■ mm "^ / ;^ i 'il '^.'■^ Ww ^^J^^ ('-) ü>:l4' 5 'L n^' HANDBUCH DER VERGLEICHENDEN UND EXPERIMENTELLEN ENTWICKELÜNGSLEHRE DER WIRBELTIERE BEARBEITET VON Prof. Dr. Barfueth, Kostock, Prof. Dr. Braus, Heidelberg, Docent Dr. Bühler, Zürich, Prof. Dr. Rud. Burckhardt, Basel, Prof. Dr. Felix, Zürich, Prof. Dr. Flemming (f ), Kiel, Prof. Dr. Froriep, Tübingen, Prof. Dr. Gaupp, Freiburg i. Br., Prof. Dr. Goeppert, Heidelberg, Prof. Dr. Oscar Hertwig, Berlin, Prof. Dr. Richard Hertwig, München, Prof. Dr. Hoch- STETTER, Innsbruck, Prof. Dr. F. Keibel, Freiburg i. Br., Prof. Dr. RuD. Krause, Berlin, Prof. Dr. Wilh. Krause, Berlin, Prof. Dr. v. Kupffer (f), München, Prof. Dr. Maurer, Jena, Prof. Dr. Mollier, München, Docent Dr. Neumayer, München, Prof. Dr. Peter, Greifswald, Docent Dr. H. Poll, Berlin, Prof. Dr. Rückert, München, Prof. Dr. Schauinsland, Bremen, Prof. Dr. Strahl, Gießen, Prof. Dr. Waldeyer, Berlin, Prof. Dr. Ziehen, Berlin HERAUSGEGEBEN VON DR- OSKAR HERT^HTIG O. Ö. PROF., DIREKTOR D. ANATOM.-BIOLOG. INSTITUTS IN BERLIN DRITTER BAND. DRITTER TEIL. MIT Ii6 ABBILDUNGEN IM TEXT JEl^A VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1906 Uebersetzungsrecht vorbehalten. Inhaltsverzeichnis zu Bd. in, Teil 3. VIII. Kapitel. D. Barfurth. Die Erscheinungen der Regener ation bei ^^^' Wirbeltierembryonen. Erschienen am 15. Dezember 1903 1 I. Regenerationserscheinungen an unbefruchteten Eiern der Wirbeltiere o II. Regenerationserscheinungen an befruchteten Eiern bis zur Ausbildung der Gastrula (Postgeneration) 4 III. Regeneration von Körperteilen bei Wirbeltierembryonen 48 IV. Regeneration der Grewebe 92 V. Regeneration der Organe 102 VI. Beeinflussung der Regeneration durch Organsysteme - Ende des nachgebilde- ten Mesoder ms {Mes. 1). Md. MeduUarrohr. Mes. Mesoderm. Ent Entoderm. Ch Corda dorsalis. Die beiden gezeichneten Körperhälften sind, um Raum zu sparen, näher aneinandergerückt. Vergr. 150:1. (Fig. 40— 40a nach Kopsch , Intern. Monatsschr. Bd. XIV, 1899.) hl ^ "^ Fig. 40a. c^ Fig. 41. Schematische Abbildung einer Schlange mit superregenetischem Kopf (K'), entstanden aus einer durch Verbiegung der Embryonalanlage her- beigeführten Wunde. Nach G. Tornier. Ansicht deutlich hervor, daß durch die Spal- tung nicht ganze , sondern halbe Systeme mit nur einer Ui'segmentreihe entstanden sind, die das fehlende Ursegmentmaterial der anderen Reihe erst später durch Postgene- ration ergänzen. \ •40^^'> ^ I \ I o ^ ^^e?* -^ ^.- *& '■» a p / -I fe Die Ersclieinuno-en der ßegeneration. 43 ij^^ix v^^i •^•'^ö Auch 0. Hertwig hat einige Zweifel, ,,ob die morphologischen Be- dingungen für die Entstehung von Ursegmenten an der medianen Seite der zu einander gehörigen Spalthälften gegeben sind" , und betont, daß bei den entsprechenden Mißbildungen an Froscheiern etwas derartiges ganz bestimmt nicht vorkommt (s. Bd. I, Kap. IV, p. 982). Ein Blick auf Eig. 40a nach Kopsch zeigt aber, daß die medianen Ursegmente in Mes. 1 thatsächlich vorhanden sind, also die morphologischen Bedingungen für ihre Entstehung auch gegeben sein mußten. g) Frühe Entwickelungsstadien bei Reptilien. Auf Grund der Erfolge, welche die experimentelle Biologie in der Herstellung von Doppelbildungen an Gliedmaßen, Schwänzenden u.s.w. aufzuweisen hat, ist von G. Tornier die Hypothese aufgestellt worden, daß auch höher organisierte Doppelbildungen, z. B. Doppelköpfe, Doppel- gesichter und Zwilliugsbildungen, durch eine entsprechende Verletzung in früher embryonaler Zeit ausgelöst werden können. So können nach Tornier überzählige Wirbelpartieen bei Vertebraten dann entstehen, wenn bei einem Embryo die Wirbelsäule oder ein Teil derselben über ein bestimmtes Maß verbogen wird. Ist aber die Verletzung größer, so daß der Wirbelbruch begleitet wird von einem Haut- und Weich- teileinriß, so tritt eine weit größere superregenetische Verbildung ein. W^enn z. B. bei einer Embryonalanlage ein solcher Riß durch die Weich- teilanlagen einer Halsseite bis in eine der Halswirbelanlagen hinein- dringt, so kann dadurch ein Individuum mit 2 freien Köpfen ent- stehen. So grenzt in der schematischen Abbildung einer doppelköpfigen Schlange (Fig. 41) die punktierte Linie r.den überzähligen Körperteil {K') von dem normalen (K) ab. Die punktierte Linie r entspricht dabei der ursprünglichen Einrißstelle, welche in die Embryonalanlage des Tieres durch ihre rechte Körperseite hindurch bis in ihre Wirbel- säule (W) eindrang. Aus dieser Wunde ist dann nach Tornier der überzählige Teil des Tieres herausgewachsen. Nach unsern bisherigen Anschauungen und nach den vorliegenden Experimenten, z. B. von Spemann, über die Entstehung doppelköpfiger Embryonen ist zwar die Bildung solcher Monstra einer sehr frühen Entwickelungsstufe — der wenigzelligen Morula — zuzuschreiben. Ich halte aber auf Grund anderer Experimente die Entstehung solcher Doppelbildungen in etwas späteren Entwickelungsstadien mit G. Tor- nier für durchaus möglich. h) Frühe E m b r y o n a 1 s t a d i e n der Vögel. Das Ei der Vögel, besonders des Hühnchens, ist in frühen Ent- wickelungsstadien nach Anlage des Primitivstreifens von vielen For- schern experimentellen Eingrififen unterworfen worden, die meist die Herstellung von Mißbildungen oder auch das Studium der „prospektiven Potenz" (Driesch) einzelner Teile der Keimscheibe bezweckten. So haben in den letzten Decennien L. Gerlach, Richter, P. Mitro- PHANOW u. A. durch Ueberfirnissen gewisser Bezirke der Schale Doppel- bildungen, bezw. Spina bifida zu erzielen versucht, man hat gemäß den Beobachtungen von Camille Dareste die Temperatur des Brütofens variiert, um Mißbildungen zu erhalten, und durch Erhöhung der Brut- temperatur haben Richter und J. Kollmann in der That Spina bifida erlangt. Nur wenige Forscher aber haben bisher die Frage er- 44 D. Barfurth, wogen, ob nach experimentellen Eingriffen etwa Regenerations- er seil ein im gen an den Embryonen eintreten oder nicht. Bei einer durch Anwendung höherer Brüttemperatur entstandenen Spina bifida einer Entenkeimscheibe hat J. Kollmann sein Augenmerk auf den „Heilungsprozeß" der Spalte gerichtet. Er fand, daß sich an der einen"^ Seite (links in Fig. 42) die Zellen des Mesoderms (und vielleicht des Entoderms) vorgedrängt haben und über den Wundrand etwas hervorquellen, während sie sich an der anderen ETctoderm 3Iesode')'m - Fig. 42. Ektodei-m 3Iesoderm Wund/rar, Entoderm. i^-- .. hl "i'V-jrrrr. vy>» Wundrand Fig. 42. Keimhaut einer Ente. Ueberhitzung. Spalte im ganzen Bereich der Primitivrinne. Querschnitt. Platinchlorid , ßoraxkarmin. Camera lucida. Man sieht beiderseits das Vordrängen der Zellen am Wundrand, vergleichbar dem Vor- schieben des Epithels über eine Wundfläche bei der regenerativen Wundheilung. (Nach J. KoLLMÄNN, Verh. Anat. Ges. Göttingen, 1893.) Seite (rechts in Fig. 42) zu einem Keil geordnet haben. Koll- mann vergleicht diese Erscheinungen dem Vorschieben des Epithels bei Bedeckung einer Wunde, also dem Vorgange, der nach den Untersuchungen von Klebs, Peters, mir u. A. die eigentliche Regeneration durch mitotische Zellvermehrung einleitet. Da man bei diesen Experimenten nicht wissen kann, wie groß der entstandene Defekt war und wie viel durch etwaige Regeneration zu decken ist, so werden naturgemäß direkte mechanische Verletz- ungen der Keimscheibe zum Studium regenerativer oder postgene- rativer Vorgänge unerläßlich sein. Solche Verletzungen sind schon von Valentin angewandt worden, um künstlich Doppelbildungen zu er- zielen. Bei einem 2-tägigen Hühnerembryo gelang es ihm z.B., durch Spaltung des hinteren Endes Verdoppelung des Beckens und der hinteren Extremitäten herbeizuführen (1837). In neuester Zeit wurden mecha- nische Verletzungen an Hühnerkeimscheiben von H. Fol, R. Assheton und Fl. Peebles vorgenommen, um die Beziehung der Keimbezirke zur Bildung der Embryonalteile aufzudecken. Während diese Forscher lediglich die weitere Entwickelung des Embryo nach den Verletzungen im Auge behielten, wandten andere ihre Aufmerksamkeit auch den etwaigen R e g e n e r a t i o n s v o r g ä n g e n im Verletzungsbezirk zu. Ich selber habe (1895) bei Versuchen über die sogenannte parthenogenetische Furchung des Hühnereies 6 befruch- tete, nicht bebrütete Hühnereier geöffnet, die Keimscheibe mit erhitzter Nadel verletzt, die Oeffnung wieder verschlossen und dann die Eier Eier emer 24-stündigcn Bebrütung unterworfen. In zweien dieser fand ich die Keimteile ansehnlich vergrößert, obgleich ein Embryo nicht deutlich zu erkennen war. Ich habe damals aus diesen ledighch Die Erscliemungen der Regeneration. 45 zur vorläufigen Orientierung bestimmten Versuchen nur den Schluß gezogen, daß ich eine postgenerative Entwickelung solcher Keimscheiben unter günstigen Bedingungen für durchaus möglich hielte. Diese Möglichkeit ist inzwischen durch Versuche von Kopsch bewiesen worden. Kopsch operierte mittels des elektrischen Stromes an bestimmten Stellen verschieden alter Keimscheiben (12 — 24 Stunden bei 38" C Innen temperatur des Brütapparates bebrütet). Zur Vornahme der Operation wurde ein Loch von 10 — 15 mm Durchmesser in die Ei- schale gemacht, welches nach der Operation vermittelst eines Deck- glases und eines Wachsringes verschlossen wurde. Die Embryonen entwickelten sich bis zum 3. Tage — auf längere Zeit wurde die Be- brütung nicht ausgedehnt — beinahe in genau gleicher Weise wie unerölfnete Kontrolleier. Von den operierten Embr3'onen sind zwei in Fig. 43 — 44 dargestellt. Am hinteren Ende des einen sind nur Fig. 43. Fig. 44.; Fig. 43. Hühnere mbryo, an dessen Hinterende nur die rechten Urwirbel ausgebildet sind. Die Keimscheibe wurde, 24 Stunden alt, operiert; die Operation hat wahrscheinlich nur die linke Seite des Priniitivstreifens in seinem hinteren Ab- schnitt getroffen. Fig. 44. Hühnerembryo, vorn normal, hinten mit einer Operationsstelle, vor welcher das MeduUarrohr sich in einen rechten und linken, mit Centralkanal ver- sehenen Ast teilt. Die Chorda setzt sich nur in den linkenAst fort. Die Anfänge der Postgeneration der fehlen den Hälfte waren für das MeduUar- rohr vorhanden. Die Operation geschah am hinteren Ende des Primitivstreifens einer 24 Stunden alten Keimscheibe. (Nach Kopsch, Verh. Anat. Ges. Kiel, 1898.) die rechten Urwirbel ausgebildet, und er bietet deshalb in dieser Beziehung das Bild eines Hemiembryo. Der andere Embryo zeigt am Hinterende Spaltbildung. In jeden Ast des Spaltes setzt sich MeduUarrohr mit Ur Segmenten fort, während die Chorda nur den linken Ast begleitet. Ob im Verlauf der Entwickelung jeder von den beiden Aesten das Mesoderm der fehlenden Seite zum Teil re- generiert hat, war leider noch nicht festzustellen, da die mikroskopische Untersuchung erst nach der makroskopischen Demonstration vorge- nommen werden sollte. Jedenfalls sind aber die Anfänge der Postgeneration der fehlenden Hälfte für das Me- duUarrohr wenigstens vorhanden. (Kopsch, 1898, p. 58.) 46 D. Barfurth, Auf weitere Regeneratioiiserscheinungen bei Vögeln, die in etwas späteren Stadien der Ontogenese durch natürliche oder experimentelle Verletzungen an einzelnen Körperteilen ausgelöst werden und z. B. zur Verdoppelung von Beckeuorganen führen können (G. Tornier), wird in einem späteren Abschnitt aufmerksam zu machen sein. i) Embryonen der Säuger. Wie bei gewissen Mißbildungen der niederen Wirbeltiere, so nimmt G. Tornier auch bei manchen Monstrositäten der Säuger an, daß sie als s u p e r r e g e n e t i s c h e Bildungen aufzufassen sind , die nach Verletzungen der Embryonalanlage unter natürlichen Bedingungen innerhalb der Eihüllen entstehen. Hierzu gehören überzählige Wirbel (Schaf), Doppelgesichter und Zwillingsbildungen beim Menschen. Daß wir über diese Bildungen Sicheres noch nicht wissen , sondern ihre superregenetische Entstehung auf Grund einiger Beobachtungen (G. Tornier) nur für sehr wahrscheinlich halten können , wiril niemand wundern. W^ährend es sehr leicht ist, die Eier der Anamnier (Fische, Amphibien) experimentellen Eingriffen zu unterwerfen , und auch die Eröffnung und Oi)eration der Eier niederer Amnioten (Reptilien, Vögel) keine erheblichen Schwierigkeiten bietet, so ist es nahezu aus- sichtslos , die vielen Eihüllen des Säugetiereies zu durchdringen , um Operationen am Embryo vorzunehmen. Die zukünftige Forschung wird zeigen , ob diese Schwierigkeiten unüberwindlich sind. Einstweilen sind wir auf Schlüsse aus Mißbildungen angewiesen, die wir fertig vorfinden. Daß es sich dabei in vielen Fällen sicher um regenerative Bildungen handelt, werden wir im nächsten Abschnitt bei Regeneration der Gliedmaßen nachweisen können. Zusammenfassung des I. und IL Abschnittes. 1) Unbefruchtete Eier des Frosches können Verletzungen so weit regenerieren, daß sie befruchtungs- und entwickelungsfähig bleiben. (W. Roux). 2) Befruchtete Eier des Frosches vor der Furchung regenerieren ebenfalls Verletzungen und vermögen sich zu entwickeln. Die bei den Verletzungen entstehenden „Extraovate" sind gleichfalls der Entwicke- lung bis zu einem gewissen Grade fähig (W. Roux, Barfurth), 3) Wird nach der ersten Furchung eine der beiden Blastomeren zerstört (Froschei, W. Roux) oder durch Schütteln entfernt (Echi- nidenei, H. Driesch, Amphioxusei , E. B. Wilron), so vermag die überlebende Furchungszelle einen halben Embryo (W. Roux, Endres, Morgan und K. Ziegler beim Froschei, Barfurth beim Axolotlei) , oder auch einen ganzen Embryo von halber Größe (H. Driesch beim Echinidenei, E. B. Wilson am Amphibienei, W. Roux, 0. Hertwig, Morgan beim Froschei, Endres, Herlitzka und Spemann beim Tritonei) zu bilden. Zur Erklärung dieser Thatsachen kann man eine der Hypothesen verwenden, die von W. Roux und Weissmann einerseits, von 0. Hertwig und Driesch andererseits aufgestellt wurden und die ich oben übersichtlich mitgeteilt habe. 4) Die aus isolierten ersten Blastomeren entstandenen Halbbil- dungen sind nach W. Roux durch Aktivierung des Reserve-Kern- Die Erscheinungen der Regeneration. 47 materials im stände, die fehlende Embryonalhälfte nachträglich zu bilden (Postgeneration). Nach 0. Hertwig dagegen giebt es echte Halbbildungen über- haupt nicht , sondern diese Gebilde sind aufzufassen als annähernd normale Embryonen mit Defekten in untergeordneten Körpergegenden, die nach denselben Gesetzen gebildet werden , wie sie die Entwicke- lung aus einem normalen Ei beherrschen. Eine Postgeneration hat 0. Hertwig nie beobachtet und die Roux'sche Unterscheidung zwischen typischer und atypischer s. regenerativer Entwickelung er- kennt er nicht an. Nach meiner Ansicht ist die Postgeneration be- wiesen durch die Beobachtungen von Poux und Endres an Frosch- embryonen, von mir an Extraovaten der Froscheier und von Kopsch an den Embryonen der Knochenfische und Vögel. 5) Nach Verletzungen der Morula und Blastula vom Frosch be- obachtete Roux eine der normalen ähnliche regenerative Entwickelung der Objekte. Die Verletzungsstelle wird durch das ausgetretene Ei- material (Extraovat) vorläufig verschlossen und bildet unter Umständen am Embryo einen Defekt oder ein Anhängsel. 6) An der Gastrula der Amphibien heilen Schnittwunden , die nicht das Dotterlager trefl^en , leicht durch Zusammenlegen der Ränder (Roux). Dabei vereinigen sich die Ränder der schon differenzierten Keimblätter in normaler Reihenfolge (Barfurth). Treffen die Schnitte das Dotterlager, so entsteht ein größeres Extraovat , welches entweder durch Abschnürung zu Grunde geht oder in feste Verbindung mit dem Ei tritt. Im ersten Falle erfolgt Regeneration der Keimblätter durch Zell- wucherung und Vereinigung der einzelnen Keimblätter unter dem Extraovat. Im anderen Falle findet durch ,, Selbstordnung" der Zellen (Roux) eine provisorische Entwickelung im Extraovat und dann eine post- generative Vereinigung der Keimblätter um das Extraovat herum unter Benutzung und Nostrifikation der Zellen desselben statt (Barfurth). Nach Anlage größerer Wunden bildet das bloßliegeude Entoderm niemals von sich aus ein neues Ektoderm (Roux). Ebensowenig wandelt sich eines der anderen Keimblätter in ein anderes um (Bar- furth , und Driesch für Echiniden). Die Keimblätter sind also in Bezug auf Regeneration specifiziert. Dasselbe gilt von isolierten Kom- plexen des Ektoderms und des Entoderms. Die regenerative Potenz ist beim Ektoderm am größten (Barfurth). 7) Auch Embryonen der Amphibien nach Ausbildung der Me- dullarwülste und nach Schluß des Medullarrohres besitzen eine große Regenerationskraft, die sich in Wundheilung per primam intentionem oder mit Narbenbildung und in schneller Ueberhäutung der Wund- ränder zeigt. Nach schwereren Verletzungen können auch hier De- fekte und Geschwülste entstehen (W. Roux). 8) Durch Blastotomie isolierte Blastomeren des Zweizellenstadiums eines Petromyzoneies liefern je einen kleinen Ganzembryo (E. Ba- taillon), also eine Doppelbildung. Auch Teleostiereier mit diskoidaler Furchung (Leuciscus rutilus) ergaben unter denselben Bedingungen Doppelbildungen (E. Bataillon). Aus isolierten Blastomeren des Zweizellenstadiums beim Ei von Fundulus erhielt T. H. Morgan Em- bryonen von ungefähr zwei Drittel der Größe eines normalen. Nach lokalisierten Verletzungen des Keimringes oder Randringes, 48 D. Barfurth, wie sie zuerst von Kastschenko, Rückert und Morgan vorge- nommen wurden , beobaciitete Kopsch Halbbildungen des hinteren Körpereudes mit nachfolgender Postgeneration des fehlenden medialen Mesoderms. Auch bei den hinteren Spaltbildungeu (Mesodidymi Oellacher's, Hemididymi Rauber's) wurde nachträgliche Bil- dung des Mesoderms von Oellacher beobachtet, von Kopsch an experimentell hergestellten Spaltbildungeu der Forelle mikroskopisch nachgewiesen. 9) Nach Verletzungen unbebrüteter Hühnerkeimscheiben mit er- hitzter Nadel beobachtete Barfurth nach 24-stündiger Bebrütung re- generative Vergrößerung der Keimscheiben in 2 Fällen. An künst- lichen Spaltbildungen (Spina bifida) des Entenembryo, die durch er- höhte Brüttemperatur erzielt waren, stellte Kollmann durch mikro- skopische Untersuchung den Beginn der Wundbedeckung durch Vor- schieben der Zellen hauptsächlich des Mesoderms fest. Durch lokali- sierte Verletzung junger Hühnerkeimscheiben erzielte Kopsch eine Halbbildung des hinteren Körperendes, bei welcher nur die rechten Urwirbel ausgebildet waren. In einem anderen Falle erhielt Kopsch eine hintere Spaltbildung, in deren beiden Aesten die An- fänge der Postgeneration der fehlenden Hälfte für das Medullar- rohr vorhanden waren. Auf Regenerationsvorgänge in vorgerückten Embryonalstadien weisen Beobachtungen von G. Tornier hin, nach welchen bei Rep- tilien überzählige Wirbel und Doppelköpfe, bei Vögeln doppelte Becken- organe gefunden ^vurden. Diese ,,Mißbiklungen'' sind nach G. Tor- nier als Superregenerationen aufzufassen und durch eine Verletzung aufgelöst worden. Diese Thatsachen sind theoretisch sehr wichtig, weil sie die Re- generationsfähigkeit von Embryonalstadien der Vögel beweisen , während diese Fähigkeit bei erwachsenen Vögeln bis auf unbedeutende Spuren — Regeneration des abgebrochenen Schnabels nachKENNEL, Bordage und Barfurth — verloren gegangen ist. 10) Auch bei Säugetiererabryonen kommen superregenetische Bildungen vor, die durch Verletzung der Embryonalanlage ausgelöst werden (G. Tornier). m. Regeneration Ton Organen bei Wirbeltierenilbryonen. Bezeichnet man als „Embryo" den sich entwickelnden Organismus innerhalb seiner Hüllen, so ist dieses Stadium mit dem Ausschlüpfen des jungen Tieres beendigt. Es ist aber bekannt, daß bei mehreren Tierklassen dem fertigen ausgebildeten Zustand noch eine Zwischen- stufe vorausgeht, welche dem Embryonalstadiura zugerechnet werden kann. Eine solche Zwischenstufe ist der Larven zustand bei Pe- tromyzonten und Amphibien und das D ottersa ck s Stadium bei Fischen. Da gerade an diesen Stadien die meisten und wichtigsten Regenerationsversuche angestellt worden sind, so müssen sie in diesem Kapitel Berücksichtigung finden. a) Cyclostomen. Bei Amphioxus und den ausgebildeten Cyclostomen sind Regene- rationsvorgänge bisher nicht bekannt geworden. Dagegen habe ich in jüngster Zeit auf eine Larve von Petromyzon Planeri mit Die Erscheinungen der Regeneration. 49 drei Schwauzspitz en aufmerksam gemacht, die wir auf Grund experimenteller Beobachtungen an Amphibieularven (Barfurth) und an Reptilien (G. Tornier) als regenerative Bildungen anzusehen berechtigt sind. Diese Petromyzonlarve (Querder) zeigte 3 cm vor dem Schwanzende die Teilung in 3 Schwanzspitzen, von denen jede «inen hohen Grad von Ausbildung und Selbständigkeit besaß; jede Kg. 45. / Fig. 46. Fig. 47. ch.^ miu ch/3 Fig. 45. Petromyzon Planeri (Larve der Umwandlung nahe) mit 3 regenerierten Schwanzspitzen. Natürliche Größe. Fig. 46. Schnitt 3 durch den Schwanz dieser Larve vor der Gabelung. Die Gabelung der Chorda dorsalis ist schon voll- zogen, die des Rückenmarkes beginnt. Vergr. 5 : 1. ch Chorda dorsalis. m Rückenmark, i Integument (Blindsack), mw Muskeln. Fig. 47. Schnitt 22 desselben Präparates. Die Gabelung ist ventral schon makroskopisch sichtbar. Jede Schwanzspitze hat Rückenmark, Chorda dorsalis, Arteria caudalis und quergestreifte Muskulatur. Vergr. 5:1. (Nach Barfueth, Arch. Entw.-Mech., Bd. IX, 1899.) derselben enthielt Rückenmark, Chorda dorsalis, Schwanzarterie, quergestreifte Muskulatur (Myomeren) und Integument mit Flossensaum (Fig. 45 — 47). Eine Cauda trifida von solcher Vollkommenheit und Sym- metrie ist bisher in keiner Tierklasse beobachtet worden. Sie erklärt sich aus den drei Faktoren, die für die Entstehung maßgebend waren: aus der Verletzung, aus der Form des Schwanzes und seiner inneren Organe und aus der hier vorhandenen R e g e n e r a t i 0 n s k r a f t. 1\ Bildung '.V ,') Daß als auslösende Ursache für die der Cauda trifida dieses Querders die Art der Ver- letzung anzusehen ist, darf man aus den später noch zu besprechenden Experimenten an Eidechsen- uud Amphibienlarven schließen, welche zielbewußt die Herstellung dieser Mißbildung erreichten. Eine geeignete Verletzung aber war an diesem Objekt möglich durch die Dicke des Rückenmarkes und d e r C h 0 r d a dorsalis und konnte durch den Biß eines Fisches verursacht werden. Die Form der Wunde brachte dann die erheb- liche Regenerationskraft durch Bildung von drei Sprossungs- €entren zur Entfaltung. Handliuch der Eiitwickelung>lelire. III. 3. 4: 50 D. Barfurth, b) Amphibien. Auch in diesem Abschnitt stelle ich die Amphibien vor die Fische^ weil an ihnen und ihren Larven die ältesten und wichtigsten Regene- rationsstudien gemacht wurden. 1. Centraine rvensystem und Sinnesorgane. Die Angaben über Regeneration des Centralnervensystems bei Amphibien und ihren Larven sind widersprechend. So regenerierte nach Danilewsky (1890) ein Frosch, dessen Großhirnhemisphären vor 9 Monaten vollständig weggenommen waren, eine „cerebrale" Masse. In Regeneraten dieser Art von FröscheU; die auf analoge Weise operiert waren, fand Danilew^sky besondere großkernige Zellen mit einem stumpfen oder mehreren feinen Fortsätzen, welche man als junge Nervenzellen betrachten dürfte. Dagegen fand Schaper (189 Wi" fT''- fft.'-' dieser Regeneration wird nach f. meinen Beobachtungen der an- / geschnittene Centralkanal provi- ., ,;' .1 sorisch durch amöboide Fortsätze .:,, ^l der Epithelzellen verschlossen, '■ und dann erfolgt etwa nach ./ .4-r 2 Tagen die eigentliche Regene- ration auf mitotischem Wege von W' .^ .^ den präexistierenden Epithelzellen /^P .'^^^^J aus. Fast regelmäßig wird da- -^ #i^' ' '^r/ bei durch den Druck des Liquor ^"ti^^ ''' ' cerebrospinalis die zuerst wenig ^f4f: . widerstandsfähige Wand kolben- artig nach Analogie eines Sinus ■<€'^ ''''M^^, Fig- 48. Eegeneriertes Rückenmark ^^'i..,. einer Larve von Triton cristatus. G. Tag (?S^,: ...*:,. 4. :..:.=,... ^^c der Eegeneration. Regeneriertes Stück •:A '^-•■' '• t"'0' 3,2 mm lang (bei 17" C regeneriert). S. *'■'■ .vJ-"-^'-"*"iV " ■■-■-''•_} Schnittlänge, an welcher sich die meisten *-•'!,. r^«* ■'*», Mitosen finden, /c Leiikocyten im can- dalen erweiterten Teil des Centralkanals •■''•• und außen. /Fetttröpfchen, durch fettig degenerierte Leukocyten entstanden. (Konserviert in Üsmium-Chromessigsäure Ic nach Flemming.) Barfurth (2). *p: - •.♦«•. ■•*»§:;■;'' ■ -^ .^^^'V^- -•;^A Die Erscheinungen der Regeneration. 51 caudalis (W. Krause) vorgebaiicht. Die hier auftretenden Leukocyten spielen bei der Regeneration keine Rolle, sondern zerfallen. Unter den Sinnesorganen ist das Auge seit alter Zeit ein bevorzugtes Objekt für Regenerationsstudien gewesen. Gl. Bonnet \' V'^Äi*»"" Fig. 48a — d. Linsenregeneration bei Triton taeniatus. (G. Wolff, Archiv f. Entw.-Mech., Bd. XII, 1901.) und Blumenbach fanden, daß das Auge der Tritonen niemals rege- nerierte, wenn der Bulbus vollständig entfernt war ; blieb aber ein geringer Teil der Bulbushäute mit dem Opticus in Verbindung, so erfolgte Regeneration, die in einem Falle nach 11 Monaten einen Bulbus lieferte, der viel kleiner war als der normale, aber ihm sonst völlig glich (Blumenbach). Auch Fraisse giebt an, daß ein „operierter" Bulbus dexter in ca. 2 Monaten einen kleineren Bulbus mit goldfar- 4* 52 D. Barfurth. bigera Pigment regenerierte. Nähere Angaben über Species, Alter u. s. vv. des Versuchstieres, über die Operation und über den Bau des regenerierten Bulbus fehlen. Daß wir Grund haben, diesen Angaben skeptisch gegenüberzustehen, lehren die negativen Ergebnisse der Ver- suche von Philipeaux und Kochs, der bei Froschlarven und den Larven von Tritonen und Erdsalamandern (Salamandra maculosa) die Augen galvanokaustisch zerstörte und in keinem Falle Regeneration beobachtete. Sobald bei der Operation auch nur eine kleine Menge Glaskörper vorgefallen war, ging das Auge allemal plithisisch zu Grunde, so daß schließlich auf den Schnitten nur noch wenig schwarzes Pig- ment gefunden wurde. Erfolgreicher waren die Versuche von Colucci (1891), der größere Stücke des Tritonauges entfernte und dann nicht nur die Regeneration der angeschnittenen Iris, sondern auch die Regeneration der Linse von der Iris aus beobachtete. Auf diese Versuche wurde aber die wissenschaftliche Welt erst aufmerksam, als Gustav Wolff, ohne von CoLUCCi's Arbeit Kenntnis zu haben, den Nachweis führte, daß Fig. 49a — e. Dargestellt ist die obere Irishälfte , von deren Pupillarrand sich eine Linse neu bildet. Das vordere Epithelblatt der Iris ist, entsprechend seiner stärkeren Pigmentierung , durch einen etwas dunkleren Farbenton gekennzeichnet. Ein frühes Stadium der Linsenbildung ist in a wiedergegeben ; bei b ist bereits ein deutliches Linsenbläschen vorhanden ; in c ist es bereits bedeutend gewachsen die Zellen seiner hinteren Wand beginnen ihre Differenzierung in Liusenfasern , und die Abschnürung des Bläschens von der Iris wird am Pupillarrande durch eine leichte Knickung eingeleitet; in d ist dieser Abschnürungsisrozeß sehr viel weiter gediehen, und die entstandenen Linserfasern buchten sich in das Lumen des Bläschens weit vor ; in e ist die Linse bereits von der Iris abgeschnürt, an beiden Gebilden ist je- doch noch die Stelle ihres ursprünglichen Zusammenhanges erkennbar. Die Be- ziehung der Wände des Linsen bläschens zu den beiden Epithelblättern der Iris ist aus den Figuren ohne weiteres ersichtlich. (A. FisCHEL, Archiv f. Entw.-Mech., Bd. XV, 1902.) nach Herausnahme der Linse aus dem Auge von Urodelenlarven (Triton, Salamandra) die Wiederbildung einer Linse vom unverletzten oberen Irisrande aus erfolgt (1894). Diese wichtige Thatsache, deren große biologische Bedeutung G. Wolff sogleich erkannte, wurde durch Untersuchungen von Erik Müller, A. Fischel, Brächet und Benoit, W. Kochs (für Froschlarven) und P. Röthig bestätigt. Das Eigenartige dieser Regeneration liegt darin , daß die neue Linse nicht von einem Rest gleichartigen Gewebes, sondern vom Irisrande gebildet wird. Es vermehren sich bei dieser Regeneration Die Erscheinungen der Regeneration, 53 die Zellen am oberen Rande der Pupille und bilden ein epitheliales Knötchen welches zu einem Säckchen wird (Fig. 48a — d, Fig. 49a — e). Der Hohlraum dieses Säckchens ist nichts anderes als die Fortsetzung bezw. Erweiterung des Spaltes zwischen den beiden Epithellamellen der Iris, die hier den verdünnten Rand des Augen- bechers bilden, und die Epithelzellen des Säckchens sind die ge- wucherten Epithelzellen der Iris. Die Zellen der vorderen Seite des Linsensäckchens behalten ihren Charakter als kubische Epithelzellen Fig. 50. Fig. 51. Fig. 50. Schnitt durch die obere Irishälfte einer Salamanderlarve. DieXPars iridica retinae bildet zwei nach rückwärts gewendete Ausfaltungen (X), derenicen- trale Zellen die erste Spur einer Differenzierung, ähnlich der Linsenfaserbildung, zeigen. Die untere Falte liegt unmittelbar hinter dem (neugebildeten) Pupillarrande, die obere, kleinere nahe der Pars ciliaris retinae. In der Höhlung der unteren ein Leukocyt mit einzelnen Pigmentkörnchen, Faltenbildung der vorderen Epithel- lamelle der Iris entsprechend der gesetzten Wundstelle. 83 Tage nach der Linsen- extraktion. Vergr. 310:1. Fig. 51. Meridionalschnitt durch das Auge einer Salamanderlarve 164 Tage nach der Linsenextraktion. Es haben sich vom oberen Pupillarrande zwei vollkommen normale, mit einena Teil ihres Körpers übereinander gelegene Linsen entwickelt. S2) Spalt zwischen Chorioidea und Retina im Bereiche der stäbchenfreien Zone der letzteren. Vergr. 