen, der Wirbelsäule, wenn der Tod erst spät ein- tritt. Die durch Siedehitze sterilisierten Kulturen zeigten sich vollständig un- wirksam. Nach Gaffky & Paak muss der Wurstbacillus« in der Außen- welt verbreitet sein. Sie glaubten ihn aus dem Darminhalt von Mäusen, die stark in Zersetzung begriffen waren, isoliert zu haben. Derselbe Mikro- organismus, aber in nicht virulentem Zustande, soll übrigens sich häufig in dem Darminhalt von verschiedenen Tierarten finden. Aber in der Periode der bakteriologischen Forschungen, in Avelcher diese Forscher ihre Unter- suchungen anstellten, waren sie sehr der Gefahr ausgesetzt, den fraglichen Mikroorganismus, dessen bestimmte Merkmale damals noch nicht festgestellt waren, mit gewöhnlichen Fäulnisbakterien zu verwechseln. Eine sehr ausgebreitete Epidemie, die im Jahre 1889 zu Cotta bei Dresden ausbrach und 126 Personen, darunter 4 Todesfälle, ergriff", gab die Gelegenheit zu weiteren Forschungen, an denen sich Neelsex, Johne & Gärtxer27 beteiligten. Aus dem verdächtigen Fleisch, das von einer in- folge eitriger Euterentzünduug notgeschlachteten Kuh herstammte, aus dem Knochenmark dieses Tieres, ebenso aus dem Darminhalt, dem Blute und der Milz zweier in der Epidemie gestorbener Menschen isolierten sie einen Mikro- organismus, dessen mikroskopisches Aussehen und kulturelles Verhalten sich in nichts von dem Bacillus enteritidis unterschied. Der Mikroorganismus zeigte sich pathogen für Mäuse und Meerschweinchen. In die Milchgäuge einer Kuh injiziert, verursachten seine Kulturen eine schwere nekrotische und eitrige Entzündung des Euters. Nach dem Kochen indessen zeigten sich die Kulturen vollständig unwirksam ebenso wie das verdächtige Fleisch nach dem Kochen und die aus demselben hergestellte Fleischbrühe unwirk- sam war. Gärtner zögerte indessen, den in dem betreffenden Fleisch ge- fundenen Bacillus als die Ursache der Epidemie von Cotta anzuerkennen, weil er sich zu wenig von gewöhnlichen saprophytischen Arten unterscheidet. Freilich bemerkt er, dass auch der echte Bacillus enteritidis nach einiger Zeit gewöhnlich die Fähigkeit verliert, Toxine zu bilden. Im Jahre 1890 bei Gelegenheit einer kleinen Epidemie mit gastroenteriti- schen Symptomen auf einem Gute des Distriktes Friedberg in Hessen, wobei 12 Personen ohne Todesfall erkrankten, gab Gaffky 28 an, dass er in den Darmentleerungen einer dieser Kranken den Wurstbacillus, der bei der Epi- demie von Röhrdorf isoliert Avorden war, gefunden habe. Das angeschul- digte Fleisch stammte von einer Kuh, die infolge der Klauenseuche not- Die pathogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. 643 geschlachtet worden war. Das Fleisch war vermischt worden mit dem Fleisch eines Schweines, das indessen bei der Fleischbeschau gesund be- funden war. Leider hat Gaffky nicht die Resultate der vollständigen Unter- suchung dieses Mikroorganismus veröfientlicht; seine vollkommene Identifizierung und die Beziehung zum Bacillus enter itidis bleiben unbekannt. Die Epidemie von Moorseele (Flandern), wo von 8(D Kranken 4 starben, bildete im Jahre 1891 den Gegenstand von ausgebreiteten Forschungen seitens VAN Eiimexgem29. Das Fleisch, welches die Erkrankung verursacht hatte, war gebraten oder gekocht verzehrt worden und stammte von zwei Kälbern, die an schwerer Enteritis erkrankt waren. Das eine war in agone ge- schlachtet worden, das andere war bereits krepiert, ehe es zur Schlachtung kommen konnte, van Ermengeji fand in dem Marke der Tibia eines der Kälber, des einzigen Restes von diesen Tieren, der ihin verschafft werden konnte, in Reinkulturen massenhaft Mikroorganismen, die er mit dem Ba- cillus enteritidis identifizieren konnte. Aus der Leber, aus der Milz und aus dem Dünndarminhalt eines der gestorbenen Menschen züchtete er einen Mikroorganismus, der gleichfalls dieselben Eigenschaften hat. van Ermengem bestimmte genau die gemeinschaftlichen Eigenschaften, welche der Mikro- organismus von Moorseele mit der von Gärtner entdeckten Bakterienart besitzt, Avobei ihm eine Originalkultur des Bacillus enteritidis als ver- gleichendes Objekt diente. Im Gegensatz zu der Ansicht von Gärtner, der die beiden Mikroorganismen für verschieden hielt, weil derjenige von Moorseele nicht die gleichen groben, körnigen Kolonieen besaß noch mikroskopisch genau so aussah wie der Bacillus enteritidis, der sich, wie oben erwähnt, unvoll- ständig färbte, zeigte van Ermengem, dass in der That sie sich durch keine beständige Eigenschaft voneinander unterscheiden. Der eine wie der an- dere haben thatsächlich nach den vergleichenden Untersuchungen van Er- MENGEMs dieselbe Beweglichkeit, dieselben Bact. coliartigen Kolonieen. Sie vermögen beide nicht Indol zu bilden noch die Milch zu koagulieren, die sie im Gegenteil durchscheinend, etwas gelblich und deutlich alkalisch machen. Sie besitzen dieselbe Gärungskraft gegenüber Trauben-, Milch-, Rohrzucker, Maltose, Glycerin u. s. w. ; sie zeigen dieselben Wachstumserscheinungen in Bouillon, die sich intensiv trübt und mit einer leicht zerfließenden Haut be- deckt, Avobei der fäkiüeute Geruch, der den Kulturen von Bacterium coli eigentümlich ist, fehlt (s. v. Ermengem & v. Laer^o]. Die Pathogenität des Mikroorganismus von Moorseele war in allem der- jenigen des Bacillus enteritidis ähnlich. Die Kulturen verursachten sub- kutan, intraperitoneal, intravenös und bei der Einführung vom Magendarm- kanal aus bei den Mäusen, den MeerschAveinchen , den Kaninchen, örtliche entzündliche Störungen, die bei der Autopsie deutlich uachzuAveisen Avareu, sowie Degenerationserscheinungen der Leber, Infarkte in der Lunge, Blutungen unter den serösen Häuten u. s. av. Wenn die Infektion langsamer verlief, so kam es zu multiplen kleinen nekrotischen oder eitrigen Herden in der Leber und der Milz. Zwei Kälber, von denen das eine 100 ccm Bouillonkultur mit Milch ver- mischt getrunken hatte, das andere 5 ccm dieser Kultur subkutan eingespritzt bekam, zeigten fötide Diarrhöe mit Blutabgang sowie Fieber und allgemeine Niedergeschlagenheit. Nachdem man sie geschlachtet hatte, konnte man die Zeichen von Enteritis nachweisen. Das Fleisch dieser Tiere, das bei Zimmer- temperatur Avährend ZAveier Tage aufgehoben und dann zu einer Fleisch- pastete verarbeitet Avorden war, die stark gekocht wurde, rief bei den Tieren, die davon verzehrten, schwere Krankheitssymptome hervor. Die Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen erlagen nach dem Genuss derselben einer 41* 644 van Ermengem, akuten Gastroenteritis, die häufig hämorrhagisch war, zeigten Diarrhöe und Lähmungen der hinteren Gliedmaßen. Ein Affe wurde von einem richtigen Anfall von Cholera uostras ergriffen, der indessen in Genesung überging. Ebenso zeigten sich die bei 100° oder selbst bei 120" sterilisierten Kulturen giftig und riefen starke Entzündungen bei der Einführung in den Magendarmkanal her- vor, häufig sogar, wenn die Dosis genügend war, hämorrhagischer Art. Ebenso wie es Gärtner und andere Forscher für den Bacillus euteritidis nach- weisen konnten, beobachtete van Ermengem, dass der Mikroorganismus von Moorseele ziemlich rasch diese Fähigkeit, Toxine »in vitro« zu bilden, ver- liert, obwohl seine Infektiosität, seine Virulenz sich nicht änderte. Trotz seiner Aehnlichkeit mit dem Bact. coli hielt v. Ermengem die Spezifizität dieses Mikroorganismus, den er isoliert hatte, aufrecht und hielt daran fest, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Bewohner von in Fäulnis begriflenem Material handle, also etwa um einen gewöhnlichen Saprophyten, der mit einer außerordentlichen Virulenz begabt sei. Er deutete die Aehnlichkeit des Moor- seeler Bacillus mit solchen Bakterienarten, deren Pathogenität ebenso wie ihre Spezifizität nicht bezweifelt werden, so mit dem Bacillus der Pseudo- tuberkulose der Meerschweinchen, dem Bacterium strumitidis von Tavel^i, dem Kälberdiphtheriebacillus von Löffler, dem Bacillus typhi murium und insbesondere mit dem Bacillus der Ho g- Cholera. Er warf seit der Zeit die Frage auf, ob gewisse Formen von Pneumo-Enteritis bei Kälbern, die deren Fleisch äußerst un- gesund macheu, nicht derselben Art sind wie die der Schweine- pest. Kurze Zeit nach der Veröffentlichung von van Ermengem (Juni 1891) stu- dierte Holst 3- in einer Irrenanstalt zu Gaustad bei Christiania eine Epidemie, für welche er denselben Mikroorganismus wie denjenigen von Moorseele ver- antwortlich machte. Diese sehr schwere Epidemie, die 81 Personen ergriff, von denen 4 starben, wurde in Zusammenhang gebracht mit dem Genüsse von gebratenem Fleisch eines Kalbes, das 14 Tage vor seiner Schlachtung Enteritis gehabt hatte. Der fragliche Mikroorganismus wurde aus der Milz von drei obduzierten menschlichen Leichen und mit Wahrscheinlichkeit auch aus einem Darmgeschwür einer vierten Leiche gewonnen. In dem übrig ge- bliebenen verdächtigen Fleisch, das gutes Aussehen bot, gelang es Holst nicht, ihn wiederzufinden. Die Eigenschaften dieses Mikroorganismus sind ganz übereinstimmend mit denjenigen, die van Ermengem dem Bacillus von Moorseele zuschreibt. Holst wies nach, dass er die Milch nicht zum Gerinnen bringt, sondern sie alkalisch macht, und dass die Kulturen, die anfangs eine leichte Indolreaktion gaben, dieselbe nach kurzer Zeit nicht mehr zeigten. In Kontrolluutersuchungen, die später im Jahre 1899 von deNobele^s ausgeführt wurden, zeigte sich der Mikroorganismus von Holst vollkommen identisch sowohl morphologisch als kulturell mit dem Moorseeler Bacillus und dem Bacillus enteritidis. Seine Pathogenität unterscheidet sich ebenfalls nicht. Holst betrachtet ihn als weniger virulent für Mäuse und Meerschweinchen als für Kaninchen. Die Tauben zeigen eine mittlere Empfänglichkeit. Bei den Kaninchen riefen seine Kulturen sowohl bei der Einführung per os, wie auch nach subkutaner und intravenöser Impfung Fieber und Diarrhöe hervor und bei der Autopsie findet mau nach der Einführung per os Entzündung des Magendarmkanals, häufig hämorrhagischen Charakters, bisweilen sogar ulzerös. Die Fähigkeit des Bacillus von Gaustad, Gifte zu bilden, wird durch Siedehitze oder durch Filtration nicht zerstört, indessen hat Holst festgestellt, dass seine Eigen- schaft, Gifte zu bilden, sehr rasch im Laufe der künstlichen Kultur abnimmt, Die patliogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. 645 dass indessen diese Mikroorganismen diese Fähigkeit wieder erlangten nach einigen Passagen durcli Tauben. Im Jahre 1892 ereigneten sich zu Rotterdam zahlreiche Fälle von Fleisch- vergiftung, für die der Genuss des Fleisches einer Kuh angeschuldigt wurde, die in vorgeschriebener Weise auf dem städtischen Schlachthofe untersucht und als normal befunden worden war. 92 Personen unter 24 Familien, die davon verzehrt hatten, wurden von Störungen des Magendarmkanals ergriffen, während in 27 anderen Familien, wo mau von dem Fleisch derselben Kuh gegessen hatte, niemand krank wurde. Es konnte festgestellt werden, dass das vordere Viertel weniger schädlich als das hintere Viertel war. Todes- fälle kamen nicht vor. Poels & Dhont^^ fanden in dem verdächtigen Fleisch unzählige Bazillen, die im Muskelgewebe zerstreut lagen, aber ins- besondere zahlreich in den Gefäßen sich befanden. Ihre Kolonieen ähneln sehr denen von Typhusbazillen, und in Kulturen mit Milchzucker entwickelte sich kein Gas, während nach Poels & Dhont die Mikroorganismen von Gärtxer und diejenigen von Gaffky & Paar Milchzucker unter reichlicher Gasbildung vergären. Basenau ^5 hat die Unterscheidungsmerkmale der Mikro- organismenart von Rotterdam nach genauen Erkundigungen bei den Entdeckern vervollständigt. Sie sind schwach beweglich, bilden in Traubenzuckerbouillon wenig Gas, koagulieren die Milch nicht und geben nicht Indolreaktion. Die patliogenen Eigenschaften dieses Mikroorganimus scheinen nicht sehr bedeutend gewesen zu sein, indessen tötet er bei subkutaner Injektion Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen, ruft Intestinalkatarrh mit Lähmung der hinteren I^xtremitäten hervor. Die sterilisierten Kulturen sind giftig. Zwei Kühe, denen man eine kleine Menge der lebenden Mikroorganismen in eine Vene des Ohres einspritzte, bekamen Fieber, Muskelzuckungeu, Appetitlosig- keit und flüssige Stühle. Nach zwei Tagen war ihr Zustand wieder normal geworden; vier Tage nach der Injektion wurde eine der Kühe geschlachtet. Der Mikroorganismus war aus dem Muskelgewebe verschwunden, und das Fleisch, das zum Verzehren freigegeben wurde, verursachte keinerlei Er- krankung. Die andere Kuh, die 20 Minuten nach der Injektion geschlachtet wurde, diente zu einem Experimente im großen am Menschen. Im Fleisch, im Blut, in der Leber und in der Milz unmittelbar nach der Schlachtung fanden sich nur sehr wenige Mikroorganismen. Im Gegensatze dazu waren sie dort sehr zahlreich, nachdem das Fleisch drei Tage bei warmer Zim- mertemperatur aufgehoben worden war. Ein anderes Stück Fleisch, das bei niederer Temperatur aufbewahrt worden war und das nur wenige Mikro- organismen enthielt, wurde freiwillig von 53 Personen gegessen: 15 wurden krank 12 — 18 Stunden nach dem Verzehren des Fleisches; glück- licherweise zeigten sich nur Kopfschmerzen, Kolik und diar- rhöische Entleerungen, die mehr oder weniger stark waren (cf. Basenau 36). Poels giebt an, dass er denselben Mikroorganismus wieder- gefunden habe in einem Stück Beefsteak, das nichts Anormales zeigte und das gastrointestinale Krankheitserscheinungen verursacht hatte. Dieses Fleisch stammte von einer jungen Färse, die an hämorrhagischer Darmentzündung ein- gegangen war. Im folgenden Jahre, im September 1893, untersuchte Fischer 3'^ das Fleisch einer eingegangenen Kuh, die acht Tage lang, nachdem sie gekalbt hatte, krank gewesen war. In Rumfleth waren 19 Personen unter Magen- darmerscheinungen erkrankt, nachdem sie von diesem Fleisch in gekochtem Zustande oder, von der mit solchem hergestellten Fleischbrühe genossen hatten. Fischer gelang es, durch das Plattenverfahren ebensowohl wie durch Verimpfen auf Tiere eine Bakterienart zu isolieren, die vollkommen kulturell 646 van Ermengem. und färbei'iscli mit dem Bacillus euteritidis übereiustimmt. Dieselbe ist beweglich, besitzt 4 — 8 peripherische Geißeln, bildet kein Indol, bringt die Milch nicht zum Gerinnen, macht sie allmählich durchscheinend, leicht alkalisch und gelblich, Traubenzucker wird unter starker Gasbildung vergoren, Milch- und Rohrzucker werden nicht vergoren. Die pathogenen Eigenschaften des Bacillus von Rumfleth gleichen denen des Bacillus euteritidis, dieselben L<äsionen des Darmkanals bei der Autopsie nach der Infektion von verschiedenen Eingangspforten her. Die sterilisierten Kulturen sind giftig, töten die Tiere unter denselben Symptomen und Veränderungen, und ihre Giftigkeit ver- mindert sich rasch im Verlaufe der künstlichen Kultur. Das Toxin wird durch absoluten Alkohol gefällt uud verliert nicht merklich an seiner Wirk- samkeit nach 1 Y2 stündiger Einwirkung von Siedehitze. lu demselben Jahre, im Oktober 1893, beschuldigte man in Breslau ein Fleisch, das in Form von Hackfleisch verkauft worden war und vollkommen gutes Aussehen hatte, mehr oder weniger schwere Krankheitserscheinungen gastrointestiualeu Charakters bei 80 Personen, die dasselbe in rohem Zustande genossen hatten, hervorgerufen zu haben. Das Fleisch stammte von einer Kuh, die infolge schwerer Krankheitserscheinungen nach der Kalbuug, be- gleitet von Enteritis und Leberentzündung, notgeschlachtet worden Avar. Der Genuss dieses Fleisches verursachte indessen keinen Todesfall. Das Studium dieser Epidemie, das mit großer Sorgfalt im Laboratorium von Flügge durch KÄNSciiE'^s ausgeführt worden war, ermöglichte aus den Resten des Hack- fleisches einen Mikroorganismus zu isolieren, dem der genannte Autor die- selben morphologischen und kulturellen Eigenschaften zuschrieb, wie dem Bacillus von Moorseele , dessen Kulturen ihm als Vergleichsobjekt dienten. Der Mikroorganismus geht seit dieser Zeit unter der Bezeichnung des Bac. Breslavieusis (vgl. Flügge, Die Mikroorganismen, Bd. 2, S. 377). In der That stimmt dieser Bacillus vollständig mit dem Bac. Moorseelen sis überein, sowohl nach seinen morphologischen Avie nach seinen pathogenen und toxischen Eigenschaften. Nachdem wir diese beiden Arten untereinander und mit dem B. euteritidis von Gärtxlr verglichen hatten, nehmen Avir keinen Anstand zu erklären, dass sie sich durch kein sicheres Merkmal voneinander unterscheiden. Eine Epidemie, die eine gCAvisse Aehnlichkeit mit derjeuigeu von Breslau zeigt, ereignete sich im folgenden Jahre (24. — 25. Mai 1894) zu Bischofs- werda in Sachsen. Es ereignete sich kein Todesfall, aber 70 — 100 Personen erkrankten an Magendarmstörungen nach dem Genüsse von Würsten und Hackfleisch in rohem Zustande, das aus einer Mischung von Schweine- und Kuhfleisch bestand. Die Untersuchung konnte nicht feststellen, dass irgend eines der betreflendeu Tiere von einer Krankheit ergriflen war, die das Fleisch gesundheitsschädlich machen könnte. Was die Mikroorganismen an- geht, die aus dem Fleische isoliert wurden, so beschreibt sie Johne ^y als sehr nahestehend dem Bac. euteritidis. Indessen ist ihr Wachstum in Milch, ihre Gärungsfähigkeit auf den verschiedenen Zuckerarten u. s. w. nicht Aveiter veröfientlicht worden. Ihre pathogenen Eigenschaften scheinen gleichfalls sich der Gruppe zu nähern. Die Giftigkeit der durch Kochen sterilisierten Kul- turen scheint nicht untersucht worden zu sein. Im Juni 1895 Avurden zu Haustedt, nach Genuss des Fleisches eines Avegen Durchfall notg-eschlachteten Ochsen, 50 Personen krank. Fischj:r (1. c. Ztschr. f. Hyg., Bd. 39, 1902), der das Fleisch untersuchte, isolierte Bakterien, die in jeder Hinsicht mit den Rumflethbazillen, welche er vorher beschrieben hatte, übereinstimmten. Das Wachstum in der Gelatine zeigte die eigenartige Kör- nung des GÄRTNERschen Bac. enter itidis, die auch bei längerer Fortzüch- tung ganz verloren ging. Die pathogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. 647 V. Ermengem^o hatte im selben Jahre Gelegenheit, seine Untersuchungen über die Fleischvergiftungen wieder aufzunehmen und zwar bei Gelegenheit einer Reihe von Erkrankungen, die in Gent Ende Oktober vorgekommen waren, und zwar unter ganz besonders günstigen Bedingungen, die der betrefienden Untersuchung fast den Wert eines an Menschen ausgeführten Laboratoriums- experimentes geben. Der Schlachthausinspektor zu Gent, ein ausgezeichneter Tierarzt, war beauftragt worden, Cervelatwürste, welche in rohem Zustande genossen zu werden ptlegen, zu untersucheu, da die Polizei dieselben be- schlaguahmt hatte aus Verdacht, dass dieselben bei mehreren Personen Krankheitserscheinuugen hervorgerufen hätten. Da der betreuende Herr An- hänger der Theorie war, welche die Fleischvergiftungen auf Produkte der fauligen Zersetzung, auf Ptomaine zurückführt und noch mehr verführt durch das schöne Aussehen der Würste, die man ihm vorlegte, durch die Abweseu- heit jeglicher Fäuluiserscheinungen bei denselben, zögerte er nicht, sie als ge- nießbar zu erklären. Um seine vollkommene Ueberzeugung von ihrer Unschäd- lichkeit zu beweisen, verzehrte er selbst 2 oder 3 Schuittchen von denselben und ließ auch mehrere Angestellte des Schlachthauses davon essen. Währeud nun die letzteren nur die Erscheinungen von mehr oder weniger ausgesprochener Enteritis zeigten, wurde er selbst von äußerst schweren choleraähnlichen Er- krankungserscheinungen ergriflen, die mit Albuminurie, Kollaps einhergingen und er erlag denselben nach 5 Tagen. Bei seiner Autopsie stellte VAX Er- MENGEM sehr ausgesprochene Läsionen hämorrhagischer und gangränöser- Gastroenteritis fest, fettige Entartung der Leber, akute interstitielle Nephritis, Hyperämie der Lungen u. s. w. In den Würsten, namentlich in den Resten derjenigen, die von dem Unter- sucher gegessen worden waren , isolierte er einen sehr virulenten und toxischen Mikroorganismus, der sich gleicher Weise in allen Organen der Leiche fand, nämlich in Leber, Milz, Nieren, Lungen, Muskeln, ebenso wie im Blute und im Inhalte des Dünndarmes und zwar fast in Reinkultur. Die histologische Untersuchung der wichtigsten Organe, Leber, Milz, Nieren, Lungen u. s. w. zeigte, dass dieselben zu Lebzeiten von ein und derselben Mikroorgauismenart invadiert worden waren, die dortselbst Gewebsstörungen hervorgerufen hatten, bestehend in einer entzündlichen Kongestion mit Blu- tungen, fettiger Entartung der parenchymatösen Zellen, Nekrose u. s. w., Veränderungen, welche klar die schwere Krankheit und den rapiden Tod des Betroffenen erklären (vergl. Photogramm 259, Schnitt der Nieren- glomeruli). Der fragliche Mikroorganismus ist ein kleines Bakterium, das sich häufig an seineu Enden stärker als im Ceutrum färbt, so dass es den Bak- terien der hämorrhagischen Septikämie gleicht (vgl. Photogr. 258, Gelatine- kultur). Der Mikroorganismus ist ziemlich beweglich und besitzt 4 — 8 lauge Geißeln, entfärbt sich nach Gram. Seine Kolonieen sind wenig charakteristisch, fein gekörnt, gelblich, wenig gestreift, an den Rändern nicht sehr scharf um- schrieben. Die Kolonieen zeigen häufig einen helleren Saum, ähnlich dem- jenigen zahlreicher Colibazillen und des GÄRTNERschen Bac. enteritidis und desjenigen von Moorseele. Seine Aehnlichkeit mit diesen letzteren Arten wird noch vervollständigt durch das konstante Fehlen von Indol, die Nicht- koagulierung von Milch, die durchscheinend, alkalischer und etwas gelblich durch denselben gemacht wird, ferner durch die Gasbildung in Traubeuzucker- agar wie bei Zusatz von Milchzucker oder Rohzucker uud Glycerin, weiterhin durch die Abwesenheit des fäkulenten Geruches in Bouillonkultur u. s. w. Verglichen mit den Kulturen der Mikroorganismen von Holz und der Bres- lauer Epidemie von Flügge-Känsche, bot der Mikroorganismus von Gent VAX Ermexgem kein bestimmtes Kennzeichen, das ihn von den erstereu 648 van Eriuengem, unterscheiden ließ. Sein pathogenes Vermögen, das an zablreiclien Tieren geprüft wurde, zeigte die Identität dieses Mikroorganismus mit dem Bac. enteritidis und seinen verschiedenen Arten. van Ermengem wies von neuem auf die Beziehungen der Mikroorganismen aus der Gruppe des Bac. enteritidis zu denen der Hog- Cholera hin. Unglücklicherweise war es unmöglich zu bestimmen, woher sie stammten, ob sie die Tiere, welche das Fleisch geliefert hatten, Schwein und Rind, zu Lebzeiten bereits infiziert hatten oder ob sie vielleicht von einer post- mortalen Verunreinigung des Fleisches stammten. Eine Epidemie mit gastrointestinaleu Erscheinungen, die kurze Zeit nach der Veroflentlichung von van Ermengem sich im departement du Nord in Frankreich ereignete und welche mit einer sehr starken Seuche unter den Schweinen zusammenfiel, bildete den Gegenstand von Forschungen seitens G. PouCHET^i im Jahre 1897. Von 48 erkrankten Personen hatten 36 von einer Fleischpastete gegessen, die aus Schweinefleisch hergestellt war. Sie hatten flüssige, sehr übelriechende Stühle, Koliken, Steifigkeit in den Glied- maßen, besonders den unteren Extremitäten, gerötetes Gesicht, einige selbst ein dunkelrotes Exanthem über den ganzen Körper, aber keine Petechien. Unter den Befallenen kam ein Todesfall vor. Die Reste der beschuldigten Pastete selbst konnten nicht untersucht werden, aber aus dem Speck, der bei dem Fleischer, welcher die Pastete verkauft hatte, beschlagnahmt worden war, impfte Pouchet kleine Stückchen in Bouillon und gewann nach sechstägigem Wachstum im Brutschränke Misch- kulturen, die er Meerschweinchen einimpfte. Er erhielt auf diese Weise einen unbeweglichen, kurzen Bacillus, der sich ungleichmäßig färbte, keine charakteristischen Kolonieen hatte, Aveder Indol bildete noch die Milch koagu- lierte und der auf Kartoffel dicke, bräunliche Rasen l)ildete. Ihr pathogenes Vermögen für Meerschweinchen, Kaninchen und Mäuse ist ziemlich hoch, in den Magendarmkaual eingeführt, rufen sie Allgemeiuinfektion hervor mit ent- zündlichen Erscheinungen der Abdominalorgane, selbst Zeichen von Enteritis. Organe des verstorbenen Menschen wurden nicht untersucht. In dem Stuhl- gange von zwei Kranken konnten nur gewöhnliche Stuhlbakterien nach- gewiesen werden. Andererseits scheint keinerlei bakteriologische Untersuchung darüber angestellt worden zu sein, welcher Art die Infektionskrankheit war, die um dieselbe Zeit und am selben Orte unter den Schweinen herrschte. Nichtsdestoweniger nimmt Pouchet keinen Anstand, in den durch ihn isolierten Mikroorganismen eine neue pathogene Art zu erblicken, die vor ihm bei Fleischvergiftungen nicht beschrieben worden sei. Diese Bakterienart ist nach ihm der »Coccobacillus suinum von Metschnikoff, das spezi- fische Bakterium der infektiösen Pneumo enteritis «. Es erscheint ihm unzweifelhaft, dass die Tiere, die von dieser Infektion ergriffen sind, sehr gefährliches Fleisch liefern und dass deren Fleisch deshalb überall von dem Genüsse gesetzlich ausgeschlossen werden müsse. Die Beobachtungen von Silberschmidt ^2, die noch unter ungünstigeren Umständen unternommen worden waren, kommen auch zum Schlüsse, dem Erreger einer infektiösen Schweinekrankheit eine ursächliche Rolle bei dem Entstehen der Fleischvergiftung gastrointestinaleu Charakters zuzuschreiben. In den Fällen, die er im Jahre 1896 beobachtete, beschuldigte man das Fleisch von kranken Ferkeln, welche die Symptome von Magendarmkatarrh, begleitet mit Hautrötung, gezeigt hatten. Sieben Personen, die von diesem Fleische in geräuchertem und gepökeltem Zustande genossen hatten, Avurden von Magendarmstörungen ergriflen, ein kleines Kind starb. Silberschmidt verimpfte Stückchen von dem verdächtigen Fleische in Bouillon und infizierte Die pathogenen Bakterien der Fleisclivergiftiingeu. 649 mit dieser dann Tiere. Er erhielt auf diese Weise einen Mikroorganismus, von dem er folgende Eigenschaften beschreibt: kurzes Bakterium, das sich ungleichmcäßig färbt, indem der mittlere Teil hell bleibt, sehr beweglich, be- sitzt 4 — 8 lange Geißeln; die Kolonieen sind opak, gleichen denen des Bac. aerogenes, koagulieren nicht die Milch, vergären Traubenzuckerbouillon imter reichlicher Gasbildung (ludol?). In dem Darminhalte zweier Kranker konnte Silberschmidt die gleichen Bakterien nicht nachweisen. Ihre infektiöse und toxische Kraft scheint wenig entwickelt gewesen zu sein. Die Kulturen, in den Magen eingeführt, sind unschädlich. Mäuse, sub- kutan mit 0,5 — 1 ccm Bouillon geimpft, blieben am Leben, Meerschweinchen gehen erst nach intraperitonealer Einspritzung von 3 — 5 ccm zu Grunde, Kaninchen widerstanden der Impfung. Die abgetöteten Kulturen sind voll- ständig unwirksam. Silberschmidt glaubt, dass zwischen dem Mikroorga- nimus, den er isoliert hat, und demjenigen der Schweinepest oder Hog-Cholera sehr nahe Beziehungen bestehen, so dass er glaubt, dass das Fleisch der Tiere, welche an Schweinepest erkrankt sind, sogenannte Fleischvergiftungen hervorrufen könne. Bei Gelegenheit gehäufter Erkrankungen, die im Jahre 1896 in ver- schiedenen Distrikten der Provinz Posen sich ereigneten und welche Günther ^3 im hygienischen Institut zu Berlin studiert hat, beschuldigte man ebenso das Fleisch eines kranken Schweines. Unglücklicherweise wurde die betreffende Untersuchung sehr spät an- gestellt. Aus den Resten des verdächtigen Fleisches konnte Günther daher nur gewöhnliche Fäulniskeime gewinnen. Aus der Leber und den Niereu eines der Gestorbenen, die indessen bereits stark verfault waren, wurde ein Mikroorganismus isoliert, der die meisten Unterscheidungsmerkmale des Bac. enteritidis bot, nämlich ziemlich große Beweglichkeit, ungleichmäßige Färb- barkeit, »das Mittelstück des Mikroorganismus färbt sich stärker, die äußeren Enden wenig oder gar nicht«, Kolonieen von typhusähnlichem Aussehen, keine Indolbildung. keine Koagulierung der Milch, deren Reaktion alkalisch bleibt, traubenzuckerhaltiger Nährboden wird unter Gasbildung vergoren, Milchzucker wird nicht oder nur sehr schwach zersetzt, ohne dass Gas frei wird. Er ist pathogen von verschiedenen Eingangspforten her für Mäuse und Meerschwein- chen und verursacht entzündliche Störungen der Abdominalorgane und ziem- lich häufig nekrotische Herde in der Leber und der Milz. Kaninchen sind weniger empfänglich, Hunde und Katzen verhalten sich refraktär. Günther scheint die Giftigkeit der abgetöteten Kulturen nicht untersucht zu haben. Ueber die übrigen Untersuchungen betreffs Fleischvergiftungen gastro- intestinalen Charakters können wir hier kurz hinweggehen, da sie zu unvoll- ständig veröffentlicht sind, als dass sie etwas Beweisendes für die Frage er- bringen können. Wir weisen daher nur auf die Beobachtungen von Scheef^*, Barker ^^ u. s. w. hin. Dies sind also die verschiedenen Beobachtungen betreffs Fleischvergiftungen, Avelche nach dem Genüsse von Fleisch, das von kranken Tieren stammte, entstanden. Alle stimmen darin überein, als Ursache dieser Afiektion Mikro- organismen anzusehen, die untereinander sehr nahestehen und deren Typus der Bac. enteritidis von Gärtner ist. Bisher hat die Geschichte dieser Epidemieen in dieser Beziehung nur eine einzige Ausnahme gezeigt. Es war Denys^ö, der im Jahre 1894 Fleisch einer Kuh zu untersuchen hatte, die infolge Puerperalfiebers nach der Kalbung verendet war. Dieses Fleisch hatte in zwei Familien zu Schaffen (Prov. Brabaut] Magendarm- störungen und einen Todesfall verursacht. In fünf Proben des gekochten und wohlerhaltenen Fleisches konstatierte Denys die Gegenwart zahlreicher 650 ^^^ Ermengem, Staphylococcus pyogenes albus ohne jegliche andere Bakterieuart. Die pathogenen Eigenschaften dieses Mikroorganismus waren sehr schwach, selbst in der Menge von 5 ccm in die Pleura injiziert, tötete er nicht Kaniucheu. In den menschlichen Eingeweiden konnte dieser Mikroorganismus nicht auf- gefunden werden außer in der Milz, deren Kulturen einige Kolonieen zeigten. Die Beobachtung von Denys ist zu unvollständig nach vielen Richtungen hin, um dem Staphylococcus thatsächlich die ursächliche Rolle zuzuschreibeu, wie der genannte Autor will, bei der Entstehung sowohl des Puerperaltiebers bei dem Tiere, wie bei der Entstehung der Magendarmstörungen, die auf den Genuss des betreffenden Fleisches zurückgeführt wurden. Bakteriologische Eigenschaften. Man kann die konstantesten und wichtigsten bakteriologischen Eigen- schaften, die bis jetzt der ganzen Klasse von Bakterien von der Gruppe des Bacillus enteritidis zugeschrieben und die herangezogen v^^urden, um diese Bakterienart von benachbarten Bakterienarteu, z. B. Bact. coli und Typhusbazillen zu unterscheiden, in folgender Weise zusammen- fassen : 1. Kurze Bakterien, sehr häufig von ovoider Gestalt (Kokkobazillen) von 0,2 — 0,4 u, häufig zu zweien angeordnet. Bisweilen färben sie sich ungleichmäßig, besonders in etwas älteren Gelatinekulturen sowie in peritonealen und pleuritischen Exsudaten, in der Leber u. s. w., so dass sie mit den Bakterien der hämorrhagischen Septikämie, der Schweine- seuche u. s. w., Aehnlichkeit haben. 2. Sie färben sich nicht nach Gram. 3. Sie sind ziemlich beweglich, ähnlich wie der Typhusbacillus und besitzen, peripherisch angeordnet, 4 — 8 lange Geißeln, bisweilen mehr, 10—12. 4. Die oberflächlichen Kolonieen auf Gelatine sind ziemlich poly- morph, unterscheiden sich häufig wenig von denjenigen des Bact. coli und sind, obwohl sie im allgemeinen durchscheinender sind, weniger buchtig. Sie zeigen gewöhnlich einen durchscheinenden Saum. 5. Sie bilden kein ludol oder sie liefern dasselbe höchstens vorüber- gehend in äußerst kleinen Quantitäten. 6. Sie bringen die Milch nicht zur Gerinnung, machen dieselbe aber nach etwa 10 Tagen weniger undurchsichtig, ja sogar leicht trans- parent. Die Milch nimmt dabei eine gelbliche Farbe an ähnlich wie Milchkaffee, zu gleicher Zeit wird sie deutlich alkalisch. 7. Sie vergären immer Traubenzucker unter reichlicher Gasbildung und zersetzen gewöhnlich auch die anderen Zuckerarten, Laktose, Galaktose, Maltose, Rohrzucker u. s. w. und selbst Glycerin unter Gas- bildung mit Ausnahme gewisser Varietäten wie z. B. der durch Fischer^^, DuRHAM^s (g weiter unten) beschriebeneu, die den Milchzucker nicht angreifen. 8. Sie trüben sehr rasch die Bouillon, indem sich an der Ober- fläche ein Häutchen bildet, das leicht zerreißt, ohne indessen dem Nährmedium einen fäkulenten Geruch mitzuteilen. 9. Auf Kartoffeln wachsen sie oft kaum sichtbar; in anderen Fällen bilden sie ziemlich dicke, schmutzig gelbliche oder bräunliche Rasen. Zu diesen Merkmalen, die Jahre lang dazu gedient haben, die Mikroorganismen aus der Gruppe des Bacillus enteritidis zu unter- Die pathogenea Bakterien der Fleischvergiftnngen. 651 scheiden, kann mau ihr Wachstum auf besonderen Nährböden hinzu- fügen, das vornehmlich in den letzten Jahren studiert wurde in der Absicht, diese Gruppe von Bakterien von derjenigen des Bact. coli und des Tvphusbacillus zu unterscheiden (vergl. H. Kayser*»]: 10. Das ziemlich starke Wachstum in der PETRUSCHKischen Lackmus- molke ohne Farbenänderung' oder Säureproduktion. 11. Die mehr oder weniger ausgesprochene Fluoreszenzbildimg in dem Neutralrotagar von Kotberger bei 0,3^ Traubenzuckerzusatz, wobei nach 18 — 24 Stunden der Nährboden entfärbt und Gas produziert wird. 12. Auf dem Nährboden von Drigalski-Conradi entstehen nach 16 — 18 Stunden bläuliche Kolonieen, die etwas größer und weniger durchsichtig sind als diejenigen des Typhusbacillus. Diese Mikroorganismen unterscheiden sich ferner von den mehr oder weniger verwandten Arten, mit welchen man sie im ersten Augenblick verwechseln könnte, wie z. B. mit gewissen Varietäten des Bacterium coli durch ihre ausgesprochene Virulenz und die bei den meisten von ihnen beobachtete Eig-euschaft , Toxine zu liefern, die hohen Temperaturen gegenüber widerstandsfähig sind. Ihre Gifte ditfundieren in die Nährböden und lassen sich im keimfreien Filtrat nach- weisen. In kleinen Quantitäten subkutan, intravenös, intraperitoneal oder intrastomaehal einverleibt, töten sie die empfänglichen Tierarten, Mäuse, Meerschweinchen, Kaninchen, Afien, Kälber u. s. w., indem sie intensive entzündliche, teils lokalisierte oder über verschiedene Organe ausge- breitete Veränderungen hervorrufen (eitrige lutiltratiou des Unterhaut- bindegewebes, fibrinöse exsudative Peritonitis, Gastroenteritis, inter- stitielle Hepatitis, lobuläre Pneumonie, Nephritis u. s. w.). Zu gleicher Zeit setzen sie eine allgemeine Infektion auf dem Wege der Blutbahn (Septikämie) und lassen sich dann in der Mehrzahl der Gewebe, be- sonders im Muskelgewebe, nachweisen. Wenn ihre Virulenz herabgesetzt ist, so rufen sie ott kleine multiple Abszesse oder miliare nekrotische Herde in der Leber, der Milz u. s. w. hervor. Ihr Toxin ruft, wie schon erwähnt, in den bis zum Sieden erhitzten Nährmedien in genügenden Mengen dieselben pathologischen Störungen hervor bei jeder Art der Einführung. Beim Einführen per os von hohen Dosen tötet das Gift die empfänglichen Tierarten, indem es eine Gastro- enteritis, häufig hämorrhagischen, bisweilen ulzerösen Charakters hervor- ruft, wobei öfters Nephritis, lobuläre pneumonische Herde, fettige Degeneration der Leber u. s. w. beobachtet wird. Nach der Meinung mehrerer Bakteriologen, wie Käksche u. a. , soll die Gruppe von Mikroorganismen, welche diese gemeinsamen Eigenschaften bietet, mehrere verschiedene Specien umfassen. Um dies zu rechtfertigen, stützen sie sich auf gewisse Yerschiedenheiteu , welche diese Mikroorganismen unterein- ander hinsichtlich ihrer morphologischen oder biochemischen Besonderheiten bieten. So soll der Bacillus von Gaffky & Paak, ferner derjenige von Cotta sich dadurch vom Bac. euteritidis und von dem von Moorseele und von Gent unterscheiden, dass ihre erhitzten Kulturen vollständig uugiftig sind. Nach Gärtner unterscheidet sich der Bac. euteritidis von den Mikroorganis- men von Moorseele u. s. w. hinsichtlich seiner mikroskopischen Eigenschaften und des besonderen Aussehens seiner Kolonieen n. s. w. Ebenso stehe der Mikroorganismus von Käxsche von diesem entfernt durch das Aussehen seiner Kolonieen und durch seine pathogenen Eigenschaften, indem er bei Mäusen 652 van Ermengem, keine Diarrhöen hervorrufe und die Enteritis streng auf den Dünndarm be- schränkt sei. Wir müssen indessen darauf hinweisen, dass diese differentiell-diagnosti- schen Eigenschaften unbedeutend und nicht konstaut sind. Zweifellos sind alle diese Mikroorganismen nicht absolut identisch untereinander, aber sie unterscheiden sich voneinander nicht mehr als zahlreiche Varietäten oder Rassen anderer Mikroorganismenarten. Dementsprechend beharrte v. Ermengem nach einem gründlichen vergleichenden Studium der meisten Vertreter dieser Klasse darauf, sie als die Repräsentanten ein und derselben Species zu be- trachten, als deren Typus er den Bac. enter itidis von Gärtner erklärt. Es bedurfte, wie wir im weiteren sehen Averden, der Zuhilfenahme der spe- zifischen Reaktionen des Serums, um ihn zu veranlassen, in Wirklichkeit zwei verschiedene Typen unter ihnen anzuerkennen. Neue Forschungen über den Bac. enteritidis. Serodiagnostik. Wenn wir jetzt einen zusammenfassenden Rückblick auf die Re- sultate werfen, zu denen die bakteriolog-ischen Forschungen zur Zeit der Jahre 1896/97 geführt hatten, so ergiebt sich, dass neben zahlreichen Thatsachen, die zu gunsten der ätiologischen Rolle des Bac. enteri- ditis oder seiner verwandten Formen bei den gastrointestinalen Er- krankungen im Verlaufe des Genusses von Fleisch kranker Tiere sprechen, noch große Lücken betreffs der vollständigen Klarstellung der Pathogenese dieser Krankheitserscheinungen auszufüllen waren. Man wusste, dank der Beobachtungen von Gärtner, v.Ermen^gem u.a., die unter den günstigsten Bedingungen angestellt waren, dass diese Mikroorganismen, die durch ihre Eigenschaften sehr verbreiteten Bakte- rieuarteu wie den Colibazillen benachbart sind, sich in großer Menge, ja, bisweilen sogar im Zustande der Reinkultur in dem verdächtigen, durch- aus nicht faulen, ja sogar oft ganz frisch aussehenden Fleische finden. Man fand sie ferner in den Organen der Tiere, von denen das Fleisch stammte, ebenso in den Darmentleerungen, den Eingeweiden, dem Blut und den Muskeln der frischen Leichen derjenigen Individuen, die infolge des Genusses der betretfenden Fleischsorten gestorben waren. Es war gezeigt worden, dass diese Mikroorganismen gastrointestinale Störungen hervorrufen können mit gleichzeitiger septikämischer Allgemeininfektion, wenn man sie bei empfänglichen Tieren und selbst bei Menschen (Foelsä Nolen) in den Magendarmkanal einführt, fernerhin, dass ihre sterilisierten Kulturen häufig noch giftig und fähig waren, dieselben pathologischen Störungen hervorzurufen. In einzelnen Fällen (Epidemie von Franken- hausen, Gent u. s. w.) konnten die ursächlichen Beziehungen zwischen der Anwesenheit der Mikroorganismen und den histologischen Ver- änderungen, die bei den Organen der fleischlieferudeu Tiere beobachtet worden waren, einerseits, und den Veränderungen in den Eingeweiden der Gestorbenen andererseits, zwingend nachgewiesen werden. Aber trotzdem blieben noch viele dunkle Punkte der Aufklärung be- dürftig. Besonders musste es doch gelingen, noch deutlicher die Mikro- organismen aus der Gruppe des Bac. enteritidis von den gewöhnlichen Fäulnisbakterien, wie sie sich in allen Leichen finden, zu unterscheiden, fernerhin sich zu überzeugen, dass es sich nicht einfach um sehr virulente Die pathogen en Bakterien der Fleischvergiftungen. 653 oder toxische Varietäten des liact. coli handelt, also Mikroorganismen, die aus dem Darm stammten oder postmortalen Ursprungs waren. Endlich nuisste darüber Sicherheit erlangt werden, ob trotz ihrer ziemlich vagen Arteigenschaften die verschiedenen aus den obigen Fällen isolierten Mi- kroorganismen alle zum Typus des Bacillus enteritidis von Gäetner gehören oder ob unter ihnen mehr oder weniger verschiedene Arten zu unterscheiden sind. In praktischer Hinsicht war es weiterhin außerordentlich wichtig, die Krankheiten der Haustiere, Kälber, Kühe, Schweine u. s. w., welche durch diese Mikroorganismen hervorgerufen werden, kennen zu lernen, und andererseits die Beziehungen, welche sie zu gewissen weitverbreiteten Zoouosen besitzen, deren Erreger auf den ersten Blick enge Verwandt- schaftsbeziehungen zum Bacillus enteritidis zu haben scheinen. Ein Teil dieser wissenschaitlichen Erfordernisse kann heute als gelöst be- trachtet werden, trotzdem aber bleibt noch genügend Arbeit übrig, bevor alle Fragen, die sich im Verlaufe des Studiums der Fleischvergiftungen gastrointestinaleu Charakters anschließen, cndgiltig gelöst sind. Dank der Entdeckung der spezihscheu Eigenschaften des Serums im Verlaufe gewisser Alfektioneu konnte ein großer Schritt vorwärts zur Lösung der eben angeregten Fragen gemacht werden. Es war von vornhereiu angezeigt, vor allem das serodiagnostische Ver- fahren zu verwenden, um die infektiöse Natur gewisser sogenannter Fleisch- vergiftungen gastrointestinaleu Charakters übei" jeden Zweifel zu erheben und diese ferner ein für alle Mal von den gewöhnlichen Magen- und Darm- katarrhen verschiedeneu Ursprungs zu unterscheiden. Indem man die erhöhte agglutinierende Kraft des Blutserums der Kranken einerseits für die aus den verdächtigen Nahrungsmitteln gewonnenen Mikroorganismen nachwies, andererseits für diejenigen, welche aus den Organen oder dem Darminhalt der Erkrankten, resp. gezüchtet worden waren, war es leicht, in jedem be- sonderen Falle die ätiologische Rolle dieser Mikroorganismen zu beweisen. Weiterhin musste uns das Studium des Agglutinationsphänomens, abge- sehen von dieser sehr wichtigen praktischen Anwendung, gestatten, die Spezifizität der verschiedenen Mikroorganismen, die unter der Gruppe des Bacillus enteritidis einhergeheu, zu sichern oder sie vtntereinander zu unter- scheiden, weiterhin sie sicherlich von den gewöhnlichen nahestehenden Arten wie dem Bacterium coli abzutrennen. Endlicheröffnet dieses Studium der spezitischen Eigenschaften des Blutserums bei Infektionen mit Bakterien aus dieser Klasse unerwartete Ausblicke auf ihre Beziehungen zu zahlreichen bekannten Bakterienarten, die unter verschiedenen Namen beschrieben und für die Aetiologie zahlreicher tierischer und menschlicher Erkrankungen herangezogen wurden, Afl'ektionen, die auf den ersten Blick nichts gemeinsam mit den Fleischvergiftungen zu thun zu haben scheinen. Außerdem konnte mit Hilfe der Serodiagnostik eine Frage von sehr großem praktischen Interesse endlich angeschnitten werden, nämlich diejenige, welche unter den vielen, schlecht definierten, sehr häufig vorkommenden Erkrankungen bei Kälbern, Kühen, Schweinen u. s. w. , wie Enteritis, Pnfeumo-Euteritis, septikämische Infektion u. a., imstande sind, das Fleisch dieser Tiere für die öffentliche Gesundheit in hohem Grade schädlich zu macheu. Aus allen diesen Gründen hat die Anwendung der spezifischen Eigen- schaften des Blutserums auf das Studium der Fleischvergiftungen gastroin- testinalen Charakters eine neue Periode in der Geschichte dieser so häufigen Krankheiten eröffnet. 654 v^° Ermengem, DüRHAM^o XU Canibridge und de Nobele^^ iu Gent im Laboratorium von VAN Ermexgem waren fast gleichzeitig die ersten, welche die Sero- reaktion zum Studium dieser Frage heranzogen. Duriiam veröifent- lichte im September und Dezember 1898 die Ergebnisse seiner For- schungen. Er hatte aus der Leber eines Individuums, das im Verlaufe einer Epidemie zu Hatton gestorben war, die sich an den Genuss einer Kalbfleischpastete anschloss und 185 Personen betraf, einen dem Bacil- lus enteritidis sehr ähnlichen Mikroorganismus gewonnen. Dukham prüfte an diesem die agglutinierende Kraft des Serums von 19 in der gleichen Epidemie Erkrankten. Das Serum von 18 Kranken agglutinierte denselben sehr stark in Verdünnungen von 1 : 100 bis 1 : lOOO. Die gleichen Sera zeigten fernerhin ein gewisses agglutinierendes Vermögen für Mikroorganismen, die aus anderen Epidemieen von Fleischvergiftungen stammten, vornehmlich für den Mikroorganismus von Günther, ferner- hin für denjenigen, der aus einer iu Wien beobachteten Epidemie ge- wonnen worden war. Der Bacillus enteritidis von Gärtner wurde nur durch relativ sehr starke Konzentrationen des Serums agglutiniert. Duriiam stellte ferner fest, dass der Typhusbacillus von 5 seiner Sera in der Verdünnung von 1 : 100 und in der Verdünnung von 1 : 20 von allen seinen Seris deutlich agglutiniert wurde. Drei Monate später brachte derselbe Forscher andere Versuche der gleichen Art zur Kenntnis. Er prüfte das VAut von 29 Personen, die in Chaddertou (Oldham) von Magendarmstörungen betallen worden waren, nachdem sie Schweinefleisch genossen hatten. Unter 54 Kranken kamen 4 Todesfälle vor. Unglücklicherweise konnten die betreffenden Sera nicht au dem Mikroorganismus geprüft werden, der aus dem verdäch- tigen Fleisch stammte, da dieses bakteriologisch nicht geprüft werden konnte. Indessen ergaben die Sera von 18 dieser Kranken eine deut- liche Agglutination iu Verdünnungen, die zwischen 1 : KX) und 1 : 1000 schwankten mit den Bazillen von Günther und denjenigen, die vorher von DüRHAM gelegentlich der Epidemie von Hatton studiert worden waren. Auch diesmal stellte er fest, dass der Mikroorganismus von Gärtner und der Typhusbacillus von dem Serum der Kranken in der Epidemie zu Chadderton weit weniger stark agglutiniert wurden. DüRHAM hatte noch Gelegenheit, gleiche Beobachtungen in zwei anderen Epidemieen zu machen. Zu Surbiton wurden von Blutserum von 6 Kranken, das acht Wochen nach Eintritt der Krankheitserschei- nungen entzogen worden war, in Verdünnungen von 1 : 100 bis 1 : 200 die Mikroorganismen von Günther und diejenigen aus der Epidemie von Hatton agglutiniert. Der Typhusbacillus wurde weder von diesen Verdünnungen noch von stärkeren Konzentrationen agglutiniert. Endlich zu Salford, wo unter 5 Kranken ein Todesfall vorgekommen war, in- folge des Genusses von Rinderhackfleisch, wurden dieselben Resultate erhalten. Es l)raucht wohl nicht besonders darauf hingewiesen zu werden, dass der Autor sich durch Koutrollversuche vorher davon über- zeugt hatte, dass das Serum von gesunden Individuen oder von solchen, die au verschiedenen andersartigen Affektioneu litten, niemals in Ver- dünnungen von 1 : 50 oder 1 : 100 die Mikroorganismen aus der Gruppe des Bacillus enteritidis agglutinierte. Durham hatte iu dieser Hin- sicht mit Serum von 50 an verschiedenen Kraukheiten leidenden Per- sonen Kontrollversuche augestellt. Durham wurde infolge seiner Forschungen dazu geführt, in der in Rede stehenden Gruppe von Bakterien sehr benachbarte und nahe- Die pathogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. 655 stehende Einzelarten in bakteriologischer Hinsicht zu unterscheiden und, um die Serodiagnostik in Fällen von zweifelhafter Fleischvergiftung sicher zu gestalten, stets Versuche mit Serum in verschieden starken Verdünnungen an mehreren Varietäten von Mikroorganismen anzustellen, die im Verlaufe sicherer Fälle von Fleischvergiftung isoliert worden waren. Wir verdanken vornehmlich de Nobele ausgedehnte Forschungen über diese Frage. Dieser wollte nicht nur allein den klinischen Wert der Serodiagnostik kennen lernen, sondern mit Hilfe des Agglutinations- ])liänomens auch andere Fragen, die das größte Interesse für das Studium der infolge des Genusses von Nahrungsmitteln auftretenden Krankheiten bieten, studieren. Glücklicher Weise konnte er zu diesem Zwecke das reichliche Material benutzen, das ihm im Verlaufe von acht frischen Epidemieen, die im hygienischen Laboratorium zu Gent studiert worden waren, geliefert wurden. Seine ersten Versuche datieren vom Juli 1898. Zu dieser Zeit ereigneten sich schwere Magendarmstörungen zu Aertryck (östliches Flandern), die zur Ursache den Genuss des Fleisches eines von schwerer Enteritis befallenen Kalbes hatten. Die Ueberbleibsel dieses Fleisches waren in eine Abtrittsgrube geworfen worden. Trotzdem gelang es noch, 8 Tage nachher aus dem Fleisch und aus dem Knochen- mark der Tibia des verdächtigen Kalbes einen Mikroorganismus zu isolieren, der alle die gewöhnlichen Merkmale der in den bisherigen ähnlichen Fällen gewonneneu Bakterien hatte. Es gelang indessen DE NoBELE nicht, in den Darmeutleerungen von drei Kranken noch in den Organen eines Kranken, der nach vierzehntägiger Krankheit unter cerebralen Symptomen gestorben war, die wahrscheinlich durch eine Staphylokokkeniufektion hervorgerufen waren, den gleichen Mikro- organismus nachzuweisen. Das Serum von drei Kranken agglutinierte diese Mikroorganismen, die aus dem Fleisch und aus dem Knochenmark stammten, in Ver- dünnungen von 1 : 75 bis 1 : 400, während das Serum von 20 Indivi- duen, die teils gesund, teils an andersartigen Krankheiten, wie Peri- typhlitis, Gastritis, Typhus abdominalis, erkrankt waren, diese Mikro- organismen überhaupt nicht oder höchstens bei einer Verdünnung von 1 : 25 zusammenballte. Außerdem stellte er fest, dass eine deutliche Agglutinationskraft des Serums äußerst rasch, schon vier Wochen nach Beginn der Krankheitserscheinungen, verschwinden kann und zwar so, dass sie überhaupt keine Serodiagnostik mehr gestattet, während be- kanntlich die agglutinierende Kraft des Blutes für den Typhusbacillus sich im allgemeinen weiter erhält. Der genannte Autor fand auch, dass das Serum der Kranken aus der Epidemie von Aertryck auf den Typhusbacillus stärker wirkte als normales Serum, indessen agglutinierte es die Mikroorganismen, die aus dem verdächtigen Fleisch genommen worden waren, weit stärker als die Typhusbazillen. So war ein Serum, das die ersteren Bakterien in einer Verdünnung von 1:400 agglutinierte, für den Typhusbacillus erst in einer Verdünnung von 1 : 50 wirksam. Bei vergleichenden Ver- suchen mit Mikroorganismen, die aus anderen Fällen von Fleisch- vergiftung stammten, also mit denjenigen von Gärtner, von Moorseele, aus der Epidemie von Gent, beobachtete de Nobele, dass das Serum von Aertryck für diese Arten bedeutend weniger wirksam war. Er bestätigte demnach die schon vorher von Duriiam erhobene Thatsache, dass die verschiedenen Mikroorganismenvarietäten, die unter der Bezeichnung Bacillus enteritidis einhergehen, sich einem agglutinierenden Serum 656 van Ermengem, gegenüber nicht durchaus einheitlich verhalten. Nach seinen Experi- menten zeigt das betreffende Serum den größten Grad der Wirksamkeit gegenüber den homologen Mikroorganismen, d. h. gegenüber den- jenigen, welche den Kranken, von dem das agglutinierende Serum stammt, infiziert hatten. Diese Thatsache würde, falls sie sich öfter be- stätigt, hinsichtlich der Diagnose eine große Wichtigkeit haben, denn diese würde dadurch gewissermaßen individuell, und weiterhin könnte man auch unter diesen Umständen bei gerichtlichen Fragen feststellen, ob die aus dem verdächtigen Fleisch gezüchteten Mikroorganismen identisch sind mit denjenigen, die man in den Organen und Darm- entleerungen derjenigen Individuen nachweisen kann, welche nach dem Genuss des Fleisches krank wurden. Mit anderen Worten, man könnte dadurch beweisen, dass die bei dem kranken Individuum gefundenen Mikroorganismen die direkten Deszendenten derjenigen sind, welche Krankheitserscheinungen bei den Tieren hervorgerufen haben und die sich in seinem Fleische finden. Eine im August 1898 zu Siraiüt (Hennegau) vorgekommene Epide- mie, die sich auf den Genuss von Schweiuehackefleisch (Presskopf) zurückführen ließ, gestattete die eben ausgeführte Feststellung von neuem zu bestätigen. Auf 100 Kranke kamen bei dieser Epidemie drei Todesfälle. Die nähere Untersuchung, die zu gleicher Zeit von Herman^- in Mons und im Laboratorium von Gent ausgeführt wurde, führte zum Ziel, in dem verdächtigen Fleisch einen Mikroorganismus nachzuweisen, der mit demjenigen von Moorseele übereinstimmte. Die Agglutinations- versuche zeigten, dass er von dem Serum der Kranken stark agglutiniert wurde. Eines der Sera agglutinierte ihn sehr stark in einer Ver- dünnung von 1 : 400, während das Serum, welches aus der Epidemie von Aertryck stammte, ihn erst bei 1:75 agglutinierte, Bacterium coli und Typhusbazillen dagegen erst bei 1 : 20. Bei Gelegenheit einer Epidemie zu Brügge im Jahre 1899, wobei Schweinefleischwürste Krankheitserscheinungen dersell)en Art wie in Sirault hervorgerufen hatten, konnte de Nobele einen Mikroorganismus ge- winnen, der durch das Serum von 11 Kranken in einer Verdünnung von 1 : 100 bis 1 : 500 agglutiniert wurde. Dieses Serum agglutinierte gleich- falls die Mikroorganismen von Moorseele und von Gärtner, wenngleich erst in geringeren Verdünnungen bei 1 :50 bis 1 :250, dagegen war es fast unwirksam für die Varietäten aus der Epidemie von Aertryck und Sirault. Um dieselbe Zeit, im Winter 1899, stellte van Ermengem ^^ ue^e Forschungen an zu Meirelbeek in der Nähe von Gent. Es handelte sich diesmal um ein Fleisch, das von einer in agone geschlachteten Kuh herstammte, die 8 Tage an einer puerperalen Affektiou erkrankt gewesen war. Die histologische Untersuchung des sehr frischen Muskelgewebes zeigte, dass diese Kuh einer septischen Infektion erlegen war, infolge von Mikroorganismen, welche alle Charaktere des B. enteritidis zeigten. Diese Mikroorganismen wurden nicht nur allein in dem Fleisch, dem Blut, dem Knochenmark des verdächtigen Tieres nachgewiesen, sondern auch in dem Stuhlgang eines Kranken. Das Blutserum von 5 Kranken agglu- tinierte diese Mikroorganismen sehr deutlich bei 1 : 75 bis 1:200; der Mikroorganismus aus der Epidemie von Aertryck reagierte ungefähr bei derselben Verdünnung, während der typische Bac. enteritidis, der von Gärtner selbst stammte, selbst nur bei 1 : 20 agglutiniert wurde. Kurz, es wurde bei dieser Gelegenheit noch einmal erwiesen, dass die Serodiagnostik in Fällen von Fleischvergiftung mindestens mit zwei Die pathogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. 657 Typen von Mikroorganismen ausgeführt werden muss, die zur Gruppe des Bacillus euteritidis gehören: der eine dieser Typen muss die Eigenschaften haben, welche der von Gärtner entdeckte Bacillus besitzt, währenddem der andere Typus die Mikroorganismen mit denjenigen Eigenschaften umfasst, wie sie in den Epidemieen zu Hatton, Chatterdon, Aertryck, Meirelbeek, Sirault u. s. w. gefunden wurden, ein Typus, zu dem man noch, wie man weiter unten sehen wird, die Mikroorganismen von Holst, Käxsche, Güxtiier hinzurechnen muss. Der Typus Bacillus euteritidis Gärtxer scheint unter den Mikro- organismen der Fleischvergiftungen gastrointestinalen Charakters am wenigsten verbreitet zu sein, da man zu ihm nur die Mikroorganismen von Frankenhausen, von Moorseele, von Gent, von Brügge, sowie die Varietäten von zwei Epidemieen, die in jüngster Zeit von Fischer ^^ be- schrieben wurden, zählen konnte. In jüngster Zeit konnte indessen dieser Typus wiederum zweimal in Orgauen von Leichen von Individuen, die zu Lebzeiten in Brüssel und in Willebroek geräuchertes Pferdefleisch gegessen hatten, im Laboratorium von Gent nachgewiesen werden. de Nobele hat sich bemüht, mit Hilfe von hochwirksamen aggluti- nierendem Serum, das er bei Kaninchen und Ziegen durch Injektion großer Mengen von Kulturen erzielt hatte, die verschiedenen Species aller Mikroorganismen von Fleischvergiftungen, die er sich verschaffen konnte, mittelst der Agglutination zu bestimmen. Auf diese Weise ist er dazu gekommen, die beiden folgenden Hauptgruppen festzustellen: Typus I. Bacillus euteritidis. Bacillus von Frankenhausen — Gärtner. » » Moorseele — v. Ermengem. » » Gent — » » » Brügge — DE Nobele » » Brüssel — » » » Willebroek — » » » Rumtleth — Fischer. » » Haustedt — » Typus IL Bacillus Aertryck*). Bacillus von Gaustad — Holst. » » Breslau — Flügge-Känschr. » » Posen — Günther. » » Hatton — DuRHAM. » » Chadderton — » » > Sirault — Herman & v. Ermengem. » » Calmphout — v. Ermengem. » » Aertryck — de Nobele. » » Meirelbeek — » Die Beziehungen des Bac. enteritidis zu anderen Mikroorganismen. Unter den sehr interessanten Thatsachen, welche mit Hilfe der Ag- glutination bei der Fleischvergiftungen gastrointestinalen Charakters fest- gestellt wurden, ist besonders eine, deren praktische Wichtigkeit aus *) Diese Gruppe könnte auch, wie de Nobele vorgeschlagen liat, als typischen Vertreter den Schweinepest- (Hog-Cholera-) Bacillus haben. In der That besitzt die Hog-Cholera alle Eigenschaften des Mikroorganismus von Aertryck und ver- hält sich auch gegenüber dein agglutinierenden Serum genau gleich. Handbucli der patliogenen Mikroorganismen. II. 42 058 van Ermengem, den Untersucliuiigeii von Durham und de Nobele her vorgeht. Man wiisste bereits seit mehreren Jahren, dass das Typhusserum auf den Bacillus enteritidis eine ziemlich starke agglutinierende Wirkung hat. Nach Durham kann das Serum von Typhuskranken diese Mikroorganis- men in Verdünnungen von 1 : 100 und selbst von 1 : 500 bis 1 : 1000 agglutiniereu. Ja, bisweilen ist die Wirksamkeit des Typhusserums auf die Mikroorganismen von Gärtner deutlicher als auf die Typhusbazillen selbst. Infolgedessen scheinen Fehlschlüsse bei der Serodiagnostik un- vermeidlich, wenngleich nach Durham ^^ hochwirksames Typhusserum, das bei Tieren durch Injektion großer Dosen Typhusbazillen künstlich erzeugt wurde, auf den Bacillus enteritidis nur in bedeutend stärkereu Konzentrationen wirken soll als auf den Typhusbacillus. de Nobele konnte in seinen unabhängig von Durham augestellten Forschungen eine Bestätigung dafür beibringen. So agglutinierte zu Brügge das Serum von sechs an Fleischvergiftung Erkrankten deutlich den Typhusbacillus bei 1:70 bis 1:200, während es auch den Mikroorganismus, der die Ursache der Fleischvergiftung war, nicht stärker agglutinierte. Ebenso desaß das Blut von 20 Kranken, die an sicher nachgewiesenem Ab- bominaltyphus erkrankt waren, für die Mikroorganismen der Fleisch- vergiftung von Gent, von Brügge und von Brüssel eine fast ebenso starke agglutinierende Kraft wie für die echten Typhusbazillen. Wenn also auch durch diese Thatsachen die entscheidende Zu- verlässigkeit in der Praxis der Serodiagnostik beim Menschen geringer erscheint, so ist es andererseits doch möglich, die echten Typhusbazillen und die Mikroorganismen, die zu der Gruppe des Bacillus enteritidis gehören, mittelst des hoch- agglutinierenden Serums, dass von künstlich immunisierten Tieren stammt, zu unterscheiden. So hat de Nobele gesehen, dass ein Typhusserum, das bei 1:30000 für Typhusbazilleu wirksam war, die Mikroorganismen von Frankenhausen, von Moorseele und von Gent erst in einer Verdünnung von 1:2000 agglutinierte. Fischer54^ der zwar die Agglutinierbarkeit des Bacillus ente- ritidis und der zu seiner Gruppe gehörenden Varietäten durch das Typhusserum nicht beobachtet hat, erkennt an, dass die Sera von Ziegen, welche mit Mikroorganismen von Rumfleth oder Haustedt inoku- liert worden waren, nicht nur allein diese letzteren, sondern genau ebenso stark die Mikroorganismen von Gärtner, von Moorseele und von Gent agglutiniereu. Der gleiche Forscher hat fernerhin festgestellt, dass diese Sera unwirksam sind gegenüber den Mikroorganismen von Känsche und von Günther, also gegenüber den Bazillen aus der obigen zweiten Gruppe (Typus Aertryck). Endlich hat die Agglutination gestattet, endgiltig mit den nahen Beziehungen aufzuräumen , die von vielen Forschern zwischen den Mikroorganismen der Fleischvergiftang und verwandten, sehr verbrei- teten Arten, meistenteils Bact. coli-Arten, aufgestellt worden waren. de Nobele erzielte ein Serum, das in der Verdünnung 1 : 3000 eine sehr bewegliche Bacterium coli commune-Art, welche alle bakterio- logischen Charakteristika des EscHERiCHSchen Bakterium besaß, aggluti- nierte. Dieses Serum hatte indessen nur eine ganz schwache Wirkung (1:20) auf zahlreiche Varietäten (13) von Mikroorganismen, die bis da- hin in den verschiedenen Epidemieen infolge des Genusses des Flei- sches kranker Tiere gewonnen worden waren. Andererseits hat Fischer eine große Anzahl von Bact. coli-Arten der Wirkung von Sera unter- Die patLogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. 659 worfen, die liocli agglutinierend waren für die Mikroorganismen der Fleischvergiftung vom Typus Bacillus enteritidis. Unter diesen Bact. coli- Stämmen befanden sich u. a. vier Varietäten, die aus Fällen von Nahrungsmittelvergiftung stammten, Fälle, bei denen man den Ge- nuss von Käse als Ursache beschuldigte, zwei andere Arten, die in Gänseleberpastete und in Leberwurst gefunden worden waren. Diese letzteren sollten Vergiftungserscheiuungen zu Grüuthal und GlUckstadt im Jahre 1896/97 verursacht haben. Keiner der in Frage stehenden Bact. coli-Stämme wurde von dem Serum in einer höheren Verdünnung als 1:10 agglutiniert, während die Mikroorganismen, mit denen die Serum liefernden Tiere vorbehandelt worden waren, in einer Verdünnung von 1:40000 reagierten. Mit Hilfe der Agglutination konnte man bis zu einem gewissen Grade fernerhin die Beziehungen feststellen, welche zwischen dem Mikro- organismus der Fleischvergiftungen gastrointestinalen Charakters und ver- schiedenen anderen Bakterien bestehen, namentlich mit den Erregern verschiedener, mehr oder weniger umschriebener Zoonosen. Auf der- artige Beziehungen wiesen bereits die bakteriologischen Eigenschatten der betreffenden Mikroorganismen hin. So versuchte tie Nohele die Ver- wandtschaft festzustellen, welche zwischen den Bakterien der Hog- Cholera, denen der Septikämie der Kälber von Tiiomassen^^^ dem Bac. mortificans bovis von Basenau^'^, dem Mikroorganismus einer Psittakose von Nocard, einer gewissen Form von infektiöser Kälber- Enteritis (Malvoz) einerseits und den Mikroorganismen der Fleischver- giftungen andererseits besteht. Bei diesen Untersuchungen zeigte sich allein der Bacillus von Tiiomassen sehr empfindlich gegenüber einem mit dem Bacillus enteritidis hergestellten Serum, während die anderen hauptsächlich auf ein Serum reagierten, das mit dem Mikroorganismus von Aertryck hergestellt war, aber auch mit diesem erst bei relativ starken Konzentrationen. Nach diesen Untersuchungen ist es demnach sehr wahrscheinlich, dass die Krankheit, die beim Kalbe von Tiiomassex studiert wurde , das Fleisch dieser Tiere sehr gesundheitsschädlich macht, ebenso schädlich, wie dasjenige, das durch den Bacillus von Gärtner oder von Moorseele infiziert ist. Was die Fleischsorten an- geht, die die Bakterien von Basenau oder von Malvoz oder selbst die- jenigen der Psittakose enthalten, so können sie wahrscheinlich ebenfalls infolge ihres Genusses zu Krankheitsstörungen Veranlassung geben. Die Versuche mit dem Bacillus der Hog-Cholera verdienen eine beson- dere Betrachtung. Es scheint nämlich, dass man bisher unter der Be- zeichnung Hog-Cholera und der deutschen Schweinepest Krankheits- prozesse zusammengeworfen hat, die durch verschiedene Mikroorganismen- arteu hervorgerufen werden. de Nobele hat mit drei Stämmen von Hog-Cholera Tiere immunisiert und das so erhaltene Serum gegenüber 9 Schweinepeststämmen von ganz verschiedener Herkunft auf seine ag- glutinierende Kraft geprüft. Selbst diejenigen, die alle bakteriologischen Kennzeichen des echten Hog-Cholerabacillus von Salmon-Smith boten, haben nichtsdestoweniger ganz verschieden auf das Serum reagiert. Es macht dies die Annahme sehr wahrscheinlich, dass sich unter der gemeinsamen Bezeichnung von Hog- Cholera Varietäten und selbst verschiedene Species befinden. Vielleicht befindet sich unter diesen Arten , die bisher als einzige Species betrachtet wurden, nur eine, welche selten die Schweine befällt und die fähig ist, alsdann das Fleisch dieser Tiere für den Menschen 42* (J60 ^^^ Erraengem, gefälirlich zu maclieu. Diese Anuahme würde erklären, dass nur relativ selten Krankheitserscheinungen beobachtet wurden nach dem Genuss des Fleisches von Schweinen, die von der gewöhnlichen Form der Hog- Cholera befallen waren. Die Seltenheit der Krankheitserscheinungen nach Genuss des Fleisches schweiuepestkranker Tiere zeigt die lang- jährige Erfahrung in allen Ländern, in denen diese Seuche fast ständig vorkommt, namentlich in Nordamerika, in Ungarn u. s. w. Das nähere Studium der Serumreaktion scheint ferner noch ein an- deres, unerwartetes Kesultat gehabt zu haben. Es hat nämlich jüngst Jacobsthal^* in dem Eiter des Milzabszesses einer Kuh, die im Schlacht- haus in Straßburg beschlagnahmt worden war, Mikroorganismen nach- gewiesen, die vollständig die Eigenschaften des Typhusbacillus zeigten und die von echtem Typhusserum stark und in demselben Maße wie €chte menschliche Typhusbazillen agglutiniert wurden (Verdünnung 1:3000 bis 1:4000). Der Autor nimmt au, dass das Fleisch dieses Tieres nach dem Genuss beim Menschen Krankheitserscheinungen hätte verursachen, ja einen richtigen Typhus hätte hervorrufen können. Auf diese Weise konnte man sich auch die Entstehung gewisser Epidemieen erklären, wie z. B. diejenige von Andellingen (1839] und die von Kloten (1879), die auf den Genuss von Kalbfleisch zurückgeführt wurden und die alle klinischen Zeichen einer echten Typhusepidemie boten. Man liat viel über die Natur dieser Epidemieen hin und hergestritten (Suter^^j und hat viele Gründe für und wider ihre Beziehungen zum Typhus bei- gebracht, indessen gewinnt die Annahme, dass es sich dabei um echten Typhus gehandelt haben kann, nunmehr durch die Entdeckung von Jacobsthal an Wahrscheinlichkeit. Ueberhaupt ist die Frage, welche Krankheiten bei unseren Haus- tieren durch die Mikroorganismen, die zur Gruppe des Bac. enteritidis gehören, hervorgerufen werden, bisher kaum augeschnitten worden, und doch wäre es hohe Zeit, endbch einmal die Tierkrankheiten und die septischen, eitrigen und puerperalen Prozesse, bei denen diese Bak- terien eine Kolle spielen, festzustellen. Bisher scheint es allein Basenau^*' gewesen zu sein, der versucht hat, diese Mikroorganismen in den Ka- davern von Schlachttieren festzustellen, die wegen derartiger, soeben er- wähnter Krankheiten im Schlachthause zu Amsterdam beanstandet worden waren. Der Bac. bovis morbificans, den er im Jahre 1893 aus den Muskeln und den Organen einer in extremis wegen puerperaler Metritis notgeschlachtcteu Kuh isoliert hatte, unterscheidet sich bakteriologisch nicht von den gewöhnlichen Mikroorganismen der Fleischvergiftungen, wie dies die vergleichenden Untersuchungen von de Nobele^i und von Fischer 62 gezeigt haben. Seine pathogenen Eigenschaften, obwohl ziemlich schwach ausgeprägt, lassen ebenfalls keinen Anhaltspunkt für Unterscheidung. Er verursacht, per os eingeführt, tödlich verlaufende Erscheinungen von Gastroenteritis nicht nur allein bei Mäusen und Meer- schweinchen, sondern selbst bei Ratten und Kälbern. Indessen hat Basenau festgestellt, dass die abgetöteten Kulturen ihrer Giftigkeit beraubt sind. Der Bacillus bovis morbificans verursacht ferner häufig in der gleichen Weise, wie dies von zahlreichen Beobachtern (Gärtner, V. Ermengem, Holst) für die verschiedenen Arten des Bacillus enteri- tidis festgestellt wurde, in der Leber und der Milz der geimpften Tiere zahlreiche miliare eitrige und nekrotische Herde. Nach den Be- obachtungen von DE Nobele, die Fischer bestätigt hat, steht er in sehr nahen Beziehungen zu den Bakterien von Holst, Känsche, Die pathogenen Bakterien der Fleischvergiftung. 661 GrüNTiiER u. s. w., da 61' voii Semm, das mit Hilfe der Mikroorganismen der Gruppe Aertiyck gewonnen wurde, ag-glutiniert wird. Andererseits unterscheidet er sich sicher von dem gewöhnlichen Bact. coli; denn das Coliserum von de Nobele zeigte sich vollständig unwirksam gegenüber diesem Mikroorganismus. Basexau fand fernerhin bei sechs weiteren Untersuchungen von Tieren, die im Schlachthause als au septischen oder pyämischen Pro- zessen erkrankt festgestellt wurden, noch zweimal Mikroorganismen, die dem Bacillus bovis morbificans sehr nahestehen, indem sie ebenso wie dieser keine Indolreaktion geben und die Milch nicht koagulieren. In den vier übrigen Fällen scheint er nur Bact. coli gefunden zu haben. Die Mikroorganismen von dem Typus Aertryck oder Typus Bacillus enteritidis scheinen sich indessen nicht sehr häufig bei denjenigen Aöektionen, die in Schlachthäusern gewöhnlich zur Beanstandung des Fleisches führen, zu finden. So hat Portet^^ 38 verschiedene Proben von Fleisch untersucht, das von fiebernden erkrankten, an Hydrämie, Sepsis u. s. w. leidenden Tieren stammte oder das in Zersetzung über- gegangen war. Alle diese Fleischsorten enthielten Mikroorganismen, wie z. B. Staphylokokken, Streptokokken, Bact. coli com- mune, Proteusarten, aber keine Bakterieuart, die in Beziehung stand zu dem Bacillus enteritidis oder dessen verwandten Arten. Neben diesen septischen Aöektionen, für deren Aetiologie jetzt wohl allgemein die von Gärtner entdeckten und diesen nahestehenden Mikro- organismen angenommen werden, sollten auch andere Krankheiten unserer Haustiere, auf deren Wichtigkeit bei der Entstehung von Nahrungsmittelvergiftungen die Geschichte der Fleischvergiftungen hin- weist, näher studiert werden. Es sind dies insbesondere infektiöse Er- krankungen, besonders bei jungen Rindern, die sich kennzeichnen durch üarmstörungen , also Erscheinungen von Enteritis, Dysenterie, Pneuino-Enteritis u. s. w. Wir haben weiter oben gesehen, wie wahrscheinlich die Infektionsgefahr durch das Fleisch von Kälbern, die an der von Thomassen beschriebenen Septikämie erkrankt sind. Nach diesem Forscher soll die sogenannte »infektiöse Darmentzündung der Kälber«, die neben der Polyarthritis und Nabelvenenentzünduug dieser Tiere so häufig als Ursache von Fleischvergiftungen angegeben wird, immer durch diesen Mikroorganismus hervorgerufen werden. jVerbreitung des Bacillus enteritidis. Obwohl alle hier berührten Fragen, die ein so großes praktisches und nationalükonomisches Interesse haben, noch nicht endgiltig gelöst werden können, scheint es doch heute bereits sicher, dass das Fleisch erkrankter Tiere nicht die einzige Quelle für die Mikroorganismen ist, mit denen wir uns hier beschäftigen, und dass die Fleischvergiftungen gastrointestinalen Charakters nicht ausschließlich von dem Gennss des durch diese Mikroorganismen infizierten Fleisches herrührten. Vielmehr können in gleicher Weise wie andere pathogene Mikroorganismen, z. B. der Typhusbacillus, mit dem die Mikroorganismen dieser Gruppe ja in vielen Punkten Aehnlichkeit haben, auch der Bacillus enteritidis und seine verwandten Arten Veraulassung geben zu Infektionen durch Kontakt oder durch den Genuss von Nahrungs- mitteln, die zufälliger Weise mit ihnen verunreinigt wurden, durch Staub u. s. w., indem diese Mikroorganismen ja mit den Ausleerungen 6Ö2 van Ermengem, der Kranken in die Anßenwelt gelangen, v. Ermenc4Em64 und vor ihm Gärtner ^^ hatten bereits über Fälle von direkter Kontagion berichtet bei Individuen, die in Verkehr mit an Fleischvergiftungen gastrointestiualen Cha- rakters erkrankten Personen gestanden hatten. Derartige Fälle sind viel- leicht häufiger, als man l)isher angenommen hat, und ihre Entstehung kann sehr leicht verkannt werden, ebenso wie diejenige der sporadischen Fälle von Fleischvergiftungen, die auf diese Weise zustande kommen. In den letzten Jahren ist es sehr wahrscheinlich geworden, dass analoge Magendarmstörungeu verursacht werden können durch Trinkwasser, welches durch Abgänge, ferner durch Milch von diarrhöisch er- krankten Kühen verunreinigt wurde, ja vielleicht auch durch Austern, die in Austernparks in der Nähe von Kanalauslässen gezüchtet werden, ferner- hin durch Fische, wie durch Schellfische, die in unsauberen Gewässern gelebt haben (s. Durham^sj scheinen solche Krankheitserscheinungen erzeugt werden zu können. Fernerhin ist die immer mehr zunehmende Häufig- keit der Fälle von sogenanntem Paratyphus, die in den letzten Jahren be- schrieben wurden, geeignet, die Aufmerksamkeit der Bakteriologen und Kliniker auf derartige Krankheitsursachen zu lenken. Es sind dies Krankheitsfälle, in denen die GRUBER-WiDALsche Reaktion fehlt, während man in den Or- ganen, dem Blut, dem Urin oder den Darmentleerungen der Kranken Mikro- organismen findet, die sich vom echten Typhnsbacillus unterscheiden und mit dem Serum der betreffenden Kranken eine deutliche Agglutinationsreaktion geben. Wir kennen bereits eine ganze Reihe derartiger pathogener Mikroorganis- men, deren nahe Beziehungen zu den bei Fleischvergiftungen gastrointestiualer Form gefundenen Bakterien überraschend sind, unter anderen gewisse Typen von Schottmüller 67j den Bacillus Bremensis febris gastricae von KüRTH^*, die Varietäten von Paratyphus von Brion & Kayser^^ von DE Feyfer & Kayser^ö uq^ die in jüngster Zeit publizierten von Hüner- mann'^i u. s. w. Stern & Durham'2 führten ebenfalls Fälle an, die als Typhusinfektion aufgefasst wurden und bei denen die Serumreaktion in viel höherem Maße auf eine Infektion mit einem Mikroorganismus aus der Gruppe der Fleischvergiftungen hindeuteten (vergl. auch Hoffmann ^ '). Endlich kommt man fast unfreiwillig dazu, die Bakterien der (Gruppe des Bacillus enter itidis in gewisse Beziehungen zu setzen zu den Mikro- organismen, die als Pseudotyphus, Similityphus u. s. w. bezeichnet werden. Es sind dies Mikroorganismen, deren Existenz schon lange bekannt ist, und die man in einer Anzahl von Medien gefunden hat, so in Leichen, in diarrhöischeu Stuhlentleerungen, in verunreinigten Gewässern, in Fluss- schlamm u. s. w. (Sacquepee ^^^ Appel^^, Neumann ''6, Kister '''', Houston '^^^ Valentini '^9, Martoglio^o u. s. w.) Es ist außerdem leicht ersichtlich, in wie vielen Fällen es Schwierigkeiten machen muss, diese Arten durch ihre kulturellen und pathogeuen Eigenschaften zu unterscheiden von gewissen Varietäten von Bact. coli, die mehr oder Aveniger von dem EscHERiCHschen Typus abweichen, indem sie die Milch nicht zur Gerinnung bringen, keine Indolreaktion geben u. s. w. (s. Lösener^'). Alles lässt also darauf schließen, dass unsere in Frage stehenden Mikro- organismen eine ziemlich Aveite Verbreitung in der freien Natur haben, ob- gleich V. Ermengem annimmt, dass es nicht gewöhnliche Saprophyten sind, die in irgend welchen Kadavern oder zersetzten organischem Material wuchern. Im Gegenteil hat v. Ermengem mit Nachdruck betont, nicht ein einziges Mal bei seinen zahlreichen Untersuchungen menschlicher Faeces, weiterhin von Organen stark angefaulter Leichen, von in Fäulnis begriftenen Nahrungs- mitteln, Fleisch u. s. w. einen Mikroorganismus angetrofi'en zu haben, der die Die pathogenen Bakterien der Fleisclivergiftungen. 663 Summe von bakteriologischen und biochemischen Eigenschaften bietet, die eben den Bacillus von Moorseele und den Bacillus enteritidis kennzeichnen. Es scheint demnach, dass dies weder irgend welche gewöhnliche saprophy- tische Mikroorganismen sind, noch auch sehr verbreitete pathogene Bakterien, da man sie bisher stets nur bei krankhaften entzündlichen, septischen oder gastrointestinalen Erscheinungen bei Tieren oder bei Menschen gefunden hat. Hierher gehört auch noch der Fall von Petruschky s-, der im Jahre 1896 unter der Bezeichnung von Bac. faecalis alc aligenes einen Mikroorganismus beschrieben hat, der sich dem Anschein nach nicht vom Bacillus enteri- tidis unterscheidet. Petruschky hat diesen Mikroorganismus gewonnen aus den Darmentleerungen eines Kranken, der unter typhusähnlichen Erscheinungen erkrankt war. Es liegt kein Beweis dagegen vor, dass es sich in diesem Falle nicht um einen sporadischen Fall von Fleischvergiftung gehandelt hat (vgl. DURHAÄI^SJ, Es wird die Aufgabe zukünftiger bakteriologischer Forschungen sein, uns Aufklärung zu schaffen über alle die Infektionsquellen seitens der Mikro- organismen der Gruppe Bacillus enteritidis und über seine gegenüber den bisherigen Annahmen weit bedeutendere ätiologisclie Wichtigkeit hinsichtlich der menschlichen und tierischen Pathologie. Prophylaxis. Die prophylaktischen Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, die Erkran- kungen infolge Genusses von infiziertem Fleisch zu verhindern, sind von unzweifel- hafter Wirksamkeit, wenngleich die Häufigkeit der Magendarmerkrankungen infolge Genusses von solchen Nahrungsmitteln kaum abzunehmen scheint. Diese Maßnahmen bestehen fast ausschließlich in den Vorschriften der öffentlichen Gesundheitspflege in Bezug auf die obligatorische Fleischbeschau. Vor allem bedarf es einer guten Gesundlieitspolizei in Bezug auf den Handel mit Fleisch. Der Vertrieb von Fleisch, das von kranken, notgeschlachteten Tieren herrührt, muss in durchaus zuverlässiger Weise geordnet sein. Die tierärzt- lichen Sachverständigen, welche allein hierfür zuständig sind, müssen sich stets durch alle als nützlich erkannten Mittel davon überzeugen, ob ein zweifelhaftes Fleisch ohne Gefahr für die öffentliche Gesundheit dem Ver- kehr übergeben werden darf. Die Benutzung der inneren Organe muss, wenn sie auch noch so normal erscheinen, in allen Fällen, in denen die Tiere an verdächtigen Affektiouen gelitten haben, untersagt werden. Der- artige Affektionen sind pyämische, septische Prozesse, schwere Darmentzün- dungen, Lungenentzündungen verschiedenen Ursprungs oder irgend eine Krankheit, die man mit diesen verwechseln könnte. Die unverzügliche Ver- nichtung dieser Orgaue, in welchem Zustande sie sich auch immer befiüden mögen, müsste gesetzlich vorgeschrieben sein. Endlich wäre es richtig, dass in jedem verdächtigen Fall das Muskelfleisch, selbst wenn es keine wahr- nehmbaren Veränderungen zeigt und das Tier sich in ausgezeichnetem Er- nährungszustande befindet, einer bakteriologischen Untersuchung zu unter- werfen. Diese Methode, deren Wichtigkeit Basenau^^, v. Ermengem^^, PoELS^e u. a. gezeigt haben, ist bisher nur selten im Gebrauch, und doch ver- sichert OsTERTAG^'', eine der ersten Autoritäten anf diesem Gebiete, dass die bakteriologische Untersuchung einen ungemein gi-oßen Fortschritt in der so schwierigen Frage der Fleischbeschau darbietet in Fällen, wo das Fleisch von Tieren stammt, die an wenig bestimmten Infektionen gelitten haben, an Septikämieen, Pyämieen u. s. w. Nach ihm gestattet diese Untersuchung von 664 ^^^ Ermengem, nun an viele Fleiseharten zum Genuss zuzulassen, die bisher beanstandet waren, weil man ihrer vollständigen Unschädlichkeit nicht ganz sicher war. Da es nachgewiesen ist, dass das Fleisch von vollständig gesund geschlachteten Tieren bei der Prüfung eines Stückchens aus der Tiefe sich stets als völlig steril erweist (vergleiche Basenaü^*, Portet^ö, Presshuhn 90 u. s. w.), dass es 2 — 3 cm unter- halb der Oberfläche selbst acht Tage nach der Schlachtung, wenn es sich bereits im Beginn der Fäulnis befindet, noch frei von jedem Bakterienwachstum bleibt, so genügt es, Agar- oder Gelatineplatten einfach zu besäen. Wenn sich auf diesem nach 8 — 12- stündigen Verweilen bei 25 — 30° Bakterienwachstum zeigt, so muss das Fleisch von dem Genuss ausgeschlossen werden. DE NoBELE^i hat eine raschere Untersuchungsmethode vorgeschlagen. Er überzeugte sich davon, dass der Muskelsaft von kranken Tieren, die durch Mikroorganismen der Gruppe Bacillus enteri- tidis infiziert sind, ein ausgesprochenes Agglutinationsvermögen für diese besitzt. Es würde also nach diesem Forscher genügen, die agglutinierende Wirkung des Muskelplasmas in ziemlich starken Konzentrationen (1:10 bis 1:20) auf je einen Repräsen- tanten der beide von ihm festgestellten Gruppen dieser Mikroorga- nismen zu prüfen. Da der Muskelpresssaft von gesunden Tieren selbst nicht in der Konzentration von 1:1 die hier in Frage stehenden Mikroorga- nismen agglutiniert, so könnte man daher auf diese Weise in einer bis späte- stens zwei Stunden zu einem bindenden Ergebnis gelangen. Man würde nur zum Kulturverfahren greifen, wenn die Agglutination negative Resultate er- geben hat. Von großem Vorteil dürfte es sein, das zu prüfende Fleisch erst 24 Stunden nach der Schlachtung bei 18 — 20° zu halten und erst dann die Kulturen davon anzulegen. Auf diese Art und Weise bekommt man eine merk- liche Anreicherung der Mikroorganismen, die unmittelbar nach der Schlachtung häufig sehr wenig zahlreich vorhanden sind. Andererseits wird unglücklicher Weise hierdurch das Ergebnis der Untersuchung um so mehr verzögert. Therapie. Bisher hat man noch kein spezifisches Heilverfahren gegenüber den infolge der Mikroorganismen der Gruppe Bacillus euteritidis auftretenden Infek- tionen versucht. Mau hat sich mit mehr oder weniger Erfolg darauf be- schränkt, die Magendarmerscheinungen durch Antiseptica, Abführmittel u. s. w. zu bekämpfen. Eine Serumtherapie scheint wenigstens im gegenwärtigen Augenblick noch kaum einen sehr großen Nutzen bei diesen Aflektionen zu versprechen, wenigstens keinen größeren als bei anderen, die auch nicht wirksam bekämpft werden können durch rein baktericid wirkende Sera. Jedenfalls sind die im Tierversuch erhaltenen Resultate nicht sehr ermutigend. Fischer ^2 hat festgestellt, dass in dem Serum von Tieren, die mit großen Mengen von Kulturen vorbehandelt worden waren, keine baktericiden und lysogeuen Stoffe vorhanden sind, obwohl diese Sera einen ungemein starken Agglutinationswert 1:100000 besaßen. Es gelang ihm auch nicht, in diesen Seris die geringste Spur einer antitoxischen Kraft zu finden. Diese Thatsache wurde im Laboratorium von v. Ermengem bestätigt, und es ist nicht recht erklärlich, wie Durham^s zu entgegengesetzten Resultaten kommen konnte. Kach diesem Autor besaßen die stark agglutinierenden Sera, welche er mit den Mikroorganismen von Hatten, Chadderton oder mit dem Bacillus von Die pathogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. 665 GÄRTNER erhalten hatte, einen dentlich schützenden Wert gegenüber der In- fektion mit lebenden Bakterien, während die Kontrolltiere starben. Auch das Serum von Kranken (Hattou), die an Gastroenteritis infolge Fleischvergiftung erkrankt waren, soll den gleichen Schutzwert gehabt haben. 3. Fleischvergiftungen infolge Bact. coli, Bacillus Proteus, u. s. w. Fleischprodnkte, welelie von gauz gesuudeu Tieren stammen und die, kurz nach der Schlachtung- genossen, ohne jegliche Störung verzehrt wurden, verursachen bisweilen bei manchen Individuen Krankheits- erscheinungen, die die gewöhnlichen Erscheinungen derFleischvergiftuugeu gastrointestinaler Form darbieten. Das Fleisch muss also in diesen Fällen erst post mortem von patho- genen ^Mikroorganismen oder giftbildeuden Saprophyteu invadiert worden sein. In der That bildet das Fleisch einen ganz ausgezeichneten Nähr- boden für eine Anzahl von Mikroorganismenarten und es ist daher viel- fach solchen Verunreinigungen ausgesetzt. Die Nahrungsmittel, die auf diese Weise erst nach einer gewissen Dauer gesundheits- schädlich werden, sind demnach fast immer zu gleicher Zeit der Sitz von gewöhnlichen Fäulnisarten und in der großen Ueberzahl der Fälle bieten sie die Erscheinungen des so- genannten Fleisches mit haut gout oder unzweideutiger Fäulnis. Lange Zeit hindurch sah man als Ursache für die Krankheits- erscheinungen, welche der Geuuss verdorbeneu Fleisches bisweilen her- vorruft, die Alkaloide der gewöhnlichen Fäulnis, also die ver- schiedenen Ptomaine, an. Eine Anzahl von Forschern (vgl. Baum- garten 9^, OsTERTAG^^ U.S.W.) bestehen auch heute noch darauf, die Gegenwart sehr wirksamer Fäulnisgifte dafür zu beschuldigen. In der That sind die Veränderungen, welche organische Substanzen infolge der Fäulnis erleiden, so offensichtlich und wirken so lebhaft und so sinn- fällig, dass man schon seit langem in ihnen die leichte Erklärung für pathologische Störungen, deren eigentliche Ursache bei einer oberÜäch- licheu Prüfung entgeht, suchte. Indessen sind die Krankheitserscheinungen, welche durch ursprünglich normales, aber erst nach Schlachtung gesund- heitsschädlich gewordenes Fleisch verursacht werden, in Wirklichkeit äußerst selten. Bollinger96 machte sich keiner Uebertreibung schuldig mit der Behauptung, dass es sich in ^/s der Fälle von Nahrungsmittelerkrankungen um Fleisch handelt, das von kranken Tieren stammt, v. Ermexgem^^ konnte zeigen, dass unter mehr als 100 Epidemieen von Nahrungsmittelvergiftung mit mehr als 6000 Erkrankten er nur 9 Fälle aufzählen konnte, in denen der Ge- sundheitszustand der Tiere unbekannt war, dagegen 103, wo sie nach- gewiesenermaßen an Septikämie, Pyämie, Enteritis u. s. w. krank ge- wesen waren. Andererseits sind die Fälle, wo Fäulnis des Fleisches erwähnt wird, äußerst selten. Dieser Punkt ist in sicherer Weise nur 5mal angegeben. Wir möchten bei dieser Gelegenheit noch auf die Unschädlichkeit gewisser Lebensmittel hinweisen, die deutlich in Fäulnis begriffen sind und von denen man überall große Mengen ohne Gesundheitsstörung ver- QQQ van Ermengem, zehrt, wie z. B. Wildpret mit haut gont, sogeuaimte sehr reife Käse u. s. w. Es wäre hier ferner noch zu erwähnen die eigentümliche Vorliebe, welche sehr viele Völker, die Indochineseu, die Malayen, die Polynesier, die Grönländer, die Neger u. s. w. für faule Fische und in Fäulnis be- griffenes Fleisch ganz allgemein zeigen. Sie verzehren davon nicht nur kleine Quantitäten als Reizmittel, als »würzenden Zusatz«, wie man be- hauptet hat (s. Forster & Basenau, Arch. für Hyg., Bd. 32, p. 233), sondern ganz beträchtliche Massen, ohne das geringste Unbehagen zu verspüren. (Lewin, Toxicologie, p. 460; Navarre, Hygiene coloniale, p. 236; Smolensky, Das Fischfieisch in hygienischer Beziehung, Hyg. Pamdsch., 1897, p. 479.) Angesichts dieser Thatsachen der täglichen Beobachtung, ist es wohl angebracht, zu fragen, welche direkten Beweise dafür vorhanden sind, dass die von irgend welchen Fäulnismikroorganismen invadierten Nah- rungsmittel thatsächlich eine so beträchtliche Griftigkeit besitzen, wie be- hauptet wird. Die Fäulnisprozesse, die sich äußerlich alle gleichen, sind trotzdem nichts weniger als völlig gleichartig. Ein putrides Fleisch kann der Sitz sein von vielfachen Veränderungen, von denen die einen die der ge- wöhnlichen Fäulnis sind, die anderen von dieser sich sehr unterscheiden, und es kann infektiöse oder giftbildende Mikroorganismen enthalten, die mit den gewöhnlichen Saprophyten der Fäulnis gar nichts zu thun haben. Welcher der unzähligen Substanzen, die im Verlaufe der Fäulnis auf- treten, soll man eine Kolle bei der Aetiologie dieser gastrointestinalen Störungen zuschreiben? Obwohl eine große Anzahl von Autoren stets wieder die Ptomaine dafür anschuldigen, begründet bisher keine positive Thatsache diese Hypothese, und es bleibt noch zu beweisen, dass das Parakollin, das Hydrokollidin, das Neurin, das Aethylideu- diamin u. s. w. auch nur den geringsten Anteil an diesen Krankheits- erscheinungen haben. Es ist wahrscheinlicher, dass die Vergiftungen in- folge Fleisch, das durch Fäulnis gesundheitsschädlich wurde, auf richtige Toxine und nicht auf Alkaloide zurückzuführen sind (vgl. Ostertag 1. c. p. 564). Die Zukunft wird uns vielleicht unter den gewöhnlichen Fäulnisbakterien die Anwesenheit von gewissen Species lehren, welche imstande sind, Substanzen von einer ganz außerordentlichen Giftigkeit zu liefern. Gegenwärtig ist das systematische Studium der Fäulniskeime noch eine vollständig zu bearbeitende Aufgabe, und man kennt die viel- fachen Prozesse, die im Innern von organischem Material bei der Zer- setzung vor sich gehen, ebensowenig in bakteriologischer wie in che- mischer Hinsicht. Jedenfalls sieht man in den Ausnahmefällen, in denen der zivilisierte Mensch mit Ueberwindung des instinktiven Ekels vor zersetzten Sub- stanzen eine genügende Menge von diesen genossen hat, so dass sich Störungen daranschließen, Krankheitserscheinungen auftreten, die ge- wöhnlich nicht ernst sind, und die nichts Spezifisches an sich tragen. Es sind dies, wie schon erwähnt, Störungen des Magendarmkanals, die sich äußern in Erbrechen, profusen, sehr übel riechenden Stuhlentlee- rungen, Koliken, einem mehr oder weniger ausgesprochenen fieberhaften Zustand, öfters mit Schwächeerscheinungen, verschiedenen Hautaus- schlägen u. s. w. Diese kurzdauernden Krankheitserscheinungen, die hauptsächlich beobachtet werden nach dem Genüsse von Konserven, von Würsten, gehacktem Fleisch, Fischen, Schaltieren oder von gewissen Mollusken, bisweilen von Wildpret oder von sehr Die puthogenen Bakterien der Fleisch vergiftangen. 667 reifem Käse, werden noch häufig mit dem echten Botulismus ver- wechselt. In den letzten Jahren glaubte man in den Fällen von Fleisch- vergiftung, welche durch zersetztes Fleisch verursacht wurden, besonders zwei Saprophyten anschuldigen zu können, die die gewöhnlichen Be- wohner putrider tierischer Substanzen sind, nämlich das Bact. coli und den Bacillus proteus. Die ersten Beobachtungen, die sich darauf beziehen, verdanken wir Dineur98 (Vorhandensein des Bact. coli mit seinen klassischen Eigen- schaften, indessen stark beweglich und von einer ziemlich bedeutenden Virulenz in Würsten), ferner Fischer ^^ (ähnliche Mikroorganismen zu Grünthal und zu Glückstadt in Pökelfleisch und in Gänseleberpastete) und Hajiuürgerioo (unbeweglicher Bacillus, der auf Bouillon eine Haut bildet und von Bact. coli verschieden ist, von dem Autor als Bacillus c e 1 1 ul 0 f o r m a u s bezeichnet). Es kommen sodann die Fälle, welche auf deutlich zersetztes Fleisch zurückgeführt werden und aus denen Levy lo^, WESENBERa^^^^ Glücks- mann ^o^^ SiLHERSCHMiDTio^, Pfuhlio^ ^ncl ScHüMBURCi ^o'"' Bacillus proteus vulgaris oder Varietäten dieses so verbreiteten Saprophyten iso- lierten. Alle diese Beobachter nehmen an, dass es sich wahrsclieinlich um spätere Veränderungen des Fleisches handelte, das ursprünglich ge- sund war, oder doch von Tieren herstammte, deren Krankheit sicherlich nicht in irgend einem Zusammenhang mit einer Infektion seitens Proteus gebracht werden konnte. Diese Krankheitserscheinungen haben also ihre Ursache in toxischen Produkten, die in den Nahrungsmitteln vorgebildet sind, oder sie ent- stehen dadurch, dass sich Mikroorganismen in dem Verdauungskanal der Kranken vermehren. Prophylaxis. Die Prophylaxis der Krankheitserscheinungen, die infolge des Ge- nusses von zersetzten Nahrungsmitteln, von durch Saprophyten verun- reinigtem Fleische, von virulenten oder giftigen Vertretern der Klasse Bact. coli, Proteus u. s. w. entstehen, muss sich ganz und gar auf Maßregeln der privaten oder häuslichen Gesundheitspflege beschränken. Sie muss darin bestehen, dass auf den frischen Zustand der Nahrungs- mittel besonderes Augenmerk gerichtet und alle diejenigen, welche die Anzeichen der Fäulnis darbieten, zurückgewiesen werden. 4. Der eigentliche Botulismus. Eine letzte wohlumschriebene Gruppe von Krankheitserscheinungen, gleichfalls bekannt unter der Bezeichnung Fleischvergiftung oder Botu- lismus, umfasst diejenigen, deren klinische Erscheinungen mit den Krank- heitsfällen übereinstimmen, die schon längere Zeit infolge des Genusses gewisser Würste, dicker Blut- und Leberwürste, die hauptsächlich in Württemberg und in Sachsen hergestellt werden, beobachtet wurden. Diese pathologischen Störungen, für welche ausschließlich man die Bezeichnung Botulismus oder Allan tiasis beibehalten sollte, sind heute selten geworden. Ihre Ursache haben sie nicht nur in dem Ge- nuss von Leber- und Blutwürsten, sondern auch von gepökeltem oder 668 "^a° Ermengem. geräuchertem Fleisch, wie z. B. Schinken, und von Büchsenfleisch, Kon- serven, wie sie nach dem Verfahren von Appert gewonnen werden, fernerhin von Wildpasteten, die mit Fett bedeckt sind u. s. w. Endlich sind unter dem Namen Ichthyosismus fast identische Krankheits- erscheinungen schon lauge bekannt, welche hauptsächlich nach dem Ge- nuss von gesalzenen Fischen (Stör, Sterlet, Lachs), wie man sie besonders während der Fastenzeit in großer Menge in Eussland verzehrt (vergl. Smlensky lö^), beobachtet werden. Die Nahrungsmittel, die den eigentlichen Botulismus oder Ichthiosismus hervorrufen, bieten mehrere gemeinsame Eigentümlichkeiten. Es sind das gewöhnlich Produkte, die dazu bestimmt sind, nach längerer Zeit, nach mehreren Wochen der Konservierung verzehrt zu werden, und durch die Art der Bereitung sehr geeignet sind, der Sitz von anaeroben Wachstumsvorgängen zu werden. In frischem Zustande könnte man sie stets ohne die geringsten Störungen verzehren. Gewöhnlich werden sie in rohem Zustande genossen und sie haben niemals bisher Krank- heitserscheinungen verursacht, wenn mau sie vorher mehr oder weniger stark kochte. Endlich wurde häufig festgestellt, dass gewisse Teile der gesamten Masse unschädlich waren und dass andere oft sehr begrenzte Teile, die in der Tiefe sich befanden, im höchsten Grade gefährliche Eigenschaften besaßen. Diejenigen Veränderungen, welche diese Nahrungsmittel so gefährlich machen, sind ganz verschieden von denjenigen, die infolge der Eiweiß- fäulnis entstehen. Die äußeren Eigenschaften der putriden Zersetzung fehlen fast immer den Produkten, welche Erscheinungen von wohl- charakterisiertem Botulismus oder Ichthyosismus hervorgerufen haben. Die chemische Analyse hat bisher in ihnen nur Spuren von unschädlichen Ptomamen nachgewiesen (Ehrenberg los) und die bakteriologische Prü- fung zeigt gewöhnlich, dass nur wenige Fäulnisbakterien vorhanden sind. Demnach kann der Botulismus, wie wir ihn hier definieren, soAvohl nach seiner Aetiologie wie nach der spezifischen Art der Veränderung in den Nahrungsmitteln, welche ihn hervorrufen, als auch durch die Symptome, die ihn charakterisieren, nicht zusammengeworfen werden mit der gastrointestinalen Form der gewöhnlichen Fleischvergiftungen, wie sie durch infiziertes oder zersetztes Fleisch hervorgerufen werden. Die Fälle von richtigem Botulismus haben ein klinisches Aussehen, das sie leicht diagnostizierbar macht. Sie bestehen in einer Summe von nervösen Erscheinungen zentralen Ursprungs : sekretorische Störungen und symmetrische motorische Lähmungen, partiell oder total, welche ihren Sitz hauptsächlich iu den Muskelgruppen, die von Hirnnerven versorgt sind, haben. Daher ihre charakteristischen Symptome: die Accomodationslähmung, die Mydriasis, die Ptosis, das Doppeltsehen, die Trockenheit und die Rötung der Mund- und Rachenschleimhaut, die Aphonie, die Dysphagie u. s. w. Erscheinungen von selten des Magen- darmkanals, wie Durchfall, Erbrechen u.s. w. sind häufig nicht vorhanden oder nur wenig ausgesprochen und vorübergehend. Dagegen besteht hartnäckige Verstopfung und Urinverhaltung. Man beobachtet kein Fieber, keine Störung des Bewusstseins noch der allgemeinen Haut- empfindlichkeit. Die Krankheitserscheinungen treten 24 — 36 Stunden nach der Mahlzeit auf, bisweilen noch später und enden ziemlich häufig in 25 — 30^ der Fälle mit dem Tod infolge Bulbärparalyse oder sie ziehen sich über Wochen und Monate laug hin in die Länge (vgl. Sengk- SPIEHL^OQ). Die pathogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. 669 Die Aetiologie dieser Reihe von Erkrankungen infolge von Nahrungs- mitteln blieb lauge rätselhaft und, obwohl sie seit jeher durch ihr so eigentümliches Aussehen und ihre deutliche Spezitizität aufgefallen waren, so war man doch bis in die jüngsten Jahre darüber einig, sie für eine Vergiftung infolge Fäulnisprodukten, rtomainen oder mehr oder weniger bestimmten Toxinen anzusehen (Ehrenberg ^i", Husemann^i^ V. ANREpi'2^ Yakowlew 113^ SCHMIDT'^* u. a.). AUciu Arustamoff1i5 (1891) glaubte aus gesalzenen Fischen, die unzweifelhafte Erscheinungen von Botulismus verarsacht, aerobe Mikroorganismen gezüchtet zu haben, denen er die Eigenschaft zuschrieb, bei Fischen eine Krankheit zu er- zeugen, die ihr Fleisch sehr getährlich macht. Leider scheinen die verschiedenen Arten von Bakterien, die er isoliert hat, nichts anderes zu sein als Varietäten von Bact. coli und rufen bei den Tieren nicht den Symptomenkomplex des Botulismus hervor. Vielmehr haben die Veränderungen, durch welche tierisches oder vielleicht selbst pflanzliches Material imstande wird, nervöse Störungen des Botulismus hervorzurufen, ganz sicher ihre Ursache in der fermen- tativen Thätigkeit eines gut spezifizierten anaeroben Mikroorganismus, des Bacillus botulinus, wie dies v. ErmenuemUs zuerst gezeigt hat. Dieser Mikroorgauismus wurde in einem Schiukeu, der zu Ellezelles (Hennegau) im Dezember 1895 fünfzig Fälle von Botulismus, darunter "drei Todesfälle verursacht hatte, entdeckt. Er fand sich in dem intermuskulären Bindegewebe in Form von Sporen, die zu mehr oder minder umfaugreicben Häufchen augeordnet waren. Au manchen Stellen waren sie uur in geringer Anzahl, an anderen dagegen in sehr großer Menge; in dem Specke fehlten sie. Sie wurden in gleicher Weise gefunden in der Milz und in dem Magen- darminhalt einer der Leichen, aber in einer sehr viel kleineren Anzahl. Der gleiche Schinken enthielt außerdem gewöhnliche Arten von Bakterien imd be- sonders einen aeroben Mikroorgauismus nach Art der weißen Sarcine. Der fragUche Schinken stammte von einem Tier, das als gesund be- gutachtet war und dessen Fleisch in frischem Zustande ohne schädliche Folgen verzehrt worden war. Der zweite Schinken des gleichen Schweines war ebenfalls, obwohl ziemlich stark zersetzt, zum großen Teile verzehrt worden, ohne die gering- sten Krankheitserscheinungen hervorzurufen. Bei der bakterio- logischen Untersuchung fanden sich darin nur gewöhnliche Mikroorganismen- arten. Proteus, Bact. coli. Der Schinken, in welchem der Bacillus botulinus wucherte, war der einzige, der auf dem Boden des Fasses ge- legen war, während der Pökelung und der vollständig in die Lake eintauchte. Der unschädliche Schinken war darüber gelegen, und außerhalb der Flüssig- keit. Er bot daher nicht wie der erstere die günstigen Entwickeluugs- bedingungen für anaerobe Bakterien. Der toxische Schinken war nicht offen- sichtlich faul, er hatte nur einen ausgesprochen ranzigen Geruch und war nur ein wenig entfärbt und infolge einer langen Mazeration erweicht. Die chemische Analyse wies in demselben nur Spuren von gewöhnlichen Pto- maiuen nach. Wässerige Auszüge dieser beiden Schinken dienten zu zahlreichen Tier- experimenten, welche entgegengesetzt der bis dahin giltigen Meinung (vgl. Husemann 11'^) zeigten, dass die Tiere durchaus nicht refraktär sind. Katzen, subkutan mit mäßigen Dosen des für den Menschen giftigen Avässe- rigen Schinkenextraktes injiziert, boten die klassischen Zeichen des Bo- tulismus: ausgesprochene Mydriasis, Störungen der Speichelsekretion, ver- 670 van Ermengem, schiedene partielle Paresen, die sich verrieteu durch Herabhängen der Zunge, Rauhigkeit der Stimme bis zu vollständiger Aphonie, Dj^sphagie, Kruphusteu, Retention von Urin, Faeces und Galle u. s. \v. Bei der Taube beobachtete man nach den gleichen Injektionen Lähmung der Flügel, Ptosis, ungleich di- latierte Pupillen. Bei den besonders empfindlichen Tieren wie Affen, Meer- schweinchen, Kaninchen, Mäusen die Zeichen der allgemeinen oder verschieden- sten teilweisen Lähmungen. In kleinen Quantitäten vom Magendarmkanal aus gegeben, verursachte der fragliche Extrakt oder der Schinken selbst bei Affen, Meerschweinchen, Mäusen dieselben Erscheinungen. Im Gegensatz hierzu konnten Katzen, Hunde und Hühner große Quantitäten davon verzehren, ohne schwere Symptome zu zeigen. Sterilisiertes Schweinefleisch, zu dem man einige Tropfen des wässrigen Extraktes zugesetzt und das man dann mit einer dicken Fettschicht bedeckt hatte, nahm die gleichen giftigen Eigenschaften an und tötete alsdann rapide die empfänglichen Tiere, indem es die charakteristischen Symptome des Bo- tulismus hervorrief. Der angefaulte Schinken, der ohne schädliche Folgen verzehrt worden war, lieferte wässerige Auszüge, die beinahe ganz unschädlich oder doch von jeder spezifischen Wirksamkeit auf Kaninchen, Meerschweinchen, Katzen u. s. w. frei waren. V. Ermengem stellte zahlreiche Experimente an mit dem wässerigen Aus- zuge des verdächtigen Schinkens, den er keimfrei filtriert hatte. Die auf diese Weise sterilisierte Flüssigkeit wirkte genau und in den gleichen Dosen wie das uufiltrierte Mazerat, indem die identischen Erscheinungen hervorgerufen wurden. Subkutan tötet dasselbe in wirklich unglaublich kleiner Quantität, indem 1 mg genügt hatte, um ein Kaninchen von 1 kg innerhalb 24 Stunden tödlich zu vergiften. Dabei schätzt v. Ermengem die Menge organischer Sub- stanz, die in dem Mazerat enthalten war, nur auf ungefähr 0,5^. Für einen erwachsenen Menschen von 70 kg wäre also die tödliche Dose dieser Substanz subkutan gegeben nur 0,03 mg. Sowohl bei den Menschen wie bei den Tieren scheinen die durch den Schinken hervorgerufenen Krankheitserscheinungen ausschließlich verursacht zu werden durch das Gift, das in dem Fleisch bereits vorgebildet war. Weder im Stoffwechsel des lebenden Tieres noch in den inneren Orgauen, noch im Verdauungstractus wird Gift in nennenswerter Menge neugebildet. In Wirklichkeit tritt vielmehr der Tod ein infolge einer exogenen Vergiftung und nicht infolge einer Vergiftung, die sich im Laufe einer Infektion im Or- ganismus bildet. Diese Schlussfolgerung wurde sehr wahrscheinlich gemacht durch die vollständig negativen bakteriologischen Untersuchungsresultate der Körpergewebe und Körperflüssigkeiten, wobei sich fast stets dieselben frei von Mikroorganismen erwiesen, wenn sie kurze Zeit nach dem Tode kulturell untersucht wurden, ferner durch die fehlende Giftigkeit des Blutes, der Sekrete, Harn, Speichel, der Gewebe (Leber, Milz, Nieren, Speicheldrüsen, Gehirn), bei den mit nicht zu großen Dosen des wässerigen Auszuges geimpften Tieren endlich durch die Unmöglichkeit, die Krankheitserscheinungen in Serien weiter zu übertragen, indem man z. B. Organstücke, wie die Leber, die Milz, eines soeben verstorbenen Tieres auf ein gesundes Tier verimpfte. Außerdem zeigte V. Ermengem noch, dass auch lokal keine Giftproduktion stattfindet nach subkutaner Verimpfung des Mazerates an dem Orte der Einimpfung noch auch in dem Darminhalt bei Verabreichung per os. Ein mit Karbol versetzter Auszug, der längere Zeit der Luft und dem Lichte ausgesetzt ge- wesen war, zeigte sich vollständig wirkungslos, trotzdem enthielt er lebende Sporen vom Bacillus botulinus, die sehr giftige Produkte in der künst- lichen Kultur lieferten. Die pathogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. 