612.08 H77h6 BüOUBELLüaa, CHIUAÜO. mifti^.«^^^ «, ^Lfl"!«. >fflCl,„ _Jf*«llffki.'"'m, ^L#i)3. Das Palmitin ist wenig löslich in kaltem, leicht löslich in heissem Alkohol oder Aether. Beim Erkalten der heiss gesättigten Lösung scheiden sich feine Nadeln von Palmitin aus. Ist es mit Stearin ge- mischt, so scheiden sich aus den heissen Lösungen beim Erkalten Ge- mische (oder Verbindungen) von Palmitin und Stearin in Kugeln aus, welche aus radial um einen Punkt gestellten Blättchen oder Nadeln, die oft grashalmartig gewunden erscheinen, bestehen. Diese Gemenge hielt inan früher für ein besonderes Fett, welches Margarin genannt wurde. Wie das Stearin, so hat auch das Palmitin verschiedene Schmelz - und Erstarrungspunkte , je nachdem es mehr oder weniger rein ist. Der Schmelzpunkt des reinen Tripalmitin ist zu 62" angegeben. (Hein (Trioleiu) (\,-Hi„4 0, oder C, H, (r„ H,, üo),. In reinem Zustande ein farbloses, flüssiges Oel bei gewöhnlicher Temperatur. Es oxydirt sich leicht an feuchter Luft und färbt sich Trennung der Fette von anderen Körpern. 48. 57 dabei gelb, ist ziemlich löslich in absolutem Alkohol, leicht löslich in Aether, weniger in kaltem Weingeiste. Das Olein löst Stearin und Palmitin reichlich auf und stellt in dieser Mischung die Hauptmasse der natürlichen Fette dar. Bei der trockenen Destillation giebt es ausser den Producten, welche auch andere Fette liefern, noch Sebacylsäm-e (Fettsäure). Im Vacuum destillirt reines Olein unzersetzt. Butyrin, Capronin, Caprylin und die anderen derartigen Fette sind noch nicht him-oichend untersucht und man hat lieine Methode, sie von den übrigen Fetten ohne Zerlegung zu trennen. Trilaurin Schmelzpunkt 45". Trimyristin Schmelzpunkt 55°. Trennung der Fette von anderen Körpern und Nachweis derselben. 48. Wegen ihrer Nichtflüchtigkeit, Unlöslichkeit in Wasser, Leicht- löslichkeit in Aether ist es im Ganzen nicht schwierig, die Fette von anderen Stoffen zu trennen. In Flüssigkeiten suspendirte Fette kann man durch Schütteln der Flüssigkeiten mit Aether aufhehmen, aus Emulsionen, z. B. Milch, er- hält man sie auf gleiche Weise, nachdem man der Emulsion etwas Natroidauge zugefügt hat. Die in den Flüssigkeiten gelösten Fette sowie die in Gewebstheilen eingeschlossenen erhält man am Einfachsten, in- dem man Flüssigkeit oder Gewebe auf dem Wasserbade trocknet, den Rückstand fein pulverisirt, mit Aether auszieht und das Ungelöste noch mit Alkohol auskocht. Das Alkoholextract wird heiss filtrirt, auf dem Wasserbade verdunstet und der Rückstand mit Aether ausgezogen. Die durch Verdunsten der Aetherauszüge erhaltenen Massen können ausser den Fetten noch fette Säuren, Lecithin imd Cholesterin enthalten, auch Farbstofl'e können sich darin befinden. Um die freien Säuren von den Fetten zu trennen, ist es zweckmässig, den Aetherrückstand mit massig verdünnter Lösung von kohlensaurem Natron, welches nicht verseifend auf die Fette wirkt, im Scheidetrichter gut zu schütteln, einige Zeit stehen zu lassen; die wässerige Lösung, nochmals mit Aether ausge- schüttelt, enthält dann die vorher freien Säuren als Natriumsalze. Um Cholesterin aus den Fetten abzutrennen, wird ihre Mischung mit alko- holischer Kalilauge einige Zeit auf dem Wasserbade im Sieden erhalten, dann der Alkohol durch Verdunsten verjagt, die rückständige Flüssig- keit mit Wasser sehr verdünnt und mit Aether geschüttelt; das dann abgegossene Aetherextract enthält nur Cholesterin und ein wenig Seife, wenn mit Wasser genügend verdünnt war. Durch Waschen mit wässerigem kalten Alkohol unter Zusatz eines Tropfen Salzsäure kann die letzte Spur der Säure aus dem Rückstand des Aetherauszugs entfernt werden. Die Seifenlösung wird, ohne den letzten Rest des Aethers zu ent- 58 Trennung der einzelnen Fette. 49. fernen, mit verdünnter Scliwefelsäure gut angesäuert und nun auf dem Wasserbade bis zum Verdunsten des Aethers erwärmt, die ausgeschiedenen Fettsäuren durch Filtration entfernt, das Filtrat mit Ammoniak neutrali- sirt, auf dem Wasserbade zu sehr kleinem Volumen eingedampft und mit Alkohol ausgezogen. Das filtrirte Alkoholextract enthält das Glycerin und Spuren von den schwefelsauren Salzen, die man durcli Zusammenreihen des Verdampfungs- Rückstandes mit Bleioxyd, Ausziehen der Masse mit etwas Wasser, Fällen mit Schwefelwasserstoff, Filtriren und Eindampfen zum Syrup trennen kann. Das zurückbleibende Glycerin wird durch den Geschmack, Lösung von Kupferoxydhydi-at in demselben und die Bildung von Acrolein beim Erhitzen mit wasserfreier Pliosphor- säure charakterisirt. Die oben durch Fällung mit Schwefelsäure aus der Seifenlösung isolirten fetten Säuren werden nach den §§ 3.5 und 36 angegebenen Methoden von einander getrennt und näher bestimmt. Die auf obige Weise dargestellten Aetherextracte enthalten fast immer Lecithin, selten Calcium- oder Magnesiumsalze fetter Säuren (Faeces). Lecithin zersetzt sich beim Trocknen des Rückstandes über 70" und giebt bei der Verseifung mit alkoholischer Kalilauge Glycerin- phosphorsäure. Der Phosphorgehalt des Aetherextractrückstandes nach § 24 ermittelt, ergiebt den Gehalt an Lecithin. Trennung: nud Nachweis der einzelnen Fette. 49. So wenig man eine genügende Methode besitzt, Cholesterin von den unz er setzten Fetten vollkommen zu trennen, so wenig ist man auch im Stande, eine Trennung der einzelnen Fette von einander vorzunehmen, ohne dass man sie verseift. Eine für manche Zwecke genügende Trennung erhält man, wenn man die Fette einige Zeit bei einer Temperatur erhält, bei der ein Theil des gelösten Stearin und Palmitin auskrystallisirt, diese Tempe- ratur wfude für Butter etwa 20", für Leberthran, Knochenöl etwa 0» sein, und so für jedes Fett verschieden. Man filtrirt durch Papier das flüssige Oel ab, presst die ausgeschiedenen Krystallmassen aus und lässt nun das Oel bei einer niederen Temperatur stehen, bei welcher wieder ein Theil sich ausscheidet, filtrirt u. s. w. Spült man die aus- gepresste Krystallmasse mit kaltem Alkohol ali, so erhält man von Olein ziemlich freie Gemische von Stearin und Palmitin, und löst man diese in viel heissem Alkohol und lässt allmälig erkalten, so scheidet sich zuerst Stearin, dann dies mit Palmitin gemischt, zuletzt mn- Palmitin mit Spuren von Olein aus. Zur genaueren Untersuchung der Fette auf die in ihnen enthaltenen , Glycerinphosphorsäure. 50. 59 Säiu-en verseift man sie zunächst durch Auflösen in heissem Alkohol. Zusatz starker alkoholischer Kalilauge, Kochen der Mischung V2 ^^is 1 Stunde lang. Der Alkohol wii-d dann verdampft, der Rückstand in Wasser gelöst, mit verdünnter Schwefelsäm-e stark angesäuert, die leichter flüchtigen Säuren mit der grösseren Wassermenge abdestillirt, das Destillat nach § 34 untersucht. Der Rückstand im Kolben wird nach dem Erkalten mit Aether geschüttelt, die ätherische Lösung ab- gegossen, mit verdünnter Natronlage geschüttelt, welche die fetten Säuren aufnimmt, dann die alkalische Lösung mit CO2 gesättigt und nach § 36 zur Abtrennung der Oelsäure behandelt. Die in Aether un- löslichen Bleiverbindungen werden in heissem Alkohol fein zertheilt, mit SH2 zerlegt, heiss filtrirt, das Piltrat mit Soda zur Trockne ver- dampft und der alkoholische Auszug der Natronsalze der fetten Säuren nach § 35 (am Ende) fi-actionirt getä,llt und untersucht. Schnell ausführbare Methode der Verseifung mit Natriumalkoholat vergl. Kossei u. Obermüller, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 14. S. 599. Kossei u. Krüger, ebendas. Bd. 15. S. 321. Obermüller, ebendas. Bd. 16. S. 152. Glycerinphosphorsäure C3 R, (OH), PO4 H,. 50. Die Glycerinphosphorsäure findet sich in sehr geringer Menge im normalen Harne, kommt im üebrigen wohl nm- als Zersetzungs- product des Lecithin im Blut, leukaemischen Harn, Transsudaten, Muskeln, Gehirn, Nerven, Eidotter, Eiter u. s. w. vor. Sie ist eine zweibasische Säm-e, welche auch direct durch Einwirkung wasserfreier Phosphorsäure auf Glycerin gebildet werden kann. Sie ist nur als syrupöse Flüssigkeit, nicht im festen Zustande bekannt und zerlegt sicli beim Erwärmen allmälig in Glycerin und Phosphorsäure. Ihre Baryt- und Kalksalze sind unlöslich in absolutem Alkohol, leicht löslich in kaltem Wasser. Das Kalksalz wird in perlglänzenden Blättchen er- halten, wenn die kalt concentrirte Lösung zum Sieden erhitzt wird, auch das Zinksalz krystallisirt gut. Die Lösung der glycerinphosphorsauren Salze wird durch essig- saures Bleioxyd gefällt. Um Glycerinphosphorsäure in Flüssigkeiten aufzufinden, dampft man die von Eiweissstofi'en befreite, mit Barytwasser alkalisch gemachte, dm'ch Kohlensäuie von überschüssigem Baryt befreite und nach Auf- kochenlassen abfiltrirte Flüssigkeit auf ein kleines Volumen ein, lässt einige Zeit stehen, um Kreatin und dergleichen sich ausscheiden zu lassen, dampft mit der Luftpumpe über Schwefelsäure die Flüssigkeit möglichst ein, extrahirt mit absolutem Alkohol den Rückstand, löst das 60 Glucose. 51. Zurückbleibende in wenig Wasser, filtrirt und prüft nach Verdunsten der Flüssigkeit zur Trockne den Kückstand nach § 24 auf Phosphor- säuregehalt. Statt dessen kann man auch diese letztere Flüssigkeit mit Salzsäure ansäuern, einige Zeit im Kochen erhalten, zur Trockne abdampfen, den Rückstand mit Wasser ausziehen, filtriren und das Filtrat mit ammoniakalischer Magnesialösung auf Phosphorsäure prüfen oder mit molybdänsaurem Ammoniak (vei'gl. § 17). Das krystallisirte giycerinphosphorsaure Zink ist in seinen mikroskopischen Formen dem milchsauren Zink sehr ähnlich. Kohlehydrate. Glucose, Traubeuzufker,Hariizucker Cg H^ OeOder (HO (CHOH)^ t'H>OH. 51. Unter allen Zuckerarten hat die Glucose bei Menschen und Thieren das ausgebreitetste Vorkommen. Abgesehen vom Darminhalte, in welchem sie je nach der Nahrung in sehr wechselnder Quantität vor- handen sein, zeitweise auch fehlen kann, findet sie sich bei gesunden Thieren häufig in geringer Menge in dem Safte der Leber, in dem Chylus, regelmässig im Blute und der Lymphe. Ebenso findet sich Traubenzucker stets in geringer Jlenge (im Durchschnitt 0,09%,) im normalen menschlichen Harn')- Bei Diabetes beträgt der Gehalt des Harnes an Traubenzucker fast immer mehrere Procente. Man stellt den Traubenzucker aus dem diabetischen Harne dar, in- dem man denselben bei massiger Temperatur auf dem Wasserbade zum dünnen Syrupe abdampit und zur Krystallisation stehen lässt, nach einigen Tagen oder Wochen ist der ganze Syrup krystallisiit. Die körnige Masse wird nun mit wenig Alkohol zerrieben und gewaschen, um den Harnstoff zu entfernen, dann löst man im siedenden Alkohol, filtrirt heiss und lässt zur Krystallisation stehen, die ausgeschiedenen Krystall- körner und Kugeln werden dann noch mehrmals aus heissem Alkohol, nach Soxhlet besser aus Methylalkohol umkrystallisirt. In neuester Zeit ist die Darstellung der Glucose auf synthetischem Wege gelimgen^). Der auf die beschriebene Weise erhaltene Zucker (wasserfreier Traubenzucker C^HigOg) ist völlig farblos, bildet vierseitige Prismen mit schräger oder grader Endfläche; die Kry stall flächen sind meist un- eben an grösseren Individuen; sie gruppiren sich beim Krystallisiren strahlig zu Kugeln und Knollen. Die Krystalle sind hai't, luftbe- ständig bei gewöhnlicher Temperatm-, bei 146" schmelzend. In Wasser lösen sie sich iui;lit sehr schnell. Die wässerige Lösung kann zur ') Baumann, Ber. d. deutsch, chpm. Ges. Bd. 19. S. 3218. Wedenski, Zeltschr. f. physiol. Chem. Bd. 13. S. 122. -■) E. Fischer, Ber. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 23. S. 799. Glucose. 51. 61 Trockne abgedampft werden, ohne dass sich ein Krystall bildet, während eine dünne, syrupöse Lösung binnen einiger Zeit ruhigen Stehens kiystallinisch erstarrt und zwar krystallisirt aus concentrir- ten wässerigen Lösungen bei 30 — 35" ebenfalls wasserfreier Trauben- zucker, aus wässerigen Lösungen in der Kälte dagegen wasserhaltiger (C6H|2 0g -i- HjO). Diese Krystalle schnell auf 100° erhitzt schmelzen unter Bräunung, beim sehr langsamen Trocknen wird Wasser ohne Schmelzen ausgetrieben; es bleibt eine weisse undm'chsichtige Masse von der Form der Krystalle und diese kann ohne Zerlegung auf 120" und darüber erhitzt werden. Der Traubenzucker ist schwer löslich in kaltem, leicht in heissem Alkohol, langsam aber reichlich in Methylalkohol, un- löslich in Aether. Aus wässerigen Lösungen wird er durch essigsaures Blei nur bei Gegenwart von Ammoniak gefällt. Aus den kochsalzhaltigen Lösungen des Traubenzuckers scheiden sich beim Stehen grosse sechsseitige Doppelpyramiden oder Khomboeder aus, welche aus 2 CgHioOg + NaCl + H.^O bestehen und 13,52% NaCl enthalten. Wie alle Alkohole lässt sich auch die Glucose mit Basen und mit Säuren verbinden. Die Verbindung mit Basen vollzieht sich leicht und schnell schon bei gewöhnlicher Temperatm', so z. B. mit Kali (CgH ^ KOg), Natron, Kalk, Baryt (CgHi-jOg . Ba 0); eine wässerige Lösiuig von Traubenzucker löst reichlich Aetzkalk auf Die Verbindungen sind in absolutem Alkohol unlöslich,eineLösung von Glucose in Methylalkohol wird durch methylalkoholische Barytlösung quantitativ gefällt*); in wässeriger Lösung zersetzen sich die Verbindungen mit Alkalien und Erden bald, schon bei gewöhnlicher Temperatur, unter Bildung von Milchsäm-e, viel schneller in der Wärme. Mit massig starker Natronlauge auf 90" er- wäiTnt zersetzt sich der Traubenzucker unter lebhafter Wärmeentwicklung, bei niedriger Temperatm- langsamer, in Milchsäure, Brenzkatechin, Ameisen- säure und andere unbekannte Steife; daneben bilden sich — auch schon beim Stehen alkalischer Traubenzuckerlösungen in der Kälte — braune Zersetzungsprodukte; dabei findet reichliche Absorption von Sauerstoff statt, aber, auch bei Luftabschluss tritt geringe Braunfärbung ein. Kohlen- sam-e Alkalien wirken wie Aetzalkalien, nur schwächer. Der Traubenzucker verbindet sich mit Kupferoxyd. Die Verbindung löst sich leicht in Alkalilauge zu dunkelblauer Flüssigkeit, kann aber als Niederschlag (C6H1.2OB . 5 Cu (OHjo) erhalten werden, wenn man zu einer Lösung, die 1 Molek. Traubenzucker enthält (die Lösung muss mindestens 0,5% sein) 5 Molek. Kupfersulfut und 11 Molek. Natron- *) Scheibler bei Leo, Arch. f. pathol. Anat. Bd. 107. S. 109. 62 Glucose. 51. hydrat fügt. Die nach einiger Zeit (nicht sofort) abfiltrirte Flüssigkeit ist dann zuckerlrei.') Die alkalische Kupferoxydtraubenzuckerlösung ist sehr zersetzlich, sclion nach kurzem Kochen scheidet sich ein gelbes oder rothes Pulver, Kupferoxydul, aus, während die Flüssigkeit sich ent- färbt (über die quant. Verhältnisse siehe § 252); in der Wärme geht diese Keaction augenblicklich vor sich: der Zucker wird oxydirt, indem sich Ameisensäure, Oxymalonsäure (Tartronsäure), Essigsäure bilden '-). Ebenso erfährt auch das Wismuthoxydhydrat beim Kochen mit alkalischer Traubenzuckerlösung Eeduction zu metallischem Wismuth, auch Gold-, Platin-, Silber-, Quecksilbersalze werden durcli dieselbe reducirt, Ferri- cyankalium in Ferrocyankalium umgewandelt und Indigo zu Indigoweiss reducirt. In sauren Lösungen ist der Traubenzucker beständig, mit verdünnten Säuren erhitzt liefert er Huminsubstanzen, Ameisensäure, Lävulinsäure ■^) und Furfurol.'') Mit den verschiedensten anorganischen und organischen Säuren bildet er unter geeigneten Bedingungen esterartige Verbindungen, unter denen die Benzoesäureester besondere Bedeutung erlangt liaben''). Schüttelt man Traubenzucker (5 gr in 0,5proc. Lösung) mit Benzoylchlorid (40 gr) und Natronlauge (300 ccm lOproc. Lösung) bis zum Verschwinden des Geruches nach Benzoylchlorid, so erhält man in Wasser unlösliche, in Alkohol, Auther, Benzol lösliche Niederschläge, welche Gemenge mehr- fach benzoylirter Glucosen darstellen''). Er verbindet sich auch mit einer Reihe von aromatischen Aminen. Die Reaktion mit Phenylhydrazin in essig- saurer Lösung auf dem Wasserbade verläuft nach der Gleichung Ci;Hi.2 0ü + 2 Cfi H,:, N2 H3 = C18 Hoo N4 O4 + 2 K, 0 -L 2 H ; das entstandene d-Glucosazon ist in Wasser schwer, in heissem Alkohol leicht löslich, krystallisirt in gelben Nadeln und schmilztbei204 — 205'). Der Traubenzucker dreht in wässeriger Lösung die Ebene des polarisirten Lichtes nach rechts u. z. ergiebt sich die specifische Drehung für Lösungen, welche erhitzt waren oder längere Zeit gestanden hatten, aus folgenden Formeln : für den wasserfreien Trauben- zucker (a)D = 52,50" + 0,018796P J- O,00051G83P2, für den wasser- ') Salkowski, Zeitschr. f. iihysiol. Chom. Bd. 3. S. 79. 2)Claus,Ann.Chem.Pharm.Bd."l47.S.114,Jouni.f.prakt.Chem.[2]Bd.4.S.63. 3) Tollens, Ann. Chem. Pharm. Bd. 206. S. 207, Conrad u. Guthzeit, Ber. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 19. S. 2.569. *) Emniet, Journ. f. prakt. Chem. Bd. 12. S. 120. ^) Baumann, Bor. d. deutsch, chem. Ges. Bd. 19. S. 3220. ») Kueny, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 14. S. 330. Skraup, Sitzber. d. k. Akad. d. Wissensch. Wien, Naturw. Klasse Bd. 98. IIb. S. 438. ') E. Fischer, Ber. d. deutsch, chem, Ges. Bd. 17. S. 579 u. Bd. 20. S. 821. . Nachweis der Glucose. 52. g3 haltigen («jn = 47,73" + 0,015534 P + 0,0003883 P-', wobei P den Procentgehalt der Lösung an Traubenzucker bezeichnet.') Darnach ist die specifische Drehung sehr verdünnter Lösungen am Geringsten, sie nimmt allmälig zu, ist bei lOprocentigen Lösungen 52,74 resp. 47,92 und bei lOOprocentigen Lösungen 59,5 resp. 53,17. Der in kaltem Wasser gelöste, krystallisirte Traubenzucker besitzt gleich nach dem Auflösen eine höhere Eechtsdrehung, die sich beim Stehen allmälig, schnell beim Erhitzen vermindert, bis sie schliesslich constant wird (Birotation). Mit Bierhefe in Berührung geht der Traubenzucker in wässeriger Lösung, wenn die Temperatur zwischen 10-40" beträgt, sofort die alkoholische Gährung ein. Das Schema CgHioOg == 2(C.2HcO) + 2 (CO) 2 drückt den Process der Zerspaltung aus, welchen der Trauben- zucker hauptsächlich erleidet. Die Gährung geht am Besten bei etwa 340 vor sich 2). Die Gährung zerlegt nur dann den ganzen vorhandenen Zucker, wenn die Lösung nicht über 15% davon enthält, da in con- centrirteren Lösungen der gebildete Alkohol die Gährung endlich inhibirt. Dm-ch zahlreiche Bakterien wird der Traubenzucker in Milchsäure über- geführt, solche Bakterien finden sich regelmässig in saurer Milch, Käse. Diese Gährung verläuft langsamer als die alkoholische. Durch concentr. Salpetersäure in der Wärme wird die Glucose in Zuckersäure und Oxalsäure übergeführt. Nachweis der Glucose und Treunung derselben von anderen Körpern. 52. um in einer Flüssigkeit Zucker aufzusuchen, hat man stets zunächst die Eiweissstoffe, wenn sie vorhanden sind, daraus zu entfernen. Ist die Flüssigkeit alkalisch oder neutral, so fügt man zu diesem Zwecke Essigsäure bis zur schwach sauren ßeaction hinzu, erhitzt zum Kochen und filtrirt. Eiweissreiche Flüssigkeiten wie Blut mischt man besser mit dem drei- bis vierfachen Volumen starken Alkohol, lässt einige Zeit stehen, ohne zu erwärmen, tiltrirt dann ab. Harn befreit man besser nach dem ersteren Verfahren von Eiweissstoffen. Das Alkoholextract, welches man nach dem zweiten Verfahren erhält, verdunstet man auf dem Wasserbade zur völligen Entfernung des Alkohol, und wenn sich noch Eiweissstoffe ausgeschieden haben, extrahirt man nochmals den Kückstand mit viel Alkohol, filtrirt, verdunstet den Alkohol und löst •) Tollens, Ber. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 17. S. 2238 u. Handbuch der Kohlehydr. S. 44. -J Jodlbauer, Zeitschr. d. Vereins f. Kübenzuckerindustrie 1888 S. 309. 64 Nachweis der Glucose. 52. den Rückstand in wenig Wasser. Mit diesen so erhaltenen eiweissft-eien Flüssigkeiten macht man die folgenden Proben: 1) Man untersucht dieselben im Polarisationsapparate, ob sie eine Rechtsdrehung besitzen, welche unverkennbar sein wird, wenn die Flüssig- keit nicht etwa nur Spuren von Traubenzucker enthält. Für den Harn: Ist der Harn trübe oder duukelgefärbt, so schüttelt man ihn mit etwas pulverisirtem neutralen Bleiacetat und benutzt das Filtrat zur Polari- sation. 2) Bringt man in eine mit Quecksilber gefüllte und umgekehrt in ein Getass mit Quecksilber gestülpte Glasröhre mittelst einer Pipette mit krummem Schnabel eine Traubenzucker enthaltende neutrale oder schwach saure Flüssigkeit, mit ein wenig Hefe versetzt und lässt bei gewöhnlicher Zimmertemperatur stehen, so zeigt sich bald Gasentwicke- lung (Kohlensäure), die bis 2 Tage währt. Lässt man dann zu dieser Flüssigkeit etwas concentrirte Kalilauge aufsteigen, so wird das ent- wickelte Gas fast vollständig wieder absorbirt. Es ist zu bemerken, dass Hefe auch in vollständig zuckerfreien Lösungen geringe Mengen von Gas liefern kanri. Mit Harn stellt man die Probe ganz in derselben Weise an. 3) Moore's Probe: Man versetzt eine Probe der zu unter- suchenden Flüssigkeit im Probirglase mit Aetzkali- oder Aetznatronlauge bis zur stark alkalischen Reaetion und erhitzt allmälig das Gemisch zum Sieden. Ist Zucker vorhanden, so wird die Flüssigkeit erst gelb, dann braunroth, endlich dunkelbraun bis schwarz gefärbt. Ist wenig Zucker vorhanden, so tritt nur gelbe oder röthliche Farbe ein. Für den Harn nur deutlich bei heller Farbe des Harns resp. bei reichem Zuckergehalt. 4) Trommer's Probe: Eine andere Probe versetzt man mit über- schüssiger Kali- oder Natronlauge und fügt dann unter gutem üm- schütteln so lange tropfenweise eine verdünnte Lösung von schwefel- saurem Kupferoxyd hinzu, als der entstehende Niederschlag sich in der Flüssigkeit wieder auflöst. Man erhitzt dann allmälig bis zum Sieden. Enthält die Flüssigkeit Traubenzucker, so löst sie reichlich Kupferoxj'd- hydrat zur dunkelblauen Flüssigkeit und es scheidet sich beim Kochen reichlich der gelbe oder rothe Niederschlag von Kupferoxydul aus. Ist melir Zucker in der Flüssigkeit, als das zugefügte Kupferoxyd zu oxy- diren vermag, so wirkt die ft-eie Aetzalkalilauge auf den übrigen Zucker ein und die Flüssigkeit färbt sich allmälig nach dem Sieden gelb bis brauni'oth. Hat man dagegen mehr Kupferoxyd hinzugefügt, als der Zucker zu redtuiren vermag, so scheidet sich beim Kochen auch schwarzes Kupferoxyd aus und dies verdeckt dann leicht das gleichzeitig ausge- Nachweis der Glucose. 52. 65 schiedene Kupferoxydul. Man hat sich deshalb wohl in Acht zu nehmen vor zu grossem Ueberschuss der Kupferlösiing, während Aetzalkali in grossem üeberschusse angewendet der Keaetion keinen Eintrag thut. Verschieilene organische Stoffe verlangsamen oder verhindern die Ab- scheidung des bei dieser Reaction sich bildenden Kupferoxydiüs; ziem- lich reichlich finden sich solche Körper im normalen menschlichen Harne, in viel geringerer Menge im diabetischen Harne. Wenn nun die Ver- ändenmg der Farbe, aber keine Oxydulabscheidung zu bemerken ist, er- kennt man die geringsten Spuren des gebildeten Oxyihil, wenn man im Probirglase auf die gekochte und etwas erkaltete Flüssigkeit verdünnte Salzsäure vorsichtig darauf schichtet. Der obere Theil der Flüssigkeit wird hierbei übersättigt und an der Grenze der Flüssigkeiten zeigt sich ein sehr feiner weisser bis gelber oder röthlicher Niederschlag, der sich dann allmälig zu Boden senkt. Mittelst der Trommer'schen Probe kann der Zucker in 1 ccm einer 0,0025 procentigen wässerigen Lösung noch nachgewiesen werden, doch gilt diese Schärfe nur füi- sehr günstige Verhältnisse. Für den Harn stellt man die Probe in der oben angegebenen Weise an: reichliches Lösungsverraögen für Kupfersulfat und das Auftreten eines deutlichen gelben oder rothen Niederschlags beim Erwärmen sind für Zucker charakteristisch. Da jeder normale Harn Stoffe enthält, welche Kupferoxyd in Losung halten und reduciren und solche, welche das Kupferoxydul am Ausfallen verhindern, so kann die Probe in manchen Fällen besonders bei geringem Zuckergehalt zweifelhaft bleiben. Um sie nun auch bei solchen zweifelhaften Fällen möglichst empfindlich und für Traubenzucker beweisend zu machen, wird sie nach den umfassenden Untersuchungen von Worm-MüUer*) am Besten in folgender Weise angestellt: In einem Reagenzglas werden 5 ccm filtrirter Harn, in einem andern 1 ccm 2,5 % Kupfersulfatlösiing und 2,5 ccm alkalischer Seignettesalzlösung (auf 100 ccm 4 % NaOH 10 gr weinsaures Kalinatron) erhitzt. 20—25 Sekunden nach Unterbrechung des Kochens giesst man den Inhalt beider Reagenzgläser zusammen ohne zu schütteln und beobachtet nun, ob sofort oder nach einigen Minuten eine bei auf- fallendem Licht schmutzig gelbgrüne Färbung entsteht, welche von fein vertheiltem Kupferoxydul herrührt. Erhält man keine Ausscheidung mit 1 ccm, so muss man die Probe mit 2, 2,5 u. s. w. ccm wiederholen, bis entweder Ausscheidung erfolgt oder die Flüssigkeit nicht mehr entfärbt wird. 5) Barfoed's Probe: Kocht man Traubenzuckerlösungen mit einer schwachen Lösung von essigsam-em Kupfer, der etwas Essigsäure zugesetzt ist, so scheidet sich Kupferoxydul ab. 6) Boettcher's Probe: Man fügt zu einer Portion der zu prü- fenden Flüssigkeit eine Messerspitze voll Wismuthoxyd oder basisch salpetersaures "Wismuthoxyd, alsdann einige Messerspitzen Soda, erhitzt nun zum Sieden und erhält einige Zeit im Sieden. Enthält die Flüssig- *) Arch f. d. ges. Physiol. Bd. 27 S. 112. Hoppe-Seyler, Analyse. 6. Aufl. 66 Nachweis der Gliicose. 52. keit Traubenzucker, so färbt sich der Niederschlag bald grau, endlich schwarz, durch Keduction des Wismuthoxydes. Sind nur Spuren von Zucker zu vermuthen, so ist auch weniger Wisniuthoxyd zur Probe zu verwenden, als wenn reichlicher Gehalt anzunehmen ist. Für den Harn, speciell liei geringem Zuckergehalt desselben, ist die Aus- führung der Probe nach der Modifikation von Almen-Nylanderi) empfohlen worden: Die Roaktionsflüssigkeit (dargestellt durch Zusammenbringen von 100 gr ö,2 % NaOH, i gr Seignettesalz und 2 gr Bisni. subnitr. und Abflltriren der Flüssigkeit von ungelöstem Wismuthsalz) wird zum Harn im Verhältniss von 1 : 10 gesetzt und darauf die Mischung einige Minuten gekocht; es entsteht ein schwarzer Niederschlag.^) 7) Eubner's Probe-'). Versetzt man Traubenzuckerlösungen mit einer grösseren Menge gepulverten Bleiacetats, kocht einige Zeit, träufelt dann in die siedende Lösung Ammoniak, bis eben ein dauernder Nieder- schlag entsteht, so färbt sich fast unmittelbar die ganze Lösung gelb und je niich der Concentration dann roth: es setzt sich ein ebenso ge- färbter flockiger Niederschlag ab, der aber bald in eine an Bleioxyd erinnernde gelbe Farbe übergelit. Für die Ausführung dieser Probe im Harn ist hinzuzufügen, dass man auf lü ccm Harn 3 gr Bleiacetat nimmt, von dem reichlich entstehenden Niederschlag ahfiltrirt und mit dem Filtrat die Probe ausführt. Concentrirte Harne müssen zu- nächst mit dem gleichen Volumen Wasser verdüunt werden. 8) Phenylhydrazinprobe von E. Fischer*). Versetzt man eine wässerige Traubenzuckerlösung mit einigen Tropfen Phenylhydrazin und ebensoviel Tropfen 50procentiger Essigsäure und erwärmt auf dem Wasser- bad, so scheiden sich allmälig gelbe Nadeln von d-Glucosazon ab. Für den Harn wird die Probe nach der Vorschrift von v. Jaksch-HirschP) ausgeführt: 10 ccm Harn werden in einem Reagenzglas mit 2 Messerspitzen salz- saurem Phenylhydrazin und 3 Messerspitzen essigsaurem Natrium (statt dessen einfacher mit gleicher Tropfcnzahl von Phenylhydrazin und 50 % Essigsäure) versetzt und eine Stunde im Wasserbad erwärmt. Nach dem Herausnehmen lässt man mehrere Stunden stehen und untersucht den Niederschlag mikroskopisch. Das Ghikosazon bildet gelbe einzelne oder in Drusen angeordnete Nadeln vom Schmelzpunkt 204—205°. 9) Furfurolreaktiun von Molisch*') u. v. Udränszky'). Versetzt man einen Tropfen der Traubenzuckerlösung in einem Keagenzglas mit 1) Zeitschr. f physiol. Chem. Bd. S S. 175. ^) Nach Eingabe von Rheum tritt die Reaktion auch in zuckerfreien Harnen auf (Salkowski, Centrbl. f. d. med. Wissensch. 1885 No. 25). •) Zeitschr. f. Biolog. Bd. 20 S. 397. «j Ber. d. deutsch, chem. Ges. Bd. 17 S. 579 und Bd. 22 S. 90 Anm. s) Zeitschr. f physiol. Chem. Bd. 14 S. 377. «) Sitzber. der k. Akad. d. Wissensch. Bd. 93 II. S. 912. ') Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 12 S. 355 u. 377. * Nachweis der Glucose. 52. 67 1 Tropfen einer 1 0 procentigen Lösung von ot-Naphtol in acetonfreiem Methylalkohol und genau V2 com Wasser, lässt dann vorsichtig unter das Gemisch genau 1 ccm. reine conc. Schwefelsäure fliessen und schüttelt nun um, so tritt violette bis himbeerrothe Farbe auf Der entstandene Farbstoff zeigt Spektralerscheinungen. um im Harn') die Probe anzustellen, verdünnt man denselben zunächst auf das Zehnfache mit Wasser. Die oben angegebenen Mengen müssen genau eingehal- ten werden; es ist ferner darauf zu achten, dass die Reagenzgläser vollständig rein und frei von Papier, Staub, ßaumwollfasern sind, und ebenso, dass die Re- agentien ganz rein sind. Beim Zusammenbringen von 1 Tropfen a-Naphtollösung, V2 ccm Wasser und 1 ccm der zu benutzenden conc. Schwefelsäure darf nach dem Umschütteln die grüngelbe oder gelbe Farbe keinen röthlichen oder violetten Schimmer annehmen. 10) Reaction von G. Hoppe-Seyler-) zum Nachweis von Zucker im Harn. 5 cc (1 Theelöffel) des Eeagens (0,5 procentige Lösung von 0-Nitrophenylpropiolsäure in Natronlauge und Wasser) werden mit etwa 10 Tropfen des zu untersuchenden Harns versetzt, dann etwa 1/4 Minute gekocht. Wird die Lösung dunkelblau (Indigo), so sind reducirende Substanzen mindestens = 0,5 pCt. Zucker vorhan- den. Normaler Harn gibt erst bei Zusatz von mindestens 1 cc Grünfär- bung, eine deutliche Blaufärbung ist auch bei gi-össeren Mengen gewöhn- lich nicht zu erzielen. Gehalt des Harns an Eiweiss schadet nicht. Was nun die Beweiskraft der einzelnen Prellen betrifft, so kann die Fur- furolreaktion, welche eine allgemeine Kohlehydrat- und Eiweissreaktion ist, keine Entscheidung über die Anwesenheit von Traubenzucker geben, ebensowenig die Trommer' sehe Probe, denn es giebt eine ganze Eeihe anderer Stoffe, welche ebenfalls Kupferoxyd reduziren. Die Barfoed'sche Probe geben Maltose und Milchzucker nicht, die ßubner'sche gibt Milch- zucker nicht. Die Eeehtsdrehung schützt nicht vor der Verwechselung mit Maltose, Galactose, Dextrin, die Gährfähigkeit nicht vor der Ver- wechselung mit Maltose, Fructose (Laevulose). Dasselbe Glucosazon wie Traubenzucker gil)t auch Fructose. Die Glukosazone anderer Zucker- arten geben ähnliche mikroskopische Bilder, unterscheiden sich aber im Schmelzpunkt. Zuweilen ist der sichere Nachweis der Anwesenheit der Glucose nur durch Identifizirung der isolirten Krystalle zu führen. Beim Harn handelt es sich in der Regel nur darum zu entscheiden, ob derselbe als diabetisch zu bezeichnen ist oder nicht. Bei reichlichem 'J Siehe auch Luther, Inaug.-Dissert. Freiburg 1890. Roos, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15 S. .513. Treupel, ebendas. Bd. 16 S. 47. "-} Ebendas. Bd. 17 S. 83. 68 Abscheidung der Glucose. 53. Zuckergehalt wird jede der Proben ein unzweideutiges Resultat geben, bei geringem Gehalt kann der Ausfall mancher Proben wohl gelegentlich im Ungewissen lassen. In Bezug auf die Worm-Müller'sche und Nyl and er 'sehe Reaktion ist zu bemerken, dass sie zuweilen, auch mit normalem Harn angestellt, positiv ausfallen und zwar dann, wenn dernor- male Kohlehydratgehalt des Harns sieh seinem physiologischen Maximum nähert. Es ist Sache der üebung bei diesen beiden Reaktionen, ebenso wie bei der Tro mm er 'sehen, aus der Grösse und Art des Niederschlags zu beurtheilet). oli ein Harn von pathologischem Zuckergehalt ist. üeber den Werth der Phenylhydrazinprobe bei geringem Zuckergehalt sind die Ansichten getheilt, nach Roos ') erhält man aus jedem normalen Harn dem Glukosazone wenigstens sehr ähnliche Kiystalle. Die Furfurolreaktion stellt sehr hohe Ansprüche an die Reinheit der Gläser und Reagentien und die Sorgfalt des üntersuchers, dürfte sich deshalb nicht für Jeder- mann eignen. Die sicherste Traubenzuckerprobe ist unzweifel- haft die Gährprobe: sie ist weder so empfindlich, dass sich in das Bereich des Xonnalen fallender Zuckergehalt durch sie zu erkennen gibt, noch gestattet sie Verwechselung mit irgend einem anderen normalen oder pathologischen Harnbestandtheil^); sie föllt auch negativ aus, wenn der Harn — wie in manchen Fällen von Milchstauung bei Wöchnerinnen — Milchzucker enthält, während die auf Reduktion beruhenden Prol)en, ebenso wie die polarimetrische Probe in solchen Fällen ein positives Resultat geben können. Die Reaction von G. Hoppe-Seyler hat ebenfalls den grossen Vortheil, dass sie erst bei pathologischem Zucker- gehalt eintritt, ausserdem verlangt sie nur ein einziges und zwar gut haltbares Reagens und ist bei Eiweissgehalt ausführbar. Eine Unter- scheidung von Milch- und Traubenzucker mit ihr ist allerdings auch nicht möglich. Für diese Unterscheidung eignet sieh auch die Rubner'sehe Probe. 53. Zur Ab Scheidung der Glucose aus wässerigen Flüssig- keiten kann man sich mit Vortheil der Fällbarkeit derselben durch essigsaures Bleioxyd und Ammoniak bedienen. Zertheilt man den Niederschlag in Alkohol und leitet Sehwefelwasserstofl" hindm-ch, filtrirt und dampft zum Syrupe ab, so erhält man den Zucker von einem grossen Theile anderer Stoffe getrennt. Löst man den Rückstand in absolutem Alkohol und fügt alkoholische Kaiilösung hinzu, so lange ein 1) a. a. 0. ^) Mit einziger Ausnahme von Fructose und ähnlichen Kohlehydraten, welche aber durch ihre optischen Eigenschaften leicht zu unterscheiden sind. Ueber ihr äusserst seltenes Vorkommen im Harn siehe folgendes Kapitel. » Linksdrehende Zucker. 69 Niederschlag entsteht, so erhält man Traubenzucker-Kali als in Alkohol unlöslichen Niederschlag. Man filtrirt, löst den Niederschlag in wenig Wassei', leitet schnell Kohlensäure bis zur Sättigung des Kali hindurch, fällt die Lösung mit viel absolutem Alkohol, filtrirt, verdunstet bei möglichst niedriger Temperatur zum Syrupe und lässt einige Wochen zur Krystallisation stellen. Diese Darstellung des Traubenzuckers führt nur dann zu einem guten Resultate, wenn man den Zucker nur sehr kurze Zeit mit dem Kali in Verbindung lässt, also schnell Kohlensäure einleitet und ' mit Alkohol fällt ; ganz entgeht der Zucker trotz aller Ge- schwindigkeit und auch bei niedriger Temperatur der Zersetzung durch das Kali nicht. Ferner kann man nach Baumann Glucose aus wässerigen Lö- sungen als Benzoesäureester abscheiden, wenn man mit Benzoylchlorid und Natronlauge in den oben angeführten Verhältnissen bis zum Ver- schwinden des Geruchs nach Benzoylchlorid schüttelt. Aus dem Ester- gemenge lässt sich der Traubenzucker durch Verseifen mit Natriumäthylat gewinnen. ' ) Liuksdrehende Zucker. Leo'scher Zucker Cg H,^ Og wurde von Leo^) aus einigen (3) diabetischen Harnen dargestellt. Vom gleichzeitig vorhandenen Traubenzucker lässt er sich durch Ausfällen der methylalkoholischen Lösung mit methylalkoholischer Barvt- lösung trennen, durch welche der Leo'sche Zucker nicht niedergeschlagen wird. Er stellt einen nicht süss, sondern scharf und salzartig schmeckenden, nicht krystallisirenden Synip dar, welcher in Wasser leicht, in Methylalkohol weniger leicht, in Aether, Chloroform unlöslich ist; er wird durch Bleiessig nur bei Gegen- wart von Ammoniak gofällt. Mit Phenylhydrazin giebt er nur eine ölige Verbin- dung. Er löst Kupforoxyd in alkalischer Lösung (es entsteht dabei aber keine lazurblaue Färbung) und reduciit dasselbe, nachdem einige Sekunden gekocht ist. Das Reduktionsvermögen beträgt nur 0,4024 von dem des Traubenzuckers; er dreht die Ebene des polarisirten Lichtes nach links und zwar ist (ci) „ = — 26.07°. Mit Hefe gährt er nicht. Zucker von der Formel Cg Hj.^ Og (Fructose?) wurde von Külz-^) aus dem Harn einer an Diabetes intermittens leidenden Frau isolirt. Er stellt einen süss schmeckenden Syrup dar, reducirt alkalische Kupferlösung, bildet ein Osazon. welches nach Zusammensetzung, Eigenschaften und Schmelzpunkt d - Glucosazon ist, ist linksdrehend und vergährt laugsam mit Hefe. Er stimmt im Allgemeinen also mit der Fructose übereiii, unterscheidet sich von dieser aber dadurch, dass er durch Bleiessig gefällt wird. 1) Kueny, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 14 S. 341. 2) Leo, Arch. f. pathol. Anat. [Bd. 107 S. 99. 3) Zeitschr. f. Biol. Bd. 27 S. 228. 70 Galactose. Maltose. 54. 55. Galactose CgHio Oß. 54. Galactose findet sich als solche nicht im Organismus, sie ent- steht beim Erhitzen von Milchzucker und von Cerebrin ') mit verdünnten Säuren, im ersteren Fall neben Glucose; sie lässt sich auch aus zahl- reichen Gummiarten und Schleimstoffen des Pflanzenreichs durch Spaltung mit Säuren erhalten-). Zu ihrer Darstellung kocht man Milchzucker mit verdünnter Salz- oder Schwefelsäure"). Sie krystallisirt in zu Warzen vereinigten Nadeln oder Blättchen, die bei 168° schmelzen, ist in Wasser schwerer löslich als Glucose; sie reducirt alkalische Kupferoxydlösung und zwar etwas schwächer als Glu- cose (1 ccm unverdünnter Fehling'scher Lösung (§ '252) entspricht nach Soxlilet-*) 0,00511 gr Galactose in 1 proc. Lösung). Mit Phenyl- hydrazin bildet sie ein bei 193" schmelzendes Osazon^), mit Benzoyl- chlorid 5fach benzoylirte Galactose^), bei der Oxydation mit Salpeter- säure Schleimsäure. Mit Hefe soll sie gähren') (die Galactose aus Cerebrin gährt nicht); sie zeigt rechtsseitige Circumpolarisation und zwar ist (a)D = 83.883« + 0.0785 P — 0.209 . t, wobei P Prozentgehalt und t Temperatur bedeutet^). Maltose CijHj, Oj, + H, 0. 55. Aus Amylum und Glycogen entsteht durch Einwirkung diasta- tischer Fermente, sowie durch Kochen mit verdünnter Salz- oder Schwefel- säure Maltose; dieselbe wird durch weitere Einwirkung der Fermente langsam in Glucose übergeführt, durcli Kochen mit verdünnten Säuren geht diese Umwandlung viel schneller vor sich, wenn auch erheblich langsamer als die Invcrtirung des Rohrzuckers. Die beste Ausbeute er- hält man bei 3 stündigem Kochen von Maltose mit 3procent. Schwefelsäure, indem aus 100 gr wasserhaltiger Maltose 98,3 — 98,9 gr wasserfreie Glucose entstehen 9). Die Maltose bildet feine weisse zu Warzen ver- einigte Nadeln, ist leicht löslich in Wasser, auch ziemlich leicht löslich 1) Thierfelder, Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 14 S. 20;». 2) Müntz, Compt. rend. T. 102 p. 624 u. 681. V. Lippmaiin, Ber. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 20 S. 1001, hier auch weitere Literaturangaben. 3) Kent u. ToUens, Ann. Chem. Pharm. Bd. 227 S. 221. *) Journ. f. prakt. Chemie N. F. Bd. 21 S. 271. 5) E. Fischer, Ber. d. deutsch, chem. Ges. Bd. 20. S. 826. «) Skraup, Monatsh. f. Chemie. Bd. 10 S. 389. '') Tollens u. Stone, Ber. d. deutsch, chem. Ges. Bd. 21 S. 1572. 8) Meissl, Journ. f. prakt. Chemie. N. F. Bd. 22 S. ;i7. ?) Meissl, Journ. f. prakt. Chem. N. F. Bd. 25 S. 126. Maltose. 55. 71 in Alkohol, und wird aus der alkoholischen Lö.>ung durch Aether in weissen nadelformigen Krystallen ausgefällt, während zugleich vorhandene Glucose gelöst bleibt (über die Darstellung der Maltose siehe Herzfeld, Ann. Chem. Pharm. Bd. 220. S. 209). Durch Einwirkung von Alkalien entsteht Milchsäure, durch Ein- wirkung von Säuren Laevulinsäure und Furfurol, ebenso wie aus Glucose. Sie reducirt Kupferoxyd in alkalischer Lösung, aber schwächer als Traubenzucker und zwar wird 1 ecni unverdünnte Fehling'sche Lösung (§ 252) bei 4 Min. langem Sieden reducirt von 7,78 mgr wasserfreier Maltose in annähernd Iprocent. Lösung'), sie reducirt essigsaures Kupfer- oxyd (Barfoed's Reagens) nicht, während Glucose dasselbe reducirt. Die Maltose verbindet sich mit Phenylhydrazin in essigsaurer Lösung bei IV2 stund. Erwärmen auf dem Wasserbad zu Phenylmaltosazon C24H30N4O.1, das sich beim Erkalten in gelben, nicht zu Aggregaten vereinigten Nadeln abscheidet und bei 206" unter Zersetzung schmilzt.^) Mit Benzoylchlorid und Natronlauge liefert sie 5 fach und Gfacli benzoylirte Maltose^). Bei der Oxydation entsteht Glukonsäure resp. Zuckersäure, durch vor- sichtige Oxydation mit Brom Maltobionsäure, welche beim Erwärmen mit verdünnter Schwefelsäiu-e in Glucose und Glucnnsäm-e zerfallt*). Die Maltose giebt in wässeriger Lösung mit Hefe direct alkoholische Gäkrung, das specif. Kotationsvermögen ist nach Meissl veränderlich, wird mit steigender Concntration der Lösung, ebenso mit steigender Tempe- ratiu' geringer und lässt sich im Allgemeinen ausdrücken durch die Formel (a)D = -f 140,3750 — 0,01837 P — 0,095 T, in welcher P den Prozentgehalt an wasserfreier Maltose und T die Temperatur bezeichnet. Bei Anwendung einer 200 mm langen Beobaelitungsröhre giebt, bei 17,5" und einem Gehalt zwischen 5 und 40 gr Maltose in 100 ccm Lösung, die Anzahl der abgelesenen Grade der Rotation multiplicirt mit 0,362 den Gehalt an wasserfreier Maltose in gr für 100 ccm Lösung und zwar bis auf + 0,05 genau. Kalt frisch bereitete, wässerige Maltoselösungen steigern allmälig beim Stehen ihr Drehungsvermögen, bis sie nach 10 bis 1 2 Stunden, sofort beim Erhitzen, die obige Grösse erreicht haben. 1) Soxhlet, EbeiKlas. Bd. 21 S. 285. 2) E. Fischer, Her. d. deutsch, chem. Ges. Bd. 17 S. 583 u. Bd. 20. S. 830. ■'') Skr au p, Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wisseiisch. Wien. Naturw. Klasse. Bd. 98, IIb. S. 438. Kueny, Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 14 S. 349. *) E. Fischer u. Meyer, Ber. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 22 S. 1941. 72 Milchzucker. '»(S. Milchzucker, Lactose C,2 Hj, Oj, + Hj O. 5(5. Der Milchzucker ist bis jetzt allein in der Milch des Menschen und der Säugethiere aufgefunden und ist der einzige Zucker, der in diesem Sekret nachgewiesen ist; aus der Milchdrüse stammend, erseheint er l)ei Milchstauung in kleiner Menge auch im Harn von Frauen und weiblichen Thieren. Man stellt ihn aus der Kuhmilch durch An-äuern derselben mit Essigsäure bis zur Gerinnung des Casein oder Ausscheiden des Casein durch Lab, Coliren durch ein leinenes Tuch, Erhitzen des Filtrats zum Kochen, Al)filtriren des coagulirten Albumin, Abdampfen der Molken zur Krystallisation, Abgiessen der Mutterlauge von den in einigen Tagen beim Stehen ausgeschiedenen Krj'stallen dar. Man reinigt ihn durch ümkrystallisiren aus der warmen wässerigen Lösung. Der Milchzucker bildet farblose, harte, glänzende, oft ziemlich grosse Krystalle, welche zum rhombischen Systeme gehören und sehr ausgeprägt hemiedriscli sind (achtseitige Prismen mit stärkerer Aus- bildung von 4 Seiten gegen ihre benachbarten schmaleren, schräge End- fläche unten und oben am Prisma). Der Milchzucker löst sich in fi Theilen kaltem und 2 '/o Theilen kochendem Wasser, ist unlöslich m absolutem Alkohol oder Aether. Seine wässerige Lösung hat einen scliwach süssen Geschmack, reagirt neutral. Vorsichtig allmälig auf I.'jO" erhitzt verliert er sein Krystallwasser ohne wesentliche weitere Zersetzung. Wird eine wässerige Lösung von Milch- zucker in einem Metallgefäs.s schnell eingekocht, so erstarrt fast plötzlich die ganze Lösung zu einer porösen, nur aus kleinen wasserfreien Kry.stallen bestehenden Masse. Dieser krystallisirte wasserfreie Milchzucker löst sich leichter als der wasserhaltige oder trocken entwässerte in kaltem Wasser. Wässerige Lösungen über 100" erhitzt färben sich braun. Mit Basen verbindet sich der Milchzucker zu amorphen Körpern, alkalische Lösungen zersetzen sich ebenso wie alkalische Traubenzuckerlösungen schon bei gewöhnlicher Temperatm- allmälig, schneller beim Erhitzen, gleichfalls unter Braunfärbung und Bildung von Milchsäure imd Brenz- katechin. Milchzucker löst auch Kupferoxyd in alkalischer Lösung und reducirt dasselbe zu Oxydul und zwar wird 1 ccm Fehling'scher Lösung (§ 252) (gleichgültig ob verdünnt oder nicht) bei 6 Minuten langem Kochen von 6,76 mgr Milchzucker (in 0,5 — l,5procent. Lösung) reducirt*). Ebenso reducirt Milchzucker Wismuthoxyd, Silberoxyd und Indigo in alkalischer Lösung, nicht aber das Barfoed'sche Keagens. In sam-er Lösung in Soxhlet, Jdurn. f. prakt. Chcni. Bd. "il. S. 261. Milchzucker. 56. 73 der Kälte und bei gelindem Erwärmen ist der Milchzucker beständig, wii'd er aber mit verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure längere Zeit gekocht, so zerfällt er in Glucose und Galactose; bei stärkerer Einwirkung von Säuren entstehen Ameisensäure, Laevulinsäure, Hnminsubstanzen, Furfurol. Schüttelt man eine wässerige Lösung von Milchzucker mit Benzoylchlorid und Natronlauge, so scheidet sich ein Gemenge von 6 und 7 resp. 8 fach benzoyliiier Lactose ab'), erwärmt man sie auf dem Wasserbade mit Phenylhydrazin und Essigsäure, so bildet sieh Lacto- sazon, welches beim Erkalten in gelben zu kugeligen Aggregaten ver- einigten Nadeln (Schmelzpunkt 200") sich abscheidet und in heissem Wasser ziemlich leicht löslich ist^). Dm-ch Hefe wird in Milchzuckerlösungen erst nach längerem Stehen ganz unvollkommene Alkoholgährung, durch verschiedene Arten von Bakterien, welche in saurer Milch und in Käse sich finden, bei Gegen- wart von Kreide oder Zinkoxyd sehr schnell Milchsäuregährang hervor- gerufen (vergl. § 40). Bei der Oxydation mit Salpetersäure entstehen Schleimsäm-e, Zucker- säm-e, weiterhin Weinsäure, Traubensäure, Oxalsäure u. s. w., bei vor- sichtiger Oxydation mit Brom bei gewöhnlicher Temperatm- erhält man Lactobionsäure C]2H22 0i2, welche beim Kochen mit Säuren in Glucon- säure und Galactose zerfällt.'') Der krystallwasserh altige Milchzucker zeigt in heissem Wasser gelöst die spezifische Drehung (cc) d ^ + 52,4*) (Milchzucker aus mensch- licher Milch) und (ot)D = + 52,53 5) (Milchzucker aus Kuhmilch) bei 20" und berechnet für C,2H22 0ii +H2O. Diese spezitische Drehung ist constant bei verschiedener Concentration der Lösung bis zur Concen- tration 36 gr. in 100 ccm. Flüssigkeit, ändert sich aber mit der Temperatur in der Weise, dass in der Nähe von 20" die spezifische Drehung mit Erhöhung der Temperatur abnimmt und zwar ungefähr um 0,055 . (5t)D, wenn die Aenderung der Ausdehnung der Flüssigkeit etc. dm-ch die Wärme berücksichtigt wird. Frisch bereitet drelit die Lösung stärker als nach dem Stehen resp. Aufkochen. Der kijstallisirte wasserfreie Milchzucker hat frisch in Wasser gelöst geringe rechtsseitige Drehung, die beim Stehen zunimmt, verhält sich also umgekehrt, wie der wasser- ') Skraiip, Monatsh. f. Chemie. Bd. 10. S. 389. Kueny, Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 14. S. 349. 2) E. Fischer, Ber. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 17. S. 583 u. Bd. 20. S. 830. 3) E. Fischer u. Meyer, Ber. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 2-2 S. 361. ■*) Makris, Studien über die Eiweisskörper der Frauen- und Kuhmilch. Dissert. Strassburg 1876. 5) Schmöger, Ber. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 13 S. 1922. 74 Trennung und Nachweis des Milchzuckers. 57. haltige.') Seh möger beschreibt noch eine zweite Modification des wasserft'eien Milchzuckers, welche man erhält, wenn man nicht mehr als 7 ccm einer 1 0 procentigen Lösung eindampft, und welche nur ganz schwache Birotation, vielleicht constante Drehung zeigt.'-) Durch essigsaui'es Bleioxyd und Ammoniak wird Milchzucker aus seinen wässerigen Lösungen ebenso wie Traubenzucker völlig aus- gefällt, während er durch Kochen mit neutralem essigsauren Bleioxyd weder gefällt noch verändert wird. Trennung und Nachweis des Milchzuckers. 57. Hat man aus Flüssigkeiten durch etwas Essigsäm-e und Kochen die Eiweissstoffe coagulirt und filtrirt, so kann man in denselben zunächst durch die Trommer'sche oder die Boettcher'sche Probe (vergl. § .52, 4. 6.) das Vorhandensein oder Fehlen von Zucker constatiren. Ist Zucker vorhanden, so dampft man die Flüssigkeit bei massiger Temperatur im Wasserbade auf ein sehr kleines Volumen ein, versetzt dann mit einem üeberschusse von Weingeist, erhitzt zum Kochen, filtrirt, verdunstet bei massiger Temperatur auf ein kleines Volumen und lässt den dünnen Syrup einige Tage bis Wochen zur Krystallisation stehen. Die wässerige Lösung dieser Krystalle resp. direkt die von Eiweiss befi'eite Flüssigkeit muss sich in folgender Weise verhalten, falls es sich um Milchzucker handelt: 1) Sämmtliche auf Reduktion l}eruhenden, beim Traubenzucker be- sprochenen Reaktionen, mit Ausnahme der Barfoed 'sehen, ebenso die Furfurolreaktion müssen positiv ausfallen. 2) Die Flüssigkeit muss rechtsseitige Circumpolarisation zeigen und diese Eeehtsdrehung muss stärker sein, wenn man die Lösung mit verdünnter Salzsäure V2 Stunde lang kocht und wieder auf das frühere Volumen bringt. :■>) Sie darf nicht sofort, muss al)er nach einstündigem Kochen mit verdünnter Schwefelsäure und Neutralisation mit Ca CO 3 auf Zusatz von Bierhefe alkoholische Gährung zeigen. 4) Sie muss mit Salpetersäure oxydirt Schleimsäure liefern. Die Darstellung gelingt noch mit ziemlich kleinen Quantitäten Milchzucker, am Besten in der von Kent u. Tollens-') beschriebenen Weise. 5) Sie muss mit Phenylhydrazin und Essigsäure beliandelt ein Osazon vom richtigen Schmelzpunkt geben. ') Erdmann, Ber. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 13 S. 2180. 2) Schmüger, Ber. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 14 S. 2121 u. Bd. 25 S. 14.55. 3) Annal. Chem. Pharm. Bd. 227 S. 224. Glycogen. 58. 75 6) Sie muss mit viel Bleizucker 3—4 Min. gekocht sich gelb bis bräunlich, auf Zusatz von Ammoniak, so lange sich der Niederschlag noch löst, sich ziegelroth färben und weiterhin einen kirschrothen bis kupferfarbenen Niederschlag absetzen (Kubner's Probe.)') Harne über 1020 sp. Gew. werden zunächst verdünnt mit dem gleichen Volumen Wasser; im Uebrigen wird die Rubner'sche Probe in derselben Weise ausgeführt, wie bei Traubenzucker beschrieben. (§ 52, 7.) Zur Isolirung des Milchzuckers aus Harn dient das Verfahren von Hofmeister.-) Glycogen (C^ Hi„ OJn. 58. In den Lebern von gut genährten Fleisch- und Pflanzenfressern, wie es scheint bei allen Wirbelthieren , findet sich Glycogen reichlich, so lange sie sich wohl befinden. Herz und Muskeln enthalten im frischen Zustande stets Glykogen, dassell)e findet sich in allen thierischen entwickelungsfähigen Zellen, nonnalen wie pathologischen, farblosen Blutkörperchen, der Embryoanlage des Hülmchen, den Chorionzotten, Papillomgeschwülsten u. s. w. Es findet sich nur in geringer Menge oder fehlt ganz in den Lebern ki-anker Thiere. Besonders reichlich fand G. Bizio^) Glycogen in verschiedenen Muscheln, besonders Ostrea edulis, Cardium edule. Ferner ist es in Pflanzen mehrfach nachgewiesen, besonders in vielen Pilzen. Unterschiede im Verhalten und in der Zusammensetzung des aus Muskeln oder Leber oder andern Organen dargestellten Glycogen haben sich nicht nachweisen lassen. Das Glycogen ist eine amorphe, farb- und geschmacklose Substanz von der Zusammensetzung 5 (CeHioO^) + Ha 0 oder 6 (Cg Hm O5) + Hg 0 (bei 100« getrocknet). Die wässerige Lösung zeigt eine starke weisse Opaleszenz; die wässerige Lösung wird durch Alkohol gefällt; wenn jedoch das Glycogen ganz aschefrei ist, erst nach Zusatz einer Spur von Chlornatrium oder essigsaurem Alkali ; sie wird ferner gefällt durch Aetzbarytlösung und zwar entsteht bei un- vollständiger Ausfällung ein Niederschlag von der Formel 5 (Cq Hk, 0;) Ba (OH).,, bei vollständiger Ausfällung wechselt die Menge des Baryt im Niederschlag mit der Concentration des Barytwassers bis zu einem maximalen Gehalt, welcher der Formel 5 (Cg Hj^ O5) 2Ba (OH), entspricht*). Die Niederschläge lösen sieh in reinem Wasser und werden durch Kohlensäure in Glycogen und Baryuni- ') Zeitschr. f. Biolog. Bd. 20 S. 397. 2) Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 1 S. 105. ^) Atti deir Istituto veneto di scienze etc. Vol. XI Ser. 3. 1866. 4 0. Nasse, Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 37 S. 582. 76 Glycogen. 58. carbonat zerlegt; ferner entstehen Niederschläge mit Gerbsäure, Blei- essig, schwefelsaurem Kupferoxydammoniak, Bisenchlorid. Bleizucker bewirkt nur Trübung; leitet man Schwefelwasserstoff durch die Lö- sung, so lileibt das Schwefelblei (wie in Lösungen von Eiweissstoft'en oder Leim) suspendirt, fällt aber auf Zusatz von Aetznatron nieder. In concentrirten Lösungen rufen starke Essigsäure, Propionsäure, Buttersäure Niederschläge hervor, die aber beim Erwärmen sich lösen, also jedenfalls keine Verbindungen darstellen; auch beim Schütteln von Glycogenlösung mit Benzoylchlorid und Natronlauge fällt ein weisses, körniges Pulver aus, das aus benzoylirtem Glycogen besteht'). Kupfer- oxydhydrat wird durch Glycogen in alkalischer Lösung aufgelöst, aber auch beim Kochen nicht reducirt. Durch Jod wird es roth bis violett gefärbt; diese Keaction wird durch Zusatz von Kochsalz, Chlorammonium oder anderen Salzen ver- stärkt, man benutzt deshalb am Besten eine mit Kochsalz gesättigte Jodjodkalilösung (Nasse). Beim Erhitzen von Glycogen mit Kalilauge auf dem Wasserbad wird dasselbe nicht zersetzt; beim Kochen mit ver- dünnter Salz- oder Schwefelsäure wandelt es sich zunächst in Dextrin, dann in Maltose, schliesslich in Glucose um. Dieselbe Umwandlung er- leidet es durch Speichel, Pancreassaft, Lebersubstanz u. s. w. ; eine fast vollständige Ueberfiihrung in Glucose erzielt man durch dreistündiges Kochen mit lOprocent. Salzsäure (spec. Gewicht 1,125) und zwar der 10 bis lOOfaclien Menge von dem Gewicht des Glycogen in lebhaft kochendem Wasserbad am Rückflusskühler'-). Durch Einwirkung von Brom und Wasser auf Glycogen entsteht eine Säure C|;H,o07, welche von Chittenden^) Glycogensäure genannt wurde, die aber offenbar mit der Gluconsäm'O identisch ist. Durch kalte concenti-irte Salpetersäure wird es in Xyloidin umgewandelt, mit schwacher Salpetersäure gekocht giebt es Oxalsäure. Das Glycogen zeigt in wässeriger Lösung sehr starke rechtsseitige Circumpolarisation, die mit wünschenswerther Genauigkeit sich schwer bestimmen lässt wegen der starken Lichtdispersion, welche die Glycogen- lösungen zeigen. Böhm u. Hoff mann bestimmten sie zu (et) j= -|- 220,7", Külz*) zu + 211", Landwelir'i) zu (7.)d = + 213,3", Cramerß) zu ') WedLMiski, Zeitschr. f. physiol. Cheiii. Bd. 13 S. 125. Kueny, Ebemias. Bd. 14 S. 35-2. ■-) Sachse, Chem. Centralbl. 1877 S. 73.3. Külz, Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 24 S. 35. ') American. Journ. of sc. and arts XL Mai IS7C. ') Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 24 S. 35. ■'') Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. S S. 170. 6) Zeitschr. f. Biolog. Bd. 24 S. lOn. Glycogen. .58. 77 (a)ß = -\- -200,2 0. Külz fand sie unabhängig von der Conceniration der Lösungen, auch unbeeinflusst diu'ch Zusatz von Salzsäure, Kali- oder Natronlauge, Jodquecksilberkalium in der Kälte. um das Glycogen nachzuweisen, kann man sich der Jodreaction be- dienen, soweit nicht Verwechselung mit Amyloid zu befürchten ist. Da das letztere in Wasser nicht löslich ist und durch obige Fermente oder Kochen mit Säuren nicht in Zucker umgewandelt wird, so ist es leicht beide Körper gut von einander zu unterscheiden. Da aber das Glycogen an den Orten, wo es abgelagert ist, gewöhnlich zugleich Femient vor- findet zu seiner Umwandlung in Traubenzucker, so müssen die Unter- suchungen auf Glycogen in Organen oder Flüssigkeiten so schnell als möglich begonnen oder durch Zusatz von Alkohol bis zur Fällung die Einwii'kung des Ferments unmöglich gemacht werden. Werden glycogen- haltige Flüssigkeiten mit Barytwasser gefällt, so wird mindestens ein Theil des Glycogen mit ausgefällt. Zur Gewinnung des Glycogen aus Leber, Muskeln u. s. w. sowie zur quantitativen Bestimmung desselben eignet sich nach den Untersuchungen von E. Külz') am Besten das Verfahren von Brücke'-) mit Verwendung von Aetzkali. Man verfährt nach Külz in folgender Weise : Möglichst schnell nach dem Tode des Thieres wird das in grobe Stücke zer- schnittene Organ in kochendes Wasser geworfen (auf 100 gr Organe etwa 400 gr Wasser) und V2 Stunde gekocht; dann zerschneidet, zer- drückt und zerreibt man die Stücke möglichst fein, bringt Kalihydrat (auf 100 gr Organe 3—4 gr) in die Flüssigkeit, erwärmt auf dem Wasserbad und lässt soweit eindampfen, bis das Volumen (bei Anwendung von lüO gr Substanz) noch etwa 200 cc beträgt, die Kalilauge also höchstens zweiprocentig ist. Ist noch nicht Alles gelöst, oder hat sich auf der Oberfläche eine Haut gebildet, so wird der Inhalt der Schale in ein Becherglas übergeführt und in diesem bei aufgelegtem Uhrglas weiter erhitzt, bis die vollständige Lösung aller Stücke und eventuell jener Haut erfolgt ist. Es genügt bei Leber meist ein 2 — 3 stündiges, bei Muskeln ein 4 — 8 stündiges Erhitzen mit Kalilauge. Die Lösung wurd nach dem Erkalten mit Salzsäure neutralisirt und dann durch abwechselnden Zusatz von Salzsäure und Quecksilberjodidjodkalium von Eiweiss befreit. Der voluminöse Quecksilberniederschlag wird auf ein Filter gebracht, nach- dem Alles abgetropft ist, vom Filter heruntergenommen, in einer Schale mit Wasser, dem einige Tropfen Salzsäure und Quecksilberjodidjodkalium zugesetzt sind, zu einem dünnen Brei angerührt und wieder auf das 1) Zeitschr. f. Biolog. Bd. 22 S. 161. ^) Sitzungsber. d. Wiener Akad. Bd. 53 II. 3. Febr. 1871. 78 Glycogen. 58. Filter gegossen. Viermaliges Wiederholen dieser Prozedur ist genügend. Das Filtat wird unter Unirüliren mit dem doppelten Volumen Alkohol versetzt und nach 1 '2 stündigem Koclien filtrirt. Der Niederschlag wird in wenig warmem Wasser gelöst, nach dem Erkalten nochmals mit einigen Tropfen Salzsäure und Quecksilberjodidjodkalium versetzt, um etwaige kleine Reste von Eiweiss vollständig zu entfernen, filtrirt und das Filtrat wieder mit Alkohol unter umrühren gefällt. Das auf einem ge- wogenen Filter gesammelte Glycogen wird erst mit Alkohol, dann mit Aether, schliesslich nochmals mit absolutem Alkohol gewaschen und dann sofort im Exsiccator über Schwefelsäure, event. bei ] 00" getrocknet und gewogen. Durch das schliessliche Waschen mit Alkohol wh'd das Glycogen als feines weisses Pulver erhalten, welches sich leicht vom Filter scliütten lässt. Achrooglycogen. Aus dem Mucin, welches durch Extraction der Schneeken mit Wasser, Fihratiou und Fällung mit Essigsäure dargestellt war, hat Landwehr') durch Behandeln mit verdünnter Kalilauge, Abscheiduug der Eiweissstoffe mittelst Jodquecksilberkalium, Filtration und Fällung mit Alkohol einen Körper erhalten, den er Achrooglycogen genannt hat, weil er mit dem Glycogen in den Reaktionen im üebrigen übereinstimmt, aber durch Jod nicht gefärbt wird. Eine Analyse dieses Körpers, den übrigens Hammarsten-) nicht auffinden konnte, liegt nicht vor. Paraglycogen. Unter diesem Namen beschreibt Bütschli^) einen dem Glycogen verwandten Körper, aus dem die Körner aus dem Entoplasma der Gre- garinen bestehen. Diese Körner färben sich mit Jod braunroth bis braunviolett und lösen sich in heissem Wasser zu einer meist opalescirenden Flüssigkeit. Die- selbe färbt sich mit Jod weinroth bis purpurroth. Durch Behandeln mit Speichel wird der Körper rasch verändert, so dass die Jodreaktion verschwindet, jedoch nicht oder höchstens spurenweise in reducirenden Zucker übergeführt. Durch mehrstündiges Kochen mit verdünnter Schwefelsäure gelingt die üeberführung in reducirenden Zucker gewöhnlich leicht. Ein in dem Verhalten gegen Jod ent- sprechender Körper kommt nach Bütschli auch in dem Leibe anderer Protozoen (Nyctotherus ovalis, Strombidium) in ansehnlicher Menge vor. Von SchmiedebergM wurde aus der Substanz der Wohnröhren von Onuphis tubicnla durch ■24stündiges Erhitzen mit Wasser auf 120 — 130° ein dextrin- oder g lyco genartiges Spaltungsprodukt erhalten, welches in Wasser löslich ist, durch Alkohol in Flocken, die sich gummiartig zusammenballen, gefällt und getrocknet leicht als gelbliches Pulver erhalten wird. Diese Substanz reducirt Kupferoxyd nicht in alkalischer Lösung, wohl aber nach dem Kochen mit Säuren, und wird durch Jod nicht gefärbt. Durch Kalilösung wird es schwer angegriifen. ^) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 6 S. 75. 2) Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 36 S. 383. 3) Zeitschr. f. Biolog. Bd. 21 S. 603. *) Mitthlg. aus der zool. Station zu Neapel. 1882. S. 373. Dextrine. 59. 79 Tunicin CgHioOs. Im Mantel der Ascidien ist von C. Schmidt eine Substanz aufgefunden, die gegen starke Säuren und Alkalien sich auch beim Kochen sehr resistent erweist und die Zusammensetzung der Cellulose CgHioO^ besitzt. Dieselbe färbt sich mit Jod und Schwefelsäure blau, wird von Kupferoxydammoniaklösung gelöst, von rauchender Salpetersäure in eine explosive Salpetersäureverbindung über- geführt, ähnlich der Sohiessbaumwolle, und giebt beim Zusammenreiben mit con- centrirter Schwefelsäure und Eintragen der Masse in das 100 fache Volumen Wasser eine Lösung, welche Zucker enthält, Kupferoxyd in alkalischer Lösung löst und beim Erwärmen reducirt und in wässeriger Lösung mit Hefe CO 2 und Alkohol liefert. Berthelot ^) gab ihr den Namen Tunicin, Schäfer 2) glaubt sie als Cellulose ansehen zu dürfen, Berthelot^j hält dagegen an der Ansicht fest, dass sie eine von Cellulose verschiedene Substanz sei. Nach Halliburton*) besteht die schleimige Umhüllung, welche die Colo- nien oder Stöcke des Protozoon, Ophrydium versatile unigiebt, aus Cellulose. Ambronn'^) fand bei fast allen Gliedern der Arthropodengruppe einen Kör- per, der sich mit Chlorzinkjod intensiv violett färbte und zwar nahmen die innere Schicht des Körpers und die Sehnen diese Färbung an ; unter den andern grösseren Thierklassen beobachtete er die Reaktion nur noch bei den Mollusken und auch hier nur in wenigen Fällen. Er schliesst aus diesem Verhalten, dass es sich um einen Stoff handelt, welcher der pflanzlichen Cellulose jedenfalls sehr nahe steht, wahrscheinlich mit ihr identisch ist. Freund^) fand Cellulose in reichlicher Menge im Blut und Organen von Phthisikern. Dextrine (CjHio 05)11. 59. Bei der Spaltung von Amylum, Glycogen mit verdünnten Säui-en oder diastatischen Fermenten bilden sich In Wasser in jedem Verhältniss lösliche, in stärkstem Alkohol unlösliche Körper, welche in concentrirter Lösung in Wasser dick gummiartige Beschaifenheit zeigen, beim Erhitzen mit Alkalien sich gelb und braun färben, nicht krystalli- siren. Sie stehen dem Amylum und Glycogen in den Eigenschaften sehr nahe; man unterschied nach ihrem Verhalten zu Jod Erythrodextrin und Achroodextrin; doch sind erstere nach Musculus und Meyer') nur Gemenge von löslicher Stärke (Amylodeitrin) und Achroodextrin. Die bei der Einwirkung von Malzdiastase auf Amylum bei 50—60" ent- stehenden Dextrine sind mit Hefe nicht vergährbar, haben das specifische Kotationsvermögen (a)D = -1-^ 194,8" und werden durch weitere Ein- ') Ann. chim. phys. 1859. T. 56 p. 149. 2) Ann. Chem. Pharm. Bd. 160. S. 312. 3) Ber. d. deutsch, chem. Ges. 1872. S. 587. *) Quart. J. Mic. Science. July 1885. ») Mittheil, aus d. zool. Stat. zu Neapel. 1890. Bd. 9 S. 475. s) Wien. Med. Jahrb. 1886. S. 335. ') Zeitschr. f. physiül. Chem. Bd. 4 S. 451. 80 Thierisches Gummi. fiO. Wirkung des diastatischen Ferments in Maltose übergeführt, aber nicht vollständig, entsprechend der Gleichung lOCioH^nOio -I- SHoO — SC^o H22O,, !- 2C|2HooO,,|. Unter gewissen Bedingungen findet sich ausser der Maltose und den Dextrinen noch ein dritter Körper Maltodextrin (Herzt'eld), welcher in Alkohol löslicher ist als die Dextrine, Kupfer- oxyd reducirt, das specifisclie Drehungsvermögen (a)D = -f 174,5" zeigt und vollständig in Maltose übergeht '). Durch Säm'en werden die Dextrine ebenfalls in Maltose resp. Glucose übergeführt. Musculus und Meyer'-) erhielten ein Dextrin von der specif. Drehung + 131 — 1340, nicht gährungsfähig, von Diastase nicht an- greifbar, aber beim Kochen mit Säm-en in Glucose übergehend, als sie trockene reine Glucose in concentrirter Schwefelsäure gelöst mit absolutem Alkohol fällten und auswuschen; die Zusammensetzung wurde zu CifjH28 0i4 gefunden. Nach Scheibler und Mittelmeier^) reduciren reine Dextrine (durch Alkoholtallung resp. Dialyse gereinigtes Handelsdextrin) alkalische Kupferlösung beim Erwärmen. Dextrin löst sich allmälig in Phenyl- hydrazin auf und wird durch Alkohol als rein weisses Dextrinphenyl- hydrazin (mit 1 pCt. Stickstoft") abgeschieden. Diese Verliindung verhält sich gegen Lösungsmittel wie Dextrin, wird durch Speichel und Diastase sacchariticirt. Auf dem Wasserbad mit Phenylhydrazin und Essigsäm-e behandelt, verwandelt sie (resp. Dextrin selbst) sich, wenigstens zum Theil, in Osazon, welches in Wasser löslich ist und durch Alkohol als hellgelbgefärbter Niedersclilag erhalten wird. Durch Reduction mit Natriumamalgam entsteht aus dem Dextrin ein Alkohol, von Scheibler und Mittelmeier Dextrit genannt, und durch Einwirkung von Brom in der Kälte eine Säure. Thierisches Guuiiiii (CbHioOj)!!. 60. Unter diesem Namen beschreibt Landwehr*) ein Kohleliydrat von der Zusammensetzung Ci^HonOm + 21120 (über Schwefelsäure ge- trocknet) resp. C ,2 H211 0 10 (l>ei 100" getrocknet), welches er als Spaltungs- product aus Submaxillarismucin und Metalbumin erhielt; in freiem Zu- stande kommt es nach Landwehr') normaler Weise im Harn vor. Es ist getrocknet weiss mehlartig, zieht leicht Wasser an und wird dann ') Brown u. Morris, Ann. Chem. Pharm. Bd. 2.'?1 S. 72. -) Zeitschr, f. physiol. Chem. Bd. .5 S. 122. 3) B.>r. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 23 S. SüfiO. ^) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 8 S. 122. Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 39 S. 193 u. Bd. 40 S. 21. •'■) Centralbl. f. d. mediz. Wissensch. 1885. S. 369. Thierisches Dextran. 81 gummiartig dm'chsichtig; es löst sich in Wasser zu einer meist opales- cii'enden Flüssigkeit, ist in Alkohol und Aether unlöslich, wird von Jod nicht gefiirbt, durch Speichel-, Pancreas-, Üiastase-Ferment nicht an- gegi'iifen. Die wässerige Lösung ist schwach rechtsdrehend, die alkalische Lösung löst Kupferoxyd mit hellblauer Farbe, beim Kochen scheiden sich bläulich weisse Flocken ab (charakteristische Reaktion). Mit ver- dünnten Säuren gekocht, liefert es einen nicht krystallisirenden Körper, welcher Kupferoxyd reducirt, schwach süss schmeckt, nicht gährungs- fähig ist. Beim längeren Kochen mit verdünnten Säuren entstellt Laevulinsäure, bei der Oxydation mit Salpetersäure Oxalsäure. Zur Darstellung kochte Landwehr die zerhackten Submaxillar- driisen res]i. Metalbumin mehrere Stunden mit Wasser im Papin'schen Topf, filtrirte, entfernte nach Mögliclikeit die EiweissstoflFe (durch Essig- säm-e und Eisenchlorid oder durch Aufkochen der mit Natriumsulfat ge- sättigten Lösung unter Zusatz von etwas Schwefelsäure) und fällte dann das Gummi als Kupfer- oder Eisenverbindung aus durch Zusatz von Kupfersulfat und Natronlauge oder Eisenchlorid und kohlensauren Kalk. Den die Kohlenhydrateisen resp. -kupferverbindung enthaltenden Nieder- schlag zerlegte er mit starker Salzsäure und fällte mit Alkohol. Mit dem thierischen Gummi jedenfalls identische Substanzen wurden von Loebischi) aus dem Sehnenmucin imd von Hammarsten^) aus dem Mantel- und Fussmucin von Helix pomatia abgespalten. Die übrigen zahlreichen Angaben von Landwehr in Betreff des Vorkommens von thierischem Gummi bedürfen noch der Bestätigung. Die von Ritthausen-^) aus der Milch und die von Schützenberger*) aus Abkochungen von Milchdrüsen erhaltenen Kohlehydrate stellen nach Landwehr thierisches Gummi dar; ebenso glaubt er, dass die von Pouchet*) aus phthisischeu Lungen und Sputum dargestellte Substanz und die von Thudichum'*) aus dem Harn isolirte Kryptophansäure (siehe § 199), ebenso wie die Nephrozymase von Bechamp'') aus mit stickstoffhaltigen Substanzen verunreinigtem thierischen Gummi bestehen. Thierisches Dextran. Unter diesem Namen beschreibt L. Liebermann*) einen gummiartigen Körper, den er aus dem wässrigen Auszug der Exkremente einer Blattlaus (Schi- 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10 S. 71. 2) Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 36 S. 402. 3) Journ. f. prakt. Chem. Bd. 15 S. 329. *) Gaz. med. de Paris 1879 Nr. 2. 6) Compt. rend. 1883. p. 1506 u. 1601. ") Centralbl. f. d. mediz. Wissensch. 1870. S. 195. ') Compt. rend. T. 60 p. 445, T. 92 p. 1009. 8) Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 40 S. 454. Hoppe-Seyler , Analyse. 6. Änfl. ß 82 Glucuronsäiire. fil. zoneura lanuginnsa) durch Fällen mit Alkohol erhielt. Die Substanz, deren Analyse keine scharfen Zahlen gab (am Besten passt sie zu der Formel Cg HinOä) verhält sich ganz wie Gummi, ist in kaltem Wasser schwer löslich, dreht stark rechts (ot)ii=-|- 156,7; nach längerem Kochen mit Säuren reducirt sie alkalische Kupferoxydlösung. Thierisehes Sinistrin 2 (C|2H„oü,„) + H, 0 nennt Hammarsten') ein Kohlehydrat, welches bei der Zersetzung des Glyko- proteid der Eiweissdrüse von Helix pomatia (siehe § 193) mit 5—10% Kalilauge in der Kälte sich abspaltet und mit Hülfe der Brücke 'sehen oder Land wehr' sehen Methode (siehe oben) isolirt werden kann. Es löst sich leicht in Wasser zu einer schwach bläulich weiss opalescirenden Flüssigkeit, welche linksdrehend ist, durch Jod nicht gefärbt und durch Speichel nicht angcgriÖ'en wird. Beim Erhitzen mit Säure wird das Sinistrin in einen süss schmeckenden Zucker übergeführt, welcher Fehling'sche Lösung reducirt, gährungsfähig ist und ziemlich stark rechtsdreht: krystallisirt wurde derselbe nicht erhalten. GlucurousSure €H0 (CHOH), CO OH. 61. Die einbasische Glucuronsäure wurde in reinem Zustande zuerst von Schniiedeberg und H. Meyer^) aus Camphoglueuronsäure, die im Harn nacli Eingabe von Campher auftritt, dann von von Mering^) aus ürochloralsäure ( Trichloraethylak'oholglucuronsäure) und Urobutylehloral- säure, welche nach Aufiiahme von Cliloral- resp. Butylehloralhydrat im Harn erscheinen, dui'ch Erhitzen mit verdünnten SäiU'en gewonnen. Aus den Untersuchungen von Schmiedeberg'*) geht hervor, dass Glucuron- säm'e in dem Chondrosin, einem Zersetzungsprodukt der Chondroitin- schwefelsäm-e (siehe § llt4) enthalten ist. E. Fischer u. Piloty^) gelang die synthetische Darstellung der Glucuronsiim-e dm'ch Reduktion derZucker- lactonsäure mit Natriumamalgam in saurer Lösung. Am Besten eignet sich zur Darstellung der Glucuronsäure die Euxanthinsäure ß) (Euxanthonglu- curonsäm'e), welche beim einstiindigen Erhitzen mit Wasser auf 120'' in Euxanthon und Glucm-onsäure zerfällt; aus der vom unlöslichen Euxanthon abfiltrirten Flüssigkeit scheiden sich nach entsprechender Concentration grosse, glänzende harte Kiystalle ab, welche das Lacton der Glucuronsäm-e darstellen. Dasselbe schmilzt, langsam erhitzt, ■) Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 3G S. 442. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 3 S. 422. 3) Ebendas. Bd. 6 S. 480. *) Arch. f. exper. Path. u. Pharm. Bd. 28 S. 355. 5) Ber. d. deutsch, chem. Ges. Bd. 24 S. 521. ") Spiegel, Ber. d. deutsch, chem. Ges. Bd. 15 S. 1964. Külz, Zeitschr. f. Biolog. Bd. 23 S. 47.5. Thierfelder, Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 11 S. 388. Bd. 13 S. 275. i5d. 15 S. 71. Lecithin, fi-2. 83 zwischen 160 und 170" unter Zersetzung. Die freie Säui'e ist syrup- förmig; sie bildet gut kiystallisirende Alkalisalze, ferner ein ebenfalls krystallisirendes Bleisalz, sie wird diu-ch basisches Bleiacetat gefällt, ebenso durch Barytwasser in Ueberschuss: dal)ei entsteht ein charakte- ristischer feinflockiger Niederschlag des basischen Barytsalzes. Sie zer- setzt sich leicht in alkalischen Lösungen, besonders beim Erwärmen unter Bildung von Brenzkatechin, beim anhaltenden Kochen mit Barythydrat ent- stehen zwei Säuren, vielleicht Tri- und Dioxyglutarsäure i). In sauren Lösungen ist sie beständiger, sie giebt sämmtliche für Glucose charakte- ristische Reduktionsproben, ferner die Furfurolreaktion ; sie gibt mit Phenylhydrazin beim Erwärmen auf dem Wasserbad in essigsaurer Lösung eine ni Form mikroskopischer, gelber Nadeln krystallisirende Verbindung, mit Benzoylciilorid und Natronlauge geschüttelt einen Nieder- schlag, der aus zweifach benzoylirter Glucuronsäm-e besteht. Beim Er- wärmen von Glucuronsäure mit Phloroglucin-Salzsäm-e tritt Eothfärbung ein (Tollens). Sie gährt nicht mit Hefe, sie ist rechtsdrehend und zwar beträgt für 8 — 14procentige Lösungen des Lacton bei 18° (a)D = -1-19,25. Mit der Verdünnung und mit ansteigender Wärme nimmt die specilische Drehung zu. Bei der Oxydation mit Brom entsteht aus der Glucm-onsäure Zuckersäure, bei der Reduktion mit Natriumamalgam d-Gulonsäm-e. Stickstoffhaltige organische Substanzen. Lecithin CijHgoNPO,^) 62. Lecithin hat sich in allen darauf untersuchten Organen von Thieren, auch in Pflanzen ganz verbreitet gefunden. Aus Blut, Ti-anssudaten, Galle ist gleichfalls Lecithin gewonnen. Es krystallisirt sehr schwierig aus concentrirtalkoholischer Lösung beim längeren Stehen unter 0". Aus den Spaltungen ergiebt sich seine Zusammensetzung 3) als eine Esterverbindung des Glycerin mit 2 Gruppen fetter Säure (Oelsäure, Stearin- oder Palmitinsäure) und Phosphorsäure, während die Phosphorsäm-e andererseits in Esterverbindung mit Cholin sich befindet, (0. CO.CnHas z.B. C.,H5 j O.CO. C17H35 0. PO (OH) 0 C, H4 N (CH3)3 OH. 1) Schmiedeberg a. a. 0. 2) Hoppe -Seyler, Med. ehem. Untersuchungen. Berlin 1867. Heft 2. •^) Diaconow, med. ehem. Untersuchungen, herausgegeb. von Hoppe -Seyler 1867. Heft 2 u. 1868. Heft 3. Centralbl. f. d. med. Wiss. 1868. No. 1, 7 u. 28. Strecker, Ann. Chem. Pharm. 1868. Bd. 148 S. 77. Hundeshagen, Journ. f. pract. Chem. Bd. 28 S. 219. Gilson, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 12 S. 585. 6- 84 Lecithin. 62. Aus Eidotter erhält man Lecithin zwar mit grossem Verluste, aber ziemlich rein nach folgendem ^' erfahren: Die vom Eiweiss getrennten Dotter werden mit Portionen Aether ausgeschüttelt, so lange der Aether noch deutlich gelbe Farbe annimmt, der Kückstand wird mit starkem Alkohol zusammengerührt, auf 50^60" eine halbe Stunde erhitzt, ab- filtrirt, das Filtrat auf dem Wasserbade bei dieser Temperatur zum dicken Syrup verdunstet, derselbe mit Aether mehrfach extrahirt, die abgegossenen Auszüge hinterlassen nach Abdestilliren des Aethers das Lecithin. Man kann dasselbe zur Reinigung nach Altmann in Chloroform lösen und aus genügend concentrirter Lösung durch Aceton ausfällen. Nach Gilson wird aus dem ätherischen Auszuge des Eidotters Lecithin gewonnen durch Alidestilliren des Aethers, Lösung des Rück- standes in Petroläther, Filtration und Mischen des Petrolätherextracts mit 75procentigem Alkohol im Scheidetrichter. Nach gutem Zusammen- schütteln wird zur Klärung stehen gelassen, die alkoholische Lösung ab- gelassen, die Petrolätherlösung im Scheidetrichter noch mehrmals mit 75procentigem Alkohol behandelt. Die vereinigten alkoholischen Auszüge werden filtrirt, durch Destillation der Rest von Petroläther entfernt, die rückständige Flüssigkeit mehrere Tage am kühlen Ort stehen gelassen, von einem Niederschlag, der Cholesterin und andei e Verum-einigungen ent- halten kann, abgegossen und mit Knochenkohle entfärlrt, dann bei 50 bis 60" eingedampft zum Syrup. Es wird nochmals in Aether gelöst, filtrirt und verdunstet. Spuren von Cholesterin können noch abgeschieden werden durch Lösen des Lecithin in möglichst wenig absolutem Alkohol und Stehenlassen bei einer Temperatm- von — 5 — 15". Lecithin bildet eine knetbare wachsartige Masse, leicht löslich in Alkohol, weniger leicht doch immer noch reichlich in Aether; von Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Benzol, fetten Oelen, wird es gelöst. In Wasser quillt es zur kleisterartigen Masse auf, unter dem Mikroskope schleimig-ölige Fäden. Beim Erwärmen über 70" bräunt es sich, langsam auch )ieim Stehen der feuchten Masse während längerer Zeit an dei- Luft; hierbei tritt saure Reaktion ein. Durch Einwirkung verdünnter Säuren, auch Schwefelsäure, wird Lecithin nur sehr langsam zersetzt; selbst lOprocentige Schwefelsäure zer- legt es nur allmälig unter Bildung von Glyeeriniihosphorsäm'e, Phosphor- säm-e, Cholin. Aetzalkalien verseifen Lecithin schnell selbst bei ziemlich starker Verdünnung beim Erwärmen, Nati'iumalalkoholat schon in der Kälte, auch beim Kochen mit starker Aetzbarytlösung wird es schnell vollkommen zersetzt, es bilden sich neben Cholin glycerinphosphorsaiu-es Barium, welches in Lösung bleibt, und stearinsam'es (palmitinsaures, ölsaures) Barium, welches ausfällt. Bei der Fäulniss entstehen aus dem Lecithin gleichfalls Nachweis und Trennung des Lecithin. 63. 85 Cholin und Glycerinphosphorsäure zunächst, das Cholin zersetzt sich dann allmälig weiter zu Trimethylamin und wahrscheinlich verschiedenen Ptomainen je nach SauerstoiFzutritt und anderweitigen Verhältnissen. Strecker hat salzsaures Lecithin und die Platinchloridverbindung desselben dargestellt, indem er Eidotter mit einer Mischung von Aether und Alkohol behandelte, die wenig Fett löste, einen Theil des Aethers durch Abdestilliren entfernte, dann kalt mit salzsäurehaltigem Platin- chlorid fällte. Der weisse flockige Niederschlag wurde zur Keinigung mehnnals in Aether gelöst und mit Alkohol gefallt, dann in der ätherischen Lösung durch SH2 das Platin abgeschieden und das Filtrat bei massiger Wärme verdunstet. Diese Darstellung liefert keine reine Substanz. Im Eidotter und ebenso in verschiedenen Organen von Menschen, Thieren, Pflanzen, finden sich mehrere Lecithine nebeneinander, die sich durch Bildung von Stearinsäure, Palmitinsäure, Oelsäure bei der Ver- seifung unterscheiden. 63. Die Trennung des Lecithins von anderen Stoffen ist zum Theil ausserordentlich schwierig ausführbar. Der Nachweis und die Trennung von anderen Körpern wird wohl am Besten nach folgendem Verfahren geschehen: Die Flüssigkeiten werden mit Alkohol gefällt (Organe fein zertheilt mit Alkohol extrahirt), die Kückstände mit Alkohol bei 50 — 60 " mehr- mals ausgezogen, die Alkoholauszüge bei massiger Wärme verdunstet; dabei ist auf möglichst neutrale Reaction zu achten, nöthigenfalls durch Essigsäure oder Soda während des Eindampfens zu neutralisii-en. Der Verdampfungsrückstand wird mit einer Mischung von Alkohol und Aether extrahirt, das Filtrat durch Abdestilliren von Aether befreit, die alko- holische Lösung zum Sjrup verdunstet. Der Rückstand wird mit Aether mehnnals ausgezogen, die filtrirten Auszüge vereinigt, der Aether ab- destillii-t. Neben Lecithin enthalten diese Rückstände wohl stets Cholesterin gewöhnlich auch Fette und seltener verschiedene andere Stoffe, aber keine Phosphate. Man zertheilt nun die Masse in concen- trirter Aetzbarytlösung, erhitzt in Kolben oder Porcellanschale, erhält eine Stunde lang im Sieden unter häufigem Umrühren oder Schütteln, fällt mit CO 2 ström den Baryt aus, filtrii't heiss, dampft das wässerige Filtrat auf dem Wasserbade ein und behandelt den Rückstand mit ab- solutem Alkohol, welcher Cholin löst und glycerinphosphorsauren Baiyt ungelöst lässt. Den letzteren löst man dann mit Wasser und aus der alkoholischen Lösung fällt man das Cholin mit alkoholischer Lösung von Platinchlorid. Die in Wasser ungelöst gebliebenen Barytseifen werden mit Salzsäure zerlegt, Cholesterin und fette Säuren im Scheide- trichter mit Aether ausgeschüttelt, die abgegossenen Aetlierlösungen mit 86 Jecorin. 64. massig verdünnter Natronlauge geschüttelt geben an diese die fetten Säuren ab, während das Cholesterin im Aether verbleibt. Der Nachweis des Lecithins fusst bei diesem Verfahren, abgesehen von den Lösungsverhältnissen, auf der Darstellung seiner Zersetzungs- produkte, seine quantitative Bestimmung auf der Ermittelung des Phosphorgehaltes des Alkohol- oder Aetherauszugs, welche das Lecithin enthalten. Phosphorsam-e und glycerinpliosphorsaure Salze sind in beiden unlöslich. Nach der oben gegebenen Foimel enthält das Lecithin 8,798 pCt. P2 O5. Die bei der Phosphorbestimmung gefundene Quantität Mg2Po07 ist für Stearinsäm-elecithin mit 7,2703, für Oelsäurelecithin mit 7,2342 und für Palmitinsäurelecithin mit 6,9811 zu multipliciren, um das Gewicht des Lecithins, welches ihr entspricht, zu berechnen. Jeeoriu. 64. Jecorin ist von D rech sei') eine Substanz genannt, welche er zuerst aus Pferdeleber durch wiederliolte Behandlung mit kaltem Alholiol extrahirte. Der beim Verdunsten des Alkohols zurückbleibende halbflüssige Kttckstand wurde mit absolutem Alkohol mehrmals aus- geschüttelt. Hierl)ei blieb das Jecorin ungelöst, wurde dann in Aether aufgenommen und aus dieser Lösung durch Alkohol gefallt. Die Lösung in Aether und Fällung mit Alkohol wurde zur Keinigung noch mehnnals wiederholt. Das dann getrocknete Jecorin bildet eine poröse, erdige, feste Blasse, hygroskopisch und beim Eeiben stark elektrisch werdend von der Zusammensetzung: C51,4, H8,2, N2,86, S1.4, P3,5 Na2,72pCt. Von Baldi'-) wurden dann aus Kaninchen-, Hundeleber, Rindermilz, Pferdeblut, Muskelfleisch, Eohcerebrin aus Menschengehirn mit geringer Modification des D rech sei' sehen Verfahrens Jecorinpräparate darge- stellt von den gleichen Eigenschaften, aber nach Analyse des Präparats aus Hundeleber anderei' Zusammensetzung C 46.89, H 7,99 — 8,09, N4,36 bis 4,88, S 2,14—2,70, P 2,29—2,75, Na 5,72 pCt. Als Zeichen derKein- heit der Präparate hebt Baldi hervor, dass die wässerige Lösung dui'ch Salzsäure nicht getrübt werden düife. In Wasser löst es sich nach vorheriger schleimiger Quellung auf, trübt sich beim Stehen, wird beim Scliütteln wieder klar. Dm-ch Abdampfen zur Trockne wird es unlöslich auch in wasserhaltigem Aether. Durch concentrirte Salzlösungen, durch Kupferacetat oder Silljernitrat wird es gefällt. Der Silberniederschlag ist in überschüssiger Jecorinlösung löslich zu opaleschender Flüssigkeit, die mit Ammoniak versetzt und erhitzt portweinroth wird. Mit Kupfer- salz und Natronlauge versetzte Lösung giebt beim Kochen Kupferoxydul. 1) Journ. f. pract. Chemie. Bd. 33 S. 425. ■') Arch. f. Anat. 11. Physiol., physiol. Abthl. 1887. Supplbd. S. lOU. Chülin. 65. 87 Mit starker Lauge gekocht giebt es beim Erkalten Seit'enleira, auf Zu- satz von Säure Schwefelwasserstoff. Beim Kochen mit Alkalilauge oder Salzsäure oder Salpetersäure bildet sich Stearinsäure. Cholin OH — CH, - CH, - IV (CHa), - OH. 65. Das Cholin ist zuerst von Streck er i) aus Schweinegalle, dann aus Rindergalle nach Behandlung mit Aetzljaryt erhalten, dann von Liebreich-) als Zersetzungsproduckt des Protagon (Umwandlung von Neurin), von Diaconow-') als Spaltungsproduct des Lecithin erkannt, von Wurtz^) synthetisch aus Trimethylamin und salzsaurem Glycol dargestellt. Aus jedem Lecithin thierischer oder pflanzlicher Herkunft, soweit darauf untersucht ist, ist bei der Spaltung mit Aetzbaryt Cholin gewonnen. Man erhält das Cholin am Einfachsten und reichlich aus Eidotter durch öftere Extraction durch Zusammenschiitteln mit Aether, Abgiessen der Aetherextracte und Ausziehen des Rückstandes mit heissem Alkohol. Die Rückstände, welche bei dem Abdestilliren des Aethers und des Alkohols bleiben, wei-den mit starker Aetzbarytlösung eine Stunde lang im Sieden erhalten, dm-ch Einleiten von COo in die mit Wasser ver- dünnte heisse Lösung der Baryt ausgefällt, filtrirt, das Filtrat bei massiger Wärme zum Syrup verdunstet, dieser mit al)solutem Alkohol extrahirt und das Filtrat mit alkoholischer Platinchloridlösung gefällt, so lange Niederschlag entsteht. Der hellgelbe Niederschlag, das Platin- doppelsalz (C5H14NO Cl)2PtCl4, mit Alkohol gewaschen, wird in wenig Wasser gelöst und zm- Krystallisation bei massiger Wärme oder gewöhnlicher Temperatur über Schwefelsäure verdunstet und die gebil- deten Kiystalle ein- oder mehrmals umkrystallisirt. Die Verbindung ist trimorph. =) Zuerst scheiden die Krystallesichoftiteim Abdampfender Lösung als sechsseitige Blättchen oder lange flache Nadeln aus; die gereinigten Krystalle sind orangerothe oft grosse und dicke monokline Tafeln oder Prismen. Aus warmer löpCt. Alkohol enthaltender Lösung scheidet sich das Platindoppelsalz in regulären Octaedern ali. Die Lösung der Platinchloridverbindung in Wasser (sie löst sich leicht darin) wird heiss durch Schwefelwasserstoffstrom zersetzt, das Schwefelplatin abtiltrirt, das 1) Ann. Chem. Pliarra. 1862. Bd. 123 S. 353 11. Bd. 148 S. 76. 2) Ebendas. Bd. 134 S. 29. 3) Hoppe-Seyler, Medic. chem. Untersuch. 1867. Heft 2 u. 1868. Heft 3. Centralbl. f. d. med. Wiss. 1868. Ko. 1, 7 u. 28. «) Ann. Chem. Pharm. Supplbd. 6 S. llß u. i;t7. Baeyer, ebendas. Bd. 140 S. 306. °) Hundeshagen. Journ f. pract. Chpm. Bd. 28 S. 246. 88 Neurin. 66. platinfreie Filtrat verdampft zum Syiup, der beim Erkalten und Stehen ülier Schwefelsäure zu krystallisirtem salzsauren Cholin erstarrt. Man erhält es auch gut krystallisirt durch Schichten von Aether über eine concentrirte alkoholische Lösung des Salzes. Die freie Base erhält man aus demselben durch Behandlung mit frisch gefälltem Silberoxyd imd Abdampfen als stark alkalisch reagii'enden Syrup, der lieim Erhitzen zu Aethylenoxyd, Wasser und Trimethylamin zerfällt. Die alkoholische Lösung des salzsavu-en Cholin giebt mit Goldchlorid das in kleinen gelben Krystallen sich ausscheidende, in kaltem Wasser schwer, in kaltem Alkohol und in Aether unlösliche, in heibsem Wasser und heissem Alkohol lösliche Golddoppelsalz C, H ,4N 0 Gl, Au CI3. Das Cholin giebt mit Phosphorwolframsäure in salpetersaurer Lösung weissen beim Sieden krystallinisch werdenden Niederschlag, mit Phosphor- molybdänsäm'e voluminöse Fällung, mit Jodquecksill)erjodkalium gelb- lichen krystallinischen, mit Kaliumwismuthjodid rothen amorphen, mit Quecksilberchlorid weissen körnigen, mit Jodwasserstoft' oder Jodjodkalium braunen körnigen Niederschlag. (B rieger'). Das Auftreten von Trimethylamin in den Destillationsproducten des Harns, des Blutes, des Leberthrans. der Häringslake, besonders nach Zusatz von Kalkmilch, welches Dessaignes, Hofmann, Winckler beobach- tet haben, kann sehr wohl ans der Zersetzung des Cholin erklärt werden. Ein allgemein anwendbarer Gang zur Aufsuchung und zum Nach- weis des Cholin lässt sich noch kaiun aufstellen. Starkes Concentriren der die freie Basis enthaltenden Lösimg ist zu vermeiden, soweit es geht. Die Flüssigkeiten, welche zur Untersuchung auf sie verwendet werden sollen, sind angesäuert abzudampfen, der Rückstand mit absolutem Alkohol zu extrahiren und die alkoholische Lösung mit alkoholischem Platinchlorid zu fällen. Die Leichtlöslichkeit der Platinchloridverbindvmg in Wasser gestattet gute Trennung von Kalium- und Ammonium]ilatin- chlorid, die ünlöslichkeit derselben in Aether die Trennung von Lecithin. Das gereinigte Cholinplatinchlorid giebt beim Glühen 31,87 pCt. Platin. IVeurin C2H3 ^(CHajj OH. 66. Das Neurin oder Trimethylvinylammoniumoxydhydrat wird nach Liebreich^) bei der Spaltung des Protagon mit Aetzbarytlösung er- halten und ist synthetisch von HofmannSJ und von Baeyer^) dar- ') Brieger, Ueber Ptomaine. Berlin 188.5. Theil 1 S. 37. ') Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 2 S. 12. 3) Jahresber. d. Chemie 18.58. 339. •*) Ann. Chem. Pharm. Bd. UO S. 311. Oxyneiirin. 67. 89 gestellt. Die in Wasser sehr leicht lösliche Base giebt stark alkalische Keaction, zersetzt sich in concentrirter Lösung beim Sieden unter Ent- weichen von Trimetbylamin. Die Chlorwasserstoffverbindung bildet zer- fliessliche Nadeln, das Platindoppelsalz krystallisirt in öseitigen gelben Tafeln, welche in Wasser gelöst leicht unter Wasseraufnahme in Cholin- . platinchlorid übergehen. Das Neuringoldchlorid ist löslich in heissem, sehr wenig in kaltem Wasser. B r i e g e r i) erhielt Neurin neben Neuridin bei Fäulniss von Fleisch nach 5 bis 8 Tagen Dauer derselben. Gegen Phosphorwolframsäure, Phosphormolybdänsäure, Kaliumwis- muthjodid, Jodwasserstoff, Quecksilberjodid, Jodjodkalium verhalten sich Neminlösungeu kaimi anders als Oholin, durch Gerbsäure wird Neurin in voluminösen Massen gefällt, Cholin nicht. Oxyneiiriu oder Betain C5 HuNOa . H^O = OH- N(CH3)3-CH2-COOH. 67. Von Liebreich^) in sehr geringer Menge im Harne ge- funden, von Scheibler^j aus Eübenmelasse oder unreifen Eüben dar- gestellt, wurde es künstlich durch Oxj'dation des Cholin, sowie synthetisch dm'ch Einwirkung von Monochloressigsäure auf Trimetbylamin von Lieb- reich erhalten. Es krystallisirt in grossen wasserhellen an der Luft zer- fliesslichen Krystallen, die in Wasser oder Alkohol löslich sind. Die Goldchloridverbindung, ebenso die Fällung durch Zinkchlorid sind schwer löslich in Wasser. Beim Erhitzen mit Aetzkali entweicht Trimetbyl- amin. Die Lösungen geben mit Pikrinsäure gelbe Nadeln, mit Phos- phormolybdänsäure gelben Niederschlag, mit Quecksilberchlorid ziemlich leicht lösliche kurze Prismen. Muscarin €5 H,5 NO3. Aus Fliegenpilz wurde Muscarin zuerst von Schmiedeberg und Koppe*) erhalten und dann von Schmiedeberg und Harnack^) durch Einwirkung von Salpetersäure auf Cholin oder auf Cholinplatinchlorid künstlich dargestellt. Die Base kann durch Jodkaliumquecksilberchlorid oder Jodkaliumwismuthjodid gefällt werden. Die freie Base reagirt alkalisch, ist zerfiiesslich an der Luft, in Alkohol löslich. Das Platin- doppelsalz krystallisii-t in Octaedern, ist schwer löslich, auch das Gold- >) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 16 S. 1190 u. 1406, Bd. 17 S. 515 u. 1137. ') Ebendas. Bd. 2 S. 12 u, 167 u. Bd. 3 S. 161. 3) Ebendas. Bd. 2 S. 292 u. Bd. 3 S. 1.55. ') Vierteljahrsschr. f. Pharm. 1870. Bd. 19 S. 276. Das Muscarin. Leipzig 1869. 5) Arch. f. exper. Path. u. Pharm. Bd. 4 S. 168 u. Bd. 6 S. 101. 90 Pentamethylendiamin. 68. doppelsalz löst sicii schwer. Briegeri) erhielt aus 5 Tage lang bei Sommertemperatur gefaultem Dorsch eine Base als Platindoppelsalz von Zusammensetzung und Eigenschaften des Muscarin. TriDiethylamin N (rH3)3. Als Zei'setzungsproduct des Cholin ist das Trimethylamin liünstlich durch Erhitzen der concentrirten Lösung der Base besonders mit Alkali- lauge, auch aus Betain erhalten und vielfach aus beiden Basen durch Fäulniss gebildet, z. B. in der Häringslake, faulendem Gehirn, Eiern und anderen lecithinreichen Substanzen; auch aus gefaultem Harn ist es gewonnen. Eigenthümlich riechende (nach Häringslake) in Wasser sehr lös- liche, )iei 9,3" siedende Flüssigkeit von stark alkalischer Keaction; löst sich auch leicht in Alkohol, Aethei-. Platindoppelsalz regulär kiystalli- sirend, 100 cem Alkohol lösen von diesem Salz 0,0293 gr. D i m e th y hun i n ist ebenfalls häufig, Methylamin-), D i a e t h y 1- amin-), Triaethylamin^), Butylamin-*), Propylamin^) und Isoamylamin'') sind seltener als Fäulnissproducte aufgefunden. Pentamethylendiamin oder Tadaverin JfHa — (CHo), — NH,. 68. Das Cadaverin war zuerst von Brieger'') bei der Fäulniss von Fleisch unter bestimmten Verhältnissen, besonders aus Culturen von Cholerabacillen erhalten, die Identität mit dem von La den bürg') synthetisch aus Trimethylencyanid mit Natrium in absolutem Alkoliol dargestellten Pentamethylendiamin von demselben und von Brieger nachgewiesen und später diese Base von Baumann und v. Udränszky*), auch von Brieger und Stadthagen'') in Harn und Fäces von Per- sonen, die an Cystinurie leiden, aufgefunden. Roos'") fand sie vorüber- gehend in den Faeces eines Mannes, der an Malaria und Dysenterie litt. Die fi'eie Base stellt einen Syi-up dar, welcher eigenthümlichen Spermageruch besitzt, an der Luft raucht, COo aufnimmt unter Carbonat- '; Brieger, Ptoniaine I. S. 48. 2) Bocklisch, Ber. d. deutscli. ehem. üesellsch. Bd. 18 S. 86 u. Ui:?2. 3) Ehrenberg, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 11 S. 253. ■•) Gautier et Mourgues, Compt. rend. T. 107, p. 110 u. 254. ') Brieger, Deutsche med. Wochenschr. 1887 S. 469. <•) Brieger, Ptoniaine I. II. III. 188.5 u. 1886. ') Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 16 S. 1151, Bd. 18 S. 2;)57 u. 3100, Bd. 19 S. 780 u. 2586, Bd. 20 S. 2216. äj Ebendas. Bd. 21 S. 2744 u. 2938. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 13 S. 562. s) Arch. f. path. Anat. Bd. 115 S. 483 u. Berl. klin. Wochenschr. 1889 S. 344. 1") Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 16 S. 192. Pentamethylendlamin. 68. g j bildung. Siedepunkt der Base 175—178". Sie ist mit den Wasserdämpfen flüchtig. Sie löst sich leicht in Wasser oder Alkohol, wenig in Aether. Die salzsaure Verbindung giebt mit Platinchlorid in alkoholischer Lösung einen gelben Niederschlag des Platindoppelsalzes. Die wässerige Lösung der Base giebt mit Pikrinsäure eine in kaltem Wasser fast unlösliche Verbindung- in dünnen Nadeln oder langgestreckten Tafeln vom Schmelzpunkt 'i^l » (unter Zersetzung). Salzsaures Cadaverin ist zerfliesslich an der Luft, zerfällt bei trockener Destillation in NH;,, HCl und Piperidin CgHuN. In wässeriger Lösung vereinigt sich das salzsaure Salz mit Quecksilberchlorid zu einem Doppelsalz, welches auskrystallisirt, Schmelzpunkt 211». In wässeriger Lösung mit Natronlauge und Benzoylchlorid geschüttelt bildet die Base ihre Dibenzoylverbindung (GH..) , (N H, C 0 C « H5) o, welche bei 1 30 " schmilzt, unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol ist und aus dieser Lösung" durch Aether nicht gefällt wird, sehr beständig sich bei Behandlung mit starken Säm-en oder Alkalien verhält, durch anhaltendes Kochen mit starker Salzsäm-e in Alkohol in Benzoesäure und salzsaures Cadaverin gespalten wird. Mit Phosphormolybdänsäure giebt Cadaverin weissen, mit Kaliumwismuthjodid rothen kiystallinischen Niederschlag, mit Jod- jodkalium braune Krystallnadeln. Zur Darstellung aus Harn oder Fäces, faulenden Substanzen dient offenbar sehr gut die Methode der Behandlung der wässerigen Lösung nach V. üdränszky und Baumann (a. a. 0.). Für ungefähr 1 V2 Liter Flüssigkeit 200 com lOprocentige Natronlauge und 20 bis 25 ccm Benzoyl- chlorid; die Mischung wird geschüttelt, bis der Benzoylchloridgeruch verschwunden ist. Der grösste Theil der Dibenzoylverbindungen des Penta- und Tetramethylendiamins wird abgeschieden und abfiltrirt, durch Lösen in warmem Weingeist und Eingiessen der eingeengten Lösung in Wasser weiter gereinigt; aus dem trüben, mit Schwefelsäm-e angesäuerten und von der jetzt ausgeschiedenen Benzoesäm-e durch Filtration befreiten Filtrate wird der in Lösung gebliebene Kest der Dibenzoylbasen durch Ausschütteln mit Aether gewonnen. Der Aether wird abdestillirt, der Rückstand mit Natronlauge im üeberschuss versetzt, zm- Krystallisation stehen gelassen ; die ausgeschiedenen Krystalle durch Waschen mit kaltem Wasser von Benzoylcystin und Natron etc. befi-eit, werden in wenig warmem Wein- geist gelöst und aus dieser Lösung durch viel Wasser abgeschieden ; die so erhaltene Menge wird mit der Hauptquantität vereinigt. Im üebrigen vergl. den folgenden Paragraphen. Die Gewinnung des Cadaverin nach der von Brieger angewendeten Methode zm- Trennung der Ptomaine von einander siehe unten § 73. 92 Tptramethylendiamin Piperazin. G!). 70. Tetramethylendiainin oder Putrescin NHj 69. Das Putrescin ist von Briegei-i) als Fäulnissproduct zuerst aufgefunden, dann von v. Udränszky und Baumann'-) aus Harn und Faces bei Cystinurie neben Cadaverin und von Koos^) aus den Fäces eines Diarrhöekranken erbalten. Es ist identiscb mit dem synthetisch aus Aetbylencyanid'*) oder Pyrrolhydroxylamin=) durch Keduction mit Na- trium dargestellten Tetramethylendiamin. Schmelzpunkt 24 o, Siedepunkt l.iS — 160". Diese Base riecht ähnlich dem Cadaverin, giebt mit HCl ein in Alkohol schwer lösliches, nicht hygroscopisches Chlorhydrat , und dies letztere mit Platinchlorid ein in feinen Prismen aus der wässerigen Lösung krystallisirendes in Wasser schwer lösliches Platindoppelsalz. Die Dibenzoylverbindung der Base wird wie diejenige des Cadaverin (vergl. vorigen Paragraphen) erhalten und bildet langgestreckte Nadeln vom Schmelzpunkt 175 — 176", die in Aether unlöslich sind, ebenso in Wasser, aber löslich in Alkohol. Die Gewinnung des Putrescin aus Harn und Fäces geschieht nach Baumann's Methode mit Natronlauge und Benzoylchlorid (vergl. vorigen Paragraphen). Die Trennung der Dibenzoylverbindungen von Cadaverin und Putrescin gelingt gut dm'ch die Unlöslichkeit der Dibenzoylver- Itindung des Putrescin in Aether. Das Tetrametliylendiamin ist mit dem Wasser ziemlich schwer liüchtig. Das Goldchloriddoppelsalz + 2H2O ist nicht schwer löslich, die Pikrinsäureverbindung schwer löslich in Wasser, breite Nadeln. Phosphorwolframsäure, Phosiihormolybdänsäure, Kalinmquecksilberjodid, Kaliumwlsmuthjodid, .Jodjodkalium geben mit dem salzsauren Putrescin Niederschläge, die mit Ausnahme der durch die ersten beiden Keagentien hervorgerufenen krystallinisch sind oder es bald werden. Die Gewinnung des Putrescins aus faulenden Stoffen nach der Methode von Brieger vergl. unten § 73. Piperazin oder Spermiu, Diäthyleudiiinin C< H,o IV, = C^ H4 \jjjj/ C3 H,. 70. Synthetisch erhalten von Ladenburg und Abel^) durch Erhitzen von salzsaur§m Aethylendiamin, von v. Hofmann'), von Majert^) nach ij a. a. 0. 2) a. a. 0. 3) Zeitschr. f. phvsiol. Chem. Bd. Iß S. 192. "j Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 19 S. 780. ■•>) Ebendas. Bd. '22 S. 1968. ") Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. -21 S. 7.)8 u. Bd. 23 S. 326 11. 3740 u. ■) Ebendas. Bd. 23 S. 3297. [Bd. 24 S. 2400. 8) Ebendas. Bd. 23 S. 3718. Piperazin. 70. 93 anderen Verfahren dargestellt, ist das Piperazin zugleich als identisch anzusehen mit dem S per min, dessen Phosphat Schreiner') aus leukämischem Blute, aus Sperma etc. gewonnen und analysirt hat und wahr- scheinlich auch mit einer aus Reinkulturen des Kommabacillus erhaltenen Base (siehe §72,1). Unter der Bezeichnung der C h a r c o t'schen Krystalle sind seit langer Zeit mikroskopische platte Nadeln bekannt, welche, abge- sehen von Leichenpräparaten, besonders in Sputis vielfacli zur Beobachtung kommen. Nach den Untersuchungen von Schreiner enthalten diese Kry- stalle 21,2 pCt. Krystallwasser, welches bei lOO'^ entweicht. Die trockene Substanz gab 35,1—35,4 pCt. P.2O5 und 14,0 pCt. N. Sie sind unlöslich in Alkohol, Aether, Chloroform, Kochsalzlösung, sehr schwer löslich in kaltem, leichter löslich in heissem Wasser, leicht löslich in verdünnten Säuren, in Alkalien und kohlensauren Alkalien, auch in Ammoniak. Wird das natürliche Phosphat mit der berechneten Quantität Baryt- wasser zersetzt und das Filtrat verdunstet, so erhält man eine amorphe Masse, die sich meist bald in wawellitartige , in Alkohol oder Wasser lösliche Krystalle verwandelt. Die Lösungen der Base reagiren alkalisch, ziehen COo aus der Luft an und geben beim Erhitzen auf Platinblech schwachen Ammoniakgeruch und dicke weisse Nebel. Mit Phosphor- säure vereinigt sich die Base in Lösungen beim Zusammenbringen und liefert sogleich wieder die Charcot'schen Krystalle. Die salzsaure Ver- bindung bildet in Wasser leicht, in Alkohol schwer lösliche, büschel- förmig vereinigte, anscheinend 6 seifige Prismen, das Platindoppelsalz ziemlich grosse Prismen, das Golddoppelsalz perlmutterglänzende gold- gelbe Nadeln. Das Spermin wird gefällt durch Chlorzink, Gerbsäure, Silbernitrat, Quecksilberchlorid, Goldchlorid, Platinchlorid langsam; auch durch Phosphorwolfram- und Phosphormolybdänsäm-e wird Spermin ge- fällt. Kaliumwismuthjodid giebt damit scharlachrothen, nach einiger Zeit in's Gelbe spielenden krystallinischen Niederschlag. Nach der Methode von Baumann 2) wurde von v. H 0 f m a n n^) durch Schütteln der Base in verdünn- ter Natronlauge mitBenzoylchlorid die Dibenzoylverbindung(C2H4)o (C7 H5 0)2 N 2 als in Wasser nicht löslicher, in heissem Alkohol löslicher Nie- derschlag erhalten, der beim Umkrystallisiren aus heissem Alkohol in schönen rhombischen Krystallen vom Schmelzpunkt 191" erhalten wurde. >) Ann. Chem. Pharm. Bd. 194 S. 68. 2) Vergl. oben § 68. 3) a. a. 0. 94 Neuridiii. Ptomaine. 71. 1-2. Neuridin CsHuN,. 71. Diese mit dem Pentamethylendiamin isomere Base ist von Briegei-i) aus friscliem mensdilichen Gehirn und aus Hühnereiern in geringer Menge gewonnen, ferner in 5 bis 6 Tage lang gefaultem Fleisch, in gefaulten Fischen, Kuhkäse, Leim, Keinkulturen von Typhusbacillen ge- funden und aus dem Wasserextracte nach Fällung mit Bleizucker, Aus- fallen des Bleies mit Schwefelwasserstoff, Ansäuern mit Schwefelsäure, Ent- fernung der flüchtigen Säuren durch Kochen, nachherige Sättigung mit Baryt und Fällung der Base mit Quecksilberchlorid und Zerlegung des Niederschlages mit Schwefelwasserstoff gewonnen. Die freie Base riecht unangenehm, ist gelatinös, sehr leicht löslich in Wasser, unlöslich in Alkohol oder Aether und zerfällt beim Kochen mit Natronlauge unter Bildung von Di- und Trimethylamin. Sie giebt die Isonitrilreaction nicht. Das salzsam-e Neuridin giebt in wässeriger Lösung mit Phosphor- wolfi-amsäure amorphen Niederschlag im üeberschuss des Fällungsmittels löslich, mit Phosphormolybdaensäure krystallinischen, mit Pliosphor- antimonsäure weissen flockigen, mit Pikrinsäure langsam ausfallenden Niederschlag, der sich bald in schöne gelbe Nadeln verwandelt, mit Kalium wismuthjodid ein rothes amoi-phes Präcipitat, mit Goldchlorid kiystallinische Fällung. Ptoniaine. 72. Unter der Bezeichnung „Ptomaine" hat zuerst Selmi-) eine Anzahl basischer Substanzen zusammengefasst, welche in ihrem Ver- halten den Pflanzenalkaloiden sich anschliessen, aus Cadavern gewonnen werden und leicht zu Verwechselungen mit Coniin, Morphin etc. Ver- anlassung geben können. Brieger hat diesen Namen beibehalten, aber die Ptomaine in der Weise abgegrenzt, dass unter ihnen basische Stoffe ver- standen werden sollen, welche durch die Lebensprozesse der Mikroorganismen gebildet werden. Es gelang zugleich Brieger zuerst eine Anzahl solcher Basen in reinem Zustand krystallisirt und nach bestimmten Methoden zu gewinnen und ihre chemische Zusammensetzung und Eigenschaften festzustellen. Zu densellien gehören nach dieser Deflnition von Brieger eine Anzahl der hier in den letzten Paragraphen beschriebenen Sub- stanzen, nämlich Cholin, Neurin, Musearin, Trimethylamin, Dimethyl- amin, Methylamin, Tri-, Diäthylamin, Propylamin, Butylamin etc. Cadaverin, Putrescin, (wahrscheinlich auch Spermin), Neuridin. Durch ^) Brieger, Ptomaine. I. S. 20ff. ^) F. Selmi, Sülle ptomaine ed alcaloidi cadaverici e lore importanza in toxi- cologia. Bologna I87S. Ber. d. denfsch. ehem. Gesellsch. Bd. 11 S. 808. Ptomaine. 72. 95 zahlreiche neuere Untersuchungen sind ausserdem eine grosse Zahl basischer Körper durch verschiedene Forscher, hauptsächlich dui-ch B rieger 1) selbst bekannt geworden, deren chemische Structur und characteristische Eigenschaften aber noch in der Untersuchung sich befinden, oder derselben noch weiterhin bedürfen. Es sollen hier nur die besser ))ekannten von denselben aufgeführt und die Methoden ge- schildert werden, deren sich Brieger und Andere nach ihm zm- Auf- findung und Trennung dieser Stoffe von einander bedient haben. 1. Base CjHsN^j, aus einer Reincultur vom Koch 'sehen Kommabacillus auf Pankreassafteiweisslösung erhalten. Platinchloriddoppelsalz in Wasser sehr schwer löslich. Wahrscheinlich identisch mit Spermin. 2. Tetanotoxin CsHuN, aus einer nicht ganz reinen Cultur von Tetanus- bacillen auf Rindtieisch und auf üehirnbrei dargestellt von Brieger 3), siedet bei 100° (jedoch nicht ganz wasserfrei erhalten). Das salzsaure Salz leicht löslich, schmilzt bei "205°, das Platinchloriddoppelsalz schwer löslich, zersetzt sich bei 240', Goldchloriddoppelsalz leicht löslich, schmilzt bei 130° Die Base giebt Isonitril- und Senfölreaction. 3. Base C,H,iN, aus Leberthran von Gautier u. Mourgues"*) erhalten, farblose ölige Flüssigkeit, wenig löslich in Wasser, siedet bei 199°. (Vielleicht Dihydrodimethylpyridin?) Gold- und Platinchloriddoppelsalz, salzsaure, salpeter- saure und schwefelsaure Verbindung dargestellt. 4. Base CjHj, N^), bei der Fäulniss von Leim erhalten, ölige Flüssigkeit, zieht CO 3 an der Luft an und erstarrt zu blättriger Masse, giebt schwerlösliches Platindoppelsalz (vielleicht Phenylaethylamin). 5. Base CgH,iN'^), aus gefaulten Seepolypen, gelbliche Flüssigkeit, sehr wenig löslich in Wasser, siedet gegen 204°, zerfliessliches, salzsaures Salz, fast unlösliches Platindoppelsalz, es wird durch kochendes Wasser zersetzt. Gold- chloriddoppelsalz, zwei Quecksilberdüppelsalze, Jodmethylverbindung. Diese Base liefert bei Behandlung mit Permanganat Nicotinsäure, welche beim Erhitzen mit überschüssigem Kalk Pyridin giebt. 6. Base CgHisN''), aus gefaultem Pferde-, Rindfleisch, Makrelen. Farblose ölige Flüssigkeit von Fliedergeruch, siedet gegen 210°, giebt leicht lösliches, salz- saures Salz, wenig lösliches Platindoppelsalz, ziemlich lösliches, leicht zersetzliches Golddoppelsalz. Nach Gautier u. Etard identisch mit HydrocoUidin. ') L. Brieger, Untersuchungen über Ptomaine. Berlin 1885—1886. 2) Kunz, Monatshefte f. Chemie. Bd. 9 S. 372. ä) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 19 S. 3119 und deutsch, med. Wochenschr. 1887. S. 304. *) Compt. rend. T. 107 p. 110 u. 2.54. ') Nencki, üeber Zersetzung der Gelatine u. s. w. Bern 1876 u. Monatshefte f. Chem. Bd. 10 S. .524. 8) Oechsner de Conin ck, Compt. rend. T. 106 p. 160 u. 858 u. T. 108 p. .58 u. 809. ') Gautier et Etard, Compt. rend. T. 94p. 1600 u. T. 97p. 264. Bullet, de l'acad. de med. [2] T. 15 p. 80. 96 Ptomaine. 72. 7. Base C<, H,3N'), aus gefaiiltem Pferdefleisch, gefaulten Makrelen, vielleicht Parvolin. Oelige Flüssigkeit, leicht löslich in Wasser, Alkohol, Aether, siedet etwas unter 200°. Das Platindoppelsalz ist wenig löslich. Golddoppelsalz löslich. 8. Base CioH,3N, aus faulem Ochsenflhrin erhalten^), flüssig, wenig löslich in Wasser, von leichtem Pyridingeruch, siedet bei 200°. Salzsaures Salz etwas zerfliesslich, unlösliches Platindoppelsalz, leicht zersetzliches Golddoppelsalz. 9. Base C,n H,; N, aus stark gefaultem Octopusfleisch erhalten von Oechsner de Coninck.'') Leicht gelbliche, schleimige Flüssigkeit von angenehmem Gerüche, in Wasser wenig, in Alkohol und Aether sehr löslich, siedet gegen 230° unter beginnender Zersetzung, briUmt sich schnell an der Luft und scheidet dickes Harz ab. Zerfiiessliches salzsaures und bromwasserstoffsaures Salz, an der Luft schnell sich zersetzend. Platindoppelsalz in kaltem Wasser unlöslich, in warmem Wasser sehr leicht gelöst, durch kochendes Wasser, auch an feuchter Luft, zersetzt. Setzt man zu der noch heissen Lösung des Jodmethylats einen Tropfen concentrirter Kali- lauge, so entsteht schöne Rothfärbung, welche bald in Braun übergeht und nach einer Stunde blaugrüne Fluorescenz. 10. Base C,nHj, N, aus Reincultur von Bacterium allii auf Nähragar erhal- ten von Griffiths'). Zerfliessliche mikroskopische Nadeln von eigenthümlichem Geruch nach Weissdorn, löslich in heissem Wasser, Alkohol, Aether. Platindoppel- salz wenig löslich in kaltem Wasser. Nach Griffiths wahi-scheinlich ein Hydro- coridin. 11. Base C^H,2N04, aus dem Harn Scharlachkranker und aus der Rein- cultur von Microc. scarlat. (?) von Griffiths'') erhalten. Weisse krystallinische wasserlösliche Substanz ; krystallisirende Chlorwasserstoff'- und Goldchloridverbindung. 12. Base C5 H19NO.,, aus dem Harn Keuchhustenkranker und der Reincultur eines Bacillus, den Affanasieff in dem Auswurf bei Keuchhusten gefunden hat, von Griffiths^) erhalten, weisse krystallinische wasserlösliche Substanz, Chlor- wasserstoff und Goldchloridverbindung. 13. Mydatoxin') CgHjjNO,, aus gefaulten menschlichen Leichentheilen und gefaultem Pferdefleisch. Im Vacuum zu Blättchen erstarrender, in Alkohol und in Aether nicht löslicher Syrup. In Wasser leicht lösliches Platindoppelsalz, Schmelzpunkt 193°. 14. Mytilotoxin CgHjjNOj, aus giftigen Miessmuscheln von Brieger") erhalten. Das Golddoppelsalz schmilzt bei 182°. Bei Destillation mit Kalilauge entsteht Trimethylamin. 15. Mydin CjHuNO, aus gefaulten menschlichen Leichentheilen. gefaultem Pferdefleisch, aus Reinculturen von Typhusbacillen auf peptonisirtem Bluteiweiss ') Gautier et Etard, Compt. rend. T. 94 p. IGOO. Bullet.de l'acad. de med. [2] T. 15 p. 80. ') Guareschi u. Mos so, .Tourn. f pract. Chem. Bd. 27 S. 42.5. Guareschi, Ann. di chim. e di farm. 4. Ser. T. 6 p. 237. 3) Compt. rend. T. 106 p. 858, T. 110 p. 1339, T. 112 p. 584. «) Compt. rend. T. 110 p. 41fi. ') Compt. rend. T. 113 p. R56. «) Compt. rend. T. 114 p. 496. ■>) Brieger, Ptomaine IIL S. 32. «) Ebendas. III. S. 76 u. Arch. f. iiathol. Anat. Bd. 115 S. 483. Ptomaine. 72. 97 von Brieger') dargestellt; riecht nach Ammoniak und zersetzt sich beim Destil- liren, giebt ein sehr leicht lösliches Platindoppelsalz. Die Pikrinsäureverbindiing schmilzt bei 195°. 16. Gadinin C, H,, NOj, aus gefanlten Dorschen und gefaultem Leim von Brieger'^) gewonnen, giebt ein leicht lösliches salzsaures Salz, schwer lösliches Platindoppelsalz, kein Golddoppelsalz. 17. Typhotoxin C, H,, NO,^), aus Reinculturen von Typhusbacillen auf Fleischbrei; giebt leicht lösliches Platindoppelsalz, schwer lösliches Golddoppel- salz vom Schmelzpunkt 176 °, schwer lösliches l'ikrat. 18. Base. CjHgNj''), aus gefaultem Dorsch, destillirt mit Aetzuatron unzer- setzt, ist nicht identisch mit Aethylendiamin, giebt leicht lösliches salzsaures Salz, schwer lösliches Platindoppelsalz. 19. Anthracin CjHgNj, aus Kaninchen dargestellt, die mit Bacill. an- thracis. inficirt waren.') 20. Saprin 0,11,4^2, aus gefaulten menschlichen Organen, vom isomeren Cadaverin durch einzelne Reactionen unterschieden; auch dadurch, dass es kein zerfliessliches salzsaures Salz, kein Golddoppelsalz und ein anders krystallisirendes Platindoppelsalz bildet.'') 21. Base Cj Hi, Nj 04, aus faulenden Massen; pinselförmig angeordnete Nadeln, giebt ein in Alkohol ziemlich lösliches Platindoppelsalz.^) 22. Base CjHjgNäO,, aus faulenden Massen, bildet kurze, dicke an der Luft sich bräunende Prismen, in Alkohol unlösliches Platindoppelsalz.') 23. Tetanin Ci3H3nN2 04 wurde von Brieger^) dargestellt 1) aus nicht ganz reiner 8 Tage alter Kultur von Tetanusbacillen auf Fleisch, 2) aus Haut und Muskeln vom amputirten Arm eines tetanischen Menschen, 3) aus mehrere Mo- nate gefaulteu menschlichen Leichentheilen. Diese Base bildet einen gelben Syrup, giebt zerfliessliches salzsaures Salz, das sich allmälig zersetzt. Das Platindoppel- salz bildet hellgelbe Blättchen, welche nach dem Trocknen in Wasser ziemlich schwer löslich sind. 24. Pyocyanin C,4H,^N20 (siehe §156). 25. Base Cj, Hj, Nj O5, von Griffiths') aus dem Urin Diphtheriekranker und der Reincultur des Klebs-Loeffler'schen Diphtheriebacillus No. 2 (?) dargestellt; weisse krystallinische Substanz, Chlorwasserstoff- und Goldchloridverbindung. •) Ptomaine III. S. 26. 2) Ebendas. L S. 49 u. Deutsch, med. Wochenschr. 1889 S. 469. ■ä) Ebendas. lU. S. 86. ') Ebendas. 1. S. 44. °) Hoffa, Sitzungsber. d. phys. med. Ges. Würzburg 1889. S. 96. *) Brieger, Ptomaine II. S. 46. ') Pouchet, citirt nach Gautier, Bull, de l'acad. de med. (2) T. 15 p. 84. 8) Brieger, Ptomaine DL S. 95. Berlin, klin. Wochenschr. 1888 No. 17. Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 19 S. 3119. Arch. f. pathol. Anat. Bd. 112 S. 549. «) Compt. reiid. T. 113 p. 656. Hoppe-Seyler, Analyse. 6. Aofl. 7 98 Leucomaine. 26. Base C,5 Hu, N, 0^, von Griffiths^) aus dem Urin Rotzkranker und der Reincultur von Bac. mallei dargestellt; weisse krystallinische wasserlösliche Substanz; krystallisirendes salzsaures- und Platindoppelsalz, Goldchloridverbindung. 27. Base CjoHjgNjOj, von Grifl'iths-) aus dem Urin Pneumoniekranker dargestellt; in Wasser lösliche, mikroskopische Nadeln; salzsaures und Platindoppel- salz; Goldchloridverbindung; dreht die Ebene des polarisirten Lichtes nach rechts, (ctJD = + 23,5. 28. Morrhuin^) CigHj, N3, aus Leberthran. Dicke ölige Flüssigkeit, die in Wasser wenig löslich, in Alkohol und Aether löslich ist und schwach nach Flieder riecht; giebt ein lösliches Platindoppelsalz. 29. Base C3H5N., 0, von Griffiths*) aus dem Urin Masernkranker dar- gestellt; wasserlösliche Blättchen; in Nadeln krystallisirendes Platindoppelsalz. Quecksilberchloriddoppelsalz bildet prismatische Nadeln; Glycocyamidin? 30. Base CgHj^N^Oj, von Griffiths'') aus dem Harn eines Falles von Ohrgeschwulst (?) dargestellt; weisse prismatische Nadeln, Propylglycocyamin. 31. Base C,, H35N4, aus gefaulten Makrelen, aus der Mutterlauge der Base CsHijN (siehe oben Base 6), lösliches Platindoppelsalz, welches sich beim Er- hitzen auf 100° zersetzt.") 32. .\sellin') Cj,, H,, N,, aus Leberthran, bildet eine amorphe Masse, welche in Wasser unlöslich, in Alkohol und in Aether löslich ist. Das Platin- doppelsalz ist in kaltem Wasser unlöslich. 33. Base CuHj^N^O,, von Griffiths') aus dem Urin von Epileptischen dargestellt. Weisse Prismen, in Wasser leicht löslich, krystallisirende Chlorwasser- stoff- und Goldchloridverbindung. Leucomaine. Im Gegensatz zu den Ptomainen nennt Gautier') diejenigen basischen Sub- stanzen, welche nach seiner Ansicht regelmässig als physiologische Zersetzungs- produkt(> der Eiweisskörper ohne Mitwirkung von Miki'oorganismen in den thierischen Geweben während des Lebens gebildet werden, Leucomaine (von /.suzibiiot Eiweiss); Ausser einigen bereits seit längerer Zeit bekannten Stoffen : Kreatinin und Betain des Harns, von Pouchet aus dem Harn isolirte Alkaloide, Alkaloide aus Schlangen- gift und normalem menschlichen Speichel (Gautier), rechnet er dazu eine Reihe von ihm aus Fleisch isolirter Basen (Xanthokreatinin etc.), ferner die Basen aus Leberthran u. a. Zu einer Zusammenfassung dieser verschiedenen Körper zu einer besonderen Gruppe liegt vor der Hand kein Grund vor; einige derselben, z. B. die Basen aus Leberthran, gehören offenbar zu den Ptomainen und sind bei diesen besprochen worden. ') Compt. rend. T. 114 p. 1382. '^) Ebendas. 3) Gautier et Mourgues, Compt. rend. T. 107 p. 110 u. G26. *} Compt. rend. T. 1 14 p. 496. =) Compt. rend. T. 113 p. 656. «) Gautier, Bull, de l'acad. de med. [2] T. 15 p. 82. ') Compt. rend. T. 114 p. 185. «) Bullet, de l'acad. de medec. [2] T. 15 p. 122. Verfahren von Brieger zur Isolirung der Ptomaine. 73. 99 Verfahren von Brieger zur Isolirung der Ptomaäne. ') 73. Die gefaulteu Massen werden mit Salzsäure unter Vermeidung eines Ueberschusses schwach angesäuert und zum Syrup eingedampft. Wähi'end des Eindampfens soll die Reaction stets schwach sauer ge- halten werden. Beim Extrahiren des Syrups mit absolutem Alkohol gehen sämmtliche Ptomaine, auch die deren salzsaure Verbindungen in reinem Zustande in Alkohol unlöslich sind, in diesen über. Der alko- holische Auszug wird eingedampft und der Eückstand abermals mit absolutem Alkohol ausgezogen, wobei schon in Alkohol schwer lösliche Basen z. B. salzsaures Nemidin häufig ungelöst bleiben. Das Abdampfen des alkoholischen Auszugs und Extrahiren des Rückstandes mit neuem Alkohol kann mehrmals wiederholt werden. a. Man kann den Rückstand des Alkoholauszugs mit Wasser auf- nehmen und die wässerige Lösung mit Pikrinsäure versetzen, wenn es sich um die Gewinnung von Neuridin und C'holin liandelt; es fällt in kaltem Wasser unlösliches Neuridin aus ; beim Eindampfen der Mutter- lauge scheidet sich das weniger schwer lösliche Cholinpikrat ab. b. Die alkoholische Lösung wird mit alkoholischer Lösung von Quecksilberchlorid im üeberschuss versetzt, der Niederschlag nach 24 Stunden abfiltrü-t. A. Der Niederschlag. Beim Auskochen desselben mit viel Wasser gehen die Ptomaine in Lösung, die Eiweissstoffe bleiben ungelöst. Beim Erkalten des Piltrats krystallisirt das äusserst schwer lösliche Quecksilberdoppelsalz des Cholin alsbald vollständig aus, während die übrigen Basen in Lösung l)leiben. Man leitet durch die abfiltrirte Mutterlauge Schwefelwasserstoff, filtrirt vom Schwefelquecksilber ab, entfernt den Schwefelwasserstoff, dampft die Lösung ein und erschöpft den Rückstand mit Alkohol. Das salzsaure Putrescin bleibt zm-ück. während das salzsaure Cadaverin gelöst wird. Beim längeren Stehen des alkoholischen Auszugs fallen auch die etwa in Lösung gegangenen Reste des Putrescin aus. Das im alkoholisclien Filtrate gelöste Cada- verin kann einmal durch Platinchlorid gefällt und durch Umkrystallisiren aus Wasser, wobei es der Schwerlöslichkeit seines Platinsalzes wegen zuerst ausfallt, während z. B. die Platinsalze von Saprin, Mydale'in^) löslicher sind, gereinigt werden, oder es kann durch alkoholische Queck- silberchloridlösung niedergeschlagen werden. Kocht man den ent- standenen Niederschlag mit nicht zu viel Wasser aus, so krystallisirt das schwer lösliche Cadaverinquecksilberchlorid bald aus. ') Brieger, Ptomaäne II S. 53. 2J Sehr giftige noch nicht genügend bekannte Base, vergl. Brieger, Pto- m^'ne II S. 4'J— 51. lOQ Methode Ton Gantier znr Ahscheidong der Ptomame. 74. Ferner kann znr T':-ll5tändigen Trennung von Gadarerin nnd Pn- trescin auch das rerschiedene Verhalten der Quecksilber- und der Gold- salze benutzt werden, insofern das Putrescin ein ziemlich schwer lösliches G<:-ldchloridsalz und ein leicht lösliches Quecksilbersalz bfldet. während das Cadaverin sich gerade umgekehrt verhält B. Das Filtrat enthält noch geringe Beste von Ptomainen. z. B. können neben ilethylguanidin Diäthrlamin, Methylamin. Trimethylamin in dasselbe übergehen. Auch des neutralen Bleiacetats tmd gelegentlich der Phosphormolyb- dänsäure. deren Verbindungen durch e5:^!c>tiar95 Blei zerlegt werden, hat sich Brieger bedient Kaliumqueck- , Kaliumwismuthjodid. y :mjc'did räth er mit Vorsicht za . n. da das Jcid bei / . , -ser Verbindtmgen durch Seh ■ - -rstofi' etc. leicht Störungen bewirken kann. Die von Baumann angegebene ifethode der Ausfällung der Basen als Dibenzoylverbindungen durch die Behandlung mit Natronlauge und Benzoylchlorid, welche für Cadaverin, Putrescin. Spermin so vorzügliche Be^ ' _ ^eben hat^ ist bereits oben in § 68 beschrieben. Methode von Gautier zur .^bscheiduns der Ptomaine.* T-t. Man säuert die faulende Flüssigkeit mit Oxalsäure an. ent- fernt diejenigen Fettsäuren, welche beim Erwärmen auf der Oberfläche schwimmen, filtrirt tmd destülirt. so lange ein trübes Destillat über- geht. Auf diese Weise werden Phenol Indol. flüchtige fette Säuren, ein Theil des Ammoniaks u. s. w. entfernt. Der Bückstand wird mit Kalk alkalisch gemacht, filtrirt und im Vaouum bis zur Trockne destillirt. a. Das in sehr verdünnter Schwefelsäure aufgefangene Destillat wird neutralisirt fest bis zur Trockne eingedampft, das abgeschiedene schwefelsaure Ammoniak entfernt und die Mutterlauge mit absolutem Alkohol aufgenonmien. Die die Ptomaine enthaltende alkoholische Lösung wird destillirt der Bückstand mit etwas Natronlauge versetzt und nach einander mit Aether. Petroläther und Chloroform estrahirt. in welche Lösungsmittel die Romaine übergehen. b. Der Bückstand wird nach dem Trocknen und Zerreiben mit Aether von 36'^' behandelt, welcher die fixen Basen löst. Man ver- dunstet den Aether, nimmt den Bückstand mit etwas angesäuertem Wasser auf und Mit die Basen durch ein Alkali aus. *) Bullet de racadem. de medic. [2] T. lö p. 7.3. UatfMl,« V>. lOl Mi'>ttioi |iuttiiitiiKt*<'lH^>i llariiti». ') Kino ((rrt-i-niri! (^ii;irit.iltU ll.uii wml iinl. vvnni^ Nittriiuiii'urtiOMiil. ii'|j|. iiiiil mit. ili'i llulftis .»«tiiittM Viiliiiri.K(|)i)«clillUtilt; (lüfi ;ili)/i!^iis!>;iMii!ri iinil tillrirl.itri Afittinr sirhni.tülf. (nun iiiil. oini-r f/iMiin^r von VVMiriifUii'ii Diu iilij^nlMiiiiiti^ wi:m«aiirt) l/i-iiinj.;, whIi-Ihi iIk; l'l.omijlii»' til.« wtsiriMaiini Htit/.ts ttiitliäll, wird mit Hodu ».Ikulisirli ^«irnacht. (iml witidor mit, Actlmr f^tinchiUl.idt. Iliiini Vonliinxbüi iltir Atlitirischdii l-o- Kllfl^ liilllf^rlilfilnii IUI' l'l.i)m;i.lntv ir«r«^t«rf Mlli-CO-Rfll,, 75. I)tir Hit,rn.-iti)tT i>it. (|t:i (!on.-!t.nritf!>tt.fi UoMt.iiriflt.liinl «li« ll.nn'. von M«tri.<n, lumioi ii^;k»!it.i-ii mi, .-loridürii (liidi'l. .^'.ir-li dann anc.li m di'ii v«ir»t(:hituhsn«:\7M\ von (Jyankuliiim und ÜUiinxyd orhält, indtsm man mit. .'t(:liwi)rid.'':>iiir«)m .Ammuniiik da.4 cvan.-taiirti Kali in wä«>if!ri(jt!r l/)Hiin>{ zcr.ifit/.t, /.nr 'I'rockno al)dam|il't, dtsn Ua(tk.>itarid mit absoliitfjm Alkohol aiw/itiht, fUtriit, zum Hymp ttt)diirn|>lt und kryxtjilli- n\tm läHHt, J. William.'^^) umprMililt /iinäcli.^t ryan.^taurti« l>l»'i d;ir/ii:-it{ Alkohol und Ai4.') (Jlii^m. (;.;fil.riill.l. l«ß«. Nu. Sfi. 102 Verbindungen des Harnstoffs. 76. und verdunstet das Piltrat zum Syrup. Beim Stehen in der Kälte bystallisirt der Harnstoff aus. Der Harnstoff bildet meist sehr dünne, lange, vierseitige, oft innen hohle Prismen mit sehr stumpfer Pjramide an den Enden, von der ge- wöhnlich nur eine oder zwei Flächen gut ausgebildet sind. Die Krystalle gehören dem tetragonalen Systeme zu, sind nicht hygroskopisch und wasserfrei, können ohne Zersetzung auf 120» erhitzt werden; steigert man die Temperatur noch höher, so schmelzen sie und zersetzen sich unter Entwickelung von Ammoniak. Schmelzpunkt 132" (13'2,650 Keissert*). In heissem Wasser löst sich der Harnstoff in jedem Verhältnisse. Ein Gewichtstheil Harnstoff löst sich in einem Gewichtstheile kalten Wasser oder siedenden Alkohol, nur in 5 Theilen kaltem Alkohol, in Aether ist er unlöslich, entzieht aber demselben Wasser, wenn er wasserhaltig war, und zerfliesst damit. Verbindungen des Harnstoffs. 76. Der Harnstoff verbindet sich mit vielen Säuren zu krystallisir- baren Salzen und ebenso mit einigen Basen. Eine nicht unter 10 pCt. Harnstoff enthaltende, genügend kühlgehaltene Lösung giebt mit über- schüssiger concentriiier Salpetersäm-e einen blättrig krystallinischen Niederschlag von salpetersaurem Harnstoff. Durcli Fällung der concentrirten Harnstofflösung mit Oxalsäurelösung erhält man einen ähnlichen krystallinischen Niederschlag von oxalsaurem Harnstoff Erwäi'mt man Harnstoff lösung mit Quecksilberoxyd, so erhält man Verbindung beider. Der Harnstoff krystallisirt gern mit Alkalisalzen zusammen aus Lösungen, die beide enthalten; besonders häufig erhält man durch Ab- dampfen von Harn zum Syrup und Stehenlassen Krystalle von Harn- stoff-Chlornatrium in rhombischen Tafeln oder Prismen, welche aus CH^ N.2 0, Na Cl + Ho 0 bestehen. Beim Umkrystallisiren zerfallen diese Verbindungen leicht. Mehrere Salze, die in Alkohol unlöslich sind, lösen sich etwas in alkoholischer Harnstofflösung, z. B. Ferrocyankalium, schwefelsaures Kali. Der salpetersaure Harnstoff CH4N2 0, NHO3 bildet bei schneller Ausscheidung mikioskopische, meist sehr dünne rhombische oder sechsseitige Tafeln, die meist mehrfach zusammengehäuft erscheinen. Grosse und dicke Krystalle erhält man, wenn man Salpetersäure-Aethyl- äther durch Destillation von Alkohol mit starker Salpetersäure und Harnstoff darstellt und den Rückstand, welcher in der Retorte bleibt. *) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 23 S. 2244. Verbindungen des Harnstoffs. 76. 103 aus Wasser umkrystallisirt. Er bildet dann dickere bis V2 Zoll breite sechsseitige Tafeln oder Säulen des rhombischen Systems. Die rhombischen Tafeln zeigen einen Kantenwinkel von 82". Dieses Salz ist schwer lös- lich in kalter Salpetersäure, leichter löslicli in kaltem, viel leichter in heissem Wasser, wenig löslich in Alkohol, unlöslich in Aether; schnell erhitzt verpufft es ohne Rückstand, allmälig auf 140^ erwärmt zerlegt es sich in salpetersaures Ammoniak, Harnstoff, Stickoxydul, Kohlensäure, ebenso allmälig beim Kochen der wässerigen, stark sauer reagirenden Lösung. Oxalsaurer Harnstoff (CH4 Nj O)., C, H, O4 + Ho 0. Durch Fällung von Harnstofflösung mit Oxalsäure erhalten, bildet rhombische Tafeln, die leichter gross und dick zu erhalten sind als die Krystalle des salpetersauren Salzes. Der Oxalsäure Harnstoff ist schwer löslich in kaltem Wasser, noch schwerer in kaltem Alkohol (1 Theil in 62 Theilen Alkohol), leicht löslich in kochendem Wasser. Phosphorsaurer Harnstoff CH^ N., 0, PH3 O4 ist von J. Leh- mann in grossen glänzenden Krystallen des rhombischen Systems aus Phosphorsäure und Harnstoff dargestellt, auch aus dem abgedampften Harne mit Kleie gefütterter Schweine erhalten. Die Krystalle sind in Wasser sehr leicht löslich, aber nicht zerfliesslich. Verbindungen von Harnstoff mit Salpetersäure und Quecksilberoxyd. Durch Mischung einer wässerigen Lösung von Harnstoff mit sal- petersaurera Quecksilberoxyd kann man drei verschiedene Ver- bindungen von Hai-nstoff, Salpetersäure und Quecksilheroxyd darstellen, in denen Harnstoff und Salpetersäure stets zu gleichen Molecülen mit verschiedenen Mengen Quecksilheroxyd verbunden sind. Lieb ig hat diesen drei Verbindungen Formeln gegeben, nach denen die eine Ver- bindung 4, die zweite 3, die dritte nur 2 Aequivalente Quecksilber auf 1 Aequivalent Harnstoff enthält. Nach Liebig erhält man das 4 Aequi- valente Quecksillier enthaltende Salz dui-ch Hinzufügen überschüssiger sehr verdünnter Lösung von salpetersaurem Quecksilberoxyd zur gleich- falls verdünnten Harnstofflösung ; diese Verbindung bildet Körner, welche aus radial gestellten Nadeln bestehen. Die 3 Aequivalente Quecksilber enthaltende Verbindung erhält man durch Fällung einer Harnstofflösung mit verdünnter Lösung von salpetersaurem Quecksilheroxyd, indem man die letztere so lange hinzufügt, als sich noch ein Niederschlag bildet. Lässt man den Niederschlag an einem 40 bis 50" warmen Oi-te stehen, so verwandelt er sich grösstentheils in sechsseitige Tafeln, welche diese Zusammensetzung zeigen. Die Verbindung, welche 2 Aequivalente Queck- silber enthält, bekommt man durch Eintragen einer Lösung von salpeter- 104 Zersetzung, Trennung und Nachweis des Harnstoffs. 77. saurem Quecksilberoxyd, bis eine Trübung sich zu zeigen beginnt. Man filtrirt die letztere ab, beim Stehen des Filtrates setzen sich dann krystallinische Krusten von kleinen ret'htwinkligen zusammengehäuften Tafeln ab, welche die obige dritte Verliindung darstellen. Alle drei geschilderte Verl)indungen sind weisse Niederschläge, die in Wasser zer- theilt durch anhaltenden Strom Schwefelwasserstoffgas zerlegt werden in sich abscheidendes Schwefelquecksilber und gelösten salpeteream-en Harnstoff; durch Verdunstenlassen der abfiltrirten Lösung kann man dann dies letztere Salz isolirt erlialten. Eine Verbindung von Harnstoff mit Palladiumclilorür Pd CL, + 2CH4 N^ 0 unlöslich in Alkohol, schwer löslich in Wasser ist von D rechsei*) beschrieben. Zersetzung des Harnstoffs. Trocken erliitzt schmilzt der Harnstoff und liefert Biuret und Am- moniak, dann Cyanursäure; erliitzt man feuchten Harnstoff, so schmilzt er imd zerlegt sieh hauptsächlicli zu Kohlensäure und Ammoniak. Längeres Kochen einer wässerigen Lösung zersetzt ilm gleichfalls allmälig zu kohlensaurem Ammoniak, durch Kochen mit ätzenden oder kolilensauren Alkalien wird er schnell in dieser Weise zerlegt; Kalkmilch wirkt nicht stark l>eim Kochen, in der Kälte gar nicht auf den Harnstoff ein. Erhitzt man Harnstoff" mit Wasser im zugeschmolzenen Glasrohre auf 180", so zerfällt er ganz in Kohlensäure und Ammoniak. Kochen des Harnstoffs mit starker ScJiwefelsäure und schliessliches Erliitzen bis 190 " liat dieselbe Zerlegung zur Folge, endlich zeigt der Harnstoff diese Zersetzung unter der Einwirkung von Spaltpilzen, welche sich im faulen- den Harne oder im Harne bei Blasencatarrh finden. Durch salpetrige Säure wird Harnstoff in Kolilensäure, Wasser und Stickstoff, durch feuchtes Chlorgas oder Lösungen unterchlorigsaurer oder unterbromigsaurer Salze in Kohlensäure, Chlorwasserstoff resp. Brom- wasserstoff und Stickstoff zersetzt. In concentrirter Lösung mit salpeter- saurem Silber versetzt, stark eingedampft, zerlegt sieh Harnstoff in cyan- saures Sillier und salpetersaures Ammoniak. Trennung und Nachweis des Harnstofls. 77. Die oben angegebenen Darstellungsweisen genügen in den meisten Fällen, um Harnstoff aus Harn oder anderen Flüssigkeiten, in denen derselbe niclit blos in Spuren sicli findet, zu gewinnen. Um sehr geringe Mengen von Harnstoff in Flüssigkeiten wie Blut, *) Journ. f. pract. Chem. K F. Bd. 20 S. 469. Trennung und Nachweis des Harnstoffs. 77. 105 Galle, Milch odej- in Organen aufzufinden und möglichst quantitativ zu bestimmen, sind sehr verschiedene Methoden vorgeschlagen und in An- wendung gezogen, haben jedoch alle ungenügende Kesultate gegeben. Folgendes Verfahren, welches bezweckt, den Harnstoff selbst in reinem Zustande zu gewinnen, möchte wohl am Besten zum Ziele führen. Die nöthigenfalls liei massiger Wärme etwas eingeengte Flüssigkeit oder das zu untersuchende, frische, schnell zerkleinerte Organ oder frisches Blut werden mit dem 3 bis 4fachen Volumen starken Alkohol gut ge- mischt und 24 Stunden bei gewöhnlicher Temperatur stehen gelassen, dann abfiltrirt und der Kückstand mit Alkohol mehrmals gewaschen. Von dem gesammten Filkat wird der grösseie Theil des Alkohols ab- destillirt, nach dem Erkalten mit Essigsäure stark angesäuert, Chloro- form hinzugegossen, damit gut geschüttelt, im Scheidetrichter beide Flüssigkeiten getrennt, die Chloroformlösung mit Wasser gewaschen und die Waschflüssigkeit mit der übrigen alkoholisch-wässerigen Lösung ver- einigt. Durch das Chloroform werden das den Filtrationen sehr hinder- liche Lecithin und Seifen entfernt, ausserdem Fette und Cholesterin auf- genommen. Die wässrig alkoholische Lösung wird nun dm'ch Abdampfen bei massiger Wärme von Alkohol befreit, mit Schwefelsäm-e nach dem Erkalten stark sauer gemacht, dann mit Phosphorwolframsäure gefällt, so lange Niederschlag entsteht und hierdurch Pepton, Kreatinin und etwa vorhandene andere Basen gefällt. Der Niederschlag wird noch einige Male mit schwefelsäurehaltigem Wasser gewaschen, dann die ver- einigten Filtrate mit Barytwasser übersättigt, der Ueberschuss durch einen Strom CO .2 abgeschieden, filtrirt und auf kleineres Volumen bei massiger Wärme abgedampft, dann mit salpetersaurem Quecksilberoxyd der Harnstoff abgeschieden in der Weise der Harnstofftitrirung (§ 230), indem aber statt Natriumcarbonat zum Sättigen der freiwerdenden Salpeter- säure ein feinzerriebener Brei von Bariumcarbonat in kleinen Portionen dient und die Flüssigkeit bis zum Ende schwach sauer erhalten wird. Schliess- lich wird mit ein paar Tropfen Barytwasser fast gesättigt, aber nicht alkalisch gemacht, der Niederschlag abfiltrirt, einige Male mit kleinen Mengen Wasser gewaschen, mit dem Filter in etwas Wasser zertheilt und mit Schwefelwasserstoff das Quecksilber abgetrennt. Die Lösung soll jetzt ausser vielleicht etwas salpetersaurem Baryt nur salpetersauren Harnstoff enthalten. Sie wird auf dem Wasserbade erwärmt zur Aus- treibung des Schwefelwasserstoff, dann Bariumcarbonat hinzugefügt und gänzlich bei massiger Wärme verdampft, der Rückstand mit absolutem Alkohol extrahirt und filtrirt. Beim Verdampfen der alkoholischen Lösung soll Harnstoff krystallisirt erhalten werden. Die alleinige Benutzung der Fällung durch Quecksilbernitrat nach ] 06 Carbaminsäure. 78. den Methoden von Picard und von Meissner geben ganz unbrauch- bare Werthe, die Vereinigung der Quecksilberfälhing mit der Bunsen- schen Methode der üeberfuhrung des Harnstofl's in COo und NH, durch Erhitzen auf 200 " und Bestimmung der gebildeten CO2, die nach dem Vorgange von Wurtz, Treskin, Munk, Pekelharing neuerdings viel benutzt ist, kann gleichfalls richtige Werthe, wie ich mich über- zeugt habe, nicht geben, weil durch das salpetersaure Quecksilber selbst nach vorhergehender Fällung mit Bleiessig oft reichlich Stoffe gefällt werden, die beim Erhitzen mit ammoniakalischer Barytlösung auf 200" CO 2 bilden, aber kein Harnstoff sind. Zum Nachweis, dass eine vorliegende Substanz mit Harnstoff identisch ist. können folgende Proben dienen: 1) Ein Kry stall Harnstoff" oder ein Tropfen hinreichend concentmter Lösung desselben auf dem Objectträger mit 1 oder 2 Tropfen massig verdünnter Salpetersäure versetzt, geben die rhombischen oder sechs- seitigen Krystalltafeln des salpetersauren Harnstoffs. 2) Metallisches Quecksilber mit etwas Harnstofflösung und einigen Tropfen Salpetersäure schwach erwärmt, geben Entwickelung farbloser Gase, nämlich COo und No. 3) Trockene Harnstoff'krystalle im trockenen Probirrohr über kleiner Flamme vorsichtig zum Schmelzen erhitzt und darin erhalten, bis die Masse wieder fest wird, geben Biuret, welches nach dem Erkalten mit etwas Natronlauge und einem Tropfen Kupfersulfatlösung Kothfärbung der Lösung l)ewirkt. 4) Ein Hai'nstoffkrystall mit einem Tropfen fast gesättigter wässe- riger Lösung von Furfurol übeigossen und dann sogleich mit einem Tropfen Salzsäure von ungefähr 1,1 spec. Gew. versetzt, giebt Farben- änderung von Gelb in Grün, Blau, Violet bis prachtvoll Purpurroth. Ein Tropfen einer einpi'ocentigen Harnstoft'lösung mit V2 CG. Purfurol- wasser und 3 Tropfen Salzsäure giebt nach 5 Minuten noch intensive Färbung. Jm Harne ist die Färbung nicht rein. Allantoin giebt die gleiche Reaction, aber weniger intensiv und langsamer^). Carbaminsäure Hj N-CO-OH. 78. Die Carbaminsäure, im freiem Zustande nicht bekannt, in Ver- bindung mit Ammoniak dxirch Einwirkung von trocknem Ammoniak auf trockene Kohlensäure entstehend COo h 2NH:> = NH., COo, NH4, ist im Blute von Drechselt) zuerst nachgewiesen und ausserdem ihre Bildung bei der Einwirkung von übermangansaurem Kali auf verschiedene stick- ') Schiff, Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 10 S. 773. -j Drechsel, Journ. f. pract. Chem. N. F. Bd. 16 S. 180. Carbaminsäure. 78. 107 stoffhaltige organische Körper erkannt. Das carbaminsäure Ammoniak bildet eine weisse Krystallmasse, leicht löslich in Wasser, aber in dieser Lösung unter Wasseraufnahme bald theilweise sich umwandelnd zu kohlensaurem Ammoniak. Carbaminsaurer Kalk wird dargestellt durch Einleiten von CO 2 in starkes wässeriges Ammoniak und Zusatz von Kalkmilch in kleinen Portionen, bis man auch bei heftigem Schütteln keine weitere Lösung mehr wahrnimmt, sondern eine Ausscheidung von Krystallen beginnt. Man lässt dann etwas absitzen, filtrirt direct in das etwa gleiche Volumen auf 0^' abgekühlten absoluten Alkohol. So- fort entsteht dabei ein dicker amorpher Niederschlag, der nach einiger Zeit krystallinisch wird. Man bringt ihn dann in eine weite Glasröhre, in der sich ein Filter von Glaswolle und Quarzsand befindet, wäscht einmal mit einer Mischung von gleichen Volumina Alkohol und starker Ammoniaklösung, dann mit absolutem Alkohol, endlich mit absolutem Aether und trocknet zuletzt durch einen durchgeleiteten starken trocknen Luftstrom. Das erhaltene krystallinische Pulver besteht aus meist mikroskopischen flachen Prismen, dem Gyps ähnlich. Seine Zusammen- setzung ist 2(NH2, COo), Ca -I H2 0. Beim Erhitzen zersetzt sich das Salz mit seinem Krystallwasser in Calciumcarbonat und carbaminsaures Ammoniak, während die Hälfte des carbaminsauren Kalk trocken übrig bleibt und beim weiteren Erhitzen erst in der Glühhitze in Calcium- cyanamid, Wasser und CO2 zerlegt wird (NH2, 003)2 Ca = Ca CNo 4- 2H2O-I-CO2. Dm'ch Säuren wird carbaminsaurer Kalk unter Auf- brausen schnell zersetzt. In Wasser löst sich das Calciumsalz klar auf, aber schon nach einer halben Minute erfolgt Trübung und es scheidet sich allmälig Calciumcarbonat aus. Ammoniakalische Lösung des Salzes erhält sich um so länger unzersetzt, je concentrirter die Ammoniak- lösung ist. Aus einer gesättigten Lösung in warmem Ammoniak scheidet sich beim Erkalten das Salz in schönen 4seitigen Prismen ab. Auch carbaminsaures Kalium- und Natriumsalz ist von D rechsei dargestellt. Trocken erhitzt liefern diese Salze cyansaures Alkali und Wasser NH2, CO2 Na = CNONa -t- H2O; dieselbe Umwandlung erleidet auch die Calciumverbindung, doch wird sie in der Glühhitze weiter zu CN2 Ca -\- CO2 zerlegt. Der Nachweis der Carbaminsäure gründet sich im Wesentlichen auf die Eigenschaften des Calciumsalzes. Eiweissstoffe bei gewöhnlicher Temperatur mit überschüssigem Kaliumpermanganat behandelt, geben sehr reichlich carbaminsaures Salz. 108 Schwefelcyansäure. 79. Schwefelcyansäure CNSH. 79. Scliwefelcyansäure, auch Rliodanwasserstoff genannt, ist seit langer Zeit als Bestandtheil des Parotiden- und Submaxillarsecret sehr vieler, aber nicht aller Menschen bekannt, und ist in neuerer Zeit auch im noimalen Harne von Menschen und Thieren i) und in der Kuhmilch 2) gefunden. Der Gehalt dieser Flüssigkeiten an Schwefeleyanverbindung ist stets gering. Künstlich stellt man die Alkaliverbindung dar dureli Schmelzen von Cyankalium mit Schwefel oder durch Einwii'kung von Scliwefelammonium auf Blausäure oder durch Verdampfen von Schwefelkohlenstoff, Alkohol und concentrirter Ammoniakflüssigkeit. Die Verbindungen der Schwefelcyansäure mit Kalium, Natrium, Ammonium sind in Wasser oder Alkohol leicht löslich, farblos, leicht zerfliesslicli. Die Lösungen derselben geben mit salpetcrsaurem Silber einen weissen käsigen Niederschlag, der in verdünnter Salpetersäure unlöslich, in Ammoniak schwer löslich ist. Mit Eisenchlorid geben sie intensiv blutrothe Färbung der Flüssigkeit, die durch starke Salzsäure nicht verändert wird. Mit Kupfersulfat geben sie smaragdgrüne Färbung. ■^) Mit Zink und Salzsäure zersetzen sie sich unter Entwickelung von SH2. Eine Misclumg von Eisenvitriol und Kupfervitriol fällt aus saurer oder neutraler Lösung die Schwefelcyansäure in Verbindung mit Kupfer im Oxydulzustand als feines weisses Pulver. Der Nachweis der Schwefelcyanverbindungen geschieht am Besten durch ihr Verlialten gegen Eisenchlorid. Zur quantitativen Bestimmung dienen besonders die Fällung mit salpetersaurem Silber in der mit Salpetersä.ure angesäuerten Lösung, Auswaschen des Niederschlags, Schmelzen nach dem Trocknen mit Salpeter und Soda und Bestimmung der hierbei gebildeten Scliwefelsäure dunii Fällung der wässerigen Lösung der Schmelze nach Ansäuern mit Salpetersäure durcli Chlor- barium. Auch die Intensität der Färbung der Flüssigkeiten nach Zusatz von Eisenclüorid und Salzsäure hat man zu einer colorimetrischen Be- stimmung benutzt. Einen Körper von der Zusammensetzung ('3H3N2O, der in kaltem Wasser oder Weingeist schwer, in heissem Wasser leicht löslich, in absolutem Alkohol oder Aether unlöslich ist, in weissen, der Ilippursäure ähnliehen Formen krystalli- sirt, bei 2.50° schmilzt, mit Säuren leicht lösliche Salze liefert und mit salpetriger Säure behandelt eine Milchsäure giebt, deren Zinksalz 12,6 pCt. Krystallwasser ent- hält, hat Baumstark*) im Hunde- und im Menschenharn gefunden. ') J. Munk, Arch. f. pathol. Anat. Bd. 69 S. 3.54 uud Gscheidlen, Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 14 S. 401. -) Musso, Maly, Jahresbericht f. 1877. S. 168. ') Colasanti, Moleschott, Unters, zur Naturlehre. Bd. 14 2. Heft. *) Ann. Chem. Pharm. Bd. 173 S. 342. Hypoxanthin. 80. 109 Nucleiiubaseii. Hxpoxanthin C5 H^ N, 0 Xauthin C^ H^ N4 0 . 0 Adenin Cj H^ N, . NH Guanin C5 H^ N^ 0 . NH Diese 4 Nucle'mbasen, deren Beziehungen zu dem Nuclein von Kos sei erkannt sind, zeigen eine dementsprecliende allgemeine Ver- breitung in den Geweben von Thieren und Pflanzen, werden aus allen entwickelungslähigen Zellen, welche darauf untersucht sind, erhalten und sind zum Theil im fi-eien Zustande in den Organen gefunden. Die Quantitäten, in denen sie präformirt gefunden werden, sind stets nur geringe, aber dieselben werden durch Behandlung der Organe in hö- herer Temperatur unter Einwirkung verdünnter Säuren gesteigert, indem durch Zerlegung des Nuclein weitere Mengen derselben fi-ei werden. Alle diese Nucle'inbasen werden durch ammoniakalische Silberlösung, sowie Fällungsmittel für Basen z. B. Phosphorwolframsäure, Phosphor- molybdänsäure, Kaliumquecksilberjodid gefallt. Hypoxanthin oder Sarkin C5H4N4O. 80. Hypoxantliin findet sich relativ reichlich in vielen Organen und Zellen von Thieren und Pflanzen die reich an Kernen sind. Leukämisches Blut, Eiterzellen, Hefe liefern viel Hypoxanthin; auch im normalen menschlichen Harn finden sich geringe Mengen*). Es bildet farblose mikroskopische Krystalle, löst sich nach Strecker in 300 Tbl. kaltem, in 78 Tbl. siedendem Wasser, fast gar nicht in Alkohol. In selbst sehr verdünnten Alkalilaugen, Aetzammoniak und verdünnten Mineral- säm-en wird es leicht gelöst, auch in concentrirter Schwefelsäure oder Salpetersäure. Es verbindet sich mit Basen, Säuren oder Salzen zu theil weise gut ki-ystallisirenden Körpern. Das salzsam-e Salz scheidet sich beim raschen Eindampfen in kleinen wetzsteinförmigen Krystallen, beim langsamen Verdunsten in glashellen Krystallen ab. Ebenso wie die übrigen Salze des Hypoxanthins zersetzt es sich beim ümkrystaUi- siren. In verdünntem Barytwasser gelöst giebt es bei Zusatz von con- centrirter Barytlösung einen krystallinischen Niederschlag C5H4N4O Ba (0H),.| Versetzt man Hypoxanthinlösungen mit ammoniakalischer Silber- lösung in der Siedetemperatur, so entsteht Niederschlag von der Zu- sammensetzung C5 H2 Ag2N4 0, H2 0, der mehrere Stunden bei 120" getrocknet in die Verbindung 2 (C5 Hj Ag2 N4 0) Hg 0 übergeht. Durch Silbersalpeter allein werden wässerige' Hypoxanthinlösungen ebenfalls gefallt, aber der entstehende Niederschlag von Hypoxanthinsilbernitrat *) Salomon, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 11 S. 410. 110 Adenin. 81. hat keine constante Zusammensetzung, sondern stellt ein wechselndes Gemenge der Verbindungen C, H4 N4 0, Ag NO;j und C5 H4 N4 0, 2 Ag NO 3 dar. Beliandelt man dasselbe mit Ammoniak (auch in der Kälte geht die Einwirkung leicht Tor sich), so entsteht die Verbindung C5 H.i Ago N4 0. 3Ho 0 und fügt man bei der Behandlung gleich über- schüssiges Silbernitrat hinzu und trocknet bei 120", so bildet sich quanti- tativ die ganz constant zusammengesetzte Verbindung 2 (C5 H2 Ag2 N4 0)HoO. Beim Zusammenljringen einer siedenden Lösung von Hyposanthin- picrat mit neutralem oder nm- schwach saurem, salpetersam-en Silber bildet sich ein citronengelber Niederschlag von Hypoxanthinsilberpicrat C- H;, Ag N4 0 . C,, H2 (NO 0)3 OH, der das Hypoxanthin fast quantitativ enthält. Auch die Verbindungen mit Zinkoxyd und Quecksilberoxyd sind in Wasser unlöslich ; beim Versetzen einer Hypoxanthinlösung mit Queck- silberchlorid im üeberschuss entsteht ein schwerer Niederschlag von der Zusammensetzung C5 H3N4 0Hg2 CI3 + H2 0 oder V2H2 0.') Beim Kochen mit essigsaurem Kupfer erhält man Hypoxanthinkupfer- oxyd als graubraunen Niederschlag. Dm-ch l^asisch essigsaures Blei wird reines Hypoxanthin nicht gefällt. Löst man salzsaures Hypoxanthin in heissem Wasser und fügt Platinchlorid hinzu, so erhält man beim Erkalten Krystalle des Doppelsalzes 2 (C^ H4N4 0. HCl), PtCl4. Mit Aetznatron und Aetliylchlorocarbonat behandelt giebt das Hypoxanthin das Urethan desselben^). Beim Zusammenbringen von gleichen Theilen von Hypoxanthin und Adenin in heisser wässeriger Lösung scheiden sich beide Körper mit einander verbunden als schleimige später kreide- artige Masse aus-^). Mit schmelzendem Aetzkali auf 200" erhitzt liefert das Hypoxanthin Blausäm'c und Ammoniak.*) Verdampft man eine Lösung von Hypoxanthin in concentrirter Salpetersäure vorsichtig zur Trockne, so bleibt ein farbloser Kückstand, der in Kalilauge ohne Färbung gelöst wird, ebenso fällt die Weidel'sche Probe (siehe § 82) negativ aus (vergl. ferner die Keactionen bei Adenin im folg. §). Darstellung des Hypoxanthin aus Harn vergl. § 87, aus Or- ganen § 324). Adenin CsH^lV,,. 81. Zuerst von Kos sei 5) aus der Pankreasdrüse gewonnen, findet sich in allen kernhaltigen thierischen und pflanzlichen Zellen in 1) Bruhns, Zeitschr. f. physiül. Chem. Bd. 14 S. 071. ') Kossei, ebendas. Bd. 16 S. 1. ä) Bruhns ebendas. Bd. 14 S. 561. *) Kossei, ebendas. Bd. 6 S. 429. ') Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10 S. 2.50 u. Bd. 12 S. 241. Ferner Thoiss Adenin. 81. Hl sehr geringer Quantität. Besonders reichlich wurde es aus Theeblättern dargestellt. Stadthagen hat es aus dem Harn eines Leukämischen erhalten. *) Es bildet farblose lange nadeiförmige Krystalle mit 3 Mol. Krystall- wasser oder wasserfreie wetzsteinförmige Krystalle ; die ersteren werden schon beim Liegen an der Luft, schneller beim Erwärmen undurch- sichtig. Bringt man einige Krystalle in eine zur Lösung ungenügende Menge Wasser und erwärmt langsam, so sieht man l)ei 53° plötzlich Trübung der Krystalle auftreten (characteristische Reaction). Es löst sich bei Zimmertemperatur in 1086 Thl. Wasser, leicht in heissem Wasser; die wässerige Lösung reagirt neutral. Es ist unlöslich in Aether, Chloroform, löslich in Eisessig, etwas löslich in heissem Alkohol. In Mineralsäuren, auch in Essigsäure wird es leicht gelöst, ebenso in Kali- oder Natronlauge, bei der Neutralisation fällt es wieder au.s. In wässerigem Ammoniak ist es leichter löslich als Guanin, schwerer als Hypoxanthin. Mit sehr verdünnter Ammoniaklösung auf dem Wasser- bade erwärmt geht es völlig in Lösung. Wird eine saure Lösung von Adenin mit kohlensam-em Natron übersättigt, so scheidet es sich ausser- ordentlich langsam aus. Im Oelbade erhitzt, sublimirt es bei 220", bei 250" tiitt theilweise Zersetzung ein. Es verbindet sich mit Säuren, Basen und mit Salzen. Die schwefelsam-e, salzsaure, salpetersaure und Oxalsäure Verbindung ki-ystallisiren und zwar die erstere mit 2 Mol., die übrigen drei mit je V2 Mol. Krystallwasser. Das Sulfat löst sich in 153 Thl. Wasser, das Chlorhydrat in 41,9, das Nitrat in 110,6 Thl. Wasser. Sulfat und Chlorhydrat können umkrystallisirt werden, ohne dabei wie die entsprechenden Verbindungen des Hypoxanthin und des Guanin ihre Säure zu verlieren. Das Oxalat scheidet sich in volumi- nösen rundlichen Massen ab und unterscheidet sich hierdurch sowie durch sein geringes Lösungsvermögen von den entsprechenden Salzen des Hypoxanthin, Xanthin und Guanin. Wässerige Adeninlösungen werden dm-ch Pikrinsäure gefällt ; der Niederschlag besteht aus büschel- fönnig gruppirten Nadeln, die mit einem Molekül Krystallwasser krystalli- siren. Die Löslichkeit in Wasser, auf wasserfreies Salz berechnet, ist 1 : 3500 Thl. Sonach eignet sich diese Verbindung sowohl zum Nachweis des Adenin wie zur quantitativen Bestimmung und zur Trennung von Hypoxanthin. Adeninpikrat in heisser Lösung giebt mit salpetersaurem Silber einen Niederschlag von Adeninsilberpikrat C5 H4AgN5.C6 Hj (N02)3 OH -|- H2 0. Ausserdem ist Adeninquecksilberpikrat, Adenindichi'omat u. Kossei Bd. 13 S. 395, Schindler Bd. 13 S. 437, Bruhns Bd. U S. 533, Bruhns u. Kossei Bd. IG S. 1, Krüger Bd. 16 S. 160 u. 329. *) Arch. f. pathol. Anat. Bd. 109 S. 350. 112 Adenin. 81. und Adeninquecksilbercyanicl dargestellt. Die wässerige Lösung des Adenin giebt Niederschläge mit alkoholischer Chlorzinklösung, mit Quecksilberchlorid und zwar entsteht in der Hitze eine weisse körnige Fällung von C5H4N5HgCl, in der Kälte eine weisse flockige Fällung C5 H4 N5 Hg2 CI3; Niederschläge entstehen ferner mit Quecksilberaitrat, Kupfersulfat, Cadmiumchlorid , Ferro- und Ferrikaliumcyanid nach Zusatz von Essigsäm-e. Basisches Bleiacetat giebt keine Fällung. Ver- setzt man eine ammoniakalische Adeninlösung mit ammoniakalischer Silberlösung, so entsteht ein Niederschlag von der Zusammensetzung Cs H4 Nj Ag, wenn die Quantität des hinzugefügten Silbers ungefähr einem Atom Silber auf ein Mol. Adenin entsjiricht, von der Zusammen- setzung C5 H:; N5 Ag^ -I- Ho 0 hingegen, wenn beträchtlicher Silber- überschuss angewandt wird. Löst man Adeninsilber in lieisser Salpetersäure, so scheiden sich beim Erkalten nadeltörmige Krystalle aus, welche keine constante Zu- sammensetzung haben und offenbar Gemenge von C^ H5 N:; AgNOj und Cj H.5 N5 2 (AgNOg) sind. Aus verdünnten Lösungen von salzsaurem Adenin fällt Platinchlorid nach einiger Zeit gelbe Nadeln (C5H5N5 HCl)2PtCl4. Kocht man eine Lösung dieses Salzes längere Zeit, so fällt ein gelbes Pulver von der Zusammensetzung C5 H- N^ HCl. PtCll4 aus, welches in kaltem Wasser sehr wenig löslich ist. Setzt man zu einer Lösung von salzsaurem Adenin Goldchlorid, so scheidet sich Adenin- goldchlorid zum Theil in blattföimigen Aggregaten, zum Theil in würfelförmigen oder prismatischen Krystallen oft mit abgestumpften Ecken 'ab. Diese Niederschläge sind zur mikroskopischen Erkennung gut geeignet, weil die anderen Nucleinbasen keine derartigen krystallini- schen Goldverbindungen geben. Gegen Säuren und Alkalien auch gegen Oxydationsmittel ist das Adenin sehr widerstandsfähig. Durch salpetrige Säm-e wird es in Hypoxanthin übergeführt; auch durch Fäulniss bei Luftabschluss entsteht Hypoxanthin aus Adenin. Beim Erhitzen mit Aetzkali im Oelbade auf 200" bildet sich reichliche Menge von Blausäure. Bei der Eeduction mit Zink und Salzsäure auf dem Wasserbade geht Adenin in einen Köi'per über, der höchst wahrscheinlich Azulminsäure ist. Mit Salz- säure im zugeschmolzenen Glasrohr auf 180 — 200" erhitzt zerfällt Adenin in Ammoniak, COj. Ameisensäure und GlycocoU. Eeactionen des Adenin. Bei dem Behandeln des mit Salpeter- säure aut dem Wasserbade verdampften Adenin mit Natronlauge ent- steht keine Färbung, ebenso fällt die Weidel'sche Probe (siehe folg. §) negativ aus, dagegen ist folgendes Verhalten charakteristisch. Adenin wird eine halbe Stunde im Reagensglas mit Zink und Salzsäure im Xanthin. 82. 113 Wasserbade erwärmt; die filtrirte und mit Natronlauge stark alkalisch gemachte Flüssigkeit färbt sich beim Stehen an der Luft langsam, schneller beim Schütteln anfangs rubinroth, später braunroth (Azulmin- säure). Hyposanthin giebt dieselbe Keaction,Guanin nicht. Siehe auch oben das Verhalten der Kr3'stalle beim Erwärmen. Zur Erkennung unter dem ^likroskop dient, wie oben gesagt, das Golddoppelsalz. Bezüglich der Dar- stellung des Adenin aus Harn siehe unten § 87 und aus den Organen § 324. ]VH-CH = C-NH. Xanthin CäHiNjOj = C0< | CO NH C = ]V, 82. Zuerst in menschlichen Blasensteinen (in denen es sehr selten beobachtet Avird) aufgefunden, hat das Xanthin sich dann als normaler Harnbestandtheil in sehr geringen Mengen ergeben. Nach Salomon fehlt es gelegentlich. Sein sehr verbreitetes Vorkommen schliesst sich dem der übrigen Nucleinbasen an. Künstlich wurde es dmxh Ein- wirkvmg von salpetriger Säure auf Guanin von Strecker dargestellt. Gautieri) giebt an es neben Methylxanthin und anderen Stoffen bei dem Erhitzen von Blausäure mit Wasser und Essigsäure erhalten zu haben. Das Xanthin bildet im reinen Zustande ein farbloses Pulver, welches beim Keiben Wachsglanz annimmt. In Wasser ist es sehr wenig löslich. Nach Almen 2) löst sich 1 Theil Xanthin bei 16« in U15I Theilen, bei 1000 in 1300 bis 1500 Theilen Wasser. In Alkohol oder Aether ist es unlöslich. In Alkalilauge, auch in Ammoniak löst es sich leicht, beim Verdunsten der ammoniakalisehen Lösung scheidet sich das Xanthin in Gruppen von Krystallblättchen aus. Auch in Säuren löst sich Xanthin, das salzsaure Xanthin bildet kleine Prismen, die sicli mit Wasser zer- setzen, auch das schwefelsaure Salz verliert Schwefelsäure bei der Be- handlung mit Wasser. Das Xanthin ist in kalter verdünnter Salzsäure ziemlich schwer löslich, leichter beim Erwärmen. Die concentrirte Lösung von Xanthin in Ammoniak wird von ammoniakalischer Lösung von salpetersaurem Silber gefällt. Der gallertig flockige Niederschlag hat die Zusammensetzung C5 H4 N4 Co, Ago 0. In heisser Salpetersäure löst sich dieser Niederschlag und scheidet sich beim Erkalten, wenn die Lösung verdünnt ist, nur sehr langsam das salpetersaure Xanthin- silberoxyd C5 H4 N4 O2, AgNOs aus. Die leichtere Löslichkeit dieser Ver- bindung in heisser Salpetersäure, langsame Ausscheidung beim Erkalten unterscheiden das Xanthin vom Hypoxanthin, Adenin und Guanin, deren ^) Bullet, de la societe chimlque de Paris T. 42 p. 142. -) Journ. f. prakt. Chem. Bd. 96 S. 98. Hoppe-Seyler, Analyse. 