47 : 1. (A. FiscHEL. Anat. Hefte, Bd. XIV, 1901.) und werden zum Linsenepithel, diejenigen der hinteren Seite dagegen verlängern sich und bilden sich zu Linsenfasern um. Die Trennung der Linse von ihrem Mutterboden (hier dem Irisepithel) erfolgt bei der Regeneration bedeutend später als bei der Ontogenie. (G. Wolff.) Weitere Versuche haben dann ergeben , daß bei dieser merk- würdigen Regeneration nicht nur gelegentlich zwei (Colucci , Brächet und Benoit, Fischel,) sondern sogar drei und vier Anlagen (Fischel) von Linsen entstehen können, daß nicht der obere Irisrand allein sie zu liefern vermag, sondern in selteneren Fällen auch der untere und seitliche (A. Fischel, G. Wolff. F. Reinke) und daß alle Zellen der sekundären Au gen blase die Fähigkeit haben, im gegebenen Falle sich zu Linsenfasern zu differenzieren ^) [Bildung von linsenähnlichen Körpern , „Lentoiden" 1) Nach C. Herbst sind die Potenzen zur Linsenbildung wahrscheinlich auf dem ganzen Ektoderm des Kopfes verteilt imd werden durch einen formativen 54 D, Barfurth, j -,1, sie, wenn herausgenom- Fischel). suchstiere der Linse vom gleich er in der Retina, A. Fischel, Fig. 52a — b]. Wird die Linse nicht vorn, sondern hinten von der Mundhöhle aus herausgeholt, so erfolgt die Linsenregeue- ration trotzdem (G. Wolfe). Ebenso erfolgt die mene Linse durch einen Fremdkörper (Kartoffelstück, Brotkügelchen) im Pupillen räum er- setzt wird (A. Werden die Ver- nach Entfernung dauernd in Rücken- lage gehalten, entweder mittels Durchschneidung des Hals- markes (G. Wolff) oder durch Aetherisierung (F. Reinke). so entwickelt sich auch bei diesen Larven die neue Linse oberen Irisraud, ob- seiner Lage nach der untere war. Auf Grund dieser That- sachen können wir über die Ursache dieser m erkwür- digen Regeneration zunächst sagen, daß sie nicht in der Schwerkraft liegt, also keine ,,Barymorphose" ist (G. sich auch bei den in Rückenlage gehal- in der Rückenlage untere n) Pupillar- liegt auch nicht lediglich in dem Reiz, den der Pupillarrand beim Durchtritt der Linse von vorn empfängt, da die Regeneration auch nach Entfernung der Linse von h i n t e n her erfolgt (G. Wolff). Trotzdem aber muß der Verlust der Linse, das Fehlen des Specifi sehen (H. Driesch), die Auslösung des Re- generationsvorganges sein , denn dieser Verlust veranlaßt die Iris zu ihrer „zweckmäßigen" (G. Wolff) Reaktion. Welches die Reize sind, die die Iris hierzu anregen , läßt G. Wolff dahingestellt. Ich bin A. Fischel der Meinung, daß wir sie in den mit der Setzung Defektes notwendigerweise verbundenen Alterationen der Iris suchen haben , da die normale Beschaffenheit der Iris und ihre specitische Nachbarschaft jedenfalls gestört wird , mag die Linse nach vorn oder nach hinten aus dem Irisrahmen entfernt werden. Wir werden dann durch diese Beobachtungen belehrt, daß eine Regene- ration nicht bloß durch eine Wunde ausgelöst werden kann, sondern daß unter Umständen eine viel leichtere Alteration zur Auslösung genügt. Li n senregen erat ion toidbildiuig nach A. Fjschel Mech., Bd. XV, 1902) . (Arch. J(o) und Len- f. Entw.- Wolff); denn die Linse bildet tenen Tieren am oberen (also rande. Die auslösende Ursache mit des zu Reiz, der von der Angenblase auf das Ektoderm ausgeübt wird, in Thätigkeit gesetzt (H. Spemann). Hierfür würden die von mir und O. Dragendorff bei Hühner- embryonen beobachteten ,,Lentoide" sjjrechen. Die Erscheinungen der Regeneration. 55 Ferner geben uns die bisher ermittelten Tatsachen eine Unterlage zur Beantwortung der Frage, woher die Iris die Fähigkeit zur Regeneration der Linse hat. G. WoLFF, der mit H. Driesch u. A. die Erscheinungen der organischen Welt vom vitalistisch-teleologischen Standpunkte aus be- trachtet, ist der Ansicht, daß die Regeneration der Urodelenlinse nicht nur ein zweckmäßiger Vorgang ist — was alle Untersucher an- erkennen — , sondern daß sich in ihr auch eine primäre Zweck- mäßigkeit offenbart , d. li. eine solche , d i e n i c h t a u f V er e r b u n g zurückgeführt werden kann und deshalb nach darwinistischen Prinzipien nicht zu erklären ist. Indessen geben die neuen Ermittelungen von A. Fischel doch wohl die Möglichkeit, eine Erklärung des Rätsels auf Grundlage der V e r e r b u n g zu versuchen. Nach den Untersuchungen von A. Fischel kann es wohl als sicher gelten, daß alle Zellen der sekundären Augenblase bei den Urodelen die Fähigkeit haben, sich gegebenen Falls in Linsen- faseru zu differenzieren^). Man kann darin mit K. Herbst und Fischel den Rest einer ursprünglich dem ganzen Ektoderm des Kopfes zustehenden Potenz sehen, die sich nach Differenzierung der Gehirnbläschen im Zwisclienhirnbläschen erhielt, und bei der normalen Eutwickelung z. B. auch die Linse des Parietalauges zu liefern vermag. Die in den Zellen der sekundären Augenblase schlummernde Fähigkeit der Linsenfaserbildung wird dann durch die Entfernung der Linse ge- weckt und äußert sich in der Bildung einer neuen Linse. Daß hierbei der Pupillarrand bevorzugt ist, liegt nach Fischel wohl daran, daß hier der zur Linsenbläschenbildung günstigste Ort ist und daß er außer- I II III Fig. 531 — III. Drei hypothetische Entwickelungsstadien der Umwandlung des blasenförmigen Auges in ein becherförmiges. U. innere Linse, le äußere Linse. Die innere Linse ist die phylogenetisch ältere, die äußere die jüngere Bildung. (Nach W. SCHIMKEWITSCH, Anat. Anz., Bd. XXI, 1902.) dem bei Entfernung der Linse wohl noch eine besondere direkte Reizung erfährt. Warum ferner der obere Irisrand in der Regel die neue Linse bildet, ist zur Zeit noch dunkel; indessen wirft etwas Licht in dieses Dunkel die von W. Schimkewitsch ausgesprochene Hypothese, daß die jetzige epidermale äußere Linse des Wirbeltierauges wahr- scheinlich eine phylogenetisch jüngere Erwerbung ist, daß die ursprüng- liche phylogenetisch ältere Linse eine innere war, wie wir sie jetzt im Parietalauge von Reptilien finden, und daß dieseinnereLinse 1) H. Driesch bezeichnet neuerdings diese Eigentümlichkeit von ürgananlagen als „AequipotentiaUtät" (1902), will sie aber nicht wie Fischel dem ganzen Augen- becher, sondern nur der Iris zuerkennen. 56 D. Barfurth, entsprechend der Einstülpung der unteren Augen- b l a s e n w a n d (Fig. 53 I- III) am oberen I r i s r a n d e lag. Nach dieser Hypothese ruft also die Entfernung der phylogenetisch neueren äußeren Linse im Auge der Amphibien das Erscheinen sehr alter An- lagen der inneren Linse hervor, d. h. der Linse der primären Augen- blase. Wenn diese Erklärung auch durchaus hypothetisch ist, so hat sie doch ohne Zweifel eine Stütze in der Stammesgeschichte der Augen und giebt uns die Möglichkeit, die rätselhafte Linsen re gene- neration des Am phibienauges auf Vererbung von einem phylogenetisch älteren Modus der L i n s e n b i 1 d u n g zu- rückzuführen. Hiermit ist für eine wirkliche Erklärung ja noch nicht viel gewonnen, aber wir haben wenigstens das uns ganz neue Rätsel dieser Linsengeneration bei dem schon länger diskutierten Problem der Vererbung untergebracht. Aus der eigenartigen Regeneration der Urodelenlinse haben nun einige Forscher, z. B, 0. Hertwig und H. Driesch, den Schluß ge- zogen, daß durch sie das „Dogma von der Specificität der Zellen" (0. Hertwig) im Prinzip nachhaltig erschüttert sei. Wir haben durch die Entdeckung von G. Wolff allerdings erfahren, daß die Zellen des Pupillarrandes der Urodelen bei der Regeneration nicht nur ihres gleichen wiedererzeugen, sondern sich auch unter geeigneten Bedingun- gen in Linsenfasern umwandeln können. Aber wir haben weiterhin durch die Untersuchungen von Vialleton, Grynfeltt, Heerfordt und NUSSBAUM gelernt, daß bei der normalen Entwickelung die Zellen des Pupillarrandes bei Wirbeltieren sich auch zu glatten Muskel- fasern (M. dilatator pupillae) umwandeln können. Die Zellen des Augenbechers, besonders die des Pupillarrandes, haben also überhaupt mehrfache morphologische Potenzen und nähern sich dadurch dem indifferenten Typus der Keim blatte rz eilen. Unsere Erfahrungen über die Leistungsfähigkeit der Zellen sind also allerdings dahin erweitert worden, daß wir jetzt für die normale, wie für die regenerative Entwickelung drei Arten von Zellen kennen : a) totipotente, nämlich die befruchtete Eizelle und die ersten Bla- stomeren; b) multipotente, z. B. die Keimblätterzellen und die Zellen des Augenbechers ; c) u n i p o t e n t e , d. h. alle endgültig differen- zierten Gewebszellen : Muskelzellen, Nervenzellen, Drüsenzellen u. s. w. Die Entstehung dieser verschiedenen Qualitäten kann man sich sowohl nach der Roux-WEiSMANN'schen Hypothese einer erbungleichen Zellteilung und eines Reserve-Idioplasmas, als auch nach der 0. Hert- wiG'schen Hypothese einer erbgleichen Zellteilung mit späterer Proto- plasmadifferenzierung zu erklären suchen. Für die unipotenten Zellen aber gilt ohne Zweifel nach wie vor die durch zahllose Beob- achtungen sichergestellte Lehre von der „Specietät der Gewebe". Mit diesem Ausdruck bezeichne ich die Eigenart der Gewebe, kraft welcher sie nur Elemente ihrer Art regenerieren. Das häßliche Wort Specificität, welches von den Franzosen gebraucht wird (specificite), kommt, wie mir mein philologischer Kollege Kern freund- lichst mitteilt, im Lateinischen nicht vor. „Specificus" findet sich erst bei dem Philosophen Boetiiics ; davon wäre als richtige Bildung „speci- ficentia" nach Analogie von „magnificentia" abzuleiten ; aber auch dieses AVort existiert nicht im Lateinischen. Das Wort „Specifität", welches ich früher wegen seiner Kürze angewandt habe (ebenso Zieglek, Driksch u. A.), ist keine richtige lateinische Bildung und nur aus dem Fran- Die Erscheinungen der Regeneration. 57 zösisclien zu erklären. Eine richtige und brauchbare Zeichnung ist specietas = qualitas, Specietät, wofür wir das schöne Wort „Eigenart" haben. lateinische Be- im Deutschen 2. Schwanz. Schon der berühmte Experimentator Spallanzani wußte, daß die Regenerationsfähigkeit der Schwanzspitze bei Amphibienlarveu unbe- grenzt ist ; nach wiederholter Amputation wächst sie immer wieder. Die Schnittgrenze hebt sich noch lange Zeit dadurch deutlich ab, daß das Reeenerat heller ist als der centrale Schwanzstummel. Die Re- generation geschieht nach meinen Versuchen (1891) mechanisch in der Fig. 54 Fig. 56. Fig. 57. Fig. 54. Triton taeniatus mit schief regeneriertem Schwanzende, ab Schnitt- richtung, auf welcher die Achse des Regenerates senkrecht steht. Fig. 55 — 56 veranschaulichen an Froschlarven schwänzen bei Lupen vergröße- rung, wie die Regeneration der Schwanzsjjitze bei verschiedener Schnittrichtung er- folgt. Es bedeutet ab die Schnittrichtung, od die Achse des alten, oc die Achse des regenerierten Schwanzstückes. Laoc mag kurz als Regenerationswinkel, Lcod als Streckungs winke! bezeichnet werden. Fig. 55. Gerade regeneriertes Schwänzende einer Larve von Rana fusca. ^ooc=90«, Lcod= 180». Fig. 56. Schief unten regeneriertes Schwanzende einer Larve von Rana fusca. Fig. 57. Schief oben regeneriertes Schwanzende einer Larve von Rana fusca. (Nach Barfurth, Archiv mikr. Anat., Bd. XXXVII, 1891.) 58 D. Barfurth, Weise, daß sich die Achse des Regenerates senkrecht auf die Schnittebene stellt, also gerade, schief nach oben oder schief nach unten, eine Rege], die für die Regenwtirmer von Morgan (1895) und Hescheler (1896), für Seesterne von King (1898), für Knochen- fische von Morgan (1900) bestätigt wurde^). Im Laufe des Wachs- tums wird eine schief regenerierte Schwanzspitze gestreckt. Hierbei wirkt ohne Zweifel die Seh w i m m f n n k t i o n d e s S c h w a n z e s er- heblich mit. Das ergiebt sich ans Versuchen, bei welchen ich eine Anzahl von Froschlarven mit schief regenerierten Schwanzspitzen in tiefes, eine andere Anzahl in seichtes Wasser brachte, so daß die ersteren schwimmen konnten, die andere Gruppe aber nicht. Bei den Schwimmern ergab das Gesamtresultat der Versuche einen Streckungswinkel von 174", bei den Nichtschwimmern nur 153'-; die Funktion hatte also eine größere Streckung von 21° zu stände ge- bracht. Da freilich auch bei Nichtschwimmern eine Streckung, wenn auch langsamer, erfolgt, so muß man schließen, daß nicht die Funktion allein, sondern auch andere Kräfte (Schwerkraft und Selbstregulation des Organismus im Sinne von E. Pflijger und W. Roux) als streckende Faktoren wirken. Jedenfalls aber beweisen diese Versuche, daß eine „funktionelle Orthopädie" (W. Roux) vorkommt. H. Driesch hat zur Erklärung dieser Streckung die Ansicht ausge- sprochen, daß, neben anderem, vielleicht eine kombinierte Aktion von Inaktivitätsatrophie und Aktivitätshypertrophie in Frage komme, also eine Aktion im Sinne der ursprünglichen AufFassungsweise Roux's, freilich ohne den „Kampf begrifi''', d. h. ohne Annahme des „Kampfes der Teile im Organismus" ; dann könnte hier nach Driesch vielleicht Atrophie nicht thätiger und Hypertrophie thätiger Muskelelemente angenommen und die Formänderung als Resultat beider aufgefaßt werden (Re- sultate und Probleme, 1898). Gegen diesen Erklärungsversuch habe ich nichts einzuwenden. Ganz resigniert steht einstweilen T. H. Morgan diesem Problem gegenüber. Morgan hat an der Schwanzflosse der Knochenfische eine der meinigen an Amphibienlarven entsprechende Beobachtung gemacht und vergleicht die nachfolgende Streckung mit der Streckung eines schief regenerierten Planaria-Kopfes. „Diese Aenderung wird bewirkt durch stärkeres Wachstum einer Seite , aber die Faktoren, die dieses zu Stande bringen, sind uns gänzlich unbekannt". (Archiv Entw. -Mech., Bd. X, 1900). Morgan bemerkt dazu, daß dieses Problem zwar unser höchstes Interesse erregen muß, daß aber seine Analyse zur Zeit gänz- lich über unsere Kraft geht — es sei denn , daß wir uns auf den vita- listischen , teleologischen Standpunkt stellen. Gegen die von mir experimentell begründete Auffassung einer „funktionellen Orthopädie" schief gewachsener Schwanzspitzen ist neuer- dings G. Tornier aufgetreten. Nach Erörterung der von mir mitge- teilten Beobachtungen über Schiefwachsen von Gabelzinken bei regene- rativer Bildung der Cauda bifida (s. weiter unten) sagt er : Die , Funktion' ruft also dieses Auf- und Abwärts wachsen der Schwanzspitze nicht aktiv hervor , daher sind diese Vorgänge auch nicht Folgen einer funktionellen Orthopädie ; die Funktion begünstigt aber als Reizmittel , d. h. indem sie 1) Hierher gehört wohl auch die Beobachtung von Driesch, daß eine schiefe Schnittfläche auch eine schiefe Anlage der angelegten Tentakelkränze bei Tubularia zur Folge hat (1896). Die Erscheinungen der Regeneration. 59 als , Arbeitgeberin' eine gesteigerte Blntzufuhr zu dem arbeitenden Schwanz veranlaßt, ein beschleunigtes Wachsen desselben, also auch schnelleren Verlauf seiner Spitzenverbildung". Die Ursache der Streckung schief gewachsener Schwanzspitzen sieht G-. Tornier lediglich in einem ungleichartigen Wachsen der Ei nzelp art i e en in diesen Ob- jekten, nicht in einer „Selbstregulierung des Organismus". Gegen diese Deu- tung sage ich mit H. Driesch : Gerade in dem Wachsen zeigt sich ja die Re- gulation ; weil das Wachsen zu normalen Verhältnissen führt, ist es regu- latorisch. (Vgl. H. Driesch, Die organischen Regulationen, Leipzig 1901.) Die Schnelligkeit der Regeneration ist wesentlich abhängig von der Temperatur, wie schon Spallanzani und Leydig be- obachteten und wie ich durch Versuche festgestellt habe. Ami)hibien- larven regenerieren bei 10 ° C fast überhaupt nicht, bei 28 " C sehr schnell. Dagegen hat die Ernährung keinen wesentlichen Einfluß auf die Regeneration, da hungernde Tiere gerade so gut regenerieren wie gut genährte. Theoretisch bedeutsam ist die von mir experimentell begründete Thatsache, daß selbst solche Froschlarven noch die abgeschnittene Schwanzspitze regenerieren, welche der Metamorphose und damit der Rückbildung des Schwanzes nahe stehen. Es folgt daraus, daß die Amputation des Schwanzes keineswegs die Meta- morphose beschleunigt und daß die Regeneration ganz u n a b - h ä u g ig von d e r n o r m a 1 e n E n t w i c k e 1 u n g (M e t a m o r p h o s e) verlaufen kann. Außerdem ist dieses Resultat ein Analogon zu den vergeblichen Versuchen , durch welche man künstliche ^Verstümmelungen zu vererben gesucht hat. Aus meinen Versuchen ergiebt sich , daß solcher Eingriff nicht einmal die Entwickeluug des Individuums wesentbch beeinflußt , da nicht die offenbar vorteilhaftere Metamorphose mit Rück- bildung des Schwanzes, sondern nur die einfache Rgeneration angestrebt wird. Wenn also diese Verstümmelungen das Indivi- duum so wenig alterieren , so ist das Ausbleiben einer Einwirkung auf die Art noch verständlicher. Ferner ist von Interesse die Beobachtung , daß unter Um- ständen ein durch Verletzung hergestellter centraler Schwanz- stummel zwei Schwanz enden regenerieren kann. Diese Mißbildung, die ich „Cauda bifida" genannt habe, ist am längsten bei Reptilien bekannt, aber von Bruch, mir, John, Hinderer, WoLTERSTORFF, Werner uud G. ToRNiER auch bei Amphibien und ihren Larven beobachtet worden, Sie ist nicht zu verwechseln mit einer bei jungen Amphibienlarven vorkommenden Hemmungsmiß- bildung , bei welcher die normale Verwachsung der paarigen Schwanz- anlagen, der „Schwanzknospen" (0. Hertwig), ausbleibt, die also nach Analogie von „Asyntaxia medullaris" als „Asyntaxia cau- dalis" zu bezeichnen wäre. Die Cauda bifida entsteht immer durch Regeneration. Das beweisen meine Versuche an Amphibienlarven, bei welchen die künstliche Herstellung der Gabelschwänze gelang, und die gleichzeitig von G. Tornier erzielte experimentelle Bildung der Cauda bifida und trifida bei Eidechsen. Meine Versuche wurden so angestellt, daß mit einer heißen Nadel ca. 1 cm von der Schwanz- spitze der dorsale Teil des Mittelstückes, welches Rückenmark, Chorda dorsalis , Arteria caudalis und die quergestreifte Muskulatur 60 D. Barfurth, enthält , mark Da nun durchsengt ganz wurde. Bei dieser Verletzung wird das Rücken- durchbohrt und die Chorchi dorsalis dorsalwärts angesengt, das verletzte Schwanzende weiter wächst, während gleich- zeitig an der Verletzungsstelle durch regenerative Sprossung Fig. 58. Fig. 61. i> . Fig. 59. «5 ■S'.> Fiff GO. Fig. 58. Larve von Eana fusca mit Cauda bifida. Mittelstück gegabelt und Integument eingekerbt. (Das Integuraent ist durch Reizversuche und Aufkleben für die Photographie etwas verletzt.) Fig. 59. Ebenso. Der obere Ast des Mittelstückes ragt in die Verletzungs- stelle aufwärts hinein und zeigt eine laterale Hautfalte. Fig. 60. Ebenso. Der obere Ast des Mittelstückes ist genau der Verletzungs- stelle entsprechend aufwärts gewachsen. Fig. 61. Querschnitt durch die regenerierte Schwanzspitze einer Larve von Eana fusca. Cauda bifida. Doj^pelte Chorda dorsalis, doppeltes Medullarrohr , doppelte Muskulatur. Vergr. 50: 1. (Fig. 58 bis 60 sind nach Photographieen dar- gestellt , Fig. 61 ist mit dem His'schen Embryoskop gezeichnet. BARFUrTH, Archiv Entwickl.-Mechan., Bd. IX, 1899). SO ergiebt erstreckt sich eine Gabelung sich wesentlich auf das gern ein - ein zweites Schwanzende entsteht, des Schwanzes. Diese Gabelung Mittel stück. In der Regel haben beide Gabeläste einen samen Hautsaum , doch kommen auch getrennte Hautsäume vor. Jeder Ast der Gabel enthält Chorda dorsalis , Gefäß (Arteria caudalis) , quer- gestreifte Muskulatur und in der Regel auch Rückenmark (Fig. 60). Letzteres hängt aber nur am dorsalen Ast mit dem persistierenden Rückenmark zusammen , aus dem es durch Regeneration ent- standen ist. Das Rückenmark des centralen Gabelastes ist das durch die Operation abgetrennte i)eriphere Stück des u r s p r ü n g 1 i c h e n Die Ersclieinungen der Regeneration. 61 Rückenmarkes, welches nicht nur bestehen bleibt, sondern merk- würdigerweise auch w e i t e r w ä c h s t. Nach diesen Versuchen und Beobachtungen ist also die Cauda bifida weder als unvollkommene Doppelbildung aufzufassen (Bruch), noch auch abhängig von der Ent- stehung des Schwanzes aus einem linken und rechten Anlagematerial (0. Hertw^ig), sondern sie ist eine selbständige Leistung der Regeneration, die durch Verletzungen ausgelöst wird und zu den Erscheinungen gehört, die ich als „Sup erregen erat ionen" bezeichnet habe (1894). Diese Versuchsergebnisse sind durch Be- obachtungen von John, Hinderer, Woltersdorff, Werner und G. ToRNiER an Larven und erwachsenen Tieren anderer Amphibien- arten bestätigt worden. Einer Mitteilung von G. Tornier , der diese Verbildungen und ihre Entstehungsursachen eingehend untersucht hat, entnehme ich Fig. 61 — 63. Fig. 61 zeigt einen Triton vulgaris im Hochzeitskleid mit Gabelschwanz , der in der freien Natur entstanden ist. Die Spitze s wurde durch eine verbiegende Kraft so stark nach unten gedrückt, daß , seine Wirbelsäule im Biegungsscheitel d. h. im 12. Wirbel von oben , nach unten abbrach , wobei am Schwanzstumpf der Kopf des durchbrochenen Wirbels hängen blieb , während die los- gelöste und nach unten verschobene Schwanzspitze s mit dem Hinter- ende dieses Wirbels beginnt. Der Wirbel ist in seinem kleinsten Querschnitt, also an der Stelle des geringsten Widerstandes gegen Verbiegung , durchbrochen , während die über ihm liegenden Schwanz- weichteile gleichfalls zerrissen wurden. Aus dieser Wunde ist dann eine überzählige Schwanzspitze (s') herausgewachsen, und zwar als oberste und längste der beiden Gabelzinken dieses Schwanzes. Die mangelhaft ausgebildeten Wirbel sind sofort im Röntgenbilde als re- generierte zu erkennen und wachsen unmittelbar aus dem Wirbelkopf heraus , der am Schwanzstumpf stehen blieb , indem dieser Wirbel- kopf selbst das ihm fehlende Hinterende mitersetzte. Es nimmt also die Neubildung die Stelle des abgebrochenen Schwanzendes ein. Das Röntgenbild zeigt ferner, daß der Wirbelrest, mit dem die abgebrochene Schwanzspitze (s) beginnt, weder einen Wirbelkopf regeneriert hat, noch mit den Schwanzstumpfwirbeln oder regenerierten nachträglich verwachsen ist, daß ihn vielmehr ein ansehnlicher Raum Fig. 62. Triton vulgaris ^ , init Gabelscliwanz. s ursprüngliche Schwanzsisitze, die durch eine verbiegende Kraft stark nach unten gedrückt wurde, so daß die Wirbeisäule in der Höhe des 12. Wirbels von oben abbrach und aus der Wunde eine Stiefschwanzspitze («') regeneriert wurde. 62 D. Barfurth, davon trennt. Deshalb waren beide Schwanzspitzen auch etwas an- einander beweglich. Endlich zeigt dieser Schwanz (Fig. 62), daß beide Zinken mit einem breiten Haut säum versehen sind, wie ihn der männliche Schwanz als Hochzeitsschmuck trägt. (ileich mir ist auch G. Tornier der Ansicht, daß die Art V erletzung maßgebend d e r ist für die oft wunderbaren Formen der Fig. 63. Dasselbe Tier im Röntgenbilde. (G. Tornier, Zool. Anz., Bd. XXIII, 1900. Regen erate am besonders die mäßig große Schwanzende. Bei Entstehung der Cauda bifida ist W u n d g r ö ß e nach G. Tornier von Einfiuß. Während Wunden überzählige Schwanzspitzen nach Art der von mir experimentell hergestellten liefern , kann bei Maximal große der eine zweite längere Schwanzspitze (s'). Fig. 64. Axolotl (Siredon i:)is- ciformis) mit Gabelschwanz. Der Embryo wurde der EihüUe ent- nommen und der Schwanz von unten augeschnitten, so daß der Schnitt gerade noch die Schwanz- chorda durchschnitt. Die Stamm- schwanzspitze (s) blieb erhalten, und aus der Wunde regenerierte (G. Tornier, Zool. Anz., Bd. XXIII, 1900.) Wunde die überzählige Schwanzspitze zu derselben Größe auswachsen, wie die ursprüngliche Schwanzspitze, oder kann sie gar im Wachsen überflügeln (Fig. 64). Bei den Regenerationsvorgängen dieser Art verhalten sich nach G. Tornier die Anlagen der Hautgebilde und die der Skeletteile verschieden: von den neuentstehenden Hautgebilden werden zuerst die Basal partieen, dann nacheinander die weiter spitzenwärts stehenden und zuletzt erst die Spitzenbezirke selbst angelegt ; dagegen werden von den zugehörigen Knochenbezirken zuerst die Spitzen- partieen angelegt, und dann entstehen die übrigen, von den Spitzen- zu den Basalpartieen rückschreitend, zwischen der Spitze und der Knochenwundstelle. Auch an den Wirbeln können nach G. Tornier regenerative Die Ersclleim^rlgen der Regeneration. 03 Vorgänge auftreten. Wenn ein Wirbel , etwa durch seitliche Verbie- gung der Wirbelsäule, einreißt, kann an der Wundstelle durch Super- regeneration ein überzähliger Wirbel entstehen. Solche Mißbildungen hat H. Adolphi an der Wirbelsäule anurer Amphibien beobachtet und als Atavismen aufgefaßt; G. Tornier hält sie für Super- regenerate. 3. Kiemen und Kiefer. Es ist eine längst bekannte Thatsache, daß Amphibienlarven und Perennibranchiaten (z. B. Siredon pisciformis) in der Gefangenschaft und wohl auch in der Freiheit sich gegenseitig Gliedmaßen, Schwanz- ende, Kiemen und andere Körperteile abreißen und verschlingen. Alle diese Teile regenerieren leicht, so auch die Kiemen (Fraisse,, 1885, p. 156). Die Gewebe in denselben (Gefäße, Bindegewebe, Epidermis) regenerieren dabei nach dem Modus der Gewebsregeneration, der am Schlüsse dieses Abschnittes zusammenfassend dargestellt werden soll. Daß -auch abgeschnittene Ober- und Unterkiefer regeneriert werden, war schon Spallanzani bekannt. Er macht auf die Knochen, Mus- keln, Gefäße u. s. w. in den Kiefern (bei Triton) aufmerksam und sagt dann: „Schneidet man nun diese Kinnbacken weg, so wachsen alle besagte Teile wieder, wie bei den Beinen und dem Schwänze" (1769, p. 65). 4. Gliedmaßen. Die Regeneration verloren gegangener Gliedmaßen war schon den Alten (Aristoteles) bekannt. In der freien Natur sind die Glied- maßen der Amphibien am häufigsten Verletzungen durch Bisse der Genossen ausgesetzt und bieten deshalb auch am häufigsten die Er- scheinung der Regeneration. So erklärt es sich, daß sie auch zu Ex- perimenten von allen Körperteilen am meisten benutzt v>'urden. Schon Spallanzani stellte durch Versuche fest, daß junge Salamander in den Sommermonaten Juni, Juli und August sechsmal einen neuen Anwuchs der 4 Beine reproduzierten, daß alte Salamander (Tritonen) sehr langsam, junge sehr schnell regenerieren, daß gerade soviel Knochen wieder wachsen können, als weggenommen werden, daß aber auch manchmal zu wenig und manchmal zu viel gebildet werden u. s. w. (1769, p. 62). Spallanzani giebt an, daß die Reproduktion auch stattfindet, „wenn man ein oder auch alle 4 Beine am Leibe des Tieres aus den Gelenken bricht" (p. 54). Dagegen regenerieren nach Fraisse und Wendelstadt ex artikulierte Gliedmaßen der Amphibien nicht ^). Wer hier recht hat, wird durch weitere Versuche zu ent- scheiden sein. Von Philipeaux stammt die Beobachtung, daß die Gliedmaßen sich nur regenerieren, wenn wenigstens der Basalteil er- halten bleibt, daß also z. B, Vorderbeine nur regenerieren, wenn das Schulterblatt oder wenigstens ein Teil desselben am Körper zurück- bleibt (1867, p. 1204; 1876, I, 1162). Obgleich den Anuren die Fälligkeit der Gliedmaßenregeneration nicht fehlt, ist sie doch derjenigen der Urodelen nicht zu vergleichen. Mit größter Leichtigkeit und geradezu übersprudelnder Produktivität 1) Diese Beobachtung schreibt Fraisse (p. 37) Philipeaux zu. An den ci- tierten Stellen aber (Coraptes rendus, 1866 und 1876) spricht Philipeaux nur von Totalexstirpation der Extremität mit Schulterblatt, nicht von Exartikulation. 64 D. Barfurth, vollzieht sie sich beim mexikanischen Molch (Axolotl), dann mit ab- nehmender Leichtigkeit bei Triton, Salamandra, Plenrodeles und vielen anderen Urodelenspecies (Towle) ; bei Proteus und Siren lacertina erzielte Wiedersheim dagegen keine Regeneration. Spallanzani machte die Beobachtung, daß „unter bereits völlig erwachsenen Sala- mandei-n (Tritonen? Ref.) sich der neue Anwuchs eher bei den kleinen als bei den größeren Gattungen (Species? Ref.) zeigt" (p. 55). Die Regeneration kann an der Vordergliedmaße vom proximalen Teile (Schultergürtel) bis zum distalen (Digiti) in jedem Querschnitt erfolgen und stellt den weggenommenen peripheren Abschnitt wieder her. Die Art dieser Regeneration entspricht im wesentlichen der ontogenetischen Bildung, obgleich über die Einzelheiten noch manche Aufklärung nötig ist: Es entsteht zuerst, wie schon Spallanzani, Bonnet u. A. beobachteten, ein kleiner Stummel ohne Gliederung, dann bilden sich am peripheren Ende kleine Kegel als Anlage der Finger oder Zehen, und dann wird unter allgemeinem Längenwachstum die Beugung des Vorderarmes gegen den Oberarm, der Carpus und der Metacarpus deutlich. Nachdem wir durch Goette, Strasser u. A. die Entwickelung // h- h r .1 Fig. 65. Fig. t)6. Fig. 67. Fig. 65. Volarseite des linken Armes einer ganz jungen Larve von Triton cristatus. Fig. 66. Volarseite des regenerierten linken Armes einer etwas älteren Larve von Tiüton crist.; die Ampiitationsstelle liegt dort, wo der Humerus sich gegen sein distales Ende plötzlich verschmälert. Fig. 67. Dorsalansicht des regenerierten rechten Armes eines erwachsenen Triton cristatus. Die Amputation traf beide Vorderarmknochen, deren Enden noch in der angesetzten callusartigen Masse kenntlich sind. Gemeinsame Bezeichnung: ob Oberhaut, h Humerus. r Eadius. m Ulna. r' radialer, u' ulnarer Carpalast. rmlll das aus der Verschmelzung der beiden ur- sprünglichen Skelettäste am distalen Ende des Carpus, bezw. aus der Verschmelzung von 7-III und mlll hervorgehende Carpale. m medianer Carpalast. m—u' me- dianer und ulnarer Carpalast. I—IV die Skeletachsen der Finger, von der radialen Seite an gerechnet. — Goette, A., 1879. III IV Die Erscheinungen der Regeneration. 