671 Die allgemeinen Eigenschaften des in dem Schinken von EUezelles ent- haltenen Giftes sind ungefähr die gleichen, wie wir sie von den am besten bekannten Toxinen, dem Tetanus- und Diphtheriegift kennen. Das Schinkengift ähnelt diesen durch seine außerordentliche Wirksam- keit, durch seine leichte Zerstörbarkeit unter dem Eintluss der Luft xmd des Lichtes, seine geringe Widerstandsfähigkeit gegenüber erhöhten Temperaturen, (60 — 70°), durch die Langsamkeit, mit der es dialysiert, seine Unlöslichkeit in Amylalkohol, Aether, Chloroform, Benzol u. s. w. Wenig konzentrierte Alkalien zerstören dasselbe ebenso wie Goldchlorid, Platinchlorid u. s. w., während die Neutralsalze, Tannin, Bleiacetat, Zinkchlorür es ausfällen, ohne seine Wirksamkeit zu schädigen. Bakteriologische Eigenschaften des Bac. botulinus. Der Bac. botuliuiis, der aus dem Schinken von EUezelles resp. den meusehlicheii Org-aneu gewonnen wurde, ist ein Mikroorg-anismus , der leicht durch eine Summe von morphologischen und biochemischen Eig-en- schaften erkannt werden kann. Der Mikroorganismus ist oblig-at anaerob, hat die Form eines ziem- lieh großen Stäbchens von 4—6.« Länge auf 0,9—1,2,« Breite. Seine Enden sind etwas abgerundet. Bisweilen bildet er Verbände von zwei Individuen oder selbst wenig- lang-e Fäden. Er ist wenig- beweglich und besitzt 4—8 sehr feine Geißeln, die peripherisch ang-eordnet sind (vg-1. Photog-ramm 254); er lässt sich leicht nach Gram färben. Auf Traubenzuckergelatineplatten sind seine jungen Kolouieen charak- teristisch: dieselben sind kreisrund, durchsichtig, leicht gelb- lich und setzen sich aus groben Granulationen zusammen, die eine beständige Beweglichkeit zeigen. Bings um die Kolonieen findet sich ein Hof von verflüssigter Gelatine. Später nimmt die Kolonie an Umfang zu, wird bräunlich und undurchsichtig und zeigt an den Rändern nur mehr einen l)eschränkten Saum von beweglichen Körnern und von feinen doruähulichen Ausläufern, die in Strahlen angeordnet sind. Die ältesten Kolonieen breiten sich aus und fasern sich auf, sie bieten häufig verzweigte Ausläufer wie Handschuhfinger u. s. w., andere haben eine ähnliche Anordnung wie eine sternförmige Blume. Die Stichkultureu in Traubenzuckergelatine und Traubenzuckeragar sind wenig charakteristisch, das Nährmedium wird auseinaudergerissen infolge der äußerst massenhaften Bildung von Gasblasen. Die ver- flüssigte Gelatine wird ganz durchsichtig, indem am Grunde derselben sich weiße Flocken niedersetzen. Traubenzuckerbouillon, gehacktes Fleisch u. s. w. lassen enorme Quantitäten von Gas freiwerden (H, CH4). Alle Kulturen haben einen ranzigen Geruch, sehr ausgesprochen nach Butter- säure, der indessen nicht fötid ist wie derjenige von anderen anaeroben Bakterien. Die Milch wird nicht koaguliert, Milchzucker und Ptohrzucker scheinen nicht zersetzt zu werden. Der Bac. botulinus entwickelt sich üppig in Nährmedien, die von Sauerstoff befreit sind, bei gewöhnlicher Temperatur zwischen 18 und 25°, bei höhereu Temperaturgraden, gegen 35— 37", wächst er nur spärlich, bildet schnell Involutionsformen, ohne Gift zu erzeugen. In Bouillonkultur bei 37—38,5° bildet er in mehr oder minder" großer Zahl Fäden, die sehr lang, verwickelt und verknüpft sind (vgl. Photogramm 257). 672 van Ermengem, Er bildet eudständige, ovale, etwas längliche, endogene Sporen, wenn er bei mittlerer Temperatur in Tranbenzuckernäbrboden, Gelatine u. s. w. gezüchtet wird (vgl. Photogramme 255 und 250). Er entwickelt sich nicht in Nährboden, die die geringste saure Reaktion haben, selbst die Gegenwart von freier Kohlensäure vermag sein Wachstum zu verhindern. Im Gegensatz hierzu begünstigt eine ausgesprochene Alkaleszenz sein Wachstum, ein erhöhter Kochsalzgehalt 5—6 % verhindert vollständig seine Vermehrung in einem Nährmedium, das aus gehacktem Schweinefleisch gebildet wurde. Traubenzucker- bouillon, die mehr als 2 % Kochsalz enthält, trübt sich nicht. Die Sporen des Bac. botulinus haben eine relativ geringe Wider- standsfähigkeit. Sporenhaltige Kulturen werden sicher sterilisiert, wenn Fig. 1. sie während einer Stunde auf ungefähr 80" erhitzt werden; ebenso ver- hält es sich mit ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber chemischen Agen- tien. 5proz. Karbolsäure tötet sie innerhalb weniger als 24 Stunden, indessen bewahren sie ziemlich lange ihre Wachstumsfähigkeit im nassen Zustande und wenn sie, an Fäden augetrocknet, der Luft ausgesetzt werden, indessen vor Licht geschützt sind. Nichtsdestoweniger passiert es häufig, dass die Traubenzuckergelatine- oder Agarkulturen des Bac. botulinus plötzlich ihre Ueberimpfbarkeit verlieren. Als das beste Mittel, um diese Unannehmlichkeit zu vermeiden, erscheint, die Kulturen alle 3 — 4 Wochen überzuimpfen, zur Aussaat für den frischen Näbrl)odeu möglichst reichlich die dicken Flocken zu nehmen, die sich am Grunde der verflüssigten Gelatiuekultnr befinden, und stets gründlich die Nährboden zu kochen, um vor der Beimpfung die Luft auszutreiben. Die hauptsächlichste Vorsichtsmaßregel endlich, um die Kulturen stets in gutem Zustande zu erhalten, ist Traubenzuckernährboden Die pathogeneu Bakterien der Fleischvergiftungen. 673 mit deutlicli alkalischer Reaktion zu verwenden und die Kulturen stets bei der Temperatur zu belassen, die nicht über 25° herausgeht. Bei zahlreichen Tierarten sind die Symptome und die Veränderungen, welche die lebenden oder filtrierten Kulturen hervorrufen, vollständig denjenigen gleich, welche bei den Tieren beobachtet wurden, welche der Wirkung des ursprünglichen Schinkens von Ellezelles unterworfen wurden. Nach sul)kutaner Einspritzung von 0,0003 — 0,001 ccm sterben manch- mal die Kaninchen innerhalb 36^ — 48 Stunden und zeigen Lähmungs- symptome, Speiclielfluss u. s. av. Bisweilen stellen sich die Erscheinungen Fig. 2 sogar noch später, am 3. oder 4. Tage ein, und gehen dann dem Tod nur ein oder zw^ei Stunden voran. Massive Dosen von 0,1 bis 0,5 ccm wirken wie ein foudroyantes Gift. Nach einem Lateuzstadium von einigen Stunden zeigen die Tiere oft plötzlich dyspnöisclie Anfälle. Sie fallen vollständig gelähmt bisweilen mit einem scharfen Schrei auf die Seite und sterben unter Zuckungen infolge der rapiden Respirations- lähmuug nach einer Viertel- bis halben Stunde. Zuweilen beschränkt sieh die Parese nur auf einzelne Muskelgruppen. Der Kopf fällt zur Seite, die vorderen Extremitäten sind ausgestreckt, die hinteren, unter den Leib gezogen, behalten ihre volle Kraft (Fig. 1), Handbuch, der pathogeneu Mikroorganismen. II. 43 674 van Ermengem, Sonst sind die hinteren Extremitäten allein gelälimt und das Ka- ninchen schleppt sich mühsam auf den Vorderpfoten mit gehobener Schnauze weiter. Während mehrerer Wochen beobachtet man bei diesen Tieren Speichelfluss, Erweiterung- der Pupillen, Aphonie u. s. w. Dagegen sind vom Magen aus Dosen von 5 — 10 ccm einer Bouillon- kultur bei Kaninchen innerhalb 48 Stunden noch niclit sicher tödlich, oder verursachen nur Kachexie und nach Wochen tritt der Tod ein. Die Erscheinungen sind dieselben wie nach subkutaner Injektion :![Hyper- * % 1 n jS^^^^^^B- 1 c ^I^^^^^^S^H d^^-^^B^^^^H ^^1 ^^^BB8 ^^^^HMfifl K '"^''S^^^^^^^l ^^1 jHR^^I ^^^^^H^l f- ''<)>^^'^S^^^^I ^^1 PPT,: ^I^^^^^^H 'V^E^^^^^H H ^Hp^' ".:■ ^^^jj^- ' '-^H H Wß' ^H R ' *■ ^ ifl „ JL ; ._:mI^M Fiff. 3. Sekretion durch Nase und Maul, motorische Paresen, Mydriasis, Dys- phagie u. s. w. Interne Läsionen der Magemvand, Hämorrhagieen, Ne- krose u. s. w. sind nicht selten. Das Krankheitsbild bei M e e r s c h av e i n c li e u ist fast dasselbe : als frappante Symptome bei diesen sehr empfänglichen Tieren sieht man außer der großen Schwachheit der ganzen Muskulatur, besonders der Bauchwaud, totale Aphonie, ängstliche Respiration unterbrochen von Erstickungsfällen u. s. w. Die minimalsten Dosen, von 0,0001 — 0,00005 ccm, töten innerhalb 3 — 4 Tagen, noch kleinere sind entweder wirkungslos oder rufen Kachexie mit verschiedenen Motilitätsstörungen hervor (Penisprolaps u. s. w.). Die pathogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. 675 Nach Genuss von 1 — 2 Tropfen Bouillon oder Gelatine auf ein Stückchen Brot verenden gewöhnlich die Meerschweinchen innerhalb 24—36 Stunden unter ausgesprochenen paretischen Symptomen. Die Empfindlichkeit der Mäuse ist überaus groß. Nach Einnahme kleinster Mengen der Kulturen beobachtet man eine deutliche Parese der hinteren Extremitäten und den Tod innerhalb weniger Stunden. Beim Affen tritt per os oder nach subkutaner Injektion sehr kleiner Dosen, 1 — 2 Tropfen, ein recht charakteristischer Symptomenkomplex auf: Hypersekretion, dicker Nasenschleim und Speichel, Heiserkeit bis zur totalen Aphonie, große Mattigkeit mit ängstlicher Atmung, Starrheit des Gesichtsausdruckes, Erweiterung der Pupillen und Lähmung der beiden Augenlider u. s.w. Die Tiere sterben innerhalb 24—36 Stunden (Fig. 2). Fig. 4. Die Katze eignet sich ausgezeichnet für das Studium der Spezifizität der Mikroorganismen des Botulismus. Es gelingt leicht bei diesen Tieren die lokalisierten, fast pathoguomonischen Paresen hervorzurufen, nämlich Zuugenprolaps, ausgesprochene und tage- bis Avochenlang an- dauernde Mydriasis, Lähmung der Blinzelhaut, komplete Aphonie, Apha- gie, Reteution der Faeces und des Urins u. s. w. (Fig. 3). Hohe Dosen, wie 5— 10 ccm, töten innerhalb 36 — 48 Stunden nach einem Latenzstadium von ca. 6 — 12 Stunden. Der Kollaps und die all- gemeine Parese treten rasch ein und die Tiere verenden mit Erstickungs- anfälleu, krupösem Husten, Pupilleuerweiterung u. s. w. In sehr akuten Fällen kann der Zuugenprolaps ausbleiben. Nach kleineren Dosen, etwa 1 — 5 ccm, erscheinen die erwähnten Symptome, unter anderen die ver- schiedenen Formen der partiellen Parese, der Beihe nach, und der Tod erfolgt erst nach 6 — 8 Tagen. Minimale Dosen endlich sind oft ohne Wirkung oder töten nach Wochen und Monaten im Marasmus. Tiere, die 43* 676 van Ermengem, dies überleben oder mit weniger wirksamen Kulturen injiziert sind, zeigen sich gewöhnlich im hohen Grade refraktär gegen wiederholte Impfung. Wenig empfindliche Tierarten, wie Ratten und Tauben, können enorme Mengen sehr aktiver Kulturen verzehren, ohne die geringste Störung zu erfahren. Hunde, Hühner und Katzen können auch tagelang größere Mengen von Kulturen verschlucken. Sie zeigen nur einige vorübergehende Erscheinungen, wie Erbrechen, leichten Durch- fall, Anorexie u. s. w. , und bisweilen einige paretische Symptome. Auf eine subkutane Impfung von 10 — 30 ccm reagieren die Hunde nur mit Fieber, lokaler Eiterung, Abmagerung. Bei den Tauben treten, nach Injektion ziemlich hoher Dosen von 0,1 — 0,5 ccm, charakteristische Erscheinungen auf: Parese der Flügel oder vollständige Lähmung, Ptosis, grünliches Erbrechen und Schluck- krämpfe, und der Tod nach mehreren Tagen (Fig. 4). Endlicli scheinen die Frösche und die Fische absolute Un- empfindlichkeit zu besitzen. Diese Krankheitserscheinungen haben vollkommen den Charakter einer reinen Vergiftung, ohne dass dabei eine Vermehrung der Mikroorganismen im lebenden Körper eine Rolle spielt, wie v. Ermengem durch zahlreiche und inanuigfaltige Experimente feststellen konnte. Diese wichtige That- sache führte v. Ermengem dazu, eine neue Klasse von Mikroorganismen aufzustellen, die sehr schädlich sind, obwohl sie von jeder eigent- lichen Virulenz frei sind*], nämlicli diejenige der pathogenen Sapropliyten. Diese Klasse von Bakterien töten genau wie die großen Giftpilze durch das präformierte Gift, das sicli in ihrem Protoplasma vorgebildet findet oder in denjenigen indifferenten Medien, die ihnen zum Aufenthaltsorte gedient haben. Um sie von den toxi-iufektiösen Mikroorganismen zu unterscheiden, schlägt v. Ekmexgem vor, für sie die Bezeichnung toxigene Saprophyten anzuwenden. Das vollkommeue Fehlen der Vermehrung im Organismus der mit Kul- turen des Bacillus botulinus geimpften Tiere und die Schlussfolgerungen, die v. Ermengem hieraus hinsichtlich der saprophytischen Natur dieses Organis- mus zieht, sind manchen Autoren nur schwer annehmbar erschienen (vgl. Durham, Meat lufections, the clin. Journ. S. 112. 7. June 1898). V. Ermengem hat zwar Sporen des Bacillus botulinus in den Or- gauen, Leber und Milz, der mit dem verdächtigen Schinken geimpften Tiere gefunden und ebenso bisweilen bei denjenigen Tieren, denen er starke Dosen der Kulturen eingespritzt hatte. Außerdem waren die gleichen Sporen erhalten worden auf Plattenkulturen, die mit der Milz eines der Ge- storbenen aus der Epidemie von EUezelles angelegt worden Avaren. Nichts- destoweniger kommt er doch zu dem Schlüsse, daran festzuhalten, dass es sich dabei nicht um eine Entwickelung der Mikroorganismen intra vitam ge- handelt hat, und er lieferte für diese Ansicht Beweise. In erster Linie konnte er feststellen, dass die Organe Leber und Milz fast niemals Wachs- tum zeigen, wenn die Aussaat sofort oder wenige Stunden nach dem Tode vorgenommen wird. Im Gegensatz hierzu finden sich unsere anaeroben Mikroorganismen in mehr oder minder großer Anzahl, wenn die Organe etwa 18 — 24 Stunden bei 25° aufbewahrt worden waren. Ebenso verhält es sich mit dem Blut, mit der Flüssigkeit des Unterhautbindegewebes u. s. w. Diese *) Unter Virulenz versteht v. Ermengem die Eigenschaft der pathogenen Mikroorganismen, sich im lebenden Organismus zu vermehren und dabei Gifte zu produzieren. Die pathogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. 677 Befunde lassen sich in der Art erklären, dass eine gewisse Anzahl der ver- impften Sporen der phagocytären und baktericiden Thätigkeit des Organismus entgehen und dann nach dem Tod in den parenchymatösen Organen aus- keimen, wo sie sich unter Bedingungen wie in gewöhnlichen künstlichen N<ährmedien befinden. Direkte Experimente beweisen klar die Richtigkeit dieser Deutung, v. Ermexgem hat diesem Punkte ein eigenes Kapitel in seiner zusammenfassenden Arbeit in Archives de pharmacodynamie (S. 204 ff. Bd. III. 1897) gewidmet, aus dem wir indessen hier infolge Platzmangels nur die hauptsächlichsten Punkte hervorheben möchten. Erstens zeigen vergleichende Versuche mit den gleichen Dosen lebender und filtrierter Kultur vollständige Uebereiustimmung der Wirkung sowohl quantitativ und qualitativ. Es geht daraus hervor, dass eine innerhalb des lebenden Organismus erfolgende Neubildung von Gift in keinerlei Weise not- wendig ist, um die pathologischen Erscheinungeu des Botulismus zu erzeugen. Weiterhin kann man das schnelle Verschwinden der in die Gewebe verimpften Mikroorganismen nachweisen, sowohl an der Infektionsstelle wie im Exsudate, im Blut u. s. w. Im Experiment zeigt sich dabei eine sehr starke Phago- cytose, die sich durch die sehr ausgesprochene chemotaktische Wirkung des Botulismusgiftes erklärt. Es ist diese Eigenschaft des Botulismustoxius ent- gegengesetzt zu der ausgesprocheneu negativen Chemotaxis, welche man für das Tetauusgift und für dasjenige des Bacillus des malignen Oedems fest- stellen konnte, indem diese im Gegenteil die Leukocyten abstoßen (vgl. Vaillard & PiOUGET, Auu. lust. Pasteur, Nr. VI, 1892; Be8SON, ibid., 1895). Fernerhin zeigt der Bacillus botuliuus keine Vermehrungen in dem Darm von Meerschweinchen, Mäusen und Affeu. Kulturen, die spontan entgiftet uud selbst in kolossalen Dosen ohne Wirkung beim Tiere waren, enthielten trotzdem sehr reichlich Sporen uud bildeten nach Verimpfung in künstlichen Nährmedieu äußerst toxische Produkte. Endlich wurden analog dem Vorgange von VailLzIRD und Rodet bei ihren Arbeiten über den Tetanusbacillus die Sporen des Bacillus botulinus giftfrei gemacht, sei es, indem sie in einer Thonkerze gewaschen, sei es, indem sie Temperaturen ausgesetzt wurden, die das Gift zerstörten, ohne indessen die Lebensfähigkeit der Sporen zu beeinträchtigen, sei es endlich, indem man auf das Gift Alkalien einwirken ließ, die dasselbe unwirksam machten, ohne die Mikroorganismen selbst zu schädigen. Der- artig behandelte Kulturen zeigten sich in wiederholten Experimeuten unfähig, selbst bei den empfänglichsten Tieren Krankheitserscheinungen hervorzubringen. In Traubenzuckergelatine oder Bouillon verimpft, lieferten diese Sporen da- gegen sehr wirksame Toxine. Indem man die phagocytäre uud baktericide Thätigkeit des Organismus auf die Sporen verhinderte, indem mau iu das Peritoneum von Kaninchen Traubenzuckeragarstückchen, die mit sehr gering gifthaltigen Sporen beimpft waren, einbrachte oder indem man, gleichzeitig mit den gewaschenen oder durch Alkali ihres Giftes beraubten Sporen, Substanzen oder Bakterien injizierte, die die Verteidigungswaffen des Organismus abhielten (5proz. Karbolsäure, ^ opi'oz- Milchsäure, lOproz. Natriumkarbonat, Kulturen von Bacillus prodigiosus u. s. w.) konnte man ebenfalls keine Giftbildung fest- stellen und die Mehrzahl der Tiere blieb am Leben. Uuter den gleichen Bedinguugen sahen dagegen Vaillard uud Rouget beim Tetauusbacillus und Besson11'=' beim Bacillus des malignen Oedems eiiie Vermehrung im Organis- mus und die charakteristischen Krankheitssymptome auftreten. Alle diese Thatsachen lassen eine sehr natürliche und ein- fache Erklärung zu: der Bacillus botulinus ist nicht fähig, im Organismus der warmblütigen Tiere ein parasitäres Dasein 678 van Ermengem, zu führen. Die Organsubstanzen der ■warmblütigen Tiere sind für sein Wachstum, solange das Leben des Tieres dauert, ebenso ■wenig günstig wie die toten Nährmedieu, z. B.Bouillon, die sich bei einer Temperatur von 38,5° befinden. Das Botulisniustoxin. Das Botulismustoxin ist nicht nur von einer nußerordentlicheu Wirk- samkeit, wenn es unter die Haut oder direkt in die Blntbahu ein- geführt -wird, indem die tödliche Dosis bei der subkutanen Injektion für Kaninclien zwischen 0,0005 — 0,0001 ccm beträgt, sondern im Gegen- satz zu den meisten der bisher studierten Toxine vermag es auch die sch'wersten Vergiftungserscheinungeu hervorzubringen, ■wenn selbst geringe Dosen vom Magendarmkanal aus aufgenommen werden. 1—2 Tropfen einer Gehitinekultur, 0,01 ccm Traubenzucker- bouillon bilden für den Affen und das Meerschweinchen die häufig inner- halb 24 — 36 Stunden tijdliche Dosis. Besonders interessant ist die physiologische Wirkuug des Botulismus- giftes bei der Katze und der Taube. Es entstehen hier nervöse Sym- ptome, begrenzte Paresen oder sekretorische Störungen, die fast voll- ständig analog sind denjenigen des Botulismus beim Menschen. Die allgemeinen chemischen Eigenschaften des Giftes des Bac. botulinus und diejenigen des Toxins, die durch die neue Arbeits- methode BuiEGeii it BoER^i^ gewonnen und weiterhin von Brieger & KEMPNERi2ot «studiert wurden, stimmen in ül)erraschender Weise übercin mit den Eigenschaften, die v. Ermengem an dem giftigen Produkte, das von dem Schinken von Ellezelles stammte, festgestellt hatte. Das Toxin ist in gleicher Weise wenig widerstandsfähig gegenüber ver- schiedenen Reagentien, speziell gegenüber Alkalien; es wird bei nur wenig erhöhten Temperaturen zerstört, bei 80" wird es nach einer halben Stunde uuAvirksam. Es wird fast augenblicklich unwirksam gemacht durch Hinzufügen einer 3proz. Sodalösung, während es sich Säuren gegenüber weit Aviderstandsfähiger zeigt. Es zersetzt sich rasch durch die Einwirkung des Lichtes und der Luft. Es ist unlös- lich in Alkohol, Aether u. s. w. Mit den gewöhnlichen, für die Dar- stellung der Ptomaine geltenden Methoden behandelt, giebt es nur Spuren von alkaloidartigen Körpern. Die Mikroorganismen der Fäul- nis verändern es nicht nennenswert. Was das Botulismusgift anderen Bakteriengiften, insbesondere dem Tetanusgift seinem Verhalten nach noch weiterhin nahebringt, ist die Eigenschaft, dass es durch gewisse Substanzen, in erster Linie durch die Zentralnervensystemsubstauz (A.Wassermann) fixiert wird. 0,1 ccm einer Emulsion von Centralnerven- systemsubstanz neutralisiert bei der Mischung drei für Mäuse tödliche Dosen. Lecithin, Cholesterin wirken ebenso Avie manche fettigen Sub- stanzen, z. B.' Butter, Oel in ähnlicher Weise. Das nach den Methoden von Brieger gereinigte Toxin scheint äußerst empfindlich gegenüber der Wirkung gewisser Reagentien wie Aether, Alkohol und oxydierenden Substanzen. Dahingegen ist es viel wider- standsfähiger gegenüber reduzierenden Mitteln. Es tötet Meerschwein- chen von 250 g "in der Dosis von 0,00001 ccm innerhalb 3—4 Tagen, nachdem es in einem dem ursprünglichen Volumen der Bouillonkultur, die zu seiner Darstellung gedient hatte, entsprechenden Volumen destil- lierten Wassers aufgelöst worden war. Die pathogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. 679 Pathologische Anatomie. Bei der Sektion der diurli das Botulisinnsgift getöteten Tiere findet mau g-ewölnilieli , als nialvroskopisclie Veränderungen, nur Hyperämie und Ivleine Hämorrliagieen der Verdauungsorgane, der Leber, der Nieren, des ZentraluerveusYStems; Stauung der Galle, Urinretention; parenehyma- töse Degeneration der Leber u. s. w. An der Injektionsstelle, selbst nach massiven Dosen, werden bei empfindlichen Tierarten nur geringe Extravasate oder ödematöse Infiltrationen beobachtet. Die resistentereu Tierspecies dagegen, wie Hund und Katze, zeigen Eiterung des sub- kutanen GcAvebes. Beim Huhn fehlt jede ausgesprochene lokale Beaktion. Die mikroskopischen , korrespondierenden Veränderungen bestehen, welches auch immer die Eingangspforte des Giftes sein mag, in inten- siver Hyperämie der meisten Organe, in Gefäßerweiterung, die häufig begleitet ist von Blutaustritten und von klein- zelligen Infiltrationen (Magen, Darm, Leber, Zentralnervensystem). Die pathologisch-histologische Untersuchung der Organe zahlreicher Tiere, welche von v. d. Sri{iCHTi22 angestellt worden ist, beweist, dass das Gift eine sehr starke Wirkung auf die zelligen Elemente ausübt, wodurch es zur trüben, fettigen Degeneration der Endothelien, ferner der Leberzellen, der Niereu, der gestreiften Muskelfasern u. s. w. kommt. Das Botulismustoxin scheint eine ganz spezifische Affinität zu den Ele- menten der Speicheldrüsen zu besitzen, in denen man die deutlichen Zeichen einer schleimigen Degeneration beobachtet, sowie zu denen des Zentralnervensystems, und zwar vorzüglich zu den Zellen der grauen vSubstanz der Vorderhörner des Rückenmarkes und der Bulbärkerne (Kerne der motorischen Hirnnerven, Oculomotorius, Hypoglossus, Glosso- pharyngeus, Vagus u. s. w.). Die schweren Veränderungen, die man am Nervensystem bei Ka- ninchen, Katzen und Affen beobachtet, erstrecken sich auf die Gang- lienzellen und deren Ausläufer, auf die Zellen der Neuroglia und auf die Gefäße. Marinesco 123^ der dieselben in mehreren Arbeiten studiert hat, teilt die Veränderungen der Zellen in drei Stadien ein: zuerst entsteht Rarefizierung und Verschwinden der chromatophileu Elemente, indem die Randpartieen der Zellen mehr verändert werden, als die Zeutralteile, alsdann kerniger Zerfall, Chro- matolyse; die XissLsehen Körperchen legen sich zu Häufchen von wechseln- dem Umfang zusammen und zerfallen alsdann in feine staubähnliche Körper- chen. Die Zellen verlieren ihr gewöhnliches Aussehen und nehmen leicht an Umfang zu, die Protoplasmaausläufe schwellen au. Im dritten Stadium kommt es zur Bildung von Hohlräumen und Höfen im Innern der Ganglienzellen in- folge der Zerstörung der achromatischen Substanz. In dieser Periode sind die Ränder der Ganglienzellen buchtig und unregelmäßig und in ihrer Peri- pherie Avuchern hyperplastische Elemente der Neuroglia. Der Kern und das Kernkörperchen bleiben in der Mehrzahl der Zellen erhalten. Im Bulbus machen die Veränderungen in den Zellen in den ersten beiden Stadien Halt. Marixesco hat dieselben besonders beobachtet im Kern des XII. Hirnnerven (Nucleus ambiguus), weiter in dem Kern des X. Nerven, in den Zellen der Oliven, im Hirn (Nucleus medianus), endhch in den kleinen Zellen des Hirnnerven. Er hat weiterhin festgestellt, dass in dem Maße wie dieser Krankheits- prozess in den Nervenzellen sich eutwickelt, eine entsprechende Vermehrung 680 van Ermengem, der Anzahl der Neurogliazellen einhergeht infolge direkter Teilung. Diese Zellen lagern sich zu Häufchen oder zu Gruppen. Sie übernehmen dabei die Rolle der Neurophagen. Marinesco weist besonders auf diese phagocytäre Thätigkeit der Neurogliazellen hin, indem nach ihm die Rolle der Leukocyten dabei nur eine untergeordnete ist. Die vaskulären Veränderungen erscheinen unter der Form von hämor- rhagischen Herden mehr oder weniger ausgebreitet in verschiedenen Teilen, besonders in der Basis der vorderen Hörner. Neue Forschungen über den Bacillus Botulinus. Der Bacillus botuliuiis ist ein Saprophyt, der in der freien Natur nur wenig- verbreitet zu sein scheint, a'. Ermengem konnte ihn unter 52 Proben aus den verschiedensten Medien, in welclien anaerobe Bak- terien in Masse vorkommen, niemals finden (Darminhalt von Scliweinen, von Enten, von Kühen u. s. w., Stalldünger, verschiedenste Erdproben). Bisher waren in dieser Beziehung- allein Kempner & Pollack 12^ glücklicher, denen es gelungen ist, aus den Exkrementen eines gesunden Schweines einen Mikroorganismus zu isolieren, der alle Eigenschaften und die Giftigkeit des Bacillus botulinus besitzt. Andererseits hat RÖMER 125 im Laboratorium von Gaffky Gelegenheit gehabt, im Februar 1900 die Ueberbleibsel eines Schinkens zu untersuchen, der Krankheits- erscheinungen des reinen Botulismus hervorgerufen hat. Auch in diesem Falle handelte es sich um ein ursprünglich gesundes Fleisch, das in- dessen in einer sehr reichlichen Lake gepökelt worden war, in der man eine sehr starke Gasentwicklung nachweisen konnte. In dem Muskelgewebe konstatierte Römer die Gegenwart von Sporen und von laugen Bazillen, die mit der Beschreibung des Bacillus botu- linus genau übereinstimmen. Beim Kulturverfahren isolierte er neben diesem Anaeroben noch zwei unschädliche Aerobier, einen Micro coccus und eine Art Heubacillus. Auch v. Ermexgem hatte bei seinen Forschungen über den Schinken von EUezelles einen aerob wachsenden Micrococcus neben dem Bacillus botulinus gefunden, imd er hatte der Meinung Ausdruck gegeben, dass diese gewöhnliche Bakterienart die Entwickelung des auaeroben Mikrorgauismus während der Pökelung des Schinkens begünstigt hatte. In der That ent- wickelten sich beide Mikroorganismen, wenn sie in Symbiose in Bouillon oder in gehacktem Fleische bei Luftzutritt gezüchtet werden, sehr reichlich, und die auf diese Weise erhaltenen Mischkulturen wurden sehr giftig befunden. Römer hat in allen Punkten die von v. Ermengem gemachten Beobach- tungen bestätigt. Seine Beschreibung des Bac. botulinus stimmt mit derjenigen, v. Ermengems vollkommen überein. Er fand für denselben das Wachstums-Optimum bei 22° und beobachtete die rasche Degeneration, ferner das Aufhören der Sporenbildung und das schnelle Absterben des Mikro- organismus bei 37°. Auch seine pathogenen Eigenschaften bei Mäusen und Meerschweinchen, wie er sie beschreibt, sind die gleichen. Wie bereits v. Ermengem gezeigt hatte, konnte auch Römer nachweisen, dass die in mäßigen Mengen verimpften Mikroorganismen rasch an der Einimpfungsstelle verschwinden und sich als- dann Aveder in den inneren Organen, noch auch in dem Darminhalt nach Einführung per os nachweisen lassen. Er hat sich ebenfalls überzeugt, dass die Krankheitserscheinuno-en ausschließlich durch das Toxin verursacht werden, Die pathogenen Bakterien der Fleischvergiftungen. 681 welches von dem Bacillus botulinus in den Nahrungsmitteln vorgebildet wurde. Er sieht nichts Außergewöhnliches darin, dass man bisweilen die Mikroorganismen in kleiner Menge in dem Gewebe der Leber und der Milz kulturell nachweisen kann, wenn man sehr große Quantitäten von Sporen auf die Tiere verimpft. Das Studium der bemerkenswerten Wirkungen des Botulinusgiftes auf die Zentralgauglienzelleu haben seit den ersten Forschungen Mari- NESCOs über diesen Gegenstand noch mehrere Forscher beschäftigt. Wir können hier aus Platzmangel nicht auf die Einzelheiten eingehen und beschränken uns darauf, den Leser auf die Arbeiten von Ossipoff'^s (1900) und auf ein Autorreferat von Forssmaxn '^^ zu verweisen. Ossi- POFF hat das gleiche Symptomenbild, wie das von v. Ermengem be- schriebene, bei Meerschweinchen und Katzen beobachtet, er hat aber im Gegensatz hierzu eine ganz überraschende Unempfänglichkeit der Affen gegenüber dem Gift, mit welchem er experimentierte, beobachtet. Selbst 1 ccm in den Magendarmkanal eingebracht, tötet bei seinem Gifte nicht Macacus Khesus, eine Affenart, an der v. Ermexgem eben- falls experimentiert hatte. Nacli den Versuchen von v. Ermengem hätte die obige Dose von 1 ccm genügen müssen, um mindestens 10 Tiere der genannten Art innerhalb 24—36 Stunden zu töten. FoRSSMANN hat bei Meerschweinchen und Kaninchen die Injektionen mit Botulinusgift intracerebral vorgenommen, ohne dass er indessen, wie dies Eoux & BorreiJ^s füj. dj^g Tetanusgift feststellen konnten, einen rascheren Ausbruch der Vergiftungserscheinungen als bei subkutaner oder intravenöser Injektion zeigen konnte. Nach der Injektion in die Brust- höhle, in die Bauchhöhle oder in die Lunge war er überrascht von den ausgesprochenen dyspnöischeu Erscheinungen. Diese Beobachtung führt ihn zu der Annahme, dass das Gift auch eine direkte Wirkung auf die Nervenendungen des Zwerchfells ausüben kann. Endlich hat er noch beobachtet, dass dieses Toxin in ganz kolossalen Dosen bei- gebracht werden kann, in viel Imndertfachen Multiplen der tödlichen Dosis, ohne Krankheitserscheinungen hervorzurufen, wenn es direkt in dem Blind- oder Dickdarm bei Kaninchen eingebracht wird. In diesem Falle soll das Gift durch den Darminhalt nicht zerstört oder neutralisiert, sondern einfach »ausgeschlagen« werden. Prophylaxe und Therapie. Die Prophylaxe des Botulisnnis wurde von v. Ermengem in einigen Vorschriften festgestellt, die man kurz, wie folgt, zusammenfassen kann. Man soll den Genuss von solchen Nahrungsmitteln in rohem Zustande vermeiden, die ganz besonders der Möglichkeit von anaeroben Wachstums- vorgängen ausgesetzt sind (Schinken , Konserven , Würste, gesalzene Fische u. s. w.). Fernerhin sollen von dem Genuss ausgeschlossen werden alle verdorbenen Nahrungsmittel, die durch ihren ranzigen oder Buttersäure ähnlichen Geruch Verdacht erregen. Endlich sollen für Pökelungen nur Laken benutzt werden, die eine genügende Salzkouzen- tration, zum mindesten 10^ Kochsalz enthalten, indem der Bacillus botulinus, wie v. Ermengem gezeigt und Sadleriso q.^ bestätigt hat, bei dieser Konzentration sich nicht vermehren kann. In therapeutischer Hinsicht hat die Entdeckung des Bacillus botulinus endlich erlaubt, an die Möglichkeit einer spezifischen Behand- 682 van Ermengem, luüg zu denken, während bisher sich alle therapeutischen Versuche dem Botulismus gegenüber unwirksam gezeigt haben. Kempneri^o {^i gg gg. lungen, ein antitoxisches Serum zu gewinnen, das sich, wenigstens im Tierversuch, sehr wirksam zeigt. Dieses Serum, das ungefähr 100000 Im- munitätseiuheiten für Meerschweiuchen von 250 g im Kubikcentimeter besitzt, zeigt nicht nur, 30 Stunden vor dem Gift injiziert, ein zweifellos schützendes Vermögen für Tiere, indem es selbst Katzen gegen die zehn- fache tödliche Dose Gift vom Magendarmkanal aus schützt, sondern es besitzt auch heilende Eigenschaften, selbst wenn bereits deutliche Vergiftungserscheinungeu ausgebrochen sind und man es 24 Stunden nach der Giftinjektion anwendet. Litteratur. 1 BoLLiNGER, Vortrag 4. Versamml. des deutschen Vereins f. off. 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Die Krankbeit, die am bäufigsten wäbrend der Wintermonate auftritt, bestellt in einer äußerst beftigen bämorrbagiscben Entzündung in der Scbleimbaut des Labmagens, oft von einer universellen Bakterieninfektion begleitet. Der Verlauf ist ein so akuter, dass Tiere, die am Abend ge- sund sind, am näcbsten Morgen oft tot daliegen. Diese Krankbeit ist von ganz außerordeutlicber Ökonomiseber Bedeutung für Island, die Faröer- inseln, die Sbetlandsinseln, für große Teile von Sehottland 23, einen großen Teil der Westküste Norwegens ^ß, i?^ ^yie gjg ^ucb in einzelnen Teilen Englands ^ und in Norddeutschland (Mecklenburg i'^- 20, LUneburger Heide 4) vorkommt. Was Island betrifft, so ist der jährliche Verlust an Öcbafen oft bis auf ein balbes Hunderttausend angestiegen, wäbrend er für Schottland früher auf jährlich 150000 Tiere angesetzt wurde. Dieser großen, ökonomiscben Bedeutung wegen bat die Krankheit selbst- verständlicb seit langem allgemeine Aufmerksamkeit erregt und zahl- reiche Untersucbungen veranlasst. Man hielt sie früber für eine Form des Milzbrandes, und die Beschreibung, die z. B. E. Viboeg vom Milz- brande des Schafes giebt, bezieht sich in der Tbat auf die Bradsot. Es liegen sowohl in der älteren als der neueren isländiscben Litteratur gute Beschreibungen der Krankheit vor, so von F. V. Hastfer (1761), E. Olafsex und B. Povelsox (1772), M. Ketilson (1778) und später von Dr. Hjaltelin (1856), J. SiGURi-)SON 21 (1873), L. Junssonis (1873) und Gui-)M. EiNARSsoN^ (1876). Was die Farüerinseln betrifft, so finden sieb Beschreibungen von Svaboe (1781—82) und vom Pfarrer Schröter (1847). Aus Schottland liegen sebr gute und ausfübrlicbe Mitteilungen über das Auftreten und die Patbogenese der Krankheit vor von Will. 686 C. 0. Jensen, Hogg8(1828), James Cowan^^ (1861) imd Will. Eobertson (1863—65), wesentlicli auf Aureg'uug von .Seiten der »Highlaud and Ag-riciil. Society of Scotland«, die dieser Krankheit stets besondere Aufmerksamkeit ge- widmet hat. Mit Bezug- auf Norwegen endlich Avnrde die Krankheit recht gut von Johax Schümann und später besonders von Ivar Nielsen ^^ beschrieben (1888). Der erste, der meines Wissens bakteriologische Untersuchungen über die Krankheit anstellte, war Dr. Kingberg, der 1884 während eines Aufenthalts auf den Faröerinseln das Vorkommen einer bestimmten Bazillenform in den Kadavern soeben gestorbener Schafe feststellte. Es liegen von seiner Hand jedoch keine Mitteilungen über die Unter- suchungen vor. Die erste Beschreibung des Bacillus verdanken wir Ivar Nielsen ^^, der zugleich zum Teil die ätiologischen und pathogenetischen Verhältnisse der Krankheit ins reine brachte. Er veröftentlichte 1888 das Ergebnis seiner bakteriologischen Untersuchungen und stellte hier- durch fest, dass die Krankheit mit dem Milzbrand durchaus nichts zu schaffen hat, sondern eine spezielle Infektionskrankheit darstellt. Er fand teils in den infiltrierten Teilen der Schleimhaut des Labmagens, teils auch überall im Blute eine bestimmte große Bazillenform, die sieb nicht selten als spm-eutragend erwies. Die Züchtung dieser Bakterien- art gelang ihm nicht sogleich. Er giebt zwar an, dass er Kulturen der- selben erzielt habe, seine späteren Untersuchungen zeigten jedoch, dass die vermeintlichen Kulturen in der That keine Bradsotbazillen enthielten. In einer späteren Mitteilung '" ergänzt er seine Untersuchungen dahin, dass der gefundene Bacillus eine anaerobe, bewegliche, sporen- tragende Bakterienform sei, und dass diese zuweilen nur die er- wähnte hämorrhagische Entzündung im Labmagen errege, in anderen Fällen aber sekundär von hier in den Blutstrom einwandere, so dass sie überall in den Kapillargetäßeu wiederzufinden sei. Nielsens Untersuchungen wurden verschiedentlich vom Verfasser ^o, ii dieser Abhandlung bestätigt und ergänzt, der das zu untersuchende Material teils aus Island und den Faröerinseln, teils aus Norwegen und dann auch aus Schweden erhielt. Endlich erweiterte sich un- sere Kenntnis der pathologischen, anatomischen und pathogenetischen Verhältnisse der Krankheit durch einige in diesem Jahre erschienene Untersuchungen von Hamilton ^, während die Verhältnisse in betreff der Immunität außer von den genannten Forschern auch von Tokishige^^ behandelt wurden. Pathologische Anatomie und Pathogenese. Die pathologisch- anatomischen, durch die Krankheit ver- ursachten Veränderungen bestehen teils in serös hämorrhagischer In- filtration der Schleimhaut und der Submucosa des Labmagens, eventuell auch zugleich der Schleimhaut des Dünndarms, teils in stark degenera- tiven Veränderungen der drüsenartigen Organe und in einem hämo- lytischen Zustande. Hierzu kommen häufig seröse Infiltrationen des Bindegewebes, oft von Gasentwickelung l)egleitet. Da indes bisher nur wenige Pathologen Gelegenheit hatten, Sektionen an vor kurzem ge- storbenen Tieren anzustellen, ist die Behauptung vom Charakter des Leidens im Labmagen mit gewisser Behutsamkeit aufzufassen. So be- hauptet Hamilton ^, es sei hier nicht die Eede von einem entzündlichen Bradsot. 687 Zustande, sondern die Veränderungen seien als Folgen einer Stasis auf- zufassen, die wohl wieder als die Folge einer Scliwäelmng des Herzens zu betrachten sei. Verhält dies sich richtig, so muss sicherlich auch unsere bisherige Ansicht von der Infektionsweise eine Veränderung er- leiden. Bisher nahmen wir als sicher an, dass der Infektionsstoft' durch den Labmagen oder seltener durch die Schleimhaut des Darms aufge- nommen werde, und dass die genannten Veränderungen diese primäre Einwanderung von Bazillen anzeigten. Dieser Ansicht widerspricht der Umstand, dass es bis jetzt noch nie gelaug, die Krankheit durch Fütterung mit Teilen toter Tiere oder mit Kulturen hervorzurufen. Die Erfahrungen aus Island und namentlich aus Schottland scheinen indes darauf hinzudeuten, dass besondere Momente erforderlich sind, damit eine Infektion stattlinden kann. So tritt die Krankheit auf Island, den Faröeriuselu, in Schottland und Norwegen nur des Winters auf und zwar besonders, wenn die Erde gefroren ist, ohne schneebedeckt zu sein, ferner bei ungewöhnlich hartem, stürmischem Wetter; überdies wird sie nur an Schafen beobachtet, die unter diesen Verhältnissen auf dem Felde herumlaufen. Man hat deshalb schon seit langem die Ansicht aufgestellt, die Aufnahme der gefrorenen, starren, trockenen Pflanzenteile sei die eigentliche Ursache der Krankheit, oder, um diese Ansicht mit unserer jetzigen Ansicht von den Infektionskrankheiten in Uebereinstimmuug zu Ijringeu, die Aufnahme solcher Nahrung begünstige das Eindringen des Bradsotbacillus durch die Schleimhaut. Da es indes konstatiert ist, dass die Bradsot in Mecklenburg nicht unter diesen Verhältnissen auftritt, sondern im Gegenteil meistens bei Tieren, welche StallfUtteruiig be- kommen, und da es (Jensen ^^) nicht gelungen ist, die Krankheit durch Nachahmung der genannten Verhältnisse (Fütterung ausgehungerter Tiere mit starrgefroreneu Disteln und anderen harten Pflanzenteilen, die mit Bradsotkultur übergössen wurden) hervorzurufen, ist es zweifelhaft, ob die Theorie von der Aufnahme der Bradsotbazillen durch den Verdauungs- kanal sich aufrechterhalten lässt. Dem vorliegenden zufolge scheint Hamiltons Ansicht von dem Charakter der Veränderungen im Labmagen jedocli kaum ganz korrekt zu sein. So wird die Schleimhaut häufig nekrotisch befunden, und selbst wenn sich anch keine Anhäufung von Rundzellen findet, ist dies nur in Uebereinstimmuug damit, was wir bei ähnlichen Krankheits- vorgäugen antreffen, und lässt sich durch eine negativ chemotaktische Einwirkung der Stoft'wechselprodukte der Bakterien erklären. Der Um- stand, dass man in Schnitten durch die betreöenden Teile des Lab- magens einen völligen Filz von Bazillen vorflndet, spricht auch zunächst für die Ansicht, dass wir hier die primäre Infektionsstelle haben. Die Frage, ob die Infektion durch den Verdauungskanal oder vielleicht durch zubillige kleine Verletzungen vorgeht, muss vorläufig also als nicht mit Sicherheit entschieden dahingestellt bleiben. Das Kraukheitsbild, das wir nach subkutaner Einimpfung bazillen- haltigen Materials auf Schafe erhalten, weicht in wesentlichen Richtungen von dem spontanen Krankheitsbilde ab und ähnelt auffallend dem Rausch- braud. Ebenso wie bei letzterem flnden wir starke hämorrhagische In- filtrationen in den tief gelegenen Muskeln, oft in großem Umfang und dermaßen von Gasentwickelung begleitet, dass die Muskulatur völlig locker sein kann. In der Subcutis und dem intermuskulären Binde- gewebe finden sich serös hämorrhagische Infiltrationen, oft in bedeutender Ausdehnung, und nicht selten ist auch hier Gasentwickelung anzutreffen. 688 C. 0. Jensen, Die chemische Zusammeusetzimg dieses Gases ist nicht untersucht wor- den ; da dasselbe indes brennbar ist, besteht es yermutlich zum wesent- lichen Teil aus Wasserstoff oder Kohlenwasserstoffen"). In den serösen Höhlen findet man stets eine etwas rötliche FlUssig-keit, wie man in den inneren Organen auch teils Blutanhäufung, teils degenerative Ver- änderungen findet. Ebenso wie bei den spontanen Todesfällen tritt sehr schnell Fäulnis ein mit Eutwickelung von Gas sowohl in den inneren Organen als im subkutanen Gewebe und im Blute, so dass der Kadaver sehr bald äußerst stinkend wird. Während es nicht mit Sicherheit festgestellt ist, dass Bradsot bei anderen Tieren spontan vorkommt, lässt er sich durch Impfung auf eine Reibe von Tieren übertragen, bei denen Kraukheitszustände entstehen, welche im wesentlichen den beim Schafe beobachteten ent- sprechen, mithin dem Eauschbrand ähnlich sind. So ist die Krankheit Jensens und Tükishiges Untersuchungen zufolge mittels subkutaner Impfung übertragbar auf Kälber, Ziegen, Schweine, Meerschweinchen, Tauben, Hühner, während Kaninchen und Mäuse etwas widerstands- fähiger zu sein scheinen. Durch dieses Verhalten uuterscheidet sich der Bacillus von dem nahe verwandten Rauschbraudbacillus , der bei mehreren der genannten Tiere keine pathogenen Eigenschaften zeigt. Die spontane Krankheit ergreift meistens nur jüngere, besonders einjährige Schafe, weit seltener Lämmer und noch seltener ältere Tiere; doch scheint in den verschiedenen Ländern, in welchen die Krankheit auftritt, eine gewisse Verschiedenheit rUcksichtlich des Alters zu bestehen, während dessen die Tiere sich am meisten zur Krankheit disponiert zeigen. Verschiedene Wahrnehmungen scheinen, wie oben gesagt, darauf hinzudeuten, dass die Witterungsverhältuisse für die Entstehung der Krankheit eine Rolle spielen, vermutlich indem sie die Widerstandsfähigkeit der Tiere schwächen. Die Virulenz der Bradsotbazillen ist sehr veränderlich; dieselbe nimmt oft sehr schnell ab durch fortgesetzte Züchtung in Fleischwasser- peptonagar, während die Züchtung in Blutserummischungen die Virulenz konserviert, so dass man in dieser Weise die Kulturen viele Jahre hin- durch hochvirulent halten kann. Die im trockenen Zustande auf- bewahrten Sporen bleiben jahrelang virulent. Morphologie und Biologie des Bacillus. Der Bradsotbacillus gehört zu derselben Gruppe wie der Rauschbraud- bacillus und der Oedembacillus. Ebenso wie diese ist er ein großer anaerober, sporentragender Bacillus. Er ist 2 bis 6 a lang, 1 [j. breit und hat deutlich abgerundete Enden. Der Bacillus liegt meistens vereinzelt, in den serösen Höhlen und in den inneren Organen toter *) Tokishige'" giebt an. das »Bratsotgas« sei fast ebenso zusammengesetzt wie das Rauschbrandgas : Wasserstoff 78.94—84.2 Kohlensäure 5,26^ 8,8 Sticlistoff 15,80— 6,6 Sauerstoff — — 0,5 Es geht aus den Abhandlungen nicht hervor, ob diese Zahlen sich auf das Gas aus der Muskulatur und der Subcutis geimpfter Tiere oder — was wahrscheinlicher ist — auf das Gas aus künstlichen Kulturen beziehen. Bradsot. 689 Tiere findet mau indes liäufig Ketten von Bazillen und lauge, anscbei- neud ungegliederte Fäden. Schon im lebeuden Tiere kommt es zur Sporenltildung, und eine solche stellt sich auch in künstlicheu Kulturen schuell ein. Die Sporeu sind groß, oval, gewöhnlich in der Mitte des Bacillus gelegen, die sich meist ein weuig angeschwollen zeigt :^ selten findet man die Sporen am einen Ende des Bacillus gelegen. Der Bradsot- bacillus ist, wie erwähnt, beweglich : der Nachweis von Geißelfäden ist uicht mit besonderen Schwierigkeiten verbunden; die Anzahl der Cilieu schwankt bedeutend, oft findet mau 20 oder uoch mehr lauge, dünne, etwas gewellte Fäden, die von der Oberfläche des Bacillus ausgehen. Riesengeißeln werden nicht oder doch nur äußerst selten wahrgenommen. Involutiousformeu sind ebenfalls nur selten in frischen Kulturen zu ge- wahren; dann uud wann erblickt man dagegen auffallend dicke, zitronen- förmige, angeschw^oUeue, nicht sporentragende Stäbchen in älteren Kulturen, in welchen die Sporenbildung bereits abgeschlossen ist. W"-^^ Fig. 1. Sporentragende Bradsot- bazillen. Nierensaft eines an spon- taner Bradsot gestorbenen Schafes. Färbung nach Gram. Fig. 2. Bradsotbazillen. Geißelfärbung. Nach ToKisfflGE. Der Bradsotbacillus gehört zu den obligat anaerolieu Formen. Er lässt sich ähnlicherweise züchten wie die geuannteu nahestehenden Formeu, z. B. in gewöhnlicher Fleischwasserpeptongelatine und Fleisch- wasserpeptonagar, wie auch in Bouillon, wenn der Sauerstoff auf irgend eine Weise abgeschlossen wird (Pyrogallol, \Yasserstofifatmosphäre, Va- cuum u. s. w.). Sein Wachstum ist iudes nur ein schwaches uud lang- sames, wird aber lebhaft, wenn den betreffenden Substraten eine geringe Menge Traubenzucker zugesetzt ward. Der Bacillus spaltet den Trauben- zucker unter Säurenbildung und Gasentwickluug, während die Gasbil- dung iu Kulturen, die keinen Zucker enthalten, immer oder doch ge- wöhnlich unterbleibt. Ferner gedeiht er vortrefflich auf erstarrtem Serum oder in einer Mischung von Serum uud Agar, wie auch in einer Mischung von Bouillon uud Serum (Jensex). Er erzeugt hier bedeutende Ent- wicklung übelriechender Gasarten uud versetzt die Eiweißstoffe des Serums allmählich in koagulierten Zustand, so dass die festen Kulturen undurchsichtig, die Serumbouilloukultureu von geleeartigen, undurch- sichtigen Klümpchen angefüllt werden. Handbucli der patliogenen Mikroorganismen. II. 44 090 C. 0. Jensen, Die Kolonieen auf der Agarplatte erweisen sich nach ca. 24stlln- digem Stehen bei Körpertemperatur als bikonvexe, linsenförmige Körperchen mit ghittem Kande und körnigem gelbbraunem oder dunkel- gelbem Inhalt. Aus solchen Kolonieen bilden sich sehr schnell Fäden und z^Yeigartige Ausläufer, so dass die Kolonie schließlich ein faseriges verfilztes Aussehen annimmt. An der Oberfläche des Agars kann man unter günstigen Verhältnissen (z. B. bei Anwendung der Pyrogallol- raethocle) ebenfalls Kolonieen gewahren, die aber doch nur als undeut- liche weißliche Flecke erscheinen. In Gelatine ist das Wachstum langsamer; erst nach Verlauf mehrerer Tage kommen rundliche trübe Kolonieen zum Vorschein, umgeben von flüssiger Gelatine. Diese nehmen an Größe zu und zeigen bei schwacher Vergrößerung radiäre Streifung an der Oberfläche. Kolonieen, die durch Aussaat in Mischungen von Serum und Agar entstehen, bieten je nach der Menge des Serums verschiedenes Aussehen dar; bei Zusatz von nur ca. Y4 Serum entstehen nach 20 stündigem Hinstehen bei 37° hirse-, körn- bis hanf- samengroße Kolonieen weißlichen Aussehens mit buschiger faseriger Oberfläche. Enthält das Substrat dagegen gleichgroße Mengen Agar und Blutserum, so erreichen die Kolonieen in der genannten Zeit eine Größe von ^'2"! cm; sie sind dann weniger dicht, und nicht scharf abgegrenzt, sondern l)ilden wolkige Trübungen, und zeigen bei schwacher Vergrößerung keine deutliche Abgrenzung. In beiden Fällen erscheinen ziemlich reichliche Gasbläschen. Ein entsprechendes Verhalten tritt in Stichkulturen ein , indem das Wachstum hier schnell die ganze Masse diffus durchdringt, wenn eine reichliche Menge Serum zugesetzt wurde, während es begrenzt bleibt, sofern der Zusatz von Serum weniger reichlich war. Der Bradsotbacillus gedeiht ferner sehr gut in Milch (ToKiSHiGE^-), die unter Säurebildung schnell koaguliert wird; die Säure- bildung bewirkt frühzeitige Hemmung des Wachstums des Bacillus, und eine Peptouisierung des Kaseincoagulums findet nicht statt. Derselbe Forscher fand ferner, dass »Gehirnbrei« (nach Hibler) ein günstiges Substrat abgab, in welchem der Bacillus sich sogar seiner »Zähigkeit« wegen ohne besondere Maßregeln zum Abschluss des Sauer- stoffs züchten ließ; dieses Substrat nimmt ebenfalls starksaure Eeaktion an, Peptouisierung findet nicht statt. Der Bradsotbacillus wächst bei gewöhnlicher Zimmertemperatur, gut aber auch bei höheren Temperaturen, vorzüglich gut bei Temperaturen zwischen 35 und 42". Gegen Verschiedenheiten der Eeaktion des Substrats ist der Bacillus äußerst empfindlieh ; so wächst er gar nicht oder nur sehr spärlich in Substraten mit schwach saurer Keaktion, während er sich dagegen bei alkalischer Eeaktion in dem sonst ganz gleichen Substrat reichlich ver- mehrt. Enthält das Substrat Zucker, so dass sich während des Wachs- tums Säure bildet, dann hört die Vermehrung und das Wachstum des Bacillus auf, sobald das Substrat deutlich sauer reagiert. Ueber die Widerstandsfähigkeit des Bradsotbacillus gegen äußere Einwirkung liegt keine genauere Untersuchung vor. Die Sporen sind im Besitz bedeutender Widerstandsfähigkeit; so können sie sich in ein- getrocknetem Zustande Jahre hindurch lebendig erhalten, und es gelang Jensen 10, sie aus dem Labmagen eines Schafes zu isolieren, nachdem dieser 7 Wochen lang in Spiritus gelegen hatte. Während es scheint, dass die Sporen, solange sie sich in feuchten Medien befinden, durch Einwirkung von Temperaturen um den Siede- Bradsot, 691 punkt lierum relativ leicht getötet werden, vertragen sie in ein- getrocknetem Zustande mehrstündige Erhitzung bis zu 100°; vermutlich verhalten sie sich in dieser Beziehung ähnlicherweise wie die Sporen des Rauschbrandbacillus. Vergleicht man den Bradsotbacillus mit dem liauschbrand- und dem Oedembacillus, so trifft man einzelne Unterschiede an. Während wir beim liauschbrandbacillus keine Bazillenketteu oder Scheinfäden finden, und während diese beim typischen Oedembacillus höchst allgemein, fast konstant sind, kommen sie nur unter gewissen Verhältnissen beim Bradsotljacillus vor. Was die Sporenbildung betrifft, so erinnert der Bradsotbacillus zunächst an den Rauschbrandbacillus, und das Verhalten der Cilien ist hinsichtlich dieser Formen noch gar zu wenig untersucht, um Unterscheidungsmerkmale abgeben zu können. Uebrigens stehen diese Bazillenarten sich so nahe, dass es gegenwärtig wohl kaum möglich ist, sie nach ihren morpho- logischen und kulturellen Verhältnissen mit absoluter Sicherheit voneinander zu unterscheiden, und diese ganze Gruppe von Bakterien erheischt gewiss eine genauere Be- arbeitung, was die morphologischen und besonders die bio- logischen Verhältnisse der Formen betrifft. Ueber das Vorkommen des Bradsotbacillus in der Natur wissen wir nichts Sicheres. Dem ganzen AVesen des Auftretens der Krankheit zufolge sind wir jedoch zu der Annahme berechtigt, dass derselbe ebenso wie der Rauschbrand- und der Oedembacillus in den oberen Erdschichten zu finden ist, und dass er von hier entweder mit dem Futter in den Verdauungskanal aufgenommen wird oder durch Verletzungen hindurch in die Gewebe eindringt. Ueber die Wirkungsweise des Bradsotbacillus liegen keine sicheren Aufschlüsse vor. Die filtrierten Kulturen scheinen toxische Stoffe, aller- dings nur in sehr spärlicher Menge, zu enthalten, so dass beträchtliche Dosen des Filtrats erforderlich sind, um bei kleineren Versuchstieren Krankheitsfälle zu erregen. Nach den pathologisch-anatomischen, durch die Krankheit verursachten Veränderungen zu urteilen, müssen wir an- nehmen, dass der Bacillus wegen Bildung toxischer Stoffe auf die kleinen Gefäße und deren Nerven reizend wirkt und hierdurch teils eine beträchtliche seröse Ausschwitzung, teils auch eine Stasis mit nach- folgender Diapedesis bedingt. Dass keine reichlichere Auswanderung von Leukocyten erfolgt, findet seine natürliche Erklärung in dem Um- stände, dass der Bradsotbacillus eine negativ chemotaktische Wirkung auf dieselben ausübt, wovon man sich mit Leichtigkeit durch Versuche mit Kulturen überzeugen kann, die in Haarröhrchen aufgesaugt und unter der Haut dazu geeigneter Versuchstiere angebracht wurden. In diesem Falle wird keine Zuströmung von Leukocyten stattfinden. Wird die Kultur starker Erhitzung ausgesetzt, so verliert sie ihre negativ chemotaktische Wirkung, zeigt sich dann aber im Besitz einer positiv chemotaktischen. Ein klein wenig Bradsot -Bouillon, die eine kurz- dauernde Erhitzung erlitten hat, wird, wenn sie in Haarröhrchen an- gebracht in das subkutane Bindegewebe eines Meerschweinchens oder eines Schafes eingeführt wird, schnell eine reichliche Emigration und Zu- fuhr weißer Blutkörperchen veranlassen, so dass das Haaröhrchen schnell mit diesen angefüllt wird. Das Verhalten ist mithin in allem Wesent- lichen dasselbe, das wir nach den Untersuchungen Bessons, Leclaixches und Vallees vom malignen Oedem und vom Rauschbrand kennen. 692 C. 0. Jensen, Bradsot. Litteratur. 1 Bruland, Norsk Veterintertidskrift, Bd. 8, 1896. — 2 Ders., ibid., Bd. 9, 1897. — 3 James Covan, Transactions of the Highland and Agricult. Society of Scot- land, 1861 — 1863. — * Ehling, Centralzeit. f. Veterinär-, Viehmarkt- u. Schlacht- hof-Angelegenheiten, Bd. 1, 1897. — 5 Gr. EiNARSSON, Um brattapestina og tilraunir til act varna henni, 1876. — C' Englesson, Svensk Veterinärtidskrift, Bd. 2, 1897. — 7 Hamilton, Tr. of the Highl. a. Agr. S. of Scotland, 1902. — s W. HooG, Tr. of the Highl. a. Agric. Ibid., 1828-29. — " Harvey, The Veterinarian, Bd. 62, 1889. — 10 C.O.Jensen, Maanedsskrift for Dyrh^ger, Bd. 8, 1896. — n Ders., Deutsche Z. f. Tiermed., Bd. 22, 1896. — 12 Ders., Ergebnisse der allg. P. u. p. A., 4. Jahrg., 1897. — w S. Jonsson, Um bradafarict i sauc1f6, 1873. — i* Krabbe, Tidsskrift for Veterinterer, 1872. — i5 Ders., Deutsche Z. f Tiermed., Bd. 1. 1875. — if' IvAR Nielsen, Tidsskrift for VeteriuEerer, 1888. — i' Ders. , Norsk Land- mandsblad, 1892. — i« Ders., Monatshefte f prakt. Tierheilk., Bd. 8, 1896. - 19 Peteks, Bericht über d. 43. Versammlnng d. Vereines mecklenburg. Tierärzte, 1891. — 20 Ders., Arch. f wissensch. u. prakt. Tierheilk., 1897. — 21 SiGURctsoN, Um bräctasottina ü Islandi eg nokknr räct vid henni, 1873. — 22 Tokishige, Monats- hefte l prakt. Tierheilk., Bd. 12, 1901. — 23 Transact. of the Highl. a. Agric. S. of Scotland. 1S81— 1884. XV. Die vom Nekrosebacillus (Bacillus necroseos) hervorgerufenen Krankheiten» Von C. 0. Jensen in Kopenhagen. Mit 8 Figuren im Text*). Der Nekrosebacillus [Bacillus necropliorus (Flügge), B. necroseos (Salomonseu), Streptothrix cimiciili(Sclimorl), Str. uecrophora (Kitt)l wurde wahrscheinlich zuerst von R. Kocn^o gesehen. In seiner Abhandlung- »Zur Untersuchung der pathogenen Organismen« bringt er in den Figu- ren 47 und 48 Mikrophotogramme einer Ulzeration in der Hornhaut eines pockenkranken Schafes, die sehr hübsch fadenförmige, wellenartig gewundene und parallel geordnete Bazillen zeigen, welche so große Aehnlichkeit mit Nekrosebazillen darbieten, dass ihre Identität mit diesen wohl keinen Zweifel erleiden kann. Die ersten Versuche mit dem Ne- krosebacillus wurden aber von Löffler^i angestellt, indem er teils den Bacillus als Ursache der Kälberdiphtherie nachwies, teils nach Einimpfung syphilitischer Erzeugnisse in das Auge von Kaninchen eine Krankheit hervorrief, die durch fadenförmige Bazillen erregt war, welche wir jetzt mit Sicherheit als Xekrosebazillen betrachten können. Der Nekrose- bacillus erscheint indes nicht nur bei Kälberdiphtherie und bei Ulzera- tionen wie der genannten, sondern ebenso wie wir bei den meisten sup- purativen Vorgängen Streptokokken und Staphylokokken antreffen, so linden wir unseren Bacillus auch bei einer großen Menge lokaler und embolischer nekrotisierender und gangränierender Entzündungsvorgänge sowohl bei unseren Haustieren als auch bei verschiedenen wilden Tieren, und zwar nicht nur bei Säugetieren, sondern auch bei Vögeln. Bang ^ hob namentlich die große Bedeutung hervor, welche der Nekrose- bacillus in der Tierpathologie hat. Weitere Beiträge zur Kenntnis von Krankheiten, die mit dem Nekrosebacillus in ätiologischer Beziehung stehen, lieferten Schmorl^^^ M'Fadyean^- 5, Kitt^, Olt^'^, der Verfasser* *) Fig. 1 — 6 sind nach Photographieen angefertigt, die im Jahre 1890 von Prof. V. Storch nach Prof Dr. Bangs Präparaten hergestellt wurden. (S. Maanedsskrift for Dyrlteger. 1890, 2. Bd.) 694 C. 0. Jensen, und noch andere. Die morphologischen und biologischen Eigenschaften des Nekrosebacillus wurden namentlich von Schmorl, Bakg und Stri- BOLT 1 und neulich von Ernst studiert. Der Bacillus necroseos w^urde bisher bei spontanen Leiden folgender Tiere gefunden: Kind, Schaf, Ziege, Antilope, Eenntier, Hirsch, Eeh,, Pferd, Schwein, Känguruh^, Kaninchen, Hund, Affe, Huhn. Wie die Impfungsversuche darlegen, ist er ferner noch mehreren anderen Tieren gegenüber im Besitz pathogeuer Eigenschaften. Spontane vom Nekrosebacillus hervorgerufene Krankheiten. a) Hautleiden. Ziemlich häufig findet man bei Pflanzenfressern lokale Entzündungs- vorgänge in der Haut und Subcutis, die vom Nekrosebacillus allein oder von dessen Zusammenwirken mit anderen entzündungserregenden Bak- terien herrühren. So kommen beim Pferde ziemlich oft in der Krone und in der Fesselbeuge begrenzte akute Entzündungsvorgänge vor, die gewöhnlich ihren Ausgang in Gangrän nehmen (Brandmauke), die aber auch zuweilen Veranlassung zu einer umfangreichen eitrig-nekro- tischen Phlegmone mit Thrombophlebitis und Lymphangoitis, sowie auch tödlichen embolischen Prozessen geben können. Beim Rinde treten häufig ähnliche Vorgänge auf, meistens in der Klauenspalte, die sich mehr oder weniger weit vorne an den Zehen hinauf erstrecken und oft so tief gehen, dass die Klauengelenke sich öffnen. Ein ganz ähnliches Leiden — das Klauenpanaritium — hat man auch bei anderen Tieren an- getroffen; so herrscht seit mehreren Jahren im nördlichen Norwegen und in Finnmarken unter den Reuntieren eine ansteckende Krankheit, die in einem dem Klauenpanaritium des Rindes identischen Leiden mit darauffolgenden, mutmaßlich metastatischen Vorgängen in den Brust- organen besteht. Hor^jes^ Untersuchungen zufolge finden sich beim Klauenleiden Nekrosebazillen in derselben Menge und Anordnung Avie beim entsprechenden Leiden des Rindes; Olt^^ beobachtete bei einem Rehe ein ganz ähnliches Panaritium mit sekundärer Ausbreitung des mortifizierenden Prozesses in die Venen (Thrombophlebitis) und mit meta- statischen Nekrosen in den Lungen. Bei diesen Leiden wird ein mehr oder weniger zersetzter, jauchig umgebildeter Sequester abgelöst. Nebst dem Nekrosebacillus werden stets, wie zu erwarten stand, pyogene Kokken sowie auch andere Bakterien, besonders Fäulnisbakterieu an- getroffen. Das gegenseitige Verhalten dieser Bakterien wurde bisher noch nicht näher untersucht. Beim Pferde beobachtete man ziemlich häufig tiefergehende, nach traumatischen Beschädigungen entstandene Leiden des Hufes, die eben- falls vom Nekrosebacillus herrühren, z. B. die nekrotisierenden Vorgänge in der Hufbeinbeugesehne und im Hufbein, welche so oft als Folge eingetretener Nägel entstehen, und die Nekrose des Huf knorpels und des Parachoudrium desselben bei Kronenfisteln (Bang). Auch an anderen Stellen der Haut kommen nekrotisierende Vorgänge vor, die von der Einwanderung des Nekrosebacillus herrühren; so trifft man ziemlich oft beim Schweine an der Rüsselscheibe, an der äußeren Seite der Lefzen, an den Füßen, und bei Säuen zugleich am Euter bis Die vom Nekrosebacillus (Bac. necros.) hervorgerufenen Krankheiten. 695 zelmpfeimig-große, g-ewühiilicli ziemlich obei-flUchliche gelbbi-aune Schorf- bildimgen an, die durch einen mortifizierenden Vorgang- in der Haut entstanden sind, und bei der Kuh gewahrt man dann und wann, zu- w^eilen mit seuchenartiger Verbreitung im Bestände, begrenzte nekroti- sierende Vorgänge an den Zitzen, welche die Abstoßung eines Sequesters und das Erscheinen runder oder ovaler Wunden herbeiführen, die dem Heilen abgeneigt sind und häufig in progrediente Ulzerationen umgebil- det werden. Auch diese sogenannten brandigen Pocken sind Bangs Untersuchungen zufolge als eine Nekrosebazilleninfektion aufzufassen. Dass der Nekrosebacillus auch durch größere granulierende WundÜächen einwandern kann, beobachtete ebenfalls Bang, indem er bei einer Kuh, die nach einer diffusen Phlegmone eine enorme WundÜäche am einen Hinterbein bekommen hatte, "die Entstehung eines ausgedehnten Diph- therievorgauges sah, der sich rasch über die ganze Wuudfläche aus- breitete vind sich centimetertief in die Granulationen und das darunter gelegene Muskelgewebe hinein erstreckte, um schließlich den Tod des Tieres herbeizuführen. b) MaulIeideD. Besonders häufig treten in der Maulhöhle Leiden auf, die sich auf das Eindringen des Nekrosebacillus zurückführen lassen. Die sogenannte Kälberdiphtheritis, die ihren Namen übrigens insofern mit Unrecht trägt, als sie häufig auch bei erwachsenen Tieren auftritt, ist am besten untersucht worden. Es erscheinen bei dieser tiefgehende progressive Nekrosen, die von Verletzungen der Schleimhaut des Maules, gewöhn- lich an der inneren Seite der Backen, an der Zunge und im Bereiche des Larynx ausgehen; nicht so ganz selten und namentlich bei erwachse- nen Tieren schließen sich hieran entsprechende Vorgänge im Schlünde, im Pansen oder in der Haube, seltener im Labmagen und im Darmkanal, und mitunter komplizieren sich die Fälle durch embolische Vorgänge, besonders nach den Lungen, wodurch ferner nach deren Eindringen in die Bronchien akute Bronchopneumonie, und wegen der Lage der Ne- krose nahe an der Oberfläche der Lunge lokale oder sogar diffuse fibri- nöse, serofibrinöse oder purulente Pleuritiden entstehen können. Schon LöFFLER 11 fand mittels mikroskopischer Untersuchung den Nekrosebacillus als Ursache dieses Leidens, indem die von den Bazillen gezeigte Lage- rung so charakteristisch war, dass die Verursachung der progressiven Nekrose durch den Bacillus keinem Zweifel unterworfen sein konnte. In den äußeren Teilen des nekrotischen Gewebes wimmelte es von Mikrokokken, weiter nach innen fand er einzelne Bazillen ; diese nahmen gradweise, je näher man dem lebenden Gewebe kam, an Menge zu, und zuletzt fand er einen Filz von langen Bazillen und Fäden, der überall durch einen schmalen Saum nekrotischen Gewebes von dem lebenden Gewebe getrennt war. Ganz richtig fasste er die Mikrokokken als später eingewanderte saprophytische Bakterien auf, die in dem ab- gestorbenen Gewebe sehr wohl gediehen. Die Kälberdiphtherie tritt meistens unter der Form kleiner Epidemieen auf, und auf ganz ähnliche Weise erscheinen ganz entsprechende Krankheiten beim Kaninchen (SchmoklI^, Verf. §) und beim Känguruh (BaxgI, Verf. 8). Beim Kaninchen kann die Krankheit mit anscheinend großer Kontagiosität auftreten; es finden Veränderungen in der Maul- höhle statt, welche wesentlich den bei Kälbern vorgefundenen entsprechen, b 696 C^- 0- Jensen, der Vorgang hat aber in vielen Fällen die Neigung, sicli fortwährend auszubreiten, so dass nach und nach ein großer Teil des Gewebes den Hals hinab in eine nekrotische Masse umgebildet wird, wie denn auch die Halsgefäüe mit ins Leiden hineingezogen und thrombosiert werden, worauf der Tod unter embolischen Vorgängen in den Lungen, eventuell mit Pleuritis kompliziert, erfolgt. Zugleich mit dem Maulleideu können, wie SciiMOKL^'^ beobachtete, auch einzelne Fälle eintreten, wo die In- fektion ihren Ausgang anderswo, z. B. in zufälligen Verletzungen der Haut genommen hat. Bei Känguruhs in zoologischen Gärten wird gar nicht so selten ebenfalls eine Mauldiphtheritis bemerkt, die ihrem makro- skopischen Aussehen nach durchaus der Kälberdiplitherie entspricht, und bei welcher man ebenfalls Nekrosebazillen auf dieselbe Weise wie bei letzterer augeordnet findet. Einen so progredienten Charakter wie bei Kaninchen trägt das Leiden nicht, gewöhnlich sterben die Tiere jedoch verhältnismäßig früh, vermutlich an sekundären Lifektionen. Beim Schweine kommen auch nicht so selten Nekrosen in der Schleimhaut des Maules vor; es handelt sich hier meistens um kleine begrenzte, zuweilen jedoch ziemlich tiefgehende Nekrosen an der inne- ren Seite der Lippen oder an der Zunge. Sehr gewöhnlich sind sie von entsprechenden Vorgängen im vorderen Teile der Nasenscheidewand be- gleitet. Die Nekrosen entstehen, wie es scheint, nach kleinen Ver- letzungen; so ist es nicht ungewöhnlich, sie bei kleinen Ferkelchen im Bereiche der Eckzähne anzutreffen, wenn diese, wie es an mehreren Orten Gebrauch ist, herausgebrochen wurden. Uebrigens kommt die Mauldiphtherie des Schweines besonders häufig bei solchen Individuen vor, die von der Schweinepest ergriffen sind. Auch bei anderen Tieren hat man tödliche Vorgänge in der Maul- höhle gefunden, die wenigstens zum Teil vom Nekrosebacillus herrühren. So fand der Verfasser während einer skorbutähnlichen Epidemie unter den Affen des Kopenhagener zoologischen Gartens mehrmals progres- sive ulzerative Vorgänge in der Mundliöhle, bei denen Nekrosebazillen nachweisbar waren, und beim Hunde beobachtet man zuweilen während des Verlaufes der Hundestaupe einen akuten jauchigen Zerfall größerer Teile der Schleimhaut des Maules und des darunter gelegenen Gewebes, eine Komplikation, die nicht mit der gewöhnlichen Stomatitis ver- wechselt werden darf. Auch hier finden sich Bazillen vor, die zweifels- ohne mit den Nekrosebazillen identisch sind (der Verf). Während des Auftretens der sogenannten »Stuttgarter Hundeseuche« in Kopenhagen ließen sich häufig äußerst bösartige Leiden der Maulhöhle feststellen; so geschah es oft, dass große Stücke der Zunge, ja mitunter fast die ganze Zunge oder große Teile der Backe während erstaunlich kurzer Zeit gangränös wurden. Durch die vom Assistenten Letii*) im meinem Laboratorium angestellten Untersuchungen wurde konstatiert, dass stets an der Grenze des lebenden Gewebes große Mengen Nekrosebazillen zu finden waren. Die Richtigkeit der Diagnose wurde durch Reinkultur des Bacillus und durch nähere Untersuchung bestätigt. Auch bei der Geflügel diphth er ie kommt der Nekrosebacillus vor. So hat Ritter'^ denselben dann und wann nachgewiesen, ist aber den- noch zu der Ansicht geneigt, dass dieser Bacillus in den meisten Fällen der Geflügeldiphtherie keine Rolle spiele. Letii stellte durch einige in *) Die hier und später berührten Untersuchungen meiner Assistenten, der Herren Leth und Bahr, wurden bis jetzt noch nicht veröffentlicht. Die vom Nekrosebacillus (Bac. necros.) hervorgerufeneu Krankheiten. 697 der jüngsten Zeit bei mir ausgeführte Untersuchungen fest, dass der Nekrosebacillus wahrscheinlich in jedem etwas langsamer verlaufenden Falle dieses Leidens vorkommt, vermutlich sekundär eingewandert. c) Veränderungen im Verdaungskanal. Auch an der Darmschleimhaut kommen Vorgänge vor, an deren Ent- stehung der Nekrosebacillus beteiligt ist. So findet man beim Pferde zuweilen ziemlich tiefgehende diphtheritische Entzündungen mit fleckweiser Ausbreitung im Dickdarm, in welchen man mit Hilfe von Schnittpräparaten die Invasion des Nekrosebacillus leicht nach- zuweisen vermag. Auch bei den diffusen, mehr oberHächlichen krupös- diphtheritischen Darmleiden des Pferdes scheint der Nekrosebacillus vorzukommen, ja sogar bei den ganz oberflächlichen, krupähulichen Belägen, die so häutig bei thrombotischen oder embolisehen Verstop- fungen der Gekrösarterien zu gewahren sind, lässt sich mitunter eine Einwanderung des Nekrosebacillus feststellen. Beim Rinde hat man zuweilen tiefgehende diphtheritische Vorgänge im Dünndarm beobachtet, die nach heftiger Diarrhöe sekundär entstanden waren, und beim Schweine kommen teils sporadische Fälle von diphtheritischen Vor- gängen im Dickdarm, seltener im Grimmdarm, teils während des Ver- laufes der Schweinepest diphtheritische Vorgänge weit verschiedenen Aussehens im Blinddarm, Grimmdarm und seltener im Mastdarm, Dünn- darm und Magen vor. Bei Schweinepest-Darmdiphtheritiden werden den Untersuchungen Bangs, Kitts und anderer Forscher zufolge fast stets Nekrosebazillen angetroffen, insofern das Leiden denn nicht ein ganz frisches ist. Hier ist der Nekrosebacillus augenscheinlich sekundär ein- gewandert, nachdem die Schweinepestbakterien oberflächliche, krupös- diphtheritische Vorgänge hervorgerufen hatten, und diese sekundäre Ein- wanderung verleiht oft dem ganzen Leiden seinen speziellen Charakter. Gar nicht selten findet man auch ganz einzelne kleine begrenzte, tiefgehende, nekrotisierende Vorgänge im Magen der Wieder- käuer, z. B. des Pviudes, des Hirsches (Olt13), der Antilope (der Verf. §), wo das mikroskopische Bild mit Sicherheit zeigt, dass es sich um eine, vermutlich von einer Verletzung ausgehende, Einwanderung des Nekrose- bacillus handelt. d) Krankheiten der weiblichen Genitalien. Bei der Kuh kommen ferner nach Geburten in der Vagina und dem Uterus tiefgehende diphtheritische Vorgänge vor, die eben- falls vom Nekrosebacillus verursacht werden. iJas Leiden kann sich auf die Scheide beschränken und dann entweder fleckweise auftreten oder auch so diffus, dass die Schleimhaut der ganzen Scheide angegritfen ist; in der Gebärmutter nimmt das Leiden stets bösartigen Verlauf, wird dittus und endet mit dem Tode des Tieres; sowohl in der Scheide als auch in der Gebärmutter erstreckt der nekrotisierende Prozess sich oft 1 cm oder noch tiefer ins Gewebe hinab. e) Infektion durch den NabeL Endlich ist hervorzuheben, dass mau nicht ganz selten eine Ein- wanderung des Nekrosebacillus durch den Nabelstrang bei ganz jungen Kälbern findet; man sieht dann eine große phlegmonös käsige Infiltration, 698 C. 0. Jensen, die Gefäße des Nabels siud meistens in größerer Ausdehnung tlirom- bosiert, und in der Leber finden sich in der Regel zahlreiche embolische Nekrosen. Dann imd wann hat der nekrotische Vorgang sich von dem Nabelstrang durch die Bauch wand bis in die Bauchhöhle erstreckt und eine Peritonitis veranlasst (der Verf., Olt). f) Embolische Vorgänge. In Verbindung mit diesen primären Leiden treten nicht selten in den inneren Organen, wie bereits erwähnt, embolische Vorgänge ein. So findet man bei den meisten der genannten Tiere embolische Nekrosen in den Lungen (Nielsen 12, Verf., M'Fadyean^) (beim Pferde nament- lich häufig nach Brandmauke, beim Rinde ziemlich oft nach Mauldiph- theritis oder Panaritium). Es handelt sich meistens um kleinere Sequester, die demarkiert und losgetrennt werden und hierdurch eine akute Bron- chopneumonie oder eine Pleuritis verursachen, zuweilen jedoch vollstän- dig eingekapselt werden können. Auffallend häufig stößt man beim Rinde ebenfalls auf knotenförmige Gebilde in der Leber, die wahr- scheinlich auf embolischem Wege durch das Pfortadersystem hindurch entstanden sind. Wie gesagt, können diese sich der nekrotisierenden Omphalitis anschließen, treten aber doch häufiger bei erwachsenen Tieren auf und sind dann vermutlich mit lokalen, mehr gutartigen Vorgängen in der Darmschleimhaut in Verbindung zu setzen. Es findet sich in der Leber bald nur eine einzige, bald wenige und bald eine sehr große Anzahl trockener, gelber, scharf begrenzter, knotenförmiger Nekrosen, die meistens nur ca. die Größe einer Haselnuss oder darunter erreichen, in einzelneu Fällen, wahrscheinlich wesentlich durch Verschmelzung kleinerer Knoten oder wegen gleichzeitiger Verstopfung mehrerer nahe gelegeneu Gefäßäste die Größe einer geballten Faust oder sogar darüber erreichen können. Dieses Leiden kann bei großer Ausbreitung in der Leber den Tod des Tieres herbeiführen, was in den meisten Fällen aber nicht geschieht; der nekrotisierende Vorgang hört gewöhnlich bald auf; eine demarkierende Eiterung trennt den Sequester los, worauf dessen Einkapselung stattfindet. Aeußerst oft findet man dieses Stadium in den Schlachthäusern. Die Abszesse sind gewöhnlich dickwandig, bis eigroß, und enthalten eine dicke, zähe, grünliche Eitermasse, in welcher man häufig einen Sequester oder den Rest eines solchen findet. x4.uch im Herzen des Rindes kommt es gelegentlich zu embolischen Vorgängen ; es kann sich teils um mehrere, sogar viele kleinere Ne- krosen handeln; das nekrotische Gewebe kann alsdann losgetrennt und eingekapselt werden ; teils kann es sich um einen einzelnen sehr großen Prozess handeln, so dass bis die Hälfte der linken Herzkammerwand abgestorben sein kann, was natürlich den Tod des Tieres herbeiführt, bevor eine vollständige Demarkation stattgefunden hat. Ferner hat man beim Rinde embolische Prozesse in der Milz und dem Euter, sekundär nach Kälberdiphtheritis angetroffen. Neulich hat Verf. einen Fall unter- sucht, wo Herz, Milz und Nieren ergriffen waren. Der Nekrosebacillus kann übrigens auch auf andere Weise in die inneren Organe hineingebracht werden, indem man nicht selten bemerkt, dass von dem Kanal ausgehend, durch welchen ein fremder Körper (Nadel, Nagel, eiserner Draht oder dergl.) aus dem Magen in das Dia- phragma, in die Leber, die Milz, die Lunge oder das Herz passiert ist, ein gelblicher, nekrotisierender Prozess vorgeht, der sich bisweilen tiefer Die vom Nekrosebacillus (Bac. necros.) hervorgerufenen Krankheiten. 699 als 1 cm vom Sticbkanal au erstrecken kann, und der durcli eingewau- derte Nekrosebazillcn verursacht ist, welche vermutlich mit dem frem- den Körper aus dem Mageninhalt dahin geführt wurden. In einzelnen Fällen können auf diese Weise sogar äußerst ausgedehnte Vorgänge entstehen, so dass z. B. große Teile der Milz nekrotisch gangränös um- gebildet werden können. Morphologie und Biologie des Bacillus. Der Nekrosebacillus gehört sicherlich unter die Fadenbakterien. Seine Morphologie ist indes noch nicht völlig aufgeklärt. In älteren ein- gekapselten Herden finden sich die Nekrosebazillen als ganz dünne, ziemlich kurze Stäbchen, die nur schwierig FarbstoÖe in sich aufnehmen; in frischen Gebilden findet man teils Bazillen, teils lange Fäden. Schmorl giebt an, es seien außerdem mikrokokkenähnliche Formen anzutreffen; es ist jedoch sehr zweifelhaft, ob diese wirklich als Entwicklungsstadien des Nekrosebacillus aufzufassen sind, oder ob sie mit diesem überhaupt etwas zu schaffen haben. Sciimorls Angaben zufolge sollten die längeren Fäden am einen Ende dicker sein, als am anderen, wie er es Fig. 1. Nekrosebazillen aus einer Serumbonillonkultur. Methylenblaufiirbung. Nach einer Mikrophotographie von Prof. STORch. auch nicht für ausgeschlossen hält, dass die Fäden verzweigt sein könnten. Auch Ernst konnte in älteren Agarkulturen verzweigte Fäden beobachten. Nach den im hiesigen Laboratorium im Laufe vieler Jahre angestellten Untersuchungen kann ich diese Angaben nicht bestätigen; niemals erblickten wir bei unseren zahlreichen Untersuchungen eine Ver- zweigung, wie wir auch nie eine Verschiedenheit der beiden Enden des Bacillus bemerkten. Die längeren Bazillen und Fäden zeigen in unge- färbtem Zustand ein recht eigentümliches Aussehen, indem sie bald völlig homogen sein können, bald in ihrem Inneren coccusähnliche oder kurze cylindrische Bildungen aufweisen, die oft, durch dunklere, fein granulierte Strecken getrennt, in regelmäßiger Entfernung voneinander 700 C. 0. Jensen, liegen; mitunter kann man aucli Fäden mit stark kornigem Protoplasma finden. Aehnliche, wenngleicli weniger entschieden ausgeprägte Ver- hältnisse findet man bei Fäden wieder, die aus künstlichen Kulturen stammen. In künstlichen Kulturen erweisen die Nekrosebazillen sich y Fig. 2 u. 3. Kolonieen des Nekrosebacillus in Serum-Agar. Schwache Vergr. Mikrophotographieen von Prof. Storch. unter Voraussetzung günstiger Bedingungen als lange, relativ dicke Fäden. In älteren Kulturen findet man häufig kurze Gliederstückchen. Die Breite der Fäden variiert zwischen 0,75 und 1,5 /<, die Länge zwischen wenigen und hundert //. ^ ScHMOKL giebt an, die kürzeren y^' Stäbchen besäßen Eigenbewegung, während dies mit den längeren Fäden seltener der Fall sei; es darf indes gewiss nicht als fest- gestellt betrachtet werden, dass der Nekrosebacillus beweglich sei ; Ekxst konnte keine Geißelfäden nachweisen, und Verf. hat nie- mals bewegliche Formen gesehen. Sporenbildung ist ebenfalls nicht bekannt. Die Entwicklung des Nekrose- bacillus ist uns nicht in allen Ein- zelheiten völlig klar; so wissen wir nicht, ol) die kürzeren Stäb- chen ein bestimmtes Entwicklungs- stadium sind und durch Lostren- nung von den langen Fäden ent- stehen, oder ob sie vielleicht als eine Art Involutionsformen aufzufassen sind und wegen weniger guter Lebensbedingungen erscheinen. Ein regelmäßiger Wechsel kürzerer Stäbchen und langer Fäden, wie wir ihn von mehreren höheren Faden- bakterien kennen, scheint indes nicht vorzukommen. Fig. 4. Ans Serum-Agar. Schiefe Be- lenchtung. Mikrophotographie von Prof Storch. fähig Salze Die vom Nekrosebacillns (Bac. necros.) hervorgerufenen Krankheiten. 701 Der Nekrosebacillns ist ein obligater Anaerobiont, der sich mir bei Temperaturen zwischen 30 und 40" C zu vermehren vermag, und dessen Optimum um 34" C herum liegt*). In Bouillon, Gelatine und auf ge- wöhnliche Weise zubereitetem Agar-Agar scheint er keines Wachstums zu seiu, selbst wenn denselben Zucker, Glycerin oder ameisensaure zugesetzt werden ; ein einzelnes Mal beobachtet man allerdings Kolonieen in diesen Nährsubstraten, es liegt jedoch Grund für die Ver- mutung vor, dass dies nur der Fall ist, wenn nebst dem ausgesäeten Material noch kleine Gewebsstückchen oder Serummengen zugeführt wurden**). Dagegen gedeiht der Nekrosebacillus außerordentlich gut auf Serum und auf Mischungen der genannten Sub- strate mit Serum (Bang, Stkibolt, Schmorl). ScHMORL stellte Blutserum-Agar- platten nach Blüchers Methode dar und konstatierte nach Verlauf von ca. 48 Stunden dem bloßen Auge eben sichtbare Kolonieen, welche mattweiß, rund, ziemlich scharf kon- turiert waren, bei schwacher Ver- größerung jedoch strahlenförmig an- geordnete Ausläufer zeigten, und welche sich bei stärkerer Vergröße- rung als aus einer tilzigen, faserigen Masse zusammengesetzt i5v.ov^/^u erwiesen. Bang, der Züchtung in hohen Schich- ten anwandte, beobachtete ein etwas anderes Aussehen der Kolonieen: nach 2 bis 3tägigem Wachstum bei Körpertemperatur erscheinen buschige Kolonieen, welche nach und nach eine ziemlich beträchtliche Größe (mit einem Durchschnitt von 2—3 Milli- meter) erreichen können und bei schwacher Vergrößerung ein völlig filziges, faseriges Aeußere zeigen. In Stichkultureu auf Serum-Agar ent- stellt in den tieferen Schichten längs des Stiches ein weißlicher Saum, bald ^iber einige nur als eine Trübung des Substrats, bliischen. bald als eine festere, mehr begrenzte Reihe von Kolonieen mit unebener, buschiger Oberfläche. In den Kulturen kommt es ferner zur Bildung zahlreicher Gasbläschen; das entwickelte Gas ist übelriechend, wurde Fig. 5. Serum-Agar mit zahh'eichen Ko- lonieen des Nekrose- bacillus. Nach oben keine Kolonieen, Gas- Fig. 6. Stichkultur im Serum-Agar. Oben Gasblasen. Links sind einige Gasblasen durch die Agarmasse passiert. Photographie von Prof. Storch. *) Nach Ernst kann Wachstum nur zwischen 36 und 40" erfolgen; Optimum liegt bei 39". **) Nach Ernsts Untersuchungen gedeiht der Bacillus sehr gut in einer weichen Mischung von Nähragar und Bouillon, wie auch in »Bouillon Martin«. 702 C. 0. Jensen, bisher aber noch uicbt näher untersucht. Nach Aussaat in eine Mi- schung' von Bouillon und Serum bildet sich am Boden eine verworrene Masse von Bazillen, während die Flüssigkeit klar bleibt. Nicht selten gewahrt man in den Kulturen eine um sich greifende Trübung, die ScHMORLs Beobachtungen zufolge wahrscheinlich als eine Koagulation der Eiweißstofie zu deuten ist. In den Kulturen ist Indol nachweisbar (Bahr, Ernst). In Milch wächst der Nekrosebacillus ganz gut; die Kultur ist übelriechend. Nach den Beol)achtungen von Olt ist der Bacillus auch imstande, sich im Harn und in Mischungen von den gewöhnlichen Nährsub- straten mit Harn zu entwickeln und zu gedeihen. Bahr konnte aber dies nicht bestätigen. Färbung. Der Nekrosebacillus entfärbt sich nach Grams Methode, behält da- gegen oft die Fär1)ung nach der Pikrinsäuremethode (Färbung mit Methyl violett, Behandlung mit konzentrierter wässeriger Pikrinsäure- lösung und Alkohol) (Claudius). Die gewöhnlichen wässerigen Farb- lösungen färben ihn nur schwach und gewöhnlich ungleichartig; in einigen Fäden bemerkt man kleine ungefärbte , oft sporenälmliche , / Flecke, während andere Fäden fast ^ } ^ \ ^ ungefärbt bleiben, sich aber als zerstreute, stark gefärbte, runde / \ \ .^ ■ Körperchen enthaltend erweisen. V /* , / Besonders gut wird der Nekrose- \ \ .yy. bacillus durch Karbolfuchsin und r ^iy , durch eine entsprechende Karbol- \ .''-"v ^' ^^ thioninlösung gefärbt. \ \ - ' \' Ein spezielles Färbungsver- \ ' 'v^ fahren hat der Verfasser ausgearbei- "^ tet: Die Gewebsstücke werden in ^ der Mülle Rschen Flüssigkeit ge- -„^__ härtet, ausgewaschen und in Al- kohol nachgehärtet (Alkoholhärtung Fig. 7. Nekrosebazillen aus einer allein ist nicht brauchbar)*). Die Sehnennekrose beim Pferde. Schnitte werden einige Minuten in Toluid in- Safranin (dargestellt wie gewöhnliches AniKnwasser-Gentiauaviolett) gefärbt und dann ent- wässert durch eine konz. alkoholische Safran inlösung, entfärbt in Fluoreszin-Nelkenöl (konz. Lösung des Farbstoffes in Nelkenöl), dann in Nelkenöl, Alkohol und zur Nachfärbung in wässeriger Methylgrünlösung, Alkohol, Xylol und Balsam. Die Nekrose- bazillen werden schön rot gefärbt, während das Gewebe sich grün färbt; keine anderen untersuchten Bakterien lassen sich auf diese Weise färben. *.i Nach den Versuchen von Eknst gelingt die Färbung auch nach Formalin- härtuno-. Die vom Nekrosebacillus (Bac. necros.) hervorgerufenen Krankheiten. 703 Die Wirkungsweise des Bacillus. Immunität. An Sclmittpräparaten irgend eines der genannten, durch den Nekrose- bacillus affizierten Organe wird man, wie schon von Lüfflek her- vorgehoben, eine ganz eigentümliche Lagerung der Bazillen erblicken. In den äußeren Schichten des nekrotischen Gewel)es treffen wir keine oder mir sehr wenige Nekrosebazillen an, während wir an der Grenze des lebenden Gewebes, jedoch in geringer Entfernung von letzterem, Nekrosebazillen in enormen Mengen gelagert finden, und zwar gewöhn- lich auf regelmäßige parallele Weise und fast stets so, dass die Bazillen das eine Ende senkrecht gegen die Oberfläche des lebenden Gewebes richten. Diese Anordnungsweise der Bazillen deutet mit Sicherheit darauf hin, dass sie durch Aussonderung eines giftigen Stotfes Avirken, der das Gewebe um sie herum ertötet. Sie selbst sind nicht imstande, längere Zeit hindurch in dem abgestorbenen Gewebe zu gedeihen ; sie verschwin- den deshalb aus diesem und machen verschiedenartigen Fäulnisbakterien Raum, sofern die Vorgänge an der Haut oder Schleimhaut statttinden. Untersuchungen über die vermuteten giftigen Stoöe wurden in meinem Laboratorium von L. Bahr angestellt, bisher freilich mit negativem Er- folge, da es nicht gelang, weder in frischen noch alten Kulturen Stofte mit spezifisch giftiger Wirkung und speziell mit dem Vermögen, Nekrose hervorzurufen, nachzuweisen. Ebensowenig gelaug es, aus dem Bacillus selbst Stoffe mit giftigen Eigen- schaften zu extrahieren oder darzu- stellen. Es ist deswegen anzu- nehmen, dass der Nekrosebacillus nur während seines Wachstums im lebenden Organismus diese Stolfe bildet, oder auch, dass dieselben so labil sind, dass sie in künstlichen Substraten allmählich wie sie ent- stehen, sofort destruiert werden. Ueber Aenderuugen der Vi- rulenz wissen wir mit Sicherheit nur sehr wenig; alte Kulturen er- weisen sich indes häufig als ab- geschwächt, so dass sie nicht im- stande sind, Kaninchen nach Ein- impfung zu töten. In der Litteratur liegen keine Mitteilungen über erworbene Im- munität gegen den Nekrosebacillus vor. Bahr stellte durch bis jetzt nicht veröffentlichte Versuche fest, dass mau durch vorsichtig unternommene intravenöse Injektionen von Ne- krosebazillenkulturen an Ziegen diese daran gewöhnen kann, ziemlich große Mengen zu ertragen, selbst wenn dieselben subkutan eingeführt werden, ferner, dass man auf ähnliche Weise Meerschweinchen stufen- weise daran gewöhnen kann, größere, in die Bauchhöhle eingespritzte Mengen Kultur zu ertragen. Das Blutserum derartig behandelter Meer- schweinchen und Ziegen erwies sich als immunisierende Eigenschaften besitzend, so dass eine Menge von 0,5 ccm (Meerschweincheuserum), bezw. 0,1 ccm (Ziegenserum) imstande war, eine Maus mit Sicherheit vor tödlicher Infektion mit Kultur zu schützen. ^. .^■-ff A-1 SJ) Fig. 8. Schnitt durch eine Lebernekrose einer Kuh. Zeigt die Parakleristäbchen; Lagerung der Bazillen; zwischen den Leberzellen zahlreiche Leukocyten. 704 C. 0. Jensen, Die Impfkrankheit bei den Versuchstieren. — Pathogenese. Wird der Nekrosebacilliis Kauiuchen subkutan eingeimpft, so ent- steht ein Leiden, welches sich im wesentlichen ebenso verhält wie die genannte spontane Krankheit des Kaninchens. Es entwickelt sich eine starke Entzlinduugsinfiltration, die rasch zu trockner, käsiger, nekro- tischer Umbildung des Gewebes führt, und dieser Prozess schreitet in der Regel unaufhaltsam weiter, so dass sehr umfangreiche Destruktionen entstehen. Unternimmt man die Impfung z. B. am Ohre, so werden nicht nur große Teile desselben mit in das Leiden herangezogen, sondern der mortifizierende Vorgang erstreckt sich auch bis in den Kopf und oft noch weiter am Halse hinab. Die Bazillen respektieren keine Gewebs- grenzen, und in der Regel werden sie rasch die Wunde der vorhandenen größeren Gefäße, besonders die Wand der Venen durchdringen (bei Impfung ins Ohr z. B. die Vena jugularis) und die Bildung von Thrombo- phlebiten bewirken, welche wiederum tödlich verlaufende embolische Vorgänge verursachen, namentlich in den Lungen, zuweilen auch in anderen Organen, wie im Herzen und häufig in der Gebärmutter träch- tiger Tiere. Auch bei Mäusen nimmt die Impfkrankheit einen progressiven Charakter an und führt stets den Tod des Tieres herbei. Nach Impfung au der Schwanzwurzel entsteht eine kleine Infiltration, die schnell in Nekrose übergeht und im Laufe von 8 — 14 Tagen allmählich in großem LTmfange die Muskulatur des Rückens mortifiziert. Nicht selten erstreckt sich der mortifizierende Prozess so tief durch die Muskeln der Lende und des Rückens hindurch, dass auch das Peritoneum angegritfen wird, ja sogar die Nieren können auf diese Weise zum Teil von den Bazillen durchsetzt werden und als teilweise nekrotisiert erscheinen. Meerschweinchen dagegen erwiesen sich als fast ganz unempfäng- lich für die Nekrosebacillusinfektion; sowohl Bang und Schmorl als Ernst*) bemerkte nach der Impfung teils gar keine Folgen teils nur einen kleinen lokalen Abszess. Durch ImpfuDg auf Kälber gelaug es Bang, diphtheritische morti- fizierende Vorgänge hervorzurufen, während Impfung auf erwachsene Rinder ein zweifelhaftes Resultat gab; und Schmorl vermochte weder Hunde noch Katzen, weder Tauben noch Hühner zu infizieren. Ernst ^^ fand Ratten und Katzen fast unempfänglich, während Tauben, Schweine und Rinder mit lokaler nekrotisierender Entzündung auf die Impfung reagierten; intravenöse und subkutane Impfung beim Schafe hatte fast keine Folgen, wogegen eine intrapleurale Injektion eine chronische, lokale, von Abszessbildung begleitete Pleuritis veranlasste. Während Schmorl Hunde nicht infizieren konnte, sah Ernst nach intramuskulärer Impfung den Tod wegen einer ausgebreiteten Phlegmone im Laufe von 5 Tagen eintreten. Dieses Resultat scheint teilweise in einigem Widerspruch mit den Erfahrungen aus den spontanen Krank- heitsfällen zu stehen. Es erhebt sich nun die Frage: Vermag der Nekrosebacillus für sich allein durch zufällige Verletzungen einzu- dringen ? Dies kann wohl keinem Zweifel unterliegen. Was mehrere der *) Diese Abhandlung ist eben am Schlüsse der Korrektur erschienen und konnte deswegen nur in begrenztem Umfange berücksichtigt werden. Die vom Nekrosebacillus (Bac. necros.) hervorgerufenen Krankheiten. 705 genaunten Leiden betrifft, sind wir zu der Annahme berechtigt, dass der Nekrosebacillus allein die Ursache ist, und dass er durch zufällige Ver- letzungen eingedrungen ist. Besonders leicht scheint sein Eindringen indes stattzufinden, Aveun das Gewebe sich schon vorher in einem krank- haften Zustande befindet: so Avisseu wir u. a., dass Erfrierungen der Ein- wanderung leicht den Weg bahnen können, und es ist ebenfalls That- sache, dass der Nekrosebacillus besonders leicht in Gewebe eindringt, in welchen ein anderer Entzüudungsvorgang stattgefunden und den Weg gebahnt hat. So bemerken wir zuweilen ein seuchenartiges Auftreten des Klaueupanaritium beim Kinde sekundär nach der Maul- und Klauenseuche, und es wurde schon erwähnt, dass wir bei Kälbern Darmdiphtheritiden antreffen können, die nach akutem Darmkatarrh sekundär entstanden sind; durch Versuche wurde auch nachgewiesen, dass die Infektion mittels Impfung bedeutend leichter vorgeht, wenn außer den Nekrose- bazilleu zugleich noch z. B. ein wenig verdünnte Milchsäure eingeführt wird (ganz wie es auch mit dem Bauschbrand und dem malignen Oedem der Fall ist). Es ist ferner wahrscheinlich, dass das Vorhandensein anderer Bakterien dem Nekrosebacillus das Eindringen erleichtert; die Erfahrungen über die Entstehung der Brandmauke und des Panaritium, bei welchen Leiden neben dem Nekrosebacillus ja gleichfalls pyogene Bakterien gefunden werden, scheinen hierfür zu sprechen. In einer Eeihe von Fällen ist die Nekrosebacillusinfektion zweifels- ohne als sekundär zu betrachten, eine andere Bakterienart hat deren Eindringen in den Organismus den Weg gebahnt. Dieses Verhalten fällt l)esonders bei der Schweinepest ins Auge, wo das Schweiuepestbakterium durch Erregung ol)erflächlicher Leiden in der Schleimhaut des Darmes dem Nekrosebacillus das Eindringen erleichtert, und wo überdies aller Wahrscheinlichkeit nach eine Herabsetzung der Widerstandsfähigkeit des gesamten Organismus gegen das Eindringen dieses Bakteriums, wie vielleicht gegen das Eindringen von Bakterien überhaupt, eintritt, so dass wir denn, wie gesagt, nicht nur im Darme, sondern häufig auch an der Haut und an der Schleimhaut der Nase, des Maules und des Magens nekrotisierende Vorgänge infolge der Ein- wanderung des Bacillus uecroseos erhalten. Bei der Hühnerdiphtherie scheint ein ganz entsprechendes Verhalten vorzuliegen, wenn dieses auch noch nicht völlig aufgeklärt ist. Auch hier ist es wahrscheinlich, dass der eigentliche Geflügeldiphtheritisbacillus dem sekundären Eindringen des Nekrosebacillus nur den Weg bahnt; und wir sind gewiss auch zu der Annahme berechtigt, dass die gangränösen Vorgänge bei der »Stutt- garter Hundeseuche« auf ähnliche AVeise aufzufassen sind; der unbekannte Ansteckungsstoff' hat hier teils die Widerstandsfähigkeit des ganzen Or- ganismus herabgesetzt, teils auch durch Erregung von Leiden der Schleim- baut, wie z. B. von kleineren LTlzerationen im Maule, den Nekrosebazillen direkten Zutritt eröffnet. Auch die erwähnte Beobachtung mit Bezug auf die Affen spricht für eine derartige Auffassung. Es entsteht nun die Frage, ob sich nicht bei epizootischeu Mauldiphtheritiden, wie sie beim Rinde, Kaninchen, Känguruh vorkommen, ein ähnliches Verhalten geltend macht, oder mit anderen Worten, ob bei diesen Leiden außer dem Ne- krosebacillus nicht noch eine andere Bakterienform zugegen ist , die den eigentlichen Ansteckungsstoff repräsentiert und den Nekrosebacillus befähigt, in die Gevrebe einzudringen und die eigentümlichen Vorgänge hervorzurufen ; es ist nämlich von vornherein unwahrscheinlich, dass ein Bakterium Avie der Nekrosebacillus, der gewiss außerordentliche Ver- Handbucli der pathogenen Mikroorganismen. II. 45 706 C. 0. Jensen, Die vom Nekrosebac. (Bac. necros.) hervorger. Krankh. breituug hat, so dass die meisten Tiere mit demselben iu Berührung kommen, als einzige Ursache einer Krankheit entschieden ansteckenden Charakters sollte auftreten können. Diese Frage lässt sich aber augen- blicklich kaum l)eantworten. Ist der Nekrosebacillus pathogen für Menschen? Was den Menschen betrilft, so liegen bis jetzt keine sicheren Auf- schlüsse über sein Verhalten gegen den Nekrosebacillus vor. Schmorl bekam beim Arbeiten mit dem Nekrosebacillus einen kleinen Abszess an einem Finger, in welchem außer Kokken unzweifelhafte Nekrose- bazillen nachgewiesen wurden, und ein Diener des Laboratoriums, der die Versuchstiere pflegte, bekam ebenfalls einen kleinen, gleichfalls Nekrosebazillen enthaltenden Abszess. Dies sind die beiden einzigen sicheren Beispiele einer Nekrosebazilleninfektion bei Menschen, es könnte aber gewiss Grund vorliegen, näher zu untersuchen, ob die Nektese- bazillen nicht beim Menschen während ähnlicher Vorgänge wie bei den Tieren anzutreffen sein sollten und zwar zuvörderst bei den tiefer- gehenden diphtheritischen Vorgängen (bei Scarlatina), ferner bei Darm- ulzerationen infolge des Typhus, bei dem Pauaritium und endlich bei Noma; einzelne der über letztgenannte Krankheit vorliegenden Unter- suchungen könnten sehr wohl darauf hindeuten, dass der Xekrosebacillus bei diesem Leiden mitbethätigt wäre, welches übrigens in hohem Grade an die oben erwähnten gangränösen Vorgänge in der Maulhöhle bei Hunden erinnert. Vorkommen des Nekrosebacillus in der Natur. Ueber das Vorkommen des Nekrosebacillus außerhalb des tierischen Organismus liegen nur sehr wenige Beobachtungen vor. Bang hat wiederholt dessen Vorhandensein im Darminhalt gesunder Schweine festzustellen vermocht, während es nicht gelang, denselben beim Einde nachzuweisen. Nach allem, was wir von dem spontanen Auftreten der Nekrosebacillusinfektion wissen, sind wir berechtigt, es als sicher zu betrachten, dass der Nekrosebacillus als ein ziemlich regelmäßiger Be- wohner des Verdauungskanals der Pflanzenfresser anzutreffen ist, und dass er sich von hier aus in Dünger und Kot verbreitet. Litteratur. 1 Bang, Maanedsskrift for Dyrla3ger, 1890, Bd. 2. — 2 Ders., ebd., 1892, Bd. 4. — 3 Dammakn, Deutsche Ztschr. f. Tiermed., 1875. — 4. 