6. Aufl. 1 1 4 Xaiithiii. 82. Salpetersäure Silberverbindungen sonst grosse Aehnlicbkeit mit der des Xanthin zeigen. Die ammoniakalische Lösung des Xanthin wird durch Chlorzink oder Clilorealciura gelallt. Die wiisserige Lösung wird durch essig- saures Kupferoxj'd erst beim Kochen in gell>grünen Flocken gefällt, durch Quecksilberchlorid schon bei gewöhnlicher Temperatur, noch liei 30000 tacher Verdünnung entsteht Trübung. Wird Xantliinblei C,, Ho N4 0,, Pb mit Jodmethyl l)ei 100" digerirt, so erhält man Theobromin und die SilJjerverbindung des letzteren mit Jodmethyl liehandelt, gielit Coffein; das Theobromin ergiebt sich hier- nach als Diiiiethylianthin und das Coffein als Trimetliylxanthin. Diese beiden substituiiien Xanthine geben ebenso wie das Xanthin selbst bei der Behandlung mit Salzsaure und chlorsaurem Kali Alloxan resp. seine Methylderivate, wiihrend Guanin hierbei nelien CO 2 und Paraliansäure Guanidin liefert'). Mit starker Salzsäure in geschlossenem Eohr über 200" erhitzt, zersetzt sich Xantlün in Ammoniak, CO.,, Ameisensäure (resp. CO und Ho 0) und Glycocoll.2) Eeactionen: 1) Mit Salpetersäure abgedampft giebt eine Probe Xanthin einen gelben Rückstand, der durch Natronlauge roth und dann beim Erhitzen purpurroth geförlit wird. („Xanthinprobe.") 2) Bringt man in einem Uhrglase in Natronlauge etwas Chlorkalk, rührt um und trägt eine Pi-olie Xanthin ein, so bildet sich um die Körnchen desselben zuerst ein dunkelgrüner, bald sich l)raunfärbender Hof, der dann wieder verschwindet. 3) Erwärmt man eine kleine Menge von Xanthin mit frischem Chlorwasser und einer Spur Salpetersäure liis die Gasentwickelung auf- hört, verdunstet dann auf dem Wasserbade zur Trockne und bringt den weissen Rückstand unter einer Glasglocke in eine Ammoniakatmo.sphäre, so färbt er sich in kurzer Zeit dunkelrosenroth (Weideische Eeaction). 3) Zur Aufsuchung des Xanthin in Harnsteinen dienen hauptsäch- lich folgende Eigenschaften desselben: I) Die Lösliehkeit in Aetzammo- iiiak. 2j Die soeben beschriebenen drei Eeactionen. Zur Bestätigung dient das Verhalten gegen salpetersaures Silberoxyd in der salpeter- sauren sowie in der ammoniakalischen Lösung. Steine, welche Xanthin enthalten, scheinen stets fast allein aus diesem Stoffe gelnldet zu sein. 1) E. Fischer, Ber. d. deutsch, chom. Gesellsch. Bd. 15 S. 453. 2) E. Schmidt, Ann. Chem. Pharm. Bd. 217 S. 308. 3) Ann. Chem. Pharm. Bd. 158 S. 365. Kos sei, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. (J S. 426. Guanin. 83. US Bezüglich der Gewinnung des Xanthins aus Harn siehe § 87 und aus Organen § 324. Guanin Cj H5 If 5 0. 83. Schon vor längerer Zeit als nauptsächlicher Bestandtheil der Excremente von Spinnen bekannt, ist das Guanin, welches im Peru- Guano in wechselnder aber nicht bedeutender Menge gefunden wird, auch im Pancreas und der Leber von Menschen und Säugethieren und im Fleischextracte aufgefunden, und von Kossei allgemein als Zer- setzungsproduct der Nucleine erhalten. Häufig treten körnige Ablage- rangen von Guanin in den Muskeln kranker Schweine, ebenso in ihren Gelenken und Bändern aufi). Guaninkalk fand Voit2) als irisirende Krystalle in Fischschuppen und Schwimmblase. Im Eetinaepithel von Fischen ist es, nicht mit Calcium verbunden, reichlich gefunden. Die Ophthalmolithen von delle Chiaje in verschiedenen Fischen enthalten Guaninkalk wie die weissen Krystalle der Fischschuppen u. s. w.'^). Um aus dem Peru-Guano Guanin zu gewinnen, kocht man den- selben mit verdünnter Kalkmilch aus, so lange die abfiltrirte Flüssig- keit gefärbt erscheint, kocht mit Sodalösung aus, so lange diese etwas aufnimmt; übersättigt man dann die filtrirte Flüssigkeit mit Essigsäure, so wird das Guanin mit etwas Harnsäure ausgeföllt. Der entstandene Niederschlag wü-d mit verdünnter Salzsäure zum Kochen erhitzt, flltrirt und im Filtrate das Guanin durch Ammoniak gefällt. Das Guanin bildet ein farbloses, gewöhnlieh amorplies, in Wasser, Alkohol, Aether unlösliches, in Ammoniak sclnverlösliches Pulvei'. In Aetzkali oder Natronlauge löst es sich leicht, ebenso in Mineralsäm-en, auch in verdünnten. Es verbindet sich sowohl mit Basen als mit Säuren, kann von letzteren mit 1 oder 2 Aequivalenten Verbindungen eingelien und bildet als einfach salzsaures Salz eine Doppelverbindung mit Platin- chlorid. Durch salpetersaures Silberoxyd wird es in der salpetersauren Lösung gefällt; das salpetersaure Guanin-Silber ist in kalter Salpeter- säure fast unlöslich, in kochender schwer löslich und scheidet sich beim Erkalten in Krystallnadeln aus. Dm eh salpetrige Säure wird es in Xanthin umgewandelt, da)iei bildet sich ein Nitrokörper, der durch Eisenvitriol gleichfalls in Xanthin übergeführt wird. Auch durch Fäulniss bildet sich aus Guanin Xanthin.'*) ') Arch. f. pathol. Anat. Bd. 35 S. 358 u. Bd. 36 S. U". -) Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 15 4. Heft 1865. 3) Kühne u. Sewall, Untersuchungen a. d. physiol. Institut zu Heidelberg. Thl. 3 S. 221. Krukenberg u. Ewald, ebendas. Tbl. 4 S. 253. *) Schindler, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 13 S. 441. 8* ]16 Carnin. 84. Durch Salzsäure und chlorsaures Kali wird es zu Kohlensäui-e, Parabansäure und Guanidin CH5N:, umgewandelt. Wenn man Guanin mit rauchender Salpetersäure auf Platinlilech abdampft, erhält man einen glänzenden gellten Rückbtand, der durch Natron roth gefärbt wii'd und beim Erhitzen purpurrothe Färbung an- nimmt. („Xanthinprobe" vergl. § 82. Die Färbung beim Erhitzen ist hier mehr blauviolett.) Reactionen von Capranica. Salzsam-es Guanin giebt mit kalt gesättigter Lösung von Pikrinsäure erwärmt einen krystallinischen, um so langsamer entstehenden Niederschlag, je verdünnter die Lösung ist; der Niederschlag besteht aus gelben Krystallkiigelchen mit Seidenglanz, er ist fast unlöslich in kaltem, wenig löslich in warmem Wasser. Diese Eeaction ist ziemlich empfindlich, Adenin gibt eine ähnliche Fällung. Ferricyankalium in concentrirter Lösung giebt mit Guaninlösung sofort prismatische Krystalle von gelbbrauner Farbe, in warmem Wasser lös- lich. Die Eeaction ist ungefähr so empfindlich wie die gegen Pikrin- säure. Eine concentrirte Lösung von chromsaurem Kali giebt mit Guanin rasch orangerothe Prismen, die in Wasser sehr wenig löslich sind. Diese Reaction ist jedoch nicht so empfindlich wie die beiden andern. Xanthin und Hypoxanthin geben sie nicht')- Zur Erkennung unter dem Mikroskop eignet sich das salzsaure Salz, welches in langen ))üschelförmig ange- ordneten Krystallen anschiesst, sowie das Verhalten dieser Krystalle im polarisirten Licht. -) Ueber die Darstellung des Guanin aus Harn siehe § 87, aus Or- ganen § 324. Carnin C7HciN4 03. 84. Das Carnin wurde von WeideP) im amerikanischen Fleisch- extracte gefunden und dargestellt durch Fällung der wässerigen Lösung des Extracts zunächst mit Barytwasser, so lange Niederschlag entsteht, dann mit Bleiessig, Behandlung des Bleiessigniederschlags nach dem Abfiltriren mit kochendem Wasser, Filtriren, Einleiten von SHo in die heisse Carninbleioxydlösung, Abfiltriren des Schwefelblei, Eindampfen der abfiltrirten Flüssigkeit auf kleines Volumen und Erkaltenlassen. Das Carnin scheidet sich zuweilen schon als krümlicher noch sehr gefärbter Krystallschlamm aus. Die Flüssigkeit wird dann mit einer coneentrirten Lösung von Silbersalpeter gefällt, so lange Niederschlag erfolgt, aus dem mit Wasser gewaschenen Niederschlag, welcher Chlorsilber und Carninsilberoxyd enthält, durch nicht zu viel Ammoniakfiüssigkeit das ') Capranic.i, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 4 S. 233. 2) Behreu-:, Schiefferdeckcr u. Kossei, Das Mikroskop etc. 1889 S. 280. •!) Ann. Chem. Pharm. Bd. l.')8 S. 3.53. Paraxanthin. 85. 117 Chlorsilber gelöst und das Carninsilberoxyd in heissem AVasser zertheilt mit SHo behandelt, heiss filtrirt. Das eingedampfte Filtrat liefert das Carnin noch gefärbt. Beim Entfärben mit Thierkohle bleibt ein Theil des Carnin in der Thierkohle zurück. Das benutzte Fleischextract ent- hielt ungefähr 1 pCt. Carnin. Von Krukenberg und Wagner^) ist es auch in den Muskeln einiger Süssvvasserfische und im FroschÜeisch, von Pouch et im menschlichen Harne gefunden. Das Carnin bildet kreideweisse, feine und unregelmässig begrenzte krystallinische Massen, welche bei 230" sich bräunen und bei 239 " ver- kohlen. Es löst sich schwer in kaltem, leicht in heissem Wasser, ist nicht löslich in Alkoliol oder Aether. Die wässerige Lösung reagirt neutral, wird nicht gefällt durch neutrales essigsaures Blei, Pikrinsäure, salpetersaures Quecksilber, wohl aber von basischem Bleiacetat, wenn die Lösung nicht neutrales Bleisalz enthält. Eine Lösung von Carnin in warmer starker Salzsäure liefert beim Erkalten bald glasglänzende Nadeln von salzsaurem Carnin, löst man diese Nadeln in warmem Wasser, so scheiden sie sich zuerst als schlammiger Niederschlag aus, der allmälig wieder jene Nadeln liefert. Lösung von Platinchlorid mit salzsaurem Carnin stehen gelassen giebt goldgelbes Krystallpulver, nach Weidel C7 Hg N4 O3, HCl, PtCl4 (Krukenberg und Wagner er- hielten makroskopische Octaeder). Salpetersaures Silber fällt Carnin flockig weiss, der Niederschlag ist unlöslich in Salpetersäure und in Ammoniak und besteht aus 2(C7 H7 AgN4 O3) + AgNOg mit 41,82 pCt. Silbergehalt. Durch Kochen mit Barytwasser wird Carnin nicht zersetzt, auch nicht beim Erhitzen mit concentrirtem Jodwasserstoff. Behandelt man aber eine heisse Lösung von Carnin mit gesättigtem Bromwasser, so zeigt sich unter Entfärbung Gasentwickelung und nach überschüssig zugesetztem Bromwasser erhält man nach dem Abdampfen und Erkalten bromwasserstoffsaures Hypoxanthin als weisses Krystallmehl. C7 Hg N4 O3 4- Bro = C3 H4 N4 0, HBr + CH, Br + COo. Carnin giebt die Weideische Eeaction nicht, wenn es frei von Xanthin ist. Paraxanthin ('7H,N4 02. 85. Dieser mit Theobromin und Theophyllin isomere Körper ist von Thudichum^), ausserdem von Salomon^) aus menschlichem Harn gewonnen und von Salomon näher untersucht. Aus 1900 Liter Harn ') Sitzungsber. d. Würzburg. pbys. med. Gesellsch. 1883. S. 58. 2) Annais of Chemical Med. London 1879. Vol. 1 p. IGO. 3) Salomon, Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. IG S. 105 u. Bd. 18 S. 3406. Zeitschr. f. kliu. Med. Supplbd. 7 S. 63. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 11 S. 410 u. Bd. 15 S. 319. Arch. f. pathol. Anat. Bd. 125 S. 554. Kossei, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 13 S. 302. 118 Heteroxanthin. 86. sind 1 bis 1,2 gr Parasanthin gewonnen, in einem anderen Fall aus 5 Liter 0,01 gr. Dasselbe ist in farblosen glänzenden wasserfreien Krystallen, meist 6 seifigen Tafeln, die in Büscheln und Rosetten ange- ordnet sind, erhalten; zuweilen fa-ystallisirt es auch mit Wasser. Schmelz- punkt •284", bei stärkerem Erhitzen weisse Dämpfe mit Isonitrilgeruch. Es ist in kaltem Wasser schwer, wenn auch leichter als Xanthin, lös- lich, leichter löslich in heissem Wasser mit neutraler Reaction, unlöslich in Alkohol, Aether, dagegen löslich in Ammoniak, Salzsäure, Salpeter- säure. In concentrirter Lösung lallt Nati-onlauge Paraxantliinnatron als lange glänzende, theils isolirte, theils in Büscheln gruppirte Tafeln; werden dieselben in Wasser gelöst und diese Lösung neutralisirt, so scheidet sich Paraxanthin h-ystallinisch aus. Ebenso kommt es zu einer krystallinischen Ausscheidung von Paraxanthin, wenn man die Krystalle von Paraxanthinnatrium in Lösungen von sauren Salzen oder Ammoniak- salzen einl)ringt. In ammoniakalischer Lösung wird Paraxanthin durch salpetersaures Silber flockig oder gelatinös gefällt und diese Nieder- schläge in heisser Salpetersäure gelöst, scheiden sich beim Erkalten in Kiystallbüscheln ab. Pikrinsäure giebt in salzsauren Lösungen krystallini- schen Niederschlag, Platinchlorid giel)t orangefarbiges Doppelsalz. Kupfer- acetat, Phosphorwolfi-amsäm-e, basisches Bleiacetat und Ammoniak, Quecksilberchlorid im Ueberschuss geben Niederschläge, salpetersaures Quecksilber nicht. Reaction|en: Die Xanthinprobe (siehe § 82 Reaction 1) tritt nicht ein, nur die Weideische Probe (siehe § 82) giebt positives Resultat; ausserdem ist das Verhalten gegen Natronlauge characteristisch. Darstellungsweise aus Harn vergl. § 87. Heteroxanthiu C6n6N4(), (?). 86. Das Heteroxanthin wurde von Salomon*) aus Menschen- harn, dann auch aus Hundeharn gewonnen. 1000 Liter Menschenharn lieferten ungefähr 1 gr, in einem anderen Fall 5 Liter 0,01 gr. Es ist sonst nirgends gefunden. Heteroxanthin ist ein weisses Pulver, l)ildet bisweilen nach längerem Stehen unter Wasser mikroskopische Krystallbüschel, beim Erhitzen verflüchtigt es sich, ohne zu schmelzen, unter Entwickelung von etwas Blausäure. Es löst sich sehr schwer in kaltem, viel leichter in heissem Wasser mit neutraler Reaction, ist unlöslich in Alkohol oder Aether, leicht löslich in Ammoniak oder Mineralsäuren und giebt mit Salz- säure eine schön krystallisirende schwerlösliche Verbindung, die schon *) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 18 S. 3407. Zeitschr. f. physioh Chem. Bd. 11 S. 412. Darstellung der Nucleinbascn etc. aus Harn. 87. 119 dui'ch kaltes Wasser zersetzt wird. Löst man salzsaures Heteroxantliin in erwärmter verdünnter Natronlauge, so scheiden sich nach dem Er- kalten glitzernde Krystalle aus, meist schiefwinklige Tafeln (häufig Zwillingski-ystalle) von Heteroxantliinnatrium. Die wässerige Lösung derselben lässt beim Neutralisiren das Heteroxanthin amorph ausfallen. Sowohl salpetersam-e als ammoniakalische Lösungen werden durch sal- petersaures Silber gelallt, die Niederschläge lösen sich leicht beim Er- wärmen schon in sehr verdünnter Salpetersäure zu einer Flüssigkeit, aus der sich nach dem Einengen salpetersaures Heteroxanthinsilber ki-ystallisirt abscheidet. Kupferacetat, Phospliorwolfi-amsäure, basisches Bleiacetat und Ammoniak, Quecksillierchlorid schon in geringer Menge rufen Niederschläge hervor. Auf Zusatz von Platinchlorid zui- salz- sauren Lösung entsteht ein kiystallisirendes Doppelsalz. Pikrinsäure giebt keinen Niederschlag. Keactionen: Die Xanthinprobe mit Salpetersäure und Nati'on- lauge (vergl. § 82) fällt negativ aus, die Weide Ische Probe (vergl. § 82) dagegen positiv. Verhalten gegen Natronlauge. Ueber die Darstellung aus dem Harn vergl. folgenden §. Darstellung: der Nucleinbasen sowie des Paraxanthin und Heteroxanthin aus Harn.*) 87. 500 Liter Harn oder mehr werden in einzelnen Portionen mit Ammoniak alkalisch gemacht, am nächsten Tage von den ausge- schiedenen Erdphosphaten durch Al)hebern oder Filtriren liefreit und mit einer etwa Sprocentigen Lösung von salpetersaurem Silber gefällt. Die Niederschläge werden dm-ch Decantiren gereinigt, in Wasser zertheilt und mit Schwefelwasserstoff zerlegt, darauf die vom Schwefelsilber be- freite Flüssigkeit eingeengt so weit, dass die Gesammtc^uantität der einzelnen Portionen ungefähr 2 Liter beträgt. Die dabei sich ab- scheidende Harnsäure wird abflltrirt und das Filtrat mit Ammoniak wieder alkalisch gemacht, wobei sich ein Niederschlag von Phosphaten und oxalsaurem Kalk Ijildet. Die filtrirte Flüssigkeit wird mit salpeter- saurem Silber gefällt, der Niederschlag wiederholt mit Wasser behandelt, decantirt und gewaschen, dann in möglichst wenig heisser Salpetersäure (spec. Gew. 1,1) unter Zusatz von etwas Harnstoff gelöst. Das heisse Filtrat scheidet beim Erkalten Hypoxanthin und Guanin, sowie etwa vor- handenes Adenin als Silberverbindungen aus, während Xantbin-, Paraxan- thin- und Heteroxanthinsilbernitrat in Lösung bleiben. Aus dem Nieder- schlage werden die drei Körper nach § 324 isolirt. Das Filtrat übersättigt ") Im Wesentlichen nach G. Salomon, Zeitschr. f. klin. Med. Supplbd. 7 S. 67. Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 18 S. 3407. 120 Harnsäure. 88. man mit Ammoniak. \vo)_iei Xantliin, Paraxantliin nnd Heteroxanthin sieli in der Silberverbindung abscheiden. Nacli dem Auswaschen des Nieder- sclilags zerleg-t man denselben mit Scliwefelwasserstoff, filtrirt lieiss, dampft auf 100 cbcm ab, versetzt mit Ammoniak und lässt 12 — 24 Stunden stehn, wobei die letzten Reste von Phosphat und Oxalat sich abscheiden. Das Filtrat wird im Becherglas eingedampft l)is diifuse Trüljung eintritt; am näclisten Tage haben sich Xanthin und Hetero- xantliin al)gescliieden. Das Filtrat weiter eingedampft, eventuell noch- mals filtrirt und auf wenige cbcm eingeengt, lässt Paraxanthin aus- krystallisiren. Der Xanthin und Heteroxanthin enthaltende Niederschlag wird mit ziemlich viel ammoniaklialtigem Wasser behandelt, filtrirt und massig eingedampft, nach 24 Stunden scheiden sich blättrige Krusten von Heteroxanthin al). Die darüber stehende Flüssigkeit wird etwas weiter abgedampft, wieder stehen gelassen u. s. w. bis zuletzt die aus- fallende Sul)stanz keine Reaction gegen Natronlauge mehr giebt. Die Lösung enthält das Xanthin. Die vereinigten Ausscheidungen werden mit Hülfe von Natronlauge in wenig heissem Wasser gelöst. Nach 24 Stunden hat sicli der grösste Theil des Heteroxanthin als Natrium- verbindung ausgeschieden, während ein geringer Kest und Xanthin in Lösung Itleiben. Eeines Xanthin scheint aus Harn noch nicht darge- stellt zu sein, auch seheint der Harn nur sehr wenig davon zu enthalten, nacJi Salomon felilt es gelegentlich ganz. /NH C-KlI. Harusäurc ( H,N,0 — CO || (0. Sn-CO-(-NH 88. Die Harnsäure ist besonders reichlich im Harne der Vögel, beschuppten Amphibien und der Lisecten sowie anderer Avertebraten enthalten, in geringer Menge im Harne des Menschen und der meisten Säiigethiere. Die Blasen- und Nierensteine bestehen oft fast ganz aus Harnsäure und harnsauren Salzen. In dem normalen Blute ist Harn- säure bei Hühnern von Meissner in Spuren nachgewiesen, sie findet sich im Blute reichlich nach Unterbindung der üreteren bei Vögeln und Schlaugen, auch sind die Lymphgefiisse dann damit ülierfüllt und sie findet sich dann in jedem Organe. Bei Arthritis und Leukämie ist sie beim Mensclien in Blut und Transsudaten nachgewiesen und liildet bei ersterer oft Ablagerungen in den Gelenken und am Periost der Knochen. Auch in Ascitesflüssigkeit liei Carcinom der Bauchhöhle wurde sie gefunden. In der Leber, Milz, den Lungen, Pancreas und (iehirn finden sich geringe Mengen davon lieim Menschen und Binde normal. Bender fand Harnsäure im Gesichte, auf dem Magen und der Le])er einer längere Zeit begraben gewesenen Leiche. Harnsäure. 88. 121 Syntlietiscli wurde die Harnsäure dargestellt aus GlycocoU und Harnstofi'^) und dann aus Isodialursäuro und Harnstoff. Nach letzterer Darstellung ist sie das Diureid der Trioxyacrylsäure-j. Man gewinnt die Harnsäure aus Guano, am Keinsten aus Schlangen- excrementen. Die letzteren werden in verdünnter Natronlauge gelöst, filtrirt und das Filtrat mit Kohlensäure gesättigt. Das ausgeschiedene harnsaure Natron wird mit verdünnter Salzsäure gekoclit, erkalten ge- lassen, die ausgeschiedene Harnsäure abfiltrirt und mit Wasser gut ge- waschen. Die Harnsäure bildet ein krystallinisches farbloses Pulver, wenn sie völlig rein ist; sie fällt jedoch aus allen durch Harnfarbstoif gefärbten Flüssigkeiten oder aus dem Extracte des Guano stets gellwoth bis l)raun gefärbt nieder, krystallisirt im unreinen Zustande besser als nach völliger Keinigung und wird durcli Kohle etc. sehr schwer entfärbt. Die Kj-ystalle sind fast stets mikroskopische und zwar bilden sich durch Zusatz geringer Mengen Säure zur verdünnten Lösung z. B. Harn von Menschen, ebenso liäufig l)eim Stehen des Harns rliombische Tafeln oder Säulen, oft mehrere in einander verwachsen, deren stumpfe Winkel meist stark abgerundet sind. Zuweilen zeigen sich spitzwetzsteinförmige unvollkommene Krystalle. Ist schnell durch viel starke Säure die Harn- säure abgeiohieden, so stellt sie vierseitige gestreifte, oft treppenai'tig an einander gereihte Prismen mit ziemlich vertical zu den Prismen- flächen aufgesetzter Endfläche dar^). Diese Krystalle sind wasserfrei, sie lösen sich in 14000 Thl. kaltem oder 1800 Thl. kochendem Wasser, gar nicht in Alkohol oder Aether. Die Harnsäure ist geschmack- und geruchlos, nicht flüchtig beim Erhitzen. Für sich erhitzt zersetzt sie sich unter Bildung von Harnstoff, Cyansäure, kohlensaurem Ammoniak, Blausäure, und es bleibt Kohle zurück. Mit concentrirter Schwefelsäure erhitzt liefert sie Ammoniak und Kohlensäure. Von heisser Salpeter- säure wird sie unter Aufbrausen gelöst und zersetzt, mit verdünnter Salpetersäure abgedampft giebt sie beim Trocknen des Rückstandes einen rothen Körper, welcher durch eine Spur Aetzammoniak schön purpurroth, durcli Kali- oder Natronlauge prächtig violettl:ilau gefärbt wird (j3urpursaures Ammoniak oder Murexid und purpursaures Kali oder Natron). Kalte sehr starke Salpetersäure mit Harnsäure allmälig ge- 1) Horbaczewski, Monatshefte f. Chemie. BJ. 3 S. 7116 u. Bd. 6 S. 352. 2) Bohrend u. Roosen, Ann. Chem. Pharm. 1888. Bd. 2.51 S. 235. ■') Vortrefl'liche Abbildungen der verschiedenen Formen der Harnsäure, wie sie sich spontan oder nach Säurezusatz ausscheiden, giebt der Atlas der physiolo- gischen und pathologischen Harnsedimente, von R. Ultzmann und K. B. Hof- mann, Wien, 1872. 1 22 Harnsäure. 88. sättigt stehen gelassen giebt eine Krystallisation von Alloxan, verdünnte Salpetersäure liiklet Alloxantin. Harnsäure in alkalischer Lösung wird durch übermangansaures Kali unter Aufnahme von 1 Atom 0 undl Mol. H2O in Allantoin und CO 2 umgewandelt, wenn die Temperatur niedrig l>leibt. Dieselbe Zersetzung erhält man durch Einwirkung von Ferri- cyankalium, Kupferoxydhydrat und anderen oxydirenden Stoffen auf alkalische Lösung von Harnsäure; auch durch Eisenchlorid in höherer Temperatur wird wahrsclieinlicli unter Keduction des Eisenchlorids zu- nächst Allantoin, dann Harnstoff' und Oxalsäure gebildet. Mit kalt- gesättigter Jodwasserstoffsäure oder Salzsäure auf 170" erhitzt zerfällt sie zu Glycocoll, Ammoniak und Kohlensäure. Die Harnsäure löst sicii selu- wenig in Aetzammoniak, aber leicht in Kali- oder Natronlauge. Sie löst sich ferner in wässerigen Lösungen neutraler borsaurer, phosphorsaurer, kohlensaurer, milchsaurer, selbst essigsaurer Alkalien (nicht in den Ammoniakverljindungen dieser Säuren), indem sie diesen Säuren einen Theil des Alkali entzielit und saures harnsaures neben saurem l)orsauren u. s. w. Alkali bildet. Eine Lösung von Harnsäure in Aetzalkalilauge wird durch anhaltendes Einleiten von Kohlensäure in der Kälte geffillt ; der Niederschlag ist saures Alkalisalz. Beim Kochen von Harnsäure mit viel Aetzkali bildet sich Uroxansäure; diesellie Einwirkung erfolgt langsam in verdünnter Alkalilösung scjion bei Bluttemperatur *). Die Salze der Harnsäure sind unlösliche Pulver, nur die Alkalisalze sind eben so löslich oder löslicher in Wasser als die Säure selbst. Die sog. neutralen Alkalisalze der Harnsäure z. B. C5 Hj Kj N4 O3 sind leicht in Wasser löslich. Saures harnsaures Ammoniak C5 H3 (NHj) N4 Oo ist häufig in Harnsedimenten, Blasen- und Nierensteinen enthalten, ebenso im Harne der Schlangen und Vögel. Dies Salz bildet entweder mikroskojiische, an ihren Formen nicht erkennbare, jedoch eckig er- scheinende Partikel oder Morgenstern-, Steehapfelformen, Kugel-, Keulen-, Eübenformen. Es löst sich in 1600 Theilen kaltem, viel leichter in warmem Wasser. Saures harnsaurcs Natron C, H, Na N4 O3. Der Hauptbe- standtheil der meisten sogenannten Ziegelmehlsedmiente im Harne (sedimentum lateritium), in Harnsteinen gleichfalls häufig Haupt- bestandtheil, ebenso im Schlangenharn. Die weisse Masse des Harns der Vögel besteht dagegen nach Meissner im Wesentlichen aus freier Harnsäure. Die Formen, in denen dieses Salz sicli ausscheidet. ') Nencki u. Sieber, Journ. f. pr. Chcm. N. F. Bil. 24 S. 498. Harnsäure. 88. 123 stimmen mit denen des harnsauren Ammoniak völlig überein. Aus eingedampften Hanniiekständen scheidet sich dies Salz stets in Kugeln und Knollen aus, welche denen des Leucin selir ähnlich sind, aber dunklere Contouren haben. Es löst sich in 1100—1200 Theilen; kalten oder 125 Tlieilen kochenden Wasser und dieser liedeutende Unterschied in der Löslichkeit je nach der Temperatur bedingt die Ausscheidung des Salzes beim Erkalten des auch bei relativ grossem Gehalte davon klar gelassenen Harns. Es dient die leichte Löslichkeit dieser Nieder- schläge beim Erwärmen des Harns zur Erkennung des harnsauren Natrons. Das saure harnsaure Kali, in jeder Beziehung dem Natron- salz ähnlich, findet sich gleichfalls meistens in Harnsedimenten, löst sich in etwa 800 Theilen kalten und 70 bis 80 Theilen kochenden Wasser. In den Harnsedimenten kommen auch harnsaure Alkalisalze vor, welche etwas mehr oder weniger Alkali als die oben beschriebenen haben*); ein ähnliches Natronsalz, dem man die Formel C5 H4N4 O34- C5H3NaN4 03 geben könnte, findet sich in den arthritischen Ab- lagerungen auf den Gelenkknorpeln. So wie die Harnsäure selbst haben auch die erwähnten Salze der- selben grosse Neigung, Farbstoffe aus dem menschlichen Harne l)ei ihrem Ausfallen mit sich niederzureissen, während die Ablagerung in den Gelenken, ebenso die Ausscheidungen bei Vögeln im Harne sowie nach Unterbindung der Ureteren derselben in den verschiedensten Organen schneeweiss erscheinen. Durch Essigsäure oder Salzsäure werden alle erwähnten Salze leicht unter allmäligem Absatz krystallisirter Harnsäure zerlegt. Löst man Harnsäure in Natronlauge und fügt einen Ueberschuss von Chlor- ammonium hinzu, so bildet sich alsbald oder nach einiger Zeit ein flockiger Niederschlag von harnsaurem Ammoniak. Versetzt man eine Lösung von Harnsäure in Natronlauge mit schwefelsaurem Kupferoxyd, so tritt besonders beim Erwärmen Keduction des Kupferoxyd zu Oxydul ein und es bildet sich ein weisser Nieder- schlag von harnsam-em Kupferoxydul, durch Zusatz von mein- Kupfersalz und Kochen erhält man freies Kupferoxydul. Auch Indigolösung wird durch Harnsäure in alkalischer Lösung schnell und reichlich entfärbt. Durch basisch essigsaures Bleioxyd wird die Harnsäure aus ihren Lösungen langsam gefällt. Durch alkoholische Pikrinsäurelösung (für 100 CG. Harn 20 CG. einer öproecntigen alkoholischen Lösung) wird die *) Bence Jones, Chem. Centralbl. 1862. S. 872 u. K. Maly ebendas. 1863. S. 581. 1 24: Aufsuchung und Nachweis der Harasiiure. 89. Harnsäure zugleicli mit Kreatinin aus dem Harne ziemlieli vollständig gelallt'). Die geringe Menge Harnsäure, welche in ammoniakalisclier Flüssig- keit löslich ist, wird aus dieser Lösung durch ammoniakalische Silber- lösung nicht gefällt, wohl aber entstehen gelatinös-flockige AusMlungen, wenn diese Flüssigkeiten zugleich Salze der Alkalien oder alkalischer Ej'den enthalten, die dann entstehenden Niederschläge sind Doppel- verbindungen der Harnsäure mit Sillier und diesen Metallen-). 89. Zur AufsucJiung und zum Nachweis der Harnsäure im Harne versetzt man densellten, wenn er frei von Eiweiss und nicht sehr diluirt ist, mit Salzsäure und lässt 24 Stunden stehen; bei Gegenwart von Albumin bedient man sich besser der Essigsäure, doch ist es zweck- mässiger, durcli Kochen erst das Eiweiss zu coaguliren und die filtrirte, etwas eingedampfte Flüssigkeit dann mit Essigsäure zu versetzen. Ver- dünnte Harne werden vor dieser Beliandlung zuerst auf ein kleines Volumen abgedampft und dann mit der Säure versetzt. Es ist zur Auffindung der Harnsäure wichtig, die etwa vorhandenen Sedimente zu beachten, häufig lallt im diabetischen Harne die ganze Harnsäure als sandiges, rothes Krystallpulver binnen kurzer Zeit aus und kann dann leicht überselien werden. Wäscht man die nach 24- bis 48 stündigem Stehen abgeschiedenen Harnsäurekrystallc mit Wasser, dann mit Alkohol, sj wird der Farbstoff möglichst entfernt und etwa gefällte Benzoe- oder Hippursäure gelöst. Zur weiteren Keinigung kann man in wenig Natron- lauge den Harnsäureniederschlag lösen, mit Chlorammonium saures harnsam'es Ammoniak lallen und dies mit Salzsäure nach dem Abfiltriren zerlegen. Um aus Blut, Lymphe, Transsudaten Harnsäure darzustellen, erhitzt man die nöthigenfalls mit Wasser verdünnte Flüssigkeit zum Sieden, filtrirt die Eiweissmassen heiss ob, dampft das Filtrat zur Trockne ein, extrabirt den Kückstand mehrmals mit kochendem Wasser, filtrirt heiss, dampft die Filtrate auf ein kleines Volumen ein, versetzt dann mit Essigsäure und lässt 24 bis 48 Stunden zur Krystallisation stehen. Die Eeinigung der ausgescliiedenen Säure geschieht so, wie es oben für die aus dem Harne dargestellte Harnsäure angegeben ist. Aus Milz, Leber u. s. w. erhält man sie ebenso durcli Auslaugen der zerkleinerten Organe mit viel schwach erwärmtem Wasser, Coliren, Erhitzen zum Kochen, Alidampfen zur Trockne, Auszielien des Kück- standes erst mit Alkoliol, dann mit heissem Wasser. Aus dem letzteren 1) Jaffe, Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 10 S. 391. -) Salkowski, Arch. f. d. ges. Physiol. Bil. .3 S. 210. R. JMaly, cbendas. Bd. G S. 201. Aufsuchung und Nachweis der Harnsäure. 89. 125 Extracte wird die Harnsäui-e gewonnen so wie es für das Blut u. s. w. oben angegeben ist. Etwas umstiindlicher ist das Verfahren, nacli dem es Meissner*) gelang, im Blute und der Leber von Hühnern Harnsäure aufzufinden. Das Blut (mindestens von 12 Hühnern) wurde aus den durchschnittenen Halsgefassen in eine gi'össere Menge Wasser unter Schlagen desselben hineinfliessen gelassen, die wässerige Lösung unter Zusatz von etwas verdünnter Schwefelsäure zum Sieden erhitzt und filtrirt. Nach massiger Concentration derselben auf dem Wasserbade wurde mit Barytwasser ausgefallt und nach dem Filtriren der Baryt durch vorsichtigen Zusatz von verdünnter Schwefelsäure gerade ausgefällt. Die abfiltrirte klare Flüssigkeit (wenn etwa 400 CC. Blut in Arbeit genommen war) auf ungefähr 10 bis 15 CC. eingedampft, dann mit absolutem Alkohol aus- gefällt, gab einen schmierigen, braunen Niederschlag, welcher von der Lösung getrennt, in etwas Wasser unter Erwärmen gelöst wurde; gab die Lösung dann bei Neutralisation mit Salzsäure und Stehen keinen Niederschlag, so wurde weiter eingedampft und wieder stehen gelassen. Der braune amorphe Niederschlag von harnsaurem Alkali konnte endlich abfiltrirt und durch Einbringen in verdünnte Salzsäure in schöne Krystalle von Harnsäure verwandelt werden. Nach dem gleichen Verfahren fand Meissner Harnsäure in dem wässerigen Extracte zerkleinerter Hühnerlebern, während es in Muskeln und Lunge nicht gelang sie nachzuweisen. Hat man nach den beschi-iebenen Methoden eine Substanz als Niederschlag von mehr oder weniger deutlicher krytallinischer Form erhalten, so prüft man 1) zunächst die Form und Farbe der Krystalle unter dem Mikroskope. Die Färbung der Harnsäurekrystalle ist feist immer gelb ))is dunkelbraun, ihre Form dagegen sehr wechselnd, Wetz- stein-, Tonnenform, rhombische Tafeln, gestreifte Prismen u. s. w. 2) Prüft man einen Theil der Masse mittelst Salpetersäure und Ammoniak. Murexidprobe. Man bringt ein Wenig der zu prüfenden Substanz auf einen Porzellantiegeldeckel oder eine kleine Porzellanschale, fügt ein paar Tropfen Salpetersäure hinzu, erhitzt und verdampft dann bei massiger Wärme unter Blasen zur völligen Trockne. Besteht die Masse aus Harnsäure, so wird sie sich in der Salpetersäure lösen und beim Ab- dami)fen eine gelbliche, beim völligen Trocknen eine rothe Masse geben, und es wird diese Masse prachtvoll purpurroth, wenn man einen Tropfen Zeitschr. f. rat. Med. 1868. Bd. 31 S. U6. 126 Oxalursaures Ammoniak. Aetzammoniak von der Seite hinzufiicssen lässt, sie wird dagegen blau- violett, wenn man statt dessen oder nachher einen Tropfen Kali- oder Natronlauge zufliessen lässt. Jeder Ueberschuss von Ammoniak oder fixer Alkalilauge ist ebenso zu vermeiden, als zu starkes Erhitzen beim Abdaini)fen und Trocknen der Lösung der Substanz in Salpetersäui-e. 3) Man erhitzt eine Probe mit wenig verdünnter Salpetersäure bis zum Aufl)rausen, verjagt vorsiclitig die überschüssige Säure ohne bis zum Auftreten der Färbung zu trocknen, fügt dann 2 — 3 Tropfen con- centrirte Schwefelsäure und einige Tropfen käuflichen (thiophenhaltigen) Benzols hinzu. Es entsteht Idaue Färbung, welche nacli Verdunsten des Benzols in Braun übergeht, dann auf Zusatz von Benzol wieder auf- tritt (Alloxanreaction) '). 4j Zur Bestätigung lässt sich noch das Verhalten der Harnsäm-e gegen Natronlauge und Ammoniak andererseits benutzen. Man löst eine niclit zu kleine Portion in wenig Natronlauge, filtrirt, wenn etwas ungelöst blieb, versetzt das Filtrat mit Clilorammonium im üeberschiisse und lässt, wenn nicht sofort ein Niederschlag entstand, einige Zeit stehen. Es wird sich, wenn die Flüssigkeit nicht ausserordentlich ver- dünnt ist, ein flockiger Niedersclilag von saurem harnsauren Ammoniak gebildet haben, der in Aetzammoniak nicht löslich ist und auf Zusatz von überschüssiger Salzsäure sich allmählig wieder in Krystalle freier Harnsäure umwandelt. 5) Auch das Verlialten der Harnsäure gegen Natronlauge und etwas Lösung von schwefelsaurem Kupferoxyd (siehe oben) kann man zur Be- stätigung lienutzen. Oxalursaures Ammoniak C3 H, (NH,) N, Oj ist von Scliunk-) als Be- standtheil des normalen menscliliclien Harns erkannt und dies Vorkommen von Neubauer^) bestätigt. Zu seiner Gewinnung aus Harn lässt man denselben auf gekörnte Tbierkohle, wie sie in den Zuckerfabriken angewendet wird, auftropfen. Diese Thierkoble befindet sich in einer pipettenartig geformten unten ausgezogenen Glasröhre und ist überdeckt mit einem Stück Leinwand, welches Epithelien, Schleim etc. zurückhält und öfter gewechselt wird. Durch einen Quetschhahn re- gulirt man das Auftropfen in der Weise, dass in 24 Stunden etwa 20 Liter Harn die Kohle passiren. Hört die entfärbende Kraft der Kohle auf, so füllt man die Pipette mit neuer Kohle. Die Kohle wird dann mit destillirtem Wasser gewaschen, bis das Filtrat weder Chlor noch Phosphorsäure mehr enthält, dann an der Luft getrocknet und nun mit Alkohol ausgekocht, bis dieser sich nicht mehr gelb färbt. Von diesen alkoholischen Filtraten wird der grösste Tlieil des Alkohol abdestillirt, der Rückstand in einer Porzellansohale auf dem Wasserbade verdampft. Der zu- rückbleibende Syrup wird mit Wasser behandelt filtrirt, das Filtrat zum Syrup 1) Deniges, Journ. de dum. et de pharm. T. 18 p. IGl ') Proceed. of the royal soc. T. 16 p. 140. 3) Zeitschr. f. analyt. Chem. Jahrg. 7 S. 225. AUantoin. 90. 127 verdunstet und dieser zur Krystallisation stehen gelassen. Durch Dialyse kann das oxalursaure Ammoniak weiter gereinigt werden und endlich werden die aus dem Diffusat beim Verdampfen erhaltenen Krystalle mit etwas absolutem Alkohol abgespült und in heissem Wasser gelöst mit sehr wenig gereinigter Thierkohle behandelt; beim Verdunsten des Filtrats bleibt saures oxalursaures Ammoniak zurück. Aus 100 bis 150 Liter Urin erhielt Neubauer hinreichende Quantität, um die charakteristischen Eigenschaften des oxalursauren Ammoniak an der Sub- stanz zu prüfen; die Ausbeute ist also sehr gering. Aus Harnsäure stellt man oxalursaures Ammoniak durch Lösen in warmer sehr verdünntem Salpetersäure, Uebersättigen nach dem Erkalten mit Ammoniak und Eindampfen zur Krystallisation dar. Parabansäure in wässeriger Lösung mit Ammoniak gekocht liefert gleichfalls oxalursaures Ammoniak. Oxalursaures Ammoniak ist in Wasser sehr schwer löslich, die heisse Lösung giebt mit salpetersaurem Silber einen nach dem Erkalten sich ausscheidenden Niederschlag in seideglänzenden Nadeln von oxalursaurem Silber, in heissem Wasser oder Ammoniak löslich, ferner giebt die Lösung des Ammoniaksalzes in heissem Wasser mit verdünnter Salpetersäure einen feinpulverigen krystallinischen Nieder- schlag von Oxalursaure. Wird die Oxalursaure mit verdünnter Säure gekocht, so spaltet sie sich in Harnstoff und Oxalsäure. Versetzt man eine concentrirte Lösung von oxalursaurem Ammoniak mit Chlorcalcium oder Chlorzink, so scheiden sich beim längeren Stehen die Salze dieser Basen in cliarakteristischen mikroskopischen Krystallen aus. Wird eine Lösung von oxalursaurem Ammoniak mit Chlorcalcium und Ammoniak erwärmt, so scheidet sich schon ehe die Siedehitze erreicht ist, oxalsaurer Kalk bei genügender Verdünnung der Lösung in schönen mikrosko- pischen Octaedern aus. Concentrirte Lösung von oxalursaurem Ammoniak giebt mit essigsaurem Blei versetzt nach kurzer Zeit eine Trübung und einen pulverig- krystallinischen Niederschlag von oxalursaurem Blei. Das unreine oxalursaure Ammoniak bildet kleine Krystallbüschel oder kugelige Aggregate, an der Oberfläche mit feinen Krystallnadeln besetzt. Die obige von Neubauer beschriebene Darstellungsmethode aus dem Harne sowie die genannten Reactionen können zum Nachweise allein dienen. Der Ansicht von Sehunk, dass die allmälig sich abscheidenden Oxalsäuren Kalksedimente im Harne ihre Entstehung der Zerspaltung von oxalursaurem Am- moniak verdankten, trat Neubauer entgegen, weil er fand, dass letzteres Salz im Harne lange Zeit unverändert bestehen kann, bei der alkalischen Gährung aber die Oxalursaure verschwindet, ohne dass Oxalsäure nachzuweisen ist. /NH-t'H-NH-CO-NHa AUantolin CiH6N4 03 = CO | \]VH-CO 90. Das AUantoin wurde zuerst in der Allantoisflüssigkeit des Kalbes, siiäter auch im Harne des neugeliorenen Kalbes, ferner im Kindswasser und im Harne neugeborener Kinder innerhalb der ersten acht Tage nach der Geburt gefunden. Nach Gusserow und Hermann ist AUantoin im normalen menschlichen Harne in geringer Menge ent- halten, reichlicher im Harne von Schwangeren. In Ascitesflüssigkeit 128 AUantoin. 90. ist AUantoin bei Lebercirrhose gefunden, i) Im Harne von Hunden und anderen Tliieren findet sich nach Meissner häufig AUantoin in geringer Menge. Im Hundeliarn ist es bei Fleischlcost nicht constant, zuweilen reichlicher. Nacli Einfülirung von Harnsäure in den Magen findet sich AUantoin im Harne-). Auch in Pflanzen und zwar in Platanensprossen ist von Schulze und Barbiori^) AUantoin aufgefunden, in Weizen- keimen von Eichardson und Crampton'*) nachgewiesen. Man stellt AUantoin am Besten dar 5) dursch vorsichtigen Zusatz von übermangansaurem Kali 1 Mol. zu Harnsäure 3 Mol. in Wasser zertheilt bei gewöhnlicher Temperatur unter Vermeidung jeder Er- wärmung. Man filtrirt dann schnell das Manganliyperoxyd ab, über- sättigt mit Essigsäure und lässt 24 Stunden zur Krystallisation stehen. Audi durch Bleihyperoxyd, KupferoxydJiydrat, Ferricyankalium , Ozon wird aus Harnsäure AUantoin neben CO2 gebildet. Synthetisch ist AUantoin dargestellt von Grimaux''') durch längeres Erhitzen von Glyoxylsäure mit Harnstoff bei 100". Das AUantoin krystallisirt in glänzenden durchsichtigen kloinen Prismen, ist gerucli-, gesclnnacklos und oline Reaction auf Lackmus, in ITiO Theilen kaltem Wasser, viel leieliter in heissem Wasser löslich, unlöslich in kaltem absoluten Alkohol oder Aether, in heissem Alkohol ziemlich löslich. In Lösungen kohlensaurer Alkalien wird e.s leichter gelöst. Beim Erliitzen verkoiilt AUantoin olme zu schmelzen unter Ent- wickelung animoniakalischer Dämpfe. Es verl)indet sich nicht mit Säuren, wohl aber mit Metallen. Durcli ammoniakalische Silberlösung wird es aus seinen concentrirten Lösungen gefällt; die niederfallenden weissen Flocken bestehen aus AUantoin-Silberoxyd; beim Stehen wandeln sich dieselben in Körner um, trocknet man sie l)ei 100", so tritt leicht Reduction von Silber ein. Auch Blei- und Kupferverbindungen des AUantoin sind leiclit zu erhalten. Durcli salpetersaures Quecksilberoxyd wird AUantoin gleiclifalls gefällt. Durcli Erhitzen mit concentrirter Schwefelsäure wird AUantoin in Ammoniak, Kohlensäure und Kolilen- oxyd, durch Kochen mit Barytwasser in Kohlensäure, Ammoniak, Oxal- säure und Hydantoin, durch concentrirte Alkalilauge in Ammoniak, Essig- säure und Oxalsäure, durch kochende Salpetersäure in Harnstoff und 1) Moscatelli, Zeitschr. f. physiol. Choni. Bil. 13 S. 202. 2) Salkowski, Ber. d deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 9 S. 719 u. Bd. 11 S. 500. =•) Journ. f. pract. Cham. N. F. Bd. 25 S. 145. E. Schulze u. Bosshard, Zeitschr. f. phj'siol. Cheni. Bd. 9 S. 420. *) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 19 S. 1180. ■"■l Ad. Claus, ebendas. Bd. 7. S. 227. «) Gompt. rend. T. 83 p. 62. Protamin. 91. 129 Allantursäure verwandelt. Dui-ch unterbromigsaures Natron wird die Hälfte des Stiekstoffgehaltes in Freiheit gesetzt.') Um Allantoin in Flüssigkeiten aufzusuchen, ist es zweckmässig, durch Kochen und Filtriren erst die Eiweissstoife zu entfernen, dann mit salpetersaurem Quecksilberoxyd zu föllen, den ausgewaschenen Niederschlag in Wasser zertheilt mit Schwefelwasserstoff zu zerlegen, zu filtriren, nach Zusatz von etwas Ammoniak auf dem Wasserbade auf ein sehr kleines Volumen zu verdunsten und dann die klare Flüssigkeit mit ammoniakalischer Lösung von salpetersaurem Silberox7d zu fällen. Man lässt einige Zeit stehen, sammelt das ausgeschiedene Allantoin- Silberoxyd auf dem Filter, wäscht gut aus, trocknet mit der Luftpumpe über Schwefelsäure einen Theil und wägt, verascht und wägt das zu- rückbleibende Silber. Das trockene Allantoin-Silberoxyd soll nach der Formel 40,75 pCt. Ag geben. Aus der übrigen Silberverbindung kann durch Schwefelwasserstoff das Silber abgeschieden und beim Abdampfen der filtrirten Flüssigkeit das Allantoin krystallisirt erhalten werden. Meissner^) giebt folgende Methode an zur Abscheidung des Allantoin aus Harn : Der Harn wird mit Barytwasser ausgefällt, der ge- löste Baryt mit Schwefelsäure unter sorgfältiger Vermeidung eines üeber- schusses gefällt, das alkalische Filtrat dann mit concentriiier Queck- silberchloridlösung versetzt, so lange Niederschlag entsteht (dabei wird die Keaction sauer), neutralisiit durch Aetzkali und nun noch Queck- silberchlorid hinzugefügt, so lange Niederschlag erfolgt. Sowohl im Niederschlage, der in saurer Lösung entstanden ist, als auch in dem nach Neutralisation erhaltenen befindet sich das Allantoin; sie werden in Wasser zertheilt, das Quecksilber durch Schwefelwasserstoff entfernt, filtrirt. Aus dem dann eingedampften Filtrate scheidet sich das Allantoin krystallisirt aus. Beim Fällen von eingedampftem Harn mit Alkohol geht stets ein Theil des Allantoin in die alkoholische Lösung über, durch Aether wird es aus derselben ausgefällt. Protamin. 91. Das Protamin wurde von F. Miescher^) in Verbinduno- mit Nuclein in den Spermatozoen des Eheinlachses gefunden und zwar in den trocknen Samenfäden zu 26,8 pCt. Dasselbe tritt darin aber erst unmittelbar vor der Geschlechtsreife in der Drüse auf (mit November) ^) Malerba, Gazz. chim. Vol. 15 p. 531. 2) Zeitschr. f. rat. Med. Bd. 31 S. 304. Anm. 3) F. Miescher, Verhandl. der naturforsch. Gesellsch. in Basel. VI. 1 Heft 1874. S. 153 und Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 7. S. 376. Hoppe-Seyler, Analyse. 6. Aufl. . 9 jgQ Glycocoll. 92. und ist in dem Samen anderer Thiere noch nicht gefunden. Zur Dar- stellung wurden die isolirten Samenfäden oder die zerriebene Drüsen- substanz zunächst mit heissem Alkohol zur Entfernung von Fett, Leci- thin u. s. w. erschöpft, der Kückstand mit sehr verdünnter Salzsäure rasch extrahirt, im Filtrate der Säureülierschuss grösstentheils abge- stumpft und mit Platinclilorid gefällt. Das als Platindoppelsalz ge- fällte Protamin bildet zunächst einen gelben harzigen Niederschlag, der beim längeren Stehen unter der Flüssigkeit körnig krystallinisch wurde. Er löst sich in überschüssiger Salzsäure, aber weder in Wasser noch Alkohol, Aether, Benzol u. s. w. Enthält der Niederschlag etwas Phos- phor von Zersetzung des Nuelein, so zersetzt man das Salz mit SHo und fällt zum zweiten Male mit Platinchlorid. Das Platindoppelsalz ist bei 1050 leicht ohne Zersetzung zu trocknen, giebt im trocknen Luftstrome bei 100" keinen CIH ab, zersetzt sich aber unter Schmelzen bei 120«. Man kann auch nach der Behandlung des Samens mit heissem Alkohol, mit verdünnter Salpetersäure das Protamin extrahiren und nach Abstumpfung der Säure mit Quecksill)ernitrat fällen, aber nach Piccard*) enthält dieser Niederschlag neben Protamin noch Guanin und Hypoxanthin. Piccard findet die Zusammensetzung des Platindoppelsalzes vorläufig zu PtCl^ + 2(HC1. Cg H,« N4V, O2). Das reine Protamin hat so wenig als seine Salze bis jetzt unverkennbare lüystalle gegeben. Das salpetersaure sowie das salzsaure Protamin lösen sich leicht in Wasser, schwer in Alkohol, nicht in Aether, besitzen einen eigenthümlichen adstringirenden liitter-süssen Geschmack. Durch Phos- phormolybdänsäure, Jodquecksillier, Jodkalium, Platincyankalium, Ferri- cyankalium entsteht weisse milchige Trül)ung in den Lösungen der Protaminsalze; auch HgCU giebt milchige Trübung. Silbernitrat giebt flockigen Niederschlag, ammoniakalische Silbcrlösung giebt keine Fällung. Aus dem Phosphormolybdänsäureniederschlage erliält man durch Behandlung mit Barytwasser und Entfernung des Barytüberschusses durch CO 2 die freie Base, die in Wasser mit alkalischer Keaction, in Aether oder Alkohol nicht löslich ist. Eine Lösung von Nuelein in Ammoniak giebt mit der Lösung eines Protaminsalzes einen schweren pulverigen Niederschlag, der aus mikro- skopischen Körner- und Kugelaggregaten besteht und Nuelein in Ver- bindung mit Protamin enthält. Glycocoll C2H,N02 = 1VH,-CH2-C00H. 92. Glycocoll, auch Leimzucker oder Glycin genannt, bildet sich bei Zersetzung der Hippursäure, Glycocholsäure, der Harnsäure, des *) J. Piccard, Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 7. S. 1714. GlycocoU. 9-2. 131 Adenins, Xanthins, des Leims und der Substanz des Badeschwamms mit Säuren oder Alkalien. Man stellt GlycocoU am Zweckmässigsten aus Hippursäure durch Kochen mit Salzsäure dar (vgl. unten Darstellung der Benzoesäure). Nach Ausfällung der Benzoesäure dampft man die Flüssigkeit zur Trockne ein, löst den Rückstand in wenig Wasser, filtrui jetwa un- gelöst bleibende Benzoesäure ab, kocht das Filtrat mit Bleioxydhydrat kurze Zeit, filtrirt, scheidet durch Schwefelwasserstoff das gelöste Blei ab und dampft die klare filtrirte Flüssigkeit zur Krystallisation ein. GlycocoU kann auch künstlich diu-ch Einwirkung von Ammoniak auf Monobromessigsäure oder durch manche andere Reaction erhalten werden, besonders durch Einwirkung von concentrirtem Jodwasserstoff auf Cyangas in der Hitze, ferner durch Einwirkung desselben auf Tri- cyanwasserstoff oder endlich auf Harnsäure. Es bildet farblose, oft grosse, harte monokline Ki-ystalle von rhomboedrischer Form oder vier- seitige Prismen, von süssem Geschmacke, bei 228 " sich bräunend, bei 232 — 236" unter Gasentwickelung schmelzend und sich zersetzend. Sie lösen sich in 4,3 Theilen kaltem Wasser, schwer in heissem Weingeist, sind unlöslich in kaltem Alkohol oder Aether; die Lösungen haben saure Eeaction; GlycocoU verbindet sich mit Metall oiyden und Säuren und kiystallisirt aus Lösungen, die neutrale Alkalisalze enthalten, leicht mit diesen in Verbindung. Mit Eisenchlorid filrbt sich seine Lösung roth. Siedende Lösung von GlycocoU löst Kupferoxydhydrat zu einer blauen Flüssigkeit auf, welche concentrirt beim Erkalten dunkelblaue Nadeln von GlycocoU-Kupferoxyd ausscheidet. Diese Kupferverbindung ist in Alkohol unlöslich. Ebenso löst GlycocoU im Sieden der Lösung Silberoxyd. Mit überschüssiger Salzsäure abgedampft giebt es in Wasser oder Alkohol sehr leicht lösliche Krystalle von der Zusammensetzung C2H5NO2, CIH. Kupferoxydul wir-d von GlycocolUösung gelöst. Es wird durch salpetersaures Quecksilberoxyd oder Quecksilberchlorid nicht gefiillt, ebenso nicht durch Phosphorwolfi-amsäure. Durch salpetrige Säure wird es in Glycolsäure, Stickstoff und Wasser zerlegt. Fermente scheinen eben so wenig, als Kochen mit verdünnter Alkalilauge oder Säuren auf das GlycocoU einzuwirken. In der Hitze zersetzt sich Gly- cocoU zu Methylamin und Kohlensäure, besonders beim Erhitzen mit Aetzbaryt. Die Leichtlöslichkeit des GlycocoU in Wasser, Unlöslichkeit in Alkohol und Aether, sowie die grosse Löslichkeit der salzsam'en Ver- bindung in Alkohol machen es bei nicht zu geringer Menge des Unter- suchungsmaterials ziemlich leicht, das GlycocoU von den anderen Stoffen zu trennen, mit denen es in gemeinschaftUchen Lösungen gefunden wird. y 1.32 Leucin. 93. Die Krystallisation, der süsse Geschmack, das Verhalten der Lösung gegen Kupferoxydhydrat sind die hauptsächlichsten Anhaltspunkte zur Erkennung. Amidovaleriansäure C5 Hj, NOo wurde von Gorup Besanez aus Milz und Leber vom Rinde neben Leucin gewonnen, von E. Schulze und Barbieri') aus Keimlingen von Lupinus luteus und von Hor- baczewski-) ein gleich zusammengesetzter Körper aus Elastin bei seiner Behandlung mit Salzsäure und Zinnchlorür erhalten. Leuciu t'6Hi3lV02 = CH3-(CH2)3 — (3H(Ml2) -COOK. 93. Das Leucin ist ein constantes Pankreasverdauungs und Fäulniss- product der Albumin- und Leiinstoffe; es bildet sich aus diesen Körpern, sowie aus Hörn auch durch Behandlung mit Aetzalkalien oder Kochen mit Schwefelsäure oder besser Salzsäm-e. lui Schmutze auf der Haut (gefluilter Epidermis), in der Schafwolle, Ichthyosisschuppen, Atherom- bälgen tindet es sich neben Tyrosin. Im Harne findet es sich nur in bestimmten Fällen von Lebererweichung, in diesen al)er sehr reichlich. Im ganz frischen Eiter ist es oft gefunden. Bei Insecten, Spinnen und Krebsen ist sein Vorkommen constatirt, auch in Pflanzen ist Leucin ge- funden, z. B. in frisch gekeimten Wicken. Um das Leucin rein zu gewinnen, ist mir die synthetische Dar- stellung durch Einwirkung von Ammoniak auf Bromcapronsäure zu em- pfehlen.3) Aus Hornspähnen oder Nackenband vom Rind stellt man das Leucin durch ■24stündiges Kochen von 2 Theilen Hornspähnen mit 5 Theilen Schwefelsäure, die mit 13 Theilen Wasser verdünnt ist, unter häufigem Ersätze des verdampfenden Wassers dar. Man filtrirt, nachdem man die noch heisse Flüssigkeit mit Kreide übersättigt hat, und dampft das Filtrat auf die Hälfte ein, fällt den gelösten Kalk mit Oxalsäure aus, filtrirt und dampft nun zur Krystallisation ab. Die Trennung von dem fast immer gleichzeitig gebildeten Tyrosin ist quantitativ kaum aus- führbar. Hlasiwetz und Hab ermann-') wandten mit Vortheil folgendes Verfohren zur Trennung von Leucin und Tyrosin und zur Reinigung des Leucin an. Das Gemenge wird in kochendem Wasser unter Zusatz von ein Wenig Ammoniak gelöst, die heisse Lösung so lange mit Bleiessig unter Umrühren versetzt, bis der nun entstehende Niederschlag nicht 1) Journ. f. pract. Chom. Bd. 27 S. 337. 2j Monatshefte f. Chem. Bd. 6 S. 639. 3) Hüfiier, Jüurn. f. pract. Chem. N. F. Bd. 1 S. G. ^) Anu. Chem. Pharm. Bd. 169 S. 160. Leucin. I»3. 133 mehi- brävinlich, sondern weiss ausfällt, nach dem Filtriren wird nahe zum Sieden erhitzt, mit verdünnter Schwefelsäure das Ammoniak ge- sättigt und Blei ausgefällt, schnell filtrirt. Beim Erkalten fällt das Tyrosin fast quantitativ aus. Die Lösung wird nun durch Schwefel- wasserstoff von Blei befreit und eingeengt, dann in die siedende Lösung frisch gefälltes Kupferoxydliydrat im üeberschuss eingetragen und da- mit kurze Zeit kochen gelassen. Der Niederschlag enthält einen Theil des Leucin, der durch Zersetzung des in kochendem Wasser zertheilten Niederschlags mit SHo, Zusatz von ein Wenig Essigsäm-e, Abfiltriren des Schwefelkupfers, Entfärben mit Thierkohle, Abdampfen auf kleines Volumen und Erkaltenlassen sehr rein gewonnen wird. Der andere Theil des Leucin ist in der lasurblauen Lösung, die beim Kochen mit Kupfer- oxydhydrat gewoimen war, enthalten. Diese Lösung giebt beim Abdampfen und Stehenlassen bald himmelblaue Warzen der Kupferoxydverbindung des Leucin. Aus dieser Lösung wird durch die obige Behandlung mit SH9 u. s. w. das Leucin in büschelförmig gruppirten Nadeln, also nicht so rein erhalten als aus dem Kupferoxydniederschlag. Auch dui-ch Um- krystallisiren aus ammoniakhaltigem Alkohol kann Leucin gereinigt werden. Das Leucin bildet glänzende, weisse, ausserordentlich dünne und leichte Krystallblättchen, die sich mit Wasser nur sehr langsam be- netzen. Es löst sich in etwa 46 Theilen kaltem, leichter in heissem Wasser, in 1040 Theilen kaltem und 800 Theilen siedendem Alkohol. Das auf 150 — 160" mit concentrirter Aetzbarytlösung erhitzte und da- dm'ch optisch inactiv gewordene Leucin löst sich viel schwerer in Wasser; 1 Th. in 102 Th. Wasser bei 21". Wenn das Leucin um-ein ist, so wie man es aus thierischen Flüssigkeiten fast allein gewinnt, ist es viel leichter löslich in Wasser und insbesondere auch löslicher in Weingeist. Es krystallisirt aus diesen Lösungen in runden Kugeln und Knollen, die ziemlich schwach lichtbrechend sind und sich hierin von den sonst ähnlichen Abscheidungen harnsaurer Salze unterscheiden, da deren Contouren sehr dunkel und scharf erscheinen. Die Kugeln und Knollen des Leucin zeigen sich entweder ganz hyalin oder sie zeigen radiale Streifung oder bestehen deutlich aus radial gruppu-ten sehr dünnen Blättchen. In Alkalien, auch Ammoniak, ebenso in verdünnten Säuren löst sich Leucin leicht auf In concentrirter Schwefelsäm'e oder Salzsäure wird es auch ohne Zersetzung gelöst. Vorsichtig auf 170" erhitzt, schmilzt es und sublimirt grösstentheils unzersetzt, beim schnellen Er- hitzen über 170" zersetzt es sich unter Entwickelung von Kohlensäure, Ammoniak und Amylamin. Das Leucin verhält sich gegen Säm-en, 134 Leucin. 93. Basen und Salze dem Glycocoll völlig analog, löst Kupferoxydhydrat, ohne es beim Kochen zu reduciren. Beim Kochen von Leucin mit Kupferoxydhydrat oder essigsaurem Kupferoxyd bilden sich Kupferver- bindungen mit variablem Kupfergehalt. Das Leucin verbindet sieh mit Säuren zu krystallisirbaren Verbindungen, durch salpetrige Säure wird es in Leucinsäm-e, Wasser und Stickstoff zerlegt, dui-ch faulende Stoffe wird es in wässeriger Lösung in Baldriansäure und Ammoniak unter Wasseraufnahme umgewandelt; dieselbe Verwandlung erleidet es, wenn man es mit Aetzkali zum Schmelzen erhitzt. Das aus Bromcapronsäure und das aus Valeraldehyd synthetisch dargestellte Leucin zeigt keine Circumpolarisationserscheinungen, dagegen hat sich das aus Casein durch Einwirkung von Salzsäui-e erhaltene Leucin in saurer und alkalischer Lösung als rechtsdrehend erwiesen; in salz- saui-er Lösung von 10 pCt. Gehalt') (a)D = + 17,54", ebenso in gleicher Weise aus Conglutin dargestellt 2) (15—19 pCt. Gehalt) (c()d = +17,3«, aus Casein in alkalischer Lösung') (lOpCt. Gehalt) (c()d = + 6,65«. In neutraler Lösung ist es inactiv.3) Wird rechtsdrehendes Leucin mit Aetzbarytlösung einige Zeit auf 150 bis 160« erhitzt, so ergiebt es sich dann als optisch inactiv. -) Durcli Einwirkung von Penicillium glaucum auf dieses inactive Leucin wui-de ein in salzsaurer Lösung linksdrehen- des Leucin*) (a)D = — 17,5" erhalten. Aus Elastin und anderen Ei- weissstoffen war durch Kochen mit Schwefelsäure optisch inactives Leucin dargestellt 5), aus Kül)enmelasse ein reehtsdrehendes 6) (2,371 pCt. Ge- halt in Natronlauge gelöst) (a) d = -|- 8,05 ". um in Gewebsflüssigkeiten Leucin nachzuweisen, zerkleinert man die Organe am Besten mit der Fleischschneidemaschine, extrahirt so- fort mit kaltem Wasser, colirt, presst den Kückstand in einer starken Presse aus, extrahirt nochmals mit Wasser, colirt und presst aus. Die colh-ten Flüssigkeiten werden durch Kochen, schwaches Ansäuern mit Essigsäure und Filtriren von Albuminstoffen befreit, dann nach der oben beschriebenen, von Hlasiwetz und Habermann empfohlenen Methode behandelt. Um sich zu vergewissern, dass die erhalteneu Kugeln, Knollen oder Blättchen aus Leucin bestehen (diese Formen haben so wenig Charakteristisches, dass sie durchaus nicht als hinreichendes Kennzeichen 1) Mauthner, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 7 S. 223. =) E. Schulze, ebendas. Bd. 9 S. 63^ 3) Lewkowitsch, Her. d. deutsch, chem. Ges. Bd. 17 S. 1439. *) E. Schulze u. Bosshard, ebendas. Bd. 10 S. 134. 5) Erlenmeyer u. Hell, Ann. Chem. Pharm. Bd. IGO S. 28.3. '*) V. Lippmann, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 17 S. 2838. Leucinimid. Tyroleucin. Leuceine. 135 des Leucin gelten können), ist es zweckmässig, dieselben durcli Aus- pressen zwischen Papier möglichst zu reinigen, aus kochendem Alkohol umzuki-ystallisiren und folgende Proben mit den wieder erhaltenen Körnern oder Blättchen vorzunehmen. 1) Scherer's Probe: Man verdampft eine kleine Portion der- selben mit Salpetersäiu'e vorsichtig auf Platinblech. Bestand die Probe aus Leucin, so bleibt ein ungefärbter, fast unsichtbarer Kückstand, der mit einigen Tropfen Natronlauge envärmt, je nach der Reinheit des Leucin sich weniger oder mehr gelb bis braun färbt und beim weiteren Concentriren durch Erhitzen über der Flamme sich bald zu einem öl- artigen, auf dem Platinbleche ohne Adhäsion herumrollenden Tropfen zusammenzieht. 2) Eine Probe wird im trockenen Probirglase über der Flamme er- hitzt. Besteht dieselbe aus Leucin, so schmilzt sie unter Entwickelung eines in öligen Tropfen sich abscheidenden Körpers und Geruch nach Amylamin, zugleich sublimirt ein Theil des Leucin in weissen wolligen Flocken, die sich an der Glaswandung niederschlagen. Diese Probe ge- lingt noch mit sehr kleinen Quantitäten, wenn das Leucin nicht sehr unrein ist. Leucinimid Cj Hj, NO. Das Leucinimid wurde bei der Darstelhmg von Leucin aus faulenden Albumin- Stoffen von B 0 p p ') zuerst erhalten und durch Alkohol aus dem hauptsächlich aus Tyrosin bestehenden Rückstände ausgezogen. Später wurde es in reinem Zustande dargestellt von Ritthausen und Kreusler durch Einwirkung von Schwefelsäure auf Pflanzenproteinstoffe in geringer Menge. Es ist ein in voluminösen, farb- losen, in Alkohol leicht löslichen, beim Erhitzen unzersetzt sublimirenden Nadeln krystallisirender Körper, der auch künstlich durch Einwirkung von wasserfreier Salz- säure auf Leucin erhalten ist. Bei der Darstellung aus Hörn oder Albuminstoffen soll es erst beim häufigen Abdampfen der Lösungen des Leucin aus diesen ge- bildet werden. Einen Körper von der Zusammensetzung CiHgNOj hat Theile bei Zer- setzung von Vitellin mit Kalilauge erhalten; derselbe ist in Alkohol unlöslich und schwierig krystallisirbar. Tyroleucin C, HuNOj, Leuceine. Tyroleucin ist von Schützenberge r^) ein Körper genannt, den er gemengt mit Butalanin durch Erhitzen von Albumin mit gesättigter Barytlösung auf 130° erhalten hat. Das Tyroleucin bildet weisse Kugeln, löst sich bei 16° 5,3 Theile in 100 Tbl. Wasser, in heissem Wasser leichter, auch in heissem Alkohol ist es lös- licher als in kaltem ; es ist wahrscheinlich eine Verbindung von Amidovaleriansäure mit Phenylamidopropionsäure. ^) 1) Ann. Chem. Pharm. Bd. 49 S. 16. 2) Compt. rend. T. 84 p. 124. 3) E. Schulze, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9 S. 122. 136 Tauiin. 94. Leuceine hat Schützenborger Stoife gonannt, welche er beim Erhitzen von Eiweiss mit Barythydrat und Wasser im geschlossenen Gefäss auf 150 — 200° während mehrerer Tage neben NHj, COj, Oxalsäure, Essigsäure, Tyrosin und Leucin erhalten hat, von der Zusammensetzung Cn H^n—, NO3. Es sind dies wahr- scheinlich ebenfalls Gemenge von Amidovaleriansäure und Phenylamidopropionsäure.*) Taurin i\_ H, NSO , = NHj — CIL — CH^ — SO3 — OH. 94. Das Taurin, früher nur als Zersotzungsproduct der Taurochol- säure in der Galle bekannt, ist dann bei verschiedenen, besonders kalt- blütigen Thieren in der Muskelflüssicfkeit und in dem Safte der Lunge gefunden. Aus der Rindsgalle erhält man es am Keichlichsten durch Kochen der Galle mit verdünnter Salzsäure mehrere Stunden lang, Abfiltriren der wässerigen Flüssigkeit von den harzartig ausgeschiedenen Gallen- säuren, Eindampfen zur Trockne, Ausziehen des Kückstandes mit abso- lutem Alkohol zur Entfernung des salzsauren Glycocoll, Auflösen des Rückstandes in Wasser und Krystallisirenlassen. Man reinigt es durch Auflösen in Weingeist, Fällen mit essigsaurem Bleioxyd, Einleiten von Schwefelwasserstoff in die tiltrirte Flüssigkeit, Abdampfen derselben nach Entfernung des Schwefelbleis, Extraction des Rückstandes mit absolutem Alkohol und Umkrystallisiren des ungelöst )deil)enden Taurin aus wenig Wasser. Künstlich erhält man das Taurin durch Einwirkimg von Ammoniak auf ß-chloräthansulfonsaures Silber; es ist hiernach Amidoisäthionsäure. Man erhält es auch durch Verdampfen einer Lösung von Vinylamin mit überschüssiger schwefliger Säm-e auf dem Wasserbade. Es krystallisirt in farblosen, oft sehr grossen, lebhaft glänzenden vier- oder meist sechs- seitigen Prismen und vierseitigen Pyramiden an beiden Enden der Prismen, löst sich in 15 bis 16 Theilen kaltem, viel leichter in heissem Wasser, ist unlöslich in absolutem Alkohol oder Aether, wenig löslieh in kaltem, leichter in heissem Weingeist. Seine Lösungen reagiren neutral. In Alkalilauge ist es löslicher als in reinem Wasser. Beim Erhitzen zersetzt es sich nicht unter 240", kann mit schwacher Alkali- lauge oder Säure, selbst concentrirter Salzsäm'e, ohne Zersetzung ge- kocht werden. Durch Einwirkung von Untersalpetersäure wird es zu Isäthionsäure, Stickstoff und Wasser oxydirt, beim Kochen mit starker Kalilauge liefert es Essigsäure und schweflige Säure, keinen Schwefel- wasserstoff. Durch Metallsalze wird es aus seinen Lösungen nicht ge- fiillt, el)ensowenig durch Molybdänphosiiliorsäure. Eine Trennung des Taurin von anderen Körpern, sowie sein Nach- •) E. Schulze, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9 S. 122. Vergl. auch Drechsel, Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1892 S. 115. Asparaginsäure. 95. 137 weis sind trotz des Jlangels eigentlicher charakteristischer Eeactionen wegen der Nichtfallharkeit dieses Stoffes durch Metallsalze, wegen seiner Schwerzersetzlichkeit und wegen des reichen Gehaltes an Schwefel meist nicht schwierig. Feuchtes Quecksilberoxyd in siedende Lösung von Taurin portionsweise eingetragen, fällt dasselbe als Taurinquecksilber- oxyd, wenig löslich in kaltem und heissem Wasser, unlöslich in AlkohoP). Durch SH2 wird Taurin vom Quecksilber getrennt. Den Schwefelgehalt weist man durch Schmelzen mit Soda und salpetersaurem Natron u. s. w. (vergl. § 23) nach. Seriu ('3H,]V03 wurde von Gramer-) neben Leucin und Tyrosiu durch ■24stüudigos Kochen von Seidenleim mit verdünnter Schwefelsäure erhalten. Es bildet farblose monoklino- edrische Krystalle, die bei 10° in 32 Thln. Wasser, leichter in heissem Wasser löslich, in Alkohol oder Aetlier unlöslich sind. Wie GlycocoU verbindet sich auch Serin leicht mit Kupferoxyd oder Silberoxyd, giebt mit Säure schwierig krystalli- sirende, in ihren Lösungen sauer reagirende Salze und wird durch salpetrige Säure in Glycerinsäurc C^HgO, verwandelt. Das Serin steht nach dieser letzten Um- wandlung zur Glycerinsäure in demselben Verhältnisse, als GlycocoU zur ülycol- säüre-*). Der Seidenleim lieferte neben etwa 5 pCt. Tyrosiu 10 pCt. Serin. Asparagiusäure C4 H, NO4 = CO.H - ClU - €H (NHo) — CO^H. 95. Unter den Producten der Zersetzung von Eiweissstoffen (Casein, Eiereiweiss, Vitellin) und von Hörn oder Leim dm-ch Kochen mit massig verdünnter Schwefelsäure oder mit starker Salzsäure und Zinn ist Asparaginsäure und meist daneben die ihr homologe Glutaminsäure ge- funden; die Asparaginsäure wird durch Einwirkung von Pancreassecret auf Blutfibrin auch im Thierkörper gebildet. Künstlich ist die Asparagin- säure leicht zu erhalten durch Kochen von Asparagin mit Alkalilauge oder besser mit Salzsäure*). Synthetisch ist sie erhalten durch Ein- wirkung von alkoholischem Ammoniak auf Fumarsäureäther bei 110" ^j. Darstellung aus Eiweissstoffen nach Hlasiwetz und Habermann") und E. Schulze.') 100 Gewthle. Eiweiss werden mit 75 Ge^vthln. Zinnchlorür, 200 Volthin. conc. Salzsäiu-e und 200 'J Lang, Maly, Jahresbericht 1876 S. 74. 2J Journ. f. prakt, Chem. Bd. ÖG S. 76. ^) Vergl. Baumann, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 15 S. 1735. *) Schiff, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 17 S. 2929. ^) Körner u. Menozzi, ebendas. Bd. 21 c. S. 86, vergl. auch Piutti, eben- das. Bd. 21 c. S.351. ") Ann. Chem. Pharm. Bd. 169 S. 150. ') Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9 S. 63 u. Journ. f prakt. Chem. N. F. Bd. 7 S. 397. j gg Asparaginsäure. 9'). Volthin. Wasser 3 bis 4 Tage am lliickfliisskiihler gekocht, dann mit Wdsspr verdlirmt, mit HgB von Zinn hefrpit, zum Syrup einge- dampft. Die BalzsSiure wird erst durch Bleioxydhydrat, der Kest durch Hilbero*yd entfeint. Es wird dann soweit eingedampft, dass heim Krlialten Tyrosi?) auskrystallisirt. Beim weiteren Eindampfen liefert dann die Mntterlange Krystalle iianptsiichlich von Leucin. Nach dem Filtriren wird die Flüssigkeit mit Bariumcarbonat erhitzt, mt) di(^ Asparagiiisiiiire und rilntamiusiiure in die leicht löslichen ]5ariiimsai/,e iihcrzufiiiive?), dann weiter ciiigedamptt. Es erfolgen dann weitere Krystallisationen liaiiptsiichlidi von Leucin. Wenn dann die Mutterlauge um- wenig Krystallinisdies mehr liefert, wird sie zuniichst zur Zersetzung der vorliandenen Ammoniaksalze mit etwas Baryttiydrat Uingere Zeit erhitzt und dajm zur Ausftillung von asparaginsaurem und glutaminsaurem Hnrium luil Weingeist versetzt, und zwar, um die Aus- flillung von noch vorhandenem Leucin zu vermeiden zuniil). Die der Aspaiaginsäure homologe Glutaminsäure') wurde von Uitthausen und Kreusler neben jener Säure heim Kochen von ver- schiedenen EiweissstotVen mit verdünnter Schwefelsäure erhalten. Aus Kleherproteinstolfen, Maistihrin oder Conglutin gewannen sie die Säure durch einlaches Auskrystallisiren nach Ahscheiilung von Tyrosin und Leuoin aus der mit Kalk gesättigten und eingedampften Flüssigkeit, sie sciiied sich bei mehrtägigem Stehen in festsitzenden Krusten oder als feines Krystallmehl ab. Von Tyrosin reinigt man sie durch Kochen mit kohlensaurem Baryt, Abtiltriren, Eindampfen und Auskrystallisiren des Tyrosin, das Barium treimt man durch vorsichtigen Zusatz ver- dünnter Schwelelsäure ab und lässl dann bei genügender Ooucentration krystallisiren. Bei der Behandlung anderer ptianzlicher Eiwoissstoffe im Sieden mit verdünnter Schwefelsäure wurde nur selir wenig Gluta- minsäure eriialten. Sie entsteht auch beim Kochen der Eiweissstoft'o mit Zinn und Salzsäure, sowie mit Baryihytlral. Zur Darstellung bedient mau sich am Besten des oben bei der Asparaginsäure (^voriger §.) angegebenen von E. Scliulze modilicirten Vcrtahrens von Hlasiwetz und llaluMiuann. Hat mau mit Baryt- hydi-al gekocht, so verräbrt man iiacii der Entfcnuing des Bariums durch Schwefelsäure in derselben Weise. Die Säure krystallisirt in rhombischen Octaedern oder Tetia- edern, klar, farblos, dianumtgläiizcnd oiler auch in kleii\en gläirzenden Blättchen-'); sie löst sich in 100 Tbl. Wasser von It!" C, in 302 Tbl. Weingeist von 32 pCt. und in löOO Tlil. \\ Cingeist von 80 pCt. lune aus Conglutin durch Barythulrat dargestellte, wiederholt nm- krystallisirte Säure löste sich l Tbl. in öi»,ö Tbl. Wasser von 18" '). n Ritlhausou u. Kreusler, Jouni. f. prakt. Chom. Bil. 107 S. lUO lllasiwi'tz u. Uabermaiui, Aiui. t'heni. Flianu, Bit. 1Ö9 S. olU und Uli. IC.;) S. 150. H. Kittliausen, Die Eiweisskörper der Gotreidearton, Hülsenfrili-hto iiiul Oelsaiuon u. s. w. Uonu 1873. 8. '215— 2"J'J. L. Radziojowski u. E. Salkowski, Bor. il. ileulsch. ihoiii. üosellsch. 1874. Bd. 7 S. 1050. 3) E. Schulze a. a. 0. ^) E. Schulze, Zeitschr. f. pliysiol. Cheni. Bd. 0 S. 253. 140 Kreatin. 97. In Alkohol oder Aether ist sie nicht löslich. Die wässerige Lösung schmeckt und reagirt stark sauer. Die Säure schmilzt bei 135—140" nicht ganz ohne Zersetzung, bei stärkerem Erhitzen zersetzt sie sich. In verdünnter Salpetersäm-e gelöst, giebt sie beim Einleiten von sal- petriger Säure die der Aepfelsäure homologe Glutansäure C-, Hg O5. Glutaminsäure aus Lupinenconglutin dm-ch Behandlung mit Säm'C gewonnen gab in salpetersaurer Lösung (a)D = + 34,7° i), in salzsaurer Lösung (a)D.= -t- 31,7"2) ^yg demselben Material mit Aetzbaryt bei 150 — 160" dargestellte Glutaminsäure ist in neutraler, alkalischer und saurer Lösung inactiv-). Diese inactive Modifikation lässt sich durch Einwirkung von Penicillium glaucum in die active und zwar links- drehende überführen; in salzsaurer Lösung (a)D =: — 31, l"^). Für Glutaminsäure, dargestellt aus Kübenmelasse, fand Scheibler*) in wässeriger Lösung (a)D= + 10,4", als Kalksalz (a)D = — 3,7", als salzsaure Glutaminsäure (c()D = -f 20,4" und in salpetersauror Lösung (a)D = + 29,90. Beim Kochen der wässerigen Lösung der Säure mit überschüssigem Kupferoxydhydrat oder kohlensam-em Kupfer erhält mau ein Kupfersalz der Glutaminsäure, welches aus der tiefblauen Lösung sehr langsam in schönen lasurblauen Prismen mit pyi-amidalen Endflächen auskrystallisii-t (C5 H7 Güi NO -j- 2 V2 OH2). Aus sehr concentrirter Lösung sowie bei der Fällung mit Alkohol wird das Kupfersalz mit anderem Ki-ystall- wassergehalt erhalten. Zum Nachweis dieser Säm-e kann neben der Eechtsdrehung nm- die Darstellung der salzsauren und der noch leichter und schöner krystallisirenden bromwasserstoffsaureu Verbindung , des Kupfersalzes und die Elementaranalyse dienen. Kreatin V, n, N, 0^ = ]V H = C (NH,) - IV (CH,) - CH, - CO, H 97. Das Kreatin findet sich besonders in dem Safte der willkür- lichen und glatten Muskeln der Wirbelthiere und vieler Averteln-aten, ist aber in geringerer oder grösserer Menge in den verschiedenen Transsudaten, der Amniosflüssigkeit, dem Blute, auch im Gehirne nach- gewiesen. Im normalen Harne findet sich wenig oder kein Kreatin. Bezüglich der Darstellung siehe unten die Aufsuchungsmethode von ') Kitthauseu u. Rellstab, Journ. f. pract. Chem. Bd. 107 S. 239. =) E. Schulze, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9 S. 99 u. 110. 3) E. Schulze u. Bosshard, ebendas. Bd. 10. S. 143. <) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 17 S. 172.5. Kreatin. 97. 141 Neubauer. Synthetisch wird Kreatin nach Volhard') erhalten durch Einwirkung von Sarkosin auf C}'anamid und einfache Addition beider; es wurde auch durch Erhitzen von Guanidincarbonat und Sarkosin auf 140—160« erhalten 2). Das Kreatin stellt beim Auskrystallisiren aus seinen Lösungen durch- sichtige farblose, harte, rhombische Prismen dar von der Formel t'^ngNaOo^ H2O; bei 100» getrocknet (selbst auf dem Wasserbade) werden die Krystalle weiss unter Verlust des Krystallwassers. Es besitzt einen bitteren kratzenden Geschmack, löst sich in 74 Theilen kaltem Wasser, viel leichter in heissem Wasser, fast gar nicht in Alkohol, ist unlöslich in Aether. Die Lösungen reagiren neutral. Beim Erhitzen über 100" wiid es leicht zersetzt, mit Säure erhitzt oder nur längere Zeit mit Wasser gekocht verliert es Wasser und geht dabei in Kreatinin über. Mit Barytwasser gekocht liefert es Methylhydantoin , Sarkosin, Harnstoif, Ammoniak und Kohlensäure. Mit Quecksilberoxyd gekocht in wässeriger Lösung giebt es unter Abscheidung von metallischem Quecksilber oxalsaures Methylguanidin. Mit seinem Aequivalente einer Säure in wässeriger Lösung versetzt und im Vacuum über Schwefelsäure verdunstet liefert es Salzverbindungen, die sehr unbeständig sind und sauer reagiren. Durch salpetersaures Quecksilberoxyd wird es in Flocken ge- fällt, ebenso durch Chlorzink aus concentrirter Lösung allmälig in harten warzigen Krystallen, besonders nach Zusatz von Alkohol, durch Phos- phorwolfi amsäure wird es nicht gefällt. Auch mit Chlorcadmium giebt es eine entsprechende aber sehr lösliche Verbindung. Beim Erhitzen von Ki-eatin mit Natronkalk erhält man Methylamin. Zur Auffindung des Kreatin in der Muskelflüssigkeit ist besonders die Methode von Neubauer (siehe unten § 325) zu empfehlen. Um es aus Flüssigkeiten zu erhalten, entfernt man durch Kochen die Eiweissstoffe, fällt das Filtrat mit Bleiessig (wobei grosser üeberschuss des Fällungsmittels zu vermeiden ist), filtrirt, fällt aus dem Filtrate durch Schwefelwasserstoff das überschüssige Blei und dampft bei massiger Temperatur die Lösung auf ein kleines Volumen ein. Man lässt dann die Lösung eine Woche an einem kühlen Orte stehen, filtrirt die ausgeschiedenen Krystalle ab, wäscht sie mit etwas Weingeist und prüft dann, ob sie beim Trocknen auf dem Wasserbads weiss undurchsiclitig werden. Die Fällbarkeit durch salpetersaures Quecksilberoxyd, Reduction von Quecksilberoxyd beim Kochen mit ihrer Lösung giebt dann den weiteren allerdings mangelhaften Nachweis. Am Besten ist noch, es durch Kochen mit verdünnter Schwefelsäure in Kreatinin umzuwandeln und dies nachzuweisen. 1) Sitzungäber. il. bayerisch. Acad. 1868. Heft 3 S. 472. -J Horbaczewski, Wien. med. Jahrb. 188.5. S. 459. 1 42 Kreatinin. 98. NH CO Kreatinin C , H , IV , O = IV H = ('/ I "lV(CH3)-t'Hj 98. Das Kreatinin ist mit Siclierheit als constanter Bestandtheil des Harns von Mensclien und einigen Silugethieren nachgewiesen. Man stellt es aus Kreatin dar, indem man dieses mit sehr verdünnter Schwefel- säure V4 Stunde lang kocht, dann durch Bariumcarbonat neutralisirt, filtrirt, die Flüssigkeit zur Trockne auf dem Wasserbade verdunstet, mit Alkohol den Rückstand extrahirt. Der Älkoholauszug liefert beim Verdunsten Kreatinin krystallisirt. Aus Menschenharn erhalt man 1) salzsaures Kreatinin nach Malyi) reichlich durch folgendes Verfahren. Mehrere Liter Harn werden auf 1/3 oder 1/4 Vol. abgedampft, von den ausgeschiedenen Salzen abge- gossen mit Bleizucker gefallt, das Blei aus der abfiltriten Lösung mit Sodalösung oder SH., entfernt, nach der Filtration und Neutralisation durch Essigsäure oder Soda mit concentrirter Quecksilberchloridlösung gefällt. Der Niederschlag in Wasser zertheilt wird mit SHg zerlegi, die abfiltiirte Flüssigkeit mit Thierkolile entfärbt und die beim Ab- dampfen erlialtene Salzmasse aus starkem Alkohol ein oder zwei mal umkrystallisirt. Aus der salzsauren Verbindung kann man dann durch Bleioxydliydrat leicht das Kreatinin abspalten und rein gewinnen. 2) Auch durch Fällung des Harns mit Phosphorwolframsäure und Salzsäure, Zerlegung des Niederschlags mit Aetzbaryt, Entfernung des überschüssigen Baryt durch COo, Abdampfen des Filtrats, Extraction des Rückstandes mit Alkohol und Verdunsten des Filtrats lässt es sich gut erhalten 2). 3) Kreatinin gewinnt man quantitativ nach der Methode von Neubauer vergl. unten bei Harn § 239. 4) Fällung durch Quecksilberchlorid. Nach G. Stillingfleet John- son 3) wird normaler Harn mit i/.,,, Vol. kaltgesättigter Lösung von Natrium- acetat und 1/3 bis 1/4 Vol. kaltgesättigter Lösung von Quecksilber- chlorid versetzt, sofort filtrirt, um einen flockigen Niederschlag abzu- trennen. Nach 48 stündigem Stehen scheidet sich ein zweiter Nieder- schlag in feinen Kugeln ab, Kreatininquecksilberchlorid. Derselbe wird mit kaltem Wasser gewaschen, mit Ho S zerlegt, mit Tliierkohle ge- reinigt, mit Bleioxydhydrat von Salzsäure getrennt. V)as Kreatinin bildet farblose glänzende wasserfreie Prismen (mono- klinoedrisch) von starkätzendem Geschmacke, sehr schwach alkalisch oder 1) Ann. Cbem. Pharm. Bd. 1.59 S. 279. =) Vergl. Hofmeister, Zeitschr. f. pliysiol. Chem. Bd. 5 S. 68. 3) Proceed. roy. soc. Vol. 43 p. 493. Chem. News Vol. 55 p. 304. Kreatinin. 98. 143 neutral reagirend'), nicht flüchtig. Es löst sich in 11,5 Theilen kalten, sehr leicht in heissem Wasser, in 100 Theilen kalten, noch leichter in heissem Alkohol, sehr wenig in Aether. Es verhält sich wie ein kräf- tiges Alkali, treibt Ammoniak aus seinen Verbindungen aus, bildet mit Säuren sauer reagirende, gut krystallisirende Salze, unter denen be- sonders folgende von Wichtigkeit sind: Salzsaures Kreatinin C4H7N3O, HCl diu-ch Abdampfen von Kreatinin mit Salzsäure auf dem Wasserbade erhalten bildet in Wasser leicht lösliche durchsichtige Prismen oder rhombische Tafeln. Die Lösung dieses Salzes wird durch Chlorzink nicht gefällt, wohl aber geschieht die Fällung, wenn dann ausserdem essigsaures Natron im Ueberschusse zugesetzt wird. Das salzsaure Kreatinin-Platinchlorid (C4H7 N3O, HCIj.j PtCl4 bildet in Wasser leicht, in Alkohol schwerer lösliche orangerothe Prismen und Nadeln. Aus wässeriger Lösung krystallisirt dies Doppel- salz mit 2 Mol. Kry stall wasser (Johnson). Salzsaures Kreatinin-Goldchlorid C4 H^ N3O, HCl, AUCI3, in kaltem Wasser schwer, in heissem Wasser oder Alkohol leicht löslich, wird durch FäUung einer Kreatininlösung mit Salzsäure und Goldchlorid erhalten. Der gelbliche krystallinische Niederschlag bildet sich allmälig. Pikrinsaures Kreatinin C4H7N3O. CgHorNOolaOH scheidet sich in Form langer gelber Nadeln aus, die in Wasser ziemlich schwer löslich sind, wenn wässerige Kreatininlösung mit wässeriger Pikrinsäure versetzt wird. 2) Pikrinsaures Kreatinin 4- pikrinsaures Kali, C4H7N3O. Cg H2 (N02)3 0H+ Cg Ho (N02)3 OK scheidet sich aus normalem menschlichen Harne auf Zusatz von Pikrinsäure als gelbe Nadeln und Prismen ab, in heissem Wasser leicht, in kaltem schwer löslich. 2) Kynu rensau res Kreatinin. Büschel von farblosen dünnen Prismen, welche sich abscheiden, wenn man gepulverte Kynurensäure in einer heissen verdünnten Lösung von Kreatinin auflöst. Sie sind in Wasser leicht löslich, zersetzen sich beim Umkrystallisiren. 2). Das Kreatinin- Chlor zink (C4 H7 NgOjs ZnClj, die wichtigste Verbindung des Kreatinin, wird erhalten, wenn man zu einer alko- holischen oder nicht allzu verdünnten wässerigen Lösung von Kreatinin säurefreie concentrirte Chlorzinklösung hinzutropft. Es entsteht entweder sofort ein sehr feinkörniger Niederschlag oder bei grösserer Verdünnung bilden sich allmälig schöne Gruppen feiner Nadeln oder Prismen. Aus dem Harnextracte erhält man diese Verbindung nach Zusatz von Chlor- 1) Salkowski, Zeitsclir. f. physiol. Cliem. Bd. 12 S. 210. 2) Jaffe, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10 S. 391. 144 Kreatinin. 98. zink meist in warzigen Krusten an den Wandungen des Gefässes, dem zahlreiche Büschel und Sterne von Nadeln beigemengt sind. In kaltem AVasser ist die Verbindung sehr wenig, in heissem Wasser leichter lös- lich, in Alkohol unlöslich, in Mineralsäuren leicht löslich, durch Kochen mit Bleioxydhydrat wird Zinkoxyd, Chlorblei und freies Kreatinin erhalten. Nach G. S. Johnson') enthalten die frischen Muskeln vom Rind kein Kroatin, sondern ein Kreatinin, welches von dem des Harns ver- schieden ist. Kroatin entsteht durch Bacterieiiwirkung im Muskel aus Kreatinin oder einer verwandten Substanz. Das Kreatinin im Harn krystallisirt in efflorescii-enden Prismen, die 2 Mol. Krystallwasser ent- halten. Das tafelförmige Kreatinin des Harns löst sich bei 17 o 1 Till, in 10,8 Thl. Wasser oder 362 ThI. Alkohol, das Golddoppelsalz ist un- löslich in Aether, das Platindoppelsalz löst sich in 14,1 Thl. Wasser bei 15". D.s Pleischkreatinin, welches auch ohne Erhitzung tafelförmige Krystalle bildet, löst sich 1 Thl. in 10,7 Thl. Wasser oder in 490,2 Thl. Alkohol bei 13,7 f. Das Golddoppelsalz ist in Aether löslich, das Platindoppelsalz löst sich in 22,0 Thl. Wasser bei 15". Das Kreatinin wird aus nicht zu verdünnter wässeriger Lösung ge- fällt 1) durch salpetersaures Silberoxyd; der aus feinen Krystallnadeln bestehende Niederschlag löst sich in heissem Wasser imd scheidet sich beim Erkalten wieder aus; 2) durch Quecksilberchlorid in ähnlicher AVeise; 3) durch salpetersaures Quecksilberoxyd und allmiiligen Zusatz von kohlensaurem Natron; 4) durch Phosphorwolframsäure. Durch Kochen mit Quecksilberoxyd oder mit Bleiliyperoxyd und Schwefelsäure oder durch übermangansaures Kali wird es ebenso wie Kroatin unter Bildung von Methylguanidin zerlegt. Bei anhaltendem Kochen von Kreatinin mit Fehling'scher Lösung tritt allmälig Entfärbung ein, das Kupferoxyd wird reducirt, kann aber nur zur Ausscheidung kommen, wenn die Lösung längere Zeit auf 90 — 100" erhitzt wird. 1 Mol. Kreatinin reducirt 0,75 Mol. Kupferoxyd. 2) Zersetzt man Kreatininchlorzink mit Schwefelammonium oder lässt man Kreatinin in unreiner alkalischer Lösung einige Zeit stehen, so geht ein Theil des Kreatinin oder das Ganze unter AA^asseraufnahme in Kreatin über. Eeactionen. Sehr geringe Quantitäten von Kreatinin werden durch eine von Weyl^) angegebene Eeaction erkannt. Man versetzt die zu prüfende Lösung, z. B. normalen Menschenharn, mit wenigen Tropfen einer sehr verdünnten wässerigen Lösung von Nitroprussidnatrium und ') Proceed. of the Roy. Soc. 1891. A'ol. 50 p. 287. -) Worni -Müller, Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 27 S. 59. 3J Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 11 S. 2175. Methylgiianidin. 145 fügt dann tropfenweise verdünnte Natronlauge hinzu. Ist Kreatinin vor- handen, so färbt sich die Flüssigkeit schön rubinroth, aber nur kurze Zeit, die Farbe geht dann in Gelb über. Weder Kreatin noch andere ähnliche Körper geben diese Reaction. In einer wässerigen Lösung giebt 0,287 p. Mille Kreatinin noch diese charakteristische Färbung, im Menschenharne geben sie noch 0,66 p. Mille Kreatinin. Salkowski') fand, dass die bei der Weyrschen Reaction gelb gewordene Flüssigkeit nach Ansäuern mit Essigsäure und Erhitzen sich erst grünlich, dann blau färbt (Berliner Blau); Colasanti^) empfiehlt Ameisensäure statt Essigsäm-e. Wenn man nach Maschke^) wässerige Lösung von Kreatinin mit Natriumcarbonat sättigt, dann mit F eh 1 in g 'scher Kupferlösung versetzt, so entsteht bei gewöhnlicher Temperatur allmälig, schneller beim Er- hitzen, weissliche Trübung, dann flockiger Niederschlag, während die blaue Färbung der Lösung abnimmt. Der weisse Niederschlag besteht aus Kreatininkupferoxydul, ist leicht löslich in Wasser, verdünnter Salz- säure, auch in Ammoniak, schwer löslich in gesättigter Natriumcarbonat- lösung. Eine Lösung, welche 0,01 gr Kreatinin in 100 CG. ent- hält, giebt noch weisse Trübung. Kreatin giebt diese Reaction nicht. Reaction von Jaffe*) mit Pikrinsäure. Man versetzt die zu präfende Lösung, z. B. Harn, mit etwas wässeriger Pikrinsäurelösung und einigen Tropfen verdünnter Natronlauge. Bei Anwesenheit von Kreatinin tritt sofort Rothfärbung (rothorange bis dunkelblutroth) ein; dieselbe nimmt in den nächsten Minuten zu und bleibt stundenlang unverändert. Sie fällt noch positiv aus bei Verdünnung von 1 auf 5000 Tbl. Nur das Aceton zeigt auf Zusatz der genannten Reagentien in der Kälte eine schwach röthlich-gelbe Färbung, die indess mit der viel intensiveren reim-othen Färbung dm-ch Kreatinin nicht verwechselt werden kann. Dm'ch die angegebenen Reactionen und Dai-stellungsweisen ist es leicht, Kreatinin in den verschiedenen Flüssigkeiten, besonders im Harne nachzuweisen und es zu gewinnen. Methylgiianidin CH, NH — C = (NH) — NHj von Dessaignes Methyluramin genannt, wurde zuerst durch Kochen von Kreatinlösung mit Quecksilberoxyd oder Bleihyperoxyd und Schwefel- säure, dann aus Kreatinin dui-ch Permanganat erhalten ; synthetisch voa 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 4 S. 1.33 u. Bd. 9 S. 127. 2) Gazz. chim. T. 17 p. 133. 3) Zeitschr. f. anal. Chem. Bd. 17 S. 134. *) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10 S. 399. H oppe-Seyler, Analyse. 6. Aufl. 10 146 Lysin. 99. Erlenmeyer durch Vereinigung von salzsaurem Methylamin mit Cyan- amid in alkoholischer Lösung bei 60^70". Sehr hygroskopische Krystalle, stark alkalisch reagirend. Das Platin- doppelsalz krystallisirt in monoklinen Prismen, löst sich in 14,3 Thl. Wasser bei 18—19". Golddoppelsalz rhombische Krystalle, schwer lös- lich in Wasser und Alkohol, leicht löslich in Aether, sehr zersetzlich. Pikrinsäureverbindung Co H7 N3, Cg H., (N02)3 OH, in Wasser schwer lösliche Nadeln, Sclimelzpunkt 19'2". Methylguanidin wird durch Phosphorwolfranisiiure gefällt. Von Brieger') aus faulem Pferdefleisch und aus Kulturen von Komma- bacillen auf Kindfleisch dargestellt, von Hoffa^) aus mit Septicaemie- bacillen geimpften uud gestorbenen Kaninchen. Lysiu CeHnNjO, 99. Dargestellt von DrechseP) aus Casein, von E. Fischer und Drechsel aus Leim und von Siegfried und Drechsel aus Conglutin, Glutenfibrin, Hemiprotein, Osyprotsulfonsäure, auch aus Eieralbumin neben Lysatinin (vergl. unten) und anderen Basen entweder nach dem VerfaJiren von Hlasiwetz und Hab ermann mit starker Salzsäure oder nach Schützenberger durch Erhitzen mit Barythydrat oder durch Panki-easverdauung, aus Fibrin von Hedin. Die Basen werden durch Phosphoi-wolfi'amsäure gefällt, der Niederschlag mit Aetzbaryt zerlegt, aus der Lösung der Baryt mit Schwefelsäm-e gefiillt, das Filtrat mit Salzsäure neutralisirt und zum Syrup eingedampft. Der Synip erstarrt beim Stehen über Schwefelsäure krystallinisch. Die erhaltenen Krystalle, in absolutem Alkohol fast unlöslich, sind salzsaures Lysin. Dm-ch Fällung der coneentrirten wässerigen Lösung derselben mit Platinchlorid wird das Platindoppelsalz C,; H14 N.2 0-2 . Hj PtClg + C2 H^ 0 erhalten. Das Lysin kann zwei Chlorhydrate bilden, das eine mit mit 1 HCl, das kaum sauer reagirt und das andere mit "2 HCl, das stark sauer reagirt. Die freie Base aus der salzsauren Verbindung durch Bleioxydhydrat dar- gestellt, krystallisirt nicht und zersetzt sich leicht. Das Lysin ist dem Ornithin Jaffe's C^HioNoO-i (vergl. unten § 125 Ornithursäure) ho- molog und höchst wahrscheinlich Diamidocapronsäure. Mit Benzoylchlorid und Natronlauge geschüttelt gibt das Lysin ein Product, welches die grösste Aehnlichkeit mit Ornithursäure hat. 1) Brieger, Ptomaine IIL 188G S. 34 u. Berl. Klin. Wocheiischr. 1887 No. -14. '') Sitzungsber. d. phys. med. Ges. zu M^ürzburg 1889 S. 9S. ■5) Drechsel, der Abbau der Eiweissstoffe: Arch. f. Anat. u. Physiol., phy- siol. Abthl. 1891. S. 248 u. Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 23 S. 3096 u. Bd. 25 S. 2454, ferner Ber. d. Sachs. Gesellsch. d. Wissensch. 1892 S. llö. Cystin. 100. 147 Diamidoessigsäure Cj Hg N2 0,. Diese Säure fand Drechsel unter den Zersetzungsproducten des Eiweiss mit Salzsäure neben dem Lysin (Diamidocapronsäure). Sie bildet eine in Alkohol fast unlösliche, in kaltem Wasser wenig, in kochendem Wasser leicht lösliche, in farblosen Prismen krystallisirende Monobenzoylverbindung (Schmelzpunkt 227 ») und kann als solche iso- lirt werden. Beim Erhitzen mit Salzsäure und Alkohol im Kohr auf 140" zerfällt diese Verbindung in Benzoesäureäthylester und salzsaure Diamidoessigsäure. Die freie Säure krystallisirt in flachen Prismen. Lysatinin Cb H n N3 O wird aus der Mutterlauge des Lysin durch Fällen mit Silbernitrat als Silberdoppelsalz, C,; Hi, N3 0, HNO3 -f- AgNOg + H2 0 in schönen silberglänzenden weissen langen Nadeln erhalten. Die freie Base zersetzt sich leicht. Diese Base liefert beim Kochen mit Aetzbarytlösung Harnstoff. Taurocarbaminsäure *) C 3 Hg Na SO4 findet sich im menschlichen Harne nach Einnahme von Taurin, wahrscheinlich in geringer Menge auch im normalen Harne ohne Taurineinnahme, und ihr Kalisalz wird künstlich einfach erhalten durch Erwärmen von Taurin in concentrirter wässeriger Lösung mit der hinreichenden Menge cyansaurem Kali und Fällung durch Alkohol. Aus dem Harne wird sie dargestellt durch Ausfällen des Harns mit Bleiessig, Ahfiltriren nach 24 stiindigem Stehen, Entfernung des Bleis durch SH2 aus der Losung und starkes Eindampfen (mehrmalige Wiederholung dieser Reinigung wenn nöthig), Ausfällung mit absolutem Alkohol, Lösen in Wasser, Entfärbung durch Thirrkohle, Wiederabdampfen und Äusfällung mit absolutem Alkohol. Aus dem hierbei resultirenden rohen Alkali- oder Kalksalz wird die Säure durch Behandlung mit Alkohol und Schwefelsäure frei gemacht und durch Abdampfen bei niederer Temperatur als Syrup erhalten, aus dem sich die Säure in krümlichor Masse abscheidet (hinsichtlich der Reinigung der Säure vergl. die Arbeiten von Salkowski). Die reine Säure krystallisirt wasserfrei in glänzenden, quadratischen Blättchen, sie ist leicht löslich in Wasser, schwer in Alkohol, unlöslich in Aether. Das Baryt- salz krystallisirt aus heissem Alkohol in kleinen stark glänzenden, zu Drusen ver- einigten rhombischen Tafeln. Mit Barytwasser auf 140° erhitzt zersetzt sich die Säure in Taurin, COj und NH3. Cystin CsHi^N.S^O^ = (SC (CH,) (SH,) COOH)^. 100. Das Cystin findet sich in seltenen Fällen alz einziger oder hauptsächlicher Bestandtheil von Blasen- oder Nierensteinen bei Menschen und Hunden und tritt in einzelnen Fällen als Harnbestandtheil meist ') E. Salkowski, Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 6 S. 744 u. 1191. 10* 1 48 Cystin. 100. als krystallinisclier Niederschlag von grauweisser Farbe beim Stehen des Harns zunächst an Menge zunehmend auf. In geringer Menge ist Cystin (oder ein cystinähnlicher Körper) im noiinalen Harn von Menschen und von Hunden gefunden, reichlicher bei Phosphorvergiftung, i) E. Külz^) beobachtete die Bildung von Cystin bei Einwirkung von Panbeas auf Fibrin. In der Kindsniere und in der Leber eines Säufers sind Spuren von Cystin gefunden. Aus Cystinsteinen oder Sedimenten stellt man das Cystin durch Lösung in Ammoniak und Verdunstenlassen des Ammoniak bei gewöhn- licher Temperatur in schönen Krystallen, sechsseitigen Tafeln oder Khomboedern dar, die stets farldos sind und sieh hierdurch, sowie durch ihre Leichtlöslichkeit in Aetzammoniak von der Harnsäure, die zuweilen ähnlich krystaUisirt, unterscheiden. In Wasser ist das Cystin eben so unlöslich als in Alkohol oder Aether; in Aetzalkalilangen löst es sich leicht auf. In Lösungen von kohlensaurem Natron oder kohlensaurem Kali löst es sich leicht, aber nicht in kohlensaurem Ammoniak. In Mineralsäuren ist es löslieh, auch in Oxalsäurelösimg, durch Weinsäure oder Essigsäure wird es nicht gelöst. Mit den Mineralsäuren bildet es krystallisirbare, aber leichtzersetzliche Salze. Beim Erhitzen zerlegt es sich unter Entwickelung eines übelriechenden Oels. Cystin zeigt starke linksseitige Circumpolarisation. 3) Külz fand(a)j = — 142", Mauthner in salzsaurer Lösung (0,8 bis 2 Grm. in 100 CC) (a)D = — 205,86 ». Beim Schütteln von Cystin in Natronlauge gelöst mit Benzoyl- chlorid erhält man voluminösen Niederschlag, bestehend aus seide- glänzenden Nadeln des Natronsalzes des Dibenzoylcystins Cg Hg Nj S2 O4 (C; H5 0)2Na2. Aus der verdünnten Lösung dieser Verbindung wird durch stärkere Säuren die freie Säure als Gallerte abgeschieden, welche aus Alkohol in feinen Nadeln krystaUisirt, die zu blumenkohlartigen Massen vereinigt sind. Schmelzpunkt 180 — 181".^) Beim Kochen des Cystins mit Kalilauge oder Aetzbaryt bildet sich Schwefelmetall (doch geht die Abspaltung von H.i S nur langsam vor sich und bleibt unvollkommen) 4) und ausserdem NH3 und Brenztrauben- sä,ure (resp. CO o, Oxalsäure und Uvitinsäure. 5) ^) Goldmann u. Baumann. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 12 S. 2.54. Brenzinger, ebendas. Bd. 16 S. 552. 2) Zeitschr. f. Biolog. Bd. 27 S. 41.5. ') Mauthner, Sitzungsber. d. Wien. Acad. d. Wiss. Bd. 85. IL 20. April 1882. Külz, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 15 S. 1401. ■•) Goldmann u. Baumann a. a. 0. Brenzinger a. a. 0. ■■■) Bau mann, Bor. d. deutscli. ehem. Gesellsch. Bd. 15 S. 1731. Cystin. 100. 149 Beim Behandeln von Cystin mit Zinn und Salzsäure entsteht Cystein CH3 — C (SH) (NHo) — COOH, das nach Entfernung des Zinn durch Ho S, schnelles Verdunsten zur Trockne, Lösen in Alkohol und vorsichtiges Neutralisiren mit Ammoniak als feinkörniger, in Wasser ziemlich leicht, in Ammoniak, Mineralsäuren auch in Essigsäure lös- licher Niederschlag erhalten wird.*) Das Cystein giebt in wässeriger Lösung an der Luft stehend durch Einwirkung des Sauerstoffs bald ki'ystallinisches Cystin. Diese Umwandlung erfolgt schnell in alkalischer Lösung auf Zusatz gelinder Oxydationsmittel. Bei Verwendung von Eisenchlorid für diesen Zweck tritt vorübergehend indigoblaue Färbung ein mit nachfolgender Ausscheidung von krystallinischem Cystin. Das Cystein zeigt schwache Linksdrehung. Ein Phenylcystein CH3 — C (SC6H5)(NH2) — COOH stellten Baumann und Preusse*) aus der Bromphenylmercaptursäure dar. Zum Nachweise des Cystin in Steinen und Sedimenten löst man in Aetzammoniak und lässt verdunsten. Man benutzt dann die Krystall- formen, die Löslichkeit in Salzsäure, Fällbarkeit dmxh kohlensaures Ammoniak, ganz besonders aber eine der folgenden beiden Proben zur Erkennung dieses Körpers. 1) Eine Probe Cystin mit ein paar Tropfen Nati-onlauge auf Silber- blech zum Kochen erhitzt giebt einen nicht wegzuwaschenden braunen oder schwarzen Fleck von Schwefelsilber. 2) Eine andere Probe im Probirglase mit einer Lösung von Blei- oxyd in Kalilauge gekocht giebt Schwärzung durch gebildetes Schwelelbei. Da diese Bildung von Schwefelmetall auch beim Kochen ven Albumin-, Schleim- und Leimstoffen eintritt, so ist darauf zu sehen, dass diese Stoffe nicht in den Proben zugegen sind, die man auf die beschriebene Weise auf Cystin untersuchen will. Zum Nachweis des Cystins im Harne schüttelt man 1000 cbcm desselben mit 10 cc Benzoylchlorid und 120 cbcm lOprocentiger Natron- lauge bis zum Verschwinden des Benzoylchloridgeruches, filtrirt vom Nie- derschlag (Benzoylverbindungen der Kohlehydrate und Phosphate) ab, säuert das Piltrat mit 10 cbcm 25procent. Schwefelsäure an und schüttelt 3 mal mit dem gleichen Vol. Aether aus. Den beim Verdunsten des Aethers hinterbleibenden Rückstand, welcher das Benzoylcystin enthält, prüft man durch mehrstündiges Erwärmen auf dem Wasserbade mit Natronlauge und einigen Tropfen Bleiacetat auf Bildung von Schwefelblei. Den ') Baumann, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 8 S. 299. Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 18 S. 258. 150 Glucosamin. 101. Aetherextractrückstand kann man auch zur quantitativen Bestimmung des Cystins benutzen, i) (Siehe § 241.) Melolonthin CsHjjNjSOj ist von Schreiner-) ein Körper genannt, der durch Extraction von Maikäfern mit Wasser, Abscheidung der Eiweissstoffe durch Kochen, Eindampfen, Fällen mit Bleiessig, Entfernung des Bleis aus dem F'iltrate durch SHj, weiteres Eindampfen, Abscheidung der Harnsäure und nachheriges Ein- engen zum Syrup neben .viel Leucin erhalten wurde. Aus Wasser unter Zusatz einiger Tropfen Ammoniak unikrystallisirt, bildet das Melolonthin farblose, seide- glänzende, harte, zwischen den Zähnen knirschende lu-ystalle, die sich schwer in kaltem, leichter in heissem Wasser, wenig in Weingeist, gar nicht in Alkohol, leicht in Aetzalkalien und kohlensauren Alkalilösungen, ebenso in Schwefelsäure, Salzsäure, Salpetersäure, Weinsäure, weniger in Essigsäure lösen. Seine wässrigen Lösungen reagiren neutral. Beim Kochen der Lösung des Melolonthin in Aetz- alkalilauge mit Bleioxyd scheidet sich Schwefelblei aus. Der aus Hornspähnen beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäuc entstehende schwefelhaltige Körper scheint mit dem Melolonthin nicht identisch zu sein. Glucosamin l'gHialfOj. 101. Das Salzsäure Glucosamin wurde von Ledderhose^) aus Chitin durch Einwirkung rauchender Salzsäure in der Wärme erhalten. Hummerschalen wei'den durch verdünnte Salzsäure und gutes Auswaschen mit Wasser von Calciumcarbonat u. s. w. beft-eit, in kleine Stücke zer- schnitten und auf siedendem Wasserbade mit concentrü-ter Salzsäure bis zum Absatz h-ystallinischer Krusten an der Oberfläche abgedampft. Man lässt unter gutem Umrühren erkalten, filtrirt durch Leinwand, saugt mit der Wasserpumpe ah, wäscht mit wenig Wasser und Alkohol, löst in Wasser, dampft ein, filtrirt die concentrirte Lösung und lässt zur Krystallisation erkalten. Nach den Untersuchungen von Schmiede- berg4) ist in dem Chondrosin, einem Zersetzungsproduct der Chondroitin- schwefelsäure (siehe § 194) Glucosamin enthalten. Das salzsaure Glucosamin bildet farblose, harte, luftbeständige, wasserfi-eie Krj'stalle, auch heim Erhitzen unveränderlich, monosym- metrisch hemimorph, selir leicht in Wasser, sehr schwer in Alkohol, nicht in Aether löslich. Durch entsprechende Behandlung des Chitins mit concentrirter Bromwasserstolfsäure erhält man das in glänzenden grossen Krystallen sich ahscheidende, mit der salzsauren Verbindung isomoi-phe brom- ') V. Udränszky u. Baumann, Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 15 S. 88. 2) Ann. Chem. Pharm. Bd. 161 S. 252. ') Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2 S. 213 u. Bd. 4 S. 139. ') Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. Bd. 28 S. 355. Glucosamin. 101. 151 wasserstoffsaure Glucosamin '). Mit salpetersaurem oder schwefelsaurem Silber erhält man aus dem salzsauren das salpetersaure oder schwefel- saure Glucosamin iu guten Krystallen. Zerlegt man schwefelsaures Glucosamin mit Aetzbaryt und löst in Alkohol, so krystallisirt die fi'eie Base in grossen Nadeln 2). Eine wässerige Lösung von salzsaurem Glucosamin giebt mit salz- saurem Phenylhydrazin und essigsaurem Natron erwärmt Phenyl- glucosazon 1). Mit Benzoylchlorid und Natronlauge geschüttelt giebt Glucosamin ein kiystallinisches Estergemenge, aus dem das aus Alkohol in langen Nadeln krystallisirende, in kaltem Alkohol schwer lösliche, in Wasser unlösliche, in heissem Alkohol, Eisessig, Chloroform lösliche Tetrabenzoylglucosamin (Schmelzpunkt 198« unter Bräunung, wenn aus Alkohol umkrystallisirt) isolirt werden kann-^). Durch partielle Ver- seifiing mit rauchender Salpetersäure wurde aus dem Tetra - ein Dibenzoat (Schmelzpunkt 166» unter Zersetzung) gewonnen. Die spec. Drehung beträgt für das salzsaure Salz nach Ledder- hose in 16,5procentiger Lösung (a)D = +70,15o, nach Landolt für öprocentige Lösung -|- 74,64'^. Die spec. Drehung ist unabhängig von der Temperatur und mit der Concentration zunehmend. Füi- das brom- wasserstoffsaure Salz wurde gefunden (a)D = + 55,21 + 0,053053.q wo- bei q die Procentmenge Wasser bedeutet. Mit Alkali versetzt förbt sich die Lösung des salzsauren Glucosamin grün dann braunroth, endlich braun bis schwarz; es bildet sich Milch- säure und ein wenig Brenzkatechin. Beim Erhitzen mit Aetzbarytlösung entsteht eine Säure, welche wahrscheinlich mit der Chondronsäure iden- tisch ist (Schmiedeberg). Die alkalische Lösung des Glucosamin reducirt Kupferoxyd zu Oxydul wie Glucose; die Menge des reducirten Kupferoxyds ist relativ zu beiderseitigem Molaculargewichte die gleiche. Wismutboxyd, In- digolösung, Silberoxyd werden in alkalischer Lösung ebenso reducirt wie dm-ch Glucose. Bei der Behandlung von salzsaurem Glucosamin mit Salpetersäure in der Wärme entsteht eine Säm-e von der Zusammensetzung Cg Hm Og, Avelche bei 185o schmilzt, in Wasser und Alkohol leicht löslich, rechts- drehend ist, leicht lösliches Kalisalz bildet und bei der trockenen Destillation in Wasser und Brenzschleimsäure zerfällt, die Isozucker- 1) Tiemann, Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 19 S. 49 u. 156. ') Vergl. Tiemann, ebendas. Bd. 17 S. 244. ä) Baumann, ebendas. Bd. 19 S. 3220 u. Kueny, Zeitschr. f. physiol. Chem Bd. 14 S. 330. 152 Chitiu. 102. säure i). Durch salpetrige Säure kann die NH o gruppe im Glucosamin dm-cli eine Hydroxylgruppe ersetzt werden. Der so gebildete Zucker krystallisirt nicht und erwies sich als nicht gährungsfähig. Chitin Ceo Hioo »s «ss + n(H2 Oj. ? 102. Chitin ist ein, wie es scheint, sämratliehen Gliederthieren, auch einigen Mollusken eigener Gewebsbestandtheil von grosser Resistenz und deshall) ziemlich leicht von anderen Stoffen trennbar. Man stellt es am zweckmässigsten aus den Panzern von grossen Ki'ebsen oder Käfern (Maikäfern) dar, indem man zunächst bei Krebsen durch Salz- säure und Waschen mit Wasser die anorganischen Salze entfernt, dann mit verdünnter Kalilauge kocht, dann mit Wasser, Alkohol, Aether auskocht und wäscht. Um die letzten Spuren von Farbstoffen aus dem zurückbleibenden Chitin zu entfernen dient am Besten Behandeln mit einer Lösung von übermangansaurem Kali; man erhält hierdurch das Chitin vollkommen weiss. Es behält bei dieser Behandlung die Form, welche ihm in den Thieren eigen war, unverändert und kann ohne Zersetzung lange Zeit bei 132-135" getrocknet werden, doch geht zwischen 100 und 130" allmälig Wasser fort, so dass sich nicht genau entscheiden lässt, ob und inwieweit dasselbe zur Constitution des Chitin selbst gehört. Bei 110" getrocknet kommt ihm die Zusammensetzung CijHoßN.iOi,, zu-), während bei 135° noch fast ein Molecül Wasser für diese Formel entweicht 3). Hoch erhitzt schmilzt das Chitin nicht, sondern verkohlt. Es ist kein Lösungsmittel bekannt, durch welches Chitin unverändert gelöst würde. Der Behandlung mit starken Alkali- laugen wiedersteht es lange, in concentrirter Schwefelsäure, sowie in heisser starker Salzsäure wird es zunächst unter Bildung von Stoffen gelöst, die bei Neutralisation gefällt werden, ))ei länger dauernder Be- handlung zu Glucosamin umgewandelt. Daneben bilden sich fette flüchtige Säuren : Ameisensäure , Essigsäure , Buttersäure , die wahr- scheinlich Zersetzungsproducte von abgespaltenem Kohlehydi-at oder von Glucosamin selbst sind und durch Einwirkung der starken Säure ge- bildet werden. Nach dieser von Sund vi k aufgestellten Ansicht ver- hält sich das Chitin zum Glucosamin ähnlich der Cellulose oder dem Glycogen zum Traubenzucker, während man früher das Chitin für ein Glucosid hielt. Da man nach Sundvik aus dem Chitin unter günstigen Verhältnissen 92 pCt. Glucosamin erhält, ist an der Richtigkeit seiner Ansicht kaum zu zweifeln. 1) Tiemann, ßer. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 17 S. 241. 2) Ledderhose, a. a. 0. 3) Suudvik, Zeitsch. f. physiol Chem. Bd. 5 S. 384. Hyalin, Onuphin. 103. 104. 153 Hyalin. 103. Von den Mutterblasen der Echinococcen sind die jüngeren trübe durchscheinenden Blasen mit etwa 1 6 pCt. schwefelsauren, phosphor- sauren und kohlensauren Salzen imprägnirt, die älteren durchsichtigeren ziemlich aschefrei; die ersteren enthalten auch etwas Eiweissstoff. Von den jüngeren Blasen ist von Lücke') die Zusammensetzung C44,l, H 6,7, N 4,5, 044,7 pCt. und in den älteren C45,3, H 6,5, N5,2, 043,0 im Mittel gefunden. Obwohl die jüngeren Blasen wahrscheinlich wegen ihres Eiweissgehaltes etwas andere Reactionen geben als die älteren, ist doch der Hauptbestandtheil derselben, der als Hyalin bezeichnet ist, identisch. Es ist dies eine opalisirend durchsichtige Substanz, welche in Wasser, Alkohol, Aether unlöslich ist, elastische leicht zer- reissende Häute bildet, die sich im zugeschmolzenen Glasrohr in Wasser bei 150" lösen, wenn sie von den älteren Blasen herstammen. Diese Lösung wird durch Alkohol, neutrales oder basisches Bleiacetat und dm-ch salpetersaures Quecksilberoxyd gefällt, während Chlorwasser, Gerbsäure, Ferrocyankalium und Essigsäure, Silbernitrat, Quecksilber- chlorid keinen Niederschlag geben. In Kali- oder Natronlauge lösen sich die Häute nur ganz allmälig und unvollständig, in Essigsäure gar nicht, in verdünnten Mineralsäuren unvollständig, in concentrirter Salz- säure oder Salpetersäure beim Kochen. Sowohl beim Kochen mit ver- dünnter Schwefelsäure als auch beim Stehen in concentrirter Schwefel- säure und nachherigen Eintragen in kochendes Wasser geben die Häute Traubenzucker neben nicht weiter untersuchten stickstofl' haltigen Kör- pern. Man erhält aus den trockenen Häuten bis 50 pCt. rechtsdrehenden, mit Hefe gährenden Traubenzucker. Ouuphin C24H4^5NOio. 104. In den Wohnröhren von Onuphis tubicola hat Schmiede- berg 2) 38,5 pCt. einer Substanz gefunden, welche neben CaHP04 und MgHP04 und nur 3,8 pCt. eines albuminartigen Stoffes diese Röhren bildet, die obige Zusammensetzung besitzt und als eine Verbindung eines Kohlehydrats mit einer stickstoffhaltigen Säure, wahrscheinlich einer Amidosäure angesehen werden kann. Werden diese Röhren mit verdünnter Salzsäure behandelt, so geht der grösste Theil der Phosphate in Lösung, wäscht man dann mit verdünnter Salzsäure aus (beim Waschen mit Wasser quillt die Substanz hoch auf), löst den Rückstand in verdünnter Kalilauge, filtrirt und fällt mit 2 — 3 Vol. Alkohol, so 1) Arch. f. pathol. Auat. Bd. 19 S. 189. 2) Mittlieilungen a. d. zool. Station zu Neapel. 1882. Heft 3. S. 373. 154 Protagon. 105. scheidet sich das Onuphin als weisse, flockige Masse ab, die nach Aus- waschen mit Alkohol alsbald mit Wasser behandelt eine völlig klare, fadenziehende, bei grösserer Concentration fast gallertartige Flüssigkeit liefert. Das trockene Onuphin bildet eine trockene an Thonerde erin- nernde Masse. Es liefert keine Albuminreactionen, löst sich in con- centrirter Schwefelsäure oder Salzsäure und giebt nach Zusatz von Wasser und längerem Kochen in alkalischer Lösung Reduction von Kupferoxyd wie Zucker. Blosses Kochen mit verdünnter Säure liefert keine reducirende Flüssigkeit. Die Substanz enthält 10 — 1.5 pCt. Asche und zwar saures Kaliumphosphat. Durch Gerbsäui'e oder Quecksilber- chlorid wird Onuphin nicht gefällt, dagegen geben mehrere Metalloxyde und die Salze der alkalischen Erden in neutraler oder essigsaurer Lö- sung Niederschläge. Wenn die mit Salzsäure behandelten und gut aus- gewaschenen Röhren im zugeschmolzenen Glasrohr mit Wasser 24 Stun- den bei 120 — 130" erhitzt werden, bildet sich ein stickstofffreier, dextrinartiger Körper, der durch Alkohol tallliar ist und durch Kochen mit verdünnter Säure in Zucker übergeht, nämlich Kupferoxyd in alka- lischer Lösung reducirt; neben dem dextrinartigen Körper scheint auch etwas Traulienzucker zu entstehen und ein Körper, der nach den Re- actionen vielleicht Amidosäure ist. Protagon. 105. Unter dem Namen Protagon wurde zuerst von Liebreich') aus dem Gehirn ein leicht zersetzlicher , complicirt zusammengesetzter krystallisirter Körper isolirt, für welchen er die Zusammensetzung C 66,74; H 11,74; N2,80; P 1,23 pCt., im Uebrigen Sauerstoff ermittelte. Die späteren Analysen vonGamgee und Blank enhorn-) ergaben für denselben Körper C66,39; H10,69; N2,39; PI,06 pCt.. Mit diesen Werthen stimmen die Ergebnisse der Untersuchungen von Baumstark^) sehr nahe überein, nach welchen das Protagon C 66,53; Hll,04; N2,35; P 1,066 pCt. enthält. KosseH) erhielt Körper derselben Zusammen- setzung; andere Präparate aber, welche nach einer etwas abweichenden Methode dargestellt waren, zeigten abweichende Werthe. Kossei fand auch im Protagon einen Schwefelgehalt von 0,5 — 0,8 pCt. Das Prota- gon findet sich nur in den markhaltigen Nervenfasern. Zur Darstellung desselben mrd die von Blut und Häuten möglichst >) Ann. Chem. Pharm. Bd. 134 Bd. 29. •-) Zeitschr. f. iiliysiol. Chem. Bd. 3 S. 260. ") Ebendas. Bd. 9 S. 14.D. ^) Arcli. f. Anat. ii. Physiol. physiol. Abthlg. 1891. Verhandl. d. physiol. Gesellsch. zu Berlin 1891 No. 1.5 u. 16. Cerebrine. 196 155 vollständig gereinigte und zerkleinerte Gehirnmasse mit kaltem Wein- geist einige Tage stehen gelassen; dann der Weingeist abgegossen, die Masse möglichst fein zemeben oder besser durch ein feines Sieb mit einem breiten, kurzborstigen Pinsel hindurcbgetrieben, mehrere Stunden lang mit 85 procentigem Alkohol bei 45 o digerirt imd warm filtrirt. Die ungelöste Gehirnsubstanz wird mit neuen Mengen Alkohol in der- selben Weise so oft behandelt, als sich beim Abkühlen des Filtrats auf 0" noch ein gelblichweisser, flockiger Niederschlag abscheidet. Die ver- einigten Niederschläge werden in einer Flasche mit Aether geschüttelt, um Cholesterin und Lecithin zu entfernen. Die abfiltrirte und über Schwefelsäure getrocknete Substanz wird mit etwas Wasser angerührt, in Alkohol vertheilt und langsam auf 45" erhitzt. Das beim Abkühlen der filtrirten Lösung sich abscheidende Protagon wird mit Aether noch- mals gewaschen und wiederholt in dieser Weise umki-ystallisirt. Es bildet bei der langsamen Abscheidung aus alkoholischer Lösung mi- kroskopische Nadeln, welche sich rosettenförmig zusammenlagern und bei der Ausscheidung aus ganz concentrirter Lösung gekrümmte Form zeigen. Die KrystaUgruppen haben oft das Ansehen von scharf con- tourirten, radial gestreiften Knollen mit höckerigen oder gezackten Eändern. Zerrieben und über Schwefelsäui'e getrocknet bildet es ein weisses, nicht hygroskopisches Pulver. Es löst sich schwer in kaltem Alkohol, leicht in warmem Alkohol und warmem Aether. Mit Wasser quillt es gelatinös und bildet schliesslich eine opalescirende Lösung. Bei 180° beginnt es sich zu bräunen und bei 200 o zu schmelzen. In alkoholischer Lösung über 48" erhitzt, ebenso mit Aether anhaltend ge- kocht, zersetzt es sich. Beim Kochen mit Barytwasser zerfällt es; es entstehen dabei die Zersetzungsprodukte des Lecithins und Cerebrine. Auch die Salze schwerer Metalle, z. B. Bleiacetat, sind im Stande, Cerebrin abzuspalten. Cerebriue. 106. Die Cerebrine bilden sich bei der Verseifung des Protagons durch Aetzalkalien oder Aetzbaryt. Man kann diese Behandlung ohne vorherige Darstellung des Protagons direct mit der frischen Gehirn- masse vornehmen, indem man dieselbe mit Barytwasser aufkocht und aus dem entstandenen Niederschlag die Cerebrine mit heissem Alkohol extrahirt (Parkus). Kossei*) löst zur Darstellung der Cerebrine das Protagon in Methylalkohol, versetzt mit einer heissen Lösung von Aetzbaryt in Methylalkohol unter Umschütteln und erwärmt einige *) a. a. 0. 156 Cerebrine. 106. Minuten auf dem Wasserbade. Der entstandene Niederschlag wird dann abfiltrirt, in Wasser zertheilt und durch CO2 zerlegt. Man filtrirt ab, erwärmt den Kückstand mit Alkohol und filtrirt wieder, beim Er- kalten scheiden sich die Cerebrine ab. Parkus^) trennte die nach seiner Methode erhaltenen Cerebrine in 3 verschiedene Körper, die er als Cerebrin, Homocerebrin und Enkephalin bezeichnet, durch üm- krystallisiren aus Alkohol, in dem Cerebrin weniger löslich ist als die beiden anderen genannten Stoffe. Die Scheidung von Homo- cerebrin und Enkephalin bewirkte er durcli Aceton. Kos sei isolirte aus dem von ihm dargestellten Stoffe zwei Körper, die mit dem Cerebrin und Homocerebrin von Parkus identisch sind. Auch die von Thudichum-) mit Hülfe eines eigenthümlichen Verfahrens gewonnenen Stoffe, Phrenosin und Kerasin genannt, entsprechen in ihren Eigenschaften dem Cerebrin und Homocerebrin. Cerebrin (Phrenosin) C 69,08; H 11,47; N 2,13 pCt. nach Parkus, ist in heissem Alkohol, Aceton, Chloroform löslich, in kaltem und heissem Aether unlöslich, scheidet sich aus alkoholischen Lösungen als krystallinisches Pulver ab, welches aus farblosen Globuliten besteht. Die knolligen Aggregate sind durchsichtig und haben glatte ßänder, getrocknet bilden sie ein leichtes lockeres Pulver, welches in heissem Wasser wenig aufquillt. Erhitzt riecht es nach verbranntem Fett und brennt mit leuchtender Flamme. Beim Zerreiben mit concentrirter Schwefelsäure tritt allmälig eine Eothfärbung ein. Homocerebrin (Kerasin) C 70,06; H 11,59; N 2,23 pCt. steht an Menge dem Cerebrin nach, löst sich in denselben Flüssigkeiten wie dieses, ausserdem in warmem Aether und ist in Alkohol löslicher. Aus langsam verdunstenden Lösungen scheidet es sich in feinen nadelfiirmigen Gebilden ab, welche oft eine zusammenhängende Gallerte darstellen. Getrocknet bildet es eine wachsartige, schwer zerreibliche Masse. In heissem Wasser quillt es auf ohne Kleister zu bilden. Gegen concentrirte Schwefelsäure verhält es sich wie Cerebrin. Von Kossei wurde eine Benzoj'l- und eine Bromverbindung dargestellt, letztere ist linksdrehend (a)D = — 12,48". Enkephalin C 68,40; H 1 1,60; N 3,09 pCt., nur in geringer Menge vorhanden und wahrscheinlich erst während der Darstellung aus Cerebrin und Homocerebrin entstanden. Es scheidet sich in leicht gekrümmten schönen Blättchen aus und kann dabei auch Gallerte bilden. In heissem Wasser quillt es zu einem vollständigen Kleister. 1) Journ. f. pract. Chem. N. F. Bd. 24 S. .310. 2} Grundzüge der auatom. u. klia. Chemie. Berlin 1886. Phenol. Kresole. 107. I57 Diese 3 Cerebrine spalten bei mehrstündigem Erhitzen auf 1200 mit verdünnter Schwefelsäure Galactosei) ab, welche durch Einengen der filtrirten und von Schwefelsäure befreiten Flüssigkeit leicht krystal- linisch erhalten werden kann. Beim Lösen in concentrirter Schwefel- säm-e und Eintragen der Lösung in kochendes Wasser zersetzen sich die Cerebrine in Ammoniak, eine reducirende Substanz (wahrscheinlich Galactose) und einen mit Wasser kleisterartig quellenden stickstoff- freien, in Aether leicht löslichen, bei 62—63" schmelzenden Körper, von Geoghegan2) Cetylid genannt. Derselbe gab beim Schmelzen mit Aetzkali im Oelbade bis 300" Palmitinsäure. Es wurden gegen 85 pCt. Cetylid aus Cerebrin erhalten. Zu den Cerebrinen können auch die von Hoppe-SeylerS) aus Milz und aus Eiterkörperchen, neuerdings von Kossel^) aus Eiterkörperchen isolirten und von Eossei Pyosin und Pyogenin genannten Stoffe ge- zählt werden. Pyosin enthält C 64,34; H 10,43; N 2,64 pCt. und Pyogenin C 62,62; H 10,45; N 2,47 pCt. Sie krystallisiren in Knollen, zeigen die Löslichkeitsverhältnisse der Cerebrine und spalten beim Erhitzen mit Schwefelsäure ein Kupferoxyd reduch-endes Kohlehydrat ab. Auch aus Spermatozoon hat Kos sei ein Cerebrin erhalten. Aromatische Körper^). Phenol Cg H5 OH und Kresole CH3 C^ H4 . OH. 107. Im freien Zustande finden sich die genannten Hydroxylderi- vate des Benzol in geringen Mengen in faulenden Lösungen von Eiweiss- stoffen, wie Brandjauche, Inhalt des untern Theils vom Dünndarm oder des Dickdarms, auch in Keinculturen mancher Bacterien, bilden sich bei der Fäulniss von Eiweissstoffen oder Tyrosin sowie bei Behandlung der- selben mit schmelzendem Aetzkali, kommen in Spuren fiel im Pferde- harn vor, werden aber ziemlich allgemein in grösserer oder geringerer Menge beim Erhitzen von Harn mit Salzsäure oder verdünnter Schwefel- säure gebildet, indem bei dieser Behandlung ihre im Harn besonders der Pflanzenfresser ziemlich reichlich enthaltenen Aetherschwefelsäuren unter Wasseraufhahme gespalten werden. Der 'grössere Theil der Phenole in Fäulnissgemischen und im Harne besteht aus Parakresol, ') Thierfelder, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 14 S. -209, Thudichum a. a. 0. -) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 3 S. 332. 3J Med. chem. Untersuchungen, Berlin 1871 S. 486. ') a. a. 0. 5) Vergl. B. Baumann, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 6 S. 183. Brieger, ebendas. Bd. '4 S. 204. 158 Phenol und Kresole. 107. der kleinere aus Phenol, ausserdem findet sich im Menschenharn noch Orthokresol. Um die in Flüssigkeiten in freiem Zustande vorhandenen Phenole zu isoliren, destillirt man, bis eine Probe des Destillats beim Kochen mit Millon's Keagens*) nicht mehr roth gefärbt wird. Um auch die als Aetherschwefelsäuren im Harne enthaltenen Phenole zu erhalten, destillirt man mindestens 200 Cbcm. davon mit 50 Cbcm. rauchender roher Salzsäure, bis 50 bis 70 Cbcm. Destillat übergegangen sind. Die in beiden Fällen erhaltenen Destillate, welche ausser den Phenolen noch flüchtige Säuren, Indol u. s. w. enthalten können, werden mit Aetzalkali stark übersättigt und abermals destillirt. Es gehen Ammoniak und Indol über. Durch die rückständige Flüssigkeit wird nach ihrem Er- kalten CO 2 geleitet und dann werden die freige wordenen Phenole ab- destillirt. Das Destillat prüft man mittelst der unten bezeichneten Reactionen. Ist auf Indol, Skatol nicht Rücksicht zu nehmen, so über- sättigt man das erste Destillat mit Natriumcarbonat und destillirt so- gleich die Phenole ab. Für die Trennung von Phenol, Parakresol und Orthokresol hat sich die üeberfübrung dersellten durch concentrirte Schwefelsäure in Sulfonsäuren und Darstellung der Barytsalze derselben bewährt. Die Destillate, welche Phenol und Kresole enthalten, werden hierzu mit Aetzkali stark alkalisch gemacht, eingedampft, dann angesäuert, mit Aether mehrmals ausgeschüttelt, die abgetrennte Aetherlösung ver- dunstet, der Rückstand mit Chlorcalcium getrocknet und destillirt. Die im Destillat erhaltenen Phenole werden darauf mit dem gleichen Ge- wicht concentrirter Schwefelsäure eine Stunde auf dem Wasserbade er- wärmt, dann mit Wasser verdünnt, mit Baryt neutralisirt, filtrirt, bis nahe zur Krystallisation eingedampft und mit überschüssigem concentrirten Barytwasser versetzt. Nach r2stündigera Stehen wird das abgeschiedene basische parakresolsulfonsaure Barium abfiltrirt, das Filtrat durcli CO 2 vom überschüssigen Baryt befreit, filtrirt, auf kleines Volumen abge- dampft, abermals mit concentrirtem Barytwasser gefällt und nach 12 Stunden abfiltrirt. Das Filtrat wird durch einen Kohlensäurestrom von überschüssigem Baryt befreit und die filtrirte Flüssigkeit zur Trockne verdampft, der Rückstand, enthaltend das phenolsulfonsaure *) Das Millon'sche Reagens erhält man nach Millon's Vorschrift (Compt. rend. T. 28 p 40) durch Auflösen von Quecksilber im gleichen Gewicht starker Salpetersäure (1 Aequiv. Nj 0, mit 4'/2 Aequiv. Hj 0. Siedepunkt 115 bis 120°) zunächst in der Kälte, zuletzt unter massigem Erwärmen. Ist das Metall völlig gelöst, so fügt man 2 Vol. Wasser zu 1 Vol. der salpetersauren Lösung, lässt einige Stunden stellen, giesst die Flüssigkeit dann klar vom krystallinischen Nie- derschlag ab. Phenol und Kresole. 107. 159 und das orthokresolsulfonsaure Barium, gewogen. Die Niederschläge von basisch pai-akresolsulfonsaurem Barium werden in Wasser zertheilt, mit CO2 behandelt, filtrii-t. Das Piltrat verdunstet, getrocknet und ge- wogen giebt das Gewicht des neutralen iiarakresolsulfonsauren Barium. Orthokresol ist nur durch Bildung von Salicylsäui-e beim Schmelzen mit Aetzkali nachgewiesen. Dieselbe kann von der beim Schmelzen mit Aetzkali aus dem Parakresol entstehenden Paroxybenzoesäm-e durch Chloroform getrennt werden, da sich nur Salicylsäure löst. Die in "Wasser gelöste und mit verdünnter Schwefelsäure angesäuerte Kali- schmelze der Phenole wird mit Aether ausgeschüttelt, der Verdunstungs- rückstand der Aetherlösung mit Chloroform ausgezogen, filtrirt und verdunstet. Phenol schmilzt bei 42", siedet bei 182,0", löst sich in 15 Theilen Wasser bei gewölmlicher Temperatur, färbt sicli in nicht allzu ver- dünnter wässeriger Lösung mit Eisenchlorid violett; dieselbe Färbung erfahren damit seine sulfonsauren Salze. Parakresol schmilzt bei 36", siedet bei 199", ist schwer löslich in Wasser, wird in wässeriger Lösung von Eisenchlorid blau gefärbt. Orthokresol schmilzt bei 31—31,5", siedet bei 185—186". Reactionen des Phenol und des Parakresol in wässerigen Lö- sungen : 1) Beim Kochen mit Millon's Eeagens entsteht Rothfärbung der Flüssigkeit oder auch rother Niederschlag. Diese sehr empfindliche Eeaction geben fast alle Phenolderivate, welche eine Hydroxylgruppe am Benzolring enthalten (Nasse). 2) Auf Zusatz von Bromwasser zu einer Probe der Lösung ent- steht sofort oder alsbald eine milchige Trübung, dann Niederschlag von gelblichweissen, seideglänzenden Nadeln oder käsigen Flocken, im We- sentlichen Tribromphenol meist enthaltend. Empfindliche Probe. 3) Eine Probe der Flüssigkeit wird durch ein Paar Tropfen ver- dünnter Eisenchloridlösung violett bis blau gefärbt. Die Reaction der Flüssigkeit muss für diese nicht sehr empfindliche Probe völlig neu- tral sein. Zur quantitativen Bestimmung des Phenols und der Kresole sind mehrere Methoden empfohlen. Die früher hauptsächlich benutzte Fäl- lung mit Bromwasser, so lange Niederschlag entsteht, Abfiltriren und Auswaschen, Trocknen über Schwefelsäure und Wägen des Tribrom- phenols kann erhebliche Fehler ergeben.*) Für das Phenol giebt eine *) Seubert, Arch. d. Pharm. 1881 Bd. 1.5 H. .5. Beckurts, ebendas. 1886. Bd. 24 S. 561. Rumpf, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 16 S. 220. 160 Brenzcatechin und Hydrochinoii. 108. Titrirmethode von Koppeschaar-Beckurts nach den Versuchen von Beckurts und von Rumpf gute Resultate. Für das Parakresol ist auch diese Methode ungenügend. Brenzcatechin und Hydrochinon Cj H4 (OH), '}. 108. Brenzcatechin findet sich als Brenzcatechinschwefelsäure sehr liäufig im Menschenharn in kleinen Mengen, reichlicher und regelmässig im Pferdeharn, fehlt aber im Harn von Thieren, die allein mit Fleisch gefüttert sind. Im Pferdeharn ist es auch im freien Zustande enthalten. Halliburton 2) fand es in Cerebrospinalflüssigkeit. Hydrochinon als Hydrochinonschwefelsäure ist nur im Harn von Menschen und Tliieren gefimden, denen Benzol oder Phenol beigebracht war, vielleiclit enthält auch der normale Harn sein- geringe Spuren davon. Resorcin ist in Organismen nicht gefunden. Um aus dem Harne Brenzcatechin und Hydrochinon zu erhalten, wird derselbe stark mit Salzsäure angesäuert, ','2 Stunde auf siedendem Wasser- bade digerirt, nach dem Erkalten mehrmals mit Aether extrahirt. Die Aetherlösungen werden wiederholt mit verdünnter Sodalösung geschüttelt, so lange diese noch gefärbt wird, um die Säuren zu entfernen, dann der Aether abdestillirt, der Rückstand mit gesättigter Lösung von NaCl oder Na 2SO4 versetzt, um Plienol undKresol abzuscheiden, filtrirt, die mit Wasser verdünnte Lösung destillirt, um Phenol und Kresol ganz zu entfernen, nach dem Erkalten mit Aether extrahirt. Beim Verdunsten der ab- gegossenen Aetherauszüge bleiben Brenzcatechin und Hydrochinon als Syrup zurück, der krystalliniscli erstarrt, wenn niclit sehr wenig Hydro- chinon sich darin befindet. Dieser Rückstand in Wasser gelöst wird dann mit Bleiacetat gefällt, so lange Niederschlag entsteht, mit Ver- meidung eines Ueberschusses vom Reagens. Hierdurch wird Brenz- catechin gefällt, Hydrochinon nicht. Der Bleiniederschlag wird in Wasser zertheilt, mit Schwefelsäure zerlegt, mit Aether geschüttelt. Beim Verdunsten der abgegossenen Aetherlösung bleibt Brenzcatechin in kaum gefärbten Prismen zurück, wenn seine Quantität nicht sehr gering ist. Die vom Bleiniederschlag abfiltrirte Flüssigkeit wii-d an- gesäuert und mit Aether extrahirt. Nach dem Verdunsten der abge- gossenen Aetherlösung bleibt bei Anwesenheit von Hydrochinon ein gelber bis brauner Rückstand, der bald krystallinisch erstarrt. Durch ■) E. Baumann, a. a. 0. 2) Journ. of physiol. Vol. 10 p. 232. Indol. 109. 161 ümkrystallisiren aus beissem Benzol oder Toluol wird das Hydrochinon rein gewonnen. Brenzcatechin schmilzt bei 104", siedet ebne Zersetzung bei 245,5" und sublimirt schon vorher zu glänzenden Krystallblättchen. Es löst sich leicht in Wasser, Alkoliol, Aetber, kaltem Benzol, wird durch neutrales Bleiacetat gefällt. Durch Eisencblorid wird seine wässerige Lösung grün, bei nachherigem Zusatz von Natriumbicarbonat oder Am- moniak violett gefärbt. Mit salpetersaurem Silber und etwas Ammoniak tritt Eeduetion von Silber ein, ebenso wird Fehlingsche Lösung beim Erwärmen reducirt. Durch Aetzalkali werden seine Lösungen unter Braunfärbung zersetzt. Hydrochinon schmilzt bei IGO", löst sich 1 Theil in 17 Theilen Wasser bei 15", leicht in Alkohol oder Aetber, sehr schwer in kaltem Benzol. Es wird durch oxydirende Substanzen, z. B. beim Kochen mit Eisenclilorid, in Chinon verwandelt, dessen eigenthümlicher starker Ge- ruch es leicht erkennen lässt. Das Chinon sublimirt schon bei gewöhn- licher Temperatur und bildet goldgelbe Prismen. Wässerige Lösung von Hydrochinon reducirt Silber aus Silbernitratlösung sogleich in der Kälte und wird durch Ammoniak braun gefärbt. Erhitzt man eine kleine Portion Hydrochinon im offenen Probirrohre, so färbt sich das Sublimat indigblau. Mit Millon's Reagens werden Lösungen von Hydrochinon in der Kälte gelb gefärbt; nach kurzer Zeit entsteht ein gelber Niederschlag, der sich beim Erhitzen ziegelroth färbt. Indol C, ft, N = C, H, ./ ^5 ;^ C H. 109. Indol wurde zuerst vonBaeyer') durch Destillation der Pro- ducte starker Eeduetion von Indigo oder Isatin mit Zinkstaub, darauf durch Schmelzen von Orthonitrozimmtsäure mit Aetzkali unter Zusatz von Eisenfeilspähnen, dann von Baeyer und Caro^) reichlicher beim Durchleiten von Orthodiäthyltoluidin durch ein glühendes Eohr, ausser- dem durch mehrere andere Eeactionen'^) gewonnen. Von Kühne*) und von Nencki^) wurde Indol meist neben Skatol durch Fäulniss von Ei- ') Ann. Chem. Pharm. Bd. 140 S. 295 und Supplbd. 7 S. .56. Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 1 S. 17 u. Bd. 3 S. 885. 2) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 10 S. 1262. 3) Mauthner u. Suida, Monatshefte f. Chem. Bd. 10 S. 250. Filetti, Gazz. chim. Vol. 13 p. 378. Berlinerblau, Monatshefte f. Chem. Bd. 8 S. 180 etc. ') Ber. d. deutsch, chem. Ges. Bd. 8 S. 206. •■) Ebendas. Bd. 8 S. 336. Hoppe-Seyler, Analyse. 6. Änfl. 11 162 indol. 10;». Weissstoffen oder Sclimelzen derselben mit Aetzkali erhalten. In Fäces lind Darminhalt von Menschen und Thieren findet sich Indol entweder neben Skatol oder ohne dasselbe sehr liäufig und ist im Darmcanal offenbar dmxh Fäulnissprocesse gebildet '), scheint jedoch eben so wenig wie Skatol hierbei direct aus den EiweisstofFen zu entstehen, sondern erst durch Zersetzung einer in alkoliolhaltigem Aether löslichen Sub- stanz-). Aus Tyrosin und seinen Derivaten ist es noch nicht gelungen Indol darzustellen. Zur Darstellung von Indol werden nach E. und H. Salkowski^) 2 Kilo gut abgepresstes Fibrin in einem 12 Liter fassenden Kolben mit 8 Liter Wasser, dem 2 gr KH., PO4 und 1 gr MgS04 zugesetzt sind, und 200 Cbcm kalt gesättigter Lösung von Natriumcarbonat ge- mischt, dann mit einigen Cbcm Fleischmaceration und einigen Fleisch- stückchen versetzt. Den Kolben schliesst man mit einem Kork, welcher in der Bohrung eine Glasröhre mit aufgesetztem Gumraischlauch trägt. Der Schlauch steht mit einer Waschflasche in Verbindung und trägt eine Klemme, die in den ersten Tagen etwas geöffnet bleibt. Man digerirt bei 42 <> unter zeitweise vorgenommenem Umschütteln. Sobald die Gasentwickelung nachlässt, wird die Klemme geschlossen. Nach 5 — 6 Tagen wird die Mischung direct destillirt, bis der Kückstand noch 1 — IV2 Liter beträgt. Das stark ammoniakalische Destillat wird in Salzsäure aufgefengen, zur Entfermmg von Schwefebramonium und zur Klärung mit etwas Kupfersultät versetzt, filtrirt und mit Aether aus- geschüttelt. Die ätherische Lösung wird bis auf V2 Liter abdestillirt, zweimal mit Natronlauge stark geschüttelt, um Plienol und Säuren zu entfernen und dann bei niederer Temperatur vollständig abdestillirt. Der zurückbleibende ölige Rückstand wird mit etwas Natronlauge versetzt und, um die letzten Reste von Phenol und Säuren zu entfernen, im Wasserdamptstrom destillirt, bis kein Indol mehr übergeht. Das Destillat wii'd wieder mit Aether geschüttelt; beim Verdunsten der ätherischen Lösung hinterbleibt das Indol zusammen mit Skatol als krystallinische Masse. Ausbeute ungefähr 3 gr. Indol. üeber die Trennung von Indol und Skatol siehe den folgenden Paragraphen. Indol krystaUisirt in Blättchen aus heisser wässeriger Lösung, in grossen atlasglänzenden Blättern aus Ligroin. Schmelzpunkt 52", Siede- punkt 245 — 246", es siedet nicht ohne Zersetzung, verflüchtigt sich leicht ') Tappeiner, ebendas. Bd. 14 S. 2.382. Ueber Indol bildende Bacterien vergl. Lewandowski, D. med. Wochenschr. 1890. S. 1186. ^) Baumann, Ber. d. deutsch, ehem. üesellsch. Bd. 13 S. 284. 3) Zeitschr. f physiol. Chemie Bd. 8 S. 462. Skatol. 110. 263 mit Wasserdämpfen. Die Dämpfe haben eigenthümlichen widerliclieii Geructi. Es löst sich ziemlich leicht in heissem, weniger in kaltem Wasser, ist leicht löslich in Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol, Ligroin und wird dui-ch die letztere Flüssigkeit beim Schütteln damit wässerigen Lösungen des Indol entzogen. Es verbindet sich mit concentrirten, nicht mit verdünnten Säuren, mit concentrirter Salzsäure giebt es Verbindung, welche beim Kochen mit Wasser zersetzt wird ; es verhält sich wie eine schwache Base. Bringt man in Benzol gelöstes Indol mit Pikrinsäure zusammen, so verbinden sie sich zu gleichen Molecülen und diese Ver- bindung scheidet sich in langen rothen, stark glänzenden, in kaltem Benzol oder Ligroin schwer löslichen Krystallen ab, die aus heissem Benzol gut umkrystallisirt werden können. Zur Gewinnung de^ Indol zerlegt man die Pikrinsäureverbindung durch Ammoniak, destilürt ent- weder im Wasserdampfstrome ab oder schüttelt die Lösung mit Ligroin aus, welches beim Verdunsten das Indol schön krystallisirt zurücklässt. Beim Erhitzen mit massig starken Aetzalkalilaugen wird es nach Sal- kowski wenig oder garnicht zersetzt. Keactionen: I) Mit Salpetersäm-e, die salpetrige Säure enthält, giebt Indol eine noch bei sehr starker Verdünnung gut erkennbare Eoth- färbung. Ist die Verdünnung nicht sehr bedeutend, so scheidet sich dann bald ein rother Niederschlag von salpetersaurem Nitrosoindol, CißHij (N0)N2, HNO3 nach Nenckii) aus, der sich sehr wenig in Wasser, leicht in Alkohol, gar nicht in Aether löst, sehr zersetzlich ist und trocken erhitzt verpufft. 2) Ein mit starker Salzsäure befeuchteter Fichtenspahn wird durch Indol in alkoholischer Lösung in kurzer Zeit kirschroth gefärbt. 3) Indollösung mit Nitroprussidnatriumlösnng bis zur Gelbfärbung versetzt färbt sich auf Zusatz einiger Tropfen Natronlauge tief violett- blau; auf Zusatz von Salzsäure oder Essigsäure wird die Farbe dann rein blau. 2) /C-CH3 Skatol r. Hg N = Ce H4 ==5CH. 110. Das Skatol (Pr. 3. Methylindol) ist von BriegerS) als Be- standtheil der menschlichen Fäces erkannt und seitdem häufig im Darm- inhalte von Menschen und Thieren neben Indol aufgefunden. Es bildet 1) Bor. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 8 S. 723. ^j Reaction von Legal, vergl. Salkowski, Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 8 S. 447. 3) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 10 S. 1027. 11* 164 Skatol. 110. sich neben Indol beim Schmelzen von Eiweissstoifen mit Aetzkali,i) eben- so bei der Fäulniss der Eiweissstoffe.2) Aus 8 Tage lang gefaulter Ge- Wrnmasse erhielt Nencki Skatol neben Spuren von Indol. Baeyer^) erhielt Skatol neben Indol bei Destillation der Reductionsprodiicte von Indigo blau mit Zinkstaub. Synthetisch ist von E. Fische r^) Skatol darge- stellt durch Vermischen der Verbindung von Propionaldeliyd und Phenyl- hydrazin mit dem gleichen Gewicht Chlorzink, Erhitzen, nachdem die heftige Eeaction vorüber ist, noch 2 Minuten lang auf 180" und Destil- lation im Wasserdampfstrom, Aufnahme durch Ausschütteln und üm- krystallisiren in Ligroin. Das Skatol krystallisirt ähnlich dem Indol in farblosen Blättchen, schmilzt bei 95", Siedepunkt 265 — _'(i6", hat stechenden Fäcalgeruch, löst sich schwerer in Wasser als Indol, geht aber noch leichter bei der Destillation mit den Wasserdämpfen über als Indol, löst sich leicht in Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol, vereinigt sich mit Salzsäure zu krystallisirter Verbindung (C, H.jN)., HCl, welche in Alkohol leicht lös- lich, in Wasser sowie Aether unlöslich ist. Seine Lösung in Benzol mit gleichfalls in Benzol gelöster Pikrinsäure versetzt, giebt krystal- linischen Niederschlag der pikrinsauren Verbindung, wie Indol. Beim Erhitzen mit massig verdünnter Natronlauge wird Skatol nicht zersetzt. Eeactionen: 1) Mit salpetrige Säure enthaltender Salpetersäure giebt Skatol in wässeriger Lösung keine Rothfärbung, sondern weissliche Trübung. 2) Es löst sich in concentrirter Salzsäure mit violetter Farbe. 3) Ein mit Salzsäure befeuchteter Fichtenspahn wird durch Skatol- lösung in Wasser oder Alkohol nicht roth gefärbt'; wird dagegen ein mit Skatol in heisser alkoholischer Lösung getränkter Fichtenspahn in kalte starke Salzsäure getaucht, so färbt er sich zunächst kirschroth, die Farbe geht nach einiger Zeit in ein dunkles Violett über. Die Reaction ist nicht so empfindlich wie bei Indol. (E. Fischer»). 4) Auf Zusatz von Nitroprussidnatrium und Natronlauge färbt sich Skatollösung intensiv gelb; versetzt man dann mit ^/a Volumen Eisessig, I) Nencki, Journ. f. prakt. Chem. N. F. Bd. 17 S. 97. -) Nencki, Centralbl. f. il. med. Wiss. 1878 No. 47 u. Zeitschr. f. pliysiul. Chem. Bd. 4 S. 371 u. Jourii. f. prakt. Cliem. N. F. Bd. U) S. 466. E. u. H. Salkowski, Ber. d. deutsch, chem. Ges. Bd. 12 S. 651. Brieger, ebendas. Bd. 12 S. 1985, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 4 S. 414 u. Journ. f. prakt. Chem. N. F. Bd. 17 S. 124. ■') Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 13 S. 2339. ') Ebendas. Bd. 19 S. 1563 u. Ann. Chem. Pharm. Bd. 236 S. 137. ") a. a. (). in den Annal. ludoxyl. 111. 1(55 erhitzt zum Sieden und erhält darin einige Minuten, so färbt sich die Flüssigkeit allmälig violett. (Salkowski.)>) 5) Beim Erwärmen mit Schwefelsäure entsteht eine prachtvolle purpurrothe Färbung. (Ciamician und Magnanini.)^) Zur Trennung des Skatol vom Indol benutzt man seine geringe Löslichkeit in Wasser, leichtere Fällbarkeit bei Zusatz von Wasser zur alkoholischen Lösung und leichteres üebergehen bei dem Destilliren mit Wasserdampf. Bei der Destillation der Pikrinsäureverbindungen mit Natronlauge geht Skatol unverändert in das Destillat über, Indol nicht. 3) Indoxyl Ca Hg N, OH. 111. Indoxyl wurde von Baumann und Brieger*) durch Zer- legung von indoxylschwefelsaurem Kali (aus Hundeharn nach Indol- fütterung erhalten), mit Salzsäure als bald sich zersetzende ölige Streifen und Tropfen darsgestellt, dann von Baeyer») aus Indoxylsäure durch Erhitzen bis zu ihrem Schmelzpunkt oder Kochen mit Wasser unter Kohlensäureentwickelung gewonnen. Das Indoxyl ist sehr zersetzlich, entwickelt mit verdünnten Säuren einen unangenehmen Geruch und wandelt sich in eine amorphe, rothe Substanz um. In concentrirter Schwefelsäure oder Salzsäure ist es beständiger. Seine Lösung giebt bei Zusatz von Eisenchlorid und Salzsäure schon in der Kälte Indigblau, ebenso oxydirt es sich in alkalischer Lösung besonders bei Zusatz von Ammoniak bis zur alkalischen Keaction an der Luft zu Indigo. Bei Zusatz von Natriumcarbonat und Isatin bildet sich Indirubin. Eine con- centrirte Lösung von Indoxyl in Kalilauge mit pyroschwefelsaurem Kali behandelt, bildet indoxylschwefelsaures Kali. Alkalische Lösung von Indoxyl lässt allmälig an der Luft Indigblau entstehen. Mit Eisenchlorid ohne Säurezusatz giebt es eine weisse amorphe Substanz, welche mit Salzsäure sofort Indigo entstehen lässt. Skatoxyl C^HsN, OHß) entsteht wahrscheinlich bei Spaltung der im menschlichen Harne vorkommenden Skatoxylschwefelsäure durch Säuren und giebt hierbei einen rothen Farbstoff, der mit Zinkstaub er- hitzt Skatol liefert. ') Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 8 S. 448. 2) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 21 S. 1928. 3) Ebendas. Bd. 13 S. 2339. *) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 3 S. 254. ^) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 14 S. 1744. •*) Brieger, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 4 S. 414. Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 10 S. 1031. IC)6 Indinibin. 112. Indiriibiu ('leHioNoOj. 112. Das Indinibin'), isomer mit Indigblau, findet sich im käuf- lichen Indigo, bildet sich neben Indigblau bei der Zersetzung von In- doxylschwefelsäure (und Indoxylglucuronsäure) im Harne durch Salz- säure und massiger Oxydation und ist im reinen Zustande in braun- rothen, glänzenden Nadeln von Baeyer^) erhalten durch Einwirkung von Indoxyl auf Isatin in Alkohol bei Zusatz von Natriumcarbonat, früher bereits reichlich durch Eeduction von Isatincblorid mit Zinkstaub dargestellt. Auch aus Isatin entsteht es durch Reduction. Indigoblau seht bei der Sublimation zum Theil in Indirubin über. In reinem Zustande wurde es aus käuflichem Indigo sowie aus dem Harn zuerst von Rosin') isolirt. Aus dem Harn gewinnt man es nach Rosin in folgender Weise: Etwa 300 Liter von gpcignetcm Harn (Darmkranheiten , Pfprdeharn) werden portionsweise (zu 5 Litern) mit basischem Bleiacetat vollständig ausgefällt und filtrirt. Das Filtrat wird mit Salzsäure versetzt, wieder filtrirt, mit soviel Salpeter- säui'e versetzt, dass auf ein Liter Flüssigkeit etwa '20 gr Salpetersäure kommen, und sofort in grossem Kolben bis nahe zum Sieden erhitzt. Wenn die Farbe duukelkii-schroth geworden ist, kühlt man rasch ab und fügt Soda in Substanz bis zur schwach sauren Reaktion hinzu. Die Flüssigkeit trübt sich, der Farbstoff fällt aus und wird durch ein mehrfach zusammengelegtes Filter, welches so gross sein soll, dass sämmtliche Harnportionen nach einander filtrirt werden können, abfiltrirt. Indigoroth, Indigoblau und einige andere Farbstoffe bleiben auf dem Filter, das Filtrat ist ganz frei von Indigoroth. Der Rückstand wird mit kohlensaurem Natron und Wasser gewaschen, getrocknet und darauf mit Chloroform am RückHussfühler auf dem Wasserbad ausgekocht, bis sich dasselbe nicht mehr schön duukelpurpurn, sondern blau färbt. Die abfiltrirten und vereinigten Chloroformauszüge werden abdestillirt und zwar soweit, bis das Indigoroth (verbunden mit etwas Indigoblau) ausfällt. Jetzt lässt man erkalten, filtrirt das ausgefallene Indigoroth ab und wäscht mit kaltem Chloroform nach, bis alle brauneu Verunreinigungen möglichst entfernt sind und das Filtrat schon purpurfarben abläuft. Der Rückstand, welcher immer noch Indigoblau und Spuren von braunen Verunreinigungen enthält, wird so lange mit immer neuen Mengen Aether am Rückflusskühler gekocht, als noch Indigoroth in Lösung geht. Die vereinigten Aetherliisungen destillirt man ab, bis sich Krystalle abzuscheiden beginnen, filtrirt nacli 24 Stunden und krystallisirt noch einmal um. Die Ausbeute beträgt kaum 1 gr. Indirubin krystallisirt in verzweigten Nadeln oder rhombischen Blättchen, es löst sich leicht in Alkohol, Aether, Benzol, Chloroform, besonders leicht in heissem, Eisessig und wird aus der essigsauren Lö- sung durch Wasser und Natriumcarbonat gefällt. Beim Verdünnen der alkoholischen Lösung mit Wasser scheidet es sich in krvstallinischen >) Seh unk, Mem. of Manchester Phil. Soc. 2. Ser. T. 14 p. IS.'i. 2| Ber. d. deutsch, ehem. Gesellscb. Bd. 12 S. 457 u. Bd. 14 S. 1745. 3) Arch. f pathol. Anat. Bd. 123 S. .519. Indigblau. 113. 167 Flocken aus. Es widersteht der Oxydation kräftiger als Indigblau. Mit Traubenzucker in alkalischer Lösung erwärmt geht es in Indirubinweiss über, mit concentrirter Schwefelsäure bildet es Indirubinsulfosäure. Beim Erhitzen auf 295—310" sublimirt es unter Bildung von violettrothen Dämpfen. Bei der spectroskopischen Untersuchung zeigen alkoholische Lösungen des Indirubin einen Streifen im Grünen. Um freies Indirubin im Harn nachzuweisen, neutralisirt man denselben mit Natriumcarbonat, schüttelt mit Aether aus und verdunstet den roth gefärbten Aether im Schälchen. Der Rückstand muss sich in Alkohol mit schön rother Farbe lösen und die alkoholische Lösung muss mit etwas Soda und Traubenzucker erwärmt farblos werden, beim darauffolgenden Schütteln mit Luft die rothe Farbe wieder annehmen (Rosin). ludigblau Cjs H,o Jf 2 0^. 113. Als Oxydationsproduct von Indoxyl findet sich Indigblau hier und da an der Oberfläche von faulendem Harn abgeschieden als kupfer- roth metallisch glänzendes, dünnes Häutchen. Es bildet sich ferner nicht selten nach Zusatz starker Mineralsäuren zum Urin, besonders Pferdeharn und wird gewöhnlich aus dem Harne erhalten durch Zusatz des gleichen Volumen einer etwas Chlor oder Eisenchlorid enthaltenden Salzsäure, indem hierdurch die im Harne vorhandene Indoxylschwefel- säure gespalten und das Indoxyl sogleich zu Indigblau oxydirt wird. Käuflicher Indigo, aus Pflanzen dargestellt, entsteht auf unbekannte Weise, doch entschieden gleichfalls durch eine Oxydation aus einer im Pflanzenreiche weit verbreiteten Substanz, die mit Indoxylschwefelsäure nicht übereinstimmt. Auf sehr verschiedene Weise kann Indigblau aus Indolverbindungen dargestellt werden. Es bildet sich durch Einwirkung von Indigweiss C16H12N2O2 auf indifferenten Sauerstoff unter Austritt von Wasser. Es entsteht ferner durch Einwirkung von Ozon auf Indol in geringer Menge, ausserdem durch Einwirkung reducirender Stoffe auf Isatin, Amidooxin- dol, Isatinchlorid u. s. w. Orthonitrophenylpropiolsänre in verdünnter Natronlauge oder Lösung von Aetzbaryt oder Natriumcarbonat zum Sieden erhitzt und mit etwas Traubenzucker oder Milchzucker versetzt, giebt Abscheidung von krystallinischem Indigblau*). Ebenso bildet sich Indigblau durch Condensation von o-Nitrobenzaldehyd mit Aceton in *) Ad. ßaeyer, Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 11 S. 1228 u. 1296, Bd. 12 S. 4.16, Bd. 13 S. 2258; ferner Bd. 14 S. 1741. Sommaruga, ebendas. Bd. 11 S. 1355. 168 Indigblau. 113. alkalischer Lösung'), durch Schmelzen von PhenylglycocoU mit Aetz- kali^) und auf manche andere Weise. Dasselbe ist unlöslich in Wasser, Alkohol, Aether, verdünnten Säuren und Alkalien, sehr wenig löslich in Chloroform, löslich in heissem Anilin mit blauer Farbe, in geschmolzenem Paraffin mit jjurjiurrother Farbe und kann aus beiden Lösungsmitteln krystallisirt erhalten werden ; aus heissem Terpentinöl krystallisirt es in schönen blauen Tafeln. Gegen 300" verflüchtigt es sich, bildet schön purpurroth gefär))ten Dampf und schlägt sich an kühleren Stellen in prismatischen Krystallen wieder nieder, die kupferrothen Metallglanz zeigen und im durchfallenden Lichte tief blau erscheinen. Beim Subli- miren zersetzt sich ein Theil des Indigo zu Kohle, CO2 und Anilin. Mischt man feinpulveriges Indigblau mit Eisenvitriol, überschüssigem gelöschten Kalk und ausgekochtem Wasser in einer ganz damit ge- füllten Flasche und lässt stehen, so geht es in Indigweiss über, lässt man dann die mit Heber klar abgezogene Lösung ruhig an der Luft stehen, so scheidet sich Indigblau wieder ab. Auch durch IVIischung in verschlossener gefüllter Flasche von Indigblau mit heissem AlkoJiol, sehr starker Natronlauge und etwas Traubenzucker erhält man Indig- weiss. Beim Stehen dieser ilischung an der Luft scheidet sich Indigo in Krystallen aus. Ein oder mehrere Atome Wasserstoff in der Benzol- gruppe des Indiglilau können ohne wesentliche Aenderung der Farbe durch andere Atome oder Atomgruppen (15r, NHo, SOo H) substituirt werden, während die Anlügung von 2 Atomen Wasserstoff an die chinonähnlich angefügten und mit einander verliundenen Sauerstoffatome sofort die blaue Farbe verschwinden lässt. unter den Snbstitutions- producten des Indigo sind von besonderer Wichtigkeit die Indigblau- schwefelsäure CjfiH.gNoO.,, (SO.tH)., und Fhönicinschwefelsäure CifiHi, N2O2, SO3H, welche beide durch Erwärmen von pulverigem Indigblau mit concentrirter Schwefelsäure und Eintragung der Lösung in Wasser dargestellt werden. Die Fhönicinschwefelsäure scheidet sich aus der sauren Lösung in Flocken aus, löst sich aber in destillirtem Wasser. Die Lösungen dieser Sulfosäuren geben ihren Farbstoff an eingelegte Wollenfäden ab, werden beim Erhitzen mit Salpetersäure entfärbt, mit etwas Traubenzucker und Natriumcarbonat im üeberschusse versetzt, beim Kochen entfärbt (Bildung von Indigweissschwefelsäure), beim nach- herigen Schütteln mit Luft wieder blau gefärbt. Die Lösungen der Indigblau- und der Fhönicinschwefelsäure und ihrer Alkaliverbindungen absorl)iren sehr kräftig das Licht zwischen den Frauenhofer'schen Linien 1) Baeyer u. Drewsen, Ber. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 16 S. 2205. -) Heumann, ebendas. Bd. 23 S. 3043. Skatolcarbonsäure. 114. Iß9 C und D; nahe vor letzterer Liniengruppe und bei hinreichender Dicke der Schicht greift der Absorptionsstreifen über D nach dem Gelbgrün hinüber. Zum Nachweis von Indigblau eignet sich besonders die Sublimir- barkeit und Bildung purpurrother Dämpfe beim starken Erhitzen im trocknen Probirrohr, das beschriebene Verhalten gegen stark alkalische Traubenzuckerlösung, Wiederblaufärbung der Mischung beim Schütteln mit Luft, Löslichkeit des Indigblau beim Erwärmen mit concentrirter Schwefelsäure und das geschilderte Verhalten der wässerigen Lösung dieser Mischung. Um diese Proben anzustellen, sammelt man den zu prüfenden Farbstoff auf einem in die Trichterenge dicht eingesetzten Asbestpfropf an Stelle des Papierfilters, wäscht mit Wasser, dann mit Alkohol (Lösung des fast stets zugleich vorhandenen Indirubin), trocknet und benutzt Theile dieses Pfropfes zu den Reactionen. Ein dem Indigoblau vielleicht entsprechender Farbstoff, der sich etwa zum Skatoxyl ebenso verhält, wie das Indigoblau zum Indoxyl, wurde von Briegeri) und von Mester^) aus dem Harn von Hunden, denen Skatol beigebracht war, erhalten. Er ist in diesen Harnen in Form eines Chromogens zu finden, welches jedenfalls nur zum Theil Skatoxylschwefelsäure ist, und bildet sich aus demselben unter Einwirkung starker Salzsäure jedenfalls durch Oxydation. Er ist amorph, löst sich in Salzsäure und Schwefelsäure mit kirschrother, in Alkalien und in Ammoniak mit gelber, in Alkohol mit dunkelvioletter Farbe. Er ist unlöslich in Wasser; frisch ausgeschieden löst er sich in Aether, einige Zeit an der Luft aufbewahrt nur wenig in Aether. Bei der Reduction mit Zinkstaub liefert er Skatol. Skatolcarbonsäure t ', Hj N, CO2 H. 114. wurde zuerst von E. u. H. Salkowski-^) aus längere Zeit gefaul- tem Fibrin und anderen Eiweissstoffen (in 1 Fall aus 2 Kilo feuchten Fi- brins nach 26tägigem Faulen 1,3 gr) erhalten. Ihr Vorkommen im Harn ist wahrscheinlich, aber noch nicht bewiesen.*) Zu ihrer Darstellung werden die gefaulten Massen im Wasserdampfstrome destillirt zur Ent- fernung der fetten Säuren, darauf die ausgeschiedenen harzigen Massen abfiltrirt. Nach 24 stündigem Stehen tritt Abscbeidung weisser Körnehen der Skatolcarbonsäure ein. Durch Einkochen der Mutterlauge auf die 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 4 S. 418. 2) Ebendas. Bd. 12 S. 130. 3) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 13 S. 2217. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9 S. 8. ^) Baumann, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 13 S. 284. 170 Skatolessigsäiire. 115. Hälfte ist noch eine zweite Absclieidung von Skatolcarbonsäure zu er- halten; ein Theil bleibt indessen stets in Lösung. Dieser Theil geht beim Ausschütteln mit Aether in diesen über zusammen mit den aro- matischen Oxysäuren, während Bernsteinsäure zum grössten Theil zurück- bleibt, resp. sich beim Concentriren der ätherischen Lösung abscheidet. Aus dem Ruckstande der ätherischen Lösung die Skatolcarbonsäure zu isoliren, gelingt nur durch Behandeln mit lauwarmem Wasser, in dem die Oxysäuren sich lösen, die Skatolcarbonsäure zum Theil ungelöst bleibt. Zur Reinigung löst man die erhaltene Rohsäure zunächst in Aether, verdunstet und krystallisirt den Rückstand aus hcissem Wasser oder heissem Benzol. Die Skatolcarbonsäure erscheint als in Alkohol und Aether leicht^ in Wasser wenig lösliche Krystallblättchen vom Schmelzpunkt 164". Beim höheren Erhitzen zerfällt sie in Kohlensäure und Skatol. Unreine wässerige Lösungen zersetzen sich schon beim Verdampfen. Reactionen: 1) Versetzt man eine Lösung der Säure (1 : 1000) mit einigen Tropfen reiner Salpetersäure von 1,2 spec. Gew., dann mit wenigen Tropfen Kaliumnitrit (2 pCt.), so färbt sich die Lösung ziem- lich schnell kirschroth und trül)t sich dann unter Ausscheidung eines, rothen Farbstoffs. ') 2) Versetzt man sie mit dem gleichen Volumen Salzsäure von 1,2 spec. Gew., dann mit einigen Tropfen Chlorkalklösung (1— 2pCt.), so färbt sie sich allmälig purpurroth. 'j 3) Versetzt man sie mit einigen Tropfen Salzsäure, dann mit 2 — 3 Tropfen einer ganz verdünnten Eisenchloridlösung und erhitzt, so färbt sich die Mischung noch vor dem Sieden intensiv violett, i) Synthetisch ist Skatolcarbonsäure dargestellt durch Erhitzen des in alkoholischer Schwefelsäure gelösten Hydrazins der Propionylameisen- säure^) und durch Erhitzen von Skatol und metallischem Natrium im COo ströme •''i, doch bat diese synthetisch dargestellte Skatolcarbonsäure nicht die von Salkowski angegebenen Reactionen gegeben. /C.CH3 Skatolessigsäure Cf, H^ ==7C . CH, . f (»^ H. 115. Diese Verbindung ist von Nencki unter den Producten der Zersetzung von Serumeiweiss durch anaerobe Spaltpilze gefunden,'') am ') Salkowski, Zeitschr. f. physiol. Chern. Bd. 9 S. 24. Weitere Reactionen siehe Salkowski, ebendas. Bd. 12 S. 216, 218, 220. '-) Wislicenus u. Arnold, Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 20 S. 3394. ^) Ciamician u. Magnanini, ebendas. Bd. 21 S. 1925. *} Monatshefte f. Cheni. Bd. 10 S. 506. Aromatische Aetherschwefelsäuren. 116. 171 reichlichsten trat sie nach 3— 4 wöchentlicher Gährung von Eiweiss mit Kauschbrandbacillen auf. Die Darstellung geschah in folgender Weise: Die Massen wurden mit Oxalsäure versetzt und destillirt, der Destillationsrückstand noch heiss filtrirt und eingedampft. Nach Abtrennung der ausgeschiedenen Oxalsäure u. s. w. wurde mit Aether extrahirt, der Kückstand der Aether- auszüge mit überhitztem Wasserdampf destillirt, wobei Fettsäuren und Phenylpropionsäure übergehen, während Hydroparacumarsäure und Skatol- essigsäure zurückbleiben. Die letztere ist in Wasser weniger löslich als Hydroparacumarsäure und kann durch ümki-ystallisiren von dieser ge- trennt werden. Sie krystallisirt in Prismen und unregelmässig gezackten 6 seifigen Tafeln, ist in kaltem Wasser wenig löslich, leichter in heissem, über- haupt leichter löslich als die Skatolcarbonsäure; in Alkohol und Aether, ebenso in verdünnter Essigsäure ist sie leicht löslich. Schmelzpunkt 134". Die wässerige Lösung giebt mit Eisenchlorid eine weissliche Trübung, die beim Erwärmen ziegelroth, in concentrirteren Lösungen feuerroth bis kirschroth wird. Versetzt man eine Lösung mit con- centrirter Kaliumnitritlösung und säuert dann mit Essigsäure an, so bildet sich [alsbald ein gelbes Krystallmagma der Nitrosoverbindung C,, H7 (NO) N, C2 Hg Oo (Reaction auf Skntolessigsäure), welche bei 1 35 " unter Zersetzung schmilzt. Aromatische Aetherschwefelsäuren. 116. Aetherschwefelsäuren aromatischer Hydroxylverbindungen treten im Harne auf, wenn die letzteren (Phenol, Kresol u. s. w.) in das Blut entweder durch Resorption vom Darme her oder durch die Haut oder nach Injection unter die Haut eingebracht sind, oder in den Organis- mus Stoffe gelangt sind, die in ihm zu solchen Hydroxylverbindungen umgewandelt werden (Benzol, Indol, Paroxybenzoesäure, Tyi-osin u. s. w.). Die durch Fäulnissprocesse im Darmcanal gebildeten Phenol, Kresol, Indol, Skatol treten als Aetherschwefelsäuren im Harne auf; auch im menschlichen Schweiss finden sich aromatische Aetherschwefelsäuren. ') Diese aromatischen Aetherschwefelsäuren werden aus dem Harne erhalten als Kaliumverbindungen, synthetisch dargestellt durch Ein- wirkung von pyroschwefelsaurem Kalium auf die Kaliumverbindung der Paarlinge z. \'-. Cg H5, OK + K., So 0^ = C« H5 0, SOo, OK + K., SO4. Sie wurden zuerst aufgefunden, dargestellt und synthetisch ge- 1) Käst, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 11 S. 501. 172 Phenolschwefelsäure. 117. bildet von Baumann.*) Die freien Aethei säuren sind seiir unbeständig, selbst die krystallisirten Salze zersetzen sich leicht allmälig an feuchter Luft. Bei 150 — IGO^ gehen viele derselben durch Umlagerung in die Salze der isomeren und beständigeren Sulfosäuren über z. B. CrHjO, I OH SO2, OK = C,., H4 1 „„ „ In Wasser sind die Salze dieser Aether- säuren leicht, in heissera Alkohol schwer, in kaltem absoluten Alkohol gar nicht löslich. Kochen mit stark alkalischen Lösungen zersetzt sie wenig oder gar nicht, dagegen zersetzen sie sich beim Erhitzen mit Wasser über 100" sehr bald. Päulniss greift sie schwierig oder gar nicht an, kurzes Erhitzen mit verdünnten organischen Säuren zerlegt sie nicht bemerkbar, dagegen werden sie durch Kochen mit Mineralsäuren schnell unter Betheiligung von je 1 ]\lol. H, 0 für jedes Aequivalent ab- gespaltener Säure zu Hydroxylverbindung und saurem schwefelsauren Salz zersetzt. Es krystallisiren ihre Kaliurasalze in rhombischen Tafeln ähnlich dem Cholesterin. Pheuolschwefelsäiire C6H.„S0,H. 1 L7. Geringe Mengen von phenolschwofelsaurem Kalium finden sich stets im Harne von Pferden, sehr häufig in sehr geringen Mengen auch im Harne von Menschen, Hunden, reichlich im Harne von Menschen und Thieren, denen Phenol auf die Haut oder in Wunden oder in den Darm gebracht ist, auch bei energischer Fäulniss im Darme, besonders nach Einbringung von Tyrosin. Zur Darstellung dieses Kaliumsalzes werden nach Baumann 8 — 10 Liter Harn von Hunden, denen täglich mehrere Gramme Phenol beigebracht sind, zum Syrup verdunstet und der Eückstand mit 96 procentigem Alkohol aufgenommen, das alko- holische Filtrat kalt mit einer Lösung von Oxalsäure in Alkohol ver- setzt, so lange Niederschlag entsteht, nach 10 Minuten filtrirt, mit Aetz- kali bis zur schwach alkalischen Keaction versetzt, filtrii-t und der beim Verdunsten erhaltene Syrup recht kalt, am Besten unter 0" stehen ge- lassen. Von der sich abscheidenden blättrigen Krystallmasse wird die Mutterlauge abgesaugt und die Krystalle aus kochendem Alkohol um- krystallisirt. Synthetisch erhält man phenolschwefelsaures Kalium durch Zu- sammenbringen von 100 Theilen Phenol mit 80 bis 90 Theilen Wasser und 00 Theilen Aetzkali in einem geräumigen Kolben, Mischung der •) Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 12 S. G9, Bd. 13 S. 285. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 1 S. 60, Bd. 2 S. 335, Bd. 3 S. 250. Baumann u. Herter, ebendas. Bd. 1 S. 244. Baumann, ebendas. Bd. 6 S. 183. Kresolschwefelsäure. 118. 173 Masse und Zusatz von 125 Theilen feingepulvertem Kaliumpyrosulfat allraälig in kleinen Portionen, sobald die Mischung bis auf 60 — 70° er- kaltet ist. Man digerirt bei 60 — 70" 8—10 Stunden unter häufigem ümschütteln, extrahirt dann die Masse mit siedendem 95procentigem Alkohol, filtrii't und kiystallisiit das sich als Krystallbrei ausscheidende phenolschwefelsaure Kalium aus heissem Alkohol um. Die Ausbeute be- trägt 25 — 30 pCt. von der Menge des angewendeten Phenols. Die Ke- action verläuft bei 60— 70^ am schnellsten. Die Färbung der Flüssig- keit soll bei derselben eine grünliche sein und nie saure ßeaction ein- treten (gelbrothe Färbung), da sich sonst die gepaarte Schwefelsäure zersetzt. Aus warm gesättigtem Weingeist krystallisirt das Salz beim Erkalten in grossen wasserhellen Tafeln. Kresolschwefelsäure t'iiH4^cn'iT 118. Im Pferdeharn und wahrscheinlich im Harne vieler anderen Säugethiere findet sich Kresolschwefelsäure und zwar hauptsächlich die Parakresolverbindung reichlicher als Phenolschwefelsäure neben sehr wenig der Ortho- und vielleicht auch Metaverbindung.') Die Dar- stellung der Kaliumverbindimg aus dem Harne geschieht in derselben Weise, wie es im vorigen Paragraphen für das phenolschwefelsaure Kalium geschildert ist, ebenso die synthetische Gewinnung. Bisweilen ist der Pferdeharn so reich an kresolschwefelsaurem Kalium, dass dasselbe nach Eindampfen des Harns zum Syrup beim Stehen des letzteren in der Kälte auskrystallisirt. Diese Krystallisation tritt leichter ein, wenn der zum Syrup verdunstete Harn mit Alkohol aufgenommen, der Alkoholauszug zum dünnen Syrup verdunstet und bei Winterkälte einer Temperatur von unter 0" mehrere Tage lang ausge- setzt wird. Brenzeatechinsehwefelsäure CeHj/^gQ j| und CgH,, (S04H)2. Brenzcatechinschwefelsaures Salz findet sich stets im Pferdeharne, häufig auch im Menschenharne, besonders nach Einführung von Phenol. Im letzteren Falle findet sich im Harne zugleich etwas hydrochinon- schwefelsaures Salz. Eine Isolirung dieser Verbindungen aus dem Harne ist noch nicht ausführbar. Die Kaliumverbindung der Brenzcatechin- monätherschwefelsäm-e bildet ganz den Salzen der Aetherschwefelsäuren vom Phenol und Kresol ähnliche fettige rhombische Blättchen, die leicht löslich in Wasser sind, das brenzcatechindischwefelsaure Kalium stellt da- gegen ein in Alkohol nicht lösliches Krystallpulver dar 2). Die brenz- ') Preusse, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2 S. 355. ^) Bau mann, a. a. 0. 174 Indoxylschwefelsäure. 119. catechinmonoscliwefelsauren Salze geben in wässeriger Lösung mit Eisenchlorid eine violette Färbung, die di-schwefelsaui-en Verbindungen keine bestimmte Färbung. Zum Nachweis dieser Aetherschwefelsäuren wird der Harn auf kleineres Volumen eingedampft und mit Aether ausgeschüttelt, Phenol, Kresole werden, wenn vorhanden, dabei verdampfen und die Dihydroxyl- verbindungen in den Aether übeigehen. Wird dann der Harn mit starker Salzsäure destillirt, bis Vs der Flüssigkeit übergegangen ist, und der Kückstand nach dem Erkalten mit Aether ausgezogen, so werden die Phenole, welche mit Schwefelsäure gepaart im Harne enthalten sind, in's Destilhit, und die Dihydroxylbenzole (Brenzcatechin, Hydro- chinon) in die ätherische Lösung übergehen. Die Untersuchung der Destillate und Aetherauszüge geschieht nach den in § 107 u. 108 ge- gebenen Gesichtspunkten. ludoxylschwefelsäure CaHs^') SO4H. Das Indican des Harns. 119. Lidoxylschwefelsaures Kalium wurde von Baumann und Briegeri) in cholesterinähnlichen, rhombischen, blätterigen, farblosen Krystallen aus dem gesammelten Harne eines grossen Hundes dar- gestellt, dem sie gegen 20 gr Indol im Laufe von 5 Tagen in den Magen gebracht hatten. G. Hoppe-Seyler-) erhielt es aus Hunde- liarn nach Eingabe von Orthonitrophenylpropiolsäure, in geringer Menge auch isolirt aus normalem Hundeharn bei Fleischfütterung-'}, Otto*) gewann dasselbe aus dem Harne eines an gastrischen Störungen leiden- den Diabetikers. Die Darstellung aus dem Harne geschieht nach der von G. Hoppe- Seyler 5) angegebenen Modification des Verfahrens von Baumann und Brieger. Der zum dünnen Syrup abgedampfte Harn wird mit 96procentigem Alkohol versetzt, so lange der entstehende Niederschlag noch vermehrt wird. Die abtiltrirte alkoholische Lösung wird mit dem gleichen Volumen Aether von 0,722 spec. Gew. versetzt, die nach 24 Stunden abgegossene klare Flüssigkeit mit concentrirter alkoholischer Oxalsäurelösung gefällt, so lange Niederschlag entsteht, schnell filtrirt, und mit concentrirter Lösung von Kaliumcarbonat bis zur schwach alkalischen Eeaction versetzt. Nach nochmaliger Filtration wird der Aether von ') Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bil. 3 S. 2.54. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 7 S. 403. 3) Ebendas. Bd. 8 S. 79. <) Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 33 S. 607. ») Zeitsch f. physiol. Chem. Bd. 7 S. 423. Indoxylschwefelsäure. 119. 175 der Lösung abdestillirt, der Rest zum dicklichen Syi'up eingedampft, dieser mit der 15 bis 20fachen Menge 99,8procentigem Alkohol in der Kälte aufgenommen und in einem verschlossenen Gefäss einen Tag stehen gelassen. Alsdann wird der Niederschlag abfiltirirt, mit 96pro- centigem Alkohol ausgekocht und die Lösung zur Krjstallisation stehen gelassen. Das Filtrat wird mit Aether gefällt, von den zuerst aus- fallenden Schmieren schnell abgegossen und in der Kälte längere Zeit stehen gelassen. Es scheiden sich dann ebenso wie aus dem alkoholi- schen Auszug des Niederschlags bald Blättchen von indoxylschwefel- saurem Kali aus, die durch Umkiystallisiren aus heissem Alkohol weiter zu reinigen sind. Von Baeyer*) wurde synthetisch durch Einwirkimg von pyi'O- schwefelsaurem Kalium auf eine kaiische Lösung von Indoxyl indoxyl- schwefelsaures Kalium mit den von Baumann geschilderten Eigen- schaften dargestellt. Das indoxylschwefelsäure Kalium ist farblos, sehr löslich in Wasser, schwer in kaltem, leichter in heissem Alkohol löslich; die Krystalle gleichen denen des phenol- oder ki-esolschwefelsauren Kalium. Beim Erwärmen der wässerigen Lösung mit verdünnter Salzsäure wird die Indoxylschwefelsäure gespalten in Schwefelsäure und Indoxyl, das letztere scheidet sich in öligen Streifen und Tropfen aus, die sich selbst bei völligem Ausschluss des atmosphäiischen Sauerstoifes unter Kothfärbung der Flüssigkeit schnell zersetzen. Wirkt gleichzeitig mit der Salzsäure eine massig oxydirende Substanz, am Besten ein wenig Eisenchlorid, so färbt sich die Flüssigkeit langsam in der Kälte, schneller beim Er- wärmen grün, dann blau, und es schlägt sich Indigoblau nieder, welches etwas von jenem rothen Farbstoff enthält. Bei der einfachen Spaltung durch Salzsäure tritt mit dieser Färbung und Abscheidung öliger Tropfen zusammen ein eigenthümlicher, von Indol und Skatol ver- schiedener Fäcalgeruch auf, der alsbald wieder verschwindet, wenn die öligen Streifen verschwunden sind und ein amorpher, brauner, in Wasser unlöslicher, in Alkohol, Aether, Chloroform löslicher Körper, bei Luft- zutritt auch etwas Indigo sich niedergeschlagen hat. Indoxylschwefelsaures Kalium in wässeriger Lösung auf 120 — 130" erhitzt zersetzt sich zu einem bi-aunen Niederschlag, der rothen Farb- stoff und Indigo enthält, Kaliumbisulfat bleibt in Lösung. Bei mehr- stündigem Erhitzen von indoxylschwefelsaurem Kali mit Wasser und etwas Aetzkali auf 160" bis ITO" wird keine Zersetzung bewirkt. Wird trocknes indoxylschwefelsaures Kali im ProbiiTohre rasch bis zum *) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 14 S. 1744. 176 Benzoesäure. 120. sehwachen Glühen erhitzt, so entwickeln sich purpurrothe Dämpfe von Indigblau, Unreine Lösungen von indoxylschwefelsaiu-em Salz, wie sie die Harne von Menschen und Thieren, besonders Pflanzenfressern dar- stellen, geben Niederschläge von Indigblau bei Zusatz von starker Salz- .säure, die etwas Chlor oder Eisenchlorid enthält, üeber die Methode des Nachweises der Indoxylschwefelsäure im Harn siehe § 243. Die Bildung des Indigblau aus dem indoxylschwefelsauren Kalium oder dem abgespaltenen Indoxyl erfolgt nach den Gleichungen: 2(C8H,N,S04K) + Oo = CigHioN.O., -,- 2(KHS04) 2(C8HfiN,OH) -t Oo = GißHinN.jO., -\ iiE.ß) Skatolschwefelsäure CsH„N, SÜ^H. Von Brieger') wurde aus dem Harne eines Hundes, dem reich- lich Skatol l)eigebracht war, skatolschwefelsaures Kalium krystallisirt in sehr geringer Menge nach demselben Verfahren dargestellt, welches Bau- mann und Brieger zur Darstellung des indoxylschwefelsauren Salzes angewendet hatten. Dies Salz, aus dem Harne eines Diabetikers von Otto'-) reichlicher erhalten, entwickelte trocken erhitzt rothe Dämpfe, der Rückstand gab mit Chlorl»arium Bariumsulfat. Die wässerige Lösung des dargestellten Salzes gal) mit concentrirter Salzsäure den am Ende von § 1 1 3 erwähnten rotlien Farbstoff. Nach reichlicher Eingabe von Skatol erhielt Mester-*) beim Hunde nur geringe Mengen skatol- schwefelsaures Kalium im Harne. Dies Salz ist in Wasser löslich, in Alkohol schwer löslich. Aromatische Säuren. Benzoesäure Cj H,, COÜH. 120. Benzoesäure findet sich im Harn zahlreicher pflanzenfi-essen- der Thiere (Pferde, Wiederkäuer, Pachydermen, Nager), wenn derselbe einige Zeit gestanden bat; sie entsteht hier allmälig durch fermentative Spaltung aus Hippursäure. Der menschliche Harn enthält meist nur sehr geringe Mengen davon nach mehrtägigem Stehen. Nach sehr reichlichem inneren Gebrauch von Benzoesäure soll auch ein Theil der- selben unverändert in den Harn ül)ergehen. Man stellt Benzoesäure entweder durch vorsichtige Sublimation aus Benzoeharz oder aus dem Harne nach Spaltung der Hippursäure dar. Sie bildet, besonders die sublimirte Säure, grosse langgestreckte dünne, 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 4 S. 414. 2) Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 33 S. 607. ■■') Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 12 S. 130. Benzoesäure. 120. I77 biegsame, farblose Tafeln von rechteckiger Form. Bei der Ausfällung der Benzoesäure aus Flüssigkeiten erhält man meist sehr schlecht be- grenzte Krystalle. Sie schmelzen bei 121,25« (Eeissert), und die geschmolzene Säure siedet bei 250". Die Dämpfe der Säm-e reizen die Schleimhaut des Mundes und der Nase. Sie löst sich leicht in Alko- hol, Petroläther, Essigäther, auch leicht in Aether, schwer in kaltem, leichter in heissem Wasser. Ihre Lösungen reagiren stark sauer. Ihre Verbindungen mit Alkalien, Kalk und Magnesia sind leicht löslich in Wasser, ihre Silber-, Blei-, Quecksilberverbindungen darin fast unlös- lich. Benzoesam-es Ammoniak verliert an der Luft Ammoniak. Mit neutralem Eisenchlorid geben neutrale Lösungen benzoesaurer Salze voluminöse Niederschläge von benzoesaurem Eisenoxyd. Kochen mit concentrirter Salzsäm-e greift die Säure nicht an, Kochen mit concen- trirter Salpetersäm-e verwandelt sie in Nitrobenzoesäure. Mit Aetzalkali oder Natronkalk stark erhitzt, zersetzt sie sich zu COo und Benzol. Dampft man wässerige Lösungen von freier Benzoesäure siedend ab, so verflüchtigt sich viel Benzoesäure mit den Wasserdämpfen. Mit etwas starker Salpetersäure in einer Porzellanschale stark eingekocht, giebt Benzoesäure beim stärkeren Erhitzen Geruch nach Bittermandelöl oder Nitrobenzol. Wegen der Verflüchtigimg mit den Wasserdämpfen dürfen saure Flüssigkeiten, auch Harn, nicht abgedampft werden ohne Zusatz von Natriumcarbonat. Den syrupartigen Verdampfungsrückstand extrahiit man dann zur Entfernung von Fett zunächst mit Aether, giesst den- selben dann ab und schüttelt abermals mit Aether oder Petroläther aus nach Zusatz genügender Menge von Schwefelsäure. Hat man mehrmals mit Aether ausgezogen, so wird die Benzoesäure ganz in die Aether- lösung übergegangen sein, wenn die Säure sich nicht in sehr grosser Menge in der Flüssigkeit befindet. In solchen Aetherauszügen können sich hauptsächlich neben Benzoesäure befinden: fette Säuren, Oxalsäure, Bernsteinsäure, Milchsäure, Hippm-säure. Spült man den Kückstand des Aetherauszugs mit ein wenig kaltem Wasser ab, so wird Milchsäure, Essigsäure, Buttersäure entfernt ; die letzteren beiden können auch durch Digeriren auf dem Wasserbade entfernt werden. Durch Lösen in viel Wasser kann man die Benzoesäure von Palmitin-, Stearin-, Oelsäure trennen. Von Hippursäure trennt man sie durch Petroläther, in dem Hippursäure unlöslich ist, von Oxalsäm-e und Bernsteinsäure dmch ün- löslichkeit der Calciumverbindungen derselben in Alkohol (Bernstein- säure) oder Wasser (Oxalsäure). Bei Verdunsten ihrer Lösung in Petrol- äther erhält man die Benzoesäure gut kiystallisirt. Zu ihrem Nachweis dient ausser der Krystallform und den Lös- Hoppe-Seyler, Analyse. 6. Aufl. . 12 178 Hippursäure. 121. lichkeitsverhältnissen ihre Flüchtigkeit, das Verhalten beim Abdampfen mit Salpetersäure und Erhitzen des Rückstandes, die Bestimmung ihrer Sättigungscapacität in Barytsalz oder Silbersalz. Hippursäure Cg 11, TVO, = NH (C, H^ 0) . CHj . COOK. 121. Hippursäure ist fast constant reichlich im frischen Harne von Pferden, Wiederkauern, Pachydermen und anderen pflanzenfressenden Silugethieren, in geringer Menge im Harne von Menschen, auch oft bei reiner Fleischkost oder lange dauernder Inanition vorhanden, ebenso im Hundebarne, fehlt aber bei völligem Ausschluss der Darm- fäulnissi). Im Harne von Schildkröten und mehreren Insectenarten ist sie gleichfalls gefunden, nie dagegen im Vogelharne. Sie tritt im Harne von Menschen, Hunden u. s. w. reichlich auf nach Einführung von Benzoesäure oder Zimmtsäm-e, Toluol, Bittermandelöl, Chinasäure, Phenylpropionsäure u. s. w. Nach Genuss von Beerenfrüchten findet sie sich reichlicher im Harne. Ausserdem ist Hippursäure in geringer Menge im Schweisse nach Genuss von Benzoesäure gefunden, dagegen im Rinds- blut vergeblich gesucht. Die ausgeschnittenen noch lebenden Nieren vom Hunde künstlich durchblutet, liefern bei Gehalt des Blutes an Benzoesäure und Glycocoll noch Hippursäure; bei Kaninchen können auch andere Organe diese Function erfüllen. Man stellt sie aus Pferde- oder Rinderharn dar durch Abdampfen des Harns auf kleines Volumen und Zusatz von starker Salzsäm-e unter gutem Umrühren nach dem Erkalten. Die sich ausscheidende kry- stallisirte Säure spült man mit kaltem Wasser ab, löst dann in sehr schwacher Natronlauge, erhitzt zum Sieden, fügt unterchlorigsaures Natron in kleinen Portionen bis zur Entfärbung hinzu und scheidet nach dem Erkalten der Lösung die Säure durch Salzsäure wieder ab oder man leitet Chlor in die heisse wässerige Lösung der freien Hippur- säure, bis die Flüssigkeit danach riecht, filtrirt schnell und krystallisirt die ausgeschiedene Säure unter Zusatz von Thierkohle mehrmals um 2). Synthetisch stellt man Hippm-säure dar durch allmäliges Eintragen von trocknem Glycocoll in erhitztes Benzoesäureanhydrid und Erwärmen im Oelbade, bis die Masse sich roth färbt-') oder noch besser nach der von Baum-*) angewendeten Methode : Lösen von Glycocoll in wenig Wasser, Zusatz einiger Tropfen Natronlauge, Schütteln mit Benzoylchlorid, all- mäliger Zusatz desselben im Ueberschuss, Zusatz von Natronlauge im 1) Baumann, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10 S. 1'23. 2) Curtius, Journ. f. pract. Chem. N. F. Bd. 2ß S. U5. ') Curtius, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 17 S. 1662. *) Baum, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9 S. 465. Hippursäure. 121. j^g starken Ueberschuss. Auf Zusatz von Salzsäure oder Schwefelsäure scheidet sich das Gemenge von Benzoesäure und Hippursäure aus. Die Benzoesäure wird mit Aether extrahirt. Die zurückbleibende Hippursäure aus Wasser umkrystallisirt. Beim langsamen Erkalten der heiss gesättigten Lösung scheidet sich die Hippursäure meist in harten, zerbrechlichen, langen vierseitigen Prismen mit 2 oder 4 Pyramidenflächen am Ende ab, die dem rhom- bischen System zugehören. Sie lösen sich in 600 Tbl. kaltem Wasser, viel reichlicher in heissem Wasser, leicht in Alkohol, wenig in Aether, besser in Essigäther, gar nicht in Petroläther, Benzol, Schwefelkohlenstofi". Trocken erhitzt schmilzt die Hippursäure bei 190,25 " und zerfällt beim weiteren Erhitzen unter Verkohlung zu Benzonitril, Blausäure, Benzoesäure. Sie verflüchtigt sich nicht mit den Wasserdämpfen, wird beim Kochen mit Wasser nicht verändert, aber beim Kochen mit starker Salzsäure, schneller beim Kochen mit starker Alkalilauge unter Wasseraufiiahme zu Glycocoll und Benzoesäure gespalten. Dieselbe Spaltung vollzieht sich beim Stehen und Faulen hippursäurehaltigen Harns oder nach Zusatz von faulenden Massen zu verdünnten wässerigen Lösungen hippursaurer Salze. Die hippursauren Salze sind meist in Wasser löslich, besonders leicht die Alkali- und alkalischen Erdsalze. Hippursaures Silber löst sich in heissem Wasser und scheidet sich beim Erkalten in weissen, seideglänzenden Nadeln ab. Hippursaures Eisenoxyd ist ein hellbrauner Niederschlag, der in Wasser sehr schwer, in Harn leichter löslich ist. Bei gewöhnlicher Temperatur geben neutrale hippm-saure Salze mit Eisenchlorid einen Niederschlag, der auf 1 Atom Eisen 2 Atome Hippur- säure enthält, beim Erhitzen der Flüssigkeit wird Hippursäure daraus frei und der Niederschlag enthält dann auf 1 Atom Eisen 1 Atom Hippursäure. Zur Auffindung der Hippursäure im Harne ist die obige Dar- stellungsweise nur dann geeignet, wenn er viel davon enthält. Um geringe Mengen Hippursäure aufzusuchen, verdampft man die schwach alkalisch gemachte Lösung im Wasserbade zum dicken Syi-up, extra- hirt mit Alkohol, entfernt dann den Alkohol durch Abdampfen, mischt mit Salzsäure und extrahirt wiederholt mit Essigäther. Die abge- gossenen Essigätherlösungen wäscht man mit kleinen Mengen Wasser oder Chlornatriumlösung, verdunstet den Essigäther und erschöpft den Kückstand mit frisch destillirtem Petroläther, welcher die Benzoesäure aufnimmt, die Hippm-säure ungelöst lässt*). Krystallform, Schmelz- *) Methode von Bunge und Schmiedeberg, Arch. f. exper. Path. und Pharm. Bd. 6 S. 233. 12* 180 Phenylessigsaure, Phenylproprionsäurc. 122. barkeit, Zersetzung unter Bildung von bittermandelölähnlich riechendem Benzonitril beim stärkern Erhitzen können zur Identificirung benutzt werden. Phenylessigsaure fsHs-CH, . COOH und Phenylproprionsäure CeHs.CH, .CHj.tOOH. 122. Diese beiden Säuren wurden von E. und H. Salkowski') als Producte der Eiweissfäulniss erhalten. Bei sehr langer Dauer der Fäul- niss kann die Phenylessigsaure überwiegen, bei sehr kurzer Dauer viel- leicht fehlen. Beide Säuren oder nur die Phenylpropionsäure haben sich auch bei der Zersetzung von Eiweiss und Leim durch anaerobe Bacterien (Rauschbrand, bac. liquef. magnus)-) bei der Fäulniss des Gehirns'') und im Panseninhalt des Eindes bei Heufüttenmg-*) ge- funden. Die Darstellung aus Fäulnissgemischen geschieht nach E. und H. Salkowski') in folgender Weise: Die gefaulte Flüssigkeit wird bis auf 1/6 ihres Volumens abdestillirt, der Rückstand weiter verdunstet, dann mit Alkohol ausgezogen, das filtrirte Alkoholextract verdunstet, der Rückstand in Wasser aufgenommen und mit Aether nach starkem Ansäuern mit Schwefelsäure ausgezogen. Nach Verdunsten des Aethers wird mit Natronlauge alkalisch gemacht, die dabei sich ausscheidenden Natronseifen der höheren Fettsäuren bringt man durch Erwärmen in Lösung und fällt nun die alkalische, durch Fett trübe Lösung heiss mit Chlorbarium. Die abfiltrirte klare Flüssigkeit wird eingedampft, mit Salzsäure angesäuert und mit Aetlier extrahirt. Den beim Verdunsten des Aethers zurückbleibenden öligen Rückstand (flüchtige Säuren, Oxy- säuren, Skatolcarbonsäure, Bernsteinsäure) destillirt man im Wasser- dampfstrom, fängt das Destillat in Natronlauge auf, engt die alka- lische Lösung ein, säuert mit Salzsäure an und schüttelt mit Aether aus. Der beim Verdunsten des Aethers bleibende Rückstand wird destillirt und das über 260" Uebergehende, welches Phenylessigsaure und Phenylpropionsäure enthält, für sich aufgefangen. Zur Trennung der beiden Säuren von einander zerreibt man die ölige Flüssigkeit mit Zinkoxyd und Wasser, kocht den Brei mit grossen Mengen Wasser aus und filtrirt heiss. Der Rückstand enthält das phenylpropionsäure Zink, das Filtrat, abgesehen von kleinen Mengen einer anders schmelzenden 1) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 12 S. 107 u. 653. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9 S. 8 u. 491 u. Bd. 10 S. 150. 2) Nencki, Monatshefte f. Chem. Bd. 10 S. 506 u. 908. 3) Stöckly, Journ. f. pract. Chem. N. F. Bd. 24 S. 17. <) Tapp einer, Zeitschr. f. Biol. Bd. 22 S. 236. Phenylamidopropionsäure. 123. 181 Substanz, welche sich beim Erkalten abscheidet, und von der man ab- filtrirt, phenylessigsaures Zink, welches sich beim Eindampfen abscheidet. Durch Zersetzen der Zinksalze mit Salzsäure gewinnt man die freien Säuren. Synthetisch erhält man Phenylessigsäure am Besten nach Mann') und StädeP) durch Kochen von Benzylchlorid mit alkoholischem Cyan- kalium und Verseifen des Cyanids mit wenig verdünnter Schwefelsäure, Phenylpropionsäure aus Zimmtsäure durch Einwii'kung von Natrium- amalgam. Die Phenylessigsäure krystallisirt in breiten Blättchen, schmilzt bei 76,5" und siedet bei 262", die Phenylpropionsäure krystallisirt in langen feinen Nadeln, schmilzt bei 47 — 48" und siedet bei 280o. Beide lösen sich reichlich in heissem Wasser, leicht in Alkohol oder Aether, wenig in kaltem Wasser. Beide Säuren werden durch Chromsäure zu Benzoe- säure oxydirt. Phenylamidopropionsäure Cg Hj — CHo — CH (NHj) . COOK. 123. wurde zuerst von Schulze und Barbieri^) in etiolirten Lupinenkeimlingen gefunden, wahrscheinlich ist sie auch in Keimlingen von Soja hispida u. a. enthalten;^) sie entsteht auch beim Kochen der Eiweisssubstanz der Kürbissamen und wahrscheinlich auch des Conglutin (aus Lupinen) und des Casein mit Salzsäure und Zinnchlorür, sowie beim Kochen des Conglutin mit Aetzbaryt. 5). Für die Darstellung aus Keimlingen ß) und aus der mit Salzsäm-e zersetzten Eiweisssubstanz 5) sind von Schulze die zweckmässigen Vor- schriften gegeben. Synthetisch wurde diese Säure von Erlenmeyer und Lipp') dargestellt. Sie krystallisirt aus concentrirten, noch warmen wässerigen Lösungen in kleinen glänzenden Blättchen ohne Krystall- wasser, bei der Ausscheidung aus verdünnteren Lösungen bilden sich Nadeln mit Krystallwasser. Schmelzpunkt 275—2800. Die Kiystalle lösen sich ziemlich schwer in kaltem, leicht in heissem Wasser, wenig in Weingeist. Die Lösung giebt mit Millon's Reagens keine Reaction. Wenn man die heisse wässerige Lösung der Säm-e mit Kupferoxyd- hydrat sättigt oder eine Kupferacetatlösung hinzufügt, so scheidet sich ') Ber. d. deutsch, ehem. Gesellseh. Bd. 14 8. 1645. 2) Ebendas. Bd. 19 S. 1949. ') Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 14 S. 1785. ") Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 12 S. 405. ^) Ebendas. Bd. 9 S. 63. ^) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 14 S. 1786. ') Ebendas. Bd. 15 S. 1006. 182 Phenacetursäiire. 124. sofort in blassblauen Krystallschuppen das Kupfersalz ab. Beim Er- hitzen zersetzt sich die Säure in Phenylaethylamin und Phenyllactimid, beim Erhitzen mit Kaliumchlorat und Schwefelsäure bildet sich Benzoe- säure; bei der Fäulniss entsteht aus ihr Phenylessigsäure,') wahrschein- lich auch Phenylpropionsäure und da diese im Harn als Hippursäure ausgeschieden wird, ist die Phenylamidopropionsävu-e meistens als eine Quelle der Hippursäure im Harn anzusehen. Diese aus Keimlingen und mit Hülfe von Salzsäure dargestellte Säure ist optisch aktiv und zwar ist (a)D = — 35,3", die synthetisch dar- gestellte inaktiv; auch sonst unterscheiden sich beide Säuren in einigen Punkten.2) Pheuacetursäiire C,„ Hl, NO, = Cf, H5 . CH2 CO - HIV CH3 . COOK. 124. ist von E. und H. Salkowski'^) eine Säure genannt, welche nach Einführung von Phenylessigsäure in den Darmkanal im Harn er- scheint, welche sich auch im normalen Pferdeharn und wahrscheinlich auch gelegentlich im normalen Menschenharn findet. Man erhält sie aus Pferdeharn nach Salkowski durch Eindampfen von 1 Liter auf 200 cbcm, Extrahiren des Rückstandes mit Alkohol, Verdunsten des Auszuges, Lösen in Wasser und Fällen mit starker Salzsäure. Nach- dem die nach einiger Zeit ausgeschiedene Hippursäure abfiltrirt ist, wird die Lösung mit Aether geschüttelt, die Aetherlösung mit Sodalösung geschüttelt und darauf die letztere nach Ansäuern mit Salzsäure wieder mit Aether geschüttelt. Der beim Abdestilliren des Aethers bleibende Rückstand wird mit 50—80 ccm Wasser zum Sieden erhitzt. Die Lösung 24 Stunden sich selbst überlassen, dann abfiltrirt, das Filtrat auf ca. 15 ccm eingedampft. Beim Erkalten krystallisirt in der Regel Phenacetursäure ziemlich rein aus. Synthetisch wurde sie erhalten durch Einwirkung von Glycocoll in alkalischer Lösung auf Phenylessigsäurechlorid.-') Sie krystallisirt aus heissem Wasser in düinien dicht aufeinanderliegenden Blättchen, bei langsamer Abscheidung in derben anscheinend rechtwinkligen Prismen mit 2 Pyramidenflächen, aus Alkohol und Essigätjier nach Hotter in würfelähnlichen Krystallen. Sie ist in Wasser schwer löslich, aber ^) Baumann, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 7 S. 2S2. ') Schulze u. Naegeli, ebendas. Bd. U S. 204. 3) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 12 S. 653. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9 S. 229. *) Hotter, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 20 S. 81. Journ. f. pract. Chem. N. F. Bd. 38 S. 117. Ornithursäure. 125. 183 leichter als Hippursäure, leicht löslich in Alkohol und Essigäther, sehr schwer löslich in Aether. Sie schmilzt bei 143". Durch Kochen mit Salzsäure wird sie in Glykokoll und Phenylessigsäure gespalten. Ornithursäure Cis, H,„ N^ 0,*). 125. Vögel gehen nach Einverleibung von Benzoesäure keine Aus- scheidung von Hippursäure im Harne, sondern die von Jaffe ent- deckte Ornithursäure. Die complicirte Darstellung vergl. in der Originalabhandlnng. Die Säure krystallisirt ohne Krystallwasser in sehr kleinen, farb- losen Nadeln, die sehr schwer löslich in heissem Wasser und in Aether so gut wie unlöslich sind. Sie lösen sich leichter in Essigäther, am leichtesten in heissem Alkohol, beim Erkalten sich grossentheils aus- scheidend. Schmelzpunkt 182" (uncorrigirt). Beim stärkeren Erhitzen tritt Bittermandelgeruch und wolliges Sublimat, ähnlich dem Leucin auf. Die Lösungen röthen Lackmus. In nicht ganz reinem Zustande ab- geschieden, bildet sie zunächst milchige Trübung, dann eine pflasterartige Masse, die allmälig krystallisirt; im reinen Zustande scheidet sie sich gleich krystallinisch aus. Ihre Verbindungen mit Alkalien und alkalischen Erden sind löslich und reagiren neutral. Am aufsteigenden Kühler mit starker Salzsäure gekocht bis Lösung erfolgt, verwandelt sie sich zunächst in Benzoesäure und Mono- benzoylornithin, beim weiteren Kochen in Ornithin und Benzoe- säure. Cm H20 N., O4 + 2H2 0 = 2 (C^ Hf, O2) + C5 Hg Oo (NHa),. Ornithursaurer Baryt ist in Alkohol oder Wasser leicht löslich, in Aether unlöslich, ornithursaures Calcium, aus der Ammoniakverbindung durch Calciumchlorid ausgefällt, ist sehr schwer löslich in Wasser, un- löslich in Alkohol oder Aether. Das Monobenzoylornithin bildet farblose, zarte weiche Nadeln vom Schmelzpunkt 225 — 230°, ist leicht löslich in Wasser, unlöslich in Aether, fast un- löslich in Alkohol, giebt mit Mineralsäuren leicht lösliche Salze, aus concentrirter Salzlösung fällbar durch Neutralisation oder Zusatz von essigsaurem Alkali. Das Ornithin C5 Hg Oj (NHjJz, vielleicht Diamidovaleriansäure, bildet sich auch beim Kochen von Pyromucinornithursäure mit Barythydrat. Es ist noch wenig bekannt. Sein salpetersaures Salz C5 H.j Nj Oo, HNO3 bildet breite farblose Krystallblätter, das salzsaure Salz farblose mikroskopische Blättchen. Mit Natron- lauge erwärmt entwickelt es spermaälmlichen Geruch. *) Jaffe. Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 10 S. 1926, Bd. 11 S. 40G. 184 Paroxyphenylcssigsäure. Hydroparacumarsäure. 126. 127. Paroxyphenylessigsäure C6H4<^j, jj y 126. Paroxyphenylessigsäure ist von E. und H. Salkowski') unter den Fäulnissproducten der Wolle und Eiweissstoffe aufgefunden, von H. Salkowski 2) aus Phenylessigsäure dargestellt, von Bau mann-') als Fäulnissproduct des Tyrosins erkannt und in geringer Menge aus dem normalen Harn von Menschen und Thieren, reichlicher aus patho- logischen Harnen, bei Pliosphorvergiftung und nach Fütterung von Tyrosin gewonnen ^). Sie ist grösstentlieils nicht an Schwefelsäure gebunden. Sie verschwindet bei Sistirung der Darmfäulniss nicht vollständig aus dem Harne 5). Die Säure krystallisirt aus der wässerigen Lösung in prismatischen, meist flachen, sehr spröden Nadeln, schmilzt bei 148 « und verflüchtigt sich beim stärkeren Erhitzen zum Tlieil unzersetzt. Sie ist in kaltem Wasser ziemlich leicht löslich, weniger in salzsäurehaltigem, leicht in heissem Wasser, Alkohol, Aether, schwer in Benzol. Ihre wässerige Lösung giebt mit Eisenchlorid zunächst wenig intensive, grauviolette, dann schmutzig graugrüne Färbung. Kupfersulfat, Zink- oder Cadmium- sulfat geben in den wässerigen Lösungen der Ammoniakverbindung der Säure Niederschläge, ebenso Silliernitrat einen in kochendem Wasser löslichen, voluminösen Niederschlag des neutralen Silbersalzes. Durch Bleiacetat werden selir verdünnte neutrale Lösungen nicht gefallt, con- centrirte Lösungen geben ki-ystallinischen, im üeberschuss des Fällungs- mittels löslichen Niederschlag; er scheidet sich dann allmälig wieder aus. Das Kalksalz durch Kociien der Säure mit Calciumcarbonat er- halten, krystallisirt aus concentrirter Lösung in tafelförmigen Krystallen (Cg H7 03)2 Ca + 4 (H, 0). Hinsichtlich der Darstellung der Säure aus dem Harn vergl. folgenden Paragraphen. Aus Paramidophenylessigsäure erhält man sie durch Einwirkung von salpetriger Säure. Hydroparacumarsäure C^^i (; n q 127. Die Hydroparacumarsäure, früher aus der Paracumarsäure durch Natriumamalgam und aus der Paramidohydrozimmtsäure durch ') Ber. d. deutsch, ehem. GescUsch. Bd. 12 S. 648. 2) Ebendas. Bd. 12 S. 1438. 3) Ebendas. Bd. 12 S. 1450. Bd. 13 S. 279. Zoitschr. f. physiol. Chem. Bd. 4 S. 304. •*) Blenderraann, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 6 S. 247. *) Baumana, ebendas. Bd. 10 S. 125. Hydroparacumarsäure. 127. 185 salpetrige Säure dargestellt, wurde von Baumann^) als nächstes Reductionsproduct des Tyrosin bei der Fäulniss und Bestandtheil des menschlichen Harns erkannt ; sie findet sieh unter den Fäulnissproducten der Eiweissstoffe neben der Paroxyphenylessigsäure in verschiedenen Quantitäten, da sie selbst durch Fäulniss bei Luftzutritt weiter zerfällt. Durch Abdampfen gewonnen, bildet sie ein Oel, welches bald zur strahligen Krystallmasse erstarrt, aus wenig Wasser umkrystallisirt giebt sie farblose, wasserfreie, monoklinische, in Wasser, Alkohol, Aether leicht lösliche, bei 125" schmelzende Krystalle. Aus verdünnter wässeriger Lösung wird die Säure durch neutrales Bleiacetat nicht ausgefällt, wohl •aber durch basisches Bleiacetat. In Wasser ist die Hydroparacumar- säure etwas leichter löslich, als die Paroxyphenylessigsäure. In Benzol sind beide schwer löslich, aber gleichfalls die Paroxyphenylessigsäure schwierig'er, als die Hydroparacumarsäure. Beide Säuren geben die Plugge'sche Reaction der Rothfärbung bei Einwirkung von xMillon's Reagens in der Wärme-). Baumann^) empfiehlt folgendes Verfahren zur Gewinnung der Paroxyphenylessigsäure und der Hydroparacumarsäure: circa 50 Liter frischer normaler, menschlicher Harn werden zum dünnen Syrup ver- dunstet, mit Essigsäure stark angesäuert und mit Aether extrahirt. Die Aetherauszüge werden mit überschüssiger Sodalösung wiederholt geschüttelt; die vereinigten wässerigen alkalischen Lösungen werden von Neuem angesäuert und mit Aether ausgeschüttelt. Der Aether- auszug wird, nachdem der Aether abdestillirt ist, auf dem Wasserbade erwärmt bis die Essigsäm-e zum grössten Theile verjagt ist, in wenig Wasser gelöst und mit neutralem Bleiacetat versetzt, so lange ein Niederschlag entsteht. Aus dem Filtrat dieses Niederschlags werden dmch basisches Bleiacetat die Oxysäuren gefällt; der ausgewaschene und abgepresste Niederschlag wird in Wasser zertheilt, mit SHo zerlegt und die Lösung von Neuem mit Aether ausgezogen. Nach dem Ver- dunsten des Aethers dieser Auszüge hinterbleibt ein stark saurer gelber Syrup, der meist nach einiger Zeit krystallinisch erstarrt. Tritt auch nach längerem Stehen keine Krystallisation ein, so ist es zweckmässig, den Syrup in Wasser zu lösen, mit kohlensaurem Baryt zu kochen und aus der Lösung der Barytsalze die Säuren von Neuem abzuscheiden. Die aus dem Menschenharn auf diese Weise dargestellten Oxysäui-en 1) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 12 S. 14.50 u. Bd. 13 S. 279. Zeitschr. f. physiol. Chem, Bd. 4 S. 304. ■2) Zeitschr. f. anal. Chem. 1872 S. 173. Nasse, Sitzungsber. d. naturf. Gesellsch. zu Halle S.März 1879. 3J Zeitschr. 1. physiol, Chem. Bd. 6 S. 191, ]86 Oxymandelsäure. Oxyhydroparacumarsäure. 128. erstarren stets nach einigen Tagen krystallinisch; viel langsamer und schwieriger erfolgt die Krystallisation der Oxysäuren aus dem Hunde- und Pferdeharn. Die zum Krystallbrei erstarrte Masse wird zwischen Papier möglichst abgepresst und aus wenig Wasser umkrystallisirt. Die Paroxyphenydessigsäure krystallisirt dabei in langen durchsichtigen Prismen und wird durch einmaliges Umkrystallisiren aus viel Benzol völlig rein erhalten. Aus der eingedampften Mutterlauge wird durch Kochen mit einer zur völligen Lösung unzureichenden Menge Benzol die Hydroparacumarsäure aufgenommen, welche beim Erkalten noch ge- mengt mit Paroxyphenylessigsäure krystallisirt. Eine Methode der Trennung beider Säuren ist bis jetzt nicht bekannt. Oxyinamlelsaure (6H4 (■[[ (OH) . COOK """^ Oxj hydroparacumarsäure l\ H, < }?"„ ^<,„^ j,(joj, ^ ,^ „^ q 128. Von Schultzen und Ries') wurde in mehreren Fällen von- acuter Leberatrophie im Harne nel.ien Tyrosin eine Säure durch An- säuern und Ausschütteln mit Aether in diesem gelöst erhalten, die durch basisches, nicht neutrales Bleiacetat fällbar, in Wasser schwerer löslich als Paroxyphenylessigsäure und Hydroparacumarsäure, einen Schmelz- punkt 162" und die obige Zusammensetzung ergab und Oxymandel- säure genannt ist. Baumann-) erhielt aus Harn von Phosphorvergiftung eine in Benzol unlösliche Säm'e mit den aromatischen Oxysäuren zusammen, deren Trennung durch diese Unlöslichkeit leicht gelingt. Ihre Lösung färbte sich intensiv roth mit Milien 's Reagens, sie bildete nadei- förmige Krystalle von 167 — 168" Schmelzpunkt, welche bei raschem Erhitzen sich unter Abspaltung von Plienol zersetzten. Bleu dermann^) gewann bei Fütterung von Kaninchen mit Tyrosin aus dem Aetherextract nach Abdampfen und Ansäuern des Harns neben den Oxysäuren eine als Tyrosinhydantoin liezeichnete Substanz (vergi. folg. Paragraphen) und eine Säure, die in halbzolllangen seidenglänzenden Kadeln mit Krystalhvasser sich ausschied, sich schwer in Wasser löste und unter Braunfärlnmg bei 162 — 164" schmolz. Ihre Zusammen- setzung ergab sich nach einer Analyse zu C\|Hjo04 + 1/2 Ho 0. lieber Schwefelsäure verwittern die Krystalle und liei 105 — 110" verlieren sie ') Schnitzen u. Ries, Ueber acute Phosphorvergiftung und Leberatrophie. Berlin 1869. ■-) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. (i S. 192. ■') Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. G S. 2.5(1 Tyrosin. 129. 187 das ganze Krystallwasser. Diese Säure giebt Eothfärbung mit Millon's Eeagens, mit Eisenchlorid keine Färl)ung, mit Bromwasser Trübung und geballten amorphen Niederschlag. Man darf sie wohl als Oxyhydro- paracumarsäure bezeichnen; sie stimmt mit den Angaben von Schnitzen und Ries über die Oxymandelsäure überein, bis auf die Zusammen- setzung, welche CHo mehr ergeben hat. Oxyphenacetursäure wurtle einmal von E. u. H. Salkowski •) aus Humle- harn nach Eingabe von Paroxyphenylessigsäure erhalten. Flache Krystallwarzen ziemlich leicht in heissem Wasser, schwer in Aether löslich. Schmelzpunkt 153°. Sie zerfallt mit Salzsäure gekocht in Glycocoll und Paroxyphenylessigsäure. / OH Tyrosin C6H4\(,n ^h (]VH2).C00H. 129. Das Tyrosin nach der synthetischen Darstellung von Erlen- meyer und Lipp2) identisch mit Paraphenyloxyalphaamidopropionsäure ist als constantes Product der Spaltung von Eiweissstoffen und Horn- substanzen, nicht vom Leim, bei Einwirkung von Pankreasflüssigkeit, Fäulniss, Kochen mit Säuren oder Alkalien bekannt. Im normalen menschlichen oder Thierkörper fehlt das Tyrosin sowohl im Blute als den Organen, endlich im Harne, Speicliel und andern Secreten, findet sich nur im Dünn- und Dickdarme bei der Verdauung von Eiweissstoffen, im Harne bei vorgeschrittener Phosphorvergiftung von Menschen, nie bei Hunden, ist aber aus der Leber bei dieser Vergiftung oft erhalten. Im Harne gefunden nach Eingal)e von Tyrosinschwefelsäure wahrschein- lich an Schwefelsäure gebunden ^^). Bei acuter Leberatrophie reichlich im Harne. Fast immer ist Leucin sein Begleiter. Seine Darstellung geschieht am Besten nach der von Hlasiwetz und Habermann angegebenen Methode (vergl. oben bei Leucin § 93). Das gereinigte Tyrosin bildet farblose seidenglänzende feine mikro- skopische Nadeln ohne Geruch und Geschmack, die sich beim Erhitzen unter Geruch nach verbranntem Hörn zersetzen. Es ist schwer löslich in kaltem (1 Thl. in 2000—3000 Thl), leichter löslich in heissem Wasser, unlöslich in absolutem Alkohol oder Aether. In Ammoniak, Alkalilauge, auch in kohlensauren Alkalilösungen löst es sich leicht, ebenso in verdünnten Mineralsäuren, schwer in Essigsäure. Die Kupfer- oxydverbindung durch Kochen von Tyrosin in Wasser mit Kupferoxyd- hydi-at erhalten krystallisirt in blauen Prismen, zerfällt aber beim Kochen mit Wasser. Wird Tyrosin in ziemlich starker Salpetersäure gelöst, so scheidet sich nach einiger Zeit aus der Lösung ein gelbes 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 7 S. 171. -) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 15 S. 1544. 3) Schotten, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 7 S, 32. 3 88 Tyrosin. 1-29. Krystallpulver von salpetersaurem Nitrotyrosin aus. Beim Schmelzen mit Kalihydrat giebt es Paroxybenzoesäure. Bei der Fäulniss wird es zunächst zu Hydroparacumarsiiure, dann zu Paroxyphenylessigsäure, dann zu Parakrosol und CO2 verwandelt, bei Zutritt von Sauerstort' bilden sich neben Parakresol wechselnde Mengen von Phenol. Dieselbe Um- wandlung erleidet das Tyrosin, welches aus EiweissstoiFen bei ihrer Fäulniss im Darme entsteht, und besonders reichlich finden sich diese TJmwandlungsproducte, wenn Tyrosin selbst in den Darm von Thieren eingefttlirt wird ')• Das synthetisch dargestellte, sowie das aus Conglutin durch Baiyt- wasser gewonnene Tyrosin ist optisch unwirksam. Das aus Eiweiss- stoffen, Harn etc. dargestellte Tyrosin hat in 21procentiger Salzsäure gelöst (a)D = — 7,98 f und in 1 l,6procentiger Kalilauge gelöst (a)D = — 9,01" (mit steigender Concentration der Lösung abnehmend) ergeben 2). Tyrosin aus Conglutin durch Zersetzung mit Salzsäure ge- wonnen zeigte in 4procentiger Salzsäure gelöst (a)D^ — 15,6", in 21procentiger Salzsäure gelöst (a)D = — 8,48"^). Das aus Melasse gewonnene Tyi-osin ergab in 21procentiger Salzsäm-e gelöst (a)D = — 8,07" und das aus bleichen Schösslingen von Rüben gewonnene in 25procentiger Salzsäure gelöst (o()d = + ß.Sö"-*). Reactionen: 1. Eine Lösung von Tyrosin mit Millon's Reagens erhitzt, zeigt bald Rothfärbung, nach einiger Zeit bildet sich rother Niederschlag. 2. Mit einigen Tropfen concentrirter Schwefelsäure färbt sich eine nicht zu kleine Probe Tyrosin voiübergehend roth, löst sich und bildet beim Stehen und gelinden Erwärmen Tyrosinsulfonsäure, welche nach Zusatz von Wasser, vollständiger Sättigung mit Barium- oder Calcium- carbonat und Filtration eine Lösung giebt, die sich mit etwas Eisen- chlorid violett färbt (Reaction von Piria). 3) Eine siedende wässerige Tyrosinlösung färbt sich mit 1 pro- 1) Baumann , Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 1 S. 60, Bd. 3 S. 250, Bd. 4 S. 304. Baumann u. Herter, ebendas. Bd. 1 S. 244. Weyl, ebendas. Bd. 3 S. 312. Brieger, ebendas. Bd. 3 S. 134. Baumann u. Brieger, ebendas. Bd. 3 S. 149. Blendermann, ebendas. Bd. ß S. 234. Baumann, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 12 S. 1450. 2) Mauthner, Wien. Aead. Sitzungsber. Bd. 85 II April 1882. oder Monats- hefte f. Chemie Bd. 3 S. 343. 3) E. Schulze, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9 S. 63. ') V. Lippmann, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 17 S, 2838. Tyrosin. 129. 189^ centiger Essigsäure dann tropfenweise mit Natriumnitrit versetzt scliön roth (Wurster*). 4. Eme heisse wässerige Lösung färbt sich auf Zusatz von etwas trocknem Ciiinon rubinroth (Wurster*). Zum Nachweise von Tyrosin im Harn oder anderen Flüssig- keiten wird nach Abscheidung der etwa vorhandenen Eiweissstoife mit Essigsäure angesäuert, zum Kochen erhitzt und filtrirt, dann zuerst mit neutralem, dann mit basischem Bleiacetat gefällt, so lange Niederschlag entsteht, filtrirt, durch SHo das Blei aus dem Filtrate entfernt und die filtrirte Flüssigkeit zum Syrup eingedampft. Beim Stehen scheidet sich Tyrosin allmälig krystallinisch ab, wenn es reichlich vorhanden ist. Giebt der Syrup mit Millon's Eeagens beim Erwärmen keine Koth- färbung, so ist Tyrosin nicht vorhanden, tritt dagegen diese Keaction ein, so kann sie durch Beste nicht gefällter Oxysäuren oder Phenol- und Kresolschwefelsäuren bedingt sein. Für diesen Fall fügt maa reichlich Salzsäure hinzu, verdünnt mit Wasser und erhält V2 Stunde im Sieden zur Entfernung von Phenol und Kresol, lässt erkalten und. extrahirt mehrmals mit Aether zur Entfernung der Oxysäuren, wieder- holt dann mit der rückständigen wässerigen Lösung die Millon'sche Reaction. Bleibt jetzt diese Reaction aus, so ist kein Tyrosin vor- handen, tritt sie aber ein, so kann sie von Tyrosin herrühren, aber be- weisend ist dies nicht. Man kann dann mit Bleioxydhydrat das Chlor entfernen, mit SHo aus dem Filtrat das gelöste Blei abscheiden, filtriren und zur Krystallisation eindampfen, sich abscheidende Krystallnadeln und Körner mit concentrirter Schwefelsäure erwärmen, nach V4 Stunde in Wasser lösen, mit Bariumcarbonat neutralisiren, zum Kochen er- hitzen, filtriren und mit wenigen Tropfen Eisenchlorid nach Piria prüfen. Gelingt die Krystallabscheidung nicht, so ist die Abwesenheit von Tyrosin noch nicht sicher zu stellen. Blendermann hat gefun- den, dass selbst 0,2 gr Tyrosin zu 600 CG. Harn gefügt nicht wieder abzuscheiden waren, während 0,5 gr in Vo bis 1 Liter Harn gelöst zum geringeren Theil in ausgebildeten Krystallen erhalten wurden. Versuche, . durch Fäulniss in dem Syrup enthaltenes Tyrosin in Kresol und Phenol und Oxysäuren umzuwandeln und als solche nachzuweisen, gaben kein Resultat. Baumann sah die in der angegebenen Weise dargestellten Syrupe aus normalem Harn mit Millon's Reagens stets Eothfarbung geben; es ist nicht bekannt, welcher Stoff hier diese Reaction veranlasst.. Ein Hydantoin des Tyrosin C6H4 v nrr-NTrv stellte Blen-. \b4H5JN2O2 *) Centralbl. f. Physiologie Bd. 1 S. 193. 190 Gallussäure. 130. dermannn') aus dem Harne von Kaninchen dar, denen reichliche Quantitäten von Tyrosin beigebracht waren. Dasselbe ging mit den Oxysäiiren in den Aetlierauszug über, Icrystallisirt leicht aus, ist schwer löslich in Wasser, Alkohol, Aether, etwas leichter in heissem Wasser, noch leichter in Ammoniak. Aus ammoniakalischer Lösung wird es durch Salzsäure als weisses krystallinisches Pulver gefällt. Die Krystalle bräunen sich bei 270", schmelzen unter Zersetzung bei 275 — 280", geben starke Kothfärbung mit Millon's Eeagens und zersetzen sich mit Barytwasser im zugeschmolzenen Rohr zu COo, NR, und Tyi'osin. Jaffe erhielt durcli Einwirkung von cyansaurem Kali auf Tyrosin Tyrosinhydantoinsäure -). Ein Derivat des Tyrosin von der Zusammensetzung CjiHjsNjOj wurde von Danilewski^) durch Einwirkung von sehr wenig Pankreasferment auf Eiweiss- stoffe bei gewöhnlicher Temperatur und ziemlich neutraler Reaction innerhalb 2 — 5 Tagen, noch ehe Indol nachgewiesen werden konnte, erhalten. Nach dem Eindampfen der tiltrirten Flüssigkeit und Zusatz von Alkohol schied sich dasselbe in Körnern und Krusten aus. Es wurde mit 30 procentigem Alkohol gewaschen, aus heissem verdünnten Alkohol oder heissem Wasser umkrystallisirt; es bildet kreidige Massen, die aus mikroskopischen Prismen oder tyrosinähnlichen Nadeln bestehen, giebt die Farbenreactionen des Tyrosin, soll aber ausserdem die Sche- rer'sche Inositreaction (§ 135) geben. Gallussäure t'sHa . (0H)3C00H. 130. Ohne Zweifel aus Gerbsäure in der Nahrung herstammend, ist Gallussäure im Menschen- und Pferdeharn mehrmals aufgefimden*). Aus dem mit Essigsäure angesäuerten Harne wii-d sie mit den Oxy- säuren zusammen von Aether aufgenommen und aus der sauren wässerigen Lösung des Aetherauszugrückstandes durch neutrales Blei- acetat gefällt. Aus diesem Niederschlage kann sie durch Säure und Schütteln mit Aether in diesen wieder aufgenommen und nach Ver- dunsten des Aetherauszuges in Wasser aufgelöst werden. Sie scheidet sich beim Verdunsten der wässerigen Lösung zuweilen in geringer Menge in Krystallen ab. Sie giebt in wässeriger Lösung mit Eisenoxydsalzen schwarzblaue Färbung, reducirt alkalische Silberlösung schon bei ge- wöhnlicher Temperatur und bräunt sich auf Zusatz von Alkalilauge. Mit Cyankalium giebt die wässerige Gallussäurelösimg eine schöne Eothförbung, die beim ruhigen Stehen bald verschwindet, beim üm- schütteln wieder erscheint (Sidney Toung). *) Versetzt man eine ') Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 6 S. 253. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 7 S. 306. 3) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 13 S. 2132. *) Baumann, Zeitschr. f physiol. Chem. Bd. G S. 193. ') Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 16 S. 2691. (Refer.) Homogentisinsäure. 131. 191 wässerige etwa lOprocentige Lösung der Säure mit massigem Ueber- schuss von Phenylhydrazin und der gleichen Menge öOprocentiger Essig- säure und erhitzt 1 Stunde im Wasserbade, so scheidet sich beim Er- kalten Gallussäurephenylhydrazid als Prismen ab, die in Alkohol oder heissem Wasser ziemlich leicht löslich sind und bei 187" schmelzen. Mit Millon's Eeagens giebt die Gallussäure einen rotben (lachsfarbenen) Niederschlag, der beim Kochen gi-aubraun wird.') Homogentisinsäure C^ Hj (OID^ . CH, — COOK. 131. Die Homogentisinsäure (Dioxyphenylessigsäure) wurde von Wolkow und Baumann^) aus dem Harn eines alten Mannes darge- stellt, welcher die Eigenschaften zeigte, die Boedeker^) zuerst be- schrieben und auf den Gebalt an einem leicht oxydirbarem, von ihm Alkapton genannten aber nicht rein dargestellten Körper zurückgeführt hat. Die Untersuchungen von Wolkow und Baumann haben ergeben, dass in diesem Falle die Eigenschaft der Bräunung des Harns bei Stehen an der Luft besonders auf Alkalizusatz und der Eeduction von Kupferoxyd in alkalischer Lösung von der erhaltenen Homogentisinsäure verursacht ist. Sie gewannen diese Säure durch folgendes Verfahren: Der Harn wird 3 mal mit dem dreifachen Volumen Aether ausgeschüttelt, nach An- säuern mit verdünnter Schwefelsäure (250 cbcm 12procentiger Schwefel- säure für die 24stündige Harnmenge), die abgegossenen Aetherauszüge abdestillü-t, der zurückbleibende Syi-up, der beim längeren Stehen zur Krystallmasse erstarrt, in 250 cbcm Wasser gelöst, fast zum Sieden er- hitzt, 30 cbcm neutraler Bleiacetatlösung (1 Thl. : 5 Thl.j hinzugefügt, ein brauner harziger Niederschlag abfiltiirt und erkalten lassen. Allmälig scheidet sich das homogentisinsäure Blei in Nadeln und Prismen ab. Dasselbe ist in Wasser kaum löslich, wird fein zerrieben, unter Wasser durch Schwefelwasserstoff zersetzt, filtrrrt und erst auf dem Wasserbade, dann im Vacuum zum Syrup verdunstet. Die sich abscheidenden Prismen der Säure werden erst mit Papier abgepresst und an der Luft getrocknet. Sie verlieren an der Luft 1 Mol. Krystallwasser, indem die Krystalle ganz zerfallen und undurchsichtig werden. Die wasser- freie Säure wird aus concentrirter alkoholischer Lösung durch siedendes Chloroform in durchsichtigen Blättchen erhalten. Schmelzpunkt 146,5 bis 147". Ueber 100" getrocknet verliert sie unter Anhydridbildung 1 Mol. Wasser. In Chloroform, Benzol, Toluol ist die Säure fast 1) Huppert, Neub.auer u. Vogel, Analyse des Harns, 9. Aufl. Wiesbaden 1890 S. 152. ') Wolkow u. Baumann, Zeitschr. f. physiol. Cham. Bd. 1.5. S. 228. 3) Ann. Chem. Pharm. Bd. 117 S. 98. 192 Uroleucinsäure. 132. unlöslich. Die wässerige Lösung färbt sich beim längeren Stehen an' der Luft dunkel. Mit Ammoniak oder Natronlauge, auch schon mit AlkalicaTl)onat tritt Braun- bis Schwarzfärbung ein. Silbernitratlösung giebt in einigen Secunden Eeduction von Silber, ammoniakalische Silber- lösung giebt sofortige Eeduction. Fehling'sche Lösung wird langsam in der Kälte, schnell beim Erwärmen reducirt. Wismuthsubnitrat wird kaum reducirt. Eisenchlorid giebt eine noch bei Gehalt von 1 Thl. Säure in 4000 Thl. Lösung erkennbare, rasch vorübergehende Blau- färliung. Beim Kochen mit concentrirter Eisenchloridlösung tritt Geruch nacii Chinon auf. Millon"s Reagens giebt Gel))färbung und einen amor- phen Niederschlag, der 1)eim Erhitzen ziegelroth wird. Beim Erhitzen in weiter Probirröhre sublirairt die schmelzende Säure scheinbar unver- ändert, aber das Sublimat färbt sich allmälig schön blau. Beim Schmelzen mit Aetzkali bilden sich Hydrochinon und Gentisinsäure, (196 — 198*' Schmelzpunkt). Das Lacton der Homogentisinsäure, welches beim Erhitzen der letzteren über 100" entsteht, krystallisirt in kurzen Prismen, ist schwer in kaltem, ziemlich leicht in heissem Wasser lös- lich und kann aus dieser Lösung umkrystallisirt werden. Schmelzpunkt des Lacton 191°. Dasselbe giebt mit Millon's Reagens Rothfärbung, seine wässerige Lösung reducirt neutrale Sillierlösung nicht, auf Am- moniakzusatz alsbald. Lösungen der Homogentisinsäure von 1 pCt. Ge- halt werden von Bleiacetatlösung sofort, 0,2procentige Lösungen nach einiger Zeit gefällt. Die Krystalle des homogentisinsauren Blei haben die Zusammensetzung (Cg H, 04)2 Pb -(- 3H9 0; das Krystallwasser ent- weicht beim Liegen im Exsiccator oder beim Erhitzen. Dies Salz löst sieh in 675 Tbl. Wasser bei 20", nicht in Alkohol oder Aether. Sein Schmelzpunkt ist 214 — 215°. Durch Einführung von Tyrosin in den-; Darm der Person, deren Harn Homogentisinsäure enthält, wird die Quantität der in 24 Stunden ausgeschiedenen Homogentisinsäure erheb- lich gesteigert. Uroleucinsäure C9H10O5. 132. Uroleucinsäure vielleicht Trioxyphenylpropionsäure (Huppe rt)> ist von Kirk*) aus dem Harn in einem Falle von Alkaptonurie nach folgendem Verfaliren isolirt. Der Harn wird auf Vio seines ursprüng- lichen Volumens eingedampft, zur Reinigung mit Aether geschüttelt,, dann mit Salzsäure angesäuert und wieder mit Aether ausgeschüttelt. Beim Verdunsten des zweiten Aetherauszugs krystallisirt eine noch un- reine Säure (Urrhodinsäure von Kirk genannt), welche in wenig war- *) Brit. med. Journ. 1886 II. p. 1017 u. 1888 p. 232. Journ. of anat. and physiol. T. 23 p. 69. Kynurensäure. 133. 293 mem Wasser gelöst und mit soviel einer gesättigten Lösung von Bleiacetat versetzt wird, bis das von dem abgeschiedenen dunkeln Niederschlag getrennte Filtrat nur noch gelb gefärbt erscheint. In diesem Filtrat wird bystallisirtes Bleiacetat verrieben, wobei ein rahm- artiger Niederschlag entsteht, welcher abfiltrirt, ausgewaschen und mit Schwefelwasserstoff zerlegt wird. Das Filtrat kann im Vacuum ver- dunstet oder mit Aether ausgeschüttelt und der Aether bei niederer Temperatur verdunstet werden. Die auf die eine oder andere Weise erhaltenen Krystalle werden aus Aether umkrystallisii-t und stellen die Uroleucinsäure dar. Sie scheidet sich aus der Aetherlösung in Drusen oder Garben nadelfömiiger Krystalle oder in einzelnen schräg abge- schnittenen Prismen ab, löst sich in ungefähr 5 Thl. Aether, in 6 Thl. Alkohol, 25 Thl. kalten und 20 Thl. heissen Wasser, ist in Chloroform und in Petroläther unlöslich. Schmilzt bei 130,3". 2procentige und stärkere wässerige Lösungen werden durch Bleiacetat gefällt, verdünntere nicht durch neutrales wohl aber durch liasisches Bleiacetat gefällt. Wässerige Lösungen färben sich beim Stehen allmälig, beim Eindampfen schnell dunkel, ebenso alkalisch gemachte Lösungen unter Sauerstoffauf- nahme. Die Säure reducirt neutrale sowie ammoniakalische Silberlösung und Fe hl in g 'sehe Lösung und zwar diese ungefähr 5 mal so stark als Glucose. Wismuthnitrat in alkalischer Lösung wird nur reducirt, wenn die Lösung mindestens 0,5 pCt. davon enthält. Die .wässerige Lösung der Uroleucinsäure färbt sich mit Eisenchlorid grün aber nur schnell vorübergehend. Gegen Millon's Eeagens verhält sie sie sich wie Gallus- säure, giebt zuerst einen rothen Niederschlag, der beim Kochen grau- braun wird.i) Die Unterscheidung der Homogentisinsäure und Uroleucinsäure ver- langt die Darstellung derselben, Prüfung der Schmelzpunkte, der ange- führten Keactionen und der Zusammensetzung. Kynuiensäme C,„ H, TSO, + H^O = OH . C^ H^ N . COOK + HjO. 133. Die Kynurensäure (Oxychinolincarbonsäure) wurde zuerst im Hundeharn gefunden. Sie tritt hier in geringer Quantität und nicht constant auf, bald neben Harnsäm-e, bald ohne dieselbe, wechselnd nach Art der Nahrung; bei Fleischnahrung am Eeichlichsten und unbeeinflusst durch die Darmf äulniss -') oder doch nur in einem gewissen Grade von derselben abhängig. Man fällt sie aus dem Harne entweder durch Salzsäure (4 CC. starker Salzsäure für je 100 CC. Harn) und sammelt die meist in kleinen ') Huppert, Neubauer u. Vogel, Analyse des Harns, 9. Aufl. 1890 S. 155. 2) Baumann, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10 S. 131. Hoppe-Se yler, Analyse. 6. Aufl. ' I3 194 Kynurensäure. 133. Krystallen neben Schwefel ausgeschiedene Säure nach 48 Stunden Stehen, oder man dampft erst auf kleines Volumen ein und fällt dann mit Salz- säure. Am Besten fällt man den Ham nach Hofmeister') mit Phosphor- wolframsäure (welche noch bei Vieonn Gehalt des Harnes an Kynui'en- säure Fällung giebt) unter Zusatz von Vio ^^m Volumen des Harnes an Salzsäure und Auswaschen des Niederschlages bis zum Verschwinden der Chlorreaction mit verdünnter Schwefelsäure (5 Vol. Schwefelsäure auf 100 Vol. Wasser). Der abfiltrirte und abgepresste Niederschlag wird mit Barytwasser zum dünnen Brei angerührt, zum Kochen erhitzt, noch fester Aetzbaryt bis zur stark alkalischen Reaction eingetragen, dann filtiii't und gewaschen, der überschüssige Baryt mit CO., ausgefällt, dann auf kleines Volumen abgedampft und noch warm mit Salzsäure bis zur stark sauren Reaction versetzt, filtrirt, gewaschen, dann noch einige Male mit Aetzbaryt in das schwer lösliche Barytsalz verwandelt, mit Thierkoble entfärbt und wieder mit Säure abgeschieden. Die reine Säure bildet glänzende weisse Nadeln, welche 1 Mol. Ki^stall Wasser erst bei 150° verlieren. Sie löst sicli nicht in verdünnten, aber wohl in concentrirten Mineralsäuren, löst sich ein Wenig in Aether, ziemlich gut in heissem Alkohol, beim Erkalten sich wieder ausscheidend. In Barytwassor gelöst giebt sie nach Ausfällung des überschüssigen Baryt mit COj, Auskochen des Niederschlages mit Wasser, Eindampfen und Stehenlassen zur Krystallisation in farblosen dreieckigen Blättchen krystallisirende Barytverbindung (Cm Hg N03)2 Ba + 3 (HjO). Mit HCl giebt Kynurensäure eine Verbindung Cio H, NO.3. HCl, welche durch Wasser zerlegt Avird. Mit Phosphorwolframsäm-e giebt sie bei Gegenwart einer Mineralsäure einen Niederschlag in rhombischen Täfelchen (Hofmeister). Trägt man gepulverte Kynurensäure in eine heisse verdünnte Lösung von Kreatinin ein, so krystallisirt die Verbindung beim Erkalten der filtrirten Lösung in Büscheln von farblosen, dünnen Prismen; die Verbindung zerfällt schon beim Umki-ystallisii-en 2). Bei Erwärmen von Kynurensäure mit Bromwasser auf dem Wasserbade ent- weicht CO., und es scheidet sich ein krystallinisches Pulver von der Zusammensetzung C9 H3 Br^ NO , in dem ein Atom Br sehr locker ge- bunden ist, aus. Erhitzt man trockene Kynurensäure auf '265 •', so bildet sich unter Entweichen von CO2 eine braune Flüssigkeit, die nach dem Erkalten mit Wasser behandelt beim Stehen schöne Krystalle einer Base liefert, die bei 201 0 schmelzen; bei höherer Temperatm- ist diese Base, von 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 5 S. G7. 2) Jaffe, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10 S. 399. ürocaninsäure. 134. 195 Schultzen und Schmiedeberg^) Kynurin genannt Cg H, NO, nicht flüchtig. Sie löst sich in Alkohol und giebt mit Platinchlorid gut krystallisirendes Doppelsalz. Mit concentrirter Salzsäure auf 240 " erhitzt liefert Kynurensäui-e salzsaures Kynurin; beim Erhitzen mit Zinkstaub im Wasserstoflfsti-om fast reines Chinolin. Bei der Oxydation mit Kaliumpermanganat bildet sich Oxalyl-o-Amidobenzoesäure -). Wenn man Kynurensäure in einem Porzellanschälchen mit Salzsäure und chlorsaurem Kalium auf dem Wasserbade oder vorsichtig über freiem Feuer zur Trockne abdampft, so erhält man einen röthlichen Eückstand, der beim Anfeuchten mit Ammoniak sich zunächst braun- grün, nach kurzer Zeit aber smaragdgrün färbt. Die Intensität der Färbung nimmt beim Stehen an der Luft erheblich zu. Beim Erwärmen geht die grüne oder blaugrüne Farbe in einen schmutzig violetten Ton über. Diese Eeaction gelingt noch mit minimaler Quantität trockner Kynurensäure, selbst direct aus Harn gefällter noch unreiner Säure, aber um so schöner, je reiner sie ist 3). ürocaninsäure C,2 Hu fS^ O,. 134. Als regelmässigen Bestandtheil im Harne eines Hundes in beträchtlichen Quantitäten fand Jaff e^j die Ürocaninsäure, die in einigen Beziehungen sich der Kynurensäure eng anschliesst, sich wie eine Base und wie eine Säure verhält, gut krystallisii'ende Verbindungen giebt, be- sonders ein schwer lösliches salpetersaures Salz, sich aber später im Harne anderer Hunde nicht wiedergefunden hat. Sie krystallisirt im freien Zustande mit 4 Mol. H2O, zersetzt sich bei 212 — 213°, indem sie schmilzt, stürmisch COo und etwas Wasser entwickelt und ein gelb- braunes Gel zurücklässt, das beim Erkalten zu einer glasigen, durch- scheinenden, grünlich fluorescirenden Masse erstarrt, die sich in Alkohol leicht, schwer in kaltem Wasser, leichter in heissem Wasser löst. Diese letztere noch nicht ki-ystallisirt erhaltene Substanz, von Jaffe Urocanin CiiH,nN4 0 genannt, ist eine stark alkalisch reagirende Base, welche mit Platinchlorid ein Doppelsalz von der Zusammensetzung C11H10N4O, 2H Gl, Pt GI4 gab. Die ürocaninsäure zerlegt sich also beim Erhitzen in GG2, Wasser und Urocanin G12H12N4G4 — CG. + H2G + C11H10N4O. ') Ann. Chem. Pharm. Bd. 164 S. 155. 2) Kretschy, Monatshefte f. Chem. Bd. 2 S. 84 u. Bd. 5 S. 1^. 3) Jaffe, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 7 S. 399. ') Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 8 S. 811. 13* 196 Inosit. 135. Inosit €e H„ Oe = CH, OH <(j }{; g}} Z c||; |}|{> CH, OH (?) 135. Der Inosit, in verschiedenen Pflanzen, im frischen Trauben- safte und im Weine, besonders in grünen Bohnen enthalten und daraus leicht in grösserer Quantität darzustellen, findet sich in geringer Menge im Herzfleische, auch in anderen Muskeln, in der Leber, Milz, Lunge, Nieren, Nebennieren, Gehirn. Im Harne ist Inosit besonders bei Albuminurie, bei Diabetes mellitus gefunden; Spuren von Inosit finden sich nicht nur bei Polyurie, sondern in jedem normalen Harne. In den Muskeln wurde er besonders bei Säufern geftmden, auch die Flüssigkeit von Echinococcen in der Leber enthält etwas Inosit. Der Inosit liiklet, wenn er rein ist, farblose grosse rhomboedrische, an trockner Luft schnell verwitternde Kiystalle des monoklinoedrischen Systems, im unreinen Zustande und in geringer Menge zeigt er sich in zarten dendritischen Vegetationen. Getrocknet schmilzt er erst bei 225" und erstarrt beim Erkalten zu feinen Nadeln. Er löst sich leicht in Wasser (1 : 75), ist dagegen in starkem Alkohol oder Aether unlöslich. Die wässerige Lösung besitzt süssen Geschmack, giebt mit Hefe versetzt keine alkoholische Gährung, bewirkt keine Circumpolarisation und löst Eupferoxydhydrat, ohne es beim Kochen zu reduciren. Durch Kochen mit Salzsäure oder verdünnter Schwefelsäure oder Alkalien wird Inosit nicht verändert. Mit Phenylhydrazin gibt er keine Verbindung; beim Erhitzen von entwässertem Inosit mit Acetylchlorid am Rückflusskflhler auf 50" erhält man Hexaacetylinosit, bei 200" sublimirende und bei 212" schmelzende Krystalle ; ferner ist Hexabenzoylinosit i). bei 258 " schmelzende Nadeln, dargestellt; mit concentrirter Salpetersäm-e digerirt geht er in Inosithexa- nitrat über, welches durch Schwefelsäure gefällt wh'd, in Alkohol löslich ist; dasselbe reducirt Silberoxyd (Inosit nicht), auch Kupferoxydhydrat zu Oxydul. Mit faulenden Eiweissstoff'en in wässeriger Lösung zerfällt der Inosit untei- Bildung von Milchsäure und Buttersäure und zwar ist diese Milchsäure gewöhnliche Gährungsmilchsäure'-). Durch basisch essig- saures Bleioxyd wird der Inosit aus der wässerigen Lösung bei gewöhn- licher Temperatm- nach einiger Zeit, beim Kochen sogleich als Gallert gefällt. Mit Jodwasserstoft' auf 170 " erhitzt, bildet er etwas Benzol und Trijodphenol. Inosit- Probe von Seherer: Dampft man eine Probe Inosit mit Salpetersäure auf Platinblech fast zur Trockne ein, versetzt den ') Maquenne. Compt. rend, T. 104 p. 225, 297 ii. 1719. Fick, Pharmac. Zeitschr. f. Russland Bd. 2G. •) Vohl, Ber. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 9 S. 984. Inosit. 135. 197 Eückstand mit Ammoniak und einem Tropfen Chlorcalciumlösung und dampft nun vorsichtig zur Trockne ab, so erhält man eine schön rosa- rothe Färbung (Rhodizonsäure). Diese Probe gelingt aber nur dann, wenn der Inosit bereits ziemlich rein dargestellt ist. Seidel 'sehe Probe.') Die Ausführung ist dieselbe, man verwendet nur statt des Chlorcaleium wenige Tropfen einer Strontiumacetatlösung, worauf sich eine Grünfärbung mit violettem Niederschlag zeigt. Diese Keaction gelingt noch mit 0,3 mgr Inosit. Zur Darstellung des Inosit aus Gewebsflüssigkeiten, besonders Muskeln, kann man sich entweder der Fällung mit Bleiessig bedienen oder den Vorschriften Boedeker's-) folgen: Man versetzt die Flüssig- keiten (wässerige Extracte der Muskeln oder Drüsen, Lunge u. s. w.) nach Coaguliren des Albumins, Ausfällen der Phosphorsäm-e durch Baryt- hydrat, Eindampfen und Auskrystallisiren des Kreatin kochend mit dem ein- bis vierfachen Volumen Alkohol; entsteht hierdurch ein starker, am Glase haftender Niederschlag, so giesst man nur die heisse alkoholische Lösung ab ; entsteht aber ein flockiger, nicht klebriger Niederschlag, so filtrirt man durch zuvor erhitzten Trichter die heisse Lösung ab und lässt erkalten. Wenn sich nach 24 Stunden Gruppen von Inosit- krystallen abgesetzt haben, so giesst man die Lösung nochmal durch's Filter ab, spült die Ki-ystalle mit wenig kaltem Alkohol ab (und es ist dann rathsam, den auf Zusatz von heissem Alkohol erhaltenen Nieder- schlag nochmals in wenig kochendem Wasser zu lösen und wiederum mit dem drei- bis vierfachen Volumen Alkohol zu fällen und wieder ab- zugiessen, um keinen Verlust an Inosit zu erleiden). Haben sich aber keine Inositkrystalle abgesetzt, so versetzt man das klare alkoholische Filtrat mit Aether nach und nach unter Umschütteln, bis beim Um- schütteln etwas milchige Trübung bleibt und lässt dann 24 Stunden stehen. Hat man hinreichend Aether zugesetzt (der überschüssige Aether schadet nicht, macht nur kleinere Krystalle), so ist aller Inosit in Form schön perlmutterglänzender Bättchen abgeschieden. Scyllitä) ist ein in Wasser schwer lösliclier, in Alkohol unlöslicher, ohne Krystallwasser krystallisirender, süss schmeckender Körper genannt, der in Leber, Kiemen, Milz, und besonders in den Nieren von Rochen und Haifischen von Staedeler und Frerichs gefunden ist. Seine Zusammensetzung ist unbekannt, die Sclierer'sche Inositreaction giebt er nicht, wird aber durch basisch essig- saures Bleioxyd kleisterartig gefällt, durch Kochen mit Natronlauge nicht ver- ändert, ebensowenig durch Salpetersäure; Kupferoxyd reducirt er nicht. ') Dissertation. Dorpat 188-1. 2) Ann. Chem. Pharm. Bd. 117 S. 118. =) Journ. f. prakt. Chem. Bd. 73 S. 48. 198 Gep. Glucuronsäure. Fiirfiirol- und Thioplien-Derivate. 136. Gepaarte Gliieuronsäuren. 136. In Folge der Einverleibung einer nicht geringen Anzahl von aromatischen Stoffen, einiger organischer Chlorverbindungen und einiger weniger fetter Alkohole, ferner in Folge der Entstehung gewisser aro- matischer Körper durch Fäulniss im Darmkanal (Phenole, Indol etc.) können Verbindungen im Harne auftreten, welche bei der Behandlung mit verdünnten Säuren gespalten werden unter Wasseraufnahme in Glu- curonsäure und einen Paarling, der in allen Fällen eine Hydroxylver- bindung ist. Von solchen gepaarten Glucuronsäuren sind im krystalli- shien Zustande isolirt die Euxanthinsäure CigHigOm, welche beim Kochen mit verdünnter Säure in Euxanthon und Glucuronsäm'e zerfällt, die Camphoglucuronsäure (eine amoi-phe und eine krystallisirte), welche in Campherol und Glucuronsäure zerlegt wird,'), die ürochloralsäure, welche mit Säuren gekocht Trichloräthylalkohol und Glucuronsäure liefert 2), die Phenylglucuronsäure , welche im Harn nach Eingabe von Phenol neben Phenylschwefelsäure erscheint 3), die Thymolglucuronsäure, welche im Harn der Menschen nach Eingabe von Thymol neben Thymol- schwefelsäure auftritt und l)ei Behandlung des Harns mit Salzsäure und unterchlorigsaurem Natrium Dichlorthymolglucuronsäure in Krystallen ausscheidet 4) und mehrere andere. Alle bis jetzt beobachteten gepaarten Glucuronsäuren (von denen theilweise nur die Paarlinge gut bekannt sind) haben linksseitige Cir- cumpolarisation, die aus ihnen dargestellte Glucuronsäure, soweit die Darstellung geglückt ist, rechtsseitige Drehung ergeben. Bezüglich der letzteren Säure siehe § 61. Es ist bis jetzt das Auftreten gepaarter Glucuronsäm-e im Urin nur als die Folge der Einbringung fremder, der gewöhnlichen Nahrung nicht zugehöriger Stoffe anzusehen. Furfurol- und Thiophen-Derivate. Werden Hunden oder Kaninchen Furfurol oder Brenzschleimsäure in den Danncanal eingeführt, so erscheinen im Harne dieser Thiere Brenz- schleimsäure und zwei der Hippursäure analoge Verbindungen mit Glyco- coll, denen von Jaff^ und Cohn^), welche dies Verhalten zuerst be- obachtet und untersucht haben, die Bezeichnungen Pyromukursäure C7 H7 NO4 und Purfuracrylursäure C9 Hg NO4 gegeben sind. Die letztere erscheint in geringer Menge. Durch Kochen mit Barytwasser ') Schmiedeberg u. Meyer, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bil. "> S. 422. 2) V. Mering, ebendas. Bd. G S. 480. 3) Külz, Zeitschr. f. Biolog. Bd. 27 S. 247. *) Külz, a. a. 0. u. Blum, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 16 S. .514. 5) Ber. d. deutsch, chem. Ges. Bd. 20 S. 2311 u. Bd. 21 S. 3461. Jaffe u. Levy, ebendas. Bd. 21 S. 3458. Mercaptursäure. Cholesterin. 137. J99 wird die erstere in Brenzschleimsäure und GlycocoU, die letztere in Fur- furacrylsäure und Glycocoll gespalten. Auch ist aus dem Harne von Hunden, welche Furfurol erhalten hatten, von Jaffe und Cohn eine krystallisirte Harnstoffverbindung der Pyromukursäure dargestellt. Nach Einbringen von Furfurol in den Darmkanal von Hühnern ist Pyi-o- mucinornithursäure CiäHigNjOe aus den Excrementen derselben dar- gestellt und ihre Spaltung mit Barytwasser in Brenzschleimsäure und Ornithin ausgeführt. Nach Eingabe von a-Thiophensäure bei Kaninchen wurden aus dem Harne eine durch Kochen mit Barytwasser in Glycocoll und a-Thiophen- säure spaltbare a-Thiophenursäure Cj Hj NSO3 und mehrere krystallisirte Salze derselben gewonnen. Mercaptursäure. Nach Einführung von Brombenzol (oder Chlorbenzol) in den Darm von Hunden, tritt im Harne eine durch Säure schon bei niederer Tempe- ratur zerlegbare Verbindung von Glucuronsäure mit einer nach der Ab- spaltung auskrystallisirenden Säure, welche von Baumann und Preusse*) Bromphenylmercaptursäure Cii H12 Br S NO3 genannt ist, auf. Diese letztere Säure wird beim Kochen mit Säuren in Essigsäure und Bromphenylcystein, beim Kochen mit Alkalien in Essigsäure, Ammoniak, Bromphenylmercaptan und Brenztraubensäure resp. die Zersetzungspro- ducte der letzteren, Oxalsäure und Uvitinsäure, zerspalten. Cholesterin Cje H44 0. 137. In geringer Menge findet sich das Cholesterin gelöst im Blute und fast allen anderen Flüssigkeiten des menschlichen Körpers und zeigt ebenso bei Thieren sehr weite Verbreitung. Wie es der Name dieses Stoffes ausdrückt, ist es zuerst in der Galle gefunden und zwar in der Galle eines jeden Thieres, bei welchem darauf untersucht ist. Bei Weitem die meisten Gallensteine von Menschen bestehen der Haupt- masse nach, ein Theil derselben sogar ganz aus krystallisirtem Cholesterin und es findet sich dieser Körper krystallinisch abgeschieden in vielen alten Transsudaten und Cystenflüssigkeiten, besonders in Hydrocele, Ovarialcysten, Atherombälgen der Haut, den sog. atheromatösen Arterien- geschwüren, Eiter, Tuberkelmassen, Strumacysteninhalt. Reichlich ist es in der Marksub.stanz des Gehirns und aller Nerven enthalten. Im Harne wird es höchst selten und in dann sehr geringer Menge, da- gegen] als ein normaler Bestandtheil in den Fäces von Menschen und Thieren gefunden. *) Baumann u. Preusse, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 5 S. 309. Baumann. ebendas. Bd. 8 S. 190. 200 Cholesterin. 137. Man stellt das Cholesterin fast ausschliesslich aus Gallensteinen dar, welclie man gepulvert mit siedendem Alkohol oder Alkohol und Aether auszieht; das aus der Lösung beim Erkalten oder Verdunsten des Aethers krystallinisch al)geschiedene Cholesterin wird noch zur Keinigung mit alkoholischer Kalilösung gekocht, durch Erkaltenlassen wieder abgeschieden, mit kaltem Alkohol und mit Wasser gewaschen, endlich in Alkohol und Aether gelöst und die Lösung zur Krystalli- sation often hingestellt. Das reine Cholesterin kryslallisirt aus der Lösung in wasserfreiem Aether, Chloroform oder Benzol in wasserfreien, leinen seidenglänzenden Nadeln, aus kochendem Alkohol beim Erkalten in wasserhaltigen grossen rhombischen Tafeln, die besonders aus einer Mischung von Alkohol und Aether beim Verdunsten des letzteren sehr gross und schön werden. In trockner Luft werden diese Krystalle durch Verwittern schnell un- durchsichtig; ihre Zusammensetzung ist C26H44O -f HoO (nach Latschin off C25H42O -|- HoO). Diese rhombischen Tafeln haben ent- weder 761 30' oder 87 0 30' als spitze Kantenwinkel. Während der Krystallisation zeigt sich oft Abrundung des stumpfen und Zuspitzung des spitzen Winkels, ja zuerst scheinen oft nur Nadeln zu enstehen, dann ungleichseitige Wetzsteinformen und diese gehen endlich in die obigen rhombisclien Tafeln über. Die Krystalle sind oft so dünn, dass ihre Contouren nur bei sehr engem Diaphragma unter dem Mikroskope sicht- bar werden. Das trockne Cholesterin schmilzt bei 145" und destillirt im luft- leeren Kaume bei 360". Es ist völlig unlöslich in Wasser, verdünnten Säuren und selbst concentriiien Alkalilaugen; auch in kaltem Alkohol ist es nicht löslich, dagegen löst es sich reichlich in siedendem Alko- hol, in Aether, Chloroform, Benzol, flüchtigen und fetten Gelen, weniger löslich ist es in den Lösungen gallensaurer (cholalsaurer, glyco- und taurocholsaurer) Salze, am wenigsten in den wässerigen Lösungen der Seifen. Die Lösungen des Cholesterins drehen die Polarisationsebene nach links und zwar ist die spec. Drehung in Aether gelöst nach Lindenmeyer (a)D = — 31,59, nach Hesse*) (ot)D ^= — 31,12, in Chloroform gelöst nach Hesse mit der Concentration zunehmend (aJD = — (36,61 + 0.249p) bei 15". Kochen mit Aetzkalilauge lässt es unverändert. In concentrirter Schwefelsäure wird es zu einer schön rothen Masse umgewandelt, die beim Zusatz von Wasser grün und gelb wird; es bilden sich durch die Einwirkung der concentrirten Schwefelsäure unter Abgabe von Wasser mehrere isomere Kohlenwasserstoffe (Cholesteriline), ebenso wirkt glasige *} Ann. Chem. Pharm. Bd. 192 S. 178. Cholesterin. 137. 201 Phosphorsäiire (Bildung der Cholesterone). Mit chromsaurem Kali und Schwefelsäure erhitzt giebt Cholesterin eine Säure von der Zusammen- setzung- C24H4„Oe, die nicht krystallisirt und aus ammoniakalischer Lösung mit Chlorcalcium, Chlorbarium, salpetersaurem Silber voluminöse Niederschläge giebt von der Formel C.24H;,3R.2 0fi i). Eeactionen. Durch concentrirte Schwefelsäure und ein wenig Jod wird krystallisirtes Cholesterin bald violett, blau, grün und roth gefärbt. Dieses Verhalten bietet ein gutes mikroskopisches Erkennungs- mittel für Cholesterinkrystalle. Löst man eine Probe Cholesterin in etwas Chloroform im Probir- glas und fügt ein dem Chloroformvolumen gleiches Volumen concen- trirter Schwefelsäure hinzu, so färbt sich die Chloroformlösung schnei) blutroth, dann kirschroth und purpurfarbig. Giesst man die Lösung in eine Schale aus, so färbt sie sich bald blau, grün, endlich gelb. Die Schwefelsäure unter der Chloroformlösung zeigt eine deutlich grüne Fluorescenz, verdünnt man sie mit Eisessig, so wird die Lösung erst rosa- bis purpurroth und behält die grüne Fluorescenz-'). Cholesterinkrystalle werden in wenig Chloroform im trocknen Probirrohr gelöst, zwei bis drei Tropfen Essigsäureanhydrid, dann vorsichtig tropfenweise concentrirte Schwefelsäure hinzugefügt. Es tritt zunächst eine rosenrothe, darauf schön blaue Färbung ein, die dann später in Grün übergeht; handelt es sich um ganz geringe Menge von Cholesterin, so tritt nach einigen Minuten direct eine Grünfärbung auf 3). Eine Probe reines und völlig getrocknetes Cholesterin in einem trocknen Probirglas mit 2 bis 3 Tropfen Propionsäure-Anhydrid versetzt, wird über kleiner Flamme des Bunsenbrenners geschmolzen. Beim Ab- kühlen wird die geschmolzene Verbindung zuerst violett, dann allmälig blau, grün, grau, orange, carminroth, kupferroth. Die Farbenerscheinung ist sehr deutlich zu beobachten, wenn man einige Körnchen dieser Masse an einem Glasstab bis zum Schmelzen erhitzt, dann den Glasstab wäh- rend des Abkühlens vor einem dunkeln Hintergiunde betrachtet.*) Dampft man auf einer Porzellanplatte (Tiegeldeckel) über freier Flamme eine sehr kleine Probe Cholesterin mit einem Tropfen con- centrirter Salpetersäure ab, so erhält man einen gelben Fleck, der noch warm mit Ammoniak Übergossen schön roth wird. Diese Probe gelingt gut, wenn man vorsichtig und nicht zu stark erhitzt. ') Loebisch, Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. 1872 S. 510. 2) Salkowski, Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 6 S. 207. ') Vergl. Liebermann, Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 18 S. 1804. H. Burchard, Dissert. Rostock 1889. *) Obermüller, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15 S. 37. 202 IsoCholesterin. 138. Eine Probe Cholesterin mit einer eisenchloridhaltigen Salzsäure auf einem Porzellantiegeldeckel über freier Flamme verdunstet, giebt eine erst rötliliclie, dann violette, mehr und mehr ins Bläuliche ziehende Färbung der ungelöst bleibenden Partikekhen. Diese Probe ist nur zu gebrauchen, wenn das Cholesterin bereits ziemlich rein ist, da man sonst keine deutliche Färbung in der angegebenen Weise erhält. Das Cholesterin mit organischen Säuren andauernd erhitzt, ver- bindet sich damit zu Aetherverbindungen, die schwer wieder zu trennen sind. In Eisessig löst es sich beim Erwärmen sehr reichlich und scheidet sich beim Erkalten in nadeiförmigen Krystallen aus, die aus Cholesterin und Essigsäure C.25H42O, C2H4O2 bestehen. Durch Zusatz von Alkohol oder Wasser erhält man aus diesen Krystallen wieder Essigsäure, und Cholesterin scheidet sich in den rhombischen Tafeln aus. Dm-ch Schütteln mit Aether lässt sich das Cholesterin festen Stoffen, die fein pulverisirt sind, sowie Flüssigkeiten gut entziehen. Nach Abgiessen und Verdunsten des Aethers kocht man den Rückstand mit alkoholischer Kalilauge, entfernt dann den grössten Theil des Alkohol durch Verdunsten, bringt die mit Wasser versetzte rückständige Flüssigkeit in eine Flasche, schüttelt wieder mit Aether, welcher nach dem Abgiessen und Verdunsten das Cholesterin noch mit ein wenig Seife verunreinigt zurücklässt. Man löst es zur Reinigung in etwas verdünnten Alkohol unter Erhitzen auf und fügt ein wenig starke Salz- säure hinzu. Es scheidet sich dann in glänzenden Tafeln beim Erkalten aus. Zur Erkennung der Cholesterintafehi unter dem Mikroskop dienen die Löslichkeitsverhältnisse und das Verhalten gegen Schwefelsäure und Jod. IsoCholesterin €26 H44 O. 138. Neben gewöhnlichem Cholesterin wurde von E. Schulze*) im Wollfett der, Schafe Isocholesterin als ein wohl charakterisirter vom Cholesterin verschiedener Körper entdeckt und untersucht. Das Iso- Cholesterin ist darin zum Theil in Aetherverbindung mit Stearinsäure und Oelsäure vorhanden, wird im freien Zustande aus Aether und Aceton in feinen durchsichtigen Nadeln krystallisirt, aus heissem Alkohol beim Erkalten in gallertigen Massen und, wenn die Lösung verdünnt ist, in weissen Flocken abgeschieden. Eine concentrirte heisse Alkohollösung erstarrt beim Erkalten zur durchscheinenden Gallert. Schmelzpunkt 138 — 138,5". Das Isocholesterin besitzt rechtsseitige Circumpolarisation (a)D = + 59,1". Es giebt mit Chloroform und concentrirter Schwefel- säure nicht die Farbenreactionen des gewöhnlichen Cholesterins. *) Ber. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 6 S. 251. Schulze n. Barbiori, Journ. f. prakt. Chem. N. F. Bd. 25 S. 1.59. Cholalsäure. 139. 203 Zur Trennung des Cholesterins und Isocholesterins wird die Mischung mit Benzoesäure im zugeschmolzenen Kohre auf 200 " erhitzt und längere Zeit erhalten. Die entstandenen Benzoesäureverbindungen sind sehr verschieden. Der benzoesaure Cholesterinäther schmilzt bei 125 — 130" und bildet glänzende dicke, tafelförmige Krystalle, der benzoesaure Iso- cholesterinäther schmilzt bei 190 — 191" und krystallisirt in feinen glänzenden Nadeln. Durch Kochen mit alkoholischer Kalilauge wird die Benzoesäure abgetrennt. In Pflanzen sind noch drei andere Cholesterine unterschieden näm- lich Phytosterin'), Schmelzpunkt 132 — 138" und spec. Drehung (a)D = _ 34,2", Paracholesterin2), Schmelzpunkt 134—134,5", (a)D = — 27,24 bis — 28,88" und Caulosterin^), Schmelzpunkt 158—159", (a)D = — 36,4". Ob den Cholesterinen die Zusammensetzung C25H42O oder C26H44O zukommt, ist noch nicht genügend festgestellt. Cholalsäure C24 H,,, O5. 139. Geringe Mengen von Cholalsäure finden sich im Dünndarm, reichlicher in Dickdarm und Excrementen von Rindern, Hunden und wohl auch Menschen. Aus Glycocholsäure und Taurocholsäure wird sie durch anhaltendes Kochen mit Aetzalkalien gebildet. Strecker*) be- nutzte hierzu heiss gesättigte Lösung von Aetzbaryt. Sehr bequem zur Gewinnung gi'össerer Quantitäten aus Eindsgalle ist das von Mylius^) angegebene Verfahren. Nach demselben wird Rindsgalle mit dem 5. Theil ihres Gewichtes von 30procentiger Natronlauge 24 Stunden lang unter Erneuerung des verdampfenden Wassers gekocht, die Flüssigkeit dann mit CO 2 gesättigt und bis fast zur Trockne verdunstet, der Rückstand mit starkem Alkohol ausgezogen. Das cholalsäure Natron geht in Lösung über, aber zugleich stearinsaures und choleinsaures Natron. Die alko- holische Lösung wird soweit mit Wasser verdünnt, dass höchstens noch 20 pCt. Alkohol sich in der Lösung befinden, dann mit verdünnter Chlorbariumlösung gefällt, so lange Niederschlag entsteht. Dann wird abfiltrii't; das Filtrat darf mit Chlorbarium keinen Niederschlag mehr geben. Aus diesem Filtrate wird die Cholalsäure mit Salzsäure gefällt, einige Stunden stehen gelassen, bis sie krystallinisch geworden ist, dann aus Alkohol umkrystallisirt. Sie scheidet sich aus dem Alkohol in Ver- 1) Hesse, Ann. Chem. Pharm. Bd. 192 S. 177. 2) Reinke und Rodewald, ebendas. Bd. 207 S. 232. 3) Schulze und Barbieri, Journ. f. pract. Chem. N. F. Bd. 25 S. 159. ■•) Ann. Chem. Pharm. Bd. 67 S. 1. ') Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 12 S. 262. Hier ist auch die weitere Rei- nigung beschrieben. 204 Cholalsäure. 139. bindung mit 1 Mol. Alkohol, C24 H411 O5 + C2 Hg 0, in farblosen Tetra- edern oder Octaedern aus. Diese Krvstalle sind zwar luftbeständig, ver- lieren aber in Wasser Alkohol unter Trübung und geben diesen Krystall- alkohol beim Trocknen bis 130" vollstiindig ab. In Wasser löst sich Cholalsäure schwn-, 1 Tbl. in 4000 Tbl. kaltem und 750 Tbl. kochen- dem Wasser. Aus heissem Wasser ki'j'stallisirt sie wasserfrei in mikro- skopischen Krystallen, Schmelzpunkt 195"; aus kalten wasserigen Flüssig- keiten, z. B. sehr verdünnter Essigsäure, krystallisirt sie in rhombischen Tafeln, die 1 Mol. Krystallwasser enthalten. Aus Alkohollösungen scheidet sie sich mit 1 Mol. Alkohol aus; ausser Aethylalkohol, zeigt Methyl-, Allylalkobol dies Verhalten. Auch mit Senfölen geht sie Ver- bindungen ein. Von Alkohol braucht Cholalsäure mehr als 20 Tbl. zur Lösung. Bei dem Erhitzen auf hohe Temperaturen entweder für sich oder mit Eisessig im zugeschmolzenen Eohr oder mit wasserentziehenden Mitteln bildet Cholalsäure Anhydride, welche nicht krystallisiren und gewöhnlich Gemenge verschiedener Anhydride (Cboloidinsäure, Dyslysin etc.) darstellen. Die freie Cholalsäure und alle ihre bis jetzt untersuchten Ver- bindungen zeigen rechtsseitige Circumpolarisation. In Alkalilaugen löst sie sich leicht und treibt aus Natriumcarbonat in wässeriger Lösung CO 2 aus. In Alkohol sind die Alkalisalze nicht so leicht löslich und krystallisiren beim Abdampfen dieser Lösungen aus. Durch Aether werden sie krystallisirt aus nicht zu verdünnten Alkalilösungen ausge- fällt. Das Bariumsalz krystallisirt in feinen seideuglänzeuden oft radial zusammengestellten feinen Nadeln. Es löst sieb in 30 Tbl. kalten, leichter in heissem Wasser, sehr leicht in Alkohol. Cholalsaures Blei, ebenso cholalsaures Silbei-, sind unlöslich in Wasser, löslich in heissem Alkohol. Mit Jod verbindet sich Cholalsäure zu einer krystallinischen im auffallenden Liebte gelben Metallglanz, im durchfallenden Lichte schön blaue Färbung zeigenden Vei'bindung. Wenn man 0,02 gr krystalli- sirte Cholalsäure in 0,5 gr Alkohol löst und der Lösung 1 cbcm 1/10 normale Jodlösung hinzufügt und das Gemisch allmälig mit Wasser verdünnt, so erstarrt die anfangs braune Flüssigkeit plötzlich zu einem dunkeln Brei mikroskopischer Nadeln, die im auffallenden Lichte den gelben Metallglanz und im durchfallenden Liebte blaue Färbung zeigen.*) Diese Keaction unterscheidet die Cholalsäure von anderen Gallen- säuren, wie die Cbole'insäure von Latsch in off, die gepaarten Gallen- säuren, die Hyocholalsäure, welche diese ßeaction ebensowenig geben •) Mylius, Zeitsclii-. f. physiol. Chem. Bd. 11. S. 306. Desoxycholsäure. 140. 205 als diejenigen Säuren, welche durch Eeduction oder Oxydation aus der Cholalsäure entstehen. In concentrirter Schwefelsäure löst sich die Cholalsäure mit baldigem Eintritt grüner Fluorescenz (übereinstimmend mit anderen Gallensäuren). Geringe Menge der Cholalsäure in wässeriger Lösung mit ein wenig Zucker oder einer Spur Furfurol versetzt und dann mit concentrirter Schwefelsäure tropfenweise allmälig mehr und mehr gemischt giebt die Pettenkofer'sche Eeaction (§ 141), so wie andere Gallensäuren. Durch Reduction in Folge von Fäulniss geht die Cholalsäure über in Desoxycholsäure C24 H40 O4, durch Oxydation wird sie übergeführt zunächst in Dehydrocholsäure, durch weitere Oxydation in Biliansäure, ohne dass das Molecül eine wesentliche Störung des inneren Baues zu erfahren scheint. Durch fortgesetzte Oxydation wird diese Structur zerstört. Nach den Untersuchungen vonMyliusi) enthält das Cholalsäuremolecül eine Carboxyl-, ferner 2 endständige und eine nicht endständige Hydroxyl- I COOH gruppen, so dass ihre Structur in der Formel C20 H31 l CH, OH ( (CH2, OH), ausgedrückt werden kann. Desoxycholsäure C.^iYl,oO^. 140. Die Desoxj^cholsäure wurde von Mylius'-) aus faulender Rinds- galle neben Cholalsäure dargestellt und untersucht, auch durch Fäulniss reiner Cholalsäure als Natriumsalz mit Pankreas 8 Tage bei 38 — 40" dargestellt. Diese Säure schmilzt bei 160 — 170", ist in kaltem Alkohol leichter löslich als Cholalsäm-e; bei dem freiwilligen Verdunsten dieser Lösung hinterbleibt ein Syrup, der nach einigen Stunden zu einer strahligen Krystalbnasse erstarrt. Die Alkalisalze sind in Wasser leicht löslich, sie werden aus dieser Lösung durch Alkali im Ueberschuss als Oel abgeschieden. Von der Cholalsäure ist sie verschieden 1 ) durch ihre Leichtlöslichkeit in Alkohol, 2) durch ihre Schwerlöslichkeit in Essig- säure, 3) durch ihren rein bittern, gar nicht süssen Geschmack, Kratzen im Schlünde. 4) Das Natriumsalz der Säure wird durch lOprocentige Natronlauge aus wässeriger Lösung gefallt, während das cholalsäure Natrium nicht gefällt wird. 5) Das Bariumsalz der Säure wird aus selbst sehr verdünnter Lösung in Ammoniak durch Bariumchlorid in der Kälte gefällt, während zum Fällen des cholalsauren Bariums Erhitzen der concentrirten Lösung erforderlich wird. 1) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 20 S. 1968. 2) Ebendas. Bd. 19 S. 373. 206 Dohydrocbolsäure. Biliansäure. Choleinsäure. Dehydrocholsäure C., H34 O5. wurde zuerst von Hammarstenij durch Einwirkung von Chromsäure auf Cholalsäure in Eisessig dargestellt in sehi- guter Ausbeute. Nach dem Umkrystallisiren aus Alkohol erscheint sie in Nadeln von 231 — 232° Schmelzpunkt. Die Säure verbindet sich bei dieser Darstellung nicht mit Alkohol, enthält auch kein Krystallwasser. Sie vereinigt sich mit Hydroxylamin zu einem Trialdoxim, an dem 2 Aldehydgruppen und eine Ketongruppe betheiligt erscheinen. Beim Kochen in alkoholischer Lösung nimmt sie Alkohol in Esterverbindung leicht auf (Cohn) -). Biliansäure C,, H3, 0, = C.g H31 | [coj^"' ' Dreibasische Säure aus Cholalsäure oder Dehydrocholsäure durch Oxydation mittelst chromsaurem Kali und Schwefelsäure neben der Iso- biliansäure erhalten wird nach Ueberführung mittelst richtigem Zusatz von Aetzbaryt in das saure Barytsalz oder durch Kali in das sam-e Kaliumsalz von den andern in der Mischung noch vorhandenen Körpern abgetrennt durch Alkohol, in dem die sauren Salze wenig löslich sind. Das isobiliansaure Barytsalz ist in heissem Wasser fast unlöslich, in kaltem leicht löslich, während das biliansäure Barium auch in heissem Wasser gut löslich ist. Im üebrigen vergl. die Angaben des Ent- deckers der Biliansäure Cleve^), von Latschinoff'*) und Mylius.^) Choleinsäure Cj, H,, O4 (?). Diese mit der Desoxycholsäure vielleicht homologe Säure, welche von Latschinoff'') zuerst dargestellt ist, Schmelzpunkt 18.5 — lOO^ schwerer löslichj in Alkohol als Cholalsäure, findet sich neben Cholalsäure in der Eindergalle, ist zwar durch die Unlöslichkeit ihres Barytsalzes in Wasser gut von der letzteren zu trennen, aber besonders bezüglich ihrer Stellung zur Desoxycholsäure noch weiter zu untersuchen.'') Auch die aus menschlichen Leichengallen von H. Bayer**) dargestellte und ') Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. H S. 71. Latschinoff, ebendas. Bd. 18 S. 3045. Mylius, ebendas. Bd. 19 S. 2005. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 16 S. 493. 3) Bull. SOG. chim. T. 35 p. 373 u. 429. *) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 18 S. 3046 u. Bd. 19 S. 480. ^ 6) Ebendas. Bd. 19 S. 2000 u. Bd. 20 S. 1981. ") a. a. 0. ') Mylius, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 12 S. 265. 8) Ebendas. Bd. 3 S. 292. Nachweis der Gallensäure. Pettenkofer's Gallenprobe. 141. 207 beschriebene Anthropocbolsäure ist nach den Untersuchungen von Schotten!) und weiteren analytischen Bestimmungen des Bariumge- haltes im Barytsalze und der Lösungsverhältnisse der freien Säuren in Uebereinstimmung mit der Choleinsäure oder Desoxycholsäure. Ohne Zweifel ist sie Fäulnissproduct. Durch trockne Destillation der freien Cholalsäure^) für sich wird keine CO 2 abgespalten, aber es destillirt zunächst viel Wasser über, dann ein zähflüssiges gelbbraunes, grün fluorescirendes Oel, welches nicht mit den Wasserdämpfen flüchtig ist und hauptsächlich über 300° übergeht. Es hat ungefähr die Zusammensetzung Cjg Hgg O3, löst sich in Aether, ziemlich in heissem Alkohol, nicht in kaltem Alkohol oder Wasser; dieses Oel giebt die Pettenkofer'sche Probe nicht. Die Hyocholalsäure C25H40O4 findet sich mit Glycin und Taurin gepaart in der Schweinsgalle, ist dagegen ohne diese Paarlinge noch nirgends aufgefunden. Sie löst sich leicht in Alkohol oder Aether, nicht in Wasser. Sie krystallisirt schwer in kleinen Warzen und ihre Alkalisalze werden wie Seifen durch concentrirte Salzlösungen gefällt. Die Hyocholalsäure giebt die Pettenkofer'sche Keaction.3) Die Chenocholalsäure Cj-jH^^O^, der vorigen in der Zusammensetzung homolog, wird aus der Taurochenocholsäure durch Kochen mit Barytwasser er- halten (vergl. § 144). Sie krystallisirt sehr schwer beim Stehen der alkoholischen mit Wasser versetzten Lösung, ist unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol oder Aether; die Lösungen reagiren sauer, die Säure giebt die Pettenkofer'sche ßeaction, wird durch Kalilauge gelöst, aber in concentrirter Kalilauge ist das Kalisalz nicht löslich. Das Barytsalz ist unlöslich in Wasser.*) Nachweis der Gallensäure. Pettenkofer's Gallenprobe. 141. In concentrirter Schwefelsäure löst sich Cholalsäure auf. Fügt man zu einer etwas Cholalsäure enthaltenden wässerigen Flüssig- keit im Probirglase ein wenig Eohrzucker und dann allmälig tropfen- weise unter TJmschütteln concentrirte Schwefelsäure, indem man durch Erwärmen oder Abkühlen in kaltem Wasser die Temperatm- auf etwa 70 0 erhält, so tiitt, wenn die zunächst gefällte Cholalsäure durch den weiteren Zusatz der Schwefelsäure wieder gelöst ist, und noch weiter Schwefelsäure zugesetzt wird, eine zuerst kirschrothe, dann prachtvoll purpurrothe Färbung der Flüssigkeit ein, die sich nun unter allmäligem Dunklerwerden mehr in eine blaurothe Farbe im Verlaufe von 8 Tagen umwandelt. Von Mylius^) wm-de nachgewiesen, dass diese Gallenreaction 1) Schotten, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10 S. 175. ^) Schotten a. a. O. ') Strecker und Gundlach, Annal. Chem. Pharm. Bd. 62 S. 205. ■*) Heintz und Wislicenus, Poggendorff's Ann. Bd. 108 S. 547 und R. Otto, Zeitschr. f. Chem. 1868 S. 635. ''} Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 11 S. 493. 208 Nachweis der Gallensäure. Pettenkofer's Gallenprobe. 141. auf der Einwirkung des Furfurols beruht, welches aus dem Zucker durch Schwefelsäure gebildet wird. Anwesenheit von Albuminstoffen und solchen Kölnern, die mit Schwefelsäm'e leicht sich zersetzen, sowie Anwesenheit von viel Farbstoffen oder oxydirenden Substanzen beeinträchtigen die Keac- tion sehr. Albuminstoife geben mit concentrirter Schwefelsäm-e auch ähn- liche Purpurfärbung, ebenso Amylalkohol und andere organische Körper. Weitere Angaben über die Pettenkofer'sche Probe giebt Bischoff (Zeitschr. f. ration. Med. Ser. 3. Bd. 21 S. 126). Nach Schenk*) giebt die jjurpmTothe Lösimg der mit Schwefel- säure und Zucker behandelten Gallensäuren in passender Verdünnung mit Alkohol bei der Spectralprüfung einen Absorptionsstreif zwischen D und E neben letzterer Linie und einen zweiten vor F. Diese Spectralerscheinung tritt bei der gleichen Behandlung von Eiweiss- stoffen, Oelsäure, Amylalkohol nicht ein. In concentrirter Schwefelsäure gelöst giebt Cholalsäure eine sehr stark grün fluorescirende Lösung nach kurzer Zeit. Aucii dies Ver- halten kann zur Erkennung der Gallensäure mit benutzt werden. Auch in einer weingeistigen Lösung der Gallensäure kann diese Farbenreaction mit Schwefelsäure bei vorsichtigem Zusatz heiTorgerufen werden. Diese Reaction ist viel weniger zuverlässig als die Petten- kofer'sche Probe. Aus Fäces oder Dickdarminhalt kann die Cholalsäure mit Al- kohol vollkommen extrahirt werden. Man dampft das abfiltiii'te Extract im Wasserbade unter Zusatz von etwas Essigsäure zum Syrup ab und zieht den Rückstand mit kaltem Wasser aus. Das Ungelöste übergiesst man mit Baiytwasser, fügt noch Wasser hinzu unter Er- wärmen, leitet dann Kohlensäure bis zur neutralen Reaction ein, erhitzt jetzt zum Sieden und filtrirt siedend heiss, kocht den Rückstand noch so lange mit Wasser aus, als dieses etwas löst, dampft die vereinigten heiss flltrirten Auszüge auf ein kleines Volumen ab, fügt erst etwas Aether nach dem Erkalten hinzu, darauf Salzsäure, rührt gut um und lässt einige Zeit stellen, wobei der Aether verdunsten kann. Dann filtrirt man, wäscht die ausgeschiedene Cholalsäure mit etwas Wasser, löst sie in Alkohol, entfärbt nöthigenfalls mit Thierkohle, dampft auf ein kleineres Volumen ein und lässt dann zur Krystallisation einige Zeit stehen. Die Kry stallformen, die rechtsseitige Circumpolarisation der alko- holischen Lösung, die aromatischen Producte der trocknen Destillation *) Anatom, physiol. Untersuchungen. Wien 1872 S. 47. Lithofellinsäure. 142. 209 und die Pettenkofer'sche Probe geben dann Bestätigung für die Identität des erhaltenen Körpers mit der Cholalsäure. Der Nachweis der Cholalsäure im icterischen Harne, sowie in der Galle wird bei der Betrachtung der Untersuchungsmethoden des Harnes und der Galle besprochen werden. 14'2. Lithofellinsäure C2oH3,;04, bis jetzt nur in den seltenen orientalischen Bezoaren gefimden, die fast ganz aus dieser Säure be- stehen. Man extrahirt sie aus den gepulvert 'u Bezoaren mit kochen- dem Alkohol ; aus der concentrirten alkoholischen Lösung scheidet sie sich allmälig in Krusten stark glänzender, farbloser, harter, wasserfreier Krystalle aus. Diese Krystalle stellen sehr spitzige Khomboeder oder dreiseitige Säulen meist mit zugerundeten Flächen dar. Um sie zu reinigen, versetzt man die spirituöse Lösung der Säure mit kohlensaurem Natron im Ueberschusse, verdunstet zur Trockne, extrahirt mit absolutem Alkohol, filtrirt, verdunstet den Alkohol, löst den Kückstand in Wasser und fällt mit Chlorbarium. Der Niederschlag wird mit heissem Wasser ausgewaschen, die Lösung darauf durch Abdampfen concentrirt, und dano Essigsäure hinzugefügt, so lange Niederschlag erfolgt. Die gefällte reine Lithofellinsäure wii'd nach dem Abfiltriren und Waschen mit Wasser in wenig siedendem Weingeist gelöst ; nach dem Erkalten scheidet sie sich allmälig schön krystallisirt aus. Die Krystalle schmelzen bei 205", etwas darüber erhitzt, bleibt die Masse amorph. An der Luft stark erhitzt, giebt die Lithofellin- säure dieselben aromatischen Dämpfe, wie die Cholalsäure; sie giebt ferner sehr schöne Pettenkofer'sche Keaction, besitzt rechtsseitige- Circumpolarisation nach Koster*) (o()d = + 13,760, ist leicht löslich in heissem, schwer in kaltem Alkohol und wenn krystallisirt unlöslich in Wasser, dagegen scheint die aus ihren Salzen eben abgeschiedene weiche amorphe Säui-e in Wasser löslich zu sein. In Aether ist sie schwer löslich. Ihre Alkalisalze krystallisiren sehr schwer, das Baryt- salz krystallisii-t in feinen Nadeln beim Erkalten der heiss concen- trirten wässerigen Lösung. Die Alkalisalze sind leicht löslich in Wasser, werden aber durch Aetzalkali, kohlensaures Alkali oder andere Salze aus der concentrirten heissen Lösung in öligen Tropfen ausgeschieden. Die Lithofellinsäure hat in Verbindung mit Alkalien grössere spec. Drehung als im freien Zustande (Koster). Durch Kochen mit starker Säure oder Alkalilauge werden amorphe Sub- stanzen gebildet. *) Gaz. chim. italian. T. 9 p. 364. G. Roster, Su l'aciJo lithofellico etc. Firenze 1879. Ho ppe-Seyl er, Analyse. 6, Aufl. 14 210 Glycocholsäure. 143. Zum Nachweise der Lithofellinsäure können besonders die Kiystall- formen, der hohe Schmelzpunkt, die aromatischen Destillationsproducte, die Pettenkofer'sche Eeaction, das Verhalten der Alkali- und Barjt- salze dienen. Neben Lithofellinsäure fand Koster') in orientalischen Bezoaren die ein- basische Lithobiliiisäure C.TO Hjf, Og {?), Schmelzpunkt 199°, welche krystallisirt erhalten wurde, unlöslich in Wasser, leicht löslich in Alkohol, massig löslich in Aether ist und stärkere Rechtsdrehung als Lithofellinsäure zeigt. Glycocholsäure C.f, H„ NOg. 143. Die Glycocholsäure, auch Cholsäure genannt, findet sich be- sonders reichlich in der Kindergalle, in menschlicher Galle soll sie gleichfalls sehr reichlich enthalten sein, bei Fleischfressern fehlt sie ganz, so weit deren Gallen bis jetzt untersucht sind. Sie ist in der Eindergalle hauptsächlich an Natron gebunden. In geringer Quantität ist sie in den Excrementen der Einder nachgewiesen, auch icterischer menschlicher Harn enthält fast immer Spuren davon. Man erhält sie aus der Eindergalle durch Eindampfen derselben zum dicken Syrup, Extraction desselben mit starkem Alkohol, Entfärben des Extractes mit Thierkohle, Abdestilliren des Alkohols und Fällung der concentrirt alkoholischen Lösung durch einen üeberschuss von Aether. Das glycocholsäure und taurocholsaure Natron werden hierdiu'ch nieder- geschlagen: man löst den Niederschlag nach einiger Zeit (er verwandelt sich in einigen Minuten, Stunden bis Tagen in schöne seideglänzende Krystallbüschel) in nicht zu wenig Wasser und fügt so lange verdünnte Schwefelsäure hinzu, bis eine starke, beim Umrühren bleibende Trübung entstanden ist, nach einigen Stunden zeigt sich die ganze Flüssigkeit zum Brei feiner, seideglänzender Nadeln erstarrt, die man auf einem Filter sammelt, auspresst, mit Wasser wäscht und durch Lösen in der gerade hinreichenden Menge Alkohol und Fällung mit sehr viel Aether in farblosen, dünnen langen, sehr schön glänzenden Nadeln rein krystalli- sirt erhält. Ein etwas kürzeres Verfahren ist von Gorup-Besanez^) em- pfohlen: Ochsengalle wird im Wasserbade bis nahe zur Trockne ver- dunstet, der Eückstand mit Weingeist von 90 pOt. extrahirt, der Alko- hol abdestillirt oder verdunstet und der nöthigenfalls mit Wasser verdünnte Eückstand mit Kalkmilch versetzt. Nach gelindem Erwärmen wird filtrirt, das meist schwach gelbe Piltrat nach dem Erkalten mit verdünnter Schwefelsäure bis zur bleibenden Trübung versetzt (üeber- ^) Roster, Sopra un nnovo acido lithobilico etc. Firenze 1879. 2j Ann. Chem. Pharm. Bd. 157. S. 286. Glycocholsäure. 143. 211 schuss der Schwefelsäure ist zu vermeiden). Nach wenigen Stunden ist die Flüssigkeit zu einem Krystallbrei erstarrt, der abfiltrirt und ausgepresst nochmals in viel Kalkwasser gelöst und mit verdünnter Schwefelsäure bis zur bleibenden Trübung versetzt nach einiger Zeit die Säure in blendend weissen Nadeln liefert. Häufig gelingt es durch Versetzen der concentrirten Rindsgalle mit genügender Quantität Salzsäure, Aetherzusatz und Stehenlassen ohne Weiteres schön krystallisirte Glycocholsäure zu erhalten, die in der Sonne nach Waschen mit Wasser schnell sich entfärbt. Die Glycocholsäure löst sich sehr schwer in kaltem, leichter in heissem Wasser und krystallisirt beim Erkalten aus, auch in Aether lösen sich nur Spuren, leicht löslich ist sie dagegen in starkem Alko- hol. Die alkoholische Lösung wird durch Wasserzusatz getrübt und scheidet Flocken und Tropfen ab, die sich allmälig in feine . Krystalle umwandeln. In Alkalilaugen, auch den Lösungen kohlensaurer Alkalien ist sie leicht löslich, indem sie sich mit dem Alkali verbindet. Sie besitzt sflsslichen Geschmack und reagirt in ihren Lösungen sauer, treibt beim Abdampfen mit kohlensauren Salzen die Kohlensäure aus und bildet in Wasser oder Alkohol gut lösliche Alkalisalze. Man erhält dieselben beim kochenden Abdampfen ihrer alkoholischen Lösung in dünnen vierseitigen Prismen krystallisirt. Das Barytsalz ist in Wasser leicht löslich, auch das Silbersalz löst sich etwas in Wasser, besonders beim Erwärmen. Die wässerige Lösung glycocholsaurer Alkalien wird durch neutrales essigsaures Bleioxyd gefällt, der Niederschlag löst sich in heissem Alkohol und scheidet sich beim Erkalten zum Theil pulverig oder flockig wieder aus. Die Alkalisalze in Wasser gelöst vermögen verseifbare Fette in geringer Menge klar aufzulösen. Sowohl die freie als die an Basen gebundene Glycocholsäure besitzt rechtsseitige Circumpolarisation. Die specifischen Drehungen der alko- holischen Lösungen fiü' die Linie D sind: Glycocholsäure + 29,0° Glycocholsaures Natron + 25,7". Durch anhaltendes Kochen mit verdünnter Salzsäure oder Schwefel- säure, ebenso durch Kochen mit Alkalilauge oder heiss gesättigtem Barytwasser wird die Glycocholsäure in Cholalsäure und GlycocoU zer- setzt. Trägt man dagegen Glycocholsäure in concentrirte Schwefelsäure ein, so löst sie sich auf, erwärmt man dann, so scheidet sich Cholonsäure C26H4jN05 als amorpher Niederschlag aus, welcher in Wasser sich nicht löst, in Alkohol leicht löslich ist und nicht krystallisirt. Diese Säure bildet sich auch neben Cholalsäm-e beim Kochen von Glycochol- säure mit starker Salzsäure. Ihr Barytsalz ist in Wasser unlöslich und 14* 212 Taurocholsäure. 144. hierdurch unterscheidet sie sich sowohl von der Glycocholsäure, als auch von der Cholalsäure. Auch die Cholonsäure bewirkt rechtsseitige Circumpolarisation und hat eine der Glycocholsäure etwa gleiche speci- tische Drehung. Um die Glycocholsäure in thierischen Flüssigkeiten aufzusuchen, verführt man nach den bei der Taurocholsäure im folgenden Paragraphen angegebenen Methoden. Taurocholsäure Cjc H45 N S 0,. 144. Neben der Glycocholsäure findet sich die Taurocholsäure, auch Choleinsäure genannt, in der Rindsgalle. Die Hundegalle enthält allein Taurocholsäure, die Menschengalle schwankende geringe Mengen. Auch die Galle der Schlangen und Fische enthält Taurocholsäure. In dem icterischen Harne können geringe Mengen derselben vorhanden sein. In der Galle ist diese Säure stets an Alkali gebunden. Man stellt Taurocholsäure am Eeinsten aus der Hundegalle dar, indem man dieselbe mit Alkohol fällt, Blutkohle hinzufügt, filtrirt und mit Alkohol auswäscht, die Flüssigkeit zur Trockne verdunstet, den Eflckstand mit wenig absolutem Alkohol extrahirt, filtrirt, diese Lösung mit einem üeberschusse von Aether S'hüttelt und dann verschlossen stehen lässt, bis der zuerst amorphe Niederschag krystallinisch ge- worden ist. Nach Abgiessen des Aethers löst man die Krystalle in Wasser und fällt mit Bleiessig und etwas Ammoniak, wäscht den Nieder- schlag auf dem Filter, zertheilt ihn in möglichst starkem Alkohol, leitet Schwefelwasserstoff bis zur völligen Zersetzung des Niederschlags hin- durch, filtrirt und dampft die alkoholische Lösung bei sehr massiger Wärme auf ein kleines Volumen ein und fällt mit grossem Ueberschuss von wasserfi-eiem Aether. Der syrupartige Niederschlag verwandelt sich beim Stehen grösstentheils in feine, seideglänzende, an der Luft schnell zerfliessende Krystalle. Die Säure zeigt stark saure Reaction, ist sehr löslich in Wasser oder Alkohol, zersetzt sich beim Abdampfen der wässerigen Lösung zur Trockne und ist überhaupt auch in ihren Verbindungen viel zersetzlicher als die Glycocholsäure. Ihr Natronsalz wird bei der beschriebenen Darstellungsmethode krystallisirt in sehr feinen Nadeln sehr ähnlich dem glycocholsauren Natron erhalten. Ihr Barytsalz ist leicht löslich in Wasser, überhaupt sind ihre Salze in Wasser löslicli, nur durch essigsaures Bleiuxyd und Ammoniak wird sie vollständig gefällt. Sie besitzt in ihren Lösungen rechtsseitige Circum- polarisation, die spec. Drehung des in Alkohol gelösten taurocholsauren Natron ist für die Linie D + 24,5 •>, in wässeriger Lösung zeigt dies Salz schwächere Drehung ebenso wie auch das glycocholsäure Natron in Taurocholsäure. 144. 213 Wässeriger Lösung eine Verminderung der Circumpolaiisation ergiebt. Durch Kochen mit verdünnter Säure oder mit Alkalilaugen, sogar nur mit Wasser wird die Taurocholsäure leicht zerlegt. Sie zerfällt dabei in Taurin und Cholalsäure in der gleichen Weise, wie die Glycochol- säure sich, wenngleich viel schwerer, in Glycocoll und Cholalsäure spaltet. Die gleiche Zersetzung erleidet die Taurocholsäure auch bei der Fäulniss der Galle und bei ihrer Wanderung durch den Darmcanal. Zu der Trennung der Taurocholsäure von Gljcocholsäure und Cholal- säure benutzt man besonders das verschiedene Verhalten dieser Säuren zur Bleizuckerlösung. Durch die letztere werden Cholalsäure und Gljco- cholsäure gefällt, während nur sehr geringe Mengen von Taurocholsäure mitgerissen werden, wenn die Flüssigkeit nicht stark alkalisch ist. Nach der Ausfällung dieser Säure kann die Taurocholsäm-e mit Blei- essig und etwas Ammoniak gefallt werden. Den Bleiniederschlag bringt man in Alkohol, lügt überschüssige Lösung von kohlensaurem Natron hinzu, dampft das Ganze zm- Trockne ab und extrahirt das Natronsalz der Tam-ocholsäm-e aus dem Kückstande mit absolutem Alkohol, der die übrigen Substanzen ungelöst lässt. Zum weiteren Nachweis der Tam'o- cholsäure dient ihre Zerspaltung dm-ch 12 stündiges Kochen mit heiss gesättigtem Barytwasser (am Besten im zugeschmolzenen Glasrohre im Wasserbade) in Cholalsäure und Taurin. Man leitet nach dem Kochen Kohlensäure bis zm- Sättigung des freien Baryts hindui'ch, verdampft zur Trockne, extrahirt den Rückstand mit wenig kaltem Wasser, welches das Taurin löst, dann koclit man denselben mit Wasser aus, filtrirt heiss und weist dann in der ersteren Lösung nach § 94 das Taurin und nach § 139 in der letzteren Lösung die Cholalsäure nach. In den meisten Fällen reicht es hin, den Schwefelgehalt nach § 23 zu bestimmen und ausserdem die Fette nkofer' sehe Probe zu machen, um bei einer in Alkohol löslichen Substanz Sicherheit zu erlangen, ob sie Taurocholsäure enthält. Natürlich muss die Abwesenheit von Schwefelsäure sicher sein, dieselbe also, falls sie vorhanden, durch Fällung mit etwas Barytwasser entfernt sein, ehe man mit Salpeter verbrennt und auf Schwefelsäure prüft. Glycohyocholsäure 62,1143 NOj. Diese Säure, auch Hyochol säure ge- nannt, ist bis jetzt nur in der Schweinegalle gefunden, aus der man ihr Natron- salz nach Entfärbung mittelst Thierkohle durch Zusatz von krystallisirtem schwefel- sauren Natron bis zur Sättigung abscheidet. Man wäscht den Niederschlag mit concentrirter Lösung von schwefelsaurem Natron, löst den Niederschlag in Wasser und fällt mit Salzsäure die Säure aus. Die so erhaltene Hyoglycocholsäure ist in Wasser unlöslich, farblos, harzartig, noch nicht krystallisirt erhalten, leicht löslich in Alkohol, wenig löslich in Aether, schmeckt bitter, giebt saure Reaction in alko- holischer Lösung, verbindet sich mit Alkalien zu in Wasser löslichen Salzen; die 214 Hämochromogen. 145. Salze der alkalischen Erden und schweren Metalle sind unlöslich in Wasser, aber meist löslich in Alkohol. Die Alkalisalze werden durch Salze, z. B. schwefelsaures Natron, bis zur Sättigung eingetragen aus der wässerigen Lösung ausgefällt. Beim Kochen mit Salzsäure oder Alkalilauge wird die Glycohyocholsäure in GlycocoU und Hyocholalsäure zerlegt (vergl. § 139). Taurohyocholsäure CjtH^jNSOs, auch Hyocholeinsäure genannt, findet sich in geringer Menge neben der Hyoglycocholsäure in der Schweinegalle, Ist aber noch nicht in reinem Zustande dargestellt. Sie wird durch Säuren oder Alkalien leicht in Taurin und Hyocholalsäure zerlegt^). Taurochenocholsäure^) findet sich in der Gänsegalle. Sie ist nur amorph bekannt, leicht löslich in Wasser oder Alkohol. Ihr Natronsalz wird aus der Gänse- galle durch Alkohol ausgezogen, durch Znsatz von Aethcr pflasterartig gefällt, mit einer concontrirten Lösung von schwefelsaurem Natron gewaschen, getrocknet, in absolutem Alkohol gelöst und die klar tiltrirte Lösung mit Aether gefällt. Nach längerem Stehen setzen sich kleine rhombische Tafeln des taurochenocholsauren Natron von der Zusammensetzung C,,^ H,,„ NNaSO, (nach dem Trocknen bei UO» aber C29H48 NNaSO^) ab. Dies Salz wird in wässeriger Lösung durch Bleiessig gefällt. Aus dem Niederschlage in Alkohol vertheilt kann mau die Taurocheno- cholsäure durch Schwefelwasserstoffeinleiten lösen und durch Abdampfen der Lösung gewinnen, dabei bildet sich etwas unlösliche Parataurochenocholsäure (?). Durch anhaltendes Kochen mit Barytwasser wird sie in Taurin und Chenocholalsäure zerlegt. Sie giebt gegen Zucker und Schwefelsäure die allgemeine G.allensäure- reaction (vergl. § 141). Guanogallen säure. Im Peru-Guano findet sich eine Gallensäure, welche durch Wasser ausgezogen und mit Salzsäure gefällt wird. Alkohol bist sie auf und man erhält sie nach Entfärben mit Blutkohle beim Abdampfen der alkoho- lischen Lösung als amorphe, gelbliche, in Wasser unlösliche Masse, welche etwas Stickstoff, keinen Schwefel enthält. Das Natronsalz ist leicht löslich, das Baryt- salz etwas schwerer in Wasser löslich, beide lösen sich leicht in Alkohol. Diese Säure giebt die Pettenkofer'sche Reaction gleichfalls ganz gut, auch löst sie sich in concentrirter Schwefelsäure zu einer grünlich fiuorescirenden Flüssigkeit'). Farbstoffe. Hämochromogen. 145. Bei der Zersetzung der Oxyhämoglobine (vergl. § 187) durch Säuren oder Alkalien entsteht stets Humatin neben Eiweiss- stofifen, bei der Einwirkung dieser Agentien auf die Hiimoglobine bildet sich zunächst stets Hämochromogen, welches bei Anwesenheit selbst geringer Quantität von freiem Sauerstoff sofort in Hämatin übergeht, bei Abwesenheit von Sauerstoff in saurer Lösung bald zer- fällt und unter Abspaltung von Eisen in Hämatoporphyrin übergeht, in alkalischer Lösung dagegen bestehen bleibt. In schwachen Alkali- >) A. Strecker, Ann. Chem. Pharm. Bd. 62 S. 20.5. -) Heintz u. AVislicenus, Pogg. Ann. Bd. 108 S. .547 u. K. Otto, Zeit- schrift für Chem. 1868 S. 633. 3) Hoppe-Seyler, Archiv f. path. Anat. Bd. 2t; S. .525. Hämochromogen. 145. 215 laugen oder Sodalösung löst sich das Hämochromogen mit schön kirsch- rother Farbe und bei genügender Verdünnung zeigen sich bei der Spectraluntersuchung zwei sehr deutliche Absorptionsstreifen, von denen der eine tief schwarze Streifen zwischen D und E, etwas näher an D als an E, doch fast in der Mitte zwischen beiden Liniengi-uppen steht, während der andere nicht so dunkele und bei der Verdünnung der Lösung früher verschwindende Sti-eifen auf der Liniengruppe E liegt, sich bis oder über b ausbreitet und ungefähr eben so weit auch von E nach D hin. Auch bei starker Concentration der Lösung zeigen sich keine anderen Absorptionsstreifen und das blaue Licht bis G hin ist sehr wenig absorbirt. Durch Erhitzen der Lösung von Hämochromogen in hinreichend starker Alkalilauge auf lOOo wird das Hämochromogen als violett grauer pulveriger Niederschlag abgeschieden, der sich nach dem Erkalten theilweise oder ganz wieder löst '). Die Isolirung des Hämochromogens ist bis jetzt noch nicht möglich gewesen wegen der grossen Zersetzlichkeit mit Sauerstoff und Säuren. Sauerstoff nimmt es unter Veränderung der Färbung sofort auf, sowie die Lösung an die Luft kommt; selbst verdünnte Säuren in alkoholischer Lösung entziehen ihm auch bei gewöhnlicher Temperatur sehr bald das Eisen und es bildet sich das an der Luft beständige Hämatoporphyiin, dessen Darstellung auch aus Hämatin leicht gelingt und dessen Ee- duction mit Zinn und Salzsäure u. s. w. zu Farbstoffen führt, die mit dem ürobilin sehr nahe verwandt zu sein scheinen. Eine künstliche Umwandlung des Hämochromogen in Bilirubin oder einen anderen Gallen- farbstofi' ist noch nicht gelungen. Die von Stokes-) beschriebenen Spectralerscheinungen des sog. reducirten Hämatin sind mit denen der alkalischen Lösung des Hämo- chromogens identisch. Kohlenoxydhämochromogen mrd aus Kohlenoxydhämoglobin durch Einwirkung von Alkalilauge, bei Abwesenheit von Sauerstoff ge- bildet und bei der Erhitzung auf 100" aus dieser Lösung abgeschieden; es löst sich nach dem Erkalten allmälig wieder auf Die Absorptions- erscheinungen sind übereinstimmend mit Kohlenoxydhämoglobin. Es giebt beim Erhitzen im Wasserstoffstrome das Kohlenoxyd ab und geht in Hämochromogen über. Hämochromogen biklet sich sehr häufig in Spirituspräparaten von Pankreas, Leber, Milz, Muskeln. Uebergiesst man die Organe im Ganzen oder nach ihrer Zerkleinerung mit Alkohol und lässt ohne Umrühren einige Tage stehen, so zeigen sich die unteren Schichten rosenroth bis ' ^ly^eitsch. f. phyiol. Chem. Bd. 13 S. 477. 2j Proceedings of the royal Soc. June 1864. 216 Hämatiu. UG. purpurroth, die oberen grau bis bräunlich uml die spectroskopische Unter- suchung des reflectirten Lichtes ergiebt in den rothen unteren Schichten die Spectralstreifen des Hämochromogen mit aller Schärfe. Bringt man sie an die Luft, so werden sie bald oberflächlich graubraun durch Hä- matinbildung. Uebergiessen mit Aetiier wirkt ähnlich wie Alkohol, und so sind wahrscheinlich die Angaben von Struve*) zu erklären. Bei längerem ruhigen Stehen unter Alkohol verliert sich langsam von oben nach unten die Hämochromogenfärbung entsprechend dem Sauerstoffzu- tritt und Aufhören der Fäulniss durch Diffusion des Alkohol. llämatin. 146. Das Hämatin ist nur als Zersetzungsproduct des Oxyhämo- globins oder Oxydationsproduct des Hämochromogens bekannt, findet sich als solches im Organismus, selten in alten Blutextravasaten, häufig im Darmcanale, wo es durch die Einwirkung des Magensaftes auf aus- getretenes Blut oder auf den Blutfarbstoff in Speisen gebildet wird oder wohin das Hämatin in den Speisen bereits präformirt gelangt. Es findet sich daher auch bei Fleischnahrung stets in den Fäces. Die Keindarstellung des Hämatin hat bedeutende Schwierigkeit zu liberwinden. Frei von Fetten, Cholesterin und Eiweissstoffen erhält man es vielleicht 1) durch Schütteln von defibrinirtem Blut mitAether, Zu- satz von starker Essigsäure, wiederholtes Schütteln, Abgiessen und Fil- triren der dunkelbraunen ätherischen Lösung sofort nachdem sie sich abgeschieden hat, Stehenlassen, Abfiltriren des ausfallenden Nieder- schlages und Waschen desselben mit Aether, Alkohol und Wasser. 2) Durch Fällen von Blut mit überschüssigem kalten Weingeist, Erwärmen des abfiltrirten Niederschlages mit schwefelsäureluiltigem Alkohol, Stehenlassen der warm filtiirten Lösung und Waschen des an den Glaswänden sich niederschlagenden schwefelsauren Hämatin mit Wasser und dann mit etwas Alkohol und Aether. Jedenfalls sind diese Methoden zur Gewinnung des Hämatin weniger geeignet als die Darstellung desselben aus den Häminkrystallen (vergl. folg. §). Die mit starker Essigsäure gekochten, mit viel Wasser, endlich mit Alkohol und Aether gewaschenen Häminkiystalle werden in äusserst verdünnter reiner Kalilauge gelöst, die filtrirte Lösung mit verdünnter Salzsäure gefällt und mit heissem Wasser der flockige braune Nieder- schlag gewaschen, bis das ablaufende Wasser durch salpetersaures Silber keine Trübung mehr giebt (es ist langes Auswaschen hierzu erforder- lich). Das Hämatin wird dann erst bei massiger Wärme, endlich bei 120" bis 150" getrocknet. *) Ber. d. deutseh. ehem. Gcsellsch. Bd. 9 §, 623. Hämatin. 146. 217 Das SO erhaltene Hämatin C34H35 N4Fe05 (Hoppe- Seyler) oder C32H32N4Fe04 (Nencki und Sieber), vergl. folgenden Paragraphen, besitzt blauschwarze Farbe und lebhaften Metallglanz, ist nicht erkenn- bar krystallisirt, giebt aber so wie manches in Glanz und Farbe ihm ähnliche Kothgiltigerz einen braunen Strich auf Porzellan und fein pulverisirt ein dunkelbraunes Pulver, ist somit pleochromatisch. Es kann auf 180" erhitzt werden, ohne dass es sich zersetzt, sehr stark erhitzt verkohlt oder verglimmt es ohne zu schmelzen und sich aufzublähen unter Entwickelung von Blausäure und lässt in der Form der Stücke, die zum Versuche verwendet wurden, ein Skelett von reinem (auch manganfreiem) Eisenoxyd (12,6 pCt. des Hämatin betragend) zmück. Es ist unlöslich in Wasser, Alkohol, Aether, Chloroform, ein wenig löslich in Eisessig, besonders in der Wärme. In säurehaltigem Alkohol löst es sich in geringer Menge auf, gar nicht in wässerigen säurehaltigen Flüssigkeiten ; es löst sich ferner in allen Alkalilösungen, auch sehr ver- dünnten, selbst in Alkohol beim Zusammenschütteln mit kohlensaurem Alkali. Die alkalischen Lösungen erscheinen in dickeren Schichten in durchfallendem Lichte schön roth, in dünner Schicht olivengrün, die sauren Lösungen in jeder Dicke der Schicht braun gefärbt. Beide Lösungen absorbiren am Wenigsten das äusserste Roth im Spectrum des Sonnen- oder Lampenlichtes bis etwa zur Spectrallinie B, am Stärksten, wie es scheint, das violette Licht. Bis zu einer Concentration von 0,015 gr Hämatin in 100 CC. Lösung zeigt dieselbe bei einer Dicke der Plüssigkeitsschicht von 1 cm einen schlecht begrenzten Absorptions- streifen zwischen den Linien C und D, letzterer Linie anliegend; in schwefelsäurehaltigem Alkohol gelöst vor den Spectralapparat gebracht, giebt das Hämatin einen Absorptionsstreifen nahe bei C zwischen dieser Linie und D, ein anderer weniger scharf begrenzter, viel breiterer und bei weiterer Verdünnung etwas früher verschwindender findet sich zwischen D und F. Dieser letztere Streif zerlegt sich bei vorsichtiger Verdünnung der Flüssigkeit zunächst in zwei ungleich dunkle Bänder; das neben F befindliche ist dunkler, der hellste Zwischenraum zwischen E und b. Ein sehr schmaler schwacher Streif erscheint bei gewisser Verdünnung zwischen D und E, dicht neben D. Durch Behandlung mit Schwe'el- •ammonium oder einer ammoniakalischen Lösung von weinsaurem Zinn- ■oxydul oder anderen Reductionsmitteln verändert die Hämatinlösung ihre Farbe und zeigt bei der Spectraluntersuchung einen dunklen, schmalen, ziemlich scharf begrenzten Absorptionsstreifen zwischen D und E, der ersteren Linie etwas näher, und einen blasseren Streifen, welcher die Linien E und b einschliesst, die Spectralstreifen des Hämochromogens. Fügt man zu einer alkalischen Hämatinlösung Cyankalium, so wird 218 Salzsaures Hämatin oder Hilmin. 147. die Lösung durchsichtiger rothbraun, absorbirt am Scliwächsten das Licht zu beiden Seiten der Linie C des Sonnenspectrum und zeigt beim Verdünnen einen schlecht begrenzten Absorptionsstreifen zwischen D und E. Die Spectra des Hämatin in diesen verschiedenen Lösungen sind in § 191 im Holzschnitt dargestellt im Vergleiche mit den Spectren des Hämoglobins. Alkalische Lösungen von Hämatin werden durch Kalk oder Bai^t- salze in rothbraunen Flocken gefällt, auch Niederschläge von phosphor- saurem Kalk nehmen Hämatin als Lösungen in sich auf. Auf dieser letzteren Eigenschaft beruht eine Methode des Nachweises von Blut im Harne. Enthält der Harn Blutfarbstoff, so giebt er mit Aetzalkali er- wärmt einen hämatinhaltigen und daher rothgefärbten Niederschlag von phosphorsaurem Kalk. In ammoniakalischer Lösung scheint das Hä- matin allmälige Veränderung zu erleiden; auch beim Trocknen einer solchen Lösung bei 100" wird Ammoniak hartnäckig zm'ückgehalten in einer Verbindung, die sich in Wasser leicht auflöst. Durch Kochen mit concentrirter Kalilauge erleidet dagegen das Hämatin keine bemerkbare Aenderung, beim Schmelzen mit Kali entweicht Ammoniak, doch geht die Zerlegung sehr langsam vor sich. Auch durch Erhitzen mit starker Salzsäure wird das Hämatin erst über 150" zersetzt, verdünnte Salpeter- säure greift es auch beim Kochen scliwer an, sehr schnell wird es unter Entfai-bung zersetzt, wenn Chlor in seine alkalische Lösung eingeleitet wird. In concentrirter Schwefelsäure löst es sich zu einer dunkelrothen Flüssigkeit ohne Gasentwickelung, wird diese Lösung in Wasser einge- tragen, so wird ein eisenfi'eier Körper gefällt, der in Alkalien leicht löslich und in manchen Eigenschaften dem Hämatin ähnlich ist, bei der Spectraluntersuclmng jedoch sich sehr sicher von letzterem unterscheiden lässt. Die Spectra, welche dies eisenfreie Hämatin oder Hämatopor- phyrin in Flüssigkeiten nachweist, sind in § 191 abgebildet. Hinsicht- lich des Nachweises des Hämatin in Flüssigkeiten und Niederschlägen, sowie der Beziehungen zum Oxyhämoglobin, Hämoglobin vergl. Nach- weis des Hämoglobin in demsellien Paragraphen. Salzsaures lliiinatin oder Häinin. 147. Die Teichmann'schen Häminkrystalle erhält man durch Kochen einiger Tropfen Blut im Probirglase mit überschüssiger sehr starker Essigsäure im Kleinen oder durch Eindampfen eines Tröpfchens Blut mit 12 — 20 'Tropfen Eisessig nach einmaligem Autkochen über kleiner Fhxmme auf dem Wasserbade, man gewinnt auf diese Weise Objecte für den mikroskopischen Nachweis des Blutfarbstoffs. Im grösseren Maassstabe stellt man am Zweclcmässigsten nach folgendem Salzsaures Hämatin oder Hämin. 147. 219 Verfahren ziemlich reine Häminkrystalle dar: Defibriniiies Blut irgend eines Thieres wird mit grossem Ueberschuss einer vorher bereiteten Mischung von 1 Volumen gesättigter Kochsalzlösung und 10—20 Vohunen Wasser gemischt 24 Stunden stehen gelassen, vom Niederschlag die Flüssigkeit abgegossen, der Blutkörperchenbrei mit Wasser in einen Kolben gebracht und mit dem halben Volimien Aether geschüttelt, die Aetherlösung nach einiger Zeit der Kühe abgehoben, die wässerige Lösung des Blutfarbstoffs etc. filtrirt und in flachen Schalen bei ge- wöhnlicher Temperatm- zum Syrup verdunsten gelassen. Der letztere mit dem 10- bis 20 fachen Volumen Eisessig gut zusammengeschüttelt und im Kolben auf dem Wasserbade eine bis zwei Stunden erhitzt. Die Krystalle bilden sich meist schon bei massigem Erwärmen, doch ist längeres Erhitzen zur vollständigen Ausfällung der Krystalle und Lösung der Eiweissstoffe (die jedoch nie vollständig ist) nöthig. Die Masse wird dann in ein grosses Becherglas ausgegossen und mit dem mehrfachen Volumen Wasser gemischt mehrere Tage stehen gelassen, der auf dem Boden abgesetzte Krystallbrei noch mehrmals mit Wasser gewaschen, mit starker Essigsäure ausgekocht, so lange sich noch Spuren gequollener Eiweissstoffe beigemengt zeigen, wieder mit Wasser ge- waschen, dann erst aufs Filter gebracht und mit Alkohol, endlich mit Aether gewaschen. Man erhält auch Häminki-ystalle durch Erwärmen von Hämatinlösung in schwefelsäiu-ehaltigem Weingeist nach Zusatz von etwas Wasser und wenig Kochsalz. Nencki und Sieber') behandeln die gesenkten Blutkörperchen mit Alkohol. Der Niederschlag wird an der Luft getrocknet bei ge- wöhnlicher Temperatur, zerrieben und mit viel Amylalkohol nach Zusatz von wenig starker Salzsäure gekocht, schnell filtrirt, erkalten lassen. Die im erkaltenden Filtrate ausgeschiedenen Krystalle werden dann mit Wasser, Alkohol und Aether gewaschen. Man kann die Krystalle noch umkrystallisiren nach folgendem von Gwosdew2) angegebenen Verfahren: Man löst die Krystalle in abso- lutem Alkohol, der mit gepulvertem kohlensauren Kali unter öfterem Umscliütteln einige Zeit gestanden hat, filtrii't, wenn nöthig, mischt die Lösung mit dem gleichen Volumen Wasser, säuert mit Essigsäure an und filtrirt den flockigen Niederschlag ab, bringt ihn noch feucht mit sehr wenig Kochsalz in Eisessig, erhitzt auf dem Wasserbade einige Zeit, sammelt die Krystalle auf einem Filter und wäscht mit Wasser gut aus. Durch dies Umkrystallisiren können einige Verunreinigungen ') Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmacol. Bd. 18 u. Bd. 20 S. 325. Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 17 S. 2267. =) Sitzungsber. d. "Wien. Akad. d. Wiss. 1866 Bd. 53. 11. Mai. 220 Hämatoporphyrin. 148. Wohl entfernt werden, dafür erhält man aber gewöhnlich ein Gemenge von Hilminkrystallen mit Hämatin; auch wenn man Häminkrystalle aus getrocknetem Blute oder Blutfarbstoff darstellt, erhält man mit Hämatin verunreinigte Krystalle. Die nach dem oben angegebenen Verfahren dargestellten Hämin- krystalle bilden ein seideglänzendes Krystallpulver von der blauschwarzen Farbe und dem Metallglanze des Hämatin. Die Krystalle sind meist kaum durch die Loupe einzeln erkennbar, sind oft lang gezogene rhom- bische Plättchen im durchfallenden Lichte von brauner Farbe, völlig unlöslich in Wasser, in heissem Alkohol oder Aether kaum löslich, daLjegen wie das Hämatin sehr leicht löslich in Alk.ililauge, auch den verdünntesten kohlensauren Alkalien und in säurehaltigem Alkohol. Alle diese Lösungen zeigen das Verhalten der Hämatinlösungen, ent- halten auch Hämatin neben Salzsäure. Reibt man Häminkrystalle mit eoncentrirter Schwefelsäure zusammen, so entwickelt sich Salzsäure. Der Chlorgehalt des Hämin beträgt .5,29 pCt. ; beim Auflösen desselben in verdünnten Alkalilaugen verbindet sich das Chlor mit dem Alkali- metall und kann nach Ausfällung des Hämatin mit Salpetersäure durch Silbeilösung bestimmt werden; das Hämin ist also eine salzartige oder Ester-Verbindung vcn Salzsäure mit Hämatin, die in der Eisessiglösung des Blutes bei Gegenwart von Chlornatrium sich bilden und ausfallen kann wegen ihrer Unlösliclikcit in Eisessig. Beim Erhitzen bleiben die Krystalle unverändert bis gegen 200°, an der Lult stärker erhitzt ver- glimmen sie unter Entwickelung von Blausäure und Hinterlassung eines Skeletts von Eisenoxyd. Die Häminki-.\ stalle halien nach den Untersuchungen von Hoppe- Seyleri) die Zusammensetzung Co4H.i5N4Fe05, HCl, nach denen von Nencki und Sieber-) dagegen C;j^ H,„ N4 Fe 0;,, HCl ; das aus dem Hämin erhaltene Hämatin besteht nach ersteren Untersuchungen aus C34H,5N4Fe05, nach denen von Nencki und Sieb er aus C32H32N4Pe04. Das Verhältniss im Gehalte an N und Fe ist unzweifelhaft richtig; im Uebrigen sind die analytischen Werthe nicht sehr ditferente. Häiiiatoporphyrln. 148. Aus Hämochromogen oder Hämatin oder Hämin können auf verschiedene Weise aber stets unter Einwirkung von Säuren Farb- stoffe erhalten werden, die ihre Zusammengehörigkeit durch ihre Zu- M Med. ehem. Untersuchungen Heft i S. ö28. 1871. 2J Arcb. f. exper. Pathol. u. Pharm. Bd. 24 S. 430 u. Munatshefte f. Chem. Bd. ;) s. 11:). Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 17 S. 2267. Hämatoporphyrin. 148. 221 sammensetzung, ihr spektroskopisches und chemisches Verhalten und ihren Ursprung erkennen lassen, die jedoch leicht veränderlich sind und von denen sich noch nicht angeben lässt, ob es sich stets nur um einen oder um mehrere einander nahestehende Körper handelt. Hämochromogen wird bei Abwesenheit von Sauerstoff resp. Anwesen- heit von reducirenden Stoffen durch jede auch die schwächste Säure um- gewandelt unter Austritt von Eisen als einfaches FeiTosumsalz der an- gewendeten Säure in Hämatoporphyrin ohne bekannte Nebenproducte; langsamer erfolgt unter sonst gleichen Verhältnissen die Umwandlung des Kohlenoxydhämochromogen. Aus Hämatin oder Häminkrystallen wird Hämatoporphyrin gebildet durch Einwii-kimg von concentrirter Schwefelsäure und nachheriges Eintragen in Wasser, ferner durch Er- hitzen von Häminkiystallen mit rauchender Salzsäure im geschlossenen Glasrohr auf 160" etc. Nencki und Sie her tragen 5 gi- trockene Häminki-ystalle in Kolben von 300 Cbcm Inhalt in 75 gr Eisessig ein, der bei 10" mit Bromwasserstoff gesättigt ist, erhitzen 20 bis 30 Minuten auf dem Wasserbade, bis kein Bromwasserstoff mehr entweicht, und tragen dann in viel Wasser (5 bis 6 Liter auf 40 bis 50 gr verarbeitetes Hämin) ein. In der tiefi-othgefärbten Flüssigkeit scheidet sich ein brauner flockiger Niederschlag ab. Nach einigen Stunden wird filtrirt, das Filtrat mit Natronlauge zur Sättigung des Bromwasserstoffs versetzt, der abge- schiedene Farbstoff durch Decantiren und Filtriren gewonnen, mit Fliess- papier abgetrocknet, noch feucht mit verdünnter Natronlauge auf dem Wasserbade digerirt, die abgeschiedenen Beste von Eisenoxydulsalz ab- filtrirt und die waime Lösung stehen gelassen. Beim Abkühlen scheiden sich an den Wandungen kugelige Aggregate der Natriumverbindung desHämatoporphyrins aus, welche durch Umkrystallisiren gereinigt werden. Die alkalische Lösung der Verbindung wird mit Essigsäure übersättigt, der niedergeschlagene Farbstoff gut mit Wasser gewaschen, dann mit wenig Wasser zum dicken Brei angerührt, durch vorsichtigen Salzsäure- zusatz gelöst und die filtrirte tiefrothe Lösung im Vacuum über Schwefel- säure verdunstet. Der grösste Theil des salzsauren Hämatoporphyiins scheidet sich in braunrothen mikroskopischen Nadeln aus. Zur Reinigung wird dies Salz mit wenig 10 procentiger Salzsäure gewaschen, in wenig auf 30 0 erwärmtem Wasser unter Zusatz von etwas HCl gelöst, die filtrirte Lösung mit nicht zu starkem üeberschuss von Salzsäure von 1,12 spec. Gewicht versetzt und im Vacuum über Schwefelsäure ver- dampft. Es krystallisirt reines Salz aus. Dasselbe wird nochmals mit 10 procentiger Salzsäure gewaschen und im Vacuum über Schwefelsäure und Natronkalk getrocknet. Aus verdünnt saurer Lösung desselben wird, das freie Hämatoporphyrin durch essigsaures Natron gefällt, braunrother. 222 Braune und schwarze Pigmente, Melanin. 149. flockiger Niederschlag. Zusammensetzung Cie Hig N., 0.-, und die der salzsauren Verbindung Ci^ Hig N2 0,j, HCl. Die von Hoppe-Seyler*) gefundene Zusammensetzung des Häniatoporpliyrins beträgt C34 H-j^ N4 0^, der auch das dargestellte saure phosphorsaure Salz entspracli. Nach den Bestimmungen von Nencki und Sieber ist die Zusammensetzung des Hämatoporphyrin jirocentisch gleich der des Bilirubin (vergl. tj 150). Hämatoporphyrin ist in Wasser unlöslich, wenig löslich in verdünn- ten, leichter in starken Säuren, leicht in verdünnten oder starken Alkali- lösungen löslich. In sauren oder alkalischen alkoholischen Lösungen ist es besser löslich. Die sauren Lösungen zeigen schöne violette, concen- trirter kirschrothe Farbe und bei spektroskopischer Prüfung einen schma- len nicht sehr dunklen Absorptionsstreif zwischen C und D, dicht an D anliegend und einen breiteren dunklen Streifen zwischen D und E, näher an D als an E. Die idkalischen Lösungen sehen zum Theil auch violett, zum Theil feurig roth bis braun aus; die braune Farbe findet man am liäufigsten, sie entspricht aber wohl nicht den reinsten Lösungen. Spektroskopisch sind die alkalischen Lösungen ausgezeichnet durch 4 oder bei passender Cnncentration 5 Absorptionsstreifen, von denen der erste zwischen C und D nahe an D, der zweite und dritte zwischen D und E, jeder einer dieser Linien nahe, der vierte von b bis F diese beiden Linien an den Rilndern einschliessend gelegen ist. Das saure und das alkalische Hämatoporphyrinspectrum sind in der Spectraltafel in § 191 dargestellt. Hämatoiwrphyrin findet sich im Magen- und Darminhalt bei Ver- giftung durch Einführung von concentrirter Schwefelsäm'e in den Magen und kann spektroskopisch sofort erkannt werden. Im Harne sind in nicht wenigen Füllen dem Hämatoporphyrin sehr ähnliche oder damit identische Farbstoffe gefunden (vergl. unten Harn). Braune und schwarze Pigmente, Melanin. 149. Mehr oder weniger dunkle braune bis ganz schwarze Pigmente finden sich in der Chorioidea und Uvea des Auges, dem Rete Malpighii vieler Thiere und des Menschen, besonders bei Negern, in den Haaren und Federn, der Haut von Reptilien und Fischen, dem Hörne, Fisch- bein, in den Pigiuentzellen an serösen Häuten bei Fröschen, Schlangen u. s. w. Fast bei allen erwachsenen Menschen findet sich mehr oder weniger reichlich ein schwarzer Farbstoff in Lungen und Bronchial- di-üsen, und meist zeigt er sich bei Sectionen in denjenigen Organen als schiefergraue Färbung, welche von diesen Organen Lymphe em- *) a. a. 0. S. 533 u. 540. Braune und schwarze Pigmente, Melanin. 149. 223 pfangen. In melanotiscben Carcinomen finden sich schwarze Pigmente oft in grossen Massen abgelagert. Für sehr viele dieser Pigmente ist der genetische Zusammenhang mit dem Hämatin und Hämoglobin un- zweifelhaft aber nur aus anatomischen Gründen, für andere ist er dm-ch- aus nicht nachzuweisen und chemisch ist er in keiner Weise bis jetzt zu erklären. Diese sämmtlichen Pigmente sind amorph, bilden kleinere oder gi'össere Körnchen. Sie sind unlöslich in Wasser, Alkohol, Aether, ebenso in Säuren. Nur die braunen Farbstoffe lösen sich theilweise oder ganz in Kalilauge beim Kochen, die schwarzen bleiben meist un- gelöst, sind aber so feinkörnig, dass es schwer ist, sie dm-ch Filtration zu gewinnen. Die Pigmente der Augen, der Haut, der melanotiscben Carcinome, der Haare, Federn, Fischbein u. s. w. werden schnell zerstört, wenn sie in Alkalilauge gelöst oder suspendirt mit Chlor behandelt werden, in den Lungen und Bronchialdrüsen von Menschen findet sich dagegen zu- weilen ein Körper, der bei völlig schwarzer Farbe und Unlöslichkeit in Kalilauge von Chlor nicht angegriffen wü-d, also wohl Kohle ist, da man diese Eigenschaft fast an keinem anderen organischen Körper kennt. Dieser Stoff ist in sehr feinen Körnclien in diesen Geweben eingelagert, doch finden sich zuweilen in den Lungen Splitter von Holzkohle, welche durch die Respiration dahin gelangt sind und welche dm-ch das Mikroskop gut unterschieden werden können. Concentrirte Salpetersäure greift die schwarzen Pigmente meist selir langsam an. Ihre Zusammensetzung wurde sehr verschieden gefunden. Die analy- sirten Substanzen scheinen meist sehr unrein gewesen zu sein. Nicht selten ist Eisengehalt angegeben. Ablagerungen von gelbbrauner Farbe bestehend aus Ferrihydrat mit Calciumphosphat und Carbonat kommen pathologisch sehr reichlich vor in der Leber imd in den Mesenteriallymphdrüsen und bleiben zurück, wenn die zerkleinerte Drüsenmasse zunächst mit viel Wasser kalt extrahirt, dann mit verdünnter Natronlösung erwärmt, abfiltrirt und sorg- fältig mit Wasser ausgewaschen wird. Diese Massen lieferten in einem Falle lufttrocken gewogen 69 pCt. Fe2 03 neben 11 bis 12 pCt. Ca 3 (P04)o und über 5 pCt. Ca CO 3. Diese Eisenablagerungen können nicht wohl aus zersetztem Blutfarbstoff herrühren; sie können in einem Menschen meiir Eisen enthalten als das gesammte Blut desselben. lieber die dunkelen Farbstoffe der Chorioidoa und des Retinaepithels sind Untersuchungen von Rosow angestellt*). *) Rosow, Arch. f. Ophthalmologie. 18r>3. Bd. 9 Abthl. 3 S. 63. 224 Bilirubin. 150. Unter der Bezeichnung Hippomelanin haben Nencki undBer- dezi) einen in Alkalilauge schwerlöslichen FarbstoflF aus melanotischen Geschwülsten von Pferden und unter dem Namen Phymatorhusin einen schwarzen Farbstoff, in Alkalien leichtlöslich, aus Haaren und melano- tischen Geschwülsten von Menschen beschrieben. Von Moerner^) wur- den solche Farbstoffe aus Geschwülsten analysirt, die 55—56 pCt. C, 12 pCt. N, 7,97 pCt. S und 0,06—0,08 pCt. Fe enthielten. Bei allen diesen Farbstoffen fehlt jedoch die Gewissheit, dass reine Körper vor- lagen. Die Pigmente der Avertebraten sind noch wenig untersucht, unter ihnen ist die Sepie der Tintenfische analysirt und von Hosaeus'^) nach Abzug der Asche von der Zusammensetzung C 44,2, H 3,3, N 9,9, 0 42,5 pCt. gefunden. Nach Schwarzenbach*) enthält jedoch die Sepie neben Farbstoff noch einen Schleimstoff, und zwar in 100 Thl. trockeni'r Substanz 4,6 pCt. neben 14,7 pCt. Asche und 80,63 pCt. Pigment. Dies letztere ist nach Schwarzenbach unlöslich in Am- moniak und wird von Chlorkalk langsam entfärbt. Dass diese geschilderten Farbstoffe sehr verschiedener Natur sind, ergiebt sich aus ihrem verschiedenen chemischen Verhalten; die Ver- schiedenheit der Zusammensetzung kann ihre Ursache in der Differenz der Farbstoffe an sich oder in der Verunreinigung derselben durch andere Stoffe haben. Hinsichtlich schwarzer Stoffe, die aus dem Harne gewonnen sind, vergl. die Farbstoffe des Harns. Die Unterscheidung der oben genannten Stoffe von den Blut- und Gallenfarbstoffen ist sehr leicht durch ihr so verschiedenes Verhalten gegen die bezeichneten Reagentien; ihre Unter- scheidung von Holzkohlen-, Steinkohlen-, Braunkohlenstaub wird zum Theil nur miki'oskopisch möglich sein. Gallenfarbstoffe. Bilirubin CjjHgsNiOe. 150. Das Bilirubin, im Wesentlichen übereinstimmend mit den früher als Cholepyrrhin Biliphäin bezeichneten Körpern, findet sich am Keichlichsten an Kalk gebunden in den Gallensteinen, in geringer Menge und im freien Zustande auch in der Galle von Menschen, Hunden, Katzen und anderen Fleischfressern, auch bei allen übrigen Vertebraten 1) Berdez u. Nencki, Arcli. f. exper. Pathol. ii. Pharm. Bd. 20 S. 346. Sieber, ebendas. S. 3G2. •-) Mörner, Zeitschr. f. physiol. C'liem. Bd. 11 S. 66 u. Bd. 12 S. 229. 3) Arch. d. Pharm. (2) Bd. 120 S. 27. 1861. *) Kopp, Jahresber. über d, Fortschr. d. Chemie 18G2. S. 539. Bilirubin. 150. 22^ SO weit die Galle untersucht ist. Es ist ferner das Bilirubin unzweifel- haft derjenige Körper, welcher die in alten Blutextravasaten in den ver- schiedenen Körpertheilen aufgefundenen miki-oskopischen Hämatoidin- trystalle meistens bildet'). Es findet sich ferner Bilirubin zuweilen in Cystenflüssigkeiten, z. B. der Mamma, der Strumacysten, ist auch im icterischen Harne meist nachzuweisen, fehlt endlich wohl nie im Dünndarminhalte, wenn die Gallengänge nicht verstopft sind. Die Abstammung des Bilirubin von Blutfarbstoff ist nach seinen physiologischen Verhältnissen kaum zu bezweifeln, nach seiner chemi- schen Zusammensetzung höchst wahrscheinlich, doch ist es künstlich aus demselben noch nicht dargestellt. Aus Gallensteinen besonders von Rindern wird das Bilirubin nach Staedeler's^) Vorschrift erhalten durcli Extraction des Pulvers derselben mit Aether, so lange etwas gelöst wird, Ausziehen des Rückstandes erst mit Wasser, dann mit verdünnter Salzsäure, Lösen des ausgewaschenen Rückstandes in heissem Chloroform, Abdestilliren des Chloroform vom filtrirten Auszuge, Behandlung des Rückstandes mit absolutem Alkohol und Aether. Man löst zur Reinigung das so erhaltene Bilirubin wieder in Chloroform, verdunstet bis zur beginnenden Abscheidung des Bilirubin und fällt nun durch Weingeist. Man erhält auf diese Weise das Bili- rubin als amorphes orangefarbiges Pulver, dem Schwefelantimon ähnlich in der Farbe. Aus der Chloroformlösung scheidet sich Bilirubin beim Verdunsten des Lösungsmittels in schöner ausgebildeten rhombischen Tafeln und Prismen ab, wenn die Lösung Cholesterin u. s. w. enthält, als wenn das Bilirubin bereits gereinigt ist. Es ist völlig unlöslich in Wasser, sehr wenig löslich in Aether, etwas löslicher in Alkohol, leichter in Chloro- form, besonders beim Erwärmen, weniger in Benzol oder Schwefelkohlen- stoff, Amylalkohol, Glycerin; alle diese Lösungen haben gelbe bis bräunlichrothe Farbe. In einer 1,5 cm dicken Schicht ist noch bei 500,000facher Verdünnung gelbliche Färbung zu erkennen. Li alkali- schen Flüssigkeiten löst es sich leicht auf und wird, so weit es nicht 1) Staedeler und Holm haben sich entschieden gegen die Identität der Hämatoidinkrystalle und des Bilirubin ausgesprochen, aber gewiss mit Unrecht; freilich finden sich zuweilen in Blutextravasaten Krystalle von rhomboedrischer Form, welche das Verhalten des Lutein, vergl. § 155, zeigen; dass aber Bilirubin in Blutextravasaten oft sogar reichlich enthalten ist und auch als Hämatoidin- krystalle abgeschieden, davon kann man sich durch die von Staedeler selbst hervorgehobenen Unterscheidungsmerkmale beider Körper gut überzeugen. Häma- toidin ist sonach kein chemischer Begriff. -) G. Staedeler, Ueber die Farbstoffe der Galle. Vierteljahrschr. d. naturf. Gesellsch. in Zürich. Bd. 8. 18G3. Hoppe-Seyl er, Analyse. 6. Aufl. 15 226 Biliverdin. 151 zersetzt ist, durch Salzsäure aus diesen Lösungen unverändert wieder abgeschieden. Bilirubin verbindet sich mit Basen: die Natronverbindung kann dui'ch concentrirte Natronlauge aus der concentrirten wässerigen Lösung ausgefällt werden; die Kalkverbindung wird dui'ch Fällung am- moniakalischer Bilirubinlösung mit Chlorcalcium als rostfarbiger flockiger Niederschlag erhalten, der über Schwefelsäure im Vacuum getrocknet metallisch glänzend dunkelgrün ersclieint, zerrieben ein dunkelbraunes Pulver darstellt; er besteht aus (Ci6Hi7N203).2Ca. Diese Verbindung ist unlöslich in Wasser, Alkohol, Aether, Chloroform. Da auch die Alkaliverbindungen in Chloroform unlöslich sind, kann man einer Chloro- formlösung das Bilirubin durch verdünnte Alkalilauge entziehen. Ebenso wie durch Chlorcalcium kann man auch durcli Ciilorbarium, Bleizucker, Bleiessig und salpetersam'es Silber eine ammoniakalische Bilhubinlösung fällen ; die so erhaltene Silberverbindung bildet bräunlichviolette Flocken. Auch in der Siedhitze wird Silberoxyd durch Bilirubin nicht reducirt. Ausser diesen Ergebnissen der Untersuchungen von St aede 1er sind noch von Maly') und von Thudichum'^) solche veröffentlicht, von denen dieEesultate Maly 's Bestätigung der Untersuchungen Staedeler's geben. Die Analysen von Hoppe-Seyler lassen gleichfalls keinen Zweifel an der Richtigkeit der Formel von Staedeler und von Maly. Vermischt man eine schwach alkalische oder neutrale Lösung von Bilirubin mit nicht zu verdünnter Salpetersäure, die ein wenig Unter- salpetersäiu-e enthält (wie dits gewöhnlich der Fall ist), so geht die Farbe der Flüssigkeit zunächst in Grün, dann in Blau, Violett, Roth und endlich in Gelb über. Diese Reaction ist so empfindlich, dass sie bis zur 70 000 bis 80000 fachen Verdünnung noch erkennbar ist. Wenn man Bilirubin in alkalischer Lösung auf flachen Tellern der atmosphärischen Luft aussetzt, so wird die Lösung grün durcli Bildung von Biliverdin. Durch Einwirkung von Natriumamalgam bildet sich Hydrobilirubin, ebenso wirken Zinn und Salzsäure. Biliverdin C'sj H36 Jf 4 0 f,. 151. Nach Staedeler hat Biliverdin die Zusammensetzung Ci,; Hog N2O5, nach Maly;^) dagegen CooH^.NjO,. Biliverdin findet sich neben Bilirubin reichlich in den Rändern der Placenta des Hundes, in der Galle vieler Thiere; im icterischen Harne, im Darminhalte und im Erbrochenen. Um es aus der Placenta des Hundes zu gewinnen, wäscht man 1) Journ. f. prakt. Chera. Bd. 104 S. 28. 1S68. 2) Ebendas. Bd. 104 S. 193. 1868. 3) Ann. Chem. Pharm. Bd. 175 S. 76. Biliverdin. 151. 227 I diese zunächst mit Wasser gut aus, extrahirt dann mit einer Mischung von Chloroform und Alifohol, destillirt das Filtrat, zieht den Rückstand mit kaltem Alkohol aus, filtrirt und verdunstet bei massiger Wärme zur Trockne. Aus Bilirubin erhält man Biliverdin nach Staedeler, indem man die alkalische Lösung des ersteren in flachen Gefässen längere Zeit an der Luft stehen lässt, dann mit Salzsäure fällt, mit Wasser wäscht, in Weingeist löst, und die filtrirte alkoholische Lösung verdunstet. Nach Maly erhält man es auch durch Behandlung der Chloroformlösung des Bilirubin mit Eisessig oder durch vorsichtiges Eintragen von Blei- hyperoxyd in alkalische Bilirubinlösung, bis eine Probe durch Säure grün gefällt wird ; man übersättigt schwach mit Essigsäure, wäscht das ausgefällte Biliverdinblei, zerlegt es durch schwefelsäurehaltigen Alkohol und fiillt dann das Biliverdin durch Wasser. Das Biliverdin ist ein amorpher (beim Verdampfen einer Lösung in Eisessig erhält man unvollkommene grün gefärbte rhombische Plätt- chen mit abgestumpften Ecken) dunkelgrüner, in Wasser, Aether, Chloro- form unlöslicher, in Alkohol leicht löslicher Körper. In selbst sehr ver- dünnten Alkalilaugen wird es gelöst, dmxh Kalk-, Baryt-, Bleisalze aus dieser Lösung gefällt, ebenso durch Ansäuern der Lösungen. Durch Salpetersäure wird das Biliverdin in der alkalischen Lösung ebenso verändert wie das Bilirubin; es geht die Farbe der Lösung in Blau, Violett, Roth, endlich in Gelb über. In concentrirter Schwefelsäure löst sich Biliverdin mit grüner Farbe und wird durch Wasser wieder unverändert abgeschieden. Durch schweflige Säure wird alkalische Lösung von Biliverdin be- sonders schnell beim Erwärmen gelb gefärbt, und diese Lösung verhält sich gegen Salpetersäure der Bilirubinlösung sehr ähnlich. Durch Natriumamalgam oder Zinn und Salzsäure wird aus Biliverdin Hydro- bilirubin gebildet. Es giebt unzweifelhaft noch manche andere Gallenfarbstoffe als die beschrie- benen, aber sie sind ungenügend bekannt. Von Scherer^) und Staedeler-) sind solche kurz beschrieben. Die von Staedeler Bilifuscin und Bilihumin genannten Farbstoffe sind nicht näher bekannt, Brücke's') Bilifuscin ist verschieden von Staedeler's Bilifuscin, aber gleichfalls noch nicht zuverlässig rein gewonnen. Staedeler's Biliprasin ist identisch mit Biliverdin. Leider zeigen die beschriebenen Gallenfarbstoife keine so charakteristischen Einwirkungen auf das Licht, dass die Spectraluntersuchung zu ihrer Unterschei- 1) Ann. Chem. Pharm. Bd. 53 S. 377. ^) Staedeler a. a. 0. vergl. § 150. 3) Brücke, Allgem. "Wien. Zeitung 1859 S. 335. Simony, Wien. Acad. Sitzungsber. Bd. 73. lU. 18. Mai 1876. 15* 228 Nachweis und Trennung der Gallenfarbstofl'e. 152. düng wesentlich behülflich sein könnte; dagegen werden sowohl durch Salpeter- säure als auch durch Salzsäure aus mehreren Gallenfarbstoifen Körper gebildet, welche sich bei der Spectraluntersuchung durch gut erkennbare Absorptionsstreifen unterscheiden lassen. Frische Ochsengalle hat eine grüne Farbe und zeigt im Spectrum bei ziem- lich bedeutender Dicke der Flüssigkeit einen Absorptionsstreif' zwischen D und E näher an D. Lässt man die Ochsengalle stehen oder nach ihrem Eindampfen den Alkoholauszug des Rückstandes derselben, so erscheinen sie in dünnen Schichten bald grün, in dickeren roth und bei der Spectraluntersuchung bei genügender Ver- dünnung treten 4 Absorptionsstreifen auf, von denen der erste dicht vor C, der zweite nahe vor D, der dritte nahe hinter D, der vierte nahe vor E erscheint. Der zweite und besonders der dritte sind sehr dunkle, gut contourirte Streifen; im Uebrigen ist über diesen Farbstoff, der sich auch in der Schafgalle findet, zwar viel untersucht, aber wenig Bestimmtes ermittelt. Man erhält nämlich diesen Körper auch durch Oxydation von Bilirubin, Biliverdin oder Bilifuscin mit Salpeter- säure oder Bromwasser, indem man auf die Chloroformlösung dieser Farbstoffe einwirkt, auch durch Einwirkung von Jod auf alkalischwässerige Lösung der Gallenpigmente wird er gewonnen. Der Farbstoff erscheint grün in alkalischer, blau oder violett in saurer Lösung. Stokvis') hat ihn Choleverdin, Heynsius und Campell-) Bilicyanin genannt. Die Si^ectralerscheinungen waren von Hoppe- Seyler bereits in den früheren Auflagen dieses Handbuchs, dann auch von Jaffe') beschrieben. Auch Bogomoloff'') schildert sie. Das Endproduct der Einwirkung der O.Kvdationsmittel besonders der rauchen- den Salpetersäure auf Bilirubin und Biliverdin ist von Maly'") Choletelin genannt und enthält nach seinen Bestimmungen im Mittel C 55,5, H 5,3 pCt. Nachweis und Trennung der GallenfarbstofTe. 152. Enthält eine Flüssigkeit neben Gallenfarbstoffen keine be- deutenden Quantitiiten anderer Farbstnife, so kann man Bilirubin und Biliverdin sofort mit Salpetersäure, die etwas salpetrige Säure enthält, nachweisen, indem man in einem Cylinderglas entweder die Salpeter- säm-e bei schräger Haltung unter eine Portion der zu prüfenden Flüssig- keit fliessen lässt, oder zuerst die Salpetersäure eingiesst und die zu prüfende Flüssigkeit darüberfliessen lässt, so dass sie sich nicht zu sehr an der Grenze mischen. Es bildet sich dann die Farbenskala in der Keihenfolge aus, dass unten zunächst an der Salpetersäure gelbrothe, darüber rothe, dann violette, darüber blaue und zuoberst grüne Färbung erkennbar wird, wenn Gallenfarbstoffe vorhanden sind. Massiger Gehalt an Urobilin im Harne oder von Lutein im Blutserum stören diese Re- ^) Maandblad v. d. Genootsch. ter bevord van Nat. gen. etc. Amsterdam 1870 S. 10. -■) Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 4 S. 497. = ) Centralbl. f. d. med. Wiss. 1868 No. 16. *) Ebendas. ISfiO S. 529. ■■) Sitzungsber. d. Wien. Akad. Bd. 59. Centralbl. f. d. med. Wiss. 1873 No. 21. Farbstoffe des Harns. 153. 229 action nicht erhelilich, wohl aber die dunklen Färbungen von Methä- moglobin oder Hämatin. Huppert*) hat mit Kecht für den Harn die Fällung mit Kalk- milch empfohlen. Man soll den Niederschlag abfiltriren imd im Keagens- glas mit Alkohol und Schwefelsäure behandeln, der Alkohol über dem Gypsniederschlag nimmt durch gelöste Gallenfarbstoffe besonders beim Erhitzen, gelbgrüne Färbung an. Der Kalkfällung kann man sich mit grossem Vortheil zur Trennung und zum Nachweis von Gallenfarbstoffen bei Anwesenheit von Blutfarb- stoff, Methämoglobin, Urobilin u. s. w. bedienen. Man fällt die Flüssig- keit mit einer massigen Quantität Kalkmilch unter gutem Schütteln, leitet dann sogleich, um die Zersetzung von Blutfarbstoff oder Methä- moglobin durch den Aetzkalk möglichst zu beschränken, einen Strom CO 2 ein, bis der Aetzkalk in Carbonat verwandelt ist, filtrirt und wäscht den Niederschlag mit Wasser. Wünscht man nur den Nachweis der Gallenfarbstoffe zu führen, so lässt man zum Kalkniederschlag auf dem Filter massig verdünnte, salpetrige Säure enthaltende Salpetersäure fliessen und findet an der Grenze ihrer Einwirkung auf den Kalkniederschlag die oben erwähnte Farbenskala, will man dagegen das Bilirubin ab- trennen, so bringt man den Kalkniederschlag in Alkohol, fügt Chloro- form hinzu, dann Essigsäure bis zur üebersättigung des Kalks, filtriii, versetzt das Filtrat mit Wasser zur Ausfällung des Chloroform, trennt die Chloroformlösung durch Abgiessen und Filtriren dm-ch trocknes Filter und destillirt das Chloroform ab; das Bilirubin bleibt hierbei zu- rück und kann entweder in Wasser mit einem Tropfen Natronlauge oder in Chloroform gelöst mit Salpetersäure, die salpetrige Säm-e enthält, nachgewiesen werden. Man kann vorher das Bilinrbin mit etwas Alkohol und Aether waschen, trocknen und wägen. Quantitativ genau ist diese Bestimmung nicht, sie giebt meist viel zu niedrige Werthe, weil die Kalkfällung nicht vollkommen ist, auch bei der weiteren Behandlung etwas Bilirubin zersetzt wird. Die ganze Procedm- muss so schnell als möglich ausgeführt werden. Hämatin wird aus Flüssigkeiten durch den Kalk wie Bilirubin gefällt und gelangt mit letzterem in die Chloroform- lösung. Hämatin findet sich aber im Organismus nicht, höchstens im Magen und Darmcanale. Farbstoffe des Harns. 153. Der Harn von Menschen, Säuge thieren und nackten Amphibien hat stets eine mehr oder weniger dunkle gellie bis braune Farbe, am *) Arch. f. Heilk. Bd. 8 ö. 351 u. 476. 230 Urobilin. 154. dunkelsten braun bei Pferden, Kindern und andern pflanzenfressenden Säugern, hellgelb bei Fleischfressern. Es ist nicht bekannt, ob einer oder mehrere Farbstoffe an dieser Färbung betheiligt sind, und die zahl- reichen Versuche, welche angestellt sind, um normalen Farbstofl aus dem Harn unverändert zu gewinnen, sind bis jetzt stets ohne Kesultat geblieben. Aus zahlreichen, aber durchaus nicht allen nonnalen und vielen pathologischen Harnen kann Urobilin abgeschieden und seine An- wesenheit im Harn direct durch spectroskopische Untersuchung nach- gewiesen werden. Alle Urine, welche reich an Phenol-, Kresol-, Brenz- catechin-, Indoxylschwefelsäm-e sind, zeigen eine bräunliche, oft sehr dunkle bis fast schwarze Färbung, welche durch Zersetzungsproducte (vielleicht zum Theil humussaure Verbiudungen) dieser aromatischen Körper nicht durch letztere an sich farblosen Stoffe hervorgerufen wird. Khabarber, Sennesblätter, Santonin in den Magen eingeführt, lassen im Harne gelbe Farbstoffe erscheinen, welche sich mit Alkalien schön roth färben. Urobilin CH^N.O,. 154. Urobilin findet sich häufig im normalen menschlichen Harn, gewöhnlich, aber nicht stets im Harn von Fieberkranken, färbt vielfach in solchen Urinen Niederschläge von harnsauren Salzen ziegel- bis fast pm'purroth. Zu seiner Darstellung wird der Harn, wie es zuerst von Mehu*) empfohlen ist, nach Ansäuern mit 2 gr Schwefelsäure für 1 Liter Harn mit Ammoniumsulfat gesättigt und flltrirt, das Urobilin auf dem Filter gesammelt und mit gesättigter Lösung von Ammoniumsulfat gewaschen, dann in Alkohol gelöst. Das Urobilin löst sich langsam und nicht voll- ständig. Die abfiltrirte alkoholische Lösung wird mit Chloroform ge- mischt und ein der alkoholischen Lösung gleiches Volumen Wasser hin- zugefügt, gut umgeschüttelt und zur Abscheidung der Chloroformlösung stehen gelassen. Mittelst Scheidetrichter wird dann die Chloroformlösung klar abgetrennt, mit dem doppelten Volumen Wasser gewaschen, dann die klare Chloroformlösung aus dem Scheidetrichter dmxh trocknes doppeltes Papierfilter in einen Kolben filtrirt, das Chloroform abdestillirt. Der Kückstand wird mit Aether gewaschen oder aus concentrirter Chloro- fonnlösung mit Aether gefällt, welcher nur sehr wenig Farbstoff löst. Der Eückstand wieder in Chloroform gelöst, filtrirt imd liei massiger Temperatur verdunstet. Es bleibt bei dieser Behandlung ein Farbstoff zurück, der vom Urobilin verschieden und in Aether oder Chloroform *} Journ. de pharm, et de chim. Aout 1878. UroWlin. 154. 231 unlöslich ist, von Alkohol mit brauner Farbe leicht gelöst wird. Die Fällung des Urobilin aus dem Harne geschieht auch durch Ammonium- sulfat allein, ohne Anwendung der Schwefelsäure; dies Verfahren ist so- gar wegen der grossen Zersetzlichkeit des Urobilin vorzuziehen. Das auf dem angegebenen Wege dargestellte Urobilin zeigt im durchfallenden Liebte in dünnen Schichten rosenrothe, in dickeren bräunlichpurpurrothe Färbung, im auffallenden Lichte lebhaften gelb- grünen Metallglanz, ähnlich den Kosanilinsalzen, ist aber im durchfallen- den Lichte bei Weitem nicht so schön gefärbt. Es ist bis jetzt nur amorph erhalten, löst sich wenig in Wasser oder Aether, leicht in Alkohol oder Chloroform, auch in wässerigen Alkalilösungen oder Am- moniak, erscheint in seinen neutralen Lösungen stets roth, aber in al- kalischen Lösungen mehr gelb, in sam-en rosen- bis bräunlichpurpurroth. Die Lösungen verändern an der Luft mehr und mehr ihre Färbung ins Bräunliche unter allmälig fortschreitender Zersetzung des Farbstoffs. Mit der Lösung des Farbstoffs getränkte Papierfilter oder baumwollene, wollene Zeuge geben beim Waschen mit Wasser, Alkohol, Chloroform den Farbstoff nur unvollkommen wieder ab. Durch basisch essigsaures Blei wird der Farbstoff' gefällt, theilweise durch Chlorzink oder Zink- sulfat und Ammoniak. Die ammoniakalische Lösung zeigt auf Zusatz von etwas Zinksalz eine sehr kräftige, noch bei sehr starker Verdünnung erkennbare grüne Fluorescenz. Im durchfallenden Lichte spectroskopisch untersucht, zeigen sehr verdünnte saure Lösungen einen Absorptionsstreif zwischen den Linien b und F, etwas näher an letzterer Linie, in al- kalischen Lösungen ist der Streif schwächer und mehr nach der Linien- gruppe b hingerückt. Er ist stärker in der Aetzkali- oder Aetznatron- lösunff als in Ammoniak, am stärksten in der stark fluorescirenden zink- haltigen Lösung. JaffeOi welcher das Urobilin zuerst untersucht und benannt hat, erhielt aus der Galle einen Körper von gleicher Eigenschaft und Mal y 2) stellte durch Einwirkung von Natriumamalgam auf Bilirubin oder Bili- verdin einen Farbstoff dar, C32 H40 1^4 O7, den er Hydrobilirubin ge- nannt hat imd dessen Eigenschaften spectroskopisch wie in der pro- centischen Znsammensetzung mit dem Urobilin Ja ff e 's übereinstimmen. Auch in dem Inhalt des Dickdarms und untern Theil des Dünndarms sowie in den Fäces findet sich dieser Farbstoff von der Geburt an; im Meconium findet er sich nicht. Das reichliche Auftreten des Urobilin im Harne bei Lebercirrhose und andern icterischen Erkrankungen 1) Arch. f. pathol. Anat. Bd. 47 S. 405. 2) Ann. Chem. Pharm. Bd. 163 S. 77. 232 Urobilin. 154. (seltener bei catarrlialischem Icterus) spricht für die Entstehung aus GallenfarbstofF. Zum Nachweis des Urobilin im Harne dient zunächst die spectroslcopische Prüfung desselben nach Zusatz von einigen Tropfen Schwefelsäure. Salkowskii) empfiehlt 100 CC. Harn mit 50 CC. reinem Aether sanft durchzuschütteln, den Aether abzugiessen und zu verdunsten, den Eüclcstand in wenig Alkohol zu lösen und die rosenrothe Lösung spectroskopisch und auf grüne Fluorescenz nach Zusatz von Zinkchlorid und Ammoniak zu prüfen. Dieses Verfaha-en verdient be- sonders Anwendung, wenn andere dunkle Fariistolfe die directe Prüfung des Urin selbst behindern. Wegen der geringen Löslichkeit des Urobilin in Aether ist Chloroform dem Aether vorzuziehen; Amylalkohol ist zu vermeiden, weil er mit Säuren leiclit selbst einen ähnlichen Farbstoff 1)ildet. Zur genaueren Prüfung ist stets das oben zur Darstellung an- gegebene Verfahren zu wälilcn. Aus Darminhalt oder Fäces oxtrahirt man mit Alkohol und einigen Tropfen Schwefelsäure, filtrirt, fügt Chloroform liinzu, dann Wasser und untersuclit die abgeschiedene Chloro- formlösung auf Absorptionsstreif und Fluorescenz in angegebener Weise. Baumstark^j hat in einem Falle von Lepra zwei Harnfarbstoffe gefunden, von denen dereine, Urorubrohamatin genannt (C68H94N8 FeoOoc), in saurer Lösung einen Absorptionsstreifen vor der Linie D im Spectrum und einen zweiten lünter D zeigte, sich weder in AVasseri noch in Alkohol, Aetlier, Chloroform löste, wolil aber mit Alkalien eine schön braunrothe nicht dicliroitische Lösung gab. Der andere Farbstoff, Urofuscohämatin genannt, CgsNio^NgOos, löslich in Alkalien, mit brauner Farbe ohne Dichroismus und ohne scharfe optische Charaktere. Beide Farbstoffe scheinen in naher Beziehung zum Hämatin zu stehen. Von Mac Munn, Neusser, Rüssel, Stokvis, Salkowski^), Hammarsten*), Jolles') u. A. sind in menschlichen Harnen unter dem Einfluss von Krankheiten oder nacli Arzneimitteln Farbstoffe gefunden, welche nach dem spectroskopischen Verhalten als Hämatoporphyrine an- gesehen werden konnten. Vielfach wurde beobachtet, dass diese Ab- sorptionserscheinungen des Hämatoporpliyrins sich erst einstellten nach dem Stehen an der Luft oder nacli Beliandlung mit Säuren etc. Da Hämo- cln-omogen mit selbst schwachen Säuren Hämatoporphyrin liefert, kann eine vorausgegangene Spaltung des Hämoglobin die Ursache dieser Er- ') Zeitschr. f. physiol. Chcni. Bd. 4 S. 134. 2) Ber. (1. deutsch, ehem. Gesellsch. 1874 Bd. 7 S. 1170. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15 S. 286. 1891. ") Sliandinav. Arch. f. Physiol. Bd. 3 S. 319. 1891. 'j lüternation. kliu. Rundschau Wien No. 49 u. 50. 1891. Lutein. 155. 233 scheinungen sein. Gute Uebereinstimmung im chemischen Verhalten, gegen Lösungsmittel und in den Absorptionen hat sich nicht gefunden und die Ursachen der Bildung dieser Farbstoife ist noch unbekannt. Blaue Farbstoffe, krystallisirte oder amorphe, welche als Nieder- schläge im Harne häufig beobachtet wurden, sind ohne Zwoifel stets Indigo gewesen. Einen- Körper, welcher neben Urobilin die Harnsäuresedimente bei Digestionsstörungen, Herz-, Lungen- und besonders rheumatischen Affectionen oft lebhaft ziegelroth bis rosem-oth färbt, hatte Pr out theils für Murexid gehalten, theils als rosige Säure bezeichnet; Golding Bird hat diesen Körper Purpurin, Heller üroerythrin genannt, wenigstens scheint es, dass die genannten Autoren denselben Farbstoff mit diesen Namen bezeichnen. Dieser Farbstoff wird durch verdünnte Säuren nicht angegriffen, durch Natronlauge grün gefärbt, durch Alkalien leicht gelöst, durch essigsaures Blei aus seinen Lösungen gefallt. Ob die von Thudicjium 0 untersuchten und bescliriebenen amor- phen Stoffe, üromelanin C36H43N7O10, Paramelanin, Oniicho- lin, 0 mich ol ins äure u. s. w. reine Körper und wirkliche Zersetzungs- producte vom Harnfarbstoff sind, bedarf noch weiterer Untersuchung. Lutein. 155. Der Farbstoff des Eidotter und der Corpora lutea wurde von Holm und Staedeler^) als identisch durch seine Reactionen erwiesen, aus letzteren auch krystallisirt erhalten, aber nocli nicht in der zur Analyse hinreichenden Quantität rein dargestellt. Holm und Staedeler identificiren ferner mit diesem Körper die in alten Blutextravasaten so häufigen Hämatoidinkrystalle und nennen daher diesen gelben Farbstoff Hämatoidin. Da einerseits diese Krystalle nachweisbar meistens aus Bilirubin (vergl. § 150) bestehen, so scheint dieser Name nicht passend, und seitdem Thudichum^) wegen des Spectralverhaltens es für wahr- scheinlich erklärt hat, dass die gelben Farbstoffe vieler Pflanzen, z. B. in den Maiskörnern, vielen Staubfäden und Blüthen identisch seien mit jenem Farbstoffe, möchte der von Thudichum gewählte Name Lutein vorläufig vorzuziehen sein. Weitere Untersuchungen müssen über die Identität oder Verschiedenheit dieser Körper entscheiden ; ist aber das Lutein in verschiedenen Pflanzentheilen vorhanden, so möchte die von Staedeler versuchte Ableitung dieses Körpers vom Blutfarbstoff min- destens sehr problematisch erscheinen. 1) Thudichum, Journ. f. prakt. Chem. 1868. Bd. 104 S. 257. 2) Journ. f. prakt. Chem. 1867 Bd. 100 S. 142. ^) Centralbl. f. d. med. Wiss. 1869 No. 1. 234 Lutein. 155. Nach Staedeler und Holm gewinnt man das Lutein aus den Corpora lutea der Kuli durch Extrahiren der fein zerkleinerten gelben Massen mit Chloroform, Verdunstenlassen der orangefarbigen Lösung bei gewöhnlicher Temperatur und Waschen der in dem zurückbleibenden Fette enthaltenen Krystalle mit Weingeist und mit wenig Aether. Die Krystalle des Lutein sind schwaiii pleochromatisch, im gereinigten Zu- stande in der Färbung der Chromsäure ähnlich. Sie sind stets mikro- skopische, spitze Kliomboeder, meist dünne rhombische Plättchen. In Wasser ist Lutein unlöslich, wenig löslich in Eiweisslösungen, leicht löslich in Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol, fetten Oelen. Da man noch keine Methode der Trennung des Lutein von den Fetten kennt, ist es noch nicht aus Eidotter, Blutserum u. s. w. rein dargestellt; in wässerigen Seifenlösungen löst es sich leicht und fällt beim Zusatz einer Säure vollständig, beim Zusatz von Chlorcalciumlösung grösstentheils mit den fetten Säuren zusammen nieder. Dm'ch essigsam^es Queck- silberoxyd wird es vollständig gefällt. Durch Sonnenlicht wird Lutein schnell unter Entfärbung zersetzt, dm-ch Salpetersäure blau gefärbt und bei weiterer Einwirkung entfärbt. Dm'ch dies Verhalten gegen Salpeter- säure ist das Lutein von den Gallenfarbstoifen und anderen gelben oder orangefarbigen Pigmenten gut zu unterscheiden, da es mit Salpeter- säure Übergossen erst grün, dann blau, zuletzt gelb oder farblos wird. Auch andere stärkere Säuren, selbst starke Essigsäure färben es grün oder blau. Kochen mit massig verdünnten Alkalilaugen scheint es nicht zu verändern. Die Lösungen des Lutein absorbiren sehr kräftig blaues und violettes Licht; verdünnt man eine Luteinlösung mit Alkohol oder Aether mehr und mehr, während man sie mit dem Spectroskope untersucht, so zeigen sich bald zwei deutliclie Absorptionsstreifen, von denen der eine die Linie F in sich l'asst, aber weiter nach G als nach b hinreicht, der zweite ungefähr die Mitte zwischen F und G einnimmt. Wie Thu- diclium fand, variiren die Absorptionsstreifen hinsichtlich ihrer Lage im Spectrum etwas je nach dem Lösungsmittel. Als Unterschied von Bilirubin kann es dienen, dass Lutein der Chlorofornilösung durcli verdünnte Aetzalkalilösung in Wasser nicht ent- zogen wird, während Bilirubin die Chloroformlösung verlässt. Durch eine Untersuchung der Eier von Maja squinado (Seespinne) glaubt Maly*) nacligewiesen zu haben, dass das Lutein eigentlich ein Gemenge von zwei Farbstoffen, die er Vitellolutein und Vitellorubin nennt, darstelle. Da jedoch diese Fai'bstoffe weder einigermassen isolirt,. *) Monatshefte f. Chem. Bd. 2 S. 18. Jahrcsber. f. Thierchemie 1881 S. 126. Tetronerythrin. 235 noch spectroskopisch als verschieden nachgewiesen sind, vielmehr aus der ganzen Darstellungsweise hervorgeht, dass sie noch mit fetten Säuren oder deren Verbindungen verunreinigt waren, Analysen auch nicht angestellt sind, nur StickstoiF in den Extracten nicht gefunden ist, können diese Angaben an der Sachlage nichts Wesentliches ändern. Es sind verschiedene ältere Angaben vorhanden, welche einen rothen neben einem gelben Farbstoff in den Eidottern wah]'scheinlich machen, aber so sehr auch dies aller Wahrscheinlichkeit nach der Fall ist, konnte doch eine Isolirung noch nicht erreicht werden. Unter dem Sammelnamen Lipochrome hat man in neuerer Zeit eine nicht geringe Zahl unvollkommen bekannter und nicht rein dar- gestellter Farbstoffe zusammen begriffen, die das gemeinsam haben, dass sie in Fetten, Aether, Alkohol, Benzol, Chloroform, auch in wässerigen Seifenlösungen löslich, aber auf keine bis jetzt bekannte Weise fi-ei von Fetten oder Seifen erhalten werden können. Ausser den Luteinen gehören ihnen das Vitellorubin von Maly, das Tetrone- rythrin und eine Eeihe von Farbstoffen an, welche Krukenberg in Schwämmen und in anderen niedern Organismen gefunden hat. Ueber die Farbstofle der Netzhaut im Auge sind von Kühne und mehreren seiner Schüler Untersuchungen beschrieben, welche die Lösungsverhältnisse und die wenig charakteristischen Lichtabsorptionen im Wesentlichen betreffen. Es kann hier nur auf die Üriginalabhandlungen verwiesen werden.') Tetronerythrin. Auerhähne, Hasel- und Birkhähne, Fasanen sind durch eine eigenthümliche stark rothgefärbte runzlige Partie in der Umgebung ihrer Augen „die Rosen" aus- gezeichnet, in denen ein eigenthümlicher orangerother, leicht veränderlicher Farb- stoff enthalten ist, der durch Alkohol, Chloroform, Aether, Schwefelkohlenstoff u. s. w. extrahirt werden kann. Wurrn'^) hat zuerst die Untersuchung dieses Farb- stoffs vorgenommen, ihn aber nicht krystallisirt erhalten. Hoppe-Seyler war bei der Untersuchung einer grossen Anzahl der Rosen nicht glücklicher. Neben dem Farbstoff wurden durch die genannten Lösungsmittel Fette, Cholesterin und Leci- thin extrahirt und es gelang nicht, den Farbstoff von diesen Körpern zu trennen. Bei der Verseifung durch Kochen mit Barytlösung wird der Farbstoff nicht zer- stört, doch bleibt derselbe in der Seife, auch wenn die gekochte Seife nachher mit Aether behandelt wird. Am Lichte verblassen die Farbstofflösungen sehr schnell und sind äusserst empfindlich gegen Ozon, so dass ozonhaltiger Aether oder Alkohol den Farbstoff bald entfärben. Bei der Spectraluntersuchung zeigen die Lösungen des Tetronerythrin starke Absorption von violettem und blauem Licht, auch die Gegend des Blaugrün wird ^) W. Kühne, Untersuch, a. d. physiol. Institut d. Univers. Heidelberg. Bd. 1 — 4 zahlreiche Abhandhmgen. L. Hermann, Handb. d. Physiologie Bd. 3 S. 235. 2) Zeitschr. f. wiss. Zoologie 1871 S. 535. 236 Blauer Farbstoff des Eiters, Pyooyanin. 156. stark absorbirt, ein definirbares Absorptionsbaiid wurde nicbt beobachtet. Säuren verändern den Farbstoff so wenig als Alkalien, gefärbte Niederschläge werden mit schweren Metallsalzon nicht erhalten, wenn nicht der Farbstoff durch Fette u. s. w. niedergerissen wird. Der Farbstoff' ist weder eisen- noch kupferhaltig. Einen mit dem Tetronerythrin identischen oder ihm sehr ähnlichen Farbstoff fand Krukenbergi) in mehreren Arten von Schwämmen. Turacin ist ein Farbstoff von Church genannt, den er aus den Flügel- federn von vier Species von Turaco mit verdünnten Alkalien extrahirt und mit Säuren aus dieser Lösung gefällt hat. Dieser Farbstoff' ist nach Church durch zwei deutliche Absorptiousstreifen im Grün und Gelb und durch den Gehalt von 5.9 pCt. Kupfer ausgezeichnet'-'). Blauer Farbstoff des Eiters, Pyoeyanin CiiHjiNo 0. 156. Eine Blaufärbung des Eiters in Wunden ist Läufig beobachtet. Sie rührt nach Luecke^) von der Gegenwart eines bac. pyocyaneus genannten Miki'oorganismus her. Zur Darstellung des von Fordos Pyoeyanin genannten Farbstoffes aus blauem Eiter empfiehlt Luecke: Die blauen Compressen, Charpie u. s. w. '24 Stunden in dünnem Weingeist zu maceriren, die meist grün gefärbte Flüssigkeit dann zu filtriren und den Alkohol schnell grosstentheils abzudestilliren. Der Rückstand noch warm filtrirt giebt ein klares gi-ünes Filtrat ; dies wird im Kolben mit wenig Chloroform geschüttelt, welches mit verschie- denen anderen Körpern auch den blauen Farbstoff aufnimmt. Man versetzt die klar abgehobene Chloroformlösung unter Umrühren tropfenweise mit sehr verdünnter SchAvefelsäure, bis sie völlig roth er- scheint. Es scheidet sich dann eine schöne rothe wässerige Schicht über dem Chloroform ab, die man abhebt, im Becherglase auf dem Wasserbade erwärmt und dann Aetzbarytlösung so lange zusetzt, bis die Flüssigkeit wieder blau erscheint, filtrirt dann, wäscht mit Wasser. Die vereinigten Filtratc werden mit wenig Chloroform geschüttelt und die klar abgetrennte blaue Cliloroformlösung an der Luft verdunsten ge- lassen. Ledderhose-') erhielt Pyoeyanin in grösseren Mengen dmxh Ausschütteln der Reinkulturen des bac. pyocyan. mit Chloroform. 1) Centralbl. f. d. med. Wiss. 1S79 S. 705. '-) Zahlreiche Angaben über P''arbstoff'c von Avertebraten vergl. inMoseley, London JVIed. Record. 1877 p. 58. de Negri, Gaz. chim. italian. Vol. 7 fasc. i p. 219, 'Vol. 5 fasc. 8 p. 437. A. e G. de Negri, Studi spettroscopici e chimici sulle materie coloranti di alcuni moluschi del mare Ligure etc. Atti della R. Uni- versitä di Genova Vol. 3 Gonova 1875. Krukenberg, Vergleichende physiol. Studien 5. Abth. Heidelberg 1881. ^) Langenbeck, Arch. f. Chirurgie 111. S. 135. Hier tindet sich auch die übrige ältere bezügliche Literatur. ■') Deutsch. Zeitschr. f. Chirurg. Bd. 28 S. 201. Albuminstoffe oder Proteinkörpcr. 157. 237 Pyocyanin zeigt keine deutlichen Absorptionsstreifen, aber schwefel- saures Pyocyanin absorbirt sehr stark das Licht von D bis F im Spectrum. Pyocyanin krystallisirt in mikroskopischen Nadeln oder durch rechtwinkelige Kanten begrenzten Blättchen. Die Krystalle sind luftbeständig, schmelzen beim Erhitzen und zersetzen sich. Sie lösen sich leicht in Chloroform, Alkohol, Wasser, schwerer in Aether. Pyocyanin bildet mit Pikrinsäure und mit Platinchlorid krystallisirende Verbin- dungen (Ledderhose). Durch Säuren wird das Pyocyanin roth ge- fäi-bt wie Lackmus, dmxh Alkalien wieder blau. Aus der alkoholischen oder wässerigen Lösung wird es dm-ch Alaun oder essigsaures Blei- oxyd nicht gefällt. Durch Chlor, rauchende Salpetersäure, Terpentinöl wird es zerstört. Starke Säuren verändern es beim Erwärmen. In verdünnten Säuren gelöst ist es ziemlich beständig, während es be- sonders in unreiner wässeriger oder alkoholischer Lösung, auch unreinem Chloroform sich bald zerlegt. Es geht leicht über in einen Pyoxan- those von Fordos') genannten gelben Farbstoff, der in Wasser wenig, in Aether, Chloroform, Alkohol leicht löslich ist und in mikroskopischen Nadeln krystallisirt. Schüttelt man die Chloroformlösung mit wässeriger Alkalilösung, so geht der Farbstoff in diese über unter Violettfärbung. 2) Albiiminstoffe oder ProteJnkörper. 157. Die Albuminstoffe bilden bei Menschen und Thieren in Blut, Muskeln, Nerven, Drüsen und anderen Organen und Flüssigkeiten die Hauptmasse der festen Stoffe. Frei oder nahezu frei von Albumin- stoffen sind im normalen Zustande Harn, Schweiss, Thränen ; auch andere wirkliche Secrete enthalten selten mehr als Spm-en davon. In der procentischen Zusammensetzung unterscheiden sich die Albuminstoffe zum Theil nicht unerheblich, doch liegen die gefundenen Werthe innerhalb der Grenzen: C 50 bis 55 pCt. H 6,5 ,, 7,3 „ N 15 » 18,0 n 0 20 n 23,5 „ S 0,3 „ 2,2 )i Bei den gewöhnlichen Darstellungsweisen werden die Prote'inkörper als amorphe Niederschläge oder Lösungsrückstände gewonnen , doch ist es auch auf verschiedenen Wegen geglückt, bestimmte Albuminstoffe in 1) Compt. rend. T. .5(5 p. 1128. ') Girard, Zeitschr. f. Chirargie Bd. 7 S. 389. 238 Zersetzungen der Albuminstoffe. 158 Krystallen künstlich darzustellen.') Die Lösungen der sämmtlichen Al- buminstoffe zeigen linksseitige Circumpolarisation. Die Molecularge- wichte der Albuminstoffe sind noch nicht mit Sicherheit ermittelt, weil sie theils überliaupt keine Verbindungen ohne Zersetzimg einzugehen scheinen, zum Tlieil in verschiedenen Verhaltnissen mit Säuren oder Metallen in Verbindung treten, beim Erhitzen leicht Zersetzung erleiden. Nur wenige Albuminstoffe sind reichlich in Wasser löslich, alle lösen sicli in Aetzalkalilaugen, zum Theil unter Zersetzung, ebenso in concentrirten Mineralsäuren, schwerer oder gar nicht in Essigsäure. Alle sind unlöslich in Aether, Chloroform, Scliwefelkoblenstoff, Benzol, Petrol- äther; in Alkohol lösen sich wenige in geringer Menge und dann in heissem Alkohol leichter als in kaltem. Aus neutralen oder sauren Lösungen werden alle Albuminstoffe ge- fällt durch basiscbes Bleiaeetat bei Vermeidimg eines Ueberschusses oder Zusatz von NHg. Aus saurer Lösung werden alle Albuminstoffe gefällt durch 1) Phos- phorwolframsäure, '2) Jodquecksilberjodkalium, 3) Gerbsäure. Aus schwach alkalischen Lösungen werden alle Albuminstoffe ge- fällt durch Queclvsilbchlorid oder andere Mercurisalze. Keine dieser Fällungen ist für die Albuminstoffo characteristisch. Zersetzungen der Albumiustofte. 158. Beim Kochen mit Säuren, z.B. raucbender Salzsäure (zweck- mässig ist der Zusatz von Zinnchlorür) werden alle Albumiiistofie zer- legt ^j in NHo, CO 2, Leucin, Tyrosin, Asparaginsäure, Glutaminsäm'e, Lysin und Lysatinin-'^), Diamidoessigsäure.'*) Glycocoll entsteht hier- bei so wenig als Indol oder Skatol. Beim Kochen mit Alkalilaugen oder Erhitzen mit gesättigter Aetzbarytlösung auf 100 — 150" bilden sich NH3, CO2, SH2, Oxalsäure, Leucin, Tyrosin, Lysin, Lysatinin. Auch 1) A. Büttchor, AiTb. f. pathol. Anat. Bd. .32 S. 52,5. Mascbke, Journ. f. pract. Chem. Bd. 74 S. 436. Scbmiedeberg, Zeitscbr. f. ph3'siol. Chem. Bd. 1 S. 205. Drecbsel, Journ. f. pract. Chem. N. F. Bd. 19 S. 331. Schmidt-Mülheim, Jahresber. d. Thierarzneischule Hannover 1879 — 80. Grübler, Journ. f. pract. Chem. N. F. Bd. 23 S. 97. Kittbausen, ebendas. Bd. 23 S. 481. Hofmeister, Zeitscbr. f. physiol. Chem. Bd. IG S. 187. 2} Hlasiwotz u. Habermana, Ann. Chem. Pharm. Bd. 169 S. 160. 3) Drecbsel, Arch. f. Anat. u. Physiol. (Physiol. Abth.) 1891 S. 248. *) Drecbsel, Ber. d. säcbs. Gesellscb. d. Wiss. 7. März 1892 S. 115. Reactionen der Albuminstoffe. 159. 239 bei dieser Beliandlung entsteht kein Glycocoll, aber eine grosse Reihe anderer von Schützenbergeri) näher untersuchten Körper. Bei der Filulniss der Albuminstoffe entstehen NH3, CO 2, HgS Methylmercaptan, Leucin, Tyrosin, Hydroparacumarsäure und die weiteren Zersetzungsproducte derselben, Phenylessigsäure, Phenylpropionsäure, Indol, Skatol, Essigsäure, normale und Isobuttersäui-e, Bernsteinsäure, Tryptophan. Bei Einwirkung ki'äftigen künstlichen Magensaftes in schwach saui-er Lösung entstehen langsam Leucin, Tyrosin, Tryptophan, schneller durch Trypsin dieselben Körper neben NH 3, CO 0, Asparaginsäure, Lysin, Lysatinin. Durch Schmelzen mit Aetzkali erhält man aus den Albuminstoffen NH3, CO2, H2, HoS, Methylmercaptan, Leucin, Indol, Skatol, Ameisen- säure, Oxalsäure. Beim Erhitzen mit Natronkalk destilliren NH3, Pyrrol und ähn- liche Stoffe über. Mit hinreichendem üeberschuss von übermangansaurem Kali in wässeriger Lösung stehen gelassen geben Albuminstoffe zunächst Oxy- protsulfonsäm-e, 2) welche den Eiweisstoffen noch zugehört. Bei stärkerer Behandlung mit dem Permanganat wird etwas Guanidin gebildet. Destillation mit chromsaurem Kali oder Braunstein und Schwefel- säure bildet aus den Eiweissstoffen verschiedene fette, flüchtige Säuren, Aldehyde, Nitrile, Bittermandelöl, CO 2. ünterchlorigsaures Salz zersetzt unter Entwickelung von N2, CO 2 und reichlicher Oxalsäurebildung. Königswasser bildet Oxalsäure, Fumar- säure, Chlorazol. Reactionen der Albuniinstoffe. 159. Wenn es sich darum handelt zu bestimmen, ob eine Flüssig- keit Albuminstoffe enthält, ohne Eücksicht auf die Unterscheidung der einzelnen Proteinkörper von einander, ist es zweckmässig, eine oder besser mehi-ere der folgenden Proben anzustellen. 1. Man erhitzt im Probirglase eine Probe derselben zum Sieden und fügt dann Salpetersäure bis zur stark sauren Eeaction hinzu. Ist entweder schon beim Kochen ein Niederschlag entstanden, der nach Zusatz von Salpetersäm-e unverändert bleibt, oder entsteht ein solcher Niederschlag beim Zusatz von Salpetersäure, so ist die Flüssigkeit al- buminbaltig. Entsteht dagegen beim Kochen ein Niederschlag, der auf 1) Ann. de chim. et de phys. (5) T. 16 p. 289. 2j Maly, Monatshefte für Chemie Bd. 6 S. 107. 240 Reactionen der Albuminstoife. 159. Zusatz von Salpetersäure verschwindet, so ist kein Albuminstoff in der Flüssigkeit anzunehmen. Der durch die Säure wieder gelöste Nieder- schlag besteht vielmehr aus Calciumphospat (menschlicher Harn) oder aus Calciumcarbonat (Harn der Pflanzenfi-esscr). Fügi man wenig Sal- petersäure zu der zu prüfenden Flüssigkeit, so können Albuminstoffe un- gefällt lileiben. 2. Man säuert eine Prolie der zu untersuchenden Flüs.sigkeit mit Essigsäure oder Sulzsäure an und fügt dann einige Tropfen FeiTOcyan- kaliumlösung hinzu; sind Albuminstoffe in der Flüssigkeit, so entsteht ein weisser flockiger Niederschlag. Ist die Flüssigkeit sehr reich an NaCl oder anderen Salzen, so entsteht der Niederschlag erst nach Ver- dünnen mit Wasser. Spuren von Albuminstoffen geben diesen Nieder- schlag erst nach einigen Stunden gut erkennbar. 3. Man säuert eine Probe der zu untersuchenden Flüssigkeit mit Essigsäure oder Salzsäure bis zvu' stark sauren Reaction an, fügt ein der Flüssigkeitsprobe mindestens gleiches Volumen gesättigter Lösung von Natriiimsulfat hinzu und erhitzt zum Kochen. Ein entstehender Niederschlag zeigt die Anwesenheit von Albuminstoflen an. Diese dritte, sehr zuverlässige Prüfungsmethode hat vor der ersten den Vorzug, wenn sie mit Essigsäure angestellt wird, dass durch die Säure und das Salz kein Hinderniss gegeben wird, nach Abflltriren des Niederschlags im Filtrate auf noch andere organische Körper z. B. Zucker zu prüfen. 4. Man versetzt die Flüssigkeit mit etwas Salzsäure vmd fügt troplenweise vorsichtig metaphosphorsaures Nati-on hinzu. Der Nieder- schlag ist löslich im üeberschuss der Säure wie des Metaphosphats. Alle Albuminstoffe mit Ausnahme der Peptone werden durch diese in 1 bis 4 genannten Reagentien gefällt. Ausser ihnen geben nocli Nieder- schläge mit Eiweissstoft'eu selbst bei sehr grosser Verdünnung : Triehlor- essigsäure in nicht zu verdünnter Lösung, Pikrinsäure, Anhydrid der Glycerinpbosiihoi-säuro, Nucleinsäuren, Taurocholsäure. Die erhaltenen Niederscliläge sowie sonstige feste oder festweiche Massen können dann durch iblgende Farbenreactionen auf Albumin- stoffgehalt untersucht werden. 1. Alle Albuminstofle (mit Ausnahme des Antipepton) geben mit Mi Hon 's Reagens (§ 107) im üeberschuss im Probirglase versetzt und erhitzt purpurrothe Färbung. 2. Sie geben ferner im Probirglase mit üeberschuss von Natron- lauge und sehr wenig verdünnter Kupfersulfatlösung versetzt schon in der Kälte oder nacli dem Erhitzen zum Sieden eine purpurrothe Fär- bung. Tritt dieselbe nicht alsbald ein oder verschwindet sie bald, so ist Reactionen der Albuminstoffe. 159. 241 noch mehr Eupfeisulfat zuzusetzen, ein Ueberschuss aber sorgfältig zu vermeiden, weil bei zu viel Kupferzusatz blaue Färbung eintritt, welche nicht characteristisch ist. (Biuretreaction.) 3. Mit einigen Tropfen starker Salpetersäure versetzt und erhitzt färben sich Albuminstofife gelb und auf nachherigen Ammoniak- oder Aetznatronznsatz im Ueberschuss orangeroth (Xanthoprotein- reaction). 4. Proteinkörper im festen Zustande geben bei Behandlung mit molybdänsiiurehaltiger Schwefelsäure intensiv blaue Färbung; diese Fär- bung wird durch verschiedene andere Stoffe leicht verdeckt oder ver- ändert i). (Fröhde'sche Eeaction.) 5. Alle Albuminstoffe zeigen eine schöne Farbenreaction mit Eis- essig und concentrirtcr Schwefelsäure. Man kocht die zu prüfende Sub- stanz mit einer Mischung von 2 Volum. Eisessig und 1 Volum, con- centrirter Schwefelsäure-). Die schöne Violettfärbung, welche sich schnell einstellt, erscheint langsam auch bei gewöhnlicher Temperatur. Bei passender Verdünnung der Flüssigkeit zeigt die spectroskopische Prüfung einen Absorptionsstreifen zwischen den S]iectrallinien b und F. Die Lösung zeigt auch schwache Fluorescenz. (Adamkiewicz'sche Keaction.) 6. Aehnliche Färbungen giebt mit Eiweissstoffen auch concentrirte Schwefelsäure allein oder nach Zufügen einer Spur Eohrzucker nach der Art derPettenkofer'schenProbe aufGallensäuren, doch ist die Methode von Adamkiewicz zuverlässiger, schöner und die Färbung tritt schneller ein. 7. Lösungen von Proteinkörpern in concentrirter Salzsäme nehmen bei gewöhnlicher Temperatur nach einiger Zeit, beim Erhitzen schneller, verschiedene Färbungen an, unter denen Grün, Blau, Violett besonders deutlich auftreten. Sie gehen schliesslich in braunschwarze Fäi'bung über mit Bildung von Niederschlag. Da fast jede dieser Farbenreactionen auch mit der einen oder andern Substanz, die nicht den Albuminstoffen zugehört, erfolgen kann, ist für die sichere Erkennung der Albuminstoffe im gegebenen Falle unerlässlich, mehrere dieser Keactionen anzustellen. Nach den Bestimmungen von Hofmeister^) geben die Eiweiss- stoffe des Blutserums noch erkennbare Fällung oder Trübung, wenn bei ') Fröhde, Ann. Chem. Pharm. Bd. 14.5 S. 376. ^) Adamkiewicz, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd 8 S. 161. Arch. f. d. gas. Physiol. Bd. 9 S. 156. Arch. f. exper. Pathol. u. Phar- macol. Bd. 3 S. 423. Hammarsten, Lehrb. d. physiol. Chemie, deutsche Ausgabe 1891 S. 17. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2 S. 288. Hoppe-Seyler, Analyse. 6. AnQ. 16 242 Trennung der Albuminstoffe von andern Körpern in Flüssigkeiten. 160. Anwendung von Gerbsäure, Phosphorwolfram säure, Jodquecksilbeijod- kalium, Jodwismuthjodkalium die Lösung noch 1 Tbl. Eiweissstolf auf 100 000 Tbl. Lösung enthält; Essigsäure und Ferrocyankalium geben erkennbare Trübung nur noch, wenn mindestens 1 Tbl. Eiweissstolf in 50 000 TM. Lösung enthalten ist. Die Fällung diu'ch diese letztge- nannten Reagentien bietet aber gegenüber der Gerbsäure, Phosphnr- wolframsäure etc. den Vortheil, dass die durch sie erhaltenen Nieder- schläge nach dem Sammeln aus verdünnten Lösungen auf dem Filter mittelst der Biuretreaction, mit dem Millon'schen Reagens und mit Eisessig und Sehwefelsäm'e noch näher geprüft weiden können, was bei jenen nicht ohne Gefahr der Täuschungen möglich ist. Trennung der Albuminstoffe von andern Körpern in Flüssigkeiten. 160. Um eine Flüssigkeit von Albuminstoffen zu befreien, pflegt man dieselbe zu kochen, indem man, fiiUs sie nicht schon saure Reaction besitzt, so lange verdünnte Essigsäure hinzufügt, bis eine gute flockige Gerinnung erreicht ist. Wegen der Löslichkeit der Albuminstofie in überschüssiger Essigsäure ist es nöthig, im Zusatz der Säure vorsichtig zu verfahren. Giebt eine Probe der dann filtrirten Flüssigkeit mit einem Tropfen Ferrocyankalium keine Trübung, so ist sie sicher frei von Eiweissstotfen mit Ausnahme der durch Essigsäure und Fen-ocyan- kalium nicht fällbaren Peptone. Giebt eine zweite Probe der filtrirten und stark angesäuerten Flüssigkeit auch mit Gerbsäure oder Phosphor- wolframsäure keinen Niederschlag, so ist sie auch frei von Pepton. Fürchtet man den Einfluss hoher Temperatur oder der Säure auf andere in der Lösung befindliche Substanzen, oder enthä't die Lösung Acidalbumin, Propepton oder Albuminat oder Casein, so ist die an- gegebene Fällungsmethode unzureichend. Um aus einer Lösung Albumin, Globuline, Acidalbumin, Casein und Alljuminate zu entfernen, ist es zweckmässig, Lösung von essig- saurem Eisenoxyd hinzuzufügen (die Lösung darf keine andere freie Säure und auch nur- wenig freie Essigsäure enthalten) und so lange im Sieden zu erhalten, bis das Eisenoxyd als basisches Salz ganz ausgefällt ist; die tiltrirte Lösung soll eisenft-ei sein und kann nur noch Pepton enthalten, wenn genügend Eisenacetat zugesetzt war. Es ist zuweilen zweckmässiger eine Mischung von Eisencldorid und überschüssigem Natriumacetat zu diesem Behufe anzuwenden. Hofmeister*) empfiehlt zur völligen Entfernung der Albumin- stoffe mit Bleioxydhydrat unter Zusatz von etwas Bleiacetat einige . *) a. a. 0. Die einzelnen Albuminstoffe. 161. 243 Minuten zu kochen. An Stelle des Bleiliydrats kann auch Zinkoxyd oder Zink- oder Bleicarbonat verwendet werden. Durch basisches Bleiacetat kann bei vorsichtigem Zusatz, so lange Niederschlag entsteht, und darauffolgendes Hinzufügen von wenigen Tropfen Aetzammoniak vollständige Ausfällung der Eiweissstoffe erreicht werden. Durch Aramoniumsulfat, bis zur vollständigen Sättigung bei der Siedetemperatur eingetragen, können alle Eiweissstoffe aus neutralen oder sauren Lösungen gefällt werden bis auf Peptone und etwas Deuteroalbumose (vergl. unten diese). Gerbsäure, Jodquecksilberjodkalium oder Phosphorwolframsäure können in vielen Fällen zur Ausfällung von Eiweissstoffen verwendet werden. Die Lösungen müssen hierbei freie Säure enthalten, und zwar ist bei Anwendung der Gerbsäure schwach essigsaure, bei Jodqueck- silberjodkalium massig salzsaure, bei Phosphorwolframsäure stark essig- sam-e, oder salzsaure oder schwefelsaure Lösung zu empfehlen. Die einzelnen Albuminstoffe. 16). Trotz sehr zahlreichen neueren Arbeiten über die Unter- scheidung der einzelnen Eiweissstoffe von einander ist man noch nicht dahin gelangt, eine befriedigende systematische Gruppirung dieser Körper nach ihren Eigenschaften zu geben, noch weniger ist man im Stande, die einzelnen Körper, wenn sie in einer Flüssigkeit neben einander ent- halten sind, mit Sicherheit von einander zu trennen, doch ist dies in neuerer Zeit wenigstens füi' eine gi'össere Zahl derselben in befriedigen- der Weise gelungen. Besonders wichtig erscheinen die von DrechseP) und von Hammarsten-) gegebenen Unterscheidungen. Synopsis der Albuminstoffe. L Albumine, löslich in Wasser in allen Verhältnissen, weder fäll- bar durch sehr verdünnte Säuren, noch durch verdünnte Alkalicarbonat- lösungen, auch nicht durch Magnesiumsulfat, Chlornatrium bis zur Sättigung eingetragen. Durch Erhitzen der Lösung in Wasser allein oder mit neutralen Alkalisalzen oder Salzen der alkalischen Erden wer- den sie gefällt und zugleich in coagulirte Eiweissstoffe übergeführt. Durch Säuren werden sie langsam in Acidalbumin, durch Aetzalkalien in Albuminate umgewandelt. 1) Ladenburg, Handwörterbuch der Chemie. Artikel „Eiweisskörper". ^J 0. Hammarsten, Lehrb. d. physiol. Chemie, deutsche Ausgabe, Wies- baden 1891. 16* 244 Synopsis der Albuminstoffe. 161. 1. Serumalbumin («Jd = — 6-2,6 « bis — 64,6"i). Durchschüt- teln der wässerigen etwas salzhaltigen Lösung mit Aether nicht coa- gulirt, in ziemlich salzfreier Lösung durch starken Alkohol ohne Ver- änderung fällbar, bei Anwesenheit von etwas Salz durch Alkohol coa- gulirt. In starker Salzsäure leicht löslich unter Umwandlung zu Acid- albumin, welches durch genügenden Wasserzusatz ausgefällt wird. In neutraler, wenig Salz haltiger Lösung beim Erhitzen über 60 " Trübung, bei 72" — 75^ Fällung in Flocken von coagulirtem Albuminstoif. 2. Lactalbumin (g()d = — 37,0°'-) ist abgesehen von xler ge- ringeren specifischen Linksdrehung bis jetzt von Serumalbumin nicht zu unterscheiden, zeigt auch dieselbe Gerinnungstemperatur in neutraler Lösung bei geringem Salzgehalt. 3. Eieralbumin (c<)d = — 37, S"-^). Durchschütteln der wässe- rigen Lösung mit Aether alluiälig fällbar, schwerer löslich in con- centrirter Salzsäure. Ziemlich salzfrei, ebenso wie bei Salzgehalt seiner Lösung, durch Alkohol coagulirbar. II. Globuline sind Albuminstoflfe unlöslich in Wasser, löslich in verdünnter Lösung neutraler Salze wie NaCl oder MgS04. Diese Lösungen werden beim Erhitzen coagulirt, bei gewöhnlicher Temperatur durch Zusatz von Wasser im grossen üeberschuss gefällt; der Nieder- schlag wird beim längeren Stehen unter Wasser unlöslich in neutraler Salzlösung. Durch verdünnte Säm-en werden sie zu Acidalbumin, durch Aetzalkali zu Albuminaten umgewandelt. Alle Globuline werden durch Sättigung der neutralen Lösung mit Mg SO 4 bei 30" ohne Aenderung ihrer Eigenschaften ausgefällt. A. Fällbar durch Sättigung der neutralen Salzlösung mit Na Gl in Krystallen eingetragen: 1. Myosin. Coagulationstemperatur 55", aus todter Muskelsub- stanz durch Salzlösungen oder durch sehr verdünnte Salzsäure (höchstens 0,05 pCt. HCl) extrahirt. 2. Fibrinogen, Coagulationstemperatur 55 — 56", giebt mit Fibrin- ferment und etwas Serumglobulin unter passenden Verhältnissen Fibrin. 3. Fibringlobulin, Coagulationstemperatur 55", giebt kein Fibrin, bildet sich vielmehr aus Fibrin bei Pankreas- oder Pepsinverdauung oder durch Fäulniss, ebenso durch Lösen von Fibrin in nicht gesättigten neutralen Salzlösungen, z. B. Salpeter. ') Starke, Jahresber. f. Thierchemie 1881 S. 18. -) J. Sobelin, ebendas. 1885 S. 184. 3J Starke a. a. 0. Synopsis der Albuminstoflfe. 161. 245 4. Serum.rrlobulin, Coagulationstemperatur 72 — 75", (a)D = — 47,80*). B. Durch Na Gl in die Lösung bis zui- völligen Sättigung einge- tragen nicht fällbar: 1. Globulin der Krystalllinse. 2. Vitellin aus dem Dotter der Eier, krystallisirbar. ni. Fibrin, unlöslich in Wasser, elastisch faserig, nur sehr lang- sam löslich, aber quellend in Na Öllösung oder anderen neutralen Salz- lösungen, stark quellend in sehr verdünnter Salzsäure, ebenso in ver- dünnter Sodalösung. Durch Magensaft oder Pancreasaufguss leicht ge- löst. Bei dem Erhitzen über 75 " zäh und brüchig werdend. IV. Coagulirte Alb um in Stoffe, unlöslich in Wasser, Salzlösungen, auch nur wenig in ihnen quellend, durch Sodalösung oder verdünnte Säure kaum gelöst, durch Magensaft oder Pankreasinfus gelöst aber viel langsamer als Fibrin. Durch Jod nicht gefärbt. V. Amyloid, unlöslich in Wasser, in neutralen Salzlösungen, kohlensauren Alkalilösungen und verdünnten Säuren, auch in denselben nicht besonders quellend, durch Jod braun bis violett gefäi'bt, durch Magensaft sehr schwer gelöst. VI. Acidalbumine, unlöslich in Wasser, sowie in neutralen Salz- lösungen, frisch gefällt leicht löslich in sehr verdünnter Salzsäure oder Sodalösung, durch Neutralisation unverändert wieder ausgeschieden, un- löslich in kaltem oder heissem Alkohol, aus der Lösung in verdünnten Säuren durch Sättigung mit neutralen Salzen iallbar, dui'ch Aetzalkali schnell in Albuminat übergeführt. VIT. Albuminate oder Albuminsäuren, wenig löslich in Wasser, auch wenig löslich in Alkohol. Die wässerigen Lösungen rea- giren sauer; leicht löslich in Sodalösung, auch leicht löslich in ver- dünnten Lösungen von Mineralsäuren, aus diesen letzteren Lösungen ebenso aus Alkalilösungen durch reichlich zugesetzte neutrale Salze fäll- bar ohne Aenderung ihrer Eigenschaften. Vin. Nucleoalbumine geben beim Verdauen mit Magensaft fast unverdauliche Niederschläge von Nuclein, Leukonuclein, Paranuclein. Hierher werden gezählt: 1. Nucleoalbumine (im engeren Sinne, Kossei) aus den Zell- kernen. 2. Vi teil ine aus den Eidottern, vergl. oben U. B. 2. 3. Caseine aus der Milch. Die Vitelline verhalten sich im Uebrigen wie Globuline, die Caseine *) Fredericq, bei Rindsblut. Arch. de biologie T. 1 p. 17. 246 Synopsis der Albuminstoffe. IGl. dagegen wie Alhuminate. Es ist noch nicht entschieden, ob diese Körper Gemenge von Niiclein mit Globulin (bei den Vitcllinen) oder mit Albuminat (Caseine) darstellen oder bei der Behandlung mit Magensaft eine Spaltung unter Bildung von Paranuclein erfahren. Vergl. unten § 192. IX. Gallenmucin, in neutraler Salzlösung auch bei Anwesenheit von Essigsäiu-e zu schleimig fadenziehender Flüssigkeit löslich, bei Ab- wesenheit von Salzen in Essigsäure unlöslich; durch Aetzalkali leicht in Alkalialbuminat übergefühi-t. X. Pro Peptone oder Albumosen, ümwandhmgsproducte der Magen- oder Pankreasverdauung oder der Fäulniss oder der Einwirkung von starken Sauren, oder Aetzalkalien oder des Wassers allein bei sehr hohen Temperaturen. Soweit in Wasser löslich, sind sie alle fällbar durch (NH4)2 SO4 bis zur Sättigung eingetragen bei 30o oder höherer Temperatm-. Fällbar aus der Lösung bei gewöhnlicher Temperatur dui-ch Salpetersäure oder Essigsäure und Ferrocyankalium. Sie geben mit Natronlauge und etwas Kupfersulfat Rothfärbung auch ohne Er- hitzen. A. In Wasser unlösliche Propeptone: 1. Heteroalbumose, feucht schleimig glasige Masse, löslich in nicht gesättigter Na Öllösung mit alkalischer Eeaction, leicht löslich in verdünnter Säure odei' Alkalilösung. 2. Dysalbumose, unlöslich in NaCllösung, in 1 procentiger Soda- lösung löslich, giebt nach Neutralisation der Lösung alle Reactionen der Heteroalbumose. 3. Antialbumid entsteht aus Fibrin oder anderen Eiweissstoffen durch Kochen mit 5 procentiger Schwefelsäure. Wird durch Trypsin- oder Pepsinverdauung in Antipepton übergeführt. B. in Wasser löslich in allen Verhältnissen: 1. Prot albumosen, durch Sättigung der wässerigen Lösungen durch Steinsalz gefällt aber nicht vollständig, wenn nicht zugleich etwas Essigsäiu-e zugefügt wird. 2. Deuteroalbumosen, werden durch NaCl bis zur Sättigung- eingetragen bei Gegenwart freier Essigsäure oder Salzsäure gefällt. 3. Atmidalbumose ) vergl. Neumeister, Zeitschr. f. Biolog. 4. Atmidalbumin ( Bd. 26 S. 57. XL Peptone, in jedem Verhältniss in Wasser löslich, nicht fällbar durch Säure und Ferrocyankalium, aucli nicht fällbar durch (NH4)2 SO4. Serumalbumin. 162. 247 1. Amphopeptone, gebildet durch Magenverdauung bei anhalten- der Einwirkung, liefern bei der Spaltung Tyi'osin und gehen schöne Eothfärhung mit Millon's Keagens. 2. Antipeptone, gebildet durch Trypsin und durch dies Enzym nicht weiter verändert, gehen die Biuretreaction aber nicht gute Eotli- färbung mit Millon's Lösung und liefern bei dem Kochen mit ver- dünnter Schwefelsäure kein Tyrosin. Specielle Beschreibung der einzelnen Albuniiustoire. 1. Albumine. 162. 1. Serumalbumin, findet sich reichlich im Blutplasma und Serum, in Lymphe, Chylus, Muskeln, pathologischen Transsudaten und tritt bei Nierenkrankheiten von den Eiweissstoffen meist am Reichlichsten in den Harn über. Es wird reines Serumalbumin gewonnen durch Aus- fällen des Blutserum oder pathologischer Transsudute mit gepulvertem Magnesiumsulfat bei 30« bis zur Sättigung eingetragen. Auswaschen des Niederschlags bei dieser Temperatur mit gesättigter Magnesium- sulfatlösung, Fällen des Filtrats durch Ammoniumsulfat bis zur Sätti- gung in Substanz eingetragen, Auspressen des Niederschlags, noch- maliges Lösen desselben in Wasser und Ausfällen durch Sättigen mit (NH4)., SO4 bei 40 ", Entfernung der Salze aus der Lösung durch sehr anhaltende Dialyse mit grossen Mengen destillirten Wassers, Fällung mit grossem Ueberschuss von starkem Alkohol, Filtriren, Auswaschen mit Alkohol und Austreiben des Alkohols durch Aether')- Nach der Fällung des Serumglobulin mit Mg SO4 kann auch aus dem Filtrat das Serumalbumin durch Zusatz von 1 pCt. Essigsäure ge- fällt, nach einigen Stunden abfiltrirt, ausgepresst, in wenig Wasser ge- löst, neutralisirt und durch Dialyse von Salz befreit werden-^). Krystallisirt ist Serumalbumin noch nicht dargestellt. Die Analysen des Serumalbumin, von Hammarsten und Starke dargestellt aus Hydi-ocele, aus Pleuratranssudat und aus Pferdeblutserum, haben die procentische Zusammensetzung ergeben: C H N S aus Pleuratranssudat 52,25 6,6.} 15,88 2,27 „ Pferdeblutserum 53,05 6,85 16,04 1,79 Das möglichst salzfreie Serum auf obige Weise dargestellt, ist klar in Wasser löslich , gerinnt in 1 procentiger Lösung gegen 50 0, durch NaClzusatz wird die Coagulationstemperatur erhöht. In der Mischung 1) Jdhresber. f. Thiorcliemie 1881 S. 17. '^) Johansson, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9 S. 310. 248 Lactalbumin. mit Serumglobulin, wie es im Blutserum sich findet, tritt über 60" Trübung und bei 72 bis 75 " flockige Füllung ein. Durch C0.2, Essigsäure und andere in Wasser lösliche fette Säuren, 3 basische Phosphorsäure wird das Serumalbumin nicht aus seinen wässerigen Lösungen gefällt und wenn die Temperatur nicht hoch ist, auch die Säm-e in grosser Verdünnung angewendet wird und ihre Ein- wh-kung nicht zu lange dauert, kann durch vorsichtiges Neutralisiren mit Calciumcarbonat, Soda oder verdünntem Ammoniak eine klare neu- trale Lösung von Serumalbumin wieder erhalten werden. Je höher da- gegen 1) die Temperatur, 2) je stärker die Concentration der zugesetzten Säure, 3) je grösser ihre relative Quantität ist, desto schneller wird das Serumalbuniin in Acidalbumin umgewandelt. Versetzt man eine Lösung von SerumaH)umin mit einer geringen Menge einer verdünnten Mineralsäure, so wird es weder gefällt noch sonst verändert; durch grössere Quantität coiicentrirter Säure wird seine Lösung zunächst unter Steigerung der Circumpolarisation getrübt; es bildet sich beim Neu- tralisiren ein Niederschlag, der um so reichlicher erscheint, je stärker und je länger dauernd die Einwirkung der Säure war. Durch genügend concentrirte Mineralsäuren kann alsbald Coagulation erfolgen. Am Energischsten wirken in dieser Beziehung Salpetersäure und Metaphos- phorsäure. Mit starker Salzsäure entsteht ein Niederschlag, der in Wasser gelöst die spec. Drehung (a)D = 78,7 "' gezeigt hat und aus salz- saurem Acidalbumin besteht. Von verdünntem Ammoniak wird Serumalbumin nur allmälig ver- ändert. Kali- und Natronlauge verwandeln es in wässeriger Lösung unter Steigerung der Circumpolarisation in Albuminat; selbst geringe Mengen Aetzkali hal)en diese Wirkung. Concentrirte Kali- oder Natron- lauge zu concentrirter Serumalbuminlösung gesetzt bringt die Lösung zur" Erstarrung als gallertiges Alkalialbuminat. Sclion geringe Mengen von Säure reichen hin, Serumalbumin zu fällen, wenn die Lösung mit neutralen Salzen, wie NaCl oder Mg SO4 gesättigt ist. Salze schwerer Metalle bilden meist schnell Acidalbumin. Schwach mit Essigsäure versetzte Serumalbuminlösung giebt mit Ferrocyankaliura einen Nieder- schlag, welcher zunächst bei Neutralisation mit Soda Globuhnsubstanz, nach kurzem Stehen jedoch Acidalbumin giebt. 2. Lactalbumin wird nach Sebelien*) dargestellt aus Milch oder Colostrum, nach Abscheidung des Casein und Globulin durch Sättigung mit Magnosiumsulfat bei 30,", durch Fällung mit Zusatz von 0,5 bis 1 pCt. Essigsäure, Auspressen des abfiltrirten Niederschlags, •) Zeitschr. f. pliysiol. Chem. Bd. 9 S. 453. tEieralbmnin. 163. 249 Lösung in wenig Wasser, genaue Neutralisation mit Na OH, anhaltende Dialyse mit destillirtem Wasser, Eindunsten bei 30 bis 40 <• in flacher Schale auf kleines Volumen, Fällen und Auswaschen mit starkem Alkohol, zuletzt mit Aether und Trocknen. Feines weisses Pulver, in Wasser klar löslich, enthält C 52,19; H 7,18; N 15,77; S 1,73 pCt. Das Verhalten des Lactalbumins gegen Säuren, Salze, Alkalien bei gewöhnlicher Temperatur und bei dem Er- hitzen der Lösungen stimmt mit dem Serumalbumin überein, aber die spec. Drehung wurde (a)D = — 36,4° bis. — 36,98 ^ also bedeutend ge- ringer gefunden als die des Serumalbumins, welches auf gleichem Wege aus Blutserum gewonnen ist. 163. 3. Eieralbumin (Ovalbumin) aus dem Eiweiss des Hühnereis gewonnen 1) durch Zerschneiden mit der Scheere, Zerreiben mit Mag- nesiumsulfat , Mischen mit dem doppelten Volumen Mg SO4 lösung bei 20 0, schnelles Absaugen der Lösung, Fällung derselben durch Sättigung mit Na2 SO4, Filtration, Auspressen des Niederschlags, Lösung desselben in wenig Wasser, anhaltende Dialyse mit Wasser, Eindampfen der mög- lichst salzfreien Lösung bei 40 bis 50 " auf kleines Volumen und Fäl- lung mit Alkohol, wobei es bald in coagulia'tes Eieralbumin übergeht. Nach Hof meist er 2) wird Eiereiweiss zu Schaum geschlagen, dann 24 Stunden stehen gelassen, die am Boden angesammelte Marc dünn- flüssige Eiweisslösung abgegossen und mit dem gleichen Volumen einer neutralen kalt gesättigten Lösung von (NH4)2 SO4 gemischt, der ziemlich reichliche Niederschlag abfiltrirt und die völlig klare, salzhaltige Flüssig- keit auf grossen flachen Schalen mit ebenem Boden der Verdunstung bei Zimmertemperatur überlassen. AUmälig scheidet sich am Boden und dann an der Oberfläche eine Schicht eines feinkörnigen weissen, gelben oder röthlichen Pulvers oder solcher Krusten ab, bestehend aus einfach brechenden Kugeln oder Kugelaggregaten. Wenn diese Ab- scheidung sich nicht mehr vermehrt, wird sie abfiltrirt und abgepresst, in halbgesättigter Lösung von (NH4)2 SO4 gelöst, dann wieder der all- mäligon Verdunstung überlassen. Mit der dabei erhaltenen neuen Ab- scheidung wird abermals so verfahren und das ümkrystallisiren in dieser Weise fortgesetzt, bis neben den Globuliten auch feine miki-oskopische Nadeln auftreten, die sich dann vermehren. Dann wird wieder abfiltrirt, ausgepresst, in halbgesättigter Lösung von (NH4)2 SO4 aufgelöst, die Lösung in einen Schlauch von Pergamentpapier gefüllt und dieser in eine Schale mit halbgesättigter Lösung von (NH4)2 SO4 eingelegt. Wäh- 1) Starke a. a. O. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. IG S. 187. 250 Myosin. 1G4. rend die äussere Lösung sich durcli Verdunstung concentrirt, scheidet sich langsam im Schlauch das Albumin in schiefwinklichen Tafeln und Nadeln ab. Die ersten und die letzten Abscheidungen sind weniger rein. Die möglichst gereinigten Krvstalle, die für sich in Wasser voll- kommen löslich sind, werden in Alkohol gebracht, wobei sie in coagu- lirtes Eieralbumin übergehen. Das von Starke und Hammarsten analysii'te Präparat ergab die Zusammensetzung a, die von Hofmeister dargestellten coagulirten Krystalle bei 100*^ getrocknet die Zusammen- setzung b. C H N S a) 52,25 6,90 15,25 1,93 pCt. b) 53,28 7,26 15,00 1,09 „ Die spec. Drehung wurde in 2 bis 6 procentiger Lösung zu (7.ji, ^ — 37,79" von Starke gefunden. Durch Dialyse gut gereinigtes Eieralbumin verhält sich nach Laptschinsky ebenso wie nicht clialysirtes, zeigt süssen Geschmack und giebt noch 1 pCt. Asche. In starker Salzsäure oder Salpetersäure löst sich Eieralbumin schwieriger als Serumalbumin. Durch starke Kalilauge wird es in genügend concentrirter Lösung zu einer fest galler- tigen Masse verwandelt ( Liebe rkühn'sches Alkalialbuminat). Aus wässeriger Lösung von Eieralbumin erhielt Harn ack') mit Kupfersulfat Niederschläge, welche nach genügendem Waschen fi-ei von Schwefelsäure waren und entweder 1,35 oder 2,61 pCt. Kupfer enthielten. Fuchs^J und Comaille"'} erhielten Platinverbindungen mit 8,02 bis 8,1 pCt. Platingehalt. Durch Einwirkung von Säuren und ebenso von Alkalien wird die spec. Kotation der Lösungen des Eieralbumins erhöht, ohne dass sie jemals die Höhe der spec. Drehung von Lösungen des Serumalbumins erreicht. II. Globuline. 164. 1. Myosin entsteht bei der Todtenstarre der contractilen Substanz aller Muskeln und wahrscheinlich auch der meisten Proto- plasmen mit animalen Eigenschaften. Man erhält nach Danilewsky^) das Myosin aus gut zerkleinerten, schnell mit kaltem Wasser sorgfältig ausgewaschenen Muskeln nach zwei verschiedenen Methoden: 1) die Masse wh-d mit 10 bis 20 procentiger NH4Cllösung zusammengerührt, einige Stunden stehen gelassen, erst durch Leinwand, dann durch Papier ^) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 5 S. 198. -) Ann. d. Chem. Bd. 151 S. 372. 3J Moniteur scientif. Octbr. 1866. ■■j Zeitschr. f. phy.siol. Chem. Bd. ö S. 158. Fibrinogen. 165. 251 filtrirt. Man lässt die Lösung in viel Wasser eintropfen, wäscht dann die ausgeschiedenen Gerinnsel mit Wasser gut aus. 2) Die zerkleinerte Muskel Substanz mit wenig Wasser zemihrt wird in 2 gleiche Theile gethcilt, der eine derselben wird mit verdünnter Salzsäure versetzt, bis Tropaeolin 00 saure Keaction anzeigt, dann beide Theile gemischt, colirt, filtrirt. Diese Lösung kann ohne Aenderung des Myosins auf 35 " erwärmt werden. Durch Neutralisation mit Soda oder Kalkwasser wird das Myosin gefällt. Mit Salzsäure neutralisirtes, dann getrocknetes Myosin enthält 3 bis 4 pCt. H Gl. Durch weniger verdünnte Salzsäure wird Myosin in Syntonin übergeführt und zwar geht zur Hälfte mit Salzsäure gesättigtes Myosin bei 40 " langsam, bei 50 " schnell in Syn- tonin über, verliert dabei Galcium, und die das Galcium bindende Quan- tität Salzsäure reicht hin, aus salzsaurem Myosin noch nicht saures Syntonin zu bilden. Basen werden von Myosin kaum gebunden, obwohl überschüssiges Alkali leicht Myosin auflöst, aber ohne wesentliche Abnahme der al- kalischen Eeaction. Löst man S\ntonin (vergl. § 169) in möglichst wenig Kalk- wasser, trägt dann trocknes Salmiakpulver fast bis zur Sättigung ein, filtrirt durch Faltenfilter und neutralisirt die alkalische opalisirende dicke Lösung mit sehr verdünnter Essigsäure, bis violettes Lackmus keine alkalisclie Eeaction mehr angiebt, so bleibt die Flüssigkeit klar, schwach opalisirend und verhält sich in allen Eeactionen wie eine Salmiaklösung von Myosin. Man kann durch Na Gl, bis zur Sättigung eingetragen, oder durch sehr viel Wasser das Myosin fällen*). Lässt man Myosin längere Zeit unter Wasser stehen, so verliert es allmälig seine Löslichkeit in sehr verdünnter Salzsäure und quillt nur noch damit, löst sich auch nicht mehr in Kalkwasser. Erwärmt man diese Modification mit 0,1 procentiger Natronlauge auf 35 — 40", so erhält man gewöhnliches Syntonin, welches in oben beschriebener Weise in Myosin zm-ückgelührt werden kann. Wird Myosin mit öOprocentigem Alkohol gekocht und heiss filtrirt, so wird das Filtrat bei der Ab- kühlung nicht getrübt. Wird es in concentrirter Salzlösung durch Er- hitzen coag-ulirt, so enthält die klare Flüssigkeit nicht wenig Galcium. 165. 2. Fibrinogen enthalten alle diejenigen Flüssigkeiten, welche beim ruhigen Stehen bei gewöhnlicher Temperatur von selbst gerinnen unter Bildung von Fibrin, oder zur Gerinnung gebracht wer- den, wenn man einige Tropfen der aus frischem geronnenen Blute ausgepressten Flüssigkeit zu einer Probe derselben hinzufügt und die *) Danilewsky a. a. 0. 252 Fibrinoglobulin. IfiG. Mischung eine Zeit lang stehen lässt. Das Fibrinogen ist eine in albuminhaltigen Flüssigkeiten ziemlich beständige Globulinsubstanz, leicht und vollständig fällbar durch Chlornatrium oder Magnesiumsulfat bis zur Sättigung der Lösung eingetragen. In verdünnten Salzlösungen ist es leicht löslich, aber schon bei 55 — 56" unter Abscheidung eines fibrinähnlichen Coagulum gerinnend*). Hamraarsten fand seine Zu- sammensetzung zu'c 52,93; H 6,90; N 16,66; S 1,25; 0 22,26 pCt. Durch Erhitzen bis 58 — 60" wird das Fibrinogen in 2 Eiweisskörper um- gewandelt, von denen der eine sich ausscheidet und unlöslich in Wasser ist, von der Zusammensetzung C 52,46; H 6,84; N 16,93; S 1,24; 0 22,53 pCt., während der andere, in der Lösung bleibende, dm-ch Dialyse der Lösung mit viel Wasser von Salz gereinigt nach Fällung mit Alkohol und Waschen damit C 52,84; H 6,92; N 16,25; S 1,03; 0 22,96 pCt. enthält. Beide Körper sind etwas sauerstoffreicher als das Fibrinogen, können also Spaltungsproducte sein, für welche auch Hammarsten sie ansieht. Befindet sich in einer Lösung von Fibrinogen zugleich eine hinreichende Quantität Serumalbumin, so kann die Flüssig- keit, z. B. Hydrocele, welche fast immer beide Eiweissstoffe enthält, bis 60" ohne Gerinnung erhitzt werden. Eine Fibrinogenlösung längere Zeit bei 36— 40" erhalten, verliert nacli Hammarsten die Fähigkeit mit Fibrinferment versetzt zu gerinnen. In reinem Zustande kann das Fibrinogen nur schwer erhalten werden. Auf NaClzus.itz wird es bereits gefällt, wenn die Lösung 16 pCt. davon enthält, während das gleichzeitig wohl stets vorhandene Serumglobulin bei diesem Salzgehalt nur dann ausfällt, wenn die Lö- sung sehr reich daran ist. Zu seiner Keindarstellung wird am Besten Fibrinogen mit dem Serumglobulin aus Pferdeblutplasma oder Hydrocele durch Sättigung mit Na Cl gefallt, der Niederschlag alsbald in Wasser wieder gelöst und nun fractionirt mit NaCl gefällt; der erste Nieder- schlag enthält das reinste Fibrinogen. Gegen Säuren und Alkalien verhält es sich ebenso wie Serum- globulin. Beim Stehen unter Wasser wii'd es wie dieses bald ver- ändert, löst sich dann nicht wieder in verdünnter Salzlösung und giebt mit Fibrinferment nicht mehr Fibringeriimung. 166. 3. Fibrinoglobulin. Bei der Magenverdauuug von aus- gewaschenem, nicht erJiitzten, auch nicht mit Alkohol behandelten Blut- fibrin löst sich dasselbe zunächst unter reichlicher Bildung des bei 55" & *) Hammarsten, .Tahresber. f. Thiercbomie Bd. 6 S. li). Gerinnung bei 53— 5G°. Fredericq, Ann. de la soc. de chimie de Gand 1877. Bull, de l'Acad. de Belgique Ser. 2 T. 64 No. 7. Gorinnung bei 54—57°, meist bei 55 -56°. Fibrinoglobulin. I6G. 253 gerinnenden Fibrinoglobulin neben einer geringen Quantität von Serum- globulin. Dasselbe Fibrinoglobulin bildet sich zunächst bei der Be- handlung des Fibrins mit Pankreasinfus. Mit dem Fibrinogen stimmt dies Fibringlobulin in allen Keactionen überein, nur liefert letzteres bei der Behandlung in wässeriger etwas salzhaltiger Lösung mit Fibrin- ferment und etwas Serumglobulin kein Fibrin*). 4. Serumglobulin, Blutcasein, Paraglobulin, fibrinoplastische Substanz sind Namen derselben Globulinsubstanz. Die einzige einfache und sehr brauchbare Methode der Gewinnung des Serumglobulin aus Blutserum, Lymphe und anderen Transsudaten ist die von Hammarsten angegebene Fällung desselben durch Sättigung der Flüssigkeit mit Magnesiumsulfat, Mischung der Masse mit gesättigter MgS04lösung, Filtration, Auswaschen mit der gesättigten Sulfatlösung, Lösen des Niederschlags in grossem Uebersehuss von Wasser, Durchleiten von CO 2, Waschen durch Decantii-en, Filtration und schnelles Trocknen des Niederschlags im Vacuum. Das gereinigte Serumglobulin besitzt nach Hammarsten die Zu- sammensetzung 0 52,71; H 7,01; N 15,85; S 1,11; 0 23,32 pCt. und nach Fredericq die spec. Eotation (a)D = 47,8", wenn es aus Hunde- oder Pferdeblut gewonnen ist und in verdünnter Na Gl oder MgS04lösung untersucht wird. Reines Serumglobulin ist unlöslich in gesättigter Na Cl lösung, aber unvollkommen fällbar durch dies Salz, wenn Serumalbumin gleichfalls in der Lösung enthalten ist. Die Coagulationstemperatur einer lOpro- centigen NaCllösung ist nach Hammarsten 69 — 76°. Eine Lösung von Serumglobulin in Wasser durch möglichst geringen Zusatz von Natronlauge hergestellt wird beim Hinzufügen sehr kleiner NaCl Mengen, so dass die Lösung nur 0,03—0,7 pCt. NaCl enthält, bei Zimmertemperatur gefällt. Globulin der Krystalllinse und Vit ellin aus Eidotter sind beide in genügender Reinheit noch nicht dargestellt. Diese Körper werden durch gesättigte NaCllösung nicht gefällt, wohl aber durch Sättigung ihrer Lösung mit MgS04. Vergl. unten Nucleoalbumine und Ichthin, Ichthulin, Dotterplättchen vom Frosch u. s. w. (§ 192). Muskelglobulin in geringer Menge aus den Muskeln der Wirbel- thiere besonders der Warmblüter erhalten durch Extraction mit Wasser gelöst, nicht fällbar durch Sättigung der Lösung mit NaCl wohl aber ) Hasebroek, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 11 S. 348. Limbourg, ebendas. Bd. 13 S. 450. ■J54 Fil]rin. Coagiilirto Albuminstoffe. 167. 1(18. durch Sättigen mit MgS04; gerinnt in verdünnter wässeriger Lösung bei 4G — 47'', ist im reinem Zustande noch nicht isolirt. 167. III. Fibrin. Bei der Gerinnung des aus der Ader ge- lassenen Blutes bildet sicli Fibrin als Gallert, die sich allmiilig zu- sammen zieht, beim Schlagen faserig und elastisch wie Kautschuk wird, so lange es feucht ist. Man kann es mit sehr verdünnter Chlor- natriumlösung gut auswüschen. Seine Zusammensetzung ist in guter Uebereinstimmung mit zahlreichen älteren Analysen von Hammarsten gefunden zu C 52,68; H 6,83; N 16,91; S 1,10; 0 '22,48 pCt. Durch Einwirkung von Alkohol wird es coagulirt, noch schneller durch Er- hitzen auf 75". Es wird hierbei weniger durchscheinend weiss, weniger dehnbar, wird schwerer löslich bei Pepsin- oder Trypsinverdauung oder Päulniss und liefert nicht mehr bei dieser Behandlung nach dem Er- hitzen wie das unveränderte Fibrin das Fibringlobulin. Das nicht er- hitzte und nicht mit Alkohol behandelte Fibrin löst sich langsam in nicht zu verdünnten und nicht zu concentrirten wässerigen Lösungen neutraler Salze wie Kahum- oder Natriumnitrat, Chlornatrium, Brom- kalium, Jodkalium, chlorsaurem Kali. Magnesiumsulfat oder Ammonium- sulfat wirken in concentrirter Lösung nicht lösend. In verdünnter Salz- säure ebenso in Essigsäure oder Alkalilauge quillt frisches Fibrin hoch auf, löst sich sehr langsam; in sehr verdünnter Salzsäure löst es sich zunächst fast gar nicht. 168. IV. Coagulirte Albuminstoffe entstehen aus Albuminen, Globulinen, Fibrin durch Plrhitzen bei Anwesenheit von Wasser oder durch längere Einwirkung von Alkohol in neuti'aler Lösung. Eier- albumin wiixl auch durch starke Salzsäure ebenso durch Aether in einen coagulirten Albuminstoif übergeführt. Die sämmtlichen coagulirten Alliuminstoffe sind in kaltem und heissem Wasser, in Alkohol, in Aether unlöslich, lösen sich schwer in verdünnten Aetzalkalien, aucji in verdünnter Salzsäure oder Essigsäure, Ammoniak. Durch starke Mineralsänren werden sie in Acidalbumine und durch concentrirte Alkalilaugen in Alkalialbuminate übergeführt. V. Amyloide Substanz. Mit dem Namen Amyloide Substanz hat Virchow einen Körper Ijezeichnet, der nur pathologisch in feinen concentrisch-schaligen Körnchen häufig an dem serösen Ueberzug der Hirntheile und Nervenanfängo oder als glasglänzende Infiltration in den verschiedensten Organen, Leber, Müz, Nieren u. s. w. Ablagerungen bildet, sich oft dabei als Infiltration der Blutgefässwandungen zeigt und meist einen wesentlichen Theil der Prostatasteinchen ausmacht. Bisher immer nur mangelhaft von andern Gewebsbestandtheilen getrennt hat die amyloide Substanz keine gut übereinstmimenden Werthe bei den Acidalbumine 169. 255 Analysen ergeben. C. Schmidt hat darin 15,56 pCt. N, Kühne und Rudneff haben 15,53 pCt. N und 1,3 pCt. S, Friedreich und Kekule C 53,6; H 7,0; N 15,0; S u. 0 24,4 pCt. gefunden. Durch Jod wird amyloide Substanz röthlich, durch Schwefelsäure und Jod violett bis blau gefärbt. Concentrirte Salzsäure löst amyloide Substanz auf, die Lösung giebt, mit Wasser verdünnt, einen Niederschlag, welcher das Verhalten von salzsaui-em Acidalbumin zeigt. Durch Lösen in Aetzalkalilauge erhält man ein Albuminat. Durch Pepsinverdauung wird die auf das Feinste zertheilte amyloide Substanz sehr langsam unter Bildung von Propeptonen gelöst. Zur Darstellung der amyloiden Substanz benutzt man sehr stark infiltrirte Drüsen, besonders Leber oder Milz, extrahirt die zum feinsten Pulver zerriebenen Organe (vorher sind grössere Gefässe und andere fremde Beimengungen möglichst zu entfernen) mit kaltem Wasser, kocht einige Zeit mit Wasser, um Bindegewebe als Leim aufzulösen und zu entfernen, kocht den Rückstand mit Alkohol und Aether zur Beseitigung von Fett und Cholesterin und behandelt den jetzt bleibenden Rückstand mit gutem künstlichen Magensaft. Die amyloide Substanz wird zuletzt gelöst. Als Kennzeichen der amjdoiden Substanz ist die Jodreaction in erster Linie zu benutzen, die Schwerverdaulichkeit, Umwandlung durch starke Salzsäure zu Acidalbumin und durch starke Alkalilauge zu Al- buminat geben weitere Anhaltspunkte. VL Acidalbumine entstehen:*) 169. 1. bei der Einwirkung verdünnter Salzsäure auf Globuline, schwieriger und langsamer aus Albuminen. 2. bei Einwirkung saurer Pepsinlösung auf native oder coagulirte Eiweissstoffe, Fibrin. 3. bei der Auflösung eines Albuminstoffs oder auch des Knorpel, Mucin, Blutfarbstoff in starker Salzsäure oder starker Salpetersäure. 4. bei der Fällung der Albumine oder Globuline durch Salze schwerer Metalle, z. B. Eisenchlorid, Quecksilberchlorid, Platinchlorid. Von allen Acidalbuminen ist nur das Syntonin nus Muskeln ge- wonnen eingehender untersucht; die Unterscheidung der übrigen von einander ist noch nicht genügend durchführbar. Im Veihalten gegen Säuren, Alkalien sowie neutrale Salze stimmen sie alle im Wesentlichen überein, auch geben sie alle bei der Behandlung mit Kalkwasser, Am- moniumchlorid und Essigsäure (vergl. oben bei Myosin) mynsinähnliche *) Panum, Arch. f. pathol. Arat. Bd. 4 S. 419. Johansson, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9 S. 310. 256 Albuminate. 170. Stoife. Alle sind in Wasser unlöslich und werden durcli Einwirkung von Aetzkali, Natron oder Kalkmilch, in massiger Wärme auch durch Alkalicarbonat in Albuminate übergeführt. Verschiedenheiten sind bei ihnen bis jetzt nachgewiesen Ij in der Quantität von Ammoniak, welche beim Kochen der Acidalbumine mit gesättigter Aetzbarytlösung entnickelt wird (Nasse), 2) in ihren spec. Drehungen, 3j in der procentischen Zusammensetzung besonders im Stickstoffgehalte. NachMörner löst sich Syntonin nicht in Dinatrium- phosphatlösungen, während die übrigen Acidalbumine in diesen Salz- lösungen sich auflösen. Die einen Acidalbumine sind frisch gefällt mehi' gallertig als andere; am meisten voluminös ist das Syntonin. Einige weitere unterschiede sind von Mörner und von Kollett be- zeichnet. Die Verschiedenheit der Acidalbumine von den Albuminaten siehe unten hei den Albuminaten. Syntonin C 54,1; H 7,3; N 16,1; S 1,1; 0 21,5 pCt. entsteht durch Behandlung von Myosin oder der zerkleinerten Muskelsubstanz mit genügendem üeberschuss von sehr verdünnter Salzsäure (0,1 pCt. HCl). Die filtrirte Lösung giebt das Syntonin als gallertig flockigen Niederschlag bei ihrer Neutralisation mit Na2 CO.j oder NH3 oder nach Zusatz von Natriumacetat und sorgfältigem Auswaschen mit Wasser. Frisch gefällt ist das Syntonin in Wasser unlöslich, aber leicht löslich in verdünnter Salzsäure oder Natriumcai'bonat, unlöslich in neutralen Salzlösungen der Alkalimetalle. Beim Stehen unter Wasser erleidet es eine Veränderung, indem es dann in sehr verdünnter Salzsäure sich nicht mehr löst. Durch Erwärmen mit einprocentiger Natronlauge auf 30 — 40" wird es dann nach Danilewsky in Syntonin zurückgeführt und durch Lösen in Kalkwasser, nachherigen Zusatz von Chlorammonium fast bis zur Sättigung der Lösung und sehr schwaches Ansäuern mit Essigsäure geht es in Myosin oder eine dem Myosin sehr ähnliehe Sub- stanz über. Durch Behandlung mit starker Alkalilauge wird es schnell in Albuminat verwandelt. Die Lösung des Syntonin in möglichst wenig Kalkwasser giebt tlieilweise Coagulation beim Kochen. Alkalialbuminat wii'd dm-ch Säure nicht wieder in Syntonin zurückverwandelt. In der Lösung in sehr verdünnter Salzsäure zeigt das Syntonin un- abhängig von der Concentration der Flüssigkeit eine specifische Drehung für gelbes Licht ungefähr — 72" und ziemlich die gleiche specifische Drehung zeigt seine Lösung mit Natriumcarbonat. VIL Albuminate. 170. Alle Albuminstoffe, welche bis jetzt besprochen sind, geben bei ihrer Behandlung mit starker Kali- ader Natronlauge unter be- deutender Steigerung der spec. Rotation nach links Körper, welche den Albuminate. 170. 257 Eiweisskörpern ohne Zweifel noch zugehören, durch Säuren ausgefällt werden können, dabei aber etwas löslich in Wasser auch in Alkohol sind, ihren Lösungen saure Keaction verleihen, Carbonate unter Austreibung von CO 9 zerlegen, leicht in verdünnten Mineralsäuren, schwerer in Essig- säure löslich sind, in neutralen Salzlösungen nicht gelöst, aus sauren oder allialischen Lösungen durch reichlichen Zusatz neutraler Salz.e ausgefällt, bei der Behandlung mit Pepsin in saurer oder mit Trypsin in neutraler oder schwach alkalischer Lösung in Pepton übergeführt werden. Diese Körper sind allgemein als Albuminate*) oder Alkalialbumi- nate bezeichnet. Der hier und da für sie vorgeschlagene Name Al- buminsäuren entspricht ihren Eigenschaften recht wohl. Mit stai-ken Säm-en behandelt gehen die Albuminate nicht in Acid- albumin über. Nach Lieberkühn's Bestimmungen entspricht das aus Eieralbumin gewonnene Albuminat der Zusammensetzung C74H114N18SO23 entsprechend dem Procentgehalte C 53,59; H 6,95; N 15,63; S 1,99; 0 21,84. Nach der angegebenen Formel sättigt es 2 Aequivalente Metall. Mörner giebt folgende Unterschiede im Verhalten der Aeid- albumine und der Albuminate an: Die Neutralisationsniederschläge der Acidalburaine sind gallertig, die der Albuminate nicht. Die letzteren sind in Wasser etwas löslich, die ersteren nicht. Allnmiinate treiben im Wasser zertheilt CO 2 aus Barium-, Strontium-, Calcium -Carbonat aus und lösen sich in Verbindung mit diesen Metallen, die Acidalbumine dagegen treiben keine COo aus und lösen sich nicht. Albuminat löst sich in nicht überschüssigem Kalkwasser mit saurer, Acidalbumin mit alkalischer Keaction. Möglichst alkaliarme Lösung von Albuminat über 100° im zugeschmolzenen Eohre erhitzt giebt Coagulation, eine solche von Acidalbumin gerinnt hierbei nicht. Albuminatlösungen mit Aetz- kali werden durch allmälig zugesetzte Säure gefällt bei saurer, Acid- albumine bei noch alkalischer Eeaction. Durch saures Natriumphosphat wird in Dinatriumphosphat gelöstes Albuminat schwerer gefällt als Acid- albumin. Die Kotation der Polarisationsebene nach links wird durch die Al- kalialbuminate stärker bewirkt als durch die andern AlbuminstofFe, nur das den Albuminaten vei-wandte Casein hat ungefähr die gleiche Ein- wirkung wie diese. Serumalbumin zeigt bei Behandlung mit starker •) Lieberkühn, Poggendorffs Ann. Bd. 86 S. 118. Hoppe-Seyler, Zeitschr. f. anal. Chem. Bd. 3 S. 424. Soyka, Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 12 S. 347. Mörner, ebendas. Bd. 17 S. 468. Rollett, Wien. Acad. Sitzungsber. Bd. 84 Abth. III. Hoppe-Seyler, Analyse. 6. Aufl. 17 258 Caseine. 171. Kalilauge eine Steigerung der spec. Drehung auf — 86,0", Eieralbumin auf — 47,0", coagulirtes Eieralbumin auf — 58,8 " für gelbes Licht. VIII. Caseine. 171. Caseine sind bis jetzt nur gefunden in den Hautsecreten : Milch und Hauttalg, dem Secret der Bürzeldrüse der Vögel; angegeben ist auch Gehalt an Casein im milchähnlichen Secret im Kropf der Tauben nach Auskriechen der Jungen aus den Eiern. ') Sie schliessen sich in ihren Eigenschaften den Albuminaten am nächsten an, sind aber nicht (»hne Aenderung ihrer Eigenschaften bis jetzt abzutrennen von nucl einartiger Substanz, die man daraus durch Magenverdauung erhält. Die Casi'ine werden deshalb von Physiologen in neuerer Zeit ebenso wie die von den Caseinen sehr verschiedenen Vitelline als eine besondere Gruppe der Nucleoalbuniine abgesondert von den sämmtlichen andern Albuminstoflfen (sielie § 192). Nach Hammarsten2) hat das Casein der Kiüimilch die Zu- sammensetzung C 53,00; H7,00; N 15,70; S0,80; P0,85; 0 22,65 pCt. Das Casein der Menschenmilch hatMakris znsammengesetzt gefunden C 52,35; H7,27; N 14,65; 8 4-0 25,73 pCt. (Phosphor ist in dieser Anal3se als nicht zugehörig angesehen.) Aus menschlicher Milch wird das Casein durch Sättigung derselben mit Magnesiurasulfat gewonnen. Das quantitativ ausgefällte Casein wird mit gesättigter Magnesiumsulfatlösung gut ausgewaschen, in Wasser zertheilt, nochmals mit Magnesiumsulfat durch Sättigung gefällt, mit Alkohol und mit Aetliei- gewaschen, bei 40 " getrocknet, pulverisirt, mit Aether bis zur völligen Entfernung des Fettes gewaschen, dann das Magnesiumsulfat durcli Dialyse entfernt, getroclmet. Aus der Kuh- oder Ziegenmilch erhält man das Casein durcli Ver- dünnen mit dem 4 bis 10 fachen Vol. Wasser, vorsichtigen Zusatz von Essigsäure bis zur möglichst guten Ausfällung, Abfiltriren der käsigen Flocken durcli Leinwand, mehrmals wiederholtes Lösen in Wasser mit wenigen Tropfen Natronlauge, wiederholtes Ausfällen durch vorsichtigen Zusatz von Essigsäure. Filtration, gutes Auswaschen mit Wasser, Be- handlung mit Alkohol und Ai-tlier, Trocknen. Man erhält nach den angegebenen Methoden die Caseine aus Menschen-, aus Kuh- oder Ziegenmilch stets phospliorhaltig. Bei der Verdauung der Caseine mit Magensaft bleibt der ganze Phosphorgehalt in der reichlichen ungelösten Substanz, welche von L. Liebermann ') Bernard, Cl., Le^ons sur les i^roprictes physiol. des liquides etc. T. II. p. 232. 1859. ■•') Uamnuirsten, Jabre.slior. f. Tbicrchemie 1874 S. 145 und 1877 S. 158. Zeitsclir. f. pliysiol. Chnm. Bd. 7 S. 227 u. Bd. 9 S. 273. Propeptone oder Albumoson. 172. 259 als eine metaphosphorsaure Verbindung eines Eiweisskörpers angesehen wird. Die Caseine stimmen in ihrem Verhalten gegen Säm-e, Alkalien, gegen Wasser, Alkohol, Reaction der wässerigen Lösungen u. s. w. mit den Alkalialbuminaten übercin, weichen aber, abgesehen von dem ge- schilderten Verhalten bei der Magenverdauung, ab auch durch das Ver- halten gegen das Labenzym in neutraler oder schwachsaurer Lösung bei Anwesenheit löslicher Calciumverbindung , wie sie in der Milch selbst vorhanden ist. Dies Labenzym hat auf die Albuminate keine Einwirkung, dagegen wird Casein durch dasselbe übergeführt in das in Wasser schwer lösliche Paracase'in (Käse), während in geringer Menge ein leicht löslicher, den Propeptonen ähnlicher Körper entsteht, der bei der Lab- gerinnung der Milch als sogen. Molkeneiweiss in Lösung bleibt. Diese Spaltung des Casein durch Lab erfolgt auch, wenn kein Calciumsalz in der Lösung ist, aber die Gerinnung tritt erst auf Zusatz geringer Menge des löslichen Calciumsalzes ein. Das Paracasein löst weniger Calcium- phosphat als das Casein. In heissem Alkohol löst sich sowohl Casein als Paracasein leichter auf als in kaltem Alkohol. In Sodalösung, oder Barytwasser, Kalkwasser löst sich Casein leicht auf, und diese Lösungen können besonders bei Anwesenheit von Na Cl oder K Cl ziemlich stark mit Essigsäure angesäuert werden, ehe Nieder- schlag entsteht. Wird Casein aus wässeriger Lösung durch eine Säure gefällt, so wird ein wenig von der Säure im Niederschlage hartnäckig beim Auswaschen festgehalten, befindet sich also wahrscheinlich in che- mischer Verbindung mit dem Casein. Ist Casein mit starker Säure oder viel Aetzalkali behandelt, oder hat es einige Zeit gefällt unter Wasser gestanden, so ist es verändert und giebt mit Lab keine Gerinnung mehr. Aus der Milch durch Magnesiumsulfat ausgefällt, dui'ch Aether von Fett befreit, dann in Wasser gelöst, zeigte das Casein der Kuhmilch spec. Drehung — 80 o, in schwach alkalischer Lösung — 76 >', in sehr verdünnter Lösimg — 87 ", in stark alkalischer Lösung — 91 o für gelbes Licht. Das Casein der Menschenmilch ist weniger löslich in Wasser sowie in Alkohol als das Kubcasein. Durch Lab gerinnt es nur unvollkommen schleimig. IX. Propeptone oder Albumosen. 172. Die Propeptone oder Albumosen*) sind eine Klasse von *) Kühne und Chittenden, Ueber Albumosen. Zeitschr. f. Biologie 1884 Bd. 20 S. 11. Neumeister, ebeudas. Bd. 23 S. 381 u. Bd. 26 S. 324. 17* 260 Protalbumosen. 173. Eiweissstoffen, welche 1) durch Magen-, oder 2) Pankreas- Verdauung, oder 3) durch Einwirkung von Wasser bei sehr erhöhter Temperatur, oder 4) durch Einwirkung verdünnter Mineralsäuren, oder durch Aetzalkalien oder durch Fäulniss aus den unter I l)is YIII geschilderten Eiweissstoffen gebildet werden. Sie sind sämmtlich fällbar durch 1) Essigsäure und Ferrocyankalium in etwas salzhaltiger') Lösung, 2) fällbar diu-ch über- schüssige Pikrinsäure, 3) durch Sättigung ihrer Lösung mit neutralem Am- moniumsulfat bei der Siedetemperatur, 4) durch basisch essigsaures Blei und Ammoniak, 5) durch Phosphorwolframsäure oder Jodquecksilbe ijod- kalium und Salzsäure, 7) durch Gerbsäure*). Bei Anstellung der Biuret- probe mit einer concentrirten Albumoselösung kann nach Einbringen der ersten Tropfen Cu S04lösung die Färbung wieder verschwinden, er- scheint aber beim weiteren Eintropfen derselben dann bleibend und stark (Neumeister). Soweit bis jetzt die Untersuchungen reichen, besitzen die Albu- mosen sämmtlich die Eigenschaft die Polarisationsebene nach links zu drehen. Sie sind noch nicht krystallisirt dargestellt. ^Sie werden von allen Eiweissstoffen, welche unter den Gruppen I bis incl. VI beschrieben sind, getrennt durch Erhitzen der neutralisirten Lösung ziun Sieden und Filtration, von den Albuminaten und Caseinen VII und VIII ziemlich vollständig durch massiges Ansäuern der Lösung, wobei diese Körper bis auf geringe Mengen ausgeschieden werden. Die Abtrennung der Peptone geschieht am Besten durch Sättigung der Losung mit (NH4)2 SO4 bei Siedetemperatur; es bleibt jedoch ein Theil von Deuteroalbmnose in Lösung. Die Propeptone werden durch fortgesetzte Einwirkung von Ver- dauung oder Fäulniss oder verdünnten Mineralsäuren in Peptone umge- wandelt. A. In Wasser lösliclie Propeptone. 173. 1. Protalbumosen sind in kaltem Wasser in jedem Ver- iiältniss löslich und werden, wenn die Lösung zum Sieden erhitzt wird, weder gefällt noch sonst veiändert. Durch Sättigung der neutralen ') Dipse Rpactioii wird durch Anwesenlieit von viel Salz oder Pepton beein- träclitigt. -') Die Gerlisäiirelösung von Almen (4 gr Gerbsäure, 8 cbcm Essigsäure von 25 pCt. und 190 cbcm Weingeist von 40—50 pCt.) giebt mit Eiweiss-, Albumoseu- iind Peptonlüsungen noch erkennbare Trübung bis zu 1 Tbl. auf 100000 Tbl. Flüssigkeit. Auch die mit (NU,), SO4 gesättigte Flüssigkeit kann, wenn sie mit dem gleichen Vol. Wasser verdünnt ist, für diese Reaction benutzt werden. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 13 S. 143. Deuteroalbumosen. 174. 261 Lösung mit Steinsalz werden sie bis auf geringe in Lösung bleibende Quantität ausgefällt; in der mit massiger Quantität Essigsäure ange- säuerten Lösung tritt durch Sättigung mit Steinsalz eine Fällung ein. Durch Sättigung mit Na Cl und Zusatz von nicht zu viel Essigsäure wird Protalbumose noch als deutliche Trübung gefällt, wenn in 1000 Thl. Flüssigkeit 1 Tbl. enthalten ist. Bei dieser letzteren Fällung wird auch Deuteroalbumose mitgefällt. Von dem letzten Theil der aus Prot- albumose bei der Verdauung entstandenen und der Protalbumose bei- gemengten Deuteroalbumose kann erstere befreit werden durch Sättigung der wässerigen Lösung im Sieden mit (NIl4)2 SO4. Die sich abschei- denden Krusten von Protalbumose werden abgenommen, während Deutero- albumose (und Pepton) in Lösung bleiben. Wird die Protalbumose durch Dialyse gereinigt, so scheiden sich Heteroalbumose fast voll- ständig, Dysalbumose vollständig ab, während Protalbumose in Lösung bleibt. Durch Salpetersäure werden Protalbumosen in wässeriger Lösung in der Kälte und Wärme gut gefällt. Verdünnte Lösung von Kupfer- sulfat fällt Protalbumosen noch als starken Niederschlag, wenn die Lösung 1 Thl. für 5000 Thl. Flüssigkeit enthält; kommt 1 Thl. Prot- albumose auf 10 000 Thl. Flüssigkeit, so entsteht durch das Kupfer- sulfat noch deutliche Trübung. In Alkohol sind Protalbumosen un- löslich. 174. 2. Deuteroalbumosen bilden sich aus Protalbumosen oder Heteroalbumosen durch fortgesetzte Pepsin- oder Trypsin -Verdauung oder durch Kochen mit verdünnter Schwefelsäure, sind in jedem Ver- hältniss in kaltem oder heissem Wasser löslich, in reiner, neutraler wässeriger Lösung durch Sättigung mit Steinsalz nicht fällbar, in einer mit Essigsäure stark angesäuerten Lösung durch Sättigung mit Steinsalz etwa zur Hälfte ausfällbar. Die Deuteroalbumose aus Fibrin dargestellt in Wasser und etwas Essigsäm-e gelöst giebt beim Sättigen mit Na Cl noch Trübung, wenn in 100 Thl. Flüssigkeit mehr als 1 Thl. Deutero- albumose gelöst ist. Durch Salpetersäure werden Deuteroalbumosen nicht gefällt, wenn nicht Salze z. B. NaCl in Lösung sind. Der Niederschlag ist in der Wärme besonders bei 100" viel löslicher als in der Kälte, wenn nicht sehr viel Salpetersäure zugesetzt ist. Die aus Protalbumose bei Magenverdauung dargestellte Deutero- albumose wird durch Sättigen mit Ammoniumsulfat im Sieden der Flüssigkeit nur unvollständig, dagegen die aus Heteroalbumose darge- stellte vollständig gefüllt, ebenso die bei Pankreasverdauung entstan- dene. Es ergiebt sich hieraus die Existenz zweier verschiedenen Deutero- 262 liiäton. albumosen. Die uus Protalbumose der Fibrinverdamuig dargestellte Deuteroalbumose, welche bei Sättigung mit Ammonium sulfat nicht ab- geschieden ist, fällt beim Abdampfen dieser Lösung mehr und mehr aus, kann abgetrennt und durch Dialyse gereinigt werden. Die Fällung der Deuteroalbumose durch Phosphorwolframsäure ge- lingt auch bei reichlichem Säurezusatz nicht vollständig (Neumeister). Deuteroalbumoselösungen, bei Pankreasverdauung erhalten, werden nach Entfernung des durch Sättigung mit Na Cl und Essigsäure er- haltenen Niederschlags durch viel Kupfersulfat noch gefällt. Beim Erliitzen trockner Deuteroalbumose auf 180--200" werden Protalbumose, Dysalbumose und Acidalbumin erhalten. 3. Histon wm-de aus den rothen Blutkörperchen der Gans und anderer Vögel von Kossei ') erhalten durch Auswaschen derselben mit Wasser und Aether und Behandlung des Kückstandes mit verdünnter Salzsäure. Durch die verdünnte Säure wird das Histon ausgezogen und offenbar durch Abspaltung aus einer Verbindung mit Nuclein gebildet. Es ist im Wasser löslich und wird durch Alkohol gefällt. Aus wässe- riger Lösung wird es ausserdem gefällt durch Sättigung mit Steinsalz besonders nach Salzsäurezusatz; es wird auch gefallt durch Sättigung der Lösung mit Magnesiumsulfat oder Ammoniumsulfat. Der Nieder- schlag wird durch Dialyse mit Wasser von Salz befreit. Es coagulirt nicht beim Erhitzen der wässerigen Lösung, giebt aber mit Ammoniak einen in Wasser unlöslichen Niederschlag. Die Zusammensetzung des in Wasser löslichen Histon wurde von Kossei zu 0 50,67; H6,99; N 17,93; S0,50; 0 23,91 pCt., des mit Ammoniak gefällten, in Wasser unlöslichen Histon zu C 52,31 ; H 7,09; N 18,46; S + 0 22,14 pCt. gefun- den. Ein ähnlicher Körper wurde von Lilien leid 2) aus den Leukocyten der Lymph- und Thymusdrüsen, aus den Milzzellen und Hodenzellen ge- wonnen; er ist stets in Verbindung mit Nuclein als Nucleohiston (siehe dieses § 192) vorhanden. Das Histon aus den Leukocyten gerinnt beim Erwärmcin und unterscheidet sich dadurch von dem Histon aus den Vogelblutkörperchen. Es besitzt die Fähigkeit das Blut flüssig zu er- halten. Eine dem Histon ähnliche Substanz wurde aus den Sperma- tozoon des Karpfens dargestellt. 1) Kossei, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 8 S. 511. Behrens, Kossei u. Schiefferdecker, Die Gewebe des menschlichen Körpers, Braunschweig 1889 Bd. 1 S. 265. 2j Verhandl. d. physiol. G?s. zu Berlin 1891- 1892 No. 11 ii. 16. Heteroalbumosen. Dysalbumose. 175. 176. 263 B. In Wasser ganz oder fast vollständig unlösliche Propeptone. 175. 1. Heteroalbumosen werden aus der neutralisirten ge- kochten und filtrirten Magenverdauungsflüssigkeit durcli Sättigung mit Steinsalz ausgefällt. Wird der Niederschlag abfiltrirt und mit Wasser der Dialyse untei-worfen, so scheidet sich, während die Protalbumose sich auflöst, die Heteroalbumose als zähe glnsige Masse an der Wan- dung der Pergamentpapierhvilsen ab und wird beim weiteren Waschen mit Wasser nicht verändert. Sie ist in kaltem Wasser nicht ganz un- löslich, noch leichter löst sie sich in Wasser bei 40", ist löslich in verdünnten Säuren, Alkalien, Alkalicarbonat und wird durch Neutrali- siren dieser Lösungen nur unvollkommen wieder ausgefällt. In lOpro- centiger Na Öllösung lösen sich Heteroalbumosen mit alkalischer Ke- action. In siedendes Wasser gebracht werden sie coagulirt, schrumpfen dabei und erstarren beim Erkalten zu einer lederartigen Masse; sie können dann wieder gelöst werden durch Wasser mit 0,1 bis 0,2 pCt. HClgehalt, nur unvollkommen durch Sodalösung von 0,2.^ bis 0,3 pCt. Gehalt. Durch Lösen in der angegebenen verdünnten Säure werden sie wieder in ursprüngliche Heteroalbumose zurückgeführt. Lösungen von Heteroalbumose in NaCllösung werden beim Sieden um so stärker ge- trübt, je grösser der Gehalt an Heteroalbumose ist; der Gehalt an Na Gl scheint weniger Einflnss auszuüben. Durch Behandlung der nahezu gesättigten Heteroalbumoselösiing in Na Gl zu 3 — 4 pCt. mit con- centrirter Salzsäure oder Naü-onlauge erhält man Lösungen, welche durch Neutralisation gefallt werden, und zwar beginnt die Ausscheidung schon vor erreichter Neutralität. Diese Fällungen sind aber nie voll- ständige. Durch Sublimatlösung wird Heteroall)umose nur gefällt bei genügendem Ansäuern mit Essigsäure. Bei fortgesetzter Pepsinver- dauung wird sie in Deuteroalbumose übergeführt. 176. 2. Dysalbumose bleibt ungelöst zurück, wenn der durch Sättigung der neutralisirten, gekochten und filtrirten Verdauungslösung mit Na Gl gebildete Niederschlag der Dialyse unterworfen wird, zu- sammen mit Heteroalbumose, während Protalbumose in Lösung über- geht. Wird dann zuerst durch verdünnte NaCllösung, dann durch Wasser mit 0,2 pCt. HClgehalt die Heteroalbumose gelöst, so bleibt die Dysalbumose allein ungelöst zurück. Wird darauf die Heteroalbumose durch Sättigimg mit Steinsalz in neutraler Flüssigkeit gefällt, und wieder in obiger Weise gelöst, so bleibt stets etwas Dysalbumose zurück. Durch Behandlung mit 1 procentiger Sodalösung wird die Dysalbumosf' in Heteroalbumose übergeführt. 2fi4 Peptone. 177. Bereits isolirte Dysalbumose ist zwar in neutraler Salzlösung un- löslich, ebenso in Wasser, aber in Gegenwart von viel Deuteroalbiunose gellt sie in gewisser Quantität selbst in einen salzfreien Wasserauszug über und wird bei Abwesenheit von Protalbumose durch Steinsalz nicht niedergeschlagen. Fügt man dann Protalbumose hinzu, so wird sie mit dieser gefallt und durch Sättigung des Filtrats mit (NH4)2S04 erhält man reine Deuteroalbumose. 3. Antialbumid bildet sich beim Kochen von Fibrin mit 5pro- centiger Schwefelsäure neben Prot- und Deuteroalbumose; es entsteht bei dieser Behandlung auch Heteroulbumose. Beim fortgesetzten Kochen mit verdünnter Schwefelsäure geht Antialbumid in Anti- deuteroalbumose über. Aus der scliwach alkalischen Lösung scheidet es sich bei der Behandlung mit Trypsin bei 40» als Gerinnsel aus. Durch Trypsinverdauung, ebenso durch starke Pepsinverdauung wird es in Antipepton übergeführt. X. Peptonei). 177. PepLone sind in Wasser in jedem Verhältnisse lösliche Um- wandlungsproducte der natürlichen Eiweissstoffe vmd ihrer näheren Spal- tungsproduete (auch der Spaltungsproducte der Proteide), unlöslich in Alkohol oder Aether, von neutraler Keaction, nur amorph bekannt. 1. Amphopepton, dargestellt von Kühne und Chittenden-) aus Fibrin mit Pepsin (gewonnen nach dem von ihnen beschriebenen Verfahren) und 0,4 procentiger Salzsäure unter Zusatz von 0,25 pCt. Thymol. Diese Verdauung wui'de 2 Wochen lang bei 37—40" fortgesetzt. Die hierbei erhaltene Flüssigkeit, mit Natronlauge neutralisirt, wird durch Leinwand filti'irt, unter schwachem Ansäuern mit Essigsäure ein- gedampft auf das halbe Vol., durch üeberschuss von trocknem Am- moniumsulfat vollkomiuen ausgefällt, filtrirt, der Salzrückstand abge- presst, und die Flüssigkeit durch Sieden mit Bariumhydrat in genügen- der Quantität versetzt, dann mit viel Wasser und Bariumcarbonat be- handelt bis zum Verschwinden des Ammoniakgeruches, das Bariumsulfat durch Spitzbeutel abgetrennt, die Flüssigkeit auf das frühere Vol. ab- gedampft, die darin enthaltene Verbindung des Pepton mit Barium in sehr geringem Üeberschuss von Schwefelsäm-e ausgefällt, filtrirt, der üeberschuss der Säure durch Ammoniak abgestumpft, auf halbes Vol. eingedampft, dann mit 6 procentiger Schwefelsäure und Phosphorwolframsäm-e das Pepton ausgefällt und mit sehr viel Wasser gewaschen. Dieser Niederschlag wird dann mit überschüssigem Bai-yt- ■) Kühne u. Chittenden, Zeitschr. f. Biolog. 1886 Bd. 22 S. 423—458. Neumeistor, ebeudas. Bd. 26 S. 324. 2) a. a, 0. S. 430. Antipepton. 178. 265 hydi-at zerlegt, das gelöste Barium durch Schwefelsäure genau ausge- fällt. In der Flüssigkeit fand sich noch etwas freie Salzsäure. Nach- dem dieselbe dui'ch Ammoniak neutralisirt ist, wird abgedampft und der Kiickstand durch wiederholtes Fällen und Auskochen mit Alkohol frei von Ammoniumchlorid erhalten. Nach Neumeister ist das so erhaltene Präparat nicht frei von Albumosen, sondern enthält Prot- und Deuteroalbumose, die (wie oben angegeben ist) durch Sättigung der Lösung im Sieden mit Ammoniumsulfat nur unvollkommen ausgefällt wird. Das so erhaltene Präparat mit absolutem Alkohol und Aether ge- waschen und bei 105 " getrocknet, bildet ein äusserst hygroskopisches Pulver, welches beim Zusammenkommen mit wenig Wasser zischt wie Phosphorsäureanhydrid und die Zusammensetzung hat: C 48,47 bis 48,75; H 7,02—7,21; N 16,26—16,86; S 0,77; 0 27,01 pCt. Bei der Behandlung mit Pankreasverdauung oder Kochen mit ver- dünnter Schwefelsäure zerfällt dies Pepton unter Bildung von Leucln, Tyrosin und anderen Amidosäuren, bei der ersteren (Trypsineinwirkung) entsteht neben Leucin und Tyrosin Antipepton. 178. 2. Antipepton wird dargestellt aus gereinigtem Blutfibrin in der 10 fachen Quantität Wasser zertheilt mit 0,25 pCt. Soda versetzt und 0,5 pCt. Thymol durch 6tägige Behandlung mit gereinigtem Tiypsin *). Die Verdauungsflüssigkeit wird dann mit Essigsäure schwach angesäuert, gekocht, durch Spitzbeutel filtrirt, stark eingedampft. Nach dem Auskrystallisiren einer grossen Quantität Leucin und Tyrosin wird der Syi'up abgesaugt, mit Alkohol bis zur beginnenden Peptonfällung versetzt, aufgekocht und zur Erystallisation stehen gelassen. Die dann abfiltrirte Flüssigkeit wird nun durch Abdampfen von Alkohol befi-eit, mit gesättigter Ammoniumsulfatlösung versetzt, mit welcher vorher die Niederschläge von Leucin und Tyrosin gewaschen sind, dann durch weiteren Zusatz von Ammoniumsulfat die Flüssigkeit völlig gesättigt. Die abfiltrirte Lösung ist alsdann von Schwefelsäure und Ammoniak ebenso, wie es oben für das Amphopepton geschildert ist, durch Be- handlung mit Bariumhydrat und Bariumcarbonat und Eindampfen zu befreien. Das auf diese Weise erhaltene Barytpepton ist dann noch durch wiederholtes Fällen und Auskochen mit Alkohol von Leucin und Tyrosin zu befi-eien, das Barium durch vorsichtigen Schwefelsäurezusatz auszu- fällen. Schliessliche Fällung mit Alkohol und Bxtrahiren damit einige Male wiederholt, auch nach Zusatz von wenig Essigsäure lassen das Pepton *) Kühne u. Chittenden, a. a. 0. S. 435. 26G Oxyprotsulfonsäurp. 179. gewinnen. Dasselbe trocknet sehr schwer, schon auf dem Wasserbade entweicht etwas HoS, zugleich tritt zuweilen starker Geruch nach Valeriansäure auf. Constantes Gewicht wird erst bei liO" erreicht. Auch das Antipepton kann mit Phosphorwolframsäure ausgefällt werden, aber die Ausfällung gelingt nicht vollständig. Die Zusammen- setzung nach Kühne und C bitten den i) füi- das Antipepton aus Fibrin gewonnen ist C 46,59-47,68; H 6,69—7,03; N 16,68—18,28; S 0,67—0,73; 0 '27,77 --28,41 ; Asche 3,67—10,02 pCt. Dies Pepton wird durch Panki-easverdauung nicht weiter verändert, liefert beim Kochen mit massig verdünnter Schwefelsäure kein oder sehr wenig Tyrosin, giebt in Uebereinstimmung hiermit mit Millon's Reagens keine schöne Eothfärbung, sondern schmutzig gelbe bis röth- liche Färbung. Im Gegensatz hierzu giebt das Amphopepton der Magenverdauung aus Fibrin dargestellt intensive Eothfäibung mit Millon's ßeagens und reiclilich Tyrosin beim Kochen mit massig ver- dünnter Schwefelsäure. Weil Heteroalbumose sowie Antialbumid bei der weiteren Ver- dauung nur eine Deuteroalbumose geben, welche durch Ammoniumsulfat vollständig gefällt wird, kann das aus diesen Albumosen erhaltene Pepton durch diese Fällung völlig frei von Albumosen gewonnen werden, was mit dem Pepton aus Protulbumose nicht der Fall ist 2). Durch Quecksilberchlorid, ebenso durch basisches Bleiacetat werden beide Peptone geföUt, mit Essigsäure und Ferrocyankalium bleiben die Lösungen beider Anfangs klar, zeigen jedoch später Opalescenz. Eis- essig und conrentrirte Schwefelsäure geben braunrothe Färbung. Die Bim'etreaction mit Natronlauge und vorsichtigem Kupfersulfatzusatz giebt sehr schöne Purpurförbung. Oxypi'otsulfonsäui'c. 179. Aus Eiweissstoifen, aber nicht aus Albumosen und Pepton ist zuerst von Brücke, dann von Maly") durch Einwirkung des lialben bis gleichen Gewichtes Kaliumpermanganat eine Säure in reichlicher Menge erhalten, die aus dem Filtrat des Manganschlammes mit Säure gefällt in 17,24 Tbl. Wasser löslich ist, amorph erscheint, in Alkalien sich leicht löst, in den Lösungen essigsam-er Salze unter Inanspruch- nahme eines Theils des Alkali gelöst wird. Die Zusammensetzung ist gefunden zu C 51,21; H6,89; N 14,59; Sl,77; 0 25,54 pCt. Diese Säure giebt mit Aetzkali und Bleiacetat gekocht keine ') a. a. 0. S. 452. 2) a. a. 0. Bd. 24 S. 2G7. ') Maly, Monatshefte f. Chemie Bd. 6 S. 107. Albuminoide. Keratine. 180. 181. 267 Schwärzung mehr, mit Aetzkali geschmolzen die Säuren der Fettsäure- und Oxalsäurereihe, SO2 und keine aromatischen Körper ausser Benzol, welches überdestillirt. Bei der Oxydation mit Chromsäuregemisch ist Benzoesäure erhalten. Es scheint also in der Oxyprotsulfonsäure bei diesem Oxydationsprocesse durch Permanganat das Eiweissmolecül im Wesentlichen erhalten, aber es sind für 1 Atom Schwefel 4 Atome Sauer- stoff eingetreten, und hierbei ist die aromatische Gruppe so geändert, dass kein Tyrosin, Indol, Skatol, Phenol mehr durch Spaltung entstehen kann, sondern nur Benzoesäure. Bei der Pepsinverdauung geht die Oxyprotsulfonsäm-e in die leicht lösliche Oxypeptonsulfonsäure über. Albuminoide. 180. Die Albuminoide bilden eine Klasse von Stoffen, welche an der Bildung der Gewebe und der Formgebung und Festigkeit der Organe betheiligt, als nahe Verwandte der Eiweisskörper sich erkennen lassen durch die chemischen Umwandlungen, durch Verdauung oder Spaltungen durch Einwirkung von Wasser bei hoher Temperatur oder verdünnter Säm-e oder Alkali, indem die dabei erscheinenden Spaltungsproducte entweder die nämlichen sind, wie man sie bei gleicher Behandlung auch aus den Eiweissstoffen erhält, wie Leuein, Tyi-osin oder als Amidoderivate fetter Säuren denselben nahe stehen. Von den Bestandtheilen der Organe höherer Tliiere gehören hier- her die Gruppe der Keratine, das Elastin, das Collagen. Von den Be- standtheilen der Avertebraten sind hierher zu zählen das Conchiolin, Corneln, Spongin, Fibroin. Keratine. 181. Aus Haaren, Nägeln, Hörn, Federn, Epidermis, Epithelien, Schildpatt, Fischbein, Schalenhaut der Vogel- und Eeptilieneier erhält man dm-ch Auskochen mit Alkohol, Aether, Wasser, Behandlung mit verdünnten Säuren Körper als Rückstände, welche die Form dieser Ge- webe bedingen und die man, obwohl sie noch recht verschiedene Zu- sammensetzung haben, unter dem gemeinsamen Namen Keratin zusammen- fasst. Sie quellen wenig in Wasser, sind aber trocken recht hygi-o- skopisch. Beim Kochen mit Wasser ändern sie sich kaum, aber mät Wasser auf 1 50 " längere Zeit erhalten lösen sie sich, einige unter Ent- wickelung von etwas H2S zu einer trüben Flüssigkeit, die beim Ver- dampfen einen in Wasser kaum löslichen Rückstand lässt. Eire Zusammensetzung schwankt bedeutend: C 49,5 — 55,0; H6,4 — 7,0; N16,2— 17,7; 8 0,7—5,0; 019,56—25,0. 268 Elastin. 182. Beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure geben Hornspähne Leucin und viel (bis 5 pCt.) Tyrosin. i) Nach der Methode von Hlasiwetz und Habcrmann^) mit starker Salzsäure gekocht liefern Haire sowie Hörn HoS, NHo Tyrosin, Leuein, Asparaginsäure und viel Glutamin- säure. Der Einwirkung der Magen- und Pankreasverdauung auch der Fäulniss widerstelien die Keratine sehr hartnäckig. In concentrirter Schwefelsäure lösen sie sieh leicht. Neurokeratin, Bestandtheil der markhaltigen Nerven, wird nach Kühne und Chittenden'') erhalten durch Entfernung des Nervenmarks mittelst kalten und heissen Alkohols, Aetliers, Behandlung des Rück- standes mit kräftiger Pepsin- dann Pankreasverdauung, dann mit VaPro- centiger Alkalilauge und nochmaliger Behandlung mit Alkohol und Aether. Die Zusammensetzung des Neurokeratins wurde gefunden zu 056,11—58,45; H7,27 — 8,02; N 11,46— 14,32; S 1,63 — 2,24; Asche 0,74 — 2,38 pCt. Es löst sich schwer in heisser starker Kalilauge und giebt beim Neutralisiren mehr Niederschlag als Keratine bei gleicher Behandlung. Auch in ziemlich concentrirter Schwefelsäure ist das Neuro- keratin nur langsam löslich. Beim Kochen mit verdünnter Schwefel- säure werden Tyrosin und Leucin erhalten; von letzterem weniger als aus den Eiweissstofl'en. Elastiu. 1 82. Das Elastin, dargestellt aus dem Nackenbande vom Rinde, *) durch Kochen desselben mit Alkohol, Aether, Wasser, lOprocentiger Essigsäure, Iprocentiger Kalilauge, nachheriges Auswaschen mit Wasser, öprocentiger Salzsäure, abermaliges Waschen mit Wasser ist ein schwe- felfreier Körper; wird die Behandlung mit Alkali unterlassen, so ent- hält es nach Chittenden und Hart 0,3 pCt. Schwefeh Im üebrigen ist die Zusammensetzung gefunden C 54,32; H6,99; N 16,75; 0 21,94; Asche 0,51 pOt. (Horbaczewski) und 0 54,24; H 7,27; N 16,70; 0 21,79; Asche 0,90 pCt. (Ohittenden und Hart). Das Elastin besitzt eine gelbliche Farbe und im feuchten Zustande eine auffallende Dehnbarkeit. Beim Kochen mit Wasser wird es nicht angegrift'en, in concentrirter Aetzkalilauge löst es sich, ebenso beim Kochen mit massig verdünnter Schwefelsäure. Als Zersetzungsproducte beim Kochen mit Säuren sind gefunden Leucin, wenig Tyrosin, Glycocoll, ') Piria, Ann. Chem. Pharm. Bd. 82 S. 241. -) Horbaczewski, Wien. Akacl. Sitzungsber. 1879 Bd. 80 II. 3j Zeitschr. f. Biolog. Bd. 26 S. 2'Jl. ■*) Vergl. Darstellung, Analysen, Verdauungsproducte: Horbaczewski, Zeit- schrift f. physiol. Cham. Bd. 6 S. 330. Chittenden u. Hart, Zeitschr. f. Biolog. Bd. 25 S. 368. Elastin. 182. 269 Amidovaleriansäuie, Ammoniak. Bei der Fäulniss sind weder Indol noch Skatol autgefunden, aucli kein Phenol. Durch künstliche sowie (menschliche) natürliche Magenverdauung *) wird Elastin gelöst, wenn auch langsamer als last alle Eiweisskörper, und es bilden sich zwei Verdauungsproducte, welche gewisse Aehnlich- keit mit den Albumosen haben, aber kein dem Pepton ähnlicher Körper, so dass aus der neutralisirten Flüssigkeit durch Sättigung mit Ammonium- sulfat die ganzen Verdauungsproducte des Elastins gefällt werden. Das eine dieser Verdauungsproducte, H'orbacze wski's Hemielastin, von Chittenden und Hart Protoelastose genannt, ist in heissem Wasser fast gar nicht, in kaltem Wasser leicht löslich, wird durch starke Mineralsäuren aus der wässerigen Lösung gefällt, durch Ueberschuss der Säure wieder gelöst. Durch Essigsäure und Perrocyankalium, durch Phosphorwolframsäure, durch SOprocentige, mit NaCl gesättigte Essig- säure, auch durch Gerbsäure, durch Pikrinsäure, durch Essigsäure und Phenol, Jodquecksilberjodkalium und Salzsäure etc. werden Fällungen hervorgerufen, dagegen nicht durch Kupfer- oder neutrales Bleiacetat. Das andere Verdauungsproduct, von Horbaczewski Elastinpepton, von Chittenden und Hart Deuteroelastose genannt, ist weder durch Mineralsäuren, noch durch Essigsäure und FeiTOcyankalium fällbar, in heissem, wie in kaltem Wasser leicht löslich, in der mit Na Cl gesättigten neutralen Lösung fällbar als gummiartige Masse durch mit NaCl ge- sättigte SOprocentige Essigsäure. Die Reaction von Adamkiewicz mit Schwefelsäure und Essigsäure gelingt weder mit der einen, noch mit der anderen Elastose, während die Biuretreaction, die Millon'sche Eeaction, die Fröhde'sche Keaction, sowie die Gelbfärbung mit starker Salpetersäure beim Erwärmen eintritt wie mit den Eiweissstoffen. Dm-ch anhaltendes Kochen des Elastins mit HCl haltigem Wasser nach dem Liegen desselben in Sprocentiger Salzsäure wurden von Chittenden und Hart die nämlichen Elastosen erhalten wie durch die Magenverdauung. Durch Panki-easverdauung in O.öprocentiger Soda- lösung bilden sich gleichfalls Proto- und Deuteroelastosen, aber von etwas anderer Zusammensetzung, und bezüglich der Deuteroelastose auch von anderen Eeactionen. Die procentische Zusammensetzung des Hemi- elastin zu C 54,22; H 7,02; N 16,84, Asche 0,48 pCt. und die des Elastin- peptons zu C 53,57; H 8,08; N 16,2 pCt. von Horbaczewski gefunden ist von Chittenden und Hart füi- die Pepsinverdauung im Wesent- lichen übereinstimmend erhalten. *) Horbaczewski, a. a. 0. 'J70 Collagen und Glutin. 183. Spec. Drehung des Hemielastins „ Elastinpeptons (7.)d = — 87,94". Die Hemielastose bei 100—120" getroclinet wird in Wasser unlös- lich und zeigt in ihrem Verhalten vollkommene Uebereinstimmung mit dem Elastin, aus dem sie entstanden. Die Substanz der ligamenta flava, des Elastins der Ohrknorpel, und besonders der Arterien und Venenhäute bedürfen noch näherer Untersuchung. Nach Walter*) besteht die organische Grundsubstanz der Schalen von Reptilieneiern aus Elastin. Collagen und Glutin. 183. Das Collagen ist die die Bindegewebszellen umgebende Grund- substanz im lockern Bindegewebe, Selinen, Bändern, Fascien, ebenso im Knochen die organische Grundsubstanz, welche die Knochenkörperchen umgiebt. Sie ist farblos, quillt in kaltem Wasser, noch mehr in ver- dünnten Säuren oder sehr schwachen Alkalilaugen, ist unlöslich in Alko- hol, Aetlier, Chloroform, quillt in starken Alkalien sich nicht in der Kälte aber beim Erhitzen lösend, nicht in Sodalösung. In siedendem Wasser löst sich das Collagen nach zuerst eingetretener Quellung und AbnaJime seiner Cohärenz und der Schärfe der Coutouren der Fasern; es bildet sich dann eine Flüssigkeit, die bei nicht zu grosser Verdünnung beim Erkalten auf gewöhnliche Temperatur bald zur Gallert erstarrt, beim Erwärmen über 30 " wieder schmilzt. Die Zusammensetzung des Collagen fand Hofmeister zu C 50,75; H 6,47; N 17,86; S + 0 24,92 pCt. im Mittel. Die aus KnoQhen (besonders nach Extraction des Calciumphosphat- cai-bonats mit verdünnter Salzsäure) durch siedendes Wasser erhaltene Lösung zeigt dieselben Eigenschaften wie die aus Bindegewebe erhaltene Leimlösung. Die Leichtigkeit, mit welcher diese Lösung des Collagens zu Glutin geschieht, ist am grössten bei Fischen und nackten Amphibien, schwieriger und langwieriger ist die Lösung bei Säugern und Vögeln, besonders langsam bei alten Thieren. Der Salzgehalt der Lösung hat Einfluss auf die Gerinnung, salzarme Leimlösung gerinnt weniger gut als salzreichere. Durch Magensaft wird Collagen gelöst, durch Pan- kreasverdauung nur dann, wenn es vorher mit Wasser über 70" erhitzt oder durch verdünnte Säure gequellt war. Durch Gerbsäure wird Col- lagen zum Schrumpfen gebracht und in Leder verwandelt (Lohgerberei). Das Glutin (Leim), in welches Collagen durch siedendes Wasser verwandelt wird, ist in kaltem Wasser nur quellbar, löst sich in Alkalien, •) Zeitschr. f. Biol. Bd. 27 S. 374. Collagen uud Glutin. 183. 271 wird von Säuren nicht gefällt. Durch Ansäuern mit Essigsäure und sehr vorsichtigen Zusatz von Ferrocyankalium tritt Fällung ein, löslich im Ueberschuss von Ferrocyankalium. Die warme wässerige Lösung reagirt neutral, wird gefällt durch Pikrinsäure, durch Phosphorwolfram- säure oder Phospliormolybdänsäure und Salzsäure, durch Jodquecksilber- jodkalium, auch durch Quecksilberchlorid bei Gegenwart von NaCl und HCl, auch nach Sättigung mit NaCl durch Essigsäure; durch Sättigung der Lösung mit Ammoniumsulfat. Warme Leimlösung giebt mit Natronlauge und wenig Kupfersulfat Purpurfärbung (Bim-etreaction), mit Milien 's Reagens erhitzt sehr geringe Röthung, mit concentrirter Schwefelsäure und Eisessig keine Rothfärbung. Durch anhaltendes Kochen mit viel Wasser ebenso durch Ver- dauung wird Glutin unter geringer Wasseraufnahme gespalten in die beiden Körper Semiglutin und Hemicollin, ersteres fällbar durch Alko- hol, bei gewöhnlicher Temperatur fällbar durch Platinchlorid; der Niederschlag löst sich, wenn frisch gefällt, beim Erhitzen und fällt beim Erkalten wieder aus. Das Hemicollin wird durch Alkohol nicht gefällt, eben so wenig durch Platinchlorid '). Beim Kochen des Collagens oder des Leims oder des Hemicollins mit Salzsäure nach dem Verfahren von Hlasiwetz u. Habermann^), ebenso beim Kochen mit Aetzkali wird relativ schwer NH3, dagegen viel Glycocoll, Leucin, Glutaminsäm-e erhalten; Tyrosin wird nicht ge- bildet. Weder durch Fäulniss noch beim Kochen mit Säuren oder Alkalien werden aus dem Glutin Indol, Skatol, Phenole gebildet. Durch Oxydation mit Permanganat erhielt Maly-^) neben andern Zer- setzungsproducten etwas Benzoesäure. Bei dieser Oxydation wird zu- nächst ebenso wie aus den Eiweissstoffen eine der Oxyprotsulfonsäure entsprechende Substanz gebildet, die mit Aetzbaryt bis 190o längere Zeit erhitzt NH3, Pyrrol, fette Säure, Leucin, Glutaminsäure neben Benzoesäure liefert. Wird Leim bei ISO" längere Zeit getrocknet, so geht er in einen dem Collagen ähnlichen Körper über, der durch Erhitzen mit Wasser wiederum in gelatinirenden Leim übergeführt werden kann'*). Das Collagen ist hiernach als Anhydrid des Glutins aufzufassen, wie es auch ^) Ueber die Reactionen und Zusammensetzung dieser Spaltungsproducte vergl. die Originalarbeit von Hofmeister, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2 S. 299. Ausserdem Klug, Centralbl. f. Pbysiol. Bd. 4 S. 181. Hier werden diese Spal- tungsproducte Glutose und ülutinpepton genannt. 2) Horbaczewslii, Sitzungsber. d. Wien. Acad. 1879 Bd. 80 II. 3) Monatshefte f. Chem. Bd. 10 S. 26. *) Hofmeister, a. a. 0. 272 Couchiolin. 184. den Gewichtsverhältnissen entspricht. Hausenblase verhält sich nicht ganz gleich dem Collagen der Warmblüter. Auch das Collagen der Cephalopoden weicht nach Krukenberg i) in seinem Verhalten von letzterem ab. Durch Behandlung mit Salzsäure und Alkohol, nachher mit sal- petriger Säure wurde aus Gelatine von Buchner u. Curtius^) ein Diazofettsäureester erhalten als gelbes Oel von der wahrscheinlichen Zu- sammensetzung CN2= C(OH) — COOiCaHs). Bei der Fäulniss des Leims wurde von Nencki neben andern Körpern eine dem CoUidin CgHiiN isomere Base gefunden. Selitrenny^) erhielt bei der Zer- setzung des Leims durch Bac. liquef. magnus Methylmercaptan, flüchtige Fettsäuren, Phenylpropionsäure, Glycocoll, Leucin, durch die Bacillen des Rauschbrands Methylmercaptan, flüchtige Fettsäm-en, Phenylpropion- säure und Phenylessigsäure. Glutinlösungen zeigen starke linksseitige Circumpolarisation ; die Aenderungen der spec. Drehung mit Concentration, Temperatur, Ein- wirkung von Alkalien etc. bedürfen noch eingehender Untersuchung. 184. Conchiolin"*), die organische Grundsubstanz der Schalen der Lamellibranchiaten ist unlöslich in Wasser, Alkohol, Aether, nicht verdaulich durch Pepsin oder Trypsin, sehr widerstandsfähig gegen Natronlauge, besonders in älteren Schalen, wird aber doch schliesslich darin aufgelöst; diese Lösung fiiibt sich gelb. In der Kälte wird das Conchiolin durch concentrirte anorganische Säuren nicht gelöst, in der Wiirme ist es auch in verdünnten Säuren löslich. Beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure bilden sich viel Leucin und Leucinimid, aber kein Cornikrystallin. Beim Eindampfen mit concentrirter Salzsäure löst sich Conchiolin mit Braunfärbung, giebt Leucin und Leucinimid aber kein Glncosamin. Weder Tyrosin noch Glycocoll wurde mit Säuren erhalten. Das Conchiolin giebt keine den Eiweisskörpern zukommenden Eeactionen, aber beim Kochen mit starker Kalilauge Indol. Durch Jod, mit oder ohne Schwefelsäure oder Jodzink tritt nur Gelb- oder Braunfärbung ein. Die Analysen der bei 128" getrockneten Substanz führten zu den Werthen: C 50,70; H 6,76; N 17,75; 0 24,79 pCt. Hiernach stellt Krukenberg die Formel auf C30H48N9O11. Cornein findet sich in den Gerüsten der Gorgoniden und Anti- pathiden. Dieselben werden durch kalte verdünnte Salzsäure von an- 1) Krukenberg, vergleich, physiol. Studien, Heidelberg 18S1 5. Abthl. S. 24. -) Ber. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 19 S. S.'JO. 3) Monatsh. f. Chemie Bd. 10 S. 908. • ^) C. Fr. W. Ki-ukenberg, Zeitschr. f. Biolog. Bd. 22 S. 241. Krukenberg, vergleich, physiolug. Studien a. a. 0. S. 16 — 24. Spongin. Fibroin. 273 organischen Salzen befreit, dann mit peptischer darauf mit tryptischer Verdauungsflüssigkeit bei 38 " bebandelt. Beim Kocben mit verdünnter Schwefelsäure giebt Cornein einen in dachziegelförmig aufgebauten Xrystallblättchen ausgeschiedenen Körper, von Krukenberg Corni- krystallin genannt, der sehr hygroskopisch ist, sich in concentrirter Schwefelsäure nicht löst, sondern Jahre lang darin aufbewahrt werden kann. Das Cornein ist dem Conchiolin sehr ähnlich, giebt mit roher Salzsäm-e keine Eiweissreaction , färbt sich mit Millon's Eeagens schwach röthlich, enthält etwas Schwefel, kann mit sehr starker Kali- lauge eingedampft werden. Hierbei bildet sich etwas Indol und die alkalische Lösung giebt die Biuretreaction wie Peptone. Die Zusammensetzung des Cornein bei 120 " getrocknet, wurde von Krukenberg 1) gefunden zu C 48,78; H 5,95; N 17,07; 0 28,20 pCt. und hiernach für dasselbe die Formel C3oH44NgOi3 berechnet. Spongini) aus Badeschwamm oder andern Schwämmen durch Keinigung mit Aether, Alkohol, Salzsäure und kurze Behandlung mit verdünnter Natronlauge dargestellt, noch mit Kieselnadeln durchsetzt, wird in Alkalien viel leichter zerklüftet und gelöst als Conchiolin oder Cornein. Auch kaltes Barytwasser löst es bei längerer Einwirkung. Im zugeschmolzenen Glasrohr mit Wasser auf 160° erhitzt löst es sich. In Kupferoxydammoniaklösung schrumpft es zur zerreiblichen Masse. In seiner Zusammensetzung steht es dem Fibroin nahe. Beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure liefert es Glycocoll und Leucin, kein Tyrosin2). Es röthet sich nicht mit Millon's Eeagens, giebt mit concentrirter Schwefelsäure und Eisessig keine rothe oder violette, son- dern bräunliche Färbung, die Biuretreaction liefert violette Färbung. Fibroin, dargestellt aus Seide nach der von StädelerS) be- schriebenen Methode bildet eine weisse faserige Substanz, unlöslich in Kupferoxydammoniak. Es löst sich in concentrirten Säuren oder Alkalien, beim Neutralisiren wird es dann ausgefällt. Beim Kochen mit ver- dünnter Schwefelsäure giebt es Glycocoll, Leucin und Tyrosin. Mit Millon's Eeagens wird Eothfärbung bewirkt und beim Kochen mit concentrirter Salzsäure färbt es sich schön blauviolett, giebt Biuret- reaction und schwache Violettfärbung beim Kochen mit einer Mischung von 2 Vol. Eisessig und 1 Vol. concentrirter Schwefelsäure. Nach ') Ber. d. deutsclL ehem. Ges. Bd. 17 S. 1845. u. Krulienberg, vergleich, physiol. Studien 5. Abthl. S. 1— IG. ^} P. Zaiocostas, Compt. rend. T. 107 p, 252 erhielt nach Schützen- berger's Verfahren etwas Tyrosin. 3) Ann. Chem. Pharm. Bd. 111 S. 12. Gramer, Journ. f. prakt. Chem. 1865 Bd. 96 S. 76. Hoppe - Seyler, Analyse. 6 Auflage. 18 274 Proteide. 18.'). Engel*) besteht die organisclie Grundsubstanz der Brutzellendeckel der Wespen aus Fibroin. Spirographin (vergl. Krukenberg, vergleich, physiol. Studien 5. Abth. S. 28). Proteide. 1 85. Die Proteide werden durch einfache Spaltung bei Einwirkung von \\'asser oder Säuren, Alkalien zerlegt in Eiweissstoffe und andere Körper, welche, soweit bekannt, stets stickstoffhaltig sind. 1. Blutfarbstoffe. Das Protoplasma der rothen Blutkörperchen der Wirbelthiere ebenso die contractile Sulistanz in gewissen Muskeln von AVarmblütern liefern bei der Behandlung mit Wasser oder Aether oder Chloroform Oxy- hämogloliin als mehr oder weniger schwierig krystallisirende rotlie Farb- stoffe. Auch ans dem Blute verschiedener Avertebraten, z. B. des Kegenwurms sind Farbstoffe erhalten, welche im optischen Verhalten, Keactionen und Zersetzungen mit den Oxyhiimoglobinen übereinstimmen. Zur Darstellung möglichst reinen Oxyhiimoglobins mischt man das defibrinirte Blut mit dem 10 fachen Vol. einer Chlornatriumlösung, welche auf 1 Vol. gesättigter Salzlösung 9 Vol. Wasser enthält. (Natrium- sulfatlösung kann recht wohl an Stelle der Chlornatriumlösung ver- wendet werden auch bei Siiugethierblut, bietet aber hier keine Vortheile, ist dagegen unbedingt vorzuziehen bei Vogel-, Amphibien- oder Fisch- blut.) Man lässt 1 bis 2 Tage die Mischung in flachen Glasschalen an einem kühlen Orte stehen, oder beschleunigt den Absatz der rothen Blutkörperchen durch Anwendung der Centrifuge für 2 bis 3 Stunden, giesst die Flüssigkeit vom dicken Blutkörperchenbrei ab, bringt letzteren mit nicht zu viel Wasser in einen Scheidetrichter, giesst fast eben so viel Aether hinzu, schüttelt gut um, jedoch nicht zu heftig, filtrirt die abgelassene dunkelrothe wässerige Lösung schnell, lässt abkühlen auf 0", mischt sie genau mit V4 ihres Vol. Alkohol, der gleichfalls auf 0" er- kaltet ist, und lässt die Mischung bei — '2" bis — 10" einen bis mehrere Tage stehen. Meerschweinchen-, Katten-, Eichhörnchen- und Hunde-Oxyhämoglobinkrystalle bilden sich meist nach dem Schütteln der Blutkörperchen mit Aether so schnell, dass beim nachherigen Filtriren ein meist nicht geringer Theil auf dem Filter sich ausscheidet. Zeigt die mikroskopische Untersuchung, dass dies der Fall ist, so löst man sie mit nicht zuviel Wasser im Wasserbade bei 30 — 40", filtrirt *) Zeitschr. f. Biol. Bd. 27 S. 374. Blutfarbstoffe. 186. 275 schnell, lässt auf 0" erkalten, fügt V4 Vol. stark abgekühlten Alkohol hinzu und lässt unter 0" stehen. Auf diese Weise werden dann die gebildeten, in der Kälte abfiltrirten und zwischen Fliesspapier abge- pressten Krystalle mehrmals umkrystallisirt. 186. Die Krystalle der Oxj'hämoglobine sind oft nur mikroskopisch erkennbar, meist mit der Loupe gut erkennbar, selten über 5 mm lang. Die Krystalle des Meerschweinchen- und des Kattcnbluts sind Tetraeder und Octaeder, die des Eichhörnchenbluts sechsseitige Tafeln, die des Hunde- und des Pferdeblutes meist lange vierseitige Prismen, die des Gänse- blutes dünne rhombische Tafeln. Sie enthalten alle Krystallwasser, dessen Bestimmung Schwierigkeiten bietet, unter 0^ können sie in längerer Zeit im Vacuum getrocknet werden, über 0" zersetzen sie sich beim Trocknen. So lange sie die schöne hellarterielle Farbe besitzen, sind sie unzersetzt. Die Analysen haben z. Thl. gut übereinstimmende, z. Thl. sehr abweichende Resultate ergeben, aus denen ersichtlich ist, dass verschieden behandelte Stoffe analysirt sind. C H N S 0 Fe Hundebkitkrystalle . . . 53,85 7,32 16,17 0,39 21,44 0,43 pCt. Hoppe-Seyler') „ ... 54,57 7,22 16,38 0,57 20,93 0,34 „ Jaquet^) Pferdeblutkrystalle . . . 54,87 6,97 17,31 0,65 19,73 0,47 „ Hoppe-Seyler u. Kossel-^) „ ... 54,76 7,03 17,28 0,67 19,81 0,45 „ Otto'') ... 54,40 7,20 17,61 0,65 19,67 0,47 „ Bücheler^) „ ... 51,15 6,76 17,94 0,39 23,43 0,34 „ ZinoffskyS) Rinderblutkrystalle . . . 54,66 7,25 17,70 0,45 19,54 0,40 „ Hüfner^) Meerschweinchenblutkryst. 54,12 7,36 16,78 0,58 20,68 0,48 „ Hoppe-Seyleri) Eichhörnchenblutkrystalle 54,09 7,39 16,09 0,40 21,44 0,59 „ „ „ i) Schweineblutkrystalle . . 54,17 7,38 16,23 0,66 21,30 0,43 „ Otto^) „ 54,71 7,38 17,43 0,48 19,60 0,40 „ Hüfner^) Gänseblutkrystalle . . . 54,26 7,10 16,21 0,54 20,69 0,43 „ Hoppe-Seyler') Hühnerblutkrystalle . . 52,47 7,19 16,45 0,86 22,50 0,335 „ Jaquef-) Die Bestimmungen des Schwefel- und des Eisengehaltes im Pferde- blutoxyhämoglobin haben S 0,44 und Fe 0,39 pCt. ergeben (Hoppe- Seyler), so dass in diesem Osyhämoglobin auf 1 Atom Eisen 2 Atome Schwefel im Molecüle enthalten sind entsprechend 2 Atomen oder 1 Mol. O2 als locker von dem Mol. desselben gebundenem Sauer- 1) Hoppe-Seyler, Med. ehem. Untersuch. 1868 Heft 3 S. 370. 2) Jaquet, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 14 S. 289. ') Ebendas. Bd. 2 S. 149. *) Ebendas. Bd. 7 S. 61. ^) Hüfner, Gratulationsschrift an C. Ludwig 1886. «) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10 S. 16. 18* 276 Blutfarbstoffe. 186. stoff, wie die directe Bestimmung ergeben hat: Oo locker gebunden zu 0,22 pCt. In ihrer Löslichkeit in Wasser zeigen die Krystalle verschiedener Blutarten erhebliche Verschiedenheiten. Am wenigsten lösen sich die Meerschweinchen- und Kattenblutkrystalle, am leichtesten die der Vögel. Die in Wasser gelösten Oxyhämoglobine geben, soweit die Unter- suchung reicht, ungefähr 156 Cbcm O2 von f/' und 760 mm Druck im Vacuum ab und gehen hierbei über in Hämoglobine, welche in Be- rührung mit Luft diesen Sauerstoff alsbald wieder aufnehmen, bei ab- gehaltenem Sauerstoff recht beständige Körper sind, sowohl in Lösung als getrocknet, imd bei genügender Goncentration im zugeschmolzenen Glasrohr prachtvolle dunkelrothe Krystalle über ] cm im Durchmesser bilden können. An die Luft gebracht, wandeln sie sich unter Sauerstoff- aufnahme alsbald in kleine Oxyhämoglobinkrystalle um von arterieller Färbung. Die Lösungen des Oxyhämoglobius haben eine feurig blutrothe Farbe, absorbiren am Wenigsten das Licht vom Anfang des Spectrums in Koth bis nahe zur Linie D des Sonnenspectrums; das letzte Viertel des Zwischenraums zwischen C und D, welches an D angrenzt, wird schon stärker absorbirt. Entzieht man der Lösung den locker gebundenen Sauerstoff des Oxyhämoglobins durch einen Strom reinen Wasserstoflfgases oder diuxh das Vacuum oder dmxh Fäulniss oder reducirende Substanzen, z. B. Schwefelammonium oder ammoniakalische Lösung von Weinsäure und frischbereitetem Zinnchlorür, so wird das Licht zwischen C und D im Spectrum viel stärker absorbirt und hiermit die Lösung selbst viel dunkler im durchfallenden Lichte. Verdünnt man eine concentrirte Oxyhämoglobinlösung in einem Ge- fass mit planparallelen Glasseitenwandungen, so zeigt dieselbe, immer in gleicher Dicke der Schicht untersucht, schnelle Aufhellung bis zur Spectrallinie D, bald tritt dann auch bei weiterer Verdünnung Licht zwischen den Linien E und F im Grün auf; dann breitet sich in der weiter verdünnten Flüssigkeit das Spectrum über die Linie F ins Blau hinein aus, während zugleich, etwa in der Mitte zwischen D und E ein hellgi'üner Lichtstreif erscheint, eingeschlossen von zwei sehr starken und beständigen Absoi'ptionsstreifen. Bei noch weiter fortgesetztem Ver- dünnen entwickelt sich das Spectrum vollständig bis zum Violett, nur die Inder Spectraltafel, Fig. 1 No. 1 (§ 191), dargestellten Absorptionsstreifen bleiben noch, nur langsam schwächer werdend, beim Verdünnen bis zum Gehalte von 1 gr Oxyhämoglobin in 1 0 Liter Lösung deutlich sichtbar, wenn man diese Lösung in einer Flüs-igkeitsschicht von 1 cm Dicke im Spectralapparate mit zerstreutem Tageslichte beobachtet. Der näher Blutfarbstoffe. 187. 277 an der Linie D liegende Streifen ist dunkler und schärfer begrenzt als der andere und verschwindet schliesslich bei fortgesetzter Verdünnung ein wenig später als der andere. Lässt man eine passend verdünnte Blutlösung verschlossen einige Zeit stehen, oder fügt man zu ihr einige Tropfen Schwefelammonium, oder Lösung von Stannoammoniumtartrat, so verschwindet alsbald die helle arterielle Färbung, dieselbe wird dunkler und venös, bei ihrer Spectralprüfung ist der helle Zwischenraum zwischen den beschriebenen 2 Absorptionsstreifen verschwunden, die Streifen selbst werden blasser und an der Stelle des frühern hellen Zwischenraums zwischen beiden, also in der Mitte zwischen D und E bleibt ein dunkler Absorptions- streif mit weniger scharf begrenzten Eändern und beim Verdünnen der Lösung früher verschwindend als bei gleicher Verdünnung der Oxyhämo- globinlösung die beiden Absorptionsstreifen derselben unerkennbar werden. Schüttelt man eine Hämoglobinlösung nur ein paar Secunden mit etwas Luft, so sind sogleich die beiden Absorptionsstreifen des Oxyhämoglobins zu sehen und die Lösung ist wieder heller roth; das Hämoglobinspecti-um tritt unter Verdunkelung bald wieder ein, wenn noch reducirende Stoffe sich in der Lösung befinden, oder Fäulniss einwirkt. 1 87. Unter 0 ^ völlig getrocknetes Oxyhämoglobin kann ohne Zer- setzung auf 100 " erhitzt werden; sehr geringe Menge Wasser dagegen bedingt allmälige Zersetzung schon bei gewöhnlicher, schneller in höherer Temperatur. In verdünnten wässerigen Lösungen ist Oxyhämoglobin haltbarer als in concentrirter. Wird die Lösung emige Zeit über 80 " erhitzt, so geht das Oxyhämoglobin zuerst in Methämoglobin, dann unter Wasseraufnahme in Hämatin und coagulirten Albuminstoff über. Durch Alkohol werden Oxyhämoglobinlösungen oder Krystalle des Farbstoffes zunächst gefällt. Der zuerst entstehende rothe Niederschlag ist in Wasser z. Thl. sofort wieder löslich ; allmälig (schneller beim Erhitzen) geht die Farbe des Niederschlags in Braun über und hiermit ist die Spaltung in coagulirten Albuminstoflf und Hämatin geschehen. In sehr wässerigem Weingeist ist Oxyhämoglobin etwas löslich und bei niederer Temperatur auch in dieser Mischung von Wasser und Alkohol ziemlich beständig. Durch pulveriges Kaliumcarbonat wird es aus concentrirter wässeriger Lösung zunächst ohne Veränderung ausgefällt, wenn die Temperatur niedrig ist. Im Uebrigen sind keine Körper bekannt, welche Fällung des Oxyhämoglobin ohne Zersetzung bewirken. Weder durch basisches Bleiacetat noch durch salpetersaures Silber wird es gefällt, aber beim Stehen in der Lösung bald zersetzt und die Zersetzungsproducte geben dann Fällungen. Alkalien und besonders schnell Säuren bewirken Spal- tung, auch von den letzteren mehrere ohne Niederschläge zu geben. Die TU Blutfarbstoffe. IST. Spaltung geschielit um so schneller, 1) je concentrirter die Säure oder die Alkalilösung ist, '2) je mehr davon zugesetzt ist, 3) je concentrirter die Oxyhiimoglobinlösung und 4) je höher die Temperatur ist. Dabei lüldet sich nur dann ein Niederschlag, wenn der entstehende Albumin- stoff in der Flüssigkeit unlöslich ist. So tritt diese Zersetzung ohne Niederschlag ein bei Einwirkung von Essigsäure, Weinsäure, Kalilauge etc., dagegen entsteht Nieder- schlag, wenn hinreichend Salpetersäure oder Schwefelsäure zugesetzt würde. Löst man Oxyhämoglobin unter Zusatz einer Spur NaCl in Eisessig und erhitzt, so fällt fast allein Haemin (vergl. § 147) in meist mikroskopischen Krystallen aus. Durch Aetzammoniak wird Oxyhämo- globin nur sehr langsam gespalten. Bei gewöhnlicher Temperatur halten sich Oxyhämoglobinlösungen besser, wenn etwas Alkalicarbonat zugefügt ist, als wenn sie neutral sind; schon die schwächsten Säuren zeigen baldige Einwirkung, auch Kohlensäm-e wirkt allmälig zersetzend. Bei allen diesen Spaltungen entstehen neben Hämatin und coagu- lirtem All)uminstoff oder Alkalialbuminat oder Acidalbumin noch geringe Mengen von Ameisensäure, Buttersäure und vielleicht noch anderer Säure. Alle diejenigen Salze, liesonders schwerer Metalle, welche unter Bildun g basischer Verl)indungen leicht Säure abgeben, und die löslichen Albu- minstoft'e coaguliren, zerlegen auch schnell das Oxyhämoglobin, wäh- rend die neutralen Salze der Alkalien und alkalischen Erden ohne Ein- wirkung sind (chlorsaure Salze und Nitrite ausgenommen). Von locker (,'ebundenem Sauerstoff vollständig jjefreites Hämoglobin in wässeriger Lösung bei völliger Abwesenheit von Sauerstoff mit alkoholischen oder wässerigen Lösungen von Säuren oder Alkalien gemischt, geben purpur- rothe Lösungen oder Niederschläge. Das purpurrothe Spaltungsproduct, Hämochro mögen, welches aus dem Hämoglobin neben Eiweissstoff gebildet wird, verliert in sauren Lösungen leicht seinen Eisengehalt und geht in Hämatoporphyrin über, während es in alkalischen Lösungen be- beständig ist, aber bei Zutritt von Sauerstoff schnell in Hämatin übergeht. Schwefehvasserstoff Avirkt auf Hämoglobin nicht ein, ebensowenig Fäulniss, Pankreasverdauung auch bei jahrelanger Einwirkung, während Oxyhämoglobin von Schwefelwasserstoff zu Schwefelmetbämoglobin, von Fäulniss zu Methämoglobin, von Pankreasinfus zu Hämatin und den Zersetzungsproducten der Eiweissstoffe umgewandelt wird. Oxydirende Stoffe in neutraler oder alkalischer oder schwach sam-er Lösung bilden aus Oxyhämoglobin Methämoglobin (vergl. § 189). So wirken Nitrite Ferricyankalium , Permanganat; aber auch beim Eintrocknen der Oxy- Kohlenoxydliämoglolnn. 188. 270 liämoglobinlösungen an der Luft über 0 " erfolgt die Umwandlung zu Methämoglobin. Kohlenoxy dhämoglobiu *). 188. Die CO Verbindung des Hämoglobin wird sehr leicht erhalten dm'ch Einleiten von Kohlenoxyd in genügend concentrirte Lösungen von Oxyhämoglobin , Erkaltenlassen auf 0 '\ Zusatz von V4 Vol. Alkohol, vorher gleichfalls auf oder unter 0 " abgekühlt, und Stehenlassen der Mischung bei 0" bis — 10" lür mehrere Stunden oder Tage. Die sich ausscheidenden Krystalle besitzen dieselben Formen wie diejenigen der Oxyhämogiobinkrystalle, aus denen sie dargestellt sind und enthalten für 0 " und 760 mm Druck das gleiche Vol. CO wie die Oxyhämogiobin- krystalle locker gebundenen Sauerstoff enthielten, im Pferdeblut also auf 1 Atom Eisen im COhämoglobin 2 Atome Schwefel und eine Gruppe CO. Die wässerigen Lösungen von COhämoglobin oder mit CO behan- deltem Blut haben nicht die Scharlachfarbe der Oxyhämoglobinlösungen, sondern mehr dem Carmin entsprechende Farbe, absorbiren das blaue Licht weniger als die Oxyhämoglobinlösungen und zeigen bei genügender Verdünnung spectroskopisch untersucht 2 Absorptionsstreifen zwischen den Linien D und E wie Oxyhämoglobinlösungen, jedoch ein wenig von D nach E hin verschoben, so dass der helle Raum, welcher die Linie D vom ersten Absorptionsstreifen trennt, etwas breiter ist als bei den Oxyhämoglobinlösungen. Das Kohlenoxydhämogiobin widersteht bei Abwesenheit von freiem Sauerstoff der Fäulniss vollständig, ebenso der Pankreasverdauung. Blut mit CO behandelt ändert sich in verschlossenem Glase in 30 Jahren nicht. Durch längeres Durchleiten von Wasserstoffgas oder Stickstoffgas, noch schneller durch Einleiten von Sauerstoff- oder Stickoxydgas wird das CO ausgetrieben und je nach dem einwirkenden Gase entweder Hämoglobin, oder Oxyhämoglobin oder Stickoxydhämoglobin gebildet. Unterscheidende Reactionen des Kohlenoxydhämoglobins: 1. Wässerige neutrale Lösungen von COhämoglobin zum Sieden erhitzt, geben ein liellrothesCoagulum, bestehend aus coagulirtem Eiweiss- stoff und Kohlenoxydhämochromogen. Allmälig wird dieser Niederschlag an der Luft dunkel gefärbt unter Abspaltung des CO und Bildung von Hämatin. 2. Durch starke Natronlauge wird COhämoglobin hellroth gefällt; *) Hoppe-Seyler, Archiv f. p.ithol. Anat. 1807 Bd. 11 S. 288. Centralbl. f. d. mod. Wissensch. 1864 No. .52 u. 53, 1865 No. 4 u. 5. Med. ehem. Untersuchungen 1867—70 Heft 2 u. 3. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 1 S. 131 u. Bd. 13 S. 477. 280 Methämoglobin. 189. der Niederschlag besteht aus COhämoglobin, sich zersetzend zu CO hämo- chromogen und AlbuminstofF; allmälig an der Luft braun werdend unter Bildung von Hämatin. 3. Lösungen, welche COhiimoglobin enthalten, zeigen für lange Zeit keine Aenderung bei Einwirkung von gutem Schwefelammoniura und Abhalten zu reichlicher Einwirkung von atmosphärischem Sauerstoff. 4. CO baltiges Blut aus Leichen von mit CO vergifteten Personen (Kohlendunst oder Leuchtgasvergiftung) oder COhämoglobinlösungen in Glasröhren eingeschmolzen lassen noch nach vielen Jahren von der stets eintretenden Fäulniss nicht geändert die spectroskopischen Er- scheinungen, nämlich die beiden oben geschilderten Absorptionssti-eifen erkennen, und es kann das CO aus diesen Flüssigkeiten mit der Queck- silberpumpe gewonnen und analytisch bestimmt werden nach sehr langer Zeit. Alkalisclie Lösungen von CO hämochromogen zeigen dieselben spectroskopischen Erscheinungen wie die des CO hämoglobin, gehen aber an der Luft allmälig in Hämatinlösungen über, während CO hämoglobin- lösungen an der Luft allmälig in Oxyhämogiobin- oder Methämoglobin- lösungen übergehen. Stickoxydhämoglobin wird in isomorphen Krystallen aus COHämo- globinkrystalllöäungen durch Einleiten von Stickoxyd erhalten und bei genügender Concentration durrh Abkühlen auf 0° und Alkoholzusatz gewonnen wie Oxy- hämogiobin und 00 Hämoglobin. Weder die Färbung der Krystalle noch die der Losungen, noch die Stellung der 2 Abäorptionsstreifen im Spectrum zwischen D und E zeigen eine Verschiedenheit von Oxyhämogiobin. Acetylenhämoglobin, von Bistrow und Liebreich durch Einwirkung von Acetylen auf Hämoglobinlösung erhalten, ist wenig beständig. Metbaenioglobin. 189. Das Methämoglobin 'j ist in seiner procentischen Zusammen- setzung vom Oxyhämogiobin wenig oder gar nicht verschieden, 2j ent- steht durch moleculare Umwandlung des Oxyhämoglobins in Betreff der Atomgruppe, welche die locker gebundenen Atome Oo im Oxyhämogiobin oder das CO im Kohlenoxydhämoglobin enthält. Es bildet sich aus Oxyhämogiobin 1) durch Einwirkung verschiedener oxydirender Stoffe, besonders Ferricyankalium, Nitrit, Permanganat, Ozon, Wasserstoff im Entstehungszustande bei Anwesenheit von freiem Sauerstoff, Wasserstoff- hyperoxyd etc., ist aber auch 2) das erste Umwandlungsproduct des ') Jaederholm, Zeitschr. f. Biol. 1884 Bd. Ki S. l. Hoppe-Seyler, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2 S. 1.50 u. Bd. 6 S. 166. Araki, ebendas. Bd. 14 S. 40.5. 2) Analysen von Otto u. Hüfner, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 7 S. 65. Schwefelmethämoglobin. 190. 281 Oxyhämoglobins bei Einwirkung schwacher Säuren und entsteht 3) beim Eintrocknen von Blut cder Oxyhämoglobinlösungen an der Luft bei Temperaturen über 0". Es giebt im Vacuum der Quecksilberpumpe weder Sauerstoff ab noch ein anderes Gas und wird durch Einwirkung schwacher Säuren oder Alkalien gespalten in Hämatin und Albuminstoff. Durch Einwirkung der Fäulniss bei Abwesenheit von freiem Sauer- stoff oder reducirende Substanzen in schwach alkalischer Lösung wird Methämoglobin in Hämoglobin umgewandelt und dann bei Zutritt von freiem Sauerstoff Oxyhämoglobin zurückgebildet. Hierdurch unterscheidet sich Methämoglobin von Hämatin, indem letzteres dmxh dieselben redu- cirenden Substanzen, welche aus dem Methämoglobin Hämo- globin bilden (z. B. Schwefelammonium), in Hämochromogen um- gewandelt wird. Lösungen von Methämoglobin, die nicht stark alkalisch, sondern neutral oder schwach sauer sind, oder wenig Alkalicarbonat enthalten, zeigen bei der spectroskopischen Untersuchung einen breiten Absorptions- streifen im Eoth zwischen den Linien C und D, näher an C als an D und eine diffuse Absorption zwischen D und F. Bei etwas stärkerem Zusatz von Aetzalkali verschwindet der breite Absorptionsstreif im Roth. Ist dem Methämoglobin noch Oxyhämoglobin in der Lösung beigemischt, so sind die Absorptionsstreifen des Oxyhämoglobins zwischen D imd E noch mehr oder weniger deutlich zu sehen vmd verändern ihre Stellung entsprechend, wenn die Lösung mit CO behandelt wird. Oxyhämoglobin- krystalle verwandeln sich unter dunkelbrauner Färbung an der Luft in Methämoglobin, während die Flächen dieser Pseudomorphosen noch gut spiegelnd bleiben können. Diese Pseudomorphosen gestatten noch ein Umkrystallisiren, wenn man dm-ch Fäulniss bei Abhaltung von Sauer- stoff die Eeduction zu Hämoglobin herbeiführt, dann auf 0^ abkühlt, die Flüssigkeit an die Luft bringt, mit V4 Volumen Alkohol versetzt und unter 0** stehen lässt; man erhält auf diesem Wege wieder reine Oxyhämoglobinkrystalle. Auch im Organismus bildet sich Methämoglobin in Extravasaten in Struma- und anderen Cysten, ferner im Blute, den Nieren, im Harne durch Pyi-ogallol, gallensaure Salze, Nitrit und viele andere Stoffe, in den Blutstrom eingebracht, Zerstörung von Blutkörperchen bei Ver- brennung der Haut etc. Schwefelmethämoglobin. 190. entsteht aus Oxyhämoglobin nicht aus Hämoglobin durch Einwirkung von Schwefelwasserstoff'*). Alkalisches Blut oder die schwach •) Araki, Zeitschr. f. physiol. Cham. Bd. 14 S. 412. 282 Nachweis von Hilmoglnliin, OxjliämogUibiii, Methämoglobin etc. 191. alkalischen Oxyhämogloliinlösuiigeii, mit wenig SHo behandelt, werden zunächst zu Hiimoglobinlösungen reducirt, leitet man alier HoS und O2 (oder atm. Luft) gleichzeitig ein, oder wirkt HoS auf i'eine neutrale Oxyhämoglobinlösung, so bildet sich unter starker Aenderung der Färbung (Grün in dünnen, Roth in dickeren Schichten) Schwefelmethämoglobin aus. Die grüne oberflächliche Färbung faulender blutiger Organe (Bauch- decken der Leichen etc.) rührt von Schwefelmethämoglobin her. Dieser Körper ist ausgezeichnet durch 2 Absorptionsstreifen im Roth, die bei der spectroskopischen Prüfung ins Auge fallen. Der eine beginnt noch ein wenig vor der Linie C, fasst dieselbe in seinen Rand ein, der andere nimmt ungefähr die Mitte zwischen C und D ein; zwischen beiden Streifen ist aber kein helles Licht zu sehen, sondern eine Beschattung, welche l)eide dunklere Streiten mit einander verbindet. In der Spectral- gegend zwischen D und E ist auch nach sehr anhaltender Behandlung raitH.iS und Luft noch das Paar der Absorptionsstreifen des Oxyhämo- globins zu sehen, welche als solche dadurch erkannt werden, dass sie auf Einwirkung von Schwefelammonium verschwinden und nur der eine characteristische Hämoglobinstreif gefunden wird; nach kurzem Schütteln mit Luft kehren die beiden Oxyhämoglobinst reifen zurück. Lässt man starke Natronlauge auf Schwefelmethämoglobin liei gewöhalicher Tempe- ratur einwirken, so verschwindet der Streif an der Linie C nicht, wohl aber der Streif mitten zwischen C und D. Erhitzt man die Lösung dann unter Zusatz von etw;is Schwefelammonium, so verschwinden alle Ab- sorptionsstreifen im Rotii und es sind allein die schönen Absorptions- streifen des Hämocliromogens zu sehen. Diese Spectralumwandlungen lieweisen, dass durch Erwärmen in stark alkalischer Lösung der Schwefel aus der Verbindung herausgelöst und Hämocliromogen gebildet wird. Nachweis von Hämoglobin, Oxyhämoslobiu, Methäruoglübin, Häinatin, Hänioi-hromogeu. 19L Die An- oder Abwesenheit von Oxyhämoglobin in wässerigen Lösungen ist mit grosser Scliärfe selbst bei bedeutender Verdünnung nachzuweisen durch die sehr eigenthttmlichen Absorptionserscheinungen, welche das Spectroskop in den verschiedenen Abtheilungen des Spectrums beobachten lässt, und die characteristischen Veränderungen, welche die- selben unter der Einwirkung bestimmter chemischer Stoffe erleiden. Die in Fig. 1 dargestellten Absorptionsstreifen in der angegebenen Stellung zu den liauptsächlichsten leicht erkennbaren Linien des Sonnenspectrums veranschaulichen die Bilder, welche die spectroskopische Untersuchung zur Beobachtung bringt. No. 1 zeigt die beiden Absorptionsstreifen des Oxyhämoglobins Nachweis von Hämoglobin, Ox}h;imoglobin, Methämoglobin etc. 191. 283 im Gelb und Gelbgrün zwischen den Linien D und E, wie sie bei starker Verdünnung reiner Oxyhämoglobinlösungen oder sehr dünnen Schichten von Blut gefunden werden. No. 2 giebt die Darstellung des ziemlicli breiten Absorptionsbandes Fig. 1. mit verwaschenen Bändern, welches in Hämoglobinlösungeii be- obachtet wird, wenn Oxyhämoglobin gar nicht zugegen ist. In sehr verdünnten Lösungen ist uur der dunkelste Theil des Absorptions- streifens erkennl)ar. 284 Naeliweis von Hämoglobin, Oxyhämoglobin, Methämoglobin etc. 191. No. 3. Absorptionsspectrum des Hämochromogens in alkalischer Lösung gleichfalls bei sehr starker Verdünnung. No. 4. Speetrum des Methämoglobins in neutraler oder schwach- saurer Lösung bei massiger Verdünnung, ebenso des Hämatins in schwefelsäurehalligem Alkohol. No. 5. Spectrum des COhämoglobins oder des COhämo- chromogens in sehr verdünnter Lösung. No. 6. Absorptionsstreifen des Hämatoporphyrins in sehr ver- dünnter saurer Lösung. No. 7. Spectrum desselben Farbstoffs in nicht zu verdünnter alkalischer Lösung. No. 8. Spectrum des Schwefelmethämoglobins in neutraler Lösung. Oxyhämoglol)in- und Hämoglobinlösungen werden weder durch neutrales noch durch basisches Bleiacetat auch nicht nach Hinzufügen von NH3 gefällt, während Hämatin, Methämoglobin, Hämatoporphyrin durch diese Reagentien gefällt werden, wenn sie vorsichtig zugesetzt werden und Ueberschuss vermieden wird. Sehr zahlreiche andere ge- färbte Stoffe können auf diesem Wege aus den Lösungen, welche Oxyhämoglobin enthalten, entfernt und ein selbst geringer Oxyhämo- globingehalt in solchen Mischungen nach schnellem Abfiltriren des Niederschlags noch erkannt werden. Das Verhalten der Oxj'hämoglobinlösungen gegen CO, gegen Schwefelammonium (in nicht bleihaltiger Lösung), die Bildung des Hämochromogens durch Einwirkung von Natronlauge und etwas Schwefel- ammonium in der Wärme, des CO hämochromogens aus dem COhämo- globin bei Einwirkung von Natronlauge und Schwefelammonium in der Wärme auf letzteres geben unverkennbare Beweise über die An- oder Abwesenheit der Hämoglobinverbindungen. Oxyhämocyanin und Hämocyanin. Aus dem Blute der Arterie von Octo- pus erhielt Fred ericq*) Oxyhämocyanin als einzigen albuminartigen Körper, der wie das Oxyhämoglobin durch Evacuiren zerlegt werden kann in freiwerdenden Sauerstoff vind eine farblose Substanz, Hämocyanin genannt. Das Oxyhämocyanin sieht in Lösung blau aus, bildet getrocknet eine amorphe, glänzende, blauschwarze Masse, gerinnt in Lösung bei 68—69° und wird aus dem Cephalopodenblut durch Dialyse abgetrennt. Durch Salpetersäure oder Salzsäure wird der Farbstoff gespalten in freien Eiweissstoff und eine reichlich Kupfer enthaltende farbige Substanz. Aehnliche oder identische Farbstoffe gewann Fredericq aus dem Blute von Crustaceen (z. B. von Hummer und Krabben), auch von einigen Gastropoden (z. B. Arion helix). Bull, de l'acad. roy. de Belgique. Ser. 2 T. 47 No. 4. Nucleoalbumine und ihre nächsten Spaltungsproducte etc. 102. 285 Nucleoalbumine und ihre nächsten Spaltungsprodukte (Nucleine, Nucleiinsäureu, Parauuclelne). 192. Es ist seit längerer Zeit bekannt, dass einige verbreitet vorkommende Albuminstoife nicht unzersetzt phosphorfrei erhalten wer- den können, ohne dass eine Beimischung von Lecithin die Ursache des Phosphorgehalts wäre. Das Vitellin aus dem Eidotter (§ 166), das Casein aus der Milch (§ 171), die Verbindungen der Nucleine mit Ei- weisskörpern, wie sie in den Zellkernen vorkommen u. a. m. gehören hierher. Werden sie mit künstlichem Magensaft verdaut, so wird der grösste Theil der Substanz zu Propepton u. s. w. gelöst, während ein phosphorreicher Körper ungelöst zurückbleibt i). Diese phosphor- haltigeu Proteide werden von Hammarsten unter dem Namen Nucleo- albumine zusammengefasst, während Kos sei diesen Namen auf die in den Zellkernen enthaltenen Verbindungen von Nucle'inen mit Eiweiss- körpern beschränkt und diese letzteren den Vitellinen und Caseinen, welche sich in ihren Spaltungsprodukten von jenen unterscheiden, gegen- überstellt. Nucleoalbumine (im engeren Sinne, Kossei), in vielen Zell- kernen z. B. in den Hefezellen enthalten, sind in alkalischer Flüssigkeit z. Th. löslich, z. Th. quellen sie zu einer zähen, schleimigen Masse, welche durch Säuren gefällt wird. Durch Pepsin-Salzsäure werden sie zerlegt in peptonartige Körper und Nu deine 2). Die Nucleine z. Th. als Nucleoalbumine z. Th. wohl auch frei in den Zellkernen enthalten, sind nicht löslich, nur wenig quellbar in Wasser, unlöslich in Sulfat- lösungen, sehr quellbar und zu schleimiger, glasiger, cohärenter Masse zusammenfliessend in Na Öllösungen, unlöslich in verdünnten Säuren, leicht löslich in Aetzalkalüösungen, aber auch leicht durch Alkali- lösungen zersetzbar. Sie nehmen aus wässerigen oder schwach alko- holischen Lösungen zahlreiche und sehr verschiedenartige Farbstoffe auf und halten sie beim Waschen mit Wasser fest, z. B. Jod, Carmin, werden beim Kochen mit Wasser ebenso bei Behandlung mit künstlichem Magensaft ^) Lubavin, Med. ehem. Untersuchungen, herausgeg. von Hoppe-Seyler, 1870 Heft 4 S. 463. Miescher, ebendas. Heft 4 S. 441, 502. Derselbe, Verhandl. der naturforsch. Gesellsch. zu Basel 1874 Bd. 6 S. 138. Kossei, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 5 S. 152 und Arch. f. Anat. u. Physiol., physiol. Abthlg. 1891 S. 181 u. bei Lilienfeld, ebendas. 1892 S. 129. Hammmarsten, Lehrb. d. physiol. Chemie. 1891 S. 12, 19. ') Miescher, a. a. 0., Hoppe-Seyler, Physiol. Chemie Bd. 1 S. 34. Plösz, Medic. chem. Untersuch, v. Hoppe-Seyler Bd. 4 S. 461. Kossei, a. a. 0. 286 Nuclpoalbumino und ihre nächston Spaltuiigsjn-oductp ctr. 192. schwer angegriffen. Sie sind unlöslich in Alkohol, Aether, Chloro- form etc. In alkalischer Lösung zerlegen sie sich in Eiweisskörper und Nucleinsäuren '). Durch Ansäuern mit Essigsäure kann dann der Eiweisskörper ausgeschieden werden und ans der durch Absetzen und Filtriren abgetrennten Flüssigkeit wird durch Zusatz von Salz- säure bis zum Geiialt von 3 p. M. HCl und Hinzufügen des gleichen Vol. Alkohol, der gleichfalls 3 p. M. HCl enthält, die Nucl einsäure gefällt. Der Niederschlag wird mit öOprocentigem Alkohol, der 0,3 pCt. HCl enthält, verrieben und flltrirt, dann mit Alkohol und Aether gewaschen und bei massig erhöhter Temperatur getrocknet. Die Keinigung der Nucleinsäure geschieht durch Lösen in Wasser unter Zusatz von wenig Ammoniak, Ansäuern der Lösung mit Essigsäure, Filtriren, Fällung der klaren Lösung mit Salzsäure, bis zu 0,3 pCt. Gehalt zugefügt, und mit gleichem Vol. Alkohol von gleichem HCl- gehalt-). Nucleinsäure mit Gehalt von über 1) pCt. Phosphor wurde zu- erst dargestellt von Miescher"') und die Zusammensetzung Con H4., NtiPyOoo gefunden. Kossei-*) erhielt bei Nucleinsäuren anderer Her- kunft die Zusammensetzung C25H3(:;Nr,Py0.2ii oder C,7H2i;NeP9 0i4. Sie sind, wie angegeben, aus schwach alkalischer Lösung durch An- säuern mit Essigsäure nicht fällliar, wolil aber mit Salzsäure und Alkohol. Sie bilden weisse in Alkohol und Aether unlösliche Pulver, in reinem Zustande schwefelfrei, aber stickstoftlialtig. Sie fällen, wenn in saurer Lösung Eiweissstoffe s) und geben damit Niederschläge, welche sich wie Nucl eine verhalten, vielleicht wirkliche künstliche Nucl eine sind. Die Nucleinsäuren werden durch Erhitzen mit verdünnter Schwefel- säure gespalten") in Phosphorsäure, verschiedene organische Stoffe (Nucleinbasen) , unter denen besonders reichlich sich gefunden haben Guanin und Adenin, einen phosphor- und stickstoffhaltigen, durch neu- trales Bleiacetat filibaren und einen in alkalischer Lösung Kupferoxyd reducircnden, durch basisches Bleiacetat fällbaren Körper. Diese zuletzt bezeichnete Substanz scheint den Kohlehydraten zuzugehören. L. Liebermann hält die Nucleine und Nucleinsäuren für Salzver- ') R. Altmann, Arch. f. Anat. u. Physiul., pliysiol. Abtblg. 1889 S. 52.5. 2) Altmann, a. a. 0. das Nähere der Reinigung. '■') a. a. 0. ■•) a. a. 0. *j Altmann, a. a. 0. "J Kossei, Yerhandl. d. physiol. üesellsch. zu Berlin 6. Febr. 1890. Nucleoalburaine und ihre nächsten Spaltungsproducte etc. 192. 287 bindungen der Metaphos]ihoisäure mit Albuminstoffen, doch ist die Be- gründung dieser Ansicht noch nicht sicher'). Zu den Nucleoalbuminen im engern Sinne gehören auch dieNu- cleohistone. Unter diesem Namen beschreibt Lilienfeld^) eine Gruppe von Substanzen, welche im Thierkörper sehr verbreitet zu sein scheinen; sie wurden in den Leukocjten der Lymph- und Thymusdrüsen, in den Milzzellen und den Hodenzellen gefunden und sind offenbar auch in den Vogelblutkörperchen vorhanden. Zur Darstellung wird der Kaltwasser- auszug von Kalbstliyraus- oder Lymphdrüsen centrifugirt, filtrirt und mit Essigsäure ausgefällt. Der Niederschlag wird in verdünnter Soda- lösung gelöst, wieder gefällt, mit essigsäurehaltigem Wasser, kaltem und heissem Alkohol und Aether behandelt. Das Nucleohiston aus Leu- kocyten ist in Wasser löslich, ebenso in überschüssiger Mineralsäure, in Alkalien und Neutralsalzen; es coagulirt in neutraler oder schwach alka- lischer Lösung in der Hitze, zersetzt Wasserstoü'superoxyd und hat die konstante Zusammensetzung C 48,41; H7,21; N16,85; P 2,425; S 0,702. Beim Behandeln mit Salzsäure, sowie mit Kalkwasser spaltet es sich in Histon (§ 174) und ein in überschüssiger Salzsäure und ver- dünnten Neutralsalzlö.sungen lösliches Nuclein, Leuconuclein ge- nannt, welches weiter in Eiweiss und Leuko nuclein säure zerlegt werden kann. Ichthulin, zuerst von Valenciennes und Fremy^), dann in reinem Zustande von Walt er 4) durch Ausfällen des mit Aether von Fett befreiten Eogenextraktes der Kai-pfeneier mit Wasser und CO2, Abfiltriren des Niederschlags, Behandeln des Rückstandes mit Alkohol und Aether gewonnen, stellt einVitellin dar von der Zusammensetzung C 53,52; H7,71; N 15,64; S 0,41 ; P 0,43; Fe 0,10. Frisch gefällt löst es sich in verdünntem Ammoniak oder Natronlauge, in verdünnter Salzsäure oder Essigsäm-e leicht zu klaren Flüssigkeiten. Verdünnte Salzlösungen bewirken vollständige, aber schwach opalescirende Lösungen, aus welchen das Vitellin beim Sättigen mit dem betreffenden Salz mehr oder weniger vollständig abgeschieden wird; auch durch starkes Ver- dünnen mit Wasser und Einleiten von COo wird es aus diesen Lösungen ausgeschieden. Beim längeren Liegen unter Wasser verliert es seine 1) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 21 S. .598. Centralbl. f. d. med. Wiss. 1889 S. 210, 497. Altmann, a. a. 0. S. 534. 2| Verhandl. d. physiol. Ges. zu Berlin 1891—1892 No. 11 u. 16. 5) Compt. rend. T. 38 p. 471 ff., vergl. auch Gohley, Journ. de pharm, et de chim. III. serie T. 17 p. 401. *) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15 S. 477. 288 Mucine. 193. Löslichkeit in Salzlösungen. Bei der Verdauung mit Pepsinsalzsäure zerfiillt es in Eiweissstoff, einen noch nicht näher bekannten phosphor- haltigen Körper und Paranucle'in. Paranucleine, aus Vitellinen und Caseineni) durch Verdauung mit Pepsinsalzsäure erhalten, stellen leicht zersetzbare Substanzen von nicht constanter Zusammensetzung dar. Sie stimmen im hohen Phos- phorgehalt ('2 — 3 pCt.) und in den allgemeinen Keactionen mit den Nucleinen überein und wurden auch fi-üher für Nucleine gehalten. Unter der Einwirkung von Alkalien zerfallen sie in Ei weiss und Paranuclein- säuren, mit Säuren gekocht liefern sie keine Nucleinbasen (Unter- schied von den Nucleinen), wohl aber gelang es aus dem Paranuclein aus dem Ichthulin auf diese Weise ein Kohlehydrat abzuspalten. Hämatogen ist von Bunge-) eine Verbindung genannt, welche im Eidotter enthalten ist, im Verhalten den Nncleoalbuminen gleicht und Eisen im Oxydzustande in organischer Verbindung enthält Wird Eidotter mit Alkohol und Aether extrahirt und der ungelöste Rückstand mit künstlichem Magensaft verdaut, so bleibt ein Nuclein ungelöst zu- rück von der Zusammensetzung 0 42,11; H 6,08: N 14,73; P 5,19; S 0,55; Fe 0,"29; 0 31,05 pCt. Dasselbe wird von Ammoniak gelöst und auf Zusatz von etwas Schwefelammonium tritt zunächst keine Fär- bung ein. Nach einiger Zeit wird die Lösung gifm, und ist am fol- genden Tage schwarz und undurchsichtig, indem das Eisen allmäUg ab- gespalten und in Schwefeleisen venvandelt wird. Durch Salzsäure wird das eisenhaltige Nuclein langsam, aber um so schneller gespalten, je concentrirter die Säure ist; zugefugtes Ferrocyankalium lärbt die Flüssigkeit allmälig blau, Ferricyankalium nicht. Nach Bunge 's Unter- suchungen entsteht aus dem Hämatogen der Blutfarbstoff. Mucine. 193. Die Mucine-^) sind Proteide, welche bei dem Erhitzen mit verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure gespalten werden in Albumin- stoffe und Körper, die Kupferoxyd in alkalischer Lösung reduciren. Diese letzteren Spaltungsproducte sind stickstoffarm oder stickstofffrei; und dementsprechend .enthalten auch die Mucine selbst weniger Stickstoff als die Eiweisskörper. Sie zeigen alle saure Eeaction, die neben den 1) Lubavin, a. a. 0., Ber. d. deutsch, ehem. Ges. Bd. 10 S. ^SST (Refer.) Walter, a. a. 0. =) Zeitschr. £ physiol. Chem. Bd. 9 S. 49. Bunge, Lehrbuch d. physiol. u. pathol. Chemie 2. Aufl. S. 91. 1889. 3) Hammarsten, Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 36 S. 373. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 12 S. 163. Mncinc, V.)Z. 289 Eiweissstoffen gebildeten Sjjaltnngsprodncte sind böcfast wahrscheinlicb den Kohlehydraten zuzurechnen, weil mehrere der durch Säuren und durch Alkalien aus den Zuckerarten, z. B. Glucose gebildeten Zerstizungs- producte auch ans ihnen erhalten werden. 1. Mucin der gl, subroaxillaris wird durch Wasser ans der fein zerhackten Drilse extrahirt, filtrirt, das Filtrat mit soviel starker Salzsäure vorsichtig versetzt, dass die Mischung 1,5 p. M. HCl enthält. Das hierbei zunächst gefällte Jlucin löst sieh beim Umrühren wieder auf, wird dann aber bei baldigem Znsatz von 2 bis .3 Vol. Wasser ge- lallt. Es wird darch Aljgiessen oder Filtration abgetrennt, wieder in 1,5 p. M. HCl gelöst und durch Wasserzusatz gefallt, mit Wasser gut gewa-;chen. mit Alkohol und Aether behandelt, getrocknet. Es bildet bei der Fällung zähe gallertartig schleimige Massen, nach dem Trocknen weisses bis graues Pulver und enthält C 48,84 ; H 6,80; N 12,32; S 0,84 ; 0 .31,20 pCt. Die LÖ3-nngen von diesem Mucin in Wasser mit ein wenig Alkali (in reinem Wasser löst es sich nicht), werden durch Essigsäure gefallt und im Ueben-chass von diesen Säuren nicht gelöst. Enthält die Lösantr XaCT oder andere neutrale Salze, so wird der Niederschlag gallertig oder bleibt ganz aus. Diese Mischung wird durch Gerbsäure gefällt. Durch verdünnte Alkalien auch durch Kalkwasser wird dies Mucin leicht verändert. Landwehr erhielt aus ihm das thierische Gummi (§ 60). 2. Mucin aus Schleimgewebe ist dargestellt 1) aus dem Nabel.rtrang von Jernström') in der Weise wie sie fiär das Mucin der Snbmaxillaris angegeben ist; das erhaltene Präparat stimmte in den Eigen8^;haflen mit letzterem überein. 2) aus Sehnen von Loebisch^j. Die zerkleinerten Sehnen werden mit Kochsalz' ösung extrahirt, gut mit Wasser gewaschen, dann mit Kalkwasser ausgezogen, filtrirt, das Filtrat mit Essigsäure gefallt, die LösTing in Kalkwasser und Fällung durch Essigsäure wiederholt, dann mit Wasser, Alkohol, Aether ausgewaschen. Zusammensetzung C 48..30; H 6,44; N 11,75; S 0,81; C 32,70 pCt, D'dH Verhalten and die Zusammensetzung entsprechen ziemlich gut dem Submaxillarmucin, aber das Sehnenmucin wird durch Kalkwasser nicht leicht verändert üeber das aus dem Sehnenmucin gewonnene Kohle- hydrat siehe § 60. .3. Mucine der Schnecken. Das M ante Im nein auf Reizung der Manteloberfläche des Thiers abgeschieden, wenig löslich in Wasser, löslich in Wasser mit 0,1 pCt Aetzkali und durch Essigsäure im üeberschuss 0 Maly, Jahresber. d. Thiwchcmie 1880 Bd. 10 8. 34. *) Zeitächr. £ pbjiioi. Chem. Bd. 10 S. 40. H«yFe-8«jler, Asal/a«. S. Aal. ]9 •2ei der Spaltung unter Aufnahme von 1 Mol. Wasser über in Chondroitin CjgH27NOi4-f SO4H2. Das reine Chondroitin wird aus chondroitinschwefelsaurem Barium oder dem Bleisalz erhalten durch Ausfällen mit Schwefelsäure, nach- heriges Stehenlassen nach Zusatz von Salzsäure, SteJjenlassen an einem warmem Orte längere Zeit bis zur völligen Abspaltung der Esterschwefel- säure. Fällung und Waschen mit starkem siedenden Alkohol. Das" Chondroitin ist weiss, amorph, bröckelig, bildet beim Verdunsten der wässerigen Lösung eine dem arabischen Gummi ähnliche glasige Masse, reducirt in alkalischer Lösung Kupferoxyd nicht, verbindet sich wie eine Säure mit Metallen. Durch Kochen mit verdünnter Schwefel- oder Salz- säure wird es unter Bildung von Chondrosin zersetzt. Die Lösung nimmt bei 2 — 3 pCt. Säuregehalt mehr und mehr dunkele Färbung an. Be- nutzt man verdünnte Salpetersäure für diese Spaltung, so bleibt die Lösung farblos. Die Salpetersäure zersetzt hierbei das Chondrosin nicht, wohl aber seine Zersetzungsproducte. Bei der Einwirkung von Barythydi'at bildet sieh aus dem Chondrosin zunächst Glucuronsäure, die dann weiter zerfällt unter Bildung zweier zweibasischen Säuren, von denen die eine mit der Glucuronsäure isomer ist, während die andere das Barytsalz Cr, HßBa07 ergab und als Tri- oxyglutarsäure aufgefasst werden kann. Daneben wird eine dritte, Chondronsäure genannte einbasische Säure C4H8O5 gebildet. Das Chondrosin ist wie das Chondroitin und die chondroitinschwefel- sauren Salze nur amorph erhalten; es reducirt in alkalischer Lösung Kupferoxyd erst beim Erhitzen, aber etwas reichlicher als Glucose unter gleichen Verhältnissen, zeigt rechtsseitige Circumpolarisation, in ver- dünnter Lösung (c()d^ +42,0''. Die Knorpel in verschiedenen Organen der höheren Thiere und auch der übrigen Wirbelthiere und Avertebraton zeigen manche Verschieden- heiten, auf welche J. Müller schon aufmerksam gemacht hat. Nach Krukenberg geben die Knorpel der Cephalopoden einen von dem Glutin der Wirbel tliiere etwas verschiedenen Leim beim Kochen mit Wasser. Es bleibt hier fiir die Specialuntersuchung noch ein weites Feld. Pepsin. 195. 293 Lösliche Fermente oder Enzyme. Pepsin. 195. Zm- Gewinnung eines möglichst reinen und sehr wirksamen Pepsins wird die abpräparirte Magenschleimhaut nach Brücke') mit sehr verdünnter Phosphorsäure ausgezogen, die filtrirte Lösung mit Kalkwasser neutralisirt, der Niederschlag abfiltrirt, mit Wasser ge- waschen, in wenig sehr verdünnter Salzsäm-e gelöst, mit Alkohol im Ueberschuss gefällt, der Niederschlag in wenig sehr verdünnter Salz- säure wieder gelöst und diese Lösung durch Dialyse mit viel Wasser gereinigt. Kühne und Chittenden^) stellten Pepsinlösung her, indem sie zunächt 1220 gr abpräparirte Magenschleimhaut vom fundus des Schweinemagens mit 7 Liter 0,5procentiger Salzsäure bei 40" 6 Tage lang erhielten, dann mit Ammoniumsulfat sättigten. Der erhaltene Niederschlag, bestehend aus harzigen klebenden Brocken wurde in einem Spitzbeutel gesammelt, abgepresst, rasch mit Wasser etwas gewaschen, durch Dirtlyse das restirende Ammoniumsulfat entfernt, dann in 5 Liter Wasser mit 0,4 pCt. HClgehalt gelöst, wieder bei 40" einige Tage er- halten, nachdem der Mischung V4 pCt. Thymol zugesetzt war, um Schimmelbildung zu verhüten. Dann wurde die Lösung wieder mit Ammoniumsulfat gefällt. Dieser Niederschlag enthielt nur unbedeutende Mengen von Albumosen. Soll nur eine gut verdauende Pepsinlösung dargestellt werden, ohne dass es erfordert wird, das Pepsin selbst weiter zu reinigen, so ist es wohl am Zweckmässigsten , die abpräparirte Magenschleimhaut vom Schwein, Kalb u. s. w. mit Wasser zu waschen, in kleine Stücke zu zerschneiden und mit mehreren Portionen sehr verdünnter Salzsäure (4 bis 8 CG. rauchende Salzsäure auf 1 Liter Wasser) zu extrahii-en, indem man unter öfterem Umrühren sie einige Stunden darin kalt macerirt, dann abfiltrirt und eine neue Portion der verdünnten Säure aufgiesst, nach einigen Stunden abermals abfiltrirt und zum dritten Male extrahirt. Von einem Schweinemagen erhält man ein bis mehrere Liter sehr gute Verdauungsflüssigkeit auf diese Weise. Diese Lösung ist jedoch zu Verdauungsversuchen sofort anzuwenden, sie verdirbt nach wenigen Tagen. Haltbare Pepsinextracte erhält man durch Extraction der frischen, fein zerkleinerten Schleimhaut mit Glycerin unter öfterem Umrühren bei mindestens eine Woche lang dauernder Einwirkung. Der filtrirte Aus- 1) Sitzungsber. d. Acad. d. Wiss. Wien Bd. 43 S. 602. Maly, Arch. f. d. ges. Pliysiol. Bd. 9 S. 592. =) Zeitschr. f. Biolog. 1885 Bd. 22 S. 428. 29^ Labferment. ÜKj. zug mit Alkohol gefällt giebt ein zwar noch sehr unreines aber ziem- lich wirksames Ferment. Die käuflichen Pepsinpräparate enthalten neben Pepsin bedeutende Mengen unwirksamer und fremder Stoffe wie Milchzucker etc. Die Stärke der Einwirkung des Pepsin auf Eiweissstofi'e etc. ist, wenn auch in verschiedenem Grade, stets durch die Darstellung ver- mindert gegenüber dem einfachen sauren Auszuge der Magenschleimhaut nacli gutem Auswaschen mit Wasser. Besonders leidet durch die com- plicirten Darstellungsmethoden die Fähigkeit des Pepsin in sam-er Lösung nicht allein Acidalbumin und Albumosen, sondern auch in wenigen Stunden Pepton, Leucin, Tyrosin, Tryptophan durch Spaltung der Al- buminstoffe zu bilden. So ist die durchaus unrichtige Meinung ent- standen, dass diese weiteren Spaltungen der Eiweissstofl'e nicht durch Einwirkung des Pepsins auf Eiweissstoffe, sondern aus irgend welchen andern Bestandtheilen der Magenschleimhaut gebildet würden. Zusammensetzung und Eigenschaften des reinen Pepsins sind noch nicht sicher bekannt. In den Labdrüsen des Magens findet sich nach Langley ein Zymogen (Propepsin), welches die Lösung in 0,5procentiger Sodalösung ohne Zersetzung verträgt, durch verdünnte Säuren in Pepsin übergeführt wird. Pepsin selbst wird durch 0,5 procentige Soda- lösung zerstört'). Hinsichtlich der Trennung des Pepsin vom Lab- l'erment des Magens vergl. folg. Paragraphen. Zur Gewinnung von Pepsin aus Organen oder Harn wird zweck- mässig sehr verdünnte Phosphorsäure benutzt, nachherige Neutralisation mit Kalkwasser. Der abfiltrirte Niederschlag wird in selir verdünnter Salzsäure (0,2 pCt.) gelöst und durch Verdauungsversuche bei Blut- temperatur mit Fibrinflocken die Stärke der verdauenden Einwirkung geprüft'-). Labfeniient. 196. Labferment-') findet sich in der gesunden Magenschleimhaut vom Menschen, Kalb, Schaf, walirscheinlich auch bei den meisten andern Säugern, allerdings wie es scheint, oft erst aus einem Zymogen durch Einwirkung von Säure gebildet. Es fehlt beim Menschen bei starker Degeneration der Magenschleimhaut. Beim Auslaugen der Magenschleimhaut mit Wasser geht es in Lösung über. In einer Lösung in Wasser mit 0,3 pCt. HClgehalt ist es bei gewöhnlicher Temperatur ziemlich haltbar, bei einer Temperatur von 37—40" dagegen wird es 1) Langley u- Edkins, Journ. of Physiology T. 7 p. 371. -) Brücke, a. a. 0. ■■') Hamniarsteu. in Maly, Jahresber. der Thierchemie 1874 S. 118. Tiypsin. 197. 295 binnen 48 Stunden zerstört, während das zugleich in Lösung befindliche Pepsin erhalten bleibt. Wird eine Lösung der Magenschleimhaut in Wasser mit 0,3 pCt. HClgehalt mit Mg CO 3 gesättigt und im guten Ueber- schuss mit diesem Carbonat geschüttelt, so wird Pepsin ausgefällt, während Labferment in Lösung bleibt. Aus der Lösung kann es durch basisches Bleiacetat gefällt werden. Zerleg-t man diesen Niederschlag mit verdünnter Schwefelsäure, so geht es wieder in Lösung über. Aus letzterer wird es bei Zusatz von wässeriger Lösung von Stearinseife ausgefällt, und zertheilt man diesen Niederschlag in Wasser und schüttelt mit Aether aus, so löst sich die Stearinsäure im Aether und das Labferment bleibt im Wasser gelöst. Auf diese Weise isolirt in möglichst gereinigtem Zustande giebt das Labferment die Biweiss- reactionen nicht. Die einzige vom Labferment bekannte charakteristische Eigenschaft ist die der Ausfällung des Casein aus der Milcli oder des abgetrennten Casein bei Anwesenheit von Calciumverbindungen aus neutraler oder schwach alkalischer Lösung. Die Umwandlung zu Paracasein findet durch das Ferment auch bei Abwesenheit von Calcium statt, aber das Paracasein wird nicht gefällt. Trypsiu. 197. Das Eiweissstoffe verdauende Ferment des Pankreas, von Kühne Trypsin genannt, wird möglichst gereinigt gewonnen nach Kühne durch folgendes Verfahren*): Lebensfrisches Pankreas wird noch warm mit Gla.spulver und absolutem Alkohol zerrieben, der Nieder- schlag wird mehrmals in W^asser von 0" gelöst und mit Alkohol ge- fällt, endlich mit ganz entwässertem Alkohol lange beliandelt. Der Niederschlag enthält ausser Trypsin einen eigenthümlichen Eiweissstoff, Leukoid von Kühne genannt, welcher aus der wässerigen Lösung nicht duich massiges Ansäuern ausgefällt wird, wohl aber durch 1 pCt. und mehr Essigsäure. Die vom Leukoid getrennte Lösung liefert bei der Fällung mit Alkohol ein bereits viel reineres Trypsin. Wird sie bei einem Gehalte von 1 pCt. Essigsäure einige Zeit auf 40" erwärmt, so entsteht ein neuer feinflockiger Niederschlag von einem Eiweissstoff. Durch Erwärmen unter Zusatz von Soda bis zur recht deutlich alkali- schen Eeaction entsteht abermals ein Niederschlag grösstentheils von Erdsalzen. Durch Eindunsten bei 40" wird das Tyrosin grösstentheils zur Ki-ystallisation gebracht, in der Lösung bleibt Pepton, viel Leucin und Trypsin. Man befreit das letztere durch Dialyse von den übrigen *) Verhandl. d. Daturhiit. med. Vereins zu Heidelberg N. F. Bd. 1 Heft 3 S. i;)5 296 Trypsin. 197. Stoffen und reinigt es durcli wiederholte Fällung mit Alkohol. Die Pankreasdrüse frisch vom Thier entnommen, enthält wenig oder kein vorgebildetes Enzym, sondern ein Zymogen, welches beim Liegen des Pankreas an der Luft, Einwirkung von Alkohol, auch Wirkung von schwacher Säure oder Wasser in Trypsin übei-geht. Trypsin ist nach Kühne in Wasser leicht löslich, coagulirt beim Aufkochen aus der sauren Lösung vollkommen und zerfällt dabei in coagulirtes Eiweiss und Pepton. In reinem Glycerin i>t Trypsin nicht löslich, durch Alkoliol wird es aus wässeriger Lösung leichter gefällt als Pepton. So lange über Trypsin filtrirtes Glycerin mit Alkohol noch Trübung giebt, ist freies Pepton vorhanden. Aus der Lösung durch Eindunsten bei 40" gewonnen, stellt das Trypsin einen schwach stroh- gelb gefärbten, durchsichtigen Körper dar, von eigenthümlicher Elasti- cität, derart, dass er zu einer leichten wolligen Masse aufbröckelt. Trypsin löst Fibrin sehr leicht und reichlich und verdaut die Eiweiss- stoffe, indem dabei schliesslich die Hälfte des Gewichtes vom Eiweiss als ein (Antipepton von Kühne bezeichnetes) durch weitere Trypsinwirkung nicht veränderliches Pepton, die andere Hälfte zu Leucin, Tyrosin etc. verändert erhalten wird. Leimgebende Bindegewebesubstanz wird durch Trypsin so wenig als Amylum und Dextrin verändert. Mit Säuren ge- quellte leimgebende Substanz sowie Glutin werden von Trypsin zu Leim- pepton und nicht weiter umgewandelt'). Oxyhämoglobin wird von Pankreasferment leicht gespalten zu Eiweissstoff und Hämochromogen, das im Entstehungszustand mit dem vorhandenen Sauerstoff zu Hämatin oxydirt wird. Hämoglobin wird dagegen bei bleibender Abwesenheit von Sauerstoff von Trypsin nicht angegriffen, selbst bei jahrelanger Einwirkung. Kühne und Ohittenden^) stellten kräftiges Pankreasferment dar, indem sie 100 gr mit Alkohol und Aether gereinigtes Pankreas vom Ochsen mit 500 cbcra Salicylsäurelösung von 0,1 pCt. Gehalt 12 Stun- den lang bei 40° erhielten, durch Gase pressten, den Eückstand darauf in 500 cbcm Sodalösung von 0,25 pGt. Gehalt vertheilten und unter Thymolzusatz wieder 12 Stunden digerirten. Ebenso wird mit der ersten abgepressten, sauren Flüssigkeit, nach dem Neutralisiren und Znsatz von 0,25 pCt. Sodazusatz verfahren. Nach dem Filtriren und Auspressen werden beide Flüssigkeiten vereinigt. Zur Prüfung auf Trypsin oder ihm ähnliche Enzyme empfiehlt ') Die Angaben bis hierher über Tryjisin sind lediglich der citirten Publi- cation Kühne's entnommen. -) Zeitschr. f Biologie 188.5 Bd. i'-2 S. 428. Diastatisches Ferment. 198. 297 Fermii) den Leim an Stelle des bisher hierfür fast ausschliesslich be- nutzten Fibrin : Die zu prüfenden Substanzen werden passend zerkleinert in einer 2procentigen Phenollösung 24 Stunden stehen gelassen, dann in sterilisirte verflüssigte Gelatine in einem Probirglas gebracht, ge- mischt, die Mischung auf eine Glasplatte ausgegossen und unter einer Glasglocke bei 10 bis SS" stehen gelassen. Ist tryptisch es Enzym vor- handen, so wird entweder die Gerinnung ganz verhindert oder sie löst sich beim Stehen an demselben oder den folgenden Tagen. Das Nähere ist in der Abhandlung von Fermi nachzusehen. Diastatisches Fernieut. 198. Diastatisches Ferment findet sich hauptsächlich und constant in dem Panki-eassecret und dem Pankreas selbst, beim Menschen im gemischten Speichel, Submaxillar- und Parotidenspeichel, in geringen Mengen in der Leber, der Galle, dem Blute, Chylus, Nieren, Harn, Gehirn, Magenschleimhaut, Darmschleimhaut. Ganz allgemein ver- breitet finden sich diastatische Fermente auch bei den Pflanzen, höheren und niederen, auch den Infusorien. Isolirt ist keins dieser Fermente, zu ihrer Erkennung dient die Einwirkung ihrer wässerigen Lösung auf Amylum in Körnern oder besser zu Kleister gekocht, ebenso die Ein- wirkung auf Glycogen; beide Stoffe werden durch diese Fermente in Dextrin und Maltose, diese langsam weiter zu Traubenzucker umge- wandelt, ohne dass das Ferment selbst eine Veränderung erfährt. Die diastatischen Fermente lösen sich sehr leicht in Wasser oder in Glycerin, nicht in Alkohol, gehen bei der Diffusion oder Filtration durch thierische Membranen oder Pergamentpapier ohne grosse Schwie- rigkeit hindurch, werden durch starkes Ansäuern mit Mineralsäuren, ebenso Aetzalk allen, ferner beim Erhitzen der Lösung über 90" zer- setzt, zum Theil schon bei viel niedrigerer Temperatur. Die Einwirkung auf Stärkekleister geht bei Speichel- oder Pankreasdiastase am Besten bei 400 vor sich, bei pflanzlicher Diastase bei viel höherer Temperatm-. Danilewsky2) und CohnheimS) haben aus Pankreasinfus und aus Speichel durch Zusatz von verdünnter Phosphorsäure, nachheriges Neutralisiren mit Kalkwasser das Ferment theilweise gefällt, die wässerige Lösung giebt auch beim Schütteln mit concentrirter ätherischer Chole- sterin- oder Collodiumlösung einen Theil des Ferments an den Nieder- schlag ab, doch gelingt die Fällung sehr unvollkommen. Zur Gewinnung von diastatischem Ferment aus Flüssigkeiten oder 1) Bizzozero, Archiv, per le scienze medic. 1892 T. 16 p. 159. 2) Ärch. f. path. Anat. Bd. 2,5 S. 279. 3) Ebendas. Bd. 28 S. 241. 298 Inosinsäure. IDO. Organen eignet sidi ohne Zweifel besonders die Fällung und Erhärtung derselben in Alkohol, Extraction des Niederschlags mit Glycerin i). Aus der Glycerinlösung, die das Ferment beliebig lange conserviren lässt, wird dasselbe durch Alkohol gefallt. Ueber die Wirkung der diastatischen Fermente vergl. Paschutin, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1871. S. 305. Ein Ferment, welches die Fette in Säure und ülycerin zerlegt, ist von Cl. Bern.ard im Pankreas und dem Secrete desselben gefunden; dasselbe ist noch nicht isolirt und eine so leicht zersetzliche Substanz, dass es durch Fäl- lung mit Alkohol oder Behandlung mit Glycerin bereits verändert wird. Um seine Einwirkung zu prüfen, kann man daher nur das frische Infus des Pankreas oder den Bauchspeichel selbst verwenden, auch in einigen Pflanzensamen findet sich f'ettspaltendes Ferment.-) Ein Ferment, welches Rohrzucker in Traubenzucker und Frucht- zucker umwandelt, ist in Pflanzen sehr verbreitet und aus der Bierhefe durch Schütteln mit Wasser und Aetlier und Filtration in grosser Quantität in wässeriger Lösung zu erhalten. Aus der Losung durch Alkohol gefällt, kann es trocken ohne wesentliche Zersetzung längere Zeit aufbewahrt werden. Paschutin-'l fand ein solches Ferment im Darminhalte und der Darmschleimhaut verschiedener Thiere und überzeugte sich, dass es durch mehrmalige Filtration durch thierische Mem- branen von dem diastatischen Fermente getrennt werden kann. Es wirkt kräftig zersetzend auf Wasserstoffsuperoxyd, wird beim Kochen seiner wässerigen Lösung selbst zersetzt. Dies Ferment bildet sich wahrscheinlich nicht im Tliierkörper, sondern gelangt mit der Nahrung in den Darmkanal. Einzelne noch wenig untersuchte Stoffe. luosinsäiire €,„ H,4 N^ (►,,. 199. Im Hiihnerflei-sche hat Liebig eine Säure gefunden, die er Inosinsäure genannt und auf folgendem Wege dargestellt hat. Das ge- hackte Fleisch wird mit kaltem Wasser extrahirt und das Bxtract in der Weise behandelt, wie es bezüglich der Darstellung des Kreatin aus den Muskeln (siehe unten) angegeben ist. Die von den Kreatinkrystallen abgegossene Mutterlauge wird allmälig mit Alkohol gemischt, bis sie sich milchig trübt, worauf sie nach einigen Tagen gelbe körnige, Idätterige oder nadeiförmige Krystalle von inosinsaurem Kali und Baryt gemengt mit Krystallen von Kreatin absetzt. Man löst diese Krystalle in heissem Wasser und versetzt diese Lösung mit Chlorharium; beim Erkalten scheidet sich inosinsaurer Baryt ans, der durch ümkrystallisiren gereinigt wird. Aus diesem Salze erhält mau die Säure durch Zusatz nicht überschüssiger Schwefelsäure oder durch Zerlegung des Kupfer- salzes mit Schwefelwassi'rstoft'. ') V. Witt ich, Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 3 S. 339. ^) Beyerinck, Centbl. f. Bacteriol. u. Parasitenk 1889 S. 44. 3) a. a. 0. Samandarin. Elinsäure. Chlorrhodinsäure. 299 Die Inosinsäure ist noch nicht krystallisirt erhalten, sie bildet einen Syrup, der in Alkohol fest wird, sich leicht in Wasser löst, Lackmus stark röthet, angenehm fleischbrüheartig schmeckt und sich bereits beim Kochen der Lösung theilweise zersetzt. Ihre Salze, selbst die der Al- kalien sind krystallisirbar. Die Alkalisalze sind löslich in Wasser, das in schönen perlmuttergliinzenden Blättehen sich abscheidende Barytsalz ist schwer -löslich in kaltem, leicht löslich in heissem Wasser. Das Kupfer- sowie das Silbersalz bilden amorphe unlösliche oder fast un- lösliche Niederschläge. In Alkohol oder Aether sind die inosinsauren Salze nicht löslich. Samandarin hat Zalesky^) eine Base von der wahrscheinlichen Zusammen- setzung CjjHgoN^O,; genannt, welche in dem rahmähnlichen Secret der Haut- drüsen Ton Salamandra maculosa enthalten ist und die Giftigkeit dieses Secretes bedingt. Das Samandarin wird dargestellt durch Fällung des heiss bereiteteu wässerigen Auszugs des Secretes mit Phosphormolybdänsäure, Lösung des abfiltrirten flockigen Niederschlags in Barytwasser, Einleitung von Kohlensäure zur Ausfällung des Baryt, Filtration und Eiudampfung des Filtrats in einer Retorte im Wasser- stoffstrome. Es bilden sich nadeiförmige Krystalle eines Hydrates, die aber zu einer amorphen Masse beim weiteren Austreiben des Wassers eintrocknen. Diese Base ist sehr zersetzlich, in Alkohol oder Wasser sehr löslich, die Lösungen reagiren alkalisch. Mit Säure bildet sie neutrale Salze, beim Fällen durch Platin- chlorid tritt Zersetzung ein und beim Eintrocknen der Platindoppelverbindung entsteht eine blaue Masse, die zur Erkennung der Base benutzt werden koinn. Beim Kochen mit Wasser zersetzt sich die Base nicht, wohl aber beim Eintrocknen an der Luft. Elinsäure ist von Chevreul-) eine farblose, flüssige, in Wasser unlösliche, in Aether oder Alkohol lösliche Säure genannt, welche etwas schwerer als Wasser ist und aus dem Schafwollschweisse dargestellt wurde. Einen Körper von dem AtomenTerhältniss C- Hj^ 0, schmelzbar bei 53°, un- zersetzt destillirend bei 225°, in Alkohol löslich, unlöslich in Wasser, in starker Kalilauge und starker Säure unveränderlich, in lanzettförmigen Blättchen krystalli- sirend, sowie 2) einen anderen Körper von der Zusammensetzung C, HgIS'O, der bei 160—165° gelb wurde, bei 170-175° schmolz, beim Erkalten zuerst amorph erstarrte, später aber wieder krystallinisch wurde, über 20o° erhitzt braunroth gefärbt und unter Geruch nach Bittermandelöl zersetzt wird, fand Shepard^) in den flüssigen Excrementen von Hühnern, welche bei Fütterung mit Fleisch Pillen von Amylum mit benzoesaurem Natron erhalten hatten. Chlorrhodinsäure ist eine nach folgender Methode erhaltene Säure von Boedecker'') genannt. Eiter wird zur Trockne verdunstet, der gepulverte Rück- stand mit Aether, mit Alkohol und dann mit Wasser ausgezogen, das Wasser- extract mit Bleiessig gefällt, der Niederschlag mit Schwefelwasserstoff zerlegt und mit absolutem Alkohol ausgekocht. Nach dem Verdunsten des filtrirten Alkohol- ^) Hoppe -Seyler, Med. ehem. Untersuchungen. Tübingen 1866 Heft 1 S. 85. 2) Compt. rend. 1866 T. 62 p. 1015. 3) Zeitschr. f. rat. Med. XXXL 1868. S. 216. *) Zeitschr. f. rat. Med. N. F. Bd. 6. 300 Excretin. Kryptophansäure. auszugs bleibt die Clilorrhodiasäure in der Form feiner zu Kugeln gruppirter mikroskopisclier Nadeln verunreinigt mit etwas Chlornatrium zurück. Die Säure löst sich leicht in Wasser oder Alkohol, nicht in Aether; sie ist nicht sublirairbar, schmilzt beim Erhitzen und verbrennt mit Horngorueh. In ihren wässerigen Lö- sungen erzeugen Quecksilberchlorid, Zinnchlorür und salpetersaures Quecksilber- oxyd weisse Niederschläge, ebenso Gerbsäure, der letztere Niederschlag ist in Al- kohol löslich. Jod giebt in den ChlorrhodinsäuiTlösungen hellgelbe Färbung, Chlor- wasser in verdünnter Lösung rosenrothe, in concentrirter dunkelrothe Färbung. Excretin ist von Marcet^) ein krystallinischer Körper genannt, dessen Zusammensetzung er zu C,8H]5ß02S fand und den er nur aus menschlichen Ex- cremeuten, nicht aus denen von Hunden u. s. w. erhalten hatte. Der Alkoholaus- zug der Fäces wurde mit Kalk gefällt, der Niederschlag mit Alkohol und Aether extrahirt und diese Lösung in hinreichender Kälte zur Krystallisation stehen ge- lassen. Das Excretin schmilzt bei 1)2—96°, ist nicht löslich in Wasser, fast un- löslich in kaltem, leicht liislich in heissem Alkohol oder Aether; die Lösungen reagiren neutral. Siedende Aetzkalilauge greift es so wenig als verdünnte Säuren an, nur Salpetersäure zersetzt es leicht. Ein von Hinterberger^) dargestelltes Präparat, dessen Eigenschaften und Darstellung beschrieben werden, ist schwefel- und stickstofifrei C^ijHjgO; es ist wahrscheinlich unreines Cholesterin. Excretolinsäure') hat Marcet ein Gemenge von fetten Säuren u. s. w. genannt, welches man aus dem Alkoholextrakte der Excremente durch Kalk fällt. Das Seroliu Beudefs'*) ist ein Gemenge von Cholesterin, Lecithin u. s. w. aus dem Blutserum. Ky est ein und Gravid in') sind Bezeichnungen für Substanzen im Harne Schwangerer, welche ein schillerndes Häutchen auf demselben erzeugen sollen, aber jedes chemischen Charakters entbehren. Eine stickstofffreie Säure erhielt Marcet*) aus menschlichem Harn durch Verdampfen des Harns mit Thierkohle, Dialysiren des mit Barytwasser gefällten Filtrats, Verdampfung und Fällung der dialysirteu Lösung mit Bleiessig, Zerlegung des gewaschenen Niederschlags mit Schwefelwasserstoff. Die neutralen Salze sind in Wasser löslich und geben mit Bleiessig, salpetersaurem Silber, salpetcrsaurem Quecksilberoxyd oder -oxydulsalz sowie mit Gerbsäure reichlichen Niederschlag. Kryptophansäure CsHgNOj ist von Thudichum') eine Extractivsub- stanz des Harns genannt, welche er auf verschiedene Weise aus dem Harne fällte, aber nur amorph gewann. Er schreibt vor, entweder den Harn abzudampfen, mit Kalkmilch zu behandeln, dann wieder mit Essigsäure anzusäuern und zur Krystal- lisation einzudampfen, das erhaltene Extract mit viel starkem Alkohol zu fällen, dann in Wasser gelöst mit Ueberschuss von gesättigter Bleizuckerlösung zu fällen, die abfiltrirte Flüssigkeit mit starkem Alkohol auszufällen; sowohl durch Blei- zuckerzusatz als nachher durch Alkohol wird kryptophansaures Blei gefällt. Statt 1) Ann. de chim. et de phys. 1860 T. 5d p. 91. -) Ann. Chem. Pharm. Bd. 166 S. 213. ') Marcet, a. a. 0. *) Ann. de chim. et de phys. IL Ser. T. 52 p. 337. ^) Gorup-Besanez, Lehrb. d. physiol. Chem. S. 283. «) Jahresber. d. Chemie 1864 S. 644. ') Centralbl. f. d. med. Wiss. 1870 S. 19.5, 209. Sitzungsber. d. bayerisch. Akad. d. Wiss. 1870, März. Anfertigung der Aschen. 200. 30 1 der Reinigung mit Bleizucker kann auch eine Fällung mit essigsaurem Kupfer dienen. Kryptophansäure wird auch gewonnen, wenn gesättigte Bleizuckerlösung zu frischem Harn (10 CC. auf 1 Liter Harn) hinzugemischt, der Niederschlag ent- fernt, dann das P'iltrat mit Bleizucker und Ammoniak gefällt und der Niederschlag genau mit verdünnter Schwefelsäure zersetzt wird. Diese Lösung behandelt man mit kohlensaurem Baryt oder Aetzbaryt und fällt den kryptophansauren Baryt mit Alkohol. Die Kryptophansäure ist gummiartig (vergl. § 60), löslich in Wasser, weniger in Alkohol, nicht in Aether; sie wird durch salpetersaures Quecksilberoxyd, ebenso durch Eisen- oder Chromoxydsalze gefällt und reducirt in alkalischer Lösung Kupferoxyd beim Erhitzen zu Oxydul. Die Kryptophansäure macht sonach die Liebig'sche Harnstoffbestimmung und ebenso die bekannten Titrirungen der Phosphorsäure und des Traubenzuckers unrichtig. Sie ist eine zweibasische Säure. Die bisherigen Angaben genügen durchaus noch nicht, die Kryptophansäure als eine reine Substanz zu charakterisiren. Hlasiwetz und Habermann machen auf die Aehnlichkeit der Zusammen- setzung der Kryptophansäure und der Glutaminsäure aufmerksam. IL Abtbeilimg. Die qualitative und quantitative Untersuchung tliierischer Flüssigl(eiten, Gewebe und Concretionen. 1. Aschen. Anfertigung der Aschen. 200. Um sich zunächst zu überzeugen, ob eine Substanz überhaupt feuerbeständige Stoffe enthält, erhitzt man eine kleine Portion derselben auf Platinblech und erhält bei massigem Glühen, bis die Kohle ver- schwunden ist. Man kann durch Prüfung der Löslichkeit in Wasser, der ßeaction der wässerigen Lösung gegen Lackmuspapier, Aufbrausen beim üebergiessen mit Säure sich meist bei sehr kleinen Aschenrück- ständen zu manchen Zwecken hinreichend orientiren, zu jeder genaueren Untersuchung ist jedoch die Anfertigung grösserer Aschequantitäten er- forderlich. Zu diesem Zwecke trocknet man zunächst die Substanzen möglichst, bringt sie dann in eine kleine dünne Platin- oder Por- cellanschale oder Tiegel und zwar ist es erforderlich, dass das Gefäss mindestens das sechsfache Volumen der zu veraschenden Substanz fassen kann. Ist die Substanz spröde, knistert und zerspringt sie beim Er- hitzen (Albuminstücke u. dergl.), so bedeckt man zunächst das Gefäss und erhitzt bedeckt so lange, als man das Knistern hört, dann entfernt man den Deckel. Jedenfalls ist das Erhitzen nur langsam zu steigern. 3Q2 Anfertigung der Aschen. 200. um dem Wasser, gasförmigen und öligen Destillationsproducten hin- reichend Zeit zum ruhigen Entweichen zu lassen; zu rapides Entweichen der Gase kann Vorlust an Substanz durch Fortreissen zur Folge haben und somit erhelilichen Verlust an Asche. Tritt zu heftiges Aufschäumen ein, so kann man durch Umrühren und Hinabdrücken mit einem Platiii- spatel oder starken Platindraht das Ueberschaumen meist verhindern, ist dies jedoch incht zu fürchten, so ist es zweckmässiger, die ver- kohlende Masse nicht zu berühren. Man erhitzt in dieser Weise bis zur beginnenden Rothgluth und erhält bei dieser Temperatur, bis keine Dämpfe oder Nebel mehr entweichen, die Kohle fest und unbeweglich geworden ist, und liisst nun erkalten. Die erkaltete Kohle wird mit ein Wenig Wasser übergössen, unter demselben möglichst fein gerieben, nach Zusatz von mehr Wasser zum Sieden erhitzt, durch ein asche- freies Filter filtrirt und nach dem Ablaufen der Flüssigkeit mit heissem AVasser genügend ausgewaschen. Schale oder Tiegel, Filter und Kohle werden jetzt im Luftbade getrocknet, die trocknen Substanzen (mit dem Filter) dann in dem Tiegel oder der Schale allmälig bis zum heftigen Glühen erhitzt und diese Erhitzung im offenen Gefässe so lange erhalten, bis die Kohle völlig oder bis auf geringe Spuren ver- schwunden ist. Auf diese Weise erhält man erst ein Wasserextract aus der Kohle und dann die von Wasser nicht gelösten Aschenbestandtheile für sich. Da jedoch die Kohle stets noch Spuren löslicher Salze zurückhält, wird von Wasser aus der Asche fast immer noch ein Wenig aufgenommen und es ist daher zur Trennung der löslichen von den unlöslichen Aschen- bestandtheilen diese Extraction der von Kohle durch Glühen befi-eiten Asche nie zu vernachlässigen. Die Extraction der Kohle mit Wasser vor ihrer Entfernung durch heftiges Glühen hat einerseits den Zweck, die Verflüchtigung der Alkalisalze zu vermeiden, andererseits die Re- duction von schwefelsauren Salzen oder Phosphorsäure zu hindern. Ist eine Kohle reich an Alkalisalzen, so tritt ausserdem der Uebelstand ein, dass dieselben in starker Hitze schmelzen, die Kohle als Flüssig- keit ülierziehen und den Zutritt des Sauerstoffs zur Kohle völlig ver- hindern. Trotz der oben angegebenen Vorsichtsmassregeln treten beim Ver- kohlen und Veraschen leicht Verluste an Alkalisalzen, besonders Clilor- verbindungen und kohlensauren Salzen ein, wenn viel beim Verkohlen sich aufblähende organische Substanzen (wie Albuminstoffe) zugegen sind. Es ist deswegen zur Anfertigung von Aschen aus Blut und anderen eiweissreichen Körpern zweckmässig, die getrockneten und imlverisirten Substanzen mit kochendem Wasser auszulaugen und diese Extracte ge- Anfertigung der Aschen. 200. 303 sondert von den wieder zu trocknenden in Wasser nicht löslichen Stoffen der Veraschung in obiger Weise zu unterwerfen. Zur Erleichterung der Veraschung sind verschiedene Mittel em- pfohlen: Eosei) empfiehlt Beimischung von Platinschwamm zur orga- nischen Substanz, Graeger-) Zusatz von 10 — 20 pCt. des Gewichtes der zu veraschenden Substanz an Eisenoxyd (aus oxalsaurem Eisen- oxydul durch Glühen bereitet). Alex. Mueller^) fügt zur zu ver- aschenden Substanz gleich vor der Verkohlung soviel salpetersaures Eisenoxyd, dass man etwa 40 pCt. Eisenoxyd in der Asche erhält. Alle diese Zusätze sind unnöthig, wenn man vor dem heftigen Glühen die Kohle mit Wasser gut auslaugt, und der Zusatz des Eisenoxyds hat noch den Nachtheil, dass man noch eine gesonderte Portion der Substanz zur Prüfung oder Bestimmung des Eisengehaltes ver- aschen muss. Dagegen ist es in gewissen Fallen durchaus nöthig, der zu ver- aschenden Substanz kohlensaures Alkali oder Aetzbaryt zuzusetzen, um die Verflüchtigung oder Zersetzung von Säuren zu vermeiden. Zur Er- haltung der ganzen in der Substanz enthaltenen Phosphorsäure empfiehlt A. Strecker-*), nach der Verkohlung die Kohle mit concentrirtem Baryt- wasser gut zu befeuchten, zu trocknen und nun zu glühen. Vermuthet man Chlorcalcium und besonders Chlormagnesium in einer zu ver- aschenden Substanz oder muss man (wie z. B. beim Veraschen des Ge- hirns geschieht) fürchten, dass wegen Mangel an genügenden Basen sicli Phosphorsäure zersetzt, so mengt man sie "vor dem Verkohlen mit kohlensam-em Natron und bildet somit im ersten Falle kohlensauren Kalk und kohlensaure Magnesia neben Chlornatrium, in letzterem be- wahrt man die Phospliorsäure vor Zersetzung; freilich ist dann eine ge- sonderte Portion der Substanz ohne Sodazusatz zu veraschen und auf Natron zu prüfen und ausserdem findet leicht geringe Bildung von Cyan- metall statt, wenn die verkohlte Substanz reichlich Stickstoff enthielt und ihr Soda zugesetzt war. Sind die zu veraschenden Quantitäten der Substanz nicht zu be- deutend, so dient zur Heizung der Bunsen'sche Gasbrenner oder die Spiritusflamme, grössere Quantitäten verascht man zweckmässiger in der Muffel, in welche man die Substanz in Platin- oder Porcellanschalen einschiebt. Die Oeffnimg der Muffel nach der Feuerung ist dabei zu verschliessen, vorn dagegen der Luftzutritt zu gestatten. ^) Handbuch d. quantitat. ehem. Analyse fi. Aufl. S. 761. 2) Ann. Chem. Pharm. Bd. 111 S. 123. 3) Journ. f. prakt. Chem. Bd. 80 S. 118. «) Ann. Chem. Pharm. Bd. 73 S. 366. 304 Quantitative Bestimmung und qualitative Analyse der Aschen. 201. 202. Quantitative Bestimmung der Asche. 201. Zur quantitativen Bestimmung der Asche, welche eine orga- nische Substanz' enthält, verfahrt man ganz nach den Vorschriften des vorigen Paragraphen. Naclidem das Gewicht der gut getrockneten Sub- stanz bestimmt ist, wird dieselbe verkohlt, die von Empyreuma freie Kohle über Schwefelsäure erkalten gelassen, gewogen, mit heissem Wasser extrahirt, durch ein kleines aschefreies, getrocknetes und ge- wogenes Filter filtrirt, gut ausgewaschen, Filter mit Kohle werden zwischen Uhrschalen getrocknet und gewogen, ebenso der Tiegel oder die Schale mit dem Rest der Kohle, die darin zurückgeblieben, getrocknet und gewogen, die Kohle wird dann mit dem Filter verascht, die Asche über Schwefelsäure erkalten gelassen und gewogen. Der Gewichtsverlust, den die Kohle bei der Extraction mit Wasser erfahren hat, entspricht den im Wasser gelösten Aschenhestandtheilen; der Wasserauszug der Kohle über kleiner Flamme ohne Kochen zuletzt auf dem Wasserbade zur Trockne verdunstet giebt dann den Rückstand, welcher vorsichtig (Verlust durch Decrepitiren der Salze ist durch Be- deckung im Anfange des stärkeren Erhitzens zu verhüten) zum beginnen- den Glühen erhitzt und nach dem Erkalten gewogen das gleiche Ge- wicht besitzen muss, als jener oben bestimmte Gewichtsverlust der Kohle bei der Extraction mit Wasser. Die geglühte Asche ist mit Wasser zu extrahiren, auf kleinem aschefreien Filter zu sammeln, zu trocknen, nochmals zu glühen und nach dem Erkalten zu wägen, wenn man von der Asche erfahren will, welches die Gewichtsverhältnisse der in Wasser löslichen und der un- lösliclien Aschenbestandtheile sind. Ist Baryt nach der Verkühlung zugesetzt, so ist in der Asche durch Fällung mit Schwefelsäure sein Gewicht zu bestimmen und zur Bestimmung Chlorcalcium oder Chlormagnesium- haltiger Asche ist vor der Verkohlung eine gewogene Quan- tität pulverisirtes und schwach geglühtes kohlensaures Natron zuzusetzen. Qualitative Analyse der Aschen. 1. Untersuchung der in Wasser löslichen Bestandtheile. 202. Der wässerige Auszug der Asche oder sein in Wasser wieder gelöster Rückstand ist zimächst auf die Reaction gegen Lackmus zu prüfen. In den bei Weitem meisten Fällen wh-d sie alkalisch ge- fimden und ist dann durch kohlensaure oder phosphorsaure Alkalien bedingt. Ist kohlensaures Alkali zugegen, so giebt eine durch Abdampfen etwas concentrirte Probe Aufbrausen auf Zusatz von Salzsäure, rührte dagegen die alkalische Reaction von phosphorsaurem Alkali her, so Qualitative Analyse der Aschen. 202. 3O5 tiitt auch beim Erhitzen mit Salzsäure keine Gasentwickelung vor dem Sieden ein, dagegen erhält man die weiter unten angegebenen Ke- actionen der Phosphorsäure. Ausser diesen Verbindungen können die Wasserauszüge der Aschen schwefelsaure und salzsaure Alkalien enthalten, auch schwefelsaurer Kalk kann in seltenen Fällen in thierischen Aschen gefunden werden. Man prüft gesonderte Proben der Flüssigkeit auf folgende Weise: 1) Eine kleine Probe versetzt man mit Chlorbarium und säuert mit Salzsäure an. Ein feinpulveriger in Salzsäure und Wasser unlös- licher Niederschlag zeigt Schwefelsäure an. 2) Eine andere Probe wird mit salpetersaurem Silberoxyd versetzt; ein in Salpetersäure unlöslicher, in Ammoniak dagegen löslicher Nieder- schlag ist Chlorsilber, weist somit Anwesenheit von Salzsäure nach. Wenn bei der Verkohlung kohlensaures Alkali zugesetzt war oder dieses bereits reichlich in der verkohlten Substanz enthalten ist, kann die Kohle Cyanmetall enthalten, um in diesem Fall auf Cyan zu prüfen, versetzt man eine Probe der Lösung mit Natronlauge, dann mit einem Tropfen einer Lösung von Eisenvitriol, schüttelt um, erwärmt und über- sättigt nun mit Salzsäure, es entsteht eine blaue oder grüne Färbung oder blauer Niederschlag von Berlinerblau, wenn Cyan vorhanden ist. Um in diesem Falle auf Salzsäure zu prüfen, säuert man die Probe mit Salpetersäm-e gut an, erhitzt in der Abdampfschale zum Kochen und prüft dann erst mit salpetersaurem Silberoxyd. 3) Eine dritte Probe versetzt man mit Chlorammoniumlösung, dann mit Aetzammoniak, schüttelt um und fügt tropfenweise Lösung von schwefelsaurer Magnesia hinzu. Ein entweder sofort oder allmälig beim Stehen unter öfterem Umschütteln entstehender krystallinischer Niederschlag zeigt Phosphor säure an. Zur Bestätigung kann man eine Probe mit Molybdänsäurelösung versetzen und erwärmen. Ist Phosphorsäure zugegen, so bildet sich allmälig ein gelber feinkörniger Niederschlag. 4) Eine andere Probe wird mit Aetzammoniak und oxalsaurem Ammoniak auf Kalk untersucht; derselbe kann höchstens in Spuren der wässerigen Lösung sein, wenn diese Phosphorsäure oder Kohlen- säure enthält und nicht sauer reagirt. 5) Eine Probe durch Eindampfen concentrirt wird mit Alkohol ver- setzt, ein Tropfen Salzsäure und einige Tropfen Platinchlorid hinzuge- fügt und einige Zeit stehen gelassen. Ein gelber krystallinischer Nieder- schlag weist die Gegenwart von Kali nach. 6) Endlich verdunstet man den Eest der disponiblen Flüssigkeit in einem Schälchen fast zur Trockne und bringt mittelst eines in das Salz- Hoppe-Seyler, Analyse. 6. Aufl. 20 306 Qualitative Analj'se der Aschen. 203. gemenge getauchten Platindralitöhrs eine Probe des Salzgemenges in die Flamme eines Gasbrenners oder einer Spii'itusflamme. Strahlend gelbe Färbung der Flamme zeigt die Gegenwart von Natron an. Proben dieses rückständigen Salzgemenges können auf Spuren von Lithion noch im Spectralapparate und zur Bestätigung auf Kali untersucht werden, auch die Anwesenheit von Spuren von Kalk kann nach Befeuchten des Salzgenienges mit Salzsäure im Spectralapparate oft nachgewiesen werden. Zum genaueren Nach- weis des Lithion vergl. § 5; überhaupt sind die betretfenden Paragraphen der ersten Abtheilung bezüglich der bei obigen Reactionen entstehenden Niederschläge und der zur weiteren Bestätigung anzustellenden Proben auf die einzelnen Säuren und Basen nachzusehen. Hat man wenig Asche und auf alle Bestandtheile zu prüfen, so kann man die durch Salzsäurezusatz auf Kohlensäure untersuchte Probe zu den Reactionen auf Schwefelsäure oder Phosphorsäure sowie auf Natron benutzen. Um zu unter- suchen, ob der Wasserauszug der Kohle Kieselsäure enthält, säuert man eine Portion desselben mit Salzsäure an, verdampft zur Trockne, löst den Rückstand in Salzsäure; Kieselsäure bleibt dann ungelöst zurück. 2. Untersuchung der in Wasser niclit löslichen Aschen- bestaudtheile. '203. Die in AVasser nicht löslichen Aschenbestandtheile erwärmt man mit verdünnter Salzsäure und wenn hierbei Eisenoxyd zurück- bleiben sollte, digerirt mau bis zur völligen Lösung mit concentrirter Salzsäure auf dem Wasserbade, dann filtrirt man etwaige Spuren von Kohle ab. Ein Aufbrausen beim üebergiessen mit Salzsäure zeigt sofort Kohlensäure an, doch ist es nicht unwichtig, sich zu über- zeugen, ob nicht Geruch nach Schwefelwasserstoff dabei zu bemerken ist. Will man auf Kieselsäure (nur bei grosser Aschenquantität thun- lich und auch dann nur, wenn in Platiiigefässen verascht war) prüfen, so verdampft man in einer Platinschale die filtrirte Flüssigkeit auf dem Sandbade zur Trockne, erhitzt bis kein Geruch nach Salzsäure bemerkt wird und löst den Rückstand wieder in Salzsäure unter Er- wärmen, Kieselsäure bleibt ungelöst zurück und wird durch Filtration abgeschieden und ihre Löslichkeit in kohlensaurem Natron geprüft fvergl. § 18). Das klare Filtrat wird mit kohlensäui'efreiem Ammoniak stark al- kalisch gemacht und verschlossen einige Zeit stehen gelassen, dann schnell filtrirt und Filter sowie Flüssigkeit dabei möglichst bedeckt ge- halten. In dem Filtrate*) prüft man mit oxalsaurem Ammoniak auf *) Ist das Filtrat blau gefärbt, so enthält es Kupfer, man säuert dann die Flüssigkeit mit Salzsäure schwach an, fällt das Kupfer durch einen Strom Schwefel- wasserstoff, filtrirt, löst das Schwefelkupfer in wenig lieisser Salpetersäure und prüft nach § 10. Die vom Schwefelkupfer a1)filtrirte Flüssigkeit wird mit Ammoniak alkalisch gemacht und mit ihrer Untersuchung wie oben angegeben fortgefahren. Qualitative Analyse der Aschen. 203. 30T Kalk und nach völligem Ausfällen des Oxalsäuren Kalks die abfiltriiie Flüssigkeit mit phosphorsaurem Natron auf Magnesia. Der durch Ammoniak in der salzsauren Lösung der unlöslichen Aschenbestandtheile erhaltene Niederschlag hat entweder weisse oder rothe Farbe. Wenn er roth erscheint, enthält er mehr Eisenoxyd, als die zugleich darin entlialtene Phosphorsäure zu sättigen vermag, ist er dagegen weiss, so ist kein überschüssiges Eisenoxyd darin vorhanden. Ist der Niederschlag weiss oder gelblichweiss, so verfährt man zu seiner Untersuchung nach 1., ist er roth gefärbt (z.B. aus der Blutasche), so schlägt man den in 2. angegebenen Weg ein. 1) Der durch Ammoniak erhaltene Niederschlag wird mit Essig- säure erwärmt; bleibt ein Theil des Niederschlags in Gestalt gelblich- weisser Flocken ungelöst, so besteht derselbe aus phosphorsaurem Eisenoxyd. Zur Controle kann der Niederschlag abfiltrirt, in etwas verdünnter Salzsäure gelöst und die Lösung mit Ferrocyankalium ge- prüft werden. Die vom phosphorsauren Eisenoxyd abfiltrirte Flüssigkeit wird mit oxalsaurem Ammoniak auf Kalk geprüft, der vorhandene Kalk durch dies Reagens völlig ausgefällt, erwärmt, filtrirt, das Filtrat mit Aetz- ammoniak versetzt und stehen gelassen. Ist Magnesia vorhanden, so bildet sich sogleich oder nach einiger Zeit ein krystallinischer Niederschlag. Der bei dieser Untersuchung des Ammoniakniederschlags gefundene Kalk und die ihn begleitende Magnesia sind als phosijhorsaurer Kalk und phosphorsaui-e Magnesia der Asche zu betrachten, da andere anorganische Verbindungen dieser alkalischen Erden durch Aetzammoniak bei Gegenwart von Chlorammonium nicht gefällt werden. Die dem Kalk zugehörige Phosphorsäure kann dann durch schwefel- saure Magnesia noch gefällt werden. 2) Ist der durch Aetzammoniak erhaltene Niederschlag röthlicli und sonach reich an Eisen, so löst man ihn in wenig Salzsäure, stumpft die Säure durch Natrium- oder Ammoniumcarbonat so weit ab, dass die Lösung röthlich erscheint aber noch klar ist und sauer reagirt, fügt dann genügende aber nicht zu grosse Quantität einer Lösung von ameisensam-em oder essigsaurem Natron hinzu und erhitzt zum Sieden, entfernt dann die Flamme und lässt den Niederschlag sich absetzen. Die Flüssigkeit über dem braunen Niederschlag soll ganz farblos sein. Langes Kochen ist zu vermeiden. Der Niederschlag wird dann ab- filtrirt und mit siedendem Wasser unter Zusatz von etwas Natrium- oder Ammoniumacetat schnell ausgewaschen. Wenn man befürchtet, dass noch etwas Calcium und Magnesium im Niederschlage zurückgeblieben sein könne, so ist der Niederschlag in wenig Salzsäure wieder zu lösen und derselben Behandlung nochmals zu imterwerfen. Der Niederschlag 20* 308 Bestimmung von Kalium und Natrium. 204. enthält alles Eisen und die ganze Phosphorsäure, wenn Eisen im Ueber- schuss vorhanden ist. Die abfiltrirte Flüssigkeit wird mit Ammoniak bis zur schwach alkalischen Eeaction und sofort mit ein Paar Tropfen Schwefelammonium versetzt, ein entstehender Niederschlag darf nicht schwarz sein (es würde sonst noch Eisen in der Lösung geblieben sein), sondern gelblich bis fleischroth, wenn etwas Mangan vorhanden ist (vergl. § 9 und § 214). Die Flüssigkeit wird bedeckt an einem Avarmen Orte stehen gelassen, bedeckt liltrirt, der Niederschlag sogleich mit etwas schwefelammoniumhaltigem Wasser gewaschen, im Filtrate Calcium mit Ammoniumoxalat und nach Abfiltriren des Calciumoxalats das Magnesium durch Ammoniak und Natriuniphosphat gefällt. Der Niederschlag, welcher Eisenoxyd und Phosphorsäure enthält, wird in Salzsäure gelöst, mit wässeriger Lösung von Weinsäure versetzt, dann die Mischung mit Ammoniak alkalisch gemacht (es darf kein Nieder- schlag hierbei entstehen, sonst fehlt es an Weinsäure), und nun mit Schwefelanimonium gefällt, im bedeckten Becherglase auf dem Wasser- bade erwärmt, bis der schwarze Niederschlag gut abgeschieden und die Flüssigkeit klar und gelblich, nicht mehr grün ist. Dann wird schnell bedeckt filtrirt, der Niederschlag mit schwefelammoniumhaltigem Wasser ausgewaschen, vergl. fernerhin § 212. Im Filtrate wird (nöthigenl'alls nach Eindampfen auf kleines Volumen) die Phosphorsäure durch Aetz- ammoniak und Magnesiamischung ausgefällt, 12 Stunden stehen ge- lassen, wie es näher erläutert ist in § 209. Rücksichtlich der Zusammensetzung und der Eigenschaften der bei diesen Eeaclionen erhaltenen Niederschläge sind die in der ersten Abtheilung §§ 2 — 18 gegebenen Darlegungen zu vergleichen. Vermuthet man in einer Asche Kupfer, so stumpft man die Säure der salz- sauren Lösung der in Wasser nicht gelösten Aschenhestandtheile mit Ammoniak ab, ohne völlig zu neutralisiren, leitet einen Strom von Schwefelwasserstoff durch die Flüssigkeit, filtrirt ausgefälltes Schwefelkupfer ab, und untersucht dann die so erhaltene Lösung nach den im Anfange dieses Paragraphen gegebenen Vor- schriften weiter; in den meisten Aschen ist jedoch Kupfer durch die gewöhnlichen Reagentien nicht nachweisbar. Quantitative Bestimmung der einzelnen Aschen- hestandtheile. Allgemeines. Bestimmung von Knlinni und Jfatriiim. 204. Die Trennung der einzelnen Körper behufs ihrer quantita- tiven Bestimmung kann nach denselben Methoden ausgelührt werden, welche zur qualitativen Prüfung im vorigen Paragraphen angegeben sindi nur ist es wichtig, dass hierbei alle Fällungsvorschriften genau befolgt, die Fällungen selbst vollständig ausgeführt werden. Die auf dem Filter Bestimmung von Calcium und Magnesium. 205. 309 gesammelten Niederschläge werden nach dem Trocknen vorsichtig in den Tiegel geschüttet, in dem man sie wägen und glühen will, das Filter verbrennt man dann entweder über der Substanz im Tiegel oder man faltet es zusammen, umwickelt es mit Platindraht, verbrennt es über einem Teller, von dem man die Asche mit einer Federfahne in den Tiegel fegt. Zur Gewichtsbestimmung des Kalium und Natrium wird eine nicht zu geringe Portion des Wasserextractes abgemessen oder gewogen, mit Chlorbarium versetzt so lange ein Niederschlag entsteht, dann Baryt- wasser bis zur stark alkalischen Eeaction hinzugefügt, filtrirt, ausge- waschen, das Filtrat mit Aetzammoniak und kohlensaurem Ammoniak gefällt, wieder filtrirt und gewaschen, das gesammelte Filtrat zur Trockne verdunstet, zur vollständigen Entfernung der Ammoniaksalze bis zum schwachen Glühen erhitzt, der Rückstand in wenig Wasser gelöst, etwa ungelöst bleibende Flocken abfiltrirt, mit Wasser gut ausgewaschen, die Flüssigkeit abermals zur Trockne verdunstet, schwach geglüht und gewogen. Zur Lösung des gewogenen Rückstandes, welcher die Summe des Ciilorkalium und Chlornatrium ausmacht, in wenig Wasser und etwas Spiritus fügt man Platinchlorid, bis kein Niederschlag mehr ent- steht und die Farbe der Flüssigkeit gesättigt gelb erscheint, lässt 12 bis 24 Stunden bedeckt stehen, sammelt dann den Niederschlag auf einem kleinen gewogenen Filter, wäscht mit verdünntem Spiritus gut aus, trocknet bei 100— 110", lässt über Schwefelsäure erkalten und wägt. Aus dem Gewichte des Kaliumplatinchlorids wird nach Tabelle II im Anhange das Gewicht des Chlorkalium berechnet und durch Sub- traction desselben von dem vorher gefundenen Gewichte der Summe der Chloralkalimetalle das Gewicht des Chlornatrium gefunden. Bestinimuiig vou Calcium und Magnesium. 205. War im Wasserextracte einer Asche Kalk gefunden, so wird in einer gewogenen oder abgemessenen Portion dieses Auszugs der Kalk durch Zusatz von Aetzammoniak und oxalsaurem Ammoniak ausgefällt, auf dem Wasserbade die trübe Flüssigkeit einige Zeit erwärmt, der Niederschlag dann auf einem kleinen Filter gesammelt, mit Wasser gut gewaschen, getrocknet, im Platintiegel heftig geglüht. Durch starkes Glühen des bedeckten Tiegels mit Hülfe des Ge- bläses oder im Hempel'schen Gasofen*) ist dann das Calciumcarbonat in Aetzkalk zu verwandeln und nach dem Erkalten über Schwefelsäui-e zu wägen. Statt dessen kann man auch den geglühten kohlensauren *) Zeitsclir. f. anal. Chera. 1879 S. 404. 310 Bestimmung von Calcium und Magnesium 20G. Kalk in etwas Salzsäure lösen, die Lösung zuerst auf dem Wasserbade, dann im Luftbade bei 120—1500 trocknen, in etwas Wasser lösen und in derselben nach Hinzufügen von etwas chromsamem Kali den Chlor- gehalt titrh-en, wie es in § 208 beschrieben ist. Jeder CC. dieser Silberlösung entspricht dann 3,42 Milligr. Calcium. Der Kalk, welcher sich in dem in Wasser nicht löslichen Theile der Asche befindet, wird mit den geschilderten Vorsichtsmassregeln gleichfalls durch oxalsaures Ammoniak gefällt und zwar der vorlier an Phosphorsäure gebundene in der essigsauren Lösung; der Niederschlag wird nach dem Erwärmen der FKissigkeit auf einem kleinen Filter ge- sammelt, ausgewaschen, getrocknet und geglüht, so wie es oben ange- geben ist. Genauer als durch oxalsaures Ammoniak können Kalk und Magnesia dm-ch Schwefelsäure und Alkohol getrennt werden, besonders wenn die Substanz neben viel Magnesiasalz sehr wenig Kalksalz enthält, doch ist dies Verfahren etwas umständlich (vergl. Chizinsky, Zeit- schr. f. analyt. Chem. Bd. 4 S. 348). 206. Zur Bestimmung der Magnesia ist es stets erforderlich, dass der Kalk bereits aus der Lösung völlig entfernt ist, in welcher Magnesia gefällt werden soll. Man benutzt somit zu dieser Bestimmung das Filtrat, welches beim Abfiltriren des Oxalsäuren Kalkes gewonnen wird und welches man zunächst, wenn es zu voluminös geworden sein sollte, durch Abdampfen concentrirt. Es ist ferner wichtig, dass die Flüssigkeiten, in denen der Kalk durch Ammoniak oder oxalsaures Ammoniak gefällt werden soll, hinreichend Chlorammoniak enthalten, so dass durch das Aetzammoniak nicht Magnesia als Hydrat ausgefallt wird. Aus der hinreichend concentrirten , völlig kalkfi-eien Lösung wird die Magnesia dann durch phosphorsaures Natron gefällt, nachdem die- selbe mit Ammoniak stark übersättigt ist. Enthielt die Flüssigkeit be- reits Phosphorsäure und waren die Salze derselben nur durch Essigsäure in Lösung erhalten, so genügt die Uebersättigung mit Aetzammoniak zur Ausfällung der Magnesia. Hat man die Flüssigkeit stark am- moniakalisch gemacht, so lässt man sie mit dem gelnldeten Nieder- schlage mindestens 12 Stunden bedeckt stehen, sammelt dann den Niederschlag auf einem kleinen Filter, wäscht mit einer Mischung von etwa 1 Volumen Aetzammoniak und 3 Volumen Wasser gut aus, trocknet das Filter mit dem Niederschlage im Luftbade, schüttet den trocknen Niederschlag in ein gewogenes Porcellan- oder Platintiegelchen aus, legt das zusammengefaltete Filterchen dazu und erhitzt nun sehr all- mälig, schliesslich aber zum stärksten Glühen und so lange, bis höchstens ganz unbedeutende Spuren von Kohle noch zu bemerken sind. Es ist nicht räthlicli, zu fi'üh stark zu erliitzen, und es ist auch in der Bestimmung von Schwefelsäure und Chlor. 207. 208. 31 1 stärksten Hitze zuweilen schwierig, die Masse völlig weiss zu erhalten. Man lässt dann den Tiegel bedeckt, am Besten über Schwefelsäure, er- kalten, wägt und berechnet nach Tabelle II im Anhange aus der ge- wogenen pyrophüsphorsauren Magnesia das Magnesium. Bestimmung tou Schwefelsäure und Chlor durch Wägung. 207. Zur Bestimmung der Schwefelsäure wird eine gewogene oder gemessene Portion des Wasserauszugs der Kohle und Asche mit Salzsäure stark sauer gemacht und dann Chlorbarium hinzugefügt, so lange ein Niederschlag entsteht. Die auf dem Wasserbade i ., bis 1 Stunde erwärmte Flüssigkeit wird nach dem Erkalten durch ein kleines Filter filtrirt, der Niederschlag auf demselben gesammelt, mit Wasser gut ausgewaschen, getrocknet, geglüht und gewogen. Tabelle II giebt den dem gefundenen schwefelsauren Baryt entsprechenden Werth der Schwefelsäure. Zur Bestimmung des Chlors mittelst Wägung fällt man die ge- wogene oder abgemessene Portion des Wasserauszugs der Kohle und Asche nach Ansäuern mit Salpetersäure und Erhitzen auf dem Wasser- bade durch salpetersaures Silberoxyd, so lange ein Niederschlag ent- steht, erwärmt bis der Niederschlag sich gut abgesetzt hat, sammelt den Niederschlag auf einem Filterchen, wäscht aus, bis das ablaufende Waschwasser durch Salzsäure nicht mehr getrübt wird, trocknet dann Filter und Niederschlag im Luftbade, schüttet das Chlorsilber (wenn so viel vorhanden ist) auf ein Stückchen Glanzpapier aus, faltet das Filter zusammen und verbrennt es zunächst durch Glühen im gewogenen Poi- cellantiegelchen. Nach dem Erkalten des Tiegekhen wird der Eück- stand vom Filter, der metallisches Silber enthält, mit einigen Tropfen Salpetersäm-e übergössen und erwärmt, das Silber löst sich und wird dann durch ein paar Tropfen Salzsäure gefällt. Man dampft auf dem Wasserbade wieder zur Trockne ab, schüttet vom Glanzpapier das noch nicht geglühte Chlorsilber in das Tiegelchen, erhitzt vorsichtig bis zum beginnenden Schmelzen des Chlorsilbers, lässt dann erkalten und wägt. Hinsichtlich der Berechnung des Chlorgehaltes aus dem Chlorsilber vergl. Tabelle II im Anhange. Volumetrische Bestimmung des Chlorgehaltes der Aschen. •208. Zur Bestimmung des Chlorgehaltes der Aschen eignet sich sehr gut eine Lösung, welche von Lieb ig zur Ausfälhmg des Chlois aus dem Harne empfohlen ist. Zu ihrer Bereitung werden 29,063 gr reines geschmolzenes salpetersaures Silberoxyd in Wasser gelöst, dies ■ 312 Volumetrischo Bestimmung des Chlorgehaltes der Aschen. 208. Lösung bis zu einem Liter mit Wasser verdünnt, gut umgeschüttelt und vor dem Lichte geschützt gut verschlossen aufbewahrt. Um nun zunächst eine Controle der Kiclitigteit für diese Titrir- tlüssigkeit zu haben, wägt man etwa 1 gr reines geglühtes auch chlor- kaliumfreies Steinsalz ab und löst es in so viel Wasser, dass die Lösung in 100 CC. 1 gr trocknes Chlornatriura enthält. Von dieser Lösung werden 20 CC. mit einer Bürette in ein Becherglas abgemessen, ein paar Tropfen einer concentrirten Lösimg von neutralem cliromsauren Kali hinzugefügt und aus einer Bürette die obige Silberlösung so lange zufliessen gelassen, bis der beim Einfallen der Tropfen entstehende Niederschlag auch nach gutem Mischen mit der Flüssigkeit roth bleibt. Die erste bleibende Rothfärbung des Niedersclilags giebt an, dass die Flüssigkeit jeder Spur von Chlor beraubt und dass bereits ein Minimum Silber an Chromsäure gebunden ist. Man liest dann ab, wie viel Silber- lösuiig zur Ausfälkmg des Chlors erforderlich gewesen ist. War die Silberlösung richtig angefertigt, so erfordern 20 CC. der Chlornatrium- lösung, welche 0,2 gr NaCl enthalten, auch 20 CC. der obigen Silber- lösung zur AusfälluiiL;' des Chlors. Zur Ausführung der Titrirung des Chlors in einer Aschelösung (die jedoch neutral sein muss und daher, wenn sie alkalisch reagirt, zu- nächst mit Salpetersäure angesäuert, dann durch eine Messerspitze reinen kohlensauren Kalk neutralisirt wird) füllt man eine Bürette mit der obigen Sil1)erlösung, misst oder wägt einen bestimmten Theil der zu untersuchenden Asclielösung ab, versetzt diese Flüssigkeit mit ein paar Tropfen der Lösung von chromsaurem Kali und lässt nun unter gutem Umrühren in kleinen Portionen schliesslich tropfenweise so lange die Silberlösung aus der Bürette dazufliessen, bis nach gutem Umrühren der Niederschlag eine röthliche Färbung zu zeigen beginnt. Ist diese bleibende Aenderung der Farbe des Niederschlags ein- getreten, so liesst man ab, wie viel Silberlösung verbraucht ist, und berechnet daraus den Clilorgehalt der zur Bestimmung benutzten Quantität der Asclielösung und hierdurch den Gehalt der Asche selbst an Chlor. 1 CC. der obigen Silberlösung entspricht bei dieser Titrirung 10 Milligr. NaCl oder 6,07 Millign Chlor. Sind also z. B. 8,7 CC. Silberlösung verbraucht, bis die Endreaction, nämlich die bleibende röthliche Färbung des Niederschlags eintritt, sn enthält die untersuchte Portion der Aschelösung 8,7 . 6,07 = 52,8 Milligr. Chlor oder 87 Milligi-. Cblornatrium. Die Methode der Chlorbestimmung mittelst titrirter Silberlösung und Schwefelcyanammoniumlösung nach Volhard*) giebt *) Ann. Cheni. Pharm. Bd. 190 S. 1. Bestimmung der Phosphorsäure durch Wägung. 209. 313 sehr genaue Eesultate und hat den Voitheil, dass sie für salpetersaure Lösungen angewendet werden kann, ist jedoch umständlicher als die be- schriebenene Methode von Mohr, wenn es sich um Aschen handelt, während sie für Harne allein angewendet zu werden verdient; vergl. unten § 224. Bcstimniung der Phosphorsäure durch Wägung. 209. Im wässerigen Auszuge der Asche und ebenso nach Ab- trennung des Eisens im salzsauren Auszuge der Asche, nöthigenfalls durch Weinsäure, Ammoniak und Schwefelammonium (vergl. § 203 2.) wird die Phosphorsäure durch Magne^iamischung*) aus der kalten schwach ammoniakalischen Lösung gefällt. Enthält die Flüssigkeit nicht bereits Ammoniumchlorid, so wird vorher noch etwas davon zugefügt. Man setzt Magnesiamischung zu, solange Niederschlag entsteht, und noch etwas mehr. Dann wird zu dieser Mischung V.3 ihres Volumen Ammoniakflüssigkeit gefügt, 12 Stunden kalt bedeckt stehen gelassen, darauf schnell abfiltrirt und mit einer Mischung von Ammoniak und Wasser im Verhältniss 1 : 3 Volumen gemischt ausgewaschen, bis das Filtrat mit salpetersaurem Silber nach Ansäuern mit Salpetersäure keinen Niederschlag mehr giebt. Der Niederschlag wird auf dem Filter ge- trocknet, geglüht, das Filter mit dem Best verbrannt hinzugefügt, und die weisse geglühte pyrophosphorsaure Magnesia nach Erkalten im Exsiccator gewogen. Kleine Mengen von Phosphorsäure z. B. aus Schmelzen mit Sal- peter, können bei Abwesenheit von Salzsäure, Kieselsäure und von or- ganischen Stoffen in salpetersaurer Lösung gefällt werden durch grossen Ueberschuss von molybdänsaurem Ammoniak. Die Anwesenheit von Calcium, Magnesium, Eisen ist für diese Trennung nicht hinderlich. Auf 1 Tbl. Phosphorsäure in der Lösung sollen mindestens 40 Thl. Molybdänsäure kommen. Man lässt die Mischung bei ungefähr 40" 12 Stunden stehen, filtrirt dmxh kleines Filter und prüft das Filtrat, ob nach Zusatz von etwas Molybdänlösung und Stehen in der Wärme *) Magnesiamischung wird zweckmässig dargestellt durch Lösen von 83 gr krystallisirtem Magnesiumsulfat in siedendem Wasser, Zusatz von 5 cbcm Salzsäure und wässeriger Lösung von 82 gr Chlorbariuni. Man kocht die Mischung, filtrirt, prüft das Filtrat mit ein paar Tropfen verdünnter Schwefelsäure, ob nicht Baryt noch in Lösung sei. Ist dies der Fall, so fällt man mit noch etwas Magnesium- sulfatlösung. Das Bariumsulfat auf dem Filter wird gewaschen, das Waschwasser und Filtrat vereinigt auf kleines Volunaen eingedampft werden mit 165 gr Ammo- niumchlorid, 260 cbcm Ammoniak gemischt und das Ganze zu einem Liter Mischung verdünnt, einige Tage verschlossen stehen gelassen, dann nöthigenfalls filtrirt. {Fresenius, Anleitung zur quantit. Analyse 6. Aufl. L S. 403.) 314 Volumetrische Bestimmung der Phosphorsäure in Aschen. '210. noch weiterer Niederschlag geljildet wird. Ist dies der Fall, so ist der Niederschlag dem ersteren hinzuzufügen und mit einer Mischung von 10 Thl. Molybdänlösung, 2 Tbl. Salpetersäure von 1,2 spec. Gew. und 8 Thl. Wasser auszuwaschen. Enthielt die ursprüngliche Lösung sal- petrige Säure, so kann diese durch ICrhitzen vorher grösstentheils aus- getrieben und der zurückbleibende Kest derselben dm-ch ein paar Tropfen Ammoniak unschädlich gemacht werden. Der Niederschlag von phos- phormoly))dänsaurem Ammoniak wird dann auf dem Filter in wenig Am- moniak gelöst, das Filter mit verdünntem Ammoniak gewaschen, die Flüssigkeit nach Zusatz von etwas Ammoniumchlorid mit Magnesia- mischung gefällt, wie oben beschrieben ist, der Niederschlag getrocknet, geglüht und als pyrophosphorsaure Magnesia gewogen. Vohimetrisclie Bestimmung der Phospliorsäure in Aschen.*) 210. Essigsaures üranoxyd giebt mit phosphorsauren Verbindungen in essigsaurer Lösung einen hellgrauen, flockigen, unlöslichen Nieder- schlag von constanter Zusammensetzung, welcher 19,81 pCt. P2 O5 ent- hält und weder durch überschüssig zugesetztes essigsaures Uranoxyd noch durch Zusatz von Ferrocyankalium in seiner Zusammensetzung ge- ändert wird. Ferrocyankalium giebt in sauren üranoxydlösungen einen dunkel- braunen Niederschlag, der selbst bei ausserordentlicher Verdünnung dieser Lösungen noch deutlich wahrzunelimen ist. Auf diese beiden Ver- bindungen des Urans gründet sich die Titrnung der Phosphorsäure, zu deren Ausführung man ausser einer Auflösung von Ferrocyankalium (deren Gehalt man nicht zu kennen braucht) die folgenden drei Flüssigkeiten anzufertigen hat: ]. Eine Lösung von phosphorsaurem Natron von be- kanntem Pbosphorsäuregehalte. Das käufliehe pbosphorsaure Natron ist gewöhnlich oberflächlicli verwittert, man krystallisirt eine Portion aus heissem Wasser um, ti-ocknet die Krystalle gut ab, zerreibt sie, presst zwischen Fliesspapier, löst 10,085 gr davon abgewogen in Wasser und verdünnt diese Lösung, bis sie gerade 1 Liter beträgt, mit Wasser. Die so erhaltene Lösung soll in 100 CC. 0,2 gr P2 0,^ enthalten. Man misst von derselben 50 CC. ab, verdunstet in einer kleinen Por- cellanschale auf dem Wasserbade, erhitzt den Kückstand zum lebhaften Glühen, lässt erkalten und wägt. Wenn die Lösung den richtigen Titer *) Im Wesentlichen nach Neubauer, Neubauer und Vogel, Analyse des Harns 1876. 6. Aufl. S. IC,'.). Volumetrische Bestimmung der Phosphorsäure in Aschen. 210. 315 besitzt, so geben 50 CC. derselben nach Verdunsten und Glühen des Kückstandes 0,1874 gr phosphorsaures Natron. 2. Eine Lösung von Essigsäure und essigsaurem Natron. Man löst 100 gr ki-ystallisirtes essigsaures Natron in etwas Wasser, fügt 100 CC. starke Essigsäure hinzu und verdünnt die Mischung im Literkolben bis zum Volumen eines Liter. 3. Titrirte Lösung von essigsaurem üranoxyd. Man löst käufliches Uranoxyd oder kohlensaures Uranoxydnatron in einer besonders von brenzlichen Stofl"en freien Essigsäure und verdünnt diese Lösung etwas mit Wasser. Nachdem man gut gemischt hat, füllt man mit dieser Lösung eine Büi-ette, misst mit einer anderen Bürette 50 CC. der obigen Lösung von phosphorsaurem Natron ab, lässt sie in ein Becher- glas fliessen, fügt 5 CC. der Lösung von essigsaurem Natron und Essig- säiu-e hinzu, stellt das Becherglas auf ein Wasserbad, erhitzt dies zum Kochen des Wassers und lässt nun aus der Bürette tropfenweise die essigsaure Uranlösung dazufliessen, so lange man die weitere Bildung eines Niederschlages deutlich beobachten kann. Man bringt dann nach gutem Umrühren einen Tropfen der Mischung auf eine weisse Porcellan- platte und lässt auf derselben einen Tropfen Ferrocyankaliumlösung mit einem anderen Glasstabe daneben gebracht von der Seite hinzufliessen. Entsteht beim Zusammenfliessen der Flüssigkeiten keine Farbenver- änderung, so ist noch nicht alle Phosphorsäure ausgefällt, man fügt also wieder einige Tropfen Uranlösung hinzu, rührt gut um, bring-t wieder einige Tropfen der Mischung auf Porcellan mit einem Tropfen Ferrocyankaliumlösung zusammen u. s. w., bis endlich bei diesem Zu- sammenfliessen der Tropfen beider Flüssigkeiten eine leichte Braun- färbung an der Stelle, wo sie sich mischen, erkennbar mrd. Diese Braunfärbung rührt von der Bildung von Uranferrocyanid her und be- weist, dass bereits alle Phosphorsäm-e an Uranoxyd gebunden und noch ein geringer Ueberschuss von essigsaurem Uranoxyd in Lösung ist. Man liest jetzt ali, wie viel üranlösimg verbraucht ist, wiederholt die Prüfung mit Ferrocyankaliumlösung nach kurzem weiteren Erhitzen auf dem Wasserbade noch einmal; ist die Braimfärbung jetzt wesentlich stärker geworden, so wiederholt man die Bestimmung- mit einer neuen Portion von 50 CC. der Phosphorsäurelösung, indem man die üranlösung dies- mal vorsichtiger zusetzt, bis gerade nach einigem Erhitzen eine Probe der Mischung mit einem Tropfen Ferrocyankaliumlösung schwach braune Färbung giebt. Hat man auf diese Weise erfahren, wie viel Uranlösung erforderlich ist, um 0,1 gi* P2O5 zu fällen, so verdünnt man diese Lösung, bis 20 CC. derselben 0,1 gr P2O5 oder 1 CC. derselben 0,005 gr P0O5 entsprechen. 316 Volumetrische Bestimmung der Phospliorsäure in Aschen. 211. Es sei z. B. gefunden, dass 50 CC. der Phosphorsäurelösung 5,4 CC. der Uranlösung verbrauchten, bis die braune Endreaction er- schien, es mussten dann 14,6 CC. Wasser zu 5,4 CC. Uranlö.sung ge- setzt werden, um die richtige titrirte Uranlösung herzustellen, und wenn im Ganzen 240 CC. solcher concentrirter Uranlösung zu Gebote 240 14 6 ständen, so würde zu dieser Quantität ^7— ^ oder 648,9 CC. Wasser 0,4 zuzusetzen sein, um eine richtige titrirte Uranlösung zu erhalten, von der 1 CC. dann 0,005 gr PoO,, entspricht. 211. Die Bestimmung der Pliosphorsäure in Aschen lässt sich nun mit der titrirten üranlösung schnell ausführen, falls die Lösung der Asche frei von Eisenoxyd ist. Enthält aber die Asche Eisenoxyd, so neutralisirt man, falls nicht melir Eisenoxyd da ist als die Pliosphorsäure zu sättigen vermag (vergl. § 203. 1) die freie Salz- säure fast durch Ammoniak, fügt Vio 'lires Volumens von der obigen Lösung von Essigsäure und essigsaurem Natron hinzu, filtrirt den flockigen Niederschlag von phosphorsaurem Eisenoxyd ab, wäscht aus, trocknet den Niederschlag und liestimmt das phosphorsaure Eisenoxyd nach dem im vorigen Paragraphen angegebenen Verfahren. Das Filtrat durch Abdampfen ungefälir auf das frühere Volumen concentrirt titrirt man dann mit der Uranlösung. Ist in der Asche mehr Eisenoxyd als die Phosphorsäure zu sättigen vermag (vergl. § 203. 2) so ist das Eisen zunächst von der Phosphor- säure zu trennen, nach Ausfällung und Abfiltriven des Schwefeleisens das Filtrat mit kohlensaurem Natron zu neutralisiren, zur Trockne ein- zudampfen, der Rückstand zu glühen, nach dem Erkalten wieder in Wasser zu lösen und nun nach Zusatz von Vio Volumen der Essig- säure- und essigsauren Natronlösung mit Uranlösung zu titriren. Der Wasserauszug einer Asche kann stets ohne weitere Vorbereitung mit Essigsäuremischung versetzt und mit üranlösung titrirt werden. Diese Titrirung wird ganz in der nämlichen Weise ausgeführt, wie es oben zur Titerstellung der Uranlösung angegeben ist. Man stellt die zu titrirende Flüssigkeit nach dem Mischen mit Vio Volumen Essig- säuremischung aufs Wasserbad, eriiitzt dieses, lässt Uranlösung aus einer damit gefüllten Bürette zu der Flüssigkeit in kleinen Portionen einfliessen, so lange man eine weitere Vermehrung des Niederschlags dabei zu erkennen vermag; ist dies nicht mehr deutlich zu unter- scheiden, so ))ringt man nach gutem Umrühren einen Tropfen der Mischung auf einen Porcellanteller und lässt von der Seite einen Tropfen Ferro- cyankaliumlösung hinzutreten, fliessen die Trojifen zusammen, ohne dass sich Braunfärbung zeigt, so kann man wieder eine kleine Portion Uran- Bestimmung des Eisengehaltes der Aschen. 212. 317 lösung in die zu titrirende Flüssigkeit einfliessen lassen, umrühren und nun abermals in der angegebenen Weise mit FeiTOcyankaliumlösung prüfen u. s. w., bis endlieh der Tropfen anf Porcellan mit Ferrocyan- kalium eine braune Färbung erhält. Man liest dann ab, wie viel üran- lösung verbraucht ist und erhält dui'ch das Product der Anzahl der verbrauchten Cubikcentimeter mit 5 das Gewicht von PoOj in Milli- grammen, welches sieli in der Flüssigkeit befindet, deren Titiirung man ausgeführt hat. Man versäume nicht, noch ein paar Minuten auf dem Wasserbade zu erhitzen und dann abermals die Mischung in der angegebenen Weise mit Ferrocyankalium zu prüfen; ist jetzt die Braunfärbung zu stark, so wiederholt man die Titrirung mit einer neuen Portion der Asche- lösung unter vorsichtigerem Zusatz der Uranlösung. So umständlich die angegebenen Vorbereitungen zur Titrirung der Phosphor- säure in Aschen mit Uranlösung zu sein scheinen, erfordern sie doch einerseits nicht viel Zeit und dann ist die Titrirung selbst sehr schnell ausführbar; sie ist auch hinreichend genau. Ganz besonders ist diese Methode zu empfehlen, wenn ganze Reihen von Phosphorsäurebestimmungen in Aschen auszuführen sind. Die Vorbereitungen werden eigentlich allein umständlich in der Blutasche wegen der Anwesenheit von viel Eisenoxyd, in bei Weitem den meisten Aschen ist die Quan- tität des Eisenoxyds so gering, dass man die ganze Phosphorsäure der Asche ohne vorherige Trennung des phosphorsauren Eisenoxyds mit nicht bemerkbarem Fehler durch Titrirung bestimmen kann. Man verwendet zweckmässig zur Titrirung der Phosphorsäm-e eine Lösung, welche V4 bis Va gr Asche enthält, doch lässt sich darüber natürlich nichts völlig allgemeines vorschreiben. Die von Lieb ig zuerst empfohlene Titrirung der Phosphorsäure mit Eisen- chlorid steht der obigen mit Uranliisung weit an Genauigkeit nach. Von Maly*) ist eine alkalimetrische Titrirmethode für Phosphorsäure ange- geben, die in folgender Weise ausgeführt wird. Die nicht zu concentrirte Phos- phatlösung wird in einen Kolben gebracht, eine abgemessene aber überschüssige Portion von auf die Hälfte oder ein Viertel der Concentration verdünnter Normal- natronlauge hiuzufliessen gelassen, ein Tropfen concentrirte Corallinlösung und eine beliebige Quantität Chlorbariumlösung hinzugefügt, das Ganze erhitzt und dann mit auf V2 oder ','4 ihrer Concentratiun verdünnter Normalsalzsäure titrirt bis zur Neutralisation, also bis zum Verschwinden der Rosafärbung. Die Flüssigkeit ist während der Titrirung heiss zu erhalten. Bei diesem Verfahren wird die Phos- phorsäure als (P04)3 Ba., vollständig ausgefällt und der Niederschlag braucht nicht abfiltrirt zu werden. Die vom ausgefällten Barium abgetrennte Chlorqua-Jitität, welche an Na'rium gebunden ist, wird durch die Titrirung in leicht ersichtlich c-i Weise bestimmt. Bestiiiiiming: des Eiseugehaltes der Aschen. 212. Ist der Eisengehalt der Asche, welche zu untersuchen ist, so unbedeutend, dass die vorhandene Phosphorsäure das Eisenoxyd zu *) Zeitschr. f. anal. Chemie Bd. 15 S. 417. 318 Vohimptrische Bestimmung des Eisens mit Uebermangausänre. 213. sättigen vormag und duher die salzsaure Lösung der Asclie mit Am- moniak einen weissen Niedersclilag giebt, so ist es am Zwecdvmässigsten, das in Essigsiuire unlösliche pliospliorsaure Eisenoxyd von den übrigen Phosphaten durch diese Säure getrennt auf einem Filterchen zu sam- meln, zu trocknen, zu glühen und aus dem Ge^vichte dieses Nieder- schlages das Eisen zu lierechnen. Der Niederschlag unter den ange- gebenen Verhältnissen erlialten, besitzt stets die Zusammensetzung PFeOj und enthält hiernach 52,98 pCt. Fe203 oder 37,09 pCt. Fe. In dieser Weise bestimmt man am Einfachsten und hinreichend genau das Eisen in der Asche von Harn, Serum, Transsudaten, Secreten, vergl. § 209. Ist dagegen der durch Ammoniak in der salzsauren Lösung der Asche erhaltene Niederschlag röthlich gefärbt, also relativ zur Phos- phorsäure mehr Eisen vorhanden als der Formel PFe04 entspricht, z. B. in der Asche des Blutes oder der liluthaltigen Organe, so be- stimmt man den Eisengehalt am Bequemsten durcli Titrirung mit üeber- mangansäure nach dem folgenden Paragraphen. Statt dessen kann man auch, wie es der qualitative in § 203. 2. beschriebene Gang vorscln-eibt, das Eisen von Kalk, Magnesia, Mangan. Phosphorsäure trennen; man erhält es dann als Schwefeleisennieder- schlag. Man wäscht diesen Niederschlag mit schwefelammoniumhaltigcm Wasser aus und hält während des Auswaschens den Trichter mit einer Glasplatte bedeckt, löst darauf den Niederschlag in verdünnter Salz- säm-e, kocht die Lösung mit starker Salpetersäure, bis sie gelb uml klar geworden ist, filtrirt durch ein aschefi-eies Filter ausgeschiedenen Schwefel ab, und fällt im Filtrate durch üliersehiissiges Ammoniak das Eisenoxydhydrat. Digerirt man die Flüssigkeit einige Zeit auf dem Wasserbade, so scheidet sich das Oxydhydrat gut flockig aus, man sanmielt es auf kleinem aschefreien Filter, wäscht gut mit Wasser aus, trocknet das Filter mit dem Niederschlage, glüht heftig bei Luft- zutritt und wägt nach dem Erkalten über Schwefelsäure. Im ge- wogenen Eisenoxyd ist 0,7 des Gewichtes Eisen enthalten. Volunietrisehe Bestiminuug des Eisens mit Uebermangansäure. 213. Eisenoxydulsalze werden durch Uebermangansäure in Eisen- oxydsalze umgewandelt, während die uebermangansäure selbst in der sauren Lösung in Manganoxydulsalz übergeht. Hat man nun in einer Flüssigkeit keine anderen leicht oxydirbaren Substanzen, so kann man alles Eisen in Oxydulsalz durcli Keduction überführen, dann mit einer Uebermangansäurelösung von bekamitom Gehalte das Oxydul in Oxyd Volumetrische Bestimmung des Eisens mit üebermangansäure. 213. 319 tiberführen und aus der Quantität der verbrauchten Uebermangansäure- lösung berechnen, wie viel Eisen die Asche enthält. Für diese Titrirung sind nur Bm-ctten mit Glashahn ohne Kaut- schuk und ohne Fett verwendbar. Die Lösung von Permanganat stellt man dar durch Auflösen von ungefiihr 0,3 gr reinen krystallisirten übermangansauren Kalis in Wasser und Verdünnung der Lösung mit reinem destillirten Wasser auf 1 Liter. Die Lösung hält sich in reiner, mit Glasstopfen verschlossener Flasche unzersetzt, wenn sie von vorn herein rein war. Man fertigt ferner eine Lösung von Eisensulfat an durch Auflösen von ungefähr 0,5 gr reinen blanken Eisendraht (Blumendraht, unge- fähr 4 p. M. Kolüenstofl" enthaltend), genau gewogen, in verdünnter eisenfreier Schwefelsäure (die mit Wasser verdünnte Säure darf in eine massig concentrirte Lösung von Schwefelcyankaliumlösung getropft, keine Eothfärbung bewirken) in einem mit eingeriebenen Glaspfropfen verschliessbaren Kolben von wenigstens 300 CG. Rauminhalt auf dem Wasserbade. Man verdünnt die Lösung sogleich nach dem Erkalten auf bestimmtes Volumen (z. B. 300 CG.) bis zu einer Marke im Halse des Kolben mit frisch ausgekochtem Wasser. Zm- Eeduction des Eisenoxydsalzes in den Aschen zu Eisenoxydul- salz verwendet man am Besten eine Lösung von schwefeliger Säure, eingeleitet in Wasser bis zur Sättigung, die gleichfalls in einer Flasche mit Glasstopfen aufzubewahren ist. Man lässt dami aus einer Glashahnbürette 20 GG. der Eisensulfat- lösung in einen Kolben fliessen, der ungefähr 100 — 150 CG. ausge- kochten destillirten Wassers enthält, erhitzt zum beginnenden Sieden und lässt aus einer andern Glashahnbürette so lange von der Per- manganatlösung hinzufliessen, bis die Rosafärbung nicht alsbald mehr verschwindet und liest die verbrauchten Gubikcentimeter Permanganat- lösung ab. Dieselben entsprechen der Quantität Eisen in 20 CG. der Eisensulfatlösung von Ijokanntem Gehalte zu ihrer üeberfühnmg des Oxyduls in Oxyd. Ist dies Verhältniss festgestellt, so wird die Bestimmung des Eisen- gehaltes in der Asche ausgeführt. Für solche Bestimmung genügen von Blut 50 GG., von Harn, Galle, Milch und anderen Flüssigkeiten oder Organen ist dagegen die 4 — 10 fache Quantität zu verwenden. Die getrockneten Massen werden nach den in §§ 200 u. 201 gegebenen Vorschriften verascht; der salzsaure Auszug enthält das ganze Eisen. Derselbe wird in einer Platinschale mit überschüssiger reiner Schwefel- säure versetzt, über kleiner Flamme ohne Sieden verdampft und bis zum Beginn der Nebelbildung durch verdampfende Schwefelsäm-e er- 320 Bestimmung des Maugaus und der Kieselsäure. 214. hitzt. Der Eückstand in Wasser gelöst wird in einen Kolben gespült, mehrmals mit Wasser nachgewaschen , ungefähr 20 CC. Lösung schwefeliger Säure zugesetzt, zum Sieden erhitzt und so lange im schwachen Sieden erhalten, bis weder Lackmuspapier noch Geruch eine Spm- von schwefeliger Säure nachzuweisen vermögen. Dann wird Permanganatlösnng aus der Glashahnbürette so lange in einzelnen Portionen hinzugefügt, bis die Kosafärbung der Flüssigkeit beim Stehen in 10 — 20 Minuten nicht wieder verschwindet. Die Be- rechnung des Eisengehaltes in der untersuchten Substanz ist so einfach, dass sie nicht geschildert zu werden braucht. Eingehende Beschreibungen dieser Bestimmungsmethode mit zahl- reichen Cautelen vergl. in Huppert, Neubauer und Vogel, Anleitung zur qualit. und quantit. Analyse des Harns. 9. Aufl. 1890. S. 464. Bestiinniuag des Mangans und der Kieselsänre. 214. Der Gehalt thierisclier Aschen an Mangan ist meist zu un- bedeutend, als dass er ohne Verwendung sehr grosser Aschenmengen irgend genau bestimmt Averden könnte. Hat man das Mangan ent- sprechend dem § 203. 2 angegebenen Verfahren als Schwefelniangan gefällt, den Niederschlag auf kleinem Filter gesammelt oder besser durch Deeantiren von der Flüssigkeit getrennt, mit schwefelammonium- haltigem Wasser gewaschen, so bringt man ihn am Besten in ein Tiegelchen, trocknet und glüht bis zur völligen Veraschung des Filters. Nach dem Erkalten bestreut man die geglühte Masse mit etwas reinem Schwefeljiulver, bedeckt den Tiegel mit einem in seiner Mitte durch- bohrten Deckel, führt durch dies Loch die rechtwinklig umgebogene Spitze einer Glasröhi-e ein, die in den Tiegel hinabragend doch noch in genügendem Abstände von der Substanz am Boden des Tiegels sich befindet, leitet diu-ch diese Röhre getrocknetes Wasserstoffgas, welches man aus Zink und verdünnter Schwefelsäure bereitet und in einem Rohre mit Chlorcalciuui oder besser Natronkalk gefüllt trocknet, er- hitzt, wenn die Entwickelung einige Zeit im Gange ist, den Tiegel zum lebhaftesten Glühen, so dass aller überschüssiger Schwefel entfernt wird, lässt im Wasserstoffstrome erkalten und wägt. Das Mangan wird bei diesem Verfahren in Mangansulfür verwandelt*). Um die Kieselsäure in organischen Stoffen zu bestimmen, ist das Veraschen derselben in Platingcfässen vorzunehmen und möglichst voll- ständig die Kohle durch Glühen zu entfernen. Man übergiesst dann die Asche mit Salzsäure und digerirt bis zur Lösung, verdampft zur Trockne *) H. Rose in Pogg. Ann. Bd. HC S. 122. Bestimmung der Kohlensäure. 215. 32] und erhitzt auf dem Saiidbade über 100", bis keine sauren Dämpfe mehr entweichen, digerirt den Kückstand mit Salzsäure auf dem Wasserbade einige Zeit, verdünnt dann mit Wasser imd bringt die allein ungelöst bleibende Kieselsäure auf ein kleines Filter, wäscht gut aus, trocknet, glüht und wägt nach dem Erkalten über Schwefelsäure. Man prüft end- lich die gewogene Kieselsäure auf ihre Eeinheit durch Kochen mit massig concentrirter Lösung von kohlensaurem Natron (ist sie rein, so löst sie sich hierbei klar auf) oder besser durch Abdampfen in concentrirter Lösung mit etwas Fluorammonium und Erhitzen zum Glühen, wobei sich die Kieselsäure verflüchtigt und die vorhandenen anderen Stoffe gewogen werden können. Bestimmung der Kohlensäure. 215. In den Aschen der Organe oder Flüssigkeiten höherer Thiere findet sich nur wenig kohlensaures Salz und es kann beim Veraschen durch Phosphorsäure Kohlensäure aus der Verbindung ausgetrieben, kohlensaurer Kalk auch durch das Glühen in Calciumoxyd umgewandelt werden. Aschen, in denen kohlensaure Verbindungen bestimmt werden sollen, sind deshalb mit besonderer Vorsicht darzustellen. Zur Bestimmung der Kohlensäure kann in allen Fällen der in Fig. 2 abgebildete Apparat dienen. Die Substanz, von welcher der C02ge- halt bestimmt werden soll, wird in den Kolben A gebracht und etwas ausgekochtes destillirtes Wasser hinzugefügt, so dass nach Aufsetzen des Korkes die Einleitungsröhre mit der Oeffnung a unter dem Niveau des- selben steht. Die Hähne von Glas c und d sind vorläufig beide ge- schlossen. Das zunächst an den Kolben angefügte Chlorcaiciumrohr F ist grösstentheils mit Stücken von getrocknetem Clilorcalcium, von f bis m jedoch mit Bimsteinstücken, die mit Kupfervitriollösung getränkt und dann scharf erhitzt sind zur Entwässerung des Kupfervitriols, ge- füllt. An dies Chlorcaiciumrohr ist der Liebig'sche Kalikugel- apparat G und hieran das ü-röhrchen H, gefüllt mit Aetzkalistückchen, angefügt. Die Apparate G und H, der erstere mit Kalilauge von 1,27 spec. Gew. in passender Weise gefüllt, sind vor dem Versuche ge- nau zu wägen. Die Flaschen K und M enthalten Chlorcalciumstücke und die U- röhren J und L enthalten Natronkalk in kleinen Körnern. Diese Apparate ML und KJ verhindern, dass Kohlensäure von aussen in den Apparat gelangen kann, wenn Luft in der einen oder anderen Eichtung hineindringt; die Apparate KJ verhindern zugleich den Zutritt von Feuchtigkeit aus der Luft zu den Kalistücken im Kohr H. Ist nun die Substanz in A mit Wasser eingebracht und sind durch Kautschukröhrchen die Apparate mit einander verbunden, die Enden der Hoppe-Seyler. Analyse. 6. Aufl. 21 322 Bestimmung der Kolilensäure. 215. 3 c»3' 'llPi'S|!!^lil!i|ilii!il!ftiiii.s BestaiuUheile des Harns im normalen und pathologischen Zustande. 216. 323 Röhren n und o aber offen, so giesst man eine genügende Quantität reine starke Salzsäure in die Glasliabnbürette B, deren Hahn geschlossen ist und deren verlängertes unteres Ende durch den Kautschukstopfen gesteckt in den Hals des Kolben A hinreichend tief hineinragt. Man lässt dann tropfenweise durch vorsichtiges Oeffnen des Hahns c Salz- säure in den Kolben A fallen, bewegt den Kolben etwas, wartet einige Zeit, wenn sich noch Gasblasen aus der Flüssigkeit entwickeln, lässt dann von Neuem einige Tropfen Salzsäure in den Kolben fliessen, bis keine weitere Gasentwickelung mehr zu bemerken ist. Jetzt erhitzt man den Kolben A sehr langsam, allmälig aber bis zum Sieden der Flüssigkeit, öffnet dann schnell den Hahn d, indem man die Flamme entfernt, verbindet den Kautschukschlauch n mit einem Aspirator und saugt langsam Luft durch die ganze Eeihe der Apparate hindurch, bis das aus dem Aspirator abgelaufene Wasser ungefähr das 10 — 15fache Volumen des Kolben A ausmacht. Dann werden die Kaliapparate G und H abgenommen und gewogen ; ihre Gewichtszunahme ist das Ge- wicht der in der Substanz enthaltenen Kohlensäure. Es ist besonders darauf zu achten, dass das Erhitzen der Flüssig- keit im Kolben A so langsam geschieht, dass der entweichende Luft- strom langsam durch die Kalilauge geht, dass man nur soweit das Sieden unterhält, bis sich etwas Wasser in der Kugel des Chlorcalcium- rohrs F niederschlägt und dass man dann schnell den Hahn d öffnet, indem man die Flamme entfernt. Der Apparat kann zu allen verschiedenen erforderlichen Kohlen- säurebestimmungen dienen, die Resultate sind genau und die Operation einfach und leicht ausführbar. Die Füllung der Apparate kann meist für mehrere Bestimmungen hinter einander dienen. 2. Untersüchnng des Harns. Bestandtheile des Harns im normalen und pathologischen Zustande. 216. Mit Ausnahme der Vögel und der beschuppten Am.phibien ist der Harn der sämmtlichen Wirbelthiere und ebenso der des Menschen im Wesentlichen eine Lösung von Harnstoff' und anorganischen Stoffen, unter denen das Chlornatrium am Meisten vorherrscht. Bei einer nicht unbedeutenden Anzahl von Püanzenfressern, besonders Säugethieren, enthält der Harn neben Harnstoff noch reichliche Quantitäten von Hippursäure, die bei Menschen und Fleischfressern entweder ganz fehlt oder nur in Spuren angetroffen wird ; bei Vögeln und beschuppten Am- phibien stellt der Harn einen Brei von Harnsäm-e und harnsauren Salzen 324 Geruch, Klarheit, Fluorescenz, Consistenz, spec. Gewicht. 217. dar und der Harnstoff findet sich darin meist nur in Spuren. Neben den reiclilicli entlialtenen genannten Stoffen^ finden sicli im Harne des Menseben und der Säugetbiere, so weit bis jetzt derselbe binreicbend untersucht ist, noch geringe Quantitäten von Glucose, eines anderen Kohlehydrats, Glycerinphospborsäure, Kreatinin, Nucleinbasen, Inosit, Aetherschwefelsäuren aromatischer Substanzen wie Phenol, Kresol, Brenz- catechin, Indoxyl, Skatoxyl, ferner Hydroparacumarsäure, Paroxyphenyl- essigsäure, eines oder mehrerer den Harn gelb färbender Stoffe, die noch nicht näher bekannt sind, und etwas Schleim; von anorganischen Stoffen enthält der Harn ausser Chlornatrium noch die Phosphate von Natron, Kalk, Magnesia und schwefelsaures Alkali als constante Be- standtheile, seltener und nur bei Pflanzennahrung auch kohlensauren Kalk. Ammoniaksalze fehlen, wie es scheint, im Harne nie ganz, doch ist im normalen Zustande ihre Quantität nur sehr gering. Während des Fötalzustandes scheiden Menschen und Kinder, ebenso wie einige Tage nach der Geburt, Allantoin im Harne aus. Dasselbe ist auch im Harne erwachsener Thiere nicht selten gefunden. Ausser diesen normalen Bestandtheilen kann der Harn in Krankheiten noch folgende Stoffe enthalten: Albuniinstoffe, Methämoglobin, Gallenfarbstoffe, Gallensäuren, Milchsäure, Acetessigsäure, Oxy buttersäure , Penta- und Tetram ethy- lendiamin, Leucin, Tp-osin, Cystin, Inosit (auch oft im normalen Uiin), Fette, Lecithin. Spuren von Fermenten, z. B. Pepsin, sind gleichfalls im Harne gefunden. Der normale und auch die meisten pathologischen Harne erhalten sich in reinen Gefössen bei kühler Temperatur mehrere Tage ziemlich unverändert, wenn nicht Spaltpilze oder Hefezellen hineingelangen. Allgemeine Eigenschaften des Harns. Geruch, Klarheit, Fluorescenz, Consistenz, spec. Gewicht. 217. Der Geruch des Harns von Menschen und Thieren ist noch nicht auf bestimmte chemische Stoffe zurückgeführt. Nachdem die Zer- setzung des Harns durch Fäulniss begonnen hat, erhält der Harn stets einen deutlich ammoniakalischen Geruch, weil bei der Zersetzung des Harnstoffs Aetzammoniak entweicht. ^ Der frisch gelassene normale Harn von Menschen und fleisch- fressenden Säugethieren erscheint klar und durchsichtig, setzt aber doch nach kürzerem oder längerem Stehen ein Wölkchen von Schleim ab, in dem sich (beim Menschenharn meist) bald einzelne mikro- skopische Octaeder von oxalsaurem Kalke einfinden. Ist der Harn ge- trübt, so lässt man ihn einige Stunden, am Besten in einem Spitz- gläschen, an einem kühlen Orte stehen, giesst dann vom Sedimente ab Farbe des Harns. 218. 325 und prüft Sediment und die nöthigenfalls noch filtrirte Flüssigkeit ge- trennt. Hinsichtlicti der Sedimente vergl. § 257 und die folgenden Paragraphen. Der Harn von Pflanzenfressern ist meist mein- oder weniger trübe durch Niederschläge von oxalsaurem oder kohlensaurem Kalk und Schleim. Ausser der geringen Trübung, welche die suspendirten schleimigen Massen auch im normalen Harne erzeugen, zeigt der Harn von Menschen und Säugethieren meist auch eine bemerkbare wahre weissliche Flu- orescenz; man weiss jedoch nicht, durch welche Stoffe dieselbe be- wirkt wird. Die Consistenz des Harns von Menschen und den meisten Säuge- thieren ist die einer gut tropfbaren Flüssigkeit; er besitzt weder Zähig- keit noch Klebrigkeit, pathologisch wird der Harn zuweilen gallertig durch reichliche Schleimbeimengung mit oder ohne Albumingehalt bei Blasenkatarrhen. Eine eigenthümlich zähe, schleimige Beschaffenheit zeigt häufig bei völliger Klarheit der Pferdeharn, so dass er beim Aus- fliessen aus einem Gefässe sich in langen Fäden hinabzieht. Beim Kochen wird dieser Harn getrübt unter Ausscheidung von kohlensaurem Kalk und büsst dabei viel von seiner Zähigkeit ein. Solcher Pferdeharn enthält viel Schleim, ebenso wie der menschliche Harn bei Blasen- katarrh. Mit Luft geschüttelt bildet der normale menschliche Harn Schaum, der in Kühe bald wieder verschwindet, ist der Harn dagegen eiweiss- haltig oder enthält er viel Schleim, so bildet sich beim Schütteln ein feinblasiger langbleibender Schaum. Das spec. Gewicht des Harns, welches stets am Einfachsten mittelst des Ai'äometers geprüft wird, schwankt bei menschlichen Harnen zwischen 1,000 und 1,050; Hundeharn kann bis über 1,060 spec. Gewicht haben; das durchschnittliche spec. Gewicht des mensch- lichen Harns mag etwa 1,014 betragen. Zeigt ein Harn sehr hohes spec. Gewicht, so ist Diabetes zu vermuthen, ist dagegen diese Krank- heit nicht vorhanden, so zeigt das spec. Gewicht im Ganzen Steigen und Fallen mit dem Harnstoffgehalt des Harns und mit dem Gehalte an Chlornatrium. Farbe des Harns. 218. Ein mehr oder weniger gesättigtes Gelb ist die Farbe des normalen Harns von Menschen und fast allen Thieren, soweit dieselben überhaupt flüssigen Harn liefern; Pferde- und Rinderharn ist fast immer dunkler bräunlich gefärbt. 326 Farbe des Harns. 218. Eine sehr blasse Färbung zeigt der menschliche Harn bei grosser Verdünnung z. B. bei Diabetes, Chlorose und Hydrämie, chronischen Rückenmarkskranldieiten. Eine dunkle bräunliche bis schwarze Farbe des Harns kann nicht wohl bedingt sein durch reichlichen Gehalt an normalen Harnfarb- stofFen, aber auch ein ganz normal gefärbter Harn kann beim Stehen dunkler, obwohl höchstens hellbraun gefärbt werden. Nach Einführung von Phenol, Kresol, Brenzcatechin wird der Harn dunkelbraun, ebenso durch Gerbsäuren, Indol. Bei Alcaptonurie färbt sich der Harn beim Stehen dunkel. Auch durch Gallenfai-bstoife, dm-ch Methämogiobin (Vergiftung mit Arsenwasserstoff, Hämaturie der Rinder), auch durch Hämatoporphyrin kann sehr dunkle Färbung des Harns bedingt sein. Beim Eindampfen in der Hitze wird die Farbe des Harns meist dunkler. Eothe Farbe bekommt der Harn oft in Digestionsstörungen und fieberhaften Krankheiten durch reichlichen Gehalt an ürobilin. Diese Eothfärbung der Flüssigkeit ist zu unterscheiden von einer durch mikro- skopische Untersuchung der Sedimente leicht zu entdeckenden Eoth- färbung des Harns durch Blutkörperchen. Auch dm-ch Chrysophansäm-e (Ehabarber, Sennesblätter) wird der Harn mehrere Tage nachher roth gefärbt, wenn er alkalisch ist; auf Zu- satz überschüssiger Säm-e wird er aber in diesem Falle sofort goldgelb und diese Veränderung der Farbe tritt nicht ein, wenn die Eöthe durch die § 154 beschriebenen Farbstoffe bewirkt ist. Eine gelbgrüne oder grüne Färbung zeigt der Harn oft bei Gelbsucht wegen Gehalt an Gallenfarbstoffen. Eine blaue Färbung auch blaues Häutchen mit rotliem me- tallischen Glanz oder Sediment von dieser Farbe wird im Harne wohl nur durch Bildung von Indigo aus Indoxylschwefelsäure und Indoxyl- glucuronsäure erzeugt; der frische Harn zeigt nie diese Färbung. Zur relativen Feststellung des Gehaltes der Harne an Harnfarbstoflf hat Vogel*) ein Verfahren angegeben, das jedoch so lange noch ziem- lich nutzlos erscheinen muss, bis man etwas über die normalen färben- den Bestandtheile des Harns weiss. Zur Vergleiclmng zweier Harne Jiinsiclitlich der Farbe kann man sich am Besten viereckiger Glasflaschen von gleichem Durchmesser be- dienen. Durch Verdünnung eines gemessenen Volumen von dunklerem Harne mit gemessenen Wassermengen aus einer Bürette, bis der so ver- *) Huppert, Neubauer u. Vogel, Anl. z. Aual. d. Harns. 9. Aufl. 2. Ab- theilung (Thomas) S. 55. Reaction des Harns. 219. 327 dünnte Harn in gleicher Dicke der Schicht im durchfallenden Liilite be- trachtet dem anderen Harne an Farbenintensität gleich geworden ist, kann man bei gleicher Durchsichtigkeit beider Harne einen Ausdruck für die Sättigung ihrer Farbe erhalten. Reaction des Harns. 219. Die Eeaction des Harns ist im Ganzen abhängig von der Nahrung, sie ist sauer bei Menschen und Thieren während des Hanger- zustandes und bei Fleischkost, neutral oder alkalisch bei vegetabilischer Nahrung. Der frisch gelassene Harn von Menschen und Fleischfressern verdankt die saure Eeaction, so lange er frisch ist, seinem Gehalte an saurem phosphorsauren Alkali; beim Stehen verringert sich meist allmälig der Säuregrad, während zugleich, wie oben erwähnt ist, die Färbung dunkler wird, sich Epithclreste und oft auch Harnsäure ab- setzen. Wenn man sich überzeugen will, ob die saure Reaction eines Harns ausser dem sam'en Phosphat noch von freien nicht flüchtigen organischen Säm-en bewirkt wird, fällt man den Harn mit einem grossen Ueber- schuss von Alkohol, filtrirt, verdampft bei massiger Erhitzung in flacher Schale auf dem Wasserbade zum sehr kleinen Volumen, fällt nochmals mit absolutem Alkohol und prüft das wieder verdunstete Filtrat mit Lackmus. Die Untersuchung auf flüchtige fette Säuren im Harne wird nach dem § 34 angegebenen Verfahren ausgeführt. Rührt die saure Eeaction des Harns nur von sauren Phosphaten her, so nimmt das Al- koholextract keine saure Reaction an, während der durch den Alkohol gefällte Niederschlag mit Wasser befeuchtet intensiv sauer reagirt. Alkalische Reaction des Harns kann bewirkt sein durch phosphor- saures Natron (PHNa204) oder kohlensaures Natron oder Ammoniak. Ist letzteres die Ursache, so bläut sich ein über dem Harne aufgehängter, vorher angefeuchteter rother Lackmuspapierstreifen binnen kurzer Zeit, ist dagegen kohlensam-es Nati'on die Ursache, so giebt der durch Ab- dampfen stark concentrirte (und wenn ein Niederschlag sich gebildet hat, filtrirte) Harn mit Salzsäure Aufschäumen durch Entweichen von Kohlensäure. Lässt man kleine Mengen eines durch Ammoniak al- kalisch reagii'enden Harns in flacher Schale oder auf Papier an der Luft verdunsten, so tritt im Rückstand oft intensiv saure Reaction ein. Beim Sieden verliert der Harn stets Ammoniak und die Reaction wird sauer. Zur Bestimmung des Säuregrades vom Harne kann man sich einer titrirten sehr verdünnten Natronlauge bedienen, die man zu einem 328 Bestimmung der festen Stoffe des Harns. 220. gemessenen Volumen Harn so lange aus einer Bürette zufliessen lässt, bis Lackmuspapier durch das Gemiscli gerade violett gefärbt erscheint. Eine solclic verdünnte Natronlauge erhält man entweder sehr ein- fach dadurch, dass man die M ehr' sehe Normalnatronlauge, von welcher 1 CC. 0,031 gr NaoO entspricht (vergl. § 222 Anmerkung) auf Vio ihrer Concentration verdünnt, oder man löst 10 gr reine trockene Krystalle von Oxalsäure in Wasser, verdünnt zu einem Liter Lösung und fertigt sich nun eine verdünnte Natronlauge an, von welcher 10 CC. gerade 10 CC. dieser Oxalsäurelösung neutralisiren , so dass einige Tropfen zugefügter Lackmustinctur oder besser Blauholztinctur gerade violett gefärbt werden. Um nun die Bestimmung des Säuregrades eines Harns auszuführen, misst man von demselben 100 CC. in ein Becherglas ab und lässt aus einer Bürette die Natronlauge zufliessen, bis Lackmuspapier durch die Mischung weder blau noch roth, sondern violett gefärbt wird. Die Prüfung mit Lackmuspapier ist dem Zusatz der Tinctur vorzuziehen, weil die gelbe Farbe des Harns die Genauigkeit der Unterscheidung des bei der Neutralität eintretenden Farbenwechsels erheblich beeinträchtigt und überhaupt die Beobachtung der Aenderung der Farbe auf weissem Papier sicherer ist. BesHnimung der festen Stoffe des Harns. 220. AVenn man Harn auf dem Wasserbade verdunstet, so erhält man einen syrupartigcu Rückstruul, der nie völlig trocknet und fortdauernd Spuren von jVm- moniak entwickelt. Die Ursache der Ammoniakentwickelung ist die Einwirkung des saureu Natrouphosphats auf den Harnstoff in sehr concentrirter Lösung; der Harnstoff' wird nämlich beim starken Eindampfen der wässerigen Lösung durch dies Salz zerlegt zu Kohlensäure und Ammoniak, Ammoniak verbindet sich mit dem Phosphat zu PNa(NH4)204, aber diese Verbindung zerlegt sich fortwährend wieder bei 100° unter Entwickelung von Ammoniak. Um nun trotz dieser unvermeidlichen Zersetzung eine Vorstellung vom trock- nen llückstande des Harns zu erhalten, hat Neubauer folgende Methode an- gewendet: Durch ein cylindrisches aus Blech gefertigtes Wasserbad geht in der Mitte senkrecht zur Axe des Cylinders ein Blechrohr von 2V2 bis 3 cm Durch- messer, in welches ein Glasrohr eingeschoben werden kann, in dem sich wieder ein Porzellanschiffchen befindet. Das Porzellanschiffchen ist zu '/a ^i' nicht zu kleinen Glassplittern gefüllt, und ist etwa 7 bis 8 cm lang und 1,4 cm breit. Die Glasröhre, in dem sich das Schiffchen befindet, ist an einem Ende zu einer feine- ren längeren Köhre ausgezogen, die rechtwinklig gekrümmt und nach abwärts durch den doppelt durchbohrten Kork in einen Kolbon, der ein abgemessenes Volumen titrirter Schwefelsäure enthält, eintritt und unter dem Niveau der Säure mündet; in die andere Bohrung des Korkes ist ein Glasröhrchen, welches den Luftraum im Kolben mit einem Aspirator verbindet, eingefügt. Das andere Ende der Glasröhre, welche das Porzellanschiffchen enthält, ist durch einen Kork ver- schlossen, in welchem eine mit Chlorcalciumstücken gefüllte Röhre eingesteckt ist. Aufsuchung der einzelnen anorganischen Stoffe im Harn etc. 221. 329 Man trocknet zunächst das Porzellanschiffchen mit den Glasstückeu und wägt es in einer Röhre, die mit einem mit Stanniol überzogenen Korke verschlossen ist, lässt dann genau 2 CC. Harn aus einer feinen Pipette in das Schiffchen fliessen, schiebt dies in die oben beschriebene an einem Ende ausgezogene Röhre, ver- schliesst letztere, heizt das Wasserbad und lässt einen massigen Luftstroni etwa 3 Stunden erst durch das Chlorcalciumrohr, dann über das SchilTchen mit Harn, von da durch das Kölbchen mit titrirter Säure hindurchgehen, wägt darauf wieder das Schiffchen mit dem Harnrückstand in demselben Glasrohre, in dem es vor der Einbringung des Harns gewogen war. Man spült nun das Glasrohr, in welchem das Schiffchen erhitzt wurde, mit Wasser aus und lässt dies Spülwasser in das Kölbchen mit Schwefelsäure einfliessen, nimmt dann dies Kölbchen ab, fügt etwas Lacknmslösuüg zur enthaltenen Schwefelsäure, bestimmt mit einer sehr verdünnten Natronlauge, wie viel Schwefelsäure während des Trocknens durch Ammouiak neu- tralisirt ist, und berechnet hieraus die Menge des zersetzten Harnstoffes. Der im Schiffchen gewogene feste Rückstand des Harns addirt zur Quantität von Harnstoff, welche dem in der titrirten Schwefelsäure gefundenen Ammoniak entspricht, giebt dann den wirklichen Ausdruck für das Gewicht der in 2 CC. Harn gelösten Stoffe. Da es im Ganzen selten von Belang ist, zu wissen, wie viel Wasser und wie viel feste Stoffe ein Harn enthält, möge diese kurze Darstellung der umständlichen Methode genügen, deren genauere Beschreibung in der Anleitung von Huppert, Neubauer und Vogel, 9. Aufl. S. 430 zu finden ist. Aufsuchung der einzeluen anorganischen Stoffe im Harn ohne vorhergehende Veraschung. 221. Die Untersuchung auf die einzelnen feuerbeständigen an- organischen Stoffe kann in vielen Fällen ohne weitere Vorbereitungen im frischen Harn vorgenommen werden. Enthält der Harn Albumin- stoffe, so werden dieselben vorher durch Kochen unter Zusatz von etwas Essigsäure entfernt und nun das Filtrat untersucht. Bei dieser Behandlung bleibt aber ein Theil der phosphorsauren Erden im Coagu- lum und kann nur nach Veraschung desselben aufgefiinden werden. Der qualitative Nachweis von Schwefelsäure, Phosphorsäure, Chlor, Kalk u. s. w. kann dann in der in den §§ 202 und 203 geschilderten Weise ausgeführt werden, nur hat man sich bei den meisten der er- haltenen Niederschläge zu vergewissern (durch Glühen derselben auf Platinblech), ob sie nicht Harnsäure, harnsaures Ammoniak, Hippur- säm-e, Schleim enthalten. Speciell das Verhältniss der Phosphorsäure zu den Basen kann man dadurch ermitteln, dass man den Harn mit Aetzammoniak fällt; phos- phorsaurer Kalk und phosphorsaure Magnesia-Ammoniak werden gefällt; diejenige Portion Phosphorsäure, welche durch diese Basen nicht gesät- tigt ist, bleibt in Lösung und kann nach Abfiltriren jener Nieder- schläge und Concentration des Filtrats durch Abdampfen durch Zusatz von ammoniakalischer Magnesialösung gelallt werden. Auf Kalium prüft man den Harn durch Fällung mit Platinchlorid 330 Untersuchung des Harns auf Ammoniak etc. 222. unter Zusatz von Alkohol und Untersuchung des durch Filtration oder Abgiessen getrennten Niederschlags mit dem Spectralapparate. Der Niederschlag enthält nämlich stets Ammoniak und seine Entstehung im Harne ist also für sich allein kein genügender Nachweis des Kalium, vergl. folgenden Paragraphen. Natrium enthält jeder Harn, dagegen fehlt in pathologischen Harnen öfter das Chlor. Giebt ein Harn mit Salpetersäure und salpetersaurem Silberoxyd keinen Niederschlag, so ist er frei von Chlor. Untersuchuug des Harns auf Aninioniak und quantitative Bestimmung desselben. 222. Enthält ein Harn frisch gelassen bereits Krystalle von phos- phorsaurer Magnesia-Ammoniak, so ist nicht daran zu zweifeln, dass er reich an Ammoniak ist; dasselbe ist dann auch durch den Geruch nach- zuweisen, und der Harn entwickelt mit Säure gemischt reichlich Kohlen- säure. Ein solcher Harn wird aber nur dann entleert, wenn bereits in der Blase Fäulniss des Harns eingetreten ist. Um in einem neutral oder sauer reagirenden Harne Ammoniak- salze nachzuweisen, versetzt man denselben mit etwas Alkohol, filtrirt, wenn ein Niederschlag entsteht, fügt zum Filtrat einige Tropfen Platin- chlorid, lässt einige Stunden stehen, giesst die Flüssigkeit von den ausgeschiedenen Platindoppelsalzen ab, spült den Niederschlag mit etwas Spiritus ab und prüft ihn nach dem Trocknen in einem gleich- falls getrockneten Kölbchen durch Erhitzen. Enthält er Ammonium- platinchlorid, so sublimirt beim starken Erhitzen Salmiak, der sich weiter oben im Eöhrchen als weisse, aus feinen federartigen Nadeln bestehende Masse niederschlägt. Man kann ferner noch kürzer den Harn auf Ammoniak prüfen, in- dem man denselben mit einer Mischung von Bleizuckerlösung und Blei- essig fällt, filtrirt und das Filtrat in der Kälte in einem Kolben mit Kalkmilch versetzt, den Kolben mit einem Stopfen verschliesst, an dem ein angefeuchteter Streifen Curcumapapier befestigt ist, welcher die Flüssigkeit noch nicht berührt. Man lässt einige Zeit stehen und be- obachtet dann, ob Bräunung des Papiers eingetreten ist; sie tritt wohl immer wenigstens in geringem Grade ein. Zur ciuantitativen Bestimmung des Ammoniak im Harne hat Neubauer folgendes Verfahren von Schlösing empfohlen: Unter eine Glasglocke, die mit abgeschlüfenem Rande auf einer Glasplatte mit etwas Talg luftdicht aufgesetzt wird, bringt man eine Schale mit 10 CC. Untersuchung des Harns auf Ammoniak etc. 222. 331 titrirter Schwefelsäui-e*), darüber setzt man ein Dreieck von Glas und auf dieses eine etwas kleinere Schale enthaltend 10 oder besser 20 CC. des zu prüfenden zuvor filtrirten Harns mit 10 CC. Kalkmilch unmittelbar vor dem Einbringen versetzt. Das Ganze lässt man nun 3 Tage, bei sehr concentrirten Harnen 5 — 8 Tage ruhig stehen. Man prüft dann, wie viel Natronlauge die 10 CC. Schwefelsäure in der Schale weniger ver- brauchen bis zur neutralen Reaction, als der Titer der Lauge und der Säure ergab, und berechnet daraus die Quantität Aetzammoniak, welche aus dem Harne in die Säure übergetreten ist. Jeder Cubikcentimeter Normalnatronlauge, welcher weniger als 10 verbraucht wird, entspricht 17 Milligr. NH3. *) Zu dieser Bestimmung des Ammoniakgchaltes, ebenso zu der des festen Rückstandes im Harne § 220, ferner zur Bestimmung der freien Säure im Harne kann die Normalsäure von Molir und die ilir entsprecliende Natronlauge in An- wendung gezogen werden. Man fertigt dieselben zweckmässig in folgender Weise an: 1) 53 gr trockenes reines kohlensaures Natron, wie man es durch Erhitzen von doppelt kohlensaurem Natron leicht erhält, werden abgewogen, in Wasser ge- löst und zu 1 Liter Lösung verdünnt. Man verdünnt nun 2) eine Portion reiner Schwefelsäure mit etwa dem 20 fachen Volumen Wasser, indem man erstere in letzteres eingiesst, und fertigt endlich 3) eine verdünnte Natronlauge an, indem man am Besten frisch aus kohlensaurem Natron und Kalkmilch bereitete Lauge durch Decantiren gut von Kalk befreit oder eine concentrirtere Lauge zunächst bis zu etwa 1,10 spec. Gew. mit Wasser verdünnt. Man lässt 10 CC. der obigen Soda- lösung aus einer Bürette in einen kleinen Kolben fliessen, fügt einige Tropfen Lackmus- oder Blauholztinctur und dann aus einer zweiten Bürette 20 CC. der verdünnten Schwefelsäure hinzu, erhitzt zum Kochen, um die Kohlensäure völlig auszutreiben und lässt nun aus einer dritten Bürette von der obigen Natronlauge in kleinen Portionen so lange zufliessen, bis die Farbe der Flüssigkeit nach dem ümschütteln gerade bleibend violett geworden ist. Man liest nun ab, wie viel Natronlauge man verbraucht hat und wiederholt dann denselben Versuch, indem man aber 20 CC. Sodalösung dazu abmisst. Waren beim ersten Versuche 14,4, beim zweiten 5,7 CC. Natronlauge verbraucht, so entsprechen 14,4 — 5,7 oder 8,7 CC. Natronlauge gerade 10 CC. der Sodalösung; es sind also je 8,7 CC. dieser Lauge mit 1,3 CC. Wasser zu verdünnen, um ihr gleichen Natrongehalt zu geben. Ist somit die Normalnatronlaugo angefertigt, so misst man 10 CC. von der verdünnten Schwefelsäure ab, versetzt mit ein wenig Lackmus- oder Blauholztinctur und lässt aus einer Bürette die Normalnatroulauge so lauge in kleinen Portionen zufliessen, bis die Neutralität erreicht ist. Sind nun hierzu z. B. 14,7 CC. verbraucht, so hat man je 10 CC. der Schwefelsäure mit 4,7 CC. AVasser zu versetzen, um die Nor- malschwefelsäure, d.h. eine verdünnte Schwefelsäure von 49 gr SH2O4 im Liter zu erhalten, von welcher 1 CC. gerade 1 CC. der Normalnatronlauge, welche 31 gr Na,0 im Liter enthält, entspricht. 1 CC. dieser Normalflüssigkeiten entspricht genau 0,017 gr NH3; sie entsprechen im Liter in Grammen, im Cubikcentimeter in Milligrammen den Mischungsgewichten der Säuren und Basen und es ist daher leicht damit zu rechnen. Die Anfertigung der Flüssigkeiten ist leicht und schnell auszuführen und wenn dieselben gut verschlossen aufbewahrt werden, bleiben sie lange Zeit unverändert. 332 Bestimmung der Schwefelsäure im Harne nach Baumann. 223. Die Bestimmungen von Salkowski und Munk^) haben für die Untersuchungen des Menschen-, Hunde- und Kaninchenharn ergeben, dass diese Methode gute Resultate liefert. Die Verwendung von Soda- lösung an Stelle der Kalkmilch ist durchaus zu verwerfen. Für gewisse Fälle eignet sich die etwas umständlichere Methode von Schmiedeberg2), nach welcher 200 CC. des Harns mit über- schüssigem Platinchlorid und dem 5—6 fachen Volumen Alkohol und Aether versetzt, 24 Stunden stehen gelassen, abfiltrirt und getrocknet, dann mit Zink und Salzsäure reducii-t werden. Man filtrirt jetzt, destillirt das Filtrat mit überschüssiger Magnesia, fängt das über- gehende Ammoniak in bestimmter Quantität Normalschwefelsäure auf, verdampft die gesammte Flüssigkeit in der Vorlage auf kleineres Vo- lumen und titrirt dann mit Normalnatronlauge bis zur Neutralität. Bestimnnins der Schwefelsäure im llarue nach Baumann^J. 223. Für die Bestimmung des Schwefelsäuregehaltes im Harne sind etwa vorhandene Alburainstoffe zunächst durch Aufkochen einer gemessenen Portion von 100 CC. unter Zusatz einiger Tropfen Essigsäure bis zur guten Klärung, Filtriren und Auswaschen des Niederschlags zu entfernen. Ist der Harn ursprünglich eiweissfrei, so sind 50 bis 100 CC. davon genau abzumessen, mit dem gleiclien Volumen Wasser zu ver- setzen (dieser "Wasserzusatz ist bei dem von Eiweiss befreiten Harne wegen des Waschwassers nicht nöthig), mit Essigsäure anzusäuern, mit Chlorbarium in massigem Ueberschusse zu versetzen, auf dem Wasser- bade zu digeriren, bis der Niederschlag sich gut abgesetzt hat, dann zu filtriren durch ein mit verdünnter Salzsäure, dann mit Wasser ge- waschenes Filter, der Niederschlag auf dem Filter zu sammeln, zuerst mit Wasser, dann mit verdünnter Salzsäure, zuletzt wieder mit Wasser das Bariumsulfat zu waschen, zu trocknen, im Platintiegel zu glühen und zu wägen. Die gesammten Filtrate vereinigt, werden noch mit etwas Salzsäure versetzt und erhitzt, bis der bei genügend vorhandenem Chlorbarium neu entstandene Niederschlag von Bariumsulfat sich gut abgesetzt hat. Der letztere wird dann gleichfalls auf einem mit Salz- säure gewaschenen Filter gesammelt, zuerst mit Wasser, dann zur Ent- fernung harziger Substanzen mit Alkohol gewaschen, getrocknet, ge- glüht und gewogen. Dieser zweite Niederschlag ergiebt die Quantität der im Harne als aromatische Aethei'schwefelsäure enthaltenen Schwefelsäure (B) und der ') Arch. f. pathol. Anat. Bd. GD S. 365. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2 S. 35. '■') Arch. f. exper. Pathol. u. Pharm. Bd. 7 S. 148. 3j Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 1 S. 70. Bestimmung des Chlorgehaltes im Harne. Methode von Volhard. 224. 333 erste Niederschlag von Bariumsulfat die Menge der Schwefelsäure (A), welche sich im Harne als einfaches anorganisches Sulfat befunden hat. Salkowski') hat eine Modifikation dieses Verfahrens zweckmässig gefunden, nach welchem in zwei verschiedenen Harnproben 1) die Ge- sammtschwefelsäure und 2) die Aetherschwefelsäure bestimmt wird. Aus der Differenz ergiebt sich die Menge der als anorganisches Salz im Harne vorhandenen Schwefelsäure. 100 CC. unverdünnter oder nach Bedürfniss verdünnter Harn werden mit 10 CC. Salzsäure (1,12 spec. Gew.) 15 Minuten auf dem Drahtnetz (vom beginnenden Sieden an gerechnet) erhitzt, Chlorbarium im Ueberschuss hinzugefügt, auf dem Wasserbade bis zum vollständigen Absitzen des Niederschlags envärmt und filtrirt. Der Niederschlag ent- spricht der Gesammtschwefelsäure. Dann werden 100 CC. Harn mit dem gleichen Volumen einer Barytmischung von 2 Vol. kalt gesättigtem Barytwasser und 1 Vol. kalt gesättigter Chlorbariumlösung erhitzt und filtrirt. 160 CC. von dem Filtrate (= 80 CC. Harn) versetzt man dann mit 10 CC. Salzsäure, erwärmt 1 Stunde auf stark kochenden Wasserbade und filtrirt entweder sofort ab oder besser erst nach 24 Stunden. Der Niederschlag entspricht der Aetherschwefelsäure. Bestimmung des Chlorgehaltes im Harne. Methode von Volhard^). 224. Die zahlreichen Methoden zur Bestimmung des Chlorgehaltes im Harne, die vor und neben dem Volhard 'sehen Verfahren em- pfohlen und zum Theil lange Zeit in Geltung gewesen sind, stehen demselben an Genauigkeit oder schneller Ausführung so weit nach, dass die eine oder andere derselben wohl jetzt noch der Kürze wegen zur Ermittelung approximativer Werthe in Anwendung gezogen werden kann, dieselben im Uebrigen aber im Wesentlichen nur historisches Interesse besitzen. Das oben § 208 erwähnte Titrirungsverfahren kann im Harne ge- naue Eesultate nicht liefern, weil der Harn mehr oder weniger andere Stoffe enthält, welche durch Silbernitrat gefallt werden. Bei mittlerem Chlorgehalt ist das Verfahren nur für Näherungswerthe brauchbar, wenn man nicht zu wenig neutrales Kaliumchromat zufügt und für 10 CC. Harn 1 CC. der verbrauchten Silberlösung in Abzug bringt und aus dem Best den Chlorgehalt berechnet. Der Fehler wird im Ganzen um so grösser, je geringer der Chlorgehalt des Harns ist 3). 1) Arch. f. pathol. Anat. Bd. 79 S. 551 u. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10 S. 346. 2) Ann. Chem. Pharm. Bd. lOO S. 24. ä) Die Methode von Habel und Fernholz (Arch. f. d. ges. Physiol, Bd. 23 334 Bestimmung des Chlorgehaltes im Harne. Methode von Volhard. 224. Die zweckmiissigste Anpassung der Volhard'schen Methode zur schnellen Bestimmung des Chlor im nicht veraschten Harne ist von Arnold und fast gleichzeitig von E. Salkowski ausgeführt. Den Vorschriften des Letzteren schliesst sich folgende Schilderung an*). Das Volhard'sche Verfahren beruht auf der vollständigen Fällbar- keit des Chlor der Alkalimetallverbindungen und ebenso der Schwefel- cyansäure in stark salpetersaurer Lösung. Eine mit Salpetersäure im Ueberschuss versetzte Flüssigkeit, welche Silbernitrat und Eisenoxyd- salz enthält, giebt mit Schwefelcyanammoniimi erst dann eine Koth- färbung, wenn das Silber bereits vollständig ausgefällt ist. Zur Ausführung dieser Bestimmung im Harne sind ausser 3 Bü- retten erforderlich: eine Pipette von 15 oder 30 CC, eine solche von 4 CC. und eine andere von 5 CC. Inhalt, ferner ein Kölbchen mit Marke im Halse für 100 CC, durch Glasstopfen verschliessbar, ein anderes mit Marke für 80 CC. Inhalt und ein nicht mit Marke ver- sehener Kolben von ungefähr 250 CC. Inhalt. Von Lösungen sind erforderlich: 1) Keine Salpetersäure von 1,2 spec. Gewicht, 2) concentrirte Lösung von chlorfreiem Eisenammoniak- alaun, der käuflich leicht rein zu beziehen ist, 3) eine Lösimg von Stein- salz in Wasser, enthaltend 10 gr pulverisirtes und geglühtes, kalium- fi-eies Steinsalz in 1 Liter Lösimg, 4) Silbernitratlösung von bekanntem Gehalt, und zwar zweckmässig entweder die in § 208 vorgeschriebene Lösung von 29,063 gr Silbernitrat in 1 Liter (oder eine Lösung ent- sprechend Vio der Concentration von Mohr's Normallösung. Man er- hält diese \\(, Normallösung durch Auflösen 16,997 gr reinen trocknen Silbernitrats in Wasser und Verdünnen zu 1 Liter), 5) eine titrirte Lösung von Schwefelcyanammoniumlösung. Um diese letztgenannte Lösung anzufertigen, löst man 7 gr reines käufliches Schwefelcyanammonium in Wasser, verdünnt zu 1100 CC. und füllt mit der gut gemischten Lösung zunächst eine Bürette. Man lässt von obiger Silbeiiösung 10 CC. in einen Kolben fliessen, verdünnt auf 100 CC. giebt 4 CC. der obigen Salpetersäure und 5 CC. der Eisen- ammoniaklösung hinzu, schüttelt um und lässt dann die Schwefelcyan- S. 85) kann genaue Wcrthe liefern, giebt aber die Vortheile einer volumetrischen Methode durch ihre Umständlichkeit und Mangel passender Endreaction auf. Das Verfahren von Latschenberger und Schumann (Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 3 S. 161) bietet keine Vortheile. ') Arnold, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. ö S. 81. E. Salkowski, Centralbl. f. d. med. Wiss. 1881 S. 177. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 5 S. 285 u. E. Sal- kowski und Leube, Die Lehre vom Harne. Handbuch. Berlin, Hirschwald. 1882. S. 168. Vorausgegangen waren die Untersuchungen von F. A. Falk, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 8 S. 12. Bestimmuüg des Chlorgehaltes im Harne. Methode von Volhard. 224. 335 ammoniumlösung in kleinen Portionen so lange zu dieser Mischung in .einzelnen Portionen fliessen, bis die Eotlifärbung der Flüssigkeit beim ümscbütteln bleibend wird, aber noch schwach ist. Man wiederholt diese Titrirung und verdünnt dann 1 Liter der Schwefelcyanammonium- lösung bis 25 CG. von ihr äquivalent geworden sind 10 CG. der obigen Silberlösung, von welcher 1 GG. gerade 10 Milligrm. Na Gl entspricht. Benutzt man statt dieser eine '/lo Normalsilberlösung, so kann man die Schwefelcyanammoniumlösung derselben äquivalent anfertigen, so dass 10 GG. der einen gerade hinreichen, um aus 10 GG. der andern das ganze Silber und das ganze Schwefelcyan auszufällen. Zur Ausführung der Ghlortitrh-ung im Harne, welcher eiweissfrei sein muss, werden 10 GG. von demselben abgemessen in den Kolben mit der Marke für 100 GG., dann ungefähr 50 GG. Wasser, darauf 4 CG. obiger Salpetersäiu-e und 15 GG. von der Silberlösung (oder 30 GG. der Vio Normallösung) hinzugefügt, mehrmals nach Aufsetzen des Stopfens gut durchgeschüttelt, mit Wasser bis zur Marke gefüllt, abermals gut gemischt. Nachdem sich der Niederschlag von Chlorsilber abgesetzt hat, und dies geschieht schnell, wird die Mischung in den Kolben mit der Marke für 80 GG. filtrirt, bis das Piltrat gerade SO GG. beträgt. Man schüttet dann das Filtrat in einen Kolben von 250 CG. Inhalt, spült mit ein paar Tropfen Wasser nach, fügt dann 5 GG. Eisenoxyd- ammoniakalaunlösung hinzu und lässt nun aus der Bürette in kleinen Portionen so lange die titrirte Schwefelcyanammoniumlösung hinzufliessen, bis beim Umschütteln bleibende schwache Eothfärbung der Flüssigkeit erreicht ist und liest dann die Quantität der hierzu verbrauchten Schwefel- cyanammoniumlösung ab. Es ist bei dieser Titrirung erfahrungsgemäss angenommen, dass 15 CG. der ersteren Silberlösung (oder 30 CG. der Vio Normalsilberlösung) nicht allein hinreichen, um das ganze Chlor aus dem mit Salpetersäure stark angesäuerten Harn auszufällen, son- dern noch überschüssiges Silbernitrat in Lösung lassen. Dieser Ueber- schussvon Silber wird dann mit Schwefelcyanammoniumlösung volumetrisch bestimmt und dann der Chlorgehalt aus dem Deficit berechnet. War zu 10 CG. Harn nach Salpetersäurezusatz und Mischung mit 50 GG. Wasser 15 GG. der Silberlösung, von welcher 1 CG. äquiv. 10 Milligrm. Na Gl ist, hinzugefügi, auf 100 GG. mit Wasser aufgefüllt, filtrirt und 80 CG. vom Filtrat abgemessen, in diesen 80 GG. nach Zu- satz von Eisenoxydammoniakalaun und Titrirung mit Schwefelcyan- ammoniumlösung (25 GG. derselben äquiv. 10 GG. Silberlösung) die bleibende Rothfiirbung der Mischung nach Zusatz von 6,4 CG. Schwefel- cyanammoniumlösung eingetreten, so befanden sich in diesen 80 CG. noch 33G Bestimmung des Chlorgehaltes im Harne. Methode von Volhard. 224. l^J^ =-- 2,56 CC. Silberlösung oder in 100 CG. der Mischung 3,2 CG. 25 derselben. Es sind sonach 15 — 3,2 = 11,8 GG. der Silherlösung = llSMilligrm. NaGI oder 71,5 Milligrm. Ghlor in den 10 GG. Harn aufgefunden. Waren dagegen zu 10 GG. Harn, auf gleiche Weise im Uebrigen behandelt, 30 CG. Vio Normalsilberlösung zugesetzt und dann in 80 GG. Filtrat mit 7,9 GG. der Schwefelcyanammoniumlösung (1 GG. äquiv. 1 GG. Vio Normalsilberlösung) die Endi-eaction (bleibende schwache Kothfärbung der Flüssigkeit) erreicht, so waren 9,87 Silberlösung in den 100 GG. Mischung von Ghlor nicht gefällt, das Chlor in 10 GG. Harn hatte 20,13 GG. V^o Normalsilberlösung gefällt, betrug also, da 1 GG. dieser Lösung äquival. 3,546 Milligrm. Chlor ist, 71,4 MiUigrm. entsprechend 118 Milligrm. NaGI. Ist der Hara sehr dunkel gefärbt, so ist es zweckmässig neben dem Eisenoxydammoniakalaun schliesslich bei der Titrirung einige Tropfen einer concentrirten Lösung von übermangansaurem Kali zuzu- fügen, welche Entfärbung bewirken. Um mit der Methode von Volhard im Hundeharne gute Resultate zu erhalten, muss man zunächst die unterschweflige Säure, die Schwefel- cyansäure durch Reduction mit Zink und Schwefelsäure entfernen i). Ist endlich der Harn reich an Schleim oder enthält er Eiweiss oder Pepton, so ist die Ghlortitrirung mit der Asche vorzunehmen nach § 208, und es kann dieselbe in der dort angegebenen einfacheren Weise vor- genommen werden entweder mit der dort beschriebenen Silberlösung oder mit Vio Normalsilberlösung. Zum Veraschen des Harns für diesen Zweck werden 10 CC. Harn in einer Platinschale abgedampft, der Rückstand ungi'fähr mit 1 gr chlor- freier Soda und 2 — 4 gr reinem Salpeter versetzt und von einer Seite her beginnend stärker bis zum Schmelzen und Entfernung der Kohle erhitzt, die Schmelze nach dem Erkalten in Wasser bei massigem Er- wäi-men gelöst, mit Salpetersäure stark angesäuert in einen Kolben ge- bracht und mit einer Messerspitze Calciumcarbonat oder nach Salkowskl mit einer Lösung von Natriumcarbonat neutralisirt und ohne zu filtriren nach Zusatz von wenigen Tropfen neutralen chiomsauren Kalis mit der Silberlösung titriit^). ») v. Mering, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 8 S. 229. Gruber, Zeitschr. f. Biolog. Bd. 19 S. 569. 2) Diese Methode ist im Wesentlichen von Neubauer (Anleitung zur qual. u. quant. Anal. d. Harns, ältere bis 7. Aufl.) angegeben, — modificirt von Salkowski, indem er den Sodazusatz einführte, um eine Verflüchtigung von Salzsäure beim Bestimmung d. Phosphorsäure u. d. Gehaltes anNatrium etc. Im Harne. 225. 226. 337 Bestimmung der Phosphorsäure im Harne. 225. Der Phosphorsäurcgehalt des Harns kann ohne voraus- gehende Veraschung mit hinreichender Genauigkeit durch Titriren mit essigsaurem üranoxyd bestimmt werden. Zur Ausführung dieser Be- stimmung misst man 50 CG. (von concentrirten Harnen genügt schon eine Quantität von 20 CG.) des Harns in ein Becherglas, fügt von der nach § 210 angefertigten Essigsäuremischung 5 CG. (oder wenn nur 20 CG. genommen waren, 2 CG.) hinzu, erhitzt diese Mischung auf dem Wasser- bade und lässt nun in kleinen Portionen die titrirte Uranlösung so lange einfliessen, bis ein Tropfen der Flüssigkeit mit einem Tropfen Ferro- cyankaliumlösung eine erkennbare bräunliche Färbung giebt. Die ganze Titrirung geschieht nach den Vorschriften, die in § 210 u. § 211 aus- führlich beschrieben sind. Eine noch grössere Genauigkeit erhält die Bestimmung nach den Angaben Neubaner's, wenn man durch Chlorammonium, Ammoniak und etwas schwefelsaure Magnesia erst die Phosphorsäure ausfällt, einige Stunden stehen lässt, filtrirt, die Phosphate auf dem Filter sammelt, trocknet, mit dem Filter verascht, in wenig Salzsäure löst und nun mit Essigsäuremischung versetzt und in obiger Weise titrirt. Diese Bestimmung ist jedoch kaum weniger umständlich als die Ver- aschung des Harns und nachherige Bestimmung der Phosphorsäui-e in der Asche. Besttmmung des Gehaltes an Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium im Harne. 226. Wenn auch die Bestimmung der anorganischen Stoffe im Harne genauer nach vorausgehender Veraschung auszuführen ist, kann man doch meist mit hinreichender Genauigkeit auch ohne Veraschen ausser Schwefelsäure, Chlor, Phosphorsäure, auch Calcium, Magnesium in einem abgemessenen Volumen Harn nach denselben Methoden, welche oben in den §§ 205 bis 211 beschrieben sind, fällen und bestimmen. Ist der Harn eiweisshaltig, so ist in allen Fällen vorherige Veraschung erforderlich. Die Bestimmimg der Summe des Kalium und Natrium im Harne kann nach Abdampfen von 20 — 100 GG. Harn (je nach der Goncentration desselben) in einem nicht zu gi-ossen Porzellanschälchen ausgeführt wer- den durch vorsichtiges allmäliges Erhitzen des rückständigen Syrups unter Umrühren mit einem Platinspatel oder Draht, bis die empy- starken Erhitzen zu vermeiden (Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 1 S. 16, Bd. 2 S. 397; vergl. auch Feder u. A'oit, Zeitschr. f. Bio!. Bd. 16 S. 193). Ho ppe-Seyler, Analyse. 6. Aufl. 22 338 Nachweis von salpetersauren und salpetrigsauren Salzen im Harne. 227. reumatischen Stoffe verflüchtigt sind und die Kohle zu verbrennen be- ginnt. Man lässt erkalten, extrahirt die zerlcleinerte Masse mit kochen- dem Wasser mehrmals, filtrirt durch aschefreies Filter, trocknet den Rückstand und verascht ilm mit dem Filter bei stets massiger Erhitzung, extrahirt dann die Asche abermals mit siedendem Wasser oder mit ver- dünnter Salzsäure und bestimmt die Alkalimetalle in der § 204 ange- gebenen Weise. Lehmann') empfiehlt 50—100 CO. Harn (je nach spec. Gewicht desselben) unter Zusatz von 3 — 4 gr Ammoniumsulfat auf dem Wasser- bade zur Trockne abzudampfen und dann zu veraschen. Ist die Asche nicht ganz weiss, so werden einige Tropfen Schwefelsäure zugefügt, ab- geraucht und geglüht. Die Asche wird in heisser verdünnter Salzsäure gelöst, filtrirt, ausgewaschen und mit Barytwasser bis zm- alkalischen Reaction versetzt und nach § 204 weiterhin Kalium und Natrium ge- trennt und bestimmt. Eine Verwendung von salpetersauren Salzen und von Platingefässen für die Veraschung ist durchaus nicht zu rathen, da durch erstere leicht ein Verspritzen von Partikeln und in der letzteren Verflüchtigung von Alkalimetallen eintritt. Salkowski2) hat zur schnellen Bestimmung des Kaliumgehaltes empfohlen, 100 — 200 CG. Harn auf etwa 1.5 CG. einzudampfen, nach (lern Erkalten die harnsauren Salze abzufiltriren und die Flüssigkeit mit 5 CG. concentrirter Weinsäm-elösung versetzt, an einem kühlen Orte stehen zu lassen. Nach 24 Stunden hat sich das saure weinsaure Kali abgesetzt, es wird durch Decantiren und Waschen auf dem Filter, zu- erst mit schwachem Weingeist, dann mit Alkohol von 80 pGt. bis zum Verschwinden der Ghlorreaction im Filtrate, leicht rein erhalten und kann dann bei 100" getrocknet und gewogen werden. Resultate an- nähernd. Genauer, aber viel umständlicher ist die Fällung durch Platin- chlorid. Das saure weinsaure Salz könnte durch Abdampfen mit Schwefelsäure iind Glühen in reines SO4K0 verwandelt und dies ge- wogen werden. Nachweis vou Salpetersäuren und salpetrigsaureu Salzen im Harne. 227. Bence Jones"") fand, dass der Harn verschiedener Personen Anzeichen eines Gehaltes an Salpetersäure oder salpetriger Säure gab. Schoenbein hat dann durch die folgende Methode erwiesen, dass der Harn, obwohl er stets reducirende Stoffe in reichlicher Quantität führt (Entfärbung von 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 8 S. .508. "-) Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 3 S. 351, Bd. 4 S. 209. 3j philos. Transact. 1851 S. 499. Nachweis von salpetersauren und salpetrigsauren Salzen im Harne. 227. 339 blauem Jodkleister), zugleich entweder salpetersaures oder salpetrigsaures Salz enthält. Er bediente sich zum Nachweis der salpetrigen Säure entweder eines dünnen Stärkekleisters, der mit etwas Jodkalium und sehr verdünnter Schwefel- säure versetzt war, oder einer mit WasserstofFschwefel entfärbten Indigolüsung, welche auf folgende Weise bereitet wurde. In Wasser durch Indigotinctur bis zur Undurchsichtigkeit tief gebläut und mit etwas Schwefelsäiu-e versetzt tröpfelt man unter Umrühren die Lösung von Mehrfachschwefelkalium, bis das Gemisch voll- ständig entbläut erscheint. Dasselbe filtrirt, liefert eine vollkommen klare und farblose Flüssigkeit, welche jedoch bald anfängt sich zu trüben in Folge der ein- tretenden Zersetzung des Wasserstoffschwefels, und hat man bei der Darstellung dieser Versuchsflüssigkeit nicht mehr Schwefelleberlösung angewendet, als genau zur vollständigen Entbläuung der Indigotinctur nöthig war, so hält auch die Bläuung der Flüssigkeit mit ihrer Trübung, welche von ausgeschiedenem Schwefel herrührt, gleichen Schrift. Diese Versuchsflüssigkeit wird durch Ozon, die Superoxyde von Mangan, Blei u. s. w., die Uebermangan-, Chrom-, unterchlorige und salpetrige Säure und deren Salze ebenso durch Eisenoxyd und seine Lösungen in Säuren, endlich auch durch Chlor, Jod, Brom, wenn sie nicht im Ueberschuss angewendet werden, gebläut. Der Harn zeigt nun keinen Gehalt an salpetriger Säure gegen diese Ileagentien, so lange er klar ist, giebt sie aber, sowie er sich durch saure Gährung nach eini- gen Tagen trübt; später bei der alkalischen Gährung verliert er den Gehalt an salpetriger Säure. Schoenbein glaubte, dass der Harn salpetersaures Salz ent- halte, welches bei dieser Gährung in salpetrigsaures umgewandelt werde. Obwohl freie salpetrige Säure durch Harnstoff schnell zerstört wird, beein- trächtigt die Gegenwart von Harnstoft' durchaus nicht die Bläuung eines ange- säuerten Jodkaliumkleisters, wenn man einen Tropfen einer Lösung von salpetrig- saurem Kali hinzufügt. Die Angaben von Schönbein sind durch Untersuchungen von Röhmanni) bestätigt. Eöhmann fand ausserdem, dass saljjetrige Säure im faulen Harne nur auftritt, wenn der frische Harn Salpeter- säui-e enthielt, dass nie sal^ietrige Säure im faulenden Harne durch Oxydation von Ammoniak entsteht. Er stellte fest, dass der Harn bei Hunger, Milch- oder Fleischnahrung Salpetersäure nicht enthält, Nitrat aber in den Harn übergeht, wenn es wie in Vegetabilien mit der Nahrung eingeführt wird. Für die Bestimmung der Salpetersäure im Harne hat Eöhmann die Methode von Fr. Schulze^) benutzt und sehr brauchbar gefunden. Das Princip derselben gründet sich auf die quantitativ genaue Eeduction der Salpetersäure zu Stickoxyd beim Kochen der sie enthaltenden Lösung mit Salzsäure und Eisenchlorür und für die Ausführung dieser Bestimmimg ist von Schulze eine vortreff- liche Anordnung einfacher Apparate construirt, Avelche für Salpeter- säurebestimmungen allgemein gute Verwendung findet und in welcher 1) Zeitschr. f. pbysiol. Chem. Bd. 5 S. 94 u. 233. 2) Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 8 S. 358. Tiemann, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 6 S. 1038 u. 1041. 99* 34:0 Bestimmung des Gesammtstickstoffs nach Kjeldahl. 228. das entwickelte Stickoxyd über Natronlauge aufgefangen volumetrisch bestimmt wkd. WeyP) destillirt zum Nachweis der Salpetersäure im Harne 200 CG. mit 30 — 40 CG. Schwefelsäure oder Salzsäure auf dem Sand- bade und prüft das Destillat mit den üblichen Reactionen (m-Phenylen- diamin, Sulfanilsäure und a-Naphtylamin) auf die Anwesenheit von salpetriger Säure, welche durch die redueirend wirkenden organischen Harnbestandtheile aus der Salpetersäure entstanden ist. Aufsuchung von Wasserstoffsuperoxyd im Harne. Nach Schoenbein's Untersuchungen sind die genauesten Keageutien für Wasserstoffsuperoxyd I) die im Vorstehendem beschriebene durch Wasserstoff- schwefel entfärbte Indigolösung in Verein mit Eisenvitriollösung und 2) yerdünnte Indigotinctur gleichfalls zusammen wirkend mit Eisenvitriollösung. Schoenbein sagt nun, dass, wenn man in 200 gr frischen Harn so viel Indigolösiing tröpfele, dass das Gemisch eine deutlich grüne Färbung zeige und nun dasselbe iu zwei gleiche Hälften theile, zu einer derselben 1.5 — 20 Tropfen verdünnte Eisenvitriol- lösung füge, diese letztere Harnportion bald heller grün oder bräunlich gelb er- scheine, welche Farbenveränderung von theilweiser oder gänzlicher Zerstörung des Indigo herrühre, während die eisensalzfreie Hälfte ihre anfängliche grüne Farbe noch immer zeige. Lässt man ferner in 30 — 40 gr frischen Harns 8 — 12 Tropfen durch Wasserstoffschwefel genau entfärbte Indigotinctur fallen, so wird das Ge- misch anfangs sich nicht bläuen, dies aber beim Zufügen einiger Tropfen Eisen- vitriollösung sofort thun. Der Gehalt des frischen Harns an Wassorstoflsuperoxyd zeigt Schwankungen, deren Ursachen nicht bekannt sind. Beim Stehen verliert sich der Gehalt an Wasserstoffsuperoxyd gänzlich, sobald die salpetrige Säure auftritt. Bestinunimg des Gesammtstickstoffs im Harne oder anderen Flüssig- keiten und Bestandthcilen des Organismus nach Kjeldahl.^) 228. Diese Methode beruht auf der Ueberführung des Stickstoffs organischer Substanzen in Ammoniak durch Erhitzen mit concentrirter Schwefelsäure und Bestimmung der Menge des gebildeten Ammoniak auf titrimetrischem Wege. Sie eignet sich nicht niu- für den Harn, sondern für alle Ausscheidungen und Bestandtheile des Körpers und wird in folgender Weise ausgeführt : ^j In einem Kundkölbchen aus hartem Glas von ca. 1 5 cm Halslänge und 200 GC. Inhalt bringt man ca. 25 CG. einer Mischung-*) von reiner ') Ärch. f. pathol. Anat. Bd. OG S. 4G2, Bd. 101 S. 17.">. Arch. f. d. ges. Physiologie Bd. 36 S. 456. ') Zoitschr. f. analyt. Chem. Bd. 22 S. 366. ') Im Wesentlichen nach den Angaben von Argutinsky, Arch. f. d. ges. Physiol. lid. 46 S. 581. *j Die Beagentien müssen vollständig frei von Ammoniak sein. Bestimmung des Gesammtstickstoffs nach Kjeldahl. 228. 341 concentrirter Schwefelsäure und Phosphorsäureanhydrid (auf 1 Liter H, SO4 200 gr Po O5), 0,1 CC. Quecksilber') und die zu prüfende Sub- stanz 2) (bei Harn 5 CC), erhitzt dann den in schräger Lage auf dem Drahtnetz liegenden Kolben anfangs mit kleiner, später mit grosser Plamme und erhält die Flüssigkeit in lebhaftem Sieden, bis sie ganz farblos geworden ist. Das ist bei Harn nach V21 l^ei Fäces, Fleisch nach 1—1 y.2 Stunden erreicht. Die Flüssigkeit wird nach dem Erkalten sammt den Ausscheidungen quantitativ in einen grossen Erlenmeyer- schen Kolben (a) (siehe Figur 3) übergeführt, mit einigen Messerspitzen Talk und dann mit soviel einer Alkalilauge (spec. Gewicht ungefähr 1,25) versetzt, dass die Keaction noch deutlich sauer ist. 3) Nach dem Er- Fig. 3. kalten fügt man weiter Lauge zu bis ziu- deutlich alkalischen Eeaction aber unter Vermeidung eines grossen Ueberschusses, ausserdem, um das entstandene Quecksilberamid zu zerlegen, ca. 12 CC. einer Schwefelkalium- lösung (1 Tbl. K2 S in 1,5 Thl. "Wasser) und verbindet nun schnell den Kolben mit dem Aufsatz, welcher dazu dient, das Ueberspritzen alkali- scher Flüssigkeit während des Destillirens zu verhindern, und seinerseits 1) Wilfarth, Cheni. Centralbl. (3) Bd. 16 S. 17 u. 113. ■-) Pulverige oder halbflüssige Substanzen wiegt man am Besten in kleinen Schiffchen aus Zinnfolie ab, welche sich leicht so zusammen legen lassen, dass das Zinn die Substanz völlig umhüllt und in Form kleiner Packete durch den langen Hals in den Kolben hineingeschoben werden können. ') Die erforderliche Menge bestimmt man durch einen Vorversuch. 342 Nachweis und Bestimmung des Harnstoffs im Harne. 229. mit der ca. 10 cm weiten und 60 cm langen Glasröiire b verbunden ist, an deren unterem Ende ein engeres Kohr c angefügt ist, welches in den Kolben d führt. In diesen Kolben hat man schon vorher eine be- stimmte Menge Vin Normalschwefelsäure eingebracht. Die Quantität ist nach dem Stickstoffgehalt des zu untersuchenden llatorials zu be- messen, bei Harn nimmt man 50 CG. Die Destillation wu-d jetzt so- fort begonnen; das Rohr c muss von Anfang an in die Schwefelsäure eintauchen; wenn ca. 100 CC. übergegangen sind, zieht man dasselbe bis über das Niveau der Flüssigkeit heraus und lässt die Destillation noch einige Minuten fortgehen, damit b und c vollständig ausgewaschen werden. Die Eöhre b muss die angegebene Weite haben, damit das bei den starken Druckschwankungen im Kolben a gelegentlich zurück- steigende Destillat vollständig in ihr Platz findet. Der Vorsicht halber kann sie noch mit einem Liebig 'sehen Kühler umgelien wer- den, doch haben die Erfahrungen gelehrt, dass auch ohne Kühlvor- richtung kein Ammoniak verloren geht, wenn nur das Rohr c stets in die Schwefelsäure eintaucht. Nach Beendigung der Destillation wird die vorgelegte Schwefelsäure mit Vio Normalalkali unter Benutzung einer alkoholischen Lösung von Cochenille als Indikator zurücktitrirt. Jeder CC, den man weniger verbraucht, entspricht 0,0017 gr NHg oder 0,0014 gr N. Hat man gleichzeitig eine grösere Anzahl von Bestimmungen aus- zuführen, so empfiehlt es sich die Anordnung von Apparaten zu be- nutzen, wie sie z. B. von Heffter, Hollrung und Morgen*) an- gegeben worden ist. Nachweis iiud Bestiiiiimiug des Hariistofts im Harne. 229. Zum Nachweis des Harnstoffs ^vird eine Portion Harn auf dem Wasserbade zum dünnen Syrnp verdunstet, mit Alkohol versetzt, filtrirt, das Filtrat wieder auf dem Wasserbade verdunstet und der syrupöse Rückstand nach vollsändigem Erkalten tropfenweise mit concentrirter reiner Salpetersäure versetzt, so lange die Bildung eines Niederschlags zu beobachten ist. Ein geringer üeberschuss von Salpetersäure ist nötliig. Im üebrigen gelten die § 75 angegebenen Vorschriften. Zur Bestimmung des Harnstoffs im Harne ist in allen den- jenigen Fällen, wo es sich nicht um die möglichste Genauigkeit handelt, die Titrirung mit salpetersaurem Quecksilberoxyd jeder anderen Me- thode vorzuziehen, da sie leiclit und schnell ausführbar ist und keine *) Chem. Zeitg. Bd. 8 !S. 432. Nachweis und Bestimmung des Harnstoffs im Harue. 229. 343 der übrigen zur Bestimmung des Harnstoffs im Harne vorgesclilagenen Methoden völlig frei von Ungenauigkeit ist. Da jedoch durch das salpetersaure Quecksilberoxyd ausser Harnstoff auch die meisten anderen stickstoffhaltigen Bestandtheile des Harns gefällt werden, so giebt diese Titrirung eigentlich mehr eine Bestimmung des Gesammtstickstoffs im Harne als eine reine Harnstoffbestimmung. Man hat hauptsächlich die Spaltungen des Harnstoffs 1) mit Wasser zu Kohlensäure und Ammoniak, 2) in Stickstoff, Kohlensäme und Wasser durch Oxydation, von denen die erstere durch Gährung, Er- hitzen mit Wasser oder mit Säure oder mit Alkalilauge, die zweite dm-ch Einwii'kung von salpetriger Säure oder von unterchlorigsam'em Natron oder einer concentrirten Lösung von Brom in Natronlauge herbei- geführt wird, zur Bestimmung des Harnstoffs verwendet, indem man bei der ersteren Zersetzung entweder die CO2 oder das NH-j und bei der zweiten entweder wiederum die CO2 oder das entwickelte Stickstoffgas bestimmte. Die von Bunsen^) vorgeschlagene Methode der Zerlegung des Harnstoffs durch Erhitzen mit ammoniakalischer Chlorbariumlösung über 2000 und Bestimmung des gebildeten kohlensam-en Baryt gilt für die genaueste Bestimmungsmethode, ist aber insofern nicht fehlerfrei, als ausser den substituirten Harnstoffen auch die als Guanidine anzusehen- den Körper z. B. Kreatinin bei dieser Behandlung COo und NH3 liefern. Derselbe Vorwurf trifft auch die sämmtlichen ülirigen Bestimmungs- methoden, diese sind aber aus anderen Gründen noch weniger genau. Die von Heintz2) und Kagsky empfohlene Methode der Zerlegung durch Erhitzen mit Schwefelsäure und Bestimmung des gebildeten NH;; giebt recht gute Kesultate, stimmt im Wesentlichen mit Kjeldahl's Stickstoflbestimmung überein, ist aber weniger genau. Einige Versuche der Zerlegung des Harnstoffs durch Gährung und alkalimetrische Be- stimmung des Ammoniak versprechen nicht ungünstige Resultate. Die sämmtlichen Methoden hingegen, welche sich der Zerlegung des Harnstoffs dm-ch salpetrige Säm-e oder durch unterchlorig saures oder imterbromigsaures Alkali bedienen, geben weniger sichere Werthe als eine sorgfältige Titrirung mit salpetersaurem Quecksilberoxyd und sind höchstens dann vorzuziehen, wenn die Harnstoffbestimmung in sehr ge- ringen Flüssigkeitsmengen auszuführen ist. Die zuerst von Milien-^) erfundene Methode der Behandlung des Harns mit einer Lösung von Quecksilber in starker Salpetersäure, die nach 1) Ann. Cliem. Pharm. Bd. 65 S. 375. 2) Ebendas. Bd. 57 S. 29. Pogg. Ann. Bd. 66 S. 114. 3) Compt. rend. T. 26 p. 119. 344 Titrirung des Harnstoffs mit salpetersaurem Quecksilberoxyd etc. 230. Hoppe-Seyler's Erfahrung fast immer zu niedrige Werthe ergiebt, wenn man aus der entwickelten OOo quantität den Harnstoff berechnet, hat manche Modificationen erhalten. Grehant^) bringt den zu untersuchenden Harn in das Vacuum der Quecksilbei'luftpumpe, lässt starke Millon- sche Quecksilberlösung hinzufliessen, erwärmt und misst die Quantität der entwickelten COo und des Stickstoffs. Boymond-) lässt in einem Geiss 1er 'sehen Kohlensäurebestimmungsapparate die Millon'sche Lösung zum Harne treten, bestimmt den durch Entweichen der COo und des Stickstoffs bewirkten Gewichtsverlust und rechnet ebenso wie Grehant bei dieser Zerlegung des Harnstoffs auf Entweichen von COj und No im Verhältniss ihrer Molecüle, was nachweisbar unrichtig ist, da salpetersaures Ammoniak mit salpetriger Säure beim Erwärmen gleichfalls Stickstoff' entwickelt. Endlich haben Davy^) und Leconte*) Methoden angegeben zur Bestimmung des Harnstoffs im Harne durch Zersetzung mit unterchlorigsaurem Natron und Messung der entwickelten Stickstoffmengen, und Knop-'') und Huefner«) haben den Harnstoff mit concentrirter Lösung von Brom in Natronlauge zerlegt und den ent- wickelten Stickstoff gemessen. Es würde zu weit führen, alle diese Vorschläge und Methoden zu besprechen, und wird genügen, die Methoden von Bunsen, vonHuefner, von Pflüger und Bleib treu und von Mörner und Sjöqvist etwas näher anzugeben, die wichtigste von allen aber, die Liebig'sche Titrir- methode, ausführlich zu beschreiben. Titrirung des HarnsfofFs mit salpetersaurem yuecksilberoxyd nach Liebig. Prineip der Methode und Anfertigung der Titrirflüssigkeit. 230. Fügt man zu einer verdünnten Harnstoftlösung eine Lösung von salpetersaurem Quecksilberoxyd, so entsteht, wenn kein Kochsalz zugegen ist, sofort ein weisser Niederschlag, welcher Harnstoff, Salpeter- säure und Quecksilberoxyd enthält, fügt man die Quecksilberoxydlösung dann in ziemlich continuirlichem Strome, so lange als sich noch Nieder- schlag bildet, und selbst einen geringen üeberschuss davon liinzu, so hat der Niederschlag constant die Zusammensetzung 2 (GH 4 NoO), NoOj -i- 4HgO. Enthält die Harnstofflösung Chlornatrium, so bildet sich 'j Journ. de l'anat. et de la pliysiol. Mai — Juin 1870 p. 318. -) M. Boymond, De l'uree. Paris 187-_'. 3) Philos. Magaz. Vol. 7 p. 380. ") Compt. rend. T. 47 p. 237. 5) Zeitschr. f. anal. Chem. Bd. 9 S. 22.'). «) Journ. f. prakt. Chem. N. V. Bd. :'. S. 1. Titrirung des Harnstoffs mit salpetersaurem Qiiecksilberoxyd etc. "230. 345 zunächst beim Hinzufügen von Quecksilberoxydlösung Quecksilberchlorid und salpetersaures Natron, und da das Quecksilberchlorid den Harnstoff nicht fallt, entsteht in einer Lösung, die ausser Harnstoff auch Chlor- natrium enthält, beim allmäligen Zufügen von salpetersaurem Queck- silberoxyd erst dann ein Niederschlag, wenn alles Chlor bereits an Quecksilber gebunden ist. Auf dieses Verhalten hat Liebig die Titrirung des Chlornatrium im Harne gegründet, indem er den ent- stehenden Niederschlag als Endreaction der Titrirung benutzte. Für die Titrirung des Harnstoffs bedingt aber die fast constante Gegenwart von Chlornatrium im Harne eine üngenauigkeit, die entweder durch eine Schätzung corrigirt, oder durch eine der Titrirung vorausgehende Aus- fällung des Chlors durch Silberlösung vermieden wird. Da auch phos- phorsaure Salze einen Niedersclilag mit Quecksilberoxydsalzen geben, so ist der Harn von der Phosphorsäure vor der Hamstofftitrirung zu befreien. Eine Harnstofflösung, welcher salpetersaures Quecksilberoxyd in einer zur Ausfällung des gesammten Harnstoffs nicht zureichenden Menge zugesetzt ist, giebt mit kohlensaurem Natron im Ueberschuss versetzt einen weissen Niederschlag, ist dagegen der Harnstoff bereits ausgefällt durch die Quecksilberlösung und ein geringer Ueberschuss der letzteren zugesetzt, so giebt kohlensaures Natron mit der Mischung einen gelben Niederschlag. Dieses letztere Verhalten dient als Endreaction bei der Titrirung des Harnstoffs. Zur Ausführung der Titrirung sind ausser einer Lösung von kohlen- saurem Natron oder mit Wasser angerührtem Brei von doppelt kohlen- saurem Natron*) folgende Flüssigkeiten anzufertigen: 1) Barytmischung. Man mischt 2 Vol. kalt gesättigtes Baryt- wasser mit 1 Vol. gleichfalls kalt gesättigter Lösung von salpetersaurem Baryt und bewahrt die Mischung in gut verschlossener Flasche auf. 2) Harnstofflösung. Man löst 6 gr bei 100" längere Zeit ge- trockneten reinen Harnstoff in etwas Wasser und verdünnt die Lösung zu 300 CC. 3) Natriumcarbonatlösung. 53 gr reines geglühtes Natrium- carbonat werden in Wasser gelöst und zu 1 Liter Lösung mit Wasser verdünnt. 4) Titrirte Quecksilberlösung. Zu ihrer Anfertigung ver- dünnt man concentrirte käufliche Lösung von reinem salpetersauren Quecksilberoxyd (welche mit Na Cl- Lösung keine Trübung geben darf) mit Wasser l)is das spec. Gewicht der Mischung ungefähr 1,10 beträgt, *] Rautenberg, Ann. Chem. Pharm. 18(35 Bd. 13:5 S. .5.5. 346 Titrining des Harnstoffs mit salpetersaurem Quecksilberoxyd etc. 230. füllt mit der Mischung eine Bürette und prüft ihren Gehalt zunächst in folgender Weise. Mittelst einer Bürette oder Pipette werden 10 CC. der obigen Harnstofflösung in ein Becherglas abgemessen, aus einer andern Bürette von obiger Sodalösung ein Paar Cubikcentimeter in ein Uhrglas ab- gemessen, dasselbe auf eine schwarze Unterlage gestellt, dann in ein- zelnen Portionen so lange Quecksilberlösung in die Harnstofflösung einfliessen gelassen, bis eine Prol)e der gut umgerührten Mischung mit dem Glasstal)e in die Sodalösung gebracht und vom Eande des Uhrglas in diesellte einfliessend in wenigen Secunden eine gelbe Fär- bung deutlich erkennen lässt. Man giesst dann die Sodalösung mit den einzelnen Proben aus dem Uhrglase zur Harnstoffquecksilber- mischung, fügt Natriumcarl)onat aus der Bürette noch so lange hinzu, bis die Mischung ganz schwach sauer reagirt und prüft abermals einen Tropfen der Mischung mit einigen Tropfen Sodalösung, ob die gelbe Endreaction eintritt. Ist dies nicht der Fall, so fügt man noch so lange kleine Portionen Quecksilberlösung hinzu, bis eine der Mischung entnommene Probe mit Sodalö.sung die gelbe Endreaction giebt, neu- tralisirt nahezu mit gemessener Portion Sodalösung und prüft aber- mals. Hat man auf diese Weise annähernd ermittelt, 1) wie viel Quecksilberlösung zur Harnstofflösung zuzufügen ist, um die gelbe Endreaction zu erhalten und 2) wie viel Cubikcentimeter Sodalösung zur annähernden Neutralisirung erfordert werden, so wiederholt man die ganze Titrirung, indem man zu 10 CC. der Harnstoff lösung gleich auf einmal so viel Quecksilberlösung und unter fortdauerndem Um- rühren so viel Sodalösung zufliessen lässt, als die erste Titrirung als erforderlich erwiesen hat. Bringt man dann eine Probe der Mischung auf einem Uhrglase mit einigen Tropfen Sodalösung oder einem Brei von Natriumbicarl)onat zusammen, so wird die gelbe End- reaction nicht eintreten, ohne dass eine oder mehrere kleine Portionen Quecksilberlösung noch hinzugefügt sind, zugleich gemessene kleine Portionen von Sodalösung die Säure genügend neutralisirt haben. Wiederholt man diese Titrirung abermals in derselben Weise, indem man nämlich sofort die ganze durch die zweite Titrirung nothwendig befundene Quantität Quecksilberlösung zur Harnstofflösung hinzufügt, darauf sogleich die gleichfalls corrigirte Natriumcarbonatmenge unter stetem Umrühren einfliessen lässt, so wird jetzt entweder sofort die Endreaction bei Einbringung einer Probe der Mischung in ein Paar- Tropfen Sodalösung eintreten, oder nur ganz wenig Quecksilberlösung und Natriumcarbonat hinzuzumischen sein, um sie hervorzurufen. Die Quecksilberlösung soll nun so weit verdünnt werden, dass Ausführung der Titrirung des Harnstoffs. 231. 347 20 CC. derselben erforderlich sind, um in 10 CC. jener Harnstofflösung gerade die erste deutliche Gelbfärbung hervorzurufen. Hat man nun z. B. 16 CC. der Quecksilberlösung für 10 CC. der Harnstofflösung verbraucht, um die gelbe Endreaction zu erhalten, so wüi-den zu je 16 CC. derselben 4 CC. Wasser hinzuzufügen sein, um eine Lösung von gewünschtem Titer zu erhalten, aber es ist zweckmässig, nicht gleich die ganze nach dieser Berechnung erforderliche Quantität Wasser zuzusetzen und die etwas zu concentrirte Lösung nochmals in obiger Weise mit 10 CC. Harnstoff lösung zu prüfen, auch jetzt etwas weniger Wasser als die Berechnung erfordert, hinzuzufügen, abermals mit 10 CC. Harnstofflösung zu prüfen u. s. w., bis man zur richtigen Verdünnung der Qaecksilberlösung gekommen ist, so dass gerade 20 CC. derselben den Harnstoff in 10 CC. der Harnstofflösung fällen und die erste deut- liche Gelbfärbung in der Sodalösung erscheinen lassen. Nähert man sich nicht sehr vorsichtig dem richtigen Verdünnungsgrade der Queck- silberlösung, so erhält man gewöhnlicli gleich eine zu verdünnte Lösung. Da nun 10 CC. der Harnstofflösung 0,2 gr Harnstoff enthalten, so entspricht also 1 CC. von der Quecksilberlösung, wenn 20 CC. derselben zur Hervorrufung der Endreaction erforderlich sind, 10 Milligr. Harnstoff'. Zur Darstellung dieser Titrirflüssigkeit empfiehlt Dragendorffi) 96,855 gr reines Quecksilberchlorid mit überschüssiger verdünnter Kali- oder Natronlauge zu fällen, den zuerst durch Decantiren, dann auf dem Filter völlig ausgewaschenen Niederschlag in der nöthigen Quantität verdünnter Salpetersäure zu lösen und etwa auf ein Liter zu verdünnen. Man titrirt diese Flüssigkeit, die grosse Haltbarkeit haben soll, mit einer 2procentigen Harnstofflösung und verfährt im Uebrigen wie es oben angegeben ist. Pflüg er 2) empfiehlt die Auflösung von reinem Quecksilber in Salpetersäure, Verdünnung auf bestimmtes spec. Gewicht und Titrirung mit Harnstofflösung oder Abwägung des reinen Quecksilbers in be- sondere Messröhrchen, welche 71,5 gr Quecksilber bei 15", gerade die richtige Quantität für 1 Liter Lösung fassen. SalkowskiS) zieht die Abwägung von 77,2 gr reinen trocknen Quecksilberoxyds, Lösung in Salpetersäure, Abdampfen und Verdünnen zu 1 Liter vor. Ausführung der Titi-irung des Harnstoffs. 231. Hat man sich bereits überzeugt, dass der Harn kein Eiweiss enthält, so füllt man ein Probirgläschen zwei Mal mit dem Harne, 1) Zeitschr. f. aualyt. Chem. Bd. 2 S. 86. 2) Arch. f. d gas. Physiol. Bd. 21 S. 248. ') Salkowski u. Leube, Die Lehre vom Harne. 1882 S. 39. 348 Ausführung der Titrirung des Harustoffs. 231. giesst in ein Becherglas aus, füllt dasselbe Probirgläschen dann noch einmal mit der im vorigen Paragraphen beschriebenen Barytmischung, giesst dieselbe zu dem al:»gemessenen Harnvolumen, schüttelt um, filtrirt und prüft durch Zusatz eines Tropfens Barytmischung zu dem Filtrate, ob dasselbe völlig frei von Phos]ihorsäure ist, also keinen Niederschlag mit der Barytmischung giebt. Entsteht noch ein Niederschlag, so mischt man am Besten eine neue Portion des Harns mit dem gleichen Vo- lumen Barytmischung, filtrirt und prüft das Filtrat mit einem Tropfen der Barytmischung. Phosphorsiiurereiche Harne , z. B. Hundeharn, müssen oft mit dem doppelten Volumen Barytmischung versetzt werden, um völlig von Phosphorsäure befreit zu werden. Ist das Filtrat frei von Phosphorsäure, so misst man davon eine Quantität ab, welche 10 CO. Harn enthält. Waren also 2 Volumen Harn mit 1 Volumen Barytmischung versetzt, so misst man vom Filtrat IT) CG. ab; war der Harn mit dem gleichen Volumen Barytmischung versetzt, so benutzt man 20 CO. des Filtrats zur Titrirung u. s. w. Ist der zu titrirende Harn eiweisshaltig, so erfordert er folgende Vorbereitung: In einer hinreichend geräumigen Schale erhitzt man 100 CG. des Harns zum Kochen und fügt vorsichtig verdünnte Essig- säure tropfenweise hinzu, bis eine gute flockige Ausfällung des Ei- weisses und Klarheit der Flüssigkeit über dem Niederschlage erreicht ist. Man erkennt, wenn man die Flamme wegrückt, leicht, ob die Ge- rinnung des Eiweisses eine vollkommene ist. Man filtrirt nun in einen Messcylinder, lässt völlig ablaufen vom Filter, wäscht Schale und Filter mit kleinen Portionen Wasser so lange nach, bis das Filtrat gerade 100 GG. beträgt, und verfährt mit der so erhaltenen Flüssig- keit, wie es oben für eiweissfreie Harne angegeben ist, indem man wohl darauf achtet, dass durch die Barytmischung die Reaction des Gemisches alkalisch wird, ist dies nicht der Fall, so fehlt es an Baryt- mischung. Die eiweiss- vmd phosphorsäurefreie Mischung von Harn und Baryt- lösung titrirt man nun mit der salpetersauren Quecksilberlösimg in der- selben Weise, wie es bezüglich der Anfertigung der Quecksilberlösung im vorigen Paragraphen beschrieben ist. Man lässt zu der abgemessenen Portion des mit Barytmischung verdünnten Harns die titrirte salpeter- saure Quecksilberoxydlösung cubikcentimeterweise zufliessen, so lange man eine weitere Vermehrung des Niederschlags beobachtet (es ist sehr selten der Fall, dass man weniger als 4 bis 5 GG. Quecksilberlösung für 10 GG. Harn verbraucht, um die gelbe Endreaction mit Soda zu erhalten, man kann daher diese Quantität sofort zusetzen ohne weitere Prüfung, wenn der Harn nicht augenscheinlich sehr verdünnt ist). Ausführung der Titriruiig des Harnstoffs. 231. 349 Kann man eine weitere Vermehrung des Niederschlags nicht mehr unter- scheiden, so bringt man eine Meine abgemessene Portion der Normal- sodalösung in ein ührglas, setzt dies auf schwarze Unterlage und prüft einen Tropfen, den man aus dem mit Quecksilberlösung versetzten Harn mit dem Glasstabe herausnimmt und in die Sodalösung einfliessen lässt, ob er darin einen weissen oder gelben Niederschlag erzeugt, wartet einige Secunden, da die gelbe Farbe nicht sofort erscheint, fügt dann von Neuem V2 bis I CC. Quecksilberlösung zu der Harnbarytmischung, rührt mit dem Glasstabe um und prüft einen Tropfen in der Soda- lösung u. s. w. Kann man in der Sodalösung die weiteren Proben nicht mehr deutlich von den früheren unterscheiden, so schüttet man die Sodalösung mit den eingebrachten Proben in die zu titrirende Harn- barytmischung zurück, giesst 1—2 CC. Sodalösung von Neuem in das Uhrglas und prüft nach weiterem Zusatz von Quecksilberlösung in der angegebenen Weise. Nimmt endlich der in die Sodalösung einfliessende Tropfen der Mischung nach einigen Secunden eine gelbliche Färbung an, so stumpft man vorsichtig unter gutem Umrühren mit gemessener Quantität Sodalösung die freie Säure in der untersuchten Flüssigkeit so weit ab, dass die Reaction sehr schwach sauer bleibt und prüft nun abermals einen Tropfen davon in einigen Tropfen Sodalösung; tritt jetzt keine Gelbfärbung ein, so ist noch ein geringer weiterer Zusatz der Quecksilberlösung erforderlich, um diese Gelbtarl)ung der Probe er- scheinen zu lassen. Hat man dies erreicht, so liest man die Anzahl der verbrauchten Cubikcentimeter Quecksilberlösung, ausserdem die im Ganzen zur Neutralisation angewendete Quantität Normalsodalösung ab und wiederholt die ganze Titrirung, indem man nun zu 15 CC. Harnbarytmischung gleich auf ein Mal so viel Quecksilberlösung und unter gutem Umrühren auch so viel Sodalösung zufliessen lässt, als nach der ersten vorläufigen Titrirung sich als nöthig erwiesen hat. Prüft man dann einen Tropfen der Mischung in Sodalösung, so wird die gelbe Endreaction nicht eintreten, es werden eine oder mehrere kleine gemessene Portionen von Quecksilberlösung und entsprechend Sodalösung zur Mischung hinzugefügt werden müssen, um die End- reaction herbeizuführen. Die jetzt gefundenen Correctionen der Quecksilberlösung und Sodalösung können mm durch eine dritte Titrirung geprüft werden, ob nach ihrer sofort vollständigen Zumischung zu der abgemessenen Menge Harnbarytmischung ein Tropfen der Mischung gleich die Endreaction giebt. Ist dies nicht der Fall, so wird eine Correction durch weiteren Zusatz von Quecksilberlösung und Sodalösung erfolgen müssen. Je häufiger diese Titrirung wiederholt wird und je schneller die Zumischung der ganzen Quecksilbernitratmenge und der 350 Ausführung der Titrirung des Harnstoffs. '232. erforderlichen Sodalösung zur Harnstoff lösung geschieht, um so genauer wird das Kesultat der Titrirung. 232. Eine Complication für die Titrirung ergiebt sich dadurch, dass die Endreaction zu früh eintritt, wenn die Flüssigkeit, welche unter- sucht wird, mehr als 2 pCt. Harnstoff enthält, dass sie dagegen zu lange ausbleibt, wenn diese Flüssigkeit weniger als 2 pCt. Harnstoff enthält. Ist sie zu concentrirt, so kann man sie durch Wasserzusatz zu einer 2 pCt. Harnstoff enthaltenden während des Titrirens umwan- deln, enthält sie aber weniger, so kann nur in der Berechnung nach empirisch gewonnenem Resultate eine Correction versucht werden. Enthält die Flüssigkeit mehr als 2 pCt. Harnstoff, so wird man von der Quecksilberlösung doppelt so viel Cubikcentimeter verbrauchen, als das Volumen der Harnbarytmischung beträgt, ohne dass die End- reaction eintritt. Ist man bei der Titrirung so weit gekommen, so fügt man von da ab auf je 2 CC. Quecksilberlösung, die man mehr ver- braucht als das Doppelte der zur Titrirung abgemessenen Harnbaryt- mischung, 1 CC. destillirtes Wasser zu und erhält so schliesslich immer eine 2 pCt. Harnstoft' enthaltende Lösung mit der doppelten Quantität Quecksilberlösung gemischt. Waren z. B. 15 CC. Harnbarytmischung, enthaltend 10 CC. Harn, zur Titrirung abgemessen und nach Zusatz von 30 CC. Quecksilberlösung noch keine Endreaction eingetreten, so fügt man 1 CC. Wasser hinzu und fährt in dieser Weise mit dem Wasserzusatz fort, wie es oben angegeben ist. Tritt nun z. B. nach Zusatz von 42 CC. Quecksilberlösung die Endreaction ein, so sind all- mälig auf die 1 2 CC. Quecksilberlösung, welche mehr als 30 verliraucht wurden, 6 CC. Wasser hinzugefügt und diese addirt zu 15 CC. geben 21 CC, also die Hälfte der zur Titrirung verbrauchten Quecksilber- oxydlösung. Das Volumen der zur Neutralisation verwendeten Natrium- carbonatlösung ist l)ei dieser Berechnung an Stelle von zuzusetzendem Wasser in Eechnung zu stellen. Tritt die Endreaction schon ein, ehe doppelt so viel Cubikcenti- meter Quecksill)erlüsung verliraucht sind, so wird der durch zu späten Eintritt der Endreaction entstehende Fehler nach Liebig möglichst con-igirt, wenn man auf je f) CC. Quecksilberlösung, welche man weniger verbraucht hat zur Hervorrufung der gelben Endreaction als das Doppelte des zur Titrirung abgemessenen Harnbarytmischungs- volumen, je Vio CC. von der Anzahl Cubikcentimeter der verbrauchten Quecksilberlösung abzieht, ehe man die weitere Berechnung macht. Waren z. B. 15 CC. Harnbarytmischung zur Titrirung abgemessen und die Endreaction schon nach Verbrauch von 10 CC. Quecksilberlösung eingetreten, so sind auf die 4 Mal 5 CC, welche weniger als 30 CC. Ausführung der Titrirung des Harustoffs. 232. 351 verbraucht sind, 0,4 CC. von jenen 10 CC. abzuziehen, ehe die weitere Berechnung zu machen ist. Wenn die Quecksilberlösung bei diesem Gehalte an Harnstofi' eben so richtig anzeigte, als in einer 2procentigen Harnstoff'lösung, so wäre die gelbe Endreaction schon nach Zusatz von 10 —0,4 CC. oder 9,6 CC. erfolgt. Eine andere Correction als diese von Liebig ist von Pt'lüger angegeben und gleich für die Berechnung eines richtigen Werthes der titrirten Quecksilberlösung verwendet. Nach seiner Vorschrift zieht man die Anzahl der bis zur Endreaction verbrauchten Cubikcentimeter Quecksilberlösung ab von der Summe der zur Titrirung verwendeten Cubikcentimeter Harnbarytmischung und der Cubikcentimeter Normal- sodalösung, welche zur Neutralisation erforderlich waren, findet durch Multiplication dieser Differenz mit 0,08 die Anzahl Cubikcentimeter, welche von der verbrauchten Quecksilberlösung in Abzug zu bringen sind, ehe aus ihrem Volumen der HarnstoÖ'gehalt der Flüssigkeit be- rechnet wird. Sind z. B. 16 CC. Quecksilberlösung verbraucht bis zur Endreaction für 15 CC. Harnbarytmischung imter Anwendung von 11,5 CC. Normalsodalösung, so ist nach Pflüger ([15 + 11,5] — 16). 0,08 = 0,84 CC. von der verbrauchten Quecksilberlösung 16 CC. in Abzug zu bringen, um den Einfluss der Verdünnung zu corrigiren und dann die Berechnung des Ilarnstoffgeh altes aus dem corrigirten Volu- men der Quecksilberlösung = 15,16 CC. zu berechnen. Eine weitere Correction erfordert das erlangte Kesultat der Titri- rung wegen des Gehaltes des Harns an Kochsalz. Nach Liebig's Er- fahrungen wird der Fehler, welchen die Bildung von Quecksilberchlorid (vergl. vorigen Paragraphen) veranlasst, mit hinreichender Genauigkeit corrigirt, wenn man für 10 CC. Harn, welche der Titrirung unterworfen wurden, 1,5—2,5 CC. von der verbrauchten Anzahl Cubikcentimeter Quecksilberlösung abzieht, als den durchschnittlichen Verbrauch dieser Flüssigkeit durch das Chlornatrium zur Quecksilberchloridbildung. Hat man nun eine Quantität Harnbarytmischung, welche 10 CC. Harn entspricht, titrirt und die beiden angegebenen Correctionen aus- geführt, so giebt der Rest der verbrauchten Cubikcentimeter Queck- silberlösung multiplicirt mit 10 in Milligrammen den Gehalt dieser Quantität Harn an Harnstoff, oder der Eest der verbrauchten Cubik- centimeter Quecksilberlösung dividirt durch 10, giebt in Grammen den Procentgehalt des Harns an Harnstofi'. Wenn z. B. 15 CC. Harnbaryt- mischung enthaltend 10 CC. Harn titrirt und 12,4 CC. Quecksilber- lösung verbraucht wurden, ehe die gelbe Endreaction eintrat, so sind 0,4 CC. davon abzuziehen wegen geringeren Harnstoffgehaltes und etwa 352 Harnstoffbestimmung durch Titrirung nach Austallung des Chlors. 233. 1,5 CC. wegen des Kochsalzes. Es bleiben also 10,5 CC. übrig und der Harn enthält also in 100 CC. 1,05 gr Harnstoff. Eine einmal begonnene Bestimmung des Harnstoffs im Harne durch diese Titrirung ist ohne Unterbrechung zu Ende zu führen, da sonst andere Verbin- dungen von salpetersaurem Harnstoff und Quecksilberoxyd entstehen, welche be- wirken, dass die Endreaktion zu früh erscheint. Es ist ferner darauf zu achten, dass zersetzte Harne bei der Titrirung ein zu hohes Resultat ergeben wegen des Verbrauchs von Quecksilberlösung durch das Ammoniak, welches aus Harnstoff' gebildet ist. Man hat endlich sorgfältig darauf zu achten, dass die messingenen Qnetsch- hähne an den Büretten nicht mit der Quecksilberlösung benetzt werden, da sie sich schnell amalgamiren und durchbrechen. Ist der zu titrirende Harn jodhaltig, so entsteht bei der Titrirung des Hani- stoffs zunächst ein gelber quecksilberjodidhaltiger Niederschlag und die Endreaction erscheint zu früh. Alle jodidhaltigen Harne sind daher nach der im folgenden Paragraphen zu beschreibenden Methode auf Hanistoffgehalt zu titriren.*) Enthält der Harn Sarkosin, Methylhydantoin, Salicylsäure, Benzoesäure, Hippursäure, Ammoniak in wesentlichen Quantitäten, so ist er für die Liebig'sche Harnstoft'titrirung nicht geeignet, weil ausser Harnstoff' noch andere Stoffe gefällt werden; Bensoesäure und Hippursäure können jedoch durch salpetersaures Eisen- oxyd ausgefällt und entfernt werden. Hariistoffbestiinmuug durch Titpirung nach Ansfällung des Chlors. 233. Die üngenauigkeit, welche der Chlorgehalt des Harns für die Harnstofftitrirnng herbeiführt, kann ohne wesentliche Umstände dadurch vermieden werden, dass man den Chlorgehalt titrirt. Man verfährt da7Ai zweckmässig in folgender Weise: 10 CC. des zu untersuchenden Harns werden abgemessen, etwas chromsaures Kali hinzugefügt und nach den § 208 gegebenen Vor- schriften der Chlorgehalt bestimmt. Dann mischt man 2 Volumina Harn und 1 Volumen Barytmisclnmg, filtrirt, prüft, ob alle Phosphor- säure entfernt ist, misst 15 CC. vom Filtrate ab und lüsst dazu so viel Silberlösung fliessen, als zur Ausfällung des Chlors nach jener Titrirung sicli als nöthig enviesen hatte, und titrirt nun nach dem vorigen Paragraphen den Harnstoff mit Quecksilberlösung, ohne vorher das Chlorsilber abzufiltriren. Die Correction für den Chlorgehalt des Harns vnvd bei dieser Methode vermieden, aber die andere Con-eetion wird dabei desto wichtiger. Wenn z. B. 10 CC. Harn 14 CC. Silberlösung zur Ausfällung des Chlors und 16 CC. Quecksilberlösung für den Harnstoff brauchten, so sind 15 CC. der Harnbarytmischung mit 14 CC. Silberlösung vor der Harn- stofftitrirung versetzt. Hätte nun diese Flüssigkeit 2 pCt. Harnstoff" ent- •) Arch. f. d. gps. Physiol. Bd. 6 S. '214. Bestimmung des Harnstoffs durch Wägung nach Bunsen. 234. 353 halten, so würden wenigstens 58 CC. Quecksilberlösung zur Hervor- bringung der Endreaction nötbig sein, ist diese aber schon nach Zusatz von 16 CC. Quecksilberlösung und 11,5 CC. Normalsodalösung einge- treten, so sind also 36 CC. Quecksilberlösung weniger verbraucht, als von einer 2procentigen Harnstofflösung. Nach Pflüger's Berechnung der Correction werden ([15 + 14 + 11,5] — 16) . 0,08 CC. = 1,96 CC. von den 16 CC. Quecksilberlösung als Correction in Abzug zu bringen sein, und der Harn nur 1,404 pCt. Harnstoff enthalten. Jodhaltige Harne werden bei dieser Titrirung mit Silberlösung jod- frei erhalten und es wird also die Harnstoffbestimmung in ihnen nach der AusfäUung durch Silber eben so genau als in jodfreiem Harn. Bestimmung des Harnstoffs durch Wägung nach Bunsen. 234. Es werden 30—40 gr von dem zu untersuchenden Harn in einem Kolben abgewogen, 8—10 gr gesättigter mit etwas Aetzammoniak vermischter Chlorbariumlösung hinzugefügt, wieder gewogen, dann dm-ch ein trockenes gewogenes Filter, nachdem sich der Niederschlag gut aus- gebildet hat, filtrirt in ein starkes unten zugeschmolzenes Glasrohr von schwer schmelzbarem Kaliglas, welches vorher gewogen ist und in welches ungefähr 3 gr reines krystallisirtes Chlorbarium eingebracht waren. Man lässt durch einen lang ausgezogenen Trichter 25—30 gr von dem Filtrat in dies Glasrohr fliessen, wägt dasselbe abermals und schmilzt es dann mindestens 1 Decimeter über dem Flüssigkeitsniveau mit der Gasgebläselampe zu. Nachdem die Flüssigkeit vom Filter vollkommen abgelaufen ist, wird der Niederschlag auf dem Filter mit kohlensäure- freiem Wasser gesammelt, ausgewaschen, getrocknet und mit dem Filter gewogen. Das zugeschmolzene Glasrohr, welches die ammoniakalische Chlor- bariumlösung gemischt mit dem Hai-n enthält, wird nun im Oelbade 3 bis 4 Stunden auf 200" erhitzt. Nach dem Erkalten wird mit der Feile und mit Sprengkohle das Glasrohr vorsichtig geöffnet, der Nieder- schlag von kohlensaurem Baryt auf ein kleines gewogenes Filter ge- bracht und mit kohlensäurefreiem Wasser schnell ausgewaschen, dann mit dem Filter getrocknet und gewogen. Ist dann U das gesuchte Ge- wicht Harnstoff in 100 gr Harn, A die untersuchte Harnquantität, B das Gewicht der zugefügten Chlorbariumlösung, b das des abfiltrirten Niederschlags, C das Gewicht der in das Glasrohr eingeschmolzenen Harnbarytmischung und K das Gewicht des erhaltenen kohlensauren Baryt, so ist 30,457. K(A + B— b) AC da aus 0,30457 gr Harnstoff 1 gr kohlensaures Baryt erhalten wird. Hoppe- Seyler, Analyse. 6. Anfl. 23 354 Harnstoifbestimmung im Harne nach Huefner. 235. Albuminstoffe, sowie viele Kohlehydrate, z. B. Glucose, entwickeln im zugeschmolzenen Glasrohr mit Wasser auf 200° erhitzt reichlich Kohlensäure (Hoppe-Seyler). Pflüger, Bohland und Bleibtreu*) empfehlen den Harn zu- nächst zur Entfernung der Extraktivstoffe mit Phosphorwolframsäure und Salzsäure auszufällen, im Filtrat die Bestimmung nach Bunsen und eine Ammoniakbestimmung nach Schlösing auszuführen und letzteren Werth von dem nach Bunsen gefundenen abzuziehen. HarnstofFbestiinmung im Harne nach Huefner. 235. Zur Ausführung der Methode von Huefner zur- Bestimmung des Harnstoffs bereitet man sich frische concentrirte Lösung von unter- bromigsaurem Natron, indem man nach der Vorschrift von Knop 100 gr Natronhydrat in 250 CG. Wasser auflöst, völlig erkalten lässt und dann 25 CG. Brom dieser Lauge zumischt. Von dieser Lösung reichen 50 GG. hin, um aus Salmiaklösung 130 — 150 CG. Stickgas zu entwickeln. Fig. 4 (s. folg. Seite) erläutert den zur Bestimmung von Harnstoff" dienenden Apparat. Das ungefähr 100 GG. fassende bauchige Gefäss B ist durch einen weiten Hahn abzuschliessen von dem unteren kolben- förmigen Ansatzstück A. Man füllt zunächst mittelst eines langen Trichterrohrs, während der ganze Apparat leer ist, das Gefässchen A mit dem zu untersuchenden Harn, der vorher, wenn er nicht an sich schon sehr verdünnt ist, mit gemessener Wassermenge passend verdünnt sein muss, man füllt damit auch die Hahnbohrung vollkommen an (das Gefässchen ^4 -f Hahnbohruugsinhalt ist ein für alle Mal zu calibrii'en), schliesst dann den Hahn und reinigt jetzt sorgfältig das Gefäss B von dem Keste des Harns. Jetzt füllt man das ganze Gefäss B und ebenso das Gefäss G grösstentheils mit der unterbromigsauren Natronlauge, stülpt das gleichfalls mit dieser Bromlauge gefüllte graduirte und cali- brirte Glasrohr 1> über die Oeffnung des Gefässes B und beginnt nun die Bestimmung, indem man durch Oeffnung des Hahns die Lauge zu dem Harn in A eintreten lässt. Die Bohrung des Hahns soll eine recht weite sein, damit die Lauge recht plötzlich sich mit dem Harn mengt. Es zeigt sich alsbald stürmische Gasentwic-kelung, die sich bald ver- langsamt, aber schwächer einige Zeit fortdauert. Ist die Gasentwickelung zu Ende, nach 20 — 30 Minuten, so zieht man das Kohr D et\vas in die Höhe und bringt es mit Hülfe eines Glaslöffels in destillirtes Wasser in einem Gylinderglas, stellt es senki-echt so auf, dass das innere Niveau mit dem äusseren zusammenfällt, liest nach halbstündigem Stehen bei *) Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 38 S. 57.5, Bd. 43 S. 30 u. Bd. 44 S. 10. Harnstoffbestimmung im Harne nach Huefner. 235. 355 gleichmässiger Temperatur das Volumen des gesammelten Gases ab, be- stimmt ferner die Temperatm- der Luft über dem Wasser, notirt den Barometerstand und berechnet nun den Harnstoffgehalt des Harns nach folgenden Daten: 1 gr Harnstoff liefert nach seiner Formel 372 CG. Stickstoff von Oo und 760 Mm. Druck, aber nach Huefner's Untersuchungen!) entwickelt die obige Brom-Natronlauge aus 1 gr Harnstoff nur 354,33 CG. N2 von 0« und 760 Mm. Druck. Ist nun p das Gewicht des Harn- stoffs für 100 CG. Harn, ist ferner a die für die Bestimmung verwendete Quantität Harn, b der beobachtete Barometerstand, t die Temperatur bei der Ablesung des Volumen v des entwickelten Stickstoffs in Cubikcentimetern und b' die Tension des Wasserdampfes für diese Temperatur, so ist ^ 100v(b— V) P ~ 760 . 364,33 . a (1 + 0,003665 . t) Es sind in neuerer Zeit viele Versuche gemacht, diese Harnstoffbestimmung mit unter- bromigsaurem Natron genauer und bequemer zu machen.'-) Je concentrirter die Bromlauge und je höher die Temperatur, desto schneller und voll- ständiger vollzieht sich die Zerlegung des Harnstoffs unter Stickstoffentwickelung, desto grösser ist aber zugleich die Gefahr, dass ne- ben Stickstoff auch Sauerstoff entwickelt wird. Harnsäure, Kreatinin, Ammoniak und mehrere andere Stoffe werden durch die Bromlauge unter allmäliger Entwickelung von Stickstoff- zersetzt. Gute Resultate soll man erhalten, i wenn man nach dem Vorschlage von Pflü- '= geru. Bohland zunächst aus dem Harn mit- telst Phosphorwolframsäure und Salzsäure die Fig. 4. 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2 S. 350. 2) Plehn, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. 1875 S. 582 u. Diss. Berlin, 3. Mai 1875. Yvon, Jahresber. f. Thierchemie. Jahrg. 3 S. 51. Rüssel u. West, ebendas. Jahrg. 4 S. 216. Apjohn, Chem. News, January 22. 1875. Dupre, 23- 356 Bestimmung des Harnstoffs nach Pflüger u. Bleibtreu etc. 236. 237. Extractivstoffe entfernt und das Filtrat für die Huefner'sche Methode verwen- det. Das Nähere siehe Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 39 S. 143. Bestimmung; des Harustoffs nach Pflüger und Bleibtreu'). 236. Ein Volumen Harn wird mit 2 Volumina angesäuerter Phos- phorwolframsäure (100 CC. Salzsäure von 1,124 spec. Gew. + 900 CC. Phosphorwolframsäure (1 : 10)) zusammengebracht. Nach 5 Minuten filtrirt man eine kleine Probe. Ensteht in 1 CC. des klaren Filtrats auf Zusatz von 3 Tropfen Phosphorwolframsäure nach 2 Minuten eine Trübung, so ist ein Vol. Harn mit 3 Vol. Phosphorwolframsäure auszu- fällen. Nach 24 Stunden filtrirt man ab, verreibt das Filtrat mit Kalk- pulver bis zur alkalischen Keaction, liisst bedeckt stehen bis die blaue Farbe verschwunden ist und filtrirt wieder. Von dem Filtrat benutzt man 15 CC. (resp. wenn 3 Vol. Phosphorwolframsäure nöthig waren, 20 CC.) zur Ammoniakbestimmung nach Seh lö sing; 1 5 resp. 20 weitere CC. werden in einem geräumigen Destillationskolben von 2V2 Liter In- halt, in den man kurz vorher ungefähr 10 gr krystallisii-te Phosphor- säure gebracht hat, 3 Stunden auf 230 — 260 0 erhitzt. Nach dem Er- kalten verdünnt man mit Wasser, macht mit Natronlauge alkalisch, destillirt, fängt das Destillat in Normalschwefelsäure auf und bestimmt die Menge des gebildeten Ammoniak in derselben Weise, wie bei der Kjeldahl'schen Methode (§ 228). Zieht man von der erhaltenen Ammoniakmenge die Quantität des nach Schlösing gefundenen Am- moniak ab, so erhält man als Ammoniak ausgedrückt die in 5 CC. Harn enthaltene Quantität Harnstoff. Bestimmung des Harnstoffs nach Mörner und Sjöqvist-). 237. 5 CC. des Harns werden in einem Kolben mit 5 CC. einer 5 pCt. Barythydrat enthaltenden gesättigten Chlorbariumlösung gemischt, dann mit 100 CC. eines Gemisches von 2 Thl. Weingeist (97 pCt.) und 1 Thl. Aether versetzt und bis zum folgenden Tage in verschlossenem Gefäss stehen gelassen. Jetzt filtrirt man ab, wäscht mit Alkohol-Aether nach und dampft das Filtrat bei einer Temperatur von etwa 55 " (nicht über 60'') ein, zuletzt unter Zufügung von etwas Wasser und Magnesia usta, Journ. of the ehem. Soc. 1877 I. p. 534. Maxwell Simpson und Okeefe, ebendas. 1877 I. p. 538. Depaire, Presse med. beige 1877 No. 7. Mehu, Compf. rend. T. 89 p. 417, 48G, .547. Barbier, Journ. pharm, chim. T. 30 p. 274. Fau- connier, Jay, Mehu, St. Martin, Bull, de la soc. chim. Paris (2) p. 33, 102, 105, 410 etc. Falck, Arch. d. ges. Physiol. Bd. 26 S. 391. >) Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 44 S. 78. ') Skandinav. Arch. f. Physiol. Bd. 2 S. 438; vergl. auchBödtker, Zeitschr. physiol. Chem. Bd. 17 S. 140. Nachweis und Bestimmung der Harnsäure im Harne. 238. 357 bis die Dämpfe keine alkalische Eeaction mehr zeigen. Die bis auf 15 — 10 CC. eingeengte Flüssigkeit wird unter Nachspülen mit Wasser in einen Kolben übergeführt, mit einigen Tropfen concentrirter Schwefel- säure versetzt und auf dem Wasserbad eingeengt. Die eingedampfte Masse versetzt man mit 20 CC. concentrirter Schwefelsäure und be- stimmt den Stickstoff nach Ejeldahl (§ 228). Man erfährt auf diese Weise, wie viel Harnstoff, als Ammoniak ausgedrückt, in 5 CC. Ham enthalten ist. Nachweis und Bestiniimiug der Harnsäure im Harne. 238. Zum Nachweis der im Harn gelösten Harnsäure genügt das im § 89 Angegebene; nur sehr verdünnte Harne erfordern vor dem Zusätze der Salzsäure oder Essigsäure ein Abdampfen auf V4 — Vio Vo- lumen. Für die quantitative Bestimmung sind mehrere Methoden an- gegeben. 1) Die Methode von Heintz'). Es werden 200 CC. Harn zur Bestimmung der Harnsäure ver- wendet, 48 Stunden nach Zusatz von 10 CC. Salzsäure stehen gelassen, der Niedersclilag auf einem bei 110" getrockneten und gewogenen Filter von 3 CC. Halbmesser gesammelt, mit möglichst wenig Wasser aus- gewaschen: die Menge des Waschwassers braucht 30 CC. nicht zu übersteigen. Filter und Niederschlag werden wieder bei 110 " getrocknet und nach dem Erkalten über Schwefelsäure gewogen. Sollte durch irgend einen Umstand die Waschwassermenge wesentlich vergrössert sein (man darf das Auswaschen nicht eher einstellen, als bis einige Tropfen des Waschwassers eine saure Silbersalpeterlösung nicht mehr trüben), so wird der gefundenen Harnsäuremenge pro Cubikcentimeter Waschwasser über 30 CC. desselben 0,045 Milligrm. zuzurechnen sein. Die Untersuchungen von Salkowski^) haben ergeben, dass alle Variationen der Harnsäurebestimmung durch Fällung mittelst Cl H stets ein ungenaues und zwar zu niedriges Eesultat ergeben, denn er konnte in einer grossen Zahl von Bestimmungen nach Fällung der Harnsäure in 200 CC. Harn noch 0,044 — 0,07 gr Harnsäure aus dem Filtrate erhalten, indem er dies mit Ammoniak stark übersättigte und mit ammoniakalischer Silberlösung fällte. 2) Methode von Fokker in der Modification von Salkowski vergl. Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 10 S. 153. Arch. f. path. Anatom. Bd. 68 1) Ann. Cliem. Pharm. Bd. 130 S. 179. 2) Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 5 S. 210 u. Salkowski u. Leube, Die Lehre vom Harn. Berlin 1882 S. 96. 358 Nachweis und Bestimmung der Harnsäure im Harne. 238. S. 401 umständlicher als die Methode von Heintz und weniger genau als die folgende. 3) Methode von Salkowski') und Ludwig2). Dieselbe beruht auf AusKÜlung der Harnsäure als Silberdoppelsalz (harnsaures Silber-Magnesium) durch ammoniakalische Silberlösung und erfordert folgende Flüssigkeiten: 1) eine ammoniakalische Silberlösung hergestellt durch Auflösen von 26 gr Silbernitrat in überschüssigem Ammoniak und Auffüllen mit destillirtem Wasser zu 1 Liter, 2) eine Magnesiamischung hergestellt durch Auflösen von 100 gr krystallisirtem Chlormagnesium, Zusatz von reichlichem Ammonium- chlorid und soviel Ammoniak, dass die Flüssigkeit danach riecht und Auftüllen mit destillirtem Wasser zu 1 Liter. Ausführung: Zu 200 CC. Harn fügt man unter Umrühren 20 CO. der Silberlösung und 20 CC. Magnesiamischung, welche man vorher in einem Becherglase gemischt und mit soviel Ammoniak versetzt hat, dass das aus- fallende Chlorsilber sich wieder löst. Nach 1/2 ^»i^ 1 Stunde filtrirt man den Niederschlag mittelst eines Saugfilters ab und wäscht ihn 2 oder 3 mal mit schwach ammoniakalischem Wasser aus, indem man gleichzeitig das Waschwasser benutzt, die im Becherglas noch befindlichen Reste des Niederschlags vollständig auf das Filter zu bringen. Jetzt spritzt man den Filterrückstand in einen Kolben (gelingt dies nicht vollständig, so kann man auch das ganze Filter in den Kolben bringen), fügt etwa 200 CC. Wasser hinzu, schüttelt anhaltend und leitet Schwefelwasserstofi" in nicht zu schwachem Strome unter häufigem Umschütteln hindurch; man erhitzt dann bis zum beginnenden Sieden, setzt einige Tropfen Salzsäure hinzu bis zur deutlich sauren Reaction, filtrirt schnell durch ein Faltenfilter vom Schwefelsilber und eventuell Papierbrei ab und wäscht einige Male mit heissem Wasser nach. Man dampft das Filtrat sofort in der Porcellanschale bis auf wenige CC. schnell ein, fügt einige Tropfen Salzsäure hinzu, lässt einige Stunden stellen (Ludwig hält 1 Stunde für genügend; Salkowski giebt 24 Stunden an) und sam- melt den ausgeschiedenen Niederschlag auf einem bei 110^ getrockneten und gewogenen Filter, indem man das zuletzt ablaufende Filtrat zum vollständigen Aufbringen des Niederschlags auf das Filter benutzt. Erst wenn die Flüssigkeit vom Filter vollständig abgelaufen ist, wäscht man einige Male mit destillirtem Wasser, trocknet Filter und Niederschlag bei 100^ wäscht nach dem Abkühlen dreimal mit ein wenig Schwefel- 1) Salkowski u. Leube, Die Lehre vom Harn. 1882 S. 96. 2) E. Ludwig, Wien, medic. Jahrbücher 1884 S. 597. Nachweis und Bestimmung der Harnsäure im Harne. 238. 359 kohle nstoff, verdrängt den Schwefelkohlenstoff sofort durch Aether und trocknet bei 110^ bis zum constanten Gewicht. Für je 10 CC. Wasch- wasser addirt man zum Gewicht 0,00048 gr Harnsäure hinzu. 4) Methode von Haycraft'). Dieselbe beruht darauf, dass die bei der vorigen Methode beschriebene unlösliche Silbermagnesiumver- bindung der Harnsäure nach Haycraft Silber und Harnsäure in einem constanten Verhältniss (1 Mol. Harnsäure (168) auf 1 Atom Silber (108)) enthält, dass man deshalb durch eine Bestimmung des Silber- gehaltes im Niederschlage die Menge der Harnsäure erfahren kann. Sie wird unter Berücksichtigung einiger von Herrmann^) angegebenen Veränderungen in folgender Weise ausgeführt: 50 CC. Harn werden mit je 5 CC. der oben (Methode von Sal- kowski-Ludwig) beschriebenen Magnesiamischung und Silberlösung versetzt und, nachdem sich der Niederschlag etwas zu Boden gesetzt hat, mittelst einer Saugpumpe durch ein Glaswollfilter filtrirt, und zwar filtrirt man zunächst die klare Flüssigkeit, vertheilt dann etwa 4 gr Natriumbicarbonat in groben Stücken auf dem Filter und bringt nun den den Niederschlag enthaltenden Best der Flüssigkeit auf dasselbe. Dann wird mit ammoniakhaltigem Wasser ausgewaschen, so lange bis sich das Filtrat auf Zusatz weder von Salzsäure noch von Silbernitrat und Salpetersäure trübt. Darauf löst man den Niederschlag auf dem Filter dmxh Uebergiessen mit reiner Salpetersäure, wäscht mit Wasser vollständig aus und bestimmt im Filtrat die Menge des Silbers durch Titriren mit Schwefelcyanammonium in der bei der Volhard 'sehen Chlortitrirung (§ 224) beschriebenen Weise. Ist die Schwefelcyan- ammoniumlösung so eingestellt, dass ein Volumen derselben gerade ein Volumen einer Vso Normalsilberlösung (enthaltend 3,4 gr AgN03 im Liter) verbraucht, so entspricht 1 CC. derselben 3,36 Milligr. Harn- säure. Diese Methode giebt stets höhere Werthe als die Salkowski- Ludwig'sche; sie eignet sich nicht für- harnsäurereiche Harne. Eiweisslialtige Harne sind vor der Bestimmung in der beim Harnstoff ange- gebenen Weise von Eiweiss zu befreien. Bei der Methode von Haycraft stört die Anwesenheit von Eiweiss nicht^). Sedimente oder Trübungen von harnsauren Salzen bringt man zunächst durch Erwärmen event. unter Zusatz von etwas Alkali in Lösung; ausgeschiedene freie Harnsäure filtrirt man ab und wägt sie für sich. Bezüglich des Nachweises von oxalursaurem Ammoniak im Harne vergl. oben § 89. 1) Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 25 S. 165; Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15 S. 436. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 12 S. 496. ä) Herrmann, a. a. 0. 360 Nachweis und Bestimmung des Kreatinin im^Harne. 239. Ueber Nachweis und Dai'stellung von Nucl ein b äsen, Hetero- und Paraxanthin im Harne vergl. § 87. üeber Nachweis der beiden letztgenannten Basen und des Xanthin in kleinen Harnmengen vergl. Salomon, Arch. f. pathol. Anat. Bd. 125 S. 554. Jfachweis und Bestiminuug des Kreatinin im Harne. 239. Zum Nachweis des Kreatinin im Harn bedient man sich am Besten der Keactionen von Weyl oder Jaffe (vergl. oben § 98). Für die quantitative Bestimmung hat Neubauer') eine Methode empfohlen, welche von Salkowski-'j modificirt ist und in dieser Modi- fication folgendermassen lautet: 480 CC. eiweissfreien Harns werden durch vorsichtigen Zusatz von Kalkmilch schwach alkalisch gemacht, mit Chlorcalcium genau ausgefällt, auf 600 CC. aufgefüllt, gut gemischt, nach 15 Minuten durch ein ti-ocknes Filter filtrirt, vom Filtrat, das schwach alkalisch reagiren muss — ist es zu stark alkalisch, so setzt man vorsichtig verdünnte Salzsäme hinzu, aber erst nach dem Ab- messen — 500 CC. im Messkolben abgemessen, anfangs auf freiem Feuer, dann auf dem Wasserbad eingedampft bis auf etwa 40 CC, mit ungefähr dem gleichen Volumen von absoluten Alkohol durchgemhrt, in einem etwas absoluten Alkohol enthaltenden Messkolben von 200 CC. gebracht, mit Alkohol nachgespült, auf 200 CC. damit aufgelüUt, tüchtig durchgeschüttelt und stehen gelassen. Während des Erkaltens muss man den Kolben öfters gelinde aufstossen, um die in dem Niederschlag enthaltene Luft herauszubringen. Nach völligem Erkalten ergänzt man das Volumen wieder auf 200 CC, lässt bis zum nächsten Tage stehen, filtrirt dm-ch ein trocknes Filier, misst vom Filtrat 160 CC. zur Be- stimmung ab, setzt 1 — 2 CC. einer alkoholischen, absolut säurefreien Lösung von Chlorzink (spec. Gew. 1,2) hinzu, rührt längere Zeit gut um, wodurch die Ausscheidung des Niederschlags sehi' beschleunigt wird, imd lässt dann 3 bis 4 Tage mit einer Glasplatte bedeckt im Keller stehen. Nach Ablauf dieser Zeit bringt man die abgeschiedenen Kry- staUe auf ein vorher geti-ocknetes und gewogenes Filter und benutzt zum Ausspülen immer wieder das erst erhaltene Filtrat. Ist dann alles Chlorzink-Kreatinin auf das Filter gebracht, so wäscht man, sobald die Mutterlauge völlig abgelaufen ist, so lange mit kleinen Mengen Wein- geist aus, bis dieser farblos abläuft und niclit mehr auf Chlor reagirt. das Filter mit dem Kreatininchlorzink wird dann bei lOO'J getrocknet und gewogen. 1) Ann. Chem. Pharm. Bd. 119 S. 27. =) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10 S. 119. Bestimmung der Oxalsäure und des Cystins im Harne. "-'40. 241. 361 Für den Nachweis und die quantitative Bestimmung der Diamine (Cadaverin imd Putrescin) dient die oben §§ 68 u. 69 beschriebene Me- thode von V. Udriinszky und Baumann. Dieselbe liefert bei Ver- dünnungen, welche 1 : 10000 nicht überschreiten, eine nahezu quanti- tative Ausbeute. Bestiiuuning der Oxalsäure iui Harne. •240. Zum Nachweis oder zugleich zur Bestimmung der Oxalsäure im Harne versetzt man nach der Jlethode von Neubaue ri) 400 bis 600 CC. Harn mit etwas Chlorcalcium, dann mit überschüssigem Am- moniak, filtrirt, behandelt den Niederschlag mit Essigsäure unter Ver- meidung eines zu grossen Ueberschusses, filtrirt nach 24 stündigem Stehen ab, wäscht den Rückstand mit Wasser und löst ihn dann auf dem Filter mit wenig Tropfen Salzsäm-e (ausgeschiedene Harnsäure bleibt zurück), filtrirt und wäscht mit wenig Wasser nach, übersättigt das Filtrat mit Ammoniak, lässt den Niederschlag sich absetzen, sammelt ihn nach 24 Stunden auf kleinem aschefreien Filter, trocknet und glüht im kleinen Platintiegel mit dem Gebläse oder im Hempel' sehen Ofen heftig, lässt über Schwefelsäure erkalten und wägt. Das Gewicht des gefundenen Aetzkalks multiplicirt mit 1,6071 giebt die Quantität der Oxalsäure Co Ho O4 in der untersuchten Harnmenge. In eigenthümlicher Modification ist dies Verfahren von Für bringer 2) geprüft und viel benutzt. Ein kürzeres Verfahren hat Schultzen^) angegeben: Ausfällung der Phosphorsäiire durch Chlorcalcium. Filtration, Abdampfen, Extraction des Eückstandes mit Alkohol und des vom Alkohol nicht Gelösten mit Essigsäme. Der zurückbleibende oxalsaure Kalk wird geglüht und der Kalkgehalt bestimmt: es kann aber hier schwefelsaurer Kalk erhebliche Fehler bewirken. Nachweis und Bestimmung des Cystins im Harne bei Cystinurie. 241. Zum Nacliweis dient das oben § 100 angegebene Verfahren von Goldmann, v. Udränszky imd Baumann. Zur annähernden quantitativen Bestimmung kann man 1) das in der a. a. 0. beschriebenen Weise erhaltene Aetherextrakt benutzen. ^) Huppert, Neubauer u. Vogel, Analyse des Harns 9. Aufl. S. 12G. -) Fürbringer, Zur Oxalsäureausscheidung durch deu Harn. Habilitations- schrift. Leipzig 187G. 3) Arch. f. Anat. n. Physiol. 18G9 S. 719. 362 Bestimmung der Gesammtkohlehydrate im Harn nach v. Udränszky. 242. Dasselbe wird mit 12procentiger Natronlauge neutralisirt, die Lö- sung der Natriumsalze mit dem doppelten Volumen derselben Natronlauge versetzt und auf 0" abgekühlt. Nach zwei Stunden filtrirt man den aus glänzenden Blättchen bestehenden Niederschlag des in Natronlauge fast unlöslichen Natriumsalzes des Benzoylcystins ab, wäscht einmal mit wenig kalter Natronlauge, löst in 600 CC. Wasser und säuert stark mit Salzsäure an. Das in Form einer Gallerte abgeschiedene Benzoylcystin wird durch Schütteln und Zertrennen mit einem Glasstabe in der Flüssig- keit vertheilt, mit der Saugpumpe abfiltrirt, mit Wasser gewaschen, getrocknet und gewogen. Die Menge beträgt bei sorgfaltiger Beob- achtung der angegebenen Verhältnisse stets annähernd 40 pCt. der theoretischen Ausbeute an Benzoylcystin; demgemäss ist der wirkliche Gehalt zu berechnen. M 2) sich der indirekten Methode bedienen:'-) Man bestimmt in einer Portion Harn den Gesammtschwefel (zu dem Zweck werden 25 CC. Harn mit 3 gr Salpeter und 3 gr Aetznatron im Silbertiegel geschmolzen), in einer andern den oxydirten Schwefel (Schwefelsäure) und erfährt auf diese Weise, wie viel Procent des Ge- sammtschwefels aus nicht oxydirtem (neutralem) Schwefel besteht; unter normalen Verhältnissen beträgt der nicht oxydirte Schwefel unge- fähr 17,2 pCt. des Gesammtschwefels. Zieht man diesen Werth von dem gefundenen ab, so erhält man diejenige Menge Schwefel, welche dem Cystin entspricht. Die erstere Methode lässt sich auch zur Bestimmung des Cystin im normalen Harn verwenden. Bestimmung der Gesammtkohlehydrate im Harn nach v. Udränszky'). 2-12. Diese Bestimmung beruht auf der § 52 beschriebenen Furfiirol- reaction. Man stellt Traubenzuckerlösungen her von bekanntem Gehalt (0,1, 0,06, 0,05 u. s. w. bis 0,01 pCt.), versetzt je 1 Tropfen dieser Lösungen in der oben angegebenen Weise mit 1 Tropfen c-Naphtollösung, '/2 CC. Wasser und 1 CC. concentrirter Schwefelsäure und erhält so eine Farben- skala. Ferner bereitet man sich in derselben Weise Proben mit 1 Tropfen des mit gemessener Menge Wassers verdünnten eiweissfreien Harns, vergleicht die entstehende Farbe mit der Farbenskala und setzt das Verdünnen mit Wasser so lange fort, bis man eine Harnprobe hat, deren Mischfarbe genau oder möglichst genau der Mischfarbe einer der Zucker- 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15 S. 88. ") Vergl. Master, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 14 S. 109. 3) Vergl. Treupel, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 16 S. 5.5. Bestimmung des Phenol, Kresol, der Indoxylschwefelsäure im Harne. 243. 363 lösungsproben entspricht. Man hat nun den Procentgehalt dieser Lösung mit der Zahl zu multipliciren, welche angiebt, auf das Wieviel- fache seines Volumens der Harn verdünnt war, um den Procentgehalt des untersuchten Harns an Kohlehydraten — bezogen auf eine Trauben- zuckerlösung — zu finden. Zum Nachweis resp. zur Darstellung des Aceton, der Acetessig- säure und der Oxybutt er säure aus dem Harn dienen die oben § 39, § 41 und § 42 angegebenen Eeactionen und Verfahren. Bei An- wesenheit von Acetessigsäure darf man zur Prüfung auf Aceton nicht destilliren, sondern man muss den schwach alkalisch gemachten Harn mit reinem Aether ausschütteln, darauf den Aether mit Wasser schütteln und diese wässerige Flüssigkeit für die Eeactionen auf Aceton benutzen. Bestimmung des Gehaltes au Pbeuol, Ki-esol, Breuzcatechiu im Harne. 243. Für die Bestimmung der Phenole (Phenol -|- Kresole), welche man in der § 107 angegebenen Weise erhält, siehe § 107 sowie Kessler u. Penny, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 17 S. 117. Brenzcatechin wird nach den Angaben von § 108 in Substanz dar- gestellt, getrocknet und gewogen. Nacliweis und Bestimmung des Gehaltes von Indoxylschwefelsäure im Harne. Das Verfahren zur Bestimmung der Indoxylschwefelsäure incl. etwa vorhandener Indoxylglucuronsäure beruht auf der Spaltung derselben und Ueberführung des Indoxyls in Indigo. Der ursprünglich von Jaffe') als Oxydationsmittel empfohlene Chlorkalk hat den Nachtheil, dass die Menge, welche erforderlich ist, um sämmtliches Indoxyl in Indigo zu verwandeln, nur durch Ausprobiren gefunden werden kann. Setzt man zu wenig zu, ist die Bildung des Indigo unvollständig, nimmt man zu viel, so wird Indigo oxydirt. Es ist deswegen rathsam, an Stelle des Chlorkalk das neuer- dings von Obermayer^) empfohlene Eisenchlorid zu verwenden, welches auch im Ueberschuss zugesetzt keine Oxydation des gebildeten Indigo bewirkt, und in folgender Weise zu verfahren: Der Harn wird mit Blei- zuckerlösung (1 : 5) womöglich unter Vermeidung eines bedeutenden Ueberschusses ausgefällt. Das Filtrat versetzt man mit dem gleichen Volumen rauchender Salzsäure, welche in 500 Thl. 1 — 2 Thl. Eisen- chlorid enthält, und schüttelt tüchtig 1 oder 2 Minuten durch. Das ge- bildete Indigo wird nun mit Chloroform aufgenommen. Dasselbe setzt sich rasch vollkommen klar und durchsichtig und absolut rein blau ab. 1) Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 3 S. 448. ■) Wien. klin. Wochenschr. 1890 S. 176. 364 Nachweis und Bestimmung der Hippur- und Benzoesäure im Harne. 244. Will man eine quantitative Bestimmung' vornehmen, so behandelt man so oft mit neuen Portionen Chloroform, bis dasselbe sich nicht mehr blau färbt, verdunstet die vereinigten Chlorofomilösungen in einem ge- wogenen Becherglas, behandelt den Rückstand zur Entfernung von Benzoe- säure und andern in Chloroform löslichen Substanzen mit einer Mischung von Wasser, Allcohol und Aether, trocknet bei 105 — 110" und wägt. Salkowskii) empfielüt den Gehalt der Clilorofonnlösung an Indigo kolorimetrisch vergleichend mit einer Indigolösung von bekanntem Ge- halt zu bestimmen. Kynurensäure wird nachVoit und Riederer-) im Hundeharn nach einer der Harnsäure entsprechenden Methode bestimmt. 100 CC. Harn werden mit 4 CC. concentrirter Salzsäure versetzt, der nach einigen Minuten beginnende Niederschlag wird nach 48 Stunden Stehen der Mischung aufgewogenem, bei 100° getrocknetem Filter gesammelt, mit kaltem Wasser gewaschen; Filter und Niederschlag bei 100° getrocknet und gewogen. Die Kynurcnsäure kann in diesem Niederschlage besonders mit Schwefel (Zersetzung der unterschwefligen Säure) verunreinigt sein und durch l?ehandeln der getrockneten Masse mit Schwefclkohlenstofl' von demselben befreit werden. Am vollständigsten wird Kynurensäure bestimmt werden können durch Fällen des stark sauer gemachten Harns mit Phosphorwolframsäure 'j, Behandlung des Niederschlags mit überschüssiger Aetzbarytlösung, Abfiltriren der heissen Lo- sung, Verdunsten auf kleines Volumen, Fällung kalt durch Ansäuern mit Salzsäure, Stehenlassen zur Krystallisation, Filtrircn durch gewogenes Filter, Trocknen, Wägen. Nachweis imd Bestimmuug der Hippiirsäure und Benzoesäure im Harne. 244. Zum Nachweis der Hippursäure im Harne dienen in allen Fällen die Darstellungsmethoden, welclie im § 121 beschrieben sind. Auch zur Bestimmung der Hippursäure dient allein die Dar- stellung derselben aus abgemessener Quantität Harn, am Besten nach dem Verfahren von Bunge und Schmiedeberg-*). Die nicht zu kleine Quantität Harn, vom menschlichen Harn mindestens 100 CC, wird mit Sodalösung alkalisch gemacht, filtrirt und das Filtrat zum dicken Syrup eingedampft, der Eückstand wiederholt mit kaltem Alkohol ausgezogen, vom filtrirten Auszug der Alkohol abdestillirt und der Rest durch Abdampfen verjagt, die rückständigen Massen mit Salzsäure ver- setzt und wiederholt (wenigstens 5 Mal) mit neuen Portionen Essigäther ausgeschüttelt, die klar abgegossene Lösung der Hippursäure in Essig- äther wird mit Wasser gewaschen und dann bei massiger Temperatur verdimstet. Der Eückstand wird mit frisch destillirtem Petroläther mehrmals ausgezogen, um Benzoesäure und andere Verunreinigungen zu ') Arch. f. path. Anat. Bd. GS S. 407. 2) Zeitschr. f. Biologie 18G7 S. 31.5. 3) Hofmeister, Zeitschr. f. physiol. Chom. Bd. 5 S. 67. *J Arch. f. exper. Pathol. Bd. 68. 235. Nachweis imd Bestimmung der Homogentisinsäure im Harne. 245. 365 entfernen, dann in wenig Wasser warm gelöst, mit etwas Thierkohle digerirt, filtrirt, bei höchstens 50 — 60" zur Krystallisation verdunstet, getrocknet und gewogen. Diese Methode giebt gute Eesultate ') und ist auch zur Bestimmung der Benzoesäure geeignet, wenn man den Rückstand des Petroläther- auszugs in Wasser warm löst, filtrirt, das Filtrat bei massiger Tempe- ratur verdunstet, den Eiickstand trockfiet und wägt. Jaarsveld und Stokvis-) verfahren gleichfalls nach obiger Methode, wandeln aber nachher die durch Petroläther gereinigte Hippursäure durch V4 bis V2 stündiges Kochen mit starker Natronlauge in Benzoesäure um, säuren dann mit Salzsäure an, schütteln mehrmals mit Petroläther, bestimmen die in demselben gelöste Benzoesäure und berechnen aus der getrock- neten und gewogenen Benzoesäure die Hippursäure (Multiplication des erhaltenen Werthes mit 1,467). Nach Völker^) werden zur Bestimmung der Hippursäure 200 bis 300 CC. Harn in Hofmeister'schen Schälchen auf Va eingeengt, 4 gr Natriumphosphat zugesetzt, weiter zur Syrupsconsistenz eingedampft, gebrannter Gyps beigemischt und so lange erwärmt, bis sich die Masse zu Pulver zerdrücken lässt. Letzteres wird sammt der zerschlagenen Schale im Soxhlet'schen Extractionsapparat zuerst 4—6 Stunden mit Petroläther, dann nach Wechseln des Kolbens 6 — 10 Stunden mit troeknem Aether estrahirt. Der Aetherrückstand wird in Wasser ge- löst, mit Kohle entfärbt, die Lösung auf 1 — 2 CC. bei 50—60" ver- dunstet und der Krystallisation überlassen. Die Krystalle sammelt man auf einem bei HO" getrockneten und gewogenen Filter, wäscht mit etwas Wasser und ein Paar Tropfen Aether, trocknet und wägt. Als Correctur kann für 1 je CC. Filtrat 0,0015 gr Hippursäure in Eechnung gesetzt werden. Nachweis und Bestinimiing der Honiogeutisiusüure im Harne. 245. In Betreff des Nachweises siehe das oben § 131 Gesagte. Zur quantitativen Bestimmung dient folgendes Verfahren von Baumann-*): 10 CO. des Alkaptonharns werden in einem Kölbchen mit 10 CC. Ammoniak von 3 pCt. versetzt. Zu dieser Mischung lässt man unver- züglich einige CC. ^'m Normalsilberlösung hinzufliessen, schüttelt ein- mal um und lässt 5 Minuten stehen. Alsdann werden der Mischung 5 Tropfen Chlorcalciumlösung (1 : 10) und 10 Tropfen Ammoniumcarbonat- 1) Schröder, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 3 S. 323. 2) Arch. f. exper. Pathol. Bd. 10 S. 271. 3) Maly, Jahresber. d. Thierchem. 1887 S. 215. *) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 16 S. 270. 366 Nachweis und Bestimmung des Albumin im Harne. 24G. lösung hinzugefügt. Nach dem Umschütteln wird filtriii. Das bräunlich gefärbte, aber immer ganz klare Filtrat wird mit Silbernitrat geprüft; tritt dabei sofort wieder eine starke Abscheidung von Silber ein, so wird bei dem zweiten Versuch gleich eine grössere Menge (das doppelte bis dreifache) '/jo NoiToal-Silberlösung zu der Mischung von 10 CC. Harn und 10 CC. Ammoniak hinzugefügt. Kennt man schon annähernd die zur Oxydation erforderliche Menge der Silberlösung, so bedient man sich, um die Endreaction zu erkennen, nur noch der Prüfung mit Salz- säure. Die Endreaction ist erreicht, wenn das Filtrat vom Silbernieder- schlag beim Ansäuern mit verdünnter Salzsäure eine eben noch sichtbare Trübung von Chlorsilber liefert. Man findet diesen Punkt sehr scharf durch 4 bis 5 oder 6 malige Wiederholung des Versuchs. Sind mehr als 8 CC. Vio Normal-Silberlösung auf 10 CC. Harn und 10 CC. Am- moniak erforderlich, so sind bei der Wiederholung des Versuches 20 CC. (statt 10 CC.) Ammoniak zu verwenden. 1 gr wasserfreie Homogenti- sinsäure reducirt unter den angegebenen Bedingimgen eine Quantität Silberlösung, welche 2,60—2,65 gr Silber entliält, d. h. 240—245 CC. der ViQ Normal-Silberlösung; darnach werden durch 1 CC. Vio Normal- Silberlösung 0,004124 gr Homogentisinsäure angezeigt. Nachweis und Bestimmung des Albumin im Harne. 246. Im Harne können Propeptone und Peptone vorkommen, ohne dass andere Eiweissstoffe darin zu finden sind, treten aber coagulirbare Eiweissstoffe im Urin auf, so scheinen stets mindestens zwei verschiedene neben einander vorhanden zu sein*), nämlich Serumalbumin und Serum- globulin. Der Nachweis der Peptone geschieht nach § 177 und die Unterscheidung der Eiweissstoffe von einander nach den Vorschriften, welche in § 261 im Allgemeinen föi- seröse Flüssigkeiten gegeben sind. Die in § 159 beschriebenen Eeactionen sind ohne Weiteres zur Untersuchung auf Albuminstoffe im Harne, der nötbigenfalls vorher filtrirt werden muss, anwendbar; auch die Unterscheidung der einzelnen Albuminstoffe von einander kann ohne andere Vorbereitungen direct nach den in den Paragraphen 161 — 177 gegebenen Eeactionen ausge- führt werden. Die einfachste und beste Probe auf Albuminstoffe im Harne bleibt immer die folgende: Eine Portion Harn wird im Probirglase zum Kochen erhitzt ; entsteht Niederschlag oder Trübung, so können sie von Eiweiss oder phosphorsaurem Kalke (kohlensaurem Kalke bei Pflanzen- fi-essern) herrühren; löst sich der Niederschlag nicht auf Zusatz von *) Senator, Arch. f. pathol. Anat. Bd. 60 1874 u. viele neuere Untersuchungen. Nachweis und Bestimmung des Albumin im Harne. 24G. 367 Salpetersäure oder entsteht ein Niederschlag erst nach Zusatz dieser Säure, so enthält der Harn Albumin. Es ist vielfach versucht, die Quantität des Albumin im Harne nach der Höhe des flockigen Nieder- schlags zu schätzen, der nach der Coagulation eines bestimmten Volumen des eiweisshaltigen Harns im Probirglase sieh nach bestimmter Zeit ab- gesetzt hat; diese Schätzung ist aber eine so trügerische, dass sie kaum einen Anhaltspunkt gewähren kann. Zur quantitativen Bestimmung des Albumin können, wenn es auf Genauigkeit ankommt, ausschliesslich die unten (§ 248) beschriebenen Methoden der Wägung der durch Coagulation abgeschiedenen Albumin- stoffe angewendet werden. Die von C. M4hui) angegebene Methode der Fällung durch Sal- petersäure, Phenol, Essigsäure imd Alkohol, ebenso die Methode der Fällung mit dem halben Volumen 20 procent. Kochsalzlösung und Gerb- säure nach Girgensohn2) oder mit Alkohol nach Liborius^) sind weniger genau. Die von Boedeker'*) angegebene Titrirung beruht darauf, dass Albumin in essigsaurer Lösung durch Ferrocyankalium vollkommen ge- fällt wird. Diese Methode ist ziemlich umständlich und giebt Resul- tate, die oft sehr erheblich von denen abweichen, welche durch Wägung des durch Coagulation ausgefällten Albumin aus demselben Harne ge- wonnen werden. Von Tauret 5) ist eine Titrirung mit Jodquecksilber- jodkalium in saurer Lösung (3,32 gr Jodkalium, 1,35 gr Quecksilber- chlorid, 20 CG. Essigsäure für 60 CC. Lösung) angegeben. A. Vogel«) hat ein seiner Methode zur Bestimmung des Fettgehaltes der Milch (siehe unten) nachgebildetes Verfahren auch zur Bestimmung des Albumingehaltes im Harne empfohlen. Man säuert den Harn sehr schwach mit Essigsäure an, verdünnt gemessene Portionen, 4 oder 6 CC. u. s. w. mit Wasser auf 100 CC, erhitzt zum Sieden, kühlt rasch ab, und untersucht, ob der Lichtkegel einer Stearinkerze durch eine 5,5 cm dicke Schicht der Mischung noch sichtbar ist. Man wiederholt den Versuch bei verschiedenen Verdünnungen, bis man die Concentration der Mischung gefunden hat, bei welcher das Flammenbild gerade ver- schwindet. Nach Dragendorf enthält dann die Flüssigkeit in 100 CC. 0,023553 gr Albumin; hieraus ist dann der Gehalt des Harns an ') Arch. gener. de med. 18G9 Mars S. 257. ») Arch. f. klin. Med. Bd. 11 S. 613. 3) Arch. f. klin. Med. Bd. 10 S. 319. ♦) Ann. Chem. Pharm. Bd. 111 S. 195. ») Jahresber. d. Thierchemie, Jahrg. 1877 S. 240. «) Arch. f. klin. Med. Bd. 3 S. 143 u. Zcitschr. f. analyt. Chem. Bd. 7 S. 152. 368 Approximative Bestimmung des Eiweiss im Harne. 247. Albumin leicht zu berechnen. Eine ähnliche Methode ist in neuerer Zeit von Christenseni) angegeben. Die Versuche von Lang, Haebler, Bernhardt u. A.2), den Albumingehalt eines Harns aus dem Unterschiede der spec. Gewichte der Flüssigkeit vor und nach der Coagulation des Albumins durch Er- hitzen und Säurezusatz zu bestimmen, haben genügende Kesultate nicht ergeben. Ein auf demselben Princip beruhendes Verfahren von Zähor'^) liefert gute Eesultate, ist aber umständlich, erfordert grosse Sorgfalt in der Ausführung und mehrmalige Wägungen. Approximative Bestimmung des Eiweissgehaltes im Harne. 247. Zur annähernd quantitativen Bestimmung für Minische Zwecke empfiehlt sich ihrer bequemen Ausführbarkeit wegen die von Brand- berg^) weiter ausgearbeitete Methode von Eoberts-Stolnikow, deren Brauchbarkeit von Hammarsten'') erprobt ist, sowie die Methode von Esbach.6) Die Methode von Koberts-Stolnikow beruht auf der Beobach- tung, dass die He Her 'sehe Eiweissprobe, d. h. das Auftreten einer ring- förmigen Trübung an der Berührungsfläche zwischen Salpetersäure und eiweisshaltiger Flüssigkeit nach 2 — 3 Minuten schwach aber deutlich sichtbar wird, wenn die Lösung 0,0033 pCt. Eiweiss enthält. Zur Ausführung verdünnt man den Harn mit 9 Volumen Wasser und bereitet sich von diesem Zehntelharn eine Reihe von Versuchs- flüssigkeiten bekannter Verdünnung. Darauf giesst man in eine Anzahl Reagensgläser aus einer Pipette einige Cubikcentimeter concentrirter Sal- petersäure mit der Vorsicht, dass die Wandungen oberhalb nicht benetzt werden, vertheilt in die einzelnen Gläser mit einer sehr fein ausgezogenen Pipette gleiche Volumina der verschieden verdünnten Harnlösungen, so dass beide Flüssigkeiten sich nicht mischen und noth't die Zeit, wann in jeder Probe ein eben sichtbarer bläulich weisser Ring auftritt. Die- jenige Probe, in welcher das innerhalb 2 — 3 Minuten geschieht, enthält 0,0033 pCt. Eiweiss. Man erfährt den Eiweissgehalt des unverdünnten K -4- X Harns durch folgende Gleichung: p = -y^ — ^=-, in der p die Pro- ') Arch. f. pathol. Anat. Bd. 115 S. 128. -) Berl. Iflin. Wochenschr. 1869 No. 34. ') Zeitschr. f. physiol. Chera. Bd. 12 S. 484. *) Jahresbor. f. Thierchemie 1880 S. 265. 5) Ebendas. 1883 S. 217. «) Gaz. med. de Paris 1874 p. 61. Esbach, Dosage de ralbumine. Paris 188G. Bestimmung der gerinnbaren Albuminstoffe im Harne durch Wägung. 248. 369 cente Eiweiss im unverdünnten Harn, K die zu jeder Probe verwen- dete Menge Zehntelharn und X die zur Verdünnung verwendete Wasser- menge sind. Die Methode von Esbach. In ein für diesen Zweck besonders graduirtes Rohr wird bis zu einer bestimmten, mit U bezeichneten, Marke der sauer reagirende, nötbigenfalls mit Essigsäure angesäuerte Harn, darauf bis zu einer zweiten, mit K bezeichneten, Marke das Ee- agens (eine Lösung, enthaltend 2 pCt. Citronensäure und 1 pCt. Pikrin- säure) eingegossen, vorsichtig umgeschi\ttelt und 24 Stunden stehen ge- lassen. Nach dieser Zeit liest man ab, bis zu welchem Theilstrich der Niederschlag reicht und erfährt so ohne Weiteres die Quantität Eiweiss in Grammen für 1000 Harn. Eiweissreiche Harne müssen zuvor mit Wasser verdünnt werden. Unbedingt nöthig ist, dass die Proben stets bei derselben Temperatur ausgeführt werden. Bestimmung der gerinnbaren AlbuminstofFe im Harne durch Wägung. 1) Methode von Sclierer. 248. Man misst vom filtrirten Harne 50 oder 100 CC. in eine hinreichend geräumige Porcellanschale ab, erhitzt unter gutem Umrühren über einer kleinen Flamme (nicht auf dem Wasserbade) zum Kochen, fügt, falls keine gute flockige Gerinnung des Albumin erfolgt, vorsichtig einige Tropfen sehr verdünnter Essigsäure hinzu, erhitzt meder zum Sieden und prüft abermals, ob die Flüssigkeit über dem Coagulum klar erscheint. Ist dies erreicht, so filtrirt man noch heiss durch ein kleines bei 120" getrocknetes und gewogenes Filter, sammelt auf demselben das ganze Coagulum, wäscht gleich nach- dem Ablaufen der Flüssigkeit mit warmem Wasser, zuletzt mit etwas Alkohol sorgfältig aus, trocknet dann Filter und Coagulum im Luftbade bei 120° längere Zeit und wägt nach Erkalten über Schwefelsäure, trocknet nochmals einige Zeit und wägt wieder. Zeigt sich noch Gewichtsabnahme, so ist so lange zu trocknen, bis die Wägungen übereinstimmen. Man verbrennt dann das trockene gewogene Filter mit dem Albumin, wägt die Asche und zieht ihr Gewicht nach Abzug der Filterasche vom Gewichte des Al- bumin ab. Bei dieser Bestimmung wird leicht etwas zu wenig gefunden, da auch beim vorsichtigsten Ansäuern mit Essigsäure oft etwas Albumin gelöst bleibt; man prüft in dieser Beziehimg das Fütrat mit Essigsäure und Ferrocyankalium. Ist der Harn sehr reich an Albumin, so ver- dünnt man ihn vor dem Kochen mit seinem doppelten Volumen oder noch mehr Wasser, oder giesst ihn in kleinen Portionen in das bereits siedende Wasser unter Umrühren. Hoppe-Seyler, Analyse. 6. Aufl. 24 370 Nachweis von Propepton und von Pepton im Harne. 250. 2) Berzeliuä' Methode. 249. Am genauesten wird das Gewicht des Albumin im Harne er- mittelt, indem man 30 oder 50 CC. filtrirten und mit Essigsäure ange- säuerten Harn in einer kleinen Schale im Wasserbade zur möglichsten Trockne verdunstet, den Kückstand mit heissem Wasser und dann noch mit Alkohol gut auszieht, durch gewogenes Filter filtrirt, auf diesem den Rückstand sammelt, gut trocknet und wägt. Blieb in der Schale etwas Albumin zurück, so wii-d auch diese getrocknet mit diesem Reste und nach Erkalten über Schwefelsäure gewogen. Man legt dann das Filter mit dem Coagulum in die Schale, erhitzt allmälig zum Glühen und zum völligen Veraschen des Albumin und Filter, lässt über Schwefel- säure erkalten und wägt Schale und Asche. Die Berechnung des Pro- centgehaltes an Albumin ergiebt sich dann für den Harn aus den so gewonnenen Daten so einfach, dass sie nicht weiter auseinandergesetzt zu werden braucht. Der Gehalt des Harns an Albumin beläuft sich meist nicht höher als 1 gr, selten steigt er bis zu 4 gr für 100 CC. Zur Bestimmung der Globulinsubstanzen im eiweiss- h altigen Harne wird derselbe möglichst genau neutralisirt mit Natrium- carbonat, mit Magnesiumsulfat vollständig gesättigt und nach § 266 weiter wie bei serösen Flüssigkeiten verfahren. Nachweis von Propepton und von Pepton im Harne. 250. Zur Prüfung auf Albumosen oder Propeptone ist der Harn zunächst von coagulirbaren Eiweissstoffen durch Kochen unter passendem Zusatz von Essigsäure zu befreien, zu filtriren. Giebt das Filtrat kalt, 1) vorsichtig mit Salpetersäure bis zur stark sauren Reaction versetzt einen Niederschlag, 2) eine Fällung mit Essigsäure uud Ferrocyankalium, 3) Niederschlag beim Sättigen mit Steinsalz und starkem Ansäuern mit Essigsäure oder Salzsäure, 4) Fällung beim Sättigen mit Ammonium- sulfat bei der Siedetemperatur, so ist Propepton vorhanden. Im Uebrigen vergl. §§ 173 — 176 bezüglich der Unterscheidung der einzelnen Albu- mosen und etwaiger Trennung von einander. Zur Prüftmg auf Pepton hat Hofmeister*) folgendes Verfahren angewendet: Ein halbes Liter des zu untersuchenden Harns wird in einer Schale mit 1 0 CC. concentrirter Lösung von Natriumacetat versetzt und concentrirte Lösung von Eisenchlorid tropfenweise hinzugefügt, bis die Flüssigkeit eine bleibende rothe Farbe angenommen hat. Ist der Harn sehr sauer, so stumpft man die Säure bis zur ganz schwach sauren ße- *) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 4 S. 253, Bd. 5 S. 135, Bd. e S. 51, 264. Bestimmung der Glucose im Harne durch Circumpolarisation. 251. 371 action ab, kocht und bringt nach dem Erkalten auf das Filter. Das Filtrat darf weder Eisen noch Eiweiss enthalten, also mit Essigsäure und Ferrocyankalium keinen Niederschlag geben. Dasselbe wird nun mit Vio seines Volumen concentrirter Salzsäure gemischt, eine saure Lösung von Phosphorwolframsäure so lange hinzugefügt, als flockiger Niederschlag entsteht, sofort filtrirt, der Niederschlag mit Wasser gewaschen, welches 3 — 5 pCt. Schwefelsäure enthält, dann der Niederschlag mit Barythydrat zerrieben, wenig Wasser hinzugefügt, kurze Zeit erwärmt, dann filtrirt. Im Filtrate fällt man den Baryt mit verdünnter Schwefelsäure aus, und prüft nach Abfiltriren des Bariumsulfat mit Natronlauge und Kupfer- vitriol, ob die Purpurfärbung der Biuretreaction eintritt. Enthält der Harn im Liter 0,2 gr Pepton, so ist dieselbe gut erkennbar, bei Gehalt von 0,1 gr im Liter ist sie schwach. Enthalten die Harne Mucin oder mucinähnliche Stoffe, so fällt man den Harn zunächst mit unzureichender Menge von Bleiacetat. Ammoniumsulfat fällt besonders in der bei Siedetemperatur damit gesättigten Lösung die Albumosen vollständiger als Ferriacetat, auch vollständiger als Sättigung mit Steinsalz in stark saurer Lösung. Die Albumosen können bei sehr massigem Salzgehalt der Lösung mit Essigsäure und Ferrocyankalium ausgefällt*) und nach Abtrennung des Niederschlags kann durch üebersättigen mit Natronlauge und vor- sichtigen Zusatz von Kupfersulfat auf Pepton (Biuretreaction) geprüft, dasselbe auch durch Alkohol gefällt, aber nicht zuverlässig rein erhalten werden. Bezüglich der weiteren Keactionen vergl. § 178. Untersuchung des Harns auf Glucose. Bestimnmug durch Cii'cuinpolarisation. 251. Ueber den Nachweis der Glucose im Harne ist bereits § 52 gehandelt. Die quantitative Bestimmung der Glucose im Harne ge- schieht durch Circumpolarisationsmessung, Titrirung oder Wägung der bei der Gährung mit Hefe gebildeten Kohlensäure. Diabetischer Harn kann meist ohne alle Vorbereitung im Polari- sationsapparate mit hinreichender Genauigkeit untersucht werden, wenn er nur völlig klar filtrirt ist. Durch Entfärbung mittelst Thierkohle erreicht man grössere Genauigkeit, doch stört die Farbe des Harns nicht bedeutend bei der Untersuchung mit dem Wild 'sehen Polaristrobo- meter bei starkem Natriumlicht oder dem Soleil'schen Apparate. Die •) Vergl. aber in dieser Beziehung Neumeister, Zeitschr. f. Biologie Bd. 26 S. 335. 24* 372 Bestimmung der Glucose im Harne durch Circumpolarisation. 251. Scala des letzteren Instruments (vergl. Anhang) giebt, bezogen auf die bestimmte Länge der untersuchten Flüssigkeitsschicht, direct io Grammen den Traubenzucker für 100 CC. Urin an. Im Uebrigen ent- hält für diese Circumpolarisationsbestimmungen der Anhang die nöthigea Anleitungen. Zur Bestimmung des Zuckergehaltes in Urinen, welche nur sehr wenig davon enthalten, würde die Circumpolarisation in folgender Weise- Verwendung finden können. Man könnte eine grosse Quantität Harn mit Bleizuckerlösung fällen^ filtriren, das Filtrat mit Bleiessig und etwas Ammoniak fällen, den Niederschlag in Alkohol zertheilt mit Schwefelwasserstoff zerlegen, filtriren, das Filtrat mit Thierkohle entfärben und bei massiger Tempe- ratur auf ein kleines Volumen abgedampft im Polarisationsapparate untersuchen. Hat man das m'sprünglicho Harnvolumen, ebenso das Volumen des eingedampften Alkoholextractes bestimmt, so sind mit der bestimmten Circumpolarisation und Länge des Beobachtungsrohrs alle Momente zur Berechnung gegeben. Sind z. B. IV2 Liter Harn io dieser Weise gefallt u. s. w. und endlich 21 CC. Alkoholextract nach dem Eindampfen erhalten und geben diese -\- 3,0 Scalentheile Drehung im Soleil-Ventzke'schen Apparate bei 0,2 M. Länge der unter- suchten Flüssigkeitsschicht, so würden bei 0,1 M. Länge der Schicht -f- 1,5 Drehung gefunden sein und die 21 CC. Alkoholextract enthalten 2i/jno.l,,5 gr oder 0,315 gr Traubenzucker. Da nun dies der ganze Gehalt der IV2 Liter Harn an Traubenzucker repräsentirt, so enthält also 1 Liter Harn 0,21 gr Zucker. Complicationen für diese Bestimmungen bietet der Gehalt des Harns, dessen Zuckerprocente zu ermitteln sind, an Gallensäuren, Milch- zucker, Albumin und andern linksdrehenden Substanzen. Ist ein diabetischer Harn zu untersuchen, so ist es nicht nöthig, auf etwa zu- gleich enthaltene Gallensäure Rücksicht zu nehmen, da es nicht vor- kommt, dass der Gehalt des Harns an diesen Stoffen gross genug wird, um eine bemerkbare Drehung bei 0,2 M. Länge des Beobachtungsrohrs zu bewirken. Hat man dagegen nach der obigen Angabe mit Bleiessig und Ammoniak gefällt u. s. w. und untersucht schliesslich den einge- engten Alkoholauszug im Polarisationsapparate, so kann sehr wohl eine Eechtsdrehung, die durch Gallensäure bewirkt ist, beobachtet werden. Ist diese Drehung allein durch Traubenzucker bewirkt, so verschwindet sie vollständig nach Zusatz von Hefe zur eingedampften (zur Entfernung des Alkohols) und mit etwas Wasser gemischten Flüssigkeit, wenn die Hefe bei gewöhnlicher Temperatur drei Tage auf die Flüssigkeit ein- wirkt. Man tiltrirt darauf die Flüssigkeit, wäscht mit etwas Alkohol Bestimmung der Glucose im Harne durch Titrirung. 252. 373 nach, verdunstet auf kleines Volumen, misst dasselbe und bestimmt die Circumpolarisation. Ist eine Eechtsdrehung noch vorhanden, so kann diese nm- von andern Stoffen, Gallensäuren, Milchzucker u. s. w. herrühren. Die Anwesenheit von linksdrehenden Substanzen im Harne neben Glucose lässt den Gehalt an diesem Zucker zu gering erschemen. Um einen solchen Irrthum zu vermeiden, lässt man ebenfalls den Harn ver- gähren. Bei Anwesenheit von Osybuttersäure, gepaarten Glucuronsäuren, Leo'schem Zucker wird der vergohrene Harn Linksdrehung zeigen. Die äusserst seltene Fructose vergährt allerdings ;auch; an sie wird man «rst denken müssen, wenn die Polarisation im Verhältniss zur Titrirung 2U geringe Werthe giebt und alle andern linksdrehenden Stoffe auszu- schliessen sind. Enthält der Harn neben Zucker auch Albumin, so ist dies durch Kochen von 100 CC. Harn unter Zusatz von ein Wenig Essigsäure zu ■coagulii-en, und man verfährt zu diesem Zwecke in allen Stücken mit dem Harne, wie es bezüglich der Harnstoff bestimmung § 231 angegeben ist, gleichgültig, ob man den Harn dann direct oder nach Fällung mit Bleiessig u. s. w. auf Zucker untersuchen will. Bestimmung der Glucose im Harne durch Titrirung mit Fehling'scher Kupferoxydlösung. 252. Anfertigung der Titrirflüssigkeit: Man löst 34,639 gr reines krystallisirtes Kupfersulfat in Wasser auf und verdünnt die Lösung zu 500 CC, löst ferner 173 gr krystallisirtes, völlig reines weinsaures Kali-Natron in wenig Wasser, fügt 100 CC. Natronlauge enthaltend 50 gr NaOH hinzu und verdünnt zu 500 CC, mischt dann zu jedesmaligem Gebrauch gleiche Volumina beider Flüssigkeiten gut. Die Fehling'sche Flüssigkeit zerlegt sich leicht beim Aufbewahren, erhält sich am Besten bei kühler gleichbleibender Temperatur im Dunkeln und in völlig gefüll- ten und gut verschlossenen Flaschen. Zur Titerstellung derFehling'- schen Lösung benutzt man reine krystallisirte Glucose. Um im diabetischen Harne mit dieser Flüssigkeit den Zuckergehalt zu bestimmen, prüft man zunächst eine kleine Portion der Kupferlösung im Probirglase, ob sie nach Kochen und nachherigem Stehen, etwa nach einer Stunde, einen Niederschlag von Kupferoxydul zeigt. Ist dies nicht der Eall, so ist sie zur Titrirung geeignet. Man misst von derselben mit Pipette oder Bürette 20 CC. ab, lässt sie in «inen Kolben fliessen und verdünnt sie mit dem vierfachen Volumen Wasser. Ferner lässt man von dem Harne, dessen Zuckergehalt be- stimmt werden soll, 10 CC. in einen Messcylinder fliessen, verdünnt durch Wasserzusatz auf 100 CC (ist der Harn nur in geringem Grade 374 Bestimmung der Glucose im Harne durch Titrirung. 252. zuckerhaltig, so verdünnt man wenig oder gar nicht), mischt gut und füllt mit der Mischung eine Bürette. Man erhitzt nun durch eine kleine Flamme die verdünnte Kupferlösung zum beginnenden Kochen, versetzt zunächst mit 2 CC. von dem verdünnten Harn, lässt ein paar Secundeo kochen und beobachtet, ob die Flüssigkeit noch blau bleibt, fügt, wenn dies der Fall ist, 1 CC. des verdünnten Harns hinzu, kocht, fügt wieder 1 CC. Harn hinzu u. s. w., bis die Flüssigkeit über dem enstandenen rothen Niederschlage von Kupferoxydul farblos geworden ist. Man liest dann ab, wie viel von dem verdünnten Harne verbraucht ist. Die Endreaction, d. h. die völlige Entfärbung der Flüssigkeit ist nur nach guter Abscheidung des Kupferoxydulniederschlags gut zu er- kennen. Man darf jedoch nicht lange Zeit warten, bis der Niederschlag sich ganz abgesetzt hat, da sonst ein Theil des Oxyduls durch Ein- wirkung des Sauerstoffs der Luft wieder in Kupferoxyd übergeführt und gelöst wii'd. Ist also in der Flüssigkeit nicht sehr bald zu erkennen, ob nocli blaue Färbung vorhanden ist, so tiltrirt man schnell eine Probe- derselben durch ein kleines Filter in ein Erlenmeyer'sches Kölbchen, welches auf weisses Papier gestellt ist, giesst, wenn die Flüssigkeit noch blau erscheint, in den Kolben zurück und fährt mit der Titrirung fort. Es ist deshalb zweckmässig, mehrere kleine Filterchen und solche Kölbchen bereit zu halten, um nach weiteim Harnzusatz und Kochen wiederholt zu prüfen; zeigt die filtrirte Probe Gelbfärbung, so ist be- reits zuviel Zucker zugesetzt und der Zuckerüberschuss bei fehlendem Kupferoxyd durch die Natronlauge zerstört. Haben diese Proben das eine ödere andere Resultat ergeben, so wiederholt man die Titrirung, deren Ende sich jetzt genauer bestimmen lässt, nachdem die Grenzen des zuviel und zu wenig bereits nahezu bekannt sind. Die Titrirung ist mindestens dreimal zu wiederholen. Die früher empfohlenen End- proben mit Salzsäure und Ferrocyankalium, Prüfung mit Fehling'scher Lösung u. s. w. sind aus mehreren Gründen zu verwerfen. Bei der Berechnung nimmt man zur Grundlage, dass zur Reduction von 1 CC. Fehling'scher Lösung 5 Milligr. Glucose erforderlich sind; 20 CC. dieser Lösung entsprechen sonach 0,1 gr Glucose. War nun z. B. zu den 20 CC. Lösung 15,5 CC. des verdünnten Harns nöthig zur völligen Entfärbung und war der Harn auf Vio verdünnt, so ent- halten 1,55 CC. Harn 0,1 gr Glucose und 100 CC. Harn also — ttt-^ oder 6,45 gr Zucker. Diese schnell auszuführende Methode, welche für klinische Zwecke vollständig ausreicht, kann ganz genaue Kesultate nicht geben, da die der Berechnung zu Bestimmung der Glucose im Harne durch Titrirung 252. 375 Grunde liegende Annahme, dass 1 Aequiv. Glucose 10 Aequiv. Kupferoxyd reducire hei Innehaltung der oben gegebenen Vorschriften nicht richtig ist*). Das Reductionsvermögen der Glucose ist verschieden je nach der Concen- tration der Zuckerlösung und je nach dem Yerdünnungsgrad der Fehling'schen Lösung. Nach Soxhlet reduciren 50 CC. unverdünnter F eh ling' scher Flüssig- keit 23,75 CC. einer Iprocentigen Glucoselösung während 2 Minuten dauernden Kochens, aber auch nur dann genau, wenn die Zuckerlösung nicht nach und nach, sondern mit einem Male zugesetzt wird. Hieraus ergiebt sich folgende Vorschrift für die Ausführung einer genauen Titrirung; 50 CC. der Fehling'schen Lösung werden zum Kochen erhitzt und von dem unverdünnten Zuckerharn portionsweise so lange zugesetzt, bis die Flüssigkeit nach dem Kochen nicht mehr blau erscheint. Durch diese Vorprobe stellt man den Zuckergehalt der Lösung annähernd — etwa auf 10 pCt. der Gesammtmenge — fest. Man verdünnt nun den Harn soweit, dass er 1 pCt. Zucker enthält. Die wahre Concentration wird dann 0,9 bis 1,1 pCt. sein. Diese geringe Abweichung von der gewünschten hat auf das Kesultat keinen Einfluss. Man erhitzt nun neuerdings 50 CC. Fehling'scher Lösung, ohne die- selbe mit Wasser zu verdünnen, mit einer dem vorhergehenden Versuch ent- sprechenden Menge des verdünnten Zuckerharns 2 Minuten lang und sieht (event. nach dem Filtriren), welche Farbe die Flüssigkeit hat. Ist sie blau, so nimmt man zu einem neuen Versuch 1 CC. von der Zuckerlösung mehr; ist sie gelb, so nimmt man 1 CC. weniger. In der Anstellung solcher Versuche fährt man so lange fort, bis zwei Versuche, in welchen nur um 0,1 CC. verschiedene Mengen Harnlösung angewendet wurden, Filtrate ergeben, von denen das eine bläulich, das andere gelblich befunden wird. Die zwischen diesen beiden Mengen liegende Quantität ist gerade nöthig zur Reduction von 50 CC. Fehling'scher Flüssigkeit, enthält also 0,2375 gr Glucose. Unter Berücksichtigung der Verdünnung lässt sich leicht der Procentgehalt des Harns an Zucker berechnen. Enthält ein Harn nur sehr geringe Spuren von Zucker, so behandelt man ilin mit Bleizuclverlösung, Bleiessig und Ammoniak u. s. w., wie es im vorigen Paragraphen angegeben ist. Nachdem der Bleiniederschlag in Alkohol zertheilt und durch Ein- leiten von Schwefelwasserstoffgas zerlegt und das Schwefelblei abfiltrirt ist, wird das alkoholische Filtrat auf dem Wasserbade zum Syrup ver- dunstet, dieser Rückstand in etwas Wasser gelöst. Man misst das Volumen dieser Lösung, und füllt damit eine Bürette, verdünnt dann 10 CC. Fehling'scher Kupferlösung mit 40 CC. Wasser, mischt gut und lässt von dieser Mischung 5 oder fO CC. genau abgemessen in einen Kolben fliessen und fügt bei schwachem Kochen dieser verdünnten Kupfer- lösung im Kolben in kleinen Portionen so lange jene Zuckerlösung aus der Bürette hinzu, bis die völlige Entfärbung eiTeicht ist. Die Be- rechnung ist dann einleuchtend. Um Zucker in eiweisshaltigem Harn zu titriren, verfährt man zur vorhergehenden Entfernung des Eiweisses in der Weise, wie es behufs der Harnstofftitrirung § 231 angegeben ist. *) Soxhlet, Journ. f. prakt. Chem. (N. F.) Bd. 21 S. 227, 289. 376 Bestimmung der Glucose im Harne durch Gährung. 253. Der Gehalt des Harns an Harnsäure bedingt im diabetischen Harne meist Iseinen wesentlichen Fehler, wollte man dagegen einen normalen Harn direct titriren, so wüi-de man ganz fehlerhafte Kesultate erhalten. Für diesen letzteren Zweck Icann man sich der Methoden von Flückiger/) Salkowski^) oder Munk') bedienen. Auf Liebig's Veranlassung ist von Knapp*) zur Bestimmung des Trauben- zuckergehaltes ein Verfahren geprüft und empfohlen, welches auf der Reduction von Cyanquecksilber in alkalischer Lösung durch Traubenzucker beruht. 10 gr trockenes Cyanquecksilber werden in Wasser gelöst, 100 CC. Natronlauge von 1,145 spec. Gew. hinzugefügt und die Flüssigkeit auf 1 Liter verdünnt. Man misst 40 CG. dieser Lösung in eine Porzellanschale ab, erhitzt zum Sieden und lässt die etwa VsProcentige Zuckerlösung wie bei dem Fehling'schen Verfahren hinzu- fliessen, bis alles Quecksilber reducirt ist. Um dann schliesslich zu erkennen, ob die Reduction vollständig geschehen ist, giesst man in ein Bechergläschen etwas stärkstes Schwefelammonium, spannt darüber ein Stück feines schwedisches Filtrir- papier und bringt einen Tropfen der zu prüfenden Flüssigkeit auf dies Papier. Es entsteht ein brauner Fleck, wenn noch nicht alles Quecksilber reducirt ist. Nach Worm-Müller^') ist die Knapp'sche Cyanquecksilb^rlösung zur Ti- trirung mit dem 3— 4fachen Volumen Wasser zu verdünnen und die Zuckerlösung aus der Bürette sehr langsam zuzusetzen. Bei Benutzung der unverdünnten Lö- sung wird zu wenig Zucker angezeigt, ebenso bei zu schnellem Zusatz der Zucker- lösung. Lässt man die Mischung nach beendeter Titrirung einige Zeit stehen, so löst sich besonders hei concentrirten Harnen allmälig Quecksilber wieder auf. Statt der Prüfung mit Schwefelammonium empfiehlt Worm-Müll er die von Pillitz angegebene Reaction mit starkem Schwefelwasserstoifwasser und Salzsäure oder Essigsäure. Nach Hoppe-Seyler's Versuchen mit menschlichem Harn lässt die Knapp'- sche Methode die Genauigkeit der Bestimmung mit der Fehling'schen Flüssig- keit nicht erreichen. Bestimmung der Glucose im Harne durch Gährung. 253. Obwohl die Zerspaltung des Zuckers im Harne durch Gäh- rung nie so vollkommen ist, dass die dabei gebildete Kohlensäure ein sehr genaues Mass für den Zucker abgeben könnte, ist doch diese Be- stimmungsmethode um so weniger zu verwerfen, als sie die sicherste qualitative Controle dafür giebt, ob der Harn geringen oder reichlichen Zuckergehalt besitzt. Zur Ausführung dieser Probe ist ein Apparat sehr geeignet, den Will und Fresenius zur Kohlensäurebestimmung empfohlen haben; Fig. 5 giebt eine Darstellung des Apparates, welche eine detaillirte 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9 S. 323. =] Centralbl. f. d.' med. Wiss. 1886 No. 10. 3) Arch. f. pathol. Ann. Bd. 105 S. 63. «) Ann. Chem. Pharm. Bd. 154 S. 252. ») Journ. f. prakt. Chem. N. F. Bd. 26 S. 78, 87. Bestimmung der Glucose im Ilarno durch Gährimg. 253. 377 Beschreibung überflüssig macht. In den Kolben C bringt man ein Wenig dm'ch Schlämmen mit Wasser und Absetzenlassen gereinigte Hefe, lässt aus einer Bürette oder Pipette 20 CC. vom Harne darauffliessen, füllt den Kolben D ein paar Linien hoch mit concentrirter Schwefelsäure, setzt die Stopfen auf beide Kolben luftdicht auf, verschliesst auch die Oeffnung des Köhrchen a mit einem Stöpfchen b und wägt nun den ganzen so gefüllten Apparat. Nach kurzer Zeit wird sich dann beim Stehen bei gewöhnlicher Temperatur der Eintritt der Gährung dadurch bemerklich machen, dass einzelne Luftbläschen in dem Kolben C an die Oberfläche der Flüssigkeit steigen, dann werden auch grössere Luftblasen bald dm-ch die Schwefelsäure im Kolben D streichen ; diese Entwickelung wird immer stürmischer im Verlaufe einiger Stunden, man muss jedoch 2 Tage lang bei 20 — 30° stehen lassen, um sicher zu sein, dass die Fig. 5. Gährung völlig beendet ist. Ist sie völlig zu Ende, so klärt sich die Flüssigkeit, indem sich die Hefe absetzt, und es entweichen keine Gas- blasen durch die Schwefelsäure. Man saugt dann, nachdem das Stöpf- chen b entfernt ist, am Eöhrchen d so lange Luft dmxh den Apparat, bis man sicher ist, dass alle Kohlensäure, die sich noch in dem Kolben befand, durch atmosphärische Luft ausgetrieben ist, setzt das Stöpfch en b wieder auf und wägt den Apparat abermals. Durch Subtraction des jetzt gefundenen Gewichts von dem des Apparates vor der Gährung er- hält man das Gewicht der entwichenen Kohlensäure und dies multipli- cirt mit 2,045 giebt das Ge^vicht des Zuckers, welcher in Alkohol und Kohlensäure bei dem Versuche zerfallen war. Gute Kesultate erhält man durch die Bestimmung der Menge des Zuckers aus der Differenz der specifischen Gewichte des frischen und ^es vergohrenen Harns nach Eoberts. *) Der Harn muss ganz klar *) Edinburgh Medic. Joum. 1861. Manassein, Deutsch. Arch. f. klin. Medicin Bd. 10 S. 73. 378 Aufsuchung der Gallensäuren und annähernde Bestimmung etc. 254. sein und schwach sauer reagh'en, event. mit etwas Weinsäure versetzt werden. Die Bestimmung des spec. Gewichts, welche man mit sehr genauen Aräometern (4 Decimalstellen), besser mit dem Pyknometer vor- nimmt, muss vor und nach der Vergährung bei derselben Temperatur ausgeführt werden. Die Diiferenz der spec. Gewichte, multiplicirt mit dem Constanten Factor 230 giebt direct den Zuckergehalt des Harns in Procenten an. Für kleine Zuckermengen eignet sich diese Methode nicht. Aufsuchung der Gallensäuren im Harne und annähernde Bestimmung ihrer Quantität. 2.54. Kommt es nur darauf an, zu ermitteln, ob Gallensäuren über- haupt im Harne enthalten sind, so fällt man denselben mit Bleiessig und ein wenig Ammoniak, wäscht den Niederschlag etwas mit Wasser, kocht ihn dann mit Alkohol und filtrirt heiss. Die Bleisalze der Gallen- säuren lösen sich in heissem Alkohol, und wenn man nun diese Lösung mit einigen Tropfen Sodalösung versetzt im Wasserbade zur Trockne verdunstet, den Rückstand mit absolutem Alkohol auskocht, so gehen die Natronsalze der Gallensäuren in Lösung über und werden beim Ver- dunsten des filtrirten alkoholischen Auszugs auf kleines Volumen, Fällen und Stehenlassen mit einem üeberschuss von Aetlier in verschlossener Flasche oft krystallisirt erhalten. Man braucht, wenn man nur prüfen will, ob es im Allgemeinen Gallensäm'en sind, nicht abzuwarten, bis die durcli Aether bewirkte Fällung krystallinisch wird, sondern kann den harzigen Niederschlag gleich in etwas Wasser lösen und die Petten- kofer'sche Probe damit anstellen (vergl. § 141), ausserdem im Polari- sationsapparate die Kechtsdrehung der concentrirten Lösung der Natron- salze constatiren ; will man aber erfahren, ob Glycocholsäure, Taurochol- säure oder Cholalsäure zugegen sind, so lässt man die diuxh Aether ge- fällten Natronsalze am Besten zunächst krystallisiren, giesst dann den Aether ab, löst die Krystalle in wenig Wasser und verfährt nach § 144. Um direct im Harne auf Gallensäuren prüfen zu können, ist von Strassburg*) empfohlen, ein Stück Filtrirpapier in den zu unter- suchenden Harn zu tauchen, nachdem dem Harne ein wenig Rohrzucker zugesetzt ist. Man lässt das Papier dann trocknen und bringt mit einem Glasstabe einen Tropfen reine concentrirte Schwefelsäure darauf. Nach ungefähr V4 Minute entsteht an der Stelle eine besonders im durch- fallenden Lichte gut erkennbare, schön violette Färbung, wenn der Harn Gallonsäure enthält. Die Färbung tritt noch bei sehr bedeutender Ver- dünnung ein. •) Arch. f. d. ges. Physiol Bd. 4 S. 461. Nachweis und Isolirung von Allanto'in, Leucin und Tyrosin etc. 255. 379 V. Udränszky*) empfiehlt zur Prüfung nur einen Tropfen Harn zu verwenden. Derselbe wird mit 1 CG. Wasser verdünnt, dann mit 1 Tropfen Furfurolwasser und 1 CG. concentrirter Schwefelsäure versetzt; doch gelingt die Keaction, auch in dieser Weise angestellt, in nicht vielen Fällen. Der Gehalt des Harns an Gallensäure ist selbst bei sehr hoch- gradigem Icterus nur sehr unbedeutend. Um ihn annähernd zu bestimmen, verfährt man, was die Isolirung der Gallensäure in einem gemessenen Volumen (mindestens 400 GC. Harn) anbetrifft, so wie es oben bezüglich des qualitativen Nachweises ange- geben ist. Die alkoholische Lösung der gallensauren Natronsalze nöthigen- falls durch etwas Thierkohle entfärbt und auf ein kleines Volumen ein- geengt wird jetzt zunächst gemessen und dann im Polarisationsapparate die Drehung bestimmt. Nachweis und Isolirung von Allantoin, Leuein und Tyrosin, Milchsäure, fetten flüchtigen Säuren, Inosit, Bernsteinsäure im Harne. 255. Zum sicheren Nachweis von Leucin und Tyrosin im Harne ist es nöthig, wenigstens einigermassen diese Stoffe von anderen zu iso- liren. Das Tyrosin scheidet sich bei sehr reichem Gehalte des Harns zum Theil in feinen Krystallnadeln als Sediment aus. Es löst sich dann leicht nach dem Abfiltriren in Ammoniak und krystallisirt beim Ver- dunsten des Ammoniak in feinen seidenglänzenden Nadeln wieder aus. Dieses Vorkommen eines Sedimentes von Tyrosin ist jedoch ein äusserst seltenes. Mit dem aus Ammoniak umki-ystallisirten Tyrosin sind dann die im § 129 angegebenen Keactionen anzustellen. Um Leucin und Tyrosin aus dem Harne darzustellen, fällt man mit Bleiessig und filtrirt, bebandelt das Filtrat mit Schwefelwasserstoff und verfährt auch im Uebrigen ganz wie es in § 93 nach Hlasiwetz und Habermann und in § 129 angegeben ist. Zur annähernden Bestimmung der Quantität ist kein anderes Mittel bekannt als die möglichste Isolirung dui-ch Umkrystallisiren und Wägung. Die Aufsuchung von Allantoin im Harne geschieht nach den § 90 beschriebenen Darstellungsmethoden; zum Beweis, dass man Allantoin vor sich hat, ist wenigstens die Analyse der Silberverbindung er- forderlich. Zur Aufsuchung von Inosit fällt man mehrere Liter Harn zunächst mit Bleizuckerlösung bei schwach saurer Beaction so lange Niederschlag entsteht, filtrirt und fällt das Filtrat mit Bleiessig so lange Niederschlag •) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 12 S. 373. 380 Untersuchung der Farbstoffe des Harns. 256. entsteht, fügt dann noch etwas Ammoniak hinzu, rührt um und lässt zwei Tage ruhig stehen. Man zerlegt dann den abfiltrirten und in Wasser zertheilten basischen Bleiniederschlag mit Schwefelwasserstoff, dampft das Filtrat nach völliger Abscheidung des Bleies zum Syrup ein und behandelt diesen mit viel absolutem Alkohol. Der abfiltrirte Nieder- schlag wird in wenig Wasser gelöst und fractionirt mit Alkohol und Aether gefällt. Die Scherer'sche Probe ergiebt von den erhaltenen Krystallen die Identität mit Inosit (vergl. § 135). Auch hinsichtlich des Nachweises von Milchsäure, Bernstein- säure, flüchtigen fetten Säuren der Gruppe CnHnOo sind in der ersten Abtheilung bei diesen einzelnen Körpern die verwendbaren Methoden be- reits angegeben. Untersuchung der Farbstoffe des Harns. 256. Von besonderer Wichtigkeit ist die Auffindung von Gallen- farbstofifen und den näheren Zersetzungsproducten des Blutfarbstoffs im Harne. Zum Nachweis der letzteren dient besonders das Verhalten im Spectrum, welches keine Verwechselung mit irgend einem der bis jetzt untersuchten Farbstoffe, die im Harne vorkommen, zulässt. Ein durch Methämoglobin roth, braun bis schwarz gefärbter Harn giebt beim Kochen flockigen, je nach der Keaction des Harns braunen oder grün- lichen Niederschlag. Zusatz von Mineralsäuren bringt braunen Nieder- schlag hervor, besonders Salpetersäure. Im Spectrum untersucht, zeigt ein solcher Harn den charakteristischen Streifen (vergl. §§ 189 und 191). Leicht und schnell kann man das Methäraogiobin in Oxyhämoglobin, in Hämoglobin und in Kohlenoxydhämoglobin überführen. Hämoglobin selbst kommt nur in unversehrten Blutkörperchen im Harne vor. Man entdeckt es 1) dm-ch mikroskopische Untersuchung des Sedimentes, welches sich beim Stehen binnen einiger Stunden ab- setzt, 2) durch die Prüfung des Harns im Spectrum, wo sich noch bei geringem Gehalte an Blutkörperchen die charakteristischen Streifen des Oxyhämoglobins zeigen (vergl. §§ 186 u. 191). Bezüglich der Untersuchung des Harns auf Gallenfarbstoffe vergl. § 152. Schwan da*) hatte empfohlen, den Harn einzudampfen, den Kückätand in Wasser zu lösen und zu filtriren, das Filter mit kaltem Wasser zu waschen, zu trocknen, mit Chloroform zu extrahiren und diese Lösung mit Salpetersäure zu prüfen. Die Fällung des Harns mit Kalkmilch, Einleiten von CO2, Stehenlassen für einige Stunden, Abliltriren und Extraction des Niederschlags mit Chloroform und etwas *) Zeitschr. f. anal. Chem. Bd. 6 S. 501. Untersuchung der Farbstoffe des Harns. 256. 381 Essigsäure (vergl. § 152) ist dieser Behandlung jedenfalls vorzuziehen, auch bei Anwesenheit von Methämoglobin allein zur Aufsuchung von Bilirubin geeignet. Aus stark icterischem Harne kann man oft ohne Weiteres durch Schütteln mit Chlorofoiin, Abgiessen von demselben, Verdunsten des Chloroform, nochmaliges Lösen des Kückstandes in wenig Chloroform und Verdunstenlassen auf dem Uhrglase rothe rhombische Prismen von Bilirubin erhalten, welche mit Salpetersäure mikroskopisch sehr schön die Kegenbogenfarben zeigen, in Alkalien sich leicht lösen und an der Luft bald eine grüne Lösung geben, ßücksichtlich der weiter zu be- achtenden Verhältnisse vergl. § 152. Hinsichtlich der Keactionen des normalen braunen und der pathologischen rothen Farbstoffe ist in §§ 153, 218 und 243 bereits das Wichtigere, so weit etwas bekannt ist, aus- einandergesetzt. In dunklen braunroth bis schwai'z gefärbten Harnen sind in neuerer Zeit Farbstoffe beobachtet,*) welche mit dem Hämatoporphyrin identisch oder diesem Zersetzungsproducte des Blutfarbstoffs sehr ähnlich sind. Die spectroskopischen Bestimmungen von Salkowski sprechen sehr entschieden für die Identität. Da das Hämatoporphyrin auf die eine oder andere Weise künstlich dargestellt (vergl. oben § 148) sehr wandelbar ist bei scheinbar geringfügigen Einwirkungen, kann es nicht auffallen, dass auch die verschiedenen Beobachtungen an solchen Harnen nicht gut übereinstimmen, ürobilin und andere Farbstoffe sind ausserdem wohl stets in solchen Harnen zu finden. Ausser der spectroskopischen Untersuchung des Harns 1) ohne andern Zusatz als Wasser zu verschiedenen Verdünnungen, 2) nach starkem Ansäuern mit Schwefelsäure oder Salzsäure, 3) nach Zusatz von Ammoniak oder Aetznatron zur stark alkalischen Eeaction sind bei der Untersuchung solcher Harne durch Barium- oder Calciumchlorid Nieder- schläge zu erzeugen, durch nachherigen Zusatz von kleinen Quantitäten Natriumcarbonat zu vermehren, einige Zeit stehen zu lassen, dann die abflltrirten Niederschläge mit schwefelsäurehaltigcm Alkohol warm zu exb-ahiren, diese Auszüge spectroskopisch zu prüfen. Endlich können diese alkoholischen Lösungen durch Einwirkung von Zinn und Salzsäure auf dem Wasserbade reducirt werden. Sobald die gelbe Färbung ein- tritt, sind die spectroskopischen Erscheinungen des Urobilins zu finden. *) Mac Munn, Proceed Roy. See. 1880 No. 208. Stokvis, Neederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1889. II S. 413. E. Salkowski, Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 15 S. 286. Ad. Jolles, Internation. klin. Rundscliau 1891 No. 49, 50. 0. Hammarsten, Skandinav. Arch. f. Physiol. 1891 Bd. 3 S. 319. 382 Harnniederschläge, Harnsteine, Nierensteine. 257. die bei weiterer Eeduction wieder versctiwinden. Hinsichtlich der spectro- skopischen und anderen Eigenschaften des Hämatoporphyrins und seiner Eeduction siehe § 145, § 148 und § 191. In letzterem Paragraphen auch das Specti-um. Harnniederschläge, Harnsteine, Nierensteine. Allgemeines. 257. Harnsteine und Harnsedimente können organisirte und chemische, nicht organisirte Körper enthalten. Auf die organisirten Theile derselben, Blutkörperchen, Eiterkörperchen, die sogenannten Fibrin- oder Nieren- cylinder u. s. w., die durch ihre mikroskopischen Formen zu erkennen sind, kann hier nicht Eücksicht genommen werden, aber auch die chemi- schen Ausscheidungen im Harne bieten schon grosse Mannigfaltigkeit. Von anorganischen Körpern sind besonders phosphorsaurer Kalk, phos- pborsaure Magnesia-Ammoniak in diesen Sedimenten häufig; von orga- nischen Oxalsäure, Harnsäure, erstere stets als Kalksalz, letztere frei oder an Kali, Natron, Ammoniak, Kalk gebunden; seltener erscheinen bei Menschen in den Sedimenten kohlensaurer Kalk, Xanthin, Cystin, Fette. Schwefelsaurer Kalk wurde einmal als Sediment im menschlichen Harne gefunden.*) Bei Pflanzenfressern tritt kohlensaurer Kalk häufig als Harnsediment, auch in Blasensteinen auf; oxalsaurer Kalk ist im Pferdeharn sehr häufig als Sediment gefunden, und bildet zuweilen grosse krystallinische Concremente bei Schweinen. Concremente von phosphorsaurer Magnesia-Ammoniak und phosphorsaurem Kalke sind bei Thieren nicht selten beobachtet, mehrmals bei Schafen auch kieselsäure- reiche Steine. Mikroskopische Untersuchung der Harnsedimente. Man lässt den zu prüfenden Harn in völlig reinem Gefässe einige Minuten bis Stunden an einem kühlen Orte stehen. Enthält der Harn nur Fette als kleine Oelti-öpfchen, so lagert sich überhaupt kein Nieder- schlag ab, in allen anderen Fällen werden sieh bald die Sedimente am Boden abgesetzt haben, so dass man den grössten Theil der Flüssigkeit klar abgiessen kann. Man nimmt dann von dem Beste der Flüssigkeit, welcher das Sediment enthält, mit einer kleinen Pipette (einer an einem Ende ausgezogenen und im verengten Theile abgeschnittenen Glasröhre) eine Probe heraus, bringt einen Tropfen auf den Objectträger, legt das Deckglas auf und untersucht bei 200 bis SOOfacher Vergrösserung mit dem Miki-oskope. Farblose Krystalle können bestehen aus phosphor- saurer Magnesia-Ammoniak, phosphorsaurem Kalke, schwefelsaurem oder *) Yalentiner, Med. Centralbl. 1863 S. 913. Harnniederschläge, Harnsteine, Nierensteine. 257. 383 •oxalsaurem Kalke, Cystin, Xanthin, Tyrosin, und zwar bilden schwefel- saurer Kalk und Tyrosin feine Nadeln, phospliorsaurer Kalk rhombische Prismen, Cystin sechsseitige oder rhombische, Xanthin sechsseitige Tafeln, oxalsaurer Kalk tetragonale Octaeder, phosphorsaure Magnesia-Am- moniak drei- oder vier- oder sechsseitige grosse Prismen mit schrägen Endflächen, oft sind sie den Octaedern des Oxalsäuren Kalks ahnlich, wenn die Prismen kurz sind, meist erscheint dies Salz in der soge- nannten Sargdeckelform (dreiseitigem Prisma, auf dessen einer Kante eine Fläche in gleicher Zone aufgesetzt ist und mit zwei gegen einander stark geneigten schrägen Endflächen). Farblose Kugeln und rundliche Knollen oder Dumbbells bestehen aus kohlensaurem oder oxalsaurem Kalke. Gelb oder roth oder braun gefärbte Krystalle in Harnsedimenten bestehen stets aus Harnsäure. Gelbe oder röthlich braune Kugeln, Knollen, Stechapfel- oder Morgensternformen bilden harnsaure Salze, doch ist ihre Färbung in alkalischen Harnen oft kaum bemerkbar. Feine hinsichtlich ihrer Form nicht bestimmbare Körnchen und Kügelchen bilden harnsaure Salze, phosphorsaurer Kalk, Xanthin. Man lässt dann einen Tropfen starker Essigsäure zur Probe unter das Deckglas fliessen: Gelöst werden phosphorsaurer und kohlensaurer Kalk (letzterer meist mit erkennbarer Gasentwickelung), phosphorsaure Magnesia- Ammoniak: ungelöst bleiben schwefelsaurer und oxalsaurer Kalk, Cystin, Xanthin, Harnsäure. Harnsaure Salze werden unter vorausgehender theilweiser oder vollständiger Lösung durch die Essig- säure in Krystalle von Harnsäure verwandelt. Um über die Gegen- wart von harnsauren Salzen in Sedimenten Sicherheit zu erhalten, lässt man die Probe mit 1 Tropfen Essigsäure mehrere Stunden stehen und prüft dann mit dem Mikroskope, ob sich gefärbte Krystalle abge- schieden haben. Waren die Krystalle nicht gelöst durch Essigsäure, so lässt man zu einer dritten Probe einen Tropfen Salzsäure fliessen, ungelöst bleibt dann nur Harnsäure und schwefelsaurer Kalk. Besteht das Sediment aus schwefelsaurem Kalk, so löst es sich in viel Wasser auf, aber auch Tyrosin, Xanthin, Harnsäure und harnsam-e Salze, selbst phosphorsaure Magnesia- Ammoniak sind nicht völlig un- löslich in Wasser. Durch einen Tropfen Aetzammoniak werden harnsaure Salze, oxal- saurer oder phosphorsaurer oder schwefelsaurer Kalk nicht verändert; Tyrosin, Cystin, Xanthin lösen sich leicht darin auf, Krystalle von freier Harnsäure werden allmälig oberflächlich arrodirt und mit Körnchen besetzt. Enthält der Harn eine Trübung allein durch Fett in molecularer 384 Harnniederschläge, Harnsteine, Nierensteine. 257. feinster Zertheilung, so wird er durch Schütteln mit Aether in einer Flasche klarer. Der Aether nach einiger Zeit abgegossen giebt beim Verdunsten eine fettige Masse, die in den wenigen bisher untersuchten Fällen aus den gewöhnlichen Fetten Olein, Palmitin, Stearin bestanden hat. Ein solcher fetthaltiger sogenannter chylöser Harn wird nur sehr selten beobachtet, er scheint in allen Fällen albuminhaltig ge- wesen zu sein. Die harnsauren Salze unterscheiden sich von den meisten anderen erwähnten Bestandtheilen der Sedimente dadurch, dass sie sich beim Erwärmen mit dem Harne auf Bluttemperatur leicht auflösen, nm- das Tyi'osin löst sich auch und noch leichter in heissem Wasser, imterscheidet sich aber durch seine Krystallform. Nach Heintz enthalten die harn- sauren Salze als Sedimente im Harne Kalk oder Kali, wenn sie fein- körnig erscheinen.*) Calciumphosphat von der Zusammensetzung CaHP04 + 2 H2O wird zuweilen als rhombische Tafeln in stark saurem Harne gefunden, wegen seiner Krystallfonn könnte er nm- mit Harnsäure oder phosphor- saurer Magnesia-Ammoniak verwechselt werden. Die Löslichkeit in Säuren unterscheidet dies Salz von Harnsäure und sein Vorkommen im scharf sauren Harne lässt keine Verwechselung mit dem Ammoniak- Magnesia-Phosphat zu, da dies nur im alkalischen Harne erscheint. Der gewöhnliche neutrale phosphorsaure Kalk kann im alkalischen, neutralen oder sehr schwach sauren Haine als Sediment auftreten, im alkalischen ist er stets als Sediment enthalten und im zersetzten Harne stets mit Magnesia-Ammoniak-Phosphat, oft auch mit harnsam-en Salzen gemengt. Seine ünlöslichkeit in Ammoniak unter- scheidet ihn von Xanthin, die Löslichkeit in Säuren ohne nachherige Ausscheidung von Krystallen sowie die Unlöslichkeit in warmem Wasser von harnsauren Salzen. Der Oxalsäure Kalk, in seinen ausgebildeten Krystallen nur mit phosphorsam-er Magnesia-Ammoniak zu verwechseln, imterscheidet sich von diesem Salze durch die Unlöslichkeit in Essigsäure. Wenn er in Kugeln und Dumbbells den harnsauren Salzen und kohlensaurem Kalke ähnlich erscheint, ist gleichfalls die Unveränderlichkeit in Essigsäm-e und ünlöslichkeit in warmem Wasser firr dies Salz charakteristisch. Der schwefelsaure Kalk, dem Tyrosin in der Krystallform ähnlich, unterscheidet sich durch die Scliwerlöslichkeit in Ammoniak von diesem, sowie durch Feuerbeständigkeit. *) Bence-Jones, Chem. Centralblatt 1862 S. 316. Heintz, ebendas. 1863 S. 524. Qualitative Analyse der Harnsedimente und der Concretionen etc. 258. 385 Der kohlensaure Kalk ist hinreichend charakterisirt, wenn sich ein körnig kugeliges Sediment mit Aufbrausen in Säuren löst. Phosphorsaure Magnesia-Ammoniak kommt nur im alka- lischen Harne vor, ist stets gut krystallisii't, in Essigsäure leicht lös- lich und deshalb mit keinem anderen hier in Betracht kommenden Körper zu verwechseln. Die Krystalle sind nie, wie Ha s sali und Beale angeben, im icterischen Harne gefärbt, sie sind vielmehr stets farblos. Ein Magnesiumphosphat von der Zusammensetzung Mg-j(P0^)2 -\- 22H2O wurde in alkalischem concentrirten Harne als cholesterinähnliche Tafeln gefunden. Zur Unterscheidung dieses Salzes, des Ammoniura- magnesiumphosphats und Calciumphosphats empfehlen To Ileus und Stein*) eine Lösung von käuflichem Ammoniumcarbonat in 5 Theilen Wasser gelöst. Die Ammoniummagnesiumverbindung bleibt darin un- verändert, die Magnesiumphosphatkrystalle werden rauh und zerfi-essen, Calciumphosphat verwandelt sich in Kügelchen, die am Glase haften. Harnsäure bildet meist rhombische Tafeln; ihre gelbe bis braune Färbung, Unlöslichkeit in Salzsäure und in Ammoniak unterscheiden sie von allen anderen hier wichtigen Körpern. Xanthin ist gleichfalls in Ammoniak löslich, schwerer in Salz- säure, noch schwerer in heissem Wasser. Cystin, stets in den oben geschilderten Krystallen sich darstellend, ist unlöslich in heissem Wasser, leicht löslich in Ammoniak. Xanthin und Cystin geben Krystalle beim Verdunsten der am- moniakalischen Lösung. Die in dem ersten Abschnitt bei der Schilde- rung der einzelnen Stoffe beschriebenen Keactionen, insbesondere die Murexidprobe für- Harnsäure, die Probe mit Salpetersäure und Kalilauge für Xanthin, die Probe mit Kalilauge auf Silberblech für Cystin u. s. w. geben die weitere Bestätigung für die Erkennung der einzelnen Körper. Enthalten die Sedimente mehrere Körper gemengt, deren Unter- scheidung im Gemenge nicht mit Sicherheit gelingt, und ist genügendes Material vorhanden, so sammelt man eine Quantität davon durch Ab- giessen oder Filtriren und trennt die einzelnen Bestandtheile zu ihrem Nachweise nach der im folgenden Paragi'aphen angegebenen Methode. Qualitative Analyse der Harnsedimente und der Concretionen in den Harnwegen. 258. Eine kleine Probe der zu analysirenden Substanz erhitzt man zunächst auf Platinblech; zeigt sich keine Schwärzung, so kann die Analyse der Substanz nach den in § 202 u. 203 angegebenen Methoden •) Ann. Chem. Pharm. Bd. 187 S. 79. Hoppe-Seyler, Analyse. 6. Aafl. 25 386 Qualitative Analyse der Harnsedimente und der Concretionen etc. 258. der Untersuchung auf anorganische Stoife ausgeführt werden. Verkohlt die Substanz, so fragt es sich, ob nach völligem Verbrennen der Kohle Asche zurückbleibt. Eine grössere Portion des Sedimentes, Gries u. s. w. wird darauf in einem kleinen Mörser möglichst fein zerrieben, das Pulver in kochen- des Wasser gebracht, einige Zeit darin digerirt, dann heiss filtrirt und mit heissem Wasser der Rückstand ausgewaschen, das Filtrat in einer Porcellanschale auf dem Wasserbade auf ein kleines Volumen abge- dampft, dann einige Stunden an kühlem Orte stehen gelassen. 1) Das Wasserextract kann enthalten: harnsaures Alkali, freie Harnsäure, etwas phosphorsaure Ammoniak-Magnesia, schwefelsauren Kalk, Tyrosin (letzteres ist nie in Gries oder Steinen, sondern nur äusserst selten als weiches Sediment gefunden) und alle diese Stoffe scheiden sich beim Abdampfen und Stehenlassen fast vollständig wieder aus. Hat sich kein Niederschlag gebildet, so prüft man eine kleine Portion der Flüssigkeit auf Platinblecli, ob sie überhaupt etwas aufge- löst enthält; zeigt sie dabei einen Verdampfungsrückstand, der beim weiteren Erhitzen verkohlt, so verfährt man mit derselben in gleicher Weise, als wenn sich Ausscheidungen gebildet haben. Man versetzt nämlich die Flüssigkeit (wenn sich Niederschläge gebildet haben, ohne zu filtriren) mit Salzsäure und lässt einige Stunden stehen*). Es scheidet sich beim ruhigen Stehen die durch Salzsäure freigemachte Harnsäure krystallisirt ab, während phospliorsaure Magnesia, Tyrosin gelöst werden. Die abgeschiedenen Krystalle untersucht man nach § 89 auf Harnsäure (Mm-exidprobe). Die davon abgegossene Flüssig- keit theilt man in zwei Theile, den einen versetzt man mit Platinchlorid und lässt einige Zeit stehen, den zweiten verdampft man im Wasser- bade zur Trockne und extrahirt den Rückstand mit etwas Ammoniak, Tyrosin wird dadurch gelöst sowie Chlorkalium, Chlornatrium, während phosphorsaure Magnesia-Ammoniak und schwefelsaurer Kalk ungelöst bleiben. Man filtrirt, dampft das Filtrat zur Trockne ab und prüft den Rückstand im Spectralapparate auf Kalium und Natrium (vergl. den Anhang, optische Untersuchungsmethoden). Der etwa von Ammoniak nicht gelöste Rückstand wird mit etwas Salpetersäure gelöst und ein Theil der Lösung mit Chlorbarium auf Schwefelsäure und das Uebrige mit molybdänsaurem Ammoniak (vergl. § 17) auf Phosphor- säure untersucht. Die erstere Portion obiger salzsaurer Lösung, welche mit Platin- ') Hier sowie in den unten angegebenen Fällen ist es zweckmässig, 24 Stun- den stehen zu lassen, doch ist kürzere Zeit hinreichend, wenn es sich nicht um Spuren handelt. Qualitative Analyse der Harnsedimente und der Concretionen etc. 258. " 387 Chlorid versetzt war, giebt entweder sogleich oder nach kurzem Stehen einen gelben Niederschlag, wenn sie Ammoniak oder Kali enthält. Man filtrirt den entstandenen Niederschlag ab oder trennt ihn noch besser durch Abgiessen, wäscht ihn mit Alkohol aus, trocknet bei 100 o, bringt ihn in ein trocknes Glaskölbchen und erhitzt über freier Flamme; ent- hält er Platinsalmiak, so bekommt man im Köhrchen ein mikro- kiystallinisches Sublimat von Salmiak, welches sich mit der Flamme leicht an der AVandung des Köhrchens weiter aufwärts treiben lässt; das Sublimat erweist, dass das Wasserextract des Steines oder Harn- sedimentes Ammoniaksalz enthält. 2) Die in 1. bei der Behandlung des Pulvers mit heissem Wasser ungelöst gebliebenen Substanzen werden in ein Becherglas gespült und mit verdünnter Salzsäure Übergossen; Aufbrausen hierbei zeigt die An- wesenheit von Kohlensäure an. Man lässt km'ze Zeit stehen, filtrirt und wäscht mit Wasser aus. Die Lösung kann enthalten: Kalk, Magnesia, Eisen, Phosphorsäure, Oxalsäure, Ammoniak, Cystin, Spuren von Schleim und Albuminstoffe. Man theilt diese Flüssigkeit in zwei ungleiche Theile. 3) Den kleineren Theil der in 2. erhaltenen salzsauren Lösung con- centrirt man möglichst im Wasserbade, bringt die concentrirte Lösung in ein Probirglas, filtrirt, wenn die Flüssigkeit trübe ist, fügt zum klaren Filtrate ein paar Tropfen Platinchlorid und lässt einige Stunden stehen. Ist Ammoniak zugegen, so wird sich sogleich oder nach kurzem Stehen ein gelber kiystallinischer Niederschlag von Ammoniumplatin- chlorid gebildet haben, den man wie oben in 2. nach Waschen mit Alkohol und Trocknen im Glaskölbchen trocken erhitzt und auf Am- moniakgehalt prüft. 4) Den anderen grösseren Theil der in 2. erhaltenen Salzsäuren Lösung versetzt man mit Ammoniak bis zm- stark alkalischen Reaction und lässt bedeckt kiu-ze Zeit stehen. Ein entstandener Niederschlag kann enthalten Phosphorsäiu-e, Oxalsäm-e, Magnesia, Kalk, Eisenoxyd, die Lösung dagegen kann enthalten Kalk, Magnesia, Cystin. Man filtrirt die Lösung schnell unter möglichstem Abschluss der atmosphärischen Kohlensäure, wäscht mit ausgekochtem Wasser und etwas Ammoniak aus. 5) Ein Theil der in 4. erhaltenen Lösung wird mit oxalsaurem Ammoniak auf Kalk (der im Harnsteine an Kohlensäure gebunden war) und nach Abfiltriren des Oxalsäuren Kalks mit Natriumphosphat auf Magnesia geprüft. 6) Der in 4. erhaltene Niederschlag wii-d mittelst der Spritzflasche mit Wasser in ein Becherglas gespült und Essigsäm-e im Ueberschuss tinzugefügt ; löst sich ein Theil des Niederschlags nicht in Essigsäm-e, 25* 388 Qualitative Analyse der Harnsedimente und der Concretionen etc. 258. SO kann derselbe aus phosphorsaurem Eisenoxyd oder oxalsaurem Kalke bestehen. 7) Der in Essigsäure unlösliche Theil des Niederschlags in 6. wird abfiltrirt, mit Wasser ausgewaschen, dann in ein Porcellantiegelchen ge- spült, im Wasserbade zur Trockne gebracht, der Rückstand geglüht und nach dem Erkalten mit Essigsäure übergössen. Löst er sich ganz oder theilweise in Essigsäure unter Aufbrausen und giebt die nöthigen- falls filtrirte essigsaure Lösung mit oxalsaurem Ammoniak einen weissen Niederschlag, so war im untersuchten Steine oder Sedimente oxal- saurer Kalk enthalten. Den durch Essigsäure nicht gelösten Glüh- rückstand löst man in ein wenig Salzsäure, verdünnt mit Wasser und prüft mit Ferrocyankalium auf Eisenoxyd; entsteht ein blauer Nieder- schlag, so enthält der untersuchte Harnniederschlag phosphorsaures Eisenoxyd. 8) Die in 6. erhaltene essigsaure Lösung wiid mit oxalsaurem Ammoniak auf Kalk geprüft, entsteht ein Niederschlag, so wird der Kalk durch weiteren Zusatz von oxalsaurem Ammoniak völlig ausgefällt, die Flüssigkeit mit dem Niederschlage erwärmt, filtrirt, das Filtrat mit Ammoniak wieder alkalisch gemacht einige Stunden stehen gelassen. Hat sich ein Niederschlag bei Zusatz des Oxalsäuren Ammoniak gebil- det, so enthielt der Harnstein phosphorsauren Kalk, war nach dem Abfiltriren des Kalkniederschlags beim Zusatz des Ammoniak ein krystallinischer Niederschlag entstanden, so ist dadurch phosphor- saure Magnesia in dem untersuchten Harnsteine, Gries u. s. w. nachgewiesen. 9) Die in 2. von Salzsäure nicht gelösten Stoffe können nur Harn- säure, Xanthin, Schleim, Kieselsäure und Detritus von organisirten Körpern als z. B. Epithelzellen und andere zufällige Einschlüsse der Harnsteine sein. Harnsäm-e und Xanthin werden durch Aetzammoniak von einander getrennt, das Ungelöste prüft man mit Mm-exidprobe auf Harnsäure, die ammoniakalische Lösung verdunstet man und prüft den Rückstand nach § 82 auf Xanthin. Beim Veraschen des durch Ammoniak nicht gelösten Rückstandes erhält man die Kieselsäure. Ist das in 1. dargestellte Wasserextract reich an Harnsäure, so enthält das untersuchte Sediment, Gries oder Stein viel harnsaures Alkalisalz. Die freie Harn- säure löst sich viel schwerer in heissem Wasser als ihre Alkalisalze. Der Kalk des Salzsäureextractes in 6. ist im Steine als kohlensaures Salz enthalten, die in 9. erhaltenen Niederschläge geben das Vorhandensein von phosphorsauren Erden an, ohne dass dabei entschieden würde, ob die Magnesia als phosphorsaure Magnesia- Ammoniak oder blos als phosphorsaure Magnesia im Steine enthalten ist; hat sich aber in 4. Ammoniak gefunden, so kann man annehmen, dass das Ammoniak- Magnesiadoppelsalz im untersuchten Steine enthalten ist. Quantitative Bestimmung der einzelnen iu Harnsedimenten etc. 259. 389 Kleine Concretionen in der Substanz der Niere, besonders in den Spitzen der Pyramiden, in den kleinen Gefässen und disseminirt in den Schleimhäuten u. s. w. werden mikroskopisch (vergl. vorigen Paragraphen) auf ihr Verhalten gegen Essig- säure, Salzsäure, Aetznatron, Ammoniak, schwache Jodlüsung und Schwefelsäure nebst Jodlösung geprüft. Die in den Spitzen der Pyramiden so häufigen Infarcte phosphorsaurer Erden lösen sich in Essigsäure sehr langsam, viel schneller in Salz- säure unter Hinterlassung von etwas meist unregelmässig geformter organischer Substanz. Harnsaure Salze scheinen sich in Säuren zunächst meist völlig zu lösen, geben aber dann beim Stehen Krystalle von Harnsäure (Bestätigung durch Murexid- probe. Löslichkeit in Natron, ünlöslichkeit in Ammoniak); phosphorsaure Erden lösen sich nicht in Natron oder Ammoniak, dagegen lösen sich abgelagerte Farb- stoffe in diesen Flüssigkeiten. Quantitative Bestimmung der einzelnen in Harnsedimenten und Concretionen enthaltenen Bestandtheile. 259. 1) Von dem möglichst fein pulverisirten Steine, Gries u. s. w. -wägt man, wenn hinlängliches Material zu Gebote steht, 1 — 2 gr ab, trocknet dasselbe zunächst bei 100° im Luftbade oder besser nach der Methode, welche Neubauer zum Trocknen der Harnrückstände ange- geben hat (vergl. § 220), weil beim Trocknen des Steinpulvers aus etwa vorhandenen Magnesia-Ammoniak-Phospbaten Ammoniak entweichen kann. Nach dem Trocknen wägt man wieder. Die Analyse wird dann im Ganzen nach demselben Gange, der im vorigen Paragraphen beschrieben ist, ausgeführt, nur sind Kohlensäure- und Ammoniak-Bestimmung mit besonderen Portionen des Steinpulvers auszuführen. Die quantitative Analyse dieser Concretionen würde sehr mühsam «ein, wenn wirklich alle verschiedenen Stoffe, auf welche im vorigen Paragraphen Rücksicht genommen ist, neben einander in einem Con- ■cremente jemals vorkämen, dies scheint aber nie der Fall zu sein und die Analyse vereinfacht sich daher bedeutend. Schwefelsaurer Kalk, Tyrosin, Xanthin, Cystin kommen in Sedimenten und Steinen so selten vor und gewöhnlich so frei von anderen Beimengungen, dass auf ihre Bestimmung im Folgenden nicht Rücksicht zu nehmen war. 2) Das in 1. erhaltene getrocknete Pulver wird in heisses Wasser «ingetragen, einige Zeit im Kochen erhalten, heiss filtrirt und mit ieissem Wasser gut ausgewaschen. Das Filtrat wird in einer Porcellan- schale im Wasserbade concentrirt, dann mit Salzsäure stark sauer ge- macht und nach 12 stündigem Stehen die ausgeschiedene Harnsäure au gewogenem Filter gesammelt, mit kaltem Wasser gewaschen, Filter und Harnsäure bei 120° getrocknet und nach Erkalten über Schwefel- säure gewogen. Die von der Harnsäure abfiltrirte Flüssigkeit wird abermals durch Abdampfen sehr concentrirt, in ein Becherglas gebracht , 390 Quantitative Bestimmung der einzelnen in Harnsedimenten etc. 259. mit Aetzammoniak stark alkalisch gemacht und nach einigen Stunden Stehen die phosphorsaure Ammoniak-Magnesia auf einem kleinen Filter gesammelt, mit verdünntem Aetzammoniak gewaschen, getrocknet, ge- glüht, gewogen; vergl. Asclienanalyse §§ 206 und 209. Die abfiltrirte- Flüssigkeit wird in einer Schale concentrirt, dann in ein gewogenes- Tiegelchen gebracht, völlig zur Trockne verdunstet, geglüht bis zur völligen Verjagung des Chlorammonium, nach dem Erkalten gewogen. 3) Die von kochendem Wasser nicht gelösten Bestandtheile des- Steins werden im Becherglase mit verdünnter Salzsäure behandelt und 12 Stunden stehen gelassen. Die ausgeschiedene Harnsäure wird auf gewogenem Filter gesammelt, mit kaltem Wasser gewaschen, bei 120" getrocknet, nach dem Erkalten über Schwefelsäure gewogen, dann ver- ascht und nach dem Erkalten die Asche gewogen. 4) Die Analyse der salzsauren Lösung, welche in 3. erhalten wird^ führt man auf dieselbe Weise aus, wie es in den §§ 204 und 209—215 beschrieben ist. Oxalsäuren Kalk und phosphorsaures Eisenoxyd wägt man nach dem Glühen als kohlensauren Kalk + phosphorsaures Eisen- oxyd und es ist dabei nöthig durch etwas kolilensaures Ammoniak die beim Glühen ausgehri ebene Kohlensäure zu restituiren, nochmals zum schwachen Eothglühen zu erhitzen, dann erkalten zu lassen und zu wägen. Man löst dann den kohlensauren Kalk in Essigsäure, filtrirt durch ein kleines Filter, wäscht mit etwas Wasser aus, trocknet und glüht das Filter mit dem phosphorsauren Eisenoxyd und wägt den Glülirüekstand nach dem Erkalten. Ist kein Eisenoxydsalz zugegen, so kann man den auf gewogenem Filter gesammelten oxalsauren Kalk direct nach dem Trocknen bei 100« und Erkalten über Schwefelsäure wägen. 5) In einer besonderen Portion des Concrementes bestimmt man den Kohlensäuregehalt nach der in § 215 beschriebenen Methode. 6) Zur Bestimmung des Ammoniak wägt man eine dritte Fortion des lufttrocknen Steinpulvers ab, wenn seine Betheiligung an der Zu- sammensetzung des Steins durch die qualitative Analyse ermittelt ist, löst die gewogene Quantität in nicht zu viel verdünnter Salzsäure, lässt, wenn Harnsäure zugegen ist, 12 Stunden stehen, filtrirt, versetzt das Filtrat mit Alkohol, fällt mit Platinchlorid, lässt wieder etwa 12 Stunden bedeckt stehen, sammelt den ausgeschiedenen Niederschlag auf einem kleinen gewogenen Filter, wäscht mit Alkohol aus, trocknet Filter und Niederschlag bei 100" und wägt nach dem Erkalten über Schwefel- säure. Hatte das untersuchte Harnsediment oder der Blasenstein Kali- gehalt neben Ammoniak bei der qualitativen Untersuchung ergeben, so ist eine vierte Portion des Steinpulvers durch Glühen von organischen Untersuchung seröser Flüssigkeiten. 260. 391 Stoffen und Ammoniaksalzen zu befreien, die noch kohlehaltende Asche in etwas verdünnter Salzsäure zu lösen, zu filtriren, auszuwaschen und in dem Fiitrate nach seinem Verdampfen auf ein kleines Volumen die Fällung des Kali durch Platinchlorid, Sammeln des Platinniederschlags auf kleinem Filter, Waschen mit Alkohol u. s. w. vorzunehmen, so wie es oben für die Fällung des Ammoniak angegeben ist. Das Gewicht des Kaliumplatinchlorid von dem Gewicht des Ammonium- + Kalium- platinchlorid subtrahirt, giebt dann das Ammoniumplatinchlorid, dessen Ammoniakgehalt die Tabelle II. im Anhange ergiebt. 3. Untersuchung seröser Flüssigkeiten als Blutserum, Trans- sudate, Cystenflüssigkeiten, Synovia u. s. w. Allgemeines. 260. Das Blutplasma, Serum und die verschiedenen Transsudate, ■welche aus dem Blutplasma durch Filtration hervorgegangen, wegen verschiedener Beimischungen durch die Zellenthätigkeit der Organe, in denen sie sich befinden, sowie durch Blutbeimengung und die Ver- änderungen, die sie selbst auch ohne jede Beimengimg mit der Zeit erfahren, manche Verschiedenheit in der Zusammensetzung zeigen können, bieten im Allgemeinen trotz aller dieser secundären die Transsudate treffenden Einflüsse eine solche Uebereinstimmung in der Zusammen- setzung und in den Momenten, welche bestimmend auf die analytischen Methoden einwirken, dass sie hinsichtlich des Ganges der chemischen Untersuchungen keine gesonderte Betrachtung erfordern. Alle diese Flüssigkeiten enthalten Albumin, und es ist keine hierher gehörige Flüssigkeit bekannt, welche nicht wenigstens zwei verschiedene Albuminstoffe in sich vereinigte. Während sie qualitativ in diesem Ge- sichtspunkte übereinstimmen, zeigen sich bedeutende Unterschiede hin- sichtlich des Gehaltes an Albuminstoffen, da der letztere von 8 pCt. bis unter 0,1 pCt. variirt. Die Ee actio n dieser Flüssigkeiten ist mit seltenen Ausnahmen eine schwach alkalische, die Consistenz meist eine dünnflüssige; oft bildet sich jedoch durch Fibrinabscheidung gallertige lockere oder festere Ge- rinnung, auch kann durch einen Gehalt an Mucin oder Metalbumin eine sehr zähe Consistenz bewirkt werden, so dass die Flüssigkeit beim Aus- giessen lange Fäden zieht. Die Flüssigkeiten, welche hierher gehören, sind häufig ganz klar durchsichtig, zeigen aber fast stets sehr deutliche weissliche Fluo- rescenz und werden oft durch Beimengung von Blutkörperchen oder 392 Untersuchung der Albuminstoffe in serösen Flüssigkeiten. 261. deren ümwandelungsproducte oder durch zellige Elemente wie Eiter- körperchen, Epithelzellen, Fibrinausscheidungen, Cholesterinkiystalle, moleculare Fettbeimengung (im Blutserum während der Digestion, im Diabetes und bei Säufern, selten in Transsudaten) getrübt. Alle der- artige Trübungen und Niederschläge mit Ausnahme des molecularen Fetts, einer molecularen Ausscheidung eines Eiweisskörpers, die zuweilen vorkommt, und der Blutkörperchen lassen sich durch Filtration durch Papier entfernen. Abgesehen von defibrinirtem Blute selbst kann man in allen Fällen die Blutkörperchen durch Stehenlassen einen Tag lang und nachberiges Abgiessen von der Flüssigkeit trennen, im defibrinirten Blute gelingt dies oft nur sehr schwer und mangelhaft; Trübung durch moleculares Fett wird durch Schütteln mit Aether wenigstens grössten- theils entfernt, indem sich das Fett im Aether löst; die Klärung ge- lingt in allen Fällen vollkommen, wenn man mit Aetznatron versetzt, nun mit Aether schüttelt und dann stehen lässt, doch verändert das Natron dabei die AlbuminstofFe. Die Farbe des Blutserum, der Transsudate und Cystenflüssigkeiten ist in allen Fällen, wenn kein Blut beigemengt ist, ein blasseres oder gesättigteres Gelb oder gelbliches Grün; beim Stehen an der Luft trüben sich diese Flüssigkeiten nach einiger Zeit und ihre Fai-be wh-d dabei mehr bläulich; viele Hydroceleflüssigkeiten haben meist von vom herein eine dunklere grünliche Färbung. Das spec. Gewicht der hierher gehörigen Flüssigkeiten variirt zwischen 1,030 und 1,005 ungefähr. Man prüft das spec. Gewicht dieser Flüssigkeiten, wenn sie dünnflüssig genug sind und hinreichende Quanti- tät zu Gebote steht, mit dem Aräometer. Untersuchung der AlbuminstofFe in serösen Flüssigkeiten. 261. Enthält die zu untersuchende Flüssigkeit Trübung oder Nieder- schlag von Fetzen, Flocken u. dergl., so ist sie zunächst mikroskopisch zu prüfen und zu filtriren. Im Niederschlag enthaltene Flocken und Fetzen können nach Schlämmen und Waschen mit Wasser gereinigt und auf Fibrin untersucht werden. Glasiges Aufquellen ohne Lösung in Wasser mit 0,1 pCt. HCl, dann Lösung in wenigen Minuten nach Zu- satz von etwas künstlichem Magensaft und anhaltendem ümschütteln ist dem Fibrin eigen. L Ist die klar filtrirte Flüssigkeit von schleimiger Consistenz und zieht Fäden beim Austropfen aus einem Gefäss ins andere (Ovarial- cystenüüssigkeiten, Synovia-, ßanulainhalt), so ist auf Anwesenheit von Mucin oder Metalbumin zu schliessen. 1) Man versetzt dann eine Probe derselben, nöthigenfalls nach Ver- Untersuchung der Albuminstoffe in serösen Flüssigkeiten. 261. 393 dünnen mit Wasser, mit etwas Essigsäure ; entsteht hierdurch ein Nieder- schlag, der diu'ch weiteren Essigsäurezusatz nicht gelöst wird, sondern sich fester zusammenballt, so istMucin vorbanden. Das durch Essig- säure abgeschiedene Mucin wird abfiltrirt, mit etwas Essigsäure ent- haltendem Wasser gewaschen und nach § 193 die Identität mit Mucin constatirt. 2) Eine andere Probe der Flüssigkeit wird mit dem 3 fachen Vo- lumen Alkohol gemischt, 24 Stunden stehen gelassen, dann abfiltrirt, der Niederschlag ausgepresst und in Wasser gut zertheilt, dann filtrirt. Ist Metalbumin zugegen, so geht dies in die wässerige Lösung über und wird aus seinem § 193 beschriebenen Verhalten erkannt. IL Einen nicht zu kleinen Theil der filtrirten serösen Flüssigkeit sättigt man bei 30 " vollständig mit pulverisirter krystallisirter schwefel- saurer Magnesia, filtrirt, wäscht den Niederschlag mit gesättigter Magnesimnsulfatlösung aus und untersucht sowohl das Filtrat als auch den Niederschlag. A. Filtrat. 1) Ein Theil des Filtrats wird zum Sieden erhitzt. Flockige Coagu- lation zeigt das Vorhandensein von Serumalbumin oder Eieralbumin an. 2) In einem andern Theile des Filtrats wird die spec. Drehung bestimmt (vergl. den Anhang, Optische Untersuchungsmethoden) und hierdm-ch, sowie durch weitere Vergleichung der in § 162 und § 163 angegebenen Eigenschaften ennittelt, ob Serumalbumin oder Eier- albumin zugegen ist. Mucin sowie Metalbumin gehen in das Filtrat über, wenn sie in der serösen Flüssigkeit enthalten sind. Mucin kann vor der Behandlung mit Magnesiumsulfat durch massigen Essigsäurezusatz ausgefällt, die Flüssigkeit dann möglichst genau mit Natriumcarbonat neutralisirt, darauf mit Magnesiumsulfat gefällt und im Filtrate nach den Albuminen ge- sucht werden. Metalbumin ist nicht von den unzersetzten Albuminen abtrennbar. Zur Untersuchung auf Albumosen und Pepton verfährt man nach der Methode der Darstellung, die in §§ 172 bis 178 ausführlich heschrieben ist. B. Der Magnesiumsulfatniederschlag wird ausgepresst zwi- schen Filtrirpapier, dann in nicht viel Wasser gelöst. 1 ) Ein Theil dieser Lösung wird im engen Probirrohr im Wasser- tade mit eingesetztem Thermometer langsam erhitzt, wenn flockige Ge- rinnung erfolgt ist, filtrirt und das Filtrat in gleicher Weise höher er- hitzt, bis wieder flockige Gerinnung eingetreten ist, abermals filtrirt, weiter erhitzt u. s. w. Muskelalbumin gerinnt bei 45 — 48", Myosin und Fibri- 394 ßie Farbstoffe in serüson Flüssigkeiten. 262. nogen bei 55 — 58°, Serumglobulin über 70" flockig, Vitellin bei nocli höherer Temperatur, Casein, Nucleoalbumine und Albuminat selbst beim Sieden nicht; Casein beim Erhitzen im zugesclimolzenen Rohr auf 120". 2) Ein anderer Theil der Lösung ebenso wie ein Theil der ur- sprünglichen serösen Flüssigkeit werden mit etwas frischgelassenem, vom ausgeschiedenen Fibringerinnsel abgepressten Blut versetzt und einige bis 24 Stunden bei 20—30 " stehen gelassen. Tritt Gerinnung der ganzen Flüssigkeit oder Abscheidung gallertiger Flocken ein von den Eigenschaften des Fibrin (vergl. § 167), so enthielt die Flüssigkeit Fibrinogen. 3) Ein Theil der Lösung wird durch Dial)'se vom grössten Theil des Magnesiumsulfats befreit, der abgeschiedene flockige Niederschlag durch ein wenig Chlornatriumlösung gelöst, dann ein Stück klares Stein- salz so in die Lösung gesetzt, dass es über das Flüssigkeitsniveau her- vorragt. Fibrinogen, Myosin, Serumglobulin werden bei der Sättigung der Lösung gefällt, Vitellin wird nicht gefällt und giebt Coagulation beim Kochen der Lösung (Serumglobulin wird durch Chlornatrium bei Gegenwart von Albuminen oder Vitellin nicht vollständig gefällt). 4) Endlich wird ein Theil der Lösung, der nicht viel Magnesium- sulfat enthalten darf (nöthigenfalls also nach vorausgegangener Ent- fernung desselben durch Dialyse), mit Essigsäure stark angesäuert. Ent- steht Niederschlag, der sich nach weiterem Essigsäurezusatz nicht leicht löst, so ist Casein (Nucleoalbumin) oder Albuminat vorhanden. Man unterscheidet sie von einander durch die Einwirkung von Lab in ziemlich neutraler Lösung (vergl. § 171). Die Untersuchung auf Albumoscn und Pepton wird in den serösen Flüssigkeiten nach Abscheidung der durch Kochen und Essigsäurezusatz fällbaren Albuminstoffe ebenso ausgeführt wie im Harn vergl. § 250. Die FarbstofTe in serösen Flüssigkeiten. 262. Die gelbe Farbe des Blutserum und der meisten serösen Flüssigkeiten scheint stets durch einen in Fetten besonders leicht lös- lichen, durch Alkalien nicht zersetzbaren Stoff hervorgerufen zu werden, der wohl mit dem Lutein identisch ist, vergl. § 155. Pathologisch können Gallenfarbstoffe, Hämoglobin und Hämatin in serösen Flüssig- keiten auftreten. Das Blutplasma vom Pferde enthält nach Ham- marsten Gallenfarbstoff auch im normalen Zustande. Ohne Rücksicht auf die Albuminstoffe untersucht man seröse Flüssigkeiten auf Gallen- farbstoff mit Salpetersäure nach den § 1 52 angegebenen Methoden. Nach Die anorganischen Salze in serösen Flüssigkeiten. 2G3. 395 V. Jaksch") färbt sich gallenfarbstoffhaltiges Blutserum beim Erhitzen auf 78 — 80 " leicht grünlich und nimmt bei wiederholtem Erwärmen auf 50—60 " je nach der Menge des Farbstoffs intensive grasgrüne Färbung an. Die Untersuchung auf Hämoglobin und Hämatin ist in § 146 und § 191 ausführlich beschrieben. Die Ursache der Grünfärbung, welche seröse Transsudate und das Blutserum beim Stehen an der Luft annehmen, ist noch nicht ermittelt. Die anorganischen Salze, Fette und Extractivstoffe der serösen Flüssigkeiten. 263. Da die serösen Flüssigkeiten stets eiweisshaltig sind, so ist zur Untersuchung der in ihnen enthaltenen anorganischen Salze die Veraschung unvermeidlich, und es gelten daher die in dem Capitel über die Aschen § 200 bis § 215 gegebenen Methoden und Regeln. Besondere Beachtuug verdient hierbei der Schwefel- und Phosphor- säuregehalt organischer Verbindungen (Albuminstoife , Taurocholsäure, Lecithin, Nuclein u. s. w.). In serösen Flüssigkeiten ist Lecithin wohl stets neben mehr oder weniger von Eiweisskörpem enthalten; directe Veraschung derselben ohne vorherige Abscheidung der Eiweissstoffe und des Lecithin würde eine Asche ergeben, in welcher der Schwefelgehalt der ersteren theilweise als schwefelsaures Salz und der Phosphorsäure- gehalt des Lecithin als phosphorsaures Salz enthalten sein würde. Schwefelsäure sowie Phosphorsäure würden andere Säuren, besonders COj aus ihrer Verbindung während des Glühens austreiben. Zu einer genaueren Untersuchung der in diesen Flüssigkeiten vorhandenen anor- ganischen Stoffe ist es am zweckmässigsten, die Flüssigkeiten mit über- schüssigem Alkohol zu fällen, durch aschefreies Filter zu filtriren, den Niederschlag erst mit Alkohol, dann mit Wasser heiss auszuwaschen, die alkoholischen Filtrate bei massiger Wärme auf dem Wasserbade zu verdunsten, den Eückstand mit warmem absoluten Alkohol zu extrahiren und nach dem Verdunsten des filtrirten Extractes das Lecithin in Aether aufzunehmen, der, wenn er wasser- und alkoholfrei ist, anorganische Salze nicht auflöst. Es werden dann die in Aether nicht gelösten Sub- stanzen des Alkoholauszugs zusammen mit den in Wasser gelösten Stoffen getrocknet, verkohlt und schliesslich, nach Extraction der Kohle mit heissem Wasser, verascht. Zur Bestimmung des Sulfats bei Anwesenheit von Taurin oder Taurocholsäure sind die von Aether nicht gelösten Stoffe nicht zu veraschen, sondern direct mit Bariumchlorid und Salz- säure (oder Essigsäure) zu fällen, das Bariumsulfat abzufiltriren, zu glühen *) Verhandl. des X. Congresses f. innere Medicin 1890. 396 Untersuchung auf Glucose in serösen Flüssigkeiten. 263. und zu wägen. Das Eiweiss auf dem Filter wird besonders verascht und die hierbei erhaltenen Phosphate von Calcium, Magnesium und viel- leicht auch Eisen gesondert untersuclit. Eine directe Fällung in der eiweisshaltigen Flüssigkeit von Calcium, Phosphorsäure u. s. w. durch Ammoniak, Ammoniumoxalat u. s. w., ist durchaus zu widerrathcn, weil man weder der völligen Ausfällung sicher ist noch ein Mitniederreissen von Lecithin unbedingt vermeiden kann; man erhält durchaus unreine Niederschläge. Am Wenigsten ist es zulässig, Blut direct zu veraschen, man findet in solcher Asche, wie es sich oft ereignet hat, gar keine kohlensauren Salze mehr, weil die COo von der Phosphorsäure des Lecithin völlig ausgetrieben wird; auch viel Chlor kann hierbei verloren gehen. Für den Nachweis und die Untersuchung der Fette, sowohl der in molecularer Zertheilung suspendirten als auch der in den Flüssig- keiten gelösten, sind in den §§ 48 und 49 ausführlich die Methoden beschrieben, die hier Anwendung finden können. Nachweis nnd Bestimmung von Glucose im Blute. Zum Nachweise und zur Bestimmung des Zuckers im Blute oder anderen serösen Flüssigkeiten sind zunächst die Eiweissstofife zu entfernen und hierbei ist Kochen nach Ansäuern mit Mineralsäuren zu vermeiden, weil in diesen Flüssigkeiten, jedenfalls im Blute Stoffe sich finden, die wie Glycogen beim Kochen mit sehr verdünnten Mineralsäuren Glucose entstehen lassen. Zu dieser Abscheidung genügt zwar meist das Erhitzen nach An- säuern mit Essigsäure und passender Verdünnung mit Wasser. Da je- doch hier leicht ein wenig Albuminstoff in Lösung bleiben kann, hat man verschiedene Salze zu Hülfe genommen, um eine sichere vollständige Ausscheidung der Eiweissstoife zu erlangen. Cl. Bernard liess das Blut in eine Schale einfliessen, in der sich krystallisirtes Natriumsulfat be- fand, es wird dann sogleich zum Sieden erhitzt, das verdampfte Wasser ersetzt, abfiltrirt, ausgepresst und die über 35" warme eiweissfreie Lösung zur Titrirung mit Fehling's Lösung verwendet, i) Man hat ferner mit Vortheil die bereits in den älteren Auflagen dieses Lehrbuchs zur Abscheidung von EiweissstoflFen empfohlene Mischung von wenig Eisenchlorid und üeberschuss von Natriumacetat und Kochen der mit Wasser genügend verdünnten Mischung, Abfiltriren, Auspressen und Auswaschen mit Wasser benutzt. -} ') Barral, Sur le Sucre du sang. Paris 1890. Köiiniann, Centralbl. f. Pliysiologie Bd. 4 No. 1. 2) F. Schenk-, Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 46 u. 47. Seegen, Centralbl. f. Physiol. Bd. 4 No. 8. Untersuchuug auf Harnstoff in serösen Flüssigkeiten. 263. 397 VonAbeles ist vor Kurzem die Verwendung von essigsaurem Zink und Alkoliol besonders zweckmässig gefunden. *) Man lässt nach seiner Vorsclirift in einem Becherglase zu 50 CC. absoluten Alkohol und 2,5 gr Zinkacetat 50 CC. Blut fliessen, mischt schnell das Ganze, filtrirt, wenn der Niederschlag gleichmässig schwarz -graue Farbe angenommen hat, durch ein mit Alkohol angefeuchtetes Filter, wäscht mit 90—95 procent. Alkohol nach, bringt den Rückstand auf ein Stück Leinwand und presst mit der Handpresse scharf aus. Der aus der Presse genommene Eück- stand wird mit Alkohol in der Eeibschale zerrieben, auf ein neues Papier- filter gebracht, filtrirt, nachgewaschen mit Alkohol, der Rückstand wieder ausgepresst. Die vereinigten Flüssigkeiten werden mit einer Lösung von Natriumcarbonat in Wasser (1 : 5) so lange versetzt unter Um- rühren, bis das Zink als Carbonat ausgefällt ist und die Mischung deut- liche alkalische Reaction giebt. Die abfiltrirte Flüssigkeit (bei 50 CC. Blut 250 — 300 CC. Flüssigkeit) wird mit Essigsäure schwach angesäuert, auf 20 — 30 CC. eingedampft. Hierbei scheidet sich noch etwas Un- lösliches ab. Man spült die Lösung in einen Masscylinder, setzt neuer- dings 3—4 Tropfen einer concentrirten wässerigen Lösung von Zink- acetat oder Chlorzink hinzu und macht dann mit Natriumcarbonat al- kalisch. Sodann wird bis auf das ursprüngliche Volumen aufgefüllt, durch trockenes Filter filtrirt und das Filtrat mit Fehling's Lösung titrirt. Untersuchung auf Harnstoff. Eine allen Anforderungen ge- nügende Methode zum Nachweis und zur quantitativen Bestimmung von Harnstoff in Blut und serösen Flüssigkeiten ist noch nicht gefunden, so viele Versuche auch nach dieser Richtung gemacht sind. Am Meisten zu empfehlen ist das § 77 ausführlich beschriebene Verfahren. Spuren von Hanistoff finden sich in diesen Flüssigkeiten im normalen Zustande, reichlicher ist er in ihnen bei Urämie enthalten. Um Leucin und Tyrosin in serösen Flüssigkeiten aufzusuchen, sind dieselben möglichst frisch in Arbeit zu nehmen, die Eiweissstoffe durch Kochen der mit Essigsäure angesäuerten und nöthigenfalls mit Wasser passend verdünnten Flüssigkeit (oder durch Erhitzen auf dem Wasserbade mit dem 3 — 4 fachen Volumen Alkohol und vollständiges Erkalten vor dem Filtriren) abzuscheiden, das Fütrat (bei Anwendung von Alkohol ist derselbe nach der Filtration durch Abdampfen zu ent- fernen) mit neuti-alem, dann mit basischem Bleiacetat mit sorgfältiger Vermeidung eines Ueberschusses dieser Bleisalze zu fällen und weiter nach den Vorschriften vonHlasiwetz und Habermann zu verai'beitea (vergl. § 93 und.§ 129). •) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15 S. 498. 398 Untersuchung auf Harnsäure in serösen Flüssigkeiten. 263. Kreatin und Kreatinin kann man nach der § 97 und § 98 angegebenen Methode aus den serösen Flüssigkeiten isoliren. Das Kreatin erhält man kiystallisirt; ist Kreatinin daneben vorhanden, so kann es durch neutrale Chlorzinklösung aus der vom Ej'eatin abge- gossenen Mutterlauge nach den Vorschriften Neubauer's nach § 239 als Clilorzinkkreatinin gefällt werden, doch scheint es vortheilhafter, zu- nächst nach dem Auskrystallisiren des Kreatin (wenn dies überhaupt erfolgt) die Flüssigkeit mit verdünnter Schwefelsäure zu kochen, nach Hofmeister mit Phosphorwolfi-amsäure das Kreatinin nach dem Erkalten zu iällen und darzustellen. Aus dieser Verbindung isolirt man das Kreatinin nach § 98. Wahrscheinlich enthalten die serösen Flüssigkeiten stets nur Kreatin und dieses hat sich reichlich besonders im Typhus gefunden. Untersuchung auf Harnsäure in Blut und serösen Flüssig- keiten. Die vonSalkowski zur genaueren Bestimmung der Harnsäure im Harne angewendete Methode (vergl. oben § 238) hat nach den Ver- suchen von v. Schröder*) sich auch besonders gut geeignet zur Ge- winnung derselben aus Blut und Organen (Leber) erwiesen. Das Blut wird mit Wasser aufsein 5 faches Volumen verdünnt, mit Essigsäure an- gesäuert und durch Erhitzen coagulirt; das Filtrat wird zm- Trockne ver- dunstet, der Eückstand mit heissem Wasser extrahirt, dm-ch Zusatz von etwas Magnesiumsulfat und Natriumcarbonat ein Niederschlag gebildet, der die Filtration erleichtert. Die Harnsäure wird in der hltriiien Flüssigkeit mit Magnesiamischung (welche an Stelle von Chlorammonium essigsaure Magnesia enthält) und Silberniti'at gefällt, das harnsaure Silber-Magnesium abfiltrirt, ausgewaschen, mit Schwefelwasserstoff zer- setzt, dann ohne zu filtriren zur Trockne abgedampft, der Eückstand mit heissem Wasser extrahirt. Der liltrirte Heisswasserauszug lässt beim Verdampfen den Eückstand, der zum Nachweis der Harnsäure (Murexidprobe u. s. w.) direct verwendet werden kann. Zm- Bestimmung der Harnsäure wird nach v. Schröder der das Schwefelsilber noch enthaltende Eückstand mit etwas Wasser gekocht, dann ein Paar Tropfen Natronlauge oder Soda zugesetzt, sofort filtrirt und das Filtrat in ein etwas Essigsäure enthaltendes Glas fallen gelassen, um längere Ein- wirkung des Alkali auf die Harnsäure zu vermeiden. Die essigsaure Lösung wird auf ein kleines Volumen eingedampft und an kühlem Orte zur Krystallisation stehen gelassen. Die ausb-ystallisirte Harnsäure wird gewaschen, getrocknet, gewogen. Um Gallensäure in serösen Flüssigkeiten aufzusuchen, kann man *) W. V. Schröder, in G. Ludwig's Jubiläumschrift 1886. Abeles, Wien. med. Jahibücher 1887 S. 479. Untersuchung auf Ammoniak in serösen Flüssigkeiten. 264. 399 nach vorheriger Coagniation der Eiweissstoffe durch Kochen oder dui-ch Alkohol ganz in derselben Weise verfahren, wie es bezüglich dieser Aufgabe für- den Harn in § 254 geschildert ist. Fette Säuren, Milchsäure, Bernsteinsäure sucht man nach den in den §§ 34, 35, 40, 44 bei der Beschreibung dieser Körper und ihrer Darstellungsmethoden gegebenen Vorschriften auf. Cholesterin und Lecithin werden nach den in § 268 gegebenen Vorschriften im Aether- auszuge nachgewiesen. Zur schnellen Bestimmung der Alkalescenz des frisch entzogenen Blutes ist zuerst von Zuntz,') dann mehr oder weniger modificirt von Lassar,'-) Landois, Peiper, v. Jaksch, Winternitz^) ein Verfahren ausgebildet, welches auch für andere Flüssigkeiten ver- wendet werden kann. Winternitz benutzt hierzu eine Vio Normal-Wein- säure, welche zugleich 10 pCt. Natriumsulfat enthält und dadm-ch die Blutkörperchen ungelöst lässt. Mittelst einer in Vio CC. getheilten Pipette wird Blut (Vio CC.) in ührgläschen gebracht, welche der Reihe nach auf- gestellt 0,1, 0,2, 0,3 u. s. w. von dieser i/io Normallösung enthalten, schnell umgerührt und mit sehr empfindlichem neuti-alen Lackmuspapier (glattes geleimtes Papier) dann in den einzelnen Uhrschälchen geprüft, ob alkalische, saure oder neutrale Eeaction zu finden ist. Frisch aus der Ader gelassenes Blut verliert sogleich nach dem Herauslassen aus der Ader einen Theil der Alkalescenz, dann noch einen Theil bei Ein- tritt der Gerinnung, später nicht mehr. Untersuchung auf Ammoniak in serösen Flüssigkeiten nach E. Salkowski*). 264. Zu 20 gr gepulvertem Kochsalz in einem Kolben bringt man 50 CC. Blut oder seröse Flüssigkeit und 100 CC. einer Mischung von 7 Vol. gesättigter Chloniatriumlösung und 1 Vol. Essigsäure (von 1 ,040 spec. Gewicht und 30 Gewichtsprocente trockne Essigsäm-e enthaltend) mischt sorgfältig durch ümschütteln, lässt 1 5 — 20 Minuten stehen, misst das Gesammtvolumen der Mischung, filtrhi durch trocknes Filter. Das Filtrat soll ganz frei von Eiweissstoflen sein. Es werden 50—100 CC. von demselben abgemessen, mit Kalkmilch übersättigt und nach der Methode von Schlösing der Ammoniakgehalt bestimmt (vergl. § 222). Auch das von Schmiedeberg für den Harn benutzte Verfahren (vergl. § 222) kann für- die Untersuchung in serösen Flüssigkeiten wahr- scheinlich gute Verwendung finden. 1) Centralbl. f. d. med. Wiss. 1867 S. 801. 2) Ajch. f. d. ges. Physiol. Bd. 9 S. 4-1. ä) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15 S. 505. Hier auch die betreffende Literatur. *) Centralbl. f. d. med. Wiss. 1880. No. 38. ^. ^ 400 Bestimmung des Gehaltes an festen Stoffen, Albuminstoffen. 265. 266. Bestiminung des Gehaltes an festen Stoffen und Wasser in serösen Flüssigkeiten. 265. In ein kleines Porzellanschälclien, welches nebst einem Uhr- glase als Deckel dazu gewogen ist, lässt man aus einer Bürette 10 — 30 CG. der zu untersuchenden Flüssigkeit genau abgemessen einfliessen (oder man wägt die Portion im Schälchen ohne zu messen) und verdampft auf dem Wasserbade zur Trockne. Wenn keine Wasserabgabe mehr zu bemerken ist, erhält man den Rückstand einige Stunden, nöthigenfalls ein paar Tage auf 100° oder (noch besser) man bringt ihn einige Tage in das Vacuum über Schwefelsäure. Sobald der Eückstand hier mög- lichst getrocknet ist, erhitzt man im Luftbade auf 110 — 120", lässt über Schwefelsäure erkalten und wägt; erhitzt dann nochmals auf fast 120" und wägt nach dem Erkalten und wiederholt diese Procedur so lange, bis die letzte Wägung in ihrem Resultate mit der vorletzten überein- stimmt. Die Wägung ergiebt das Gewicht der festen Stoffe für die ab- gemessene Quantität Flüssigkeit und man berechnet nach diesem Re- sultat den Gehalt für 100 CG. der untersuchten Flüssigkeit. Vermuthet man im Transsudate u. s. w. Harnstofl" oder andere leicht in der Hitze zersetzliche Substanzen, so trocknet man bei einer 110'' nicht viel über- steigenden Temperatur, aber um so anhaltender. Will man in dem so erhaltenen Rückstande die Extractivstoffe oder Salze noch bestimmen,, so verfährt man nach § 268. Bestimmung des Gehaltes an AlbuminstolTen in serösen Flüssigkeiten. 266. In serösen Flüssigkeiten finden sich mit wenig noch zweifel- haften Ausnahmen stets mehrere durch Kochen coagulirbare Albumin- stoffe neben einander; Propepton sowie Pepton sind selten und dann nur in Spuren in ihnen gefunden. Das summarische Gewicht der beim Kochen gerinnenden Albuminstoffe kann man nach § 267 oder neben den übrigen Bestandtheilen derselben nach § 268 bestimmen, für die getrennte Bestimmung der Albumine neben den Globulinen sind die bei der Schilderung der einzelnen Albuminkörper oben angegebenen Trennungs- methoden in Anwendung zu ziehen. In bei Weitem den meisten serösen Flüssigkeiten findet sich neben Serumalbumin nur Serumglobulin^ in manchen Transsudaten, z. B. Hydroceleflüssigkeit, auch Fibrinogen. Genaue Bestimmung dieser letztgenannten Substanz ist noch nicht aus- führbar, doch erhält man Näherungswerthe, wenn man eine abgemessene, nicht zu kleine Portion der Flüssigkeit, 40 — 100 GG., mit nicht zu ge- ringer Menge des aus frisch geronnenem Blute ausgepressten, duich Leinwand filtrirten Serum versetzt (ein massiger Gehalt des letzteren an rothen Blutkörperchen bringt keinen bemerkbar-en Nachtheil), 24 Stun- Bestimmung des Gehaltes an Albuminstoffen in serösen Flüssigkeiten. 2G6. 401 den bei 20—30" stehen lässt, dann das gebildete Fibrin schlägt, auf einem gewogenen Filter sammelt, zuerst mit 1 procentiger Chlornatrium- lösung, dann mit Wasser, endlich mit heissem Alkohol wäscht, bei 1200 trocknet und wägt. Das Gewicht des gebildeten Fibrins kann man als ungefähren Ausdruck des Gewichts vom Fibrinogen in der untersuchten Flüssigkeit gelten lassen. Will man den Zweifel aus- schliessen, ob auch das ganze Fibrinogen bei diesem Versuche zur Ge- rinnung gebracht sei, so stelle man zwei solche Bestimmungen an und setze vom fi-isch ausgepressten Serum zm- einen Portion des Transsudats doppelt so viel, als zm- andern. Hat sich dann nach 24 Stunden in beiden Versuchen gleich viel Fibrin abgeschieden, so ist auch sicher das ganze Fibrinogen zu Fibrin umgewandelt. Zur Bestimmung der Globuline getrennt vom Serumalbumin fügt man zu 20—50 CG. der serösen Flüssigkeit die gleiche bis doppelte Quantität gesättigter wässeriger Lösung von Magnesiumsulfat, erwärmt auf 30° und trägt gepulvertes Mngnesiumsulfat in die Mischung, bis bei dieser Temperatur nichts mehr davon gelöst wird, filtrirt und wäscht den Niederschlag mehrmals mit gesättigter Lösung von Magne- siumsulfat. Die abfiltrirte Flüssigkeit mit der ungefähr gleichen Menge Wasser versetzt wird zum Kochen erhitzt, durch einen Tropfen Essig- säure angesäuert, durch gewogenes Filter filtrirt, der Niederschlag mit heissem Wasser anhaltend ausgewaschen, zuletzt mit heissem Alkohol Übergossen und nach Ablaufen des Alkohol bei 120" getrocknet und gewogen. Die gewogene Substanz wird verascht und das Gewicht der Asche in Abzug gebracht. Der Niederschlag der Globuline kann dann mit kaltem Wasser ge- löst und diese Lösung ebenso behandelt werden, wie es von der Lösung des Serumalbumin soeben beschrieben ist, nämlich unter Ansäuern durch Kochen coagulirt, der Niederschlag auf dem Filter gewaschen werden u. s. w. Hat man jedoch in besonderer Portion der serösen Flüssigkeit die Summe der AlbuminstofFe bestimmt, so ist diese Globulinbestimmung nur als eine Controle anzusehen. Die Circumpolarisation kann vorläufig zur Bestimmung der Albumin- stofFe nicht dienen, weil wegen der verschiedenen Angaben verschiedener Autoren für die Albuminstoffe in serösen Flüssigkeiten gleicher Her- kunft und der Verschiedenheit der beim einen oder andern Thier und beim Menschen gefundenen spec. Drehungen der Albumine und Globuline eine gesichertere Feststellung der spec. Drehungen noch erforderlich ist. Hoppe-Seyler, Analyse. 6. Aufl. 26 402 Bestimmung des Gehaltes an gerinnbaren Albuminstoffen etc. 267. 2G8. Bestimmung des Gehaltes an gerinnbaren Albuminstoffen durch Coagulation und Wiigung. 267. 50 bis 100 CC. Wasser werden in einer Porcellanschale zum Kochen erhitzt und in das siedende Wasser eine kleine gemessene oder gewogene Menge des zu untersuchenden Serum u. s. w. (etwas 15 bis 20 CC.) eingetragen. Man erhält darauf noch einige Minuten im Sieden, während man mittelst eines Glasstabes Tröpfchen verdünnter Essigsäure so lange hinzuspritzt, bis die Gerinnung des Albumin grossflockig und die Flüssigkeit klar erscheint, filtrirt dann durch ein gewogenes Filter, wäscht mit Wasser, endlich mit kochendem Alkohol aus, trocknet Filter und Albumin im Luftbade bei 120", lässt erkalten über Schwefelsäure und wägt. Man wiederholt Trocknen und Wägen, bis das Gewicht constant bleibt, verascht und bringt das Gewicht der Asche in Abzug. Die Resultate fallen leicht ein Wenig zu niedrig aus, indem etwas von den Albuminstoffen in Lösung bleibt; man prüft das Filtrat mit etwas Essigsäure und Ferrocyankalium und wiederholt die Fällung in neuer Portion, wenn hierbei stai'ke Trübung eintritt. Bestimmung der Albuniinstoffe, Extractivstoffe, Fette, Lecithin, Cho- lesterin und Salze in Blutsei'uni und anderen serösen Flüssiglieiten. 268. Zur quantitativen Bestimmung des Gehaltes seröser Flüssig- keiten an Eiweissstoffen, Fetten, Salzen, Extractivstoflfen u. s. w. hat sich das folgende Verfahren am Besten bewährt und wird deshalb, ob- wohl es unter Umständen (vergl. unten) in mancher Hinsicht abzu- ändern ist, allein liier ausführlich beschrieben. Eine Quantität von 20 bis 50 gr oder ebenso viel Cubikcentimeter von der Flüssigkeit wird genau abgemessen oder gewogen, in einem hinreichend geräumigen Becherglase mit dem drei- bis vierfachen Vo- lumen Alkohol und wenigen Tropfen Essigsäure gemischt, einige Stunden kalt stehen gelassen, dann der Niederschlag auf einem gewogenen asche- freien Filter gesammelt und zunächst mit Weingeist, darauf mit heissem absoluten Alkohol, sodann mit Aether und Alkohol, zuletzt mit kochen- dem Wasser sorgfältig ausgewaschen. Nm- Eiweissstofife und im Wasser unlösliche Salze bleiben bei dieser Behandlung ungelöst zurück, wenn die Flüssigkeit frei von zelligen Elementen und frei von Blutfarbstoff war; auch andere Farbstoffe bleiben zum Theil im Albuminniederschlage, sind aber dann stets nur in sehr geringer Quantität vorhanden. Ein sehr kleiner Theil der Alburainstoffe geht in das weingeistige Extract über und wird später besonders ausgeschieden. Das Filter mit den Eiweissstoffen wird zur Entfernung des Wassers noch einmal mit etwas Weingeist gewaschen, dann im Luftbade längere Bestimmung der Albuminstoffe, Extractivstoffe, Fette, Lecithin etc. 268. 403 Zeit getrocknet, schliesslich bei 120^ über Schwefelsäure erkalten ge- lassen, gewogen, nochmals getrocknet und gewogen zur Controle darüber, ob kein weiterer Gewichtsverhist beim Trocknen mehr eintritt. Filter und Niedersclilag werden dann in einer offenen kleinen Porcellanschale bis zur Entfernung der Kohle geglülit, die zurückbleibende Asche nach Erkalten über Schwefelsäure gewogen. Durch die obigen vorgeschriebenen Extractionen werden erhalten 1) ein weingeistiger, 2) ein alkoholischer und ätherischer, 3) ein wässeriger Auszug. Der weingeistige Auszug wird zunächst auf dem Wasserbade bei massiger Wärme verdunstet, der Rückstand mit dem zweiten Auszuge {dem alkoholischen und ätherischen) Übergossen, die Lösung abfiltrirt durch ein kleines gewogenes aschefreies Filter, mit mehreren Portionen absolutem Alkohol, endlich mit einigen Portionen Aether alles Lösliche abfiltrirt und ausgewaschen, der jetzt bleibende Rückstand mit dem oben unter 3. bezeichneten wässerigen Auszug übergössen, durch das gleiche Filter aber in ein anderes Becherglas filtrirt, noch einige Male mit Wasser ausgewaschen und alles Ungelöste auf dem Filterchen ge- sammelt. Dieser Rest auf dem Filterchen gehört nochzu den Eiweiss- stoffen und wird wie diese bei 120'^ getrocknet, gewogen, verascht und die Asche gewogen (am Einfachsten gleich mit der obigen Hauptportion zusammen in dieser Weise behandelt). Der wässerige Auszug enthält jetzt sämmtliche in Wasser lös- liche, in Alkohol oder Aether unlösliche Stoffe der untersuchten serösen Flüssigkeit, er wird in kleiner Porcellanschale auf dem Wasserbade ver- dunstet, der Rückstand bei HO" bis Ilö« getrocknet, über Schwefel- säure erkalten gelassen, gewogen, bei sehr massiger Glühhitze verascht, und die Asche gewogen. Das alkoholische und ätherische Extract, welches also neben Harnstoff, Zucker, Chlornatrium auch Cholesterin, Fette, Lecithin ent- halten kann, wird abennals bei massiger Wärme (nicht über 70") im Wasserbade, zuletzt am Besten mit der Luftpumpe über Schwefelsäure verdunstet, der Rückstand mit Aether ausgezogen, durch kleines Filter in eine Kochflasche filtrirt, mit mehreren Portionen Aether nachge- waschen, der ungelöst bleibende Rückstand mit Wasser aus dem Becher- glase und vom Filter in ein Porcellanschälchen gespült, auf dem Wasser- bade zur Trockne verdunstet, im Luftbade bei 100—110» getrocknet, nach Erkalten über Schwefelsäm-e gewogen, dann bei massiger Glühhitze verascht und die im Exsiccator erkaltete Asche gewogen. Von dem (wie eben beschrieben) erhaltenen Aetherauszuge endlich wird zunächst der gi'össte Theil des Aethers abdestillirt, dann 26* 404 Bestimmung der Albuminstoffe, Extractivstoffe, P'ette, Lecithin etc. 268. in ein Becherglas ausgegossen und mit etwas Alkohol und Aether nach- gespült, nach Verdunsten des Aethers auf dem Wasserbade bei massiger Wärme wird der Rückstand über Schwefelsäure mit der Luftpumpe völlig getrocknet und schnell gewogen, dann in Alkohol gelöst, ein Ueberschuss von Aetzkali in absolutem Alkohol gelöst hinzugefügt, diese Mischung auf dem Wasserbade eine Stunde im schwachen Sieden erhalten, endlich der Alkohol verdunstet. Die zurückbleibende Masse von Seifen, Ciiolesterin, Neurin, glycerinphosphorsaurem Kali, Glycerin, Aetzkali wird in nicht zu wenig Wasser gelöst, diese Lösung in einer Flasche mit der ungefähr gleichen Menge Aether geschüttelt, der Aether nach einiger Zeit abgegossen, die alkalische wässerige Lösung noch einige Male in gleicher Weise mit Portionen Aether behandelt. Von den ver- einigten ätherischen Lösungen wird dann der grösste Theil des Aethers abdestillirt, der Rückstand in ein kleines Becherglas ausgeschüttet, mit etwas Alkohol und Aether nachgespült, auf dem Wasserbade ziu- Trockne verdunstet; es bleibt Cholesterin zurück, verunreinigt mit ein wenig Seife, deren Abtrennung am Besten durch Behandlung der völlig ge- trockneten Masse mit mehreren sehr kleinen Portionen kalten Alkohol und ein oder 2 Tropfen Salzsäure geschieht, da kalter Alkohol die Seifen leicht löst, Cholesterin dagegen ungelöst lässt. Das rückständige Cho- lesterin wird bei 80 « im Luftbade getrocknet und (nach dem Erkalten im Exsiccator) gewogen, die alkoholische Seifenlösung zur übrigen wässerigen Lösung der Seifen gebracht. / Die wässerige durch Aether von Cholesterin befreite Lösung von Seifen, Aetzkali u. s. w. wird dann mit Ueberschuss von Salpeter ver- setzt, zur Trockne in einer Silber- oder Platinschale verdimstet, der Rückstand bis zur Entfernung der Kohle und nicht länger geschmolzen, die Schmelze nach dem Erkalten in heissem Wasser gelöst, im Becher- glase mit starker reiner Salpetersäure unter guter Bedeckung des Glases stark sauer gemacht, einige Zeit im offenen Glase zur Entfernimg der Untersalpetersäure auf dem Wasserbade digerirt, dann mit Lösung von molybdänsaurem Ammoniak in Salpetersäure gefällt, 1 2 Stunden stehen gelassen. Der darauf abfiltrirtc nicht weiter zu waschende Niederschlag von phosphormolybdänsaurem Ammoniak ist in verdünntem Aetz- ammoniak zu lösen, die Lösimg mit klarer ammoniakalischer Magnesia- lösung zu fällen, 12 Stunden kalt stehen zu lassen, dann der Nieder- schlag auf kleinem Filter zu sammeln, mit verdünntem Ammoniak sorg- fältig zu waschen, zu trocknen, heftig zu glühen bis zur Entfernung der Kohle und (nach Erkaltem im Exsiccator) zu wägen (siehe § 209). Bestimmung der Albuminstoffe, Extractivstoffe, Fette, Lecithin etc. 2G8. 405 Berechnung und Zusammensetzung der Resultate. Nach dem beschriebenen Gange ist zunächst das Gewicht der Ei- weissstoffe + unlöslicher Salze, dann das Gewicht der letzteren für sich allein bestimmt, durch Abzug des letzteren Gewichtes von ersterem wird also das Gewicht der reinen Eiweissstoife erhalten, ebenso werden natürlich die Gewichte der in Alkohol unlöslichen und der in Alkohol löslichen Estractivstoffe gefunden. Die Aschen des Wasser- und des Alkoholauszugs zusammen geben das Gewicht der löslichen Salze*). Vom Aetherauszug ist zunächst das Gewicht der Summe der festen Bestand- theile, dann das Gewicht speciell des Cholesterins bestimmt, endlich ist möglichst genau die im Lecithin enthaltene Phosphorsäure als pyrophos- phorsaure Magnesia bestimmt. Das gefundene Gewicht der pyrophosphor- sauren Magnesia multiplicirt mit der Zahl 7,27 giebt die Quantität Lecithin des Aetherauszugs ; zieht man dann die Summe der Gewichte des Cho- lesterin und Lecithin vom Gewicht des ganzen Aetherauszugsrückstandes ab, so erhält man das Gewicht der Fette, die in diesem Extracte ent- halten sind, vorausgesetzt, dass, wie es gewöhnlich der Fall ist, weder freie fette Säuren noch Farbstoffe oder andere in Aether lösliche Stoffe in wesentlicher Quantität vorhanden waren. Schliesslich sind die sämmtlichen für Eiweissstoffe, Extractivstoffe, Salze u. s. w. gefundenen Werthe für 100 gr oder 100 CG. Flüssig- keit zu berechnen. Enthält eine seröse Flüssigkeit viel Alkali, so dass gar keine oder sehr unvollkommene Gerinnung beim Kochen derselben eintritt, so ist es zweckmässig, vor dem Zusatz des Weingeist mit Essigsäure zu neutralisiren, obwohl dadurch das Gewicht der in Alkohol löslichen Extractivstoffe um die Differenz der Aequi- valentgewichte der Essigsäure und der Kohlensäure zu hoch gefunden werden muss. Der bisher am Meisten benutzte Gang der Analyse seröser Flüssigkeiten ver- langte Abdampfen der Flüssigkeit auf dem Wasserbade, Trocknen und Pulverisiren des Rückstandes und Extraction desselben successive mit Aether, Alkohol, Wasser. Obwohl diese Methode einfacher und zweckmässiger erscheinen kann, bietet sie hinsichtlich des Trocknens, Pulverisirens und Exlrahirens derartiger sehr com- pacter und zäher Rückstände sehr bedeutende Schwierigkeiten, besonders wenn man Blut auf diese Weise behandelt, ausserdem wird dabei das Lecithin grössten- theils zersetzt und unbestimmbar. Nach der hier gegebenen allgemein anwendbaren Methode können ausser den Transsudaten, Blut sowie Serum auch der grösste Theil der übrigen thieri- schen Flüssigkeiten auf den Gehalt an Extractivstoffen, Eiweissstoffen, Salzen untersucht werden. Auch Amniosflüssigkeit ist in jeder Hinsicht wie eine *) Genauer ist es freilich, die ganzen Aschen nach den angegebenen Be- stimmungen zu vereinigen, mit Wasser zu kochen, durch aschefreies Filter zu filtriren, den ungelöst gebliebenen Theil mit dem Filterchen zu trocknen, zu glühen und nach Erkalten zu wägen, und sein Gewicht den unlöslichen Salzen zuzurechnen. 406 üntersucLung des Blutes. 269. andere seröse Flüssigkeit nach dpn geschilderten Methoden zu behandeln. Echinococcenflüssigkeit ist frei von Albuminstoffen, enthält Traubenzucker, Inosit, Bernsteinsäure und viel Chlornatrium. 4. üntersnclmng des Blutes. Allgemeines. 269. Das Blut der Wirbelthiere enthält ausser dem Plasma, dessen TJntersuclHing nach den im vorigen Capitel gegebenen Methoden aus- geführt wird, in den rothen Blutkörperchen einen Bestandtheil, der der chemischen Untersuchung dieser für den thierischen Organismus wichtigsten Flüssigkeit bedeutende Schwierigkeiten in den Weg legt. Die Schwierig- keiten beruhen weniger auf der komplicirten chemischen Zusammen- setzung dieser Körperchen als auf der grossen physikalischen und che- mischen Veränderlichkeit, welche sie im Ganzen und in ihren chemischen Bestandtheilen zeigen. Wenn Blut aus einer Ader gelassen wird, so gerinnt es durch Fibrinbildung meist schnell zur gallertigen Masse, welche unter all- mäliger Zusammenziehung der Gallert etwas Blutserum als klare gelbe Flüssigkeit austreten lässt. Der Process der Fibrinausscheidung selbst hat nichts für das Blut Charakteristisches, doch zeigt er Valvationen,. die mit bestimmten pathologischen Vorgängen aufs Engste verknüpft sind, und es ist daher die Untersuchung dieses Vorganges nach § 271 speciell von Wichtigkeit. Eine Isolirung der rothen Blutkörperchen voa dem Plasma, oder im defibrinirten Blute vom Serum, ist nur in so weit ausführbar, als es wohl gelingt, die Blutkörperchen entweder sich senken zu lassen und die klare Flüssigkeit abzugiessen oder nach Zusatz verdünnter Salzlösungen zum defibrinirten Blute die Senkung der Blut- körperchen geschehen zu lassen. Im ersteren Falle sind die Blut- körperehen selbst unverändert, aber in ihren Interstitien befindet sieb noch sehr viel Blutserum, im zweiten Falle kann man durch Abgiessen der Flüssigkeit von den abgeschiedenen Blutkörperchen, Mengung der letzteren mit einer neuen Quantität verdünnter Salzlösung und noch • öfterer Wiederholung dieser Procedur die Stoffe des Serum völlig ent- fernen, aber es bleibt hier eine nur auf Umwegen bestimmbare Quantität der Waschflüssigkeit in den Zwischenräumen der abgeschiedenen Blut- körperchen und diese selbst zeigen eine Veränderung der Form, welche ohne Zweifel auch mit Veränderung der chemischen Zusammensetzung Hand in Hand geht. Die grosse Weichheit und Verschiebbarkeit der Blutkörperchen und die Elasticität, durch welche sie im Stande sind, wenn auf sie ein Druck von einer Seite ausgeübt wird, eine andere Untersuchung des Blutes. 269. 407 Gestalt anzunehmen, ohne wesentlichen starren Widerstand zu leisten, nach Aufliören des Druckes aber in ihre frühere Form zurückzukehren, macht sie fähig, durch Capillaren des Körpers hindurchzuschlflpfen, deren Lumen geringeren Durchmesser besitzt als die Blutkörperchen selbst. Dieselben physikalischen Eigenschaften machen es unmöglich, durch Filtration Blutkörperchen und Serum von einander zu trennen. Zwar kann man die Starrheit der Blutkörperchen sehr wesentlich er- höhen dmxh Salzzusatz zum Blute, aber auch dann ist die Filtration noch eine unvollkommene, ein Theil der Blutkörperchen geht durchs Filter. Eine weitere Schwierigkeit für die Untersuchung verursacht die Löslichkeit der Blutkörperchen in Wasser. Fällt ein Tröpfchen Wasser in eine selbst grosse Quantität Blut, so wird das ganze Serum roth gefärbt und die einmal zerstörten Blutkörperchen sind unwiederbring- lich verloren. Es ergiebt sich hieraus, dass die Farbe eines Blutserum nur beui-theilt werden kann, dass überhaupt eine genügende Untersuchung des Blutes nur dann ausführbar ist, wenn jeder Tropfen Wasser ver- mieden räd, sobald man eine Trennung der beiden Bestandtheile des Blutes, des Plasma, oder (nach dem Defibriniren) des Serum und der Blutkörperchen bezweckt. Dies bietet aber praktisch einige Schwierig- keit. Fängt man warmes Blut in einem kalten Gefässe auf, so be- schlägt die Wandung des Gelasses mit Wassertröpfchen durch die Ver- dunstung aus dem Blute; um daher schon beim Auffangen des Blutes von Menschen oder warmblütigen Thieren eine Zerstörung einzelner Blutkörperchen zu vermeiden, ist es erforderlich, das Gefäss, in welches das Blut aufgefangen werden soll, vorher auf die Temperatur des Blutes zu erwärmen, und will man das Serum längere Zeit vom Blutfarbstoff frei halten, so ist das Gefäss mit Blut völlig auszufüllen und zu schliessen, da sonst der Theil des Gefässes über der Flüssigkeit sich schneller ab- kühlt als das Blut und dann doch mit einem Wasserniederschlag, der bald in das Blut hinabrinnt, bedeckt wird. Die Lösung der Blutkörperchen wird aber nicht allein herbeigeführt durch Wasserzusatz, sondern das Gefiieren undWiederaufthauen, elektrische Schläge durch das Blut geleitet haben dieselbe Wirkung; auch beim Evacuiren der Gase des Blutes werden die Blutkörperchen zum Theil zerstört, und ist der Inhalt der Blutkörperchen krystallisirbar, so tritt unter diesen Verhältnissen Krystallbildung ein. Das Gefrieren imd Wiederaufthauen wiikt wahrscheinlich nur dadm-ch, dass das krystallinisch sich ausscheidende Wasser heim Aufthauen die Blutkörperchen in seiner Nähe löst, ebenso ist es beim Evacuiren der Gase unmöglich zu ver- meiden, dass im leeren Eaume verdunstendes Wasser an den Wandungen 408 Chemische Zusammensetzung der rothen Blutkörperchen. 270. in das Blut zurückrinnt und am Orte des Einfliessens Blutkörperchen löst. Die Wirkung der elektrischen Schläge ist vielleicht eine mechanische, wahrscheinlich auch durch Diffusionsströme bedingte. Chemische Zusammensetzung der rothen Blutkörperchen. 270. Die chemische Zusammensetzung der Blutkörperchen ist nicht sehr complicirt. Sie liefern bei ihrer Zerlegung, wenn sie unter dem Mikroskope kernlos erscheinen (Menschen- und Säugethierblut), Hämo- globin oder Oxyhämoglobin und nur Spuren eines Eiweisskörpers, phos- phorsam'cs Alkali, etwas Cholesterin, Lecithin und keine Fettet). Ent- halten die Blutkörperchen dagegen Kerne (Vogel-, Amphibien-, Fisch- blut), so ist das Verhältniss des Hämoglobins zu den Albuminstoffen ein anderes, weil der Hauptbestandtheil der Kerne, Nuclein, mit den Albuminstoffen vereinigt bleibt; auch Phosphate, Cholesterin und Lecithin sind zugleich vermehrt. Wasser entlialten die Blutkörperchen 2 — 3 Mal so viel als feste Stoffe, die kernhaltigen Blutkörperchen der Vögel sind relativ wasserärmer. Wenn man das Blut schlägt, durch ein Tuch colirt und mit dem etwa 10 fachen Volumen einer Mischung von 1 Volumen gesättigter Chlornatriumlösung-) und 9 Volumen Wasser mischt, darauf einen Tag stehen lässt, so zeigen sich die Blutkörperchen grösstentheils als schlammiger Niederschlag am Boden abgesetzt. Giesst man die Flüssig- keit ab und behandelt den Niederschlag wiederum mit einer auf das 10 fache Volumen mit Wasser verdünnten Chlornatriumlösung und lässt einen Tag stehen, so erhält man als Niederschlag die von Blutserum so gut wie ganz befreiten Blutkörperchen, üebergiesst man diesen Niederschlag mit Wasser ohne viel umzurühren, so löst sich das Hämo- globin und eine gallertige Gerinnung bleibt ungelöst, welche durch Schütteln mit Wasser und Aether besser ausgefällt wird und dann leicht durch Filtration getrennt werden kann. Der so erhaltene Körper ist unlöslich in Wasser, grösstentheils leicht löslich auf Zusatz einer Salz- lösung; auch in Wasser, welches 0,1 pCt. reiner Salzsäure enthält, ist er löslich, gehört also zu den Globulinen. Die kernhaltigen Blutkörperchen der Vögel geben bei Behandlung mit Wasser und Aether reichliclien Niederschlag von Albuminstoffen V) Bei der Untersuchung des Blutes verschiedener Säugethiere und Vögel wurde in den Blutkörperchen nur Cholesterin und Lecithin, aber kein Fett nach- gewiesen. 2) Für die gleiche Behandlung des Blutes von Vögeln, Amphibien, Fischen wählt man wegen der Quellung des Nucleins der Kerne der Blutkörperchen in NaCllösung Natriumsulfatlösung gleichen Gehaltes an Salz. Die Gerinnung des Blutes. 271. 409 und hauptsächlich Nuclein (vergl. § 174. 3). Durch Behandlung frischer Blutkörperchen mit 1/2 — V4 procentiger Kochsalzlösung soll man in letztere Lösung übergehend diastatisches Ferment in geringer Menge erhalten. Hat man die Lösung der Blutkörperchen durch Schütteln mit Wasser und Aether bewirkt, so giebt dann der abgegossene Aetheraus- zug beim Verdunsten Cholesterin, Lecithin, auch etwas gelben FarbstofiF, die nach den in der ersten Abtheilung angegebenen Kegeln untersucht werden; eine nicht geringe Quantität von Lecithin bleibt jedoch in der wässerigen Lösung und kann aus derselben nur durch Fällen mit viel warmem Alkohol unter Zersetzung des Blutfarbstoffs erhalten werden. Das Hämoglobin geht bei der beschriebenen Behandlung mit Wasser meist einfach in Lösung über, die Blutkörperchen vieler Thiere, als Meerschweinchen-, Ratten-, auch Hundeblut u. s. w. liefern jedoch dabei Krystalle von Hämoglobin, wenn nicht sehr viel Wasser zugesetzt war. Die Blutkörperchen haben einen variablen Gehalt an Gasen, besonders an Sauerstoif, da es jedoch nicht im Plane dieser Anleitung liegt, die Untersuchung der Gase im thierischen Körper zu behandeln, sind auch alle den Gasgehalt der Blutkörperchen betreffenden Verhältnisse nicht hesprochen. Alle Untersuchungen des Blutes auf Körper, die nicht den Albu- minstofifen zugehören, also auf Zucker, Gallenstoffe, Leucin, Kreatin u. s. w. werden nach den Methoden ausgeführt, welche für seröse Flüssig- keiten in §§ 262 u. 263 angegeben sind; die Gegenwart der Blut- körperchen bietet für diese Untersuchung kein Hinderniss. Zur Unter- suchung der Bestandtheile des Blutserum lässt man das Blut gerinnen, giesst nach einiger Zeit das Serum ab und untersucht dies nach den früher beschriebenen Methoden. Die Gerinnung des Blutes. 271. Wird das Blut von Menschen und Thieren aus der Ader ge- lassen, so gerinnt es gewöhnlich in wenigen Minuten. Erheblich ver- längert wird die Zeit, welche bis zur Gerinnung verstreicht, wenn man das Blut in einem Gefässe auffängt, dessen Wandungen innen mit Vase- lin überzogen sind, und ruhig darin stehen lässt. Auch Kühlung mit Eis verzögert die Gerinnung. Das Blut gerinnt schnell bei höherer Temperatur und bei geringem Salzgehalt; durch Zusatz von Salzlösungen, besonders salpetersauren Salzen, auch schwefelsaurer Magnesia wird die Gerinnung erheblich verlangsamt oder bei grösserem Salzzusatz ganz verhindert; sie tritt dann meist ein, wenn man das Gemisch mit Wasser verdünnt, nach Zusatz von viel Magnesiumsulfat geschieht dies nicht. 410 Bestimmung des Fibringehaltes im Blute oder Plasma. 272. Reichlicher Gehalt an Kohlensäure und Mangel an Sauerstoff im Blute verlangsamt gleichfalls die Gerinnung. Zuweilen gerinnt das Blut in den Leichen binnen 12 Stunden nicht» gerinnt aber sowie es aus den Adern gelassen wird; in anderen FälleO' gerinnt es aus der Ader gelassen theilweise, kann filtrirt werden, liefert dann nach einiger Zeit wieder eine Gerinnung u. s. w. (Fibrin lang- samer Gerinnung), in wieder anderen Fällen gerinnt es gar nicht, doch geschieht dies nur selten. Die Ursachen dieser Verschiedenheiten des Blutes bei verschiedenen Kranliheiten sind noch nicht genügend imter- sucht, im Ganzen kann man jedoch so viel bis jetzt als ausgemacht ansehen : 1 ) Das Blut gerinnt, alles üebrige gleich gesetzt, um so schneller, je verdünnter, wässeriger es ist, daher schnelle Gerinnung nach Blut- verlusten und bei Hydrämischen. 2) Das Blut gerinnt um so langsamer, je ärmer an Sauerstoff und reicher an Kohlensäure es ist. Die Gerinnung des Blutes ist ferner um so fester, elastisch zäher, je wasserreicher und je ärmer an Blutkörperchen, rothen und farblosen, das Blut ist. Ein wasserarmes (Cholera), an rothen Blutkörperchen (Plethora) oder farblosen Blutzellen (Leukämie) reiches Blut giebt lockere leicht zerdrückbare Gerinnung. Mischt man dem Blute ein Wenig Aetzalkali oder hinreichende Quantität Essigsäure zu, ehe es geronnen ist, so tritt keine Gerinnung ein. Durch Quirlen oder Schlagen des Blutes mit einem Stäbchen wird die Gerinnung beschleunigt und das Fibrin scheidet sich in Flocken und elastischen Fasern aus. • Bestimmung des Fibriugehaltes im Blute oder Plasma. 272. Zur Bestimmung des Fibringehaltes im Blute benutzt man mit Vortheil ein kleines Becherglas, welches mit einer Kautschukkappe geschlossen ist (Fig. 6). Durch einen kleinen Köhrenansatz in der Mitte des Kautschuküberzuges steckt man den Stiel eines ruderförmigen Fisch- beinstäbchens, so dass der untere breite Tb eil desselben fast den Boden des Becherglases berührt, wenn die Kautschukkappe über dasselbe ge- zogen ist. Man wägt den so vorbereiteten und gut getrockneten Apparat, nimmt den Kautschuküberzug ab, fängt eine Portion von 10 — 40 CG. des zu untersuchenden Blutes darin unmittelbar aus der Ader auf (zm- Bestimmung im Plasma hebt man die entsprechende Portion aus dem im Eis stehenden Plasma mit einer Pipette hinein), zieht die Kautschuk- kappe über, schlägt nun das Blut etwa 10 Minuten lang und wägt nach Bestimmung des Fibringehaltes im Blute oder Plasma. 272. 411 Fig. 6. dem völligen Erkalten. Man ist auf diese Weise im Stande, das Schlagen des Blutes auszuführen, ohne durch Verdunstung Gewichtsverlust desselben herbeizuführen. Nachdem das Gewicht des Blutes ermittelt ist, hebt man den Kautschukttberzug ab, füllt das Becherglas ein oder mehr- mals fast ganz mit Wasser, rührt stark um und lässt das Fibrin sich absetzen, giesst darauf die ziemlich klare Flüssigkeit in ein anderes Becher- glas ab, bringt mit einer neuen Portion Wasser, dem einige Tropfen Kochsalzlösung zugesetzt sind, das Fibrin auf ein kleines gewogenes Filter und wäscht mit reinem Wasser so lange aus, bis die ablaufende Flüssigkeit völlig farblos und das Fibrin selbst höchstens hellrosaroth gefärbt erscheint. Mit einer reinen Pincette gelingt es leicht Fibrinfasern, die am Fischbeinstäbchen haften, abzunehmen und dem übrigen auf dem Filter zuzufügen. Schliesslich wäscht man das Fibrin noch einige Male mit siedendem Alkohol, um eingeschlossene Fette, Lecithin, Cholesterin zu lösen und zu entfernen, trocknet dann Filter und Fibrin bei 110 bis 120° im Luftbade und wägt nach dem Erkalten über Schwefelsäure. Es ist im Falle, dass eine ganze Analyse des Blutes ausgeführt werden soll, zweckmässig, die abgegossenen und abfiltrirten Flüssig- keiten (jedoch ohne die letzten alkoholischen Filtrate) zu sammeln, da man diese Lösung zur Bestimmung des Hämoglobingehaltes des Blutes mit Vortheil benutzen kann. Der Zusatz von etwas Chlornatrium zu der zweiten oder dritten Portion des Waschwassers hat den Zweck, das niederfallende Serumglobulin, das grossentheils aus den Blutkörperchen stammt und beim Verdünnen des Blutes mit Wasser gefällt wird, zu lösen. Bei Säugethierblut hat dieser Salzzusatz nur den Vortheil, dass die Flüssigkeiten besser filtrirbar werden; in Vogel-, Amphibien- und Fischblut dagegen ist es zweckmässig, zum Auswaschen des Fibrin nur ein- bis dreiprocentige Glaubersalzlösung zu verwenden, bis das Fibrin fast ganz von Blutkörperchen befreit ist, weil im Wasser die Blutkörperchen sich zwar zum Theil lösen, die Kerne der Blutkörperchen aber sehr schwer durch Decantiren von Fibrin zu trennen sind. Erst zuletzt wendet man auch hier Wasser und endlich heissen Akohol an. Absolut genaue Resultate liefert die angegebene Bestimmungs- methode des Fibrin nicht, aber immerhin recht brauchbare. Von grossem Belang für ein schnelles Gelingen und genaue Be- 412 Bestimmung des Gehaltes an Oxyhämoglobin im Blute etc. 273. Stimmung ist es, dass man so lange wäscht und decantirt, bis die Flüssigkeit über dem Fibrin fast völlig klar bleibt, erst dann bringt man das Fibrin aufs Filter und wäscht mit Wasser weiter. Bringt man das Fibrin zu früh auf das Filter, so filtrirt die Flüssigkeit sehr langsam und es kann Fäulniss vor der Be- endigung eintreten. Verfährt man nach diesen Vorschriften, so erhält man gleichmässige und sehr befriedigende Kesultate und jede Bestim- mung ist in wenigen Stunden bis auf das Trocknen des Fibrins beendet. Die Bedenken, welche hier und da ausgesprochen sind gegen die Zu- verlässigkeit der Fibrinbestimmungen, sind ohne Bedeutung, wenn man Papierfilter, nicht leinene Tücher anwendet und die angegebenen Vor- schriften befolgt. Bestininiung des Gehaltes an Oxyhämoglobin im Blute oder in serösen Flüssigkeiten. 273. Der Gehalt an Blutfarbstoff in Blut oder Flüssigkeiten, welche Blutfarbstoff gelöst enthalten, kann ausgeführt werden mit den Speetrophotometern von Vierordt und von Hüfner, — das neue ver- besserte Spectrophotometer von Hüfner gewährt für diesen Zweck die grösste Genauigkeit*), — oder durch colorimetrische Vergleichung reiner Lösungen des krystallisirten Bhitfarbstoffs in passender Dicke der Seilicht und geeignetem Grad der Verdünnung mit diesen Flüssigkeiten. Für diese letztere Vergleichung ist es von besonderem Einfluss auf die Schärfe der Bestimmung, dass die beiden in der Intensität der Färbung zu vergleichenden Flüssigkeiten unmittelbar neben einander gesehen werden. Dies ist erreicht in den beiden Instrumenten, welche im Folgenden für diese Untersuchung als besonders geeignet beschrieben werden. Die Darstellung mehrfach umkrystallisirten Blutfarbstoffs aus Hunde- oder Pferdeblut bietet an kalten Wintertagen keine Schwierig- keit; concentrirte Lösungen dieser Krystalle, am Besten sogleich mit Kohlenoxyd gesättigt und in Flaschen mit gutem Stopfen eingeschlossen oder in Glasröhrchen eingeschmolzen, halten sich beliebig lange Zeit völlig unverändert. Nachdem der Gehalt einer solchen Lösung an festem Blutfarbstoff durch Abdampfen, Trocknen und Wägen des Eück- standes in einigen Portionen von 15 — 20 CG. festgestellt ist, werden von dieser Flüssigkeit Portionen zu ungefähr 6 CG. in Glasröhrchen, die an beiden Enden ausgezogen sind, eingeschmolzen, nachdem sie un- •) Hüfner, Zeitschr. f. physik. Chera. Bd. 3 S. 562. E. Albrecht, Anleitung z. Gebr. des Ilüfner'schen Spectrophotometers, Tübingen 1892. Bestimmung des Gehaltes an Oxyhämoglobin im Blute etc. 273. 413 mittelbar vorher nochmals mit Kohlenoxyd behandelt sind. Ein solches Glasröhrchen liefert mit diesem Inhalte, der unmittelbar vor dem Ge- brauche mit gemessenen Mengen Wasser (mit CO geschüttelt) auf einen Gehalt von 0,2 bis 0,3 pCt. Kohleiioxydhämoglobin verdünnt ist, passende Normallösung für zahlreiche Bestimmungen. Die verdünnten Lösungen sind nicht gut haltbar. Um in Blut den Gehalt an Blutfarbstoff zu bestimmen, wird eine gemessene oder gewogene Quantität desselben mit kohlenoxydhaltigem Wasser verdünnt. Es dienen für diesen Zweck sehr gut kleine mit ein- geschliffenen Glasstopfen und einem Fuss versehene, in '/lo CG. ge- theilte Glasröhrchen von 6—8 CG. Inhalt, die man auf die Wage stellen kann. In solchen Gläschen kann das Blut gewogen, mit gemessenen Mengen Wasser verdünnt und durch langsames Einleiten von CO gas durch ein enges Glasröhrchen mit diesem Gas gesättigt werden. Um Trübungen zu vermeiden oder zu entfernen, wird ein kleines Tröpfchen verdünnter Natronlange zugefügt und nöthigenfalls durch sehr kleines Filter in ein zweites solches Gläschen filtrirt und das Volumen des Filtrats bestimmt. Steht nur sehr wenig Blut aus einer Wunde am Finger u. s. w. zu Gebote, so nimmt man dasselbe mit graduirtem Capillarrohr auf, misst es hierin, bläst es in ein Gläschen der angegebenen Art aus, spült mit Wasser nach und verdünnt mit Wasser zu 2,5 CC, fügt ein Tröpfchen sehr verdünnter Natronlauge zu, leitet CO ein, filtrirt und misst das Volumen des Filtrats. Man kann dann zur colorimetrischen Vergleichung schreiten. Colorimetrische Apparate. I. Die Fig. 7 a und b und die Durchschnittsskizze dazwischen stellen den einen colorimetrischen Apparat*) dar, die erstere Figur zeigt ihn etwas von der Seite gesehen, die Fig. 7 b gerade von vorn. Stellt man das Eöhr- chen r' in die verdünnte Normallösung und r in die verdünnte Blutlösung, saugt unter Oeffnung der zugehörigen Quetschhähne zunächst an n, so füllt sich die linke Seite des Apparates mit der Normallösung, saugt man dann an m, so steigt die Blutlösung in die rechtsseitige Abtheilung der Doppelpipette auf. Beide Abtheilungen haben gleiche Dimensionen und eine Dicke der Schicht der Flüssigkeit in beiden Abtheilungen von 5 mm. Auf der einen Seite liegt dieselbe hinter, auf der andern vor einem Glaskörper von 5 mm Dicke. Gerade von vorn betrachtet, wer- den beide Flüssigkeiten neben einander gesehen, nur getrennt durch eine feine Linie. Das Apparatchen besteht aus 2 Messingrahmen, welche die Glaskörper einschliessen, getrennt von einander durch eine plan- *) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 16 S. 505. 414 Bestimmung des Gebaltes an Oxyhämoglobin im Blute etc. 273. parallel ge.schlifFene und polirte Glasplatte und nach aussen gleichfalls durch solche Glasplatten bedeckt. Die einzelnen Tlieile werden gehalten und befestigt durch 2 Schrauben und Muttern, welche in der Fig. 7 jederseits am Rahmen sichtbar sind. Zur Beurtheilung der Farben- intensität beider Seiten sieht man dm-ch das Instrument gegen eine durch Tageslicht beleuchtete Fläche von mattem, weissen Papier. Fig. 7 a. Fig. 7 b. Ist nun die Blutlösung dunkler gefärbt als die Normallösung (so soll es sein), so lässt man sie zurückiliessen, fügt aus einer in Vio CG. getheilten Bürette in Meiner gemessener Portion Wasser hinzu, welches vorher in einer Flasche mit CO -Gas geschüttelt ist. rührt mit dem Eöhrchen r um, füllt die rechte Seite der Pipette wieder mit der Mischung, lässt sofort zurücklaufen, füllt sie dann wieder (hierbei erhält man gleichförmige Mischung) und vergleicht dann die Farbe mit der der Normallösung. Ist die Lösung noch zu dunkel gefärbt, so lässt man wieder zurücklaufen, fügt CO-haltiges Wasser hinzu, mischt, füllt die Pipette und vergleicht die Färbung. Es wird diese allmälige Ver- dünnung, Mischung und Farbenvergleichung so lange fortgesetzt, bis gleiche Farbenhelligkeit der Blutlösung imd der Normallösung erreicht ist. Dann wird abgelesen, wie viel Wasser zur abgemessenen Blut- Bestimmung des Gehaltes an Oxyhämoglobin im Blute etc. 273. 415 lösung zugesetzt werden musste, um derselben die gleiche Helligkeit zu geben, wie sie die Normallösung zeigt. Wenn man es vorzieht, die Flüssigkeiten in die Abtheilungen der Doppelpi2)ette aufsteigen zu lassen, ohne anzusaugen, so kann man an Stelle der Köhren r und r' ungefähr 1 bis 1,5 cm weite, oben offene, unten in enges Rohr ausgezogene Glasröhren mit den Kautschukschläuchen verbinden, dieselben mit der weiten Oeffnung nach oben neben dem Colorimeter befestigen, die Quetschhähne weglassen und die Lösungen direkt in diese Röhren einfüllen, von denen jede mit einer Abtheilung des Colorimeters communiciii. Durch Bewegung dieser Röhren auf- und abwärts kann man nach erneutem Wasserzusatz die Blutlösung gut mischen. Die Berechnung des Ergebnisses ist so einfach, dass es kaum nöthig scheint, sie zu beschreiben. Bei gleicher Intensität der Färbung ent- halten beide Flüssigkeiten im gleichen Volumen gleich viel Blutfarbstoff. Kennt man also das Volumen, zu welchem die gemessene oder gewogene Blutportion verdünnt werden muss, um mit der Normallösung gleiche Färbung zu zeigen, so giebt das Product desselben mit dem Gehalte der verdünnten Normallösung die in dieser Blutportion vorhandene Blut- farbstoffquantität. Ist p das Gewicht der Blutportion, c der Procent- gehalt der verdünnten Normallösung, v das Volumen, zu welchem p verdünnt werden muss, um diesen Gehalt zu erlangen, so ist der Procent- V c gehalt des Blutes an Blutfarbstoff m = — Steht nur sehr wenig Blut zur Verfügung und ist dasselbe sehr arm an rothen Blutkörperchen, so kann der Fall eintreten, dass die Ver- dünnung des Blutes bereits zu stai'k geworden ist und bei der Ver- gleichung in der Doppelpipette die Blutlösung heller erscheint als die verdünnte Normallösung. In diesem Falle wird eine Portion der letzteren abgemessen, mit kleinen gemessenen Mengen Wasser allmällig weiter verdünnt, bis bei der Vergleichung in der Doppelpipette die Farben- intensität derjenigen des verdünnten Blutes gleich geworden ist. Aus -der stattgefiindenen Verdünnung berechnet man dann den Procentgehalt dieser weiter verdünnten Normallösung an Kohlenoxydhämoglobin und dann in der obigen Weise den Gehalt des Blutes an diesem Farbstoff. II. Colorimeter mit Albrecht'schem Glaswürfel. Die rmmittelbare Zusammenstellung der gleich belichteten Bilder zweier Farbstofflösungen erreicht man sehr vollkommen durch die in den folgenden Holzschnitten dargestellte Combination einer Doppelpipette (Fig. 8. 3.) mit dem Albrecht'schen Glaswürfel (Fig. 8. 2), Collimator 416 Bestimmung des Gehaltes an Oxyhämoglobin im Blute etc. 273. und Fernrohr (Fig. 8. i- giebt den Verticaldurclisclinitt des ganzen Instru- ments in V4 natürliclier Grösse, Fig. 8. 2. und 8. 3. in halber Grösse). Das Fernrohi- F und das Collimatorrohr C sind in messingner Hülse so verschraubt, dass sie ein gerades Kehr darstellen; dies Kehr ist auf einem starlsen gusseisernen Dreifuss montirt und um eine horizontale und eine verticale Axe drehbar. Am Collimatorrohr ist in einem geschwärzten messingnen Gehäuse ein auf 4 Seiten geschliffener Glaswürfel G (Fig 8. 2.) so befestigt, dass 2 diagonal gegenüberliegende Kanten desselben in der optischen Axe des Fernrohrs stehen, und dass die dem Fernrohr zugekehrte Kante zugleich in der Brennweite der Collimatorlinse liegt. Fig. 8. Die Doppelpipette, welche auf der Abbildung mit P bezeichnet ist^ ist aus einem rechteckigen 5 mm dicken Messingstück hergestellt. Die eingebohrten Kammern sind durch einen 3,5 mm breiten Steg von einander getrennt; in jede dieser Kammern münden 2 Schlauchansätze (Fig. 8. 3.). Das Gehäuse des Flintglaswürfels G ist nach vorn mit einer genau eben geschliffenen Flansche abgeschlossen, in welcher sich 2 den Kammern der Doppelpipette entsprechende Oeffnungen befinden. Vor dieser Flansche wird die mit 2 planparallelen Gläsern dd (Fig. 8. 2.) be- deckte Pipette mit den Federn hh angeklemmt und zugleich durch die am Würfelgehäuse angeschraubten messingnen Lamellen derart fixirt, dass sich die Kammern der Doppelpipette und die Oeffnungen in der Flansche genau decken. Das Licht, welches durch die beiden 3,5 mm von einander getrennten Kammern der Pipette einfällt, wird von dem Glaswürfel G, wie aus Fig. 8. 2. ersichtlich, so gebrochen, dass die Kante des Glaswüi-fels die Grenzen der beiden Kammern bildet. Das Ocular o des Fernrohrs F ist mit einer Blendung mit quadratischer Oeflnung ab- geblendet. Wird nun das Fernrohr scharf auf die Kante des Würfels Bestimmung der nassen Blutkörperchen durch den Fibringehalt etc. 274. 417 eingestellt, so erscheint das Quadrat der Ocularblendung durch eine feine Linie in 2 oblonge Hälften getheilt. Das Feinrohr kehrt die vom Glaswürfel gewendeten Bilder der Pipettenkammern wieder um und es entspricht nun die rechte Hälfte des Ocularquadrats dem Lichte, welches durch die rechte Kammer der Pipette eingefallen ist, und die linke Hälfte dem Lichte der linken Kammer. Da die beiden Hälften des Ocularquadrats, wie bereits bemerkt, scharf zusammenstossen, so ist eine ausserordentlich genaue Ver- gleichung der Intensität des Lichtes möglich, welches durch die beiden mit Farbstofflösungen gefüllten Kammern der Doppelpipette einge- fallen ist. Nach geschehenem Gebrauch wird die Pipette vom Apparat ent- fernt, zerlegt und gereinigt. Sie soll dann wieder vor den Apparat geklemmt werden, damit der Glaswürfel vor Staub geschützt bleibt. Dieser Apparat ist ausgeführt und wird angefertigt vom üniversitäts- mechanikus Alb recht in Tübingen. Die Benutzung der Doppelpipette an diesem Apparat geschieht ebenso wie es oben bezüglich des ersten geschildert ist, nur wird die Concentration der Normallösung hier zweckmässig etwas stärker, näm- lich zu 0,25 — 0,32 gr Kohlenoxydhämoglobin in 100 CC. Lösung ge- wählt wegen der Vergrösserung durch die Linsencombinationen. Die Belichtung kann man in verschiedener Weise herstellen, doch dient auch bei diesem lichtstarken Apparate am Einfachsten das von einer ebenen matten weissen Papierfläche reflectirte Tageslicht. Bestimmung des Gewichtes der rothen Blutkörperchen in einer bestimmten Quantität Blut. I. Bestimmung der nassen Blutkörperchen durch den Fibringehalt von Blut und Plasma. 274. Obwohl auch die Blutkörperchen der Säugethiere eine Spur Fibrin bei ihrer Behandlung mit Wasser bilden, so ist diese Spur doch eine so geringe, dass man sie ohne wesentliche üngenauigkeit vernach- lässigen kann. Sieht man aber von derselben ab, so ist das Blut nur im Plasma fibrinhaltig (oder besser fibrinbildend). Bestimmt man nun in einer gewogenen Quantität Blut nach § 272 das Fibrin und ebenso in einer gewogenen Quantität Plasma desselben Blutes, so ist aus dem Fibringebalte dieser beiden Flüssigkeiten leicht zu berechnen, wie viel Plasma das Blut enthält. Zieht man dann vom Gewichte des ganzen Blutes das Gewicht seines Plasma ab, so bleibt als Rest das Gewicht der rothen Blutkörperchen und der farblosen Blutzellen. Ob man die letzteren wird vernachlässigen dürfen ohne wesentlichen Fehler für die Hoppe-Seyler, Analyse. 6. Äufi. 27 418 Bestimmung des Gehaltes des Blutes an Blutkörperchen etc. 275. Zusammensetzung des Blutes, hängt natürlich von dieser jedesmaligen Zusammensetzung selbst ab; jedenfalls kann das Mikroskop hierüber entscheiden und in den meisten Fällen (ausgenommen Milzvenenblut, leukämisches und pyämisches Blut) wii'd der dadm-ch entstehende Fehler verschwindend klein ausfallen. Diese Methode ist aber nur für Blut anwendbar, dessen Fibrin langsam gerinnt und dessen Blutkörperchen sich schnell senken; also Pferdeblut oder Blut von Menschen, welche an Entzündungskrankheiten leiden, würde sich für diese Analyse eignen. Man verfährt bei dieser Untersuchung zweckmässig in folgender Weise: Man fängt eine grössere Portion Blut in einem cylindrischen Gefässe auf, welches in Eis steht, ausserdem eine zweite Portion von etwa 30 — 50 CC. in einem Apparatchen zur Fibrinbestimmung (vergl. § 272), schlägt letzteres darin und bestimmt nach den dort gegebenen Eegeln den Fibringehalt des Blutes. Von der ersteren grösseren Blut- portion hebt man, wenn die Blutkörperchen sich hinreichend gesenkt haben, 30 — 50 CC. ungeronnenes Plasma mit einer kalten Pipette vor- sichtig ab, lässt sie in einen zweiten Fibrinapparat fliessen, schliesst mit der Kautschukkappe, schlägt das Plasma und bestimmt gleichfalls nach § 272 darin den Fibringehalt. Eine einfache Proportion lässt dann den Plasma- und Blutkörperchengehalt des Blutes berechnen, wie oben bereits auseinandergesetzt ist. Ein wesentlicher Uebelstand für- diese Bestimmungsmethode wird dadurch hervorgerufen, dass wegen dos geringen Gehaltes an Fibrin in Blut und Plasma die Fehler in der Bestimmung des Fibrin bei der Be- rechnung des Plasma verhundertfacht werden. II. Bestimmung des Gehaltes des Blutes an Blutkörperchen durch den Gehalt der letzteren au Oxyhänioglobin und AlbuminstofTeu. 275. Die rothen Blutkörperchen enthalten ausser Wasser, Cholesterin, Lecithin und Salzen Oxjiiämoglobin und Albuminstoffe in Verhältnissen, die bei verschiedenen Thieren bedeutende Verschiedenheiten zeigen. Sie lösen sich nicht in Flüssigkeiten, die über l'/s pCt- Chlornatrium ent- halten, lösen sich dagegen in Wasser zu einer triiben Flüssigkeit, die sich auf Zusatz von einigen Tropfen Chlornatriumlösung allmälig klärt ohne Bildung eines Niederschlags. Da nun verdünnte Chlornatrium- lösimg den Blutkörperchen weder Oxyhümoglobin noch Albuminstoffe entzieht, das Blutserum sich dagegen klar mit der Kochsalzlösung mischt, so gewährt sie ein vortreffliches Mittel zur Trennung der Blut- körperchen vom Serum, wenn man defibrinirtes Blut mit einem grossen üeberschuss der Kochsalzlösung mischt, dann im ruhigen Stehen die Blutkörperchen sich senken lässt, die Flüssigkeit klar vom Niederschlage Bestimmung des Gehaltes des Blutes an Blutkörperchen etc. 27.'). 419 abgiesst. Wenn auch Salze, Extractivstoffe und Wasser zum Theil aus den Blutkörperchen in die Salzlösung sich diffundiren mögen, bleiben doch Oxybämoglobin und Albuminstoffe darin unverändert, und hierauf kommt es allein an. Wenn man dann die mehrfach mit Kochsalzlösung gewaschenen Blutkörperchen einer gewogenen Blutportion von der letzten Flüssigkeit durch Abgiessen getrennt, mit überschüssigem Weingeist fällt, den Niederschlag auf ein gewogenes Filter bringt, mit warmem absoluten Alkohol, dann mit Aether, endlich mit warmem Wasser aus- zieht, dann trocknet, wägt, verascht und die Asche mit Ausnahme des Eisenoxyds von dem Gewichte der trocknen Albuminstoffe + Oxybämo- globin abzieht, so erhalt man als Rest das Gewicht der Albuminstofl'e und des Oxybämoglobin der Blutkörperchen einer bestimmten Portion Blut. Da man ferner in einer anderen Portion Blut den Gehalt an Al- buminstoffen + Oxybämoglobin des ganzen Blutes bestimmen kann, so erhält man durch Subtraction der Albuminstoffe -(- Oxybämoglobin der Blutkörperchen von dem Gewicht dieser Stoffe im ganzen Blute das Ge- wicht derjenigen Albuminstoffe, die dem Blutplasma zugehören. Ist endlich eine Bestimmung des Fibringehaltes ausgeführt und des Gehaltes an Albuminstoffen im Blutserum, so kann aus dem Gehalte an Serum- albuminstoffen im Blute der Gehalt des Blutes an Serum und (mit Be- rücksichtigung des Fibrin) an Plasma berechnet werden. Zieht man das Gewicht des Plasma vom Gewichte des ganzen Blutes ab, so bleiben als Rest die nassen Blutkörperchen. Zur Ausführung dieser Bestimmung fängt man am Besten vier einzelne Portionen Blut auf. Die erste Portion von etwa 20—50 CG. in einem Becherglase aufgefangen, mit ührglas bedeckt, wird gewogen und in ihr das Gewicht der Albuminstofie des Blutes + Oxybämoglobin zusammen nach § 268 bestimmt. Die zweite Portion von etwa 20—30 CG. wird in einem Fibrin- apparate (vergl. § 272, Fig. 6) aufgefangen, gewogen und das Fibrin darin bestimmt. Die dritte Portion, auch etwa 20 — 30 CG. wird in einem Fibrin- apparate aufgefangen, geschlagen, nach dem Erkalten gewogen, mit dem 10 fachen Volumen einer Mischung von 1 Volumen concentrirter Lösung von Chlornatrium oder Natriumsulfat und 9 Volumen Wasser gemischt, 12 — 24 Stunden stehen gelassen oder durch Gentrifuge die schnelle Ab- setzung der rothen Blutkörperchen herbeigeführt und, wenn die Blut- körperchen sich gut abgesetzt haben, die Flüssigkeit völlig klar ab- gegossen. Man rührt die Blutkörperchen noch ein oder zwei Mal mit einem der abgegossenen Flüssigkeit gleichen Volumen jener Salzlösung 27« 420 Bestimmung des Gewichtes der nassen Blutkörperchen im Blute etc. 276. auf, lässt einige Stunden ruhig stehen, giesst die Flüssigkeit klar ab, fällt dann mit überschüssigem Weingeist die Blutkörperchen, Fibrin und Best der Waschflüssigkeit, den man nicht ohne Verlust abgiessen konnte, und bestimmt nach § 268 Albuminstoffe imd Oxjhämoglobin, sowie di& übrigen Bestandtheile der Blutkörperchen. In der vierten Portion Blut, die man nicht zu klein nehmen darf und zweckmässig in einer Porcellanschale auffängt, lässt man nach Zudecken des Gefässes das Fibrin gerinnen; das dann allmälig aus dem Blutkuchen auslaufende Serum wird abgegossen in ein Becher- glas, gewogen und nach § 268 darin der Gehalt an Albuminstoffen bestimmt. Die sämmtlichen durch diese Bestimmungen erhaltenen Werthe werden dann zunächst für 100 gr Blut berechnet; man zieht nun das Gewicht der in der dritten Portion Blut getrennten Albuminstoffe -f Oxyhämoglobin von dem Gewichte der Albuminstoffe + Oxjhämo- globin des ganzen Blutes, wie es in der ersten Portion ermittelt wurde, ab, der Best ergiebt dann den Gehalt des Blutes an Serumalbumin- stoffen. Das Verhältniss vom Serum zu den in ihm enthaltenen Al- buminstoffen ergiebt sich aus der Untersuchung des Serums der vierten aufgefangenen Blutportion, man berechnet daraus den Serumgehalt in 100 gr Blut; dieser + Fibrin ergiebt das Gewicht des Plasma und letzteres von 100 subtrahirt das Gewicht der feuchten Blutkörperchen. So umständlich diese Methode ist, empfiehlt sie sich durch leichte Ausführung und Genauigkeit, aber sie ist nur dann anwendbar, wenn die Blutkörperchen in dem mit oben beschriebener Chlornatriumlösung gemischten defibrinirten Blute sieh so vollkommen absetzen, dass eine klare und baldige Trennung von der Flüssigkeit durch Abgiessen der- selben ermöglicht ist. Sie ist daher besonders brauchbar bei der Analyse von Vogel-, Amphibien-, Fischblut bei Anwendung von Natriumsulfat- lösung; nicht so gut geeignet ist sie für das Blut von Wiederkäuern und Schweinen. Für Menschmblut eignet sie sich meist gut. Man kann es nur bei Menschen und Säugethieren oft nicht vorauswissen, wie die Blutkörperchen sich verhalten werden. Hat man aber Grund zu vermuthen, dass die Blutkörperchen sich nicht gut absetzen werden, so verfährt man ganz in der gleichen Weise, wie es oben angegeben ist, nur ist die dritte Portion Blut womöglich etwas grösser (etwa 50 CG.) zu nehmen. Das weitere Verfahren giebt der folgende Paragraph. 111. Bestiinmung des Gewichtes der nassen Blutkörperchen im Blute mittelst Farbeuvergleichung von Blutlösuug und Blutkörperchenlösung. 276. Allgemeiner anwendbar zur Bestimmung des Gewichtes der nassen Blutkörperchen, resp. ihres Wassergehalts, als das im vorigen Bestimmung des Gewichtes der nassen Blutkörperchen im Blute etc. 276. 421 Paraoraphcn beschriebene Verfahren, aber auch weniger genau, ist die folgende Metliode, welche auf doppelter Anwendung der Farbenver- gleichung nach § 273 beruht. Ebenso wie es im vorigen Paragraphen geschildert ist, werden 4 Portionen Blut gesondert aufgefangen, die dritte derselben, wenn es möglich ist, mindestens zu 30—50 CC, die erste Portion im bedeckten Becherglase gewogen, die vierte bedeckt stehen gelassen, dann das Serum abgegossen, gewogen und nach § 268 untersucht. Die erste Portion wii-d wie das Serum mit Weingeist ge- fällt u. s. w. zur Bestimmung der Summe des Oxyhämoglobin und der Eiweissstoffe des ganzen Blutes. Die zweite und ebenso die dritte werden im Fibrinapparate, vergl. § 272, Fig. 6, aufgefangen, bedeckt, geschlagen, gewogen, die zweie mit Wasser, die dritte mit verdünnter Kochsalzlösung (1 Volumen ge- sättigte Kochsalzlösung mit 9—15 Volumen Wasser vorher gut gemischt) versetzt. Nach gutem Zusammenrühren mit dem Wasser wird in der zweiten Portion durch Abgiessen der Lösung, Sammeln des Fibrin auf dem Filter, Waschen desselben u. s. w., wie es in § 272 beschrieben ist, das Fibrin bestimmt, die gesammten Filtrate vereinigt, gut gemischt, das Volumen gemessen, eine Portion davon, die mindestens 10 CC. Blut entspricht, genau abgemessen, mit überschüssigem Weingeist gefällt und im Niederschlage nach § 268 die Albuminstoffe -f Oxyhämoglobin be- stimmt. Mittelst der übrigen Lösung wird durch Farbenvergleichung nach § 273 der Gehalt an Oxyhämoglobin im Blute bestimmt. Die mit Kochsalzlösung versetzte und gut zusammengerührte dritte Blut- portion wird bedeckt einen Tag an einem kühlen Orte stehen gelassen, ■dann die Flüssigkeit so weit als es ohne zu bedeutenden Verlust an Blutkörperchen ausführbar ist, von dem aus Fibrin und Blutkörperchen bestehenden Niederschlage abgegossen. Der rückständige Blutkörperchen- brei wird abermals mit einer grösseren Portion verdünnter Chlornatrium- lösung zusammengerührt, nach eintägigem Stehen vom Niederschlage abgegossen, dieselbe Procedur noch einmal wiederholt und hierbei die Flüssigkeit möglichst vollkommen abgegossen. Der Verlust an Blut- körperchen ist bei diesem Auswaschen bei verschiedenen Blutarten sehr verschieden; niedrige Temperatur ist durchaus erforderlich und längeres als höchstens zweitägiges Stehen zur besseren Senkung zu widerrathen, weil es sich dann leicht ereignen kann, dass im Niederschlage dunkle Flecke entstehen, in denen die venös gewordenen Blutkörperchen zu- sammengeschmolzen sind (wobei sich etwas Fibrin bildet) und deren nochmalige Behandlung mit Salzlösung nicht ausführbar ist, ohne dass etwas Blutkörpercheninhalt in Lösung übergeht. Der durch das Waschen 422 Bestimmung des Gewichtes der nassen Blutkörperchen im Blute etc. 276. mit Salzlösung gereinigte Blutkörperchenbrei wird dann mit destillirtem Wasser übergössen, gut umgerührt, von dem zurückbleibenden Fibrin abgegossen. Von dieser Lösung ist nun 1) ein nicht zu geringer Theil genau abzumessen, im Becherglase mit überschüssigem Weingeist zu fällen und darin nach § 268 das Gewicht des Oxyhämoglobin + Albu- minstofife zu bestimmen; 2) in der übrigen Flüssigkeit nach § 273 durch Farbenvergleichung mit einer reinen frisch bereiteten Hämoglobinlösung der Hämoglobingehalt zu bestimmen. Beide ermittelten Werthe werden für 100 CC. Lösung berechnet und durch Subtraction der Oxyhämoglobin- procente von den Oxyhämoglobin- + Albuminprocenten werden dann die Procente von Albuminstoffen in der Blutkörperchenlösung erhalten. Unter der gewiss nicht gewagten Voraussetzung nun, dass beim Aus- waschen der Blutkörperchen mit Salzlösung keine Eiweissstoffe in be- merkbarer Quantität in die Lösung übergehen (einige in dieser Kichtung angestellte Versuche bestätigen die Richtigkeit dieser Annahme), würde durch die beschriebenen Bestimmungen in der Blutportion IH das Ver- hältniss ermittelt sein, in welchem Oxyhämoglobin und Eiweissstoffe in den Blutkörperchen enthalten sind. ■ Es war nun ferner in der Blutportion I der Gehalt des Blutes an Oxyhämoglobin + gesammten Eiweissstoifen der Blutkörperchen so wie des Plasma bestimmt, in der Blutportion II der Gehalt des Blutes an Farbstoff und an Fibrin ermittelt, auch diese Werthe sind sämmtlich für ICO gr oder 100 CC. Blut zu berechnen; die Portion HI giebt das Verhältniss von Farbstoff zu den Eiweissstoffen der Blutkörperclien — es sind somit alle zur Berechnung des Gehaltes an Oxyhämoglobin, Eiweissstoffen der Blutkörperchen und Eiweissstoffen des Plasma im Blute erforderlichen Elemente bekannt (es ■würde überflüssig sein, für diese einfache Rechnung eine Formel aufzustellen). Sind nun ausserdem nach § 268 in der Blutportion I sowie im Serum die sämmtlichen übrigen festen Stoffe bestimmt und für 100 gr Flüssigkeit berechnet, so ist hiernach auch der Procentgehalt des ganzen Blutes und seines Plasma (Serum -f Fibrin) an Wasser bekannt und man erhält schliesslich die den Blutkörperchen zugehörige Wassermenge, wenn man die entsprechend der Analyse des Serum den Serumalbumin- stoffen im Blute zugehöiige Wasserquantität von dem gesammten Pro- centgehalte des Blutes an Wasser subtrahirt. Diese allerdings umständliche, sehr zeitraubende und doch theil- weise zur Verhütung von Zersetzungen schnell auszuführende Methode der Bestimmung der wichtigsten Bestandtheile der Blutkörperchen ist, wie ersichtlich, ganz allgemein anwendbar und leidet nur an den bis Die Gesammtblutanalyse. Bestimmung der Quantität des Blutes etc. 277. 278. 423 jetzt noch unvermeidlichen üngenauigkeiten, welche an den Blutfarb- stoifbestimmungen haften. Die Gesamuitblutaualyse. 277. Nachdem in den vorhergehenden Paragraphen die Methoden der Bestimmung des Fibrin, des Oxyhämoglobin und der nassen Blut- körperchen bereits ausführlich beschrieben sind, ist über die gesammte Blutanalyse nur wenig noch hinzufügen. Bestimmt man im Blutserum der vierten Blutportion (vergl. § 276) sowie in dem ganzen Blute der ersten Blutportion ausser den Albumin- stoffen noch nach dem in § 268 beschriebenen Verfahren die Gewichte der Extractivstoffe und Fette, der löslichen und unlöslichen Salze, so sind damit alle die Werthe ermittelt, die zur Berechnung der Zu- sammensetzung des Blutes im Allgemeinen erforderlich sind. Ist nämlich zunächst gemäss dem in § 275 oder § 276 beschriebenen Verfahren bestimmt, wie gross der Gehalt an Serum in 100 gr Blut ist, so ergiebt sich aus der procentischen Zusammensetzung des Serum, wie viel lösliche, wie viel unlösliche Salze, wie viel Fette und wie viel Extractivstoffe diesem Serum in 100 gr Blut zugehören. Zieht man aber diese Werthe von dem Gehalte des ganzen Blutes an diesen ein- zelnen Stoffen ab, so bleibt als Eest der Gehalt der Blutkörperchen an jedem dieser Stoffe in 100 gr Blut. Vestiuimung der Quantität des Blutes, welches ein Thier enthält. 278. Aus einem grösseren Blutgefässe lässt man am Besten in einen Fibrinapparat (vergl. § 272) eine Quantität Blut von 30 — 50 CG. einfliessen, bedeckt mit der Kautschukkappe, schlägt das Blut und wägt es in diesem Gelasse. Das sämmtliche übrige Blut, welches aus den geöffneten Gelassen zum Ausfliessen gebracht werden kann, wird in einem hinreichend grossen Glase aufgefangen und geschlagen. Das Blut, welches in der Wunde geblieben ist, wird mit Wasser abgewaschen und unter Vermeidung jeden Verlustes zu dem nicht gewogenen ge- schlagenen Blute gebracht. Darauf zerkleinert man das ganze Thier auf einer Schüssel, entfernt Speisereste und Xoth aus dem Darme, sowie die Gallenblase oder wenigstens deren Inhalt und zieht nun die zerkleinerte Masse so lange mit erneuten Portionen kalten Wassers aus, als dies noch deutliche rothe Färbung annimmt. Die Knochen werden zu dem Zwecke zunächst herauspräparirt und dann in einem eisernen Mörser gut zerstossen. Die gesammelten Waschflüssigkeiten durch Leinwand filtrirt, werden mit dem nicht gewogenen Blute ge- mischt, das Volumen der Mischung gemessen, eine Portion derselben 424 Bestimmung der Quantität des Blutes, welches ein Thier enthält. 278. nach § 273 zur colori metrischen Parbstoffbestimmung in den Apparaten Fig. 7 oder 8 verwendet. Von der abgewogenen Blutportion im Fibrinapparate bestimmt man dann entweder mit dem Pycnometer das spec. Gewicht oder misst direct das Volumen, verdünnt es dann mit dem neunfachen Volumen Wasser und vergleicht colorimetrisch in den Apparaten Fig. 7 oder 8 in § 273 den Farbstoffgehalt mit dem der obigen Lösung nach dem dort ange- geb'Uen Verfahren, indem man cubikcentimeterweise Wasser aus einer Bürette hinzufliessen lässt und mit einem Fischbeinstäbchen mischt, bis die Färbung der Flüssigkeiten in beiden Abtheilungen des Colorimeters gleich ist. Ist die Färbung noch ziemlich dunkel, so verdünnt man die erstere Flüssigkeit (Blut und Waschwasser der Organe) mit ge- messener Quant. tat Wasser und wiederholt diese Bestimmung. Haben aber beide Flüssigkeiten gleiche Farbe, so enthalten sie auch gleichen Procentgehalt an Blut; da nun von der einen der Procent- gehalt bekannt ist und das Volumen sowie das Gewicht des Blutes, aus welchem sie gewonnen wurde, so erhält man als Product des Procentgeh iltes und des gemessenen Volumens von dem Gemisch der Waschflüssigkeit und des Blutes auch den Gehalt dieser Flüssigkeit an Blut. Addirt man dann die gewogene und gemessene Quantität Blut, die zuerst aufgefangen wurde, zu dieser übrigen Portion Blut, so erhält man das Gesammtgewicht und Volumen des Blutes vom ganzen Thiere. Die Ausführung dieser Untersuchung ist ziemlich umständlich, aber diese Methode, die im Wesentlichen von Welcker') zuerst angegeben ist, bietet allein die Sicherheit für einigermassen richtige Bestimmung, da das Blut allein Oxyhämoglobin und die übrigen Organe keine die Waschflüssigkeit färbenden Stofte enthalten'^). Mag nun auch der Gehalt an Blutkörperchen nicht in allen Gefässprovinzen der gleiche sein, so ist diese Verschiedenheit doch nachweisbar eine sehr unbedeutende. Statt das Thier nach dem Verbluten gleich zu zerkleinern, hat Gscheidlen^) die Adern mit einer wässerigen Chlornatriumlösung von V2 pCt. Gehalt ausgespritzt, bis die Lösung farblos aus der geöfl'neten Vene abfloss. Den im Fleische nachher noch gefundenen Oxyhämo- globingehalt bezieht er auf die Muskeln. Endlich vergiftete Gscheidlen die Thiere zuerst mit Kohlenoxyd und sättigte nachher die Blutlösung noch mit diesem Gase. Heide nhain^) machte zuerst die colori- ') Prager Vierteljahrsschr. Bd. 4 S. 11. ") Nur das Herz und einige andere Muskeln enthalten in ihrer Substanz ausserhalb der Blutgefässe ein wenig Hämoglobin. 3) Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 7 S. 530. ♦) Arch. f. physiol. Heilk. N. F. Bd. 1 S. 507. Die farblosen Blutzellen. 279. 425 metrische Bestimmung im arteriellen Zustande der Lösungen, wiederholte die Vergleichung dann nach Entfernung des Sauerstoffs, und sah das Mittel aus beiden Bestimmungen als den richtigsten Werth an. Die sämmtlichen übrigen vorgeschlagenen Methoden, die den Zweck der Bestimmung des Blutgewichtes oder Blutvolumens eines Thieres verfolgen, müssen ihrer nachweisbaren gi'ossen Fehlerquellen wegen hinter der obigen nicht allein zurückstehen, sondern sind sogar als total unbrauchbar zu verwerfen. Die farblosenJBlutzellen. 279. Da man auf keine Weise bis jetzt die farblosen Blutzellen isoliren kann, ist es die einzige Möglichkeit, über ihre Zusammen- setzung dadurch etwas zu erfahren, dass man ein an diesen Zellen reiches Blut in der chemischen Zusammensetzung mit einem an den- selben armen Blute vergleicht, ohne dass diese Vergleichung in der Beziehung eine Sicherheit böte, dass nicht in dem an farblosen Zellen reichen Blute auch das Plasma andere Zusammensetzung habe. Die Senkung der farblosen Blutzellen geht langsamer vor sich, als die der rothen Blutkörperchen, wenn daher sich eine crusta inflammatoria bei der Gerinnung des Blutes bildet, so enthält dieselbe viel Lecithin dm-ch warmen Alkohol ausziehbar und unter dem Mikroskope zeigt sich, dass das Fibrin in der crusta viele farblose Blutzellen einschliesst. Ist das Blut reich an farblosen Blutzellen, so werden auch die in der Agone vor dem Tode im Herzen ausgeschlagenen Fibringerinnsel so reich an diesen Zellen, dass sie milchig oder eiterig trübe und sehr locker zer- reiblich erscheinen. Die Untersuchung dieser Gerinnsel im Vergleich mit der des Serum von demselben Blute könnte Aufschluss über die Zusammensetzung der farblosen Blutzellen geben. Eine solche Unter- suchung ist jedoch noch nicht bekannt. Um über den Gehalt des Blutes an farblosen Zellen Aufschluss zu erhalten, begnügt man sich, in einem Tröpfchen dieses Blutes unter dem Mitoroskope durch Zählung das Verhältniss der fai-blosen Blutzellen zu den farbigen Körperchen zu ermitteln. Die rothen Blutkörperchen von Menschen und Säugethieren ent- halten so wenig als das Plasma Nuclein, dasselbe findet sich aber in den weissen Blutkörperchen*) und tritt nach Kos sei's Untersuchungen im leukämischen Blute reichlich auf. Durch Bestimmung der dem Nuclein zugehörenden Phosphorsäure in den genannten Blutarten nach Kossel's •) üeber „Nucleinplättchen" siehe bei Lilienfeld, Arch. f. Anat. und Physiol., physiol. Abthl. 1892 S. 115. 426 Untersuchung der Secrete. Parotidensecret. 280. 281. Methode (vergl. unten Untersuchung der Muskeln und Drüsen) wird man einen Ausdruck für die Menge der enthaltenen farblosen Blutkörperchen erhalten können, wenn für mehrere Blutportionen von verschiedenem Gehalt an farblosen Zellen 1) die Phosphorsäure des Nucleingehaltes, 2) die Zahl der farblosen Zellen in der Yolumeneinheit bestimmt sind. 5. Untersuchung der Secrete. Allgemeines. 280. Die Untersuchung der Secrete ist in chemischer Beziehung noch wenig vorgeschritten, mit Ausnahme der Galle kennen wir von den Verdauungssecreten wohl eine Anzahl chemischer Actionen als Fermentwirkungen, aber kaum eins dieser Fermente ist isolirt dar- gestellt und die Zusammensetzung der Secrete ist nur ungenügend er- forscht. Es kann daher auch nicht die Aufgabe dieser Anleitung sein, ausführliche Methoden zu ihrer Untersuchung zu geben, da deren Auf- findung der Zukunft vorbehalten bleibt; ausser der Zusammensetzung» soweit dieselbe ermittelt ist, sollen im Folgenden nur diejenigen Eeactionen durchgegangen werden, durch welche diese Secrete in physio- logischer und pathologischer Hinsicht Interesse erregt haben, und nur für die Galle und die Milch, die einzigen dieser Secrete, welche nicht sehr wässerig und dabei leicht in grösserer Menge zu beschaffen sind, können bestimmte Methoden der Untersuchung angegeben werden. Die Untersuchung der anorganischen Stoffe in den Secreten, auch die Prüfung auf Fette, Zucker und andere derartige in den Organen verbreitete Stoffe können in den Secreten, so weit nicht bei dem ein- zelnen Secrete die Untersuchungsmethode speciell beschrieben ist, nach den Verfahren ausgeführt werden, welche für die serösen Flüssigkeiten in den §§ 262 — 268 beschrieben sind. Die Secrete der Speicheldrüsen. Parotidensecret. 281. Das normale Secret der Parotis stellt bei Menschen und Thieren, so weit es bis jetzt untersucht ist, stets eine wasserklare Flüssigkeit dar, welche wie Wasser tropft, also durchaus nichts Schleimiges hat, alkalisch reagirt, beim Kochen und ebenso bei gewöhnlicher Temperatur beim Stehen an der Luft unter Abschei- dung eines feinen Niederschlags von kohlensaurem Kalk mit wenig Albuminstoff sich trübt. Durch hinreichenden Zusatz von Salpeter- säure, ebenso durch Essigsäure und Ferrocyankalium wird aus dem Parotidensecrete ein Albuminstoff gefällt, dessen nähere chaiakterisirende Submaxillardrüsen- und Sublingualdrüsensecret. 282. 427 Keactionen noch nicht erkannt sind. Besonders reichlich findet sich verhältnissmässig dieser Albuminstoif im Pferdeparotidenspeichel. Eine oder mehrere flüchtige fette Säuren, auch etwas Harnstoff werden als Bestandtheile des Parotidensecretes angegeben und von anorganischen Stoffen ausser dem kohlensauren Kalk, der vielleicht in der frisch secer- nirten Flüssigkeit als doppelt kohlensaures Salz enthalten ist, Kali und Natron an Schwefelsäure, Phosphorsüure und Salzsäure gebunden. Die Chlormetalle sind am Keichlichsten darin enthalten, aber der Gehalt an anorganischen Stoffen ist in diesem Secrete nicht höher als zu 0,3 bis 1,0 pCt. angegeben; auch die organischen Stoffe betragen nach den meisten Analysen kaum 0,5 pCt. Menschlicher Parotidenspeichel ent- hält sehr oft Schwefelcyankalium. Submaxillardrüsen- und Sublingualdrüsensecret. 282. Das menschliche Submaxillardrüsensecret ist eine alkalisch reagirende, schleimige, fadenziehende Flüssigkeit, welche im normalen Zustande wenig Speichelkörperchen enthält. Mucin, geringe Menge eines Albuminstoffes, Schwefelcyansäure und ein Amylum in Zucker um- wandelndes Ferment sind darin nachgewiesen. Bei Stagnation im Drüsen- gange wird das Secret trübe bei reicherem Gehalte an Speichelkörperchen. Der Submaxillarspeichel vom Hunde ist gleichfalls stets alkalisch, mehr oder weniger fadenziehend, enthält Mucin neben einem oder mehreren Eiweissstoffen, zeigt höchst unbedeutende Einwirkung auf Stärkemehl, wenn sie überhaupt eintritt. Je nach den Verhältnissen, unter denen der Speichel secernirt wird und nach den Eigenthümlichkeiten des Secretes selbst unterscheidet man Chordaspeichel, Sympathicusspeichel und paralytischen Speichel. Der bei elektrischer Eeizung der chorda tympani oder bei Reizung der Zunge durch Säm-en abgeschiedene Speichel ist nur wenig fadenziehend, dünnflüssig, giebt beim Durchleiten von Kohlensäure eine Trübung, die beim Schütteln mit Luft wieder verschwindet. Beim längeren Stehen scheidet sich neben amorpher eiweissartiger Substanz ein feinkrystallinischer Niederschlag von kohlen- saurem Kalk ab. Der bei elektrischer Reizung des Sympathicus oder bei Eeizung der Zunge mit Alkalien oder mit Pfeffer abgeschiedene Speichel ist sehr zäh, schleimig, enthält Klümpchen von Schleim, er- weist sich auch bei Essigsäurezusatz reich an Mucin, enthält mehr feste Bestandtheile als der Chordaspeichel, reagirt stark alkalisch, ist aber noch wenig untersucht. Noch weniger untersucht ist der sehr wässerige Speichel, der bei Curarevergiftung der Drüse oder nach Durchschneidung sämmtlicher Drüsennerven secernirt wird. Der Speichel der Sublingualdrüse ist noch zäher, schiel- 428 Bestimmung des Schwefelcyansäuregehaltes etc. 283. miger als das Submaxillardrüsensecret, reagirt auch alkalisch; da sehr wenig aus der kleinen Drüse secernirt wird, ist das Secret noch wenig untersucht. Gemischter Mundspeichel. Bestimmung des Schwefelcyansäuregehaltes u. s. w. 283. Der Speichel, wie er beim Ofl'enhalten des Mundes unter Vermeidung des Schlingens ausfliesst, ist ein ungleichförmiges theils tropfbar flüssiges, theils zähschleimiges Gemenge der drei in den letzten Paragraphen beschriebenen Secrete und der geringen schleimigen, von der Schleimhaut des Mundes und deren Drüschen secernirten Flüssig- keit. Ausser einer trübenden Beimengung von losgestossenem Epithel der Mund- und Zungenschleimhaut finden sich darin kleinere rundliche Speichelkörperchen. Die Keaction, gewöhnlich und besonders nach dem Essen stets alkalisch, kann bei längerem Nüchternsein und besonders nach vielem Sprechen sauer werden. Der normale Speichel giebt Trübungen oder flockige Niederschläge durch Kochen, ebenso durch Zusatz von Alkohol, Salpetersäure, essig- saures Bleioxyd, Quecksilberchlorid, Gerbsäure, Essigsäure. Der Speichel einiger Thiere (z. B. Pferd) trübt sich stark beim Stehen an der Luft, der des Menschen und mancher Thiere weniger, doch enthält er stets etwas kohlensauren Kalk. Sehr häufig enthält der gemischte Speichel so wie das Parotiden- secret des Menschen Schwefelcyansäure; der Nachweis derselben wird durch die § 79 angegebenen Eeactionen direct im Speichel geliefert. Will man die Colasanti'sche Keaction anstellen, so muss man zunächst den Speichel mit Alkohol ausfällen, das alkoholische Filtrat verdunsten und den in Wasser gelösten Kückstand für die Keaction verwenden. Zur quantitativen Bestimmung der Schwefelcyansäure wird*) die nicht zu kleine gewogene Speichelquantität bei massiger Temperatur verdunstet, der Kückstand mit Alkohol ausgezogen, filtrirt, das Filtrat verdunstet, der Rückstand in Wasser gelöst, mit Salpetersäure ange- säuert, mit Silbernitrat gefällt, so lange Niederschlag entsteht, der Niederschlag abfiltrirt, getrocknet, mit Soda und Salpeter geglüht, die Schmelze in Wasser gelöst, filtrirt, mit Salpetersäure übersättigt und durch Chlorbarium die Schwefelsäure gefällt, das Bariumsulfat endlich auf kleinem Filter gesammelt, getrocknet, geglüht und gewogen. 1 Ge- wichtstheil BaSOi entspricht 0,2532 Gewichtstheilen CNSH. *) Munk, Arch. f. pathol. Anat. Bd. 69 S. 350. Bestimmung des Schwefelcyansäuregehaltes etc. 283. 429 Ungefäkre Bestimmung des Gehaltes an Schwefelcyansäure kann man auf folgendem Wege erreichen; Eine getrocknete und gewogene Quantität Schwefelcyankalium (etwa 0,05 gr davon) löst man in Wasser, fügt Eisenchlorid hinzu, bis die Lösung auf weiteren Zusatz eines Tropfens keine weitere Dunkelfärbung mehr erfährt, und misst das Vo- lumen der Lösung. Man bringt dann die gemessene Menge des zu untersuchenden Speichels in einen Glaskasten mit planparallelen Wan- dungen und fügt auch hierzu tropfenweise EisencHorid und ein Wenig Salzsäure unter Umrühren, so lange Kothfärbung stattfindet, bestimmt die dadurch bewirkte Vergrösserung des Volumen des Speichels, bringt einige Cubikcentimenter der mit Eisenchlorid gerötheten Schwefelcyan- säurelösung genau abgemessen in einen zweiten dem ersten ganz gleichen Glaskasten und verdünnt mit gemessenen Mengen Wasser cubikcenti- meterweise, bis die Farbe der Flüssigkeiten in beiden Glaskästen gleich ist. Es ist nun leicht, aus der Menge der in den zweiten Glaskasten gebrachten Schwefelcyanlösung und ihrer Verdünnung zu berechnen, wie gross ihr Procentgehalt an Schwefelcyansäm-e ist, und wenn der des Spei- chels ihr gleich ist, so ergiebt der Procentgehalt multiplicirt mit der Quantität des Speichels die absolute Quantität Schwefelcyansäure, welche sich in der gemessenen Menge des Speichels befindet. Solerai) hält die Jodsäure für das feinste Reagens auf Schwefel- cyanverbindung im Speichel ; fügt man sie zu Speichel, so färbt er sich gelb und giebt mit Stärkekleister blaue Färbung. Diese Reduction von Jod wird nach seinen Versuchen im Speichel nur durch Schwefelcyan- verbindung bewirkt. Schoenbein^) hat gefunden, dass der gemischte Speichel gewöhn- lich, jedoch nicht immer salpetrigsaures Salz enthält. Um darauf zu prüfen, versetzt man gekochten Stärkekleister mit etwas Jodkalium und fügt nach TJmschütteln einige Tropfen verdünnte Schwefelsäure hinzu. Enthält der Speichel salpetrige Säure, so giebt er mit dieser Mischung sofort blaue Jodstärke. Nach Wurster^) enthält der frische Speichel in der Regel keine salpetrige Säm-e, sondern Wasserstoffhyperoxyd, welches aber alsbald aus dem Ammoniak des Speichels salpetrige Säure bildet. Der gemischte Speichel besitzt die Fähigkeit, Stärke in Dextrin, Maltose und Glucose zu verwandeln; doch ist auch diese Eigenschaft des gemischten Speichels keine constante und ins- besondere wirkt der kurz nach dem Essen secernirte Speichel oft nur ij Jahresber. f. Thierchemie v. Maly, Bd. 7 S. 256. ») Journ. f. prakt. Chem. Bd. 86 S. 151. 3) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 22 S. 1901. 430 Untersuchung des Mundspeichels in Krankheiten. 284. langsam auf Stärke ein. Die Geschwindigkeit der Umwandlung der Stärke ist abhängig vom Grade der Quellung der letzteren, der Quali- tät und Quantität des Speichels, der guten Mischung der Flüssigkeiten und der Temperatur; hei Bluttemperatur geht die Umwandlung weit schneller vor sich als bei gewöhnlicher Temperatur, am Besten bei 40". Ob ein Speichel im Stande ist, aus Stärke Zucker zu bilden, prüft man dadurch, dass man Amylum mit viel Wasser kocht, erkalten lässt und 1 Theil Speichel mit etwa 10 Theilen Sturkelösung mengt. Man prüft eine Portion der Mischung nach einigen Minuten, nach 1/4 Stunde eine zweite Portion u. s. w. durch die Trommer'sche Probe (vergl. oben § 52); da das Amylum das Kupferoxydhydrat nicht verändert, so ergiebt die eintretende Eeaction die Anwesenheit von Dextrin und Zucker. Um quantitativ die gebildete Maltose zu bestimmen, fällt man die Mischung von Speichel und Amylumlösung mit Alkohol, verdunstet das Filtrat, extrahirt den Rückstand mit absolutem Alkohol, verdunstet die filtrirte Lösung, löst den Rückstand in Wasser. Nachdem dann das Volumen dieser Lösung bestimmt ist, titrirt man mit einem Theil derselben 5 oder 10 CC. Fehling'scher Lösimg nach § 252. Die übrige gemessene Lösung versetzt man mit einigen Tropfen verdünnter Schwefel- säure, kocht kurze Zeit, lässt erkalten, neutralisirt mit Natriumcarbonat, bringt wieder auf das frühere Volumen und titrirt abermals 5 — 10 CC. Fehling'scher Lösung. Das Ende der Titrirung wird jetzt durch weniger Flüssigkeit erreicht als vor dem Kochen mit Schwefelsäure und der Unterschied lässt nach § 55 berechnen, wie viel Maltose und wie viel Glucose in der Lösung war. Die Umwandlung des Glycogens durch Speichel in Zucker ist der Umwandlung des Amylum völlig analog. Ueber die Isolirung des Körpers, welcher die Verwandlung von Amylum in Dextrin und Zucker bewirkt und welchen man Ptyalin genannt hat, vergl. § 198. IJntersuehuiig des Muudspeiehels in Krankheiten. 284. In fieberhaften Krankheiten tritt zwar keine bekannte quali- tative Aenderung der Zusammensetzung des Speichels ein, aber die Quantität ist bedeutend verringert, wie es scheint stockt die Secretion oft gänzlich, daher die Trockenlicit des Mundes und Eachens, belegte Zunge, veränderter Geschmack u. s. w. Der Speichel bei Jod- und Mercursalivation enthält reichliche Bei- mengimg der Secrete der katarrhalisch entzündeten Mund- und Eachen- schleimhaut, deswegen giebt derselbe beim Kochen unter Zusatz von etwas Säure meist reichhche Gerinnung besonders bei Mercurialsalivation Speichelsteine. Zahnstein. 285. 431 und enthält über 0,7 pCt. anorganische Salze, während der normale Speichel viel geringeren Salzgehalt besitzt. Blutkörperchenbeimengung findet sich bei Entzündung des Zahn- fleisches und anderer Theile des Mundes, auch der Nase häufig. Man erkennt sie am Besten mikroskopisch, aber auch im Spectrum ist sie nach § 191 gut zu erkennen. Bei Icterus scheint der Speichel stets von Gallenfarbstofi"en frei zu bleiben. Im Speichel von Diabetikern ist nie Zucker, aber oft saure Keaction, in einem Falle nach Lehmann durch freie Milchsäure be- dingt geftmden. i) Saure Eeaction des Speichels hat sich auch bei Di- gestionsstörungen häufig gezeigt, bei fieberhaften Zuständen resultirt sie offenbar aus dem Mangel an Secretion der eigentlichen Speicheldrüsen. Leucin ist einmal im Speichel einer Hysterischen gefunden. Bei Ne- phritis enthält der Speichel in der Kegel Harnstoff 2); bei Urämie fand Boucheron») Harnsäure (direct durch die Murexidprobe nachweisbar). Die Eeactionen und Darstellungsmethoden, welche zur Auffindung des Gallenfarbstofls, der Milchsäure, des Leucin u. s. w. führen, sind in der ersten Abtheilung bei der Abhandlung dieser einzelnen Körper hinreichend besprochen und überhaupt kann man in Hinsicht auf diese qualitativen Untersuchungen als auch bezüglich der quantitativen Be- stimmungen, z. B. des Harnstoffs, den Speichel in der gleichen Weise behandeln, wie es oben für die serösen Flüssigkeiten, Blutserum, Trans- sudate u. s. w. angegeben ist. Speichelsteine, Zahnstein. 285. Bei Menschen und Säugethieren werden oft Concremente in den Speichelgängen gefunden, die man als Speichelsteine bezeichnet hat. Sie bestehen fast immer im Wesentlichen aus kohlensaurem Kalk, enthalten jedoch dabei etwas Kalkphosphat und eine Albuminsubstanz in verschiedener Menge, die nicht hinreichend untersucht ist. Die Speichelsteine sind, wenn nicht mehrere neben einander liegen und sich gegenseitig abschleifen, rundlich, meist hart und schwer, weiss oder gelblich. Zu ihrer Untersuchung zerreibt man ein Stück in der Eeib- schale und löst in Salzsäure. Der kohlensaure Kalk löst sich neben dem phosphorsauren Kalke unter Aufbrausen, die organische Substanz bleibt zurück und wird abfiltrirt; das Filtrat wird wie die salzsaure Lösung einer Asche nach § 203 untersucht. Zur quantitativen Be- ') In saurem Parotidensecrete von einem Diahetiker fand Limpricht keine Milchsäure. Berl. klin. Wochenschr. 18GG No. 16. 2) Verhandl. d. II. Congr. f. inn. Med. Wiesbaden 1883. S 119. ä) Compt. rend. T. 100 p. 1308. 432 Untersuchung des Nasensecretes und der Sputa. 286. 287. Stimmung wäscht man das abgewogene Pulver mit kochendem Wasser, filtrirt durch gewogenes Filter, trocknet, wägt wieder, verascht mit dem Filter, fügt zur Asche nach dem Erkalten etwas Lösung von kohlen- saurem Ammoniak, trocknet, erhitzt zum beginnenden Glühen, bedeckt und wägt nach dem Erkalten. Man ermittelt auf diese Weise die in Wasser löslichen Substanzen, die Gewichte der organischen und der an- organischen Bestandtheile des Steins. In den geglühten Salzen bestimmt man nach den für die Aschen gegebenen VorschriJten § 205 — 215 Kohlensäure, Phosphorsäure, Kalk u. s. w. Der Zahnstein, welcher sich an schlechten Zähnen bei Menschen und alten Hausthieren absetzt, besteht aus denselben Bestandtheilen als die Speichelsteine, enthält aber mehr phosphorsauren Kalk und schliesst viele Spaltpilze ein. Er wird auf dieselbe Weise untersucht, wie die Speichelsteine. \ Untersuehjing des Nasensecretes. 286. Aus den seitherigen spärlichen Untersuchungen des Secretes der Nasenschleimhaut geht soviel hervor, dass dasselbe neben einem relativ reichlichen Gehalte an Mucin, Schleimkörperchen und Eesten von Epithelzellen nur 1 — 3 pCt. Extractivstoffe und 0,5—0,6 pCt. an- organische Salze enthält. Je mehr katarrhalisches Transsudat bei Ent- zündungen sich beimengt, desto mehr tritt der Schleimgehalt zurück, während ein Gehalt an Albumin sich zeigt (nachweisbar durch Essig- säure und Ferrocyankalium oder Salpetersäure) und der Gehalt an an- organischen Salzen bis gegen 1 pCt. steigt. Wird das Secret eitrig, so nimmt der im normalen Nasenschleim äusserst geringe Gehalt an Aetherextractiückstand beträchtlich zu. Die qualitativen und quanti- tativen Untersuchungen des Nasensecretes werden wie die der serösen Flüssigkeiten (vergl. §§ 260—268) ausgeführt. Nasensteine werden wie Speichelsteine untersucht. Untersuchung der Sputa. 287. Während die mikroskopische Untersuchung der Sputa sehr wichtige pathognomonische Befunde geliefert hat, ist die chemische Erforschung derselben noch nicht weit gediehen. Zur Bestimmung des spec. Gewichtes *) verflüssigt man das Sputum zunächst in einem Kölbchen mit Steigrohr durch Erwärmen auf dem Wasserbade und füllt es dann in ein Pyknometer. Das spec. Gewicht *) H. Kossei, Zeitsckr. f. klin. Med. Bd. 13 S. 149. Untersuchung der Sputa. 287. 433 schwankt zwischen 1004 und 1037. Das rein schleimige Sputum hat (las niedrigste, das seröse das höchste spec. Gewicht. Die gewöhnlichen katarrhalischen Sputa zeigen dieselben Eigen- schaften und dieselbe Zusammensetzung wie das katarrhalische Nasen- secret, sie geben durch ihr Verhalten gegen Essigsäure ihren Gehalt au Mucin, durch das Verhalten gegen Salpetersäure und beim Kochen ihren Albumingehalt zu erkennen, al)er nur der acute Katarrh liefert immer albuminhaltiges Secret in dem Stadium lebhafter Transsudation. Wichtig sind besonders die sanguinolenten Sputa der Pneumonien, die jjigmentirten Sputa chronischer Katarrhe, die Sputa bei Lungenbrand, Cavernen, Bronchektasien, welche freie fette Säure enthalten. Die gelben oder rothen Blutkörperchen enthaltenden Sputa, im Sta- dium der pneumonischen Infiltration ausgeworfen, sind zäh gallertig- schleimig, durchscheinend, zeigen Gerinnung beim Erhitzen auf 100", aus dem Gerinnsel zieht Essigsäure kleine Quantitäten eines Albumin- stoffes aus, der vor der Behandlung in höherer Temperatur sich in Salzwasser zu lösen scheint und wohl der Gruppe des Myosins und der fibrinbildenden Substanzen angehört. Vielleicht spielt dieser Körper bei der Hepatisation der Lunge selbst eine bedeutende Rolle. Die grünen Farbstoffe der Sputa, welche bei Icterus und Lungen- katarrh oder schleichender Pneumonie und acuter Pneumonie mit Icteras sich zeigen, vielleicht Zersetzungsproducte des Hämoglobins, sind noch nicht untersucht; unter Umständen ist die grüne Farbe durch farbstoff- bildende Bacterien hervorgerufen. Die perlgrauen Sputa, welche bei chronischen trockenen Katarrhen häufig beobachtet werden, enthalten pigmentirte Zellen, deren Pigmente in alkalischer Lösung durch Chlor schnell gebleicht werden. Erscheint ein Sputum grau oder schwärzlich und zweifelt man, ob nicht eingeathmete Kohlenpartikel (Lampenruss u. s. w.) diese Färbung bedingen, so löst man das Sputum in verdünntem Aetznatron und leitet einige Minuten Chlorgas ein, Kohle bleibt völlig unverändert, alle or- ganischen Farbstoffe dagegen werden entfärbt. Eisenoxyd, Mangan- hyperoxyd würden erst entfärbt und gelöst werden, wenn man dann mit Salzsäure übersättigt und erwärmt. Phthisische und pneumonische Sputa enthalten Nuclein (H. Kos sei), welches in der § 324 beschriebenen Weise nachgewiesen werden kann, üeber das Vorkommen von Pepton im Sputum sind die Angaben verschieden. Durch Fäulniss werden die Sputa in Brandhöhlen, Bronchektasien und tuberkulösen Cavernen zersetzt unter Bildung gewöhnlicher Fäulniss- producte der Albumin- und Schleimstofife, des Lecithin und der Fette. Ausser Ammoniak und Schwefelwasserstoff erscheinen in der ausgeath- Hoppe-Seyler, Analyse. 6. Aufl. ^° 434 Untersuchung des Magensecretes und Mageninhalts. 2S8. meten Luft otienbar flüchtige fette Säuren und die ausgeworfenen Sputa enthalten durch Zerlegung von Lecithin oder Fetten entstandene Krystalle von Palmitin- und Stearinsäure (in Aether leicht gelöst) als dünne, breite und biegsame Nadeln. Die leichter flüchtigen fetten Säuren trennt man durch Destillation mit verdünnter Schwefelsäure (vergl. § 34), die Palmitinsäure und Stearinsäure zielit man mit Aether aus, trennt sie dann von den Fetten durch Schütteln mit verdünnter Natron- lauge und zerlegt die Seifen mit Salzsäure (vergl. § 48). Nicht selten finden sich in solchen Fällen die Charcot'schen Krystalle (vergl. oben § 70). lieber das aus phtliisischem Sputum von Pouchet dargestellte Kohlehydrat vergl. § 60. Loebisch und v. Rokitansky*) erhielten aus einem bronchiectatischen Sputum nach der Methode von Baumann und V. Udränszky die Benzoylverbindung einer Base, welche sie für Pentamethylendiamin halten. Cholesterinkrystalle kommen in den Sputis zuweilen bei Durchbruch von Empyemen in die Lunge vor, ebenso sind Hämatoidinkrystalle in solchem Falle in den Sputis lieobachtet. Untersuchung des Maseuseeretes und Mageninhalts 288. Der Magensaft, welcher sich vor allen übrigen Secreten durch seine intensiv saure Reaction auszeichnet, stellt eine wasserklare, nicht schleimige, sondern gut filtrirbare Flüssigkeit dar, die ausser freier Salzsäure, Salze, unter ihnen saure phosphorsaure Salze, Pepsin, Labferment und in allen Fällen Avohl auch Beimengung von Pepton enthält; wegen des Gehaltes an Peptonen zeigt er stets eine je nach der Concentration grössere oder geringere linksseitige Circumpolarisation. Im Mageninhalt vorhandene Milchsäure und flüchtige Säuren sind, wenn nicht etwa präformirt eingebracht, stets als Gährungs- produkte anzusehen, sie finden sich um so reichlicher, je länger die Speisen im Magen liegen bleiben. Der Mageninhalt von Leichen ent- hält oft viele fette, flüchtige Säm-en und Milchsäure, besonders bei sehr kleinen Kindern. Die meist reichlichen Ansammlungen in dilatirten Mägen, durch den Heber entleert, enthalten neben unverdauten Speisen vielfach sehr gut verdauenden Magensaft. Das Pepsin fehlt nur bei Atrophie der Magenschleimhaut, das Lab- femient auch sonst wohl unter pathologischen Verhältnissen z. B. bei Oarcinom. *) Centbl. f. klin. Med. Bd. 1 1 S. 1 , Prüfung auf freie Siiureii im Magensaft und Mageninhalt. 28'.). 435 In der ersten Zeit nach Einnahme der Speisen findet sicli keine freie Salzsäure im Mageninhalt, indem sämmtliche secernirtc Salzsäure an Eiweiss und Verdauungsprodukte der Eiweisse (Pepton, Amidosäuren) gebunden ist. Unter normalen Verhältnissen lässt sich regelmässig nach 3 — 5 Stunden (je nach der Reichhaltigkeit der Mahlzeit) freie Salzsäure nachweisen; bei Carcinom, Magenkatarrhen, Fieber ist in der Mehrzahl der Fälle dieser Nachweis zu keiner Zeit zu lühren und zwar deshalb, weil die Menge der Verdauungsproducte mehr wie iiinreicht, um die in geringerer Quantität secernirte Salzsäure zu binden 'j. Ein Sistiren der Salzsäure- absonderung findet entgegen früheren Angaben auch in den genannten pathologischen Zuständen nicht statt 2). Unter „freier Salzsäure" ist also die weder an Metalle, noch Eiweisstofle und Verdauungsprodukte ge- bundene Salzsäure zu verstehen, unter „Gesammtsalzsäm-e" sämmtliche nicht an Metalle gebundene. Prüfung auf fi-eie Säiireu im Magensaft uud Mageuiuhalt. 289. Qualitative Prüfung auf „freie Salzsäure" durch Farbe nreaktionen: Von Reo ch3) wurde zuerst aufmerksam gemacht auf das verschiedene Verhalten starker anorganischer Säuren gegenüber den meisten organischen Säuren in verdünnten Lösungen gegen eine Mischung von weinsaurem tmd citronensaurem Eisenosydsalz und Scliwefelcyanammonium. Nur die anorganischen Säuren rufen blutrothe Färbung durch Bildung von Eisen- rhodanid hervor, die organischen Säuren ändern dagegen die Farbe der Mischung nicht. Szabö^) wandte diese Reaction zur Prüfung des Magensafts auf freie Salzsäure an, von denVelden-') empfahl zu dem gleichen Zweck Methylanilinviolett , Tropäolin 00 und Fuchsin zu be- nutzen; seitdem sind noch sehr viele andere Substanzen angegeben, welche ebenfalls mit verdünnter Salzsäure, nicht mit verdünnten organischen Säuren Farbenreactionen geben und deswegen zur Erkennung von Salz- säure im Magensaft empfohlen wurden; aber nur die nicht an Eiweiss und Verdauungsprodukte gebundene Salzsäure reagirt auf diese Farb- stoffe, so dass dieselben als Reagention auf ,, freie Salzsäure' in dem oben definirten Sinn dienen. Folgende sind die zur Zeit am meisten gebrauchten Reactionen : ') Honigmann u. v. Noorden, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 13 Heft 1. 2) Calin u. V. Mei-iug, Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 39 S. 233. 3) Journ. of au.at. and physiol. 1874 p. 274. *) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 1 S. 152. 5) Deutsch. Arch. f. kliu. Med. Bd. 23 S. :!1 u. Bd. 27 S. 389. 28* 436 Prüfung auf freie Säuren im Magensaft und Mageninhalt. 289. a. Methylaiiilinviolett. Eine violette wässerige Lösung von Metbylviolett wiixl durch filtrirten Magensaft, welclier freie Salzsäure enthält, blau gefärbt. Bei geringem Salzsäuregehalt dampft man nach Maly die zu prüfende Flüssigkeit mit der Farbstofflösung am Besten in einer Pürcellanschale auf 1 — 2 Tropfen ein. b. Tropäolin 00. Man nimmt 4—5 Tropfen einer gesättigten alkoholischen Lösung von Tropäolin, vertheilt sie durch Schütteln auf einem Porcellanschälchen, bringt den filtrirten Magensaft tropfenweise darauf, wartet einige Augenblicke, vertheilt dann die Mischung durch abermaliges Schütteln und erwärmt vorsichtig. Das Auftreten violetter bis lilarother Spiegel ist charakteristisch für freie Salzsäure (Boas). c. Congopapier wird durch Magensaft, welcher freie Salzsäure enthält, lilau gefärbt. d. Phloroglucin-Vanillin. Ein Tropfen filtrirten Mageninhalts wird mit einem Tropfen einer Lösung, welche in 30 Theilen Spiritus 2 Th. Phloroglucin und 1 Th. Vanillin enthält, in einer Porcellanschale auf dem Wasserbad eingedampft. Bei Anwesenheit von freier Salzsäure entsteht Kothfärbung. 2) Qualitative Prüfung auf Milchsäure durch Farben- reactionen'). 1 CG. einer kaum geförbten wässerigen Lösung von Eisenchlorid oder einer amethystblauen Lösung von Eisenohloridcarbol (hergestellt durch Mischung von 20 CG. Wasser, 10 GG. einer 2— öprocentigen Garbollösung und einigen Tropfen Eisenchlorid) wird durch 2 GG. eines Mageninhalts gelb gefärbt, wenn derselbe Milchsäure enthält. Milch- saure Salze geben diese Eeaction auch, das würde nicht schaden, doch rufen auch andere Stoffe, welche im J\Iageninhalt vorkoirimen können, (Phosphate, Alkohol, Zucker) Gelbfärbung hervor, so dass die Probe nicht eindeutig ist. Es empfiehlt sich deswegen den filtrirten Magen- saft mit Aether auszuschütteln und den in Wasser gelösten Aetherrück- stand für die Prülung zu benutzen. 3) Qualitative Prüfung auf flüchtige Säuren. Dieselben sind meist schon durch den Geruch nachzuweisen, andern- falls destillirt man vorsichtig den filtrirten Magensaft und prüft, ob das Destillat sauer reagirt. 4) Qualitative Prüfung auf saure phosphorsaure Salze nach Leo-j. Man vermengt im Uhrgläschen eine Probe des Mageninhalts mit >) Uffelmanu, Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. iii S. 4-tl. ■-) Centbl. f. d. med. Wissensch. Bd. 27 No. 2«. Quantitative Bestimmung der Säuren im Mageninhalt. 290. 437 einer Messerspitze gepulvertem reiiiou Icolilensauren Kalk, verrührt mit einem Glasstab und prüft mit Lackmuspapier die Reaction des Gemenges. Je nachdem die saure Eeaction noch vorhanden, oder verschwunden ist, enthält der Mageninhalt saure Phosphate oder nicht. Quantitative Bestimmung der Säuren im Mageninhalt. 290. 1) Der Gesammtacidität. Man titrirt 10 CG. des Mageninhalts mit '/lo Normalnatronlauge unter Benutzung von Lackmus- tinctur oder alkoholischer Phenolphtale'inlösung'). 2) Der Gesammtsalzsäure nach C. Schmidt-j Diese um- ständliche Methode ist die einzige, welche vollständig einwandsfrei ist. In einer gemessenen Quantität der Flüssigkeit wird nach Filtriren der- selben und Auswaschen die Salzsäure durch Salpetersäm-e und salpeter- saures Silberoxyd gefällt, der Silberniederschlag abfiltrirt, ausgewaschen, getrocknet und nach § 207 bestimmt. Das Filtrat wird darauf im Porcellantiegel oder Schälchen zur Trockne verdunstet, der Rückstand verkohlt und in der Kohle und Asche Kalk, Magnesia, Kali, Natron, Schwefelsäure, Phosphorsäure nach den oben für die Aschen angegebenen Methoden bestimmt. Zur Bestimmung des Ammoniakgehalts wird eine gemessene Portion der Flüssigkeit mit Barytwasser deutlich alkalisch gemacht, aus tubulirter Retorte dann diese Mischung der Destillation unterworfen, während sich in der Vorlage etwas Salzsäure befindet. Man destillirt 'V4 der Flüssigkeit ab, verdunstet das Destillat nach Zusatz von Platinchlorid auf dem Wasserbade zur Trockne, übergiesst den Rückstand mit Alkohol und Aether, spült damit den Platinsalmiak auf ein kleines gewogenes Filter, trocknet bei 100'' nach genügendem Aus- waschen mit Alkohol und Aether und wägt nach dem Erkalten über Schwefelsäure. Nach Tabelle II (siehe Anhang) berechnet man aus dem Platinsalmiak das Ammoniak, berechnet überhaupt alle gefundenen Säuren und Basen für 100 CG. untersuchte Flüssigkeit und vergleicht die Aequivalente der gefundenen Basen mit denen der Säuren, indem man zunächst die Schwefelsäure als an Kali, Natron gebunden betrachtet, dann die noch übrigen Basen-Aequivalente an Phosphorsäm'e als saure Phosphate PRH2O4 und an Salzsäure gebunden betrachtet. Die dann noch übrige Salzsäure ist als fi-eie Säure anzusehen. 3) Der flüchtigen Fettsäuren, der Milchsäure und der Gesammtsalzsäure -|- saure Phosphate nach Cahn und v. Me- i-ing^)- ') Mit beiden Indilcatoren erhält man aber verschiedene Werthe, weshalb es sich empfiehlt, bei vergleichenden Untersuchungen stets denselben anzuwenden. 2) Bidder u. Schmidt, die Verdauungssäfte und der Stoffwechsel 1852. S.44. 3) a. a. 0. 438 Quantitative Bostimmung der Säuren im Mageninhalt. 290. 50 CC. iiltrirter Mageninhalt werden über freiem Feuer vorsichtig- destillirt, bis '^j^ übergegangen ist, wieder auf 50 CC. aufgefüllt und nochmals 3/4 abdestillirt. Im Destillat werden die flüchtigen Säuren durch Titration bestimmt. Der Kückstand wird in demselben Gefäss mindestens 6 Mal mit je 500 CC. Aether gut ausgeschüttelt; dabei geht alle Milchsäure in den Aether und wird im Rückstand der vereinigten abdestillirten Aether- portionen ebenfalls durch Titration bestimmt. Die nach der Erschöpfung mit Aether verbleibende saure Flüssigkeit wird titrirt, dieser Werth giebt die Summe der Salzsäure und der sauren Phosphate. Letztere Averden meist in so geringer Menge vorhanden sein, dass man das Re- sultat der Titrirung einfach auf Salzsäure beziehen kann. 4) Der Gesammtsalzsäure nach Sjöqvist') mit einer Mo- dification von v. Jaksch-'). Diese Methode beruht darauf, dass beim Eintrocknen von Magen- saft mit Bariumcarbonat und Verkohlen des Eückstandes die organischen Säuren unlöslichen kohlensauren Baryt, die Salzsäure lösliches Chlor- barium liefern, aus dessen Menge die Quantität der Salzsäure berechnet werden kann. 10 CC. unfiltrirter Magensaft werden in einer Platin- schale mit etwas Lackmustinctur versetzt, chlorfreier kohlensaurer Baryt eingetragen, bis die Flüssigkeit nicht mehr roth erseheint und nun das Ganze auf dem Wasserbad zur Trockne eingedampft, dann der Kück- stand über freiem Feuer verbrannt, kurze Zeit geglüht, nach dem Er- kalten wiederholt mit heissem Wasser extrahirt, filtrirt, das Filtrat auf dem Wasserbad etwas eingedampft, bis es etwa 100 CC. beträgt. Die Flüssigkeit wird mit verdünnter Schwefelsäure versetzt, der entstandene Niederschlag abfiltrirt, nach § 207 weiter behandelt. Die Quantität des gefundenen Bariumsulfat multiplicirt mit 0,3132 giebt die Menge der in 10 CC. Magensaft enthaltenen Salzsäure. In Betreff der Einwände, welche dieser Methode gemacht sind, vergl. Leo, Deutsche medic. Wochenschr. Bd. 17 S. 1145. b) Der sauren phosphorsauren Salze und der Säuren nach Leo^j. 10 CC, des filtrirten Mageninhalts werden mit 5 CC. concentrirter Chlorcalciumlösung und einigen Tropfen alkoholischer Phenolphtalein- lösung versetzt und mit Vio Normallauge titrirt. Weitere 15 CC. des filtrirten Magensafts werden mit 1 gr trockenem, pulverisirtem, kohlen- 1) Zeitschr. f. physiol. Clieni. Bd. 13 S. 1. 2) Monatsh. f. Chem. Bd. 10 S. 211. 3) Diagnostik der Krankh. der Verdauungsorgane. Berlin bei Hirschwald 1890 S. 115. Prüfung auf Pepsingebalt nnil Energie ii.tj Untersuchung der Gallensteine und der Sedimente der Galle. 299. 453 lesterinsteine ist der GallenfarbstofFgehalt meist viel bedeutender als in den peripherischen Partien. Ausser diesen Concrementen finden sich beim Menschen oft kleine schwarze, meist unregelmässig geformte Steinchen, die bei geringerem Cholesteringehalte reichlicher Farbstoflf und Kalksalz enthalten und zugleicli gewöhnlich kupferhaltig sind. Die nicht seltenen Gallensteine der Rinder enthalten hauptsächlich Bilirubin- calcium. Gelb oder braun gefärbte rundliehe Steinchen als Sand und Gries, die hauptsächlich aus kohlensaurem Kalk bestehen, finden sich beim Menschen selten, häufiger mit etwas phosphorsaurem Kalk gemengt bei Rindern. Flockige weiche Niederschläge in der Galle, welche meist amorph, seltener krystallisirt Bilirubin (Hämatoidin) enthalten, werden zuweilen beobachtet; Schleimmassen, gewöhnlich dunkelgrün oder braun gefärbt, sind nicht selten. Die reichlich Cholesterin enthaltenden Steine zeichnen sich durch krystallinisch glänzende Bruchflächen, Weichheit, geringes spec. Gewicht aus. Man untersucht die Gallenconcremente am Einfachsten auf folgende Weise: Die gepulverten Massen werden zunächst mit Wasser ausgekocht, um die Reste von Galle, die sich darin gewöhnlich befinden, zu ent- fernen; den Rückstand extrahirt man mit einer Mischung von etwa gleichem Volumen Alkohol und Aether, so lange diese Mischung noch etwas aufnimmt. Das Ungelöstgebliebene wird mit Salzsäure Übergossen (es entsteht dabei Aufbrausen, wenn kohlensaurer Kalk zugegen ist) und mit Wasser gut ausgewaschen. Es bleiben jetzt nur noch Gallenfarb- stoffe zurück, die am Besten nach den in § 150 nach Staedeler's Untersuchungen gegebenen Vorschriften dargestellt werden. Auch Hydi'o- bilirubin findet sich nicht selten in Gallensteinen (vergl. § 154 S. 231 ■unten). Die ätherisch-alkoholische Lösung auf ein kleines Volumen ver- dunstet lässt beim Erkalten das Cholesterin herauskrystallisiren, dessen sichere Erkennung keine Schwierigkeit bietet (vergl. § 137). Die salzsaure Lösung wird zur Trockne in einem Schälchen ver- dunstet, der Rückstand geglüht und nach dem Erkalten in Wasser und ein wenig Salzsäure wieder gelöst. Enthält die Lösung Kupferoxyd, so giebt sie mit Aetzammoniak übersättigt blaue Färbung. Man unter- sucht die Lösung im Uebrigen wie die einer Asche nach § 203. Zur quantitativen Bestimmung würde das Steinpulver zu trocknen ■und zu wägen sein, ebenso der Rückstand des Alkohol -Aetherextractes bei 1100 getrocknet und der auf gewogenem Filter gesammelte, in Alkohol-Aether, Salzsäure und Wasser unlösliche Theil des Steins nach Trocknen bei 110". In der salzsauren Flüssigkeit, die wie oben angegeben zur Trockne 454 Untersuchung des Scliwoisses. 300. verdunstet und deren Rückstand nach dem Glühen in Wasser und etwas-- Salzsäure wieder gelöst wird, fällt man das Kupfer durch einen Strom Schwefelwasserstoifgas, filtrirt und bestimmt im Filtrate Eisen, Kalk, Magnesia und Phosphorsäure nach den für die Aschenanalyse gegebenen' Methoden. Das Schwefelkupfer wird mit dem Filter in einem gewogenen Platintiegel bei gutem Luftzutritt bis zur Verkohlung des Filters erhitzt, dann mit Salpeter und etwas kohlensaurem Natron zum Schmelzen er- hitzt, die Masse nach dem Erkalten in Wasser aufgelöst. Das Kupfer- oxyd wird auf einem aschefreien Filterchen gesammelt, ausgewaschen, getrocknet, wieder in jenem Platintiegel bei gutem Luftzutritt verbrannt und das geglühte Kupferoxyd nach dem Erkalten gewogen. Untersuchung des Schweisses. 300. Der Schweiss vom Menschen und vom Pferde, soweit dies Secret bis jetzt untersucht ist, enthält neben einer nicht unbedeutenden Quantität anorganischer Salze, besonders Chlorkalium, Chlornatrium, ge- ringe Mengen von HarnstofiF, fette flüchtige Säuren, theils frei, theils au Alkali gebunden, besonders Buttersäure, dagegen keinen Zucker im normalen Zustande, ferner gepaarte Schwefelsäuren und aromatische Oxysäuren (Käst')- Nach Einnahme von Benzoesäure soll der Schweiss Hippursäure enthalten; bei Diabetes ist zuweilen Zuckergehalt des Schweisses constatirt. Bei Aufhören der Nierensecretion besonders im urämischen Stadium nach Cholera ist der Schweiss zuweilen so reich an Harnstoff, dass die Körperoberfläche mit Krystallen von HarnstoflT bedeckt wird. Geringer Albumingehalt ist im Schweisse gefunden 2). Die Ursache der Klebrigkeit gewisser pathologischer Schweisse ist noch nicht bekannt. Die von unreiner Haut gesammelten Schweisse können Leucin und Tyrosin neben Baldriansäure und Ammoniak enthalten; die sogenannten „stinkenden Fussschweisse' sind solche durch Schmutz, faulendes Epithel und Talgdrüsensecret verunreinigte Flüssigkeiten ; die reinen Secrete der Schweissdrüsen enthalten weder Tyrosin und Leucin, noch haben sie einen üblen Geruch. Die Reaction ist im normalen Zustande stets sauer gefunden bei der Untersuchung des frischen Secretes, aber beim Stehen wird dieselbe meist sehr bald neutral oder selbst alkalisch, es enthält dann nachweis- bar Ammoniak, welches auf gleiche Weise aus dem Harnstoft" durch Gährung entsteht als im Harne; Gelegenheit zur Verunreinigung des 1) Zeitsehr. f. physiol. Chem. Bd. 11 S. 501. ») Leube, Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1869. No. 39. Arch. f. pathoL Anat. Bd. 48. w. Zusammensetzung und Verhalten der Milch im Allgemeinen. ^01. 455 Schweisses mit zersetzenden Pilzen ist bei der allein möglichen Methode des Auffangens nur zu reichlich vorhanden. Daher ist es wichtig, jede zu untersuchende Portion Schweiss so- fort nach dem AulFangen mit dem dreifachen Volumen Alkohol zu mischen, um diese Zersetzungen zu vermeiden. Die sämmtlichen Untersuchungen des Schweisses werden wie die von Transsudaten ausgeführt. Auf Zucker kann man mit Tromm er- scher Probe erst nach Ausfällung des Albumin prüfen. Untersuchung der Milch und des Colostrum. ZusanimensetzuDg und Verhalten der Milch im Allgemeinen. 301. Die Milch stellt ein in seinen physikalischen Eigenschaften Jedem bekanntes Secret dar, welches in einer schwach gelblich gefärbten Flüssigkeit runde Körperchen von sehr verschiedener, aber stets mikro- skopischer Grösse suspendirt enthält, die aus einem bei gewöhnlicher Temperatur nicht völlig flüssigen gelbgefärbten Fette bestehen. Die Flüssigkeit selbst enthält neben wenig löslichen anorganischen Salzen reichlich phosphorsauren Kalk; ihre hauptsächlichen festen Bestandtheile sind Casein, Albujiün, Milchzucker. Die Fettkügelchen der Milch scheinen nach Kehrer's*) Unter- suchungen einen aus Casein bestehenden Ueberzug, den man finiher ziemlich allgemein annehmen zu müssen glaubte, nicht zu besitzen. Das Casein ist vielmehr nach Kehrer in der Form von kleinen Partikeln und nicht gelöst in der Milch enthalten; ausserdem finden sich nach demselben Beobachter in der Milch Trümmer der die Milch secerniren- den Zellen in gequollenem Zustande als ein Schleim, der die Fette der Milch suspendirt erhält. Die Reaction der menschlichen Milch ist stets im normalen Zu- stande alkalisch, die der Milch von fleischfressenden Thieren scheint stets sauer zu sein, die ßeaction der Kuh- und Ziegenmilch ist bald alkalisch, bald neutral, bald sauer. Die Reaction verändert sich beim Stehen der Milch unabhängig vom Zutritt der Luft. Wenn die Milch in ein Glasrohr eingeschmolzen und dann das ganze Glasrohr auf 100 " erhitzt wird, bleibt sie stets flüssig, so lange sie eingeschlossen ist, und ihre Reaction ändert sich nicht. War die Milch nicht gekocht, so bilden sich in ihr fortdauernd aus Milchzucker Milchsäure und daneben etwas Alkohol und Kohlensäure, ihre Reaction wird mehr und mehr sauer und bei bestimmtem Säuregrade gerinnt das Casein der Milch zur gallertigen •) Centralbl. f. d. med. Wiss. 1870. No. 35. Arch. f. Gynäkologie. Bd. 2 Heft 1 u. Bd. 3 Heft 3. 456 Zusammensetzung und Verhalten der Milch im Allgemeinen. 301. Masse. Dieser Process geht um so schneller vor sich, je höher die Lufttemperatur ist. Die gekochte Milch beginnt beim Stehen an der Luft ihre saure Gährung nach Hineingelangen von Pilzen. Die saure (jiährung wird aufgehoben durch Ausfällen der Milch durch überschüssig zugesetzten Alkohol, ebenso hört sie fast ganz auf, wenn ungefähr 4 p. M. Milchsäure gebildet sind. Wenn die Milch ruhig steht, steigt ein grosser Theil der Milch- kügelchen an die Oberfläche, ohne dass jemals eine völlige Trennung von Flüssigkeit und Milchkügelchen stiittfände. Die fettkügelchenreiche Schicht an der Oberfläche, der Kahm, nimmt unter Veränderung des Casein und wie es scheint unter geringer Fettbildung Sauerstoff aus der Luft auf und giebt Kohlensäure aus. Alle Milcharten enthalten mehr oder weniger, meist ungefähr 3 p. M. Lactalbumin vergl. § 162. Jede Milchart enthält ausserdem Casein und dies hat noch auf keine Weise unverändert abgetrennt werden können von einem gleichfalls in Kuh- und Ziegenmilch nach- gewiesenen Nuclein vergl. § 192. Das Casein der menschlichen Milch (vergl. § 171) ist in seinem Verhalten, wahrscheinlich auch in der Zusammensetzung verschieden vom Casein der Kuh- und Ziegenmilch, hat aber einige Eigenschaften mit dem Casein der Kuhmilch gemein, die beide von anderen Albuminstoffen unterscheiden. Ausserdem be- linden sich in der frisch gemolkenen Milch kaum Spuren von Pepton. Die menschliche Milch und ebenso die Kuhmilch sind beim Beginn der Lactation reich an Albumin und arm an Casein, arm an Fett und Milchzucker, in den späteren Perioden der Lactation nimmt Casein-, Butter- und Milchzuckergehalt zu, bleibt dann lange Zeit für jedes Thier ziemlich constant, ist nur wenig abhängig von der Nahrung, aber doch bei Fleischfressern durchaus anders als bei Pflanzenfressern. Die Milch der letzteren enthält stets ungefähr gleich viel Butter und Casein, ein wenig mehr Milchzucker, die Milch der Hunde ist dagegen sehr reich an Fett und Casein, sehr arm an Milchzucker; die Milch der Einhufer ist bei Weitem ärmer an Fett als die der Wiederkäuer. Ein geringer Ge- halt an Albumin ist in jeder bis jetzt darauf untersuchten Milch durch die ganze Lactation bleibend gefunden. Es würde zu weit führen, die verschiedenen physiologischen Ver- hältnisse der Milch hier ausführliclier zu besprechen ; aus dem Gesagten ergeben sich aber schon einige wichtige praktische Eegeln für die Untersuchung. 1) Handelt es sich darum, die Milch eines Thieres mit Eücksicht auf Nahrung, Constitution u. s. w. zu untersuchen, so ist die Drüse ganz leer zu melken. Qualitative Untersuchung der Milch. 302. 457 2) Die gewonnene Milch ist vor der Abmessung einzelner Portionen gut umzuscliütteln; 3) sie darf nicht lange Zeit bereits gestanden haben, höchstens einige Minuten bis zur Untersuchung. 4) Die Reaction der Milch ist unmittelbar beim Melkea zu prüfen. Qualitative Untersuchung der Milch. 302. Veranlassung zur qualitativen Untersuchung der Milch können die Vermuthungen geben, 1) dass die Milch alt und verdorben, 2) dass sie verfälscht sei, 3) dass ihr pathologisch Stoffe beigemischt seien, die die normale Milch nicht enthält. Die Milch ändert, wie es im vorigen Paragraphen beschrieben ist, beim Stehen ihre Eeaction, sie wird saurer und saurer, aber wenn man die Anfangsreaction derselben nicht kennt, kann man auch durch Prüfung der Reaction nicht erfahren, in wie weit sie eine Veränderung erlitten hat. Das Verhalten der Milchsäure gegen phosphorsaures Natron ist dem der Hippursäure entsprechend*). Wenn die Milch längere Zeit steht, wird sie so sauer, dass sie deutlich sauer schmeckt, bald aber, nachdem dies bemerkbar wird, gerinnt auch das Casein und man kann dann nicht zweifeln, dass eine solche Milch alt und verdorben ist. Schon vor der spontanen Gerinnung erkennt man die Zunahme der Säure an der Gerinnung der Milch beim Kochen oder beim Einleiten von Kohlensäure. Zwar gerinnt schon frische Milch zuweilen beim Kochen, dies ist im Beginn der Lactation auf einige Zeit der Fall, auch später kommt es öfters vor, ohne dass die Milch desshalb für alle Zwecke zu verwerfen wäre, aber sieht man von diesen Ausnahme- fällen ab, so erfährt eine frische Milch beim Kochen keine Aende- rung, auch wenn vorher Kohlensäure eingeleitet war. Beim längeren Stehen der Milch und Zunahme des Gehaltes an Milchsäure wdrd zu- nächst das Casein fallbar durch einen Strom von Kohlensäure und nach- heriges Erhitzen zum Kochen; kurze Zeit darauf wird das Casein durch alleiniges Kochen ohne Anwendung der Kohlensäure fällbar, später wird es durch blosses Einleiten von Kohlensäure gefällt und endlich gerinnt die Milch ohne Kochen und ohne Kohlensäureanwendung. Ist beim Kochen der Milch ein Coagulum entstanden, so kann es fraglich sein, ob dies aus Casein oder Albumin besteht; enthält es Casein, so ist durch Gährung Milchsäure gebildet, besteht es dagegen nur aus Albu- min, so liegt einer der oben bezeichneten Fälle vor. Zur Entscheidung •) Vergl. Donath, Sitzungsber. d. Wien. Akad. d. Wiss. Bd. 69. Abth. m. 1874. 7. Januar. 458 Qualitative Untersuchung der Milch. 302. dieser Frage versetzt man eine Probe dieser Milch mit einigen Tropfen einer Lösung von phosphorsaurem Natron, so dass jedocli die Keaction der Milch noch sauer bleibt, schüttelt um und erhitzt nun zum Kochen,, enthält die Milch viel Albumin, so gerinnt sie auch jetzt bemerlibar, bestand jedoch die früher erhaltene Gerinnung aus Casein, so tritt nach Zusatz von phosphorsaurem Natron keine Coagulation beim Kochen ein. Gerinnt eine neutral oder alkalisch reagirende Milch beim Kochen, so kann das Gerinnsel nm- aus Albumin bestehen. Die einzigen wichtigen Verfälschungen, welchen die Kuhmilch im Handel ausgesetzt ist, sind Zusatz von Wasser und Zusatz von kohlensaurem Natron. Wo das Brunnenwasser gypsreich ist, kann man dm-ch Nachweis von viel Schwefelsäure in der Milchasche einen Anhaltepunkt für den geschehenen Wasserzusatz finden, da die Kuhmilch nur geringe Spuren davon enthält. Man trocknet zu dieser Untersuchung eine Portion Milch von etwa 50 CG. nach Ausfällen des Casein durch etwas Essig- säure und viel Wasser und Filtriren, verkohlt, zieht mit Wasser aus u. s. w., wie es für die Untersuchung der Aschen angegeben ist. Die weiteren Untersuchungen der Milch rücksichtlich des Wasserzusatzes siehe unten §§ 305—312. Wenn zur Verhütung der Gerinnung alter Milch vom Milchhändler, wie es in grossen Städten zu geschehen pflegt, Soda zugesetzt ist, lässt sich der Nachweis der Verfälschung der Milch nm- in den Fällen liefern, wo der Händler ziemlich viel davon gebraucht hat, da Spuren von kohlensaurem Alkali in der Milchasche vorkommen. Zur Untersuchung fällt man die Milch (etwa 50 CC.) mit einigen Tropfen Essigsäure und viel Wassei-, filtrirt, dampft das Filtrat ein, verkohlt den Eückstand, extrahirt mit Wasser und beobachtet, ob auf Zusatz von Salzsäure zum concentrirten Wasserexti-acte der Kohle leb- haftes Aufbrausen erfolgt. Die Vorschrift, zum Zwecke der Auffindung des kohlensauren Natron mit Alkohol zu fällen, zu filtriren, das Filtrat auf ein kleines Volumen zu verdunsten und dann mit Säure zu prüfen, ob Aufbrausen entsteht, ist unzureichend, wenn nicht sehr grosse Mengen kohlensaures Natron zugesetzt sind. Von pathologischen qualitativen Aenderungen sind nur das Erscheinen von Blutfarbstoff, Blut- oder Eiterbeimengung beobachtet. Hämatoglobulingehalt und Blutkörperchengehalt erkennt man an der Farbe, letztere noch durch das Mikroskop. Eine Beimengung von Eiter, wenn sie reichlich ist, möchte sich wohl nur mikroskopisch er- kennen lassen. Blaue Flecken auf der stehenden Milch sind oft Bestimmung des spec. Gewichts der Milch. Feste Stoffe. Salze. 303.' 304. 459 beobachtet; in denselben finden sich Bacterien (bacillus cyanogenus) und Byssusvegetationen, der färbende Stoff ist noch nicht untersucht. Bestimmung des spec. Gewichts der Milch. 303. Zur genauen Bestimmung des spec. Gewichtes der Milch kann nur die Wägung derselben im Pycnometer nach kurz vor dem Eingiessen ausgeführter sorgfältiger Mischung derselben dienen, weil die Milch keine homogene Flüssigkeit, sondern ein Gemenge einer solchen mit darin suspendirten Petttröpfchen und Caseintheilchen darstellt. Dennoch ist nicht zu leugnen, dass die Prüfung der Milch mit dem Aräometer im frischen Zustande sowie nach dem Abrahmen derselben von Werth für die Beurthoilung der Güte der Milch sich erwiesen hat. Es sind für diesen Zweck Aräometerspindeln in Gebrauch, auf deren Scala nur die spec. Gewichte von 1,015 — 1,040 berücksichtigt sind und die nächste Decimalstelle noch abgelesen werden kann (Müller 'sehe Senkwage, Lactodensimeter). Man füllt zur Ausführung einfachster Prütimg der Kuhmilch einen graduirten Cylinder von genügendem Durchmesser und hinreichender Höhe mit der frischen Milch, prüft das spec. Gewicht mit dem Aräo- meter bei ungefähr 15 '^ (gute Kuhmilch zeigt 1, 029— 1,033 spec. Gew.), nimmt das Aräometer heraus, lässt die Milch zur Kahmabscheidung 24 Stunden stehen, liest die Höhe der gebildeten Rahmschicht ab (bei guter Kuhmilch 10 — 14 pCt. von der Höhe der ganzen Milch), nimmt dann mit einem Löffelchen vorsichtig den Rahm ab, setzt in die ab- gerahmte Milch wieder das Lactodensimeter ein und bestimmt das spec. Gewicht, welches bei guter Kuhmilch zwischen 1,0325 und 1,0365 liegen soll. Bestimmung der einzelnen Bestandtheile der Milch. Feste Stoffe. Salze. 304. Kaum für eine andere thierische Flüssigkeit sind so viele verschiedene Untersuchungsmethoden empfohlen und angewendet als für die Milch, es würde daher unmöglich sein, hier ohne übermässige Breite auch nur kurz die einzelnen Methoden zu besprechen, und es sollen daher nur die genauesten und die am Schnellsten ausführbaren Methoden ausführlich beschrieben werden. Die Bestimmung des festen Rückstandes und des Gehaltes der Milch an anorganischen Salzen führt man zweckmässig ganz in der Weise aus, wie es für die serösen Flüssigkeiten in den §§ 265 und 2fi8 beschrieben ist. Sobald die Milch zu trocknen beginnt, färbt sie sich durch eine geringe Zersetzung des amorph bleibenden Milchzuckers 460 Bestimmung der Durchsichtigkeit der Milch. 305. bräunlich; der dadurch entstehende Fehler ist zu unbedeutend, als dass es wichtig wäre, ihn zu vermeiden; trocknet man mit der Luftpumpe über Schwefelsäure, so erhält man den Rückstand völlig trocken und natürlich ohne Bräunung, aber dies ist viel umständlicher als die obige Methode. Das Aufsaugen der abgemessenen Milch in Sand auf einem Filter und Trocknen darin, wie es v. Baumhaueri) empfohlen und angewendet hat, wird schnelles Trocknen gestatten, giebt aber zu vo- luminöse Massen, wenn man sie verkohlen und veraschen will. Trockne Rückstände von Milch sind sehr hygroskopisch und daher beim Wägen gut bedeckt zu halten. 5 — 15 CC. Milch wird etwa das beste Volumen sein zu der Be- stimmung des Rückstandes und der Asche. Bestimniiing der Durchsichtigkeit der Milch. 305. Den Grad der Durchsichtigkeit der Milch zur Bestimmung des Gehaltes an Milchkügelchen zu benutzen, versuchte zuerst Donnß und gab zur Messung der Dicke der Schicht von Milch, durch welche man eine Kerzenflamme gerade noch erkennen könne, ein Instrument, Laktoskop genannt, an. Später hat A. Vogel'-) auf dasselbe Princip eine Methode gegründet, die ohne Schwierigkeit schnelle Bestimmung gestattet und dann sind mehrere Modificationen dieses Verfahrens be- schrieben. Zu Vogel's Milchprobe sind erforderlich: 1) ein Mischcylinder von mehr als 100 CC. Inhalt, an dessen Wandung durch einen Strich das Mass für 100 CC. Flüssigkeit angegeben ist, 2) eine in '/s CG. getheilte, vielleicht 10 CC. oder mehr fassende Pipette und 3) ein Gel'äss, zusammengesetzt aus 2 planparallelen Glasplatten, die gerade 5 mm von einander entfernt stehen und sich in einer Messingfassung befinden. Zur Ausführung dieser Probe giesst man in den Mischcylinder 100 CC. klares Brunnenwasser, saugt dann die zu prüfende Milch in die Pipette und lässt bis zum 0-Strich derselben zurückfliessen, bringt darauf 3 CC. dieser Milch in die abgemessenen 100 CC. Wasser, mischt gut durcheinander, bringt nun eine Probe der Mischung in das Ge- fäss mit planparallelen Wandungen und beobachtet durch dasselbe und die enthaltene verdünnte Milch die Flamme einer Stearinkerze, die in ziemlich dunklem Zimmer sich in massiger Entfernung (etwa 3 Fuss) vom Beobachter befindet. Ist die Contuur der Flamme noch deutlich 1) Journ. f. prakt. Chem. 1861. Bd. 84. S. 145. ^) A. Vogel, Eine neue Milchprobe. Erlangen 1862. Bestimmung der Durchsichtigkeit der Milch. 305. . 461 erkennbar, so giesst man die Flüssigkeit in den Misciicylinder zurück, fügt V2 CC. Milch hinzu, mischt und untersucht wieder in obiger Weise das Bild der Kerzenflarame durch die verdünnte Milchschicht im Glas- kästeben und fährt mit dieser Procedur so lange fort, bis die Umrisse der Flamme nicht mehr erkennbar sind. Man addirt dann die zuge- setzten Milchportionen und soll nun nach einer berechneten Tabelle den Fettgehalt der Milch finden. Da jedoch die Trübung der Milch von sehr verschieden grossen Milchkügelchen und sehr feinen aufgeschwemmten, sich nie klar ab- setzenden Caseintheilchen bewirkt wird, kann diese Untersuchung der Durchsichtigkeit nicht für sich allein zur Bestimmung des Fettgehaltes dienen. Für den Fall, dass nur vergleichungsweise der Gehalt einer Milch an trübenden suspendirten Theilchen bestimmt werden soll, ist es wohl zweckmässiger, in folgender Weise diese Probe auszuführen*): Man verdünnt die zu untersuchende Milch nach gutem Umschütteln mit dem neunfachen Volumen Wasser, indem man 10 CG. der Milch aus einer Bürette in einen graduirten Cylinder fliessen lässt und Wasser hinzufügt, bis das Volumen der Mischung 100 CG. beträgt. Mit der gut umge- schüttelten Mischung füllt man eine Bürette und lässt in ein Glas- kästchen von ungefähr 40—50 CG. Inhalt mit festgekitteten plan- parallelen Glasplatten, die 1 cm von einander entfernt sind, 5 oder 10 CG. dieser Mischung einfliessen. Man sieht dann durch diese Flüssigkeit nach einer 1 Meter entfernten Stearinkerzenflamme im massig dunklen Räume nach der dunklen Seite des Zimmers hingewendet, fügt dann cubikcentimeterweise Wasser hinzu, rührt mit einem Fisch- beinstäbchen um und beobachtet durch die Mischung die Flamme, bis man durch die Flüssigkeit die Flamme als blasses leuchtendes Bildchen deutlich erkennt. In 10 CG. der ursprünglichen Mischung befindet sich 1 GG. Milch, waren nun noch 32 CG. Wasser hinzugefügt, bis das Flammenbild erkennbar wurde, so war im Ganzen 1 CG Milch mit 41 CG. Wasser verdünnt, um das Flammenbildchen sichtbar zu machen. 1 CG. sehr guter Kuhmilch muss mit 70 — 75 CG Wasser verdünnt werden, um durch eine 1 Cm dicke Schicht der Mischung eine Kerzrn- flamme sichtbar werden zu lassen. Abgerahmte Milch giebt häufig bei einem Zusatz von 18 — 20 CG. Wasser bereits so durchsichtige Mischung, dass man durch eine 1 Cm. dicke Schiclit dieser Flüssigkeit die Kerzen- flamme sieht. Einen recht brauchbaren einfachen Apparat für denselben Zweck *) Arch. f. pathol. Anat. Bd. 27 S. 394. 462 Bestimmung des Casein, des Albumin, des Milchzuckers etc. 306. hat Fes er angegeben, bestehend aus einem weiten cylindrischen Glas- rnhr mit Graduiiung, unten am geschlossenen Ende zu einem engeren Cylinder verschmälert, in welchem sich ein feststehender Milchglas- cylinder mit schwarzen Strichen befindet. Man verdünnt 4 CG. Milch so lange mit Brunnenwasser, bis man die schwarzen Linien auf dem Milchglascylinder deutlich sieht. Zahlreiche andere Apparate und Vorschläge für diesen Zweck können hier umsomehr übergangen werden, als es sich nicht um Bestimmung «hemischer Stoffe handelt. Bestimmung des Casein, des Albumin, des Milchzuckers und der Fette. 306. Die Ausfällung der Albuminstoffe bietet unüberwindliche Schwierigkeiten, sobald man die Milch nicht verdünnt; fügt man da- o-et^en so viel Wasser hinzu, dass die Milch auf ihr 20läches Volumen verdünnt wird, so ist eine gute Ausfallung des Casein und nachher des Albumin in der Kuh- und Ziegenmilch leicht zu erreichen. Es ist daher zur Bestimmung des Casein und Albumin folgendes Verfahren zweckmässig und durch zahlreiche Versuche geprüft: Man lässt von der zu untersuchenden Milch nach ümschütteln aus einer Bürette 20 CC. in einen graduirten Cylinder fliessen und verdünnt mit Wasser, bis das Volumen der Mischung 400 CC. beträgt, giesst diese verdünnte Milch in ein hinreichend hohes Becherglas aus, fügt unter Umrühren sehr verdünnte Essigsäure tropfenweise hinzu, so lange bis ein gut flockiger Niederschlag sich zeigt, leitet dann durch die Flüssigkeit einen Strom CO2 V4— V2 Stunde lang hindurch und lässt nun einige bis 12 Stunden zur Klärung stehen. Es ist zweckmässig, drei solcher Portionen in dieser Weise zu behandeln und die bestgelungene für die weitere Verarbeitung auszuwählen. Das Casein setzt sich mit der Butter als faserig flockiger Niederschlag zu Boden ; man filtrirt zu- erst die klare Flüssigkeit dmxh ein gewogenes Filter, sammelt dann mit zurückgegossenen Portionen des Filtrats den Niederschlag auf diesem Filter, wäscht dann einmal mit Wasser aus. Im Filtrate befinden sich Albumin, Zucker, etwas gelöstes Casein. Der Niederschlag wird zur Trennung der Butter vom Casein entweder noch ganz feucht einmal mit kaltem Alkohol gewaschen zur Austreibung des Wassers, dann mit mindestens 6—8 Portionen Aether oder zunächst getrocknet auf dem Filter, dann im Sox hl et 'sehen Extractionsapparat mit Aether erschöpft. Man vereinigt im ersten Falle mit etwas Aether den Verdampfungsrückstand des Alkoholauszugs mit dem des Aethers, trocknet bei massiger Wärme und wägt die Butter. Bestimmung der Summe der Eiweissstoflfe durch Fällung mit Alkohol 307. 463 Der mit Alkohol und Aether von Fett befreite Caseinniederschlag wird darauf mit dem Filter im Luflbade bei 120 — 1250 getrocknet, über Schwefelsäure erkalten gelassen und gewogen, dann im Platintiegel ver- ascht unter Zusatz von einer kleinen gewogenen Menge Eisenoxyd und das Gewicht der Asche in Abzug gebracht. Das wässerige Filtrat wird in einer geräumigen Porcellanschale zrmi Sieden erhitzt und einige Minuten im Sieden erhalten. Man sammelt dann den Albuminniederschlag, der auch Spuren von Globulin coagulirt enthält, auf kleinem gewogenen Filter, wäscht ihn mehrmals mit kaltem Wasser, trocknet dann bei 120—1250 und wägt. Die ge- sammelten Filtrate und Waschwasser werden nach dem Erkalten gut gemischt und gemessen. Man füllt damit eine Bürette und titrirt mit der Flüssigkeit 20 CG. F eh ling 'scher Lösung, wie es für den Hum angegeben ist (vergl. § 252), misst die noch übrige Flüssigkeit, die hierzu nicht gebraucht wurde, dampft sie bei massiger Wärme zum dünnen Syrup ein, sammelt die abgeschiedene Portion Casein auf kleinem gewogenen Filter, wäscht sie 5 — 8 mal mit kaltem Wasser, trocknet das Filter mit dem Niederschlag bei 120 — 125'^. Die Berechnung der Resultate ist leicht ersichtlich. Die gefundene Menge des Caseins im Theil des Filtrates wii-d auf das ganze Filtrat berechnet und der Menge des ursprünglich durch Essigsäure und CO2 gefällten Casein zugezählt. Da 20 CC. Fehling'scher Lösung zur völligen Rediiction des Kupferoxyds 0,134 gr Milchzucker erfordern, ist der Milchzuckergehalt des ganzen Filtrats leicht zu berechnen. Albu- min sowie Fett werden gleich für die ganzen 20 CC. Milch bestimmt. Man berechnet die Resultate für 100 CC. Milch oder berechnet nach dem spcc. Gewicht der Milch für 100 gr derselben. Es ist auch nicht unzweckmässig, die abgemessenen Portionen Milch von 20 CC. zu wägen. Diese Methode der Bestimmung der Hauptbestandtheile der Milch ist viel benutzt für verschiedene Milcharten von Thieren und giebt bei sorgfältiger Ausführung recht genaue Werthe; für menschliche Milch ist sie nicht anwendbar, weil das Casein dieser Milch mit Wasser, Essigsäure und CO2 um- unvollkommen gefällt wird. Bestimmung der Summe der Eiweiss§toffe durch Fällung mit Alkohol. 307. Man fügt zu einer gemessenen oder bedeckt gewogenen Portion der gut gemischten Milch von ungefähr 20 CC. verdünnte Essigsäure bis zur schwach sauren Reaction, dann das 4 fache Volumen starken kalten Alkohol, rührt gut um, lässt eine Stunde lang sich absetzen und filtrirt darauf durch gewogenes Filter. Der Niederschlag wird mit kaltem 60procentigen Alkohol 6 — 8 mal gewaschen, dann noch sorg- 464 Bestimmung der Summe der Eiweissstoffe nach Ritthausen. 308. fältig mit Aetlier gewaschen, getrocknet bei 120—125° und gewogen. Ein kleiner Theil der Eiweissstoffe geht hierbei in den Alkohol über. Das alkoholische Filtrat wird auf kleines Volumen abgedampft, dann mit kaltem 60 procentigem Alkohol der Niederschlag auf ein kleines gewogenes Filter gebracht, erst mehrmals mit 60 procentigem Alkohol, dann mit Aether gut gewaschen. Die jetzt abtiltrirte Flüssigkeit wird abermals abgedampft auf kleines Volumen, in Wasser gelöst mit Gerb- säure gefällt, der Niederschlag auf gewogenes Filter gebracht, zuerst mit Wasser, dann mit Alkohol und Aether gewaschen, bei 120" ge- trocknet und gewogen. Die drei Niederschläge zusammen enthalten alle Eiweissstoffe der Milch. Dieselben sind mit den Filtern unter Zu- satz von gewogener Portion Eisenoxyd zu veraschen, zu wägen und die feuerbeständigen Salze vom Gewicht der Eiweissstoffe in Abzug zu bringen. Diese Methode giebt zu niedrige Werthe, wenn die Gerbsäure- fällung unterlassen wird. Sie ist nur zu benutzen, wenn wie bei der menschlichen Milch die in § 306 beschriebene Methode nicht anwend- bar ist. Bestiinmuug der Summe der Eiweissstoffe durch Fällung derselben mit Kupfersulfat nach Ritthausen. »J 308. Es werden 20 oder 10 CG. Milch auf das 20 fache Volumen mit Wasser verdünnt, 10 resp. 5 CG. einer Lösung hinzugefügt, welche 63,5 gr reines krystallisirtes Kupfersulfat in Wasser gelöst, zu einem Liter aufgefüllt enthält, dann verdünnte Kali- oder Natronlauge so lange vorsichtig hinzugetropft, bis die Flüssigkeit neutrale aber eher noch ein wenig saure als alkalische Keaction zeigt. Wird ein wenig zu viel Alkalilauge hinzugefügt, so löst sich Caseinkupfer auf Bei richtig neutraler Keaction setzt sich der Niederschlag gut ab und die Flüssigkeit enthält auch kein Kupfer mehr. Es wird dann erst die klare Flüssigkeit duich gewogenes Filter abfiltrirt, der Nieder- schlag durch Aufrühren in Wasser und Decantiren gewaschen, dann der Niederschlag selbst mit Waschwasser aufs Filter gebracht. Der Niederschlag hat das gesammte Fett der Milch in sich aufgenommen und dies wird davon in derselben Weise getrennt, wie es oben § 306 vom Caseinniedeischlag beschrieben ist. Nach der Aethereitraction wird der Niederschlag noch mit absolutem Alkohol gewaschen, damit er als hellblaue erdige und nicht als glasige harte, schlecht zu trock- nende Masse erhalten wird. Filter und Niederschlag werden dann bei ") Journ. f. prakt. Cham. N. F. Bd. 15 S. 329. Bestimmung des Albumins und des Peptons in der Milch etc. 309. ;ilO. 4(^5 125« getrocknet, gewogen, verascht, der Glübri'ickstand gewogen und von dem Gewicht des Niederschlags in Abzug gebracht. Die Differenz beider Gewichte wird als Albuminstoffe der Milch gerechnet. Die vom Niederschlage abfiltrirte Flüssigkeit kann wie in § 306 zur Bestimmung des Milchzuckers durch Titriren mit Fehling'scher Lösung dienen, die Alkohol- und Aetherfiltrate geben beim Verdunsten den Gehalt der Milch an Fett. Bestiniiiiung des Albuuiius und des Peptons in der Milch nach Fällung mit Magnesiunisulfat, besonders für menschliche Milch zu verwenden. 309. Wird menschliche Milch, Kuh- oder Ziegenmilch mit krystalli- sirtem Magnesiumsulfat bis zur vollständigen Sättigung versetzt, so wird das Casein vollständig abgeschieden, das Albumin nicht gefällt. Hierdurch wird es möglich, den Albumingehalt auch in der mensch- lichen Milch zu bestimmen. Man misst oder wägt von der gut ge- mischten Milch 10—20 CG. ab, fügt dazu das 3— 4 fache Volumen ge- sättigter Lösung von Magnesiumsulfat und pulverisirtes krystallisirtes Bittersalz so lange als Lösung erfolgt und noch einen kleinen Ueber- schuss, lässt unter häufigem umrühren einige Stunden stehen, filtrirt dann mit der Wasser-Luftpumpe, was ziemliche Zeit in Anspruch nimmt, und wäscht 6 — 8 mal mit Portionen von gesättigter ßittersalzlösung das Becherglas und Filter aus. Die gesammelten Filtrate werden dann mit etwas Wasser versetzt, ein paar Tropfen Essigsäure hinzugefügt, zum Sieden erhitzt und einige Minuten im Sieden erhalten, dann durch gewogenes Filter filtrirt, der Niederschlag gut mit Wasser gewaschen, zuletzt mit etwas Alkohol, Niederschlag und Filter bei 120—125" ge- trocknet, gewogen, verascht, der Glührückstand vom Gewichte des Niederschlags in Abzug gebracht. Ist auch die Peptonbestimmung be- absichtigt, so sind 50—100 CG. Milch statt 10—20 CG. zu verwenden. Die frische Milch enthält auch in noch gi-össerer Quantität keine wäg- bare Menge Pepton. Bestimmung des Fettes in der Milch. I. Wägungsmethoden. 310. Die in § 306—308 beschriebenen Methoden gestatten auch genaue Bestimmung der Fette der Milch, sind aber umständlich, wenn es sieh lediglich um die Fettbestimmung handelt. Die Milch unab- gedampft giebt beim Schütteln mit Aether nur langsam das Fett voll- ständig ab, dies geschieht aber viel leichter, wenn etwas Alkalilauge zur Milch hinzugefügt ist. Man erhält sehr leicht und schnell gute Fett- Hoppe -sedier, Analyse. 6 Auflage. 30 4ß6 Bcitiiimiuiig des Fettgehaltes der Milch nach Soxlilct. 311. bt'stimmuiiy, wenn man in gut verschliessbarer Flasche 30 CC. Milcli mit ],5 CC. starker Kalilauge von 1,27 spec. Gewicht versetzt, 100 GC. Aether liinzufügt, vorsichtig unter dreliender Bewegung beide Flüssig- keiten in ausgedelinte Berührung bringt und diese Mischung häufig wiederholt. Die alkalische Flüssigkeit unten wird ganz klar, man giesst die Actherli3sung durch Trichter in einen geräumigen Kolben ab, giesst neue Portionen Aether auf die alkalische wässerigr Lösung, mischt und giesst nach kurzem Stehen ab, bis eine Probe der aligegossenen Aether- lösung im Becherglase verdunstet keinen beachtenswerthen Fettrück- staud meiir lässt, destillirt auf dem Wasserbade den Aether bis aut kleines Volumen ab, giesst den Kückstand nach Erkalten in ein kleines liecherglas aus, wäscht mit Portionen Aether den Kolben aus, bringt alle diese Portionen gleichfalls in das Becherglas, lässt den Aether ver- dimsten, trocknet den Eiickstand bei massiger Temperatiu- und wägt nach Erkalten über Schwefelsäure. Noch einfacher ist folgende Methode: Zu '20 CC. Milch lügt man 1 CC. Kalilauge von 1,27 spec. Gewicht. Dann 80 CC. Aether, welcher in verschlossenei- Flasche bereits mit Wasser gesättigt ist. Man schüttelt gut und wiederholt um und lässt die Flüssigkeit dann stehen. Die ätherische Lösung scheidet sich liald klar ab. Man giesst dann von der Aetherfettlösung schnell in einen Messcylinder soweit als möglich klar ab (60 CC. und mehr lassen sich meist schnell und völlig rein ab- giessen), liest das Volumen ab, giesst in ein gewogenes Becherglas aus, spült mit kleinen Aetherportionen den Messcylinder aus und giesst sie gleichfalls in das Beclierglas, lässt den Aether bei massiger Wärme verdunsten, trocknet und wägt den Kückstand. Aus dem Gehalt der ab- gegossenen Aetherlösung an Fett berechnet man dann den Gehalt von 80 CC. Aether, die aufgegossen waren, und findet hierdurch den Fett- gehalt der 20 CC. Milch. Die Milchlaugemisclunig nimmt nur sehr ge- ringes Aethervolumen auf, so dass eine Correction unnöthig ist. Diese Methode halie ich mehrmals mit Kuhmileli und menschlicher Milch mit recht gutem Resultate geprüft, man findet jedoch leicht zu wenig Fett, wenn nicht gut umgeschttttelt ist, oder die Mischung zu lange Zeit gestanden hat. Ich bin zu dieser Modification meiner obigen Methode geführt durch die vortretfliciie im Folgenden zu schildernde spec. Gewichtsmethode von Soxhlet. II. liestiuimung des Fettgehaltes Aev Milch durch Messung des spec. Gewichts der Fettlösung in Aether von SoxUIet. 311. Für die Ausfülirung der Bestimmung des Fettgehaltes in der Milch sind erforderlich; Ij eine Pipette vo)i 200 CC, eine andere zu Bestimmung des Fettgehaltes der Milcli nach Soxhlet, 311. 467 60 CC. und eine dritte zu 10 CC. Inhalt; 2) mehrere schlanke Misch- flaschen von ^/2 Liter Inhalt; 3) ein feines Aräometer mit Thermometer zu der Messung des spec. Gewichtes der Aetherfettlösung in einem Apparat mit Kühlvon'ichtung durch Wasser von constanter Temperatui- ; 4) ein kleines Kautschukgobliise zum Uebertreiben der Aetherlösung aus der Mischflasche in den Apparat. Diese Apparate (welche von Fig. 9. Johannes Grein er in München vortrefflich ausgeführt und genau ge- prüft bezogen werden) sind in ihrer Zusammensetzung während einer Bestimmung dargestellt in Fig. 9. Von Keagentien sind für den Ver- such erforderlich: 1) Kalilauge von 1,27 spec. Gewicht (400 gr Aetz- kali in Wasser gelöst, nach dem Erkalten zu einem Liter Lösung ver- dünnt); 2) Aether mit Vio — ^Ao Vol. Wasser durchgeschüttelt und dann klar abgegossen; 3) eine Quantität von' ungefähr 4 Liter Wasser von 17 — 18" C. in entsprechend grossem Gefäss. 30* 468 Bestimmung des Fettgehaltes der Milch nach Soxhlet. 311. Die zu untersuchende Milch wird auf 17—18" erwärmt resp. abgekühlt und gut umgeschüttelt. Mit einer Pipette werden 200 CC. von derselben abgemessen und in eine 300 CC. haltende Flasche ge- bracht, mit einer Pipette 10 CC. obiger Kalilauge hinzufliessen gelassen, umgeschüttelt, mittelst einer dritten Pipette 60 CC. von wasserhaltigem Aether von 17,5 — LS, 5" hinzugemessen, sofort die Mischflasche mit Kautschukstopfen verschlossen, Vs Minute lang der Inhalt gut durch- geschüttelt, in das Wasser von 17—180 eingesetzt und V4 Stunde darin gelassen, dabei von halber zu halber Miinite leicht durchgeschüttelt (3 bis 4 senkrechte Stösse). Man liisst dann noch "4 Stunde ruhig stehen. Die Abscheidung der Aetherschicht wird durch einige drehende Be- wegungen der Flasche beschleunigt. Meist wird sich in der angegebenen Zeit eine genügende klare Aetherschicht oben angesammelt haben, nur sehr fettreiche Milcli erfordert längere Zeit, selbst 1—2 Stunden. Ist diese Aetherschicht genügend abgeschieden, so beginnt die Bestimmung des spec. Gewichtes dieser Aetherlösung mit dem Aräometer. Man füllt zunächst durch Ansaugen am Kautschukschlauch bei a, während der Schlauch b in Wasser von 17—18" eingesetzt ist, das Kühlrohr A voll Wasser, setzt auf die Milch, Kalilauge und Aether enthaltende Schüttelflasche den doppeltdurchbohrten Stopfen E, schiebt das rechtwinklig gebogene Glasrohr I) bis in die unterste Schicht reiner Aetherlösung, verbindet durch Kautscliukschlauch B mit dem untern Ende des Rohrs B, in welchem sich das Aräometer C befindet und setzt den Quetschhahn auf den Kautschuckschlauch. An das kurze, dicht unter dem Stopfen B mündende, rechtwinkelige Glasrohr B fügt man den Kautschluksclilauch, welcher die Milchflasche G mit dem kleinen Kautschukblasebalg B verbindet, lüftet ein wenig den Kaut- schukstopfen J auf dem. Eohre B und lässt nun durch Druck auf den Blasebalg B unter geringer Oeffnung des Quetsclihahns einen genügen- den Theil der Aetherlösung in B aufsteigen, so dass das Aräometer schwimmt, schliesst schnell den Quetschhahn, stellt den Apparat gut senkrecht durch ßegulirung mit der Schraube am Fusse des Stativs und liest den Stand des Niveaus der Aetherlösung an der Scala des Aräo- meters und den Stand des Quecksilber am kleinen Thermometer des Aräometers ab. Dann ist die Beobachtung beendet. Ist die Temperatur der Aetherlösung 17,5", so ist keine Correctur des spec. Gewichtes nöthig, im andern Falle ist für jedes Zehntel Grad, das das Thermo- meter höher steht als 17,5", zur Angabe des Aräometers 1" hinzuzu- fügen und für jedes Zehntel Grad, das es tiefer zeigt, 1" von der An- gabe des Aräometer abzuziehen. Aus der nachstehenden Tabelle ergiebt sich der dem gefundenen spec. Gewichte der Aetherlösung entsprechende Bestimmung des Fettgehaltes der Milch nach Soxhlet. oll. 460 T a 1) e 11 e angebend den Fettgehalt der Milch in Gewichtsprocenten nacli dem speciflschen Gewicht der Aetherfettlösung bei 17,5" Gels. Spec. Fett Spec. Fett Spec. Fett Spec. Fett Spec. Fett Spec. Fett Gew. pCt. Gew. pCt. Gew. pCt. Gew. pCt. Gew. pCt. Gew. pCt. 43 2.07 47 2.52 51 '3.00 55 3.49 59 '4.03 63 14.63 43.1 2.08 47.1 2.54 51.1 3.01 55.1 3.51 59.1,4.04 63.1 4.64 43.2 2.09 47.2 2.55 51.2 3.03 55.2 3.52 59.2; 4.06 63.2:4.66 43.3 2.10 47.3 2.56 51.3 3.04 55.3 3.53 59.3 4.07 63.3 4.67 43.4 2.11 47.4 2.57 51.4 3.05 55.4 3.55 59.4 4.09 63.4 4.69 43.5 2.12 47.5 2.58 51.5 3.06 55.5 3.56 59.5 4.11 63.5 4.70 43.6 2.13 47.6 2.(i0 51.6 3.08 55.6 3.57 59.6 4.12 63.614.71 43.7 2.14 47.7 2.61 51.7 3.09 55.7 3.59 59.7 4.14 63.7 4.73 43.8 2.16 47.8 2.62 51.813.10 55.8 3.60 59.8 4.15 63.8 4.75 43.9 2.17 47.9 2.63 51.9 3.11 55.9 3.61 59.9 4.16 63.9 4.77 44 2.18 48 2.64 52 13.12 56 3.63 60 4.18 64 4.79 44.1 2.19 48.1 2.66 52.1 3.14 56.1 3.64 60.1 4.19 64.1 4.80 44.2 2.20 48.2 2.67 52.2 3.15 56.2 3.65 60.2 4.20 64.2 4.82 44.3 2.22 48.3 2.68 52.3 3.16 56.3 3.67 60.3 ' 4.21 64.3 4.84 44.4 2.23 48.4 2.70 52.4 3.17 56.4 3.68 60.4 4.23 64.4 4.85 44.5 2.24 48.5 2.71 52.5 3.18 56.5 3.69 60.5 4.24 64.5 4.87 44.6 2.25 48.6 2.72 52.6 3.20 56.6 3.71 60.6 4.26 64.6 4.88 44.7 2.26 48.7 2.73 52.7 3.21 56.7 3.72 60.7 4.27 64.7 4.90 44.8 2.27 48.8 2.74 52.8 3.22 56.8 3.73 60.8 4.29 64.8 4.92 44.9 2.28 48.9 2.75 52.9 3.23 56.9 3.74 60.9 1 4.30 64.9 4.93 45 2.30 49 2.76 53 3.25 57 3.75 61 I4.32 65 4.95 45.1 2.31 49.112.77 53.1 3.26 57.1 3.76 61.1 1 4,33 65.1 4.97 45.2 2.32 49.2 2.78 53.2 .3.27 57.2 3.78 61.2 k.35 65.2 4.98 45.3 2.33 49.3 2.79 53.3 3.28 57.3 3.80 61.3 4.36 65.3 5.00 45.4 2.34 49.4 2.80 53.4 3.29 57.4 3.81 61.4 4.37 65.4 5.02 45.5 2.35 49.5 2.81 53.5 3.30 57.5 3.82 61.5 4.39 65.5 5.04 45.6 2.36 49.6 2.83 53.6 3.31 57.6 3.84 61.6 i 4.40 65.6 5.05 45.7 2.37 49.7 2.84 53.7 3.33 57.7 .3.85 61.7 4.42 65.7 5.07 45.8 2.38 49.8 2.8G 53.8 3.34 57.8 3.87 61.8 4.44 65.8 5.09 45.9 2.39 49.9 2.87 53.9 3.35 57.9 3.88 61.9 4.46 65.9 5.11 46 2.40 50 ;2.88 54 3.37 58 3.90 62 4.47 66 5.12 46.1 2.42 50.1 2.90 54.1 3.38 58.1 3.91 62.1 4.48 46.2 2.43 50.2 ' 2.91 54.2 3.39 58.2 3.92 62.2 4.50 46.3 2.44 50.3 ' 2.92 54.3 3.40 58.3 3.93 62.3 4.52 46.4 2.45 50.4 2 93 54.4 3.41 58.4 .3.95 62.4 4.53 46.5 2.46 50.5 2.94 54.5 3.43 58.5 3.96 62.5 4.55 46.6 2.47 50.6 ^ 2.96 54.6 3.45 58.6 3.98 62.6 4.56 46.7 2.49 .50.7 : 2.97 54.7 3.46 58.7 3.99 62.7 4.58 46.8 2.50 50.8 i 2.98 .54.8 3.47 58.8 4.01 62.8 4.59 46.9 2.51 50.9 2.99 54.9 3.48 58.9 4.02 62.9 4.61 470 Bestimmung des Milchzuckergehaltes der Milch. 312. Fettgehalt der Milclj. Die als spec. Gewichte angegebenen Zahlen der Tabelle sind die Ergänzungen für 0,7000 in der zweiten bis vierten Decinialstelle; 43,0 entspricht also dem wirklichen spec. Gewichte 0,7430. Das Eohr B, das Köhrchen JD und der sie verbindende Schlauch werden nach jedem Versuche mit Aether gereinigt. Zahlreiche Vorschlüge für eine schnelle Bestimmung des Fettgehaltes der Milch nach einer im Wesentlichen zuerst von Marchaud angegebeneu Methode der Mischung von Milch mit Aether und Alkohol in bestimmten Volumina und Ablesen der Höhe der gebildeten Aetherfettschioht können hier übergangen werden, nur ist zu erwähnen, dass nach F. Schmidt und ToUens*) das Lactobutyrometer von Marc band zur schnellen und genügend genauen Bestimmung des Fettes der Milch benutzt werden kaun nach folgendem Verfahren. In das Eohr werden 10 CC. Milch eingegossen, 3 — 5 Tropfen einer öprocentigen Essigsäure hinzugefügt, stark umgeschüttelt, dann 10 CC. Aether hinzugefügt, durch Stopfen das Rohr ver- schlossen, gut umgeschüttclt, darauf 10 CC. Alkohol von 90 — 92 pCt. hinzugefügt, gut umgeschüttelt, in Wasser von 40—45° gesetzt, so lange noch kleine Fett- fröpfchen aufsteigen, dann in Wasser von 20° gebracht, darin schliesslich, wenn die Lösung klar geworden ist, die Höhe der Aethorfettschicht abgelesen und nach eiuer Tabelle aus dem Volumen dieser Schicht der Fettgehalt bestimmt. Die Me- thode von Soxhlet ist dieser modificirten Marchand'sclien Methode ohne Zweifel vorzuziehen. Bestiiiiiimug des Milcbzuckergehaltes der Milch. 1) Durch Circuhirpolarisation. 312. Von der gut gemischten Mikh werden 50 CC. abgemessen in einen Kolben von 150 CC. Inhalt, l'5 CC. einer Lösung von neu- tralem Bleiacetat hinzugefügt, umgeschüttelt, der Kolben mit einem durchbohrten Kork geschlossen, in dessen Bohrung das untere Ende eines geraden, an beiden Enden offenen Glasrohrs von ungefähr 30 Cm. Länge steckt. Man erhitzt dann die Mischung im Kolben zum Sieden, lässt aber nur einmal aufkochen, so dass der entwickelte Wasserdampf sich im Glasrohr vollständig condensirt und dann wieder zurückfliesst. Nach dem vollständigen Erkalten wird filtrirt, und wenn das Filtrat noch nicht ganz klar sein sollte, öfter flltrirt, bis die Flüssigkeit klar ist. Man füllt mit der Flüssigkeit ein 200 Mm. langes Beobachtungs- rohr und bestimmt am Besten bei 20 " C. mit einem der im Anhang beschriebenen Apparate den Eotationsvvinkel. Ist die spec. Drehung des Milchzuckers (C12 H.24 Oio) bei dieser Temperatur (vergl. oben § 56) für Natriumlicht = -f- 52,53 ", so enthält die Milch, wenn a der abgelesene Winkel und die Länge des Beobachtungsrohrs = 200 Mm. ist, in 100 CC. ein Gewicht Milchzucker •) Journ. i. Landwirihschaft Bd. 26 S. 361 u. 401, Bd. 27 S. 14.5. Bestimmung der Citronensäure in der Milch. • 47 1 Wird die Bestimmung ausgeführt mit dem Soleil'sclien Apparat und ist die Drehung in Procenten Traubenzucker abgelesen, so ist der Milch- zuckergehalt, wenn p die abgelesenen Procente Traubenzucker bezeichnet und -}- 52,6 " die spec. Dreliung des Traubenzuckers für Natriumlicht ist, _ .52,6 ""l'' 52,53 "■ Da die Farbendispersion bei der Circularpolarisation durch Trauben- zucker und Milchzucker nicht bemerkbar verschieden ist, gilt der für Natriumlicht gefundene Quotient aucli für weisses Licht. 2) Die Bestimmung des Milchzucli ergehaltes in der Milcli durch Fehling'sche Lösung. kann nur ausgeführt werden nach Entfernung der Albuminstoffe und der Fette. Am geeignetsten für diesen Zweck ist die in § 306 beschriebene Methode. Die Spuren von Eiweissstofien, welche nach Fällung mit Essig- säure, C0.2 und Kochen noch gelöst bleiben, beeinträchtigen die Ge- nauigkeit der Titrirung durchaus nicht. Bestiiiiiiiuug der Citronensäure iu der Milch. Von A. Scheibe*) ist eine Methode der Titrirung der Citronensiiui-e in der Milch beschrieben, die allerdings viele Vorbereitungen nöthig macht. 400 CG. Milch werden mit 4 CC. 2' .j Normalschwefelsäure gemischt, aufgekocht, 10 gr spanische KUirerde mit Wasser zum dicken Schleim angerührt und zugefügt, wie- der aufgekocht, nach Erkalten mit Wasser zu V- Liter aufgefüllt, filtrirt (ist das J<"iltrat nicht klar, so wird nochmals mit spanischer Klärerde behandelt). Zu 100 CC. vom Filtrat wird soviel Barytwasser gefügt, dass die zugesetzte Schwefel- säure gerade gesättigt wird, dann zum Syrup abgedampft. Der möglichst homo- gene Syrup wird mit 3,2 CC. der 2V, Xormalschwcfelsäure versetzt, dann 20 CC. absoluter Alkohol hinzugefügt und nach kurzem Absitzenlasscn 60 CC. Aether zugemischt. Die Mischung wird durch Baumwolle tiltrirt , wodurch der krystalli- nisch abgeschiedene Milchzucker völlig entfernt wird. Das Filtrat wird mit alko- holischem Ammoniak versetzt bis zur bleibenden Trübung, dann der Aether ab- destillirt, so dass ungefähr 20 CC. Flüssigkeit restiren, dann 60 CC. absoluter Alkohol zugefügt und durch 10 CC. alkoholisches Ammoniak die Citronensäure als Triammoniumverbindung abgeschieden. Der beim Stehen sich gut abscheidende krystallinische Niederschlag enthält die ganze Citronensäure neben etwas schwefel- saurem und phosphorsaurem Ammoniak und etwas Chlorammonium, auch ein wenig organischer Substanz, die durch Wiederholung der Fällung entfernt wird. Das citronensäure Ammoniak wird in Wasser gelöst und auf 20 CC. Lösung concentrirt, dann mit Kaliumbichromat titrirt. Eine Lösung, welche 46,1 gr Ka- liumbichromat im Liter enthält, wird eingestellt gegen eine Lösung von 150 gr Ferrosum-Ammoniumsulfat aufgelöst in 700 CC. Wasser, mit 100 CC. concentrirter *) Die Landwirthschaftl. Versuchsstationen Bd. 39 S. Ibi. 1891. / 472 Untersuchung der Secrete der Talgdrüsen in der Haut etc. 313. Schwefelsäure versetzt und zu 1 Liter aufgefüllt. 20 CC. Eisenlösung mit 80 CC. Wasser verdünnt verbrauchen 7,7 bis 8 CC. Biehromatlösung zur völligen Oxy- dation. Für die Titrirung der Citronensäure werden 20 CC. der Citronensäure- lösung mit 20 bis 30 CC. Biehromatlösung und 20—25 CC. concentrirter Schwefel- säure vorsichtig unter Umrühren versetzt, nach etwa V4 stündigem Erhitzen (darf nicht zum Sieden gesteigert werden) ist die COoEiitwickelung zu Ende. Man ver- dünnt mit 50 CC. Wasser, setzt Ammon-Ferrosumsulfat im Ueberschuss zu, bis die braune Farbe in Grün übergegangen ist, und titrirt nun mit Bichroma't zu- rück bis Ferricyankalium kein Ferrosum mehr anzeigt. Nach der Gleichung CßHgO, -f GCrOj = GCO^-f 3Cr,,03+4H3 0 sollte 4,G1 Bichromat 1 gr Ci- tronensäure entsprechen. Nach den ausgeführten Titrirungen entsprechen 4,G1 gr Bichromat 1,02 gr Citronensäure. Ein Gehalt der Milch an Milchsäure ist für diese Titrirung ohne Nachtheil, weil diese Säure durch alkoholisches Ammoniak nicht gefällt wird. rutersuchiiiig der Secrete der Talgdrüsen iu der Haut, der Vernix caseosa, des WoUschweisses der Schafe, des Sniegnia, des Ohren- schmalzes, des Inhaltes der Balggeschwülste und Dernioidcysten. 3)3. Es scliliessen sich die fetthaltigen Secrete der Hautdrüsen in raancJien Hinsichten an die Milch an; in mehreren derselben ist Casein und Albumin gefunden, Zucker dagegen in keinem. Sehr eigenthümlich sind ihnen Aetherarten vom Cholesterin, Isocholesterin, Cetylalkohol (vergi. oben §§ 38, 137 u. 138) und vielleicht Homologen derselben. Die Untersuchungen von Scliulze') über den Wollschweiss der Schafe, von de Jonge^) über das Secret der Bürzeldrüse der Vögel sind für die Gesichtspunkte massgebend, nach denen die Untersuchung der Be- standtheile des Aetherauszuges dieser Secrete einzuleiten ist. Der Be- fund von Sotnitschewskiyj eines Alkohols von hohem Molecular- gewiclit im Aetherauszuge des Inhalts einer Dermoidcyste beweist, dass auch hier auf diese Stoffe zu achten ist. Die reiclilich im Ohren- schmalz gefundenen Seifen liedürfen noch schärferer Scheidung und Analyse. Die Untersuchung der Eiweissstoffe auf Casein, Albumin u. s. w. geschieht in den mit Wasser stark verdünnten Secreten nach den für die Milch gegebenen Methoden. Leucin und Tyrosin, in Atherombälgen gefunden, sind durch heisses Wasser zu extrahiren nach Fällung mit basiscliem Bleiacetat und Entbleien des Filtrats durch die oben §§ 93 u. 1 29 angegebenen Methoden und Proben zu isoliren und nach- zuweisen. 'J Ber. d. deutsch, ehem. Gescllsch. Bd. (j S. 251. Jonrn. f. prakt. Chem. N. F. Bd. 25 S. 159. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 3 S. 225. ») Ebcndas. Bd. 4 S. 345. Untersuchung des Sperma, der Testikel und des Eiters. 314, 315. 47;] Untersuchung des Sperma und der Testikel. 314. Zur Dnteisucliung des menschliclien und thierisclien Samens geben die Arbeiten von F. Miescher') die erste Anleitung. Weder durcli Decantiren nocli durch Filtriren auoli mit der Wasserluftpumpe gelingt es, die Spermatozoen von der Flüssigkeit zu trennen, wenn nicht ein paar Tropfen Essigsäure zugesetzt sind. Das Verhalten gegen Wasser und Salzlösungen zeigt auflallende Verschiedenheiten des Sperma ver- schiedener Thierspecies. Es finden sich in den Spermatozoen wohl regelmässig AlbuminstoÖe, Nucleinsäure oder Nuclein^), Cholesterin, ein Cerebrosid 2), Lecithin und anorganische Salze, üeber die Eigenschaften und das Vorkommen der Nucleinsäure vergl. § 192. In der Sperma- flüssigkeit fanden C. v. Noorden, sowie Posner^) Propepton. Untersuchung des Eiters. 315. Obwohl der Eiter meist eine ziemlich breiige Consistenz hat, lässt er sich doch gewöhnlich durch Filtration, die freilich sehr langsam erfolgt, in ein klares gelbliches Serum und die auf dem Filter bleiben- den Eiterkörperchen trennen. In dem Eiterserum findet sich neben Serumalbumin ein durch Magnesiumsulfat fällbarer Albuminstoö", der sich gegen sehr verdünnte Salzsäure und gegen Chlornatriumlösung u. s. w. wie Serumglobulin verhält. Dies Serum enthält auch gewöhnlich etwas Pepton oder Propepton. unter den Extractivstoffen des Eiters sind Leucin, Harnstoff, Zucker aufgefunden. Die Untersuchung des Eiterserum wird in jeder Hinsicht wie die einer serösen Flüssigkeit ausgeführt. Hinsichtlich der Unter- suchung auf den häufig vorkommenden blauen Farbstofl' des Eiters und die Chlorrodinsäure, welche hier und da im Eiter gefunden sind, ist in der ersten Abtheilung bereits das Wichtigere angegeben (vergl. § löG und § ] 59). Die Eiterkörperchen können wie die Blutkörperchen durch ver- dünnte Salzlösungen isolirt werden, aber nicht jede Salzlösung ist hier- zu geeignet; Chlornatriumlösung verwandelt sie in eine zähschleimigo Masse, während verdünnte Lösungen von schwefelsaurem Natron oder von salpetersam-em Baryt sie nicht zu verändern scheinen. Sie senken sich in den letzteren Lösungen gut und können damit gewaschen werden. Hinsichtlich der Analyse der Eiterkörperchen ist besonders auf die 1) Verhandl. d. natiiih. Gesellsch. in Basel. Bd. 7 Heft 1 S. 138. 1874. 2) Kossei, Verhandl. d. physiol. Gesellsch. zu Berlin 1892 — 93 No. 1 und Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 17 S. 456. 3) Berl. klin. Woehcnschr. 1888 No. 21 und Jahresber. f. Thierchemie 188S S. 318. -,. 474 Untersuchung der Flüssigkeiten des Hühnereies. 316. Arbeiten von F. Mies eher i) und Kossei 2) zu verweisen, hauptsächlich in Betreff der Kerne der Eiterkürperchen, in denen Mi escher zuerst Xuclein und Sultbnuclein (vergl. § 192j nachgewiesen hat. Ausserdem sind in den Eiterkörperchen gefunden Albuminstoffe, Cholesterin, Lecithin, mehrere Cerebroside-') (vergl. § 106), Fette und anorganische Salze*). Von Hofmeister^) wurde viel Pepton aus Eiterkörperchen erhalten, Salomon fand darin Glycogen. Die Isolirung der Kerne gelingt durch Behandlung der Eiterzellen mit sehr verdünnter Salzsäure und nachhoriges Schütteln der in Wasser suspendirten Beste mit Aether, oder besser durch wiederholtes Ausziehen der Eiterzellen mit Aether und mit heissem Alkohol, nachherige längere Digestion mit gut verdauendem Magensaft, Auswaschen des Restes mit Wasser. Von den ungelöst bleibenden Kernsubstanzen wird durch ver- dünnte Sodalösung oder sehr schwache Natronlauge Nuclein und Sulfo- nuclein gelöst, während ein wahrscheinlich den Hornsubstanzen ver- wandter Stoff zurückbleibt, doch bietet die Trennung dieser beiden Sub- stanzen von einander noch Schwicngkeit. Untersuchimg der Flüssigkeiten des Hühnereies. 316. Den Inhalt des Hühnereies kann man mechanisch ziemlich vollkommen in Eiereiweiss und Dotter trennen. Das durchsichtige gelblich gefärbte gallertige Htthnereiweiss lässt sich, wenn man es durch ein Tuch gepresst hat, unverdünnt gut filtriren und das Filtrat mrd durch Zusatz von Wasser nicht, durch Zusatz von viel Wasser und wenig Salzsäure oder Essigsäure stark getrübt; durch Schütteln mit Aether entsteht reichlicher weisser Niederschlag. Das Eiereiweiss hat eine deutlich alkalische ßoaction, steht es an der Luft in dünnen Schichten oder tiltrirt man es durch Papier, so bräunt es sich, indem wahrscheinlich die geringe Menge Zucker, die es enthält, zum Theil zersetzt wird; filtrirt man Eieralbumin in einer Kohlensäure- oder Leucht- gasatmosphäre, so Ideibt es schwach gelblich gefärbt. Der Zucker- gehalt lässt sich im Eiereiweiss wie in einer serösen Flüssigkeit unter- suchen. Der Farbstoff, welcher dem Hühnereiweiss die gelbe Farbe verleiht, ist nach den Spectralerscheinungen Lutein, der Eiweissstoft", M Verhandl. d. naturh. Gesellsch. in Basel. Bd. 7 S. 138. F. Mie scher, Med. ehem. Untersuchungen, herausgegeben von Hoppe-Seyler. Berlin 1870. Heft 4 S. 441. ^) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 5 S. 152 u. 267 u. Bd. 7 S. 7. =) Kos sei, Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. 17 S. 45'2. <) Hoppe-Seyler, Med. chem. Unters. Berlin 1870. Heft 4 S. 486. ') Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 4 S. 274. UntersuchuDg dos Darminhaltes und der Fäces. 317. 475 welcher durch Wasser und Säure gefällt wird, löst sich leicht in Chlor- natriumlösung. Leitet man einen Strom Kohlensaure durch Eiereiweiss, so bilden sich einzelne Fasern und Häutclien, die jedoch der Menge nach unbe- deutend bleiben. Die Dottermasse in einer Flasche mit Aether geschüttelt giebt an diesen ihren Gehalt an Fett und gelbem Farbstoft' ab, der farblose Eückstand mit einer Mischung von 1 Volumen concentrirter Kochsalz- lösung und 2 Volumina Wasser behandelt und aufs Filter gebracht, lässt eine opalescirende Flüssigkeit filtrireii, die in viel Wasser getropft einen weissen reichlichen Niederschlag giebt; dieser Niederschlag be- steht aus Vitellin, viel Nuclemi) (oder beides zusammen verbunden als Nucleoalbumine vergl. § 192) und Lecithin. Das durch Aether aus dem Dotter ausziehbare gelbe Fett enthält viel Cholesterin, Lecithin, Lutein und im Uebrigen die gewöhnlichen Fette Ole'in, Palmitin. Die sonst angegebenen Bestandtheile: Glycerin- phosphorsäure, Cerebrinsäure, sind Zersetzungsproducte des Lecithin. Die ßeaction der Dotterflüssigkeit ist stets alkalisch wie die des Eiweiss, die Ausfällung der Eiweissstoffe gelingt daher erst nach Neu- tralisation mit Essigsäm-e oder Kohlensäure vollständig durch Wassei-. Von Stoffen, welche nicht in Aether, a))er in Alkohol löslich sind, ist im Dotter nur Zucker mit Sicherheit aufgefunden. Er wird wie in einer serösen Flüssigkeit nachgewiesen (vergl. § 263). Das l^ehauptete Vorkommen von Cerebrin, Glycogen, Amylum im Hühnerei ist wohl sehr zweifelhaft. Die Uterinmilch von Wiedeikäuern ist noch wenig untersucht. Gamgee-) fand darin 6—10 pCt. gewöhnliches Albumin, 1 pCt. Fett, 0,4—0,8 pCt. xVsche. Diese Flüssigkeit wäre wie eine seröse Flüssigkeit zu untersuchen. Sie zersetzt sicli leicht und verwandelt dann ihre alkalische Reaction in saure. Untersuchung des Darminhaltes und der Fäces. 317. Das Gemenge von Speisen und Secreten des Darmcanals, welches als Speisebrei im Dünndarm eine dünnbreiige bis flüssige Consistenz besitzt und im Wesentlichen die unzersetzten Bestandtheile der Secrete, emulsionirtes Fett, Zucker, Peptone und unverdaute Al- buminstoffe und andere Theile der Speisen enthält, soll im Verlaufe durch den Dünndarm noch ein Secret der kleinen Drüschen der Dünn- darmschleimhaut erhalten, welches Darmsaft benannt, aber von Nie- 1) F. Miescher, Med. ehem. Untersuchungen, herausgeg. von Hoppe- Seyler. Berlin. Heft 4 S. 502. 2) Centralbl. f. d. med. Wiss. 1864. S. 150. 476 Untersuchung des Darminhaltes und der Fäces. 317. mand in reinem Zustande gewonnen ist. Die Versuche, dieses Secret durcli Abschnürung mittelst Streichen entleerter Darmschlingen zu er- halten, haben meist pathologische Flüssigkeiten, Transsudate, erzeugt, deren Untersuchung nur insofern etwas Besonderes ergeben hat, als es sich zeigte, dass sie zum Theil noch Eiweiss zu verändern oder zu verdauen im Stande waren; bis man das Statthaben der Seeretion der Darmschleimhaut wirklich nachgewiesen hat, müssen alle derartigen Versuche ohne sichere Ergebnisse ))leiben. Die Eeaction des Speise- breies zeigt die grösste Verschiedenheit, oft ist sie im Innern des Darmes sauer, an den Wandungen alkalisch, zuweilen sauer vom Magen bis zum After, meist im unteren Theil des Dünndarms alkalisch, im oberen sauer. Im Dickdarm wird die Consistenz der Massen durch Resorption der wässerigen Lösungen aus denselben fester, die Reaction im normalen Zustande sauer, die Albuminstoffe, Zucker, emulsionirte Fette ver- schwinden aus dem Dickdarminlialt lieim Hinabrücken, es verlassen in den Fäces die unverdaulichen sehnigen und keratinhaltigen Reste des genossenen Fleisches und Knochenmehls bei Fleischfressern, die Cellulose und Harze der Nahrung bei Pflanzenfressern gemengt mit Schleim, ab- gestossenem Epithel, Gallenfarbstoffen, Cholesterin, Resten der Gallen- säuren, Kalkseifen, freien fetten Säuren, phosphorsauren und schwefel- sauren Erden den Darmcanal; die liellbraune Färbung, welche normale Fäcalstoffe gewöhnlich zeigen, rührt im AVesentlichen von Hydrobilirubin her (vergl. § 154). Das Meconium enthält vielleiciit mit etwas Beimengung von Vernix caseosa Gallenreste, Schleim und Epithel des Darmcanals. Biliverdin, Cholesterin und Spuren von Gallensäuren können durch Alkohol, viel Bilirubin mit Chloroform daraus extrahirt werden. Dampft man das Alkoholextract mit kohlensaurem Natron zur Trockne ein und zieht den Rückstand zunächst mit Aether, dann mit Alkohol aus, so erhält man beim Verdunsten des Aetherauszuges Cholesterin in strahligen, beim Umkrystallisiren aus heissem Alkohol in ))lätterigen Krystallen. Der Alkoholauszug, durch Verdunsten von Alkohol befreit, giebt alle für die Gallensäm-e charakteristischen Reactionen (vergl. § 141). Froducte der Fäuluiss fehlen im Meconium ganz. Die normale Färbung der Fäces von Säuglingen ist eine hellbraune, durch Hydrobilirubin bedingt^ häutig geht diese Färbung schon bei ge- ringen Digestionsstörungen in Grün über, die Fäces enthalten dann Biliverdin. Ausser der häufigen Beimengung von Blut oder Eiter finden sich in Krankheiten oft folgende Stoffe als pathologische Beimengungen: Untersuchung des Darminhaltes und der Fäces. 318. 477 Albumin, Harnstotf, Hämatin, eine bedeutende Vermehrung er- fahren häufig pathologisch die löslichen Salze, besonders Chlornatrium, Gallenfarbstoff, der unverändert in den normalen Fäcalstoffen der erwachsenen Menschen nicht vorhanden ist, aber bei allen Diarrhöen sich reichlich in den Dejectionen findet, wenn sie nicht excessiv werden oder wenn nicht die Gallenausscheidung stockt wie in der Cholera, end- lich Gallensäuren, die auch nur hei Diarrhöen reichlich in die Fäces gelangen. Hämatin ist ein häufiger Bestandtheil der Fäces, stammt bei gesundem Darme aus der Nahrung (Blut des Fleisches), tritt aber auch stets in den Fäces auf, wenn eine Blutung in irgend einer Stelle des Darmes, mit Ausnahme des unteren Theiles vom Dick- darm, stattfand und die Functionen des Darmes nicht völlig gestört sind, wie bei der Cholera, wo die Blutkörperchen in den Dejectionen unver- ändert erscheinen. In seltenen Fällen (wie es scheint regelmässig bei Cystinurie) finden sich Diamine (Cadaverin, Putrescin). 