65 des Skelettes der Amphibienextremitäten genauer kennen gelernt haben, läßt sich mit der normalen Entwickelung die regenerative vergleichen. Sie verläuft nach Goette und Fraisse der normalen entsprechend. Das primitive Skelett der Vordergliedmaße — die ich als Beispiel Goette aus einem proximalen Abschnitt (Hu- distales Ende sich in 2 Aeste (Anlage des fortsetzt, die in der Mitte ihres Verlaufes zu- wähle — besteht nach merusanlage), dessen Radius und der Ulna) sammenstoßen (zur Bildung der Carpusanlage) und dann wieder unter einem spitzen Winkel auseinanderfahren, Sie laufen dabei Spitzen aus, die die Anlagen der ersten (2. und 3.) Finger darstellen, erfolgt in zwei beiden Sodann die Sonderung der proximalen Hälften beider Aeste in Handwurzel und Vorderarm, weiterhin die Anlage eines ulnaren Seitenastes der Hand. Die Handwurzel gliedert sich in 3 parallel und dicht nebeneinander gelagerte Aeste. den radialen, medianen und ulnaren, von denen der erstere mit dem Radius in Ver- bindung steht und in läuft, die sammenhängen tragen. den 2 letzteren mit und den 2. Letzterer ist der 1. Finger aus- der Ulna zu- und 3. Finger Ausläufer des ulnaren Seitenastes, der sich vom Handwurzel- teil des ulnaren Astes durch Wucherung und Abspaltung gesondert hat. Zuletzt äste und die folgt Gliederung Bildung die Gliederung der Knorpel- is 4. Fingers. Bei der Knorpeläste entsteht aus den miteinander verbundenen distalen Enden des radialen und medianen Astes das erste Carpale {Carp. rin III), der Rest beider Aeste gliedert sich weiterhin in je zwei, der ganze ulnare Ast in drei annähernd gleich große Stücke, so daß jeder Ast, im Grunde genommen, in drei Stücke zerfällt. Die Fingeranlagen gliedern sich später in 3 Phalangen. Fig. 08. Triton taeniatus mit einer überschüssigen, regenerierten fünffingerigen Extremität. Fig. 69. Halbschematische Darstelkmg des Schiilter- gürtels desselben Tieres, ss Suprascapula. d Clavi- cula. CO Coracoid. s Scapula. e Stammextremität, e' regenerierte Extremität. Regeneration der dem Regeneration gelangte nun Gliedmaßen beachtenswerten im w e s e n t primären E n t w i c k e Ergebnis, Beim Studium der OoETTE, wie nach ihm Fraisse, zu daß die Skelett bildung bei der liehen ebenso verläuft wie bei dei ^ lung und daher als eine Wiederholung der letzteren bezeichnet werden kann (Fig. 65—67). Dabei ist zu beachten, daß die Skelettbildung bei der normalen Entwickelung, wie bei der Regeneration darauf ausgeht, die Spitzenpartieen zu erst herzustellen, während von den zu Handliuch der tntwickelungslehie. III, 3. 66 D. Barfurth, bildenden Hautgebilden zuerst die Basalpartieen, dann erst die Spitzen- bezirke angelegt werden (G. Tornier). Diese Thatsaclie, auf welche G. Tornier (8) hinweist, hat nach H. Driesch vielleicht allgemeine Bedeutung : der restitutive Regenerations- prozeß beginnt vielleicht immer mit Bildung des Terminalabschnittes des zu regenerierenden Teiles (H. Driesch, 17, p. 835). Goette sagt, daß die schon am Humerus bezeichnete Vorbereitung der Knorpel- bildung sich zuerst in den proximalen und distalen oder Finger- abschnitten zeigt, so daß die dazwischen liegenden mittleren Abschnitte noch zurückbleiben (p. 4). Während Fraisse die Ansicht vertrat, daß eine Regeneration der Extremität nicht eintreten würde, wenn Schulter- oder Beckengürtel verletzt wären, zeigen einige neueren Beobachtungen, daß im Gegen- teil nach Verletzung des Schultergürtels die Regeneration der ganzen Extremität, unter Umständen unter Regeneration eines zweiten Schulter gürteis eintreten kann. Es kommt also hier, wie in vielen anderen Fällen, zur Regeneration eines überschüssigen Körper- teiles. Ichhabe diesen Vorgang als Super r eg en eration bezeichnet^). So habe ich einen Triton taeniatus mit einer überschüssigen fünf- zehigen (!) Vordergliedmaße beschrieben und in Fig. 68—69 dar- gestellt. Diese Gliedmaße entsprang oberhalb der echten Gliedmaße vom Schultergürtel. Man unterscheidet an dieser, ohne Zweifel nach Verletzung des Schultergürtels regenerierten Extremität Oberarm, Unterarm, Carpus und Hand, letztere bemerkenswerterweise mit 5 Fingern, während die eigentliche Gliedmaße die normale vierfingerige Hand besitzt. Ober- und Unterarm sind kürzer als an der normalen Gliedmaße. An der Hand ist der 1. und 2. Finger sehr kurz, der 3. und 4. sind so lang wie an der normalen Hand, der 5. Finger ist wieder kurz. Am lebenden Tier war im Ruhezustande die ganze Extremität gerade nach hinten gestreckt. Sobald die eigentliche Gliedmaße in Bewegung gesetzt wurde, bewegte sich auch die Nebengliedmaße, aber nicht genau gleichzeitig, sondern etwas später. Dabei be- obachtete man eine Bewegung des Unterarmes gegen den Oberarm, der Hand gegen den Unterarm. Der überzählige Finger war au der Spitze gegabelt. Eine entsprechende Regeneration an einem Frosch (Rana escu- lenta) wurde von G. Tornier beschrieben. Das Tier (Fig 70) trägt rechts drei Vordergliedmaßen, von denen die Stammgliedmaße die kleinste ist (vgr). Die beiden anderen stellen je eine rechte und linke Froschvordergliedmaße dar und sind durch Regeneration ent- standen (vgr', vgl'). Die Regeneration geht aus von einem buckel- artigen Vorsprung {str'), der nichts anderes ist als ein zweiter re- generativ entstandener verkümmerter Schultergürtel. Die anatomische Untersuchung durch G. Tornier ergab über die Ent- stehung dieses Regenerates folgendes. Das Tier erlitt in früher Jugend einen Schulterblattbruch (Fig. 71) mit Verlagerung des abgebrochenen Stückes (eps). Es wuchs nun aus der Wundtläche des Halsrestes des 1) Die mehrfache (superregenerative) Bildung von Ghedmaßen hat Dumeeil nach Geoffroy-St. Hilaire als Melomelie (melom^lie) bezeichnet. Neuerdings wird auch der Ausdruck Polymehe (G. Tornier) angewandt. Entsprechende Termini für überschüssige Ghedraaßenteile sind: HyperpediCj Hyperdactyhe, Polydactyhe. Die Ersclieiniingen der Regeneratiou. 67 zerbrochenen Schulterblattes (bj) eine Knorpelmasse heraus, welche einen Ast (%) schräg nach oben sandte, der später mit dem abge- brochenen Schulterblattstück verwachsen ist und nunmehr einen Strebe- Fig. 70. eps. lie:. 72. Fig. 73. h CSC. "i ,- prc. obr.' slr.' Fig. 70. Rana esculenta mit 3 rechten Vordergliedmaßen, von welchen 2 {vgl', vgr') durch Regeneration entstanden sind, vgr Stammgliedmaße (rechts), str Sternum. (G. Tornier, Zool. Anz., 1898.) Fig. 71. Darstellung des Schulterblattbruches des in Fig. 70 gezeichneten Frosches. (Nach G. Tornier, ebenso die beiden folgenden Figuren.) Fig. 72. Anatomie des regenerierten Schultergürtels mit den beiden regene- rierten Extremitäten von vorn. Fig. 73. Dasselbe Objekt, von der Hinterseite, zeigt, von welchem Stück des gebrochenen Stammschulterblattes die einzelnen überzähligen Skelettstücke super- regeneriert worden sind. «j und «2 Steifen im überzähligen Teil des Schultergürtels, a.^ überzähliger linker Schulterblatthals, b^ und 6, Bruchstellen im Schulterblatt, crd Coracoid. cps Schulterblattkörper, esc Schulterblattkopf, eprs Epipraesternum. eps Episcapula. epost Epipoststernum. /^ und f.^ Foramina. g^ und g.^ Gruben im superregenerierten Teil, obl linker, obr rechter Oberarm. 2^ost Poststernum. prc Präcoracoid. prst Praesternum. str Sternum. vgl linke, vgi- rechte Vordergliedmaße. — Die über- zähligen Teile sind gleich, aber mit Accent bezeichnet. 5* 68 D. Barfurth, pfeiler bildet, der das Bruchstück der Scapula {cps—eps) in seiner normalen Stellung fixiert; der andere Ast dieser Knochenmasse (a) stieg dagegen , vom vorigen durch einen Zwischenraum (f^) getrennt, schräg hinab und verwuchs mit einer , aus der Wundstelle des abge- brochenen Schulterblattstückes {b'^) hervorsprossenden Knorpelpartie zu einem Vegetationskegel , welcher sich nicht nur zu einem doppelten Schulterblattlials , sondern auch zu einem vollständigen Schultergürtel nebst den dazugehörigen 2 vollständigen Gliedmaßen superregeneriert hat. Dieser Stiefschultergürtel des mißbildeten Tieres ist indes so stark von den Seiten zusammengedrückt, daß er annähernd die Form eines Steigbügels erhalten hat und erst nach genauer Besichtigung tadellos zu deuten ist (Fig. 72 , 73). Fig. 74. Fig. 75. Fig. 76. rh ■^iJH^ Fig. 77. Fi?. 78. ffV^ "" Fig. 74. Zweijähriger Axolotl mit experimentell erzeugter superregenerativer Hand {rli). Die eigentliche funktionierende Hand besitzt die Normalzahl von 4 Fingern, die radial gestellte Nebenhand nur 2 Finger. Fig. 75. Zweijähriger Axolotl mit 5 Fingern an der rechten regenerierten Hand. Fig. 76. Regenerierte rechte Hand eines dreijährigen Axolotl mit 5 Fingern, von denen der 1. und 3. sich gabelförmig teilen. Fig. 77. Regenerierter rechter Vorderarm eines dreijährigen Axolotl mit doppelter Hand, von der ventralen Seite gezeichnet, tira die Nebenhand (r/;) zu zeigen. Fig. 78a, b,c. Experimentell erzeugte Auswüchse (rudimentäre Nebenhände), aus einem zweiten selbständigen aber schwächeren Regenerationscentrum entstanden. (Barfurth, Archiv. Entw.-Mech. Bd. I, 1894.) Die Erscheinungen der Regeneration. 69 Eine ausgesprochene Superregeneration haben wir ferner bei der regenerativen „Polydaktylie". Dieser Begriff hat seine ursprüng- liche , nur von überzähligen Fingern resp. Zehen abgeleitete Bedeutung längst verloren und wird auch auf überschüssige Phalangen und Hände ausgedehnt, weil die Theorieen über die Entstehung der Polydaktylie diese Erweiterung nötig machten. Da die neuere entwickelungs- mechanische Forschung das Zustandekommen vieler Formen von Poly- daktylie aufgeklärt und — gerade bei Amphibien — als Regene- rationserscheinung sicher nachgewiesen hat, so ist eine Dar- stellung der betreffenden Versuche hier gewiß angezeigt. Die experimentelle Herstellung überschüssiger Gliedmaßenteile bei Amphibien gelang fast gleichzeitig und unabhängig voneinander PiANA (bei Triton, 1894), Barfurth (beim Axolotl, 1894), Giard (Pleurodeles Waltlii und anderen Urodelen, 1895) und G. Tornier (Triton cristatus, 1896). Die von den Experimentatoren angewandten Methoden lehrten, daß die Art der Verwundung das auslösende Moment für diese Super- regeneration ist. Ich erzielte beim Axolotl ganze oder rudimentäre Doppelbildung der Hand durch komplizierte Amputation, die in der Weise ausgeführt wurde, daß die Hand über dem Carpus am- Fig. 80, Fig. 81. Fig. 79. Triton cristatus mit ex- perimentell erzeugter Doppelgliedmaße. Auf die Wunde wurde nach der Ueber- häutung ein Faden aufgelegt, so daß die beiden seitlictivom Faden gelegenen Wundabschnitte selbständig wurden und je eine Gliedmaße regenerierten. Fig. 80 — 81. Die punktierten Linien zeigen die Schnittrichtung an, die bei den Hintergliedmaßen von Triton zur Regeneration von Hyperdaktylie Veran- lassung geben. Den Erfolg erläutern die Fig. 80b und Fig. 81b. (G. Tor- nier, Zool. Anz.. 1897.) putiert und proximal über der Amputationsfläche noch ein tiefer Einschnitt durch Radius oder Ulna hindurch ge- rn a c h t w u r d e. So wurden zwei R e g e n e r a t i o n s c e n t r e n ^) herge- stellt, die beide unter günstigen Umständen eine neue Hand lieferten. Dasselbe Prinzip liegt offenbar auch den Methoden zu Grunde, 1) Ob sich auch durch Spaltung der Regenerationsanlage (des Regene- rationskegels), die nach H. Driesch wahrscheinlich äquipotentiell ist, Doppel- bildungen erzielen lassen, müssen weitere Versuche lehren. 70 . D. Barfurth, durch welche G. Tornier regelmäßig Hyperdaktylie erzeugte. Er schneidet einem Triton die 1. und 2., sowie die 4. und 5. Zehe an den Hinterfüßen derartig fort, daß möglichst viel vom Tarsus und ein Stückchen der Tibia und Fibula verloren geht. Dadurch bleibt dann die 3. Zehe isoliert auf verschmälerter Basis zurück. Aus den auf diese Weise erzeugten Schnittwunden wuchsen bei der Regeneration stets mehr Zehen hervor, als abgeschnitten worden sind. Fig. 80b zeigt das Resultat einer solchen Regeneration und lehrt zugleich, daß auch in diesem Falle die Regeneration rechtwicklig zur Wundachse beginnt. Eine andere von G. Tornier angewandte Methode ist durch Fig. 81a illustriert. Es wird an Tritonfüßen zuerst die 1. und 2. Zehe abgetrennt und nach Ueberhäutung der Wunde die 3., 4. und 5. Zehe so abgeschnitten, daß dabei möglichst viel vom Tarsus verloren ging. Das Ergebnis wird z. B. durch Fig. 81b erläutert. Daß übrigens auch funktionelle Reize die Art der Regene- ration beeinflussen und unter Umständen zu Superregeneration führen können, beweisen die Versuche von Giard, der Hyperdaktylie durch zweckmäßige funktionelle Reizung des nach Amputation der Hand regenerierten Stumpfes bei geeigneter Ernährung des Tieres erzeugte. Eine theoretisch wichtige Gliedmaßenregeneration ist die von mir bei F r o s c h 1 a r v e n beobachtete, da die Fähigkeit dieser Regeneration den erwachsenen Anuren ganz verloren gegangen oder doch sehr gering geworden ist. Freilich liegen von Spallanzani Angaben über erfolgreiche Versuche auch an ausgebildeten Anuren vor. „Die jungen Frösche und Kröten thaten meiner Erwartung Genüge, indem sie neue Beine wieder bekamen". (Spallan- zani, 1769, p. 65). Nachher fügt er hinzu, daß diese Reproduktion nicht so schnell wie beim Salamander erfolgt und nicht allemal. Auch wirft er die Frage auf, warum „diese Gattungen von Tieren neue Beine bekommen, solange sie jung sind, warum zeigt sich eben diese Wirkung nicht mehr, wenn sie älter werden.*' (p 66.) In meiner Mitteilung über die Regeneration der Extremitäten bei Froschlarven (1894) sprach ich die Ansicht aus, daß meine Versuche ledig- lich eine alte vergessene Angabe Spallanzani's bestätigten, w^eil ich glaubte, er habe mit „jungen Fröschen und Kröten" auch ihre Larven gemeint. Nachträglich sehe ich aber, daß Spallanzani die Larven als „Froschfischchen" (Girini) von den verwandelten Tieren sehr wohl unterschieden und seine Experimente (über Amputation des Schwanzes) an denselben in einem besonderen Kapitel (p. 20) beschrieben hat. Es kann also keinem Zweifel unterliegen, daß Spallanzani tatsächlich die Regeneration der Extremitäten bei fertigen jungen Fröschen beobachtet hat und meine Beobachtung neu ist. Ein neuerer Experimentator, Fraisse, berichtet dagegen, daß „seine Versuche über die Regenerationsfähigkeit der Extremitäten jüngerer und älterer Anuren ein durchaus negatives Resultat hatten" (1885, p. 35), und zwar auch bei den Larven unserer einheimischen Frösche und Kröten, selbst wenn sie noch in sehr jugendlichem Alter standen. Fraisse erklärt das mit Recht für auffallend, da ja Frösche z. B. mit 3 Hinterbeinen vorkämen und von J. Van der Hoeven und in populären Werken abgebildet seien. (Vergl. oben die Mitteilung von G. Tornier.) Die Erscheinungen der ßegeneration. 71 Da mir nun von früheren Experimenten bekannt war, daß man bei Versuchen über Regenerationsfähigkeit die jüngsten Stadien operieren muß, so nahm ich zu meinen Versuchen junge Froschlarven, bei denen eben erst die hinteren Extremitäten zum Vor- schein kamen, und weiterhin zwei etwas vorgeschrittene Stadien. Das Ergebnis war, daß eine Regeneration bei g a n z j u n g e n Tieren regelmäßig eintrat, daß sie bei etwas älteren Individuen nicht Fig. 82. Fig. 83. c d Fig. 84. c Fig. 82—84. Regeneration der Hiutergliedmaßen von Froschlarven (Ranafusca). Wurden die Extremitäten in der Ausbildung, wie sie Fig. 82a als kurze Stummel- chen zeigt, amputiert, so wurden sie durchweg regeneriert, wenn auch kürzer und schwächer als die normale Extremität. Fand die Amputation in einem etwas späteren Stadium (Fig. 83a) statt, so erfolgte die Regeneration oft, aber nicht immer (Fig. 83b, d, e). Wurde endlich die Extremität im vorgeschrittenen Stadium der Fig. 84a amputiert, so trat die Regeneration nur sehr selten und nur in sehr ver- kümmerter Form ein (Fig. 83c). (Barfueth, Archiv Entw.-Mech., ßd. I, 1894.) 72 " D. Barfurth, immer erfolgte und bei noch älteren in der Regel ganz aus- blieb (Fig. 82—84). Das Ergebnis dieser Versuche, welches später (1897) von Kochs in Bonn durchaus bestätigt wurde, lehrt sehr schlagend, daß ein schein- bar nicht regenerationsfähiges Objekt in früher Jugend sehr wohl regenerieren kann und daß thatsächlich die Regenerations- kraft der Tiere um so größer ist, „je weniger sie sich ontogenetisch vom Ei entfernt haben" (Barfurth, 1891, p. 139). Es sei am Schlüsse dieses Abschnittes noch der eigentümlichen Beobachtung gedacht, daß die vordere Extremität der Urodeleu häufig statt einer normalen vierfingerigen eine fünf fi nger ige Hand re- generiert (Fig. 75). Ich habe eine große Zahl solcher Superregen e- rationen zusammengestellt (1894) und später noch an der überschüssigen rechten Vordergliedmaße eines Triton taeniatus eine fünffiu gerige Hand beobachtet (1899, Fig. 68). Dieser Thatsache habe ich eine Bedeutung zugeschrieben, weil nach den übereinstimmenden Angaben von Gegen- BAUR, Born und Wiedersheim die Hand der Urodelen und der Amphibien überhaupt ursprünglich fünf Finger besaß, die Regeneration also in solchen Fällen als „atavistische" bezeichnet werden kann. Wenn also Weismann wohl mit Recht im allgemeinen gegen die Auslegung der Polydactylie als „Rückschlag geltend macht, daß keiner der sicheren Fälle von Rückschlag auf Ahnencharaktere über so un- geheure Zeiten und Generationsfolgen hinweggeht, wie sie in diesem Falle angenommen werden müßte", so fällt dieser Einwand für meine Beobachtung weg. In der That haben sich Weismann, v. Kupffer u. A. meiner Auffassung angeschlossen, daß die Regeneration einer fünffingerigen Hand bei Amphibien als Rückschlag aufgefaßt werden kann. Andere Forscher aber stehen dieser Ansicht skeptisch gegenüber. So zweifelt zwar G. Toknier nicht, daß wahre, auf Atavismus be- ruhende Hyperdactylie theoretisch möglich ist, aber er will in der Re- generation einer fünfzehigen Amphibienhand nur dann einen Bewei s für atavistische Regeneration anerkennen, wenn ihr Skelett mit dem der Füße (die fünfzehig sind) Uebereinstimmung zeigt. Ganz abweisend gegen die Anschauung einer atavistischen Regene- ration verhält sich C. Herbst, der diese Frage bei Erörterung seiner Versuche über die Regeneration von antennenähnlichen Organen an Stelle von Augen bei Garneelen bespricht. Herbst hält alle Angaben über atavistische Regeneration bei Crustaceen, Reptilien u. s. w. für unkritisch oder so wenig begründet, daß er sich von ihrer Richtigkeit nicht hat überzeugen können. Was besonders die Amphibien anbetrifft, so stellt er dem gelegentlichen Vorkommen einer 5-fingerigen Hand die zahl- reichen Beobachtungen über Regeneration 2-, 3-, 6- und mehrfingeriger Hände gegenüber und schließt daraus lediglich, daß bei der Regeneration, ebenso wie es häufig nur zu einer unvollkommenen Wiedererzeugung von geringerem Dififerenzierungsgrade kommt, auch bisweilen eine Ueb er- produktion der verlorenen Teile auftreten kann. Eine Erklärung er- wartet Herbst deshalb nicht von „phylogenetischen Spekulationen", son- dern eher von seinem Prinzip der „formativen Reize". Auch GoDELMANN Streift bei seinen Erörterungen über die Regene- ration des Tarsus bei Orthopteren die Frage der atavistischen Regene- ration. GiARD und BohdaCtE glaubten in der Thatsache, daß bei penta- meren Insekten so oft nur 4 Fußglieder an Stelle des abgeschnittenen fünfgliedrigen Tarsus regeneriert werden, eine Bestätigung des Fritz Die Erscheinungen der Regeneration. 73 MüLLER'schen Gedankens einer „atavistisclien" Regeneration gefunden zu haben. Dagegen erhebt Godelmann Bedenken, weil er, wie auch BoKDAGE, doch gelegentlich auch fünfgliedrige Tarsen sich regenerieren sah. Wenn man aber bei ihm liest, daß von 50 Tieren nur 7 einen fünfgiiedrigen Tarsus regenerierten, so muß man in diesem Zahlenver- hältnis eigentlich einen kräftigen Beweis für die Auffassung von Giard und BoKDAGE sehen. H. Driesch hält alle angeblichen Fälle von „atavistischer" Regene- ration für höchst problematisch und glaubt, daß das meiste davon auf Hemmungen beruht (17). Endlich wäre hier noch die Anschauung von Bethe zu erwähnen, der bei einem Taschenkrebs außer anderen Mißbildungen am linken sonst immer beinlosen sechsten Abdominalsegment ein ausgebildet es Be in beobachtete, welches nicht, wie nach der Stelle zu erwarten gewesen wäre, ein Pes spurius, sondern ein Schreitbein w^ar, und zwar nicht ein linkes, sondern ein rechtes. Eine Erklärung dieser Erscheinung durch Doppelbildung und Atavismus, sowie auch durch Epigenese hält Bethe für ausgeschlossen und sieht nur die einzige Möglichkeit, eine Deter- minierung der Formen vom Keim aus auf Grundlage evolutio- nistischer Anschauung anzunehmen. Trotz der Kritik der genannten Autoren glaube ich doch zunächst an meiner Ansicht, daß die regenerierte fünffingerige Amphibienhand als atavistische Regeneration aufgefaßt werden kann, festhalten zu sollen. Ich wünsche zwar mit G. Tornier, mit dem ich in vielen Grund- anschauungen übereinstimme, daß die Untersuchung des Skelettes fünf- fingeriger Hände bald ausgeführt werden möge. Indessen bleibt das Auftreten des 5. Fingers Thatsache, selbst wenn etwa der Carpus nicht 5, sondern weniger Teile enthalten sollte. Eine Polydactylie durch Spaltung eines Fingers ist hier ganz ausgeschlossen. Die von Bethe geäußerte Ansicht, daß solche heteromorphe Regene- rationen einer Determinierung der Formen vom Keim aus ihren Ursprung verdanken können, scheint mir mit der Annahme einer atavistischen Re- generation nicht imvereinbar zu sein, da die Keimesvariationen recht gut phylogenetischen Ursprunges sein können. Für das Vorkommen atavistischer Regenerationen bei Wirbellosen sind neuerdings außer Giard und Bordage noch E. Schultz (2) und Josef NusBAUM (2) eingetreten ; auch Przibram hält sie wenigstens für möglich (1). Hoifentlich gelingt es der weiteren Forschung, durch Experimente an einer großen Zahl von Objekten eine sichere Aufklärung nach der einen oder anderen Seite zu liefern. Theoretisch wichtig ist noch die Beobachtung von Esther F. Byrnes über Bildung und Regeneration der Gliedmaßen und ihrer Muskeln bei sehr jungen Amphibienlarven. Bei diesen Versuchen wurde die ganze Gegend der Körperwand, an der später die Gliedmaßen entstehen würden, zerstört, und doch ent- stand ein normales Bein. Daraus ist zu schließen, daß auch andere Zellen, als die ursprünglich dazu bestimmten, die regene- rative Herstellung des Beines übernehmen können, nämlich solche Zellen des Mesoderms (Somatopleura), welche vor der Differenzierung der entsprechenden Anlagen in die Region der Glied- maßenbildung experimentell verlagert werden. Diese Regeneration nähert sich also ihrem Wesen nach der Postgeneration von Teilen des sich entwickelnden Eies. 74 D. Barfurth, c) Fische. Während nach den bis vor kurzem geltenden Beobachtungen den Fischen ein eigentliches Begenerationsvermögen nur in beschränktem Maße zugeschrieben, und in der Regel nur eine Wundheilung und Vernarbung (Fraisse, Barfurth) festgestellt werden konnte, ist es in jüngster Zeit gelungen, auch in dieser Tierklasse erhebliche Re- generationskräfte nachzuweisen^). Nachdem schon Mazza regenerative Fig. 8(i b Fig. 85a— c zeigen, in welcher Art die Amputation der Schwanzflosse bei Fun- dulus heteroclitus vorgenommen wurde. Fig. 86a — c erläutern die Abhängigkeit der Regeneration von der Schnittfüh- rung, die Stellung dsr Achse des Eegenerates zur Wundfläche und die stärkere Re- generation an der Basis der Schwanzflosse. (Nach T. H. Morgan, Archiv Entw.-Mech., Bd. X, 1900.) Erscheinungen an der Schwanzflosse einiger Fische beobachtet hatte, stellten gleichzeitig und unabhängig voneinander T. H. Morgan (bei Fundulus, Stenopus, Decapterus etc.) und Nusbaum und Sido- riak (bei Bachforellenembryonen) fest, daß die Schwanzflosse und andere Organe leicht regenerieren. So fand Morgan, daß bei Fun- dulus die Brust-, Becken-, Bücken-, Schwanz- und Afterflossen Re- generationsvermögen besitzen, und Nusbaum und Sidoriak wiesen nach, daß bei Embryonen der Bachforelle (Trutta fario) nicht nur die abgeschnittene Schwanzflosse mit allen Geweben wiederhergestellt wird, sondern daß sogar Darm und Urethra nach Amputation des Endteiles einen neuen After und eine neue ürethralöff'nung zu bilden vermochten. Morgan hat bei seinen Amputationsversuchen am Schw^anz der Fische der Form, Größe und Stellung des Regenerates besondere Auf- merksamkeit gewidmet. Der beherrschende Einfluß der Verwundung zeigt sich auch hier sehr deutlich: die Achse des Regenerates steht wie bei meinen Versuchen an Froschlarven senkrecht auf der Wund- fläche (Fig. 85 — 88) ; bei Schrägschnitten wächst das neue Gewebe stärker an den Teilen, die der Schwanzbasis näher liegen (Fig. 87b), 1) Eine vergessene litterarische Mitteilung über eine solche Regeneration hat T. H. Morgan aufgefunden : Broussonet wies 1786 nach, daß der Schwanz des Goldfisches (Carassias aurantiacus) leicht regeneriert. Die Erscheinungen der Regeneration. 75 größere der ohne daß jedocli die dieser Erscheinung ist jjus wächst in zwei riuiKieu scnneiier (i'ig. «Yaj, um sehen Gabelschwanz schneller wiederherzustellen. Schwanzende von Fundulus durch zwei Schrägschnitte wie in Fig. 88c Nähe der Sch-wanzbasis die schräg abgeschnittene Schwanz Punkten schneller (Fig. 87a), Ursa che von Steno- den t y p i - Wird das so abgetrennt, unteren sich in ^ der daß die obere Ecke des oberen Schrägschnittes mit der erfolgt das Wachstum Neubildungen gleichem Niveau befindet, wie in Fig. 88d. Der so Wachstum sbetrag an der Fig. 87. b Fig. 88. Fig. 87 zeigen die Sehnittführung bei Amputation der Schwanzflosse bei Stenopus chrysops. Die Regene- ration strebt, die Scnwalbenschwanz- form des Schwanzes wiederherzu- stellen und zeigt in Fig. 87b stär- kere Entfaltung an der unteren Seite, wo der Verlust größer war. Fig. 88a— b. Die regenerierten Flossenstrahlen stehen senkrecht auf der Wundfläche. (Nach T. H. Morgan, Archiv Entw.-Mech., Bd. X, 1900.) Fig. 88c— d. Amputation der Schwanzspitze von Fundulus durch zwei Schräg- schnitte. Nach T. H. Morgan. Bei x erfolgt die Eegeneration schneller als bei y, obgleich beide Punkte von der Schwanzbasis gleich weit entfernt sind. Oberecke ist dabei viel geringer als der an der Unterecke, obw^ohl beide von den Basis des Schwanzes gleich weit entfernt sind. Den Grund sieht Morgan in einem gegenseitigen regulie- renden Einfluß der Neubildungen an den beiden Schräg- schuittflächen. Die Regulationen, die sich hier wie in anderen experimentell be- obachteten Fällen bei möglichst schneller Wiederherstellung der ver- lorenen zweckmäßigen Form kundgeben, sucht Morgan vom teleo- logischen Gesichtspunkt aus zu erklären. Weniger teologisch als evolutionistisch erscheint dagegen die von Morgan beobachtete Thatsache, daß das schwarz geb änderte Schwanzende eines Goldfisches regeneriert wird, auch wenn der Schnitt das ganze alte Band entfernt hatte. Die Versuche von Nusbaum und Sidoriak über Regene- ration der Schwanzspitze bei Bachforellenembryonen lehren w'ieder sehr deutlich, daß Regenerationsversuche an sehr jungen Tieren erfolgreich sein können, während der Er- folg bei wem g älteren Individuen ausbleibt. Denn ich habe seiner Zeit meine erfolglosen Versuche dieser Art an jungen Forellen und Lachsen vorgenommen, die den Dotter sack schon resorbiert hatten, während Nusbaum und Sidoriak die Tiere unmittelbar nach dem Ausschlüpfen, also mit ganzem Dotter- 76 D. Barfurth, sack versehen, operierten und dabei vollen Erfolg hatten. Ueber die Regeneration der Gewebe in diesem regenerierten Forellenschwanz, p. yg welcher die Autoren besondere Aufmerk- samkeit zuwandten, will ich im III. Ab- schnitt zusammen- X Fig. 89b. Fig. 89a. Embryo der Bachforelle mit regenerier- tem Schwänze. Oj^eration am 18./II, Fixierung 17/III. Vergr. ca. 12:1. a' After. Fig. 89b. Embryo der Bachforelle mit regenerier- ter Aftermündung (a). Die ebenfalls regenerierte Urethralmündung ist nicht sichtbar. Operation am 18/11, Fixierung 16./1II. Vergr. ca. 12 : 1. (Nach NuSBAUM und SiDORiAK, Archiv f.Entw.- Mech., Bd. X, 1900.) \ \ - K«. _----P^ Fig. 89c. y i' // -a ■ X ■^ xi.' \ f Fig. 89a — c. Embryo der Bachforelle, 28 Tage nach Amputation des Hinterendes. Ein neugebildeter After a, Proctodaeum pr, Proctodaeumbezirk des Hautepithels e und ein Teil des Darmes schon mit dem Proctodaeum verbunden. Sagittalschnitt. d' einzelne Zellen am Analbezirk, die später abgeworfen werden. Fig. 89a— c nach J. Nusbaum und S. öidoriak (Arch. f. Entw.-Mech., Bd. X, 1900; Leipzig, W. Engelmann). r ege nera hängend berichten. Hier aber interessiert uns noch die tivc Bildung neuer Mündungen am Enddarm und an der U r e t h r a. Die Erscheinungen der Regeneration. 77 Wurde nämlich bei den Operationen ein so großer Körperabschnitt abgetragen, daß ein Teil des Darmes und der sogenannten Urethra ca. 5 mm vor dem After durchschnitten wurde, so war schon nach 4—5 Wochen ein neuer After und nach 10 Wochen eine n e u e U r e t h r a 1 - Öffnung vorhanden. Der durchschnittene Darm nach der Operation seine Oeffnung und schließt sich nach Tagen völlig, so daß ein cyhndiüscher Blindsack mit hohem Cylinder- epithel entsteht (Fig. 89b und Fig. 89c). Dieser Darmabschnitt wächst nun energisch weiter, wie die Bildung zahlreicher ringförmiger Falten der Darmwand beweist. Während nun dieses blinde Ende des Darmes verengt nämlich einigen an an Fi^. 90. Halbschematische Darstelhmg der Regenerationsprozesse bei den Fo- rellenembryonen. A Hinterer Köri^erabschnitt eines normalen Embryos. Die Linien a — b, c—h, e—f, g—l, i—k bezeichnen die Richtungen, in welchen die Querschnitte durchgeführt sind. B Hinterster Körperabschnitt eines regenerierten Embryos, bei dem auf der Höhe der Linie a — b der hintere Körperteil abgeschnitten worden" ist. C, C Hinterster Körperabschnitt eines regenerierten Embryos (C jüngeres Stadium, C älteres Stadium), bei dem auf der Höhe der Linie c — /; der hintere Körperteil ab- geschnitten worden ist, u. s. w. Bezeichnung der Buchstaben : an After, u Harn- öffnung, eh. d. Chorda dorsalis, Af Afterflosse, s Schwanzflosse, d dorsale Bogen der Wirbel, v Basalknorpel der Schwanzflosse, /. s. dorsaler Flossenraum. (J. Nusbaum, Anat. Anz., Bd. XXII, 1903.) 