5 M'Fadyean, The journ. of comparat. path. a. therapentics, 1891, vol. 4 and 1900, vol. 13. — 6 Franke, Berl. tierärztl. Woch., 1899, S. 299. — ' Hörne. Norsk Veterinrertidsskrift, Bd. 10, S. 97. — « C. O.Jensen, Ergebn. d. allgem. Patholog., 1897, Bd. 1, Abteil. I. — '•< Kitt, Bakterienkimde n. path. Mikroskopie, 1889. — w R. Koch, Mitteil. a. d. kais. Gesundheitsamte, I, 1881. — n Löffler, ebd., II. 1884. — 12 h. P. Nielsen, Maanedsskrift for Dyrlaäger, 1897, Bd. 9, S. 99. — i3 Olt, Deutsche med. Woch., 1902, S. 287. V. — w Ritter, Allgem. med. Centralbl, 1895, S. 83 (ref. Ellenbergers Jahresber., J. 1897, S. 193). — is Schmore, Deutsche Z. f. Tiermed., 1891, Bd. 17. — 16 Ernst, Monatsh. f. prakt. Tierheilk., 1902, Bd. 14, S. 193. — i"? Imminger, Wochenschr. f. Tierh., 1898, Bd. 42, S. 377. — is Schlegel, Jahresber. über das Veterinärwesen in Sachsen, 1893, S. 61. XVI. Rotz. Von Dr. A. Wladimiroff, ■wirkl. Mitglied des kaiserl. Institutes für experimentelle Medizin zu St. Petersburg. I. Historisches. Die Geschichte des Eotzes als Iiifektionskranklieit hat in der deutschen Litteratur mehrfach eine vorzüg-liche Bearbeitung- gefunden, so von LöFFLER (1886) in der kurzen Einleitung zu seinem klassischen Werk über die Aetiolog'ie der Rotzkrankheit und in der litterarhistorischen Studie von Bass über die Rotzkrankheit der Pferde. Indem wir diejenigen, welche die Entwicklung der Lehre vom Rotz in ihren einzelneu Phasen genauer zu studieren wünschen, besonders auf die letztgenannte Quelle verweisen, beschränken wir uns hier darauf, in groben Zügen ein Bild dieser Entwicklung zu entwerfen. Schon im Altertume war der Rotz als eine der gefährlichsten Er- krankungen der Einhufer bekannt und gefürchtet. Bereits Apsyrtus (IV. Jahrh. n. Chr.) und Vegetius (V. Jahrh. n. Chr.) erwähnen aus- drücklich seiner Koutagiosität. Wenn in der Folgezeit, während der Völkerwanderungen, die Erkenntnis von der Ansteckungsfähigkeit des Rotzes auch zeitweilig geschwunden sein mag, so ist es doch jedenfalls nicht nur der Ausdruck seiner persönlichen Erfahrung, sondern auch der seiner nächsten Vorgänger (z. B. Colerus), welche Solleysel im Jahre 1664 niederlegt, indem er erklärt, dass diese Krankheit eine ganz besondere Ansteckungsfähigkeit besitzt, da sie sich nicht darauf be- schränkt, von dem erkrankten Pferde auf seine nächsten Nachbarn überzugehen, sondern auch, die Luft infizierend, alle übrigen unter demselben Dache Befindlichen treffen kann. Es ist dal)ei zu bemerken, dass Solleysel die ätiologische Zusammengehörigkeit der verschiedenen Aeußerungsformeu des Rotzes bereits sehr wohl kannte, wie unter anderem aus seinem prägnanten Satze »der Wurm ist der leibliche Vetter des Rotzes« zu ersehen ist. Die Auffassung des Rotzes als einer ansteckenden Krankheit findet auch in der Folge ihren Ausdruck in den Werken von Gaspard de Saunier (1734), welcher das Pferde- geschirr, die Decken, Krippen, Tröge und sogar das Stallpflaster als Infektionvermittler beschuldigt, ferner von Garsault (1741), der die Tötung rotzkranker, die Isolierung rotzverdächtiger Pferde anrät, so- 45* 708 A. Wladimiroff. dann von Bourgelat (1764), welcher als größte Autorität seiner Zeit auf dem Gebiete der Tiermedizin die sich bereits regende entgegenge- setzte Ansicht niederzuhalten sucht. Diese Gegenströmung war im Jahre 1749 durch den älteren Lafosse angeregt worden, welcher, jegliche Infektiosität des Eotzes leugnend, in ihm nichts weiter als einen lokalen Entztindungsprozess sehen wollte. Die Lehre von der spontanen Entstehung des Rotzes ergriff bald selbst gleich einer Infektionskrankheit die Mehrzahl der französischen Veterinäre und grift' zum Teil auch auf die Nachbarstaaten über. Fast ein Jahr- hundert lang hielt sie sich in Frankreich dank dem Umstände, dass sie in der Schule von Alfort, der Hauptbildungsstätte für die Rossärzte der Armee, durch so glänzende Lehrer, wie Renault, Delafoxd, H. BouLEY, überzeugte Unterstützung fand. Trotz aller Bemühungen der Schule von Lyon, deren Vertreter, wie Rainard, Gohier, Urbain Leblanc, der Ansteckungstheorie treugeblieben waren, gelang es doch erst den suggestiven Bann der Irrlehre zu brechen, als Raver im Jahre 1837 den Beweis erbrachte, dass der Rotz durch Kontagion auf den Menschen übergehen und vom Menschen auf das Pferd zurückge- impft werden kann. Es ist umso Avunderbarer, dass die Herrschaft der Spontaneisten, welche dem Laude einen immensen materiellen Schaden zugefügt hat, sich solange in Frankreich lialten konnte, als anderwärts und zum Teil sogar in Frankreich selbst die experimentelle Uebertragung des Rotzes von Tier zu Tier schon längst gelungen war. Bereits im Jahre 1787 berichtete Wollstein, dass der Rotzeiter für Pferde ansteckend sei, wenn man ihn auf die Oberfläche der Haut ver- impfe. Um dieselbe Zeit führte auch Abildgaard Versuche in dieser Richtung aus, wie aus den Worten seines genialen Schülers Erich Viborg hervorgeht, welcher seinerseits 1797 eine umfassende experimentelle und klinische Arbeit über den Rotz der Oeflentlichkeit übergab. Viborg gelang es durch entsprechende Impfungen, den Wurm und Rotz in allen Formen künstlich bei Pferden hervorzurufen; in seinen Versuchen erwiesen sich Eiter, Nasenausfluss, Blut, Speichel, Harn, Schweiß und sogar die Hautausdüustung rotzkranker Pferde als infek- tiös. Ohne die Katur des Rotzgiftes näher bestimmen zu können, stellte er fest, dass es durch Austrocknen und Erhitzen zu Grunde geht. Auf diesen Erfahrungen ließen sich bereits gewisse rationelle Maßnahmen gegen die Verbreitung des Rotzes aufbauen, umsomehr als die Schwierig- keiten der Rotzdiagnose durch die Möglichkeit von Kontrollimpfungen nunmehr bedeutend verringert waren. Freilich war es Viborg noch nicht gelungen, die Krankheit auf andere, nicht zum Pferdegeschlechte gehörige Tiere überzuführen; so sehen wir denn auch, dass in der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts nur Pferde und in den südlichen Ländern Esel als Versuchstiere zu diagnostischen Zwecken benutzt werden. Vor Rayer waren schon 1812 Lorin in Frankreich, 1821 Schilling in Deutschland und 1830 Ellioston in England zu der Erkenntnis gekommen, dass die Rotzkrankheit auch auf den Menschen übergeht, und 10 Jahre darauf konnten bereits Preschet imd Rayer in einer resümierenden Mitteilung an die Academie des sciences angeben, dass auch einige andere Tiere für den Impfrotz empfänglich sind: Hunde (nach den Versuchen von Burgess, Renault i^^^ Leblanc), Ziegen (Prinz), Schafe (Renault & BouleyI^^). In schneller Folge häuften sich die Erfahrungen auf diesem Gebiete: es wuchs nicht nur die Liste derjenigen Tiere, welche sich künstlich mit Rotz infizieren ließen, Rotz. 709 sondern es wurde auch die spontane Erkrankung von Karnivoren nach dem Genüsse von Fleisch rotzkranker Tiere über jeden Zweifel erhoben. Der erstere Umstand hatte die praktische Folge, dass zu den dia- gnostischen Kontrollinipfungen an Stelle der teuren und nicht überall leicht zu beschattenden Esel kleinere Laboratoriumstiere empfohlen wurden und in Aufnahme kamen, so Hunde (Galtier^s)^ Meerschwein- chen (Stkausi^s]^ Katzen (Lissitzyx). Mit der zunehmenden Erkenntnis der Gefahren, welche der Rotz in sanitärer und ökonomischer Hinsicht bietet, mehrten sich die Be- strebungen ihn nicht nur durch rechtzeitige Aufdeckung und Ausmerzung der befallenen Tiere zu bekämpfen, sondern auch seine Keime in loco zu vernichten und an weiterer Ausbreitung zu verhindern. An dieser Arbeit beteiligten sich Männer wie Renault i63, lee^ Geelach^^, PeuchI-^'''' 1^^, Cadeac & Malet 30 u.s.w., indem sie die desintizierende Wirkung" der verschiedensten physikalischen und chemischen Agentien auf virulentes Rotzmaterial untersuchten. Indes, da damals der spezi- tische Erreger noch unbekannt war, so entbehrten diese Experimente einer sicheren Basis; trotzdem bestehen die erzielten Resultate teilweise noch heute zu Recht. Die Periode der bakteriologischen Forschungen beginnt mit dem Jahre 1868, wenn man von einer Arbeit Langexbecks (1841) absieht, welcher in dem Nasenausfluss rotzkrauker Pferde Mikroorganismen be- obachtet hat, die jedoch späterhin als nicht spezitisch, und zwar als aus dem Futter stammend von Bollixger erkannt worden sind. In Frankreich waren es Chauveau sowie Chrlstot & Kiexer, in Deutsch- land Hallier und Zürx, welche fast gleichzeitig an die Fragen von den rotzerregenden Keimen herantraten. Durch vielfaches Auswaschen von Eiter aus dem Lungenabszess eines rotzkranken Pferdes gelang es Chauveau festzustellen, dass das Rotzgift an die korpuskularen Elemente — ■ Leukocyten und feine Körnchen — gebunden ist, die gelösten Sub- stanzen des Waschwassers dagegen inaktiv sind; eine Züchtuag dieser feinen Körnchen hat er jedoch unterlassen. Ebenso beschränkten sich Christot & Kiexer auf die mikroskopische Betrachtung der Bak- terien, welche sie konstaut nicht nur im Eiter sondern auch im Blut rotzkranker Tiere gefunden zu haben behaupteten. Nach ihrer Be- schreibung handelte es sich um 2 Arten beweglicher Mikroorganismen: um runde Körnchen etwa von der Größe von Hefezellen und um noch größere stäbchenförmige Gebilde. Abgesehen davon, dass ihre Befunde von keiner Seite bestätigt worden sind, ist es nach unserem gegen- wärtigen Wissen zweifellos, dass sie jedenfalls nicht den Bac. mallei vor Augen gehabt haben. Hallier züchtete zwar seinen »bei der Rotzkrankheit der Pferde auftretenden Parasiten« , hatte aber ebenfalls nicht den Erreger dieser Krankheit in Händen, denn bei ihm handelte es sich um unbewegliche Micrococcuszellen und um Mycothrixfäden. Die letzteren fanden sich, nach der Angabe seines Mitarbeiters Zürx, besonders massenhaft im Inhalt der veränderten Kehlgangsdrüsen und zeigten »eine lebhafte kreiselartige Bewegung; einige sogar bewegten sich wie Aale und Spermatozoiden<'. Impfungen zum Nachweise der spezifischen Bedeutung ihrer Mikroorganismen haben die genannten Forscher nicht ausgeführt. Als SemmerI*^, welcher anfangs (1869) ihren Befund bestätigte, späterhin i^"* (1876) das fehlende Experiment nachholte und eine Kultur der fraglichen Parasiten einem Füllen intra- venös injizierte, blieb der erwartete Erfolg aus. 710 A. Wladimiroflf, Im Jahre 1881 beobachteten Babes & Havas ^ im Abszesseiter eines an Rotz zu Grunde geg-angenen Menschen feine Stäbchen mit sporen- artigeu Ansehwelhingen an den Enden, mithin schon morphologisch von den jetzt als Eotzbazillen feststehenden Bakterien abweichende Gebilde. Sehr wahrscheinlich ist es dagegen, dass v. Eoszahegyi (1882) bereits den Bac. mallei im Eiter menschlicher Eotzpusteln gesehen hat, soweit nach der Beschreibung von Größe, Form, Unbeweglichkeit seiner Mikro- organismen geurteilt werden kann, denn die Züchtung derselben ist ihm nicht gelungen. Unzweifelhaft endlich haben Bouchard , Capitan & Charrin (1882) in ihren Kulturen aus infektiösem Material von rotz- kranken Pferden den Erreger der Krankheit erhalten und weiter über- tragen, jedoch aus technischen Gründen ihn nicht reiuzüchten können. So ist es denn Löffler & Schütz (1882) vorbehalten geblieben, volles Licht über den Erreger der Rotzkraukheit zu verbreiten. Die ätio- logische Bedeutung des von ihnen entdeckten und beschriebenen Bac. mallei fand bald volle Bestätigung auch von anderer autoritativer Seite (KiT'i^^i, Weichselbaum218), und Löffler selbst veröffentlichte 1886 die eingangs genannte Arbeit, welche bis auf den heutigen Tag als das klassische Werk über den Rotzbacillus l)ezeichnet werden muss. Die wissenschaftliche und insbesondere die praktische Bedeutung der Entdeckung des Rotzbacillus liegt auf der Hand. Das Studium der biologischen Eigenschaften desselben festigte die Grundlagen zu seiner Bekämpfung und vor allem gewann die bis dahin oft überaus schwierige Diagnose des Rotzes mit einem Schlage bedeutend an Sicherheit. Immer- hin waren gerade in letzterer Beziehung auch jetzt noch nicht alle Zweifel l)eseitigt, denn in den Fällen von occultem Rotze beim Pferde, in denen bei Lebzeiten der Tiere kein zur bakteriologischen Prüfung verwendbares Material beschafft werden kann, blieb die Diagnose nach wie vor mehr als unsicher. Das Jahr 1890 brachte auch hierin Wandel. Die beiden russischen Veterinäre Helmann in St. Petersl)urg und Kalning in Dorpat gewannen gleichzeitig und unabhängig voneinander aus den Rotzbazillen ein Produkt — das Mallem — welches rotzig infizierten Individuen eingespritzt eine charakteristische Reaktion des Organismus hervorruft. Der Wert dieses diagnostischen Hilfsmittels Avurde fast in allen Ländern, welche von der Rotzplage heimgesucht sind, von einzelnen Gelehrten sofort richtig erkannt, und allenthalben schritt man zur Darstellung und Prüfung des Malleins : Preusse, Foth, Kitt in Deutschland, Roux, Nocard in Frankreich, Schindelka in Oesterreich, Babes in Rumänien, Schweinitz & Kilborn in Nordamerika Kresling, Semmer & Wladimiroff in Russland u. s. w. Von histo- rischem Interesse ist folgende Thatsache. Während das Tuberkulin als Mittel zur Erkennung und Bekämpfung der Perlsucht sehr bald allge- meine Verwendung fand, entspann sich um die diagnostische Bedeutung seines Analogons, des Malleins, ein jahrelang anhaltender Streit, wobei wunderbarer Weise an die Spitze der Malleingegner Schütz trat, der Mitarbeiter Löfflers bei der Entdeckung des Rotzbacillus und Kochs in Fragen der Rindertul)erkulose. Als Vorkämpfer auf der anderen Seite steht Nocard. Zum Schluss sei noch erwähnt, dass seit dem Jahre 1896 die Arbeiten über Agglutination der Rotzbakterien begonnen haben. Während in Eng- land Mac. Fadyean (1896) an dem Blute eines rotzigen Pferdes und Foulerton (1897) an dem Blute eines an Rotz erkrankten Menschen das Agglutinationsvermögen qualitativ prüften, stellte in Russland Wla- Rotz. 711 DiMiROFF (1897) gleiclizeitig" die Grenzen der agglutinierenden Fähigkeit des Blutes von gesunden und rotzkrauken Tieren fest. Obwohl der graduelle Unterschied, wie zahlreiche spätere Arbeiten bestätigt haben, sich als genügend groß erwiesen hat, um als Grundlage für die Serum- diagnose des Rotzes zu dienen, so bleibt in Anbetracht der technischen Unbeholfenheit dieser Methode doch abzuwarten, ob sie jemals prak- tische Bedeutung gewinnen wird. Was die geographische Verbreitung des Rotzes anbetrifft, so scheint er in allen Erdteilen mit Ausnahme Australiens, wo er unbekannt ist, enzootisch zu sein. Von den europäischen Staaten ist Russland zweifel- los der am stärksten verseuchte, während das Deutsche Reich unter den Großstaaten die relativ günstigsten Verhältnisse aufweist. In Dänemark und Skandinavien soll der Rotz zu den seltenen Erkrankungen zählen. II. Kurze Darstellung der Rotzkrankheit. Die Rotzkrankheit (Malleus humidus, franz. morve, engl, glanders) wird auch als Wurm (franz. farcin) bezeichnet, wenn sie mit über- wiegender Beteiligung der Hautdecken auftritt. Seit der Erkenntnis der ätiologischen Zusammengehörigkeit der beiden Formen, ist jedoch die Einteilung nach der Lokalisation aufgegeben worden, und auch die anfänglich noch gebrauchte Bezeichnung Rotz-Wurm-Krankheit wird immer seltener angewendet. Obwohl eine große Anzahl von Tierarten für die Rotzinfektion em- pfänglich ist, so wird dieselbe unter natürlichen Verhältnissen doch nur bei relativ wenigen derselben angetroffen. In erster Linie sind es die Einhufer und unter diesen wieder die Pferde, welche von der Seuche heimgesucht werden. Schon bedeutend seltener erkrankt der Mensch am Rotz, und nur ausnahmsweise werden Katzen (Löwen, Tiger), Hunde, Ziegen spontan davon befallen. Auf eine nähere Besprechung der natürlichen Empfänglichkeit für Rotz werden wir im nächsten Bande dieses Werkes eingehen; hier sei nur hervorgehoben, dass dieselbe neben dem Infektionsmodus und der jeweiligen Virulenz des Infektionsmaterials für den Verlauf der Krank- heit ausschlaggebend ist. Bei den Pferden nimmt sie in der über- wiegenden Mehrzahl der Fälle einen chronischen Gang, während sie beim Menschen häufiger, beim Esel und der Katze immer akut verläuft. Das Krankheitsl)ild des Rotzes ist so vielgestaltig, dass es kaum eine einheitliche Darstellung gestattet. Wir wollen daher im folgenden nur kurz die Hauptsymptome des akuten und des chronischen Rotzes beim Pferde*) und beim Menschen gesondert besprechen. Der akute Rotz des Pferdes setzt entweder direkt als solcher ein oder geht aus dem chronischen hervor. Im ersteren Falle zeigt sich nach kurzer Inkubationszeit (3 — 5 Tagen) plötzlich hohes Fieber, welches 42° C erreichen kann und meist von Schüttelfrost begleitet ist. Das Tier verfällt sofort in Prostration: schwacher Puls, beschleunigte, un- regelmäßige Respiration, Verlust des Appetits. Gleichzeitig erscheinen die sichtbaren Schleimhäute stark injiziert. *] In der Beschreibung des Rotzes beim Pferde lehnen wir uns vorwiegend an die lichtvolle Darstellung NocardsI^s an. 712 -^- Wladimiroff, Nach 1 — 3 Tagen beginnen die spezifischen Lokalsymptome. Auf der Nasenschleimhaut treten Ecchymosen auf, in deren Niveau sich bald gelbe, rundliche, linsen- bis erbsengroße, mehr oder weniger kon- fluierende Pusteln erheben. Diese platzen nach weDigen Stunden, ent- leeren ihren serös-eitrigen Inhalt und wandeln sich in kraterförmige Geschwüre um. Hiermit setzt die profuse Absonderung von anfangs serösem, gelblichem, späterhin eitrigem, blutuntermischtem, safranfarbigem Nasenschleim ein, welcher teilweise den Nüstern anbackt. Mit un- geheurer Geschwindigkeit greifen die Geschwüre um sich, es gesellen sich zu ihnen neue, welche zum Teil ohne vorhergehende Pustelbildung entstehen; ganze Fetzen dunkler nekrotischer Schleimhaut w^erden ab- gestoßen, Fibrincoagula mischen sich ihnen bei; der Naseuausfluss nimmt einen blutig-jauchigen Charakter an und verlegt immer mehr die Nasenöfl'nungen. Da meist auch die Schleimhaut des Kehlkopfes in den Bereich der Atfektion gezogen wird, so ist die Atmung äußerst erschwert, schnaufend und pfeifend. Parallel mit den Symptomen des Nasenrotzes können sich diejenigen des Hautrotzes entwickeln. An verschiedenen Körperteilen zeigen sich umfangreiche, ödematöse, schmerzhafte Schwellungen, welche sich in 12 — 21 Stunden zum Teil resorbieren unter Zurücklassung von Eiter- beulen. Diese verwandeln sich auch bald in tiefe, dunkelrote, krater- förmige Geschwüre, welche um sich fressend zur Bildung von unregel- mäßigen profus eiternden Wunden führen. Die regionären Lymphgefäße werden nun auch in Mitleidenschaft gezogen. Auch sie sind anfangs von ödematöser Schwellung umgeben, zeichnen sich aber bald deutlich als wurmförmige, zu den benachbarten Lymphdrüsen führende Stränge ab; in ihrem Verlauf entstehen Knoten, die sich ebenso in chankröse Geschwüre umwandeln. Fast alle der Untersuchung zugänglichen Lymph- drüsen unterliegen einem analogen Prozess und können bei akutem Rotz gleichfalls abszedieren. Unter Steigerung der Symptome verfallen die erkrankten Tiere zu- sehends (Gewichtsverlust bis zu 40 kg pro Tag), und nachdem sich zu- letzt noch Erscheinungen von selten der Lungen (lobuläre Pneumonie) hinzugesellt, gehen sie in 8 — 30 Tagen an Asphyxie oder Intoxikation zu Grunde. Ein Ausgang in chronischen Rotz kommt, soviel bekannt ist, nicht vor; allenfalls können subakute Exazerbationen im Verlaufe des chronischen Rotzes wieder zurückgehen. Der chronische Rotz der Pferde wird, wie oben erwähnt, be- deutend häufiger angetroffen als der akute (ca. 90^ der Fälle). Die Dauer seines lukubationsstadiums lässt sich kaum bestimmen, da er meist entweder schleichend als occulter Rotz einsetzt, oder aber die ersten äußeren Anzeichen wegen ihrer Geringfügigkeit übersehen werden. Die Krankheitsdauer kann sich über Monate und Jahre hin erstrecken. Dank einer derartigen Langsamkeit in der Entwicklung des patho- logischen Prozesses kommt es beim chronischen Rotz in der That nicht selten vor, dass ganz gesonderte Krankheitstypen entstehen, und zwar je nach der Lokalisation des Prozesses in den Hautdecken, der Nasen- schleimhaut u. s. w. Freilich in der Mehrzahl der Fälle bestehen diese einzelnen Formen gleichzeitig nebeneinander oder gehen mehr oder weniger ineinander über. Immerhin empfiehlt es sich für die Klarheit der Darstellung, eine jede derselben für sich zu betrachten. Der chronische Hautrotz oder AVurm spiegelt im Grunde ge- nommen die gleichen Erscheinungen wieder, welche wir bei der akuten Kotz. 713 Affektion der Hautdecken besprochen haben, nur entwickelt sich der Prozess in bedeutend langsamerem Tempo, so dass die einzelnen Phasen desselben mit größerer Deutlichkeit hervortreten. Die prim<äre ent- zündliche Schwellung- tritt mit Vorliebe an denjenigen KiJrperteilen auf, wo die Haut zart und das Bindegewebe locker ist (Innenflächen der Schenkel, Seiten des Halses, Flanken u. s. w.j. Die Geschwulst ist von Haselnuss- bis Hühnereigröße, unscharf begrenzt und betrifft die tiefen Hautschichten sowie das Unterbautzellgewebe. Mit dem Abfallen der Geschwulst bleibt, ihrem zentralen Teile entsprechend, ein derber, schmerzloser, runder Knoten zurück , welcher früher oder später zu fluktu- ieren beginnt, während die Haut über ihm sich verdünnt und die Haare verliert. Nach dem Durchbruch des viscösen, öligen, gelben, bisweilen blutig gestreiften Kuoteninhaltes (Huile de farcin der Franzosen) bleibt ein sezer- nierendes, kratertormiges Geschwür mit aufgeworfenen, granulierenden Rändern zurück, welches schwache Tendenz zur Heilung zeigt und meist noch langsam an Tiefe und Umfang zunimmt. Derartige Geschwüre bilden sich bald vereinzelt, bald in konfluierenden Gruppen oder mul- tipel über den Körper verteilt, bald gleichzeitig, bald in größeren Zeit- intervallen, so dass man neben frischen Knoten schon vernarbte Ge- schwüre antreffen kann. Ausgehend von den Wurmknoten resp. Geschwüren entstehen die lymphangoitischen Stränge, welche anfangs einen mehr entzündlichen Charakter tragen, späterhin aber derb und schmerzlos werden und un- begrenzt lauge persistieren können. Ihre Dicke und Länge hängt von den örtlichen Verhältnissen ab. Nicht selten treten in ihrem Verlaufe knotenförmige Verdickungen auf, welche ihnen ein perlschnurartiges Aussehen geben. Au solchen Stelleu kommt es nicht selten zu sekun- dären Ulzerationen. Die entsprechenden Lymphdrüsen verwandeln sich in derbe, schmerzlose knollige Massen, welche fast niemals abszedieren. Der chronische Nasen rotz manifestiert sich durch drei Kardinal- symptome: Geschwürsbildung, Ausfluss und Drüsenschwellung. Die Geschwürsbildung auf der Nasenschleimhaut unterscheidet sich von der bei akutem Rotz" nur durch geringere Ausdehnung, langsameres Tempo und unter Umständen durch die Tendenz zur Heilung, wobei meist strahlige Narben Zustandekommen. Die höher gelegenen Geschwüre entziehen sich der Beobachtung, die der Nasenööuuug näher gelegenen sind leicht au den charakteristischen derben, wallartig aufgeworfenen Rändern und dem speckigen oder aber granulierenden Boden zu er- kennen. Oft ist nur eiue Nasenhälfte befallen. Dementsprechend ist in solchen Fällen auch der Ausfluss nur einseitig. Menge und Be- schaffenheit des letzteren hängt von dem Zustande der Geschwüre und der übrigen nicht speziflsch affizierten Schleimhaut, sowie von Ruhe oder Bewegung des Tieres ab. Während des Aufbruchs der Geschwüre ist er zähschleimig und trocknet in Borken an den Rändern der Nüstern an, späterhin wird er mehr eitrig und kann zeitweilig infolge von Gefäßarro- sionen Blutstreifen enthalten, was für pathognomonisch gilt. — Je nach der Lokalisation in der Nase sind auch die Kehlgangsdrüsen ein- oder beiderseitig geschwellt, und zw^ar anfänglich mehr teigig diffus, später- hin derb und höckerig; dabei sind sie an die Unterlage, ausnahmsweise auch an die Haut fixiert. In letzterem Falle kann es zu oberflächlichen Eiterungen kommen. Sind die nasalen Veränderungen sehr gering, so findet man eventuell auch nur einzelne DrUsenläppchen in der genannten Weise verändert. 714 A. Wladimiroff, Der chronische Laryngotrachealrotz, zuerst von Abadie be- schrieben, lokalisiert sich ausschließlich auf den Kehlkopf und die Luftröhre. Die von den Geschwüren und der entzündeten Mucosa produzierte Absonderung wird für gewöhnlich verschluckt, kann aber dadurch zur Untersuchung gewonnen werden, dass man bei hervorge- zogener Zunge eine leichte Pression auf die erkrankten Organe ausübt. Da letztere überaus empfindlich sind, so werden hierdurch Hustenstöße ausgelöst, welche schleimig-eitrige, stark mit Blut untermischte Massen zu Tage fördern. Der chronische Lungenrotz kann sehr lange bestehen und sogar ausheilen, ohne sich überhaupt durch irgend etwas zu verraten; aber auch diejenigen Symptome, welche er schließlich äußert, besitzen absolut nichts Charakteristisches. Das Allgemeinbefinden der au chronischem Rotz leidenden Pferde ist ein höchst wechselndes und hängt zum großen Teil von der Individualität und der Gunst oder Ungunst der äußeren Verhältnisse ab. Während der Exazerbationen wird ein unregelmäßiges remittierendes oder inter- mittierendes Fieber beobachtet. — Der natürliche Ausgang der Krank- heit kommt bei manifesten Symptomen meist nicht zur Beobachtung, da die Pferde getötet werden. — Völlige Ausheilung des chronischen Rotzes ist keineswegs ausgeschlossen i^s, i4o ^juf[ sogar sicherlich ein häufigeres Vorkommnis, besonders in südlichen Ländern (Meykick, Semmer ^^^}, als gemeinhin angenommen wird. Der akute Rotz des Menschen verläuft unter Umständen noch stürmischer als der des Pferdes, mit 2 — 3 Tagen Inkubation und nach 6 — 8 Tagen zum Tode fübrend. Gewöhnlich aber beträgt die Krank- heitsdauer 2—3 Wochen (längste Dauer nach Marie ^21 32 Tage). Den Allgemeinerscheinungen geht entweder ein lokaler Prozess an der lu- fektionsstelle voraus, oder sie setzen nach Prodromalsymptomen unbe- stimmten Charakters direkt ein. Im Anfange kann Fieber fehlen ; Schüttel- fröste sind sehr selten. Bald jedoch stellen sich unregelmäßige Tempe- ratursteigerungen, Schmerzen in den Extremitäten, Gelenkschwelhmgen, eventuell Bluthusten und anderweitige Symptome ein, welche zu Ver- wechselungen mit Abdominaltyphus (Strube^oi]^ Gelenkrheumatismus (Sittmann, Gold), krupöser Pneumonie, Sepsis u. s. w. Veranlassung geben können, bis die charakteristischen Veränderungen an der Haut, in den Muskeln und auf den Schleimhäuten Klarheit bringen. An verschiedenen Stellen der Haut, bisweilen über die ganze Körper- oberfläche verbreitet, bisweilen weniger dicht gesät, treten rote Flecke auf, die sich in pockenähulichen Pusteln (ohne Delle) und weiter in chankröse Geschwüre verwandeln. Zugleich entwickeln sich in den tiefen Bindegewebslagen und in der Muskulatur , besonders der der Extremitäten, größere Beulen und Geschwülste, welche ausgedehnt abs- zedieren, so dass sie sogar Sehneu imd Knochen bloßlegen können. — Von den Schleimhäuten bildet auch beim Menschen diejenige der Nase den Prädilektionsort für die Rotzgeschwüre. Zwar sind die letzteren bei Lebzeiten meist nicht der direkten Beobachtung zugänglich, jedoch manifestieren sie ihre Anwesenheit durch einen reichlichen Nasenausfluss, der ursprünglich dünn, zäh und schleimig, allmählich immer dick- flüssiger, mehr eitrig, manchmal sogar blutig und jauchig wird. Die Afiektion der Nase gehört übrigens keineswegs zu den konstanten Aeußerungsformen des Rotzes beim Menschen; so hat Marie dieselben Rotz. 715 unter 37 sicheren Fällen nur siebenmal verzeiclinet. Wo aber ulzerijse Khinitis besteht, gesellen sieh zu ihr meist analoge Prozesse auf den Schleimhäuten der weiteren Respirationswege, der Mundhöhle, auf der Coujunctiva. Auch die Lungen werden in Mitleidenschaft gezogen und schließlieh beim generalisierten Rotz alle parenchymatösen Organe, serösen Häute n. s. w. — Der Tod tritt infolge von Erschöpfung oder von Bakteriämie ein. Der chronische Rotz des Menschen zeigt die weitgehendste Ana- logie mit dem chronischen Rotz des Pferdes. Alle Prozesse spielen sich laugsamer ab, und es tritt hie und da Heilung der Geschwüre unter Narbenbildung ein. Nach Infektion durch die Hautdecken entstehen »wurm« -ähnliche Erscheinungen, daneben kommt es aber auch zu erysipelatösen Veränderungen, zu tiefliegenden, beulenartigen Ge- schwülsten, zu Gelenkanschwellungen. Die Naseuaffektion fehlt nach BoLLixGER in wenigstens der Hälfte aller Fälle und verläuft, wenn sie vorhanden, unter weniger bedrohlichen Symptomen. — Die Körper- temperatur kann zeitweilig ganz normal erscheinen, dann aber wieder unregelmäßige Steigerungen aufweisen, besonders bei Ausbruch von Geschwüren, bei Nachschüben und Rezidiven. Die Dauer der Erkrankung kann Monate, selbst Jahre betragen und mit Genesung abschließen. Bollikc4ER schätzt die Häutigkeit der Heilungen auf 50^; diese Zahl ist sicherlich zu hoch gegriffen, wie aus der jüngsten Aufstellung von Nicolle & Dübas i^i hervorgeht. In den letal verlaufenden Fällen ist der Tod entweder durch Kachexie, durch Komplikationen oder durch Ausartung in akuten Rotz bedingt. Der Impfrotz. Was den Impfrotz anbetrifft, so ist bei diesem das Krankheitsbild in noch höherem Grade als beim spotanen Rotz abhängig von den drei Faktoren, Empfänglichkeit des Versuchstieres, Virulenz des Impfmaterials und lufektionsmodus, welche in späteren Abschnitten gesondert zu besprechen sind. Es ist fast selbstverständlich, dass man bei der experimentellen Erzeugung der Krankheit die ganze Skala von Intensitätsgraden hervorrufen kann, angefangen mit relativ leicht heilen- den lokalen Affektionen und aufgehört mit schwerer reiner Rotzseptikämie, welche so rapid verläuft, dass es kaum zu makroskopisch wahrnehm- baren anatomischen Veränderungen kommt. III. Einiges über die pathologisclie Anatomie des Rotzes. Die pathologische Auatomie des Rotzes hat vielfach eine sehr eingehende Bearbeitung gefunden. Da eine ausführliche Darlegung der höchst mannig- fachen makroskopischen und mikroskopischen Befunde aus dem Rahmen dieses Werkes heraustreten würde, und wir im folgenden nur eine flüchtige Skizze geben können, so sei hier wenigstens auf eine Anzahl der wich- tigsten einschlägigen Arbeiten verwiesen, und zwar auf diejenigen von: ViECHOw, 216. 217^ Lelserixg, Gerlach ^•^, Ravitscii, Rexaut, Werner 222^ Pflug, Rabe, Beresix, Schütz ^^^^ Leclainche & Montane, Nocard138^ Leredde, Altuchoff^. Die hervorstechendsten Veränderungen, welche sich in allen mög- lichen Variationen, bald vereinzelt, bald gemeinsam wiederfinden, sind: 716 A. Wladimiroff, Pusteln, Knoten, diffuse Infiltration, Lympliangitis , Lymphadenitis, Ge- scliAvüre, Narben. Die Pusteln werden sowohl auf der Haut als auch auf den Schleim- häuten angetroöen. Unter heftiger Hyperämie im Gebiete des Papillar- körpers findet eine umschriebene Exsudation statt, welche die Epidermis kuppeiförmig vorwölbt. Die ausgebildete Pustel ist von graugelber Farbe und oft von einem roten Hof umgeben; ihr Inhalt besteht aus einer viscösen, au Leukocyten und Rotzbacillen reichen Flüssigkeit. — Ein ganz analoges Bild bieten die Pusteln der Schleimhäute. Die Knoten kommen in fast allen Geweben vor und sind die tropischste Aeußerungsform des Rotzes, ViRcnow reiht sie unter die Granulome. Die ganz jungen Knötchen präsentieren sich oft in Gestalt einer Ecchymose, welche in ihrem Ceutrum einen kleinen grauen, halb- durchscheinenden, elastischen Herd einschließt. Mit dem Zunehmen des letzteren verringert sich der rote Hof. Der ausgebildete Knoten besteht aus einer bindegewebigen, fest mit der Umgebung verwachsenen Kapsel, welche von einer käsigen oder eitrigen Masse erfüllt ist. Dazwischen werden alle Uebergangsstadien angetroffen, und zwar in prägnantester Weise in der Lunge. Größe und Form (meist rundlich) der Knoten variiert und ist von Alter und Matrix abhängig. Das Konfluieren der Knoten zu größeren Gruppen ist eine gewöhnliche Erscheinung. Die diffuse Infiltration spielt sich im interstitiellen Gewebe ab und nimmt je nach der Lokalisation (Haut, Sehleimhäute, Lunge u. s. w.) ein verschiedenes Aussehen an. Immer handelt es sich zunächst um eine Stauung in den erweiterten Lymphgefäßen, woran sich eine pralle Durchtränkung des umgebenden Gewebes anschließt. An den Rand- partieen des anfangs ödematösen, späterhin infiltrierten Bezirkes sieht man schon in frühen Stadien die Tendenz der Bindegewebsneubildung. Im weiteren hängt das l^ild davon ab, ob die Sklerosierung erfolgreich fortschreitet oder ob es den im Infiltrat enthaltenen Bazillen gelingt, dem suppurativen Prozess das Uebergewicht zu geben. Die Lymphangitis ist eine konstante Erscheinung in der Nachbar- schaft der vorerwähnten spezifischen Alterationen, und zwar handelt es sich anfangs meist um eine Perilymphaugitis, während späterhin auch die Wandungen selbst engagiert sind und es zur obturierenden Kojigu- lation des Gefäßinhaltes kommt. Die sich in der Folge einstellende fibröse Umwandlung, sowie das Vorkommen von sekundärer Rotzknoten- bildung im Verlauf besonders der langen oberflächlichen Lymphstränge verdienen als charakteristische Befunde Beachtung. Die Lymphadenitis im Gebiete der befallenen Organe ist im Be- ginn durch keinerlei besondere Merkmale gekennzeichnet. Die Drüsen erscheinen nur vergrößert, sehr saftreich, bisweilen hyperämisch. Erst bei längerem Bestände des Prozesses zeigen sich isolierte käsige, fibrös eingekapselte Herde in den Follikeln. Dadurch, dass die fibröse Um- wandlung auch auf das interfollikuläre Gewebe und die Gefäßscheiden übergehen kann, kommt jene bereits erwähnte derbe, höckerige Be- schaffenheit der Drüsen zustande. Die Geschwüre tragen im wesentlichen alle den gleichen Charakter, mögen sie mm aus Pusteln, isolierten Knoten, konfluierenden Knoten, diffus infiltrierten Partieen oder aus ganzen Lymphsträngen hervorge- gangen sein, mögen sie auf der äußeren Haut oder auf den Schleim- häuten ihren Sitz haben. Immer sind die Ränder aufgeworfen, derb, der Boden speckig oder granulierend und mit eitrigen Massen oder Eotz. 717 Borkeu bedeckt. Unterschiede machen sich m\v in der Größe, der Form und der Tiefe geltend; besonders wenn die Abszedieruug- rehitiv weit von der Oberfläche begonnen hat, k(3nnen sinnöse Geschwüre und komplizierte Fistelgänge angetrotfen werden. Die Narben stellen nur beim chronischen Rotz einen relativ häufigen Befund dar und zeichnen sich durch ihre große Derbheit und Armut au Blutgefäßen aus. Aber auch beim subchronischen nnd selbst beim akuten Kotz ist die Tendenz zur Bindegewebshyperplasie am Rande des eigentlichen Kampfplatzes zwischen Bazillen und Körperzellen meist nicht zu verkennen. Je nach der Lokalisation der Veränderungen kommen mehr oder weniger typische pathologisch- anatomische Bilder zustande, welche wir ebenfalls im folgenden kurz skizzieren wollen. Außerdem sei auch auf einige wissenswerte, wenn auch seltenere Lokalisationeu hingewiesen. Haut, lieber die verschiedenartigen Veränderungen in der Haut (wie Pusteln, Knoten, Geschwüre, Wurmstränge) ist das Wesentlichste schon im vorstehenden berichtet worden. Hier haben Avir nur hinzu- zufügen, dass die diffuse Infiltration in Gestalt von erysipelatösen und phlegmonösen Prozessen (z. B. beim akuten Rotz des Menschen] auf- treten kann, wobei die Konkurrenz heterogener Bakterien sich nicht immer ohne weiteres ausschließen lässt; ferner dass sie bei chronischem Verlaufe Veranlassung zu enormer Verdickung und Sklerosierung der Haut geben kann. Derartige elephantiastische Erscheinungen werden vornehmlich bei Pferden an den Extremitäten und am Kopfe ange- troffen. Schleimhäute. Auch hier ist das früher Gesagte nur durch Weniges zu ergänzen. — Wenn die Rotzgeschwüre der oberen Re- spiration swege lange ihren progredienten Charakter bewahren, so usurieren sie die von der Schleimhaut bekleideten Knochen resp. Knorpel (z. B. Perforation der Nasenscheidewand, Zerstörung der Gießbecken- knorpel (Dieckerhoff) u. dergl.). — In den Hohlräumen der Nasen- mnscheln, sowie in den Oberkiefer- und Stirnhöhlen werden bisweilen sehr bedeutende Ansammlungen von schleimig-eitrigen (höchst virulenten) Massen angetroffen. — Die Knötchen- und Geschwürsbildung setzt sich bei Pferden per continuitatem auch auf die Luftsäcke, die Eustachischen Röhren, die Trachea und die Bronchen fort. In der Trachea ist mit Vorliebe die vordere Fläche (Dieckekiiüff) der Sitz der Erkrankung, welcher unter Umständen einen ausgesprochen wurmartigen Charakter (NocAKDi36j annehmen kann; als Residua des abgelaufenen Prozesses bekommt man hier langgestreckte, unregelmäßige, eisblumenartige (Rabe) Narben zu Gesicht. — Von den Schleimhäuten des Verdau ungstraktes werden, außer denen des Pharynx (Dieckerhoff), ausnahmsweise auch diejenigen des Magens (Winogradoff, Wyss) und des Darmes (Spon- tanerkrankung, ROLL, Fütterungsrotz, Schütz i*4] ^ insbesondere des Blinddarmes (Vecchlv) zum Sitze von Rotzknoten resp. Geschwüren, Z i r k u 1 a t i 0 n s a p p a r a t. Veränderungen am Myokard (B ertön) und Endokard (kleine Knötchen) sind jedenfalls kein häufiges Vorkommnis. Dagegen werden die Blutgefäße in den befallenen Organen stark in Mitleidenschaft gezogen. Es kommt hier nicht nur zu perivaskulärer, diffuser Infiltration, sondern auch zur Alteration der Gefäß Wandungen und zu ausgedehnten Thrombenbildungen (Vatel, Ehrich u. a.) mit allen ihren Konsequenzen. — Das Blut selbst weist Hyperleukocytose (Christot 718 A. Wladimiroff, & KiENEK, BoLLiNGER, Rajewsky, Baschinsky), Verringerung der Erythrocytenzahl (Malassez, Mikrukoff) und vermehrten Fibringehalt (Eckert) auf. Rotzbazillen sind selbst bei akutem Krankheitsverlauf nicht konstant im Blute vorhanden (s. S. 746). Lunge. Die llotzprozesse in der Lunge sind ungemein vielgestaltig. Die Knötchen werden teils isoliert, teils in kleineu Gruppen, bisweilen nur in geringer Zahl, bisweilen dagegen in enormen Mengen angetroifen. In letzterem Falle findet man meist Knoten verschiedenen Alters und verschiedenen Entwickelungsstufen angehörig nebeneinander. — Ferner kommen in den Lungen besonders bei chronischem Rotz lobuläre Herde zur Beobachtung, welche sich an der Pleurafläche als gelbliche, rot- geränderte Flecken, auf dem Schnitt als körnige, keilförmige, iufarkt- artige Bildungen präsentieren. Bei akutem Rotz kann der Prozess auch einen ganzen Lobus ergreifen, und mau findet dann in der hepati- sierten Masse eingestreute eitrige oder käsige Herde. Bei längerem Bestände ist der Ausgang der Lungenaifektionen entweder in Vernarbung, wobei die kleinen Herde nach einigen Autoren sogar in Verkalkung tibergehen sollen (die Möglichkeit einer Verwechslung mit verkalkten Knoten parasitären Ursprungs ist hier naheliegend, Schütz i^^), und die größeren — ausgedehnte Schwarten zurücklassen; oder aber, was seltener ist, es entstehen durch Vereiterung und Verjauchung mit den Bronchen kommunizierende Kavernen. — Die Pleura ist je nach dem Sitz und der Intensität der Alteration mehr oder weniger mitaffiziert; selbst exsudative Pleuritis und Hydrothorax sind als Sekundärerschei- nungen nicht ausgeschlossen (Dieckeriioff). — Wenn der Tod infolge von akutem Rotz eintritt, können Fettembolieen in den Lungen ange- troffen werden (Püsciikarew & Uskow). Milz. Bei spontanem Rotz wird die Milz nicht selten vergrößert angetroflfenj ohne dass irgend welche anderweitigen, makroskopisch wahr- nehmbaren Veränderungen vorhanden wären. In anderen Fällen (bei Pferden in 42^ nach Bollinger) enthält sie Knoten, welche bei chronischem Verlauf lange persistieren und keine Neigung zu Ulzerationen zeigen; Dieckeriioff hat nur einmal eine solche beobachtet. Die Herde sind nach Nocard ^^s immer embolischen Ursprungs. Hiermit würde auch der von Kerxig beobachtete Fall von chronischem Rotz beim Menschen in Einklang stehen, wo die Sektion infarktartige Verände- rungen in der Milz aufdeckte. — Beim Impfrotz empfänglicher Labo- ratoriumstiere werden miliare Rotzknötchen in der Milz fast niemals vermisst. Leber. Knotenbildung in der Leber kommt bei Pferden nach Bollinger in 14 % der Fälle vor. Beim Impfrotz läuft sie gewöhnlich parallel mit dem gleichen Vorgang in der Milz. Auch in der Leber sind die Knoten vaskulären Ursprungs und entwickeln sich im Centrum der Lobuli (Leredde). Bisweilen entsteht eine peri- und intralobuläre Cirrhose mit reichlicher Neubildung von Gallenkanälchen (Cadiot & Gilbert). Sommerbrodt beschreibt in einem Falle von menschlichem Rotz eine nekrosierende und ulzerative Entzündung in dem Gebiet des Ductus hepaticus sinister, — Ob die Rückbildung der Leberknötchen mit Verkalkung einhergeheu kann, ist noch streitig (Olt). Nieren. Nach Dickerhoff »bilden sich nur selten in der Riuden- substanz kleine und größere Knötchen, die ebenso wie die Rotzherde in der Milz nicht erweichen». Baschinsky fand im interstitiellen Gewebe Knötchen (zum Teil mikroskopisch kleine) und Infiltrate. Nocardi^s Eotz. 719 verfügt über eine Beobachtung- von Rotzabszesseu in der Niere imd über eine zweite i^^, bei der das Parenehym fünf große, keilförmige, mit dickem Eiter erfüllte Infarkte beherbergte. Die Häufigkeit des Be- fallenseins der Nieren wird von Bollixger auf 1^% geschätzt. Genitalapparat. Eine primäre Infektion der Genitalien findet offenbar nur ausnahmsweise statt; so berichtet Auer von einer Frau, bei der die Uebertragung der Krankheit durch den Coitus rotzige Perimetritis und Peritonitis zur Folge hatte, imd Colin fand bei einer Stute mit latentem Rotz zwei spezifische Geschwüre in der Scheide. Sekundäre Erscheinungen an den Genitalien sind dagegen keineswegs selten. Beim akuten Rotz der Hengste ist häufig der Prozess gleich- mäßig über den ganzen Testikel verbreitet, oder aber auf die Epididymis beschränkt ; in beiden Fällen ist die Tunica vaginalis in Mitleidenschaft gezogen. Impft man Meerschweinchen reines Rotzmaterial in die Bauch- höhle ein, so entsteht in der Regel schon nach 2 — 3 Tagen eine beider- seitige spezifische Entzündung der Tunica vaginalis, welche bei längerem Bestände auch auf die Hoden und Nebenhoden übergreift (Straus i^^). Der chronische Rotz kann ebenfalls sowohl beim Pferde als auch beim Menschen (Virchow] von Knötchenbildung oder difluser Infiltration in den Hoden (Jakowski) begleitet sein. Zentralnervensystem. Bosciietti hat in mehreren Fällen die Befunde älterer Autoren bestätigt, indem er beim Pferde an den Plexus choroidei erbsen- bis nussgroße myxomatöse Rotzknoten konstatierte, und Tedeschi203 fand in einem Falle von chronischem Rotz beim Men- schen als Todesursache eine akute Rotzmeningitis. Dem letztgenannten Forscher gelang es darauf204^ durch Impfung von Rotzvirus in die Nervencentra bei den Versuchstieren schwere rotzige Alterationen der Meningen, des Gehirns und des Rückenmarkes hervorzurufen, desgleichen durch Impfung in die vordere Augenkammer -^^ rotzige Basalmeningitis. — Von einer Beteiligung des Rückenmarkes an der Rotzerkrankimg berichten CuuPLAND (Myelitis malleosa) und Galtier "^ (rote Erweichungsherde im Gebiet der lumbalen Anschwellung). Das Auge kann entweder in den allgemeinen Rotzprozess hinein- gezogen werden, wie in dem Falle von Babes & Havas^ (Rotzknoten auf der Conjunctiva bulbi eines Menschen) und in den Versuchen von Tedesciti204, 205^ ^yo nach intrakranieller Infectiou «eine echte Papillo- retinitis und rotzige Choroiditis» sich einstellte: oder aber das Auge erkrankt primär an Rotz, wie in der Beobachtung von Richter an einem Pferde. Muskeln. Die Muskulatur des Rumpfes und der Extremitäten wird beim Menschen häufiger als beim Pferde zum Sitze von Rotzknoten. Die Größe der Herde schwankt zwischen der eines Hanfsamens bis zu der eines Taubeneies. Hier, wie in der Subcutis werden alle Ueber- gänge von einem festen, grauen, mit hämorrhagischem Hofe umkleideten Knötchen bis zu fibrösen, mit eitrigen oder käsigen Massen erfüllten " Säcken angetroffen. Rabe weist auf eine besondere Prädilektionstelle beim Pferde hin: auf den kurzen Kopf des Biceps femoris, an dessen unterem Ende er öfter abgekapselte Rotzabszesse gefunden hat, während die übrige Muskulatur frei davon war. Knochen. Die Affektiouen der Knochen werden relativ selten ver- zeichnet, vermutlich weil ihnen bei den Sektionen gewöhnlich keine be- sondere Aufmerksamkeit zugewandt wird. Sie sind beschrieben worden von ViRCHOAV (Osteomyelitis malleosa), Bollixger (Knotenbildung im 720 A. Wladimiroff, Periost des Schädels), Werner 221 (von der Kostalplenra auf eiue liippe fortgesetzter Prozess), Eggeling (metastatisclie Affektiou des zweiten Halswirbels), Nocard^^s (^m Hiimerus), Babes & Havas^ (Knötchen zwischen Periost und Knochen sowie im Knochenmark heim Menschen), Tedeschi203 (Osteomyelitis der Tibia und Fibula bei einem Menschen), Gold u. a. Bei akutem und subakutem ]k0tz fanden Avir immer das Fettmark der Böhrenkuochen in größerem oder geringerem Umfange in rotes Mark umgewandelt; es ist hierin wahrscheinlich die Ursache für die obenerwähnte Fettembolie der Lunten zu sehen. IV. Der Rotzbacillus. A. Morphologie. Die Botzbazillen sind feine Stäbchen, von sehr w^echselnden Dimen- sionen, so dass es kaum möglich ist eine präzise Beschreibung ihrer typischen Wuchsform zu geben. Ihr Inhalt ist nicht homogen, was unter anderem schon daraus hervorgeht, dass sich die einzelneu Teile desselben gegenüber den üblichen Bakterienfarbstoffen verschieden verhalten. LöFFLER charakterisiert die Rotzbazillen in der folgenden Weise: »Die Länge der Stäbchen schwankte nur innerhalb sehr geringer Grenzen: zwischen ein und zwei Dritteilen des Durchmessers eines roten Blut- körperchens. Ihre Dicke betrug etwa den fünften bis achten Teil ihrer Länge. Sie waren entweder gerade oder leicht gebogen, an den Enden abgerundet, im ganzen etwas kürzer und dicker als Tul)erkelbazillen. Meist sah man zwei Stäbchen durch eine zarte, ungefärbte Zwischen- substanz in der Längsrichtung miteinander verbunden ... In den Flüssigkeiten erschienen die Stäbchen ein wenig dicker und kürzer als in den Kulturen auf den Serumflächen; meist hingen auch hier zwei Stäbchen aneinander.« Weiterhin aber beschreibt er auch andere Formen und spricht von der ungleichmäßigen Färbbarkeit des Zellinhaltes. -Untersucht man gefärbte Deckglaspräparate von dem eitrig-käsigen Inhalt rotziger Lymphdrüsen des Meerschweinchens oder von den Rotz- knötchen aus der Milz von Feldmäusen, so trifft man nicht selten ein- zelne Bazillen, welche etwas dicker erscheinen als die übrigen, und welche sich nicht ganz gleichmäßig, sondern an den Polen stärker als in der Mitte gefärbt haben. Es macht sogar den Eindruck, als ob diese Bazillen etwas ausgebaucht wären . . . Noch auffallender ist das Ver- halten von Bazillen, welche älteren, etwa 8—14 Tage alten, bei Körper- temperatur gehaltenen, auf Serum oder auf Kartoffel oder in neutra- lisierten Fleischinfusen gezüchteten Kulturen entnommen worden sind. Beim Anblick eines solchen mit Methylenblau gefärbten Präparates hat man den Eindruck, als wären statt der Bazillen Mikrokokken vorhanden. Ueberall sieht man kleine blaue Körnchen. Mit Zuhilfenahme der Blende erkennt man jedoch, dass die blauen Körnchen die allein gefärbten Teile eines Bacillus darstellen. Man sieht, dass zwei solcher Körnchen durch eine ungefärbte Zwischensubstanz verbunden sind, ja man nimmt bisweilen wahr, dass in kleinen, die 8 — lOfache Länge eines Rotz- bacillus besitzenden Fädchen, welche in Kartofielkulturen nicht selten angetroffen werden, die gefärbten und ungefärbten Stellen abwechseln.« LöFFLER war damals geneigt, dieses eigenartige Verhalten des Zell- inhaltes den Farbstoffen gegenüber als Absterbephänomen anzusprechen. Rotz. 721 Im allgemeinen besteht die von Löffler gegebene Beschreibung der Rotzbazillen auch heute noch zu Recht; im Detail bedarf sie jedoch einiger Ergänzungen. Der Kontur der Rotzl)azilleu erscheint bei genauer Betrachtung fast immer uneben; nur an ganz jungen Exemplaren ist er wirklich glatt. Die Enden der Stäbchen sind in der That meist abgerundet, jedoch können sie auch leicht kolbig aufgetrieben oder umgekehrt spitz aus- laufend sein, ohne dass es sich um Involutionsveränderungen handelt. Außer der charakteristischen Anordnung der Bazillen zu zweien hintereinander, werden auch Kettenverbände von mehreren Individuen angetroffen. Außerdem finden sich die Bazillen nicht selten parallel zu einander gelagert, und zwar nicht nur in Kulturen sondern auch im Rotzeiter (vergl. Photogr. Nr. 209). Die von Löffler angegebenen Dimensionen, sowie die in den meisten Lehrbüchern aufgeführten (Länge 2 — 5 u, Breite 0,5 — 1 /<), sind als Durchschnittswerte zu betrachten, welche sowohl nicht erreicht, als bei weitem überschritten werden können. Babes^ giebt zwar an, dass die Breite der Rotzbazillen meist nur 0,2 — 0,3 «, selten 0,4 u, niemals aber 0,5 u beträgt, jedoch beziehen sich seine Messungen nur auf 8 Tage alte Kartofielkulturen. Andererseits behauptet SemmerI'^o, dass unter gewissen Verhältnissen (bei der Fadenbildung) die Rotzbazilleu oft die Dicke von Milzbraudfädeu auf Kartoffeln erreichen. Was die Länge des Bac. mallei aul)etrifift, so hängt dieselbe von verschiedenen Umständen ab. Die Wuchskraft der Bazillen selbst und die Eigenschaften des ihnen gebotenen Substrates spielen hierbei die Hauptrolle. In jungen üppig wachsenden Kulturen vermisst man fast niemals neben Bakterienzellen von mittleren Dimensionen ganz kurze, fast kokkenartige Individuen (vergl. Photogr. Nr. 211), während es unter ungünstigen Entwickelungsbedingungen nicht selten zur Bildung von langen ungeteilten Fäden kommt. Die letzteren sind wohl zu unterscheiden von den oben erwähnten Kettenverbänden; Brazzola hat auf dieselben 1886 aufmerksam gemacht; bald darauf sah Finger die Rotzbazillen im Unterhautzellgewebe von Meerschweinchen und Kaninchen zu langen Fäden auswachsen ; in alten Kulturen erwähnt als erster Kranzfeld lange Formen, die um das 3 — 4 fache die gewöhn- lichen Rotzbazillen übertreffen; Semmer^^ö fand seine weiter unten zu besprechenden hellgrauen Kartoffelkolonieen z. T. aus filzartigen Ge- flechten langer Fäden bestehend; Bonome & Vivaldi^i konnten die Entstehung wirrer Filamente durch schädigende Zusätze minimer Mengen von Kadaverin oder Neuriu zur Nährbouillon willkürlich hervorrufen. Besonderes Interesse beansprucht in dieser Beziehung die Beobachtung Krajewskys '^ß, dass 3 Monate alte Kartoflfelkulturen von Rotz, die fast nur noch aus zerfallenen Stäbchen bestehen (mithin, wie wir weiter unten zeigen werden, bereits in ihren vegetativen Eigenschaften geschwächt sind), bei Uebertragung auf frisches Substrat, in den ersten Tagen fast ausschließlich nicht segmentierte Fäden ergeben, welche 10—16 mal die Länge gewöhnlicher Rotzbazillen übertreffen. Hierzu kann ich hinzu- fügen, dass wir die gleiche Erscheinung beständig bei der Umsaat jahrealter Bouillonkulturen zu Gesicht bekommen, und ferner, dass bei dem Xeuwuchs von Rotzbazillen nach vorausgegangener Agglutination nicht selten zunächst Wirrsale von langen ungeteilten Fäden entstehen, wie wir gemeinsam mit Afanassieff konstatiert haben. Marx, nach ihm Galli-Valeriü, Conraüi, Mayer 125 baben an den Fäden der Rotz- bazilleu echte Verzweigungen und kolbige Enden beschrieben und wollen Handbuch der patliogenen Mikroorganismen. II. 46 722 A. Wladimiroff, aus diesem Grunde den Rotzpilz unter die Streptothricheeu resp. Akti- nomyceten (Levy) einreihen. Die körnige Struktur der Rotzbazillen, welche, wie schon aus der oben ang-efUhrten Darstellung Löfflers zu entnehmen ist, besonders deutlich bei schwacher Färbung hervortritt, hat eine verschiedenartige Auslegung erfahren. Die einen erblickten gleich Löffler in der Kör- nung den Ausdruck einer Degeneration; so sprachen Bonome äVivaldi^i; die hellen Partieen in den Bazillen für Vakuolen an; Semmeri^o ver- mutete sogar, dass die Hohlräume mit einer schleimigen oder kolloiden Substanz erfüllt seien; NoxiEWicz^^g brachte das Auftreten der Körn- chen mit der Abschwächung der Virulenz in Zusammenhang. Andere dagegen, wie WeiciiselbaumSis und anftlnglich auch Kitt^^, glaubten in der Differenzierung des Zellprotoplasmas den Beginn einer Sporen- bildung zu erkennen. Unseres Erachtens ist die sogenannte Körnung der Rotzbazillen zunächst weder als Absterbeerscheinung noch auch als Vorbereitung zur Sporulation aufzufassen. Das Protoplasma der Rotz- bazillen ist eben auch in normalem Zustande von ungleichmäßiger Be- schaffenheit und besteht aus Partieen von verschiedener Dichte und Färbbarkeit. Schon an den frischen Stäbchen kann man sich mit geeigneten Hilfsmitteln (genügende Vergrößerung, enge Blenden) von dem abweichenden optischen Verhalten der einzelnen Abschnitte der Individuen überzeugen. Greift man nun zur Anwendung von Anilin- farben, so erkennt man die ungleichmäßige Affinität des Zellprotoplasmas zu denselben nur bei relativ schwacher Tinktion; denn wie Kra.tewsky'-^^ durchaus richtig angicbt, erscheinen die Rotzbazillen bei sehr starker Färbung wieder fast homogen, da sie absolut unfärl)bare Partieen nor- maliter überhaupt nicht enthalten. Marx berichtet sogar, dass es ihm gelungen ist, mit der von Neisser für Diphtheriebazillen angegebenen Methylenblau-Vesuvinfärbung die sonst schwach tingierbaren Stellen in den Rotzbazillen braun darzustellen, während das übrige Protoplasma sich in Form intensiv blauer Körperchen präsentierte. Ueber die Anordnung der hellen und dunklen Teile (bei geeigneter Fär- bung) lässt sich ein allgemeines Gesetz kaum aufstellen. Csocor geht entschieden zu weit, wenn er von einem so regehnäßigen Wechsel der- selben spricht, dass er sie mit aneinandergereihten »ganz kleinen Würfelchen« vergleicht. Es ist richtig, dass sie meist die ganze Dicke der Bakterienzelle einnehmen, jedoch ist dies durchaus nicht ausnahms- los der Fall. Zudem sind sie von höchst wechselndem Kontur. Der- selbe ist bald scharf abgesetzt, bald mehr verwaschen, und in den seltensten Fällen geradlinig; vielmehr können die dunklen (gefärbten) Partieen sowohl kugelig, als ovoid, als auch besonders an den Enden der Stäbchen konkav-konvex erscheinen. Ebenso wechselnd ist ihre Anzahl und ihr Abstand voneinander. An kurzen Individuen sind sie in der That meist bipolar angelegt, an etwas längeren in der Weise, dass zwei gefärbte Körnchen die Enden, ein drittes die Mitte ein- nimmt u. s. w. ; jedoch gehört es keineswegs zu den Seltenheiten, dass gerade das Ende eines Stäbchens oder Fadens von einer hellen Partie gebildet wird. Das Gesagte gilt von Rotzbazillen aus jungen, lebens- kräftigen Kulturen. Eine besondere Bedeutung kommt denjenigen feinen Körnchen zu, welche in ganz alten Kulturen angetroflen werden. In solchen Kul- turen sieht man neben den verschiedensten Involutions- und Dege- nerationsformen, wie sie bei den meisten Bakterien zu finden sind, Rotz. 723 die überaus kleinen intensiv färl)]jaren Küi-uclien teils freiliegend, teils in nicht mehr tiug-ierbarc, schattenhafte Bazillenreste eingeschlossen. Frl. N. Schultz und deren Schüler Rothert haben diese bei vielen Mikrobenarten vorkommenden Gebilde neuerdings einer eingehenden Untersuchung unterworfen und in ihnen verdichtete oder geschrumpfte Protoplasmaklümpchen erkannt, welche sich bei ungünstigen Lebens- bedingungen in den Bakterienzellen bilden und Monate, selbst Jahre lang eine Dämmerexistenz führen, um bei günstigen Verhältnissen wieder aufzuquellen und aufzuleben. Dieselbe Bedeutung kommt, wie wir uns überzeugt haben, auch den feinen Körnchen in den alten Rotzkulturen zu; nur müssen wir hinzufügen, dass die aus ihnen, bei der Umsaat, neu hervorgehende Generation in ihren vitalen Eigenschaften (typische Kolonieenbildung, Virulenz) geschwächt erscheint. Es handelt sich somit um eine Dauer form besonderer Art. Dieselbe hat nichts mit den Sporen gemein, von denen sie sich nicht nur morphologisch und tink- toriell, sondern auch durch ihre geringe Resistenz gegen Austrocknung und höhere Temperaturen unterscheidet. Sporen werden von den Rotzbazillen nicht gebildet. Zwar berichtet Brazzola (1886) von endogener Sporenbilduug in älteren Kulturen, so- dann Baumgarten 12 (1888), dass Rosexthal in seinem Laboratorium nach der NEissERschen Methode an Deckglaspräparaten von etwas älteren Rotzkulturen tiefrot gefärbte, gleichmäßig große, scharf kreisrunde Kügelchen teils frei, teils in den blaugefärbten Stäbchen gefunden habe, und bald darauf Preusse^s', dass sich in der Tiefe einer bei hoher Temperatur gezüchteten Kartoftelkultur von Bac. mallei Sporen gebildet hätten, welche sich ähnlich den Milzbrandsporen mit Karbol-Fuchsin färben ließen; indes sind diese Beobachtungen vereinzelt geblieben, und die meisten übrigen Forscher, welche sich mit dieser Frage be- schäftigt haben (Löffler, KirT^-*, Sal:mox u. a.), stellen die Sporulation bei den Rotzbazillen entschieden in Abrede. Was die Angaben über Eigenbeweguug des Rotzbacillus anbe- trifft, so sind dieselben durchaus als irrig zu bezeichnen, obwohl sie sich merkwürdigerweise selbst noch in neueren Lehrbüchern (z. B. Mace 1901) wiederholen. Noch neuerdings hat Marie '20 durch exakte Ver- suche (Messungen der Ausbreitungsgeschwindigkeit auf feuchten Flächen nach GABRurscHEWSKY) die Immoljilität des Bac. mallei nachgewiesen. Der Rotzbacillus ist nicht einmal mit Geißeln ausgestattet, welche ihn zu willkürlicher Lokomotion befähigen könnten. Der Irrtum früherer Autoren muss offenbar darauf zurückgeführt werden, dass der Bacillus mallei in flüssigen Medien eine überaus lebhafte Molekularbewegung zeigt. Vielleicht liegt die Ursache der letzteren in einem besonders labilen Gleichgewicht des Zellkörpers, dessen Protoplasma, wie wir oben gesehen haben, in seinen einzelnen Abschnitten von ungleichmäßiger Beschaffenheit ist. B. Chemische Zusammensetzung. Die chemische Zusammensetzung der Rotzbazilleu ist nach den Analysen Kreslings folgende. Bei 110° getrocknet hinterlassen die von der Kartoffel geernteten Bakterien 22,78 — 24, 86^ Trockensubstanz. Diese giebt 6,67^ einer schwach alkalisch reagierenden weißen Asche, welche viel Phosphorsäure, ferner Kalium, Natrium, Schwefelsäure und Spuren von Eisen und Chlor enthält. Iki der Extraktion der Trockensubstanz 46* 724 A. Wladimiroff, successive mit Aetlier, Alcoliol absol. imcl Wasser, löst sich im Aetber — 2,84^, im Alkohol — 3,87,^, im Wasser 25,75^. Da jedoch von dem Alkoholextrakt noch 82,9^ (oder 3,06^ der Trockensubstanz) in Aetber löslieh sind, so enthält die trockene Bakterienmasse 6,05^ in Aetber löslicher nnd nur 0,664 in Alkohol löslicher, in Aetber aber unlöslicher Substanzen. Der von keinem der genannten Lösungsmittel aufgenommene Eückstand enthält 1,51^ Asche, welche hauptsächlich aus Phosphor- säure besteht. Mit dem Aetber wird aus den llotzbazillen ein Fett- köi*per extrahiert , von gelber Farbe, Butterkonsistenz, mit dem Schmelz- punkt 40°; seine Asche ist reich an Phosphorsäure, außerdem ist in ihm Lecithin, ein Fettalkohol (Cholesterin?) und Oleinsäure enthalten. In dem wässerigen Auszug sind viel Eiweißkörper vorhanden. Der Stickstoffgehalt der Trockensubstanz, bestimmt nach Kjeldahl, nicht ganz konstant, beträgt durchschnittlich 10,5 — 10,1 ^^ Shattok giebt an, bei sorgfältiger Untersuchung von mit Osmiumsäure behandelten Kartoffelkulturen feinste Fetttröpfchen gesehen zu haben, freilich nur in den langen Stäbchen. 0. Färbbarkeit. Die Färbung der Rotzbazillen gelingt zwar mit allen üblichen Aniliufarbstoffen , jedoch werden dieselben relativ schwer aufgenommen und sehr leicht an Entfärbungsmittel abgegeben. Daher ist eine Fär- bung nach der GRAMSchen Methode nicht möglich. Um intensiv tin- gierte Bilder zu erhalten, ist es ratsam, eine Beize zu verwenden. LöFFLER empfiehlt den Zusatz von 1 Teil 0,01^ Kalilauge zu 3 Teilen einer konzentrierten alkoholischen Methylenblau- (resp. Gentianaviolett- oder Fuchsin-jLösung, desgleichen eine Lösung, welche man erhält, »wenn man die Tuberkelbazillen - FarbflUssigkeit — Anilin wasser- Gentianaviolett resp. Fuchsin — mit der gleichen Menge Kali 1 : 10000 resp. ','2proz. Lösung von Liq. Ammonii caustici vermischt.« Durchaus befriedigende Resultate erzielt man l)ei Benutzung der Karbolsäure als Beize, sei es, dass man sie in Form des KüHXESchen Karbol-Methylen- blaus, des ZiEHLschen Karbolfuchsins oder als Zusatz zu Thionin (Nocard) resp. zu Gcntianaviolett (Czaplewsky) verwendet. Den gleichen Erfolg sah Galli-Valerio bei Färbung mit Formalin-Methylen- blau. Trotzdem bleibt die Auffindung der Rotzbazillen eine schwierige, sobald es sich nicht um Präparate von Reinkulturen, sondern um Aus- striche oder Schnitte von pathologischen Produkten handelt. Um die Rotzbazillen von den sie umgebenden Zellelementen zu differenzieren, sind verschiedene Verfahren vorgeschlagen worden. Zur schnellen Untersuchung frischen lebenden Materials empfiehlt Straus, demselben einen Tropfen einer wässerigen Lösung von Methylenblau oder Gcntianaviolett zuzusetzen, wobei sich die Rotz- bazillen »prompt färben, ohne die ihnen so eigentümliche schnelle Be- wegung an Ort und Stelle einzubüßen.« Finger, welcher dieselbe Methode angiebt, zieht es vor, zu dem frischen Materiale alkalisches Methylenblau oder alte Vesuvinlösuug unter das Deckglas zufließen zu lassen. Das klassische Verfahren für die Färbung getrockneter Deck- glaspräparate bleibt das von Löfflek vorgeschriebene: »Nachdem die Deckgläschen etwa 5 Minuten auf der alkalischen Lösung (s. o.) ge- schwommen haben, nimmt man sie heraus, taucht sie eine Sekunde nur Rotz. 725 in eine Iproz. Essig'säure , welcher man durch einen Znsatz von Tro- päolin 00 in wässriger Lösung eine etwa rheinweingelbe Farbe gegeben hat, imd wäscht schnell mit destilliertem Wasser nach. Der Zusatz von Tropäolin 00 hat die auftalleude Wirkung, dass das gefärbte Zellen- plasma ganz und die Kerne etwas entfärbt werden, während die Bazillen ihre Farbe konservieren.« Die Behandlung' von Gewebeschnitteu geschieht nach Löffler in der folgenden Weise: »Färbt man mit der alkalischen Methylenblau- lösung, so genügt es, um intensive Färbungen zu erzielen, die Schnitte nur einige Minuten in der Farblösung zu belassen, dann spült mau sie in der Essigsäure -TropäolinOO-Lösung ab, entwässert sie in Alkohol, bringt sie in Zederuöl und aus diesem in Canadabalsam. In der al- kalischen Gentiauaviolett-Anilinwasserlösung müssen die Schnitte etwas länger, ^4 — V2 Stunde, belassen werden, ebenso in der Fuchsinlösung. Besser noch als die Essigsäure -Tropäolin -Lösung eignet sich zur Nach- behandlung der aus der alkalischen Methyleublaulösung herausgenom- menen Schnitte eine andere Flüssigkeit, bestehend aus: 10 ccm. Aq. dest. mit Zusatz von 2 Tropfen konzentrierter schwefliger Säure und einem Tropfen öproz. Oxalsäure. Diese Lösung zieht den Farbstoff schnell aus dem Gewebe, namentlich aus den Kernen aus, ohne die Bazillen bei passender Anwendung zu entfärben. Ganz strikte Vor- schriften über die Dauer der Einwirkung lassen sich nicht geben, da die Dicke der Schnitte dabei von wesentlicher Bedeutung ist. Dünne Lungeuschuitte lässt man 2 — 4 Minuten in der intensiven Methylenblau- lösung, spült sie etwa 5 Sekunden in der Oxalsäuremischung ab und bringt sie dann in absoluten Alkohol, aus welchem sie, sobald sie ent- wässert sind, in Zedernöl kommen. Von Vorteil ist es, die Schnitte, bevor man sie in die Methylenblaulösung bringt, einige Minuten in die Lösung von Kali 1 : 10000 zu legen.« In der gleichen Absicht, die Kernfärbuug möglichst vollständig zum Schwinden zu bringen und die Botzbazillen um so deutlicher im Gewebe hervortreten zu lassen, hat Kühne eine Modifikation seines bekannten Verfahrens ausgearbeitet, welche im wesentlichen in folgendem besteht: Die Schnitte werden, falls sie in Alkohol konserviert waren, zunächst mit Wasser behandelt, bevor sie für 3 — 4 Minuten in die Karbolmethylen- blaulösung gelangen ; ans der Farbe werden sie, nach kurzem Abspülen in salzsaurem Wasser, wo sie sehr schnell den erforderlichen blassblaueu Ton annehmen, in Aq. destill, übertragen. Hierauf folgt flüchtiges Ein- tauchen in Alkohol und 5 ]\[inuteu lauge Einwirkung von terpentin- haltigem Anilinöl (6 — 8 Tropfen Terpentinöl auf ein Blockschälchen). Endlich müssen die Schnitte noch durch reines Terpentinöl und durch Xylol passieren, ehe sie in Balsam eingeschlossen werden. Die unerwünschte bakterienentfärbende Einwirkung des Alkohols lässt sich dadurch ver- meiden, dass die gefärbten und gespülten Schnitte mit Fließpapier ge- trocknet werden, bevor zur Behandlung mit Anilinöl geschritten wird. Preusseisi empfiehlt für die Färbung der Rotzbazillen in Schnitten ein von Long angegebenes Gemisch, welches aus gleichen Teilen einer konzentrierten alkoholischen Methylviolettlösung und Xylol zusammen- gesetzt und mit 0,01 proz. Kalilauge alkalisch gemacht ist. Dieses Gemisch wird in das von Löffler vorgeschriebene Verfahren an Stelle der ^Methylenblaulösung sul)stituiert. Um selbst an dicken Schnitten brauchbare Resultate zu erzielen, kombinierte NoxiEwacz^ 39 ([{q Methode Löfflers mit der Antrocknungs- 726 A. Wladimiroff, raethode Unxas. Die Schnitte werden aus dem Alkohol auf 2 — 5 IMiuuten in Löpflers alkalische Methylenblaulösuug- eingelegt, hierauf in Aq. destill, gewaschen und in die entfärbende Mischung übertragen, welche aus 75 Teilen V2 pi^ozentiger Essigsäure und 25 Teilen V2Pi'o- zentiger TropäolinOO-Lösung besteht. Die Schnitte bleiben hierin 2—5 Sekunden und länger. Ferner folgt Auswaschen und sogar Auswässern der Schnitte in Aq. destill., wobei aus ihnen die Essigsäure und ziem- lich viel Farbe entfernt wird. Nunmehr müssen die Schnitte auf dem Objektträger ausgebreitet, mit Fließpapier abgesogen imd darauf an der Luft oder über der Flamme angetrocknet werden. Schließlich be- tröpfelt man sie so lauge mit Xylol, bis vollkommene Aufhellung statt- findet. Die Untersuchung geschieht in Xylol oder Canadabalsam (Be- handlung mit Nelken-, Origanon-, Anilinöl u. s. w. ist nicht zulässig.) Unna selbst liat speziell für die Färbung der Eotzbazilleu in den Hautknoten u. dergl. noch folgende Methoden vorgeschlagen, bei denen die Differenzierung der Bakterien von dem Kernchromatin, außer durch Antrocknung der Präparate, noch durch Entfärbungsmittel ange- strebt Avird, welche auf die letztgenannte Substanz energischer wirken als auf die liotzbazillen , und endlich durch starke xiuf hellung der Schnitte in Ol. terebinthin. rectiticatiss. Nachdem die angetrockneten Schnitte Y2 Stunde mit alkalischer Methylenblaulosung gefärbt worden sind, kommen sie in Wasser, wobei sie abgelöst werden. Wenn nun weiter zur Entfärbung Glyceriuäthermischung dienen soll, so müssen die Präparate mchreremal hintereinander einige Sekunden mit der ge- nannten Mischung behandelt und mit Wasser ausgewaschen werden. Will man mit Iprozentiger Arsensäure entfärben, so lässt mau dieselbe 5 — 10 Sekunden auf den Schnitt einwirken und entfernt sie dann durch Wasser. In beiden Fällen folgt dann Entwässerung mit absolutem Alkohol, Aufhellung mit Terpentinöl und Einschließung in Balsam. Nach NicoLLE i^** benutzt man zur Färljung der Eotzbazilleu (und anderer in den Geweben schwer darstellbarer Bakterien) ein Verfahren, welches darauf beruht, dass in den nach Löffleu oder Kühne vorge- färbten Schnitten die Bazillen durch i'2Pi'0Z- Essigsäure uud lOproz. Tanuinlösung differenziert resp. tixiert werden, worauf die Präparate gespült, entwässert uud in der üblichen AVeise Aveiterbehandelt werden. Auch DuvAL, Gasne & Guillemot empfehlen das NicoLLESche Ver- fahren, färben jedoch die Schnitte mit ZiEHLscher Lösung vor. Eine Doppelfärbung der Eotzbazilleu im Gewebe ist außerordent- lich schwer zu erreichen. Kühne hat dieselbe dadurch augestrebt, dass er die nach seiner oben angegebenen Weise blau gefärbten Schnitte aus dem Xylol auf 3 — 5 Minuten in Terpentinöl überführte, welchem auf ein Blockschälchcn 5 Tropfen Safrauin- oder 2 Tropfen Auramiu-Anilinöl zu- gesetzt war. Es heben sich dann die blauen Bakterien deutlicher von dem blaurötlichen resp. hellgrünen Untergrunde ab. Unna benutzt als Kontrast-Farbe eine Iproz. Säurefuchsinlösung, wobei er entweder die Schnitte darin über Nacht vorfärbt, sie dann in Wasser ausMäscht, an- trocknet und weiter, wie oben beschrieben, mit alkalischem Methylen- blau (1/4 Stunde) und Iproz. Arsensäure behandelt, oder aber, indem er die Blaufärbung vorausgehen lässt, die Schnitte in Wasser abspült und sie darauf für 15 Minuten in eine Mischung bringt, die aus gleichen Teilen konzentrierter wässriger Tanuinlösung und Iproz. Säurefuchsin- lösung besteht. In beiden Fällen wird vor der Einbettung in Balsam mit Alkohol entwässert und Berjramottöl zur Aufhellung benutzt. Gorini Rotz. 727 empfiehlt für denselbeu Zweck ein Farbeug-emiscli aus 1 Teil gesättigter wässriger Metliylenblaulüsimg , 1 Teil 0,5proz. Eosinlüsuug in 70grä- digem Alkohol und 2 Teilen Wasser. Deckglaspräparate färben sich hierin in einigen Minuten, Schnitte in 1/2 — 1 Stunde. V. Die Rotzkulturen. Die Züchtung der Rotz bazillen gelingt ohne besondere Schwierig- keiten und bietet, abgesehen von den Kartottelkulturen, wenig Charakte- ristisches. Bevor wir zur Beschreibung ihres Wachstums auf den ver- schiedeneu Nährmedieu übergehen, seien einige allgemeine Bemerkungen vorausgeschickt. Das Temperatur-Optimum für das Gedeihen der Eotzbazillen liegt zwischen 30 und 40° C. Nach Löfflers Versuchen an Kartoffel- kulturen findet bei 20° C noch kein Wachstum statt; dasselbe beginnt erst bei 22° 0. Als obere Wachstumsgrenze bezeichnet er 43° C, während bei 45° C schon keine Vermehrung mehr beobachtet wird. Diese Angaben stimmen im wesentlichen auch für die anderen Sub- strate, nur müssen wir hinzufügen, dass nicht selten durch längeres Kultivieren au saprophytäre Existenz gewöhnte Rotzbazillenstämme sich schon bei niedrigerer Zimmertemperatur, als die oben angeführte, auf Gelatine, Bouillon oder Glycerinagar entwickeln, was auch Bkazzola, Raskina, Kraxzfeld, Babes* u. a. gesehen haben. Was die Aerobiose der Rotzbazillen betrifft, so ist dieselbe ziem- lich deutlich ausgesprochen. Bei ungenügender SauerstoftVersorgung (in tiefen Schichten "der Nährmedien) oder in Wasserstofiatmosphäre (Marx) findet eine nur mangelhafte Vermehrung dieser Bakterien statt. In Bezug auf die Reaktion der Nährböden sind die Rotzbazillen nicht eben schwierig. Zwar gedeihen sie am üppigsten bei schwach- saurer Reaktion (Smith, Kreslixg, Schröder), jedoch kommen sie auch ganz gut auf den in üblicher Weise neutralisierten und sogar schwach alkalisch gemachten Substraten fort. Ein Zusatz von Glycerin (4 — 5^) zu den Kulturmedien be- günstigt in hohem Grade das Wachstum der Rotzbazillen, so dass die Kulturen nicht nur schneller angehen, sondern sich auch reicher ent- wickeln. Bei der Züchtung auf den verschiedenen Nährböden bieten die Rotz- bazilleu im einzelnen folgende Erscheinungen dar.j Bouillon. Die in der üblichen Weise dargestellte neutralisierte Bouillon aus dem Muskelfleisch vom Menschen, vom Pferde, Schaf, Kaninchen, Hund, Rind und Huhn, mit und ohne Zusatz von Pepton ist bereits von Löffler als geeigneter Nährboden für den Rotzbacillus bezeichnet worden. Wie oben erwähnt, ist nicht neutralisierte Bouillon vorzuziehen, sobald es sich darum handelt, möglichst üppige Entwick- lung der Kulturen (z. B. bei der Malleinbereitung) zu erzielen. Foth warnt dabei ausdrücklich vor dem Ueberueutralisieren und nachfolgen- den Abstumpfen mit Salzsäure. Durch Glycerinzusatz wird die Ertrags- fähigkeit noch erhöht. Die Trübung der Flüssigkeit beginnt bei Brut- temperatur oft schon am Tage nach der Beschickung und ist zunächst eine überaus gleichmäßige; bei leichter Erschütterung erscheint sie wie ein feines Wölkchen, durch dessen Bewegung, infolge seiner ungleich werdenden Dichtigkeit, eine moireartige Zeichnung entsteht. Weiterhin 728 A. Wladimiroff, bildet sich ein weißlicher, schleimiger Bodensatz, ohne dass es jedoch zur Aufklärung der Bouillon kommt. Zugleich entsteht am Rande der Oberfläche ein grauweißer King, welcher sich unter günstigen Umständen ausbreiten und zur Bildung eines schleimigen Deckhäutchens führen kann, wie es zuerst von Smith beschrieben worden ist, besonders wenn man die Aussaat nach Foth von vornherein am Rande der Flüssigkeit anbringt. Xaeh Wochen und Monaten, nachdem das sieh mehrfach ueubildende Häutchen schon längst endgültig versunken ist, persistiert noch ein schleimiger Saum am Rande der Oberfläche. Am Boden der alten Bouillonkulturen findet man dann eine dicke, zähe, kohärente Masse, die sich selbst durch heftiges Schütteln nicht mehr völlig ver- teilen lässt. Die Bouillon selbst erscheint dickflüssiger, sehr schleimig und nimmt einen gelbbraunen (nach Shmith orangegelben), allmählich immer dunkler braunen Farbenton an. Die Angabe Salmons, dass in seinem leicht alkalischen Pepton -Rindfleisch- Infus der Rotzbacillus, ohne Trübung hervorzurufen, wächst, und erst am Ende der ersten Woche sich beim Umschütteln ein gelblichweißer Bodensatz zeigt, hat bisher keine Bestätigung gefunden. Gelatine, am besten schwach sauer und mit Glycerinzusatz. Frisch aus dem Tierkörper isolierte Kulturen gehen nicht immer auf Gelatine an. Im Stichkanal kommt es meist zu diskontinuierlichem Wachs- tum, welches außerdem in den oberen Abschnitten relativ reichlicher ist als in den tieferen. Der Streifen ist weiß oder grau, ohne Aestchen- bildung. Auf der Oberfläche entsteht sehr langsam eine beschränkte, zarte, transparente (Babes*), mattglänzende, weißliche, schmutzigweiss- liehe (Migula) oder graue Auflagerung, welche nach Löfflek bei Züchtung bei mehr als 20'^ C mit einem Stich ins Bräunliche versehen ist. Die sich allmählich einstellende trichterförmige Einsenkung der Gelatine ist nicht der Ausdruck von Erweichung (Brazzola, Migula), sondern von Austrocknung des Substrates an seiner ganzen Oberfläche (Schaxtyr); freilich will Raskixa auch wirkliche Verflüssigung be- obachtet haben. Im Thermostaten bei 37" C entsteht in der verflüssigten Gelatine eine flockige, weißliche, viscöse Masse (Galtiek'ö). Vom Ver- halten der Rotzbazillen auf Gelatine platten geben Lehmaxx & Neumann folgende detaillierte Beschreibung: a) Natürliche Größe: Aufliegende wie tiefliegende Kolonieen klein, weißlich, punktförmig, auch nach längerem Stehen sich nicht wesentlich vergrößernd. Die Aufliegenden erhalten einen durchsichtigen, zarten Hof. b) 60 fache Vergrößerung: Aufliegende Kolonieen: unregelmäßig, rundlich, wellig gebuclitet, weißlich glänzend, durchscheinend, mit welligen Erhebungen und starken Reflexen; ältere Kolonieen mehr gelblich, besonders im Mittelpunkt, mit strichartigen, eingeschnittenen Zeichnungen. Tiefliegende Kolonieen: rundlich bis oval, glattrandig, im Innern zart krümelig, an den Randpartieen gestrichelt, Randzone scharf markiert. Agar ist gleichfalls am besten mit Glycerinzusatz und unneutralisiert zu verwenden. Die Kulturen des Rotzbacillus auf diesem Nährboden bieten nichts Charakteristisches. Schon am zweiten Tage ist bei Züch- tung im Thermostaten längs des Striches deutliches Wachstum zu er- kennen. Die Kolonieen erscheinen flach, transparent, mattweißlich oder grau und können mit der Zeit einen Stich ins Gelbliche annehmen; Smith hält sogar die blassstrohgelbe Farbe der Kolonieen auf saurem Agar für kennzeichnend. Während bei 37" C die Kolonieen rasch kon- ßotz. 729 fluiereu, und bald eiu breiter Rasen längs des Impfstriches entstellt, geht bei Zimmertemperatur die Entwicklung erheblich langsamer vor sich; trotzdem kann auch hier der Streifen in einer Woche die Breite von 7 — 8 mm erreichen (Kraxzfeld). Die Konsistenz der Pilzrasen ist eine zähschleimige. Im Kondenswasser wird Trübung, Häutchen- bildung und Bodensatz wie in der Bouillon beobachtet. Blutserum. Schon bei seinen ersten Versuchen hat Löffler fest- gestellt: dass der Rotzbacillus vorzüglich gut auf erstarrtem Pferde- und Hammelblutserum wächst, unstreitig weniger üppig auf Kinderserum. Saxarelli erhielt befriedigende Resultate mit dem koagulierten Serum von Hühnern. Zu der Charakteristik, welche Löffler von den Serum- kulturcn gegeben hat, ist auch heute nichts hinzuzufügen: »Am dritten Tage nach der Aussaat treten die aus den einzelnen Keimen hervor- gegangenen Bazillen in der Form gelblich durchscheinender Tröpfchen auf der Serum-OberHäche in die Erscheinung Die Tröpfchen besitzen eine zähschleimige, viscöse Konsistenz. Lässt man eine solche Kultur längere Zeit, etwa 8 — 10 Tage, im Brütapparat stehen, so ver- ändert sie ihr Aussehen. Die Tröpfchen verlieren ihre gelbe Trans- parenz und werden milchig-weiß Es sind unzweifelhaft kleine Krystalle, durch deren Ausscheidung die weißliche Trübung der Tröpf- chen hervorgerufen wird .... In dem Kondensationswasser .... ge- deihen die Bazillen ebenfalls .... als weißliche Masse am Grunde der Flüssigkeit. Auch diese zeigt .... eine schleimige Konsistenz.« Verflüssigung der Serum-Gallerte findet nicht statt. Kartoffel ist der Nährboden par excellence für die Rotzbazillen, weil sie auf ihm am leichtesten und unter durchaus charakteristischen Erscheinungen wachsen. Die erste Veröfientlichuug hierüber stammt von Kirr '^3^ obwohl Schütz und Löffler unabhängig von ihm schon vorher diese Thatsache erkannt hatten. Der letztgenannte Autor giebt von den Kartoffelkultureu folgende Beschreibung: »Schon am zweiten Tage sah man auf allen Kartoffelhälfteu einen zarten, gelblichen, durch- scheinenden Ueberzug. Am dritten Tage waren alle Kartoffeln mit einem gleichmäßigen, bernsteinfarbigen Ueberzuge versehen. Nach etwa 6 — 8 Tagen mischte sich der bernsteingelben, durchscheinenden Kultur ein rötlicher Farbentou bei: die Durchsichtigkeit verlor sich, und die Kultur zeigte eine mehr an das Rot des Kupferoxyduls erinnernde Farbe. Die die Kultur umgebende, nicht besäte Kartoffelzone zeigte eine schwach grünliche Farbennüauce, während die Oberfläche nicht geimpfter Kartoffeln grauweißlich erscheint.« Wer viel mit Kartoffelkultureu der Rotzbazillen zu thuu hat, kann das Gesagte im allgemeinen bestätigen, wird aber hinzufügen müssen, dass die grünliche, von anderen Autoren als gelblichgrüu oder bläulich- grün bezeichnete Randzone durchaus nicht zu den beständigen Erschei- nungen gehört. Außerdem bietet die Farbe der Pilzrasen so viel Spiel- arten, dass eine einheitliche Beschreibung kaum möglich ist. Dieselbe kann im Anfang kaum merklich gelb sein (besonders bei relativ nie- driger Temperatur, Migula) und sogar von grauem Ton (Semmer^'-"^), aber auch honiggelb (Weichselbaum^so) oder von der Schattierung des Milchkaffee (Babes*) und späterhin beim Nachdunkeln entweder rein braun (chokoladenbraun , Babes) werden oder die verschiedensten Nuancen von Braunrot (Fuchsrot, C. Fräxkel) annehmen. In allen Fällen aber erhält sich sehr lange eine gewisse Transparenz, so dass der 730 A. Wladimiroff, Vergleich mit flüssigem Honig oder mit Berustein durchaus treffend ge- wählt erscheint. Als Ursache der Transparenz glaube ich die ungemein reichliche Produktion von Schleim seitens der Kotzbazillen ansehen zu müssen, und zwar auf Grund folgender Beobachtung. Bei der Umsaat alter Bouillonkulturen, welche ^4 — 4 Jahre in Thermostaten zugebracht hatten, erhielt Kresling in unserem Laboratorium auf Kartoffeln trockene, glanzlose, gefältelte Kulturen von strohgelbem oder orangefarl)enem Aus- sehen, die den gewöhnlichen Kartoffelkulturen von Rotz in nichts glichen. Dieselben begannen erst nach 8 — 10 Tagen, im Zimmer laugsamer als im Brutschrank, am Rande und zwischen den Fältchen feuchtglänzend zu werden, bis nach einiger Zeit das typische Bild der Rotzkulturen entstand. Zugleich änderte sich die Konsistenz und ging aus der borkig trockenen in die bekannte zähschleimige über. Seitdem gelang es, dieses Phänomen an vielen Stämmen von Rotzbazillen zu reproduzieren, jedoch, wie ich mich überzeugt habe, erst dann, wenn in den alten, zur Aussaat verwendeten Bouillonkulturen fast nur noch die oben erwähnten geschrumi)ften Protoplasmakörnchen vorhanden waren. Offenbar sind die unmittelbar aus ihnen hervorgehenden Bakterien so weit in ihren vitalen Eigenschaften geschwächt, dass sie u. a. noch nicht die schlei- mige Zwischenmasse zu bilden vermögen. Die typischen Kartoffelkulturen bedecken bei reichlicher Aussaat die ganze ihnen zur Verfügung stehende Oberfläche in gleichmäßiger, ziem- lich dicker Schicht; bei spärlicher Aussaat, besonders direkt aus dem Tierorganismus, bilden sie prominente Kolonieen mit etwas abgeflachten, aber ziemlich scharf begrenzten Rändern. Bei der Bereitung der Kartoffelnäbrbödeu sind gewisse Vorsichts- maßregehi zu befolgen, damit die Rotzbazillen schnell und üppig auf ihnen gedeihen können. Vor allem ist der Säuregrad nicht irrelevant; er wirkt hemmend auf den Wuchs der Kulturen, sobald er eine gewisse Grenze über- schreitet. Als Optimum in dieser Beziehung stellte Kkesling diejenige Reak- tion fest, bei welcher die Azidität der Kartoffelscheibe (von 1 — IY4 cm Dicke) etwa 0,1 — 0,3 com einer Yjo-Normalnatronlauge entspricht. Da die Kartofieln im allgemeinen aber zu sauer sind, so empfiehlt er, die gut ausgew^aschenen Scheiben vor dem Sterihsieren auf eine Stunde in 0,5 — 0,7proz. Lösung von doppelkohlensaurem Natron zu legen. Gefrorene oder ausgekeimte Kartofieln dürfen für diesen Zweck überhaupt nicht verwendet werden, weil sie Zucker enthalten, aus w^elchem die Rotzbazillen zu viel Säure bilden. Kresling hat auch Zusätze von Pepton, phosphorsaurem Natron und Glycerin versucht, und gefunden, dass sie das Wachstum der Rotzbazillen auf den Kartoffeln in der That begünstigen, jedoch nur bei geeigneter Reaktion. Statt der Scheiben kann selbstverständlich mit dem gleichen Erfolge auch der übliche Kartofl'el- brei verwendet w^erden, mit dessen Hilfe man größere Flächen für Massen- kulturen herstellt. Für die Bereitung von Kartoffelplatten giebt Schröder folgende Vorschrift. Die geschälten und bis zum klaren Abfließen des Wasch- wassers gespiüten Kartofieln werden ca. ^/^ Stunde auf ofiener Flamme ge- kocht, wobei der Schaum durch Ablöfieln entfernt wird. Sie sind gar, so- bald eine Nadel frei in sie eindringt ; zerfallene Exemplare sind unbrauchbar. Die Kartoffeln werden nun noch heiß in der Reibschale verrieben , und heiß iu Doppelschalen in etwa ^/^ Zoll hoher Schicht gleichmäßig ausgebreitet, darauf im Autoklaven sterilisiert und in ihm auch erkalten gelassen. Die Ober- fläche der Platte muss hellgelb, matt, trocken und mehlig sein; Kleisterbildung Eotz. 731 ist durchaus zu vermeiden. Babes ^ empfiehlt als speziellen Nährboden für den Bae. mallei einen Kartoffelagar, Avelcher auf die Weise dargestellt wird, dass man rohen Kartoöelbrei 24 Stunden lang in Wasser oder Bouillon mazeriert und die Flüssigkeit unter Zusatz von 5 % Glycerin statt der ge- Avühnlichen Bouillon zur Agarbereituug verwendet. Auf diesem Substrat wächst der Rotzbacillus als umschriebene, hervorragende Kolonieen, deren Peripherie transparent weißlich, deren Centrnm prominent, glänzend bräunlich erscheint, und das Wachstum soll hier oft reichlicher sein als auf der bloßen Kartoflel. Marx kultivierte den Eotz auf saurer Kartoffelgelatine, be- reitet nach der Vorschrift von Levy & Wolf (geriebene KartoÖeln mit dem doppelten Gewichtsvolumen Wasser einige Stunden extrahiert, das Filtrat in üblicher Weise mit lOproz. Gelatine verarbeitet und nur soweit neutralisiert, bis die ursprüngliche, schwach saure Reaktion des Kartofi'elwassers erreicht ist). Oflenbar bietet dieser Nährboden außer seiner Transparenz keine Vor- züge gegenüber der Kartoffel per se; es ist nur zu konstatieren, dass auf ihm die braune Farlie nach etwa der gleichen Zeit auftritt und in der gleichen Weise nachdunkelt, wie auf der Kartoffel. Den Rotzkulturen ähnliches Wachstum auf der Kartoffel zeigen auch einige andere Bakterien, von denen wir nur die wichtigsten her- vorheben wollen. In erster Linie ist der Bac. pyocyaueus zu nennen. LüFFLER sagt von ihm: »Eine gewisse Aehnlichkeit zeigt der Bacillus des blaugrüneu Eiters. Der Ueberzug, welchen dieser Organismus auf der Kar- toffel bildet, hat gleichfalls eine gelblich-bräunhche Farbe, doch fehlt ihm die schöne bernsteinartige Transparenz, auch zeigen die Kulturen, wenn sie einige Tage alt sind, einen deutlichen Perlmutterglanz. Streicht man eine geringe Menge der Kulturen auf Filtrierpapier und nähert man derselben Ammoniak- dämpfe, so tritt sofort die charakteristische blaugrüne Farbe hervor, was bei dem gleichen Behandeln der Rotzbazilleukulturen nicht der Fall ist. Außer- dem erscheinen bei mikroskopischer Untersuchung die Bazillen größer wie die Rotzbazillen und exquisit beweglich. Eine Verwechslung ist somit nicht mög- lich, ganz abgesehen von dem verschiedenen physiologischen Verhalten nach Impfung auf Meerschweinchen und Feldmäuse«. Trotzdem ist es geboten, gerade Anfänger auf die Aehnlichkeit dieser Kulturen ganz besonders auf- merksam zu macheu und sie vor der bei gewissen Gelegenheitsbakteriologen leider immer noch beliebten vorschnellen Diagnose auf Grund von Kartoffel- kulturen zu warnen, denn nach unseren Erfahrungen ist der Bac. pyocyaneus ein sehr häufiger Gast auf der Nasenschleimhaut sowohl gesunder als auch rotzkranker Pferde. — Ferner kommt der Pseudorotzbacillus von B^UiES* in Betracht, welchen genannter Forscher in 2 Fällen von rotzähnlicher Er- krankung bei Pferden isoliert und nachdem noch 3 mal im Nasenschleim von Pferden mit chronischem Rotz wiedergefunden hat. Es handelt sich nach seiner Beschreibung um rotzähnliche Stäbchen, welche auf Kartoffeln aus- gebreitete, gelbliche, braune, glänzende, durchscheinende Kolonieen oder flache begrenzte Kolonieen, wie Honigtropfen, geben. Sie unterscheiden sich von den echten Rotzbazillen nur durch die etwas gelbere Farbe der Kulturen und durch abweichende Pathogenität, indem sie auf Meerschweinchen , Feldmaus und Katze verimpft nur lokale Prozesse, bei Kaninchen aber tödliche Infektion hervorrufen. — Eine andere von Babes ^'^ in der Luft und im Wasser ge- fundene Mikrobenart, das Ascobacterium luteum, ist in Maces Labora- torium von Thiry neben Bac. mallei im Nasenausfluss eines rotzkraukeu Pferdes angetroffen worden. Dieses Bakterium wächst, sich schnell ausbreitend, auf der Kartoffel, wobei es einen anfangs transparenten, viscösen, späterhin undurchsichtigen bernsteingelben Belag von Honigkonsistenz liefert. Seine 732 A. Wladimiroff, Farbe geht aber niemals ins Braune über. Außerdem ist das Ascobacterium leicht sowohl unter dem Mikroskope zu unterscheiden, wo man die kurzen, zu Massen in einer Kapsel eingeschlossenen Stäbchen erkennt, als auch durch sein abweichendes Verhalten auf anderen Nährmedien. — Endlich sei noch der C holer ab acillus erwähnt, obwohl derselbe bei der Rotzdiagnose wohl kaum jemals in Betracht kommt. Die Aehnlichkeit seiner Kartoflelkulturen mit denen des Bac. mallei wird häufig hervorgehoben; jedoch haben die Cholerakartoflelkulturen , wie Baumgarten ^'^ präzisiert, »von vornherein ein bräunliches Aussehen und Averden später niemals so dunkelbraun, sondern bewahren dauernd die anfängliche hellgraubräunliche Färbung und zerfließen schließlich zu einem dünnen Brei, während die Rotzbazillenrasen bis zuletzt eine zähschleimige Konsistenz darbieten«. Moorrübe. Die gewölmliche, saure, gelbe Moorriibe giebt nach Marx einen verhältnismäßig guten Nährboden ab. Der Rotz produziert auf ihr nach etwa 2 — 3 Tagen einen weißen Farbstoff, der durch das weitere Wachstum nicht verändert wird. Galli-Valerio giebt an, dass auf der gekochten Moorriibe zwar keine sichtbare Kultur statt- findet, dass man aber beim Schaben mit der Platiunadel eine zarte, weißliche Lage von Bazillen abheben kann. Schwarzwurz (Scorzonera). Auf der mit Glycerin befeuchteten Schwarzwurz gedeiht der Rotzbacillus sehr üppig. Die Kultur ist gelb- lichgrau, saftig und bedeckt die ganze ihr gebotene Fläche in einigen Tagen (Mace). Milch wird, wie Gorini festgestellt hat, von den Rotzbazillen bei 37° in 10 — 12 Tagen zur Gerinnung gebracht, und zwar mit neutraler Reaktion und ohne weitere Pepton- oder Labbildung. Bei Züchtung des Bac. mallei auf Petruschkys Lackmus mölke (durch Säure vom Kasein befreite, darauf neutralisierte Milch mit Lackmuszusatz), erweist sich der- selbe als zu den Säurebildnern gehörig. Auf den aus der Milch bereiteten, festen, durchsichtigen Nährböden von M. Raskina wachsen die Rotzbazillen angeblich in sehr charakteristischer Weise. Die genannte Forscherin stellte durch ein ziemlich kompliziertes Verfahren drei Sorten von Nährsubstraten her, in denen an Stelle der üblichen Bouillon die in verschiedener Art vorbe- handelte Milch zur Verwendung kam: 1. das Kasein wurde beibehalten, aber in eine klar lösliche Form übergeführt; 2. das Kasein wurde durch Pepton ersetzt; 3. die Substitution des Kaseins geschah durch Natrou- albuminat aus Hühnereiern. Die Rotzbazillen wachsen auf dem Milch- Pepton-Agar und dem Milch-Kasein-Agar am besten bei 37—38° C und bilden schon am Tage nach der Aussaat eine weißliche, feuchte Auflagerung, welche die ganze freie Fläche des Agars bis an die Ränder einnimmt. In den nächsten Tagen verdickt sich die Auflagerung, indem sie in den Agar eindringt, und nimmt eine orange-bernstein- farbene Schattierung an, welche allmählich dunkler wird und am Ende der zweiten Woche in Braunrot übergeht. Auf den Milch Substraten mit ^% Natronalbuminat-Gehalt wachsen die Rotzbazillen schon bei Zimmer- temperatur, auch unter 20° C. Deshalb konnte sie Raskina auf Milch-Natroualbuminat-Gelatine züchten. Hier gaben sie am Tage nach der Aussaat ein kleines, rundes, auf der Oberfläche der leicht verflüssigten Gelatine schwimmendes Häutchen. In den nächsten Tagen nahm das Häutchen allmählich au Dicke und Umfang zu und Kotz. 733 bekam ein g-leicbsam gefälteltes Aussehen ; die Gelatine fuhr fort, sich zu verflüssigen, wobei die Bakterien im Anfang nicht zu Boden sanken, sondern sich an der Oberfläche erhielten. Jakowski hat bei Züchtung von Rotzbazilleu auf Milch-Pepton-Agar weder ein Dunklerwerden der Kolonieen noch auch ein rascheres Wachstum bemerken können. Hühnereier. Von den Eiernährböden erwies sich nach Marx »als der beste das Eiergelb. Hier fand sich schon nach 24 Stunden auf der Strichplatte eine ziemlich ergiebige Entwicklung in der Gestalt von knopfförmigeu Kolonieen längs des Impfstriches; das Wachstum erinnerte in seinem Bilde sehr an das von Staphylokokken auf der Serumtrauben- zuckerplatte. Auf Ei er weiß war die Entwickelung äußerst schwach.« Aus verscliieclenen tierischen Organen dargestellte Substrate. Henssen bereitete einen kalt extrahierten Auszug der Nieren von Karnivoren, Herbivoren und Omnivoren, der durch Filtration sterilisiert und mit 21/2^ Agar versetzt wurde. Die Kotzbazilleu zeigten auf diesem Medium einige Verzögerung im Wachstum. Auf gekochtem Kälber- und Schweine-Nierenextrakt wuchsen sie recht gut. — Mayer 124 erprobte einen Nährboden, den er auf die Weise gewann, dass er Speicheldrüsen vom Schweine zerkleinerte, 24 Stunden in der Kälte mit dem gleichen Gewichtsvolumen Wasser extrahierte, auspresste und im strömenden Dampf sterilisierte. Er benutzte ihn sowohl als Flüssig- keit, als auch mit Zusatz von 1^J2?4 Agar und fand, dass die Rotz- bazillen auf ihm üppiger gedeihen, als auf Fleischwasser resp. Fleisch- wasseragar. — Bonome & Vivaldi^i berichten, dass auf Thymus- extrakt, rein oder mit Vs Wasser verdünnt, keine Entwicklung der Eotzbazillen stattfindet. Das Impfmaterial bleibt am Boden liegen; dabei verändern sich die Bazillen kaum weder morphologisch noch tinktoriell, und, nach 4—5 Tagen auf die üblichen Nährmedien über- tragen, wachsen sie wieder in normaler Weise. Pflanzen-Infuse hat Löffler zur Züchtung von Rotzbazillen zu verwenden gesucht. »Die diesbezüglichen Versuche ergaben jedoch sämtlich ein negatives Resultat. Weder in Heu-, Stroh- und Pferde- mistdekokten, gleichviel, ob dieselben neutralisiert waren oder nicht, noch in kalt bereiteten, mit Ammoniak neutralisierten Aufgüssen von Heu, Stroh, Hafer und Weizen zeigte sich im Brütapparat eine Entwickelung.« Auch Pflaum euinfus erwies sich als für diese Zwecke ungeeignet. Kokosmilch, von Sternberg als Bakteriennährboden vorgeschlagen, wird von Davalos für Rotzkulturen empfohlen. Bei 30" findet rasches Wachstum statt, wobei die Flüssigkeit sich milchig trübt. Nach 4—5 Tagen bildet sich ein Häutchen, welches beim Schütteln zu Boden sinkt und einen weißlichen Niederschlag bildet; später wird die Flüssigkeit klar. Die Kokosmilch soll für die Kultivierung von Rotzbazilleu viel geeigneter sein als die Fleischbrühe. Die chemischen Leistungen des ßotzhacillus auf künstlichen Substraten bieten wenig Bemerkenswertes. In erster Linie wäre die Produktion eines gelben, braunen oder rötlichen Farbstoffes zu nennen; aber auch diese findet nur auf gewissen Nährböden (Kartoffel resp. kartoftelh altige Substrate, Serum. Milchagar) statt. Der Umstand, dass der Rotzbacillus auf Moorrüben als weißer Belag wächst, dürfte wohl kaum, wie Marx annimmt, als Ausdruck der Produktion eines weißen 734 A. Wladimiroif, Pigmentes gedeutet werden. — Ferner ist der Rotzbacillus befähigt zur Säurebildung aus Kohlehydraten und zwar ohne Gasentwickhmg. — Aus Eiweiß bildet er von aromatischen Körpern Indol (Levandovsky, Lehmann & Neumann) und Phenol (Levandovsky). — Schwefel- wasserstoff wird nicht entwickelt. — Was die Bildung eines spezifi- schen Toxines anbetrifft, so soll dieselbe im dritten Bande dieses Werkes eine eingehende Besprechung erfahren. Die Lebensdauer*) des Rotzbacillus auf künstlichen Substraten wird von den einzelnen Beobachtern sehr verschieden angegeben, was dadurch zu erklären ist, dass dieselbe nicht nur von den biologischen Eigenschaften des Bacillus, sondern auch von den angewandten Züchtungs- und Konservierungsmethodeu abhängt. Wie die meisten Bakterien er- hält auch der Bac. mallei, wenn er als gut entwickelte Kultur in Glas- rühren eingeschmolzen, am kühlen Ort und vor Licht geschützt auf- bewahrt wird, jahrelang seine Lebensfähigkeit. Dass hierbei die Sauer- stoffbeschränkung von Bedeutung ist, geht u. a. aus den direkten Ver- suchen von Sanarelli hervor, welcher fand, dass der llotzbacillus auf demselben Nährboden in aerober Kultur schneller zu Grunde geht, als unter anaeroben Bedingungen. Immerhin spielt die Beschaffenheit des Substrates bei der Frage nach der Dauer der Lebensfähigkeit des Rotz- bacillus die Hauptrolle. Wie weiter oben bereits angedeutet, haben wir ihn in gewöhnlichen nur mit Wattestopfen verschlossenen Glycerin- Bouillon- Kulturen noch nach 4 Jahren entwicklungsfähig gefunden, während er in Wasser, nach den Versuchen von Finger, zwischen 79 und 96 Tagen abstirbt. Von den festen ]Medien sind die mit Gelatine bereiteten (wie auch Migula angiebt) für die Lebensdauer des Rotz- bacillus günstiger als die Agarböden. Noch neuerdings konstatierte ScHANTYR in unserem Laboratorium, dass der Bac. mallei auf glycerin- haltiger Gelatine selbst nach 8V2 Monaten seine vitalen Eigenschaften noch nicht eiul)üßt, während Glycerin-Agar-Kulturen bekanntlich schon nach 3 — 4 Monaten (Löffler, Straus i^'J u. a.) zu Grunde gehen. Ebenso kurz ist auch die Lebensdauer auf dem Elitenährboden für Rotz, auf der Kartoffel, selbst wenn man die Vorsichtsmaßregel anwendet, die Kultur nach 3 — 4tägiger Entwickelung aus dem Thermostaten in den Dunkelschrank (Zimmertemperatur) überzuführen. "VI. Verhalten der Rotzbazillen zu physikalischen und chemischen Agentien. hl diesem Abschnitt soll es unsere Aufgabe sein, die praktisch wich- tige Frage von den Absterbebedingungeu der Rotzbazillen unter dem Einfluss gewisser physikalischer Faktoren und chemischer Substanzen zu erörtern. Da jedoch in der vorbakteriologischen Zeit, welche beson- ders reich an Beobachtungen und Versuchen auf diesem Gebiete gewesen ist, eine Unterscheidung zwischen Vitalität und Virulenz noch nicht möglich war, so müssen wir uns nicht selten auf Arbeiten berufen, in denen der Effekt dieses oder jenes Mittels nur nach dem Infektionserfolge bemessen wurde. Zugleich ist bei der Beurteilung der älteren Litteraturangaben *) Es soll hier nur von der Lebensdauer, nicht von der Virulenzdauer gehan- delt werden, welche letztere erst im nächsten Bande zur Sprache kommt. Rotz. 735 aucli dem Umstände Rechnung- zu tragen, dass an Stelle von Reinkulturen Eiter oder Org-anteile rotzkranker Tiere Verwendung fanden, mithin ein Material, das auch bei der umsichtigsten Versuchsanordnung jener Zeit schon in sich selbst die Quelle von Fehlern l)arg. A. Physikalische Faktoren. Licht. Spezielle Versuche über den Einfluss des Sonnenlichtes auf den Rotzbacillus liegen aus Russland und aus Italien vor. Altuchoff ^ studierte in Dorpat die Absterbebediuguugen dieses Mikroben bei Ein- trocknung und Inauition, wobei er die Versuche gleichzeitig mit Aus- schluss des Lichtes und unter Zulassung der direkten Sonnenstrahlen ausführte. In letzterem Falle gingen die Bazillen durchschnittlich um 2—3 Tage früher zu Grunde als "im Dunkeln. Analoge Experimente führte NowiKOFF in Charkow aus, indem er Bouillonkulturen und Nasenschleim eines rotzigen Pferdes auf Papierstreifen und Seidenfäden im Zimmer, teils im Dunkeln, teils im Hellen trocknen ließ; hierbei erwies es sich, dass das Absterben der Rotzbazillen im Hellen 4—14 Tage schneller erfolgte. Sirexa & Alessi setzten in Palermo mit Bouillon- kultur getränkte Seidenfäden der Wirkung des direkten Sonnenlichtes aus und sahen hierbei die Rotzbazillen in 24 Stunden abgetötet. Hohe Temperaturen. Da der Rotzbacillus keine Sporen bildet, so muss er bei einer Temperatur zu Grunde gehen, bei welcher das Eiweiß zur Gerinnung gebracht wird. Wenn Saunier schon 1734 die Des- infektion rotzinfizierter Stalhmgen durch kochendes Wasser vorschrieb, so war er gewiss auf dem richtigen Wege. Freilich ist es nicht gleich- giltig, in welchem Milieu sich die zu vernichtenden Rotzpilze befinden. Sind sie in Organteilen oder in großen Flüssigkeitsmengen eingeschlossen, so müssen eben hijhere Wärmegrade resp. längere Einwirkung der Hitze zur Anwendung kommen, um den gleichen Eifekt zu erzielen, wie bei Objekten, die das Virus leicht zugänglich oder in dünner Schicht tragen. Hierin liegt auch der Hauptgrund tur den scheinbaren Widerspruch, welcher zwischen den Versuchsergebnissen der einzelnen Forscher besteht. Dass das einfache Begießen mit siedendem Wasser, wie es nach Saunier auch Viborg (1797) empfiehlt, zur Rotzdesinfektion nicht ge- nügt, wiesen Cadeac & Malet experimentell nach; dagegen fanden sie, dass der Zweck durch Kochen des Contagiums erreicht wird, wo- mit sie die älteren Angaben von Renault und von Kra,iewsky 9^ be- stätigten. Wie lange der Prozess des Kochens fortzusetzen ist, hängt selbstverständlich von der Beschaffenheit des zu bearbeitenden Materials ab, und die von Cadeac & Malet 3^ angegebene Dauer von 2 Minuten (nach Nov^iKOFF — 5 Minuten) ist nicht für alle Fälle stichhaltig. Die absolut niedrigste Temperatur, bei der die Rotzbazillen noch durch Hitzewirkung abgetötet werden können, ist schon am Ende des 18. Jahr- hunderts von Abildgaard richtig auf 45° R (55,25" C) bestimmt worden, denn die exakten Erhel)ungen von Löffler haben ergeben, dass in Reinkulturen die RotzbaziÜen bei 55° C binnen 10 Minuten vernichtet werden, jedoch noch nicht bei 52° C in derselben Zeit. Viborg zog es schon vor, die Abtötuug- des Rotzcontagiums durch Erwärmung auf 145-150° F (80,5-83,3° C) zu bewerkstelligen. In folgendem geben wir die Resultate einiger anderer Forscher auf diesem Gebiet: Nach Galtier 69 werden die Rotzbazillen abgetötet bei 56" in 10 Min., bei 61° in 5 Min., nach Archaroff be 55—60° 736 A. Wladimiroff, iu 1—11/2 Stcl., bei 75° in IV2 Std. Bromberg sah bei 60—62° noch nach V2 ^^^-i l^ei 60° auch nach 1 Std. keinen Erfolg; erst hei 80° trat nach 1/2 ^td. Ahtötung- ein. Finger erzielte selbst nach 15 Minuten bei 70 — 80 " ein negatives Resultat und Bonome 20 sogar nach 6 Stunden bei 70°; dagegen fand letzterer, dass die Eotzbazillen bei 75—78° in 5—6 Minuten," bei 90—100" in 3 Minuten zu Grunde gehen. Nach Cadeac & Malet^s ist in 5 Minuten bei 70—73° kein sicherer Erfolg zu erwarten, sondern erst bei 80°. Redard '^^ endlich hält selbst den strömenden Dampf von weniger als 100° für unzureichend und ver- lässt sich nur auf den Autoklaven. Die Ursache dieser Widersprüche ist aus dem Obengesagten ersichtlich. Das Flambieren, welches jetzt wohl nur noch bei der Bearbeitung von Deckglaspräparaten in Anwendung kommt, ist kein sicheres Mittel zur Ahtötung der Rotzl)azillen. Wie Schröder gezeigt hat, können die- selben noch am Leben bleiben, wenn die Gläschen mit der Geschwindig- keit von IY2 Sekunden pro Fuß durch die Flamme geführt werden. Niedrige Temperaturen. Eine Ahtötung der Bakterien durch Ge- friereulassen ist bekanntlich nicht mit Sicherheit zu erzielen. Für die Rotzbazillen im speziellen ist diese Thatsache durch folgende Versuche bestätigt. Kra.jewsky95 fand das Contagium nach Einwirkung einer Temperatur von — 12° R (— 15° C) unverändert. Altuchoff* setzte Rotzbazillen, die entweder in Reinkultur auf feste Gegenstände aufge- tragen oder in Wasser suspendiert waren, 6 — 12 Tage lang dem Ein- fluss der natürlichen Winterkälte mit ihren Schwankungen bis — 17,1 und — 19,2° C aus, olme einen merklichen Effekt konstatieren zu können. AVir selbst haben Emulsionen von Rotzkulturen 5 — 80 Minuten in flüssiger Luft ( — 185 bis — 190° C] gefrieren lassen und nach dem Auftauen ihre vitalen Eigenschaften intakt gefunden. Austrockniiiig. Es ist a priori einleuchtend, dass die Rotzbazillen, da sie keine Sporen bilden, durch Eintrocknung ihre Lebensfähigkeit einbüßen müssen. In praktischer Beziehung war es von Bedeutung, festzustellen, mit welcher Geschwindigkeit dieser Vorgang sich abspielt, und zwar je nach dem Material, das der Trocknung unterworfen Avird, und nach den äußeren Umständen, unter denen dieses geschieht. Mit Reinkulturen und unter Beobachtung der erforderlichen bak- teriologischen Kautelen angestellte Versuche liegen nur in geringer Zahl vor. LöFFLER imprägnierte Seidenfädchen mit Rotzbazilleuemulsion, trocknete sie schnell auf einer Glasunterlage und bewahrte sie in sterili- sierten, mit einem Wattepfropfen versehenen Reagenzgläschen bis zur Prüfung auf. >Nach 4 Tagen war die Entwickelung stets eine sehr kräftige; nach 8 Tagen war das Wachstum schon lückenhaft, nach 14 Tagen sehr unsicher; nach 3 Wochen wuchs gewöhnlich nichts mehr.