&?9 -y ~v \mm- r '. b 3-i-a, /Wp7 HANDBUCH DER VERGLEICHENDEN UND EXPERIMENTELLEN ENTWICKELUNGSLEHRE DER WIRBELTIERE BEARBEITET VON Prof. Dr. Barfurth, Rostock, Prof. Dr. Braus, Heidelberg, Docent Dr. Bühler, Zürich, Prof. Dr. Rud. Burckhardt, Basel, Prof. Dr. Felix, Zürich, Prof. Dr. Flemming (f), Kiel, Prof. Dr. Froriep, Tübingen, Prof. Dr. GrAUPP, Freiburg i. Br., Prof. Dr. Goeppert, Heidelberg, Prof. Dr. Oscar Hertwig, Berlin, Prof. Dr. Richard Hertwig, München, Prof. Dr. Hoch- STETTER, Innsbruck, Prof. Dr. F. Keibel, Freiburg i. Br., Prof. Dr. RüD. Krause, Berlin, Prof. Dr. Wilh. Krause, Berlin, Prof. Dr. v. Kupffer (f), München, Prof. Dr. Maurer, Jena, Prof. Dr. Mollier, München, Docent Dr. Neumayer, München, Prof. Dr. Peter, Greifswald, Docent Dr. H. Poll, Berlin, Prof. Dr. Rückert, München, Prof. Dr. Schauinsland, Bremen, Prof. Dr. Strahl, Gießen, Prof. Dr. Waldeyer, Berlin, Prof. Dr. Ziehen, Berlin HERAUSGEGEBEN VON D* OSKAR HERTWIG O. Ö. PROF., DIREKTOR D. ANATOM.-BIOLOG. INSTITUTS IN BERLIN ZWEITER BAND. ZWEITER TEIL. MIT 244 ABBILDUNGEN IM TEXT JEtfA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1906 Uebersetzungs recht vorbehalten. Inhaltsverzeichnis zu Band II, Teil 2. pag- V. Kapitel. Karl Peter. Die Entwickelung des Geruchsorgans und Jacobson sehen Organs in der Reihe der Wirbel- tiere. Bildung der äußeren Nase und des Gaumens. Erschienen am 16. Mai 1901 1 Litter aturverzeichnis 78 VI. Kapitel. RUDOLPH KRAUSE. Entwicklungsgeschichte des Gehör- organ es. Erschienen am 16. Mai 1901 83 Litteraturverzeichnis 133 VII. Kapitel. AUGUST FrORIEP. Die Entwickelung des Auges der Wirbeltiere. Erschienen am 17. April 1905 139 Litteraturverzeichnis 261 Fünftes Kapitel. Die Entwickelung des Geruchsorgans und Jakobson'schen Organs in der Reihe der Wirbeltiere. Bildung der äusseren Nase und des Gaumens. Von Karl Peter in Breslau. Einleitung. Ort, Zeit und Beschaffenheit der ersten Anlage des Riechorgans. Das Geruchsorgan nimmt seinen Ursprung aus dem ekto- der malen Epithel des Kopfes und stellt ein bereits in erster Anlage unpaariges oder paarig es Gebilde dar. Nach dieser Ver- schiedenheit hat man die Wirbeltiere in Unpaarnasen und Paar- nasen (Monorhine und Amphirhine) eingeteilt, Das Riechorgan entsteht an der Kopfspitze vor den primären Augenblasen in der Nähe des letzten Zusammenhanges des Gehirns mit dem Ektoderm, meist zu beiden Seiten des Neuroporus, wie es nebenstehende Figur von einem Eidechsenembryo veranschaulicht. Doch sei gleich hier darauf hingewiesen, daß seine definitive Lage nicht dem Ort seines ersten Auftretens entspricht; infolge der zu verschiedenen Zeiten verschieden starken Wachstumsintensitäten des Central- nervensystems, des Vorderdarmes, ferner durch die Ausbildung des Gesichts hat es während seiner Entwickelung bedeutende Verlagerungen zu erleiden. Von der Spitze des Kopfes rückt es erst auf dessen noch zu Erst mit Ventralseite und liegt dort beiden Seiten des Vorderhirns. Fig. 1. Vorderkörper eines Eidechsenembryos von 16 Urwirbeln. Abi Auftreibung der Haut durch die Augenblasen. H Herzwölbung. MB Mundbucht. NP Neuroporus. E Rinne dorsal von demselben. RF Riechfeld. /. SF erste Schlundfurche. Handbuch der Entvvickelungslehre. II. 2. LSF 2 Karl Peter, dem Zurücktreten des Gehirns von der Kopfspitze und mit dem Vor- wachsen der Mundpartien gewinnt es wieder eine mehr apikale Lage und befindet sich stets vor dem Vor der ende des Großhirns, gleich ob auf Rücken- oder Bauchseite des Kopfes. Die Zeit der Anlage des Riechorgans ist in den einzelnen Vertebratenklassen in Bezug auf die allgemeine Ausbildung (z. B. die Zahl der Urwirbel) sehr verschieden ; ein Eidechsenembryo mit 10 Ur- segmenten läßt die ersten Spuren des Sinnesorgans bereits erkennen, während sich dasselbe bei einem Schweinsembryo erst im Stadium von 30 Urwirbeln nachweisen läßt. Dagegen ist das Verhältnis zum Ent- wicklungsgrad der anderen Sinnesorgane ziemlich konstant; das erste Kenntlichwerden des Riechfeldes findet sich bei noch weit offenem Ohrgrübchen und kurz vor Entstehung der Linsenverdickung. Allein das Hühnchen macht von letzterer Angabe eine Ausnahme, indem die Linse sich bereits zur Grube eingestülpt hat, wenn die erste Andeu- tung des Geruchsorgans auftritt; doch ist diese einzige Ausnahme leicht verständlich durch die enorme Entwicklung des Sehapparates bei den Vögeln, dessen Entstehung und Ausbildung daher in frühere Stadien zurückverlegt werden muß. Die erste Anlage des Riechorgans stellt sich als eine verdickte Stelle der Epidermis dar, innerhalb welcher die Zellen eine spindel- förmige Gestalt aufweisen (Riechpiakode v. Kupffer, Riech - platte, R i e c h f e 1 d His). Die Abgrenzung dieser Verdickung gegen das undifferenzierte Ektoderm ist anfangs undeutlich und wird erst allmählich schärfer. Fast durchweg rücken schon in frühen Stadien die Kerne der Spindelzellen auf die Mesoderm seite, so daß an der freien Fläche ein kernloser Protoplasmasaum entsteht. Diese Riechplatte ist es allein, welche die Sinneszellen liefert, und von ihr allein gehen die ersten Entwickelungsvorgänge aus, bei welchen die angrenzenden Teile, Gehirn oder Mesoderm, die oft für den Bil- dungsmechanismus verantwortlich gemacht wurden, nur passiv beteiligt sind. Die Elemente der Platte vermehren sich beträchtlich, — liegt die Piakode frei an der Oberfläche innerhalb schützender Eihüllen, so lagern die zahlreichen Mitosen stets an der freien Fläche, dem Mesoderm abgewandt, — sie bilden durch aktives Wachstum eine Grube, und auch die weiteren Gestaltsveränderungen (z. B. Muschelbildungen) gehen durch Bethätigung des Riechepithels selbst vor sich und sind nicht als passive Einstülpungen durch Bindegewebe aufzufassen. Später freilich treten noch andere Gewebe hinzu, um das fertige Riechorgan zu bilden ; angrenzende Hautpartien beteiligen sich dabei, das Mesoderm der Umgebung differenziert sich in bestimmter Weise. so daß also auch Nachbarteile der ursprünglichen Piakode in Mitleiden- schaft gezogen werden. Andererseits bilden diese erst völlig gleich- artigen Zellen nicht nur Riechepithel; ganze Partien nehmen später den Charakter von Flimmerepithel an, und auch innerhalb des Sinnes- bezirkes findet eine Spaltung statt, indem ein Teil zu Riechzellen wird, die ihren Nervenfortsatz centripetal schicken, während andere die Funktion von stützenden Elementen oder Drüsen übernehmen. Allgemeine B i 1 d u n g s p r i n z i p i e n. In der Ent Wickelung des Riechorgans lassen sich zwei Faktoren er- kennen, welche die A u s b i 1 d u n g beherrschen : einerseits das P r in z i p, Elitwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. ."> dem zu percipierenden Medium eine möglichst große Ober- fläche bei möglichster Raumersparnis zu bieten, und dann das Bestreben, das empfindliche Epithel in geschützte Tief e zu verlagern, ohne doch dem Medium den Zutritt zu versperren. Zum Zwecke der Ober flächen Vergrößerung senkt sich bei allen Tierklassen die Sinnesplakode durch aktives Wachstum zur Grube •ein (Geruchsgrübchen), und später erhebt sich das Epithel in ver- schiedener Weise zu Falten oder stülpt sich zu Blindsäcken oder Furchen aus, wodurch niuschelförmige Einragungen abgeschnürt werden. Geschützt wird der Sinnesbezirk dadurch, daß sich um die Grube ein Hautsaum erhebt, so daß ihr Eingang durch indifferentes Epithel gebildet wird, und dadurch, daß das ursprünglich hohe Epithel an besonders ausgesetzten Stellen auf der Höhe von Falten — sich zu niedrigem umgestaltet. Schließlich hüllt ein sehr verschieden ge- staltetes Knorpelskelett, das auch teilweise verknöchern kann, als „Nasenkapsel1' das Sinnesorgan ein und kann auch die Einragungen stützen (knorpelige, knöcherne Muscheln). Bei Luftatmern müssen sich noch zum Feuchthalten der die Sinneszellen tragenden „Schleim- häute" Drüsen ausbilden, die entweder in diffuser Form im Epithel liegen oder als umfangreichere Packete aus demselben herauswandern. Allgemeiner Bauplan. Zum Verständnis der Entwickelung des Riechorgans ist es zweck- mäßig, kurz auf seinen Bau bei den einzelnen Wirbeltierklassen hin- zuweisen. Dabei ist im Auge zu behalten, daß unser Sinnesorgan nur bei den Fischen dem Riech sinn allein vorsteht; bei Amphibien und Amnioten hat es noch eine zweite Funktion zu erfüllen : es ist in den Dienst der Atmung getreten. Bei den meisten Formen macht sich das Bestreben geltend, dem zu percipierenden Medium anstatt einer einfachen Grube eine Rinne oder einen Kanal zum Durchströmen zu bieten, wodurch ein stärkerer Wechsel bei leichterem Abfluß erreicht wird. Während die Lage dieser 2 Oeffnungen bei Fischen beliebig ist sie rinden sich bald nahe, bald entfernt vom Mundrande -, muß bei den Lungenatmern, bei welchen eben die Nase auch zum Atmungsorgan geworden ist, die eine Oeffnung stets ins Innere des Mundes verlegt werden. Die außen liegende Mündung heißt dann Apertura externa, Narine, die im Munde befindliche wird Choane, Apertura interna genannt. Die zwischen beiden bestehende Substanzbrücke erhält den Namen primitiver Gaumen (Palatum). Bei den Amnioten findet sich noch konstant ein sich von der medialen Wand der Nase abspal- tendes Organ, das Jakobson ' sc h e Organ (Organon vomero- na sale). So bildet sich bei den einzelnen Vertebratenklassen ein sehr ver- schieden gebautes Organ heran, und man hat hier gern Entwicke- lungsgeschichte und vergleichende Anatomie in Be- ziehung zu einander gebracht, indem man den fertigen Zustand des Geruchsorgaus der „niederen11 Wirbeltiere in embryonalen Stadien der „höheren"' Klassen wiederzufinden glaubte, wenn auch wohl kaum mit Recht, da es mehr die embryonalen Verhältnisse sind, die eine gegen- seitige Vergleichung zulassen. 1* 4 Karl Peter, So bleibt bei manchen Fischen das Riechorgan im Zustande einer Grube bestehen; bei Selachiern treten 2 seitliche Falten auf, welche das Organ bedecken. Auch bei Ganoiden und Teleostiern linden sich dieselben, verschmelzen aber miteinander, so daß ein Kanal mit 2 Oeffnungen entsteht, der entfernt oder nahe am Mundrande liegen kann. Diesen Zustand verglich man mit einem ähnlichen bei Amnioten während der Entwickelung auftretenden, ohne daß das ausgebildete Organ der Fische mit seinem reichen Falten sy stein dem einfachen Kanal des Reptilienembryos gleichzustellen wäre. Von den Dipnoernan finden wir regelmäßig 2 Nasenöffnungen, von denen die hintere in dem Mund gelegen ist. Die Homologisierung dieser „Choaneil ist, wie am Schlüsse hervorgehoben werden wird (S. 75), kaum durchzuführen. Schon bei Amphibien verlegt eine seitliche Falte am Munddache die ,,Choanen" etwas nach hinten, ein Verhalten, das sich bei Reptilien und Vögeln noch durch weiteres Sichentgegen wachsen und teilweises Verwachsen dieser „Gaumenplatten" verschärft, und endlich beiden Säugern durch ausgiebiges Verwachsen dieser Fortsätze seinen Höhe- punkt findet. So wird an Stelle der „primitiven Choane" eine weiter hinten gelegene „sekundäre Choane" die hintere Oeffnung der Nase, da der „primitive Gaumen" durch die erwähnten Platten, den „sekundären", zum „definitiven" Gaumen wird. Bei diesen Vor- gängen wird zugleich ein Teil der primitiven Mundhöhle als „Nasen- rachengang", Meatus naso-pharyngeus, zur Nase geschlagen. Morphologischer Wert des Riechorgans. Der morphologische Wert des Riechorgans wird verschieden be- urteilt; die wichtigsten sich entgegenstehenden Hypothesen sind Dohrns Kiemen spalte ntheorie und v. Kupffer's Piakode nth eorie. Die erstere nimmt an, daß man in Nase wie in Ohr, Hypophyse und anderen Organen rudimentäre Kiemenspalten zu erblicken hätte, wurde von Parker und Blaue angenommen, von Milnes Marshall ausgebaut und fand noch in Mihalkovics (98) einen Vertreter. Sie gründet sich hauptsächlich auf die Aehnlichkeit der Riechgrube mit einer äußeren Kiemenfurche, doch ist alles, was der englische Autor zu Gunsten der Hypothese, daß das Riechorgan die vorderste Kiemenspalte sei, ins Feld führte, sekundärer Natur: dies betrifft die Aehnlichkeit in Form und Aufbau von Riechorgan und Schlundspalte, sowie ihre synchrone Entwickelung; die Aehnlichkeit zwischen den ScHNEiDER'schen Falten der Selachiernase mit äußeren Kiemenfäden brachte ihn sogar dazu, diese beiden Gebilde zu homologisieren und für die verfochtene Idee zu verwenden. Mit Hoffmann, Gegenraur u. a. ist indes zu betonen, daß das Geruchsorgan als rein ektodermale Bildung mit einer Schlundspalte, die nachweislich allein vom entodermalen Darm ausgeht und das äußere Epithel höchstens sekundär zur Furche einzieht, nichts zu thun haben kann, und so muß die Hypothese, daß das Riechorgan eine rudimentäre Kiemenspalte sei, fallen gelassen werden. Kupffer dagegen fand, daß als erste Anlage eines jeden Sinnes- organs eine kuchenförmige Anschwellung des Ektoderms sichtbar würde, die er „Piakode" nannte. So kam er dazu, das Riechorgan mit anderen niederen Sinnesorganen in eine Reihe zu stellen, und dachte es sich aus einem solchen einfachen Zustand entwickelt. Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 5 Am Kopf fand Kupffer 2 Längsreihen von Plakoden, eine dorso- laterale und eine ventral-epibranchiale, die sich in der Gegend des vorderen Neuroporus treffen. Das Riechorgan (der Amphirhinen, s. unten S. 13) stellt das vorderste Paar der ersten Reihe vor, denen die Ganglien des Trigeminus, des Facialis -f- Gehörgrube folgen, während das Anfangsglied der letzteren Reihe von der Linse gebildet wird. Burckhardt (1901) ist übrigens geneigt, wegen des doppelten Olfac- torius, wie er sich bei niederen Wirbeltieren und vielfach auch bei höheren findet, für das Riechorgan die Entstehung aus 2 miteinander verschmolzenen Plakoden anzunehmen. Eine Reihe von Autoren homologisieren das Geruchsorgan mit den Seiten Organen oder mit den epibranchialen Sinnes- apparaten und halten es für das Organ einer verloren gegangenen Kiemenspalte (Beard, Disse). Wie man auch über diese Specialfrage denken mag, das ist sicher, daß das Riechorgan mit den übrigen Sinnesappa- raten in eine Linie zu stellen ist, daß es insbesondere der Linse und dem Ohr völlig zu homologisieren ist. Dafür spricht 1) die völlig gleiche Anlage (Piakode) und ähnliche Entwickelung. Diese Gleichheit erstreckt sich auch auf die Modi- fikationen, denen die Bildung in den verschiedenen Wirbeltierklassen unterliegt und die stets in übereinstimmender Weise Nase, Linse und Ohr betreffen: Bei Vertebraten, deren Embryonen frühzeitig ein in 2 Schichten gespaltenes Hornblatt besitzen (Teleostier, Amphibien), beteiligt sich an der Entwickelung des Riechorgans wie der Linse und des Ohres allein die tiefere Lage (Sinnesschicht), während die obere Deckschicht unverändert über die Anlage hinwegzieht; ferner zeigen solche Formen, die sich bei Raummangel in engen Eiern entwickeln (Teleostier, Triton), Ohr, Linse und Riechorgan lange Zeit als stark ge- wuchertes solides Gebilde, das erst spät einen Hohlraum aufweist, der bei anderen Klassen sehr früh als Grübchen erscheint. Der einzige Unterschied in der Entwickelung von der der anderen Sinnesorgane besteht darin, daß das Organ sich nicht wie diese als Bläschen von seinem Mutterboden abschnüren kann, sondern in Gestalt einer Grube bestehen bleibt, da die Riechzellen direkt mit dem umgebenden Me- dium in Berührung kommen müssen. Natürlich muß zu diesem Zweck auch eine eventuell vorhandene „Deckschicht" über der Anlage zu Grunde gehen, während dies bei den geschlossenen Blasen der Linse und des Ohres nicht nötig ist ; 2) wies Burckhardt (1901) nach, daß das Riechorgan, die Linse unddieZirbel ähnlicheVeränderungena in Gehirn hervorbringen, indem sie einen Teil desselben ausziehen (Riech- schlauch, Retina). Van Wijhe (1886) nimmt an, daß das Riechorgan „aus dem vorderen Neuroporus" entstellt, und betrachtet es in Anschluß an die Monorhinie-Hypothese (s. unten S. 12) als Sinnesorgan, welches das durch das Rückenmark strömende Wasser prüfen sollte. Viel verwertet wurde früher Blaue's Befund von knospen - ähnlicher Anordnung der Riechzellen in der Nase erwach- sener Knochenfische und Amphibien resp. deren Larven. Der Autor glaubte diese Organe den Schmeckbechern gleichstellen zu können. Doch fand Madrid-Mureno. daß diese Anordnung erst sehr spät 6 Karl Peter, auftritt, und da er sie bei Fischen, die sie im erwachsenen Zustand nicht besitzen, auch während der Entwickelung vermißt, so ist die Aehnlichkeit dieser Gruben mit Endknospen auf Konvergenz zurück- zuführen und hat keinen phylogenetischen Wert. Daß bei Wirbellosen kein Homologon des Geruchsorgans der Vertebraten zu finden ist. wird nicht wunder nehmen, wenn man sieht (s. unten S. 7), daß selbst Amphioxus nicht mit einem solchen Organ ausgestattet ist. Historisches. Die Entwickelung des Geruchsorgans ist im Vergleich zu der des Auges und Ohres von Anbeginn stiefmütterlich behandelt worden. Erst in verhältnismäßig später Zeit sind wir mit den interessanten Umbildungen, denen das Sinnesorgan während seines Bildungsganges unterworfen ist, bekannt geworden, und noch jetzt harrt manche Frage der Erledigung. Ueber die ersten Autoren giebt Kölliker (1860) Auskunft. C. E. v. Baer hat auch für unser Organ die erste richtige Dar- stellung der Entwickelung gegeben ; er fand beim Hühnchen die Riechgruben, die sich getrennt von der Mundbucht anlegen; sie werden durch Zusammenstoßen der Oberkieferhälften und der Stirnfortsätze zu einem Nasenkanale umgewandelt und gelangen so in Verbindung mit der Mundbucht, von der sie durch den knöchernen Gaumen, bei Säugetieren vollständiger als bei Vögeln, wieder getrennt werden ; er erkannte richtig, daß der percipierende Teil, das Labyrinth mit seinen Nebenhöhlen, von der ursprünglichen Riechgrube herrührte. Dieser Anschauung gegenüber stand Meckel's Ansicht (1812,. Pathol. Anatomie) lange in Ehren, daß das Riechorgan von Anfang an mit der Mundbucht in Verbindung stünde. Er übersah das erste Sta- dium, das Riechgrübchen , das Huschke, Reichert, Bischoff,. Remak, Rathke beobachteten. Letzterer fand es bei Schaf, Knochen- fisch, Eidechse, Hühnchen, Natter und beschrieb genau die Umbildung des Sinnesorgans. Erst Kölliker brachte mit seinen Untersuchungen über das Geruchsorgan von Hühnchen und Mensch Baer's richtige Darstellung zur Geltung. Weiterhin ist Dursy's Werk zu nennen, das einen Schatz von exakten Beobachtungen bietet; His beschrieb die Entwickelung der Nase des menschlichen Embryo. Von neueren Autoren ist besonders Born zu erwähnen, der eine Reihe inhaltsreicher Studien über die Genese des Riechorgans bei Amphibien und Amnioten veröffentlichte, die allen diesbezüglichen späteren Mitteilungen zu Grunde lagen ; v. Kupffer untersuchte die interessante unpaare Nase des Neunauges, Hochstetter korrigierte unsere Ansicht über die Bildung des Riechorgans der Säugetiere und des Menschen, und auch Mihalkovics widmete unserem Gebiet mehrere Aufsätze. Immerhin ist dasselbe im allgemeinen nicht eben sehr eingehend bearbeitet worden, oft finden sich in Monographien nur kurze Be- merkungen über die Entwickelung des Geruchsorgans. Die einzige alle Wirbeltierklassen umfassende Darstellung gab Balfour in seiner vergleichenden Embryologie. Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 7 Die Entwickelung des Geruchsorgans (inkl. des Gaumens und Jakobson'schen Organs) in der Reihe der Wirbeltiere. I. Monorhinie. 1. Amphioxus. Bei A m p h i o x u s werden verschiedene unpaarige Gebilde als Riechorgane bezeichnet. Die meisten Autoren nehmen die Fl im m er- grübe, die Kölliker am vorderen Neuroporus entdeckte, dafür in Anspruch (Kölliker, Kupffer, Hatschek (1892), Van Wijhe), andere (Hatschek (1884), Legros) ein Cilienorgan, welches an der rechten Seite der Chorda liegt und in das Räderorgan, und mit. diesem in die dorsale Wand der Mundhöhle mündet. Diese Deutungen gründen sich allein auf Aehnlichkeiten in der Lage der fraglichen Gebilde mit der Stellung des unpaaren Riechsacks der Neunaugen in erwachsenem Zustande (Kölliker) oder während der Entwickelung. Da aber die Monorhinie der Cyclostomen wohl als sekundär entstanden anzunehmen ist (s. u. S. 13), eine Abstammung des Lanzetthschchens von dieser Gruppe aber doch ausgeschlossen werden kann, so ist der Ho mologisierungs versuch einer dieser unpaaren Wimpergruben m i t d e m paarigen Riech- organ der Cranioten wohl von der Hand zu weisen. Dies stimmt mit der Thatsache überein, daß Amphioxus auch in Bezug auf die übrigen Sinnesorgane keinerlei Anknüpfungspunkte an die bei anderen Wirbeltieren sich findenden Verhältnisse bietet. Natürlich erscheint es danach vergeblich, bei Wirbellosen nach einem Homologon des Geruchsorgans der Vertebraten zu forschen; bei Ascidien wird gewöhnlich das Tuberculum dorsale so bezeichnet, doch will Legros auch diesen Vergleich nicht gelten lassen. Kurz sei hier auf die Entwickelung der als Riechorgan gedeuteten Gebilde des Amphioxus hingewiesen. 1) Kölliker's Flimmer grub e. Bei jüngeren Embryonen liegt das Centralnervensystem dicht unter der Haut und mündet vorn durch einen dorsalen Porus nach außen. Diese Oeffnuno- rückt während » der Entwickelung auf die linke Seite, und erst dann entsteht mit dem Entfernen des Nervenrohrs von der Haut eine von letzterer gebildete W i m p ergrübe, an deren Grund sich der Neuroporus noch bei jüngeren Tieren öffnet. Die Grube erhält einen kurzen unpaaren Nerv. Dies Organ wurde früher von Hatschek (1884) dem äußeren Ende des Zirbelkanals der Cranioten gleichgestellt, später (1892) dem Riech- organ und der Hypophyse ; Willey homologisierte es der Hypophyse der übrigen Wirbeltiere und Tunicaten. 2) Hatschek's (Andrews) Cilien grübe. Hatschek (1884) hielt das nach ihm benannte Gebilde für ein Geruchs- oder Geschmacksorgan und sah in ihm einen Teil der Hypophysis der Cranioten. Legros glaubte auf entwickelungsgeschichtlichem Wege die Homologie mit dem Riechsack von Petromyzon durchführen zu können. Nach ihm ent- steht das Organ aus einem Teil einer A7erdickung, die sich an der linken Seite der Larve im Ektoderm bildet (s. Fig. 2a), nach caudal und dorsal zu wächst und sich in drei Teile spaltet : vorn gliedert sich die fossette 8 Karl Peter, pre orale ab, die durch eine Zwischenplatte von der weiter hinten ge- legenen larvalen Mundöffnung geschieden wird. Die erstere wächst von der linken Seite nach rechts herüber, vertieft sich und ihre Oeffmmg vergrößert sich (s. Fig. 2b). Sie teilt sich wieder a) in einen ventralen Abschnitt aus welchem das Räder organ hervorgeht, und b) einen dorsalen Teil, der seinerseits 2 Ausstülpungen bildet (s. Fig. 2c) : Pea FP b Fig. 2a— c. Schnitte durch den Vorderkörper von Anrphioxuslarven von 0,37 mm, (a Vergr. 650 : 1), 1 mm (b, 650 : 1), und 3,6 mm (c, 220 : 1) nach Legros. T> M definitive Mundspalte. FH HATSCHEK'sche Grube. Fp Fossa larvalis praeoralis. Pca vorderer Teil der Ektodermverdickung. Stp stomodäaler Teil der präoralen larvalen Grube. links caudal entsteht ein Gang (Nephridium Hatschek), der sich in den Pharynx öffnet, dann seine Verbindung mit dem ektodermalen Mutterboden verliert und nach Legros das Homologon der Hypophyse der Neunaugen darstellt ; vor n entAvickelt sich endlich auf der rechten Seite der Einstülpung eine G r übe, deren Bekleidung lange Zellen mit starren Haaren bilden: die Sinnesgrube, das Geruchs organ Legros'. Durch die Bildung von 2 seitlichen Lippen wird der ganze Komplex in die Tiefe verlagert, und die Flimmergrube mündet in eine Mundrinne, die erst nach links, am Ende der Metamorphose aber direkt ventral schaut. Legros' Deutung dieser Wimpergrube gründet sich auf die ähnliche der Riechgrube bei Ammocoetes vor der Mundbucht, und sehr einleuchtend ; indes ver- bietet sich die Annahme dieser Erklärung schon dadurch, daß Hatschek sein Sinnesorgan durch den Zweig eines Spinalnerven innerviert fand. Auch bestreitet Mac Bride die ektodermale Entstehung der Flimmer- grube ; die ganze fossette preorale soll sich nach ihm aus der linken Kopf höhle entwickeln. Vax Wijhe (1901, in Petrus Camper I) hält das Organ für eine Drüse, homolog dem vorderen Lappen der Hypophyse der Cranioten und einem Teil der Neuraldrüse der Tunicaten. Entstehung seine Schemata machen diesen Vergleich 2. Cyclostomen. a) P e t r o m y z o n t e n. Die erste Andeutung' des Riechorgans findet sicli bei Petro my- als eine unpaare Ablösung zon Plane ri am Vorderende des Kopffortsatzes Platte verlängerter Zellen, und zwar nach völlig des Gehirns, aber vielleicht an der Stelle seines letzten Zusammen- hanges mit dem Exoderm (Lubosch). Die Zeit des ersten Auf- tretens wird verschieden angegeben, da die Eier sich je nach der Entwicklung des Geruchsorgans in der Reibe der Wirbeltiere etc. !» eine Ver- dem vorderen zur Temperatur sehr verschieden den 3. Tag an, Kupffer den 5., begrenzte Riechpiakode (s. Fig. Strecke indifferenten Epithels, Zwischenplatte, von einer zweiten dickung getrennt, welche Chordaende gegenüberliegt und Hypophvsis wird. Die allgemein angenommene Kupffer- sche Beschreibung der ersten Entwicke- lungsvorgänge unterscheidet sich in zwei wesentlichen Punkten von der eben ge- gebenen. Einmal bezeichnet v. Kupffer die Stelle, an welcher das Medullarrohr Verbindung des erste- ren als Riechpiakode, obgleich eine Ver- dickung der Zellen des Ektoderms noch nicht nachweisbar ist. Dann beschreibt er als Zuwachs zu dieser medianen Anlage 2 seitlich ihr eng anliegende rasch entwickeln: Dohrn giebt dafür Lubosch den 8. Diese undeutlich 3) ist ventral durch eine kurze am längsten an welcher das mit der Haut in steht, bereits vor Abschnürung Verdickungen welche in der Bildung Fig. 3. Medianschnitt durch den Kopf eines 10 Tage alten Am- mocoetes. Vergr. 150 : 1. Nach Lubosch (1901). R Riechplatte. H Hypophysenanlage. M Mund- platte. L Gehirnlumen. Z Zwi- schen platte. des Geruchsorgans mit aufgehen, so daß sich dasselbe aus 3 Teilen bilden soll. Doch findet sich bei keinem Autor eine bestä- tigende Angabe dieses Befundes, und auch ich vermochte die seitlichen Plakoden, denen v. Kupffer Bedeutung zuerteilt, an Präparaten des Herrn Dr. Lubosch decken. Auch den von v. Kupffer eine weittragende nicht zu ent- angegebenen unpaaren Riechnerv, ein Faserbündel, das zeitweise zur unpaaren Riechgrube niemand wieder beobachtet. ziehen soll, hat Die Riechplatte verdickt sich weiterhin und stülpt sich am 10. bis 12. Tag (Lubosch) durch aktives Wachstum nach der Dorsalseite zu ein, eine ventral offene Grube bildend, wie andererseits auch die Hypophyse, deren Abgrenzung gegen die Geruchsplatte undeutlicher wird, sich nach ventral zu einsenkt. Durch tiefere Verlagerung beider Anlagen entsteht ein scheinbar einheitliches Organ mit weiter Oeffnung und dorsalem und ventralem Blindsack, die aber getrennt von einander entstehen: die Verbindung von Riechgrube mit der Hypo- physe ist sekundär. Unterdes hat das Geruchsorgan auch an seitlicher Ausdehnung gewonnen, so daß es auf dem Querschnitt queroval erscheint. Während die beiden Blindsäcke anfangs eine ventrale Lage inne- hatten, wandern sie allmählich mit der Ausbildung der Oberlippe auf die Dorsalseite des Kopfes; zugleich verengert sich ihre gemeinsame Oeffnung (s. Fig. 4, 5). In diesem Zustande erhält sich das Riechorgan lange Zeit. Erst bei Larven von 10 cm Länge (Scott) tritt eine mediane Ver- dickung auf, welche das bisher unpaarige Organ in zwei seitliche Par- tien scheidet, die allmählich durch ein Septum getrennt werden. Diese Scheidewand, welche von dorsal her einwächst, trägt auf dem First indifferentes Säulenepithel und sticht so deutlich von den hohen Sinnes- 10 Karl Peter. zellen ab, welche die beiden immer tiefer werdenden Kammern be- kleiden (s. Fig. 6). Unterdes hat sich um die Oeffnung eine Erhebung von Dermis und Epidermis gebildet, welche durch starkes Wachstum Nase und Hypophyse in die Tiefe verlagert, so daß ein ziemlich langer Einführungskanal entsteht. /id. cd .'•, ""-•• t ^ Fig. 4. .■:-.•;•■,■•• ,-'■--" ... Fia:. 5. • Fig. 4. Medianschnitt durch den Kopf von Ammocoetes am 8. Tage, nach Kupffer (1894;. r. Kiechsack. hy. Hypophysengang, lo. Lobus olfactorius. M. Mund- bucht. Fig. 5. Medianschnitt durch den Kopf eines Ammocoetes von 6 mm Länge, nach Kupffer (1894). r., hy. wie in Fig. 4. £~— Bis zum Eintritt der Metamorphose ist aber das Geruchsorgan ein- fach gestaltet Ammocoetes braucht als Schlammbewohner wohl kein komplizierter gebautes (Dohrn) und besitzt nur eine dorsale Falte. Die Angaben Langerhans1, daß schon der Querder seitliche Einragungen besitze, beruhen nach Kaensche auf einem Irrtum, doch giebt auch Bujor 2 sehr kleine seitliche Falten zu. Während der Umwandlung ent- stehen weitere Faltenbildung en. erst an der Seite, dann zwischen den schon vorhandenen, so daß eine Reihe von Kammern gebildet wird, deren anfangs ungleich hohe Zwi- schenwände allmählich dieselbe Tiefe erlangen (s. Fig. 7a, b). Die Mittel- falte wird mächtiger und verwächst streckenweise mit dem Boden (Kaensche), so daß die Verbin- dung zwischen Einführungsgang und Hypophyse durch 2 seitliche Rinnen am Boden der Nasensäcke gegeben werden muß. Dies ver- anlaßte wohl Calberla zu der falschen Annahme, daß der Nasen- gaumengang paarigen Ursprungs sei; die paarigen Säcke vereinigten sich weiter hinten. Jede Tasche verlängert sich nach hinten und läßt Drüsen aussprossen. Hy- Fig. 6. Schnitt durch das Nasen - röhr eines Ammocoetes Planeri von 15,5 cm Länge. Vergr. 60 : 1. Hy Hypo- physengang. S Septum. Wie Fig. 8 nach einem Präparat von Prof. Schaper. Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 1 1 Ngg ,-" Fig. 7. Querschnitte durch die rechte Seite der Nasenhöhle von Ammocoetes am Beginn (a), und Ende (b) der Metamorphose. Nach Kaensche (1889). K Knorpel- kapsel. MF Mittelfalte. Ngg Nasengaumengang. NR Nasenrohr. QF Querfalte im JSasenrohr. SF seitliche Falten. Der Hypophysen gang, der streckenweise lumenlos ist (Fig. 8), wächst stark nach hinten, wobei seitlichen Abschnitte zurückbleibt sackes erhält statt des Wimperepithels eine mehrschichtige, nicht flimmernde Auskleidung und bildet an der Mündung des Geruclisorgans eine ventral ent- springende Querfalte aus (Kaensche). Noch eines Organes ist kurz zu ge- denken. Bereits bei Ammocoeteslarven 12,5 cm Länge fand Scott ein der mediane Teil etwas Das E i n g a n g s r o h r gegen des die Nasen- HU-zzL Hy - von kleines Divertikel am hinteren unte- ren Ende der Riechgrube, am Ueber- gang in den Hypophysenkanal, das sich ebenfalls in 2 Säcke teilt. Ein Sta- dium von 15,5 cm Länge zeigt dieselben (s. Fig. 8) als caudale Verlängerungen v Fig. 8. Schnitt durch den Hypophysengang (Hy) und die hin- teren Biindsäcke (Hbl) eines Am- mocoetes von 15,5 cm Länge. Ver- größ. 60: 1. V ventrale Wand. der Nasensäcke, nicht mit Sinnesepithel bekleidet und dorsal vom lumenlosen Hypophysengang gelegen. Erst nach der Metamorphose bilden sich aus diesen Ausstülpungen Drüsen, die sich unter der Nasenhöhle, aber im Bereich der Nasenkapsel finden. Scott vergleicht dies Gebilde, entschieden mit Unrecht, mit dem jAKOBSON'schen Organ der Amnioten. b) Myxinoiden. Bei dem Myxinoiden Bdello Stoma geht nach v. Kupffer die erste Anlage des Riechorgans an wesentlich anderer Stelle vor sich als beim Neunauge: die auch hier ein- heitliche mediane Piakode entsteht schon, bevor das Gehirn sich vom Ektoderm völ- lig abgeschnürt hat, und zwar v e n t r a 1 von dem offenen Neuroporus, wie beifolgende Kopie zeigt (s. Fig. 9). Die weitere Ausbildung — Ver- bindung mit der Hypophyse, Einsenk- ung — unterscheidet sich nicht von den bereits für Petromyzon dargestellten Verhältnissen. Der Blindsack ist an- Np i?---i Fig. 9) Schnitt durch den Vorderkopf eines Bdellostoma- Embryos von 1 cm Länge, nach Kupffer (1900). Np Neuroporus. R Riechplatte. 12 Karl Peter. fangs von der Einstülpung der Hypophyse durch einen ziemlich be- trächtlichen Zwischenraum getrennt. Während sich an letzterer interes- sante Vorgänge abspielen — Abschluß des Blindsackes vom ventral gelegenen Darm durch 2 median sich ver- einigende Falten, Archipala- tum, Umgestaltung der Rinne zu einer beiderseitig offenen Röhre, deren hinteres Ende obliteriert und sich sekundär wieder öffnet — . spalten sich vom stark verlängerten Na- sensack 2 vordere blinde Aus- stülpungen ab, und auch weiter caudal zeigt ein ventrales Septum eine Zweiteilung an (s. Fig. 10). Weiterhin mündet das Geruchsorgan in den Hypophysen gang. Nach Price (1896) teilt sich jeder der Blindsäcke in 3—4 sekundäre Taschen. N Fig. 10. Schnitt durch die Nasensäcke (N) eines älteren Bdellostonia-Embrvos , nach KUPFFEE (1900). M o n o r h i n i e und A m p h i r h i n i e. Um diese eigentümliche von Beginn an bestehende Unpaarigkeit des Riechorgans der Cyclostomen mit dem bei Gnathostomen stets bilateralen Auftreten in Einklang zu bringen, sind von verschiedenen Autoren Hypothesen aufgestellt worden. Die weiteste Verbreitung hat die von v. Schriften verteidigte gewonnen. Kupffer in verschiedenen v. Kupffer verlegt, wie erwähnt, die Riechpiakode des Ammocoetes an die Stelle des letzten Zusammenhangs zwischen Ektoderm und Gehirn und komologisiert diese Anlage mit der KöLLiKER'schen Flimmergrube am vorderen Neuroporus des Ampliioxus. Zu dieser medianen Verdickung sollen bei Petromyzon später 2 seitliche Plakoden hinzukommen, die dem Lanzettfischchen fehlen. Auch bei Gnathostomen findet v. Kupffei: am vorderen Neuroporus eine Ektodermanschwellung, welche er der un- paaren Anlage der Neunaugen gleichsetzt ; doch schwindet diese bald, und die seitlichen Riechfelder lassen hier allein das Sinnesorgan hervor- gehen. Somit wäre eine vollständig befriedigende Entwickelungsreihe für die verschiedenen Formen der Riechorgane der Wirbeltiere gefunden : Ampliioxus ist rein monorhin, Petromyzon ist es anfangs gleichfalls, bildet dann aber den Uebergang, indem eine u npaare u n d 2 paarige Anlagen in der Bild u n g d e r Nase aufgehen, und auch die Gnathostomen machen erst ein Monorhini estadium durch; ihre Amphirhinie tritt erst später ein und ist vollständig, indem die mediane Piakode sich nicht mehr am Aufbau des Sinnesorgans beteiligt. Dieser so geistreichen Hypothese ist entgegenzuhalten : 1) daß nach v. Kupffer selbst die unpaare Riechplatte bei Bdello- stoma ventral vom Neuroporus entsteht und bei Petromyzon erst nach Abschnürung des Medullarrohrs angelegt wird (Lubosch), daß also eine Homologie mit der Flimmergrube des Ampliioxus unmöglich ist, 2) daß die für die Theorie geforderten p a a r i g e n Riechpla- koclen des Ammocoetes nicht bestätigt worden sind, Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 13 3) endlich, daß die bei vielen Wirbeltierembryonen in Erscheinung- tretende Neur op orus ver dickun g — ich konnte sie bei Acantkias, Lacerta ('s. Fig. 40, W\ in Fig. 1 ist ihre Ausdehnung durch eine ge- strichelte Linie angegeben) und in modifizierter Form bei Gallus und Sus nachweisen — zeitlich zum Auftreten der paarigen Riechfelder in wechselndem Verhältnis steht und nicht den Charakter einer Sinnes- plakode trägt, also mit einer unpaaren Geruchsanlage nichts zu thun hat. Sie ist als Stauungswulst aufzufassen, welcher durch die sich schnell ent- gegenwachsenden Lippen des Neuroporus entsteht, wie ähnliche Ver- dickungen auch beim Schluß der Linse und des Ohrgrübchens in der Epidermis zurückbleiben. Somit ist v. Kupffer's Hypothese von der primären M o n o r h i n i e der G n a t h o s o m e n zurückzuweisen, und ebenso ist eine Homologisierung der unpaaren Riechanlage der Cyclostornen mit der an anderer Stelle sich entwickelnden Neuroporusflimmergrube des Amphioxus unmöglich. Dies fühlte auch Legros und ließ bei seiner Deutung die Lage des Neuroporus ganz außer acht. Indes ist auch sein Vergleich nicht an- zunehmen, aus Gründen, die bereits oben angegeben wurden. Der von Anfang an doppelte Riechnerv der Cyclostornen legt dagegen den Gedanken sehr nahe (Scott), daß dieselben von amphi- rhinen Tieren abstammen, daß also die Urform des Riechorgans, wie die der Linse und des Ohres, eine bilaterale war. Die Monorhinie entwickelte sich sekundär, vielleicht in Verbindung mit dem Parasitismus dieser Tiere. Auffallend ist aller- dings, daß sich im peripheren Organ, in seiner frühesten Anlage wenigstens, keine Andeutung eines bilateralen Baues zeigt. Bald scheidet sich zwar das Organ in 2 Kammern, doch muß man ge- stehen, daß ein entwickelungsgeschichtlicher Beweis für obige Annahme noch nicht zu erbringen ist. Calberla nimmt zwar an, daß die Nase des Neunauges von Anfang an paarig ist, doch hat er sicher nur spätere Entwickelungsstadien (15. Tag) untersucht. Somit ergiebt sich, daß Amphioxus kein Homologon des Riech organs der Cranioten besitzt, wie ihm auch ein solches für Auge und Ohr fehlt, und daß die Unpaarigkeit der Cyclo - stomennase wahrscheinlich als sekundär anzusehen ist, daß somit die Nase wie Linse und Ohr von Beginn an ein paariges Organ war. ■öl II. Aniphirliinie. 1. Selachier. Bei Acanthias läßt sich, noch bevor eine Andeutung der Linsen- verdickung sichtbar wird (3 mm Länge), zu beiden Seiten des offenen Neuroporus, an der Dorsalseite des Kopfes gelegen und zugleich seit- wärts schauend, eine unscharf begrenzte Piakode erkennen, die von den Lippen der genannten Oeffnung deutlich getrennt ist (Berliner). Als erste Anlage des Riech feldes dokumentiert sie sich dadurch, daß die Zellen wie bei allen Sinnesplakoden eine cylindrische Gestalt annehmen und ihre Kerne auf der Mesodermseite tragen, so daß ein kernloser Protoplasmasaum sich auf der freien Fläche findet. 14 Karl Peter. und sieb Die Zellplatte verdickt sich durch Vermehrung ihrer Elemente und senkt sich bald zu einer mit scharfer Spitze nach innen dorsal gerichteten Bucht ein (s. Fig. 11). Diese Grube vertieft beträchtlich und weitet sich besonders nach der Kopfspitze zu aus, so daß bei einem Embryo von 25 mm Länge ein tiefer, fast glattwandiger Blindsack entstanden ist, der von dem in Fig. 12 dargestellten Organ (Acanthias, 27 die den bildet, dagegen Epithels den Eingang min Länge) in seiner Gestalt wenig verschieden einengenden seitlichen Falten sind noch nicht deuten leichte Unebenheiten der inneren Wand der ScHNEiDER\schen Falten (s. u.) an. ist: ge- des Beginn Fig. 11. BG m SF I Fig. 12. Fig. 11. Länge. Vergr. Fig. 12. Schnitt durch den Vorderkopf eines Acanthias-Embryos von 8,2 mm 50 : 1. A Augenblase. BG Riechgrube. Modell des rechten Geruchssackes eines Acanthias-Embryos von 27 mm Länge, von außen. Nach Berliner (1902). m medialer, / lateraler Wulst. SF Schnei- PER'sche Falten. Gestrichelt die Grenze zwischen Sinnes- und indifferentem Epithel. Die Lage der Dorsal seite lateral und mit auf welcher sie anderen Selachiern des Riech organs verändert sich erheblich. Von des Kopfes wandert die seichte Grube allmählich dem Tieferwerden auf die ventrale Seite hinab. bleibt, bei Acanthias nahe an der Spitze, bei mehr dem Munde zu liegen gerückt. In dem modellierten Stadium der Fig. 12 stellt sich das Geruchs- organ als ein umfänglicher Blind sack dar, der allein durch aktive Einsenkung der ursprünglichen Sinnesplatte entstanden ist, da er in seiner ganzen Ausdehnung aus Riechepithel besteht und das deutlich abzugrenzende indifferente Epithel des Kopfes nur bis an seine Mündung heranreicht; eine schwarz gestrichelte Linie giebt in der Figur die Grenze beider Zellarten wieder. Der Geruchsack besitzt eine etwa rhombisch gestaltete Innenfläche, welche dem Gehirn an- liegt; ihr größter Teil fällt auf den tiefen welchen der Riechnerv herantritt; nach dem flach aus. Dort liegt demnach der Senkung Organ, der schräg gelagert ist. er neigt apikalen Blindsack, an Mund zu läuft die Ein- schmale Eingang in das sich der Medianen zu etwas nach hinten, — und durch 2 seitliche k n o p f f ö r m i g e H e r - vorragungen bisquitförmig eingeschnürt wird. Diese Gestalt behält das Geruchsorgan während der weiteren Ausbildung im Prinzip unverändert bei, nur die den Eingang ver- engenden Falten wachsen einander entgegen, bis sie sich als dünne Lappen überlagern und eine unvollkommene Scheidung der Oeffnung in zwei hervorbringen, wodurch der Sinnesbezirk zugleich in geschützte Tiefe verlagert wird. His (A. L. III, 11, 1892) hat diese medialen und lateralen Zipfel als inneren Nasenfortsatz und Oberkiefer- Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 15 fortsatz bezeichnet, während Keibel den letzteren richtiger lateralen Nasenfortsatz nennt. Ueber ihr Verhalten zu den gleich benannten Organs zu wird am Schlüsse berichtet (S. 'Ab u. 75) Riech sackes sind während dieser vor sich gegangen. Während die Innenwand eines 25 mm langen Acanthias-Embryos noch fast läßt das wenig ältere Veränderungen Gebilden der Amnioten Im Inneren des wichtige des glatt war, modellierte Stadium an der Innen- seite eine Reihe niedriger, parallel gestellter schmaler Erhebungen er- kennen, die sich auf dem Schnitt (s. Fig. 13) als Falten des Sinnes- epithels kundgeben (Schneider- sche Falten). Sie entstehen aus hohlen Einwucherungen des Epi- thels und zwar völlig unabhängig vom Mesodermgewebe, das erst sekundär in die Erhebungen ein- wandert (Berliner). Diese Faltenreihe liegt dem Eingang in die Riechgrube gerade gegenüber und zieht von der unte- ren medialen Ecke der rhombischen Innenfläche durch die große Dia- gonale nach der seitlichen Spitze zu. Sehr bald gesellt sich zu dieser ersten Reihe eine zweite, die un- abhängig von jener entsteht und Sinnesepithels von ihr geschieden stumpfen medialen, apikalen Ecke Vorgänge völlig S Cr Fig. 13. Schnitt durch das Geruchs- organ eines Acanthias-Embryos von 27 mm Länge. Vergr. 50 : 1. Nach Berliner (1901). G Grenze zwischen Sinnes- und indifferentem Epithel. S SCHNEiDER'sche Falten. stets durch einen Streifen glatten ist. Sie zeigt sich zuerst an der der Innenwand und nimmt in der den oberen, der Kopfspitze zu gelegenen Abschnitt des Geruchs- ein, während die zuerst angelegte sich über den unteren Teil verbreitet. Die ScHNEiDER'schen P'alten, anfangs niedrig und in Zahl vorhanden, werden immer Folge organs geringer mächtiger und vermehren sich auch beträchtlich, so daß sie, den ganzen Blindsack ausfüllend, bis an dessen Außenseite reichen, welche keine derartigen Kom- plikationen erleidet (s. Fig. 14). Auch die anderen daraufhin untersuchten Haifische, Pristi- urus und Spinax, besitzen von Falten, die Weise übereinander Pristiurus, bei wel- die zweite Reihe an- medial gelagert ist, beide Gruppen im cau- medialen Winkel niitein- hier 2 Reihen in ähnlicher liegen. Bei eher Form fangs rein stehen dalen ander in schon von Zusammenhang , Anfang an. SF hr K Fig. 14. Schnitt durch das Geruchs- organ eines Acanthias-Embryos von 47 mm Länge. Vergr. 50:1. Nach Berliner (1902). iT Knorpel, mw medialer, ho lateraler Wulst. SF SCHNEiDER'sche Falten. 16 Karl Peter. Durch diese Erhebungen wird eine außerordentliche Vergrößerung der percipierenden Fläche bedingt; vermehrt wird dies noch dadurch, daß die hohen Falten in späteren Stadien kleine Seitenäste treiben können (Mustelus, Acanthias), wodurch der Schnitt ein äußerst zier- liches Bild darbietet. Sie stellen übrigens eine nur den Selachiern zukommende Einrichtung dar. RR. D-— rtf J& 2. Teleostier. Die folgenden Angaben über die Entwicklung des Geruchsorgans der Knochenfische beziehen sich auf Salmoniden, die einzige Fa- milie, über welche sich in der Litteratur unser Gebiet berührende Be- richte vorfinden , die allerdings nur kurz und unvollständig sind (Hoffmann, His, Holm). Die erste Andeutung des Riechorgans kann man bei der Forelle schon im Stadium IX (Kopsch, 18 Ursegmente) erkennen. In den dichten Ektodermmassen, die an der Kopfspitze des Embryo im Winkel zwischen dem soliden Gehirn und der eben ihr Lumen erhaltenden Augenblase einge- klemmt sind, zeichnen sich die dem Nerven- rohr anliegenden Zellen durch längliche Kerne und rege Teilungsprozesse aus, so daß man in ihnen die Anlage der künftigen R i e ch p 1 a 1 1 e vermuten darf. Wenn später die ektodermalen Zellmassen an Mächtig- keit verloren haben, erkennt man in der That an derselben Stelle die Sinnesschicht des Ektoderms, das sich bekanntlich bei Teleostiern bereits vor Anlage der' Sinnes- organe in 2 Lagen spaltet, in einem ziem- lich scharf begrenzten Bezirk zu langen Elementen umgestaltet und in mehrere Schichten angehäuft, Diese „Riechplatten'* und dem Gehirn eng an (s. Fig. 15), sind durch indifferentes Epithel getrennt. Die Deck- 1 1 a g e hinweg zur Bildung von -AAS * lA *2' : • - - 2&? Fig. 15. Querschnitt durch das Riechfeld eines Forellen- Embryos, Stadium XI (Kopsch 1898). Vergr. 200 : 1. D Deckschicht, RF Eiechfeld. R Retina. liegen Augenblase der aber voneinander schicht zieht unverändert über diese und beteiligt sich nicht an derselben, wie sie auch i:k Linse und Ohrblase nicht herangezogen wird. Allmählich schiebt sich das Mesoderm nach der Spitze des Kopfes zu vor und drängt die sich schnell verdickenden Sinnesplatten erst von den Augenblasen und dann vom Gehirn los, so daß dieselben sich schärfer aus ihrer Umgebung herausheben. Ihre Ele- mente ordnen sich knospenförmig an; die tiefer gelegenen Zellen bewahren ein rundliches Aussehen, während die peri- pheren sich zu langen Spindeln aus- ziehen, welche ihre Kerne basalwärts tragen und einen breiten kernfreien Proto- plasmasaum zeigen (s. Fig. 16). Während dieser Vorgänge geht die Deckschicht, deren Zellen blasig auf- Fig. 16. Schnitt durch die Riechknospe eines Forellen-Em- bryos von 7 mm Länge. D Deck- schicht. G Gehirn. Rk Riech- knospe, welcher eine degenerierte Deckschichtzelle aufliegt. R Re- tina. S Sinnesschicht. getrieben epithel sind zu über Grunde d e m , so Riech- daß die Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 17 Sinnesschicht frei an der Oberfläche liegt. Diese Erscheinung kehrt überall wieder, wo allein die Sinnesschicht die Anlage des Riechorgans bildet: die Riechzellen müssen natürlich an die Oberfläche gelangen, um ihre Funktion ausüben zu können. Die Atrophie beginnt über der Mitte der Knospe und schreitet nach der Peripherie vor. Die obere Schicht hört scharf begrenzt am Rande der Riechplatte auf; anfangs zeigen allein versprengte in der Mitte der Anlage liegende Zellen (s. Fig. 16) oder Rudimente derselben sowie ein schwacher Pigment- saum an, daß hier keine Verwachsung der beiden Schichten stattgefunden hat, sondern daß die obere zu Grunde gegangen ist. Erst jetzt (Forellenembryo von 7 mm Länge) tritt in der Mitte des dicken, knospenförmigen Zellhaufens eine kleine Grube auf, sehr spät im Vergleich mit der Aushöhlung der Anlage bei anderen Tierklassen, aber durchaus im Einklang mit dem späten Erscheinen des Lumens im Nervenrohr und den anderen Sinnesorganen der Knochenfische, und zugleich beginnt das Organ seine Lage zu verändern. Die Grube vertieft sich immer mehr, teils durch weitere Aushöhlung des Sinnes- bezirks, hauptsächlich aber infolge Ueb er Wölbung desselben durch die äußere Haut, deren Grenze durch die fest mit der Unterlage verwachsene und mit scharfen Rande aufhörende Deck- schicht kenntlich ist. Diese drei ineinander greifenden Prozesse der Wan derung des Organs, der Veränderungen in der um geben den Epidermis und dem Sinnesepithel selbst sind aus praktischen Rücksichten getrennt zu behandeln. In erster Anlage findet sich das Organ rein ventral gelagert, vor der weit hinten gelegenen Mundbucht, welcher auch die tiefste Stelle der Einsen- kung zur Grube zu- sieht (His1 Figuren geben dies nicht deutlich an). All- mählich wandert es nach der Seite, ge- langt vor das Auge, rückt aber noch weiter und bleibt auf der Dorsal- seite des Kopfes liegen (s. Fig. 17). Dabei dreht es sich so, daß der anfangs nach hinten der Mundbucht zu ge- Pol nach Fig. 17. Köpfe junger Lachserabrvonen. Vergr. 10 : 1. Nach His (1892). a, b 12—14, c 20 cm lang. legene unten und vorn ge- langt und damit dem spitzenwärts wandernden Munde stets benachbart bleibt. Es ist für die Beurteilung der beiden Oeffnungen der Fisch- nase von' Wichtigkeit, darauf hinzuweisen, daß trotz der Verlagerung von der Ventralseite nach dorsal die relative Lage zur Mundöffhung gewahrt wird. Ebenso ändert sich, wie bei allen Tierklassen, die Lage zum Gehirn; erst liegt das Organ im Bereiche desselben, dann spitzenwärts von ihm. Handl'uch der Entwicltelungslehre. II. 2. 2 18 Karl Peter, der Wie erwähnt , wird umgebenden Partien L d SE das Sinnesepithel durch Wucherung in die Tiefe verlagert. Es wachsen von den beiden Seiten der längsgestellten Grube 2 Fortsätze aus, welche die Oeffnung des Ptiechorgans erst beengen, so daß es eine Sanduhrform annimmt, dann aber einander entgegenwachsen und verschmelzen (s. Fig. 17 u. 18), so daß die tief eingegrabene Grube 2 Oeffnungen erhält, die sich mit dem allgemeinen Längenwachstum des Organs und der deckenden Brücke voneinander entfernen und in verschiedener Weise dif- ferenzieren. Während die hintere Oeffnung meist ein einfaches Loch bleibt, bildet sich an der vorderen ein langer Einführungs- kanal heraus; über andere Bildungen giebt die vergleichende Anatomie Auskunft. Fig. 18. Schnitt durch die Riechgrube einer Forelle von 19 mm Länge. d dorsale, v ventrale Falte, das Sinnes- epithel SE in die Tiefe ver- lagernd. der Grube zum Kanal Holm annahm, durch gleichen Gebilden der Die Umbildnng geht also nicht, wie Durchbruch eines medial wachsenden Blind- sackes vor sich, sondern, wie His abbildet, durch Ueber wachsen mittels zweier Fal- ten. Diese haben anfangs Aehnlichkeit mit Selachier und sind demnach mit den gleichen den Namen innerer Nasenfortsatz und Oberkiefer- (His) resp. äußerer Nasen- fortsatz (Keibel) bezeichnet worden. Mit letzterem Autor wäre die durch die Verwachsung dieser Processus gebildete Brücke als p r i m i t i v e r Gaumen zu bezeichnen; die dem Munde zu liegende vordere Oeffnung würde der Choane, die hintere der Aper t u r a e x t erna der Anmi- eten erstere gleichzustellen sein. Doch muß man die Einströmungsöffnung darstellt , durchfließenden Wassers die umgekehrte ist im daß Auge also die die des wie behalten, daß die ichtung des Luft Stromes, welcher durch die Nase der anderen Wirbeltiere streicht. r im gen Innerhalb des Riechorgans gehen erst sehr spät Verände- vor sich ; das gleichmäßig dicke Sinnesepithel kleidet die kugel- förmige Einsenkung glatt aus, sein innerer Kontur zeigt als erste An- deutung einer Faltung unregelmäßige Erhebungen, doch verändert sich die Gestalt des Organs noch bedeutend, ehe eine wahre Falten- bildung stattfindet. Erst nach Schluß des primitiven Gaumens flacht sich der Kopf des Fischchens ab, und zugleich wird der dorso-ventrale Durchmesser des Geruchssackes niedriger. Der Grund desselben überholt die Sub- stanzbrücke beim Wachstum und bildet einen kleinen apicalen und tieferen caudalen B 1 i n d s a c k. In diesem caudalen Teil beginnt die Einfaltun g des Sinnes- epithels — noch Forellen von 15 mm Länge zeigen fast ganz glatte Wände. Zuerst entsteht durch Einsenken der seitlichen Teile des Epithels eine von vorn nach hinten streichende Falte, die anfangs nur den Bereich der Riechzellen in Mitleidenschaft zieht. Erst später wuchert Bindegewebe in sie hinein, und zu beiden Seiten der Haupt- falte bilden sich sekundäre Erhebungen (s. Fig. 19). Nun differenziert Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 19 es langsam höher enger sich das Epithel auf der Höhe der Einragungen und niedrigen Zellen, allein in der Tiefe der Furche behäl rakter des Sinnesepithels. Die Falten werden reicher, die durch sie getrennten Gruben eventuell die knospenförmige Gestalt an, welcher Blaue eine so weittragende Be- deutung zugesprochen hat. Ein großer Bereich des Riechsackes wird von dem eingestülpten indifferenten Epithel ausgekleidet ; während die Riech- zellen vorn den ganzen Boden ausfüllen, beschränken sie sich im caudalen Teil auf einen mittleren Streifen (s. Fig. 19). Be- sonders wächst das Plattenepithel ventral- wärts und bildet einen tiefen Blind sack, der das Geruchsorgan nach hinten zu über- An einem 5 cm langen Barsch zwar von einem caudalen Blind- entdecken, doch auch hier be- ganze hintere Abschnitt der Nasenhöhle aus indifferentem Epithel. Eine mediane Ausbuchtung des Riech- sackes, die als jAKOBSON'sches Organ zu deuten wäre, wurde also bei Fischen nicht beobachtet. Alle Untersucher haben gestaltet sich zu den Cha- und zahl- letztere nehmen ragt, konnte ich sack nichts stand der SE - ver- gebens danach geforscht. Daß Wixther 2 Fig. 19. Schnitt durch das Riech organ eines jungen Sal- moniden. Vergr. 60:1. F Fal- ten der Riechschleirnhaut, mit Sinnesepithel (SE)'m den Buch- ten. Bl ventraler Blindsack. N Nerv. zwischen den Nasengruben liegende Schleim- kanäle als solche Organe gedeutet hat Winther's scharfe hat schon Sagemehl, erkannt, und hoffentlich zum letzten Mal zierliche Figuren lassen seinen Irrtum der hier berichtigt wird — deutlich erkennen. 3. Ganoiden. sich in der Bildung ihres Riechorgans Die Ganoiden schließen eng an die Knochenfische an. Auch bei ihnen spaltet sich das Ekto- derm frühzeitig in eine Deck- und in eine Sinnesschicht. a) K n o r p e 1 g a n o i d e n. Die Angaben v. Kupffer's überv das Auftreten einer sogenannten „medianen Riechplatte" bei Aci penser können nach obigen Auseinandersetzungen übergangen werden (s. S. 13). Salensky findet als erste Andeutung des Riechorgans beim Sterlet mit hohem Epithel ausgekleidete Gruben zu beiden Seiten der Vorderfläche des Gehirns und glaubt an ihrer Bildung beide Lagen des Ektoderms beteiligt. Doch kann man wohl mit Recht annehmen, daß die Entstehung der Geruchsgrübchen in der bei allen Wirbeltieren mit gespaltener Epidermis übereinstimmend gefundenen Weise statt- hat: daß die Verdickung sich allein auf Kosten der Sinnesschicht herausbildet und daß die Decklage atrophiert. In dieser einfachen Form besteht das Organ bis zum Ausschlüpfen des Fischchens. Die spätere Entwickelung, die Bildung der seitlichen 2* 20 Karl Peter, Nasenfalten, scheint, nach Balfour's in seinem Lehrbuch Figuren zu schließen, von den hältnissen nicht abzuweichen. gegebenen bei den Teleostiern beschriebenen Ver- b) Knocke nganoi den. Anlage Bei Lepidosteus zeicknen Balfour und Parker die des Ptieckorgans als eine bedeutende Verdickung der Sinnessckickt (s. Fig. 20) ; die über dieselbe unbeteiligt hinwegziekende Decksckickt. welcke durch einen kleinen Hoklraum (Kunstprodukt'?) von dem Riech- epitkel getrennt und an dieser Stelle merk- lick verdünnt ist, gekt daselbst, wie die Autoren auck vermuten, zu Grunde. Die Umformung der Grube zu einem Kanal vollziekt sick, wie ick mick für Lepidos- teus und Amia überzeugen konnte, in derselben Weise wie bei den Knockenfiscken. Fig. 20. Schnitt durch die Riechknospe eines Lepidosteus-Embryo vom 11. Tage. Nach Parker und Balfour. D Deckschicht. Rk Kiechknospe. Oc Auge. 4. Dipnoer. Von Lepidosiren erwähnt Kerr nur, daß die Nasensäcke durch s e k u n d ä r e A u s h ö k 1 u n g s o 1 i d e r A n 1 a g en entstellen, ein Befund, der mit dem Auftreten der ebenfalls solid angelegten Ohrblase und den sehr engen Medullarfalten des Embryo in Einklang steht und an die Teleostier erinnert, Genaueres teilt Semon über die äußere Entwicklung der Nase des Ceratodus mit (s. Fig. 21). Die Riechgruben entstehen seitwärts von der Mundbucht; von ihnen ziehen Furchen oral, welche kon- vergierend (Fig. k) die Geruchs- grübchen in der Mittellinie durch a b Fig. 21a und b. Ventralansichten von Köpfen von Ceratodus-Embryonen. und t nach Wegnahme des Unterkiefers. Nach Semon (1893). eine Rinne verbinden. Doch gleicht sich (1) diese Furche bald aus, und die Geruchsgruben sind wieder voneinander getrennt. Sie laufen, von wulstartigen Rändern begrenzt, in eine medianwärts nach der Mundbucht ziehende Rinne aus (o,). Während zwischen den Nasen- anlagen die „Munddachplatten", welche die Vomer- und Palatinzähne tragen sollen, hervorwachsen und die durchgebrochene Mundbucht durch einen hervortretenden Saum seitlich abgegrenzt wird, stellen sich die Nasenfurchen, die innen vor diesem Saum liegen, erst parallel Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 21 und werden dann in eine nach den Mundwinkeln auslaufende Richtung abgelenkt. Ihre Ränder rollen sich in der Mitte der Rinne ein (sj und verwachsen miteinander (t), so daß jetzt eine äußere und innere Nasen Öffnung durch eine in der Gegend des oberen Mundrandes gelegene Brücke geschieden sind. Ein jAKOBSON'sches Organ hat Semon nicht gefunden. Der Entwickekingsvorgang ähnelt also dem bei den Knochenfischen erwähnten mit der Ausnahme, daß bei Ceratodus beide Nasenöffmmgen auf der Ventralseite des Kopfes liegen und die innere in den Bereich des Mundes fällt. Dies ist ja notwendig, da hier zum ersten Mal in der Tierreihe die Nase (nach Semon wahrscheinlich) zur Respiration in Beziehung tritt. Ueber die innere Entwickelung des Riechorgans sowie die Bedeutung der die Nasengruben anfangs verbindenden Rinne kann erst eine mikro- skopische Untersuchung Aufschluß geben. 5. Amphibien. Ueber die Entwickelung der Nasenhöhle der Amphibien existiert eine verhältnismäßig reiche Litteratur; Born, Burckhardt (1891), Seydel (1895), Bawden. Brauer, Sarasin haben ziemlich ein- gehende Berichte über einzelne Formen gegeben. Doch beschrieben sie nicht den ganzen Entwicklungsgang, sondern beschränkten sich meist auf Untersuchung älterer Embryonen. Nur Goette hat in seinem großen Werk über die Unke fast alle Stadien berücksichtigt, und in jüngster Zeit veröffentlichte Hinsberg Mitteilungen, welche die vollständige Bildung des Geruchsorgans bei den Hauptformen der Lurche umfassen. Alle 3 Amphibienfamilien --Urodelen, Gymnophionen und Anuren — besitzen bekanntlich eine aus 2 Lagen zusammengesetzte Epidermis; daher entsteht das Riech grübe hen, wie bei den Knochenfischen, allein durch Wucherung der inneren, der Sinnesschicht, über welcher die Deckschicht atrophiert. Gemeinsam ist ferner, daß das Geruchsorgan, wie vielleicht schon bei den Dipnoern, in den Dienst der Atmung tritt und so Be- ziehungen zum Mund erhält: die hinteren Nase n Öffnungen, die Choanen, liegen also innerhalb der Mundhöhle, und zwischen diesen und den Aperturae extern ae spannt sich ein wahrer, einen Teil des Munddaches bildender Gaumen aus. Doch ist die Entstehungsgeschichte dieser Choanen ganz abweichend von der bei Dipnoern oder Amnioten sich findenden (s. S. 34), verschieden selbst bei den einzelnen Amphibienklassen, so daß eine getrennte Be- sprechung der 3 Ordnungen berechtigt erscheint. Mit diesem eigentümlichen Bildimgsprozeß hängt auch zusammen, daß von N äsen forts ätzen, wie sie schon bei den Fischen erwähnt wurden und bei den Amnioten wiederkehren werden, entgegen früheren Angaben nichts in Erscheinung tritt. " Ich beginne, meist im Anschluß an Hinsrerg's Ausführungen, mit der Beschreibung der einfacheren Verhältnisse bei den Urodelen, an welche sich die komplizierteren der Anuren gut anschließen; erst zum Schluß berücksichtige ich die zu den Schwanzlurchen gehörigen Cäcilien, da sie gerade in ihrer Nasenbildung bemerkenswerte Ab- weichungen darbieten. 22 Karl Peter. a) Ur od eleu. Innerhalb der Klasse der geschwänzten Amphibien geht, wenn wir von den Gymnophionen absehen, die Entwickelimg des Geruchs- organs in ziemlich gleichmäßiger Weise vor sich ; soweit wir in dieser Hinsicht über die Perennibranchiaten unterrichtet sind — von Dero- tremen fehlt uns jede Kenntnis — , unterscheiden sie sich nicht von Triton, auf den ich mich daher fast ausschließlich beschränken darf. Die erste Anlage des Riechorgans erscheint bei T r i t o n taeniatus (von 2,4 mm Länge) und Amblystoma noch vor Kenntlichwerden einer Linsenverdickung als Wucherung der Sinn esschic ht des Ektoderms; die Deckschicht läuft auch hier unverändert über diese Anlage hin. Dieselbe liegt ziemlich weit hinter der Kopfspitze, ventral und etwas seitlich gerichtet, und bildet eine zufolge der geringen Bindegewebsentwickelung im Vorderkopf der Urodelen zwischen Gehirn und Augenblase eingezwängte knopfförmige Verdickung (s. Fig. 22). ■S Gr ■ ■ US, ;;; Fig. 22. Fig. 23. Fig. 22. Horizontalschnitt durch die Geruchsplatte einer Tritonlarve von 2,6 mm Länge. Nach Hinsberg (1901). An Auge, d Deckschicht, pl Geruchsplatte. S Sin- nesschicht. Fig. 23. Larve von Triton taeniatus. Vergr. 25:1. Nach Hinsberg (1901). Kopf von vorn. Gr Geruchsgrübchen. Sehr deutlich ist zu beobachten, daß die Decklage über den Sinneszellen atrophiert — in Fig. 22 ist die beginnende Atrophie über der Riechplatte bereits bemerkbar — so daß letztere frei an der Oberfläche sichtbar werden (Hinsberg), und damit wird eine Grübchen- bildung eingeleitet. Das Organ bildet in diesem Stadium bereits einen beträchtlichen Zellkomplex. Zugleich wandert es weiter ventral, die Vertiefung sieht also gerade nach unten. Eine Rinne, welche die- selbe mit der Mundbucht verbindet und an die Verhältnisse bei den Amnioten erinnerte, ist nicht zu entdecken (s. Fig. 23), die Choane bildet sich auf einem völlig anderen Wege. Während nämlich der Vor der darin rasch nach der Kopfspitze zu wächst, wuchert ihm das hintere solide Ende der Geruchsplatte frei durch das Mesoderm, welches unterdes eine beträchtliche Ver- mehrung erfahren hat, entgegen, bis sich die beiden Gebilde treffen und miteinander verwachsen (s. Fig. 24). Diese Begegnung wird durch die schon mehrfach erwähnte Verschiebung des Gehirns nach hinten, welche das anfangs runde Kopfende zuspitzt, erleichtert: ur- sprünglich dorsale, dem Centralorgan angelagerte Teile der Sinnes- Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 23 G— knospe werden dadurch nach hinten gezogen, gewissermaßen umgeklappt, wodurch das Grübchen, das sich in frühen Stadien an der Grenze zwischen mittlerem und hinterem Drittel der Geruchsanlage fand, viel weiter apical in derselben zu liegen kommt. Diese Grube vertieft sich einmal dadurch, daß mit der Verschiebung indifferentes Epithel, die Ventralseite des Riechsackes bildend, einbezogen wird, dann im hinteren Abschnitt durch Dehiscenz der Zellen ; letztere schreitet von vorn nach hinten zu fort, bis das blindsackförmige Lumen hinter der noch nicht gerissenen Rachenmem- bran in den Vorderdarm durch- bricht, wodurch der Blindsack zu einem Kanal umgestaltet wird. Die so gebildete Clioane liegt aber im Bereich des Ento- de r m s , a 1 s o v i e 1 weiter nach hinten als bei Fischen und A m n i o t e n, u n d entsteht nicht durch Ueberwölbung einer Rinne, sondern durch Durch- bruch eines Blind sack es. Die Wände des Kanals tragen Vielschichtiges Riechepithel mit Aus- nahme der ventralen, welche aus indifferenten Zellen besteht; eine Grenze zwischen dem durch Ein- stülpung und durch Dehiscenz entstandenen Teil des Hohlraums ist nicht zu ziehen, doch ist trotz dieser Gleichförmigkeit die doppelte Entstehungsweise außer Frage, so daß im hinteren Abschnitt auch Sinnesepithel den Charakter des indifferenten angenommen hat; bei Anuren werden wir auf klarere Verhältnisse stoßen. Im Bereich der ven- G IV — Fig. 24. Horizontalschnitt durch das hintere Ende der Geruchsplatte (pl), welche bei y mit dem Vorderdarm ( Vd) zusammenhängt, von einer Tritonlarve von 7 mm Länge. Vergr. 80 : 1. Nach Hinsberg (1901). Au Auge. G Gehirn. einschichtigen liegt die tralen Wand Choane. Während der Cho- anenbildunghaben sich beträchtliche Wach s- t u m s v e r s c h i e - bungen abgespielt. Der Kopf spitzt sich weiter zu und ver- längert sich. Damit ist auch der Riechsack in die Länge gewachsen ; während seine caudalen Teile vorerst noch in der Gegend der Augen- blase und des vorderen Gehirnpols liegen blei- ben, rücken die vor- deren Partien ganz Ch z Fig. 25. Modell des Kopfes einer Tritonlarve von 8,5 mm Länge. Vergr. 50:1. Nach Hinsberg (1901). Ventralansicht. A.e.r. Apert. externa. Ch Choane. Gs Ge- ruchssack. G Gehirn. Uk Unterkiefer. Z Zunge. 24 Karl Peter, an die Kopfspitze vor; es findet gewissermaßen ein Vorschieben der ventralen Teile statt, wodurch die erst apical gelegenen Massen nach hinten und dorsal verlagert werden, ein Vorgang, der auch hier damit endet, daß schließlich das ganze Riechorgan apical vom Ge- hirn liegt. So gelangen die äußeren Nasenöffnungen an die Kopf- spitze und müssen, da sie an der schmalen Ventralseite nicht Platz finden, sich seitlich lagern (s. Fig. 25). Durch diese Seitwärtsverlagerung der Aperturae externae wird eine Drehung des Riechorgans um die Längsachse nötig; während das orale Ende durch die Verwachsnng mit dem Vorder- darm gewissermaßen festgehalten wird, dreht sich der vordere Ab- schnitt so, daß die rein ventral gelegene, indifferentes Epithel tragende Wand immer mehr nach der Seite rückt. Verfolgt man diesen Streifen also von hinten nach vorn, so findet man ihn erst noch rein ventral, dann wendet er sich aber ventro- lateral, um endlich rein seitlich zu liegen (Burckhardt, Hinsberg; s. Fig. 26). Dies ist wichtig zur Beurteilung des ( einzigen ) Blindsackes, der das Riechorgan von Triton kom- pliziert. Dieser untere Blind- sack, Hinsberg (jAKOBSON'sches Organ, Burckhardt, Seydel) nimmt seinen Ausgang vom Sinnes- epithel des medialen unteren Winkels, hart an der Grenze des Eschl UBl YH UNDr Mds Fig. 26. Triton alpestris, 18 mm, Larve, Geruchssack. Querschnitt. Ver- größ. 60 : 1. Nach Burckhardt (1891). Mds Mundschleimhaut. Olf Olfactorius. Rschl Riechschleimhaut. UBl unterer Blindsack. UNDr untere Nasendrüse. VH Vorderhirn. nach hinten als laterale einschichtigen Streifens. Sehr bald indes wird der ein feines Lumen enthaltende Blindsack mit der Achsendrehung des ganzen Organs auf die Seite verlagert (s. Fig. 26), erst in seinem vorderen Abschnitt, dann auch in den caudalen und endet laippelförmig an der Ausstülpung des Riechsackes, ist seine hintere der seitlichen Partien. Er wächst Choane, erscheint so aber genetisch als mediale anzusehen. Erst gegen Ende der Metamorphose verliert er scharfe Abgrenzung und geht in eine seichte Rinne an Nasenwand über. Das Lumen der Nasenhöhle wird im Laufe der Entwicklung bedeutend weiter; sein Querschnitt bleibt im vorderen Teil rundlich, weiter hinten gewinnt er eine querovale Form. Spitzenwärts vom lateral seitliche der Thränennasengang unteren Blindsack mündet höhle ein und bildet in späten Stadien eine im vorderen Abschnitt des Riechorgans. An der Apertura externa entsteht Epidermis ein Einführungsgang, der in den Geruchssack öffnet. Auch im Veränderungen vor sich. Die Oeffnung von einer nach hinten verstreichenden in die Nasen- Rinne auch durch Einbeziehung von sich von der Seite her Bereich der Choane gehen selbst wird weiter und seitlich G a u m e n f a 1 1 e " überwölbt ; Entwickelung des Geruchsorgaus in der Reihe der Wirbeltiere etc. 25 die durch sie hervorgerufene Gaumen rinne setzt sich nach vorn in die seitliche Nasenrinne und den unteren Blindsack fort (s. Fig. 27). Das vordere Ende des unteren Blindsackes läßt nach medial eine ,, untere Nasendrüse" aussprossen (s. Fig. 26\ die sich an der medialen Seite des Organs ausbreitet. Andere kleine, BowMAN'sche Drüsen wachsen später von verschiedenen Stellen der Mucosa aus, eine größere vordere Nasendrüse mündet in der Gegend des (% Thränenganges. gel Fig. 27. Salamandra maculata in der Metamorphose. Gaumenfläche. Vergr. 7 : 1. Nach Seydel (1895). Ch Choane. GF Gaumenfortsatz. ■v A Somit hat das Organ die Gestalt der Nase des erwachsenen Tieres angenommen; weitere Veränderungen betreffen nur Größenverhältnisse; endlich bildet sich noch caudal von der Choane eine Kuppel des Riech- sackes aus, an welche die Aeste des Nervus olfactorius herantreten. Daß das Riechepithel bei verschiedenen Formen sich in knospen- ähnliche Abteilungen gliedert, ist schon oben (s. S. 5) erwähnt worden. Hier mag noch darauf hingewiesen werden, daß sich das Sinnesepithel stellenweise zu respiratorischem umgestaltet, so daß der anfangs einheitliche Sinnesbezirk sich in verschiedene unzusammen- hängende Teile spalten kann. So hängt das Riechepithel des unteren Blindsackes bei Salamandra mac. im Stadium der Metamorphose noch mit dem der Haupthöhle zusammen, während es sich beim erwachsenen auf das äußerste Ende der breiten Nasenrinne zurückgezogen hat und auch die mediale Wand des Geruchsorgans nur noch am vordersten Ende bekleidet (Seydel). b) Anuren. Froschlarven von 2,3 — 3 mm Länget lassen vor Anlage der Linse am Vorderende des Kopfes genau nach der Seite gerichtet 2 nicht miteinander zusammenhängende Wuc he- rungen der inneren Zellschicht G erkennen: die beiden Riechplatten. Noch ■ — --~i:::rssis bevor diese eine beträchtliche Dicke er- reicht haben, bildet sich in ihrem Be- -\ reiche eine flache Delle. In derselben <-- '^ '«V^»— s< scheint die einschichtige Decklage, welche . 1 anfangs gut von der Sinnesschicht ab- , t -j. . ri zugrenzen war, mit ihrer Unterlage zu verschmelzen, was Goette und Corning zu der irrigen Annahme verleitete, daß das Geruchsorgan der Frösche aus der rar"" (/ gesamten Epidermis seinen Ursprung ■ — --y z nähme. Doch zeigt ein genaueres Stu- dium stets eine Grenze zwischen beiden Wm- s Lagen und lehrt, daß die D eck Schicht "T 1 mb Fig. 28. Horizontalschnitt durch die Ge- ^ ruchsplatte einer Larve von Rana fusca von 5 mm Länge. Vergr. 150:1. Nach Hinsberg (1901). Fig. 29. Fig. 30. Fig. 29. Kopf einer Larve von Rana fusca von fast 6 mm Länge. Vergr. 25 : 1. Nach Hinsberg (1901). Bezeichnung wie Fig. 28. Fig. 30. Horizontalschnitt durch die Geruchsplatte einer Froschlarve von 6 mm Länge. Vergr. 80:1. Nach Hinsberg (1901). dl dorsales Lumen. Uebrige Bezeichnungen wie Fig. 28. Vorderkopf ziehenden „Stirnstreifen u, zu dem allein die Deck- schicht das Material liefert, und den Kupffer fälschlich als unpaare Riechpiacode auffaßt, in keiner Beziehung stehen; sie liegen ventral von diesem Gebilde, dessen Bedeutung einstweilen noch unbekannt ist (s. Peter 1901). Das Epithel der Geruchsgrube verdickt sich und strebt ebenfalls dem Vorderdarm zu. Da die Anlage aber bei den Fröschen rein seitlich gerichtet ist, so kann eine einfache Wucherung wie bei den Urodelen nie das Entodermrohr erreichen ; daher erstreckt sich das Wachs- tum besonders auf den ventralen Teil, der sich nach ventral und caudal zapfenartig verlängernd sich dem Darm nähert (s. Fig. 30) und mit ihm verschmilzt. Die Zellen dieses soliden Zapfens werden bald durch Dehiscenz in zwei Lager geschieden: eine dünne laterale und eine vielschichtige mediale Wand fassen ein anfangs ganz schmales und aus nicht miteinander zusammenhängenden Spalten be- stehendes „ventrales Lumen" zwischen sich ; dieses wird ein- heitlich und weiter und bricht nach dem Durchreißen der Rachen- membran hinter deren Resten in den Vorderdarm durch, so daß auch hier ein Nasenkanal entstanden ist, dessen hintere Oeffnung, die Choane, im Bereich des Entoderms liegt (s. Fig. 31). Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 27 Wie bei Urodelen trägt die seitliche Wand dieses Rohres niedriges indifferentes Epithel, das aber aus der gemeinsamen Sinnesplatte hervorgegangen ist. Der ganze Hohlraum des embryonalen Riechorgans begreift drei Portionen in sich. Ein feines „dorsales Lumen" entsteht bereits vor dem ventralen (s. Fig. 30) ebenfalls durch Dehiscenz dann grenzt am sich dieser Teil _B_—-t>/ Fig. 31. Rana fusca von 9 mm Länge. Horizontalschiiitt. Nach Hinsberg (1901). Vergr. 80:1. dl dorsales, vi ventrales Lumen. oberen, dorsalen Pol der Geruchsplatte; bald vom übrigen Sinnesorgan ab und bildet einen halbkugeligen Knoten, dessen Zellen, stark pigmentiert, sich radiär um die feine Oeffnung gruppieren. Anfangs stellt es den mächtigsten Abschnitt der ganzen Anlage dar, bleibt aber im Wachs- tum zurück, wird von dem ventralen Teil des Geruchssackes, der sich medial und auch dorsal ausdehnt, überwuchert und an die Seite gedrängt („lateraler Appendix", Hinsberg, s. Fig. 32 und 34), und bildet sich während der Metamorphose völlig zurück. Ein Homologon dieses Gebildes, welches Bawden zuerst entdeckte, fehlt den Urodelen, und daher auch jeder An- halt für eine Erklärung seines Auftretens. Ein drittes „mittleres Lumen" endlich bildet sich durch Einstülpung des äußeren Epithels; durch die wird die Haut ausgedehnt, und da die selben Maße wächst, so wird sie passiv in die Tiefe verlagert. Es ent- steht eine Art Einführungskanal, in welchen die beiden engen das dorsale und ventrale Lumen, einmünden. Sein Epithel vollkommen dem der lateralen Wand des ventralen Lumens, obwohl dessen Herkunft ja eine ganz andere ist. Die Grenze zwischen diesen beiden Abteilungen wird durch einen spornartigen Vorsprung markiert. Das ventrale Lumen gewinnt bald dieselbe Weite "wie der Einführungskanal. Hervorzuheben ist also, daß auch hier die Bildung der Choane durch Durchbruch des Sin n es epithel s in den Vorder- darm erfolgt, die hintere Nasenöffnung also ento- d er mal liegt, und daß nur ein kleiner Teil des Lumens durch Ein- stülpung, der größte durch deutlich nachweisbare Dehiscenz entsteht. Goette führt bei der Unke die Bildung des Hohlraums allein auf Ueberwölbung einer von den Riechgruben zur Mundbucht führenden Rinne zurück, eine Angabe, die für Rana bestätigt werden konnte, durch Durchbruch entsteht Dieser einfache Sinneskanal, mit dem Vorderdarm verbindet, Zunahme des Bindegewebes Geruchsplatte nicht in dem- Gänge, gleicht Dagegen erkannte er wie für Bombinator nicht richtig, daß die Choane unter allgemeiner Zunahme dei welcher die äußeren Nasenöffnungen erleidet bald in allen seinen Teilen Lumenweite Komplikationen. Auch seine Lage und Form verändern sich. Wie bei allen Wirbeltieren rückt die Nase mit dem Zurücktreten des Gehirns allmählich vor dasselbe ; dabei wird sie von dessen Spitze durch eine Knorpelplatte abgeschlossen, und mit dem Breiterwerden des ganzen Kopfes gewinnen die anfangs seitlich schauenden Narinen eine dorsale Lage. 28 Karl Peter, o aex Die Verschiebungen der einzelnen Teile des Genichs- sackes, die hauptsächlich durch das Flachwerden des Kopfes bedingt werden, können erst nach Beschreibung der Veränderungen, die sich an den verschiedenen Partien abspielen , verständlich dargestellt werden. Eine Reihe von Blindsackbildungen macht die Anurennase komplizierter, als die der Schwanzlurche ist. Sie nehmen ihren Aus- gang teils von der Sinnesepithel tragenden medialen Wand, teils von der mit indifferenten Zellen ausgekleideten lateralen Seite. Die Grenze zwischen beiden Epitholarten bleibt bestehen und ist in den Figuren 32 und 33 durch gestrichelte Linien angegeben. Bei einer Larve von Rana fusca von 11 mm Länge treibt das Sinnesepithel an der ventralen Seite nach der Kopfspitze zu einen dicken, anfangs soliden Epi- thelzapfen, der bald ein spalt- förmiges Lumen erhält, das von in vielen Lagen geschich- teten Riechzellen umgeben ist (Born's unterer Blind- sack, Jakobson1 seh es Organ Goette, Seydel). Diese Ausstülpung nimmt schnell an Umfang zu und stellt einen senkrecht zur Längsachse des Geruchs- sackes gelagerten Auswuchs dar, welcher eine Zeit lang den am weitesten spitzen- wärts vorragenden Teil des ganzen Organs bildet; zweifel- los ist ihm der an gleicher Stelle aussprossende untere Blindsack der Urodelen zu homologisieren (s. Fig. 32). An seiner medialen Seite stülpt sich eine Drüse heraus, die bald die Größe des Blindsackes selbst er- reicht (Fig. 32), dann aber, nach vorn wandernd, den im Wachstum zurückbleibt ml r ide Fig. 32. Rana fusca von 31 mm Länge. Modell des rechten Gerachssackes von der Kopf- spitze gesehen. Nach Hinsberg (1901). aex Apert. externa, e Einführungsgang, hj Choanen- falte. ide indifferentes, se Sinnesepithel. Ja late- raler Appendix. 