78 D. Barfurth, nach hinten gegen die neugebiklete Hautepitheldecke der Wundfläche wächst, beginnt am Ektoderm eine Einstülpung sich zu bilden, ^Yelche gegen das Darmende zu wächst und sich mit ihm vereinigt. So ent- steht ein neuer After und ein neues ektodermales Proctodaeum. Auch die Regeneration des Urethralganges und die Bildung der neuen Mün- dung verläuft in ähnlicher Weise. Da dieser Vorgang wesentlich die embryonale Entwickelung beider Mündungen wiederholt, so bezeichnen die Verfasser ihn als Embryo- m 0 r p h 0 s e. Neuere Versuche von Nusbaum haben dann ferner gezeigt, daß bei Regeneration des Schwanzendes von Forellenembryonen (Salnio irideus) auch Hete r o morphose auftreten kann. Schneidet man z. B. das Schwanzende in der Höhe der Afterflosse (Fig. 90 A c — /^) ab, so verlängert sich nach dem Wundschluß die durchschnittene After- flosse nach hinten und bildet eine größere allgemeine Flosse n - anläge (Fig. 90 C), die nach Lage und Funktion als Afterschwanz- flosse zu bezeichnen ist und sich später erst in eine untere Afterflosse {Af) und eine hintere Schwanzflosse (s) differenziert. Wird ein noch größerer Körperabschnitt abgetragen (Fig. 90 A g l), so ist die Re- generation unvollständig, da statt der entfernten 23 — 25 Körper- segmente bloß 6—7 Metameren ersetzt werden, und die Heteromor- phose tritt stärker auf. Es bilden sich nämlich Afteröffnung {nn) und Harnöffnung (m) an der Bauchfläche nahe dem hinteren Körper- ende, während sie normalerweise weit vom Hinterende entfernt sind. Andere regenerative und heteromorphe Vorgänge werden deutlich durch die halbschematische übersichtliche Darstellung in Fig. 90. Nusbaum zieht aus diesen Beobachtungen den allgemeinen Schluß, daß die Re- generation um so schwächer, die Heteromorphose aber um so stärker ist, je größer das durch die Operation entfernte Stück war. Die Heteromorphose erscheint nach Nusbaum bei diesen Tieren immer als funktionelle Anpassung und tritt nach seinen Versuchen an Enchyträiden und Forellenembryonen in drei Formen auf: 1) als ata- vistische Heteromorphose, bei welcher die Regenerationsprozesse auf phylogenetisch einfachere Weise vor sich gehen, z.B. bei der Muskelregeneration der [Enchyträiden ; 2) als präformative Hetero- morphose (Prämorphose), wenn z. B. bei Regeneration der Chorda von Forellenemijryonen dorsoventrale, große Fasern im Chordagewebe auf- treten, die gewöhnlich erst sehr viel später sich entwickeln ; 3) als i m i - tatorische Pleteromorphose, wenn z. B. eine Afterflosse als eine die Schwanzflosse nachahmende Bildung auftritt (Fig. 90 E). d) Reptilien. Regenerationserscheinungen in den noch zu besprechenden drei obersten Wirbeltierklassen, den Amnioten, sind fast nur durch Beobachtung und Experiment an erwachsenen Tieren bekannt ge- worden, da das Auftreten des Amnion und der anderen Eihüllen die Versuche an Embryonen außerordentlich erschwert. Wenn ich trotz- dem die Regenerationsvorgänge bei den Amnioten in diesem Kapitel nicht übergehe, so veranlaßt mich dazu das erklärliche Bedürfnis nach Vollständigkeit der Darstellung und auch der Umstand, daß die hier mitzuteilenden Beobachtungen nicht sehr viel Raum beanspruchen. Das am längsten bekannte und am meisten studierte Regene- Die Erscheinungen der Regeneration. 79 rationsobjekt bei Reptilien ist der regenerierte Eidechsen- schwanz. Die Literatur über diesen Gegenstand ist sehr groß; ich verweise auf die Zusammenstellung bei Fraisse (p. 12). Hier kann nur die jetzige Anschauung über die Ursache und den Verlauf dieser Regeneration Platz finden, wie sie uns durch Duges, Gachet, H. MtJLLER, F. Leydig, Gegenbaur, Fraisse und G. Tornier bekannt geworden sind. Der Grund der bekannten leichten Brechbarkeit des Eidechsen- schwanzes beruht nach Leydig wahrscheinlich auf der Querteilung der Schwanzwirbel, wobei der Umstand sehr bemerkenswert ist, daß gerade in der Gegend des 7, Wirbels (wo die Querteilung beginnt) der Schwanz am leichtesten abbricht. Ferner trägt dazu bei die An- ordnung der Schuppen, der Schwanzmuskulatur und die starke An- häufung von Fett um die Wirbel herum. Ueber die Regeneration berichtet Leydig, daß sich nach dem Schluß der Wunde sofort eine seh w ärz liehe Warze als erste An- lage der neuen Schwauzspitze bildet, die sich kegelförmig verlängert. Der neugebildete Teil ist meistens gleich anfangs stark pigmentiert, seltener hell wie bei Lacerta rauralis var. campestris. Das Skelett des neuen Schw^anzendes bildet sich im Anschluß an den abgebrochenen Wirbel des centralen Stumpfes, besteht aber nicht aus Wirbeln, son- dern aus einem zusammenhängenden Rohr, welches zuerst knorpelig ist (Duges) und dann verkalkt (Gachet). Später tritt an der äußeren Fläche dieses Rohres auch Knochenbildung auf (Fraisse). In diesem Knorpelrohr liegt das Rückenmark, welches sich vom centralen Stumpf regeneriert (H. Müller), dem aber Spinal ganglien fehlen (Gegenbaur). Nach Fraisse besteht das regenerierte Rücken- mark aus dem Centralkanal mit dem einschichtigen Belage langge- streckter Epithelzellen ; in späterem Stadium sollen sich auch Nerven- fasern und Ganglienzellen bilden. Gelegentlich beobachtete Fraisse auch die Bildung mehrerer Centralkanäle, eine Erscheinung, die auf die öfter auftretenden mehrfachen Schwanzspitzen hinweist. An dem neuen Schw^anzende haben sieh mittlerweile die Weichteile, Muskeln, Haut etc. ebenfalls regeneriert. Die von Boulenger und Werner geäußerte Ansicht, daß die Regeneration der Schuppen am Schwänze vieler Eidechsen atavistisch sei, wird von G. Tornier (1897) und C. Herbst (1899) als unbegründet zurückgewiesen. Wie viele Eidechsen, so regenerieren auch die schlangenähnlichen Blindschleichen (Anguis fragilis, Ophisaurus ventralis) den leicht abbrechenden Schw^anz (Burnett). Wohl gerade so alt, wie die Kenntnis regenerierter Schwanzspitzen, ist die der mehrfachen Schwauzspitzen bei Eidechsen. Doppel- schwänzige Eidechsen wurden außerordentlich oft beobachtet und be- schrieben. Fragt man nach der Ursache dieser Doppelschwänzigkeit, so findet man nur bei den ältesten Autoren (J. B. Porta, Aldrovandus) die Ansicht, daß dieselbe der Ontogenese angehört und in einer Zwillingsbildung zu suchen sei. Alle neueren Forscher dagegen (Needham, Valmont de Bomare, Lacepede, Bosc, Glückselig, Leydig, Fraisse) führen diese Erscheinung auf einen regene- rativen Vorgang zurück, der durch eigenartige Ver- letzungen entsteht. Zu demselben Ergebnis gelangte der jüngste Experimentator auf 80 D. Barfurth, diesem Gebiet, G. Tornier. Nach ihm entstehen die Doppelschwänze der Eidechsen einmal dann, wenn der Schwanz eingeknickt wird und das Schwanzende an der Knickstelle hängen bleibt. ,,Das bloßgelegte Gewebe der Knickstelle erzeugt dann ein neues sekundäres Schwanz- ende, das bald mit dem abgeknickten normalen Schwanzende zu einem Gabelschwanz verwächst." (Sitzungsber. der Ges. naturf. P'reunde zu Berhn, 1897, p. 64.) In anderen Fällen gehen die sekundären Schwanz- Fig. 91a. Fig. 91. Lacerta agilis mit doppelter Schwanzspitze. Beide Spitzen sind durch Regeneration aus dem dopjDelt eingeknickten Schwanzende entstanden. Röntgenbild. Fig. 91a. Lacerta vivipara mit Tripelschwanz. Die abgeschnittene normale Schwanzspitze hat sich regeneriert (unten). Aus 2 proximal gelegenen experi- mentell stark verletzten Wirbeln sind 2 überzählige Schwanzspitzen regeneriert, die durch einen gemeinsamen Hautmantel vereinigt sind. Röntgenbild. (Nach G. ToRRiEK, Zool. Anz., 1897.) enden aus größereu Bißwunden hervor, die dem Schwanz des Tieres beigebracht werden, ohne daß er abgeknickt wird. Da alle Schwanz- teile gleiche Kegenerationsfähigkeit besitzen, können die sekundären Schwanzspitzen sowohl an den Seiten, wie auch oben und unten ent- stehen. Sie wachsen zuerst senkrecht zur Wundachse aus dem Schwanz heraus, dann aber erlangt sehr bald infolge reicherer Ernährung ihre kopfwärts gerichtete Seite ein größeres Wachstum als die dem Schwanzende zugekehrte; deshalb krümmt sich die Spitze bogig nach hinten, strebt also danach, Parallelstellung zum normalen Schwanz- ende einzunehmen (p. 64). In einer späteren Mitteilung (Zool. Anz., 1897, p. 356 flf.j giebt Tornier an, daß er die Bißwunden experimentell nachgeahmt habe, indem er mit einem scharfen Messer einer Eidechse die Schwanzspitze abschnitt und gleichzeitig weiter aufwärts den Schwanzstummel so einkerbte, daß einer seiner Wirbel stark verletzt wurde. In ähnlicher Weise hat Tornier auch 3 Schwanzspitzen erzeugt, von denen unter Umständen 2 dicht zusammenliegende eine gemeinsame Hautdecke erhalten. Präparate dieser Art hat Tor- nier nach Röntgenphotographieen zeichnen lassen (1. c, p. 357 — 359). G. Tornier ist der Meinung, daß man ohne Schwierigkeiten vier-, fünf- und vielleicht noch mehrspitzige Eidechsen schwänze experimentell erzeugen wird, wenn man größeren Tieren, z. B. Lacerta viridis, den Schwanz durch einen schrägen, konkav gekrümmten Schnitt so ab- schneidet, daß 4 oder 5 Wirbel stark verletzt werden; diese Spitzen werden nach Tornier aber nur kurz bleiben (1. c, p. 360) G. Tornier fand, daß nicht nur die Lacertiden, sondern auch die Vara- niden gelegentlich Doppelschwänze regenerieren. Daß auch die Extremitäten der Reptilien regenerationsfähig sind, ist nach einer Mitteilung von Eggers mit Sicherheit anzunehmen. Es handelte sich in diesem Falle um eine Lacerta vivipara, die das linke Hinterbein in freilich unvollkommener Weise regeneriert hatte Die ErscheinTingeii der Regeneration. 81 anatomische Untersuchung ergab beim daß die Vergleich regeue- des Skelettes dieser mit dem normalen Hinter- unteren Epiphysen von Tibia und Fig. 92 (Flg. 92). Die rierten Gliedmaße bein der rechten Seite Fibula miteinander verwachsen waren (Fig. 92a bei h) und dann ohne weiteres in ein unregelmäßi- ges, doch im großen und ganzen röhren- förmiges Knochen- gebilde übergehen (Fig. 92a). Diese Knochenröhre zieht sich gegen das freie Ende des Beinstummels in einen soliden Knorpelstab aus, der genau an der Stelle der unteren Knickung des Fuß- stummels in 3 getrennte, durch deut- liche Gelenkflächen artikulierende Knor- pelstücke zerfällt (Fig. 92a, A, ß, C). Fig. 92. Regeneriertes linkes Hinterbein einer Lacerta vivipara von oben. Vergr. 2 : 1. Fig. 92a. Rekonstruktion der Skelettteile des verstümmelten und regenerierten Beines desselben Objektes. F Femur. Tb Tibia. Fb Fi- bula. 1 — .5 knorpelige Protuberanzen auf der Außenfläche des Callus. A solides Ende des Knorpelstabes mit Gelenkfläche. B mittleres Knorpelstück mit Gelenkfläche und Gelenk- köpfchen. C endstäudiges Knorpelstück mit Ge- len kgrube und Fortsetzung in den Bindegewebs- strang bs. Vergr. ca. 30 : 1. (E. Egger, Arbeit, zool.-zoot. Inst! Würzburg, Bd. VIII, 18S6.) Aus diesem Befund darf man schließen, daß die Eidechse längere Zeit vor ihrer Gefangennahme eine bedeutende Verwundung des linken Hinterbeines erlitten hatte, welche die distalen Epiphysen der Unter- schenkelknochen verletzt und den Fuß mit Ausnahme eines Teiles der Tarsalknocheu sofort durch Amputation oder später durch Nekrose entfernt hatte. Es wurde dann durch Regeneration ein monströser Fußstummel neu gebildet. Für eine eingetretene Regeneration sprach noch die Thatsache, daß die Hautbekleiduug des Stummels abnorm gebaute Schuppen besaß. Ueber die Ursache der eigentümlichen Knickung bei B ließ sich folgendes ermitteln. Es wurde beobachtet, daß die untere Knickung des damals noch weichen und biegsamen Beinstummels erst während der Gefangenschaft der Eidechse eintrat, und zwar allem Anschein nach infolge der fortwährenden Berührung mit dem Erdboden, nachdem das Tier begonnen hatte sich des Stummels zum Gehen zu bedienen. Da nun die Gliederung des Skelettstabes der regenerierten Extremität genau an die Stelle dieser Knickung fällt und die Gestalt besonders des mittleren Knorpelgliedes (Fig. 92a, B) gänzlich nach dieser Knickung modelliert erscheint, so ist der Gedanke nicht zurückzuweisen, daß Handbuch der Entwickelungslehre. III. 3. H Fiffff. 82 D. Barfurth, gerade die fortwährende Aiistemmimg auf den Boden die — in diesem Falle rein mechanische — Ursache der Gliederung des sich aus binde- gewebiger Grundsubstanz differenzierendem Knorpelstabes gewesen ist. e) Vögel. Regenerative Potenzen an Organen von Vogelembryonen sind außer den frtfher mitgeteilten in sehr jungen Stadien (p. 43) erst in der allerletzten Zeit an etwas vorgeschrittenen Entwickelungsstadien bekannt geworden. Im Sommer 1901 habe ich mit 0. Dragendorff einschlägige Versuche an Hühnerembryonen vom Ende des 2. und Anfang des 3. Bebrütungstages begonnen. Wir wollten zunächst die Regenerations- fähigkeit des Auges und der Linse prüfen und zerstörten deshalb nach Roux's Methode mit heißer Nadel Linsen anläge und Augen- becherrand des in Fig. 93 dargestellten Entwickelungsstadiums. Die etwa 2 Tage nach der Operation fixierten Objekte wiesen in gün- stigen Fällen deutliche Regenerationserscheinungen am Augenbecher und an der Linse auf. Fig. 93. Fig. 93a. Fig. 93. Hühnerembryo, 46 Stunden alt. Vergr, 20 : 1. (Nach M. Duval, Atlas d'embryologie, Paris 1889, PL VII, Fig. 107.) Zeigt das Stadium, in welchem das Auge (rechts) verletzt und die Linsenanlage zerstört wurde. Fig. 93a. Kopf eines Hühnerembryo, bei dem in der 48. Stunde der Bebrütung die Linsenanlage zerstört imd der in der 120. Stunde der Bebrütung lebend fixiert wurde. Fig. 93 — 9ö sind bei der angegebenen Größe gezeichnet, aber in der Lithographie auf -/s reduziert worden. (Nach Barfurth und Dragendorff, Verh. Anat. Ges. 1902.) Bei einem Embryo hatte sich eine kleine, unregelmäßige Augen- blase (Fig. 94) regeneriert und merkwürdigerweise ein „Lentoid'^ an einem benachbarten Teile der Epidermis gebildet (l). Daß es sich hier nicht um eine zufällige Bildung handelt, folgt daraus, daß wir bei einer zweiten Versuchsreihe im Sommer 1902 noch einen Embryo mit ganz ähnlichem „Lentoid" erhalten haben. Ein anderes Objekt zeigt c harakte ristisch eRegeneration s- erscheinungen an der inneren Wand des Augenbechers und eine neu gebildete Linse, die mit dem Rande des Augenbechers, also dem späteren Iris ran de, innig ver- bunden ist (Fig. 95a— f). Der regenerierte Augenbecher ist sehr Die ErsciieinungerL der Regeneration. 83 klein im Vergleich zum normalen Auge und fällt besonders auf durch die starke Faltung der inneren Wand, die auf überwiegend Fig. 94. Fig. 94a. Fig. 94. Frontalschnitt des Kopfes von Hühnerembryo A, der in der 72. Stunde der Bebrütung am linken Auge operiert und in der 114. Stunde lebend fixiert wurde Vergr. ca. 12 : 1. Normales Auge im Bilde rechts. Bei l ist in der Höhe der kleinen regenerierten Augenblase ein linsenartiger Körper („Lentoid") von der Epi- dermis regeneriert. Fig. 94a. Schnitt 18 desselben Objektes, 240mal vergrößert. Zeigt den ekto- dermalen Ursprung des „Lentoids", d. h. den Zusammenhang mit der Epidermis. starkes Wachstum im Vergleich zum Wachstum der äußeren Wand zurückzuführen ist (Fig. 95 üv). Auch die regenerierte Linse ist sehr klein im Vergleich zur nor- malen Linse; sie mißt im äquatorialen Durchmesser nur 168//, wäh- rend die Linse des normalen Auges 624 /ii mißt. Diese neue Linse zeigt Schichtung, beginnende Faserbildung und ein kleines Lumen. Ueber den Ursprung dieser Linse läßt sich bis zur Aufklärung durch frühere Entwickelungsstadien an anderen Objekten nur folgendes sagen. Der Ursprung voniMesenchym ist nach dem mikroskopischen Befund ganz ausgeschlossen. Der Ursprung vom Ektoderm (Epidermis) ist möglich, aber nicht mehr nachzuweisen, da nirgendwo der geringste Zusammenhang der Linse mit dem Ektoderm besteht. Die dritte Möglichkeit endlich verweist uns auf den Augen- becherrand selber als Muttergewebe für die neugebildete Linse, also auf einen Ursprung, wie er für die regenerierte Urodelenlinse nachgewiesen ist. Für diese Möglichkeit spricht die überaus innige Verbindung der Linse mit dem Augenbecherrande, die aus Fig. 95e und Fig. 96 ersichtlich ist. Aber auch hier ist der direkte Zusammen- hang aufgehoben, denn man sieht (Fig. 96) eine zarte Grenzlinie zwischen Linse und Augenbecherrand. Nach neueren Versuchen und Präparaten von 0. Dragendorff läßt sich die innige Vereinigung der neuen Linse mit dem Augenbecherrande vielleicht dadurch erklären, 6* 84 D. Barfurth, daß bei der Verletzung eine Verlötung des Ektoderms oder des Restes der Linsenanlage mit dem Augen- aw im- Bc-m d e f Fig. 95a — f. Regeneriertes rechtes Auge des in Fig. 93a dargestellten operierten Hühnerembryo mit regenerierter Linse, aw äußere, nv innere Wand des Augen- bechers, m Mesenchym. e Ektoderm (Epidermis). Bei * liegt überall die regenerierte Linse. Vergr. 62 : 1. becherrande hergestellt wird, die sich bei Regeneration der Linse noch einige Zeit erhält. Direkte Beweise für die Regeneration der Linse vom Irisrande haben wir aus den weiteren Versuchen nicht gewonnen. Neue Experimente werden hoffentlich Aufklärung bringen. Man könnte nun hier den Einwand erheben, daß keine echte Re- generation der Linse, sondern nur eine gestörte Entwickelung aus einem Rest der Linsenanlage vorliegt. Das wäre aber wohl nur ein Wortstreit. Wenn aus dem Rest der Anlage sich eine Linse ent- wickelt, so liegt eben regenerative Entwickelung vor, da ein Teil das Ganze bildet, mag das Ganze auch kleiner und unvoll- kommener sein als eine normale Linse. Daß hier echte Regeneration Die Erscheinungen der Regeneration. 85 möglich ist, zeigt die Bildung des „Lentoids" und die Wiederherstellung des doppelwandigen Augenbecherrandes. Auf Regenerationsvorgänge in vorgerückten Embryonalstadien weisen Beobachtungen von G. Tornier hin, nach welchen bei Hühnern und Enten außer überzähligen Hinterbeinen auch über- zählige Blinddärme und eine überzählige Kloake mit zugehörigem After ge- funden wurden. Diese „Miß- ''" ^^ "^ '"' ' bildungen" sind nach Tor- i * ' i NiER als Super regen e- i i | ratio neu aufzufassen und [ , » durch eine Verletzung aus- ^o gelöst worden. Zur Er- .-^ \» klärung ihres Entstehens * '|! diene Folgendes. ■iS' t)*- Das Becken dieser •* Vögel kann als ein unregel- ^ mäßiger Knochenring be- ^ ») trachtet werden (Fig. 97«, ^ r), der das große Becken- 'l loch (m) umschließt, die Ge- lenktiäche [uf) für das zu- gehörige Hinterbein trägt, ^.t^ ^ Fig. 96. Die in voriger Figur dargestellte regenerierte 1 Linse in Verbindung mit dem ^ Augenbecherrand, entsprechend ^ % Fig. 95e bei stärkerer Vergröße- rung, 125:1. Bezeichnung wie in ß Fig. 95. an seiner Innenseite mit dem Kreuzbein (s) durch Naht verbunden ist und an seiner Unterseite in dem Pubicum (pu) einen sehr charak- teristischen Knochenfortsatz besitzt, der in der Nähe der Gelenkpfanne {pf) entspringt, sich hinten dicht an den Beckenring anlegt oder mit ihm daselbst verwächst und mit ihm vorher das kleine Beckenloch (o) umschließt. Wenn nun ein derartiges Becken in der Embryonalperiode (Fig. 97a) am hinteren Ende durch eine gegen das Kreuzbein gerichtete Kraft (p) auf Verbiegung beansprucht wird, so zerplatzt dabei das Becken sehr bald in der Art, wie das Fig. 97a in Punktlinien, Fig. 97b in der Ausführung zeigt. So erhält das zersprengte Becken vier Wund- flächen (r\ r^ r^, r^), die nun jede für sich superregenerativ vorgehen und zunächst je einen Regenerationskegel bilden. Klafft dabei der Einriß in das Becken nur mäßig weit, so verwachsen die aus »^ und r'^ (Fig. 97c) entsandenen Kegel miteinander und bilden einen über- zähligen Abschnitt des Beckenringes, dessen innere Einrißstelle da- durch gleichzeitig verschlossen wird. Die aus r'^ und r^ dagegen entstandenen Regenerationskegel wachsen an ihren Basen gegenein- ander vor und mit ihren Spitz9n in das zersprengte große Beckenloch (m) nach dem Inneuteil des Beckenringes hin, dann verwachsen sie an der Basis miteinander, während ihre Spitze das Bestreben hat, eine überzählige Gelenkpfanne {pf^) mit zugehöriger überzähliger Hinter- 86 D. Barfurth, gliedmaße zu erzeugen. Ist der Beckeneinriß aber nur klein (wie in Fig. 97c), so bleibt die eine von ihnen im Wachstum zurück und ver- mag eine überzählige Pfanne und Gliedmaße nicht zu erzeugen, während pu. m pu ■- pUf pw (L piL Fig. 97a — f. Schematische Darstellung der Superregeneration an einem embryo- nalen Vogelbecken, welches durch eine verbiegende Kraft (^j) zerplatzte. S Sacrum. 'pf Gelenkpfanne, r, )•', r'-, r^, r^ Wundflächen, o kleines Beckenloch, pu Pubicum. m£ großes Beckenloch. — In Fig. 97e bedeutet: B Darm, d Blinddarm. K Kloake, a After In Fig. 97f bedeutet : in Mittellinie des Körpers. K Kopfanlage. / Anlage der Vorde'r- gliedmaße. h Anlagestelle der Hintergliedmaße. Ir Einriß in die linke Körper- seite. p\ Kraft, welche die Verbiegung erzeugte, deren Zugscheitel einriß. Nach G. Turnier, 1902. dies der anderen Spitze gelingt. Das Tier erhält alsdann nur eine überzählige Gliedmaße, wie sie bei einer Ente (Fig. 97c) beobachtet wurde. Klafft aber die Beckenwunde etwas weiter, so können die aus r' und r* entstandenen Regenerationskegel beide ihre überzählige Pfanne und Gliedmaße ausbilden ; da indessen bei dem beobachteten Objekt (einem Huhn) beide Pfannen sehr nahe bei einander lagen, so verwuchsen sie ebenso wie ihre zugehörigen Oberschenkel mit- einander. So versteht man, daß bei noch weiter klaffender Wunde (Fig. 97d) die 4 Regenerationskegel volle Freiheit der Entfaltung gewinnen und bei dem betreffenden Objekt (einer Ente) drei fast vollständige Becken mit zugehörigen Gliedmaßen bilden, von denen die beiden überzähligen mit ihren Pfannen und Oberschenkeln weit von einander getrennt und ganz unabhängig sind. Ueber die Entstehung dieser Vorbildungen und der überzähligen Die Ersclieinungen der Regeneration. 87 Darmabschnitte äußert sich G. Tornier folgendermaßen : Bei der Embryonalanlage dieser Individuen (Fig. 97f) wirkte die verbiegende Kraft (p) nicht nur auf das Becken ein und erzeugte in demselben den Einriß (Ir), der bis an das Sacrum reicht, sondern diese Kraft ver- bog natürlich gleichzeitig den ganzen Hinterabschnitt des Tieres, und der Riß ging deshalb bis fast zur Mittellinie (m), traf hierbei auch die linke Seite des Darmes hart an der Kloake und erzeugte hier eine Wunde, aus welcher die überzählige Kloake (Fig. 97e, k) und mit Hilfe der zugehörigen Hautpartie auch der After herauswuchsen, während die überzähligen Blinddärme (Fig, 97e, h) wahrscheinlich nicht aus Darm wunden entstanden sind, sondern in Korrelation zu der über- zähligen Kloake des Tieres aus einfachen Erweiterungen des Darmes. Obgleich sich diese Darstellung der Entstehuugsursachen der Natur der Sachlage nach nur auf Beobachtungen des fertigen und nicht des werdenden Zustandes gründen kann, so haben diese doch eine so gute Grundlage, daß sie der Wahrheit ohne Zweifel ent- sprechen oder doch sehr nahe kommen. Inwiefern die kausale For- schung durch zielbewußte Versuche hier Aufklärung schaffen kann, wird die Zukunft lehren. Bei erwachsenen Vögeln kennen wir nur vereinzelte Regene- rationserscheinungen. In das Gebiet der physiologischen Regeneration fällt die periodische Mauser, durch welche jährlich in kurzer Zeit das Federkleid erneut wird. Aber auch außerhalb der Mauser läßt sich nach der experimentellen Untersuchung von Samuel die Re- generation der großen Flügelfedern regelmäßig in vollkom- mener Symmetrie bei jedem künstlichen Ausziehen erwecken. Neuroparalyse nach Durchschneidung der Nerven des Plexus axillaris bei Tauben hindert den rechtzeitigen Eintritt der Regeneration nicht, bewirkt aber ein schwächeres Wachstum (Hypoplasie), so daß Samuel aus dieser Tatsache auf einen trophischen Einfluß der Nerven schließt. Störung der Cirkulation nach Unterbindung der Arteria axillaris ver- ursacht eine erhebliche Verzögerung der Regeneration, wenn es zu wirklicher Anämie oder Ischämie gekommen ist. Eine andere Regenerationserscheinung bei Vögeln hat eine gewisse theoretische Bedeutung erlangt: die Regeneration des Schnabels. Kennel hatte von einem Storch berichtet, dem der Oberschnabel zu- fällig in der Mitte abgebrochen und darauf der Unterschnabel an der- selben Stelle abgesägt worden war und der beide wieder vollständig regenerierte. Ueber das Abbrechen des Schnabels bei Vögeln lagen sonst keine Beobachtungen vor, und so bildete dieser Fall eine Schwierig- keit für die WEisMANN'sche Theorie, nach welcher die Regeneration eine Anpassungserscheinung ist. Dieser scheinbare Widerspruch gegen die Anpassungstheorie wird nun nach Weismann durch Mit- teilungen von BoRDAGE beseitigt, nach welchen auf der Insel Bourbon Verletzungen des Schnabels bei Hühnern, die zu dem dort beliebten Hühnerkampf benutzt werden, häufig vorkommen und regelmäßig zur Regeneration des Schnabels führen. Es wird dabei sowohl der Knochen, als die Hornbekleidung regeneriert. Ich selber habe diesen Beobachtungen noch eine neue hinzugefügt, bei welcher der Oberschnabel eines südamerikanischen Papageies in- folge eines Sturzes des Tieres abbrach und wiederhergestellt wurde. Von der Bruchstelle hing nach Angabe des Besitzers, Sani- tätsrat Dr. Hausmann in Potsdam, ein Hautlappen herab, der aus 88 • D. Barfurth, Mundschleimhaut nebst Periost bestand und als Matrix für die Regeneration des Schnabels diente. Der regenerierte Ober- schnabel Avar schöner und stärker als der alte, der mehrere Scharten gehabt hatte. Als zufälhg später die Spitze dieses regenerierten Schnabels noch einmal abbrach, wurde sie mit derselben Leichtigkeit regeneriert. Auch in diesem Falle wurde sowohl Knochen als Horn- substanz wiedergebildet. Da der Papageischnabel Freß-, Kletter- und Kampforgan ist, mag er wohl öfter abbrechen ; die bei ihm festgestellte Regenerationsfähigkeit läßt sich also für die WEiSMANN'sche An- passungstheorie der Regeneration allerdings verwerten. Ob die auch bei Vögeln, z. B. von Pfitzner und Grönberg bei Hühnern, beobachtete Polydaktylie durch Regeneration ent- steht, läßt sich zur Zeit nicht sicher entscheiden. Pfitzner und Grönberg sehen in dieser Erscheinung eine unvollständige Doppelbildung des ganzen Fußes. Die regenerative Ent- stehung einer solchen Mißbildung muß nach unseren Erfahrungen an Amphibien durchaus als möglich bezeichnet werden. Daß G. Tornier alle überzähligen Bildungen, z. B. am Becken, am Darm und au den hinteren Extremitäten, als superregenerative, durch Verletzung hervorgerufene Erzeugnisse ansieht, wurde schon oben erwähnt. f) Säuger. Eine Regeneration von Organen kommt bei Säugetieren im er- wachsenen Zustande nach unserer jetzigen Kenntnis nur in sehr be- schränktem Maße vor, wohl aber werden ergiebige Gewebsregene- r a t i 0 n e n beobachtet. Die periodische Neubildung des Geweihes bei Hirschen, deren längst bekannte Abhängigkeit von den Geschlechts- organen neuerdings Rörig eingehend nachgewiesen hat, ist im wesent- lichen eine umfangreiche Gewebsneubildun g (Hautknochen), und die Wiederherstellung eines verloren gegangenen Fingernagels oder Haares beim Menschen ist auch keine Organregeneration, sondern Regeneration einer Geweb sbildung (Epidermisgebilde). Die Frage aber, ob auch bei Embryonen der Säugetiere die Organregeneration verloren gegangen ist, kann nicht ohne weiteres mit nein beantwortet werden. Nicht nur die Analogie mit anderen höheren Wirbeltierklassen, sondern auch thatsächliche Beobachtungen machen es sogar wahrscheinlich, daß auch bei Säugern und dem Menschen die Embryonen noch regenerative Fähigkeiten besitzen, die bei erwachsenen Individuen erloschen sind. Wenn auch die direkten Beobachtungen solcher Regenerationen w'egen der komplizierten Ei- hüllen dieser Embryonen unmöglich sind, so können wir doch aus gewissen „Monstrositäten" auf regenerative Vorgänge mit großer Wahr- scheinlichkeit schließen. Zu diesen „Monstrositäten" gehören die überschüssigen Gliedmaß enteile. Diese Erscheinung, die schon oben als Poly- dactylie, Hyperdactyhe, Hypermelie, Hyperpedie etc. bezeichnet und von der neueren entwickelungsmechanischen Forschung mittels ziel- bewußter Experimente an Amphibien durch Regeneration herge- stellt wurde, hat gerade bei Säugern und dem Menschen von je her die Forscher beschäftigt. Um über die Beziehung der Polydactylie zur Regeneration auch in dieser Tierklasse Klarheit zu gewinnen, ist ein kurzes Eingehen auf die zur Zeit herrschenden Ansichten über Die Ersclieinungen der Regeneration. 