« Jedoch überzeugte er sich selbst aus einem seiner Versuche, dass die eingetrockneten Rotzbazillen sogar 3 Monate lang eutwickelungsfähig bleiben können. Boxome2o ging in der Weise vor, dass er die Kultur- flüssigkeit mit sterilem Sande mischte oder auf Uhr^chälchen ausbreitete, sie 2—4 Tage bei 35° C trocknete und darauf bei 20° C hielt. Unter solchen Umständen bewahrten die Rotzbazillen nur 10 — 15 Tage lang ihre Lebensfähigkeit. Nowikoff konservierte Papierstreifen und Seiden- fäden, welche mit jungen Bouilloukulturen inhibiert waren, bei 16—17° C in geschlossenen Petrischälchen. Hier ging die Austrocknung natürlich verhältnismäßig langsam vor sich, und die Rotzbazillen starJ3en erst in Rotz. 737 14—36 Tagen ab. Altuchoff* setzte die Rotzbazillen, als Eeiukiiltur auf die Oberfläche verschiedener, zum Teil aber nicht steriler Objekte aufgetragen, unter verschiedenen Temperatur-, Feuchtigkeits- und Be- leuchtungsverhältnisseu der Trocknung aus. Nach 5—18 Tagen er- wiesen sie sich immer als zu Grunde gegangen. Die energischsten Trocknungsmittel haben Sirexa & Alessi angewandt und trotzdem eine relativ lange Lebensdauer der Rotzbazillen beobachtet. Die mit Bouillonkultur getränkten Seidenfäden wurden von ihnen bei Trocknung im Thermostaten (37° C) erst nach 31 Tagen steril gefunden, bei Trocknung über Schwefelsäure nach 35, über Oalciumehlorid nach 44 Tagen. Wenn schon die Experimente mit Reinkulturen keine einheitlichen Resultate ergeben haben, so ist es nicht zu verwundern, dass die älteren Untersuchungen, bei denen Organteile, Eiter u. dergl. von rotz- kranken Tieren als Versuchsmaterial diente, und der erzielte Etfekt durch Tierimpfung kontrolliert werden musste, die widersprechendsten Ergebnisse zu Tage gefördert haben. Hier gesellte sich naturgemäß zu den übrigen Fehlerquellen noch diejenige, dass Fäulnisprozesse neben dem Trockuungsvorgaug einherliefen. In gedrängter Uebersicht lassen sich die entsprechenden Litteraturangaben folgendermaßen zusammenfassen. Nur Gohier^^ und Renault 1^3 ist es ge- lungen durch völlig getrocknetes Material Rotz zu erzeugen. Erster er über- trug die Krankheit auf einen Maulesel, indem er ihn in einem Geschirr arbeiten ließ, welches einen Monat vorher einem rotzigen Pferde gedient hatte. Letzterer rief akuten Wurm hervor durch Verimpfung von in Wasser auf- gelösten Krusten, welche er aus dem Nasenausfluss vom Pferde durch 6 Wochen langes Trocknen an freier Luft gewonnen hatte. Alle übrigen Forscher sahen das Rotzvirus bei der Eintrocknung früher oder später unwirksam werden. Den kürzesten Termin, nämlich 48 Stunden, giebt Vallix an, dessen Ver- such darin bestand, dass er Papierstücke mit Rotzeiter imprägnierte und an freier Luft trocknete. Cadeac & Malet ^o fanden rotzigen Nasenschleim und Eiter, bei Zimmertemperatur getrocknet, nach 3 Tagen inaktiv; im Freien war das Resultat von der Witterung abhängig; die Virulenz schwand nach 3 — 9 Tagen, und zwar bei warmem, trockenem Wetter schneller als bei kaltem, feuchtem. Außerdem beobachteten sie, dass ein hastiges Trocknen im Thermostaten die Vernichtung des Contagiums nicht beschleunigt, im Gegen- teil: Nasenschleim, den sie 2 Stunden laug bei 31*^ C. gehalten hatten, erwies sich noch nach 6 Tagen virulent, während derselbe Schleim im Freien schon nach 3 Tagen wirkungslos geworden war. Im Inneren von größereu Lungen- stücken blieb die Virulenz bis zu 26 Tagen erhalten, nachdem die äußeren trockenen Partieen bereits die Ansteckungsfähigkeit verloren hatten. In Ueber- einstimmung mit diesen Autoren konstatierte Izkowitsch, dass dünn aus- gebreiteter Nasenschleim im Zimmer nach 3 Tagen, im feuchten Stalle nach 6 — 11 Tagen seine Infektiosität einbüßte. ViBORGt hat über hundertmal die Erfahrung gemacht, dass durch die 8 — 9 — 14 Tage lang »getrocknete Rotz- materie« in Pulverform Pferde nicht mehr angesteckt werden können. Nach Galtierö^' 69 schwindet durch 8 — lötägige Austrocknung bei 10 — 15° das Rotzgift gänzlich aus allen organischen Stoffen, welche es enthalten, sogar aus zerdrückten Lungenknötchen. Renault i^ß gelang es in 8 späteren Ver- suchen nicht mehr, die Krankheit auf Pferde zu übertragen, wenn die Aus- trocknuug der dazu benutzten, mit Rotz- oder Wurmeiter besudelten Decken und Halfter auf 20 Tage ausgedehnt worden war. Renault & BouleyI^^ Handbucli der patliogenen Mikroorganismen. II. 47 738 A. Wladimiroflf, »impften mit dem Nasenschleim eines au akutem Kotz leidenden Pferdes, nachdem sie denselben eingetrocknet und 6 Wochen auf bewahrt hatten, ver- gebens«. PeuchI^^ trocknete den Nasenausfluss bei chronischem Rotz und verimpfte ihn in einem Falle nach 76 Tagen, in einem andern nach 50 Tagen ohne Erfolg auf einen Esel. Von Interesse ist die Beobachtung von Löffler, dass das aus den inneren Organen rotzkranker Tiere stammende Material stets schon nach wenigen Tagen nicht mehr entwickelungsfähig war, während emul- gierte nnd an Seidenfäden angetrocknete Kulturen sich länger wirksam zeigten. Diese Thatsache wird auch von Nowikoff hestätigt. In seinen Parallelversucheu mit Kulturen und Nasenschleim gingen die Eotz- hazillen bei der Trocknung unter sonst gleichen Bedingungen, in dem Schleim um 6 — 12 Tage früher zu Grunde. B, Chemische Agentieo. Ueber die Wirkung der Chemikalien auf das liotzvirus resp. auf Eotzkulturen liegt in der Litteratur eine große Zahl von Beobachtungen vor, welche sich nur unvollkommen in systematischer Form darlegen lassen, wie es Ottolenghi für einen Teil derselben gethan hat. Wir halten es daher für angezeigt, nach einer liistorischen Uebersicht dieser Frage, die vom Standpunkte der Desinfektion wichtigsten Ergebnisse zusammenzustellen. Renault 16'^ (1858] erzielte mit trockenem und feuchtem Chlor, welches er 5 Minuten bis 16 Stunden auf den Nasenansiluss rotziger Pferde einwirken ließ, ebenso mit Chlor alkalien keinen Erfolg: alle geimpften Pferde fielen an Rotz. GEßLACH'^4 (1869) fand die Ansteckungsfähigkeit rotzigen Nasenschleims, wenn er ihn zu gleichen Teilen mit Chlorwasser mischte, nach 2 Stunden vernichtet, desgleichen im Gemisch mit dem doppelten Quantum Karbolsäure — nach 1/4 Stunden, und im Kontakt mit einer Lösung von roher Karbol- säure (1 : 24 Wasser) — schon nach 1 Minute. Als er ferner in der letzt- genannten Lösung Rotzgeschwüre und Knötchen von der Nasenschleimhaut eines Pferdes 30 Stunden lang liegen ließ, so waren auch diese nicht mehr infektiös. Nach Baxter (1877) gelingt es, die Virulenz flüssigen Rotzmateriales durch 0,4:100 schweflige Säure und 2:100 Karbolsäure aufzuheben; 0,5 : 100 Karbolsäure ist unwirksam. Peuch145 (1879) suspendierte eine Porzellanschale mit virulentem Nasen- schleim in einem Ballon, in welchem er darauf Chlor entwickelte durch leichtes Erwärmen einer Mischung von 30 gr Mangansuperoxyd mit 130 gr Salzsäure. Nach einer Viertelstunde war der Schleim in einen Brei verwan- delt, mit dem sich keine Infektion mehr hervorrufen ließ. »In einem anderen Versuche mischte Peuch ^^r. 5 ccm «jetage» mit 45 ccm Vv'asser und 5 gr trockenem Chlorkalk (ä 90" chlorometrique) eine halbe Stunde lang. Die Impfung mit dem Gemisch blieb erfolglos«. Vallin (1882) berichtet, das Rotzeiter in einer Atmosphäre von 14 vol. schwefliger Säure auf 1000 vol. Luft in 12 Stunden seine Ansteckungs- fähigkeit für Meerschweinchen einbüßt. PeuC'h147 (1882) erzielte mit schwefliger Säure ein Resultat, das dem eben angeführten gewissermaßen entspricht. Bei ihm ging ein Esel an akutem Rotz ein , nach Einimpfung von 1 gr rotzigen Nasenschleimes , welcher sich Eotz. 739 1 Stunde unter einer Literglocke befunden hatte , worin 2 gr Schwefelblüte verbrannt wurden. KßAJEwsKYös (1882) brachte die kurze Notiz, dass es ihm gelang, das Rotzcontagium durch 2^2Pi'oz. Karbollösung vollkommen unschädlich zu machen. Capitan & Paul Bert (1883) »haben die entwicklungshemmende Wirkung verschiedener Metallsalze auf Rotzbazillen geprüft. Sie gaben ihrer Kultur- flüssigkeit (welcher?) pro Liter einen Zusatz von 0,1 gr folgender Salze : von Silbernitrat, Kupfersulfat, Eisensulfat, Zinksulfat, Kaliumper- manganat, Goldchlorid, Bleiacetat, Alaun, Kaliumchromat, Su- blimat und «eau oxygenee (au dixieme)». In den mit Kupfersulfat, Gold- chlorid, Sublimat und «eau oxygenee» beschickten Ballons trat keine Entwick- lung ein, während in allen übrigen, besonders in den mit Kaliumpermanganat und Alaun versetzten Gefäßen die Bazillen sich üppig vermehrten <;. Redard i^^ (1885) studierte die Desinfektion der Viehwaggons. Hierbei infizierte er zunächst die Bretterspalten, indem er eine Flüssigkeit hiueingoss, die er durch Schaben von Rotzdrüsen herstellte, und welche auch kleine Partikelchen der Drüsen und Knötchen enthielt. Darauf setzte er die Spalten für 8 Stunden unter eine Lösung von 2% Zinkchlorid oder von 2% Kar- bol. Im ersteren Falle fand er die Virulenz des Testmateriales zerstört, im zweiten Falle (Karbol) jedoch nicht. Galtier 6^ (1886) überzeugte sich, dass rotzbazillenhaltige tierische Pro- dukte durch Schwefelsäure und arsenige Säure schon in Verdünnungen von 1 : 1500 unschädlich gemacht werden. Für die Praxis empfiehlt er eine siedende Verdünnung von Schwefelsäure 1 : 1000. LüFFLER (1886) experimentierte in der Weise, dass er mit einer Suspen- sion von Rotzbazilleu imprägnierte Seidenfäden, nachdem sie getrocknet waren, in verschiedene desinfizierende Flüssigkeiten legte, nach gewissen Zeitinter- vallen abspülte und auf Kartofieln aussäte. Karbolsäure erwies sich unter solchen Bedingungen in 2proz. Lösung erst nach 10 Minuten, in 3 proz. Lö- sung schon nach 2 Minuten wirksam: »Eine 5 Minuten dauernde Einwirkung einer 3 proz. resp. 5 proz. Karbolsäurelösung genügt also, um Rotzbazillen in dünner Schicht zu zerstören. — Ein in gleicher Weise mit einer Iproz. Kali hypermanganicum-Lösung angestellter Versuch ergab, dass nach 2 Minuten langer Einwirkung die Bazillen abgestorben waren. — Ein gleiches Resultat ergab ein Versuch mit Chlor wasser, dessen Chlorgehalt vor und nach dem Versuche titrimetrisch auf 0,23 resp. 0,16 festgestellt wurde.« Bei den Ver- suchen mit Sublimat wurden die Seidenfäden vor der Aussaat zur Neutra- lisierung des korrosiven Giftes in Hammelblutserum abgespült. Auch in diesem Falle genügte der kurze Aufenthalt von 2 Minuten in sehr verdünnten Lö- sungen von 1 : 2000 und 1 : 5000, um die Bazillen zu vernichten. Cadeac & Malet -^3 (1887) prüften eine große Anzahl von Desinfizientieu, wobei sie sich noch als Material rotzigen Nasenausflusses oder einer Emulsion von Rotzknötchen (filtriert durch Leinwand) bedienten. Zur Prüfung flüssiger oder gelöster Substanzen mischten sie sie mit dem Rotzmaterial im Verhältnis von 3:1. Bei den Gasen benutzten sie Uhrschälchen , auf denen 1 ccm Material in dünner Schicht ausgebreitet war, und plazierten sie entweder in einen Stallraum (für SO2) oder in geschlossene Gefäße, in welche das Gas ohne Ueberdruck einströmte. Die Einwirkungsdauer betrug meist 1 Stunde. Die Prüfung des Effektes geschah durch Einspritzung des Gemisches (!) zu 0,4 ccm an Meerschweinchen, Hunde und Katzen. Die Hauptergebnisse dieser Arbeit sind aus folgender Tabelle zu ersehen. 47* 740 A. Wladimirofif, In einer Stunde wird die Virulenz vernichtet durch: i nicht vernichtet durch: I. Karbolsäure 2 : 100. I. Borsäure 3 : 100. Schwefelsäure 2 : 100. Schweflige Säure, wässrige Lösung, 1 1 Zinkchlorid 2 : 100. Gas auf V-^ 1 Wasser. Kalkwasser 'gesättigte Lösung'. Chloral 1 : 5. Jodwasser (gesättigte Lösung). »Eau oxygent'e a 12 volumes^«. Terpentin 25 : 100. Jodwasser 1 : 10 000. Unterchlorigsaures Calcium , 10 gr auf Unterchlorigsaures Kali, 3 ccm = 1 1 Wasser. 0,01908 Chlor. Silbernitrat 1 : 1000. Unterchlorigsaures Natron, 3 ccm = Hypermangansaures Kali 1 : 20. 0,01902 Chlor. Kalilauge 1 : 5. Unterschwefligsaures Natron, pur. Sublimat 1 : 1000 und 1 : 10000. Silbernitrat 1 : 10000. Kupfersulfat 1 : 20. Zinksulfat 2 : 100. Eisensulfat 1 : 5. Tannin 1 : 8. Schwefelkohlenstoff 1 : 10. II. IL Schweflige Säure: Schweflige Säure. — 60 1 Gas in einem 1. 3 1 Gas in einer Kiste von Stall von 38 cbm = ca. l^/g Vol. SOo 191 1 = ca. 16 Vol. SOo auf 1000 Vol. auf 1000 Vol. Luft 'durch Verbrennen Luft (durch Verbrennen von 4gr von 80 gr Schwefelblüte). Schwefelblüte.) Jod. — 11 Dämpfe auf 1 ccm Virus. 2. 2029 1 Gas in einem Stall von 38 cbm = 44 Vol. SOo auf 1000 Vol. Luft f durch Verbrennen von 2432 gr Schwefelblüte). Chlor. — 11 Gas auf 2 ccm Virus, unter- gebracht in 2 Gefäßen. Brom. — 11 Dämpfe auf 1 ccm Virus. Von den Aveitereu Ausführungen dieser Arbeit ist nur noch von Interesse, dass die Wirkung der 2 proz. KarbolScäurelösung durch den Zusatz von 3 % Glycerin paralysiert zu werden scheint; jedenfalls war das Virus selbst nach 48 stündigem Kontakt mit dieser Mischung unzerstört geblieben. lu einer späteren (1889) gemeinsam mit Meunier ausgeführten Arbeit prüfte Cadeac-'*» nochmals einige der bereits früher von ihm untersuchten Substanzen, aber dieses Mal unter Benutzung von Reinkulturen. Es ergab sich, dass die Rotzbazilleu getötet wurden: von Sublimat 1 : 1000 in 15 Mi- nuten, von Karbolsäure 5 : 100 in 30 Stunden, 1 : 100 in 45 Stunden, von Jodoform in 3 Tagen, von Borsäure 4: 100 in 4 Tagen, von Kupfer- sulfat 2 : 100 in 10 Tagen. Außerdem studierten sie die Wirkung von 78 ätherischen Oelen, von denen hier nur einige wenige genannt seien. Am energischsten wirkte Kauelöl (de Ceylan) und zwar in 15 Minuten, Ori- gauumöl (dictame de Cretej in 80 Minuten, Sautalöl und Zedernöl in 12 Stunden, Kümmelöl in 48 Stunden, Bergamottöl in 21/2 Tagen, Ter- pentin in 67 Stunden. Jäger (1889) ging in der Weise vor, dass er Seidenfädeu mit einem Gemisch von Blutserum und Rotzmaterial tränkte. Letzteres stammte aus Abszessen vom Septum narium eines Pferdes, aus Kaninchenhoden und der Milz einer Feldmaus. Die Fäden wurden auf Holzbrettchen gesteckt und mit dem Desinficiens bepinselt (Kalkmilch) oder in die Lösungen für eine Mi- nute eingetaucht und bis zum nächsten Tage aseptisch aufbewahrt. Die Prüfung geschah durch subkutane Verimpfung an Meerschweinchen oder Feld- Rotz. 741 mause. Die Desinfektion Avurde erreicht dnrcli einmaliges Bestreiclien mit Kalkmilcli 1 : 20, dnrch Eintauchen in Kupfervitriol 1 : 3, Kali hyper- manganicum 5:100, Natronlauge 7,5:100, reinen Steinkohlenteer und Holzteer, in Chlorkalk 1:5 und 1 : 10. Chlorkalk 1 : 3 und Natrum bicarbou. 16 : 100 gaben unsichere Resultate. Nach KuRLOFF & Wagner (1889) gehen die Rotzbazillen im mensch- lichen Magensaft mit einem Säuregehalt von 0,137 — 0,231^ binnen 30 Minuten zu Grunde. Maximowitsch (1889) stellte fest, dass die Rotzbazillen in einer Bouillon, welche 0,1 : 1000 a-Naphthol oder 0,4: 1000 /)*-Naphthol enthielt, nach 3 — 4 Tagen ihre Eutwicklungsfähigkeit verloren. BoER (1890) macht über die Leistungsfähigkeit mehrerer chemischer Des- infektionsmittel unter anderen auch gegen Rotzbazillen Mitteilungen, welche sich am besten in Form nachstehender Tabelle wiedergeben lassen. Entwick- t Abtötung tritt ein lungshem- Desinficiens. mung tritt in frischen Kulturen in 24 stündigen Kulturen ein in Lösungen in 2 Std. in 24 Std. in 2 Std. in 24 Std. Salzsäure 1:700 1:300 1:300 1:200 1:200 Schwefelsäure 1:750 1:250 1:300 1:200 1:250 Natronlauge 1:350 1:250 1:250 1 : 150 1:150 Ammoniak 1:850 1:350 1:450 1 : 250 1:350 Quecksilber- oxycyanid 1 : 60 000 1 : 50 000 1:50000 1 : 30 000 1 : 40 000 Auronatrium- chlorid 1 : 15 000 1:1000 1 : 1000 1:400 1:500 Silbernitrat 1 : 75 000 1 : 15 000 1 : 15 000 1 : 4000 1:10000 Arsenigsaures Natron 1 : 6000 1:300 1:500 1:250 1:250 Malachitgrün . 1:5000 1:300 1:;300 1:300 1:300 Methylviolett 1 : 2500 1:200 1:200 1:150 1:200 Karbolsäure 1:500 1:400 1:400 1:300 1:300 Kreolin 1:300 1:500 Lysol 1:800 1 : 2000 Thoixot (1890) fand, dass Rotzbazillenkulturen durch Schweflige Säure binnen 24 Stunden abgetötet werden, wenn die Desinfektion in gut geschlossener Kammer vorgenommen wird, und man 60, 50 oder sogar nur 40 gr Schwefel pro Kubikmeter abbrennt. Schröder (1895) arbeitete mit Reinkulturen von Rotz, welche er in Form von Suspensionen mit den zu prüfenden Desinfizientien vermengte und nach 1 — 60 Minuten durch Aussaat auf ihre Lebensfähigkeit untersuchte. Es er- wies sich, dass die Rotzbazillen in 1 Minute abgetötet werden: durch Subli- mat 1:20000, Chlorkalk 1:800, rohe Karbolsäure zu gleichen Teilen mit chemisch reiner Schwefelsäure 1 : 200, Kalilauge 1 : 200, Natronlauge 1:100, Lysol 1:100, Kreolin (Pearson) und Karbolsäure 3:100, Kalkmilch 4:100, Methylenblau, Gentianaviolett, Malachitgrün, Fuchsin (konzentr. alkoh. Lösung) 50:100. In 3 Minuten wird die Bak- teriensuspension sterilisiert, wenn ihr die gleiche Menge von Kalkwasser (0,135^ CaO) zugesetzt wird. Grüne Seife 10:100 desinfiziert in 5 Mi- nuten, während Natron seife in derselben Konzentration selbst nach 1 Stunde wirkungslos bleibt. Ebenso erhalten die Rotzbazillen in Eisen sulfat 15:100 und Borsäure 5 : 100 ihre Lebensfähigkeit wenigstens 1 Stunde lang;. 742 A. Wladimiroff, NowiKOFF (1895) suchte festzustellen, wie sich die Rotzbazillen gegenüber den zur Cholerazeit (1892 — 93) vorgeschlagenen aus Holzteer darzustellenden Desinfektionsflüssigkeiten verhalten. Die NEKCKische Flüssigkeit (100 Teile Wasser, 10 T. Fichteuteer, 2 T. Aetzkali) und das DANiLEWSKische Phenol- kalkwasser (gewonnen durch Bearbeitung des Teers mit Kalk im Moment des Gelöschtwerdens, wobei 1 T. Teer auf 10 T. Wasser genommen wurde) töteten, in lOproz. Lösung zum gleichen Quantum einer Bouillonkultur zu- gesetzt, die Rotzbazillen in 4 Minuten. Das RAPTSCHEAVSKische »Pixol« (3 T. Teer, 1 T. Sapo viridis und V4— Vs ^^^- ^^^^^' lOproz. Aetzkalilösung) brauchte unter den gleichen Bedingungen über 5 Minuten, um dasselbe Re- sultat zu ergeben. Alle drei Flüssigkeiten vernichten in noch kürzerer Zeit die Rotzbazillen in au Seidenfäden angetrocknetem Nasenschleim. Ferner er- wies sich eine Bouillonkultur, zur Hälfte mit einer lOproz. Lösung von Acid. pyrolignos. crud. versetzt, nach 12 Minuten abgetötet, desgleichen mit einer 5proz. Lösung von Acid. carbol. crud. nach 5 Minuteu, und falls zur letz- teren Lösung die Karbolsäure mit Schwefelsäure aa verwendet wurde, nach 1/2 Minute. Bosc (1896) infizierte Stoffproben mit jungen virulenten Rotzkulturen und setzte sie der Wirkung von Formaldehyddämpfen nach dem TRiLLATSchen Verfahren aus. Die Abtötung war nach 5 Stunden vollendet. Bronstein (1896) fand, dass das Trikresol (ein Gemisch von Ortho- Meta- und Parakresol) die Rotzbazillen in Reinkulturen abtötet: als Ipromill. Lösung nach 2 — 3 Tagen, als 1 proz. Lösung nach 3 Minuten. Plempek van Balen (1897) teilt mit, dass der Rotzbacillus abstirbt nach einstündiger Einwirkung einer Sublimatlösung von 1 : 2000 oder einer wässrigen Terpentinlösung von 1 : 100. Bonhoff (1897) stellte fest, dass im Diphtherieheilserum mit einem Gehalt von 0,5^ Karbolsäure die Rotzbazillen nach 24 stündigem Aufenthalt ihre Infektionsfähigkeit für Meerschweinchen einbüßen. Valagussa (1897) ließ Holzrauch auf an Seidenfäden angetrocknete Rotzkultur einwirken. Die Abtötung fand in 12 Stunden statt, indem auf einen Raum von 70 cbm der Rauch von 8 kg Holz kam, bei einer Temperatur von 12 — 15° und einem relativen Feuchtigkeitsgehalte von 98 — 100. DE Rechter (1898) legte ein an Rotz gefallenes MeerschAveinchen auf 4 Tage in seinen besonders konstruierten Apparat für Formaldehyd- Des- infektion von Leichen. Die Milzknötchen erwiesen sich darnach als nicht virulent für ein anderes Meerschweinchen. Galtier^2 (1901) kehrte in seinen Versuchen wieder zum Terpentin zurück. Virulentes Material aus den Hoden rotziger Meerschweinchen, 30 Y2 Stunde mit reinem Terpentin oder 50 Minuten mit Terpentin und Wasser (zu gleichen Teilen) behandelt, erwies sich als nicht mehr virulent für Meer- schweinchen; desgleichen nach 49 Minuten Rotzbouillonkulturen, welche im Verhältnis von 3 : 1 mit Terpentin versetzt worden waren. Die für die Desinfektionsfrage wichtigen Ergebnisse der vorstehend mitgeteilten Arbeiten lassen sich in folgender Weise zusammenfassen. In allen Fällen, in denen die Verbrennung der infizierten Objekte nicht bewerkstelligt werden kann (was für Kadaver von Versuchstieren, Leichenteile, Dünger, Kehricht n. s. w. immer vorzuziehen ist), und die Desinfektion in Dampfapparaten sich nicht anwenden lässt, hat man die Wahl unter einer großen Anzahl von chemischen Desinfektions- mitteln. Eotz. 743 Für die Hospital- und die Laboratorium-Praxis bedarf es iu Bezug- auf die Eotzdesinfektiou keiner besonderen Hinweise. Da die Eotzbazillen sich nicht durch große Resistenz auszeichnen, wird man hier jederzeit mit den üblichen Mitteln zum Ziele kommen. Meist handelt es sich aber um die Desinfektion von Stall- räumen, sowie der daselbst vorhandenen Gebrauchsgegenstände und Abfälle. Hier ist von vornherein die ganze Gruppe der gasförmigen Desinfizientien als unzuverlässig zu verwerfen, das Formaldehyd nicht ausgenommen, weil es außer dem Mangel an Tiefenwirkung noch den Nachteil hat, dass es luftdichten Abschluss des Desinfektionsraumes ver- laugt, was in Stallungen erfahrungsgemäß fast nie zu erreichen ist. Was die desinfizierenden Flüssigkeiten betrifft, so ist man bei der Stalldesinfektion meist gezwungen, iu der Wahl sich nicht nur von der größten Leistungsfähigkeit des Mittels, sondern zum Teil auch von seiner Billigkeit leiten zu lassen. Das, wie wir gesehen haben, im Laboratoriumsversuch am energischsten wirkende und zugleich billige Sublimat eignet sich jedoch wenig für diesen Zweck, weil es seine Wirkung nur an der Oberfläche massigerer organischer Abfälle (Schleim- klumpen, mit Eiter oder Nasenausfluss infizierter Dünger u. dergl.) ent- faltet uud außerdem die Metallteile der Stalleinrichtung angreift. Aus letzterem Grunde scheut man auch meist die sonst sehr zweckmäßige Anwendung von Schwefelsäure in Y2— 2proz. Lösung. Kalkmilch- und Chlorkalklösungen sind gerade in diesem Falle als geeignete Mittel viel iu Gel)rauch; wie wir oben gesehen haben, töten sie die Rotzbazillen bereits in viel schwächeren als den üblichen Konzentrationen ab. Will man sauberere uud schneller wirkende Lösungen anwenden, so hat man die Wahl unter den aus Steinkohlenteer gewonnenen Präparaten. Von diesen hat die gereinigte Karbolsäure den einzigen Nachteil des hohen Preises. Gute rohe Kar1)olsäure mit Schwefelsäure präpariert steht als Desiuficiens der reinen Karbolsäure nicht nach, wird aber als weniger sauber und stark übelriechend gemieden. Die übrigen Mittel dieser Gruppe, wie Kresol, Lysol, Kreolin (Solveol, Solutol u. s. w.) sind in den entsprechenden Konzentrationen in gleicher Weise zur Stalldesinfektiou geeignet, und die Wahl zwischen ihnen richtet sich im Grunde genommen nur nach ihrem Preise. Besondere Beachtung verdienen die zuerst von Nencki empfohlenen, wie oben gezeigt, in verschiedener Weise darstellbaren Präparate aus Fichtenteer. Denselben kommt nicht nur die Bedeutung von Surrogaten in Ermangelung anderer Desinfizienten zu. Wenn sie aus gutem Material und mit Zusatz von Alkalien bereitet werden, besitzen sie außer einem genügenden Gehalt an bakterien- tötenden Stoffen (Guajacol, Phenolen, Kresolen u. s. w.) noch den Vorzug der Tiefenwirkung. Zudem sind sie in vielen Gegenden die billigsten, und ihr Geruch wird von den meisten weniger unangenehm empfunden als der der aus Steinkohlenteer gewonnenen Präparate. VII. Verhalten der Rotzbazillen zum tierischen Organismus. Das Schicksal der in den tierischen Organismus eingedrungenen Rotzbazillen hängt in erster Linie von dem Empfängiichkeits- resp. Immuuitätsgrade des befallenen Individuums ab. Entweder gehen sie gleich Saprophyten in kürzerer oder längerer Zeit zu Grunde, ohne 744 -A^- Wladimiroff, greifbare pathologische Erscheinungen verursacht zu haben, oder sie linden einen mehr oder weniger günstigen Boden um ihre pathogeuen Eigenschaften zu entfalten. Nur den letzteren Fall haben wir iu diesem Abschnitt ins Auge zu fassen. A. Infektionsmodus. Unter natürlichen Verhältnissen ist eine Ansteckung durch die Haut, die freiliegenden Schleimhäute, die Lungen, den Verdauungstractus, den Genitalapparat und endlich auf intrauterinem Wege denkbar. Experi- mentell kann selbstredend noch eine Eeihe anderer Eingangspforten für das Rotzvirus geschaffen werden: Blutbahn, Peritoneum, Gehirn, Augen- kammer u. s. w. Die unverletzte Haut ist offenbar wenig zur Aufnahme des Infek- tionsstoffes geeignet. Die Versuche von Babes* und von Cornil^", welche darin bestanden, dass eine rotzbazillcuhaltige Salbe Meerschwein- chen in die gesunde Haut eingerieben wurde, führten nur bei einem Teile der Tiere zu positivem Kesultat, wol)ei die Haarfollikel als Atrium gedient hatten. Nocard ^^2 wiederholte diese Experimente sowohl an Meerschweinchen als auch an Eseln und kam zu der Ueberzeugung, dass in den seltenen Fällen (2 von 18), wo auf diese Weise die An- steckung gelang, nachträgliche zufällige Verletzungen au der infizierten Stelle die Schuld daran getragen haben mussten. Die Verpflanzung des Rotzes durch infiziertes Pferdegeschirr auf gesunde Tiere (Gohiek'^) lässt eine gleiche Auslegung zu. Wenn demnach die Infektion durch das intakte Tegument wenig wahrscheinlich ist, so ist die Ansteckungs- gefahr durch selbst geringe Verletzungen der Haut um so größer. Interessant ist die Aeußerung Viborgs (1797) über diese Frage: »Auch auf der Oberfläche der Haut fand ich Rotzeiter ansteckend; jedoch muss man hier die Haare abscheeren, oder einen Einschnitt machen, wenn man gewiss seyn will, dass das Rotzgift würken soll.« Ganz analog sind auch die Infektionsbedingungen für die meisten Schleimhäute. Schon Viborg hat die Thatsache festgestellt, dass virulentes Rotzmaterial, in zarter Weise auf die Nasenschleimhaut von Pferden aufgetragen, wirkungslos blieb, während es bei grober Einreibung unfehlbar zur Erkrankung führte. Berücksichtigt man nun die große Vulnerabilität der Nasenschleimhaut der Pferde und ferner den Umstand, dass dieselbe bei der Futteraufnahme oft kleinen Insulten ausgesetzt ist, so erscheint die relative Häufigkeit des primären Nasen- rotzes bei diesen Tieren nicht weiter wunderbar. Die Schleimhaut der tieferen Respirationswege ist schon durch ihre geschützte Lage kaum zur Eingangspforte für das Rotzvirus prädisponiert. Auch die Resorptionsbediugungen für die Rotzbazillen sind in den Lungen nicht etwa besonders günstig, wie aus den Versuchen von Cadeac & Malet 34 hervorgeht: Durch Inhalation ließ sich kein Efi"ekt erzielen; selbst direkte Injektion von 10—20 ccm virulenter Flüssigkeit in die Trachea von Eseln blieb in der Hälfte der Fälle resultatlos; erst nach vorausgegangener Reizung oder Verletzung der Schleimhäute gelang die Ansteckung auf diesem Wege. Die Experi- mente von Babes & Cerchez * mit verstäubten Kulturen au Kaninchen und Meerschweinchen, welche bei einigen der letzteren primären Lungen- rotz ergeben haben, sind zu unklar mitgeteilt, als dass sie ein Urteil Rotz. 745 über den lufektionsmodus gestatten könnten. Eine primäre Infektion dureli eingeatmetes Virus ist außerdem schon deshalb unwahrscheinlich, weil die Respirationsluft dasselbe unter gewöhnlichen Verhältnissen nur in pulvertrockener, d. h. in unwirksamer Form führen kann (ISI^ocard i^s). Infolgedessen sind auch die beim Menschen beschriebenen Fälle von Inhalationsrotz (Lussana & Romaro, Forestier) mit Vorbehalt hinzu- nehmen. In der Mundhöhle liegen die Verhältnisse ähnlich wie in der Nase. Auch hier findet die Aufnahme des Rotzgiftes bei gesunder Schleimhaut schwierig oder gar nicht statt (Cadeac & Malet 3^); jedoch ist im Munde häufig genug Gelegenheit zu Verletzungen geboten, sowohl während der Nahrungsaufnahme (bei Herbivoren durch harte Pflanzenteile, bei Karni- voren durch Knochensplitter), als auch, zumal bei alten Pferden, infolge von Schadhaftwerden der Zäluie. Zudem bilden die Krypten der Ton- sillen eine geeignete Eingangspforte. Eine hervorragende Bedeutung für die Entstehung des Rotzes bei Pferden hat die Infektion vom Darm aus (worauf Rexaultis^ schon 1851 hingewiesen hat), nicht m\v, weil diesen Tieren gerade mit dem Futter resp. Getränk am häufigsten virulentes Rotzraaterial zugeführt wird, sondern auch weil im Darm für die Aufnahme der Rotzbazillen die günstigsten Verhältnisse obwalten. Einerseits kann es hier, wie weiter oben erwähnt, zu primären lokalen Prozessen kommen; andrer- seits aber — und das ist besonders zu betonen — werden die Rotz- bazillen auch, ohne sichtbare Veränderungen an der Darmschleimhaut zu hinterlassen, mit dem Chylusstrome fortgeführt, um erst anderwärts (in der Lunge) die primären Alterationen hervorzurufen. Es ist das Verdienst Nocards^s^, 135, 138^ ^^j^qy ([je^g Thatsache Licht verbreitet zu haben. Für den Menschen kommt die Infektion auf intestinalem Wege kaum in Betracht, weil er das für ihn gefährliche Nahrungsmittel, das Fleisch rotz- ki'anker Pferde, fast nie in rohem Zustande zu sich nimmt. So berichtet RmcmEiM, dass in Dänemark auf ViBOiic^s Veranlassung über 100 rotzige Militärpferde geschlachtet und ohne üble Folgen zur Verpflegung der Mann- schaften verwandt worden sind. Aehnliche Beobachtungen in kleinerem Mai^- stabe liegen von Staub und von Decroix vor, von denen der letztere selbst mehrere Male sogar rohes Fleisch rotziger Pferde verspeist hat. Der von LöFFLER citierte Fall, in welchem zAvei Personen durch den Genuss der Milch einer rotzigen Stute infiziert worden sein sollen, ist in ätiologischer Beziehung nicht einwandsfrei, weil die Infektion auf anderem Wege sich nicht mit Be- stimmtheit ausschließen lässt. Von der intakten Conjunctiva aus scheint die Rotzinfektion schwer zustande zu kommen. Einträuflung rotzbazillenhaltiger Flüssigkeit in den Konjunktivalsack von Meerschweinchen hatte in den Versuchen von CoxTE nur dann Erkrankung zur Folge, wenn der Kontakt 2 — 4 Stunden gedauert hatte. Auch Babes & Cerchez * sahen von sieben Tieren, denen sie Rotzmaterial schonend in die Conjunctiva palpebrae eingerieben hatten, nur eines an Rotz zu Grunde gehen, imd zwar ohne örtliche Veränderungen. Aehnliche Resiütate erzielte auch Galtier ^i. In den Fällen spontaner Primärinfektion vom Auge aus (Gräfe, Neisser, GouRFEiN beim Menschen, Richter beim Pferde) ist man berechtigt, die Integrität der infizierten Schleimhaut anzuzweifeln. 746 A. Wladimiroff, Dass ausualimsweise auch der Gen italap parat eleu Ausgangs- punkt fUr den Rotz bilden kann, beweist der oben angeführte Fall von AuER. Die intrauterine Ansteckung der Frucht durch die rotzkranke Mutter kann unter Umständen Zustandekommen. Diese Thatsache wurde schon zu Viborc4S Zeiten als feststehend augesehen. Man muss jedoch im Auge behalten, dass für diese Art der Ansteckung das Kreisen der Eotzbazillen im Blute eine absolute Vorbedingung ist. Demgemäß kann man Fälle intrauteriner Uebertragung eher bei den zu akutem Rotze neigenden Laboratoriumstieren als beim Pferde erw^arten. Nur von Valextini wird ein Fall beschrieben, in dem der neunmouatliche Fötus einer rotzigen Stute nach dem pathologisch-anatomischen Bilde ebenfalls für rotzig befunden worden ist. Lissitzyn untersuchte die Föten aus der zweiten Hälfte der Schwangerschaft einer in 9 Tagen au Impfrotz eingegangenen Katze und fand in ihrem Blute die spezitischen Bazillen. An Meerschweinchen ist die Frage auch in experimenteller Weise ge- prüft wordeu: C ade ac & Malet ^i fandeu in 13 Fällen die Föten nur viermal rotzig infiziert; Fekraresi & Guarxieri kamen auf Grund ihrer Beobachtungen zu der Ansicht, dass der Durchtritt des Virus durch die Placenta durch Blutextra vasate begünstigt wird; Boxome^" endlich konnte sich überzeugen, dass die Rotzbazillen nicht nur auf dem Wege von Hämorrhagieen, sondern auch durch die vollkommeu nor- mal erscheinende Placenta hindurch in den fötalen Kreislauf gelangen. Vou den künstlicheu Infektiousmethodeu wurden zum Zweck der experimentellen Rotzdiagnose in frühereu Zeiteu vielfach die Im- pfungen in die Nasenschleimhaut und in die Haut augewandt, wobei der natürlichen Ansteckung analoge Verhältnisse geschaffen wurden. Gegen- wärtig ist die subkutane und die intraperitoueale Injektion vorzugsweise in Gebrauch. Bei intravenöser und ganz besonders bei intrakranieller Applikation (Tedeschi^oi) erliegen den Rotzbazillen selbst wenig für den Rotz empfängliche Tierarten. B. Schicksal der Eotzbazillen im Organismus. Der Ausgang des Kampfes, in den die Rotzbazilleu sofort uacli ihrem Eindringen in den Organismus mit den tierischen Zellen treten, hängt sowohl vou der Virulenz der Bazillen als von den histologischen Ver- hältnissen des invadierten Organes ab. Im wesentlichen ist der Cha- rakter dieses Kampfes immer der gleiche. Es sind die epithelioideu Elemente, hervorgegangen durch Proliferation der Bindegewebszellen, Gefäßendothelien u. s. w., welche ihn zunächst aufnehmen; zu ihnen ge- sellen sich sehr bald die kleinen polynuklearen Wanderzelleu. Gleich- zeitig wird, ofieubar durch die in das benachbarte Gewebe diffundierenden Toxine der Rotzbazilleu, ein ausgiebiges Oedem um den Kampfplatz herum hervorgerufen. Je nach der Ausdehnung des letzteren äußert sich der Vorgang in Form vou Knoten, Beulen oder diffusen Infiltrationen. Das Oedem ist natürlich der Propagation der Rotzbazillen günstig und macht es verständlieh, weshalb sie so schnell in den Gewebsspalten bis zu den größeren Lymphgefäßen vordringen können. In manchen Fällen gelingt es freilich, den epithelioideu Zellen recht- zeitig einen Wall um die Eindringlinge aufzuführen, und der Prozess l)leibt lokalisiert. Innerhalb der immer fibröser werdendeu Umgrenzung Eotz. 747 gehen sowolil Bazillen als Mikropliageu größtenteils zu Grunde und er- füllen sie schließlicli mit einer Detritusmasse. So kommen die iso- lierten, lauge persistierenden l^otzknötehen zustande. Meist jedoch ist der Ausgang ein anderer. Einerseits liehält der Prozess in den lokalen Herden einen progredienten Charakter, und es kommt eventuell zum Durehljruch nach der Oberfläche (Geschwüre); andererseits finden die Eotzbazillen auf dem Wege der Lymphbahneu die Möglichkeit, in den Blutkreislauf einzudringen. Nun ist das Blut selbst kein geeigneter Boden für ihr Gedeihen und dient meist nur als Vehikel, das sie in die verschiedenen Organe verschleppt. In erster Linie sind es die Lungen, welche sie passieren müssen, ob nun primäre Infektion durch die Haut, durch die Schleimhäute oder durch Besorption vom Darm aus stattgefunden hat. Hierdurch erklärt sich die Stellung der Lungen als Praedilektionsort für rotzige Verände- rungen. — Otfenbar gehen viele Rotzbazillen schon im Kapillarnetz des kleinen Kreislaufes zu Grunde, ohne Veränderungen hervorzurufen; an- dere werden zur Ursache von kapillaren Thrombosen, welche ihrerseits zur Ecchymosenl)ildung führen können. Nun beginnt wieder das Wechselspiel zwischen Bazillen und Körperzellen in der oben skizzierten Weise. Beachtenswert ist, dass in der Lunge die Bazillen sich reichlich in dem feuchtdurchtränkten perivaskulären und peribronchialen Gewebe befinden und von hier aus durch die entzündlich geschwellte Schleim- haut in das Innere der Luftwege gelangen können, von wo sie mit dem Schleim zu Tage befördert werden. In anderen Fällen wird aber die Schleimhaut der Bronchien selbst zum Orte, wo die eingeschwemmten Rotzbazillen Thrombose und Ruptur der Gefäße und die sie begleitenden Reaktionserscheinungen zustande bringen (bazillenreicher, blutiger, eit- riger Auswurf]. — Wenn ein größeres Stämmchen der Endarterien der Lunge durch die Wirkung der eingedrungenen Rotzbazillen sich ver- stopft, so konmit es zur Bildung jener umfangreicheren pneumonischen Herde, in deren Innerem, falls das Uebergewicht auf selten der Bazillen bleibt, wie wir oben gesehen haben, die Entstehung von Kavernen nicht ausgeschlossen ist. Hierdurch ist wieder ein Modus für die Eli- mination des Virus geboten. In den großen Blutkreislauf können die Rotzljazillen aaf zwiefachem Wege hineingeraten, wenn wir von ihrer experimentellen Einführung abstrahieren. Entweder geschieht dieses mittelbar, nachdem sie Lunge und linkes Herz passiert haben, oder aber direkt, indem sie die Wan- dung eines im Gebiete des Kampfplatzes befindlichen Gefäßes durch- dringen. Ist die Empfänglichkeit des befallenen Individuums nicht be- sonders groß, so bleibt der Aufenthalt der Rotzl)azilleu im Blute nur ein vorübergehender, sei es, dass sie im Blute selbst zu Grunde gehen, oder in den verschiedenen Organen deponiert werden. Nur bei hoher Virulenz der Bazillen resp. bei geringer Widerstandskraft des Organis- mus kann eine wirkliche Bakteriämie resultieren. Die Frage von dem Vorhandensein des Rotzcontagiums im Blute hat schon die älteren Forscher der vorbakteriologischen Periode vielfach beschäftigt. Naturgemäß fielen die Resultate sehr ungleich aus. Während Coleman, DiEFFENBACH, Renault i^*^ ScHiMMiNG mit dem Blute rotziger Pferde Infek- tion hervorrufen konnten, dagegen Kersting, Gohier'^'^, Gerlach ^3 dasselbe wirkungslos fanden, arbeiteten Viborg, Liautard, Hering, Cadeac & Malet 32 in derselben Richtung mit wechselndem Erfolge. Die letztgenannten beiden 748 A. Wladimiroff, Autoren erzielten immerliin mit dem Pferdeblut bei akutem Rotz häufiger positive Resultate, als mit dem von cbronisch leidenden Tieren. Auf den zeitgemäßen exakten Nachweis der Rotzbazillen im Blute, welcher bei florider Bakteriämie leicht, im entgegengesetzten Falle nur ausnahmsweise gelingt, werden wir bei Besprechung der experimentellen Diagnose des Rotzes im III. Baude dieses Werkes einzugehen haben. Ans unserer pathologiscli-aniitomischen Skizze ist eriunerlich, dass die Häufig-keit der Rotzalterationen in den verschiedenen Organen eine sehr ungleiche ist. Mit anderen Worten, die mit dem Blutstrom einge- führten Rotzbazillen finden in einem Teile der Organe (Gehirn, Nieren, Muskulatur u. s. w.) einen wenig geeigneten Boden zur Vermehrung und werden schnell an Ort und Stelle vernichtet, während sie in anderen (wie Milz, Leber, Hoden , den serösen Häuten , und besonders der Haut und den Schleimhäuten) die Möglichkeit finden, von neuem festen Fuß zu fassen und sekundäre Alterationen zu erzeugen, deren Entwickelungs- modus im Prinzip immer wieder derselbe ist, wie oben geschildert. Der allendliche Ausgang des Kampfes zwischen Rotzbazillen und Organismus hängt naturgemäß von der Virulenz der Bazillen und in noch höherem Grade von der Stärke der Verteidigungsmittel des Orga- nismus ab. Sind die Kräfte des letzteren ausreichend, so werden die Eindringlinge teils eingekapselt und vernichtet, teils durch Geschwürs- bildung eliminiert, und es kommt, trotz oft Monate und Jahre währender Schwankungen, zum Ausgang in Heilung. — Im entgegengesetzten Falle unterliegt nach kürzerem oder längerem Widerstände das belallene Indivi- duum, wobei der Tod nicht etwa infolge von direkter Zerstörung lebenswich- tiger Organe durch die Rotzbazilleu eintritt, sondern in unkomplizierten Fällen als Ausdruck einer bakteriellen Intoxikation aufzufassen ist. Die Bedeutung der Rotztoxine ist im nächsten Bande näher zu besprechen; hier müssen wir nur hervorheben, dass sie die Ursache des Fiebers, der anomalen Zusammensetzung des Blutes, der funktionellen Störungen der wichtigsten Organe abgeben. Da die Menge der Toxine in geradem Verhältnis zur Menge der im Körper vorhandenen Rotzbazillen steht, so bedarf es kaum der Erwähnung, dass die Giftwirkung da am aus- gesprochensten ist, wo der Organismus nicht mehr die Fähigkeit besitzt, das Blut bakterieufrei zu erhalten und es zur rotzigen Septikämie kommt. C. Ausscheidung der Eotzbazillen aus dem Organismus. Infektiosität der Eotzkadaver. Aus dem bisher Gesagten ist bereits ersichtlich, dass die Rotzbazillen vorwiegend mit dem Eiter der Geschwüre und mit dem Sekret der Schleimhäute, auf denen oder in deren unmittelbaren Nähe (Lungen) der Kranklieitsprozess besteht, ausgeschieden werden. Ferner ist schon a priori einleuchtend, dass auch die Ausleerungen des Darmes Rotz- bazilleu enthalten können (Cadeac & Malet ^^\ und zwar nicht nur bei denjenigen Tieren, welche infektiöse Nahrung zu sich nehmen, sondern auch bei denjenigen, deren Respirationswege befallen sind (infolge von Verschlucken bazillenhaltigen Schleimes). Der Harn, schon von Viborg bisweilen infektiös befunden, kann ausnahmsweise ebenfalls Rotzbazillen enthalten (Weichselbaum^iq^ Philippowicz, Kiemann); desgleichen die Galle (Ferraresi & Guarnieri). Ob sie in die Milch übergehen können, Eotz. 749 ist selir frag-lich. In dem oben mitgeteilten Falle bleibt es ungewiss, ob die Infektion der Milch nicht außerhalb des Körpers durch Verunreinigung stattgefunden hat, falls sie überhaupt die Ursache der Erkrankung ge- wesen ist. Was den Schweiß anbetrifft, so sind die Versuche darüber aus älterer Zeit belanglos geworden. Eine Ausscheidung der Eotzbazillen durch die Schweißdrüsen haben wir nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse keine Veranlassung anzunehmen (Tromsciitschinsky); nur durch Vermischung an der Körperoberfläche mit rotzbazillenhaltigen Produkten anderer Provenienz könnte der Schweiß auch zum Träger des Virus werden. Die Infektiosität der Leichen an Rotz gestorbener Menschen und Tiere hängt von der Form der vorausgegangenen Erkrankung ab. Nach chronischem Rotz findet man die Erreger fast ausschließlich in den spezifischen Herden; aber auch in diesen können, falls sie bereits sehr alten Datums sind, keine lebensfähigen Bazillen mehr vorhanden sein. Nach akutem Rotz, und besonders, wenn derselbe mit Bakteriämie ab- geschlossen bat, sind alle Teile des Kadavers als infektiös zu betrachten. Litteratur. Die in eckigen Klammern beigefügten Zahlen bezeichnen die Nummern des Werkes in diesem Verzeichnis, nach welchem der betreffende Autor citiert ist. 1 Abildgaard, cit. nach Viborg. — - N. Afanassieff, Beiträge zur Frage von der Serumdiagnose beim Rotz (russ.). Dissert. Jurjeff, 1900. — ^ p. (j. Altuchoff. Zur Frage von der Struktur nnd Genesis des Rotzknotens in den Lungen iruss.,. Arch. f. Veter.-Wissensch., 1894. — ^ Ders., Ueber die Wirkung einiger physik. 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Diphtherie. Von Prof. Dr. M. Beck, Kais. Regieru7igsrat in Berlin. Mit 6 Figuren im Text. Historische Uebersicht über die Lehre von der Diphtherie. Zu den interessauteniten Kapiteln der Infektionskrauklieiten und der Parasitologie g-ehört ohne Zweifel die Lelire von der Diphtherie. Ist es doch diese mörderische Krankheit, an der die bisher auf rein experi- mentellen Bahnen sich bewegende junge Wissenschaft der Bakteriologie ihren Eintritt in das praktische Leben feierte. Die Lehre der Gift- wirkung der Bakterien wurde an dem Toxin der Diphtheriebazillen zu- erst genauer studiert, die Serumtherapie l)erechtigte durch die glänzen- den Erfolge zu den weitgehendsten Hotfnungen für eine spezifische Heilung auch der übrigen Infektionskrankheiten. Selbstverständlich musste von jeher eine Krankheit, wie die Diphtherie, einmal durch ihre verheerende Wirkung besonders in der Kinderwelt, dann aber durch den eigentümlichen Charakter der Erscheinungen selbst die Aufmerksamkeit der Aerztewelt auf sich lenken. Auf der einen Seite ein rein lokaler Prozess, auf der anderen Seite eine ausgesprochene Gift- wirkung war es nicht zu verwundern, dass die Ansichten der Forscher schroff einander gegenüberstanden und dass es Decenuien dauerte, bis die Sache sich völlig klärte. Jetzt können wir mit Genugthuung sagen, dass durch die grundlegenden Arbeiten von Löffler, Koux & Yersix sowie Behring & Ehrlich die Diphtherie als eine der best- erkannten Krankheiten anzusehen ist und dass sich auf diesen Bahnen nach vielen Seiten hin die neue Richtung der Lehre von den Infektions- krankheiten weiter aufgebaut hat. Obgleich die Diphtherie erst im Anfang des 19. Jahrhunderts von Bre- TONXEAu und seinen Schülern namentlich durch Velpeau & Trousseau als eine Krankheit sui generis genau erkannt und präzisiert worden ist, so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass sie schon im Altertum als epidemisch auftretende mörderische Erkrankung bekannt und gefürchtet Diphtherie. 755 war, als eine Krankheit, die sich iu einer brandigen Zerstörung" der Eacheuorgaue Icundgab, und dass die Verbreitung vornehmlich auf dem Luftwege zustande kam. So beschreibt, abgesehen von den schon bei HiPPOCRATEs i sich darauf bezüglichen Andeutungen einer bös- artigen Angina bei Kindern, Aüetäus von Kappadozien^, der in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung in Eom lebte, die unzweifelhaften Erscheinungen der Rachen- und Kehlkopf- diphtherie, wobei er besonders auch auf den häufigen Ausgang der Krankheit in Dyspnoe, sowie auf das hauptsächliche Ergriflfensein der Kinder bis zur Pubertät hinweist. Nach AuErÄus stammt die Krank- heit aus Egypten und Syrien, und wird daher auch als »egyptisches Geschwür« noch lange späterhin bezeichnet. Ebenso macht Aetius=^ (600 n. Chr.) Angaben, nach denen ihm die Kraukheit bekannt sein musste; bei ihm finden wir auch die konsekutive Lähmung erwähnt, und er beschreibt sogar einen Fall, wo bei einem siebenjährigen Mädcheu der Tod nach anscheinend vollständiger Heilung infolge einer Schlund- lähmung eintrat. Bei Galex^ finden wir merkwürdigerweise nur eine kurze Xotiz über die Krankheit, und auch aus dem Mittelalter sind uns nur unbestimmte Angal)en über die Diphtherie überliefert. Erst aus dem 16. und 17. Jahrhundert haben wir dann wieder Angaben, die wir auf die Diphtherie zu beziehen berechtigt sind. Besonders sind es spanische und italienische Aerzte, die uns von der in den Jahren 1583 — 1610 zuerst in Spanien wüteuden Epidemie berichten; namentlich in Spanien war die Krankheit als »Morbo soäbcaute« gefürchtet. Von Spanien kam die Krankheit nach Italien, wo sie sich von Neapel aus allmählich über ganz Italien ausbreitete und dieses Land bis zur Mitte des 17. Jahr- hunderts heimsuchte. Von da an bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts scheint die Diphtherie weniger mörderisch gehaust zu haben. Aber gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts begegnen wir ihr in Nordamerika und l)ald darauf erfahren wir von einer bedeutenden Epidemie in Eng- land, Frankreich, Holland, der Schweiz und in Schweden sowie auch in Westindien. Die englischen Aerzte damaliger Zeit erwähnen, dass die Diphtherie häufig mit Exanthemen (wahrscheinlich Scharlach) einher- gehe. Die Namen "der Aerzte wie Gmsi^, der die im Jahre 1747 iu Cremona herrschende Diphtherie studierte, Samuel Bard«, der die Epidemie in Newyork im Jahre 1770 beschreibt und Home", einem schottischen Arzt, der zuerst zwischen Krup und der gangränösen Form der Erkrankung streng unterscheidet und im ersten Fall bei gefahr- drohenden Sufifokationserscheinungen die Trachcotomie empfiehlt, sind wert, in der Geschichte der Diphtherie mit ehernen Lettern eiugegraben zu sein. Als zu Anfang des vorigen Jahrhunderts nach dem Tode seines Nefien der Kaiser Napoleon I. »über die Natur und die Behandlung des Krup« eine Preisaufgabe stellte, wurde der Preis zwischen Jurine ^ iu Genf und Albers 9 in Bremen geteilt. Beide hatten übereinstimmend die Angina maligna (Diphtherie) und den Larynxkrup für zwei ganz verschiedene Krankheiten erklärt und nach dieser Richtung bewegt sich nun im Anfang des vorigen Jahrhunderts allgemein die Lehre, bis dann im Jahre 1821 durch Bretonxüau 1", einem Zeitgenossen Laennecs, beide Krankheits- formen als zusammengehörend erkannt wurden und er gleichzeitig den Satz aufstellte, dass beide Erscheinungen auf eine einzige Infektionsquelle zurück- geführt werden müssen. In seinen beiden der Akademie vorgelegten Werken schildert Bretünneau im Anschluss au eine Epidemie in Tours in 48* 756 M. Beck, den Jahreu 1818 — 20 auf Grimd von 60 Leiclienöffnimgen, wie die Angina membranacea selbst bei dem g-angräuösen Verlauf des Kranklieitsprozesses im Pharynx nur eine von dem Krup der Luftwege verschiedene Krauk- heitsform darstelle, die aber wie die erstere auf die gleiche krank- machende Ursache zurückzuführen sei. Es handelt sich dabei um eine Krankheit sui generis, die ihrer spezifischen Erscheinungen wegen am besten als Diphtheritis zu bezeichnen ist, und zwar bildet Bretünneau das Wort Diphtheritis aus dupOequ pellis Gerbhaut, Membran von öupd-eQcko = corio obtego. Was Bretünneau über die Entstehung und Verbreitungsweise der diphth. Membranen in seinem Buche sagt, stimmt vollkommen mit der experimentell durch Diphtheriebazillen beim Tier erzeugten Krankheit tiberein; er beschreibt dieselbe folgendermaßen: »Was die Verbreitungsweise der diphtherischen Entzündung betrifft, so geschieht dieselbe in ganz eigenartiger Weise: sie schreitet in ähnlicher Weise vor, wie ein Flüssigkeitstropfen, der in der Umgebung sich im- bibiert und an abhängiger Stelle heruntergleitet.«; »Oft erkennt man wie ein langer, schmaler Streifen vom tiefsten Rot sich in den Pharynx hinein verbreitet, oder nach der Trachea hin- untersteigt, zuweilen auch mehrere solcher Streifen nebeneinander. In der Mitte jeder dieser Streifen entsteht nun überall das feste Exsudat. — Mit zunehmender Verdickung und engerem Konnex zwischen Schleim- haut und Pseudomembran wird auch die Schleimhaut selbst mehr und mehr verändert: es kann dann vorkommen, dass das Exsudat sogar in die Schleimhaut eingelagert ist. Erosionen und Ecchyniosen entstehen an den einer Eeibung ausgesetzten Punkten und wenn nun noch Blut austritt, dann entstehen jene Veränderungen der ursprünglich weißen und geruchlosen Membran, die zu einer Blutinfektiou führen, welche den spezifischen Charakter der Diphtherie ganz verdecken kann.« (Nach Behring 11, Die Geschichte der Diphtherie.) Die zwei weiteren Diphtherieepidemieen im Jahr 1824 und 1825 gaben Bretonneau und seinen Schülern Gelegenheit die bisher gewonnenen Erfahrungen zu erweitern, so dass wir ihnen, Avenn auch heutzutage diese Anschauungen nicht mehr volle Anerkennung finden können, doch das Verdienst nicht absprechen dürfen, in den bis dahin ganz diffusen Krankheitsbegriff von der Diphtherie Klarheit gebracht zu haben. Nicht unterlassen möchte ich an dieser Stelle neben den klinischen Beobachtungen Bretonneaus auch auf seine experimentellen Unter- suchungen kurz hinzuweisen, welche die Thatsache der klinischen Spezi- fität der Diphtherie darlegen sollten. So gelang es ihm pseudomem- branöse Entzündungen beim Hunde nach Injektion von Olivenöl mit Kantharidentinktur in die Trachea zu erzeugen. Weiter sind seine Be- obachtungen insofern von hoher praktischer Bedeutung, als durch ihn und seine Schüler auf den Wert der Tracheotomie bei suffokatorischen Erscheinungen hingewiesen worden ist und die Technik dieser Operation in vollendeter Weise ausgebildet wurde. Diesen Arbeiten Bretonneaus folgten teils gleichzeitig, teils bald darauf zahlreiche Abhandlungen französischer Autoren, von denen ich nur Teousseau^^ erwähnen möchte, der gewissermaßen als der Be- gründer der Lehre von der Hautdiphtherie gelten kann. Er war es auch, der die jetzt allgemein gebräuchliche Bezeichnung »Diphtherie« der von Bretünneau vorgeschlagenen Diphtherite vorzog und durch diese Namensänderung zeigen wollte, dass er die Ansicht Bret(jnneaus über den rein lokalen Charakter der Krankheit nicht teilen kann, dass Diphtherie. 757 vielmehr die auf der Schleimbaut und auf der Haut sich abspielenden spezifischen diphtherischen Prozesse Zeichen einer im Blut verlaufenden Allg-emeinerkrankung- darstellen. Diese abweichende Anschauung mag- sich wohl beziehen auf die negativen Impfversuche Truusseaus, da er nach Verimpfuug von diphtherischen Membranen auf Tonsille und Pharynx sowie auf die äußere Haut weder bei sich noch bei einigen seiner Schüler die spezifische Erkrankung zu erzeugen vermochte. Die Aufüissung Trousseaus über die Albuminurie, die Lähmungserscheinungen nach Diphtherie, die er als Folgen einer vorausgegangenen Vergiftung an- sieht, entsprechen vollkommen den Anschauungen der Neuzeit. Während so von den französischen Autoren in erster Linie die kli- nischen Erscheinungen, sowie die ätiologischen und pathogenetischen Bedingungen in den Vordergrund gestellt werden, wurde von deutschen Forschern mehr die pathologisch -anatomische Seite der Diphtherie in Angriff" genommen. Krup und Diphtherie. ViRCH0wi3 war es, der zuerst im Jahre 1844 die 3 Formen der Schleimhautentzündung unterschied: 1. die katarrhalische, 2. die kru- pöse und 3. die diphtheritische. Die krupöse Form unterscheidet sich von der diphtheritischeu dadurch, dass bei ersterer auf der freien Schleim- hautoberfläche sich ein fibrinijses Exsudat bildet, das ohne Verletzung der Schleimhaut zur Bildung von leicht ablösbaren Membranen führt. Die diphtheritische Entzündung dagegen besteht in einem aus dichtem amorphen Fibrin in der oberflächlichen Schicht der Schleimhaut ent- standenen Exsudat, das, auch wenn es bis zur Oberfläche der Schleim- haut vordringt, doch stets unter der Epithelschicht liegen bleibt. Das Eigenartige des diphtheritischeu Prozesses ist also nach Virchow die Nekrose der erkrankten Schleimhautpartie, beim Krup dagegen kommt es nicht zum eigentlichen Defekt der Schleimhaut, sondern nur zu einer fibrinösen Auflagerung auf derselben. Diese Unterscheidung, welche doch wesentlich nur eine Trennung im pathologisch-anatomischen Sinne darstellt, ist auch von Klinikern wie Liebermeister i"* und Henoch^^ beibehalten worden. Jedoch haben sich die pathologischen Anatomen selbst namentlich in jüngerer Zeit dieser Auffassung Virchows auf die Dauer nicht anzuschließen vermocht. So suchte Wagner ^^ vor allem die Identität der krupösen und der diphtheritischeu Membran nachzu- weisen; der Ausgangspunkt beider, sowohl des Krup wie der Diphtherie, sind nach ihm die Epithelzellen, und der ganze Vorgang ist als eine fibrinöse Metamorphose der letzteren anzusehen, während die Schleimhaut nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Dem gegenüber gehen die Haupt- veränderuugen nach Buhl 1^ in der Mucosa vor sich. Während Wagner den größten Nachdruck auf den lokalen Prozess legt, muss nach Buhl die Diphtherie als eine Allgemeiuinfektion angesehen werden, als deren lokalen Ausdruck man die Schleimhautaflektion im Pharynx anzusehen hat. Auch RecklinghausenI^ und seine Schüler namentlich Nassi- LOFF^ö machen auf die von ihnen als hyaline Degeneration bezeichnete Veränderung der Zellen und der Gewebselemente in der diphtherischen Schleimhaut aufmerksam, die Allgemeininfektion selbst kommt durch eine Pilzeinwanderung zustande, die Oberfläche der Membran besteht aus körnigen, bräunlichen Massen, die sich aus den Pilzen zusammen- 758 M. Beck, setzen imd teils einzeln, teils zu kleinen Haufen angeordnet vorfinden. Während also Eecklinghausen nnd Nassiloff direkt Pilze als die Ur- sache der Diphtherie ansprechen, drücken sich in vorsichtiger Weise CoHNHEiM^« und Weigert 21 nach dieser Kichtung hin aus. Die bei der Diphtherie sich bildende Koagulationsnekrose, welche durch eine eigenartige Verquickung des entzündlichen Prozesses mit Nekrose des Gewebes entsteht, wird nach Ansicht der beiden letzten Forscher durch Bakterien bedingt, die zunächst auf die Schleimhaut entzünduugserregend und nekrotisierend wirken, schließlich aber durch fortschreitende Infek- tion schwere Allgemeinerscheinungen hervorzurufen imstande sind. Beide Autoren scheiden streng zwischen 1. dem reinen Krup, der dem Schleinihautgewebe aufliegenden fibrinösen Pseudomembran, 2. der Di- phtherie, der tief ins Schleimhautgewebe eindringenden Membran und 3. einer aus Krup und Diphtherie bestehenden Mischform, dem diphtheri- tischen Krup, wo sowohl eine Auflagerung als eine tiefgehende Infil- tration in das Schleimhautgewebe gefunden wird. Der Streit über die Genese der diphtherischen Membran, besonders die Frage ob das in der Membran enthaltene Fibrin durch Exsudation entstanden oder durch die Degeneration des Schlcimhautgewebes sich herausgebildet hat, diese Frage bildete bis in die neueste Zeit hinein eine scharf diskutierte Frage der pathologischen Anatomen und es würde zu weit führen, hier in Einzelheiten uns einzulassen. Oertel22^ dessen sorgfältige Arbeiten über die Diphtherie wohl mit am eingehendsten diese Frage erörtern, hält die Bildung der diphtherischen Membran für einen degenerativen Prozess, bei dem die Epithelzellen und die Leuko- cyten in Auflösung begriften sind, und zwischen die filn-inös metamorpho- sierten Zellen traussudieren nun Massen einer fibrinogenen Flüssigkeit, welche durch Gerinnung zu netzförmig angeordneten Faserzügeu Veran- lassung geben. Die Bildungsstätte der Membran ist das Schleimhaut- gewebe und erst sekundär nach Zerstörung und Sprengung des Epithels entsteht die eigentliche Pseudomembran. Aehnliche degenerative Prozesse entstehen übrigens unter der EiuAvirkung des diphtheritischen Virus auch in anderen Organen, namentlich den Nieren. Als die Ursache der für die menschliche Diphtherie charakteristischen Schleimhautveränderung sieht Oeutel einen »Micrococcus« an. Jedoch nimmt er von Kultur- versuchen aus prinzipiellen Gründen Abstaud, da ohne Kenntnis des Vegetationsprozesses der Pilze von einem exakten pathologischen Ver- such einer Uebertragung nichts zu erwarten sei. Trotzdem gelang es ihm durch Verimpfung einer diphtherischen Membran beim Kaninchen durch 4 Generationen hindurch eine dicke Pseudomembran zu erzeugen. Auch in seinen späteren Arbeiten aus dem Jahre 1880 und in seiner 23 ^-Patho- genese der epidemischen Diphtherie« stellt sich Oertel auf den Stand- punkt, dass die menschliche Diphtherie sich als einen durch pflanzliche Parasiten hervorgerufenen Krankheitsprozess darstelle, der, auf der Schleimhaut beginnend, den gesamten Organismus infiziert und so zu einer Allgemeinerkrankung führt. Durch seine experimentellen Unter- suchungen kommt Heubner2i zu dem Schluss, dass zum Zustandekommen einer krupösen oder pseudodiphtherischen Membran eine Alteration der oberflächlich gelegenen Gefäße durch das Virus notwendig sei, in der Weise, dass das Gift entweder direkt einwirkt oder erst durch den Blutstrom an die Stelle der Afi'ektion gelangt. Wir sehen aus diesen Mitteilungen schon, wie geteilt die Ansichten über das Zustandekommen der diphtherischen Membran überhaupt sind; die Ursache der Diphtherie Diphtherie. 759 koriiite erst diircli die exakten Methoden der Kocuselien bakteriologischen Forschung eruiert werden. Selbstverständlich fehlte es bis dahin nicht an Versuchen, die Krankheit auf Tiere zu übertragen, und es möge mir in Kürze über die hauptsächlichsten und nennenswertesten Arbeiten nach dieser Eichtung hin zu berichten gestattet sein. Frühere Uebertragungsversuche. Bei einer so mörderischen und heimtückischen Infektionskrankheit, als welche sich die Diphtherie darstellt, kann es nicht wundernehmen, wenn es an Forschern, die nach den krankheitserregenden Pilzen dabei suchten, nicht gefehlt hat. Auf der von den diphtherischen Membranen bedeckten Öchleimhaut, sowie in den Pseudomeml)ranen selbst, findet man eine solche Menge zufälliger, teils aus der Luft, teils mit den Nahrungsmitteln eingeführter und zur Entwicklung gekommener Mikro- organismen verschiedenster Art, die auf der gelockerten Schleimhaut einen günstigen Nährboden finden, dass es erst sorgfältiger Methoden be- durfte, um aus dem Konglomerat der verschiedensten Bakterien diejenigen herauszufinden, welche die Krankheit verursachten. Dazu kam noch das unter dem Charakter einer Allgemeinerkranknng verlaufende Krank- heitsbild, und daher schließen sich die bei der Diphtherie in früherer Zeit erhaltenen Bakterienbefunde mehr oder weniger den Befunden der septischen Krankheitserreger an. So haben wir schon früher erwähnt, dass OEitiEL22 Mikrokokken als die Infektionskeime der Diphtherie ansah. Zu allgemeiner Orientierung möchte ich in dieser Beziehung- weiter erwähnen Namen wie: A. LaycocrSs, Hillier^o^ Letzerich 27^ ToMMASi Crudeli2s uud Hüter 2'J, TREXDELNnrRGSf, Marcuse^^i, Rosen- bach 32^ Woodys und Foraiad; sie alle haben teils kulturell, teils durch Tierversuche, zum Teil aber auch bloß auf mikroskopischem Wege die Ursache der Diphtherie zu ergründen versucht. Jedoch gelang es keinem der genannten Autoren mit den durch Kulturen gewonnenen Mikro- organismen, die sich voneinander selbst wieder unterschieden, ein spezi- fisches und einheitliches Krankheitsbild durch Impfversuche zu erzeugen. Die Untersuchungen von Eberth'^^, Füruringer^^, Bahbe=^", sowie die von Wagner 16 haben wenigstens ergeben, dass der Krankheitserreger nicht im Blute gefunden wird und dass in dem lokalen Prozess der Schleimhaut der primäre Sitz der Krankheitserscheinungen zu suchen sei. Alle diese Untersuchungen geben nur den Beweis dafür, wie schwierig es war, vor der Entdeckung der isolierten Züchtung der Bak- terien auf festen Nährböden von Koch eine solche Aufgabe, wie die Aetiologie der Diphtherie sie stellte, in einwandfreier Weise zu lösen. Bei den Verhandlungen des IL Kongresses für innere Medizin in Wiesbaden im Jahre 1883 hatte sich bei den meisten der Kliniker die Ansicht zu der Anschauung hingeneigt, dass die Ursache der Diphtherie wohl bakterieller Natur sei, dass aber die unter dem Namen Diphtherie zu- sammengefasste Krankheitsform keiner einheitlichen ätiologischen Ursache zugeschrieben werden könne. Diese wohl ziemlich allgemein damals die Versammlung beherrschende Anschauung wird auch durch die Worte Gerhards 3^ zum Ausdruck gebracht, »dass nicht gerade eine Pilzform, sondern dass mehrere Formen Diphtherie erzeugen können, und die Unterschiede der Erkrankungsformen wesentlich in diesen verschiedenen Pilzformen begründet sind«. Es darf daher nicht wundernehmen, dass 760 M. Beck, Klebs^s, der sich schon seit vielen Jahren mit der Erforschung- der Aetiologie, allerdings ohne positiven Erfolg-, beschäftigt hatte, durch seine neuesten üntersuchung-en auf diesem Kongress großes Aufsehen erregte. Schon in den Jahren 1873 und 1875 hatte dieser Autor Kulturversuche mit diplitherischen Belägen gemacht und als den Krankheitserreger ein Microsporon diphthericum beschrieben, das aus Kokkeuballen und aus Fäden bestand, die beide als verschiedene Entwicklungsstufen ein und desselben Pilzes angesehen vs^erden müssen. Jetzt trat Klebs mit der Mitteilung auf, dass neben der von ihm früher beschriebenen infektiösen Form eine andere lokale mit der ersten nur in einigen äußeren Merk- malen gemeinsame Krankheitsform vorkomme, die sich durch die rasche Ausbreitung der Membranen namentlich auch auf die Trachea auszeichne, so dass diese Auskleidung der Trachea mit Membranen, die in der Regel zur Sufifokation führen, als die wesentliche Todesursache angesehen werden müsse. In dieser Membran findet man bei starker Vergrößerung in der oberflächlichen Schicht regellos, wie in einer Gallerte eingebettet, kurze schmale Stäbchen liegen. Diese Stäbchen sind von gleichmäßiger Länge, äußerst schmal und erreichen im ganzen kaum die Größe der Tuberkelbazillen. Eine Anzahl dieser Stäbchen enthält außerdem end- ständige Sporen. Jedoch gelang es ihm nicht, die Stäbchen in den inneren Organen nachzuweisen, es zeigten aber auch diese Fälle seiner Auffassung nach nicht die anatomischen Veränderungen in Niereu, Milz und Leber, wie man sie bei der mikrosporineu Form findet, und deshalb sind auch die beiden Arten sowohl klinisch wie pathologisch- anatomisch wohl voneinander zu trennen. Wenn man auch nach der Beschreibung, die Klebs von diesen Stäb- chen giebt, kaum zweifeln kann, dass er die richtigen Diphtheriebazilleu gesehen hat, so fehlte es doch an den nötigen Kulturversuchen imd an den beweisenden Tierexperimenten, um die ätiologische Bedeutung dieser Stäbchen klarzulegen. Nachdem E. Koch durch seine Untersuchungen über den Milzbrand und die geniale Entdeckung des Tuberkelbacillus die Lehre von der Pathogenese der Infektionskrankheiten in wesentlich neue Bahnen gelenkt hatte, war es mit Hilfe der KocHSchen Methoden zur Isolierung der Reinkulturen möglich, auch bei der Diphtherie einem festen Ziel ent- gegenzugehen und so bildet die Arbeit von Löfflek 39 über die Aetiologie der menschlichen Diphtherie, welche im Jahre 1884 erschien, gewisser- maßen den Ausgangspunkt und die Grundlage für die späteren Arbeiten, welche sich mit der Aetiologie der Diphtherie beschäftigten. Litteratur. 1 HiProcRATES, Liber de dentitione. — - Aretäus, Die auf uns überkomme- nen Schriften des Kappadocier Aretäus. Uebersetzt von Dr. A. Mann, Halle 1858. — 3 Aetius. Tetrabiblos. Venet. 1534. nach Häser, Geschichte d. Medicin. 3. Bd., S. 432, 188-2. — 4 Galenus, edit. Kühn, Lipsiae 18-21 — 1833. — 5 Ghisi, Lettere mediche. Cremona 1749. — 6 Samuel Bard, On inquiry into the nature, cause and eure of the angina suffocativa etc. Transaction of the phil. society. Phila- delphia 1789. — '^ Home. Inquiry into the nature, cause and eure of the croup. Edinburg 1765. — § Jurine, Memoire sur le croup. Geneve 1810. Deutsch, Leipzig 1816. — 'i Albers, Joh. Albr., De tracheitide infantum. Lipsiae 1816. _ — 10 Bretonneau, Des inflammations speciales du tissu muqueux et en particulier de la Diphtherie etc. Paris 18-26. — ^ Behring, Geschichte der Diphtherie. Leipzig 1893. — 12 Trousseau, Clinique medicale de Thötel Dieu de Paris, t. 1, 18-28. — 13 ViRCHOW, Virchows Archiv, Bd. 1, 1844. — i* Liep.ermeister, Vor- lesungen über spezielle Pathologie u. Therapie, Bd. 1. Leipzig 1885. — i3 Henoch, Diphtherie. 761 Vorlesungen über Kinderkrankheiten. Berlin, Hirschwald. 8. Auflage, 1895. — 1" Wagner, Arch. d. Heilkunde, Bd. 7. — i" Buhl, Zeitschr. f. Biologie, Bd. 3, 1867. — 18 Recklingiiausen, Centralblatt f. d. med. Wissenschaften, 1871. — 19 Nassiloff, Virch. Arch., Bd. 50. — 20 Cohnheim. Vorlesungen über allgemeine Pathologie, 1882, 8. 567. — 21 Weigert, Virch. Arch., Bd. 70 u. 72, 1877. — 22 Oertel, Experimentelle Untersuchungen über Diphtherie. Leipzig 1871. — ^sDers., Patho- genes der epidemischen Diphtherie. Leipzig 1887. — -i Heubner, Die experi- mentelle Diphtherie. Gekrönte Preisschrift, Leipzig 1883. — 2.5 Laycock, Journ. f. Kinderkrankh., Bd. 36. — -*'• Thomas Hillier, Med. times and gaz. Jan. 1859. — 27 Letzerich, Arch. f. exper. Pathol. u. Therapie, Bd. 12, 1880. — 28 Tommasi Crudeli, Centralbl. f. d. med. Wissensch., 1868. — 2'.» Hüter, Allgem. Chir., 1873, S. 205. - 30 Trendelnburg, Arch. f. klin. Chir., Bd. 10, 1869. — 3i Marcuse, Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. 5, 1875. — 32 Rosenbach, Virch. Arch., Bd. 70, Heft 3, 1877. — 33 Wood & Formad, Natural board ofhealth bull., 1882, Suppl. 17, 12. Jan. — 34 Eberth, Centralbl. f. d. Schweizer Aerzte, 1872. — 3.j Fürbringer, Virch. Arch., Bd. 91, Heft 3, 1881. — 36 Babbe, v. Zieml3ens Handb., Bd. 9, 1. — 3'7 Gerhard, Verhandl. d. 2. Kongr. f. inn. Med., Wiesbaden 1883. — 38 Klebs, ebd. — 39 LöFFLER, Untersuchungen über die Bedeutung der Mikroorganismen für die Entstehung der Diphtherie beim Menschen u. s. w. Mitt. a. d. kais. GesunA ^>' ^'iK" V* •* '* *■ !>' '-»^ Fig. 5. 24 stündige Bouillonkultur. Mit LÖFFLERschem Methylenblau gefärbt. Yergr. ca. 1000 fach. zur 77. Kultur auf Serum die Bazillen mit voller Virulenz fortzüchteu können. Nach Klein '^^-^ sollen die Bazillen nach 18 Monaten noch lebens- fähig sein, nach Park*'^ auf Agarkulturen noch nach 7 Monaten und nach Abel 92 160 — 170 Tage. Auf Agarkulturen geht die Lebensfähig- keit der Diphtheriebazilleu offenbar, darin stimmen alle Autoren Uberein, viel rascher zu Grunde als auf Blutserum. Nach meinen Erfahrungen sah ich die Bazillen auf Agar meist nach 6 — 8 Wochen abgestorben, auf gewöhnlichem Blutserum nach 5—6 Monaten; auf Dextrinblutserum bis zu 12 und 15 Monaten, und etwa ebensolange in Bouillon lebens- fähig und virulent. Von Einfluss ist in dieser Beziehung in erster Linie offenbar der Feuchtigkeitsgehalt des Nährbodens, da die im Kondens- wasser und in den unteren Partieen des Serums befindlichen Bazillen viel weniger in ihrer Lebensdauer beeinträchtigt wurden, wie die in den obersten Partieen wachsenden Stäbchen. Es empfiehlt sich daher, um 778 M. Beck. die Virulenz des Diphtheriebacillus zu erhalten, die Kiilturen nur 3—4 Tage im Brutschrank stehenzulassen und dann die Röhrchen entweder mit sterilisierten Gummikappen versehen oder mit Paraffin verschlossen in einem Schranke vor Licht geschützt aufzubewahren, denn hei dif- fusem Tageslicht geht die Virulenz sicher, allerdings langsam, verloren; nach meinen Versuchen waren Diphtheriebazillen nach 3 — 4 Wochen bei diifusem Tageslicht nach 5 — 6 Tagen zwar in ihrer Virulenz, nicht aber im Wachstum abgeschwächt, im direkten Sonnenlicht waren die auf Serum gezüchteten Bazillen erst nach ca. 8 Tagen vollständig ab- getötet. Abel^i fand die Diphtheriebazillen noch lebensfähig, nachdem er 86 Tage lang die Winterkälte hatte auf sie einwirken lassen. In der diphth. Membran halten sich die Bazillen außerordentlich lange ; so geben Roux & Yersin 93 an, dass sie noch nach 3 — 4 Monaten aus den eingetrockneten und vor Licht geschützten Membranen virulente Diphtheriebazillen züchten konnten. Ebenso teilt Löffler sowie Abel ^^ mit, dass je nach der Dicke der McmbraustUckchen nach 9 — 10 Wochen noch reichlich, nach 13 — 14 Wochen noch vereinzelte entwickclungsfähige Diphtheriebazillen sich entwickelt hatten, nach 16 Wochen war aber das Wachstum ausgeblieben. Escherich 6* dagegen fand in Diphtherie- membranen, die er auf dem Objektträger hatte eintrocknen lassen, nach 1 Monat keine entwickelungsfähigen Diphtheriebazillen mehr. An Seidenfäden angetrocknet, haben Löffler^^ mehrere Wochen, d'Esfine & Marignac^^ 3 Monate lang die Diphtheriebazillen noch lebend und vollvirulent aufbewahren können. Die gleichen Autoren hal)en die Bazillen im Urin über 17 Tage virulent und lebend erhalten. Um dies gleich hier zu erwähnen, fand ich^e, wie Escherich, in der Milch eine starke Vermehrung der Diphtheriebazillen, und die Virulenz war lange Zeit unverändert, eine Gerinnung der Milch trat nicht ein, jedoch war das Wachstum nicht ein so kräftiges wie in Bouillon, was von ZarnikO'^1 behauptet wird. Im allgemeinen sind die Bazillen gegen höhere Temperatur sehr empfindlich, so gehen sie bei 60"^ in kürzester Zeit zu Grunde, Brieger & Fränkel^ö fanden sie bei Erwärmen auf 50° in 3/4 Stunden abge- storben. In der eingetrockneten Membran scheinen sich die Bazillen resistenter gegenüber der Hitze zu erhalten als die in Reinkultur geprüften Bakterien. Nach Roux & Yersin ^^ sollen sich die Ba- zillen in eingetrocknetem Material von Membranen bei 98° eine Stunde halten. Diese außerordentliche Widerstandsfähigkeit besonders in den diphth. Membranen bringt es daher auch mit sich, dass die lebensfähigen Bazillen, die mit kleinen Stückchen der Membran ausgehustet werden, lange Zeit an toten Gegenständen haften. Abel 92 fand Diphtheriebazillen an Kinderspielzeug, von Welch wird mitgeteilt, dass Wright & Ewer- soN^ö virulente Bazillen im Staub der Krankensäle, an den Schuhen der Wärterinnen gefunden haben. In der Wäsche, an feuchten Wänden lassen sich unter Umständen die Bazillen nachweisen. Bekannt sind auch notorische Infektionen mit Milch; so wurden z. B. in New-Jersey 28 Kinder, wovon 8 starben, durch einen Milchburschen infiziert, welcher, eben von der Diphtherie genesen, in die betreifenden Häuser Milch ge- bracht hatte. Aehnliche Fälle führt auch Löffler in seiner Arbeit »Hygiene der Milchprodukte« (Deutsche Viertel] ahrsschrift für öffentliche Gesundheitspflege, Bd. 34, Braunschweig 1902) au. Diphtherie. 779 Widerstand der Diphtheriebazillen gegen chemische Einwirkungen u. s. w. Ueber den Einfluss der verschiedenen antiseptischen Mittel auf die Virulenz und die Lebenstahig-keit der Diphtheriebazillen sind zahlreiche Versuche angestellt worden. Namentlich Lüffler^s. 97, 98^ Behring ^'^j Boer99% d'Espine & Marignac^^, Aronsonioo, Laser "1, Dräerioi'' u. a. haben sich mit dieser Frage beschäftigt. Nach diesen Untersuchungen, die sich sowohl auf reingezüchtete Diphtheriebazillen als auch auf die Vernichtung der Stäbchen in den Membranen erstreckten, hat sich, um es kurz anzuführen, folgendes herausgestellt: Alaun, Soda, Kalkwasser waren so gut wie unwirksam, etwas stärkeren desinfizierenden Einfluss zeigte Kali hypermangauicum und Borsäure, dagegen Jod, Brom, Ar- gent. nitricum erwiesen sich als mehr oder weniger wirksam, in erster Linie auf die Reinkultur, Lysol, Benzol, Toluol, ferner mehrere äthe- rische Oele, namentlich solche mit aldehydartigem Charakter, weiter Karbolsäure, Lysol, Salizylsäure, Sozolsäure, Zitronensäure, Jod- trichlorid, w^eiter Chlorwasser, Sublimat, Quecksilbercyanid , Wasser- stoffsuperoxyd und die mit Hilfe desselben hergestellten Peroxole, namentlich Thymoxol und Menthoxol, haben sich nach meinen Unter- suchungen 1Ö2 gleichfalls sehr brauchbar zur Vernichtung des Diphtherie- bacillus erwiesen. Die oxydierende Wirkung- des H2O2 ist gerade auf die Diphtheriebazillen eine ganz frappante, und dieselben werden schon nach wenigen Minuten abgetötet. Bringt man zu einer Diphtherie-Bouillon- kultur nur einige Tropfen einer Iproz. H202-Lösung, so bildet sich in kürzester Zeit unter starkem Aufbrausen eine heftige Schaumbildung, so dass die Kultur über das Reagenzglas überschäumt und die Bakterien durch den sich bildenden uaszierenden Sauerstoff abgetötet und ver- nichtet werden. Es dürfte sich daher meiner Ansicht nach H2O2 resp. das noch mehr in die Tiefe des Gewebes dringende Menthoxol in der Prophylaxe der Diphtherie als wirksames Mittel zur Verhinderung des Eindringens der Diphtheriebazillen empfehlen. Als eines der wirksamsten Mittel kann auch das Formaldehyd gelten, das sich in der neuesten Zeit namentlich auch zur Desinfektion der Krankenräume immer größeren Eingang verschafft hat. Die Desinfektion der Mundhöhle dürfte in praktischer Beziehung sich namentlich bei Diphtherierekonvaleszenten empfehlen. Denn wir wissen, dass die Diphtheriebazillen sich noch lange, nachdem die Mem- branen abgestoßen worden sind, in der Mundhöhle und im Nasenrachen- raum aufhalten können und die Ursache von Neuinfektionen abgeben. Wohl als erster hat Escherich auf diesen Umstand aufmerksam gemacht, indem er mitteilt, dass von ihm virulente Bazillen noch 1 — 3 Tage nachgewiesen werden konnten, nachdem die Beläge bereits wenigstens für das bloße Auge geschwunden waren. Weiter konnten Roux & Yersix noch bis zu 3 Wochen, Heübner'"^ bis zu 10 Tagen nach Schwund der Membranen die Bazillen nachweisen. Tobieseniö4 fand unter 46 Personen, die aus dem Krankenhaus als geheilt entlassen worden waren, in 24 Fällen, also in mehr als der Hälfte, noch voll- virulente Diphtheriebazillen im Rachensekret, in einem Falle noch 31 Tage nach dem Verschwinden der Membranen. Und Abel 105 konnte noch nach 65 Tagen in den Sekreten virulente Bazillen konstatieren. Allem Anschein nach ist aber dieses lange Verweilen der Bakterien im Rachen 780 M. Beck, nicht mit der Schwere der Krankheit in Zusammenhang" zu bringen. Die Ansicht jedoch, dass besonders bei Komplikation mit Nasendi- phtherie die Bazillen in der geschwollenen und geschwürig veränderten Schleimhaut der Nase und des Nasenrachenraumes sich lange Zeit halten können, hat vieles für sich und wird aucli bestätigt durch die Beobachtun- gen von Tezenasi<^6, der nach Uberstandener Diphtherie bei einer Anzahl von Rekonvaleszenten in dem Nasenaustiuss die Diphtheriebazillen fand, zu einer Zeit, wo sie im Rachen längst nicht mehr zu konstatieren w^aren. Einen in dieser Beziehung charakteristischen Fall erwähnt LemoixeI"^, der ein Sjähriges Kind beobachtete, welches nach Ueberstehen einer schweren Diphtherie einen chronischen Schnupfen zurückbehielt und nach 63 Tagen ein bisher ganz gesundes Kind, mit dem es zusammen- schlief, infizierte. Auch Baginsky hat noch nach 4 Wochen und später die Bazillen nachweisen können. Nach den Untersuchungen des New York Health Department i"* war der Diphtheriebacillus in 304 Fällen nach 3 Tagen, in 176 Fällen nach 7, in 64 Fällen nach 12, in 36 Fällen nach 15 Tagen, in 12 Fällen nach 3 Wochen, in 4 Fällen nach 4, und in 2 Fällen erst nach 9 Wochen aus dem Nasenschleim der genesenden Kinder vollständig verschwunden. Die Vorschrift, dass erst nach wiederholter negativer bakteriologischer Untersuchung die Kinder wieder in die Schule geschickt werden dürften, müsste daher eine noch viel allgemeinere Verbreitung haben. Kann aber so der Rekonvaleszent für seine Umgebung Gefahr bringen, so wissen wir jetzt auch, dass virulente Diphtheriebazillen in dem Nasen- nnd Rachensekret sich vorfinden können, ohne die charak- teristischen Erscheinungen der Diphtherie hervorzurufen. Wie wir schon gesehen, ist Löffler^^ \)q{ den Kontrolluntersuchungen ein solcher Fall vorgekommen und auch Gerhard -^^ mögen wohl solche Fälle vorge- schwebt haben, wenn er auf dem zweiten Kongress für innere Medizin in Wiesbaden im Jahre 1883 sagte: »So gut jemand einen Schlaganfall bekommen kann, ohne eine Lähmung zu behalten, oder Scarlatina ohne einen Hautausschlag, so gut kann Diphtherie vorkommen ohne Exsudat im Rachen: eine Diphtherie, die aber nicht weniger ansteckend ist.« So berichtet Escherich ß-* von einer Krankenwärterin, deren Untersuchung erst durch den Umstand veranlasst wurde, dass kurz nacheinander drei ihrer Pflege anvertraute Kinder an leichten Formen der Racheudiphtherie erkrankten. Die bakteriologische Untersuchung ergab durch 3 Wochen stets Diphtheriekolonieen. Klinisch war kein Fieber, keine Albuminurie zu konstatieren, nur die Erscheinungen einer lakunären Tonsillitis wiesen auf eine Quelle der Infektion hin. Aelmliche Fälle teilt auch Koplik^oo mit: 2 an Tonsillitis erkrankte Schwestern von 4 und 51/2 Jahren ge- nasen in wenigen Tagen, die Tonsillen zeigten keine Spur von Belag, in dem Schleim derselben waren aber virulente Diphtheriebazillen nach- gewiesen; einige Tage später erkrankte ihr 2Y2Jiihriges Schwesterchen unter den Erscheinungen einer krupösen Entzündung der Rachenschleim- haut und starb an echter Diphtheritis. Selbstredend kann eine Tonsillitis, bei der Diphtheriebazillen sich finden, auch unter dem Bilde einer lakunären Augina auftreten, und be- sonders im Anfange der Erkrankung kann man manchmal im Zweifel sein , ob es sich um eine einfache Angina oder um einen diphtherischen Prozess handelt. In diesem Falle wird aber das Mikroskop und im Not- falle die Aussaat auf Blutserum Klarheit verschaffen. Jedenfalls aber geht die auf rein empirische Erwägungen sich gründende Ansicht Diphtherie. 781 Jakobis'I"^ (jagg (ji(3 weitaus gTößte Melirzalil der follikulären Anginen diphtherischen Ursprungs sei, zu weit. Hier in der That lernt mau erst recht den Wert der bakteriologischen Untersuchungen kennen, denn fehlen die l^öPFLERSchen Bazillen und sind im Ausstrich und durch das Kultur verfahren nur Streptokokken, Staphylokokken und harmlose Sapro- phyten nachweisbar, so kann man mit vollem Recht auf einen günstigen Ausgang hoffen und der Umgebung die Harmlosigkeit der Krankheit versichern. Es ist gewiss berechtigt, die Frage aufzuwerfen: sind diejenigen Di- phtheriebazillen, welche solche rein lokaleErscheinuugen hervorzurufen im- stande sind, weniger virulent als andere, heftige Allgemeiuerscheinungen bewirkende Stäbchen? oder ist in dem einen Falle schon vorher eine gewisse Immunität vorhanden, so dass die Bazillen zu einer vollen Wir- kung nicht kommen können? Jeder, der über Diphtherie gearbeitet hat, wird die Erfahrung ge- macht haben, dass die Virulenzunterschiede gerade der Diphtheriebazillen, welche aus den verschiedenen Membranen rein gezüchtet werden, kaum bei einer anderen Infektionskrankheit so erhebliche Unterschiede zeigen. Eine scharfe Grenze zwischen schwach und stark virulenten Bazillen lässt sich nicht ziehen ; aber andererseits findet man auch Bazillen, welche mit den LöFFLERschen morphologisch und kulturell übereinstimmen und doch avirulent sind. Ueber diesen Punkt mijchte ich l)ei dem Kapitel über die Pseudodiphtheriebazillen mich noch eingehender aufhalten. Am geeignetsten zur Prüfung der Virulenz der Diphtheriekultur ist die In- jektion einer bestimmten Menge einer frischen Bouillonkultur unter die Haut eines Meerschweinchens von bestimmtem Gewicht. Die Mengen schwanken zwischen 0,04 ccm und 1^ — 2 ccm, um ein Meerschweinchen von 350 g Gewicht innerhalb von 4 Tagen zu tijten. Im allgemeinen, wenn auch nicht immer, lässt sich als Regel hin- stellen, dass die leichten Fälle von Diphtherie, die nur geringe und vorübergehende Erscheinungen an den Racheuorganen hervorgerufen hatten, auch wenig virulente Bazillen zeigen, während die mit schweren toxischen Erscheinungen und mit rascher Membranbildung einhergehen- den Fälle auch in dem Virulenzgrade sehr hochwertige Bazillen auf- weisen. Jedoch würde man meines Erachtens sicher fehlgehen, wenn man danach annehmen würde, dass die schwach virulenten ]]azillen immer nur die leichten Formen der Krankheit hervorrufen, während die hoehviruleuten Bazillen schwere toxische Erscheinungen zustande bringen. Wir finden in leichten Fällen daneben sehr häufig auch stark virulente Bazillen, welche wohl imstande gewesen wären, schwere toxi- sche Prozesse auszulösen. Andererseits finden wir aber auch schwere toxische Erscheinungen bei Gegenwart wenig virulenter Bakterien. Die Erklärung für diese Erscheinung können wir nur suchen in einer eigen- artigen Beziehung zum menschlichen Organismus, was im allgemeinen als Disposition l)ezeichnet wird. Für diese Anschauung spricht auch die Erfahrung, dass die unter dem Bilde einer leicht verlaufenden An- gina diphtheritica auf einen anderen übertragene die schwersten Erschei- nungen hervorrufen kann, wie wir dies oben gesehen haben. Aber jeden- falls darf man kaum annehmen, nach Analogie bei anderen Infektions- krankheiten, dass bei einer Uebertraguug von dem einen auf den anderen Menschen eine Virulenzsteigerung der Bazillen eintrete. Ob die Virulenz der Bakterien bei den einzelnen Epidemieen eine verschiedene ist, ist eine Frage, die auf viele Schwierigkeiten stößt. Es 782 M. Beck, lässt sieh ja wolil annehmen, dass bei einer frisch auftretenden Epide- mie die ersten Fälle einen schwereren Charakter aufweisen wie die späteren; ähnliche Beobachtungen liegen ja auch bei der Cholera und bei der Pest vor, wo beim ersten Auftreten gleichfalls eine viel größere Mortalität zu konstatieren ist wie am Ende der Epidemie, wo gleich- sam schon eine Durchseuchung eingetreten ist. Bei der Diphtherie dürfen wir aber andererseits nicht vergessen, dass nicht bloß durch toxische Einflüsse die Pathogenität beeinflusst wird, sondern auch in vielen Fällen die Sekuu darin fektion eine große EoUe spielt. Während wir jedoch früher diese Form der Diphtherie mit ihrem schmutzigrauen bis schmutziggrünen oder braunen Belag häufig zu Gesicht bekamen und verfolgen konnten, wie sich die Krankheit aus einer anscheinend gutartigen in wenigen Tagen in diese schwere maligne Form verwandelte, sehen wir jetzt dank der allgemeinen Anwendung des Diphtherieserum nur noch selten diese fast regelmäßig zum Tode führende Sekundärinfektion. Dass demnach das Diphtherietoxin nebenbei auch auf die Entwickelung und weitere Verbreitung der Streptokokken und Staphylokokken, die doch gleich von Anfang an mit den Diphtherie- bazillen in den Diphtheriemembranen gewuchert haben, einen günstigen Einfluss auszuüben vermag, daran ist nach diesen Beobachtungen wohl nicht mehr zu zweifeln. Eine Anzüchtung und Virulenzsteigerung der Diphtheriebazillen durch gleichzeitige Injektion mit Streptokokken, wie dies namentlich Eoux & Yersin^s und v. Dungeuni^i angeben, ist, meiner Ansicht nach, nicht durch die Sj^mbiose dieser beiden Bakterienarten bedingt, sondern, wie auch EscHEKicii ^^ mit Recht hervorhebt, hervorgerufen mittels der Pas- sage durch den Tierkörper. Denn nach Trumpf 112 nu^ nach Aron- soHN^öo (letzterer empfiehlt, wie auch BARDACii^i^a^ namentlich Hunde zur Viruleuzsteigerung der Bazillen), und seitdem existieren eine un- zählige Menge ähnlicher Versuche, gelingt es regelmäßig, durch Ver- impfuDg der hämorrhagisch-ödematösen Impfstelle von einem mit Di- phtheriebazillen infizierten Meerschweinchen in kurzer Zeit eine 100 fache virulentere als die Ausgangskultur sich zu verschafien. Die Steigerung der Virulenz der Diphtheriebazillen glaul)e ich daher mehr diesem Um- stände zuschreiben zu dürfen als der Symbiose mit den Streptokokken. Was nun aber die Frage betriift, warum in dem einen Falle die Krankheit einen unschuldigen Verlauf nimmt, in anderen dagegen schwere lokale und allgemeine Erscheinungen hervorruft, so dürfen wir nicht die Widerstandsfähigkeit des Schleimhautgewebes selbst vergessen, indem die Epithelzellen des Pharynx dem Eindringen der Bazillen in dem einen Falle einen größeren Widerstand entgegenstellen als in dem anderen. Dazu kommen aber noch die in dem Blute vorhandenen Ab- w^ehrstoffe (welche namentlich durch Wassermann genauer untersucht worden sind [s. u. S. 816]) und welche beim Erwachsenen wohl auch mehr ausgebildet sind wie beim Kinde. So können wir es wohl verstehen, dass das eine Mal der Kraukheitsprozess sich nur auf bestimmte Stellen des Pharynx lokalisiert, das andere Mal aber sich rasch über den ganzen Pharynx und Larynx ausbreitet, und diese letztere Art ist ja, wie wir wissen, auch meistens diejenige, welche die schweren Allgemein- symptome hervorbringt, wenn wir auch nicht verkennen, dass manch- mal sogar geringfügige lokale diphtherische Entzündungsprozesse ohne Tendenz zur weiteren Verbreitung schwere toxische Erscheinungen her- vorrufen. Diphtherie. 783 Litteratur. 40 LöFFLER. Centralbl. f. Bakt., Bd. 2. S. lOö, 1887. — 4i Ders.. ebd., Bd. 7, S. 528, 189U. — 42 Babes, Progres med., 1886, — « Sökensen, Nordisk med. Arkiv, Bd. 18, Nr. 25, 1886. — 44 y. Hoffmann -Wellenhof, Wien. med. 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Beck, nach ihm andereu Forschern durch einfaches Einpinseln oder Aufstreichen auf die unverletzte Schleimhaut bei Tieren eine richtige Membran zu er- zeugen. Auch waren Versuche, durch Einatmenlassen zerstäubter Reinkul- turen oder durch Verfüttern von solchen, Membranen hervorzurufen, voll- ständig resultatlos. Anders war es jedoch, wenn die Schleimhaut vorher verletzt und dann die Kultur aufgestrichen wurde. Impfungen auf die Trachea und auf die Conjunctiva beim Kaninchen, auf die Vaginal- schleimhaut der Meerschweinchen, auf die Rachenschleimhaut von Tau- ben und Huhnern, sowie auf die Rachenschleimhaut von Affen zeigten meist eine deutliche Membranbildung, doch ging dieselbe im allgemeinen nicht über die Impfstelle hinaus, nur bei der Impfung auf die Vulva von Meerschweinchen sah Löfflee in mehreren Fällen ein Weiter- greifen des Prozesses und sogar die Tiere an Vergiftung sterben. In manchen Fällen bildeten sich in wenigen Tagen die Membranen wieder gänzlich zurück; bei jungen Tieren waren die Impfungen, wie ich selbst mich auch oft überzeugen konnte, fast regelmäßig von Erfolg, jedoch war bei älteren Tieren, Avohl infolge der derberen Schleimhaut und der dieselben bedeckenden stärkeren Epithelschicht, das Resultat ein negatives. Bei der Impfung auf die erötiuete Trachea von Kaninchen sah ich ebenso wie nach Impfungen auf die Tracheaischleimhaut von Meer- schweinchen fast regelmäÜig eine deutliche Pseudomembran auftreten, die den ganzen Impfstrich entlang sich ausgebreitet hatte. In diesen Membranen konnte ich regelmäßig die Bazillen wiederlinden und zwar, wie SproncK'^^ und Tangl" auch angeben, in der gleichen Anordnung wie in den Membranen l)eim Menschen. Die Tiere gehen meist am 3., 4. oder 5. Tage an Atemnot ein. Roux & Yersin ^^^ beobachteten bei einem in die Trachea geimpften Kaninchen nach 3 Wochen deutliche Lähmungserscheinungen. Bei Impfungen auf Cornea und Conjunctiva von Kaninchen bildete sich eine vorübergehende Entzündung und ein fibrinöser Belag, der sich nach einigen Tagen wieder abstieß. Auch sah Bares ^i* bei einigen jungen Kaninchen nach dieser Art der Infektion den Tod eintreten. Klein 91-' beobachtete bei Impfung von Diphtheriebazillen auf die Cornea von Katzen richtige Pseudomembranen entstehen und l)eobach- tete eine spontane Uebertragung von Diphtherie auf eine in demselben Käfige befindliche zweite Katze. Bei jungen Hunden erhielt Eschekich*''* nach Impfung in die Tra- chea deutliche Krankheitserscheinungen mit fil)rinösen Membranen in der Trachea; die Tiere zeigten schon am darauffolgenden Tage Atem- not und gingen am 2. resp. 3. Krankheitstage ein. Bei Tauben beobachtet man auf der Rachen- und Kehlkopfschleim- haut einen gelblichen, diphtherieähnlichen Belag. Nach Löfflek gehen die Tiere manchmal auch unter zunehmender Abmagerung ein. El3enso erkranken jüngere Hühner. Roux & Yeusix beobachteten bei einer Taube 3 Monate nach der Infektion Lähmungserscheinungen, die sie als Effekt der Diphtherieinfektion ansahen, ebenso gelang es Sproxck auch bei Tauben Lähmungserscheinungen zu erzielen. Kolisko & Paltauf *^* wollen aber diese Lähmungserscheinuugen nicht als identisch mit den beim Menschen nach Diphtherie vorkommenden Lähmungen ansehen. Auch l)ei Hühnern beobachteten Roux & Yersin diese Lähmungen an den Flügeln und Beinen in der Rekonvaleszenz. Löffler giebt gleich- falls au, bei 2 Tauben und einem Huhn Lähmuugserscheinungeu beob- achtet zu haben, die er als diphtherische aü zusehen geneigt ist. Diphtherie. 785 Eine charakteristische Erscheinung zeigen die Meerschweinchen nach subkutauer Injektion, am besten einiger Tropfen bis zu 1 cem von einer 24stlmcligen Bouillonkultur. Diese Tiere werden schon kurze Zeit nach der Impfung krank, sie kriechen in eine Ecke des Stalles, das Haar wird struppig, sie fressen nicht, an der Impfstelle fühlt man nach 12 — 24 Stunden ein deutliches Intiltrat. Die Atmung ist beschleunigt, die Tiere fühlen sich kalt an und gehen nach 2 — 3 Tagen zu Grunde. Bei der Obduktion findet man an der Impfstelle, da, wo die Kultur- masse unter die Haut gebracht worden ist, graue, krümelige, aus Di- phtheriebazillen bestehende Massen, von da aus weitergreifend eine sulzige, ödematöse, blutiggefärbte Schwellung des Unterhautzellgewebes, die oft noch auf die umgebende Muskulatur übergreift und infolge der Schwere den ganzen vorderen Teil der Bauchdecken und der Haut über der Brust einnimmt. Die benachbarten Drüsen in der Inguinalgegend und in der AchselhiJhle sind gleichfalls ödematös durchtränkt, markig ge- schwollen und stark gerötet. In dem sulzigen Oedem der Bauchdecken sowie in den Drüsen findet man regelmäßig zahlreiche Diphtheriebazillen. In der Bauchhi3hle sieht man dabei häufig ein seröses, manchmal auch blutiges Exsudat, die oberen Teile des Dünndarmes sind hyper- ämisch, ebenso die Leber und die Nieren. Die Milz ist nicht verändert. Charakteristisch ist die stark vergrößerte Nebenniere, deren Farbe schwankt von rosarot bis zu dunkelkupferfarben; infolge hochgradiger Hyperämie sieht man das Gewebe der Nebennieren von kleinen punkt- förmigen Blutungen durchetzt. In dem Netz beol)achtet man häufig nach Abbott & Griskey^'s auch infolge der subkutanen Injektion kleine aus Leukocyten bestehende und Diphtheriebazillen enthaltende Knötchen. Diese Knötchen sollen regelmäßig vorkommen nach Injektion von Diphtheriebazilleu in den Hoden. Charakteristisch für die künst- liche Diphtherie bei Meerschweinchen nach subkutaner Injektion ist ein Erguss in beide Pleurahöhlen, durch den die Lungen komprimiert werden und so auf der Pleuraflüssigkeit schwimmen. In den Lungen selbst findet man daneben noch atelektatische Herde verschiedener Größe, von Stecknadelkopf- bis Erbsengroße. Während die Pleura- flüssigkeit in der Regel Bakterien nicht enthält, sind in derselben doch die Toxine nachzuweisen, indem größere Mengen des Exsudates frischen Meerschweinchen subkutan injiziert, deutliche Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Ueberhaupt wurden die Bakterien in den Organen der in- fizierten Tiere nur von einigen Forschern nachgewiesen (Kolisko & Paltauf in der Milz infizierter Meerschweinchen), die meisten geben an, dass sie sie in den Organen die Bazillen vermisst haben, auch mir ist es niemals gelungen bei meinen zahlreichen Versuchen, aus den Orga- nen Diphtheriebazillen zu gewinnen. Dagegen findet man au der Impf- stelle bei Tieren, welche die Infektion überlebt haben, wie auch Beh- ring ^9 und BoER angeben, noch nach Wochen virulente Diphtherie- bazillen. Unter Umständen sterben die Meerschweinchen erst nach 8 Tagen, manche Tiere gehen erst nach Monaten zu Grunde. Die Infiltration au der Impfstelle fehlt dabei nur selten ganz, es kommt meist zu vorüber- gehender teigiger Schwellung mit nachfolgender Abstoßung der Haut unter Nekrosebilduug, dann zu einem Geschwür, das entweder bis zum Tode des Thieres bestehen bleibt oder schließlich vernarbt. Bei dieser Geschwürs bildung können natürlich durch sekundäre Infektion septische Prozesse auftreten, die das Tier zu Grunde richten. Meist sterben aber Handbucli der pathogenen Mikroorgauismen. IL 50 786 M. Beck, die Meerschweinchen an dieser chronischen Form der Diphtherie unter zunehmender Abmagerung, und außer den oben beschriebenen Verände- rungen an der Injektionsstelle findet man an den inneren Orgauen nichts, was auf Diphtherie als Ursache hätte schließen lassen können, so dass es unter Umständen wirklich schwer ist, den wahren Grund für den Tod der Tiere zu finden. In seltenen Fällen konnten von Löffler und auch von mir längere Zeit nach der Impfung Lähmungserscheinungen beobachtet werden. Die intramuskuläre Injektion soll nach Esciierich einen rascheren Verlauf der Krankheit hervorbringen als die subkutane ; dagegen verläuft nach der intraperitonealen Injektion die daran sich anschließende Krankheit langsamer, die Veränderungen in den inneren Organen sind jedoch die gleichen wie nach subkutaner Impfung. Auf der Trachea von Meerschweinchen gelang es mir nach Einreiben von Di- phtheriebazillen typische Membranen zu erzeugen. Während es Löffler nicht gelungen, mit Diphtheriebazillen intra- venös Kaninchen zu infizieren, ist dies doch anderen Forschern ge- glückt. Jedenfalls sind die Kaninchen diesem Infektionsmodus gegen- über sehr widerstandsfähig und außerdem ist dabei die Virulenz der Kultur von wesentlicher Bedeutung. Denn nach Itoux^s starben die Kaninchen nach intravenöser Injektion von 1 ccm innerhalb 60 Stunden, während Löffler Mengen von 1 bis 2 Spritzen ohne Erfolg in die Blutbahu injizierte. Auch nach Esciierich"^ genügten 1 bis 2 Spritzen, entsprechend 0,1 — 0,2 % des Körpergewichts, um bei Kaninchen nach intravenöser Applikation den Tod herbeizuführen. Als Hauptmerkmale bei der Obduktion giebt Esciierich au: Blutreichtum der inneren Organe, Rötung der Nebennieren, Nephritis, Schwellung der benach- barten Lymphdrüsen, Leber vergrößert, blass oder ikterisch (Fettleber), Pleuren trocken oder mit geringen Mengen von Exsudat, Darmschliugeu in den oberen Partieen injiziert, in den unteren mit dünnflüssigem Kot gefüllt. Auch von Roux & Yersin^s sind Diarrhöen beobachtet. Im Verlauf der akuten Diphtherie treten in einzelnen Fällen Lähmungen auf an den hinteren oder vorderen Extremitäten, oder an der Rücken- muskulatur. Diese Lähmungen sind jedoch häufiger bei der chronischen Form der Infektion, in diesen Fällen sollen nach Escherich auch häufig wieder Spontanheilung auftreten. Ratten und Mäuse sind gegen die Diphtherieinfektion refraktär, je- doch will Babes'*^ in einigen Fällen weiße Mäuse mit Diplitheriebazillen getötet haben. Sehr empfänglich scheinen jedoch für die Diphtheriebazillen die Hunde zu sein. Ich hatte schon erwähnt, dass es Escherich gelungen ist, in den eröffneten Trachea richtige Membranen bei jungen Hunden zu erzeugen. Nach Aronsox lo^ erliegen junge Hunde einer subkutanen Injektion von einer frischen Bouillonkultur in 8 Tagen unter Lähmungs- erscheinungen. Außer den schon oben erwähnten Versuchen Kleins^^'^ zur Erzeugung von diphtherischer Keratitis nach Aufbringen der Diphtherie- bazillen auf die Cornea bei Katzen konstatierte derselbe Autor auch eine verhältnismäßig große Empfänglichkeit dieser Tiere bei der subkutanen Infektion mit einer Aufschwemmung von Diphtheriebazillen. Die Katzen starben nach einer Injektion von ^ Z-, ccm einer leichtgetrübteu Auf- schwemmung der Diphtheriebazillen in das subkutane Gewebe nach 6 bis 7 Tagen. Außer hochgradiger blutig- ödematöser Infiltration an der Injektionsstelle fand er bei der Obduktion eine starke Hyperämie der inneren Orgaue und Blutungen in das Peritoneum. Die gleichen Ver- Diphtherie. 787 änderung:en konstatierte auch Escherich, jedoch brauchte er bedeutend gTößere Mengen, 3 ccm, um Krankheitserscheinungen oder den Tod der Katzen herbeizuführen. Außerdem hatten noch d'Espixe & de Marignac^'' über Versuche bei Katzen berichtet und ähnliche Erscheinungen bei sub- kutaner Injektion hervorgerufen. Das Geflügel scheint, wie wir schon früher gesehen haben, für die Diphtherie sehr empfanglich zu sein, sowohl l)ei der Impfung in die Trachea wie unter die Haut resp. in die Brustmuskulatur; ältere Tiere sind jedoch viel widerstandsfähiger als junge und sind daher häufig voll- ständig unempfänglich für die Infektion. Kleinere Vögel wie Kanarienvögel, Finken und Zeisige werden nach Injektion von kleinen Mengen in die Brustmuskulatur getötet; man findet bei der Sektion fibrinösen Belag und hämorrhagisches Oedem an der Impfstelle, graurötliche Verfärbung der Muskulatur und Hyperämie der inneren Organe. Niemals aber sind in den inneren Organen Diphtherie- bazillen nachzuweisen (Löffler, Roux & Yersin). Vom Verdauungskanal e aus wirken die Diphtheriebazillen nicht krankmachend, wie die negativen Versuche mit Verfütterung von frischen Kulturen auf Versuchstiere, Kaninchen und Meerschweinchen, bewiesen, welche Löffler und ich angestellt hatten; ebenso blieben auch die einem dichten Spray von Diphtheriebazillen ausgesetzten Meerschwein- chen gesund und nur solche Tiere, denen vorher eine Hautwunde bei- gebracht wurde, waren leicht erkrankt. Auf die unverletzte Haut und Schleimhaut wirken die Diphtheriebazillen aber nicht ein, und ein sicherer Effekt ist auch nur zu erwarten, wenn die Schleimhaut vorher skarifiziert oder die Epithelschicht auf sonst irgend eine Weise lädiert wird. Wie verhalten sich nun aber diese mit Keinkulturen von Diphtherie- bazillen erzeugten Membranen bei den Versuchstieren unter dem Mikro- skope gegeniiber den Diphtheriemembranen beim Menschen? Ist die histologische Struktur eine ähnliche? Wir haben früher gesehen, dass es schon vor Löffler gelungen ist, mittels Ol. Terebinth., Tinct. cantharidarum, Sublimat, Ammoniak u. a. künstliche Membranen auf der Tracheaischleimhaut bei Tieren zu er- zeugen; auch die von Trexdelenburg^o, Eosenbach^i, Marcuse^^ u. a. erzeugten Krupmembranen nach Verimpfuug von echten Diphtherie- membrauen auf die Tracheaischleimhaut von Kaninchen können wir hier übergehen. Wenn es aber mit dem einfachen Aufstreichen oder Einpinseln von reingezüchteten Diphtheriebazillen auch nicht gelingt, regelmäßig auf den Schleimhäuten der Versuchstiere Pseudomembranen zu erzeugen, so erhält man doch mit Sicherheit deutliche diphtherische Beläge nach geringfügiger Verletzung der Epithelschicht der Schleimhaut. Am deut- lichsten sieht man diese Vorgänge nach Verimpfung der Diphtherie- bazillen auf die Schleimhaut der Trachea und Conjunctiva von Kaninchen, jungen Hunden und Katzen, der Rachen- und Kehlkopfschleimhaut von Hühnern und Tauben, der Trachea von Affen und der Vaginalscbleim- haut von Meerschweinchen. Wegen Analogie mit den Vorgängen bei der Infektion beim Menschen erscheint es uns am passendsten, wenn wir die histologischen Veränderungen der Tracheaischleimhaut nach künstlicher Infektion beim Kaninchen mit der Veränderung bei der genuinen Diphtherie in der Trachea beim Menschen vergleichen. Allerdings kommt es dabei meist nicht zu dem selbständigen Fortschreiten des diphtheri- schen Prozesses, wie wir es allgemein bei der menschlichen Diphtherie 50* 788 M. Beck, scheu. Der Belag bleibt zunächst auf die Impfstelle und dessen nächste Mähe beschränkt und breitet sich erst allmählich weiter aus. lieber den Verlauf der Impfung in die Trachea beim Kaninchen teilt Löffler^s folgendes mit: »Von der 3. Generation der Eeinkultur von Diphtherie- bazillen wurden 2 Kaninchen geimpft; die mit der Kultur beladene Platiunadel wurde durch die eröffnete Trachea eingeführt und nach oben und unten mehrmals hin und her bew egt und schließlich die Muskel- wunde durch eine, die Halswuude mit 2 Sutureu vereinigt. Am 2. Tage morgens starb das eine, am Nachmittag das andere der in die Trachea geimpften Kaninchen, beide unter den Erschei- nungen starker Dyspnoe. Bei der Sektion des ersten Kaninchens fand sich eine grauweiße, die ganze Trachea bedeckende Pseudomembran, welche an der Impfstelle am dicksten war, und allmählich dünner werdend, sich bis zur Teilungsstelle der Bronchien erstreckte. Die Um- gebung der Tracheotomiewunde war von einem hämorrhagischen Oedem durchtränkt. Auf Sclmitten der Trachea zeigte sich die Schleimhaut von Kernen dicht durchsetzt; die Gefäße waren strotzend gefüllt, viel- fach fanden sich ausgetretene Blutkörperchen im Gewebe, ein Befund, welcher in allen späteren Fällen konstatiert werden konnte. Das Epithel war größtenteils erhalten; in der demselben aufgelagerten fibrinösen Membran waren Zellen in reichlicher Zahl, Bazillen jedoch nicht nach- weisbar. An der Tracheotomiestelle lagen auf der Schleimhaut in einem fast ausschließlich aus Zellen l)estehenden Material Haufen von Bazillen. Die inneren Organe boten l)is auf die Nieren, welche einen starken Blutgehalt zeigten, keine auffallenden Veränderungen.« Die Sektion des zweiten Kaninchens ergab nahezu dasselbe Bild: »Weichteile in der Umgebung der Tracheotomiewände serös durchtränkt, in der Trachea eine dicke abziehbare Pseudomembran, welche nach oben bis an den Kehldeckel, nach unten bis in die Nähe der Bronchien reichte ; in den untersten Partieeu waren die Auflagerungen insular, die Schleim- haut selbst war intensiv gerötet, von kleinen Ecchymosen durchsetzt. In den Bronchien fand sicli reichlicher Schleim. Die Lungen waren mit Blut überfüllt, stellenweise braunrot, derb, so besonders der linke Unter- lappen. Die übrigen Organe waren sehr blutreich. Auf Schnitten der- selbe Befund wie bei Kaninchen I, aber weder in der Pseudomembran, noch in den Lungen waren Bazillen nachweisbar.