318. Einen sehr bedeutenden Theil der normalen Fäces von Men- schen und Fleischfressern scheinen zerfallene Epithelzellen des Darm- canals auszumachen. Eine genügende Untersuchung ist hierauf noch nicht gerichtet. Die Angaben über Eiweissgehalt in den Fäces, welche sich regelmässig in Stoffwechselarbeiten finden, sind hierher zu beziehen sowie auf unverdaute Beste anderer Körper der Nahrung; Eiweissstoffe fehlen in normalen Fäces fast immer vollständig (bei sehr reichlicher Einnahme von Milch, Käse u. s. w. kommen sehr selten Reste derselben in den Fäces vor). Zur Untersuchung auf Gallensäuren werden die Fäces mit Alko- hol extrahirt und das filtrirte Extraet nach Abdestilliren der grössten Quantität des Alkohol erst mit Salzsäure gut angesäuert, dann mit Barytwasser stark alkalisch gemacht, der Ueberschuss des Baryt durch einen Strom CO2 ausgefällt, zum Kochen erhitzt, heiss filtrirt, der Rück- stand mehrmals mit Wasser ausgekocht und filtrirt. Die Filtrate auf kleines Volumen eingedampft, geben beim Erkalten Niederschlag von chnlalsaurem Baryt, während glycocholsaurer und etwa vorhandener taurocholsaurer Baryt in Lösung bleiben. Oelsaurer, palmitin- und stearinsaurer Baryt sind in Wasser unlöslich, bleiben sonach bei der Wasserextraction im Niedei schlage. Hinsichtlich der weiteren Dar- stellung, Krystallisation und Nachweis der Gallensäuren durch Petten- kofer's Reaction, Circularpolarisation u. s.w. vergl. oben §§ 139-144. Urobilin kann durch Alkohol und einige Tropfen Schwefelsäure aus den Fäces extrahirt werden. Das Filtrat bei 45— 50" auf kleines Volumen eingeengt, mit gleichem Volumen Wasser gemischt, wird mit Chloroform ausgeschüttelt. Die spectroskopische Prüfung der Chloro- 478 Untersuchung des Darniinhaltes und der Fäces. ."18. formlösung und die grüne Fluorescenz nacli Zusatz von ein wenig Chlor- zink und überschüssigem Ammoniak entscheidet über die Anwesenheit von ürobilin, wenn nicht die Anwesenheit von Häraatin oder Chloro- phyllan oder anderen Farbstoffen die Untersuchung vereitelt. Mehu*) liat ürobilin aus dem Wasserauszug der Fäces durcli Ammoniumsulfat und Schwefelsäure (2 gr im Liter) ausgefällt. Die Untersuchung der Fäces auf eine nicht geringe Anzahl ver- schiedener Stoffe, die in ihnen oft enthalten sind, lässt sich an einer und derselben nicht zu kleinen Portion der Fäces ausführen und zwar kommen liier in Betracht: Indol, Skatol. Phenole, fette Säuren, Fette, Cholesterin. Chlorophyllan, tilucoside. die in Alkohol löslich sind, Amylum, Gummi, Cellulose. Die Fäces werden mit Wasser zum dünnen Brei gemischt und der dritte TJiril des Volumen abdestillirt. Das Destillat enthält neben freien fetten Säui-en Phenole, Indol, Skatol. Der Ettckstand wird etwas ein- gedamjift, nach dem Erkalten mit Schwefelsäure stark angesäuert und erst mit Alkohol, dann mit Aether gut extrahirt und die Extracte ab- liltrirt. Diese Extracte enthalten: fette Säuren, Fette, Cholesterin, Gallen- säuren, Glucoside und Chlorophyllan, wenn diese in den Fäces enthalten sind. Der Eückstand kann enthalten; Keratin, Elastin, Nuclein, Cellu- lose, Aniylum, Guuimiarten. Das erhaltene Destillat wird mit Natriumcarbonat übersättigt wieder der Destillation unterworfen, Indol, Skatol, Phenole gelien über, die fetten Säuren Ideiben als Natrium verliindungen zurück. Das Destillat wird mit Aetzkali stark alkalisch gemacht und abermals destillirt, im Destillat finden sicli Indol. Skatol. Die zurückgebliebenen Plienole werden nach Ansäuern des Eüclistandes mit Schwefelsäure abdestillirt und im Destillate nach § 107, Indol und Skatol nach §§ 109 und 110, die fetten Säuren nach Zusatz von Schwefelsäure abdestillirt, im Destillate nach § 34 getrennt und nachgewiesen. Die o))en erlialtenen Alkoliol- und Aetherauszüge werden mit Na- triumcarbonat übersättigt, Alkoliol und Aether abdestillirt, der Bück- stand in viel Wasser zertheilt und mit Aether ausgeschüttelt, die ätherische Lösung im Seheidetricliter getrennt. Die Aetlierlösung ent- hält die Fette und das Cholesterin. Nach Abdestiiliren des Aetliers wird der Eückstand mit alkoholischer Kalilauge verseift und nacli §§ 48 und 137 fam Ende) Cholesterin und fette Säuren getrennt. Die alkaliscjie wässerige Lösung, von welcher der Aether abge- gossen war, wird nach Verdunsten des Aetherrestes mit Schwefelsäure *) Journ. de pliarui. et de cliim. Aoüt 1878. Untorsuchung des Darminlialros und der FäfPS. 318. 479 stark angesäuert und die Hälfte der Flüssigkeit ahdestillirt. In das Destillat können noch fette Säuren übergegangen sein, welche nach § 34 nachzuweisen sind. Der Kückstand wird neben Gallensäuren Oelsäure, Palmitinsäure, Stearinsäure enthalten können, die man in der Kälte er- starren lässt, abfiltrirt und nach § 35 untersucht (Trennung von Gallen- säm-en wie oben angegeben mit Baryt). In der wässerigen Lösung kann man mit Trommer's Probe auf Zucker untersuchen, wenn man auf in Alkohol lösliche Glucoside Eflcksicht zu nehmen hat. Die in Alkohol und Aether nicht gelösten Stoffe werden mit "Wasser ausgekocht und filtrirt. Im Piltrate wird mit Jod auf Amylum geprült, durch Kochen mit verdünnter Schwefelsäure, Uebersättigung nach dem Erkalten mit Natronlauge, Zusatz von etwas Kupfersulfat und Kochen auf Amylum, Dextrin, Gummi. Von den in Wasser nicht löslichen Stoffen wird die Cellulose durch Erwämien in verdünnter Natronlauge nicht gelöst, nach Wasserzusatz durch Asbest abfiltrirt, der Kückstand mit dem Asbest nach dem Trock- nen fein pulverisirt, in nicht zu viel concentrirter Schwefelsäure durch Zusammenreiben in der Reibschale gelöst, die Lösung in die 20 fache Quantität siedendes Wasser eingetropft, noch ''o Stunde unter Ersatz des verdampfenden Wassers im Sieden erhalten, dann mitTrommer's Methode nach § 52 auf gebildete Maltose und Glucose geprüft. AufNuclo'in untersucht man besser in gesonderter Portion, nach- dem man sie mit Alkohol, dann mit Aether unter Zusatz von Salzsäure extrahirt hat. Der in saurem Aether und Alkohol unlösliche Rückstand wird noch mit wässeriger verdünnter Salzsäure sorgfältig extrahirt und mit salzsäurehaltigem Wasser ausgewaschen. Die ungelöst gebliebene Substanz wird mit Salpeter und Soda in der Platinschale verbrannt und die wässerige Lösung der Schmelze auf Phosphorsäurc untersucht. Die Gegenwart von Phosphorsäm-e beweist ihre Herkunft aus Nuclein, da alle Phosphate, selbst Eisenphosphat, in verdünnter Salzsäure gelöst werden. Möglichste Extraction durch sauren Aether und Alkohol muss der weitern Behandlung auch vorausgehen, um das eisenhaltige Hämatin zu entfernen, dessen bei der Veraschung zurückbleibendes Eisen Zweifel an genügender Extraction der anorganischen Salze erregen kann. Hämatin geht in die sauren Aether- und Alkoholauszüge über und wird in einer Portion derselben spectroskopisch erkannt. Bei An- wesenheit anderer Farbstoffe geben die Bildung von Hämochromogen in alkalischer Lösung mit ein wenig Schwefelammonium, die sehr schwierige Zerstörung beim Schmelzen mit Aetzkali und beim Kochen der schwach alkalischen Lösung mit Quecksilberoxyd sowie der hohe Eisengehalt gute Erkennungsmittel. 480 Untersuchung dfis Darminhaltes und der Fäces. 318. Chlorophyll an geht gleichfalls in die Alkohol- und Aetherlösung grÖListentheils über und wird spectroslioi^isch nacligewiesen. Die ge- nügend concentrirte ätherische Lösung mit dem gleichen Volumen rauchender reiner Salzsäure geschüttelt, giebt Blaufärbung der Salz- säurelösung durch Clilorophyllansäure ; Absorptionsstreif zwischen B und C bei spectroskopischer Prüfung der Salzsäurelösung. Zin- Darstellung der Diamine werden die Fäces mit schwefelsäure- haltigem Alkohol digerirt. Der Auszug wird verdunstet, der Rückstand in Wasser gelöst und die filtrirte Lösung in der oben §§ 68 u. 69 an- gegebenen Weise mit Benzoylclilorid und Natronlauge behandelt. Auf Albumin untersucht man Fäces durch Ansäuern mit Essig- säui-e (Zusatz von Wasser wenn nöthig), Filtration und Prüfung mit Ferrocyankalium, auf Popton und Propepton durch Biuretreaction. Die Untersuchung auf Harnstoff geschieht nach der § 77 aus- führlich beschriebenen Darsteliungsmethode. Lecithin kommt in normalen Fäces nicht vor. In Krankheiten, schon in dünnen Dejectionen bei Darmcatarrh kann es auftreten. Es wird mit Alkohol extrahirt, der Alkoholauszug verdampft, der Rückstand mit Aether ausgezogen und das Aetherextract wie dasjenige einer serösen Flüssigkeit auf Lecithin geprüft (vergl. § 268 am Ende). Zur Untersuchung der anorganischen Stoffe ist eine Trennung 1) der in Alkohol löslichen Stoffe, 2) der in verdünnter Essigsäure, 3) der in Salzsäm-e löslichen Bestandtheile von den in beiden unlöslichen Körpern vor der Verascliung erforderlich, wenn nnm eine genügende Kenntniss der wirklich vorhandenen anorganischen Säuren und Metalle erlangen will. Verascht man die Fäces ohne vorherige Scheidung in dieser Weise, so treibt die Phosphorsäure der sehr liäufig, wenn nicht fast immer vorhandenen Nucleine andere Säuren aus iliren Metallverbindungen aus, ebenso geschieht es durch die häufig reichlich in den Fäces enthaltene Kieselsäure, endlich wird beim Verbrenncm der schwefelhaltigen Stoffe (Haare, Nuclein, Keratin) bei Gegenwart von Carbonaten Sulfat gebildet. Eisenoxyd in der Asche des Alkoholauszuges ist als dem Hämatin zu- gehörig, Eisenoxyd in der Ascht; des salzsauren Auszuges erhalten ist als Phosphat resp. als Oxyd in Rechnung za stellen. Bei Stoffwechseluntersuchungen ist es allgemein üblich, die mit Aether extrahirten Stoffe als Fett zu bezeichnen, den Stickstoffgehalt des Trockenrückstandes als dem Eiweiss zugehörig, das Product directer Veraschung als anorganische Bestandtheile der Fäces in Rechnung zu stellen. Das eine ist so unrichtig wie das andere. Ueber das Excretin und die Excretolinsäure Alarcet's ist § 199 bereits genügend gehandelt. Sowohl bei Menschen als auch bei Pflan- Nachweis und Bestimmung der organischen Bestandtheile in Knochen etc. 819. 481 zenfressern finden sich häufig Incrustationen von Speiseresten mit anorganischen Salzen, Concretionen von Haaren, harzigen Massen und Fasern der genossenen Stengel und Blätter und kleinere oder grössere Darmsteine, bei Pferden bis über 5 Kilogr. von Gewicht. Diese Darmsteine und Incrustationen bestehen fast ausschliesslich aus phosphor- saurem Magnesia-Ammoniak P04MgNH4 + 6H2O; an menschlichen Darnisteinen sieht man zuweilen*) grosse wohl ausgebildete Krystalle des letzteren Salzes. Die Darmsteine von Pferden enthalten niu- Spuren von Kalkphosphat. Man untersucht die Darrasteine und Incrustationen wie die Harnsteine (vergl. §§ 257 — 259); natürlich ist die Prüfung auf Harnsäure, Cystin, Xanthin u. s. w. überflüssig. Abscheidungen von blauen Vivianitkör neben im Darminhalt von Leichen ist zuweilen beobachtet. Die Concremente, welche unter dem Namen echter Bezoare sehr selten aus dem Orient nach Europa gekommen sind und von denen an- gegeben wird, dass sie Darmsteine der Antilope Dorcas und Capra aegagi'us seien, bestehen ganz aus Lithofellinsäure neben Spuren von grünem Farbstoff, wohl Gallenfarbstofif, und etwas Schleim. Sie sind olivenfarbig, concentrisch geschichtet, wachsglänzend auf dem Bruch, in heissem Alkohol leicht löslich; ihre Untersuchung siehe bei Litho- fellinsäure § 142. 6. Untersuchnng der Organe und Gewebe. Knochen, Zahnsubstanzen und Verkalkungen. Nachweis und Bestimmung der organischen Bestandtheile. 319. Da Knochen- und Zahnsubstanzen, sowie die Verkalkungen, die sich in verschiedenen Organen pathologisch bilden können, stets Phosphorsäure, Kohlensäure, Kalk und Magnesia, mit Ausnahme des Schmelzes auch stets leimgebendes Gewebe enthalten, wäre es über- flüssig, mit Kücksicht auf diese Stoffe eine qualitative Untersuchung dieser Körper anzustellen. Zweifelt man jedoch, ob man es mit einer Verkalkung oder Verknöcherung zu thun hat, ist insbesondere das mikroskopische Kennzeichen der Knochen, die Knochenkörperchen, nicht deutlich nachzuweisen, so würde wenigstens die Untersuchung auf leim- gebendes Gewebe nicht überflüssig sein. Zur Untersuchung auf leimgebendes Gewebe in Knochen *) Ein schöner Fall von Virchow beschrieben und abgebildet in Arch. f. pathol. Anat. Bd. 20 S. 403. 1860. Hopp e-Seyler, Analyse. 6. Anfl. 31 482 Die anorganischen Bestandthpile der Knochen, Zähne etc. ">2Q. oder verkalkten Stücken von Organen reinigt man dieselben zunächst möglichst sorgfältig von den sie umgebenden Gewebstheilen, zerstösst ein Stück zu grobem Pulver, zieht dasselbe mit Alkohol und Aether aus, um Fette zu entfernen, und giesst dann verdünnte Salzsäure auf. Man erkennt nach einiger Zeit am Ansehen der Masse leicht, ob die Kalksalze völlig ausgezogen sind, und wäscht dann mit vielen Portionen Wasser den Rückstand so lange aus, bis das Waschwasser keine saure Reaction mehr zeigt. Die auf diese Weise von Kalksalzen völlig be- freite Substanz wird dann mit Wasser in einem Kolben einige Zeit im Kochen erhalten oder noch besser damit in ein Glasrohr eingeschmolzen und etwa 24 Stunden im Wasserbade bei 100" oder im Oelbade bei 105 — 110" digerirt. Man filtrirt dann kochend heiss die Lösung durch ein Faltenfilter, wäscht mit kochendem Wasser aus, concentrirt das Filtrat im Wasserbade und lässt einige Stunden kalt stehen. Enthielt die verkalkte Masse u. dgl. leimgebendes Gewebe, so wird das concen- trirte Filtrat nach dem Erkalten zur steifen Gallert gestehen und die Gallert, in heissem Wasser gelöst, die in § 183 bescliriebenen Eeactionen des Glutins geben. Zur quantitativen Bestimmung des Gehaltes an leim- gebendem Gewebe in Knochen u. s. w. verfährt man mit der ge- reinigten, insbesondere von Periost sorgfältig getrennten, zerstossenen und bei 110" getrocknet gewogenen Masse in gleicher Weise, verdunstet dann das Leim enthaltende Filtrat zur Trockne, trocknet im Luftbade bei 110" und wägt. Die Bestimmung des Fettgehaltes besteht in einer einfachen Extraction einer getrocknet gewogenen Portion des Knochenpulvers mit Aether, Filtration, Auswaschen mit Aether, Verdunsten des Aetheraus- zugs, Trocknen des Fettrückstandes und Wägen desselben. Die anorganischen Bestandtheile der Knochen, Zähne und Verkalkungen. 320. Ausser Phosphorsäure, Kohlensäure, Kalk und Magnesia finden sich in Knochen und Zähnen noch Spuren von Fluor und Chlor. Diese Stoffe erfordern eine kleine A))weichung von dem Gange der Analyse der Aschen, die sich im üebrigen auf die Knochen ohne Weiteres an- wenden lässt. Knochenstücke oder Zahnsubstanz, welche auf ihre anorganischen Bestandtheile untersucht werden sollen, sind nach möglichster Reinigung zum. Pulver zerstossen zunächst durch Waschen mit Wasser, dann mit Alkohol und Aether von löslichen Salzen und Fetten möglichst zu befreien. Die anorganischen Bestandtheile der Knochen, Zahne etc. 320. 483 1) Man behandelt dann einen Theil der Substanz mit verdünnter reiner Salpetersäure und erkennt am Aussehen des Knochenpulvers, ob völlige Lösung der Kalksalze stattgefunden hat, darauf filtrirt man ab, wäscht den Rückstand mit Wasser aus, und fallt im Filtrat das Chlor durch salpetersam'es Silberoxyd. Die Quantität Chlor, die sich findet, kann nur unbedeutend sein; will man sie bestimmen, so erhitzt man die Flüssigkeit kurze Zei^ auf dem Wasserbade, bis der Niederschlag sich gut abgesetzt hat, filtrirt durch ein kleines Filter, sammelt darauf den Niederschlag, wäscht mit Wasser aus, trocknet, glüht u. s. w., wie es im § 207 angegeben ist. 2) üeber den Nachweis des Fluor ist im § 15 das Nöthige an- gegeben. Die organischen Substanzen sind aus den Knochen durch Veraschen zu entfernen, ehe mit Schwefelsäure im Platintiegel versetzt und auf Fluor geprüft wird. 3) Zur Ermittelung des Kohlensäuregehaltes der Knochen wird eine bei 110" getrocknete und gewogene Portion des Knochen- pulvers u. dgl. in der Weise behandelt, wie es in § 215 für Aschen beschrieben ist. Es ist zweckmässig, etwa 5 gr oder noch mehr zu dieser Bestimmung zu verwenden. Man hat dabei nicht zu befürchten, dass die organische Substanz mit der verdünnten Salzsäure Kohlensäure entwickelt, während dagegen die Bestimmung der Kohlensäure in Knochen u. dgl. nach dem Veraschen derselben ein zu niedriges Re- sultat giebt*). 4) Zm- Bestimmung des Gehaltes der Knochen an Phosphor- säure, Kalk, Magnesia, Eisenoxyd verascht man am Besten eine gewogene Portion, etwa 3 — 6 gr des gereinigten und getrockneten Knochenpulvers im Porcellantiegel, restituirt nach dem Erkalten die fortgegangene Kohlensäure durch Befeuchten mit kohlensaurem Am- moniak, trocknet und erhitzt wieder bis zmn gelinden Glühen, lässt er- kalten und wägt die ganze Asche, löst sie dann im Becherglase in ver- dünnter Salzsäm-e und filtrirt, wenn noch Kohle sich zeigen sollte, die- selbe durch ein gewogenes aschefreies Filter ab und wäscht mit Wasser gut aus. Die Kohle wird mit dem Filter getrocknet, gewogen und in der Berechnung von dem Gewichte der Knochenasche abgezogen. Die klare salzsaure Lösung macht man dann mit Aetzammoniak zunächst alkalisch und fügt dann wieder Essigsäure hinzu, so lange sich noch etwas vom Niederschlage löst. Ein etwa ungelöst bleibender Nieder- schlag von phosphorsaurem Eisenoxyd wird auf einem kleinen Filter *) Vergl. F. Wibel, Das Verhalten des Calciumphosphats zu Calciumcarbonat in höherer Temperatur. Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 7 S. 220. 1874. 31' 484 Die anorganischen Bestandtheile der Knochen, Zähne etc. 320. gesammelt, ausgewaschen, getrocknet, geglüht, gewogen und als phos- phorsames Eisenoxyd berechnet. In der abfiltrirten Lösung wird dann durch oxalsaures Ammoniak der Kalk völlig ausgefällt, Flüssigkeit und Niederschlag auf dem Wasserhade einige Zeit digerirt, dann ab- filtrirt, der Niederschlag auf dem Filter gesammelt, gewaschen, ge- trocknet, geglüht u. s. w., wie es in § 205 beschrieben ist. Das ge- sammelte Filtrat und Waschwasser wird dann zunächst auf ein kleines Volumen auf dem Wasserbade oder über kleiner Flamme ab- gedampft, mit Aetzammoniiik sehr stark übersättigt, 24 Stunden kalt stehen gelassen, dann filtrirt, der Niederschlag auf dem Filter gesammelt, mit verdünntem Aetzammoniak gewaschen, getrocknet und in einer Platindrahtspirale oder im kleinen Platin- oder Porcellantiegel geglüht, gewogen (vergl. § 206). Die von dem phosphorsauren Magnesium-Ammonium abfiltrirte Flüs- sigkeit enthält noch die Phosphorsäure, welche mit dem Kalk im Knochen verbunden war. Man fällt dieselbe nöthigenfalls nach noch- maligem Einengen der Flüssigkeit durch ammoniakalische Magnesia- lösung (schwefelsaure Magnesia, Chlorammonium, überschüssiges Aetz- ammoniak), lässt kalt 24 Stunden stehen, filtrirt und behandelt den Niederschlag wie den vorigen. Man erhält sonach aus derselben Portion getrockneten Knochen- pulvers die Gewichte 1) der ganzen anorganischen Bestandtheile, 2) des phosphorsauren Eisenoxyds, 3) des Kalkes als kohlensauren Kalk, 4) der pyrophosphorsaun n Magnesia, 5) der Phosphorsäure des Kalkes als zweite Portion pyrophosphorsaurer Magnesia. Nach der Tabelle II im Anhang berechnet man aus diesen Werthen die Magnesia aus der vierten Wägung, die Phosphorsäm'e aus der vierten und fünften, den Kalk aus der dritten Wägung und erhält so den Gehalt der Knochen an phosphorsaurem Eisenoxyd, Kalk, Magnesia, Phosphorsäure. Man berechnet nun gewöhnlich die anorganischen Salze der Knochen, Zähne u. s. w. in der Weise, dass, wenn alle Säuren und Basen für 100 Gewichtstheile Knochen berechnet sind, man zunächst annimmt, dass die Magnesia an Phosphorsäm-e entsprechend der Formel PjOgMgj gebunden sei, so dass 1 Gewichtstheil Magnesia 2,1833 Gewichtstheilen phosphorsaurer Magnesia entspricht; die hierzu erforderliche Phosjihor- säure wird von der in 100 Theilen Knochen gefundenen subtrahirt und der Eest als Po Oj Gag berechnet, so dass 1 Gewichtstheil Po O5 2,1831 Gewichtstheilen P2 Og Ca3 entspricht. Zieht man den für die Berechnmig nöthigen Kalk von dem in 100 Theilen Knochen gefundenen Kalkgewichte ab, so erhält man das Gewicht Kalk als Kest, welches an Chlor, Fluor und Kohlensäure gebunden war. Hat man nun den Gehalt der Knochen Untersuchung der Muskeln, drüsiger Organe, Leber etc. 321. 485 an Kohlensäure durch einen gesonderten Versuch bestimmt, so berechnet man die in 100 Gewich tsth eilen Knochen gefundene Kohlensäure als kohlensauren Kalk CO3 Ca und ebenso den gefundenen Chlorgehalt als Chlorcalcium. 1 Gewichtstheil COo entspricht 2,2727 Gewichtstheilen CO3 Ca und 1 Gewichtstheil Chlor entspricht 1.5634 Gewichtstheilen CI2 Ca ; der dann übrig bleibende Best von Kalk wird als Fluorcalcium in Rechnung gestellt; 1 Gewichtstheil Ca 0 entspricht 1,39286 Ge- wichtstheilen FI2 Ca. Frische gut gereinigte Knochen scheinen nie Eisen zu enthalten; dasselbe findet sich dagegen als Phosphat nicht selten in fossilen Zähnen, zuweilen sogar in erheblicher Quantität. Wenn es an der erforderlichen Substanz mangelt, um die Bestimmung der Kohlensäure, des Chlors und der übrigen anorganischen Bestandtheilo in geson- derten Portionen auszuführen, wie es beschrieben ist, so verfährt man am Zweck- massigsten in der Weise, dass man die Fluorcalciumberechnung ganz aufgiebt, auch die Kohlensäure aus dem Verluste berechnet, die gewogene Knochenpulver- portion verascht, die Asche in Salpetersäure löst, durch salpetersaures Silberoxyd das Chlor fällt, das Chlorsilber in der oben angegebenen Weise behandelt, im Fil- trate durch Salzsäure das Silber ausfällt, filtrirt und in der so erhaltenen Flüssig- keit Phosphorsäure, Kalk u. s. w. bestimmt. Man kann auch in der Asche der Knochen im Fresenius-Will'schen Apparate erst mit Salpetersäure die Kohlensäure austreiben und durch den Ge- wichtsverlust des Apparates bestimmen*), in der salpetersauren Lösung dann noch Chlor und die anderen Aschenbestandtheilo bestimmen. Da der Chlorgehalt in den Zähnen und besonders in den Knochen ein sehr geringer ist, so wird man bei Knochenuntersuchungen diese Probe meist ganz unterlassen können. Das Chlorcalcium ist an sich in Wasser leicht löslich, in dem Zahnschmelz zeigt sich jedoch ein geringer Gehalt an Chlorcalcium in gleicher Weise mit phos- phorsaurem Kalke wie im Apatite und vielen anderen Mineralien verbunden. Die in Wasser löslichen Substanzen der Knochen und Zähne haben so wenig Charakteristisches, dass es überflüssig wäre, für ihre Untersuchung Methoden anzugeben. In osteomalacischen Knochen hat C. Schmidt Milchsäure gefunden und durch diese bedingte saure Reaction der Knochenflüssigkeit. Zur Prüfung auf Milchsäure würde man die Knochen zerstossen, mit Wasser extra- hiren und dann nach § 4U auf Milchsäure untersuchen müssen. Knochen, welche längere Zeit in der Erde gelegen, sind oft von Vivianit blau gefärbt; der Kachweis des Eisenoxyduls (vergl. § 8) ergiebt hierfür die Er- kennung. Untersuchung' der Muskeln, drüsiger Organe, Leber, Niere, Lunge, Milz. 321. Die Zusammensetzung der Muskeln, Drüsen, Lunge, Milz u. s. w. bietet so viel üebereinstimmendes, dass eine nicht geringe *) Siehe Fresenius, Anleitung zur quantitativen Analyse. 6. Aufl. S. 446. 486 Untersuchung der Muskeln, drüsiger Organe, Leber etc. 321. Zahl von Untersuchungsmethoden für alle diese Organe Anwendung finden kann und nur die Nervensubstanzen eine gesonderte Besprechung erheischen, üeber die Fermente der Labdrüsen und des Pankreas ist schon oben in §§ 197 u. folg. das Erforderliche angegeben. Diastatisches Ferment findet sich in sehr zahlreichen Organen, wenn nach ihrer Zer- kleinerung mit kaltem Wasser extrahirt und das Filtrat mit Stärke- kleister kurze Zeit stehen gelassen wird. Man prüft dann mit Natron- lauge und etwas Kupfervitriol im Sieden nach § 52. Sind Eiweissstoffe reichlich in Lösung, so hindern sie leicht die Ausscheidung von etwas Kupferoxydul. Unter den Bestandtheilen der bezeichneten Organe sind in erster Linie verschiedene Albuminstoffe zu nennen; es kommen in Betracht: Serumalbumin, Myosin, Serumglobulin, Muskelglobulin (vergl. oben § 1G6), Pepton. Von den Proteiden ist Oxyhämoglobin in der Substanz verschiedener Muskeln, Mucin in den Submaxillar- und Sublingualdrüsen enthalten. Nucleine (beziehungsweise Nucleoalbumine, Nucleohistone) finden sich in grösserer oder geringerer Quantität in allen Organen. Von Kohlehydraten finden sich Glycogen und seine Spaltungsproducte Dextrin, Maltose, Traubenzucker. Eine in den Organen allgemein ver- breitete Gruppe von Stoffen sind Lecithin, Fette, Seifen, Cholesterin. Kreatin, Kreatinin, Taurin, Harnsäure sind in vielen Organen gefunden, in anderen vermisst. Hypoxanthin, Adenin, Xanthin, Guanin scheinen stets zu den Nucleinen in naher Beziehung zu stehen und werden bei der Zersetzung der meisten dieser eigenthtimlichen Stoffe liesonders reichlich erhalten. Fleischrailchsäure*), ein wichtiger Bestandtheil der Muskeln, findet sich auch in anderen Organen. Leucin, Tyrosin, Hydro- paracumarsäure, Indol, Skatol scheinen nur pathologisch oder nur in zweifelhaften Spuren in den Organen aufzutreten oder Producte der nach dem Absterben bereits erfolgenden Fäulniss zu sein, dagegen findet sich Inosit normaler Weise in vielen Organen. Es ist in allen Fällen von Wichtigkeit, die zu untersuchenden Organe so frisch als möglich in Arbeit zu nehmen, aber sie auch so gut als möglich von Fascien, Sehnen, Blutgefässen, Nerven u. s. w. durch schnelles Präpariren zu befreien. Die Entfernung des Blutes aus den Organen von menschlichen Leichen gelingt nicht. Ist der Tod durch Verbluten erfolgt, so sind die Verhältnisse für die Untersuchung der Organe am Günstigsten. Dasselbe ist der Fall mit exstirpirten ') Fleischmilchsiiure ensteht nach don Untersuchungen von 2S'enclii und Sieber (Monatshefte f. Chem. Bd. 10 S. .')32) auch durch die Einwirkung von Bacterien auf Traubenzucker. Auswahl und Aufeinanderfolge der üntersuchungsmethoden. 322. 487 Geschwülsten, Muskeln amputirter Theile. Leitet man durch in die Arterien eingebundene Canülen einen Strom verdünnter Chlornatrium- lösung (5 — 10 gr NaC'l auf 1 Liter Wasser) durch die noch nicht ab- gestorbenen Muskeln, Drüsen u. s. w., so kann man in günstigen Fällen die Blutkörperchen aus den Blutgefässen vollständig ausspülen, auch die Plasmabestandtheile werden entfernt, aber die verdünnte Salzlösung entführt nicht allein Bestandtheile des Organs selbst, sondern bewirkt, wenn das Leben noch fortbesteht, Veränderungen in den chemischen Vorgängen des normalen Organs. Es ist dieses Ausspülen des Blutes aus den Gefassen mit verdünnter Salzlösung nur in ganz speciellen Fällen und nicht für quantitative Untersuchungen zulässig oder zweck- mässig. Steht etwas Blut von dem Individuum, dessen Organe untersucht werden sollen, zur Verfügung, so kann durch Auswaschen eines ge- wogenen Theils vom zum Brei zerkleinerten gewogenen Organe mit Wasser und colorimetrische Vergleichung mit dem Blute, welches mit gemessenen Wassermengen verdünnt wird (vergl. oben § 273 und § 278), der Gehalt des Organs an Blut bestimmt und ausserdem nach ausge- führter Bestimmung der Bestandtheile des Blutes auch von den Blut- bestandtheilen ermittelt werden, wie viel von jedem derselben (ausser dem Blutfarbstoff) im Organe zurückgeblieben ist. Auf diesem Wege ist z. B. der Gehalt von Hunde- und Kaninchenmuskeln an Serum- albumin bestimmt.*) Die Zerkleinerung der Organe durch Messer und Schere ist müh- sam und zu zeitraubend. Das Zerreiben der grob zerstückelten Masse mit Glasstücken oder Sand gelingt ziemlich schnell und gut, es geht aber leicht der abgeriebene Kiesel- oder Glasstaub als Trübung durchs Filter, wenn wässerige Auszüge des Organbreies filtrirt werden. Das Zerreissen und Zerschneiden in der Fleischzerkleinerungsmaschine ist sehr schnell ausfülirbar, aber gleichmässiger, in beliebiger Feinheit und auch nicht langsam gelingt die Zerkleinerung mit schwerem Hackemesser auf einem Brett aus liartem Holze. Auswahl und Aufeinanderfolge der IInter§ucliungsuiethoden. 322. Zur Bestimmung des Wassergehaltes wird eine Portion von 5 — 10 gr des Organbreies gewogen, in einer Porcellanschale in dünner Schicht mit einem Spatel oder Glasstäbchen ausgebreitet, bei 50—700 zunächst im Luftbad oder Wasserbad getrocknet, dann auf 105 — 110" erhitzt erhalten, nach dem Erkalten über Schwefelsäure *) Demant, Zeitschr. f. physiol. Chem, Bd. 4 S. 384. 488 Auswahl und Aufeinanderfolge der Uutersuchungsmethoden. 322. gewogen, wieder liei letzterer Temperatur getrocknet, gewogen und dies wiederholt, bis das Gewicht eonstant ist. Es ist nicht zweckmässsig, diesen Kückstand, wie es noch viel geschieht, fein zu pulverish-en und zur Besimmung des Fettes u. s. w. zu verwenden, ebenso wenig ihn zu veraschen und die Aschenquantität zu bestimmen, weil getrocknete Massen sich schwer vollkommen mit Aether extrahiren lassen, und die beim Verbrennen der ganzen Masse durch Einwirkung der Phosphor- säure des Lecithin und Nuclein und Bildung von Schwefelsäure aus Ei- weissstoffen, Keratin u. s. w. hervorgerufenen Veränderungen in der Zusammensetzung der anorganischen ßestandtheile sehr störend sein können. In allen Fällen ist zur Darstellung der Aether-, Alkohol- und Wasserauszüge und zur Veraschung der einzelnen Extractrückstände aus einem gewogenen Theil des Organbreies, der nicht zu klein be- messen werden darf, der Gang besonders empfehlenswerth, welcher in § 268 für seröse Flüssigkeiten eingehend gescliildert ist. Durch dieses Verfahren erhält man die Bestimmung des Gehaltes im Organ an Lecithin, Cholesterin, Fetten, einzelnen anorganischen Bestandtheilen (die Aschen des Alkohol- und Wasserauszugs sind zur Analyse zu vereinigen), wenn die Analyse der Aschen durchge- führt wird. Zur Untersuchung der Albuminstoffe ist eine besondere Portion des Organbreies zu verwenden, eine andere Portion desselben zur Untersuchung auf Glycogen, wieder eine andere zur Aufsuchung und Bestimmung von Kreatin, Hy))oxanthin, Adenin, Xanthin und Guanin nach Neubauer und Anderen. Bestimmung des Zuckers und der Milchsäure kann mit der Untersuchung auf Glycogen aus der- selben Portion geschehen. Für Nuclein und die bei seiner Zersetzung ent- stehenden Hypoxanthin, Adenin, Xanthin, Guanin sind wieder gesonderte Portionen erforderlich, mit letztei'er kann die Untersuchung auf Harnsäure zugleich ausgeführt werden. Die Untersuchung auf Harnstoff, Leucin, Tyrosin, Taurin, Hydroparacumarsäure, Pepton, Lecithin, Cholesterin, Fette kann mit einer Portion des Organbreies ausgeführt werden. Hinsichtlich der Albuminstoffe vergl. den folgenden Paragraphen, für die Darstellung von Glycogen aus Organen sind in § 58, über die der Milchsäure in § 40, über die des Harnstoffs in § 77 die Vorschiiften gegeben. Inosit kann man neben Kreatin sowie neben Milchsäure nach dem Verfahren von Boedeker (vergl. oben § 135) gewinnen. Zur Untersuchung flüchtiger fetter Säuren bringt man den Organbrei in das 5 — lOfache Gewicht Wasser, säuert mit verdünnter Schwelelsäure an, filtrirt durch Leinwand, destillirt den Auszug und untersucht das Destillat nach § 34. Untersuchung der Albuminstoffe in Muskeln und andern Organen. 323. 489 Unter.suchung der AlbuiniustofFe in Muskeln und andern Organen. 323. Zur Untersuchung der verschiedenen Albuminstofie wird die zum Brei zerkleinerte Masse successive mit Wasser, Salzlösung und sehr verdünnter Salzsäure oder sehr verdünnter Alkalilauge behandelt. Man trägt den Brei in die ungefähr doppelt so grosse Menge eiskalten Wassers ein, stösst und reibt das Gemenge in der Reibschale zusammen, lässt unter häufigem Umrühren einige Stunden bei sehr niedriger Tem- peratur stehen, filtrirt dann zuerst durch locker gewebte Leinwand, presst aus, filtrirt die Flüssigkeit durch Papier. Die rückständige Masse wird dann mit grösseren Wasserquantitäten mehrmals noch in gleicher Weise behandelt, die abfiltrirten wässerigen Lösungen aber nur dann mit dem ersten Filtrate vereinigt, wenn quantitative Bestimmung der einzelnen Albuminstoffe ausgeführt werden soll. Die ausgepresste Muskel- oder Drüsenmasse wird nun zur Extraction von Globulinen, besonders Myosin, mit einer Lösung von Chlorammonium (120 — 150 gr in Wasser gelöst und zu 1 Liter verdünnt) übergössen, zusammengerieben und geknetet, unter häufigem Umrühren einige Stunden stehen gelassen, dann ab- filtrirt, ausgepresst, noch 2- oder 3 mal in gleicher Weise mit neuen Portionen Chlorammoniumlösung behandelt, ausgepresst und nun durch Behandlung mit viel Wasser das Chlorammonium aus der rückständigen Organmasse möglichst entfernt. Dieselbe wird dann ausgepresst in Wasser gebracht, dem 4 CC. reine rauchende Salzsäure für 1 Liter Lösung zugesetzt sind, gut zusammengerieben, dann abfiltrirt und noch mehrmals mit neuen Portionen dieser ungefähr 1 p. M. HCl enthalten- den Lösung behandelt, so lange dieselbe noch mehr als Spuren von Ei- weissstoff aufnimmt, der bei Neutralisation einer Probe mit Natrium- carbonat oder auf Zusatz von Ferrocyankalium zur sauren Lösung aus- fällt. Mit Wasser wird dann die ausgepresste Masse gewaschen und dann mit Aetzkalilösung von 1 — 2 gr auf 1 Liter Wasser behandelt, zusammengerieben stehen gelassen, filtrirt, der Rückstand mit Wasser gewaschen, mit einigen Tropfen verdünnter Essigsäure im Wasser ge- waschen. Der Rückstand kann von Eiweissstoffen kaum noch etwas enthalten als Fibrin aus dem Blute, welches in den Gefässen des Or- ganes geronnen war, und amyloide Substanz in degenerirten Organen. Anhaltend mit Wasser gekocht verliert der ausgepresste Rückstand seinen Gehalt an Collagen, welches als Glutin in Lösung übergeht und nach genügender Concentration auf dem Wasserbade beim völligen Er- kalten zur Galler-t erstarrt. Die Sarkolemmschläuche, membranae propriae der Drüsenschläuche, elastischen Fasern und Keratin bleiben in ihrer mikroskopischen Structur kaum verändert zurück. 490 Untersuchung der Albuminstoflfe in Muskeln und andern Organen. 323. Bei dieser Behandlung, die stets bei sehr niedriger Temperatur auszuführen ist, werden erhalten 1 ) Kaltwasserauszug, "2) Chlorammonium- lüsung, 3) Lösung in Salzsäure von 1 p. M. und 4) Lösung in Kali- lösung von 1 — 2 p. M. Werden Muskeln auf die beschriebene Weise behandelt, so kann man sehr häufig mit Chlorammoniumlösung be- handeln, immer wird der letzte Auszug noch Globulinsubstanz enthalten. Das früher übliche Extrahiren des Organbreies mit NaCl-Lösung ist noch viel weniger günstig als das von Danilewski für das Myosin mit Recht empfohlene Chlorammonium (vergl. oben § 164).*) Die verdünnte Aetzkalilösung ist schnell zu tiltriren und dann sofort mit Essigsäure sehr schwach anzusäuern. 1. Im ersten Kaltwasserauszuge können sieh von Eiweissstoffen und Proteiden befinden : Serumalbumin, Serumglobulin, Muskelglobulin, Moy- sin, Mucin, Nueleohistone, Propeptone, Peptone. War das Organ noch bluthaltig, so enthält der Wasserauszug auch den Blutfarbstofl:", an seiner Farbe sofort zu erkennen. Mucin wird in einer Probe durch Essigsäure nachgewiesen, es entsteht ein faserig flockiger, in überschüssiger Essig- säure unlöslicher, auf Zusatz von Chlornatriumlösung quellender und dann sich lösender Niederschlag. Nucleohiston fällt ebenfalls auf Zusatz von Essigsäure. Eine andere Probe wird in einem Probirglas oder Kolben mit eingesetztem Thermometer langsam im Wasserbade erwärmt. Trübung und flockiger Niederschlag bei 45 — 48" zeigt die Anwesenheit von Muskelglobulin an. Das Coagulum wird abfiltrirt und das Filtrat im Probirglas oder Kolben langsam weiter erhitzt. Flockiger Nieder- schlag bei 55", nachdem schon früher Trübung eingetreten, zeigt Myosin an. Es wird abermals filtrirt und weiter erhitzt, Trübung in den 60 er Graden und flockige Fällung bei 72 — 75" geben Serumalbumin und Serumglobulin an. Ist Blutfarbstoif zugegen, so giebt derselbe gleich- falls bei dieser Temperatur Coagula, scheidet sich aber erst beim Sieden vollständig aus. Eine dritte Probe wird mit Magnesiumsulfat vollständig gesättigt, dann filtrirt, der Niederschlag mit gesättigter Magnesiumsulfatlösung gewaschen, dann in nicht zu viel Wasser gelöst. Enthält der Nieder- schlag nur Myosin und Muskelglobulin, so wird beim vorsichtigen Er- wärmen bei 55 — 56 " alle Globulinsubstanz ausgefällt, ist dagegen auch Serumglobulin zugegen, so tritt über 60" von Neuem Trübung ein und flockige Fällung bei 73—75». Da Muskelglobulin durch Sättigung der Lösung mit Chlornatrium nicht gefällt wird, kann in einer Portion der Flüssigkeit durch dies Salz •) Vergl. auch Danilewski, Zeitscbr. f. physiul. Cheni. Bd. 7 S. 124. Untersuchung auf Nucleine. 324. 491 das Myosin vollständig gefällt werden, nach Filtration und Zusatz von Wasser durch Erwärmen auf 48° sicherer constatirt werden, ob Muskel- globulin zugegen ist oder die in der nicht mit NaCl gefällten Flüssig- keit erhaltene Trübung nur von Myosin bewirkt war. 2. Aus dem Auszug des Organbreies mit Chlorammoniumlösung wird durch Sättigung mit NaCl (Einstellen eines Steinsalzprisma) die Globulinsubstanz gefällt, filtrirt, der Niederschlag mit etwas Wasser ge- löst und durch vorsichtiges Erwärmen zunächst auf 55 o, dann höher ermittelt, ob Myosin oder Serumglobulin oder beide zugegen sind. 3. Die Lösung in sehr verdünnter Salzsäure wird durch vorsichtige Neutralisation mit Natriumcarbonat gefällt, der Niederschlag gut mit Wasser gewaschen, reagirt neutral, wenn er aus Syntonin besteht, be- harrlich sauer, wenn er Albuminat enthält. Alliuminat als feuchter Niederschlag mit Ca CO 3 in der Reibschale zusammengerieben, löst Calciimi auf, so dass die filtrirte Lösung mit Natriumcarbonat Nieder- schlag von Calciumcarbonat giebt. 4. Die Aetzkalilösung giebt beim Neutraüsiren Niederschlag, wenn sie Acidalbumin enthält, All)uminat fällt erst beim Ansäuern nieder. Die weitere Unterscheidung wie in 3. Die angegebenen Trennungen der einzelnen Eiweissstoife in den Aus- zügen sind auch für annähernde quantitative Bestimmung brauchbar, nm- sind die Globulinsubstanzen mit Chlorammoniumlösung so wenig als mit andern neutralen Salzlösungen quantitativ zu extrahiren, es bleibt im Rückstand ein Theil derselben zurück, der in den Auszug mit sehr verdünnter Salzsäure als Syntonin übergeht. Man kann deshalb das Ge^vicht des in der sauren Lösung gefundenen Albuminstofls zu den Globulinen fast in allen Fällen addiren. Propeptone und Peptone sucht man im Kaltwasserauszug des Organbreies mit Hülfe der in §§ 172 — 178 angegebenen Eeac- tionen auf. Untersuchung auf Nucleiiue. 324. Darstellung des Nucle'ins*). Der Brei des zerkleinerten Organs wird zunächst schnell mit kaltem Wasser ausgezogen, so lange die Flüssigkeit Oxyhämoglobin aufnimmt, dann mit sehr verdünnter Salz- säure (4 — 8 CC. reine rauchende Salzsäure auf 1 Liter Wasser) extrahirt, mit Wasser ausgewaschen und ausgepresst. Der ausgepresste Rückstand wird bei kalter Temperatm- mit sehr verdünnter Kali- oder Natronlauge (2 gr auf 1 Liter Wasser) zusammengerieben, schnell filtrirt und sofort ''I Med. ehem. Untersuchungen, herausgegeben von Hoppe-Seyler. S. 488. 492 Bestimmung des Nuclein, der Nucleinbasen u. Harnsäure nach Kossei. 324. in verdünnter Salzsäure das Filtrat aufgefangen, so dass es sogleich übersättigt wird. Das sieb flockig abscheidende Nuclein wird abfiltrirt, zunächst mit sehr verdünnter Salzsäure, dann mit Alkohol und etwas Aether gewaschen, alkoholfeucht mit der Luftpumpe über Schwefelsäure getrocknet. Man kai n auch aus dem Gewebe zuerst die Hauptmasse des Eiweiss durch künstliche Verdauung mit Pepsinchlorwasserstoffsäure entfei-nen, den Kückstand mit sehr verdünntem Ammoniak aufnehmen, filtriren, mit Salzsäure fällen, den Niederschlag nochmals mit künst- licliem Magensaft verdauen, das Ungelöste wieder mit Ammoniak be- handeln und die ammoniakalische Lösung in Salzsäure filtriren (Hammarsten). Diese Darstellungsweisen sind unsicher, indem sich stets ein grosser Theil der Nucleine zersetzt. Bestiiiiiining des IVucleiu durch seine Phosphorsäui-e uach Kossei. i) Ungefähr 15 gr des Organbreies werden abgewogen, in geräumiger Eeibsehale mit ein wenig Gerbsäurelösung vmd ungefähr 10 CG. ver- dünnter Salzsäure (von ungefähr 5 pCt. HCl) Übergossen und gut durch- geknetet. Der Brei wird dann durch kleines, mit verdünnter Salzsäure ausgespültes Filter filtrirt, mit viel verdünnter Salzsäure, dann mit siedendem Alkohol, zuletzt mit Aether extrahirt. Von den letzten Portionen des salzsauren, des ätherischen und des alkoholischen Extractes werden Proben eingedampft, mit Soda und Salpeter verascht; diese dürfen höchstens noch geringe Spuren von Phosphorsäure enthalten. Die extraliirte Organmasse wird ätherfeuelit in eine geräumige Platin- scliale gebracht, und der Aether entzündet. Die Masse wird hierbei grösstentheils verkohlt. Der Eückstand mit Salpeter und Soda versetzt wird dann verbrannt, die Schmelze in Wasser gelöst, mit Salpetersäure angesäuert, mit phosphormolybdänsaurem Ammoniak gefällt und weiter verfahren, wie es § 209 beschrieben ist. Aus dem Gewicht der pyro- phosphorsauren Magnesia ergiebt sich nach Tabelle II im Anhang die Quantität der im betreffenden Organe dem Nuclein zugehörigen Phos- phorsäure. Bestiinuiung der beim Koeheii mit verdüimter Säure aus deu Organen erhaltenen IVucleinbasen uud Harnsäure nach Kossei.') 50—500 gr vom Brei des zu untersuchenden Organs werden mit Wasser, dem für je 1 Liter 5—10 gr concentrirte Schwefelsäure zu- ') Zeitsch. f. phyiol. Chem. Bd. 7 S. 9. -) Kos sei, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 6 S. 423. Schindler, ebendas. Bd. 13 S. 433. Bruhns, ebendas. Bd. 14 S. ,53.3. Bestimmung der Nucleinbasen u. der Harnsäure nach Kossei. 3'24. 493 gesetzt ist, 3 — 4 Stunden im Dampfkochtopf gekocht. Die erkaltete Flüssigkeit wii'd filtrirt, der Pilterrückstand mehrmals mit siedendem Wasser ausgezogen, die gesammten Filtrate vereinigt und mit Baryt- wasser alkalisch gemacht. Der überschüssige Baryt wird durch Kohlen- säure entfernt, filtrirt, der Filterrückstand mehrfach mit siedendem Wasser eitrahirt, die vereinigten Filtrate zu ungefähr .300 CC. einge- dampft. Man versetzt nun mit grossem üeberschuss von Ammoniak und lässt 24 Stunden bedeckt stehen. Der abfiltrirte Ammoniak- Niederschlag aber, welcher Harnsäure und einen Theil der Nucleinbasen enthalten kann, wird mit Salzsäure übergössen •_' Tage stehen gelassen, dann die die Nucleinbasen enthaltende Flüssigkeit abfiltrirt; wenn Harn- säure vorhanden ist, bleibt sie in gefärbten Krystallen zurück. Die Harnsäure ') wird mit Wasser gewaschen, getrocknet und gewogen, die salzsauren Filtrate werden auf sehr kleines Volumen eingedampft, mit überschüssigem Ammoniak versetzt, mit dem Filtrat des oben er- wähnten Ammoniak-Niederschlags vereinigt und mit Silbernitrat voll- ständig gefällt'-). Will man nur auf Nucleinbasen, nicht auf Harnsäure untersuchen, so fällt man am Besten das Filtrat des mit verdünnter Schwefelsäure gekochten Organ- breies mit basischem Bleiacetat aus, filtrirt, wäscht aus, leitet durch das Filtrat Schwefelwasserstofi", filtrirt wieder, dampft auf ungefähr 300 CC. ein, übersättigt mit Ammoniak und fällt mit Silbernitrat vollständig aus. Der Niederschlag, welcher die Silberverbindungen von Adenin, Hypoxanthin, Guanin und Xanthin enthält, wird abfiltrirt, mit ammoniak- haltigem Wasser ausgewaschen und dann, Niederschlag und Filter jedes für sich, mit Salpetersäure von spec. Gewicht 1,1 unter Zusatz von Harnstoff (um Nitrirung zu vermeiden) erwärmt. Aus der heiss filtrirten Flüssigkeit scheiden sich beim Erkalten die Silberdoppelverbindungen von Adenin, Hypoxanthin und Guanin aus. Dieselben werden abfiltrirt und mit kaltem Wasser gewaschen; aus dem Filtrat, welches die ent- sprechende Xanthinverbindung gelöst enthält, fällt auf Zusatz von über- schüssigem Ammoniak Xanthinsilber aus. Dasselbe wird auf gewogenem Filter gesammelt, getrocknet und gewogen. Die Silberdoppelverbindungen der drei andern Basen werden mit heissem verdünnten Ammoniak vom Filter in eine Schale gespült, längere Zeit auf dem Wasserbad digerirt und dann mit etwas salpetersaurem Silber versetzt. Nach dem Erkalten filtrirt man die auf diese Weise wieder hergestellten Silberverbindungen ') Kleine Mengen von Harnsäure können bei Anwendung dieser Methode sich der Bestimmung entziehen. 2J Wenn die Silherniederschläge sich nicht gut abscheiden und trübe Filtrate liefern, ist es zweckmässig etwas Alkohol zuzusetzen. 494 Bestimmung der Nucleinbasen u. der Harnsäuse nach Kossei. 324. ab und wäscht uait Wasser, l)is das Filtrat auf Zusatz von Salzsäure keine Trübung mehr giebt. Jetzt wird der rein weisse Pilterriickstand in Wasser suspendirt und, nachdem man zum Sieden erhitzt hat, durch tropfenweisen Zusatz von Schwefelammoniumlösung zersetzt. Ein Ueber- schuss von Schwefelammonium ist zu vermeiden, das Absitzen des Schwefelsilbers muss in der Wärme geschehen. Die abfillrirte klare, farb- lose Flüssigkeit enthält Adenin und Hypoxanthin völlig in Lösung, Guanin ist nur zum Theil (a) gelöst, ein anderer Theil (b) ist in den Schwefel- silberniederschlag übergegangen. Man kocht deshalb diesen Nieder- schlag mit verdünnter Salzsäure aus und sättigt das Filtrat mit Am- moniak, nach einiger Zeit fällt das Guanin (b) völlig aus. Das in Lösung befindliche Guanin (a) wird nach der Digestion mit Ammoniak auf dem Wasserbad ausgeschieden. Man vereinigt beide Portionen auf einem bei 110" getrockneten und gewogenen Filter, wäscht mit ammoniakhaltigem Wasser gut aus, trocknet und wägt. Das ammo- niakalische Filtrat, welches Adenin und Hypoxanthin enthält, wird nach Zusatz eines Tropfens wässeriger Methylorangelösung tropfenweise mit verdünnter Säure bis zum Auftreten von Eothfärbnng und nun mit einer kalten concentrirten Lösung von Natriumpikrat so lange versetzt, bis die ganze Flüssigkeit sattgelb gefärbt ist. Jetzt filtrirt man den entstandenen Niederschlag von pikrinsaurem Adenin, am Besten mit Hülfe einer Saugpumpe, durch gewogenes Filter ab, wäscht mit Wasser, bis das Filter von aussen betrachtet nicht mehr gelb erscheint (das Filtrat Ideibt stets gelblich), trocknet bei über 100" und wägt. Aus der Formel des pikrinsauren Adenin C5 H5 N5. Cg H, (NOo)., OH kann man leicht die Menge des Adenin berechnen ; zu der gefundenen Quanti- tät Adenin muss man für je 100 CC. Filtrat 2,4 mgr Adenin hinzu- addiren. Für die Hypoxanthinbestimmung wird fiü- den Fall, dass keine Salzsäure zugegen ist, das Filtrat vom Adeninpikratniederschlag zum Sieden erhitzt und allmälig mit Silbeinitratlösung versetzt. Nach dem Erkalten wird noch mit etwas Silbernitrat auf Vollständigkeit der Fällung geprüft, filtrirt, mit kaltem Wasser bis zur Farblosigkeit des Filtrats ausgewaschen und bei 100" getrocknet. Der Niederschlag be- stellt aus Hypoxanthinsilberpikrat C5 H3 Ag N4 0 . C« H, (NO2);, OH; daraus berechnet sich leicht die entsprechende Menge Hypoxanthin; von der so erhaltenen Quantität Hypoxanthin muss man 1,0 mgr ab- ziehen. Quantitative Bestimmung von Krcatin, Nucleinbasen, Inosit, Taurin etc. 325. 495 Quantitative Bestiinimiiig von Kreatin, Nucleinbasen, Inosit, Tanrin, Kreatinin und Milchsäure in Organen nach Neubauer u. Anderen. 325. Für die Gewinnung von Kreatin und Kreatinin aus Muskeln ist zuerst von Lieljigi) ein Verfahren hesciirieben, welches lange Zeit auch füir Versuche quantitativer Bestimmung benutzt ist. Von St recker 2) wurde dann der Weg zur Abscheidung und Gewinnung des Hypoxanthin angegeben. Scherer«") und Städeler-*) wiesen diese Stoffe sowie Xanthin und Guanin auch in Drüsen nach und veränderten theilweise die Methode der Darstellung und Trennung der einzelnen Körper. Von Neubau er^) wm"de dann ein Verfahren zur quantitativen Bestimmung von Kreatin, Xanthin und Hypoxanthin in Muskeln gegeben, welches im Uebrigen gute Resultate liefert, aber nur die wahrscheinlich priiiormirten Quantitäten von Hypoxanthin und Xanthin in Betracht zieht, nicht die viel grösseren Mengen, welche, wie Kos sei") später fand, erst beim Kochen der Organe mit Säure aus den Nucleinverbindungen abgespalten werden. Im Folgenden ist das Verfahren von Neubauer mit einigen wesentlichen, nicht allein das Guanin betreffenden Abänderungen beschrieben. Dasselbe ist auch für Leber, Lunge, Nieren, Milz u. s. w. anwendbar, doch wird es sich immer empfehlen, etwas grössere Quantitäten der Organe in Arbeit zu nehmen, wo sie zu Gebote stehen. 200—500 gr oder mehr vom Brei des zerkleinerten frischen Organs werden mit dem ungefähr gleichen Gemcht Wasser gründlich gemengt und im Wasserbade unter stetem Umrühren auf 55—60 " er- hitzt. Die Flüssigkeit wird dann colirt, der Kückstand mit der Hand in kleinen Portionen ausgepresst, wieder mit 60 — 80 CG. Wasser an- gerührt und zum zweiten Male gründlich ausgepresst. Die vereinigten Flüssigkeiten werden dann über fi'eiem Feuer unter Umrühren zur völligen Coagulation der Albuminstoffe erhitzt und nach dem Erkalten filtrirt. Das Filtrat wird mit Bleiessig gefällt, so lange ein Niederschlag ent- steht, grosser Ueberschuss des Bleiessigs ist jedoch dabei zu vermeiden, dann filtrirt, das Filtrat durch SHo von Blei befreit und nach Abfiltriren des Bleiniederschlages die Flüssigkeit, ohne dass sie zum Sieden erhitzt wird, eingedampft bis auf 5—10 CG. Volumen. Man lässt die so con- centrirte gelbliche, dünn syrupöse Flüssigkeit 2 — 3 Tage an einem ') J. V. Liebig, Chem. Untersuchungen über das Fleisch etc. Heidelberg 1847. Ann. Chem. Pharm. Bd. (52 S. 257. 2) Ann. Chem. Pharm. Bd. 102 S. 204. 3) Ebendas. Bd. 107 S. 314 u. Bd. 112 S. 276. ') Ebendas. Bd. HG S. 102. 5) Zeitschr. f. anal. Chem. Bd. 2 S. 26 u. Bd. 6 S. 33. «) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 6 S. 422. ^ _^ 496 Trennung uud Bestimmung von Glycogen, Dextrin, Maltose etc. 326. kühlen Orte zur Krystallisation stehen. Die gebildeten Kreatinkrystalle sammelt man auf einem gewogenen Filter, wäscht zuerst mit 88 procentigem Alkohol aus, trocknet bei 100 " und wägt das Filter mit dem entwässerten Kreatin. Die vom Kreatin abfiltrirte Mutterlauge mit der alkoholischen Wascbflüssigkeit kann nun entweder 1) durch Abdampfen von Alkohol befreit, mit Wasser verdünnt, mit überschüssigem Ammoniak versetzt werden, um in derselben Weise zur Bestimmung von Harnsäure, Hypoxanthin, Adenin, Guanin und Xanthin zu dienen, wie es am Ende des vorigen Paragraphen beschrieben ist, oder 2) sie kann nach Boedeker's Verfahren (vergl. oben § 135) für die Darstellung des Inosit benutzt werden; sie kann 3) Verwendung finden zur Be- stimmung oder Nachweis von Taurin, Kreatinin und von Milch- säure. Füi- diesen letztgenannten Zweck wird die Flüssigkeit mit etwas ßariumcarbonat versetzt, zur Trockne verdampft und der Rück- stand mit absolutem Alkohol ausgezogen, so lange derselbe noch etwas löst. Das milchsaure Salz löst sich auf, ebenso Kreatinin ; Taurin bleibt dagegen ungelöst. Aus der alkalischen Lösung wird nach Zusatz von ein wenig alko- holischer Chlorzinklösung beim Stehen 2 Tage lang das Kreatinin in Verbindung mit Chlorzink abgeschieden. Die abfiltrirte alkoliolische Lösung wird zur Trockne im Wasserbade verdampft, der Rückstand mit Phosphorsäure versetzt, durch Ausschütteln mit mehreren Portionen Aether die Milchsäure aufgenommen und weiterhin behandelt nach dem § 40 S. 45 angegebenen Verfahren, schliesslich die freie Säure mit Wasser und Zinkcarbonat in das Zinksalz oder mit Calciumcarbonat in das Kalksalz verwandelt, gewogen, Krystallwassergehalt und Sättigungs- capacität bestimmt. Der das Taurin enthaltende, in Alkohol unlösliche Rückstand wird in wenig Wasser gelöst, durch langsames Verdunsten KrystaUisation zu erhalten gesucht. Vielleicht wird durch Kochen mit Quecksilberoxyd in wässeriger Lösung am Besten eine Abscheidung erreicht (vergl. § 94 S. 137). Der bedeutende Schwefelgehalt und entsprechende Schwefelsäure- bildung beim Verbrennen mit Soda und Salpeter (vergl. § 23) erleich- tert die Auffindung selbst sehr kleiner Quantitäten von Taurin. Trennung und Bestimmung von Glycogen, Dextrin, Maltose, Glucose und Milchsäure. 326. Der Brei des frisch und schnell zerkleinerten Organs (am besten vor der Zerkleinerung gewogen) wird in siedendes Wasser ein- getragen, kurze Zeit im Sieden erhalten, dann coürt, der Rückstand in der Reibschale zerrieben, in neue Quantität siedenden Wassers ein- Trennung und Bestimmung von Glycogen, Dextrin, Maltose etc. 32G. 497 getragen, einige Minuten im Sieden erhalten und diese Procedur zum dritten Male wiederholt. Diese di-ei Flüssigkeitsportionen enthalten in allen Fällen die Hauptmenge des Glycogen und ganz das Dextrin, Mal- tose, Traubenzucker, Milchsäm-e, wenn diese alle überhaupt vorhanden sind. Handelt es sich nur um Nachweis und Schätzung der Quantität des Glycogens, so werden diese vereinigten und durch Papier filtrirten Flüssigkeitsportionen auf , dem Wasserbade auf ein kleines Volumen ein- geengt, dann gut erkalten gelassen, mit Salzsäure und Jodquecksilber- jodkalium unter Vermeidung eines grossen Ueberschusses von Salzsäure gefällt so lange Niederschlag entsteht, sogleich filtrirt, das Fiitrat mit dem dreifachen Volumen starken Alkohol gefällt, der Niederschlag mit absolutem Alkohol gewaschen, über Schwefelsäure getrocknet. In § 58 sind die Eigenschaften des Glycogen, die zum Nachweis benutzt werden, geschildert. Soll dagegen auf Dextrin, Maltose, Glucose, Milchsäure Rücksicht genommen und sollen die bei der Extraction des Organs in demselben noch zurückgebliebenen Reste des Glycogen, mitbestimmt werden, so wird in folgender Weise verfahren: Zm- vollständigen Extraction des Restes vom Glycogen aus den ungelösten Rückständen des Organs sind dieselben der § 58 beschriebenen Kalimethode zu unterwerfen. Die ver- einigten ersten drei Flüssigkeitsportionen werden nach Zusatz von etwas Barium- oder Magnesiumcarbonat auf ein kleines Volumen (je nach der Quantität des in Arbeit genommenen Organtheils, ungefähr Vio seines Vo- lumen) auf dem Wasserbade concentrirt und mit der dreifachen Quantität absoluten Alkohols gefällt, der das Glycogen enthaltende Niederschlag nach gutem Absetzen abfiltrirt. Das Fiitrat wird abermals auf sehr kleines Volumen auf dem Wasserl ade eingedampft, zuletzt, um Bräunung zu ver- hindern, nicht über TO". Die syrupöse Masse wird mit absolutem Alkohol gefallt, nach mehrstündigem Stehen die alkoholische Lösung vom Nieder- schlage, welcher Dextrin enthalten kann, abgegossen, der Alkohol ab- destilliii, auf dem Wasserbade der Rest des Alkohols entfernt, Phos- phorsäure und Aether hinzugefügt, die Milchsäure durch mehrere Portionen Aether ausgezogen und nach den Angaben in § 40 (vergl. auch Ende des vorigen Paragraphen) behandelt. Nachdem bei gewöhn- licher Temperatur der Aetherrest vom sauren ungelöst im Aether ge- bliebenen Syrup verdunstet ist, wird der Syrup in Wasser gelöst, ge- messen und in zwei gleiche Hälften getheilt. Die eine derselben wird mit Natriumcarbonat neutralisirt und Fehling'sche Lösung damit titrirt, wie mit einem diabetischen Harn, vergl. § 252. Der andere Theil wird V4 Stunde lang unter Ersatz des verdampfenden Wassers im Sieden erhalten, dann mit Natriumcarbonat neutralisirt, wieder auf das H oppe-Seyler, Analyse. 6. Aufl. Oi 498 Trennung, Nachweis und Bestimmung von Harnstoff etc. 327. 328. frühere Volumen gebracht und Fehling'sche Lösung damit titrirt. Die Menge der vorhandenen Maltose (vielleicht auch etwas Dextrin) er- giebt sich aus dem Untenschiede beider Titrirungen, insofern die Maltose, bei Einwirkung der Säure in der Siedetemperatur zu Traubenzucker umgewandelt, viel mehr Kupferoxyd redueirt, als so lange sie nicht diese Veiwandlung erfahren hat (vergl. oben § 55 und § 59). Das durch Alkohol gefällte Glycogen wird in Wasser wieder ge- löst, die Lösung mit der nach der Ealimethode erhaltenen Glycogen- lösung vereinigt. Man neutralisirt, füllt mit Jodquecksilberjod- kalium und Salzsäui-e und verfährt genau in der in § 58 beschrie- benen Weise. Trennung, Ifacliweis und Bestimmung von Harnstoff, Leuciu, Tyrosin. .327. Das zum feinen Brei zerhackte, vorher gewogene Organ wird in das mindestens dreifache Gewicht absoluten Alkohol gebracht, gut umgerührt, auf dem Wasserbade bis zum beginnenden Sieden des Al- kohols unter häufigem Umrühren erhitzt, dann einige Stunden zum Er- kalten stehen gelassen, die Lösung abfiltrirt und der Rückstand mit mehreren Portionen SOprocentigem Alkohol ausgewaschen. Die ver- einigten Filtrate werden destillirt, bis der Rückstand ungefähr das Vo- lumen des verwendeten Organbreies hat, dann wird dersel))e in eine hochwandige Scliale ausgegossen und bei massiger Temperatur (nicht über 60") auf dem Wasserbade verdunstet, so dass der Alkohol fast vollständig entweicht. Es wird nun mit Essigsäure angesäuert, mit Chloroform Lecithin, Fette, Cholesterin und freie fette Säuren ausge- schüttelt, die von der Chloroformlösung im Scheidetrichter getrennte wässerige Lösung filtrirt und in der Weise weiter behandelt, wie es im § 55 iür die Darstellung von Harnstoff angegeben ist. Bei der Fällung des Harnstoffs u. s. w. mit salpetersaurem Quecksilberoxyd bleiben Leucin und Tyrosin in Lösung. Letztere wird mit etwas Barytwasser versetzt, durch COo der Barytüberschuss gefällt, zum Kochen erhitzt, filtrirt, zum Syrup verdunstet, der Rückstand mit heissem Alkohol aus- gezogen, heiss filtrirt, der Alkoliol abdestillirt und der Rückstand nach § 93 und § 129 auf Leucin und Tyrosin geprüft. Gehirn, Rückenmark und Nerven. 328. Die Zusammensetzung von Gehirn und Nerven weicht so sehr von der der übrigen Organe ab, dass sie auch eine andere Be- handlung zur Untersuchung und Bestimmung der Bestandtheile ver- langen. Da sie oberflächlich sehr leicht eintrocknen, die getrocknete Schicht dann aus dem Innern das Wasser schwer entweichen lässt, durch Gehirn, Rückenmark und Nerven. 328. 499 Erhitzen auf 100^' aber theilweise Zersetzung erfolgt, so lange Wasser vorhanden ist, wird die Bestimmung des Wassers und der Summe der festen Bestandtheile zweckmässig in dünnen flachen Schichten des Breies der zerriebenen Masse in einer Porcellanschale oder einem ührglas ausgeführt, indem zunächst die gewogene Masse mit Alkohol Übergossen, dann verdunstet, wieder mit Alkohol übergössen und verdunstet wird. Die hierdurch coagulirt^ Substanz trocknet dann auch über Schwefel- säure viel leichter und gleichmässiger, kann hierauf im Luftbade zu- nächst unter 60", schliesslich bis über 100 0 ohne Zersetzung getrocknet werden. Directe Verkohlung und "Veraschung führen zu Aschen, in denen wohl Kalium, Natrium, Calcium, Magnesium aber keine Säuren be- stimmt werden können, weil die Phosphorsäure des sehr reichlich vor- handenen Lecithins die übrigen Säuren austreibt und sogar pyrophos- phorsaures Salz liefert. Zur Bestimmung der anorganischen Bestandtheile in Gehirn und Nerven ist daher ein Verfahren ein- zuschlagen, welches das Lecithin vor dem Veraschen von den an- organischen Stoffen trennt, wie es ähnlich der in § 268 beschriebenen Methode zuerst von Geoghegan*) für das Gehirn angewendet ist und zuerst zu einer Kenntniss der anorganischen Stoffe desselben geführt hat. Da dies Verfahren sich auf das Engste dem der Trennung der organi- schen Bestandtheile anschliesst, soll dies zunächst geschildert, und die weitere Behandlung der Kuckstände für die Veraschung im Anschluss hieran angegeben werden. Die durch anatomische Präparation von den Hüllen und Gefässen möglichst gereinigten Hirn-, Rückenmark- oder Nervenmassen werden zunächst zum feinen Brei in der Keibschale zerrieben, in viel 80pro- centigen Alkohol gebracht, gut zusammengerührt und unter häufigem Umrühren 2 Tage stehen gelassen, dann filtrirt und mit Weingeist der Kückstand gewaschen. Nach nochmaligem Zerreiben wird der Rückstand in Aether gebracht und 2 Tage unter öfterem Umschütteln stehen gelassen, 3— 4mal neue Aethermengen aufgegossen, umgeschüttelt und abgegossen. Der ungelöste Rückstand wird dann mit 85 procentigem Alkohol mehrere Stunden auf 45 — 50" erwärmt; man filtrirt heiss und wiederholt diese Extraktion mit neuen Mengen Alkohol so lange, als noch wesentliche Mengen der Substanz extrahirt werden. Der jetzt bleibende Rückstand wird mit siedendem Alkohol ausgekocht, heiss abfiltrirt und nun in Wasser gebracht und erwärmt; er giebt an das Wasser wenig feste Stoffe ab, auch nur ein geringer Theil anorganischer Salze findet sich *) Zeitschr. f. physiol Chem. Bd. 1 S. 332. " 32* 500 Gehirn, Rückenmark und Nerven. 328. darin. Die noch ungelöst zurückgebliebenen Substanzen enthalten coa- gulirte Albuminstoffe, Nuclein, Neurokeratin und unbekannte Stoffe, von anorganischen Salzen Calcium- und Magnesiumpliosphat. Der erste weingeistige Auszug wird zunächst durch Destillation, dann nach Zusatz von ein wenig reinem Bariumcarbonat (dieser Zusatz hat den Zweck, die freie Säure (Milchsäure) zu neutralisiren, damit durch sie nicht Lecithin zersetzt wird) auf dem Wasserbad zwischen 50 und 60° eingeengt, der schleimige syrupöse Eückstand mit mehreren Portionen Aether gut ausgezogen. Lecithin und etwas Cholesterin gehen in den Aether über. Diese Aetherlösungen werden mit den direkt aus der Nervensubstanz erhaltenen Aetherauszügen vereinigt. Die mit (50") warmem Alkohol hergestellten Auszüge geben beim Erkalten auf O^* einen weissen Niederschlag von Protagon. Aus dem hinreichend einge- engten Filtrat dieses Protagonniederschlags, desgleichen aus den mit kochendem Alkohol hergestellten Auszügen scheiden sich beim Erkalten Protagon, Zersetzungsproducte des Protagon, Cerebrin, Lecithin und offenbar eine Reibe noch ungenügend bekannter Stoffe ab. Die von diesen Niederschlägen abfiltrirten alkoholischen Lösungen geben beim weiteren Verdunsten auf dem Wasserbad nur geringe Mengen organischer Stoffe und anorganischer Salze, sofern der Nervenbrei von vornherein gut mit Weingeist erschöpft war. Diese Rückstände, ebenso die erwähnten beim Erkalten der alkoholischen Filtrate abgeschiedenen Substanzen werden mit Aether mehrmals ausgezogen, die ätherische Lösung zu den übrigen Aetherauszügen hinzugebracht. Von den gesammelten Aether- auszügen wird der Aether abdestillirt, der Rückstand mit alkoholischer Kalilauge gekocht, dann der Alkohol auf dem Wasserbad verjagt, der Rückstand in nicht zu wenig Wasser gelöst, Cholesterin mit Aether- portionen ausgescliüttelt, dann die wässerige Lösung auf dem Wasser- bad zum Syrup abgedampft, dieser mit reinem Salpeter in einer Platin- schale gemischt und verbrannt, die Schmelze in Wasser gelöst und die gebildete Phosphorsäure bestimmt, wenn es sich um Bestimmung des Lecithin handelt, vergl. oben § i'4 und § 63 am Ende. Wünscht man die Glycerinphosphorsäure, die fetten Säuren und das Cholin zu isoliren, so kocht man den Rückstand des Aetherauszugs mit heiss gesättigter Aetzbarytlösung eine Stunde lang und trennt die einzelnen Spaltungs- producte nach § 63 von einander. Ueber die Gewinnung der Cerebrin e aus dem Protagon und der Galactose und des Cetylids aus den Cerebrinen siehe oben § 106. Die von Protagon, Cholesterin, Lecithin und andern unbekannten in Alkohol und Aether löslichen Bestandtheilen befreiten Extractrückstände Gehirn, Rückenmark und Nerven. 328. 501 können sowohl zur Darstellung des Neurokeratin, als auch zur Be- stimmung der anorganischen Stoffe benutzt werden. Zu letzterem Zweck wird die ungelöst gebliebene Masse mit etwas völlig reinem kohlen- sauren oder salpetersauren Baryt (derselbe darf kein Calcium, Magnesium, Kalium, Natrium enthalten) gut gemischt und gleichfalls in einer Platinschale verbrannt. Werden dann in dieser letzteren Asche Calcium, Magnesium und Phosphorsäure bestimmt, so ergiebt sich eine Quantität von Phosphorsäure, welche durch Calcium und Magnesium nicht ge- sättigt ist; dieselbe hat dem Nuclein der Nervensubstanz zugehört. Im Uebrigen enthalten die Hirnaschen relativ viel Chlorkalium, phos- phorsaures Kali, phosphor- und kohlensam-es Natron, sehr wenig schwefelsam-es Salz. Zur Darstellung des Neurokeratin nach Kühne und Chittenden*) unterwirft man die migelöst gebliebenen Bestandtheile mehrere Tage lang nach einander der Pepsin- und der Trypsinverdauung , kocht V2 Stunde mit öprocentiger Sodalösung, filtrirt, wäscht mit Wasser und lässt zur Auflösung des Nuclein 48 Stunden in 0,5 procentiger Kalilauge stehen. Nach dem Dekantiren, Filtriren und Auswaschen mit Wasser wird der Brei wiederholt mit Alkohol unter Zusatz von etwas Eis- essig ausgekocht, nochmals mit Kalilauge und zwar 5 procentiger 2 Tage lang behandelt, mit Wasser, Essigsäure, Wasser, Alkohol und Aether ge- waschen. Es gelingt indessen nicht ein von jeder Spur fettiger Substanzen freies Neurokeratin auf diese Weise zu erhalten. Zur Untersuchunsr auf Harnstoff, Keratin, Inosit, Harnsäure, Nucleinbasen, Milch- säure ist es nicht praktisch, das Gehirn u. s. w. mit Barytwasser zu kochen, wie es früher empfohlen ist, sondern nach obiger Methode zu verfahren. Der Auszug mit kaltem Weingeist nach der Behandlung des Eückstandes mit Aether zur Extraction des Lecithin und Cholesterin, ferner der Wasserauszug, welcher nach der Behandlung der Organmasse mit Aether und heissem Alkohol angefertigt wird, enthalten diese Stoffe und ihre Untersuchung wird nach den Methoden ausgeführt, welche bei der Schilderung der einzelnen Stoffe selbst oder bei der Beschreibung der Methoden zur Untersuchung der Muskeln, Drüsen u. s. w. oben an- gegeben sind. Zur Auffindung der Harnsäure würde die Hirnmasse mit heissem Wasser schliesslich zu extrahiren, zur Gewinnung von Nuclein- basen noch mit etwas Schwefelsäure zu kochen und nach § 324 zu be- handeln sein. Zur quantitativen Bestimmung der organischen Bestandtheile *) Zeitschr. f. Biolog. Bd. 26 S. 291. 502 Gehirn, Rückenmark und Nerven. 328. der Nerven bediente sich J. Clie valier*) eines dem beschriebenen ähnlichen Verfahrens. Circa 30 gr der von Bindegewebe und Fett möglichst befreiten und fein zerkleinerten Nerven werden nacheinander zunächst mit einer Mischung von 2 Theilen absolutem Alkohol imd 1 Theil Aether (I), dann mit 50" warmem Alkohol (II) erschöpft, und darauf, nachdem der Alkohol vollkommen verdunstet ist, mit etwas destillirtem Wasser im zugeschmolzenen Glasrohi- 12 Stunden auf 120'* erhitzt. Die wässerige Lösung (III) wird abfiltrirt, der Kückstand mit Magensaft verdaut, die Verdauungsflüssigkeit (IV) abtiltrirt, der unver- daute Rest kurze Zeit mit Normalnatronlauge behandelt, die alkalische Flüssigkeit (V) von dem ungelöst gebliebenen Neurokeratin abfiltrirt. Lösung I wird bei einer 50" nicht übersteigenden Temperatur auf dem Wasserbad eingedampft und der Trockenrückstand nach einander mit kaltem Alkohol (I A), Aether (I B) und 55" warmem Alkohol (IC) extrahirt. Die bei 55" eingedampfte Flüssigkeit (I A) hinterlässt einen Trockenrückstand, welcher mit Aether behandelt wird und zum Theil darin löslich ist (I Aa), zum Theil nicht (lAb). Lösung II scheidet beim Erkalten einen Niederschlag (II A) ab^ die davon abfiltrirte Flüssigkeit (II B) wird mit I Aa und I B vereinigt und in den vereinigten Lösungen bestimmt man nach § 268 Lecithin, Cholesterin und Fettsäure. Die Flüssigkeit I C wird ohne Eücksicht auf etwa auftretende Niederschläge mit den Eückständen beziehungsweise Niederschlägen I A h und II A vereinigt, bei einer Temperatur von nicht über 55" eingedampft, über Schwefelsäure getrocknet und gewogen: Protagon. Lösung III hinterlässt beim Verdunsten einen Rüctstand, welcher bei 120" getrocknet und gewogen wird: Glutin. Lösung IV wird nach Zusatz einer gewogenen Menge von kohlen- saurem Kalk eingedampft, getrocknet und gewogen. Das Gewicht ab- züglich des Gewichts des zugesetzten Calciumcarbonat giebt die Menge der in Lösung gegangenen Eiweissstoflfe. Lösung V wird mit verdünnter Salzsäure neutralisirt, eingedampft, bei 120" getrocknet; der Rückstand gewogen, verascht; das Gewicht der Asche abgezogen vom Gewicht des Trockenrückstandes giebt die Menge des Neurilemm, des Nuclein und anderer in Natronlauge lös- licher Substanzen. Durch Wägung des in Natronlauge unlöslichen Restes erfährt man die Menge des Neurokeratin. *) Zeitsclir. f. physiol. Clieni. Bä. 10 S. 97. Nachweis von Blut in Flocken auf Zeugen, Metall, Holz etc. 329. 503 Das gefundene Glutin und das den gefundenen Fettsäuren ent- sprechende Fett (wenigstens der grössere Tbeil desselben) sind nicht als Bestandtheile der Nervenfaser anzusehen. Zur quantitativen Bestimmung des Neurokeratin empfehlen Kühne und Chittenden*) folgendes Verfahren: ca. 50 gr vom Binde- gewebe möglichst befreites Gehirn oder Nervensubstanz werden mit der 5 — 6 fachen Menge künstlichen Magensafts in einem 700 — 900 CC. fassenden Scheidetrichter unter häufigem Umschütteln 8 — 14 Tage lang verdaut und darauf mit Aether geschüttelt. Die wässerige Lösung setzt sich fast immer so klar ab, dass man sie ohne Verlust ablassen kann; man fügt Waschflüssigkeit (0,4 pCt. Salzsäure) hinzu, schüttelt wieder, lässt die klare, wässerige Flüssigkeit ab und wiederholt das 3 — 4 mal. Ist die Flüssigkeit ausnahmsweise trübe, so filtrirt man sie durch ein gewogenes, bereits in einem später zu heizenden Wärme- trichter befindliches Filter. Durch dieses Filter lässt man dann auch das reichlich mit Alkohol versetzte Magma hindurchgehen. Der Wärme- trichter ist mit einem langen Kautschuckschlauch versehen, welcher in ein entfernt stehendes Gefass führt und eine Klemme trägt. Man schliesst jetzt die Klemme, bringt Alkohol auf den Trichter, erhitzt, lässt nach einiger Zeit den Alkohol abfliessen, bringt neuen darauf und wiederholt das nochmals; dann löscht man die Flamme und erschöpft den noch längere Zeit warmen Filterinhalt mit Aether. Nach dem Abkühlen wird die Masse wenigstens zwei Tage durch 1 — 2 Liter Natronlauge von 1 pCt., die man nur nach und nach unten abfliessen lässt, von Nuclein befreit, dann mit Wasser, verdünnter Salzsäure, wieder mit Wasser, sowohl kaltem wie heissem, endlich wieder mit Alkohol und Aether gewaschen und auf dem Filter erst an der Luft, dann bei 110" getrocknet und gewogen. Das so erhaltene Neurokeratin ist vollständig frei von Myelin- stofifen. Nachwels vou Blut In Flecken auf Zeugen, Metall, Holz u. s. w. zu forensischen Zwecken. 329. Eine kleine Portion der für Blut gehaltenen Substanz wird auf dem Objectträger mit einem kleinen Tropfen Wasser zusammenge- bracht, ein Deckglas aufgelegt und die etwa vorhandenen Formen be- obachtet, zugleich constatirt, ob ein rother oder bei starker Verdünnung grünlicher Farbstoff' in Lösung übergeht. Nur im Falle, dass diese Farbstoflflösung eintritt und die zu Gebote stehende Quantität nicht äusserst gering ist, wendet man sich zunächst zur spektroskopischen •) a. a. 0. S. 306. 504 Nachweis von Blut in Flecken auf Zeugen, Metall, Holz etc. 329. Untersuchung. Tritt Lösung von Farbstoff nicht ein, so ist Bhit entweder gar nicht vorhanden oder bereits durch Erhitzen, Einwirkung von Säure oder in anderer Weise zersetzt, so dass nur der Nachweis von Hämatin noch geführt werden kann (s. weiter unten). Eingetrocknete Blutflecke enthalten weder Oxyhämoglobin noch Hämoglobin, sondern allein Methäuioglobin, welches in kaltem Wasser löslich ist und bei genügender Concentration der Lösung einen Ab- sorptionsstreif zwischen den Spectrallinien C und D, näher der ersteren Linie, und einen diffusen Streifen zwischen D und E erkennen lässt. Man prüft die gefärbte Lösung, wenn eine solche zu erkennen ist, mit dem Spectromikroskop. Nur wenn reichliches Material in den Blutflecken zur Untersuchung vorliegt, werden diese Streifen in genügend concen- trirter Lösung in einem Probirglase betrachtet werden können. Es ist dann auch zweckmässig, die Lösung durch ein sehr kleines Filterchen zu filtriren. Hat man die Streifen deutlich beobachtet, so verdünnt man mit Wasser, bis sie nur noch schwach erkennbar sind, bringt ein Paar Tropfen Schwefeiammonium hinzu und findet nun bei der spectrosko- pischen Prüfung einen Absorptionsstreif des Hämoglobin in der Mitte zwischen D und E. Schüttelt man mit Luft, so treten nun die Oxy- bämoglobinstreifen für kurze Zeit im Spectrum auf, verschwinden bald wieder und kehren bei erneutem Schütteln mit Luft zurück. Fügt man zu einem Theil der Mischung einen Tropfen starker Natronlauge und lässt stehen oder erwärmt massig, so treten die in Fig. 1 No. 3 in § 191 bezeichneten Absorptionen des Hämochromogens deutlich ein, auch noch bei grosser Verdünnung erkennbar. Sind diese spectroskopischen Erscheinungen alle beobachtet, so ist jeder Zweifel an der Anwesenheit von Blutfarbstoff beseitigt. Ist jedoch das Material nicht ausreichend, so können auch mit viel weniger Substanz die Keactionen in folgender Weise auf dem Objectträger aus- geführt werden. Eine Portion der Flecke wird auf den Objectträger gebracht, ein wenig Wasser zugefügt, mit Schweinefett bestrichene Glasleistchen herumgelegt und ein Deckglas so darüber gedeckt, dass der durch Glas und Fett abgeschlossene Eaum neben der Substanz des Fleckes und Wasser wenig oder keine Luft enthält. Wenn auch die Methämoglobinstreifen nicht deutlich bei der spectroskopischen Untersuchung des auf weissem Papier liegenden Objectes zu erkennen sind, lässt man unter einer mit Wasser befeuchteten Glasglocke bei warmer Temperatur zwei bis drei Tage stehen. Durch die Fäulniss wird das Methämoglobin reducirt und es tritt der Streifen des Hämo- globin auf Hebt man das Deckglas in die Höhe und legt es wieder auf, so erscheinen dann im Spectrum die beiden Oxyhämoglobinstreifen. Kachweis von Blut in Flecken auf Zeugen. Metall, Holz etc. 329. 50,5 Ein kleines Tröpfchen Natronlauge und zugleich ein Tröpfchen Schwefel- ammonium zur Flüssigkeit gebracht, rufen nach einiger Zeit, wenn die Mischung von der Luft gut abgeschlossen bleibt, das Spectrum des Hämochromogen hervor. Die Untersuchung auf weissem Unter- grund ist oft weniger zweckmässig als auf dem Tisch des Mikroskops, wenn der Spiegel helles Licht auf das Object von unten her wirft, der Tubus des Mih-oskops mit Ocular und Objectiven entfernt ist und mit Browning'schem Spectroskop senkrecht von oben nach unten beobachtet wird. Die nach Browning angefertigten Taschenspectro- skope sind allen anderen Spectralapparaten für diese Untersuchungen weit vorzuziehen. Ist die Quantität des Untersuchungsmaterials in den Flecken sehr beschränkt oder sind mit einem Tlieil desselben die beschriebenen spectroskopischen Untersuchungen ausgeführt, so wird ein kleiner Theil der Substanz in einem Uhrglase mit einer Spur Steinsalz und 8 bis 16 Tropfen Eisessig versetzt, die spröde Substanz mit einem Glas- stab zerdrückt, dann über kleiner Gasflamme zum beginnenden Sieden erhitzt und auf dem Wasserbade verdampft, bis der Essigsäuregeruch verschwunden ist. Man untersucht dann den Kückstand im Uhrglase bei SOOfacher Vergrösserung auf die rhombischen, im durchfallenden Lichte braunen, im auffallenden Lichte blauschwaizen Häminkrystalle. Dieselben sind unlöslich in Wasser, Alkohol, Aether, lösen sich leicht in einem Tropfen verdünnter Natronlauge. Die rothe, in dünnerer Schicht grünliche Lösung der Häminkrystalle auf dem Objectträger unter Deckglas oder im Probirglas mit etwas Schwefelammonium kurze Zeit stehen gelassen, zeigt bei der Untersuchung mit dem Spectroskop die beiden Absorptionsstreifen des Hämochromogen; besonders sein Ab- sorptionsstreif ungefähr in der Mitte zwischen D und E ist noch in sehr grosser Verdünnung sicher zu erkennen. Die Bildung der Häminki-ystalle mit Chlornatrium und Eisessig ist eine Eigenschaft des Blutfarbstoffes und seiner nächsten Zersetzungs- producte, welche an sich genügend ist, um ihn nachzuweisen; sie er- folgt stets, wenn getrocknetes unzersetztes Methämoglobin in ange- gebener Weise beliandelt wird. Gekochtes Blut, lufttrocken erhitztes oder mit Säure oder Kali behandeltes Methämoglobin geben diese Häminkrystalle entweder unvollständig, unsicher oder gar nicht. Die einzigen Reactionen, welche unter diesen Verhältnissen übrig bleiben, sind die Lösung in etwas verdünnter Natronlauge zur rothen, in dünner Schicht grünen Flüssigkeit, welche, mit etwas Schwefelammonium ver- setzt, bald schön hellroth wird und spectroskopisch die Streifen des 506 Nachweis von Blut in Flecken auf Zeugen, Metall, Holz etc. 329. Hämochromogen erkennen lässt, welche beim kurzen Schütteln mit Luft verschwinden, beim ruhigen Stehen wieder erscheinen, bei Einwirkung von Leuchtgas in die Streifen des Kohlenoxydhämochromogen übergehen, nach Behandlung der Flüssigkeit mit einer starken Säure nicht wieder hervorgerufen werden, weil hierbei das Hämochromogen in Hämato- porphyrin übergeht (vergl. oben §§ 145, 146, 147, 185—191). Anliang I Optische üntersiichirngsmethoden. Die Benutzung optischer Untersuchungsmethoden haben sich für die Lösung tlieoretisch- wie practisch-chemischer Fragen bekanntlich ausser- ordentlicli hülfreich en^'iesen. Ein hervorragendes Interesse auch für medicinisch-chemische Zwecke verdienen ohne Zweifel die Methoden der Spectraluntersuchungen 1) für die Unterscheidung von Farbstoffen und ihrer zuweilen sehr scharf erkennnbaren Aenderungen der Lichtab- sorptionen in Folge relativ geringer chemischer Einwirkungen, 2) für die Auffindung selbst sehr geringer Mengen gewisser Metalle durch die von den glühenden Dampfen der Metalle ausgestrahlten Lichtarten. Ebenso sind die Circumpolarisationsuntersuchungen für Aufsuchung und Bestimmung einer grossen Zahl organischer Stoffe in Lösungen von recht hohem Werth. Eine grosse Zahl der Bestandtheile thierischer und pflanzlicher Organismen und ihrer verschiedenen ümwandlungs- producte lassen die Erscheinungen der Circumpolarisation in ihren Lösungen erkennen imd mit grösserer oder geringerer Genauigkeit messen. Seltener anwendbar aber zuweilen von grossem Werth ist die Untersuchung der Fluorescenz. S p e ctr a 1 - ün t er s u c hun g e n. Fig. 10 giebt die Ansicht eines grösseren Spectroskops. Dasselbe besteht aus dem Collimatorrohr a b, an dessen einem Ende, dem Licht zugekehrt, bei a ein verticaler Spalt, durch Micrometerschraube enger oder weiter stellbar, sich befindet, während am andern Ende des Kohrs bei b die Collimatorlinse angebracht ist. Der Spalt soll im Brennpunkt der Collimatorlinse liegen. Das durch den Spalt eintretende Licht wird durch den Collimator parallel gemacht und auf das Prisma c geworfen; in diesem Prisma gebrochen und in das Spectrum aufgelöst, treten die Lichtstrahlen in das astronomische Fernrohr d e ein, welches gewöhnlich 6 — 8 malige Vergrösserung hat, und gelangen von da bei / zum Auge des Be- obachters ; am Kopfe des Kohres g h bei /* befindet sich eine feine durch 508 Spectral-Untersuchungen. eine Lampe zu beleuchtende photographirte Scala auf Glas. Ist diese beleuclitet, so stellt ihr Bild von der dem Fernrohre zugekehrten Fläche des Prisma c als Spiegel retiectirt sich dem Auge des Bcobacters bei / dar und zwar horizontal das Gesichtsfeld im Fernrohre theilend. Es siud zuweilen zwei ofler mehr Prismen im Spectralapparate combinirt angewendet, um eine grössere Dispersion des Spectrum zu erhalten. Für phy- siologisch-chemische Untersuchungen ist diese Verbreiterung des Spectrum wohl fast immer ohne Nutzen, insbesondere bei Untersuchung der Absorption der Licht- arten durch Farbstoffe. Hat das Prisma eine Neigung seiner Flächen von etwa 60° und besteht es aus hinreichend stark lichtzerstreuendem Glase, so wird es Untersuchung vuii Farbstoffen mit dem Spectralapparate. 509 für jetzt allen Anforderungen für physiologisch -chemische Zwecke genügen, und sowohl starke Dispersion durch mehrere Prismen als stark vergrössernde Fern- röhre sind durchaus zu vermeiden, da sie die Absorptionen des Lichtes in Flüssig- keiten weniger scharf zeigen, auch leuchtende Linien von glühenden Metalldämpfen wegen Lichtschwiuhe oft übersehen lassen, während man dieselben mit schwachem Fernrohre und einem Prisma noch ganz deutlich erkennt. Um den Apparat richtig einzustellen, entfernt man zimächst das Prisma c und sieht in der Richtung von b nach a durch das erste Eohr bei massig geöffnetem Spalte; man zieht nun das Rohr mit dem Spalte so weit aus, bis die Ränder des letzteren ganz scharf begrenzt erscheinen, dann stellt man das Fernrohr de so ein, dass man sehr weit entfernte Gegenstände recht deutlich dadurch erkennt, setzt darauf das Prisma wieder an seine Stelle und schiebt bei Beleuchtung der Scala h diese mit ihrem Rohre so weit ein, bis die Theilung der Scala bei der Beobachtung durch das Fernrohr möglichst scharf erkannt wird. Für die meisten physiologischen Zwecke sind die Browning'schen Taschenspectroskope vorzuziehen, besonders wo es sich um Untersuchung von Farbstoffen handelt. Durch Combination verschiedener Prismen ist in diesen sehr bequemen, handlichen Instrumenten dem zum Auge des Beobachters austretenden Licht dieselbe Richtung gegeben, welche das durch den Spalt eintretende Licht besitzt. Die meisten Farbstoff- prüfungen kann man mit ihnen schnell auch mit Benutzung von Tages- licht ausführen. ünfersuchimg von Farbstoffen mit dem Spectralapparate. Die zu prüfenden Farbstoffe sind in womöglich concentrirter Lösung in ein Gefiiss mit zwei planparallelen Wandungen aus Spiegelglas oder in Flaschen mit planparallelen Seitenwänden zu bringen; Fig. 10 auf S. 508 stellt ein solches Geföss B vor dem Spectralapparate dar. Zur Untersuchung der Flüssigkeit stellt man den mit einem schwarzen Tuche überdeckten Spectralapparat so auf, dass entweder directes Sonnen- licht von einem Heliostaten oder starkes zerstreutes Tageslicht oder das Licht einer hellbrennenden Oellampe in das Spectrum zerlegt im Fern- rohre möglichst hell sichtbar wird; durch das Licht einer Kerze oder besser einer Oellampe mit Glascylinder beleuchtet man die Scala bei A, so dass auch deren Bild deutlich erkennbar sich mitten durch das Ge- sichtsfeld im Fernrohre hinzieht. Jetzt stellt man den mit der Farb- stofflösung gefüllten Glaskasten dicht vor den Spalt, so dass das Licht senkrecht durch die Glasplatten dieses Gelasses und die enthaltene Flüssigkeitsschicht hindurchgeht, ehe es in den Spalt eintritt. Beobachtet man dann das Spectrum durch das Fernrohr, so wird ein grösserer oder geringerer Theil desselben fehlen, und es ist mittelst der Scala leicht 510 Untersuchung der Asclien mittelst des Spectrum. ZU bestimmen, welche Theile desselben dm-ch die Lösung abgebalten werden. Verdünnt man darauf die Farbstoff lösung mit Wasser oder einem anderen farblosen Lösungsmittel, so werden bei wiederbolter Unter- suchung neue Partien des Spectrum sichtbar werden und bei weiter fortgesetzter Verdünnung wird allmälig das ganze Spectrum sich ent- falten. Es zeigt sich nun liierbei, dass nur einige Farbstoffe bei weiterer Verdünnung ihrer Lösungen das Spectrum allmälig allseitig oder ein- seitig weiter und weiter sich entwickeln lassen, während eine grosse Anzahl von Farbstoffen und gerade diejenigen, welche die lebhaftesten Farben zeigen, hei der Verdünnung ein discontinuirliches Spectrum er- scheinen lassen, indem sie für- bestimmte Stücke des Spectrum sehr kräftige und für nahe diibeiliegende Spectralabschnitte sehr schwache absorbirende Kraft besitzen. Bei gewissen Verdünnungen erscheinen dann ein oder mehrere schmale oder breitere Absorptionsstreifen, auch Spectralbänder genannt, deren Lage und Ausdehnung durch die Scala am Einfachsten bestimmt imd mit den Frauenhofer'schen Linien des Sonnenspectrums verglichen werden können. Spectrophotometrie. Die Untersuchung im Spectrum in der geschilderten Weise giebt vorzügliche Resultate für den sicheren Nachweis einer grossen Zahl von Farbstoffen, besonders des Blutfarbstoffes und einiger seiner Zersetzungspro- ducte, des Indigo, (Chlorophyll, man hat aber auch in neuerer Zeit vielfach das Spectrum für quantitative Farbstoffbestimmungen verwerthet und zu diesem Zweck verschiedene Combiuationeu von Apparaten benutzt, Hauptsächlicli sind hier die Arbeiten von Vierordt') und von Hüfner^) zu erwähnen, durch welche diese Apparate vervollkommnet sind^). Untersuchung der Aschen mittelst des Spectnim. Alle organischen Bestandtheile des Thierkörpers geben in der Spiritusflamme oder der Flamme des Bunsen'scben Brenners verbrannt Licht, welches durch den Spectralapparat in ein continuirliches Spec- trum, wie es der Kohlenstoff selbst bei massiger Glühhitze liefert, zer- legt wird. Nur die Aschenbestandtheile zeigen ein charakteristisches Verhalten, wenn man dieselben von Kohle sorgfältig gereinigt in die Flamme bringt und das von ihnen ausgehende Licht prüft. 1) K. Vierordt, Die Anwendung des Spectralapparates zur Photometrie der Absorptionsspectren etc. Tübingen 1873. Derselbe. Die quantitative Spectral- analyse etc. Tübingen I^IC. 2J Hüfner, Journ. f. pract. Chemie. N. F. Bd. Iß S. 290 und Zeitschr. f. physik. Chemie. Bd. 3 S. 5G2. E. AI brecht, Anleitung zum Gebraucli des Hüfner 'sehen Spectrophoto- meters etc. Tübingen 1892. ■■') G. u. II. Krüss, Kolorimetrie u. quantitat. Spectralanalyse etc. Hamburg u. Leipzig 1891. Untersuchung der Aschen mittelst des Spectnim. 511 RIO Untersuchung der Circumpolarisation. Das zum Oehr umgebogene Ende eines feinen Platindrahtes wird erst in der Flamme des Brenners ausgeglüht, bis es keine leuchtende Flamme mehr ausgiebt, dann schmilzt man in das Oehr eine Perle von der Asche ein, indem man mit dem zum Glühen erhitzten oder ein wenig mit Wasser befeuchteten Drahte etwas von der Asche auf- nimmt, an der Oberfläche der Flamme trocknet und etwas sintern lässt. Man stellt nun, wie es Fig. 11 zeigt, vor dem Spalte a des Spectral- apparates etwa 5—10 Cm. davon entfernt einen Bunsen'schen Gas- brenner kk mit nicht leuchtender Flamme und mit Schornstein ver- sehen so auf, dass Ij die obere Grenze des Schornsteins etwa 2—3 Cm. tiefer als das untere Ende des Spaltes steht und 2) bei verschlossenen Luftlöchern des Brenners (also hellem Leuchten seiner Flamme) ein möglichst strahlendes Spectrum im Fernrohre sichtbar ist. Man öffnet wieder die Luftlöcher am Brenner, nachdem man die richtige Stellung desselben ausfindig gemacht hat, beleuchtet die Scala in h am Spectral- apparate und bringt nun die Aschenprobe am Platindrahte m, welche durch ein Glasröhrchen n am Stative c befestigt ist, in die Flamme, während man durch das Fernrohr beobachtet. Es wird in allen Fällen ein discontinuirliches Speetrum erscheinen, welches stets mehr oder weniger stark leuchtend die gelbe Natriumlinie enthält. Fast in allen Fällen wird sich daneben auch die rothe Kaliumlinie zeigen. Man be- stimmt nun die Lage der vorhandenen Linien nach der Scala imd findet dann die Lage dieser Linien im Sonnenspectrum, wenn man Sonnenlicht an Stelle des Brennerlichtes in den Apparat eintreten lässt und die Lage der Frauenhofer'schen Linien an der Scala des Apparates ab- liest. Statt dessen kann man reines Chlorkalium, Chlorcalcium u. s. w. jedes für sich am reinen Platindrahte in die Flamme des Brenners brino-en, die Lage der erscheinenden Linien auf der Scala ablesen und damit die Ergebnisse der Aschenprttfung vergleichen. An vielen Spectralapparaten befindet sich vor der oberen Hälfte des Spaltes ein dieselbe deckendes kleines Prisma, welches gleichzeitige Be- obachtung einer zweiten, seitlich gestellten Flamme oder des Sonnen- lichtes gestattet, indem deren Strahlen durch das Prisma gebrochen in den Spalt eintreten und im üebrigen denselben Weg verfolgen, als die der ersteren Flamme: Es erscheint dann das Spectrum der einen Flamme über, das der anderen unter der Mitte des Gesichtsfeldes im Spectroskop. / Untersuchung der Circumpolarisation. Während kein einziger in einer Flüssigkeit gelöster oder selbst flüssiger unorganischer Körper Ciixumpolarisation zeigt und unter den Untersuchung der Circumpolarisation. 51 3 organischen Stoffen von einfacherer Zusammensetzung nur sehr wenige (z. B. Milchsäure) diese Eigenschaft in geringem Grade besitzen, findet man unter den organischen Stoffen von hohem Moleculargewicht, welche theils die thierischen Gewebe constituiren, theils die hauptsächlichsten Bestandtheile der thierischen Säfte bilden, eine sehr grosse Anzahl circumpolarisirender Körper (Zuckerarten, Leim, Eiweissstoffe u. s. w.). Hat man somit einerseits durch die Beobachtung der Circumpolarisation, hier ganz abgesehen von ihrer hohen stereochemischen Wichtigkeit, ein schnell anwendbares Mittel, um über die Anwesenheit oder das Fehlen- gewisser Gruppen von Stoffen in den zu prüfenden Flüssigkeiten Auf- schluss zu erhalten, so ergiebt ferner die Bestimmung der spec. Drehung eines Körpers unter dem Einflüsse gewisser Agentien auf diesen Körper eins der sichersten und feinsten Hülfsmittel zur Unterscheidung chemi- scher Stoffe von einander, sowie zur Beurtheilimg der Veränderungen, welche diese Körper unter der Einwirkung gewisser Processe erfahren. Endlich dient die Bestimmung der Circumpolarisation zur schnellen Fest- stellung des Gehaltes einer Flüssigkeit an dem einen oder anderen Körper, als: Glucose, Albumin. Die Beobachtung der Circumpolarisation erfordert kaum eine Minute Zeit und bedingt bei einiger Vorsicht keinen Verlust der zu prüfenden Flüssigkeit. Ein Haupterforderniss für diese Untersuchung ist, dass die Lösungen Mar, durchsichtig und möglichst farblos sind; schwach gelbe Färbung thut keinen erheblichen Eintrag an Genauigkeit, wohl aber rothe oder braune Färbung. Die einzelnen zur Entfärbung und Klärung anwend- baren Agentien sind bei den einzelnen Untersuchungen auf Glucose, Gallensäuren, Albumin angegeben. Mit der zu prüfenden Lösung füllt man die Untersuchungsröhre, deren Länge man nach der Klarheit und Tiefe der Färbung der Flüssig- keit auswählt. Da die Bestimmung um so genauer ausfällt, je länger die vom Lichte durchwanderte Flüssigkeitsschicht ist, wählt man eine Köhre von möglichster Länge, nach deren Füllung aber beleuchtete Gegenstände beim Hindurchsehen durch die Flüssigkeitsschicht in der Eöhre scharf unterschieden werden können. Bohren von 2, 1 und 1/2 Decimeter Länge des in der Röhre eingeschlossenen Baumes sind die gewöhnlich zu diesen UntersucJningen benutzten und zweckmässigsten. Fig. 12 stellt ein solches Bohr im Durchschnitte dar. Die Kappen aus Metall, welche auf die Enden der Röhre aufgeschraubt sind, haben eine mindestens 5 Mm. weite runde Durchbohrung und drücken durch einen eingelegten Kautschukring eine runde Glasplatte gegen den gerade abgeschliffenen Rand der Röhre; sie dürfen nicht zu fest aufge- schraubt werden. Das mit der Flüssigkeit zu füllende Rohr ist zweck- Hoppe-Seyler, Analyse. 6. Aufl. 33 514 Polaristrobometer. massig umgeben von einem wasserdicht aufgesetzten weiten Eohr, in welches bei a ein Thermometer eingesetzt wird. Um bei bestimmter Temperatur die Beobachtung ausführen zu können, lässt man Wasser von der gewünschten Temperatur bei b ein- und bei c austreten durch an- gefügte Kautschukschläuche. Fig. 12. Als Lichtquelle für diese Beobachtungen dient am Besten eine mit Eüböl oder Steinöl gespeiste Lampe, da Gasflammen weniger nihig brennen; wenn, wie bei Wild's Polaristrobometer und Halbschatten- apparaten, einfarbiges Licht für die Untersuchung erforderlich ist, dient ein Bunsen 'scher Gasbrenner mit sehr schwach leuchtender Flamme, in welcher Soda oder Kochsalz erhitzt wird und welche gelbes Natriumlicht liefert. Um nach allen ül)rigen Seiten als der dem Circumpolarisations- apparate zugekehrten das Licht abzuhalten, umgiebt man Flamme und Glascylinder noch mit einem aussen geschwärzten Thoncylinder oder Schornstein von Eisenlilech, welcher nur durch einen runden seitlichen Ausschnitt Licht in den Polarisationsapparat sendet. *) Polaristi'obometer. Von den verschiedenen Instrumenten, die zur Messung der Circum- polarisation des Lichtes angewendet sind, verdienen vor allen übri- gen den Vorzug für physiologische und pathologische Zwecke 1) das Soleil'sche Saecharimeter, 2) das Polaristrobometer von Wild, 3) die Halbschattenapparate. Viel einfacher, billiger, aber nur für gröbere Bestimmungen ausreichend ist das kleinere Instrument von Mitscher- lich. Dies letztere besteht aus einem feststehenden Nicol'schen Prisma, einer planconvexen Glaslinse und einem drehbaren Nicol'schen Prisma. Das erste Prisma polarisirt das Licht, mit dem zweiten untersucht man *) Die Apparate uud Untersuchungsmethoden der Circularpolarisation sind ein- gehend geschildert und die Apparate durch Abbildungen erläutert in H. Landolt, Das optische Drehungsvermügen organischer Substanzen etc. Braunschweig 1879. Polaristrobometer von Mitscherlich. 5] 5 die Lage der Polarisationsebene des von der Linse kommenden Lichtes ; das zweite Prisma befindet sich deswegen im Centrum eines in Grade getheilten Kreises, in welchem es mittelst einer Handhabe wie die Axe in einem Kade gedreht werden kann. Ein am Prisma befestigter Zeiger, wo möglich mit Nonius versehen, dient dazu, die Drehung des Prisma an der Kreistheilung beobachten zu lassen. Zur Ausführung einer Beobachtung stellt man den Apparat mit dem Tubus, welcher das erste Prisma enthiilt, dicht an die Lampe, so dass das Licht durch das erste Nicol'sche Prisma, die Linse, das zweite Prisma und zum Auge des Beobachters an demselben gelangt. Ist der Apparat gut eingestellt, so wird ein verticaler schwarzer Streif das um- gekehrte Bild der Flamme, welches die Mitte des Gesichtsfeldes ein- nehmen soll, in zwei gleiche Theile trennen, wenn der Zeiger an der Kreistheilung auf 0° oder 180" gestellt ist. Bei jeder anderen Stellung ■dieses Zeigers ist der schwarze Streif (das Zeichen, dass beide Nicols gekreuzte Stellung haben) entweder gar nicht oder wenigstens nicht in der Mitte des Gesichtsfeldes sichtbar. Man legt nun die mit der zu prüfenden Flüssigkeit gefüllte Röhre zwischen Linse und zweites Piisma so auf die dafür vorhandenen Träger, dass das Lampenlicht von der Linse kommend dm-ch die Länge der Röhre zum zweiten Prisma und dem Auge des Beobachters gelangt. Ist auch jetzt noch der schwarze Streif in der Mitte des Gesichtsfeldes, während der Zeiger auf O" steht, so ist die untersuchte Flüssigkeit nicht circumpolarisirend, ist er aber entweder seitlich verschoben oder bei keiner Drehung des zweiten Prisma aufzufinden, so ist im ersten Falle schwache, im zweiten starke Gircum- polarisation damit erwiesen. Man wird dann nicht mehr allein Hell und Dunkel zu unterscheiden haben, sondern es tritt bei verschiedener Einstellung des zweiten Nicol farbiges Licht auf, dessen Färbung in be- stimmter Folge mit der Drehung des Prisma sich ändert. Ist bei irgend einer Stellung des Prisma der schwarze Streif noch zu finden, so wird auf seiner einen Seite rothes, auf der anderen blaues Licht bemerkbar sein; man dreht das Prisma jetzt, bis der Streif wieder in der Mitte des Gesichtsfeldes steht, und liest ab, welche Stellung der Zeiger an der Gradeintheilung angiebt. Er zeigt in Graden ausgedrückt die durch die Flüssigkeit bewirkte Drehung für gelbes Licht an. Ist aber der schwarze Streif bei keiner Stellung des analysirenden Nicol mehr zu finden, oder ist er breit und undeutlich, so dreht man das Prisma, bis der Uebergang des farbigen Lichtes aus Blau in Roth gerade in die Mitte des Gesichtsfeldes zu stehen kommt; es ist dann gleichfalls durch den Zeiger angegeben, wie gross die Drehung ist für gelbes Licht. 33* 516, Polaristrobometer von Mitscherlich. Besitzt die untersuchte Flüssigkeit eine gelbe, rothe oder bräun- liche Farbe, so wird der dunkle Streif sehr breit sein, weil das violette' und blaue Licht der beleuchtenden Flamme, welche an sich hinsichtlich der Intensität hinter dem gelben und rothen Lichte derselben weit zurückstehen, dann kräftig- von der Flüssigkeit absorbirt werden, und nun an den Stellen kein Licht erscheinen, wo bei gleich stark circura- polarisirenden aber farblosen Flüssigkeiten violettes und blaues Licht aufgetreten wären. In diesem Falle kann man die Bestimmung noch ziemlich genau machen, wenn man den an das rothe Licht angrenzen- den Theil des dunklen Gebiets in die Mitte des Gesichtsfeldes stellt und nun an der Theilung des Kreises die von der Flüssigkeit bewirkte Drehung abliest. Auch hier gilt die angezeigte Drehung für gelbes Licht. Die Benutzung dieser Beobachtimg zur quantitativen Bestimmung^ von Zucker, Albuminstoffen u. s. w. ist oben bei Abhandlung der Be- stimmungsmethode dieser Körper für Harn, Blut u. s. w. auseinander gesetzt worden, hier mögen nur einige allgemeine Bemerkungen Platz finden. Die Circumpolarisation kann bekanntlich eine rechtsseitige oder linksseitige sein, man bezeichnet die erstere durch ein -)-,. die zweite durch ein — vor der beobachteten Zahl der Grade. Eine rechtsdrehende Flüssigkeit bewirkt im obigen Apparate, dass der Beobachter das zweite Nie ol' sehe Prisma nach rechts drehen muss^ um den schwarzen Streif oder den üebergang aus Blau in Koth in die Mitte des Gesichtsfeldes zu bringen, wenn der Zeiger vorher auf 0° gestanden hatte; eine Linksdrehung erfordert den Nicol nach links zu drehen, um dasselbe hier zu en-eichen. Eine starke Rechtsdrehung lässt die Farben in der Folge von Blau nach Roth beim Recbtsdrehen des Nicol erscheinen, bei starker Linksdrehung ist auch die Folge der Farben die gleiche beim Drehen des Nicol nach links. Um die specifische Drehung eines Körpers zu bestimmen, ist eine Lösung erforderlich, die nur diesen einen circumpolarisirenden- Körper enthält. Von dieser Lösung ist der Gehalt in Grammen aus- gedrückt für 1 CC. Flüssigkeit zu ermitteln, ausserdem ist bei der Be- obachtung die Temperatur und die Länge der Beobachtungsröhre zu bestimmen. Hat man nun von dieser Flüssigkeit nach den obigen Vor- schriften die Drehung bestimmt und sie = ot gefunden, war ferner die Länge des Beobachtungsrohres = / in Decimeter ausgedrückt, der Ge- halt von 1 CC. Flüssigkeit an dem circumpolarisirenden Stoffe = p^ so ist die spec. Drehung, d. h. die Drehung, welche 1 gr circumpolari- sirender Substanz in 1 CC. Flüssigkeit gelöst bei 1 Decimeter Länge der üntersuchungsröhre für gelbes Licht bewirkt: Polaristrobometer von Mitscherlich. 517 I- (a).=±-^ z. B. mit einer Flüssigkeit, welche 14,3 gr Substanz in 100 CC. oder 0,143 gr in 1 CC. Flüssigkeit enthält, sei eine 2 Decimeter lange Röhre gefüllt und man Tiabe nach Einlegen derselben in den Polarisationsapparat den analysirenden Nicol 1G° nach rechts drehen müssen, um den Uebergang aus Blau in Roth in die Mittte des Gesichtsfeldes zu bringen, so würde = 55,94 die spec. Drehung die- ser Substanz für gelbes Licht, welche gewöhnlich durch das allgemeine Zeichen (et)- ausgedrückt wird, sein. Für alle genaueren Untersuchungen ist es zweckmässig, zur Beleuchtung des Apparates die Flamme eines Bunsen'schen Brenners zu wählen, in welche eine Sodaperle am Platindraht eingebracht ist. Die für Natrium- licht ermittelte spec. Drehung wird, da die Linie D des Sonnenspectrum dem Natriumlichte entspricht, mit (a)j-, bezeichnet. Die für weisses Sonnenlicht ge- fundenen AVerthe der Drehung sind stets höher als die für Natriumlioht gefun- denen, wenn die circumpolarisirende Flüssigkeit nicht gelb gefärbt ist und somit die brechbareren Lichtsorten absorbirt. Bei derartigen Untersuchungen ist es zweckmässig, von der zu untersuchenden Substanz eine hinreichend concentrirte Lösung anzufertigen, mit derselben ein mög- Jichst langes Beobachtungsrohr zu füllen, die Circumpolarisation zu bestimmen und dann das Rohr in eine Schale oder ein Becherglas zu entleeren, mit dem Lösungs- mittel einige Male nachzuspülen, die Flüssigkeit zur Trockne zu verdunsten und den festen Rückstand zu wägen. Hat man vorher durch Wägen 1, des trocknen leeren 2, des mit destillirtem Wasser gefüllten Rohrs das Volumen des Röhreninhaltes be- stimmt, so giebt ein solches Rohr ein sehr genaues IVIaass für Flüssigkeiten zu derartigen Untersuchungen, und wenn v den Inhalt des Rohrs in Cubikcentimetern .ausdrückt, p' das Gewicht der darin enthaltenen circumpolarisirenden Substanz bezeichnet, so würde unter Benutzung von Natriumlicht und Anwendung der obigea Formel L die spec. Drehung sein. Die in den Lehrbüchern angegebenen Formeln beziehen Jsich meist auf die Biot'sche Formel, welche unbequemer ist, da sie Bestimmung des spec. Gewichts der Flüssigkeit fordert, im Uebrigen jedoch mit obiger identisch ist. Es ergiebt sich nun aus dieser Formel, dass, wenn man von einer circum- polarisirenden Substanz, die für verschiedene Lösungsconcentrationen gleiche oder wenig veränderliche spec. Drehung besitzt, bereits die spec. Drehung kenut, der Gehalt einer Flüssigkeit an dieser Substanz ohne Weiteres ermittelt wird durch die Beobachtung der Circumpolarisation, wenn man die Länge des Beobachtungs- rohrs kennt und ausserdem sich überzeugt hat, dass nicht mehrere circum- polarisirende Körper in der Lösung sich beünden. Ist a die beobachtete Drehung und (ot) die spec. Drehung, so ist p = j—— das Gewicht des die Drehung bewir- kenden Stoffes in Grammen für 1 CC. Lösung. Am Einfachsten geschieht diese 10' Berechnung mittelst der Drehungsconstante A =} da diese mit dem beobach- teten Drehungswinkel multiplicirt ohne Weiteres den Gehalt an dem activen Kör- per in 1 Liter Flüssigkeit angiebt, wenn die Länge der Flüjsigkeitsschicht 100 Mm. beträgt. 518 Das Soleil'sche Sacchaiimeter. Das Soleil'sche Saecharinieter. Das SoleiTsche Saccharimeter ist weit complicirter als der oben beschriebene Apparat von Mitscherlich, gestattet aber auch bei Weitem genauere Bestimmung des Gehaltes einer Flüssigkeit an einem cii'cumpolarisirenden Körper, besonders wenn dasselbe nach der neueren- verbesserten Consti-uction angefertigt ist. Es lässt sich dieses Instru- ment auch zur Bestimmung der spec. Drehung sehr wohl benutzen, aber nur für schwache Drehungen, — niclitüber ±5". Figur 13 er- läutert dieses Instrument. Es besteht im Wesentlichen aus einem Kalk- spathkrystall und Glaslinse, eigenthümlich geschnitten, unter i, 2 Nicol'- schen Prismen a und cl, das Prima a ist um die Sehaxe des Apparates drehbar, das andere d ist als feststehend anzusehen. Ausserdem befinden sich im Instrumente Quarzplatten, alle senkrecht zur optischen Axe des Quarzkrystalls geschnitten, und zwar der Soleil'sche Biquarz bei /(, dessen eine Hälfte die Polarisationsebene eben so weit nach rechts als die andere nach links dreht. Bei o befindet sich eine das ganze Ge- sichtsfeld deckende Platte aus linksdrehendem Quarze, bei e und /, zwischen o und d, liegen seitlich horizontal verschiebbare aber vertical stehende Compensationsprismen aus rechtsdrehendem Quarze, welche durch Zahnstangen und ein Zahnrad mit Griff k so verschoben werden können, dass das den Apparat durchwandernde polarisirte Licht eine dickere oder dünnere Schicht von rechtsdrehendem Quarze passirt. Bei einer bestimmten Stellung der Compensatoren wird die Links- drehung der Platte bei o gerade compensirt und der scheinbare Effect auf das Licht ist = 0. Die Compensationsprismen tragen oben eine Scala und Nonius. Der 0-Strich des Nonius fällt mit dem der Scala zusammen, wenn gerade jene Compensation stattfindet, ohne dass eine andere die Polarisationsebene drehende Sulistaiiz in den Apparat ein- geschaltet ist. Im Kopfe des Apparates befindet sich noch ein kleines Fernrohr bc, welches je nach der grösseren oder kleineren Entfernung zwischen b und c für jedes Auge das deutliche Sehen der Doppel- platte h vermittelt, wenn das Licht den Apparat von m nach a durch- wandert und das Auge des Beobachters sich bei a befindet. Durch Drehung des Nicol 'sehen Prisma a lyn seine Axe erhält man ver- schiedene Helligkeit und Färbung des Gesichtsfeldes. Die Farben beider Hälften sind dagegen ungleich, wenn eine dieser Bedingungen nicht erfüllt ist. Zur Ausführung von Bestimmungen der Circumpolarisation mit dem Saccharimeter stellt man letzteres, wie es Fig. 13 dar- stellt, so auf, dass der hellste Theil der Beleuchtungsflamme durch den Ausschnitt des Thoncylinders sein Lieht in die Axe des Saccha- Das Soleil'sche Saccharimeter. 519 riineter zum Auge des Beobachters sendet, indem man das Ende w des Apparates nahe vor das km-ze Ansatzrolir des Thoncylinders bringt. Man dreht dann, während man durch den Apparat sieht, das Nicol'sche Prisma a (nach richtiger Einstellung des Fernrohrs bis zum deutlichen Erscheinen der verticalen Linie der Doppelplatte) und sucht eine helle Eai-be aus, welche die grösste Empfindlichkeit zeigt, d. h. deren ge- Fig. lo. ringste Aenderung durch das Auge wahrgenommen wird; ein helles Eosenroth wird diesem Zwecke meist am Besten entsprechen. Ist diese Farbe eingestellt, so dreht man durch Bewegung des Griffes k den Compensator hin und her, bis die Färbung beider Hälften des Gesichts- feldes vollkommen gleich zu sein scheint. Dann beobachtet man, ob der 0-Strich der Scala mit dem 0-Strich des Nonius genau zusammen- fällt, wiederholt diese Prüfung einige Male und überzeugt sich auf diese Weise, ob der 0-Punkt der Scala richtig ist. Ist man auf Grund 520 Das Soleirsche Saccharimeter. mehrerer derartiger Proben überzeugt, dass der 0-Punkt nicht ganz richtig ist, so wird derselbe corrigirt, indem man bei genau aufO ein- gestelltem Compensator das Nicol'sche Prisma unter d mittelst eines hierzu bestimmten Schlüssels bei / hin und her dreht, bis die Färbung beider Gesichtshiilften genau gleich geworden ist. Es ist diese Cor- rection jedoch äusserst selten nöthig, der 0-Punkt erhält sich Jahre lang constant. Man füllt nun eine Röhre (Fig. 12 S. 514) mit der vollkommen klaren zu prüfenden Flüssigkeit. Ist die Färbung derselben nicht allzu dunkel, so thut sie der Genauigkeit keinen wesentlichen Abbruch und macht auf keinen Fall eine Coirection nöthig; sehr stark gelb oder gar roth gefärbte Flüssigkeiten geben keine guten Bestimmungen, da in ihnen Farbenunterschiede kaum noch zu erkennen sind und die Farben- und Helligkeitsgleicliheit beider Gesichtsfeldhälften bei einer unrichtigen Compensatorstellung eintreten wird. Ziemlicji dunkel gefärbte Flüssi»-- keiten lassen sicJi oft noch in kurzen Eöliren gut untersuchen. Man fügt dann die gefüllte Röhre (ein kleines Luftbläschen, welches in der Röhre zurückgeblieben sein sollte, bringt keinen Naclitlieil) zwisclien o und h in den Apparat ein, suclit wieder die möglichst empfindliche Farbe dui-ch Drehung das Nicol a und dreht durch Bewegung von k die Com- pensatoren, bis die Färbung beider Gesiclitshälften völlig gleich ist. Ist dies erreicht, so liest man auf der Scala des Compensators ab. Stellt der 0-Strich des Nonius rechts vom 0-Stricli der Scala, so ist die unter- suchte Flüssigkeit eine rechtsdrehende, stellt er links vom 0-Stricli der Scala, so ist sie eine linksdreliende, fallen endlich beide 0-Striche zu- sammen, so befindet sich in der untersuchten Flüssigkeit keine wahr- nehmbare Quantität einer circumpolarisirenden Substanz, oder es sind Substanzen in Lösung, von denen die Rechtsdrehung der einen die Links- drehung der anderen gerade aufhebt. Die für medicinische Zwecke gebräuchliclie Scala auf den Compensatoren zeigt für Glucose enthaltende Flüssigkeiten den Gehalt (in Grammen aus- gedrückt für 100 CC. Flüssigkeit) an, wenn diese Flüssigkeiten nur diesen circumpolarisirenden Körper enthalten und eine 1 Decimeter lange Röhre damit gefüllt im Apparate untersucht wird. Man liest also, nachdem man nach obiger Vorschrift die Farben beidei Gesichtsjiälften gleich ge- macht hat, ab, um wie viele Theile der Scala und des Nonius der 0-S trieb des Nonius nach rechts gerückt war, und dividirt diese Angabe durch die Länge der Röhre in Decimetern ausgedrückt, um ohne Weiteres den Zuckergehalt der Flüssigkeit zu kennen. Es erfordert nur kurze Uebung, um die Einstellung der Farben beider Seiten des Gesichtsfeldes genau auszuführen, wenn das Auge des Das Polaristrobometer von Wild. 521 Beobachters überhaupt hinlängliche Empfindlichkeit für Farbenunterschiede besitzt. Man wiederholt die Bestimmung der Drehung einer Flüssigkeit mehrmals, indem man den Compensator wieder auf 0 stellt und während des Hindurchsehens unter Balancii-eu der Farben beider Gesichtshälften dmch Hin- und Herschieben des Compensator genaue Gleichheit der Farbe wiederherstellt und auf der Scala abliest*). Die spec. Drehung anderer Substanzen, als Traubenzucker, mittelst des be- schriebenen Saccharimeters tiudet man bei Benutzung von Natriumlicht ungefähr durch die Formel "worin a die an der Scala abgelesene Drehung, p das Gewicht der circumpolari- sirenden Substanz in Grammen in 100 CC. Flüssigkeit und l die Länge der unter- suchten circumpolarisirenden Flüssigkeitsschicht darstellt (-|-52,6'' ist die mittlere spec. Drehung der Glucose). Aus dieser Formel ergiebt sich dann weiter die Bestimmung des Gehaltes «iner Flüssigkeit an anderen circumpolarisirenden Stoffen als Zucker, wenn von •diesen Stoffen nur einer in der Lösung sich befindet und seine spec. Drehung für gelbes Licht bekannt ist. p =: 52,6 ° . -j-^ — j giebt den Gehalt für 100 CC. Flüssigkeit an. Es ist endlich einleuchtend, dass man auch bei Gegenwart von bekannten Gewichten circumpolarisender Stoffe von bekannter spec. Drehung die spec. Drehung eines anderen gleichzeitig darin vorhandenen Stoffes ermitteln kann, wenn sein Gewicht in einem bestimmten Volumen Flüssigkeit bekannt ist. Das Polaristrobometer von Wild. Wild 's grosses Polaristrobometer zeichnet sich durch seine sehr allgemeine Anwendbarkeit aus. Das kleine Instrument, welches Wild angegeben hat, bietet schon erhebliche Vortheile gegen den einfachen Mitscherlich'schen Apparat; seine Schilderung kann hier über- gangen werden, da es in allen wesentlichen Einrichtungen mit dem grossen Instrumente von Wild übereinstimmt und hauptsächlich nur darin abweicht, dass höchstens 50 Mm. lange Beobachtungsröhren in das kleinere Instrument eingelegt werden können. Fig. 14 (siehe fol- gende Seite) stellt die Ansicht des grossen Wild 'sehen Instruments dar, vor demselben der Gasbrenner mit Schornstein von Eisenblech, auf einem seitlichen Träger Sodaperlen an Platindrähten zum Ein- bringen in die Brennerflamme. Durch einen seitlichen circulären Aus- •) Der mittlere Beobachtungsfehler bei guten Instrumenten beträgt ±0,1 Scalentheile. Bei geringer Empfindlichkeit des Auges für Farbenunterschiede be- nutzt man am Besten Natriumlicht zur Beleuchtung. 522 Das Polaristrobometer von Wild. I? IKs' Das Polaristrobometer von Wild. 523 schnitt des Schornsteins sendet die Flamme des Brenners das Licht zum Instrumente, in dessen Axe es von d nach a hindurchgeht und hei a das Auge des Beobachters erreicht. Durch ein Diaphragma bei d gelangt das Licht zunächst zu einem Nicol, welcher im Centrum der Scheibe k mit dieser zusammen um ihre Axe durch ein Zahn- getriebe mittelst des Knopfes c drehbar ist. An der Peripherie der Scheibe k befindet sich eine Kreistheilung in Vs Grade getheilt. Das drehbare Nicol 'sehe Prisma wird gehalten durch den Träger A, an welchem andererseits ein kleines Fernrohr, ein Nicol und das Pola- riskop agl^ endlich vor der Kreisscheibe k der Indicator i befestigt sind. Zwischen Polariskop und drehbarem Nicol ist der Kaum für die einzulegenden mit den zu untersuchenden Flüssigkeiten gefüllten Beob- achtungsröhren r. Der dem Auge des Beobachters zugewandte Theil des Instruments besteht bei a aus einem Nicol und Savart'schen Po- lariskop (zusammengesetzt aus zwei Kalkspathplatten, die unter 45" gegen die optische Axe des Krystalls geschnitten und mit ihren Haupt- schnitten unter 90 "^ gekreuzt auf einander gelegt sind). Dies letztere bewirkt, dass bei der Beobachtung in allen Stellungen der Nicol gegen einander das durch das Instrument gehende Licht horizontale Inter- ferenzstreifen zeigt, wenn nicht die Schwingungsebene des zweiten Nicol parallel oder senkrecht zu derjenigen des in ihn eintretenden Lichtes ist. Am Kopf des Apparates befindet sich ferner, wie bereits ange- geben, ein kleines Fenirohr und in dem Bohre an geeigneter Stelle ein Fadenkreuz, dessen Bild bei der Beobachtung genau einzustellen ist. Durch das Fernrohr bp p s ferner beobachtet man die Scala der Scheibe k und den Indicator «, wahrend von dem Schlitzbrenner q die Beleuchtung dieser Scala vermittelst eines schräg gestellten, in der Mitte durchbohrten Metallspiegels, der sich am Ende des Fernrohrs befindet, bewirkt wird. Der Träger h ist auf dem Stativ / horizontal und vertical drehbar, damit man ihn mit d genau auf die Natrium- flamme einstellen kann. Um Beobachtungen mit dem Instrumente auszuführen, richtet man dasselbe zimächst mit dem Ende d gegen die Gas- oder Alkohol- flamme, in welche eine Sodaperle eingeführt ist, stellt das Ocular in a so ein, dass man das Fadenkreuz scharf sieht, beleuchtet dm'ch die Flamme q die Scala und dreht mittelst des Knopfes c die Scheibe k mit dem analysirenden Nicol. Es zeigen sich schwarze Interferenz- streifen horizontal das Gesichtsfeld durchsetzend, welche bei der Drehung des einen Nicol bald dunkler, bald wieder heller werden, aber nur dann vollständig verschwinden aus der Mitte des Gesichts- feldes, wenn die beiden Nicol entweder gleiche Stellung haben oder 524 ^^^ Polaristrobometer von Wild. genau unter 90 ^ gegen einander gekreuzt sind. Fig. 15 erläutert die Erscheinung der Interferenzstreifen und ihr Verschwinden im Gesichts- felde mit dem Fadenkreuz. Dreht man also den Nicol um seine Axe einmal ganz herum, so verschwinden die Interferenzstreifen 4 Mal ent- sprechend den 4 Quadranten des Kreises. Die Stellung der Nicol, bei welcher die Interferenzstreifen verschwinden, lässt sich an der Kreis- theilung genau ablesen. Fig. 1.5. Legt man nun, nachdem an der Scala die Stellung festgestellt ist, bei welcher die Interferenzstreifen verschwunden sind, eine mit drehender Flüssigkeit gefüllte Köhre zwischen den drehbaren Nicol und das Pola- riskop ein, so wird das Verschwinden der Interferenzstreifen nicht mehr bei der Stellung des Nicol stattfinden, bei welcher dies vor Einlegen der Eöhre der Fall war. Man sucht jetzt dm-ch Drehung des Knopfes c die Stellung des Nicol auf, bei welcher jetzt die Interferenzstreifen ver- schwunden sind, liest durch das Fernrohr an der Scala ab, wie weit man nach der einen oder anderen Seite hat den Nicol drehen müssen, um das Verschwinden der Streifen herbeizuführen, und findet in der Differenz der beiden Ablesungen den Winkel der Rotation, welche die Flüssigkeit ausübt. Zweifelt man, ob die Flüssigkeit rechts oder links drehend sei, so untersucht man die Flüssigkeit sowohl in einem 200 Mm. als in einem 100 Mm. langen Eohre; die bei der letzten Beobachtung erhaltene Drehung muss die Hälfte der ersteren betragen. Bei der Auswahl der Beobachtungsröhre ist darauf zu achten, dass man durch die mit Flüssig- keit gefüllte Eöhre, wenn man sie gegen das Licht hält, gut hindurch sehen kann, dass also nicht zuviel Licht von der Flüssigkeit absorbirt wird. Ist dieselbe vollkommen klar und nur wenig gefärbt, so benutzt man die längste Eöhre; bei stark gefärbten oder etwas opalescirenden Flüssigkeiten ist es wohl stets zweckmässig, sich mit einer kürzeren Eöhre zu begnügen. Ist die Drehung nicht sehr bedeutend, so kann man auch mit dem von einer weissen Wand oder den Wolken reflectirten Sonnenlicht oder mit Lampenlicht Bestimmungen ausführen, bei etwas stärkeren Drehungen -wird die Lage der Schwingungsebenen der einzelnen Spectraltheile zu Halbschattenpolarimeter mit Lippich's Polarisator von Landolt. 595 verschieden, sodass bei keiner Stellung des Nicol a die Interferenzstreifen ganz verschwinden, und es ist daher im Allgemeinen zweckmässig, gleich von vorn herein sich des Natriumlichtes zu bedienen. Kennt man die Drehungsconstante des in der Flüssigkeit enthaltenen activen Körpers für Natriumlicht, so berechnet man leicht aus der durch die Beobachtung ermittelten Drehung den Gehalt davon in Grammen für 1 Liter Lösung; ist der Gehalt im Liter bekannt, so ergiebt sich aus der Beobachtung die spec. Drehung — beides nach denselben Formeln, welche für diese Berechnungen nach den Beobachtungen mit dem Mitscherlich- schen Apparate S. 517 angegeben sind. Halbschattenpolarimeter mit Lippich's Polarisator von landolt. Die Halbschattenapparate bestehen 1) wie die übrigen zur Mes- sung der Circularpolarisation verwendeten Apparate aus einem fest- stehenden und einem um die Sehaxe drehbaren Nicoischen Prisma, 2) aus einer Vorrichtung, durch welche die Lage der Polarisationsebene in der einen Hälfte des Gesichtsfeldes um einen Winkel von wenigen Graden gegen die der anderen Hälfte abweicht, 3) einer Collimatorlinsfr zur Parallelstellung der Lichtstrahlen, welche das Instrument beleuchten, 4) einem Fernrohre zur scharfen Einstellung der Grenzlinie beider Ge- sichtshälften für das Auge und 5) einer Kreistheilung mit Nonius zur Messung der Drehungen des Analysators. Bei der Ausführung der Messung soll das drehbare Nicoische Prisma so eingestellt werden, dass die Beschattung der einen Hälft» des Gesichtsfeldes gleich der der anderen wird, beide also nicht voll- ständig dunkel und gegen die Lage der Polarisationsebene des Pobri- sators die des Analysators nicht senkrecht gestellt ist, aber der Winkel dieser Stellung gegen diese Lage beider Seiten gleich und zugleich von 90° nicht weit entfernt ist. Von allen Halbschattenpolarimetern, welche seit dem von Jelett') nach diesem Princip zuerst construirten Instrumente bekannt geworden sind, zeichnen sich die mit Lippich's Polarisator 2) versehenen Apparate, welche Landolt 3) construirt hat, durch die grosse Schärfe aus, mit welcher sie Bestinimungen auszuführen gestatten. Der in Fig. 16 ab- ') Rapports of tlie British Association 1860 T. 2 p. 13., vergl. hinsichtlich der übrigen Halbschattenapparate, von denen besonders der von Laurent sehr verbreitet ist, Landolt, Das optische Drehungsvermögen organischer Substanzen u. s. w. Braunschweig, Wiegand und Sohn 1879 S. 112. ■) Naturwissenschaft]. Jahrbuch Lotos, N. F. Bd. 2. Prag, Tempsky 1880. "Wien. Acad. Sitzungsber. Bd. 85. IL Februar 18S2. 3) Zeitschr. f. Instrumentenkunde April 1883 S. 121—127. 526 Halbschattenpolarimeter mit Lippich's Polarisator von Landolt. 3 Halbschattenpolarimeter mit Lippich's Polarisator von Landolt. 527 gebildete Apparat ist ausgeführt von der Werkstätte F. Schmidt und Haensch in Berlin. In dieser Abbildung ist nicht dargestellt eine von Landolt eingeführte Schlittenvorrichtung, durch welche bei horizontaler seitlicher Verschiebung von 2 nebeneinander liegenden Beobacbtungs- röhren (die eine mit der zu prüfenden Flüssigkeit, die andere mit Wasser gefüllt) schnell bald die eine, bald die andere in die Axe des Apparates zwischen Licht und Auge gebracht werden kann, um Null- punktbestimmung und Eotationsbestimmung schnell auf einander folgen zu lassen. Der in Fig. 16 dargestellte Apparat besteht aus 2 starken guss- eisernen unten je mit 2 Füssen versehenen Platten A und B, welche auf starkem horizontalen Brett aufgeschraubt und durch 7 stai-ke ver- nickelte Stäbe mit einander verbunden sind. Von diesen Stäben dienen die 3 oberen zur Fixirung der aufgelegten Röhre i, in welcher die zu untersuchende Flüssigkeit sich beündet, während die 4 unteren Stäbe die feste Verbindung von A und B bewii-ken. Bei g folgt auf das Diapahrgma eine Convexlinse von ungefähr 50 Mm. Brennweite, dann zwischen g und f der Lippich' sehe Polarisator bestehend aus einem um die Axe des Apparates drehbaren Glan' sehen Prisma, welches das ganze Gesichtsfeld bedeckt und einem feststehenden Glan 'sehen Prisma, welches nur die eine Hälfte des Gesichtsfeldes bedeckt. Dann folgt bei f ein Diaphragma. Das dm'ch dasselbe hindurchgehende von g her- kommende Licht geht auf der einen Hälfte des Gesichtsfeldes durch beide Glan' sehe Prismen, auf der andern Hälfte nur durch das dreh- bare. Das erstere Prisma kann von 0« bis 5° gegen das feststehende gedreht werden. Die Grösse des Winkels wü-d an dem festschraubbaren Zeiger und Gradbogen bei h abgelesen. Im Centrum von A ist das analysirende Nicol'sche Prisma fest in die drehbare Scheibe eingesetzt, der Eand dieser in seiner Umfassung mit der Hand an den Knöpfen e e e e drehbaren Scheibe in Grade, halbe und viertel Grade (bei 30 Cm. Durchmesser) getheilt. Auf der Führung der Scheibe befindet sich am Rande beiderseits ein Nonius, welcher die Viertelgrade in 25 Theile theilt, so dass mit den Loupen m n hundertel Orade abgelesen werden können. Mit der Hand wird die Einstellung des Analysators nur so weit ausgeführt, dass bei der Beobachtung durch das Fernrohr a die beiden Gesichtshälften einigermassen gleich beschattet erscheinen. Man schraubt dann die Schraube b fest, dm-ch welche der Zeiger c c, der bis dahin auf dem Rohr des Analysators leicht gleiten konnte, auf demselben fest- gestellt wird, und beobachtet nun dm-ch a das Gesichtsfeld, während man den Excenter d hin und her bewegt, bis beide Hälften des Ge- 528 Halbschattenpolarimeter mit Lippich's Polarimeter von Landolt. Sichtsfeldes gleiche Beschattung zeigen. Das Stäbchen Ä-, mittelst einer Feder in seiner Führung gegen den Zeiger c c gedrückt, lässt denselben der Bewegung des Excenter d genau folgen. Die Genauigkeit der Einstellung ist in hohem Grade abhängig von der Intensität und Gleichmässigkeit der Belichtung. Es hat sich zweck- mässig erwiesen, durch die m C D dargestellte Bunsen'sche Lampe mit weitem, innen und aussen geschwärzten Cj'linder die Belichtung aus- zuführen. In den unteren Theil des seitlichen Ausschnittes dieses Cy- linders wird durch horizontale Drehung ein Platinlöffelchen r mit einem kurzen Büschel von Platindrähten versehen und mit Stücken Steinsalz gefüllt in die Flamme, welche nur schwach bläulich leuchten darf, ein- geführt und durch das geschmolzene, zwischen die Platindrähte aufge- saugte Salz bei seiner Verdunstung eine intensive Natriumflamme er- zeugt. Man stellt diese Beleuchtungsvorrichtung in der Weise vor den Halbschattenapparat, dass nur das Licht aus der oberen Abtheilung des Ausschnittes, nicht von den Platindrähten, zu ihm gelangt. Um Eotationsbestimmungen mit dem Instrumente auszuführen, wird nach Richtigstellung der Lampe gegen dasselbe die Eöhre i herausge- nommen, die Schraube h gelöst und nun durch Drehung der Scheibe A an den Knöpfen e e e e dem Analysator eine Stellung gegeben, bei welcher beide Hälften des Gesichtsfeldes, die bei der Beobaclitung dm-ch das Fernrohr a sich dem Auge darbieten, gleiche Beschattung zeigen, dann wird b festgeschraubt und nun bei Beobachtung durcli a möglichst genau gleiche Beschattung des Gesichtsfeldes durcli Bewegung des Zeigers c c mittelst Drehung des Excenter d an seiner Handhabe her- beigeführt, dann am Rande der Scheibe ^4 durch die Loupen m und n an Gradeintheilung und Nonius die Stellung abgelesen. Diese Bestimmung wird oft wiederholt, auch das eine Mal von der einen, das andere Mal von der anderen Seite her die Gleichstellung herbeigeführt, schliesslich aus allen Beobaclitungen das Mittel berechnet. Durch Verschiebung des Zeigers h an seiner Scala und liierdurch bewirkter Drehung des das ganze Gesichtsfeld deckenden Glan'schen Prisma kann man dann erkennen, bei welchem Winkel der Polarisations- ebene desselben zu derjenigen des Polarisators für die herrschende Be- lichtung die schärfste Bestimmung erzielt werden kann. Nachdem auf dem beschriebenen Wege die Bestimmung des 0-Punktes mit möglichster Schärfe ausgeführt ist, wird die Rölire i mit der zu prüfenden Flüssigkeit eingelegt und nun die Bestimmung in der ange- gebenen Weise wiederholt. Füi- möglichst genaue Bestimmung ist 1) die Länge der Flüssigkeitsröhre möglichst gross zu wählen und die Tem- peratur durch Benutzung einer Röhre entsprechend Fig. 12 mit um- Untersuchung der P'hiorescenz. 529 spülendem Wasser von bestimmter Temperatur zu regulken. Köliren von 20 Cm. sind die gebräuchlichsten, solche von 50 Cm. oft zweck- mässig. Es ist ohne Schwierigkeit sowohl durch Benutzung der Flammen von anderen Metallverbindungen, Lithium, Thallium u. s. w. imd eines kräftigen Sonnenspectrums im dunklen Kaume entworfen mittelst Heliostat, Spalt, Collimator und Prisma auch für verschiedene andere Lichtarten, als die der Natriumflamme, die Drehungsbestimmungen für Flüssigkeiten mit diesem Halbschattenpolarimeter auszuführen. Die Berechnungen der Drehungen, der spec. Drehungen und des Gehaltes an optisch aktiver Substanz im bestimmten Volumen einer Flüssigkeit werden in gleicher Weise ausgeführt, wie es oben S. 517 angegeben ist. Untersuchung der Fluorescenz. Fluorescenz findet sich bezüglich der in höheren Thieren vorkom- menden Substanzen in auifallenderem Grade nur selten. Stark fluoresciren die Lösungen der Gallensäuren in concentrirter Schwefelsäure; Albu- minlösungen, Harn u. s. w. zeigen schwache Fluorescenz. Um eine Flüssigkeit auf Fluorescenz zu prüfen, lässt man Sonnen- licht, durch eine Linse concentrii-t, in die Flüssigkeit in der Weise ein- fallen, dass die Spitze des gebildeten Lichtkegels sich in der Flüssigkeit befindet. Erkennt man den Lichtkegel in der einen oder anderen Farbe leuchtend und bleibt dieses Leuchten unverändert, wenn man den Kegel dm-ch ein Nicol'sches Prisma betrachtet und dies Prisma vor dem Auge um seine Längsaxe herumdreht, so ist die Flüssigkeit üuorescirend. Wird dagegen der leuchtende Kegel bei der Drehung des Nicol dunkler und bei weiterer Drehung wieder heller, so rührt die Zerstreuung des Lichtes nicht von Fluorescenz her, sondern von feinen in der Flüssigkeit suspendirten Theilchen. Ueber eine in den Flüssigkeiten von Säugethieren in geringerer Menge sehr- verbreitete chininähnlich stark fluorescirende Substanz vergl. Bence-Jones Royal Instit. of Great Brit. March. 23. 1866. Hrtppt- äey ler. Analyse. 6. Aufl. •>■* Anhang II Tabelle 1. Volumina uud specifische Gewichte des Wassers bei den verschiedenen Temperaturen nach Kopp. Tempera- tur. Grade. A. Volumen des Wassers (bei 0''=1). B. Spec. Gewicht des Wassers (bei 0°=1) Tempera- tur. Grade. A. Volumeu des Wassers (bei 0° = 1). B. Spec. Gewicht des Wassers (bei 0° = 1). 0 1,00000 1,000000 17 1,00101 0,988992 1 0,9i199.T 1,000053 18 1,00118 0,998817 2 0,99991 1,000092 19 1,00137 0,998631 3 0,99989 1,000115 20 1,00157 0,998435 4 0,99988 1,000123 21 1,00178 0,998228 5 0,99988 1,000117 22 1,00200 0,998010 6 0,99990 1.000097 23 1,00223 0,997780 7 0,99994 1,000062 24 1,00247 0,997541 8 0,99999 1,000014 25 1,00271 0,997293 9 1 ,00005 0,999952 26 1,00295 0,997035 10 1,00012 0,999876 27 1,00319 0,996767 11 1,00021 0,999785 28 1 ,00347 0,996489 12 1,00031 0,9996^(; 29 1,00376 0,996202 13 1,00043 0,999572 30 1 ,00406 0,995908 14 l,000.')fi 0,999445 35 1,00570 15 1,00070 0,999306 40 1,00753 16 1,00085 0,999155 Tabelle II. 531 Tabelle II. Atomgewichte der Elemente, welche in diesem Handbuche in Rechnung kommen. Barium T.a 136,86. Natrium Na 22,995. Calcium Ca 39,91. Phosphor P 30,96. Chlor Cl 35,37. Platin Pt 194,3. Eisen Fe 55,88. Quecksilber Hg 199,8. Fluor Fl 19,06. Sauerstoff Ö 15,96. Kalium K 39,03. Schwefel S 31,98. Kohlenstoff C 11,97. Silber Ag 107,66. Kupfer Cu 63,18. Silicium Si 28,00. Lithium Li 7,01. Stickstoff N 14,01. Magnesium Mg 23,94. Wasserstoff H 1,00. III Mangan TTn 54,8. Verhältnisszahlen zur Berechnung der Zusammensetzung von Ascheu u. s. w. aus den einzeluen Bestimmungen. Chlorsilber : Chlor = 1 : 0.2472'.) AgCl Cl Chlorsilber : Chlorwasserstoff = 1:0,25428 AgCl CIH Chlorsilber : Chlornatrium = 1 : 0,40806 AgCl NaCl Schwefelsaurer Baryt : Schwefel = 1:0,13744 BaS04 S Schwefelsaurer Baryt : Schwefelsäure =1 : 0,41181 BaSOj SO4 Schwefelsaurer Baryt : Barium = 1:0,58819 BaS04 ' Ba -- - 34* = 1 1 53'2 Tabelle II. Kaliumplatinchloiid : Kalium = 1 KoPtClß K2 KaliMmplatinchlorid : Chlorkalium =^1 KsPtCl, 2 KCl Ammoniumplatinchlorid : Ammoniak = 1 (NH4)oPtCle 2NH3 Platin : Ammoniak =: 1 : Pt 2NH3 Chlornatrimn : Natrium =^ 1 : NaCl Na Kohlensaurer Kalk : Calcium CaCOg Ca (Jalciumoxyd : Calcium CaO Ca Kohlensäure : Kohlensam-er Kiilk = 1 C(\, CaCOa Pyropliosphorsaure Magnesia : Magnesium . . . . = 1 MgaPaO^ Mgo Pyrophosphorsaure Magnesia : Phosphorsäure . . . ^ 1 Mg.PsO, 2PO4 Phosphorsaures Eisenoxyd : Phosphorsäure . . . reP04 PO4 Phosphorsäure : Phosphorsaures Natron .... PO4 Na2HP04 Phosphorsäure : Phosphorsaurer Kalk = l : 2PO4 Ca3(P04).2 Phosphorsaures Eisenoxyd : Eisen =: 1 : PePOi Fe Eisenoxyd : Eisen . == 1 : Fe^Og 2 Fe Mangansullür : Mangan = 1 : MnS Mn = 1 1 : 0,1610^ : 0,30707 : 0,07687 : 0,17509 0,39399 : 0,40006 : 0,71434 : 2,27296 : 0.21614 : 0,85590 : 0,62915 : l,4956;8 : 1,63149 ; 0,37085 0,700Ü8 0,63148 Alphabetisclies Register. Absorptionsstreifen 510. Acetessigsäure 47. Aceton 42, im Urin 363. Acetylenhämoglubin 280. Achrooglycogen 78. Acidalbuniine 245, 255. Acidität, Bestimmung im Harn 327. Acrolein 55. Adenin 110, aus Nuclein 109, aus Harn 119, Organen 488. 492. Adipocire 33. Aepfelsäure. aus Asparaginsäure 139, Gährung 44. Aetherextract der Fäces 480. Aetherschwefelsäuren 171, Bestimmung im Urin 332. Aethylalkohol 40, Nachweis 40. Albuminat 245, 256, 394, spec. Drehung 258, Nachweis 394. Albumine 243, in der Milch 455, 456, Bestimmung 462, 463, 464. Siehe die einzelnen Albumine. Albuminoide 267. Albuminsäuren, siehe Albuminate. Albuminstoffe 237, Eigenschaften 238, Krystalle 238, Zersetzungen durch Fäulniss, Säuren, Allcalien, Pepsin, Trypsin, Oxydation 238, Reactionen, Nachweis 239, Trennung 242, Synopsis 243, Bestimmung in Eiter 473, Fäces 477, 480, Galle 445, 447, Nasensecret 432, Organen 489, Parotisspeichel 426, serösen Flüssigkeiten 392. 400, 407, Schweiss 454, Urin 366, 368, 369 ; liefern Albumose 259, Ammoniak 238. Aspara- ginsäure 137, Buttersäure 30, Carba- minsäure 107, Diamidoessigsäure 147, Farbstoffe 241, Glutaminsäure 139, Hydroparacumarsäure 185, Indol 161, Isobuttersäure 30, Kresole 157, Leucin 132, Leucinimid 135, Lysatin 147. Lysin 146, Methylmercaptan 42, Oxy- protsulfonsäure 266 , Paroxyphenyl- ' essigsaure 184, Pepton 264, Phenol 1.57, Phenylamidopropionsäure 181,Phenyl- 1 essigsaure 180, Phenylpropionsäure 180, Skatol 164, Skatolcarbonsäure 169, Skatolessigsäure 170, Tyroloucin I 135, Tyrosin 187. Albumosen 246, 259, Nachweis im Harn 370, Sperma 473, Eiter 473, Organen 491. Alkalialbuminat, siehe Albuminat. Alkalimetalle 2. Alkapton 191, 192. Alkohole 40. Allantoin 127, Nachweis 106, im Urin 379. Allantoisflüssigkeit 127. Alloxan, Bildung 114. Alphatoluylsäure, siehe Phenylessigsäure. Ameisensäure 28, Nachweis 35, aus Al- bumin 239, Chitin 152, Hämoglobin 278. Amidovaleriansäure 132. Amidooxindol 167. Ammoniak 19, in serösen Flüssigkeiten 399, Mageninhalt 442, Nachweis und Bestimmung im Urin 330, 352, Bildung aus Albuminstoffen 238. 256, Leim 27], Keratin 268, durch Pankreas 443. Ammoniummagnesiumphosphat, in Darm- steinen 481, Harnsedimenten .H8ri. 534 Alphabetisches Register. Amniosfiüssigkeit 405, Kreatin 140. Amphibien, Blutkörperchen 408. Amphopeptone 264, 247. Amylalkohol, Nachweis 208. Amyloid 245, 254, Gewinnung 255. Analdrüsen der Hyaene 34. .\nalysen, Berechnung 531. Anorganische Stoffe 1, in serösen Flüssig- keiten 395, Nerven 499, Knochen 482, Secreten 426, Parotisspeichel 427, Galle 448, Fäces 480, Milch 459. Anthropocholsäure 207. Antialbumid 264. 246. Antipeptone 265, 247. Antiseptica bei Trypsiuverdauung 444. Arachinsäure 34, Nachweis 37. Aromatische Körper 157, 171. Arthritis, Blut, Transsudate 120. Arthropoden, Chitin 152. Asche, spectralanalytische Untersuchung 510, organischer SubstanzenoOl, quali- tative Analyse 304, quantitative 304. Ascidien, Tunicin 79. Asparagin, Zersetzung 137. Asparagin.Scäure 137, spec. Drehung 138, Bildung aus Albuminstoffen 238, 239, Keratin 268. Atherombiilge, Cholesterin 199, Leucin 132, 472, Tyrosin 472. Atmidalbumin 246. Atmidalbumose 246. Atomgewichte 531. Avertebraten, Pigmente 224, Muskeln 140. B. Badeschwamm 131. Baldriansäure, s. Isopropylessigsäure. Balggeschwülste, Untersuchung 472. Baumstark's Körper im Urin 108. Benzoesäure 176, Gewinnung 176, Tren- nung, Nachweis 177, im Urin 37, Nachweis und Bestimmung 364, Bil- dung aus Phenylessigsäure, Phenyl- proprionsäure 181, Verhalten im Or- ganismus 176, 178, 299, 454. Benzol, Verhalten im Organismus 171. Benzoylornithin 183. Berechnung der Analysen 531. Bernsteinsäure 51, Nachweis 51, in Echinococcenflüssigkeit 406, im Urin 379, Bildung aus Albuminstoff 239. Betain 89. Bezoare 209, 210, 481. Biliansäure 206. Bilicyauin 228. j Bilifuscin 227. Bilihumin 227. Biliphaein, siehe Bilirubin. Biliprasin siehe Biliverdin. Bilirubin 224, Nachweis 226, in Galleu- steinen 445, Urin 381. Biliverdin 226, Nachweis 227, in Fäces 477, Bildung aus Bilirubin 227. Bindegewebe 270. Bittermandelöl, Bildung aus Albumin- stoff 239. Verhalt(^n im Organismus 178. Biuretreaction von Harnstoff' 106, Pro- pepton 260, Pepton 266, Albuminstoft" 241, Leim 271. Blasensteine aus Harnsiiure 120, Urat 122, Xanthin 113, Cystin 147. Blei 10. — -Verbindungen 10. Blut 406, Analyse 423, Bestimmung der Alkalescenz 399, Bestimmung der Quantität 423, in Organen 487, Gehalt an Blutfarbstoff' 274, Bestimmung 412, Fibrin, Bestimmung 410, Fettsäuren 35, Ameisensäure 28, Essigsäure 29, Buttersäure 30, Milchsäure 44, Bern- steinsäuro 51, Carbaminsäure 106. Harnsäure 120, Hypoxanthin 109, Kreatin 140, Lecithin 83, Charcot's Krystalle 93, Harnstoff 101, Bestim- mung 105, Zucker 60, Diastase 297. Blutcasein 253. Blutextravasate 216, Bilirubin 225. Blutfarbstoffe 274. Blutkörperchen, rothe 408, Bestimmung 417, 418, 420, Histon 262. ", farblose 425, Glycogen 75, Nuclein 425. Blutplasma, Farbstoffe 394. Blutserum 409, Untersuchung 391, Ana- lyse 402, Gehalt an Seifen 33, Lutein 228. Siehe Flüssigkeiten, seröse. Alphabetisches Register. 535 Brauiijauche 33, Phenol 157. Brenzcatechin 160, im Urin 160, Be- stimmung 363, Verhalten im Organis- mus 326. Brenzcatechinschwefelsäui-e 173. Bromphenylmercaptursiiure 199. Browning's Taschenspectroskop .509. Bürzeldrüse 41. Butter, Butlersäure 30, Capronsäure 31, Caprylsäure 31, Caprinsäure 32, Lauro- stearinsiiure 32. Buttersäure 30, Nachweis 35, Bildung aus Chitin 52, Hämoglobin 278. Butyrin 57. (. Cadaveriu, siehe Pentamethylendiamin. Calcium 4, Nachweis 305, 307, Bestim- mung 309, in Knochen 481, Bestim- mung 483, in Urin 329, 337. Calciumcarbonat, in Speichelsteinen 431, Galleusteinen 453, Pankreassteinen 444, Urin 324, 382, 384. Calciumchlorid, in Knochen 484. Calciumoxalat 50, in Sedimenten 384. Calciumphosphat in Speichelsteinen 431, — Galle 445, Gallensteinen 453, Urin 324. Sedimenten 384, Milch 455. Calciumsultat in Sedimenten 384. (ampher, Verhalten im Organismus 82. Camphoglucuronsäurc 82. Caprinsäure 32, Nachweis 35. Capronsäure 31. Caprylsäure 31. Carbamiusäure 106, Nachweis 107. Carcinome, Pigment 223. Cardium edule, Glycogen 75. Caruin 116, Nachweis 117. Casein 258, 245, 285, 288, 456, spec. Drehung 259, Gerinnung 259, Nach- weis 394, in Milch 4.")6. Bestimmung 462, Hautsecret 472. Caulosterin 203. Cellulose 79, Nachweis in Fäces 479. Cephalopoden, Blut 284. Cerehrin 156. Cerehrine (Cerebrosidel 1.55, in Eiter 157, 474, Nerven 501, Sperma 473, Bildung aus Protagon 155. Cetylalkohol 32, 41, in Hautsecreten 472. Cetylid 157. Charcot's Krystalle 93. Chenocholalsäure 207. Chinasäure. Verhalten im Organismus 178. Chinolin aus Kyuureusäure 195. Chinon aus Hydrochinon 161. Chitin 152, Zersetzung 150. Chlor, Nachweis 305, Bestimmung 311. in Knochen 483. Urin 102, 329, 333. 344. Chloralhydrat, Verhalten im Organis- mus 82. Chlorophyllan, Nachweis in Fäces 478, 480. Chlorose, Uriu 326. Chlorrhodinsäure 299, in Eiter 473. Chlorwasserstoti' 13, Nachweis 305, in Magensaft 435, 437. Cholalsäurc 203, Nachweis 204, 207, 208, Bildung aus Glycocholsäure 211. Choleinsäure 206. Cholepyrrhin, siehe Bilirubin. Cholera, Schweiss 454, Fäces 477. Cholesterin 199, spec. Drehung 200, Trennung 85, 200, 202, Nachweis 201, in serösen Flüssigkeiten 402. Blut- körperchen 408, Eifer 474, Nerven 50i i. 502, Galle 445, 449, Gallensteinen 452, Hautsecret 472, Fäces 478, Eidotter 475. Choletelin 228. : Choleverdin 228. Cholin 87, 84, Fäulniss 84. Choloidinsäure 204. Cholsäure, siehe Glycocholsäure. ' Chondrin 291. Chondroitin 291. Chondroitinschwefelsäure 291 . Chondronsäure 151, 292. Chondrosin 291, spec. Drehung 292. Chorda tympani, Speichel 427. ' Chorioidea. Pigment 222. i Chorionzotten, Glycogen 75. Chrysophansäure, Eintluss auf Urin ;126. Chvlurie 384. 536 Alphabetisches Register. Chylus, Zuclcer 60. Circumpolarisation öl2, 516. CitrouensiUire 53, Bestimmung in Milch 471. Coagulirte Albuminstüffe 245, 254. Coffein 114. <;'ollagen 270, Verhältniss zu Glutin 270, Bestimmung in Knochen 481. 482. Collidin 272. Colorinietrische Apparate 463. Conchiolin 272. Concretioneu in Galle 445, Darm 481. Siehe Sedimente. Cornein 272. Cornikrystallin 273. a-Crotonsäurc 49. Crustaceen, Blut 284. Curare. Wirkiiug auf Speichel 427. Cyan, Nachweis 305. Cystenflüssigkeiten olU, Cholesterin 199, Bilirubin 225, Methämoglobin 281. Cystin 147, spec. Drehung 148, Nach- weis 149, im Urin, Bestimmung 361, in Sedimenten 385. Darminhalt 475, Milchsäure 44, Cholal- säure 203, Phenol 157, Indol 162, Skatol 163, Ilämatin 216, Hydrobili- rubin231, Tyrosin 187, Harnstoff 101, Invertin 298, Fäulnissprocesse 162. Siehe Dickdarm, Dünndarm. Darmschi eimhaut, Diastase 297. Darmsaft 475. Darmsteine 481, Untersuchung 481. Dehydrocholsäure 206. Delphinus globiceps. Isuproiiylessig- säure 31. Dermoidcyste 472. Desoxy Chol säure 205. Deuteroalbumosen 261, 246. Deuteroelastose 269. Dextrine 79, spec. Drehung 79. in Or- ganen 4.SG, 497, Nachweis in Fäces ,, 479. Dextrose siehe Ulucose. Diabetes, Speichel 431, Schweiss 454, Urinfarbe 326, Zucker 60, 69, 371. Aceton 42, Acetessigsäure 47, ß-Oxy- buttersäure 47. Diaethylendiimin 92. Diamidocapronsäure 146. Diamidoessigsäure 147. Diastase 297, 79, 486, in Submaxillar- speichel 427, Pankreas 442, Galle 445. Diazofettsäureester aus Leim 272. Dickdarminhalt, Reaction 476, Butter- säure 30. Cbolalsäure 203. Siehe Darm. Dotter. Siehe Eidotter. Drehungsconstante 517. Drüsen, Untersuchung 485. Ductus pancreaticus, Concremeute 444. Dünndarminhalt, Reaction 476, Oelsäure 39, Glj'ceriu 54, Cholalsäure 203, Bilirubin 225. Siehe Darm. Dysalbumose 263. 246. Dyslysin 204. E. Echinococcen, Flüssigkeit 406. Berii- steinsäure 51, Blasen 1.5.3. Ei, Untersuchung 474, 270. Eichhorn, Oxyhämoglobin 274. Eidotter 475, Vitellin 2.53, 475, Nuclein 285, 475, Lecithin 84, 475, Cholesterin 475, Glucose 475, Lutein 233, Hä- matogen 288. Eieralbumin 244, 249, 474, spec. Drehung 250, Nachweis 393, Eieröl 475. Eisen 6, Nachweis 307, 308, Bestimnuuig 317, 318, in Knochen 4S3, 484. 485, in Galle 445, 448. Eisenphosphat in Concrementen 38.S. Eiter 473, Cholesterin 199, Nuclein 285, 474, Hypoxanthin 109, Bernsteinsäure 51, Glutarsäure .53. Leucin 132, Pyo- cyanin 236, Chlorrhodinsäure 299, Cerebroside 157. Elastin 26S, Zersetzung 26«. Elastinpepton 269, spec. Drehung 270. Elastosen 269. Elementaranalyse 25. Elemente, Atomgewichte .')3I. Elinsäure 299. Alphabetisches Register. 537 Embryo, Glycogen 75. Emulsion 55. Enkephalin 156. Enzyme 293. Epidermis, Keratin 267, Leiicin \32. Epithelien, Keratin 267. Erbrochenes, siehe Magen. Erythrodextrin 79. Essigsäure 29, Nachweis 35. Bildung aus Albumiustoff 239, Chitin 152. Euxanthinsäure S2. 198. Excretin 300. Excretolinsäure 300. Exspirationsluft, Aceton -12. Extractivstoffe seröser Flttssiskeiten 402. F. Fäces 475. anorganische Stoffe 480, Calciumoxalat 50, fette Säuren 28, 35, Buttersäure 30, Isobuttersäure 30, Jsopropylessigsäure 3 1 , Capronsäure 3 1 , Seifen 33, Glycocholsäure 210, Cholal- säure 203, Cholesterin 199, 300, Ex- cretolinsäure 300, Indol, Skatol 162, 168, Hämatin 216, Hvdrobilirubin 231, 477, Gallenfarhstoff 477, Penta- methylendiamin 90 , Tetramethylen- diamin 92. Farbstoffe 214, des Harns 229, 380, Untersuchung mit dem Spectralapparat 509. Fascien, Collagen 270. Federn, Keratin 267. Pigment 222, 236. Fermente 293. Feste Stoffe der serösen Flüssigkeiten 400. Fett 27, 32, 39, pathologisches 33, In- filtration 55, Trennung 57. Nachweis der einzelnen Fette 58, in serösen Flüssigkeiten 396, 402, Eiter 474, Knochen 482, Secrete 426, Galle 445, Bestimmung 449, Urin 324, Sedimenten 383, Fäces 478, Milch, Bestimmung 466, 466, Eidotter 475, Verseifung 59, Spaltung durclj Pankreas 298, 443. Fette Säuren 27. Trennung 32, 34, 35, 37, in Organen 488, Sputum 434. Magen 434. 437. Urin, Nachweis .579, Schweiss 454, Fäces 478. Fibrin 245. 254, Gerinnung 251, 406, 409, Nachweis 392, in Blut Bestimmung 410. Fibrinogen 244, 251, Nacliweis 394, Be- stimmung 400. Fibrinoglobulin 244, 252. Fibrinoplastische Sul)stanz 253. Fibroin 273. Fieber, Speichel 430, Urin 230. Fischbein, Pigment 222. Fi-sche, Collagen 270, Blutkörperchen 408, Kiemen 197, Schwimmblase 115, Schuppen 115. Retinaepithel 115. Galle 212. Fleischextract. Guanin 115. Ciirnin 116. Pleischmilchsäure 44. 486 Anrakg.. in Organen 48C. Flüssigkeiten. Ausdehnung durch die Wärme 530, Tab. I. — , seröse 391, feste Bestaudtheile, Be- stimmung 400, Wasser 400, anorga- nische Stoffe 395, Extractivstoffe 395, Albuminstofle 392, Bestimmung 400, 402, Globulin 401. Gallensiluren 398, Harnsäure 398, Ammoniak 399, Harn- stoff 397, Kroatin, Kreatinin 398, Leu- cin, Tyrosin 397, Fette, Lecithin, Cholesterin 402, Zucker 396, Farb- stoffe 394. Fluor in Knochen 484. Fluorescenz 529. Fluorwasserstoff 14. Foetus, Urin 324. Frösche, Pigmentzellen 222. Fructose 69. Fumarsäure aus Albuminstoft' 239. Furfuracrylursäure 198. Furfurol, zum Nachwei.s von Harnstoff' 106, Zucker 66, Gallensäuron 208. Kurfurolderivate 198. G. Gährungsmilchsäure 43. Galactose 70, aus Cerebrinen 157. Galle, Untersuchung 444, fester Rück- stand, Bestimmung 449, Veraschung 449, pathologische Bestandtheile 445, 538 Alphabetisches Register. Miicin 24(;, 449, Albumin. Nachweis 447, Essigsäure 29, Propionsäure 29, Milchsäure 44, Oxalsäure 50, Gallen- säure 449, Taunicholsäure 212. Glyco- cholsäure 210, Gallenfarbsti.tf 449, Bilirubin 224, Biliverdin 22G, ürobilin 231, Fette, Seifen. Lpcithin. Cholestprin 88, 190, 449, Cholin 87, 4.')2, Harn- stoff 105, 448, Leucin 448, Diastase 297, Wirkung auf Oxyhämoglobin 447, Zersetzung durch Fäulniss 445, Hitze 446. Gallenfarbstoüe 224, 445, Spectrum 22s. Nachweis und Trennung 228, Bestim- mung 449, im Harn o80. Gallenmucin 246, 445, Bestimmung 449. Gallensäuren, Nachweis 207, in Galle 447, Bestimmung 449, 450, serösen Flüssigkeiten 398, Urin 37''^. Fiioes 477. Gallensteine 452. Cholesterin llHl, Bili- rubin 224. Gallussäure 191). Gans, Oxyhrimoglobin 275. Galle 214, Gastropoden, Blut 2S4. Gehirn 499, Milchsäure 44 , Lecithin 83, Protagon 154, Cholesterin 199, Neuro- keratiu 268, Kreatin 140, Xanthin ll?i. Alkohol 40, Diastas(^ 297, Fäulniss KM. Gelenke. Guanin 115. Harii>äur(' 120. Gerbsäure, Wirkung auf den Urin 326. Gerinnung von Blut 409, Fibrinogen- lösungen 252. Milch 4.57. Globuline 244, in serösen Flüssigkeiten 401, Organen 491, Urin 370. Bildung durch Pankreas 44:;. Glucosamin 150. Glucose 60, spec. Drehung 521, (i2, Tren- nung u. Nachweis 63 — 69, in serösen Flüssigkeiten 396, Eiter 473, Echino- coccenflüssigkeit 406, Organen 486, 497, Secreten 426, Mageninhalt 442, Galle 447, Urin 324, Nachweis und Bestimmung 371, 373, 376, Schweiss 454, Eiereiweiss 474, Eidotter 47.5, Bildung aus Hyalin 153. Glucoside, Fäcps 479. Glucuronsäura 82, aus Chondrosin 292, gepaarte 198. Glutaminsäure 139. spec. Drehung 140,. Trennung 138, Bildung aus Albumin- stoff 138, -238. 301. Leim 271. Keratin 268. (tlutarsäure 53. Glutin 270, Zersetzung 131, 137. 271, 272, 187, Fäulniss 2S. 42, 132, 180, 272. Glycerin 54. Glycerinphosphorsäiire 59, in Nerven 500, Trennung 85. Glycerinsäure aus Serin 137. Glycin siehe Glycocoll. Glycocholsäure 210, 130, 203, spec. Drehung 211. in Galle 445, Bestim- mung 450. Glycocoll 130, Bildung aus Glycochol- säure 211, Pheuacetursäure 183, Leim 271, 272, Fibroin 273, Spongin 273. Glycohyoch Ölsäure 213, 447. Glycogen 75, spec. Drehung 76, Nach- weis 77, Bestimmung 77, in Eiter- korperchen 474, Organen 4.s6. 497, Spaltung durch Diastase 430. Glycogensäure 76. Glycoproteid 290. Glycose siehe Glucose. Glycosamin siebe Glucosamin. Glycoside siehe Glucoside. Glycuronsäure siehe Glucuronsäure. Glyoxylsäure. Synthese von Allantoin 128. Gravidiii .300. Guanidin, aus. Guauin 114. Albumin- sfoff 23i). Guanin 115, 130, Nachweis 116, in Or- ganen 488, 492. aus Nuclein 112. aus Harn 119. Guano, Guanin 115. Guauogalleusäure 214. Gumu'i, Nachweis in Fäces 47S. II. Haare, Keratin 267. Pigment 222. Hämatiu 216, 214, 229, Spectrum 217, 283, 218, Nachweis 282, in Fäces 477, 479. — , eisnntVeies 2ls. Alphabetisches Register. 539 Humatin, — leducirtes siehe Hämochro- mogen. — Hämatogen 288. Hämatoidinkrystalle 225, 233, 453. Hämatoporphyrin 220, 232, 278, Spectrum 222, 283, im Harn 381. Hämaturie 32(i. Hämin 218, 278, 505. Hämochromogen 214, 221, 278, 281, 282, Spectrum 215, 283, Nachweis 282, 505, Bildung 215, Oxydation 214, 216. Hämocyanin 284. Hämoglobin 274, Spectrum 277, 283, Nachweis 282, Zersetzung 214. 278, 296. Häringslake, Trimethylamin 90. Haifisch, Scyllit 197. Halbschattenpolarimeter 525. Harn siehe Urin. Harnfarbstoffe 229. Harnsäure 120, Salze 122, 123, Nach- weis 125, 126, in serösen Flüssig- keiten 398, Organen 488, Bestimmung 492, Nerven 501, Urin 323, Bestim- mung 357, Sedimenten 406, Dar- stellung 121, Zersetzung 121, 130, Verhalten im Organismus 128. Harnsteine 382, siehe Blasen-. Nieren- steine. Harnstoff 101, Verbindungen 102—104, Trennung 104, Nachweis 106, in serösen Flüssigkeiten 397, Eiter 473, Organen 488, 498, Nerven 501, Parotis- speichel 427, Magen 442, Galle 44.5, 448, Urin, Bestimmung 342—356, Schweiss 454, Fäces 477, 480, Dar- stellung 101, Zersetzung 104, .328, 343, 400. Harnzucker siehe Glucose. Hefe, Hypoxanthin 109, Nucleoalbumin 285. Hemialbumose siehe Albumosen. Hemicollin 271. Hemielastin 269. Herz, Glycogen 75. Inosit 196, Scyllit 197. Heteroalbumose 263, 246. Heteroxanlhin 118, aus Harn 119, 36ii. Hippomelanin 224. Hippursäure 178, Salze 179, Nachweis 180, in Urin 364, Zersetzung 130. 176. Histon 262, 287. Hoden siehe Testikel. Homocerebrin 156. Homogentisinsäure 191, Bestimmung im Harn 365. Hornstoff 132, Keratin 267, Pigment 222, Zersetzung durch Säure 135,^ 137, 150. Hummerschalen, Chitin 152. Humor aqueus, Harnstoff 101. Hund, Placenta 226. Hunger, Galle 445. Hyäuasäure M. Hyalin 153. Hydrämie, Blutgerinnung 410. Urin 326. Hydracrylsäure 43. Hydrobilirubin 226. 231, in Fäces 476, 477. Hydrocele, Bornsteinsäure 51. Choleste- rin 199. Hydrothinon 160, in Urin 160. Hydrochinonschwefelsäure 173. Hydrocephalus, Bernsteinsäure 51. Hydroparacumarsäure 184, Nachweis 488. Hydrozimmtsäure siehe Phenylpropion- suure. Hyocholalsäure 207. Hyocholsäure siehe Glycohyocholsäure. Hypoxanthin 109, Nachweis 110, aus Nuclein. Nueleinsäuro 109, 286, aus Harn 119, in Organen 488, 492. I. Ichthyosisschuppeu, Leuciii 132. Ichthulin 287, 2.53, 288. Icterus, Speichel 431, Sputa 433. Urin 210, 212, 225, 226, 231. Incrustationen im Darm 481. Indican, der Pflanzen 167, des Urins 174. Indigblau 167, Nachweis 169. Indigblauschwpfelsäure, Spectrum 168. Indigo 167, liefert Indol 161. Indigweiss 167. Indigweissschwefelsänre 168. Indirubin 166. Sppctrum 167. 540 Alphabetisches Register. Indol 161. Treiinmig 16.^, Nacliweis in Fäces 478, Verhalten im Organismus 171, Einfluss auf Urin 326. Indoxyl 16-5, liefert Indirubin, Intlig- hlau 165. Indoxylsäure 16.5. Indoxylschwefelsiiure 174. Gewinnung 174, Bestimmung im Urin ">('gluiar-iuiro 83, 292. Tripalmitin 56. rristearin 56. Trypsin 295, Wirkung auf Albuminstoff 239, 200, 265, O.viyhämoglobin 296, Amylum, Dextrin, Glutin 296, Einfiuss der Antiseptica 444. Tuberkel 33, Cholesterin 199. Tuiiicin 79 Turacin 23Ö. Tyroleucin 135. Tyrosin 187, 132, spec. Drohung is.s. Nachweis 189, in serösen Flüssig- keiten 397, Galle 448, Organen 48!S, Bestimmung 498, Urin 379, Fuss- schweiss 454, Bildung aus Albumin- stoff 238, 239, 443, Verhalten im Orga- nismus 172, 186, 192, 190, Zersetzung 162, 188, Fäulniss 1.57, 1.S4, 185, 1.8,S. Tyrosinhydantoin 189, 186. Tyrosinsnlfosäure 18S. V. Unterschweflige Säure lli. Urämie, Schweiss 454. Urato 122, in Sedimenten 384, siehe Harnsäiu'e. Ureteren, Unterbindung 120. Urin der Insecten 120, 178, Amphibien 101, 120, 323, Schildkröten 178, Vögel 120, 178, 183, Pachydermen 178. Kälber 127, Pferde 157, 160. 167, 178, 190, Kaizen 16, Hunde 16, specifisches Gewicht 325, Geruch 324, Fluorescenz 325, Farbe 325, 380, Reaction 327, Acidität, Bestim- mung 327. Bestandtheile 323, pathologische 324, im Fieber 230, anorganische: Auf- suchung 329, fester Rückstand 328, Veraschnng 336, Ammoniak 330, Cal- cium 329, 337, Chlor 329, 333, 344, 351, 3.52, Kalium 337, Magnesium 337, Natrium 327, 337, Phosphorsäure 327, 329, 337, Salpetersäure 338, Salpetrige Säure 338, Schwefel.säure 329, 332, Unterschwefligc Säure 16, Wasser- stciffcuperoxyd 340. Organische: Acetessigsäure 47, Aceton 42, 363, Adrnin III, 119, Aetherschwefelsäuro 332, Albnminstofie 366, 368, 369, AI- Alphabetisches Register. 547 bumoseu 370, Allantoin 127, 379, Ameisensäure 28, Baiimstark's Körper 108, Benzoesäure 37, 17H, 364, Bern- steinsäure 52, 379, Betaiu 89, Bili- rubin 225, 381, Biliverdin 226, Blut- farbstoff 380, Brenzcatechin 160, 326, 363, Brenzkatechinschwefelsäure 173, Buttersäure 30, Cholesterin 199, Cystin 16, 361, Diastase 297, Kjsigsäure 29, Farbstoffe 380. Fette 324, Fettsäuren 35, 379, flüchtige 327, Galletifarbstoff 209, 326, 381, Gallensäuren 378, Gallussäure 190, Glycerinphosphor- säure 59, Glucose 60, 371, 373, 376, Glucuronsäure, gepaarte 198, Gravidin 300, Hämatoporphyrin 381, Harn- säure 121, 124, 193, Nachweis und Bestimmung 357, Harnstoff 101, 342, Nachweis und Bestimmung 312—356, Heteroxanthin UN, ll:i, :)G0, Hippur- säure 178,364, Homogentisinsäure 365, lIydrochiuonl60,Hydrochinonschwefel- säure 173, Hydroparacumarsäure 184, llypoxanthin 109, 119, Indigoblau 167, lndoxyl363, Indoxylschwefelsäure 174 363, Inosit 196, 379, Kohlenhydrate 362, Kreatinin 142, 360, Kresol 157, 363, Kresolschwefelsäure 173, Krypto- phansäurc 300, 81, Kyestein 300, Ky- nurensäure 193, 364, Leucin 133, 379, Marcel's Säure 300, Mercaptursäuren 199, Methämoglobin 326, 380, Methyl- hydantoin 352, Milchsäure 44, 379, Milchzucker 72, Mucin371, Orniihur- äüure 183, Oxalsäure 50, 361, Oxa- lursäure 126, Oxyhämoglobin 380, Oxymandelsäure 186, Paraxanthin 117, 119, 360, Paroxyphenylessigsäure 184, Pepsin 293, 324, Pepton 370, Phenacetursäurc 182, Phenol 157, 363, Phenolschwefelsäure 172, Rho- danwasserstoff 108, Salicylsäure 352, Sarkosin 352, Skatoxyl 165, 3b3, Skatoxylschwefelsäure 165, 176, 363, Stickstoffbestimmung 340, Taurocar- bamlnsäure 147, Tauroeholsäure 212, Tetramethylendiamin 361, Trimothyl- amin 90, Tyrosin 187, 379, Tyro- sinhydantoin 189, Urate 122, Uro- bilin 23U, 232, 381, Urocaninsäure 195, Uroleucinsäure 192, Xanthin 113, 119, 360. Nach Einführung von Brenzkatcchin 326, Gerbsäure 326, Kresol 326, Phenol 326, Rhabarber, Santonin, Sennesblätter 230, 326, Beimengung von Blut 218, Chylus 384. Urinsedimente 50, 324, 382. Urobutylchloralsäure 82. Urobilin 230, Spoctrum 231, Nachweis 232, Bildung 21.5, in Fäces 477. Urocanin 195. Urocaninsäure 195, Urochloralsäure 82, 19s. Uroerythrin 233, Urofuscohämatin 232. Uroleucinsäure 192. Uromolanin 233. Urorubrohämatin 232, Spectrum 232. Uterinmilch 475. Uvea, Pigment 222. Valeriansäure, siehe Isopropylessigsäure. Veraschung 395. Verkalkung 481. Vernix caseosa 472. Verseifung der Fette 58. Vitellin 24.5, 253, 285, 287, 28s. Nach- weis 394, Zei'setzung 1.35. Vitellolutein 234. Vitellorubin 234. Vivianit in Knochen 485, Darm 481. Vögel, Blutkörperchen 287, Urin 120, 178, 183. w. Wallrath 32, 41. Wassi'r, spec. Gewicht bei verschiedenen Temperaturen 530. Bestimmung in serösen Flüssi,;keiten 400, Organen 487. Wasserstoffsuperoxyd in Harn .340. Wicken, Leucin 132, Wirbelthiere, Leber 75. Wolle, Leucin, Tyrosin 132. Wollfett, IsoCholesterin 202. Wollschweiss 472, Elinsäure 299. 35* 548 Alphabetisches Register. Xanthin 113, Darstellung aus Hain 119, 360, Nachweis 114, in Sedimenten 3S5, Bestimmung in Organen 488, 492. Xanthoproteinreaction 24 1 . Xyloidin au? Glycogen IG. z. Zahnstein 432. Zahnsubstanz 4SI. Zellen, Glycogen l'j, Lecithin 83. Zimmtsänre, Verhalten im Organismus 178. Zuckerarten (jU. Wilhelm Gronau's Buclidruekerei, Berlin W. 5'*3W^»4?^^ %SafÄf^ i^^^&'M^^im^^wwSi itm^ JP '""