89 die Entstellung überschüssiger Gliedmaßen und ihrer Teile not- wendig. Ich beziehe mich dabei auf die Arbeiten und Referate von RÜDiNGER, Gegenbaur, Boas, Swedelin, Bardeleben, Lebougq, Baur, Albrecht, Kollmann, Fackenheim, Zander, Pfitzner, Thilenius, Jolly, Dwight, Grönberg, Kümmel, Klaussner u. A. lieber die Entstehung der Polydactylie giebt es zur Zeit drei Theorieen. Aus den Beobachtungen, daß die Verdoppelung jeden beliebigen Finger treffen kann, aber besonders häufig am kleinen Finger und Daumen vorkommt, daß sie zuweilen an Händen und Füßen gleichzeitig auftritt und oft vererbt wird, ziehen viele Forscher den Schluß, daß diese Formen der Dactylie einen Rückschlag auf einen älteren mehrfingerigen Typus darstellen. Man kann diese Theorie die „atavistische" nennen. So nehinen Bakdelebex, Kehrek, Wiedeesheim u. A. an, daß die Urform der Säugetierhand und des Säugetierfußes nicht pentadactyl, sondern he^Dtadactyl war. Albrecht bezeichnet die Hyperdactylie des Menschen als Spaltung eines sonst normalen Fingers, deren Ausgangspunkt auf die Rochen zurückführe. Kollmann weist zwar darauf hin, daß die Ana- tomie noch nicht berechtigt ist, alle Arten der Polydactylie für Rück- schlag zu erklären, daß vielmehr z. B, das Auftreten von 10 Fingern an einer Hand wohl am einfachsten als partielle Doppelbildung aufzu- fassen ist, steht aber auch im ganzen auf der atavistischen Grundlage : Hj^perdactylie ist eine theromorphe Erscheinung und weist auf eine Re- duktion von Strahlen hin, welche bei der Umformung der Fischflosse in eine Batrachierhand mit aufgenommen wurden. Hyperdactylie des Menschen ist demnach eine besondere Form des Atavismus. Eine zweite Theorie ist die der doppelten Keimesanlagen, die von Förster und mit einigen Modifikationen auch von Marchand vertreten wird. Nach Marchand kann von außen eine Spaltung erzeugende Ursache einwirken, es kann aber auch ein Mehrfachwerden ohne äußere Veranlassung durch eine dem Keim anhaftende Eigentümlichkeit vor- kommen. Die äußere Ursache einer solchen Spaltung sieht Ahlfeld in Amnionfäden und führt als Beweis ein Kind an mit doppelten Daumen, zwischen welchen ein amniotischer Faden haftete. Ahlfeld nimmt an, daß es sich auch bei der vom Keim ausgehenden Vererbung nur um eine Vererbung der bedingenden Ursache, um eine Anomalie des Amnion handelt. Nach einer dritten Theorie ist Pol3'dactylie lediglich Mißbildung. Nach Gegenbaur ist sie eine Monstrosität, die in die Reihe der Doppel- bildungen gehört. Ziegler rechnet sie zu den vererbbai'en Mißbildungen, die ursprünglich als Keimesvariationen auftreten. Jolly beschreibt eine Hand mit 6 Fingern, die in zwei Partieen zu je 3 Fingern gesondert waren. Hier handelt es sich nach ihm um eine teilweise Doppelbildung der Hand und einzelner Teile des Armes bei gleichzeitigem Verlust an- derer Teile. Wie ich schon an anderer Stelle betont habe, leiden diese Theo- rieen an dem Fehler, daß sie alle Fälle von Polydactylie auf eine ge- meinsame Ursache zurückzuführen suchen. Nur Marchand hat nach meiner Ansicht das Richtige getroffen, wenn er innere und äußere Entstehungsursachen annahm. Diesem Prinzip ist denn auch der sorgfältigste neuere Bearbeiter der Extremitäten-Mißbildungen, W. Kümmel, mit Recht gefolgt, indem er eine endogene (dynamische) 90 D. Barfurth, und eine exogene (mechanische) Entstehung dieser Mißbildungen unter- scheidet. Da die endogene Entstehung auf Keim es Variation en beruhen muß — die man eventuell als atavistische auffassen kann — so ist sie durch die E n t w i c k e 1 u n g selber bestimmt, während die exogen entstehende Polydactylie wesentlich durch Regeneration geliefert wird. Diese Erwägung hat mich seiner Zeit veranlaßt, eine onto- genetische und eine regenerative Polydactylie zu unterscheiden. Die wertvolle Arbeit von Kümmel (1895), dem Klaussner (1900) bei seiner Einteilung der DifFormitäten an den Gliedmaßen gefolgt ist, behandelt nicht nur die Polydactj^lie, sondern auch die auf Defekt und Verwachsung beruhenden Mißbildungen. Die endogene Ent- stehung aller dieser Difformitäten wird nach ihm notwendig wohl nur für die exquisit vererbbaren Fälle ihre Geltung behalten müssen. Da- gegen besteht für alle anderen wenigstens die Möglichkeit, daß die an sich normale Entwickelung durch äußere Einflüsse gestört wurde. Solche Störungen können Raumb es ehr an kun gen in der Uterushöhle sein, welche erstens einen Druck der Eihüllen auf die Extremitäten- knospen veranlassen und dadurch Mißbildungen durch Defekt oder Ver- wachsung herstellen, oder welche zweitens durch Bildung und An- schmiegung von Amnionfäden die Extremitätenanlage schädigen, Spaltungen und dadurch regenerative Polydactylie erzeugen. Daß eine Polydactylie durch Regeneration nach Verletzung ent- stehen kann, ist ja durch Piana, mich, G. Tornier, Giard u. A. bei Amphibien bewiesen. Daß sie auch bei Säugern und dem Menschen anzunehmen ist, gilt bei fast allen neueren Autoren als sicher. Seit- dem Ahlfeld die wichtige Beobachtung eines Amnionfadens in dem Spalt eines Doppeldaumens machte und in diesem Faden die Ursache der Spaltung erkannte, hat Zander (1891) im Anschluß an Ahlfeld den kühnen, aber guten Gedanken gehabt, die Entstehung der Polydactylie überhaupt auf die Ein Wirkung des Amnion auf die embryonaleGliedmaßenanlage zurückzuführen, und hierin ist ihm G. Tornier gefolgt. Eine Verletzung durch am- niotische Fäden aber wird in diesen jungen Entwickeluugsstadien sicherlich Regeneration auslösen und unter günstigen Umständen Polydactylie herstellen. In dieser Annahme stimme ich mit Mar- chand, G. Tornier, Kümmel, Klaussner u. A. vollkommen überein. Wie eine solche Polydactylie bei Säugetierembryonen (Schweine und Cerviden) zu stände kommen kann, hat Tornier auf Grund von natürlichen Präparaten in Fig. 98 veranschaulicht. Bei den Schweinen ist an der Vordergliedmaße die häufigste Form der Polydactylie oder Hyperdactylie diejenige, bei welcher an der Innenseite eine oder zwei überzählige Zehen auftreten (Fig. 98b, c), die, wenn sie beide vor- handen sind, den Charakter einer 3. (Do') und 4. Zehe (D^') besitzen und zu den entsprechenden Zehen des Fußes, zu dem sie gehören, Spiegelbilder liefern, so daß also an einem solchen 6-zehigen Schweiuefuß die Zehen in folgender Reihe vorhanden sind: D/, I)^\ Dg, Dg, D4, Dg, wobei die beiden ersten die überzähligen, die fol- genden die normalen Zehen sind. Diese überzähligen Zehen entstehen nun stets so, daß das bei den Schweinen vorliandene Carpale 1 (^Fig. 98a C,) durch eine auf dasselbe von unten her drückencle Kraft (p)- in zwei Teile zersprengt wird, wodurch zwei einander zugekehrte Wundflächen (r) entstehen. Wenn diese nicht wieder verwachsen. Die Ersclieinungen der Regeneration, 91 sondern getrennt bleiben, so können sie sich mit Gelenkknorpel über- ziehen und 2 Carpalia {C^a und C^h) liefern, die bei klaffender Trennung beide eine überzählige Zehe zu erzeugen versuchen. Manch- mal gelingt das nur der am freiesten liegenden (Fig. 98b), bei weiter I?j Dt D'^ny DJ Dl Fig. 98a — c. Superregeneration überschüssiger Zehen [D.,, D^ am Schweine- vorderfuß. Erklärung im Text. (Nach G. Torxier, Verh. V. intern. Zool.- Kongr. 1901.) Klaffung aber beiden (Fig. 98c). Diese treten dann in ein Sym- metrieverhältnis zu einander und bilden so die erwähnten über- zähligen Zehen (Z)^' und B^') des Fußes. Auch am Hinterfuß eines Schweines hat G. Tornier eine über- schüssige (5.) Zehe gefunden und ihre superregenetische Entstehung nachgewiesen. Die Ursache dieser Bildungen sieht er allgemein in schneidenden oder drückenden Einwirkungen von Amnions t reifen, welche die Verletzung erzeugen und dadurch Superregeneration aus- lösen. Solche Amnionstreifen wirken aber verletzend nur dann, wenn sie durch abnorme Erschütterung des trächtigen Tieres beim Springen, Fallen u. s. w. in starke Zugspannung versetzt werden; daher die praktische Regel der Viehzüchter, trächtige Muttertiere vor äußeren Angriffen jeder Art zu wahren. Zusammenfassung des III. Abschnittes. 1) Bei Cyclostomen ist die Regenerationsfälligkeit des Schwanzes wahrscheinlich (Cauda trifida, Barfurth). 2) Bei Amphibien erfolgt Regeneration des Rückenmarkes, aber nicht des Gehirnes. 3) Die Regeneration des Auges der Amphibien ist nach Bonnet, Blumenthal und Fraisse möglich, wenn ein Teil der Bulbushäute mit dem Opticus in Verbindung bleibt. Die regenerative Neubildung der Linse erfolgt nach Colucci, G. Wolfe, E. Müller, A. Fischel, Brächet und Benoit, W. Kochs u. A. bei Salamander- und Tri- tonenlarven vom oberen Irisrande aus ; die große biologische Bedeu- tung dieser Thatsache wurde von G. Wolff zuerst erkannt. Nach 92 D. Barfurth, A. FiscHEL kann eine schwächere Linsenanlage auch in sehr seltenen Fällen vom unteren und seitlichen Irisrande gebildet werden. 4) Der Schwanz der Amphibien hat eine unbegrenzte Regene- rationsfähigkeit. Die Achse des Regenerates steht senkrecht zur Wuud- fläche (Barfurth). Durch geeignete operative Verletzung der Chorda, dorsalis oder des Skelettes läßt sich ein Gabelschwanz (Cauda bitida Barfurth, Cauda tritida, G. Tornier) erzeugen. 5) Kiemen, Kiefer, Gliedmaßen und ihre Teile wurden bei uro- delen Amphibien regeneriert. Die Regeneration der Gliedmaßen wiederholt die erste Entwickelung (Goette, Fraisse) und liefert nach G. Tornier im Skelett zuerst den Spitzenteil, in den Haupt- partieen zuerst den Basalteil. Durch geeignete operative Verletzung läßt sich Superregeneration (Barfurth), z. B. Polydaktylie (Piana, Barfurth, ^Giard, G. Tornier) erzeugen. Ob die verhältnismäßig häufige Regeneration von 5 Fingern, statt der normalen 4, an der Hand von Urodelen atavistischer Natur ist, muß durch weitere zahl- reiche Versuche entschieden werden. Bei erwachsenen Anuren (Fröschen) ist in einigen Fällen Regene- ration von Gliedmaßen beobachtet worden (Spallanzani, G. Tornier). Bei den Larven der Frösche sind die Extremitäten regenerationsfähig, indessen nimmt diese Fähigkeit mit zunehmendem Alter sehr schnell ab (Barfurth). 6) Die Schwanzflosse mancher Knochenfische ist regenerations- fähig (Broussonet, Mazza, T. H. Morgan, Nusbaum und Sidoriak). Auch können neue Mündungen am Enddarme und an der Urethra re- generiert werden (Nusbaum und Sidoriak). 7) Bei Reptilien ist der Schwanz regenerationsfähig. Durch ge- eignete Verletzung der Wirbel lassen sich experimentell zwei- und dreifach geteilte Schwanzenden erzeugen (G. Tornier). Auch an einer Gliedmaße ist rudimentäre Regeneration beobachtet worden (Egger). 8) Embryonen der Vögel vermögen nach Verletzung der Anlagen von Linse und Auge den Augenbecher und die Linse zu regenerieren (Barfurth und Dragendorff). Durch Verletzungen am Beckenteil von Vögelembryonen können Superregenerationen (überzählige Hinter- beine, überzählige Blinddärme, eine überzählige Kloake mit zuge- hörigem After) ausgelöst werden (G. Tornier). — Bei erwachsenen Vögeln sind die Federn (Samuel) und der Schnabel (Kennel, Bor- dage, Barfurth) regenerationsfähig. 9) Bei Säugern werden Haare, Nägel, Geweihe regeneriert. Viele Fälle von Polydaktylie sind auf Regeneration in frühen Embryonal- stadien zurückzuführen (Ahlfeld, Barfurth, Marchand, Kümmel, Klaussner u. A.) Nach Zander und G. Tornier sind sogar alle überzähligen Bildungen als Superregenerationen zu erklären. IV. ßegencratioii der Oewebe. Eine ausführliche Darstellung der Gewebsregeneration kann nicht Zweck dieses Kapitels sein. Ich werde mich im wesentlichen auf einen Ueberblick der Regenerationsvorgänge in den Geweben der Embryonen (Larven) beschränken und nur zur Ergänzung Ge- websregenerationen bei erwachsenen Tieren heranziehen. Von Embryonen der Wirbeltiere kommen hier wieder im wesent- Die Erscheinungen der Regeneration. 93 liehen die Anamuier (Fische, Amphibien) in Betracht, die ein leichtes Experimentieren ermöglichen. Da anch hier wieder die Amphibien das am längsten bekannte Studienobjekt bilden, während die Fische erst in der jüngsten Zeit untersucht wurden, so lege ich die Erfahrungen über Gewebsregene- ration bei den Amphibienlarven zu Grunde und ziehe die an den Fischen und den übrigen Wirbeltieren gewonnenen Ergebnisse zum Vergleich und zur Aushilfe heran. Die Gewebsregeueration bei Amphibien ist in unserer Zeit ein- gehend von Fraisse, mir u. A. studiert worden. Beide Autoren kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, daß alle Gewebsarten der Amphibienlarven die Fähigkeit der Regeneration besitzen, daß jedes Gewebe nur gleichartiges Gewebe wiedererzeugen kann und daß dem- gemäß alle Regenerationen von übrig gebliebenen (präexistierenden) Elementen ausgehen. Diese Elemente haben einen embryonalen Cha- rakter bewahrt (z. B. das Stratum germiuativum des geschichteten Platteuepithels), oder sie können nach Ribbert einer „Entdiffe- renzierung" in der Weise unterliegen, daß die normale Diiferen- zierung, Form und funktionelle Beschaffenheit verloren geht und daß ein indifferenterer Zustand an die Stelle tritt, der die Zelle auf einen früheren E n t w i c k e 1 u n g s z u s t a n d z u r ü c k f ü h r t. So- wohl Fraisse wie ich maßen den Leukocyten keine Bedeutung für die Regeneration bei, wie frühere Autoren gethan hatten und traten damit auf die Seite der pathologischen Anatomen (Ziegler, Mar- chand, Eberth, Ribbert u. A). Die Untersuchung der Gewebs- regeueration im Schwänze der Amphibienlarven lehrte mich, daß bei der zeitlichen Aufeinanderfolge dieser Regenerationen die primäre E n t w i c k e 1 u n g im allgemeinen w^ i e d e r h o 1 1 wird. Die Ge- webe regenerieren in dieser Reihenfolge : 1) Epidermis, 2) Rückenmark, 3) Chorda und skeletogenes Gewebe, 4) Bindegewebe, Cutis, Kapillaren, 5) quergestreifte Muskulatur, 6) peripheres Nervensystem. Die Regeneration der Epidermis erfolgt nach Klebs, Peters und mir so, daß der erste Epithelbelag der Wundfläche von restierenden Epithelzellen der Wundränder durch einfache Verschiebung (Nuss- baum), also nicht durch Neubildung, geliefert wird. Die durch den Schnitt hergestellte „Unterbrechungsfläche" (Roux) bewirkt durch Aufhebung des Seitendruckes zunächst eine wohl nur passive Ver- schiebung der Epidermiszelleu. Es scheint aber, daß der ,, stetige ein- seitige Druck" die Zellen bald „zu einer Art aktiver Umordnung" (Roux) veranlaßt, wobei als cytotropische WirkungsAveise im Sinne von Roux und Kromayer eine „Epitheliophilie" der Epithelzellen bemerkbar wird. Hierbei können die einzelnen Zellen nach Art einer Amöbe Fortsätze aussenden (Klebs, Nussbaum und neuerdings Leo Loeb) und unter sich zusammenfließen. Zur Bedeckung der Wund- fläche werden nur die g e w ö h n 1 i c h e n und indifferente n Zellen des Stratum germinativum und corneum, nicht aber die zu specifischen Organen (LEYDio'sche Zellen etc.) differenzierten Zellen verwandt (Fig. 99a). Später erst beginnt im präexistierenden Epithel der Wund- ränder die aktive Z e 1 1 v e r m e h r u n g a u f m i t o t i s c h e m W e g e ; eine freie K e r n b i 1 d u n g habe ich dagegen im Gegensatz zu Fraisse nicht beobachtet. Erst nach Bildung einer mehrschichtigen Epitheldecke über der Wunde diff"eren zieren sich die specifischen Organe der Epidermis und ihrer Zellen, also die Cuticula, die Zell- brücken, die granulaerfüllten LEYDia'schen Zellen und die Drüsen 94 D. Barfurth, Fig. 99. n- /A w .-U- -a. \jüp Fig. 99. Sagittaler Schnitt durch das regenerierte Schwanzende eines Forellenembryo, 4 Wochen nach der Oi^eration. a b Schnittrichtung, m Myomeren. n Rückenmark, ch Chorda dors. u Einsenkung des Epithels, wo später die Urethralöffnung ent- steht, a neugebildete Afteröft'nung. pr Proctodaeura. (NuSBAUM und SiDOKiAK, Archiv f. Entw.-Mech., Bd. X, 1900.) Fig. 99b. chz. P f Fig. 99a. » Z.b L.Z Fig. 99a. Regeneration der Epidermis an der SchAvanzspitze einer Axolotllarve von 4,0 cm Länge; IVj Stunde bei 18° C regeneriert, p Pigmentzellen. /"Fasern des Bindegewebes, vi Muskelrest, h rote Blutkörperchen. Zh Zellbrücken. LZ LEYDiG'sche Schleimzellen, v Vakuolen, e—e' Epithelbelag der Wunde, aus vor- geschobenen persistierenden Epidermiszellen bestehend, c c' Grenze der durchschnit- tenen Cutislamelle, ke scheinbar kernlose Zellen, deren Kerne bei Anwendimg von '/la Immersion sichtbar wurden, sp Spalt zwischen Wundbelag und der etwas re- trahierten bindegewebigen Grundsubstanz. Vergr. 370:1. Fig. 99b. Regeneriertes caudales Chordaende von Siredon pisciformis, im Ei amputiert, 7 Tage bei 18" C regeneriert, che Chordaepithelzelle, pch persistierende Chordazelle, g Schnittgrenze, rch regenerierte Chordazellen, h Dotterkörner. /; hyaline Massen in den regenerierten Chordazellen, is innere Chordascheide, hz Binde- eewebszelle. chz äußerste Chordazelle. (Baefurth, Archiv mikr. Anat., Bd. XXXVII, 1891). Die Erschein angen der Regeneration. 95 Regeneration nach Nus- , Es wurden der Regene- (M. Heidenhain, Vollmar); auch die Chromatophoren bei Fischen erscheinen nach L. Loeb erst später im regenerierten Epithel. Die Regeneration des Rückenmarkes habe ich schon oben bei der Organregeneration berücksichtigt .Während diese bei Amphibien so früh eintritt, stellt sie sich bei Fischen BAUM und SiDORiAK am spätesten von allen Geweben ein. in der 10. Regenerationswoche nur die ersten Anfänge ration beobachtet. Die Versuche über Regeneration des Rückenmarkes und des Ge- hirnes bei höheren Wirbeltieren haben zwar kein einheitliches, aber in der Regel ein negative s Resultat gehabt. Die specifischen Ganglienzellen und meist auch die Gliaelemente regenerieren nach Angabe fast aller Forscher (Schiefferdecker, Coen, Sanarelli, Friedmann, Stroebe, v. Kahlden, Sgobbo, Marinesco, Tschisto- wiTSCH u. A.) nicht, sondern die Defekte werden lediglich durch lediglich Binde geweb'.e geschlossen, dem sich eine unwesentliche Wucherung zugesellen des Gliagewebes Regeneration der kann (E. Chorda Die mir bei A n u r e n , von mir auch bei und von Nusbaum und Sido- RiAK auch bei Knochenfischen (Bachforelle) sichergestellt. Bei dieser Regeneration beobachtet man bei Froschlarven und der Bachforelle eine Verdickung d e r C h 0 r d a s c h e i d e , die nach neueren Untersuchungen aus zwei Schichten besteht. Das Flg. 99c. Siredon pisciformis, re- generierte SchM'anzspitze. Das Tier wurde nach dem Ausschlüpfen ampu- tiert, regenerierte 14 Tage bei 18" C. Es wird keine echte Chorda, wie in Fig. 98, regeneriert, sondern ein Chorda- stab [ch). p Pigment, e Ejjidermis, oben etwas flach getroffen. _/;»i prä- existierende Muskelfasern mit Kern- reihen. Diese setzen sich fort in eine langgezogene Reihe junger Muskelzellen. s iSarkoblasten. g Gefäß, pch prä- existierende Chorda. Vergr. 165:1. (Bar- FURTH, Arch. mikr. Anat. Bd. XXXVII. 1891.) Ziegler, 1900). dorsalis ist von Fraisse und U r 0 d e 1 e n nachgewiesen worden pm Chordagewebe selber einer epithelialen Zellschicht am regeneriert sich aus dem Chordaepithel, äußeren Mantel der Chorda, die die Rolle einer Matrix auch beim Chordascheide des Regenerates Anschluß an die alte Scheide dukt des Chordaepithels. Wenn bei den Anuren die einfach verläuft, da hier die Chorda Wachstum der Chorda spielt. Die wird nach Nusbaum und Sidoriak im und ist im übrigen ein Pro- gebildet Chordaregeneration das verhältnismäßig emzige Stützgewebe ist und bleibt, so ist dagegen bei Urodelen der Vorgang komplizierter, da hier die Chorda nur der Vorläufer des eigentlichen Stützgewebes im Schwänze, des Skelettes, ist. 96 D. Barfurth, Die Regeneration der Chorda dorsalis und des s kel e lo- gen en Gewebes bei den Urodelen erfolgt durchaus in Ab- hängigkeit vom jeweiligen Ent wickelungsstadiu ni des Ver- suchstieres. Solcher Entwickelungsphasen habe ich bei Urodelen drei unterschieden : 1) Ausbildung der Chorda dorsalis mit großen hyalinen Chorda- zellen. 2) Bildung eines knorpeligen Stabes am caudalen Ende der Chorda, den ich Chordastab genannt habe. 3) Starkes Wachstum der äußeren Chordascheide, der skeletto- genen Schicht, die von Strecke zu Strecke die Chorda einschnürt, während sich der Chordastab in sich selber gliedert. Diese Vorgänge leiten die Wirbelbildung ein. Ich habe die Bezeichnung „Chordastab" gewählt statt des von H. Müller gebrauchten Ausdruckes „Knorpelstrang" „knorpeliger End- stab" bei Flesch, „Knorpelstab" bei Fkalsse), weil ich dem Gebilde eine andere Genese (nämlich aus dem Chordagewebe selber !) zuschreibe und durch dieses Wort die von allen Autoren anerkannte innige Ver- bindung mit der Chorda besser hervorgehoben wird. Der Chordastab der Urodelen entspricht dem „Chordastäbchen", Avelches zuerst von E. Rosenberg bei menschlichen Embryonen, dann von M. Braun an d er Schwanzsjjitze von Säugern und Vögeln gefunden wurde. Die Entstehung des Chordastabes aus echtem Chordagewebe wurde von Victor Schmidt in einer ausgezeichneten vergleichenden Untersuchung bei allen Tierklassen nachgewiesen. Der Chordastab kommt dadurch zu stände, daß bei allen höheren Wirbeltieren (nur bei Selachiern nicht) die Anlage der Wirbelsäule kürzer ist als die Chorda dorsalis, daß also eine phylogenetische Reduktion des Achsenskelettes eintritt. Die Regenerationsversuche au diesen Stadien, die bei Siredon pisciformis schon an Embryonen in den EihüUen beginnen müssen, lieferten mir folgende I]rgebnisse. 1) Die Chorda regeneriert sich nicht nur bei anuren, sondern auch bei urodelen Amphibien. 2) Die Umwandlung der neugebildeten Chordazellen in große hyaline Zellen geschieht nur bei sehr jungen Individuen, und auch hier nur in den ersten Stadien der Regeneration. Später wandeln sie sich zum ,, Chordastab" um. 3) Etwas ältere Larven von Siredon und von Triton, wie es scheint, schon die jüngsten Larven regenerieren den Chordastab, der dem echten Chordagewebe isogenetisch ist. 4) Noch ältere Larven, bei denen das skeletogene Gewebe um die Chorda schon überall entwickelt ist, regenerieren aus ske- letogenem und Chordagewebe (Chordaepithel) den „Knorpelstab" (H. MÜLLER, FrAISSE). 5) Es ergiebt sich also für die Regeneration der Chorda und des Skelettes (Knorpelstab) das einfache Gesetz, daß die Art der Re- generation durchaus abhängig ist vom jeweiligen Ent- wickelungstadium des Stützapparates, d. h. der Chorda und des skeletogenen Gewebes. Was die Schnelligkeit der Regeneration anbetrifft, so wächst zu- erst das R ü c k e n m a r k schneller als die Chorda, nachher aber über- holt die Chorda das Rückenmark. Die Erscheinungen der Regeneration. 97 Die Regeneration der Chorda bei den Urodelen beweist gerade so wie die der Extremitäten bei Frosclilarven, daß die Regeuerations- fähigkeit in früher Jugend noch vorhanden sein kann, wäh- rend sie in späteren Stadien erloschen ist. Daß auch die Regeneration der Chorda bei den Säugern noch wieder erweckt werden Ivann, zeigen die Versuche Ribbert's an dem als „Gallertkern" bezeichneten Chordarest bei Kaninchen. Wurde durch Anbohren der Intervertebralscheibe in der Lendenwirbel- säule der Gallertkern von dem umgebenden Gewebe befreit, so geriet der Chordarest in lebhafte Proliferation (1897). Das skelettogene Gewebe dient als Matrix für das Wachstum und die Regeneration des Knorpels und des Knochens. Am Knorpel erhalten sich die proliferierenden Elemente desselben im P erichon - drium (Sieveking), am Knochen im Periost (Duhamel. Ollier, Margarucci). Letztere Thatsache wird sehr drastisch illustriert durch die Be- obachtungen von Wendelstadt an Axolotl-, Salamander- und Triton- Extremitäten. Ein vollständig exstirpierter Knochen (Radius, Ulna) einer Vorderextremität, an der die Hand erhalten blieb, wurde nicht regeneriert; die Ulna regenerierte auch nicht den exstirpierten Radius, und umgekehrt. Es erfolgte also auch keine Neubildung von den Zellen der umliegenden Gewebe aus, wie etwa bei Re- generation der Urodelenlinse vom Irisrande, und es war damit be- wiesen, daß diese Knochenregeneration nur von den zugehörigen spe- cifischen Zellen (Osteoblasten) ausgehen kann. Fast gleichzeitig mit der Chorda beginnt bei Amphibienlarven die Gruppe der Bindesubstanzen ihre Regeneration. Am 3. Tage Fig. 100. Fig. 101. II. Finger Fig. 100. Axolotl, bei welchem Kadius und Ulna exstirpiert wurden, ohne daß Regeneration eintrat. Der operierte Arm ist verkürzt, indem die Hand näher an den Oberarm gerückt ist. Die Folge davon war die Bildung eines Wulstes mit tiefen Falten. Senkrecht ans der Ebene der Hand ist ein überschüssiger Finger ('«) aus einem verletzten Handwurzelknochen hervorgewachsen. 15 Monate nach der Operation starb das Tier. (Wendelstadt, Archiv mikr. Anat., Bd. LVII, 1901.) Fig. 101. Zwei Kapillaren (er) aus der Area pellucida einer S^Va Std. bebrüteten Hühnerkeimscheibe, zwischen welchen Gefäßsprossen in Ausbildung begriffen sind. An der oberen Kapillare eine blindsackförmige Ausstülpung des Lumens als erste Andeutung der neuen Kapillare, die deutlich in t er cell ulär entsteht. (R. Thoma, Histogenese und Histomechanik des Gefäßsystems, 1893). Handbuch der Entwickelungslehre. III. 3, 7 98 D. Barfurth, fand ich bei einer Larve von Rana esculenta die ersten Mitosen in fixen B in d e ge web sz eilen , die zuerst ganz protoplasmatisch sind und später erst Fibrillen bilden. Das regenerierte Bindegewebe ist kernreich und enthält außerdem viele Wanderzelleu (Körnchen- zellen) und Pigmentzelleu. Die dem skelettogenen Gewebe verwandten mesenchymatösen Binde- gewebszellen verlieren zum Teil die leichte physiologische Regene- rationsfähigkeit, z. B. die sternförmigen Zellen des Bindegewebes (Merkel). Aber auch „schlummernde" Bindegewebszelleu können bei traumatischer Regeneration wieder reproduktionsfähig werden (P. Grawitz, Viering u. A), Die erste Anlage der Cutis ist regenerativ wie embryonal ., zu- erst ein homogenes dünnes Häutchen (Remak), welches dann mit dem Dickerwerden ganz und gar in feine Fibrillen zerfällt" (Kölliker), Es liegt der Epidermis so dicht an, daß Hatschek es als „eine von der Epidermis ausgeschiedene Basalmembran" bezeichnet. Ich bin aber mit Remak, Hensen und Eberth der Meinung, — die übrigens auch Hatschek als möglich gelten läßt, — daß dieses Häutchen die äußerste Schicht der Cutis darstellt. Die Regeneration der Kapillaren und Gefäße geschieht im Anschluß an das persistierende Rohr zunächst durch das Endothel (Arnold, Ziegler, Rouget, Mayer, Bobritzki, Fraisse, Köl- LiKER u. A.). Die Vermehrung der Endothelzellen erfolgt nach meiner Beobachtung an Amphibienlarven auf mitotischem Wege. Nach- dem wir durch Thoma (1893) wissen, daß die neue Kapillarsprosse ontogenetisch inter cellulär , d. h. zwischen den zu Strängen ge- ordneten Bildungszellen entsteht, dürfen wir für die traumatische Re- generation denselben Bildungsmodus als wahrscheinlich annehmen, obgleich zur Zeit noch die Ansicht herrscht, daß bei der Regeneration die neue Kapillare in tracellulär durch Aushöhlung des Proto- plasmas einer neugebildeten Endothelzelle entsteht (Jos. Meyer^ Billroth, Golubew, Arnold u. A). Recht spät werden im neugebildeten Amphibienschwanz die quer- gestreiften Muskelfasern regeneriert, obgleich die zelligen Elemente, aus denen sie entstehen, die Sarkoblasten (Klebs), schon früher aus den zelligen Resten der angeschnittenen Muskelfasern her- vorgegangen sind (Fig. 103 s). Die Untersuchung dieser Regeneration ist so schwierig, und die dabei auftretenden Vorgänge sind so bunt, daß eine einheitliche Dar- stellung derselben zur Zeit noch kaum möglich ist. Immerhin haben die zahlreichen neuen Untersuchungen über manche Punkte Licht ge- bracht. Wir wissen jetzt, daß die Regenerationserscheinungen ver- schieden sind in Abhängigkeit von derSpecies und dem Alter des Versuchstieres, sowie von der Schädigung, die die Muskulatur be- troffen hat (Barfurth, Volkmann u. A.). Wir wissen ferner, daß vor und neben der Regeneration eine mannigfaltige Degeneration der verletzten Muskelfasern eintritt (Waldeyer, Nauwerck, Bar- furth, Kirby, Volkmann, Nusbaum und Sidoriak u. A.) Endlich sind alle neueren Forscher darüber einig, daß die Regeneration der quergestreiften Muskelfasern weder von weißen Blutkörperchen, noch vom Bindegewebe, sondern nur vom persistierenden Muskel- gewebe ausgeht, also isogen ist, wie die anderen Gewebsregene- rationen. Hier stehen aber zwei Theorieen einander gegenüber. Nach Die Ersclieinungen der Regeneration. 99 der einen, die besonders von C. 0. Weber, C. E. E. Hoffmann und P. Kraske vertreten wird, lösen sich die alten Muskelfasern gewisser- maßen erst in ihre Elemente, die M u s k e 1 k ö r p e r ch e n oder S a r k o - bl asten, auf; diese vermehren sich und entwickeln sich zu j u n g e n M u s k e 1 f a s e r n (Sarkoblastentheorie). Nach der anderen, Fig. 102. Fig. 103. fw. Fig. 102. Degen erationsbild der Muskelfasern im Sagittalschnitt von einem Forellenembryo, 14 Tage nach der Operation. (Nach Nusbaum und Sidoeiak, Archiv f. Entw.-Mech., Bd. X, 1900.) Fig. 103. Siredon pisciformis. Schnitt durch die Schwanzspitze, die im Ei amputiert wurde und 7 Tage bei 18" C regenerierte, g Schnittgrenze, das Kegenerat hegt nach oben, pm äußerste präexistirende Muskelfaser, k seitlich heraustretender Muskelkern entsprechend einer NEUMANN'schen Lateralknospe. Ä' peripher heraustretender Kern (Terminalknospe), von dem sich der in Mitose begriffene Kern s als Sarkoblast abgetrennt hat. p schwach granuliertes Protoplasma an der Muskel- faser. Vergr. 370 : 1. (Nach Barfurth, Archiv mikr. Anat., Bd. XXXVII, 1891.) hauptsächlich durch Neumann und Nauwerck verfochtenen Lehre wachsen von den angeschnittenen Muskelfasern Knospen oder Sprossen heraus, die proliferierende Kerne enthalten und junge Muskelfasern bilden (Knospentheorie). Durch die Untersuchungen von mir, Kirby und Volkmann kann nun wohl der Nachweis als erbracht gelten, daß beide Arten der Muskelregeneration vorkommen. Auch haben Nusbaum und Sidoriak gefunden, daß bei Bachforellenembryonen die Vorgänge im wesent- lichen den von mir bei Amphibienlarven beobachteten entsprechen. Nach der Verletzung spielen sich zuerst die de generali ven Erscheinungen in den geschädigten Muskelfasern ab : scholliger Zerfall, Anhäufung von Wanderzellen, Bildung von Riesenzellen ; atrophische Kernwucherung, Zerfall der kontraktilen Substanz in Sarkolyten, Ver- fettung und Atrophie (Nauwerck) der Muskelsubstanz mit Auffaserung (Fig. 101), Bildung von „Muskelzellenschläuchen" (Waldeyer) und von bald absterbenden Sarkoblasten. 7* 100 D. Barfurth, Die verschiedenen Regenerationserscheinungen und ihre Beziehung zur Entwickelung der quergestreiften Muskulatur, die in neuester Zeit eingehend von Felix, Morpurgo u. A. studiert wurde, kann mau in folgender Weise zusammenfassen: 1) Primäre Entwickelung der Muskelfasern aus einzelnen Zellen der Ursegmente, die den Sarkoblasten (Klees) gleichwertig sind. Ihr entspricht der erste und einfachste Modus der* Regeneration bei ganz jungen Larven: nach mitotischer Vermehrung der Muskelkörperchen treten einzelne (Sarkoblasten) unter knospenähnlichen Bildungen aus dem Verbände der Muskelfaser heraus, rücken vor und bilden junge Muskelfasern (Fig. 102). 2) Postembryonale Entwickelung der Muskelfasern aus Sarkoblasten^), durch Längsteilung alter Muskelfasern, sowie durch Längen- und Dicken Wachstum der einzelnen Fasern (Felix). Diesem Uebergangs- stadium entspricht die Regeneration bei älteren Larven (Amphibien) und bei erwachsenen Tieren (Säuger, Nauwerck): die Neubildung geschieht durch Spaltungsprodukte und Knospen präexistirender Muskel- fasern (Neumann, Nauwerck), außerdem aber durch Sarkoblasten, die sich bei diesen Vorgängen frei machen. 