« Auch in klinischer Beziehung glichen die durch die künstlicli er- zeugten Pseudomeml)raneu hervorgerufenen Erscheinungen den Stenoseu- erscheinungen eines krupkrauken Kindes, wie Roux & Yersin^'^ dies charakteristisch folgendermaßen schildern: »L'affection que Ton produit ainsi chez le lapin rapelle le croup chez l'homme. La difficulte que l'animal eprouve ä respirer, le bruit que fait l'air en passant par la trachee obstruee, l'aspect de la trachee congestionnee et tapissee de fausses membranes, le gontlement oedemateux des tissus et des ganglions du cou, rendent cette ressemblance absolument frappante.« Eine ähnliclie Beschreibung giebt auch Boüeges^iö von dem bei Tieren erzeugten künstlichen Krup. Während Löffler die Diphtheriebazillen in den bei den Kaninchen erzeugten Älembranen nur in spärlicher Anzahl wieder vorfand, war es mir stets gelungen, die Diphtheriebazillen auf der zum Teil zerstörten Trachealschleimliaut reichlich Avieder zu finden und Tangl^^ giebt an, ebenso wie auch Spronck ii^ und Ritter i'*, dass sie in einigen Experimenten die Bazillen in der gleichen Anordnung und . Lagerung Diphtherie. 789 wie beim Meuseheu in den oberfläclilicheu Scliicliteu der Pseudomem- braneu gefunden und auch aus diesen Membranen wieder lierausgeziichtet hätten. Daraus geht aber auch mit Sicherheit hervor, dass die Di- phtheriebazillen die Membranen erzeugt und sich in denselben vermehrt haben. Tangl-^' ist es auch gelungen, durch bloßes Einspritzen einer Aufschwemmung von Diphtheriebazillen nach Durchstechen der Trachea mit einer spitzen Kanüle eine allerdings verhältnismäßig wenig ausgedehnte pseudomembranöse Entzündung der »Schleimhaut der Trachea hervorzu- rufen. Seiner Beschreibung nach sitzen die Membranen nicht auf, sondern in der Schleimhaut, und die Nekrose der Schleimhaut kann unter Umständen sogar sehr tief greifen. Die Epithelzellen fand er iu der Masse der Pseudomembranen zwischen ausgewanderten weißen Blutkörperchen, Fibrinfädeu und Detritusmassen. Auch nach Spronck^^'' findet man an der Stelle der infizierten Schleimhaut ein zellreiches Exsudat, in welches die Diphtheriebazillen hineinwuchern. Rings um die Impfstelle herum ist das intakte Epithel mit einer dicken, fibrinösen Membran bedeckt und von dem Invasionsherde aus erfolgt in der Ober- flächenlagerung der letzteren eine sekundäre Wucherung der Bazillen. Nach meinen ^6 Erfahrungen greift der Zerstöruugsprozess nicht in die Tiefe, und wir finden die Bazillen meist auf der nekrotisierteu Trachealschleimhaut oder zwischen den zerstörten Epithelzellen, nie- mals aber fand ich die Bazillen in den tiefen Schichten der Schleim- haut. Dabei sah ich die Wandung der Kapillaren verdickt, die Ge- fäße selbst straff mit Blutkörperchen und Leukocyten gefüllt, die Umgebung der Gefäße zeigte zahlreiche Ansammlung der Leukocyten hauptsächlich direkt um die Gefäße herum. Ebenso fand ich, wie die meisten Autoren, nach der intratrachealen Infektion bei Kaninchen an den inneren Organen keine pathologischen Veränderungen, wie sie Babes & Speonx'K konstatierten, Avodurch auch nach dieser Richtung durch die histologische Untersuchung die Identität der experimentellen mit der menschlichen Diphtherie bewiesen werden sollte. In eingehendster Weise hat sich bei Baumgarten mit den histo- logischen Vorgängen in den experimentell erzeugten Pseudomembranen der Kaninchen und anderen Versuchstieren in einer viel zu wenig ge- würdigten Arbeit F. Henke ^^^ beschäftigt. Er hatte an ca. 100 Tieren experimentiert, hauptsächlich an Kanin- chen, jungen Tauben und Hühnern, außerdem aber auch an Meer- schweinchen und Katzen, und bei diesen Tieren durch Verimpfung von diphtherischen Membranen namentlich aber von Reinkultur hochvirulenter Diphtheriebazillen auf die Trachea und den Kehlkopf pseudomembranöse Prozesse erzeugt, und diese dann einer gründlichen histologischen Unter- suchung unterzogen, >um ein Urteil darüber zu gewinnen, ob und in- wieweit auch mikroskopisch eine Uebereinstimmuug der experimentellen und der menschlichen Diphtherie festzustellen ist . Der Befund, den Henke nach Verimpfung von Reinkulturen bei der Trachea bei Kanin- chen erhielt, war im allgemeinen bei allen Tieren annähernd derselbe. »Ueberall, wo es zu ausgebildeten Pseudomembranen gekommen war, bestanden dieselben aus einem feinen fibrinösen Maschenwerk, in dessen Lücken zahlreiche, meist mehrkernige Leukocyten und abgestoßene Epi- thelien eingelagert sind. Die Epithelien haben nur selten noch die normale Form: die meisten sind aufgequollen, von rundlicher oder poly- gonaler Form. Bei vielen ist die Kernfärbuug eine schlechte, eine größere Zahl zeigt keine Kerne mehr und es sind gelegentlich kleine 790 M. Beck, Haufeu solcher Epithelien zu liomogeueu Schollen zusammengesintert. Das Fibrin ist zumeist zu einem sehr zierlichen, feinfaserigen Maschen- werk angeordnet, wie die WEiciEUT-Präparate besonders schön zeigen. Nur vereinzelt erscheinen auch gröbere Fäden, besonders an der Grenze nach der gleich näher zu beschreibenden »Schollenschicht« zu, wie sie Weigert nennt, welche die unterste Schicht der Membran bildet.« Diese Schollenschicht bildet die unterste Schicht der Pseudomembran und be- steht aus kernlosen etwa die Größe und Form der Epithelien besitzenden Schollen, wie sie auch sonst mit in den Pseudomembranen vorkommen. Sie färben sich nach Henke mit Pirokarmin glänzend gelb und erinnern sehr an die glitzernden Massen, die man auch bei der menschlichen Diphtherie nicht selten findet und die E. Wagner und v. Baumgarten als fibrinoid entartete Epithelien auffassen, eine Ansicht, der sich auch Henke anschließt, während Weigert den größeren Teil dieser Massen als kernlos gewordene Leukocyten auffasst. »Das Schleimhautepithel« sagt dann Henke" weiter »verhält sich ver- schieden an verschiedenen Stellen. Zumeist ist es verloren gegangen imd die Membran sitzt auf der Basilarmembran auf, die übrigens beim Kaninchen nicht so markant hervortritt Avie beim Menschen; häufig ist auch nur die oberste Schicht des geschichteten Flimmerepithels verloren gegangen und noch die unterste Lage, die mehr aus rundlichen und glatten Epithelzellen (Ersatzzellen) besteht, zurückgeblieben. An den Stellen, wo keine Schollenschicht an der Stelle des Epithels sich findet, und auch kein Epithelbelag mehr vorhanden ist, kann man annehmen, dass diese sich bereits abgestoßen hat und dass schon die reine fibrinöse Masse an ihre Stelle tritt.« Man findet aber auch Stellen mit vollständig erhalteneu Epithel, wie bei der menschlichen Diphtherie, besonders da wo der fibrinöse Charakter der Membran mehr in einen schleimig eitrigen Katarrh übergeht. In der Submucosa sind die entzündlichen Veränderungen, auch wenn es nicht zu einem Tiefergreifen des Prozesses gekommen ist, meist hoch- gradige, »außer leukocytärer Infiltration finden sich auch Exsudate und Blutungen, die Gefäße sind stark erweitert und strotzend mit Blut gefüllt«. Henke konnte auch in den Schnitten durch die experimentell er- zeugten Pseudomembranen die verimpften Diphtheriebazillen in der charakteristischen Häufchenform durch die ganze Dicke der Membran zerstreut, vorzugsweise aber an der Oberfläche derselben nachweisen, und nur gelegentlich finden sie sich auch in der Submucosa wieder. Keine so günstigen Resultate wie bei Kaninchen erzielte Henke bei Tauben nach Impfung in die Trachea; bei der histologischen Untersuchung war das Resultat ähnlich wie beim Kaninchen, doch war auffallend der geringe Fibriugehalt der Membran. Bei Hühnern entstand ein dicker massiger Belag und die Membranen zeichneu sich durch einen reich- lichen Fibriugehalt aus, die Submucosa findet man stark infiltriert und das Schleimhautepithel in der Ausdehnung der Membran zerstört. Versuche bei Katzen fielen ebenso wie tracheale Impfungen bei Meerschweinchen negativ aus, Kontrollimpfungen, welche in ganz der gleichen Weise wie mit dem LöFFLERSchen Bacillus mit Reinkulturen von hochgradig virulenten Streptokokken, sowie mit Staphylokokken in die Trachea angestellt wurden, riefen keine Pseudomembranen her- vor. Nach Verimpfung einer Reinkultur von Bact. coli war eine ge- Diphtherie. 791 ringfügige Membraubildimg aufgetreten, die viel Aehulichkeit mit der durch die Diplitlieriebazilleu erzeugten Pseudomembran hatte, jedoch weniger zusammenhängend und außerdem auch bei weitem nicht so aus- gedehnt wie jene war, auch fiel gegenüber der mit den Diphtherie- bazillen erzeugten Membran bei der mikroskopischen Untersuchung der Maugel an Fibrin auf, worauf auch schon Escherich zur Unterschei- dung der mit LüFFLERScheu Bazillen erzeugten Membran aufmerksam machte, indem er diese Eigentümlichkeit auf die besonders die Gefäße schädigende Wirkung der Diphtheriebazillen zurückführt. Auch bei meinen Untersuchungen^'^ in die eröfluete Trachea von Kaninchen waren mir stets die relativ geringen Veränderungen aufgefallen. In Schnitten fand ich nur das Epithel der Schleimhaut nekrotisiert vor, die Epithelzellen gequollen und zum Teil schollig und in Klumpen zu- sammengeballt. Zwischen den Epithelzellen findet man dann die Di- phtheriebazillen. Die Submucosa selbst ist verdickt und aufgelockert mit reichlichen Zelleiulagerungen. Das Gewebe nach der Epithelschicht zu besteht aus einem feinmaschigen mit Rundzellen und gequolleneu Epi- thelzellen gefüllten Netzwerk, ein feines Maschen werk, das sich nach der WEiGERTschen Fibrinfärbung wie Fibrin verhält und auch als solches angesehen werden muss. Die Gefäße sind straff mit Blutkörperchen und Leukocyten gefüllt, die Wandungen der Gefäße verdickt, gequollen zu einer hyalinen Masse, vou zahlreichen Leukocyten durchdrungen, und viele der letzteren sieht man auch außerhalb der Gefäßwand diese um- geben. Auffallend ist es jedoch, dass die Stäbchen niemals über die Stelle der Läsion hinaus gefunden werden, überhaupt in den experimentell er- zeugten Membranen beim Kaninchen iu relativ geringer Anzahl und nur in den oberflächlichen Schichten ohne Tendenz in die Tiefe auf die unver- letzte Schleimhaut überzugreifen. Daher erklärt sich auch die allseitig gemachte Beobachtung, dass die künstlich erzeugten Membranen auf die Trachea beschränkt bleiben und ein Weiterkriechen des Prozesses auf den Kehlkopf nach oben oder in die Bronchien nach unten niemals erzeugt werden konnte. Es steht dies zwar in einem gewissen Gegensatze zu der Ausbrei- tung der genuinen diphtherischen Membran beim Menschen. Hier ist gerade das Charakteristische die Tendenz zur raschen Ausbreitung. Sehen wir doch unter Umständen den Prozess innerhalb von 24 Stunden nach einer geringen Rötung und einem geringen reifartigen Belag am Gaumenbogen und den Tonsillen sich zu einer schmierigen dicken Mem- bran entwickeln, welche tief in die Buchten der Mandeln eindringt und auf den Kehlkopf und die Trachea übergreift oder, wie Bretonxeau sich ausdrückt, »in den Larynx herunterfließt- imd infolge der röhren- förmigen Auskleidung der Trachea zur Sufifokationserscheinung führt. Je nach der Ausdehnung des Prozesses findet man in Schnitten durch die Membran und iu Schnitten durch die Uvula das Schleimhaut- epithel iu eine schollige Detritusmasse umgewandelt. Manchmal findet man dazwischen noch intaktes Epithel. Die Schleimhaut ist nekrotisiert und mau sieht hier in Schnitten die meist iu Häufchenform augeordneten Diphtheriebazillen in die Tiefe des nekrotisierten Gewebes sich durch- drängen. Unter diesem Lager von gequollenen und zerstörten Epithel- zellen findet man zunächst ein dichteres Netz von Fibrinfäden, die sich zwischen hyalin entarteten und kernlosen Zellen in Form eines feineren Maschenwerkes in die Tiefe ziehen, dessen feine Fäden die WEiGERTSche Fibrinfärbung annehmen und sich schließlich in dem an- 792 M. Beck, sclieineud wenig veränderten Bindegewebe der Submucosa aufzulösen scheinen. Die Bindegewebszelleu sind nur wenig verändert, die ein- zelnen Bindegewebszüge erscheinen gequollen und verschwommen; nur die zuweilen starke Anhäufung von llundzelleu besonders um die Ge- fäße herum, deren Wandung oft ganz gewaltig verdickt erscheint, sowie die nicht seltene Thrombosierung der Kapillaren weist darauf hin, dass auch hier schwere entzündliche Prozesse vor sich gehen. Bei weiter vorgeschrittenen diphtherischen Prozessen ist natürlich auch die Zer- störung und Nekrosenbildung in der Schleimhaut eine tiefere, so dass dieselbe schließlich völlig zerstört und abgestoßen werden kann und am Ende die reine Knorpelschicht zu Tage tritt. Charakteristisch aber für die Bildung der Pseudomembran ist, was nach Baginsky als ein einheit- liches Gesetz immer wieder zur Geltung kommt, sow^ohl bei der Di- phtherie der Schleimhäute, der Uvula, der Tonsillen, der Bronchien als auch bei der Diphtherie der Muskeln und der äußeren Haut »die bei hyaliner Nekrose der Gefäße und fibrinoider Degeneration des Binde- gewebes und der Epithellager vor sich gehende Anhäufung von Eund- zellen, überdies eine mehr oder weniger stark hervortretende fibrinöse Exsudation, deren Produkte indes nach der Oberfläche zu sämtlich der Nekrose und Einschmelzung zu krümliger, fast amorpher Masse anheim- fallen. Alles dies unter dem Einflüsse von Bakterienverbänden, unter welchen der LöFFLERsche als der einzige wirklich konstante, immer wiederkehrende erscheint« . Wenn wir also die Struktur der experimentell erzeugten mit der frischen genuinen diphtherischen Membran vergleichen, so finden wir einmal in dem schollig zerfallenen Epithel, dem aufgelockerten Fibrin und dem geschwolleneu und ödematös entzündeten Bindegewebe so einheitliche Erscheinungen, dass wir sie in der That als ein Produkt der Diphtheriebazillen resp. der dieselben charakterisierenden Giftbildung ansehen müssen. Auch BoGEU & Bayeuxiiö^ gelang es bei Impfung in die Trachea von Kaninchen typische Pseudomembranen zu erzeugen. Die LöFFLERschen Stäbchen werden fast regelmäßig in Fällen von echter Diphtherie in den diphtherischen Membranen aufgefunden; Löffler selbst und auch vielen Forschern nach ihm gelang es nicht, trotz eifrigen Forschens die Diphtheriebazillen auch in den anderen Organen des Köi-pers zu finden. Dass jedoch auch hier namentlich in den Nieren ganz spezifische Prozesse auftreten, war schon lange bekannt und man musste daher annehmen, dass durch besondere Produkte, durch toxische Pro- zesse, diese Erscheinungen hervorgerufen werden. Jedenfalls gelangen die Diphtheriebazillen verhältnismäßig selten in den Blutkreislauf und in die inneren Organe. Babes i^o erwähnt 2 Fälle mit dem Befund der Diphtheriebazillen in den inneren Organen und Escherich 64 fand die Bazillen zweimal in den Nieren von Diphtherie- leichen, Paltauf & K(jlisko'*s einmal in der Milz, Behring & Wer- NICKE121 teilen mit, in einem Falle von Diphtherie die Bazillen in sämtlichen inneren Organen nachgewiesen zu haben, Frosch"'^ fand unter 15 darauf untersuchten Fällen die Diphtheriebazillen in 10 Fällen im Blut und in den inneren Organen fast regelmäßig in der Milz, den Cervikal- und Bronchialdrüsen, sowie in den bronchopneumonischen Herden. Letzter Befund kann uns jedoch bei dem progredienten Ver- lauf der meisten Krankheitsfälle nicht wundernehmen. Außerdem fand auch Frosch die Stäbchen mehr oder weniger zahlreich im Gehirn, Diphtherie. 793 im Perikard, der Pleuraiiüssig-keit, in den Nieren und in der Leber, sowie auch im Herzblut. Frosch tbeilt zugleich mit, dasB auch von Pfeiffer die Diphtheriebazillen mehrfach im Herzblut gefunden worden seien und zwar in reichlicher Menge, ferner konstatierten noch Kut- scher 122^ Kanthak & Stephens 12-1^ Howard 125^ Flexner126, Booker 127, Federici128, Bulloch & Schmore 129, Baginsky*'», u. v. a. das Vor- kommen der Diphtheriebazillen in der Milz, dem Blut und den Lungen von Diphtherieleichen. Metin J23 konstatierte, dass die Diphtheriebazilleu im allgemeinen nicht die Neigung- haben ins Blut überzugehen, sondern nur bei Mischinfektion mit Streptokokken und Staphylokokken. Litteratur. 113 Eoux & Yersin, Ann. de l'inst. Pasteur, 1S89. — n* Babes, Virch. Arch., Bd. 119, 1890. — 115 Abbott & Gri-skey, John Hopkins Hosp. Bull., Nr. 30, 1893. — 116 BouRGES, Gaz. hebd., 1892. — n" Spronck, Centralbl. f. allgem. Path. u. path. Anat, Bd. 1, 1890. — n« Ritter, Diphtherie ii. Croup. Berl. Klinik, 1891. — 119 F. Henke, Arb. a. d. pathol. Inst, zu Tübingen, Bd. 2, 1898. — iwa Roger & Bayeux, Sem. med.. 1897. — 120 Babes, Sept. Proz. im Kindesalter. — i^i Behring & Wernicke, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 12, 1892. — 122 Kut.sciier. ebd., Bd. 18, 1891. — 123 Metin. Ann. Pasteur, 1898 u. Centralbl. für Bakt., Bd. 26. 1899. — i^* Kanthak & Stephens, Münch. med. Woch., 1896. — 120 Howard, The John Hopkins Hosp. Bull., Nr. 30, 1893. — i^'' Flexner, ibid.. Nr. 30, 1893. — i^' Booi^R, Arch. of pediatrics, vol. 10, 1893. — ^-^ Federici, Arch. ital. di clin. med., t. 1. — 129 Bulloch & Schmore, Zieglers Beitr. z. path. Anat, Bd. 16, 1894. Giftwirkung der Diphtheriebazillen. Wenn auch die Tbatsache, dass in manchen F<ällen die Diphtherie- bazilleu in den inneren Organen gefunden werden, die schweren Er- scheinungen, die durch die Diphtherie herbeigeführt werden, zu er- klären imstande ist, so sprechen doch die in der Folge Yorkommenden Lähmungen u. a. dafür, dass durch die Bakterien eine intensive Gift- wirkuug- zustande kommen muss. Schon you Löffler-^^, sowie Yon Fürbrixger und Gerhardt ist auf diese Tbatsache hingewiesen w^orden; die beiden letzteren Forscher kamen infolge der histologischen Ver- änderung:en der Nieren zu der Ueberzeugimg-, dass die Allgemein- erkrankung an Diphtherie auf die Wirkung eines schweren Giftes zu- rückgeführt werden müsse. Eine befriedigende Erklärung- hat diese An- sicht jedoch erst gefunden durch weitere Untersuchungen Löfflers, sowie namentlich durch die Untersuchungen von Ruux & Yersix, sowie von Fränkel & Brieger^ö über die Giftwirkung der Diphtheriebakterien. Schon in seiner ersten Arbeit hatte Löffler auf die Giftproduktion der Stäbchen bei Meerschweinchen hingewiesen. »Die hämorrhagischen Oedeme, die Ergüsse in den Pleurahöhlen, die lobulären braunroten Verdichtungen in den Lungen, welche ohne Bazillenentwickelung in diesen Organen zustande kommen, weisen mit aller Bestimmtheit darauf hin, dass ein an der hupfstelle produziertes Gift in dem Blutstrom zirkuliert haben muss, welches eine die Gefäßwände schwer alterierende Wirkung ausgeübt hat. Dies von den Bazillen im Meerschweincheu- körper produzierte Gift hat unzweifelhaft eine gewisse Aehnlichkeit in seiner Wirkung mit dem diphtherischen Gifte, dessen Hauptwirkuug ja auch eine die Gefäße alterierende ist, wie von den verschiedenen Seiten auf dem Kongresse in Wiesbaden betont wurde«. Später gelang es Löffler 40' i3o das diphtherische Gift zu isolieren aus Glyceriuextrakten, 794 M. Beck, You Bouillonkiiltiiren, die er mit Alkohol fällte. Auf diese Weise erhielt er eine in Wasser lösliche Substanz, mit der er bei den Versuchstieren ähnliche Erscheinungen zu erzeugen imstande war, wie mit den leben- den Bazillen: Hyperämie in den inneren Organen, namentlich den Nieren, Blutergüsse in der Muskulatur und in den der Injektion be- nachbarten Lymphdrüsen. In eingehender Weise haben Roux & Yersin^^ die Giftwirkuug der Diphtheriebazilleu studiert; sie gingen dabei systematisch und stufen- weise ähnlich wie Löffler vor; die Untersuchungen dieser französischen Autoren, welche für das Studium der Toxine überhaupt als bahnbrechend gelten können, haben zugleich auch den vollen Beweis für die ätio- logische Bedeutung der LÖFFLERSchen Bazillen erbracht, und die Ein- wände, welche noch gegen den ursächlichen Zusammenhang dieser Ba- zillen zur menschlichen Diphtherie erhoben wurden, konnten durch diese exakten Arbeiten in einwandsfreier Weise gehoben werden. Zunächst hatten diese Forscher sich zur Aufgabe gemacht, das Ver- halten der Diphtheriebazillen im Körper der infizierten Tiere genauer zu untersuchen. Zu diesem Zwecke wurden eine Anzahl Meerschweinchen subkutan injiziert. Nach circa 2 Stunden l)ildete sich an der Impfstelle ein deutliches Oedem aus, in dem die Diphtheriebazillen sich bis zur 6. und 8. Stunde rasch vermehrten; dann nahmen aber die Bazillen all- mählich bis zum Tode des Tieres an Zahl wieder ab, und auch in den inneren Orgauen konnten sie nur ausnahmsweise wiedergefunden werden. Es kam nur darauf an, den in den Bakterien enthaltenen Giftstoff von diesen zu trennen, es wurden deshalb zunächst frische Bouillon- kulturen durch Chamberlandlilter geschickt und mit dem keimfreien Filtrat eine Anzahl Meerschweinchen und Kaninchen intraperitoneal resp. intravenös injiziert. Es waren jedoch verhältnismäßig große Mengen (35 ccm) dieses frischen Filtrates nötig, um bei den Tieren Krankheits- erscheinungen hervorzurufen, die sich in Abnehmen der Fresslust, zu- nehmender Schwäche, Atemnot äußerten und am 5.^ — 6. Tage den Tod der Tiere herbeiführten. Bei der Obduktion fielen vor allem auf die Hyperämie der Nieren und Nebennieren, blutiger Urin, sowie seröser Erguss in die Pleura. Hatten die Tiere die Infektion überstanden, so wurden häutig Lähmungserscheinungen konstatiert, denen die Tiere später noch erliegen konnten. Diese Lähmungserscheinungeu traten jedoch häufiger bei Hunden und Tauben als bei Kaninchen und Meer- schweinchen auf Ungleich wirksamer zeigte sich jedoch das durch Filtration älterer, alkalischer Bouillonkulturen gewonnene Toxin ; es ge- nügten davon schon 0,2 — 2 ccm, um die Versuchstiere in 1 — 3 Tagen zu töten. Bei Meerschweinchen erzeugten schon die geringsten Mengen lokales Oedem und Nekrose. Tauben erlagen einer Injektion von nicht ganz 1 ccm des Filtrats in den Brustmuskel, bei kleineren Vögeln ge- nügten schon einige Tropfen um sie zu töten. Auch Hunde gingen nach Injektion von mehreren ccm innerhalb 24 Stunden unter Diarrhöe, Icterus und Erbrechen zu Grunde. Die den Diphtheriebazillen gegenüber refrak- tären weißen Mäuse und Ratten widerstanden auch diesem sehr giftigen Filtrate, wurde dasselbe aber im Vacuum auf etwa ^, n seines ursprüng- lichen Volums eingedampft, so konnte eine weiße Maus mit einem ccm dieses eingeengten Toxins getötet werden, eine Menge, welche genügt hätte, um 80 Meerschweinchen zu töten; es geht also daraus hervor, dass die Immunität der weißen Maus gegen das Diphtheriegift nur eine relative ist. Diphtherie. 795 In einer zweiten und dritten Mitteilung hatten dann Eoux & Yer- SIJJ93, 113 ii2i-e bisherigen Untersuchungen noch erweitert und vor allem auch die chemischen Eigenschaften dieses Giftes einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Danach wird das Diphtheriegift bei 58° er- heblich in seiner Wirksamkeit beeinträchtigt und durch Erhitzen auf 100° in 10 Minuten völlig zerstört. Es hat also nach dieser Richtung hin viel Aehnlichkeit mit den Diastasen. Auch das direkte Sonnenlicht zerstört die Toxizität in wenigen Stunden, und bei längerer Einwirkung von Licht und Luft nimmt die Wirkung des Giftes allmählich ab, während bei vollkommenem Licht- und Luftabschluss die Giftwirkung monatelang bestehen bleibt. Einen wesentlichen Einfluss auf die Toxizität hat auch die Reaktion; saure Bouillonkulturen enthalten nur wenig Gift, ebenso wird die Giftwirkung eines stark alkalischen Filtrates abgeschwächt durch Zusatz von Milch oder Weinsäure bis zur sauren Reaktion, jedoch kehrt die frühere Wirkung wieder zurück, wenn das Filtrat wieder neutralisiert wird; wirkt die Säure jedoch längere Zeit ein, so nimmt auch die Toxizität mit der Zeit ab. Das stark einge- engte und mit Alkohol extrahierte Filtrat hat seine giftigen Eigen- schaften verloren, das Toxin ist also im Alkohol unlöslich, und auch aus der wässerigen Lösung wird die Giftsubstanz zum großen Teil durch Alkohol gefällt und in seiner Wirkung erheblich beeinträchtigt. Durch fraktionierte Fällung des Filtrats mit Chlorealcium wird das Gift A'ou den sich bildenden Niederschlägen mit niedergerissen. Während die über dem Niederschlag befindliche Flüssigkeit mehr und mehr mit jeder Fällung an Giftwirkung abnimmt, nimmt dieselbe in dem flockigen Niederschlag, der sich trocknen und aufbewahren lässt, entsprechend zu. Wird einem Kaninchen ein etwa erbsengroßes Stück dieses getrockneten Niederschlags unter die Haut gebracht, so geht es schon am dritten Tage unter den gleichen Erscheinungen wie nach Injektion des Filtrates selbst zu Grunde; nimmt man den von Fibrin und Leukocyten umgebenen und durchsetzten Niederschlag aus dem Kadaver des gestorbenen Tieres und bringt ihn unter die Haut eines frischen Kaninchens, so geht auch dieses unter den gleichen Er- scheinungen wie das erste zu Grunde, ein Beweis, wie zäh das Toxin in diesem Niederschlag festgehalten wird. Dieser Niederschlag, im Yacuum getrocknet, macht das Gift noch haltbarer und widerstandsfähiger als in feuchtem Zustand, so dass er den Zutritt von Luft anstandslos verträgt und sogar bis auf 100° er- hitzt werden kann, ohne seine Toxizität vollkommen einzubüßen. KoLiSKO & Paltauf ^8^ welche noch in demselben Jahre, als die erste Mitteilung von Roux & Ykrsix erschienen war, ihre Abhandlung: »Zum Wesen des Croup und der Diphtherie« veröffentlichten, konnten die Befunde der französischen Autoren vollkommen bestätigen. Sie erhielten nach subkutaner Injektion eines Filtrates von einer lltägigen Bouillonkultur bei Meerschweinchen eine knotenförmige In- filtration mit nachträglicher Nekrose und Geschwürsbildung, jedoch starb keines der infizierten Tiere. Nach intravenöser Injektion des gleichen Filtrates beobachteten sie Lähmungen, welche aber erst kurz vor dem Tode eintraten, so dass sie im Zweifel sind, ob sie diese als postdiphtherische Lähmungen auffassen sollen. Die Untersuchungen von Brieger & Fräxkl^^ beschäftigen sich eben- falls eingehend mit der Wirkung des Giftes. Diese Forscher fanden, dass das Filtrat einer Bouillonkultur von Diphtheriebazillen, welche früher sehr 796 M. Beck, virulent war, nachdem diese mehrere Male auf Glycerinagar fortgeztichtet worden und so in seiner Virulenz stark abgeschwächt war, in demselben Maße auch an Giftwirkung- abnahm und schließlich ganz unwirksam wurde. Diese gleiche Beobachtung teilten auch Roux & Yersin in ihrer dritten Memoire 93 mit. Weiter machten aber Bkieger & Fuäxkel noch über die Herstellung des Giftes eingehende Untersuchungen. Außer durch Filtration durch Thonkerzen erhielten sie ein wirksames Präparat durch 3 — 4- stündige Erhitzung der Diphtheriebouilloukulturen auf 50°, das bei Meerschweinchen und Kaninchen die oben schon beschriebenen Sym- ptome hervorbrachte. Bei 60" jedoch wurde ein großer Teil des Giftes zerstört, Zusatz von Salzsäure bis zur ausgesprochen sauren Reaktion sowie Eindampfen bei 50° schädigt das Gift nicht. Ein Ferment oder Enzym kann daher das Gift nicht sein. Mit Ammoniumsulfat und Natriumsulfat ließ sich das Gift aus dem Filtrat der Bouillonkulturen ausfällen. Das reine Diphtheriegift wurde durch mehrmalige Fällung mit absolutem Alkohol gewonnen. Der dabei sich bildende, im Wasser lösliche Rückstand wurde mittels Dialyse von den Peptonen, Salzen und anderem befreit und bei 40° im Vacuum eingedampft. Das derart her- gestellte reine Diphtheriegift tötet ein Tier in der Menge von 2,5 mgr pro Kilogramm Tier, jedoch unter Umständen erst nach Wochen und Monaten unter Abmagerung, Nekrose an der Impfstelle und mit Lähmungs- erscheinungen. Bei der Obduktion findet man die gleichen Erschei- nungen wie nacli der Injektion des frisclien Filtrats. Pseudomembranen haben Briegeu c^c Fkänkel nicht gesehen; da der von ihnen isolierte Körper Eiweißreaktion gab, so wurde er als Toxalbumin bezeichnet und die Autoren fanden, auf aschefreie Substanz berechnet, darin: C = 45,35, H = 16,33, S = 1,39, 0 = 29,80. In zweckmäßiger Weise wurde die Methode von Brieger & Fränkel, zur Reindarstellung des Giftes von Wassermaxx & Proskauer ^34 modi- üziert. So gelang es auch, ein ziemlich gleichmäßig wirksames Gift zu gewinnen. Nachdem sie das keimfreie Filtrat im Vacuum einge- dampft und der Rückstand zur Abtrennung der Peptone und Globuline dialysiert worden war, wurde die im Dialysator zurückgebliebene Flüssigkeit mit Essigsäure angesäuert und 24 Stunden lang der Ein- wirkung eines 60 — 70proz. Alkohols ausgesetzt. Der sich bildende Niederschlag wurde abfiltriert und ausgewaschen und stellte im trockenen Zustand ein feinkörniges weißes Pulver dar, von dem Kaninchen, nach subkutaner Injektion von 10 mgr, in 3 — 4 Tagen getötet wurden, nach Injektion von 6 mgr starben die Tiere nach ca. 14 Tagen und nach Injektion von 3 mgr erst nach ca. 8 Wochen. Einen ähnlich wirkenden eiweißartigen Körper, wie das aus Bouillon- kulturen gewonnene Gift, erhielten dieselben Autoren aus dem Blut und den Organen der an Diphtherie eingegangeneu Tiere durch Extraktion mit Glycerin. Ein ausgewachsenes Kaninchen liefert etwa 2 mgr dieser als feines amorphes Pulver sich darstellenden Substanz, von der 0,2 mgr genügten, um ein Kaninchen durch intravenöse Impfung nach 6 bis 14 Tagen zu töten. Dass die Toxalbumine chemisch reine Körper seien, halten die Autoren nicht für erwiesen, sie sind eher der Ansicht, der auch von Behring sich zuneigt, dass die Toxalbumine Eiweißkörper seien, welche aus dem Nährmaterial mit niedergerissen worden sind. Aus dem Blut imd den Organen von an Diphtherie Verstorbenen stellte zuerst Brieger & Wassermann isia ^owie Sidney Martin 1^2 Giftstoffe von dem Charakter der Albumosen her, mit denen sie bei Diphtherie. 797 Tieren Fiebererscheinungen , Oedeme und Paresen erzeugen konnten. Nach des letzteren Ansicht wird in den Pseudomembranen durch die Diphtheriebazillen ein Ferment gebildet, dessen Bildung er in Parallele mit derjenigen eines peptischen und tryptischen Fermentes stellt. Dieser fermentähuliche Körper ist aber wieder verschieden von den toxischen Albumoseu, die er aus den Diphtheriekulturen und dem infizierten Kör- per isolierte imd die erst durch Einwirkung des Fermentes aus dem Eiweiß entstehen. Nach Behking^-^'^ fehlt aber dem Diphtheriegift das wesentliche Moment der Fermente, nämlich die unbegrenzte Zersetzungsfähigkeit auf fer- mentatiousfähige Substanzen, unabhängig von der Stoftmenge, da die Wirkung des Giftes in direktem Verhältnis steht zu der Menge, welche nötig ist, um Tiere (Meerschweinchen u. s. w.) von bestimmtem Gewicht krank zu machen und zu töten. Die Thatsache, dass die Wirkung des Giftes am stärksten ist zu einer Zeit, wo die Wachstumsfähigkeit der Diphteriebazillen sich bereits erheblich vermindert hat, giebt die Berech- tigung zu der Annahme, dass die toxischen Körper in erster Linie als Bestandteile des Bakterienkörpers anzusehen sind, welche aus diesem durch die umgebende Flüssigkeit ausgelaugt und in diese übergegangen sind. Dass das Gift ähnlich wie bei den Cholerabazilleu ein Bestand- teil des Bakterienleibes sei, konnte experimentell auch H. Kossel^s^ konstatieren. Nach ihm wird das Toxin in der Hauptsache aus den Bakterienleiberu sezeruiert und ist also als ein Stoft'wechselprodukt der Diphtheriebazillen anzusehen. Eine Ansicht, zu der auch Esche- iiiCH'5^ kam; er hatte ähnlich wie Pfeiffer i^^ bei Cholerakiüturen die Diphtheriebazillen mit Chloroform abgetötet und nach Verdunsten des letzteren Meerschweinchen subkutan injiziert und fand, dass davon weit größere Mengen zur Infektion nötig waren, als von frischen, lebenden Kulturen. GAMALEiA^^r, ^yeigt darauf hin, dass im Anfang, wo das Wachstum der Bazillen am stärksten ist, die Bouillon keine toxischen Eigenschaften besitze, während die Giftigkeit progressiv zunehme mit der Dauer des Aufenthaltes der Bakterien in der alkalisch gewordenen Bouillon. Das Toxin ist daher, wie mau annehmen muss, in dem Bakterienkörper ent- halten und wird demselben durch Mazeration allmählich entzogen, um so in die umgebende Flüssigkeit überzugehen. Da die Kernsubstauz der tierischen und pflanzlichen Zellen der Hauptsache nach aus Nukleo- albuminen l)estelit, so ist das Diphtheriegift seiner Beschaffenheit nach als Eiweißkörper anzusehen und in die Gruppe der Nukleoalbumine einzureihen. Wenn jedoch die Toxine nur durch den Abbau der in den Nähr- substraten vorhandenen Eiweißmoleküle erfolgen würde, so wäre die Bildung von Toxin auf eiweißfreien Nährböden selbstverständlich aus- geschlossen. Jedoch gelang es Guixociiet ^^v^ durch ein einfaches Experiment darüber Aufklärung zu bringen. Er züchtete nämlich Di- phtheriebazillen in eiweißfreiem, leicht alkalisch gemachten Urin. Das Wachstum der Bakterien war ein ganz typisches, wenn auch etwas langsameres, als auf den eiweißfreien Nährmedien, und eine dreitägige Kultur tötete ein Meerschweinchen genau so wie eine 20 stündige Bouillonkultur. Ebenso wirkte auch das keimfrei gemachte Filtrat. Aber auch Bkieger hat später in Gemeinschaft mit BoerI'^s kon- statiert, dass das Diphtheriegift nicht den Eiweißkörpern angehört, da dasselbe durch Zinkchlorid aus den Lösungen gefällt und aus diesem 798 M. Beck, Nieder schlag durch Natriumphosphat wieder freigemacht werden konnte. Das spezifische Diphtherietoxin zeigt in vollkommen reinem Zustand weder Eiweiß noch Peptonreaktion, ist optisch inaktiv und lässt sich in keine der bekannten Gruppen der organischen Chemie einreihen. Gleichzeitig isolierten die beiden Forscher ein den Bakterienleibern an- haftendes Gift mit nekrotisierenden Eigenschaften, dem gegenüber außerdem aber auch das Diphtherieheilserum wirkungslos blieb. Bei späteren Untersuchungen gelang es Brieger & Boer^^s^ clas Toxin aus der Zinkdoppelverbindung rein herzustellen. Dieses gewon- nene Diphtheriegift ist frei von Eiweiß und giebt keine Peptonreaktion, es ist ferner optisch inaktiv, lässt sich auch nach keiner der gebräuch- lichen Eeaktionen der organischen Chemie in eine bestimmte Gruppe von organischen Substanzen unterbringen. Dabei fanden sie, dass es durch Oxydation sofort zerstört wird. Die oben angegebeuen Versuche zu erweitern und durch wiederholte Experimente zu erhärten, war die in der zweiten Abhandlung gestellte Aufgabe. Es würde zu weit führen, hier alle die Methoden, welche zur Her- stellung des Diphtheriegiftes noch empfohlen wurden, zu erwähnen, so- wie die Theorieeu, die sich an die Giftwirkung anknüpfen. Aus allen späteren Arbeiten geht hervor, dass außer der Alkaleszenz namentlich auch der Zusatz von Pepton zu den Nährböden von Einfluss auf die Giftwirkung ist, ebenso die genügende Zufuhr von Sauerstoff', und die zum Gedeihen der Kulturen nötige Temperatur. Am geeignetsten er- scheint ein Zusatz von 2^ Pepton Witte oder noch besser Chapoteau zu der aus frischem Rindfleisch hergestellten Bouillon, Schwimmen- lassen der Kultur auf der Nährflüssigkeit, nicht zu langes Ver- weilen der Kultur im Brutschrank. Ausdrücklich wollen wir indessen bemerken, dass trotz Beachtung aller dieser Maßregeln die verschiedenen Diphtheriekulturen sich sehr verschieden in Bezug auf Giftproduktion verhalten. Auch die Zeit des Wachstums, nach welcher das Maximum der Giftproduktiou eintritt, ist sehr verschieden. Bei manchen Diphtherie- kulturen ist diese bereits nach einer Woche erreicht, bei a,nderen muss mau die Bouillonkolben bis zu 3 Wochen im Brutschrank belassen. Sehr wichtig ist dabei genügender Sauerstoffzutritt (Roux) zu der Kultur. Zum Abtöten der Diphtheriebazillen in der gifthaltigen Bouillon und zum Haltbarmachen des Giftes empfiehlt sich am meisten nach Ehrlich der Zusatz von Toluol. — Ein gutes Diphtheriegift soll mindestens in der Menge von 0,02 — 0,01 ccm 250 g schwere Meerschweinchen inner- halb 4 Tagen akut töten. Durch Toluol wird die Wirksamkeit des Diphtheriegiftes, wenn es im Dunkeln und vor Licht geschützt aufbewahrt wird, lange Zeit erhalten. Nach Abba i^^ bis zu 2 Jahren. Desinfektionsmittel, wie Formalin, Phe- nol, Salicylaldehyd zerstören nach Salkowski^'^o ^.^^ Qjft. Ehrlich i^^ hat die wichtige Beobachtung gemacht, dass beim längeren Aufbewahren mit dem Diphtherietoxin allmählich Veränderungen vor sich gehen und sich Körper bilden, welche er Toxoide nennt und je nach ihrem Ver- halten zu dem Antitoxin als Pro-, Syn- und Epitoxoide bezeichnet, je nachdem ihre Verwandtschaft zum Antitoxin entweder stärker oder ebenso stark oder weniger stark als die des reinen Toxines ist. Madseni-*' machte bei der Wertbestimmung des Toxines auf für gewöhnlich unberücksichtigt gelassene Nebenumstände aufmerksam, dass es z. B. nicht gleichgiltig ist, ob die Versuchstiere in hellen oder dunkeln, in kalten oder warmen Ställen untergebracht sind. Die geringere Gift- Diphtherie. 799 bildung- hängt seiner Ansicht nach mit dem Umstand zusammen, dass die EntAvickehmg der ßalvterien dnrcli die stärkere Säurehildung selbst erheblich beeinflnsst wird. Dieser Nachteil soll nach Blumenthal i-ts durch Züchtung in der Milch zum Teil aufgehalten werden, da nach Spronck^** der aus dem Fleischsaft stammende Zucker bei der ge- bräuchlichen Bouillon durch Zersetzung die Säurebildiing hervorruft, was Ruete145 dadurch verhindert, dass er der Kultur frische Marmorstücke zusetzt und so eine Neutralisierung veranlasst. Obg:leich von verschiedenen Autoren, so namentlich von Zufnik^^s und von HüppeI^^, die Spezifität dem Diphtheriebacillus abgesprochen wurde, so kann nach den durch das Diphtheriegift auch beim Tier- versuch hervorgerufenen Veränderungen gar kein Zweifel mehr an der ätiologischen Bedeutung der LöFFLERSchen Stäbchen herrschen. So sahen Nocardi^^^ Behring ^^^ und Werxicke"^ Hammel, welchen Diphtheriegift einverleibt worden war, unter den Erscheinungen von Dyspnoe, ähnlich wie bei krupkranken Kindern, eingehen. Dieu- donne1*9 beobachtete verschiedeuemal Stimmbandlähmungen, Enri- quez & Hallion 1^*^ sowie Thomas '^i fanden akute Degenerations- erscheinungen im zentralen Nervensystem infolge der Injektion von Diphtheriegift, und Mokard & Regaud ^^'^ histologische Veränderungen am Herzmuskel. Zur Herstellung des Diphtherietoxins wird von Schierbeck ^^^ die Behandlung der Bakterien mit Kohlensäure empfohlen, da auf schwach alkalischem Nährboden die Diphtheriebazillen durch Erzeugung von 00-2 die schädliche Wirkung der Alkalität überwinden und die Nähr- flüssigkeit eine schwach saure Reaktion erhält, welche für das Wachs- tum der Diphtheriebazillen förderlich ist. Auf diese Weise lassen sich vielleicht auch die differierenden Ergebnisse, welche sich bei Durch- leitung von Luft zur rascheren Bildung des Toxins zeigen, erklären. Als spezifische Wirkung des Diphtherietoxins wird von Brodie^^' die Erschlaffung der Gefäßwände und infolgedessen ein Sinken des Blutdrucks angesehen. Ueber die Konstitution des Diphtheriegiftes wurden von Ehrlich ^^^ eingehende Untersuchungen angestellt, die gewissermaßen als Fortsetzung seiner früheren Arbeit über die Wertbemessung des Diphtheriegiftes gelten. Es gelang ihm, die Pro- und Syntoxoide quantitativ zu trennen. Außer dem Toxin sind noch andere Körper in dem Diphtheriegift, welche das Toxin zu binden imstande sind; von einer Immunitätseinheit, welche in 200 Bindeeinheiten zerlegt wird, wird ein Teil durch Toxine, ein anderer durch Toxoide und ein dritter durch Toxone gebunden. (Vgl. Bd. I, S. 357). Litteratur. 130 LÖFPLER, Mitteil, im Greifswalder med. Verein. 1. Dez. 1888. Dtsch. med. Woclienschr., 1890. — i3i Wassermann & Proskauer, Dtsch. med. Wochenschr., 1892. — 131a Brieger & Wassermann, Char. Annalen, 1892. — «2 Sidney Martin, Brit. med. Journ., 1892. — i33 Behring, Geschichte der Diphtherie, Bd. 1. Leipzig 1893. — 134 KossEL, Centralbl. f. Bakteriologie, Bd. 19, 1896. — i35 R. Pfeiffer, Zeitschrift für Hyg., Bd. 11, 1891. — i36 Gamaleia, Les poisons bacteriens. Paris 1892. — 13"? Guinochet, Arch. de med. exp. , 1892. — i38 Brieger & Boer, Zeitschrift für Hyg., Bd. 21, 1895. — «'J Dies., Deutsche med. Wochenschrift, 1896. — 1*^ Salkowski, Berliner klin. Wochenschr., 1896. — i4i Ehrlich, Die Wertbemessung des Diphtherieserums. Jena 1896. — i*- Mausen, Ztschr. f. Hyg., Bd. 26, 1897. — i43 Blumenthal, Dtsch. med. Wochenschr.. 1897. — in Spronck, 800 M. Beck, Ann. de Tinst. Pasteur, 1895. — i« Ruete, Müneh. med. Wochenschi-., 1897 (S. 213). — i4fi NocARD nach Roux & Yersin, Ann. de l'inst. Pasteur, 1889. — i47 Behring, Dtsch. med. Woch., 1890. — i« Wernicke. Arch. f. Hyff.. Bd. 18, 1893. — 149 DiEUDONNE, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 13, 1897. — i-^o Enriquez & Hallion, Compt. rend. de la soc. de biol., 1894. — isi Thomas, Boston med. and surg. Jonrn., 27. Jan. 1898. — ij- Mokard & Regaud, Ann. de Tinst. Pasteur, 1892. — 153 ZupNiK, Berl. klin. Wochenschr., 1897. — is* Hüppe, nach Hyg. Rundsch., 1897. — 155 Schierbeck, Arch. f. Hyg., Bd. 27, 1897. — iso Abba, Centralbl. für Bakt., Bd. 23, 1898. — i57 Brodie, Brit. med. Journ.. 1899. — i58 Ehrlich, Dtsch. med. Woch., Nr. 38, 1898. Klinische Erscheinungen der Diphtherie. Wenn wir der Vollstäudig-keit halber ein kurzes Bikl von dem klinischen Verlauf der Krankheit und von den Symptomen geben, welche für die Diphtherie charakteristisch sind, so müssen wir uns trotz der Mannig-fiiltigkeit der Erscheinungen doch immer auf den bakteriologischen Standpunkt stellen. Das Charakteristische der Diphtherie, die Pseudo- membranen und die Tendenz des Fortschreitens des diphtherischen Pro- zesses bis zur schweren Nekrose und Gangrän, in erster Linie auf die Schleimhäuten des Rachens und Larynx, finden wir bei keiner anderen Krankheit in dem Maße wie bei der Diphtherie ausgesprochen. Es g-iebt ja auch noch andere Erkrankungen, wie z. B. Scarlatina, die in ihrem Verlauf in mancher Beziehung der echten diphtherischen sehr ähnlich sind, wie auch andererseits die diphtherische Erkrankung die mannigfachsten Veränderungen in ihrem klinischen Bilde aufweist. Ein sicheres Urteil kann nur der Nachweis der LöFFLERschen Stäbchen geben, die wiederum je nach ihrer Virulenz oder auch infolge der dem Organismus innewohnenden, mehr oder weniger starken, natürlichen oder künstlichen Resistenz des Gewebes gegen das Eindringen der toxischen Stoffe das Krankheitsbild variieren. Vom bakteriologischen Standpunkte können wir, ausgehend von dem einfach lokalen Prozess, wie er sich im ersten Beginne der Invasion der Bazillen darstellt, 3 Phasen verfolgen, wobei eine in die andere über- geht, indem aus den Bazillen sich bildende toxische Produkte von dem Krankheitsherd aus den Organismus überschw^emmen und ferner auf dem nekrotisierten Gewebe anderen Bakterien Gelegenheit gegeben wird, in die nächste Umgebung und auch in die Blutbalm weiterzuwuchern. Wir können daher der Einteilung, wie sie Baginsky^*^ in seinem Buche augiebt, folg-en, obgleich er die letzte, die septische Form, mehr als eine selbständige Form aufgefasst wissen will. Baginsky unterscheidet drei Formen der Diphtherie: 1. die einfache lokalisierte diphtherische Affektion; 2. die diphtherische Infektion (beziehungsweise Intoxikation) — diphtherische Allgemeinerkrankung-; 3. die septische Diphtherie (hinzugerechnet die gangränösen Erkrankungsformeu) . Im folgenden werde ich hauptsächlich Baginsky folgen, der in seinem vortrefflichen Buche*'" seine reichlichen klinischen Erfahrungen niedergelegt hat. Die erstere Form, welche mit verhältnismäßig geringen Allgemein- erscheinungen beginnt, häufig mit heftigen Schlingbeschwerden, lässt durch die geringe Fieberbewegung, die Neigung zum Schlaf, die ge- steigerte Pulsfrequenz und die beschleunigte Atmung, ferner durch den Diphtherie. 801 gedämpften Charakter der Stimme, durcli die erschwerte Naseuatmiing-, welche die Kinder zwingt, bei otitenem Munde Luft zu holen, durch die Schwellung- der Halsdrüsen und der seitlichen Konturen des Halses an beiden Kieferwinkeln die ersten Krankheitserscheinungen erkennen. Bei Untersuchung des Mundes und Eachens findet man die Zunge meist trocken und belegt, die Mundschleimhaut erscheint etwas mehr gerötet als gewöhnlich. Die Pharyngealschleimhaut ist gerötet, spiegelnd und wie die Tonsillen von rosenroter Farbe; auf den meist stark hervor- tretenden Tonsillen sieht man zunächst einen von der Schleimhaut selbst sich scharf abhebenden Belag von weißgrauen, gelblich bis graugriin- lichen Massen, die in unregelmäßigen Streifen oder Flecken in die Nischen und Buchten des Tonsillengewebes hineinwuchern. Aber auch von den Ton- sillen weiter auf die Gaumenbögen, sowie auf die hintere Rachenwand sieht man diese Membranen sich verbreiten, von denen sich häutig ein schleimig eitriges Sekret absondert, welches nicht selten bei der Unter- suchung ausgehustet und dem Untersucher entgegengeschleudert wird, xluch die Nasenschleimhaut ist meist gerötet und sondert ein schleimig- eitriges Sekret ab. Hinten und zu beiden Seiten der Kieferwinkel fühlt man die stark geschwollenen Lymphdrüsen, deren Betastung den Kindern meist lebhafte Schmerzen verursacht. Das Krankheitsbild, das in dieser Weise mehrere Tage gedauert, ohne bedrohliche Erscheinungen hervorgerufen zu haben, verändert sich dann meist unter raschem Abfall der Temperatur, die Respiration wird allmählich wieder normal, die den Tonsillen und der Pharyngealschleim- haut auflagernden Plaques lösen sich unter Schleim und Eiterbildung oder auch als zusammenhängende Fetzen ab, die allgemeinen Erschei- nungen verschwinden mit der Zeit und das Kind bekommt seine frühere Munterkeit wieder. Charakteristisch ist der regelmäßige mikroskopische Befund der LÖFFLERschen Stäbchen in den Pseudomembranen, sei es nun, dass sie zunächst nur als leichte feine Streifchen die Schleimhaut überziehen oder als dicke Plaques diese bedecken. Daneben findet man aber auch, so besonders in den tieferen Schichten der Membran, Streptokokken und Staphylokokken oft in recht reichlicher Menge. Wenn auch diese ge- wissermaßen leichte Form der Erkrankung nicht dem eigentlichen Bild von dem, was nach BuEroNNEAU als Diphtherie aufgefasst werden muss, entspricht, so müssen wir doch nach Analogie des Verlaufes bei anderen Infektionskrankheiten diese Form als eine echte Diphtherie auffassen, da der Befund der charakteristischen Bazillen, die für Meer- schweinchen auch bei dieser leichten Form unter Umständen sehr virulent sein können, den Ausschlag für die Feststellung der Diagnose giebt. Dass in dem einen Fall die Krankheit nur diese verhältnismäßig geringen Erscheinungen hervorruft, und mehr einen lokalen Charakter behält, im Gegensatz zu den Formen bei denen, wie wir gleich nachher sehen werden, unter schweren allgemeinen Erscheinungen ein rasches fast unter den Augen des Beobachters sich bildendes Exsudat auf der Schleimhaut des Pharynx und der Trachea das Leben des Patienten bedroht, müssen wir einer gewissen Widerstandsfähigkeit der Gewebe einerseits und andererseits bestimmten im Blut schon vorhandenen immuni- sierenden resp. Abwehrstotfen zuschreiben. Wesentlich schwerere Erscheinungen, die gleich von vornherein auf eine hochgradige Intoxikation schließen lassen, bietet die diphtherische Allgemeinerkrankung. Hier macheu die Kinder den Eindruck von Haiidbucli der pathogenen Mikroorganismei). II. 51 802 M. Beck. Schwerkranken. Mit hohem Fieber nnviihig im Bett sich hin- und her- werfend, mit hochrotem, g-edunsenen Gesicht schwer atmend liegen die Kinder da; das Sensorium ist meist benommen, die Kinder sind apatliisch; aus dem Schlaf geweckt, klagen sie über starke Halsschmerzen und heftigen Durst. Die Unterkiefergegend ist verdickt, vorgewölbt und beim Anfassen schmerzhaft. Die Schleimhaut des Pharynx ist zu An- fang stark gerötet, in der Eegel dunkelrot und glänzend, ebenso die Gaumenbögen und die hintere Pharynxwand. Auf den hochrot ge- schwollenen Tonsillen sieht man einen schleierartigen grauweißlichen Ueberzug, oder zwischen den einzelnen Taschen der Mandeln grauweiße bis graugrüuliche oder schmutzige graue Flecken, oder man sieht an der hinteren Rachenwand solche grauweißliche Streifen, die nach dem Larynx zu sich ausbreiten. In wenigen Stunden, regelmäßig aber nach 1 — 2 Tagen sieht man die Tonsillen oder die hintere Pharynxwand von diesen diffusen graugelben Massen gleichsam austapeziert und in der Eegel nur mit Ausnahme der oberen Partieen des harten Gaumens von diesen mehr oder weniger stark sezeruierenden Pseudomembranen ein- genommen. Infolge der Ausbreitung der Membranen in den Nasenrachenraum werden durch die Nase selbst zähe eitrige Massen entleert und die Nasengänge verstopft, so dass die Kinder mit otfenem Munde schwer atmend im Bette liegen; dabei ist die Atmung beschleunigt und hat einen rasselnden oder röchelnden Beiklang-. Wird in dieser Zeit nicht durch eine antitoxische Behandlung die Krankheit beeinflusst, kommt es infolge der Ausbreitung der Pseudo- membranen auf dem Larynx in den folgenden Tagen zu Erscheinungen der Dyspnoe. Die Respiration wird gedehnt und ist namentlich bei der Inspiration mit einem schlürfenden oder pfeifenden Geräusch ver- bunden. Die Stimme ist heiser; das Gesicht bekommt einen ängstlichen Ausdruck, und ist ebenso wie die sichtbaren Schleimhäute livide und unter Umständen stark cyanotisch. Der Puls ist in diesem Stadium meist lebhaft beschleunigt, klein. Hände und Füße fühlen sich kalt au. Infolge der Atemnot werden die auxiliären Hilfsmuskeln in Mitleiden- schaft gezogen, namentlich bei der Inspiration werden die Seitenteile des Thorax, das Jugulum und der Scorbiculus cordis stark eingezogen. In diesem Stadium erliegen die Kinder, falls nicht durch Tracheotomie oder durch eine Intubation Erleichterung geschaffen wird, direkt den Erscheinungen der Erstickung. Man kann wohl mit vollem Recht, wie dies auch Bagixsky gethan hat, die septische Form der Diphtherie, die septikämische Di- phtherie als eine besondre dritte Form aufstellen, obgleich sie in der Regel aus den beiden oben beschriebenen Formen hervorgeht. In neuester Zeit hat der Arzt glücklicherweise infolge der frühzeitigen Einleitung der antitoxischen Behandlungsmethode nur verhältnismäßig selten Gelegen- heit, diese Krankheitsform kennen zu lernen. Aber vor der Zeit des Diphtherieserums hat sie mit zu den häutigsten Diphtheriefällen gezählt und besonders bei den Kindern aus den ärmeren Ständen in großen Städten und auf dem Lande war sie fast die am meisten den Arzt be- schäftigende Form. Durch die Erfahrungen, die wir mit dem Diphtherie- serum gemacht hal)en, hat sich das bestätigt, was schon von Löfflek, mir u. a. in früheren Zeiten hervorgehoben, dass nämlich die Diphtherie- bazillen den anderen Bazillen namentlich den Streptokokken gewisser- maßen nur den Wes; bahnen, die letzteren selbständig aber keine Diphtherie. 803 Diphtherie zu erzeugen imstande sind, dass die septische Form der Diphtherie also nur eine Misehinfektiou darstellt, wobei der Diphtherie- baeillus als das erste, als das Hauptagens angesehen werden muss. Warum kommt es aber bei den mit dem autitoxischen hierum behandel- ten Fällen, wo doch die Streptokokken gleichfalls in großer Menge in den Membranen wuchern, nicht zur septischen Diphtherie? Sollte nicht bei der früh- und rechtzeitigen Neutralisation des Diphtherietoxins durch das Serum den Begleitbakterieu der Weg abgeschnitten werden, in die Blutbahn einzudringen, während früher durch die nekrotisierende Wir- kung der Diphtlieriebakterien die Lymphgefäße und die Blutkapillaren stark erweitert waren, und so den Bakterien den Weg in die Blutbahn eröffnet wurde, außerdem aber auch der allgemeine Zustand dem Ein- dringen derselben keinen Widerstand entgegenstellen konnte? Jetzt sehen wir nach der Injektion des Serums in kurzer Zeit, manchmal schon nach wenigen Stunden, die Membranen sich abstoßen und das Allgemeinbefinden sich in wunderbarer Weise heben. Glücklicherweise sind nunmehr diejenigen Fälle sehr selten, wo die Schleimhaut des ganzen Rachenraums mit einer schmutziggrauen . grünlichen Masse wie ausgeschmiert erscheint und die Untersuchung mit dem Spatel sofort Blutungen aus der Schleimhaut der Zunge und des Pharynxs hervor- ruft und ein unerträglicher Geruch dem Untersucher entgegenströmt. Die Lippen bei solchen Kranken sind mit tiefgehenden llhagaden versehen; das Oettnen des Mundes, die Kiefergegend ist schmerzhaft, selbst bei der geringsten Berührung, und teigig geschwollen, das Gesicht gedunsen und von eigenartig bleigrauer Färbung. Die Kinder atmen mit geöff- netem Munde, liegen in tiefem Sopor, aus dem sie nur mit Mühe zu wecken sind. Der Puls ist klein, fadenförmig, meist beschleunigt und unregelmäßig, die Respiration laugsam, oberflächlich, die charakteristi- schen Einziehungen der vorhergehenden Form werden in der Regel seltener beobachtet. Die Temperatur ist bei dem schweren Allgemein- zustand wenig erhöht, häufig sogar subnormal, der Urin regelmäßig- eiweißhaltig, häufig sogar blutig, auch auf der Haut beobachtet man nicht selten Ecchymosen, fast regelmäßig sind Blutungen aus der Nase. Unter diesen schweren Erscheinungen erfolgt der Tod, selbst nach glück- lich gelungener Tracheotomie, meist am 3. — 1. Tage; nur selten kommt es zu einem glücklichen Aasgange, und dann sehen wir als Folge- erscheinungen langsames Abstoßen der Membranen mit darunter liegen- der tiefer Geschwürs- und späterer Narbenbildung, Lähmungserschei- nungen, chronischen Entzündungen der Nieren sowie den anderen Folge- zuständeu schwerer septischer Erkrankungen. Außer diesen akut verlaufenden Krankheitsformen sehen wir jedoch nicht selten einen rein chronischen Verlauf der Diphtherie. Ich sehe hier ganz ab von den Fällen, wo längere Zeit nach dem Abheilen des lokalen Prozesses auf der intakten Schleimhaut oder in dem Naseu- sekret noch Diphtheriebazillen gefunden werden, die, wie Avir schon oben gesehen, gerade für die Verbreitung der Diphtherie hauptsächlich in Frage kommen und die wir schon oben ausführlicher beschrieben haben. Sondern ich meine jene graugelben Auflagerungen auf den Tonsillen und auf den Gaumenbögen sowie auf der hinteren Racheuwand, die allerdings infolge der antitoxischen Behandlung nur noch relativ selten beobachtet werden, früher aber, da sie auch nach der Anwendung von antiseptischen Mitteln nur vorübergehend wichen, häufiger als rein lokale Erkrankung zur Beobachtung gekommen sind. Erst nach langer Zeit, öl* 804 M. Beck, manchmal erst nach Wochen sieht man die Membranen sich vollständig- abstoßen und die Kranken, in der Mehrzahl handelt es sich dabei um Erwachsene, sich wieder langsam erholen. Wenn auch schwere Kom- plikationen bei dieser Form selten aufzutreten pflegen, so können doch auch bei solchen Fällen, infolge von toxischen Prozessen, wie die Be- obachtungen von Walb^^Q^ Jacubowitscii 'öö^ Goxcettii^i u. a. zeigen, schwere Komplikationen eintreten und schließlich den Tod veranlassen. Jedoch kann der lokale diphtherische Prozess außer in der Mund- schleimhaut auch auf anderen Schleimhäuten und selbst auf der äußeren Haut, sei es primär sei es sekundär, auftreten. Allerdings ist vor- wiegend die Schleimhaut des Rachens der Sitz der primären Erkrankung, wir haben aber schon gesehen, dass auch die Zunge, die Wangen- schleimhaut und die Lippen in Mitleidenschaft gezogen werden können, und zwar sind dies meist die Fälle mit einem mehr oder weniger aus- gesprochen septischen Charakter. Bekanntlich gaben Bretonneau zu seinen klassischen Untersuchungen eine unter den Soldaten der Garnison Tours ausgebrochene Stomatitis diphtberitica Veranlassung. Bei solchen Fällen handelt es sich im Grunde genommen meistens um diphtherische Affekte, welche sich auf schon vorher verletzter Schleimhaut, auf Rha- gaden oder auf Grund einer Stomatitis aphthosa gebildet haben. Weiterhin möge hier noch kurz erwähnt sein das Uebergreifen des diphtherischen Prozesses auf das Ohr, sei es, dass der diphtherische Prozess vom Rachen aus sich durch die Tuba Eustachii auf das Mittel- ohr weiter pflanzt, oder auch, ohne dass es in der Tuba Eustachii zur Erkrankung kommt, direkt auf das Mittelohr überspringt. Auch diphthe- ritische Erkrankungen des äußeren Gehörganges kommen, wenn auch seltener, vor. Bei diesen Prozessen fehlen auch die charakteristischen Stäbchen nicht und lassen sicli sow^ohl im Ohreiter bei Otitis media als auch im äußeren Gehörgang wie Kossei. '*'2^ Kutscher if*^^ Podac'K^64^ WoLFF^ß^, Baginsky mitteilen, unzweifelhaft nachweisen. Immerhin kommen aber diese diphtherischen Ohrenerkrankungen weit seltener zur Beobachtung als die bei Masern und Scharlach. Nicht so selten ist dagegen das Uebergreifen des diphtherischen Pro- zesses auf die Nase und deren Nebenhöhlen. Wie wir schon oben gesehen haben, trifft man sowohl im Anschluss an die diphtherische Angina eine Rhinitis diplitheritica, als insbesondere bei der infektiösen und der septischen Form. In den letzteren Fällen findet man lange Zeit festhaftende Membranen bis zu den Nasenöffnungen, die sich nur langsam unter Blutungen losstoßen und meist geschwürige Stellen an der Nasenschleimhaut zurücklassen, in denen sich unter Umständen noch lange Zeit die LöFFLERschen Stäbchen vorfinden. Auch in den Nebenhöhlen der Nase sind von Wolff^^^ bei der Obduktion die Di- phtheriebazillen und zwar 12 mal in der Highmorshöhle, 6 mal in der Keilbeiuhöhle , Imal in der Stirnhöhle und 6 mal in der Paukenhöhle gefunden worden. Bei der meist ohne Begleiterscheinungen einhergehenden als Rhinitis pseudomembranacea beschriebenen Nasenaöektion, bei der weißgraue festznsammenhängende Membranen die Nasengäuge verschließen, die sich auch meist leicht in zusammenhängenden Fetzen ablösen lassen, aber die Kinder doch zwingen, infolge der Verlegung der Nasenhöhle mit offenem Munde zu atmen, wurde zuerst von Baginsky 'ß^' und dessen Schüler Stamm i^- auf den Zusammenhang mit Diphtherie durch den Nachweis der Diphtheriebazillen in den Membranen hingewiesen. Auch Diphtherie. 805 Cadet de Gassicourt 1^''* fand bei diesem Prozess die LöFFLEusclieu Stäbchen und nennt diese Form der Diphtherie daher Diphtherie ä forme prolong-ee. Zahlreiche andere Forscher wie Abel, Escherich, Abbot, Park u. a., reihen diese Erkrankung- aus dem gleichen Grunde den so mannigfachen Formen der Dijththerie ein. Als die relativ häufigste Komplikation der diphtherischen Halsent- zündung ist die Beteiligung der Trachea und der Broncliien sowie schließlich der Pleura au dem Krankheitsprozess anzusehen, namentlich ist es die Bronchopneumonie, welche nach Baginsky in 50^ der Todesfälle bei der Sektion sich vorfindet, und daher als eine der schwer- sten Komplikationen angesehen werden muss. Diese Erscheinungen sind gleichfalls in fast sämtlichen Fällen als fortgeleitete diphtherische Prozesse aufzufassen, wie ja auch schon Löffler in den bronchopneumo- nischen Herden Diphtheriebazillen nachgewiesen hat. Nach den Unter- suchungen Baginskys sowie dessen Schülern Strelitz i^a ii^d Boasson ^^^ kommt dem Diphtheriebacillus für die Entstehung der Pneumonie die höchste Bedeutung zu, während neben ihm die Streptokokken und Pneumokokken, ebenso wie der Staphylococcus aureus, Bact. coli, der FRiEDLÄNDERsche Bacillus bei der diphtherischen Bronchopneumonie nur als Begleitbakterien in Betracht kommen. Die klinischen Befunde bei der Bronchopneumonie beschreibt Bagixsky treffend folgendermaßen: »Die physikalische Untersuchung ergiebt diffuse schleimige Rasselgeräusche. In vielen Fällen greift der Prozess noch tiefer in das Alveolargebiet. Bronchopneumouische Herde geben sich durch frequentere Atmung, gesteigertes Fieber und bei größerer Ausdehnung auch durch die pliysikalischen Erscheinungen kund, durch khngende Kasselgeräusche und kleinere oder größere Dämpfungen; auch wohl durch Schmerzhaftigkeit beim Atemholen und Husten. Der Verlauf der Bronchopneumonie ist, wie auch sonst bei dieser Affektion, wechselvoll, im allgemeinen aber doch gefährlich. Die Dyspnoe, der quälende Husten, die erschöpfenden hohen Temperaturen (zwischen 39 und 41°) bei dem durch die Infektion an sich geschädigten Organismus, führen leicht zu Kollapszuständen, zu Lungenödem mit tödlichem Aus- gang. Naturgemäß und glücklicherweise ist dies nicht immer der Fall. Indes ist im besten Fall der Verlauf dadurch langsam, verschleppt; nur mühsam entfiebern die Kinder, und langsam erst verschwinden die bronchitischen Symptome und die physikalischen Erscheinungen der mul- tiplen kleineren oder größeren Verdichtungen der Lunge. Die broncho- pneumonischen Herde sind, wie mau sieht, zumeist echte Formen dieser Erkrankungen d. h. aus der Fortleitung des Flächenprozesses auf die Bronchioli und Lungenalveolen entstanden und so in direktestem An- schlüsse au eine kapilläre Bronchitis und dieser zugehörige Atelektasen des Parenchyms; indes ist die Entwickeluug der Erkrankung sicher nicht in allen Fällen die gleiche. Die anatomische Beschaöenheit der Lungen bei den einzelnen Sektionen lehrt, dass oft auch eine andere Entvvickelung der Affektion möglich ist, augenscheinlich von den Ge- fäßen her, durch Infarktl)ildungeu. Dann sind die Herde ursprünglich klein, hämorrhagisch. Das Parenchym der Lunge erscheint um die keil- förmigen hämorrhagischen Herde tief dunkelrot, l)lutreich : so an einzel- nen Stellen; an anderen sieht man um den fast schwarzen hämor- rhagischen Herd in weiter Ausdehnung eine hämorrhagische oder zum mindesten intensiv blutreiche Infiltration des Lungenparenchyms, zumeist ebenfalls in Keilform von innen heraus, nach der Oberfläche zu. Physi- 806 M. Beck, kaiisch geben sich diese Inforktherde ebenfalls nur durch kleine um- schriebene Dämpfung-en, durch geringe Rasselgeräusche und mehr durch umschriebenes bronchiales Atmen zu erkennen. Die Kinder sind, da das Herz und die Nieren an dem Prozesse in der Regel mitbeteiligt sind, da Herzgeräusche und Anomalieen der Herzaktion und nicht selten auch reicliliche Albuminurie vorhanden sind, schwer darniederliegend, und in der Mehrzahl wohl erliegen sie der augenscheinlich septischen Infektion. — Indes, auch diese Erkrankungsformen können sich ver- schleppen: unter wechselnden Fiebertemperaturen können die physikali- schen Symptome der Einschmelzuug von Lungenparenchym, laut klingende Rasselgeräusche bei kavernösem Atmen sich geltend machen; dann ist es zu echtem nekrotischem Zerfall von Lungenpartieen gekommen, mit übelriechendem Atem der Kinder, quälendem Husten, schweren Er- Fig. 6. Schnitt durch einen bronchopueumonischen Herd. Vergr. ca. 250 fach. schöpfungszuständen, intermittierenden septikämischen Fieberschlägen und schließlich letalem Ausgang. In der Regel sind diese Erkrankungen auch noch von anderen septikämischen Aflektionen: von schweren Oti- tiden, Vereiterungen oder Verjauchungen von Lymphdrüsen, von schwerer Nephritis und Endocarditis begleitet. Alles zusammen giebt den Krank- heitsbildern einen eigentümlich malignen Charakter. Hierher rechnen endlich auch jene sonderbaren, hocli fieberhaft ver- laufenden, mit schweren Zerstörungen der Lungen einhergehenden wohl immer tödlich endigenden Prozesse, die augenscheinlich als Folgen des Eindringens fremdartiger Sul)stanzen in das Lungengewebe entstanden sind — echte Schluckpneumonieen. Auf große Strecken hin ist das Lungengewebe in eine matsche, breiige, weiche, rotbraune, schaumige Masse verwandelt, die auf dem Schnitt nichts mehr von dem ursprüng- lichen Parenchym erkennen lässt, überall nur braune Nekrose mit ein- gesprengten hämorrhagischen Massen und Detritus.« Diphtherie. 807 An diesen diplitherischen Bronchopueumonieen sieht man nicht gar selten seröse oder serösfibrinöse Plenritiden sich anschließen; bei den mehr septischen Prozessen und den Schluckpneumonieen treten sogar eitrige auf und bei den mit Infarkten einhergehendeu Pneumonieen zeigt das Exsudat meist einen hämorrhagischen Charakter. Während auf den Schleimhäuten der Luftwege die Diphtheriebazillen einen für ihre Ansiedelung äußerst geeigneten Boden finden, sehen wir den Oesophagus fast regelmäßig frei von Membranen, trotzdem dass durch das Verschlucken der Membranen reichlich Gelegenheit geboten wäre, dass auch in ihm die Stäbchen sich ansiedeln. Dagegen sehen wir aber nicht so selten l)ei Obduktionen mehr oder weniger ausgedehnte Pseudomembranbildung auf der Schleimhaut des Magens namentlich in der Nähe der Oardia, am Uebergang des Plattenepithels des Oesophagus in das Cylinderepithel der Magenschleimhaut. Löffler hatte schon in seiner ersten Abhandlung seine Stäbchen in den fibrösen Auflagerungen der Magenschleimhaut nachweisen können und auch Klebs hat in einem Falle bei Diphtherie der Magenschleimhaut seine Stäbchen gefunden. Unwahrscheinlich ist es, dass es zu lokalen dij^htherischen Prozessen auf der Darmschleimhaut kommen kann und auch mir ist bei den zahl- reichen Obduktionen niemals ein derartiger Fall zu Gesicht gekommen, da die Diphtheriebazillen durch die Säure des Magens doch in Bälde vernichtet werden. Als eine selbständige Krankheitsform kommen krupöse und diphtherische Prozesse auf der Conjunctiva vor, oder sie können sich auch an eine diphtherische Khiuitis anschließen: andererseits kommt es aber auch vor, dass die letztere infolge der Wucherung der Diphtheriebazillen durch den Thräuen-Nasenkanal eine primäre Conjunctivitis diphtheritica erzeugt. Die Affektion ist relativ selten (nach Baginsky ca. Z% der an Diphtherie kranken Kinder). Während man früher die diphthe- rischen Entzündungen der Augenbindehaut in die mehr gutartige fibri- nöse oder krupöse und die das Auge häufig total zerstörende maligne eigentlich diphtheritische Conjunctivitis trennte, hat sich durch den Nachweis der LöFFLERSchen Bazillen in den Membranen der Zusammen- hang der beiden Formen konstatieren lassen, und dass beide Formen nur einen mehr oder weniger virulenten Grad ein und derselben Affek- tion darstellen. Namentlich Uhthoff^'I i^^tte nachweisen können, dass der Konjunktivalsack Diphtheriebazillen in mehr oder weniger virulentem Zustande beherbergt, und diese leicht abziehbare Membranen auf der Konjunktivalschleimhaut hervorbringen. Allerdings wird nach seiner An- sicht oft den Diphtheriel)azillen durch das vorhergehende Eindringen von Eitererregern der Weg gebahnt. Außerdem w'urden auch noch bei diesen Prozessen vouBabes^^^ Escherich ^^, SourdilleI'3, Morellii^* und eine Reihe anderer Autoren Diphtheriebazillen nachgewiesen, so dass die Zugehörigkeit dieser Affektion zur Diphtherie außer allem Zweifel besteht. Bei der Besprechung des Xerosebacillus werden wir auf diese Frage etwas näher eingehen. Bei der seltenen und meist im Anschluss an eine Rachendiphtherie sich entwickelnde Diphtherie der Schleimhaut der Vulva und der Vagina sind von Baginsky, Eschericii''^ und Trumpf ^'-^ in den Auflagerungen Diphtheriebazillen nachgewiesen worden. Die Affektion zeichnet sich ebenso wie die Diphtherie der anderen Schleimhäute durch Entwick- lung einer mehr oder weniger starken Pseudomembran auf der Innen- fläche der kleinen und großen Labien aus und kann sich tief hinauf in 808 M. Beck, die Vagina oder uach dem Perineum hin, sowie nach den Sclienkel- beugen zu ausbreiten. Die Entstehung- beruht wohl meist auf Ueber- tragung von den diphtheritiseheu Prozessen des Halses durch Hände oder durch Tücher, jedoch sind auch selbständige Erkrankungen be- kannt, jedenfalls aber ist zur Entwickelung eine vorausgeheude Ent- zündung oder Läsion notwendig. Das Allgemeinbefinden ist in der Eegel schwer alteriert nnd l)eeintlusst, da diese Form häufig mit einer Pharyngealdiphtherie einhergeht, auch den Verlauf der letzteren sell)St- verständlich sehr. Primäre Fälle dieser Art sind neuerdings von Müller i"'' und von Leicki^' beschrieben worden. In einem Falle von Öepsis puerperalis, welche mit Pseudomembran- bildung cinherging, sind von BummI'^'^ Diphtheriebazillen gefunden worden. Schon von Tüousseau ^^ ist gerade auf den bösartigen Charakter der Hantdiphtherie hingewiesen worden. Wenn auch jetzt diese Art der Diphtherie wohl infolge der gründliclieren Reinlichkeit und infolge der frühzeitigen Desinfektion der Wunden eine weit mildere Form an- genommen zu haben scheint, so ist deren Vorkommen doch, wie eine große Anzahl positiver Fälle bekunden, infolge des Nachweises der Löffler- schen Bazillen als eine echte Diphtherie charakterisiert. Die affizierte Hautstelle sowie deren weitere Umgebung fühlt sich dabei teigig an, an der infizierten Stelle sieht man einen nekrotisierenden, graugelben bisweilen schmutziggrünen Belag, ähnlich wie auf den Schleimhäuten, der fast regelmäßig l)is auf die Cutis hineindrängt, und in diesem In- filtrat sind auch von mehreren Forschern so von Neisser, AbelI"^, d'EspixE & Marignac, Escherich, Treitel, Bruxner^so^ Schott- müller 181^ Uhthoff, Flesch182^ Wright 1^3^ Zaufall184j Moritz Wolff 11. a. die Lr)FFLERSchen Stäbchen als Ursache nachgewiesen worden. In einem Panaritium fand J.Seitz^^s neben Strepto- und Staphylokokken virulente Diphtheriebazillen. Eigentümlich ist an diesem Fall, dass fünf Wochen später in dem nicht erkrankten Rachen Diphtheriel)azillen ge- funden wurden, ebenso wie bei einem Bruder in dem leicht katarrhalisch erkrankten Rachenranm. Die Erkrankung selbst tritt nur au Stellen auf, welche der Epidermis beraubt sind, namentlich an kleineu Kratz- wunden der Haut, sowie an Vesikatorenwunden , und zwar fast regel- mäßig ist gleichzeitig damit eine Schwellung der benachbarten Lymph- drüsen verbunden. In einem Falle sah Baginsky^^ bei einem Kinde im Anschluss au eine Erythema multiforme mehrfache diphtheritische Haut- afiektionen auftreten, Avelche zu phlegmonösen Infiltrationen der Um- gebung, in die Tiefe greifenden myositischeu Abszessen, zur eitrigen Ge- lenkentzündung und schwer diphtherischen Otitis führten, und somit unter diesem schweren septischen Charakter den letalen xlusgang herbeiführen. Ueber einen ähnlichen Fall berichtet Schütze i^ß; es handelte sich um einen Fall von Erythema nodosum mit Gelenkschwellungen im An- schluss an eine Diphtherie. Obgleich eine Diphtherie der Tr ach cotomial wunde relativ selten vorkommt, so sieht man doch fast in der Hälfte der Fälle grauweißliche, fest der Tracheotomiewunde aufsitzende speckige Beläge. Wie die l)akteriologische Untersuchung ergiebt, sind es meist durch Staphylokokken und Streptokokken bewirkte septische Produkte. So giebt auch Fol- tanek 187 an, bei 953 tracheotomisierten Kindern niemals Diphtheriebazillen in der Tracheotomiewunde gefunden zu hal)en. Selbstverständlich können in die Tracheotomie durch die Membranen selbst Diphtheriebazillen Diphtherie. 809 auf die Wunde g-elaug-en, aber es scheint uur iu den seltensten Fällen auf diese Weise eine echte Diphtherie hervorg-erufen zu werden. So giebt Feer i^* an, an der WundÜäche verschiedentlich Diphtheriebazillen gefunden zu haben, jedoch kam es nur in einem einzigen Falle zu einer wirklich echten Pseudomembranbildung, die durch Diphtherie- bazillen hervorgebracht worden war. Einen ähnlichen Fall glaubt auch Escherich "^ beobachtet zu haben. Hierher zu rechnen ist auch das von Sproxck^i^ beschriebene, von der TracheotomieAvuude ausgehende diffuse Oedem des Unterhautzell- gewebes, das mit kleinen hämorrhagischen Herden durchsetzt war und in dem sich durch Züchtung die Ursache in den zahlreich vorhandenen Diphtheriebazillen erkennen ließ. Nicht mit Unrecht vergleicht daher Spronck diesen Prozess mit dem an der Impfstelle bei mit Diphtherie- bazillensubstanz infizierten Meerschweinchen entstehenden hämorrhagi- schen Oedem. Fassen wir die durch den Diphtheriebacillus auf den Häuten und Schleimhäuten verursachten Veränderungen zusammen, so können wir sagen, dass diese überall den gleichen Charakter, die Tendenz zur Bildung von Pseudomembranen und zur Nekrose des Gewebes halben, jedenfalls ist aber für das Eindringen der Stäbchen eine Schädigung der Häute oder Schleimhäute entweder durch leichte Verletzungen der Epidermis, durch Exkoriatiouen oder durch vorhergehende Entzündungs- erscheinungeu notwendig. Die geringe Tendenz der Wucherung auf der Tracheotomiewunde legt aber die Vermutung nahe, dass auch während der Erkrankung selbst Körper im Blute kreisen, durch w^elche eiue Propagation der Bazillen au anderer Stelle hintangehalteu wird. Einer kurzen Erwähnung bedarf hier auch noch die wohl am häufigsten im Anschluss an exanthematische Krankheiten vorkommende Komplikation der Diphtherie mit Scharlacli. Wenn auch bei den meisten Fällen von Scharlachangina eine Verwechselung mit Diphtherie ausgeschlossen erscheint, so bekommt mau doch nicht selten Entzün- dungserscheinungen des Rachens bei Scarlatina zur Beol)achtung, w^elche einen pseudomembranösen Charakter zeigen und inlblgedessen echte diphtherische Membranen vortäuschen können. Allerdings findet mau bei Scharlach einen mehr schmierigen unzusammenhängenden Belag, ohne Tendenz zur weiteren Ausbreitung und den schon Bretonneau ^"^ als phlegmasie scarlatineuse bezeichnet. Jedoch kommen auch bei der Scarlatina zusammenhängende Pseudomembranen vor, die den Tonsillen und der Pharynxwand fest anhaften, und iu einer Anzahl solcher Fälle sind auch schon von verschiedenen Autoren Diphtheriebazillen nachgewiesen worden, so von mir^*^, von Escherich^^, von v. Ranke i89 u. a., so dass wir diese Fälle lediglich als eine Kombination von Diphtherie mit Schar- lach aufzufassen haben. So fanden u. a. Garrat & WashburnI*^" bei 666 Scharlachkrauken im London fever hospital nur bei 8 = 1,2^ echte Diphtheriebazillen. In den Fällen, wo durch die Invasion der Streptokokken die Diphtheriebazillen iu ihrem Wachstum überholt und überwuchert worden sind, wird eine Entscheidung nur durch die günstige Wirkung des Diphtherieserums herbeigeführt werden können. Aus "dem oben Gesagten geht hervor, dass die Diagnose in manchen Fällen nur allein durch die bakteriologische Untersuchung festzustellen ist. Bei den ausgesprochenen Fällen von Diphtherie der Pharynx- oder Larynxschleimhaut , die das exquisite Bild der genuinen Diphtherie bieten, wird diese Untersuchung in der Regel nur zur Sicherstellung 810 M. Beck, der Diagnose dieneu, bei zweifelhaften Fällen dagegen, sowie bei Er- krankungsformen an anderen Körperstellen wird man alle Mittel zur bakteriologischen Differentialdiagnose, welche uns zur Zeit zur Verfügung stehen, heranziehen müssen, da diese Untersuchungen docli auch gewisser- maßen als Clrundlage für die frühzeitige Einleitung einen spezifischen Therapie zu dienen haben. Allerdings Avird man in den zweifelhaften Fällen stets eher geneigt sein, vom Heilserum Gebrauch zu machen, als bis durch die immerhin in manchen Fällen noch recht schwerfällige bakteriologische Diphtherieuntersuchung die Krankheit als solche sicher- gestellt ist. Jedoch ist man namentlich in den Fällen zur Anwen- dung sämtlicher zur Zeit angegebeneu Mittel zur sicheren Diöereutial- diagnose genötigt, wo es sich darum handelt, die Bakterien bei der Umgebung der Kranken nachzuweisen oder bei sonst anscheinend ganz gesunden Personen. Von größter Bedeutung sind diese Maßnahmen namentlich in letzterer Beziehung, besonders auch aus dem Grunde, um prophylaktisch die die Verschleppung der Krankheit verhindernden Maß- regeln frühzeitig einleiten zu können. Denn selbst bei einer Krankheit, für deren Heilung ein so sicheres und so unschädliches Mittel uns zur Verfügung steht, wie das Diphtherieheilserum, darf man doch nicht ver- gessen, dass das Grundprinzip bei sämtlichen Infektionskrankheiten das Verhüten der Ausbreitung der Erkrankung, des weitereu Verschleppens des Infektionskeimes ist. Litteratur. 159 Walb, Berl. klin. Woclienschr., 1882. — i^o Jacubowitsoh, ref. im Jahrb. f. Kinderheilk.. Bd. 30. — if'i Concetti, Arch. di path. inf., 1886. — iß^ Kossel, Dtsch. med. Woch., J894, Nr. 51. — i03 Kutscher, Dtsch. med. Woch., 1895, Nr. 10. — ifi4 PoDACK, Dtsch. Arch. f. klin. Med., Bd. 56, 1895. — i6'^ Moritz Wolff, Ztschr. f. Hyg., Bd. 19, 1895. — i'>g Bagixsky, Berl. klin. Woch., 1892. — iC7 Stamm, Arch. f. 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Seitz, Corresp. d. Schweizer Aerzte, Nr. 21, 1899. — i^e ScntJTZE, Dtsch. med. Wochenschr., Nr. 49. 1899. — i«' Foltanek, Jahrb. f. Kinderheilk., Bd. 33, 1892. — iss Feer, Aetiol. u. klin. Beitr. zu Diphth. Basel 1894. — 1*^9 V. Ranke. Münch. med. Wochenschr.. Nr. 42. 1897. — wo Garrat & Washburne, Brit. med. Journ.. 1899. Untersuchung des dipMherieverdächtigen Materials. Die Untersuchung des diphtherieverdächtigen Materials erstreckt sich zunächst: 1. auf die mikroskopische Untersuchung des Ausstrichpräparats auf dem Deckgläschen in gefärbtem Zustande; 2. auf die Herstellung einer Reinkultur der Diphtheriestäbchen auf bestimmten Nährboden; 3. auf die Einwirkung der Reinkultur resp. des Giftes der reingezüch- teten Stäbchen auf Meerschweinchen. Ich folge bei der Beschreibung dieser Maßregeln dem Gang der Unter- suchung, wie er sich seit Jahren in dem Berliner Institut für medizinische Diphtherie. 811 Diagnostik bewährt hat. lu aualog-er Weise g-eschehen auch die Unter- suchimgen des diphtherieverdächtigeu Materials in anderen Orten wie Mos- kau, nach Dunbar '9^ in Hamburg, in Breslau bei Flügge i^i'^ und in den größeren Städten der Verein. Staaten Nordamerikas (nach Kollesi^'^ Be- richt der Prophylaxe der Tuberkel- und Diphtheriebazillen in Nordamerika). Auf Wunsch werden an Aerzte, auch auBerhalb Berlins, Holzkästchen unentgeltlich und portofrei zugesandt, welche in einem Eeagenzglas einen am unteren Ende mit einem Wattebänschchen versehenenen ca. 20 cm langen Eiseudraht enthält; das obere Ende des Drahtes wird durch den Wattepropfen des Eeagenzglases festgehalten. Das Reagenzglas und der Wattebausch sind zusammen selbstverständlich vorher sterilisiert worden. In Hamburg werden an Stelle des Eisendrahtes Holzstäbchen, an anderen Orten Glasstäbchen zur Aufnahme des Wattebausches benützt. Glas- stäbe sind, da sie leicht- zerbrechen, nicht zu empfehlen, ebensowenig sind zur Entnahme der zu untersuchenden Membranen Platinösen oder Pinsel zu gebrauchen, da sich damit nicht so gründlich die Membranen abwischen lassen, wie mit einem festen ans Eisendraht oder Holz bestehenden Träger. Von dem Arzte wird bei dem zu untersnchenden Kinde dieser Wattenbausch auf den verdächtigen Stellen des Pharynx oder der Tonsillen einigemal kräftig hin und her gerieben : es bleiben dal)ei kleine Partikelchen der Membran nnd erfahrungsgemäß auch ent- wicklungsfähige Diphtheriebazillen an der Watte hängen. Dann wird der Wattebausch mit dem Träger in das sterile Reagenzglas zurück- gebracht und beides mit einer entsprechenden Notiz über Namen, kurzen Krankheitsverlauf wieder in das Holzkästchen verpackt und als »Muster ohne Wert eventuell per Eilpost au das Untersuchuugsinstitut eingesandt. Hier wird der infizierte Wattebausch zunächst auf noch ungebrauchte vorher sterilisierte Deckgläschen ausgestrichen zwecks Herstellung eines Deckglasausstrichpräparates, und dieses nach der Fixierung mit Löff- LERschem Methylenblau oder ZiEHLScher Lösung resp. mit der Roux- schen Farblösuug gefärbt. Ich ziehe im allgemeinen L(>FFLERsche Lösung vor, die ich 2 — 3 Minuten einwirken lasse, und differenziere dann mit einer ganz schwachen Essigsäurelösung (1 — 2 Tropfen kon- zentrierte Essigsäure auf 1 Petrischale mit destilliertem Wasser, das vorher gut in Wasser abgespülte gefärbte Deckglaspräparat wird einmal durch diese schwache Essigsäure durchgezogen). Sind die Löffler- schen Bazillen sehr reichlich im ersten Beginn der Erkrankung vor- handen, so kann ohne weiteres die Diagnose gestellt werden; in den meisten Fällen gehört jedoch schon eine große Uebung dazu, um aus dem Aussehen der Stäbchen direkt den Charakter der Krankheit fest- zustellen. Es ist dann, wenn auch der klinische Verlauf typisch er- scheint, für alle Fälle das Kulturverfahren und erforderlichenfalls auch der Tierversuch notwendig. Die Differenzierung der echten Diphtherie- stäbchen von den Pseudodiphtheriebazillen nach der NEissERSchen Fär- bung gab mir im Ausstrichpräparat aus diphtherischen Membranen niemals ein vollkommen sicheres Bild, und ich möchte auf diese Fär- bungsmethode allein in zweifelhaften Fällen nicht zu viel geben. Auch auf die Rouxsche Färbung allein möchte ich mich in dieser Hinsicht nicht zu sehr verlassen. Hat man durch das Ausstrichprä])arat die Gewissheit, dass es sich in vorliegendem Falle um Diphtherie handelt, so wird der betreffende Arzt sofort telephonisch oder telegraphisch benachrichtigt. In allen auch den unzweifelhaft positiven Fällen möchte ich jedoch niemals das Kulturverfahren missen. Am geeignetsten ist der Ausstrich des infizierten 812 M. Beck, Wattebausches auf miiidesteus 3 .schräg erstarrte Blutserumröhrcheu. LöFFLEEsches Blutserum ist dabei durchaus uicht iiot\yeudig". Die betref- fenden Blutserumröhrchen werden nuu bei 37° in den Brutschrank gestellt und nach 6 Stunden die verdächtigen Kolonieen mittelst des Kondeuz- wassers auf ein Deckgläschen gebracht, gefärbt und unter dem Mikro- skop untersucht. Sind zahlreiche und noch wenig entwickelte Kolonieen angegangen, so wird vorsichtig bei einem Röhrchen mit der Platinuadel ül)er das ganze Serum gestrichen, die der Platinnadel anhaftenden Kolo- nieen werden auf einem Deckgläschen fein verteilt und in gefärbtem Zu- stande mikroskopiert. Auf diese Weise ist es unter Umständen möglich, neben anderen Bakterien doch auch die charakteristischen LöFFLERSchen Stäbchen zu finden. Dennoch sollte aber 10 — 12 Stunden nach dem Aus- streichen des Wattebausches auf das Serum noch einmal eine genaue In- spektion der Köhrchen vorgenommen und die verdächtigen Kolonieen untersucht resp. verimpft werden. Es empfiehlt sich in diesem Falle, auf Blutserum eine Reinkultur anzulegen und eventuell auch gleich direkt auf Bouillon. Von einer Böuillonreinkultur werden dann Tierversuche in der Weise angestellt, dass Meerschweinchen von 250 — 350 g Gewicht verschiedene Mengen dieser Bouillonreinkultur subkutan injiziert erhalten 0,1, 0,3 und 0,5 ccm am besten unter die Haut, indem die Kanüle in der linken Achselhöhle eingestochen und unter der Haut vorsichtig nach dem Processus xiphoideus des Brustbeins vorgeschoben wird. Nach 24 Stunden ist ein deutliches Oedem der Bauchdecken zu fühlen und am 2. — 3. Tage geht das Meerschweinchen unter den oben schon be- schriebenen Erscheinungen mit dem typischen Obduktionsbefnnd ein. Selbstverständlich wird nach dem Ausfall des Kulturergebnisses dem den Fall behandelnden Arzte umgehend Nachricht gegeben. Der Tier- versuch wird meist nur zur eigenen Orientierung und nur auf besonderen Wunsch des Arztes angestellt. Der Tierversuch muss ja allerdings in allen Fällen als maßgebend angesehen werden, denn es gehört schon einige Uebung dazu, um durch das Aussehen der Kultur auf dem Blutserum den Unterschied zwischen echten LöFFLEKstäbchen und den Pseudodiphtheriestäbchen zu erkennen. Wenn auch dieses Verfahren zur Feststellung der Diagnose noch etwas umständlich erscheint, so darf doch niemals das Knlturverfahren unterlassen werden. Shuttleworth'-*^ pebt zwar an, dass er in einem Drittel der untersuchten Krankheitsfälle die Diagnose allein aus dem Ausstrichpräparat zu stellen imstande gewesen wäre; dagegen stimmen die meisten Untersucher darin überein, dass das Ergebnis der mikro- skopischen Untersuchung in dem Ausstrichpräparat allein nur selten ein sicheres Resultat gebe: so konnte Dunbar von 120 Fällen mit i)ositivem bakteriologischen Ergebnis nur bei 11 eine vollkommen sichere Diagnose aus dem Ausstrichpräparat allein stellen; in ähnlichem Sinne sprechen sich auch Hesse ^9^, Hewlett & Nolani^'^ und GlückSxAianx is« aus. Letzterer sowie auch OhlmacherI'j" empfehlen besonders die Unter- suchung der Kultur nach 4 — 6 Stunden, ob nach dieser Zeit sich schon genügend Diphtheriebazillen auf dem Nährboden entwickelt hätten, während Kohos i98 in vielen Fällen erst eine deutliche Entwicklung der Diphtheriekulturen nach 3 — 4 Tagen fand. Nach unseren Erfahrungen sind jedoch nach 12 Stunden langem Aufenthalte im Brutschranke die Kolonieen so deutlich entwickelt, dass eine sichere Diagnose schon möglich ist. Auch ist, Avie gesagt, als Nährboden nicht durchaus der LüFPLERsche notwendig, wir haben mit gewöhnlichem schräg erstarrten Diphtherie. 813 Rinderserum regelmäßig sehr gute Resultate erzielt. Michel '9^, der die verschiedeuen Sera auf ihre Fähigkeit als Xährsuhstrat für Di- phtheriebazillen untersuchte, fand als bestes Pferdeserum nach L(")FFLEr präpariert; dem LÜFFLERscheu Serum ferner folgen Cllycerinagar und normales Fferdeserum, während Kinderserum sich nicht bewährt haben soll; demgegenüber fand jedoch Auckenthaler^oi keinen Vor- zug des Pferdeserums vor dem llinderserum. Von Kempxer^oi wurde besonders der TocHTERMANNsche^^ Nährboden, auf dem sich die Di- phtheriekolonieen in ganz charakteristischer Weise entwickeln sollen, empfohlen, während der DEYCKEscAie'^^ Nährboden weit weniger brauch- bar ist. Bagixsky emptiehlt das LöFFLERSche Blutserum als den ent- schieden zweckmäßigsten Nährboden, während er die dem DEYCKESchen Alkalialbuminatagar nachgerühmte elektive Wirkung ebensowenig be- stätigen kann, wie Kempner, Feer'-o^, Joos^os^ Koplick^o^ u. a. Ba- GiNSKY entnimmt das zu untersuchende Membranstückchen mit einer sterilisierten Platinöse, wäscht dasselbe dann nach dem von Makigxac & d'E.spine empfolilenen Verfahren in destilliertem Wasser oder 2 proz. Bor- säurelösung ab und bringt es dann auf LüFFLERSches Blutserum. Die von mehreren Autoren so auch von E. v. Esmauch^os vorge- schlagene Methode den Rachen des Kindes mit einem sterilen Schwämm- chen auszuwischen und dieses, nachdem es mit dem Sekret vollgesogen ist, an das nächste Untersuchungsinstitut in verschlossenem Briefum- schlage einzuschicken, halte ich wegen der Gefahr der Zerstreuung des Untersuchungsmaterials bei der Uebersendung, wenn nicht wie z. B. in Paris ■-^*^ die weitgehendsten Sicherheitsmaßregeln getroÖen werden, im allgemeinen nicht für zweckmäßig und ich halte daher die oben be- schriebene Methode für die der Praxis am meisten entsprechende und am wenigsten gefährliche. Wir begegnen gerade bei der Frage über die Verbreitung der Diphtheriebazillen der eigenartigen Beobachtung, dass diese sich auf manchen Gegenständen unter Umständen sehr lange virulent halten können und dann noch infektiös wirken. Wenn auch die direkte An- steckung von Person zu Person als die am häufigsten vorkommende an- zusehen ist, so ist doch bei den zahlreichen positiven indirekten Ueber- tragungen mit dieser in vielen Fällen zu rechnen. Ich erinnere zunächst an die Beobachtung von Abelö2, welcher an Bauklötzchen, mit denen ein diphtheriekrankes Kind gespielt hatte, noch nach Monaten virulente Diphtheriebakterieu fand. Im Haare einer Wärterin, an den Schuhen von Pflegerinnen, sowie an Bürsten, welche im Zimmer Diphtherie- kranker benutzt wurden, und in dem Kehricht dieser Zimmer fanden Wkight & Emersox207 (jie LöFFLERschen Stäbchen. Dass diese in der unindesiufizierten Wäsche von Diphtheriekranken sich längere Zeit virulent halten und so eine Infektion verursachen können, ist sehr ein- leuchtend, wenn wir die weniger widerstandsfähigen Cholerabazillen da- nebenhalten. So haben Park^oö in der Wäsche, Seve,stre2i», Johan- xessen2'i u. a. an Kleidungsstücken infektionsfähige Diphtheriebazillen nachgewiesen. Auch ist es eine jedem Praktiker bekannte Beobachtung, dass in feuchten dumpfen Wohnungen Infektionen von Diphtherie nicht so selten zum Ausbruch kommen; man muss dabei in erster Linie be- rücksichtigen, dass hier die Diphtheriebazillen die zur Erhaltung ihrer Infektiousfähigkeit nötigen Eigenschaften namentlich an feuchten mit Tapeten überzogenen Wänden viel eher vorfinden, wie in gut ausge- trockneten der Sonne ausgesetzten Zimmern; so gelang es Ruter^os 814 M. Beck. die Diphtheriebazillen einmal von einer schimmelbedeekten feuchten Wand, sowie aus dem Dielenschutt des Krankenzimmers zu kultivieren und nach Heubner^^^ sollen namentlich in Neuhauten wegen der Feuchtigkeit der Wände häutig Diphtheriefälle vorkommen. Andere dagegen haben, wie z. B. Escherich, in der Wandbekleidung von Zim- mern mit Diphtheriekranken keine Diphtheriebazillen tinden können, auch Schlichtern'-^, der mit großem Eifer während einer Hausepidemie in der Wiener Findelanstalt die Wände und den Staub der infizierten Eäume nach Diphtlieriebazillen untersuchte, gelang es niemals dadurch den Beweis tUr die Infektion zu erbringen, und trotzdem die Kranken- zimmer mit äußerster Sorgfalt desinfiziert worden waren, kamen doch immer wieder frische Infektionen in demselben Ilaume vor. Der Grund dieser fortwährenden Infektion muss daher ein anderer gewesen sein und wir dürfen wohl mit Sicherheit annehmen, dass es sich dann wohl um Kontaktinfektion durch Wärterinnen oder durch Rekonvales- zenten, die die Diphtheriebazillen noch mit sich herumtrugen, gehandelt hat. Wie rasch übrigens die Verbreitung der Diphtherie von einem Falle aus erfolgen kann, zeigt der bekannte von Henius'^i^ beschriebene Vor- fall in einem Berliner Hotel, wo ein Kind des Besitzers an Diphtherie krank Avar und eine Anzahl von Gästen, welche an einem Festmahl dort teilgenommen hatten, plötzlich an Diphtherie erkrankte. Wenn auch thatsächlich in der Praxis Fälle von Diphtherie, welche durch den Genuss von Milch entstanden sind*), anscheinend häufiger vor- kommen mögen, so sind in der Milch Diphtheriebazillen bis jetzt mit Sicherheit nur von Howard '-is nachgewiesen worden. Nach Demetria- DEs2i6 halten sich die Diphtheriebazillen 7 — 21 Tage lang im Wasser entwickelungsfähig und virulent. Eine Verbreitung der Krankheit durch diese Nahrungsmittel ist daher nicht von der Hand zu weisen. Beob- achtungen, wie die von Vincexzi-^i?, welcher im Weihwasser Diphtherie- bazillen nachweisen konnte, gehören jedenfalls zu den größten Selten- heiten. Für die von Flesch^i» gemachten Beobachtungen der Ueber- tragung der Diphtheriebazillen durcli Bfianzen und Blumen liegen Beweise nicht vor. Dagegen müssen wir mit allem Grund Gebrauchsgegenstände, wie namentlich Ess- und Trinkgeschirre, als gelegentliche Infektionsträger ansehen, wenn sie zugleich oder hintereinander von Kranken und Ge- sunden benutzt werden, da, wie v. Esmarch^iö nachweisen konnte, die Diphtheriebazillen an Gläsern angetrocknet nach den geljräuchlichen Methoden nicht vernichtet wurden und erst bei Einwirkung einer 2proz. Sodalösung von öO'^ eine Abtötung erzielt wurde. Eine auf diese Weise entstandene Masseninfektion beschreibt F()RBEs22o^ wo ein Gefäß, an dem es ihm möglich war, Diphtheriebazillen nachzuweisen, als der Ausgangs- punkt zahlreicher Erkrankungen angesehen werden musste. Lehrreich für diese Art der Ansteckung auf indirektem Wege ist auch die Beob- achtung, die E. MEYEii22i mitteilt: in einem Gasthaus, wo ein Kind an Diphtherie erkrankt war, wurde eine Anzahl Gäste von einer schweren Diphtherie heimgesucht, ein Gast, der nur sein Abendbrot in dem Wirtshause verzehrt hatte, starb an Diphtherie, 5 andere Personen kamen mit einer einfachen diphtherischen Angina davon, 3 erkrankten an schwerer Diphtherie, von denen 2 starben. *) Ich erinnere hier nur an die 2 Diphtherieepidemieen. die Löffler-^''=' mit- teilt und welche mit Sicherheit auf das Versorgungsgebiet zweier Meiereien zu- rückgeführt werden konnten. Diphtherie. 815 Nncli iini^ereu jetzigen Erfahrimgen können wir jedoch sagen, dass wir bei der Diphtherie über die Art der Infektion wohl ebensogut orien- tiert sind, wie bei der Cholera und dem Typhus. Wie bei diesen letzteren Krankheiten kommt es auch bei der Diphtherie, nur noch in viel häutige- rem Maße, vor, dass die iutizierenden Stäbchen sich auf den Schleimliäuten anscheinend Gesunder längere oder kürzere Zeit in entwickelungsfähigem Zustande aufhalten können, ohne Krankheitssymptome hervorzurufen, dann auf andere aber ül)ergehen und hier event. tödliche Erscheinungen bewirken. Namentlich aber linden wir diese Art der Verbreitung durch Personen, welche mit Diphtheriekranken in nähere Berührung kommen, namentlich Krankenwärter, Ptleger und Aerzte, und auf diese Weise lässt sich auch in vielen Fällen auf einfache Weise die Verbreitung der Krank- heit erklären. Wir haben gesehen, dass die Diphtheriebazillen auch nach Ablauf der klinischen Erscheinungen noch lange Zeit auf den Schleimhäuten in entwickelungsfähigem Zustande gefunden werden. So teilt Spronck mit , dass er die Diphtheriebazillen bis zu 25 Tagen nach Ablauf der klinischen Erscheinungen noch nachweisen konnte, ebenso fanden Eoux & Yersin, Escherich, Löb^fler, Ritter, Heubner, Abel, Tobiesen222^ Martha -23^ Belfanti & Carbone^'-^. Tezenas du Montcel'^ss^ Le- moine226^ Welch, Biggs, Park & Beübe, Hesse 227^ Hellström 22«^ Trumpf, Sevestre2'o, Shuttleworih, Simonin & BEEWiT22y uoch 3 Wochen bis 3 Monate nach Schwund der diphtherischen Membranen die Diphtheriebazillen sehr häufig sogar noch in voller Virulenz in dem Rachenschleim oder Nasensekret der Rekonvaleszenten. Ja, nach Fibi- GER230 sollen sich die LÖFFLERSchen Stäbchen sogar 9 Monate bei einem Falle in dem Rachenschleim vorgefunden haben, Jessen 2^1 fand die Stäbchen 4 Monate lang bei einem Diphtherierekonvaleszenten, und HEWLETr & Nolan232 noch 6 Monate nach Ablauf der klinischen Erschei- nungen. Aus dieser Thatsache, dass die Diphtheriebazillen sich solange in dem Rachen- und Nasensekret der Kranken, resp. Rekonvaleszenten halten können und zwar in vielen Fällen in virulenter Form, dadurch ist auch die Gefahr der Infektion für die Umgebung eine sehr große, und es lassen sich daher auch viele Uebertragungen und Epidemie- ausbrüche, über deren Entstehung man sich früher keine Rechenschaft geben konnte, auf solche Weise erklären. Von einer gewissen Be- deutung ist in dieser Frage auch der Umstand, dass wir selbst auch mit dem Diphtherieheilserum nicht imstande sind, die LöFFLERSchen Stäbchen vollkommen abzutöten und dass, wie zuerst Silberschmid23' nachweisen konnte, auch nach der spezifischen Behandlung doch noch wochenlang die Diphtheriebazillen sich im Rachenschleim nach- weisen lassen, was übrigens auch von Kresling23i u. a. bestätigt wird, der noch bis 31 Tage nach der Serumbehandluug virulente Stäbchen nachweisen konnte. Es ist daher um so mehr die Anregung, die Wassermann 235 gegeben hat, zu begrüßen, durch Injektion der Bakterienkörper bei Pferden ein baktericides Serum zu gewinnen und damit in Verbindung mit dem anti- toxischen Serum die in den Sekreten noch befindlichen virulenten Bak- terien abzutöten und zu vernichten. Der Umstand, dass Löffler einmal bei einem gesunden Kinde seine charakteristischen Stäbchen nachweisen konnte, hatte seiner Zeit bei ihm Bedenken wegen der Spezifität dieser Stäbchen erwecken müssen, außer- dem hatten später auch Hofmann- Wellenhof und Feer je einmal und 816 M. Beck, C. Fränkel in 2 Fällen bei Nichtdiplitherischeu die Bazilleu gefunden. Seitdem sind eine Meng-e derartiger Beobachtungen in der Litteratur zu ßuden, so von Ritter, Johannesen, Aaser 23^, Wassermann 238^ Trumpf, BiGGS, Park & Beebe, Vogt 239^ Fibiger, Müller 240^ Peters 2^1 u. a. Allerdings handelt es sich in den meisten Fällen um Angehörige oder Pfleger von Diphtheriekranken, sowie mit diesen in nähere Berührung gekommene Personen. Selbstverständlich sind es aber gerade diese, welche die Verbreitung der Krankheit am meisten begünstigen, da sie ohne irgend welche oder ohne erhebliche Krankheitssymptome entwicke- lungsfähige Bakterien mit sich herumtragen und diese auf empfängliche Personen wieder übertragen können. Und in der That finden wir auch in der Litteratur mehrere solcher Beispiele, wo das anscheinend autochthone Auftreten der Diphtherie nur auf diese Weise seine Erklärung findet. In der letzten Zeit kann als klassisches Beispiel dafür gelten die von Cuxo242 gegebene Beschreibung einer Epidemie im Frankfurter Kinder- hospital, wo durch eine Wärterin mehrere Säle infiziert worden waren. Auffallend ist, worauf auch schon von Flügge u. a. aufmerksam ge- macht worden ist, dass bei der verhältnismäßig großen Verbreitung der Diphtheriebazillen, namentlich bei Diphtherieepidemieen, die Anzahl der erkrankten Kinder verhältnismäßig gering ist, gegenüber der Anzahl der der Infektion ausgesetzten. Allerdings findet nach Flügge 2^^ ein Transport der Diphtheriebazillen auf größere Entfernungen nicht statt, da sie in dem Grade von Trocken- heit, bei dem sie mit den anderen Luftpartikelchen transportierbar sind, in der Regel abgestorben sind. Jedenfalls spielt l)ei der Verbreitung der Diplitherie die sog. individuelle Disposition eine große Rolle, d. h. die individuelle Widerstandsfähigkeit einer großen Anzahl von Menschen gegen das Eindringen des Diphtherieerregers sowie dessen Gift in die Schleimhäute oder aucli in die verletzte Haut. Wassermann 238 gehört das Verdienst durch seine exakten Untersuchungen über die Scliutz- körper gegen Diphtherie im Blute von nichtdiphtherischen Kindern und Erwachsenen darüber Klarheit verschaö't zu haben. Schon vor ihm hatten Escherich & Klemenziewick244 eine Reihe interessanter Unter- suchungen über die Schutz Wirkung des Blutes von Diphtherierekon- valeszenten angestellt und in dem Blutserum dieser thatsächlich Schutz- körper nachgewiesen, was durch die Versuche von Abel 2 '4', Orlüwski245 und Loos246 bestätigt werden konnte. Angeregt durch die Arbeit Ehi;- LiCHs247 |j|)e]> (jie Uebertragung der Schutzstoffe auf die Milch und auf die Säuglinge hatte Wassermann 238 tlas Blut von einer größeren Anzahl von Kindern und Erwachsenen, die nachweislich niemals an Diphtherie gelitten hatten, untersucht und in der That bei einer größeren Anzahl Kinder im Alter von IY2 — H Jahren und zwar unter 17 in 11 Fällen sowie bei der Mehrzahl der von ihm untersuchten Erwachsenen sogar reichlich Schutzkörper im Blute gefunden, so dass die Versuchstiere nach Injektion des Blutserums dieser Personen selbst ziemlich erheb- liche Giftmengen vertragen konnten. Aus dieser Thatsache schließt er, dass diejenigen Individuen welche ein derartiges schützendes Serum besitzen weniger für Diphtherie disponiert sind, als andere. Man darf aber auch auch aus diesen Versuchen gleichzeitig den Schluss ziehen, dass eine große Anzahl von Individuen bereits im Kindesalter mit Schutzvorrichtungen gegen die Diphtherie versehen sind und auf diese Weise vielleicht zeitlebens gegen Diphtherie immun sind. Auf der anderen Seite lässt sich also aber wieder bei dem Man£:el an Abwehr- Diphtherie. 817 Stoffen eine gewisse Disposition für die Krankheit erklären, wie wir dies in der Praxis nicht so selten beobachten können. Fischl & Wunsch- heim 2^8, sowie ScHMiD & Pflanz 2^9 kommen zu ähnlichen Eesnltaten wie Wassermann. Im Anschluss daran darf wohl auch eine Fraj^e hier berührt werden, welche früher vielfach in der Epidemiologie der Diphtherie eine große Eolle spielte, nämlich die Uebertragung der Diphtherie vom Tiere, namentlich der Diphtherie der Hühner auf Menschen. Diese Frage, obschon durch Löffler gelost durch den Nachweis von den menschlichen vollkommen verschiedenen Bazillen, hat dennoch bis in die letzte Zeit, infolge der zufälligen Koinzidenz beider Erkrankungs- formen, namentlich durch die Beobachtungen von Delthil-so i^^^ yon Xavier Haas 251 vorübergehendes Aufsehen erregt. Namentlich ist auch Klein, nachdem er die Empfänglichkeit der Katze für die mensch- lichen Diphtheriebazillen festgestellt hatte, für die Verbreitung der Diphtherie durch Haustiere eingetreten. Jedoch haben die Angaben Kleins252 bis jetzt keinerlei Bestätigung finden können, und namentlich durch Abbott 253 g;incl seine Angaben über den Uebergang der Diphtherie- bakterien in die Milch der Kühe gründlich widerlegt. Durch die Untersuchungen Löfflers wird die Diphtherie bei Tauben und bei Kälbern durch zwei von den menschlichen Diphtheriebazillen ganz verschiedene Stäbchen erzeugt. Die Diphtherie der Tauben, welche mit der der Hühner anscheinend identisch ist und daher auch allgemein als Gefiügeldiphtherie bezeichnet wird, wird durch ein kleines ovales, dem der Kaninchen septikämie ähnliches, für Mäuse sehr patho- genes Stäbchen erzeugt. Durch die Untersuchungen von Pütz 25-1^ Cornil255^ Meguin256^ Menard257 konutcn Löfflers Resultate voll- kommen bestätigt werden. Auch ich hatte einmal Gelegenheit einen Fall von Taubendiphtherie im Jahre 1888 in dem hygienischen Institut zu Berlin zu untersuchen, wobei ich gleichfalls denselben Bacillus wie Löffler isolieren konnte. Bei der sog. Kälberdiphtherie züchtete Löffi.er charakteristische fadenbildende Bazillen, die wegen ihrer regelmäßigen Lagerung in der Tiefe des Gewebes als spezifisch angesehen werden mussten, während die von Dammann 25« in den diphtherischen Auflagerungen der Kälber gefundenen Kokken, die zu jener Zeit für identisch mit den Kokken, durch welche die menschliche Diphtherie erzeugt werden sollte, ange- sehen wurden, als sekundäre Erscheinungen aufzufassen sind. Von Bang 259 konnten übrigens die LöFFLERSchen LTntersuchungen über die Kälberdiphtherie vollauf bestätigt werden. Aufftillend ist ja immerhin die von mehreren Autoren angegebene Uebertragung der Diphtherie von Tieren auf Menschen ; so außer von Delthil26o^ von C(>zz()Lino2'^i, Longuet262 u. a. namentlich die von Gerhard mitgeteilte Endemie in Masselhausen, wo nach einer unter den Hühnern einer Brutanstalt aufgetretenen tödlichen Diphtherie auch auffallend viele namentlich mit der Pflege der Hühner betraute Personen erkrankten, darunter ein von einem Hahn gebissener Arbeiter an typischer Wunddiphtherie, sowie die von Baginsky mitgeteilte sonst nicht erklärbare Erkrankung eines Kindes auf einer Villa, wo zu gleicher Zeit Hühner an Diphtherie erkrankt waren, und die gleichzeitige Er- krankung eines Kalbes und eines Kindes auf demselben Bauernhof Jedoch ist der Umstand immerhin eigentümlich, dass während schwerer Diphtherieerkrankungen von Menschen nichts in der Litteratur bekannt Handbucli der pathogeneu Mikroorganismen. H. 52 818 M. Beck, ist, was dafür spräche, dass die Mensclieudiphtherie auf Tiere übertragen worden wäre, trotzdem es doch an Gelegenheit zur Infektion der Haus- tiere, wie jeder Praktiker weiß, nicht fehlt. Litteratur. i'Ji DuxBAR. Diphtheriezusammenstellung in den Ergebnissen u. s. w. von LuBARSCH & OSTERTAG, Bd. 2. 