0 Oberhaut, rw Ringwulst, sp Sporn, ubl unterer Blindsack, udr untere Drüse. medialen Pol (s. Fig. 33). Erst viel desselben umgreift and später, im Beginn der Metamorphose, tritt an der seitlichen Wand des Riechorgans in ihrer caudalen Hälfte eine Falte, indifferentes Epithel ausstülpend, auf, welche anfangs unabhängig von dem viel früher sich anlegenden unteren Blindsack ist, später aber sich mit dessen lateralem Ausläufer vereinigt (s. Fig. 33), so daß ein scheinbar einheitliches Organ entstellt, das nur durch seine ver- schiedene Epithelbekleidung den doppelten Ursprung erkennen läßt. Diese Wucherung stellt sich dann als eine von medial nach lateral ziehende, weit ausladende Ausbuchtung dar (seitliche Nasen- rinne Seydel, Kieferhöhle Born) und ist nach den Choanen zu nicht abgegrenzt, sondern setzt sich auf den Gaumen als seitlich von Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 29 den hinteren Nasenöffnungen auslaufende „Gaumen rinne" fort. welche nach der Mundhöhle zu von den „Gaumenfalten" bedeckt wird. Diese mit den bei Triton beschriebenen Befunden völlig über- daß die seitliche Urodelen an die Seite Blindsack völlig ver- sieh erst sekundär sie einstimmenden Verhältnisse lassen erkennen, Nasenrinne dem gleichnamigen Gebilde der zu stellen ist. Sie ist ein von dem unteren schiedenes Gebilde ; bei den Fröschen verbindet mit dieser Ausstülpung und ist leicht von derselben abzugrenzen, während bei den Urodelen durch Seitwärtswachsen des medialen Blind- sackes beide Anlagen so verschmelzen, daß sie (mit Ausnahme vielleicht von Siren, welche nach Seydel einen medial schauenden, Sinnesepithel tragenden Blindsack besitzt) sich wie eine einheitliche Bildung ver- halten und auch stets als solche betrachtet wurden. Endlich entwickelt sich spitzenwärts von dieser Nasenrinne, durch eine tiefe Einsenkung, welche eine Knorpelspange birgt, getrennt, am hinteren Ende des Einführungsganges ein hakenförmiger Blindsack, ebenfalls vom indifferenten Epithel der seit- lichen Wand ent- springend (mitt- lerer oder seit- licher Blind- sack Born; s. Fig. 33). In diesen mündet der Thrä- nennasengang ein, und somit ist er mit der Rinne am Vorderende der Nase der Schwanz- lurche, welche dem- selben Gang ihren Ursprung verdankt, zu homologisieren. Ueber Born's „obe- ren Blindsack", der einen Teil der Nasenhöhle selbst bildet, änderungen des Organs Auskunft (s. unten Bedeutende Umgestaltungen erfährt das führungsgang und Choanen. Der „Einführungsgang" Born's beziehung von äußerer Haut beim Nachvornwachsen deutend (s. Fig. 32). An seiner Oeffnung bildet sich „ventilartiger" Wulst, der nur Bindegewebe, aber keine Muskeln birgt. verkleinert sich der ,, Vorhof' und der Wulst atro- , -_ Mhcj> Fig. 33. Rana fusca in Metamorphose; rechter Ge- ruchssack. Nach Hinsberg (1901). Ansicht von der Kopf- spitze. Mhep Mundhöhlenepithel. Obl oberer Blindsack. Sbl seitlicher Blindsack. Sn seitliche Nasenrinne. Uebrige Bezeichnungen wie in Fig. 32. geben S. 30). die Wachstumsver- Geruchsorgan an Ein- verlängert sich durch Ein- der Narinen be- eilt ringförmiger Bereits bei Beginn der Metamorphose mit der allgemeinen Verkürzung des Riechsackes, völlig (Fig. gehen 33). an phiert Ebenso teilweise auch nur gestellte Spalt wandelt den Choanen Veränderungen vor sich, welche vorübergehender Natur sind. Der anfangs längs- sich in eine querovale Oeffnung um, welche 30 Karl Peter, weiter wird und sich mit einem sie verengenden, bereits während der Verwandlung umgiebt. Dagegen bleibt eine in lateralen Wand der Nasenöffnung nach hinten reichende Leiste, bestehen ; sie schließt die über die ihr schwindenden Wulst dieser Zeit sich anlegende an der am Munddache entstehende, weit schon erwähnte Gaumenleiste, liegende Gaumenrinne ab. Die Gestaltsveränderungen des Riechsackes sind, wie wähnt, ein Produkt des Flacherwerdens des Kopfes. Daß durch stärkeres Wachstum der ventralen Teile der dorsale Appendix an laterale Seite gedrängt wird und daselbst schwindet, ist bereits wähnt worden (s. Fig. 34). Dadurch rückt auch das mittlere Lumen, der spätere Einführungsgang, an die laterale Seite; das stellt einen senkrecht Fig. 34. Rana fusca von 11 mm Länge. Horizontalschnitt. Vergr. 80 : 1. Nach Hins- berg (1901). la lateraler Appendix, ch Choane. Sonst wie Fig. 28. er- ein die er- en, Geruchsorgan zur Gau- menebene, vertikal stehenden Kanal dar, in dessen oberes Ende von der Seite her der Einführungsgang einmündet. Sehr bald machen sich aber die Einflüsse der Kopfform geltend ; das ganze Organ wird d o r s o v e n t r a 1 zusammen- gedrückt und so einge- knickt, daß sein caudaler Teil sich parallel zur Richtung des Gaumens einstellt, während der vordere seine senkrechte Lage behält. Dieser Vorgang ist be- bemerkbar, und zur Zeit der schon fast einen rechten, nach reits bei Stadien von 11 mm Länge Metamorphose bildet der Geruchssack der Kopfspitze zu offenen Winkel. Dagegen findet eine Drehung um die Längsachse wie bei den Urodelen nicht statt, da die Aperturae externae von Anfang an an der Seite des Vorderkopfs liegen (vergl. Fig. 32 mit 33). Diese Zusammendrückung äußert sich auch darin, daß der Ein- führungsgang in den Bereich des Sinnesepithels herabgezwängt wird, so daß das Vorderende des Riechschlauchs nach innen vom Vorhof blindsackförmig vorgedrängt wird und den unteren Blindsack überragt ; Born nannte dies abgeknickte Stück des Hauptlumens oberen Blind sack; es ist aber keine Ausstülpung der Nasenhöhle, sondern der vorderste Teil dieser selbst. Besonders kräftig wird auch der caudale Abschnitt des Organs zusammengedrückt; seine Höhe ver- ringert sich beträchtlich mit einer stetig wachsenden Breitenausdehnung infolge stärkerer Ausbildung der seitlichen Nasenrinne. Drei große Drüsenpakete münden in die Nasenhöhle ein (s. 33) : sehr früh legt sich am medialen Winkel des unteren Blind- sackes die schon genannte untere N asendrüse (jAKOBSON'sche Drüse autor.) an. Zu Beginn der Umwandlung folgen 2 weitere Ausstülpungen: an der lateralen Seite, unmittelbar hinter der Ein- mündung des seitlichen Blindsackes die obere N asendrüse (Born), und an der hinteren Wand der Choanen die in den Rachen mündende Rachendrüse (Born). Erst nach der Metamorphose entstehen die diffus durch die Schleimhaut verteilten BowMAN'schen Drüschen. Die Angaben, welche Goette von Bombinator und Born von Fig Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 31 Pelobates machen, stimmen mit den von Rana fusca gegebenen so genau überein, daß für diese Formen der gleiche Entwickelungsmodus angenommen werden kann. c) Gym nophionen. Die fußlosen Schleichenlurche weichen in der Entwickelung ihres Riechorgans nicht unbedeutend von dem geschilderten Typus ab und zeigen viele, biologisch noch unerklärbare Eigenheiten, zumal in der Choanenbildung. Die Entwickelung der äußeren Form des Geruchs- organs hat Brauer für Hypogeophis beschrieben, die Sarasin stellten genaue Untersuchungen über spätere Bildungsvorgänge an Ichthyophis an; Hinsrerg vervollständigte unsere Kenntnisse durch mikroskopische Durcharbeitung jüngerer Stadien. Die Riechplatte entsteht bei Hypogeophis zu beiden Seiten des Vorderkopfes als Verdickung der Sinnesschicht der Epidermis, über welcher die unbeteiligte Deckschicht bald schwindet, wie bei den übrigen Amphibienfamilien. Im Gegensatz zu diesen senkt sich aber die Anlage sehr bald zu einer Delle ein. Das Grübchen vertieft sich, besonders nach dorsal, während es ^- am entgegengesetzten Pol, nach &$[ |SL dem Munde zu, flach ^ausläuft ; eine ■■;gi o Lumenbildung durch Dehiscenz tritt nicht in Erscheinung (s. Fig. 35). iL Ij--^- f £■'-- N lä- — % SVS 3--VV r — d Fig. 35. Fig. 36. Fig. 35. Schnitt durch das Riechgrübchen eines Hypogeophis-Embryos vom Std. 23. (Brauer). Vergr. 80 : 1. Nach Hinsberg (1902). Rgr Riechgrubchen. D Deckschicht. 0 Auge. Fig. 36. Schnitt durch das Riechgrübchen eines Hypogeophis-Embryos vom Std. 35. (Brauer). Vergr. 80 : 1. Nach Hinsberg (1902). D Deck-, S Sinnes- schicht. Rg Riechgrübchen. F Epithelfalte. Die Bildung der hinteren Nasenöffnungen leitet sich durch einen ganz eigentümlichen Prozeß ein : am nuchalen Rande der Riech grübe (der Kopfspitze abgelegen) falten sich die benachbarten, indifferentes Epithel tragenden Epidermispartien nach innen ein (s. Fig. 36), so daß eine lamellenförmige Wand entsteht, welche beide Schichten des Ektoderms birgt. Diese Wucherung oder Faltung (welcher Vorgang hier in Thätigkeit tritt, ist schwer zu entscheiden) greift über den Bereich der Riechgrube ventral hinaus; sie reicht von deren Mitte über die Knickung des Kopfes bis auf den Gaumen herüber. Auch äußerlich findet man im Bereich der Falte eine 32 Karl Peter, Marke in Gestalt einer nicht tief einschneidenden Furche, die an einem Grübchen der Gaumenfläche ihr Ende rindet (s. Fig. 37 a). So scheint es, als ob die Riechgruben in direkter Kommunikation mit der Mundbucht stünden (Brauer's Nasen rachenrinne), doch ver- bindet dieser Epithelstreif die Riechsäcke, die zwar oral flach auslaufen, deren Sinnesepithel aber dort scharf begrenzt aufhört, erst sekundär mit dem Gaumen. Dies wird noch deutlicher, wenn die äußere Oeff- nung der Geruchsgruben sich stark verengt. o Rg F Fig. 37a. Fig. 37b. Fig. 37. Modell der Gegend des Riechsackes eines Hypogeophis - Embryos, vom Std. 35. (Brauer). Nach Hixsberg (1902). a von außen, b von innen. Rg Riechgrube, an deren dorsale Seite sich die Epithelfalte F anschließt, welche in der Richtung des Pfeiles durchbrochen wird und außen als Rinne (E) erscheint, die auf dem Gaumen in ein Grübchen (G) ausläuft. 0 Auge. ^7 Von dieser Epithellamelle bleibt nun allein ihr innerer freier Rand erhalten, der an Geruchsorgan und Gaumen haftet, während die Ver- Fig. 37 b ist dann in der bindung mit der Epidermis schwindet, in Richtung des Pfeiles ein Durchgang vorhanden; ebenso gleicht sich die äußere Rinne aus. In diesem Stadium verbindet also ein vorerst noch solider Strang das dorsale nuchale Ende des Riechsackes mit der Gaumenfläche ; bald erhält er aber ein Lumen, so daß sekundär hintere Nasenöffnungen gebildet werden. Die Lage derselben ist sicher ekto dermal im Bereiche der Mundbucht; die Bildung der Epithel- falte erfolgt zwar erst nach Durchbruch der Rachenmembran, aber in der Gegend der Hypophysenbildung. Es ist dies ein ganz eigenartiger Bildungsvorgang der Choanen : die Kommunikation zwischen Geruchs grübe und Mund- höhle wird durch einen von der Epidermis abgespaltenen Epithelstrang hergestellt; gleich abweichend ist dies Verhalten von der Choanenbildung der übrigen Amphibien, bei welchen das Sinnesepithel selbst in den Vorderdarm durchbricht, wie von der der Amnioten, speciell Säuger, bei welchen die hinteren Nasenöffnungen stets im Bereich des Riechepithels gefunden werden, und der solide Epithelstreifen, welcher das hintere Ende des Geruchssackes mit der äußeren Haut verbindet, direkt unter dem Nasenblindsack und nicht seitlich von ihm liegt. Daher ist es auch schwer bei Hypogeophis von inneren und äußeren Stirnfortsätzen, die sich verbinden, zu reden, wie Brauer will; der Bezirk des inneren griffe über die Riechgrube hinaus und schlösse noch die Hälfte der eingestülpten Lamelle in sich. Der so gebildete „N äsen gaumen gang" ist noch bei Larven ziemlich lang (s. Fig. 38), schwindet aber später, so daß dann die Choanen im Bereich des Sinnesepithels liegen. Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 33 Mit dem Spitzerwerden des Kopfes entsteht an der äußeren Nasen- öffnung bei Ichthyophis ein „E i n f ü h r u n g s g a n g" , ebenfalls ans indifferentem Epithel bestehend; die Apertnrae externae rücken auch hier allmählich an die Kopfspitze. Während sie aber von ventral auf die Dorsalseite wandern, gleicht sich diese Vorhöhle wieder aus. So nimmt der Riechsack allmählich Ainphibiencharakter an und ähnelt speciell dem der Schwanzlurche. Fast ringsum bedeckt das Lumen vielschichtiges Sinnesepithel ; nur ein kleiner Streifen trägt niedrige, in 1 — 2 Lagen angeordnete Zellen ; er befindet sich am cau- dalen Pol rein ventral und rückt weiter vorn mehr an die laterale Seite, wohl infolge ähnlicher Drehungen des ganzen Organs, wie sie für Triton beschrieben wurden. Auch die weiteren Vorgänge sind im Prinzip schon bei Be- sprechung der Urodelen erwähnt. Am hinteren Pol des Riechsacks stülpt sich medial von dem Streifen indifferenten Epithels, also im Bereich der Sinneszellen, ein Blindsack aus (s. Fig. 38) (unterer Blind sack, Jakobson- sches Organ, Sarasin, Seydel, Burck- hardt), welcher in weiter nach vorn gelegenen Schnitten ventral und ventrolateral zu liegen *v kommt, eine Lagerung, die er mit dem homo- k logen Organ der Schwanzlurche teilt (Burck- I hardt). Während seine Kommunikation mit der ^ J Haupthöhle anfangs einen langen Spalt darstellt. Chb _.^^J trennt er sich von vorn her immer mehr von der ^*yJM Nase ab und mündet in dieselbe nur durch ein am hinteren Ende gelegenes Loch, das aber an F- 38 Modell des der Stelle der Aussprossung, also an der medialen rechten Geruchssackes Wand der Choane, liegen bleibt. Zugleich richtet einer Ichthyophislarve, sich der frei gewordene Schenkel lateral, bis er ventral gesehen. ^Ver- quer zur Längsachse der Nasenhöhle liegt, und §^R2sW^° (1890). Ch nimmt an seinem vorderen Ende die Thränen- choane. Chb Choanen- kanälchen auf (Sarasin). An seinem vorderen schleimbeutel. üb un- Pol entsteht noch vor dem Ausschlüpfen der terer Blindsack. Embryonen eine Drüse (untere Nasen- drüse; Jakobson' sehe Drüse, Sarasin), auch hier früher als alle anderen Drüsenbildungen, welche sich erst kurz ehe die Verwandlung der Larven vor sich geht, anlegen ; große Packete finden sich späterhin nicht ; doch wachsen besonders im Bereich des respiratorischen Epithels zahlreiche Schläuche aus. Die Nasenhöhle weitet sich stark aus. Erst kurz vor Verlassen des Wassers entwickelt sich aus dem dünnen lateralen Streifen in- differenten Epithels ein Gang, welcher an Umfang gewinnt und durch eine tiefe ventrale Einbuchtung von dem Sinnesteil geschieden ist: das Homologon der lateralen Nasen rinne der Urodelen und Anuren. Eine Bildung, die der Nase von Ichthyophis eigen ist, stellt der „C hoanensch leim beute 1" (Sarasin) dar : eine mit respiratorischem Epithel ausgekleidete Ausstülpung der lateralen Wand, dem Eingang des unteren Blindsackes gegenüberliegend, welche nach vorn zu wächst und dann unter der lateralen Nasenrinne liegt. Weitere Blindsäcke finden sich nicht. Die Nase von Ichthyophis gleicht also in ihrer späteren Entwickelung völlig der der Urodelen; nur liegen die Verhältnisse auch hier insofern klarer, als seitliche Handbuch der Entwickelungslehre. II. 2. 3 34 Karl Peter, Nasenrinne und unterer Blindsack getrennt bleiben. Ein Unterschied besteht in dem Besitze des Choanenschleiinbeutels und dem hinteren Abschluß des Riechsackes : die seitliche Rinne setzt sich nicht in eine Gaumenrinne fort. Eine Besprechung der Versuche, einzelne Teile der Amphibien- nase mit denen des Riechorgans anderer Wirbeltiere zu homologisieren, kann erst am Schluß des Kapitels vorgenommen werden. A m n i o t a. Die 3 großen Klassen der Amnioten zeigen in der Entwicke- lung ihrer Riechorgane manche Uebereinstimmung, und zwar sind auch in dieser Hinsicht die Sauropsiden miteinander näher verwandt als mit den Mammaliern. Ort, Zeit und Beschaffenheit der ersten Anlage ist schon oben berührt worden. Gemeinsam ist den Amnioten mit den Amphibien die Umbildung des Riechgrübchens zur Röhre, deren äußere 0 e f f n u n g (apertura externa, N a r i n e) vor der Mundhöhle, deren innere (C ho an e) in derselben liegt, und zwar hier im Bereich der e k t o d e r m a 1 e n M undbuc h t. Doch ist diese Choanenbildung völlig verschieden von der bei den Lurchen beschriebenen und zeigt auch in den 3 Familien Verschiedenheiten. Der zwischen diesen beiden Oeffnungen gelegene „Gaumen" muß jetzt den Namen „primitiver Gaumen" annehmen, da er durch einen in Rudimenten bereits in der Gaumenleiste der Amphibien kenntlichen „sekundären Gaumen", (horizontal gestellte Platten, welche an den Seiten des Munddachs ent- stehen und sich entgegenwachsen,) nach hinten mehr oder weniger ver- vollständigt wird. Da sich in ersterem die Praemaxillaria entwickeln, wird er auch p r ämaxil larer Gaumen genannt, zum Unterschied von dem vom Oberkiefer auswachsenden sekundären oder m axil- laren. Durch diesen letzteren Gaumen wird der obere Teil der primitiven Mundhöhle zum Geruchsorgan geschlagen, so daß durch diesen Zuwachs des Nasenrache nganges(Ductusnaso-pharyngeus) die primäre Nasenhöhle zur sekundären wird, ferner werden durch ihn die „primitiven Choanen" verdeckt, und die Nase öffnet sich in die Mundhöhle über dem hinteren Rand des maxillaren Gaumens durch „sekundäre Choanen". Bei allen Klassen der Amnioten bildet sich in früher Zeit ein typisches Relief des Gesichts aus, hervorgebracht durch Wülste, welche durch Furchen getrennt sind. Von der Stirn biegt sich der Stirnfortsatz herab; die Thränennasenrinne trennt ihn vom 0 b e r - ki eferfortsatz, der sich vom 1. Kiemenbogen her jenem entgegen- schiebt. Die Nasenrinne scheidet wieder den oberen Kopffortsatz in 2 Teile, die man als äußeren und inneren Stirnfortsatz (oder Nasen- fortsatz) bezeichnet. Ueber die Ausdehnung derselben herrscht keine Einigkeit. Bald bezeichnet man nur die aufgewulsteten Ränder als Nasenfortsätze (Mihalcovics), bald dehnt man ihren Bezirk bis zum Boden der Riechgrube aus. Da sich die Riechgrube anfangs allein durch aktives Wachstum einstülpt und das Sinnesepithel bis an den Rand derselben heranreicht, tindet sich kein Wall, nur ein Graben (cf. Fig. 39a), daher kann man von eigentlichen Fortsätzen des Gesichts noch nicht reden. Erst später erheben sich durch Wucherung der Umgebung des Riechgrübchens zu Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 35 beiden Seiten, vom Riechepithel oft scharf geschieden, fortsatzartige Bildungen, welche den Sinnesbezirk passiv in die Tiefe verlagern (Fig. 39b). Beifolgende Figuren zeigen klar den Unterschied. Ich glaube keine allzugroße Verwirrung anzurichten, wenn ich für diese das Sin nes epithel umgebenden, mit 0 berhautzelle n be- kleideten Wülste den Namen der inneren und äußeren Nasenfortsätze reserviere und den ganzen von der Stirn herabhängenden Lappen Processus frontalis nenne, dessen durch die Riechfurche früh geschiedene Teile den Namen innerer und äußerer Stirnfortsatz behalten können. Somit stellen die Nasenfortsätze später ab- gespaltene Teile der Stirnfortsätze vor, die nur mit der Nasenbildung zu thun haben. Diese neue Begriffsbestimmung rechtfertigt sich durch die Selbständigkeit, welche die Nasenfortsätze besitzen, z. B. bei der Bildung der primitiven Choanen, und gestattet einen Vergleich mit den bei Fischen beschriebenen Fortsatzbildungen. IE SE T a b Fig. 39a und b. Schnitt durch das Geruchsorgan von Hühnerembryonen von 4,1 und 6,0 mm Kopflänge. SE Sinnesepithel. IE indifferentes Epithel. T Teloderm. Weiter ist allen Amnioten eigentümlich das Verkleben von epithelialen Gängen, die erst spät, kurz vor der Geburt resp. dem Auskriechen wieder wegsam werden. Dies betrifft die äußeren Nasenöffnungen, deren Verschluß auf verschiedene Weise zu stände kommt, bei Reptilien die Mündung des jAKOBSON'schen Organs, bei Säugern den STENSON'schen Kanal und den unteren Nasengang. Diese auffallende Erscheinung findet sich auch anderweitig, z. B. in der Mundhöhle; vielleicht hat sie den Zweck, in späteren Stadien, bei welchen die Blutgefäße allein die Ernährung des Embryos übernommen haben, das sich entwickelnde Sinnesepithel den schädlichen Einflüssen der umgebenden Flüssigkeit zu entziehen. 6. Reptilien, a) Saurier. Die Entwickelung der Nasenhöhle der Eidechse hat Born genau beschrieben, allerdings die ersten Stadien nicht berücksichtigt. Schon ein Embryo von Lacerta agilis mit 10 Urwirbeln läßt er- kennen, daß die an der Kopfspitze zwischen dem noch weit offenen Neuroporus und den primären Augenblasen gelegenen Zellen der Epidermis eine cylindrische Gestalt annehmen und die Riechplatte 3* 36 Karl Peter, bilden. Obgleich dieser Bezirk sich erst später deutlich abgrenzt schärfer nach dorsal, weniger scharf nach ventral — , kann man doch leicht feststellen, daß er mit den Lippen der vorderen Gehirn Öffnung keineswegs zusammenhängt (s. Fig. 40 und Fig. 1). Diese Anlage ver- dickt sich und gewinnt durch Anhäufung der Kerne an der Mesoderm- seite das gewöhnliche Aussehen einer Sinnesplatte. Bald treibt das Riechepithel durch eine lokalisierte Zellvermehrung in der Mitte der Verdickung eine Grube (Fig. 41), die dem Gehirn angelagert bleibt und sich besonders dorsal und nach der Kopfspitze zu vertieft, so daß allmählich ein apicaler Blind sack entsteht. Lange ist die ganze Einbuchtung allein von Riechepithel bekleidet, das sich übrigens nicht sehr deutlich gegen die Zellen der Epidermis abgrenzt. G w NP — T RF ■;• Abi ä '. Fig. 40. Fi«. 41. Fig. 40. Schnitt durch Neuroporus (NP) und Biechfeld (BF) eines Eidechsen- embryos von 16 Urwirbeln. Abi Augenblase. W Wulst an den Neuroporuslippen. Fig. 41. Schnitt durch die Riechgrube eines Eidechsenembryos mit 35 Ur- wirbeln. a dorsale, b ventrale Lippe. G Gehirn. T Tiefe der ßiechgrube, dorsal ge- richtet. Im Stadium von etwa 47 Ursegmenten tritt als neue Bildung eine ebenfalls durch aktives Einsenken sich *** .;■" JO Fig. 42. Schnitt durch das Riechorgan eines Eidechsenembryos von 63 Urwirbeln. JOJakob- SON'sches Organ. R Retina. Uebrige Bezeich- nungen wie bei Fig. 43. anlegende Rinne am ven- tralen (unteren) Ende der medialen Wand des Nasen- sackes innerhalb des Riech- ■K epithels auf. Diese Furche, welche anfangs nur nach hinten — der Mundbucht T zu vertieft und scharf begrenzt erscheint und spitzenwärts seicht ausläuft, ist die erste Andeutung des jAKOBSON'schen Organs (Fig. 42). Während der Wanderung des sich sack- förmig vertiefenden Riech- grübchens auf die Ventral- Kopfes grenzt seite des sich die ebenfalls weiter Rinne auch apical ab und schließt sich zu einem blind endenden Gang, dessen Oeffnung am Vorderende des Rohres gelegen, sich immer mehr verschmälert. eingesenkte jAKOBSON'sche Entwickelung des Geruehsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 37 31 Der Hauptteil des Riechorgans bildet einen tiefen Sack, dessen Grund lateral gerichtet ist, und dessen noch breiter Eingang in der Längs- richtung des Kopfes zieht. Bald buch- ten sich die diese Rinne seitlich begren- zenden Lippen vor und verlagern die Grenze zwischen Sinneszellen und in- differentem Epithel nach innen — die „Nasenfortsätze" treten auf. Bevor andere wichtigeVeränderungen eintreten, prägen sich mit der Wanderung der Nasenanlagen auf die Ventralseite, wo sie noch durch einen beträchtlichen Zwischenraum von einander getrennt erscheinen, und mit der Verlagerung vor das Gehirn die beschriebenen Charaktere schärfer aus. Der First des Riechsackes wächst immer mehr lateral, so daß die seitlicheWand konvex ins schmale Lumen vorspringt und die erste Andeutung einer Muschel bildet (s. Fig. 43); diese ent- steht also nicht durch aktive Vor- buchtung der lateralen Wand, sondern durch Umwachsung, und gänzlich un- beeinflußt von Knorpel oder Drüsen, die erst weit später auftreten. Der Bezirk der einbezogenen Haut rf C/i Fig. 43. Schnitt durch das Geruchsorgan eines Eidechsen- embryos. Vergr. 40:1. Nach Born (1879). Oh Choane. J Jakobson- sches Organ. M Muschel. N Nasen- höhle. 0 Oberkieferfortsatz, sr Rinne am unteren Muschelrand. artig" ren "*** N. wird ebenfalls bedeutender. Die „nüstern- vorgewölbten Ränder bezeichnet man als inneren u n ds Nasen fortsatz; letzterer ist durch eine seichte (Thränennasenfurche) voji dem seitlich und hinter ihm liegenden Oberkiefer - fortsatz abgetrennt, welcher bis an das hintere Ende der Nasenrinne heran- reicht. Diese, jetzt ein langer, schmaler Spalt, welcher von der Vorderfläche des Gesichts bis auf den nicht scharf abge- trennten Gaumenteil des Kopfes reicht, wird in ihrem hinteren Teil vom Ober- kieferfortsatz verdeckt. Während nun die Kante, welche Gesicht und Gau- menfläche trennt, sich zuschärft, nähern sich die beiden Nasenfortsätze einander und verwachsen in ihren mittleren Teilen (s. Fig. 44) — das verklebende Epithel stammt also aus eingestülpter äußerer Haut und trägt keine Sinnes- zellen — , so daß die Nasenrinne in 2 durch einen primären Gau- äu!ße- Furche — — sr O men getrennte Oeffnungen zer- legt wird, die spaltförmige enge äußere Nasenöffnung auf der Gesichtsfläche und die weitere, sich mit dem Vor- wachsen des Vorderkopfes stetig ver- Fig. 44. Schnitt durch das Geruchsorgan eines Eidechsen- embryos. Vergr. 40:1. Nach Born (1879). WJ Wulst am Boden des jAKOBSON'schen Organs. Uebrige Bezeichnungen wie in Fig. 43. 38 Karl Peter, längernde Choane auf der Gaumenfläche. Der epithelialen Ver- schmelzung folgt bald durch Sprengung dieser Lamellen eine binde- gewebige Vereinigung der beulen Nasenfortsätze; die Verwachsungs- stelle ist äußerlich noch lange als seichte Rinne zu erkennen. Die Mündung des jAKOBSON'schen Organs kommt in den vordersten Teil der hinteren Nasenöffnungen zu liegen. An allen Teilen des Riechorgans treten weiterhin bedeutende Um- bildungen ein, die zwar teilweise zur gleichen Zeit erfolgen, im Interesse der Deutlichkeit aber getrennt besprochen werden sollen. Das Relief der Gesichtsfortsätze gleicht sich allmählich aus, die beiden Organe nähern sich unter Verschmälerung des Septum. Die Einbeziehung von äußerem Epithel hat besonders am vorderen Eingang Fortschritte gemacht ; mit dem Zuspitzen des Kopfes hat sich der vordere Blindsack ausgeglichen, und an seiner Stelle ist ein aus indifferentem Epithel bestehender Einführungsgang', eine Vor höhle, entstanden, welche sich schnell verlängert (s. Fig. 45). Ihr Zellbelag wuchert stark, so daß das spaltf'örmige Lumen völlig verlegt wird : erst am Ende des Eilebens wird dieser Teil wieder wegsam. Komplizierter sind die Umbildungen in der Gegend der hinteren N a s e n ö f f n u ngen. Durch intensives Wachstum der Verschmelzungs- brücke, des primitiven Gaumens, sind dieselben weiter nach hinten gerückt, zugleich sich selbst stark verlängernd. Der Oberkiefer- fortsatz ist weiter vorgewachsen, bis ans Vorderende der Choanen; er überdacht sie seitlich, so daß nur schmale Spalten sichtbar sind; eine Rinne trennt seine obere nasale Fläche von der Muscheleinragung an der lateralen Nasenwand. Rundliche Wülste zeigen äußerlich am Gaumen die Lage der JAKOBSON'schen Organe an, die sich bedeutend verbreitert haben. Die Mündung dieser Neben Organa hat sich scharf begrenzt ; ihre obere Kante spitzt sich (s. Fig. 43) zu und verwächst jetzt mit dem gegenüberliegenden Oberkieferfortsatz — hier findet also eine Verschmelzung im Bereich des Sinnesepithels der medialen Wand des Nasensackes statt — , so daß das Organ völlig vom Nasenraum ab- geschlossen wird (s. Fig. 44) und für sich im vordersten Teil der Choane in die Mundhöhle mündet. Nun verwachsen die Gaurn enfortsätze des Ober- kiefers mit dem Nasenseptum von vorn nach hinten und verlegen die Choanen nach hinten; nur die Stelle, an welcher sich die Oeffnung des JAKOBSON'schen Organs befindet, wird ausgespart; dasselbe stellt also jetzt einen von der Nase getrennten, in die Mundhöhle mündenden Schlauch dar. Somit nimmt auch der Oberkiefer an der Gaumenbildung und an der Verlagerung der hinteren Nasenöffnungen teil; es tritt bei Reptilien ein sekundärer Gaumen auf. Diese Verlegung des Choanenspaltes geht vorn, in der Gegend des JAKOBSON'schen Organs, in ganzer Höhe vor sich, d. h. der Gaumenfortsatz verschmilzt in voller Ausdehnung breit mit dem inneren Nasenfortsatz - der untere Teil dieser Verklebung löst sich später wieder zur Rinne auf — , hinter dieser Partie schließt sich nur der obere Teil, so daß der untere Rand der processuspalatiui frei in die Mund- höhle vorragt, ohne den gegenseitigen Partner zu treffen. Die so ab- geschlossene „Gaumenrinne" (Kieferhöhle Born) setzt sich in die eben genannte, durch Auseinanderweichen gebildete Furche und dann Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 39 noch etwas weiter nach vorn über die Mündung der jAKOBSON'schen Organe hinaus fort. Natürlich wird das pharyngeale Ende des Choanen- spalts frei gelassen, so daß diese Oeffnungen am hinteren oberen Ende der Rinne lagern und man mit Born eine „innere Choane" (am Ein- gang der Rinne in die Nasenhöhle) von einer „äußeren" (die Mündung der Furche auf der Gaumeniiäche) scheiden kann. Erstere wird in ihrem seitlichen Teil noch durch einen Fortsatz der Muschel verschlossen. Als Eigentümlichkeiten des Eidechsengaumens, welche den anderen Amnioten fehlen, sind demnach hervorzuheben : 1) d i e Ausdehnung der sekundären Gaumen leiste auch rostral von der primitiven Choane, indem sich die über ihr liegende Gaumen- rinne weit vorschiebt, — bei Vögeln und Säugern findet sie sich nur nach hinten vom primitiven Gaumen (Mihalcovics) - und 2) die Verwachsung der oberen Kante der Processus p a 1 a t i n i (primitive Gaumenleiste der Säuger) mit dem Septum, während der untere, innere Rand, der bei Mammaliern die Verwachsung einleitet, frei endet (Mihalcovics). Die Vor Muschelbildung gange die im Innern d e r N a s e n h ö h 1 e betreffen und die Umgestaltung des JAKOBSON'schen Organs. Die Muschel wird immer mehr ins Lumen hineingebuchtet (cf. Fig. 43), auch ihre Weiterbildung besteht in einem Abs chnürun gs- prozeß. Das Riechepithel wächst um ihr hinteres Ende nach außen herum, so daß dies frei in die Nasenhöhle hineinragt; auch von oben und außen greift dasselbe um den Muschelwulst herum, so daß sich all- mählich, von hinten nach vorn fortschreitend, die Anheftungsstelle des Wulstes verschmälert. Die Auskleidung des Jakobson's c h e n Organs wuchert bedeutend und übertrifft bald an Höhe sonders ist dies auffällig in die des dem hinteren eigentlichen Geruchsorgans. Be- rundliches Lumen Blindsack, der ein schließt. Apical von welche anfangs im lateralen liegt, später durch den menfortsatz an die Innenseite und zeitweise obliteriert, wächst seiner Oeffnung Teil vordrängenden verlegt diängt ein- aber, des Organs Gau- wird der innere die ven- Nasenfortsatz lateral und trale Seite nach innen. So erhält die äußere Seitenwand indifferentes Epithel, und dieser Teil buchtet sich besonders im vorderen Ab- schnitt vor und bildet einen pilzförmigen Wulst; der Querschnitt des Lumens ist also hier halbmondförmig (s. Fig. 44 und 45). Das anfangs sehr enge Lumen der Nasen- höhle erweitert sich erst spät, und der Epithel- belag wird dann verhältnismäßig dünner. Nicht unbedeutend sind auch die Lage- Verschiebungen der einzelnen Teile. nicht Fig. 45. Schnitt durch den vorderen Teil des Riecli- organs eines Eidechsen- ernbryos von 4,5 mm Kopf- länge. Vergr. 40 : 1. ND An- lage der seitlichen Nasen - drüse vom Vorhofsepithel ausgehend, J und WJ wie in Fig. 43 und 44. Das jAKOBSON'sche Organ wächst niciit in demselben Maße in die Länge, wie die Haupthöhle, so daß allmählich nur das Atrium und der vorderste Teil des Sinnesepithels über das Nebenorgan zu liegen kommt; der größte Teil der eigentlichen Nase ist weiter nach hinten gerückt (s. Fig. 45). Noch ist das Knorpelskelett des Ethmoidalregion erst angelegt, 40 Karl Peter, da zeigt sich schon am hinteren Ende der Vorhöhle an dieser Stelle besteht noch ein spaltförmiges Lumen — hart an der Grenze des Sinnesepithels eine solide Epithelknospe an der lateralen Wand, welche nach außen und hinten wächst: die erste Anlage der seit- lichen N a s e n d r ü s e (s. Fig. 45). Dieser Zapfen wuchert der Außenwand der Knorpelkapsel entlang und tritt in den Muschelwulst ein, sich dort in 2—3 Aeste teilend; erst später sprossen aus diesen Drüsenbälge aus, welche die ganze Einragung dicht anfüllen. Die vergleichende Anatomie [ lehrt, daß einzelne Saurierfamilien be- sonders in der Ausbildung des Gaumens das Stadium von Lacerta nicht erreichen (Crassilinguier) oder überschreiten (Lygosoma) ; in Zusammen- hang damit wird z. B. bei Sciurus und Gongylus die Mündung des jAKOBSON'schen Organs nicht nach innen gedrängt, und auch die Ueber- einanderlagerung von Haupthöhle und jAKOBSON'schem Organ ist ver- schieden weit ausgebildet (Born). Doch fehlen hierüber entwickelungs- geschichtliche Daten. b) Schlangen. Die erste Entwickelimg des Geruchsorgans der Ringelnatter — ich folge auch hier den Schilderungen Born's — unterscheidet sich kaum von der der Eidechse. Eine relativ große Delle, welche frühe an ihrer medialen Seite die Anlage des jAKORSON'schen Organs erkennen läßt, senkt sich zur Tasche ein — den überhängenden seit- lichen oberen Rand hat Rathke als Nasen dach bezeichnet; beider Kreuzotter soll er nicht so weit die Nasenrinne bedecken. Die nach hinten zu divergierenden Eingänge verengen sich, bald entstehen auf- gewulstete Ränder, innere und äußere Nasenfortsätze; an letztere schließen sich hinten die Oberkieferfortsätze an. In völlig gleicher Weise vereinigen sich die beiden Nasenfortsätze dicht vor der Mündung des stark vergrößerten JAKOBSON'schen Organs, so daß Narinen und primitive Choanen entstehen (Fig. 46). In den Aperturae externae verschmelzen bald die epithelialen Wandungen ; dieser Bezirk ist hier aber nicht lang, da eine eigentliche Vorhöhle bei den Schlangen nicht ausgebildet wird. Später führt von außen eine Rinne in die Narine. Die weitgehendsten Verschiedenheiten von den Sauriern zeigen die Umbildungsprozesse im Bereich der Choanen. Die Oberkiefer- fortsätze wachsen (Embryonen von 5 mm Kopflänge) nach vorn und schieben sich unter die seitlichen Nasenfortsätze, zugleich erscheinen an ihnen medial schauende Processus palatini, welche die primitiven Choanen dem Blicke entziehen und noch über deren Bereich nach hinten reichen. Das zwischen denselben gelegene Mittelfeld ist eingesunken, und an diesem prägt sich, während im Gesicht die Grenzen der Fortsätze undeutlicher werden, ein charakteristisches Relief aus : in der Mitte, welche früher eine Rinne aufwies, erhebt sich eine Leiste, welche sich nach der Lippe zu verbreitert, und neben dieser erscheinen beiderseits 2 rundliche Wülste, von denen die hinteren durch das über ihnen lagernde jAKOBSON'sche Organ herausgedrückt werden (Fig. 47 s2). Zugleich (Köpfe von 5 — 5,5 mm Länge) beginnt der Choanen- spalt von vorn nach hinten vorschreitend zu verkleben, und zwar hier fast in der ganzen Länge, nicht wie bei Lacerta nur im oberen Teil; eine Gaumen rinne wird also nur in rudimentärer Ge- Entwicklung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 41 stalt angelegt. Dagegen wird in ganz gleicher Weise eine Oeffnung für das jAKOBSON'sche Organ ausgespart, dessen Abschnürungsprozeß von der Nasenhöhle - durch Verwachsen der oberen Kante seiner Mündung in die Riechgrube mit dem gegenüberliegenden oberen Ende des Oberkieferfortsatzes - in der für die Eidechse beschriebenen Weise erfolgt. Auch hinter dem Jakobson'scIioii Organ verschmelzen die Wandungen der Choanen in ihrer halben Höhe; der epithelialen Verklebune folgt wie stets eine bindegewebige Vereinigung. Die hinteren Nasenöffnungen bilden dann lange, schräg nach außen über den Gaumenfortsätzen aufsteigende Spalten (Köpfe über (3 mm Länge). Doch auch dieser noch offene Teil der Nasenhöhlen erhält einen Boden: die inneren Ränder der Choanen erheben sich von unten gesehen — stark und bilden seitliche Platten, mit denen die Gaumenfort- sätze in ganzer Ausdehnung verschmelzen (s. Fig. 48). So entsteht IN Ae ' °^ Og2 z e t sx Ogv Og2 Fig. 46. Fig. 47. Fig. 48. Fig. 46 — 48. Kopfe von Ringelnatterembryonen von nnten, nach Entfernung des Unterkiefers, von 4, 5V2 und 6l/2 mm Kopflänge. Nach Born (1883). Au Auge. Äe Apert. ext. AN äußerer, IN innerer Nasenfortsatz. Ch Choane. e Eizahn. 0 Ober- kieferfortsatz mit Gaumenleisten (Og); Og1 deren innerer, Og2 äußerer Teil. sv s2 Teile des Innenrandes der Choane, z Wärzchen, t Mittelleiste. ein „Nasenrachenraum", welcher durch Verlängerung des Septum paarig ist ; nur am hintersten Ende bildet sich spät (Kopf von 8 cm Länge) ein kurzer unpaarer Abschnitt aus. Die Choanen werden auf diese Weise weit nach hinten verlagert und münden nicht mehr nach unten, son- dern nach hinten. Die Gaumenbildung, die hier dem Gesagten zufolge viel weiter vorschreitet als bei Lacerta, kommt also durch Ver- bindung der Processus palatini mitseptalenBil düngen, nicht durch direkte Vereinigung derselben zustande. Hinter den Mündungen der jAKOBSON'schen Organe, die also nicht in einer tiefen Spalte liegen, bildet sich spät ein flacher Querwulst aus. Im Innern der Nasenhöhle legt sich früh der Muschel- wulst an, dessen Ansatzstelle sich verschmälert und dessen hinteres Ende frei ins Lumen, das erst vor dem Ausschlüpfen sich ausweitet, hineinragt — bereits bekannte Verhältnisse. Dagegen ist für die Schlangen charakteristisch, daß die Sinnesepithel tragende, vor der Muschel gelegene Partie sich kuppelartig nach vorn ausdehnt, also die Stelle der Vorhöhle der Eidechsen einnimmt. Auch die Bildung des pilzförmigen Wulstes im jAKOBSON'schen Organ, an dessen hinteres Ende der zeitweise verklebende Ausfüh- 42 Karl Peter. rungsgäng gedrängt wird, erfolgt in gleicher Weise. Doch erreicht dieses merkwürdige Organ hier eine enorme Ausdehnung; sein Epithel läßt eigenartige Zellreihen ins Bindegewebe aussprossen, die Born für Drüsen ansah, die aber wohl nervösen Charakters sind ; auch rückt dies Gebilde nicht vor die Nasenhöhle, sondern bleibt unter ihr, ziem- lich weit nach hinten, liegen. Mit dem Mangel ein er Vor höhle hängt auch zusammen, daß die seitliche Nasendrüse sich ganz vorn an der äußeren Oeffnung, auch hier an der Grenze des Sinnesepithels, anlegt. c) Krokodile. Bei Crocodilus madagascariensis spielt sich nach Voeltzkow die Bildung der Riechgrubeu in gleicher Weise ab wie bei den Sauriern ; die erst flachen Dellen vertiefen sich, ihre Ränder drängen sich nüsternartig hervor, das Relief des Gesichts ist das früher beschriebene. Die Nasenrinne wird durch Verwachsung der Nasenfortsätze in einen Kanal mit 2 Oeffnungen umgewandelt, Na- rinen und primitive Choanen. Das zwischen den beiden Organen ge- legene Septum verschmälert sich, indem die inneren Nasenfortsätze sich nähern und durch Schwinden der zwischen ihnen gelegenen ein- gesunkenen Partie in Berührung treten. Die Narinen wandern in bekannter Weise von der Seite nach vorn und dann etwas nach hinten und verkleben zeitweise. Der Oberkieferfortsatz schiebt sich zeitig vor, ohne allerdings einen Boden für die Nasenhöhle abzugeben. Dem „primitiven Gaumen" schließt sich bei Krokodilen wie bei der Natter ein sekundärer an, der sich aber in ganz anderer, völlig eigentümlicher Weise bildet. Die Gaumenfortsätze des Oberkiefers stellen hier nämlich breite Platten dar, welche sich in der Mitte ihrer Länge berühren ; dieser Verschluß schreitet von da nach vorn und hinten fort, pharyngeal bis in den Bereich der späteren Pterygoide reichend. Ebenda buchten sich gleichfalls Gaumenplatten vor, welche die langen Nasenr a che n g an ge (Gaumenröhren, Rathke) heraus- bilden und die Choanen weit nach hinten verlagern. Sehr spät legen sich hinter diesen Processus palatini seitliche Verlängerungen an. welche durch Verwachsen ein weiches, muskelloses Gaumensegel formieren, das im Verein mit der Zungenklappe die Nasenhöhle völlig gegen die Mundhöhle abschließt. So wird ein Teil der primi- tiven Mundhöhle, der über den Gaumenfortsätzen lag, zur Nasenhöhle geschlagen. Die Gaumenfortsätze verwachsen also direkt mit- einander, nicht durch Zwischenschieben eines Septum. Die Scheide- wand der Nasenrachengänge entsteht erst sekundär, indem die inneren Ränder der beiden die Gaumenröhre oben und unten bedeckenden Knochen, der ventralen Palatine und dorsalen Pterygoide, sich um- krempeln und einander entgegen wachsen. Nicht minder eigentümlich ist das Innere der Nasenhöhle der Krokodile gebildet, doch existieren über deren Entwickelung nur kurze Angaben. Meek beschreibt die Bildung der Nebenräume der Nase. Nach ihm beginnt zuerst (Kopflänge von 7 mm) bei Crocodilus porosus die hintere große Aussackung sich auszustülpen, welche schon im Stadium von 27 mm Kopflänge bedeutende Aus- Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 43 I dehn im g erlangt hat. Bei letzterem Embryo finden sich vor diesem ,, Sinus" noch andere accessorische Nebenhöhlen: eine hinter der Oeffnung des Thränennasenganges, im oberen Teil Sinnes- epithel tragend und sich nach hinten in einen mit niedrigen Zellen bekleideten Gang fortsetzend, und weiter hinten, gleichfalls an der lateralen Seite, eine komplizierter gestaltete Höhle mit respiratorischem Epithel, die sich weit ausdehnt. Ueber die Entwickelung der zweiten Muschel der Krokodile liegen leider keine Angaben vor; es wäre interessant, zu untersuchen, ob sie wie die obere Muschel der Vögel oder wie das Ethmoturbinale der Säuger entstellt, oder ob die ursprüngliche Muschel sich durch die sinuösen Bildungen teilt. Somit ist auch ihr mor- phologischer Wert nicht festzustellen. Das Jakobson' sehe Organ der Krokodile ist ein vielfach um- strittenes Objekt. Meist wurde sein Vorkommen geleugnet, und auch Voeltzkow erwähnt es nicht ; dagegen er- kenne ich es in seinen Abbildungen (,s. Fig. 49) deutlich in typischer Lage und Form. Die weitere Umwandlung dieses Divertikels ist unbekannt; möglich wäre es, daß es völlig zu Grunde geht. Sluyter zeichnet es zwar in guter Ausbildung, doch soll in diesem Fall eine Verwechs- lung mit einem Eidechsenembryo vorgefallen sein (Rose). Ob Meek eine kleine, an typischer Stelle am Septum gelegene Aus- sackung mit Recht als JAKOBSON'sches Organ bezeichnet (Croc. von 7 mm Kopf- länge), ist schwer zu entscheiden ; gegen seine Deutung spricht die Auskleidung des Gebildes mit indifferentem Epithel, das sich aber aus Sinneszellen herausgebildet haben könnte. Im Stadium von 73/4 mm Kopf- Fig. 49. Schnitt durch den Vorderkopf eines Embryos von Crocodilus porosus. Ver- größ. 22 : 1. Nach Voeltzkow (1899). JO jAKOBSOHN'sches Organ. länge konnte Meek es nicht mehr Rose als JAKOBSON'sches Organ nachweisen, bezeichnete Keinesfalls trägt das von Divertikel seinen Namen mit Recht ; es ist ein kleiner Blindsack am hinteren unteren Ende der Nasenhöhle, welcher die gemeinsame Anlage des in Rede stehenden Gebildes und des Nasenrachenganges sein soll, also an einer Stelle liegt, welche von Anfang an mit indifferentem Epithel ausgekleidet war; das Jakob soN'sche Organ entstellt aber stets im Bereich des Sinnesepithels. Uebrigens erhält sich diese Rinne lange Zeit am Dach des Nasen- gaumen ganges. Von Drüsen bemerkte Rose bei Embryonen von 12 mm Kopf- länge am hinteren Abschnitt des Septum einen soliden Epithelzapfen, der erst später sein Lumen enthält und, nach hinten wachsend, über das knorpelige Dach der Nasenhöhle gelangt. d) Seh ildkrö ten. Seydel hat die Entwickelung der Nasenhöhle bei Chrysemys pieta untersucht und fand sie, was Bildung der Grube, Vertiefung derselben durch Einbeziehung von indifferentem Epithel und Ueber- durch Verwachsung der Nasenfortsätze betrifft, nicht ver- wölbung 44 Karl Peter, schieden von der für Lacerta beschriebenen. Dieselbe Bildung des primären Gaumens findet nach Voeltzkow bei Chelone imbri- cata statt. Dagegen fehlt die sonst früh sichtbare Anlage des jAKOBSON'schen Organs. Erst während der Choanenbilduug zeigt sich an der me- dialen Wand eine unscheinbare Furche (s. Fig. 50), deren Sinnes- epithel sich sodann durch eine undeutliche Falte von dem darüber Dieser untere Bezirk von Riechzellen rückt Kante der Nasenhöhle auf die laterale Wand her- Streifen indifferenten Epithels vom darüber geschieden (s. Fig. 50 b). Aus dieser Partie entwickelt sich bei Emyden ein kompliziert gestalteter, in ver- schiedene Abschnitte zerfallender Riechbezirk (s. Fig. 50 c), welcher den Boden und einen Teil der Seitenwand der Nasenhöhle einnimmt. gelegenen abgrenzt, Teil über die ventrale über, dort durch einen liegenden Sinnesepithel Polf Fig. 50 a— c. Schnitte durch das Riechorgan von Chrysemys picta von 5 mm Länge (a, Vergr. 40:1), 5 mm Schildanlage (b, Vergr. 30:1) und Emys lut. von 14 mm Schildlänge (c). Nach Seydel (1896). a seitliche, a1 mediale Grenzfalte. e Einführungsgang. Gin Glandula nasalis. JO JAKOBSON'sches Organ (Seydel) mit oberer (JOs) und unterer (JOi) Portion, angelegt als Rinne (r). 0 Hauptnasen- höhle. Polf Pars olfactoria. Seydel vergleicht ihn mit dem unteren Blindsack der Amphibien, der bei Urodelen ebenfalls seitlich gewandert ist, und nennt ihn wie diesen JAKOBSON'sches Organ. Doch ist die späte Anlage dieses Or- gans sowie seine weitere Umgestaltung so verschieden von dem Jakob- soN'schen Organ der Eidechsen und Schlangen, daß ich noch zögere, bevor Uebergangsstadien gefunden werden, diese Bezeichnung anzu- nehmen. Auch Mihalcovics ist mit Seydel's Deutung nicht ein- verstanden und will in einem Gang, der am Septum mündet und an seinem blinden Ende Drüsen aufnimmt, das fragliche Organ erblicken. Die Entwickelung desselben muß entscheiden, ob diese Erklärung be- rechtigt ist, und ferner ob Testudo in dem an der medialen Seite der Nasenhöhle gelegenen isolierten Sinnesbezirk ein JAKOBSON'sches Organ besitzt. Sehr früh nimmt die Nasenhöhle bei Chrysemys die für die Schildkröten charakteristische starke Höhenausdehnung an, und mit der Bildung des eben genannten ventralen Riechabschnittes stehen die Anlagen der SEYDEL'schen seitlichen Grenzfalten in Beziehung. Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 45 7. Vögel. Von den Vögeln ist allein das Hühnchen auf die Entwicke- lungsgeschichte des Riechorgans eingehend studiert worden, zusammen- hängend in letzter Zeit von Kölliker und Born. Doch geben auch frühere Monographien der Hühnchenentwickelung (Baer, Tredern) Auskunft über das uns interessierende Kapitel. Gelegentliche Schnitt- bilder durch den Vorderkopf anderer Vogelembryonen (Strauß, Nassunow) lassen vermuten, daß in dieser Hinsicht keine großen Unter- schiede zwischen den einzelnen Klassen obwalten ; erst spätere Stadien zeigen in Muschelbildung sowie Drüsenanlagen Verschiedenheiten. Die erste Anlage des Nasenfeldes tritt beim Hühnchen im Stadium von 23 — 24 Ursegmenten auf, nach Bebrütung von ca. 48 Stunden ; ähnlich fand van Wijhe die erste Andeutung bei einem Entenembryo von 23 Urwirbeln, Abraham bei Melop si ttacu s undulatus mit 25 — 26 Urwirbeln. Wie schon erwähnt, bildet die Linsenanlage zu dieser Zeit bereits eine tiefe Grube, und ist diese einzig dastehende zeitliche Verschiebung auf die hohe Ausbildung und frühe Differenzierung des Auges zurückzuführen. Das Riechfeld stellt einen anfangs undeutlich begrenzten Be- zirk von erhöhten, cylindrischen Zellen dar und liegt vor den Augen seitlich am Vorderkopf. Durch aktive Einsenkung des jetzt mehrreihigen Sinnesepithels bildet sich bald eine Grube. In kurzem grenzt sich deren Auskleidung scharf ab und ist stellenweise sogar durch einen wulstartigen Saum vom einschichtigen indifferenten Epithel geschieden (s. Fig. 39). Dies sowohl wie die bald eintretende Doppelschichtigkeit der Kopfbedeckung lassen leicht erkennen, wieweit die Einsenkung auf aktives Einwachsen der Sinnesschicht oder auf Aufwulstung der Ränder zurückzuführen ist; die obere glatte Zellschicht (Supraepithelialschicht, Kerbert, Teloderm, Mehnert) hört nämlich scharf am Rande der Riechgrube auf. Es ergiebt sich daraus, daß lange Zeit allein das Riech - epithel die Auskleidung der Grube bildet (s. Fig. 39a), streckenweise sieht man es sogar über deren Rand hinausragen. Erst ein Embryo von 4,1 mm Kopflänge zeigt die erste Aufwulstung der Ränder, das erste Entstehen von Nasenfortsätzen in obigem Sinne, und dieser Prozeß schreitet weiter vor (s. Fig. 39 b), wenn auch nicht gleichmäßig in der ganzen Umgebung des Eingangs. So ist eine längliche, gerade nach unten sehende Tasche ent- standen, deren Innenwand weiter ventral reicht als die äußere. Ihr Eingang reicht vom Gesicht auf die mit stumpfer Kante abgegrenzte Gaumenfläche hinüber ; diese Kante wird allmählich schärfer und endet seitlich in den etwas angeschwollenen unteren Enden der inneren Nasenfortsätze, die den Processus globulares des menschlichen Embryos (s. unten S. 52) vergleichbar sind (s. Fig. 51). Am 3.-4. Tage wächst der Oberkieferfortsatz nach vorn und beginnt mit seinem vorderen Ende die Nasenrinne von der Seite zuzudecken, so daß diese auf der Gaumenfläche winklig nach innen abgeknickt erscheint; seine hinteren Partien begrenzen diese untere Fläche seitlich und lassen schon Andeutungen von nach innen vor- springenden Gaumen leisten erkennen. Am 5. — 6. Tage (die Ver- änderungen im Inneren der Nasenhöhle werden auch hier in Zu- 4(5 Karl Peter, sammenhang besprochen werden) wachsen die 3 Gesichtsfortsätze stärker aus und verengen und vertiefen die Nasen spalte. Darauf tritt eine Verschmelzung ein zwischen innerem Nasenfort- satz einerseits und äußerem Nasen- und Oberkiefer- fortsatz anderseits, erst in der Tiefe, dann nach der ventralen Oberfläche und zugleich nach vorn und hinten fortschreitend (s. Fig. 52). Auch hier ist die Verwachsung erst nur eine epitheliale, dann binde- gewebige, und so trennt der pri- mitive Gaumen die N a r i n e n von den primitiven Cho- anen. Nur eine seichte Rinne giebt zeitweise die Lage des früheren Nasenspaltes an (siehe Fig. 53). Fig. 51. Fig. 51. Kopf eines Hühnchenembryos von 130 Stunden ; von unten. Vergr. 10: 1. Nach Keibel. Offene Nasenrinne ; die Gesichtsfortsätze beginnen sich einander zu nähern. Fig. 52. Gesichtsfortsätze und Nasenrinne eines Hühnchenembryos von 147 Stun- den. Vergr. 10 : 1. Nach Keibel. Aeußerer Nasen - und Oberkieferfortsatz ver- einigen sich mit dem inneren Nasenfortsatz. Die auf diese Weise entstandene äußere Nasenöffnung nimmt bald spindelförmige Gestalt an ; im Bereich des zu einem Vor- hof angewachsenen eingestülpten AN Ch Og L Fig. 53. Kopf eines Hühnchens vom Processus palatini. externa und eine kieferfortsatz ist der Nasengrube; laterale Seite der er sich an vo • und Begrenzung gelangt an die einen anderen Bildungs- modus, welcher dem bei den Sauropsiden be- schriebenen entspricht. In erster Anlage fand Seydel beim Ameisenigel eine oral auslaufende Nasenrinne, welche durch Bil- dung der Nasenfortsätze vertieft wird. Diese seitlichen Wülste wachsen einander entgegen, verkleben epithelial in der Mitte ihres Verlaufs und bilden nach Durchbruch der epithelialen Verschmelzungsstelle durch Mesoderm einen primitiven Gaumen, welcher eine Apertura von Anfang an offene Choane scheidet. Der Ober- bei frühen Stadien unbeteiligt an der erst später schiebt Apertura interna. Seydel findet in diesem Entwickelungsmodus den primären Cha- rakter, der sich von den Sauropsiden erhalten hat; aus ihm soll sich der für die übrigen Säuger beschriebene herausgebildet haben. Doch ist es nicht unmöglich, daß ihm ein Stadium mit noch bestehender Membrana bucconasalis gefehlt hat, und daß er eine ebenfalls sekundär durchgebrochene Choane vor sich hatte; ist dies nicht der Fall eine ununterbrochene Reihe von Stadien des kostbaren Materials wäre dazu nötig — , so ist sein Befund allerdings von weittragender Be- deutung. Es ist das Verdienst Hochstetter's, den Durchbruch der primitiven Choanen beim Säuger- und Menschenembryo entdeckt zu haben. Frühere Autoren (Ratiike, His) gaben an, daß auch hier wie bei Reptilien und Vögeln eine Nasenrinne durch 2 seitliche Fortsätze überwölbt und zum Kanal umgestaltet werde ; Keibel erkannte, daß Bilder, die solches vortäuschten, entstünden, Avenn die Embryonen schlecht konserviert waren und das Epithel des Kopfes durch Maceration verloren hatten; dann stand allerdings eine Zeit lang der Riechblindsack mit der Ge- sichtsfläche durch eine schmale Spalte in Kommunikation. Elitwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 55 Die primären Choanen der Säuger inklus. Mensch entstehen also erst durch Eröffnung deshinterenEndes des Nasen blindsack es, nach Durchreißen der Membrana bucconasalis, und es existiert bei Säugern keine pri märe Verbindung d er N asenhöhle mit der Mundhöhle, keine M u n d n a s e n r i n n e (Hochstetter). Nur oberflächlich ähnelt der hier geschilderte Vorgang der Choanen- bildung der Amphibien, bei welchen der Nasensack frei im Mesoderm vorwuchernd in den entoderinalen Vorderdarm durchbricht. Bei den Gvmnophionen setzte eine Epithelfalte das Sinnesorgan mit der Mund- bucht in Verbindung, welche in ähnlicher Weise, wie es für die Säuger beschrieben wurde, vom Mesoderm durchbrochen wird, doch lag diese Palte seitlich von der Riechgrube. Eine Entscheidung über die Art, wie sich die Choanenbildung der Mammalier von der der Sauropsiclen ableitet, ist bei dem Mangel von Uebergangsstadien nicht zu treffen. Die „primitiven Gaumenspalten" verlängern sich bald erheblich, so daß (im Gegensatz zu den Amphibien) der primäre Gaumen relativ kurz wird. Ob sich auch ihre hinteren Ränder wieder aneinander legen (Dursy, Seydel), ist nicht zu erweisen; jedenfalls bildet die Nasen- höhle bald einen mehr oder weniger weit die Choanen überragenden hinteren Blindsack, der durch eine Laniina terminalis von der Mundhöhle geschieden ist. Die primitive Nasenhöhle. Das so entstandene, im Inneren durch Bildung der Muscheln und des jAKOBSON'schen Organs (s. u. p. 60) schon kompliziert gestaltete Riechorgan stellt die primitive Nasenhöhle dar, welche erst durch Hinzufügung eines Teiles der Mundhöhle infolge Bildung des sekundären Gaumens zur sekundären, definitiven Nasen- höhle wird. Die untere Grenze dieses primitiven Raumes ist scharf zu ziehen. Die anfangs kurzen, dann langen, spaltförmigen, primitiven Gaumenspalten (Dursy) werden beiderseits eingeengt, indem die Ränder derselben sich entgegenwachsen: das untere Ende des noch breiten Septum ladet etwas lateral aus, und am Oberkieferfortsatz bildet sich eine Längsleiste aus (primitive Gaumenleiste, Dursy), welche mit dem darüber liegenden Maxilloturbinale den unteren Nasengang begrenzt, das Septtim fast berührt und eine Art von unterem Verschluß für die Nasenhöhle herstellt (s. Fig. 64). Die untere Grenze des primären Nasenraumes liegt also nicht am unteren Rande der Maxilloturbinale, wie Kölliker angab, sondern noch unter- halb des unteren Nasen ganges. Auch bei Echidna fand Seydel eine gut ausgeprägte, aber bald sich verwischende primitive Gaumenleiste. Der primitive Gaumen bildet nicht allein einen Teil des defini- tiven Munddaches, da er auch das Material für die Lippen enthält; mit der stärkeren Absetzung der Gesichts- von der Gaumenfläche zer- fällt er in einen Gesichts- und Gaumenabschnitt. Ersterer wird bei der Bildung der Lippen verwandt, bei welcher die Processus globulares mit den Oberkieferfortsätzen verschmelzen. Letzterer bildet den Zwischenkiefer gaumen (Palatum prae- m axillare) und enthält in seinen seitlichen Teilen nur Material des 56 Karl Peter, Oberkieferfortsatzes, nicht mehr des seitlichen Nasenfortsatzes. Die Processus globulares setzen sich nach His beim menschlichen Embryo als Laminae nasales auf den primitiven Gaumen fort und sind durch eine Furche voneinander geschieden. Nach His (1880—85) sollen sie das Septum durch Verschmelzung hervorgehen lassen: dieses entstünde demnach „durch mediane Verbindung ursprünglich getrennter Anlagen''. Ich glaube eher, daß eine Ausgleichung der Rinne die einheitlich angelegte Scheidewand bildet; von Verwach- sungen vermochte ich nirgends etwas aufzufinden. Bildung des d e f i n i t i v e n G a u m e n s und der Canalesnaso- p a 1 a t i n i (S t e n o n i s). Obgleich die im folgenden beschriebeneu Vorgänge teilweise erst in spätere Zeit fallen, so schließt sich ihre Darstellung am besten an die der Entstehung des primitiven Gaumens an. Die Bildung eines M u n d d a c h e s hinter den primitiven Choanen wird erst er- möglicht durch Vorwachsen des Ethmoidalteils des Kopfes. Die hin- teren Nasenöffnungen rücken damit weiter vor und schaffen so- mit Platz für Bildungen, die sich pharyngeal über sie hinaus er- strecken. Die anfangs kurze Mundhöhle verlängert sich bedeutend. Die Bildung des sekundären Gaumens wird eingeleitet durch das Auftreten von sagittal gestellten Wülsten an der Seitenwand der primitiven Mundhöhle, der Innenseite der Ober- kieferfortsätze (6. — 7. Woche; die Daten beziehen sich auf die Verhältnisse beim menschlichen Embryo, Fig. 63. Gaumen eines 3,8 cm langen menschlichen Foetus. Nach Duksy (1869). Je Apert, externa. Ch primitive Choanen, von den Gaumenfortsätzen (G) überwölbt, welche in ihrer Mitte zackenartig vorspringen (z), zur Anlage der Uvula. für welchen auch hauptsächlich die Beschreibung g d ären G a u m e n 1 e i s t e n Fig. 64. Frontalschnitt durch die Nasengegend eines Rinds- embryos. Nach Dursy (1869). MT Maxilloturbinale. PG pri- mitive, SG sekundäre Gaumen- leiste. Z Zunge. gilt). Diese sekun- reichen vom vorderen Ende der primitiven Choanen über deren Bereich hinaus bis in den Pharynx hinab, in der Kehlkopf- gegend verstreichend. Sie beginnen vorn niedrig, erheben sich in ihrem Verlaufe stärker, um nach einer vorspringenden Ecke (Anlage des Zäpfchens) wieder flacher zu werden (s. Fig. 63). Diese vorspringen- den Ecken fand Dursy auch an den Gaumenleisten von Säugetierembryonen, obgleich es bei diesen nicht zur Bil- dung einer Uvula kommt. Die Processus palatini nehmen die primitiven Gaumen- leisten in sich auf, welche eine unbe- deutende Schleimhautfaltean ihrem oberen Rande bilden. Ihre freie Kante sieht nach unten, da die Zunge, welche die primäre Mundhöhle völlig ausfüllt, vor- erst ein Wachsen nach innen nicht ge- stattet (s. Fig. 64). Später zieht sich die Zunge nach unten zurück, und die Processus Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 57 palatini stellen sich in die Horiz ontal ebene ein: ihre freien Kanten stehen sich gegenüber und beginnen (9. — 10. Woche, Mihalcovics) sich entgegenzuwachsen, zwischen sich die „sekundäre Gaumenspalte" (Dursy) fassend (s. Fig. 65). Die erste Berührung findet hinter ihrem vorderen Ende statt; die Ver- schmelzung schreitet von da nach beiden Seiten zu fort und ist in der 11.— 12. Woche vollendet. Die primitiven Choanen werden durch diesen Prozeß erst seitlich bedeckt und entschwinden dem Blicke im Laufe des weiteren Wachstums dieser Platten völlig; die Kommunikation zwischen Nasen- und Mundhöhle geschieht dann durch die sekundäre Gaumenspalte und nach deren Schluß allein durch die „sekundären Choanen" über dem hinteren Ende des verwachsenen Gaumens. Diese Verwachsung ist auch hier anfangs epithelial, später eine mesodermale; als Reste der Epithelien können sich an den Ver- schmelzungsstellen Epithelperlen erhalten (Leboucq). Die Vereinigung der Gaumenfortsätze nach hinten vollzieht sich nur bis an die Anlage des Zäpfchens heran, reicht aber über den Bereich der primitiven Choanen heraus ; so wird ein hinter dem Riechorgan gelegener N a s e n r a c h e n g a n g (M e a t u s n a s o - p h a r y n ge u s) von verschiedener Länge gebildet, der zwischen Schädelbasis und Gaumen verläuft und die hinteren Nasenöffnungen weit nach hinten verlagert. Noch weiter pharyngeal bleiben die Falten unvereinigt und formieren die Arcus p alato-pharyngei. Später scheidet sich der durch die Vereinigung der beiden Platten entstandene Gaumen mit Ver- knöcherung des vorderen Abschnittes in einen harten und weichen; von letzterem hängt beim Mensch die durch die letzte Verschmelzung entstandene, also auch paarig angelegte Uvula herab. Die Gaumen leisten verwachsen demnach direkt mit- einander, und die beiden Nasenhöhlen kommunizieren noch eine Zeit lang oberhalb dieses Bodens. Doch ist bald der zwischen den primitiven Choanen gelegene Teil der Schädelbasis nach unten ge- wachsen und verschmilzt von vorn nach hinten mit dem geschlossenen Gauinen, auch hinter den primitiven Choanen den Nasenrachenraum mehr oder weniger weit paarig gestaltend. Dadurch werden die beiden Geruchsorgane völlig voneinander abgeschlossen. Nach vorn zu gelangen die Gaumenplatten ebenfalls nicht in ganzer Ausdehnung in Berührung; der vordere Teil des zwischen den primitiven Choanen gelegenen Septum senkt sich nämlich tief herunter bis ins Niveau dieser Fortsätze und keilt sich dreieckigzwischen die vorderen Kanten der Gaumenplatte ein (s. Fig. 65). Mit diesem mittleren Teil vereinigen sich nun die letzteren ; die Epithelverschmelzung geht im ganzen Bezirk der Berührung vor sich, das diese Lamelle sprengende Bindegewebe läßt aber jederseits einen nahe der Mittellinie schräg nach innen und unten zur Mundhöhle ziehenden Epithelstrang intakt, welcher später ein Lumen enthält und dann eine Kommunikation zwischen Nasen- und Mundhöhle darstellt; es sind dies die Nasen gaum en gänge (Ductus nasopalatini, incisivi, Stenonis, s. Fig. 68c). Diese Stenson 'sehen Gänge entstehen also durch Aussparen eines kleinen Teiles der sekundären Gaumenspalten, aber nicht im Winkel der Vereinigung der Gaumenplatten mit dem Septum, sondern seitlich davon. Sie ziehen schräg abwärts zur Mundhöhle, wo sie meist 58 Karl Peter, ^^«».-Jtf-io-.g getrennt ausmünden. Zwischen ihnen entwickelt sich ein. aus septalen Teilen hervorgegangenes, papillenartiges Gebilde : Papilla palat in a (Merkel). Der definitive (ja u m e n besteht somit in seinem vorderen (intermaxillaren) Teil aus den verschmolzenen Enden der inneren Nasen- und Oberkieferfortsätze, hinten aus einem kleinen (an Aus- dehnung wechselnden) Stück Septuni und sodann den vom Oberkiefer ausgewachsenen Gaumenleisten. Durch diesen Vorgang ist die definitive sekundäre Nas en- höhle gebildet worden, welche aus dem primären Nasenraum plus dem obersten Teil der primären Mundhöhle besteht (die sekundäre Mundhöhle besitzt demnach eine geringere Ausdehnung als die primäre). Das zu- geschlagene Stück be- ginnt an den Stenson- schen Kanälen und reicht bis zu den de- finitiven sekundären Choanen. Im Bereich der primitiven Cho- anen liegt es unter der unteren Muschel und bildet den unter- sten Teil des unteren Nasenganges, welcher übrigens ebenfalls zeit- weise obliteriert und erst sekundär durch Auseinanderweichen der Zellen sein Lumen erhält (s. Fig. 65) ; der obere Abschnitt des Meatus nar. infer. liegt zwischen Maxillo- turbinale ' und primi- tiver Gaumenleiste, also schon im Bereich der primitiven Nasen- setzt sich der Nasen- JO MT MNI JK Pl> Fig. 65. Schnitt durch das Geruchsorgan eines menschlichen Embryos von 28 mm Länge. G. 33 anat.- biol. Inst. Berlin. "Vergr. 20:1. JO Jakobson 'seh es Organ. ./Ä'jAKOBSOx'scher Knorpel. 3IXI Meatus narium inferior. 3IT Maxilloturbinale. Pp Processus palatini. höhle. Hinter den primitiven Nasenöffnungen rachengang fort, teilweise unter dem mehr oder hinteren Blindsack des Riechoroans gelesen weniger und von ausgebildeten ihm durch eine längere ein Promontorium s p h e n o i d a 1 e (Men seh) oder Lamina terminalis (Säuger) geschieden. Der Grenze zwischen primärer und sekundär erNasen- höhle entspricht demnach beim Menschen eine Linie, die vom vor- deren unteren Winkel des Keilbeins bis zur Nasenöffnung des Canalis incisivus gezogen wird (Schwalbe); allerdings rücken in späteren Stadien die hinteren Abschnitte der beiden unteren Muscheln des Menschen, die bei jungen Embryonen über dieser Linie liegen, in den kurzen Nasenrachengang hinein, so daß sich die Grenze, die bei Tieren und menschlichen Föten besser sichtbar ist als beim er- wachsenen Menschen, allmählich verwischt. Im einzelnen scheinen in der Gaumenbildung bei verschiedenen Tierklassen einige Unterschiede zu bestehen. So berichtet Nusbaum, Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 59 daß beim Hunde die Processus palatini nur in ihrem hinteren Ab- schnitt direkt miteinander verschmelzen, während sich vorn die stark nach unten wachsende Nasenscheidewand in ziemlicher Länge zwischen dieselben legt und so nicht unbedeutend zur Bildung des sekundären Gaumens beiträgt ; diese Verschmelzung schreitet von vorn nach hinten vor. Auch der STENSON'sche Kanal bildet sich bei demselben Objekt nach Nusbaum in abweichender Weise ; der untere Teil des Nasen- und Mundraum verbindenden Epithelstranges atrophiert nämlich, und erst eine vor diesem Strang von der Mundhöhle aus sich bildende hohle Einstülpung setzt sekundär das obere Stück des Nasengaumenganges mit der Mundhöhle in Verbindung. Dagegen knüpfen die Befunde Seydei/s bei Echidna an be- kannte Verhältnisse an : am Kieferteil der Oberkieferfortsätze bilden sich die Gaumenleisten aus (s. Fig. 66), welche, ohne vorher nach Point. UNG Fig. 66. Fig. 67. Fig. 66. Modell des Munddaches (ohne Schleimhaut) eines Echidna-Embryos (Stad. 44, Semon). Vergr. 33 : 1. Nach Seydel (1899). Ch primitive Choane. E Eizahn. G Gaumenplatten. JO jAKOBSON'sches Organ. Pap.p. Papilla palatina. Fig. 67. Schnitt durch die Nase eines älteren Echidna-Embryos (Stad. 46, Semon). Nach Seydel (1899). Cl Canal. lacrimal. 31 T Maxilloturbinale. Palat. Gaumen. UNG unterer Nasengang. W unterer Randwulst des Septum. unten gerichtet zu sein, sich entgegen wachsen und verschmelzen, zu- erst am vorderen Ende, an welchem ein Teil des Septum, die Gaumen- papille tragend, in die Bildung des Munddaches mit eingeht. Die STENSON'schen Gänge bleiben beim Verschluß ausgespart. Die Nasen- höhlen sind lange Zeit über dem sekundären Gaumen miteinander in Verbindung. Im hinteren Drittel der Gegend der primitiven Choane erscheint zuerst eine mediane Leiste am Septum, welche mit einer ebensolchen Erhebung des Gaumens verschmilzt, doch ist dieser Ver- schluß noch bei einer jungen Echidna von 21,5 cm Länge nicht in ganzer Länge erfolgt (Parker) und beschränkt sich auf den medianen Teil der Scheidewand, so daß der untere Nasengang auch medial vom Septum bedeckt wird (cf. Fig. 67). 60 Karl Peter, Für die der Säugetiere Bildung wird Bildung der Muscheln. des so hoch entwickelten Muschelapparates das Material von zwei verschiedenen Stellen ent- nommen ; es sind ETI also ver- aus- wel- SP-- Ae MT MT NT ETI zwei nebeneinander laufende Prozesse einanderzuhalten, che beide zu demselben Resultate führen . die Oberfläche der Nasen- schleimhaut zu ver- größern und ins Innere vorragende Wülste, die Conchae nasales , zu bilden. Deutlich sind diese Vorgänge z. B. beim Kaninchen zu ver- folgen, während sie sich so drängen. beim Menschen nicht schematisch auf- Dies wohl der Grund, daß auf diese Verschiedenheiten in der Muschelbildung noch von keiner Seite aufmerksam gemacht worden ist. Genaueres hierüber siehe Peter 1902*. Ich bespreche daher Kaninchen und Mensch getrennt. ETII ETI Co Srn NT MT Fig. 68 a— c. Nasenhöhle von Kaninchenembryonen von 13,5 mm Steiß-Scheitel- länge (a, b) und 13 mm Kopflänge (c); a von der lateralen Seite, b und c von der medialen nach Weg- nahme des oberen Teiles der septalen Wand, a und b nach einem Modell von Dr. Geberg (Kasan). Vergr. a, b 30 : 1, c 15 : 1. In c ist ein Stück des ETI wegge- nommen, sein Kontur durch punktierte Linien ange- geben. Ae Apertura externa, verklebt. AJO Oeffnung von JO jAKOBSON'sches Organ. Ch primitive Choane. Co Concha obtecta im Recessus posterior superior. DNP Ductus naso-pharyngeus. DSt Ductus Stenonis. ETI, //erstes, zweites Ethmoturbinale. MT Maxilloturbinale. NT Nasoturbinale. It Lamina terminalis. Sm Sinus maxil- laris. SND Ausführungsgang der seitlichen Nasendrüse. DNP Fig. 68c. Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 61 Aehnliche Wachstumsprozesse, wie sie bei den Sauropsiden be- schrieben wurden, spielen sich im vorderen Teil des Riech- sackes des Kaninchens an der lateralen Wand ab. Hier bilden sich 2 übereinander liegende Wülste, konvex ins Lumen hinein- ragend, ebenfalls durch Umschnürung, d. h. durch Wachstum der zwischen ihnen gelegenen Furchen. Die ventrale Einragung liefert das Maxilloturbinale, die dorsale das Nasoturbinale. Ihre Lage zeigt Fig. 68a deutlich ; sie entspricht schon der beim erwach- senen Tiere sich findenden. Die ventrale Muschel ist dicht an der Apertura externa ziemlich scharf vorgebuchtet und läuft, sich ver- flachend, bis ans hintere Ende des Nasensackes. Die obere dagegen wird erst eine kurze Strecke hinter dem äußeren Eingange kenntlich und schon früher wieder undeutlich. Beide Muscheln begrenzen sich allmählich schärfer; die obere behält ziemlich das embryonale Aus- sehen , die untere schnürt sich bis auf einen dünnen Stiel vom Mutterboden ab und faltet sich in späten Entwickelungsstadien (s. Fig. 68c) auf ihrer Oberfläche mehrmals ein; so resultieren die verschiedenen komplizierten Formen der Maxilloturbinalia in der Säuge- tierreihe, welcher Zuckerkandl als doppelt oder einfach gewundene, ästige und gefaltete beschreibt. Der ganze hintere Abschnitt der Nasenhöhle wird in Fig. 6S von einer anderen Einragung eingenommen, welche sich mit ihrer Spitze zwischen Maxillo- und Nasoturbinale einzwängt und deren Entstehung genauer berücksichtigt zu werden verdient. Die Bildung dieser hinteren Muscheln (Ethmoturbinalia) setzt schon lange vor dem Auftreten der seitlichen ein. — ET ET 3IB-N Fig. 69b. Fig. 69a. Fig. 69a. Schnitt durch den hinteren Blindsack des Geruchsorgans eines Kaninchenembryos von 3,5 mm Kopflänge. Vergr. 50:1. ET Ethmoturbinale I. x Knickung der medialen Wand. Fig. 69b. Schnitt durch das orale Ende des Riechorgans eines Kaninchen- embryos von 8,5 mm Steiß - Scheitellänge. Vergr. 50:1. ET Ethmoturbinale I. MB-N Membrana bucco-nasalis. Bereits bei Kaninchenembryonen von 3,5 mm Kopflänge läßt sich die mediale Wand des hinteren Abschnittes der Riech grübe, welche erst einen kurzen Blindsack formiert, in zwei in einem Winkel ab- geknickte Teile zerlegen : einen ventralen, der steiler aufgerichtet ist und im Verlauf nach vorn das jAKOBSON'sche Organ birgt, und einen dorsalen, der schräg lateral ansteigt (s. Fig. 69a). Im weiteren Wachs- tum stellt sich dieses letztere Stück quer, so daß es ein Dach der 62 Karl Peter, Nasenhöhle bildet (s. Fig. 69b), und sondert sich immer schärfer von seinem Mutterboden ab. Diese Verlagerung der septalen Wand ist Dursy nicht entgangen. Das Dach wird durch weiteres Vertiefen der begrenzenden Furchen ins Lumen eingebuchtet und scheint in späteren Stadien, da besonders die mediale Spalte auswächst, der lateralen -Wand zu ent- stammen, während es genetisch als ein Teil der septalen aufzu- fassen ist. Noch vor dem Durchreißen der Membrana bucco-nasalis hat sich ein derartiges plattes, breites, hinteres Ende des Riechsackes gebildet, welches einen stumpfen Epithelfortsatz nach vorn ins Lumen hinein- sendet, zu einer Zeit, zu welcher die laterale Wand, im vorderen Teil erst schwach geknickt, die ersten Spuren von Maxillo- und Naso- turbinale trägt. Durch weiteres oralwärts gerichtetes Wachstum der beiden Seiten- furchen wird diese hintere Nasenwand tiefer ins Innere vorgestülpt, und so entsteht die erwähnte k e g e 1 f ö r m i g e E i n r a g u n g (E t h m o - turbinale I), welche sich zwischen die hinteren Ausläufer der vor- deren Turbinalia einschiebt und vorn spitz ausläuft (s. Fig. 68b). An der Basis dieses noch glatten Kegels finden sich lateral und medial nach hinten gerichtete Ausstülpungen der Nasenhöhle — die Weiterbildung der Furchen, welche das Ethmoturbinale I ab- schnürten. Der mediale Blindsack ist wieder von hinten her abgeplattet und in 2 Buchten geteilt, zwischen welchen eine flache Einragung nach vorn ins Lumen sieht. Dieser Vorsprung', welcher vollständig in gleicher Weise wie das erste Ethmoturbinale entsteht, formiert das Ethmoturbinale II, welches sich schärfer abschnürt (s. Fig. 68c), und dem durch fortgesetztes Auswachsen des medialen Recesses weitere homologe Bildungen folgen können. So werden beim Kanin- chen 3 selbständig entstehende Ethmoturbinalia aus der septalen Wand herausgeschnitten, deren erstes sich noch in embryonaler Zeit durch eine Furche unvollkommen in 2 sekundäre Wülste gliedert (s. Fig. 68c). Im Laufe der Entwickelung springen diese Muscheln immer spitzer nach vorn vor, und die zwischen ihnen gelegenen Spalten können sich zu Zellen ausweiten. Die Zahl der Riechwülste wechselt in der Säugetierreihe. Somit entwickeln sich die Ethmoturbinalia nicht, wie allgemein angenommen wird, gleich Maxillo- und Nasoturbinale aus der lateralen Wand des Riech sack es, sondern aus den hinteren oberen Partien der septalen. Die laterale, oral gerichtete Ausstülpung wird durch eine Einschnürung in einen dorsalen und ventralen Zipfel gespalten (s. Fig. 68a): der First dieses Blindsackes entspricht, da der ganze Ethmoidalkegel ein Produkt des Septum ist, der Grenze zwischen ur- sprünglich innerer und äußerer Nasenwand. Auch dieser Teil wächst weiter aus und hebt sich im ganzen schärfer von dem vorderen Ab- schnitt, welcher Maxillo- und Nasoturbinale trägt, ab, indem er sich nach außen vorschiebt. Der Eingang in diese seitwärts vertieften Räume stellt dann eine halbmondförmige Spalte dar , deren vorderer Rand sich ebenfalls apicalwärts konvex vorbaucht (s. Fig. 68c). Während sich das Maxilloturbinale nach hinten schärfer abgrenzt, läuft das Nasoturbinale flach auf diese Falte aus und erscheint später Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 63 mit ihr als einheitliches Gebilde; dann hat man den dorsalen Teil der Falte als hinteren Abschnitt dieser Muschel bezeichnet und den ventralen Processus uncinatus genannt: beide sind aber vom primären Nasoturbinale genetisch verschieden. Hinter der Plica semilunaris findet sich die gleich geformte Spalte. In ihrem Grund haben sich der bereits erwähnte dorsale und ven- trale Zipfel des Blindsackes weiter ausgebildet. Schon Fig. 68a zeigte die untere Abteilung flacher und enger, und hier entwickelt sich der Sinus m axillaris, der sich, mit dünnem Epithel ausgekleidet, nach hinten und nach vorn ausdehnt. Der obere, rundliche, stumpfe Blind- sack findet sich im dorsalen breiten Teil der Spalte, dem Recessus posterior super ior, wieder. Die äußere Wand desselben ent- wickelt durch wiederholte Furchenbildung Blindsäcke und Wülste. Letztere liegen seitlich vom Ethmoturbinale I, von demselben bedeckt, und sind Conchae obtectae benannt worden (s. Fig. 68c). Diese nehmen also ihren Ursprung von den hinteren Partien der seitlichen Nasenwand. Es rechtfertigt sich somit, die von der seitlichen Wand des Nasen- sackes entspringenden Muscheln als Conchae laterales von den Produkten der Innenwand, den Conchae mediales, zu trennen. Für letztere mag der eingebürgerte Name E thmoturbinalia bei- behalten werden, man bezeichne dann aber nicht das Nasoturbinale als Ethmoturbinale I, sondern vereinige es mit dem sich in gleicher Weise entwickelnden Maxilloturbinale zu einer Gruppe, die man wieder ihrer Entstehung nach als ,.v ordere seitliche Muscheln" von den im Recessus posterior superior vorgebucht eten Conchae obtectae, den hinteren seitlichen Muscheln, unterscheiden kann. Gewöhnlich hat man nur das Maxilloturbinale von den übrigen Muscheln, die man Riechwülste oder Ethmoturbinalia nannte, getrennt; das Nasoturbinale zählte man als 1. Riechwulst und stellte es den übrigen völlig gleich. Doch erkannten schon Schwalbe und Seydbl die Sonderstellung dieser Muschel und forderten ihre Abtrennung von den weiter hinten gelegenen Wülsten ; diese Ansicht erwies sich durch den Verlauf der Entwickelung als völlig berechtigt. Die früheren Homologi- sierungsversuche basierten auf dem Verhalten des knorpeligen oder knöchernen Nasenskelettes oder der Ausbreitung des Riechepithels. Doch entwickeln sich die knorpeligen Stützen zu spät, um für die Beurteilung des morphologischen Wertes der Muscheln benutzt werden zu können, und auch der Charakter des Epithels giebt keinen Anhalt, denn die Aus- kleidung aller Conchae bestand ursprünglich in gleich gestaltetem Sinnes- epithel, das sich verschiedenartig differenzierte, indem das Maxilloturbinale schon früh einen niedrigen Zellbelag erhielt, während das eigentliche Riech- epithel sich auf einen größeren oder kleineren Bezirk zurückzog. Schönemann, dessen Arbeit nach der Abfassung dieses Kapitels er- schien, erkannte richtig, daß das Nasoturbinale nicht als Ethmoturbinale aufzufassen sei, und trennte beide Muscheln scharf. Doch glaubte er, daß sich auf dem hinteren Muschelwulst, meinem Ethmoturbinale I, das er als Basiturbinale bezeichnete , durch Furchen die einzelnen Riechwülste abgliederten, während nur das 1. Ethmoturbinale sich teilt und die übrigen selbständig entstehen. Auch giebt er noch an, daß sein Basiturbinale von der lateralen Wand des Riechorgans herstammte, während es von der medialen seinen Ursprung nimmt. 64 Karl Peter. Beim menschlichen Embryo verläuft die Muschelbildung in ähnlicher Weise wie beim Kaninchen ; die Reduktion des Geruchsorgaus macht sich aber schon in so früher Embryonalperiode geltend, daß die Verhältnisse nicht in derselben Weise klar zu überblicken sind. Man findet im Prinzip denselben Unterschied in der Anlage der Conchae mediales und laterales. In frühen Stadien ist allein das Maxillotur binale angelegt: es nimmt die hinteren 2/3 der Seitenwand ein, und zwar in ihrer ganzen Höhe (s. Fig. 61). Allmählich grenzt es sich schärfer ab (Fig. 70) und wird besonders ventral abgeschnürt (s. Fig. 65); diese Furche bildet den unteren Nasen gang. Interessant ist, daß im 4. Monat an dieser Muschel auch eine dorsale Lamelle angelegt wird (Mihalcovics), so daß sie in diesem Stadium an das doppelt gewundene Maxilloturbinale mancher Säuger erinnert. Eine die gleiche Ausdehnung besitzende dorsale Muschel, ein Nasotur binale, wird in frühen Stadien nicht sichtbar, im vorderen Drittel des Riechsackes stehen die Wände einander parallel. Erst sehr spät findet sich über der unteren Muschel, vor dem 1. Ethmo- turbinale eine entsprechende flache Erhabenheit, die hier Agger nasi genannt wird. In späteren Stadien tritt an typischer Stelle — im hinteren oberen Winkel der Nasenhöhle — ein Ethmoturbinale I auf (s. Fig. 70), welches nur schwach ins Lumen vorspringt. Da bei jüngeren Embryonen die Seitenwand über dem mit Respirationsepithel be- kleideten Maxilloturbinale keinen Platz mehr für eine zweite Muschel (Fig. 61) bot, so nehme ich mit großer Wahrscheinlichkeit an, daß das Material derselben dem s e p - t a 1 e n Epithel entnom men worden ist. Diese Muschel ist erheblich schwächer ausgebildet als beim Kaninchenembryo glei- chen Stadiums. Nochmals sei her- vorgehoben, daß sich das Ethmoi- dale I im Gegensatz zu den beim Kaninchen beschriebenen Ver- hältnissen später anlegt als das Maxilloturbinale. Ein Embryo von 30 mm Steiß- Scheitellänge zeigt dieses Ethmo- turbinale I, die Concha media, weiter ins Lumen vorgebuchtet und hinter demselben eine zweite Einragung abgetrennt, das Ethmo- turbinale II, die Concha superior. Auch hier schreitet die Ab- gliederung weiter fort, und zwar entstehen die Furchen nach Killian nacheinander, die tieferen früher; Zuckerkandl's Ansicht vom „Ein- schieben und Zwischenherauswachsen zwischen vorhandenen Muscheln" bestreitet dieser Forscher. In ähnlicher Weise, wie oben geschildert, legt sich unter dem Ethmoturbinale I eine halbmondförmige Rinne an, deren vor- derer Rand (Processus uncinatus) im 3. Monat deutlich wird, Fig. 70. Schnitt durch die Mitte des Geruchsorgans eines menschlichen Embryos von 15 mm Länge (Fig. 62). Vergr. 22,5 : 1. A Auge. ET Ethmoturbinale I. JO Jakob- soN'sches Organ. 3IT Maxilloturbinale. N Nervus olfactor. ThrN Thränenn äsen gang. Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 65 ET und in welcher Blindsäcke und Muscheln entstehen. Ventral wächst der Sinus maxillaris aus, dorsal der Recessus frontalis, die Muscheln (Nebenmuscheln der ersten Spalte, s. u. S. 67) entsprechen den Conchae obtectae. Das späte Erscheinen des Nasoturbinale charakterisiert auch einige andere Säugetierembryonen. Seydel fand bei Echidna schon früh im Bereich der primitiven Nasenhöhle an der Seiten wand den Wulst des Maxilloturbinale . der sich in 2 Teile spaltet; der vordere, ein kleiner Zapfen (s. Fig. 71), bedeckt den Thränenkanal. Erst bei einem Jungen von 12,5 cm Länge fand Parker diese Muschel gefaltet, lieber dieser legt sich spät das Nasoturbinale an, Seydel's Stadien ließen noch gar nichts von dieser Einragung erkennen. Auch für Manis er- wähnt Weber, daß das Naso- turbinale bei einem 9 cm langen Embryo nur erst schwach ange- deutet sei. Die Ethmoturbinalia entstehen nach Seydel's Figuren beim Ameisenigel ebenfalls durch Abknickung des oberen Teiles der medialen Wand. Ein einfacher Ae a UNG MT LT DNP Fig. 71. Modell der lateralen Nasen- wand eines Beuteljungen von Echidna (Std. 47 , Semon). Vergr. 20 : 1. Nach Seydel (189U). AE Apertura externa. ET Ethmoturbinalia. DNP Ductus naso- pharyngeus. MT Maxilloturbinale mit vor- derem Wulste a. LT Lamina terminalis. UNG Unterer Nasengang. Wulst, der sich durch 2 Furchen bald in 3 Muscheln teilen soll, springt von der hinteren seitlichen Wand der Nasenhöhle ins Innere vor. Parker fand bei einem Jungen von 12,5 cm Länge schon 5, bei einem von 25,5 cm 6—7 Riechwülste, die auch schon Zerfall in einzelnen Hervorragungen zeigten. Genaue Untersuchungen über das Wachstum der Muscheln stellte Schönemann an. Er bestätigte die BoRN'sche und LEGAL'sche Ansicht, daß dieselben durch Furchen aus der lateralen Wand heraus- geschnitten werden und somit „stehen gebliebene Teile der Nasenwandung" darstellen, nicht aber, wie allgemein angenommen wird, als Einstülpungen ins Lumen der Nasenhöhle entstehen. Er kam zu dem interessanten Resultat, daß das Epithel bei der Bildung der die Muscheln abschnürenden Furchen nach den Stellen des geringsten Widerstandes der mesodermalen Unterlage wachse, und erteilt damit dem Bindegewebe eine, wie mir scheinen will, allzu wichtige Rolle für das Auswachsen der epithelialen Rinnen, welche ja zum Teil bereits vor Differenzierung des Mesoderms in Erscheinung treten. Ausbildung des Muschelapparates des menschlichen Embryo s. Die weitere Ausbildung der Nase des Menschen haben Zucker- kandl und Killian genau studiert, und ich folge den Angaben des letzteren Autors mit der Abweichung, daß ich aus oben entwickelten Gründen das Nasoturbinale nicht als Ethmoturbinale I zähle, sondern es von diesen Riech wülsten trenne; Ethmoturbinale II (Killian) entspricht also meinem ET. I. Handbuch der Entwickelungslehre. II. 2. 5 66 Karl Peter, Killian fand an der Seitenwand der Nase von Föten des 9. — 10. Monats 6 Hauptfurchen, welche nach dem Keilbein winkel zu konvertieren den die beiden Fig. 72. Schema der Hauptmusclieln und -furchen des menschlichen Foetus. Nach Killian (1896) 5. Ethmoturbinale. MT nale. NT Nasoturbinale. St — »S'B Haupt- furchen. Tb pharyngeale Tubenmün- dung. ETX—ET(> 1. bis Maxilloturbi- Säugetiere vergleichen. Auch letzten erreichen — und in einen absteigenden und einen fast senk- recht zur Siebplatte aufsteigenden Ast zerfallen (siehe Fig. 72). Doch ist diese Teilung der Rinnen deut- lich nur an den vorderen ausge- prägt, auch sind selten alle 6 aus- gebildet; Zuckerkandl gab ihre Zahl auch nur auf 4 an. Vor diesen Hauptfurchen ragen die 6 Hauptmusclieln hervor, den Rinnen entsprechend, mit Aus- nahme der ersten, ebenfalls in ein Cr us ascendens und descendens zerfallend, an deren Uebergangsstelle sich bereits in der 14. Woche eine knotenförmige Auf- treibung findet. Dieser Lobulus mit Nodulus ist der vorderen Spitze der Ethmoturbinalia der hier sind diese Einzelheiten nach zu hinten zu verwischt, Der erste dieser Wülste ist der Agger nasi und Processus uncinatus, die folgenden die Ethmoturbi- nalia I — V des menschlichen Embryos. Killian und vor ihm Andere glaubten auch das Nasoturbinale in das Schema der Riechmuschel einzwängen zu müssen und suchten daher nach einem Orus descendens desselben, den sie im Processus uncinatus gefunden zu haben meinten. Nach obiger Darstellung der Muschel- entwickelung ist diese Forderung ebenso unberechtigt, wie sie für das Maxilloturbinale wäre. Neben diesen Hauptmusclieln fand Killian noch Neben- mu schein in den Hauptfurchen, wie umgekehrt auf den Wülsten auch Nebenfurchen sichtbar werden können. Für das Verständnis der weiteren Prozesse ist daran zu erinnern, daß die Hauptausstülpungen der Nasenhöhle bereits vor Bildung des Knorpels entstehen, und daß das Skelett sich erst sekundär um die- selben differenziert. Der Ausgangspunkt für den Sinus m axillaris liegt auch hier im unteren (hinteren) Teil der halbmondförmigen Spalte — die Rinne zwischen Processus uncinatus und der Bulla e t h m o i - dalis, einer Concha obtecta, heißt Inf undibulum — , von deren dorsalem Teil aus sich die Stirnhöhle entwickelt. Der Sinus s p h e - noidalis ist nichts weiter als das hintere, von Knorpel umschlossene Stück der Nasenhöhle selbst. Im Laufe der Entwicklung weiten sich diese bereits vorhandenen Räume aus, im ganzen oder nur in einzelnen Abschnitten, neue stülpen sich aus, das Relief ver- ändert sich durch Resorptionsvorgänge und Synechieen. Ob wirkliche Verwachsungen stattfinden, wie Killian annimmt, oder ob bei der allgemeinen Größenzunahme Ausgleichungen von Furchen mündender Buchten solche und Ausweitungen eng Verklebungen nur Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 67 vortäuschen, ist vorderhand nicht zu entscheiden. Ich möchte eher nach Sohönemann's Ausführungen letzteres vermuten ; da das Resultat das gleiche ist, so verwende ich dennoch Killian's Bezeichnungen, welche die Wachstumsprozesse einfacher darstellen lassen. Solche Veränderungen gehen in beiden Aesten der Furchen vor sich (s. Fig. 73a, b). Die aufsteigenden Schenkel beginnen zu verkleben, die hinteren 3 in ganzer Ausdehnung, die vorderen 3 nur oberflächlich, indem der Vorderrand der hinteren Muschel mit der Oberfläche der unteren verwächst. So bilden sich unter diesen Verwachsungen Buchten aus (Recessus ascendentes I— III), welche Teile des Siebbeinlabyrinthes entstehen lassen: die 3. Furche giebt den Ursprung einer selten vorkommenden Sieb b ein z eile, die 2. einer hinteren Cellula ethmoidalis, die erste dem Recessus frontalis. Auch die Rami descendentes IV — VI bleiben seicht und obliteriren völlig, während sich an den 3 vorderen Synechieen aus- bilden, welche aber nicht vom freien Rande der Muscheln ausgehen, sondern beiderseits von der Fläche, so daß diese Wülste erhalten bleiben. Die aufsteigenden Schenkel der Muscheln gehen also beinahe völlig zu Grunde, und die bleibenden Conchae repräsen- tieren fast ausschließlich crura descendentia der ur- sprünglichen H a u p t m u s c h e 1 n. Hauptsächlich betrifft diese oberflächliche mit Zellenbildung ver- bundene Verklebung die in den beiden ersten Furchen gelegenen Nebenmuscheln. Die 3. Furche läßt oft eine Zelle entstehen, welche sich meist mit der des aufsteigenden Astes vereinigt. Die zweite giebt 2 Cellulae Entstehung, einer oberen und unteren, welche durch eine Nebenmuschel geschieden werden. Die erste, welche schon im 2. Monat sichtbar wird, trägt ebenfalls Nebenmuscheln, welche ihrer Lage nach als Conchae obtectae bezeichnet werden müssen, von denen 2 zur Bildung der Bulla ethmoidalis verbraucht werden; ein Recessus super ior läßt obere Siebbeinzellen hervorgehen, ein Recessus inferior untere Zellen des Thränenbeins. Das Antrum m axillare entwickelt sich um die Mitte des 3. Monats aus dem Recessus inferior der 1. Furche und wächst langsam weiter, sein Eingang bleibt dabei eng (im 4. Monat beträgt seine Tiefe 0,5 mm, im 9.— 10. 5 mm). Es buchtet die Knorpel- wand vor, usuriert sie und gelangt so in den Bereich des knöchernen Oberkiefers. Der Recessus frontalis, dem oberen Teil der Pars ascen- dens der 1. Haupt furche entsprechend (= Recessus post. sup. des Kaninchenembryos), enthält 3 Nebenmuscheln (Conchae frontales) und vordere Siebbeinzellen. Der Sinus frontalis entwickelt sich durch Ausweitung entweder des ganzen Recessus oder nur einer Zelle, kann also doppelten Ursprung nehmen. Auch er tritt erst sekundär mit Knochen in Verbindung, indem er sehr langsam wächst, so daß er zur Pubertät erst eine erbsengroße Grube in dem Os frontale bildet. Endlich ist, wie schon erwähnt, die Keilbein höhle nichts weiter als das hinterste abgeschnürte Stück der Hauptnasenhöhle selbst, welches auch die hinterste Muschel aufnehmen kann. Es ge- langt durch Ausweitung in die Conchae Bertini und so ins Keilbein. 68 Karl Peter, Die mit Schleimhaut bedeckten Muscheln erhalten Knorpel- stützen; sie lassen nach weiterer Abschnürung eine Lamina basi- laris, welche durch die Siebbeinzellen infolge der Synechieen ver- deckt ist, und eine Lamina recurvata unterscheiden. Beide Teile enthalten eine pars ascendens und descendens, von denen die erstere sich an der Siebplatte anheftet. Doch sind auch diese einzelnen Ab- schnitte nur an den vorderen Muscheln ausgeprägt. Die beim Er- wachsenen auftretenden Muscheln verteilen sich (nach Killian) auf die des Embryos in folgender Weise: Concha inferior = Maxilloturbinale ; Agger nasi = Nasoturbinale. C o n c h a m e d i a = Ethmoturbinale I, pars desc. -j- kleiner Teil p. asc, Concha superior = Ethmoturb. II oder II — IV partes desc, Concha suprema = Ethmoturb. Ill-f-IV partes desc, Meatus narium superior = Ramus descendens sulci II, Meatus narium supremus = Ramus desc. sulci III. Ueber die komplizierten Verwachsungs- und Ausweitungsprozesse geben nachstehende Schemata genügenden Aufschluß. Das schematische Bild wird durch unregelmäßiges Wachstum einzelner Siebbeinzellen, Bildung sekundärer Septa etc. kompliziert. Die Nebenräume lassen sich tabellarisch nach Killian in folgender Weise einteilen, wobei zu bemerken ist, daß als Nebenräume I. Ordnung solche bezeichnet cilJ Uli. [S.s.' "ell.Zs Cell. 3 d Fiff. 73a. Fig. 73b. Fig. 73. Schematische Horizontalschnitte durch eine rechte menschliche Nasen- hälfte von ursprünglichem Bau, a obere, b untere Etage. Nach Killian (1896) mit zum Teil veränderten Bezeichnungen. Ct—C5 Hauptmuscheln (Ethmoturbinalia), unter und zwischen ihnen die Hauptfurcheu mit aufsteigenden (in a) und absteigen- den (in b) Aesten, und mit Nebenmuscheln (Oim) resp. Frontalmuscheln (Cf). — Inf Infundibulum. pu Processus uncinatus. Sf Sinus frontalis, direkt (dm) oder in- direkt (im) gebildet. Sm Sinus maxillaris. Ss Sinus sphenoidalis. Sn Septum nasale. — Die Striche bedeuten Killian's Verwachsungsstellen, wodurch die Zellen gebildet werden, s. Tabelle. Entwickelung des Geruchsorgaus in der Reihe der Wirbeltiere etc. 69 werden, welche zwischen 2 Hauptnmscheln liegen, als Nebenräume IL Ordnung solche, welche zwischen einer Haupt- und einer Neben- muschel liegen, während die Zellen III. Ordnung von 2 Nebenmuscheln begrenzt werden. Etage Erste Hauptfurche Zweite Hauptfurche Dritte Hauptfurche obere ' 1 I. Ordnung Stirnbucht mit Stirnhöhle (wenn direkt ge- bildet) II. Ordnung erste und vierte Stirn - zelle (cell. ft, cell, fj III. Ordn. zweite und dritte Stirnzelle (cell.f2 u.f3) I. Ordnung auf- steigende Zelle (cell. 2a) II. Ordnung I. Ordnu auf- steigende Zelle (cell. Sa) 2. 1 l mit Stirnh indirekt öhle (wenn gebildet) \ 2 f g' CD untere < obere Zelle (cell, ls) Eecessus inf. mit Kieferhöhle obere und untere Zwischen- zelle (cell. 1 im. s. u. i.) • obere Zelle und untere (cell. 2s u. 2i) ab- steigende Zelle (cell, od) < CD 1 2. 5' ci5' Septale Falten. Außer diesen an der Seitenwand der Nasenhöhle auftretenden Muschelbildungen fand Killian auch am Septum im Bereich des Vomer Schlei mh autfalten, welche beim Menschen im 4. Monat des Embryonallebens sichtbar werden, bis zum 8. sich entwickeln und bereits im 9. oder 10. Monat Rückbildungserscheinungen aufweisen. Später schwinden sie, können aber durch Hypertrophie zu Geschwülsten Anlaß geben. Killian bringt sie in Beziehung zur Durchwärmung der Atmungsluft, welche sich mit der Verkürzung des Nasenrohrs beim Menschen nötig machte ; als später mit der Ablenkung des Luftstroms in den mittleren Nasengang die Luft anderweitig vorgewärmt wurde, wurde die Rolle der Falten überflüssig, so daß sie atrophierten. Uebrigens sind diese Gebilde bereits von Rutsch gesehen und in seinem Thesaurus anatomicus am Septum eines Kindes gut wiedergegeben worden. Er bemerkt dazu : In posteriore et inferiore parte dicti septi quini sexve visuntur sulci obliqui, de cpuorum usu altum silentium apud auctores, attamen frustraneos esse haud existimandum. Ob diese Falten mit den septalen Wülsten, wie sie z. B. bei Echidna und Dasypus villosus gefunden worden sind, etwas zu thun haben, ist zur Zeit nicht bekannt. Entwickelung des Jakobson' sehen Organs. Auch bei den Säugern entwickelt sich früh ein Jakobson' sehe s Organ, welches wegen seiner Lagebeziehungen im ausgebildeten Zu- stande Organon vomero-nasale genannt wurde ; da es aber lange vor der Anlage der Skelettteile entsteht, ist dieser Name genetisch kaum zu rechtfertigen. Beim Menschen hat es Ruysch in der oben erwähnten Abbildung bereits richtig gezeichnet, auch Sömmering ist es nicht entgangen; doch hat Jakobson dasselbe unabhängig von jenen bei Tieren beschrieben - - wir besitzen nur Cuvier's Report über diese Untersuchungen — , und nach ihm wurde es benannt. Dursy erkannte es in seiner Bedeutung beim menschlichen Embryo. 70 Karl Peter, Das jAKOBSON'sche Organ als Ersteres mittleren der Länge Blindsack Die Delle legt sich bei Säugern bald als Rinne an, wie bei den Reptilien (dies fand schon Garnault), bald lokalisierter e Einbuchtung in Form einer Grube, ist beim Menschen der Fall, letzteres beim Kaninchen. Beim Kaninchen tritt die Grube am unteren Teil der Nasenwand im Bereich des Sinnesepithels etwa in der Mitte der Nasenrinne auf, während diese caudal erst einen kleinen aufweist (am 11. Tage, Kopflänge 2,86 mm; s. Fig. 74). läuft apical flach aus und ist nach hinten zu scharf und tief begrenzt. Wie bei der Eidechse verlängert sich diese Grube apical zur Rinne, welche fast bis ans vordere Ende des Riechorgans reicht. Auch bei menschlichen Em- bryonen ist die Anlage des Jakobson- schen Organs früh an völlig gleicher Stelle zu entdecken; in Fig. 60 sehen wir an der Innenwand des Nasensackes eine Furche, welche man bereits als An- deutung des Nebenorgans ansehen muß. Später (Fig. 70) zeigt dies ebenfalls eine scharfe hintere Abgrenzung, nach vorn verliert sich das hohe Sinnesepithel ohne deutliche Grenze in der spitzer gewor- denen septalen Rinne. Zu beachten ist Größe der Einsenkung ; sie umfaßt einen nicht unbe- Teil des Sinnesepithels, nimmt aber an Ausdehnung ab- zu, so daß sie bald unauffälliger wird (s. schon Fig. 70. 65). Rinne nach JO Fig. 74. Schnitt durch die Kiechgrube eines Kaninchen- embryos von 3,4 mm Kopflänge. Vergr. 50 : 1. sches Organ. die relative trächtlichen solut kaum für später JO Jakobson- Fig. Entwickelung vertieft sich die von hinten nach vorn zu, so Während der weiteren hinten immer mehr und schließt sich (\;\\l das Organ einen oral blind geschlossenen Sack vor- stellt, dessen Eingang sich stetig verengt. Anfangs von der äußeren Nasenöffnung gut zu erkennen, wird es mit der Verengerung der- selben ins Innere des Nasensackes gezogen. Beim Kaninchen von 13,5 mm Steißscheitellänge (s. Fig. 68b) bildet es einen langen Schlauch, welcher frei in dem schon stark verschmälerten Septum liegt und an seinem Vorderende durch eine feine Oeffnung mit dem Hauptlumen kommuniziert, Es erhält eine knorpelige Umwandung, die allerdings ihre Beziehung zum Sinnesorgan aufgeben und sich von demselben entfernen kann, wie z. B. beim Mensch (Jakobson' sehe Knorpel, Cartilagines basales septi, paraseptales; siehe Fig. 65). Die Mündung des Jakobson 'sehen Organs findet sich bei Nagern und beim Menschen am freibleibenden Teil des Septum, bei ersteren am Boden vor den STENSON'schen Gängen, bei letzterem weiter nach oben liegend. Bei den anderen daraufhin untersuchten Säugetierfamilien (Monotremen, Marsupialier, Manis, Erinaceus, Carnivoren, Ruininantier) senkt sich der vordere den Eingang tragende Teil der Nasenscheidewand tiefer zwischen die vorderen Enden der Processus palatini und wird mit in die Ver- schmelzung einbezogen. So in den Nasengaumen gang gelangt das Organ mit seiner Oeffnung und wird bei der Obliteration des- Elitwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 71 selben ebenfalls zeitweise verschlossen, bis es sich später in die Mund- höhle wieder öffnet. Die Auskleidung des Jakobson ' sehen Organs behält nicht überall den ursprünglichen Charakter des Sinnesepithels; der Eingang, das hintere blinde Ende und die laterale Wand tragen später Cylinderepithel, während die mediale Wand hohes Riechepithel deckt. Der Querschnitt nimmt daher auch eine ovale Gestalt an, indem der Höhendurchmesser die Breite übertrifft; nur beim Maulwurf bleibt er nach Mihalcovics rundlich, infolge des ringsum gleichmäßig hohen Epithelbelages. Drüsen wuchern später aus dem oberen und unteren Winkel des längsovalen Rohres, sparsamer auch aus der lateralen Wand heraus. Gefunden wurde ein jAKOBSON'sches Organ bei Embryonen aller daraufhin untersuchten Säuger mit Ausnahme von Vespertilio und Vesperugo; daß Duval und Garnault bei der letzteren Chiropteren- gattung einen Drüsen gang als Jakob soN'sches Organ bezeichnet haben, bewies Grosser, der das Organ bei Rhinolophus (7,25 mm Steiß- Scheitellänge) gut ausgebildet fand. Genau hat uns Seydel die Entwickelung des jAKOBSON'schen Organs bei Echidna beschrieben. Es entsteht hier aus einer Grube (s. Fig. 75), welche aus dem Bereich des primitiven Gaumens in den vorderen Teil der primitiven Choane gelangt (s. Fig. 68) und so in den STENSON'schen Kanal rückt. Ein vorderer Abschnitt, indifferentes Epithel tragend, gliedert sich bald vom blinden hinteren Ende ab, das an seiner medialen Seite mit Riechepithel ausgekleidet ist. In den Blindsack mündet eine Drüse , welche als erste von allen Nasendrüsen erscheint. Die laterale Wand sinkt ins Lumen ein, noch mehr beim Schnabeltier, bei welchem der Querschnitt dadurch halbmond- förmig gestaltet wird. Im Gegensatz zum Ameisenigel, bei welchem die Oeffnung des JAKOBSON'schen Organs an seinem vorderen Ende liegt, zeigt Orni th orhynchus an demselben einen kurzen, mit indifferentem Epithel bekleideten vorderen B 1 i n d s a c k. Ebenso fand Rose bei einem Wo mb at-Em bry o die Mündung des JAKOB- SON'schen Organs in den Ductus Stenonianus nicht am vorderen Ende, während ein Beuteljunges vom Känguruh (12,7 cm lang) in dieser Beziehung sich an Echidna und die übrigen Säuger anschloß (Symington). v Das endliche Schicksal dieses interessanten Ge- >v bildes ist sehr verschieden ; bald stellt es auch beim ^Sss. Erwachsenen ein wichtiges Sinnesorgan dar, bald / ^\ wird es rudimentär oder geht ganz zu Grunde. / v-^%j] Fig. 75. Schriigschnitt durch die Riechgrube eines jq -/.'■ ' • ^gk Echidna-Embryos (Std. 41, Semox). Nach Seydel (1899). .^'•:. .'.' v)j JO JAKOBSON'sches Organ. i^==~=^y Sehr stark bildet sich das Organ zurück bei Rhinolophus und beim Menschen. Beim 6-monatlichen Foetus fand Kölliker (1877) einen höchstens 1 mm langen Gang mit längsovalem Querschnitt; doch konnte Merkel noch beim Erwachsenen alle histologischen Eigen- tümlichkeiten feststellen : größere Dicke des Epithels der medianen Seite, Driisenausstülpungen an der oberen und unteren Kante ; indeß verödet das kleine Organ häufig infolge der zahlreichen Katarrhe der Nasenschleimhaut. 12 Karl Peter, Gegenbaur hielt diesen Kanal für ein Homologon der s e p - talen Nasendrüse, wie er sie bei Stenops antraf. Doch läßt sich an der Hand der Entwicklung verfolgen, daß der Gang sich in völlig gleicher Weise anlegt wie das jAKOBSON'sche Organ der übrigen Säuger, als ein früh sichtbares Divertikel der medianen Wand der mit Sinnesepithel ausgekleideten Riechgrube. Somit liegt kein Grund vor, die KÖLLiKER'sche Deutung als jAKOBSON'sches Organ zu ver- werfen und für den Menschen den historisch allerdings berechtigten Namen „RuYSCH'scher Gangu einzuführen (Herzfeld). Das Gebilde wird stark rudimentär, wie denn auch die anfangs zu ihm hinlaufenden Fasern des Olfaktorius bereits im 4. — 5. Monat nicht mehr nachweisbar sind (Kölliker). Nach dieser Schilderung der Entwickelungsvorgänge an den Choanen und im Innern der Nasenhöhle erübrigt es noch, wenige Worte über die Veränderungen, die an den äußeren Nasen- öffnungen vor sich gehen, hinzuzufügen. Nar inen. An der vorderen Mündung des Nasensackes schreitet die Ein- beziehung von äußerem Epithel schnell vor, so daß ein Vorraum, ein Vestibulum, gebildet wird. Doch ist die Ausdehnung desselben schon bei Embiyonen kaum festzustellen, da die Grenze gegen das umgebildete Sinnesepithel nicht scharf zu ziehen ist. Auch bei Säugern werden die Nar inen verschlossen, und zwar hier durch eine mächtige Wucherung des Epithels. An dieser Proliferation nimmt wenigstens im Anfang beim Menschen nur die mediale Wand teil, während beim Kaninchen beide Seiten in gleicher Weise in Anspruch genommen werden. Besonders auffällig sind diese Zellmassen am vorderen Ende des Nasenvorhofs, doch greift die Ver- klebung weiter bis zum Vorderende des Nasoturbinale. Nasendrüse n. Während überall zum Feuchthalten der Schleimhaut sich kleine BowMAN'sche Drüsen ausstülpen, finden sich größere drüsige Bildungen nur in Gestalt der seitlichen und sep talen Nasen drüse. Die seitliche Nasendrüse wurde von Steno entdeckt (daher auch Steno' sehe Drüse genannt), von Jakobson genauer be- schrieben und von Kangro und Schwink in ihrer Entwicklung studiert. Sie legt sich zu verschiedenen Zeiten an, bald bereits vor voll- ständiger Ausbildung des Chondrocraniums (Reh, Kaninchen), bald erst nach Auftreten der ersten Verknöcherungen (Rind), und zwar am vordersten Ausläufer des Nasoturbinale, am Beginn des mittleren Nasenganges, noch im Bereiche des Sinnesepithels (s. Fig. 68a). Kangro's Angabe von der Ausstülpung im oberen Nasen- gang beim Elen bedarf der Bestätigung. Als erste Andeutung zeigt sich eine offene Einstülpung, welche stets lumenhaltig in der Schleimhaut zwischen Epithel und Knorpelkapsel weiterwuchert, erst nach hinten, dann seitlich absteigend. Der Gang, der verschiedene Erweiterungen zeigt, gelangt endlich in die untere Muschel und läßt erst an seinem Grund, dann auch in seinem Verlauf Acini entsprossen, welche in die Schleimhaut der Highmorshöhle eindringen. Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 73 Die Drüse verhält sich ziemlich gleichmäßig bei den untersuchten Arten (Manis, Schaf, Schwein, Reh, Hirsch, Elen, Pferd, Maus, Meer- schweinchen, Kaninchen, Hund, Katze, Igel, Fledermaus). Beim Menschen wurde sie trotz Jakobson's gegenteiliger Angabe nicht gefunden, auch ich konnte keine Andeutung derselben bei den zur Verfügung stehenden Embryonen entdecken. Während sie bei der Katze hoch entwickelt ist, bildet sich die erst spät auftretende An- lage beim Rind bald wieder zurück. Beim Pferd wandert der etwas weiter choanenwärts mündende Ausführungsgang mit der Bildung der mittleren Muschel auf deren Unterseite ein und verläuft eine Strecke weit in derselben, auch dort Acini bildend. Einer Homologisierung dieser Drüse mit der seitlichen Nasendrüse der Sauropsiden , wie sie Kangro und Schwink an- nahmen, steht im Wege, daß sie im Bereich des Sinnesepithels ent- steht, während die Ausstülpung bei Reptilien aus der eingestülpten Vorhöhle stattfindet, — sie ist daher wohl als eine neue Erwerbung anzusehen. Die Entwickelung der septalen Nasendrüse, welche bei Stenops, Nagern und Chiropteren gefunden ist, setzt nach Grosser bei Vespertilio erst viel später ein als die der anderen Nasendrüsen; Schwink zeichnet sie bei Embryonen der Maus von 8 mm Kopf- länge und des Kaninchens von 68 mm Körperlänge. Die kleinen Nasendrüsen entstehen später als die STENo'sche (eine Ausnahme macht das Kaninchen) als solide Zapfen, die der Neben- höhlen indes ebenfalls als lumenhaltige Ausstülpungen. Aeußere Nase. Von einer äußeren Nase, d. h. einem eigenen Gesichtsvor- sprung, welcher die Narinen aufnimmt, kann man erst bei den Säuge- tieren sprechen. Auch hier sind nur wenige Klassen in dem Besitz entweder eines Rüssels (an dessen Vorderende die Naslöcher liegen) oder einer echten äußeren Nase, bei welcher die Nasenlöcher ab- wärts gerichtet sind (Mensch, Nasenaffe). Speciell interessiert die Entwickelung der Nase des Menschen. Das erste Modell (Embryo von 9 mm Kopflänge; s. Fig. 60) läßt noch gar nichts von einer äußeren Nase erkennen, die noch weit voneinander getrennten Nasenrinnen treten noch nicht aus dem Ge- sicht heraus. Erst in der Mitte des 2. Monats (Mihalcovics) tritt mit der Bildung der Oberlippe — durch Verwachsung der unterhalb der Pars infranasalis zusammentretenden Processus globulares mit den Oberkieferfortsätzen — eine Erhebung des Gesichtsteils auf, welcher die stark verengten Nasenlöcher trägt. Eine Nasenkante (His) wird über den Narinen kenntlich, und die letzteren rücken mit der Verschmälerung des Septum relativ und auch absolut einander näher, so die Bildung eines beide Aperturae externae umfassenden Gebildes erleichternd. (Nach His beträgt die Breite der Nasen- scheidewand in der 5. Woche 1,7, in der 7. 1,2 mm, in der 9.— 10. Woche 0,8 mm.) Das ganze Gebiet der Nase grenzt sich jetzt schärfer gegen die Umgebung ab (s. Fig. 62): die Nasenlöcher, von den beiden Nasenfortsätzen, welche lippenwärts verschmolzen sind, umrahmt, stehen auf einer Erhabenheit, welche sattelförmig von der Stirngegend ab- 74 Karl Peter, gesetzt ist. Doch sehen die Narinen noch nach vorn; die über ihnen gelegene, von der Area triangularis gelieferte Nasen- spitze ist stumpf und ragt wenig hervor, und damit ist der über diesen gelegene, den Nasenrücken und die Nasenflügel tragende Teil sehr niedrig und kurz. Allmählich wird das stumpfe Organ, welches durch Annäherung der noch sehr weiten Nasenlöcher, die durch den Nasensteg geschieden werden, an Einheitlichkeit gewinnt, länger und spitzer ; der gegen den Nasensattel abfallende Rücken verlängert sich, und damit werden die Nasenlöcher aus ihrer frontalen Stellung allmählich nach unten gedrängt, sie kommen schon im 7.-8. Monat der Horizontalen nahe und bleiben in derselben Lage bis zur Geburt. So entsteht die kurze, breite, stumpfe Nase des Neugeborenen, welche erst langsam hauptsächlich mit der Höhenzunahme des Ge- sichts an Länge gewinnt und ihre individuell charakteristische Gestalt annimmt. Ihre Flügel hat der laterale Stirnfortsatz geliefert, den Steg die Area infranasalis, den Rücken der oberste Teil des mitt- leren Stirnfortsatzes, die Area triangularis. In ähnlicher Weise zeigen nach Wiedersheim Föten der Nasen- affen eine Stumpfnase, die erst im Alter das gewaltige herabhängende Organ hervorgehen läßt. Die Veränderungen der Nasenhöhle nach der Geburt. Wie Disse nachwies, verändern sich post partum die Größen- verhältnisse der einzelnen Teile der menschlichen Nase nicht unbe- trächtlich. Mit der Höhenzunahme des Gesichts bilden sich besonders die unteren Partieen aus; der untere Nasengang, welcher bei Säuglingen durch die tief herabreichende untere Muschel verlegt wird, gewinnt an Ausdehnung und wird vom 3. Jahre an wegsam, bleibt aber bis zum 7. sehr eng. Die Nasenhöhle wächst auch im ganzen nach unten, so daß die bei Embryonen unter dem Gaumen gelegene pharyngeale Tubenöffnung bei Neugeborenen bereits ins Niveau des- selben gelangt und im 2. Jahr an der hinteren Spitze der unteren Muschel liegt. Entwickelung der Nase der Cetaceen. Anhangsweise sei noch des Entwicklungsganges des so eigenartig umgebildeten Riechorgans der Wasser Säugetiere gedacht, über den Kükenthal interessante Ergebnisse mitteilt. Leider fehlen bis jetzt noch frühe Stadien, welche geeignet wären, alle die verschiedenen Ausbuchtungen der Walnase einwandsfrei zu deuten. Immerhin gelang Kükenthal der Nachweis, daß die Embryonen sich mehr dem allgemeinen Säugercharakter nähern als die erwachsenen Tiere. So fand er die Nasenlöcher bei einem 25 mm langen Embryo von Phocaena communis noch relativ nahe am Mundrande liegen und konnte verfolgen, daß diese sehr schnell nach hinten verschoben werden, um bald ihre definitive Lage am Scheitel des Kopfes einzu- nehmen. Mit dieser Entfernung vom Lippenrande hängt zusammen, daß die Stenson' sehen Gänge nur am vorderen Teil des Gaumens in Rudimenten erhalten bleiben ; die ganze übrige Strecke obliteriert. Auch waren die Narinen beim Delphin erst eine kurze Strecke mitein- Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 75 ander verwachsen und hatten noch nicht die gemeinsame lange Vor- höhle der Zahnwale gebildet, Deutlich ließ sich auch ein Riechnerv nachweisen, der bei Zahnwalen (außer Hyperoodon) atrophiert und bei Embryonen in eine Regio olfactoria verlief, welche bei Erwachsenen nur einen kleinen Teil der allein dem Respirationsgeschäft dienenden Nase bildet. Eine ganze Reihe von Ausstülpungen, wie sie sich in dem Riech- organ der Zahnwale finden, zeigten junge Embryonen nur in Rudi- menten; sie lassen sich außer der „vorderen oberen Neben- höhle", welche zwischen den ursprünglichen Riechmuscheln liegt und wohl als Homologon eines Sinus oder einer Zelle anzusehen ist, nicht mit Bildungen in der Nase anderer Säugetiere vergleichen und stellen somit wohl späte Erwerbungen dar. Ilückblick: Homologiecn. Die Mannigfaltigkeit im Bau des Riechorgans der verschiedenen Wirbeltierklassen spiegelt sich in seiner Entwickelung wieder, die sehr verschiedene Wege einschlägt. Es fragt sich nun, wie weit die Kenntnis des Bildungsganges zu einer Homologisierung der einzelneu Teile der Nase in den verschiedenen Familien berechtigt. Daß Riechfeld und Riech grübe stets gleichzustellen sind, unterliegt wohl keinem Zweifel. 'öl Nasenfortsätze. Fassen wir den Begriff „Nasenf ortsät ze" in dem engen Sinne, wie es p. 35 vorgeschlagen wurde, also als Auf w ul s tun gen der äußeren Haut zu beiden Seiten der Nasen rinne, so treffen wir bei allen Gnathostomen mit Ausnahme der Amphibien auf solche Bildungen, die wir, da sie an gleicher Stelle am Riechorgan entstehen, als völlig homolog ansehen können. Im einzelnen ist allerdings ihre endgiltige Gestalt verschieden ; nur bei Selachiern bleiben sie getrennt, bei allen anderen verwachsen sie; bei den Fischen liegen sie weiter vom Lippenrande, bei Amnioten tritt zu ihnen der Oberkieferfortsatz heran und bringt sie ,teilweise mit in Beziehung zur Lippenbildung (Proc. globularis). Somit bildet sich die Oberlippe an sehr verschie- denen Stellen: teils unterhalb, teils innerhalb der Nasenfortsätze (His, Keibel). - Choanen. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, ob die hinteren Nasen- öffnungen der amphirhinen Wirbeltiere homologe Bildungen darstellen. Die Entstehung der Choanen der Reptilien gleicht so sehr derjenigen der Tele ostier, daß man dieselben wohl als gleichwertig betrachten kann, obleich die vordere, von Anfang an dem Mundrande näher liegende Oeffnung der Fischnase den Einführungsgang darstellt, also physiologisch der Apertura externa der übrigen Wirbeltiere ent- spricht. Dies hat seine Ursache in der dorsalen Lage des Organs, welche auch eine Beteiligung an der Lippenbildung ausschließt. Dagegen wurde gezeigt, daß die Choane der Urodelen und An u reu in den Vorderdarm, also ins Ento denn durchbricht. Der völlig abweichende Bildungsgang der Amphibiennase, welcher wohl 76 Karl Peter, mit dem Larvenleben und der Metamorphose zusammenhängt, hat die bei erwachsenen Tieren den gleichbenamsten Teilen der Amnioten so ähnlich sehenden hinteren Nasenöffnungen auf einem so differenten Wege entstehen lassen, daß an eine Hom ologisierun g von Choanen und Gaumen mit den entsprechenden B i 1 - d ungen der übrigen Amphirhinen nicht gedacht werden darf, bis Zwischenstadien uns den Schlüssel zum Verständnis dieser eigenartigen Abweichungen geben. Die abseits stehenden Gymno- phionen können uns darüber keine Aufklärung verschaffen. Dagegen kann man innerhalb der Amnioten die inneren Nasen- öffnungen (primitiven Choanen) als homolog betrachten, wenn auch die Säuger eine etwas eigenartige Entstehung derselben aufweisen. Eine sichere Entscheidung gewährt die Entwicklungsgeschichte in der Muschelfrag e. Schon Mihalcovics hat hervorgehoben, daß man bei einem Homologisierungsversuch der Nasenmuscheln von der frühesten Ent- wickelung dieser Wülste ausgehen muß und nicht die viel später entstehenden knorpeligen oder knöchernen- Stützen derselben ver- gleichen darf. So ist die GEGENBAUR'sche Definition (Jen. Ztschr. VII, 1873), eine Muschel sei „eine von der Wand her einspringende, selbständige, von einer einfachen Fortsetzung des Skeletts der Wand gestützte Einragung" genetisch nicht begründet. Doch traf auch Mihalcovics nicht das Rechte, da er die Muschel der Saurier dem „Riechhügel" der Vögel und der Siebbeinmuschel der Säuger gleich- stellte. Von den Anaini er n kämen hier höchstens die Amphibien in Betracht, deren zwischen den Blindsäcken liegende skelettgestützte Einragung man als Muschel bezeichnet hat ; eine Homologie derselben mit einem Turbinale der Amnioten dürfte bei der eigenartigen Genese der Amphibiennase kaum durchzuführen sein. Bei der Beurteilung des morphologischen Wertes der Muscheln ist zu beachten: 1) ob dieselben im Bereich des ursprünglichen Sinnes- epithels oder des zum Vorhof eingestülpten äußeren Epithels liegen. Letzteres ist der Fall bei der vorderen, der Vorhofsmuschel der Vögel, welche somit eine eigene Bildung ist, Ersteres betrifft alle übrigen Einragungen ; ob sie später von echtem Riechepithel bedeckt sind oder nicht, spielt keine Rolle, da die Umwandlung des ursprünglich gleich- mäßigen Wandbelags sich in verschiedenen Grenzen halten kann. Hier entscheidet ein zweiter Faktor ihren Wert. 2) wurde gezeigt, daß die Nasenmuscheln sich an der lateralen Wand der Nasenhöhle, wie auch an dem hinteren abgespaltenen Teil der medialen Wand, anlegen können. Die beiden Gruppen wurden als laterale und mediale Muscheln bezeichnet. Die letztere Bildungsweise war allein bei den Ethmoturbinalia der Säuger beschrieben worden und fehlte den übrigen Amniotenklassen, soweit bekannt. Alle übrigen Muscheln sind Conchae laterales zu benen- nen. Die eine Unterabteilung derselben, die durch die halbmond- förmige Falte von den vorderen abgespalten wurde, die Conchae obtectae, sind ebenfalls den Mammaliern eigentümliche Bildungen, Entwickelung des Geruchsorgans in der Reihe der Wirbeltiere etc. 77 denen keine Muscheln der übrigen Vertebraten an die Seite gestellt werden können; nirgends trifft man auf ähnliche Faltenbildung. Somit bleiben alsConchae laterales anteriores übrig: die Muschel der Saurier und Schlangen, die primäre (mittlere) und sekundäre (obere, Riechhügel) der Vögel und die primäre (untere, Maxilloturbinale) und sekundäre (mittlere, Nasoturbinale) Concha der Säuger. Daß der letztgenannte Wulst von den Ethmoturbinalia völlig zu trennen und mit dein Maxilloturbinale zu vereinigen ist, wurde ausführlich erörtert. Da die primären, früh entstehenden Einragungen, sowie die sekundären, über diesen sich später bildenden völlig an gleicher Stelle abgeschnürt werden, so liegt kein Grund gegen ihre Homologisierung vor, und damit kämen wir zu folgender Einteilung: I. Muscheln des eingestülpten äußeren Epithels: Concha anterior (vestibuli) der Vögel. IL Muscheln des ursprünglichen Sinnesepithels: 1) angelegt an der lateralen Wand (Conchae laterales): A. den vorderen Teil einnehmend (C. 1. anteriores) a) primäre, untere : Concha der Saurier und Schlangen, Concha media der Vögel, Maxilloturbinale der Säuger, b) sekundäre, obere : Concha posterior (Riechhügel) der Vögel, Nasoturbinale der Säuger = Agger nasi (Mensch). [Obere Muschel der Krokodile??] B. den hinteren Bezirk einnehmend : Conchae obtectae der Säuger. 2) angelegt im Bereich der ursprünglich medialen Wand: Ethmo- turbinalia der Säuger, von vorn nach hinten zu zählen. Jakobson' seh es Organ. Als Jakobson' seh es Organ wurde bei Amniotenembryonen eine sehr frühzeitig sich anlegende Rinne im Sinnesepithel der medialen Wand der Riech grübe bezeichnet, welche sich zu einem hinten blind endigenden Kanal schließt. In Rudimenten ließ sie sich bei allen daraufhin untersuchten Amnioten nachweisen (Schildkröte??); selbst bei Krokodilen und Vögeln, bei denen das Vorkommen allgemein geleugnet wurde, zeigte sich eine seichte Furche an der typischen Stelle. Dagegen war Ganin's und Mihal- covics' Deutung des Ausführungsganges der septalen Drüse der Vögel als jAKOBSON'sches Organ hauptsächlich in Hinsicht auf dessen späte Anlage verworfen worden. Es erhebt sich nun die Frage, ob auch die Anamnier ein Homologon dieses interessanten Gebildes besitzen ; fast in jeder Klasse wurde ein solches beschrieben, doch, wie ich glaube, sind die Deu- tungen nicht stichhaltig. Daß die Angaben von Scott für Petromyzon und von Winther für die Forelle irrig waren, ist bereits erörtert worden. Schwieriger zu beurteilen sind die Verhältnisse bei den Am- phibien. Ziemlich allgemein ist der untere Blindsack, der sich aus der medialen Wand des Riechsackes im Bereich des Sinnesepithels ausstülpt, als JAKOBSON'sches Organ bezeichnet worden ; die Lage scheint allerdings die typische zu sein, und das Verhalten der zu diesem Blindsack gehörigen Drüse, welche wie bei Reptilien weit vor den übrigen Nasendrüsen erscheint, ist ein gewichtiger Grund für die Homologie. Indes ist daran zu erinnern, daß die Entwickelung des 78 Karl Peter, Greruchsorgans bei den Amphibien schon sehr früh einen ganz ab- weichenden Weg einschlägt; das Lumen bildet sich völlig anders als bei den Amnioten, und die mediale Wand enthält daher von Anfang an ganz anderes Material als bei den übrigen Wirbeltieren. Auch die Zeit der Ausstülpung des unteren Blindsackes ist auf ein viel späteres Entwickelungsstadium verschoben, als mit dem Auftreten des Jakobson- schen Organs vereinbar wäre. Ob man den einen oder anderen Gründen mehr Wert beilegt, ist subjektives Empfinden. Ich stehe einer Be- nennung des unteren Blind sackes der Amphibien als Jakobson 'sehen Organs nicht sympathisch gegenüber und möchte diese Bezeichnung auf die oben charakterisierte Bildung der Amniotennase beschränkt wissen. Mißbildungen. Kurz sei noch auf die Entstehung zweier Mißbildungen hin- gewiesen, welche in Störungen während der Entwickelung von Nase und Gaumen, und zwar in einem unvollkommenen oder unterbleiben- den Verschluß sich normal vereinigender Teile ihre Ursache haben und daher als Hemmungsbildungen aufzufassen sind. Werden die beiden Gaumenplatten, etwa durch ein nicht erfolgtes Nachuntenrücken der zwischen ihnen eingeklemmten Zunge, an ihrer Vereinigung gehindert, so bleibt der sekundäre Gaumen gespalten, und es findet zwischen Nasen- und Mundhöhle eine Kommunikation statt (Palatum fissum, Wolfsrachen). Diese Spalte kann eine sehr verschiedene Ausdehnung besitzen ; sie kann sich auf das ganze Mund- dach erstrecken oder im geringsten Falle auf eine Teilung des Zäpf- chens beschränken. Das Septum narium hängt entweder frei nach unten oder verwächst noch mit einer der Gaumenplatten, wodurch wenigstens eine Nasenhöhle geschlossen wird. Als Kieferspalte oder Hasenscharte, welche auch vereinigt mit der obigen Mißbildung auftreten kann, bezeichnet man eine seit- liche Spaltung der Lippe allein oder des ganzen Kiefers, doppelseitig oder einseitig. Erstere nimmt ihre Entstehung durch mangelhaftes Verwachsen der Oberkieferfortsätze mit den Processus globulares der inneren Nasenfortsätze, welches zur Bildung der Oberlippe führen soll. Die Spaltung des ganzen Kiefers kann nur durch eine Störung bei der Herstellung des primären Gaumens erklärt werden : die Ge- sichtsfortsätze müssen in frühen Stadien am Aneinanderlegen zur Bildung des oralen Blindsackes verhindert worden sein ; dann wächst das Riechorgan als ventral offene Rinne in die Länge, primitiver Gaumen und primitive Choane können sich nicht entwickeln. Später kann eine vollständige oder partielle Verwachsung eintreten. Litteratur, Die mit einem * versehenen Arbeiten beschäftigen sich hauptsächlich mit der Entwickelung des Geruchsorgans, welche in den übrigen nur nebensächlich be- handelt wird. Abraham, K. Beitrüge zur Entwickelungsgcschichte des Wellensittichs. Anat. Hefte. Bd. XVII. 1901. Aichel, O. Kurze Mitteilung über den histologischen Bau der Riechschleimhaut embryo- naler Teleostier. Sitz.-Ber. d. Ges. f. Morph, u. Phys. München 1S95. AyerSf H. Concernivg Vertebrate Cephalogenesis. Journ. Morph. Boston Vol. IV. 1890. 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Natürlich können hier nicht alle Arbeiten, welche das Geruchsorgan kurz erwähnen, nochmals angeführt werden, s. also A. I. III und das Kapitel ,, Entwickelung des Gesichts". Sechstes Kapitel. Entwickelungsgeschichte des Gehörorgans. Von Rudolph Krause. Die Elitwickelung des Gehörorgans spielt sich bei den Wirbel- tieren in drei großen aufeinander folgenden Perioden ab. Die erste beginnt mit einer Epidermisverdickung, die sich zu einer kleinen Grube einstülpt, und findet ihren Abschluß in der Entstehung eines kleinen, ovalen Bläschens, das dicht unter der Haut liegt. Beide, Bläschen und Haut, sind bei den weitaus meisten Wirbeltieren durch einen Kanal miteinander verbunden, der aber nur bei einer einzigen Gruppe dauernd offen bleibt, bei den übrigen sich von der Epidermis losschnürt und einen kurzen dorsalen Anhang des Ohrbläschens darstellt. Die zweite Periode charakterisiert sich hauptsächlich durch Aus- stülpungsvorgänge, welche jenes primitive Hörbläschen betreffen und an der ventralen, dorsalen, lateralen und medialen Wand desselben angreifen. Es setzt sich dadurch der obere, dorsale Teil der Hör- blase, Pars superior, von dem unteren, ventralen Teil, Pars inferior, immer mehr und mehr ab. Aus dem ersteren stülpen sich 3 halb- kreisförmige, ungefähr in den drei Ebenen des Raumes orientierte Kanäle aus, die Canales semicirculares ; den Rest der Pars superior, in welchen jene Kanäle einmünden, bezeichnen wir als Utriculus. Die Pars inferior der Hörblase dagegen liefert ein rundliches Säckchen, den Sacculus. Er stülpt aus seiner ventralen Fläche wiederum ein kürzeres oder längeres Rohr aus, das sich bei den höchststehenden Formen spiralig in Form eines Schneckengehäuses aufwindet. Je nach seiner Entwickelung bezeichnen wir es als Lagena oder Cochlea. In der dritten Periode endlich sondern sich die so entstandenen Teile mehr und mehr voneinander. Man kann im allgemeinen sagen, daß, je höher ein Wirbeltier steht, es zu um so größerer Selbständigkeit und Trennung der einzelnen Teile kommt. So trennen sich bei den Säugetieren Utriculus mit den Canales semicirculares und Sacculus fast völlig voneinander und bleiben nur durch die Vermittlung jenes oben erwähnten Labyrinthanhangs, des Ductus endolymphaticus, mit- einander in Kommunikation. Es trennt sich aber auch der Sacculus 6* 84 Rudolph Krause, wiederum von der Cochlea. Hier vermittelt ein sehr feines, noch nicht allzu lange gekanntes Rohr, der Canalis reuniens, den Zusammenhang (Hensen, 1863). Andererseits sehen wir wieder bei den tiefstehenden Formen, z. B. den Selachiern, die einzelnen Teile weit offen ineinander übergehen. Hier kommt es zu einer Trennung der Pars superior von der Pars inferior überhaupt nicht, und bei den Petromyzonten vermissen wir sogar einen der 3 Bogengänge. Das Petromyzontenlabyrinth mit seinen mangelhaft abgetrennten beiden Bogengängen bildet eine will- kommene Brücke, die uns hinüberführt zum Hörbläschen der Cephalo- poden. Im Laufe der fortschreitenden Entwicklung rückt das Hörbläschen immer mehr in die Tiefe, entfernt sich immer mehr von der Körper- oberfläche, dadurch wird natürlich auch die Schallzuleitung eine mangel- haftere. Bei den Wasser bewohnenden Fischen und Amphibien oder O.m. [ Jl.e. Tr. Fig. 76. Schematische Darstellung des menschlichen Gehörorgans nach Wieders- heim. A. Ampullen. Cr. Canalis reunieus. Ct. Paukenhöhle. D.e. Ductus endo- lymphaticus. F.o. Foramen ovale. F.r. Foramen rotundum. G.k. Gehörknöchelchen. h. IS. häutige Bogengänge. h.S. häutige Schnecke. k.B. knöcherne Bogengänge. Te.8. knöcherne Schnecke. M.e. äußerer Gehörgang. O.m. Ohrmuschel. S. Sacculus. S.e. Saccus endolymphaticus. >S.t. Scala tympani. S.v. Scala vestibuli. Tb. Tube. Tr. Trommelfell. U. Utriculus. x Vorhofsblindsack. D.p. Ductus perilymphaticus. bei den sich kriechend auf dem Boden fortbewegenden Reptilien fällt dieser Umstand weniger ins Gewicht. Bei den höheren landbewoh- nenden Reptilien, Vögeln und Säugetieren aber mußte für eine bessere Schallzuleitung gesorgt werden. Hier entwickeln sich aus dem 1. und 2. Schlundbogen , aus der 1. Schlundspalte und den an- grenzenden Epidermispartieen besondere Hilfsapparate, welche sich dem Labyrinthbläschen oder inneren Ohr angliedern und die wir im Gegensatz zu jenem als mittleres und äußeres Ohr bezeichnen. Sie setzen sich zusammen aus kleinen Knöchelchen, welche einerseits an das Labyrinth, andererseits an die äußere Haut anstoßen und so eine Entwickelungsgeschichte des Gehörorgans. 85 Verbindung beider bilden. Diese Gehörknöchelchen liegen in einem Hohlraum eingeschlossen, der Paukenhöhle, welche nach innen durch ein kurzes Rohr, die Tuba Eustachii. mit der Rachenhöhle kommuniziert, nach außen aber durch eine Membran geschlossen ist. Die letztere, das Trommelfell, ist die Aufnahmemembran für die Schallwellen und leitet dieselben über auf die Gehörknöchelchen, mit welchen es fest verbunden ist. Nach außen schließt sich an das Trommelfell ein kürzerer oder längerer äußerer Gehörgang, dem als Schalltrichter die Ohrmuschel angefügt ist. Das mit einer Flüssigkeit, der Endolymphe, gefüllte Labyrinth umgiebt sich mit einer knöchernen Kapsel, welche die Form jenes komplizierten Organs mehr oder weniger getreu nachahmt. Zwischen dem so gebildeten knöchernen und dem häutigen Labyrinth schieben sich dann noch Räume ein, welche ebenfalls mit Flüssigkeit, Peri- lymphe, gefüllt sind und durch den Ductus perilymphaticus mit den Lymphräumen des Centralnerven Systems in Verbindung stehen. Sie sind wesentlich als Schutzeinrichtung für das häutige Labyrinth aufzufassen, dienen aber auch im hohen Grade der Schallleitung. Für unsere Besprechung kommen ausschließlich die häutigen Teile des Gehörorgans in Betracht, da sich die knöchernen Teile, also knöchernes Labyrinth , knöcherne Paukenhöhle , Gehörknöchelchen und knöcherner Gehörgang, nur in Verbindung mit dem Schädel ab- handeln lassen. Sie werden dort ihre Erledigung finden. Die Bildung des HörMäschens. Die ersten Anzeigen von der Entwicklung des Gehörorgans spielen sich ab in einer Zone, welche gelegen ist seitlich vom 3. Hirnbläschen. Hier erscheint das Ektoderm erheblich verdickt in einem länglichen Bezirk, welcher überall ohne scharfe Grenze in das indifferente Ektoderm übergeht. Indem nun innerhalb dieser Gehör- zone eine reichliche Zellwucherung stattfindet, verdickt sie sich immer mehr und setzt sich gleichzeitig schärfer von ihrer Umgebung ab. In Fig. 77 liegt jederseits vom Nervenrohr (w), das sich eben ge- schlossen hat, die Hörplatte (h.p.). Auf der einen Seite ist sie genau senkrecht, auf der anderen etwas schräg ge- schnitten. Sie besteht aus einem einschichtigen, h.p. ». hohen Cylinderepithel , dessen Zellen von der Mitte der Hörplatte nach der Peripherie zu immer niedriger werden und schließlich in die kubi- schen Zellen des Ektoderm s übergehen. Die Kerne dieser Zellen liegen an der Zellbasis, doch erkennt man auch der Zellperipherie näher ver- einzelte Kerne, welche sich aber sämtlich in Mitose befinden. Es scheint so, als ob in diesen Zellen eine Wanderung der Kerne stattfände; wenn sich der Kern geteilt hat, rückt er an die Fig. 77. Schnitt durch Basis der Zelle. die Kopfgegend eines Bei anderen Tieren scheint die Hörplatte Embryos yon Tro^c0/ . -r, -i .. i • i l • i j_ notus natrix. np. ±ior- aus mehreren Redien übereinander geschichteter platte, n. Nervenrohr. Zellen zu bestehen, so beim Hühnchen aus 2—3, bei Mustelus aus 3—4 Schichten (Poli, 1897). Die Hörplatte bildet sich schon sehr früh, noch vor dem Durch- bruch der Schlundspalten, bei Hühnerembryonen von 7—8 Urwirbeln, 86 Rudolph Krause. Hyla von 2 mm, Mustelus von 3 — 4 mm, Rana von 7—8 Urwirbeln, Maulwurf von 10 Urwirbeln (Heape, 1887, A. L. III, 10), Schaf von 17—18 Tagen, Hund von 1(3—17 Tagen (Poli, 1897; Bonnet, 1891, A. L. II). Bei denjenigen Wirbeltieren, welche ein zweischichtiges Ektoderm besitzen, wie Teleostier, Ganoiden und Amphibien, betrifft die Epithel- verdickung ausschließlich das innere Blatt, während die Deckschicht unverändert über die Hörplatte hinwegzieht. Auch hier wachsen die Zellen jener Grundschicht zu langen Cylinderzellen aus, die in der Mitte der Hörzone am längsten sind, nach den Seiten zu immer nie- driger werden und schließlich in kubische Zellen übergehen (1884 C. K. Hoffmann, A. L. III, 4; 1881 Salensky, A. L. III, 5; 1875 Goette, A. L. III, 7). In dem folgenden Stadium bildet sich die Hör platte zur Hör- grube um, indem sich zunächst die Platte in ihrem Centrum ein- senkt, eine napfförmige Vertiefung erhält. Diese Einsenkung verdankt ihre Entstehung wohl hauptsächlich dem Umstand, daß die bei der lebhaften Zellwucherung entstehenden Kerne sämtlich nach der Basis der Zellen wandern. Es wird dadurch die Zellbasis breiter als das periphere Ende ; hierzu kommt noch, daß viele Zellen mit ihrem peri- pheren Ende die freie Oberfläche überhaupt nicht erreichen. Indem sich nun an der Basis der Hörplatte immer eine Zelle nach der anderen eindrängt, wird sich dieselbe mehr und mehr nach innen vorwölben, während die Peripherie der Platte in ihrem Centrum ein- sinkt. Bei den Tieren mit zweischichtigem Ektoderm kommt es meist nur zu einer Einstülpung der verdickten Grundschicht. Hier brückt sich Deckschicht ohne jede Einsenkung über die Hörgrube herüber Ein etwas difterentes Verhalten, eine Art Mittelstellung, nehmen die Urodelen ein. Fig. 78 stellt die Hörgrube einer Axolotl-Larve dar. Hier hat sich auch die hg. n. hg. Deckschicht gar nicht weit zu kommen. Die ' - ' T ~ - erstere ist außer- - ordentlich flach , nur ch- an einer Stelle, und Fig. 78. Querschnitt durch die Kopfgegend einer zwar in der Mitte der in Streckung begriffenen Axolotl-Larve. hg. Hörgrüb- Höl'°rube findet sich chen d Deckschicht des Ektoderms. n. Nervenrohr. eine&kleilie Vertiefung c/l-Chorda- (1892 Norris; 1901 Krause). Hat sich einmal die Hör grübe gebildet, so findet auch bald ein Umschlag ihrer Ränder statt, und zwar beginnt derselbe meist an dem dorsalen Rande der Hörgrube. Man kann diesen Prozeß am schönsten bei den Amphibien verfolgen. Entwickelungsgeschichte des Gehörorgans. 87 Fig. 79 und 80 stellen zwei derartige Stadien von der Froschlarve dar. In dem ersten Stadium erscheint die Hörgrube noch ziemlich seicht, der dorsale Rand der Grube hat sich aber bereits umgeschlagen, während der ventrale Rand noch kontinuierlich in die Grundschicht des Ektoderms übergeht. In dem folgenden Stadium der Fig. 80 hat v.u. W7'Jg Fig. 79. Fig. 80. Fig. 79 und 80. Zwei Schnitte durch die Kopfgegend zweier in Streckung begriffenen Froschlarven, hg. Hörgrübchen, d.u. dorsale Umstülpung. v.u. ventrale Umstülpung der Hörplatte. sich nun auch daß der sale noch offen Zellen, der der ventrale Rand, aber viel breiter umgeschlagen, so ventrale Abschnitt der Hörgrube mehr ausgebaucht, dagegen der dor- mehr zugespitzt erscheint. Im Centrum ist die Hörgrube in die Oeffnung aber wölbt sich hinein ein Pfropf von der Grundschicht des Ektoderms Hörblase angehört. erfolgt zwischen dringende Wucherung Der endliche Schluß der überall durch starke der einander zustrebenden Ränder. Dabei wird gleichzeitig die Blase durch das sie und die Epidermis ein- Mesenchym mehr und mehr von der Oberfläche abgedrängt. Es kommt so bei manchen Tierklassen ein Stadium, in welchem die Hörblase noch durch einen engen und verhältnismäßig langen Kanal mit der Körperoberfläche in Verbindung steht, wie das die neben- stehende Fig. 81 von der Ringelnatter zeigt. Aehnliches findet sich auch bei den Vögeln. Bei den Säugetieren aber erfolgt der Schluß und die Lösung der miteinander verklebten Ränder der Hör- blase von der Epidermis so rasch, daß ein solches Stadium schwieriger zur Be- obachtung kommt. Im übrigen scheinen auch individuelle Variationen hier nicht selten vorzukommen. h.b. Fig. 81. Schnitt durch die Kopfgegend eines Embryos von Tropidonotus natrix. hb. Hör- bläschen, bei x Mündung des Ganges, der die Abschnürungs- stelle darstellt, n. Epithel des Nervenrohrs. 88 Rudolph Krause. Während bei' allen Wirbeltieren das Gehörorgan durch eine Grubenbildnng des Ektoderms entweder des gesamten Ektoderms oder seiner Grundschicht allein entsteht, machen die Dipnoer eine Aus- nahme. Nach einer brieflichen Mitteilung von Herrn Prof. Semon bildet sich bei Ceratodus zunächst eine Verdickung des Ektoderms, welche sich zu einem Epithelzapfen auswächst. Er trägt an seinem Ende eine solide Epithelkugel, welche sich nach und nach aushöhlt und zu einem rundlichen, später länglichen Hörbläschen wird. Das primitive Hörbläschen. Wenn sich das Hörbläschen vollständig von seinem Mutterboden, der Epidermis, abgeschnürt hat, stellt es ein länglich-ovales Bläschen dar, dessen größter Durchmesser bei Amphibien, Vögeln und Säuge- tieren dorso-ventral, bei Fischen und Reptilien dagegen caudo-cerebral gelagert ist. Die Größenverhältnisse sind bei den einzelnen Wirbel- tierklassen nur recht geringen Schwankungen unterworfen. Die größten Hörbläschen besitzen die Vögel, dann folgen die Säugetiere, Fische, Amphibien und Reptilien. Die folgende kleine Tabelle giebt genauere Maße, es bezeichnet dabei d. v. den dorso-ventralen, c. c. den caudo- cerebralen Durchmesser in Millimetern : d. v. c. c. Hund 0,4 0,3 Meerschwein 0,32 0,25 Kaninchen 0,3 0,2 Hühnchen 0,54 0,4 Eingelnatter 0,14 0,2 Frosch 0,2 0,18 Axolotl 0,25 0,22 Foreile 0,25 0,2 Der dorsale Abschnitt des Bläschens erscheint immer verengt, in medio-lateraler Richtung etwas zusammengedrückt, während der ventrale Abschnitt mehr ausgebaucht ist. d:e- Fig. 82 stellt das halbierte Modell eines \ ^^ /' Hörbläschens vom Kaninchen dar kurz ^jJNjL^. 11;lr'1 der Abschnürung. Die Abschnü- rungsstelle (x) ist noch deutlich als kleine, / 1 \ nach innen vorspringende Zacke der Im £ \ Epidermis wahrzunehmen. Der obere, /'^ \ engere Teil setzt sich scharf gegen den / \ m, unteren, weiteren ab und liefert den / \^ä W -j n,e- Ductus endolymphaticus. e- J Fig. 83 zeigt ein etwas älteres Sta- dium vom Hühnchen. Hier erfolgt die Fig. 82 Modell des Hörbläs- Abschnürung erst viel später als beim chens eines Kaninchenembryos kurz Tr . , ° , , . 0^. ,. ..T vor der Abschnürung; bei x die Kaninchen und beim Saugetier uber- Abschnürungsstelle von der Epi- haupt. Es steht hier das Bläschen dermis (e.). d.e. die Anlage des noch in offener Kommunikation mit der Ductus endolymphaticus Bei n.e. Körperoberfläche, Obgleich schon Ver- erscheint die Wand des Bläschens .. i v tti i • ± *^ verdickt. Das ursprüngliche Modell anderungen m die Erscheinung treten, ist halbiert. welche uns in die zweite Periode der Ohrentwickelung hinüberführen. Es hat sich nämlich lateral von dem stark verengerten, oberen Teil der Hör- blase die laterale Wand blasig vorgestülpt und dadurch die Hörblase von der Epidermis mehr abgedrängt. Entwickelungsgeschichte des Gehörorgans. 89 des Bläschens zugekehrte Wenn das Hörbläschen sich von der Epidermis abgeschnürt hat, besteht seine Wandung aus einer ein- oder mehrfachen Lage von Zellen. Auch hier zeigt sich wiederum die Eigentümlichkeit, daß die Mitosen immer das freie, d. h. dem Inneren Ende der Zellen einnehmen. Die Wand des Bläschens d. hb ist fast überall gleich dick, nur im medio-ventralen Winkel findet sich eine merkliche Ver- dickung. d.e. Fig. 83. Fig. 84. Fig. 83. Modell der Hörblase eines Hühnerembryos kurz vor der Abschnürung (halbiert), e. Epidermis, d.e. Ductus endolymphaticus, der bei x in offener Verbindung mit der Epidermis steht, t.v. Tasche für die vertikalen Bogengänge. Fig. 84. Schnitt durch das Hörbläschen von Scyllium canicul. hb. Hör- bläschen, d.e. Ductus endolymphaticus, bei x dessen Mündung an der Oberfläche. g. das der ventralen Wand angelagerte Ganglion acusticum. n. Epithel des Nerven- rohrs. Bei den Amphibien, bei welchen die Wand sonst überall ein- schichtig ist, legen sich hier 2 Zellschichten übereinander. Dieser Epithelverdickung, deren Bedeutung für das Organ später erörtert werden soll, liegt medial oder auch etwas mehr ventral ein Zellhaufen an, welcher das Ganglion acusticum darstellt (Fig. 84). Es schmiegt sich der Wand des Bläschens innig an und steht durch den Nervus acusticus mit dem Hirn in Verbindung. Die Bildung des Ductus endolymphaticus. Mit der Abschnürung der Hörblase steht bei vielen Tierklassen die Bildung eines Ganges in Zusammenhang, welcher bei den Selachiern aus dem Labyrinth an die Körperoberfläche führt, bei den meisten anderen Wirbeltieren dagegen sich zu einem lateral oder dorsal vom Hirn gelegenen Sack erweitert. Wir bezeichnen denselben als Labv- rinthanhang, Ductus endolymphaticus, Recessus labyrinthi oder Aquae- ductus vestibuli. Bei Selachiern, Vögeln und Säugetieren stellt der Ductus endo- lymphaticus in gleicher Weise in einer gewissen Phase der Ent- wicklung den Verbindungsgang zwischen Hörbläschen und Außen- 90 Rudolph Krause, frühzeitig, bei niemals von der den Epi- Gang in seiner Hörbläschen ge- weit dar. Bei den Säugern schnürt er sich sehr Vögeln etwas später und bei den Selachiern dermis ab. Wie im vorigen Kapitel gezeigt wurde, ist dieser Anlage bereits vorhanden, bevor sich noch das schlössen hat (1899 Poli, 1899 Corning, 1900Kupffer, 1901 Krause, 1901 Peter). Er stellt nämlich den dorsalsten, verengten Teil der Hörblase dar und bildet sich bei allen Wirbeltieren in gleicher Weise. Vielfach ist behauptet worden, daß der Gang erst sekundär durch Ausstülpung aus der Hirnblase entstehe. Das entspricht aber nicht Wirklichkeit der Ductus endolympha- der Hörblase, da ihr dorsaler Rand, zuerst umstülpt und damit die Bildung 85 und 86 demonstrieren das Schick- den Thatsachen, denn es ist in ticus der ursprünglichste Teil wie früher erörtert wurde, sich des Ganges einleitet. Die Fig. sal des Ganges nach Schluß des Hörbläschen Fig. 75 zeigt das Fig. 85. Fig. 86. Fig. 85. Schnitt durch die Kopfgegend einer eben gestreckten Froschlarve. hb. Hörbläschen, oben geschlossen, bei x noch in Verbindung mit der Grundschicht des Ektoderms. che. Anlage des Ductus endolymphaticus. Fig. 86. Schnitt durch den Kopf einer Axolotl-Larve. hb. Hörbläschen, d.e. Ductus endolymphaticus. Bläschen eben geschlossen, auf der einen Seite noch mit der Epider- mis in Verbindung. Am dorsalen Ende der Blase ist deutlich schon der Gang abgesetzt. Dadurch nun, daß, wie Fig. 86 beweist, der ventrale Abschnitt des Bläschens sich stark lateral vorbuchtet, wird der Gang von der übrigen Hörblase abgesetzt, und seine Mündung kommt an die mediale Fläche der Hörblase zu liegen. Ebenso wie bei den Amphibien verläuft im Prinzip die Entwickelung des (langes bei allen anderen Wirbeltieren, so daß unseres Erachtens damit auch die viel erörterte Homologieenfrage entschieden ist. Es ist der Ductus endolymphaticus der höheren Wirbeltiere völlig homolog jenem Gang, der bei den Selachiern das Labyrinth mit der Körper- oberfläche verbindet. Eine andere Frage ist die, ob die Spitze des Ductus endolym- phaticus auch mit der Verschlußstelle des Hörbläschens zusammen- fällt. Es scheint das in der That meistens der Fall zu sein, so bei Säugern und Vögeln (1899 Keibel, 1901 Krause), dagegen trifft es Entwickelungsgeschichte des Gehörorgans. 91 nicht zu für die Reptilien und Cyclostomen (1899 Poli, 1900 Kupffer, 1901 Krause, 1901 Peter). Dadurch daß diese beiden Fragen mit- einander verquickt worden sind, ist ein lebhafter Streit, über die Homologie dieses Ganges entstanden, indem die einen, dem Vorgang Balfour's (1881, A. L. II) folgend für die Homologie mit dem Ausführungsgange des Selachierlabyrinths eintraten (1890 Hoffmann, A. L. III, 8 ; 1898 Hertwig, A. L. II; 1901 Krause), die anderen mehr oder weniger ablehnend sich verhielten (1898 Hellmann, 1897 Poli, 1898 Netto, 1901 Peter). Eine Ausnahmestellung unter den Wirbeltieren nehmen in dieser Beziehung die Knochenfische ein, sie besitzen überhaupt keinen Ductus endolymphaticus. Wenn sich bei ihnen das Hörbläschen abgeschnürt hat, ist von einem solchen Gang gar nichts zu bemerken (1887 von Noorden). Das, was man (1872, 1881 Retzius. 1873 Hasse) mit diesem Namen belegte, hat entwickelungsgeschichtlich nichts damit zu thun. Es entsteht erst sehr spät, dann, wenn schon alle anderen Teile des Gehörorgans ausgebildet sind, und stellt einen kleinen, sich aus dem Sacculus ausstülpenden Recessus dar, der nie eine bedeu- tendere Ausdehnung erlangt und niemals an seinem Ende eine sack- förmige Erweiterung trägt. Bei vielen Knochenfischen fehlt das Gebilde auch gänzlich. Man mag es da, wo es vorkommt, als einen Recessus dorsalis sacculi bezeichnen, ein Ductus endolymphaticus ist es aber nicht. Die Bildung der kalbcirkelförmigen Kanäle. Diejenigen Veränderungen, welche das primitive Hörbläschen nun in der Folge erleidet, spielen sich einerseits an der Pars superior, andererseits an der Pars inferior ab. Die ersteren führen zur Bildung des Utriculus mit den halbcirkelförmigen Kanälen, die letzteren zur Entwickelung des Sacculus mit Lagena und Cochlea. Zunächst soll die Pars superior und ihre Veränderungen abgehandelt werden. Die Bildungsgeschichte der Bogengänge, die schon von Hch. Rathke (1839, A. L. III, 8; 1861, A. L. II) in den wesentlichen Zügen richtig beobachtet worden ist, läßt in der Reihe der Wirbel- tiere zwei differente Typen erkennen. Zu dem einen gehören die Säugetiere, Sauropsiden und Selachier, zu dem anderen die Teleostier und Amphibien. Bei den ersteren handelt es sich wesentlich um Ausstülpungsvorgänge, bei den letzteren um Einstülpungsprozesse. Wir wollen den einen als den Säugertyp, den anderen als den Teleostier- typ bezeichnen (1835 Valentin, A. L. II, 1892 Vogt, A. L. III, 4, 1851 Reissner, 18(37 Middendorp, 1869 Böttcher, 1888 Rüdinger, 1868 Rosenberg, 1879 Kölliker, 1887 von Noorden, 1892Norris, 1890 Villy, 1890 Krause, 1889 His). Die erste Veränderung, welche die Pars superior erleidet, ist schon früher kurz angedeutet und durch die Figg. 83 und 86 veranschaulicht worden. Man erkennt dort, daß sich zunächst die laterale Wand der primitiven Hörblase nach außen und dorsal- wärts ausstülpt. Es wird dadurch der Ductus endolymphaticus von der Epidermis abgedrängt, Fig. 87. Modell der Hirnblase eines Kaninchen- / a-h- embryos von 6 mm N.St.L. Medialansicht. d.c. Ductus endolymphaticus, a.a. Ampulla anterior. a.p. Ampulla ' 'W^^ . - posterior, c. Ductus cochlearis. a.a. 92 Rudolph Krause, und seine Mündungsstelle kommt, indem diese Tasche dorsalwärts weiterstrebt an die mediale Wand der Hörblase zu liegen. Fig. 87 veranschaulicht diese Verhältnisse an einem etwas älteren Kaninchen- embryo. Das Modell ist von der medialen Fläche dargestellt und zeigt, wie der Ductus endolymphaticus an dieser Fläche mündet. Gleichzeitig oder etwas später als diese erste vertikale Tasche entsteht eine zweite Ausstülpung, die ebenfalls von der lateralen Wand der Hörblase ausgeht, sich aber direkt lateral gegen die Epidermis wendet. Diese zweite, horizontale Tasche erscheint in dem Modell der Fig. 88, das wiederum von einem etwas älteren Kaninchenembryo stammt, als ein querer, über die Mitte der Hörblase verlaufender Wulst. Beide Taschen bilden die ersten Anlagen der halbcirkelförmigen Kanäle, und zwar ent- stehen aus der vertikalen Tasche die beiden vertikalen Bogengänge, aus der t.h. c.v. Fig. 88. Modell der Hör- blase eines Kaninchenembryos von 8 mm N.St.L. Lateralan- sicht, d.e. Ductus endolympha- ticus, t.v. Tasche für die ver- tikalen Bogengänge, t.h. Tasche für den horizontalen Bogengang. c. Ductus cochlearis. horizontalen Tasche der horizontale Bogen- gang. Es wird somit für die beiden vertikalen Bogengänge nur eine einzige Tasche ange- legt. Dieser Satz gilt für alle Vertreter Säugertyps mit alleiniger Ausnahme Selachier; bei ihnen entsteht nämlich jeden der beiden vertikalen Bogen- des der für sänge eine besondere Tasche. Die Figg. 89 o^* 90 und 91 stellen drei frühe Stadien der Labyrinthentwickelung eines Haitisches dar. In Fig. 89 geht aus dem dorsalen Teil der in der Körperachse etwas in die Länge gezogenen Labyrinthblase der lange Ductus endolymphaticus hervor, dessen Mündungsstelle an der Körper- oberfläche mit dargestellt ist. In Fig. 90 ist die frühere dreieckige Form des Hörbläschens völlig verändert, und zwar dadurch, daß sich die laterale Wand in ihrer ganzen Ausdehnung dorsalwärts ausgestülpt hat. Die Abgangsstelle des Ductus endolymphaticus ist nun in der lateralen Ansicht verschwunden, da sie von der vertikalen Tasche ver- t.a. La. t.h. Fig. 89. Fig. 90. Fig. 91. Fig. 89, 90 und 91. Drei Entwickelungsstadien der Hörblase von Scyllium canicul. d.e. Ductus endolymphaticus mit seiner Mündungsstelle. t.a. Tasche' fin- den vorderen, t.p. für den hinteren und t.h. für den horizontalen Bogengang. Entwickelungsgeschichte des Gehörorgans. 93 deckt und sozusagen medial und ventral verschoben ist. Also hier dieselben Verhältnisse wie dort. Der Unterschied liegt nur darin, daß sich an der hinteren Ecke der Hörblase noch eine zweite Aus- stülpung gebildet hat, hier ragt ein kolbiger Zapfen vor, die Tasche für den hinteren Bogengang. In Fig. 91 ist die Entwickelung noch weiter vorgeschritten. Die Taschen für den vorderen und hinteren Bogengang heben sich gut voneinander ab, und aus der lateralen Wand hat sich als scharf vorspringende Leiste die horizontale Tasche ausgestülpt. Die weitere Entwickelung der Bogengänge gestaltet sich nun sehr einfach und geht bei allen Vertretern des Säugertyps genau in der- selben Weise vor sich. Je mehr die Taschen an Tiefe zunehmen, um so enger werden sie, ihre Wandungen nähern sich und legen sich schließlich in den mittleren Partieen fest aneinander. Indem die ver- klebten Stellen des Epithels resorbiert werden, entsteht aus der Tasche ein halbringförmiger Kanal. Diese Vorgänge sollen im folgenden näher erläutert werden. Die Modelle der Figg. 92 und 93 zeigen uns das Labyrinth eines Kaninchenembryos in der lateralen und medialen Ansicht. Die ver- tikale Tasche hat bedeutend an Tiefe zugenommen und ungefähr die Form eines gleichschenkeligen Dreieckes. Von der Mitte der Basis zur Spitze zieht auf der medialen Fläche der Ductus endolymphaticus. d.e. d.e. a.a. c. s. Fig. 92. Fig. 93. Fig. 92 und 93. Modell der Hörblase eines Kaninchenembryos von 11 mm N.St.L. Fig. 92 Lateralansicht, Fig. 93 Medialansicht, d.e. Ductus endolympha- ticus, ca. vorderer, cp. hinterer Bogengang, a.a. Ampulla anterior, a.p. Ampulla posterior, a.e. Ampulla externa, s. tSacculus. c Ductus cochlearis. Nach vorn von ihm haben sich die Wandungen der Tasche an einer Stelle aneinander gelegt, und das Epithel ist an dieser mitic bezeich- neten Stelle resorbiert worden. Es ist so der vordere vertikale Bogengang entstanden. Nach hinten vom Ductus endolymphaticus sind bei y die Wandungen der Tasche schon verklebt, das Modell ist hier stark durchscheinend geworden. Erfolgt auch hier der Durch- bruch, so erhalten wir 2 halbkreisförmige Kanäle, welche an der Spitze des Dreieckes zusammenfließen und zwischen sich den Rest der mittleren Partie der ehemaligen vertikalen Tasche als gemeinsamen Schenkel stehen lassen. 94 Rudolph Krause. Die Basis jenes Bogengangsdreieckes wurde horizontale Tasche, die ebenfalls an Höhe stark Ihre Hauptentwickelung erreicht hier legen sich, aber nur an einer gebildet d.e. cp. ca. ce. Fig. 94. Labyrinthmodell eines Schweine- embryos von 30 mm N.St.L. d.e. Ductus endolymphaticus, ca. vorderer, cp. hinterer, ce. äußerer Bogengang, s. Sacculus. c. Duc- tus cochlearis. in der EntWickelung ist drängt gegen den hinteren Bogengang Tasche, und es schiebt sich schließlich, wie Fig. 96 zeigt das hintere Ende des verti- kalen Bogenganges in die Oeffnung des hinteren Bogen- ganges hinein. Ganz ähnlich liegen die Ver hältnisse bei den Selachiern durch die zugenommen hat. sie aber erst etwas später. Auch Stelle, die Taschenwandungen an- einander. Indem die Verklebung und Resorption des Epithels von der Mitte immer mehr nach der Peripherie der Tasche zu fort- schreitet, entstehen so, wie das Fig. 94 zeigt, schließlich die 3 Bogengänge, und zwar als erster der vordere, als zweiter der hin- tere und als letzter der äußere Bogengang. Bei den Sauropsiden sind diese Vorgänge ganz dieselben wie bei den Säugetieren. Fig. 95 und 96 stellen zwei Entwickelungsstadien vom Labyrinth der Kreuzotter dar. Fig. 95 entspricht in ihrem Entwickelungsgrade ungefähr der Fig. 92. Auch hier ist der vordere Bogengang bereits durchbrochen, während es bei dem hinteren erst zur Epithelverklebimg gekommen ist. Der horizontale Bogengang noch bedeutend zurück. Die vertikale Tasche an , durchbricht die Mitte der ca. ca.- ce. cp. aa. — ce. Fic e. 96. p.v. Fig. 95. Fig. 95. Labyrinthmodell eines Embryos von Pelias berus lymphaticus. ca. vorderer, cp. hinterer, ce. äußerer Bogengang, labyrinthi. Fig. 96. Labyrinthmodell eines Embryos von Pelias berus d.e. Ductus endolymphaticus, ca., cp., ce. vorderer, hinterer, äußerer Bogengang d.e. Ductus endo- p.v. Pars inferior aa., ap., ae. vordere, hintere, äußere Ampulle, s. Sacculus Lateralansicht, er . Cochlea. Entwickelungsgeschichte des Gehörorgans. 95 Auch hier entsteht in der Mitte einer jeden der 3 Bogengangs- taschen eine Resorptionsstelle, und auch hier schiebt sich der hintere Abschnitt des äußeren Bogenganges in die Oeffnung des hinteren Ganges hinein, nur ist die Reihenfolge der Entwickelung eine andere, indem zuerst der hintere durchbricht und dann der vordere und schließlich der äußere folgt. Der hintere Bogengang erlangt überhaupt bei den Selachiern eine größere Selbständigkeit. Er mündet später durch einen kurzen Kanal in die Labyrinthblase ein. w. ce. Fig. 97. Fig. 98. Fig. 97. Modell des Ohrlabyrinthes eines Embryos von Scyllium can. von der lateralen Seite. Fig. 98. Dasselbe von der medialen Seite, ca. äußerer, cp. hinterer, ce. äußerer Bogengang. d.e. Ductus endolymphaticus, r.u. Recessus utri- culi. L. Lagena. Die Bildung der Ampullen scheint bei allen Wirbeltieren der- jenigen der Bogengänge voranzueilen. Schon dann, wenn sich die ersten Spuren der Taschenbildung zeigen, erscheint die vertikale Tasche an ihrem vorderen und hinteren, die horizontale Tasche nur an ihrem vorderen Ende etwas bauchig erweitert. Je mehr sich nun die Tasche vergrößert, um so enger wird sie, wie früher auseinander- gesetzt wurde, und um so schärfer setzt sich die junge Ampulle, welche diese Verengerung nicht mitmacht, gegen ihren Bogengang ab. Die aus einer gemeinsamen Tasche entstehenden beiden verti- kalen Bogengänge liegen naturgemäß anfangs in einer Ebene und be- halten diese Stellung auch lange Zeit bei. Erst später weichen die beiderseitigen Ebenen voneinander ab, und zwar so, daß der gemein- same Schenkel immer mehr medialwärts verdrängt wird ; sie bilden so zunächst einen lateral offenen, stumpfen Winkel, der sich im Laufe der weiteren Entwickelung bis auf 90° verkleinern kann. Fragt man sich nach den Ursachen, welche diese Winkelstellung bedingen, so wird man sie wohl in den Wachstumsverhältnissen des Labyrinths zu suchen haben. Es wird den an Umfang stark zuneh- menden Bogengängen von seiten der medial gelegenen Teile ein ge- ringerer Widerstand entgegengesetzt als von den lateralen. Indem sich der gemeinsame Schenkel medial verschiebt, können die Bogen- gänge durch ihre Winkelstellung auf beschränktem Gebiete eine mög- lichst große Ausdehnung gewinnen. Man kann ganz allgemein sagen, 96 Rudolph Krause. daß die vertikalen Bogengänge einen um so kleineren Winkel mit- einander bilden, je mehr sie in die Länge wachsen. Dazu kommt noch bei manchen Tieren, z. B. bei den Sauropsiden, ein anderes Moment hinzu. Hier schiebt sich nämlich (cf. Fig. 96) der sich bildende Sacculus in die Oeffnung des horizontalen Bogen- ganges hinein und drängt so den gemeinsamen Schenkel medial- wärts vor. Wenn wir nun zur Besprechung der Bogengangsbildimg bei den Amphibien und Teleostiern übergehen, so rinden wir hier etwas alt- weichende Verhältnisse. Als Beispiel soll das Labyrinth von Trutta fario gewählt werden. Wenn sich die ersten Andeutungen der Bogen- gangsbildung zeigen, stellt das Hörbläschen der Forelle ein länglich- ovales Gebilde dar, dessen Längsdurchmesser der Körperachse parallel 3:2 Von tritt vor- gesagt, Delle verläuft und sich zum Dorso-ventraldurchmesser ungelälir wie verhält. Der dorsale Rand der Blase verläuft leicht konvex, einem Ductus endolymphaticus ist keine Spur vorhanden. Es nun zuerst in der lateralen Wand, und zwar in der Gegend des deren dorsalen Winkels, eine kleine Grube oder, besser auf, die sich immer mehr und mehr vertieft. Etwas später als vorn tritt eine ähnliche Delle auch am hinteren dorsalen Winkel auf, so daß zwischen beiden Gruben die laterale Wand sich etwas nach außen vorbuchtet. Erst wenn diese beiden Gruben eine beträchtlichere Tiefe erreicht haben, bilden sich auch an zwei korrespondierenden Stellen der me- dialen Wand ebensolche Gruben, und zwar auch zuerst vorn und später hinten. Indem sich nun die beiderseitigen Gruben immer mehr ver- tiefen , kommt es zur Ver- schmelzung des Epithels der lateralen und medialen Wand an zwei Stellen mit nachfolgen- der Resorption. i.d. v.d. \ h.d. \ .1.<1. a.d. a.d. Fig. 99. Fig. 100. Fig. 99. Modell des Ohrbläschens eines Forellenembryos, v.d. vordere, h.d. hintere, a.d. äußere Delle (für den vorderen, hinteren und äußeren Bogengang). Fig. 100. Schnitt durch den Kopf eines Forellenembryos, v.l.d. vorderer Basalzapfen der lateralen Wand, v.m.d. vorderer Basalzapfen der medialen Wand. a.d. Basalzapfen für den horizontalen Gang (angeschnitten). Auf Schnitten erkennt man, daß die Entstehung der beschriebenen Gruben dadurch bedingt wird, daß von dem das Hörbläschen umgebenden Mesenchym 4 Zapfen gegen die Hörblasenwandung vordringen. Es entspricht jeder der Gruben ein Mesenchymzapfen. Fig. 100 stellt einen solchen Schnitt dar, welcher der Serie des Modells 99 entnommen ist, und zwar ist der Schnitt durch die beiden vorderen Entwicklungsgeschichte des Gehörorgans. 97 Gruben hindurchgegangen. Wie das Photogramm erkennen läßt, be- stehen diese Zapfen aus einer homogenen, strukturlosen Masse, über welche das umgebende Mesenchym glatt hinweg zieht. Es hat fast den Anschein, als ob die Hörblasenwand geschrumpft sei, doch ist das keineswegs der Fall, von Noorden (1883) hat diese homogene Substanz als Basalmasse bezeichnet und hält sie für ein Abscheidungs- produkt der Epithelzellen der Hörblase. Uns will die Ansicht an- sprechender erscheinen, daß die Basalmasse ein Produkt des die Hör- blase umgebenden Mesenchyms ist. Sie ist für Farbstoffe sehr unzu- gänglich und läßt außer einer sehr undeutlichen und häufig fehlenden Streifung keine weitere Struktur erkennen. In späteren Stadien ver- fällt die Basalmasse zunächst einer bindegewebigen, dann einer knorpe- ligen Metamorphose. Auch bei den Teleostiern bildet sich zuerst der vordere Bogen- gang, dann folgen die beiden anderen ungefähr gleichzeitig nach. Der hintere laterale Basalzapfen spaltet sich nämlich in zwei Teile, von denen der eine, schon beschrie- bene sich direkt medial, der andere aber sich ventral wendet. Diesem ^ H^- v,b. letzteren entspricht ein weiterer m ' M BUH x-- Basalzapfen, welcher entsteht in der h.b.r-^M J§, —-/ ■ ventralen Hälfte der lateralen Wand und in den Figg. 99 und 101 bei a.d. , x ""--^^ zu sehen ist. Er wendet sich schräg \ W ~~^, a b nach hinten und dorsal und trifft ^X Xs hier mit dem vorher beschriebenen £ £*S \ zusammen. Dadurch wird die late- ~ r?i*' \ rale Wand der Hörblase stark nach *• a-'L außen vor gebuchtet, und es entsteht Fig. 101. Modell des Hörbläschens durch Vereinigung der beiden Zapfen «nes Forellenembryos, vb h.b. und i •• o i-> i t-m a-b- vorderer, hinterer und horizontaler der äußere Bogengang, dessen Ebene Bogengang, a.d. Delle für den letzteren, zunächst noch nicht horizontal, son- s. Sacculus. dern schräg dorsalwärts verläuft. Es werden also für jeden Bogengang der Teleo stier zwei Zapfen gebildet, welche die Wandung der Hör- blase einstülpen. Von einer eigentlichen Taschenbildung kann hier nicht die Rede sein. Bei den Amphibien treten an die Stelle der Zapfen Septen, in- dem sich das Epithel der Hörblase einstülpt oder einfaltet und in das Innere der letzteren vordringt. Es treten so 2 Septen für die beiden vertikalen und ein Septum für den horizontalen Bogengang auf (1890 Villy, 1892 Norris). Bei den Urodelen scheint sich der horizontale Bogengang früher zu entwickeln als die vertikalen. Die Entwicklung der Pars inferior laoyrinthi. Während sich in der besprochenen Weise die halbcirkelförmigen Kanäle aus der Pars superior der Labyrinthblase herausbilden, treten gleichzeitig weitgreifende Veränderungen der ventralen Partie auf, die im wesentlichen auch zunächst Ausstülpungs- und dann Abschnürungs- prozesse sind und bei den meisten Wirbeltieren zu einer Trennung der Pars dorsalis von der Pars ventralis führen. Diese Veränderungen sind jedoch bei den einzelnen Wirbeltierklassen so verschieden, daß Handbuch der Entwickelungslehre. II. 2. 7 98 Rudolph Krause, gesonderte sie eme gesonderte Besprechung erheischen. Während nämlich die Pars dorsalis des fertigen Labyrinthes in der Wirbeltierreihe, von geringen Differenzen abgesehen, ungefähr die gleiche Ausbildung er- kennen läßt, vervollkommnet und kompliziert sich die Pars ventralis, je höher wir in der Wirbeltierreihe steigen, immer mehr. Bei den Selachiern stülpt sich dann, ihren Anlagen deutlich erkennbar sind, die wenn die Bogengänge in ventrale Partie der Labvrinthblase in Form ganze ca. eines länglichen Wulstes 90 und Fig. 91 c.p. aus (Fig. der sich an seinem vor- deren und hinteren Ende deutlich von der Pars dorsalis abgesetzt. Er gliedert sich in der Folge (Fig. 102) in drei hinter einander gelegene, durch immer tiefer werdende Furchen getrennte Ab- schnitte. Der vordere bildet den Recessus utri- culi, der mittlere den Sacculus und der hintere die Lagena. r.u. c.e. Fig ocellata vorderer , Recessus 102. Modell der Hörblase von Torpedo nach Hellmann 1898). ca., c.p. und c.e. hinterer und horizontaler Bogengang, r.u. utriculis. d.c p. Ductus canalis posterioris. d.e. Ductus endolymphaticus. L. Lagena. ein. von an- Zu einer Trennung der Pars dorsalis von der Pars ventralis, wie wir das später bei den Knochenfischen sehen werden, kommt es bei den Selachiern gar nicht. Hier münden der vor- dere und der vertikale Bogengang durch eine spaltförmige Oeffnung, der hintere Bogengang aber durch einen be- sonderen Kanal, Ductus canalis posterioris, in die Labyrinthblase Uns erscheint diese Auffassung des Selachierlabyrinths, die E. H. Weber (1820) und Hellmann (1898) vertreten wird, viel sprechender als die von Hasse (1873) und Retzius (1881), welche den in die Labyrinthblase mündenden Abschnitt des vorderen Bogen- ganges als Utriculus auffassen und ihm den übrigen Teil der Laby- rinthblase als Sacculus entgegenstellen. Es würden dann der Recessus utriculi, ebenso wie der hintere Bogengang in den Sacculus und nicht in den Utriculus münden. Sehr viel einfacher gestaltet sich die Entwicklung der Pars ven- tralis des häutigen Labyrinthes bei den Knochenfischen, obwohl sie gegenüber den Selachiern einen sehr wesentlichen Fortschritt auf- weisen. Schon zu der Zeit, wenn eben die ersten Anzeichen der Bogengangsbildung einsetzen, treibt das Hörbläschen ventralwärts eine Ausstülpung von ungefähr rhombischer Gestalt (Fig. 99). Zunächst zeigt sie das Bestreben, sich caudalwärts auszudehnen, so daß ihre Spitze dann, wenn die Bogengänge völlig durchgebrochen sind, die hintere Ampulle noch überragt (Fig. 101). Beim weiteren Wachstum Entwicklungsgeschichte des Gehörorgans. 99 aber dehnt sie sich auch cerebralwärts aus und schiebt sich unter dem Boden des Utriculus nach vorn. Dadurch setzt sich die Pars inferior, d. i. der Sacculus, immer mehr gegen die Pars superior, d. i. den Utriculus samt den Bogengängen ab. Noch aber kommunizieren beide durch eine breite Oeffnung miteinander. Erst bei 25—30 mm langen Forellen verkleinert sich die Kom- munikationsöffnung dadurch, daß die sie umgebenden Ränder vom Boden des Utriculus sich einander nähern und schließlich nur noch eine schmale, längliche Oeffnung übrig lassen, deren Längsachse der Körperachse parallel läuft. Es stellt dann der Sacculus der jungen Forelle eine längliche, ovoide Blase dar, die ungefährt doppelt so lang wie hoch und breit ist. Sie da). Fig. 103. Modell des Ohrlabyrinths einer jungen Forelle (mediale Ansicht). ca. und c.p. vorderer und hinterer Bogengang, a.a. und a.p. vordere und hintere Ampulle. /. Lagena. s. Sac- culus. ist dem Boden des Utriculus ziem- lich dicht angelagert und kommuni- ziert mit ihm durch einen schmalen Spalt , das Foramen utriculo-sac- culare. Das hintere Ende des Sac- culus setzt sich durch eine auf der medialen Fläche verlaufende Furche etwas, aber nur undeutlich gegen die Hauptmasse des Bläschens ab, es ist das die Lagena. Während bei der Forelle der Sacculus dem Boden des Utriculus dicht angelagert ist, entfernt er sich bei anderen Knochenfischen, z. B. bei Cyprinus, Silurus, Anarrhicas etc., mehr oder weniger weit von ihm, und das Foramen utriculo-sacculare kann zu einem langen, engen Kanal, dem Canalis utriculo-saccularis ausgezogen sein. Wie bereits früher auseinandergesetzt wurde, besitzen die Knochen- fische keinen Ductus endolymphaticus. Das Gebilde, welches man unter diesem Namen beschrieben hat, fehlt einmal einer ganzen Anzahl von Knochenfischen vollständig. Es erreicht niemals eine größere Ausdehnung, und es kommt auch nie an seinem blinden Ende zur Ausbildung eines Saccus endolymphaticus. Die ersten Andeutungen dieses, wohl am besten als Recessus dorsalis sacculi zu bezeichnenden Gebildes treten auf bei Forellen von 20 — 25 mm Länge und stehen in Verbindung mit der Verkleinerung des Foramen utriculo-sacculare und Abschnürung des Sacculus vom Utriculus. Es schiebt sich nämlich dabei die mediale Wand des Sac- culus hinter der medialen Wand des Utriculus etwas in die Höhe. Es entsteht so eine kleine Ausstülpung des Sacculus, welche in den letzteren medial vom Foramen utriculo-sacculare mit schlitzförmiger Oeffnung mündet. Aus den mitgeteilten Thatsachen geht ohne weiteres hervor, daß sich ein solcher Recessus dorsalis sacculi bei solchen Knochenfischen nicht entwickeln wird, bei welchen das Foramen utri- culo-sacculare in einen langen, engen Canalis utriculo-saccularis aus- gezogen ist, wie z. B. bei Silurus, Malapterurus und Ostracion. Die Amphibien verhalten sich auch in Bezug auf Entwicklung der Pars inferior ganz ähnlich wie die Knochenfische, so daß nicht 7* 100 Rudolph Krause, näher darauf superior von der eingegangen zu werden braucht. Auch hier ist die Pars Pars inferior immer getrennt, und beide kommuni- zieren durch einen ziemlich breiten, aber nur sehr kurzen Canalis utriculo-saccularis. Nur bei den höher stehenden Amphibien tritt noch ein Gebilde auf, welches uns zu den Sauropsiden und Säugern hinüberleitet. Während nämlich bei den Urodelen sich aus dem Sac- culus nur die Lagena aus- buchtet, treibt er bei den Anuren noch eine weitere kleine Blase, die Pars basi- laris. Die Lagena erscheint schon sehr früh als Aus- sackung am hinteren Rande des Sacculus und setzt sich bald gegen den vorderen Teil, den eigentlichen Sacculus, durch eine ventralwärts einschnü- rende Falte ab. Am hinteren Ende der Lagena stülpt sich dann aus ihrer Wand die Pars basilaris als seichte Blase aus. Es stellt so die Pars inferior des Anurenlabyrinths(Fig.l05)r vom Hirn aus betrachtet, ein dreiteiliges, unregelmäßig klee- blattförmiges Gebilde dar, des- größten, dessen hinterstes Blatt, Fig. 104. Häutiges Labyrinth von Bufo vulgaris, ca. und c.p. vorderer und hinterer Bogengang, a.a. und a.p. vordere und hintere Anapulle, r.u. Recessus utriculi. s.s. Sinus superior. d.e. Ductus endolymphaticus, s. Sac- culus. /. Lagena. p.b. Pars basilaris. sen vorderstes Blatt, der Sacculus, am die Pars basilaris, am kleinsten ist. Mit der Betrachtung der Entwickelung des Saurop sidenlaby- rin ths tretfen wir auf Verhältnisse, welche sich denen der Säuger nähern, indem es hier zu einer noch s.e. vollständigeren S.S. c.e. Trennung a.a. von Utriculus, Sacculus und La- gena oder Cochlea, wie wir sie jetzt nennen, kommt. Zu der Zeit, zu welcher sich aus dem Labyrinthbläschen die beiden Taschen für die verti- kalen und den horizontalen Bogengang ausstülpen (Fig. 95), treibt es ventralwärts eine kurze, schräg nach hinten ge- richtete Aussackung. Sie wird zum Teil von der noch in sehr schräger Richtung verlaufen- den Tasche für den horizon- Fig. 105. Modell des Labyrinths eines Kreuzotterembryos, ca., c.p. und c.e. vorderer, hinterer und äußerer 'Bogengang, a.a., a.p. und o.e. vordere, hintere und äußere Ampulle. s.s. Sinus superior. s.e. Saccus endolymphaticus. /./(. Recessus utriculi. s. Sacculus. c. Cochlea. - Medialansicht. Entwickelungsgeschichte des Gehörorgans. 101 .SV. talen Bogengang verdeckt und läßt sehr bald eine Sonderung in zwei Abschnitte erkennen. Der eine und zwar der mediale Teil bildet einen rundlichen, flachen, sagittal gestellten Sack, der sich nach hinten gegen die hintere Ampulle mit scharf einschneidendem Winkel absetzt und nach vorn und dorsal in den Ductus endolymphaticus übergeht. Der zweite, laterale Abschnitt ist eine Aussackung der lateralen Wand des vorigen. Er kommt als birnförmiger Körper unter der Tasche des horizontalen Bogenganges hervor und endet in gleicher Höhe mit dem vorigen. Der letztere stellt die Cochlea, der erstere den Sac- culus dar. Die Trennung der beiden Gebilde kommt dadurch zu stände, daß das Bindegewebe in die zwischen beiden verlaufende Rinne einwächst, nach hinten vordrängt und so die untere Cirkumferenz des Sacculus von dem oberen Ende der Cochlea trennt. Beide stehen dann noch durch ein weites Rohr in Verbindung, welches sich aus dem oberen Ende der Cochlea entwickelt und in etwas geboge- nem Verlauf in den hinteren, oberen Ab- schnitt des Sacculus mündet. Der letztere liegt in dieser Entwickelungsphase (Fig. 96) als längliche Blase in der Oeffnung des hori- zontalen Bogen- ganges drin , sein oberes Ende steht in weit offener Ver- bindung mit dem Utriculus, und in den dorsalsten Teil seiner medialen Wand mündet der Ductus endolym- phaticus ein. Die weiteren Ver- änderungen, welche die Pars ventralis durchmacht, be- stehen wesentlich darin, daß Cochlea und Sacculus an Größe beträchtlich zunehmen und sich immer weiter voneinander entfernen. Dadurch wird der sie verbindende Gang, Canalis reuniens genannt, in ein enges Rohr ausgezogen. Auch der Sacculus löst sich mehr und mehr vom Utriculus, und das Verbindungsstück zwischen beiden, der Canalis utriculo-saccularis, bildet ebenfalls ein kurzes Rohr. Der Sacculus stellt so bei der jungen Kreuzotter ein unregel- mäßig ovoides Bläschen dar, das innerhalb der Rundung des horizon- talen Bogengangs gelegen ist und sich in den Winkel, den die beiden vertikalen Bogengänge miteinander bilden, einschmiegt. Dorsal liegt «s dem Utriculus an und ist in zwei kleine Zipfel ausgezogen. In den vorderen Zipfel mündet ein der Ductus endolymphaticus, der dann bogenförmig um den Boden des Utriculus herumzieht, Der hintere Zipfel bildet den Canalis utriculo-saccularis, der in die ventrolaterale a.e. a.p. Fig. 106. Modell des Labyrinths eines Kreuzotter- embryos kurz vor der Geburt. Lateralansicht, u. Utri- culus. Uebrige Bezeichnung wie Fig. 105. 102 Eudolph Krause, Ecke des Sinus superior utriculi einmündet. Dicht ventral von dem letzteren Kanal kommt aus dem Sacculus heraus der Canalis reuniens ; er wendet sich etwas bogenförmig ventralwärts und geht, sich stark d.c. a.e. c.e. Fig. 107. Modell des Labyrinths einer jungen Kreuzotter kurz nach der Ge- burt. Lateralansicht. Das Modell ist durch einen Horizontalschnitt halbiert und auseinandergeklappt, d.eß Mündungsstelle des Ductus endolymphaticus, c.u.s. Canalis utriculo-saccularis. er. Canalis reuniens. Uebrige Bezeichnung wie Fig. 105. verbreiternd, in die Cochlea über. Diese letztere ist etwas kleiner als der Sacculus und liegt ventral und medial von ihm und mit ihrem dorsalen Ende hinter jenem versteckt. Bei den Säugern erfährt die Pars inferior des häutigen Labyrinths eine mächtige Ausbildung, indem sich die Cochlea zu einem langen Kanal in 1 — 4 Windungen spiralig aufwickelt. Es tritt deshalb auch die Pars inferior schon in den frühen — h.b. Stadien mehr in den Vordergrund. Bei menschlichen Embryonen der 4. Woche, bei Kaninchenembryonen von 6 mm Nacken-Steißlänge hat die Labyrinthblase eine länglich -ovale oder mehr rhomboide Form (Fig. 87). Ihr ventrales Ende ist in einen kurzen, etwas nach vorn ab- c. Fig. 108. Modell des Labyrinths eines Schweineembryos von 18 mm N.St.L. Medialansicht, v.b. und h.b. vorderer und hinterer Bogengang, d.e. Ductus endolymphaticus, s. Sacculus. •v. Schnecke. gebogenen Fortsatz verlängert. Er zieht sich in den nächsten Entwicke- lungsstadien immer mehr hacken- förmig aus und krümmt sich dabei zuerst cranial und dann dorsal. In Entwickelungsgeschichte des Gehörorgans. 103 dem Modell der Fig. 108 hat der neu gebildete Schneckenfortsatz bereits eine drittel Windung beschrieben. Da, wo er aus der Pars superior hervorgeht, erscheint die mediale Labyrinthwand dicht unter der Mündungsstelle des Ductus endo- lymphaticus ausgebaucht, die erste Andeutung des Sacculus. Er macht dann in der Folge eine kleine Verschiebung durch, ob ~ kommt an die vordere Kante des Schneckenganges zu liegen und wölbt dieselbe deutlich vor (Fig. 92). .,..,. f Y Jf Wenn die Bogengänge völlig abgeschnürt sind, hat der Schneckengang bereits an- nähernd eine ganze Windung i ik^? beschrieben. Der Sacculus ragt (. V %w' als dickes, zapfenförmiges Ge- bilde an der Grenze zwischen Utriculus und Schneckenfort- Fig. 109. Modell des Labyrinths eines satz nach vorn vor. In ihn Schweineembryos von 30 mm N.St.L. a.b. und .. i , , t-. , h.h. vorderer und hinterer Bogeno-ane:. a.a. und mundet der Ductus endo- a.^ vordere und hintere Ampulle! d.e. Ductus lymphaticus ein. endolymphaticus, s. Sacculus. c. Cochlea. Die völlige Abschnürung Medialansicht, des Sacculus erfolgt erst dann, wenn der Schneckengang bereits zwei Windungen zurückgelegt hat (1889 His), beim Menschen am Ende des 2. oder Anfang des 3. Monats. Sie ist deshalb besonders bemerkenswert, weil durch sie eine Einrichtung hergestellt wird, welche das Labyrinth der Säuger von dem aller übrigen Wirbeltiere unterscheidet. Hier trifft nämlich, wie das beistehende Fig. 110 aufs beste demon- striert, diejenige Binde- gewebsfalte, welche von vorn her zwischen Utri- rjK"^ culüs und Sacculus sich ff °\p eindrängt, gerade auf die ii ; s?' Einmündungssteile des Ductus endolymphaticus. Es wird so das untere p]nde dieses Kanals in /' 2 Schenkel gespalten, von „ 0 -'' denen der eine, Ductus utriculo-saecularis, in den Utriculus , der andere, Ductus endolymphaticus, in den Sacculus mündet. Es findet so bei den Säugern die Kommuni- kation zwischen Utriculus und Sacculus auf dem , FiS- n0- ^""^t" eil\? S^inc- -rr lp ■ T) t 1 embryos von ca. 100 mm N.St.L. Medialansicht. umweö Cies UUCtUS endo- s.s. Sinus superior. r.u. Eecessus utriculi. a.e. äußere lymphatlCUS Statt. Es Ampulle. Uebrige Bezeichnung wie Fig. 109. 104 Rudolph Krause, sind gleichsam die Mündungsstellen der beiden Kanäle noch näher zusammengerückt als bei den Sauropsiden. Der Schneckengang mündet jetzt noch mit breiter Oeffnung in den Sacculus ein. Später schnürt auch er sich mehr und mehr ab, und zwar durch eine ringförmig sein Ende umfassende Bindegewebs- falte. Indem dieselbe immer weiter vordringt, wird der Verbindungs- kanal zwischen Sacculus und Schneckengang, der Canalis reuniens, immer enger und enger und wird nach hinten zu überragt von dem kleinen, blindsackförmigen Ende des Schneckenganges, dem Vorhofs- blindsack. Das Labyrinth der Cyclostomen. Die spärlichen Angaben, welche wir über die Entwickelung des Gehörorgans der Petromyzonten besitzen, lassen erkennen, daß die- selbe bis zu einem gewissen Entwicklungsgrade ganz ähnlich verläuft wie die der Teleostier, nur mit dem Unterschied, daß es sich hier um eine Einstülpung handelt, die eine Zeit lang durch einen Kanal, in dem wir wiederum den Ductus endolymphaticus des erwachsenen Tieres zu sehen haben, mit dem Ektoderm in Verbindung bleibt (189<>. A. L. III, 2 Kupffer; 1880, 1881 und 1887 Scott, A. L. III, 2; 1887, A. L. III, 2 Shipley). Die Bildung der beiden vertikalen Bogengänge erfolgt durch Falten, ähnlich wie bei den Amphibien, welche sich gegenseitig zu- wachsen und miteinander verschmelzen. Aber zu einem völligen Abheben der gebildeten Bogengänge von der Labyrinthblase kommt er hier nicht, und damit beginnen die Eigentümlichkeiten des Cyclo- stomenlabyrinths einzusetzen. Zunächst scheint das Labyrinth seine primitive Form fast das ganze Larvenleben hindurch zu bewahren, und erst während der Meta- morphose kommt es zu wei- teren Umbildungen. Die- selben betreffen einmal den dorsalen Abschnitt , hier kommt es zur Bildung einer vertikalen Bogengangstasche, aber nur zu einer sehr un- vollkommener Abtrennung c.p. _ a.p. ca. der Bogengänge. Aehnlich -^ wie bei den Teleostiern wach- "v- sen Balken oder bessergesagt Septen in das Labyrinth ein und trennen die Bogengänge, Fig. 111. Modell des Gehörorgans von aber nur in ihrem mittleren Petromyzon fluviatilis in lateraler Ansicht, ca., Abschnitt von dem Vestibulum ce c.p. vorderer, äußerer und hinterer Bogen- b Aeußerlich markieren sich gang, u.a., a.e, a.p. vordere, äußere und hintere , • -r» •• i Ampulle. I. Lagena. v.u. Eecessus utriculi. tlie Bogengänge nur als zwei * zs ZL i N. X i ^"s v V \ i \ 1 \ l i 1 3.F 1 / *.F / \ \ \ / / > \ ' / \ / / \ / ■ / / / / \ \ V > Fig. 135. Aeußere Oberfläche des Schhmdspaltengebietes von einem Hühner- embryo am Ende des 3. Tages der Bebrütung. I.F., 3. F., 4.F., 5. F. erste , dritte , fünfte Schlundfurche. i.Z., \ , SF 2.L. erstes und zweites Schlundloch. 2.S. zweite Schlundspalte. x die Stelle , wo der äußere Gehörgang ent- steht. Xgr. Nasengrube. (Nach Kastschenko 1887.) Ngr. spaltengebiets beim Hühnchen. Beim 2-tägigen Hühnchen verläuft dicht vor dem noch weit offenen Labyrinthbläschen eine seichte Furche, ihr entspricht eine Ausstülpung des Vorderdarms, deren Epithel schon mit der Epidermis verklebt ist. Am Anfang des 3. Tages sondert sich dann die 1. Schlundfurche in zwei Abschnitte, einen ventralen, spaltförmig verengten und einen dorsalen, grubenförmigen. Am 3. Tage erfolgt der Durchbruch der Verschlußmembran , und zwar nur im Bezirk jenes beschriebenen Grübchens, es entsteht das 1. Schlund- loch (Fig. 135 iL). Die 1. Schlundtasche ist in ihrem dorsalen Teil mehr entwickelt als in ihrem ventralen, und nachdem sich am Ende des 4. Tages das 1. Schlundloch wieder geschlossen hat, rückt sie mehr und mehr von der Epidermis ab und geht in den lateralen Teil des tubo-tympanalen Raumes über. Bei den Säugetieren bildet sich ebenfalls eine 1. Schlundtasche aus, der eine 1. Schlundfurche entspricht. Ob es hier zu einem Durchbruch kommt, ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Es wurde derselbe beobachtet von Liessner (1888) beim Schaf und von Fro- riep (1885) beim Rind, von vielen anderen wieder geleugnet, jeden- falls scheint er nach His (1881) nicht die Regel zu bilden. Fig. 136 zeigt uns das Modell des Vorderdarms eines Kaninchenembryos von 9 Tagen 11 Stunden. Hier erscheint die 1. Schlundtasche als eine stattliche Falte, welche sich von der Mittellinie nach vorn, außen 124 Rudolph Krause, und dorsalwärts ist durch eine erstreckt und in der Spitze (Sjy.T1) endet. Die letztere bogenförmig Sp.T1. Fl.T1- vorderen Rachen- (Piersol _p.Rh. m. Fig. 136. Modell des Schlundspaltengebietes eines Kaninchenembryos von 9 Tagen 11 Stun- den (nach Piersol, 1888). v. vordere seitliche Vertiefung der Rachenhöhle. Rr. Rachenrinne. FLT1, Sp.T1 Flügel und Spitze der ersten Schlundtasche. p.Rh. primäre Rachenhöhle. m. Ausbuchtung zwischen den inneren Enden des ersten Bogenpaares. T2, T3 zweite [und dritte Schlundtasche. tum in einen äußeren kurze Tube fortsetzt. l.F. Fig. 137. Modell der Schlundhöhle 5 mm langen Froschlarve (nach Spemann l.F., 2.F. erste und zweite Schlundfalte. T. Thy. Thymus. verlaufende Firste Rr. mit der Ausbuchtung der höhle verbunden 1888). Auch für den Menschen besitzen wir eine eingehende Darstellung von Siebenmann (1874). Hier entspricht die 1. Schlundtasche dem mitt- leren Drittel der späteren Paukenhöhle. Es soll nun im einzelnen auseinandergesetzt werden, wie sich von dieser 1. Schlundfalte oder -tasche der tubo-tympanale Raum her- leitet. Es kommt für uns natürlich nur die Wirbeltier- reihe von den Anuren auf- wärts mit Ausschluß der Ophidier in Betracht. Bei den Anuren findet sich mit Ausnahme der Pelobatiden immer eine geräumige Pau- kenhöhle, die außen durch ein Trommelfell geschlossen wird und innen durch eine weite Tuba Eustachii in die Rachenhöhle mündet. Bei den Cheloniern zerfällt die Paukenhöhle durch ein Sep- und inneren Teil, deren ersterer sich in die Bei den Crocodilinen finden sich außer einer Tuba auditiva noch 2 wei- tere Kanäle, welche die Pau- kenhöhle mit dem Ostium pharyngeale verbinden; hier treten, ebenso wie bei den Cheloniern, Neben- höhlen auf, die, in den be- nachbarten Knochen ge- legen, mit der Paukenhöhle kommunizieren. Sie finden sich dann in stärkerer Aus- bildung bei den Vögeln und Säugetieren. Bei den Anuren bildet sich, wie das Fig. 137 zeigt, von der Höhe der 1. Schlundfalte ein Epithel- zapfen, der, in der Folge einer 1898). Tube. etwas gekrümmt, stark in Entwickelungsgeschichte des Gehörorgans. 125 die Länge wächst und an seinem Ende eine kolbige Verdickung trägt. Der mittlere Abschnitt ist sehr dünn, die vordere kolbige Verdickung liegt ohne jede Verbindung mit dem Gehörorgan unter dem vorderen Teil des Auges. Während der Metamorphose be- ginnt dieser Zellstrang sich auszuhöhlen und nimmt, indem er sich gleichsam nach hinten verschiebt, seine definitive Lage ein (1893 Gaupp, 1890 Villy, 1898 Spemann). Bei der Aushöhlung des soliden Zellstranges soll nach Villy der letztere zunächst in verschiedene Glieder zerfallen, in deren jedem sich eine Höhlung bildet. Später verschmelzen dann wieder die einzelnen Hohlraumsysteme mitein- ander. Auch der Zusammenhang des Zellstranges mit der Rachen- höhle scheint eine Zeit lang verloren zu gehen und durch eine von der Rachenhöhle sich bildende Einstülpung wiederhergestellt zu werden. Der vordere Abschnitt des tubo-tympanalen Raumes erweitert sich erst nach vollendeter Metamorphose zu einem trichterförmigen Raum, der die Columella in sich einschließt und außen von dem Trommelfell verschlossen wird. Die älteren Angaben von Reichert und Goette (1875, A. L. III, 7), nach welchen sich der tubo-tympanale Raum der Anuren nicht aus der 1., sondern der 2. Schlundfalte entwickeln soll, dürften durch die erwähnten neueren Arbeiten definitiv widerlegt sein. Bei den Reptilien, d. h. bei den in dieser Beziehung allein ein- gehend untersuchten Lacertiliern (1890 C. K. Hoffmann), ist die erste Schlundtasche ein enger, spaltförmiger Raum, der sich erst ziem- lich spät erweitert und unter Resorption des ihn umgebenden em- bryonalen Schleimgewebes den Stapes allseitig umfließt. Es kommt so dieses Gehörknöchelchen innerhalb der immer mehr auswachsenden Paukenhöhle zu liegen. Je mehr sie nach außen vorreicht, um so mehr verdünnt sich die sie abschließende Hautdecke zu einem Trommel- fell. Mit dem Rachen steht die Paukenhöhle der Lacertilier in weit offener Verbindung, so daß man von einer Tube eigentlich nicht reden kann. Die Paukenhöhle der Vögel entsteht dadurch, daß mit der 1. Schlundtasche ein anderer Raum in Verbindung tritt, welcher nach Kastschenko (1887 und 1887a) eine Ausbuchtung der Schlundwand zwischen 1. und 2. Schlundtasche darstellt und als primäre Paukenhöhle bezeichnet wird. Indem nun in diese primäre Pauken- höhle die knorpelige Labyrinthwand hineinwächst, wird sie in einen inneren kurzen Abschnitt, Tuba Eustachii, und einen äußeren weiteren Abschnitt, die sekundäre Paukenhöhle, zerlegt. Ihr laterales Ende trifft auf den von außen vordringenden äußeren Gehörgang, geht aber dabei etwas ventral an ihm vorbei, so daß die beiderseitigen Enden nicht gegen sondern nebeneinander parallel gelagert sind. Abweichend von dieser Darstellung läßt Moldenhauer (1877) den tubo-tympanalen Raum der Vögel als Erweiterung der Rachen- wand unabhängig von der 1. Schlundtasche entstehen. Sie leitet sich her von einer Rinne, welche, von der ersten Kiemenspalte aus- gehend nach oben in den Winkel zwischen Ober- und Unterkiefer- fortsatz mündet. Infolge eines allmählich fortschreitenden Resorptions- prozesses erweitert sich das laterale Ende dieses Sulcus und dringt immer weiter nach außen vor, die knorpelige Columella dabei um- fassend. Das anfänglich weite Ostium pharyngeum verengt sich durch die Verwachsung der beiden Kiemenbogen. 126 Rudolph Krause, Sehr eingehende Darstellungen der Paukenhöhle bei den R.T. Säugern. Sp.T1 / Schl.e. ' Sp.T* FLT*\ Sp.TB Fl.Ts besitzen wir von der Elitwickelung Piersol (1888) hat an der Hand von Plattenmodellen die Ent- wickelung der Paukenhöhle beim Kaninchen studiert. Die früher (p. 123, Fig. 136) be- schriebene erste Schlund- tasche des Kaninchens bildet den Ausgangspunkt für die Bildung des tubo-tympanalen Raumes. Zu ihr gesellen sich eine dorsalwärts ab- steigende Rinne der Rachen- wand (Rr.), die Rachenrinne und eine die 1. und 2. Schlundtasche miteinander verbindende Aussackung der Schlundwand (Sehe.), die seitliche Schlunderweiterung. Wenn es dann bei fort- schreitender Entwickelung zur Verschiebung der Kie- Sp.T* Fl.T4 Fig. 138. Modell der Schlundhöhle eines 1888). Sp.T1, Sp.T2, Sp.T*, Sp.T4 Spitze der ersten bis vierten Schlund tasche. Fl.T1, Fl.T2, Fl.T3, Fl.T4 Flügel der ersten bis vierten Schlund- tasche. R.T. RATHKE'sche Tasche. S.T. Seesel- sche Tasche. Rr. Rachenrinne. Bl. Blindsack des Flügels der ersten Schlundtasche. Schl.e. seit- liche Schlunderweiterung. als auch mit eine hohe die frühere Sp.T1 der Schlunderweiterung Spalte dar, deren oberer Rachenrinne bildet. An enge menbogen und damit zur Bildung des Sinus prae- Kaninchenembryos von 11 Tagen (nach Piersol cervicalis kommt, bildet sich die 2. Schlundtasche stark zurück, wogegen jene seit- liche Schlunderweiterung an Ausdehnung zunimmt. Die 1. Schlundfalte wächst eben- falls und vereinigt sich so- wohl mit der Rachenrinne, Sie stellt jetzt (Fig. 139) Rand, eine enge Rinne, ihrer Basis besitzt sie eine starke Erweiterung, welche die Schlunderweiterung und die Spitze der ehemaligen 2. Schlundtasche in sich faßt. Aus diesem letzteren Abschnitt geht hervor die Tuba Eustachii. Ihre Verengerung wird bewirkt durch Druck von dem mächtig anwachsenden knorpeligen Labyrinth her. Von dem obe- ren Rand der primären Pau- kenhöhle wächst dann in dorso- ventraler Richtung die eigent- liche, anfangs ziemlich weite Paukenhöhle aus, erfährt aber durch den hereinwachsenden Hammer eine starke Ein- Fl.T Fig. 139. Modell der hinteren Hälfte der Mundrachenhöhle eines 13 Tage alten Ka- ninchenembryos (nach Piersoe 1888). Sp.T1, Fl.T1 Spitze, Flügel der ersten Schlundtasche. S.l. Sulcus lingualis. Rr. Rachenrinne, d. dor- sale, v. ventrale. Md. Dach der Mundrachen- höhle. engung. eine Fig. 140 stellt diese Entwickelungsgsschichte des Gehörorgans. 127 sogen. Erst gegen das me schl. Verhältnisse vom Mausembryo dar. Hier ist die Tube noch ziemlich weit und kurz, doch hat sie von ihrer ursprünglichen Weite durch das andrängende knorpelige Labyrinth schon erheblich verloren. Die Verlängerung der Tube erfolgt dann hauptsächlich durch die successive Dickenzunahme der Schlundwand. In die relativ weite Paukenhöhle ist die Hammeranlage hereingewachsen, und sie erscheint dadurch in zwei Schenkel gespalten. Lateral erkennt man die Anlage des äußeren Ohres und des Gehörganges. Bei der Vergrößerung der Paukenhöhle umwachsen die Hohlräume allmählich die einzelnen Gehörknöchelchen. Die Schleimhaut liegt ihnen, wie den nun ver- knöcherten Wandungen jedoch nicht dicht auf, sondern ist von den- selben durch eine mäch- tige lockere Submucosa getrennt , das Polster Ende der Fötalzeit be- ginnt dieses Polster all- mählich zu schwinden, und die Schleimhaut legt sich dem Knochen straff auf. Es enthält dann die Paukenhöhle des reifen Foetus nur eine geringe Menge Flüssigkeit. Sie wird nach der Geburt resorbiert, und von der Tube her dringt in die Paukenhöhle Luft ein. Die Tuba Eustachii erhält noch während des Embryonallebens eine knorpelige Stütze, und zwar erscheinen beim menschlichen Embryo im 4. Monat die ersten Anzeichen der Knorpel- bildung an der medialen Seite des oberen Endes. Die Entstehung der Nebenhöhlen des Mittelohres fällt nicht mehr in die Embryonalzeit, sie können sich erst nach dem Auswachsen des Proc. mastoideus bilden. Das Epithel des tubo-tympanalen Raumes ist anfangs ein Cylinder- epithel, später bildet es sich jedoch in dem tympanalen Abschnitt zu einem kubischen Epithel um, nur in der Tube erhält sich das Cylinderepithel und erhält einen Flimmerbesatz. Von den Muskeln des Mittelohres ist der Muse, stapedius phylo- genetisch der ältere (Killian 1890) der Muse, tensor tympani der jüngere, ontogenetisch ist es beim Menschen umgekehrt. Nach Bro- man (1899) erscheint der Tensor tympani hier bereits im 2. Monat, an seinem distalen Ende mit dem Muse, tensor veli palatini zusammen- hängend, der Muse, stapedius dagegen erst in der Mitte des 3. Monats. Der Muse, stapedius findet sich bereits bei Saurierembryonen, wird jedoch später zurückgebildet, im ausgewachsenen Zustand besitzen ihn die Crocodilinen und Vögel, allerdings inseriert er hier nur embryonal an der Columella, später an dem Trommelfellrand (Killian 1890). Der Muse, tensor tympani kommt in der ganzen Wirbeltierreihe nur den Säugern zu. tb. Fig. 140. Horizontalschnitt durch den Kopf eines 14 Tage alten Mausembryos, schl. Rachenhöhle, tb. des Hammers. o. Ohrmuschel. tubo-tympanaler Raum. m. Anlage me. Anlage des äußeren Gehörganges c Schnecke. 128 Rudolph Krause, Die Entwickehmg des Trommelfells und des äußeren Gehörganges. Die Entwickehmg des äußeren Gehörganges geht aus von der ersten äußeren Kiemenfurche. Beim Hühnchen entsteht nach Kastschenko (1887) am 6. Tage zwischen der ersten Schlundfurche und dem ersten Schlundloch, ungefähr in der Mitte der zwischen beiden stehen ge- bliebenen Substanzbrücke, eine seichte Grube. Dieselbe vertieft sich dadurch sehr rasch, daß ihre Umgebung sich vorbuchtet, und bildet den äußeren Gehörgang (s. Fig. 135*). Es entspricht also der Grund des äußeren Gehörgangs nicht der Verschlußstelle der ersten Schlundspalte, denn diese bildet ja das erste Schlundloch. ,u. —e. V-'-C. -'!>■ nie. Fig. 141. Fig. 142. Fig. 141. Menschlicher Embryo aus dem Anfang des 2. Monats. Erste Kie- menfurche mit den Auricularhöckern (nach Schwalbe 1898). o., m., u. oberes, mittleres und unteres Ohrgrübchen. Fig. 142. Schnitt durch den Kopf eines älteren Meerschweinchenfoetus. p. Pau- kenhöhle, me. äußerer Gehörgang. ty. Trommelfell, darin die Anlage des Hammer- griffes (?n.). st. Steigbügel, i. Amboß, c. Schneckenwindungen, s. Sacculus. u. Utri- culus. ce. und cp. äußerer und hinterer Bogengang. Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse beim Säugetier (Kastschenko 1887a). Hier finden sich im Verlauf der ersten äußeren Kiemenfurche 3 Vertiefungen, das obere, mittlere und untere Ohrgrübchen. Von ihnen entspricht das erste dem Schlundloch der Vögel. Dieses obere Ohrgrübchen verstreicht sehr bald wieder, während das mittlere und vor allem das untere Ohrgrübchen sich stark vertiefen dadurch, daß sich in ihrer Umgebung aus Teilen des ersten und zweiten Kiemenbogens Wülste erheben, die zur Bildung des äußeren Ohres führen. Während das mittlere Ohrgrübchen oberflächlicher liegen bleibt, wird das untere Ohrgrübchen in die Tiefe versenkt. Das erstere bildet die Fossa intercruralis der Ohrmuschel, das letztere aber den äußeren Gehör- gang. Es liegt also von vornherein der Grund des äußeren Gehör- ganges ventral von der Spitze der ersten Schlundtasche, d. h. vom tubo-tympanalen Raum. Entwicklungsgeschichte des Gehörorgans. 129 In dem weiteren Verlauf der Entwickelung kommt die laterale Spitze des tubo-tympanalen Raumes infolge der mächtigen Verdickung der seitlichen Partieen des Kopfes immer tiefer zu liegen. Gleichzeitig aber rückt die mediale Spitze des äußeren Gehörganges auch immer weiter nach innen vor und schiebt sich dabei ventral vor den proxi- malen Abschnitt der Paukenhöhle. Sehr anschaulich demonstriert diese Verhältnisse die vorstehende Fig. 142 von einem Meerschweinchen- embryo. Der äußere Gehörgang stellt hier einen von der äußeren Ohröffnung im stumpfen Winkel abgehenden Zellstrang dar, der dadurch entstanden ist, daß der ursprüngliche, allerdings sehr enge Hohlraum von gewucherten Epithelzellen ausgefüllt ist. Sein Endabschnitt hat sich neben dem blinden Ende der Paukenhöhle vorbeigeschoben, und zwischen beiden ist das durch die dichte Lagerung seiner Zellen kenntliche Trommelfell entstanden. In ihm erscheint, etwas in die Paukenhöhle vorspringend, das Manubrium des Hammers. In dem lockeren mesenchymatösen Gewebe erkennt man weiter dorsalwärts den Amboß und den die Fenestra ovalis verschließenden Steigbügel, beide noch gänzlich extratympanal gelegen. Doch schon zeigen sich die ersten Spuren der Resorption jenes lockeren Gewebes, und bald werden die Gehörknöchelchen von dem tympanalen Hohlraum umflossen werden. Beim menschlichen Embryo setzt die Bildung des äußeren Gehör- ganges ungefähr mit dem Ende des 2. Monats ein, beim Kaninchen am 16. Tage, beim Meerschweinchen am 23.-25. Tage (Dreyfuss 1893). Das Trommelfell liegt anfangs horizontal und genau in einer Ebene mit dem äußeren Gehörgang. Es besteht aus undifferenziertem Mesenchym und ist, wie auch unsere Abbildung zeigt, eine recht dicke Gewebsschicht, in welcher das Manubrium mall ei eingebettet ist. Seine weitere Entwickelung und histologische Differenzierung steht in engem Zusammenhang mit der Ausbildung des Os tympanicum. Es legt sich dasselbe nämlich als reiner Deckknochen ohne knorpelige Vorstufe in seinem unteren vorderen Quadranten zunächst an, und zwar so, daß sich hier die Zellen jener das Trommelfell bildenden Gewebsplatte ver- dichten (1893 Dreyfuss, 1899 Broman). Gleichzeitig findet eine Aufhellung der Zellen, die medial von dieser Partie liegen, statt. Sie ordnen sich zu radiären Zügen an, welche von dem neugebildeten Stücke des Trommelfellringes zum Manubrium des Hammers ziehen. Das letztere und mit ihm natürlich auch die Trommelfellanlage richtet sich dabei immer mehr aus seiner horizontalen Lage auf. Indem nun dieser Prozeß der Knochenbildung und Umordnung der Zellen nach oben hin fortschreitet, entsteht ein Knochenring, von dessen innerem Rande die Trommelfellfasern nach dem Manubrium hin strahlen. Nur an einer Stelle bleibt der Ring unvollständig, das ist im oberen Teil, wo der Hammer in die Trommelfellanlage hineintritt. Hier kann sich also auch keine Faserschicht ausbilden, und es wird der freibleibende Raum durch embryonales Bindegewebe ausgefüllt, das bei seiner späteren Reduktion die Membrana flaccida bildet. Eine Oeffnung in derselben, ein sogen. Foramen Rivini, findet sich normalerweise nicht, sondern entsteht durch Einreißen der Membrana flaccida, die ja wegen des Mangels einer Membrana propria viel leichter zerreißlich ist als die Membrana tensa. Es setzt sich dann die Membrana tensa des Trommelfelles, von außen nach innen gerechnet, aus 5 Schichten zusammen, 1) dem ge- schichteten Epithel des äußeren Gehörganges, 2) dem subcutanen Ge- Handbuch der Entwickelungslehre. II. 2. 9 130 Rudolph Krause, webe desselben, 3) der Membrana propria, 4) dem sub mukösen Ge- webe der Paukenhöhlenschleimwand und 5) deren kubischem Epithel. Mit der am Ende des 5. Monats beim menschlichen Embryo beendigten Verknöcherung des Annulus tympanicus nähert sich das Trommelfell seiner definitiven Gestalt, p. die es schaft u ng erreicht. *v am Ende der Schwanger- Das Trommelfell des Neu- geborenen steht in seinen Dimensionen nur wenig hinter denen des Erwachsenen zurück (Siebenmann 1898). Das Lumen des äußeren Gehörganges ist beim siebenmonatlichen menschlichen Embryo noch völlig verschlossen, da die untere Wand in ihrem inneren Teil dem Trommelfell, in ihrem äußeren Teil der oberen Gehörgangswand dicht anliegt (Sy- mington 1885). Nach den Untersuchungen von Schwalbe (1898) soll allerdings auch schon in dieser Embryonalperiode der Fig. 143. Drei scheinatische Längsschnitte durch den äußeren Gehörgang und Trommelfell. I von einem 9-monatlichen Foetus. II von einem 2-monatlichen Kind. III von einem 6-monatlichen Kind. (Nach Symington 1885.) m.e. äußerer Gehör- gang. T. Trommelfell. P. Paukenhöhle, a. An- nulus tympanicus. äußere Abschnitt des Gehörganges trichterförmig erweitert und nur durch Vernix caseosa verstopft sein (cf. Fig. 143). Die Erweiterung des Lumens wird hauptsächlich bedingt durch die Aufrichtung des Trommelfells. Die Länge des Gehörganges nimmt bis zur Geburt stetig zu, dann aber wiederum ab in den ersten Monaten des extrauterinen Lebens, um nach dem 3. Monat wieder anzuwachsen (1885 Symington). Tabelle von Symington giebt darüber näheren Aufschluß : Folgende l. 2. ";! 4. 5. 6. 7. 8. Foetus, 7 Monate Kind, 9 9 o LI 6 12 2 Jahre 5 „ 16 mm 20 j) 19 !> 17 )) 19 11 20 11 22 23 11 10 mm 15 „ 15 „ 13 „ 14 „ 15 „ 16 „ 16 „ Es soll noch kurz auf die Entwicklung des Trommelfells bei den Vögeln eingegangen werden, die eingehend von Moldenhauer (1877) beim Hühnchen bearbeitet worden ist. Wie schon p, 128 berichtet worden ist, geht die Bildung des äußeren Gehörganges beim Hühn- chen von einer Grube aus, welche im Bereiche der 1. Schlundfurche ventral vom 1. Schlundloch gelegen ist (1887 Kastschenko). Indem sich die Umgebung dieses äußeren Ohrgrübchens erhebt, wird das b Entwickelungsgeschichte des Gehörorgans. 131 primitive Trommelfell in die Tiefe versenkt, und es kommt zur Bil- dung eines äußeren Gehörganges, der jedoch niemals eine ansehn- lichere Länge erreicht. Das Trommelfell hat von vornherein seine definitive Neigung, es nimmt anfangs an Dicke zu, um sich später- hin wieder zu verdünnen. Das primitive Trommelfell wird außen überzogen von einer zweischichtigen Epidermis, innen von dem Platten- cpithel der Paukenhöhle. Dazwischen schiebt sich das Mesoderm, das anfangs aus rundlichen, später mehr platten Zellen besteht. Von den Zellen werden dann Fasern ausgeschieden, die zusammen mit den stark abgeplatteten Kernen die Membrana propria des Trommel- fells ausmachen (1877 Moldenhauer). Außerordentlich schwankende Zustände in Bezug auf die Aus- bildung des äußeren Ohres zeigen bekanntermaßen die Reptilien. Vollständig fehlt dasselbe den Ophidiern, den Agamiden und allen grabenden Familien der Lacertilier, auch Chamaeleo gehört hierher. Da, wo das Trommelfell vorkommt, liegt es entweder frei zu Tage, wie bei vielen Lacertiliern und den Cheloniern, oder es wird durch eine Klappe verdeckt oder ist schließlich mehr oder weniger in die Tiefe versenkt, wie bei manchen Lacertiliern, den Geckoniden, Anguiden, Scinciden und bei Hatteria. Hier kommt es also zur Bildung eines äußeren Gehörganges, der häufig bis auf ein ganz minimales Lumen reduziert wird (1898 Versluys). In allen diesen Fällen stellt das Trommelfell, ebenso wie bei den Anuren, einen mehr oder weniger modifizierten Teil der äußeren Haut dar, der manchmal, z. B. bei Hatteria, auf eine Bindegebsschicht reduziert erscheint. Entwickelungsgeschichte der Ohrmuschel. Schon bei den Reptilien (1892 Schwalbe) treten in der Umgrenzung der 1. Schlundfalte kleine Höcker auf, welche teils dem Mandibular-, teils dem Hyoidbogen angehören. Sie erlangen jedoch keine größere Bedeutung und werden entweder zurückgebildet oder verschmelzen zu einem die äußere Oeffnung umgebenden Wulst. Aehnlich ist es bei den Vögeln (1877 Moldenhauer), unter denen sich nur bei den Eulen daraus eine häutige Klappe entwickelt. Auch bei manchen Säugetieren, z. B. den Monotremen, Cetaceen, Sirenen, Pinni- pediern (mit Ausnahme von Otaria), manchen Edentaten und Insecti- voren (Talpa und Scalops), verwachsen diese Auricularhöcker zu einem die äußere Ohröffnung umgebenden Ring (1898 Schwalbe, 1893 Kükenthal, 1893 Beauregard). Bei allen übrigen Säuge- tieren und beim Menschen entwickelt sich jedoch aus diesen Auricular- höckern eine für die Schallaufnahme bestimmte Ohrmuschel. Am eingehendsten sind die einschlägigen Verhältnisse beim Menschen untersucht worden, und sie sollen deshalb auch als Grundlage unserer Darstellung dienen (1881, 1889 [und 1880-1885 A. L. III, 10] His ; 1888, 1889, 1890, 1891, 1891*, 1893 Gradenigo; 1889, 1889*, 1889f, 1891, 1898 Schwalbe). Die 1. Kiemenfurche erscheint schon frühzeitig von wulstigen Rändern umgeben. Aus ihnen differenzieren sich am Ende des 1. Monats 6 kleine Höcker heraus, die Auricularhöcker, Colliculi branchiales externi (cf. Fig. 141). Von ihnen gehören die .3 vor- deren dem Mandibular-, die 3 hinteren dem Hyoidalbogen an (Gra- 9* 132 Rudolph Krause, denigo, Schwalbe). Sie begrenzen den Meatus anditorius externus und lassen zwischen sich eine Grube, die Fossa angularis. Hinter den 3 hinteren Höckern wächst aus der Körperwand als selbständige Faltenbildung die freie Ohrfalte (Schwalbe) hervor, aus welcher der größte Teil der Ohrmuschel hervorgeht. Eine ähnliche Faltenbildung erscheint dann am dorsalen Ende der 1. Kiemenfurche, sie steht hinten mit der freien Ohrfalte in Ver- bindung, vorn bildet sie die vordere Begrenzung des 3. und 2. Höckers. Indem diese Falte mit der freien Ohrfalte und den beiden genannten Höckern verschmilzt, entsteht der ganze Zug der Helix, und zwar aus der ersteren plus dem 3. Höcker die Helix ascendens, aus der letzteren die h Helix descendens. Da wo sich beide verbinden »N , liegt im ausgebildeten Ohr die Satyrspitze, Fig. 144a — c. Ohrmuschel von einem 4-monatlichen , einem 6-monatlichen Embryo und einem Neugeborenen, b Scheitelspitze, c DARWiN'sche Spitze, abcdgf freie Ohrfalte, afge Hügelregion. (Nach Schwalbe 1898.) die DARWiN'sche Spitze dagegen entwickelt sich ungefähr in der Mitte des Verlaufs der freien Ohrfalte. Das Crus helicis entsteht durch Verwachsung des 2. Höckers mit dem 3. gleichfalls unter Ver- mittelung jener vorderen Falte. Die sich gegenüberliegenden beiden ventralsten Höcker 1 und 6 werden zum Tragus und Antitragus, während der 4. den Anthelix und der 5. die beim Menschen nicht ausgebildete Crista anthelicis inferior liefert. Der Lobulus entwickelt sich erst relativ spät als eine Verdickung des unteren Endes der freien Ohrfalte (Schwalbe). Wenn sich einmal die eben genannten Teile miteinander ver- einigt haben, so beginnt der Helix sich von der Kopfwand abzuheben, es sind dann im G. Monat schon alle Teile gut entwickelt, und das Ohr läßt an dem hinteren Rande der Helix 3 Winkel erkennen (siehe Fig. 144), die Satyrspitze, die DARWiN'sche Spitze und einen dem unteren Ende der freien Ohrfalte entsprechenden Winkel. Während es nun bei den Säugetieren zu einer mehr oder weniger mächtigen Entfaltung' der freien Ohrfalte kommt, erfährt sie beim Menschen eine starke Reduktion und rollt sich an ihrem freien Rande ein. Die Knorpel der Ohrmuschel erscheinen zuerst am Anfang des 3. Monats beim menschlichen Embryo, und zwar im oberen Teil der freien Ohrfalte (1898 Schwalbe). Beim 20 mm langen Embryo stellt nach Münch (1897) der Ohrknorpel eine einheitliche Platte dar, die durch den Isthmus in Muschel- und Gehörgangsknorpel geschieden ist. Auf dem ersteren, der ungefähr löffeiförmig gestaltet ist, hebt Entwicklungsgeschichte des Gehörorgans. 133 sich schon die Anthelix in Form zweier Leisten ab. Die Veränderungen, die nun in dieser einheitlichen Anlage auftreten, beruhen auf einem ungleichen Wachstum, einzelne Teile bleiben zurück, andere nehmen an Größe stark zu. So entstehen die beiden SANTORiNi'schen In- cisuren durch Schwund von Knorpelsubstanz. Wenn der Muschel- knorpel das Epithel der freien Ohrfalte erreicht, bildet dasselbe gleich- sam ein Hemmnis für seine weitere Ausdehnung und zwingt ihn, sich einzufallen. Für eine solche mechanische Auffassung der Öhrfaltung sprechen manche Thatsachen, so die Angaben von Tataroff (1887), s. S. * D. / D. 8p. $ Fig. 145. Zwei Modelle vom linken Ohrknorpel zweier menschlichen Embryonen von 48 und 57 mm Scheitelsteißlänge (nach Münch 1897). S. Ohrmuschel. I). Dar- wiN'sche Spitze. Sp. Spina helicis. d. Incisura intertragica. daß beim Erwachsenen Fett und Haare überall da fehlen, wo die Haut, stark über den Knorpel gespannt ist, während beim Embryo die Haare gleichmäßig über die ganze Ohrmuschel verbreitet sind. Beim Menschen bleibt der Ohrknorpel ein einheitliches Gebilde, bei den langohrigen Tieren bedingt die größere Entfaltung der freien Ohrfalte einen Zerfall des Knorpels in mehrere Stücke. Die Muskeln des äußeren Ohres sind Abkömmlinge des Hyoidal- bogens und sind phylogenetisch hervorgegangen aus dem Platysma (1886 und 1887 Rüge). Sie waren früher Kau- und ursprünglich Atemmuskeln. Litteratur. Albrecht, P. Sur la valeur morphologique de la trompe d'Eustache et des derives de l'arc palatin, de l'arc hyoidien et de l'arc mandihnlaire des vertebres. Bruxelles tSSJr. * Alexander, G. Ueber Ent/wickelwng und Bau der Pars inferior labyrinthi der höheren Säugetiere. Denkschr. Ah. Wisx. Wien, math.-nat. KL Bd. LXX. 1S»0. * — Zur Entwickehing des Ductus endolymphaticus. Arch. Ohrenheilkde. Bd. LH. 1901. Ayers, H. On the origin of the internal ear and the functions qf semicircular canals and Cochlea. 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Kessler (1877) schreibt, „interessanteste Thatsache, die über die Entwickelung des Auges überhaupt ermittelt werden konnte", hat in der That nicht ihresgleichen. Alle anderen Sinnesorgane ent- stehen durch Differenzierung der embryonalen Epidermis, d. h. des- jenigen Teiles des Ektoderms, der nach Absonderung des Medullar- rohres übrig bleibt, und sie treten mit den Produkten des letzteren, den Centralorganen des Nervensystems, erst sekundär in Verbindung. Hier dagegen schnürt sich ein Teil der Wand des Medullarrohres selbst von diesem ab und wird zur Retina, dem lichtrecipierenden Endorgan, welches demnach nicht direkt, sondern indirekt vom Ektoderm ab- stammt und bei dessen Entstehung die Epidermis völlig unbeteiligt bleibt. Was aber nicht minder merkwürdig: an der Stelle, wo jenes centrale oder encephalogene Sinnesorgan an die Peripherie tritt, da produziert die Epidermis einen Hilfsapparat, der zwar bei seinem Auftreten einige Aehnlichkeit mit der Anlage peripherischer oder epidermogener Sinnesorgane darbietet, jedoch niemals nervöse Funk- tionen gewinnt, sondern in eigentümlicher Weise sich zu einem dioptri- schen Instrument, der Krystalllinse, ausgestaltet. Wenn man bedenkt, daß zu diesen, zwar beides ektodermalen, aber doch sehr ditferenten Bildungen, Retina und Linse, nun weiter noch allerlei Produkte des Mesoderms, vor allem die Augenmuskeln hinzukommen, welch letztere allem Anscheine nach ursprünglich in anderen Beziehungen entstanden und erst sekundär in den Dienst des Lichtreceptionsapparates a) getreten sind, so wird man Balfour 1) Die in diesem Kapitel wiedergegebenen Photogramme wurden von Dr. Fr. W. Müller mit den Apparaten der Tübinger Anatomie aufgenommen. 2) Statt der bisher gebräuchlichen Ausdrücke „percipieren" und „Perceptions- organe oder -apparate-' schreibeich „recipieren" etc. im Anschluß an Beer, Bethe und v. Uexküll (1899, p. 278). 140 A. Froriep, (A. L. II, 1881) recht geben, der das Auge der Wirbeltiere „un- zweifelhaft das komplizierteste Organ dieser Tiergruppe1' nennt. Und im Hinblick auf diese hohe Komplikation im Bau des Seh- organs wird man auch Gegenbaur's (1898) Erstaunen darüber teilen, daß ,,in der ganzen Reihe der Wirbeltiere keine niederen Zustände desselben erkennbar" sind. Von den Cyclostomen angefangen, deren Augen hauptsächlich infolge von Rückbildung einige Abweichungen darbieten, zeigt in der Reihe der Cranioten kein anderes Organ eine solche Gleichförmigkeit der wesentlichen Organisationsverhältnisse. Fertig, wie Athene aus dem Haupte des Zeus, tritt das Vertebraten- auge in die Erscheinung, und zwar erweist sich wie die vergleichende Anatomie, auch die Embryologie diesem Organe gegenüber machtlos. Mögen wir Selachier oder Säugetiere, Amphibien oder Reptilien und Vögel untersuchen, wir finden wohl Verschiedenheiten im einzelnen, aber im großen und ganzen sind die eigentlich morpho- genetischen Vorgänge in allen Klassen die gleichen, und sie sind ge- radezu verblüffend durch die Raschheit und Sicherheit, mit der höchst komplizierte und zugleich sehr zweckmäßige Endstadien erreicht werden durch Anfangs- und Zwischenstadien hindurch, für deren Zustande- kommen phylogenetisch verständliche Motive fehlen oder wenigstens sich nicht mit irgend einem Grad von Sicherheit nachweisen lassen. Und ebenso unsicher sind bisher die Resultate der Vergleichung des Wirbeltierauges mit Augen Wirbelloser. Zwar fehlt es hier nicht an Anknüpfungspunkten auf beiden Seiten, aber die trennende Kluft ist so weit, daß die mannigfachen Versuche, die Brücke zu schlagen, einen festen Halt noch nicht gewonnen haben. Die Hypothesen von Ray Lankester (1880), Balfour (A. L. II, 1881), Anton Dohrn (1885), J. v. Kennel (1891) und Th. Boveri (1904) haben das Problem von verschiedenen Seiten gefaßt und zu durchdringen gesucht, die Fragestellung auch wesentlich geklärt. Aber so geistreich die vorgetragenen Kombinationen auch sind, die fundamentale Schwierig- keit vermögen sie nicht zu beseitigen, die meines Erachtens nicht nur in der Umkehr der Receptionsrichtung, sondern besonders auch in der Tatsache beruht, daß der Ektodermbezirk, aus dem die Retina der Wirbeltiere entsteht, schon vor seiner Absonderung gewisse, für das nervöse Centralorgan charakteristische Wachstums- und Diffe- renzierungsvorgänge des Epithels durchmacht, die Retina demnach nicht etwa bloß ein Abkömmling der Medullarplatte, sondern im vollen Sinne des Wortes ein Teil des Gehirns ist. Augen der Wirbellosen. Unter den Augen der Wirbellosen *) sind sowohl anatomisch und physiologisch, wie auch hinsichtlich ihrer Entwicklung diejenigen der Arthropoden und der Mollusken am besten bekannt. 1) Wir beschränken den Begriff Augen auf die Bildaugen, d. h. die Sehorgane mit Bildreception (Hesse 1902, p. 639) oder Idirorgane (Beer 1901, p. 9) und lassen demnach die im Bereich der Wirbellosen so mannigfach vertretenen Sehorgane ohne Bildreception (Hesse), Photirorgane (Beer) ganz außer Betracht. Es handelt sich ja hier nur darum, die morphologisch bedeutsame Sonderstellung des Vertebraten- auges gegenüber den physiologisch teilweise so ähnlichen Formen von Sehorganen Wirbelloser zu veranschaulichen, was durch Heranziehung der Entwickelungsge- schichte einiger Ocellen (Simpelaugen, Beer) und einfacher Blasenaugen (Camera- augen, Beer) wohl in ausreichender Weise geschehen kann. Die Entwickelung des Auges. 141 Fig. 146 giebt die Entwickelung der einfachen Augen (Oc eilen) einer Insektenlarve nach W. Patten wieder. Fig. 146 1 — IV. Vier Entwickelungsstadien eines Ocellus der Aciliuslarve. Nach W. Patten (1889). Vergr. ca. 400:1. c cuticularer Stäbchensaum, cl Chitinlinse. ek Epidermis, i pigmentierte Epidermiszellen (sog. Iris). I linsenbildende Epidermis- zellen. m invertierte Wand des Augenbechers, Mittelschicht, n Sehnerv, r Retina, Sehzellen, sp Vertikalspalt der Retina, st Stäbchen der Sehzellen, x Zellen, welche den Vertikalspalt begrenzen. Dieselben entstehen durch Verdickung und grubenförmige Einsenkung eines kreisrunden Feldes der Oberhaut. Die Epidermiszellen wachsen am Grund der Grube stark in die Länge und nehmen Spindelgestalt an (I), so daß sie im ganzen einen zwiebeiförmig verdickten Kelch dar- stellen, dessen Höhlung von einem cuticularen Stäbchensaum (c), den späteren Sehstäbchen (IV, st) ausgekleidet ist , während die basalen Enden der Zellen in die Fasern des Sehnerven (n) übergehen. Indem nun in der Folge diese zwiebeiförmig verdickte Einsenkung, die zur Retina (r) wird, sich von der Epidermis ganz abtrennt, schließt sich die letztere über ihr und verdickt sich durch Verlängerung ihrer Zellen von neuem (II). Diese zweite Epidermisverdickung (l) drängt abwärts (III) in die Höhlung des Augenkelches (wobei der letztere sich abflacht zur Ebnung des Augengrundes und Vertikalstellung der Stäbchen (IV), und seine Randzellen sich horizontal umlegen zur Bildung einer invertierten 142 A. Froriep, Mittelschicht, m) ; aufwärts dagegen, nach der freien Oberfläche zu, liefert sie als cuticulare Abscheidung eine bikonvexe Chitinlinse (cl). Im Rand- gebiet (i) sowohl der linsenbildenden Epidermisverdickung (/, des sog. Glaskörpers), wie auch der Retina (r) tritt reichliches Pigment auf, wegen dessen diese Teile nun vergleichsweise als Iris und Ciliarkörper bezeichnet werden. Einige Zellen in der Mitte der Retina differenzieren sich in besonderer Weise und begrenzen den sogenannten Vertikalspalt (sp), der jedoch als eine specifische Eigentümlichkeit des Aciliusauges hier nicht in Betracht kommt. Für uns ist der geschilderte Entwicklungsgang insofern von Interesse, als hier deutlich zwei Prozesse unterschieden werden können, die sich aber an derselben Stelle der Oberhaut nach einander abspielen, zuerst die blasenförmige Abschnürung der Re- tinalanlage, dann eine zweite Einsenkung der Epidermis zur Ab- scheidung der cuticularen Linse. Ein derartiger, sozusagen zweiaktiger Entwickelungsmodus des Auges kommt in gleicher Deutlichkeit in anderen Kreisen der Wirbel- losen nicht vor, nur bei den dibranchiaten Cephalopoden findet sich eine Andeutung davon, während im allgemeinen im Mollusken- auge die Linse ein Produkt derselben ersten und einzigen Ektoderm- einsenkung ist, welche auch die Retina liefert. Die Figuren 147 I — V zeigen die Entwickelung des Auges einer Nacktschnecke nach Meisenheimer. I m aug Fig. 147 I — V. Fünf Entwickelungsstadien des Auges von Limax maximus L. Nach J. Meisenheimer (1898). aug Augengrube. C Cornea. E Epidermis. G.o Ganglion opticum. L Linse, mes mesodermales Gewebe. P Pigment. R Retina, Sehzellen. An der Basis des ersten Tentakelhöckers senkt sich das Ektoderm grubenförmig ein (I), die Grube vertieft sich zu einem birnförmigen Säckchen (II) und schnürt sich von dem Oberflächenepithel ganz ab (III). Die Entwickelung des Auges. 143 Von den Wandzellen des so gebildeten Bläschens, das dicht unter der Epidermis liegen bleibt, wird nun eine stark lichtbrechende, mit Os- miumsäure sich schwarz färbende Substanz ausgeschieden, die in dem Lumen des Bläschens zuerst in mehreren verschieden großen Tropfen auftritt, dann zu einem einzigen, annähernd kugeligen Körper (L) sich vereinigt (IV). Die so gebildete Linse liegt der distalen, d. h. der Oberfläche zugekehrten Wand des Bläschens an, welche vorläufig noch den gleichen Durchmesser zeigt, wie die proximale. Mit der letzteren verbinden sich jetzt Ganglienzellen (G.o), die vom Cerebralganglion aus herangerückt sind und so das Ganglion opticum herstellen. Gleichzeitig wächst mesodermales Bindegewebe (mes) auch zwischen Bläschen und Ektoderm hinein zur Bildung einer Bindegewebslage (C), die später als Cornea bezeichnet wird. Beim weiteren Wachstum bilden sich die beiden Wandungen der Augenblase verschieden aus (V) ; die proximale (R, Retina) wird zu einem mehrschichtigen Cylinderepithel, in dessen dem Lumen zugekehrten Zellenenden sich Pigment (P) ablagert; die distale bleibt streng einschichtig, die Kerne rücken nach außen, und die Zellsubstanz hellt sich auf. Die Linse (L) vergrößert sich allmählich mehr und mehr und wird zu einem annähernd kugelförmigen, stark licht- brechenden Körper, der, dem inneren Epithel der Cornea angelagert, den Binnenraum der Augenblase zu einem großen Teile ausfüllt; sie besitzt eine eigentümlich körnige, konzentrische Struktur im Innern, die schon frühzeitig auftrat. Auch die Augen der dibranchiaten Gephalopoden, die höchst- differenzierten im ganzen Bereiche der Wirbellosen, stehen gleichwohl hinsichtlich ihrer Ent Wickelung anderen Mollusken- augen sehr nahe, die Linse ist auch bei ihnen, wenigstens in der Hauptsache, ein Produkt der ersten Ektoderm einsenkung, d. h. der blasenförmigen Retinalanlage. Die Figuren 148 I— V geben hiervon eine Anschauung nach den Abbildungen von Grenacher (IV und V) und Ray Lankester (I-IH). Die Augengrube (I) ist bei ihrem Auftreten im Vergleich zum Gastropodenauge (Fig. 147) auffallend breit und flach, ihr Boden zeigt ein beträchtlich dickeres Epithel als die Umgebung. Die Abschnürung erfolgt dadurch, daß die Ränder der Grube als dünne Epithelfalten sich erheben, einander zuneigen und schließen (Fig. 148 II). Die so ent- stehende erste Augenblase ist linsenförmig abgeplattet, ihre proximale Wand (P) von Anbeginn sehr viel mächtiger als die distale, durch die Vereinigung der Falten entstandene. Fig. 148 III zeigt diese erste Augenblase durch Wachstum ihrer Wandungen vergrößert, der proxi- malen Wand, die zur Retina wird, nähert sich ein Haufen von Ganglien- zellen (G.o.), und neben der Augenblase ist die Verdickung des Ekto- derms zu sehen, aus der sich später der sog. „weiße Körper", ein lymphoides, thymusähnliches Organ, entwickelt [wK). Diese Augenblase ist jetzt (III) von mesodermalem Bindegewebe ganz umgeben und gleicht infolgedessen durchaus dem Gastropodenauge mit seiner primitiven Cornea. Am Rande der letzteren oder auf ihrer äußeren Fläche erhebt sich nun aber eine Ringfalte und bildet sozusagen eine zweite Augengrube (IV) an derselben Stelle, wo früher die erste ent- standen war, dieser auch ähnlich, nur daß der Boden sich nicht verdickt. Kölliker (1844) hatte angenommen, daß diese zweite Augengrube 144 A. Froriep, die Linse liefere, und sie dementsprechend Linsengrube genannt. Gre- nacher (1874) wies dagegen nach, daß die Abscheidung der Linse in der Hauptsache an der Innenfläche der distalen Wand der ersten Augenblase m Fig. 148 I — V. Fünf Entwiekelungsstadien des Auges eines dibranchiaten Ce- phalopoden. Fig. I— III nach E. Ray Lankester (1875) ; Fig. IV und V, schwächer vergrößert, nach H. Grenacher (1874). aug Augengrube. Oi (Ziliarkörper. Co erstes Auftreten der Cornealfalte. ek Ektoderm. en Entoderm. G.o Ganglion op- ticum. J Iris. L primäre Linse (hinteres Linsensegment), mes mesodermales Ge- webe. R Retina, Sehzellen. wK Anlage des „weißen Körpers". erfolgt, als eine Cuticularbildung, welche zunächst als konischer Zapfen (IV, L) dem sie abscheidenden Epithel mit breiter Basis aufsitzt. Dieses primär, nach Art der Gastropodenlinse entstandene Gebilde wird später zum sog. „hinteren Linsensegment", d. h. zur Hauptmasse der Linse. Das Wachstum erfolgt durch Auflagerung konzentrischer Schichten und nähert das Gebilde der Kugelgestalt (V, L), nur die der Matrix aufsitzende Fläche bleibt ein wenig abgeplattet. Dieser Defekt nun wird in der Folge ergänzt durch eine am Boden der zweiten Augengrube nach der freien Fläche zu entstehende Cuticularbildung, die sich als flache Calotte, sog. „vorderes Linsensegment", vor die primäre Linse lagert. Inzwischen hat sich das der primären oder Gastropodencornea ent- sprechende Bindegewebe des in III wiedergegebenen früheren Stadiums im Bereich der Linsenabscheidung zurückgebildet. Infolgedessen steht der Boden der zweiten Augengrube, soweit er zur Matrix des vorderen Linsenseg- mentes wird, in unmittelbarer Berührung mit der distalen Wand der ersten Augenblase, soweit diese als Matrix des hinteren Linsensegmentes fungiert Die Entwickelung des Auges. 145 hat. Beide verschmelzen miteinander und bilden sich zu der dünnen Membran um, welche auch noch im ausgebildeten Auge vorderes und hinteres Linsensegment voneinander trennt und mit ihrem Rande in den sogenannten Ciliarkörper (Fig. 148 V, Ci; Fig. 149 C, Co.ep.) sich fort- setzt. Der letztere entspricht in seiner Lage den bei der Linsenbildung unbeteiligt gebliebenen Abschnitten einerseits der distalen Wand der ersten Augenblase, andererseits des Bodens der zweiten Augengrube. Zwischen diesen beiden ektodermalen Epithellagen bleibt in dem an- gegebenen Bereich das mesodermale Gewebe erhalten und liefert Stroma und Muskulatur des Ciliarkörpers. Fig. 149 A— C. Drei schematische Durchschnitte durch Molluskenaugen. Nach H. Grenacher (1874), aus Balfour's Handbuch (1881). A. Tetrabranchiater Cephalopode, Nautilus. Int Rand der offenen persistierenden Augengrube, sog. Iris. N.op Sehnerv. R Boden der Augengrube, Retina. ß. Gastropode, Limax. Int Integument am Rand der primären Cornea. I primäre Linse. N.op Sehnerv. R Retina. C. Dibranchiater Cephalopode (oigopsid). Co Corneafalte (sekundäre Corneal. Co.ep Ciliarkörper. G.op Ganglion opticum. Int Boden der zweiten Augen- grube, vorderes Epithel des Ciliarkörpers. Int1, Int2 innere und äußere Wand der vorderen Augenkammer. Int'3 äußeres Integument der Cornealfalte. Int* Augen- lidfalte. I primäre Linse, „hinteres Linsensegment". I1 sekundäre Linse, „vorderes Linsensegment". Ir Iris. N.S Nervenschicht zwischen Retina und Gangl. opticum. Pal Anlage des Augenlides, x accessorische Schicht der Retina. Es bleiben nun nur noch Iris, Cornea und Lider zu besprechen, drei Gebilde, deren Entstehung am Cephalopodenauge wie eine dreimalige Wiederholung desselben Vorganges erscheint. Zur Iris wird die schon beschriebene Ringfalte der zweiten Augen- grube (Fig. 148 IV, J), und so versteht es sich, daß die mesodermalen Anlagen für Bindegewebe und Muskulatur der Iris an ihrer Basis (Ciliar- rand) mit den peripherischen Teilen des Ciliarkörpers kontinuierlich zu- sammenhängen. Indem nun weiterhin eine ähnliche Ringfalte des Inte- gumentes (Co) sich bildet an oder wenig hinter dem Aequator, d. h. un- gefähr entsprechend der Basis des prominierenden Teiles des Augapfels, und den letzteren umwächst, kommt die Cornea und Sclera, und durch einen ganz ähnlichen Vorgang später (Fig. 149 C, Pal) das Paar der Augen- lider zustande. Die Aehnlichkeit der Bildung von Cornea und Lidern do- kumentiert sich am deutlichsten dadurch, daß auch die Cornealfalten bei zahlreichen Gattungen (welche nach diesem Merkmal bekanntlich als Handbuch der Entwickelungslehre. II. 2. 10 146 A. Froriep, Oigopsiden oder Offenäugige zusammengefaßt werden) nicht zum Schluß gelangen, sondern auch im ausgewachsenen Tier, wie es in Fig. 149 C wiedergegeben ist, eine mehr oder weniger große Oeffnung begrenzen, durch die das Meerwasser, in die sog. vordere Augenkammer frei ein- tretend, Linse und Iris bespült. Ueberblicken wir die geschilderten Entwickelungsvorgänge, so stellt sich, wie oben schon bemerkt wurde, das Molluskenauge, trotz der hohen Differenzierung, die es bei den Dibranchiaten gewinnt, doch als ein prinzipiell primitives dar und zeigt im ganzen Stamm einen einheitlich typischen Bau. Um so auffallender sind einige Aus- nahmen, die bekannt geworden. Die von C. Semper (1877) beschriebenen Augen am Rücken von Onchidium, einer schalenlosen Pulmonate der tropischen Meeres- ufer (Fig. 150), sind im ganzen sehr einfach gebaut, nur zeigen sie die merkwürdige Eigentümlichkeit, daß die Sehzellen verkehrt stehen, d. h. ihre Stäb- chen, wie im Wirbeltierauge, nicht der Linse, sondern der Sclera zukehren, und der Sehnerv dementsprechend die Retina durchbrechen muß, um sich an deren Innen- fläche als Nervenfaserschicht auszubreiten. Infolge dieser Anordnung muß hier, wie im Wirbeltierauge, ein blinder Fleck derselbe ist und banden sein, Semper angiebt, durch im auch, durch die Pupille Augenhintergrund vor- wie hin- zu erkennen. Fig. 150. Schematischer Durchschnitt durch ein Rückenauge von Onchidium. Nach C. Semper (1877). c und c' Epithel und Bindegewebe der Cornea. /- Linse, bestehend aus sehr großen Zellen, die den Augenbecher ganz ausfüllen, o Sehnerv. /, r, p Nervenfaserschicht, Stäbchenzellen- und Pigment- schicht der Retina. Eine andere Ausnahme in der Reihe der Molluskenaugen bilden die Mantel au gen der Pilgermnschel, deren Bau in Fig. 151 nach W. Patten wiedergegeben ist. Hier kommt zu der Umkehr der Seh- zellen, die wie im Onchidiumauge ihre Stäbchen vom Lichte Sclera zuwenden, noch die weitere Vertebratenähnlichkeit, Retina nicht nur aus Sehzellen und Nervenfasern besteht, von Basalfläche des Sehepithels auch eine relativ mächtige weg der daß die sondern Ganglienzellen führt, die wie im vorgelagert sind und Wirbeltierauge der wie dieses von den zu recipierenden Lichtstrahlen durchsetzt werden müssen. Bemerkenswert ist dabei das Verhalten des Sehnerven, der nicht wie bei Onchidium die Pigmentschicht durchbricht, sondern, in 2 Aeste geteilt, den Augenbecher umgreift und in dessen invertierte Wand vom Rande her einstrahlt. Eine genauere Kenntnis der Entwicklung dieser beiden merk- würdigen Formen des Molluskenauges, insbesondere des Zustande- kommens der invertierten Retina in dieser doch zweifellos an Ort und Stelle von der Epidermis abgeschnürten Augenblase, würde im Hin- Die Entwickelung des Auges. 147 blick auf die entsprechende Schichtenfolge in der Vertebratenretina von besonderem Interesse sein, zur Zeit aber liegt hier wenig Sicheres vor. Fig. 151. Schnitt durch ein Mantelauge von Pecten. Nach W. Patten (1886), aus Hatschek's Lehrbuch, l Epithel der Cornea. 2 Linse (soll nach Patten vom Bindegewebe der Cornea gebildet werden). 3 pigmentierte Epidermis in der Um- gebung der Cornea (begrenzt die Pupille). J, Blutsinus in der Umgebung der Linse. 5 Retina, bestehend von vorn nach hinten aus: innere Faserschicht, Ganglienzellen- schicht, äußere Faserschicht, Sehzellen und Stäbchen, u Pigmentepithel, vor welchem das Tapetum. 7 Sehnerv, in 2 Aesten den Augen becher umgreifend. Dasselbe gilt in Bezug auf das Auge der Ascidieiilarven (au Fig. 152). Dieses ist das einzige uns bekannte Auge, welches mit der Augen- blase der Wirbeltiere verglichen, ihr wahrscheinlich homologisiert werden darf, ein reines Gehirn äuge. Die Sehzellen liegen in der Wand desMedullarrohres, sind integrie- rende Bestandteile desselben und kehren ihre Stäbchenenden (die durch die Pigmentmasse verhüllt sind) dem Lumen desselben zu. Auf der Pigmentmasse sitzt eine wahrscheinlich vom Sehepithel selbst aus- geschiedene cuticulare Linse mit aufgelagertem Meniskus und ragt in den Ventrikelraum frei vor; Lichtstrahlen, welche durch diese Linse den Sehzellen zugeführt werden sollen, müssen zuvor Körperbedeckung und Hirnwand, welche beide transparent sind, durchsetzen, so daß die 10* 148 A. Froriep, letztere zusammen mit dem Ventrikel, d. h. also die Wand der sog. „Sinnesblase", gewissermaßen als Cornea und der von ihr einge- schlossene Hohlraum als vordere Augenkammer fungiert. Fig. 152. Vorderer Körperabschnitt der frei schwimmenden Larve von As- cidia mammillata. Nach A. Kowalewsky (1871), aus Korschelt und Heider's Lehrbuch. A Seitenansicht, B Dorsalansicht, au Auge (Sehepithel, Pigmentmasse und Linse mit Meniskus), ch Chorda, d Darmkanal, es Endostyl. / Flimmergrube. k, k' Kiementaschen, m Schwanzmuskeln, ms Mesenchymzellen. ot Otholith. r, s Medullarrohr. sb Sinnesblase (Gehirn Ventrikel?). So gefaßt, könnte die ganze Sinnesblase einem primären Epidermis- auge, wie die Blasenaugen der Mollusken solche darstellen, verglichen werden; dem würde jedoch der sehr eigentümliche Befund im Wege stehen, daß diese Augenblase zugleich eine Gehörblase wäre, da an ihrer Wand, neben Linse und Retina, auch eine Crista acustica mit Otolith sich findet (C. Kupffer 1872, p. 386—392). Man wird also daran festzuhalten haben, daß das Tunicatenauge ein spezifisch differenzierter Bezirk der Medullarwand, und daß voll- kommene Transparenz der Körpergewebe die Vorbedingung seiner Funktionsfähigkeit ist. Die Entwickelung des Auges. 149 Würde man sich nun vorstellen, daß ein derartiges Binnenauge des Gehirnrohrs sich ausgedehnt, als Blase hervorgedrängt und dann in sich selbst zurückgestülpt hätte, so würde der Augenbecher des embryonalen Vertebratenauges im Prinzip gegeben sein. Pigment und Linse (so müßte man sich vorstellen) wären im Laufe der supponierten Umgestaltungen verloren gegangen ; dafür hätte das proximale Blatt der invertierten Augenblase die Rolle der Pigmentbildung übernommen, und eine Linse wäre dem Organ von Seiten des gegenüberliegenden Epidermisbezirks neu geliefert worden. Leider fehlt für diese Vorstellungsreihe die objektive Unterlage, oder ist wenigstens gar zu schmal, um ihr als wirkliche Grundlage dienen zu können. Dazu müßte die Ontogenese des Wirbeltierauges mit einem in der offenen Medullarplatte sich bildenden primären Auge beginnen, welches nach Schluß des Medullarrohres seine cuticulare Linse und primäre Pigmentmasse einbüßt, von der Medullarwand sich ab- schnürt und, der Epidermis angelagert, durch Inversion des licht- recipierenden Augengrundes sich in den Augenbecher umgestaltet. Von diesem Postulate ist allerdings ein Teil verwirklicht, aber freilich nur ein sehr kleiner: die Retina der Wirbeltiere beginnt ihre Entwickelung in der That als Augengrube auf der freien Körper- oberfläche genau so, wie auch ein primäres Auge, ein Wirbellosenauge, hier beginnen müßte. Was sich aber dann als Auge abschnürt, ist kein primäres Auge, sondern weniger und mehr, nämlich, wie oben bereits betont wurde, ein integrierender Teil des nervösen Central- organs. Sehorgane des Amphioxus. Obgleich Amphioxus eigentliche Augen, d. h. Bildaugen, Idir- organe (Beer), nicht besitzt, sondern nur Sehorgane ohne Bildreception (Hesse), Photirorgane (Beer), so dürfte es doch angezeigt sein, der- selben hier Erwähnung zu thun, weil die von Boveri (1904, p. 409) kürzlich aufgestellte Hypothese über die Phylogenie des Wirbeltier- auges von ihnen ihren Ausgang nimmt. R. Hesse (1898, p. 361) hatte den Nachweis erbracht, daß die in der ventralen Wand des Neuralrohres von Amphioxus gelegenen Pig- mentflecke Organe der Lichtreception sind, bestehend je aus 2 Zellen, einer becherförmigen Pigmentzelle und einer in deren Vertiefung ein- gelagerten Sehzelle mit Nervenfortsatz. Diese letzteren Zellen nun hält Boveri für homolog den Stäbchen- und Zapfenzellen im Craniotenauge, und schildert den Weg, wie phylogenetisch aus einer Gruppe solcher Sehzellen des Amphioxus die Retina entstanden sein könnte, an einer Reihe schematischer Figuren, die den in der Ontogenese des Cranioten- auges einander folgenden Zuständen der Anlage ungefähr entsprechen. Man hätte sich hiernach vorzustellen, daß zunächst einer der die Sehzellen enthaltenden segmentalen Bezirke des Amphioxusrücken- markes durch Ausstülpung sich der Körperoberfläche näherte: Bildung der Augenblase; daß die beiden Wände dieser Augenblase sich diffe- renzierten, in der distalen die Pigmentzellen schwanden, in der proxi- malen umgekehrt die Sehzellen : Sonderung von Retinal- und Pigment- blatt der Augenblase; daß weiterhin, zunächst zum Schutz, das Retinal- blatt sich grubenförmig einsenkte, dabei die anliegende Epidermis mit in die Tiefe ziehend : Bildung des Augenbechers zugleich mit der Linsengrube, — eine Etappe, die im Grubenauge des Nautilus ein 150 A. Froriep, Analogon besäße; und daß dann schließlich dieses Grubenauge sich geschlossen habe zum Blasenauge, in welchem das abgeschnürte Linsen- bläschen sich zur Linse weiterbildete, und der Abstand zwischen Linse und Retina sich herstellte durch die auf einer partiellen Verödung der Retina beruhende Bildung des Glaskörpers. Diese BovERi'sche Hypothese ist höchst anregend und wird viel- leicht bei der weiteren Erforschung des Problems ihre Rolle spielen. Für jetzt drängen sich einige Bedenken dagegen auf, die hier nur kurz berührt werden sollen. Zunächst ist für eine Homologisierung der beiderlei Sehzellen der Umstand störend, daß diejenigen von Amphioxus, besonders die bi- lateralen Gruppen, nicht epithelial, sondern von der Ventrikelfläche abgerückt, in scheinbar regelloser Orientierung in der Tiefe liegen. Anzunehmen, daß diese Ganglienzellen sich von neuem zu einem so typischen Oberflächenepithel zusammengeschlossen hätten, wie es das Retinalepithel in allen seinen Entwickelungsphasen ist, das macht doch Schwierigkeiten. Wollte man sich aber auch mit der weiteren Annahme helfen, daß der in Amphioxus vorliegende Zustand ein rückgebildeter wäre, und wollte als gemeinsamen Ausgangszustand ein ventrikuläres Seh- epithel voraussetzen, so würde sich weiterhin die Frage erheben : wie kommen diese Augenanlagen bei den Cranioten in das Gebiet des Vorderhirns, während sie bei Amphioxus gerade den Bereich der 2 bis 3 vordersten Ursegmente frei lassen, dagegen kaudalwärts nahe- zu über die ganze Länge des Neuralrohres verbreitet sind? Boveri erwähnt, daß hierin „die Möglichkeit zur Entstehung von Augenblasen überall gegeben" sei, und berührt, wenn auch skeptisch, die LocY'sche Hypothese der accessorischen Augenblasen (siehe unten p. 153). Ich meine, der Anfang des Craniotenauges, wie er im nächsten Abschnitt dieses Kapitels geschildert wird, als dorsalwärts offene Seh- grube in der flach ausgebreiteten Vorderhirnplatte, deutet doch mit Wahrscheinlichkeit darauf hin , daß bei Vorfahren des Wirbeltier- Stammes schon an der gleichen Stelle primäre Grubenaugen vorhanden waren, durch deren Umgestaltung die Augenblasen und weiterhin die invertierten Augenbecher entstanden sind. Wenn man aber diese so frühzeitige Lokalisierung des Sehorgans als gegeben annimmt, so wird man sich einen genetischen Zusammenhang dieser Vorderhirngrübchen mit den Rückenmarksaugen des Amphioxus nur schwer vorstellen können. H. Joseph (1904, p. 23) steht der BovERi'schen Hypothese völlig ablehnend gegenüber. Seine Mitteilung bringt den Nachweis, daß die bekannten, aber bisher schwer verständlichen „dorsalen Zellen" des Neuralrohres von Amphioxus, welche von Kupffer (1893, p. 75) als „dorsale Ganglienplatte" bezeichnet worden waren, in ihrer feineren Struktur mit den HESSE1schen Sehzellen durchaus übereinstimmen, so daß man sie mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit für Sehzellen ohne Pigmentbecher wird halten dürfen. Dieselben sind in ihrer Lage auf den Bereich der 2 — 3 vordersten Ursegmente, also gerade auf das Gebiet beschränkt, in dem die HESSE'schen Sehorgane fehlen. Gegen Boveri's Hypothese hebt Joseph vor allem den Umstand hervor, daß der bekannte Pigmentfleck am vordersten Ende des Neural- rohres von Amphioxus „seiner Lage nach mit viel größerem Rechte als ein Homologon des paarigen Wirbeltierauges angesehen" werden Die Entwickelung des Auges. 151 dürfe, und führt als Vertreter dieser Auffassung die gewichtigen Namen Wilhelm Müller, Haeckel und Hatschek an. Das Wirbeltierauge. I. Die Sehgrube (Foveola optica). Im Hinblick auf die Vergleichung des Wirbeltierauges mit den Augen der Wirbellosen ist von besonderem Interesse die Thatsache, daß die Augenblase, d. h. die Anlage des Licht recipierenden Teiles im Auge, bei einer Anzahl darauf untersuchter Formen sich zu bilden beginnt an der freien Oberfläche des embryonalen Leibes, nämlich in der offenen Medullarplatte, als grubenförinige Einsenkung des Ekto- derms, welche, nach Analogie der Riech- und Gehörgrube, als Seh- grube oder Augengrube zu bezeichnen sein würde. Diese Thatsache ist an sich nicht neu, nur ist sie früher nicht be- achtet worden. Denn schon bei Bischoff (A. L. I, 1842, Taf. XIII. 1845, Taf. VII) sind Embryonen von Kaninchen und Hund in Stadien von 6 — 12 Urwirbeln abgebildet, deren noch offene Medullarplatten im Vordergehirngebiet die durch die beginnende Augenblasenbildung bedingte Verbreiterung erkennen lassen. Die nebenstehend in Fig. 153 wieder- gegebene Abbildung von Dursy (1869, Taf. II, Fig. 13) läßt in dem offenen Vorderhirnrohr des Hühnchens vom Anfang des 2. Brüt- tages ebenfalls die Sehgruben deutlich er- kennen, es findet sich aber weder in der Tafelerklärung noch im Text eine darauf bezügliche Bemerkung. Kessler (1877, p. 1) bemerkt nur, daß das Medullarrohr schon vor dem vollständigen Schluß seines Kopfteiles eine Auftreibung seines Vorderendes zeige, welche ganz allmählich und unmerklich ihre Form dahin ändere , daß um die 30. bis 33. Brütstunde in ihr v. Baer's „erste An- fänge der Augen" erkannt werden können. Balfour (A. L. II, 1881, p. 430) begnügt sich ebenfalls mit der kurzen Notiz : „Die Bil- Fig. 153. Dorsalansicht eines Hühnerembryo vom Anfange des 2. Tages bei auffallendem Licht. Nach E. Dursy (18ö9). I düng des Auges beginnt mit dem Auftreten eines Paares hohler Auswüchse aus der vorderen Hirnblase, welche in vielen Fällen sogar noch vor dem Verschluß des Nervenrohres zum Vorschein kommen." Kölliker (A. L. II, 1879, p. 623) beginnt seine Darstellung der Entwickelung des Auges auch wieder mit der Beschreibung der primären Augenblasen als „seit- liche Ausstülpungen des primitiven Vorderhirns", er weist aber darauf hin, daß „bei den Säugern die primitive Augenblase zu einer Zeit sich anlegt, in der das Vorderhirn an der dorsalen Seite noch ganz offen ist" ; bei den Vögeln sei zwar in diesem Stadium das Grehirn längst ge- schlossen (Ende des 2. Tages), der hierin hervortretende Unterschied 152 A. Froriep, beruhe aber nur in dem bei Vögeln rascher ablaufenden Medullarschluß ; beim Zurückgehen auf das Ende des ersten oder Anfang des zweiten Tages könne man „die seitlichen Ausbuchtungen des ganz offenen Vorderhirns schon als erste Spuren der Augenblasen" ansprechen. Unter den neueren Lehrbüchern (Hertwig, Bonnet, Marshall, Minot, Schenk, 0. Schultze, Kollmann, Nussbaum) gehen nur Minot (A. L. II, 1894, p. 221 u. 609) und Nussbaum (1900, p. 6) auf die Frage ein, indem sie an der Hand der von W. Heape (A. L. III10, 1887) gegebenen Abbildungen der offenen Gehirnplatte von Maulwurfsembryonen darlegen, wie die Augen- blasen, da sie zunächst im lateralen Gebiet dieser Platte entstehen, beim Schluß des Kohres dorsal zu liegen kommen. Nächst Heape haben in neuerer Zeit mehrere Forscher den. Seh- gruben der offenen Medullarplatte eingehendere Aufmerk- samkeit zugewendet, so Keibel (1889. A. L. II, 1897) für Säuger, Eycleshymer (1893. 1895) für Amphibien, Locy (1894. 1895) für Selachier. Selachier. Wie bei den Säugern, so bleibt auch bei Selachiern das Vorder- hirngebiet der Medullarplatte verhältnismäßig lange offen ausgebreitet; hier sind die Sehgruben zuerst von Locy beobachtet worden. Fig. 154 zeigt die Dorsalansicht eines Acanthiasembryo (BALFOUR-Stad. D) mit breiter Gehirnplatte, und im vordersten Abschnitt der letzteren jeder- seits die Sehgrube als rundliche Vertiefung, getrennt durch einen medianen Längsstreifen, den Boden der primitiven Medullarfurche. Fig. 155, von einem ungefähr gleichaltrigen Torpedoembryo, erläutert die Strukturverhältnisse an der betreffenden Stelle; der Embryo ent- Fig. 155. Fig. 154. .- au ent --vi ■"•"2 r *♦/ *•# Fig. 154. Dorsalansicht eines Embryo von Acanthias vulgaris, 2,1 mm Körper- länge, Stadium D. Vergr. 20:1. Nach W. Locy (1895). au Sehgrube. Fig. 155. Schnitt durch das ventralwärts umgebogene Kopfende eines Embryo von Torpedo ocellata, 2,1 mm Körperlänge, Stadium D. Vergr. 100:1. Präp. von A. Froriep. au Sehgrube, ent Vorderdarm. Die Entwickelung des Auges. 155 sprach genau dem in diesem Handbuch, Bd. I, Abt. 2, p. 21 von Keibel gegebenen Bilde Fig. 6c; es ist ein Schnitt, der parallel zur Ebene der Keimscheibe verlaufend , den ventralwärts umgebogenen vordersten Teil der Gehirnplatte quer durchsetzt (Kopfmesoblast, Vorderdarm und Dotter sind schräg getroffen). Obschon hier noch wenig vertieft, ist die Sehgrube doch, besonders in der linken Hälfte des Bildes, deutlich erkennbar: sie liegt an der Stelle, wo die Gehirn- platte das Kopfmesoblast lateral- und dorsalwärts überragt, und tritt über dessen Rand hinweg mit der Epidermis in Berührung. An der Gehirnplatte sind in querer Richtung 4 Zonen zu unterscheiden, nämlich ein medianer Streifen, der Boden, der dem Chordaentoblast aufliegt, dann die ventrale Längszone (Grundplatte, His), die dem Kopf- mesoblast anliegt, dann die dorsale Längszone (Flügelplatte, His)r die an dieser Stelle eben die Sehgrube darstellt, und endlich ein Randstreifen, der, jetzt noch unbedeutend, demnächst stark wächst zur Verbreiterung der dorsalen Längszone oberhalb der Sehgruber sowie zur Bildung der Decke und eventuell der Ganglienleiste. Die Abgrenzung der Sehgrube wird am Präparat erleichtert durch die (bei stärkerer Vergrößerung deutlicher als in der Fig. 155 erkennbare) An- ordnung der oberflächlichen Zellen, welche in der Mitte der Sehgrube in ihrer gestreckten Form mit tiefstehendem Kern eine gewisse Dif- ferenzierung zeigen *). Das Wachstum der Sehgruben geht rasch vorwärts, Hand in Hand mit der mächtigen Entfaltung des Vorderhirns überhaupt. Sobald sich die beiden Hälften der Gehirnplatte erheben und mit ihren lateralen Rändern dem Schluß zustreben, vertiefen sich die Sehgruben beträcht- lich und bedingen an der frei werdenden Außenfläche des Vorderkopfes kugelige Vorwölbungen. In Fig. 156, nach Neal (1898, Taf. II), ist dieses Uebergangs- stadium von D zu E sehr anschaulich wiedergegeben. Man blickt von rechts und oben auf die Gehirnplatte, deren Wände sich zum Schluß erhoben haben , während ihr Randstreifen noch lateralwärts umgelegt erscheint. Infolge der schrägen Ansicht hat man in die Seh- grube der linken Kopfhälfte noch den freien Einblick von der Dorsal- seite her, die Sehgrube der rechten Hälfte dagegen ist nicht als solche sichtbar, sondern erscheint, entsprechend der Vorwölbung, die sie an der Außenfläche bedingt, hier in Gestalt einer sog. „primären Augen- blase". Um weniges älter (in der in diesem Handbuch, Bd. I, Abt. 2r p. 21 von Keibel abgebildeten Reihe zwischen c und d zu denken) ist der Torpedoembryo, von dem in Fig. 157 ein Durchschnitt des Vorderkopfes gegeben ist. Das Medullarrohr dieses Embryo ist im 1) Die in Fig. 154 wiedergegebene Abbildung läßt auf der linken Hälfte der Gehirnplatte kaudalwärts von der Sehgrube eine zweite, der Sehgrube ähnliche rund- liche Einsenkung erkennen, welche Locy (1895, p. 55t>) als accessorische Sehgrube auffaßt. Bei sich anschließenden Stadien hat dieser Forscher dann eine ganze Reihe solcher, in derselben Längslinie und in ungefähr gleichen Abständen kaudalwärts sich folgender Einsenkungen beobachtet, die er als die Spuren im Laufe der Phylo- genese verloren gegangener, multipler, segmentaler Augen deutet, welche, wie jetzt noch z. B. bei Hirudineen (C. O. Whitman, 1884), so dereinst bei an neliden artigen Vorfahren des Wirbeltierstammes existiert hätten und bei Squalidenembryonen noch transitorisch auftreten, um alsbald, wenn die Medullarplatte ihrem Schluß entgegen- geht, zu verschwinden und anderen Differenzierungen der Medullarwand Platz zu machen. Da diese Frage in das Kapitel von der Formentwickelung der nervösen Centralorgane fällt, kann sie an dieser Stelle hier nicht weiter erörtert werden. 154 A. Froriep, Bereich des Hinterhirns auf einer Strecke von 0,6 mm geschlossen und von der Epidermis getrennt. Der abgebildete Schnitt liegt vor dieser Gegend und trifft, entsprechend der Kopfkrümmung, den Medullar- Fig. 157. Fig. 156. au Fig. 15ö. Dorsolaterale Schrägansicht des Kopfteiles eines Embryo von Acan- thias vulgaris von 10 — 11 Urwirbeln, Uebergangsstadium von D zu E. Nach Neal (1898). Vergr. ca. 32:1. Fig. 157. Schnitt durch den Vorderkopf eines Embryo von Torpedo ocellata- Stadium E, 2,4 mm Körperlänge. Präp. von A. Froriep. Vergr. 100:1. au Seh- grube, eh Ektoderm. med Medullarplatte. spalt zweimal, dorsal nahe vor dem bereits geschlossenen Abschnitt, ventral in dem Gebiete, das als vorderer Neuroporus noch lange offen bleibt. Infolge der Kopfkrümmung liegt der Schnitt im Bereich der Sehgrube nicht quer zur Achse der Medullarplatte wie der Schnitt der Fig. 155, sondern der Achse parallel, so daß wir in Fig. 157 die ganze Ausdehnung der Sehgrube in dieser Richtung vor uns haben; rostralwärts reicht sie bis hart an die laterale Lippe des Neuroporus. Das Oberflächenepithel der Grube ist jetzt deutlicher als bei Fig. 155 differenziert durch Verlängerung der Zellen und Tieferrücken der Kerne ; auch finden sich im Gebiet der Grube zahlreichere Mitosen als in der Umgebung. Die Dicke der Medullarwand ist hier und dort nicht merklich verschieden. Im Bereich der Sehgrube findet sich im allgemeinen kein Mittel- blattgewebe zwischen Medullarwand und Epidermis; nur ein ventral- kaudaler Sektor des Grubenrandes ruht auf dem Mesoblast der Prä- mandibular- und Mandibularregion. Da nun das, was im Verhältnis zur freien Fläche der Medullarplatte als Rand der Sehgrube erscheint, im Verhältnis zur Außenfläche der Medullarwand als Abschnürungs- rancl der Augenblase sich darstellt, so ist auch für letztere in jener Beziehung zum Kopfmesoblast bereits ein Anhaltspunkt der Beurteilung gegeben, auf den wir weiter unten zurückkommen werden. Amphibien. Eine besondere Stellung nehmen die von Eyclesheymer mit- geteilten Befunde an Amphibienembryomen ein durch den Nachweis der Pigmentierung im Epithel der Sehgrube. Denn die Sehgruben der Selachier und der Säuger, wenn sie auch gleich primitiven Augen- Die Entwickelung des Auges. 155 gruben des Ektoderms an der freien Oberfläche des Embryo liegen, lassen doch keinerlei für Sehorgane specifische Differenzierung er- kennen und könnten bei strenger Skepsis auch lediglich als die ersten Veränderungen der Gehirnwand bei der Bildung der definitiven Verte- bratenaugen aufgefaßt werden. med- Fig. 158. Querschnitt durch den vordersten Teil der Medullarplatte eines Em- bryo von Rana palustris. Nach Eyclesheymer (1895). Vergr. 180:1. au Sehgrube. €w Entoderm. ep Epidermis, med Medullarplatte. • ms Mesoderm. Anders verhält es sich hier. Fig. 158 giebt einen Querschnitt durch die Sehgruben oder „Sehfelder" (Eyclesheymer) der offenen Gehirnplatte von Rana palustris. Die Differenzierung des Oberflächen- epithels der Sehgrube zeigt, wenn man nur die Form der Zellen ins Auge faßt, eine gewisse Uebereinstimmung mit den oben beschriebenen Befunden bei Torpedoembryonen, nur daß der Unterschied der großen cylindrischen oder birnförmigen Zellen von den Zellen der Umgebung augenfälliger ist. Ganz eigenartig aber verhält sich dieses Epithel dadurch, daß in den an der Oberfläche freiliegenden Zellenenden fein- körniges Pigment angehäuft ist, so reichlich, daß, nach der Angabe des Autors, diese „Sehfelder" schon bei der Betrachtung des unzer- legten Eies erkennbar sind als Pigmentflecken der Medullarplatte zu beiden Seiten der Mittellinie hart innerhalb des den Kopfteil dieser Platte umfassenden Medullarwulstes. In späteren Stadien, mit dem Schluß des Gehirnrohres, rücken diese bilateralen Sehgruben nahe an die Medianebene heran, das Pigment zieht sich von der Oberfläche zurück, wandert zwischen den Zellen in die Tiefe und schwindet allmählich, und von dieser jetzt pigment- frei gewordenen Bucht des engen Hirnrohres aus erfolgt nun erst die eigentliche Einsenkung der inneren und entsprechende Hervortreibung der äußeren Oberfläche der Gehirnwand zur Bildung der Augenblase. Diese pigmentierten Sehgruben der Amphibienembryonen (außer bei Rana palustris hat Eyclesheymer sie auch bei Amblystoma nach- gewiesen) dürfen wohl mit Recht gelten als das Rudiment primitiver Sehorgane nach dem Typus der Augen der Wirbellosen, für welche das in den lichtrecipierenden freien Enden der Retinazellen angehäufte Pigment eine charakteristische Eigentümlichkeit darstellt (vergl. oben Fig. 147 V. 152). Säugetiere. Wie oben erwähnt, war für Säugerembryonen das Auftreten der Sehgruben in der offenen Medullarplatte schon in der älteren Litteratur bekannt, ohne daß auf eine theoretische Verwertung dieser Tatsache 156 A. Froriep, eingegangen worden wäre. Auch die neueren Forscher Heape (A. Lu III10, 1887, p. 131) und Keibel (1889, p. 372; 1895, p. 89; A. L. II, 1897, p. 20, 76), welche die Erscheinung, ersterer für Talpa, letzterer für Cavia und Sus, etwas eingehender verfolgt haben, schil- dern dieselbe einfach als den Beginn der Abschnürung der Augen- blasen, in welche man, infolge des langen Offenbleibens der Gehirn- platte, von der Ventrikelseite direkt hineinsehen könne. Wenn man aber das in Fig. 159 abgebildete Modell von Keibel betrachtet, so kann man sich des Gedankens kaum erwehren, daß das lange Offenbleiben der Gehirnplatte mit dem Vorhandensein der Seh- gruben in ursächlichem Zusammenhang stehe als Reminiscenz phylo- genetisch längst entschwundener Vorfahrengestaltung. Denn wenn diese Sehgruben dereinst primäre Augen gewesen sind, so konnten sie nicht zweckmäßiger sitzen als auf diesem hohlspiegelartig dem Licht entgegengestellten Hirnteller, symmetrisch zur Mittellinie und konvergent ! Der in dem Modell dargestellte Embryo ist in diesem Handbuch, Bd. I, Abt. 2, p. 122, Fig. 53c vom Rücken her, in Fig. c, in Scheitel- ansicht abgebildet; die letztere Ansicht zeigt die symmetrische Stellung der Sehgruben. Der Entwickelungszustand des Embryo entspricht un- gefähr dem Stadium E der Selachier (s. Fig. 157). Der Embryo hat g — 10 Urwirbel, der Schluß des Medullarrohres ist nur auf der Strecke vom Isthmus des Gehirns bis zur Höhe des 8. Urwirbels (mit einer Unterbrechung in Höhe des 2. Urwirbels) vollzogen, sonst ist dasselbe noch offen, die Gehörgruben sind eben kenntlich, die erste Visceral- tasche ist angelegt, das Herz ein gestreckter blutleerer Schlauch, die ersten Blutanlagen zeigen sich auf dem Dottersack, das Ammion ist geschlossen, die entodermale Anlage der Allantois vorhanden. Fig. 159 zeigt das Kopfende dieses Embryo in der Schrägansicht von vorn und links, man blickt daher in die rechtsseitige Sehgrube senkrecht hinein, die linksseitige er- scheint in der Verkürzung. Da die Scheitelbildung schon ausgebildet ist, so ist die Achse der Vorderhirnplatte mit ihrem rostralen Ende ventral- Fig 159. Rostrolaterale Ansicht des Kopf- endes eines Schweinsembryo (Sus scrofa), 4,7 mm Körperlänge, 10 Urwirbel, 16 Tage. Modell von Keibel (1897). Vergr. ca. 25:1. kaudalwärts gebogen, das rostrale Ende des Hirnbodens springt in dieser Richtung schnabelförmig vor. Die primitive Medianfurche ver- läuft im Bilde von oben nach unten, oben tritt sie aus dem bereits geschlossenen 4. Ventrikel hervor, in dessen Höhle man durch die Oeffnung am Isthmus (gleichsam einen provisorischen Neuroporus) im Bilde hineinblickt. Fig. 160 (von einem ungefähr entsprechenden Meerschweinchen- embryo) erläutert die Strukturverhältnisse im Gebiet der Sehgruben. Es ist ein auf der Vorderhirnplatte senkrechter Transversalschnitt, der. wenn wir ihn in das Bild der Fig. 159 übertragen, hier horizontal von links nach rechts verläuft, linkerseits den kaudalen (im Bilde oberen) Rand der Sehgrube streift, rechts dagegen voll durch dieselbe durchgeht. In der Mitte des Schnittbildes findet sich der Querschnitt, Die Entwickelung des Auges. 157 des Vorderdarmes mit ungesondertem Chordaentoblast, ventral an- liegend das Ektoderm der Mundbucht, dorsal aufgelagert der mediane Streifen, der zum Boden des Gehirnrohres wird. An der Gehirnplatte sind, ebenso wie in dem Selachierembryo der Fig. 155, jedoch deut- licher abgesetzt, in querer Richtung 4 Zonen zu unterscheiden, näm- lich, außer dem eben genannten Boden, die bereits dorsalwärts auf- wies en Fig. 160. Querschnitt durch den Vorderkopf eines Embryo von Cavia cobaya, 3,0 mm Körperlänge. Präp. von A. Froriep. Vergr. 100:1. du Sehgrube, en Vorder- darm, mes Mesoderm. gerichtete ventrale Längszone, dann die dorsale Längszone, welche noch horizontal steht und an dieser Stelle die beträchtlich ver- tiefte Sehgrube darstellt, und endlich ein Randstreifen, der später mächtig wächst, um die hohe Wölbung der Seitenwand und Decke des Vorderhirns zu stände zu bringen. Die Sehgruben zeigen relativ beträchtliche Dimensionen. Sie sind handschuhfingerförmig verjüngte Blindsäcke, deren Lichtung 0,16 mm tief ist und, am Zugang am weitesten, hier sowohl im transversalen, wie im rostrokaudalen Durchmesser 0,07—0,08 mm mißt. Der Fundus der Grube, der ventral-lateralwärts sich konvex vorwölbt und dement- sprechend an der Seitenfläche des Vorderkopfes bereits eine kleine, rundliche Vorwölbung bedingt, steht in unmittelbarer Berührung mit der Basalfläche der Epidermis, hier findet sich (was auch Keibel für den Schweinsembryo der Fig. 159 angiebt) kein Mesoderm zwischen den beiden ektodermalen Blättern. Dagegen liegt die mediale oder (im Hinblick auf die lateral-dorsalwärts strebende Krümmung des Sehgrubenschlauches) ventrale Wand der Grube dem Kopfinesoderm auf. Da nun das Kopfmesoderm rostralwärts sich rasch verjüngt und bald aufhört, so ist rostral im ganzen Umfang der Sehgrube kein Mesoderm vorhanden, und die Berührung der Sehgrube mit solchem beschränkt sich demnach, genau so wie es oben für Selachierembryonen beschrieben wurde, auf einen ventral-kaudalen Sektor der konisch ver- jüngten Grubenwandung. II. Die Augenblase (Vesicula optica) mit der Augenolasenhöhle (Ventriculus opticus) und dem Augenblasenstiel (Pediculus vesiculae optica e). „Primäre Atiyeubhise'' der Autoren. Sobald die beiden Hälften der Medullarplatte des Vorderhirn- gebietes als Seitenwände des Medullarrohres dorsal vereinigt und in- folgedessen die Sehgruben von der dorsalen (ventrikulären) Seite nicht 158 A. Froriep, mehr zugänglich sind, werden die an der Außenfläche der Vorderhirn- wand durch sie bedingten halbkugeligen Vorwölbungen um so deut- licher und erhalten nun den Namen der Augenblasen oder nach den Autoren der sog. „primären Au ge n blasen". Diese letztere Bezeichnung ist keine glückliche zu nennen, weil wir bei unserer heutigen Anschauungweise gewohnt sind, beim Gebrauch der Worte primär und sekundär die Annahme vorauszusetzen, daß durch so bezeichnete Entwickelungszustände entsprechende Perioden der Phylo- genese des Organs wiederholt werden. Wenn aber irgend ein onto- genetisches Stadium des Wirbeltierauges das primäre Auge der wirbel- losen Vorfahren repräsentiert, so sind es die Sehgruben, deren Oeff- nungen für die aufzunehmenden Lichtstrahlen an der freien Dorsalfläche des Embryo liegen. Diese würden mit vollem Recht als primäre Augengruben bezeichnet werden dürfen, aber nur unter Bezugnahme auf die ventrikuläre Oberfläche, die primäre Lichtreceptionsfläche ; wenn sie sich von dieser abschnüren zu birnförmigen, gestielten Blasen, so liegt hierin kein primärer Zustand mehr vor, sondern die erste Phase in der Bildung des sekundären, invertierten Auges. Für Remak (A. L. I, 1850—1855), auf den die Bezeichnungen zu- rückzuführen sind 1)1 hatten sie den phylogenetischen Sinn nicht. Er wollte durch dieselben nur der überraschenden Thatsache prägnanten Ausdruck geben 2), daß die Augenblase nicht, wie ihr Entdecker K. E. v. Baer (A. L. I, 1828) es angenommen hatte, einfach zum Augapfel wird, daß sie vielmehr durch Einstülpung ihren Charakter als Blase („primitive Blase") ganz einbüßt, und daß die bekannte Blasennatur des Augapfels erst auf einem Umweg durch die Vereinigung eines aus der Augenblase entstandenen Gebildes mit der Linsenblase von neuem hergestellt wird („sekundäre Blase"). Das, was Remak die sekundäre Augenblase nennt, ist also in Wirk- lichkeit nicht mehr die Augenblase , ja es ist überhaupt keine Blase, sondern ein Zwischenraum zwischen zwei Blasen 3j. Der Ausdruck faßt einen Komplex genetisch verschiedener Dinge in eins zusammen; dieses sind: 1) der aus der Augenblase entstandene doppelwandige Augenbecher; 2) die von der Epidermis abgeschnürte Linse ; 3) der zwischen beiden eingeschlossene Raum, den früher oder später der Glaskörper ausfüllt. 1) Remak schreibt jedoch nicht primär, sondern „primitiv", was nicht völlig gleichbedeutend ist, da es nicht, wie primär, ein sekundär und tertiär postuliert, sondern nur den ursprünglichen Zustand bezeichnet. Kölliker (A. L. II, 1861) hat es beibehalten; soviel ich sehe, braucht als erster His (A. L. III", 1868) den Ausdruck „primäre Augenblase", der dann bei den Späteren sich als Terminus ein- bürgert. 2) E. Huschke hatte in seiner als 5. Band des SöMMERRiNG'schen Hand- buches erschienenen „Lehre von den Eingeweiden und Sinnesorganen", 1844, p. 732 die Thatsache kurz mitgeteilt, „daß die spätere Netzhaut durch Einstülpung einer früheren Nervenbautblase entsteht, deren Höhle mit dem Seitenventrikel kommuni- ziert, später aber durch vollkommenes Aneinanderlegen der dadurch hervorgegangenen äußeren (hinteren) und inneren (vorderen) Platte samt der Kominunikationsröhre des hohlen Sehnerven verschwindet". .Remak schreibt über jenen merkwürdigen Vor- gang in der ersten, 1850 ausgegebenen Lieferung seines Hauptwerkes (1855) p. 34, „ daß die vordere Wand der Augenblase sich an die hintere Wand dicht angelegt, und daß die Augenblase sich in einen doppelwandigen Napf umgewandelt hat, weicher die Linse aufnimmt. Dieser doppelwandige Napf gestaltet sich alsbald wieder zu einer offenen Blase, indem er sich bei seiner Erweiterung von der Linse entfernt." 3) Vergl. die Anmerkung unten p. 185. Die Entwickelung des Auges. 159 Bei dieser Sachlage können die in Rede stehenden Bezeichnungen nur verwirrend wirken. Ich halte ihre Beseitigung für eine in didaktischem Interesse unab weißliche Forderung und werde deshalb nicht mehr von primärer und sekundärer, sondern nur von einer Augenblase sprechen, da es nur eine giebt. Sauropsiden. Da die Vorgänge der Bildung und Umgestaltung der Augenblase ganz vorwiegend an Vogelembryonen (Gallus, Anas) studiert worden sind, erscheint es zweckmäßig, diese Klasse auch hier vor- anzustellen. Bei Hühnerembryonen werden die Augenblasen deutlich in der ersten Hälfte des 2. Brüttages, d.h. in derjenigen Entwickelungsperiode, in welcher die Medullarwülste der Kopfregion sich zum Schluß an- einander legen, um früher oder später zu verwachsen. Es ist das 5. Stadium von His (A. L. III9, 1868) und entspricht bei Duval (1889) den Figg. 77—90. Nach Keibel und Abraham (A. L. II, 1900) treten die Augenblasen in der Regel gleichzeitig mit der Ab- gliederung des 6. Urwirbels auf, das ist: bei Embryonen von reichlich 3 mm Körperlänge, deren Medullarrohr auf einer Strecke von un- gefähr 0,5 mm im Schluß begriffen ist (der in diesem Handb., Bd. I, Abt. 2, p. 98, Fig. 37c abgebildete Embryo ist nur wenig älter). Fig. 161 zeigt den Querschnitt durch den von der Keim Scheibe frei abgehobenen Teil des Kopfes eines Hühnchens aus dem Anfang des 2. Brüttages (vgl. Duval, 1889. Fig. 227, 253). Der Schnitt ist für uns dadurch besonders lehrreich, daß der in ihm vorliegende Ent- wickeln gszustand unmittelbar anknüpft an die oben besprochenen Befunde der Sehgruben bei Selachiern und Säugern. Fig. 161. Fig. 162. ^W.:.i^ ' Fig. 161. Querschnitt durch den Vorderkopf eines Hühnerembryo (Gallus dorn.) aus der ersten Hälfte des 2. Brüttages. Präp. von M. Heidenhain. Vergr. 100:1. Fig. 162. Querschnitt durch den Vorderkopf eines Hühnerembryo aus der Mitte des 2. Brüttages. Präp. von M. Heidenhain. Vergr. 100 : 1. au Sehven- trikel, ek Epidermis, med Wandung des Gehirnrohres, v Ventrikel des Vorderhirns. Das Medullarrohr ist an der durch den Schnitt getroffenen Stelle zwar noch offen, aber seine Ränder haben sich erhoben und einander fast bis zur Berührung genähert. Dies bedingt den bedeutsamen Unterschied im Vergleich z. B. mit dem in Fig. 160 gegebenen Be- fund eines Säugerembryo, dessen Gehirnplatte im Gegenteil noch offen ausgebreitet daliegt. Eine andere, jedoch lediglich durch die Lage 160 A. Froriep, des Schnittes bedingte Abweichung besteht darin, daß der in Fig 161 vorliegende Schnitt vom Hühnchen vor das rostrale Ende des Kopf- darmes gefallen, von letzterem daher (im Gegensatz zu Fig. 160) nichts zu sehen ist, der Boden Berührung steht mit dem kopfes. Die nicht minder Längszonen der des Vorderhirns vielmehr in unmittelbarer Ektoderm der Mundbuchtfläche des Vorder- deutlich zu Medullarplatte sind nun hier in Fig. 161 unterscheiden wie oben in Fig. 160. Die ventralen Zonen (Grundplatten, His) sind in beiden Präparaten über- einstimmend schräg aufwärts gerichtet, die dorsalen Zonen (Flügel- platten, His) dagegen, d. h. in dieser Region die Sehgruben, zeigen hier und dort eine ganz verschiedene Stellung : sie sind bei dem in Fig. 161 wiedergegebenen Objekt gewissermaßen nach der Median ebene zusammengeklappt wie die Bügel einer Raubtierfalle, ihre Konkavität, die bei dem früheren Stadium (Fig. 160) fast rein dorsalwärts schaut, dem einfallenden Lichte geöffnet, ist nunmehr (Fig. 161) medialwärts gewendet und durch das Aneinanderlegen der Medullarränder von der Außenwelt gänzlich abgeschlossen. Dies ist der fundamentale Vorgang, durch den die Sehgruben nun zu Augenblasen geworden sind. Indem die dorsale Naht sich schließt und das Medullarrohr sich von der Epidermis trennt, wird die Konkavität der Sehgrube zu einem Seh Ventrikel, dem Ventriculus opticus, einem integrierenden Teil des Cavum encephali; und dieser Blasen höhle im Innern entspricht nun die Blasen wölb ung an der Außenfläche, die gerade bei Vogel- embryonen durch rasches Wachstum alsbald eine relativ mächtige Prominenz des Vorderkopfes bedingt. In der That stellen die Augenblasen während der zweiten Hälfte des 2. Brüttages einen sehr beträchtlichen Teil des Gehirns dar. Fig. 162 zeigt den Querschnitt durch den Vorderkopf eines Hühnchens aus der Mitte des 2. Tages; ein ähnliches Bild giebt Duval (1889), Fig. 272. Das Medullarrohr war im Kopfbezirk ge- schlossen bis auf den noch nachweisbaren vorderen Neuroporus. Ausweitung der Augenblasen tritt demnach sofort nach Schluß Hirnrohres ein, denn in dem vorliegenden soeben geschlossenen hirn ist sie bereits recht bedeutend. Das Präparat zeigt einen heitlichen Ventrikelraum, welcher nur durch sanfte Einziehungen jeder- seits seine Gliederung erkennen läßt in einen größeren mittleren (den Die des Ge- ein- Fig. 163. Linksseitige Profilansicht des Gehirns von einem Hühnerembryo aus der Mitte des 2. Brüttages. Vergr. 36:1. am Andeutung der Kopf falte des Amnion, m Mittelhirn, r Rautenhirn, v Vorderhirn. Der Pfeil bezeichnet die Lage des in Fig. 162 abgebildeten Schnittes. Die Entwickelung des Auges. 161 späteren 3. Ventrikel) und zwei kleine seitliche Räume (die Seh- ventrikel). Schon auf diesem frühen Stadium macht sich bemerkbar, daß diese die Augenblasen abgrenzende Einziehung der Gehirnwand auf der dorsalen Seite tiefer und breiter ist als auf der ventralen. Das ist um so auffallender, als es kurze Zeit vorher, in dem in Fig. 161 abgebildeten Embryo gerade umgekehrt war; vordem Schluß des Vorderhirnrohres war die Sehgrube oder Augenblase als dorsale Längszone der Medullarwand nur ventral deutlich abgesetzt, dorsal schloß sich ohne scharfe Grenze ein kräftig proliferierender Rand- streifen an. Die Veränderung erklärt sich einmal aus dem Umstand, daß dieser Randstreifen nach der dorsalen Nahtverschmelzung und Absonderung der Vorderhirnportion der Trigeminusganglienleiste, außer- ordentlich rasch und kräftig wächst ; dadurch kommt das gewölbt vor- tretende Dach des Vorder- und späteren Zwischenhirns zu stände, das in den nur wenig älteren Embryonen der Figg. 164 und 166 so sehr in die Augen fällt. Sodann aber kommt noch ein anderes Moment in Betracht: die mit Schluß des Hirnrohres sofort eintretende und rasch zunehmende Achsenkrümmung desselben, die es bedingt, daß ein auf die Ebene der Keimscheibe senkrecht geführter Schnitt die Achse des Vorderhirns nicht mehr wie in den vorhergehenden Stadien rechtwinklig, sondern schräg trifft oder derselben gar parallel verläuft. Infolgedessen sind die Schnitte Fig. 162, 164, 166, obwohl am Embro genau so orientiert wie Fig. 161, doch im morphologischen Sinne mit diesem letzteren nicht identisch, sondern fallen im ventralen Gebiet weiter rostral-, im dorsalen weiter kaudalwärts, woraus sich der auf- fallende Unterschied in der Verteilung des mesodermalen Gewebes erklärt. Fig. 163 kann zur Erläuterung dienen. Es ist die Profilansicht des Gehirns, in der eine unterbrochene Linie die Lage des in Fig. 162 abgebildeten Schnittes andeutet. Die Augenblase nimmt den größeren Fig. 164. Querschnitt durch den Vorderkopf eines Hühnerembryo aus dem letzten Drittel des 2. Brüt- tages. Präp. von M. Hei- denhain. Vergr. 100:1. au Hohlraum der Augen- blase, Sehventrikel, ek Epi- dermis, med Wandung der Augenblase, v Ventrikel des Vorderhirns. Teil der Seitenfläche des Vorderhirns ein ; ihre Kontur ist dorsal- und kaudalwärts scharf, weil sie hier in freier Wölbung über das an- schließende Mittelblattgewebe ein wenig übergreift, ventral- und rostral- wärts geht sie in sanfter Biegung aus der Hirnwand hervor, hier ist überhaupt noch kein Mittelblattgewebe vorhanden. Diese Beziehung zum Mesoderm stimmt nun sehr wohl zu den oben p. 154 und 157 besprochenen Befunden bei jüngeren Stadien, wenn man sich klar macht, daß die Stellung der Augenblase zur Körperachse durch die des Vorderhirns eine andere geworden ist. Der 11 Achsenkrümmung Handbuch der Entwickeluneslehre. II. 2. 162 A. Froriep, veutral-kaudale Sektor der Sehgrubenwandung, den wir oben bei Em- bryonen mit flach ausgebreiteter Vorderhirnplatte dem Kopfmesoderm anliegend gefunden hatten, derselbe Sektor der Augenblase ist nun- mehr infolge der in der Infundibularregion ventral- und kaudalwärts gerichteten Entfaltung des Vorderhirn bodens um annähernd 9ü° ge- dreht und zu einem kaudal- dorsalen Sektor geworden. An dem dor- salen Umfang der Augenblase, der in den früheren Stadien der kau- dale war, muß der Schnitt demnach Mesoderm treffen, nicht aber an der ventralen Fläche, die früher die rostrale und als solche von Mittel- blattgewebe von Haus aus frei war. Die in Fig. 164 und 166 abgebildeten Schnitte stammen von Em- bryonen aus dem letzten Drittel und dem Ende des 2. Brüttages, d. h. aus dem 7. Stadium von His (A. L. IIP, 1868), entsprechend Duval (1889), Fig. 98—103; Keibel und Abraham (A. L. II, 1900), N.-T. Fig. 12 (s. dieses Handb., Bd. I, Abt, 2, p. 98, Fig. 37e). Diese beiden Schnitte zeigen das relative Zurückbleiben der Augenblasen bei der weiteren Größenzunahme des Vorderhirns: während dieselben 162 einen wesentlichen Teil dieses Gehirnabschnittes dar- erscheinen sie in Fig. 166 nur noch als ein Anhang des- Und gleichzeitig vollzieht sich die Einengung des Halses der Augenblase zur Bildung des sogenannten Augenblasenstieles. Fig. 164 steht in der Mitte zwischen Fig. 162 und 166 und zeigt besonders schön den Unterschied des basalen und des dorsalen Um- fanges des Augenblasenstieles. Fig. 165 gehört zu diesem Schnittbild in Fig. stellten, selben. Fig. 165. Linksseitige Profilansicht des Gehirns von einem Hühnerembryo aus dem letzten Drittel des 2. ßriittages. Vergr. 40:1. am Kopfkappe des Amnion. m Mittelhirn, r Eautenhirn. v Vorderhirn. Der Pfeil bezeichnet die Lage des in Fig. 164 abgebildeten Schnittes. als Erläuterung hinzu und zeigt die Lage des Schnittes. Bei 'der Vergleichung dieses Gehirns mit dem in P'ig. 163 abgebildeten, welches ungefähr einen halben Tag jünger ist, fällt zweierlei auf. Erstens die stärkere Achsenkrümmung, die auch in der Form der Augenblase zum Ausdruck kommt, indem diese mit ihrem blinden Ende nicht mehr rein lateral- und dorsal-, sondern zugleich im Bogen kaudalwärts ge- richtet ist, über das Vorderhirngebiet hinaus, neben dem Mittelhirn kaudalwärts ragend. Zweitens ist bemerkenswert das beträchtliche Wachstum des Vorderhirndaches und seine Vorwölbung in dorsaler, rostraler und ventraler Richtung; die Zugehörigkeit der Augenblase zur kaudalen Hälfte des Vorderhirns ist zwar noch klar ersichtlich, immerhin aber die nahe Beziehung zu dem rostralwärts vorwachsenden Die Entwickelung des Auges. 163 gemeinsame Endhiru durch das der Achsenkrümmung entsprechende, Ventralwärtsrücken ebenfalls angedeutet. Die Figg. 161 — 166 geben nun auch Aufschluß über das Zu- standekommen der auf den ersten Blick befremdenden Erscheinung, daß die Augenblase, die doch bei ihrem Entstehen als Sehgrube und so auch noch in Fig. 161 im Beginn des 2. Brüttages eine entschieden dorsale Bildung ist, später, und zwar bereits im letzten Drittel des 2. Brüttages, wie schon in Fig. 164 und 165, scheinbar als Prominenz der ventralen Zone sich darstellt. Es ist dies nicht etwa eine Ver- schiebung der Augenblase selbst an der Hirnwand, sondern lediglich der Ausdruck einer Formveränderung des Gehirns, nämlich der ven- tralen Abplattung des Vorderhirns als wahrscheinliche Folge der un- geheuren Entfaltung des dorsal zwischen den Augenblasen entstehenden Vorderhirndaches. Wenn man die Figg. 161, 162, 164 miteinander vergleicht, diese Flachlegung des Vorderhirnbodens deutlich verfolgbar. ventrale Längszone (Grundplatte, His), die sich in Fig. 161 schräg lateral-dorsalwärts erhebt und in einer vorspringenden, so ist Die noch durch Fig. 166. Querschnitt durch den Vorderkopf eines Hühnerembryo aus dem letzten Drittel des 2. Brüttages. Präp. von M. Heidenhain. Vergr. 100:1. au Sehventrikel der Augenblase, v Ventrikel des Vorderhirns. ein Sternchen bezeichneten Ecke gegen die zur Sehgrube oder Augen- blase erweiterte dorsale Zone absetzt, ist schon in Fig. 162 und noch entschiedener in Fig. 164 horizontal gelegt und in querer Richtung gestreckt. Die früher erkennbare mediane Furche ist dadurch ver- strichen, und man findet von einer Augenblase zur anderen sich hin- überstreckend eine einheitliche, relativ dünne Platte, die Anlage der Lamina terminalis, welche jedoch nur in dem rostralwärts sich an- schließenden Gebiet als solche bestehen bleibt, während sie gerade in der Gegend der vorliegenden Schnitte später dem hier sich bildenden Chiasma opticum Platz macht. Und damit berühren wir wiederum den Augenblasenstiel, dessen Gestaltung gerade in Fig. 164 zum ersten Mal deutlich wird, insbesondere hinsichtlich des verschiedenen Verhaltens einerseits seiner basalen, andererseits seiner kaudalen und dorsalen Wand. An der basalen Fläche ist, streng genommen, ein Stiel überhaupt 11* 164 A. Froriep, >'-\ nicht unterscheidbar, sondern nur ein Hals, d. h. von der durch Stern- chen bezeichneten Längszonengrenze erhebt sich die ventrale Wand der Augenblase in gleichmäßiger Wölbung lateral-dorsalwärts, der Epidermis ange- schmiegt, bis zu der Stelle, wo sie die letz- tere plötzlich in scharfer Biegung verläßt und zwischen diese beiden Epithellamellen Mesenchymzellen des Kopfmesoderms sich eindrängen. Dies ist der Umschlagsrand, an dem später die Grenze des invertierten und des äußeren Blattes des Augenbechers gelegen ist, und wo sich auch jetzt schon eine Grenze im Bau der Augenblasen wand bemerkbar macht. Denn die einem Sinnesepithel ähnelnde Differenzierung, die wir oben (p. 153 und 154) im Grunde der Sehgrube gefunden hatten, erstreckt sich nur so weit in der Wand der Augenblase, wie diese der Epi- dermis anliegt (s. Fig. 166 links). An der dorsalen und ebenso auch an der kaudalen (Fig. 167) Fläche ist die Be- Fig. 167. Horizontalschnitt durch den Vorder- kopf eines Hühnerembryo vom Ende des 2. Brüt- tages. Präp. von M. Heidenhain. Vergr. 100:1. au Sehventrikel der Augenblase. I Linsenplatte des Ektoderms (oberer Rand), st Stiel der Augen blase. v Ventrikel des Vorderhirns. Ziehung der Augenblase zur Gehirnwand eine andere, hier kann in der Tat ein, wenn auch kurzer Augenblasenstiel unterschieden werden. Die gewölbte mediale Wand der Blase setzt sich hier in stumpfem Winkel ab gegen einen Teil der Wandung, der annähernd horizontal und gestreckt medialwärts zieht und hier in ungefähr rechtem Winkel in die Seitenwand des Vorderhirns umbiegt (Fig. 166 links). Cyclostomen. Die Augenblase ist bei Petromyzonten zuerst von Wilh. Müller (1874) zutreffend beschrieben worden, an Embryonen von Petromyzon fluviatilis. Das früheste von ihm beobachtete Stadium fand sich bei Embryonen, an welchen das Vorderende des Körpers 0,45 mm über das kugelig verdickte, umgebogene Hinterende vorragte, welche also ungefähr entsprachen der 6. Periode nach Goette (A. L. IIP, 1890), der 3. Periode nach Kupffer (A. L. III2, 1890), d. h. dem in diesem Hand- buch Bd. I, Abt. 2, p. 10, Fig. 2e und Fig. 2n abgebildeten Stadium. Eingehender hat Kupffer (A. L. III2, 189C) bei Petromyzon Planen die Entwickelung verfolgt. Er fand, daß die Bildung der Augenblase hier relativ spät, mindestens 24 Stunden nach vollendeter Abschnürung des Hirns von dem Ektoderm, aber doch ganz zu Anfang der 3. Periode beginnt, also wahrscheinlich bereits in dem in diesem Handbuch Bd. I, Abt. 2, Fig. 2d und Fig. 2m abgebildeten Stadium. Fig. 168 giebt einen Schnitt durch den Vorderkopf wieder, dessen Schnittrichtung durchaus entspricht derjenigen der in Fig. 162 — 165 Die Entwickelung des Auges. 165 abgebildeten Präparate vom Hühnchen, es ist ein Querschnitt durch den überragenden Kopfteil, der jedoch infolge der bereits vorhandenen Achsenkrümmung des Hirnrohres im morphologischen Sinne nicht transversal, sondern der Achse annähernd parallel (horizontal) verläuft. Die durch den Schnitt getroffenen Teile sind daher annähernd die gleichen in beiden Objekten, die Abweichung des Bildes ist aber trotz- dem eine sehr auffallende. Dort in dem Vogelembryo geräumige Hirnhöhle und relativ dünne Wand ; hier im Petromyzontenembryo enge Höhle und massige Hirnwand. Dort sehr große Augenblasen und diese durch eine breite basale Zone auseinandergerückt, so daß sie deutlich bilateral nach rechts und links schauen ; hier sehr kleine Augenblasen und diese nur durch eine sehr schmale Basalzone ge- trennt, so daß der Anschein entsteht, als ob es sich um eine unpaare Anlage handle, die Duplicität nur darin angedeutet, daß in den late- ralen Ausbuchtungen der Erweiterung beiderseits Mitosen auftreten, die am Boden fehlen. Fig. 168. Fig. 169. 4 -9 -au Fig. 168. Querschnitt durch den Vorderkopf eines Embryo von Petromyzon Planeri aus dem Anfang der 3. Periode nach Kupffer. (1890). Vergr. 160:1. au Ventrikel in der Gegend der Augenblasen, g Ganglienleiste des Trigeminus. v Vorderhirn. Fig. 169. Querschnitt durch den Vorderkopf eines Petromyzon Planeri aus dem Anfang der 4. Periode nach Kupffer (1890). Vergr. 160:1. au Augenblase. g Ganglienleiste des Trigeminus. t Lamina terminalis. v Vorderhirn. Daß diese Auffassung richtig ist, beweist der in Fig. 169 wieder- gegebene Befund eines nur wenig älteren Neunaugenembryo. Er ist ein dem vorhergehenden genau entsprechend orientierter Schnitt, in welchem alle Teile der Anlage mit denen des oben Fig. 164 gegebenen Bildes vom Vogelembryo nunmehr mit Sicherheit identifiziert werden können. Die Augenblasen sind im Laufe der 3. Periode (nach Kupffer) beiderseits rasch hervorgewachsen und stellen seitlich erweiterte Blind- säcke dar, welche, wie die Profilansicht (dies Handb., Bd. I, 2, Fig. 2n) zeigt, dorsal- und kaudalwärts überhängen, genau so wie die des Vogel- embryo in Fig. 165. Zwischen beiden Augenblasen findet sich wie beim Vogelembryo eine basale Zone, die Anlage der späteren Lamina terminalis, und es ist nur auffallend, daß die basale Wand des Augen- blasenstieles so ganz kontinuierlich in dieselbe sich fortsetzt, ohne An- deutung der bei Vogelembryonen so gut erhaltenen Grenze. 166 A. Froriep, Die anderen Unterschiede der Schnitte 164 und 169 sind unter- geordneter Natur. Besonders auffallend bei Petromyzon, im Gegen- satz zu dem Vogelembryo, ist das ungeheure Ueberwiegen der massigen Hirnwandung im Vergleich zu den dünnwandigen und schwächlichen Augenblasen. Dies ist aber lediglich ein Unterschied des relativen Wachstumsüberwiegens. Für die morphologische Betrachtung hat es nur insofern ein allerdings nicht geringes Interesse, als sich darin, wie auch schon in dem verspäteten Auftreten der Augenblasen, dem kein Sehgrubenstadium vorhergeht, deutlich dokumentiert, daß bei Petromyzonten, im Vergleich mit anderen Wirbeltierklassen, das Auge schon in seiner ersten Anlage Kennzeichen eines rudimentären Organs an sich trägt. Myxinoiden Nachrichten Auch Kupffer von einem (1900) ennge (Bdellostoma Stouti) sind von über die Augenentwickelung bei- gebracht worden. Das jüngste Stadium, von dem er die Augen- blase beschreibt, entspricht un- gefähr den in diesem Handbuch, Bd. I, Abt. 2, Fig. 3b. 3c, 4a ab- gebildeten Embryonen. Fig. 170. Querschnitt durch den Vorderkopf eines Embryo von Bdello- stoma Stouti von ungefähr 10 mm Körperlänge. Nach Kupffer (1900). Vergr. 160:1. a Augen blase, ep Epi- dermis, h Haftleiste am Seiten rund des Vorderkopfes. I Linsenplatte, t La- mina terminalis. v Vorderhirn. Der in Fig. 170 nach Kupffer wiedergegebene Querschnitt durch den Vorderkopf eines solchen Embryo ist wiederum ebenso orientiert und in Fig. 169 vom Neun- auch hinsichtlich seiner Ent- jene, so kann er doch mit wie äuge die in Fig. 164 — 166 vom Hühnchen abgebildeten Schnitte, und wenn er wickelungshöhe entschieden weiter ist als ihnen noch ohne Schwierigkeit verglichen werden. Sehr auffallend nun sind in diesem Ingerembryo die Augenblasen, einmal durch ihre Größe, sodann durch ihre Dickwandigkeit. In beiden Beziehungen steht dieses Objekt in denkbar größtem Gegensatz zu Petromyzon (Fig. 169) und nähert sich viel eher dem Vogelembryo (Fig. 164, 166). Denn wenn man sich das Cavum encephali, d. h. Hirnhöhle samt Sehventrikel, stark ausgedehnt dächte, so würde an- nähernd das Bild der Schnitte vom Hühnchen herauskommen, obschon auch dann noch mancherlei Abweichungen bestehen bleiben. Vor allem die Dicke der Wandungen der Augenblase! Hier scheint fast, wenn man das Massenverhältnis zum ganzen Gehirn in Betracht zieht, gar keine Augenblase mehr vorzuliegen , sondern ein voluminöser Sehlappen, ein Ophthalmencephalon ! Und zwar zeigt nicht nur die distale Wand, das spätere Retinalblatt, sondern auch die proximale, das Pigmentblatt, eine solche Verdickung. Wenn in der vorliegenden Zeichnung nach der Zahl der Zellkerne die Zahl der die Wandungen bildenden Lagen bezw. Zeilen von Medullarzellen abgeschätzt werden darf, so ist die Wand des Vorderhirns, des Thalamencephalon, durch- schnittlich 6, das proximale Blatt der Augenblase 5 und das Retinalblatt 7—8 Zellenlagen mächtig. Das ist ein überaus merkwürdiger Befund, Die Entwickelung des Auges. 167 für den ein Verständnis zur Zeit mangelt und nur in der Vermutung gesucht werden kann, daß hier ein in der Ascendenz hochentwickelt gewesenes Organ in zwecklosem Rudimente weiter vegetiert. Seltsam ist auch die dem Umschlagsrand der Augenblase gegen- überliegende Ektodermverdickung, welche Kupffer mit Bestimmtheit als Linsenplatte deutet. Für diese Deutung kann natürlich nur aus rostral- und kaudalwärts benachbarten Schnitten die volle Ueberzeugung gewonnen werden, der Einzelschnitt, wie er hier vorliegt, liefert sie nicht, weil sich die in Rede stehende Verdickung hier unmittelbar an eine eigentümliche Epidermis Wucherung anschließt, welche als Haft- leiste den Seitenrand des Vorderkopfes säumt zu seiner Verlötung mit dem Rand der Keimhautrnulde, in der er ruht. Ist die Deutung richtig, dann ist der Befund, wie Kupffer mit Recht andeutet, sehr merkwürdig, da nach allen sonstigen Erfahrungen die Linsenplatte sich stets an der freien Wölbung des Retinalblattes der Augenblase bildet. Ein Motiv für ihre dorsal gerichtete Verlagerung ist ja aller- dings naheliegend zu vermuten eben in der Entstehung der erwähnten Haftleiste, einer exquisit cänogenetischen, larvalen Bildung. Mit dieser darf wohl auch der ebenfalls fremdartige Befund in Zusammenhang gebracht werden, daß die Augenblase an ihrer distalen Wand von einer mächtigen Mesenchymlage umgeben ist, von der sie sich auch im weiteren Verlauf der Entwickelung nicht wieder befreit, sondern für immer sozusagen lebendig begraben bleibt zu endgültiger Ver- kümmerung. Somit zeigen die beiden Cyclostomengruppen, Petromy- zonten und Myxinoiden, so sehr sie untereinander abweichen in der Entwickelung ihrer Augenanlage, doch die allgemeine Ueberein- stimmung, daß mannigfache Spuren einer höheren Or- ganisation erkennbar sind, welche im Laufe der Phylo- genese verloren ging. Wenn man nur die Augenentwickelung in Betracht zieht, so spricht alles für die Annahme, daß es sich hier nicht um primitive, sondern um sekundär degenerierte Wirbeltierformen handelt. Selachier. Ganz anders stellt sich die Augenentwickelung bei Selachiern dar, nämlich als ein in voller Kraft stehender Entwickelungsvorgang, der mit den entsprechenden Erscheinungen bei Vogelembryonen im wesent- lichen übereinstimmt und zum gleichen Ziele führt. Wir haben oben in dem Abschnitt über die Sehgruben auch die erste Entstehung der Augenblasen bei Acanthias- und Torpedo- embryonen bereits mitbesprochen, da ja das, was wir unter Beziehung auf die freie Fläche der Medullarplatte als Seh grübe kennen lernten, in Rücksicht auf die Außenfläche der Medullarwand die Au gen blase darstellt. Bei Selachierembryonen ebenso wie beim Hühnchen dehnen sich diese ersten Anlagen der Augenblasen in gleichem Schritt mit dem allmählichen Schluß des Hirnrohres mehr und mehr aus und be- dingen in demselben Maße mehr und mehr prominierende, halbkugelige Vorwölbungen an der Seite des Vorderkopfes. Diese Vorgänge spielen sich ab in den Stadien E und F nach Balfour und Ziegler (dies Handb., Bd. I, Abt. 2, p. 21, Fig. 6d), einer Periode, in der die Körper- länge bei Torpedo ocellata von 2 auf annähernd 3 mm, und die Zahl der äußerlich erkennbaren Urwirbel von 12 auf 20 steigt. Zur Zeit da der vordere Neuroporus geschlossen ist, d. h. mit 168 A. Froriep, Beginn des Stadiums G, haben auch die Augenblasen eine Etappe ihrer Entwicklung erreicht, auf der sie, zwar wachsend, aber ohne wesentliche Formveränderung, verhältnismäßig lange verweilen, näm- Fig. 171. Fig. 172. 17 f. Fig. 171. Querschnitt durch den Vorder- kopf eines Embryo von Torpedo ocellata von 3,7 mm Körperlänge. Präp. von A. Froriep. Vergr. 100 : 1. au Sehgrube, zur Augenblase ge- worden, v Ventrikel des Zwischenhirns. Fig. 172. Torpedo ocellata, 3,7 mm, An- fang des Stadiums H. Vergr. 20:1. Die punk- tierte Linie bezeichnet die Lage des Schnittes Fig. 171 lieh die Stadien G und H hindurch und bis in den Anfang des Stadiums J, durch einen Zeitraum, in dem bei Torpedo ocellata die Körperlänge von beiläufig 3 auf reichlich 5 mm, die Urwirbelzahl von ungefähr 20 auf mehr als 40 steigt. Wenn man nun Schnitte von Selachierembryonen verschie- dener Größe aus dieser Periode (Fig. 171—177), die untereinander eine große Uebereinstimmung zeigen, vergleicht mit entsprechenden Präparaten vom Hühnchen (Fig. 1(32 — 166), so machen sich zwischen beiden gewisse typische Abweichungen bemerkbar, welche in der Hauptsache auf zwei Momente zurückzuführen sind. Einmal ist das Wachstumstempo der Augenblase im Verhältnis zur Gliederung und Achsenkrümmung des gesamten Gehirnrohres bei Selachiern ein lang- sameres als bei Vogelembryonen, und ferner überwiegt das Vorder- hirn im Verhältnis zu Mittel- und Hinterhirn in den sich entsprechenden Entwickelungsstadien beim Hühnchen viel stärker als bei Selachier- embryonen. Durch diese relativen Wachstumsdifferenzen gestaltet sich das Bild der Querschnitte aus den beiden Klassen, bei aller Ueber- einstimmung der wesentlichen Züge, doch etwas verschieden. Fig. 171 zeigt einen Querschnitt durch den Vorderkopf eines Torpedoembryo, dessen Schnittrichtung in Fig. 172 in den Umriß des Embryo eingetragen ist. Die Schnittrichtung ist eine scheinbar ganz andere als die des Schnittes Fig. 162 durch das Hühnchengehirn Fig. 163. Wenn man aber die beiden Gesamtansichten Fig. 163 und Die Entwickelung des Auges. 169 1 72 vergleicht, so sieht man, daß in der letzteren infolge der starken Mittelhirn- und Nackenkrümmung die Längsachse des embryonalen Körpers zu der des Vorderkopfes in einem spitzen Winkel geknickt Fig. 173. Fig. 174. m Fig. 173. Querschnitt durch den Vorderkopf eines Fmbryo von Torpedo ocel- lata von 4,6 mm. Präp. von A Froriep. Vergr. 100:1. au Sehventrikel in den Augenblasen. I Linsengegend des Ektoderms. i Infundibularregion. v Ventrikel des Vorderhirns. Fig. 174. Torpedo ocellata, 4,6 mm, Ende des Stadiums H. Vergr. 20:1 Die unterbrochene Linie bezeichnet die Lage des Schnittes Fig. 173. steht; infolgedessen haben die zur Körperachse transversale Schnitt- ebene der Fig. 163 und die der Körperachse parallele in Fig. 172 beide für den Vorderkopf ungefähr die gleiche Lage. Während aber in den Präparaten Fig. 162 — 166 der Schnitt ganz innerhalb des Vorderhirns liegt, greift er in Fig. 171 infolge der relativen Kleinheit des Vorderhirns auf das Mittelhirn über; und während in den Schnitten vom Hühnchen (Fig. 164, 166) das Gehirnrohr in breiter, geräumiger Wölbung erscheint, stellt es hier (Fig. 171) einen engen Dachfirst vor. Im übrigen zeigen beide Objekte, wie gesagt, Uebereinstimmung in den wesentlichen Zügen. Insbesondere ist die Einheit der Vorderhirn- höhle mit den Sehventrikeln sehr deutlich, dieser einheitliche Hohl- raum hat im Schnitt umgekehrt T-förmige Gestalt, und die Kommuni- kation der Sehventrikel mit der übrigen Vorderhirnhöhle ist so ge- räumig, die Basis der Augenblase also so breit und wenig eingeschnürt, daß, ebenso wie in Fig. 162, es schwer ist, die Grenze der Augenblase gegen die übrige Vorderhirnwand zu bestimmen. Ferner ist auch das Verhalten des mesodermalen Gewebes übereinstimmend. Nur am dorsalen und kaudalen Umfang der Augenblase finden sich, die hier vorhandene Einziehung der Wand ausfüllend, Mesenchymzellen und Bestandteile der Ganglienleiste des Trigeminus. Außerdem liegt die gesamte Augenblase, sowie auch die anschließende basale Zone der primitiven Lamina terminalis dem Ektoderm dicht an, welches auf der Augenblase noch keine lokalisierte Verdickung zeigt, aber im ganzen Umfang des verbreiterten rostralen Vorderhirnabschnittes eine etwas erhöhte Epithelschicht darstellt. Eine Besonderheit bietet im vorliegenden Objekt die distale Wand der Augenblase dar, diejenige, die sich später einstülpt und zum inneren oder Retinalblatt des Augenbechers wird. Dieser Teil der Augenblasenwaudung ebnet sich sehr frühzeitig in eigentümlicher 170 A. Froriep, Weise, so daß das Sehepithel, welches in den Augenblasen des Hühnchens die Konkavität einer Kugelschale auskleidet, hier im Tor- pedoembryo einen ebenen Teller bildet, dessen freie Fläche ziem- lich genau medialwärts schaut und an seinem rostralen, dorsalen und kaudalen Umfang in spitzem Winkel in die proximale Wand, das spätere Pigmentblatt des Augenbechers, umbiegt. Da der Schnitt in Fig. 171 mit seinem unteren Ende den basalen Umfang trifft, so ist diese spitzwinklige Umbiegung hier nur am oberen Rand zu sehen. Fig. 175. pmd mnd ' 175- car Fig. 175. Querschnitt durch den Kopf eines Embryo von Torpedo ocellata von 5,8 mm. Präp. von A. Froriep. Vergr. 100 : 1. au Augenblase, car Quer- kommissur der Carotis interna. I Ektodertn am oberen Rand der Linsenplatte, mnd mandibulare, pmd prämandibulare Kopf höhle, v Zwischenhirn. Fig. 176. Torpedo ocellata, 5,4 mm, Stadium J. Vergr. 20:1. Die unter- brochenen Linien bezeichnen die Lage der Schnitte Figg. 175 und 177. Anders die in Fig. 173 und 175 abgebildeten Präparate, deren Schnittrichtung (in den Figg. 174 und 176 eingetragen) die Augen- blase sozusagen horizontal durchsetzt, die erwähnte Knickung der Wand also am rostralen und kaudalen Rande trifft. Hier erbält man beinahe den Eindruck, als ob die distale Wand mit dem Sehepithel eine gewisse Steifheit besäße im Vergleich zu der proximalen, die sich weich in das Ventrikellumen vorbuchtet. Als Motiv für dieses Ver- halten kann die besonders in Fig. 175 sich aufdrängende Bemerkung gelten, daß die Steifheit der Augenblasenwand genau nur so weit reicht, als letztere sich in inniger Berührung mit dem Ektoderm befindet. An der Stelle, wo diese an dem zugeschärften Rande des zwischendrängenden Mesenchyms auseinanderweichen, da knickt sich auch sofort die Augenblasenwand im Winkel ein. In dem Embryo der Fig. 173, zu Ende des Stadiums H, ist im Bereich der Augenblase noch keine Verdickung des Ektoderms vor- handen, in dem der Fig. 175 dagegen, im Anfang des Stadiums J, findet sich eine solcbe in den weiter basalwärts gelegenen Schnitten. Dies ist aus der Figur 177 unmittelbar ersichtlich, da der hier abge- Die Entwickelung des Auges. 171 bildete Schnitt Schnittrichtung, hergehenden von die, Figur Augenblasenwand aber be- jene gleichmäßige ungefähr gleichaltrigem Embryo, dank seiner wie aus Fig. 176 zu ersehen, diejenige der vor- unter rechtem Winkel kreuzt, die eben beginnende Anlage der Linsenplatte zeigt. Die Lage der letz- teren entspricht dem mittleren Drittel der distalen Augenblasenwand. Beide Epithel- blätter sind auch in diesem Objekt innig verbunden. Die sitzt nicht mehr in den jüngeren Embryonen, sondern und zwar genau entsprechend der der Linsenplatte, eine durch welche nun die früher Oberfläche desSehepithels sich kon- vex in das Lumen des Sehventrikels vorwölbt. Da hierin der Beginn der Ent- stehung des Augenbechers vorliegt, verlassen wir die Selachierent Wickelung für jetzt, um weiter unten an die hier beschriebenen Vor- gänge wieder anzuknüpfen. d e h n u n g d i c k u n g Dicke wie zeigt, Aus- Ver- ebene Fig. 177. Schnitt durch den Vorderkopf eines Embryo von Torpedo ocellata von 5,4 mm. Präp. von A. Feoeiep. Vergr. 100:1. au Sehventrikel in der Augenblase. I Linsenplatte des Ektoderms. st Stiel der Augenblase, v Ventrikel im Zwischen- und Mittelhirn. Teleosteer. Der erste, der mit Hilfe der Schnitttechnik die Entwickelung des Fischauges untersuchte, war Schenk (1867); die Entwickelungsstadien jedoch, bei denen seine Beobachtung einsetzte, waren schon zu alt, um die erste Anlage der Augenblase aufzuklären. So war die über- raschende Entdeckung, daß das Centralnervensystem und mit ihm die Augenblase bei Knochenfischen nicht als Hohlgebilde, sondern als solide Massen sich vom Ektoderm abgliedern, Kupffer (A. L. III4, 1868) vorbehalten. Oellacher (A. L. IIP, 1873), Goette (1878), Hoffmann (A. L. III4, 1884), Goronowitsch (1885) und Henneguy (A. L. III4, 1888) bestätigten dieselbe und erweiterten unsere Kenntnis darüber. Die Entstehung der Augenblase fällt bei Forellenembryonen in die Entwickelungsstadien, die nach Kopsch (A. L. III4, 1898) mit den Ziffern VI, VII, VIII zu bezeichnen und in diesem Handbuch, Bd. I, Abt. 2, p. 34 als Fig. 10 f, g, h, abgebildet sind; die Körper- länge der Embryonen steigt während dieser Periode von 1,6 auf 2,1 mm. Die Abbildungen in Fig. 178 I — V, 5 Querschnitte durch eine ungefähr identische Ebene des Vorderkopfes von 5 Forellenembryonen der angegebenen Periode, führen den Abschnürungsvorgang anschau- lich vor. Fig. 178 I zeigt das Vorderhirn als massiven Medullarstrang von dreiseitig prismatischein Querschnitt ; von den 3 Seiten bildet die dor- sale die freie Oberfläche des Keimes, die beiden ventralen sind die 172 A. Froriep, Seitenflächen des keilförmig in den Dotter eingesenkten Stranges. Die freie Oberfläche ist nahezu eben, eine mediane Rückenfurche, wie sie auf dem Mittel- und Hinterhirnabschnitt vorhanden ist, fehlt hier im Vorderhirngebiet dieses frühen Stadiums völlig, und ebenso fehlt an der freien Fläche auch jede Andeutung der seitlichen Grenze der Medullaranlage. An den Seitenflächen dagegen ist eine Gliederung durch 2 Furchen erkennbar, die von Goette als „mediale und laterale II III d IV h ep •kf en de- ines Fig. 178 I— V. Fünf Querschnitte durch den Vorderkopf von 5 Embryonen von Trutta fario aus den nach Kopsch mit VI, VII, VIII zu bezeichnenden Sta- dien. Nach Goette (1878). Vergr. ungefähr 150:1. au Augenknospe bezw. Augen- blase, d Deckschicht des Ektoderms. ek Ektoderm. en Entoderm. ep Epidermis. h Material bezw. Wand des Vorderhirns, kf Kopffalte des Ektoderms. lg laterale Grenzfurche, mes Mesoderm. mg mediale Grenzfurche, v Ventrikel des Vorderhirns. Die Entwickelung des Auges. 173 Grenzfurche1' bezeichnet wurden; von dem ventralwärts vorspringenden „Kiel" (Kupffer) setzt sich durch die mediale Grenzfurche jederseits als flache Wölbung die erste Andeutung der Augenblase, oder richtiger gesagt der Augenknospe, ab, und an diese schließt sich, durch die laterale Grenzfurche von ihr geschieden, eine ebenfalls ventral- wärts vortretende flache Erhabenheit an, eine Wucherung des Ekto- derms, die, der Kopffalte anderer Wirbeltierembryonen homolog, die Tendenz hat, zur Abhebung des Vorderkopfes und Bildung der Mund- bucht sich einzusenken, dieses Ziel aber erst in viel späteren Stadien erreicht. Daraus ergiebt sich, daß an der Seitenfläche die Abschnü- rungsgrenze des Medullarstranges mit der von Goette als laterale Grenzfurche bezeichneten Einziehung zusammenfällt. In Fig. 178 II ist diese Grenze bereits unverkennbar ausgeprägt durch eine spitzwinklige Einziehung zwischen Augenknospe und Ober- flächenektoderm. Auch die mediale Grenzfurche ist tiefer eingezogen und bildet nun deutlich die ventrale Grenze der Augenknospe. Der Hauptfortschritt dieses Embryo ist der erste Anlauf zur Bildung des Lumens, das sich als kleiner unregelmäßiger Spalt in der Medianebene des Kieles eingestellt hat. Fig. 178 III zeigt weitere Fortschritte in allen diesen Punkten. Der Spaltraum hat eine regelmäßigere Wand erhalteu, die Augen- knospen haben sich durch tiefe Einziehung der Grenzfurchen halb- kugelig abgeschnürt, und besonders eingreifend ist die durch Vertiefung der lateralen bezw. jetzt dorsalen Grenzfurche bedingte Abgrenzung der gesamten Vorderhirnanlage von dem darüber liegenden Ektoderm, welche so weit gediehen ist, daß beide nur noch in einer, etwa 2/4 der ganzen Breite einnehmenden , mittleren Zone miteinander ver- bunden sind. Fig. 178 IV ist einem merklich älteren Embryo entnommen, in dem nunmehr die Bildung der Medullarhöhle im Vorderhirn weit ge- diehen ist, derart, daß der Ventrikelraum sich sowohl in der Medianebene vom Boden bis zur Decke, wie auch beiderseits in die Augenknospen hinein angelegt hat. Die Abschnürung von dem Ektoderm der Ober- fläche ist ebenfalls fortgeschritten, so daß jetzt hier ein Querschnitts- bild erreicht ist, das mit den typischen Abschnürungsbildern des Me- dullarrohres in anderen Wirbeltierklassen ohne weiteres identifizierbar erscheint. Eine Abweichung des Objektes von anderen Formen be- steht noch darin, daß der Vorderkopf des Embryo nicht vom Dotter abgehoben ist; die Kopffalte, deren Beginn schon in den jüngeren Stadien verfolgt wurde, hat sich jedoch weiter ventralwärts herab- gesenkt, und zwar, was für uns von besonderem Interesse ist, so weit, daß die laterale Wölbung der infolge der Entstehung der Seh- ventrikel nun zu Blasen gewordenen Augenknospen von der einge- senkten Epidermis ganz umfaßt wird. Daß bei dieser Einsenkung des Ektoderms die oberflächliche Zellenlage desselben nicht mitgeht, sondern als zarte Brücke über der Lichtung der nur von der „Grund- schicht" (Goette) des Ektoderms gebildeten Kopffalte zeitweise stehen bleibt, das ist nichts Besonderes, sondern stimmt mit dem allgemeinen Verhalten dieser „Deckschicht" (Goette) bei Teleosteern, Ganoiden und teilweise auch Amphibien überein, welche, morphologisch ohne Bedeutung, lediglich als Schutzhülle für den im Wasser frei sich ent- wickelnden Embryo aufzufassen ist und später schwindet. Der in Fig. 178 V wiedergegebene Schnitt ist einem noch älteren, 174 A. Froriep, am Ende der oben gekennzeichneten Periode stehenden Embryo ent- nommen. Hier ist nun sowohl der Prozeß des Hohlwerdens der Gehirn - anläge, wie auch die Abschnürung der letzteren vom Ektoderm voll- ständig abgelaufen, und wir finden in Bezug auf diese beiden Punkte Verhältnisse vor, die sich von den oben geschilderten Befunden bei Selachier- und Vogelembryonen im wesentlichen nicht unterscheiden. Bereits hat nun auch schon die Einschnürung des Halses der Augen- blase begonnen, die jedoch in einem solchen, annähernd rechtwinklig zur Gehirnachse geführten Querschnitt nur am dorsalen Umfang eine merkliche Veränderung herbeigeführt hat, während die ventrale, auf dem Kopfmesoblast ruhende Wand ziemlich kontinuierlich in die Vorderhirnwand übergeht. Die Kopffalte des Ektoderms ist nunmehr so weit in die Tiefe ge- drungen, daß der Vorderkopf ganz von Ektoderm umfaßt ist, die beiden Blätter der Falte haben sich aber noch nicht gelöst, und der Zugang in den Spaltraum zwischen ihnen ist noch durch die „Deck- schicht" abgeschlossen. Infolgedessen ist der Vorderkopf, obschon von Ektoderm umschlossen, doch nicht frei, sondern auf dem Blasto- derm angewachsen, was den Vergleich mit Schnitten wie in Fig. 160 und 161 erschwert, weil bei Säugetier- und Vogelembryonen der Vorderkopf frei vorragt. Denken wir uns jedoch in dem Forellenembryo die Kopffalte aus ihrer Verwachsung gelöst, dann finden wir übereinstimmende Verhältnisse und können gerade hier mit besonderer Deut- lichkeit konstatieren, daß die Augenblase der dorsalen Längszone (Flügelplatte, His) des Gehirnrohres angehört. Bei Säuger-, Selachier- und Vogelembryonen ist dieser Nachweis für die Sehgruben bei offener Fig. 179. Horizontalschnitt durch den Kopf- teil eines Embryo von Trutta fario aus dem nach Kopsch mit VIII zu bezeichnenden Stadium. Nach Goette (1878). Vergr. ungef. 120: 1. au Augenblase, m Mittelhirn, st Stiel der Augenblase, v Vorderhirn. st Medullarplatte ebenfalls leicht, nach Schluß des Medullarrohres aber, d. h. für die Augen blasen wird, wie oben (p. 163) besprochen, durch die rasch zunehmende Achsenkrümmung des Vorderhirnes die Orien- tierung erschwert, In dem Maße nun, wie die Augenblasen sich vom Vorderhirn ab- schnüren und zugleich mit diesem weiterwachsen, nehmen sie immer mehr eine kaudalwärts gekrümmte Form an, der Stiel sitzt am rostralen Ende und rückt mit dem entsprechend gerichteten Wachstum des Hirnrohres allmählich immer weiter rostralwärts vor. Hiervon können nur Horizontalschnitte eine Anschauung geben, wie ein solcher in Fig. 179 abgebildet ist, aus dem gleichen Stadium wie Fig. 178 V. Ein Vergleich mit der Dorsalansicht des in diesem Handb., Bd. I, Abt. 2, Fig. 10 h dargestellten Embryo dient zur Erläuterung. Die Augen- blasen reichen kaudalwärts bis auf die Grenze zwischen Vorder- und Mittelhirn oder sogar ein wenig auf letzteres. Die Insertion der Augenblasenstiele wird rostralwärts überragt von einem schnabelförmig Die Entwickelung des Auges. 175 vortretenden Teil des Vorderhirndaches, an dessen Spitze ungefähr der Ort des Neuroporus zu suchen wäre. Noch ist die Dicke der proxi- malen und der distalen Wand der Augenblase annähernd gleich ; im weiteren Wachstum überwiegt die distale (Retinalblatt) ganz be- deutend, wie zu ersehen aus einem, der Fig. 179 entsprechend orien- tierten Schnitt von einem etwas älteren Forellenembryo, den Hoff- mann (A. L. III4, 1884, Taf. IV, Fig. 7) bei stärkerer Vergrößerung abbildet. Hier besteht die proximale Wand aus einfachem Cylinder- epithel, die distale dagegen aus 4 — 5 Zellenlagen ; außerdem läßt diese Figur auch Deck- und Grundschicht der Epidermis unterscheiden und zeigt, daß die gewölbte Außenfläche der distalen Augenblasenwand in inniger Berührung mit der Epidermis steht, und daß mesodermales Gewebe sich nur an der proximalen Wand findet. Ganoiden. Hier beschränken sich unsere Kenntnisse über die Augenentwicke- lung für jetzt noch auf die Untersuchung an Lepidosteus osseus von Balfour und W. N. Parker (A. L. III5, 1882), welche gezeigt haben, daß zwischen dieser Form und den Teleosteern hier wie über- haupt und besonders in der Entwickelung des Centralnervensystems eine weitgehende Uebereinstimmung besteht. au o o ~° " med Fig. 180. Querschnitt durch den Vorderkopf eines 6 Tage alten Embryo von Lepidosteus osseus. Nach Balfour und Parker (1882). Vergr. ungef. 120:1. au Augeuknospe. ek Ektoderm. en Entoderm. mes Mesoderm. v Ventrikel des Vorderhirns. 5. Tag nach der Be- fruchtung, Bei Lepidosteusembryonen vom also aus dem Stadium, welches in dies. Handbuch, Bd. I, Abt. 2, p. 28. Fig. 8c abgebildet ist, werden die Augenblasen als Vor- wölbungen zur Seite des Vorderhirns äußerlich erkennbar. Schnitte durch solche Embryonen lehren, daß auf diesem Entwickelungsstadium der bis dahin solide Medullarstrang beginnt, sein Lumen zu gewinnen durch Auseinanderweichen der Zellen in der Medianebene, und zwar nimmt diese Spaltbildung im Bereich des Gehirns ihren Anfang. Ein Querschnitt durch die Vorderhirngegend zeigt die Augenknospen als flache seitliche Auswüchse, in welche das eben sich bildende Ventrikel- lumen ein wenig eindringt. Embryonen vom 6. Tag (Fig. 8d) lassen eine auffallend starke Verbreiterung des Kopfes erkennen, die zum Teil wohl bedingt ist durch das beträchtliche Vorragen der Augenblasen. Der in Fig. 180 wiedergegebene Schnitt durch den Vorderkopf eines Embryo dieses 176 A. Froriep. Alters zeigt den Ventrikel des Vorderhirns ausgebildet als medianen Spaltraum mit glatter Begrenzung; ungefähr von der Mitte der Seiten- wand sieht man die Anlage der Augenblase abgehen, merkwürdiger- weise aber noch als soliden Auswuchs, trotzdem er bereits durch einen eingeschnürten Hals als wand sich absetzt. Die Balfour und Parker Schnitt dieses einziger kugeliger, gestielter Körper von der Hirn- Beweiskraft dieses Präparates ist zweifelhaft, selbst äußern Bedenken, ob dasselbe (ihr Stadiums, der die Augenblase enthielt) ein richtiges Bild gebe, und halten für wahrscheinlich, daß die Augen- blasenhöhle wohl bereits vorhanden, aber nicht sichtbar war, weil der Schnitt die Wandung gestreift hatte. Für diese Auffassung spricht auch das Bild (Fig. 180) durch die der dorsalen Wand entlang er- kennbare ventrikuläre Oberflächenkontur. Auffallend ist in dem Prä- parat uebenbei auch die bedeutende Ausbreitung des mesodermalen Gewebes, welches die Augenblasen fast allseitig umgiebt und nur am dorso-lateralen Umfang einen kleinen Bezirk frei läßt, wo die blase mit der Epidermis in unmittelbarer Berührung stehen kann Bei Embryonen vom 7. Tag sind die Augenblasen hohle Aus- buchtungen des Vorderhirns, die sich lateral erweitern und mit ihrer lateralwärts gewölbten distalen Wand an der Epidermis anliegen ; die Grundschicht der letzteren erscheint in dem entsprechenden Gebiet Augen- ganz wenig Am 8. Augenbecher verdickt als schickt an. der Tag Fig. Linsenbildung. erste Andeutung sich die Angenblase zur Umgestaltung in den 181 giebt einen Querschnitt des Kopfes aus diesem Stadium ; der Stiel ist deutlich abgesetzt; die Augen- blase, obschon noch ziemlich ge- räumig, zeigt doch eine Knickung ihrer Wandung und dadurch be- dingte Abgrenzung einer proxi- malen und einer distalen Wand; die letztere, das spätere Retinal- blatt, ist im Vergleich zur proxi- Fig. 181. Querschnitt durch den Vorderkopf eines 8-tägigen Embryo von Lepidosteus osseus. Nach Balfour und Parker (1882). Vergr. ungef. 100:1. au Augen blase, d Deckschicht des Ektoderms. en Vorderdarm, g Grundschicht des Ektoderms. I Linsen- platte, st Stiel der Augenblase, v Vor- derhirn. malen, dem späteren Pigmentblatt, etwas mächtiger und bereits ein wenig eingezogen, so daß die Sehepitheltläche sich flach -konvex in den Sehventrikel hinein vorwölbt; die Außenfläche der distalen Wand liegt der Epidermis an, welche in diesem Berührungsgebiet eine der Berührungsfläche innig angeschmiegte, schon recht beträchtliche An- schwellung besitzt; diese Verdickung, die erste Anlage einer Linsen- platte, betrifft nur die „Grundschichtu der Epidermis, da bei Ganoiden wie bei Teleosteern eine „Deckschicht", au den Proliferationsvorgängen des Ektoderms unbeteiligt, als schützende Hülle die freie Oberfläche des Embryo überzieht. Die Entwickelung des Auges. 177 Amphibien. Wir haben oben die Sehgruben der offenen Medullarplatte bei Embryonen gewisser Amphibien besprochen und gezeigt, wie diese nach Schluß des Medullarrohres sich weiter vertiefen und zu Augen- blasen werden. Die Ausgestaltung dieser letzteren vollzieht sich sehr ähnlich den Befunden bei Selachiern ; die Abweichungen sind dreierlei Art, bedingt durch 1) die beträchtlichere relative Dicke der Medullarwand, 2) die frühere Ausbreitung des Mittelblattgewebes, 3) die spätere Abhebung des Vorderkopfes. Am eingehendsten sind die Vorgänge behandelt von Kessler (1871, 1877) für Triton und von Goette (A. L. IIP, 1875) für Bom- binator. Bei der erwähnten Uebereinstimmung mit der oben aus- führlicher vorgeführten Selachierentwickelung können wir uns hier auf die Untersuchung einer kurzen Entwickelungsperiode beschränken, die charakterisiert wird durch die Abbildung in diesem Handb., Bd. I, Abt. 2, p. 73, Fig. 23c, einen Unkenembryo, bei dem die Bildung des Schwanz- teiles vor kurzem begonnen hat. Schon früher, unmittelbar nach Schluß, hat das Gehirnrohr in dem sich ventralwärts umbiegenden Teil des Vorderhirns seine größte Breite. In diesem Teil schnürt sich die Seiten- wand als rundliche Vorragung dadurch ab, daß „die anfangs breite Basis der Vorragung von oben, vorn und hinten sich zusammen- zieht oder, genauer ausgedrückt, von der sich ausdehnenden Hirnwand gegen die basale Seite des Hirnes zusammengeschoben wird. In dem Maße, wie dieser Vorgang fortschreitet, verwan- delt sich jene Basis zu einem hohlen Stiele, Fig. 182. Frontalschnitt durch den Vorderkopf eines Embryo von Bombinator igneus nach Beginn der Schwanzbildung. Nach Goette (1875). au Augenblase. d Vorderdarm, i Infundibularregion. v Vorderhirn. der späteren Anlage des Sehnerven, welcher am Rande der anatomischen Hirnbasis die Augenblase mit ihrem Mutterboden, dem Zwischenhirn, in Verbindung erhält." Während dieser Abschnürung erfolgt auch, wesentlich durch Zellenverschiebungen, ein Dünnerwerden der medialen und Dickerwerden der lateralen Wand. Anfangs wird die verdickte Außenwand mit ihrer konvexen Außenfläche an die Epidermis gedrückt, während sie nach innen den Sehventrikel auffallend eben begrenzt (vgl. Fig. 182 mit dem Selachierembryo in Fig. 173!); später plattet sich die Außenfläche an der Epidermis nicht nur ab, sondern erscheint in der Mitte, wo sie am dicksten ist, nach innen eingedrückt, so daß ihre vorgewölte Innenfläche der ihr gegenüberliegenden medialen Wand der Augenblase allmählich genähert und dadurch der dazwischen ge- legene Sehventrikel zu einem mehr spaltartigen Räume eingeengt wird. Damit beginnt die Entstehung des Augenbechers, welche wir weiter unten verfolgen werden. Mammalia. Die bemerkenswerte Thatsache, daß im embryonalen Auftreten des Sehorgans gerade die höchstentwickelte Wirbeltierklasse den primi- Handbuch. der Entwickelungslehre. II. 2. 12 178 A. Froriep, tiven Zustand am besten bewahrt hat, wurde oben in dem Abschnitt über die Sehgrube der offenen Medullarplatte bereits gewürdigt. Durch den Schluß des Gehirnrohres werden die Sehgruben zu Augenblasen, wie bei Selachiern und Sauropsiden, so auch bei Säugetierembryonen, und da bei letzteren, wie oben gezeigt, die Vorderhirnplatte relativ lange offen bleibt, so sind beim Schluß derselben die Augenblasen bereits relativ umfangreiche Gebilde. Die konisch verjüngte Gestalt (Fig. 159, 160), welche die Seh- gruben auf der Höhe ihrer Entwicklung haben, ist nach Schluß des Gehirnrohres auch in der Form der Augenblasen noch zu erkennen, denn diese gehen aus der Seitenwand des Vorderhirns mit so breiter Basis hervor (Fig. 185), daß es schwer ist, eine bestimmte Grenze zwischen beiden zu ziehen, und die Bezeichnung Infundibula ocularia, welche Cirincione (1892) für diesen frühen Zustand der Augenblasen gebraucht, durchaus zutreffend erscheint. Eine Besonderheit bieten die Säugetierembryonen dar im Ver- halten des nie so dermalen Gewebes, indem dieses zwischen Augenblase und Ektoderm zeitweilig eindringt, später aber, wenn die Einstülpung der Linsenblase beginnt, aus dem Spalt- raum sich wieder zurückzieht. Bei allen bisher besprochenen Wirbeltierembryonen fanden wir die distale Wand der Augenblase mit ihrer konvexen Wölbung dem Ektoderm unmittelbar anliegend und stellten fest (z. B. Fig. 177), daß Fig. 183. Fig. 184. med Wm. Fig. 183. Schnitt durch den Vorderkopf eines Embryo von Canis fam. Nach Kessler (1877). Vergr. ungef. 120 : 1. au Augenblase, bl Blutgefäße, ek Ektoderm. mes Mesoderm. st Stiel der Augenblase. ;'; t Lamina terminalis. v Vorderhirn. Fig. 184. Schnitt durch den Vorderkopf eines Embryo von Lepus cuniculus, etwa 10 Tage alt. Nach Rabl (1900). Vergr. 200 : 1. au Augenblase, bl Blut- gefäße, eh Ektoderm. I Linsenplatte, mes Mesoderm. st Stiel der Augenblase. Die Entwickelung des Auges. 179 in dem Gebiet dieses Kontaktes einerseits das Ektoderm zur Linsen- platte anschwillt, andererseits die Augenblase zur Bildung des Retinal- blattes sich verdickt und einsenkt, ohne daß zwischen beiden eine Spur von inesodermalem Gewebe weder bleibend noch vorübergehend aufgetreten wäre. Anders bei Säugetierembryonen. Wie wir oben (p. 157) besprachen, steht die Wand der Sehgrube, und ebenso, nach Schluß des Gehirnrohres, der Augenblase zunächst nur in einem ventral-kaudalen Sektor ihres Umfanges mit Kopfmeso- derm in Berührung (Fig. 160), sowohl der lateral gewendete Grund, wie auch die rostrale und dorsale Wand liegen dem Ektoderm in inniger Berührung an. Mit der sich rasch vermehrenden Achsen- krümmung des Hirnrohres wendet sich nun aber die ventrale Fläche immer mehr kaudal-, schließlich sogar kaudal-dorsalwärts , und der ursprünglich kaudale Umfang wird zum dorsalen oder gar zum dorso- rostralen. Hierdurch wird das Kopfmesoderm im dorsalen Umfang der Fig. 186. 183 Fig. 185. | .m es 185- SSv. Fig. 185. Querschnitt eines Embryo von Canis fam. von 4,8 min Körperlänge. Präp. von A. Froriep. Vergr. 100 : 1.' au Augenblase, eh Ektoderm. i fnfundi- bularregion. mes mesodermales Gewebe, v Vorderhirn. Fig. 186. Linksseitige Profilansicbt eines Embryo von Canis fam. von 4,8 mm Körperlänge. Vergr. 20 : 1. Die unterbrochenen Linien geben eine Vorstellung von der ungefähren Lage der Schnitte Fig. 183 und 185. Augenblasen bis zum rostralen Kopfende vorgeschoben und fließt hier mit dem Mittelblattgewebe der basalen Region zusammen ; nur die laterale Oberfläche bleibt vorläufig noch frei und stellt somit den gleichen Kontaktbezirk von Augenblase und Ektoderm dar, den wir bei den übrigen Wirbeltierklassen gefunden haben. Dieser Kontakt nun erhält sich hier bei Säugerembryonen nur ganz kurze Zeit; einzelne eindringende Mesenchymzellen trennen die beiden Epithellagen, und sobald dies geschehen, breitet sich ein mesodermales Zwischengewebe in dem Spaltraum aus, so daß die Augen- blase nun allseitig von Mesenchym umgeben ist. 12* 180 A. Froriep, Wie rasch diese Umwachsung vor sich geht, ergiebt sich aus den Abbildungen Fig. 183 und 185, von 2 Hundeembryonen, die ungefähr dem gleichen Entwickelungsstadium vor Eintritt der Nackenkrümmung angehören, der erstere gleichaltrig, der andere nur wenig älter als der von Bischoff (A. L. III10, 1845) unter Fig. 37 A— D abgebildete. Die beiden Schnitte sind ungefähr rechtwinklig zu einander orientiert, ihre Lage ist in der Skizze Fig. 186 angedeutet. Während nun hier in dem jüngeren Embryo (Fig. 183) die distale Wölbung der Augenblase dem Ektoderm noch so unmittelbar anliegt, daß die Grenzkonturen beider zu einer Linie verschmelzen, zeigt der nur wenig ältere (Fig. 185) eine relativ mächtige Lage Mesenchym zwischen beiden, welche dorsal- wie basalwärts in der Schnittserie sich kontinuierlich erweist und somit eine geschlossene Mesenchym- hülle der Augenblase darstellt. Hinsichtlich des allgemeinen Entwickelungszustandes, bei welchem diese Einschiebung von Mesoderm zwischen Augenblase und Ektoderm erfolgt, scheint bei verschiedenen Säugetierordnungen eine gewisse, wenn auch nur annähernde Uebereinstimmung zu bestehen. Ein Hundeembryo, dem die Figg. 185 und 186 entsprechen, zeigt 13 — 14 Urwirbel, sowie vertiefte, aber noch weit offene Gehörgruben. Bei Kaninchen fand Rarl (1900), daß bei Embryonen von 13 Urwirbeln Mesodermzellen in den Spaltraum zwischen Augenblasen und Ektoderm sich einzudrängen beginnen. Nach Keirel (A. L. II, 1897), der die betreffende P'rage bei Seh wein sembryonen mit großer Sorgfalt verfolgt hat, besteht hier von der Bildung der Augenblasen an, d. h. von Stadien mit 10 Ur- wirbeln beginnend, bis zu Stadien mit 15 — 16 Urwirbeln der volle unmittelbare Kontakt, nur ausnahmsweise zeigt sich der Beginn der Mesodermeindrängung schon mit 13 oder 14 Urwirbeln ; die Gehör- gruben aller dieser Embryonen waren angelegt, aber noch ziemlich flach. Bei Embryonen mit 17 und mehr Urwirbeln findet sich regel- mäßig eine Mesodermlage, bis sie bei Embryonen mit 30 Urwirbeln wieder spärlicher wird, und mit 32 — 34 Urwirbeln ganz verschwindet. Um diese Zeit also, wo die Bildung der Linsenplatte und die Um- gestaltung der Augenblase einsetzt, hat sich der von Mesoderm freie Kontaktbezirk zwischen den beiden Gebilden bereits mehr oder weniger vollständig wiederhergestellt. Ziehen wir diese letzte Erscheinung, auf die im nächsten Abschnitt eingehender zurückzukommen sein wird, hier vorläufig mit in Betracht und überblicken das geschilderte Verhalten des Mesoderms bei Säuge- tieren, so stellt sich, im Hinblick auf das bei allen übrigen Wirbel- tierklassen kontinuierliche Bestehen des primitiven Kontaktes zwischen Augenblasen und Ektoderm, jenes Auftreten der mesodermalen Zwischenschicht als eine temporäre Unterbrechung dar, durch welche diese einheitliche Periode in die des ersten oder primären und des zweiten, sekundären Kontaktes getrennt wird. Daß in der Berührung der Augenblase mit dem Ekto- derm ein morphogenetisches Moment von fundamentaler Bedeutung vorliegt, darüber kann nach allen Erfahrungen der ver- gleichenden wie der experimentellen Entwicklungslehre (vergl. Spe- mann 1901) kein Zweifel sein. Wir können daher ein Ereignis, wie die geschilderte Invasion von seifen des Mesoderms, durch welche der Bestand jenes wichtigen Kontaktes gefährdet wird, nur als eine Die Entwickeluno- des Auges. 181 *& ~~" •"■"•& sekundär erworbene, cänogenetische Störung des primitiven Ent- wicklungsganges auffassen. Ueber das Motiv, das diese Entwickelungs- störung bewirkt, hat H. Virchow ("1901, p. 772) die sehr einleuchtende Vermutung geäußert, daß die bei Säugetierembryonen, und nur bei diesen, sich vollziehende Entstehung einer gefäßhaltigen Linsenkapsel sich hier gewissermaßen zum voraus meldet. Zur Ernährung des sich demnächst zur Linsenbildung anschickenden Ektoderm bezirkes — so würde man sich etwa vorzustellen haben — drängt sich das gefäß- führende Mesenchym vor der Zeit heran ; sein blinder Eifer aber wird zur Gefahr, denn : würde das Ektoderm zu früh der Kontaktwirkung mit der Augenblase entzogen, dann würde ihm möglicherweise der zu- reichende Impuls zur Linsenbildung mangeln. Die Hinausdrängung der mesodermalen Elemente würde also zur conditio sine qua non für die normale Entwickelung eines Wirbeltierauges. im Säugerembryo, und sie erfolgt denn auch, sobald es ernstlich Zeit wird. Daß die eine oder andere Mesenchymzelle im Spalt zurückbleibt, scheint die Wirkung des Kontaktreizes nicht zu beeinträchtigen und ist anderer- seits vielleicht von Nutzen, da an diese zurückgelassenen Einzelposten sich später wieder Zellenreihen vom umgebenden Mesoderm her an- schließen können zu erneuter Invasion. Denn wie Fig. 209 anschaulich vorführt, drängen, sobald die Linsengrube sich merklich vertieft, auch schon wieder Mesenchymzellen, von der basalen Seite eintretend, um sie her; und nunmehr erreichen sie ihren Zweck, der wachsenden Linse ernährende Blutgefäße zuzuführen. Das Auftreten und Wiederverschwinden einer mesodermalen Zwischen- schicht in der Augenanlage der Säugetiere ist die Veranlassung wieder- holter Kontroverse geworden über die Erage, ob eine solche Zwischen- schicht vorhanden sei oder nicht. Daß Meinungsverschiedenheiten hierüber, die sich aus der Differenz der Befunde bei verschiedenaltrigen Embryonen objektiv erklären, zu lebhaften Diskussionen geführt haben, wird ver- ständlich durch die für die Linsenkapsel- und Glaskörperbildung im einen oder anderen Sinne aus ihnen gezogenen Konsequenzen. Remak (A. L. III9, 1855, p. 91) hatte, in erster Linie fürs Hühnchen, und hier uneingeschränkt zutreffend, implicite aber auch für Kaninchen- embryonen ausgesprochen: „Oberhalb und unterhalb der nach außen ge- wendeten Augenblasen ist das obere Keimblatt durch die dicken Kopf- platten (Mesoderm) von dem Hirnrohre getrennt; allein gerade der Außenfläche der Augenblase liegt es so dicht auf, daß hier die Kopf- platten unterbrochen zu sein scheinen." Dieser Darstellung sprach Kölliker (A. L. II, 1861, p. 297) ihre allgemeine G-iltigkeit ab, indem er darauf hinwies, daß nur Säugetier- embryonen eine gefäßhaltige Linsenkapsel besitzen und deshalb Beob- achtungen an Vogelembryonen für die Säugetiere und den Menschen nicht maßgebend sein könnten ; obgleich er die Mitablösung einer Cutisschicht bei der Linsenbildung noch nicht beobachtet habe, so glaube er doch diesen Vorgang voraussetzen zu dürfen auf Grund der Beobachtung, „daß die eben erst gebildete Linse des 4 Wochen alten Embryo schon eine besondere äußere Kapsel in Gestalt eines hellen, dicken, aus Zellen ge- bildeten Häutchens besitzt". Kessler (1871, p. 11) bekämpft Kölliker's Schlußfolgerung auf Grund von 2 Stadien vom Hund, in denen die Abschnürung der Linse sich eben einleitet, bezw. etwas weiter vorgeschritten ist, und einem Stadium vom Schaf, in dem das Ektoderm sich eben verdickt hat. Da 182 A. Froriep, er in diesen 3 Embryonen das Ektoderm den Augenblasen unmittelbar anliegend fand, tritt er für die Giltigkeit der REMAK'schen Darstellung auch, für Säugetierembryonen mit Nachdruck ein. Er fand aber unter den zunächst nachfolgenden Bearbeitern der Erage keine Anhänger. Sernoff (1872, p. 194) und Lieberkühn (1872, p. 313) behaupteten nicht nur für Säugetiere, sondern gar auch für Vogelembryonen nach Beginn der Einstülpung der Linse das Vorhanden- sein einer Bindegewebsschicht zwischen letzterer und der Augenblase, die zugleich mit ihr eingestülpt werde, und W. Müller (1874, p. XXX) ging sogar noch weiter und betonte die Anwesenheit jener Schicht beim Hühnchen auch schon vor der Linsenbildung; Arnold (1874, p. 5. 24) schilderte nur für Säugerembryonen, für diese aber um so ausführlicher und nachdrücklicher, eine relativ mächtige Zwischenschicht, die in allen Stadien (Rind 6 — 15 mm) zwischen Linsenektoderm und Augenblase zu finden sei; v. Mihalkovics (1875, p. 381) endlich bestätigte für Säugetier- embryonen (Kaninchen) ausdrücklich die Angaben Sernoff's, Lieber- kühn's und Arnold's gegen Kessler. Dieser hatte also alle Ursache, in seinem ausführlichen Werke *) (Kessler, 1877, p. 46 — 64) die Erage von neuem und eingehender zu erörtern. Er giebt von. seinen durch gute Fixierung ausgezeichneten Präparaten nicht minder musterhafte Abbildungen und erhebt dadurch die Abwesenheit der mesodermalen Zwischenschicht über allen Zweifel für Vogelembryonen ohne Einschränkung, für Säugetierembryonen wenigstens für die Stadien, die ihm vorgelegen hatten. Auch Kölliker (A. L. II, 1879, p. 654) kam ausführlicher auf die Frage zurück, und da nun" die von ihm untersuchten Säugerembryonen mit derselben zweifellosen Klarheit die A n Wesenheit der Zwischenschicht beweisen, wie die von Kessler abgebildeten die Abwesenheit darthun. so war damit der unlösbare Konflikt gegeben, der bis in die neueste Zeit bestehen blieb. Erst durch Keibel (A. L. II, 1897) ist die Sachlage aufgeklärt worden dadurch, daß er, wie oben dargelegt, die Frage bei einer Form durch alle Stadien systematisch durchverfolgte und so die temporäre Einschiebung des Mesoderms in den vorher und nachher meso- dermfreien Kontaktbezirk nachwies. Im Zeitpunkt sowohl wie in der Dauer dieser Einschiebung scheinen bei verschiedenen Ordnungen und Arten nicht nur, sondern sogar Individuen, nicht unbeträchtliche Varia- tionen vorzukommen, woraus sich erklärt, wie es möglich war, daß sogar bei den gleichen Species die Befunde verschiedener Beobachter differierten. Inzwischen ist nun eine gewisse Unsicherheit neuerdings wieder in die Frage hereingekommen durch die Publikationen Cirincione's (1897, 1898). Dieser Forscher gelangt ebenfalls zu dem Resultat, daß die mesodermale Zwischenschicht bei Säugetieren zeitweise vorhanden ist und zeitweise fehlt. Er geht aber von der irrtümlichen Vorstellung aus, als ob ihre Anwesenheit der primitive Zustand wäre und erst durch das Andrängen der Augen blase das zwischenliegende Mesoderm verdrängt und der Ektodermkontakt hergestellt würde. Er kennt also nur den zweiten, sekundären Kontakt, und dadurch, daß seine Darstellung diesen von den Befunden des ersten, primären Kontaktes nicht scharf sondert, wird die Verständlichkeit der in manchen Beziehungen anregenden Auseinander- setzungen beeinträchtigt. 1) Kessler citiert in seinem Hauptwerk auch einen 1875 in der Dorpater Naturforschergesellschaft von ihm gehaltenen Vortrag „Ueber Entwickelung des Auges". Derselbe ist jedoch in dem veröffentlichten „Sitz.-Ber. der naturforsch. Ges. zu Dorpat" (ßd. IV, 1875—77) nicht enthalten. Die Entwickelung des Auges. 183 Mensch. Die Gestalt der Augenblase menschlicher Embryonen ist mit be- sonderer Sorgfalt von His (1889) untersucht und in seinen ausgezeich- neten Modellen embryonaler Gehirne (Friedr. Ziegler, Serie XXII) dargestellt worden. Er knüpft an seine Schilderung der Augenblasen- bildung beim Hühnchen an (A. L. III9, 1868, p. 104, 132), in der er eine Ableitung der Form aus Zugwirkungen bei der Achsenkrümmung des Hirnrohres gegeben hatte. Es ist an dieser Stelle nicht unsere Aufgabe, die ursächlichen Momente des Zustande- kommens dieser Krümmung und ihrer Folgen zu erörtern ; die thatsächlichen Erscheinungen derselben haben wir oben in der Schilderung der Augenblasenbil- dung des Hühnchens und weiter auch bei Selachierembryonen in Betracht ge- zogen, und gezeigt, daß, wie alle Pro- dukte der dorsalen Zone des Hirnrohres, so auch die Augenblasen eine Rotation Fig. 187. Dorsalansicht des Gehirns eines menschlichen Embryo der 3. Woche. Nach His (1889). Vergr. ca. 50 : 1. au Augenblase, e Endhirn, m Mittelhirn, z Zwischenhirn. um eine in der Basis des Vorderhirns gelegene imanginäre Achse aus- führen. Für die Augenblasen wird diese Wachstumsbewegung in beson- derem Maße formbestimmend, weil der distale Pol derselben, durch den Ektodermkontakt festgehalten, der vor- und abwärts gerichteten Ver- schiebung ihres Wurzelgebietes nicht in gleichem Grade folgt. Da- durch kommt die eigentümlich geschwungene, dorsal- und kaudalwärts gebogene Form zu stände, wie sie durch die Dorsalansicht Fig. 187 veranschaulicht wird. Das Vorderhirn zeigt sich hier bereits deutlich in Zwischenhirn und Endhirn gegliedert. Die Augenblase ist von oben und von hinten her durch einen tiefen Einschnitt abgesetzt, vorn dagegen (im Bilde unten) nur durch eine seichte Einbiegung vom Endhirn geschieden; dabei ist allerdings zu bemerken, daß die Be- ziehung zu letzterem in dem Bilde näher erscheint, als sie wirklich ist, weil der Hemisphärenteil sich dorsal über den basalen Teil des Zwischenhirns hinüberwölbt und denselben infolge der Hirnkrümmung in der Dorsalansicht ganz verdeckt. An dem Wurzelteil der Augenblase unterscheidet His den rostralen Rand als „Basilarleiste", den kaudalen als „Seitenleiste", welch' letztere dorsalwärts mit der „oberen Wurzelleiste" zusammenhänge. An der Basalfläche des Vorderhirns zwischen Basilar- und Seitenleiste finde sich frühzeitig eine seichte Grube, die „Augenblasengrube", welche, schräg von unten her auf die Augenblase übergreifend in kontinuier- licher Weiterentwickelung zur Höhlung des Augenbechers werde. Der untere Zugang der Grube nämlich verenge sich durch Aneinanderrücken der Basilar- und Seitenleiste zu einer schmalen Spalte, die in eine am Augenblasenstiel auslaufende Furche sich fortsetzt. Diese von His gegebene Schilderung ist in allen Punkten zu- treffend. Nur den Zusammenhang der Basilarleiste mit dem Trichter- fortsatz des Zwischenhirns, den His wiederholt betont, kann ich nicht 184 A. Froriep, bestätigen. Ich finde bei menschlichen, wie bei anderen Wirbeltier- embryonen den rostralen, stärker vortretenden Rand des Augenblasen- stieles (His' Basilarleiste) in wesentlich ventral-medialer Richtung in den Vorderhirnboden, die Lamina terminalis im weiteren Sinne, aus- laufen. Indem hier die Leiste der einen sich kontinuierlich in die im JZ1D >■> lie in » tn\ 0 1} -— "*£V^ .' '""'"■' Fig. 188. Mittel- und Vorderhirn eines menschlichen Embryo von Ende der 4. Woche, Ansicht von rechts und unten. Mit Benutzung des Modells von His und Ziegler, Serie XXII, No. 1. Vergr. ca. 37 : 1. he Hemisphärenblase, in Trichter, ma Proc. mamillaris. mi Mittelhirn, op Torus opticus, t Lamina termi- nalis. zw Zwischenhirn. der anderen Seite fortsetzt, kommt ein querer Wulst zu stände (Fig. 188 op), den man Augenstielwulst, Torus opticus, des Vorder- hirnbodens nennen könnte. Derselbe ist für die Orientierung nicht unwichtig. Zunächst ist er der äußere Ausdruck einer transversalen Furche, die an der Innenwand des Vorderhirnrohres aus der einen Augenblasenhöhle in die andere quer hinüberleitet, auf dem Median- schnitt den allbekannten Recessus opticus darstellend. Später entsteht in dessen kaudaler Wandung das Chiasma opticum. Die Lage dieses für die Auffassung des Baues des embryonalen Gehirns so wichtigen Punktes ist daher in dem geschilderten Torus opticus schon sehr frühzeitig erkennbar. Die Entwickelung des Auges. 185 III. Das embryonale Auge (0 c u 1 u s embryonalis). „Sekundäre Augenblase11 der Autoren. Ich habe oben (p. 158) bereits auseinandergesetzt, warum ich die Bezeichnung „sekundäre Augenblase'1 für eine unzweckmäßige und ihre Beseitigung für geboten halte. Das blasenartige Gebilde, welches durch die Vereinigung der invertierten Augenblase mit der Linsen- blase zu stände kommt1) und in dessen Hohlraum der Glaskörper entsteht, zeigt sofort nach seiner Anlage alle morphologisch entschei- denden Kennzeichen des Wirbeltierauges und muß deshalb auch als ein solches bezeichnet werden. Die Unterschiede gegenüber dem aus- gebildeten Vertebratenauge sind prinzipiell keine anderen als die, welche jedes embryonale Organ darbietet, und finden, wie mir scheint, ihren treffenden Ausdruck durch die Bezeichnung „das embryonale Auge". Dieses ist bereits in seinem Entstehen ein kompliziertes Gebilde, und dementsprechend wird auch die Schilderung der an ihm sich ab- spielenden Entwickelungsvorgänge keine einfache Aufgabe sein. Denn die genannten Bestandteile, welche sich zu seinem Aufbau vereinigen, sind, wenn auch nicht ganz unabhängig voneinander, so doch in ihrer Art selbständige Organanlagen und müssen zunächst jede für sich in ihrer Entwickelung verfolgt werden. Nämlich: A. die LinsenMase (Vesicula lentis) mit a) distaler Wand, die zum Linsenepithel wird, b) proximaler Wand, die zur Masse der Linsenfasern anwächst; B. der Augen beeher (Cupula optica s. Vesicula optica inversa), an welchem zu unterscheiden : a) Augenbecher höhle (Antrum cupulae), welche allmählich zum Glaskörperraum des Augapfels (Cavum hyaloideum oculi) wird ; b) Retinalblatt (Lamina inversa cupulae); c) Pigmentblatt (Lamina externa cupulae); d) P upillar Öffnung (Os pupillare cupulae); e) Umschlagsrand (Labrum pupillare cupulae); f) Augenbec herspalte (Fissura cupulae), „embryonale Augen- spalte" der Autoren, mit den Spaltenlippen (Labrum fissurale cupulae rostrale et caudale); g) Stiel des Augenbechers (Pediculus cupulae opticaei, in dem später der Sehnerv bei seiner Entstehung seinen Weg nimmt; C. der Olaskörper (Corpus vitreum), mit dessen Besprechung 1) Einige neuere Autoren brauchen die Bezeichnung „sekundäre Augenblase" in einem engeren Sinne, nämlich für die eingestülpte Augen blase allein, also als Synonym für Augenbecher. Dieser Gebrauch findet jedoch litterarhistorisch keine Stütze, er ist ein Abusus. Denn Remak, auf den der Terminus von allen Autoren ausdrücklich zurückgeführt wird, schreibt (1855, p. 34") klar und deutlich, daß die Augenblase sich durch Einstülpung in einen doppelwandigen Napf umwandelt, und daß dieser doppelwandige Napf, „indem er sich bei seiner Erweite- rung von der Linse entfernt", wiederum zu einer offenen Blase wird. Der Hohlraum dieser „offenen" sekundären Augenblase Remak's ist also ganz zweifellos der Raum zwischen Augenbecher und Linse, der spätere Glas- körperraum, nicht aber, wie neuere Autoren irrtümlich annehmen, der ventrikuläre Spaltraum in der Augenbecherwandung. Schon der Umstand, daß dieses Mißver- ständnis möglich war, und daß infolge desselben über den Sinn des Terminus weitverbreitete Unklarheit besteht , macht die Beseitigung desselben dringend wünschenswert. 186 A. Froriep, auch die Schilderungen der Entwickelung der Augengefäße, sowie der beim Schluß der Becherspalte auftretenden Bildungen zu verbinden sind. A. Entwickelung der Linse. Von der merkwürdigen Thatsache, daß die Linse des Hühnchens aus einem von der Oberhaut her in die Augenanlage sich einstülpenden Säckchen entsteht, dessen Zugangsöffnung an der Oberfläche des Embryo in der ersten Hälfte des 3. Bebrütungstages längere Zeit offen und wie ein Ductus excretorius für eine feine Sonde durchgängig bleibt — von dieser den Entdecker begreiflicherweise in hohem Grade überraschenden Thatsache hat Huschke (1832, p. 17) Kenntnis gegeben. Nach Huschke's Vorstellung sollte jedoch, worauf schon Kessler (1877, p. 7) und Rabl (1898, II, p. 319) aufmerksam gemacht haben, durch jene Einstülpung zunächst nur die Linsenkapsel gebildet werden, die Substanz der Linse dagegen erst innerhalb derselben als „Absonderung" entstehen. Diese irrtümliche Vorstellung erklärt sich vollauf aus den Anschauungen der präcellulären Epoche, in der Huschke, als er die Entdeckung machte, stand, denn erst 7 Jahre später wurden durch Shhwann (A. L. I, 1839, p. 102) die Linsenfasern und deren Entstehung aus Zellen nachgewiesen. Die prinzipielle Bedeutung, ja, man kann wohl sagen, der Glanz der HuscHKE'schen Entdeckung werden durch die vom Entdecker an sie ge- knüpften hinfälligen Betrachtungen ja auch nicht verdunkelt, es ist aber doch von Wichtigkeit, zu betonen, daß richtige Vorstellungen über die Vorgänge der Linsenentwickelung erst beträchtlich später gewonnen worden sind. Zwar hatte schon C. Vogt (A. L. III4, 1842, p. 77), indem er die Entdeckung Huschke's nachdrücklich bestätigte 1), erwähnt , daß die Linsenblase, anfangs aus einer einfachen Zellenlage bestehend, nach der Abschnürung rasch zu einer soliden Kugel aus großen durchsichtigen epidermoidalen Zellen wird, und desgleichen war auch die Erkennung der „Kernzone" in der wachsenden Linse, auf welche bereits eine Be- merkung Bischoff's (A. L. II, 1842, p. 226) hinzielte und die durch H. Meyer (1851) klargestellt wurde, ein Schritt vorwärts. Aber erst Remak (A. L. III9, 1855, p. 34. 91) gab eine zutreffende Schilde- rung des Gestaltungsprozesses, wies nach, daß die distale Wand des Linsenbläschens das Epithel, die proximale Wand die Linsenfasern liefert, und zeigte, wie die vom Rande her erfolgende Faserbildung die Ent- stehung der MEYER'schen „Keimzone" bedingt. Die zahlreichen nachfolgenden Untersucher haben die REMAK'schen Angaben im großen und ganzen bestätigt und im einzelnen weiter aus- geführt, in besonders erfolgreicher Weise Kessler (1877) und C. Babl (1898, 1899, 1900). Unsere gegenwärtigen Anschauungen über die Entwickelung der Linse ruhen ganz wesentlich auf den zuletzt genannten Arbeiten von Rabl, welche in überaus fruchtbarer Vereinigung von entwickelungs- geschichtlicher und anatomisch-physiologischer Forschung unsere Kennt- nisse nach Breite und Tiefe beträchtlich ausgedehnt haben. Rabl 1) Diese Bestätigung war, da sie sich auf einen Knochenfisch bezog, allerdings insofern irrtümlich, als die Zugangsöffnung des Linsensäckchens hier während des ganzen Entwickelungsvorganges durch die oberflächliche Zellenlage des Ektoderms, die sog. „Deckschicht", verschlossen bleibt. Dies dünne Häutchen war von C. Vogt, da er an unversehrten, frischen Embryonen untersuchte, infolge der Transparenz des- selben, nicht gesehen, im übrigen der Prozeß aber richtig beobachtet worden. Die Entwickelung des Auges. 187 studierte die Entwickelung der Linse bei Selachiern, Amphibien, Rep- tilien, Vögeln und Säugetieren. Wie oben bei der Besprechung der Augenblase, so will ich auch hier die Sauropsiden voranstellen, nicht sowohl weil an Vogelembryonen zuerst und am häufigsten beobachtet worden ist, sondern hauptsächlich deshalb, weil gerade bei Sauropsiden, Reptilien sowohl wie Vögeln, die Vorgänge der Linsenentwickelung besonders klar liegen. An ihnen können wir die allgemein zu gründe liegenden Züge unschwer erkennen und vorführen, und es wird auch weiterhin durch den Vergleich mit ihnen leichter sein, die Besonderheiten der anderen Klassen richtig aufzufassen. Reptilien. 189 demonstriert die Linsenentwickelung bei der Eidechse an übereinstimmend orientierten Schnitten verschiedener Stadien. Die erste Andeutung einer Linsenplatte als eine ebene, von der Umgebung nicht scharf abgegrenzte Verdickung des Ektoderms über der distalen Wölbung der Augenblase hat Rabl bei einem Em- Ei o- 1 '-*■ - Z 5 »tt'to;*,.-.- --•>"-* .••*' , No. No. No. No. 5 6 7 Fig. 189. Linsenentwickelung von Lacerta agilis. Nach Rabl. 1— ö Vergr. 145:1, No. 7 Vergr. 90:1. Entwicklungsgrad der Embryonen: 1 24 Urwirbel; No. 2 27 Urwirbel; No 3 28 Urwirbel ; No. 4 29 Urwirbel ; 5 33 Urwirbel ; No. 6 48 Urwirbel, Körperlänge (im Bogen gemessen) 7—8 mm ; 7 Körperlänge (im Bogen) 22 mm. 188 A. Froriep, bryo mit 15 Urwirbeln gesehen, welcher bereits eine mäßig tiefe Riech- grube und eine sehr tiefe, aber noch weit offene Gehörgrube besaß. Die Einsenkung der Linsenplatte zur Bildung der Linsengrube beginnt wahrscheinlich bei Embryonen, deren Urwirbelzahl gegen 20 beträgt, wie ein solcher in diesem Handbuch, Bd. I, Abt. 2, p. 84, Fig. 30e abgebildet ist. Bei einem Embryo mit 23 Urwirbeln fand Rabl schon eine ziemlich tiefe Linsengrube, und im Stadium von 24 Urwirbeln bot diese das Bild von No. 1 in Fig. 189. Die Grube ist ein wenig dorsalwärts gerichtet; ihre Wand ist im Vergleich mit dem umgebenden Ektoderm sehr mächtig, doch ist aus der basalen Lage der ruhenden Kerne und aus dem Umstand, daß die dem Lumen genäherten Kerne mitotisch verändert sind, zu schließen, daß das Epithel trotz seiner Höhe doch einschichtig ist. Und so bleibt es auch; im ganzen Verlauf derEntwickelung besteht die Wand desLinsen - bläschens aus einfachem Cy linderepithel. Bei einem Embryo mit 27 Urwirbeln (Fig. 189, No. 2) erscheint das Säckchen größer und weiter, dabei immer noch ein wenig dorsal- wärts gerichtet; die Ränder nähern sich einander, so daß sich die Wand des Säckchens in einen spitzen Winkel zu dem Ektoderm der Umgebung stellt. Bei Embryonen mit 28 Urwirbeln (Fig. 189, No. 3) legen sich die Ränder völlig aneinander, das Säckchen schließt sich; und sofort, schon bei Embryonen mit 29 Urwirbeln (Fig. 189, No. 4) löst sich das geschlossene Linsenbläschen vom Ektoderm ab. Auch das Gehör- bläschen ist in diesem Stadium schon vom Ektoderm getrennt. Zunächst bewahrt das abgeschnürte Linsenbläschen die eckige Gestalt von No. 4 mit ausgedehnter Berührungsfläche am geschlossenen Ektoderm, bei Embryonen mit 33 Urwirbeln dagegen war das Bläschen kugelig geworden und bot im Schnitt das Bild von No. 5; das Lumen hat sich merklich vergrößert, die Wand dagegen ist eher dünner als dicker geworden. Bald darauf nun beginnen die Zellen der proximalen (dem Augen- becher zugekehrten) Wand des Linsenbläschens sich zu verlängern, was zur Folge hat, daß schon im Stadium von 40 und noch deut- licher im Stadium von 47—48 Urwirbeln, d. h. bei Embryonen, wie der in diesem Handb., Bd. I, Abt. 2, p. 84, Fig. 30g abgebildete, die proximale Wand ein in das Lumen des Bläschens vor- springendes Polster bildet, wie der in Fig. 189, No. 6 abge- bildete Schnitt es zeigt. Das Lumen wird dadurch mehr und mehr verengt, so daß es im Schnitt die abgebildete mondsichelförmige Ge- stalt annimmt. Die distale Wand ist ein hohes Cylinderepithel mit auffallend dicht gedrängten Zellen; auch jetzt noch finden sich in dieser Wand sehr zahlreiche, der Lumenoberfläche des Epithels genäherte Mitosen. Die proximale Wand besteht aus den zu Fasern ausgewachsenen, kon- zentrisch übereinander gelagerten Epithelzellen; Mitosen kommen in dieser Linsenfaserwand von jetzt ab nicht mehr vor. Es sind zweierlei Gruppen von Linsenfasern zu unterscheiden: 1) die Centralfasern mit teilweise rundlichen, schwach tingierbaren Kernen, diese Fasern sind alle ungefähr gleich lang und bilden eine rundlich - spindelförmige Binnenmasse der Linse; 2) peripherische Faserlagen mit länglichen, stark tingierbaren Kernen, diese Fasern sind nicht gleich lang, sie Die Entwickelung des Auges. 189 stoßen mit ihren basalen Enden in einer an der proximalen Oberfläche der Linse gelegenen Nahtfurche wechselseitig aufeinander, nach der Peripherie zu werden sie kürzer und schließen sich ein wenig hinter dem Aequator der Linse, ohne deutliche Grenze an das Cylinderepithel der distalen Wand an. • Dieser Bau der Linsenfaserwand ist an Schnitten von älteren Embryonen noch deutlicher zu unterscheiden. Fig. 189, No. 7 giebt bei schwächerer Vergrößerung den Durchschnitt der Linse eines Em- bryo von 22 mm Körperlänge (im Bogen über den Rücken gemessen) und zeigt einen beträchtlich vorgeschrittenen Entwickelungszustand, indem die Linsenfaserwand nunmehr deutlich zur eigentlichen Masse der Linse geworden ist. Die Centralfasern bilden eine rundliche Binnenmasse, sie enthalten zwar noch durchweg Kerne, dieselben sind aber in Rückbildung begriffene, schwach tingierbare. kleine Kügelchen; die peripherischen Fasern dagegen zeigen wohlerhaltene, nach dem Rande zu immer kräftigere, langgestreckte Kerne, welche in einem gewissen Abstand hinter dem Aequator an die Kernreihe des Epithels der distalen Bläschenwand anschließen. Das Epithel der distalen Linsenblasenwand nun zeigt hier eine Besonderheit, die Anlage eines epithelialen Organes, das keine allge- meine Bedeutung besitzt, sondern nur den Sauropsiden, diesen aber mit Ausnahme der Ophidier allgemein zukommt, nämlich des höchst wahrscheinlich der Accommodation dienenden „Ringwulstes" oder der „Radiärfasern" (Leuckart 1876, p. 260). Das Querschnittsbild in No. 7 zeigt, daß das Linsenepithel in solchen älteren Reptilien- embryonen in der Mitte der Vorderfläche am dünnsten ist; gegen die Peripherie wird es allmählich dicker, und seine Zellen erreichen etwas vor dem Aequator ihre größte Höhe. Hinter dem Aequator nimmt die Höhe der Zellen wieder allmählich ab, bis sie schließlich in die Linsenfasern übergehen. Wie nun die spätere Entwickelung lehrt, stellt jene verdickte Zone des Epithels eben die Anlage des Ring- wulstes dar, welcher in der gleichen Orientierung, d. h. am Rande der vorderen Hemisphäre als eine im Querschnitt halbmondförmige Ver- dickung auch der ausgebildeten Linse der Saurier aufgelagert ist. Wenn wir von dieser Besonderheit absehen, so entrollt der ge- schilderte Entwicklungsgang der Reptilienlinse ein recht übersicht- liches Bild, welches sich als erste Grundlage für die Auffassung der Linsenbildung überhaupt sehr gut eignet. Hierzu kommt noch eine weitere Bemerkung in betreff" des umgebenden mesodermalen Ge- webes. Wie Fig. 189 sehr deutlich zeigt, befindet sich das Ektoderm im Gebiet der Linsenbildung in unmittelbarer Berührung mit der Ober- fläche der Augenblase, welche sich gleichzeitig zum Augenbecher um- gestaltet. Das Mesoderm hält sich so weit von der Linsenanlage entfernt, daß sogar die Außenfläche des Augenbechers in großer Aus- dehnung noch dem Ektoderm anliegt. Bis zur Abschnürung des Linsenbläschens, d. h. bis zu dem zwischen No. 3 und No. 4 der Abbildung gelegenen Stadium, schmiegt sich das Säckchen an die konkave Fläche des Augenbechers innig an. Von da ab entfernen sich beide allmählich voneinander, so daß sich schon bei Embryonen mit 33 Urwirbeln (No. 5) ein ziemlich beträchtlicher Abstand zwischen beiden findet, welcher jedoch noch durchaus frei von Zellen ist. Nun erst wird dies anders. Bei Embryonen mit gegen 190 A. Froriep, 40 und mehr Urwirbeln (No. 6) sind ziemlich zahlreiche mesodermale Zellen in dem Raum zwischen Linse und Augenbecher anzutreffen, und einzelne auch zwischen Linse und Ektoderm. Vögel. Wie zu erwarten, zeigt die Entwicklung der Linse bei Vögeln eine weitgehende Uebereinstimmung mit derjenigen bei Reptilien. Rabl gründet die Untersuchung in erster Linie auf Enten- embryonen und zieht zum Vergleich die Befunde am Hühnchen heran. Wir wollen dagegen das leichter und allgemeiner erreichbare Objekt voranstellen, was noch einen weiteren Vorteil gewährt. Die große Zahl nämlich der über die Hühnchenentwickelung vorliegenden Unter- suchungen bietet Gelegenheit, von dem Umfang der individuellen Variationen in der Entwickelungshöhe und in der Koincidenz des Aus- bildungsgrades verschiedener Organsysteme eine Vorstellung zu ge- winnen. Es zeigt sich hierbei, daß alle Altersbestimmungen unsicher sind, sowohl die Angabe der Zahl der vorhandenen Urwirbel, welcher Rarl den Vorzug giebt, wie auch die Körperlänge oder die Ent- wickelungsdauer (Bebrütungszeit); zwar sind alle diese Angaben un- entbehrlich, aber sie haben nur relativen Wert, d. h. sie gelten inner- halb eines mehr oder weniger großen Spielraumes. So findet sich die erste Andeutung einer Linsenplatte als nicht abgegrenzte Verdickung des Ektoderms über der Wölbung der Augen- blase (siehe oben Fig. 166 und 167) nach Rabl bei Hühnerembryonen mit 20 Urwirbeln. Das kann zutreffen. Die Tabellen von Keibel und Abraham (A. L. II, 1900) zeigen aber, daß sich der gleiche Be- fund auch vorfinden kann bei 18, bei 19 und bei 21 Urwirbeln ; dabei kann die Körperlänge (größter Durchmesser) zwischen 4 und 6 mm und die Bebrütungszeit zwischen 42 und 50 Stunden variieren. Man wird also nur sagen dürfen: der Beginn der Linsen- bildung fällt beim Huhn auf Ende des 2. oder Anfang des 3. Brüttages, in eine Entwickelungsperiode, in der der ungefähre größte Durchmesser von 4 zu 6 mm, die Ur wir beizahl von 18 zu 21 variiert, und die Gehörgruben zwar schon tief, aber noch wreit offen sind. Der nächste Schritt in der Entwicklung ist nun, daß die Linsen- platte bei fortschreitender Verdickung beginnt sich einzusenken in genauem Anschluß an die zur Bildung des Augenbechers sich ein- stülpende distale Wand der Augen blase. Fig. 190 zeigt dieses Stadium in einem Schnitt, dessen Lage aus dem Atlas von Duval (A. L. II, 1889, Fig. 303, Schnitt 307) voll- kommen ersichtlich ist; es ist ein Querschnitt, aber infolge der Kopf- krümmung trifft er Vorder- und Mittelhirn der Länge nach und die Augenblase in ihrem dorsalen, den Stiel frei überragenden Teil. Die Linsenplatte (/) geht an ihrem kaudalen Rand (in der Abbildung nach oben zu) noch ohne Grenze in das umgebende Ektoderm über, am rostralen Rande dagegen (im Bild unten) ist die Abgrenzung durch einen an der basalen Fläche einspringenden stumpfen Winkel schon leise angedeutet. Der Schnitt liegt etwas oberhalb der Mitte der ganzen Linsenplatte und trifft diese in der Gegend ihrer größten Dicke von durchschnittlich 0,038 mm. Die Einsenkung der Oberfläche, hier kaum merklich, wird in den zwei dorsalwärts folgenden Schnitten der Serie entschiedener; sie ist im Präparat deutlicher, weil die Zell- Die Entwickelung des Auges. 191 grenzen des Epithels (die im Photogramm noch erkennbar, in der Autotypie aber ganz verschwunden sind) radiär zur Einsenkung stehen. Durch die Zellgrenzen erhält man am Präparat auch die Ueberzeugung, Fig. 190. Fig. 191. au -.- - ■•. — -.'._. _.,- Fig. 190. Querschnitt durch die Augenanlage eines Hühnerembryo vom Ende des 2. Brüttages, 21 Urwirbel. Präp. von M. Heidenhain. Vergr. 100 : 1. au Augenblase, p proximale Wand, r distale Wand derselben. I Linsenplatte, v Vorder- hirn. Fig. 191. Querschnitt durch die Augenanlage eines Hühnerembryo vom Ende des 2. Brüttages. Präp. von M. Heidenhain. Vergr. 100 : 1. au Rest des Lumens der Augenblase. I Linsengrube, v Vorderhirn. daß das Epithel einschichtig ist; es besteht aus sehr schmalen und langen Cylinderzellen, so dicht gedrängt, daß die Kerne sich in mehreren Lagen übereinander ordnen müssen ; die Kerne bleiben aber doch wesentlich in der basalen Zone, einzelne sind der freien Ober- fläche genähert, diese zeigen aber die Kennzeichen mitotischer Ver- änderung, gehören also Zellen an, die, wie es für das einfache Cylinderepithel typisch ist, zum Zweck der Teilung emporgerückt sind. Ich kann demnach die Befunde Rabl's in dieser Frage durchaus be- stätigen gegenüber den Angaben früherer Autoren, welche die Linsen- platte des Hühnchens als geschichtetes Epithel beschrieben haben. Die Linsenplatte reicht, allmählich verdünnt, dorsalwärts bis in die Höhe des Gipfels der Augenblase, hier ohne deutliche Grenze in das Ektoderm der Umgebung übergehend. Die Abgrenzung ist also vor- läufig nur am rostralen Rande vollzogen. Die Entwickelung geht nun in ziemlich raschem Tempo weiter. Es folgt zunächst ein Stadium mit tief eingesenkter, aber noch weit offener Linsengrube; dasselbe findet sich bei Hühner- embryonen, bei denen der ungefähre größte Durchmesser von 5 zu 192 A. Froriep, die diesem Bebrütungszeit von Handb., Bd. 1, 7 mm, die Urwirbelzahl von 22 zu 25 und 46 zu 52 Stunden variiert, wie ein solcher in Abt. 2, p. 98, Fig. 37f abgebildet ist. Fig. 191 zeigt dieses Stadium in einem Querschnitt der Augen- anlage, dessen Orientierung aus Duval's Atlas, Fig. 315, Schnitt 317 ungefähr zu entnehmen ist. Die Linsen platte, deren Epithel noch deutlicher als früher die erwähnten Kennzeichen des dichtgedrängten, aber einfachen Cylinderepithels erkennen läßt, ist weiter verdickt zu einer durchschnittlichen Dicke von 0,045 mm, sie ist an beiden Rändern deutlich abgegrenzt durch einen an der basalen Fläche scharf ein- springenden Winkel. Die Einsenkung an der freien Oberfläche ist nicht ganz symmetrisch gestaltet, sondern so, daß ihre Achse eine schwache Krümmung zeigt, die Spitze der Einsenkung ein wenig dorsal- und rostralwärts (im Bilde nach oben zu) gerichtet. Die Kon- vexität der basalen Grenzfläche ist annähernd kugelig geformt und paßt genau in die Konkavität des Augenbechers. Zwischen beiden liegt ein Spaltraum, der wahrscheinlich durch Retraktion der Gewebe bei der Fixierung diese Weite erhalten hat; denn ungefähr in der Mitte des Raumes findet sich im Präparat ein feines Häutchen (in der Autotypie nicht erkennbar), das ganz so aussieht, als ob es der Ausguß des ursprünglichen feinen Spaltes wäre zwischen den beiden aneinander gelegenen Flächen. Dieser Spaltraum, wie überhaupt die ganze Um- gebung der Linsengrube ist frei von mesodermalen Elementen, so weit, daß auch der Umschlagsrand des Augenbechers dem Ektoderm noch in breiter Ausdehnung unmittelbar anliegt. Bei der weiteren Entwickelung des Linseusäckchens entfaltet die dorsal-rostrale Partie desselben ein stärkeres Wachstum als die ventrale, sie buchtet sich infolgedessen in der entsprechenden Richtung tiefer hinein, während gleichzeitig der rostrale und besonders der dorsale Rand abwärts drängt. Dadurch wird die vorher trichterförmig weit offene Grube zu einer Blase mit geräumigem Lumen und enger Zugangsöffnung und re- präsentiert so ein sehr bestimmt charak- terisiertes Stadium (Fig. 192), welches sich bei der Mehrzahl der Embry- onen relativ lange erhält, bis es durch Vfl Bk Schluß der Oeffnung sein Ende findet. Fig. 192. Querschnitt der Augenanlage eines Hühnerembryo aus der Mitte des 3. Brüt- tages. Präp. von M. Heidenhain. Vergr. 100 : 1. / Lumen des Linsensäckchens. cu Augen becherhöhle, r Retin alblatt. au Sehven- trikel, p Pigmentblatt. Es ist dies jenes klassische Stadium, an welchem Huschke (1832) seine berühmte Entdeckung machte, indem er unter der Lupe am un- versehrten Embryo ein Haar durch die Oeffnung in das Lumen des Linsensäckchens einführte. Dieses Stadium findet sich bei Hühnerembryonen, wie sie zwischen Die Entwickelung des Auges. 193 den Figuren f und g (dies Handb., Bd. I, 2, p. 98) einzuordnen wären, deren größter Durchmesser von 5 zu 7 mm, deren Urwirbelzahl von 25 zu 32, und deren Bebrütungszeit gar von 48 zu 70 Stunden variiert. Nahezu im ganzen Verlauf des 3. Tages darf man also erwarten, ein Linsensäckchen mit offenem Porus anzutreffen. Schon Remak (1855, p. 34) hat angegeben, daß das Bläschen um die 70. Stunde in der Regel abgeschnürt, die Oeffimng verschwunden sei. Fig. 192 zeigt das Stadium an einem Schnitt, der, rechtwinklig zur Achse des Zwischenhirns geführt, Augenanlage und Oberkiefer- fortsatz in dorso-ventraler Richtung durchsetzt und den Linsenporus in seiner charakteristischen Lage zur Anschauung bringt, nicht in der Mitte der distalen Wand des Bläschens, sondern ventral verschoben. Die Grenze, wo distale und proximale Wand ineinander übergehen, ist noch nicht markiert, auch kann ich eine Dickendifferenz der beiden Wände, wie sie von einigen Autoren schon in diesem Stadium ge- funden wurde, an den mir vorliegenden Präparaten nicht bestätigen. Beides wird deutlich mit dem Eintritt des folgenden Stadiums, d. h. mit dem Abschluß der Eingangsöffnung des Säckchens. Fig. 193. Fig. 194. ep^ mes Fig. 193. Querschnitt der Augenanlage eines Hühnerembryo aus dem letzten Drittel des 3. Brüttages. Präp. von M. Heidenhain. Vergr. 100 : 1. I Lumen des Linsenbläschens, cu Augenbecherhöhle. r Retinalblatt. v Zwischenhirn. Fig. 194. Durchschnitt durch die Augenanlage eines Hühnerembryo vom Ende des 3. Brüttages. Präp. von M. Heidenhain. Vergr. 100 : 1. I Stelle, an der die Abschnürung des Linsenbläschens erfolgt ist. ep Epidermis, mes mesodermales Ge- webe, sp Spalte des Augen bechers. st Stiel des Augenbechers, v Ventrikel des Zwischenhirns. Handuch der Entwickelungrslehre. II. 2. 13 194 A. Froriep, Dies zeigt Fig. 193, ein dem vorigen entsprechend orientierter Durchschnitt der Augenanlage in dem Zustand, wo sich die Ränder des Linsenporus gerade vereinigt haben, in den vereinigten Epithel- lippen aber der kontinuierliche Zusammenhang des Linsenepithels mit dem Ektoderm eben noch erkennbar ist. Dieses Stadium findet sich bei Hühnerembryonen, deren Urwirbelzahl von 31 zu 34, und deren Bebrütungszeit von 62 zu 73 Stunden variiert, am häufigsten indessen ungefähr zwischen 65. und 70. Bebrütungsstunde bei Embryonen mit 33 Urwirbeln. Um dieselbe Entwickelungszeit leitet sich auch am Gehörbläschen die Abschnürung vom Ektoderm ein. Das Bild der Embryonen dieses Alters zeigt Fig. g (dies Handb., Bd. I, Abt. 2, p. 98). Ist der Schluß des Porus einmal in der in Fig. 193 wieder- gegebenen Weise eingetreten, so scheint die Ablösung des geschlossenen Linsenbläschens sich sehr rasch anzuschließen. Denn ziemlich häufig sind Embryonen angetroffen worden, bei denen der diesbezügliche Befund auf den beiden Körperseiten verschieden, auf der einen Seite das Bläschen isoliert, auf der anderen der Stiel noch erhalten war. Bemerkenswert ist dabei die zuerst von Kessler (1877, p. 8. 52) klar gewürdigte Thatsache, daß bei der Trennung eine gewisse Zahl von Zellen weder der Linse noch der Epidermis einverleibt wird, sondern unbenutzt zwischen beiden liegen bleibt (siehe Fig. 194). Das Linsenbläschen gewinnt bei der Abschnürung in der Regel rascher eine scharfe Kontur, während an der Basalfläche des Ektoderms längere Zeit eine Spur bleibt. Die zwischen beiden unbenutzt liegen bleibenden Zellen des Stieles zeigen alsbald Kennzeichen der Degeneration und gehen später spurlos zu Grunde. Mit der Abschnürung des Linsenbläschens beginnt nun die Peri- ode der eigentlichen Linsenbildung, d.h. der Entstehung der Masse der Linsenfasern aus der proximalen Wand des Bläschens durch ganz ähnliche Vorgänge, wie sie oben für Lacerta beschrieben wurden. Das erste ist, daß die beiden Hälften der Bläschenwand ungleich dick werden. In Fig. 192 ist die Wanddicke noch überall ungefähr 0,04 mm, sofort nach dem Abschluß dagegen, in Fig. 193, mißt die proximale Wand ungefähr 0,055 mm, während die distale unverändert geblieben ist, und es wird ein Umbiegungsrand, ein primitiver Aequator, er- kennbar, an welchem die dickere proximale gegen die dünnere distale Wand sich absetzt. In Fig. 194 ist die proximale Wand wiederum dicker geworden, doch hat sie ihre konkave Oberfläche gegen das Lumen vorläufig noch bewahrt, so daß dies letztere noch seinen gleichmäßig ovalen Quer- schnitt darbietet. Nun erst (Fig. 195) beginnt in der proximalen Wand jene Streckung der Epithelzellen1), das sog. Auswachsen derselben zu Linsenfasern und damit die polsterartige Vorwölbung der proximalen Wand, durch die das Lumen mehr und mehr einen nach vorn (distalwärts) konvexen, mondsichelförmigen Querschnitt erhält. Dabei bewahrt die distale Wand anfangs noch ihre Dicke, später geht diese auch absolut zurück. 1) Von mehreren Autoren ist die polsterartige Verdickung der proximalen Wand schon früher, einige Male bereits bei noch offener Linsengrube angetroffen worden. Ich halte diesen Befund jedoch für eine Abweichung von der Regel. Die Entwickehmg des Auges. 195 . Dieser Vorgang nimmt mehrere Bebrütungstage in Anspruch, beim Hühnchen die ganze Dauer des 4. und 5. und in der Regel wohl auch noch den größten Teil des 6. Tages, und endet damit, daß die proxi- male, nunmehr die Linsenfaserwand sich an die distale, die Linsenepithelwand innig anlegt, zuerst in der Mitte, dann fort- schreitend auch nach der Peripherie zu , und daß das Lumen der Linsenblase dadurch nach und nach ganz verschwindet. Dabei geht neben der Umgestaltung ein kräftiges Wachstum der Linse einher, welches mehrfach das Erstaunen der Beobachter erregt hat wegen der Abwesenheit ernährenden Gewebes in der Nachbarschaft. Fig. 195 zeigt die Linse zu Anfang der betreffenden Periode, von Fig. 195. Fig. 196. 1 I |v ep mes p r Fig. 195. Durchschnitt durch die Augenanlage eines Hühnerembryo aus dem Anfang des 4. Brüttages. Präp. von M. Heidenhain. Vergr. 100:1. V distale Wand. I" proximale Wand der Linsenblase, sp-lp Lippe der Augenbecherspalte. st Stiel des Augenbechers, v Wand des Zwischenhirns. Fig. 196. Durchschnitt der Linsengegend eines Hühnerembryo aus der zweiten Hälfte des 5. Brüttages. Präp. von M. Heidenhain. Vergr. 100 : 1. Die Linse ist aus ihrer natürlichen Lage proximalwärts gerückt, eh Ektoderm. c Mesoderm der Cornea, ir Iris, ep Epidermis, mes Bindegewebe der Bulbuswand. p Pigment- blatt, r Retinalblatt des Augenbechers. 13* 196 A. Froriep, einem Embryo mit ungefähr 40 Urwirbeln aus dem Anfang des 4. Tages, der zwischen die Abbildungen h und i (dies Handb., Bd. I, Abt. 2, p. 98) einzuordnen sein würde; die Linse mißt in der Aequatorialebene 0,21 mm, in der Achse 0,12 mm, die Dicke der Linsenfaserwand be- trägt hier 0,08 mm, die der Epithelwand 0,03 mm, der Durchmesser des Lumens noch ungefähr 0,01 mm. Dagegen zeigt Fig. 196 bei gleicher Vergrößerung eine Linse aus der zweiten Hälfte [des 5. Tages, von einem Embryo, wie ihn Fig. 1 (Bd. I, Abt. 2, p. 98) wiedergiebt; hier beträgt der Aequatorialdurch- messer 0,57 mm, die Achse 0,29 mm, das Dicken Verhältnis aber der Linsenfaserwand mit 0,272 mm zu der Epithelwand mit 0,018 mm ist wie 15 : 1. Vollständig scheint übrigens das Lumen der Linsenblase zunächst noch nicht zu verschwinden, sondern in der Peripherie bleibt ein kleiner, sehr variabler Rest bis in den 10. Bebrütungstag oder wohl auch noch länger erhalten, wobei allerdings zu bemerken, daß die Frage vorläufig unerledigt ist, inwieweit hier ein Zustand des lebenden Organs zur Be- obachtung kommt, oder etwa Quellungs-, bezw. Schrumpfungsdifferenzen der beiden Wände bei der Fixierung formverändernd auf die Präparate gewirkt haben.. Es kommt hier noch weiter in Betracht, daß wie bei den meisten Reptilien, so auch bei allen Vögeln im peripherischen Teil der Linsen- epithelwand der Randwulst oder Ringwulst („Radiärfasern" der altern Autoren) sich entwickelt. Nach Rabl ist der Beginn dieses Vorganges auf den 8. bis 9., bei der Ente, entsprechend ihrem im allgemeinen langsameren Entwickelungstempo auf den 10. bis 12. Bebrütungstag zu verlegen. Maße der Linse in Millimetern. Alter des Embryo Aequatorialer Durchmesser Achse am vorderen Pol Dicke des Eithels in der Mitte des Ringwulstes an der Epithelgrenze 8 Tage 9V4 „ 13% „ 211/. „ 1,32 1,45 1,92 2,55 0,70 0,82 1,15 1,70 0,012 0,008 0,008 0,007 0,064 0,076 0,086 0,176 0,050 0,047 0,042 0,055 Aus der obenstehenden Tabelle der von Rabl zusammengestellten Maße ergiebt sich, neben der allmählichen Abnahme des Linsenepithels am vorderen Pol, auch der Gang der Ringwulstentwickelung an der vom 8. Tage ab rasch anwachsenden Verdickung des Epithels an der be- treffenden Stelle. Die Schwankungen der Epitheldicke hinter dem Ring- wulst an der Grenze des Epithels gegen die Linsenfasern haben keine Bedeutung, diese Maße sind nur hinzugefügt, um die hintere Begrenzung des Wulstes anzudeuten. Auch im Ringwulst verlängern sich die Epithelzellen zu so schlanken Fasern, daß die dicht gedrängten Kerne nicht mehr in einer Höhe neben- einander Platz finden; sie liegen im allgemeinen der basalen (äußeren) Seite näher als der Lumenseite. Und diese Ringwulstfasern lassen, ebenfalls wie die Linsenfasern, auch eine polare Differenzierung erkennen, jedoch umgekehrt wie jene, sie färben sich nämlich, wie Rabl hervor- hebt, in ihrem basalen Teile intensiver, die Linsenfasern dagegen in ihrem, dem Lumen zugekehrten, freien Teile. Die Entwickelung des Auges. 197 Es erübrigt nun noch , das Endergebnis der Linsenfaserbildung ins Auge zu fassen, wie es im Bau des ausgebildeten Organs zum Ausdruck kommt. Rabl's Untersuchungen haben hier bekanntlich zwei verschieden an- geordnete Bestandteile aufgedeckt : die Centralfasermasse und die Masse der Radiärlamellen, zwischen beiden eine mehr oder weniger dünne Ueber- gangszone. Die Centralfasermasse in der Linse des ausgewachsenen Huhnes hat im ganzen eine kugelige oder in die Linsenachse orientierte ellipsoidische Torrn und besteht aus unregelmäßig gestalteteten, stellen- weise spindelförmig aufgetriebenen, verhältnismäßig dicken Fasern von rundlichem oder polygonalem Querschnitt wechselnder Größe ; die Zell- kerne sind verschwunden x) ohne färbbare Reste zurückgelassen zu haben, doch findet sich ungefähr in der Mitte der Fasern häufig ein heller Raum von ovaler Begrenzung, der als Spur des verschwundenen Kernes gedeutet werden darf. Nach außen schließt sich an diese Centralfasermasse ohne scharfe Grenze die Uebergangszone an: die im Centralgebiet völlig regellos nebeneinander liegenden Fasern ordnen sich da und dort zu radiär stehenden Reihen, die zunächst ziemlich unregelmäßig, schräg gestellt, ver- bogen, unterbrochen oder geteilt erscheinen, aber doch erkennbar sind, besonders auch daran, daß die sie zusammensetzenden Fasern mehr oder weniger deutlich den Querschnitt sechsseitiger Prismen darbieten, der je weiter nach außen desto deutlicher zum Ausdruck kommt. Wiederum ohne scharfe Grenze geht diese Uebergangszone über in die vollkommen regelmäßig angeordnete Region der von Rabl sog. Radiärlamellen, d. h. dünner Blätter, deren jedes aus einer einzigen Reihe genau auf- einander gepaßter, mit ihren breiten Flächen sich berührender Linsen- fasern besteht und als genau orientierter Kugelausschnitt mit äußerst spitzem Mittelpunktswinkel von der Tiefe der Uebergangszone bis zur Oberfläche der Linsensubstanz an der Linsenkapsel reicht. Aus diesen Radiärlamellen also ist weitaus die Hauptmasse der ausgewachsenen Linse aufgebaut. Von dem Aequatorialdurchmesser von 5,69 mm, den Rabl an der Linse des Huhnes gemessen hat, entfällt nur 1,0 mm auf Central- und Uebergangsmasse ; diesen winzigen Kern umgiebt die radiär- blätterige Hauptmasse in einer Lage von 2,345 mm. Ueberblicken wir nun von diesem Standpunkt der Kenntnis des fertigen Organs aus noch einmal die Entwickelung der Linse an der Hand der hier folgenden Zusammenstellung einer Reihe von Rabl mitgeteilter Maße aus verschiedenen Stadien, so ergiebt sich folgendes. Aequatoriale Durchmesser in Millimetern. Alter des Embryo Linse Centralfasern Uebergangszone Radiärlamellen 6 Tage 0,83 7 Tage 1,00 (Epithel ordnet sich zu meridio- — — — naleu Reihen) 8 Tage 1,32 0,80 0,10 0,12 ausschlüpfend 2,55 0,80 — 0,60 erwachsen 5,69 0,80 0,10 2,345 1) Am 10. Tage, also ungefähr um die Mitte der Bebrütungsdauer haben noch alle Linsenfasern Kerne; in der Linse des ausschlüpfenden Huhnchens haben die Centralfasern ihre Kerne bereits verloren (Rabl). 198 A. Froriep, 1) Die Centralfasermasse ist das Produkt der pri- mären Linsenfaserbildung während der Dauer des 4., 5. und 6. Bebrütungstages, denn zu Ende des 6. Tages besitzt die ganze Faserwand der Linse den gleichen Durchmesser wie die Centralfasermasse der ausgewachsenen Linse. 2) Während des 7. Tages ordnen sich die Zellen an der Grenze des Epithels zu meridionalen Reihen, so daß nunmehr die am Ende jeder Reihe zu Fasern auswachsenden Zellen sich zu radiären Blättern übereinander lagern müssen ; während des 7. Tages also entsteht die U eber gangszone. 3) Zu Ende des 8. Tages ist bereits eine 0,12 mm mächtige Lage von Radiärlamellen vorhanden; die Bildung der radiär geord- neten Hauptmasse der Linsen fasern beginnt demnach mit dem 8. Bebrütungstage und dauert unverändert fort bis zur Erreichung des ausgewachsenen Zustandes der Linse. Die Centralfasermasse sowohl wie die Uebergangszone besitzen zu Ende des 8. Bebrütungstages ihre definitive Mächtigkeit; die Veränderungen, die sich in diesen Teilen später noch vollziehen, haben die Bedeutung degenerativer Vorgänge. Anamnier. Wenn wir mit der geschilderten, verhältnismäßig einfach und klar sich vollziehenden Linsenbildung bei Sauropsiden die entsprechenden Vorgänge bei den anderen Wirbeltierklassen vergleichen, so treten uns, zunächst bei den Anamniern, Abweichungen entgegen, welche den Sinn zu haben scheinen, daß die Oeffnung des Linsensäckchens schon bei seiner Bildung abgeschlossen und somit, bei der freilebigen Ent- wickelungsweise dieser Formen (bezw. ihrer Vorfahren), das etwaige Eindringen von Schädlichkeiten durch diese Oeffnung verhindert werde. Die hierauf abzielende Modifikation ist eine verschiedene einerseits bei Selachiern, andererseits bei Teleosteern, Ganoiden und Am- phibien. Wir wollen zunächst die Entwickelungsvorgänge objektiv schildern und erst im Verlauf der Schilderung Vergleiche zwischen den verschiedenen Klassen ziehen. Selachier. Das erste Auftreten der Linsenplatte bei Torpedo- Embryonen des Stadiums J (nach Balfour und Ziegler) als eine Verdickung des Ektoderms über der Mitte der Augenblase haben wir bereits oben, p. 171, am Schluß des Abschnittes über die Augenblase beschrieben und in Fig. 177 abgebildet. Ganz übereinstimmend zeigt sich nach Rabl's eingehenden Be- obachtungen (1898) der Beginn der Linsenbildung bei Pristiurus ebenfalls bei Embryonen von etwas über 40 Urwirbeln mit tiefen, aber noch weit offenen Gehörgruben. Das Ektoderm ist hier zunächst auch in der Linsenplatte wie in der Umgebung ein einfaches Cylinderepithel, so daß die Verdickung lediglich durch Erhöhung der Zellen bedingt ist. Auch für Torpedo trifft dies durchaus zu, was in Fig. 197, besonders links, deutlicher zu erkennen ist als in Fig. 177. Mit der weitergehenden Verdickung wird dies nun aber anders, das Epithel der Linsenplatte wird mehrschichtig, und damit setzt die Die Entwickelung des Auges. 199 erwähnte Differenz bereits ein, gegenüber den Sauropsiden, wo wir von Anfang an und durch den ganzen Verlauf der Entwickelung das Epithel der Linsengrube als ein einfaches gefunden haben. Daß es bei Pristiurus mehrschichtig wird, macht sich am deutlichsten daran bemerkbar, daß die Kernteilungsfiguren nicht nur in der Oberflächen- zone, wie es für einfaches Epithel kennzeichnend ist, sondern in allen Höhenlagen verstreut liegen (vergl. Fig. 198). Fig. 197. Fig. 198. Fig. 197. Querschnitt durch den Vorderkopf eines Embryo von Torpedo mar- morata mit 48 Urwirbeln, Körperlänge 7,5 mm. Präp. von A. Froreep. Vergr. 100 : 1. Der Schnitt geht mitten durch die Augenanlage, die Schnittebene ist parallel der in Fig. 176 mit 175 bezeichneten Linie, au Augenblase, car Ast der Carotis. i Infundibularregion. I Linsenplatte, v Vorderhirn. Fig. 198. Durchschnitt durch den Vorderkopf eines Embryo von Torpedo marmorata mit 58 Urwirbeln, Körperlänge 7,0 mm. Präp. von A. Froriep. Vergr. 100 : 1. Lage des Schnittes entspricht der Linie 177 in Fig. 176. au Augenblase. I Linsenplatte mit flacher Grube, v Zwischenhirn. Der Einziehung der Augenblasenwandung folgend, senkt sich die Linsenverdickung des Ektoderms ein, ohne zunächst noch eine Ver- tiefung an der Oberfläche merken zu lassen (Fig. 197). Bei Pristiurus- embryonen mit 52 Urwirbeln aber konnte Rabl das erste Auftreten einer solchen Grube feststellen an dem Objekt, welches der No. 1 in Fig. 199 zu Grunde liegt; die lebhafte Wucherung des Epithels ist aus den fünf im Schnitt getroffenen Mitosen ersichtlich. Und diese lebhafte Wucherung des Epithels in seiner ganzen Dicke (Fig. 199, No. 2) dürfte es ohne Zweifel sein, welche eine blasen- förmige Einstülpung des Ektoderms, wie wir sie bei Sauropsiden sahen, verhindert. Daß die Tendenz zu einer derartigen Einsenkung vor- handen ist, scheint deutlich hervorzugehen aus Fig. 198, sowie ganz 200 A. Froriep, besonders aus der spitz-trichterförmigen Grube in Fig. 199, No. 3. Hier ist in der peripherischen Schicht eine Lage cylin drischer Zellen erkennbar, die sich am Hals der kugeligen Masse an das einfache Epithel der Umgebung anschließt und sich in dem betreffenden Prä- parat auch durch 3 ihr angehörige Mitosen als eine selbständige, ein- fache Epithellage charakterisiert, und es macht durchaus den Eindruck, als ob die Höhlung der hierdurch angedeuteten Linsenblase durch ein Zellenkonglomerat ausgefüllt wäre, welches sich von den Rändern der Einstülpung her in den Hohlraum ergossen hätte. Zunächst hätte sich diese Zellenmasse mit jenem Cylinderepithel der peripherischen Lage innig verbunden. Während nun aber die Abschnürung erfolgt (Fig. 199, No. 4), wird ein ganz kleiner Spalt bemerkbar, der gerade über 2 Mitosen der peripherischen Lage entsteht, und es bildet sich (Fig.-Erklärung siehe nebenstehend.) durch ein Fortschreiten dieser Dehiscenz in der abgeschnürten Zellen- masse ein Spaltraum aus, welcher die peripherische Cylinderzellenlage im Laufe der den Abbildungen No. 5 und 6 zu Grunde liegenden Stadien in großer Ausdehnung von dem centralen Zellenkonglomerat sauber abtrennt. Dieser Spaltraum hat zunächst (No. 5 und 6) die Form einer distalwärts konkaven, das Zellenkonglomerat umfassenden, halben Kugelschale. Wenn dann, was zwischen den Stadien No. 6 und 7 beginnt, unter fortschreitender allgemeiner Vergrößerung der Anlage die proximale Wand sich verdickt und polsterförmig in das Lumen Die Entwickeiung des Auges. 201 vorwölbt, so wird dadurch die Gestalt dieses letzteren entsprechend verändert. Und da nun während derselben Zeit die Zellen des Kon- glomerates sich in die Cylinderzellenreihe der distalen Hälfte allmählich einordnen (Fig. 199, No. 7 und 8, sowie Fig. 200), so kommt als Endergebnis des ganzen seltsamen Entwickelungsprozesses eine Linsen- blase zu stände, wie sie in Fig. 199, No. 9 und 10, und in Fig. 201 vorliegt, die sich von der Linsenanlage entsprechender Stadien bei Sauropsiden, insbesondere beim Huhn (Fig. 196) prinzipiell gar nicht unterscheidet. Beide Wände derselben bestehen aus einfachem Cylinderepithel. Die distale Wand befindet sich in lebhaftem Wachstum, was aus der großen Zahl der Mitosen zu schließen, welche durchweg, wie es dem einfachen Epithel eigentümlich, der Lumenoberfläche genähert liegen. 8 9 10 Fig. 199. Linsenent Wickelung von Pristiurus melanostomus. Nach Rabl. Vergr. 145:1. Entwickelungsgrad der Embryonen: No. 1 52 Urwirbel; No. 2 55 Urwirbel; No. 8 63 Urwirbel; No. 4 64 Urwirbel; No. 5 68 Urwirbel; No. 6 74 Urwirbel; No. 7 87 Urwirbel; No. 8 95 Urwirbel, Körperlänge |14 bis 15 mm; No. 9 Körperlänge 17 mm; No. 10 Körperlänge 19 mm. Die Grenze des Epithels der distalen Wand gegen die proximale oder Linsenfaser- Wand verschiebt sich nach und nach vom Aequator mehr proximalwärts, so daß die Appositionszone der Linsenfaserwand sich dem hinteren Pol nähert und die an der Epithelgrenze zu Linsen- fasern auswachsenden Zellen die Möglichkeit gewinnen, mit ihren basalen Enden die früher gebildeten Fasern zu umgreifen und an der proximalen Fläche der Linse vod oben und von unten her in einer horizontalen Nahtlinie einander zu begegnen. So kommt hier früh- zeitig eine konzentrische Ueberei n and erlag er ung der Zellen, sowie eine tief einsetzende horizontale Nahtspalte zu stände, welch letzterer gegenüber dann später auf der vorderen Fläche eine vertikale Naht sich ausbildet. Schon bei der Linse des Embryo von 17 mm (Fig. 199, No. 9), noch deutlicher bei dem von 19 mm (No. 10) sind zweierlei Fasern 202 A. Froriep, zu unterscheiden, centrale mit großen, kugeligen, schwächer tingier- baren Kernen, und peripherische, welche erst kürzlich zu Fasern ausgewachsen sind, mit langgestreckten Kernen, die sich dunkler färben. Die Fasern der letzteren Art gehen ohne scharfe Grenze allmählich in solche der ersteren über; die dabei sich abspielenden Veränderungen der Kerne stellen den Beginn von Degenerationsvor- gängen dar. Fig. 200. Fig. 201. V Fig. 200. Durchschnitt durch den Vorderkopf eines Embryo von Torpedo marmorata mit 67 Urwirbeln, Körperlänge 10,3 mm. Präp. von A. Froriep. Vergr. 100 : 1. au Augenblase. I Lumen der Linsenblase, p Pigmentblatt. >- Retinalblatt. v Zwischenhirn. Fig. 201. Durchschnitt der Augeuanlage eines Embryo von Torpedo marmorata mit 71 Urwirbeln, Körperlänge 14,5 mm. Präp. von A. Froriep. Vergr. 100:1. au Sehventrikel. p Pigmentblatt, r Retinalblatt. In der gleichen Art geht das Wachstum noch längere Zeit weiter, ohne daß vorläufig die Bildung radiär geordneter Faserreihen Platz griffe. Erst bei einer Körperlänge gegen 40 mm tritt dies ein und bedingt die S o n d er uu g der vor diesem Zeitpunkt bereits entstandenen, unregelmäßig angeordneten Masse der Central- und Uebergangs- fasern, von den im weiteren Wachstum sich zu radiären La- mellen an ein anderlegenden Fasern, welche auch bei den Selachiern gerade so wie bei den Sauropsiden die Hauptmasse der Linse aufbauen. Teleosteer und Ganoiden. Wie wir schon erwähnten, zeigt sich die für die Anamnier cha- rakteristische Besonderheit in der ersten Entwicklung der Linse, die Vorrichtung nämlich, daß das Linsensäckchen keinen offenen Zugang von außen erhält, bei Knochenfischen, Ganoiden und Amphibien anders Die Elitwickelung des Auges. 203 verwirklicht, als wir es oben von einem Vertreter der Selachier ge- nauer beschrieben haben. Während dort durch einen besonderen Wachstumsvorgang die Linsen grübe mit einer Zellenmasse ausgefüllt ganz hervorgebracht wird. und so zu einem soliden Körper umgewandelt wird, der erst nach der Abschnürung sein Lumen wiedererhält, finden wir bei den nun zu be- sprechenden Klassen die oberflächliche einfache Zellenlage des Ekto- clerms zu einer „Deckschicht" differenziert, welche, wie den ganzen embryonalen Körper, so auch die Linsengrube überzieht. Unter dieser schützenden Hülle vollziehen sich in der „Grundschicht'1 form- gestaltende Wachstums Vorgänge, durch die in ganz ähnlicher Weise wie bei den übrigen Klassen auch hier die Linse Für Teleosteer ist die Linsen- bildung zuerst von Schenk (1867, p. 482—484) richtig geschildert worden, nachdem C. Vogt (1842, p. 77) und Rem ak (1855, p. 91, Anm.) irrtümlicherweise von einer genauen Uebereinstimmung des Vorganges bei Fischen und Vögeln berichtet hatten. Die ScHENK'sche Darstellung, die sich auf die Forelle bezieht, Fig. 202. Querschnitt durch, den Vorderkopf eines 8-tägigen Embryo von Lepidosteus osseus. Nach Balfour u. Parker (1882). Vergr. ungef. 100 : 1. au Augenblase, d Deckschicht, g Grund- schicht des Ektoderras. I Linsenplatte. st Stiel der Augen blase, v Vorderhirn. en Kiemendarm. wurde von Oellacher (A. L. III4, 1873, p. 81) kurz bestätigt und durch C. K. Hoffmann (A. L. IIP, 1884, p. 82) weiter ausgeführt; auch Henneguy (A. L. IIP, 1888, p. 547) schließt sich den Angaben der Vorgänger durchaus an. Die Entstehung des Linsenbläschens vollzieht sich bei Forelle n - embryonen in derjenigen Entwickelungsperiode, welche in diesem Handb., Bd. I, Abt. 2, p. 34, Fig. 10 durch die Figg. i, k, 1 vorgeführt wird, d. h. bei Embryonen, deren Urwirbelzahl ungefähr von 18 auf 33 steigt. Sie beginnt mit einer ziemlich breiten, jedoch wenig hohen, soliden Verdickung der Grundschicht des Ektoderms, an welcher die Deck- schicht keinen Anteil nimmt und die der distalen, entsprechend ein- gezogenen Wand der Augenblase unmittelbar anliegt (Hoffmann 1884, Taf. IV, Fig. 21). In gleichem Maße, wie diese Einziehung der Augen- blase sich vertieft, verdickt sich die anliegende Grundschicht immer mehr und löst sich in der Mitte der Verdickung von der Deckschicht los. So entsteht ein mit Flüssigkeit gefüllter Spaltraum zwischen Deck- und Grundschicht (Schenk 1867, Taf. I, Fig. 2). Diese Deck- schicht läuft glatt über die Anlage weg. Die Grundschicht dagegen senkt sich zur Bildung eines blinddarmförmigen Säckchens ein, welches nach Gestalt und Beziehungen sich dem Linsensäckchen der Sau- ropsiden sehr ähnlich verhält (Hoffmann 1884, Taf. VI, Fig. 8), mit dem einzigen Unterschied, daß seine Zugangsöffnung von der Deck- 204 A. Froriep, schiebt wie von einer dünnen Verschlußmembran überzogen bleibt. Ans dem Umstände, daß dieses transparente Häutchen von C. Vogt und von Remak, entsprechend den ihnen zur Verfügung stehenden, beschränkteren Hilfsmitteln, nicht gesehen worden ist, erklärt es sich, daß diese hervorragenden Beobachter die Linsenbildung' bei Fisch- embryonen als identisch mit der beim Hühnchen geschildert haben. Die weitere Entwickelung der Forellenlinse geht dann im wesent- lichen nach bekannter Art von statten, nur daß eben hier die Grund- schicht sich verhält so wie bei den Sauropsiden das gesamte Ekto- derm, d. h. daß sich die von der Grundschicht gebildete Linsengrube durch Vereinigung ihrer Ränder unter der Deckschicht zur Linsenblase schließt und dabei sich von dem Rest der Grundschicht abschnürt in der Weise, daß letzterer wieder samt der Deckschicht ununterbrochen über die Anlage hinwegzieht (Schenk 1867, Taf. I, Fig. 3). Wie bei den anderen Klassen verhalten sich im ferneren Verlauf der Ent- wickelung die beiden Wände der Linsenblase verschieden; die distale wird zu einer einfachen Lage kubischer Zellen, dem Linsenepithel, die proximale verdickt sich zunächst zu einer rundlichen Masse poly- edrischer Zellen, über welche sofort vom Rande her weitere, allmäh- lich gestrecktere Formen annehmende Zellen sich überlagern zur Bildung einer cen tralen Zellen- und Fasermasse (Schenk 1867, Fig. 4). Diese füllt das frühere Lumen der Linsenblase ganz aus, und es beginnt nun sofort das appositionelle Wachstum der Linse von der Epithelgrenze her, indem immer neue Generationen von Epithelzellen zu Fasern aus wachsen und sich der centralen Masse konzentrisch auflagern (Schenk 1867, Fig. 5). Die Epithelgrenze rückt währenddessen mehr und mehr proximalwärts und liegt bald dem hinteren (d. h. proximalen) Linsenpol sehr nahe. Etwas abweichend von der gegebenen Darstellung der Entwicke- lung bei Forellenembryonen schien bereits nach den kurzen Angaben von v. Mihalkovics (1875, p. 386) die beim Lachs (Salmo salar) zu sein; Nussbaum (1900, p. 26) schildert für die letztere Form den Vorgang ausführlicher, und zwar ähnlich, wie er oben für Pristiurus beschrieben wurde, folgendermaßen. Die vom 18. Tage ab sich bildende Verdickung der Grundschicht, über welche die Deckschicht während des ganzen Verlaufes der Ver- änderungen glatt hinzieht, krümmt sich hier, ganz wie bei Forellen- embryonen, als ein der eingestülpten Augenblase anliegender Wulst nach innen zu. In die Mitte aber, d. h. in den Raum, der bei Fo- rellenembryonen das Lumen der Linsengrube darstellt, rücken hier bei Lachsembryonen Zellen ein, die von den Rändern des Wulstes hinabgleiten. „Dadurch wird der Anschein einer soliden Linsenanlage erzeugt." Achtet man aber auf die Lage der Mitosen, so umgeben diese in einem großen Halbkreise den centralen Zellpfropf, der am 20. Tage durch einen feinen Spalt von der proliferierenden periphe- rischen Zellenlage getrennt wird. Die Aehnlichkeit dieses Vorganges mit dem oben geschilderten Bildungsmodus des Linsenbläschens bei Haifischembryonen ist sehr bemerkenswert. Am 22. oder 23. Tage fand Nussbaum (1900, p. 26) die Linse abgeschnürt. Die Abschnürung begann am rostralen Ende; am kaudal-ventralen Rande vollzog sich die Ablösung zuletzt. Ist sie vollendet, so trennt sich der eingeschlossene Zellpfropf auch von der Die Entwickelung des Auges. 205 distalen peripherischen Zellschicht und liegt nun frei im Lumen der Linsenblase. Die Zellen der proximalen Wand wachsen in der für Forellenembryonen oben beschriebenen Weise und bilden eine kon- zentrisch geschichtete kugelige Masse, die sich mehr und mehr in das Lumen vorwölbt. Der Zellpfropf liegt nun abgeplattet in dem menis- koidalen Spaltraum zwischen der distalen Wand, die zum Linsenepithel wird, und der proximalen, welche die Linsenfaserwand bildet, und wird allmählich resorbiert. Seine Degeneration beginnt am 22. Tage der Entwickelung, d. h. alsbald nach der Abschnürung des Linsen- bläschens, und schon um den 30. Tag ist er völlig verschwunden. Am 35. Tage ist die Verdickung der Linsenfaserwand so weit gediehen, daß diese sich an die distale Wand anlegt; das Lumen der Linsen- Fig. 203. Fig. 204. Fig. 203. Querschnitt durch den Kopf eines Embryo von Lepidosteus osseus von 8 mm Körperlänge. Präp. von Fe. W. Müller. Vergr. 100:1. Fig. 204. Querschnitt durch die Augenanlage eines Embryo von Lepidosteus osseus von 10,9 mm Körperlänge. Präp. von Fr. W. Müller. Vergr. 100 : 1. blase ist dadurch verschwunden, und das weitere Wachstum der Linse geht in der beschriebenen Weise vor sich. Im wesentlichen übereinstimmend mit diesen Vorgängen bei Teleosteern erscheinen die von Granoiden vorliegenden Befunde, die sich allerdings fast ausschließlich auf die kurzen Bemerkungen von Balfour und Parker (A. L. III5, 1882, p. 370) beschränken. Fig. 202 giebt die Linsenplatte im Durchschnitt wieder von einem 8-tägigen Lepidosteusembryo (dieses Handb., Bd. I, Abt. 2, p. 28, 206 A. Froriep, Fig. 8e) und zeigt, daß dieselbe durch eine solide Verdickung der Grundschicht des Ektoderms gebildet wird, die Deckschicht dagegen als unbeteiligte Zellenlage gleichmäßig darüber hinwegzieht. Ueber die sich anschließenden Vorgänge der Einstülpung und Abschnürung des Linsenbläschens besitzen wir zur Zeit keine ein- gehenderen Beobachtungen. Spätere Stadien der Linsenbildung sind in Figg. 203 u. 204 abgebildet. Dieselben zeigen, daß die Epithelgrenze der Linsenanlage bei Lepidosteus frühzeitig bis nahe an den proximalen Pol rückt und die Linsenfasern dementsprechend von einer tief ein- greifenden proximalen Nahtlinie nus, halbkreisförmig gebogen, die relativ kleine, kugelige Centralmasse in konzentrischen Lagen um- geben. Hierin, sowie auch in dem zeitweisen Ueberwiegen der Länge der Linsenachse über den äquatorialen Durchmesser, d. h. in der zeit- weise eiförmigen Gestalt der Linse tritt eine gewisse Aehnlichkeit mit dem Typus der Linsenentwickelung bei den Amphibien hervor, zu deren Besprechung wir uns nun wenden. Amphibien. Hier stehen uns die ausgezeichneten Untersuchungen von C. Rarl (1898, p. 527) zur Seite, und diesen wollen wir in der Darstellung folgen ; sie gründen sich in erster Linie auf die Entwickelung von Siredon pisciformis, die in der Abbildungsreihe der Fig. 205 und 206 dargestellt ist. Der jüngste Axolotlembryo , bei dem Rarl eine Linsenanlage deutlich erkennen konnte (Fig. 205, No. 1), hatte ungefähr 24 Ur- wirbel (Embryonen der gleichen Entwickelungshöhe von Triton taeniatus besitzen erst 16 Urwirbel und haben nach Inouye 1895, p. 16 eine Körperlänge von 3 mm) und war in Bezug auf die Ausbildung der anderen Sinnesorgane weiter als der jüngste Pristiurusembryo mit Linsenplatte (siehe oben p. 198), insbesondere war das Gehörbläschen schon vollkommen abgeschnürt. Die Linsenanlage stellt sich dar als eine Platte aus Cylinderzellen der „Grundschicht" (Sinnesschicht) des Ektoderms, über welche die „Deckschicht" als eine einfache Lage sehr flacher Zellen unbeteiligt und unverändert hinwegzieht. Die Deck- schicht enthält feinkörniges Pigment, während die Linsenplatte der Grundschicht von vornherein ganz frei davon ist. Sie ist noch nicht scharf abgegrenzt und nur oben merklich eingesenkt. Das meso- dermale Gewebe der Umgebung reicht zwischen Ektoderm und Augen- blase bereits bis an den Rand der Linsenplatte, nicht aber zwischen diese und die Augenblase. Einem um weniges älteren Embryo ist der Schnitt No. 2 ent- nommen: die Linsenplatte ist erheblich dicker, am unteren Rande deutlich abgegrenzt, eine Einsenkung immer noch kaum angedeutet; ihre Zellen sind sehr hoch, kegelförmig, dicht; die Kerne sind dem basalen Zellenende genähert. Die Deckschicht ist unverändert. In No. 3 zeigt sich ein merklicher Schritt vorwärts, indem hier die Linsenplatte der Grundschicht sich von der Deckschicht gelöst und zu einer engen kleinen Grube eingesenkt hat. Am Eingang der Grube ragt eine Zelle abwärts, aus deren Pigmentgehalt hervorgeht, daß sie der Deckschicht angehört und bei der Einstülpung der Grund- schicht nur mechanisch in die Grube hineingezogen wurde. No. 4 zeigt die Linsen grübe der Grundschicht eben im Begriff, sich vom Ektoderm abzutrennen. Am oberen Rand reicht die Grund- Die Entwickelung des Auges. 207 schiebt bereits selbständig über den Grubenrand und die Einstülpungs- öffnung hinweg, am unteren Rand dagegen hängt sie noch mit der Wand der Grube kontinuierlich zusammen. Die Grube umschließt eine kleine, im Schnitt birnförmige Höhle ohne zelligen Inhalt. No 5 ist einem Axolotlembryo von ungefähr 35 Urvvirbeln ent- nommen ; bei Triton taeniatus zeigen Embryonen von 22 Urwirbeln ungefähr die gleiche Entwickelungshöhe. Die Grube ist zu einem kugelförmigen Linsenbläschen geschlossen, dieses hat sich von seinem Mutterboden vollständig abgelöst, und letzterer, die Grundschicht des Ektoderms, hat sich über ihm geschlossen, ohne eine Trennungsspur zu bewahren. Die Höhle ist unregelmäßig gestaltet, aber ohne zelligen Inhalt. Der bisher feine Spalt zwischen Linse und Augenbecher hat sich erweitert, ist aber noch ganz frei von geformten Elementen. Das mesodermale Gewebe zeigt das Bestreben, sich zwischen Linse und Ektoderm einzudrängen. In No. 6 beginnt ein Unterschied zwischen proximaler und distaler Wand des Linsenbläschens bemerklich zu werden, indem die Zellen der proximalen Wand, besonders in ihren dem Lumen zugekehrten Teilen, verlängert erscheinen. In der Höhle finden sich bisweilen, wie auch in dem abgebildeten Präparat, freie Zellen, denen keine Be- deutung beizumessen sein dürfte; es ist unsicher, ob solche Zellen sich wieder in die Epithelwand einordnen oder zu Grunde gehen, doch ist der letztere Fall der wahrscheinlichere, auch nach dem ab- gebildeten Präparat, das dorsal neben den zwei wohlerhaltenen Kernen die Zerfallsprodukte (ein Chromatinkorn) eines weiteren Kernes zeigt. Zwischen Linse und Ektoderm liegt jetzt eine einfache Reihe mesodermaler Zellen, die erste Anlage der Cornea. Die nun folgenden Stadien, Fig. 206, demonstrieren die Bildung der Linsenfasern. No. 7 zeigt die erste Andeutung einer Vorwölbung der proximalen Wand in das Lumen des Bläschens, und zeigt auch, wodurch diese Vorwölbung bedingt ist, nämlich dadurch, daß das Linsenepithel der distalen Wand infolge seines lebhaften Flächenwachstums sich proximal- wärts über die verlängerten Zellen der proximalen Wand hinweg nach dem proximalen Linsenpole hin schiebt. Die Zellen der proximalen Wand werden dadurch von der äußeren Oberfläche ab und nach dem Lumen hin gedrängt, sie ordnen sich gleichzeitig anders, indem die peripherisch gelegenen sich krümmen und halbkreisförmig gebogen die mehr central gelegenen umfassen. No. 8 zeigt diesen Vorgang aufs deutlichste. Aus den Zellen der proximalen Wand hat sich durch unregelmäßig konzentrische Uebereinanderlagerung derselben eine kugelförmige Masse gebildet, welche, in das Lumen vorspringend, dieses zu einem meniskoidalen Spaltraum einengt. In No. 9 ist erkennbar, wie sich an diese erste Anlage der Linsenfasermasse das weitere Wachstum derselben unmittelbar an- schließt, indem die auf der Epithelgrenze gelegenen Zellen, eine nach der anderen, zu Fasern auswachsen und sich von hinten her an die kugelförmige Masse anlegen. Dabei stoßen sie natürlich mit ihren basalen Enden von oben und von unten her aneinander, und so ent- steht von dem Stadium No. 7 ab eine sog. Nahtlinie, an der proxi- malen Außenfläche der Linse horizontal verlaufend, welche durch eine jede neue Generation von Linsenfasern vertieft und so allmählich zu 208 A. Froriep, einem tief eingreifenden Schlitz oder, richtiger gesagt, einem Septum der Linsensubstanz ausgestaltet wird. Xo. 10 gibt ein älteres Stadium der Augenentwickelung wieder von einer 13 mm langen Larve, also einige Zeit nach dem Aus- schlüpfen. Die Linse ist beträchtlich gewachsen, die Formveränderung, die sie dabei erfahren, kennzeichnet den Prozeß des Wachstums: die Apposition der neuen Fasern von der Epithelgrenze her bedingt, da die letztere dem proximalen Pol sehr naheliegt, eine Vergrößerung 3 ■** «►'Hl» '4 Jt «ö*!«?* -' . c. *V # >•■• , V -V ""\ ;* I 4 5 6 Fig. 205. Entwickelung des Auges von Siredon pisciformis. Nach Rabl. Vergr. 145:1. No. 1 Embryo mit 24 Urwirbeln; No. 5 Embryo mit 35 Urwirbeln. der Linsenachse und gleichzeitig eine Verbreiterung des proximalen Teiles, d. h. die Linse hat Eiform angenommen, das stumpfe Ende des Eies nach innen (proximalwärts), das spitze nach außen gewendet, Ein Schnitt durch die Linse auf diesem Stadium (No. 10) erinnert, wie Rabl sehr richtig bemerkt, an das Längsschnittbild einer Gastrula, in welchem der Urmund und Urdarm durch die Naht der Linsen- fasern repräsentiert wäre. Dieser Vergleich illustriert in treffender Weise die prinzipielle Auffassung der Linsenbildung im allgemeinen als einer Einstülpung unter Verdickung des eingestülpten Teiles der Blase. Mit dem in No. 10 abgebildeten Entwickelungsstadiuin hat nun auch die typische Ausgestaltung der Linseuanlage zum definitiven Die Entwickelung des Auges. 2U9 Organ ihren Anfang genommen. Wie Rabl an tangentialen Schnitten nachweist, sind die Zellen an der Grenze des Epithels zu meridionalen Reihen geordnet; demnach müssen die aus diesen geordneten Zellen hervorgehenden Fasern sich von nun an zur Bildung radiärer La- mellen übereinander lagern. In einem Meridionalschnitt, wie ihn No. 10 abbildet, ist naturgemäß jederseits der Linsenachse eine einzige Radiärlamelle im Längsschnitt getroffen ; man sieht, daß die Kerne der Faserreihe, welche die betreffende Lamelle aufgebaut, sich dach- * •%•,*» y .*> «ä* Ki-SSSff ? .*» i ! #1 n Ute * ^,v * «ÄS«*" asa&^ •-.. 9 Fig. 206. Entwickelung des Auges Fig. 205. Nach Rabl. Vergr. 145 : 1. einige Zeit nach dem Ausschlüpfen. 10 von Siredon pisciformis. Fortsetzung zu No. 10 Larve von 13 mm Körperlänge, ziegeiförmig übereinander gelegt haben. Das basale, der Naht an- sitzende Ende der Fasern ist verdickt und von feinkörnigem Bau, das freie ist distalwärts sehr in die Länge gezogen, stark abgeplattet, von homogener Beschaffenheit und starkem Lichtbrechungsvermögen. Im Gegensatz zu den jugendlichen, der zu Radiärlamellen geordneten Fasern tralfasermasse auf dem Stadium der No. Chromatinverfalles und der Handbuch der Entwicklungslehre. II. 2. Degeneration. intensiv färbbaren Kernen zeigen die Kerne der Cen- 10 bereits Kennzeichen des 14 210 A. Froriep, Bei älteren Larven haben verloren, und die Degeneration Kerne der die Radiärlamellen greift Fig. 207. Sagittalschnitt durch das Auge einer eben ausgeschlüpften Larve von Triton cri Status. Präp. von A. Froriep. Vergr. 75: 1. die Centralfasern ihre Kerne ganz Schritt für Schritt auch auf die bildenden Fasern über. Aus den Be- obachtungen Rabl's geht als allgemeines Resultat hervor, daß die Kerne schwinden, sobald das Wachstum d er Fasern zum Abschluß gekom- men ist; und dies scheint in den späteren Perioden der Entwicklung dann der Fall zu sein, wenn die Fasern mit ihren Enden die Linsennähte erreicht haben. So erklärt es sich, daß in den Linsen ausgewachsener Tiere nur in einer verhält- nismäßig dünnen Rinden- schicht, die ungefähr Vio des Aequatorialdurchmessers messen mag, noch Kerne vorhanden sind, und daß an der centralwärts gelegenen Grenze dieser Kernzone (vgl. Rabl 1898, Taf. XXXI, Fig. 10) alle Phasen des Kernschwundes sich regelmäßig vorfinden. Bei den verschiedenen Ordnungen bezw. Familien und sogar Arten innerhalb der Klasse der Amphibien scheinen mancherlei Verschieden- heiten der Linsenbildung zu bestehen (vgl. Rabl 1898, p. 540), die- selben sind aber nicht bedeutsam genug, um hier eingehender geschildert zu werden. Schon Rbmak (A. L. III9, 1855, p. 150) hat die Linsenbildung beim Frosch richtig beobachtet als eine Einstülpung der tiefen, unpigmentierten Zellenschicht des äußeren Keimblattes, über welche die pigmentierte Außen- lage unbeteiligt hinwegzieht, und schreibt : „Die Entstehung der Linse (der Batrachier) unterscheidet sich demnach nur insofern von der bei den "Vögeln beobachteten, als die Oberhaut schon auf dieser frühen Ent- wickelungsstufe die Sonderung in 2 Zellenschichten zeigt, die bei anderen Wirbeltieren erst weit später hervortritt, und als nicht beide Schichten, sondern bloß die innere sich an der Bildung der Linsenblase beteiligt." Nachdem diese Angaben Remak's von Barkau (1866, p. 70) für den Frosch, von Kessler (1871, p. 10) für Triton und von Lieberkühn (1872, p. 358) für Alytes ausdrücklich bestätigt worden waren, gab Goette (1873, p. 401. A. L. III7, 1875, p. 327) für Bombinator an: „die Linse entwickelt sich als solide Wucherung der aktiven Schicht des oberen Keimblattes , welche erst nachträglich und ohne Vermittelung einer Einstülpung eine Höhle erhält." Kessler wies in seiner zweiten Publikation (1877, p. 13) gegenüber dieser Darstellung Goette's darauf hin, daß die so kleine Höhle des Linsensäckchens bei Amphibienembryonen sehr wohl sich scheinbar als gefüllt darstellen könne, entweder durch die Anwesenheit dotterblättchen- h altiger Gerinnsel oder durch „eine oder die andere der großen unge- fügigen Zellen , welche bei der Abschnürung aus dem Verbände der übrigen herausgedrängt und ausgeschieden werden", und hielt an der Möglichkeit fest, daß der für Triton (1871, p. 10) von ihm festgestellte Die Elitwickelung des Auges. 211 Typus der Linsenentwickelung durch Abschnürung eines hohlen Säckchens von der Grundschicht des Ektoderms auch für die Unke giltig sei. Ganz entsprechend formulierte auch Balfour (A. L. II, 1881, p. 445) seine Auffassung dahin, daß bei den Amphibien „die Linse als Hohl- körper durch eine Einstülpung entsteht, nur daß ihre Oeffnung durch die Epidermisschicht des Epithels dauernd von der Verbindung mit der Außenwelt abgeschlossen ist", und vermutete, daß Goette's abweichende Beschreibung auf einem Versehen beruhe. Die Abhandlung von Koränyi (1886, p. 235) untersucht in der Reihe der Wirbeltiere vor allem die Rolle der „passiven Schicht" oder Deckschicht des Ektoderms bei der Ausbildung der Linse und findet auch bei Triton- und Eroschembryonen Spuren einer solchen Schicht in Gestalt von Zellentrümmern in der Höhlung des Linsenbläschens. Auf das Irrtümliche dieser Auffassung hat Inouye (1895, p. 20) aufmerksam gemacht, dessen Befunde wir weiter unten besprechen werden. Ueber einen 4 mm langen Tritonembryo macht KorAnyi die nicht weiter be- gründete Angabe, daß „das verdickte Ektoderm der Linsengrube mehrere cylindrische Zellenreihen führe". Zu der in Rede stehenden Kontroverse in betreff der Linsenbildung bei Bombinator giebt KorInyi kein Urteil ab. Dagegen wird diese von Schöbel (1890, p. 12) eingehend erörtert und in gleichem Sinne wie von Kessler und Balfour entschieden. Seine Untersuchung betraf in erster Linie Hyla und Siredon, daneben aber auch Triton, Rana, Bufo und Bombinator, und sein Ergebnis ist, daß bei sämtlichen Amphibien „bis auf ganz unwesentliche Verschiedenheiten eine vollständige Uebereinstimmung in den Entwickelungsvorgängen herrscht". Auch bei Bombinatorembryonen fand er die Linsengrube, als Einsenkung der aus einer einfachen Lage von Cylinderzellen bestehenden Grundschicht des Ektoderms, mit einem relativ geräumigen Lumen ver- sehen; doch könne dieses nur in einem glücklich gerichteten Schnitte getroffen werden und entziehe sich daher leicht der Beobachtung. Weniger bestimmt entscheidet sich Inouye (1895) in der Frage. Zunächst (p. 16) schildert er an einer Reihe vortrefflicher Abbildungen den Vorgang der Bildung und Abschnürung des Linsenbläschens bei Tritonembryonen wesentlich so. wie ihn Rabl (1898) vom Axolotl beschreibt, und betont dabei für Amphibien als erster und im ausdrücklichen Gegen- satz zu Koränyi (1886), daß die Wand der Linsenanlage während des ganzen Prozesses aus einer einzigen Lage von Cylinderzelleu bestehe, welche nur an Höhe gewinnen. Auch bei Eroschembryonen fand er wie bei Triton das hohle Linsensäckchen der Grundschicht, überzogen von der Deckschicht , in Bestätigung der alten R.EsiAK'schen Schilderung. Anders dagegen bei Bufo cinereus. Hier tritt nach Inouye's Be- funden (p. 20) erst nach der völligen Abschnürung ein Hohlraum in der Linsenanlage auf. Die Linsenplatte der Grundschicht verdickt sich, und die Verdickung senkt sich in den Augenbecher ein, ganz ähnlich wie wir es bei Selachierembryonen oben verfolgt haben, und es ist sehr be- merkenswert, daß Inouye in dieser soliden Linsenanlage die gleiche An- ordnung der Zellen beschreibt und abbildet, wie sie Rabl (1898) für die sich einsenkende Selachierlinse nachgewiesen hat. Die tiefste Zellenlage der Linsenplatte nämlich, welche bei der Einsenkung zur peripherischen Schicht wird, bleibt als gleichmäßige einfache Epithelialschicht erhalten und geht am Rande der Verdickung kontinuierlich in die Grundschicht der Umgebung über; die von ihr gebildete Vertiefung dagegen, welche bei Tritonembryonen zum Hohlraum des Säckchens wird, ist ausgefüllt 212 A. Froriep, von regellos gelagerten Zellen. Bei der Abschnürung schließt sich die peripherische Epithelialschicht zur Bildung der Blasenwand, die regellosen Binnenzellen dagegen füllen zunächst den Blasenhohlraum als Zellen- pfropf aus, scheinen aber bald der Rückbildung anheimzufallen. Die von KorAxyi (1886) aufgestellte Ableitung derartiger Zellenpfropfe oder ihrer Trümmer von der Deckschicht des Ektoderms war hiernach, wie oben bereits bemerkt, eine irrtümliche. Solche Binnenzellen kommen übrigens, sowohl einzeln wie auch als Zellenhaufen, mannigfach vor, und zwar, wie Fig. 205, No. 6 zeigt, auch als individuelle Variation. Wir müssen daher Inouye (p. 21) völlig recht geben, wenn er über die Angabe Goette's in betreff einer soliden Linsen- anlage sein Urteil zurückhält und die Möglichkeit betont, daß die von Goette untersuchten Linsenanlagen in der That keine Lichtung besessen haben. Die Differenz ist ja auch in der That keine prinzipielle. Die Fälle sind zahlreich, daß ein Organ bei der einen Form direkt durch offene Einstülpung eines epithelialen Grenzblattes und dessen Abschnürung zum Hohlorgan, bei der anderen durch eine kompakte Tiefenwucherung sich bildet, in welcher die Lichtung erst später erkennbar wird. Der vorliegende Fall aber zeigt besonders deutlich , daß in beiden Modi- fikationen das morphogenetisch wirksame Moment das gleiche ist, nämlich die Wachstumsenergie der basalen Zellenschicht. Mammalia. Auch bei den Säugetieren geht die Bildung des Linsenbläschens nicht ganz so klar und einfach vor sich wie bei Sauropsiden, obgleich sie doch wie diese ihre Entwicklung innerhalb der Amnionhöhle durchmachen, also nicht, wie die Anamnier, einer Schutzdecke des Linsensäckchens bedürfen. In der That kommt auch ein eigentlicher Abschluß, wie ihn die Befunde bei Fischen und Amphibien zeigen, nirgends zu stände, und die bei verschiedenen Formen ein wenig ver- schieden sich darstellende Komplikation kann überall zwanglos als eine rudimentäre Bildung aufgefaßt werden. Nussbaum (1900, p. 28) unterscheidet 2 Typen, nach denen sich die Linse der Säugetiere anlege ; Mensch, Maus, Schwein, Fledermaus würden nach ihm zum sauropsidenähnlichen, Kaninchen und Schaf dagegen zum fischähnlichen Typus zu zählen sein. Mir will jedoch scheinen, daß noch zu wenig Arten untersucht sind, um Tj^pen aufzustellen, und daß be- sonders auch innerhalb der untersuchten Formen die individuellen Va- riationen eine zu große Breite haben, um scharf sondern zu können. Wir wollen, von Rabl's Untersuchungen Gewinn ziehend, zunächst die Linsenentwickelung beim Kaninchen eingehend schildern und dann die Abweichungen anderer Formen kurz anführen. Kaninchen. Fig. 208 zeigt einen Schnitt durch die Augenanlage eines etwa 10 Tage alten Kaninchenembryo, das jüngste Stadium, bei welchem die zur Linsenbildung führende Verdickung des Ektoderms nachweisbar war. Das Gehörbläschen war bei diesem Embryo bereits vollkommen vom Ektoderm abgelöst, was im Hinblick auf die oben angeführten bezüg- lichen Befunde bei den Vertretern anderer Klassen von Interesse ist. Aus einer Zusammenstellung ergiebt sich, daß zur Zeit der Entstehung der Linsenplatte das Gehörbläschen bei Selachiern und Sauropsiden noch weit offen, bei Amphibien und Mammalien dagegen geschlossen und voll- Die Entwickelung des Auges. 213 ständig abgelöst ist, bei ersteren demnach die Entwickelung des Auges, bei den letzteren Klassen dagegen die des Ohres als relativ weiter fort- geschritten sich erweist. Die Augenblase ist bei dem in Rede stehenden Embryo (Fig. 208) noch gleichmäßig gewölbt ohne Andeutung der Einziehung zum Augen- zeigt aber distalwärts ge- becher, sihre Wand im Bereich der richteten Wölbung eine beträcht- lichere Dicke. Dieser Wölbung anliegend findet sich, ebenfalls distalwärts gewölbt, eine sowohl dorsal- als ventral wärts ziemlich gut abgegrenzte Linsenplatte, be- stehend aus einfachem Cylinder- epithel, dessen Zellen, im Ver- gleich mit dem Ektoderm der Um- gebung, bis zu doppelter Höhe gestreckt sind. Zwischen Linsen- platte und Augenblase liegen vereinzelte, spindelförmig aus- gezogene Mesodermzellen , die wohl zweifellos als Reste der, wie Fig. 208. Querschnitt durch die Augenanlage eines ungefähr 10-tägigen Kaninchenembryo. Nach Rabl. Vergr. 200:1. ««Augenblase. bl Blut- gefäße, eh Ektoderm. I Linsenplatte. rn.es Mesoderm. st Stiel der Augenblase. oben p. 180 beschrieben, temporär hier sich eindrängenden Mesenchym- schicht aufzufassen sind. In einiger Entfernung vom Rande der Linsenplatte zeigt Fig. 208 im Mesoderm ziemlich weite Gefäßquer- schnitte; diese Gefäße sind es, von denen aus in der Folge Sprossen zwischen Linsengrube und Augenblase einwuchern und von neuem eine Mesenchymschicht zwischen den genannten beiden Organanlagen herstellen. In unmittelbarem Anschluß an den in Fig. 208 dargestellten Zu- stand beginnt die Einziehung der Augenblase und gleichzeitige Ein- senkung der Linsenplatte zur Bildung der Linsengrube. Die sich einsenkenden Bezirke beider Gebilde entsprechen sich genau: an der Augenblase ist es der in Fig. 208 schon erkennbare dickere Teil der Wandung, dem in seiner ganzen Ausdehnung die Linsenplatte anliegt. Fig. 209 stellt den Vorgang der Einstülpung und Abschnürung des Linsenbläschens übersichtlich dar. Durchgehends zeigt die Grube die Tendenz, in ihrem ventralen Teil tiefer sich einzusenken als im dorsalen, und unterscheidet sich hierdurch von der Linsengrube der Sauropsiden, die sich regelmäßig dorsalwärts tiefer einsenkt als ventral. Die Abgrenzung der Linsenplatte ist von Anfang an am dorsalen Rand eine schärfere als am ventralen, erst von No. 4 ab setzt sich auch hier die verdickte Platte von dem dünnen Ektoderm bestimmt ab. Durchweg besteht die Wand der Linsengrube aus sehr hohen, schmalen Cylinderzellen , die so dicht gestellt sind, daß die Kerne 214 A. Froriep, nicht in gleicher Höhe Platz finden, sondern sich durch die ganze Dicke der Wandung verteilen. Gleichwohl läßt die Lage der Mitosen dicht unter der freien Fläche des Epithels keinen Zweifel darüber, daß, wie bei den Sauropsiden, auch bei den Säugern die Wand der Linsengrube als ein einschichtiges Cylinderepithel aufzufassen ist. Die Eigentümlichkeit nun, welche die Linsenbildung bei manchen Säugetieren aufweist, besteht in einem unregelmäßigen Zellenhaufen, welcher bei Kaninchenembryonen vom Stadium der No. 2 ab, am Boden der Grube, ungefähr in der Mitte derselben auftritt. Es sind Zellen, >**• i >«. •_<■> St s »' * %»«# J*1 r .#1, f^*,,j*%. *? *9E Fig. 209. Linsenentwickelung von Lepuscuniculus. Nach Rabl. No. 1—8 Vergr. 130: 1; No. 9 Vergr. 91 : 1. Alter der Embryonen: No. 1—5 Mitte des 11. bis Mitte des 12. Tages; No. b' Ende des 12. Tages; No. 9 Körperlänge (Scheitel-Steiß) 11 mm. die aus dem epithelialen Verband der Linsengrubenwandung sich herausdrängen und nun auf der freien Fläche des Epithels liegen. Die Grenze des Epithels gegen den Zellenhaufen ist fast überall eine scharfe, nur an einzelnen Stellen, wie z. B. in No. 4, hat der Schnitt Die Entwickelung des Auges. 215 gerade Zellen getroffen, die noch zur Hälfte im Epithel stecken, und die Grenze ist infolgedessen undeutlich. Die Mehrzahl dieser aus- tretenden Zellen vereinigen sich zu einem Zellenkonglomerat, das dann als einheitlicher Haufen in der Mitte der Grube liegt; doch finden sich in der Umgebung vereinzelte, dem Boden der Grube nur locker anhaftende Zellen. Alle diese aus der Grubenwandung in das Lumen des Säckens ausgetretene Zellen, mögen sie dem Zellenhaufen an- gehören oder eine isolierte Lage haben, tragen Kennzeichen der De- generation an sich, Zerfall des Chromatins ihres Kernes und alle Stadien des Kernschwundes, und bald, d. h. besonders von dem Stadium No. 4 an, finden sich in der Umgebung des Zellenhaufens Massen, die nur noch als Zellendetritus bezeichnet werden können. Diese Auswanderung von Zellen dauert fort, und der Zellenhaufen vergrößert sich so lange, als die Einstülpung dauert, d. h. von der Mitte des 11. bis zur Mitte des 12. Tages, oder während der in Fig. 209 No. 2 bis No. 5 abgebildeten Stadien. In der zweiten Hälfte oder zu Ende des 12. Tages vollzieht sich die Abschnürung des Bläschens. Während dieses Vorganges wandern keine Zellen mehr aus, denn in No. 6 ist der Zellenhaufen gegenüber No. 5 verringert, der Zellendetritus dagegen in der Umgebung des Zellenhaufens ist vermehrt, woraus hervorgeht, daß der Zerfall der Zellen rasch fortschreitet. Ein anderer Befund, der möglicherweise mit dieser Zellenaus- wanderung und -Degeneration in Beziehung steht, ist die von Rabl mitgeteilte Beobachtung, daß schon zur Zeit, wenn die Zugangsöffnung der Linsengrube noch sehr weit ist (No. 3), in den die Oeffnung be- grenzenden Zellen stark lichtbrechende, homogene, durch Kernfärbe- mittel intensiv färbbare Körner auftreten. Am ventralen Umfange der Oeffnung sind sie zahlreicher als am dorsalen und nehmen hier nach und nach so überhand (No. 4 und 5), daß sie die Zellkerne fast ganz verdecken. Nach Schluß der Zugangsöffnung (No. 6) sind in der Umgebung der Verlötungsstelle die Zellen im Ektoderm sowohl wie in der Wand des Bläschens von solchen Körnern durchsetzt. Die Bedeutung dieser Körner ist vorläufig rätselhaft. Da sie ganz außerhalb der Kerne in den Zellen |liegen, so hat Rabl gewiß recht mit der Annahme, daß sie nicht auf den Zerfall von Kernen zu beziehen sind ; er hält sie für „Zelleinlagerungen oder Zellprodukte mehr sekun- därer Art". Wenn ich auf Analogie hin mit ähnlichen Befunden an anderen embryonalen Organen eine Vermutung aussprechen darf, so würde ich das Auftreten jener Körner als ein Merkmal dafür ansehen, daß in dem von ihnen eingenommenen Gebiet bei den Vorfahren der betreffenden Formen eine reichliche Z eilen proliferation bestanden hat, welche infolge Veränderung der Entwickelungsbedingungen nunmehr überflüssig geworden ist. Diese Vermutung näher zu begründen, ist hier nicht der Ort. Die hypothetische Zellenproliferation würde natürlich in Beziehung zu setzen sein zur Bildung des rudimentären Zellenhaufens am Grunde der Linsen- grube ; beide Vorgänge hätten ursprünglich den Erfolg gehabt , das Linsensäckchen mit einem Zellenpfropf auszufüllen und dadurch für die Dauer seiner Einstülpung nach außen abzuschließen. Gerade die Be- teiligung der Ränder der Einstülpungsöffnung spricht insofern für die gegebene Deutung, als, wie wir oben p. 200 gesehen haben, bei Haifisch- embryonen der Einstülp ungshohlraum von einem Zellenkonglomerat aus- 216 A. Froriep, gefüllt wird, das im wesentlichen durch Zellenvermehrung an den Rändern der Einstülpungsöffnung entsteht. Der in Fig. 209 No. 7 abgebildete Schnitt der Augenanlage eines ungefähr 13-tägigen Kaninchenembryo zeigt das Linsenbläschen vom Ektoderm vollständig abgelöst. Das Bläschen ist im Schnitt nicht rund, sondern dreikantig, wie es sich bei der Abschnürung (No. 6) gestaltete, derart, daß die zu den Linsenfasern werdende proximale Wand schräg geneigt steht, und die distale 2 Schenkel bildet. Die Zellen der proximalen Wand sind bereits stark in die Länge gewachsen und bilden ein rundliches Polster, das in die Höhle des Bläschens vorspringt. Während früher gerade diese Gegend der Linsenfaserwand eine stark proliferierende war, finden sich schon jetzt Mitosen nur noch sehr selten in der proximalen Wand; die Zahl wurde von Rabl in dem abgebildeten Bläschen bestimmt, er fand in der proximalen Wand nur 2—3, in der distalen dagegen mindestes 70. Von dem Zellenhaufen, der in früheren Stadien im Bläschenlumen lag, ist jetzt nichts mehr zu sehen, nur vereinzelte Zellen oder Zerfallsprodukte von solchen finden sich da und dort, und es unterliegt keinem Zweifel, ,,daß der Zerfall der Zellmasse und die Resorption des von ihr zurück- bleibenden Detritus ungemein rasch erfolgt". Das in No. 8 abgebildete Linsenbläschen eines 13 — 14-tägigen Kaninchenembryos hat nun eine mehr rundliche Gestalt gewonnnen, die Linsenfasern sind stark gewachsen und engen das Lumen ein, in diesem finden sich nur noch ganz vereinzelte Zellreste. Die Kerne der Linsenfasern nehmen eine breite Mittelzone ein; Kernteilungen finden sich in ihnen im allgemeinen nicht mehr, in dem Bläschen der No. 8 nur noch 2, und diese in nächster Nähe der Epithelgrenze, so daß wir auch für Säuger die Regel bestätigt finden: die Linsen- fasern, sobald sie eine gewisse Länge erreicht haben, verlieren die Fähigkeit, sich durch Teilung zu vermehren. Sie wachsen nur noch in die Länge, die Vergrößerung der Linsenfaser- masse erfolgt von nun an lediglich durch Apposition von der Peripherie her. No. 9, die Linsenblase eines nur wenig älteren Kaninchenembryo von 11 mm Scheitel-Steißlänge, zeigt annähernd kugelige Gestalt; die distale Wand, das „Linsenepithel", ist in der Mitte jetzt am dünnsten, eine Ordnung der Epithelzellen zu meridionalen Reihen ist noch nicht vorhanden ; die Linsenfasern sind am freien Ende stärker gewachsen als am basalen, daher die Kerne mehr proximal gerückt; die Kerne der Fasern, besonders des axialen Gebietes lassen durch schwächere Färbbarkeit den Beginn der Degeneration erkennen. Fig. 210 A zeigt die Linse auf beiden Seiten abgeflacht. Die Linsenfasern des axialen Gebietes sind nicht gewachsen, sie zeigen vielmehr genau dieselbe Länge wie in der Linse Fig. 209 No. 9. Dies ist insofern von Interesse, als die Kerne jetzt wieder eine mittlere Zone einnehmen, wie in Fig. 209 No. 8. Daraus folgt, daß sich die Kerne innerhalb der Fasern distalwärts verschieben. So auffallend diese Annahme erscheint, so ist sie doch nicht von der Hand zu weisen. Fig. 210 B, die Linse eines 14—15 Tage alten Embryo, zeigt dies noch deutlicher : der Abstand der Kernzone im allgemeinen von der distalen Oberfläche ist noch beträchtlich kleiner geworden, und zugleich fällt auf, daß die Kerne je näher der Achse desto weniger geschlossen beisammen liegen, wie sie es früher in der Kernzone thaten. Auch dieses Auseinanderrücken der Kerne nötigt zu der Annahme, daß sich Die Entwickelung des Auges. 217 die Kerne innerhalb der Fasern noch verschieben. Eine andere Be- sonderheit zeigt dies Präparat an der proximalen Oberfläche; hier findet sich eine flache Grube, über die die jetzt deutlich werdende Kapsel in gleichmäßiger Wölbung hinwegzieht, während der Baum zwischen Kapsel und Boden der Grube von zahlreichen blassen, fein- granulierten Kügelchen verschiedener Größe erfüllt erscheint. Schon ß \ V. .^ '■*:" i - ""' . " -, , ,. */+*?;* - 55 ': ^*sä^ Fig. 210. Linsenentwickelung von Lepus cuniculus. Fortsetzung zu Fig. 209. Nach Rabl. Vergr. 93 : 1. Alter der Embryonen : A 14 Tage, ß 15 Tage. \-v Woinow (1869, p. 152) erwähnt diesen Befund und ist zweifelhaft, ob es sich dabei um „Leichenerscheinung oder Kunstprodukt" handle. Auch Rabl (1900, p. 10; nimmt an, daß „die Körnermasse nur unter der Einwirkung der Fixierungsflüssigkeit entstanden" sei. Immerhin ist das regelmäßige Vorkommen jenes Befundes bei Embryonen von 15 — 20 mm bemerkenswert und vorläufig nicht recht verständlich. Als letztes Stadium der Linsenentwickelung beim Kaninchen sei Fig. 211 wiedergegeben, ein axialer Schnitt der Linse eines Embryo von 47 mm Länge. Hier zeigt sich, daß die Kerne der Linsenfasern der distalen Oberfläche sehr viel näher liegen als der proximalen, es scheinen demnach die ba- salen Teile der Fasern noch beträchtlich gewachsen zu sein. Alle Fasern besitzen noch Kerne, die der centralsten Fasern M Fig. 211. Meridionalschnitt durch die Mitte fl der Linse eines Kaninchenembryo von 47 mm Körperlänge. Nach Rabl. Vergr. 31 : 1. zeigen aber schon die Zeichen des Kernschwundes. Nach der Peri- pherie zu rücken die Kerne immer dichter zusammen, an der Epithel- grenze stehen sie sehr regelmäßig; ob hier bereits eine Ordnung der Zellen zu meridionalen Reihen vorhanden ist, konnte nicht mit Sicher- heit festgestellt werden, doch ist es wahrscheinlich, daß die Ordnung auf diesem Stadium beginnt. 218 A. Froriep, Die Linse besitzt an beiden Polen sog. Nähte, die proximale ist beträchtlich tiefer (0,7 mm), die distale, die rechtwinklig zur proxi- malen steht, ist noch ziemlich flach (0,15 mm). Die Länge der cen- tralsten Fasern, d. h. derjenigen Fasergruppe, die vom Grunde der distalen zum Grunde der proximalen Spalte reichen, beträgt 0,5 mm. Die Bildung der proximalen Naht setzt demnach auch bei Lepus, ebenso wie bei Pristiurus und Siredon früher ein als die der distalen, und zwar ergiebt sich aus den angeführten Maßen, daß die proximale Naht sich zu bilden beginnt, wenn die Fasern eine Länge von ungefähr 0,5 mm erlangt haben. Beim Kaninchen, wie bei der Mehrzahl der Fische und Amphibien und bei einigen, besonders den kleineren Mammalien erhalten sich auch beim erwachsenen Tier die einfachen linearen Nähte; die Linsen größerer Säugetiere und des Menschen dagegen zeigen die bekannten drei- oder mehrstrahligen sog. Lin sen Sterne. Es ist daher wünschenswert, die späteren Stadien an einer Form aus der letzteren Gruppe zu studieren, und wir wählen hierzu das Schwein, über das Rabl die genauesten Angaben macht. Schwein. Wir beginnen mit einem Embryo von 26 mm Körper- länge, dessen Linse, Fig. 212, No. 1, sich in ihrem Entwickelungs- zustand ungefähr anschließt an die Kaninchenlinse Fig. 210 B, da das in letzterer vorliegende Stadium mit eben geschwundenem Lumen X. 'V:: Fig. 212. Linsenentwickelung später Stadien von Sus scrofa dorn. Nach Eabl. Vergr. 31:1. Länge der Embryonen: No. 1 26 mm; No. 2 36 mm; No. 3 50 mm; No. 4 68 mm. der Linsenblase sich bei Schweinsembryonen von 20 mm Körperlänge findet. Fig. 212, No. 1 zeigt, daß die centralsten Fasern jetzt im Wachs- tum zurückgeblieben sind gegenüber ihren Nachbarn, die nun hinten über sie hinauswachsen. Die hinteren (proximalen) Enden dieser letzteren tretfen von oben und von unten her aufeinander, und so ent- steht hier eine horizontale Spalte oder richtiger ein Septum, welches bis zur proximalen Oberfläche reicht und um so tiefer wird, Die Elitwickelung des Auges. 219 je mehr Fasern durch ihr Längenwachstum die centralwärts gelegenen Nachbarn hinten übergreifen Beginn No. 2 von einem Schweinsembryo von 36 mm zeigt den der Bildung der distalen Naht, welche im Anschluß und in Abhängig- keit von der proximalen entsteht. Dadurch nämlich, daß die Linsen- fasern gleichen Alters ungefähr gleiche Länge haben, lagern sich die Fasern der gleichen Generation von selbst in der Art nebeneinander, daß diejenigen, die hinten bis zum Linsenpole reichen, vorne ziemlich weit vom Pole entfernt, oberhalb oder unterhalb desselben ihr Ende haben, und umgekehrt, je mehr sie sich vorne dem Pole nähern, desto weiter mit ihrem hinteren Ende seitwärts vom Pole abrücken. So ergiebt sich als einfache Folge ihres E ntwickelungsmodus Stellung der beiden Nahtspalten zuerst entstehende proximale (hintere) Naht die distale (vordere) eine vertikale Stellung die rechtwinklige zu einander: da die horizontal verläuft, muß erhalten. Fig. 212 abgebildeten Schnitte sind vertikal geführt, sie die hintere Naht rechtwinklig, der vorderen dagegen laufen und streifen sie nur gelegentlich. Das ist die Ursache, hintere Naht als enge Spalte, die vordere als unregelmäßig Grube sich darstellt. Die in treffen also sie parallel warum die 4 « - • folgender gestaltete In horizontal geführten Schnitten ist es umgekehrt. Die Umgestaltung der einfach linearen Naht zu dem dreistrahligen Linsen- stern geht nun in Weise vor sich. Bei einem Schweinsembryo von 43 mm Länge (nicht abge- bildet) zeigte sich die proximale Naht nicht mehr als gerade Linie, sondern sie war in einem stumpfen W i n k el g e b o g e u , so daß an ihr 2 Schenkel unter- schieden werden konnten. einem Embryo von dessen Linse Fig. 212 axialem Schnitte abge- ist, fand sich der weitere Bei 50 mm, No. 3 in bildet ■:mu. läge begriffen Schritt, daß dort, wo die beiden Schenkel der Naht im stumpfen Winkel aneinander stoßen, ein dritter Schenkel in der An- ist, als dritter Strahl des sich bildenden Linsensterns. Besonders instruktiv für dieses Stadium ist eine Serie von Aequa- torialschnitten ; dieselbe zeigt, von der proximalen Oberfläche der Linse beginnend, zuerst 3 Schenkel, dann 2, die mehr und mehr in eine Gerade rücken, dann geradlinige Spalte, dann Centralfasern ohne Spalte, endlich distal wieder lineare Spalte, aber rechtwinklig zur proximalen. v~ In den folgenden Stadien wird der dritte Strahl allmählich länger, und es entsteht auch ein distaler Stern, später als der proximale und 220 A. Froriep, in Abhängigkeit von diesem. Erst bei Embryonen von 100 — 130 mm Länge haben die dritten Strahlen die gleiche Länge wie die beiden primären Strahlen und damit die Linsensterne ihre Schönheit und Kegelmäßigkeit erlangt. Die Ordnung der Zellen der Epithelgrenze zu meri- dionalen Reihen und damit die Bildung der Uebergangszone zwischen Centralfasern und radiären Lamellen fällt beim Schwein in das Fig. 212 No. 2 abgebildete Stadium der Linsenbildung bei Embry- onen von ungefähr 36 mm Länge. Bei einem Embryo von 76 mm bestanden die Radiärlamellen (meridionalen Faserreihen) schon aus 8—10 Fasern. Die Degeneration der centralen Fasern beginnt bei Schweinsembryonen zwischen 40 und 50 mm Länge. Zunächst fällt bei Fig. 212 No. 3 auf, daß die centralsten Fasern nicht mehr gleich- mäßig, sondern in ihrem distalen Teil stärker gebogen sind als im proximalen, wodurch die Gesamtmasse eine Form erhält, „welche an die antiker Urnen erinnert". Zugleich sind diese centralsten Fasern, scheinbar durch Kompression von der Nachbarschaft her, kürzer und dicker geworden und unregelmäßig wellig verbogen. Die Kerne der centralsten Fasern tragen schon die deutlichen Kenn- zeichen der Rückbildung an sich; diese schreitet in der Folge, von der Achse her beginnend, stetig fort, so daß bei Embryonen von 115 min und mehr nicht nur die centralsten, sondern auch die in weiterem Umkreis nach außen sich anschließenden Centralfasern keine Spur von Kernen mehr besitzen. Nicht ohne Interesse ist die Veränderung der Gesarat- form der Linse, die sich im Verlauf der hier besprochenen späteren Stadien vollzieht und aus den 4 Abbildungen der Fig. 212 gut er- sichtlich ist. Im Stadium von No. 1 ist die Linse vorn (distal) ent- schieden stärker gewölbt als hinten (proximal) ; später, in No. 2 und 3r zeigt sie vorn und hinten eine ungefähr gleich starke Wölbung; schließlich aber flacht sich die vordere Fläche mehr ab, und die hintere wölbt sich stärker, so daß von einem Stadium ab, in dem die Länge des Embryo ungefähr 68 mm beträgt, die in No. 4 wiedergegebene Form, d. h. die auch für das ausgewachsene Schwein charakteristische, definitive Gestalt der Linse hergestellt erscheint. Die gegebene Darstellung, die im wesentlichen auf den RABL'schen Untersuchungen am Kaninchen und Schwein ruht, kann im großen und ganzen für die typische Entwickelungsweise der Linse der Säugetiere als maßgebend angesehen werden. Es liegen aber einige Beobachtungen an anderen Vertretern der Klasse vor, welche nicht ganz damit überein- zustimmen scheinen. Vor allem weicht die Maus in der Bildung des Linsensäckchens ab. Kessler (1871, p. 11), der als erster bei Säugetieren die Einstülpung der Linsenanlage beschrieben hat, konnte, da er vorzugsweise Maus- embryonen benutzte (seine Fig. 5 giebt den Schnitt durch die Linsen- grube eines solchen trefflich wieder), mit vollem Recht auch für die Säuger den voüRemak fürs Hühnchen aufgestellten Tj^pus. der Linsenbildung bestätigt finden. Denn, wie er in seiner ausführlichen Abhandlung (Kessler 1877, p. 13, Fig. 66, 67 A) genauer schildert und abbildet und neuerdings Nussbaum (1900, p. 28) es im wesentlichen bestätigt, zeigt bei Mausembryonen die Wand der Linsen- grube während des ganzen Verlaufes ihrer Einbuchtung und Abschnürung eine glatte Oberflächenkontur und keine Spur von Zellen, Die Entwickelung des Auges. 221 die etwa aus dem Epithelverband austreten oder ausge- treten wären. Kessler erwähnt dabei schon, was wir oben wiederholt als für die Säugetiere charakteristisch konstatiert haben, daß die stärkste Vertiefung der Einbuchtung nicht dorsalwärts wie beim Hühnchen, sondern ventral- wärts liegt. Außerdem hebt er auch bereits die durch Rabl's Unter- suchungen neuerdings ins Licht gestellte Thatsache hervor, daß die Ver- dickung des Ektoderms in der Wand der Linsengrube „weniger durch eine numerische Zunahme der Zellen" bedingt ist, als vielmehr „durch ein schon jetzt beginnendes Längenwachstum der einzelnen Zellen, wo- durch diese sich palissadenartig nebeneinander ordnen", mit anderen Worten, daß die Wand des Linsenbläschens von Anfang an als ein ein- schichtiges Epithel anzusehen ist. Auch Nussbaum (1900, p. 28) giebt an, daß bei Mausembryonen von 6 mm Länge, wo die Abschnürung der Linsengrube beginne, das Epithel einschichtig, die Zellen schon verlängert und die Mitosen an der freien Oberfläche gelegen seien. Bei einem Embryo von 9 mm war die Linse abgeschnürt, die Linsenhöhle eine schmale, halbmondförmige Lücke. Bei Vespertilio murinus verläuft nach Nussbaum die Linsen- bildung in ähnlicher Weise wie bei der Maus, doch liegen in der ge- bogenen breiten Linsenhöhle der eben abgeschnürten Linsenblase bei 6 — 7 mm langen Embryonen „einige zu Grunde gehende Zellen". Da nun Kessler (1877, p. 15) sogar bei Mausembryonen, wo doch im allgemeinen der Einstülpungsvorgang ein reiner ist, in einzelnen Eällen „solche ins Gerinnsel der Linsenhöhle eingebettete Zellen" ge- funden hat, so scheint mir jener Differenz die ihr vielfach beigelegte Wichtigkeit nicht zuzukommen. Für rudimentäre Vorgänge sind ja individuelle, sowie von einer Art zur anderen wechselnde Variationen bezeichnend. Wenn also das Epithel der Linsengrube innerhalb der Klasse der Säugetiere bei nahe- stehenden Formen zeitweise so verschieden sich verhält, bei den einen durch zahlreich austretende Zellen einen die Höhle beinahe ausfüllenden Zellpfropf bildet, bei anderen nur weniger oder wohl auch gar keine Zellen ausscheiden läßt, sondern sich einfach nach dem Sauropsidentypus einstülpt, und wenn dann trotzdem weiterhin bei allen Formen der Ent- wicklungsgang in ganz übereinstimmender Weise sich vollendet und überall die ausgetretenen Zellen, mögen es viele oder wenige sein, auf- fallend rasch degenerieren und spurlos verschwinden, so vereinigen sich alle diese Befunde zu dem Gesamtbild eines in Rückbildung begriffenen morphogenetischen Prozesses. Im Hinblick auf die bei Anamniern bestehenden Vorgänge der Linsenbildung liegt es nahe und dürfte nicht als gewagt erscheinen, anzunehmen, daß bei den Vor fahren der Säugetiere ebenfalls temporärer Verschluß des Linsensäckchens bestanden und sich durch Zellenproli- ferationen hergestellt hat, ungefähr so, wie wir es heute an Selachier- embryonen beobachten. Besonders umfangreich wird der die Linsengrabe ausfüllende rudi- mentäre Zellenpfropf bei Wiederkäue rembryonen, woraus sich die irrtümliche Auffassung erklärt, die zeitweise über die Linsenbildung bei Säugern in Geltung war; bei Embryonen vom Rind schwillt er so be- trächtlich und soTrasch an, daß eine eigentliche Grube überhaupt nicht in die Erscheinung tritt. Schon während der ersten Einsenkung finde ich die von dem Cylinderepithel des Ektoderms gebildete Vertiefung stets 222 A. Froriep. von einem Konglomerat unregelmäßiger Zellen angefüllt, die bei Em- bryonen von 8 — 9 mm einen in der Vertiefung sitzenden, halb- kugelig prominierenden Knopf bilden. Derartige Stadien haben Julius Arnold bei seiner Darstellung der Linsenentwickelung vorgelegen, seine Abbildungen (1874, Fig. 15; 1874*, Taf. I, Fig. 3) sind mir nach meinen Präparaten vollkommen verständ- lich. Er beschreibt (1874*, p. 5, 7) eine kugelige Verdickung des Ektoderms, an der 3 Lagen zu unterscheiden seien: „eine äußere mehr längsstreifige, eine innere radiär gezeichnete und eine mittlere, etwas lichtere und gekörnte". Die „äußere ' dieser 3 Lagen ist so, wie Arnold sie beschreibt und abbildet, in meinen Präparaten nicht vor- handen; allerdings besitzt der prominierende Knopf einen Belag von Zellen, welche kleiner sind, sich schwächer tingieren und lockerer sitzen, von der Hauptmasse aber doch nicht eigentlich different erscheinen. Ich möchte mich daher der Vermutung Kessler's (1877, p. 17) an- schließen, daß jene „äußere Lage" ein Artefakt war, bedingt durch an- haftendes Gerinnsel. Denkt man sich diese Schicht aus der Arnold- schen Abbildung hinweg, so bleibt ein Bild, das mit meinen Präparaten von 8,7 und 8,8 mm langen Rindsembiyonen gut vereinbar ist. Das Ektoderm senkt sich hier, ähnlich wie beim Kaninchen, ein und bildet als ein beträchtlich verdicktes , aber trotz der Ueberein- anderschiebung der Kerne doch mit Wahrscheinlichkeit als einschichtig aufzufassendes Cylinderepitkel eine Bucht, deren Höhlung jedoch ganz gefüllt ist von einer Masse unregelmäßiger Zellen mit rund- lichen Kernen. Dieses Zellenkonglomerat schließt sich in der Vertiefung dicht an das Cylinderepithel an, doch ist fast überall die Grenze des letzteren, also gewissermaßen seine Oberflächenkontur zu erkennen, so daß das Konglomerat sich nicht in Kontinuität als oberflächliche Schicht eines geschichteten Epithels, sondern in Kontiguität als eine differente, jenem Epithel nur innig anliegende Zellenmasse darstellt. Nur im peripherischen Gebiet wird jene Kontur undeutlich, und nach dem Rande zu kommt eine Gegend, wo das Epithel der Grube sich kontinuierlich in das Zellenkonglomerat fortsetzt. An den Bändern der Grube hört das letztere in scharfer Grenze auf und ist von Rand zu Rand hügel- artig vorgewölbt ; dadurch entsteht im ganzen das Bild eines kleinen Tumor, der aus der Grube hervorwächst. Mit diesem Befund läßt sich, wie gesagt, die ARNOLD'sche Abbildung Taf. I, Big. 3, wenn man die „äußere Lage" wegdenkt, ganz gut ver- einigen. Die Darstellung dagegen, die Arnold nun weiter von der Ent- stehung der Linsenblase giebt, ist nicht zutreffend. Bei fortschreitender Entwickelung nämlich wird durch die Auf- richtung und Vereinigung der Grubenränder das gesamte Zellenkonglomerat in die Linsenblase hineingedrängt, und diese letztere entsteht durch Epithelabschnürung wie bei anderen Säugern. In den Schnitten eines Rindsembryo von 9,6 mm finde ich die Umschlagsränder des Epithels an der Grubenöffnung noch nicht ganz, aber beinahe in gegenseitiger Berührung, sie greifen über das Zellenkonglomerat hinweg, stehen mit demselben jedoch noch in so inniger Verbindung, daß die Grenze beider auch jetzt noch un- deutlich ist. Im Grunde der Grube dagegen erscheint das Zellenkon- glomerat jetzt vollkommen abgetrennt durch einen Spaltraum von Gestalt eines distalwärts konkaven Meniskus. So entsteht ein Schnittbild ähn- lich wie etwas später in den Linsenanlagen von Pristiurus, die oben Die Entwickelung des Auges. 223 Fig. 199 No. 5 und 6 abgebildet sind, wo die distale Wand der Linsen- blase eine kugelige Verdickung und dadurch die ganze Linsenblase ein Bild zeigt, ähnlich dem Durchschnitt eines primitiven Molluskenauges, in welchem die distale Wand die Linse, die proximale Wand die Netz- haut liefert. Während nun weiterhin durch die Abschnürung der Linsen- grube vom Ektoderm jenes Zellenkonglomerat ganz umfaßt und ein- geschlossen wird, schreitet die Degeneration der dieselbe zusammen- setzenden Zellen ziemlich rasch fort, so daß schon bei Rindsembryonen von 12 mm nur noch Chromati nkörnchen und einzelne Haufen von Zellen, bei Embryonen von 15 mm, wo die Linsenhöhle durch ansehnliche Ver- dickung der proximalen Wand nun einen proximalwärts konkaven menis- koidalen Raum darstellt, nur noch unscheinbare Reste nachweisbar sind. Im weiteren Verlauf stimmt die Entwickelung der Linse beim Rind im wesentlichen durchaus mit der überein, wie sie oben vom Kaninchen ge- schildert wurde. Vergleichen wir mit diesen Befunden an Rindsembryonen nochmals die Darstellung Arxold's, so fehlt in dieser die Beobachtung des durch Vereinigung der Epithelränder sich vollziehenden Abschlusses der Linsen- grube, durch welchen das epitheliale Linsenbläschen gebildet und das Zellenkonglomerat in letzteres eingeschlossen wird. Dies war der schwache Punkt der Untersuchung, der zur Folge hatte, daß über die Bildung der distalen Wand des Bläschens keine klare Vorstellung gewonnen werden konnte. So mußte die Darstellung sich begnügen, zu sagen (Arnold, 1874, p. 309), „daß die Linse bei Rindsembryonen aus einer soliden Wucherung der inneren Lage des oberen Keimblattes entstehe, welche erst durch eine Einschmelzung der central gelegenen Zellen zur Blase sich gestalte" — eine Fassung, die,' wenn auch im Wortlant nicht ge- radezu falsch, dem Sinne nach doch irrtümlich und für die nachfolgenden Untersucher irreleitend war. Im übrigen enthält ja die ARKOLD'sche Abhandlung (1874*) über die weitere Entwickelung auch der Linse manche treffliche Beobachtung, und das Lob, das ihr Rabl (1900, p. 19) spendet, ist sicherlich wohlbegrün det. Schon v. Mihalkovics (1875, p. 384) hat die ARNOLD'sche Dar- stellung auf Grund der Untersuchung eines 11 mm langen Rindsembryo vollkommen richtig beurteilt und mit seinen Befunden an Kaninchen- embryonen in Einklang gesetzt. Unverständlich ist es, wie er zu der unrichtigen Angabe gekommen ist, das Ektoderm der Säugerembryonen sondere sich, wie das der meisten Anamnier, in zwei Schichten, Grund- und Deckschicht (siehe oben p. 203), während doch bis in relativ späte Stadien, jedenfalls bis in Perioden herein, wo die Linse bereits abge- schnürt ist, das Ektoderm der Säugetierembryonen ganz allgemein ein- schichtig bleibt. In diesem Punkte dürfte er wohl durch das Vorhanden- sein des Zellenkonglomerates in der Linsengrube getäuscht worden sein, das doch, wie wir gesehen, seine ganz besondere Entstehung und Be- deutung zu haben scheint. Auch Kessler (1877, p. 18) spricht von Grund- und Deckschicht bei der Diskussion über die ARNOLü'sche Darstellung und die Bedeutung des Zellenkonglomerates, obschon seine schönen Abbildungen die Ein- schichtigkeit des Ektoderms in der Umgebung der Linsengrube aufs deutlichste demonstrieren. Daß seine Abhandlung (1877) die Anschauungen über die Entstehung der Linse wesentlich geklärt und unsere Kenntnisse gefördert hat, geht schon aus den weiter oben von mir gemachten Be- merkungen hervor ; bis zu Rabl herauf ist es aus neuerer Zeit zweifellos die bedeutendste Arbeit über den Gegenstand. 224 A. Froriep, Auch Kölliker (A. L. I, 1879, p. 633 — 636) hat zur Feststellung der uns hier beschäftigenden Thatsachen beigetragen durch vortreffliche Beobachtungen an Kaninchenembiyonen ; er bildet Fig. 394 die als „warzenförmige Auflagerung" am Boden der Linsengrube gelegene Zellenmasse ab, spricht sich über dieselbe jedoch im Text nicht aus. Gottschau (1886, 1886*) widmet der letzteren besondere Aufmerk- samkeit, seine Stellungnahme ist aber unklar. Er stimmt den Ansichten Arnold's und v. Mihalkovics' bei, während doch diese beiden Forscher untereinander keineswegs übereinstimmen. Besonders schließt er sich der von v. Mihalkovics aufgestellten Meinung an, daß der Zellenhaufen die transitorische Rolle einer „Ausfüllungsmasse" für die ohne ihn hohle Linsenblase spiele und eingeschmolzen werde, sobald sich die Grund- schicht um ihn zu einer Kugel geformt habe. Die von Gottschau in Aussicht gestellte ausführliche Abhandlung über den Gegenstand ist nicht erschienen. Mensch. Die Beobachtungen über die Linsenentwickelung beim Menschen sind noch lückenhaft ; wir besitzen solche von Kölliker (A. L. II, 1861, p. 278), Kessler (1877), Van Bambeke (1879), His (A. L. III, 1880 f), Kölliker (1883), Herr (1893), Kollmann (A. L. II, 1898), Rabl (1900), Fuchs (1903). Die ältere Angabe Kölliker's betrifft einen 4 Wochen alten Embryo, bei dem die Linse bereits abgeschnürt war. Kessler ist daher der erste, der die offene Linsengrube beim Menschen beobachtet hat bei einem Embryo aus dem An- fang der 4. Woche. Auf der kleinen Vorwölbung, welche am Kopf des Embryo von der Augenblase gebildet wird, bemerkte er schon mit bloßem Auge einen kleinen dunklen Punkt und erkannte mit der Lupe, daß derselbe einer tiefen Grube entsprach. Mikroskopische Schnitte ergaben dann, daß die Tiefe sowohl wie die Gestalt dieser Linsengrube ganz dieselbe waren, wie in entsprechenden Präparaten von der Maus, d. h. also, daß das Ektoderm hier zu einem kugelförmigen Säcke h e n eingestülpt und im Gebiet der Ein- stülpung durch Streckung seiner Zellen auf das Drei- und Vierfache verdickt war, daß es dabei aber seine Oberflächenkontur scharf bewahrt hatte und ausgeschiedene Zellen, wie bei Wieder- käuerembryonen, sich in der Grube nicht vorfanden. Auch Kölliker hat in seiner späteren Publikation (1883) die off ene Linsengr u be beschrieben und nach Schnitten abgebildet von einem Embryo von 8 mm Länge aus dem Ende der 4. Woche. Die Abbildung ist wiedergegeben von Kollmann (1898, Fig. 342) und von Nussbaum (1900, Fig. 20). Die Tiefe der Grube erscheint in der Abbildung zur Hälfte ausgefüllt von einer anscheinend homogenen Masse, welche jedoch weder in der Figurenerklärung noch im Text Erwähnung findet ; es macht den Eindruck, als ob es sich um ein in der Tiefe der Grube hängen gebliebenes Gerinnsel, also um einen Fremdkörper gehandelt habe, so daß das Präparat nicht in Wider- spruch steht zu Kessler's Beschreibung. Die in Abschnürung begriffene Linsenblase ist beschrieben bezw. abgebildet worden von Van Bambeke (1879), His (1880), Fuchs (190.;). Die Abbildung von Van Bambeke ist bei Kollmann und bei Nussbaum reproduziert, bei letzterem außerdem noch die be- Die Entwickelung des Auges. 225 treffende Figur von His. Die Abbildung von Fuchs ist nach einem Präparat Ferd. Hochstetter's angefertigt. In den 3 Fällen stand die rundliche Linsenblase durch einen breiten, sanduhr- förmig eingezogenen epithelialen Stiel noch im Zu- sammenhang mit dem Ektoclerm. In dem Fall von His schien der Zugang zur Höhlung noch nicht vollständig geschlossen zu sein, in den beiden anderen Fällen dagegen war der Abschluß vollendet, bei dem Objekt Van Bambeke's die ursprüngliche Einstülpungsstelle aber noch erkennbar an einer kleinen trichterförmigen Vertiefung. Der His'sche Embryo war 7,5 mm lang, das Alter des Van BAMBEKE'schen wird auf etwa 4 Wochen, das des HocHSTETTER-FucHs'schen auf 21 Tage angegeben. Man kann also sagen, daß beim menschlichen Embryo die Abschnürung des Linsenbläschens zu Ende des 1. Monats sich vollzieht. Eine kaum oder eben abgeschnürte Linse beschreibt und zeichnet Kölliker (1883, Fig. 7) von einem menschlichen Embryo, der ebenfalls dem Ende des 1. Monats (4. Woche) angehörte. In der fünften Woche findet sich die Linsenblase vollständig abgeschnürt und die Zellen der proximalen Wand bereits zu Linsenfasern ausgewachsen. Die beste Abbildung dieses frühen Sta- diums der menschlichen Linse rührt von Rabl her und ist in der nebenstehenden Fig. 213 wiedergegeben. Im Vergleich mit ungefähr gleich weit entwickelten Linsen von Kaninchen (Fig. 209 No. 7 und 8) erscheint hier das Epithel der distalen Wand auffallend mächtig; dasselbe darf zwar als ein einschichtiges Epithel aufgefaßt werden, ü$?£ '"»* die Zellen desselben sind aber so dicht zu- «W*^*« sam mengedrängt, daß sich die Kerne zu 2 bis ^ * ^5if 3 Reihen übereinander ordnen. Die proximale S?rf Wand ist sehr regelmäßig gestaltet ; die Linsen- /§»V* fasern, die in der Achse geradlinig gestreckt £"{*• stellen, gewinnen nach der Epithelgrenze zu \j^».-. mehr und mehr eine peripheriewärts konkav *^jiv* •£%«* Fig. 213. Linse eines 30—31 Tage alten mensch- '^'tyffift*** liehen Embryo. Nach Rabl. Vergr. 130:1. gebogene Form und schließen so am Aequator unmittelbar an die Zellen des Epithels an. Die Kerne der Linsenfasern liegen in einer verhältnis- mäßig schmalen Zone beisammen, in einer Anordnung, wie sie sich bei Kaninchenlinsen erst auf einem späteren Stadium herstellt. Von besonderem Interesse ist die Zellenmasse, die sich im Lumen dieser menschlichen Linse vorfindet. Dieselbe ist nämlich nicht wie in den oben beschriebenen Kaninchenlinsen (Fig. 209, No. 5 und 6) der proximalen, sondern der distalen Wand ange- schlossen. Während die Linsenfaserwand sich gegen das Lumen als scharf begrenztes Polster vorwölbt, haftet an der konkaven Ober- fläche der Linsenepithelwand ein Zellenkonglomerat. Die Zellen des- selben verfallen von der Lumenseite her der Degeneration, so daß die oberflächlichen Zellen bereits degeneriert, die tieferen, d. h. die der Epithelwand näher liegenden noch wohlerhalten erscheinen. Durch dieses Zellenkonglomerat erinnert die hier vorliegende menschliche Linse an Befunde, wie sie oben (p. 222) im Zusammenhang mit den Vorgängen bei Wiederkäuerembryonen besprochen wurden. Wir Handbuch der Entwickelungslehre. II. 2. 15 226 A. Froriep, fanden an den dort besprochenen Schnittbildern Anklänge an die Linsen- entwickelung bei Pristinrus (Fig. 199 No. 5 und 6), welche wie diese eine gewisse Aehnlichkeit mit primären Augen Wirbelloser erkennen ließen. Das der distalen Linsenblasenwand anhaltende Zellenkon- glomerat würde diesem rückwärts schweifenden Blick als der Rest einer primären Linse erscheinen können. Thatsächlich beweist sein Vorhandensein, daß auch bei menschlichen Embryonen, obschon hier die erste Abschnürung rein einschichtig epithelial zu sein scheint, bei der Abschnürung sich doch ein Zellenpfropf bildet, der, in das Lumen eingeschlossen, allmählicher Resorption verfällt. Auch bei dem ein wenig älteren, ungefähr der 6. Woche an ge- hörigen, menschlichen Embryo, den Herr (1893) beschreibt, fanden sich noch Zellen und Zellenreste in der Linsenhöhle, und zwar in übereinstimmender Orientierung. Gemäß dein fortgeschrittenen Wachs- tum zeigt sich die Linsenfaserwand mächtiger, dagegen die Durchmesser der distalen W7and und des Lumens geringer geworden, wie es die hier in Millimetern gegebenen Maße der axialen Durchmesser der von Rabl und der von Herr beschriebenen Linsenblase erkennen lassen : Distale Wand Lumen Linsenfaserwand Rabl: Herr: 0,027 0,016 0,100 0,065 0,134 0,184 An der Lumenfläche des Linsenepithels nun, „dort, wo die Linsen- grube sich zum Säckchen abgeschnürt hat", findet sich eine aus 1 — 2 Zellenlagen bestehende Zellmasse, einen Wulst bildend von 0,054 mm Länge, 0,075 mm Breite und bis zu 0,007 mm Dicke. Auf den ersten Schnitten , die diese Zellmasse streifen , sieht man die Zellen nicht eine kontinuierliche Reihe bilden, sondern einzeln dem Epithel fest anliegen, mit ihrem größten Durchmesser parallel der Linsenwölbung. Auf einem der weiteren Schnitte, die die Zellmasse voll durchsetzen, geht diese letztere ohne scharfe Grenze in die Linsen- wand über und macht den Eindruck, als wäre sie daraus hervor- gewuchert; und auf demselben Schnitt ist auch ihre Begrenzung gegen die Linsenhöhle undeutlich, so daß hier der Eindruck peripherer Auf- lösung entsteht. Sonst aber ist die Masse überall nach beiden Seiten hin durch scharfe Konturen abgegrenzt. Den Verdacht, daß es sich bei diesen Beobachtungen etwa um ein Kunstprodukt durch Be- schädigung des Objektes gehandelt haben könnte, schließt Herr be- stimmt aus und betont, daß an beiden Augen des betreffenden Embryo der beschriebene Befund identisch war ; weiter äußert er sich nicht über Entstehung und Bedeutung der Zellenmasse. Genaue Angaben macht er über das Verhalten der Kerne. Die der Linsenfasern liegen dicht gedrängt in einer Zone, die in der Höhe des Aequators in distalwärts konvexem Bogen von Rand zu Rand verläuft. Kernteilungen finden sich in den Linsenfasern nicht mehr. Es ist also durch dieses Objekt auch für menschliche Embryonen die allgemein giltige Regel bestätigt, daß die Lin sen fasern , so- bald sie eine gewisse Länge erreicht haben, nicht mehr fähig sind, sich durch Teilung zu vermehren; und zwar ergiebt ein Vergleich mit den oben geschilderten Befunden an Kaninchen- embryonen, daß die hierfür entscheidende Faserlänge bei den beiden Die Entwickelung des Auges. 227 Formen ungefähr die gleiche ist, nämlich ungefähr 0,180 mm. Wenn diese erreicht ist, dann wachsen auch bei menschlichen Embryonen die Fasern nur noch in die Länge, die Faserneubildung dagegen er- folgt von nun ab ausschließlich auf der Grenze von Linsenepithel und Linsenfasermasse dadurch, daß vom Epithel her eine Zelle nach der anderen zur Faser auswächst und sich ihrer Vorgängerin auflagert. Die durch Kernteilung eingeleitete Z e 1 1 v e r m e h r u n g ist fürder hin auf das Linsenepithel beschränkt, und Herr giebt an, daß auch bei seinem Objekte Mitosen an den verschiedensten Stellen des Linsenepithels, am zahlreichsten aber in derjenigen Gegend vorhanden waren, wo das Epithel an die Linsenfasermasse angrenzt. Das ist die Gegend, wo im weiteren Verlauf der Ent- wickelung wie bei den oben studierten Säugern, so auch beim mensch- lichen Embryo eine regelmäßig meridionale Ordnung der Epithel- zellen sich herstellt und dadurch bedingt die von Rabl als Radiär- 1 am eilen bezeichneten Faserreihen ihre Entstehung gewinnen. Die weitere Ausgestaltung des Linse scheint bei menschlichen Embryonen im wesentlichen genau so zu verlaufen, wie wir es oben für größere Säuger (Schwein) geschildert haben. Zu Ende des 2. oder Anfang des 3. Monats ist die Verdickung der Linsenfaser wand so weit gediehen, daß diese letztere sich an die distale Wand anlegt und das Lumen der Linsenblase auf einen feinen Spalt reduziert. Kölliker (1883, Fig. 9) hat dieXinse eines Embryo dieses Alters (21 mm Kopf-Steißlänge) beschrieben und abgebildet und die Durchmesser derselben auf 0,430 — 0,540 mm angegeben. Die Linse ist im 3. Monat kugelig, ihre proximo-distale Achse überwiegt sogar ein wenig gegenüber den äquatorialen Durchmessern. Zu Ende des 3. Monats beginnt die Bildung der Nähte, und vom 5. Monat ab hat die Linse einen dreistrahligen Linsenstern. Beim Neugeborenen soll die Linse 2/3 ihrer definitiven Größe be- sitzen. Diese letztere bestimmt anzugeben, ist allerdings schwierig, da nach Priestley Smith (citiert nach Fuchs 1903) im 65. Lebens- jahre die Linse um 1/3 voluminöser sein soll als im 25., das Wachs- tum der Linse durch Apposition demnach während des ganzen Lebens fortzudauern scheint. B. Der Augenbecher. Cupula1) optica s. Vesicula optica in versa. Allgemeine Schilderung auf Grund der Befunde bei Sauropsiden. Die Umgestaltung der Augenblase zum Augenbecher ist nicht ein Vorgang, der plötzlich einsetzt und rasch verläuft, sondern eine mit 1) Das Wort cupula findet sich in der anatomischen Nomenklatur unter der Bedeutung Kuppel, in Cupula pleurae, Cupula Cochleae. Im klassischen Latein bezeichnen cupa (Kufe, Tonne) und das Diminutiv cupula Hohlgefäße; spater da- gegen kommen sie, wie mir von philologischer Seite mitgeteilt wird, für allerlei jenen Hohlgefäßen ähnlich gewölbte Gegenstände in Gebrauch und finden sich schon auf Inschriften der römischen Kaiserzeit für Grabgewölbe, Grabnischen verwendet. In dieser Bedeutung sei das Diminutiv in der Legendenliteratur des 6. und 7. Jahr- hunderts n. Chr. üblich, jedoch meist unter der Schreibung cuppula. Vielleicht wäre es nützlich, diese Schreibung auch in unserer Nomenklatur dort einzusetzen, wo das Wort für Kuppel gebraucht wird. Für Augen becher scheint mir Cupula besonders deshalb empfehlenswert, weil es zusammenfällt mit dem französischen cupule und englichen cup, die bereits eingebürgert sind. 15* 228 A. Froriep, dem Wachstum ganz allmählich sich ausbildende Formveränderung. Es ist deshalb schwer, für den Beginn dieses Prozesses eine be- stimmte Entwickelungszeit anzugeben ; man kann beinahe sagen, und zwar gilt dies für alle Klassen der Wirbeltiere: er beginnt schon mit der Anlage der Augenblase. Denn sobald diese , nach Schluß des Medullarrohres, als eine im allgemeinen sackförmige Aus- buchtung des Gehirns auftritt, läßt sie auch schon Merkmale der späteren becherförmigen Gestaltung erkennen, wie es schon z. B. in den Figg. 166, 167, 177 zur Anschauung und im zugehörigen Text zum Ausdruck kam. Wir konnten an der Augenblase unterscheiden: den Stiel und die eigentliche Blase; und an dieser wiederum die lateralwärts ge- wölbte, dem Ektoderm anliegende distale, und die dem Gehirnrohr zugekehrte proximale Wand. ^Betreffend das Verhältnis von Stiel und Blase war sehr frühzeitig erkennbar, daß der Stiel sich nicht auf der Mitte, sondern am rostral- Fig. 214. z Fig. 215. jtmd cu l ep pu Fig. 214. Platten modelt des linken Auges eines 2,6 mm langen Embryo von Lacerta vivipara aus der Schnittserie, welcher Fig. 216 entnommen ist. Ansicht von lateral und unten. Vergr. 133 : 1. y Schnittebene der Fig. 215. z Lage des in Fig. 216 abgebildeten Schnittes. Fig. 215. Transversalschnitt des Auges eines Embryo von Lacerta vivipara, 2,8 mm Körperlänge. Präp. von A. Froriep. Vergr. 100 : i. Die Lage des Schnittes entspricht der Linie y in Fig. 214. ep Epidermis. I Linsenblase, cu Hohlraum des Augenbechers (Glaskörperraum), pu Pupillarrand. r Retinalblatt. au Eest des Seh- ventrikels, p Pigmentblatt, pmd Prämandibularhöhle. ventralen Rand der Blase inseriert, die Blase also dorsal und kaudal frei überhängt, mit ihrem rostralen und besonders mit dem ven- tralen Rand dagegen fast ohne Einziehung an die Vorder- hirnwand unmittelbar anschließt (vergl. Fig. 163, 165, 187). Und betreffend das Verhältnis der beiden Wände war zu bemerken, daß die mit dem Ektoderm in Berührung stehende distale Wand sich bald gegen die proximale in einem scharfen Winkel abgrenzt (Fig. 173, 182), daß sie dicker wird als die proximale (Fig. 167) und daß sie, dieser Verdickung entsprechend, sich in das Blasenlumen (den Sehventrikel) konvex hineinwölbt, während gleichzeitig der ihrer konkav sich einziehenden distalen Oberfläche an- liegende Ektodermbezirk zur Linsenplatte anschwillt. Die Entwickelung des Auges. 229 In all diesen zunächst fange der Becherbildung gegeben ganz zarten Andeutungen O &^ÖV sind die A n - Dadurch, daß ventral der glatte Ueb ergang der Blase in den Stiel und die Hirnwand dauernd bestehen bleibt, hier also die distale Wand in unmittelbarem Anschluß an den Stiel verharrt ohne Dazwischentreten eines be- sonderen proximalen Wandabschnittes, ist die Entstehung der Becher- spalte (Fissura cupulae, embryonale Augenspalte der Autoren) be- dingt l). Denn offenbar kann die Augenblase, wenn ihre distale Wand ventral am Stiel festgehalten ist, sich weiterhin nicht mehr als auf- getriebene Blase vergrößern, ihr Flächenwachstum wird vielmehr, in der distalen wie in der proximalen Wand, seine Expansion durch Schub nach der Umschlagsgrenze hin zum Ausdruck bringen, was zur Folge hat, daß der Umschlagswinkel immer spitzer, der Sehventrikel enger und die Ausladung des Umschlagsrandes im kaudalen, dorsalen und schließlich auch rostralen Umfang immer bedeutender wird. In- Fig. 216. Fig. 217. p au r / i ■ - ' / ■«V- ':--'' •- .- 4 ■ sp Fig. 216. Frontalschnitt des Auges eines Em- bryo von Lac. vivip., 2,6 min Körperlänge. Präp. von A. Froriep. Vergr. 100 : 1. Die Lage des Schnittes entspricht der Linie z in Fig 214. sp Gegend der Augenbecherspalte. st Stiel des Augen- bechers. Fig. 217. Sagittalschnitt des Auges von Lac. vivip., 2,4 mm Körperlänge. Präp. von A. Froriep. Vergr. 100 : 1. p Pigmentblatt, au Rest des Sehventrikels. r Retinalblatt. cu Höhle des Augenbechers. I Linse, sp Augenbecherspalte. 1) Ich schließe mich den von Kessler (1877, p. 66) geäußerten Bedenken gegen die Bezeichnung „Augenblasenspalte" an, da diese nur geeignet ist, irrtümliche Vorstellungen zu erwecken. Denn die Augenblase hat keine Spalte, sie ist vielmehr zu allen Zeiten, vor und nach ihrer Einstülpung ein geschlossener Sack. Wohl aber hat der Augenbecher eine Spalte im strengen Sinne des Wortes, und ich nenne die Bildung deshalb Augenbecherspalte. H. Virchow (1901, p. 775) bekämpft mit Recht die Ausdrücke „Augenspalte" und „Chorioidealspalte", er wird aber zugeben, daß auch die Bezeichnung „Augen- blasenspalte" einer strengeren Kritik nicht standhält. „Netzhautspalte" dagegen ist ein nicht ohne weiteres zu verwerfendes Synonym für Becherspalte, denn Retina im weiteren Sinne (d. h. inkl. Pigmentblatt, sowie Pars ciliaris und iridica) einer- seits und Augenbecherwandung andererseits sind ein und dasselbe. 230 A. Froriep, dem so der Grundteil der distalen Wand zurückgehalten, bei weiter- gehendem Wachstum sogar mehr und mehr in die Tiefe gedrängt wird durch die Emporwölbung des Randteiles, würde ein doppelwandiges Hohlgefäß von Kugel- oder Halbkugelform zu stände kommen, wenn nicht eben ventral das Randwachstum ganz ausbliebe. An dieser Stelle entsteht daher eine Lücke in der Kugelwand, und zwar muß diese, je mehr der Randteil im ganzen Umfange sich vorwölbt, desto tiefer werden und, je mehr sich das ganze Organ vergrößert, desto enger erscheinen. Das Resultat dieses Wachstumsvorganges ist die eigentümliche Gestalt des Augenbechers, wie sie durch die Figg. 214—222 veran- schaulicht wird. Fig. 214 zeigt das Plattenmodell der linksseitigen Augenanlage eines 2,6 mm langen Eidechsenembryo von lateral und unten gesehen. Die Linie y bezeichnet die Lage des in Fig. 215, die Linie z diejenige des in Fig. 216 abgebildeten Schnittes; die Schnitte Fig. 217 und 218 liegen parallel zur Ebene des Papieres, und zwar der erstere noch im Fig. 218. V ;»--■ '' st Fig. 218. Sagittalschnitt aus derselben Serie wie Fig. 217, 4 Schnitte zu je 10 fjt weiter medial wärts gelegen, cm Augenbecherhöhle (Glaskörperraum), r Retin al- blaitt. au Rest des Sehventrikels, p Ptgmentblatt. st Stiel des Augenbechers, zu- gleich Grund der Becherspalte, pmd Prämandibnlarhöhle. Fig. 219. Plattenmodell des linken Augenbechers wie Fig. 214. Linse ent- fernt. Laterale Ansicht. Vergr. 133:1. Gebiet der Becherspalte, der letztere im Ansatzgebiet des Becher- stieles. Vereinigt man diese Bilder in der Einbildungskraft, so dürfte eine befriedigende Gesamtvorstellung des Organs zu stände kommen, welche durch die Figg. 219—222 noch ergänzt wird. Fig. 219 giebt eine rein laterale Ansicht des Augenbechers ohne die Linse, man blickt also hier durch die vom Umschlagsrand des Augenbechers gebildete Pupillaröffnung in die Becherhöhle hinein. Wie schon in Fig. 214, so ist auch hier zu bemerken, daß die Becher- spalte sich nicht genau ventral-, sondern ventral- und kaudalwärts öffnet. Dies ist dadurch bedingt, daß der Umschlagsrand rostral (im Bilde links) weiter ventralwärts herabreicht als kandal, oder anders ausgedrückt, daß die rostrale Spaltenlippe länger ist als die kaudale. Die Entwickelung des Auges. 231 In der Furche, durch welche die letztere, die kaudale Lippe, gegen den Augen becherstiel sich absetzt (in Fig. 218 quer geschnitten), liegt eine Gefäßsprosse, die sich von dem den Augenbecher umspinnenden Blutgefäßnetz in die Spalte vorschiebt und hier endigt, wie der Schnitt Fig. 216 zeigt, wo im Lumen des Gefäßes 2 Blutkörperchen liegen. Der Augenbecherstiel ist dorso-ventral ein wenig abgeplattet und läßt an seiner ventralen Fläche eine ganz flache Einziehung oder Furche erkennen, die nach seiner Basis hin verstreicht. Es scheint mir nun nicht uninteressant, daß die erwähnte, in die Becherspalte sich ein- lagernde Gefäßsprosse bei diesen frühen Stadien nicht, wie man ge- meinhin voraussetzen würde, in dieser Einziehung oder Furche ihren Weg nimmt, sondern, wie angegeben, am Rand der kaudalen Spalten- lippe. Denn jene ventrale Einziehung oder Furche1) wird von den meisten Autoren mit dem Vordringen der Grfäße in Zusammenhang gebracht, etwa als Abdruck derselben. Wenn nun hier die Gefäß- sprosse gar nicht in der ventralen Furche des Stieles, sondern in dem Winkel an der kaudalen Spaltenlippe gelegen ist, so wird man sich fragen, was jene Furche zu bedeuten hat. Und da kommt in Betracht, daß, wie oben ausgeführt, die ventrale Wand des Stieles von Anfang an und während der ganzen Entwickelung der Augenblasen immer in unmittelbarem Zusammenhang mit der distalen Wand, d. h. dem Retinalblatt, bleibt und so die Verbindungsbrücke zwischen dieser und Fig. 220. Fig. 221. v. 1 Fig. 220. Plattemnodell des linken Auges wie Fig. 214, vom Gehirn abge- trennt. Vergr. 133:1. Ventral-kaudale Ansicht, so daß man durch die Becherspalte in den Glaskörperraum blickt. Fig. 221. Plattenmodell des linken Auges wie Fig. 220. Kaudale Ansicht. Durch unterbrochene Linien ist der Umriß des Sehventrikels und die Begrenzung der Becherhöhle eingetragen. Vergr. 133 : 1. dem Gehirn darstellt. Diese Verbindungsbrücke aber ist der WTeg, auf dem später die Sehnervenfasern von der Retina zum Gehirn wachsen. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß hierin eine morphogenetische Beziehung von großer Wichtigkeit vorliegt : der Lieh treeeptions- ap parat hält sich den kürzesten Weg zum Centralorgan offen. Dies ist das eigentliche Motiv für die Entstehung der 1) Von einigen Autoren wird die ventrale Einziehung am Augenbecherstiel als eine Besonderheit der Säugetierembryonen angesehen, dieselbe ist jedoch auch bei Sauropsiden erkennbar, nur weniger tief und proximalwärts bald verstreichend. 232 A. Froriep, Augen bech er spalte, die als Abflachung der ventralen Wand auch auf den Augenbecherstiel sich fortsetzt. 220 stellt dasselbe Modell dar, welches schon in Fig. 214 Fig. abgebildet war, nun aber durch einen Querschnitt des Augenstiels vom Gehirnrohr abgetrennt und so gedreht, daß man die Augenanlage von unten und hinten betrachtet. Man blickt daher durch die Becher- spalte auf die Linse und in die hinter der Linse gelegene Becherhöhle hinein. Auch in dieser Ansicht läßt sich an der kaudalen (im Bilde oberen) Spaltenlippe der einspringende Winkel am Augenstiel gut er- kennen, in deu sich (vergl. Fig. 218) die erwähnte Gefäßsprosse lagert. Desgleichen kommt die flache Einziehung an der ventralen Fläche des Augenstiels zur Anschauung, sowie auch der abgeplattete Querschnitt des letzteren und die flach-halbmondförmige Krümmung, die das Lumen des Ventrikels im Augenstiel aufweist, doch ist zu bemerken, daß folgenden Figur leider stärker ist. Augenstiel abgetrennte Augen- Ansicht, wodurch die geringere im Vergleich zur rostralen gut diese Krümmung in dieser und der erscheint, als sie am Modell wirklich Fig. 221 giebt ebenfalls die im anläge, jedoch in annähernd kaudaler Ausladung der kaudalen Spaltenlippe zur Anschauung kommt, sowie auch das besprochene Relief des Augen- stiels. Durch unterbrochene Linien ist in die Zeichnung hineingepaust: der Umriß des Sehventrikels, wie er sich von dem Ventrikelraum im Augenstiel aus zwischen die beiden Blätter der Augenbecherwand hinein fortsetzt, und ferner die distale Oberfläche des Retinalblattes, die die Begrenzung der Becherhöhle bildet, auslaufend oben in die Oberfläche des Umschlagsrandes an der Pupillaröffnung, unten durch die Becherspalte in die ventrale Furche des Augenbecherstiels. Fig. 222 endlich soll die vorher- gehenden Abbildungen erläutern. Es ist wiederum das in Fig. 214 darge- stellte Modell im Zusammenhang mit \ der Gehirnwand und in einer Ansicht ,JP von hinten. Vor der Aufnahme jedoch wurde die kaudale Hälfte des Augen- bechers samt der zugehörigen Hirn- wand entfernt, die Linse dagegen in- takt gelassen. So haben wir also in der Abbildung als weiße Fläche die Ebene des Schnittes, der in Fig. 216 abgebildet und dessen Lage in Fig. 214 Fig. 222. Plattenmodell des linken Auges wie Fig. 214. Die kaudale Hälfte des Augen- bechers ist entfernt, die Linse aber intakt gelassen. Kaudale Ansicht. Vergr. 133:1. durch die Linie z markiert ist ; aus dieser Schnittebene ragt nur die Linse hervor, mit ihrer kaudalen Hälfte sich dem Beschauer entgegen- wölbend. Die Abbildung gewährt somit einen Einblick in die künst- lich eröffnete Höhle des Augenbechers, in deren Pupillaröffnung die Linse schwebt; zugleich giebt sie eine Anschauung vom Lagen- und Dickenverhältnis der beiden Blätter des Augenbechers, des Retinal- und Pigmentblattes, sowie von dem engen ventrikulären Spaltraum, Die Entwickelung des Auges. 233 der zwischen denselben als Rest des Sehventrikels, d. i. des früheren Hohlraumes der Augenblase, allein noch übrig ist. Wir haben an der Hand der Figg. 214 — 222 die Gestalt des eben angelegten embryonalen Auges (der sekundären Augenblase der Autoren) besonders eingehend geschildert, einmal weil der darin vorliegende Entwickelungszustand des Organes, nachdem er durch rasches Wachs- tum entstanden, verhältnismäßig lange bestehen bleibt und weil er ferner ein in hervorragendem Maße typischer ist, d. h. in der Reihe der Wirbeltiere nur geringe Variationen darbietet. Die zeitlichen Entwickelungsverhältnisse werden wir am zweck- mäßigsten an Hühnerembryonen verfolgen. Hier vollzieht sich die Umgestaltung der Augenblase zum Augenbecher in den letzten Stunden des 2. Brüttages bei einer Körperlänge von 5—6 mm und dem Vor- handensein von 20 — 24 Urwirbeln. Die Abbildungen Fig. 223 und 224 Fig. 223. Fig. 224. Fig. 223. Frontalschnitt der Augenblase eines Hühnerembryo aus dem letzten Drittel des 2. Brüttages. Präp. von M. Heidenhain. Vergr. 100:1. v Ventrikel- raum des Vorderhirnes, st Stiel, au Höhle der Augenblase, p Pigmentblatt. r Eetinalblatt. / Linsenplatte, ep Epidermis, t Lamina terminalis des Vorderhirns. Fig. 224. Transversalschnitt der Augenanlage eines Hühnerembryo vom Ende des 2. Brüttages. Präp. von M. Heidenhain. Vergr. 100:1. v Vorderhirn. st Stiel des Augenbechers, p Pigmentblatt, r Retinalblatt. I Eandteil der Linsen- grube. stammen von zwei Hühnchen, welche beide je 46 Stunden bebrütet waren. Fig. 223 bietet noch das Bild der nicht eingestülpten Augen- blase und zeigt, beiläufig bemerkt, am basalen Rand den glatten Zu- sammenhang der distalen Blasenwand mit der Terminalplatte des Vorderhirns. In Fig. 224 dagegen, deren Schnittebene zu der der vorigen annähernd rechtwinklig steht und infolgedessen jene Be- ziehung zur Hirnwand natürlich nicht veranschaulicht, stellt die zum Becher eingestülpte Blase dar. Daraus folgt, daß das Flächenwachs- tum der peripheren Abschnitte beider Wandungen der Augenblase während der letzten Stunden des 2. Brüttages ein außerordentlich leb- haftes sein muß. 234 A. Froriep, Schon im Anfang des 3. Brüttages liegen die beiden Blätter des Augenbechers im Bereich des Bechergrundes einander dicht an, im Ciliarteil dagegen bleibt bis zu Ende des 3. Tages ein Lumen des Sehventrikels erhalten. Fig. 225 ist einem 3 Tage alten Hühner- embryo entnommen, dem Stadium, wo bei 30 — 35 Urwirbeln der Ab- schluß des Linsenbläschens eben erfolgt ist; im Bereich der späteren Pars optica der Retina berühren sich Retinal- und Pigmentblatt, der Stiel dagegen und die Umschlagszone sind noch offen. Zu Beginn des 4. Brüttages legen sich die beiden Blätter auch im Ciliarteil dicht aneinander, wie es Fig. 226 zeigt von einem Hühner- embryo des entsprechenden, in diesem Handb., Bd. I, Abt. 2, p. 98, Fig. 37i abgebildeten Stadiums. Der Sehventrikel ist von nun ab scheinbar verschwunden, aber nicht obliteriert, sofern dies heißen soll verwachsen, denn in Wahrheit legen sich die ventrikulären Oberflächen des Retinal- und des Pigmentblattes nur lose aneinander. Im Becher- grund, d. h. soweit als das Retinalblatt zur Pars optica der Netzhaut sich ausbildet, bleibt dies lockere Konti- guitätsverhältnis zeitlebens bestehen : die Stäbchen- und Zapfenschicht einerseits und das Pigmentepithel anderer- seits vereinigen sich zwar funktionell zu erfolgreicher Zusammenwirkung bei der Lichtreception, sie bewahren aber bleibend ihren Cha- rakter als Ektodermober- flächen. Dies erklärt zur mes Genüge die Hinfälligkeit Fig. 225. Frontalschnitt der Augenanlage eines Hühnerembryo vom Ende des 3. Brüttages. Präp. von M. Heidenhain. Vergr. 100 : 1. ep Epidermis, mes meso- dermales Gewebe. I Linsenbläs- chen, sp Spalte, st Stiel des Augenbechers, v dritter Ventrikel. ihrer gegenseitigen Verbindung, sowie die Schwierigkeit, Augen, em- bryonale wie erwachsene, zu fixieren ohne Ablösung des Retinalblattes. Die Pigmentbildung' im äußeren Blatt des Augenbechers be- ginnt bei Hühnerembryonen um die Mitte des 4. Tages in der dorsalen Wand des Augenbechers ungefähr in der Mitte zwischen Pupillarrand und Stiel und schreitet von hier aus, wie es scheint, ziemlich gleich- mäßig nach allen Seiten hin fort. Zu Ende des 4. Tages reicht die Pigmentierung distal bis zum Pupillarrand und proximal annähernd, aber noch nicht ganz bis zum Stiel, die ventrale Wandung ist merk- lich schwächer pigmentiert, und die Ränder der Spalte sind noch pigmentfrei. Die Entwickelung des Auges. 235 Am 5. Tage erreicht die Pigmentierimg den Stiel und greift nach Ucke's (1891. p. 20) zutreffender Beobachtung am 6. Tage sogar eine kurze Strecke weit in die äußere Wand des Augenblasenstieles über, wo sie jedoch bei älteren Embryonen wieder verschwunden ist. Besonderes Interesse bietet das erwähnte Freibleiben der Spalten- ränder von Pigment, weil es die gegen Ende des 6. Tages erfolgende partielle Verwachsung der Spalte überdauert. So bleibt auch da, wo sie verwachsen ist, als Spur der früheren Spalte noch für mehrere Brüttage der bekannte pigmentfreie Streifen zurück, welcher der richtigen Auffassung der Spalte des Augenbechers lange Zeit hinder- lich war. Da nämlich die älteren Autoren (vor den 60er Jahren) die ge- netische Differenz von Pigmentepithel und Cho- rioidea noch nicht klar Fig. 226. Frontalschnitt durch das Auge eines Hühner- embryo aus dem Anfang des 4. Brüttages. Präp. von M. Heidenhain". Vergr. 100 : 1 . ep Epithel der Cornea. I Linse. cu Höhle des Augen bechers, Glaskörperraum (derselbe ist durch ein Versehen bei Her- stellung der Autotypie ab- gedeckt worden, wodurch die Glaskörpersubstanz aus dem Bilde entfernt erscheint), r Retinalblatt. au Eest des Seh- ventrikels, p Pigraentblatt. st Stiel des Augenbechers, v dritter Ventrikel. erfaßt hatten, so wurde jener pigmentfreie Streifen des Augenbechers für eine Lücke in der Chorioidea gehalten und die Bezeichnung Chori- oidealspalt auch rückwärts auf die Augenbecherspalte übertragen. Auf das partielle Offenbleiben der letzteren wird besser weiter unten einzugehen sein im Zusammenhang mit der Entwickelung des Fächers (Pecten) und der inneren Augengefäße, zu welcher die Er- scheinung in Beziehung steht. Der pigmentfreie Streifen ist zunächst unabhängig davon, er erscheint auf der ganzen Strecke vom distalen Rande des Fächers bis zum Pupillarrand gleichmäßig, obschon ein kurzer Abschnitt der Ciliarzone offen, das übrige verwachsen ist. Am 9. Tage beginnt er zu verschwinden, indem nach Kessler sowohl vom Pupillarrande wie vom Fächer her die Pigmentbildung vorrückt. In der mittleren Gegend, im Bereiche der Processus ciliares, entsprechend eben dem offenbleibenden Abschnitt der Spalte, bleibt eine feine helle Linie zunächst noch erhalten, verschwindet aber im Laufe der nächst- folgenden Tage früher oder später vollständig, obgleich es zu einer richtigen Verwachsung des betreffenden Spaltenabschnittes beim Huhn überhaupt nicht kommt. Das Retinalblatt des Augenbechers zeigt bis in den Beginn des 7. Tages als mächtige, vielzellige Epithelwand annähernd gleiche Dicke in seiner ganzen Ausdehnung, oder richtiger die Abnahme 236 A. Froriep, seines Durchmessers nach dem Pupillarrande hin ist eine allmähliche. Im Lauf des 7. Tages wird die Stelle der späteren Ora serrata als plötzliche Verdünnung erkennbar, und schon um den 10. Tag ist die Pars caeca l) nur noch durch ein einzeiliges Cylinderepithel dargestellt, Pars optica im Gegenteil noch weiter an Mächtigkeit zu- die während nimmt. Am 9. Tag beginnt auch die Pars caeca sich weiter zu gliedern, indem die Grenze zwischen Pars ciliaris und P. iridica erkennbar wird. Fig. 227, vom 8. Tag, Blätter auf der ganzen Strecke und giebt zeigt noch völlig glatten Verlauf der beiden zugleich eine gute An- schauung von dem lockeren Anliegen der- selben aneinander, welches hier offenbar im Präparat zu einer Ablösung und Spalt- bildung geführt hatte. Fig. 228 zeigt die Einfaltung zur Anlage der Processus ciliares und Abgrenzung der Iris, sowie einen Gefäß- querschnitt, der sich hier im umgebenden Bindegewebe , dem künftigen Irisstroma, in der Regel findet als Vorläufer des Circulus arteriosus iridis major. Fig. 227. Meridional- schnitt aus dem Auge eines Hühnerernbryo vom 8. Tage. Nach Kesslee. Vergr. 60:1. Fig. 228. Meridional- schnitt aus dem Auge eines Hühnerembryo vom 9. Tage. Nach Kessler. Vergr. 60 : 1. Die Pars ciliaris bewahrt nun bleibend ihren Charakter als ein- zeiliges, pigmentfreies Cylinderepithel. Die Entstehung des Processus ciliaris durch Einwärtswucherung des umhüllenden gefäßführenden Bindegewebes, deren erste Andeutungen häufig früher als Fig. 227 es annehmen läßt, schon im Lauf des 7. Tages auftreten, trägt durch Vergrößerung der Oberfläche zu der erwähnten Verdünnung der Pars ciliaris ohne Zweifel mit bei. Dies ergiebt sich besonders deutlich aus dem Nachweise, den 0. Schultze (1901) zunächst allerdings für Säuger gegeben, daß die Verdünnung auf den Ciliarfortsätzen und in 1) Eine Bezeichnung für die gesamte Eegio cilio-iridica des Ketinalblattes war ein Bedürfnis; ich finde den von Rabl (1898, p. 532) eingeführten Namen sehr gut und übernehme ihn. Die Entwickelung des Auges. 237 den diesen entsprechenden Meridianen hochgradiger ist, als in den Meridianen der Thäler zwischen den Fortsätzen, ein Nachweis, der auch auf die Entstehung der Ora serrata Licht wirft, da deren Zacken eben in die Verdickungen von Thalmeridianen auslaufen. In der Pars iridica bleibt der primitive Charakter dagegen nicht erhalten wie in der Pars ciliaris, sondern, etwa vom 10. Brüttage ab, tritt in der Regel, vom Pupillarrande her beginnend, Pigmentbildung in den Epithelzellen auf, die zur Folge hat, daß nun hier das Innen- blatt, d. h. die Pars iridica retinae, dem anliegenden Abschnitt des Pigmentblattes allmählich immer ähnlicher wird. Zwar bis gegen das . >>*w_ .---—"' ir Fig. 229. Meridionalschnitt aus dem Auge eines Hühnerembryo vom Anfang des 11. Tages. Präp. von M. Heidenhain. Vergr, 75:1. ir Iris stroma. o.s. Ora serrata. p.c. Processus ciliaris. Ende der embryonalen Entwickelung bleiben die beiden Epithelblätter der Iris, die am Pupillarrande ineinander umbiegen, deutlich unter- scheidbar, im späteren Wachstum indessen nimmt die Pigmentbildung so überhand, daß Zellen und Zellgrenzen beider Blätter, sowie die Be- rührungsfläche der Blätter untereinander im Pigment begraben und völlig unkenntlich werden. Fig. 229, von einem Hühnerembryo von 10 Tagen , giebt eine Anschauung von den geschilderten Gestaltungsvorgängen : die Ver- dünnung des Ketinalblattes an der Stelle der späteren Ora serrata; die Pars ciliaris, die sich mehr und mehr streckt und nach der Linse zu durch einen Processus ciliaris emporgehoben erscheint; die kurze Iris, deren beide Blätter noch sehr deutlich unterschieden sind, ob- gleich die mikroskopische Untersuchung zeigt, daß im retinalen Blatt bereits Pigment vorhanden ist; und das mächtige Irisstroma, das der äußeren Fläche des Pigmentblattes anliegt. Abweichende Befunde bei Anamniern1). Cyclostomen. Ueber den Augenbecher der Petromyzonten besitzen wir Angaben von W. Müller (1874), Kupffer (1890) und Ucke (1891). Wie bei der Augenblase (s. oben p. 165), so fällt auch nun bei dem aus ihr entstandenen Becher die Kleinheit der An- lage auf. 1) Die Befunde über den Augenbecher bei Säugetieren sind wegen der nahen Beziehungen zu Blutgefäßen erst im Zusammenhang mit diesen weiter unten zu be- sprechen. 238 A. Froriep, Fig. 230 stellt einen Schnitt durch den Kopf eines Ammocoetes dar, welcher wie der in Fig. 169 nicht quer zur Hirnachse, sondern schräg, der Horizontalen genähert, verläuft. Ein Augenbecher liegt hier noch nicht fertig vor, wir sehen den Sehventrikel noch geräumig und durch den Augenblasenstiel in weit oifenem Zusammenhang mit der Gehirnhöhle. Doch haben sich die beiden Wandungen schon deut- lich differenziert, das Retinalblatt, 3- bis 4mal so dick wie das Pig- mentblatt, wölbt sich in den Sehventrikel vor und liegt mit seiner konkaven distalen Fläche der Linsenplatte des Ektoderm an. Spätere Stadien bildet W. Müller ab, und aus seinen Angaben (p. 20 u. f.) ist bemerkenswert, daß sehr frühzeitig (bei Larven von 14 mm) zellenreiches Mesodermgewebe in der Becherhöhle angetroffen wurde, das sich in der Folge weiter vermehrt, so daß bei Larven von 25 — 45 mm Körperlänge durch die verhältnismäßig weite Becherspalte Fig. 230. Fig. 231. Fig. 230. Schnitt durch den Vorderkopf eines Embryo von Petromyzon Planeri aus der 5. Periode. Nach Kupffek, (1890). Vergr. 160 : 1. b Blutgefäß, g Ganglien- leiste des Trigeminus. h Hypophysentasche. I Linsenplatte, v Ventrikel des Vorderhirns. Fig. 231. Schnitt durch den Vorderkopf eines Embryo von Bdellostoma Stouti von 17 mm Körperlänge. Nach Kupffer (1900). Vergr. 68:1. cu Augenbecher. hy Hypophysentasche, v Vorderhirn mit Hemisphärenblasen. ein „pilzförmig gestielter'1 Glaskörperfortsatz in den Raum zwischen Linse und Retina eintritt. Bei Larven von 105 mm waren im Glas- körper keine Zellen mehr nachweisbar, und in der Folge tritt bald die Verwachsung der Becherspalte ein und schnürt den Glaskörper vom umgebenden Bindegewebe ab. Das äußere Blatt des Augenbechers bildet W. Müller auch noch für eine 105 mm lange Larve von Petromyzon Planeri als voll- kommen pigmentfrei ab. Ucke dagegen fand bei 70 mm langen Exemplaren derselben Species die dorsale, rostrale und kaudale Fläche des Augenbechers pigmentiert, dagegen die ventrale pigmentfrei bei bereits geschlossener Becherspalte. In einer etwa doppelt so langen Larve hatte sich das Pigment etwas weiter ausgebreitet, so daß die Iris auch ventral Pigment führte ; die übrige ventrale Fläche war aber auch in diesem Stadium unpigmentiert. Kupffer (1900, p. 42) hat auch vom Augenbecher eines Myxi- noiden eine Abbildung mitgeteilt, welche in Fig. 231 wiedergegeben Die Entwickelung des Auges. 239 ist. Leider enthält der Text, da die betreffende Untersuchung der Formentwickelung des Gehirns gewidmet ist, fast nichts über die Augenanlage. Aber auch das Bild allein ist interessant genug. Es zeigt einen wohlentwickelten Augenbecher mit allen Charakteren wie Dickendifferenz der beiden Blätter, Anlagerung des distalen an das proximale Blatt fast bis zum Verschwinden des Sehventrikels und eine typische Augenbecherspalte. Und dies alles findet sich in der Tiefe des reichlich umgebenden Mesodermgewebes weit entrückt vom Ekto- derm, das glatt über die Gegend hinwegzieht, ohne die geringste An- deutung einer Linsenplatte. Innerhalb der Becherhöhle ist ein dichteres Gewebe angedeutet — der Verdacht, daß dies der Rest einer vor- handen gewesenen, aber degenerierten und geschwundenen Linse sein könnte, dürfte aber doch wohl ausgeschlossen sein, und so erbringt also eigentlich diese Abbildung einen recht anschaulichen Beweis für die Unabhängigkeit der Augenbecherbildung vom Auftreten der Linse. Selackier und Amphibien. Während bei Selachiern die Um- gestaltung der Augenblase zum Becher keine auffallenden Besonder- heiten darbietet, sind bei Amphibien die betreffenden Befunde, welche Rabl (1898) näher verfolgt hat, recht eigenartig. Besonders auffallend ist die außerordentlich frühzeitige Dif- ferenzierung der beiden Blätter. Vergleicht man oben Fig. 177 (Torpedo) mit Fig. 205 No. 1 (Axolotl), so sieht man, wie verschieden Selachier und Amphibien in dieser Beziehung sich ver- halten. Beide Präparate zeigen die erste Anlage der Linsenplatte, die Torpedo bei 40, der Axolotl bei 24 Urwirbeln ; während aber in ersterer noch nahezu gleiche Stärke der beiden Wandungen besteht, — nur der Mitte der Linsenplatte gegenüber ist die distale Wand verdickt — liegt im Amphibienembryo bereits eine überraschende Entwicke- lungshöhe des Augenbechers vor. Das Retinalblatt wölbt sich als eine dicke, kuchenförmige Masse, in der drei übereinanderliegende Kern- reihen unterschieden werden können, proximalwärts, das Pigmentblatt dagegen besteht aus einer einfachen Lage platter Zellen. In Maßen ausgedrückt : bei dem Torpedoembryo beträgt der Durchmesser der Wand der Augenblase an beiden Blättern gleichmäßig ungefähr 0,04 mm, nur der Mitte der Linsenplatte gegenüber 0,05 mm ; bei Axolotl mißt die Dicke des Retinalblattes 0,1 mm, die des Pigment- blattes 0,005 mm. Was den Sehventrikel betrifft, so möchte ich die Weite desselben in Fig. 205, No. 1 für Artefakt halten, da ich in einer mir vorliegenden Serie eines Axolotlembryo, in der das Auge die Ent- wickelungshöhe wie Fig. 205 No. 2 darbietet, die beiden Blätter ein- ander anliegend finde wie in Fig. 205 No. 4. Den Amphibien eigentümlich ist auch das zeitweise Auftreten von Pigment im Retinalblatt, auch in der Pars optica. In Fig. 205 und 206 ist es in Gestalt radiär verlaufender Körnchenreihen zwischen den Zellkernen zu erkennen. Es ist am stärksten in Stadien wie No. 1 und nimmt kontinuierlich ab, so daß es in der Pars optica nur bis zu No. 5, höchstens 6 anzutreffen ist. Im Pigmentblatt ist es an- fangs spärlicher als im Retinalblatt, erst wenn es im letzteren nahezu geschwunden ist, wird es reichlicher (No. 5). Einen wichtigen Abschnitt in der Entwickelung des Augenbechers bei Amphibien bildet das Fig. 232 abgebildete Stadium No. 6, weil hier die gegenseitige Abgrenzung von Pars optica und caeca und gleichzeitig die spezifische Ausbildung der Sehzellen beginnt. 240 A. Froriep, Aufmerksamkeit Die Entstehung der Stäbchen und Zapfen wird, wie Rabl für Axolotl nachweist und ich für Rana temporaria bestätigen kann, erkennbar durch zuerst halbkugelige, dann mehr abgestutzt ovale Prominenzen (Fig. 232 st) an der ventrikulären Fläche des Re- tinalblattes, die durch ihre stärkere Lichtbrechung im Präparat die auf sich ziehen. Gleichzeitig ordnen sich die be- nachbarten Zellkerne in eine Reihe derart, daß jeder ventrikulären Pro- minenz ein Zellkern entspricht. Der Bezirk, in welchem die ersten dieser Andeutungen von Stäbchen und Zapfen erscheinen, liegt, worauf Rabl (1898) wegen des physiologischen Interesses, das die Thatsache darbietet, aufmerk- sam macht, Augenachse, man an der am proximalen Pol der In den Präparaten findet Stelle in der Regel das Fig. 232. Schnitt durch das Auge eines Axolotlembryo. Nach Rabl. Vergr. 145:1. st Anlage der Stäbchen und Zapfen. Pigmentblatt vom Retinalblatt abgehoben, ich halte dies aber nicht eingeschaltet erkennen ist. für Artefakt, sondern glaube, daß es durch die Vorgänge bei der Bil- dung der Stäbchen bedingt ist. Die Entwicklung der Stäbchen und Zapfen, sowie die gesamte Schichtenausbildung der Retina schreitet vom Centrum nach der Peripherie zu fort. In dem Maß, wie die Prominenzen sich über ein größeres Gebiet ausbreiten, wachsen die in der Mitte gelegenen zu flaschenförmigen Körpern aus, so daß hier bald (Fig. 206 No. 8) ein breiteres Innenglied und ein schlankeres, zartes Außenglied zu unterscheiden und (No. 9) zwischen diesen relativ plumpen Stäbchen da und dort ein schmaler spitz auslaufender Zapfen zu Zwischen die Außenglieder treten feine Fortsätze der Pigmentepithelzellen, so daß nun die Verbindung zwischen den beiden Blättern der Augenbecherwandung eine innigere wird. Schon in Embryonen wie No. 8 ist die typische Schichtung der Pars optica angelegt und wird bis zum Stadium des Aus- schlüpfens (No. 10) deutlicher. Den Stäbchen und Zapfen zunächst sieht man eine doppelte Reihe Kerne, die Stäbchen- und Zapfenkörner, welche wie durch einen hellen Strich, d. i. die äußere retikuläre Schicht, abgegrenzt sind gegen die 3 — 4 Zellkerne mächtige innere Körnerschicht. Dann folgt eine in allen Präparaten sehr auffallende, breite, helle Zone, die innere retikuläre Schicht, der entlang eine Lage größerer und mehr rundlicher Kerne die Ganglienzellenschicht dar- stellt. Seit dem Stadium von No. 6 waren bereits einzelne, allmählich sich mehrende, feine Nervenfasern zu konstatieren, erst im Hals des Augenbechers und Beginn des Stieles, nun (No. 8) kann neben den Kernen der Ganglienzellenschicht an der distalen Oberfläche des Re- tinalblattes eine zarte Opticusfaserschicht unterschieden werden. Die Abgrenzung der Pars caeca, die erste Anlage also der Ora serrata, macht sich vom Stadium der Fig. 232 (Fig. 205 No. 6) ab als winkelige Einknickung bemerkbar. Dieser entsprechend ziehen Die Entwickelung des Auges. 241 sich die Kerne von der Oberfläche zurück und ordnen sich zu einem einfachen, einzeiligen Cylinderepithel (No. 8 u. 10). Zunächst stellt die Pars caeca wohl nahezu in ihrer Gesamtheit weioena | 2 Arteria ]entis I IL peripher | 3. Vasa hyaloidea propria. ' abzweigend | 4. Netzhautgefäße. Das System der Ciliar- oder Aderhautgefäße verhält sich in der Reihe der Wirbeltiere im wentlichen gleichförmig und bietet auch ent- wickelungsgeschichtlich, da es sich der Gliederung der Augenbecher- wand in Pars optica, ciliaris und iridica in entsprechenden Modi- fikationen anpaßt, kein besonderes Interesse. Ganz anders steht es mit den Systemen der inneren Augengefäße. Sie zeigen bei :den verschiedenen Klassen eine zum Teil bis in die Ordnungen und Familien herabreichende, außergewöhnliche Mannig- faltigkeit, bedingt hauptsächlich durch die Vielgestaltigkeit der Bil- dungen, die sich in der Gegend des Sehnerveneintrittes und der Augen- bechernaht vorfinden. Diese Bildungen sind durch die Untersuchungen und kritischen Erörterungen H. Virchow's (1882, 1885, 1901) unserem Verständnis oder wenigstens unserer Kenntnis wesentlich näher ge- rückt worden, bergen aber immer noch unendlich viel des Rätsel- haften. Zur leichteren Uebersicht wollen wir die Wirbeltiere im Hinblick auf das Verhalten der inneren Augen gefäße und der mit diesen in Zusammenhang stehenden Gebilde in mehrere Gruppen verteilen : 1) solche, bei denen die inneren Augengefäße gar keine nennenswerte Entwickelung gewinnen, es sind: Cyclostomen, Selachier, Knorpelganoiden, Dipnoer, urodele Amphibien; 2) solche, bei denen nur Vasa hyaloidea propria sich bilden: K noch eng ano- iden, anure Amphibien; 3) solche, bei denen die axialen Bil- dungen an der Augenbechernaht in geringerem oder größerem Maße sich entfalten, daneben aber auch Vasa hyaloidea propria vorkommen können :Teleosteer, Reptilien, Vögel; 4) solche, die die Arteria lentis und Vasa hyaloidea propria embryonal besitzen, aber wieder verlieren, dagegen als bleibende Bildung Netzhautgefäße entwickeln, in deren ausschließlichen Dienst der zuführende Hauptstamm tritt: Säugetiere. Ganz allgemein findet man bei Embryonen derjenigen Stadien, in die die Bildung und Ausgestaltung des Augenbechers fällt, ventral vom Augenblasenstiel, diesem ungefähr parallel, einen Gefäßplexus von der Hirnbasis her nach der Augenblase verlaufend, und innerhalb desselben oder an seiner Stelle nicht selten ein einzelnes Blutgefäß, das durch seinen relativ großen, manchmal annähernd kreisrunden Quer- schnitt zwischen den kleineren und unregelmäßigeren Gefäßlichtungen der Umgebung die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Wo sich, z. B. 246 A. Froriep, bei Vogel- und Säugerembryonen, der Stiel in der Nähe des Bechers an seinem ventralen Umfang rinnenartig einzieht, da erhebt sich auch dieses Gefäß mehr dorsalwärts und kommt in die Ebene der Augen- becherspalte zu liegen. Dieses Gefäß repräsentiert in erster unscheinbarer Anlage den Stamm der Arteria hyaloidea. Dasselbe war schon den älteren Autoren bekannt, wurde von Kölliker (1861, p. 279) abgebildet und ist be- sonders eingehend von Kessler (1877, p. 22, 35, 74) besprochen worden als dorsal gelegener, arterieller Schenkel einer in der Augen- becherspalte verlaufenden Gefäßschlinge, welche unter der Linsenanlage umbiegend in einen ventral gelegenen, rückläufigen Schenkel übergehe. Der letztere, venöse Teil verliert sich in das umspinnende Netz der äußeren Augengefäße und ist nicht ohne weiteres nachweisbar, wohl aber der zuführende Schenkel. Dieser könnte zweckmäßigerweise als die primitive Augenbecherarterie (Art. cupulae opticae) be- zeichnet werden, sie bildet die Grundlage, aus der das gesamte System der inneren Augengefäße hervorgeht. Selaekier. Bei Torpedoembryonen ist die primitive Augen- becherarterie zwar frühzeitig angelegt, aber zunächst durch eine Art von Geflecht vertreten. Bei Embryonen von 12 bis 14 mm Körperlänge (Bal- FOUR-Stadium L) hebt sich ein stärkeres Gefäß bereits hervor, ist aber stellenweise doch noch unregelmäßig ge- flechtartig. Dies zeigt der Frontalschnitt Fig. 233, wo ^ p« das Gefäß an der ventralen Fläche des Augenblasen- stiels auf der ganzen Strecke vom Rande der Abbildung links unten bis zum Be- Fig. 233. Frontalschnitt durch das Auge eines Embryo von Tor- pedo marmorata von 14,5 mm Länge, 71 Urwirbel. Präp. von A. Froriep. Vergr. 100:1. au Sehventrikel. I Linse, mes Me- sodermgewebe mit dem Augen- bechergefäß im proximalen Teil der Becherspalte, pu Pupillar- rand des Augenbechers, sp ro- strale Lippe der Augenbecher- spalte, durch den Schnitt ge- streift, st Ventrikel im Augen- blasenstiel. v Ventrikel des Zwischenhirns. ginn der Becherspalte zu verfolgen ist. Der Sagittalschnitt Fig. 234, von einem ungefähr gleichaltrigen Embryo, hat das distale Ende der in Rede stehenden Gefäßschlinge getroffen ; in den distalwärts folgenden Schnitten ist kein Gefäßlumen und bald überhaupt kein Bindegewebe mehr in der Spalte vorhanden. Auch der Frontalschnitt, Fig. 233, Die Entwickelung des Auges. 247 zeigt dies gut: die Becherspalte sowohl wie der ganze Umfang der Ciliar- und Pupillarzone des Bechers ist von Mittelblattgewebe noch frei, in den proximalen Teil der Spalte drängt es sich als Träger des Augenbechergefäßes keilförmig ein. Fig. 234. Sagittalschnitt durch den Augenbecher eines Embryo von Torpedo marmorata von 13,5 mm Länge, 71 Urwirbel. Präp. von A. Froriep. Vergr. 100:1. au Sehventrikel, p Pigmentblatt, r Retin alblatt. sp Proximaler Teil der Augen- spalte, darin ein Bindegewebskeil mit dem Ende der Gefäßschlinge, sowie eine in den Becherhohlraum getretene mesodermale Zelle. Dieser gefäßführende Bindegewebsfortsatz gewinnt vorübergehend eine recht ansehnliche Entfaltung. Zunächst, bei Torpedoembryonen von 16 mm Körperlänge (Bal- FOUR-Stadium M) ist nur das Blutgefäß stärker und reicht, dem Stiel noch unmittelbar anliegend, tiefer in die Spalte, das begleitende Ge- webe ist noch sehr spärlich. Bei Embryonen von 21—23 mm Körperlänge (BALF.-Stad. N) dagegen ragt ein bindegewebiger, gefäßreicher Wulst von der Spalte aus in den Glaskörperraum hinein. Die Basis desselben steckt in einem Abschnitt der Spalte, deren Ränder so nahe beisammen liegen, daß nur eine sehr dünne Platte von Bindegewebe zwischen ihnen hindurchtreten kann. Rechtwinklig zur Spalte geschnitten zeigt das Gebilde einen etwa birn- oder beuteiförmigen Umriß, bei welchem Vergleich der Stiel der Birne in der Spalte wurzelt. In Längsschnitten, die der Spalte parallel laufen, bietet die Gestalt des Wulstes eine ge- wisse Aehnlichkeit mit der Crista galli eines menschlichen Schädels, die rasch ansteigende Höhe proximal, das allmählich flach ver- streichende Ende distalwärts gekehrt. An seiner ganzen Oberfläche steht das Gewebe des Wulstes in kontinuierlichem Zusammenhang mit dem Glaskörper. Proximal reicht das Gebilde nicht bis an den Spaltengrund, wo der Sehnerv in das Retinalblatt des Augenbechers sich fortsetzt, sondern hier treten jetzt die Spaltenlippen, dem Sehnerv sich dicht anlegend, unmittelbar aneinander, so daß sie sich bei einem Embryo von 21 mm Körperlänge auf einer Strecke von ungefähr 0,050 mm bis zu scheinbarer Verschmelzung dicht berühren ; erst in dieser Ent- fernung vom Spaltengrund beginnt das Bindegewebe einzutreten. Bei einem Embryo von 23 mm beträgt der betreffende Abstand ungefähr 0,090 mm. Der Verschluß der Spalte beginnt also am proximalen 248 A. Froriep, Ende und schreitet distalwärts fort, wie auch de Waele (1900) an- gegeben. Die Länge des Spaltenabschnittes, in dem der Wulst sitzt, beträgt bei Embryonen von 21 mm Körperlänge ungefähr 0,270 mm und die des distalwärts folgenden Abschnittes bis zum Pupillarrand ebenfalls ungefähr 0,270 mm. In Fig. 235 ist der Wulst zum Teil in w st.% n sp Fig. 235. Querschnitt des Auges einer Torpedo ocellata von 21rmm Länge. Präp. von M. Feoriep. Vergr. 100:1. cm Rest des Seh Ventrikels, n Sehnerven- fasern, p Pigmentblatt, r Retinalblatt. sp Ventral-rostrale Lippe der Becherspalte. st.a äußere, stA innere Wand des Augenblasenstiels. w Wulst in der Spaltennaht, schräg geschnitten. den Schnitt gefallen, und obgleich das Präparat nicht hierfür ausgewählt wurde, giebt es doch eine, wenn auch nur unvollständige, Anschauung von dem Gebilde; insbesondere ist der Gefäßreichtum zu erkennen, da die Kerne der Blutkörperchen kleiner und dunkler gefärbt sind als die Bindegewebskerne des Wulststromas. Lage, Gestalt, Struktur und Beziehung zu dem axialen Gefäß des Augenbechers — - dies alles legt den Gedanken nahe, daß hier das Rudiment eines mit der Leiste (Processus falciformis) der Knochen- fische verwandtes Gebdde vorliegt. Das spätere Schicksal desselben habe ich nicht verfolgt, doch darf wohl angenommen werden, daß es schon ontogenetisch schwindet, da nach übereinstimmenden Angaben das Selachierauge kein derartiges Organ besitzt. Teleosteer. Innerhalb der Gruppe der Knochenfische spielen dagegen hierhergehörige Einrichtungen eine große Rolle. Carapa- nula Halleri und Processus falciformis, seit alter Zeit viel- besprochene Gebilde, für welche H. Virchow (1882), wie ich glaube, sehr glücklich, die sachgemäßen Bezeichnungen Linsenmuskel und Leiste eingeführt hat, stehen höchst wahrscheinlich zu demselben in Beziehung, das bei Torpedoembryonen den oben beschriebenen Wulst liefert. Es ist im engeren Sinne die Leiste, die in Betracht kommt, da der Linsenmuskel nach Nussbaum's (1899, Bildungsmaterial Die Entwickelung des Auges. 249 1901) Entdeckung sich aus Epithelzellen der Spaltenränder des ciliaren Teils der Augenbecherspalte entwickelt. Die Leiste besteht, ebenso wie jener Wulst, aus Bindegewebe, das durch die Netzhautspalte hindurch in den Glaskörperraum hinein- ragt. Wie der Wulst, so steht auch die Leiste mit dem Glaskörper- gewebe so innig in Zusammenhang, daß, nach Virchow's Ausdruck, es eine ausgesprochene Grenze zwischen beiden nicht giebt. Und end- lich wird auch die Leiste von einem Blutgefäß versorgt, das von H. Virchow der Glaskörperarterie gleichgesetzt wird, also ebenfalls jener Blutbahn homolog gelten darf, welche wir bei den besprochenen Torpedoembryonen als axiales Augenbechergefäß durch die Spalte in den Wulst vordringen sahen. Aus der Gestalt der in Frage stehenden Gebilde kann über ihre Verwandtschaft nichts sicheres gefolgert werden, weil einerseits die- selbe in der Reihe der untersuchten Teleosteer beträchtliche Variationen zeigt und andererseits der Wulst zunächst nur von Torpedo bekannt ist, also möglicherweise innerhalb der Selachier ebenso stark variiert. Uebrigens fehlt die Form, die der Wulst bei Torpedoembryonen dar- bietet, in der von H. Virchow aufgestellten Reihe von vier bei den Teleosteern verwirklichten Modifikationen nicht: proximal hoch und distal niedrig, wie H. Virchow die Leiste im Auge des Thunfisches gefunden, so stellt sich auch der Wulst des embryonalen Auges vom Zitterrochen dar, also im Vergleich mit dem typischen Processus falciformis der Salmoniden, dessen bedeutendere Höhe distal gelegen ist, als eine in entgegengesetzter Richtung gestellte Falx. Reptilien. Während bei Amphibien von axialen Gebilden im Augenbecher nichts bekannt ist, weder im fertigen Zustande noch bei Embryonen, sind die Reptilien mit einzelnen Ausnahmen im all- gemeinen damit versehen, jedoch in sehr verschiedenem Grade der Ausbildung. Die typische Gestalt des wohlentwickelten Organs im fertigen Zustande ist hier ein konischer Zapfen, der wie eine Ver- längerung der Papilla nervi optici, an der Basis den gleichen Durch- messer wie dieser habend, in den Glaskörperraum vorragt. Diese Form findet sich jedoch, wie es scheint, nur bei Sauriern, am besten ausgebildet bei Lacerta, während die drei übrigen Ordnungen nur Rudimente davon aufweisen, die wiederum mancherlei Verschieden- heiten zu bieten scheinen. Alle diese Modifikationen wurden in der Literatur bisher mit den auf ihre Gestalt durchaus nicht passenden Namen Pecten, Fächer, Kamm belegt, lediglich wegen ihrer verwandtschaftlichen Beziehung zu dem gleichnamigen Organ im Vogelauge; es ist ein Verdienst H. Virchow's, die sehr passenden Bezeichnungen Zapfen für das voll entwickelte Organ, wie es sich z. B. bei Lacertiliern findet, Polster für das Rudiment des Gebildes bei anderen Formen vor- geschlagen zu haben. Gegenüber der oben besprochenen Leiste der Teleosteer zeigen alle die hier in Betracht kommenden Bildungen den großen Unter- schied, daß die Becherspalte sich nicht wie dort als Basis des Ge- bildes erhält, sondern im Gegenteil frühzeitig verwächst, so daß das fertige Organ, wie erwähnt, ausschließlich auf der Sehnervenpapille wurzelt. Der Schluß der Bechernaht beginnt an der Papille und rückt distalwärts fort. So kommt es, daß das axiale Blutgefäß, das bei 250 A. Froriep, jüngeren Embryonen in der Becherspalte lag (siehe oben Fig. 216) nach innen verlegt wird und nun jeweils auf der Strecke, soweit der Spaltenschluß vorgerückt ist, frei durch den Glaskörperraum verlaufen muß bis zu der Stelle, wo es, in einem allmählich größer werdenden Abstand von der Papille, durch das blinde Ende des noch erhaltenen Teils der Spalte nach außen durchtreten kann. Bei einem Lacerta- Embryo von ungefähr 5 mm Körperlänge und nahezu 1,5 mm Augen- durchmesser, der mir in einer sagittalen, zum Verlauf des Augen- bechergefäßes rechtwinkligen Serie vorliegt, verläuft dieses letztere frei durch den Glaskörper auf einer Strecke von ungefähr 0,6 mm in ganz flachem Bogen ungefähr auf das untere Drittel der Linse hin gerichtet; in der Nähe der letzteren angekommen, biegt es dann in stumpfem Winkel abwärts, tritt an das Retinalblatt, das hier noch mächtig ist und von der Spalte keine Spur erkennen läßt, und verläuft an diesem 0,080 mm weiter, bis es sich hier, wo die Dickenabnahme des Retinal- blattes die Grenze von Pars optica und Pars ciliaris anzeigt, in den Spalten schlitz einsenkt, den es auf einer Strecke von ungefähr 0,060 mm zum Durchtritt in Anspruch nimmt. Nach dem Durchtritt verliert es sich in dem Netz der äußeren Augengefäße. Distalwärts von der Durchtrittsstelle ab liegen die Spaltenlippen zunächst noch eine, dem Rest der Pars ciliaris entsprechende Strecke von ungefähr 0,040 mm locker aneinander, weiterhin aber, auf einer Strecke von 0,100 mm, wo die Pigmentierung auch des Innenblattes die Pars iridica anzeigt, so dicht, daß es in einzelnen Schnitten den Anschein hat, als ob die Verwachsung begonnen. Kessler (1877, Fig. 80) bildet den Frontalschnitt eines annähernd gleichaltrigen Eidechsenauges ab, in welchem sich alles ungefähr ebenso verhalten zu haben scheint, nur wird angegeben, daß der distalwärts vom Ge- fäßdurchtritt gelegene Abschnitt der Spalte schon spurlos verwachsen gewesen sei. Da die Schnittrichtung dort parallel zur Spalte verlief, so wäre es denkbar, daß ein vorhandener Spaltenrest sich der sorg- fältigsten Beobachtung entzogen hätte, und ich möchte dies fast glauben, weil ich auch noch in älteren Embryonen einen Rest der Spalte im Ciliarteil gesehen habe und vermuten möchte, daß dieser erst zugleich mit der Obliteration des Gefäßdurchtrittes verschwindet. In welche Entwickelungszeit dieser letztere Vorgang fällt, kann ich nicht angeben. Bei nahezu ausgetragenen Embryonen von Lacerta vivipara finde ich keine Spur mehr von jener Verbindung mit der Augenwand, sondern einen ziemlich nahe an der Linse, aber frei im Glaskörperraum endi- genden Zapfen. H. Virchow (1901, p. 830) giebt für eine ausge- wachsene Eidechse an, daß der Abstand von Zapfen und Linse sich zur Länge des ersteren verhalten habe wie 1 : 5. Der embryonale Zapfen besteht aus einem Strang, in dessen Achse das primitive Augenbechergefäß von der Eintrittsstelle des Seh- nerven nach der geschilderten Durchtrittspforte auf der Grenze von Pars optica und ciliaris verläuft. Der Gefäßquerschnitt nimmt in proximal-distaler Richtung zu, so daß er auf der Ciliargrenze das Vielfache des Querschnittes an der Sehnervenpapille beträgt. Die Gefäßlichtung enthält in allen Schnitten Blutkörperchen und die zarte Gefäßwand ist überall deutlich. Dieser unmittelbar anliegend umgeben relativ große Bindegewebszellen das Gefäß und entsenden feine Ausläufer in den umgebenden Glaskörper hinein, in welchem in größeren Abständen ähnliche, ebenfalls mit feinen Ausläufern ver- Die Entwickelung des Auges. 251 sehene Bindegewebszellen verteilt sind. Zapfen und Glaskörper er- scheinen durchaus als einheitliches Organ. Vögel. Die höchste Ausbildung und damit zugleich eine gewisse Gleichförmigkeit innerhalb der Klasse zeigt das Organ der Augen- becherspalte bei den Vögeln, wo es als Pecten, Kamm, Fächer, und von älteren Autoren, wie z. B. Home (1822), auch als Marsupium bezeichnet wird. H. Virchow betont mit Recht, daß von diesen Namen „Fächer'1 der allein zutreffende ist. Das Gebilde besteht im fertigen Zustand aus einer vierseitigen, gefäßreichen und stark pigmentierten Bindegewebsplatte, deren unterer, in der Bulbuswand wurzelnde Rand länger ist als der obere, freie. Dadurch nun, daß die ganze Platte in mäandrisch regelmäßige Falten gelegt ist, welche, im allgemeinen senkrecht verlaufend, vom freien Rande nach der Basis zu divergieren, läßt sich das Ganze einem um- gekehrt, d. h. mit dem freien Rande aufgesetzten Fächer vergleichen, wie man einen solchen etwa aus einem „hin- und hergebogenen Papier- blatt1' (H. Virchow) herstellen kann. Die Vergleiche mit Wellblech (Nussbaum) oder einer Halskrause (Leuckart) erläutern die Ge- staltung ebenfalls, der letztere besonders, wenn man an jene Krausen denkt, deren Falten am freien Rande festgenäht waren, denn auch den Fächer kann man infolge einer Verwachsung der Falten am freien Rande nicht entfalten, ohne den freien Rand vorher abzutrennen. Dieses Gebilde nun sitzt in einem, vom Sehnerveneintritt aus lateral- und rostralwärts verlaufenden Schlitz in der Bulbuswand und erhebt sich frei in den Glaskörper hinein. Der Schlitz ist nichts anderes als das Durchtrittsgebiet des Sehnerven, welcher bei Vögein nicht in einer ungefähr kreisförmigen Papille eintritt, sondern, die Wand schräg durchsetzend, einen mehr oder weniger ausgedehnten Abschnitt der Augenbecherspalte in Anspruch nimmt und dadurch dauernd erhält. Auf den ersten Blick scheint hierin eine Differenzierung vorzu- liegen gegenüber den Reptilien mit ihrer kreisförmigen Papille und dem dieser entsprechenden Zapfen. Nach H. Virchow (1901, p. 831) tritt aber der Zapfen der Lacertilier in zwei Modifikationen auf, ent- weder mit kleiner auf die Papille beschränkter, oder aber verhältnis- mäßig weit distalwärts fortgesetzter Basis, in welch letzteren Fällen ein blattartiges Gebilde entstehe. Da liegt der Gedanke nahe, ob nicht in diesen Fällen die Papille der Zapfenbasis entsprechend eben- falls distalwärts fortgesetzt war, und somit innerhalb der Reptilien schon Uebergänge zum Typus des Sehnerveneintrittes bei den Vögeln vorkommen. Die Ontogenese jedenfalls spricht für die Homologie des Fächers nicht bloß mit dem Zapfen der Reptilien, sondern auch mit der Leiste der Knochenfische und dem Wulst der Selachier. Denn auf frühen Entwicklungsstufen bietet auch der Fächer den beschriebenen Be- funden jener Formen sehr ähnliche Bilder. Das axiale Augenbechergefäß liegt bei Hühnerembryonen des 4. und Anfang des 5. Tages noch unterhalb der Höhe, in der die Spalten - lippen aneinander treten. Von der Mitte oder dem Ende des 5. Tages ab findet man es oberhalb dieser Linie: es ist jetzt, umgeben von Mittelblattgewebe, ins Innere des Bechers aufgenommen und stellt hier in der Furche, welche die Spaltenlippen miteinander bilden, einen flachen WTulst dar. 252 A. Froriep, Im Laufe des 6. Tages erhebt sich dieser Wulst nun mehr und mehr, so daß er in entsprechenden Schnitten einen ähnlichen Umriß zeigt wie der Wulst des oben beschriebenen Torpedoembryo, jedoch schlanker, nicht wulstig anschwellend, sondern wie der Durchschnitt einer plan-parallelen Platte, nur am freien Rande ein wenig verdickt. WTie der Wulst der Torpedoembryonen, so hängt auch diese Platte mittelst eines verdünnten Teiles an ihrer Basis durch die Becherspalte hindurch mit dem umgebenden Bindegewebe zusammen. Das Augen- bechergefäß erhält sich an der Basis der Platte, doch treten daneben auch andere kleine Gefäßlichtungen auf, am häufigsten eine in der Verdickung am freien Bande. Eine weitere Uebereinstimmung mit dem Befunde bei Torpedo ist auch der Umstand, daß diese früheste Anlage des Fächers proxi- malwärts nicht bis an den Sehnerven reicht. Die Nervenfasern sind noch auf den Grund der Spalte beschränkt, wo sie sich in trichter- förmiger Anordnung aus dem Retinalblatt sammeln. Die Spaltenlippen umfassen nun dieses Nervenbündel in unmittelbarer Anlagerung und treten für eine kurze Strecke dicht aneinander; dann erst folgt die Gegend, wo sie durch das sich zwischendrängende Gewebe der Fächer- anlage wieder getrennt werden. Distalwärts nimmt diese letztere allmählich an Höhe ab, so daß schließlich, noch im Bereich der Pars optica, das Augenbechergefäß wieder flach in der Spaltenfurche verläuft; am Rande der Pars ciliaris tritt es, wie bei Lacerta-Embryonen, nach außen durch. Von dieser Stelle ab bis zum Pupillarrand liegen die Spaltenlippen aneinander, sind aber nur im Irisgebiet auf einzelnen Schnitten bereits deutlich verwachsen. Die weiteren Entwickelungsvorgänge vom 7. Bebrüt ungstage ab werden vorzugsweise durch zwei Momente beherrscht. Vor allem durch die enorme Zunahme der Zahl der S e h - nerven fasern; dieselben lagern sich nicht allein in den Grund der Becherspalte, wo die früher gebildeten Platz fanden, sondern rücken mehr und mehr an den Spaltenrändern entlang distalwärts vor. Dabei drängen sie die Fächeranlagen von den Spaltenrändern ab und kommen teilweise in die Fächerbasis selbst hinein zu liegen. So kommt all- mählich das eigentümliche Verhalten zu stände, daß der Fächer aus dem Sehnerven hervorgewachsen scheint, während in Wirklichkeit der Sehnerv durch sein excessives Dickenwachstum den ganzen vom Fächer offen gehaltenen Abschnitt der Becherspalte mit in Beschlag ge- nommen hat. Das andere beherrschende Moment ist die Vermehrung und Komplizierung des Blutgefäßnetzes im Fächer. Das Augen- bechergefäß bewahrt als Arteria pectinis seine Lage in der Basis des Fächers und ruht hier nun in der Rinne, welche die von beiden Seiten herabtretenden und dann proximalwärts sich wendenden Opticusfasern zwischen sich lassen. Ueber der Arterie erhebt sich die Platte des Fächers, die an Masse rasch gewinnt, so daß sie schon zu Ende des 10. Tages mit ihrer Basis über die Ränder der Sehnervenrinne hinweg- greift. In geringer Höhe wird die Platte plötzlich dünner, so daß eine besonders an der rostralen Fläche ausgesprochene Stufe entsteht ; auf diesem dickeren Sockel erhebt sich der Hauptteil als gleichmäßig- dünne Wrand, auf deren freiem Rande noch ein zarter Saum aufsitzt. Die Entwickelung des Auges. 253 Mit Ausnahme dieses letzteren ist das Gewebe des ganzen Gebildes zellenreich und von dichtgedrängten Gefäßquerschnitten angefüllt. An der Oberfläche ist keinerlei Abschluß wahrzunehmen, vielmehr senden die hier liegenden Bindegewebszellen zarte Ausläufer in den Glaskörper, der durch dieses Verhalten zu einer geweblichen Einheit mit dem Fächer wird. Die aus dem primitiven axialen Augenbechergefäß hervorgegangene Arteria pectinis stellt die einzige Blutzufuhr für die Gefäßnetze des Fächers dar. Die venösen Abflüsse suchen sich ihren Weg, wie es scheint, auf der ganzen Länge der Fächerbasis zwischen den Bündeln von Sehnervenfasern hindurch nach außen und münden in Chorioideal- venen ein. Der ursprüngliche, dem Austritt des Zapfengefäßes bei Eidechsenembryonen entsprechende Abfluß im Ciliarteil soll nach Lieberkühn (1872, p. 325) bei 12-tägigen Hühnerembryonen noch im vollen Zusammenhang vom distalen Ende des Fächers her erhalten sein ; bei älteren Embryonen ist er sicher nicht mehr vorhanden. Da- gegen findet sich, wie schon Lieberkühn richtig angegeben und neuerdings Nussbaum (1901, p. 349) von neuem eingehend festgestellt hat, der diesem Gefäßdurchtritt entsprechende Abschnitt, d. h. der Ciliarteil der Spalte, nicht nur in späten Bebrütungszeiten, sondern bleibend erhalten auch im ausgewachsenen Huhn und Fasan. Die spätere Entwickelung und definitive Ausbildung des Fächers ist wohl am eingehendsten von Kessler (1877, p. (57—75) verfolgt worden. Nussbaum giebt an, daß die Zahl der Falten beim 11 Tage alten Hühnerembryo 7, beim 13 Tage alten dagegen 17 betragen habe. Damit stimmt die Schilderung Kesslers wenigstens ungefähr überein. Er fand die Faltenbildung um den 12. Tag schon in vollem Gange, von den 15 angedeuteten Falten die mittelste am stärksten, den noch ungefalteten Teil dünner und durchsichtiger, Pig- ment noch nicht vorhanden. Am 17. oder 18. Brüttag war das Aussehen des Fächers schon fast dasselbe wie beim ausgeschlüpften Hühnchen. Die Pigmentierung, vom freien Rand nach der Basis hin vorgeschritten, war nur in der Nähe der letzteren noch nicht voll- ständig. Diese Falten (17 an der Zahl — im erwachsenen Huhn nach Huschke 18) divergieren nach der Basis hin derart, daß sie annähernd die Richtung von Radien des Bulbus haben. Die höchste Höhe des ganzen Fächers befindet sich ganz nahe an seinem distalen Ende, ent- sprechend der zweitletzten Falte; von hier ab werden die Falten proximalwärts immer niedriger, am raschesten die 4—5 proximalsten. Der distale Rand fällt von der höchsten Höhe fast senkrecht ab, der niedrige proximale dagegen in der Weise schräg, daß das proximale Ende sich flach verläuft und die Basis des ganzen Fächers länger ist als der freie Rand. Vergleichen wir diese distalwärts ansteigende Gestalt des Fächers zu Ende der Bebrütungszeit mit derjenigen der ersten Anlage am 6. Tage, so erscheint sie geradezu umgekehrt, denn dort fand sich ein proximal hohes, distalwärts aber verstreichendes Gebilde, das auch durch diese Form, wie in einigen anderen Be- ziehungen, an den Wulst im Auge von Torpedoembryonen gemahnte. 254 A. Froriep, IV. Die definitive Ausgestaltung- der Anlagen des Auges. Sehnerv (N. opticus). Daß der Stiel der Augenblase der Vorläufer des Sehnerven sei, konnte schon dem ersten Beobachter der Augenentwickelung, K. E. v. Baek (A. L. I, 1828, p. 30), nicht zweifelhaft sein, eine genauere Einsicht in die Art der Ausgestaltung finden wir aber bei ihm noch nicht, nur die Angabe (p. 105), daß der mit dem Hirnventrikel kommunizierende Kanal beim Hühnchen am 6. Bebrütungstage verschwinde und der Sehnerv dann solide sei. Auch Huschke (1835, 1844) und Remak (A. L. I, 1855, p. 34, 92) haben teils unklare, teils irrige Vorstellungen darüber ; Remak läßt, unter einer wie mir scheint mißverständlichen Hinweisung auf Huschke, eine von der Becherspalte auf den Stiel sich fortsetzende Halb- rinne zum Kanal sich schließen, so daß „ein doppelwandiges Rohr" ent- stünde, „dessen innere Wand die Nervenfasern bildet, während die äußere sich in die Scheide umwandelt". Für alle älteren Autoren scheint ohne Diskussion die Annahme selbstverständlich, daß die Nervenfasern des Opticus an Ort und Stelle aus den Zellen des Augenblasenstiels entstünden, His (A. L. III9, 1868, p. 131) war der erste, der mit dieser Vorstellung brach. Er hatte sich überzeugt, das die Nervenfasern im allgemeinen als kernlose Aus- läufer von Ganglienzellen entstehen, nicht aber durch unmittelbare Me- tamorphose in ihrer Bahn liegender kernhaltiger Zellkörper. Um also die Uebereinstimmung der Sehnervenbildung mit der Bildung anderer Nerven aufrecht zu erhalten, mußte er „den Augenblasenstiel nur als Leitgebilde betrachten, das den Sehnervenfasern den Weg weist". W. Müller (1874, p. 37) und Kölliker (A. L. I, 1879, p. 690) schlössen sich dieser von His ausgesprochenen Vermutung an. Es fragte sich nun aber, in welcher Richtung das Wachstum der Fasern vor sich gehe. His hatte angenommen, daß sie vom Gehirn aus entstehen und von da in die Retinaanlage hereinwachsen, und Kölliker glaubte ihm auch in dieser Beziehung folgen zu sollen, da er fand, daß die Fasern des Tractus opticus früher da seien, als die im Nervus opticus. W. Müller dagegen gelangte zur entgegengesetzten Meinung, die sich ihm als Konsequenz aus dem bei Petromyzon gemachten Befund einer Kreuzung der Opticusfasern an der Durchtrittsstelle durch die Retina ergab, da ihm diese Kreuzung nur verständlich erschien bei der Annahme, daß die Fasern aus der Retinaanlage in den Augenblasenstiel hinein- gewachsen seien. Wie die nachfolgenden Untersuchungen gezeigt haben, war diese Vermutung W. Müller's richtig. Zunächst machte Keibel (1889, p. 116) für Reptilienembryonen die kurze Angabe, daß „die ersten Sehnerven- fasern von der Peripherie centralwärts wachsen", und His (1890, p. 108) — fußend zum Teil auf den Resultaten Cajal's (1889, p. 119; 1891, p. 361), welche darthaten, daß der bei weitem größte Teil der Opticus- fasern in den Lobi optici der Vögel frei ausläuft und demnach in der Retina entspringen muß, während nur eine kleine Minderzahl von Fasern in umgekehrtem Sinne verläuft — hatte bei menschlichen Embryonen die retortenförmig gestalteten Neuroblasten der Retina mit ihren um- gebogenen Spitzen in die Fasern sich fortsetzen sehen und war so zu dem gleichen Schluß gekommen wie Keibel, daß nämlich „die zuerst gebildeten Opticusfasern den Zellen der Retina entstammen und central- wärts wachsen". Daß dieser Schluß ein richtiger war, ergab sich in Die Entwicklung des Auges. 255 zwingender Weise endlich auch aus den Beobachtungen Froriep's (1891, p. 156), welcher an Selachierembryonen ein Stadium nachwies, in dem Opticusfasern nur in der Retinaanlage, sowie, stetig abnehmend an Zahl, in dem an die Retina sich anschließenden Sechstel des Augenblasen sti eis vorhanden sind, während der letztere im übrigen noch rein cellulär ist. Für Amphibien- und für Vogelembiyonen wurden ähnliche Nachweise gegeben von Assheton (1893, p. 93, 101), für Säugetierembryonen (be- sonders Nager) von Robinson (1896, p. 330). Wir dürfen hiernach die Entwickelungsweise des Sehnerven aler Wirbeltiere wohl im allgemeinen als festgestellt betrachten. Der Stiel der Augenblase, welcher bei deren Umwandlung injden Augenbecher zu einem engen und relativ langen, epithelialen Rohr geworden war, ist an der Bildung der nervösen Bestandteile des Seh- nerven unbeteiligt, dient denselben aber bei ihrem fortschreitenden Wachstum als Leitstrang. Die Opticusfasern, wahrscheinlich in ihrer großen Masse, jedenfalls aber die zuerst entstehenden derselben, sind Ausläufer derjenigen Zellen des Retinalblattes des Augenbechers, welche innerhalb dieses mächtigen Zellenlagers die innerste, d. h. der Becherhöhle (dem Glaskörperraum) zunächst gelegene Zellenschicht au Fig. 236. Sagittalschnitt durch den Vorderkopf eines Embryo von Anas do- mestica, 122 Stunden bebrütet. Präp. von H. Grönroos. au Sehgrube = JHöhle der Augenblase, Sehventrikel, n Sehnervenfasern, p Pigmentblatt des Augenbechers. r Eetinalblatt des Augenbechers, st Stiel der Augenblase. darstellen. Die Ausläuferbildung beginnt in der Nähe des Becher- halses, wo sich das Retinalblatt im Grund der Becherspalte glatt in die ventrale Wand des Stieles fortsetzt, d. h. also in der Umgebung der späteren Papilla nervi optici, und schreitet von hier aus nach der Peripherie zu fort. Die entstehenden Ausläufer nehmen ihre Wachs- tumsrichtung alle nach dieser Stelle hin, so daß hier der Mittelpunkt einer radiären Strahlung liegt, die sich nach und nach über die ganze Innenfläche des Retinalblattes ausbreitet (Fig. 236). In diesem Mittel- punkte zusammentreffend verlaufen die Fasern, zu kleinen Bündeln vereinigt, an der sich an die Retinalfläche unmittelbar anschließenden ventralen Oberfläche des Stieles weiter, bei einzelnen Formen ober- 256 A. Froriep, flächlich bleibend, bei den meisten anderen sich mehr oder weniger zwischen die Zellen des Stieles eindrängend. Ihr gehirnwärts fort- schreitendes Wachstum kann, so lange noch keine der Fasern die Hirn- wand erreicht hat, durch Vergleich einander nahestehender Entwicke- lungsstadien festgestellt werden ; später natürlich nicht mehr. Die wachsenden Fasern sind sehr feine , kernlose Protoplasma- fädchen. Die ersten derselben können, wenn sie während der kurzen Dauer ihres Wachstums innerhalb des Stieles fixiert wurden, genau untersucht werden ; sie lassen jedoch an ihrer Wachstumsspitze mit unseren gegenwärtigen Hilfsmitteln keinerlei Besonderheit erkennen, sie hören einfach plötzlich auf. Das Verhalten der Nervenfasern und der Zellen des Augenblasen- stiels zueinander zeigt bei den verschiedenen darauf untersuchten Formen Verschiedenheiten, doch darf als allgemeingiltig gesagt werden, daß das Neurogliagerüst des N. opticus das Produkt jener Zellen ist. Cyclostomen. Der Sehnerv der Petromyzonten war es, an welchem W. Müller (1874) zuerst die richtige Vorstellung von der centripetal, d. h. von der Retina zum Gehirn fortschreitenden Ent- wickelung der Opticusfasern gewann , und auch abgesehen hiervon bietet derselbe ein besonderes Interesse dadurch, daß sich in seiner Axe der Augenblasenstiel als cylindrischer Zellenstrang erhält, den die Nervenfasern als völlig zellenfreie Rindenschicht allseitig gleich- mäßig umgeben. Bei W. Müller (1874, Taf. XII, Fig. 1) und Stud- nicka (1898, Taf. I, Fig. 2, 3) finden sich Schnitte durch den Seh- nerven von älteren Ammocoeten abgebildet, die diese primitive Ge- staltung veranschaulichen. Vom Lumen des Sehventrikels im früheren Augenblasenstiel ist zwar keine Spur erhalten, schon frühzeitig wird dasselbe, wie W. Müller (p. 36) angiebt, infolge einer Vermehrung der Epithelzellen obliteriert. Dagegen erhält sich nach beiden Richtungen hin der Zusammenhang des Zellenstranges, distal befindet er sich in unmittelbarem Anschluß an die Stützzellen der Retina (Studnicka, Taf. I, Fig. 1), proximal, im Gehirn, geht er (W. Müller, Taf. XI, Fig. 7) direkt in das Ependym des Recessus opticus über. Mit embryonalen Ependymzellen bewahren die Zellen des axialen Stranges zeitlebens eine gewisse Aehnlichkeit, nur daß sie eben durch die Obliteration des ventrikulären Lumens ihre freie Fläche und damit zugleich ihre Cylinderform verloren haben. Sie sind aber immer noch unregelmäßig radiär angeordnet und laufen an ihren basalen Enden in dünne Fortsätze aus, welche, die umgebende Nervenfaserschicht radiär durchsetzend und in Stränge teilend, an der Oberfläche des Sehnerven durch eine feine Grenzschicht untereinander verbunden sind. Studnicka (1898, p. 4) nennt sie „spinnenförmige Gliazellen des Sehnerven", und in der That haben sie Form und Bedeutung von Gliazellen. Mit ihren Ausläufern stellen sie ein Neurogliagerüst dar, und bilden so das einzige Stützgewebe, das der Sehnerv der Petromyzonten besitzt. Denn das Bindegewebe bildet nach den Be- funden von Studnicka nur eine dünne Scheide um den Opticus, dringt jedoch auch beim ausgebildeten Petromyzon in den Nerven nicht ein. Hierin, d. h. in der Anordnung, daß das gesamte Stützgewebe des Sehnerven ausschließlich von den Zellen des Augenblasenstiels geliefert wird ohne die geringste Beteiligung mesodermaler Elemente, zeigen die Petromyzonten, oder — da Myxine nach Studnicka's Be- Die Entwickelung des Auges. 257 Schreibung darin mit ihnen übereinstimmt — die Cyclostomen den primitiven Zustand im Bau des Sehnerven. Ihnen kommen am nächsten Dipnoer und Amphibien, während in den Gruppen der Selachier und Teleosteer sowohl, wie auch der Reptilien mannigfache, nämlich neben verhältnismäßig primitiven auch solche Formen vorkommen, wo durch bindegewebige Septen und Balken der Nerv zerklüftet ist. Vögel und Säugetiere zeigen, entsprechend der bedeutenden Massenentwickelung ihres Sehnerven das Bindegewebsgerüst am vollkommensten ausgebildet. Nicht ganz leicht ist in allgemeingiltiger Weise zu entscheiden, wie die Opticusfasern bei ihrem Wachstum entlang dem Augenblasen- stiel sich zu dessen Zellen verhalten. Zunächst die Frage, ob sie durch die Zellenleiber ihren Weg nehmen — in diesem Falle könnte der Gedanke auftauchen, ob die Zellen nicht doch die Bildner der Faser seien — oder zwischen den Zellen. Alle Beobachtungen sprechen für das letztere. Die Zellen werden auseinandergedrängt und zu vielästigen Neurogliaelementen umgewandelt. Sodann die Frage, ob das Rohr des Augenblasenstiels in seinem ganzen Umfang in Neuroglia aufgelöst wird, oder nur zum Teil. In dieser Beziehung bestehen Verschiedenheiten. Während bei Selachiern und Sauropsiden nur die ventrale Wand von den Nervenfasern durch- setzt, die dorsale dagegen mit einem Rest des Lumens dorsal wärts verdrängt und später, bei manchen Formen erst sehr spät oder über- haupt unvollständig resorbiert wird, erstreckt sich bei Amphibien und Säugetieren das Fasergebiet auch in die dorsale Wand, so daß hier das ganze Rohr aufgelöst und dabei das Lumen zum Verschwinden gebracht wird. Amphibien. Bei Rana temporaria erscheinen nach Assheton die ersten Opticusfasern bei Larven von ungefähr 7 mm Körperlänge. Der in Fig. 237 abgebildete Schnitt (die Länge der betreffenden Larve Fig. 237. Fig. 238. Fig. 239. ( Fig. 237 1). Querschnitt in der distalen Hälfte des Augenblasenstieles einer Larve von Rana temporaria (Länge des Augenblasenstieles 70 jj.). Präp. von E. Muth- mann. Vergr. 400:1. Fig. 238. Querschnitt im distalen Drittel des Augenblasenstieles einer Larve von Rana temp. (Länge des Stieles 140 \x). Präp. von E. Muthmann. Vergr. 400:1 Fig. 239. Querschnitt im proximalen Drittel des Augenblasenstieles einer Larve von Rana temp. (Länge des Stieles 160 jj.). Präp. von E. Muthmann. Veigr. 400:1. war nicht notiert) entspricht ungefähr diesem Stadium ; zwei kleine Bündel feinster Fäserchen, die im basalen Bezirk der ventralen Wand des Augenblasenstiels gelegen sind, können centralwärts zwar bis zum Hirn verfolgt werden, ihr Querschnitt ist aber hier nur noch etwa 1) In den oben wiedergegebenen Querschnittsbildern des Augenblasenstieles sind die Teile des Querschnittes, die von Nervenfasern eingenommen werden, weiß gelassen, obwohl sie in den Präparaten von einem zarten Mosaik ausgefüllt sind. Handbuch der Entwickelungslehre. II. 2. 17 258 A. Froriep, halb so groß als an der Grenze der Retina. Fig. 238 stammt von einer etwas älteren Larve, die Nervenbündel sind jedoch nur wenig- stärker. In beiden Präparaten liegen die Nervenbündel nebeneinander, sind aber durch eine feine Scheidewand getrennt, die mit der darüber gelegenen Zelle zusammenhängt (in Fig. 238 enthält diese Scheide- wand zufällig ein Klümpchen Pigment). Solche und ähnliche Befunde sprechen für die Annahme, daß die Opticusfasern zwischen den Zellen ihren Weg nehmen ; die basalen Teile der Zellen werden auseinander- gedrängt und, wenn sie zwischen zwei Bündeln liegen, durch den von zwei Seiten wirkenden Druck zu dünnen Bälkchen umgewandelt ; mittelst dieser greifen sie aber doch noch zwischen den Bündeln durch und hängen mit der den Stiel umhüllenden Basalmembran zusammen. Der in Fig. 239 abgebildete Schnitt ist einem dem vorigen nahe- stehenden Stadium entnommen, aber nicht im distalen, sondern im proximalen Drittel des Augenstiels, und zeigt, daß der Stiel auf seinem Weg vom Auge zum Hirn eine Drehung um seine Längsachse aus- führt im Wert von nahezu einem rechten Winkel. Dadurch ändert sich die Stellung des Lumenquerschnittes sowohl, wie auch die Lage der Nervenfasern, welche distal in der ventralen, proximal in der kaudalen Wand verlaufen ; am Hirn angelangt, umgreifen sie den Recessus opticus kaudal, um so in diejenige Region der Hirnbasis zu gelangen, in der sie später das Chiasma bilden. — Zu Fig. 239 ist noch zu bemerken, daß der Querschnitt des Nervenfaserbündels im Präparat von Bälkchen durchsetzt ist, die mit den darüberliegenden Zellen im Zusammenhang stehen. Dieselben sind aber so fein, daß ich sie, um das charakteristische Bild hell durchsichtiger Lücken wieder- zugeben, in der Zeichnung weglassen mußte. Bei älteren Embryonen nimmt die Dicke des Sehnervenbündels rasch zu, und die Fasern kommen mehr zwischen die Zellen zu liegen, so daß deren epithelialer Zusammenhang gelockert wird. Die Zellen liegen dann in einer oder mehreren Längsreihen zwischen den Nervenfasern, wodurch, allerdings nur andeutungsweise, Stränge ab- geteilt werden ; Ausläufer der Zellen durchsetzen diese Stränge viel- Die Streckung des Stieles, die als natürliche Folge des Aus- einanderrückens von Auge und Hirn im Verlaufe des Wachstums sich geltend macht, dürfte, wie Assheton wohl mit Recht vermutet, die Ursache sein, daß die Zellen auch in der Längsrichtung auseinander gezogen und allmählich zu zerstreuten Gruppen von Neurogliazellen umgewandelt werden. Mit dieser Auflösung des epithelialen Rohres geht natürlich auch der Schwund des Lumens Hand in Hand. Die Obliteration beginnt nach Assheton in der Gegend, wo der Stiel das dichtere Gewebe der Schädelanlage durchsetzt, bei Froschlarven von 10 — 11 mm Länge; in der Nähe des Gehirns erhält sich das Lumen bis in späte Stadien. Selaehier. Die ersten Fasern im Augenblasenstiel finden sich z. B. bei Torpedo ocellata in Embryonen von 16 mm Körperlänge: eine diesem Objekt entnommene Schnittreihe, in der die Fasern in ihrer ganzen Länge zu verfolgen sind, ist abgebildet bei Froriep (1891, p. 158) und zeigt, daß dieses erste Faserbündel an der Ueber- gangsstelle aus der Retinaanlage in den Augenblasenstiel am mächtigsten ist, in jedem der central wärts folgenden Schnitte weniger Fasern ent- hält und endlich, nicht einmal die Mitte des Augenblasenstiels er- reichend, mit zwei feinsten Fäserchen ganz aufhört. Die Fasern liegen Die Entwickelung des Auges. 259 im Beginn des Stieles ganz oberflächlich, dicht an der den Stiel um- hüllenden Basalmembran, drängen sich aber allmählich zwischen die basalen Teile der Epithelzellen ein. Dies ist bei älteren Embryonen in erhöhtem Maße der Fall, so daß Querschnittsbilder entstehen, wie das in Fig. 240 wiedergegebene, und zwar erfolgt das Eindringen der Fasern in so regelloser Weise, daß man auch aus mehreren gleich- altrigen Serien nicht zwei übereinstimmende Bilder herausfinden könnte. Doch ist allen gemeinsam, daß sich die Fasern auf die ven- trale Wand beschränken, während zunächst die ganze dorsale Hälfte des Stieles und später (Fig. 241) wenigstens die dorsale Begrenzung des Lumens ihr einfaches Cylinderepithel unverändert bewahren. Im ganzen übrigen Gebiet dagegen wird dies vollständig aufgelöst, und die Zellen werden nicht nur in der mannigfachsten Weise umgestaltet, Fig. 240. Fig. 241. Fig. 240. Querschnitt im distalen Fünftel des Augenblasenstieles einer Tor- pedo ocellata von 21 mm Länge. Präp. von A. Froriep. Vergr. 400:1. Fig. 241. Querschnitt im distalen Fünftel des Augenblasenstieles einer Tor- pedo ocellata von 23 mm Länge. Präp. von A. Froriep. Vergr. 400:1. sondern, wie es scheint, in nicht geringer Zahl zum Schwund ge- bracht ; denn bei älteren Embryonen, wie zum Teil auch schon in Fig. 241, ist der Querschnitt der Nervenmasse sehr zellenarm. Dieser Querschnitt zeigt mit weitergehender Entwickelung immer mehr an- nähernd kreisförmigen Umriß, nur dorsal findet sich eine Einziehung, welcher halbmondförmig die Ueberreste der dorsalen Wand des Ven- trikellumens anliegen. An dem Gerüstwerk des N. opticus im reifen Tier hat das mit den Blutgefäßen eingewanderte Bindegewebe einen beträchtlichen Anteil. Säugetiere. Der Augenblasenstiel bei Säugern (Fig. 244) ist nicht so mächtig als bei Sauropsiden (Fig. 242), aber doch besteht seine Wand aus einem zwei- bis dreizeiligen Cylinderepithel. Die ventrale Wand ist dicker als die dorsale; die rinnenförmige Einziehung der ventralen Außenfläche erstreckt sich als Fortsetzung der Becherspalte weiter proximalwärts als bei Sauropsidenembryonen, ihr entsprechend bewahrt auch das Lumen des ventrikulären Kanals seinen nieren- förmigen Umriß und erscheint oft zu einem halbmondförmigen Spalt verengt mit dorsalwärts gerichteter Konvexität. Die ersten Nervenfasern erscheinen bei Kaninchenembryonen von 13 — 14 Tagen und ungefähr 9 — 10 mm Körperlänge und nach Robinson (1896, p. 322) bei Rattenembryonen von 8 mm Körperlänge, wo die Fasern nur im distalen Fünftel des Stieles erkennbar waren und inner- halb dieses Gebietes an Zahl von der Retina her proximalwärts ab- nahmen. Robinson fand bei Rattenembryonen die Nervenfasern bis dicht 17* 260 A. Froriep, an die Basalmembran heran in der basalen Region der ventralen Stiel- wandung, hier eine geschlossene Lage, gewissermaßen eine Rinden- schicht bildend, vor der nahezu alle Epithelkerne ventrikularwärts Fig. 242. Fig. 243. Fig. 242. Querschnitt im distalen Viertel des Augenblasenstieles eines Embryo von Anas dorn, von 5 Tagen. Präp. von H. Grönroos. Vergr. 400:1. Fig. 243. Querschnitt des Sehnerven eines etwa 1 cm langen Embryo von Tropidonotus natr., schematisiert nach Studnicka. Vergr. ungef. 300:1. ausgewichen sind, so daß sie ihrerseits eine geschlossene Kernzone herstellen. Und ferner fand er die Fasern in der Mitte der ventralen Wand am zahlreichsten, von da nach beiden Seiten in verminderter Zahl sich verbreitend. In den mir vorliegenden Serien von Kaninchenembryonen sehe ich die Verhältnisse anders. Wie Fig. 244 ebenfalls aus dem distalen Fünftel des Stieles zeigt, liegen die frühesten Faserbündel hier nicht der Basalmembran an, sondern höher zwischen den Kernzeilen des Epithels, derart, daß die Kerne der basalen Zellen basalwärts, die der darüberliegenden ventrikularwärts ausweichen ; die Zellreihen stehen zwischen den Faserbündeln hindurch noch in Verbindung miteinander, wodurch zarte Gerüstbälkchen hergestellt werden. Diese Lagerung ge- winnen die Fasern beim Uebergang aus der Retinalanlage, in der sie noch rein basal liegen, in den Stiel. Und ferner sehe ich die Fasern anfangs nur in zwei seitlichen Gruppen verlaufend, während sie in der Mitte der ventralen Wand zuerst fehlen, so daß sich hier die Epithelzellen dicht drängen. Eine Erklärung dieses Befundes liefert das Verhalten des Stiels im Augen- becherhalse. Wie oben im Zusammenhang mit der Umgestaltung des Augenbechers berührt wurde, faltet sich die ventrale WTand des Stiels zur Aufnahme der Art. hyaloidea tief ein und schiebt sich röhren- förmig ein Stück weit in die Augenbecherwand hinein, ehe sie in die Retinalanlage umbiegt. Diese Umbiegung nun erfolgt in den abwärts Fig. 244. Querschnitt im distalen Viertel des Augen- blasenstieles eines Embryo von Lepus cuniculus von 14 Tagen. Präp. von E. Muthmann. Vergr. 400:1. gebogenen Seitenteilen der Wand früher als in der Tiefe der Falte dorsal über dem Blutgefäß, so daß hier die Mitte der ventralen Wand Die Entwickelung des Auges. 261 als unveränderter Epithelstreifen zungenförmig vorspringt und die Nervenfasern aus beiden Hälften der Retina nötigt, ihn zu umgehen, um in die Seitenteile der eingefalteten Innenwand des Stieles hinein- zugelangen. In diesen wachsen sie dann weiter, und wo sich der eingefaltete Stiel flach ausbreitet, da liegen sie natürlich in zwei Gruppen in den beiden Randgebieten, dazwischen der schmale, auch hier noch von Fasern freie Streifen des Rinnen grundes. Bei Rattenembryonen von 10 mm war nach Robinson der ven- trikuläre Kanal noch ganz offen, bei solchen von 11 mm war er un- gefähr in der Mitte seiner Länge eine Strecke weit obliteriert, bei einem Mausembryo von 14 mm endlich war der Stiel in der ganzen Länge solid. Das Lumen liegt schon bei frühen Stadien excentrisch (Fig. 244), da die dorsale Wand bezw. ihr mittlerer Streifen, der am Augenbecher in das Pigmentblatt übergeht, merklich dünner ist als die ventrale. Da im weiteren Wachstum die Nervenfasern zunächst nur die ventrale und die Seitenwände in Beschlag nehmen, so verschiebt sich die Lage des Lumens immer weiter dorsalwärts, so daß nach Robinson bei Rattenembryonen von 10 mm fast der gesamte Querschnitt von der ventralen Wand gebildet wird, die dorsale dagegen nur aus niedrigem Cylinderepithel besteht. Jetzt aber wird es anders. Dadurch, daß im weiteren Verlauf (nach Robinson bei der Ratte von 11 mm Körper- länge an) die Nervenfasern auch auf die dorsale Wand übergreifen, nimmt die Entwickelung einen von dem bei Sauropsiden etwas ab- weichenden Verlauf. Die dorsale Wand nämlich wird durch das Eindringen der Nerven- fasern nun auch mächtiger, was zur Folge hat, daß der Kanal wieder mehr nach der Achse hin zu liegen kommt. Zugleich wird aber auch das Lumen desselben verengt bis zu völligem Verschwinden, so daß nunmehr der gesamte Augenblasenstiel zu einem einheitlichen cylin- drischen Strang von Nervenfasern umgewandelt ist. Die Epithelzellen des ursprünglichen Stieles sind ohne Rest zu Neurogliaelementen ge- worden. Man findet daher bei älteren Stadien nichts von jenem Rudiment des epithelialen Stieles, wie es bei Sauropsidenembryonen entsprechenden Alters dem dorsalen Umfang des Nervenstranges anliegt. Von einer radiären Anordnung der Neurogliazellen, wie Robinson sie beschreibt, in der axialen Region, in welcher der Kanal geschwunden war, habe ich mich nicht überzeugen können. Ich sehe in älteren Embryonen den N. opticus von seinem neuroglialen Stützgewebe in scheinbar regelloser Anordnung durchsetzt. Später kommt noch ge- fäßführendes Bindegewebe hinzu, doch ist über die definitive Aus- gestaltung des Sehnerven für Säuger eben so wenig genaueres bekannt wie für die so mannigfaltigen Formen in den übrigen Klassen der Wirbeltiere. Litteratur. Addario, C. Ueber die Matrix des Glaskörjyers im menschlichen und tierischen Auge. Anat. Am. Bd. 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Augenblase 157. — Amphibien 177. — Ganoiden 175. — Mammalia 177. — Mensch 183. — Myxinoiden 166. — Petromyzonten 164. — Sauropsiden 159. Augenblase, Selachier 167. — Teleostier 171. Augenblasenstiel, Bildung des ; Saurops. 162, 163. Augengefäße, Entw. der 241. Augengrube s. Sehgrube. Augenstiel s. Augenbecher, Sehnerv. B. Basiturbinale 63. Becherspalte 229. — Bildungen an der Naht der, Reptil. 249. Selachier 246. Teleostier 248. Vögel 251. — Schluß der 241. Blindsack, unterer (Hinsberg), des Riech- organs von Triton 24. — — Gymnophionen 33. Blindsackbildungen der Anurennase 28. Blutgefäße des embryonalen Auges 244. Bogengänge, Entw. der 91 ff. c. Cartilagines basales septi s.paraseptales 70. Centralf asermasse der Linse 198. Choanen 3. — Amniota 34. — äußere, innere; Saurier 39. — Bildung der primitiven 53. — Homologieen der 75. — sekundäre 4. — — Säuger 57. Choanenbildung 18. — Anuren 27. — Gymnophionen 31. — Saurier 37. — Urodelen 23. — Vögel 46. Choanenschleimbeutel, Gymnoph. 33. Ciliengrube, Hatschek's (Andrews) 7. Cochlea 100. Concha media 64. 268 Register. Concha superior 64. Conchae laterales 63. — mediales 68. — obtectae 63. Corti'sches Organ, Entw. des 110 ff. Cristae acusticae ampullarum 107, 109. Cupula optica s. Augenbecher. D. Drüse, septale; Vögel 49. Drüsen der Nasenhöhle, Anuren 30. Krokodile 43. Vögel 49. Ductus endolymphaticus, Bildung des 89. — incisivi, Säuger 57. — nasopalatini, Säuger 57. — naso-pharyngeus, Amniota 34. — Stenonis, Säuger 57. E. „Embryonale Augenspalte" d. Aut. s. Augenbecherspalte. Embryonales Auge 185. Ethmoturbinalia 62. F. Fächer des Vogelauges 251. Flimmergrube, Kölliker's 7. Foveola optica s. Sehgrube. G. Gaumen, Amniota 34. — Bildung des; Ceratodus 21. — definitiver 4. Bildung dess. b. Säugern 56. — Mißbildungen des 78. — primitiver 3, 34, 53. — sekundärer 4, 34, der Krokodile 42. Gaumenfalte 24. Gaumenleiste, Anuren 30. — primitive, Säuger 55. — sekundäre, Säuger 56. — der Vögel 45. Gaumenspalte, sekundäre; Säuger 57. Gehörgang, Entw. des äußeren 128. Gehörorgan, Entw. des 83 — 138. — perilymphatische Räume des 120. — tubotympanaler Raum des 121 ff. Gehörzone 85. Geruchsorgan, Entw. des; Amphib. 21 ff. Amphioxus 7. — — Anuren 25. Lumenbildung im 26. Ceratodus 20. Cyclostomen 9. Dipnoer 20. Ganoiden 19. Gymnophionen 31. Krokodile 42. Lepidosiren 20. Reptilien 35—44. Säuger 50—75. Geruchsorgan, Entw. des ; Saurier 35 ff. Schildkröten 43. Schlangen 40, 41. Selachier 13 ff. — — Teleostier 16 ff. Urodelen 22. — — Vögel 45—50. Gesichtsfortsätze, Bildung der; Säug. 51. Glaskörper 185. — Entw. des 241. — definitiver 244. — primitiver 243. H. Halbzirkelförmige Kanäle, Bildung der 91 ff. Hasenscharte 78. Hatschek's (Andrews) Ciliengrube 7. Hörbläschen, Bildung des 85 ff. — primitives 88, 89. Hörgrube 86. Hörplatte 85. Hypophysengang 11. I. J. Iris 241. Jakobson'sche Knorpel 70. Jakobson 'sches Organ 3. — — Dipnoer 21. Gymnophionen 33. Homologieen des 77. Krokodile 43. — — Säuger 69 ff. Saurier 36. Schildkröten 44. — — Teleostier 19. Vögel 48. E. Kamm des Vogelauges 251. Kanäle, halbzirkelförmige 91 ff. Kiemenspaltentheorie des Riechorgans 4. L. Labyrinth, Entw. des; Amphibien 99. Cyclostomen 104. Säuger 102. Sauropsiden 100. Selachier 98. - Teleostier 98, 99. Lagen a 100. Lamina terminalis, Säuger 58. Laminae nasales, Säuger 56. Leiste im Teleostierauge 248. Ligamentum spirale 119. Linse, Centralfasermasse der ; Vögel 198. — Entw. der 186. Amphibien 206. Ganoiden 202. — — Mammalia 212. Mensch 224. Reptilien 187. Selachier 198. Register. 269 Linse, Entw. der Teleostier '202. Vögel 190. Eadiärlaraellen der; Vögel 197. — Eingwulst der 189, 196. — Uebergangszone der; Vögel 198. Linsenbläsehen, Abschnürung des; Vögel 194. Linsenblase 185. Linsenepithelwand 195. Linsenfaserwand 195. Linsengrube, Reptilien 188. — Mensch 224. — Vögel 191. Linsenplatte, Reptilien 187. — Säuger 213. Vögel 190. M. Macula acustica sacculi 107. utriculi 107. Maxilloturbinale 61. Meatus naso-pharyngeus 4. Membrana basilaris 112. — bucco-nasalis, Säuger 53. — Reissneri 119. — tectoria 117. Mißbildungen von Nase und Gaumen 78. Monorhinie 12. Muschel, dorsale, mittlere, obere 47. — primäre, sekundäre 47. Muscheln, Einteilung der 77. — Homologieen der 76. Muschelapparat des menschl. Embryo, Ausbildung des 65 ff . Muschelbildung, Mensch 64. — Säuger 60 ff. — Saurier 39. — Schlangen 41. Musculus stapedius 127 — tensor tympani 127. Muskeln des äußeren Ohres 133. N. Narinen 3. — Amniota 34. — Säuger 72. Nase, Entw. der; bei Cetaceen 74. — äußere, der Säuger 73. — Mißbildungen der 78. Nasen drüsen, Säuger 72. — seitliche, Säuger 72. Saurier 40. — septale, Säuger 73. - untere, Urodelen 25. Nasenfeld, Säuger 50. Nasenflügel, Mensch 74. Nasenfortsätze, äußere, innere; Definition 35. — Homologieen 75. Nasengaumengänge, Säuger 57. Nasenhöhle, definitive, sekundäre; Säug. 58. — primitive ; »Säuger 55. — Drüsen ders. ; Anureu 30. Krokodile 43. Nasenhöhle, Drüsen ders.; Vögel 49. — Veränderungen ders. nach der Geburt 74. Nasenkante, Säuger 73. Nasenrachengang 4. — Amniota 34. — Krokodil 42. — Vögel 47. Nasenrachenraum, Schlangen 41. Nasenrachenrinne, Gymnoph. 32. Nasenrinne, Säuger 50. — seitliche 28. Nasenrücken, Mensch 74. Nasensteg, Mensch 74. Nasoturbinale, Mensch 61. Nebenhöhlen d. Nasenhöhle, Krokod. 43. Nervus opticus s. Sehnerv. Neurogliagerüst des N. opticus 25b. Neuroporusverdickung 13. 0. Oberkieferfortsatz, Amniota 34. Oculus embryonalis s. Auge, embryonales. Ohr, äußeres; Entw. des 128, 131. — — Muskeln des 133. Ohrfalte, freie 132< Ohrknorpel 133. Ohrmuschel, Entw. der 131. Opticusfasern, Entw. der; Cyclost. 257. Orbitalsinus, Vögel 48. Organon vomeronasale 3. Otokonien 110. Otolithen 110. Otolithenmembran 110. P. Palatum fissum 78. — praemaxillare 55. Papilla basilaris 107. — lagenae 107. — palatina, Säuger 58. Pars basilaris 107. — caeca des Retinalblattes 236, 240. - ciliaris des Retinalblattes 236. — inferior labyrinthi, Entw. der 97. — iridica des Retinalblattes 237. - optica des Retinalblattes 240. Paukenhöhle 126. Perilymphatische Räume, Entw. der 120. Pfeilerzellen 116. Pharyngeale Tubenöffnung, Wanderung ders.; Mensch 74. Pigmentbildung im äuß. Blatt d. Augen - bechers 234. Plakodentheorie 4. Polster im Reptilienauge 249. „Primäre Augenblase" der Aut. s. Augen- blase. Processus falciformis 248. - globularis, Säuger 52. — palatini 40. — uncinatus, Mensch 64. — .— Säuger 63. Promontorium sphenoidale, Mensch 58. 270 Register. R. Kadiärlamellen der Linse 197. Eecessus dorsalis sacculi 91. — frontalis 67. — posterior superior naris 63. Retinalblatt des Augenbechers 235. — Pigment in dems. ; Amphib. 239. Riechfeld 2. — Säuger 50. — Vögel 45. Riechgrübchen 21. Riechorgan (s. a. Geruchsorgan), erste An- lage des ; Ort, Zeit und Beschaffenheit ders. 1. — morphologischer Wert des 4. Riechpiakode 2. Riechplatte 2. Ringwulst der Linse, Reptilien 189. Vögel 196. s. Sacculus 99. Scalenbildung 115. Schnecke, Entw. der 114. Schneider'sche Falten, Bildung der 15. „Sekundäre Augenblase" d. Aut. s. em- bryonales Auge, Augenbecher. Sehgrube 151. — Amphibien 154. — Säuger 155. -TT.- Selachier 152. Behnerv, Entw. des 254. - — Amphibien 257. Cyclostomen 256. — — Säugetiere u. Sauropsiden 259. — — Selachier 258. — Neurogliagerüst des 256. Sehorgane des Amphioxus 149. Sehventrikel 160. Septale Falten der Nasenhöhle 69. Sinus frontalis 67. — maxillaris 63. — sphenoidalis 66. Stäbchen der Retina, Entstehung der 240. Steno'sche Drüse, Säuger 72. Stiel der Augenblase s. Augenblase, Sehnerv. Stirnfortsatz, Amniota 34. Stirnstreifen 26. T. Trommelfell, Entw. des 128. Tubenöffnung, Wanderung der pharyn- gealen 74. Tubo-tympanaler Raum des Gehörorgans 121 ff. u. Uebergangszone der Linse 198. Utriculus 99. Uvula 57. V. Ventriculus opticus s. Augenblase. Vesicula lentis s. Linsenblase. — optica s. Augenblase. Vorhof (Geruchsorgan der Saurier) 38. Vorhofsmuschel, Vögel 46. w. Wolfsrachen 78. Wulst im Selachierauge 247. z. Zapfen im Reptilienauge 249. — der Retina, Entstehung der 240. Zwischenkiefergaumen, Säuger 55. Frommannsche buchdiuukerei (Hermann Pohle) in Jena. *■" »Ca. NEW TOR ic * e**^V- f« "«*' P^i ";'''. *HJ* •— 1 ' ' ' «T^ -.• .""^ ' .w" ?i*Sg Ite* f/r# % ■jf -V " . &>£-