3) Postembryonale Neubildung von Muskelfasern nur durch Längs- teilung vorhandener Fasern (Felix). Ihr entsprechen die bei der Regeneration älterer Larven und erwachsener Tiere vorkommenden „Spaltungen und Abfurchungen" (Nauwerck), die, wie in dem vorher besprochenen Stadium, zur Neubildung von Muskelfasern Veranlassung geben. Dieses Stadium unterscheidet sich also von dem vorigen wesentlich dadurch, daß weder bei der physiologischen Neubildung (Felix), noch bei der Regeneration (Nauwerck) eine Bildung von Muskelfasern aus Muskelzellen (Sarkoblasten) vorkommt. Die Regeneration des peripheren Nervensystems erfolgt im Anschluß an die durch die Operation erzeugten centralen Stümpfe; so werden angeschnittene Spinal ganglien und Nervenstränge vom cen- tralen Rest regeneriert (Fig. 104). Die Regeneration von Spinalgan- glien kann aber weiterhin auch vom r e g e n e r i e r t e n R ü c k e n m a r k erfolgen ; eine solche Regeneration beobachtete ich bei einer Larve von Rana esculenta am 12. Tage. Sie vollzieht sich nach Harrison entsprechend der ersten Entwickelung folgendermaßen : Zuerst entsteht ein einzelnes Nervenpaar aus Zellen, die im Rückenmark liegen. Ein Teil dieser Zellen schiebt sich auf die Nervenwurzel vor, um ein großes Spinalganglion zu bilden. Nachher wandern einige Zellen noch weiter peripher den neuen Nerven entlang und bilden 1 — 3 kleine Ganglien als Ersatz für die peripheren, bei der Amputation ver- loren gegangenen Ganglien. Die Regeneration der markhaltigen peripheren Nerven- stränge erfolgt nach Waller, Bruch, Ranvier, Vanlair, mir, V. NoTTHAFT, Ströbe, Kolster, Howell Und Huber U.A. im An- schluß an das centrale Ende, so zwar, daß der Achsencylinder vom alten Stumpf aus wächst. Nach Ansicht anderer Forscher aber (Neu- mann, V. BfJNGNER, Galeotti uud Levi, P. Ziegler, Wieting entsteht die neue Nervenfaser von den proliferierenden Ele- 1) Hierzu gehören wohl auch die „siiindelförmigen, nicht differenzierten Ele- mente", aus denen Morpurgo bei weißen Ratten Neubildung von Muskelfasern beobachtete (1898). Die Erscheinungen der Regeneration. 101 menten der Schwann' s ch e n Scheide, nicht durch einfaches Auswachsen des alten Achsencylinders. Eine Verniittelung zwischen diesen beiden Ansichten ist neuerdings durch Neumann und Wieting angebahnt. Neumann sagt: „Niemand zweifelt wohl zur Zeit daran, daß ein sehr wichtiger Faktor bei der Wiederherstellung der Leitung in einem Nerven, dessen Kontinuität unterbrochen ist, in dem Hervor- wachsen junger Fasern aus seinem centralen Stumpf besteht, und v^s kann nur darüber noch Streit bestehen, in welchem Umfange dieser Vorgang stattfindet. Während die Anhänger der Waller-Ranvier- schen Lehre ein Fortwachsen der jungen Fasern in den peripherischen Fig. 104. M SS K Fig. 104. Nervenfaser in Regeneration aus dem centralen Stumpf des ge- quetschten Kaninchenohrnerven. 7 Tage nach Anlegung des Kompressorinms. 31 zu Tropfen zerfallenes Myelin. C centralwärts, P peripherwärts liegender Teil der Faser. K vermehrte Kerne der ScHWANN'schen Scheide. aA alter Achsencylinder. KA dessen kolbig angeschwollenes Ende. JA junger Achsencylinder, aus dem alten durch Sprossung entstanden; derselbe zieht innerhalb der alten ScHWANN'schen Scheide peripherwärts. (Nach H. Steöbe, Beitr. z. path. Anat. und alle;. Path., Bd. XJII, 1898.) degenerierenden Teil hinein bis zu seinen letzten Enden annehmen, so beschränkt sich nach einer anderen Auffassung, die ich zu begründen gesucht habe und welcher von Büngner und Wieting sich später im wesentlichen angeschlossen haben, die centrale Neubildung lediglich darauf, daß die im Nerven bestehende Lücke dadurch überbrückt wird, worauf alsdann in dem degenerierten, peripheren Abschnitt des Nerven die Bildung neuer Fasern autochthon aus dem durch den Degene- rationsprozeß geschaffenen protoplasmatischen Material erfolgt" (1899, p. 464). Auf einen Richtungsreiz (Neurotropismus) beim Auswachsen regenerierender Nervenfasern hat Forssmann hingewiesen; die Fasern wuchsen in Strohhalmstücke mit zerriebener Hirnsubstanz hinein. Sehr beachtenswert und vielleicht bisherige Anschauungen umwälzend ist die Mitteilung Bethb's, daß auch periphere Nerven n a c h T r e n n u n g von ihren Ganglienzellen regenerieren. Zusammenfassung des IV. Abschnittes. 1) Die Gewebe der Wirbeltiere sind regenerationsfähig, manche regenerieren aber nur in frühen Embryonalstadien (Chorda dorsalis der Urodelen, Barfurth). Die Regeneration ist isogen, d. h. sie geht von den persistierenden Elementen derselben Art aus. Von dieser Regel macht die Urodelenlinse eine bisher nicht genügend erklärte Ausnahme (G. Wolfe u. A.) 2) Bei der zeitigen Aufeinanderfolge der Gewebsregenerationen im Froschlarvenschwanze wird im allgemeinen die primäre Entwicke- lung wiederholt. Die Gewebe regenerieren in dieser Reihenfolge: 1. Epidermis. 2. Rückenmark. 3. Chorda und skelettogenes Gewebe. 4. Bindegewebe, Cutis, Kapillaren. 5. Quergestreifte Muskulatur. 6. Peripheres Nervensystem (Barfurth). 102 D. Barfurth, 3) Die Art der Regeneration ist abhängig vom jeweiligen Ent- wickehiugsstadinm und wiederholt im allgemeinen die diesem Stadium entsprechenden normalen Entwickelungs Vorgänge (Barfurth). 4) Die regenerativen Kernteilungen verlaufen nach der typischen Karyokinese. V. Regeneration innerer Organe. der Regenerationsfähigkeit innerer Organe ist neuer- Die Frage dings in den Vordergrund des Interesses getreten, weil sie bei Be- urteilung der WEiSMANN'scheu Regenerationstheorie von großer Be- deutung ist. Weismann faßt die Fähigkeit der Regeneration nicht auf als eine primäre Eigenschaft des Bion, sondern als eine Anpas- sungserscheinung, die dort getroffen oder beibehalten wurde, wo sie nötig war im Interesse der Arterhaltung. Ob ein Teil für Re- generation eingerichtet wurde oder nicht, hängt nach Weismann's Ansicht davon ab, ob derselbe von häufigerem Verlust bedroht ist im ge- wöhnlichen Verlauf des Lebens , so- wie davon, ob er eine größere bio- logische Bedeutung für das Tier hat. Mit dieser Auffassung stimmt es nach Weismann, „daß sich innere der Ver- Fig. 105. IL- -rL ■rL stümmelung nicht ausgesetzte Teile Fig. 105. Lungen von Triton cris latus. Von der rechten Lunge wurde ein Stück ab- geschnitten. Nach 10, bezw. 14 Monaten waren diese Lungen nicht regeneriert, sondern endeten in eine gelsrümmte Spitze, bezw. einen Blindsack \rl). (Nach Weismann [4].) auch bei manchen Tieren nicht regenerieren, die für äußere Teile ein hohes Regenerationsvermögen besitzen" (1899, p. 4). Was zunächst die Amphibien anbetrifft, so stellte Weismann selber durch Versuche fest, daß halbierte Lungen beim Triton nicht wieder auswuchsen, sondern sich nur schlössen und daß weder Ei- noch Samenleiter sich wieder ergänzten, oder auch nur sich verlängerten, wenn ein Stück aus ihnen herausgeschnitten wurde (Anat. Anz., Bd. XXII). Diesen Erfahrungen läßt sich noch das ebenfalls negative Ergebnis der Versuche von Maximow über Hodenregeneration bei Fröschen anreihen. „Beim Frosch tritt also, ebenso wie bei den Säugetieren keine Wiederherstellung der verloren gegangenen Teile des Hodens ein" (Maximow, 1899). Obgleich also positive Beobachtungen über die Regeneration innerer Organe bei Amphibien nicht vorliegen, so ist doch die Regene- ration von Gewebsdefekten solcher Organe nachgewiesen. So haben z. B. Stilling und Pfitzner künstliche Defekte in der Magenmusku- latur bei Fröschen zwar stets nur durch Bindegewebe ersetzt gefunden, dagegen bei Triton taen latus eine vollkommene Re- generation der glatten Muskulatur des Magens und seines Peritonaealüberzuges auf karyokinetischem Wege festgestellt (1886). Für eine, wenn auch beschränkte, Regenerationsfähigkeit innerer Organe bei niederen Wirbeltieren in sehr jungen Individuen sprechen Die Erscheinungen der Regeneration. 103 auch die Beobachtungen von Nusbaum und Sidoriak über die re- generative Neubiklung einer After- und Urethral- Mündung bei Bachforellenembryonen, die früher mitgeteilt wurden (p. 77). Bei Reptilien und Vögeln sind Studien über die Wiederherstellung experimentell verletzter innerer Organe noch nicht gemacht worden. Dagegen liegen über diese Regeneration bei Säuge r n und beim Menschen zahlreiche positive Angaben vor, die freilich von Nach- untersuchern vielfach bestritten werden. RiBBERT wies die Regeneration der L 3' mpli knoten aus fixen Reticulumzellen und Endothelien nach (1889). Die Regeneration der Milz wird von Tizzoni, Gtriffixi, roA, Krebsbach, Laudenbach, Eliasberg und Albrecht behauptet, von Ceresole und anderen Torschern bestritten. An der Thyreoidea beobachtete Ribbert eine Regeneration funktioneller Bestandteile, indem sich aus den alten Alveolen solide Sprossen bildeten, die zunächst in kleinere Gruppen von Zellen zerfallen ; diese bekommen ein Lumen und secernieren Kolloid in dasselbe. Wäh- rend Bozzi eine erhebliche Neubildung von Schilddrüsengewebe in Rest- stücken der Schilddrüse beim Menschen und beim Hunde nicht beobach- tete, ist das Drüsenepithel transplantierter Schilddrüsen bei Hunden und Katzen nach Exderlen durchaus regenerationsfähig und kann nach 2 Monaten noch Mitosen aufweisen. Regeneration funktioneller Bestandteile der Magenschleimhaut beobachteten Griffini und Vassale beim Hund. Regenerierte Neubil- dung LiEBERKüHN'scher Krypten an einem geheilten tuberkulösen Geschwür wurde im pathologischen Institut in Göttingen (Orth, 1899) gefunden. Am Pankreas bei Hunden sah Martinotti nach partieller Ex- stirpation eine isogene Reproduktion pankreatischen Gewebes (1888), während Cipollina niemals echte Regeneration des weggenommenen Drüsengewebes, sondern nur in einigen Fällen einen Versuch zur Sprossung von Seiten der Zellen des noch vorhandenen Parenchyms bemerkte. Bei anderen Speicheldrüsen aber (Submaxillaris des Kaninchens) stellten Podwyssozki und Ribbert einen Wiederersatz der Drüsen- substanz von den Epithelien der Ausführungsgänge fest. Diese eignen sich dazu, weil sie weniger dif f er enzi er t sind als die funktionellen Elemente der Tnbuli, die nur einer kompensatorischen Hypertrophie fähig sind. Die vielbesprochene „Rekreation" der Leber (Ponfick), bei welcher bis zu ^4 ^^^ Gesamtmasse wieder ersetzt werden kann (Tizzoni, Griffini, Ponfick, Podwyssozki, v. Meister u. A.), kommt nach Ponfick durch eine riesige Hypertrophie zu stände. Er fand mitotische Vermehrung der Leberzellen, Neubildung von Kapillaren und Gefäßen und AVucherungen am Epithel der gröberen Gallen- gänge. Entsprechende regeneratorische Erscheinungen sahen Orth und Heile an der menschlichen Leber. Im R espirat ion sapparat ist die regenerative Kraft jedenfalls sehr geringfügig. Daß das Lungengewebe bei Tritonen nicht regeneriert (Weismann), wurde schon erwähnt. Petronb dagegen beschreibt Re- generationserscheinungen an der Lunge beim Menschen und beim Meer- schweinchen, die in Neubildung von Bindegewebe und von Epithelkanäl- <;hen embryonaler Art bestanden (1884, p. 202, 204). 104 D. Barfurth, Nach Verletzung des Herzmuskels bei Ratten sah Martixotti (1898), daß der Substanzverlust zum größten Teil durch Bindegewebe gedeckt wurde, indessen fand auch eine geringe Regeneration der an- grenzenden Muskelfasern statt. Nach E. Ziegler dagegen ent- wickeln sich in Herznarben keine neuen Muskelzellen (1900). An den Organen des Harn-Geschlechts-Systems sind eben- falls zahlreiche Untersuchungen über ß,egeneration mit meist einander widersprechenden Ergebnissen ausgeführt worden. RiBBERT und Peipers fanden Regenerationserscheinungen nach Ver- letzungen der Niere in der Rinde und im Mark; sie gingen aber in erster Linie aus von den weniger differenzierten geraden Harnkanälchen , also von den Epithelien der ausführenden Gänge, wie bei den Speicheldrüsen (1895). Nach PoDWYSSOZKi ist dagegen die Regeneration der Niere unvoll- kommener als die der anderen Drüsen, und eine Regeneration ganzer Harnkanälchen kommt so wenig vor, wie die von Glomerulis (1887). Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangte del Vecchio (1899). Bei Versuchen über kompensatorische Hypertrophie der Neben- nieren bei jungen Kaninchen sah Stilling, daß zurückgebliebene Reste von Nebennieren sich im Laufe der Zeit zur Größe eines normalen Organs regenerierten. Während Griffini (1880) bei Eröschen und dann Eelice bei Meer- schweinchen eine Regeneration drüsiger Bestandteile des Hodens be- obachtet hatten, stellte Maximow (1899) in eingehender Untersuchung fest, daß weder bei Fröschen noch bei Säugetieren eine Neu- bildjung von Hodenkanälchen eintritt. Ebensowenig besitzt der Nebenhoden Regenerationsfähigkeit (Fabbrini, 1899). Auch im Eierstock fand Maximow (1900), entgegen der Angabe von LoTHROP (1890), keine echte Regeneration. Das Keimepithel bedeckt zwar die Wundfläche und zeigt dabei mitotische Vermehrung, aber eine Neubildung von Follikeln findet nicht statt. Dies ist um so auffallender, als nach Paladino auch bei erwachsenen Tieren eine beständige physiologische Neubildung* von Follikeln erfolgt und nach Pugnat (1900), der an demselben Ver- suchstier (Kaninchen) experimentierte wie Maximow, eine reichliche Produktion junger Eier aus dem neuen Keim epithel erfolgt. Dagegen ist bekannt, daß die Uterusschleimhaut nach der Men- struation, nach der Geburt und nach operativen Vei-letzungen (Abrasino) einer energischen Regeneration fähig ist (Leopold, Fried- länder, BizzozERO u. A.) Während nur Duval für die Regeneration des Uternsepithels Biudegewebszellen in Anspruch nimmt, sind alle anderen neueren Untersucher (Strahl, Kiersnowski, Rathcke, L. Aschoff, Graf Spee u. A.) für die isogene Regeneration aus restierenden Elementen des Uterusepithels oder der Drüsen eingetreten. Endlich ist auch das Epithel seröser Häute ohne Zweifel re- generationsfähig, wenn auch über die Art der Regeneration noch ge- stritten wird. Während z. B. Marchand einen Teil der Epithelzellen des Peritonaeums sich bei der Wucherung in Deckzellen, einen anderen in fibrilläres Gewebe umwandeln sah, fanden Hinsberg, ein Schüler Ribbbrt's, und Herxheimer, der in Orth's Listitut arbeitete, nirgends einen Uebergang von Epithel zum Bindegewebe. Die Erscheinungen der Regeneration. 105 Diese kurze Uebersicht lehrt trotz der vielfachen Widersprüche in den Ergebnissen der Forscher, daß bei vielen inneren Organen der Säuger wenigstens die Fähigkeit eines Er satzes specifischer Organ teile besteht, wenn auch die Regeneration hier überall auf- fallend weniger leistet als bei äußeren Organen und über eine Ge- websregeneration kaum hinauskommt. Weismann sieht deshalb in diesen Vorgängen nur eine Hypertrophie des zurückgebliebenen Teiles, aber keine Regeneration im morphologischen Sinn, wie sie sich bei der Neubildung eines Tritonbeines äußert. Indessen scheinen mir der Wiedersatz von Speicheldrüsensubstanz von den Epithelien der Aus- führuugsgänge aus (Podwyssozki und Ribbert), die von Ponfick beschriebenen Wucherungen am Epithel der gröberen Gallengänge und die von Orth und Heile an einer menschlichen Leber mit trau- matischer Ruptur beobachtete Wucherung an den Gallengangsepithelien dafür zu sprechen, daß ein R e g e n e r a t i o n s v e r m ö g e n i m P r i n z i p vorhanden ist, wenn auch seine Leistung sehr geringfügig bleibt. Mir bleibt es deshalb zweifelhaft, ob das Verhalten innerer Organe eine Stütze bildet für Weismann's Ansicht, daß Regeneration keine primäre Eigenschaft des Bion, sondern eine Anpassungserscheinung ist. W^enn man auch ohne weiteres Weismann darin zustimmen kann, daß bei den Regenerationen Anpassung und Steigerung durch Selektion vorkommt, so konnten die Verschiedenheiten der regenerativen Kraft bei den einzelnen Tierklassen und Organen auch so zu stände kommen, daß eine ursprün glich allgemeinePotenz der Organismen vielfach der Rückbildung unterlag oder verloren ging, in anderen Fällen aber als nützliche Eigentümlichkeit durch Selektion g e s t e i g e r t w u r d e. Demnach stimme ich lieber dem folgenden Satz Weismann's zu: Es kann die allgemeine Re- generationsfähigkeit sämtlicher Teile eine durch Selektion herbeigeführte Errungenschaft niederer und einfacherer Tierformen sein, die im Laufe der Phylogenese und der steigenden Kompliziertheit des Baues zwar allmählich mehr und mehr von ihrer ursprünglichen Höhe herabsank, die aber auf jeder Stufe ihrer Rückbildung in Bezug auf bestimmte biologisch wichtige und zugleich häufigem Verlust ausgesetzte Teile durch speciell auf diese Teile gerichtete Selektionsprozesse wieder gesteigert werden konnte (1892, p. 168). Ich bin also der Ansicht von Roux, daß nur solche niedere Organismen erhalten bleiben konnten, welche die Fähigkeit der Regeneration besaßen (W. Roux, 2, p. 981). Zusammenfassung des V.Abschnittes. 1) Die Angaben über Regeneration innerer Organe sind sehr widerspruchsvoll. Für eine solche Regeneration sprechen folgende Beobachtungen. 2) Bei Triton ist durch Stilling und Pfitzner eine vollkommene Regeneration der glatten Muskulatur des Magens und seines Perito- näalüberzuges festgestellt worden. 3) Bei einigen inneren Organen der Säuger ist wenigstens die Fähigkeit der Regeneration vorhanden, wenn auch die Regenerate quantitativ unbedeutend sind. Gewebsregeneration kommt in fast allen inneren Organen vor. 106 D. Barfurth, VI. Beeinflussung der Regeneration durcli Organsysteme des Körpers. Erst in der neuesten Zeit hat man den Korrelationen zwischen dem Regenerationsbezirk und den anderen Teilen des Organismus einige Aufmerksamkeit zugewandt. So hebt E. Ziegler (1892) bei einer Untersuchung über die Ursachen der pathologischen Gew^ebsneu- bildungen hervor, daß nach Anlage einer Wunde oder Excision nicht nur an den allernächst gelegenen Stellen, sondern auch an entfernter gelegenen sich Wucherungen einstellen, z.B. in der Haut und in der Leber; es kommt also nicht nur zu einer ört- lichen regenerativen Wucherung, sondern auch zu einer k 0 m p e n s a 1 0 r i s c h e n H y p e r t r 0 p h i e b e n a c h b a r t e r G e b i e t e. Die wesentlichsten Ursachen dafür sieht Ziegler in der Wegnahme vonWachstumshindernissen (Herstellung einer Unterbrechungs- fläche, W. Roux) und in Aenderunge n der chemischen Be- schaffenheit der Gewebsflüssigkeit. Hier liegt besonders die Frage nahe, ob nicht das Nerven- system, welches für die Unterhaltungsfunktionen (Roux) erwachsener Individuen bei der Thätigkeit der Muskeln, Drüsen und Sinnesorgane eine so große Rolle spielt, auch bei den E n t w i c k e 1 u n g s f u n k - t i o n e n (Roux) embryonaler I n d i v i d u e n und Ij e i der Re- generation einen Einfluß ausübt. Daß schon in der Entwickelungsperiode eine ihrem Wesen nach sehr dunkle Wechselwirkung zwischen Nervensystem und anderen Organen bestehen kann, beweist z. B. die Thatsache, daß die Nebenniere nur bei normalem Wachstum des Gehirnes sich normal ausbildet (Wei- gert, Zander, Hansemann u. A.). So hat ferner Tschnernyschew bei 3 Monstra, deren obere oder untere Extremitäten fehlten, Verminderung der grauen und weißen Substanz im Rückenmark festgestellt. Sehr merk- würdige Korrelationen in der Entwickelung des Eroschauges beobachtete sodann H. Spemann. Nach cirkumskripter Zerstörung des Keimbezirkes für den einen Augenbecher in der Medullarplatte, die eine rudimentäre Ausbildung des Augenbechers zur Folge hatte, blieb die Bildung der Linse und der Cornea aus, solange der Augenbecher die Epidermis nicht berührte, trat aber nachträglich ein, wenn die Berührung stattfand. Wenn man nun aus den Korrelationen zwischen Gehirn und Neben- niere und ähnlichen Beobachtungen mit G. Torxier schließen wollte, daß Nervensystem und Endorgane überhaupt funktionell, nutritiv und morpho- genetisch zusammenhängen, so zeigten bald die Versuche von J. Loeb und A. ScHAPEU, daß eine solche allgemeine Entwickelungskorrelation nicht besteht. Loeb hatte Amblystomalarven vor der Metamorphose das Rückenmark dicht hinter dem Halsmark durchschnitten und beob- achtet, daß trotz eingetretener Lähmung des hinteren Körperendes d i e Metamorphose so stattfand, als ob das Tier unverletzt gewesen wäre. Damit ist zwar, wie G. Wolff hervorhebt, nur be- wiesen, daß die Entwickelungsvorgänge der vor und hinter der Durch- schneidungsstelle liegenden Körperteile in keiner Abhängigkeit von- einander sich vollziehen, die durch das Centralnervensystem vermittelt wird ; aber es ist doch bewiesen, daß Ausschaltung des Gehirnes die Regeneration nicht beeinträchtigt. Weitere Versuche stellte A. Schaper an den Larven von Rana esculenta an. Er schnitt ihnen das ganze Gehirn und die Sinnesanlagen Die Erscheinungen der Regeneration. 107 des Kopfes weg und fand, daß die Larventrotzdem weiter wuchsen. Schapbr's Schlußfolgerung, daß also in diesen Fällen die Entwickelung nicht unter Kontrolle durch das Centralnervensystem stattfand, ist von E. Nbumann, C. Herbst und Gr. Wolff aus verschiedenen Gründen als unzutreffend kritisiert worden. Unangefochten kann nur die Schluß- folgei-ung bleiben, daß auch hier das Gehirn fehlen kann, ohne daß die Entwickelung aufhört. Auch aus den bekannten Verwachsungsversuchen von Born, Harrisox und Morgan ergiebt sich, daß die Integrität des Centralnervensystems für die Verwachsung und Entwickelung der transplantierten Teile nicht nötig ist, daß also diesen Teilen ein hohes Maß von Selbstdifferenzierungs- fähigkeit innewohnt. Die Beziehung des Centralnervensystems zur Entwickelung und andere Korrelationen hat C. Herbst als „innere formative Reize" in einer Studie zusammengestellt und kritisch beleuchtet. eingehenden Fig. 106a. Fig. 106b. Fig. 106a. Schematische Darstellung einer 5 mm langen Larve von Rana fusca. Die Striche bezeichnen die Operationsschnitte. Fig. lOüb. Schematischer Medianschnitt einer solchen Larve. Nach Amputation des ganzen Gehirnes durch den Schnitt ab wurde die durch den Schnitt cd abge- schnittene Schwanzspitze trotzdem regeneriert. Skizzen von R. RuBiisr. Wenn also für die normalen Entwickelungsvorgänge früher Stadien ein regulierender und trophischer Einfluß des Nervensystems in einigen Fällen nachgewiesen, in anderen zweifelhaft oder ausgeschlossen ist, so kann man noch die Frage auf- werfen, wie sich das Nerven- system bei der r a t i 0 n verhält R e g e n e - Fig. Iü6c. Schematische Dar- stellung des Nervenverlaufes in der Achselhöhle (nach Wieders- HEIM). a Hauptarterie der vor- deren Extremität. Ds M. dor- salis scapulae. L.d M. latissimus dorsi. /S'Ä Sujjrascapula. Nn Plexus brachialis. *S Scapula. H Hu- merus. Pm M. pectoralis major. (Nach R. Rubin, Archiv Entw.- Mech., Bd. XVI, 1903.) Eine experimentelle Lösung dieser Frage habe ich im Jahre 1897 gleichzeitig mit G. Wolff — begonnen und neuerdings einem 108 D. Barfurth, meiner Schüler, Richard Rubin, zur Fortführung zugewiesen. Ich hatte zunächst bei erwachsenen Axolotln mit einer Lochzange 2 cm oberhalb der Schwanzspitze ein kreisförmiges Stück des Achsenteiles, welches Rückenmark, Wirbelsäule mit Chordarest und Muskulatur ent- hielt, exstirpiert und außerdem die Schwanzspitze in Länge von 1 cm abgeschnitten. Das Ergebnis war, daß die Schwanzspitze sich zu regenerieren begann, ehe noch durch Regene- ration das Loch geschlossen und die Verbindung des Rückenmarkes wieder hergestellt war. Wenn auch bei diesen Versuchen eingewandt werden kann, daß das abgeschnittene periphere Stück des Rückenmarkes lebendig bleibt und die Regenerationsvorgänge beeinflussen kann, oder auch, daß durch Nervenanastomosen das centrale Nervensystem noch eine Einwirkung ausüben kann, so lehren diese Experimente doch so viel mit Sicherheit, daß der Zusammenhang mit dem Centrai- ne r v e n s y s t e m unterbrochen sein und peripher von der U n t e r b r e c h u n g s s t e 1 1 e doch Regeneration erfolgen kann. Ich habe dann diese Versuche im Mai desselben Jahres (1897) an Larven von Rana fusca fortgesetzt, indem ich Rückenmark und Chorda dorsalis an zwei ^'^' ^^^' Stellen hintereinander mit einer glühenden Nadel durchtrennte und die Schwanzspitze ab- schnitt. Diese Versuche sollten größere Sicherheit geben, daß die Nerven - anastomosen die Reinheit des Versuches nicht stör- ten. Auch hier erfolgte die Regeneration der Schwanzspitze trotz K 0 n t i n u i t ä t s - trennung des Rücken- markes, so daß auch diese Versuche jedenfalls die Unabhängigkeit der Regeneration von der Kontinuität des Central- nervensystems beweisen. Fig. 107. Axolotl, 9 Tage nach Excision des Plexus bra- chialis links. (Vgl. Fig 106c.) Die Finger waren an der Basis der 1. Phalanx abge- schnitten , ihre Regeneration hat beiderseits mit Bildung heller Kegel begonnen (a und b). Nach 21 Tagen zeigen die regenerierten Finger das Bild von a' und b'. a' Bei diesen Versuchen entstand öfter in früher (p. 60) beschriebener Weise durch Regeneration Cauda bifida. Die Erscheinungen der Regeneration. 109 Versuche von R. Rubin an Froschlarven hatten ein entsprechendes Ergebnis. Rubin schnitt ganz jungen, der Gallerthülle entnommenen Larven von Rana fusca ein fronto-dorsales Kopfsegment weg, welches das ganze Hirn bis auf einen kleinen Rest der Medulla oblongata, die Augenaulagen und die Riechgriibchen enthielt ; dann wurde diesen Larven die Schwanzspitze in Länge von ca. 1 mm amputiert. Die so operierten enthirnten Larven (Fig. 106a, 106b) regene- rierten d i e S c h w a n z s p i t z e gerade so gut und so schnell wie normale Kontrolltiere. Eine irgendwie erhebliche Regene- ration des Gehirnes war während der Versuchszeit (8—11 Tage) nicht eingetreten. Diese Experimente wurden von Rubin im April dieses Jahres (1901) mit demselben Erfolge wiederholt. Es war damit be- wiesen, daß das Gehirn entfernt werden kann, ohne daß die Regene- ration aussetzt. In einer zw^eiten Versuchsreihe resezierte Rubin auf meine Ver- anlassung s ä m m 1 1 i c h e eine Extremität versorgende peri- phere Nerven (Fig. 106) und amputierte an derselben Extremität die Zehen (Finger), die Metatarsalia (Metacarpalia) oder den ganzen Fuß (Hand), um die Regenerationsfähigkeit dieser Teile nach voll- ständiger Ausschaltung des nervösen Einflusses vom Centralorgan und Fig. 108a und 108b. Junger, al- binotischer Axolotl nach Excision des Plexus brachiaHs links am 12. Juni. An demselben Tage wurden die vorderen Extremitäten zwischen mittlerem und unterem Drittel des Oberarmes amputiert. Das Ergebnis der Eegeneration beider Extremi- täten am 8. August (108a) und am 26. August (108b) zeigen die Figuren. Fig. 108a. Fig. 108b. von den Spinalganglien zu untersuchen. Am besten eignet sich hierzu die vordere Extremität, an der leicht die Resektion des ganzen Nerven- bündels in der flachen Achselgrube auszuführen ist. Dieses Nerven- bündel (Plexus brachialis, Wiedersheim) liefert die Homologa sämt- licher Nerven, w^elche die Beuge- und Streckseite der Extremität beim Menschen versorgen, also N. medianus, N. musculo-cutaneus, N. ulnaris und N. radialis. Nach Excision eines etwa 5 mm langen Nervenstückes ist deshalb Motilität und Sensibilität an der ganzen vorderen Extremität aufge- hoben, was durch Versuche leicht zu beweisen ist. Nach der Ope- ration wird die gelähmte Extremität derartig nachgeschleppt, daß der Arm nach hinten gewandt ist und die Dorsalseite der Hand auf dem Boden des Gefäßes ruht; infolge der Gliedmaßenlähmung links tritt eine leichte linksseitige Skoliose der Wirbelsäule ein. Sehr merk- würdig ist nun, daß die Regeneration, etwa der abge- schnittenen Finger, an der gelähmten und empfindungs- losen Extremität gerade so schnell einsetzt wie an der nicht operierten Seite, so daß man schon am 5. Tage beiderseits die neu gebildeten pigmentlosen Regene- rationskegel wahrnehmen kann. Später aber bleibt die 110 D. Barfurth, Regeneration an der gelähmten Seite zurück, die Musku- latur wird atrophisch, und das Regenerat erhält Pigment, während die normale Hand ihre regenerierten Fingerspitzen längere Zeit pigment- frei hält. Nach Amputation eines größeren Teiles der Extremität, dessen Regeneration längere Zeit erfordert, wurde die Excision der etwa re- Fig. 109a. Fig. 109b. Fig. 109c. Fig. 109a— c. Triton cristatus mit defekter Regeneration der hinteren Extre- mitäten. Bei allen Tieren wurde die Wirbelsäule mit Rückenmark und Spinalgan- glien im Bereich des Plexus cruralis am 26. Juli excidiert, als die früher amputierten beiden hinteren Extremitäten sich bis zum Schaufelstadium regeneriert hatten. (Nur an dem Exemplar Fig. 109c wurden die Hinterfüße erst am 1. September abge- schnitten.) Infolge Unterbrechung der nervösen Verbindungen standen die Regene- rationsvorgänge mehrere Wochen vollkommen still, kamen aber wieder in Gang, als nervöse Verbindungen sich wieder gebildet hatten. Alle Extremitäten blieben aber hochgradig paretisch, die Sensibilität war bei allen herabgesetzt und die Regenerate zeigten die Defekte, wie sie die Figuren veranschaulichen. (Nach G. Wolff, Vie- CHOW's Archiv, Bd. CLXIX, 1902.) generierten Aeste des Plexus brachialis wiederholt und danach eine sehr unvollkommene Regeneration beobachtet (Fig. 108a und b). Dasselbe Problem hat G. Wolff durch Experimente an Triton cristatus zu lösen versucht. Um das Rückenmark mit den Spinalganglien bei der Regeneration der (hinteren) Extremität auszuschalten, schnitt er das betreffende Stück der Wirbelsäule in toto heraus. Die Versuche unterschieden sich aber von denen Rubin's dadurch, daß diese Operation nicht an den gleichzeitig, sondern früher eines Teils der Extremität be- raubten Tieren vorgenommen wurde. G. Wolff amputierte also einer Anzahl von Tieren den Fuß, wartete das Regenerationsstadium ab, in welchem der keulenförmige Regenerationskegel die Form einer Schaufel mit hervorwachsenden Fingern angenommen hatte und exstirpierte dann das entsprechende Wirbelsäulenstück. So konnte zwar nicht entschieden werden, ob der Regenerationsprozeß ohne nervöse Ein- Die Erscheinungen der Regeneration. 