1897. — i9i;i Ausführlich bei v. Behring, Diphtherie. Bibliothek Colen. Bd. 2, lOUl. — w-' Kolle, Zeitschr. für Hyg. . Bd. 19. 1895. — 193 Shuttlewurth. The Lancet, 14. Sept. 1895. — i-i Hesse, Deutsche med. Woch., 1895. — i'ö Hewlett & Nolan, Brit. med. Journ., Nr. 1831, 189ö. — wfi Glücksmanx, Zeitschr. f Hyg.. Bd. 26, 1897. — i'-'" Ohlmacher, Journ. amer. med. Assoc, March 2, 1895. — i''^^ Koros, Sem. med., 1897. — «« Michel, Centralbl. f. Bakt., Bd. 22, 1897. — 200 Auckenthaler, ebd., Bd. 23, 1898. — 201 Kempner, Hyg. Rundsch., 1896. — 202 Feer. Correspondenzbl. d. Schweizer Aerzte, 1895. — 203 Joos, Journ. med. de Bruxelles, 1896. — 204 Koplick, New-York med. 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Es ist daher auch wohl verstäudlich, dass die vor der Eiuführimg- des Diphtherieserums g-ebräuehlicheu Mittel, die sich fast alle nur gegen die LokalaÖektion richteten, bei einigermaßen schweren Fällen in der Regel ihren Dienst versagten Erst nachdem wir durch die Kenntnis der LÖFFLERSchen Stäbchen und deren Gift- wirkung das Wesen der Krankheit näher kennen lernten, und wir in dem BEHRiNGschen Diphtherieserum ein spezifisches Heilmittel kennen lernten, sind wir in der That in den Stand gesetzt, die Schrecknisse der Diphtherie zu vermindern und auch die zum Schutze der Allgemein- heit nötigen Maßregeln in wirksamer Form anzuwenden. Die zur Be- kämpfung der Seuchen auf Grund der neuesten Forschungen in der Bakteriologie in Angrift' genommenen Maßnahmen beziehen sich in erster Linie auf eine wirksame Prophylaxe. In den GrundzUgen gleichen sich diese Maßregeln insofern alle, als es darauf ankommt, die ersten Fälle einer Epidemie möglichst frühzeitig zu erkennen, sowie auch die in der Umgebung der Kranken l)efindlichen Personen zu beobachten und deren Sekrete einer genauen bakteriologischen Untersuchung zu unterziehen. Die Ansicht von Gottstein ^^^^ Yon der autochthonen Entstehung der Bakterien, wobei den LöFFLERSchen Bazillen nur die Stellung eines Nosoparasiten zuerkannt wird, wird nur noch von sehr wenigen An- hängern geteilt. Wie notwendig aber für die Bekämpfung der Diphtherie ein allge- meines Zusammengehen notwendig ist, das wird durch die verschiedenen Verhandlungen der Kongresse und der Vereine für öftentliche Gesund- heitspflege am besten bewiesen. Und in der That haben wir es nament- lich den Bestrebungen LüFFLERs2''i auf dem X. internationalen Kongress in Berlin und C. Fränkels -^■' durch sein Referat bei der XXI. Versamm- lung des deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege zu Kiel im Jahre 1896 zu danken, dass mau auch in Deutschland zielbewusst mit der ätiologischen und bakteriologischen Untersuchung der Diphtherie und diphtherieverdächtigeu Fälle vorgeht. Hierher gehören namentlich auch allgemein verständliche Belehrungen in einer Form, wie sie ge- legentlich einer Diphtherieejndemie in Greifswald im Jahre 1893/94 durch LüFFLER-"" verbreitet wurden. Auf den Vorschlag des Gesundheitsamts in Newyork wurden für die größereu Städte der Vereinigten Staaten folgende Maßregeln zur Anwendung gebracht: 1. Belehrung des Publikums über das Wesen und die Ver- breituugsweise der Diphtherie. 2. Meldepflicht und bakteriologische Untersuchungen der diphtherieverdächtigeu Fälle. 3. Isolierung und bakteriologische Untersuchung der Di- phtheriekranken und Rekonvaleszenten bis keine LöFFLERSchen Bazillen bei ihnen nachweisbar sind. 4. Desinfektion der Wohnungen, sobald die Rekonvales- zenten diphthericbazillenfrei sind (Kolle1'*2) Zur Durchführung dieser Maßregeln, namentlich zur bakteriologischen Untersuchung der Diphtheriekraukeu und -verdächtigen ist natürlich unerlässlich, wie auch schon früher hervorgehoben wurde, dass diese Untersuchungen gewissermaßen zentralisiert werden; am geeignetsten sind dafür in erster Linie bakteriologische Stationen an Krankenhäusern der großen Städte, wo namentlich auch die Rekonvaleszenten, die die LöFFLERSchen Stäbchen noch beherbergen, längere Zeit kontrolliert werden können. Solche Uutersuchun^^sstationen , welche sich jetzt in Deutsch- 52* 820 M. Beck, land fast iu allen größeren Städten meist in Angliederung an die städti- schen Krankenhäuser oder an staatliche oder städtische Gesundheits- ämter befinden, haben sich allgemein gut bewährt. »Denn mit Recht, sagt FrÄnkel265, ist die bakteriologische Ermittlung des Diphtheriebacillus die notwendigste Grundlage für eine geordnete und wirksame Abwehr der Seuche. Sie verscheucht die Nebel vom Schlachtfelde, entreißt den Gegnern die Tarnkappe und lässt uns nicht mehr wie früher mit einem unsichtbaren Feinde kämpfen, sondern zeigt uns jeden seiner Schlupfwinkel, jeden der Wege, auf denen er uns an- zugreifen sucht. Aber von dieser festen Stellung aus gilt es nun weiter zu operieren. Zunächst sind alle diejenigen Punkte, an denen der Au- steckungsstoff gefunden wird, besonders zu markieren, ist mit anderen Worten jeder einzelne Fall anzuzeigen und zuständigen Ortes zur Kenntnis zu bringen.« Jedenfalls ist aber eine strenge Isolierung der Kranken von den Gesunden, sowie auch eine Isolierung der Umgebung der Kranken und derjenigen, welche mit diesen in Berührung gekommen sind, notwendig, da wir ja wissen, dass gerade solche Personen am meisten die Seuche verschleppen, indem sie virulente Bazillen, oft olme irgend welche Krank- heitserscheinungen zu zeigen, längere Zeit mit sich herumtragen. Ver- bot des Schulbesuchs der Kranken, sowie ihrer Angehörigen, namentlich der Geschwister derselben, sowie bei Erkrankung der Erwachsenen das Verbot des Schulbesuchs der angehörigen Kinder wird jetzt wohl mit Recht allgemein beachtet. In solchen Fällen müssen aber nicht bloß die Kranken, sondern auch deren Umgebung: Geschwister u. s. w. so lauge vom Schulbesuch fern- gehalten werden, bis keine Diphtheriebazillen mehr bei ihnen nachge- Aviesen werden können. Vor allen Dingen ist der Umgebung der Kranken sowie den durch diese gefährdeten Personen dringend anzuraten, durch fleißige Gurgelung mit desinfizierenden Flüssigkeiten die Ansiedlung und die Vermehrung der krankmachenden Keime zu verhindern. Diese einfache Methode findet im allgemeinen viel zu wenig Beachtung, da man der Wirkung der Gurgelwässer in der Regel wenig Vertrauen entgegenzubringen ge- Avöhnt ist. Aber mit einiger Geduld gelingt es, selbst Kinder anzu- lernen, die desinfizierenden Flüssigkeiten auch auf die hintere Rachen- wand und hinter die Gaumenbögen zu bringen. Als solche Mittel kön- nen außer chlorsaurem Kali und Kalkwasser auch in gewissem Sinne die im Handel befindlichen Gurgelwässer gelten, wegen ihres verhältnis- mäßig starken Gehalts an Mentliol oder Thymol. Denn wir müssen be- denken, dass die Diphtheriebazillen der Einwirkung von chemischen Desinfektionsmitteln im allgemeinen doch nur einen verhältnismäßig geringen Widerstand zu leisten imstande sind. Jedenfalls ist aber den Rekonvaleszenten unter allen Umständen eine Desinfektion der Mund- und Nasenhöhle anzuordnen, um die Lebens- fähigkeit der daselbst noch vorhandenen Stäbchen zu zerstören. Sollte es gelingen ein baktericides Serum nach dem Vorschlag von Wassermann 235 q^q^ yojj Lipstein^ös zu gewinnen, so wäre damit diese Frage mit einem Schlage entschieden, da durch die Wirkung eines solchen Serums auch die in und auf den Geweben sitzenden Bazillen zerstört würden. Wenn auch der indirekten Uebertraguug der Diphtherie sicher nicht diejenige Bedeutung bei dem Zustandekommen der Krankheit beizumessen Diphtherie. 821 ist, wie der direkten Infektion von Person zu Person, so darf doch nach dem jetzigen Standpunkt unserer Kenntnisse über die Verbreitung der Diphtheriebazillen die Desinfektion der Wohnung- nicht aus dem Auge gelassen werden. Selbstverständlich spielt, wie schon oben erwähnt wurde, die Isolierung eine ganz hervorragende Rolle bei der Bekämpfung der Diphtherie und wenn man auch allein in manchen Fällen dadurch schon das Fortschreiten der Epidemie, wie dies Fibiger'-3o sah, zum Stillstand bringen kann, so soll dabei doch nicht, wie dies Reyer^R^ ^^i\\^ die Wohnungsdesinfektion vollständig unterlassen werden und als nutzlos gelten. Selbstverständlich kann aber eine Wohnungsdesinfektion erst dann den vollen Etfekt haben, wenn durch mehrfache Untersuchung sicher konstatiert Avorden ist, dass die Bewohner der betreftenden Räume keine Diphtheriebazillen mehr mit sich herumtragen. Da die Bazillen namentlich in den Winkeln und in den Dielen haften, so ist eine sorgfältige Desinfektion der Wohnräume, in welchen sich Di- phtheriekrauke aufgehalten haben, die erste Bedingung. Das Abreiben der Wände mit Brot ist nur eine halbe Maßregel, das Aufwischen mit Sub- limat wegen der Gefährlichkeit des Mittels im allgemeinen nicht anzu- wenden. Wirksamer ist schon das Abwaschen der Wände und Dielen mit heißer Sodalösung, mit Kresolseifenlösung, oder mit Lysol und, wo dies angeht, das Ueberstreichen der Wände und Decken mit Kalk- lösungen. Am zweckmäßigsten ist jedenfalls die Desinfektion der Wohn- räume mit Formalin nach den von Flügge ^'^s und aou Esmarch^ös in der letzten Zeit so vorzüglich ausgearbeiteten Methoden. Kleidungsstücke, Wäsche, Teppiche, Spielzeug sind im strömenden Dampf oder mit Karbolwasser zu desinfizieren. Hierher gehört auch die Desinfektion der Gebrauchsgegeustände wie Ess- und Trinkgeschirre durch Abwaschen in heißer 2proz. Sodalösung nach Esmarch^'o. Wenn auch die Ansichten über eine prophylaktische Injektion mit dem Behring sehen Heilserum zur Immunisierung in Zeiten der Gefahr noch geteilt sind und sich verschiedene Autoren wie Variot^^i direkt ablehnend gegen die Schutzimpfungen ausgesprochen haben, so darf man doch nicht verkennen, dass von einer großen Anzahl berufener Autoren die Beobachtung gemacht worden ist, dass die Krankheit nach vorhergegangener Schutzimpfung auffallend milde und rasch verlaufen ist. Es wird daher in diesem Sinne die Schutzimpfung namentlich von Hilbert272^ Torday2^3, Peck^^"*^ Thomas275^ fcmcr von Morill276^ Tavel277, Kurth278^ Rubens^^ö, Blumenfeld 2*0 und aus der Heubner- schen Kinderklinik von Löhr^si, Landwehr '-^2 sowie einer ganzen An- zahl Praktiker empfohlen. Im allgemeinen wird mau die Schutzimpfung natürlich nur bei Gefahr der Ansteckung vornehmen, bei älteren Kindern dürfte es sich wohl auch empfehlen nach dem Vorschlage von Dennig^s^^ so lange zu warten, bis sich die ersten Krankheitserscheinungen zeigten. Doch dürfte bei kleineren Kindern dieses Abwarten doch vielleicht zu unan- genehmen Folgen führen. Die größte Wirkung bei der Bekämpfung der Diphtherie muss ent- schieden dem Diphtherieserum zugesprochen werden, wenn man bedenkt, dass nach Baginsky seit Einführung des Diphtherieserum die Mortalität von 41^ auf 8 — 9^ herabgesunken ist. Aehnliche günstige Resultate werden auch aus andern Ländern und Städten gemeldet, und es mögen hier vielleicht noch kurz die von Gabritschewsky^s* angegebenen »Mit- teilungen über die prophylaktischen Maßnahmen im Kampfe gegen 822 M. Beck, Diplitlierie« in Russland erwähnt werden, die nach jeder Richtung- interessant und lehrreich sind. Danach schwankte die Diphtheriesterh- lichkeit im Russischen Reiche während der Jahre 1887 — 94 zwischen 31,8 und 35,2^, sank im Jahre 1895 auf 21,6, 1896 auf 14,9 und 1897 auf 11,8^; in Moskau bewegte sich die Diphtheriemortalität in den Jahren 1890—1894 zwischen 38,5 und 48,7 % , sank dann im Jahr 1895 auf 28,4, 1897 auf 25,3 und 1898 auf 22,8^. Aehnliche Ziffern weist auch die Sterblichkeit an Diphtherie in Petersburg auf Zu bemerken ist dabei, dass die Morbiditätsziffer während der Serumperiode zugenommen hat und trotzdem verhältnismäßig so günstige Mortalitätsziffern erzielt wurden. Die prophylaktischen Maßregeln erstrecken sich nach Gabritschew^sky auf folgende Punkte : 1. Aufspüren der Diphtheriebazillen nicht bloß bei Kranken, sondern auch bei Gesunden; 2. Isolierung und Desinfektion bei Kranken in gleicher Weise, wie bei den mit Diphtheriebazillen behafteten gesunden Personen; 3. Entlassung der Kranken und Raum- desinfektion erst nach sicher festgestelltem Verschwinden der Diphtherie- bazillen; 4. in Asylen, Instituten, Pensionen, kinderreichen Familien all- jährlich eine Untersuchung der Mund-, Nasen- und Rachenschleimhaut: 5. Organisation sanitär-bakteriologischer Kolonnen. Als Leitsätze für die Bekämpfung können auch jetzt noch die von C. Fkänkel in seinem Vortrag in Kiel am 11. September 1896 aufge- stellten Schlusssätze gelten, die folgendermaßen lauten: »1. Der Erreger der Diphtherie im eigentlichen Sinne ist der von LÖFFLER entdeckte Bacillus ; derselbe tindet sich a) regelmäßig auf den erkrankten Teilen (Haut und Schleimhäuten) ; b) häufig in der Umgeliung der Kranken; c) selten auf den Schleimhäuten gesunder Individuen. 2. Die Ansteckung erfolgt: a) unmittelbar vom Erkrankten auf den gesunden Menschen (Anhusten, Küssen u. s. w.); b) mittelbar durch Zwischenträger, au denen die spezifischen Keime haften (Betten, Wäsche und Kleidungsstücke der Kranken, Spielsachen, Ess- und Trinkgeschirr, Nahrungsmittel u. s. w^). 3. Die Infektion entwickelt sich, wie das Vorkommen der Diphtherie- bazillen im gesunden Organismus beweist, nur auf Grund einer beson- deren Anlage (Disposition). Die Bekämpfung der Diphtherie hat danach hinzuwirken auf: 1. die Vernichtung der Diphtheriebazillen: a) im kranken Menschen durch a) rasche Heilung und Abkürzung des Krankheitsverlaufes mit Hilfe der spezifischen Therapie durch das Behring sehe Serum; ß) Ört- liche Behandlung der befallenen Teile mit desinfizierenden Mitteln (Löff- lers Mischung) ; b) in der Umgebung der Kranken durch Desinfektion der von ihnen gelieferten Kraukheitsstoffe (Auswurf, Membran), sowie ferner der Krankenzimmer, Kleidung, Wäsche u. s. w. 2. die Schließung der Wege, auf denen die Uebertragung erfolgt. Absonderung der Kranken und ihres Wartepersonals bis zum völligen Verschwinden der spezifischen Keime; Verbot des Schulbesuchs der Kranken und ihrer Angehörigen ; Verbot der Ansammlung von Menschen, namentlich Kinder, im Kranken- oder Sterbehause; Beaufsichtigung des Verkehrs mit Nahrungsmitteln. Für Punkt 1 und 2 von der größten Bedeutung ist a) die möglichst früh- zeitige Erkennung der Fälle von echter Diphtherie durch die bakteriologische Untersuchung (alle verdächtigen Erkrankungen, am besten] in geeigneten Centralstelleu bakteriologisch zu untersuchen), und b) eine auf Grund der so gewonnenen Befunde gehandhabte und streng durchgeführte Anzeigepflicht. Diphtherie. 823 3. Die Beseitigung der Disposition durch a) Pflege der Mund- und Rachensclileimhaut: prophylaktische Gurgelungen mit desinfizierenden Mitteln; b) Immunisierung mit Hilfe des Behking sehen Serums.» Litteratur. 263 Gottstein, Epidem. Studien üb. Diphth. u. Scharlach. Berlin 1895. — 264 LÖFFLER, Vcrhandl. des X. intern. Kongr. in Berlin, 189Ü. — ^«5 c. Fränkel, Deutsche Vierteljahrsschr. für öffentliche Gesundheitspflege, Bd. 29, H. 1, 1S97. — 2fi6 LiPSTEiN, Deutsche med. Woch., Nr. 46, 1902. — 207 Reyer, cit. A. Fibiger. Berl. klin. Woch., 1897. — 2^8 FlüCxüe, Klin. Jahrb., Bd. 7, 1900. — 200 y. Esmarch, Hyg. Rundsch.. 1902. — 270 Ders., ebd., 1900. — 271 Variot, nach Münch. med. Wochenschr., 1896. — 272 Hilhert, Dtsch. Arch. f. klin. Med., Bd. 59, 1898. — 273 ToRDAY. Dtsch. med. Wochenschr., 1895. — 274 Beck, Med. Record, 20 March 1895. — 275 Thomas, ebd., 15 Juny 1895. — 276 Moril, Boston med. Journ. 17 Juny 1895. — 277 Tavel, Corresp. d. Schweizer Aerzte, Nr. 20 u. 21, 1897. — 278 Kurtii. Dtsch. med. Wochenschr., 1895. — 27'j Rubens, ebd., 1895. — 280 Blumenfeld. Wien. klin. Woch. , 189G. — 2si l<)HR, Jahrb. f. Kinderheilk., Bd. 43. — 282 Land- wehr, Dtsch. med. Wochenschr., Nr. 5, 1899. — 2s3 Dennig, Münch. med. Woch., 1892. — 284 Gabritschewsky, Centralbl. f. Bakt, Bd. 26, 1899. Pseudodiphtheriebazillen, Wie andere Bakterienarten, so z. B. den Tuberkelbacillus, den Typhusbacillus , den Influenzabacillus , die Choleravibrionen u. a. sehen wir auch den Diphtheriebazillus zu einer Gruppe von Bakterien ge- hören, welche unter sich und in ihrem morphologischen Verhalten viele Aehnlichkeit haben, und eine Unterscheidung entweder durch tinktorielle Unterschiede oder durch das Wachstum und ihr Aussehen auf den verschiedenen Nährböden, oder durch ihre Tierpathogenität, oder ferner durch die feinen chemischen Unterschiede wie durch Bildung gewisser Stoffe, —ich erinnere hier an die Indolbilduug bei einer Anzahl von Vibrionen, — oder durch die Agglutination zulassen. Auf die Frage, ob diese Bakterien ursprünglich aus einem Stamm dieser Gruppe her- vorgegangen und allmählich erst durch eine Art Anpassung ihre jetzigen Artunterschiede sich herausgebildet haben, will ich an dieser Stelle nicht näher eingehen. Die Diphtheriebazillen kann man ihrem ein- fachen morphologischen und tinktoriellen Verhalten nach denjenigen Bakterien zuzählen, welche mit dem Pseudodiphtherie- und dem Xerose- bacillus eine Gruppe bilden, welche durch das kolbige Anschwellen der Enden, durch die Bildung der BABES-ERNSTSchen Körperchen viel Aehnlichkeit untereinander darbieten. Erst durch die neueste, auch auf die Unterscheidung anderer Bakterienarten, namentlich der Cholera- und Typhusbazillen, so einflussreiche Einwirkung der spezifischen Serumarten wird es möglich sein, auch die echten Diphtheriebazillen von den anderen, die allgemein als Pseudodiphtheriebazillen bezeichnet werden, mit Sicherheit zu unterscheiden. Lehmann & Neumann ^ss wollen wegen der Verzweigungsformen diese Gruppe, nach meiner An- sicht zu Unrecht, diese Stäbchen zu den Hyphomyceten gerechnet wissen und fassen sie wegen der keulenförmigen Gestalt unter den Sammelbegriff" Koryuebakterien zusammen. In einem im April 1887 gehaltenen Vortrage hatte Löffler^o auf den Befund von 2 aus einer Membran gezüchteten Bazilleuarten hinge- wiesen, von denen die eine für Meerschweinchen pathogen, die andere dagegen vollständig unschädlich war. Er bezeichnete beide Bakterien 824 M. Beck, als einander zwar nahe verwandt, aber nicht identisch, und sehlug- daher für die nicht pathogene Art den Namen »Pseudodiphtherie- baziilen« vor. In dem gleichen Jahre hatte auch Hofmann-Wellenhof ^^ gelegent- lich der Nachprüfung der LöFFLEiischen Untersuchung bei Diphtherie auf das häufige Vorkommen von den Löffler sehen Stäbchen sehr ähnlichen Bazillen hingewiesen, die sich nur durch ein kümmerliches Wachstum auf Agar von ersteren unterscheiden, und die er in der Kacheuhöhle einer Anzahl Nichtdiphtherischer, bei Anginen u. s w. fand, so dass er sie für häufige, wahrscheinlich regelmäßige Bewohner der Mundhöhle erklärte. Ihr Wachstum auf Agar, wo diese Bakterien als grau durchscheinende Kolonieen, und die Kolonie selbst feiner chagriniert als die der echten Diphtheriebazillen erschien, sowie das mehr weißliche Aussehen der Kolonieen auf Agar, Gelatine und Blutserum, namentlich aber die voll- ständige Avirulenz für die gegen die echten Diphtheriebazillen so em- pfänglichen Meerschweinchen waren Löffler dafür maßgebend, sie von jenen als verschieden zu erklären. Für V. Hofmaxx- Wellenhof war zur Unterscheidung von den echten Diphtheriestäbchen die kürzere imd dickere Form, sowie das üppigere Wachstum auf Agar ausschlaggebend. Solche diphtherieähnliche Stäbchen, die er im normalen Konjunktivalsack angetroffen hatte, hat auch Baues ^'^'^ beschrieben. Orthmann''^ fand einmal dieses Stäbchen in dem Belag einer anscheinend diphtherisch erkrankten Wangenschleimhaut. Unter 29 gesunden und nicht diphtherisch erkrankten Personen begegnete Zarniko-^^ dieses diphtherieähnliche Stäbchen nur einmal in dem Rachensekret bei einem Falle von Muskelrheumatismus. Als differeutial- diagnostisches Merkmal zur Unterscheidung von den echten Diphtherie- bazillen führt Zarniko an, dass die Pseudodiphtheriebazillen die Bouillon trüben und einen Bodensatz in derselben bilden, und dass die beim echten Diphtheriebacillus auftretende Ansäueruug der Bouillon ausbleibe, nach Türenhout2''7 soll jedoch dieser Mangel an Säurebilduug auf den zu geringen Gehalt der Bouillon an Glukose zurückzuführen sein; auch Wright i^s hatte Säurebilduug bei den Pseudodiphtheriebazillen in Bouillon beobachtet. Von Kolisko & Paltauf^^ wird das Wachs- tum auf Agar als charakteristisch für die Pseudodiphtheriebazillen angegeben. Ich selbst ^"^ konnte bei einer großen Anzahl gesunder Kinder (unter 66 in 22 Fällen] sowie bei einer größeren Anzahl von Anginen (14 mal unter 41 untersuchten Fällen; diese diphtherieähu- lichen Stäbchen konstatieren; charakteristisch erschien mir vor allem die bessere Färljbarkeit auch mit den gewöhnlichen Anilinfarben, ferner ihr üppiges Wachstum auf Agar, wo die Kolonieen einen glatteren Rand zeigten und bei durchfallendem Licht heller erschienen als die echten Diphtheriebazillen. Außerdem war für mich stets ein sicheres Kenn- zeichen das mehr gelblich aussehende Wachstum auf den verschiedenen Blutserumnährböden, besonders Dextriublutserum, so dass diese Erschei- nung schon ohne weiteres mich das Fehlen von pathogenen Eigenschaften voraussehen ließ. Unter 6 von 30 von ihm untersuchten Fällen fand Güldscheider^ss diese Stäbchen, und da bei 5 dieser Fälle schwere klinische Erschei- nungen ne1)enhergingen , wie Fieber und Drüsenschwellung, so hält er diese Stäbchen doch nicht für so harmlos, sondern bringt sie in direkten Zusammenhang mit den Krankheitserscheinungen. Ferner fand Koplik 289 in mehreren Fällen von Anginen diese Stäbchen, auch Feer202 beschreibt Diphtherie. 825 dieselben eingeliend und weist differeutialdiag-nostiscli auf das Waclis- tum auf Serum, die üppig'c Bildung- von Kolouieen auf Agar, das Aus- bleiben der Säurebildung in Bouillon hin. Er wundert sich, dass er bei seinen Untsrsuchungen diesen Stäbchen so selten begegnet sei. Dagegen fanden Roux & Yersin, wie sie in ihren o Memoiren über ihre Diphtheriestudieu mitteilen, den Pseudodiphtheriebacillus auf dem Höhepunkt der Krankheit, diese und die echten Diphtheriebazillen neben- einander. Auch bei 45 nicht an Diphtherie erkrankten Kindern kon- statierten sie 15 mal uud unter 59 Schulkindern 26 mal die Pseudo- diphtheriebazillen. Jedoch ist der Tierversuch nach ihrer Ansicht nicht maßgebend für die Unterscheidung; sie fassen daher den Pseudodiphtherie- bacillus einfach als einen aviruleut gewordenen Diphtheriebacillus auf; jedoch ist es weder ihnen noch anderen Autoren gelungen, die Pseudp- diphtheriebazillen wieder virulent zu machen. Auf dem gleichen Stand- punkt stehen mit ihren Ansichten über diese Stäbchen auch Martin ^o und Morel 29». In der vorwiegend mit der klinischen Seite der Diphtherie sich befassenden Arbeit Martins, der 3 Formen der Diphtheriebazillen unterscheidet, 1. die typischen, langen, wirr durcheinandergelagerten, 2. die parallel gelagerten, kurzen und dicken Formen und 3. mittellange, plumpe und parallel gelagerte Stäbchen, muss man die der zweiten Form angehörenden Stäbchen für identisch mit den Pseudodiphtherie- bazillen halten. Sehr eingehende Studien hat auch Escherich ''^ über die Pseudo- diplitheriebazillen gemacht. In München fand er nur zweimal diese Stäbchen, in Graz unter etwa 500 Einzeluntersuchungen 12 mal bei etwa 100 an Diphtherie und etwa 39 an anderen Halsinfektionen leidenden Kindern. Als Unterscheidungsmerkmale Avird folgendes an- gegeben: »Auf Blutserum sind die Kolonieen des Pseudodiphtheriebacillus rein weiß, mehr feucht und zerfließlich. Auf Agar üppige Entwickelung auf der Oberfläche, schwaches Wachstum im Stich; auf schräg erstarrten Röliren Bildung saftiger weißer Leisten, wie sie niemals in gleicher Dicke bei Diphtheriebazillen beol)achtet werden. In alten Agarstichkulturen nimmt der Nährboden eine dunkelbraunrote Färbung an; die Oberfläche der Kolonieen wird runzelig gebuckelt, leicht gelblich verfärbt. Auf Gela- tine etwas rascheres Wachstum, die Entwicklung findet auch noch bei einer Temperatur unter 20° C statt. Auf Bouillonkultur sehr intensive diffuse Trübung, die sich nur langsam und unvollständig zu Boden setzt; die Säuerung bleibt aus, schon nach wenigen Tagen ist eine Zunahme der Alkaleszenz zu konstatieren. Morphologisch ülierwiegt die Wuchsform der kurzen, zum Teil keilförmigen Stäbchen, die jedoch etwas kürzer, plump und häufig in der Mitte angeschwollen erscheinen. « Der Tierversuch ist auch nach Escherich negativ; selbst nach Injektion von Mengen einer 24 — 48 stündigen Bouillonkultur, welche 2^ des Körpergewichts entsprach, trat keinerlei Störung selbst nach monate- langer Beobachtung ein. Nur einige der Tiere magerten kurz nach der Injektion ab, was er al)er im Gegensatz zu Ptoux & Yersin, die diese Veränderungen als Wirkung des abgeschwächten Diphtherietoxins halten, für keine spezifische Folgeerscheinung der injizierten Bakterien anzu- sehen geneigt ist. Eine Umzüchtung in virulente Bazillen ist Escherich nicht gelungen, auch erwiesen sich die mit Pseudodiphtheriebazillen geimpften Tiere nicht als immun gegen die nachfolgende Injektion virulenter Diphtheriebazillen, eine Beobachtung, welche übrigens auch Wassermann 238 bei seinen Untersuchungen bestätigen konnte. Escherich 826 M. Beck, kommt auf Grund seiner Untersuchungen zu dem Schluss, dass die von Roux & Yersin beschriebenen Bazillen mit den Pseudodiphtheriebazillen Hofmann- Wellenhofs nicht identisch seien, und dass die Identität oder eine Umwandlung derselben in Diphtheriebazillen nicht erwiesen sei. Es sei daher gerechtfertigt, diese Stäbchen vorläufig als eine besondere und selbständige Bakterienart zu betrachten und zu führen. Während C. Fränkel^si auf die Roux- YERSiN-Uutersuchungen hin die beiden Bakterienarten für identisch erklärt, da das verschiedene Verhalten imTierversuch am wenigsten geeignet ist, eine Trennung von den Diphterie- bazillen zu rechtfertigen, so tritt er doch in seineu späteren Arbeiten, auf die wir weiter unten zurückkommen, für eine Differenzierung des- selben ein. Auch Ritter 202^ der aus der Mundhöhle von 127 nicht an Diphtherie leidenden Patienten durch das Kulturverfahren einen nicht virulenten Diphtheriebacillus isolierte, hält diesen nur für ein schwach entwickeltes LöFFLERSches Stäbchen, da er die kulturellen Unterschiede nicht charakteristisch genug für eine Unterscheidung erachtet. Abbott fand bei nicht an Diphtherie erkrankten Personen mit Rachenaffektionen dreimal einen morphologisch und kulturell von den echten Diphtherie- bazillen nicht zu unterscheidenden avirulenten Bacillus und nur einmal einen durch sein üppiges Wachstum auf der Kartoffel sowie auf Agar und Gelatine sich unterscheidendes, aber ebenfalls avirulentes Stäbchen. Wir sehen also, dass die Unterscheidung der echten von den Pseudodiphtheriebazillen in der That auf große Schwierigkeiten stößt und dass weder das morphologische Verhalten wie die ausgesprochene Kolbenbildung oder das Fehlen von Verzweigungen, noch aucli das verschiedenartige Wachstum auf den Nährböden zur Differenzierung genügt. So haben z. B. Kanthak 293 und Prochaska^m auch bei den Pseudodiphtheriebazillen Verzweigungen beschrieben, Abel, Draer^'Js, Glücksmann 296 und Prochaska gaben an, durch das Aussehen und die Lagerung den Pseudodiphtheriebacillus erkennen zu können, diese Thatsache kann auch ich nach meinen Beobachtungen bestätigen, jedoch gehört immerhin schon eine gewisse Uebung dazu, um in der Unter- scheidung sicher zu sein. Auf das üppige Wachstum der Pseudodiphtheriebazillen auf den verschiedenen Nährböden wurde schon hingewiesen. Guthmann 29^ fand auf Glycerinagar eine stärkere Entwickelung , als bei den echten Diphtheriebazillen, während Barbier 298^ C. FRÄNKEL29i und Südeck299 auf Serum und Glycerinagar ein spärliches Wachstum und Neigung zum baldigen Absterben konstatierten. CoBBETT^oo sah alkalinisiertes Pferde- und Rinderserum infolge von Säurebildung der Diphtheriebazillen sich trüben, während die Pseudo- diphtheriebazillen die Nährböden nicht verändern, und wie wir gesehen haben, führt Zarniko^^ dieses Merkmal, die Säurebildung der echten Diphtheriebazillen, zur Unterscheidung in erster Linie auf, und auch Prochaska 294 giebt an, dass durch die Pseudodiphtheriebazillen in 3 — 4 Tagen sogar die Alkaleszeuz der Nährböden zunehme. Peters ^oi hält jedoch diesen Unterschied nicht für groß genug, um ihn differential- diagnostisch verwerten zu können, ja nach Sldeck299 giebt es sogar Pseudodiphtheriebazillen, welche direkt Säure bilden. Neisser sucht auf quantitativem Wege die Säuremenge zu bestimmen und daraus die Differenzierung der beiden Bakterienarten zu ermöglichen. Von den zur Unterscheidung empfohlenen Färbungsmethoden verdient in erster Linie die NEissERSche, die auch als NEissERSchc Reaktion Diphtherie. 827 bekannt ist, ganz entschie.den genannt zu werden. Indem Neisser mög- liehst schwache Farblösung benützte, wurden nur solche Gebilde ge- färbt, die auch eine große Affinität für die Farbe haben, wie die Babes- ERNSTschen Körperchen der frisch auf Serum gezüchteten Diphtherie- bazillen. Während bei den echten Diphtheriebazillen, welche auf LöFFLERSchem Serum 9—20 Stunden bei 35° gezüchtet worden sind, nach der folgenden Methode die BABEs-ERNSTschen Körperchen sich deutlich darstellen lassen, kommen sie bei den gleicherweise gezüch- teten und gefärbten Pseudodiphtheriebazillen überhaupt nicht zum Vor- schein. Nachdem die Deckgläschen mit dem zu untersuchenden Material bestrichen und durch dreimaliges Ziehen durch die Flamme die Bakterien fixiert sind, Avird das Präparat 1 — 3 Sekunden in einer Auf lösimg a) von 1 gr Methylenblau in 20 ccm 96 proz. Alkohol, nach Zusatz von 950 ccm Wasser, dem 50 ccm Eisessig zugefügt waren, gefärbt, in Wasser abgespült, kommt dann auf 3 — 5 Se- kunden in eine Lösung b) bestehend aus einer gut filtrierten Lösung von 2 gr Vesuvin auf 1000 gr kochend Wasser. Darnach wird das Präparat noch einmal gründlich mit Wasser abgespült und in Zedernöl oder Kanadabalsam eingeschlossen untersucht. Es erscheinen dann die hellen Körnchen tiefblau, während die Bakterienleiber braun gefärbt sind. Diese Doppelfärbung, welche charakteristisch für die echten Diphtheriebazillen ist, fehlt den Pseudodiphtheriebazillen. Von ver- schiedenen Seiten, namentlich auch von C. Fränkel, konnten diese Angaben Neissers bestätigt werden, ebenso von Franke 302^ Aucken- thalerSos Yi. a. Bei dem IX. internationalen Kongress für Hygiene und Demographie in Madrid sprachen sich Löffler, Spronck und Kraus über den dia- gnostischen Vorteil der NEissERSchen Keaktion dahin aus, »dass dieselbe als eine wertvolle Bereicherung der diflerentialdiagnostischen Mittel zu betrachten sei, zu einer völligen Sicherung der bakteriologisch-diphthe- ritischen Diagnose aber nicht genüge, dass dazu vielmehr, nacli dem heutigen Stand unserer Kenntnisse, der Nachweis der Bildung der spe- zifischen Diphtheriegifte unerlässlich erscheine 3''4. CoLES^os schlägt folgende Modifikationen der NEissERschen Eeaktion vor: Färbung mit NfiissERSchen saurem Methylenblau 10 — 30 Sekunden, Abspülen in Wasser, dann 10 — 30 Sekunden in Jodjodkalilösung (1 Jod, 2 Jodkali, 300 Wasser). Nach dem Auswaschen 10 — 30 Sekunden in die einfache oder doppelte Vesuvinlösung nach Neisser. Auch zum Färben im Ausstrichpräparat ist die Methode ganz geeignet. Auch Broxstein ^o« empfiehlt die NEissERSche Färbung zur unmittel- baren Färbung der Deckglaspräparate, jedoch schlägt er drei bis viermal längeres Einwirkenlassen der Farbstoffe und statt des Methylenblau saure Dahlialösung vor. Wie wir schon bei der Besprechung der echten Diphtheriebazillen ge- sehen haben, ist ihr Grad der Giftbildung ein sehr verschiedener. Man kann von den Pseudodiphtheriebazillen Meerschweinchen mehrere ccm unter die Haut spritzen, ohne eine Infiltration an der Impfstelle zu er- halten, während von den echten Diphtheriebazillen Bruchteile eines ccm oft genügen, um den Tod der Tiere herbeizuführen. Allerdings haben C. Fränkel, Spronck und Schanz Schwartenbilduug an der Injektions- stelle beobachtet bei offenbar zu den Pseudodiphtheriebazillen gehörigen Stäbchen. Aber anderseits giebt es auch unter den echten Diphtherie- bazillen solche, deren Giftwirkung auf Meerschweinchen nur ganz 828 M. Beck. vorübergehende Erschemungen und keineswegs immer den Tod herbei- führt. Ich erinnere nur an die Versuche von Trumpf ^^^^ ^^^^ gg Q^st gelang, durch gleichzeitige Injektion von avirulenten und virulenten Diphtheriebazillen bei Meerschweinchen diese so virulent zu machen, dass sie Meerschweinchen, allerdings in größerer Menge (5 ccm), zu töten imstande waren. In einer umfangreichen interessanten Arbeit verööentlicht de Öi- MONI307 morphologische und biologische Studien über die Pseudo- diphtheriebazillen. Er hatte eine größere Anzahl von Stämmen, die aus verschiedenen Fundorten der Augenbindehaut und dem Rachen entstam- men, gezüchtet und dieselben auf Meerschweinscheu verimpft. Die an sich vollkommenen avirulenten Kulturen nehmen giftige Eigenschaften an, wenn sie auf Organstückchen von an Tetanus gestorbenen Tieren gezüchtet worden waren. Simoxi kommt auf Grund seiner Unter- suchungen zu dem Resultat, dass die Pseudodiphtheriebazillen ein dem LöFFLERSchen Stäbchen nahestehender, jedoch infolge der fehlenden Pathogenität, sowie durch seine morphologischen und biologischen Eigen- schaften von diesen verschiedener Bacillus ist. In einer anderen Arbeit '^o" berichtet der gleiche Verfasser über den häufigen Befund von Pseudo- diphtheriebazillen bei chronischen katarrhalischeu Erkrankungen der Kasenschleimhaut, und er sieht diese Bakterien als häufige unschädliche Bewohner der Nasenschleimhaut an. Als charakteristisch für die Pseudo- diphtheriebazillen hält auch Simoxi ^os das Fehlen der NEissERSchen Reaktion. Gromakowsky-^'** fand unter 82 aus dem Sekret der Con- junctiva und aus Anginen gewonnenen Pseudodiphtheriebazillenstämmen drei Arten, die sich in erster Linie durch ihr Wachstum in Bouillon unterscheiden. Die NEissERSche Reaktion ist für die sichere Differen- zierung nicht verwertbar, eine sichere Diagnose ist nur möglich durch den Tierversuch. Wir sehen nach diesen Ausführungen, teilweise wie widersprechend die Unterscheidungsmerkmale für die echten und die Pseudodiphtherie- bazillen sind, teilweise, dass es nur nach ganz bestimmten Grundsätzen möglich ist, eine feste Grundlage für die Unterscheidung zu geben. Bei der Untersuchung der zahlreichen eholeraähnlichen Vibrionen haben wir ein ganz spezifisches Unterscheidungsmerkmal in der Pfeif- FERschen Reaktion kennen gelernt, welche darauf beruht, im Tier- körper durch die baktericide Eigenschaft des spezifischen Blutserums diejeuige bestimmte Bakterieuart zur Auflösung zu bringen, mit der bei einem Tier (Pferd, Esel, Ziege) dieses spezifische Serum gewonnen worden war. Auf diese AVeise ist auch eine ganz strenge Trennung der zahlreichen aus dem Wasser stammenden Vibrionen möglich. In ähnlicher Weise ist man imstande, mit Sicherheit die verschiedenen typhusähnlichen Stäbchen voneinander zu trennen. Das Diphtherieserum ist bekanntermaßeu ein rein antitoxisches Serum, und hat keinerlei baktericide Eigenschaften. Desswegeu ist eine Ein- wirkung des Serums auf die Bakterien im Sinne der PFEiFFERSchen Reaktion nicht möglich. Durch die antitoxische Wirkung des Serums sind wir imstande, die toxischen Produkte, welche aus den Bakterien dem Tierkörper zugeführt werden, zu neutralisieren. Auf diesem Prinzip be- ruht ja auch bekanntlich die Prüfung des Diphtherieserums auf seine Immunitätseinheiten. Es liegt daher auch sehr nahe zur Differenzierung der Diphtheriebazillen diese Eigenschaft des Serums zu benutzen, da das Serum von mit Pseudodiphtheriebazillen vorbehandelten Tieren nicht Diphtherie. 829 gegen die Infektion mit echten Diplitberiebazillen schützen kann und umgekehrt. So sah Sproxck^u, wenn er Meerschweinchen größere Dosen von Pseudodiphtheriebazilleu subkutan injizierte, eine dadurch auftretende lutiltratiou durch das Diphtherieseruni in keiner Weise be- einflusst, während die Infiltrate, welche nach subkutanen Injektionen von echten Diphtheriekulturen entstanden Avaren durch Diphtherieserum in einigen Tagen zum Schwinden gebracht wurden. Auf die gleiche Weise konnte Sproxck^i^ hhqIi feststellen, dass die Xerosebazillen durch das Diphtherieserum in keiner Weise beeinflusst wurden und also zu der Gruppe der diphtherieähnlichen Stäbchen gerechnet werden müssen. Auf dem umgekehrten Weg konnten Neisseu sowie GlCcksmaxn'-^^ die Beobachtung machen, dass eine Unterscheidung der Pseudodiplitherie- bazillen möglich ist dadurch, dass man mit letzteren vorbehandelte Tiere gegen eine nachfolgende Infektion mit den echten LöFFLKRschen Stäb- chen nicht zu schützen imstande ist. Als eine weitere wichtige Methode zu spezifischer Unterscheidung der verschiedenen Bakterien darf wohl unbestritten die Agglutination gelten und es hat diese Methode sich auch zur praktischen Verwertung namentlich bei der Diaguose des Typhus abdominalis den unl)estrittenen Vorrang vor allen anderen Untersuchungsmethoden erworben. Bis jetzt sind aber bei der Diphtherie die nach dieser Ilichtung hin gemachten Ver- suche noch zu keinem brauchbaren Kesultat gelangt. Nicolas ^^-^ will von dem Blutserum von Diphtheriekrauken, welche vor 24 Stunden mit Heil- serum behandelt worden waren, eine agglutinierende Wirkung auf Di- phtheriebazillen gesehen haben, dagegen erzielte er diese Agglutination mit dem Diphtherieserum direkt nicht. Auch Lubowski^'^ kam nach dieser Richtung hin zu keinem befriedigenden Eesultate. Durch In- jektion von großen Mengen von avirulenten und atoxischen Diphtherie- bazilleu bei einem Ziegenbock gelang es ihm, ein in der Verdünnung 1 : 40 und 1 : 80 agglutinierendes Serum zu erhalten. Aber das nor- male Ziegenserum hatte gleichfalls, wenn auch geringer, agglutinierende Eigenschaften. Martini 315 suchte diflferentialdiagnostisch das fehlende Wachstum der Diplitberiebazillen in Diphtherieheilseruni zu verwerten, jedoch konnten Spronck, C. Fränkel und Landsteiner ^iß feststellen, dass ein Unter- schied des Wachstums der echten und der Pseudodiphtheriebazilleu in dem Diphtherieheilserum nicht existiere. In neuester Zeit ist eine ausführliche x\bhandlimg in französischer Sprache über den Pseudodiphtheriebacillus von Lesieur^i^'^ erschienen. in der alle diese Fragen eingehend behandelt worden sind. Aehnliche Stäbchen wie die Pseudodiphtheriebazillen sind dann noch bei anderen Affektionen gefunden worden, so von Ortmann 5- bei eitriger Meningitis, von Tavel & Laur^i^ bei einem Peritonealexsudat, von Weisser in einem Ulcus molle, von Babes*^ ^gi Syphilis. Litteratur. 285 K. B. Lehmann & R. Neumann, Atlas und Gnindriss d. Bakterien, Mün- chen 1896. — 268 Bap.es, Zeitschrift für Hygiene., Bd. 5. 1889. — 287 Turenhout, Over de bereiding van Diphtheriegift. Dfss., Utrecht 1895. — 2«s Goldscheider, Zeitschrift für klinische Medizin ."^ Bd. 22, 1893. — 28o Koplik, New York med. Journ. March 1894. — 2',)o Morel, Contribution ä l'etude de la diphth. Paris 1894. — 291 C. Fkänkel, Berliner kiin. Wochenschrift, Nr. 11, 1893. — 202 Ritter, Verh. d. X. Vers. f. Kinderheilk. Wiesbaden 1894. — 203 Kanthak, Centr. f. Bakt.. 830 M. Beck, Bd. 20, 1896. — 294 Prochaska, Ztschr. f. Hyg., Bd. 24, 1897. — 295 Draer, Dtsch. med. Wochenschr., 1896. — 2'jr, Glücksmann, Zeitschr. f. 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Hyg., Bd. 35. — 315 DE Martini, Centralbl. f. Bakt.. Bd. 20. — 3i6 Landsteiner, Wien. klin. Wochenschr.. 1897. — 3i7 Tavel & Lanz, Ueber die Aetiologie der Peritonitis. Mitt. aus Kliniken u. med. Inst, der Schweiz, 1. Reihe, 1893. — sna Lesieur, Les bacilles dits »Pseudodiphtheritiques«, Paris 1902. Xerosebacillus. Es erübrig;! noch kurz auch eleu Xerosebacillus au dieser Stelle zu erwälmeu, da er hierher gerechnet Averden muss, wemi wir diese Bak- terieu gewissermaßeu als eiue bestimmte Gruppe ansehen wollen. Im Jahre 1882 hatten Kutsciibert & E. Neissek^i** bei den Verhand- lungen der schlesischen medizinischen Gesellschaft für vaterländische Kultur Mitteilung über Stäbchen gemacht, die sie konstant und in großer Menge iu den weißlich glänzeudeu Schüppchen bei Xerosis conjunctivae gefunden hatten. Sie nahmen au, in diesen Stäbcheu die Erreger der Xerosis zu sehen, jedoch ist es ihnen nicht gelungen mit denselben die Krankheit auf die gesunde Conjuuctiva zu übertragen. Von Leber ^lo^ der diese Bakterien außer bei Xerosis auch auf der Mundschleimhaut, dem Epithelüberzug des Nierenbeckens, sowie in Geschwüren der Darmschleim- haut fand, sowie von Schulz 32«, der diese Stäbchen gleichfalls außer- halb der Conjuuctiva und Cornea beobachtete, wurde angenommen, dass die Xerosis der Augenbindehaut nur eine Teilerscheiuung einer durch diese Bakterien hervorgerufeneu Allgemeiniufektion bilde. Andere Forscher, wie Sattler32i, Fränkel & Franke322^ Schleich 323^ E. Schreiber 324^ Wecks ^25. FiCK32fi und Baumgarten 327 sahen in dem sog. Xerosebacillus nur einen harmlosen Schmarotzer, der in dem ver- stärkten Koujuuktivalsekret bei Xerosis einen günstigen Boden für sein Fortkommen finde uud infolgedessen die anderen dort vorkommenden Bakterien verdränge. Diese Anschauung schien auch der regelmäßige negative mit Reinkulturen angestellte Impfversuch bei Menschen und bei Tieren zu bestätigen, so dass auch Neisser seine frühere Ansicht zurück- zog. Jedoch hat Franke 328 ]jei 120 Untersuchimgen der normalen Con- junctiva diese Stäbchen stets vermisst und glaubt daher dieselben als Erreger der Schaumbilduug bei Xerosis auseheu zu dürfen. C. Fränkel fand in Gemeinschaft mit Uhthuff auf der menschlichen Conjuuctiva relativ häufig ein den Xerosebazilleu ähnliches Stäbchen, das er für Diphtheriebazillen in abgeschwächter Form hält. Auch Schanz 329 faud die gleichen Stäbchen 4 mal unter 10 von ihm untersuchteu' Konjunktival- sekreteu. Morphologisch beschreibt Neisser den Xerosebacillus als ein kurzes schmales Stälicheu, das etwa 4 mal so lang als breit ist. Durch einen querverlaufeuden Teilungsspalt wird dasselbe häufig in zwei fast quad- Diphtherie. . 831 ratisclie Hälften zerlegt. Sehr lümfig- wächst es zu laug-eu Fädeu aus, dereu Enden keulenförmig verdickt sind, so dass es große Aebnliclikeit mit dem Diplitheriebacillus hat; dazu kommt noch, dass es diesem ähn- liche Differenzierung des Protoplasmas zeigt. Das kulturelle Ver- halten hat viel Aehnlichkeit mit den diphtherieähulicheu Stäbchen inso- fern, als es auf Blutserum mit saftigen weißen Kolonieen wächst. Auf Agar ist das Wachstum teils schleierartig, teils bildet die Kultur einen dicken, weißen Rasen. Auf Gelatine wird kein Wachstum beobachtet; in Bouillon dagegen findet man ein Üppiges Wachstum mit flockigen Niederschlägen, namentlich am Rande des Glases; Säure wird nicht ge- bildet. Das Stäbchen ist streng aerob und Tierversuche fallen regel- mäßig negativ aus. Als charakteristisch für die Xerosebazillen sah Ernst ^30 ([{q you ihm nach Behandlung mit heißem Löffler sehen Methylenblau und nach- heriger Behandlung mit wässriger Vesuvinlösung dargestellten blauvio- letten Körnchen an, die, wie wir wissen, dieser ganzen Gruppe eigen- tümlich sind. Ein diesem ähnliches Stäbchen wurde von Babes^s« in acht Fällen von Trachom gezüchtet und von Devl^^i wird ein diphtherieähnliches Stäbchen, das zu Keulen und Fäden auswuchs, beschrieben, welches er in 15 Fällen von Chalazion fand. Franke 332 konnte ebenso wie Heinersdorff^ss die für die Xerose- bazillen charakteristische Körnchenbildung mit der NEissERScheu Reak- tion nur in vereinzelten Exemplaren nachweisen und beide vermissen sie auch bei den Pseudodiphthcriebazillen. Jedenfalls müssen wir nach den bisherigen Untersuchungen den Xerosebacillus als ein bestimmtes in die Gruppe der Diphtheriebazillen gehöriges Bakterium auffassen. Ob derselbe ein ungefährlicher Bacillus ist, wofür noch in der letzten Zeit Schanz ^a-'' eingetreten ist, das ist meines Erachtens weder bei ihm noch beim Pseudodiphtheriebacillus vollkommen erwiesen und wir werden daher gut thun, die beiden Bazillen so lange noch auseinander zu halten, bis durch eingehendere Unter- suchungen namentlich durch Agglutination u. dergl. ihre nähere oder fernere Zusammengehörigkeit zum Diplitheriebacillus sicher bewiesen worden ist. Littei'jitur. 31« Kutschbert & Nkisser, Breslaner ürztl. Ztschr.. 1S82, Nr. 4. Dtsch. med. Wochenschr.. 1884, Nr. 21 u. 24, — 3i9 Leber, Grales Archiv für Ophthalmologie, 1883. — 320 Schulz, ebd.. Bd. 30. — 321 Sattler, nach Banmg. Lehrbuch der pathol. Mykol. Braiinschweig 1890. — 322 Fränkel & Franke, Arch. f. Angenheilk.. Bd. 22. 1887. — 32:i Schleich, Mitteil, aus d ophth. Kliniken. Tübingen 1884. — 321 E. Schreiber , Fortschr. d. Med., Nr. 17. 1888, — 32.5 Wecks, Arch. f. 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Cohxs1'2 als »Cladothrix« oder »Strepto- thrix«, je nachdem sie die gefundene Verzweigung als »unechte« oder als »echte« ansehen. Nur wenige Autoren ziehen den Namen »Oospora« vor (Sauvageau & Radais, Lehmanx & Neumann f'*), andere wählen für ihre Pilze ganz abweichende Bezeichnungen, wie »Micromyces HoÖ- manni« (GnuBEii i^) , Coccobacillus pseudoactinomycosis pleomorphus (Berestneff) und andere. Eine zusammenfassende systematische Ordnung unter kritischer Be- leuchtung der Vorgänger wird zum ersten Male versucht von Lachner- Sandoval 3. Seinen Vorschlägen folgen E. Lew* und Berestneff s. Lachner weist mit ]\echt auf die bisher herrschende Verwirrung hin, welche nicht zum mindesten bedingt war durch Unklarheit über die an sich klaren botanischen Begriffe echte und falsche »Verzweigung« und echte und falsche »Dichotomie«. Echte Verzweigung nennt der Bota- niker jede Abzweigung von Seitenästen von einem Hauptstamm, gleichviel ob der Hauptstamm selbst weitergeht und einseitig oder doppelseitig Zweige »höherer Ordnung« abgiebt, oder ob der Haupt- stamm sich in zwei gleichwertige Aeste höherer Ordnung »gabelt«. Nur der letztere Vorgang, die Oabehmg, wird als »echte Dichotomie« bezeichnet. Die Abgabe einseitiger Nebeuzweige von einem Haupt- stamme kann, wenn die Zweige ebenso kräftig ausfallen wie der Haupt- stamm, als »scheinbare Gabelung« oder »falsche Dichotomie« Die pathogenen Trichomyceten. 833 bezeichnet werden, ist aber immer »echte Verzwei^^iug-«, während wiederum als »falsche Verzweigung-« nur das Hervorbrechen des Fadens aus der zu eng g:ewordeneu Scheide bezeichnet werden kann. Diese »falsche Verzweigung« kommt von den hier besprochenen Pilz- gruppen nur der Species »Cladothrix« zu, während die als »Strep- tothrix« (»Oospora«) und Aktinomyces beschriebenen Species stets »echte Verzweigung« und zwar in der Regel annähernd rechtwinke- lige Abzweigung der Nebenäste von einem Stammfaden (also »falsche Dichotomie « ) aufweisen. Das verzweigte Netzwerk haarfeiner Fäden bildet also ein richtiges Pilzmycelium. Von diesem wiederum steigen bei Oberflächeukulturen feine, kurze Lufthyphen auf, deren trockene Enden in Konidienketten zerfallen, die darin den »Sjjoren« (Saatformen) anderer Pilze analog sind, dass aus ihnen neue Fäden hervorkeimen, wenn sie auf geeigneten Nährboden gelangen. Dass dies der Fall ist, kann am einfachsten durch folgenden Versuch demonstriert werden. Man säet auf den oberen Teil der schrägen Fläche zweier Agarröhrchen ohne Glyceriu kleine Quantitäten des zu untersuchenden Pilzes und lässt die Aussaat sich entwickeln bis die Oberfläche trocken und wie weiß bestreut aussieht. Dann versetzt mau eins der Röhrcheu, senkrecht gehalten, durch Auf- stoßen auf eine geeignete Unterlage (Gummi oder dergleichen) in elasti- sche Erschütterungen und stellt es dann wieder in den Brutschrank. Nach einigen Tagen werden sich abwärts von der ursprünglichen Aus- saatstelle des in Erschütterung versetzten Röhrcheus neue kleine Kolo- nieen gleicher Art entwickelt haben, die durch nichts anderes als durch abgefallene Sporen (»Konidieu«) erzeugt sein können. Nach alledem kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Species »Streptothrix« wenigstens den Entwickelungscyklus der echten Hyphomyceten hat, und zwar einfachster Art, ohne besondere Gestaltung von Fruchtträgern. Von »Pleomorphismus« kann da keine Rede sein, denn die vielfach so genannten »Kokkenformen« sind eben w^eiter nichts als Sporen und so ein regelrechtes Glied im Entwickelungscyklus des Hyphomyceten. Man muss daher Laciiner-Sandoval ohne weiteres darin beistimmen, dass die hier in Frage stehenden Pilze ebenso wie die Aktinomyceten -/ar' l^oyjiv in die Gattung der Hyphomyceten aufzunehmen sind und nicht, wie es z. B. noch in Baumgartens »Mycologie«^^ und seinen Jahresberichten geschieht, unter die »pleomorphen Bakterien«, ge- meinschaftlich mit dem Bacillus Proteus, mit welchem sie absolut nicht die geringste Aehulichkeit haben. Stellt mau den Proteus in Reih und Glied mit den »Bazillen«, zu denen er unzweifelhaft gehört, und die hier behandelte Gruppe von Pilzen mit den »Hyphomyceten«, so kann der etwas unklare und missverständliche Begriff der »pleomorphen Bak- terien« überhaupt fallen. Andererseits ist auch dariu Lachner- Sandoval zweifellos im Rechte, dass die »hier behandelte Gruppe von Pilzen« sich schon durch ihre haarfeine Gestalt so erheblich von den gröberen Hyphomyceten unterscheidet, dass sie einen besonderen Gruppennamen verdient. Darin aber kann ich Lachner-Sandoval nicht folgen, den bereits für eine ganz besondere Species vergebenen Namen »Aktino- myces« auf die ganze Gruppe auszudehnen und sie sämtlich »Strahlen- pilze« zu nennen. Lachner-Sandoval fühlt schon selbst, dass es be- denklich ist, alle durch diese Pilze hervorgerufenen Krankheitsformen als »Aktino mykosen« zu bezeichnen. Es dürfte hierin wenigstens kein Kliniker ihm folgen, dem das typische Bild der menschlichen Handbuch der patliogenen Mikroorganismen. IL 53 834 J- Petruschky. Aktinomykose geläufig- ist. Aber auch dasjenige morphologisclie Merkmal, welches Harz gerade Veranlassung zu dem Namen »Aktino- mykose« gab, der Strahlenkranz, fehlt in den Fällen typischer Strepto- trichosen regelmäßig. Es würde daher nur neue Verwirrung stiften ki3nnen, wenn das spezifische Merkmal einer gut charakterisierten Sub- species den Namen fiir die ganze Species, deren anderen Gliedern dieses Merkmal nicht zukommt, abgeben mlisste. Dass auch die anderen bis- her gebrauchten Namen zum Gattungsnamen nicht geeignet sind, gebe ich Lachner-Öandoval wiederum zu. Weder »Streptothrix« (von Kruse ^^ gewählt), noch »Oospora« (von Lehmann-Neumann ^^ gewählt), passen für die ganze Familie. Will man einen Familiennamen haben, so wird man ihn nach einer gemeinsamen Eigenschaft der ganzen Gruppe bilden müssen. Eine solche ist die Zartheit, die Haarfeinheit dieser Pilze gegenüber allen übrigen Hyphomyceten. Man kann sie also ge- trost »Haarpilze« oder »Trichomyceten« nennen. Was nun die einzelneu Species dieser Familie anlangt, so können die Namen Aktinomyces, Leptothrix und Cladothrix jedenfalls unverändert stehen bleiben. In Frage gestellt ist nur »Streptothrix«, weil dieser Name bereits 1839 von Corda*) für andere Pilze aus der Hyphomycetenfamilie der Dematiaceen gewählt worden ist, wie zu- erst Sauvageau & Radais*), nach ihnen Laciixer-Sandoval hervor- heben. Dieser Umstand hat indessen den großen Botaniker Ferd. Cohn nicht abgehalten, den Namen Streptothrix für die zuerst in den Pilz- vegetatiouen der Thräuenkanäle gefundenen, von Gräfe ^ fälschlich mit Favus, von Waldeyer mit Leptothrix buccalis identifizierten, haarfeinen Fadenpilze zu wählen. Die OoHNsche Beschreibung gieljt unzweifelhaft die wesentlichen Merkmale wieder (vgl. Kasuistik, Abschn. I). Nach Cohn haben dann sehr viele Autoren pathogene und sapro- phytische Pilze mit den gleichen morphologischen Eigenschaften gefun- den und nach Cohns Vorgang ebenfalls als »Streptotricheen« be- zeichnet, so dass nun sowohl die Hyphomycetenfamilie der Dematia- ceen als auch die Hyphomycetenfamilie der »Trichomyceten« eine Species besitzt, bei der sich der Name »Streptothrix« thatsächlich bereits eingebürgert hat. Ich meinerseits glaube kaum, dass durch die- sen Zustand erhebliche Verwirrung hervorgerufen werden kann, zumal da meines Wissens diese beiden Species noch nie in Konkurrenz mit- einander beobachtet oder gar verwechselt worden sind. Aber selbst für diesen Fall könnte man sich damit helfen, dass man zwischen D.- Streptotricheen und T.-Streptotricheen unterscheidet. Bei dieser Ordnung der Dinge hat man es nicht nötig, die von den Autoren ge- wählten Bezeichnungen sämtlich umzustoßen, wodurch die Verwirrung- entschieden eine größere werden würde, namentlich wenn der in seiner Besonderheit fest geprägte Begriff »Aktinomyces« durch Ausdehnung auf alle Trichomyceten seines Avesentlichen Inhaltes beraubt würde. Das Ergebnis ist also, dass ich die Einteilung folgendermaßen zu gestalten vorschlage: *) Citiert nach Lachner-Sandoval, I. c. Die pathogenen Trichomyceten. 835 Ordnungen: A. B. Hyphomyceten Schizoinyceten deren Familien : I. Höhere Schimmelpilze II. Haarpilze Trichomyceten deren Species 1. Aktinomyces, 2. Streptothrix, 3. Cladothrix, 4. Leptothrix. Die vSpeeies »Aktinomyces« ist charakterisiert durch die von ihr allein gebildeten Strahleukranzformen im lebenden Körper. »Streptothrix« kennzeichnet sich durch reichliche, echte Verzweigung, welliges Wachstum, später Fragmentation und Bildung von Konidien- ketten, die als Fortptianzungsorgane dienen, also in diesem Sinne als Sporen*) aufzufassen sind. »Cladothrix« giebt sich zu erkennen durch falsche Verzweigung (seitliche Sprengung der Hülle zur Fortsetzung des Längenwachstums nach anderer Kichtung), rasche Fragmentation und den damit verbun- denen »Bazillencharakter« älterer Kulturen. »Leptothrix« endlich zeigt niemals Verzweigung, niemals Wellen- linien, sondern steife, wenig gekrümmte Fäden, an denen Teilungs- vorgänge fast niemals zu erkennen sind. Cladothrix und Leptothrix stehen den echten Schizomyceten entschieden näher als Aktinomyces und Streptothrix. Die ganze Familie der Trichomyceten kann entwickelungsgeschichtlich mit Recht als Uebergangsgruppe zwischen den einfachen Spaltpilzen und den durch Bildung " besonderer Fruktitikationsorgane höher entwickelten Schimmelpilzen betrachtet werden. Es ist aber nicht angebracht, wegen dieser entwickeluugsgeschicht- lichen Verwandtschaft nun auch das gegenwärtige Vorkommen von Uebergängen zwischen Schizo- und Hyphomycetendasein bei einzelnen Subspecies, der Kladotricheen z. B., anzunehmen. Jeder Pilz hat seinen festen Entwickelungscyklus. Selbst einzelne Varietäten der weißen Sub- species von Streptothrix z. B., welche sich nur durch Unterschiede in der Schnelligkeit des Wachtums oder durch Vorliebe für Brut- oder Zimmertemperatur unterschieden, habe ich durch jahrelange Fortzüch- tung auf gleichen Nährböden nicht ineinander überführen oder die Unter- schiede auch nur annähernd ausgleichen können. Sie halten die einmal erworbenen Eigentümlichkeiten mit großer Zähigkeit fest. So wächst die Streptothrix Gedaneusis I immer noch ganz erheblich langsamer als Streptothrix Gedanensis II [aus einem anderen Krankheits- fall gewonnen) und stellt bei Zimmertemperatur das Wachstum fast ganz ein, während Streptothrix Lathridii (aus einem Lathridiuskäferchen *) Den Konidien der Streptotricheen deshalb den Charakter als »Sporen« ab- sprechen zu wollen, weil sie Anilinfarbstoff relativ leicht annehmen und es daher der für die Sporen der Schizomyceten erforderlichen, komplizierten Färbemethoden nicht bedarf, halte ich für unrichtig. Das Wesentliche ist die Keimfähigkeit, welche die Sporen als Saatmaterial [gttoqoq von (JtteIqm = säe) geeignet macht. Auch der Umstand, dass die Widerstandsfähigkeit gegenüber zerstörenden Ein- flüssen nicht so erheblich ist, wie bei den Sporen der Spaltpilze, ist an sich nicht ausschlaggebend. (Abbildung der Spornlation im Atlas, Tafel V. Fig. 152.) ö3* 836 J- Petruschky, gewonneu) bei Zimmertemperatur rasch und üppig wächst und Briit- temperatur schlechter verträgt. Die Verflüssigung der Gelatine, das Wachstum auf Kartoffeln habe ich allerdings bei allen erzielen können, wenn auch bei Nr. I so langsam und spärlich, dass erst längere Beob- achtung überzeugen konnte. Eine bei allen Mikroben bekanntlich wandelbare Eigenschaft, die Farb- stott'bildung, kann allerdings auch bei den Streptotricheen in erheblichen Grenzen schwanken. Dennoch will ich nicht wagen, die von verschie- denen Autoren beschriebenen Varietäten, die sich zum Teil anscheinend nur durch geringe Differenzen unterscheiden, ohne weiteres zu identifi- zieren, ohne sichere Originalkulturen längere Zeit verglichen zu haben. Da die Öpecies »Aktinomyces« und deren reich angewachsene Litte- ratur gesondert behandelt wird, sollen uns hier nur die Streptotricheen, Kladotricheen und Leptotricheen beschäftigen. Die beiden ersten Species sind in der Kasuistik nicht getrennt, da aus der Litteratur die Stellung der gefundenen Pilze (»echte« oder »falsche« Verzweigung) nicht immer bestimmt ersichtlich ist. B. Das kasuistische Material. Das nicht unerhebliche Material wird sich am besten in der Weise darstellen lassen, dass wir zunächst die bisher bekannt gewordenen Fälle nach Krankheitsgruppen geordnet, aber in möglichst historischer Reihenfolge durchijehen. I. Die ersten Beobachtungen (Streptotricheen im Thränenkanal , Bereits im Jahre 1855 beschrieb Gräfe ^ verfilzte Pilzmassen, welche er in entzündeten Thränenkanälen des menschlichen Auges fand und zunächst als »Favuselemente« deutete. Die gleichen Gebilde beobach- tete auch FÖRSTER mehrfach und übergab das Material an Ferdinand Cühn2, welcher von dem im Jahre 1874 untersuchten Material folgen- den Befund gewann: »Die weißliche, talgartige, leicht zerdrückbare Masse bestand aus feinen, dünnen, nebeneinandergelagerten oder ver- filzten Fäden, eingelagert und dicht umhüllt von Micrococcusmassen, welche auch die Zwischenräume ausfüllen. . . . Einige waren lockig gedreht und mit spärlichen Verzweigungen versehen; hierdurch unterschieden sie sich von Leptothrix, die immer steif und un verzweigt ist.« Ferd. Cohn^ bezeichnete daher den gefundenen Pilz als neue Spe- cies und gab ihm den Namen: »Streptothrix Foersteri«. Weiter fügt CoiiN hinzu, dass er auch »kleine, hefeartige Zellen, sowie oidium- ähnliche Gebilde, selbst Pilzsporen mit langen Keimschläuchen« in dem Material gesehen habe, diese Dinge aber für sekundäre Beimengungen halte. Da Reinkulturen von Cohn nicht gewonnen wurden, wohl gar nicht versucht worden sind, muss es dahingestellt bleiben, ob die ge- nannten Gebilde als Sporen der beschriebenen Pilze zu deuten sind, was immerhin nicht ausgeschlossen erscheint. In diesem Falle würden bereits alle wesentlichen Merkmale der Gattung »Streptothrix« in CoiiNS Beschreibung zu finden sein. Dass es sich um Parasiten, also um Pilze von einer gewissen Pathogenität handelte, kann in Anbe- tracht des Fundortes wohl keinem Zweifel unterliegen. Die pathogenen Trichomyceten. 837 In der späteren Litteratur finden sich nur noch folgende Arbeiten, welche sich mit Pilzen des gleichen Fundortes, der Thräneukanäle, beschäftigen; und daher gleich hier angereiht werden. Du Bois Saint-Severix ' fand 1895 in einem Falle von Conjunc- tivitis mit »schankerähnlichem« Ulcus an der Caruncula lacrimalis ' eite- rige Massen, deren Aussaat auf Gelatine neben Staphylococcus albus eine Streptothrixart lieferte, die auf allen Nährböden wuchs, Gela- tine verflüssigte, staubförmige Sporen bildete, auf Serum graue, feuchte, auf Kartoffeln gelbe, runzelige Kolonieen bildete. Die Dicke der Fäden betrug 1 ,«. Tier Pathogenität konnte nicht beobachtet werden. Verf. nennt seinen Pilz »Streptothrix aurea« und vermutet, dass er identisch mit Cohxs »Streptothrix Fo erster!« sei. SiLBERsciiMiDT* machte 1900 ebenfalls Mitteilung über bakteriolo- gische Untersuchung von Dacrvocystitismaterial, das von einem Züricher Augenarzte als aktiuomykoseverdächtig ihm übergeben war. Er ge- wann ähnliche mikroskopische Bilder wie Cohn und Du Bois St.-Severin (die letztere Arbeit ist jedoch nicht erwähnt) ; kulturell ergab sich je- doch ein auf freien Flächen fester Nährböden nicht wachsender, fast obligat anacrober Pilz. Auf flüssigen Nährböden gelang die Kultur auch ohne Luftabschluss. Verf. hält den Pilz für verschieden von Aktino- myces und rechnet ihn zu den Streptotrieheen. Von der aerob gut wachsenden Streptothrix aurea Du Bois St.-Severins ist er jedenfalls auch verschieden. Bereits im folgenden Jahre berichtete Silberschmidt 9 noch über 3 Fälle von Pilzkonkrementen in Thränen- kanälchen. aus denen er Pilzkulturen gewann, die sämtlich den Strepto- trieheen angehören. Während jedoch die aus frischem Material des ersten und dritten Falles gezüchteten Pilze wiederum vorwiegend anaerob wuchsen (in der Tiefe der Agarstichkultur und am Boden der Bouillon- kulturen] und sich nur dadurch unterschieden, dass der erste Pilz rasch in Stäbchenformen zerfiel, während der letzte längere Fadennetze bildete, zeigte der aus dem eingetrockneten Material des zweiten Falles ge- wonnene Pilz ausgesprochene Aerobiose und wuchs auch bei Zimmer- temperatur auf Gelatine, diese nicht verflüssigend. Die Pilzrasen auf Agar hatten ein zuerst grauweißes, später hellrosarotes Aussehen, glichen also jedenfalls auch nicht der Streptothrix aurea. IL »Cladothrix« bei Erysipeloid. Im Jahre 1887 teilte J. Kosenbach^ö Kulturversuche mit, durch welche er den Erreger des menschlichen »Erysipeloids« zu gewinnen suchte. Der Kulturversuch gelang am besten auf Gelatine bei 20° C und förderte eine Pilzart zutage, welche Eosenbach zu den »Clado- thrix«-Arten rechnete. Die Kolonieen werden etwa nach 4 Tagen sicht- bar, wachsen langsam und gleichen am meisten den Kolonieen des Mäuse- Septikämiebacillus. Es handelt sich um einen feinen Fadenpilz mit >Pseudoverzweigung«, der in seinem Formtypus der »Cladothrix dichotoma« (Cohx), einem Saprophyten, gleicht, aber in seinen Dimen- sionen viel kleiner ist. Durch Verimpfung der Kulturen auf seinen eigenen Vorderarm konnte Rosenbach Erysipeloid erzeugen. 838 J- Petruschky, III. Streptotricheen bei Zoonosen. Die nächste wichtige Beobachtung lieferte Nocaed^^ im Jahre 1888 durch Untersuchung- der Aetiologie einer Krankheit der Rinder in Guade- loupe, welche die Franzosen als »farcin du beruf« bezeichnen. Die Krankheit besteht im wesentlichen in der Bildung progressiver, wurstförmiger Subkutanabszesse unter der Haut des Bauches und der Gliedmaßen, die entweder unter Induration der erkrankten Stellen lang- sam zurückgeht oder unter Abmagerung des Tieres zum Tode führt. Die Abszesse enthalten einen geruchlosen, dicken Eiter, in welchem die Erreger enthalten sind. Dieselben lassen sich am besten durch die GRAMSche Färbung (nach Vortarbung mit Karmin) nachweisen, wenn man zur Entfärbung nach Weigert Anilinöl, nicht Alkohol ver- wendet. Es erscheinen dann auf rotem Grunde blaue, sternförmig an- geordnete Häufchen von Bazillen, die dem Erreger des Schweiuerotlaufes in ihrer Gestalt ähnlich sind. Die Kultur derselben ergiel)t jedoch einen feinen Fadenpilz, der seiner »falsclien« Verzweigungen wegen zur Gattung Cladothrix vom Verf. gerechnet wird. Die guten Photo- gramme, welche der Arbeit beigegeben sind, lassen jedoch eher die Deutung echter Verzweigungen zu. Auch Metschnikoff rechnet den Pilz zu den Streptotricheen. Wachstum erfolgt bei 30 — 40" C auf allen Nährböden in einigen Tagen. Auf der Fläche fester Nährböden erscheinen weißlicbgelbliche, schüppchenförmige Kolonieen mit aufge- bogenem Ptande. Auf Milch und Bouillon erfolgt Ausbreitung auf der Oberßäche der Flüssigkeit. In älteren Kulturen sind zahlreiche Sporen zu erkennen, welche als ungefärbte, eiförmige Gebilde an den Enden der Fäden auftreten. Die Wachstumsfähigkeit bleibt sehr lange erhalten. Nach viermonatlichem Aufenthalt bei 40" C war das Wachstum noch so kräftig wie zu Anfang. Hitze von 65° C halten die Pilze 15 Minuten aus, bei 70" jedoch gehen sie in 10 Minuten zu Grunde. Die Pathogenität ist besonders groß für Meerschweinchen, welche bei intravenöser oder intraperitonealer Infektion an allgemeiner »Pseudo- tuberkulose« zu Grunde gehen. Rinder und Hammel Averden eben- falls infiziert, sind aber widerstandsfähiger. Kaninchen, Hunde, Katzen, Pferde und Esel scheinen refraktär zu sein. Die subkutane Infektion ruft bei den empfänglichen Tieren Abszesse hervor, die den beim »farcin« auftretenden analog sind. Kapsarek 1' konnte durch eigene Untersuchungen die Befunde NocARDs in jeder Hinsicht bestätigen. Rabe 13 beobachtete im gleichen Jahre wie Nocard (1888) eine Pilz- krankheit beim Hunde, bestehend in eitriger Phlegmone der Vorderpfote. In dem Eitermaterial war mikroskopisch ein Pilz zu finden, Avelcher aus Büscheln »Avinkelig oder wellig gebogener, teilweise anastomosierender Fäden von ungleicher Stärke (0,5 — 1 /.i) bestand«, die überall seitliche Aeste und Zweige trugen und meist in langgezogene, abgerundete, keulen- förmige Verdickungen ausliefen. Verfasser nennt den Pilz »Cladothrix canis«. Ob die Verzweigung nur eine scheinl)are oder echte war, ist nicht angegeben (im letzteren Falle würde der Pilz zur Species Streptothrix zu rechnen sein). Züch- tungsversuche sind dem Autor nicht gelungen. Gruber 1^ demonstrierte 1891 auf dem internationalen Kongress für Hygiene eine in seinem Institut von G. von Hoffmann- Wellenhof untersuchte, dem Aktinomyces verwandte Pilzart (Ursprung nicht ange- Die pathogenen Trichomyceten. 839 geben], die bei Kaniucbeu subkutan injiziert, eine eitrig-fibrinöse Binde- gewebsentzüudung- mit Abszedierung hervorrief. Der Pilz bildete verzweigte Füden, die rasch in Bruchstücke von Stern- oder Hirschgeweihgestalt zerfielen. Bildung von Dauerformen wurde nicht beobachtet. Am besten gedieh der Pilz bei 37° auf zucker- haltigen Nährboden, wo Essigsäure gebildet wurde. Ueber Farbstoff- bilduug wird nicht berichtet. Berestneff 1'' beschreibt in seiner Moskauer Dissertation 1897 den bakteriellen Befund bei einer als »Pseudoaktinomykose« bezeichneten Ge- schwulst an der Lippe eines Rindes. Er fand einen von der Erschei- nungsform des Aktinomyces abweichenden, feinen verzweigten Pilz, der auf den gewöhnlichen Nährböden unregelmäßige Stäbchen und kokkenähn- liche Gebilde (Sporen) lieferte, auf rohem Eidotter und auf Dotterbouillon lange Fäden bildete. Er nennt ihn »Coccobacillus pseudoactinomycosis pleomorphus.« Anscheinend handelt es sich um eine Streptothrix-Art. Ueber eine andere tierpathogene aber an aerobe Streptothrixart berichtet Schmorl^^' 1891. Bei einer Infektionskrankheit der Kanin- chen, welche in einer an den Lippen beginnenden progressiven Ge- websnekrose bestand und auch fibrinöse Entzündungen seröser Häute (Pleura, Perikard, Perit(»neum) erzeugte, fand Schmorl einen obligat anaeroben Fadenpilz, den er als Streptotlirix cuniculi« bezeichnet. Pteinkulturen konnten nur in Blutserum gewonnen werden. Für künst- liche Infektion waren außer Kaninchen nur Mäuse empfänglich. Aus einer der Aktinomykose ähnlichen Hautaffektion eines Stieres, Avelche von diesem auf mehrere Kühe übertragen worden war, isolierte 1899 BoxviciNi^^ eine vom Aktinomycespilz verschiedene Streptothrix- art, die aerob wuchs und weiße Sporen auf der Fläche glycerinfreien Agars und der Kartoffel bildete. Der Pilz war pathogen für Meer- schweinchen, Katzen und Hühner, nicht für Kaninchen und Esel. DeaxIs gewann im gleichen Jahre eine ebenfalls von den bisher bekannten aljweichende Streptothrixart aus einem harten Knötchen, das sich am Kieferwinkel eines Pferdes gebildet hatte. Dieselbe war beson- ders für Kaninchen, weniger für Meerschweinchen und Tauben pathogen, Silberschmidt 19 beschreibt ebenfalls 1899 einen von Zschokke aus einer Ziegenlunge gezüchteten Pilz, der von ihm als »Strepto- thrix capreae« bezeichnet und von den bisher bekannten Arten ver- schieden befunden wird. Er ist für Kaninchen und Meerschweinchen pathogen und erzeugt bei intravenöser Injektion Pseudotuberkulose, bei subkutaner Einverleibung Abszesse. Das Wachstum ist streng aerob. Auf der Agaroberfläche runzelig, brauurötlich. Auf Kartoffeln reich- liches Wachstum mit rötlicher Farbe ; später wie mit weißem Staub bedeckt. IV. Streptothrix Madurae"). Aus der vorliegenden Litteratur geht zur Genüge hervor, dass Strepto- tricheen als Krankheitserreger des Menschen über die ganze Erde ver- breitet sind ; unter den erzeugten Krankheitsbildern herrschen chronische Eiterungen vor. Wir beginnen mit dem namentlich in Indien als »Madurafuß« bekannten »Mycetoma pedis«. Es werden unter dem gleichen Namen zwei im Aussehen und auch in ihrer Aetiologie ver- schiedene Krankheitsformen begriffen, die sogenannte »braune« und die *) Eine ausführliche Beschreibung der Madurakrankheit wird von Babes im Bd. III gegeben werden. Anmerkung der Herausgeber. 840 J- Petruschky, »weiße« Varietät des Maclurafußes. Hier beschäftigt uns nur die letztere, da nur bei dieser Trichomyceten gefunden wurden. Kanthak 20 beobachtete 1892 feine Pilzfäden in mikroskopischen Präparaten vom eitrigen Material des Mvcetoma und deutete sie als Streptothrix, jedenfalls als einen dem Aktinomyces nahestehenden Pilz. Auch Gemy & VixcEXT^i studierten 1892 die sogenannte »weiße Varietät« des Madurafußes und Vin'CExt22 berichtete 1894 in den Annales Pasteur über die Fortsetzung dieser interessanten Unter- suchungen. Der gefundene Pilz wird als »Streptothrix Madurae« bezeichnet. Er bildet verzweigte Fäden von 1 — ^1,5 u Dicke, wächst aerob auf festen und der Oberfläche flüssiger Nährböden als weiß- licher Belag und ist geruchlos. Ein besonders geeignetes Material bildete Heuinfus oder Kartoffelbrühe mit Gelatine, Glycerin und Glukose. Die Kultur erhielt auf diesem Nährboden eine rosa Färbung. Ver- flüssigung der Gelatine erfolgte nicht. Die Kolouieen haften fest au der Oberfläche der festen Nährböden und erscheinen nach erfolgter Sporenbildung wie mit einem weißen Staube bedeckt. Die Sporen sind ovoide, endständige Fragmente der Fäden, die etwas breiter sind als letztere. Auf Kartoffeln bildet der Pilz schön rosarote oder dnnkelrote Kulturen; eine Präunuug der Kartoffel findet nicht statt. Auch auf Kohl- und Karottenstücken gedeiht der Pilz im Gegensatz zum Aktino- myces, wogegen auf Serum und Ei kein Wachstum erfolgt. Für die gewöhnlichen Versuchstiere erwies der Pilz sich nicht als pathogen. BoYCE & SuRVEYOR^i studicrteu ebenfalls die Aetiologie des Myce- toma pedis und kamen zu Ergebnissen, welche mit den vorerwähnten ziemlich übereinstimmen. Der Pilz bildet einen Rasen von weißlicher oder leicht rötlicher Farbe, gedeiht am liesten auf Agar oder Kartoffel. Sporeubildung wurde angeblich nicht beobachtet, die Pilze zerfallen vielmehr in kurze Stäbchen. Kolbeubildung wurde im Gegensatze zum Aktinomyces nie beobachtet. Auch die begierige Aufnahme der Aniliu- farbstoffe seitens des Pilzes wird von den Verfassern als Unterschied von Aktinomyces hervorgehoben. BoYCE 2^ untersuchte weiterhin noch eine Anzahl Agarröhrchen, welche in Hyderabad mit Mycetomamaterial beimpft und ihm dann zugesandt waren. Er konnte nur von dem einen der Eöhrchen eine Reinkultur gewinnen, die ein dünnes Mycel zeigte, sehr langsam auf Glycerin- und Traubenzuckeragar wuchs, und bei subkutaner Impfung auf Meer- schweinchen, Kaninchen, Affen und Ratten Tumoren erzeugte, die später schrumpften. Allgemeiuinfektion wurde nicht hervorgebracht. Delbaxc()25 untersuchte einen amerikanischen Fall von Mycetoma pedis. Das Material stammte von Hyde und Adami. Das mikroskopisch- histologische Bild war das des »Granuloms«, das sämtliche Gewebe durchwuchert hatte. Als Infektionserreger erscheint ein Pilz mit sehr feinem, verzweigten Mycel. Kulturen konnten von dem konservierten Material nicht gemacht' werden. Verfasser hebt noch die ausgedehnte hyaline Degeneration der Bindegewebszellen hervor. V. Trichomyceten in Gehirnabszessen. Mit menschenpathogenen Streptotricheen, deren Eigenschaften im einzelnen mehrfach voneinander abweichen, beschäftigt sich eine An- zahl von Arbeiten, unter denen zunächst die Mitteilung von Eppinger Beachtung erfordert. Die pathogenen Trichomj-ceten. 841 Eppixgp:r-'^ fand bei der Sektion eines Falles von clironiscliem Geliirnabszess, welcher durch Perforation eitrige Meuingitis hervor- gerufen hatte, im Eiter und in den Abszesswanduugen sowie in mili- aren Eiterherden der Nachbarschaft einen feinen Fadeupilz, dessen Kultur auf verschiedenen Nährmedien gelang. Auf Zuckeragar bildet der Pilz gelbe, runzelige Kolonieen, die schließlich zu einer gefalteten Haut zusammenfließen. Auf Kartoffeln wächst der Pilz ziemlich rasch, die Kolonieen bleiben aber klein, anfangs einer Aveißeu, körnigen Auflagerung- gleich, die am sechsten Tage sich rötet, worauf sich ein feinkörniger Ueberzug bildet, der nach und nach mehlig wird, so dass eine solche Kultur am 20. Tage wie eine verzuckerte Mandel aussieht. Auf Gela- tine wächst der Pilz kümmerlich. In Bouillon bilden sich auf der Oberfläche kleine weiße Körnchen, die sich zu Schüssel förmig vertieften Blättcheu vergrößern und, zu Boden gesunken, zu weißen, schalen- artigeu Gebilden sich vereinigen. Die Bouillon bleibt immer klar. Mikroskopisch bestand der Pilz aus feinen Fäden, die sich aus verschieden langen Zellen zusammensetzten, von denen die endständigen deutlieh Würfelgestalt annahmen. (Starke Vergrößerung erforderlich.) Daneben fanden sich in den Kulturen bakteriengleiche, uuverzweigte Fäden, welche deutliche Eigenbeweguug zeigten. Geißeln konnten nicht nachgewiesen werden. Da Verfasser die Verzweigung für eiue »unechte« hält, bezeichnet er den Pilz als Cladothrix, welcher er den Beinamen »a Steroides« giebt. Die Tierpathogenität war für Kanin- chen und Meerschweinchen erheblich. Es entstand bei jeder Art der Infektion eine »Pseudotuberkulose«. Mäuse erwiesen sich jedoch als unempfänglich. Kulturen dieses Pilzes haben mir vorgelegen und sind lange Zeit hindurch beol)achtet worden. Ob die Verzweigungen »echte; oder unechte sind, wage ich nicht zu unterscheiden. Die Aehnlichkeit einer von Herrn Prof. Ei*pinc4ER mir freundlichst über- sandten Originalkultur mit den Streptotricheen ist sehr groß. Ferre & Faguet27 fanden in Bordeaux in einem Gehirnabszesse, dessen Sitz das Centrum ovale war, einen verzweigten, nach Gram färb- baren feinen Fadenpilz, den sie als Streptothrix ansprechen. Auf Agar wuchs derselbe in runden, leicht ockerfarbigeu Kolonieen, auf Kartoffeln wuchsen wenig sichtbare, schleimig zähe Kolonieen (»legerement glaireuses«), die eine graue Farbe annahmen und frei von weißer Bestäubung an der Oberfläche blieben. Ueber das Wachstum auf Gelatine und flüssigen Nährböden wird nichts berichtet. Impfungen von Kaninchen und Meerschweinchen riefen keine deutlichen Krankheits- erscheinungen hervor. VI. Cladotricheen und Streptotricheen bei Fällen, die an Aktinomy- kose oder Tuberkulose erinnern. Grenzfälle zwischen Streptotrichose und Aktinomykose. Garten 2s fand in einem Falle scheinbar typisch verlaufender Akti- nomykose, in welchem sich entlang der Wirbelsäule Abszess- höhlen gebildet hatten, nicht den bekannten Aktinomycespilz in den vorhandenen gelben Körnchen des Eiters, sondern ein feines Ge- flecht von Pilzfäden. Kulturen gediehen auf allen gebräuchlichen Nährböden, am besten bei Bruttemperatur, aber auch bei niederer Temperatur auf Gelatine. Die Gelatinestichkultur, welche ein besonders charakteristisches Aussehen zeigte, bildete auf der Oberfläche einen 842 J- Petruschky, weißliehen Knopf; vom Impfstich gingen nach allen Seiten zarte Fäden aus. Auf Agar und Kartoffeln bildeten sich runzlige, gefaltete Häute mit weißlichem Belag an der Oberfläche, der hauptsächlich »Kokken- formen« (Sporen) enthielt. Die Infektion von Tieren glückte nur in einigen Fällen bei intraperitonealer Infektion von Kaninchen und Meer- schweinchen. Es bildeten sich eiterhaltige Knötchen am Peritoneum. Garten nennt den Pilz »Cladothrix liquefaciens«. Sabraces & PtiviERe29 fanden in einem Falle von Hirnabszess und einem Falle chronischer Lungenerkrankung mit Auftreten subkutaner Abszesse Pilze, welche von Aktinomykose abwichen. Aus dem zuletzt erwähnten Falle, den Riviere^'o näher bakteriologisch studierte, konnten die Pilze aus Lunge und Eiter gezüchtet werden. Der Eiter enthielt sie in Reinkultur. Sie wuchsen am besten bei 37° und Luftzutritt. Auf Agarplatten wurden runde, warzenartige Kolonieen gebildet mit gelblicher Unter- und weißlich bestäubter Oberfläche. Be- sonders gut gedieh der Pilz auf fett- und glycerinhaltigen Nährmedien. Gelatine wurde verflüssigt, auf Milch entwickelte sich ein fleischfarbener, weiß bestäubter Rasen; auf Glycerinagar ein gewulsteter, bräuuliclier, mit zunehmendem Alter tief schwarzer Belag. Die Kulturen hatten ausgeprägten Schimmelgeruch. Fett wurde vom Pilz assimiliert und verseift. Gewöhnlich liefert der Pilz einen gelblichen Farbstoff, der in Aether löslich ist. In reiner Sauerstoffatmosphäre wird ein brauner Farbstoff' gebildet. Infektionsversuche bei Tieren gelangen ohne weiteres nicht, wohl aber, wenn 14tägigen Bouillonkulturen etwas Milchsäure (als »negativ chemotaktische Substanz«) zugesetzt wurde. Alsdann ent- wickelte sich Pseudotuberkulose. Arbeiten, welche Streptotricheen als die Ursache chronischer, klinisch tuberkuloseverdächtiger Lungenerkrankungen nachwiesen , häuften sich in der Folgezeit mehr und mehr. BucHHOLTz^i fand 1897 bei der Obduktion eines Falles schwerer Lungenerkrankung, bei der Tuberkelbazillen stets vermisst worden waren, etwa folgenden Befund: Rechts: Fibrinös-eitrige Pleuritis, aus- gedehnte Infiltration der Lunge, welche im Innern eine große, nekro- tische, von zerfetzten Wandungen umschlossene Höhle barg. Links: Begrenzte pleuritische Verwachsung, weniger ausgedehnte Infiltration der Lunge; auf dem Durchschnitt kleine nekrotische Herde. Mikro- skopisch : Im Eiter vorwiegend Streptokokken, nirgends Tuberkelbazillen. Auf Gewebsschnitten und der Wandung der Lungenhöhle ein feines Flechtwerk von dünnen Pilzfäden mit deutlichen Verzweigungen und welligem Verlauf. Obgleich Kulturen nicht angelegt waren, kann es sich dem ganzen Bilde nach nur um eine Streptotrichose handeln. BucHHOLTz empfiehlt zur Färbung von Gewebsschnitten auf Strepto- tricheen folgendes Verfahren: Eine Stammlösung enthält 20^ Anilin und %)% Phenol (nach Kutscher) in gesättigter alkoholischer Lösung von Kr y stall violett. Ein Teil dieser Stammlösung wird zum Gebrauch mit 5—10 Teilen Wasser verdünnt. In dieser Lösung wird 20 — 30 Minuten lang gefärbt. Die Entfärbnung geschieht nach Gram- Weigert erst in Jodjodkalilösung, dann in Anilin öl unter Aus- schluss jeden Alkohols. Scheele & Petruschky ^2 berichteten auf dem Kongress für innere Medizin 1897 über einen Fall chronischen Lungeuleideos mit zahlreichen sekundären Subkutanabszessen bei einer ganz wohlgenährten Frau in Danzig, die ihrem Leiden schließlich erlas'. Bereits bei Lebzeiten Die pathogeneh Trichomyceten. 843 konnte aus dem Auswurf und dem durch Punktion gewonnenen Abszess- inhalt die sichere Diagnose auf Streptotrichose mikroskopisch und durch Kultur gestellt werden, da die Abszesse den Pilz in völliger Reinkultur enthielten. Im Sputum waren überdies Influenzabazillen in großer Zahl nachweisbar. Die Obduktion ergab eine ausgedehnte linksseitige Pleuritis und In- filtration eines großen Teiles der linken Lunge. Das Lungengewebe war dunkelgrau gefärbt, mit zahlreichen nekrotischen, eitergefUllten Herden durchsetzt, deren Wandungen ein zerfetztes Aussehen darboten. Ein großer Abszess fand sich im Mediastinum und zahlreiche andere im Unterhautgewebe. Der mikroskopische Befund in den Eitermassen war der gleiche wie in dem bei Lebzeiten gewonnenen Material; in Gewebs- schnitten von der Lunge war das feine, gelockte Flechtwerk der Pilze bei der Färbung nach Gram-Buchholtz deutlich zu erkennen. Die Kultur ergab auf Agarflächen kleine, langsam wachsende, kreideweiße, runde Kolonieen des gleichen Pilzes. Auf Gelatine erfolgte bei 22° C noch laugsames Wachstum und allmählich auch eine Er- weichung und Verflüssigung der Gelatine. Die Kulturen strömten einen sehr charakteristischen Schimmelgeruch aus. In Bouillonkulturen bildeten sich namentlich auf der Oberfläche der Flüssigkeit kleine sternförmige Schüppchen und kleine weiße Kugeln am Grunde. Auf Traubenzuckeragar und auf Kartotfeln schien der Pilz anfänglich nicht zu gedeihen, später gelangen Kulturen auch . auf diesen Nährböden, auf der Kartoflel aber fand nur geringe Vergrößerung des Aussaatmaterials statt im Gegensatz zu dem üppigen Wachstum von Cladothrix Eppinger und zwei Aktinomycesstännnen. Das Bild der Kolonieen entsprach den Figuren Nr. 1 und 2 auf Tafel Babes. Bei Kaninchen wurden durch subkutane Injektion von Bouillon- kulturen Abszesse erzeugt, aus denen spärliche Kolonieen desselben Pilzes wieder gezüchtet w erden konnten. Durch Zerdrücken eines Abs- zesses unter der Ohrhaut konnte dieser zum Verschwinden gebracht werden, während in der Umgebung mehrere neue entstanden. Im folgenden Jahre beobachtete Petruschky einen weiteren Fall von Streptothrix - Erkrankung in Dauzig bei einem 12jährigen Schul- mädcheu, das als tuberkuloseverdächtig galt, weil es von schwächlicher Konstitution und mit chronischem Husten behaftet war. Die Mutter und eine ältere Schwester des Kindes waren bereits an einer als »Lungenschwindsucht« bezeichneten Krankheit gestorben (ob Tuberkel- bazillen nachgewiesen Avordeu waren, konnte nicht festgestellt werden). Im Auswurf dieses Kindes fanden sich mikroskopisch neben Influenza- bazillen deutliche feine Pilzfädeu, welche sich ohne große Schwierigkeit auf Agar züchten ließen. Die Kolonieen w^aren, wie im vorhergehenden Falle kreideweiß, wuchsen jedoch beträchtlich schneller und flössen schließlich zu einem rein weißen Belag auf der Agarfläche zusammen. Auf Gelatine wuchs der Pilz ebenfalls besser als der von dem ersten Falle gewonnene und brachte deutliche Verflüssigung zuwege. Der ganze Unterschied bestand also in besserem Gedeihen des zuletzt ge- fundenen Pilzes auf künstlichen Nährböden. Der Schimmelgeruch ließ sich bei der zweiten Kultur ebenfalls deutlich nachweisen. Die Tier- pathogeuität war ebenso gering wie im ersten Falle. Zur spezifischen Behandlung des Falles wurde zum ersten Male ein nach Analogie des Tuberculinum Kochii hergestelltes »Streptotrichin« verwendet. Es er- folgte Dauerheilung. 844 J- Petruschky, Der eig-eutUmliche Geruch der Kulturen brachte Petruschky da- rauf, in verschimmelten Tapeten nach Streptothrixarten zu suchen, doch ohne Erfolg, während aus emem zeitweise in Scharen auf feuchten Tapeten erscheinenden Käferchen — als Lathridius rugicollis be- stimmt — neben wenigen andern Pilzarteu vorwiegend eine weiße Streptothrixart gewonnen wurde, welche auf den Nährl)öden ganz eljenso wuchs wie die Kultur des zAveiten Falles, nur dass das Wachstum be- reits bei Zimmertemperatur rasch und üppig erfolgte. Ob dieses Käfer eben eine Rolle bei der Verbreitung der pathogenen Strepto- tricheen spielt, musste bei der relativ großen Seltenheit der Erkrankung dahingestellt bleil)en. Berestneff^^ beschreibt 1898 in seiner Arbeit Über »Pseudoaktino- mycose« drei Fälle eigener Beobachtung, von denen sich zwei auf Lungenerkraukuugen, einer auf einen Kieferabszess bezieht (Beobachtungs- ort Moskau). In einem letal verlaufenden Falle von Pleuropneumonia suppurativa fanden sich im Eiter weißlich -gelbe Körnchen von etwa Stecknadelkoptgröße. Sie enthielten einen Pilz, der stellenweise zwar strahlige Anordnung mit Endkolben zeigte, in seinem Wachstum auf künstlichen Nährböden aber wesentlich vom Aktinomyces ab- wich. Auf Agar trat spärliches Wachstum kleiner milchweißer Kolo- uieen auf In Bouillon entstanden auf dem Grunde des Ptöhrchens weißliche bröckliche Körnchen. Der Pilz schien den Luftabschluss zu bevorzugen. Auf Gelatine und Kartoffeln ließ sich kein Wachstum erzielen. In einem anderen Falle anscheinend typischer menschlicher Lungen- Aktinomykose mit letalem Verlauf ^var der mikroskopische Befund bei den wiederum im Eiter vorhandenen weißlichen Körnchen ein dem ersten Falle sehr ähnlicher. Vielfach fanden sich wiederum strahlige Gebilde mit Endkolben. Die Kultur wuchs ebenfalls langsam und si)ärlicli mit weißer Farbe. Doch zeigte sich in diesem Falle auch auf Gelatine und Kartoffel ein zartes, mit Ijloßem Auge kaum wahr- nehmbares Wachstum. Bei Tieren waren durch intraperitoneale Infektion keine Krankheitserscheinungen zu erzielen. Bei subkutaner Injektion entstanden Infiltrate, die sich langsam resorbierten. Der dritte, von Berestxeff zuerst beschriebene Fall betrifft einen auf Aktinomykose verdächtigen subperiostalen Kieferabszess, in dessen Eiter sich ebenfalls gelblich-weißliche Körnchen von ziemlicher Klein- heit fanden. In denselben waren keine Strahl enfiguren, sondern ein feines Gewirr von geraden und geschlängelten Fäden und Ver- zweigungen aus kolbig verdickten Enden enthalten. Auf Agar trat spärliches Wachstum kleiner milchweißer Kolonieen auf, in Bouillon war das Wachstum ein wenig besser und dem im ersten Falle von Luugenerkrankung beobachteten sehr ähnlich, so dass Berestneff diese Ijciden Pilze für identisch hält. Einen analogen (noch nicht beschriebenen) Fall von ilktinomyces ähnlichem Kieferabszess beobachtete auch Petruschky. Es ftmden sich die gleichen weißlichen, kleinen Körnchen im Eiter, keine Strahleu- figuren, sondern feine, verzweigte Streptothrixpilze, ohne kolbige End- schwellungeu, die auf künstlichen Nährböden zwar anfänglich sehr schwer angingen, schließlich aber ganz analog der Streptothrix Gedanensis II ohne Farbstoö'bilduug mäßig üppig wuchsen. Flexner35 beobachtete ebenfalls 1898 einen Fall von Pleuropneu- monie, der mikroskopisch als durch einen Streptothrixpilz bedingt Die pathogenen Trichomyceten. 845 erkannt wurde. Kulturen sind jedoch nicht gewonnen worden. Da die }»athoh)gisclien Erscheinungen : Intiltration, Nekrose und frühzeitige Ka- vernenbiklung in den Lungen in vieler Beziehung an Tuberkulose er- innerte, nannte Flexner da;^ Krankheitsbild: Fs endo tuber culosis hominis streptotrichica. Die Infektion eines Meerschweinchens mit Material aus der erkrankten Lunge führte zum laugsamen Tode des Tieres unter Abmagerung, charakteristische Gew^ebsveränderungen ließen sich jedoch nicht nachweisen. KüLLMANx^ö untersuchte 1897 zunächst allein, im folgenden Jahre in Gemeinschaft mit Perutz ■^'> in München Auswurfmaterial einer lungen- kranken Patientin v. Ziemssens, in welchem sich gelblich grüne Kuöll- chen von Linsen- bis Erbsengröße (also relativ sehr groß) vorfanden. Diese Knöllchen enthielten einen Pilz, bei welchem mikroskopisch zwar selten aber doch zuweilen deutliche Verzweigungen zu entdecken waren. Die Reinkultur gelang am besten auf LöFFLERSchem Serum, wo gelbe, gewulstete Kolonieen gebildet wurden. Bouillon wurde be- reits nach 24 Stunden getrübt bei reichlichem Obertiächenwachstum. Diese Kulturen, sowie die auf den anderen gewöhnlichen Nährboden reichlich, aber ohne Färbung wachsenden Kulturen zeigten meist Stäbchen mit seltenen Verzweigungen und stellenweise mit Endschwel- lungen, die als dem Diphtheriebacillus ähnlich bezeichnet werden. Im hängenden Tropfen war deutlicli Eigenbewegung zu beobachten. Von zahlreichen infizierten Tieren gingen etwa ^^ ein, namentlich Mäuse und Kaninchen, erstere zum Teil rasch unter Allgemeiuinfektion mit Streptothrix. Die aus den Tieren wieder gewonnenen Kulturen zeigten zum Teil untereinander kulturelle Abweichungen. Aus dem Leber- iuftirkt eines intraperitoneal infizierten Kaninchens entwickelte sich eine Streptothrixkultur , welche mit der vom Verfasser im Jahre 1895 aus ZwischendeckenfUllungen isolierten Streptothrix odorifera^s identisch schien, namentlich was den eigentümlichen »Erdgeruch « anlangt. Die erneute Prüfung der Tierpathogenität der alten Streptothrix odorifera ergab jedoch ein negatives Resultat. Bei der später erneuten Züchtung des Pilzes aus dem Auswurf der Patientin ergaben sich einige Abweichungen in den kulturellen Eigenschaften desselben (!j. Zunächst war die gelbe Färbung viel weniger intensiv. Dann war auch die Gestalt der Oberflächeukolouie eine etwas andere. Mikroskopisch waren keine Stäbchen mit End- auschwellungeu, sondern etwas plumpere kurze Stäbeben von unter- brochener Färbung zu erblicken. Auch Foulerton -^'J fand in einem Falle von Lungeuerkrankuug mit sekundären Eiterungen Pilze von den Eigenschaften der Streptothrix im Auswurf und im Eiter. Auf Glycerinagar wuchs der Pilz aerol), bei 31° als schmutzig- weiße, trockene Haut. In alten Kulturen fanden sich runde, sporenartige Gebilde. Für Meerschweinchen war derselbe nicht pathogen. Krause ^'^ demonstrierte im April 1899 in der biologischen Abteilung des ärztlichen Vereins in Hamburg Kulturen einer Streptothrixart, die aus einem »Aktinomyceseiter« gezüchtet worden war. Der Pilz wuchs nur bei Körpertemperatur aerob und anaerob, aber langsam und spär- lich. Auf Agar bildeten sich erst nach zwei Tagen tautropfeuähnliche Kolonieen, auf Kartoffeln trat kein Wachstum ein, Bouillon blieb klar, frei von Oberflächenwachstum, nur am Boden sammelten sich kleine KlümjDchen. Mikroskopisch bestanden die Kulturen vorwiegend aus 846 J- Petruschky, StäbcheDformeu. teilweise mit kolbigeu Auftreibung'en , an Diphtlierie- bazillen erinnernd, daneben kokkenartige Gebilde, aber nur vereinzelte verzweigte Fäden. H. BiiUNS^i zücbtete aus einem Falle von »Aktinomykose der Bauch- decken«, dessen Eiter sich selbst nicht von dem der Aktinomykose unterschied, einen Pilz, welcher mikroskopisch dem anaerobeu Aktino- myces W Petruschky (Danzig,. 9. Streptothrix Can- dida (GedanensisII) aus Sputum. Petruschky (Danzig). o » Diphtherieähnliche Bazil- len, selten Fäden mit Verzweigungen, keine Kokkenformen. Eigen- bewegung. Lange, deutlich verzweigte dünne Fäden: im Ge- webe stark gelockt, in den Kulturen meist sanft gebogen. In äl- teren Kulturen teilweise Quellung der Fäden, Zerfall ia Stäbchenfrag- mente, Bildung von Ko- nidienketten (Sporen). Lange, deutlich verzweigte dünne Fäden, in den Kulturen meist sauft ge- bogen. In älteren Kul- turen teilweise Quellung der Fäden, Zerfall in Stäbchenfragmente und Bildung von Konidien- ketten (Sporen). (Abb. Atlas Taf. V.) '5b o "o Wächst aerob und anerob ziemlich reichlich. Wächst langsam u. spär- lich, am besten bei Brut- temperatur. Unbeweg- lich. Wächst rasch und üppig bei Brut- und Zimmer- temperatur. Unbeweg- lich. .2 CS 'S Gutes Wachstum , keine Angabe ob Verflüssi- gung. Kreideweiße, sammetartig trockene . sternehenför- mige bis halbkugelige Kolonieen. Langsame Erweichung der Gela- tine. Kreideweißer, zusammen- hängender, trockner Be- lag. Verflüssigung. (-1 es < Rasclies Wachtum in Ro- settenform. Rein weiße, sternchenför- mige, trockene Kolo- nieen, die fest am Nähr- boden haften. Starker Schimmelgeruch. iVgl. Abb.Taf.BABEsNr.1,2.) Kreidiger Belag, sammet- artig trocken , uneben. Au Glycerinagar feuch- te, faltige Haut. Mäßi- ger Schimmelgeruch. nltur in Bouillon Reichliches Flächen- wachstum und Trübung der Bouillon. Auf der Oberfläche kleine, weiße Schüppchen mit trockner sammetartiger Oberfläche. Bodensatz: gefranzte. durchschei- nende Kugeln. Wie 8, nur rascher und reichlicher wachsend. K Kartoffel Reichliches Wachstum ohne Farbe. Geringe Vergrößerung des ausgesäten Materials. Weißer, sammetartiger Be- lag, keine Färbung der Kartoftel. i Reichliches Wachstum ohne Farbe. 1 Zusammenhängende Vege- tation im gelblichen Rahm, keine Verfär- bung, keine Gerinnung. Wie 8. nur rascher und üppiger. Tier- patho- ffenität Nicht deutlich. 1 Subcut. Abscesse bei Kaninchen. — 856 J. Petruschky, 10. Streptothrix La- thridii aus Käfereben. Petruschky (Danzig). 11. Streptothrix japo- nica (aus Lungenab- SZeSS). AOYAMA-MlYA- MOTO (l'okio). 12. Streptothrix aus Enteritisstuhl. Pottien. Mikroskopisches Aussehen Lange, deutlich verzweig- te, dünne Fäden. In älteren Kulturen teil- weise Quellung der Fä- den, Zerfall in Stäb- chenfragmente und Bildung von Konidien- ketten (Sporen). Fein verzweigte Pilzfäden, teilweise »spiralig« ge- wunden. Die Verzwei- gungen sind echt, aber »nicht dichotomisch«. Färbung nach Gram, aber lückenhaft. In äl- teren Kulturen Zerfall in Stäbchen und Sporen- ketten. Lange, fadenartige, meist leicht gekrümmte, feine Stäbchen, ungleich- mäßig in der Dicke, am Ende oft mit keulen- förmigen Anschwel- lungen. 1 — 2 polare Gei- ßeln. Daneben Fäden mit echter Verzweig, u. ku- gelige Gebilde (Sporen). (0 o "o s Wächst rasch und üppig, besser bei Zimmer- als bei Bruttemperatur. Un- beweglich. Wachstuni aerob, ambesten bei Bruttemperatur. Un- beweglich. Wachstum zwischen 24° und Bruttemperatur üp- pig und rasch. Im hängenden Tropfen leb- haft beweglich. Schlei- mige Kapsel. Entfär- bung nach Gram. •S CS CS Wie 9; geringer Schimmel- geruch. Wachstum sehr kümmer- lich. Bei 20° langsam (3 Tage), weißer unregelmäßiger Rand. Niemals Ver- flüssigung. Einzelne Ko- lonieen mit haarzopf- ähnlichen Fortsätzen. Der Stich wird allmäh- lich bräunlich. Haut haftet fest an der Kultur. es bD Wie 9. Auf Glycerinagar run- zelige Haut von anfangs perlgrauer, später gelber Farbe. Auf Glycerin- u. Trauben- zuckeragar üppiges Wachstum , doch ge- wöhnlich ohne Faden- bildung. Ohne Ver- Auf der Oberfläche halb- kugelige, weiße Schüpp- chen, am Boden verfilzte flockige Niederschläge. Flüssigkeit klar. Farbe derselben in älteren Kul- turen bräunlich. gärung. Kuh Bouillon Wie 9. Mächtiges, schleimiges Häutchen nach 24 Stun- den. Darunter gleich- mäßige Trübung. 1 o es Wie 9. Anfangs kreideweiße Körner, die später zusammenfließen. Die Farbe wird nach und nach braungelb. Nach 20 Stunden bereits eine hellbraune Haut, die allmählich noch dunkler wird. i Wie 9. Wachstum als gelbliche Haut. Die Milch ge- rinntnicht. Aufsterilem ^Vasser deutliches Ober- In Milch reichl iches Wachs- tum ohne Veränderung des Nährbodens. -u flächenwachstum. Bei Meerschweinch. Pseu- dotuberkulose u. Darm- entzündung bei intra- peritonealer Injektion von 1/4 Kultur. Subkutan bei Meerschweinchen u. Kaninchen negativ. p1 Injektion von Kultur- massen ruft bei Meer- schweinchen hämorrhag. Entzündungenmit Knöt- chenbildung hervor. Die pathogenen Trichomyceten. 857 13. Streptothrix ca- preae. Silberschmidt (Zürichl. 14. Cladoth rix (Strepto- thrix?) farcinica. No- CARD (Pilz aus Guade- loupe). 15. Cladothrix aster 0 i d e 8. Eppinger (Graz) Gewellte Fäden , sehr schmal, verzweigt, in ungleiche Teile seg- mentiert, die sich leicht in bazilläre Formen trennen. Auf der Ober- fläche nicht verzweigte »Kokkobazillenformen«. Färbung ist irregulär. Bazillenform häufiger als Fadenform. Endständige Anschwellungen. Fär- bung unregelmäßig. Ver- zweigung selten und kurz. Die längeren Fä- den scheinen aus un- gleichen Teilen zu be- stehen. Fäden mit unechten« Verzweigungen; später Zerfall in Segmente von Bazillen- und Würfel- form. Rasches Wachstum, nicht bei Luftabschluss. Kul- tur hellbraunrötlich, mit weißlichem Staube be- deckt. Wachstum langsam, keine Entwickehing bei Luft- abschluss. Die Kolo- nieen haften nicht am Nährboden. Farbe grau, brävinlich bis rötlich. Rasches Wachstum nach 24 Stunden im Brut- schrank. Schwach bei Luftabschluss. Eigen- bewegung. Keine Verflüssigung. Keine Verflüssigung. Keine Verflüssigung. Kein Tiefenwachstum. Trockene erhabene Kolo- nieen mit eingesunkener Mitte; runzelig, faltig, später weißbepudert. Andermal weiße, halb- kugelige, sammetartige Kolonieen, ähnlich Schimmel. Sehr kleine, graugelbliche Kolonieen. Vor 3 bis 6 Tagen kaum sichtbar, schuppig oder runzelig, sehr leicht abzunehmen und zu zerstückeln. Runde Kolonieen zu einer orangegelben , runze- ligen Membran zu- sammenfließend: ziem- lich fest haftend. Die Fläche ist mit schma- len, scheibenförmigen, trockenen, isolierten Ko- lonieen bedeckt. Keine Membran. Bodensatz krümelig, kugelförmig. Kleine, kaum sichtbare Starkes Oberflächenwachs Kolonieen, am Boden zu Klümpchen sich ver- einigend, oft, besonders auf Zuckerbouillon, Membran auf der Fläche. tum; besonders in Zuckerbouillon reich- lich. Farbe orange. Rasches und reichliches Wachstum. Die roten Kolonieen erscheinen später weiß. Oberflächliche rosenfar- bige Haut. Keine Ge- rinnung:. Reichliches Wachstum ; schuppig und krümelig. Erregt Abszesse und Knöt- chen bei verschiedenen Tierarten. Gewonnen aus der Lunge einer Ziege. Keine sichtbare Kultur. Erregt Pseudotuberkulose bei Meerschweinchen, Subkutanabszesse bei Rindern und Hammeln. Entwicklung schnell und reichlich. An der Luft mit Sporenstaub be- deckt. Rotbrauner Oberflächen- belag. Keine Gerinnung. Pseudotuberkulose Meerschweinchen. bei 858 J. Petruschky, 16. Leptothrix aus Harn. Arusta- MOFF (Moskau). 17. Leptothrix aus Pharynx. Aru- STAMOFF. Mikroskopisches Aussehen 0,5—0,6 ;x dicke. 8 — 50 [j. lange Fäden ohne Teilerscheinungen, ohne Ver- zweigungen. In älteren Kulturen Zerfall der Fäden zu glänzenden Körnern, die jedoch nur von kurzer Lebensdauer sind. Aehnllch wie 16. 03 Wächst nur bei Bruttemperatur unter Vermeidung der Oberfläche des Nähr- bodens. Wächst bei Brut- und auch bei Zimmer- temperatur, wenn auch kümmerlicher, vorzugsweise axif der Oberfläche. es Kein Wachstum. Langsame Verflüssigung der Gelatine. in Agar In Stichkultur zartes, durchscheinen- des Bändchen. Kein Oberflächen- wachstum. Vorzugsweise Flächenwachstum. Ktiltur Bouillon Spärliches Wachstum unter geringer Trübung der Bouillon. Wachstum auf der Oberfläche. o es Nicht angegeben. Nicht angegeben. Nicht angegeben. Nicht angegeben. — — Die pathogenen Trichomyceten. 859 Litteratur. 1 Ferd. 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Sabrazes & Riviere 29. Scheele & Petruschky 32. Schmorl 16. Schurmayer 45. Silberschmidt 8. 9. 19, 47. Stooss 61. Vicentini 60. Vignal 55. Vincent 22. Wolf & Israel 42. XVIIl. Aktinoniykose. Von Prof. Dr. M. Schlegel ifi Freiburg i. Br. Mit 9 Figuren im Text. I. Geschichtliches. Die Aktiuomykose ist eiue spezifische, eitrig- granulöse Infektions- kranklieit der Menschen und der Tiere, welche uns erst seit den letzten Decennien des vorigen Jahrhunderts genauer bekannt geworden ist. Der Aktiuomycespilz (Actinomyces bovis et hominis, Strahlenpilz) wurde zu- erst im Jahre 1845 von B. von Langenbeck zu Kiel in den kariös veränderten Lendenwirbeln eines Menschen als ein Pilzrasen nach- gewiesen ; auch von Lebert wurde im Jahre 1857 der Pilz beim Menschen gesehen, aber in seiner Bedeutung nicht richtig erkannt. Beim Kinde wurde dieser Pilz zuerst in den Jahren 1868 — 75 von Kivolta und von Perroncito in sarkomartigen Kiefergeschwülsten sowie im Jahre 1870 von Hahn in der sogenannten Holzzunge beobachtet. Die erste genaue Beschreibung der Aktinomykose des Rindes hat Bollinger im Jahre 1877 geliefert, während diese Krankheit im Jahre 1878 von James Israel als eine neue Mykose eingehend geschildert worden ist. Auf Veranlassung Bollingers hat Harz den Pilz zuerst botanisch unter- sucht und als Aktinomyces (a/r/g Strahl, i.iwi]g Pilz), Strahlenpilz be- zeichnet. Kurze Zeit darnach wies Ponfick die Identität des Aktino- myces des Rindes mit dem von Israel beim Menschen gefundenen Pilze nach. Schon im Jahre 1882 beobachtete Johne in den Tonsillen von Schweinen Gerstengranuen, deren Oberfläche und nach außen gerichtete Pflanzenhaare fast ausnahmslos dicht mit Pilzrasen besetzt waren, wes- halb Johne damals die Aktinomykose der Haustiere zutreflend auf eine Infektion mit pilzbesetzteu Pflanzenartikeln zurückführte. Die Erforschung und Begründung der Morphologie und Biologie des Aktinomyces sowie die Klarstellung der Aetiologie und Pathogenese der Strahlenpilzkrankheit verdanken wir in erster Linie Boström, M. Wolff & J. Israel, welche in jahrelang fortgesetzten erschöpfenden Arbeiten diese 862 M. Schlegel, Verhältnisse aufklärten. Berestnew hat ueuercliugs gezeigt, wie die Strahlenpilze außerhalb des menschlichen und tierischen Körpers auf Getreide und Gräsern wachsen und zur Anschauung zu briügeu sind. II. Systematisches. Die Strahlenpilze werden ihrer botanischen Stellung nach gemäß der gegenwärtigen Ansicht der meisten Autoren, wie Berestnew, Lubarsch, Kitt, Levy, Bollinger als eine selbständige Familie, Aktinomyceten, zwischen den Hyphomyceten und Schizomyceten eingereiht. Andere Forscher (Lachner- Sandoval, Behla, Eppinger, Silberschmidt- Sauvageau und Radais) rechnen die Strahlenpilze zu den Hyphomy- ceten, und zwar zur Gruppe Streptothrix ; hiergegen wendet aber Lubarscii ein, dass beim Genus Aktinoinyces Sporen mit Sicherheit nicht nachgewiesen seien. Boström, M. Wolff & J. Israel, Afanassjeff zählen den Aktinomyces zu den pleomorphen Bakterien, und hier zur Gruppe Cladothrix. Es ditferieren daher die Anschauungen der Forscher hinsichtlich der Klassifikation wesentlich; jedenfalls aber haben die Strahlenpilze mit den Streptotricheen die Fadenbildung, die rechtwinklige und spitzwinklige Verzweigung, echte Dichotomie und Keulenbildung gemeinsam. Mit den Strahlenpilzen sind die Tuberkelbazillen, Lepra-. Diphtherie- und Rotzbazilleu, bei welchen ebenfalls Fadenbildung mit Verzweigungen, kolbige Anschwellungen und strahlenartige x4.nordnung nachgewiesen wurde, nahe verwandt. Die Aktinomyceten vegetieren teils als pathogene Krankheitserreger, teils als nicht parasitische Saprophyteu; die letzteren zerfallen in zahl- reiche (im ganzen über 40) Arten, welche nach den Fundorten und den Lebenserscheinuugen in Kulturen (Farbstoifbilduugen) benannt werden, wie Actinomyces invulnerabilis, asteroides, arborescens, carneus; ferner A. pluricolor, chromogenes, albidoflavus, citreus, ferrugineus, aureus, aurantiacus, violaceus. Die pathogenen Aktiuomycespilze sind, da die mit denselben angestellten Impfexperimente meist negativ ausfielen, als Krankheitserreger schwer zu ergründen. Es wurden als Erreger der mensch- lichen und tierischen Aktinomykose durch neuere Untersuchungen ver- schiedene Varietäten nachgewiesen; Gasperini hat als Ursache der Rinderaktinomykose einen Actin. sulfureus, albus, luteoroseus fest- gestellt; auch beim Menschen kommen nach Levy, Bruns u. s. w. ver- schiedene Varietäten, namentlich aerobe und anaerobe Aktinomycespilze vor: jedoch kann dieselbe Art für Mensch und Tier pathogen wirken. Im Nachstehenden soll daher vorwiegend auf den aeroben Actinomyces bovis et hominis (Boström) und auf den anaeroben Aktinomyces von M. Wolff & J. Israel Bezug genommen werden. III. Morphologie des Aktinomycespilzes. a) Allgemeines. Die Aktinomykose wird mit Sicherheit durch den Nachweis des die- selbe veranlassenden Strahlenpilzes festgestellt, wobei vor allen Dingen die mikroskopische Untersuchung beweisend ist. In den meisten Fällen kann aber die Diagnose auch schon durch die makroskopische Be- Aktinomykose. 863 sichtig'Uüg- gesichert werden. Für die erstere Untersuchung streicht man mit dem Messer von der Schnittfläche der aktinomykotischen Herde den graugelben, getrübten Brei, welcher die Strahlenpilze als gelbfarbeue Körnchen enthält, ab und sucht letztere zur Prüfung aus. De Bary nennt dieselben Aktinomycesstöcke , sie werden schlechtweg aber auch als Strahlenpilzdruseu oder Strahlenpilzkolonien bezeichnet. Die Größe dieser Aktinomycesdrusen oder Aktinomyceskörner schwankt erheblich, indem dieselben bald nur mikroskopisch wahrnehmbar (0,01—0,2 mm groß) sind, bald aber erreichen nach Laker die dann mit freiem Auge sichtbaren Körner meist einen Durchmesser bis zu 0,75 mm, sind also gewöhnlich Sandkorn-, Stecknadelkopf- oder hirsekorngroß, seltener werden sie auch mohnkorn- oder gar kleinerbsengroß (Kitt). Die größereu Drusen stellen gewöhnlich keine einfachen Filzverbände, sondern breitere Vegetationsrasen bezw. Komplexe von Pilzkoloniecu dar. Wie die Größe, so ist auch die natürliche Farbe der Körnchen sehr verschieden; nach Boström bilden die jüngsten Aktinomyceskörner graudurchscheinende, gallertige, fast schleimige Pilzvegetationen (nament- lich beim Menschen), die etwas älteren Körner sind opakweiß, die noch älteren zeigen gelbliche, gelbbräunliche oder gelbgrüne Färbung, je nachdem der fädige Teil oder die kolbigen Anschwellungen in den Drusen vorherrschen ; beim Kinde sehen dieselben vorwiegend schwefel- gelb aus. Die schwarze Farbe mancher im Darme vorgefundenen Aktino- mycesrasen führt Bostrröm auf Schwefeleiseubildung zurück. Jedes Aktinomycesknötchen beherbergt in der Mitte mindestens einen Pilz- rasen und in der breiigen Masse der abszessähnlichen Erweichungsherde belinden sich dieselben in großer Anzahl. Sie stellen nach Johxe bei schwacher (90facher) Vergrößerung maulbeerartige Konglomerate dar, welche eine radiärgestreifte Anordnung und im Centrum der Oberfläche ein glänzend körniges Aussehen zeigen; bei stärkerer Vergrößerung- (240 fach) ist deutlich erkennbar, dass diese Aktinomycesrasen an der Peripherie aus zahlreichen, lauggestreckten, keulenförmigen, stark glän- zenden Zellen bestehen, während das zentrale Ende dieser Keulen in einen feinen, in die Mitte der Pilzkolonie übergehenden Faden ausläuft (s. auch Fig-. 1 und Fig. 2). Bei dieser Anordnung der Pilzrasen er- scheint naturgemäß das Centrum der Oberfläche derselben, auf welcher nur die oberen Enden (die Kuppen) der stark lichtbrechenden Keulen von oben her zu sehen sind, wie aus lauter stark glänzenden Kügelchen zusammeng-esetzt; die Ränder der Pilzrasen lassen dagegen die keulen- förmigen, über den Rand des Pilzhaufens oft hinausragenden Zellen deutlich erkennen. Oftmals wird die mikroskopische Untersuchung durch lymphoide, epitheloide oder Riesen zellen, mit welchen diese Pilzkörner besetzt sind, oder auch dadurch erschwert, dass ihre Struktur durch eingetretene Verkalkung verwischt wird; ersterenfalls genügt ein Zusatz von 30^ Kalilauge, im letzteren Falle ein solcher von unverdünnter Essig- bezw. Salzsäure, um das natürliche Bild des Rasens scharf darzustellen. Nur in alten, fibrösen, die Rasen fest umschließenden Geschwülsten ist die Degeneration der Pilzrasen im Centrum soweit fortgeschritten, dass auch bei dieser Behandlung bloß noch ein körniger Zerfall im Innern zu be- merken ist. Die Anfertigung gefärbter Deckglaspräparate d. h. von Ausstrichpräparaten bringt für die Feststellung der Aktinomykose keinen besonderen Gewinn, da durch das erforderliche Zerdrücken der Rasen das charakteristische drusige Aussehen derselben verwischt wird, anderer- 864 M. Schlegel, seits aber stellen die unversehrten Rasen nach der Färbung undurch- sichtige Farbflecke dar. Nur um den feineren Bau des gesamten Pilz- rasens sichtbar zu machen, verlohnt es sich, die Färbung auf dem Deckglase mit Auilingentiana und Entfärbung in eosin- oder pikrinsäure- haltigem Alkohol vorzunehmen (Boström). Zur Diagnosensicherung empfiehlt Doepke die Untersuchung des frischen Körnereiters, welcher die Strahlenkolben zeigt, sowie eines GRAM-Trockeupräparates, welches die kürzeren und längeren Stäbchen nebst Fäden oder die kugeligen Gebilde enthält ; außerdem ist nach Silbersciimidt die kulturelle Unter- suchung mit aeroben und anaeroben Bouillonkulturen erforderlich. b) Spezielles. Um die Klarstellung des feineren Aufbaues und der dadurch be- dingten botanischen Stellung des Aktinomycespilzes haben sich, wie eingangs erwähnt, besonders Boström, M. Wolff & J. Israel verdient gemacht. Der Pilzrasen ist nämlich im allgemeinen aus einer peripheren Kolbenschicht (den radiären keulenförmigen Zellen) und der zentralen Fadenschicht zusammengesetzt (s. Fig. 1). Die Fäden verästeln sich dichotomisch in spitzen oder rechten Winkeln, so dass die Verzweigi":g der Fäden eine echte, durch seitliche Sprossungen entstandene zu nennen ist. Die Fäden teilen sich durch fortgesetzte Querteilung in Fadenstücke, welche als längere und kürzere Stäbchen erscheinen und letztere gehen durch weitere Querteilung in kleine, rundliche, mikrokokkenähnliche bezw. sporoide Formen über. Die einzelnen Fadenteile sind stets mehr oder weniger wellig gebogen, ja es treten auch spirochätenartige Win- dungen auf. Die peripher gelegenen Kolben, die zentrale Fadeuschicht sowie die mikrokokkenähnlichen Körperchen (Sporen) bilden die drei Elementarbestaudteile des Aktinomycesrasens und stehen in engster genetischer Beziehung zu einander, was nachstehend erörtert werden soll. 1. Keulen. Was zunächst die keulenförmigen, glänzenden Körper anbelangt, so werden dieselben von Harz, J. Israel, Ponfick, Johne, Soltmann als strukturlos und homogen bezeichnet, während Boström eine deut- liche, zierliche, geschichtete Streifung an der glänzenden Substanz des Kolbens konstatierte. Der Uebergang des Fadens in den sich durch seinen Glanz differenzierenden Kolben lässt sich nach Boström bis in das Innere der Keule verfolgen, eine Angabe, welche Babes, Paltauf und LiNDT bestätigen, während Moosbrugger und Partsch sich gegen- teilig aussprechen. Die äußere Gestalt des starren, geschichteten, sich nur diffus färbenden Kolbens entspricht nach Boström stets der Form des zentral verlaufenden Fadens; die den Kolben bildende Masse wird jedoch nicht von außen auf die Oberfläche des Fadens ausgeschieden, sondern sie liegt in der Membran (Scheide) des Pilzfadens selbst; denn die glänzende Masse des Kolbens verschmälert sich nach dem Faden hin, in dessen Membran sie sich dann verliert; ferner treten die Auf- treibungen des Kolbens stets symmetrisch auf. Kommen an den Aktinomyceskeulen Querteilungen vor? Lebert beobachtete blasige Auftreibungen der Kolbensubstanz. Ponfick verneint mit Entschiedenheit eine quere Gliederung der Keulen und hält letztere für symmetrische Einkerbungen. Johne hat die Querteilung der Kolben Aktinomykose. 865 lind eleu Zerfall in verscliieden geformte Teilstiicke selten gesehen, auch Marchand fand zuweilen deutliche Querscheidewände an den Teihiugs- stellen; Afanassjeff und Conti sahen die Keulen in zwei oder drei Fig. 1. Schnitt durch ein linsengroßes Aktinoraycesknötchen einer Ochsenzunge. Seibert, Okul. I. Objekt. Nr. V = 1/305. Gefärbt mit Anilinwasser-Safranin 5 Min., Jodjodkaliumlösung 2 Min., Alkoh., Nelkenöl, Balsam. Darstellung gut entwickelter, intensiv braunrot gefärbter Keulen, welche teils in der Seitenlage am Rande der Rasen [a], teils in der Mitte derselben in senkrechter Stellung als runde Kuppen ih) sichtbar sind. Das jodgelbe Centrum der median durchschnittenen Drusen zeigt das fein netzartige, blassrötliche Fadengeflecht r\ Der Rand vieler Drusen weist eine ungefärbte, homgogene, schleimig-gallertige Schicht (Kapsel) [d) auf Die Aktinomycesrasen liegen in einem aus Rundzellen bestehenden , entfärbten Granulationsgewebe (c). quere Glieder gespalten. Klebs fand die queren Einschnürungen au den Keulen selten; Lindt und ECtimeyer sahen keine Querteilung, während Chiaui (^uerteilungen häufig beobachtete. Glaser sah ein Ilaiidbucli der iiatliogeiion "Mikroorganismen. Tl. 55 866 M. Schlegel, Ineinanclerstecken melirerer Keulen, wie die Teile eines Schachtelhalmes und spricht sich damit für die Gegenwart einer Querteilung aus. J. IsRAi 54 » über 50 Jahre 56 » Männer erkrankten häufiger als Frauen (abgesehen von dem Alter unter 10 Jahren); es entfielen von der obigen Zahl 248 auf Männer, 109 auf Frauen, was mit der geschilderten Art der Infektion überein- stimmt; Kinder hingegen werden selten befallen. X. Epidemiologie und seuchenhaftes Auftreten. Die Aktinomykose ist bis jetzt beim Menschen, beim Eind, Pferd, Schwein, Schaf, Hirsch, Keh, beim Elefanten, bei Hund und Katze beobachtet worden. Das Auftreten der Aktinomykose beim Rinde ist gewöhnlich ein sporadisches, seltener ein euzootisches; ein seuchenhaftes Vorkommen hat Immingek, wie schon oben erwähnt, in der Oberpfalz und dem an- grenzenden Oberfraukeu beobachtet; derselbe behandelt in der bayeri- schen Oberpfalz jährlich über 100 Fälle von Rinderaktinomykose ; Claus hat 105 Fälle beobachtet. Nach den von Mitteldorf ange- stellten Untersuchungen über die geographische Verbreitung der Aktino- mykose des Rindes in Bayern kommt dieselbe am meisten in sumpfigen moorigen Gegenden, in Ueberschwemmungsgebieten vor; auf dem platten Lande ist bei Strohfütterung der Rinder die Krankheit häutiger, als auf den Alpen, wo Heu und Oehmt gefüttert wurden. Das Vorkommen der Aktinomykose beläuft sich in einzelnen Bezirken bei Rindern auf 6% (Bezirk Nabburg, Oberpfalz) und auf 12 ^^ (Schweiufurt, Unterfranken). In Bayern wurden im Jahre 1900 im ganzen 3608 Fälle von Aktino- mykose beim Rinde, 9 Fälle beim Pferde und 4 beim Schweine be- obachtet. In Westpreußen tritt nach Preusse die Krankheit namentlich bei Elbing und Marienburg seucheuhaft auf; er fand in den betroffenen Ortschaften 20 X aller Rinder erkrankt. Interessant ist die Beobachtung Sl:hulzes, welcher Rinder in bestimmten Ställen regelmäßig an Aktino- mykose erkranken sah; in einer Wirtschaft des Kreises Beruburg waren von 30 Stieren 27 erkrankt. Kurze Zeit darauf kamen wieder 25 Stiere in den Stall, von Avelchen wieder 16 erkrankten, ol)wohl der Stall desinfiziert war. Mit demselben Transport waren noch 12 andere Stiere gekommen, welche zwar dasselbe Futter erhielten, aber in einem anderen Gehöfte eingestellt wurden, und gesund blieben. Auch Prietsch beobachtete in einem Stalle bei drei Rindern ausgebreitete Aktinomykose; ursächlich wurde hierbei das von staubigen Wiesen ge- erntete Futter beschuldigt. Janzox beobachtete gehäuftes Auftreten der aktinomykotischeu Kehlkopfsangina, namentlich bei Kühen, welche fieber- los und schmerzlos verlief bis sich Atemnot und Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens einstellten; ein derartig erkrankter, Avegen eines 886 M. Schlegel, anderweitigen Leidens geschlachteter Farren zeigte am Grunde des Kehlkopfes eine blumenkohlartige, aktinomykotische Geschwulst. Gegen diese seuchenhafte Angina wandte Jaxzox die innerliche Jodtherapie mit Erfolg an. In einer Ortschaft des Königreiches Sachsen beobachtete pRiETSCH bei den Rindern mehrerer Gehöfte ein seuchenhaftes Auftreten der Aktinomykose. Die Einder wurden mit der auf einem Hange ge- pflanzten Gerste gefüttert, an deren Grannen Aktinomycesrasen ver- schiedeutlich nachgewiesen werden konnten. EiiRHARDT ermittelte unter den in der externen Klinik AYähreud der Jahre 1888 — 1895 behandelten Rindern in der Umgebung von Zürich 0,12 — 0,62^ aktinomykotische; am häufigsten war die Zungenaktino- mykose. Neliiiebel schildert ein bei Rindern seuchenhaftes Auftreten der Aktinomykose in Oesterreich, wobei sich nach 14 Tagen bei 14 Rin- dern wallnussgroßc Geschvrülste am Kopfe und Hals (Triel) und in einem Falle auch noch am rechten hinteren Schienbein drei faustgroße Knoten l)ildeten. Russland wird besonders häufig von Aktinomykose heim- gesucht; so sind nach Oskolkow in Moskau 2,5—5,5^ der gesamten Schlachttiere mit x\ktinomykose l)ehaftet. In Nordamerika ist die Seuche nach Barret hauptsächlich in Kanada, und zwar in ca. 2% verbreitet, während sich im übrigen Nordamerika die Prozentziffer nach Salmon bloß auf 0,2^ beläuft. Dagegen sind von 7974 aktinomykoseverdächtigen, 1896/97 in Chicago geschlachteten Rindern allein 1050 Stück als un- genießbar wegen Aktinomykose verworfen worden. In Frankreich kommt die Krankheit nach Cadiot selten vor. Peletti dagegen beobachtete in Italien die Aktinomykose sehr gehäuft und namentlich im Anschluss an voraufgegangene Maul- und Klauenseuche, weshalb derselbe die Ge- schwüre auf der Maulschleimhaut mit der Entstehung der Aktinomykose in ursächliche Beziehung bringt, eine Beobachtung, welche auch Neu- wiRTH bestätigen konnte. Nach einer Darstellung von Venxerholm Avurden in den Jahren 1890/92 in Schweden 3560 Aktinomykosefälle beobachtet, wovon 626 Tiere starben. In Dänemark sahen Bang und Jensen die Aktinomykose seuchenhaft auftreten, wobei vornehmlich die Weichteile des Kopfes und Halses befallen waren; Ny ström berichtet über ein seuchenhaftes Auftreten der Aktinomykose bei Jungrindern, welche auf einer Wiese gemeinsam geweidet hatten. In England kommt die Krankheit häufig in der Zunge und in Russland namentlich an den Lippen vor; so sah Klepzow im Moskauer Schlachthause vom März bis Juni 1892 unter 42230 geschlachteten Rindern 1030 Aktinomykose- fälle, worunter 621 mal Lippeuaktiuomykose vorkam. Nacli Jelenewski entfielen in Moskau von 38225 Aktinomykosefallen des Rindes 14497 = 1,33^ Fälle auf Lippenaktinomykose, in Tiflis von 793 Aktino- mykosefallen 679 = 0,24 % Fälle auf Lippenaktinomykose und in Jelisawetgrad von 1544 Aktinomykosefallen 1260 = 2,68 % Fälle auf Lippenaktinomykose; in den meisten Schlachthöfen wird die Lippeur aktinomykose nicht besonders registriert. An anderen Schlachthäusern ergiebt die Statistik nach Friedberge r & Fröhner nachstehende Zahlen: In Berlin kamen 1885 '86 auf 100000 Rinder 21 Fälle von Aktiuo- mvkose (1 : 5000), 1896—1901 auf 802671 geschlachtete Rinder 2646 = 0,31 ^ Fälle von Aktinomvkose, auf 3Ö0000 Schweine 2 Fälle (1 : 150000); in Augsburg- 1885/86 auf 23000 Rinder 8 Fälle (1 : 3000); in Bremen 1885/86 auf 8500 Rinder 2 Fälle 1:4250), auf 25000 Schweine 3 Fälle (1 : 8000); in Chemnitz 1896—1901 auf 54453 Aktinomykose. 887 g-escMachtete Riuder 54 = 0,1^ Fälle vou Aktmomykose ; iu Hamburg 1896—1901 auf 233660 gesclilaclitete Riuder keiu Aktiuomykosefall; iu Stuttgart 1885 86 auf 12000 Riuder 12 Fälle (1 : 1000); iu Hauuover 1885/86 auf 10000 Riuder 1 Fall (1 : 10000); iu Wieu 1896/1901 auf 1424790 geschlachtete Riuder 187 (0,01^) Fälle vou Aktiuomykose. Iu Moskau stellte Ivanow biuueu 2 Jahreu 2000 Fälle vou Aktiuo- mykose uud Mari uuter 150000 geschlachteteu Riuderu 540 Fälle fl : 3000) fest; uach Jelexewski kameu 1896/1901 iu Moskau auf 1083087 geschlachtete Riuder 38225 (3,34 X) Fälle vou Aktiuomykose uud iu Tifiis auf 271072 geschlachtete Rinder 793 (0,28^) Fälle vou Aktiuomykose uud iu Jelisawetgrad auf 49948 geschlachtete Riuder 1544 (8,28^) Fälle vou Aktiuomykose. Iu Warschau eutfieleu vou 350000 Riuderu 70 auf Aktiuomykose =0,02^^ (1:5000) uud 1896/1901 vou 642353 geschlachteteu Riuderu 327 auf Aktiuomykose =0,65^. XI. Pathogenese vom ätiologischen Standpunkte. Nachdem zuerst die geschwulstartige Natur des aktiuomykotischeu Prozesses beim Riud als Sarkom bezeichuet worden war, wurde der- selbe Aktinomykom (Bollinger, Johne) genannt. Diese Auffassung übertrug Ponfick auf die Aktinomykose des Menschen uud zählte wie jene beiden Autoren die aktiuomy kotische Wucherung zu den Grauu- latiousgeschwlilsten (Tuberkulose, Rotz, Syphilis). Dem Standpunkte dieser Forscher pflichtet aucli KriT bei, so dass die spezifisch geschwulst- bildeude Natur des Aktinomyces entgegen der Haltung Boströms in der Folgezeit als richtig anerkannt wurde. Hierfür sprechen nicht bloß die überzeugenden Untersuchungen Johnes, sondern auch die praktischen Erfahrungen über die Aktinomykose bei Tieren sowie auch bei ver- schiedenen Aktinomykosefällen des Menschen in ungezwungenster Weise. BosTRÖM aber ist der Ansicht, dass es sich bei der Aktinomykose um einen einfachen, chronischen Entzündungsprozess handelt, welcher durch die Nekrobiose des mit dem Aktinomyces infizierten Gewebes veranlasst wird. Der Aktinomycesherd bildet sich um den am häufigsten ver- mittelst einer Getreidegranue durcli die Mundschleimhaut eingewanderten, wuchernden Aktinomyces herum; derselbe wächst mit seinem Wurzel- geflecht in die Gewebselemente ein und verursa(^ht durch sein Wachstum uud seine Vermehrung eine starke Anhäufung vou Ruudzelleu, welche jedoch iu kurzer Zeit fettig degenerieren. Um die l{uudzelleniufiltration herum gesellen sich große, runde oder polygonale Zellen mit bläschen- förmigen Kernen uud zwischen diesen um den Aktinomycesrasen herum gelegenen Zellen kommen auch Rieseuzellen vor, worauf zuerst Johne hingewiesen hat. Diese Zcllinfiltrationeu stellen Wucherungsvorgänge im Grundgewebe dar. Die zunächst an der Ruudzelleuzone gelegenen Partieen des weichen, zellreidieu Grauulatiousgewebes verfallen hierauf infolge der Einwirkung der Pilzwucherung ebenfalls der Verfettung und weiterhin der uekrobiotischeu Verflüssigung, so dass nunmehr die Pilzraseu vou einer schleim- oder rahmartigen, trüben Flüssigkeit umgeben werden. Dieselbe enthält degenerierte Eiterkörpercheu, Fettzellen, Fetttropfen, Fibrinniederschläge, Blutpigment sowie kokken- und stäbchenartige Pilz- elemeute. Zu gleicher Zeit bildet sich an der Peripherie der neu- gebildeten Bindegewebszone durch starke Vaskularisation ein kräftiges Grauulatiousgewebe, welches dem zentralen Zerfallsherd widersteht uud 888 M. Schlegel, zur teil weisen Kesorptiou und Eindickung der zentralen Detritusmassen führt, zumal da die Pilzrasen durch die Verflüssigung- aus ihrer Ver- bindung mit dem umliegenden Gewel)e gelockert und ihrer gewebs- zerstörenden Kraft sowie ihrer Ernährungs Verhältnisse beraubt wurden: infolgedessen bilden sich an den Aktinomycesdrüsen koinzidierend mit der Gewebsreaktion jene Degenerationsformen an den Pilzfäden, die Keulen. Ist die Gewebszerstörung geringfügig und die Bindegewebswucheruug kräftig und energisch, so werden die Pilzkörner hart, die Kolbenbildung allgemein und die Keulen groß und glänzend; gleichzeitig nimmt das zen- trale Fadenwerk ab und kann in besonders günstigen Fällen, in welchen die Bindcgewebsneubildung die Detritusmassen gänzlich resorbiert, und die Pilzkörner einkapselt, schwinden; eine solche Pilzkolonie kann dann wie die Detritusmasse der Entartung, Vergallertung bezw. Verkalkung und hierauf der Resorption anheimfallen. Besteht also der Aktiuomyccs- herd lediglicli aus Granulations- und Bindegewebe, so erweist sich nach BosTUÖM der zentral gelegene Pilzrasen als abgestorben, wie dies in den meisten Fällen der Zungenaktinomykose des Kindes der Fall ist. Zeigt sich aber der Organismus, Avie besonders beim Menschen, weniger reaktionstähig, so wächst der Aktinomyces, indem das Wurzelgetiecht und die Ausläufer der Kolbenschicht weit ausgreifen, weiter, so dass ein größerer nekrotischer Herd und eine breitere Entzündungszoue mit schlaffem Granulationsgewebe entsteht; damit geht aber der Entzündungs- prozess in Erweichung und Zerfall ül)er. Auch beim Menschen kommen geschwulstähnliche Bildungen der Aktinomykose zustande: Ponpick meldet eine apfelgroßc, geschwulstartige Metastase im rechten Herzen; BiRCH-HiRSCHFELD berichtet über einen Fall von einer maschigen, binde- gewebigen Geschwulst in der linken Niere mit eingelagerten, breiigen Massen; Bollixger beschreibt eine primäre Aktinomykose des Gehirns, welche einem myxomatösen Hirntumor sehr ähnlich sah. Die anatomisch-pathologische Form der Aktinomykose ist eben im konkreten Falle vor allem von der individuellen und generellen Eesistenz des Gewebes, sodann von der Art der Infektion selbst abhängig. Beim Menschen neigt der Prozess zu entzündlich phlegmonösem Gewebszerfall, wobei sich die reaktive Bindegewebswucherung langsam und ungenügend bildet, während bei Tieren, namentlich beim Bind und Pferd, Aveuiger beim Sclnvein, mehr der geschwulstartige Charakter vorwiegt; hier rea- gieren die Gewebe auf die aktinomykotische Infektion mit starker Binde- gewebsgranulation und Schwielen- und Exostosenbildung, um den Ent- zündungsherd einzudämmen, und durch neuen Eeiz des Pilzes entstehen schließlich jene bis kinderkopfgroßen, sarkomartigen Kiefergeschwülste. Aber auch beim Menschen gCAA-innt in vielen Fällen, Avie oben erAvähnt, die reaktive Bindegewebsentwickelung, namentlich in parenchymatösen Organen z. B. in "der Zunge die Oberhand und kann heilen; ebenso kommen in der Lunge solche Abkapselungen vor, Avorauf die schAvieligeu Indurationen ganzer Lungenlappen soAvie die schAvartenartigen Auflage- rungen am Kieferperiost und anderer Knochen hinweisen. Dagegen überAAiegt im lockeren BindegeAA'ebe der nekrotische Zerfall der ge- bildeten Granulationen soAvie" ausgebreitete Abszedierung. Die letztere wurde vielfach als Mischinfektion gedeutet und sind de facto neben dem Strahlenpilz auch Eitererreger aus diesem Eiter A-on Boström, Baum- gartex, Babes, Buday, Ullaiaxn kultiviert Avordeu; in anderen ähn- lichen Fällen das-eü'en A'ermochten Boströai und IsraüI keine anderen ö Aktinomykose. 889 Bakterien uaclizuweiseii, weshalb dieselbeu diese scliuelle, nekrotische Eiusehmelzimg der spezifischen AktinomyceBwirkung- zuschreiben; doch ist jene bei der Abwesenheit der Eiterkokkeu und bei der detritus- artig-eu Beschattenheit des Entzündungsproduktes mit der eigentlichen Eiterung nicht zu verwechseln, sondern die aktinomykotische Zerfalls- masse stellt das Produkt einer degenerierenden Metamorphose (Nekrobiose) dar, welche als nekrotisch-fettiger Erweichungsbrei anzusprechen ist (aktinomykotischer Eiter im weiteren Sinne). Die gelindere Natur der Kinderaktinomykose im Vergleiche zu dem bösartigeren Verlaufe der Aktinomykose des Menschen ist nach Johxe in einer Gattungsdisposition begründet. Verbreitungen der Aktinomykose auf dem Wege der Lymphbahn haben Rabe, Baxu und Kitt beobachtet, während Bostköji diese Ver- breitung in Abrede stellt. Metastasenbildung durch die Blutbahn kommt bei der Aktinomykose oft vor, namentlich bei ausgebreiteten Erweichungs- herden, und ist beim Menschen nicht selten; dabei bricht nach Arrosion der Gefäßwandung der Aktinomycesherd gemeinhin in eine Vene ein. Da sich die Pilze seltener in der Lunge etablieren, so gelangen sie häufig in den großen Kreislauf und befjilleu Gehirn, Leber, Milz, Xieren, Darmwandung, Knochen, Gelenke, Muskulatur, Haut und Unterhaut- zellffewebe. XII. Pathologisch-anatomische Veränderungen. a) Beim Menschen. Die beim Menschen durch den Aktinomyces verursachten pathologisch- anatomischen Veränderungen zeigen im Gegensatze zu den geschwulst- artigen Wucherungen bei den Tieren eine exquisite Tendenz zum Zerfall und zur Weiterverbreitung auf verschiedenen Wegen. Für Aktinomykose ist nach Bramaxx typisch eine brettharte, ausgedehnte Infiltration, un- regelmäßige Abszesshöhlen mit Fistelgängen, kleine gelblichweiße Körner bei serösblutigem, flüssigem Inhalt, ockergelbe Granulationen. — Ueber die Inkubationszeit ist wenig bekannt; in einem Falle, wo ein Holz- splitter Träger des Pilzes war, dauerte das Inkubationsstadium 2 Jahre; BoLLixGER beschreibt eine Fuß wurzelknochen- Aktinomykose, deren Latenzperiode sich wahrscheinlich auf Jahrzehnte beläuft. Eine krypto- gene Infektion wird in 1% aller Fälle beobachtet. Die von J. Israül aufgestellte Einteilung hinsichtlich der Pathogenese ist auch für andere Forscher (Boström) maßgebend geblieben; darnach unterscheiden wir je nach der Infektionspforte 5 Gruppen von Infektionsmöglichkeiten: 1. von der Mund- und Racheuhöhle, 2. von den Respirationswegen, 3. vom Darmkanal, 4. von der Haut, von Wunden u. s. w. aus, und 5. In- fektionen mit unbekannter Eingangspforte. Häufig ist bei älteren Ver- änderungen die primäre Infektionspforte nicht mehr zu finden, doch weisen oft Narben auf dieselbe hin. Veränderuugen mit der reichlichsten Bindegewebswucherung gelten für die ältesten, die jüngsten Prozesse hingegen erkennt man an den vorwiegenden Zerfallsherden. Zur Abteilung der Infektionen durch Mund- und Rachenhöhle sind alle Erkrankuugsfälle der Kiefergegend, der Submaxillar-, Submental- und Wangengegend, die Zungenaktinomykose, die Aktinomykose der Halsregion, die Kehlkopf-, Schilddrüsen-, Pharynxaktinomykose , die Aktinomykose des retropharyngealen Raumes und der Schädelbasis zu 890 M. Schlegel, rechnen. Die Invasion dieser Gruppe kann, wie früher erwähnt, auf den verschiedensten Wegen durch Eindringen von pilzbesetzten Getreide- grannen erfolgen. Die Kiefererkraukuug des Menschen ist im Verhältnis zur überaus häufigen Kieferaktinomykose des Eindes selten; Murphy und J. IsKAÜL haben zwei derartige Fälle publiziert. Häufiger hingegen erkrankt der Knochen bezw. das Periost, wenn der primäre Prozess in den Weichteilen abläuft. Neuerdings lenkt Loiimaxx die Aufmerksamkeit der Stomatologen auf die Aktinomykose, da die Infektion häufig durch kariöse Zähne und die Tonsillen zu stände komme und die Kiefer oft Sitz der Krankheit sind. Die sehr zahlreichen Submaxillar- und Submentalfälle setzen mit einer entzündlichen Anschwellung am Boden der Mundhöhle oder am Zahnfleisch ein; die zuerst von außen nicht nachweisbare Geschwulst senkt sich abwärts durch den Boden der Mundhöhle oder auswärts auf die Wange; die geschwulstartig in die Haut übergehende Anschwellung ist anfänglich teigig, später hart, nach einiger Zeit tritt in der Tiefe Abszedierung ein und die bläulichviolette Haut wird durchbrocheu; die rahmartige Flüssigkeit enthält zahlreiche Aktinomyceskörner sowie die Getreidegranne, welche Boström in sämtlichen fünf, von ihm zu Serieu- schuitten aufgearbeiteten Fällen nachwies. Im Gegensatz zur bovinen Aktinomykose ist die aktinomykotische Knochenerkrankung beim Men- schen überhaupt eine seltene: unter 47 Fällen von menschlicher Kiefer- aktinomykose traf Schlange nur einmal den Knochen erkrankt, vielmehr hat die menschliche Aktinomykose die Tendenz sich parostal entlang den Knochen fortzusetzen. — Die Prozesse am Oberkiefer können die Flügelmuskelu und den Masseter mit Granulationen durchsetzen bezw. in Schwielen umwandeln; in anderen Fällen bricht die Entzündung längs der Umschlagstelle der Schleimhaut in die AVeichteile der Wange ein und wird am vorderen Masseterrande als diffuse Anschwellung oder als kirschkerngroßer Knoten bemerkbar. Auch auf die Schädelbasis kann der Prozess längs des Oberkiefers übergehen, um in dem prävertebralen Bindegewebe faustgroße Abszesse hervorzurufen, welche dann bis in das hintere Mediastinum sowie die Pleura und Lunge vorrücken können; dabei werden die Halswirbel, besonders der erste und zweite, sowie deren Gelenke befallen und teilweise zerstört; auch die Schädelbasis wird zuweilen von dem aktinomykotischeu Prozesse durchbrochen, wel- cher dann in das Innere des Schädels eindringt und hier zu aktino- mykotischer Meningitis und Encephalitis führt (Ziegler, de Quervain XiKiTix). V. Bern.sdorfp registrierte in Finnland seit 1892 18 Fälle menschlicher Aktinomykose, von welchen 10 zur Gruppe der Kopf- und Halsaktinomykose gehören; hierunter befand sich Ohraktinomykose bei einem Bauern, welcher sich bei der Feldarbeit eine Gersteuähre in das Ohr gesteckt hatte. Bei der nach mehreren Monaten erfolgten Operation fand sich im Eiter des äußeren Gehörganges noch eine Gerstengranne. Die aktinomykotischeu Veränderungen in den Tonsillen oder in der Pharynxwand brechen entweder an den Seiten des Halses durch oder breiten sich — wie dies auch bei den bisher seltenen Invasionen vom Oesophagus aus der Fall war — an der Vorderfläche der Wirbelsäule aus; später tritt der Prozess als anfänglich harte, dann weiche Ge- schwulst an der Ptückenhaut in Erscheinung. Euge fand von 25 Leichen viermal in den Krypten der Tonsillen nach Gkam färbbare Drusen von aktinomycesähnlicher Gestalt. Der EuGESche Strahlenpilz unterschied sich von dem pathogenen dadurch, dass er als harmloser Parasit in den Aktinomykose. 891 Mandeln lag. — Die Zungenaktinomykose ist meist eine primäre, selten eine metastatisclie. Die Herde treten besonders an dem vorderen Teile der Zunge als bohnen- bis haselnussgroße , harte, undeutlich begrenzte Knoten auf, in welchen kleine, oft verkalkte Aktinomycesköruer ent- halten sind; das Granulationsgewebe ist konzentrisch um die Gersten- granne angeordnet (Jukixka); dieser Prozess wandert selten in die benachbarten AYeichteile. — Beck beschreibt einen letal verlaufenen Fall von Aktinomykose des Mittelohres, deren Infektion durch die Tuba Eustachii erfolgte. Von den Luftwegen ausgehende Infektionen : Xach Öabrazes & Cabaxnes bildet die Aktinomykose des Atmuugsapparates 12 — lb% aller Fälle von Aktinomykose ; das Symptomenbild der Lungenaktinomy- kose beginnt meist schleichend und kann Monate bis 5 — 8 Jahre dauern. Als sekundäre Luugeuaktiuomykose tritt die Krankheit im Anschlüsse an prävertebrale Prozesse auf, indem dieselben auf die Brustwandungeu und nach pleuralen Adhäsionen auf das Lungengewebe übergehen; aber auch bei Verwachsungen zwischen retroperitoneajen Phlegmonen, oder zwischen Leberaktiuomykose einerseits und dem Zwerchfell andererseits kann der Prozess in die unteren Lungen- lappeu eindringen. Die relativ ziemlich häufigen, metastatischeu, sub- pleuralen Lungenherde sind teils als miliare Knötchen über die ganze Lunge verbreitet, teils stellen sie größere, keilförmige Herde dar. Gröiie und Konsistenz derselben richten sich nach dem Alter dieser Herde; die jüngeren besitzen ein gallertig graues, durchscheinendes Granulationsgewebe mit einigen Pilzkörnern in der Mitte; die älteren Herde sind von einer 'gefäßreicheren Bindegewebszone umgeben und das Centrum hat sich in eine Zerfallshöhle umgewandelt. — Die primäre Lungenaktinomykose entsteht bloß von den Bronchien aus durch Aspi- ration von pilzhaltigem Staube; dabei kann das Sputum reichlich Aktino- mycesdrusen enthalten, ohne dass klinisch Veränderungen des Lungen- gewebes nachweisbar sind; gemeinhin aber ruft der Aktiuomyces zunächst in den Bronchialwäuden sowie dann in den umliegenden Alveolen aus- gebreitete Prozesse hervor. Wie Baumgaktex feststellte, wird dem eindringenden Strahlenpilz durch einen desquamierenden Katarrh der Bronchialschleimhäute Thür und Thor in die Submucosa und fernerbin in das peribronchiale Gewebe geöffnet; im letzteren und den umliegenden Alveolen entsteht eine Rundzellenintiltration und durch Proliferation der Alveolarepithelien und der fixen Biudegewebszellen der Interstitien kommt ein graurotes, sulziges Knötchen zustande, welches im Centrum nekro- biotisch zerfällt; um den Herd herum tritt gleichzeitig eine starke, vaskularisierte Bindegewebswucherung mit Narbenbildung ein; die be- nachbarten Alveolen sind ebenfalls von katarrhalischer Desquamation l)efallen, die Alveolarsepten serös durchfeuchtet und mit Rundzellen infiltriert; die zu diesem Gebiete gehörigen, katarrhalisch entzündeten Bronchiolen enthalten oft die aus einem durchgebrochenen Herde des nächsten Bronchialbaumgebietes aspirierten Pilze. Die primäre Lungen- aktinomykose entsteht gemeinhin in den unteren Lappen, welche luftleer, massiv und grau hepatisiert sind; auf der Schnittiläche sind die zer- streuten Aktinomycesköruer leicht aushebbar. Bei größerer Verbreitung der aktinomykotischeu Zerstörung konfluieren die miliaren Herde zu großen, buchtigen Zerfallshöhlen, welche an den Wänden graugelbe Granulationen zeigen; häufig stehen solche Höhlen unter sich und mit den Bronchien durch Fistelgänge in Verbindung. Die Bronchien sind 892 M. Schlegel, dann katarrhalisch entzündet imd mit eiterähulichen Detritusmassen erfüllt. Wie in der Zunge, so dämmt auch in der Lunge eine gewaltige demarkierende Induration den Zerfallsprozess ein, so dass ganze Lungen- lappen in eine harte Schwielenmasse umgebildet werden. Verwachsungen mit der Kostalpleura , dem serösen Ueberzug des Zwerchfells sowie mit dem Herzbeutel treten schon frühzeitig in Er- scheinung; erkrankt auch die Pleura costalis aktinomykotisch, so über- wiegt die Schwartenl)ildung mit ausgebreiteten Verwachsungen zwischen Lunge und dem Kippenfcll: die Pleurahöhle enthält dann serösblutiges Exsudat und auf der Pleura kommt es zu graugelatinösen, zum Teil verfetteten Auflagerungen. Dringt der Prozess bis in das subpleurale Bindegewebe vor, so l)ilden sich dort ausgebreitete Granulationen, welche abszedieren. Die Abszesse können sich hinter dem Zwerchfellansatze abwärts bis in das retroperitoneale und das Beckenbindegewebe senken und konmien ül)er dem PouPAKischen Bande wie ein Psoasabszess in Erscheinung; in der Nähe gelegene Rippen und Wirbel werden arrodiert und oberflächlich aufgelöst, die Rippenwirbelgelenke stellenweise zerstört; sel1)st in die Bauchhöhle kann der Destruktionsprozess einbrechen. Als begleitende Erscheinungen gesellen sich Deformation des Thorax, Ver- lagerungen des Mediastinums und Herzeus sowie der Bauchorgane hinzu. Die Perikardialldätter sind miteinander verwachsen, zuweilen mit grau- gelben Granulationen ])esetzt; die rechte Ventrikelwand ist gewöhnlich hypertrophisch, das brüchige Myokard durch metastatische Aktiuomyces- herde gelb bis graugelb; auch in Milz, Nieren u. s. w. kommt es zuweilen zu Metastasen. Die bronchialen Lymphdrüsen sind vergrößert, zeigen aber selten Zerfallsherde, in welchen nach Koranyi niemals Pilzdrusen enthalten sind. Die Geueralisation der Lungenaktinomykose beim Menschen kommt wegen ihrer Verbreitung und })urul('nten Entzündung des Bindegewebes häutiger vor als beim Rind. Während im oberen Verdau ungstractus Infektionen der Aktinomykose zu den häufigsten zählen, treten dieselben im Magen oder Darme relativ selten anf; diese erscheinen bald als abdominale, bald als intestinale Aktinomykose. Die anatomischen Veränderungen sind im Verdauungs- tractus je nach dem Ausgangsorte sehr verschieden. Kur die von Lanz unter dem Sammelbegriff Perityphlitis actinomycotica zusammengestellten Erkrankungen, welche von der Regio ileo-coecalis oder vom Processus vermiformis ausgehen, verlaufen typischer; dieselben belaufen sich auf etwa 50^ der intestinalen Infektionen, während die übrigen Fälle auf Dünndarm, Kolon, Rectum, Magen und auf unnachweisbare Eingangs- stellen entfallen. Die Aktinomykose des Darmes tritt in der Submucosa zuerst als linsengroße, etwas prominiereude Knötchen auf, welche von einer dunkelpigmentierten Schleimhaut üljerzogen sind; dieselben zerfallen im Centrum, brechen durch und verwandeln sich in kleine, tuberkulose- ähnliche Geschwüre, welclie unterminierte Schleimhautränder und zer- nagten Grund zeigen; durch Kontluxion und periphere Vereiterung entstehen fläclienh;i fte und tiefgehende Ulzerationen, welche zerfallene Granulationen, Detritusmassen und dunkelpigmentierte Pilzköruer auf- weisen; in der Umgebung ist die Schleimhaut stark gerötet; diese Ge- schwüre können durch Vernarbung ausheilen, da bei Darmaktinomykose unregelmäßige, vertiefte, glatte, dunkelpigmentierte Narben in der Schleim- haut gefunden wurden. — Ist die Schleimhaut des Wurmfortsatzes oder des Blinddarmes von der Primäraktinomykose ergriffen, so entstehen bei Aktinomykose. 893 der huigsamen Verschwäruug der submucösen Aktinomycesknoten binde- gewebige Verwachsungen mit der Bauchdecke, dem Darmbeine, den umliegenden Darmschlingen oder den Beckenorganen. Greift der Prozess tiefer in diese Verwachsungen, so kommt es zu Destruktionen und aus- gebreiteten Schwieleubildungen; dabei kann der aktinomykotische Zer- fallsherd durch eine dicke Bindegewebskapsel eingeschlossen bleiben, welche den perforierten AVurmfortsatz mit der Bauchwand, der Becken- schaufel, dem Uterus, dem Ovarium oder benachbarten Darmschlingen verbindet; in den meisten Fällen jedoch führen diffuse, schwarzpigmen- tierte Schwielenbildungen zu Verlütiingen der Darmschlingeu und Becken- organe, welche untereinander durch erbsengroße bis apfelgroße Abszesse in Verbindungen stehen; diese Fisteln brechen oft in andere Darmpartieeu, sogar in die Harnblase und die Genitalorgane (Zemann, Bosthöm) ein. Greift der aktinomykotische Herd auf die vordere Bauchwand über, so entstehen alsbald ausgebreitete Intiltrationen des präperitouealen und weiterhin auch des subkutanen Bindegewebes mit nachiblgender Vereite- rung und flächenartiger Ausbreitung auf die Vorderseite des (3berschenkels, wobei Perforation in das Hüftgelenk sowie Erkrankung aller Gelenke durch Metastasen erfolgen können. — Geht der aktinomykotische Prozess von der hintern Wand des Coecum oder des Colon ascendens auf das retroperitoneale Bindegewebe über, so bilden sich große, unregelmäßige Abszesse, welche auch die Nieren oder Leber befallen und in die Brusthöhle einbrechen, vor der Wirbelsäule auf die andere Seite kriechen oder durch Senkung in die Beckenhöhle durchbrechen, so dass primäre Aktinomykose des Rectum vorgetäuscht werden kann, welche jedoch nach Grills Zusammenstellungen nur zwölfmal unter 10(3 Fällen vorkam. — Häufig dagegen treten Metastasen im Pfortadergebiete auf; die Leber weist dann kleine, gelatinöse Knötchen bis apfelgroße Eiterhöhlen mit Durchbruch in die Bauchhöhle und eitriger Peritonitis auf; ähnliche Metastasen entstehen auch in der j^Iilz und in der Darmschleimhaut. Auch amyloide Entartung der Leber, Milz, Niereu und der Darmwand konnnen bei langer Krankheitsdauer häufig vor. — J. Lsraül beobachtete einen Fall von primärer Aktinomykose der linken Niere. — Infektion durch Verletzung des Darmes infolge eines pilzbesetzten Fremdkörpers ist bislang nur in dem einen Falle von Boström (Getreidegranne in einem mit dem Processus vermiformis konnnunizierenden Ovarialabszess) mit Sicherheit nachgewiesen; auf alle Fälle aber wird das Eindringen des Pilzes durch Substanzverluste der Schleimhaut begünstigt; denn Fütterungsversuche au gesunden Tieren sind bislaug resultatlos geblieben. In 15 von Godlee beobachteten Fällen menschlicher Aktinomykose war sechsmal Leber und Pleura, viermal Lunge und Pleura, zweimal Coecum und Wurmfortsatz, je einmal das Eectum, der Unterkiefer und der Hals Sitz der Erkrankung; 11 Patienten starben, bei 3 Kranken hatten sich embolische Abszesse im Gehirn u. s. w. gebildet. Hautaktinomykose kann sekundär l)ei allen nach außen durch- brechenden, aktinomykotischen Prozessen auftreten; dem gegenüber be- zeichnet Leser nur solche Fälle als Hautaktinomykose, bei denen die In- fektion nachgewiesenermaßen von der äußeren Haut ausging. Illich hat bisher im ganzen nur 11 Fälle derselben zusammengestellt und Leser ver- mutet Verwechslungen von Hautaktinomykosen mit Lupus oder Hautskro- fulose. Die Hautaktinomykose tritt als hartes, phlegmonöses Infiltrat auf, welches nach einiger Zeit durch Zerfall umschriebene, fungöse Geschwüre mit derbfesten Granulationen bildet, später stellt sich am Bande des 894 M. Schlegel, Geschwüres ein Wall narbigen Bindegewebes ein. Die von Leser als aktinomykotiseher Lupus bezeichnete Hautaktinomykose bildet viele, verteilte, knötehenartig-e Hauteruptiouen , zu welchen sich an der Peri- pherie frische, alsbald nekrotisch zerfallende hinzugesellen, während im Centrum Avie beim Lupus vulgaris Vernarbung erfolgt. Die Hautaktino- mykose verbreitet sich liauptsächlich flächenhaft, doch können Granu- lationszUge und Fistelgäuge in die Tiefe greifen und an zugänglichen Knochen Osteophytenbildung und Karies veranlassen. — Aktinomykose des unteren Thränenrijhrchens beschrieben in fünf Fällen v. Schröder (3 Fälle;, HuTH (1 Fallj und Elschnig (1 Fall); dieselben stellten stets Tumoren an der Conjunctiva des unteren Augenlides, meist von der unteren Partie des Thränenrijhrchens ausgehend, dar; beim Einschneiden in die Tumoren entleerten sich die Pilzkörner. — Des weiteren finden sich noch verschiedene Fälle mit unbekannter Eingangspforte des Aktino- myces verzeichnet. Benda beobachtete zwei metastasierende Aktinomykosefälle ; die eine Erkrankung führte vom Processus vermiformis aus zu einem aktino- my kotischen Leberabszess, welcher nach Durchbruch in die Lebervene Dissemination in Lungen und Nieren hervorrief. Bei der anderen Krank- heit kam es vom Perikard und einem großen Herzabszess aus zum Einbruch in die Koronarvene und Aussaat in die Blutbalm. Der Krankheitsverlauf ist ein sehr verschiedener ; es kommen akute, d. h. nur auf Wochen beschränkte Fälle vor, welche durch sekundäre Infektion oder durch Embolieen tödlich enden; ferner giebt es chronische Fälle, welche jahrelang andauern; so berichtet Illicii über einen Fall, Avelcher nach 7 Jahren noch bestand; der Ausgang dieser Form der Krankheit ist meist günstig; auch Spontanheilungen kommen nach Durchbruch der Abszesse vor; sogar bei Lungenaktiuomykose hat Schlange zwei Fälle von Spontanheilung beobachtet. Mit Jodkalium- behandlung wurde in vielen Fällen beim Menschen Heilung erzielt (s. s. 9iii: b Bei den Haustieren. Bei den Haustieren wird nach Kitt die Aktinomykose pathologisch- anatomisch am ungezwungensten als eine spezitische Entzündung be- trachtet, welche in drei Graden auftritt: 1. als degenerative, granulös- tibröse Entzündung (z. B. der Zunge), 2. als progressive, eitrig-granu- löse Entzündung (z. B. der Knochen, kalte Abszesse des Bindegewebes] und 3. als fungöses Aktinomykom (z. B. Haut- und Pharynxaktiuomy- kom). Um die Aktinomycesdruse herum entsteht durch reaktive Ent- zündung eine Granulationsgeschwulst, welche zu tuberkelähnlichen Knöt- chen und zu größeren, rundlichen Knoten auswächst, welche Johxe Aktinomykome nennt; letztere sind teils weich, von sarkomartiger Konsistenz und gelbroter Farbe, teils derb, grauweiß und von tibrom- artiger Beschatfenheit. Dieselben sind aus einem bindegewebigen Stroma zusammengesetzt, in welches zahlreiche hirsekorn- bis erbsengroße Knötchen eingelagert erscheinen; dieselben enthalten schwefelgelbe, sandkorugroße Pilzdrusen. Die Knötchen können zu großen Knoten konfluieren. Beim Zerfall der Aktinomykome entstehen kleine oder größere, abszessartige Erweichungsherde, welche von weichem Grauu- lationsgewebe uma-eben sind und zahlreiche a'elbe Pilzdruseu aufweisen. Aktinomykose. 895 1. Beim Rinde. Keim Rinde lokalisiert sich die Aktinomykose vorwiegend am Kopf und liier namentlich am Unterkiefer in Form einer myelogenen, zu großen, schwammähnlichen Auftreibungen führenden Kuochenwucherung (Winddorn, Spina ventosa, Kieferwurm u. s. av. genannt) ; dieselbe führt zu den am mazerierten Knochen so charakteristischen, durch Schwund des knöchernen Balkenwerkes entstandenen Hohlräumen oder Lakuuen; auch die Zähne werden durch diesen Wucherungsvorgang aus ihrer Lage verschoben, so dass die Tiere oft rasch abmagern; ferner tritt diese Kieferaktinomykose in Form einer periostalen Knochenzubildung auf; vom Kieferknochen aus kann dann die aktinomykotische Granulation bald nach der Haut, bald nach der Maulhöhle hin als pilzartige, tibröse Tumoren (Kiefersarkom, Kiefergeschwulst u. s. w.) fortw^uchern. Auch am Oberkiefer sind häufig Aktinomykome nachgewiesen; hier entwickelt Fig. 6. Mediale Fläche des Hinterkiefers eines Ochsen mit myelogener Knochen- aktinomykose, ausgehend von der Alveole des 6. Backenzahnes. Vs ^^t. Gr. sich die Geschwulst nach Bang zuweilen in der Oberkieferhöhle, wobei eine äußerliche Anschwellung und schließlicher Durchbruch an einer Stelle der Haut zum Vorschein kommt. Die Kieferaktinomykose nimmt ihren Anfang meist mit flachen Granulationen am Zahnfleisch, um in die Tiefe bis auf das Periost und das Markgewebe des Knochens über- zugehen. Bang bezeichnet die Kuochenaktinomykose als die ungünstigste Form, welche wahrscheinlich nie in spontane Heilung ausgeht. Die Kieferaktinomykose wurde zuerst von Joiixe genau und zutreffend be- schrieben. Kuochenaktinomykose beobachtete Kitt auch im Brustbein und den Rückenwirbeln eines Ochsen als ausgebildete, zentrale, mye- logene Aktinomykose und Berg fand bei einem Rinde ein periostales, in das Knochengewebe hineingewuchertes Aktinomykom von der Größe eines Hühnereies am Metatarsus. Nach neueren Untersuchungen von Ostertag, Ehrtiardt, Henschel & Falk, Breuer hat sich als häufigster Fundort der Aktinomykose des Rindes die Zunge herausgestellt; dieselben erkannten den Querwulst 896 M. Schlegel, des Zungenrückens als häufig an primärer Aktinomykose erkrankt. Abweichend von Hexschels & Falks Ansicht hinsichtlich der Ent- stehung der Infektion, wonach die Unbeweglichkeit des Zungenkörpers gegenüber den Seitenbewegungen der Zungenspitze die Infektion vor dem Querwulst der Zunge begünstigen sollte, bringt Breuer das Ein- dringen infizierter Grannen an dieser Stelle mit der physiologischen Atrophie der fadenförmigen Papillen und der Schleimhaut in Zusammen- hang. Am Querzungenwulst fehlen nach B. die Papulae filiformes und die Schleimhaut ist daselbst halbmondförmig glatt und dünn (Druck- atrophie) bei 8—10 Jahre alten Kindern, während im jüngeren Alter das Aus- bleiben aktinomykotischer Zungenveränderungen durch das Fehlen der Querfurche erklärt wird. Diese Aktino- mykose tritt in Form multi- pler bis kirschkerngroßer Knötchen, seltener verein- zelter, sarkomähnlicher Kno- ten, in der Zuugenmuskii- latur auf; in der Umgebung dieser Knoten tritt starke Bindegewebswucherung auf, durch welche Atrophie der Muskelfasern und Verhär- tung der Zunge entsteht (Holzzunge). Krantz & Tki- ßOUT trafen ziemlich häufig an der unteren Fläche der Zungen afrikanischer Ochsen maiskorngroße Aktinomy- kome. Jelexewski unter- suchte die beim Rinde häufig vorkommende Lippenaktiuo- mykose, welche eine chro- nische, granulierende Ge- schwulst eitrigen Charakters vorstellt und sich in der Propria der Lippenschleim- haut entwickelt. Außerdem kommen oberflächliche, akti- nomykotische Erosionen auf der Zungen-, Backen- und Gaumenschleimhaut vor; dieselben besitzen einen derben, lederartigen Grund mit gelben Aktinomycesdrusen. Von Hahn, Bollixger, Johxe, Stockfleth, Baxg, Wortley Axe, Pflug wurden zahlreiche Fälle von Zungenaktinomykose publiziert. Preusse glaubt, dass in diesen Prozessen die Jugendformen des Aktinomyces oft zu Grunde gehen, und dass die Defekte unter Vernarbung ausheilen können. In der Schleimhaut der Pachenhöhle, des Kehlkopfes, der Trachea, des Schlundko])fes, des Schlundes, der Haube kommen mit Vorliebe polypenartige Aktinomykome von Haselnuss- bis Hühnereigröße vor; Fig. 7. Oberkiefer des Rindes mit beiderseitiger, symmetrischer, mj^elogener Knochenaktinomykose, ausgehend von den Alveolen der beiden ersten Backenzähne; dieselbe ist dorsalwärfs auf beiden Seiten in die Nasen- und Oberkieferhöhlen durch- gebrochen. V'2 Dat. Gr. Aktinomykose. 897 sie haben eine höckerige, blassrote Oberfläche mit zahlreichen, gelben Herden (Bollinger, Johne, Bang, Kitt, Morgen). Von Johne wird eine große Menge dichtsitzender, stecknadelkopfgroßer Knötchen mit zentralen Aktinomycesköruchen auf der Oberfläche des Kehldeckels einer Kuh bei gleichzeitiger Verdickung der Schleimhaut beschrieben, wobei der Kehldeckel auf dem Durchschnitt 2,5 cm dick erschien. Im Kehlkopf des Kindes kommt nach Kitt Aktinomykose häufig zur Ent- wicklung; die Geschwülste sind haselnuss- bis hühnereigroß, rundlich oder platt gedrückt, mit breiter Basis scharf von der Schleimhaut ab- gesetzt; manchmal finden sich Tochterknötchen um die größeren Ge- schwülste herum, oder es sind zwei nebeneinauderstehende, flachge- drückte, haselnuss- bis wallnussgroße Tumoren zugegen; alle bieten auf dem Durchschnitt eine spongiöse Beschafienheit. Die BeenguDg des Lumens des Larynx, bezw. die Beeinträchtigung der Atmung wird um so erheblicher, weil sich die Gewulst gemeinhin auf oder unter den Stimmbändern oder tiefer lokalisiert. Siedamgrotzky schildert eine multiple Aktinomykose des Schlundes eines Ochsen; derselbe zeigte in der Schleimhaut Hunderte von kleineu, flachhügeligen, subepithelialen Knötchen von 1—4 mm Durchmesser, welche meist gruppenweise bei- sammen standen; einige dieser Tumoren traten mit ihrem gelbbröckligen, weichen Gewebe knopfartig über die Schleimhaut und aus dem Epithel hervor. In der Mitte der Schlundschleimhaut saß ein großer kuopf- artiger Polyp von 8 bezw. 9 cm Durchmesser und 4 cm Höhe, dessen Basis 4 cm im Durchmesser hielt. Die Geschwülste waren gelbrötlich, weich und von zahlreichen, gelben Aktinomycesdrusen durchsprengt. De Jong beschreibt einen aktinomykotischen Eiuzeltumor, welcher 10 cm lang und 7 cm dick, somit ungefähr faustgroß an der Hinterwand der oberen Oesophagushälfte einer Kuh saß. Seltener ist das Vorkommen aktinomykotischer Prozesse im Psalter, Labmagen, in den Mesenterialdrüsen. Wortley Axe fand im 3. und 4. Magen eines Kindes alle Wandungsschichten, auch die Falten des Psalters verdickt sowie unregelmäßig geformte Herde purulenter Infil- tration und Erweichung, Geschwürsbildung, Petechien und Hyperämie der Schleimhaut; die erkrankten Teile enthielten zahlreiche Aktino- myceskörner. Eine Seltenheit ist Aktinomykose des Darmes; Ciucci beschreibt eine solche beim Kalbe; die PEYERSchen Plaques und andere Stelleu der Darmwaud erwiesen sich als abszediert und von zahlreichen Strahlenpilzen durchsetzt. Jensen und Kieck sahen einige Male beim Ikinde die Leber und den Zwölffingerdarm vermittelst Aktinomykoinen durchwucliert; letztere traten als wallnussgroße Knoten in der Darmwand der Leber und Netz auf, welche z. T. durch Fistelgänge kommunizierten. Während hierzulands Aktinomykose des Bauchfells kaum vorkam, ist dieselbe nach Kasmussen und Jensen bei Kindern Dänemarks ein ziemlich häufiger Fund, wobei meist gleichzeitige Leberaktinomykose zugegen war. Die Aktinomykome des Bauchfells sind von derber, fibröser Kapsel umschlossen und enthalten weiches, schabberiges Gewebe, welches graugelb gefleckt erscheint; zuweilen bestehen die multipeln, wicken- korn- bis haselnussgroßen Knoten bei Mischinfektion aus trUbgelben Eiterherden und sitzen auf der Magen- bezw. Darm- oder Leberserosa, seltener auf dem parietalen Bauchfell; gemeinhin finden sich außerdem starke Adhäsionen zwischen den beteiligten Organen. Die Haut und Unterhaut des Kopfes und Halses ist ebenfalls häufig Sitz von Aktinomykomen, welche nach Bang elastisch derbe, haselnuss- Haiidbuch der jjatliogenen Mitroürgaiiismeü. II. 57 898 M. Schlegel, bis faustgroße Kuoteu iu der Reg-io parotidea uud submaxillaris sowie an den Backen darstellen; dieselben drängen sieh durch Verdünnung der Haut immer mehr hervor, brechen schließlich durch und wachsen zu pilzartigeu, fleischroten Granulationsknoten mit eingesprengten, gelb- lichen Pilzdrusen heran; ihre Oberfläche ist mit bräunlichen Krusten bedeckt. Die Haut in der Umgebung der Knoten ist stark verdickt, verhärtet und um die Durchbruchstelle herum narbig eingezog-eu. Kahe (Hannoverscher Jahresbericht) beobachtete bei einer Kuh 11 Stück sub- kutan liegender, haselnuss- bis pflaumengroßer Aktinomykome am Backen, welche durch strangartige Anschwellungen der Lymphgefäße unter- einander verbunden waren und von einem hühnereigroßem Aktinomykom am Rande des Nasenloches vermittelst der Lymphbalmen ihre Verbreitung fanden ; auch um die ursprüngliche Geschwulst herum erschien eine Menge kleinster Tochterknötchen gelagert. Diese multiple Anordnung kann auf ein mehrfaches, gleichzeitiges oder schubweise erfolgtes Ein- dringen der Pilze zurückgeführt werden oder sie stellt eine regionäre Infektion, eine Bildung von Tochterknoten um einen älteren Herd herum dar. Schreiber berichtet über ein an der Backe eines Rindes sitzendes Hauthorn aktinomykotischen Ursprunges; dasselbe hatte die Gestalt eines BuUenhornes und besaß an der Basis 44 cm Umfang, die Länge betrug 15 cm und zeigte dunkelgraue P\irbe, die Oberfläche war blätterig- bröckelig, die umgebende Haut war narbig abgesetzt. Auf dem Durch- schnitt wies das Hauthorn in der Mitte einen Bindegewebskern auf, welchem ein 11 cm langes und 3 cm breites, durch Metaplasie ent- standenes Knochenstück kappeuartig aufsaß; dieser Knochenteil wurde von der überkleidenden, aus kompakter Honrmasse gebildeten Horn- kapsel durch eine 2 — 5 mm dicke Bindegewebsschicht getrennt. Der fibröse Bindegewebskern enthielt erbsen- bis haselnussgroße Hohlräume, welche mit käsig-eiteriger Detritusmasse erfüllt waren; in letzterer fanden sich liirsekorngroße, gelbe, typische Aktinomyceskörner. Die Hautaktinomykose kann sowohl primären als sekundären Ur- sprungs sein. Nach Rasmussen kommt die subkutane Aktinomykose auch am Rücken, Ellenbogen, Unterschenkel sowie als sogen. Knie- schwamm vor und Lüpke beobachtete beim Rinde einen Fall von Ele- phantiasis, welcher durch den Aktinomyces verursacht war. Die Akti- nomykome brechen aber nicht immer direkt durch die Haut, sondern es kommt nicht selten in der derben Anschwellung zur Abszedierung (sogen. kalter Abszess) ; derselbe entleert nach spontanem Durchbruch eine dicke, rahmartige Detritusmasse mit zahlreichen gell)en Aktinomyceskörnern. Die Abszesshöhle füllt sich gemeinhin rasch mit Granulationen aus, welche dann wie die Granulationsgeschwülste aus der Oefinung hervorwuchern; neben dem ersten Durchbruch können sich neue bilden. Bang und Jensen sahen oft nach Jahr und Tag durch Schrumpfung der aktinomykotischen Geschwülste Heilung eintreten; dabei entsteht um den Knoten herum eine mächtige Schicht festen Bindegewebes, wodurch die Zufuhr des Ernährungsmateriales zu den Knoten abgeschnitten wird und somit der Prozess atrophieren muss. In den Lymphdrüsen in der Nähe des Schlund- und Kehlkopfes, zu- weilen auch in den Submaxillar-, Ohrspeicliel- und L^nterkieferdrüseu kommt ebenfalls Aktinomykose vor, wenn der Prozess von der Maul- bezw. Rachenhöhle oder vom Kehlkopf auf die zugehörigen Lymphdrüsen übergreift; dabei entstehen durch Infiltrationen derbe, wallnuss- bis faustgroße Knoten, mit Einlagerungen von Aktinomycesraseu; jedoch AktinoEuykose. 899 vereiteni oder verkäsen nach OstertaCj! die aktiuomykotisobeu Ljnipli- drüsen uiclit. Kowalewsky & Swiatoslawsky beobachteten prhnäre miliare Lymphdrüsen-Aktinomykose, und zwar in der Hälfte der Fälle in den retro})baryni;ealen Drüsen beim liiude, wobei die erkrankte Lymi)li- drüse sich auf das Vierfache vergrößert, sich mit einer Kapsel umgiebt und induriert; das Parenchym enthält sehr kleine, weißlichgellje, harte Knötchen, welche von Bindegx'webe umgeben sind und einen Aktinomyces l)eherbergen. Bang beobachtete öfters Aktinomykose der Lymphdrüsen; so fand er fingerdicke Aktinomykomstränge vom Kiefer zu einer Lymph- drüse abzweigen und in letzterer einen pflaumengroßen Knoten. Von Preusse wird eine Lymphdrüsenaktinomykose beschrieben, desgleichen erwähnt Harms öfter Aktinomykonie im Bereiche der Ohrspeicheldrüsen. Fig. 8. Lungenaktinomykose des Rindes, Längsschnitt durch einen Vorderlappen, nat. Gr. a Schiefdurchschnittener, zerstörter Bronchus mit homogenem, schleimig- eitrigem Pfropf erfüllt, b Querschnitt eines obturierteu Bronchus, c Dasselbe mit ausgefallenem Pfropf d Aktinoniykotische Kaverne, umschlossen von V4~Vl' cm dicker Bindegewebskapsel. e Zapfenfürmig prominierender, aktinomykotischer Abszess. infolge schwartiger Bindegewebswucherung der Pleura am Durchbruch verhindert, f Von narbig-fibrösem, speckigem Gewebe umkapselte, dichtgelagerte, erbsengroße Aktinomyceskuötchen. // Miliare und submiliare graue Aktinomyces- knötchen in emphysematösem, starrem Lungenparenchym, h Auffällig verbreiterte, sehnig weiße, interlobnläre Bindegewebszüge, mit Ausläufern in das interalveoläre Gewebe ausstrahlend. Die Aktinomykose der Lunge tritt entweder als hanfsamen- bis erbsen- große, disseminierte, graue bis gell)weiße Knötchen (miliare Aktinomy- kose, Aktinomycestnljerkel Pflugs) auf, welche auch nach Bang mit Tuberkulose sehr leicht zu verwechseln sind; oder die Lunge enthält größere, bis faustdicke Knoten mit zentralen, puriformen Erweichungs- herden (lobuläre aktinoniykotische Aspirationspneumonie) ; letztere Form beschreibt Basmu.ssen (Deutsch. Zeitschr. f. T., Bd. 17, S. 456); die Knoten waren meist wallnuss- bis hühnereig-roß und über eine mehr be- grenzte Lungenpartie ausgebreitet. Manchmal erwies sich die Hälfte eines Lungenlappens fest und hart, auf der Schnittfläche in eine fibröse, sehnige Masse umgewandelt, in welche die Aktinomykome eingelagert erschienen; einmal enthielt ein fibrös degenerierter Lungenteil nur ein 57* 900 M. Schlegel, mächtiges, kindskopfgroßes Aktinomykom. Bei Lnngeuaktinomykose konstatierte Easmussen uiclit mir au der Pleura pulmonalis, souderu auch an der Pleura costalis Verdickungen und Verwachsungen mit Binde- gewebsneubildung und zuweilen mit mehreren, gestielten Aktinomykomen besetzt, welche auch durch die PI. costalis hindurch in die darunter liegende Muskulatur wuchsen, li. fand dann häutig die Lymphdrüsen am Brusteingang aktinomykotisch infiltriert. Von den während eines halben Jahres von H. untersuchten 15 Ochsen mit Lungenaktinomykose litten 14 gleichzeitig an Kieferaktinomykose und mehrere von diesen zugleich an Aktinomykomen längs der Zähne und im Schlünde, während nur bei einem Ochsen ausschließlich die Brusthöhle erkrankt war. Die Lungenaktinomykose kann daher einen primären oder sekundären Prozess nach Aspiration der Keime darstellen oder dieselbe kann auch embo- lischer Herkunft sein (Pflüg, Ponfick, Pusch, Hink, Berndt, Fixk, Jensen, Kitt). Ein durch Görig beschriebener Fall von sekundärer Lungenaktinomykose einer Kuh schloss sich an Backen-, Submaxillar-, Ohrspeichel- und Kehlgangsdrüsenaktinomykose an und bestand in einem wallnuss- und hühnereigroßen, derben, grauweißen Knoten mit ein- gesprengten, gelben Aktinomycesdrusen. Desgleichen l^eobachtete Ge- bauer neben generalisierter Aktinomykose einer Kuh Aktinomykose der Lungen, Bronchialdrüsen und der Pleura. Pitt und Mariin fanden je einen Fall von primärer Lungenaktinomykose des J {indes. Auch die Bronchial- und Mittelfelllymphdrüsen sind zuweilen, und zwar auch primär aktinomykotisch erkrankt (Tjuely). Auf der Nasenschleindiaut kommt die Aktinomykose nach Bollinger, Jensen, Kitt primär nach Verletzungen der Tiere beim Weidegang auf Stoppelfeldern vor; so traf Jensen Nasenaktin(nnykose als breiten, granu- lationsähnlichen Gesch^Nulstbelag mit exulzerijerter Oberfläche auf der unteren Nasenschleimhaut (Actinomycosis fungosa). Kitt sah Aktinomykose der Nasenschleimhaut einer Kuh in disse- minierter Form (Actinomycosis nodularis disseminata); die rosenrote Schleimhaut zeigte, besonders auf den Dutten dicht gruppierte, zahllose Knötchen von grauweißer Farbe mit durchscheinenden, gelben Zentren; die Knötchen waren stecknadelkoi)f- bis hirsekorngroß und in Ikcihen und Streifen sowie in beetartigen Anhäufungen von 1 — 2 mm Höhe gruppiert, auch scharf von der Schleimhaut abgegrenzt. Die stärkste Häufung fand sich am Naseneingang; die Herde waren alle glatt, ulze- rierten nirgends und enthielten die typischen Pilzrasen. Zugleich er- wiesen sich die Kehlgangslymphdrüsen und die subparotidealen Lym})h- drüsen mit Aktinomycesknötchen durchsetzt und induriert. Die Aktinomykose des Euters (Mastitis actinomycotica purulenta fibrosa) kommt spontan vor und stellt beim ]»inde bohnen- bis hühnerei- große, schon am lebenden Tiere fühlbare Knoten mit fibröser L'andzonc und mit erweichtem, von Aktinomycesdrusen durchsetztem, gelbem Centrum dar; oder es tritt eine akute, diffuse, rasch verlaufende Ent- zündung mit der Tendenz zur Verhärtung auf; disseminierte Euterakti- nomykose kommt seltener vor. Easmissen beobachtete die Aktinomy- kose im Kuheuter 4 mal; Maxw^ell 1 mal: wennschon ersterer die In- fektiosität der untersuchten Euteraktinomykosen nicht nachweisen konnte, so nimmt derselbe hierfür doch eine überaus große Wahrscheinlichkeit an. Jensen publizierte 20 von ihm untersuchte Fälle von Euterakti- nomykose der Kühe; er weist darauf hin, dass FiUteraktinomykose bei den Kühen öfter, als geglaubt wird, vorkommt und hebt ebenfalls die Aktinomykose. 901 Möglichkeit der Uebertragung- der Aktiuomykose durch solche Milch auf Kälber und Menschen hervor. Einen interessanten Aktinoniykosefall der Kuh beschrieb Mc. Phail, wobei mit primärer Euteraktinomykose gleich- zeitig Lungenaktinomykose komj)liziert war. Dieser Forscher glaubt, dass manche primäre Eutertubcrkulosefälle in der That Euteraktinomy- kose vorstellen, was durch genaue mikroskopische Untersuchung klar- zulegen sei. WiLLiAMSüN teilte einen Fall von primärer Aktinomykose des Kuheuters mit. In der Leber kommt die Aktinomykose in Form fungöser Aktinomy- kose, aber selten vor (Kas:\iussen, Jensen, vSanfelice): auch in den Nieren wurde die Aktinomykose von Bang und Jensen beobachtet. Ernst beschrieb als erster ein primäres Aktinomykom der Harnblase des llindes, welches einen faustgroßen Tumor in der Blasenwand des Scheitels vor- stellte; der Tumor bestand aus weichem, schabberigem, braungelbem Gewebe und enthielt einige Abszesse mit Aktinomycesrasen. Die In- fektion des jungen Kindes musste gleich post partum nach Art eines Urachusal)szesses entstanden sein. Ein sekundäres apfelgroßes Akti- nomykom traf Eieck in der Harnlilase beim Ochsen. Die Akti- nomykose des Samenstranges tritt beim Binde nach Kastrationen in Form arm- bis fjiustdicker , fibröser Geschwulstmassen auf (Kitt, Mazzarella, Dorn, eigene Beol)achtungen). Als seltenes Vorkommnis beschriel) Görig eine primäre Aktinomykose des rechten Hodens bei einem Farren; die Infektion erfolgte dal)ei von zwei zelmpfennigstück- großen Hautgeschwüren des Scrotum aus, in deren Umgebung die Haut mit den Scheidenhäuten und dem Hoden verwachsen war; anderweitige aktinomykotische Veränderungen fehlten. In anderen Organen konnte die Aktinomykose nur vereinzelt nachgewiesen werden, und zwar in der Muskulatur sekundär, von der Haut üliergreifend (Brusaferro), in der Milz, im Gehirn, im Bückenmarkskanal (Koorevaar), im Zwerchfell, in den Leistendrüsen, im Uterus, in der Vagina, im Brustbein, den Wirljeln. 2. Beim Schwein. Beim Schwein wurde die Aktinomykose zuerst von Johne nach- gewiesen: er fand die Tonsillen häufig aktinomy kotisch erkrankt. — Die Kieferknochen dagegen sind viel seltener, als andere Skelettknochen, beispielsweise die Wirbelsäule, Sitz der Aktinomykose. Ferner ruft der Strahlenpilz beim Schwein oft eine Erkrankung des Gesäuges infolge primärer Infektion durch die Zitzcnöfifnung hindurcli hervor oder infolge hämatogener Infektion, wonach multiple Aktiuomycesherde entstehen. Das Euter erscheint dann meist von fungösen, seltener fibrösen (Jensen) Knoten von Kirschkern- bis Faustgröße durchsetzt, welche häufig durch Zerfall vom Centrum aus in Abszedierung ül)ergehen; im Inhalte der- selben sind zahlreiche, schwefelgelbe Aktinomy cesdrusen nachweisbar. Durch Fistelgänge können diese Prozesse nacli außen durchbrechen, so dass nicht selten kleine oder größere, pilzartige Aktinomykome vor- wuchern. Nach Hamoir wird vornehmlich die mittlere Gegend des Ge- säuges von Aktinomykose ergriffen. Außerdem tritt die Aktinomykose beim Schwein nach einer von den Tonsillen aus nicht selten stattfindenden Infektion in der peripharyngealen Eegion in Form kalter Al)szesse auf Des weiteren kommt die Akti- nomykose bei männlichen und weiblichen Tieren nach Infektion der Kastrationswunden vor (Jensen). Carl beschreibt eine ausgebreitete, 902 M. Schlegel, von der Kastrationsiiarbe eines 8 Monate alten, weil)lichen Schweines ausi^'cgang-ene Aktinomykose, welclie sekundär auf der Serosa des Magens, auf und in der Lel)er, im großen Netz, in der Darniwand, den zu- gehörigen Lymphdrüsen und auf die Lunge ül)ergrift". Von 1400 in verschiedenen Zeiten geschlacliteten Scliweinen untersuchte Schlegel 28 Samenstränge, wovon 22 miliroskopisch typische Aktinomyces- rasen enthielten; 3 derselben waren von einfachen (nicht tul)er- kulösen) Abszessen befallen, 2 derselben durch chroiusche Entzündung bindegewel)ig induriert und 1 derselben beherbergte ein Exemplar von Cysticercus tenuicollis. Li den oberen Luftwegen (Kehlkopf) und der Lunge des Schweines hingegen tritt die Aktinomykose sehr selten auf. Die von Schilling Ijcschriebene, sehr seltene Zungenaktinomykose des Schweines l)estand in zaldreichen, grauweißen, erbsengroßen, derben Knoten mit dicker Lindegeweljsmembran und eitrig-käsigem bis kalkigem Centrum, dessen Lihalt Aktiuomycesraseu aufwies. Easmussen hat ferner die Aktinomykose beim Schwein noch in der Sul)cutis am Halse, am Unterarm, sowie an den Hinterschcnkelu l)eobachtet und Knüll fand auch l)eini Schweine generalisierte Aktinomykose. — Der sogenannte Actinomyces musculorum suis (Duncker) hat mit der echten Aktinomy- kose — wie schon Johne & Pflug (s. Deutsch. Zeitschr. f. T., 1887 u. 1890) erörtert und die neuesten Untersuchungen von Davids in Gießen gezeigt haben — nichts gemein. 3. Beim Pferde. Beim Pferde sind namentlich Fälle von Aktinomykose im Samen- strang (Funiculitis actinomycotica) als chronisch entzündliche, oft umfang- reiche fibroplastische Wucherungen im Anschlüsse an die Kastration zuerst von Johne, dann von Semmer, Noniewicz naclig;ewiesen worden (sogenannte Samenstrangfisteln, Cham])ignons): die Wucherungen sind stark fil)rös und zeigen nur spärlich die Fistclkauäle, dagegen weisen sie zahlreiche in das fibröse (Jewebe eingelagerte, knötchenartige, auf der Schnittfläche leicht prominierende Herde auf, welche I)ald erbsen- bis haselnussgroß und graurot, oder bald hirsekorngroß und weißgell) aussehen. Diese Herde sind sehr weich und als ein eiterartiges Pfröpf- chen heraushebl)ar, welches punktförmige, gelbweiße Körnchen (Aktino- mycesdrusen) beherbergt. Zuweilen finden sich auch größere, lang- gestreckte Hohlräume mit Wänden aus filzigem, graurotem (Iranulations- gewebe, welche ])uriformen Brei enthalten. Diese Wucherungen gleichen somit täuschend denen durch denMicrococcus ascoformans hervorgerufenen, enthalten aber den Aktinoinyces, und zwar meist in degenerierter Form, d. h. spärlich die an der Keulenl)ildung präzis erkennbaren Strahlen- pilze; viele derselben sind aber homogenisiert oder gekörnt, so dass auch die mikroskopische Untersuchung der Drusen nicht in jedem Falle die Unterscheidung vom Mykofibrom zu leisten vermag. Von zwei durch Harte beschriebenen interessanten Aktinomykose- fällen bei Pferden war der eine am Kopf, der andere am Bauche lokali- siert; die Aktinomykose des Kopfes bestand in einer flachen, derben, schmerzlosen Geschwulst des Kehlganges bis über die Bänder der Hinter- kiefer hinaus, Avobei die regionären Lymphgefäße und Lymphdrüsen sowie die Lippen verhärtet und mit eigroßen Knoten besetzt waren; auch die beiderseitige Ohrspeicheldrüscnregion war von derl^en knollig- höckerigen Geschwülsten durchsetzt. Haut und Unterhaut dieser Teile Aktinoinykose. 903 waren ferner dureh viele kleinere und größere Erweiehungslierde zer- stört; nach der Maulliöhlc hin fand ein Durclibrucli statt, während die Kieferknochen intakt ))liel)en. Heim zweiten Fall zeigten sich zuerst in der rechten Flanke und nel)en dem Präputium drei handtellergroße, derbe Geschwülste, von Avelclien aus die ganze Bauchwand nach und nach in eine fibröse Masse mit eingestreuten Erweichungsherden um- gewandelt wurde; letztere brachen durch Fistelöftnnngen nach außen durch und in den am Bauche nach vorn verlaufenden Lymphgefäßen stellte sich Entzündung und Verhärtung ein. Mit einer Stelle der Bauch- decke war der Dickdarm verwachsen. Außerdem wurde die Aktinomy- kose beim Pferde in der Hubmaxillardrüse (llotzverdacht!) von Baransky, Kasmussen, Jensen, Schmidt & Dalchow, in den Unterkiefern von Leblanc, Pilz, an den Lippen von Hallander, Schwarz, in der Zunge ähnlich wie beim Kinde von Truelsen, Struve, Gruber, Hayer und NuvoTNY, in der gesamten Skelettmuskulatur, namentlich der Schulter- und Lendenmuskeln als generalisierte Aktinomy kose von Strtve und IJö it- GER, in den Hippen und der Tibia eines an Khacliitis und Deculntus erkrankten Fohlens von Hamburger beobachtet; Mosselmann erwähnt, dass die Aktinomy kose am Fessel eines Pferdes im Gefolge des Huf- beschlages vorkam. IIeinejiann fand bei einem Pferde in der Gekrös- wurzel ein höckeriges, kürbisgroßes Aktinomykom, welches mit Dünn- darmschlingen verwachsen, von enorm verdickter Serosa überkleidet und mit Erweichuugshöhlcu durchsetzt war. Durch die linksseitige Zitze eingedrungene Euteraktinomykose beol »achtete Fünkstück bei einem Pferde, welches infolge der sehr starken Anschwellung der linken Euter- hälfte lahm ging. Bei der mit Heilung verlaufenen Operation wurde ein kinderkopfgroßes Aktinomykom exstirpiert. 4. Beim Schafe. Beim Schafe wurde Luugenaktinomykose von Grips in einem Falle festgestellt; des weiteren sind von Berg unter 400000 veterinärpolizeilich untersuchten Schafen zwei Fälle von Aktinomykose der Zunge, welche annähernd in der beim Kinde bekannten Weise ergriffen Avar, sowie eine Lippeuaktinomykose in Form kleiner Aktinomykome an der Unter- lippe und dem Unterkiefer l)eol)aclitet und l)eschrieben. Bei der Lippen- und Zungenaktinomykose waren zugleich je einmal kleine, aktiuomy- kotische Abszesse der submaxillaren Lymphdrüsen vorhanden. 5. Beim Hirsche. Ein Fall von Aktinomykose der Leber beim Hirsche erwähnt Schrei- ber; die Leber erschien um das Doppelte vergrößert und knotig ver- dickt; über die Oberfläche ragten haselnuss- bis doppeltfaustgroße, nur durch schmale Stränge gesunden Gewebes getrennte Knoten hervor; den Hauptteil der Schnittfläche stellten jene Knoten dar, Avelche durch speckiges Bindegewebe verl)unden waren. Die Mitte der Knoten ent- hielt puriforme Erweichungshcrde, in welchen sich hirsekorngroße, gelbe, stark verkalkte Aktinomycesdrusen befanden. 6. Beim Hvinde. Beim Hunde wurde die Aktinomykose in Form von eitrigen Phlegmonen am Halse und an der Vorderbrust beobachtet; Hartl sah in einem Falle beim Hunde schon intra vitam Asymmetrie des Thorax; links vom Proe. 904 M- Schlegel, xyplioideus führte eine Fistel bis zum Brustbein und an den Eippen- knorpehi saß ein dicker, großer Knoten, welcher bis in das Mediastinum und in die rechte Brusthöhlenhälfte eingedrungen war. Im Cavum der- selben fand sich rotl)rauue Flüssigkeit. Der Krankheitsprozess drang von außen her in die Brusthöhle ein and die zuerst für ein weiches Sarkom gehaltene Geschwulst wurde bei der Untersuchung von Schnitt- präparaten als Aktinomykose erkannt. Laxc & Manasse haben beim Hunde in einer eitrigen Halsphlegmone Aktinomykose nachgewiesen, aus welcher dieselben unter Levys Leitung (1. c.) einen dem Aktino- myces des Wolff & IsRAt:L analogen, anaerol)en Strahlenpilz rein- züchteten; durch Verimpfung der Pilzdrusen in die Bauchhöhle und die Hoden von gesunden Hunden konnte wiederum Aktinomykose erzeugt werden. Möglicherweise gehört aucli die von Habe in zwei Phlegmonen und einem Peritonitisfall von Hunden beobachtete und beschriebene Cladothrix canis zu der Aktinomycesgruppe. Torrance fand bei der Sektion eines wegen Bauchwassersucht getöteten Hundes einen faust- großen Tumor, welcher den rechten Hinterlappen der Lunge, einen Teil des Herzbeutels und des Zwerchfelles imischloss. Bei der mikroskopischen Untersuchung stellte sich die karzinomähnliche Geschwiüst als Aktiuomy- kom heraus. 7. Bei der Katze. Bei der Aktinomykose der Katze sammelte sich in der Peritoneal- höhle V2 Liter eitriges Exsudat mit massenhaften, l)lassgelben, bis 2 mm großen Körnern an; im Netz fand sich ein nussgroßer Knoten und die Leistenkauäle w^aren mit eingedicktem Inlialt vollgepfropft. In der Pyloruswand des Magens saß ein nekrotischer fistelähnlicher Herd, welcher jedoch mit der Aktinomykose des Peritoneums nicht in be- stimmten'ätiologischen Konnex gebracht werden konnte. Die zahlreichen Aktinomyceskörner enthielten keine Kolben, während die Fäden der- selben reichlich verzweigt waren und kleine färl)l)are Anschwellungen besaßen; dazwischen fanden sich viele kokkenähnliche Gebilde und Kurzstäl)chen; in der Umgebung einzelner Pilzrasen waren in Schnitten Kiesenzellen nachweisbar. 8. Beim Elefanten. Beim Elefanten ist ein Aktinomykosefall von Bürke beol)achtet. c) Pathologische Histologie der Lungen*). Nachdem Aktinomyceskeime in den Bronchialbaum aspiriert sind, setzt der Entzündungsprozess an der Innenwand der Bronchien, der Bronchiolen und Alveolen ein; das Epithel der Schleimhäute derselben wuchert zum Teil, während dasselbe an anderen Stellen desquamiert erscheint, so dass die Aktinomycesdrusen ihr Wurzelgeflecht und die Ausläufer der Strahlenschicht bequem in die aufgelockerten Schleimhäute und Submucosa zu entsenden vermögen; gleichzeitig stellt sich in der Bronchialwand und deren Umgel)ung eine heftige Bundzelleninfiltration sowie eine von den Bindegewebszellen der Interstitien bezw. von den *) Verf. hat dieselbe hier au der Hand eines selbst untersuchten Lnngen- aktinoraykosefalles des Rindes is. auch Berl. tierärzt. Wochenschr., 1903) ausführ- lich beschrieben. Aktinomykose. 905 Epithelien benachbarter Alveolen ausgehende Proliferation ein, woduroh danebenbefindliohe Alveolen komprimiert bezw. ausgefüllt werden, ein Prozess, zufolge dessen sieh ein miliares Knötchen formiert. Die Lumina der Alveolen, der kleineren und grijßeren Bronchien sind daher bald mit desquamierten und teih^eise degenerierten, bald aber mit gewucherten i e k Fig. 9. Lungenaktinomyknse des Rindes, Celloidinschnitt. Zeiss, Okul. 2, Objekt. B = 1/85. Geiärbt mit 2proz. Säurefuchsinlösung (lOgr Säuretuchs. S.M.P. d. Akt.-Gesellscb. f. Anilinfabrik., Berlin S.O., unter Erhitzung gelöst in 425 ccm Wasser, nach dem Erkalten Zusatz von 75 ccm Alkohol, Filtrieren) 10 Min.; Abspülen in Wasser; Nachfärbung in Löffleks Methylenblau 1:7 Wasser, 5 Min.; Abspülen in Wasser und Alkohol, Orig. Oel, Balsam. — a Bronchus, b Bronchialepithel, e Der die Bronchialwände durchbrechende aktinomykotische Wucherungsprozess, welcher sich aus üppigem, blaugefärbtem Granulationsgewebe gewucherten Epithelien, Rund- zellen, Fibroblasten) und, hellrot gefärbten Bindegewebszügen zusammensetzt; derselbe wird durch die mitten im entzündlich gewucherten Gewebe postierte, intensiv dunkelrot gefärbte Pilzdruse [d], sowie durch jüngste, aus kleinsten Fäden, Körnern und kolbigen Anschwellungen bestehenden, in riesenhaften Zellleibern Ir] gelegenen Stadien des Aktinomyces verursacht, f Riesenzelle, g peribronchiale Hämorrhagieen. // sklerotische Arterienwand, deren Lumen nahezu ganz mit Granu- lationen (im Centrum noch Erythrocyten) erfüllt ist. i Durcli Bindegewebswucherung verbreiterte Septen. k Alveolen z.T. mit granulierten Massen erfiült, z.T. erweitert (/]. Epithelien, ferner mit serösem bis krupösem Exsudat, mit Erythro- cyten und Leukocyten, später Fibroblasten ausgefüllt; in vielen Bron- chien und Bronchiolen sind dieses Exsudat und Intiltrat als schleim- ähnliche, von der Innenwand zurückgezogene Pfropfe zu sehen ; oft sind diese Zellen stark fettig degeneriert, was makroskopisch au der gelben Sprenkelung erkennbar ist. 906 M. Schlegel Die miliaren Aktinomycesknötehen entstehen fast ausschließlich aerogen oder lymphangoitisch oder aber durch Dissemination, während PoNFiCK bei einem Kalbe durch eudovenijse Injektion von druseu- haltigem Material embolisclie liCZAV. hämatog'cne Knötchen zuA^ege brachte. Die Pilze können dabei direkt aus der Außenwelt in die Bron- chiolen oder Alveolen inhaliert werden, zumeist aber entsteht die Lungen- aktinomykose, wie auch in vorliegendem Fall, sekundär nach Aspiration der Pilze, welche aus entleerten Aktinomykomeu der oberen und mitt- leren Luft- und Verdauungswcg'e stammen. Auf aerogenem oder lymphan- goitischem Wege sowie durch Dissemination entstehen die Aktinomyces- knötchen in der Lunge seilest, nachdem aktinomykotische Herde in einem Bronchialbaum durchgebrochen sind , indem sodann Aktinomyceskörner aus diesen Kavernen in das Bronchialbaumgel)iet der anderseitigen Ivunge fortgerissen werden, wodurch zunächst miliare Infektionsgranu- lome in der Anzahl der verl)reiteten Pilze gebildet werden. Sehr häutig Averden die Pilzkeime durch Dissemination in die Umgebung des Primär- herdes verbreitet, indem dieselben von Wandcrzellen aufgenommen und ver- schlep})t werden; an der Haltestelle derselben entwickelt sich der Pilzkeim, die Fragmente der ursprünglichen Druse, zu einem Aktinomjeesstock, durch dessen EiuAvirkung die anliegenden Zellenkörper nebst den Kernen fettig degenerieren l)ezw. der Nekrose anheimfallen. Auch vermittelst der Lymphbahn haben sich die Pilze in dieser Lunge verbreitet, da eine große Eeihe von submiliaren Granulomen ihren Ausgang von den Lymphgefäßen der Literstitien genommen haben (interstitielle Knötchen). An der Stelle der Niederlassung des Aktinomyceskeimes formiert sich in den Alveolen ein kleinstes Knötchen, in dessen Oentrum meist eine prächtig asterförmige, mit deutlichen Keulen ausgestattete, aber kleine, grazile Aktinomycesdruse; in ihrer nächsten Umgebung ist dieselbe von einer dichten Lifiltrationszone von Rundzellen umschlossen, zwischen Avelchen zm>'eilen in den Pilzstock eindringende, junge Fibro- blasten vorkommen; seltener linden sich hier Eiesenzellen, welche als Fremdkörper-Riesenzellen aufzufassen sind. Rings um diesen reaktiven Entzündungsherd liegt als Ausdruck der Wucherung des Grund- gewebes eine Schicht von Granulationsgewebe, Avelches aus mono- und polynukleären Leukocyten sowie aus Fibroblasten mit bläschenförmigen Kernen und spindelförmigen Zellen besteht; die Fibroblasten nehmen peripherwärts zu, während die Rundzellen im gleichen Verhältnis ab- nehmen; gegen die Peripherie zu tritt also Ueberg-ang in Bindegewebe auf, oder größere Anzahl von dichter gelagerten Leukocyten, die am Centrum gelegenen Zellen befinden sich infolge der Einwirkung der Stofifwechselprodukte des Pilzrasens mehr oder weniger im Zustande der Nekrobiose. Aeltere Knötchen hingegen sind von viel breiterem Hof eines sklerotischen, fibrösen Bindegewebes umgeben. Eine Unter- scheidung der Septen ist auch im jungen Granulationsknötchen gewöhn- lich nicht mehr möglich, da das Grundgewebe durch die Pilzwirkung der Nekrose und Einschmelzung verfällt; namentlich zwischen den Zellen der Entzündungszone sind feinkörnige Detritusmassen nebst freien Fett- tröpfchen sichtbar. Vielfach ist dagegen nachweisbar, dass die Aktinomy- cesknötchen in Bronchiolen entstehen; Längs- oder Schiefschnitte derselben zeigen im Lumen neben dem Granulationsgewebe Drusen, welche auf einer Seite die Wandung zu durchbrechen im Bcgrifie sind; auf der gegenüberliegenden Seite der Innenwand hingegen erweist sich das Epithel noch gut erhalten. Aktin omykose. 907 In den Aktinomycesknötchen greift eine starke Injektion und Vas- kularisienini;' der GefJlRkapillaren Platz, welelie in der Peripherie der Knötelien am auffälligsten hervortritt; in älteren, aus hartem Binde- gewebe bestellenden Knötehen jedoch werden die Gefäße spärlich. Der histologische Bau des Aktinomycesknötehens unterscheidet sich demnach vom Tuberkel wesentlich: während im Aktinomycesknötchen die Rund- zellen zentralwärts und die epithelioiden Zellen peripherwärts liegen, ist dies beim Miliartuberkel geradezu umgekehrt, und während das Akti- nomycesknötchen überaus gefäßreich erscheint, ist der Tuberkel gefäß- arm; die Tendenz zum Zerfall im Centrum der Aktinomycesknötchen ist viel geringer und der Prozess der Nekrose viel langsamer, wie beim Miliartuberkel. Durch Agglomeration bezw. Verschmelzung mehrerer benachbarter Herde entstehen große pneumonische Knoten, deren Centrum durch Nekrose oder Verkäsuug erweicht und in einen kavernösen Destruk- tionsherd übergeht, während in der Peripherie desselben eine enorme fibröse Biudegewebszubildung zustande kommt, welche solche Zerftills- höhleu gegen die Umgebung völlig abschließt. Die in denselben be- findliche, breiige Masse besteht aus Eiterkörperchen, zerfallenen Pdut- körperchen, Fettkörnchenzellen, feinen Fetttröpfchen, elastischen Fasern und Aktinomycesrasen. Die in nächster Umgebung der Aktinomyces- knötchen gelegenen Alveolarlumina sind durch Zellinfiltration bezw. Proliferation mehr oder weniger ausgefüllt und endlich wachsen in dieselben Gefäße und fibröses Gewebe aus der Nachl)arschaft hinein. Die Wände der Bronchien sind stark kleinzellig infiltriert, ebenso deren Umgebung; das Epithel ist abgehoben und teilweise dem Inhalte beigemischt, teils ist das- selbe gewuchert oder stark verschleimt. Das interalveoläre, das interlol)u- läre und lobuläre Bindegewebe ist durch seröse Exsudation und zellige In- filtration bezw. Proliferation stark verbreitert und zeigt eine stärkere Gefäßinjektion und Gefäß Wucherung, welche teils kleinzellige, perivas- kuläre Infiltration, teils starke Eandverdickung und Sklerosierung auf- weisen. Vornehmlich aber führt dieser chronische Entzündungsprozess im interlobulären und lobulären Bindegewebe zu breiten, grauweißen, sehnenartigen Narbensträngen, welche sich weithin in das umliegende interstitielle Gewebe und auch auf die Pleura fortsetzen (indurative, interstitielle Pneumonie), was den ganzen Prozess zu einem typisch aktinomykotischen stempelt (s. auch Fig. 8). In diese das Lungengewebe in polygonale Felder abteilenden, cirrhotischen Bindegewebsstränge sind sehr zahlreiche, submiliare Aktinomycesknötchen eingesprengt, über- haupt kommen dieselben überall im Lungengewebe vor, in den Septen, im peribronchialen und perivaskulären, sowie im interlobulären und lobulären Gewebe. Die Pleura ist nur im Bereich der erkrankten Lungenpartie nam- haft verändert ; sie partizipiert besonders an der produktiven Entzündung, welche von den Interstitien ausgeht und zeigt Infiltration und starke fibröse Verdickungen. XIII. Lokale und generalisierte Prozesse. Hinsichtlich der Lokalisierung der Aktiuomykose des Eindes in den einzelnen Organen des Körpers sind offenbar im ganzen die Zunge und die Kieferknochen, die Lippen, die Rachenhöhle, die Ohrdrüsen und die 908 M. Schlegel. Haut am häufigsten erkrankt; in 105 von Claus gesammelten Fällen war der Kieferknochen (gewöhnlich der Unterkiefer) in 51 % ^ die Zunge in 29X, die Rachenhöhle in 1 %^ Kehlkopf und Trachea in 6^, die Lunge, Baucheingeweide und Scliädelknochen gauz vereinzelt ergriffen. Nach Imminger waren Kopf und Hals in 85 — 90 %^ die Zunge dagegen bloß in 4—8 % erkrankt. Easmussen beobachtete unter 15 an Lungenaktinoniykose erkrankten Ochsen 14 mal Kieferaktinomykose, während Kuritzin von 201 erkrank- ten Rindern nur 3 mal Kieferaktinomykose, dagegen fast ausnahmslos Zungenaktinomykose feststellte. In Frankreich trat unter 130000 Rin- dern mit 0,7^ Aktinomykose nur Imal Zungenaktinomykose auf und in Moskau kam nach Oskolkow die Lippenaktinomykose zu 50^ vor. Mari beobachtete im Jahre 1890 unter 2000 in Moskau geschlachteten und untersuchten Rindern in 112 Fällen = 5,6 % Lippenaktinomykose und im Jahre 1892 unter 42230 geschlachteten und untersuchten Rindern 1030 Aktinomykosefälle, worunter 621 mal Lipjienaktinomykose festge- stellt wurde. Nach Jelenewski entfallen von der Aktinomykose über- haupt auf die Lippenaktinomykose in Moskau 37,9 %^ in Tiflis 85.9 % ^ in Jelisawetgrad 81,6 %^ in Nischni-Nowgorod 5,5 %^ in Jekaterino- slaw 13,9^. In vielen Schlachthöfen aber wird die Lippenaktinomykose nicht besonders registriert, daher das nur scheinbare Fehlen derselljen. Im Moskauer Schlachthause wurde Aktinomykose des Rindes in den Jahren 1894 — 1900 nach Kowalewsky bei 55 662 Tieren festgestellt, darunter 491 Fälle von Lungenaktinoniykose = 0,9^. In anderen russischen Schlachthäusern beobachtete man in den Jahren 1897/98 5432 Fälle, unter denen 424 mal die Aktinomykose ihren Sitz in den Lungen hatte = 7,8^. Aehnlich wie dies für die Tuberkulose allbekannt ist, kann auch die Aktinomykose beim Rind, Schwein und Pferd generalisiert auftreten; doch ist diese Generalisation nach den Angaben Ostertags ziemlich selten; Hertwig beol)achtete unter mehreren Millionen in Berlin ge- schlachteter und untersuchter Schweine einen einzigen Fall, bei welchem außer Aktinomykose des Euters erweichte aktinomykotische Herde in den Rückenwirbeln vertreten waren. Auch Knüll und Carl beschreiben je einen Fall von ausgel)reiteter Aktinomykose des SchMcines; einmal diente die Kastrationswunde eines weiblichen Schweines als Infektions- l»forte; von hier aus griff der aktinomykotische Prozess auf die Lymph- drüsen des Hinterleibes, auf das Netz, auf Magen, Darm, Leber und das Zwerchfell über. Ferner wurde in Berlin nach Ostertag generalisierte Aktinomykose bei zwei Ochsen nachgcAviesen; im Anschlüsse an die Aktinomykose des Kopfes traten bei beiden Tieren embolische Herde in den Lungen und Lebern und in einem Falle in der Umgelnmg der Nieren auf Nach Gebauer war eine mit generalisierter Aktinomykose behaftete Kuli außer au Kieferaktinomykose noch an Aktinomykose der Lungen, Bron- chialdrüsen, Pleura, Brustbein- und Lendenlymphdrüsen erkrankt. Eine von Remy beobachtete generalisierte Aktinomykose der Kuh bestand in Aktinomykose der Haut, der Subcntis, der submaxillaren und retro])haryn- gealen Lymphdrüsen, des Flotzmaules und der Nasenschleimhaut; die hierl)ei zuerst erfolglos angewandte Jodljehandlung führte nach und nach zur vollständigen Heilung. Jensen lieschrieb embolische Aktinomykose im zweiten Halswirbel einer Kuh. Prietsch wies bei einer achtjährigen Landkuh eine ausgedehnte Aktinomykose nach, welche sich in der Zunge, Aktinomykose. 909 im Schlünde und Kehlkopfe nebst Lymphdrüsen, in der Lunge und im Uünndarme lokalisiert hatte. Ausgebreitetste Generalisation der Aktinomykose beobachtete beim Ilinde Harrevelt, welcher Krankheitsherde in der Zunge, den Lungen, der Leber, Niereu, Bugdrtisen, Achseldrlisen, Mediastinal- und Bron- chialdrüsen, Kniefaltendrüsen, in der Bauchwand, in den Rückenwirbeln und im Brustl)ein antraf. Hohmann beschreibt eine auBergewühnliclie umfangreiche Zungenaktinomykose des Rindes, welche das Schließen des Maules für das Rind unmöglich machte. Der Erkrankung des in riesige, zerklüftete Granulationsmassen umgewandelten Zungenkörpers schlössen sich aktinomykotische Veränderungen in den submaxillaren und retropha- ryngealen Lymphdrüsen sowie der beiden Lungen an. Aktinomykotische Basihirmeningitis traf Pieroni bei einem an Zwangsbewegungen er- krankten Ochsen, welcher außerdem an Leberaktinomykose gelitten hat; der aktinomykotische Prozess w^ar an der Basis der linken Hemis})häre in den Meningen als derbe Geschwulst ausgebreitet und erstreckte sich vom Schläfenlapi)en l)is zum Schläfenbein, Hinterhauptsbein und Hinter- kiefergelenk. XIV. Prophylaxis. Proi)hylaktisch wäre beim Menschen das Kauen auf pilzbesetzter Gerste, Gräsern sowie Einatmen von Staubteilen dersell)en, ferner das Benützen von intizierten Zahnstochern, oder Stroh- und Grashalmen zum Reinigen der Zähne zu unterlassen; kariöse Zähne müssten schon zur Verhütung derartiger Infektionen plombiert werden; Verletzungen sind gegen Infektionen mit Staub, Gerstengrannen, Holzspitter u. s. w. zu schützen. Bei den Haustieren ist in erster Linie vor der Verfütterung trockener, pilzl)esetzter Gerste und Gräser, namentlich wenn dieselben aus sumptigen, moorigen oder ülterschwennnten Gel)ieten stannnen, zu warnen; es sind dabei vorwiegend jüngere Rinder während des Zahnwechsels gefährdet. El)enso kann aktinomyceshaltige Einstreu bei Rindern und Schweinen schädlich werden; das Weiden der Rinder auf verdächtigen Sto[)pel- feldern wäre zu meiden. Bei enzootischem Auftreten der Aktinomykose der Rinder müsste u. a. gänzlicher Futterwechsel erfolüen. XV. Heilbarkeit der tierischen und menschlichen Aktinomykose durch Jodpräparate. Wie bei der Tuljcrkulose können auch l)ei Aktinomykose Fälle von s])ontaner Heilung nach vollständiger Abkapselung oder Verkalkung der Aktinomycesherde vorkommen. Gegen Haut-, Kiefer-, Drüsen- und Rachenaktinomykome kann chirurgisch durch Exstirpation, Incision, parenchymatöse Injektionen, Aetzen mit Arsenik, Brennen, Bepinselungen eingegriffen werden. Hinsichtlich der therapeutischen Bekämpfung der chirurgisch un- zugänglichen Aktinomykoseformen hat sich in neuerer Zeit nach den Erfahrungen von Ostertag, Nocard, de Jong, Bang, Salmon u. a. die innerliche Anwendung von Jodkalium und Jodvasogen (1 — 2Theclöffel voll tägl.) uud Jodoleu bezw. die äußere Behandlung mit Jodtinktur, LuGOLScher 910 M. Schlegel, Lösung- oder Jodvasogen iu Forin von Bepinselung-en oder parenchynm- töseu Injektionen sowie mit Jodsalbe als spezifisches Heilmittel bewährt, nachdem schon im Jahre 1885 Tiiomassen die innerliche Jodbehandlung- zuerst empfohlen hatte, ^vonach aktinomykotische Rinder während 14 Tagen je 6 gr Jodkalinm gelöst in einem halben Liter Wasser er- halten; nach durchschnittlich acht Tagen stellte sich sichtbarer Rück- gang der Krankheit und nach annähernd 14 Tagen Heilung ein. Auch viele andere Autoren bestätigten den spezitischen Heiletlekt der Jod- präparate sowohl bei menschlicher, als namentlich tierischer Aktiuomy- kose. So heilte Hutyra durch innerliche Behandlung mit Jodkalium (6 gr pro die) nach 23 Tagen vollkommen eine aktinomykotische Kuh, deren Oberlippe zwischen den zwei Mundwinkeln eine Peripherie von 56,5 cm hatte und deren submaxillare Lymphdrüsen eljeufalls stark ver- ändert waren. Stüebel erzielte bei sechs Rindern mit Zungenaktinomy- kose infolge Anwendung der kombinierten Jodl)ehandlung von Thomassen (lokale Pinselung mit Tinct. jodi, innerlich 6 gr Kai. jodatum pro die) ausgezeichnete Erfolge. Eine Reihe weiterer Autoren wie Ehrhardt, Neliiiebel, Meisinger, Claussen, Janzon, Moussü, Giugas, Popescu, Cavallari, Plotti, Bonaretti, Farmagalli, Freytag, Dorn, Blume verkünden ihre prak- tischen, z. T. umfangreichen Erfahrungen mit innerlicher und äußer- licher Jodl)ehandlnng bei Rindern und rühmen durchweg die ausgezeich- neten Heilerfolge. Ehrhardt ließ das Jodkalium in Tagesdoseu von 8 — 10 resp. in 2 Einzeldosen von 4 — ögr, gelöst in 72 Liter lauwarmen Wassers, jeweils vor der Fütterung verabreichen; meist genügte eine 20tägige Behandlungsdauer zur Heilung. Claussen sah bei einem Rinde auf der Haut des ganzen Körpers Öchuppenbildung (Jodismus) auf- treten. Remy hat sieben Fälle von Rinderaktinomykose teils lokal mit Jod- tinktur, immer aber innerlich mit Jodkalium erfolgreich behandelt, wobei die Rinder bis 720 gr Jodkalium erliielten; in einem Falle gingen sämt- liche Symptome, einschließlich der Größe der Geschwülste, erst nach dem Aussetzen der Medikation zurück, flackerten jedoch wieder auf, sobald die Therapie von neuem eingeleitet wurde, um zuletzt nach dem Aus- setzen sich auf ein Mininmm zu reduzieren; nach Remy beruht die Jod- wirkung in einer Reizung der Geweihe durch frei>verdendes Jod, wodurch die Pilze ertötet werden. Nebenwirkungen, wie Abgeschlagenheit, Ver- sagen des Futters sind individuell verschieden und können ausbleiben; in einem Falle stellte sich chronische Jodvergiftung ein ; Remy hält wie OsTERTAG das Jodkitlium für ein Specificum gegen den Aktinomyces. Hiernach entfaltet Jod eine spezifische, abtötende Wirkung auf den Aktinomyces. Demgegenüber fehlte es aljer nicht an Gegenstimmen, welche über negative Erfolge mit der Jodbehandlung berichten. Friok hat die letzteren bei Aktinomykomen im Bereich der Ohrspeicheldrüse beob- achtet und führt die Misserfolge auf die schwieligen, dicken, gefäßarmen Bindegewebskapseln dieser Geschwülste zurück, durch welche hindurch das einverleibte, im Blute kreisende Jodkalinm nicht zur Wirkung ge- langen kann. Liphardt, Schulze und Fkick empfehlen daher für solche Aktinomykome den Arsenik iu Substanz (0,2— 0,5 gr); ein solches Arseuikstückchen verbringt man möglichst hinter den Tumor, an den Geschwulststiel, Avohin dasselbe durch den Kanal eines Messer- oder Troikartstiches geschoben wird. Nach 2 Wochen bis 4 Monaten stößt sich das Aktinomykom als nekrotisches, kegelförmiges Gewebsstück unter Aktinomykose. 911 gesimdcr Granulatiousbildung- ans, womit Heiluug- erfolgt. Da Imminger zuweilen Misserfolge mit der Jodbeliandhmg der Aktinomykose hatte, so heilt derselbe das Leiden durch Kadikaloperationen (Auskratzung der Granulationsmassen mit dem scharfen Löffel, Ausziehen der betroffenen Molaren) kombiniert mit lokaler Jodtinkturliehandlung. Bei drei Schweinen hat Hamüir bedeutende Aktinomykome des Euters durch Exstirpatiou geheilt und Fünfstück schälte aus der linken Euterhälfte einer Stute einen kinderkopfgroßen aktinomykotischen Tumor mit Heilerfolg heraus. Ingleichen wurde die Jodwirkung gegen die menschliche Aktinomy- kose vorteilhaft l)enUtzt; so wandte Baracz mit gutem Erfolge Injek- tionen von Tiuct. jodi so\vie von 25proz. Lösungen des Arg. nitricum an. Es kam dabei zur bindegewebigen Abgrenzung der Infektionsherde mit nachfolgender Degeneration und Resorption derselben. Morris wandte die Jodtherapie bei einer binnen öy^ Wochen entstandenen, um- fangreichen, exulzerierten Aktinomykosegeschwulst in der linken Wange einer 59jährigen Frau an; in vollen Dosen brachte das Jodkalium, an- fangs zu 0,6 — 1,0, weiterhin bis über 2,6 gr 3nuü täglich gegeben, rasche Besserung und Heilung; auch G(ji)Lee, Poncet & Berard, Tansini empfehlen Jodkalium in großen Dosen (bis zu 12 gr pro die). Dagegen sieht Lieblein wie Zurinka, Prutz, v. Bramann u. a. in diesem Mittel kein Specificum, aber doch ein mächtiges Heilmittel, welches anscheinend den Aktinomyces nicht ertötet, sondern es bringt den die Pilze bergenden Herd zur rascheren Einschmelzung; am günstigsten liegen dabei die Verhältnisse der Aktinomykose an Kopf und Hals, am ungünstigen l)ei Lungen- und Darmaktinomykose. Nach Lieblein er- hält Patient täglich 1 — 2 gr Jodkalium in Lösung oder Pulver, allmäh- lich wird die Dosis bis auf 3—5 gr pro die gesteigert; die erkrankten Körperpartieen werden mit in lOproz. Jodkaliundösung getränkten Kom- pressen bedeckt, wodurch starke Narbenbildung verhindert wird. Nach Abheilung wird das Jodkalium noch längere Zeit, im ganzen oft 100 — 300 gr und darüber verabreicht. Entgegen den Beobachtungen Nocards sprachen die Versuche Rajew- SKYs für eine baktericide Wirkung des Jodkaliums in Nährböden; ein Gehalt ^on Yg % Jodkalium verursachte eine hemmende Wirkung auf Aktinomyceskulturen, welche bei 1/4 ?'^ noch deutlicher hervortrat; bei 1/2 % hörte jedes Wachstum auf, weshalb Rajewsky auf eine ähnliche Wirkung des Jodkaliunis im Körper schließt. Nach den bisherigen auffallend gegensätzlichen Erfahrungen der Jodtherapie bei Aktinomykose des Menschen und der Tiere wird es sich fragen, ob dieses Medikament nur auf gewisse Pilzvarietäten des Akti- nomyces abtötend wirkt, während dasselbe andere Varietäten des Akti- nomyces nicht beeinflusst. Litter atiir. Abee, Drei Fälle von Aktinomykose. Beiträge von Ziegler, Bd. 22, 1897. AcLAND, Etiology and Pathology of Aktinomykosis. Pathological society of Lon- don. The Lancet, 1SS6, May 22, p. 973. Af ANASSJEFF, Tageblatt des 3. Kongr. russ. Aerzte, Petersburg 1889, Nr. 2 und G. — Ders. , Petersburger medicin. 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Abdecker Milzbranderkrankung der 63 Aborte Typhnsverbreitung durch 297 Abschwächungsmethoden der Milz- brandvirulenz 37 Abszesse durch Bact. coli 450 durch Paratyphusbazillen 282 durch Trichomyceten 840—847 durch Tuberkeibazillen 115 durch Typhusbazillen 265 — 266 A e h r e n , Aktinomyces - Uebertragung durch 880—882 Aethylidendiamin bei Fleischvergif- tungen 666. Aetzkalk Wirkung auf Tetanusgift 595 Pestbazillen 500 Affen Empfänglichkeit für Bac. botulinus 670. 675. 681 Diphtheriebazillen 784 Nekrosebazillen 694. 696 Pestbazillen 509 Streptotricheen 840 Agar Wachstum des Aktinomycespilzes 873—874. 877 Bac. botulinus 671 Bac. oedemat. malign. 627 Bac. plurisept. 563 Bact. coli 346 Bradsotbacillus 689—690 Diphtheriebacillus 768 Dysenteriebacillus 318. 321 Hiihnercholerabacillus 545 Milzbrandbacillus 18 Pestbacillus 485—487 Eauschbrandbacillus 606 Eotzbacillus 728 Tetanusbacillus 571 Typhusbacillus 209 Agar-Gelatine-G-emische für Ty- phusbazillen und Bact. coli 242. 379 Agarserum für Pestbazillen 491 für Bac. oedemat. malign. 626 Agglutination des Bact. coli 413. 418. 424. 426. 433-437. 443. 447. der Bakterien der Fleischvergiftungen 652—660. 664 des Diphtheriebacillus 829 des Dysenteriebacillus 311. 315. 320. 323. 325 [Agglutination] "des Pestbacillus 525—526. 532 des Typhusbacillus 207. 226—227. 253 Aktinomyces jiilz Biologie 853. 872-877 Drusenbildung 870—872 Fadenbildung" 864. 867—870 Färbung 868—869 Keulenbildung 864 — 867 Kultur 853. 872—877 Morphologie 583. 862—872 Eesistenz 877 Sporenbildung 867. 869. 872 Tierpathogenität 877—879 Uebertragung 879—885 Verbreitung im Gewebe 879 Aktinomykose Aetiologie 879—884 Epidemieen 885—887 Geschichtliches 861 Kontagiosität 884 Lokalisation 907—909 Mischinfektion bei 888 Pathogenese 887—889 Prophylaxe 909 Sektionsbefund bei Menschen 889— 894 Sektionsbefund bei Tieren 894—907 Therapie 909—911 Uebertragung 879—885 AI an in zu Tuberkelbazillen-Nährböden 105 Alaunhämatoxyliu zur Tuberkulose- schnittfärbung 97 Aldehyde für Tuberkelbazillenfärbung 91 Allgemeinerkrankung durch Aktinomycespilz 908 durch Diphtheriebazillen 801 durch Typhusbazillen bei Menschen 272—275, bei Tieren 233—234 Alkaleszenz- Anforderungen des Bac. botulinus 672 des Bradsotbacillus 690 des Diphtheriebacillus 767 des Dysenteriebacillus 317 des Pestbacillus 484—485 des Typhusbacillus 209 des Eotzbacillus 727 Alkali- Albuminatagar als Nährboden für Diphtheriebazillen 769. für Milzbrandbazillen 16 Alkali bildung durch Bact. coli 370. 380 *) Bearbeitet von Stabsarzt Dr. Hetsch. 920 Sachregister. Alkalien Wirkung auf Bact. coli 386 Tetanusgift 595 Alkohol Einfluss auf Milzbrandem- pfänglichkeit 45 Wirkung auf Dysenteriebacillus 319 Wirkung auf Tuberkelbacillus 109 Alkohol-Aetherextrakt des Tuberkel- bacillus 112 Alkoholfestigkeit des Tuberkel- bacillus 89. 95 der tuberkuloseähnl. Bakt. 123 Alkoholismus iu Beziehung zur Tu- berkulose 159 Allantiasis s. Botulismus Alter Einfluss auf Tuberkulosestatistik 163 Ammoniakbildung durch Bact. coli 347. 364. 411 Ammonium kohlensaures zu Tuberkel- bazillen-Nährbüden 105 schleimsaures zu Tnberkelbazillen- Nährböden 105 schwefelsaures zur Fällung von Te- tanusgift 590 Amöben als Euhrerreger 310 Amygdalin-Bouillon Wachstum des Tj^phusbacillus und des Bact. coli comm. 221. 377 Amylalkohol bei Indolreaktion 211 Angina durch Typhusbazillen 261 Anilin salzsaures zur Tuberkelbazillen- färbung 91 A n i 1 i n f a r b s 1 0 f f e zu Typhusnähr- böden 223 Anilinwasserfuchsin zur Färbung von Tuberkelbazillen 89. 96 von Milzbrandkapseln 11 von Milzbrandsporen 23 Anilinwasser -Gentianaviolettzur Färbung von Tuberkelbazillen 89. 96 Anleitung für die bakteriologische Feststellung der Pestfälle 529 bis 532 Anreicherungsverfahren für Tuberkelbazillen 103—104 für Tj^phusbazillen 285-286. 288 - 289 Anstrengungen in Beziehung zur Tuberkulose 159 Antagonism us gegen Milzbrandbacillus 32 gegen Bact. coli comm. 383 Antilope Empfänglichkeit für Nekrose- bazillen 694. ti97 Anthracin 52 Anthrax s. Milzbrand Antiseptica Wirkung auf Bact. coli comm. 387 — 388 Diphtheriebacillus 779 Dysenteriebacillus 319 Milzbrandbacillus 31. 39. 42 Pestbacillus 499 Rotzbacillus 738—743 Tuberkelbacillus 109 Anweisung zur Entnahme und Ver- sendung pestverdächtigen Ma- terials 527—529 Apfelsäure Einfluss des Diphtherie- bacillus auf 770 Arabinose Wirkung des Tj'phusbacillus auf 217 des Bact. coli comm. 349. 410 Arachidinsäure im Tuberkelbacillus 112 Arctomys bobac Festerkrankung des b33 Argentum nitricum Wirkung auf Diphtheriebazillen 779 Milzbrandbazillen 31 Arsen ige Säure zu Typhusnährböden 221 Arsen säure Wirkung auf Bact. coli comm. 387 Artischocken Nährböden für Typhus- bazillen und Bact. coli comm. 218. 378 Asche des Tuberkelbacillus 112. 114 für Typhusnährböden 104 Ascobacterium luteum 731 Asparagin zu Nährböden für Tuberkelbazillen 105 für Typhusbazillen 214 Asporogenität des Milzbrandbacillus 25-27 Atmida Ibumosen imTuberkelbac. 113 Auge Veränderungen bei Rotz 719 Augenbindehaut s. Conjunctiva Augenkammer Impfung von Milzbrandbazilleu in 47 Tuberkelbazillen in 167 Ausscheidung des Dysenteriebac. 329 des Milzbrandbacillus 56 — 59 des Pestbacillus 521. 525. 535 des Eotzbacillus 748 des Typhusbacillus 293 Austern Verbreitung von Typhusbazillen 304 Bakt. der Gruppe des Bact. enteri- tidis 662 Austrocknung Resistenz gegen des Aktinomycespilzes 877 des Bact. coli comm. 385 des Diphtheriebacillus 778 des Dysenteriebacillus 319 des Pestbacillus 495—497 des Rotzbacillus 736 des Tuberkelbacillus 107 A US w u r f Kultur von Tuberkelbazillen aus 100 Nachweis v. Tuberkelbazillen im 87 Nachweis v. säurefesten Bakt. im 94 zu Nährböden für Tuberkelbazillen 105 Verbreitung von Leprabazillen 186 Verbreitung von Typhusbazillen 294 Autoinfektion dxircli B.coli comm. 425 13 B a b e s - Ernstsche Körperchen im Bact. coli comm. 341 Sachregister. 921 [Babes-Ei-Dstsche Körperchen] im Diphtheriebacillus 774—775 im Milzbrandbacillus 42 Bacillus acidophilus 336. 340 Aertryck 657. 659. 661 anthracis s. Milzbrandbacillus anthracoides 70 avisepticus s. Hühnercbolerabacillus bifidus communis 336 botulinus Biologie 669. 671 Fadenbildung 671 Färbung 671 Gasbildung 671 Geii3eln 671 Kultur 671 Morphologie 671 Resistenz 672 Sporen 672. 676 Symbiose 680 Tierpathogenität 669 — 670. 673 bis 676 Toxinbildung 670. 678 Vorkommen 680 bovisepticus 562 Bremensis febris gastricae 225. 279. 283. 662 Breslaviensis Friedebergensis 283 celluloformans bei Fleischvergiftun- gen 667 euuiculosepticus 562 diphtheriae s. Diphtheriebacillus dysenteriae s. Dyseuteriebacillus emphysematosus 635 enteritidis s. Bacterium enterit. faecalis alcaligenes 219. 222. 224. 407. 663 Differentialdiagnose gegen Ty- phusbacillus 208. 212. 214. 216. 217. 238 fluorescens liquefaciens als Antago- nist des Milzbrandbacillus .33 der Geflügeltuberkulose 127—129 lactis aerogeues 335. 407 lactis innocuus 407 leprae s. Leprabacillus mallei s. Rotzbacillus morbificans bovis 283. 659. 660 n^cÄ°r^ 1 »• NebosebaeiU.. »0« (Gwyn) 283 oedematis aerogenes 635 oedematis maligni Eigenbewegung 628 Fadenbildung 626. 634 Färbung 628 Gasbildung 627-628 Geißeln 628 lufektionsarten 629—632 Morphologie 626 Sporenbildung 626. 628 Tierpathogenität 622—624. 628 Toxinbildung 634 Verbreitung im Organismus 633 Virulenz 634 Vorkommen 624 Züchtung 626—628 [Bacillus] oedematis sporogenes 635 oedematis thermophilus 617 Paratyphi s. Paratyphusbac. phosphorescens als Antagonist des Milzbrandbacillus 33 plurisepticus Indolbildung 564 Kultur 563 Morphologie 563 Pathogenität 564 pneumoniae (Friedländer) als Anta- gonist des Milzbrandbacillus 33 prodigiosus als Antagonist des Milz- brandbacillus 33 Proteus bei Fleischvergiftungen 667 pseudantbracis 70 putrificus coli .334 der Rindertuberkulose s. Perlsucht- bacillns sarcophysematos bovis s. Rausch- brandbacillus sessilis 70 spermigenus 106 suisepticus 562 tetani s. Tetanusbacillus tuberculosis s. Tuberkelbacillus typhi s. Typhusbacillus vitulisepticus 562 Bacterium coli anaerogenes 407. 415 coli anindolicum 407 coli commune Alkalibildung 370. 380 Ammoniakbildung 347. 364 Antagonismus 383 Babes-Ernstsche Körperchen 341 Beweglichkeit 341—343. 404 Biologie .349-402 Degenerationsformen 338 Fadenbildung 341. 404. 426 Farbstoffbildung 381 Färbung 339-340 (Tasbildung 346. 354-360 Geii3elu 343. 404 Geruchstoffbildung 381 Indolbildung 361. 380. 404 Involutionsformen 338 — 339 Isolierungsmethoden 402 Kapseln 339. 340 Kettenbildung 341. 404 Keulenformen 339 Kohlensäureausscheidung 382 Kürnungen 338 als Kranklieitserreger beim Men- schen 423 — 454 Kulturelles Verhalten 344-348.404 Merkaptanbildung 364 Mischinfektion bei Typhus 277 bis 278 Morphologie 337-343. 404. 409 Polkörper 338 Reduktionswirkungen 372 Resistenz 385—390 Säurebilduug 351-360. 370 Sporenbilduug 338—339 Struktur 340. 409 Tierpathogenität 390—400 Toxinbildung 381. 418. 430 922 Sachregister. [Bact. coli commune] Umzüchtun^ 403 Vakuolen 338 Variabilität 402-409 Virulenz 390—400. 426—427 Vorkommen im menschl. Körper 335-337. 401. 412—422 außerhalb des Darmkanals 400 bei Diarrhöen 419 im Säuglingsstuhl 335 Wachstum anai'robes 380 auf nährstoffarmen Substraten 388 auf spezifischen Nährböden 376 bis 380. 412 Wachstumsbedingungen 385 Wirkung auf Fettsubstanzen 370 auf native Eiweißkörper 364. 411 auf Stickstoffsubstanzen 361 bis 370 auf stickstofffreie organ. Säu- ren 360 im normalen Darm 417—419 bei Fleischvergiftungen 658. 667 Zuckervergärung 357. 410 "coloides rubescens 1 .on-, coloides virescens J faecalis alcaligenes 219. 222. 224 Dift'erentialdiagnose gegen Ty- phusbazillen 208. 212. 214. 216. 217. 238 lactis aerogenes 335. 407 enteritidis und dessen Gruppe in Beziehung zu Bae. tjphi und Bact. coli comm. 658. 660 in Beziehung zu anderen Bakt. 659 Biologie 640. 650 Differentialdiagnose gegen Ty- phus 216. 217. 225 Fleischvergiftungen durch 639 bis 650 Gasbildung 640. 650 Geißeln 650 Indolbildung 640. 650 Kultur 650 Morphologie 640. 650 Serodiagnostik 652 — 660 Tierpathogenität 651 Toxinbildung 640. 651 Uebertragung 661 — 663 Virulenz 651 pluricidum s. Bac. plurisepticus sanguinarium 555 Bade Wasser Typhusverbreitung durch 300—303 Bakteriämieen der Vögel 546. 555 Bakterien coliforme 406 Bakteriolyse bei Dysenterie 328. bei Typhus 206. 226—228. 253 Bakteriurie durch Bact. coli comm. 442—449 durch Typhusbaz. 254—259. 294 Bambusform des Milzbrandbacillus 9 Barsiekow scher Nährboden für Dysenteriebazillen 216. 324 für Typhusbazillen 216 Bazillen koloide 406 Bazillenembolieen bei Lepra 195 Bazillenträger bei Dysenterie 330 bei Typhus 295 Beizen f Färbung von Eotzbazillen 724 Bekämpfung der Dysenterie 331 Belastung erbliche^ für Tuberkulose 156—158 Benzol Wirkung auf Diphtheriebazillen 779 Beruf Einfluss auf Tuberkulose - Sta- tistik 162—163 Beschneidung Tuberkulose-Uebertra- gung durch 172 Beulenpest s. Pest. Biederts Sedimentierungs-Verfahren f. T. B.-Sputum 87 Bierwürz-Gelatine für Bact. coli comm. u. Typhusbaz. 378 Bindegewebszellen fixe im Tuber- kel 119 Biologie des Aktinomycespilzes 853. 872-877 des Bac. botulinus 669 — 671 des Bact. coli comm. 349—402 des Bradsotbacillus 689 — 690 der Cladothrix 857 des Diphth.-Bac. 766—770 des Dysent.-Bac. 317 — 319 der Leptothrix 858 des Pestbacillus 484—492 der Streptotricheen 836—849. 854 bis 857 des Tetanusbacillus 571 — 573 des Tuberkelbacillus 106—110 des Typhusbacillus 209—217 Birnensaft als Nährboden für Milz- brandbazillen 16 Bismarckbraun zur Tuberkelbazillen- färbung 90 Bleu soluble für Typhusnährböden 220 Blindschleichentuberkulose 130 Blut Leprabazillen im 189 Pestbazillen im 521. 525 Milzbrandbazillen im 55 — 56 Rotzbazillen im 747 Typhusbazillen im 249—251. 261 als Nährboden f. Rauschbrandbaz. 607 Veränderungen bei Milzbrand 66 Blutagar für Diphtheriebaz. 768 Blutbouillon für Hühnercholerabaz. 545 für Rauschbrandbaz. 607 Blutserum Einfluss auf Bact. coli comm. 388 Einfluss auf Milzbrandbaz. 34 Nährboden für Aktinomycespilz 873 Bac. oedemat. malign. 628 Bact. coli comm. 346 Bradsotbaz. 689—690 Diphtheriebaz. 767 Hühnercholerabaz. 545 Milzbrandbaz. 19 Nekrosebaz. 701 Pestbaz. 491 Rauschbrandbaz. 607 Sachregister. 923 [Blutserum Nährboden für] Rotzbaz. 729 Tetanusbaz. 571 Tuberkelbaz. 100 Blutserumagar s. Serumagar Blutserumbouillon s. Serumbouillon Blutserumtherapie s. Serumtherapie Blutungen b. Pest 521. 527 Boden Milzbrandverhreitung durch 59 bis 60 Tvphusverbreitung durch 291 — 293. 305 Bohnen Aktinomyces-Uebertragung durch 881 Bouillon als Nährboden für Aktinomycespilz. 874 Bac. oedemat. mal. 627 Bact. enteritidis 650 Bact. coli comm. 348 Bradsotbazill. 689. Diphtheriebaz. 768 Dysenteriebaz. 318 Hühnercholerabaz. 545 Milzbrandbaz. 17 Pestbaz. 490 Eauschbrandbaz. 607 Rotzbaz. 727 Tetanusbaz. 571 Typhusbaz. 211. 215. 223 B 0 r f u c h s i n zur Tuberkelbaz. - Fär - bung 91 Borsäure Wirkung auf Diphtheriebaz. 779 Rotzbaz. 741 Botulismus Aetiologie 668—669 Klin. Verlauf 668 Pathologie 679 Prophylaxe 681 Therapie 681 Brandmauke d. Pferde 694. 705 Bradsot Aehnlichkeit mit Rauschbrand 617 Pathogenese u. pathol. Anat. 686—688 Bradsotbacillus Beweglichkeit 689 Biologie 689—690 Fadenbildung 689 Gasbildung 688. 689 Geißeln 689 Kultur 689—690 Morphologie 688 Resistenz 690 Säurebildung 690 Sporenbildung 689 Tierpathogenität 688 Toxinbildung 691 Virulenz 688 Vorkommen 691 Wirkungsweise 691 Brom Wirkung auf Diphtheriebac. 779 Bronchialdriisen Tuberkulose der 150. 173 Bronchitis durch Aktinomyces 891 durch Pestbaz. 522 i durch Tuberkelbaz. 169 durch säurefeste Bakt. 94 Bronchopneumonie durch Diphthe- riebaz. 805 Brunnen Dysenterieverbreitung durch 329 Typhus Verbreitung durch 297 — 299 Bubonenb. Pest des Menschen 520—521 b. Pest der Tiere 502. 504. 506 Punktion derselben z. Frühdiagnose 507. 524 Büffelseuche 562 Bürstenfabriken Milzbrandverbrei- tung durch 63 Butter Typhusverbreitung durch 305 Untersuchung auf Tuberkelbaz. 138 Butterbazillen säurefeste 124 Butterbouillon als Nährboden für Pestbaz. 490 Butter säure Eiufluss auf Tetanusgift 595 C C a 1 c i u m c h 1 0 r i d Einfluss aufMilzbrand- sporenbildg. 21 Cambiersche Method e der Typhusbaz. - Isolierung 289 Capaldi-Proskauerscher Nährboden für Typhusbaz. 214. 237 Carasquillas Lepraserum 200 CelloTdin zur Einbettung f. Tuberku- loseorgane 97 Cellulose im Tuberkelbacillus 114 Chemie des Milzbrandbacillus 23 des Rotzbacillus 723 des Tetanusgiftes 598 des Titberkelbacillus 112—115 Chemikalien Einfluss auf Bact. coli comm. 386 Diphtheriebaz. 779 Dysenteriebaz. 319 Hühnercholerabaz. 554 Milzbrandbaz. 31. 39. 42 Pestbaz. 499-501 Rotzbaz. 738—743 Tetannsgift 595 Tuberkelbaz. 109-110 Chemotaxis bei Bradsot 691 bei malign. Oedem 631 bei Rauschbrand 613. 615 Chitin im Tuberkelbacillus 114 Chlor Wirkung auf Diphtheriebaz. 779 Milzbrandbaz. 31 Rotzbaz. 738. 739 Chloralhj^drat Wirkung auf Milz- brandempfänglichUeit 45 Chlorkalk Wirkung auf Hühnercholerabaz. 554 Milzbrandbaz. 31 Pestbaz. 500 Rotzbaz. 738. 741. C h 1 o r o f o r m-Aether-Narkose Einfluss auf Milzbrandempfänglich- keit 45 C h 1 o r o f o r m-Fuchsin zur Tuberkelbazillenfärbung 91 924 Sachregister. Chlor zink Wirkung auf Hühnercholerabaz. 554 Milzbrandbaz. 31 Cholecystitis durch Typhusbazillen 259—260 Cholerabacillns als Antagonist des Milzbrandbac. 33 Cholera nostras durch Bakt. d. Coli- Gruppe 431 Chromatin im Milzbrandbac. 12. 22 Chromsäure b. Milzbrandsporenfbg. 23 Chronischer Verlauf der Diphtherie 803 der Pest 504. 506. 508 Cladothrix asteroides 841. 857 canis 838 farcinica 857 liquefaciens 842 Züchtung 857 Clostridium foetidum lactis 625 sarcophysematos bovis s. Rauschbrandbacillus Cl os tri dium formen des Rauschbrand- bacillus 604. 608 Coccobacillus pseudoactinomycosis pleomorphus 839 suinnm b. Fleisclivergiftungen 648 Colibazillosen 424—454 Serodiagnostik bei 426. 433. 434. 436. 437. 443. 447 Colicolitis 425. 434 Colicystitis 426. 442-449 Coligruppe Bakterien der 405. 412 als Krankheitserreger 423—454 s. auch »Bact. coli comm.« Coliseptikämie 427—430 Colitis contagiosa durch Bakt. der Coligruppe 434—437 Conjunctiva als Eintrittspforte des Diphtheriebacillus 807 Milzbrandbacillus 47 Pestbacillus 503. 508 Rotzbacillus 745 Cornea als Eintrittspforte des Milzbrandbacillus 47 Curare Einfluss auf Milzbrandempfäng- lichkeit 45 Cy an -Goldverbindungen Einfluss auf Tuberkelbacillus lio C y s t i t i s durch Bm ct. coli comm. 442—449 Paratyphusl)acillus 282 Typhusbacillus 255. 256. 295 Czaplewskis Tuberkelbazillenfärb. 95 Dampf Einfl. auf Tetauussporen 573 Darm als Eintrittspforte des Aktinomycespilzes 883. 892 Dysenteriebacillus 312 Leprabac. 188 Milzbrandbacillus 47. 61 Nekrosebacillus 697 Rotzbacillus 745 Tuberkelbacillus 168 [Darm] Typhusbacillus 268 Bact. coli im normalen 412—419 Durchgängigkeit f. Bact. coli comm. 420 Darmausleerung s. Faeces Darmblutungen bei Dysenterie 314. Darmentzündung infektiöse der Käl- ber in Beziehung zu Fleisch- vergiftungen 661 Darminhalt s. Faeces Darminkar zeration Verhalten des Bact. coli comm. bei 421 Darmmilzbrand des Menschen 63. 65. 67 Darmpest 502. 505. 508. 523 Darmsaft Einfluss des Bact. coli comm. auf 388 Darmtuberkulose primäre des Men- schen 135. 136 Dauer form des Rotzbacillus 723 s. auch »Sporen« Degeneration parenchj-matöse d. inn. Organe b. Pest 521 Degenerationsformen des Bact. coli comm. 338 Leprabacillus 184. 200 Milzbrandbacillus 15 Pestbacillus 478. 479. 487 Rotzbacillus 720. 722 Tuberkelbacillus 81. 89 s. auch Involutionsformen Desinf icientia Wirkung auf Bact. coli comm. 387 — 388 Diphtheriebac. 779 Dysenteriebac. 319 Milzbrandbac. Wachstum 31. 42 Virulenz 39 Pestbac. 499 Rotzbac. 738—743 Tuberkelbac. 109 Dextrinserum Nährboden f. Diphthe- riebaz. 768 Dextrose Veränderung durch Pestbaz. 490 Rauschbrandbaz. 608 Typhusbaz. 215. 242 Diabetes in Beziehung zur Tuberku- lose 159 Diagnose der Dysenterie 315 des Milzbrand 67—70 der Pest 524—527 Diarrhöen Bact. coli comm. bei 419 durch Bact. coli comm. 430 durch Dysenteriebac. 320. 326 durch Typhusbac. 231. 235 Dichotomie echte und unechte b. Tri- chomj'ceten 832 Differentialdiagnose zwischen Dy- senteriebac. u. älmlichen B. 323—326 zwischen Typhusbac. u. ähnlichen B. 224-228 zwischen Typhusbac. u. Bact. coli comm. 376 — 380 Sachregister. 925 Digestionsappar at Tuberkulose des 167. 168 Diplokokken Mischinfektion bei Tu- berkulose 176 Diphtherie Bekämpfung 818-823 chronischer Verlauf 803 Diagnose 810—813 Disposition 816 des Geflügels durch Nekrosebaz. 696 Geschichtliches 754—764 der Kälber durch Nekrosebaz. 693 Klinische Erscheinungen 800 — 810 Komplikation m. Scharlach 809 larvierte Fälle 780—781 Mischinfektion bei 782 Schutzimpfung 821 Sektionsbefund 785. 786 septikämische 802 Diphtheriebacillus Babes-Ernstsche Körperchen 774 — 775 Beweglichkeit 772 Biologie 766 — 770 Eintrittspforten 804—809 Färbung 772—775 Fundort im Körper 761. 792 Gift 793—799 Kultur 766—772 Mischinfektion bei Tuberkulose 176 Morphologie 764 — 765. 776 Nitratbildung 770 Polfärbung 765 Resistenz 777—780 Riesenwuchsformeu 776 Säurebilduug 770 Sporenbildung 765 Tierpathogenität 783—793 Uebertragung 778. 813—816 Unterschied gegen Pseudodiphtherie- baz. 826—829 Virulenz 778. 780. 781 Vorkommen bei Gesunden 815 Wirkung im menschl. Organismus 800-810 Diphtheriegift 793-799 Diphtheriemembran b. Mensch. 762. 791. 801-809 im Tierexperiment 787 Disaccharide für Typhusnährböden 215 Disposition für Diphtherie 816 Dysenterie 331 Milzbrand 35—36. 42—46 Tuberkulose, hereditäre 156—158 erworbene 158 — 160 s. auch unter »Tierpathogenität« D r e y e r s Tuberkelbazillen - Schnittfär- bung 98 V. Dr i g a 1 s k i s Nährboden für Dysenterie- bazillen 318 Herstellung 321 V. Drigalski- Conradischer Nährboden, Wachstum der Bakt. d. Gruppe des Bact. enteritidis 651 des Typhusbacillus 243. 288 Druck Wirkung auf Bact. coli comm. 386 [Druck Wirkung auf Milzbrandbac. -Wachstum 30 Milzbrandbac. -Virulenz 39 Drusen bei Aktinomykose 870—872 Drüsen Veränderungen bei Pest (Mensch 520-521 Tierexperiment) 502. 504. 506 Drüsen tuberkulöse Entstehung 150 latente 150 primäre d. Mesenterialdr. 135-136 Dulcit Wirkung des B. c. c. auf 349 D u r c h s c h n e i du n g von Nerven zur Re- sistenz-Steigerung der Tiere gegen Milzbrand 43 des Rückenmarks, Einfluss auf Milz- brandempfänglichkeit 45 Durst Einfluss auf Milzbrandempfäng- lichkeit 44 Dysenterie Aetiologie 315 — 316 Amöben bei 310 Bekämpfung 331 chronischer Verlauf 314 Diagnose 315 Disposition 331 Epidemiologie 329 — 331 Geschichtliches 309-312 der Hühner und Puten 555 Inkubationszeit 313 Klinischer Verlauf 313 Komplikation mit Typhus 315 Pathologische Anatomie 312 Prognose 315 Prophylaxe 331 Rezidive 314. 319 Serumbehandlung 328 Streptotricheen bei 850 Therapie 314. 328 Dysenteriebacillus Aetiolog. Bedeutung 315 — 316 Agglutination 311. 315. 320. 323 Ausscheidung 329 Beweglichkeit 316 Bildung von Schutzstoften durch 328 Biologie 317—319 Ditferentialdiagnose gegen ähnl. B. 323—326 gegen Typhusbacillus 226 Fadenbildung 316 Färbung 317 Geißeln 316 Indolbildunff 318 Involutionsformen 316 Kerne desselben 317 Kultur 317—319 Morphologie 316 Nachweis 321 Piacentare Uebertragung 316 Polfärbung 317 Resistenz 319 Säurebildung 318 Sporenbildung 316 Tierpathogenität 326—328 Toxinbildung 327—328 Uebertragung 329 — 331 Verbreitung 329 Verhalten im Tierkörper 326 926 Sachregister. E Eau de Javelle zur Tuberkelbazillen- färbung 91 Ehrlichs Färbung für Tuberkelbazillen 89 Tuberkelschnitte 96. 98 E i c h h ü r n c h e n Empfänglichkeit für Pest 509 Eidechsen Empfänglichkeit für Pest 512 Eier Hühnercholerabazillen in 553 zu Nährböden für Aktinomyces 873. 876 Diphtheriebazillen 770 Rotzbazillen 733 Wirkung auf Milzbrandbazillen 34 Eigelbagar als Nährboden für Milz- brandbazillen 16 Eigenbewegung des Bac. oedemat. malign. 628 Bact. coli comm. 341—343 in Beziehg. z. Virulenz 400 der Bakterien der Gruppe des Bact. enteritidis 650 des Bradsotbacillus 689 Cladothrix 857 Diphtheriebacillus 772 Dysenteriebacillus 316 Hühnercholerabac. 544 Nekrosebacillus 700 Pestbac. 483 Rauschbrandbacillus 604 Rotzbacillus 723 der Streptotricheen 845. 850. 854—857 des Tetanusbacillus 569 Tuberkelbacillus 106 Typhusbacillus 208 Einengungs verfahren für Sputum- untersuchnng auf Tuberkel- bazillen 87. 88 Einpökeln des Fleisches, Einfluss auf Milzbrandbacillus 31 Eintrittspforten des Bac. oedemat. malign. 620. 629 Diphtheriebacillus 804—809 Pestbacillus 502—509. 523 Rotzbacillus 743—746 Eintrocknung Resistenz gegen Aktinomyces 877 Bact. coli comm. 385 Diphtheriebacillus 778 Dysenteriebacillus 319 Pestbacillus 495-497 Rotzbacillus 7.36 Tuberkelbacillus 107 E i s Dysenterieverbreitung durch 330 Typhusverbreitung durch 203 Eisenbahn Tuberkuloseverbreitung durch 144 Eisessig bei Tuberkelbazillenfärbung 95 Eiter Haltbarkeit der Pestbazillen im 494. 496. 497 Nachweis der Pestbazillen im 524. 525 der Tuberkelbazillen im 88 Eiterungen durch Bakt. d. Coliffruppe 428. 449 metastatische durch Typhusbazillen 262—266 E i w e i ß f r e i e Nährböden. Wachstum des Bact. coli comm. 376. 388 Diphtheriebacillus 769 Tuberkelbacillus 105 Eiweißharn als Nährboden f. Milz- brandbazillen 16 Eiweißkörper native Wirkung des Bact. coli comm. auf 364. 411 Elektrischer Strom Wirkung auf Bact. coli comm. 386 Milzbrandbac. 30 Elefant Aktinomykose bei 904 Empfänglichkeit s. Disposition Empyem durch Bact. coli comm. 452 Typhusbac. 260 Endocarditis durch Bakt. der Coli- gruppe 453. Enten Empfänglichkeit für Hühnercholera 546 malignes Oedem 629 Milzbrand 36 Pest 511 Rauschbrand 610 Entencholera 556 Entfettung bei Taberkelbazillenfär- bung 96 Enteritis follicularis durch Bakt. der Coligruppe 434—437 infektiöse der Hühner 555 Streptotricheen bei 850 Enterocolitis dysenteriformis durch Bakt. d. Coligruppe 434-437 Entnahme pestverdächtigen Materials 528-530 Entzündungen durch Bakt. der Coligruppe 437 Typhusbazillen 262—266 Eos in zur Aktinomycesfärbung 869 zur Tuberkelbazillenschnittfärbung 98 Epidemiologie der Dysenterie 329 — 331 Pest 532—538 des Typhus 291—307 Epidermis Leprabazillen in der 186 Epitheloidzellen im Tuberkel 119 Epizootien des Geflügels s. Hühner- cholera Erblichkeit s. Vererbung Erdbazillen Pathogenität der 617 Erdboden Haltbarkeit der Pestbaz. im 495 der Typhusbaz. im 290 Uebertragung des Aktinomyces 882 des Bac. oedemat. malign. 624 des Bac. plurisept. 563 des Hühnercholerabac. 548 des Tetanusbac. 575. 586. 587 des Typhusbac. 305 Erhitzung s. Hitze Erisypelo'id Cladothrix bei 837 Sachregister. 927 Erkältung Einfluss auf Milzbrand- empfüDglichkeit 44 Ermüdung Einfluss auf Milzbrand- empfiiüglichkeit 44 Ernährung Einfluss auf Milzbrand- empfänglichkeit 44 Erweichung bei Tuberkel 122 bei Perlsuchtknoten 131 E r y t h r i t Wirkung Bact. coli comm. 349 Esel Empfänglichkeit für malign. Oedem 629 Rotz 711 Streptotricheen 838—839 Tetanus 582 E s sge s eh i r r e Diphterieübertragung durch 814 Essigsäure Resistenz des Pestbac. gegen 500 Einfl. auf Tetanusgift 595 Essigsäure-Tropäolin z. Färbung von Rotzb. 725. 726 E SS waren Typhusverbreitung durch 304—305 Euter-Aktinomykose 900. 901. 903 -Tuberkulose Einfl. auf Milch 139 Exanthem bei Lepra 193 bei Typhus s. Roseolen Exkremente s. Faeces Exsudate Nachweis der Tuberkelbaz. im 88 F Fadenbildung Aktinomyces 864. 867 bis 870 Bac. botulini 671 Bac. oedemat. mal. 626. 634 Bact. coli comm. 341. 404. 426 des Bac. der Geflügeltnberkulose 127 des Bradsotbac. 689 des Dysenteriebac. 316 des Milzbrandbac. 14. 17. 40 des Nekrosebac. 699 des Pestbac. 479. 486. 489. des Rauschbrandbac. 608 des Rotzbac. 721 des Tetanusbac. Ö69 des Tuberkelbac. 83. 84 tuberkuloseähnl. Bakt. 123 des Typhusbac. 208 Faeces Haltbarkeit der Pestbaz. in 494 Nachweis v. Dysenteriebaz. in 321 Tuberkelbaz. in 88 Typhusbaz. in 235—240 Uebertragung durch F. bei Dysenterie 329—330 Hühnercholera 547 malign. Oedem 629 Milzbrand 57. 60 Nekrosebaz. 706 Pest 510. 511. 521. 525. 535 Rotz 748 Typhus 293. 298 Färbung von Aktinomyces 868—869 Bac. oedemat. maliorn. 628 [Färbung von] Bact. enteritidis 640. 650 nach Gram 640. 650 Bact. coli comm. 339. 340 nach Gram 340 Diphteriebacillus 772 — 775 nach Escherich, Gram. Weigert 774 nach Neisser, Rous 775 Dyseuteriebacillus 317 Hühnercholerabacillus 544 Leprabacillus 93. 182 in Schnitten 93. 182 Milzbrandbacillus 8 nach Gram 13 dessen Kapsel 10—13 dessen Sporen 2.3 — 24 in Schnitten 50 Nekrosebacillus 702 Pestbacillus 480—482 nach Gram 481 nach Neisser 482 dessen Kapsel 482 nach Romanowsky 480 — 481 in Schnitten 481 Rauschbrandbac. 604 Rotzbac. 724—727 in Schnitten (25—727 Streptotricheen 838 in Schnitten 842 Tuberkelbacillus 89—96 in Schnitten 96-99 Typhusbaciüus 208 Familieninfektionen bei Tuberku- lose 148 Farbgemisch Nöggerathsches zu Typhusnährböden 220 Farbstoffbildung des Aktinomyc. 583 Bact. coli comm. 381 Cladothrix 857 Leptothrix 858 Streptotricheen 836-849. 854—857 Farbstoffe Veränderung durch Bact. coli comm. 372 Typhusbac. 219—221 Fasanen-Seuche 556 -Tuberkulose 127 Fäulnis Einfluss auf Milzbrandbazillen 33 Pestbazillen 493 Tuberkelbazillen 107. 108 Fermente des Milzbrandbacillus 19 des Tuberkelbacillus 115 Ferrum reductum zu Tuberkelbazillen- nährböden 104 Fett im Tuberkelbacillus 112 Fettsäuren im Tuberkelbacillus 112 Fettsubstanzen Verhalten des Bact. coli comm. 370 Feuchtigkeit Rolle b. Tuberkulose- verbreitung durch Sputum 143 Feuchtigkeitsanforderungen dfes Pestbacillus 484 Fieber durch Tuberkelbaz. 116 bei Tuberkulosemischinfektion 177 Filter Undichtigkeit als Ursache v. Typhusepidemieen 303 928 Sachregister. Fi sehe Empfänglichkeit für Bacbotnlin. G76 Tuberkulose der 129 Verbreitung d. Bakt. d. Gruppe des Bact. enteritidis durch 662 Fixierungsmethoden für tuberkul. Gewebe 96 F I e i s c h zu Nährböden für Rauschbrand- baz. 607 Uebertragung von Perlsuchtbazillen durch 135. 140 Fleischbeschauer Milzbranderkran- kungen der 63 Fleischer Milzbranderkrankungen d. 63 Fleischextrakt zu Nährböden für Tuberkelbazillen 104 Fleischvergiftungen durch Bac. botulinus 667—682 durch Bact. coli comm., Proteus u.s.w. 665—667 durch Bakt. der Gruppe des Bact. enteritidis: klinisches Bild 639 Prophylaxe 663 Sektionsbefund 639 Serodiagnostik 652—657. 662 Therapie 664 Geschichtliches 637-6.38 Fliegen Übertragung d. Dysenterie d. 329 der Pest d. 512. 538 des Typhus d. 306 Flöhe Uebertragung der Pest d. 513. 538 Fl uoreszeTn-Alkohol zur Tuberkel- bazillenfärbung 91. 95 Fluoreszin als Zusatz zu Typhusnähr- böden 221 zur Milzbrandkapselfärbung 12 Fluorwasserstoff Einfluss auf Tu- berkelbazillen 110 Flüsse Dysenterieverbreitung d. 329 Typhusverbreitung d. 299 Fötale Infektion bei Milzbrand 57. 58 Tuberkulose 152 — 153 Formaldehyd Wirkung auf Bact. coli comm. 387 Diphteriebac. 779 Milzbrandbac. 31 Pestbac. 501 Rotzbac. 742 Tuberkelbac. 109 Tyi)husbac. 221 Formalinbouillon als Tvphnsnähr- boden 221 Formalin-Gentianaviolett zur Färbung V. Milzbrandkapseln 11 Formalin -Methylenblau zur Färbung von Rotzbazillen 724 Frauenmilch Einfl. atif B. c. c 412 Fremdkörpertuberkel 122 Frosch Empfänglichkeit für Botulis- mus 676 Fischtuberkulose 130 Milzbrand 36. 43. 44. 45 Pest 512 Rauschbrand 610 Tetanus 583 Froschblut Einfl. auf Milzbrandviru- lenz 39 Frosch lymp he Einfl. auf Milzbrand 34 Früchte Typhusverbreitung durch 305 F'ruktose s. Lävulose Fuchsin -Agar für Bact. coli comm. u. Typhusbacillus 218. 220. 221. 380 Fuchsingelatine für Typhusbacillus 218 Futter als Infektionsquelle für Bac. plurisepticus 564 Hühnercholera 548 mal. Oedem 624. 629 Milzbrand 47. 61 Pest 502. 505. 507 Rauschbrand 611 Tetanus 587 Tuberkulose 167 G a b b e t sehe Tuberkelbazillenfärbung 90 Gärung durch Bac. botulin. 671 Bact. coli comm. 356—360. 410 alkalische 371. 384 Bact. enteritidis 640. 650 Bradsotbacillus 689 Typhusbazillen u. ähnl. B. 213 Gärungstheorie v. Pasteur u. Nägeli 79. 291 Galaktose als Zusatz zu Typhusnähr- böden 214. 217 Wirkung des Bact. coli comm. auf 349 Galle Milzbrandbazillen in 57 Pestbazillen in 521 Rotzbazillen in 748 Typhusbazillen in 269 Wirkung des Bact. coli comm. auf 388 als Zusatz zu Typhusnährböden 222 Gallenblase Haltbarkeit der Typhus- bazillen in der 259 — 260 Gallensaure Salze als Zusatz zu Nähr- böden für Typhusbazillen 223 Gallenwege Erkrankungen derselben durch Bakterien derColigruppe 440 Galvanisch er Strom s. elektr. Strom Gans Empfänglichkeit für Hühnercho- lera 546 Milzbrand 36 Tetanus 582. 591 Gasbildung durch Bac. botulinus 671 Bac. oedemat. malign. 627. 628, 632 Bact. coli comm. 346. 354—360. 426 Bact. enteritidis 640. 650 Bradsotbacillus 688. 689 Nekrosebacillus 701 Rauschbrandbacillus 607 Tetanusbacillus 571 Typhusbacillus 213 Gas Phlegmone durch Bac. emphyse- matosus 635 Bac. oedemat. malign. 622. 632 Bact. coli comm. 449. Gastr omy cosis ovis 617 Sachregister. 929 Gebrauchsgegenstände Diphtherie- verbreitnng durch 778. 813. 814 Dysenterieverbreitung durch 329 Typh Iisverbreitung durch 296 Gebrauchswasser Tvphus Verbreitung durch 297. 303. 301 G e b u r t s r a u s c h b r a n d 623 Geflügel Empfänglichkeit für Diphtherie 787 Tetanus 582 Geflügel Cholera s. Hühnercholera G e f 1 ü ge l d i p h te r i e Nekrosebazillen bei 696 Uebertragbarkeit auf d. Menschen 817 G ef lü g e 1 tub e r k ulo s e 127—129 Gehirn zu Nährböden für Tuberkelbaz. 105 Gehirn abszesse durch Trichomyceten 810. 842 Gehirnbrei als Nährboden für Bradsotbazillen 690 Rauschbrandbazillen 607 Gehör gang Bact. coli coiniu. im 402 Geißeln bei Bac. oedemat. mal. 628 Bact. coli comm. 343. 404 Bact. enteritidis 650 Bradsotbacillus 689 Dysenteriebacillus 316 Ilühnercholerabacillus 544 Nekrosebacillus 700 Pestbacillus 483 Rauschbrandbacillus 605 Rotzbacillus 723 Tetanusbacillus 569 Typhusbacillus 208 Geißelfärbung SV erfahren van Er- mengems zur Darstellung der Milzbrandkapsel 12 Gelatine Wachstum des Aktinomyces 873—874 Bac. oedemat. nialign. 629 Bac. plurisept. 563 Bact. coli comm. 344. 378. 379. 404 Bact. enteritidis 650 Bradsotbacillus 689-690 Diphtheriebacillus 769 Dysenteriebacillus 318. 321 Hühnercholerabacillus 545 Milzbrandbacillus 17 Pestbac. 488-490 Rauschbrandbac. 606 Rotzbacillus 728 Tetanusbacillus 571 Typhusbacillus 209. 218. 222. 238. 240. 242. 243. 378. 379 Gelenkentzündungen bei Dysen- terie 314 dxirch Thyphusbac. 264 Gelenktuberkulose Entstehung d.150. 174 Gemüse Dysenterieverbreituug d. 330 Tetanusverbreitung durch 587 Typhusverbreitung durch 305. 306 Genital apparat Veränderungen bei Rotz 719 Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. II. Gentianaviolett zur Milzbrandkapsel- lärbung 10 Gerbereien Milzbrandübertragung durch 61. 63 Germinative Tuberkuloseübertragung 150—152 Gerste Aktinomykoseübertragung d. 881 Geruch von Bact. coli comm. -Kulturen 345. 347. 348. 364. 381 von Dysenteriebazillenkulturen 316 Geschlecht Einfluss auf Tuberkulose- statistik 164 Ges chlechts ver kehr Uebertragung von Tuberkulose durch 172 Getreide Haltbarkeit des Pestbacillus in 494 Uebertragung v. Aktinomyces 879 Uebertragung v. Pestbazillen 536 Giftbildung s. Toxinbildung Gift Wirkung s. Toxinwirkung Gips Zusatz zu Tuberkelbazillen-Nähr- böden 104 Globi= »Leprazellen« 180. 184. 187-190 Glukose s. Traubenzucker Gl yc er in im Tuberkulin 114 Wirkung des Bact. coli comm. auf 349 zu Pestbazillen-Nährböden 484. 487 zu Tuberkelbazillen-Nährböden 101 — 105 G 1 y c e r i n a g a r Wachstum des Aktinomyces 873 Diphtheriebac. 768 Miizbrandbac. 18 Pestbacillus 487 Tuberkelbac. 101 Glycerinbouillon Wachstum des Diphtheriebacillus 770 Tuberkelbacillus 102. 104 Glykoc holsau res Natron zu Typhus- baz. -Nährböden 218 GlykokoU zu Tuberkelbazillen-Nähr- büden 105 Goldfische Empfänglichkeit für Milz- brand 36 Gold salze Einfluss auf Tuberkelbazil- len 110 Gram sehe Färbung bei Aktinomyces 868 Bacillus botulinus 671 Bacillus oedematis maligni 628 des Bact. coli comm. 340 der Bakterien der Gruppe des Bact. enteritidis 640. 650 Diphtheriebacillus 774 Dysenteriebacillus 317. Hühnercholerabacillus 544 Milzbrandbacillus 13, in Schnitten 50 Nekrosebacillus 702 Pestbacillus 481 Rauschbrandbacillus 604. Rotzbacillus 724 Typhusbacillus 208 Gram-Buchholtzsche Färbung für Streptotricheen 842 59 930 Saclirearister. Grannen Aktinom jces - Uebertragung durch 880—882 Grau lila sporogene b. Milzbrandbacil- lus 19. 22 Grasbazilleu säurefeste 125 Gravidität Einfluß auf Milzbrandem- pfänglichkeit 41 Grundwasser in Beziehung zurTyphus- verbreitung 291 Gurk en- Nährböden fürMilzbrandbaz.l6 H Haarbalgdrüsen Leprabazillen in 186 Haarpilze s. Trichoniyceten Habitus phthisicus b. hered. Tuber- kulosedisposition 158 lladernkrankheit 621. 630 Hals-Aktinomykose 890 H a 1 s d r ii s e n - Tuberkulose 172 Haltbarkeit des Pestbacillus außerh. des Körpers 492-495 Eotzbacillus in Leichen 749 Tuberkelbacillus 107—110. in Leichen 108 Typhusbacillus im Boden 305 Typhusbacillus im Wasser 300 Hämatoxylin zur Färbung von Aktinomyces 869 Tuberkelbazillenschnitteu 97. 98 Hammel Empfänglichkeit für Strepto- tricheen 838 Hamm eiser um Wirkung auf Milzbrand- baz. 34 Handschuhmacher Milzbranderkran- kungen bei 63 Hantelform des Diphtheriebacillus 765. 776 Harn Nachweis von Tuberkelbazillen im 88 zu Nährböden für Diphtheriebazillen 769 Milzbrandbazillen 16 Verbreitung von Milzbrand 57. 60 Pest 503. 521. 525. 535 Kotz 748 Typhus 294. 298. Harnagar Wachstum des Diphtherie- bacillus 769 Harngelatine Wachstum des Paratyphusbacillus 241 Bact. coli comm. und des Typhusbacillus 240. 379 Harnstoff Verhalten des Bact. coli comm. 368 zu Nährböden für Typhusbazillen 222. 242 Harn Stoffgelatine Wachstum des Typhusbacillus und des Bact. coli comm. 222. 242 378. Harnstoff -Milchzucker -Agar Wachstum des Bact. coli cumm. und des Typhusbacillus 377 Harnwego Erkrankungen durch Bact. coli comm. 442—449 Haut Bact. coli comm. auf 402 Leprabazillen in 186 Pestbazillen in 502. 506. 523 Eotzbazilien in 744 Tuberkelbazillen in 165. 167 H a u t a b s c h ü r f u n g e n Milzbrandinfek- tion durch 46 Hautaktinomykose des Menschen 882. 893 des Rindes 881. 898 Hauterkrankungen durch Diphtheriebazillen 808 Nekrosebazillen 694 Hautmilzbrand des Menschen 63.65 der Tiere 62. 64. 65 Hautpest des Menschen 521. 525 Hautrotz des Menschen 714. 715 des Pferdes 712 pathol. Anatomie 717 H a u 1 1 u b e r k u 1 o s e durch Perlsuchtbazillen 134. 135 durch Tuberkelbazillen 167—168 Hefe- Abkochung zu Typhusbazillen- nährböden 218 H e m i c e 1 1 u 1 0 s e im Tuberkelbacillus 114 Heredität bei Tuberkulose 147—154 Hess es Nährboden für Tuberkelbazillen 103 Heu Aktinomykose-Uebertragung durch 882 Heyden-Nährstoff zu Nährböden für Tuberkelbazillen 103. 104 Hirnagar Waclistum des Raiisch- brandbacillus 607 Hirn-Pej) ton -Agar Wachstum des Milzbrandbacillus 16 Hirsch Empfänglichkeit für Aktinomyces 903 Nekrosebazillen 694. 697 Hirten Milzbranderkrankungen bei 63 Hitze Resistenz des Aktinomyces 877 Bact. coli comm. 385. 398 Diphtheriebacillus 778 Dysenteriebacillus 319 Hühnercholerabacillus 554 Milzbrandbacillus 30. 42 Pestbacillus 498. des Pestgiftes 518 Rauschbrandbac. 613—615 Rotzbacillus 734 Tetanusgift 594- 595 Tuberkelbacillus 109 Ho den- Erkrankungen durch Aktinomyces 901 Leprabazillen 189 Tuberkelbazillen 151 Typhusbazillen 265 Hodensaft zu Nälirböden für Tuberkel- bazillen 105 Hodentuberkulose Tuberknlose- Uebertragung durch 151. 152 Hog-C holer ab acillus in Beziehung zum Bact. enteritidis 659 Holz sehe Kartoffelgelatine Wachstum des Typhusbacillus 238. 288 Hornhaut s. Cornea Sachregister. 931 H n f k r a a k h e i t e n durch Nekrosebazil- len 694 Hühner Empfänglichkeit für Bac. botulinus 670. 676 Bac. oedemat. malign. 628 Bact. enteritidis 641 Bradsotbacillus 688 Diphtheriebacillus 784 Hühnercholerabacillus 546 Milzbrandbacillus 36. 43—45 Nekrosebacillus 704 Pestbacillus 511. 512 Rauschbrandbacillns (ilO Streptotricheen 839 Tetanusbacillus 582 Tetanusgift 591 Hühnerblut Einfluss auf Milzbrandbaz. 34 Hühner bouil Ion zur Viralenzab- schwächung des Milzbrand- bacillus 37 H ü h n e r c h 0 1 e r a chronische Form 545. 546 Kraiikheits verlauf 546 Sektionsbefund 546 Verbreitung 548 Hühnercholerabacillus Aehnlich- keit mit Pestbacillus 488 Beweglichkeit 544 Färbung 544 Fundort im Tierkörper 544 Geißeln 544 Kettenbildung 544 Kultur 545 — 546 Morphologie 544 Polfärbung 544 Resistenz 548. 553 saprophytische Existenz 548 Tierpathogenität 546 — 553 Toxinbildung .554 Virulenz 551 — 553 Wirkung b. Menschen 553 H ü h n e r d i p h t h e r i e Uebertragbarkeit auf den Menschen 817 Hühnereier s. Eier Hühnerpest s. Hühnercholera Hühnerseuche 556 Hühner t od s. Hühnercholera Hühnertuberkulose 127 Hüllstoffe des Tuberkelbacillus 114 Humor a q u e u s zu Nährböden für Milz- brandbazillen 21. 22 Wirkung auf Milzbrandbazillen 34 Hund Empfänglichkeit für Aktinomyces 877. 878. 903 Bac. botulinus 670. 676 Bac. oedemat. malign. 623. 629 Bact. enteritidis 641 Diphtheriebacillus 784. 786 Hühnercholerabacillus 551 Milzbrandbacillus 35. 44. 45. 65 Nekrosebacillus 694. 696. 704 Pestbacillus 510 Rauschbrandbacillns 610 Streptotricheen 838 Tetanusbacillus 582 Hundeserum Wirkung auf Milzbrand- bacillus 34 Hunger Einfluss auf Milzbrandempfäng- lichkeit 44 Hypothermie durch Tuberkelbacillus 117 H y dr 0 c h i n o n - Kartoffeldekokt Wachstum des Bact. coli comm. u. des Typhusbac. auf 380 Hydrokollidin bei Fleischvergiftun- gen 666 Ichneumonratten Empfänglichkeit f. Pest 509 Ichthyosismus 668 Immunisierung gegen Dj'senteriebaz. 327 Immunität gegen Nekrosebazillen 703 gegen Rauschbrandbazillen 611. 613. 614 I m m u n i t ä t s r e a k t i o n bei Typhus 206. 226-228. 253 Immunsera Wirkung auf Milzbrand- baz. 39 Impfmilzbrand 41. 46. Impftuberkulose des Menschen 167. 172 im Tierexperiment 165 — 167 Indolb il düng des Bac. plurisepticus 564 Bact. coli comm. 361. 380. 404. 411. Bact. enteritidis 640. 650 Dy.senteriebacillus 318 Nekrosebacillus 702 Pestbacillus 491 Rotzbacillus 734 Typhusbacillus 211 In fekt ionsgelegen heit Bedeutung bei Tuberkulose 148-149. 159 Influenza in Beziehung zur Tuberku- lose 160 Influenzabacillus Mischinfektion bei Tuberkulose durch 176 Inhalation Uebertragung von Bacillus oedemat. mal. 630 Milzbrandbazillen 48 Perlsuchtbazillen 134 Pestbazillen 502 Tuberkelbazillen 167. 169 Inkubationszeit bei Aktinomykose 889 Dysenterie 313 Pest 534 Rauschbrand 609 Rotz 711. 712. 714 Septicaemia haemorrhagica 563 Tetanus 576. 578. 583 Insekten bei Verbreitung von Dysenterie 329 Pest 512. 538 Typhus 306 Intoxikation durch Tj-phusgift bei Tieren 230-234 beim Menschen 273. 278 59* 932 Sachregister. Intrauterine Uebertragiing s. placen- tare Uebertragung Involutionsforuien des Bac. botulinus 671 Bact. coli comm. 338. 339 Bradsotbacillus 689 Dysenteriebacillus 316 Pestbacillus 478. 479. 487 Eauschbrandbacillus 608 Isolierung von Bact. coli commune 402 Pestbazillen aus Faeces 503. 506 aus Fäulnisgemischen 506 aus Sputum 503 Tetanusbazillen 570. 584 Typhusbazillen aus Blut 249—251 aus Boden 290 aus Faeces 235 — 245 aus Milz 246 aus Roseolen 247-249 aus Wasser 284-290 Jequirity dekokt Wachstum des Typbusbacillus und des Bact. coli comm. auf 218. 377 Jochmanns Nährboden für Tuberkel- bazillen 86 J od Wirkung auf Diphtheiiebacillus 779 Jodkalium Wirkung bei Aktinomy- kose 909—911 Wirkung bei Lepra 200 Jodkali um -Kartoffel -Gelatine Wachstum des Typhusbacillus und des Bact. coli comm. auf 238. 288. 379 Jodoform Wirkung auf Tuberkel- bacillus 110 Jodtrichlorid zu Nährböden für Ty- phusbazillen 288 Wirkung auf Diphtheriebacillus 779 Wirkung auf Tetanusgift 595 Kadaver Haltbarkeit des Pestbacillus in 494—495 Verbreitung von Rotzbazillen durch 749 Kadaverbazillen 617. 625 K ä 1 b e r d i p h t h e r i e Nekrosebazillen bei 693. 695 Uebertragbarkeit auf den Menschen 817 Kälberruhrbacillus Beziehung zum Bact. enteritidis 659 beim Menschen 425 Kälberseptikämiebacillus Be- ziehung zum Bact. enteritidis 659 Kalbsleberbouillon als Nährboden für Typhusbacillus u. Bact. coli comm. 218. 376 Kalbslungenbouillon als Nährboden für Tuberkelbazillen 102 Kalilauge Wirkung auf Tetanusgift 595 Kalium bichromicum Eintluss auf Viru- lenz des Milzbraudbacillus 39 auf Sporenbildung des Milzbrand- bacillus 26 percarbonicum zur Tuberkelbazillen- färbung 91 permanganicum Wirkung auf Tetanus- gift 595 Kalkmilch Wirkung auf Milzbraudbacillus 31 Pestliaeillus 500 K a 1 k \v a s s e r Einfluss auf Sporenbildung des Milzbraudbacillus 21 Kälte Resistenz des Bact. coli comm. 385 Dysenteriebacillus 319 Milzbrandbacillns 30 Pestbacillus 498 Rotzbacillus 736 Tuberkelbacillus 108 Kammgarnspinnereien Milzbran d- übertragung in 63 Kanarienvogelseuche 556 KänguruhEnipfänglichkeitfür Nekrose- bazillen 694. 695. 696 Kaninchen Empfänglichkeit für Aktinomyces 877. 878 Bac. botulinus 670. 673. 681 Bac. oedemat. malign. 624. 629 Bact. enteritidis 641 Bradsotbacillus 688 Diphtheriebacillus 784. 786 Hühnercholerabacillus 548 — 551 Milzbraudbacillus 35. 45 Nekrosebacillus 694. 695. 704 Pestbacillus 508 Rauschbrandbacillus 609 Streptotricheen 838—843.845. 846. 848 Tetanusbacillus 583 Tetanusgift 591 Kaninchenblut zu Nährböden für Tetanusbazillen 571-572 Tuberkelbazillen 102 Tvphusbazillen u. Bact. coli comm. 222. 378 Wirkung auf Milzbraudbacillus 34 Kapillar-Embolieen bei Lepra 195 Kapselbildung des Bact. coli corara. 339—340. Milzbraudbacillus 9. 13 Pestbacillus 482 Karbolbouillon als Nährboden für Pestbazillen 491 Karbolfuchsin zur Färbung von Aktinomyces 869 Milzbrandkapseln 11. 12. Milzbrandsporen 23 Tuberkelbazillen 90 Tuberkuloseschnitten 96—98 Karbolmethvlenblau zur Färbung von Rotzbazillen 724-725 Karbolsäure Wirkung auf Bac. botulinus-Toxin 670 -Sporen 672 Diphtheriebacillus 779 Dysenteriebacillus 319 Sachregister. 933 [Karbolsäure Wirkung auf] Hiilmercholerabacillus 554 Mil/^brandbacillus 31. 39. 42 Pestbacillus 449 Rauschbrandbacillus 616 Rotzbacillus 738-742 Tetanussporen 573 Tuberkelbacillus 109 Typluisbacillus 223. 238. 244. 286 K a r b o 1 s ä u r e g e 1 a t i n e als Nährboden für Typliusbazillen 238. 286 Karbolthionin zur Färbung von Aktin omyces 869 Rotzbazilleu 724 Karpfen Fischtuberkulose bei 129 Kartoffel Wachstum des Aktinomyces 873 Bac. oedemat. malign. 628 Bac. plurisepticus 563 Bact. coli comm. 346. 381. 404 Bact. enteritidis-Gruppe 650 Diphtheriebacillus 770 Dysenteriebacillus 317 Hühnercholerabacillus 545 Milzbrandbacillus 18 Pestbacillus 491 Rotzbacillus 729 Typhusbacillus 210 Kartoffelnähr bo den für Tuberkel- bazillen 104 Kartoffel-Chinin-Agar als Nähr- boden für Typhusbazillen u. Bact. coli comm. 379 Kar toffelsaft agar als Nährboden für Typliusbazillen 240 Kartoffelsaftgelatine als Nähr- boden für Typhusbazillen u. Bact. coli comm. 238. 288. 379 Karyokinese im Tuberkel 118—120 Käse Tj'phusverbreitung durch 305 Katarrh der oberen Luftwege in Be- ziehung zur Tuberkulose 160 Katheterismus Coliinfektionen durch 442. 453 Katze Empfänglichkeit für Aktinomyces 877. 904 Bac. botulinus 669. 670. 675. 676. 680 Bac. oedemat. malign. 629 Bact. enteritidis 641 Diphtheriebacillus 784. 786-787 Hühnercholerabacillus 551 Milzbrandbacillus 5 Nekrosebacillus 704 Pestbacillus 510 Rauschbrandbacillus 610 Rotzbacillus 711 Streptotricheen 838. 839 Katzenserum Wirkung auf Milzbrand- bacillus 34 Kavernen Bakterieuflora der 176 Kehlkopf-Erkrankungen durch Rotz- baz. 714. durch Typhnsbaz. 261 Kehlkopf tuberkulöse 170 Keimung der Milzbrandsporen 24 Kerne im Dysenteriebacillus 317 Tuberkelbacillus 82 Typhusbacillus 317 Kernteilung im Tuberkel 118—120 Kettenbildung des Bact. coli comm. 341. 404 Pestbacillus 491 Rotzbacillus 721 Keuchhusten in Beziehung zur Tuber- kulose 160 Keulen form bei Aktinomyces 864 — 867 Diphtheriebacillus 765. 776 Pestbacillus 480 Rauschbrandbacillus 604 Tuberkelbacillus 84 Kiefer-Aktinomykose 880.883.888. 890. 895 Klauenerkrankungen bei Tieren durch Nekrosebazillen 694 Kleidungsstücke Uebertragnng von Diphtherie 813 Pest 535 Vorkommen von B. coli comm. auf 401 Knochen -Veränderungen durch Aktinomyces 890 Rotzbazillen 719 Tuberkelbazillen 150. 174 Knochenhau terkrankun gen durch Typhusbazillen 264 Knochenmark er krankungen durch Paratyphusbazillen 282 durch Typhusbazillen 264 Knötchenbildung durch Bakt. der Fischtuberkulose 130 durch Bakt. der Vogeltuberkulose 127 durch Bakt. der Rindertuberkulose 131 durch Bakt. der Menschentuberkulose 118-122 durch Pseudotuberkelbazillen 123 Knoten bei Lepra s. Lepraknoten Kochsalz agar als Nährboden für Pestbazillen 487 Kohlehydrate im Tuberkelbacillus 112 zu Nährböden f. Bac. oedemat. ma- lign. 628 Verhalten des Bact. coli comm. zu 349 Kohlenoxyd Einfluss auf Milzbrand- empfänglichkeit 45 Kohlensäure Einfluss auf Milzbrand- empfänglichkeit 45 Ausscheidung durch Bact. coli comm. 382 Ausscheidung durch Typhusbazillen 212 Kokosmilch als Nährboden für Rotzbazillen 733 Typhusbazillen und Bact. coli comm. 218. 378 Kolbenbildung bei Aktinomyces 864-867 Baz. der "Geflügeltuberkulose 127 Tuberkelbazillen u. ähnlichen B. 84. 123 934 Sachregister. K 0 1 0 n b ak t e r i e n 406 Konservierung von Tetanuegift 598 Kontaktinfektion bei Aktinomykose 884 Diphtherie 814 Dysenterie 329 Lepra 197 Tuberkulose 172 Typhus 296 Konzentrierung von Tetanusgift 598 Kor all in zur Tuberkelbazillenfärbung 95 Körnchen Babes-Ernstsche im Bact. coli comm. 341 im Diphtheriebacillus 774 — 775 im Milzbrandbacillus 42 sporogene im Milzbrandbacillus 19. 22 Körpersäfte Einfluss auf Milzbrand- bacillus 33 Körpertemperatur Einfluss auf Milz- brandempfänglichkeit 43 bei Dysenterie 313 bei Milzbrand 50. 52. 64. 66 bei Typhus 233. 234 Krampfgift im Tuberkelbazillns 113. 117 Krankheiten in Beziehung zur Tuber- kulose 159 Kreatininbildung des Typhusbacil- lus 212 Krebspestbacillus Aehnlichkeit mit Pestbacillus 488 Kreolin Einfluß auf Milzbrandbacillus 31 Rotzbaeillus 741 Krystall violett als Zusatz zu Nähr- böden für Typhusbazillen 243 zurTuberkelbazillen-Schnittfärbung98 Kultur des Aktinomyces 853. 872—877 Bac. botulinus 671 Bac. oedemat. maligni 626—627 Bac. plurisepticus 563 Bact. coli comm. 344—348. 376—380. 404. 412 Bact. enteritidis 650 Bradsotbacillus 689—690 Cladothrix 857 Diphtheriebacillus 766—772 Dj^senteriebacillus 317—319 Geflügeltuberkulosebaeillus 127 Hühnercholerabacillus 545 — 546 Leprabacillus 184 Leptothrix 851. 858 Milzbrandbacillus 15 — 19 Nekrosebacillus 701 — 702 Pestbacillus 484-492 Eauschbrandljacillus 605 Eotzbacillus 727-734 Streptotricheen 836—849. 854—857 Tetanusbacillus 570 — 573 Tuberkelbacillus 100—105 Typhusbacillus 209—223. 235-244 K u p f e r s u 1 f a t Wirkung auf Tuberkel- bacillus 110 Wirkung auf Milzbrandbacillus 31 Lab bei Darstellung der Lackmusmolke 215 Lackmus zu Nährböden für Bact. coli comm. 372 Dysenteriebazillen 318 Tetanusbazillen 571 Typhusbazillen 214. 217. 218. 243. 244 Lackm usagar Wachstum des Milz- brandbacillus auf 19 Lackmusbouillon Wachstum desTy- phusbac. u.des Bact. coli comm. 380 L a c k m u s k a 1 b s 1 e b e r b 0 u i 1 1 0 n Wachstum des Typhusbacillus u. des Bact. coli comm. 376 L a c k m u s m i 1 c h z u c k e r a g a r Wachs- tum der Bakterien der Gruppe des Bact. enteritidis 651 des Dysenteriebacillus 318. 322 des Typhusbacillus u. des Bact. coli comm. 217. 243. 244. 376 Herstellung für Dj'senteriebazillen 321 L a c k m u s m i 1 c h z u c k e r b o u i 1 1 0 n Wachstum des Typhusbacillus u. des Bact. coli comm. in 376 Lackmusmilchzuckergelatine W^achstum des Typhusbacillus u. des Bact. coli comm. 376 Lackm usmaltosea gar Wachstum des Dysenteriebacillus 319 Lackmus m a n n i t a g a r Wachstum des Dysenteriebacillus 319. 324 Lackmusmolke als Nährboden für Bakterien der Gruppe des Baet. ente- ritidis 650 Dysenteriebazillen 318 Pestbazillen 491 Tj-phusbazilleu u. Bact. coli comm. 212. 376 L a c k m u s n u t r o s e n ä h r b ö d e n f ü r Dysenteriebazillen 324 Typhusbazillen 216 Laktose s. Milchzucker Landwirte Milzbranderkraukungen bei 63 Larynx s. Kehlkopf LauVinsäure im Tuberkelbacillus 112 Läuse Pestübertragung durch 538 Lävulose zu Nährboden für Bact. coli comm. 349. 410 Pestbazillen 490 Tuberkelbazillen 101. 104 Typhusbazillen 214. 217 Lebensfähigkeit s. Haltbarkeit Leber Typhusbazillen in der 268.270 Veränderungen bei Aktinomykose 893. 901. 903 bei Lepra 188 bei Rotz 718 Leberabszesse bei Dysenterie 314 Leberagar als Nährboden für Aktinomyces 874 Typhusbacillus u. Bact. coli comm. 346 Sachregister. 935 Leberbouillou als Nährboden für Typhusbazillen u. Bact. coli comm. 218. 376 Lecithin im Tuberkelbacillus 113 zu Nährböden für Tuberkelbazillen 105 Leichen Haltbarkeit u. Verbreitung der Pestbazillen 494. 536 Eotzbazillen 749 Tuberkelbazillen 108 Leichenbefund s. Sektionsbefund Leitungswasser Haltbarkeit der Pestbazillen 494 Typhusbazillen 284. 300—303 Lepra Erblichkeit 201 Exanthem bei 193 Geschichtliclies 178 Immunität 198. 199 Klin. Verlauf 198-200. 192 Kontagiosität 197 maculo-anaesthetica 193—197 Marasmus bei 191 mixta 192 path. Anatomie 190 Prophylaxe 202 Riesenzellen bei 189 tuberosa 192 Uebertragung 186. 197—198 Verbreitung 179—180 Leprabacillus Degenerationserschei- nungen 184. 200 Färbung 93. 182 Kultur 184 Lage desselben im Gewebe 182 Morphologie 181 Säurefestigkeit 124. 182 Tierpathogenität 185 Toxinbildung 191. 199 Uebertragung 186. 197-198 Virulenz 191 Vorkommen im mensehl. Körper 186 — 190, außerhalb dess. 197 Lepraflecke Diagnose 193—197 Bazillenbefund in 186 Lepraknoten Anatomie 191 Bazillenbefnnd in 186 Diagnose 192 Leprazellen Virchowsche 180 Lepride s. Lepraflecke Leprome s. Lepraknoten Leptomeningitis durch Bact. coli comm. 452 Leptothrix buccalis 850—852 vaginalis 852 Kultur 851. 858 Leu ein zu Tuberkelbazillen-Nährböden 105 Leukämie infektiöse der Hühner 555 Leukocyten Einfluss auf Aktinomvces 879 Bact. coli comm. 388 Licht Wirkung auf Aktinomyces 877 Bact. coli comm. 386. 398 Dysenteriebacillus 319 Hühnercholerabacillus 554 [Licht Wirkung auf] Milzbrandbacillus 30. 39 Pestbacillus 497 Rauschbrandbacillus 616 Rotzbacillus 734. 735 Tetanussporen 573 Tetanusgift 595 Tuberkelbacillus 108 Lichtbestrahlung Einfluss auf Milz- brandem])tanglichkeit 44 Lipase im Tuberkelbacillus 115 Lippenaktinomykose 886 Lithionkarmin zur Tuberkelbazillen- Schnittfärbung 98 Löfflers Serum für Diphtheriebazillen 767 Luft Verbreitung von Diphtherie 816 Dysenterie 330 Tuberkulose 142—146 Typhus 306 Luftfeuchtigkeit Einfluss auf Tuber- kulose-Verbreitung durch Spu- tum 143 Luftwege als Eintrittspforte für Aktinomyces 891 Bacillus oedemat. mal. 621 Hiihnercholerabazillen 549 Leprabazillen 187 Milzbrandbazillen 48. 49 Pestbazillen 504. 523 Tuberkelbazillen 169—172 Lumpensortierer Milzbranderkran- kung bei 63 Lungen - Aktin omvkose des Men- schen 883. 891 der 'liiere 899. 903 pathol. Anatomie 904—907 Lungenerkrankungen durch Bact. coli comm. 451 durch Streptotricheen 842—845. 847 bis 849 Lungengangrän säurefeste Bakterien bei 94 Lungen kavernen Bakterienflora der 176 Lungenlepra 187 Luugenmilzbrand 48. 62. 63. 66. 67 Lungenpest beim Menschen 522 im Tierexperiment 502. 504. 507. 509 Lungenrotz des Menschen 715 chronischer des Pferdes 714 pathol. Anatomie 718 Lungentuberkulose pathol. Ana- tomie 175 Lupus durch Perlsuchtbazillen 134 durch mensehl. Tuberkelbazillen 168 Lymphbahn Verbreitung des Aktino- myces durch 889 Lymphdrüsenpest beim Menschen 520 - 521 bei Tieren 502. 504. 506 Lymphdrüsen - Tuberkulose des Menschen 173—174 936 Sachregister. Lysol Wirkung auf Diphtheriebacillus 779 Milzbrandbacillus 31 Pestbacillus 499 Rotzbacillus 741 Lyssavirus Einfluss auf Milzbrandem- pfäuglichkeit 45 Haasens Nährlösung Wachstum des Bact. coli coinm. 376 Wachstum der Typhusbaz. in 222 Macacus radiatus Empfänglichkeit für Pest 509 Madurafuß 839—840 Magen darmk anal als Eintrittspforte für Diplatheriebacillus 807 Milzbrandbacillus 47 Pestbacillus b. Menschen 523 b. Tieren 502. 505. 507. 509 Tuberkelbacillus 168 Magensaft Wirkung auf Bact. coli comm. 388 Milzbrandbacillus 34 Tuberkelbacillus 110 Magnesia usta zu Nährböden für Tu- berkelbazillen 104 Magnesiumsulfat zu Nährböden für Tuberkelbazillen 104. 105 Maisschleim zu Nährböden für Milz- brandbazilleu 16 Makrophagen Metschnikoflfs, Wirkung bei Tuberkulose 120 Malachitgrün zur Färbung von Milz- brandsporen 23. 24 von Tnberkelbazillen-Schnitten 97 zur Züchtung asporogener Milzbrand- rassen 25 Malachitgrün-Sulfit- Agar Wachs- tum des Typhusbacillus n. des Bact. coli comm. 220. 380 Malignes Oedem 619 — 635 Epidemieen 623 beim Menschen 620 Mischinfektion bei 632 Sektionsbefund 622 (s. auch Bacillus oedematis maligni) Malleus s. Rotz Maltose zu Nährböden für Dysenteriebacillus 319 Tj^phusbacillus 217 Wirkung des Bact. coli comm. auf 349 Mandeln s. Tonsillen Mankowskis Reagens für Typhnsba- bazillen 221 Mannit zu Nährböden für Dysenteriebacillus 319 Pestbacillus 490 Typhusbacillus 214. 217. 237. 376 Wirkung des Bact. coli comm. auf 349. 376. 410 Mannitagar Wachstum des Dysenterie- bacillus 319 Typhusbacillus u. des Bact. coli comm. 237. 376 Mannose Wirkung des Bact. coli comm. auf 349 Typhusbacillus auf 217 Marasmus bei Lepra 191 bei Tuberkulose 115 Margarine Tuberkelbazillen in 140 Masern in Beziehung zur Tuberk. 160 Mastdarmtuberkulose 169 Maulleiden der Tiere durch Nekrose- bazillen 695 Mäuse Empfänglichkeit für Bac. botulinus 670. 675 Bac. oedemat. maligni 624 Bact. enteritidis 641 Bradsotbacillus 688 Diphtheriebacillus 786 Hühnercholerabacillus 551 Milzbrandbacillus 35. 38. 40 Nekrosebacillus 704 Pestbacillus 504 — 505 Rauschbrandbacillus 610 Streptotricheen 839. 845. 846 Tetanusbacillus 583, Tetanusgift 591 Uebertragung der Pest durch 537 Mäusetyp husbacillus Aehnlichkeit mit Pestbacillus 488 Wirkung beim Menschen 425 Medusenform der Milzbrand-Gelatine- Kolonieeu 17 Meerschweinchen Empfänglichkeit für Aktinomyces 878 Bac. botulinus 670. 674. 681 Bac. oedematis maligni 628 Bact. enteritidis 641 Bradsotbacillus 688 Diphtheriebacillus 784 — 785 Dysenteriebacillus 326 Hühnercholerabacillus 551 Milzbrandbacillus 35. 45 Nekrosebacillus 704 Pestbacillus 505—508 Rauschbrandbacillus 609 Rotzbacillus 744 Streptotricheen 838—842. 845—846. 849. 850 Tetanusbacillus 583 Tetanusgift 591 Tuberkelbacillus 165 Typhusbacillus 230—234 Mehl Aktinomykoseübertragung durch 882 Melibiose Wirkung des Bact. coli comm. auf 349 Membran des Tuberkelbacillus 81 Meningitis durch Bact. coli comm. 452 Mensch Empfänglichkeit für Aktinomyces 882—883. 888-894 Bac. botulinus 669—670 Bac. oedematis maligni 620 Bact. enteritidis 639—649 Bakterien der Coligruppe 423—454 Milzbrandbacillus 62—66 Nekrosebacillus 620 Rauschbrandbacillus 610 Streptotricheen 839 Sachregister. 937 Menth oxol Wirknng auf Diphtherie- bacillus 779 Merkaptan-Bilclung des Bact. coli comm. 365 Mesenterial driisen Dj'senterieba- zillen in 320 Typhusbazillen in 2G8 M e s e n t e r i a 1 d r ü s e n -Tuberkulose pri- märe des Menschen 135 — 136 Metallsalze Wirkung auf Bact. coli comm. 387 Metastasen bei Aktinomykose 888. 889. 892. 893 durch Bakterien der Coligruppe 428 bei Typhus 254 — 257 Methylenblau zur Färbung von Tuberkelbazillen 89. 97 von Milzbrandkapseln 11. 12 Reduktion durch Bact. coli comm. 373 Methylviolett zu Nährböden für Ty- phusbazilleu 287 Milch Nachweis von Tuberkelbazillen in 88. 138 als Nährboden für Aktinomyces 875 Bac. botulinus 671 Bac. oedemat. malign. 628 Bact. coli comm. Ml. 404. 409 die Bakterien der Gruppe des Bact. enteritidis 650 Bradsotbacillus 690 Diphtheriebacillus 770 Dysenteriebacillus 318 Huhnercholerabacillus 546 Milzbrandbacillus 19 Nekrosebacillus 702 Pestbacillus 491 Eotzbacillus 732 Tetanusbacillus 571 Typhusbacillus 213 Uebertragung von Aktinomykose durch 882. 884 Bact. coli comm. durch 401 Diphtherie durch 778. 814 Dysenterie durch 330 malign. Oedem durch 625 Milzbrand durch 57 Perlsucht durch 135-136 Tuberkulose durch 137—140 Typhus durch 303 Milchbazillen säurefeste 124 Mil chkaso'inagar als Nährboden für Rotzbazillen 732 Milch-Natronalbum in at-Gelatine als Nährboden für Eotzbazillen 732 Milchpeptonagar als Nährboden für Rotzbazillen 732 Milchsäure-Bildung durch Bact. coli comm. 351 — 353. 410 bei Tuberkelbazillenfärbung 95 zu Nährböden für Tuberkelbaz. 104 für Typhusbaz. 242 Wirkung auf Tetanusgift 595 bei malign. Oedem 631 bei Rauschbrand 615 Mi Ichs er um Wachstum des Typhus- bacillus u. des Bact. coli comm. auf 377 Milchzucker Verhalten des Bac. botulinus 671 Bact. coli comm. 349. 350. 404 der Bakterien der Gruppe des Bact. enteritidis 640. 650. des Dysenteriebacillus 318 Pestbacillus 490 Typhusbacillus 214—217. 243—244 M i 1 c h z u c k e r b 0 u i 1 1 o n Wachstum des Typhusbacillus u. des Bact. coli comm. in 218. 376 Milchzuckergelatine Wachstum des TyphusbaciUus u. des Bact. coli comm. auf 378 M i 1 c h z u c k e r k r e i d e b 0 u i 1 1 0 nWachs- tum des Typhusbacillus u. des Bact. coli comm. auf 376 Miliartuberkulose Entstehung 150. 151 Vererbung bei 152 Milz bei Lepra 188 Milzbrand 50. 51. 66 Rotz 718 Typhus 268 Milzbrand Aetiologie 5—59 Diagnose 67 — 70 Epidemiologie 2—5 Enzootieen 4 Fütterungsmilzbrd. 47 Geschichtliches 1 — 2 Infektionsmodi experimentelle 46 — 50 natürliche 59—64 Inhalationsmilzbrand 48 — 50 Klin. Verlauf u. Formen 64—66 des Menschen 62—66 pathol. Anatomie 66 — 67 Prophylaxe 70 — 72 Stallinfektionen 5. 61 Therapie 72 Verbreitung 2 — 5 Verlauf der experimentellen Infektion 50—59 Milzbrandbacillus Abschwächung der Virulenz 37 Antagonismus 32 Asporogene Stämme 25 Ausscheidung aus d. Körper 56. 59 Chemie 23 Degenerationsformen 15 Fadenbildung 14. 17. 40 Färbbarkeit 8. 10. 13. 23—24. 50 Fermentwirkung 19. 24 Geschichtliches 5-8 Kapsel 9. 13 Färbung derselben 10 — 12 Kernstäbchen 10 Kultur 15—19 Morphologie 8—15. 40—41 Pathogenität 35—59 Reduktionswirkung 19. 42 Resistenz 30-33. 42 Säurebildune: 19. 42 938 Sachregister. [MilzbraBcIbacillns] Sporen 14. 23 Sporenbildung 20-21 Sporenfärbung 23 — 24 Sporenkeimnng 24 Tierpathogenität 5. 35—36. 42— ö9 Toxinbilclung 52—55 Uebertragung 57 Varietäten 15 Verbreitung im Tierkörper 55 — 56 außerhalb des Tierkürpers 59—64 Virulenz 26. 36-42. 58 Milzbrandkadaver Beseitigung 70 Diagnose aus 67 — 69 als Infektionsquelle 59 — 61 Milzbrandkarbunkel b.Mensch.63.65 b. Tieren 64. 65 Milzexstirpation Einfluss auf Milz- brandempfänglichkeit 44 Milzpunktion diagnostische bei Ty- phus 246 Mineralwasser Dvsenterieverbreitung durch 330"' Typhusverbreituug durch 303 Mischinfektion bei Aktinomykose 888 Diphtherie 782 Lungentuberkulose 176 malignem Oedem 632 Pest 521—522 Rauschbrand 605 Typhus 276-278 Mist säurefeste Bakterien im 125 Mohrrübe Wachstum d. Rotzbac. auf 732 M 0 1 k e s e r u m a g a r Wachstum des Ty- phusbacillus auf 237 Molybdansaures Ammonium zu Tj'phusnährbüden 221 Monas tuberculosum 79 Monokaliumphosphat zu Tuberkel- bazillennährbüden 105 Moorhühnerseuche 556 Morphologie des Aktinomyces 853. 862 — 872 Bacillus botulinus 671 Bacillus oedematis maligni 626 Bacillus plurisepticus 563 Bact. coli comm. 337-343. 404. 409 Bact. enteritidis 640. 650 Bradsotbacillus 688 Cladothrix 857 Diphtheriebacillus 764—765. 776 Dysenteriebacillus 316 Hühnercholerabacillus 544 Leprabacillus 181 Leptothrix 858 Milzbrandbacillus 8—15. 40—41 Nekrosebacillus 699 Pestbacillus 478 — 483 Pseudotuberkelbacillns 123 Rauschbrandbacillus 604. 608 Rotzbacillus 720—723 Streptotricheen 836—849. 854—857 Tetanusbacillus 569 Tuberkelbacillus 80-85 Typhusbacillus 208 Mucin Wirkung auf Bact. coli comm. 364. 417 M u c i n n ä h r b ö d e n für Milzbrandbazil- len 16 Mundhöhle als Eintrittspforte für Aktinomyces 880—883. 889 Bac. oedematis maligni 629 Bact. coli comm. 402 Diphtheriebacillus 804 Leprabacillus 187 Pestbacillus beim Mensch 523 im Tierexperiment 502. 505. 507. 509 Rotzbacillus 745 Tuberkelbacillus 168 Murmel tierpest 533 Muskulatur Veränderungen bei Rotz 719 Mycetoma pedis 839—840 IV Nabelinfektionen bei Tieren durch Nekrosebazillen 697 Nachweis von Dysenteriebazillen in Faeces 321 Tuberkelbazillen in Eiter, Exsudaten, Faeces, Harn 88 in Milch u. Butter 138 im Sputum 87 Typhiisbazillen im Blut 249—251 im Boden 290 in Faeces 235—245 in der Milz 246 im Roseolensaft 247—249 im Wasser 284-290 Nagetiere Empfänglichkeit für Pest 501—505 Nahrungsmittel Verbreitung von Bact. coli comm. 401 Bakterien der Gruppe des Bact. en- teritidis 661 Diphtheriebazillen 814 Dysenteriebazilleu 330 Pestbazillen 494 Tuberkelbazillcn 137-140 Typhusbazillen 303. 304 Nährstoff Heyden zu Nährböden für Tuberkelbazillen 103. 104 «-Naphthol zu Nährböden für Typhns- bazillen 223. 288 Narkose Einfluss auf Milzbrandempfäng- lichkeit 45 Nasengeschwüre bei Lepra 187. 196 Nasenrotz des Menschen 714. 715 des Pferdes 712. 713. 744 Nasenschleimhaut als Eintrittspforte für Diphtheriebazillen 804 Leprabazillen 187. 196 Pestbazillen 503. 508. 523 Rotzbazillen 712—715. 744 Tuberkelbazillen 167. 169 Bact. coli comm. auf 401 säurefeste Bakterien auf 126 Natron ameisensaures zu Tetanusnähr- böden 571 Sachregister. 939 [Natron] arsenig'saiires Wirkung auf Pestbazill- len 501 glykocliolsaures zu Tj^phusnährböden 218 indigsulfosaureszuTetanusnälirböclen 571 zu Typhusnährböden 220 Reduktion durcli IJact. coli comm. 373 molybdänsaures zu Typhusnährböden 221 salpetersaures Einfl. auf Milzbrand- baz. 31 schwefelsaures Einfl. auf Milzbrand- baz. 31 selenigsaures Reduktion durch Bact. coli comm. 373 taurocholsaures zu Typhusnährböden 218 Natronlauge Wirkung auf Pestbazil- len 500 Tetanusgift 595 Nebenhodenentzündung Tuberku- loseübertraguug- bei tuberku- löser 151 durch Typhusbazillen 265 Neissers Eärbuns' für Diphtheriebazil- len 775. 827 Pestbazillen 482 Rotzbazillen 722 Nekrose leprösen Gewebes 191 tuberkulösen Gewebes 115 Nekrosebacillus Beweglichkeit 701 Biologie (;99— 702 Fadenbildung 699 Färbung 702 Gasbildung 701 Geißeln 700 Immunität 703 Indoliiildung 702 Kultur 701—702 beim Menschen 706 Morphologie 099 Sporenbilduug 700 Tierpathogenität 694—699 Toxinbildung 703 Virulenz 703 Vorkommen 693. 706 Wirkungsweise 703—706 Nephritis s. Nierenerkrankungen Nephrotyphus 271 Nerven Lepraerkrankung der 189. 190. 191 Nervendurchschn eidung Einfluss auf Milzlirandempfänglichk.^ 13 Neurin bei Fleischvergiftungen 666 Neutralro tagar Wachstum der Bak- terien der Gruppe des Bact. enteritidis 651 Dysenteriebazillen 318 desTyphusbacillus u. Bact. coli comm. 219. 379 Neutralrotgelatine Wachstum des Typhusbacillus u. des Bact. coli comm. 379 Nierenerkrankungen durch Bact. coli comm. 442 — 445 Leprabazillen 188—189 Rotzbazillen 718 Typhusbazillen 256—257. 258. 270 Nierenexstirpation Einfluss auf Milz- brandemiifänglichkeit 45 Nigrosinagar Wachstum des Typhus- bacillus auf 220 Nitrate durch Diphtheriebacillus 770 Wirkung des Bact. coli comm. auf 373 des Typhusbacillus auf 212 Nöggerathsches Farbgemisch zu Nährböden für Typhusbacillus u. Bact. coli comm. 220 Normallösung (Maaßen) Wachstum d. Typhusbacillus in 222 Nuklein u. Nukleinsäuren im Tuber- kelbacillus 113. 114 Nukleoalbumin im Tuberkelbacillus 113 Nutrose zu Nährböden für Dysenterie- bazillen 324 Typhusbazilleu 216 O Obst Verbreitung von Dysenterie durch 330 Tetanus durch 587 Typhus durch 305 Oedem malignes s. malignes Oedem Oedembazillen Gruppe der s. Bac. oedematis maligni Oesophagus als Eintrittspforte des Tuberkelbac. b. Mensch 168 Ohrerkrankungen durch Aktinomy- ces 890—891 Diphtheriebazillen 804 säurefeste Bakterien bei 94 Oospora 832. 834 Oospora proteus 847 Organdisposition für Tuberkulose 156 Organextrakte zu Nährböden für Rotzbazillen 733 Wirkung auf Milzbrandbazillen 34 Resistenz gegen Milzbrand 43 Orthotoluidin zur Tuberkelbazillen- färl)ung 91 Osmium bei Färbung von Milzbrand- sporen 23 Osteomyelitis durch Paratyphus- bazillen 282 Typhusbazillen 264 Ostitis durch Bact. coli comm. 453 Oxyhämoglobin Reduktion durch Bact. coli comm. 373 Ozon Einfluss auf Milzbrandbazillen 31 Palmitinsäure im Tuberkelbac. 112 Pankreaserkrankungen durch Bakte- rien der Coligruppe 442 940 Sachregister. Pankreassaft Wirkung auf Bact. coli comm. 388 Papageien Empfängliclikeit für menschliche und Vogeltuber- kulose 129 Papierfabriken Milzbrandübertragung in 63 Parachlorphenol Wirkung auf Pest- bazillen öOO Paracolibacillus 362. 404 Paracolonbacillus 282 Paraffin ein b ettuug für tuberkulöse Gewebe 97 Parakollin bei Fleischvergiftungen 666 Paratyphus 279—283 Paratyphusbazillen 279—283 im Eoseolengewebssaft 248—249 Differentialdiagnose gegen Typhus- bazillen 225 Kultur 241. 283 in Beziehung zu Fleischvergiftungen 662 Par lettische Lösung bei Isolierung von Bact. coli comm. 402 Untersuchung typhus verdächtigen Wassers 287 Parotitis bei Dysenterie 314. 320 Pasteurellose s. Hühuercholera Pathogenität s. Tierpathogenität pathologische Anatomie s. Sek- tionsbefund Pelzmacher Milzbrauderkrankungen bei 63 Pepsin Wirkung auf Milzbrandbazillen 35 Pepton im Tuberkulin 114 Peptonlösung Wachstum des Milz- brandbacillu8 16 Pestbacillus 491 Pep tonisierungsvermögen des Bradsotbacilluö 690 Tetanusbacillus 571 Peptonpilzdekokt Wachstum des Typhusbacillus u. des Bact. coli comm. auf 376 Perikardialflüss igkeit Wirkung auf Milzbrandbacillus 34 Periostitis durch Typhusbacillus 264 Peritoneum als Eintrittspforte für Bakterien der Coligrnppe 438 Dysenteriebacillus 314 Milzbrandbacillus 47 Pestbacillus 502. 507 Perlsucht 131—136 durch menschl. Tuberkelbazillen 133 geograph. Verbreitung 132 Perlsuch tbacillus 131 — 136, Morphologie u. kulturelles Verhalten 132 Uebertragbarkeit durch Placeuta 153 auf den Menschen 134 Vererbungsstatistik 154 Pest chronische Form b. Tieren 504. 506. 508 Darmpest 502. 505. 508. 523 Diagnose 524—527 [Pestl Drüsenpest 502. 504. 506. 520-521 Empfänglichkeit der versch. Tiere 5Ö1— 514 Epidemiologie 532 - 538 Geschichtliches 475 Hautpest 521 Inkubationszeit 534 Lungenpest 502. 504. 507. 509. 522 bis 523 Mischinfektion bei 521. 522 Pathologie u. pathol. Anatomie beim Menschen 519—523 Septikämische Form 502. 506. 521 Serodiagnostik bei 525 — 526. 532 Tröpfcheninfektion bei 497. 523 Uebertragung 512. 534—538 Pestbacillus Agglutination 525—526. 532. Antagonismus und Symbiose 493 Biologie 484—492 Diagnose 492 Eigenbewegung 483 Fadenbildung 479. 486. 489 Färbung 480-482 Geißeln 483 Haltbarkeit außerlialb des Körpers 492—495 Indolbiidung 491 Involutionsformen 478. 479. 487 Isolierung aus Faeces 503. 506, aus Fäulnisgemisclien506, aus Spu- tum 503 Kapseln 482 Kettenbildung 491 Keulenbildung 480 Kultur 484-492 Morphologie 478—483 Polfärbung 478. 480. 481 Resistenz 493 — 501 Säurebildung 491 Scheinfädenbildung 479 Spezifität 477 Sporen 483 Tierpathogenität 501-514 Toxinbildung 516—519 Uebertrasung 512. 523. 534—538 Variabilität 478 Verzweigung 480 Virulenz 514 — 516 Wirkung im menschl. Körper 519 bis 523 Pestkarbunkel 521. 525 Pestsepsis 502. 506. 521 Pettenkofers Theorie der Typhus- verbreitung 291—292 Pfauen Empfänglichkeit für Hühner- cholera 546 Pfeifferseher Versuch bei Typhus 206. 226—228. 253 Pferd Empfänglichkeit für Aktinomyces 877. 888. 902 Bac. oedematis maligni 622. 629 Bac. plurisepticus 564 Hühnercholerabacillus 552 Milzbrandbacillus 65 Sachreffister. 941 [Pferd Empiängliclikeit für] Nekvosebacillus 694. 697 Pestbaeillus 511 Rausclibrandbacillus 610 Rotzbacillus 711 Streptotricheen 538. 539 Tetanusbacillus 582, Tetanusgift 591 Pflanzen säurefeste Bazillen auf 125 Pflanzliche Nährböden für Milzbrandbazillen 16 Rotzbazillen 733 Tuberkelbazillen 104 Pflegepersonal Typhuserkrankungen bei 296 P h a g o 0 y tose bei Bradsot 691 malignem Oedem 631 Rauschbrand 614 — 615 Tuberkulose 120 Pharynx Erkrankungen durch Leptothrix 850 Tuberkelbazillen 168. 169 Phenol Bildung durch Bact. coli comm. 363 Bildung durch Typhusbacillus 212 Wirkung auf Sporenbildung des Milz- brandbacillus 26 Wirkung auf Virulenz des Bac. oede- raat. mal. 635 P h e n o 1 p h t h a 1 e 1 n - G e 1 a t i n e Wachs- tum des Typhusbacillus 243 Phloridzin Einfluss auf Milzbrand- empfäuglichkeit 45 Phosphor im Tuberkelbacillus 113 P h o sp h o r s ä u r e Wirkung auf Tetanus- gift 595 zu Tuberkelbazillen-Nährbüden 104 Phthise s. Tuberkulose Pikrinsäure bei Färbung von Tu- berkelbazillen 95. 98 Pilzdekokt Wachstum des Typhus- bac. und des Bact. coli comm. 218. 221. 376 Pilzdekokt-Agar Wachstum des Ty- phusbacillus auf 220 P i n s e 1 f a b r i k e n Milzbrandübertragung in 63 Piacentare Uebertragung von Dysenterie 316 Milzbrand 57 Pestgift 517 Rauschbrand 604 Rotz 746 Tuberkulose 152 — 153 Plasmon Tuberkelbazillen im 140 Pleomorphie des Tuberkelbacillus 83-85 der tuberkelbaz.-ähnl. Bakt. 123. 126 des Bac. der Geflügeltuberkulose 127 Pleura Erkrankungen durch Bact. coli comm. 452 Typhusbazillen 261 Pleuraexsudat Wirkung auf Milz- brandbazillen 34 Pneumobazillen Mischinfektion bei Tuberkulose durch 176 Pneumokokken als Antagonisten des Milzbrandbacillus 33 Mischinfektion bei Tuberkulose durch 176 Pneumonie durch Bact. coli comm. 451 durch Pestbaeillus 502. 504. 509. 522 durch Typhusbacillus 261 käsige bei Tuberkulose 175 P n e u m o t y p h u s 261 Polfärbung bei Diphtheriebazillen 765 Dysenteriebazillen 317 Hühnercholerabazillen 544 Pestbazillen 478. 480. 481 Rotzbazillen 720 Polkörperchen im Bact. coli comm. 338 Typhusbacillus 209 Pottasche zu Nährböden für Tuberkel- bazillen 104 Prophylaxe bei Aktinomykose 909 Dysenterie 331 Fleischvergiftungen durch Bakterien der Gruppe des Bact. enteri- tidis 663 durch Coli, Proteus u. s. w. 667 durch Bac. botnlinus 681 Milzbrand 70-72 Typhus 207 Pr o s ka u er -Capaldi scher Nährboden Wachstum des Typhusbacillus und des Bact. coli comm. auf 376 Protamin im Tuberkelbacillus 113 Protease Einfluss auf Milzbrandbazillen 33 Proteine im Tuberkelbacillus 112. 113 Pseudo- Aktinomykose durch Strep- totricheen 839. 841. 844—846 Pseudo-Diphtheriebazillen 823 bis 829 Mischinfektion bei Tuberkulose durch 176 Psendo-Dysenterie der Irren 325 Pseudomembran bei Diphtherie des Menschen 762. 791. 801—809 der Tiere 787—791 Pseudoödemb acillus 632 Pseudorauschbrand 617 Pseudorotzbazillen 731 Pseudotuberkelbazillen 93. 94—96. 123-126 Pseudotuberkulose durch Strepto- tricheen 838 — 839. 841 — 845. 847. 849 Pseu dotyph II sba Zilien in Bezie- hung zum Bact. enteritidis 662 s. auch »Paratyphusbazillen« Pseudo-Verzweigu ng bei Tricho- myceten 832 Psittacosis bei Menschen 425 in Beziehung zu Fleischvergiftungen 659 Ptomaine bei Fleischvergiftungen 665 Pustula maligna 63. 65 Pyocyanase Einfluss auf Milzbrand- bazillen 32 942 Sachregister. P y 0 c y a n e u s als Antagonist des Milz- brandbacillas 32 Mischinfektion bei Tuberkulose durch 176 Pyrogallol Wirkung auf Milzbrand- empfänglichkeit 45 Q Quecksilber Einfluss auf Tuberkel- bacillus 110 Rachen tonsille als Eintrittspforte des Tuberkelbacillus beim Men- schen 170 Radieschen Tetanusbazillen auf 587 Ratten Empfänglichkeit für Bac. botulinus G7G Bac. oedemnt. maligni 629 Hühnercholerabacillus 551 Milzbrandbacillus 35. 44. 45 Pestbaclllus 501—504 Rauschbrandbacillus 610 Streptotricheen 840 Uebertragung der Pest durch 536 — 538 Rattenbacillus Danysz) als Erreger von Ratteuseuchen 504 Aehnlichkeit mit Pestbaclllus 488 Rattenserum Wirkung auf Milzbrand- bazillen 34 Rattenseuchebacillus (Schilling) Aehnlichkeit mit Pestbaclllus 488 Rattenseuchen 504 Raubtiere Empfänglichkeit für Milz- brandbazillen 5. 36. 44 Raubvögel Erüpfänglichkeit für Hüh- nercholerabazillen 546 Rauschbrand Ausbreitung 602 Bekämpfung 617 Geschichtliches 601 Inkubationszeit 609 Krankheitsbild 602 Mischinfektion 605 Pseudorauschbrand 617 Sektionsliefund 603 Rauschbrandbacillus Biologie 606 bis 608 Eigenbewegung 604 Entwicklungsformeu 608 Fadenbildung 608 Färbung 604 Fundorte im Körper 603 Gasbildung 607 Geißeln 605 Keulenform 604 Kultur 605 Morphologie 604. 608 placentare Uebertragung 604 Resistenz 613 — 616 Sporenbildung 604. 608 Tierpathogcnität 608-612 Toxinbildung 612 Uebertragung 602 I Rectum als Eintrittspforte des Tu- berkelbacillus beim Menschen 169 Reduktionswirkung des Bact. coli 1 comm. 372 Milzbrandbacillus 19. 42 Typhusbacillus 219- 221 Regen Würmer Verschleppung von Milzbrandbazillen durch 59. (iO Reh Empfänglichkeit für Kekrosebazil- len 694 Reis als Nährboden für Pestbazillen 492 Rekonvaleszenten Diphtherieüber- tragung durch 815 Typhusübertragung durch 294 Rekonvaleszentenserum zur Sero- diagnostik bei Dysenterie 323 zur Serodiagnostik bei Typhus 207 Renntier Empfänglichkeit für Milzbrandbazillen 36 Nekrosebazillen 694 Renntier p est 618 Resistenz des Aktinomyces 877 Bac. botulinus (570. 672 Bact. coli coiiim. 383 — 390 Bradsotbacillus (i90 Diphtheriebacillus 777—780. 815 Dysenteriebacillus 319 Hühnercholerabacillus 548. 553—554 Milzbrandbacillus und -sporen 28 bis 33. 42 Pestbaclllus 493. 495-501 Rauschbrandbacillus 613 — 616 Rotzbacillus 734 — 743 Tetanusbacillus 573, Tetanusgift 594—595 Tuberkelbacillus 107—110 Typhusbacillus 300—305 der Tiere gegen Milzbrand 35—36. 42—46 Steigerung derselben 42 A^erminderung derselben 43 Respirationsapparat s. Luftwege Rezidive bei Dysenterie 314. 319 Rhamnose Wirkung des Bact. coli comm. auf 349 Rhinitis diphtherica 804. leprosa 187 Rhodan Wirkung auf Tuberkelbazillen 109 Rieselfelder Typhusverbreitung durch 306 Riesenzellen in leprösen Neubildun- gen 189 im Tuberkel 120. 122 Riesenwuchsformen des Diphtherie- bacillus 776 Rind Empfänglichkeit für Aktinomyces 877. 885—887. 895-901 Bac. oedematis malign. 623. 629 Bac. pltirisepticus 5()4 Bradsotbacillus 688 Hühnercholerabacillus 552 Milzbrandbacillus 35. 44. 64 Nekrosebacillus 694. (i97 Perlsuchtbacillns 131 Pestbaclllus 511 Sachregister. 943 [Eind Empfiinglichkeit für! Rauschbraudbiicillus BÖS— 609 Streptotricheen 838-839 Tetanusbacillus 582 Eiuderserum Einfluss auf Milzbrand- bazillen 34 R i n d e r s e u c h e 562. 564 Rindertuberkulose s. rerlsuclit Röntgea-Strahlen Wirkung auf Bact. coli comm. 386 Milzbrandbazillen 30 Tuberkelbazillen 108 Roggen Aktinomycesübertragung durch 881 Rohrzucker Wirkung des Bac. botulinns auf 671 Bact. enteritidis auf 640. 650 Typhusbacilhis auf 217 Romanowsky-Fiirbung für Milzbrandkapseln 12 Pestbazillen 480. 481. Roseolaflecke Züchtung von Typhus- bazillen aus 217 Rosolsäure zur Färbung von Tuber- kelbazillen 95 Reduktion durch Bact. coli comm. 372 Rosolsäurebouillon Wachstum des Typhusbacilhis in 220 R OS ol Säuregelatine zur Züchtung asporogen. Milzbrandstämme 25 Rosshaare Milzbrandübertragung durch 61 Rothbergers Neutralrotagar s. Neu- tralrotagar Rotz Geschichtliches 707—711 Krankheitsbild bei Menschen 714 — 715 Krankheitsbild bei Tieren 711—714 Sektionsbefund 715 — 720 Rotzbacillus Ausscheidung 748 Chemie 723 Dauerformen 723 Degenerationsformen 720. 722 Eigenbewegung 723 Eintrittspforten 743 — 746 Fadenbildung 721 Färbung 722. 724—727 Farbstoffbildung 733 Geißeln 723 Indolbildung 734 Kettenbildung 721 Kultur 727—733 Menschenpathogenität 711 Morphologie 720—723 Polfärbung 720 Resistenz 734 — 743 Säurebildung 734 Schicksal im Organismus 746—748 Sporenbildung 723 Struktur 722 Tierpathogenität 711 Uebertragung 744. 748 Virulenz 607. 612 Rouxsche Färbung für Diphtherie- bazillen 775 Rückenmark Lepraerkrankung des 189. 191 Rückenmarksdurchschneidung Einfluss auf Milzbrandempfäng- lichkeit 45 Ruhr s. Dysenterie Ruhrbacillus s. Dysenteriebacillus Saccharose Wirkung des Bact. coli comm. auf 349 Safranin zur Milzbrand-Kapselfärbung zu Typhus-Nährböden 219 Safran inagar Wachstum des Typhus- bacilhis und des Bact. coli comm. auf 380 Salat Tetanus-Uebertragung durch 587 Typhus-Uebertragting durch 305 Salicylsäure Wirkung auf Diphtheriebazillen 779 Hühnercholerabazillen 554 Salzsäure Wirkung auf Hühnercholerabazillen 554 Milzbrandbazillen 31. 42 Pestbazillen 500 Tetanusgift 595 zu Typhus-Nährböden 287 Salzsäure-Gelatine zur Züchtung as- porogener Milzbrandrassen 25 Samen Tuberkelbazillen im 150. 151 zu Tuberkelbazillen-Nährböden 105 Samenstrang-Aktinomvkose des 901. 902 Sana Tuberkelbazillen in 140 Saprophyten toxigene 676 S a r c o p h y s e m a h a e m o r r h a g i c u m bovis s. Kauschbrand Sattler Milzbranderkrankungen der 63 Sauerstoff-Bedürfnis des Aktinomyces 875. 876 Dysenteriebacillus 317 Milzbrandbacillus 15. 20. 30. 38 Pestbacillus 484 Tetanusbacillus 572 Tuberkellbacillus 102. 106 Typhusbacilhis 209 Säugetiere Empfänglichkeit für Hüh- nercholerabazillen 5.^0 Säuglingsstuhl Bact. coli comm. im 335. 412. 415 Säurebildung des Bact. coli comm. 351—360. 370 Bradsotbacillus 690 Diphtheriebacillus 770 Dysenteriebacillus 318 Milzbrandbacillus 19. 42 Pestbacillus 491 Rotzbacillus 734 Tetanusbacillus 572 Typhusbacillus 212. 216 Säurefeste Bakterien 123 — 126 Differentialdiagnose gegenüber dem Tuberkelbacillus 93-96 Säurefestigkeit des Leprabacillus 124. 182 des Tuberkelbacillus 93—96 944 Sachregister. Säurefuchsin zu Typhusnährböden 218. 2-21 Säuregelatine zur Züchtung asporo- gener Milzbrandrassen 25 Säuren Wirkung auf Bact. coli comm. 386 Pestbazillen 484 Tetanusgift 595 zu Typhusnährböden 223. 238. 239. 242. 286 Verhalten des Bact. coli comm. zu organischen stickstofffreien 360 Schaf Empfänglichkeit für Aktinomyces 877. 903 Bac. oedemat. maligni 623. 629 Bac. plurisepticus 564 Bact. enteritidis 641 Bradsotbacillus 685. 687 Hühnercholerabacillus 552 Milzbrandbacillus 35. 65 Nekrosebncillus 694 Perlsuchtbacillus 131 Pestbacilhis 511 Eau8chbrandbacillus 609 Tetanusbacillus 582 Schäfer Milzbranderkrankungen der 63 Scharlach in Beziehung zur Tuberku- lose 160 als Komplikation von Diphtherie 809 Scheide Bact. coli comm. in der 402 Scheinfädenb ildung des Pestbac.479 s. auch unter »Fadenbildung« Schilddrüsenextraktgelatine Wachstum des Typhusbacillua u. des Bact. coli comm. auf 378 Schildkröte Empiänglichkeit für Te- tanus 583 Schlächter Erkrankungen durch Milzbrandbazillen 63 Tuberkelbazilleu der Tiere 134—135 Schlangen Empfänglichkeit für Pest 512 Tetanus 583 Schleimhäute als Eintrittspforten für Diphtheriebazillen 804 Pestbazillen 502-509. 523 Eotzbazillen 717. 744 Tuberkelbazillen 165 Schlingenbildung des Milzbrandba- cillus 14. 17 Schmierseife Wirkung auf Pestba- zillen 500 Schnittpräparate Färbung von Tu- berkelbazillen in 96—99 Schorfe Milzbrandinfektion durch 46 Schumacher Milzbranderkrankungen der 63 Schutzimpfung bei Diphtherie 821 Kauschbrand 614 Schntzkräfte des Körpers gegen Dysenterie 328 Typhus 270 Schwan Empfänglichkeit für Hühner- cholerabazillen 546 Schwarzwurz Wachstum des Rotz- bacillus auf 732 Schwefelsäure bei Färbung von Tu- berkelbazillen 90. 95 Wirkung auf Hühnercholerabazillen 554 Milzbrandbaz. 39 Pestbazillen 500 Rotzbazillen 739 Tetanusgift 595 Schwefelkohlenstoff Wirkung auf Milzbrandempfänglichkeit 45 Schwefelwasserstoff Bildung durch Bac. plurisepticus 563 durch Bact. coli comm. 365 durch Typhusbacillus 212 Einfluss auf Milzbrandempfänglichkeit 45 Schweflige Säure Wirkung auf Rotzbacillus 738 Tuberkel bacillus 109 Schwein Empfänglichkeit für Aktinomyces 878. 888. 901 Bac. oedematis malign. 624 Bac. plurisepticus 564 Bradsotbacillus 688 Hühnercholerabacillus 552 Milzbrandbacillus 35. 65 Nekrosebacillus 694. 696. 697 Perlsuchtbacillus 131 Pestbacilhis 511 Rauschbrandbacillus 610 Schweinepest in Beziehung zu Fleisch- vergiftungen 659 Nekrosebazillen bei 696. 697. 705 Schweineseuche 562 Seh weineseuchebacillus 561 Aehnlichkeit mit d. Pestbacillus 488 Wirkung b. Menschen 425 Schweißdrüsen Leprabazillen in 186 Schwindsucht s. Tuberkulose Sedimentiernng vonTuberkulosespu- tum 87 Seepferdchen Empfänglichkeit für Milzbrand 36 Sehnenscheidenentzündungen bei Dysenterie 314 Seidenfäden mit Milzbrandsporen Herstellung 28 Sekrete Pestbazillen im menschlichen 521. 525. 535 Sektionsbefund bei Aktinomykose des Menschen 889—894. der Tiere 894-904 Bradsot 686 — 688 Dysenterie .327 Illihnercholera 546 Milzbrand 66—67 Pest 519—523 Rauschbrand 603 Rotz 715—720 Septicaemia haemorrhag. 563 Sekundär Infektionen bei Diphtherie 782 Typhus 276-278 Selen zu Nährböden für Milzbrandba- zillen 19 Sachregister. 945 Selterswasser Verbreitung von Dys- enterie 330 von Typhus 303 Semnopithecus entellus Empfäng- lichkeit für Pest 509 Septicaemia haemorrhagica 559 bis 565 Erreger 560 — 5(>5 Inkubationszeit 563 Klinischer Verlauf 563 Sektionsbefiiud 563 Verbreitung 561 Septicaemia pluriformis s. Sept. haemorrhagica Septikämie der Enten 556 der Hühner 555 der Kälber 5(50. 659 der Kaninchen 560. 562 der Schwäne u. ägypt. Gänse 556 der Vögel s. Iliihnercholera durch Bakterien der Coligruppe 425. 427-430 durch Diphtheriebazillen 802 durch Milzbrandbazillen 50. 56 Pestbazillen 502. 506. 521 Typhusbazillen 272—275 Serodiagnostik bei Bakterien der Fleischvergiftungen ()52— 660. 662 Coliinfektionen 426. 433-434. 436 bis 437. 443. 447 Diphtherie 829 Dysenterie 311. 315. 320. 323. 325 Milzbrand 70 Pest 525-526. 532 'I'etanus 581 Typhus 207. 226-228. 253 Serum s. Blutserum Serumagar Wachstum des Bradsotbacillus 689 — 690 Nekrosebacillus 701 Pestbacillus 491 Serumbouillon Wachstum des Hühnercholerabacillus 545 Nekrosebacillus 702 Rauschbrandbacillus 607 Serum therapie bei Fleischvergiftun- gen 664. 682 bei Lepra 200 Silbersalze Wirkung auf Tuberkel- bacillus 110 Similityphnsba Zilien (Escherich) 406 in Beziehung zu Fleischvergiftungen 662 Skatolbildung durch B. coli comm. 363 Skrofulöse s. Lymphdrüsentuberkulose Smegmabacillus 124 Färbung 93 Säurefestigkeit 92 Soda zu Nährböden für Tiiberkelbazil- len 104 Sonnenlicht Resistenz gegen s. »Licht« Sorbit Wirkung des Bact. coli comm. auf 349 HaiiiUuR-li der patliogeneii Mikrourgaiusuien. II. Speichel s. Sputum Speicheldrüsennährboden für Milz- brandbazillen 16 Sperlinge Empfänglichkeit für Hühnercholera 546 Milzbrand 36. 44 Pest 512 Tetanus 583 Sperma s. Samen Spielzeug Diphtherieübertragung durch 778. 813 Spindelformen bei Bact. coli comm. 339 Spitalinfektionen durch Typhus- bazillen 296 Splenotyphus 273 Spondylitis typhosa 265 Sporen bei Aktinomyces 867. 869. 872. 875 Bac. botulinus 672. 676 Bac oedematis maligni 628 Bact. coli comm. 338 — 339 Bradsotbacillus 689 Diphtheriebacillus 765 Dysenteriebacillus 316 Geflügeltuberkulosebacillus 127 Milzbrandbacillus 14. 23. 20-24 Nekrosebacillus 700 Pestbacillus 483 Rauschbrandbacillus 604. 608 Rotzbacillus 723 Tetauusbacillus 569 Trichomyceten 833. 835 Tuberkelbacillus 81 Typhusbacillus 20!) Sputum Nachweis von Tuberkelbazillen im 87 Kultur von Tuberkelbazillen aus 100 zu Nährboden für Tuberkelbazillen 105 säurefeste Bazillen im 94 Uebertragung von Hühnercholera 547 Lepra 186 Pest 494-496. 522. 525. 535 Tuberkulose 142-146 Typhus 294 Stalaktitenbildung des Diphtherie- bacillus in Bouillon 770 des Pestbacillus in Bouillon 490 S t a 1 1 i n f e k t i 0 n e n bei Milzbrand 5. (il Staphylokokken als Antagonisten des Milzbrandbacillus 33 bei Fleischvergiftungen 650 Mischinfektion bei Tuberkulose durch 176 Stärke zu Nährböden für Tuberkel- bazillen 101. 104 Statistik der Perlsuchtvererbung 154 der Tuberkulosegefahr 161 — 165 der Tuberknlosevererbung 153 Staub Untersuchung auf Tuberkelbazil- len 144 Verbreitung des Bac. oedemat. malign. 625 Bact. coli comm. 401 Diphtheriebacillus 778. 813 60 946 Sacliregister. [Statib Verbreitung des] Milzbrandbacillus 48 Pestbacillus 4i)7 Tetannsbacillus 575. 586. 587 Tuberkelbacillus 143-146 Typhusbacillus 306 Stechmücken Uebertragung der Pest durch 513 Steinhühnerseuche 556 Stick Stoffs üb stanzen Verhalten des Bact. coli comui. za 3()1— 370. 411 Stoffwechselprodukte des Milz- brandbacillus 42 des Tuberkelbacillus 115. 116. 122 des Typhusbacillus 211 Stomatitis dui'ch Diphtheriebacilliis 804 Strahlenpilze Stellung im System 86 Strah lenpilzform des Tuberkelbacil- lus 84 Streptokokken als Antagonisten des Milzbrandbacillus 32 Mischinfektion bei Tuberkulose durch 176 Streptotricheen Kultur 836—849. 854—857 in Gehirnabszessen 840 im Thränenk anal des Menschen 836-837 bei Zoonosen 838—839 Zugehörigkeit des Tuberkelbacillus zu 86 Streptotrichin 843 Streptothrix aurea 837 Candida '— Gedanensis II 855 capreae 839. 857 cuniculi 839 S. auch »Nekrosebacillus« Foersteri 836 Gedanensis I 855 japonica 847. 856 Lathridii 844. 856 Madurae 840. 854 necrophora s. Nekrosebacillus odorifera 845 Proteus 847 Stroh Aktinomykoseübertragung durch 880-882 Struktur des Bact. coli comm. 340. 409 Kotzbacillus 722 Stuhlgang s. Faeces Sublimat Wirkung auf Bact. coli comm. 387 Diphtheriebacillus 779 Dysenteriebacillus 319 Milzbrandbacillus 31 Pestbacillus 499 Rauschbrandbacillus 616 Rotzbacillus 739—743 Tetanussporen 573 Tuberkelbacillus 109 S ubl im at- Anilin färben zurFiirbung des Tuberkelbacillus 91 Sudan III zur Färbung von Aktinomyces 869 Tuberkelbazillcn 91 Sukrose zu Typhusnährböden 217 Symbiose Einfluss auf Bact. coli comm. 383—384. 398 bei Rauschbrand 615 System Stellung des Aktinomyces im 862 Cladothrix im 832—836 Leptothrix im 832 — 836 Streptothrix im 832—836 T Tannin bei Tuberkelbazillen-Schnitt- färbung 98 Tarbaganenpest 5.33 Taschentücher Tuberkuloseübertra- gung durch 143. 144. 169 Tauben Empfänglichkeit für Bac. botulinus 670. 676 Bac. oedematis maligni 628 Bact. enteritidis 641 Bradsotbacillus 688 Di])litheriebacillu8 784 Hühnercholerabacillus 546 Milzbrandbacillus 36. 43 — 45 Nekrosebacillus 704 Pestbacillus 511. 512 Rauschbrandbacillus 610 Streptotricheen 839 Tetannsbacillus 582 Tetanusgift 591 Tuberkelbacillus 127 Taubenblut Wirkung auf Milzbrand- bazillen 34 T au b e n d ip h t h e ri e Uebertragbarkelt auf d. Mensch. 817 T a u b e n s e n ch e 556 T a u r i n zu Tuberkelbazillennährböden 105 T a u r 0 c h 0 1 s a u r 6 s N a t r o n zuTyphus- nährböden 218 Teerlösung, alkalische, Wirkung auf Pestbazillen 500 Teiche Typhusverbreitung durch 301. 303 Temperatur -Anforderungen des Bac. botulinus 671. 680 Bact. coli comm. 385 Bradsotbacillus 690 Diphtheriebacillus 767 Dysenteriebacillus 317 Fischtuberkulosebacillus 130 Geflügeltuberkulosebacillus 128 Milzbrandbacillus 75 Nekrosebacillus 701 Pestbacillus 484. 485. 490. 491. 493 Rotzbacillus 727 Tetanusbacillus 571 Tuberkelbacillus 106 Typhusbacillus 209 -Einfluss auf Milzbrandempfänglieh- keit 43 Milzbrandsporenbildnng 15. 20. 21 Milzbraiidvirnlenz 38 Sachregister. 947 Temperaturgifte des Taberkelbaeil- lus 116. 117 Terpentinöl bei Tuberkelbazilleufür- bnng 91 Tetanolysin 599 Tetanus Diagnose 580 Endemieen 574 Epidemieen 574. 578 Epidemiologie 577—578 im Gefolge anderer Krankheiten 57ß Geschichtliches 566 — 5(59 hydrophob ic US 579. 588 Inkubationszeit 576. 578. 583 Krankheitsverlauf b. Mensch. 578 des Neugeborenen 574. 578 Prognose 579 puerperalis 574. 576 rheumaticus 576 — 577 T e t a n u s b a c i 1 1 u s Biologie 571—573 Beweglichkeit 569 Färbung 569 Geißeln 569 Isolierung 570. 584 Kultur 570—573 Morphologie 569 Eesistenz 573 Säurebildung 572 Sporenbildung 569 Sporenfärbung 569 Tierpatliogenität 582—586 Toxinbiidung581(s. auch Tetanusgift] Uebertragung 575. 586—588 Verhalten im Tierkürper 584-586 Verbreitung in der Außenwelt 575 586—588 Tetanusgift 589—600 Abschwächung 594—596 Chemie 598 Herstellung 589 Konservierung u. Konzentrierung 599 Resistenz 594 — 595 Theorie der Wirkung 596—598 Wirkung im Tierkürper 592—594 Tetragenus Mischinfektion bei Tuber- kulose durch 176 Therapie bei Aktinomykose 909—911 bei Dysenterie 314 bei Milzbrand 70—72 Thermometer Tvphusüber tragung durch 296 ' Thimotheusgr as Säurefeste Bazillen auf 125-126 Thränenflüssigkeit Wirkung auf Milzbrandbacillus 34 Thränenkanal Streptrotriclieen im 836 bis 837 T h y m 0 1 Wirkung auf Mil/Airandbaz. 31 zur Tiiberkelbazillenfärbung 91 Thyraoxol Wirkung auf Diphterie- bazillen 779 Tierärzte Erkrankungen durch Milz- brandbazillen 63 durch Tuberkelbazillen der Tiere 134-135 T i e r a k t i n o m y k 0 s e Uebertragbarkeit auf den Menschen 884 T i er tuber kulose s. Perlsucht Tierpathogenität des Aktinomvces 877—879 Bac. botiilinxis 669-670. 673-676 Bac. oedemat. malign. 622—624. 628 Bac. plurisepticus 564 Bact. coli comm. 390—400 Bact. enteritidis 641. 651 Bradsotbacillus 688 Diphthcriebacillus 783 -793 Dysenteriebacillus 326—328 Hiihnercholerabacillus 546 — 553 Leprabacillus 185 Milzbrandbacillus 5. 35—36. 42-59 Nekrosebacillus (194—699 Pestbacillus 501 — 514 Rauschbrandbacillus 608—612 Rotzbacillus 711 Streptotricheen 838—850 Tetanusbacillus 582 — 586 Tuberkelbacillus 132—133. 165 Typhusbac ill US 229—235 Tochtermanns Agar Wachstum des Diphtheriebacillus auf 7(J9 T ol u i d i n - Safraninfärbung für Nekrose- bacillus 702 Tolnol Wirkung auf Diphtheriebazillen 779 Diphtlieriegift 799 Tetanusgift 595 Tonsillen als Eintrittspforten des Aktinomyces 880. 883. 890 des Milzbrandbacillus 49 des Tuberkelbacillus 168. 170 säurefeste Bakterien auf den 94 Totenstarre bei Milzbrandleichen 67 Toxalbumosen des Tuberkelbacillus 116 Toxinämieen durch Bakterien der Gruppe desBact. coli comm. 428 Toxin -Bildung und -Wirkung des Bac. botulinus 670. 678 des Bac. oedematis maligni 6.34 des Bact. coli comm. 381. 418. 430 der Bakterien der Fleischvergiftungen 666. 670. 678 der Bakterien d. Gruppe des Bact. enteritidis (540. 651 des Bradsotbacillus 691 des Diphtheriebacillus 767. 793—799 des Dysenteriebacillus 327 — 328 des Hiilinercholerabacillus 554 des Leprabacillus 191. 199 des Milzbrandbacillus 52—55 des Nekrosebacillus 703 des Pestbacillus 51()— 519 des Rauschbrandbacillus 612 des 'i'etanusbacillus 581. 584. 589 bis 600 des Tuberkelbacillus 115—117. 122 des Typhusbacillus 230—234. 273. 278 Traubenzucker zu Nährböden für Aktinomyces 877 Bac. botulinus 671 60* 948 Sachregister. [Traubenzucker zu Nährböden fiirj Bac. oedematis maligni 628 Bact. coli comiu. 349. 410 Bact. enteritidis 640. 650 Bradsotbacillus 689 Diphtheriebacillus 769 Dysenteriebacillus 318. 324 Pestbacillus 484. 487 Tetanusbacillus 571 Typhusbacillus 213—217 Traubenzuckeragar Wachstum des Aktinomyces 877 Bacillus botulinus 671 Bradsotbacillus 689 Typhusbacillus u. des Bact. coli comiu. 376 Traubenzuckerbouillon Wachstum des Aktinomyces 877 Bac. botulinus 671. 672 Bradsotbacillus 689 Traubenzuckergelatine Wachstum des Bac. botulinus 671 des Bratsotbacillus 689 Trauma in Beziehung zur Tuberkulose 160. 174 Trehalose Wirkung des Bact. coli comm. auf 349 Tr ichomyceten pathogene 832 — 858 in Gehirnabszessen 840 T r i nk g e s e h i r r e Diphtherieübertra- gung durch 814 Trinkwasser Uebertragung von Bact. coli comm. 400 Bakterien der Gruppe des Bact. ente- ritidis 662 Dysenteriebazillen 3.30 Pestbazillen 494 Typhusbazillen 297—303 Tritonen Empfänglichkeit für Milzbrand 36 Tetanus 583 T r 0 p ä o 1 i n - Essigsäure bei Färbung von Rotzbazillen 725—726 Tröpfchen -Infektion bei Lepra 186 Pest 497. 523 Tuberkulose 145 Truthühner Empfänglichkeit für Hühnercholera 546 Geflügeltuberkulose 127 Truthühnerpneum onie 556 Trypsin Wirkung auf Milzbrandbacil- lus 35 Tryptophan im Tuberkulin 114 Tuberculosis verrucosa cutis durch Perlsuchtbazillen 135 durch menschliche Tuberkelbazillen 167 Tuberkel Entstehung 118 Erweichung 122 Struktur 118 Verkäsung 121 Wachstum 120 T u b e r k e 1 b a c i 1 1 u s Beweglichkeit 106 Biologie 106-110 [Tuberkelbacillus] Chemie 112-115 Degenerationsformen 81. 89 Eintrittspforten b. Mensch. 167—174 im Tierexperiment 165 — 167 Fadenbildung 83. 84 Färbung 89—96, in Schnitten 96-99 Fettgehalt 92 Kern 82 Keulen- u. Kolbenform 84 Kultur 100—105 Membran 81 Morphologie 80—85 Nachweis in Eiter. Exsudaten, Faeces, Harn 88 in Milch 138 in Sputum 87 Pleomorphie 83 — 85 ^ Pseudotuberkelbazillen 93—96 Resistenz 107—110 Sauerstoffbedürfnis 106 Säurefestigkeit 89. 92. 95 Sedimentierung 87 Sporen 81 Strahlenpilzform 84 Systemstellung 85 Temperaturanfordermigen 106 Tierpathogenität 165 Toxinbildung 115-117. 122 Tuberkelbildung 118-122 Uebertragbarkeit auf Tiere 132—133 Uebertragung durch Butter u. Milch 137—140 durch Kontakt 172 durch Luft 142—14(5 Vakuolen 81 Vererbung 147 — 154. germinative 150-152 placentare 152 — 153 Verzweigung 83—84 Virulenz 117 Wachsgehalt 92 in Beziehung zur Fischtuberkulose 130 in Beziehung zur Geflügeltuberkulose 128—129 in Beziehung zur Rindertuberkulose 1.31—136 Tuberkulin Chemie 113 Fieber durch 116 Herstellung u. Reinigung 114 Wirkung 132 Tuberkulinsäure 113. 114 Tuberkulose Disposition 1.56—160, Vererbung der- selben 156 — 158 Einfluss des Alters 163, des Berufs 162—163, des Geschlechts 164, von Krankheiten 159 der Fische 129 des Geflügels 127—129 Heredität 147-154 Infektionsgefahr u. Statistik 161 — 164 der Knochen u. Gelenke 150 der Lymphdrüsen 135 — 136. 150. 173— 174 Sachregister. 949 [Tuberkulose] Mischinfektion bei 17ß— 177 durch Perlsuchtbazillen 134 der Rinder s. Perlsucht Verbreitung 164 Tuberkulosamin 113 Typhoid epizootisclies des Geflügels 8. Hühnercholeia Typhus Abszesse bei 265-266 ambulatorius 29 Angina u. Laryngitis bei 261 bakteriologische Diagnose 235 — 254 Bakteriurie bei 254 — 259 Cholecystitis bei 259—260 Cystitis bei 255—256 ohne Darnierkrankiing 271 — 275 Epidemiologie 291—307 fötale Infektion 272 Gelenkentzündungen bei 264 Geschichtliches 204 hämorrhagisclie Form 277 Inkubationszeit 297. 299 Meningitis bei 266 Mischinfektion bei 276—278 Nephritis bei 256 Osteomyelitis bei 264 Periostitis bei 264 Pleuritis u. Pneumonie bei 261 in P>eziehung zum Puerperium 275 Sektionsbefund 268—271 Septikämie 272—275 Spondylitis bei 265 Widalsche Reaktion bei 203. 253 Typhusbacillus Agglutination 207. 226-227. 253 Allgemeinerkrankungen durch 233 bis 234. 272—275 Anreicherungsverfahren 285 als Antagonist des Milzbrandbacillus 33 Ausscheidungswege 293 Beweglichkeit 208 in Beziehung zu den Bakt. der Gruppe des Baet. enteritidis 658. 660 Biologie 209—217 Diagnose 223 Differentialdiagnose gegen ähnliche Bakt. 224—228 Fadenbildung 208 Färbbarkeit 208 Gärwirkung 213 Geißeln 208 Geschichtliches 205 Immunitätsreaktionen 206. 226 — 228. 253 Indolbildung 211 Kultur 209—223. 235-244 Morphologie 208 Nachweis im Blut 249—251 im Boden 290 in Faeces 235-245 in Milz 246 im Roseolensaft 247—249 im Wasser 284—290 Polkörner 209 Reduktionswirkungen 219—221 [Typhusbacillusj Resistenz 300—305 Säurebildung 212. 216 Sporenbildung 209 Stoffwechselprodukte 211 Tierpathogenität 229 -235 Toxin Wirkung 230-234. 273. 278 Uebertragung 296 — 307 Verbreitung im menschl. Körper 268 —271 Vermehrung im Körper 232—234 Virulenz 232—233 Vorkommen im Boden 290 im Wasser 284—290 Typliusähnliche Bakterien. Differen- tialdiagnose gegen Typhusbac. 224-225 s. aucli Paratypliusbacillus T y p h u s ä h n 1 i c h e Erkrankungen 279 bis 283 Tyrosin im Tuberkulin 114 zu Tuberkelbazillennährböden 105 TJ Ubiquität des Tuberkelbac. 142—146 Uebertragung der Aktinomvkose 879-885 Diphtherie 778. 813—816 Dysenterie 329—331 Hiihnercholera 547—548 Lepra 186. 197—198 Milzbrand 57 Pest 534-538 Rauschbrand 602 Rotz 744. 748 Tetanus 575. 586—588 Tuberkulose 137—140 erbliche 147—153 Typhus 296-307 Uffelmanns Nährboden für Typhus- bazillen 287 Ulzerationen NekrosebaziJlen bei 693 Um Züchtung des Bact. coli comm. 403 des Tuberkelbacillus 129. 130 Unnas Schnittiärbung für Rotzbazillen 726 Tuberkelbazillen 98 Unter schweflige Säure bei Färbung von Tuberkelbazillen 91 Untersuchung pestverdächtigen Ma- terials 531—532 s. auch »Nachweis« Urin s. Harn Urogenital apparat Tuberkulose des b. Menschen 172 Urotropin bei Typhusbakteriurie 257 -258 Uschinsky sehe Nährlösung Wachstum des Bact. coli comm. 376 Diphtheriebacillus 769 Tetanusbacillus 590 Typhusbacillus 222 Uteruserkrankungen der Tiere durch Nekrosebazillen 697 OpO Scachref!:ister Vaccins l'asteur) bei Milzbrand 38.40 Vaginaerkrankungen der Tiere durch Nekrosebazillen 697 Vakuolen im Bact. coli comm. 338 Geflügeltuberkulosebacillus 127 Tnberkelbacillus 81 Variabilität des Bact. coli comm. 402 -409 Pestbacillus 478 Vegetabilische Nährböden s. pflanz- liche Nährböden Venenblut Züchtung von Typhus- bazillen aus 249 — 251 Venöse Stauung Steigerung der Ee- sistenz der Tiere gegen Milz- brand durch 43 Verbreitung in der Außenwelt Bacillus oedemat. malign. 624 Bacillus plurisepticus 561. 563 Bact. coli comm. 400 Bradsotbacillus 691 Diphtheriebacillus 815 Hühnercholerabacillus 547—548 Leprabacillus 197 Milzbrandbacillus 59—64 Nekrosebacillus 706 Rauschbrandbacillns 602 Tetanusbacillus 586—588 Tuberkelbacillus 142-145 Typhusbacillus 296-307 Verdauungsapparat s. Digestions- apparat u. Magendaruikanal Vererbung der Tuberkulose 147—154 Verhütung s. Prophylaxe Verkäsung von Perlsuchtknoten 131 von Tuberkeln 115. 121 Verkalkung von Perlsuchtknoten 131 Versendung pestverdächtigen Mate- rials 529 Versuch Pfeifferscher bei Typhus 226 bis 228 Verzweigung bei Pestbacillus 840 Trichomyceten 832 Tuberkelbacillus 83. 84 ähnlichen Baz. 123. 127 Vesuv in zur Färbung von Tuberkel- baz. 90. 98 Viehbesitzer Milzbranderkrankungen bei 63 Virulenz Bac. oedemat. malign. 634 Bact. coli comm. 390-400. 426—427 Bact. enteritidis u. der zugehörigen Bakt. 651 Bradsotbacillus 688 Diphtheriebacillus 778. 780. 781 Hühnercholerabacillus 551—553 Leprabacillus 191 Milzbrandbacillus 26, 36-42. 58 Nekrosebacillus 703 Pestbacillus 498. 514—516 Rauschbrandbacillus 607. 612 ■ Tuberkelbacillus 117 Typhusbacillus 232 - 233 Vögel Empfänglichkeit für Hühnercholerabacillus 546 Milzbrandbacillus 36 Pestbacillus 511 Vogelsepti k am ie s. Ilühnercholera Vogeltuberkulose 127—129 Vulvitis u. Vul vo-vagini tis durch Bact. coli comm. 451 durch Diphtheriebazillen 807 W Wachs im Tuberkelbacillus 92. 112 Wachstumstemperatur s. Temperatur- anforderungen Wäsche Uebertragung von Diphtherie 778. 813 Dysenterie 329 Pest 535 Typhus 297. 298 Walfisch-Rauschbrand 617. 626 Walseptikämiebacillus 626 Wanderz eilen im Tuberkel 121 Wanzen Pestübertragung 513. 538 Waren Uebertragung von Pest durch 536 Wasser Bac. oedemat. malign. im 624 Bac. plurisepticus im 563 Bact. coli comm. im 400 Hühnercholerabacillus im 548 Milzbrandbacillus im 61 Pestbacillus im 494 Tetanusbacillus im 586 Typhusbacillus Nachweis im 284 — 290 Uebertragung durch 297 — 303 Vermehrung im 300 Wasserdampf Wirkung auf Pestbacillus 498 Tuberkelbacillus 109 Wasserleitungen Typhusverbreitung durch 300 Wasserstoffsuperoxyd Wirkung auf Diphtheriebazillen 779 Milzbrandbazillen 31 bei Färbung von Milzbrandsporen 23 von Tuberkelbazillen 91 Weichselbaums Tuberkel bazillen- färbung 95 W e i de infektioneu bei Rauschbrand 609. 610. 612 bei Tetanus 587 Weinblatt form der Typhusgelatine- kolonie 210 Weinsäure bei Tuberkelbazillenfär- bung 95 Weizen schleim zu Nährböden für Milzbrandbaz. 16 W^ida Ische Reaktion bei Typhus 207. 253 Widerstandsfähigkeit s. Resistenz Wildseuche 562. 564 Wirbelsäulen aktinomykose 890 Wohnungen Uebertragungen Bac. oedemat. malign. 625 Pestbazillen 534 Tetanusbazillen 587 Tuberkelbazillen 143—144. 162—163 Sachregister. 951 WollsortiererMilzbr;inderkv;mknngen '■ äev] 63 Wunden Infektion durch Bac. oedemat. inalig^ni (i2(). 629 j Bact. coli comm. 430 Milzbrandbazillen 46 | Perlsuchtbazillen 134 I Tetanusbazillen 575—576 | Wundsep ti kämi e durch Bakterien der Coligruppe 430 W u n d s t a r r k r a in pf s. Tetanus Wurstbazillen ()42 Wurm(=Rotz) s. Rotz, Hautrotz Würz scher Agar Wachstum des Tj'- phusbac. 217. 243. 2S8 Xerosebacillus 830-831 Xylol Wirkung des Bact. coli coram. auf 349 Zahnfleisch als Eintrittspforte des Aktinoniyces 880. 883. 890 Zentralnervensystem Veriindernn- gen bei Kotz 719 Tetanus 580 Ziege Empfänglichkeit für Aktinomyces acillus 694 [Ziege Empfänglichkeit fürj Perlsuchtbacillus 131 Pestbacillus 511 Rauschbrandbacillns 609 Rotzbacillus 711 Streptotricheen 839 Tetanusgift 591 Ziehische Lösung für Färbung von Tubeikelbazillon 90 in Schnitten 96-98 Z i r k u I a t i o n s a p p ar a t VeränderuDgen bei Rotz 717 Zitronensäure bei rnberkelbnzillen- färbung 95 zu Typhusnälirbüden 287 Zitronensäure-Methylviolett-Gc- latine Wachstum des Typhus- bacillus u. des Bact. coli comm. 378 Zoonosen durch Streptotricheen 838 bis 839 Zucker Wirkung des Bact. coli comm. auf 349—360. 410 Bact. enteritidis auf 640 Bradsotbacillus auf 689 Dysenteriebacillus auf 318 Rotzbacillus auf 734 Typhusbacillus auf 214—218 Z u c k e r b 0 u i 1 1 0 n Wachstum des A kti- nomyces 877 Bac. botulinus 671. 672 Bradsotbacillus 689 Dysenteriebacillus 770 Züchtung s. Kultur Zunge na ktinomykose des Menschen 882. 888. A91 des Rindes 883 Druck von Breitliopf & Härtel in Leipzig.