111 fiüsse eingeleitet werde, wohl aber, ob der bereits eingeleitete Re- generationsprozeß nach Ausschaltung des Centralnervensystems und der Spinalgan glien weitergeführt wird. Letztere Frage konnte verneint werden. . Wie bei den Versuchen von Rubin stellten sich in einer Anzahl von Fällen bei G. Wolff's Versuchen nach langem Stillstand der Regeneration späterhin wieder Regenerationserscheinungen ein, weil eine Innervation durch Regeneration von Nerven wahrscheinlich auf Umwegen wieder hergestellt war. Hierbei beobachtete G. Wolff interessante Mißbildungen, die sich vor allem durch eine weitere Re- duktion der Zehenzahl kundgab. Während nämlich schon das normale Regenerat des Hinterfußes bei Triton auffallenderweise nur 4 (statt der normalen 5!) Zehen hat, wurde an den oben erwähnten Tieren in mehreren Fällen nur 2 oder 3 Zehen regeneriert (Fig. 109 a — c). G. Wolff hat dann noch die Frage erörtert, ob man die ein- getretenen Defektbildungen etwa lediglich auf die U übe weglich - keit der gelähmten Extremitäten, also nicht auf den Ausfall ner- vo s e r , sondern lediglich funktioneller Reize zurückführen könne. Während ich mit R. Rubin diese Frage unentschieden ließ, ist es nach G. Wolff lediglich der Ausfall der Innervation, welcher die Hemmungsbildungen hervorbrachte, da er in einigen Fällen eine vollständig gelähmte Extremität sich normal regenerieren sah. G. Wolff zieht demnach aus seinen Untersuchungsergebnissen den Schluß, daß das Nervensystem eine m orpho gen etische Funktion hat. Ein ähnliches Ergebnis hatten Versuche von Todd nach dem Bericht von Carnot : „La salamandre regenere ses pattes, mais Todd pretend, que si on sectionne les nerfs du moignon, Ton peut empecher la regeneration de s'effectuer". Es läßt sich nicht leugnen, daß hierzu die Ergebnisse über Ge- websr egeneration ohne N erveneinflu ß in einem gewissen Gegensatz stehen, der nicht dadurch beseitigt wird, daß man den Wert solcher Beobachtungen herabzusetzen sucht. Bei der Muskelre- generation nach Nervendurchschneidung beobachtete E. Neumann zwar eine bedeutende Hemmung des Regenerationsprozesses, aber die Endigungen der Muskelfasern in der Narbe boten nichts von der Re- generation bei erhaltenem Nerveneinfluß Abweichendes dar, und KiRBY fand sogar, daß Nervendurchschneidung die Muskelregeneration in keiner Weise behindert. Die Regeneration f raktur ierter Knochen bei gleichzeitiger Nervendurchschneidung verläuft nach Ex- perimenten von Ollier, Kusmin, Muscatello und Damascelli, Kapsammer u. A. in normaler Weise. Ebenso ergab sich aus den Versuchen von Samuel und Rubin, daß trotz der Hypoplasie des Regenerates die Gewebsregeneration, wenn auch verlangsamt, vor sich ging. Der Grund liegt wohl in dem Eigenleben (vita propria) der Gewebe, welches durch zahlreiche Erfahrungen bei der Transplantation bewiesen ist und welches nach Angaben von Bethe sogar den peripheren Nerven nach Trennung von ihren Ganglien- zellen innewohnt. Bei Wirbellosen sind ebenfalls entsprechende Versuche ange- stellt worden. Herbst wies den formativen Einfluß von Teilen des Centralnervensystems auf die Regeneration von Körperanhängen bei den Crustaceen nach, indem er zeigte, daß an Stelle total mit dem Stiel ex- stirpierter Augen nie wieder Augen, sondern — sofern überhaupt Re- 112 D. Barfurth, genei'ation eintritt — stets antennen-ähnliche Organe wiedererzeugt werden. Hierher gehört auch, wie H. Driesch bemerkt, die Beobachtung von H. D. KiN(i (1900), daß der ventrale Teil des Armes, in dem der Arm- nerv verläuft, den dorsalen Teil neu zu bilden vermag, aber nicht u m - gekehrt. Ferner der Befund von R. Monti, nach welchem Teile von Polycladen, welche eines der Ganglien des Kopfes besaßen, sich schneller regenerierten als andere, und die von Przip.ram experimentell ermittelte Thatsache, daß bei Crinoiden der Kelch, welcher das Nervensj'stem be- sitzt, wohl die Scheibe, aber nicht die Scheibe den Kelch regenerieren kann, obwohl die Scheibe regenerative Potenzen überhaupt besitzt und z. B. die Afterpapille wiederherzustellen vermag. Andererseits ei'mittelte Caeriere durch seine Regenerationsversuche an Schnecken, daß nach Amputation eines Fühlers, der das Auge und das Fühlerganglion enthält, trotzdem das Auge regeneriert wird. Nach dieser Uebersicht bin ich mit Driesch der Meinung, daß das Problem der Abhängigkeit der Regeneration vom Nervensystem zur Zeit im ganzen noch nicht spruchreif ist. lieber eine andere Korrelation besteht dagegen kein Zweifel, näm- lich über die den J äg e r n s e i t 1 a n g e m b e k a n n t e merkwürdige Beziehung zw^i sehen den Geschlechtsdrüsen (Hoden, Eier- stock) der h i r s c h a r t i g e n Tiere und der periodischen Regeneration des Geweihes derselben, die Forstmeister A. RÖRiG eingehend erörtert hat (1899). Totale Kastration eines jugendlichen Individuums, das noch keine Stirnbeinzapfen entwickelt hat, bewirkt, daß weder Stirnbeinzapfen, noch Geweih jemals ent- wickelt werden. Totale Kastration zur Zeit der Reife des Geweihes hat vorzeitigen Abwurf des Geweihes zur Folge. Weibliche Individuen mit atrophischen Ovarien und hermaphroditische Individuen entwickeln in der Regel Geweihe. Einseitige Erkrankung der Ovarien kann zur Bildung einstangiger Geweihe auf der entgegengesetzten Seite (trans- versale Korrelation), beiderseitige Erkrankung zur Erzeugung eines vollständigen Geweihes führen. Umgekehrt hat aber das Abschneiden der Geweihstangen auf die Zeugungsfähigkeit und Gesundheit des Tieres keinen Einfluß. Auf eine weitere Correlation bei regenerativen Vorgängen hat Morgan aufmerksam gemacht. Das Schwanzende von Froschlarven Fig. 110a — c. Schematische Darstellung der Eegeneration des Froschlarven- schwanzes nach Abtragung der Chorda dorsahs und des MeduUari'ohres. (Nach T. H. Morgan). Die Schwanzspitze regeneriert sich erst, nachdem der Stützapparat (Chorda dorsalis) regeneriert ist. wird nur regeneriert, wenn die Chorda dorsalis bis zur Schnitt- fläche reicht. Beim Fehlen der Chorda ist das an der Schnittfläche vorhandene Medullarrohr für Regeneration des Schwanzendes nicht ausreichend. In denjenigen Fällen, in welchen zunächst keine Chorda vorhanden ist, kann sie sich regenerieren ; hat sie dann die Schnitt- Die Erscheinungen der Regeneration. 113 (Fig. fläche erreicht, so kann sich ein neuer Schwanz regenerieren 110a und c). Bei diesen Versuchen rundet sich das Schwanzende durch Regene- ration der Haut und des Bindegewebes ab (Fig. 110b), aber es fehlt das Achsenstück des Schwanzes, nämlich außer dem exstirpierten Noto- chord und Medullarrohr die nicht regenerierte quergestreifte Miis- ,k u 1 a t u r. Wird die Schwanzspitze einfach abgeschnitten, so wächst bei der nachfolgenden normalen Regeneration, wie ich früher gezeigt habe, zu- erst das Rückenmark schneller als die Chorda, später aber überholt die Chorda dorsalis das Rückenmark. Bei den MoKGAN'schen Ver- suchen wird die Chorda zuerst regeneriert; man kann vermuten, daß sie hierbei bevorzugt ist, weil sie den Stützapparat dai^stellt. Da hier die Wichtigkeit des Stützapparates für die Regeneration deutlich hervortritt, so ist bei Beurteilung der Versuche von G. Wolff dieser Umstand vielleicht noch in Rechnung zu ziehen, wenn auch die V^ersuchsbedingungen sonst verschieden sind. Zum die zwischen benachbarten Organen und dem Regenerat durch den Einfluß der Funktion hergestellt wird und sich bei Bildung der Form und der Struktur des Regenerates als funktionelle Anpas- Schluß sei noch kurz der merkwürdigen Korrelation gedacht. Fig. lila. Fig. 11 Ib. Fig. lila. Zeigt den Ersatz des Metacarpus III infolge von Spina ventosa mittelst freier Autoplastik durch ein entsprechendes Stück der Ulna im Röntgenbild nach 17 Tagen. Fig. 111b. Zeigt dieselbe Hand nach 27., Jahren. Der Ersatzknochen des Metacarpus III hat sich durch den Gebrauch "umgeformt und sieht jetzt dem er- setzten Knochen täuschend ähnlich. (Nach W. Müller und C. Timann, Bcitr. z. klin. Chirurgie, Bd. XXXVl, Tübingen 1902.) sun g (W. Roüx) bemerkbar macht. Ich nehme als Beis])iel die von den Chirurgen ausgeübte Behandlung der Spina ventosa mittelst freier Autoplastik, nach welcher das implantierte Knochenstück einer voll- Handbuch der Entwickelungslehte. III. 3. 8 114 D. Barfurth, ständigen Umformung durch die Funktion unterliegt. Die Spina ven- tosa, d. h. die spindelförmige Auftreibung der Metacarpalia und Meta- tarsalia infolge von Osteomyelitis, wird neuerdings mittels freier Autoplastik (W. Müller) in der Weise behandelt, daß die erkrankte Diaphyse des Knochens entfernt und durch ein entsprechendes Knochen- stück aus dem unteren Ende der Ulna ersetzt wird. Ein solches transplantiertes Knochenstück sieht man im Metacarpus III einer linken Hand in P'ig. lila 'Röntgenbild); das in Fig. lUb nach 2^^ Jahren aufgenommene Röntgenbild zeigt, daß der ersetzte Metacarpus, der ausgesprochene Bisquitform hat, normale Länge besitzt und fest mit den Epiphysen vereinigt ist. Die Beobachtung lehrt, daß sich im Laufe des Gebrauches der Ersatzknochen immer mehr umformt und nach 3—5 Monaten eine Form annimmt, die dem ersetzten Knochen täuschend ähnlich wird (C. Timann). Da hier nicht der Ort ist, die ganze Frage der funktionellen An- passung zu erörtern, so sei auf W. Roux's gesammelte Abhandlungen, die Versuche von Barfurth, 0. Lew, die Arbeiten von Fuld, Gerhardt und ScHRADiECK uud die Diskussion des Problems bei H. Driesch (15, 17) verwiesen . Zusammenfassung des VI. Abschnittes. 1. Zwischen dem Nervensystem und der Regeneration bestehen folgende Beziehungen : a) Kontinuitätstrennung des Rückenmarkes hindert bei Amphibien die Regeneration des peripher von der Unterbrechungsstelle ge- legenen Schwanzendes nicht (Barfurth). b) Nach Wegnahme des ganzen Gehirns regeneriert das abge- schnittene Schwanzende sehr junger Larven gerade so schnell und umfangreich, wie bei normalen Larven (R. Rubin). c) Die Regeneration von Vordergliedmaßenteilen setzt nach Ex- cision des Plexus brachialis bei Urodelen (Axolotl) rechtzeitig ein, verläuft aber dann sehr langsam und liefert ein nach Form und Größe verkümmertes Regenerat (R. Rubin); dies ist eine Parallele zu der Beobachtung von Samuel, daß nach Durchschneidung des Plexus axillaris bei Vögeln die Federregeneration zwar rechtzeitig be- ginnt, aber dann langsam und hypoplastisch verläuft. d) Die Beeinträchtigung der Regeneration ist nicht durch die fehlende Funktion, also durch bloße Lähmung, verursacht, sondern durch eine isolierte funktionelle Schädigung der morphogenetischen Leistung des Nervensystems (G. Wolff). e) Ausschaltung der nervösen Leitung hebt die Regeneration der Gewebe nicht auf (E. Neumann, Kirby, Ollier, Kusmin, Mus- CATELLO und Damascelli, Kapsammer, Rubin) ; es ist das ein Beweis für eine vita propria der Gewebe. 2. Zwischen den Geschlechtsdrüsen (Hoden, Eierstock) der hirsch- artigen Tiere und der periodischen Regeneration des Geweihes der- selben besteht eine merkwürdige Beziehung (Rörig). a) Totale Kastration eines jugendUchen Individuums hat zur Folge, daß weder Stirnbeinzapfen noch Geweih jemals gebildet werden. b) Weibliche Individuen mit atrophischen Ovarien und herm- aphroditische Individuen entwickeln in der Regel Geweihe. c) Verletzungen und Erkrankungen eines Testikels oder Ovariums Die Erscheinungen der Regeneration. 115 können ihren Einfluß auf die Stangenbildung derselben oder auch der entgegengesetzten Seite äußern. d) Umgekehrt hat das Abschneiden der Geweihstangen auf die Zeugungsfähigkeit keinen Einfluß. - 3. Der embryonale Stützapparat (Chorda dorsalis) beeinflußt die Regeneration des Froschlarvenschwanzes in der Weise, daß beim Fehlen der Chorda das an der Schnittfläche vorhandene MeduUarrohr für die Regeneration des Schwanzendes nicht ausreicht. Erst wenn die Chorda sich bis zur Schnittfläche regeneriert hat, kann sich ein neuer Schwanz regenerieren (T. H. Morgan). 4, Form und Struktur des Regenerates können einer „funktionellen Anpassung" (W. Roux) unterliegen. VII. Erscheinungen, die der Regeneration rerwandt sind. Erscheinungen dieser Art sind die kompensatorische Hjq^ertrophie, die Metaplasie u. a., die gewöhnlich von der pathologischen Anatomie behandelt werden, die aber hier nicht ganz übergangen w^erden können, weil sie vielfach gerade bei embryonalen und jugendlichen Individuen untersucht worden sind und eine theoretische Bedeutung haben. a) Kompensatorische Hypertrophie. RiBBERT und seine Schüler haben durch wertvolle Versuche eine kompensatorische Hypertrophie der 0 varien (Pasev^^aldt), der Te- st ikel (Hackenbruch, Ribbert, 1895), der Speicheldrüsen (Krähe) und der Mammae (Trüstorff, Ribbert, 1895) nach Ex- stirpation der betreff'enden Organe an einer Seite, bezw. von 4 Mammae der 6 vorhandenen beim Kaninchen nachgewiesen. Da die Ovarien, Testikel und Mammae der Versuchstiere noch nicht funktionierten, so kann es sich, wie Roux bemerkt, nicht um „funktionelle Anpassung" handeln, sondern diese kompensatorischen Hypertrophieen müssen auf besonderen, uns noch unbekannten Korrelationen im Organismus be- ruhen. Außerdem kommt es in den Organen aber noch zu einer „funktionellen Hypertrophie" (vielleicht die Ovarien ausgenommen). Dagegen fällt die Hypertrophie der Speicheldrüsen und die von Haasler beobachtete kompensatorische Lungenhypertrophie nach Exstirpation einer Lunge unter die ,, funktionelle Anpassung", als Anpassung an ein größeres Maß der Funktion durch verstärkte Ausübung der Funktion im Sinne von Roux. Auch die „Rekreation" der Leber, die oben besprochen wurde, ist nach Ponfick ein Beispiel einer echten Hypertrophie, die durch ein en ungemischten funktionellen Reiz hervorgebracht ist und ihren Abschluß findet, sobald dieser Reiz befriedigt ist. Daß in der That die gesteigerte Funktion Hypertrophie erzeugen kann, lehren die Erfahrungen am quergestreiften Muskel; die Uebung vergrößert nicht nur den Umfang, sondern auch die specifische Kraft des Muskels. Eine Hypothese über die Entstehung dieser Ak- tivitäts-Hypertrophie hat J. LoEB (1894) gegeben; durch die Muskel- thätigkeit wächst der osmotische Druck in den Muskelzellen, und es kann mehr Wasser und entsprechend mehr Nährsubstanz in die Inter- stitien der Muskelfasern gelangen. Aus der Thatsache aber, daß bei diesen Hypertrophieen die Drüsen nach allen drei Dimensionen, die Muskeln, Sehnen und Bänder bloß nach zwei und das lockere Binde- 8* 116 D. Barfurth, gewebe, die Epidermis und die Stäbchen der Netzhaut bloß nach einer Dimension wachsen, schließt Roux allgemein, daß die stärkere Funktion das Organ bloß in denjenigen Dimensionen vergrößert, welche die stärkere Funktion leisten (Ges. Abb., Bd. I, p. 128). Auf eine interessante Beziehung zwischen Regeneration und kompensatorischer Hypertrophie der drüsigen Organe hat RiBBERT hingewiesen: die Regeneration geht in erster Linie von den weniger differenzierten Elementen der Ausführungsgänge aus, die kompensatorische Hj'per- t r 0 p h i e ist dagegen e i n e L e i s t u n g d e r f u n k t i o n i e r e n d e n Drüsenzellen. Je lebhafter der eine Vorgang ist, um so geringer ist der andere. In der Niere und Leber finden wir vorzugsweise kompensatorische Hypertrophie, in den Speicheldrüsen überwiegend Regeneration. Die kompensatorische Hypertrophie bleibt bei Versuchen an älteren Tieren aus, während sie bei jüngeren Indivi- duen eintritt (Ribbert, Stilling, Simmonds). In dieser That- sache liegt eine Parallele zur Regeneration, die ebenfalls bei jüngeren Tieren ergiebiger ist als bei älteren. b) Metaplasie und Specietät. Unter „Metaplasie" versteht man die Umwandlung einer Zellenart in eine andere. Ihr entgegen steht die Lehre von der „Specietät" (Specifität, Specificität) der Zellen, nach welcher jede Zellenart bei regenerativen Vorgängen streng ihre Eigenart behält und nur ihres- gleichen produziert. Eine Metaplasie wird von den Forschern der Gegenwart für den erwachsenen Organismus nur in sehr beschränktem Maße anerkannt. Nach Ribbert können z. B. die Cylinderzellen der Drüsenausführungs- gänge (Speicheldrüsen) in Epithelien der Tubuli umgewandelt werden ; ebenso werden aus den weniger differenzierten Zellen des Peri- chondrimus und des Periostes Knorpel und Knochen gebildet. Nach LuBARSCH können auch postembryonal aus den Gallengangepithelien Leberzellen, aus Ependymepithelien Gliazellen entstehen. Nach Neu- mann ist die Metamorphose des geschichteten Flimmerepithels im embryonalen Oesophagus zum geschichteten Plattenepithel des Oeso- phagus beim Erwachsenen eine wirkliche Metaplasie, bei welcher ein flimmerndes Plattenepithel die reguläre Uebergangsstufe bildet. Hanse- mann hält die hierher gehörigen Zellmetamorphosen mit Ausnahme der in Geschwülsten vorkommenden für bloße Variationen. Jedenfalls ist nach den jetzt herrschenden Anschauungen, wie Ribbert hervorhebt, die Metaplasie nur unter nahe verwandten Zellen möglich. Nach Lubarsch können metaplastische Umwandlungen eintreten, auch wenn keine entwickelungsgeschichtlichen Beziehungen bestehen, nur müssen dann besondere, im einzelnen noch nicht genügend bekannte Bedingungen erfüllt sein, die an dem einen Ort häufiger, an dem anderen seltener auftreten. c) Transplantation. Die Transplantation oder Uebertragung von Gewebslappen einer Körperstelle auf eine andere desselben Individuums (Autoplastik) oder Die Erscheinungen der Regeneration. 117 eines anderen (Heteroplastik) wird von der modernen Chirurgie in ausgedehntestem Maße bei Operationen und Wundheilungen verwandt und kann in dieser Anwendung hier nicht besprochen werden. Wohl Fig. 112. Fig. 114. Fig. 112. Hinterstück einer Larve von Eana esculenta mit dem Bauch einer zweiten zur Verwachsung gebracht. Fig. 113. Janusartige üehirnvereinigung zweier Larven. Fig. 114. Gleichsinnige Bauchvereini- gung zweier Larven , die 22 Tage lebte. Das Darmrohr ist gemeinsam und zeigt die von beiden Partnern kommenden^Zu- und Ableitungsrohre. P'ig. 115. Gleichsinnige Bauchvereini- gung von Rana esculenta mit Bombinator igneus, 7 Tage nach der Zusammenfügung. (Nach G. Born, Archiv f. Entw.-Mech., Bd. IV, 1897.) aber gehören hierher neuere Versuche über Vereinigung lebender Teil stücke von Amphibienlarven, die von Born, Harrison und Morgan angestellt wurden und die man als eine eigenartige Transplantation ansehen kann. Es wurden bei diesen Versuchen Teilstücke von Tieren derselben Art und auch verschiedener Art zur Verwachsung gebracht. Die ab- getrennten Stücke erhalten sich nicht nur am Leben, sondern schreiten — häufig ohne Herz, Blut und Gefäße — auf Kosten ihres Dotter- besitzes im Wachstum und in der Entwickelung fort, wie schon Vul- piAN an abgetrennten Schwanzenden eben ausgeschlüpfter Larven nachwies. Bei Vereinigung der Teilstücke treten an den Zellen der Schnittflächen Erscheinungen auf, die nach Born der von Roux ent- deckten ,, Selbstordnung" und „Selbsttrennung'' von Zellen unterzu- 118 D. Barfurth, ordnen sind. Liegt z. B. ein Epithelrand auf Dotterzellen oder auf Zellen des Geliirnrohres, so bleiben diese Gewebe unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht miteinander vereinigt, sondern trennen sich wieder voneinander (C_ytochorismus, Roux) und vereinigen sich erst mit ihresgleichen (Roux's Cytarme und Cytolisthesis). Nur unter beson- deren Verhältnissen, wenn Zellverschiebungen nicht möghch sind, ver- einigen sich z. B. auch ektoderraaleEpidermiszellen mit entodermatischen Darmepithelien, wie bei der Bildung von Mund und After in der nor- malen Entwickelung. Kommen bei der Zusamraenfügung gleichartige Organanlagen an einander zu liegen, so verwachsen sie zu einem Continuum ; die Ver- bindung geschieht durch das gleichartige, specifische Gewebe der be- treffenden Organe; kommen ungleichartige Organanlagen aneinander, so geschieht die Verbindung durch Bindegewebe. Sind die gleichartigen Organe hohl, so stellt sich nicht nur die Kontinuität ihrer Wand- bestandteile, sondern auch vollständig glatte Kommunikation ihrer Hohlräume her. Aus diesen Ergebnissen folgt also, daß die Entwickelung in diesen Stadien wesentlich auf Selbstdifferenzierung der einzelnen Teile beruht. „Ein correlativer Einfluß der Nachbarschaft, wie des Ganzen läßt sich nirgends erkennen — weder negativ, noch positiv; die Entwickelung entspricht also von unserem Ausgangsstadium an durchaus der Mosaik- theorie von Roux; die organbildenden Keimbezirke sind ausgeteilt (His)" (Born, 1897, p. 205). Ein entsprechendes Eigenleben zeigen embryonale Gewebsteile oder Embryonen, die in einen anderen Tierkörper eingepflanzt werden (Zahn, Leopold, Fischer, Fere und Lutier, Galeotti und Villa Santa u. A.). Aus den Versuchen von Birch-Hirschfeld und Garten ergab sich, daß z. B. Injektion des fein zerzupften Knorpel- gewebes junger Embryonen in tlie Leber erw^achsener Tiere bei ver- schiedenen Tierarten (Ziege, Kaninchen, Huhn, Salamander, Frosch) tumorartige Neubildungen von Knorpelgewebe in Leber und Lunge erzeugte. Die Gewebszellen erhielten also ihre Eigenart unabhängig von rein äußeren veränderlichen Bedingungen. Ihr Wachstum war freilich nur ein vorübergehendes, da sie schließlich sequestriert und resorbiert wurden. Die Ursache davon sieht Ribbert, der an er- wachsenen Tieren auf diesem Gebiet besonders erfolgreich gearbeitet hat, in unzureichender Ernährung und in der gestörten Funktion. Deshalb ist z. B. die Transplantation von Schilddrüsen, Ovarien und Milchdrüsen meist erfolgreich, weil sie auch an dem fremden Ort ihre Funktion auszuüben vermögen. Die Transplantation ist bei Säugern nur möglich bei demselben Individuum oder doch derselben Species und ist bei höheren Tieren schwieriger und weniger erfolgreich als bei niederen, wie die Versuche an Amphibien (Born, Harrison, T. H. Morgan), an Regenwürmern (Joest), an Schmetterlingspuppen (H. E. Crampton), an Hydra (Wetzel, H. W. Rand) u. a. lehren. Embryo- nale Gewebe vertragen die Heteroplastik nach Saltykow besser als die erwachsenen, und die Aussichten für die Proliferation verlagerter Gewebsstücke sind nach Lubarsch und Lengemann um so günstiger, je weniger hoch differenziert die verlagerten Zellen sind. Als eigentümliche Transplantation kann die Vereinigung ganzer Individuen bei Wirbellosen betrachtet werden, die Bütschli und Jensen bei Protozoen beobachteten, die von Wetzel und H. W. Rand Die Erscheinungen der Regeneration. 119 bei Hydra experimentell liei-gestellt wurde, die L. Sala und L. zur Strassen an Ascaris-Eiern als Riesenbildung richtig erkannten, die Metschnikoff bei einer Meduse gesehen hatte und die von T. H. Morgan und H. Driesch bei Echinidenembryonen durch das Experiment erzielt wurden. H. Driesch brachte Blastulae von Echinus zur Verschmelzung und fand, daß manche dieser Produkte als Zwillinge, manche sich ein- heitlich entwickelten ; letztere unterschieden sich nur durch ihre erheb- liche Größe von normalen Individuen, und diese Größe beruhte auf der doppelten Zahl von Zellen in den einzelnen Organen. d. Bildung der Geschwülste. Zahlreiche Versuche der neueren Zeit haben festgestellt, daß lebend abgetrennte Gewebskomplexe längere Zeit lebendig und regenerations- fähig bleiben (Thiersch, Reverdin, Grawitz. Garre, Wentzscher, Ljunggren, Enderlex, A. Henle, H. Wolff, Morpurgo, Grohe, Orth und NoLTE u. A.). Nimmt man dazu die im letzten Abschnitt mitgeteilten Beobachtungen über erfolgreiche Transplantation von Kör- perteilen in den lebenden Organismus, so liegt es nahe, diese Er- fahrungen zu einer Hypothese über die Bildung der Geschwülste zu verwerten. In der That hat in der neuesten Zeit hauptsächlich Ribbert die alte ViRCHOw-CoHNHEiM'sche Lehre, daß Geschwülste aus Zellen oder Zellkomplexen entstehen können, die in embryonaler Zeit aus dem organischen Zusammenhang losgelöst werden, wiederaufgenommen und dahin erweitert, daß die Loslösung solcher Gewebsteile auch in p 0 s t e m b r y 0 n a 1 e r Zeit erfolgen kann. ,,Die abgetrennten Elemente", sagt Ribbert, „dem Einfluß des Organismus entzogen, wachsen selb- ständig. Sie verhalten sich wie Parasiten, indem sie sich auf Kosten des Organismus entwickeln." So sind z. B. Epithel- und Dermoid- Cysten vielfach experimentell hervorgerufen worden (Schweninger, E. Kaufmann, Ribbert). Grawitz führte den Ursprung gewisser Geschwülste der Niere auf versprengte Nebennierenkeime zurück. Eine Stütze gewinnt diese Ansicht noch durch die „embryonalen Drüsen- geschwülste" (Birgh-Hirschfeld), die besonders an der Niere be- obachtet werden und für die Orth und nach ihm Hildebrand, Heinecke, neuerdings H. Merkel, Ricker und viele andere Autoren „eine Entwickelung aus abnormer embryonaler A n 1 a g e als wahrscheinlich annehmen" (Orth). Auch für Knorpelgeschwülste, branchiogene Carcinome u. s. w. wird von den pathologischen Anatomen eine Entstehung aus versprengten embryonalen Gewebskomplexen an- genommen. Ob die Gewebsverlagerung allein zur echten Geschwulstbildung führt, ist allerdings fraglich. Nach Ribbert erfahren die losgelösten Elemente eine Art Rückbildung (Entdifferenzierung), die vielleicht die Wucherung begünstigt. Aber diese Rückbildung hat nach ihm mit der Genese der Tumoren nichts zu thun. Lubarsch ist dagegen der Ansicht, daß die verlagerten Teile nur einen Geschwulstkeim ab- geben, aus dem infolge uns noch unbekannter Bedingungen eine Ge- schwulst entstehen kann. Wie nun in sehr frühen Embryonalstadien eine Loslösung von Zellkomplexen geschehen könne, wissen wir noch nicht sicher, können es aber auf Grund einer Beobachtung von Roux und mir vermuten. Roux fand, daß beim Froschei einzelne wenig differenzierte 120 D. Barfurth, ertr F u r c hu n g s z e 1 1 e n auf dem M o r u 1 a s t a d i u ra verharrten, sie wurden beim Froschembryo in allen Keimblättern zerstreut gefunden. „Diese in Schichten höher entwickelter Zellen (vergl. Fig. 10 J), vereinzelt sich findenden , weniger differenzierten Zellen erinnern an das Bild, das ich mir nach Virchow's und Cohnheim's Hypothese von den „Geschwulstkeimen" gemacht habe (W. Roux, Ges. Abt. II, p. 495, Anm). Zu diesen ,, Keimen" rechne ich auch das von mir experimentell hergestellte ,,Intraovat" des Froschembryo (Fig. 116). Ob freilich solche Keime sich dauernd lebend erhalten, Fig. 116. Gastrula von Rana fusca über dem ürmiind parallel der dorsalen Lippe quer durchstochen. Ein Komplex von Ektodermzellen ist in das Ei hineingerissen und hat sich als „Intraovat" zu einer kleinen Morula entwickelt. Konserviert nach TV« Stunden. Ein kleines Extra- ovat ist noch lebendig und im Zusammenhang mit dem Ei (extr^), ein anderes gegenüberliegendes abgeschnürt und tot {extr'^). (Barfurth, Anat. Hefte, Bd. IX, 1893.) ist zunächst nicht mit Sicherheit zu sagen. Nachdem aber einmal die Aufmerksamkeit darauf gerichtet ist, dürfen wir wohl von der weiteren Forschung neue, Aufschluß gebende Beobachtungen erwarten. So hat auch jüngst G. Tornier auf Verlagerungen von Körperteilen durch Störung der Ontogenese des Trägers infolge pathologischen Eingriffes in den jugendlichen Organismus bei Amphibienlarven hingewiesen und diese i Verlagerungen als aktive und passive unterschieden. Er *be- obachtete bei einer Froschlarve eine Verlagerung der Schwanzspitze in die Schwanzmitte, wo sie anwuchs und zum Stillliegen gezwungen w^urde, während der von ihr befreite Chordastumpf mit seinem Extra- anhang ruhig weiterwuchs und sich dabei an ihr vorbeischob. Eine andere Möglichkeit der Geschwulstbildung hat R. Bonnet auf- gedeckt. Die Embryonen der Keimdrüsen entstehen nach ihm viel- leicht ven befruchteten Polzellen oder losgelösten Bla- st om er en. Dieser Auffassung ist Katsurada beigetreten. Zusammenfassung des VII. Abschnittes. 1) Nach Wegnahme von Ovarien, Testikeln, Speicheldrüsen u, s. w. einer Seite beobachtet man eine kompensatorische Hypertrophie der übriggebliebenen Organe auf der anderen Seite (Ribbert und seine Schüler). Die kompensatorische Hypertrophie ist eine Leistung der funktionierenden Drüsenzellen, während die Regeneration von den weniger differenzierten Elementen der Ausführungsgänge ausgeht. Je lebhafter der eine Vorgang ist, um so geringer ist der andere (Ribbert). 2) Die Metaplasie, d. h. die Umwandlung einer Zellart in eine andere ist nur unter nahe verwandten Zellen möglich. 3) Lebende Teilstücke von Amphibienlarven lassen sich auf andere Larven verpflanzen, wachsen weiter und behalten ihre Eigenart (Born, Harrison, Morgan). Dasselbe gilt von embryonalen Gewebsstücken (Knorpel, Haut), die in andere Individuen eingepflanzt werden (Zahn, Leopold, Fischer, Birch-Hirschfeld und Garten u. A.). Das Die Erscheinungen der Regeneration. 121 Wachstum solcher Gewebsstücke ist freilich in der Regel von be- schränkter Dauer, weil sie nicht genügend ernährt werden und nicht funktionieren können (Ribbert). Die Transplantation von Schilddrüsen, Ovarien und Milchdrüsen ist dagegen meist erfolgreich, weil sie funktio- nieren können (Ribbert). Die Aussichten für die Proliferation ver- lagerter Gewebsstücke sind um so günstiger, je weniger hoch differen- ziert die verlagerten Zellen sind (Lubarsch und Lengemann). Auch lebend abgetrennte Gewebsstücke, die nicht gleich trans- plantiert werden, können unter günstigen Bedingungen tagelang leben- dig und regenerationsfähig bleiben (Thiersch, Reverdin, Grawitz, Garre, Wentzscher, Ljunggren, A. Henle, Enderlen, Morpurgo, Orth und Nolte u. A). 4) Die alte ViRCHOw-CoHNHEiM'sche Lehre, daß Geschwülste aus Zellen oder Zellkomplexen entstehen können, die in embryonaler Zeit losgelöst werden, hat Ribbert wieder aufgenommen und dahin erweitert, daß die Loslösung solcher Gewebsteile auch in postembryo- naler Zeit erfolgen kann. Diese Elemente erfahren nach Ribbert eine Art Rückbildung (Entdifferenziernng), müssen aber nach Lu- barsch unter besondere, noch unbekannte Bedingungen kommen, wenn sie Geschwülste liefern sollen. Embryonale Geschwulstkeime sind vielleicht die von Roux beob- achteten ,, wenig differenzierten Furchungszellen", die von Barfurth experimentell erzeugten ,,Intraovate" und befruchtete Polzellen oder losgelöste Blastomereu (R. Bonnet). Litteratur. Arnold, J. Epithelregeneration. Archiv iHtthol. Anat. Bd. XLVI. Aschoff, L. Regeneration und Hypertrophie. Ergebn. allg. pathol. Morph, u. Phys. 1895 u. 1898. Baccarani, M. lieber die teilweise Regeneration der Magenschleimhaut. Soc. med. chir. di Modena. 1899. Ber. von Barbacci im Centralbl. allg. Path. v,. pathol, Anat. 1899. Bard, L. La specißcite cellulaire. Scientia. Serie Biologie. Paris 1898. Bardeleben, C. von. Hand und Fufs. Verh. Anat. Ges. Strafsburg 1894. Barfurth, Dietr, Versuche zur funktionellen Anpassung. 3Iit 1 Taf. Archiv mikr. Anat. Bd. XXXVII. 1891. — Zur Regeneration der Gewebe. Mit S Tafln. Ebenda. 1891. — Halbbildung oder Ganzbildung von halber Grö/se f Anat. Anz. Bd. 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III. 1896. — Für unser Programm und seine Verwirklichung. Archiv Entiv.-3Iech. Bd. V. 1897. — Homotropismus und Allotropismus, Homophilie, Allophilie und ihre Unterarten. Archiv Entw.-3Iech. Bd. VIII. 1899. — Bemerkungen über die Achsenbestimmung des Froschembryo und die Gastrulation des Froscheies. Archiv Entw.-3Iech. Bd. XIV. 1902. — Ueber die Selbstregulation der Lebewesen. Archiv Enlw.-3Iech. Bd. XIII. 1902. (Hier auch Referat über: H. Driesch, Die orgaiiischen Regulationen.) — Ueber die Ursachen der Bestimmung der Hauptrichtungen des Embryo im Froschei. 3Iit 6 Abbild. Anat. Anz. Bd. XXVIIL 1903. Saltifkow, S. Ueber Transplantation zusammengesetzter Teile. Archiv Entw.-Mech. Bd. IX. 1900. Saniassa, Paul. Studien über den Einflufs des Dotters auf Gastrulation und die Bil- dung der primären Keimblätter der Wirbeltiere. II. Amphibien. 3Iit 1 Taf. Archiv Entw.-Mech. Bd. IL 1895. Samuel, S. Das Gewebsivachstum bei Störungen der Innervation. Archiv pathol. Anat. Bd. CXIII. 1888. 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Archives Keimung oder der individuellen Entwickelung (Ontogenesis) in zwei verschiedene Gruppen zu teilen. „Die erste Gruppe umfaßt die Ur- entwickelung oder Auszugsentwickelung (Palingenesis) und führt uns noch heute jene uralten Bildungsverhältnisse vor Augen, welche durch Vererbung von den ursprünglichen Stammformen übertragen worden sind (so z. B. beim menschlichen Embryo die Kiemenbogen, die Chorda, der Schwanz u. s. w.). Die zweite Gruppe hingegen enthält di& Störungsentwickelung oder Fälschungsentwickelung (Cenogenesis) und trübt das ursprüngliche Bild des Entwickelungs- ganges durch Einführung neuer fremder Bildungen, welche den älteren Stammesformen fehlten und erst durch Anpassung an die besonderen Bedingungen ihrer individuellen Entwickelung von den Keimformen, erworben wurden (so z. B. beim menschlichen Embryo die Eihüllen, der Dottersack, die Placenta u. s. w.).'' „Jede kritische Untersuchung und Verwertung der individuellen Entwickelung wird daher vor allem zu unterscheiden haben, wie viel von den embryologischen Thatsacheu palingenetische Dokumente sind (zur Auszugsgeschichte gehörig) — wie viel andererseits cenogenetische Abänderungen jener Dokumente (der Störungsgeschichte angehörig)." Mit Hecht macht Haeckel bei seiner Einteilung darauf aufmerk- sam, daß „die erbliche Wiederholung der ursprünglichen Stammformen- kette durch die entsprechende und parallele Keimformenkette nur selten (oder, streng genommen, niemals !) ganz vollständig ist. Denn die wechselnden Existenzbedingungen üben ihre Wirkung auf jede einzelne Keimform ebenso aus. wie auf den entwickelten Organismus. Außerdem wirkt das Gesetz der abgekürzten Vererbung beständig auf eine Vereinfachung des ursprünglichen Entwickelungsganges hin." Wie Haeckel hält auch Gegenbaur bei dem Versuche der phylogenetischen Verwertung der Ontogenese die Unterscheidung der Cenogenese von größter Bedeutung; denn nur dadurch werde, was aus der Ontogenese verwertbar sei, klar ; nur dadurch werde das von ausgebildeten Zuständen her Ererbte von dem auf dem Wege der Ontogenese Erworbenen gesondert und daraus erst die Grundlage für phylogenetische Folgerungen gewonnen". Zugleich aber hält Gegenbaur eine Trennung dessen, was beim Embryo palingenetisch oder cenogenetisch sei, für außerordentlich schwierig und eine Ursache für viele haltlose Spekulationen. „Wenn man zugeben muß", bemerkt er, „daß Palingenesis und Cenogenesis miteinander durchmischt vorkommen, so ist es auch gewiß, daß die Ontogenie nicht als reine Quelle für die Phylogenie gelten kann. Da- durch wird die Ontogenie zu einem Gebiete, auf dem beim Suchen nach phylogenetischen Beziehungen eine rege Phantasie zwar ein ge- fährliches Spiel treiben kann, auf dem aber sichere Ergebnisse keines- wegs überall zu Tage liegen." Gegenbaur warnt daher ,,vor den Irrwegen, die zur Konstruktion fiktiver Zustände, ja ganzer fiktiver Organismen führen", und verlangt vor allem strenge Kritik; „denn unkritisches Verhalten zu den onto- genetischen Ergebnissen verlasse den Boden der Erfahrung und ver- falle in bodenlose Spekulation. Phantasiegebilde treten an die Stelle der realen Objekte, und damit weiche die Forschung von jener Bahn ab , auf der sie allein zur Erkenntnis des W^ahren und damit zu dauernden Erfolgen gelangen könne." Indem Gegenbaur weiterhin die Frage aufwirft, wo diese Kritik 176 0. Hertwig, ihren Ausgang nehmen solle, bemerkt er hierzu: „Wenn einmal zu- gestanden werden muß, daß nicht alles, was auf dem Wege der Ent- wickelung liegt, palingenetischer Natur ist, daß nicht jede ontogene- tische Thatsache, man möchte sagen, als bare Münze gelten kann, so ist zur Leistung jener Kritik auch kein Stück der Ontogenie unbe- dingt verwertbar." Als die von ihm geforderte kritische Instanz nimmt aber Gegenbaur die vergleichende Anatomie in Anspruch; „denn überall seien es die Zustände des ausgebildeten Organismus, die uns die ontogenetischeu Befunde erleuchten." „Daher werden wir auf die niederen, den Durchgangsstadien entsprechenden oder ihnen doch ähnlichen Zustände verwiesen, sobald wir den höheren Zustand in seiner Ontogenese verstehen wollen. Sie gehören ebenso zur Geschichte des Organismus, wie seine einzelnen ontogenetischen Befunde." In den hier angeführten Aeußerungen von Haeckel und Gegen- baur, in Haeckel's Bemerkung, daß „die erbliche Wiederholung der ursprünglichen Stammformenkette durch die entsprechende und parallele Keimformenkette nur selten (oder, streng genommen, niemals!) ganz vollständig ist", und ebenso in Gegenbaur's Ausspruch, daß „kein Stück der Ontogenie unbedingt (als bare Münze) verwert- bar sei", erblicke ich eine wichtige Annäherung an meinen Standpunkt. Den von Gegenbaur mit Recht hoch eingeschätzten Wert der vergleichenden Anatomie für die Kritik ontogenetischer Erscheinungen erkenne ich gleichfalls an, suche ihn aber in einer etwas anderen Richtung. Denn auch die vergleichende Anatomie scheint mir bei der Beurteilung der Frage, inwieweit ein ontogenetisches Stadium ein Abbild oder eine Wiedergabe einer Form in der Vorfahrenkette ist, nicht das leisten zu können, was Gegenbaur von ihr erwartet. Auch sie kann uns keineswegs vor einem unkritischen Verfahren, vor Ver- irrungen, Phantasiegebilden und allem dem bewahren, was Gegenbaur der phylogenetischen Spekulation vorwirft, wenn sie sich auf die Ontogenie allein beschränkt. Da ein jetzt lebender niederer Orga- nismus, den Gegenbaur in leicht mißzuverstehender Weise als den Durchgangsstadien entsprechend bezeichnet, ein Amphioxus, ein Cj^clo- stom, ein Haifisch, in die Vorfahrenkette einer höheren, gleichzeitig lebenden Organismenart, eines Säugetieres z. B., ganz sicherlich nicht hineingehört, kann er uns auch kein Abbild von einem ausgestorbenen Glied dieser Kette geben, und in dieser Hinsicht zu seiner wirk- lichen Kenntnis ebensowenig beitragen, wie das Embryonenstadium des betreffenden Säugetieres, weil dieses in hohem Maße cenogenetisch verändert ist. Daß hierdurch in keiner Weise der hohe Wert der Vergleichung sowohl embryonaler Formen untereinander, als dieser mit ausgebil- deten höheren und niederen Tieren beeinträchtigt wird, glaube ich schon auf p. 168 — 170 nachgewiesen zu haben. 7. Aufgabe und Ziel der vergleichenden Entwickelungs- lehre undder vergleichen den Anatomie ist dieFeststel- lungder gesetzmäßigen Verhältnisse, die der pflanz- lichen und tierischen Formbildung zu Grunde liegen. Alle wissenschaftlichen Bestrebungen finden erst einen festen Rückhalt in der Ueberzeugung, daß alles Naturgeschehen sich nach bestimmten Gesetzen vollzieht, deren Erkenntnis Aufgabe der Forschung lieber d. Stellung d. vergl. Entw. -Lehre zur vergl. Anatomie etc. 177 ist. Zwischen der leblosen Natur und dem Reich der Lebewesen be- steht nach dieser Richtung kein prinzipieller Unterschied, sondern nur ein Unterschied insoweit, als dort die Verhältnisse einfacher sind und sich leichter auf durchgreifende Gesetze zurückführen lassen, während sie hier außerordentlich viel komplizierter sind und sich daher schwie- riger in allgemein passende Formeln einkleiden lassen. So gut wie sich in der Zusammensetzung der chemischen Körper allgemeine Gesetzmäßig- keiten erkennen und, soweit sie analysiert sind, in bestimmten Formeln wiedergeben lassen, sind auch die so viel komplizierter gebauten tierischen und pflanzlichen Gestaltungen in letzter Instanz nur der Ausdruck allgemeiner Bildungsgesetze, von welchen das organische Gestalten beherrscht wird. In diese sucht der Biologe durch anato- mische Analyse und Vergleichung einerseits, durch experimentelle Forschung andererseits einzudringen. Ihre Ermittelung ist unser Ziel, mögen wir die Embryonalstadien verschiedener Tiere (vergleichende Entwickelungslehre) oder die ausgebildeten Endformen (vergleichende Anatomie) oder Embryonalstadien mit ähnlichen, ausgebildeten Form- zuständen in der Tierreihe vergleichen. Eine der wichtigsten und allgemeinsten Gesetzmäßigkeiten, welche durch die vergleichende, biologische Methode gewonnen wurde, ist die Zellen theorie. Sie mag uns daher auch als Beispiel zur ge- naueren Darlegung meines Standpunktes dienen. In der Zellentheorie ist die außerordentlich wichtige Erkenntnis zusammengefaßt, daß die Zelle eine allgemeine Form der lebenden Substanz ist, welche jeder pflanzlichen und tierischen Entwickelung zu Grunde liegt. Daher muß im großen Entwickelungsprozeß der Natur die natürliche Entstehung von Pflanzen und Tieren mit der Entstehung lebender Zellen begonnen haben, gleichwie mit der Zelle auch jetzt die Keimesgeschichte von Pflanzen und Tieren beginnt. Wenn wir auch von den Wegen, auf denen einfachste Zellen zuerst entstanden sind, nichts wissen, so müssen wir doch von unserem Standpunkt aus annehmen, daß ihre Genese ebenso nach Naturgesetzen erfolgt sein wird, wie Krystalle aus krystalloiden Substanzen in der ihnen zukommenden, gesetzmäßig be- gründeten Weise entstehen, wenn sie diesen selbst auch nicht ver- gleichbar sind. Lebende Zellen werden sich daher zu allen Zeiten und aller Orten in der Natur entwickeln müssen, wo die komplizierten, uns zur Zeit vollständig unbekannten Bedingungen für ihr Zustande- kommen gegeben sind. Bei dieser Auffassung muß natürlich nicht nur mit der Möglich- keit gerechnet werden, daß die genealogischen Ketten der heute lebenden Organismen von vielfachen, unabhängig voneinander ent- standenen, einfachsten Urzellen ihren Ausgang genommen haben, son- dern es wird diese Möglichkeit sogar von vornherein als die natur- wissenschaftlich am meisten berechtigte bezeichnet werden müssen. Indem wir in der Zellbildung einen gesetzmäßigen Vorgang er- blicken, stellen wir in Abrede, daß in irgend einer Periode der Erd- entwickelung sich durch Zufall eine lebende Zelle gebildet habe, von welchem Zufallsprodukt dann nach der Hypothese der mouophy- letischen Descendenz alle Pflanzen und Tiere abstammen würden. Somit bleibt erst durch besondere, auf die Genealogie der Organismen gerichtete Untersuchungen zu ermitteln, von wie viel selbständig ent- standenen Zellen aus die heute lebenden Organismen ihren Urspruug herleiten. Denn weder die Zellentheorie, welche eine Errungenschaft vergleichend anatomischer Forschung ist, noch die Thatsache, daß alle Handbuch der Entwickelungslehre. III. 3. 1 -^ 178 0. Hertwig, Pflanzen und Tierarten sich ontogenetisch aus einer Zelle entwickeln, vermag uns hierüber eine Auskunft zu geben. Vergleichende Anatomie und Entwickelungslehre haben eben nur das Gesetz der Zellenbildung oder, wie Th. Schwann sich ausdrückt, „die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachstum der Tiere und Pflanzen" festgestellt. In diesem Sinne werden uns durch die vergleichende Entwicke- lungslehre und ebenso durch die vergleichende Anatomie, wenn auch nicht so allgemeine und umfassende Gesetzmäßigkeiten, wie in der Zellentheorie, so doch engere und speziellere Gesetzmäßigkeiten in der Formbildung der Lebewesen zur Erkenntnis gebracht. Hierfür nur einige wenige Beispiele, teils allgemeiner, teils mehr specieller Art. Der große und tiefgreifende Unterschied, der zwischen Pflanzen und Tieren in ihrer ganzen Gestalt besteht, läßt sich in letzter Instanz mit auf die verschiedene Ernährungsweise der pflanzlichen und tieri- schen Zellen zurückführen (vergl. Hertwig, Allgemeine Biologie, 1906, p. 600-605). Wegen der Rolle, welche der Chlorophyllapparat bei der Assi- milation spielt, sind die Pflanzenzellen auf die unmittelbare Einwirkung des Lichtes angewiesen ; wenn sie daher zu größeren Verbänden ver- eint bleiben, müssen sie das Bestreben haben, sich der Fläche nach in Blättern anzuordnen, so daß sie der Luft die Kohlensäure entziehen und die Einwirkung der Sonnenstrahlen erfahren können. Es macht sich daher die ganze Formbildung der Pflanzen auf Grund der Er- nährungsweise in nach außen hervortretenden Organen, in Blättern und Zweigen, bemerkbar. Im Gegensatz hierzu ist die tierische Entwickelung vermöge der Eigenschaft der tierischen Zelle, schon fertiggebildete, organische Sub- stanz aufzunehmen und zu verdauen, daraufgerichtet, sowie sich eine vielzellige Gemeinde gebildet hat, in dieser einen zur Aufnahme ge- eigneten verdauenden Hohlraum, eine Urdarmhöhle zu schaffen. Durch die Bildung einer inneren verdauenden Fläche, eines Darmdrüsen- blattes, wird die tierische Entwickelung im Gegensatz zur pflanzlichen eine nach innen gerichtete. Von diesem Gesichtspunkte aus kann es uns nicht wundernehmen, daß in allen Tierstämmen die ersten Entwickelungsvorgänge in ähn- licher Weise ablaufen, und daß wir bei Wirbellosen und Wirbeltieren einen Furchungsprozeß, ein Stadium der Morula, der Blastula und Gastrula auftreten sehen. Wenn aber diese Entwickelungsprozesse keine vom Zufall ab- hängigen, sondern in der Natur der tierischen Zelle selbst begründete sind, dann liegt auch kein Anlaß vor, aus der Gleichartigkeit der Wiederkehr eines Furchungsprozesses, einer Morula, einer Blastula, einer Gastrula in allen Klassen des Tierreiches auf eine gemeinsame Abstammung aller Tiere von einer blastula- oder gastrulaähnlichen Stammform zu schließen. Vielmehr erblicken wir in den aufeinander folgenden ersten Stadien der tierischen Entwickelung nur die Wirk- samkeit besonderer Gesetze, von welchen die Gestaltung der tierischen Formen im Gegensatz zu den pflanzlichen beherrscht wird ^). 1) Von gleichen Erwägungen geleitet, bemerkte ich in meinem Lehrbuch „Die Zelle und die Gewebe", Bd. II, p. 276, und ebenso in der 2. Auflage, welche unter dem veränderten Titel: „Allgemeine Biologie", 1906 erschienen ist (p. 596): „Die Vergleichung der ontogenetischen Stadien der verschiedenen Tiere teils untereinander, teils mit den ausgebildeten Formen niederer Tiergruppen führt uns zur Erkenntnis Ueber d. Stellung d. vergl. Entw.-Lehre zur vergl. Anatomie etc. 179 Oder nehmen wir ein anderes Beispiel, das ein mehr specielleres Organisationsverhältnis betrifft. Es wurde früher die Dotteransammlung in der Eizelle als Zeugnis angeführt, wie durch sie die ersten Ent- wickelungsstadien in tiefgehender Weise beeinflußt werden. Auch hierin haben wir eine Gesetzmäßigkeit kennen gelernt, indem die Eizellen in den verschiedensten Tierklassen , auch bei solchen, die in keiner näheren systematischen Verwandtschaft zu einander stehen, sich äqual, inäqual oder partiell furchen, je nachdem sich in ihnen Deutoplasma in geringerem oder höherem Grade angesammelt hat. In derselben Weise sind die verschiedenen Formen der Blastula, der Gastrula und die hieraus folgenden Modifikationen der nächsten Entwickelungsstadien als gesetzmäßige Folgen der verschiedenen Dotteransammlung in der Eizelle zu beurteilen. Wie hier, so macht uns überhaupt die vergleichende Untersuchung mit Reihen vergleichbarer tierischer Formen bekannt, die in Haupt- merkmalen einander gleichen, in anderen mehr untergeordneten Merk- malen aber in der verschiedensten Weise modifiziert sein können, z. B. mit verschiedenen Formen des Achsen- und Extremitätenskeletts, der Harnorgane, des Herzens, des Gehirns etc. Aufgabe der Ver- gleichung ist es hier — und dasselbe gilt überhaupt für jede ent- wickelungsgeschichtliche und anatomische Vergleichung — klarzulegen, welche Form in den verglicheneu Reihen die einfachste und ursprüng- lichste, welche die modifizierte und von der ersteren ableitbare ist; auch ist der Nachweis zu versuchen, durch welchen Vorgang die modifizierte aus der ursprünglichen Form entstanden ist. So führt uns die Vergleichung zur Unterscheidung primärer, ursprünglicher und sekundärer oder modifizierter tierischer Formen und Prozesse. Die Unterscheidung deckt sich in vielen Fällen mit der Unterschei- dung in palin genetische und cenogenetische Formen. Zwischen beiden besteht aber der wesentliche Unterschied, daß bei letzterer die Forscher von phylogenetischen Gesichtspunkten ausgehen und geneigt sind, für die zu Tage tretenden Aehnlichkeiten die Ursache in der Abstammung von gemeinsamen Vorfahren zu erblicken, während bei der ersteren ein größeres Gewicht auf die Ermittelung allgemeiner Gesetzmäßig- keiten in der tierischen Formbildung gelegt wird, welche unabhängig von der Abstammungsfrage sind ; daher bedarf die Abstammungsfrage erst noch einer besonderen Beweisführung. Mit dieser verschiedenen Stellungsnahme der Forscher hängt dann auch die verschiedene Auß'assung von der Bedeutung des Wortes Ho- mologie und der vergleichend-anatomischen Methode zusammen. Dort wird Homologie aus Blutsverwandtschaft erklärt und die vergleichend- anatomische Methode zu einer phylogenetischen gemacht. Hier wird in der Homologie nur der Ausdruck für Gesetzmäßigkeiten in der Organisation der die Homologie zeigenden Organismen erblickt, und die Frage, inwieweit die nachgewiesene Homologie durch ge- meinsame Abstammung oder in anderer Weise zu erklären sei, als eine zunächst off"ene und als Gegenstand besonders darauf zu richtender Untersuchungen betrachtet. Es ist dies derselbe Standpunkt, welchen Joh. Müller, C. E. allgemeiner Gesetze, von welchen der Entwickelungsprozeß der organischen Materie beherrscht wird. Bestimmte Formen werden trotz aller beständig einwirkenden, um- ändernden Faktoren im Entwickelungsprozeß mit Zähigkeit festgehalten, weil nur durch ihre Vermittelung das komplizierte Endstadium auf dem einfachsten Wege und in arlgemäßer Weise erreicht werden kann". 12* 180 0. Hertwig, lieber d. Stellung d. vergl. Entw.-Lehre etc. V. Baer, Alexander Braun, Nägeli und viele andere unserer be- deutendsten Biologen eingenommen haben, und welchen Braun in klarer Weise in den schon in der historischen Einleitung zitierten Worten festgelegt hat: „Nicht die Descendenz ist es, welche in der Morphologie ent- scheidet, sondern umgekehrt, die Morphologie hat über die Möglichkeit der Descendenz zu entscheiden," „Eine Verkennung der von der Ab- stammungslehre unabhängigen Bedeutung der Morphologie liegt in der Behauptung, daß von einer Homologie der Organe nur die Rede sein könne unter der Voraussetzung gemeinsamer Abstammung oder, wie Strasburger sich ausdrückt, daß die Vergleichung selbst schon Phylogenese sei, daß sie nur unter der Voraussetzung gelte, daß man es mit Dingen von gleichem Ursprung zu thun habe. Es kommt darauf an, was man unter gleichem Ursprung versteht. Den Würfeln, in welchen das Kochsalz krystallisiert, wird man den gleichen Ursprung nicht absprechen, aber von einer gemeinsamen Abstammung derselben, von einem Urwürfel des Kochsalzes, wird man nicht reden können. So könnte man auch im Gebiete des Organischen eine gleiche Art des Ursprungs typisch übereinstimmender Formen sich denken ohne äußeren Zusammenhang der Entwickelung." Litteratur. Außer den in der allgemeinen Litteratur citierten Schriften: Emery, C. Gedanken zur Descendenz- und Vererhungstheorie. VIII. Homologie und Atavismus im Lichte der Keimplasmatheorie. Biolog. Centralbl. Bd. XVI. 1896, Gegenbaur, K. Cänogenese. Verhandl. d. Änat. Gesellsch. 1888. — Ontogenie und Anatomie in ihren Wechselbeziehungen betrachtet. Morphol. Jahrb. Bd. XV. 1889. — Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere mit Berücksichtigung der Wirbellosen. Bd. I. 1898. Haeckel. Siehe die im I. Band p. 72 citierten Schriften. Ferner: Monographie der Calcispongien. — Die Perigenesis der Plastidule. Berlin 1876, — Zur Phylogenie der australischen Fauna. Einleitung zu Semon's Forschungsreisen in Australien u. s. w. Jena 1893. — Systematische Phylogenie der Wirbeltiere. 1895. — Anthropogenie. 5. Aufl. 1903, — Die Lebenswunder. 1904. Mensen, V. Die Plankton-Expedition und Haeckel' s Darwinismus. Kiel u. Leipzig 1901. Hertwig, Oscar. Die Zelle und die Gewebe. Buch IL 1898. — Allgemeine Biologie. 2. Aufl. 1906. Keibel, F. Siehe Allgemeine Litteratur. p. 74 1900—1905, p. 82 1894, 1896. — Das biogenetische Grundgesetz und die Cenogencse. Merkel und Bonnet's Ergebnisse. Bd. VII. 1898. MecTeel, F. Siehe Allgemeine Litteratur p. 73 1811 u. 1821. Mehnert. Kainogenese, eine gesetzmäßige Abänderung der embryonalen Entfaltung infolge von erblicher Uebertragung in der Phylogenese erworbener Eigentümlichkeiten. Eine biolog. Studie. Morj)h. Arb. Bd. VII. — Biomechanik; erschlossen aus dem, Prinzipe der Organogenese. Jena 1898. Müller, Fr. Für Darwin. 1864. Nügeli, C. v. Mechanisch-physiologische Theorie der Abstammungslehre. 1884. Oppel. Vergleichung des Entwickelungsgrades der Organe zu verschiedenen Entwickelung s- zeiten bei Wirbeltieren. Jena 1891. Osborn. Alte u,nd neue Probleme der Phylogenese. Merkel und Bonnet's Ergebnisse. Bd. III. 1894. Schmidt, Heinrich. Haeckel's biogenetisches Grundgesetz U7id seine Gegner. 1902. Weismann, Aug. Vorträge über Descendenztheorie. 2. Aufl. Bd. IL 1902. Wigand, Albert. Die Genealogie der Urzellen als Lösung des Dcscendenz-P-oblems oder die Entstehung der Arten ohne natürliche Zuchtmahl. Braunschweig 1872. — Der Darwinismus und die Naturfo7-schung Newton's und Cuvier's. 1874 — 1877. Register. A. Abstammung 151, 180. Achse des Regenerats, senkrecht auf die Schnittebene gestellt 58. Achsenskelett 152, 155. Adaptationsregulationen 2, Aequipontentialität 55. After, Zeitpunkt der Ausbildung des 142. Aftermembran 142. Ahnenformen 169. Ahnenkette 154. Ahnenreihe 156. Allantois, Funktion der 140. — Zeitpunkt der Anlage der 140. Amnion, Zeit der Anlage des 139. Amnionschluß, Zeitpunkt des 139. Anlagen 159, 173. — und Anlageprodukt, Parallelismus beider 163. Anpassungen, embryonale 171. — funktionelle (Roux) 113. Artzellen, 161, 162, 164. Asyntaxia meduUaris totalis 29. Auge, Regenerationsfähigkeit des 82. — zeitliche Ausbildung dess., beim Huhn und Papagei 143. Augenanlagen 141. Autoplastik 116. B. Bildungsgesetze 177. Bindegewebszellen, „schlummernde" 98. Biogenesis, Theorie der 161. Biogenetisches Grundgesetz 132, 149 ff., 158. Blastotomie 39. Blutsverwandtschaft 179. c. Cauda bifida 59. — trifida 49. Cenogenese 149, 174. Chorda dorsalis 168. Chordastab 96. Cytarme 118. Cytochorismus 118. Cytolisthesis 118. D. Darmkanal 152. Dauerniere der Säuger, zeitliche Ausbil- dung der 146. Zeitpunkt des Auftretens der Glo- meruli in der 146. Defekte 38. Descendenz 180. Descendenztheorie 149 ff. Deutoplasma 172. Differenzierung der Zellen, abhängig von der Organisation des Eiplasmas 16. Differenzierungshauptzellen 41. Differenzierungsnebenzellen 41. Doppelbildungen 17. E. Eigenleben der Gewebe 111. Eihüllen 174. Eizelle 158, 159, 163. Ektoderm, regenerative Fähigkeit des 37. Embryomorphose 78. Embryonalformen 165. Entdifferenzierung 93. Entwickelung, atypische fehlerhafte 10. regulatorische 10. — direkte 2. — indirekte 2. — normale 2, 10. — regenerative 2. — durch regulierende Wechselbeziehungen der Embryonalzellen 15. — typische 10. Entwickelungsgrad der Organe 131. Eutwickelungsreihen 152. Epimorphosis 3. 182 Register. Estraovat 3. Extremitätenskelett 153. F. Forraative Reize 72. Funktion der entodermalen Allantois 140. — Bedeutung ders. für die Ausbildung des N. und Tractus opticus 141. — Bedeutung ders. für die zeitliehe Ver- schiebung von Organanlagen 142. Funktionelle Anpassung (Eoux) 113. — Reize 111. Fuuktionswechsel 151. Furchungsprozeß 172. Gehirnhemisphären, zeitliche Entw. ders. beim Huhn und Papagei 143. Genealogie der Organismen 177. Geschwülste 38. Geschwulstkeim 119. Gesetzmäßigkeiten 178, 179. Geweih, Neubildung des 88. Glomeruli in der Dauerniere der Säuger, Zeitpunkt des Auftretens 146. — in der Urniere der Säuger 146. Grundform 153. Grundgesetz, biogenetisches 132, 149 ff., 158. H. Halb- und Ganzembryonen, willkürliche Herstellung von 21. Harnorgane 153. Hemididymi 41. Hemiembryo 6. Herz 152. Heterochronieen 172, 174. Heteroplastik 117. Homologie 151, 179. Hyperdaktylie 66. Hyperpedie 66. Hypertrophie, kompensatorische 115. Hypoplasie 87. I. Idioplasma 160, 163. Involution der Urniere 147. K. Kapillarsprosse 98. Kausalgesetz, ontogenetisches 163. Klassifikation des Tierreichs 163. Kloakenmerabran 142. Knorpelstab 96. Knospentheorie 99. Körpergröße der Amnioten 142. Korrelation 112. — in der Entw. 134. L. Leberentwickelung der Vögel 147. Linse, erste Anlage der 141. — Eegenerationsfähigkeit der 82. — Wiederbildung der 52. M. Medullarrohrschluß, Beginn des 140. — bei Huhn und Papagei 143. Melopsittacus undulatus, Entwickelungs- grad der Organe bei 143. Mesodidymi 41. Mesonephros, Ersetzung dess. durch den Metanephros 147. Metanephros, Ersetzung des Mesonephros durch den 147. Metaplasie 116. Methode, vergleichend-anatomische und phylogenetische (s. a. Achsenskelett, Darmkanal, Herz, Harnorgane) 152. Monophyletische Descendenzhypothese 164, 171. Morphallaxis 3. Morphogenetische Funktion des Nerven- systems 111. Mosaikarbeit 9. Mosaikei 10. N. Nacherzeugung 4, 7. Nervensystem, morphogenetischeFunktion des 111. Nervus opticus, Bedeutung der Funktion für die Ausbildung des 141. Neubildung des Geweihes 88. Neurotropismus 101. 0. Ohrbläschen, Schluß des 141. Ontogenese 156, 160, 162, 173. Ontogenetische Differenz 133. — Durchgangs formen 169. Ontogenetischer Prozeß 162. Ontogenetisches Kausalgesetz 163. Organisation des Eiplasmas, Differenzie- rung der Zellen, abhängig von der 16. Organisationsregulationen 2. Orthopädie, funktionelle 58. P. Paläoembryologie 131. Palingenese 149, 174. Parallelismus zwischen Anlage und An- lageprodukt 163. Phylogenese 156, 160, 162, 173, 175. Phylogenetischer Prozeß 162. Polydaktylie 66. Polymelie 66. Polyphyletische Descendenzhypothese 164. Postgeneration (Eouxj 4, 7, 45. Register. 183 Prinzip der organ bildenden Keimbezirke 11. Proamphibien, Proreptilien 155. Proselachier 154. Prospektive Bedeutung 19. — Potenz 19. B. Rachenhaut, primitive 151. Regeneration, Allgemeines über 1. — als Anpassungserscheinung 102. — atavistische 72. — Beeinflussung ders. durch Organ- systeme des Körpers 106. — der Keimblätter 32. isogene 35. — pathologische 1. — physiologische 1. — des Schnabels 88. — traumatische 1. — wirkliche, bei Pflanzen 1. Regenerationen, heteromorphe 73. Regenerationsähnliche Erscheinungen bei Krystallen 1. Regenerationscentren 69. Regenerationsfähigkeit des Auges und der Linse 82. — innerer Organe 102. Regulationseier 10. Rekreation 115. Restitutionen 3. Riechorgan, Zeitpunkt der Anlage des 141. s. Sarkoblastentheorie 99. Schlundspalten der Säugetiere 166, 168. Selbstdifferenzierung 9. Semiblastula 6. Semigastrula 6. Semimorula 6. Specietät 116. — der Gewebe 56. Specifikation der Furchungszellen 11. Spina bifida 43. — ventosa 114. Stammbaum 171. — monophyletischer u. polyphyletischer 164, 171. S uperregeneration en 6 1 . Systematik, Stellung der vergl. Entwicke- lungslehre zur 149 ff. Systematische Verwandtschaft, 8. Ver- wandtschaft. T. Tractus opticus, Bedeutung der Funktion für die Ausbildung des 141. Transplantation 116. ü. Umdifferenzierung 28. Urform der Organe 153. ürniere, Entwickelungsgrad ders. bei Säugerembryonen 146. — fötale Sekretion der 147. — Involution der 147. Urzeugung 165. Y. Variation, individuelle, im Entwickelungs- grad der Organe 146. Verwandtschaft, genetische und syste- matische 171. Vita propria der Gewebe 111. w. Wellensittich, Entwickelungsgrad der Or- gane beim 143. Wiederbildung einer Linse 52. Wiederherstellungsregulationen 3. Wundheilung 37. z. Zähne 174. Zeitliche Verschiebung in den Kompo- nenten eines Organes 140. Zellentheorie 177. Nachträgliche Berichtigungen zu Bd. I, 1. Teil. W. Waldeyer, Die Geschlechtszellen. a) p. 112, Absatz 2, statt „Haupttücke" lies „Hauptstücke". b) p. 112, Absatz 2, drittletzte Zeile, statt „Hauptstück" lies „Verbindungsstück". c) p. 172, Absatz 2, Zeile 5, statt „Spermien zu Spermatiden" lies „Spermatiden zu Spermien". / / / NEW YORK -M wmmr^*rmi S^^i»S>.. <^*,^>ii^!f-^ '^' % :^ s%' ' • ;::r>^r^ ::':^^--: