x-^/d>/- JAHRBÜCHER für wissenschaftliclie Botanik Begründet von Professor Dr. N. Pringsheim herausgegeben W. Pfeffer und E. Strasburger Professor an der Universität Leipzig Professor an der Universität Bonn Vierundvierzigster Band Mit 7 lithographierten Tafeln, 4 Kurven und 59 Textfiguren. LIBRARY NEW YORK 60TAMCAL QAROeN. Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger 1907 Druck von E. Buchbinder, Keurappin. ^ V YOKK T U « 1 4^ ^OTAMCAL 1 ü JQ H 1 l. <3Ai<£>eiv. Heft/ 1; ausgegeben im März 1907. Seite E. Bachniaau. Die Khizoidenzone granitbewohnender Flechten. Mit Tafel I u. II 1 Spezieller Teil 22 Figuren-Erklärung 40 Wilhelm Fig'dor. Über Restitutionserscheinungen an Blättern von Gesneriaceen. Mit Tafel III und 3 Textfiguren 41 Versuchsanstellung 45 I. Verletzung der Spitzenregion des primären Keimblattes 46 II. Abtragung der einen Längshälfte des Assimilationsorgans 48 III. Spaltung des Assimilationsorgans 51 IV. Über die Eeproduktionsfähigkeit der Blätter von Monophyllaea Hors- fieldü R. Br 54 Zusammenfassung 55 Figuren-Erklärung 56 H. Bach. Über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktions- zeit von verschiedenen Außenbedingungen. Mit 1 Figur und 4 Kurven im Text 57 Einleitung 57 Kapitel I: Präsentationszeit verschiedener Pflanzenspezies bei 20 — 30" in optimaler Reizlage 59 A. Literatur 60 B. Methodisches 60 C. Versuchsresultate 63 Anhang. Abhängigkeit der Präsentations- und Reaktionszeit von der Länge der Versuchspflanzen 66 Kapitel II: Abhängigkeit der Präsentations- und Reaktionszeit von der Temperatur 67 A. Literatur 67 3. Eigene Versuche 68 C. Resultate 71 D. Anhang. Einfluß eines den Versuchen vorausgehenden Kälteaufent- halts der Versuchspflanzen auf die Präsentations- und Reaktionszeit 72 Kapitel III: Abhängigkeit der Reaktionszeit von der Dauer der Reizung . 76 Kapitel IV: Abhängigkeit der Präsentations- und Reaktionszeit von ver- schiedenen Zentrifugalkräften über und unter lg 80 A. Literatur 80 B. Methodisches 81 j^. C. Einfluß des Zentrifugierens auf die Reaktionszeit 82 ZT D. Einfluß des Zentrifugierens auf die Präsentationszeit 86 — E. Resultate 89 >- IV Inhalt Seite Kapitel V: Präsentations- und Reaktionszeit in ihrer Abhängigkeit von der verschiedenen Angriffsrichtung der Schwerkraft 89 Kapitel VI: Einfluß des Schütteins auf Jie Reaktions- und Präsentationszeit 95 A. Literatur 95 B. Methodisches 96 C. Versuche 99 D. Versuchsresultate und Folgerungen für die Statolithenhypothese . . 112 Kapitel VII: Mikroskopische Bestimmung der Reaktionszeit 113 A. Versuche mit Keimsprossen 4. ..114 B. Versuche mit Keimwurzeln 117 Kapitel VIII: Zusammenstellung der wichtigsten Ergebnisse 120 Literatur -Verzeichnis 123 C. Correus. Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blütenpflanzen und ihrer Beeinfhißbarkeit. Mit 4 Textfiguren 124 I. Die Periodizität in der Blütenbildung überhaupt 128 II. Die Übergangsformen zwischen zwittrigen und weiblichen Blüten . . 130 III. Die Periodizität in der Ausbildung der verschiedenen Blüten . . . . 136 IV. Die Beeinflussung der Periodizität durch Eingriffe von außen . . . 145 V. Einige weitere Unterschiede zwischen den zwittrigen und eingeschlech- tigen Stöcken 153 A. Ist die Blütezeit der zwittrigen und eingeschlechtigen Pflanzen ver- schieden? 153 B. Die Größe und Blütenzahl der zwittrigen und eingeschlechtigen Stöcke 156 C. Die Fruchtbarkeit der gynomonoecischen und weiblichen Stöcke . 157 D. Die Größe der Hülle bei zwittrigen und eingeschlechtigen Blüten 160 Tabellarischer Anhang 166 Literatur -Verzeichnis 171 Heft 5S; ausgegeben im April 1907. Haus Fitting. Die Leitung tropistischer Reize in parallelotropen Pflanzenteilen. Mit 26 Textfiguren 177 Einleitung 177 A. Experimenteller Teil 179 Abschnitt I. Allgemeine Versuchsmethodik 179 Abschnitt II. Einfluß der verschiedenartigen Verwundungen. auf die Ko- leoptilen von Avena 181 Abschnitt III. Phototropische Reizleitung durch einseitig mit einem Querschnitte verwundete Keimblätter von Avena 187 A. Reizleitung von der beleuchteten Spitze in die verdunkelte Basis 188 B. Kontrollversuche zur Beurteilung der Brauchbarkeit der bisher angewendeten Verdunkelungsmethoden 192 C. Reizleitung in verwundeten Koleoptilen von der einseits beleuch- teten Spitze in die von entgegengesetzter Seite beleuchtete Basis 196 D. Indirekte Beweise für das Vorhandensein einer phototropischen Reizleitung in verwundeten Keimblättern 198 E. Geschwindigkeit der Reizleitung in den verwundeten Koleoptilen 200 F. Hat der durchschnittene Teil des Keimblattes noch eine Bedeutung für die Reizleitung? 202 Inhalt. V Seite G. Verhalten verwundeter Keimlinge bei allseitiger Beleuchtung der Spitze und Verdunkelung der Basis 204 Abschnitt IV. Phototropische Heizleitung durch doppelseitig mit Quer- einschnitten verwundete Keimblätter von Avena 206 A. Reizleitung von der beleuchteten Spitze in die verdunkelte Basis 206 B. Indirekter Beweis für die Reizleitung über die operierte Stelle 209 C. Geschwindigkeit der Reizleitung bei Verwundung mit zwei queren Einschnitten 210 D. Verhinderung der Keizühermittlung innerhalb der Wunde . . 210 Abschnitt V. Phototropische Krümmung und phototropische Reizleitung in gespaltenen Koleoptilspitzen 211 A. Phototropische Krümmungen gespaltener Koleoptilspitzen . . 212 B. Phototropische Reizleitung von den gespaltenen Koleoptilspitzen in die nicht verwundeten Basalteile 214 Abschnitt VI. Einfluß einiger Außenbedingungen auf die phototropische Reizleitung bei Avena 219 Abschnitt VII. Versuche über phototrop. Reizleitung an anderen Objekten 229 Abschnitt VIII. Über die Leitung des traumatotropen Reizes in der Wurzelspitze 231 B. Theoretischer Teil 234 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 248 Literatur -Verzeichnis 253 Alfred Dachuowski. Zur Kenntnis der Entwicklungs-Physiologie von Marchantia pohjmorpha L. Mit Tafel IV und 4 Textfiguren 254 L Einleitung 254 II. Rhizoidenwachstum 255 III. Dorsiventralität 258 IV. Die plagiotrope Orientierung 265 V. Die Erzeugung von Fortpflanzungsorganen 272 VI. Die Befruchtung 282 VII. Zusammenfassung der Ergebnisse 283 Literatur -Verzeichnis 285 Figuren-Erklärung 286 A. Urspi'nilg. Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen . 287 I. Larix decidua 288 IL Picea excelsa 297 III. Abies alba 301 IV. Pinus silvestris ... 303 V. Pinus strobus 306 VI. Prunus avium 308 VII. Viburnum lantana 312 VIII. Lonicera xylosteum 315 IX. Sorbus aucuparia 316 X. Sorbus aria 316 XI. Cornus sanguinea 319 XII. Salix cajrrea 322 Xlll. Acer pseiuloplatanus 323 VI Inhalt. Seite XIV. Acer cmiipcstre 325 XV. Corylus avellana 327 XVI. Fraxinus cxcdsior 329 XVII. Ulmus moniana 331 XVIII. Populus alba 333 XIX. Quercus robur 335 XX. Robinia pseudacacia 337 XXI. Fagus silvaiica 339 Versuche mit Blättern 340 Besprechung der Resultate 342 Heft 3; ausgegeben im Juli 1907. Dr. Charlotte Teruetz. Über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. Mit 6 Textfiguren 353 I. Einleitung 353 II. Die Isolierung und Reinkultur der Pyknidenpilze 354 III. Systematische Stellung und Diagnostizienmg der Pyknidenpilze . 361 IV. Kulturen in stickstof freien Nährlösungen 36S 1. Kulturmethoden 368 2. Wachstums- und Fruktifikationsbediugungen 371 3. Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes 378 A. Die Schimmelpilze 381 B. Die Phoma-Arten .... 385 C. Zusammenfassung 395 V. Analytische Belege 396 1. Die chemischen Methoden 396 2. Zahlenbelege . 403 Literatur- Verzeichnis 408 H. Schroeder. Über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Asper- gillus niger nebst Bemerkungen über die Mechanik der Blausäure -Wirkung. Mit 2 Textfiguren 409 Methodik 411 a) Allgemeines 411 b) Bestimmung des Sauerstoffkonsunis 414 c) Bestimmung der Kohlensäureproduktion 419 Besprechung der Versuche 424 A. Sauerstoff konsum 425 B. Kohlensäureproduktion 429 Die Mechanik der Blausäure- bezw. Cyankalium Vergiftung . . . 445 Zusammenfassung 456 Tabellen 458 I. Sauerstoffkonsum 458 Die Cyankaliumversuche 461 II. Kohlensäureproduktion 477 Versuche mit Äther 480 Ednard Strasburg-er. Über die Individualität der Chromosomen und die Pfropf- hybriden-Frage, Mit Tafel V bis VII und 1 Textfigur 482 Figuren-Erklärung 553 Inhalt. VII Heft 4; ausgegeben im September 1907. Seite M. Nordhauseil. Über Richtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß äußerer und innerer Faktoren 557 I. Der Ersatz der Hauptwurzel durch die Seitenwurzeln 557 1. Die Abhängigkeit der Ersatzreaktion von der Beschaffenheit der "Wurzel und Grüße des entfernten Spitzeuteiles 558 2. Das geo- und autotropische Verhalten der Ersatzwurzeln .... 565 3. Von den Ursachen der Regeneration ... 569 II. Die Orientierung der Nebenwurzeln unter dem Einfluß mangelhafter Wasserversorgung 585 III. Über traumatropische Krümmungen der Seitenwurzeln als Folge von Verletzungen der Hauptwurzel 594 IV. Zur Erklärung des von Noll beschriebenen Einflusses von Wurzel- krümmungen auf Wachstum und Orientierung der Seitenwurzeln . . . 606 1. Die Wirkung und Bedeutung seitlicher Wunden 607 2. Transpirationsversuche 615 3. Über einige weitere Beobachtungen 620 4. Die Bedeutung der Spannungsverliältnisse der Gewebe 622 5. Zweigbildung und Krümmung der Hauptachse an nicht gewebebildenden Organismen 628 V. Zusammenfassung 630 Literatur -Verzeichnis 632 Haus Kniep. Beiträge zur Keimungs- Physiologie und -Biologie von Fucus. Mit 12 Textfiguren 635 I. Einleitung 635 II. Der Einfluß des Salzgehalts auf die Befruchtung und Keimung . . . 638 III. Die Wirkung der Temperatur 679 IV. Die Wirkung des Lichtes 683 V. Chemische Einflüsse 719 Verzeichnis der Tafeln. Tafel I u. II. Die Rhizoidenzone granitbewohnender Flechten. E. Bach wann. Tafel III. Über Restitutionserscheinungen an Blättern von Gesneriaceen. 'Wilhelm F i g d 0 r. Tafel IV. Zur Kenntnis der Entwicklungs-Physiologie von Marchaniia polymorpha L. Alfred Dachnowski. Tafel V — VII. Über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybri den -Frage. Eduard Strasburger. Alphabetisch nach den Namen der Verfasser geordnetes Inhaltsverzeichnis. Seite H. Bach. Üter die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktions- zeit von verschiedenen Außenbedingungen. Mit 1 Figur und 4 Kurven im Text 57 E. Bachmann. Die Ehizoidenzone granitbewohnender Flechten Mit Tafel I u. II 1 C. Correns. Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blütenpflanzen und ihrer Beeinflußbarkeit. Mit 4 Textfiguren 124 Alfred Dachnowski. Zur Kenntnis der Entwicklungs-Physiologie von Marchantia polymorpha L. Mit Tafel IV und 4 Textfiguren 254 Wilhelm Flgdor. Über Restitutionserscheinungen an Blättern von Gesneriaceen. Mit Tafel III und 3 Textfiguren 41 Hans Fitting'. Die Leitung tropistischer Reize in parallelotropen Pflanzenteilen. Mit 26 Textfiguren 177 Hans Kniep. Beiträge zur Keimungs - Physiologie und - Biologie von Fucus. Mit 12 Textfiguren 635 M. Nordhausen. Über Richtung und "Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß äußerer und innerer Faktoren 557 H. Schroeder, Über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Asper- gillus niger nebst Bemerkungen über die Mechanik der Blausäure -Wirkung. Mit 2 Textfiguren 409 Eduard Strasburgrer, Über die Individualität der Chromosomen und die Pfropf- hybriden-Frage. Mit Tafel V bis VII und 1 Textfigur 482 Dr. Charlotte Teruetz, Über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. Mit 6 Textfiguren 353 A. Ursprung. Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen . . 287 Die Rhizoidenzone granitbewohnender Flechten. Von E. Bachmann. Mit Tafel I und IL So leicht es war, die Beziehungen der Kalkflechten zu ihrem Substrat zu ermitteln, auf so große, ja wie es anfangs schien, fast unüberwindliche Schwierigkeiten stieß die Erforschung derselben Beziehungen bei den Kieselflechten. Die Undurchsichtigkeit der meisten Silikate ließ von einer mikroskopischen Untersuchung nicht mehr erhoffen, als die makroskopische ergeben hatte. Tatsächlich lieferten mit vieler Mühe und großem Zeitaufwand hergestellte Dünnschliffe durch flechtenbewachsenen Diabas kein brauchbares Resultat. Das größte Hindernis, der Sache auf den Grund zu kommen, ist aber die Unlöslichkeit des Quarzes und der Silikate in allen Lösungsmitteln. Zwar ist Flußsäure schon von Winter^) zu diesem Zwecke verwendet worden, aber wie mir scheinen will, mit geringem Erfolg. Denn die einzige von ihm festgestellte Tat- sache ist, daß die auf Granit häufig wohnende Sarcogyna priv/y)ia Ach. ziemlich dicke Hyphenbündel in die feinen Spalten des Gesteins hinabsendet. Und so fest seien diese stielartigen Hyphenvereini- gungen mit dem Gestein verwachsen, daß nicht durch mechanische Mittel, sondern nur durch die auflösende Kraft des Fluorwasserstoffs die Mycelstränge vom Gestein befreit werden könnten. Aus dieser Beschreibung, mehr noch aus der beigegebenen Abbildung geht nur zu klar hervor, daß Winter alle Feinheiten und Einzelheiten des Rhizoidenteiles der untersuchten Flechte entgangen sind, daß er nicht einmal die Frage gelöst hat, ob die Hy]Dhen bloß auf bereits vorhandenen Haarspalten oder durch chemische Auflösung der kieselsäureführenden Mineralien auf selbstgebahnten Wegen ins Gesteinsinnere zu dringen vermögen. 1) Winter, Zur Anatomie einiger Krustenflechteu. Flora 1875, S. 182. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 1 2 E. Bachmann, Nicht viel mehr kann man der Beobachtung entnehmen, die an Glasflechten ^) gemacht worden ist, daß nach ihrer Trennung vom Glase in diesem eine Menge kleiner, ziemlich tiefer, mehr oder weniger halbkugelförmiger Vertiefungen, die durch die rhizoidalen Hyphen in das Glas hineingefressen worden sind, zurückbleiben. Eine etwaige mikroskopische Untersuchung von der Rückseite des Glases mit schwacher Vergrößerung wäre gewiß interessant, würde aber kaum zu Ergebnissen von allgemeiner Bedeutung führen, da das Untersuchungsmaterial sehr beschränkt, wahrscheinlich auch zum Teil in Privatsammlungen verborgen und darum ganz un- zugänglich ist. Will man nur den gröberen Bau der Rhizoidenzone kennen lernen, so bieten feinklastische Tonschiefer ein geeignetes Unter- suchungsmaterial, besonders wenn die Flechten, wie es häufig der Fall ist, die Schichtenköpfe der widersinnisch gelagerten Schiefer in dicker Kruste bedecken. Von hier aus senden sie nämlich in die reichlich vorhandenen feinen Spalten mehrere cm tief weißliche Mycelstränge, die bis über 1 mm breit und meist etwas weniger dick, also plattgedrückt sind. Sie verzweigen sich vielfach und bilden auch zahlreiche Anastomosen. Weit schwächere Andeutungen von solchen in die Tiefe dringenden Flechtenbestandteilen findet man auf vulkanischen Ge- steinen, besonders auf den Klüften auseinander gebrochener, schon etwas verAvitterter Granitstücke. Schwach grüne Anflüge auf solchen Flächen beweisen, daß sich sogar Gonidien dort ansiedeln. Durch Abkratzen mit einem Skalpell oder Abspülen mit einem feuchten Pinsel kann man diese Elemente auch auf das Deckglas bekommen, wobei aber leider ihr Zusammenhang sehr gestört wird. Im günstigsten Falle erhält man kleine Abschnitte, bloße Fetzen des endolithischen Flechtenteils unter das Mikroskop, die sich nicht im entferntesten mit dem vollständigen Bild der Rhizoidenzone ver- gleichen lassen, das ein entkalkter Dünnschliff durch eine Kalk- flechte liefert. So lagen die Dinge, als eines der untersuchten Granitstücke von besonderer Grobkörnigkeit in seinem Innern grüne Glimmer- blätter aufwies. Eine sofortige mikroskopische Untersuchung ließ 1) Naturwiss. Rundschau, V. Jahrg., S. 132, referiert nach Comptes rendus de Ja Sociite de Biologie, T. XI, No, 1. Die Rhizoidenzone granitbewohnender Flechten. 3 ganze Gonidienplatten, Mycelstränge und Hyphennetze erkennen, von denen der Glimmerkristall in mehreren Lagen erfüllt war. Damit war ein Fingerzeig gegeben, von wo aus die Lösung des Problems in Angriff zu nehmen sei: von der mikroskopischen Untersuchung der Glimmerkristalle flechtenbewohnter Granitstücke. Es eignen sich dazu sowohl Lesesteine, wie sie an den Rändern aller Felder in Granitgegenden aufgehäuft liegen, als auch vom Fels frisch abgeschlagene Stücke. Grobkörniger Granit liefert bessere Aufschlüsse als feinkörniger, weißer Glimmer ist dem braunen Magnesia- und Eisenglimmer weit vorzuziehen. — Der Glimmerkristall kann senkrecht zur Gesteinsoberfläche und zugleich zur Ausbreitung des Thallus gerichtet sein oder ihr parallel laufen und an der Oberfläche liegen oder endlich eine Zwischenstellung ein- nehmen. Im ersten und dritten Falle breitet sich die Flechte auf den Kristallrändern, sozusagen auf den „Schichtenköpfen", im zweiten Fall auf der „Schichtungsfläche" des Glimmerkristalls aus. Mit Leichtigkeit läßt sich konstatieren, daß es den Flechtenkompo- nenten weit schwerer gelingt, auf den glatten GHmmerflächen Fuß zu fassen, als auf den fein gerieften Außenrändern der Kristalle. Deshalb findet man nicht selten inmitten eines ausgebreiteten Flechtenthallus einzelne noch gar nicht oder nur teilweise vom Rand her überwachsene glänzende Kristallflächen. Sie sind zur mikroskopischen Untersuchung besonders geeignet und müssen zu diesem Zweck mit dem Skalpell sorgfältig Blatt für Blatt abgehoben werden. Meistens werden sich diese Blätter noch weiter spalten lassen zu möglichst dünnen Lamellen, die serienweise auf dem Deck- glase anzuordnen sind und dann in der Reihenfolge ihrer ehe- maligen Aneinanderlagerung untersucht werden müssen, wenn man feststellen will, in welchem Grade der Kristall von Flechtenbestand- teilen befallen ist. — Die senkrecht gelagerten, thallusbedeckten GHmmerkristalle kann man nur durch Zerschlagen des Granits zu- gänglich machen, um sie dann wie oben angegeben zu behandeln. Jene waren ohne Ausnahme mit Hyphen und meist auch mit Gonidien erfüllt, diese erwiesen sich oft vom Rhizoidenteil der Flechte befallen, um so weniger, je feinkörniger und fester oder frischer der Granit war. In grobkörnigen und durch Verwitterung schon etwas gelockerten Graniten waren auch diese Kristalle nicht selten bis zu einer gewissen Tiefe von Hyphen förmlich durchseucht und führten sogar Gonidien. Bei starker Durchwucheruug mit Hyphen verliert der Glimmer sein charakteristisches Aussehen und 4 E. Bachniann, wild kreideaitig weiß. Größere senkrecht zur Thallusausbreitung gelagerte Kristalle sind nur am Außenrande auf eine Breite von V4 bis Vä mm derartig verändert, während der Rest Glanz und Durchsichtigkeit beibehalten hat. Trotzdem ist auch dieser Teil, wenngleich in schwächerem Grade, schon von Hyphen durchsetzt. Die Tiefe, bis zu welcher sie in die Kristalle eindringen können, ist je nach der Flechtenart und vor allem nach der Beschaffenheit des Granits sehr verschieden. Bei L'dhoicea chlorotica (Ach.) Hepp. habe ich, um nur einige Beispiele anzuführen, 0,2 mm, bei Lecidca crustu- lata (Ach.) Kbr. bis 2 mm, bei Rhizocarjjon atroalbum Arn. 3 mm, bei Perfasaria corallina (L.) Kbr. 4 mm als höchsten Randabstand gemessen. In Kristallen, die an der Oberfläche liegen und parallel zur Thallusausbreitung gelagert sind, ist die Ausbreitung der sie bewohnenden Hyphen nur durch die Ausdehnung des Kristalls selbst beschränkt, und selbst Gonidien erfüllen sie bis zu einer Tiefe von mehreren Millimetern in solcher Menge, daß sie einen grünen Schein annehmen. In stark gelockerten Graniten kann dies auch an senkrecht gelagerten Kristallen auftreten, ein Umstand, der ja, wie oben erwähnt, überhaupt zur Entdeckung der Bewohn- ])arkeit des Glimmers durch Flechtenelemente geführt hat. Ob die Hyphen, wie die der Kalkflechten, durch Auflösung der Glimmersubstanz, also infolge eines chemischen Vorganges oder in bereits vorhandenen Spalten, diese bloß erweiternd, also auf mechanischem Wege in dieses spaltbarste aller Mineralien eindringen, ob beide Vorgänge gleichzeitig oder nacheinander stattfinden, ist auf den ersten Blick nicht leicht zu entscheiden: die Erscheinung, die bei der mikroskopischen Untersuchung eines vom Rhizoidenteil einer Flechte durchsetzten Glimmerkristalls zuerst und am meisten in die Augen fällt, ist die flächenhafte An- ordnung aller Flechtenelemente. Sie breiten sich, so scheint es zunächst, ausschließlich parallel zu den Flächen bester Spaltbarkeit aus. Dadurch drängt sich von selbst der Gedanke auf, daß die Bedingung für das Eindringen der Hyphen und Gonidien das Vor- handensein feiner Spalten im Glimmer ist, die sich nach den Ge- setzen der Kapillarität mit Wasser füllen, es lange festhalten müßten und so ein geeigneteres Feld für die Entwicklung und das Wachstum der Hyphen darböten als die Oberfläche anderer Sili- kate, die entweder keine oder nur wenig und kleine Kapillarspalten besitzen und darum das Wasser nicht solange festzuhalten imstande wären. — Hiermit scheint auch die noch in der neuesten Auflage Die Ehizoidenzone granitbewohnender Flechten. 5 von Mayers Agrikulturchemie') vertretene Ansicht von der Schwer- löslichkeit des Glimmers übereinzustimmen. Diese, richtiger gesagt, der Widerstand, den der Glimmer der Verwitterung entgegensetzt, und der so groß ist, daß Mayer ihn in dieser Beziehung dem Quarz an die Seite stellt, läßt vermuten, daß er den Wurzeln höherer und den Hyphen niederer Pflanzen gegenüber durch eine große Unangreifbarkeit ausgezeichnet sein wird. Dem widersprechen aber neuere Beobachtungen^) an Kulturen von Buchweizen, Senf und Flirse teils in Wasser, teils in sterilisiertem Sand, bei welchen das Kalium den Pflanzen entweder in Form von Orthoklas oder Mus- kovit geboten worden ist. Es ergab sich, daß das Kalium des Glimmers den untersuchten Pflanzen viel zugänglicher war als das des Feldspats, daß die mit Orthoklas gedüngten Pflanzen viel schlechtere Ernten ergaben, selbst bei zwölffacher Kalimenge. Unter dem Einfluß der von den Wurzeln genannter Pflanzen ab- gesonderten Säfte löste sich folglich der Glimmer ungewöhnlich schnell auf. Dieselbe Eigenschaft, glimmerlösende Stoffe auszuscheiden, muß auch den Hyphen der Kieselflechten zukommen; dafür sprechen folgende Tatsachen: Wenn bei der Spaltung eines Glimmerblattes ein Teil der Hyphen an dem einen Blättchen hängen bleibt, der andere mit dem gegenüberliegenden Blättchen abgerissen wird, bleibt auf jedem eine Atzspur des abgerissenen Teils zurück, die oft so deutlich ist, daß man Zelle für Zelle, wie von einem Abdruck herrührend, erkennen kann. Am schönsten zeigen das infolge der scharfen Ausprägung ihrer Zellen die torulösen Hyphen des Proto- thallus, manchmal auch das Paraplektenchym und strangartige Ge- webe. — Wie fest die abgerissenen Hyphen mit dem Glimmer verwachsen gewesen sind, kann man an den rauhen, zackigen Um- rissen der Abrißstellen sehen; denn beim Herausreißen der Hyphen aus der Glimmersubstanz bleiben kleine Körnchen und manchmal sogar muschelartige Teilchen des Glimmers an ihnen haften. Selbst zarte Hyphen ohne deutliche Zellengliederung lassen bei dieser Prozedur als ehemaliges Einlagerungsbett eine manchmal verzweigte Rinne mit fein gezähnelten Rändern zurück, die besonders bei seitlich verschobener Diaphragmascheibe d. h. unter schief ein- fallenden Lichtstrahlen deutlich hervortritt. — Paraplektenchyma- ^ • 1) Mayer, Agrikulturchemie, Bd. 2, S. 26. 2) Tagebuch der XI. Vers. russ. Naturf. u. Ärzte, nach Naturw. \\'ochenschrift, N. F., Bd. II, Nr. 10. g E. Bachmann, tische Zellgruppen sind oft durch größere oder kleinere Lücken voneinander getrennt, welche durch einzelne Verbindungshyphen überbrückt werden (Taf. I, Fig. 17). Verfolgt man den Verlauf einer solchen, so bemerkt man, wie ihr Bild um so unschärfer wird, je näher man beim Verschieben des Präparats ihrem anderen Ende kommt, und daß durch Senkung oder Hebung des Tubus um einen gewissen Betrag, der an dem Knopf der Mikrometerschraube leicht abgelesen werden kann, das Bild wieder scharf wird. In diesem Falle liegt die zweite Paraplektenchymgruppe höher oder tiefer, also überhaupt auf einem anderen Blätterdurchgang des Glimmer- kristalls als die erste und die Verbindungshyphen müssen quer, richtiger gesagt, unter spitzem Winkel zur Richtung bester Spalt- barkeit durch den Glimmer hindurchgewachsen sein, was nur möglich ist, wenn er chemisch aufgelöst worden ist. — Endlich zeigt die mikroskopische Betrachtung einschichtiger Gewebeteile, seien es Einzelhyphen oder Verbindungen derselben zu netzförmigen Proso- plektenchym- oder zu Paraplektenchym- Gruppen nie lufterfüllte Lücken, wie sie doch zwischen ihnen auftreten müßten, wenn sie bloße Spaltausfüllungen, Eindringlinge in von vornherein vorhandene Spalten der Glimmerkristalle wären. Tatsächlich treten zahlreiche Luftbläschen in den Lücken der Gewebeteile auf, aber nur als Folge eines nachträglichen Dickenwachstums derselben, und das führt zur zweiten, zur mechanischen Einwirkung der Hyphen auf den Glimmer. Da, wo dieser kreideartiges Aussehen angenommen, Glanz und Durchsichtigkeit verloren hat, ist durch Vermehrung der Hyphen die ursprünglich einschichtige Lage derselben zu einer mehr- schichtigen geworden. Infolgedessen sind die Glimmerblättchen, dem Druck der Hyphen rechtwinklig zur Richtung bester Spaltbar- keit nachgebend, auseinander gedrängt worden, so daß sie nach dem Rand hin schwach divergieren. In diesem mechanisch erweiterten Raum können sich nun die Hyphen noch besser entfalten und ge- stalten sich allmählich aus einem mehrschichtig -netzförmigen zu einem immer dichter werdenden filzartigen Prosoplektenchym um, das besonders in der Jugend voller Lücken, im ausgetrockneten Zustand voller Luftbläschen ist. In einiger Entfernung vom Rande geht dieser Hyphenfilz meist wieder in die einschichtige Netzform über, deren Fäden sich chemisch in den GKmmer eingefressen haben, wo also der Raum vollständig erfüllt ist, entweder mit Ghmmer oder mit Hyphe, wo er keine kleinste Lücke aufweist, Die Ehizoidenzoiie granitbewohnencier Flechten. 7 WO also auch Luftbläschen nicht bemerkt werden können. — Na- türlich kann der mechanische Spaltungsvorgang auch den ganzen Kristall ergreifen, der dann in seiner ganzen Ausdehnung kreide- artig aussieht, ohne aber von selbst in die einzelnen Blättchen zu zerfallen, weil sie durch den zwischen ihnen befindlichen und mit ihnen fest verwachsenen Hyphenfilz zusammengehalten werden. Die tonartige Schicht unter dem Thallus von Perfusaria coraIHna Khr. bot am häufigsten Gelegenheit, derartige, gänzlich zersetzte Kristalle zu untersuchen. ■ — Schließlich darf eine Erscheinung nicht un- erwähnt bleiben, die einige Mal beim Spalten von Kristallen mit kreideartigem Rande beobachtet worden ist: in den Lücken des mehrschichtigen netzförmigen oder filzartigen Prosoplektenchyms lagen kleine Kristallsplitter. Da nun Ghmmer, das elastischste aller Mineralien, wohl ausgezeichnet spaltet, aber bei der Spaltung nicht bricht und splittert, liegt der Gedanke nahe, die beobachteten Splitter seien durch das Wachstum der Hyphen entstandene Glimmerausschnitte, ehemalige Lückenausfüllungen des Hyphenfilzes. Nach alledem erfolgt das Eindringen der Hyphen in den Glimmer anfangs auf chemischem Wege durch Auflösung der Glimmersubstanz, kann aber unter günstigen Umständen zuletzt zu einer mechanischen Trennung der Glimmerlamellen führen, die sich entweder über den ganzen Kristall erstreckt, wie bei Perfusaria corallina Khr. oder einseitig ist, so daß er aufgeblättert wird wie ein Buch, dessen Schalen man ein wenig voneinander entfernt. Ober- flächlich gelegene Kristalle sind zuweilen so stark von Flechten- bestandteilen durchwachsen, daß diese buch- oder fächerartige Aul- blätterung schon mit Lupenvergrößerung deutlich zu erkennen ist. In senkrecht gelagerten Kristallen, wenn sie einem kleinkörnigen und frischen Granit angehören, unterbleibt die mechanische Trennung oft gänzlich oder sie ergreift nur einen schmalen Randabschnitt, wenn der Granit grobkörnig und womöglich schon etwas gelockert ist. In jenem Falle muß sie unterbleiben wegen des Gegendrucks der anderen Gesteinsbestandteile, in diesem findet sie bis zu ge- wissem Grade und nur da statt, wo dieser Gegendruck etwas nach- gelassen hat, nämlich nahe der Oberfläche. Darum sind auch ober- flächlich und parallel zur Thallusausbreitung gelagerte, durch keinerlei Druck beengte Kristalle am reichlichsten mit allerlei Flechtenbestandteilen durchwuchert. Daß die Hyphen den Ghmmer in verschiedenen Richtungen, auch schiefwinklig zur Richtung bester Spaltbarkeit durchdringen g E. Baehinann, können, habe ich schon erwähnt; Beobachtungen, wie die oben mitgeteilte, beweisen dies. Größte Vorsicht in der Deutung aber muß man walten lassen, wenn dem Glimmer fremde, entweder farb- lose oder braun gefärbte Kristallnadeln eingebettet sind, welche in Farbe und Dicke den Protothallushyphen oft täuschend ähnlich aussehen und ihn in allen mögUchen Richtungen durchdringen können. In einem Präparat von Buellia adhalea (Ach.) waren bei 220facher Vergrößerung in dem Gesichtsfelde über 30 solcher Nädelchen mit einem Blick zu übersehen. Eins von ihnen lief 51 fx horizontal auf der Oberfläche des Kristallblättchens hin; die meisten andern schief von der oberen nach der unteren Spaltungsfläche verlaufenden Nadeln erschienen 5 — 30 i^i lang, einige aber auch genau punktförmig, wenigstens bei höchster Einstellung des Tubus. Mit allmählicher Senkung des letzteren verlängerte sich der Punkt ein wenig nach der Seite, um bei tiefster Einstellung (0,03 Um- drehungen der Mikrometerschraube) wieder genau punktförmige Gestalt anzunehmen. Hier lag also eine Nadel vor, von der das Kristallblättchen fast genau in der Achse des Linsensystems durch- setzt worden war. Die mineralische Natur dieser Hyphen vor- täuschenden Nadeln war durch Glühen auf einem Platinblech oder durch vorsichtiges Erwärmen in konzentrierter Schwefelsäure, wobei sie sich in keiner Weise veränderten, nachzuweisen; Hyphen hätten sich bei gleicher Behandlung infolge von Verkohlung der organischen Substanz schwärzen müssen. Daß sich die Hyphen trotz ihres Vermögens, den Glimmer in allen Richtungen zu durchwachsen, trotzdem vorwiegend in Rich- tung der Blätterdurchgänge ausbreiten, wird am einfachsten aus der Annahme erklärt, daß die Richtung geringster Kohäsion mit der geringster chemischer Anziehung zusammenfällt. Beim Glimmer steht diese Richtung senkrecht zum basischen Pinakoid; in ihr erfolgt sowohl die mechanische, als auch die chemische Trennung der kleinsten Teilchen am leichtesten. Darum dringt im ersten Fall die Schneide des Messers, im zweiten die von den Hyphen abgesonderte lösende Flüssigkeit am leichtesten parallel zum basi- schen Pinakoid in den Kristall ein. — Dem könnte entgegengehalten werden, daß auch der Kalkspat leicht spaltbar ist, also auch in ihm eine Bevorzugung der Spaltungsrichtungen seitens der ein- dringenden Hyphen wahrnehmbar sein müßte. Aber erstens ist die Spaltbarkeit des Kalks wesentlich geringer als die des Glimmers und, was die Hauptsache ist, die Löslichkeit des Calciumkarbonats Die Rhizoidenzone granitbewohnender Flechten. 9 viel größer als die des Silikats. Zweitens hat der Kalkspatkristall drei Richtungen geringster Kohäsion und bester Spaltbarkeit, die sich unter Winkeln von 107*^ schneiden, auf denen also auch die Hyphenausbreitung gleich gut vor sich gehen müßte. Drittens hat man bisher nur kristallinischen Kalk untersucht, d. h. Vereinigungen von vielen verkrüppelten Kristallen, die nach den verschiedensten Richtungen aneinander gelagert sind. Die Spaltungsrichtung be- nachbarter Kristalle stimmt wohl in den seltensten Fällen überein, die Hyphen müßten also, wenn sie sich nur parallel zu jenen aus- breiten wollten, die Richtung fortwährend ändern. Trotzdem ist es nicht ausgeschlossen, daß in größeren Kristallen eine solche Be- vorzugung der drei Spaltungsrichtungen stattfindet; wenigstens könnte man das aus dem Bilde ^), das drei von Verrucaria calciseda DC. durchwachsene Kristalle darstellt, herauslesen; besonders in dem größten Kristalle sind die den eingezeichneten Blätterdurchgängen parallel gehende und die einen Winkel von ungefähr 107*^ mit ihr bildende die beiden häufigsten. Von den Kalkflechten unterscheiden sich die Kieselflechten hauptsächlich dadurch, daß nur ihr Rhizoidenteil in den Stein ver- senkt ist. Allerdings fülirt der Glimmer fast aller untersuchten Granitflechten am Rande auch Gonidien, manchmal sogar in großer Menge und bis in beträchtliche Tiefe. Aber während bei den heteromeren Kalkflechten mit dem ganzen Thallus auch die Gonidien als gesonderte und wohl charakterisierte Schicht in dem Kalk aus- gebreitet sind, bilden die endolithischen Gonidien der Granitflechten nur ein kleines und zufäUiges, von der Beschafi"enheit des Granits abhängiges Anhängsel der epilithischen Gonidienzone. Nur in einem Falle (bei Acarospora cliscreta Th. Fr.) ist ein direkter Zu- sammenhang beider nachgewiesen worden; bei den meisten anderen Flechten scheinen beiderlei Algenzonen völlig unabhängig von- einander zu vegetieren. Demnach muß man sich vorstellen , daß die Besiedelung der Glimmerkristalle mit Algenzellen von den Randhyphen des Protothallus aus erfolgt, indem diese, bei ihrer Ausbreitung auf dem Granit an dem Rand eines solchen Kristalls angelangt, in sein Inneres dringen und dabei Gonidien mitnehmen. Einzelhyphen, wie eine bei Leeidca cvustulata Kbr. beschrieben und abgebildet worden ist (Taf. I, Fig. 15), bei der fünf Algenkugeln reihen- 1) Bachmann, Beziehungen der Kalkflechten zu ihrem Substrat. Ber. d. Dtsch. Bot. Gesellsch., Bd. VIII, Taf. IX, Fig. 3. 2Q E. Bachmann, weise hintereinander beerenartig angeheftet sind, die größten rand- wärts, die kleineren glimmereinwärts, zeigen das besonders deutlich. Ob kugelförmige Gonidien selbständig, d. h. unabhängig von Hyphen und anders als auf Spalten, eindringen können, ist nicht sicher. Fadenförmige sind dazu imstande, wie die Glimmerkristalle des mit Lühoicea cMorotlca Hepp. bewachsenen, beständig von Wasser überrieselten Granits beweisen. Auch bewegUche Algen, wie Diatomeen, haben diese Fähigkeit und bewohnen Glimimerkristalle feuchter Granitwände in mehreren Spezies oft zu Hunderten und vermehren sich anscheinend sogar innerhalb derselben. — Zuweilen leben Algen aus verschiedenen Abteilungen des Systems dicht bei- sammen in demselben Kristall; am auffallendsten ist dies bei der schon oben erwähnten Llthoicea chlorotica, einer Wasserflechte. In den von ihr überzogenen Glimmerkristallen treten kugel- und fadenförmige, verzweigte und einfache freudig- und blaugrüne Algen auf, alle außer Berührung mit den Flechtenhyphen und allesamt anderen Arten und Gattungen augehörig als die im Thallus be- findliche flechtenbildende Gonidie. — Bei allen anderen Flechten sind die mit den Thallusgonidien gleichartigen glimmerbewohnenden Algenzellen einzeln oder gruppenweise zarten Hyphen angeheftet oder werden von ihnen ringartig umsponnen (V. M. Fig. 4, 7). ^) Später findet man oft mehrere bis viele dieser Gruppen zu hyphendurch- setzten und von ihnen umsponnenen Gonidienplatten (Taf. I, Fig. 16) von ziemlicher Ausdehnung verschmolzen, aber immer nur in ober- flächlich und parallel zur Thallusausbreitung gelagerten und im Außen- rande senkrecht gerichteter Kristalle. — Der die Gonidiengruppen umspinnende Hyphenring ist in der Jugend einfach (Taf. II, Fig. 13), und die Berührung zwischen ihm und den Algenzellen nicht immer sehr innig. Später besteht er aus drei bis vier konzentrisch umeinander gelagerten, den Gonidien, die sich unterdessen auch vermehrt haben, fest angepreßten Hyphenkreisen (Taf. II, Fig. 1 2). Zuletzt, wenn die Gonidienplatten mehrschichtig geworden sind, sind sie ringsum in ein unentwirrbares, filzartiges Hyphengewebe eingebettet, das in seinen peripherischen Teilen sogar braun (Acarospora fuscata Th. Fr.) oder grünlichbraun (Rhizocarpon geographictim DC.) gefärbt sein kann. Diese also sogar von einer Art Rinde umgebenen scheiben- 1) Im folgenden ist unter V. M. stets meine Vorläufige Mitteilung über die Be- ziehungen der Kieselflechten zu ihrem Substrat (Ber. d. Dtsch. Bot. Ges., XXII Heft 2) zu verstehen. Die Khizoidenzone granitbewohnender Flechten. 11 förmigen Gonidien-Hvphenkomplexe haben dann große Ähnlichkeit mit dem Querschnitt durch die feinfädigen Thallusspitzen mancher Pannariaspezies. Ihr Durchmesser beträgt bei genannter Acarospora 100 — 350 ju, bei Lecidea macrocarpa Th. Fr. 40 — 75 fj,, bei Rhizo- carpon geographicum DC. 40 — 150 in. Gonidien, die außer Kontakt mit Hyphen gefunden wurden, waren auffallend blaß gefärbt, ver- glichen mit solchen, bei denen es zu inniger Berührung zwischen beiden Flechtenkomponenten gekommen war. Die Berührung unter- bleibt, wenn die glimmerbewohnende Alge mit der thallusbildenden der Art nach nicht übereinstimmt, wie bei Buellia aethalea Th. Fr., Lifhoicea chlorotica Hepp. Sie kann aber, wie das bei Acarospora fuscata Th. Fr. und Lecidea maerocarpa DC. beobachtet worden ist, trotz dieser Übereinstimmung unterbleiben oder auf ein Mini- mum beschränkt sein; wahrscheinlich sind derartige Gonidiengruppen aus Algenkugeln entstanden, die an den Rand eines bereits mecha- nisch gespaltenen Glimmerkristalls angeflogen waren und in der wasserhaltenden Kapillarspalte, soweit sie noch nicht ganz von Hyphen erfüllt war, einen geeigneten Boden für ihr Wachstum und ihre Vermehrung vorfanden. Der Rhizoidenteil der Granitflechten, zu dem die Gonidien nicht mitzurechnen sind, besteht aus dreierlei Elementen: 1. aus zarten, farblosen lauggliedrigen , meist reich verzweigten und viel- fach anastomosierten Hyphen. 2. Nicht immer, aber meistenteils sind auch noch kurzgliedrige , dickwandige, grün, braungrün oder braun gefärbte Hyphen (Y. M. Fig. 1) vorhanden, die bei einigen Flechten perlschnurartig gestaltet sind und den „Deckhyphen" der Kalkflechten äußerlich gleichen, aber nicht wie diese als Rinden- bestandteile anzusehen sind, sondern dem sogenannten Protothallus angehören. Deshalb sind sie auch bei Flechten besonders deutlich, die sich eines schwarzen Vorlagers erfreuen (Buellia aethalea Th. Fr., Lecidea crustulata Kbr. und maerocarpa Th. Fr., Rhizocarpon geographicum DC). Sie verlaufen entweder in gekröseartigen Win- dungen oder geradlinig und sind im ersten Falle zu platten Knäueln, im letzten zu radial angeordneten, wurzelartig verzweigten Strängen vereinigt. Die braunen, nicht torulösen unter diesen Hyphen gehen an ihren Enden gewöhnlich in zarte, farblose über. 3. Den letzten und auffallendsten Teil der glimmerbewohnenden Rhizoidenzone bilden die Kugelzellen, die ich, wenn man das Wort im weitesten Sinn auffaßt, bei fast allen genau untersuchten Arten nachweisen konnte. Sie fehlten gänzlich bei Pertusaria corallina Kbr., Buellia 12 E. Bachmann, acthalea (Ach.) und Caliciuin Morinnm Kbr., dessen Rhizoidenteil überhaupt sehr kümmerlich entwickelt ist. Auch bei Acarosporn fuseata Th. Fr., Lecanora hadia Ach., L. polytropa Th. Fr. habe ich sie vermißt; da ich von ihnen aber nur einen oder zwei Kristalle untersucht habe, könnten sie durch umfassendere Untersuchungen noch entdeckt werden. Lecidea erustulata Kbr., L. macrocarpa Th. Fr., Rhizocarpon geographicum DC, Eh. atroalhum Arn., Aspicilia gihhosa Kbr., Äcarospora discreta Th. Fr., Sphyridium bijssoides Th. Fr. und Lithoicea chlorotica Hepp. besitzen sie in über- raschend großer Menge. Ihr Inhalt ist in ausgewachsenem Zustand reines, mit Alkannatinktur rot werdendes Ol, bei Sphyridiimh hyssoides Th. Fr. ein eiweißartiger Stoff, der von Alkanna nicht gerötet, von Jodlösung gelb, von Millons Reagens in frisch be- reitetem Zustand rosa gefärbt wird. Ihre Verwandtschaft mit den Ölzellen der anderen Flechten geben sie aber wenigstens im Alter durch ein dem Eiweiß eingebettetes Fettkügelchen zu erkennen. Gleichviel welchen Inhalt sie führen, die Kugelzellen der Kieselflechten unterscheiden sich von denen der Kalkflechten wohl meist, wenn nicht immer durch ihre ])lattgedrückte, sphäroidartige Gestalt. Dafür si)richt die Tatsache, daß bei genauer Einstellung des Mikroskops alle Einzelheiten, wie Scheidewände und Oltröpfchen, gleich deutlich sichtbar sind, um bei Senkung oder Hebung des Tubus ebenso gleichmäßig zu verschwimmen, als ob alles in einer Ebene läge, vor allem aber folgende Beobachtung: von einem mit Lecidea crusfidata Kbr. bedeckt gewesenen Glimmerkristall wurde ein mit braun- und ziemlich dickwandigem Paraplektenchym be- decktes Glimmerblatt abgespalten. Beim Spalten blieb ein Teil des Gewebes am liegenden, der andere am hangenden Blättchen haften. Die Lücken zeigten an Stelle des Zellgewebes unregelmäßig gestaltete, aber ungefähr vier-, fünf- und sechsseitige, bräunliche Punkte, die durch farblose Zwischenlinien voneinander getrennt waren. Die bräunheben Punkte sind beim Spalten an dem Glimmer- blättchen hängengebliebene Reste der unteren schwach gewölbten Hauptwände. Stellt man nun das Mikroskop erst auf das dunkel- braune, nicht abgerissene paraplektenchymatische Zellnetz, dann auf die Abrißstelle mit den bräunlichen Punkten ein, so muß man den Tubus um 2,5 /t senken, um sie scharf zu sehen, was auf eine Höhe der Seitenwände, anders gesagt, auf eine Dicke der Zellen von 5 jti schließen läßt. Da nun der Durchmesser der Zellen in Richtung der Spaltungsfläche gemessen etwa 16 /* beträgt, würden Die Rhizoiilenzone granitbewolinender Flecliton. 13 sie in dieser Richtung ungefähr drei mal stärker ausgedehnt sein, als senkrecht dazu. Ich füge hinzu, daß zwar die meisten Zellen dieses Gewebes inhaltsleer, einige aber noch mit je einem Tropfen farblosen Fettes erfüllt waren. — Weit mehr als durch die sphäroid- artige Gestalt ihrer Olzellen unterscheiden sich die Kiesel- von den Kalkflechten dadurch, daß diese Zellen da, wo sie häufiger auf- treten, zu zusammenhängenden Platten verwachsen. Dieses olerfüllte Paraplektenchym besteht aus isodiametrischen (Taf. I, Fig. 2, 5, 6, 7; V. M. Fig. 9), seltener aus einseitig gestreckten Zellen (Taf. I, Fig. 4), von denen jede mit einem, ausnahmsweise mit mehreren Oltröpfchen gefüllt ist. Es bietet den großen Vorteil, daß es eine ungefähre Schätzung der Zahl der Zellen, die in ihm vereinigt sind, zuläßt. Diese Zählung ist mit Hilfe eines Netzmikrometers ausgeführt worden und hat z. B. bei Äcarospora discreta (Ach.) auf einem kleinen in zwei dünnere Blättchen zerlegten Glimmerblatt 12 725 Ol- zellen von durchschnittlich 9 fi Durchmesser, bei A:/j?///rtert-Pflänzchen hingegen überstand die Verletzung, nach acht Wochen waren alle Individuen zugrunde gegangen. Daß sich 1) Pischinger, a. a. 0. S. 296. 48 Wilhelm Figdor, hier nicht das gleiche Resultat wie bei Strexdocarxnis eingestellt hatte, führe ich, wenn man von der niedrigen Zahl der Versuchs- pflanzen absieht, auf die Kleinheit der Blätter zur Zeit der Operation zurück. II. Abtragung der einen Längshälfte des Assimilationsorgans. Die eine Längshälfte des Keimblattes von allen eingangs er- wähnten Sfreptocarpus- Alten, von Saintjjcndia jonantha und Mono- phyllaea wurde ohne Verletzung des Medianus sowie des Meso- resp. Hypocotyls, eventuell des Blattstieles, abgeschnitten. Natur- gemäß blieb auf diese Weise ein Teil des an der Blattbasis befind- lichen Meristems erhalten. Die Länge der operierten Cotyledonen betrug bei Streptocarpus Bexii (25 Pflanzen) durchschnittlich 8 mm, bei St. achimeniflorus (18 Pflanzen) 9 mm, bei Saintpaulia jonantha (26 Pflanzen) 7 mm und MonoplnjUaea (6 Exemplare) 4,2 mm. Bezüglich des St. caulescens (13 Pflanzen) und St. Wend- landi (12 Pflanzen) gelten die im vorhergehenden Abschnitte an- geführten Ausmaße. Bei allen Streptocarpus-Kviexi konnte man nach einer bei den verschiedenen Spezies infolge des Wundshockes verschieden langen Periode des Wachstumsstillstandes beobachten, daß der Rest des am Blattgrunde befindlichen Meristems der operierten Seite sich nahezu ebenso entwickelt hatte, wie das Meristem der intakt gebliebenen Blatthälfte selbst^) (Taf. III, Fig. 2 a — //, Fig. 3). Die Schnittwunde, welche sich mehr oder weniger gestreckt hatte, wurde auf diese Weise stets nach vorne gegen die Spitze und gleichzeitig die der Blattbasis zunächst liegenden Partien der Wundfläche am stärksten im Vergleiche zu den entfernter liegenden vom Medianus weg gegen die Seite zu gedrängt. Hier- durch erschien die ursprünglich ganz gerade Sclmittfläche wie bei den anderen Schnittführungen verheilt, gewöhnlich sichelförmig (konkav) gegen die Seite hin, welche entfernt wurde, gekrümmt (vgl. z. B. Taf. III, Fig. 2 c). Ob bei dem Zustandekommen dieser Erscheinung die Änderung der Spannungsverhältnisse im Blattgewebe infolge der Verletzung oder andere Momente eine Rolle spielen, lasse ich dahin gestellt. Niemals trat eine „echte" Regeneration oder Adventivbildung von der Wundfläche aus ein. 1) Daß man an ältereu Cotyledonen von St. Wendlandi die ganze vorhandene Blattspreite längs der Rippen entfernen kann und ein Nachwachsen der Blätter von der Basis her beobachtet, erwähnt bereits Goebel: Morpholog. u. biologische Bemerkungen. 14. Weitere Studien über Regeneration. Flora Bd. 92, 1903, S. 141. über Eestitutionserscheinuugen an Blättern von Gesneriaceen. 49 Aus dem Gesagten ersieht man, daß sich meine Beobachtungen, welche ich an den zur Gruppe der Rosulaü und UnifoUaü gehörigen Streptocarpus-Arten gemacht habe, vollkommen decken mit denen Pischingers. Hingegen war dessen Angaben zufolge ein Ver- halten, wie es der stengelbildende, vielblättrige Streptocarpus caides- cens, eine zu den phylogenetisch ältesten Formen gehörige Art^), aufwies, nicht zu erwarten. In verschiedener Weise reagierten auf die Verletzung Mono- pht/Uaea und SamtpauUa. Von ersterer ging die eine Hälfte der Versuchspflanzen zugrunde, während bei der anderen das Assi- milationsgewebe von der Blattrippe aus der ganzen Länge nach nachwuchs, so daß die ursprüngliche Schnittfläche nicht gesetz- mäßig gekrümmt, nach außen gewendet, einen Teil des neuen Blattrandes bildete (Taf. III, Fig. 4 a, h, c). Nach einiger Zeit (11 Wochen nach der Operation) gingen jedoch auch diese Pfläriz- chen ein. Bei der Saintpaidia hingegen war nirgends eine Spur von Nachwachsen der weggeschnittenen Keimblatthälfte zu beobachten. Vielleicht kam dies daher, weil die Cotyledonen zur Zeit der Am- putation nahezu ihre endgültige Größe erreicht hatten. Die an St. cmdescens gemachten Beobachtungen veranlaßten mich, bei dieser Pflanze-) sowie bei SaintiKiulia normale Hochblätter ebenso zu beschneiden, wie ich dies an den Cotyledonen ausgeführt hatte, wobei naturgemäß der Blattstiel geschont wurde. Bei 21 Exemplaren des St. caulescens wurde das eine Blatt des zweiten nach den Cotyledonen zur Entwicklung gelangten Blattpaares in angegebener Weise am 26. Mai operiert. Die Blätter waren ca. 3 — 6 mm, der Blattstiel 1 — 1,5 mm lang, also bei weitem nicht ausgewachsen. Am 30. Juni konnte man sehen, daß bei 3 Individuen die Wundfläche sich nur in die Länge (bis zu 9 mm ungefähr) ge- streckt hatte, ebenso wie bei den 18 anderen Pflänzchen; außerdem hatten sich bei den letzteren die meristematischen Zellen des ver- letzten Blattgrundes entwickelt, und die Gestalt dieses kam ganz wie im normalen Zustande zum Ausdruck. Manchmal erschien der Rand stark nach abwärts gekrümmt. Das Längsausmaß der Blätter (von der Basis bis zur Spitze gemessen) betrug zu dieser Zeit ca. 15 mm, so daß ungefähr 6 — 8 mm auf der operierten Seite nachgewachsen waren. Die Gestaltung und Verteilung der Schnitt- 1) Vgl. S. 45 dieser Arbeit. 2) Wegen der Pflanzen, welche zu diesen Versuchen verwendet wurden, vgl. Anm. 1 auf S. 45 dieser Arbeit. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 4 50 Wilhelm Fis^dor, fläche war ganz ähnlich der der ebenso operierten Cotyledonen. Merkwürdiger Weise traten in 3 Fällen junge Adventivbildungen auf der unteren Seite der Mittelrippe auf, wahrscheinlich infolge einer Verletzung dieser, während an normalen Blättern solche niemals zu beobachten waren. Von 12 Saintpaulia-'PMnzchen, bei welchen das eine des auf die Cotyledonen folgenden Blattpaares verletzt wurde, zeigte nur die Hälfte der Exemplare die gleiche Er- scheinung, jedoch nicht in derselben Deutlichkeit wie St. caulescens. Bei den 6 anderen Individuen fand gar kein Nachwachsen vom Blattgrunde her statt. Meiner Überzeugung nach werden auch zu anderen Familien gehörige Pflanzen, deren Blätter ein ausgesprochen basales Wachstum zeigen und verletzt werden, ganz ähnliche Ver- hältnisse aufweisen. Wie die Blätter von solchen Gewächsen, welche bei uns all- jährlich das Laub abwerfen, gegenüber dem gänzlichen Entfernen der «einen Blatthälfte (ohne Verletzung der Mittelrippe und des Blattstiels) reagieren, war von vornherein nicht zu beantworten, und leitete ich deshalb folgenden Vorversuch ein: Es wurden 11 junge, noch nicht ausgewachsene Blätter je einer Seitenachse von drei Acer platanoides-'Bsiumchen in eben erwähnter Weise verletzt. Die Länge und Breite der Blätter (in cm angegeben) ist zur Zeit der Operation (7. IV.) und bei Abschluß des Versuches (26. IV.) aus folgender Tabelle zu ersehen: Acer platanoides. 7. IV. 26. IV. Länge der Blätter in cm Größte Breite der Blatthälften in cm . Länge der Blätter in cm Größte Breite der Blatthälften in cm . 3,9 2,8 6.2 4,7 2,6 5,5 3,9 6,6 4,5 10,8 7 3,7 2,1 6,9 4,4 4,5 2,9 5,9 4,1 4,7 5,6 5,5 2,8 6,5 3,4 4,5 3,1 ■5,9 4,1 1,5 0,9 3,6 2,0 3,2 1,8 4,5 2,8 3,3. 1,9 5,4 3,3 Sämtliche Blätter überstanden also eine derartige tief ein- greifende Verletzung und zeigten außerdem (mit einer Ausnahme) ein ausgiebiges Längen- und Breitenwachstum; in manchen Fällen wiesen die Schnittflächen auch eine konkave Krümmung auf, wie ich sie für die Oesneriaceen beschrieben habe, jedoch war keine durchgreifende Übereinstimmung zu erkennen. Am 5. Juli hafteten die operierten Blätter ebenso fest wie die normalen an den Achsen ; über Restitiitionserscheinungeii an Blättern von Gesneriaceen. 51 eine Beschleunigung des Laubfalles^), eventuell hervorgerufen durch Verletzung der Assimilationsorgane, konnte nicht konstatiert werden. Über die Wachstumsverhältnisse verletzter Blätter gedenke ich noch an anderer Stelle zu berichten. IIL Spaltung des Assimilationsorgans. Die Mittelrippe des größeren Keimblattes von Sf. Wendlandi und Monoplwjllaea Horsfieldn wurde von der Blattspitze bis zur Stelle des Übergangs der Blattlamina in das Meso- resp. Hypocotyl möglichst median gespalten, so daß annähernd zwei gleich große Hälften entstanden. Junge Pflänzchen , deren Keimblätter ca. 4 — 5 mm lang waren und zu derartigen Versuchen in großer Zahl verwendet wurden, vertrugen niemals eine solche schwere Ver- letzung, sondern gingen stets nach verhältnismäßig kurzer Zeit zu- grunde. Später kam ich auf den Gedanken, größer gewordene Assimilationsorgane von Streptocarpus , bei w^elchen das in Einzahl vorhandene Keimblatt durchschnittlich (11 Pflanzen) eine Länge von 12,72 cm erreicht hatte ^), zu operieren (am 25. November 1905). Nicht zu vermeiden war dabei, daß der Schnitt manchmal auch in das Mcsocotyl einige Millimeter (2 — 4) hinabreichte. Ein scharfer Übergang von der Blattrippe in die Achse ist übrigens niemals zu erkennen. Bereits nach ungefähr zwei Monaten konnte man bemerken, daß sich die Versuchspflanzen verschieden verhielten. Bei sechs Individuen stellte sich eine ganz normale Verheilung der entzwei- geschnittenen Blattrippen mittels eines Wundperiderms ein, und in einigen Fällen waren an den Wundflächen in der Gegend des Meso- cotyls junge Adventivbildungen (in Ein- oder Mehrzahl bis zu vier) aufgetreten. Am 16. März hatten an diesen die den großen Coty- ledonen entsprechenden Blattflächen eine Länge von ca. 3 — 4 cm erreicht, während die den kleineren Cotyledonen entsprechenden Blättchen, welche anfänglich den großen Keimblättern gegenüber- stehen sollten, auch hier merkwürdigerweise nirgends zur Entwick- lung gelangten^). Bei fünf anderen Versuchspflanzen hingegen konnte man den Beginn einer „echten" Regeneration (Restitution) 1) Vgl. Wiesner, Die biologische Bedeutung des Laubfalles?. Berichte der deutsch, bot. Gesellschaft Bd. 23, 1905, S. 181. 2) Es waren diese wie auch alle übrigen Individuen Sämlinge desselben Frühjahrs, 3) Vgl. Goebel, Flora, Bd. 92, 1903, S. 141. 4* 52 Wilhelm Figdor, teils an beiden S])althälften (Doppelbildungen), teils nur an einer beobachten und zwar nicht längs der ganzen Blattrippe, sondern stets allein am Blattgrunde, dort wo sich das sekundäre Meristem befindet. Die übrigen verletzten Partien des Medianus waren normal verheilt. Das Exemplar, bei welchem der Restitutionsprozeß am 21. Februar am weitesten vorgeschritten war, wurde an diesem Tage in Alkohol konserviert. Die rechte Blatthälfte war 17 cm, die linke 18 cm lang^), das Regenerat an der ersteren 1,8 cm lang und 1,9 cm breit (es wurde immer die größte Breite gemessen), das an der letzteren 3 cm lang und 1,4 cm breit. Erwähnt soll noch werden, daß in diesem Falle der Medianus durch den Schnitt an der Ober- seite bis zum Übergänge in das Mesocotyl verletzt wurde, während auf der Unterseite die letzten der Achse zunächst gelegenen 5 mm der Blattrippe unverletzt blieben. Darauf ist wohl zurückzuführen, daß die Basen der beiden Blatthälften nicht genau gleichen Schritt in ihrer Entwicklung hielten und deshalb der Blattgrund der rechten Hälfte gegenüber der linken um ca. 1 cm nach vorwärts geschoben erschien (Taf. III, Fig. 5). Ich will hier nicht den Verlauf des Wachstums bei den ein- zelnen Regeneraten besprechen, sondern nur die Dimensionen dieser bei Abbruch der Versuchsreihe am 17. Mai tabellarisch mitteilen. Versuchs- Länge der Blatthälften') Eegenerat rechts Eegenerat links pflanze Länge größte Breite Länge größte Breite I 27 4 3,4 2,3 1,0 II 30 5,3 2,5 4 1,3 III 15 nicht meßbar (die Regeneration beginnt erst) 6 3 IV') 21 7 3,7 7,0 3,8 Zu erwähnen ist noch, daß der Kontur der restituierten Blatt- hälften an manchen Stellen oft unregelmäßige Auszackungen, vor- nehmlich an den äußersten gegen die Blattspitzen zugewendeten Partien infolge des Erlöschens der Wachstumsfähigkeit der verletzten Zellen aufwies, und die Regenerate in jenen Fällen, in welchen 1) Von der Achse gegen die Blattspitze zu betrachtet. Die Blattspitzen waren hier, wie auch bei den übrigen Pflanzen abgestorben. 2) Sämtliche Ausmaße sind in cm angegeben. 3) Vgl. Taf. in, Fig. 6. Das Mesocotyl erschien am Ende des Versuches infolge nachträglichen Wachstums ungefähr 1 cm tief gespalten. Die Blattrippeji waren dort, wo sich die Eegenerate gebildet hatten, ganz normal gestaltet. Üher Restitutionserscheininigen an Blättern von Gesneriaceen. 53 beiderseits eine Restitution sich eingestellt hatte (also Doppel- bildungen zustande gekommen waren), nicht die normale, fixe Licht- lage annahmen, sondern sich in einer zum Horizont normalen Ebene ziemlich parallel zueinander entwickelt hatten. Wahrscheinlich ist diese Stellung auf den zu einer natürlichen Ausbildung mangelnden Raum zurückzuführen. Ob diese Vermutung Anspruch auf Richtig- keit machen kann, versuchte ich dadurch zu entscheiden, daß ich bei einigen (vier) Pflanzen den Medianus wie früher spaltete und die eine Blatthälfte sodann ganz abtrennte. In all diesen Fällen fand ein Ersatz der weggeschnittenen Blatthälfte statt und stellte sich das Assimilationsgewebe wie gewöhnlich dem Lichte gegenüber ein. Auch an älteren Monophyllaea -'Püanzen vermochte ich ganz ähnliche Erscheinungen zu beobachten wie bei St. Wendlandi. Bei einem Exemplare (Taf. III, Fig. 7 a, 6), dessen größerer Cotyledo ca. 4 cm lang war, wurde der Medianus wie auch das Hypocotyl am 20. Januar möglichst median gespalten und zwar letzteres selbst ca. 3 mm tief. Nach ungefähr sieben Wochen konnte man an der Basis einer jeden Blatthälfte je ein 1 cm langes Stück Blattgewebe symmetrisch gegeneinander gelagert bemerken, welches allmählich gegen die Blattspitze zu schmäler wurde. Das Regenerat der rechten Seite war ca. 0,3, das der linken 0,4 cm breit. Der äußere Kontur zeigte auch hier verschiedentliche Krümmungen und Aus- buchtungen. Die beiden Blatthälften waren stark sichelförmig gegeneinander gebogen, ebenso wie dies bei den gespaltenen Strepto- Cf^r^ius-Pflanzen zu beobachten war. Ein zweiter ca. 9 cm langer Cotyledo (Taf. III, Fig. 8 a, h) wurde auch in der Mitte entzwei- geschnitten und zwar bis ungefähr 1 cm oberhalb des Überganges von der Lamina ins Hypocotyl. Auf der linken Seite fand ein Ersatz der verloren gegangenen Spreite, vom Spalte ausgehend, in einer Länge und Breite von 1 cm statt, während auf der rechten Blatthälfte vom Rande her eine Rißbildung auftrat, welche sich bis zur Mittelrippe erstreckte und den Restitutionsvorgang beeinträch- tigte. Bei einem dritten Exemplare (Taf. III, Fig. 9) wurde die Mittelrippe und das Hypocotyl ca. 4 mm gespalten. Der rechte Ast streckte sich nahezu gar nicht und produzierte allein drei Adventiv- bildungen, während der linke eine Länge von ungefähr 2,2 cm erreichte. An der Basis des Medianus des letzteren wurde die Lamina teilweise restituiert (in der Figur durch ein X bezeichnet). Da das Blatt von der Spitze her abstarb, mußte der Versuch vor- zeitig abgebrochen werden. 54 Wilhelm Figdor, Wie man sieht, ist auch die Monophyllaea bis zu einem ge- wissen Grade befähigt, den Verlust eines Teiles des Assimilations- gewebes durch einen „echten" Regenerationsprozeß zu decken, obwohl dieser lange nicht mit derselben Regelmäßigkeit auftritt wie bei StrejJtocarpus Wendlandi. Vielleicht kommt dies auch daher, weil die Blätter infolge ihrer größeren Biegsamkeit bei letzterer Pflanze bedeutend leichter gleichmäßig zu operieren sind als bei ersterer. IV. Über die Reproduktionsfähigkeit der Blätter von Monophyllciea Horsfieldii R. Br. Anschließend an meine Beobachtungen über das Auftreten von Adventivbildungen an dem Hypocotyl von Monophyllaea'^) stellte ich mir die Aufgabe, nachzusehen, inwieweit die verschiedenen Teile der Pflanze befähigt sind, adventive Bildungen zu produzieren. Stücke des Hypocotyls mit und ohne Lamina sowie Teile der Blattflächen, an ivelchen die Mittelrippe stehen gelassen wurde, be- wurzeln sich ebenso leicht wie die Mittelrippe allein und von dieser gänzlich befreite Partien des Assimilationsorganes^). Daß an letzteren sogar ganze Pflanzen wie auch Infloreszenzen adventiv auftreten können, geht aus folgenden Aufzeichnungen hervor: Es wurden Teile der Blattfläche von Individuen, bei welchen eine Infloreszenz bereits entwickelt war, am 13. November in einem Vermehrungskasten eines "Warmhauses derart in Sand gesteckt, daß die Wundflächen gänzlich von letzterem bedeckt erschienen. Am 3. Januar erwiesen sich sämtliche Blatteile bewurzelt, jedoch nicht gleichmäßig längs der Schnittfläche, sondern insbesonders dort, wo die Seitennerven verwundet worden waren. Ebendaselbst machten sich bedeutende Kalluswucherungen bemerkbar. Die Blattstecklinge wurden sodann in mit Erde beschickte Töpfe eingesetzt. Noch im Laufe desselben Monats konnte man das Hervortreten von Adventiv- bildungen, welche die Gestalt der ganzen Pflanze nachahmten (das dem kleinen Cotyledo entsprechende Blättchen wurde auch hier nicht gebildet^)), mit jungen Infloreszenzanlagen sowie von jugend- 1) Vgl. Figdor, Fußnote auf S. 42 dieser Arbeit. 2) "Wenn die Hypocotyle sonst normaler Pflanzen etioliert waren, schnitt ich in Ermangelung anderer Exemplare die Lamina mit einem ca. 15 cm langen Stück des Hypocotyls ab und kultivierte dieselbe bei guter Beleuchtung als Steckling zur normalen Pflanze heran. 3) Vgl. Figdor, Über Regeneration bei Monophyllaea. üsterr. bot. Zeit- schrift 1903, S. 392. über Restitutionserscheinungen an Blättern von Gesneriaceen. 55 liehen Blütenständen allein (1 Exemplar) aus dem Erdboden be- merken. An manchen Exemplaren traten beide Arten von Neu- bildungen, welche stets aus dem Kallus entsprangen, nebeneinander auf (vgl. Taf. III, Fig. 10). Aller Wahrscheinlichkeit liegt hier ein weiteres Beispiel für jene bisher nicht oft beobachtete Erscheinung vor, daß Blatt- steckhnge, von blühreifen Individuen angefertigt, früher Infloreszenzen bilden als solche, welche von noch nicht ausgereiften Blättern gen:.acht werden^). Zusammenfassung. Die wesentlichsten Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung sind folgende: 1 . Werden verschieden gestaltete, an der Blattspitze gelegene Partien der eigentlichen Spreite des größeren Keimblattes von Streptocarptis caulescens , Sf. Wendlandi und MonophijUaea Hors- fieldii abgetragen, so findet im Einklänge mit den Ergebnissen Pischingers kein Ersatz der verloren gegangenen Teile von der Wundfläche aus statt. 2. Ebensowenig stellt sich bei den früher erwähnten Strepto- carpus - Arten , ferners bei Sfreptocarpus Rexii, St. achimeniflorus und Saintpaulia ionantha eine Restitution an der Schnittwunde ein, wenn die eine Längshälfte des Assimilationsorgans (des primären Keimblattes nebst dem sekundären Zuwachs) ohne Verletzung des Medianus entfernt wird. Das an der Basis der amputierten Blatt- hälfte stehen gebliebene meristematische Grewebe entwickelt sich nahezu ebenso wie das an der normalen Seite (Saintpaidia aus- genommen). Dadurch wird die Wundfläche stets nach vorne ge- schoben. Besonders auffällig erscheint dieses Verhalten der Keim- sowie Hochblätter des stengelbildenden, vielblättrigen Sfreptocarpus caulescens, welcher zu den phylogenetisch ältesten Streptocarpiis- Arten zu zählen ist. Bei Monophijllaea hingegen wächst das Assi- milationsgewebe längs der ganzen Schnittwunde nach, jedoch kommt es auch hier nicht zur vollkommenen Wiederherstellung der ur- sprünglichen Blattgestalt. 3. Zerlegt man den Assimilationsapparat von St. Wendlandi und MonophyUaea Horsfieldii derart, daß der Medianus in 1) Vgl. Klebs, Über Variationen der Blüten. Jahrbücher f. wiss. Botanik Bd. 42, X905, S. 265. 56 ^^- Figdor, Über Restitutionsersclieinungen an Blattern vou Gesneriaceen. zwei annähernd gleich große Hälften gespalten erscheint, so ergänzt sich entweder eine jede der beiden Spalthälften oder auch nur eine, jedoch nicht längs der ganzen Wunde, sondern nur dort, wo sich meristematisches Gewebe vorfindet (das ist am Blattgrunde), zu einem normalen Assimilationsorgan. Der übrige Teil der Blatt- rippe verheilt normal. In ersterem Falle entstehen typische Doppel- bildungen. Hierdurch ist der Nachweis erbracht, daß auch die Blätter höherer, phanerogamer Pflanzen einer „echten" Regeneration, Restitution, fähig sind. Wien, Biologische Versuchsanstalt, Juli 1906. Figuren-Erklärung. Fig. 1. Streptocarpus Wendlandi. Keimpflanze (1/1). Schnittführung wie bei Textfig. c. Die Blattspitzen greifen zangenförmig übereinander. Versuchsdauer 13. 5. bis 1. 7. Fig. 2 a— Ä. Streptocarpus caulescens. Teile der Achse mit dem großen und kleinen Cotyledo (l'/2/l). Die linke Hälfte des größeren Cotyledo (von der Achse gegen die Spitze zu betrachtet) wurde abgetragen. Versuchsdauer 19. 5. bis 22. 10. Fig. 3. Streptocarpus Wendlandi. Keimpflanze (1/1). Schnittführung wie bei Fig. 2. Versuchsdauer 13. 5. bis 1. 7. Fig. 4 a, b, c. Keimblätter von Monophyllaea Horsfieldii (von oben gesehen, 1/1). Schnittführung wie bei Fig. 2. Die kleinen Keimblätter wurden größer als unter nor- malen Verhältnissen. Fig. 5. Streptocarpus Wendlandi. Doppelbildung (l/l). Versuchsdauer 25. 11. bis 21. 2. Fig. 6. Streptocarpus Wendlandi. Doppelbildung (annähernd nat. Grüße, nach einer Photographie des Herrn Cerny). Fig. 7 a, b. Monophyllaea Horsfieldi. Doppelbildung (l/l), a von oben, b von unten gesehen. Fig. 8 a, b. Monophyllaea Horsfieldii. Doppelbildung (1/1), a von rechts, b von links gesehen. Fig. 9. Monophyllaea Horsfieldii. Beginn einer Restitution an der linken Blatt- hälfte (durch ein X bezeichnet, 1/1). Fig. 10. Monophyllaea Horsfieldii. Adventivbildungen (l/l) an einem vom Me- dianus befreiten Blatteile. Die Figuren der Tafel III sind mit Ausnahme der Fig. 6 von Herrn J. Fleisch - mann nach der Natur gezeichnet worden. über die Abhängigkeit der geofropischen Präsentations- und Reaktionszeit von verschiedenen Aussenbedingungen. Von H. Bach. Mit 1 Figur und 4 Kurven im Text. Einleitung. Die Entwicklung, welche die Lehre von den geotropischen Reizvorgängen in neuester Zeit genommen hat, machte eine ein- gehende Untersuchung der Abhängigkeit der geotropischen Prozesse von den äußeren Faktoren zum dringenden Bedürfnis. Deshalb stellte ich mir in meiner Arbeit die Aufgabe, wenigstens einen Teil dieses Problems, nämlich die Abhängigkeit der Präseutations- und Reaktionszeit parallelotroper Organe von einigen äußeren Faktoren, zu lösen, da durch die bisherigen Untersuchungen auf diesem Ge- biete durchaus keine genügenden, oder wie meine Arbeit zeigt, nur unzureichende Grundlagen gelegt waren. Eine gleichzeitige Prüfung der Relaxationszeit (Fitting) habe ich nicht unternommen, da ihre Prüfung bei verscliie denen der angewandten Faktoren sehr große, wenn nicht unüberwindliche Schwierigkeiten bereitet. Zudem erhält man erst durch eine vor- hergehende Prüfung der Präsentations- und Reaktionszeit bei verschiedenen Faktoren mannigfache Aufklärung über die Richtung und Art, in der die nachherige Untersuchung über die Relaxations- zeit anzustellen wäre. Aus der großen Zahl der die Präsentations- und Reaktionszeit beeinflussenden Außenbedingungen wählte ich für meine Versuche diejenigen aus, deren Untersuchung für die Beurteilung des geo- tropischen Reizvorgangs von besonderer Wichtigkeit schien. In allen meinen Untersuchungen legte ich großen Wert darauf, sie auf eine möglichst umfangreiche Zahl von Versuchen aus- 58 fl- Saci, zudehnen; denn nur durch diese statistische Methode können, wie die Erfahrung lehrt, die sehr störenden, nicht ausschaltbaren in- dividuellen Verschiedenheiten der einzelnen Versuchspflanzen der- selben Art ausgeglichen werden. Ein zweiter Grund, weshalb ich so viele Versuche anstellte, war der, daß in meinen Versuchen die Temperatur fast nie voll- ständig konstant war, vielmehr immer um einige Grade schwankte. Die zur Ausgleichung der hierdurch bedingten Verschiedenheiten (vgl. Kapitel II) nötigen Versuche fallen weg, wenn dem Experimentator ein Raum mit konstanten Temperaturen zu Gebote steht. Wie unentbehrlich ein derartiger Versuchsraum zur Aufhellung der Gesetzmäßigkeiten des geotropischen Reizvorgangs ist, davon konnte ich mich, wie aus meiner]Arbeit hervorgehen wird, genugsam überzeugen, im Gegensatz zu den Auffassungen, zu denen hauptsächlich die Arbeiten Czapeks (vgl. Kapitel II) Anlaß geben konnten. Aber es wäre verfehlt, zu glauben, daß nur für die eigentlichen Versuche ein solcher Raum mit konstanter Temperatur nötig sei, vielmehr zeigte sich im Lauf meiner Arbeit immer deutlicher, daß konstante Temperatur auch schon für die Erziehung des Ver- suchsmaterials von großem Wert, wenn nicht absolut notwendig ist. Denn nicht selten machte ich die Beobachtung, daß bei kühlem Wetter aufgewachsene Pflanzen, trotz derselben Temperatur während der Versuche, weniger gut reagierten als andere bei wärmerem Wetter erwachsene, ein Resultat, das in den am Schluß des II. Kapitels angeführten Versuchen seine Erklärung findet. Hier mag auch gleich eine Bemerkung darüber Platz finden, daß im folgenden in den verschiedenen Kapiteln für die gleiche Pflanze (Vicia Faba) vielfach verschieden große Reaktionszeiten angegeben werden. Soweit diese Verschiedenheiten nicht in der Temperatur während der Versuche selbst ihre Erklärung finden, mögen sie auch auf derartigen Temperaturunterschieden während der Kultur oder noch anderen, bisher nicht kontrollierbaren äußeren Faktoren beruhen, so vielleicht auf der Verschiedenheit der Jahres- zeit, in der die Samen zur Keimung gebracht wurden, da damit erfahrungsgemäß die verschiedene Keimkraft des Samens und in Abhängigkeit davon wohl auch Eigenschaften des Keimlings zu- sammenhängen. Für die aus den Versuchen gezogenen Schlüsse sind aber alle diese Faktoren ohne Bedeutung, da in jeder einzelnen Versuchsreihe über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentatioiis- und Keaktionszeit usw. 59 immer nur unter denselben Bedingungen erwachsene Pflanzen zur Verwendung kamen. Um die Feststellung möglichst exakter Zahlen und Gesetz- mäßigkeiten zu gewährleisten, genügt es übrigens nicht, einfach mit einer gegebenen Versuchspflanze eine große Zahl Versuche anzu- stellen; es kommt vielmehr auch noch viel darauf an, mit allen Eigentümlichkeiten der betreffenden Pflanze bezüglich ihrer Kulti- vierung und ihrer Art, zu reagieren, vertraut zu sein. Darin liegt der Grund, daß ich mich in meinen Versuchen auf ganz wenige verschiedene oder nur eine Art von Versuchspflanzen, nämlich die für geotropische Versuche aller Art besonders günstigen Keimsprosse von Vicia Faha, beschränkt habe, ein Vorgehen, das ja auf der anderen Seite eine gewisse Einseitigkeit meiner Resultate zur Folge hat. Dabei glaube ich allerdings kaum, daß bei Ausdehnung der Versuche auf eine ganze Reihe anderer Pflanzen noch prinzipiell verschiedene, neue Resultate zutage gekommen wären. Ob auch die Reinheit der Luft im Versuchsraum einen merklichen Einfluß auf die Reizvorgänge hat, darüber kann ich noch nichts Sicheres angeben. Im allgemeinen wird jedenfalls in einem ordentlich gelüfteten Versuchsraum dieser Faktor wenig in Betracht kommen. Doch ist mir zumal in einem Fall, in dem das Zimmer den ganzen Morgen über mit Gasflammen geheizt worden war, eine merkwürdige Verminderung des geotropischen Reaktions- vermögens aufgefallen, eine Erscheinung, die vielleicht auf eine Schädigung der Versuchspflanzen durch die Verbrennungsprodukte des Gases zurückzuführen ist (vgl. Richter 1906). Spezielle Ver- suche über die Einwirkung schlechter Luft auf Pflanzen habe ich begonnen, doch sind sie noch nicht zu Ende geführt. Kapitel I. Präsentationszeit verschiedener Pflanzenspezies bei 20— 30 * in optimaler Reizlage. Die erste Reihe meiner Versuche galt der Ermittlung der Präsentationszeit verschiedener Pflanzenspezies, da sichere Werte in dieser Richtung die Grundlage aller weiteren Feststellungen bilden müssen, und in der Literatur nur wenige einwandfreie Zahlen- werte zu finden sind. Und zwar mußte es darauf ankommen, die Zeit zu bestimmen, bei der die allerersten Spuren einer Krümmung als Nachwirkung mit bloßem Auge zu beobachten sind. 60 H. Bach, A. Literatur. Die liauptsächlichsten Angaben über Präsentationszeiten finden sich bei Czapek, Haberlandt und Fitting. Nach Czapek (1898, S. 184 u. 185) beträgt die Präsentationszeit für: Sporangienträger von Phycomyces nitens, Keimscheiden von Phalaris canariensis, Avena sativa, Hypokotyle von Beta vulgaris und Sinapis alba 15 Min.; Keimwurzeln von Pisum sativum, Lu- pinus albus, Zea Mays, Cucurbita Pepo, Hypokotyle von Heli- anthus annuus 20 Min.; Keimwurzeln von Vicia Faba (großsamig), 1. epikotyles Stengelglied von Phaseolus 50 Min. Haberlandts (1903, S. 488, 489 u. 493) auf abgeschnittene Inflorescenzachsen und Blütenstiele sich beziehende Angaben sind folgende : Infi. -Achsen von Capsella, Rumex acetosa, Blütenstiele von Ranunculus acer 25 Min.; Taraxacum off. Blütenstiele, Trades- cantia mittlerer Knoten eines Sprosses 30 Min.; Plantago lanceo- lata Blütenschäfte 15 Min. Dagegen finden sich bei Fitting (1905, S. 362 u. 363) Angaben über sehr viel kleinere Präsentationszeiten: Epikotyle von Vicia Faha und Pliaseolus 6 — 7 Min. ; Hypoko- tyle von Helianthus annuus 5 — 6 Min.; Sinajns a;rvensis, Sinapis alba, Lens 20 — 25 Min. B. Methodisches. Für die in Töpfen gezogenen Versuchspflauzen wurden die Samen immer 24 Stunden lang in Wasser eingeweicht und dann in Töpfe mit guter Gartenerde und zwar alle parallel zueinander ein- gesetzt. Sobald die Keimlinge den Boden durchbrochen hatten, wurden sie zwecks Ausschließung phototropischer Krümmungen auf den Teller eines am Fenster stehenden Khnostaten gestellt und dort so lange rotiert, bis sie eine für die Versuche passende Länge erreicht hatten. In meinen späteren Versuchen wurden die Versuchspflanzen nach dem Durchbrechen der Erde vielfach zunächst noch einige Zeit hinter Zylindern aus weißem Filtrierpapier gezogen, wodurch ebenfalls phototropische Krümmungen so ziemlich ausgeschlossen werden. Auch die so behandelten Keimlinge kamen aber, ehe sie zu den Versuchen benützt wurden, fast immer noch längere Zeit auf den Klinostaten. über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Keaktionszeit usw. 61 Die Graskeimlinge von Panicum und Setarid ließ ich im Dunkeln keimen, teils ihrer großen Lichtempfindlichkeit wegen, teils weil die Koleoptilen auch nur im Dunkeln die zu den Ver- suchen nötige Länge erreichen. Die Samen dieser beiden Arten wurden in zylindrische Töpfe gesät, und die Töpfe sofort nach der Aussaat mit Zylindern aus schwarzen Papier überdeckt und dann in den Dunkelkasten gestellt. Hatten die Koleoptilen die nötige Länge erreicht, so wurden die Töpfe mitsamt den darüber gestülpten Papierhülsen im Dunkeln zu den Versuchen benützt. Die große Lichtempfindlichkeit dieser Objekte war auch der Grund dafür, daß hier beim Kontrollieren des Verlaufs der Krümmung die Zahl der gekrümmten Keimlinge nicht genau fest- gestellt, da dies eine zu lange Belichtung bedingt hätte, sondern immer nur im großen ganzen abgeschätzt wurde. Was die Zubereitung der Wurzeln und der abgeschnittenen Sprosse zu den Versuchen anbetrifft, so sind darüber die Angaben in Kapitel II und VI zu vergleichen. Zur Versuchsanstellung wurden die Pflanzen teils im Kultur- zimmer selbst benützt, teils kamen sie vom Klinostaten ins Dunkel- zimmer, in dem gegenüber dem Kulturzimmer meist ziemlich höhere Temperaturen herrschten. Hier wurden die Töpfe an die hori- zontale Achse des Klinostaten gesetzt, zentriert (das Herausfallen der Erde und der Versuchspflanzen aus den Töpfen war durch einen aufgegossenen Gipsring verhindert) und die Pflanzen die ge- wünschte Zeit hindurch in horizontaler Lage exponiert. Dabei lagen die Pflanzen immer so, daß ihre Hauptnutations- ebene, sofern eine solche sich ermitteln ließ, senkrecht zur Angriffs- richtung der Schwerkraft stand. Waren zu Beginn des Versuchs an der einen oder andern Versuchspflanze schon schwache Krümmungen zu bemerken, so wurden die betreffenden Pflanzen bei der Induktion nach rechts oder links so horizontal gelegt, daß die Konkavität der Krümmung gegen den Sinn einer späteren infolge der geotropischen Induktion etwa auftretenden Krümmung gerichtet war. So konnten im Lauf der Drehung am Klinostaten sich zeigende Krümmungen sicher auf Rechnung der vorausgegangenen Induktion geschrieben werden. Nach Ablauf der gewünschten luduktionszeit wurde mit der kontinuierhchen Drehung begonnen. Der Eintritt der Nach- krümmung wurde in der kritischen Zeit, d. h. innerhalb der Zeit, 62 H. Bach, in der frühestens oder spätestens eine solche zu erwarten war, in verschieden großen Zwischenräumen (meist von 10 — 20 Min., zum Teil auch von 5 Min.) kontrolliert. In meinen ersten Versuchen wurde meist erst nach einer Zeit nachgesehen, nach der sicher eine Krümmung erwartet werden durfte. Abgebrochen wurde der Ver- such, nachdem entweder alle Versuchspflanzen sich gekrümmt hatten, oder nachdem die Zeit, innerhalb welcher man überhaupt eine Krümmung erwarten konnte, überschritten war. Wie schon oben erwähnt, war die Temperatur des Dunkel- zimmers meist ziemlich höher, als die Zimmertemperatur, in der sich die Versuchspflanzen vor den Versuchen befunden hatten, sie schwankte nämlich zwischen 20 bis wenige Grade über 30". Ich gab mir auch keine Mühe, die Temperatur im Dunkelzimmer auf Zimmertemperatur oder einer anderen höhereu Temperatur konstant zu halten, da ja nach den Angaben Czapeks (1898, S. 197) die Präsentationszeit abgesehen von den extrem niedrigen Temperaturen in hohem Grade von der Temperatur unabhängig ist. Später erst erkannte ich, daß diese Angaben unrichtig oder doch wenigstens nicht allgemein gültig sind; so finden sich in dieser Arbeit, Kapitel II, Angaben über die Abhängigkeit der Präsentations- und Reaktionszeit von der Temperatur, aus denen man sieht, wie sehr die Länge dieser beiden Zeiten sich mit der Temperatur tatsächlich ändert. Aus diesem Grunde sind die im folgenden aufgeführten Werte nur als Mittelwerte der Präsentationszeit der betreifenden Pflanzen zwischen 20 — 30'' zu betrachten. Doch genügt das auch vollkommen, da dieses Kapitel nur einen allgemeinen Überblick geben soll, innerhalb welcher Grenzen etwa die Präsentationszeit bei ver- schiedenen Pflanzen sich bewegt. Ich ermittelte die Präsentationszeit, ausgehend von Induktions- zeiten, die sicher höher als die Präsentationszeit waren, und bei denen sich alle oder fast alle Versuchspflanzen krümmten, durch Einengung, bis ich diejenige Zeit gefunden hatte, die noch genügte, um bei mehr als der Hälfte der Versuchspflanzen eine mit bloßem Auge eben noch wahrnehmbare Nachkrümmung am Klinostaten hervorzurufen. Diese Zeit nahm ich als Präsentationszeit an. Meist wurden auch noch Versuche mit Expositionen unter Präsentations- zeitdauer angestellt; sie finden sich ebenfalls in den folgenden Tabellen verzeichnet, in denen immer alle bei einer bestimmten Induktionszeit ausgeführten Versuche zusammen angegeben sind. über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit nsw. 63 Wollte man ganz exakte Versuchstabellen herstellen, so müßte natürlich bei jeder Induktionszeit die gleiche Zahl von Versuchs- pflanzen geprüft werden, da nur in diesem Fall die bei den ver- schiedenen Induktionszeiten auftretenden Verhältnisse zwischen gekrümmten und nicht gekrümmten Pflanzen mit vollem Recht mit- einander verglichen werden könnten. Doch konnte ich mir diese Mühe, die noch eine Menge weiterer Versuche verlangt hätte, er- sparen, da es mir, wie schon gesagt, nur um eine annähernde Bestimmung der Präsentationszeit zu tun war. Die Fehlergrenze der beobachteten Präsentationszeiten kann nicht allgemein angegeben werden, sie ist je nach der größeren oder kleineren geotropischen Empfindlichkeit der Versuchspflanzen kleiner oder größer. C. Versuchsresultate. a) Versuche mit iu Töpfen g-ezog-enen Versuchspflanzen. Tabelle 1. Helianthus annuus, Hj^pokotyle. Dauer der Induktionszeit ....1087 6 5 4 3 Min. Zahl der geprüften Pflanzen ... 3553738 40 11 Zahl der gekrümmten Pflanzen .. 3551931 30 8 Präsentationszeit also unter 3 Min. Was die Ursache davon ist, daß bei 6 Min. die Zahl der ge- krümmten Pflanzen der der ungekrümmten gegenüber so klein ist, kann ich nicht angeben, doch wird dieses Verhältnis ja durch das der beiden folgenden Induktionszeiten in vollauf genügendem Maße verbessert. Tabelle 2. Phaseolus muUiflorus, Epikotyle. Dauer der Induktiouszeit 17 765 43 Min. Zahl der geprüften Pflanzen 10 21 8 9 15 4 Zahl der gekrümmten Pflanzen . . . . 10 16 7 8 13 2 Präsentationszeit 3 — 4 Min. Tabelle 3. Vicia Faha equina, Epikotyle. Dauer der Induktionszeit 7 6 5 4 Min. Zahl der geprüften Pflanzen 3 102 66 8 Zahl der gekrümraten Pflanzen .... 3 72 36 2 Präsentationszeit 5 Min. Anm. In späteren Kapiteln findet sich als Präsentationszeit für Vwia Faha ein höherer Wert, nämlich 7 — 8 Min. Der hier angegebene geringere Wert von 5 Min. hängt wohl damit zusammen, daß die Temperatur des Dunkelzimmers meist ziemlich höher war, als Zimmertemperatur (vgl. das Kapitel über den Einfluß der Temperatur). 20 15 10 9 7 — 8, 6 Min, 3 6 13 5 60 37 3 6 11 3 32 19 g4 H. Bach, Tabelle 4. Cucurhita Pepo, Hy^jokotyle. Dauer der Induktionszeit . Zahl der geprüften Pflanzen . Zahl der gekrümmten Pflanzen . Präsentationszeit 6 Min. Tabelle 5. Tropaeolum, Epikotyle. Dauer der Induktionszeit 10 8 — 9 7 Min. Zahl der geprüften Pflanzen .... 104 7.5 29 Zahl der gekrümmten Pflanzen ... .52 42 9 Präsentationszeit 8 — 9 Min. Tabelle 6. Panicum sanguinale, Koleoptilen. Dauer der Induktionszeit . . 20 15 10 Min. Zahl der geprüften Pflanzen . über 40 ca. 55 ca. 30. Zahl der gekrümmten Pflanzen die Mehrzahl die Mehrzahl die Mehrz. sehr schwach. Präsentationszeit ca. 10 Min. Tabelle 7. Setaria alopecuroides, Koleoptilen. Dauer der Induktionszeit ... 20 15 12 10 9 Min. Zahl der geprüften Pflanzen . . 20 — 30 ca. 25 25 11 25 — 30 Zahl der gekrümmten Pflanzen . . so ziemlich alle 0, einige. Präsentationszeit ca. 12 Min. Tabelle 8. Lupinns albus, Hypokotyle. Dauer der Induktionszeit 30 25 20 18 15 Min. Zahl der geprüften Pflanzen 13 16 66 32 103 Zahl der gekrümmten Pflanzen . . . . 12 10 32 15 38 Präsentationszeit 20 — 25 Min. 1)) Versuche mit Keimwurzelu. Tabelle 9. Vk'ia Faha (kleinsamige Varietät), Keimwurzeln. Dauer der Induktionszeit 10 7 6 5 Min. Zahl der geprüften Pflanzen 7 17 75 45. Zahl der gekrümmten Pflanzen .... 6 15 40 20. Präsentationszeit 6 Min. Tabelle 10. Phaseolus multiflorus, Keimwurzeln, Dauer der Induktionszeit 8 7 Min. Zahl der geprüften Pflanzen 79 45 Zahl der gekrümmten Pflanzen . . . 57 22 Präsentationszeit 7 — 8 Min. Zu bemerken ist hierbei noch, daß die Versuche mit den Wurzeln in beiden Fällen im Kulturzimmer selbst angestellt wurden; die Temperatur zeigte daher vor und bei den Versuchen keine so großen Differenzen, wie in den meisten früher angeführten Versuchen. über die Abhängigkeit der geotropischen Prasentations- und Reaktionszeit usw. 65 Vergleichen wir die von mir gefundenen Präsentationszeiten mit den Angaben von Czapek und Fitting über die gleichen Pflanzen (Helianthus anniius, Phaseolus multifiorns, Vicia Faha), so stellt sich heraus, daß meine Angaben sich nahe mit denen Fittings berühren, ja noch etwas kleinere Werte aufweisen, was wohl mit den ziemlich höheren Temperaturen des Dunkelzimmers in meinen Versuchen, vielleicht auch mit den Kulturbedingungen oder anderen äußeren Faktoren zusammenhängen mag. Die von Czapek angegebenen Präsentationszeiten sind also tatsächlich viel zu hoch. In seiner neuesten Arbeit gibt Czapek (1906, S. 165) dies auch zu und glaubt den Grund dafür in dem Lichtmangel und der „von schädlichen Stoffen leider allzusehr erfüllten Luft" seines Arbeitszimmers sehen zu dürfen. c) Versuche mit abg^eschnittenen Sprossen. Auch in den Versuchen mit abgeschnittenen Sprossen fand ich ziemlich kürzere Präsentationszeiten, als Haberlandt angibt. Auch hier waren, wie bei den Versuchen mit Wurzeln, die großen Temperaturunterschiede vor und bei den Versuchen vermieden, da alle diese Versuche in den Monaten Mai, Juni und Juli angestellt wurden, in denen das gegen Nordost gelegene Dunkelzimmer nicht geheizt zu werden brauchte. Tabelle 11. Capsella, Blütensprosse mit nur wenigen oder noch gar keinen Früchtchen. Dauer der Induktionszeit ....2015 54 3 21 '/^ Min. Zahl der geprüften Pflanzen ... 12 10 46 6 28 30 5 Zahl der gekrümmten Pflanzen . . 12 10 36 4 22 21 2 Präsentationszeit unter 2 Min. Alle übrigen geprüften Infloreszenzachsen zeigen eine Prä- sentationszeit von etwa 3 Min. Tabelle 12. Sisijmhrium officinale, Blütensprosse. Dauer der Induktionszeit .... 76 5 4 3 Min. Zahl der geprüften Pflanzen . . . 10 8 42 33 10 Zahl der gekrümmten Pflanzen . . 8 5 31 25 6 Präsentationszeit ca. 3 Min. Tabelle 13. Plantago lanceolata, Blütensprosse. Dauer der Induktionszeit .... 4 3 Min. Zahl der geprüften Pflanzen . . . 28 37 Zahl der gekrümmten Pflanzen . . 17 27 Präsentationszeit ca. 3 Min. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 5 66 H. Bacli, Tabelle 14. Plantago media, Blütensprosse. Dauer der Induktionszeit .... 7, 6, 5, 4, 3 Min. Zahl der geprüften Pflanzen . . 17, 10, 34, 21, 5. Zahl der gekrümmten Pflanzen . . 15, 8, 31, 17, 3. Präsentationszeit ca. 3 Min. Anhang. Abhängigkeit der Präsentations- und Reaktionszeit von der Länge der Versuchspflanzen. Im Anschluß an dieses Kapitel sei noch eine kleine Reihe von Versuchen mit Keimpflanzen von Vicia Fciba erwähnt, die den Zweck hatte, die Abhängigkeit der Präsentations- und Reaktionszeit von der verschiedenen Länge der Versuchspflanzen zu prüfen. Es sei aber zum voraus bemerkt, daß diese Versuche nur orientierenden Wert haben, da zu abschließenden Resultaten eine weit größere Menge von Versuchen nötig wäre. Die zu den Versuchen benützten Pflanzen von Vicia Faha wurden aus den Töpfen herausgenommen, unter dem Samen die Wurzel abgeschnitten und die Wunde mit feuchter Watte umhüllt, eine Versuchsanordnung, die S. 68 näher besprochen ist. Es wurden 3 Versuchsreihen mit Keimlingen von 1. 2,3 bis 5 cm, 2. 4,5 bis 8,3 cm, 3. 5,8 bis 10,3 cm Länge angestellt. Die Resultate dieser Versuche sind in folgender Tabelle zu- sammengestellt. Tabelle 15. Vicia Faha, Keimsprosse. Temp. 19 — 21". Länge der Versiichs- pflanzen Induktions- zeit Zahl der geprüften Pflanzen Zalil der gekrümmten Pflanzen Präsentations- zeit Mittelwerte der Reaktionszeiten cm Min. Min. Min. 2,3—5 12 19 7 ( 117,8 10 62 29 ca. 10—12 8 48 19 1 4,5 — 8,3 8 15 13 7 46 34 unter 6 83,9 6 32 19 G 20 14 5,8—10,3 1 5 32 19 ! ca. 5 94 4 20 5 ' über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit usw. 67 Aus dieser Tabelle kann man schließen, daß sehr kurze Keim- linge gegenüber solchen von mittlerer und bedeutender Länge eine starke Verlängerung der Präsentations- und Reaktionszeit aufweisen (vgl. die ähnlichen Angaben Fittings, 1905, S. 365). Dagegen scheint der Unterschied zwischen mittleren und langen Keimlingen ziemlich unbedeutend zu sein. Zur genauen Feststellung dieser Unterschiede wäre aber, wie gesagt, eine viel größere Zahl von Versuchen nötig, die ich aber nicJit angestellt habe, da bei meinen in den späteren Kapiteln zu beschreibenden Versuchen meist Keimlinge von mittlerer Länge be- nützt wurden, die genauere Feststellung der durch die verschiedene Länge der Versuchspflanzen hervorgerufenen Unterschiede für mich daher weiter nicht in Betracht kam. Kapitel II. Abhängigkeit der Präsentations- und Reaktionszeit von der Temperatur. A. Literatur. Bei meinen Versuchen über die Länge der Präsentationszeit wurde in den ersten Versuchsreihen kein besonderer Wert darauf gelegt, immer eine konstante Temperatur zu erhalten. Ich tat dies in der Annahme der Richtigkeit, resp. Allgemeingültigkeit der An- gaben Czapeks (1898, S. 195 ff.). Seine Resultate bei Keimwurzeln von Lupinus alhiis — voll- kommen gleich verhalten sich übrigens nach seinen Angaben, wenigstens was die Präsentationszeit anbetrifft, Keimwurzeln von Zea Mays und das Hypokotyl von Helicmthus annus — lassen sich in folgende Tabelle zusammenbringen. Lupinus albus, Keimwurzeln. Temperatur ... 0 5 10 15 20 25 30 39° Präsentationszeit . . 18^ 45 30 20 20 20 20 25 Min. Reaktionszeit . . . oo 360 120 80 80 80 70 120 „ Daraus schließt Czapek, was die Präsentationszeit anbetrifft: 1. „Die Präsentationszeit, mithin die Intensität der Perception, ist, abgesehen von den extrem niedrigen Temperaturen, in hohem Grade von der Temperatur unabhängig, viel mehr als der moto- rische Apparat. 2. Extrem niedere Temperatur setzt die Sensibilität un- gemein herab. 5* 68 H- Bach, 3. Temperaturgrade in der Nähe der Schädlichkeitsgrenze setzen wohl bereits die Sensibilität etwas herab, es ist jedoch diese Beeinflussung relativ sehr gering". Ein ähnliches Verhältnis ergibt sich auch für die Länge der Reaktionszeiten, es ist daher nach Czapek charakteristisch für die Sensibilitätskurven „die relative Unabhängigkeit von Temperatur- diiferenzen innerhalb der Grenzen von etwa 15 — 35"". Im Laufe meiner eigenen weiteren Untersuchungen fand ich aber immer mehr heraus, daß diese von Czapek angegebenen Resultate durchaus nicht allgemein gültig sein können, daß vielmehr auch Temperaturen zwischen 15 und 35" auf die Länge von Frä- se ntations- und Reaktionszeit von großem Einfluß sind. B. Eigene Versuche. Um meiner Sache sicher zu sein, stellte ich eigene Versuchs- reihen mit Keimsprossen von Vicia Faba an. Die in Töpfen gezogenen Versuchspflanzen wurden vor den Versuchen längere Zeit in der betreffenden zu untersuchenden Temperatur auf dem Klinostaten gedreht. Erst nachdem an- genommen werden konnte, daß sich die Pflanzen auf die betreffende Temperatur eingestellt hatten, benutzte ich sie zu den Versuchen. Zu dem Zweck wurden sie aus den Töpfen gezogen, die Wurzeln unter dem Samen abgeschnitten und der Stumpf mit feuchter Watte umhüllt. Diese Methode hatte sich schon bei früher ausgeführten, in späteren Kapiteln zu beschreibenden Versuchen gut bewährt; von einer irgendwie auffallenden, durch die Ver- wundung bedingten Störung konnte ich dabei nichts bemerken. Im übrigen kämen auch eventuelle leichtere dadurch hervorgerufene Störungen nicht in Betracht, da sie dann bei allen Versuchs- pflanzen in gleicher Weise vorhanden sind und den relativen Ver- gleichswert der Versuche untereinander nicht beeinträchtigen. Da- bei bietet diese Methode den großen Vorteil, durch Auswahl immer nur das beste Material und zugleich in großer Menge zu den Ver- suchen verwenden zu können. In der gleichen Temperatur, in der die Pflanzen auf dem Klinostaten rotiert worden waren, wurden sie dann auch geotropisch induziert und zur Beobachtung der Nachkrümmungen am Klino- staten gedreht. Ich stellte nur Versuche über die Länge der Präsentationszeit an, die aber, wie aus dem folgenden Kapitel zu ersehen ist, auch über die Abhängigkeit der geotropischeii Präsentations- und Reaktionszeit usw. 69 genügen, um die entsprechenden Daten über die Reaktionszeit an- zugeben. In der folgenden Tabelle sind meine Resultate betreffs der Länge der Präsentationszeiten bei verschiedenen Temperaturen für die Keimpflanzen von Vicia Faha mitgeteilt. Tabelle 16. Vicia Faha, Keimsprosse. Temp. (13—15°) im Mittel 14". Dauer der Induktionszeit ... 16 15 13 10—12 Min. Zahl der geprüften Pflanzen . . 10 60 75 47 Zahl der gekrümmten Pflanzen .14 44 32 18 Präsentationszeit (13 — 15) 14 Minuten. Temp. (16-18") im Mittel 17". Dauer der Induktionszeit .... 12 11 10 9 Min. Zahl der geprüften Pflanzen . . . IG 71 62 35 Zahl der gekrümmten Pflanzen . . 16 46 24 10 Präsentationszeit 1 1 Min. Temp. (19—21") im Mittel 20°. Dauer der InJuktionszeit 8 7 6 Min. Zahl der geprüften Pflanzen 39 78 37 Zahl der gekrümmten Pflanzen 29 39 16 Präsentationszeit (7 — 8) 7V2 Min. Temp. (24-26°) im Mittel 25°. Dauer der Induktionszeit . . 5 4 3 2 1 Min. Zahl der geprüften Pflanzen .19 62 84 45 16 Zahl der gekrümmten Pflanzen 15 41 52 11 2 Präsentationszeit 3 Min. Temp. 30°. Dauer der Induktionszeit .... 4 3 2 1 Min. Zahl der geprüften Pflanzen ... 18 20 57 38 Zahl der gekrümmten Pflanzen 15 14 34 14 Präsentationszeit 2 Min. Temp. (34 — 36 ") im Mittel 35 ". Dauer der Induktionszeit .... 5 4 3 1 Min. Zahl der geprüften Pflanzen ... 32 38 29 IS Zahl der gekrümmten Pflanzen . . 26 20 9 4 Präsentationszeit 4 Min. Extrem niedrige Temperaturen wurden von mir nicht geprüft, sind auch von keiner so großen Bedeutung, wie die Temperaturen zwischen 15 und So*', die bei den Versuchen im Laboratorium im allgemeinen in Betracht kommen. Innerhalb dieser Grenzen konnte ich aber, wie aus der obigen Tabelle hervorgeht, im Gegensatz zu Czapek, eine sehr starke ijQ IT. Bach, Abhängigkeit der Präsentationszeit von der Temperatur konstatieren. So ist die Präsentationszeit bei 14*' sieben mal so groß wie bei 30", einer Temperatur, bei der das Optimum erreicht ist, d. h. die Präsentationszeit den geringsten Wert aufweist. Von hier an steigt mit der steigenden Temperatur auch die Präsentationszeit wieder. Ein ganz ähnliches Ergebnis stellt sich auch bei Betrachtung der Reaktionszeiten für die verschiedenen Temperaturen heraus. Die im folgenden zusammengestellten Reaktionszeiten sind beobachtet an den zur Bestimmung der Präsentationszeit am Klino- staten gedrehten Objekten. Tabelle 17. Vicia Faba, Keimpflanzen. Temperatur 14 17 20 25 30 35" Zahl der geprüften Pflanzen . . 75 93 57 108 48 33 Mittel der Reaktionszeit . . . 122,8 115,4 97,9 64,8 48,2 80,8 Verhältnis der Präsentations- zur Reaktionszeit 1 : 8,8 1 : 10,5 1 :13 1 : 21, ö 1 : 24.1 1 : 20,2 Auch hier also dasselbe Ergebnis: Auch die Reaktionszeit ist in ihrer Länge von der verschiedenen Temperatur in hohem Grrade abhängig. Das Optimum der Reaktionszeit mit nur 48,2 Min. liegt ebenfalls bei 30 "^ und ist mehr als 2 V2 mal kürzer als die Reaktionszeit bei 14" mit 122,8 Min. Über 30" tritt analog der Steigerung der Präsentationszeit auch ein Ansteigen der Reaktions- zeit ein. Die Ähnlichkeit des Abhängigkeitsverhältnisses der Präsen- tations- und der Reaktionszeit von der Temperatur tritt besonders schön und anschaulich hervor, wenn wir die Resultate in Form einer Kurve bringen (S. 71). Zum Vergleich sind die aus den Resultaten Czapeks sich ergebenden Kurven mit eingezeichnet. Die Präsentationszeitkurve nach Czapek stellt sich zwischen 15 und 30" in Form einer ge- raden Linie dar, und ebenso auch die Reaktionszeitkurve zwischen 15 und 25", während die von mir bestiipmten Kurven in beiden Fällen zwischen 15 und 30" von ihrem Maximum auf ihr Minimum bei 30" sinken und von hier aus wieder ansteigen, wobei die Re- aktionszeit mit der weiter steigenden Temperatur verhältnismäßig rascher zu steigen scheint als die Präsentationszeit; doch dürfte dieses Ergebnis noch durch weitere Versuche zu prüfen sein. Von großem Interesse ist der annähernd parallele Verlauf der beiden Kurven zwischen 15 und 30". über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit usw. 7 1 C. Resultate. Um nun zum Schluß noch einmal die von mir gefundenen Resultate zusammenzustellen , so gelten für Sprosse von Vicia Faba die Sätze: 1. Sowohl die Präsentationszeit als auch die Reaktionszeit zeigen, was ihre Länge anbetrifft, innerhalb 14 bis 35" eine starke, gesetzmäßige Abhängigkeit von der Temperatur. Miji. n" i6 i8 20 ZZ Zf^ Z6 Z8 30 3Z 3¥ 36 38 M' T^mpevittur. 2. Diese Abhängigkeit ist für die Präsentations- und Reaktions- zeit eine ähnliche; sie gestaltet sich so, daß von 14" an mit stei- gender Temperatur ein fortgesetztes Kleinerwerden der beiden Zeiten zu konstatieren ist, bis beide ihr Minimum bei etwa 30" erreichen. Von hier an steigt mit steigender Temperatur sowohl die Länge der Präsentations- als auch die der Reaktionszeit wieder an. 72 H- Bach, Daß die Differenzen meiner Resultate mit denen Czapeks nur darauf zurückzuführen sind, daß Czapek seine Versuche haupt- sächlich mit Wurzeln anstellte, kann ich kaum glauben, zumal da er für die Präsentationszeit ein ganz ähnliches Verhalten auch bei Sprossen von Helianthus annuiis gefunden hat. Doch beschränkte ich mich auf Vicia Fciba, da für mich hauptsächlich die Reaktions- weise dieser in allen meinen Versuchen besonders häufig benutzten Pflanze in Betracht kam. D. Anhang. Einfluß eines den Versuchen vorausgehenden Kälteaufenthalts der Versuchspflanzen auf die Präsentations- und Reaktionszeit. Mit den angeführten Untersuchungen ist natürlich nur ein ganz kleiner Teil der Frage nach der Beeinflussung der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit durch die Temperatur behandelt. Um das Kapitel vollständig zu machen, müßte innerhalb der mini- malen bis maximalen Temperatur die Dauer der beiden Zeiten mit folgenden Modifikationen untersucht werden: a) Induktion und Reaktion finden statt in gleicher Temperatur (Untersuchung der Temperaturen zwischen 0 und 40*^). b) Induktion und Reaktion finden statt in gleicher (Zimmer-) Temperatur nach einem mehr oder weniger langen Aufenthalt der Versuchspflanzen in 0 bis 40". c) Induktion findet statt in Temperaturen zwischen 0 und 40", die Reaktion bei Zimmertemperatur. d) Induktion findet statt bei Zimmertemperatur, die Reaktion in Temperaturen zwischen 0 und 40". e) Induktion findet statt bei Zimmertemperatur, dann folgt ein mehr oder weniger langer Aufenthalt in Temperaturen zwischen 0 und 40" und hierauf die Reaktion bei Zimmertemperatur. Die Frage a) ist im vorhergehenden und von Czapek (1898, S. 195 ff.) behandelt worden, Frage c) ist teilweise behandelt worden von Czapek (1895, S. 271 ff.), Haberlandt (1902, S. 193 ff. und 1903, S. 473 ff.) und Darwin (1903, S. 363 ff.), Frage e) ebenso von Czapek (1895, S. 271 ff.). Doch sind die über diese Fragen angestellten Untersuchungen nicht systematisch durch alle Temperaturen durchgeführt, sondern beschränken sich meist auf eine bestimmte Temperatur, da sie zum Teil, wie zB. die von Haberlandt und Darwin angestellten Unter- suchungen, die Klärung anderer Fragen zum Zweck hatten. über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Keaktionszeit usw. 73 Mit der Frage b) habe ich mich selbst noch zum Teil be- schäftigt, jedoch sind meine Versuche in dieser Richtung noch nicht von abschließender Natur; sie sind hauptsächlich der Frage ge- widmet, wie ein vor den Versuchen angewendeter, kürzerer oder längerer Aufenthalt der Versuchspflanzen in niederen Temperaturen auf die in optimaler bis Zimmertemperatur untersuchte Länge der Präsentations- und Reaktionszeit einwii'kt. Diese Frage ist des- halb von Interesse, weil ihre Lösung lehrt, ob eine Kultur in Temperaturen, die von der später bei der Induktion herrschenden Temperatur abweichen, die Präsentations- und Reaktionszeit be- einflusst. Mit dem Eintritt der wärmeren Jahreszeit wurden dann diese Versuche abgebrochen und aus äußeren Gründen später nicht wieder aufgenommen. Die Resultate dürften aber Interesse genug bieten, um sie hier einzufügen. Ich experimentierte hauptsächHch mit Keimsprossen von Vicia Faha und Phaseolu>< multifiorus . Die Pflanzen wurden vor der In- duktion verschieden lange Zeit in Temperaturen zwischen 4 und 10*^ gehalten, die entweder natürlich in dem Raum zwischen Fenster und Vorfenster vorhanden waren oder künstlich im Eis- kasten erzeugt wurden. Nach dem Aufenthalt in der Kälte kamen die Pflanzen in optimale bis Zimmertemperatur und wurden hier geotropisch induziert. In derselben Temperatur wurde dann auch die Reaktionszeit beobachtet. a) Versuche mit Keimsprossen von Vicia Faba. 1. Die Induktion erfolgt sofort nach der Abkühlung. Tabelle 18. Keaktionszeit Keaktionszeit Verlängerung Dauer des Induktions- (Zahl der normaler Kontroll- der Keaktionszeit Aufenthalts in zeit gekrümmten pflanzen (Zahl der bei den der Kälte Pflanzen) geprüften Pflanzen) abgekühlten Pflanzen Min. Min. Min. Min. 0%- -27'/2 St. 00 81.7 (18) 58,7 (27) 23 9V2- -28 10 79,2 (18) 53,4 (47) 25,8 Die Untersuchungen über die Präsentationszeit ergaben folgende Resultate. 74 H. Bacli, T abelle 19. Dauer des Induktions- Zahl der geprüften Zahl der gekrümmten Aufenthalts in zeit abgekühlten abgekühlten der Kälte Min. (normalen) Pflanzen (normalen) Pflanzen. 1 10 32 (38) 22 (36) 9V2— 28 St. 9 3 (10) 1 (10) 1 8 3 (3) 0 (3) Präsentationszeit ca. 10 Min., normale Präsentationszeit 5 Min. (vgl. Kapitel I). 2. Auf die Abkühlung folgt zunächst ein 1 St. bis 4 St. 30 Min. währender Aufenthalt in 20 bis 25", dann erst die Induktion. Tabelle 20. Dauer des Aufenthalts in der Kälte Induktions- zeit Min. Zahl der geprüften Pflanzen Zahl der gekrümmten Pflanzen Reaktionär zeit Min. 7 St. 7 Min. bis 24 St. j CO 10 7 17 7 14 78,7 76,8 In beiden Fällen ist also die Reaktionszeit etwa gleich groß wie in den Versuchen, in denen die Pflanzen sofort nach der Abkühlung geotropisch induziert wurden; d. h. durch einen Auf- enthalt von 1 St. bis 4V2 St. in Zimmertemperatur werden also die Folgen der vorhergehenden Abkühlung noch nicht aufgehoben. h) Versuche mit Keim sprossen vou Fhaseolus niultißorus. 1. Die Induktion erfolgt sofort nach der Abkühlung. Tabelle 21. Dauer des Aufenthalts in der Kälte Induk- tions- zeit Reaktionszeit (Zahl der geprüften Pflanzen) Reaktionszeit normaler Kontrollpflanz. (Zahl der gepr. Pflanzen) Verlängerung der Reaktions- zeit bei d. abgekühlten Pflanzen Min. Min. Min. Min. I.Reihe 2 St. 48 bis 28 St. 45 Min. 00 78,8 (37) 48,9 (26) 29,9 2- „ 3 „ 30 „17 „ 15 „ 00 77 (8) — 28,1 3. „ 2 „ 15 „ 8 „ 29 „ 00 74 (18) — 25,2 4. „ 2 „ 15 „ 8 „ 29 „ 15 — 25 68,8 (29) 44,4 (48) 24,4 .5. „ 2 ., 48 „ 24 „ 30 „ 15 — 25 70,1 (20) — 25,7 6. „ 13 „ 30 „ 17 „ 15 „ 15 — 25 68 (7) — 23,6 über (He Abhängigkeit der geotropisclien Präsentations- und Reaktionszeit lusw. 75 Bezüglich der Länge der Präsentationszeit ist folgende Tabelle zu vergleichen. Tabelle 22. Dauer des Aufenthalts in der Kälte Induktions- zeit Min. Zahl der geprüften abgekühlten (normalen) Pflanzen Zahl der gekrümmten abgekühlten (normalen) Pflanzen 2 St. 15 bis 24 St 30 Min. 25 20 15 11 9 7 32 43 (28) 7 (4) 4 (5) 4 (3) 4 (4) 30 24 (27) 2 (4) 0 (5^ 0 (3) 0 (4) Präsentatiouszeit ca. 20 Min., normale Präsentationszeit 3 bis 4 Min. (vgl. Kapitel I). 2. Auf die Abkühlung folgt zunächst ein 55 Min. bis 1 St. 32 Min. währender Aufenthalt in ca. 20*^, dann erst die Induktion. Die zwei in dieser Richtung gemachten Versuche ergaben als Mittel aus vier resp. sieben Pflanzen eine Reaktionszeit von 57 resp. 77,4 Minuten, Resultate, aus denen noch keine sicheren Schlüsse zu ziehen sind. Aus den angeführten Versuchen mit Sprossen von Vicia Faba und Phaseolus multifiorus folgt, daß ein mehr oder weniger langer Aufenthalt in Temperaturen von 4 — 10°, welcher der in optimaler bis Zimmertemperatur stattfindenden Induktion und Reaktion vorausgeht, sowohl auf die Präsentations- als auch auf die Reaktionszeit verlängernd einwirkt. Diese Verlängerung ist wohl kaum darauf zurückzuführen, daß das in der Kälte langsamere Wachstum auch noch längere Zeit in der günstigen Temperatur anhält; denn die Pflanzen stellen sich nach Pfeffer (1904, S. 93) im allgemeinen ziemlich schnell auf die dem neuen Wärmegrad entsprechende Wachstumsschnelligkeit ein. Noch unwahrscheinlicher wird diese Deutung in Anbetracht der Versuche, bei denen auf den Aufenthalt in der Kälte ein mehr oder weniger langer Aufenthalt in günstiger Temperatur folgte, ehe die Induktion vorgenommen wurde. Denn auch bei diesen Versuchen ist im allgemeinen die für die abgekühlten Orgaue charakteristische Verlängerung der Reaktionszeit noch zu beobachten. Die genauere Zeit, nach der die Nachwirkung des frühereu Aufenthaltes in der Kälte völlig verschwunden ist, und ebenso der 76 H. Bach, Einfluß der verschieden langen Dauer desselben auf die geotro- pischen Reizvorgänge ist von mir nicht bestimmt worden. Diese Versuche in verhältnismäßig hoch über 0^ liegenden Temperaturen zeigen auch, daß die Versuche Haberlandts (1902, S. 193 fi\ und 1903, S. 473 ff.) mit Pflanzen, die durch Kälte ent- stärkt waren, nicht eindeutig sind, da schon ein relativ kurzer Auf- enthalt in niederen Temperaturen einen deutlichen und nachhaltigen Einfluß auf die geotropischen Vorgänge hat. Kapitel III. Abhängigkeit der Reaktionszeit von der Dauer der Reizung. Während in meinen ersten Versuchsreihen über die Präsen- tationszeit immer erst nach einer Zeit, nach der man sicher den Eintritt von Krümmungen erwarten konnte, zum ersten Mal kon- trolliert wurde, fand bei meinen späteren Versuchen die erste Be- obachtung meist schon zu einer Zeit statt, in der noch keine oder jedenfalls sehr wenige der Versuchspflanzen eine Krümmung auf- wiesen. Von da an wurde der Krümmungs eintritt bei den Ver- suchspflanzen immer in bestimmten Zwischenräumen (meist von 10—20 Minuten, zum Teil auch von nur 5 Minuten) kontrolliert und notiert. So war es möglich, die Reaktionszeit jeder einzelnen Ver- suchspflanze festzustellen. Dabei beobachtete ich bald, als ich neben den Pflanzen, die auf die Präsentationszeit geprüft wurden, Kontrollpflanzen dauernd horizontal legte, daß in dem Eintritt der Krümmung, d. h. in der Länge der Reaktionszeit, zwischen den nur während der Präsen- tationszeit oder wenige Minuten darüber gereizten und den dauernd horizontal gelegten Objekten durchaus kein so großer Unterschied bestand, wie Czapek (1898, S. 186 ff.) angibt. Czapek macht nämlich über die Reaktionszeit als „Maß der Erregungsintensität bei variabler Reizungsdauer" folgende Angaben: „Die Pflanzen mit der Expositionsdauer 60, 50, 40, 35 Minuten krümmen sich rasch hintereinander geotropisch, nachdem sie auf den Klinostaten gebracht worden sind, so daß sie alle 90 Minuten nach Beginn der Reizung Beginn der Reaktion zeigen. Die weniger als 35 Minuten lang gereizten Gruppen folgen mit ihrer Reaktion in immer längeren Pausen nach, so daß es bei 20 Minuten hin- durch exponierten Pflanzen 2 — 3 Stunden währt, ehe wir Krüm- mungsbegiun notieren können. Die Reaktionszeit ist also nicht etwa der Expositionsdauer umgekehrt proportional, sondern fällt über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit usw. 77 mit deren Steigerimg von der Präsentationszeit an erst langsam, worauf eine rasche Abnahme bis zum erreichbaren Minimum folgt." Schon Fitting (1905, S. 370) spricht auf Grund seiner Ver- suche die Vermutung aus, daß die minimale Größe der Reaktions- zeit eher erreicht wird, als Czapek angibt, ohne diese Frage je- doch weiter zu verfolgen. In meinen eigenen Versuchen fand ich nun, daß die Länge der Reaktionszeit bei Reizung von der Dauer der Präsentationszeit oder wenigen Minuten darüber gar nicht oder nur wenig differiert von der Reaktionszeit, die ich bei dauernd horizontal gelegten Versuchs- pflanzen beobachten konnte. Das Versuchsmaterial, aus dem ich diese Schlüsse gezogen habe, findet sich in den folgenden Tabellen zusammengestellt. In der ersten Kolumne ist immer die Temperatur, in der zweiten die Dauer der Reizung angegeben. Die Reizzeit der dauernd horizontal gelegten Pflanzen ist mit oo bezeichnet und kommt an erster Stelle, hierauf folgen die Resultate bei den verschiedenen geprüften Induktionszeiten zunächst alle zusammengefaßt und dann, soweit möglich, auch noch für jede einzelne Induktionszeit im be- sonderen. In der dritten Kolumne ist die Zahl der zur Unter- suchung gekommenen Pflanzen, in der vierten das Mittel der an diesen beobachteten Reaktionszeiten zu finden. Dieses Mittel wurde so berechnet, daß bei jedem Versuch die Reaktionszeit jedes ein- zelnen Keimlings notiert, dann alle diese Reaktionszeiten zu- sammengezählt und diese Summe durch die Zahl der Versuchs- pflanzen dividiert wurde. In der letzten Kolumne endlich finden sich die Differenzen der Reaktionszeiten von kurz und von dauernd induzierten Versuchspflanzen. Die mit -\- versehenen Zahlen zeigen an, daß die Reaktionszeit bei der betreffenden Induktionszeit größer, die mit — bezeichneten, daß sie kleiner ist als die Reaktionszeit dauernd horizontal gelegter Pflanzen. a) Versuche mit in Töpfen gezogenen Sprossen. Tabelle 23. Phaseolus muUiflorus, Keimsprosse (Präsentationszeit 3 — 4 Min.). 1. Vers.-Eeihe (24V2— 30 ") Dauer der Induktionszeit Min. Zahl der geprüften Pflanzen 12 12 Mittel der Reaktionszeit Min. 41,7 .•i7,'J Differenz Min. — .3,8 78 H. Bach, Dauer der Induktionszeit Zahl der geprüften Pflanzen Mittel der Reaktionszeit Differenz Min. Min. Min. 2. Vers.-Keihe (21—32») 3 — 17 58 45,8 3 — 4 15 42,9 5 7 48 G 7 45,7 7 12 49,4 12 — 17 17 45 3. Vers.-Keihe (24—31 ''^ cc 26 48,9 7 — 20 39 42,5 — 6,4 Tabelle 24. Vicia Faha equina, Keimsprosse (Präsentationszeit 5 1. Yers.-Reihe Zimmer- <» 39 temperatur 5 — 7 26 2. Yers.-Reihe (20—30") 3. Vers. -Reihe Zimmer- temperatur 3 — 10 •12 43 47 89 60 54 49,1 60,6 53,4 69,6 78,3 b) Versuche mit Wurzeln. Tabelle 25. Vicia Faha equina (Präsentationszeit 6 Zimmer- temperatur 5—10 5 6 7 — 10 60 79 20 39 20 69,6 70,4 66,1 61,6 72,3 Min.). — 5,9 — 7,2 + 8,7 Min.). + 0,8 — 3,5 — 8 4- 2,7 Tabelle 26. Phaseolus multiflorus (Präsentationszeit 7—8 Min.) Zimmer- temperatur 72 74 19 55 71,9 75,3 76 75 + 3,4 + 4,1 + 3,1 c) Versuche mit abgeschnitteneu Sprossen. Tabelle 27. Plantago media (Präsentationszeit 3 Min.). Zimmer- CO 11 40,5 temperatur 3 — 7 74 42,8 + 2,3 3 — 4 20 45 + 4,5 5 31 40,6 + 0,1 6-7 23 43,8 + 3,3 Über die Ahhängigkeit der geotropischen Präsentations- und ■Reaktionszeit usw. 79 Dauer der Induktionszeit Zahl der geprüften Pflanzen Mittel der Reaktionszeit Differenz Min. Min. Min. Tabelle 28. Sisymhnum officinale (Präsentationszeit 3 Min •)• Zimmer- 00 79 41,3 temperatur 3 — 7 78 37,6 — 3,7 3—4 26 39,5 - 1,8 b 29 38,4 - 2,9 6 — 7 23 34,5 — 6,8 Tabelle 29. Capsella hursa pastoris (Präsentationszeit unter 2 Min. Zimmer- 00 72 41,6 emperatur IV -5 96 37,9 — 3,7 172-3 56 38,1 — 3,5 4 — 5 40 37,5 — 4,1 Die in diesen Tabellen zusammengestellten Kesultate lassen wohl keinen Zweifel an der Richtigkeit der Behauptung aufkommen, daß die Reaktionszeit bei Reizung von der Dauer der Präsen- tationszeit oder wenig darüber nicht länger ist, als die bei dauernder Horizontallage zu beobachtende. Durch Einwirkung des geo- tropischen Reizes während der Dauer der Präsentations- zeit wird also schon das Minimum der Reaktionszeit erreicht. Denn die größte Differenz, die sich findet zugunsten einer längeren Reaktionszeit bei kurzer Induktion, nämlich 8,7 Mi- nuten, ist schon an und für sich so klein, daß sie die Fehlergrenze nicht überschreiten dürfte. Zudem wird ihre Bedeutung noch da- dadurch vermindert, daß das Mittel der Reaktionszeit bei kurzer Induktion häufig gar um einige Minuten kleiner ist, als die Re- aktionszeit bei dauernder Reizung; das in dieser Richtung erreichte Maximum mit 7,2 Minuten ist nicht viel kleiner als das oben an- geführte Maximum in der entgegengesetzten Richtung. In An- betracht dieser Verhältnisse darf wohl die Reaktionszeit in beiden Fällen gleich gesetzt werden. Damit ist aber natürlich durchaus nicht gesagt, daß nicht etwa durch länger als die Präsentationszeit währende Reizung eine weitere Steigerung der Erregungsintensität hervorgerufen werden kann. Dies ist vielmehr sicher, nur drückt sich diese stärkere Erregung nicht in einem früheren Beginn der Reaktion aus. Zur Messung der verschiedenen Stärke der 80 H. Bach, Erregung, hervorgerufen durch verschieden lange Dauer des em- wirkenden Reizes, müssen daher andere Faktoren herangezogen werden, vor allem die Intensität der Krümmung, da dieselbe er- fahrungsgemäß mit zunehmender Erregungsgröße sich verstärkt. So erhebt sich die Frage, ob überhaupt eine Steigerung der Erregung, wie sie zB. auch durch Zentrifugieren , d. h. durch Steigerung der einwirkenden Kraft, hervorgerufen werden kann, sich in der Abkürzung der Reaktionszeit ausdrückt. Der Untersuchung dieser Frage ist das folgende Kapitel gewidmet. Kapitel IV. Abhängigkeit der Präsentations- und Reaktionszeit von verschiedenen Zentrifugalkräften über und unter I g. A. Literatur. Der Einfluß verschiedener Zentrifugalkräfte auf den Geotro- pismus wurde hauptsächlich von Czapek (1895, S. 301 ff. und 1898, S. 191 ff.) studiert. Die in der früheren Literatur darüber vor- handenen Angaben von Sachs, Elfving, Schwarz sind bei Czapek zitiert und in ihren wichtigsten Ergebnissen besprochen. Czapek arbeitete mit Wurzeln von Vicia Faha (kleine Varie- tät) und Lupinus albus, „mit welchen identische Ergebnisse erzielt wurden". Dabei fand er, daß bei etwa 40facher Schwerkraftwirkung das Minimum der Reaktionszeit mit ^U^ (l^*^) erreicht ist, während dieselbe bei 1 g schon \^U^ beträgt. Seine Ergebnisse lassen sich in folgende Tabelle zusammenfassen. Angewandte Fliehkraft 35 — 38 10 — 28 4,3 — 7 0,9 — 3,5 0,6 0,4 — 0,5 0,02 — 0,2 g Keaktionszeit . . . V, 1 1V2 17* 2«/, 3 4 li Angewandte Fliehkraft 0,003 0,001 0,0005 g Reaktionszeit ... 5 6 nach 8^ kaum eine Krümmung angedeutet. Nach dieser Tabelle bezeichnet Czapek den Wert von 0,001 g als Reizschwelle für die geotropische Empfindung der Vicia Fdba- und i>M^inM5- Keimwurzeln. Auch Jost (1902, S. 176) erhielt bei Linsenwurzeln und Panicumkotyledonen bei Verwendung einer Fliehkraft von 0,02 bis 0,05 g die „schönsten" Krümmungen. Ebenso fanden Darwin und Pertz (1904, S. 478 ff.) in Ver- suchen mit Setaria und Sorghum bei Anwendung einer Zentrifugal- kraft von 0,02 — 0,05 g zumeist geotropische Krümmungen, des- gleichen Nemec (1902, S. 348) in Versuchen mit Pmiw -Wurzeln bei 0,06—0,08 g. über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit usw. gl Endlich sei noch eine Bemerkung Haberlandts (1903, S. 499) erwähnt, wonach er in Versuchen mit Keimwurzeln von Zea Mays bei einer Fliehkraft von 14 g nach 3 Minuten langer Rotation nachträgUch am Klinostaten „sehr schöne" Krümmungen auf- treten sah. Aus diesen Literaturangaben sieht man, daß abgesehen von der Czapekschen Arbeit nur sporadische Bemerkungen über den Einfluß der Zentrifugalkraft auf die geotropischen Vorgänge vor- handen sind. Namentlich findet man außer der letzten Angabe Haberlandts in der ganzen Literatur keine Arbeit, worin der Einfluß der Zentrifugalkraft auf die Länge der geotropischen Prä- sentationszeit behandelt wäre. B. Methodisches. Was die Methode bei meinen Zentrifugalversuchen anbelangt, so benutzte ich zur Erreichung von Zentrifugalkräften über 1 g als Zentrifugalapparat einen Wassermotor. Auf die horizontale Achse dieses Motors konnte eine Metallscheibe von ca. 24 cm Durch- messer aufgeschraubt werden. Die Scheibe trug eine kreisförmige Korkplatte, die bei den Versuchen noch mit einer mehrfachen Lage feuchten Filtrierpapiers überzogen war. Auf dieser wurden die Versuchspflanzen, in unserem Fall abgeschnittene und weiter, wie im vorhergehenden schon beschrieben, vorbehandelte Keimpflanzen von Vicia Faba mittels Nadeln, die durch die Samen gestochen wurden, senkrecht zu den Radien befestigt und zwar so, daß die nach außen gerichtete Seite sich gegen ein festes Widerlager aus Kork lehnte, das eine bei sehr starken Zentrifugalkräften zu be- fürchtende mechanische Ausbiegung der Keimlinge in der Richtung der Zentrifugalkraft verhinderte. Für die Krümmung bildete dieses Korkwiderlager kein Hindernis, da diese ja in dem entgegengesetzten Sinn, nämlich nach dem Rotationszentrum zu, erfolgte. Auf die mit den Versuchspflanzen besteckte Scheibe wurde zur Herstellung eines feuchten Raumes ein zur Zentrifuge gehöriger, genau passender Glasbehälter aufgeschraubt. Bei sehr starken Zentrifugalkräften wurde die Drehung während des Versuchs ein- oder mehrmals, je nachdem es nötig war, auf kurze Zeit unterbrochen, um die Versuchspflanzen zu begießen. Auch zum Kontrollieren der Krümmung war natürlich ein mehrmaliges kurzes Unterbrechen der Drehung nötig. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 6 82 H. Bact, Die Zahl der Umdrehungen wurde anfangs ohne weiteres Hilfsmittel bestimmt, später aber mit Hilfe eines Tourenzählers, der mit der Spitze seiner Achse auf die Mitte der Glasschale auf- gesetzt wurde, welche die Zentrifugalscheibe überdeckte. So ließ sich aus der Zahl der Umdrehungen pro Sekunde und der Entfernung der Yersuchspflanzen vom Rotationszentrum in jedem Falle leicht die angewandte Zentrifugalkraft berechnen nach der Formel: r Größe der Zentrifugalkraft = 4,024 -g, wobei r den Radius in Metern und t die Umlaufszeit in Sekunden bedeutet. Zur Erzielung von Zentrifugalkräften unter 1 g konnte der oben beschriebene Apparat nicht verwendet werden, da eine so langsame Umdrehung der Turbine, wie sie für diese Versuche nötig gewesen wäre, nicht erzielbar war. Nachdem ich mehrere un- geeignete Methoden versucht hatte, fand ich eine günstige Methode derart, daß ich an der horizontalen Achse des Pfeffer sehen Klino- staten große Pappscheiben von ca. 70 cm Durchmesser rotieren ließ. Durch verschieden raschen Gang des Klinostaten und verschiedene Entfernung der Versuchspflanzen vom Zentrum der Drehscheibe konnte ich so alle nötigen Abstufungen der Massenbeschleunigung erzielen. C. Einfluß des Zentrifugierens auf die Reaktionszeit. 1. Zentrifugalkräfte über 1 g. Die Resultate einer ersten Versuchsreihe in dieser Richtung finden sich in folgender Tabelle. Tabelle 31. Vicia Faha, Keimsprosse. Temperatur 20 — 22". Angewandte Zentrifugalkraft g Zahl der geprüften Pflanzen Mittel der Reaktionszeit Min. 20-50 55 50,5 80—90 13 59,7 90 — 160 14 57,4 Mittel der Eeaktionszeit au 3 allen 82 zentrifugierten Pflan zen . 53,13 Min. „ „ „ n 72 horizontal gelegten Kontrollpflanzen G4,6 „ Dabei ist zu bemerken, daß die letzten in obiger Tabelle an- gegebenen Zentrifugalkräfte nicht genau und zwar wahrscheinlich etwas zu hoch sind, da die Umdrehungsgeschwindigkeit hier noch durch Zählen ermittelt wurde. über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit usw. 83 Zweite Versuchsreihe. Tabelle 32. Vieia Faba, Keimsprosse. Temperatur 16 — 19°. Angewandte Zentrifugalkraft Zahl der geprüften Pflanzen Mittel der Reaktionszeit g Min. 6,5 — 10 8 72,5 10—20 24 64,8 20 — 30 8 61,5 .SO— 40 15 68,2 40 — 50 7 70,4 50 — 60 16 63 60—70 4 80 70—80 8 62,5 80 — 90 3 76 100 — 110 8 68,7 Mittel der Reaktionszeit au 5 allen 101 zentrifugierten Pflanzen . . 66,8 Min. n n n ii 55 horizontal gelegten Kontrollpflanzen 72 „ Vergleichen wir die beiden Tabellen miteinander, so finden wir, daß die Reaktionszeit der zentrifugierten Pflanzen sich um ganz geringe Werte von der der nicht zentrifugierten Kontrollpflanzen unterscheidet: in der ersten Versuchsreihe ist nämlich die Eeaktions- zeit der zentrifugierten um ca. 11 Min., in der zweiten nur um ca. 5 Min. kürzer als die Reaktionszeit der dauernd horizontal ge- legten Pflanzen. Diese Unterschiede sind so gering, daß sie inner- halb der Fehlergrenze liegen dürften, wie aus den Einzelheiten der Tabelle hervorgeht. Wir können also sagen: schon bei 1 g ist das Minimum der Reaktionszeit erreicht. Größere Zentri- fugalkräfte (der höchste sicher bestimmte Wert ist 111 g) haben keinen verkürzenden Einfluß. Es kann also auch in diesem Falle eine durch Steigerung der einwirkenden Kraft hervorgerufene Steigerung der geotropischen Erregung durch das Kriterium der Reaktionszeit nicht nachgewiesen werden. Bis 111 g ist aber auch noch kein schädigender Einfluß der großen Zentrifugalkräfte zu konstatieren, der bei noch höheren Werten wahrscheinlich eintritt. Doch habe ich diese Werte mit meiner Turbine nicht erreichen können; die Bestimmung der Schädhchkeitsgrenze ist auch für unsere Betrachtung von keiner besonderen Bedeutung. 84 fl. Bact, Diese meine Yersuchsergebnisse stehen mit denen Czapeks in Widerspruch, der ja, wie aus den oben angeführten Tabellen ersichtlich ist, das Minimum der Reaktionszeit für die von ihm untersuchten Pflanzen erst bei ca. 40 g findet. Daß diese Ver- schiedenheit bloß mit dem Umstände zusammenhängt, daß ich andere Versuchsobjekte benutzte als Czapek — er verwendete neben Wurzeln ja auch Sprosse von Helianthus — kann ich kaum annehmen. 2. Zentrifng-alkräfte uuter 1 g. Gehen wir nun zu den Versuchen mit Zentrifugalkräften unter 1 g über, so ist zunächst zu bemerken, daß es hier viel schwerer ist, die Reaktionszeiten für die einzelnen kleinen Zentrifugal- kräfte sicher zu bestimmen. Denn der Einwirkung so kleiner Kräfte gegenüber kommen die individuellen Verschiedenheiten und alle möglichen anderen störenden Faktoren auch schon wegen der viel längeren Dauer der Versuche viel mehr zur Geltung als bei größeren Zentrifugalkräften. So mußten hier eine Menge Versuche gemacht werden, um zu brauchbaren Resultaten zu gelangen. Ganz genaue Ergebnisse sind aus den angeführten Gründen bei diesen Versuchen gar nicht oder nur durch Anstellung einer sehr großen Zahl von Versuchen zu erreichen. Die von mir angestellten Versuche ergaben folgende Resultate. Tabelle 33. Vicia Faha, Keimsprosse. Temperatur 17 — 21 Va^ Angewandte Zentrifugalkraft g Zahl der geprüften Pflanzen Zahl der gekrümmten Pflanzen Mittel der Reaktionszeit 0,014 27 16 4 St. 37 Min. 0,056 31 29 3 „ 26 „ 0,099 29 28 3 0,20 11 10 2 „ 5 „ 0,31 28 28 1 , 55 „ 0,80 15 15 1 „ 53 „ 1,25—2,19 83 82 1 « 27 „ Mittel der Reaktionszeit aus 141 horizontal gelegten Pflanzen l'' 12 Min. Ein einheitlicheres Bild der Reaktionszeiten bei diesen kleinen Zentrifugalkräften ergaben die bei Untersuchung der Präsentations- zeit erhaltenen Reaktionszeiten. über die Abhängigkeit der geotropischen Präseutations- und Keaktionszeit usw. 85 Tabelle 34. Vicia Faba, Keimsprosse. Temperatur 20 — 25 ^ Angewandte Zentrifugalkraft Zahl der Versuchspflanzen [ Mittel der Reaktionszeit 0,13—0,15 0,4 0,6 0,7 127 61 72 58 76 2 St. 8 Min. 1 n 35 „ 1 „ 31 „ 1 27 Wenn wir aus der ersten Tabelle den Wert für 0,8 g, der offenbar zu hoch ist, fallen lassen und nun für die anderen Werte sowohl aus der ersten, wie aus der zweiten Tabelle die Kurven zeichnen, so sehen wir, daß sie einen ziemlich ähnlichen Verlauf haben. Mi/t. 280 Z60 :; 2M ii — - — ^ — 1 1 220 \- ZOO \ \ 180 160 \ \ \ m \ \ 120 100 V ^"--1 ~ — i f— —.«j t — I " a t ■ 80 — H r 0 0,1 0,Z 0,3 0,it 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1.0 i,1 1,2 1,St Zugleich ergänzen sich die beiden Kurven in wünschenswerter Weise, indem in der einen, welche die aus den dauernd zentri- fugierten Pflanzen erhaltenen Reaktionszeiten enthält, hauptsächlich die Werte zwischen 0,3 — 0,01 g genauer bestimmt sind, während die aus der Prüfung der Präsentationszeit erhaltenen Reaktionszeiten den 86 H. Bach, genaueren Verlauf der Kurve zwischen 0,3—1 g bestimmen. Daß die beiden Kurven nicht direkt aneinander anschließen, hängt wohl damit zusammen, daß in den Versuchen der Tabelle 34 etwas höhere Temperaturen herrschten. Aus der Kurve ist zu ersehen, daß die Reaktionszeit von 0 g an, wo sie oo beträgt, anfangs sehr schnell abnimmt. Später wird der Abfall ein viel langsamerer, und die Reaktionszeit erreicht schon bei 1 g oder ganz wenig darüber ihren geringsten Wert, unter den sie bei weiterem Steigern der Zentrifugalkraft bis zu 111 g nicht herabgeht. Die Bemerkung, daß die Reaktionszeit anfangs sehr schnell abnimmt, später aber einen langsameren Abfall zeigt, findet sich auch schon bei Czapek (1895, S. 306 und 1898, S. 192), nur daß er für seine Objekte, wie schon oben angeführt, von 1 g mit einer Reaktionszeit von iVi St. ab einen weiteren Abfall der Reaktionszeit bis auf Vi St. bei ca. 40 g konstatiert, was ich in meinen Versuchen nicht bestätigen konnte. D. Einfluß des Zentrifugierens auf die Präsentationszeit. Die Versuchspflanzen (Keimsprosse von Vicia Faba) wurden ganz in derselben Weise zu den Versuchen vorbereitet, wie es bei den vorhergehenden Versuchen geschah. Für die Prüfung der Zentrifugalkräfte über 1 g wurden die Versuchspflanzen auf der Turbine gedreht, zur Erreichung der Zen- trifugalkräfte unter 1 g kamen sie auf die oben beschriebenen Papp- scheiben. Nachdem sie die gewünschte Zeit der Zentrifugalkraft ausgesetzt gewesen waren, wurden sie am Khnostaten langsam weiter rotiert. 1. Zeutrifng-alkräfte über 1 g'. Tabelle 35. Vicia Faha, Keimsprosse. Temperatur 19 — 25°. Angewandte Zentrifugalkraft 1,07 g. Dauer der Induktion .... 12 10 9 87 6 Min. Zahl der geprüften Pflanzen . . 15 54 13 32 6 11 Zahl der gekrümmten Pflanzen .1339 G170 1 Präsentationszeit 8 Min. Angewandte Zentrifugalkraft 1,2 — 2,3 g. Dauer der Induktionszeit 5 4 3 2 1 Min. Zahl der geprüften Pflanzen .... 7 22 17 7 16 Zahl der gekrümmten Pflanzen ... 5 11 6 3 0 Präsentationszeit 4 — 5 Min. über die Abhäugigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit usw. 87 Angewandte Zentrifugalkraft 2,5 — 3,5 g. Dauer der Induktionszeit . . . 3V2 — 5 3 2^'^ 2 1 Min. Zahl der geprüften Pflanzen . . 49 50 8 7 16 Zahl der gekrümmten Pflanzen . 28 30 1 3 0 Präsentationszeit 3 Min. Angewandte Zentrifugalkraft 3,7 — 6,8 g. Dauer der Induktionszeit . . 3 — 5 2'/2 2 VJ2 1 '4 Min. Zahl der geprüften Pflanzen . 22 37 43 71 20 20 Zahl der gekrümmten Pflanzen 15 23 27 33 9 4 Präsentationszeit 2 Min. Angewandte Zentrifugalkraft 8,4 — 12,9 g. Dauer der Induktionszeit 1V2 1 V2 V4 Min. Zahl der geprüften Pflanzen .... 3 28 20 31 Zahl der gekrümmten Pflanzen ... 3 15 G 4 Präsentationszeit 1 Min. Angewandte Zentrifugalkraft 18,1 — 20,7 g. Dauer der Induktionszeit 1 V2 Vi Min. Zahl der geprüften Pflanzen 18 5 15 Zahl der gekrümmten Pflanzen 15 5 7 Präsentationszeit V2 Min. Angewandte Zentrifugalkraft 22,1 — 32,6 g. Dauer der Induktionszeit 1 V2 ^U Min. Zahl der geprüften Pflanzen 4 8 27 Zahl der gekrümmten Pflanzen 4 4 22 Präsentationszeit Vi Min. Andere Versuche, in denen die Zentrifugalkraft wie bei der Untersuchung der Reaktionszeit bis zu 111 g gesteigert wurde, sind in der obigen Tabelle nicht angeführt. Denn um Zentrifugalkräfte über ca. 30 g zu erhalten, mußte die Turbine immer mindestens V2 Min. gehen, eine Induktionszeit, die natürlich die Präsentations- zeit bei der betreffenden Zentrifugalkraft längst übersteigt. Diese methodischen Schwierigkeiten verhinderten es, die Präsentationszeit für noch größere Zentrifugalkräfte zu bestimmen; doch zweifle ich nicht daran, daß sie für so große Kräfte noch geringer ist. 2. Zentrifugalkräfte nnter 1 g. Tabelle 36. Vicia Faha, Keimsprosse. Temperatur 22—26". Angewandte Zentrifugalkraft 0,71 g. Dauer der luduktionszeit ... 12 10 9 87 6 Min. Zahl der geprüften Pflanzen . . 16 65 15 34 7 14 Zahl der gekrümmten Pflanzen . 12 40 3 9 1 0 Präsentationszeit 10 Min. 88 H. Bach, Angewandte Zentrifugalkraft 0,6 g. Dauer der Induktionszeit 30 27 Zahl der geprüften Pflanzen .... 13 6 Zahl der gekrümmten Pflanzen ... 12 5 Präsentationszeit 25 Min. Angewandte Zentrifugalkraft 0,4 g. Dauer der Induktionszeit 30 2 7 Zahl der geprüften Pflanzen .... 10 8 Zahl der gekrümmten Pflanzen .... 14 5 Präsentationszeit 30 Min. 25 122 66 25 98 30 Angewandte Zentrifugalkraft 0,13—0,15 g. Dauer der Induktionszeit 55 50 Zahl der geprüften Pflanzen 41 149 Zahl der gekrümmten Pflanzen 31 78 Präsentationszeit 50 Min. 20 Min. 80 35 20 Min. 59 20 45 Min. 69 18 Werden die gefundeneu Werte beider Tabellen in ein Ko- ordinatensystem eingetragen, so ergibt sich folgende Kurve: Min 55 EEE||+TFi — ' i^~"*"~i~" r ^-*— I ' I I 1 1 i ' I 11 10 1Z lit 16 18 ZO ZZ Zt 26 Z8g. Betrachten wir die Kurve , so finden wir auch hier im Anfang ein sehr schnelles Fallen der Präsentationszeit; insofern ist diese Kurve der aus den Reaktionszeiten erhaltenen ähnlich. Doch über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit usw. 89 unterscheidet sie sich von dieser dadurch, daß auch über 1 g mit steigender Zentrifugalkraft ein sehr deutlicher weiterer Abfall der Präsentationszeit zu konstatieren ist, indem die Präsentationszeit von ca. 8 Min. bei 1 g bis auf Vi Min. bei etwa 27 g, dem aus methodischen Gründen kleinsten feststellbaren "Wert, herabsinkt. E. Resultate. Die Ergebnisse meiner Versuche mit Keimsprossen von Vicia Faba sind: 1. Schon bei der Einwirkung von 1 g erreicht die Reaktions- zeit ihren minimalen Wert, sie kann auch durch Zentrifugalkräfte bis 111 g nicht mehr oder nur ganz unbedeutend verkürzt werden. 2. Zentrifugalkräfte unterhalb 1 g haben eine Verlängerung der Präsentations- und Reaktionszeit zur Folge und zwar wächst die letztere anfangs langsam, später sehr rasch. 3. Während Zentrifugalkräfte über 1 g auf die Länge der Reaktionszeit nicht weiter vermindernd einwirken, zeigt die Prä- sentationszeit bei Steigerung der Zentrifugalkraft von 1 auf etwa 27 g eine weitere Abkürzung von 8 auf Vi Min. Die durch Steigerung der einwirkenden Kraft über 1 g hervor- gerufene Steigerung der Erregung drückt sich also zwar nicht in einer Verkürzung der Reaktionszeit, wohl aber in einer solchen der Präsentationszeit deutlich aus. Kapitel V. Präsentations- und Reai(tionszeit in ihrer Abhängigkeit von der verschiedenen Angriffsrichtung der Schwericraft. Nach den im letzten Kapitel erhaltenen Resultaten war es von großem Interesse, an Stelle der verschiedenen Fliehkräfte ver- schiedene Ablenkungswinkel zu studieren, um zu sehen, ob nicht etwa ein der Einwirkung kleiner Fliehkräfte ähnlicher Effekt durch die Schwerkraft hervorgerufen wird, wenn sie in kleinen Ablenkungs- winkeln auf die Versuchspflanzen wirkt. Es kommen nämlich hierbei in der zur Achse des Keimlings senkrechten Richtung nur dem Sinus des Ablenkungswinkels ent- sprechende Bruchteile der Schwerkraft zur Geltung. Daß allerdings nur diese zur Achse des Keimlings senkrechten Bruchteile für die geotropische Reizung der betreffenden Pflanzen von Bedeutung sind, ist nicht von vornherein sicher, doch machen es die im folgenden angeführten Befunde sehr wahrscheinlich. 90 il- I^ach, Die in dieser Richtung angestellten Versuche sollten einerseits zum Vergleich mit den Werten dienen , die bei den entsprechenden Zentrifugalversuchen erhalten wurden, andererseits unsere An- schauungen über den Efi'ekt verschieden großer Winkelablenkung aus der Vertikalrichtung erweitern. Von diesem letzteren Gesichtspunkt aus haben hauptsächlich Czapek (1895, S. 283 ff. und 1898, S. 193 ff.) und Fitting (1905, S. 273 ff.) Versuche angestellt. Die Vorgeschichte unserer Frage findet sich in der Arbeit Fittings (1905, S. 243 ff.), auf die hier- mit verwiesen sei. Nach den Versuchen Fittings darf es als sicher gelten, daß die Horizontale die optimale Reizlage ist. Außerdem fand Fitting, daß sich gleiche Winkel unterhalb und oberhalb des Horizonts hinsichlich der geotropischen Impulse, die in gleichen Zeiten er- folgen, nicht wesentlich unterscheiden. Weiter konnte Fitting aus seinen Versuchen schließen, daß die geotropischen Erregungen mit großer Annäherung mit dem Ver- hältnis der Sinus der Ablenkungswinkel übereinstimmen. „Doch nehmen etwa vom Ablenkungswinkel 30*^ an mit der Verkleinerung dieses Winkels die Intensitäten der Erregung etwas schneller als die Sinuswerte ab" (1905, S. 327). Bei meinen eigenen Versuchen diente mir als Kriterium, wie in den vorhergehenden Kapiteln, die Größe der Präsentations- und Reaktionszeit. Die Versuche wurden so ausgeführt, daß ab- geschnittene Keimlinge von Vicia Fdba auf kreisförmige Papp- scheiben gesetzt wurden. Auf der Fläche des Kreises waren im Abstand von je 15*^ Durchmesser gezogen. Die Versuchspflanzen wurden nun mit Nadeln so aufgesteckt, daß sie auf einem dieser Durchmesser genau senkrecht standen. Mit Hilfe eines Lotes konnte dann die Pappscheibe am Klinostaten in Abständen von 15" genau fixiert, und so die Versuchspflanzen leicht und schnell in jeden beliebigen Ablenkungswinkel von der Horizontalen ein- gestellt werden. Die Versuchspflanzen waren auf der Pappscheibe so angebracht, daß ihre Spitzen in Beziehung auf die Horizontale teils nach oben, teils nach unten sahen, d. h. daß sie mit der Horizontalen einen Winkel « oder 180 — a bildeten. Während der Induktionszeit wurden die Pappscheiben mit den Keimlingen noch durch Überschieben eines Etiolierzylinders vor einseitigem Lichteinfall geschützt. über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Eeaktionszeit usw. 91 Die mit dieser Methode erzielten Resultate finden sich in folgender Tabelle. 1. Präseutationszeit. Tabelle 37. Vicia Faha, Keimsprosse. Temperatur 18 Vi» bis 23". Ablenkungswinkel 00" = Horizontale. Dauer der luduktionszeit .... 8 7 Min. Zahl der geprüften Pflanzen . . . 61 11 Zahl der gekrümmten Pflanzen . . 35 5 Präsentationszeit 7 '4 Min. Ablenkungswinkel 60". Dauer der Induktionszeit 11 — 12 10 9 Min. Zahl der geprüften Pflanzen ....30 158107 Zahl der gekrümmten Pflanzen ... 16 83 39 Präsentationszeit 10 Min. Ablenkungswinkel 45 ". Dauer der luduktionszeit 12 11 10 Min, Zahl der geprüften Pflanzen . . . . 52 51 24 Zahl der gekrümmten Pflanzen . . . 31 25 12 Präsentationszeit ll"o Min. Ablenkungswinkel 30°. Dauer der Induktionszeit 16 14 12 Min. Zahl der geprüften Pflanzen . . . . 71 69 68 Zahl der gekrümmten Pflanzen . . . 57 36 23 Präsentatiouszeit 14 Min. Ablenkungswinkel 15". Dauer der Induktionszeit 20 18 16 14 Min. Zahl der geprüften Pflanzen 85 Gl 92 53. Zahl der gekrümmten Pflanzen .... 54 32 38 20. Präsentationszeit 18 Min. Um nun einen Überblick zu gewinnen über das Verhältnis zwischen den gefundenen Präsentationszeiten und dem Bruchteil der Schwerkraft, der in den einzelnen Winkeln in senkrechter Richtung auf die Versuchspflanzen wirkt, seien die gefundenen Präsentatious- zeiten und ebenso die jeweiligen in senkrechter Richtung zur Achse der Versuchspflanzen wirkenden Teile der Schwerkraft in Form von Kurven dargestellt (S. 92). Die beiden Kurven verlaufen von 90 bis zu 30", besonders aber zwischen den Werten 60 und 30*^, ziemlich parallel. Zwischen diesen Werten entspricht also die Länge der Präsentationszeit ziemUch genau dem Sinus des Winkels. Von 30 '^ an beginnt die Präsentationszeit rascher zu steigen als die Sinuskurve, d. h. die 92 H. Bach, Präsentationszeit wird verhältnismäßig viel größer als der Sinuswert des Winkels verlangte, und dieses Mißverhältnis steigert sich sehr rasch, bis die Kurve der Präsentationszeit bei 0*^ ins Unendliche verläuft. Ob das von 90 bis 60^ etwas raschere Ansteigen der Präsentatiouszeitkurve den wirklichen Verhältnissen entspricht, ist nicht sicher, auch wenig wahrscheinlich. Die Abweichung dürfte über die Abhängigkeit der geotropischen träsentations- und Reaktionszeit usw. 93 in der Unmöglichkeit begründet sein, die Präsentationszeit auf Va Minute genau zu bestimmen. So viel geht aber trotzdem aus der ermittelten Kurve hervor, daß das Verhältnis der Präsentationszeiten bis zu einem Winkel von ca. 30° ziemlich genau demjenigen der Sinus der Ablenkungswinkel entspricht, ein Resultat, das mit dem Fittings auf ganz anderem Wege erreichten gut übereinstimmt. Es ist daher, meiner Ansicht nach, sehr wahrscheinlich, daß in den verschiedenen Winkellagen für die geotropische Wirkung tatsächlich nur die zur Achse der Versuchspflanzen senkrechte Komponente der Schwerkraft in Be- tracht kommt. 2. Reaktionszeit Was die Reaktionszeit für die verschiedenen Winkellagen an- belangt, so sind meine Resultate in folgender Tabelle zusammen- gestellt : Tabelle 38. Vicia Faba, Keimsprosse. Temperatur 18Vs bis 23 ^ Ablenkungswinkel ans der Vertikalen .... 90 60 45 30 15" Mittel der Reaktionszeiten 97,9 93,.3 98,7 93,0 98,0 Min. Zahl der geprüften Pflanzen 57 70 29 94 111 Aus der Tabelle ist ersichtlich, daß die Reaktionszeiten für die untersuchten Winkel um einen gewissen Mittelwert herum schwanken und einander alle ziemlich gleich sind. Von 15*^ an ab- wärts muß dann die Reaktionszeit sehr rasch wachsen, denn sie er- reicht bei 0'' ebenso wie die Präsentationszeit den Wert oo. Doch wurden Versuche, bei denen die Ablenkung weniger als 15° be- tragen hätte, nicht angestellt. Während ich noch mit diesen Versuchen beschäftigt war, er- schien eine Arbeit Czapeks (1906, S. 145 ff.), worin derselbe, wie auch schon in einer früheren Arbeit (1895, S. 292 ff.), betreffs der Reaktionszeit zu dem ganz ähnlichen Resultat gelangt, daß die Reaktionszeiten zwischen 20 und 160° annähernd gleich groß sind. „Unter und über diesen Grenzen ist die Reaktionszeit beträchtlich größer" (a. a. 0. S. 161). Ein sehr merkwürdiges Ergebnis erhalten wir, wenn wir die bei den Zentrifugalversuchen erhaltenen Präsentationszeiten mit den bei den Winkelversuchen erhaltenen vergleichen, indem wir die Sinus- werte von g einsetzen, die der Winkelablenkung entsprechen. Wir erhalten da folgendes Bild: 94 Ä. Bach, Tabelle 39. 1. Zentrifugalversuche. Allgewandte Zentrifugalkraft 1 0,71 0,G 0,4 0,14 g Präsentationszeit 8 10 25 30 50 Min. 2. Ablenkungsversuche. Senkrecht zur Achse der Versuchspflanze einwirkender Teil der Schwerkraft . . 1 0,87 0,71 0,5 0,26 g Prasentationsze.it Vj. 10 11 '/a 14: 18 Min. Aus der Tabelle ist zu ersehen, daß für die Werte 0,7 — 1 g die Präsentationszeiten in beiden Fällen ziemlich gleich lang sind. Unter 0,7 g etwa steigert sich aber dann mit dem weiteren Abfall der einwirkenden Kraft die Präsentationszeit in den Zentrifugal- versuchen sehr viel rascher, als in den Ablenkungsversuchen. Wie ist dieses merkwürdige Resultat zu denken? Meiner Ansicht nach dürfte die Erklärung in folgender Überlegung liegen: Die bei den beiden verschiedenen Versuchsanstellungen in senkrechter Richtung zur Achse der Versuchspflanzeh einwirkenden, gleichstarken Kräfte werden von den Versuchspflanzen verschieden empfunden, weil der Reizzustand, in dem sie sich, abgesehen von der Einwirkung der zu untersuchenden Kraft, befinden, in beiden Fällen verschieden ist. In dem einen Fall, nämlich der Winkelablenkung, wirkt geotropisch auf die Versuchspflanze tatsächlich nur der einseitige, durch die Ablenkung aus der Ruhelage gegebene Reiz der Schwerkraft. Anders bei den Zentrifugalversuchen. Auch hier haben wir zwar den durch Zentrifugieren erreichten, nach einer Richtung auf die Pflanzen- organe wirkenden einseitigen Reiz, aber es ist nicht allein dieser Reiz vorhanden. Er kommt hier vielmehr hinzu zu einem Reiz- zustand, in dem sich der Keimling schon durch die Rotation be- findet. Wir müssen uns nämlich vergegenwärtigen, daß auch bei schneller Rotation, wie Fitting (1905, S. 327) zuerst zeigte, die Schwerkraftwirkung im Prinzip nicht ausgeschaltet werden kann, sondern nur in ihrem krümmenden Effekt. Sie ist bei der Rotation um die horizontale Achse nicht überhaupt aufgehoben, sondern wirkt nur allseitig gleichmäßig auf die Versuchspflanzen, so daß durch die allseitigen einander entgegengesetzten gleich starken Reizungen eine Reaktion nicht zustande kommen kann. Zu diesem allseitig gleichmäßigen, durch die Schwerkraft hervorgerufenen Reiz kommt nun bei den Zentrifugalversuchen der durch den zentrifugalen Trägheitswiderstand bewirkte einseitige Reiz hinzu, der zur Re- aktion führt. Aus diesen Tatsachen könnte sich das obige Resultat über die Abliängigkeit der geotropiscten Präsentations- und Reaktionszeit usw. 95 sehr wohl erklären. Es wird nämlich, die Gültigkeit des Weber- Fechn ersehen Gesetzes vorausgesetzt, auf den Organismus an der Zentrifuge, der durch die Rotation schon in einen Reizzustand versetzt wird, ein größerer Reiz derselben Qualität ausgeübt werden müssen, um eine Reaktion auszulösen, als auf den aus der Ruhe- lage abgelenkten Organismus, der nur dem Reiz der Schwerkraft unterworfsn ist. Kapitel VI. Einfluß des Schütteins auf die Real(tions- und Präsentationszeit. Auf Grund der in Kapitel IV bei den Zentrifugalversuchen erhaltenen Resultate mußten sich mir Zweifel ergeben an der Richtigkeit der von Haberlandt im Interesse der Statolithen- Hypothese ausgeführten Schüttelversuche. Denn die stoßweise Reizung ist, wie schon Noll (1903, S. 134 f.) in seinem kritischen Referat über die Schüttelversuche Haberlandts angibt, im Prinzip nicht von der Zentrifugalwirkung verschieden. A. Literatur. Haberlandt (1903, S. 447 ff.) bediente sich zu seinen Schüttel- versuchen eines "Wassermotors , durch den mit Hilfe geeigneter Übertragungen Sprosse und Wurzeln in der Horizontallage rasch geschüttelt werden konnten. Das wichtigste Stück des Haber- landtschen Schüttelapparates ist die Stoßstange, die durch einen exzentrischen Stift der Zentrifugalscheibe mit Hilfe eines Gelenks und einer Geradführung senkrecht auf und abbewegt wird, von unten her auf den Knopf einer ebenfalls in senkrechter Richtung leicht beweglichen Gabel stößt und so die auf der Gabel befestigten Versuchspflanzen rasch zu schütteln, resp. zu stoßen gestattet. Bei den meisten von Haberlandt untersuchten Objekten genügt nun „ein 5 Minuten langes Schütteln resp. Stoßen in der Horizontallage", „um nachträglich am Klinostaten sehr ausgiebige geotropische Krümmungen zu erzielen" , während die normalen Präsentationszeiten nach Haberlandt im allgemeinen viel länger sind. Die speziellen Angaben Haberlandts werden erst bei der Besprechung meiner eigenen Versuche Berücksichtigung finden. Neben dieser Verkürzung der Präsentationszeit beobachtete Haberlandt auch eine Verkürzung der Reaktionszeit bei ge- schüttelten gegenüber ungeschüttelten , dauernd horizontal gelegten Kontrollpflanzen. 96 S- Bach, Ahnliche Versuche wie von Haberlandt wurden dann auch noch von Darwin (1903, S. 365 ff.) angestellt: Als Kriterium benutzte Darwin die Stärke der nach gleicher Zeit erreichten Krümmung. Er gibt als Verhältnis der Summe der Winkelgrade bei den ungeschüttelten zu der bei den geschüttelten Versuchspflanzen (Keimlinge von Sorghum, Setaria, Panicum) 100 : 143,8 an, also ebenfalls einen Ausschlag zugunsten der ge- schüttelten Pflanzen. Sein Schüttelapparat bestand aus einer auf elektrischem Wege in Schwingung versetzten Stimmgabel. Dann gehört noch hierher eine zweite Arbeit Haberlandts (1906, S. 344 ff.), in der seine ersten Resultate bestätigt werden, und außerdem noch gezeigt wird, daß ein Schütteln der Versuchspflanzen in ihrer Ruhelage keinen Unterschied in der Länge der geotropischen Reaktionszeit bewirkt. B. Methodisches. Der Apparat, den ich zu meinen Versuchen verwandte (s. Fig. S. 97) war nach einem ähnlichen Prinzip, wie der Haberlandts, von dem Universitätsmechaniker Albrecht in Tübingen konstruiert. Als treibende Kraft diente mir ebenso wie Haberlandt eine Wasserturbine, auf deren Achse eine kleine Scheibe angebracht war. Auf dieser Scheibe A ließ sich in einem Scharnier ein fest- stellbarer Bolzen B verschieben und so eine beliebige Entfernung desselben vom Mittelpunkt der Scheibe, d. h. der Drehachse der Turbine, erreichen. Mit Hilfe eines kleinen, an dem Bolzen an- gebrachten Zeigers und einer Skala auf der Scheibe konnte der Bolzen ganz genau und nach Belieben exzentrisch festgestellt werden. Mit dem letzteren war ein um ihn drehbarer Metallarm C verbunden, der durch eine knieförmige Übertragung D die rotierende Bewegung in eine geradlinige verwandelte. Das knieförmige Stück verschob eine Hülse E über einen Metallstab -F, wodurch eine genau senkrechte Bewegung nach oben und unten gesichert war. Durch verschiedene Stellung des Bolzens auf der Skala der Scheibe konnte ich eine Bewegungs- amplitude der Stoßstange zwischen 0 — 50 mm erreichen. Auf die Stoßstange wurde nun ein Aufsatzstück geschraubt, das zur Auf- nahme zylindrischer, zu dem Zwecke besonders angefertigter Töpfe mit den Versuchspflanzen diente. Diese Töpfe, durch drei senk- rechte Eisenstangen 0, Oi (die dritte ist in der Figur nicht ge- zeichnet) mit Hilfe von drei Schrauben festgehalten, konnten sich ('bei- die Abhängigkeit der geotropischen Prasentations- und Reaktionszeit usw. 97 während des Schütteins nicht bewegen. Durch Einschaltung eines knieförmigen Stücks war es möglich, sie in der Horizontallage zu schütteln. Außerdem konnte der ganze Apparat so umgeschraubt werden, daß die Bewegungen der Stoßstange nicht senkrecht nach oben und unten, sondern in horizontaler Ebene hin und her gingen. Wurde nun die Turbine in Gang gesetzt, so machte die Stoß- stange mit den darauf horizontal befestigten Versuchspflanzen ein- fache Schwingungen; die Versuchspflanzen wurden ohne Stöße ge- schüttelt. Versuche dieser Art finden sich im folgenden aufgeführt. Fig. 1. In anderen Versuchen wurde mit Stößen geschüttelt. Diese wurden so erzeugt, daß das knieförmige Stück D bei seiner Be- wegung nach unten jedesmal auf die Spindel einer federnden, höher oder nieder feststellbaren Schraube H aufstieß. Durch verschieden straffes Anspannen der Feder, sowie durch verschieden hohe Ein- stellung der Schraube ließ sich die Stärke der Stöße regulieren. Als Versuchsmaterial verwendete ich: abgeschnittene Blüten- sprosse von Capsella, Sisymbrium officinale, Plantago lanceolata: Keimpflanzen von Vicia Faha, Phaseolus multiforus, Panicum Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. '' 98 fi- ^ach, sanguinale, Setaria alopecuroides ; Wurzeln von Vicia Faba, Pha- seolus muUiflorus. Zu den Versuchen mit Capsella dienten mir junge Blütensprosse mit nur wenigen oder noch gar keinen Früchten und zwar sowohl Haupt- als Seitenachsen, die betreffs der geotropischen Reaktion durchaus keine Unterschiede aufwiesen. Die Versuchspflanzen wurden — gleiches gilt für Sisymhrium und Plantago — , nach An- bringung einer neuen Schnittfläche, mittels Watte in mit Wasser gefüllten Reagensröhrchen befestigt, mit einem Wasserzerstäuber tüchtig besprengt und dann in den Dunkelschrank gesetzt. Nach einer bis mehreren Stunden, nachdem etwaige photo- tropische oder geotropische Reizungen sich ausgeglichen haben mochten, wurden die Pflanzen zu den Versuchen benutzt. Leichte Krümmungen, die sich nicht ausglichen, wurden in der Weise un- schädlich gemacht, daß die Krümmungsebene bei den Versuchen senkrecht zur Wirkung der Schwerkraft orientiert wurde. Die Reagensgläschen, in denen sich die Versuchspflanzen befanden, waren am oberen Ende mit einem Stückchen Gummischlauch überzogen, das dazu diente, sie in etwas weiteren Reagensgläsern, in die sie bei den Versuchen eingeschoben wurden, zu befestigen. Dies hatte den Zweck, einmal die Pflanzen in feuchter Atmosphäre zu halten und dann mechanische Schwingungen und Verbiegungen der Sprosse während des Schütteins unmöglich zu machen. Diese weiteren Reagensröhren waren in wagrechter Stellung auf der Stoßstange des Schüttelapparats befestigt. Das Schütteln fand bei den ersten Versuchen, die Ver- kürzung der Reaktionszeit betreffend, in diffusem Licht statt, bei den weiteren Versuchen wurde der Apparat jedoch, um etwaige Einflüsse ungleichmäßiger Beleuchtung auszuschalten, durch Über- hängen eines schwarzen Tuchs verdunkelt. Nachdem die Versuchspflanzen die gewünschte Zeit geschüttelt worden waren, kamen sie aus den weiteren Reagensröhren in der- selben Lage in den dunklen, feuchten Raum eines Zinkkastens oder zur Ermittlung der Präsentationszeit in das Dunkelzimmer an den Klinostaten. Zu gleicher Zeit mit dem Beginn des Schütteins oder wenige Minuten später, so schnell es die Versuchsbedingungen erlaubten, wurde immer etwa die gleiche Zahl ebenso in Reagensröhrchen ein- gelassener Kontrollpflanzen im Dunkeln dauernd horizontal gelegt oder an den Klinostaten gesetzt. iber die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit usw. 99 Eintritt und Verlauf der Krümmung wurden in der kritischen Zeit immer von 10 zu 10 Minuten, in manchen Fällen auch von 5 zu 5 Minuten kontrolliert. Bei den Versuchen mit Keimpflanzen waren in den Fällen, in denen sie mitsamt den Töpfen geschüttelt wurden, keine weiteren Vorbereitungen nötig, als die Anbringung eines Gipsringes, der das Herausfallen der Erde verhinderte. Die Versuchsanordnung bei den Versuchen mit aus den Töpfen gehobenen Keimlingen und mit Wurzeln wird später an geeigneter Stelle beschrieben werden. Zum Schluß dieses methodischen Teils ist noch hervorzuheben, daß die Versuche alle bei Zimmertemperatur ausgeführt wurden. Geschüttelt und gestoßen wurden die Versuchsobjekte stets nur in der Horizontallage. C. Versuche. Nach meinen in den vorhergehenden Abschnitten mitgeteilten Versuchen war von vornherein zu erwarten, daß die Prüfung der Reaktionszeit keine Aufschlüsse über die Beeinflussung der Er- regung durch Schütteln geben würde, sondern nur eventuell die der Präsentationszeit. Dies haben denn meine Untersuchungen auch bestätigt. 1. Untersuchungen über die Beeinflussung der Reaktionszeit durcli Schütteln. a) Versuche mit dem S. 96 und 97 beschriebenen Schüttelapparat. a) Schütteln ohne Stöße. An erster Stelle seien die Versuche erwähnt, bei denen die Versuchspflanzen verschiedene Zeit lang einem einfachen Schütteln ausgesetzt waren. Die Resultate finden sich in folgender Tabelle. Tabelle 40. Capsella, Blütensprosse. Amplitude Dauer Eeaktionszeit Reaktionszeit der Schwingung des Schütteins der Geschüttelten der Ungeschüttelten mm Min. Min. Min. 2 5 35 (5) 34 (5) 10 10 48 (3) 47 (3) 15 20 4 1 (4) 38 (4) Mittel 40 (12) 38 (12) 100 tt. Bacii, Das in der letzten Zeile angegebene Mittel bezeichnet den Mittelwert der Reaktionszeit aller untersuchten Pflanzen zusammen. Die in Klammern hinter den Reaktionszeiten stehenden Zahlen bezeichnen die Zahl der geprüften Pflanzen. Dies gilt auch für alle folgenden Tabellen. Die Zahl der Schwingungen, resp. in den späteren Versuchen der Stöße beträgt, wenn nichts Besonderes angegeben, ca. 4—8 pro Sekunde. Tabelle 41. Vicia Faba, Keimsprosse. Amplitude Dauer des Schüttelns Min. 1 Reaktionszeit der Geschüttelten Min. Reaktionszeit der Kontrollpflanzen Min. klein IV2 mm 10 10 7 7 (2) 63 (2) Mittel 70 (4) 67 (2) 69 (2) 68 (4) Wie aus der Tabelle ersichtlich, ergab diese Art des Schütteins keine Resultate zugunsten der geschüttelten Pflanzen, was auch nicht weiter merkwürdig ist, da ja bei dieser Art des Schütteins ohne Stöße die lebendige Kraft der Bewegung nach unten und oben ganz gleich stark und entgegengesetzt wirkt. ß) Schütteln mit Stößen. Tabelle 42. Capsella, Blütensprosse. Amplitude Dauer Reaktionszeit Reaktionszeit des Schütteins der Geschüttelten der Kontrollpflanzen mm Min. Min. Min. % 5 39 (3) 41 (3) 2 5 51 (3) 47 (3) 2 10 52 (3) 47 (3) 2 20 39 (4) 43 (4) 10 10 41 (3) 38 (3) 15 5 42 (3) 47 (3) 15 6 37 (4) 36 (5) 15 10 52 (3) 58 (3) 15 20 31 (2) 48 (1) 15 20 31 (2) 34 (3) 15 20 40 (3) 40 (3) 15 20 36 (3) 38 (3) Mittel 41 (36) i 42 (37) über die Abhängigkeit der geotropisclien Präsentations- und Reaktionszeit usw. 101 Tabelle 43. Vicia Faha, Keimsprosse in Töpfen. Amplitude Dauer Reaktionszeit Reaktionszeit des Schütteins der Geschüttelten der Kontrollpflanzen mm Min. Min. Min. IV. 10 71 (4) 76 (2) IV. 10 63 (2) 70 (2) IV. 5 60 (4) 57 (3) IV. 10 59 (2) 59 (3) 3 20 45 (3) 49 (3) 5 10 65 (2) 67 (3) 10 10 73 (2) 69 (2) 15 5 44 (3) 43 (2) 15 20 50 (2) 52 (3) 15 10 37 (4) 48 (5) 15 20 53 (3) 42 (4) 15 20 39 (3) 46 (4) 3 20 45 (3) 49 (3) Mittel 53,3 ^37^ 54 (39) Tabe slle 44. 1 5 IV. 20 3 5 3 20 3 20 15 10 15 20 Tabelle 45 3 5 3 20 15 5 15 5 20 5 15 10 15 20 Sisymbrium officinale, Blütensprosse. 46 (2- 45 (4) 32 (5) 42 (5) 55 (5) 39 (5) 53 (5; Mittel 44 (25) 34 (2) 31 (4) 41 (4) 39 (5) 51 (5) 43 (5) 56 (4) 46 (23) Phaseollis muUiflorus, Keimsprosse. 41 (3) 48 (3) 36 (3) 33 (2) 41 (3) 41 (3) 37 (4) 54 (3) 28 (3) 41 (2) 56 (2) 56 ;2) 57 (3) 46 (2) Mittel 41 ''21 4 C, ' 1 7 Die in Tabelle 46 bei zwei Versuchen erzielten Ergebnisse zu- gunsten der geschüttelten Pflanzen können die Beweiskraft der fünf anderen Versuche dafür, daß das Schütteln ohne Einfluß ist, nicht aulheben, zumal auch in Anbetracht des letzten Versuchs, in dem eine starke Differenz zugunsten der ungeschüttelten Pflanzen hervor- 102 H. Bach, tritt. Diese großen Differenzen stehen hier wahrscheinlich in Zu- sammenhang mit dem für derartige Versuche sehr ungünstigen Material von Phaseolus-T^eimlingeu, die ihr in jüngeren Stadien haken- förmig eingekrümmtes Ende meist erst gerade strecken, wenn das erste epikotyle Glied sein Wachstum beinahe vollendet hat. Dieser letztere Umstand, nämlich daß das erste epikotyle Glied ein be- grenztes Wachstum hat, so daß man nicht weiß, in welcher Periode des Wachstums es sich bei Anstellung des Versuchs gerade befindet, und die damit zusammenhängende Unmöglichkeit eines richtigen Vergleichs verschiedener Versuchspflanzen bewog mich, die Ver- suche mit diesem Material nicht weiter fortzuführen, es auch sonst in meinen Versuchen möglichst wenig zu benutzen. Außerdem könnte bei den beiden obigen Versuchen auch noch störend der Umstand gewirkt haben, daß die Versuchspflanzen während des Schütteins bei den großen Amplituden ziemlich starke Schwingungen machten. Diese Schwingungen wurden bei den ab- geschnittenen Sprossen, wie im methodischen Teil beschrieben, ver- hindert, ebenso bei den in Töpfen befindlichen längeren Keim- lingen von Vicia Faba durch übergeschobene und auf den Topf aufgegipste Glasröhrchen. Auch aus den Tabellen 42 — 45 geht also wieder einheitlich das Resultat hervor, daß auch bei Anwendung von sehr schwachen bis sehr starken Stößen weder in der Re- aktionszeit noch auch in der Stärke der Krümmung, soweit darauf geachtet wurde, ein irgendwie deutlicher Unterschied zugunsten der geschüttelten Pflanzen zu bemerken war. Die Stärke der Krümmung habe ich nie in Graden angegeben, da die Messung der Krümmungen sehr schwer ist und dem sub- jektiven Empfinden des Beobachters den freiesten Spielraum läßt. Ich verglich vielmehr geschüttelte und ungeschüttelte Pflanzen, indem ich sie hintereinander hielt, wobei sich leicht entscheiden ließ, ob die Krümmung in beiden Fällen zusammenfiel, d. h. gleich stark war oder nicht. b) Versuche mit anderen Schüttelmethoden. Nachdem auch diese Versuche nicht zu denselben Ergebnissen geführt hatten, wie sie Haberlandt angibt, konstruierte ich mir einen Apparat ähnlich dem von Haberlandt, S. 495 und 496 seiner Arbeit (1903), beschriebenen Pendelapparat, der es ermöglichte, sehr wenige und sanfte Stöße von unten auf die Sprosse auszuüben. Im Durchschnitt kamen 75 Stöße pro Minute zur Anwendung. über ilie Abhängigkeit der geotropischeii Präsentations- und Eeaktionszeit usw. 103 Der Apparat bestand aus einem Taktnaesser, der durch ein an einem Flaschenzug aufgehängtes Gewicht in Bewegung gehalten wurde. Er lief gerade eine Stunde, also lange genug, um in der kritischen Zeit Eintritt und Verlauf der Krümmung beobachten zu können. Das Pendel schlug bei jeder zweiten Schwingung mittels eines Tasters aus Glas gegen einen zweiarmigen Metallhebel, dessen Drehpunkt so gewählt war, daß das auf die Versuchspflanzen stoßende Ende jedesmal nach dem Stoß in seine Ruhelage zurück- kehrte. Durch eine am andern Arm angebrachte Schraube konnte die Bewegungsamplitude des Hebels und damit die Stärke der Stöße modifiziert werden. An dem den Stoß versetzenden Arm des Hebels war horizontal eine dünne Glasröhre angebracht, so daß durch deren Hebung beim jedesmaligen Aufstoßen des Pendels auf den Hebel eine ganze Reihe horizontal gelegter Versuchs- pflanzen zugleich einen leichten Stoß von unten bekam. Die Versuchspflanzen waren in der oben beschriebenen Weise in Glasröhrchen befestigt, die mit Wasser gefüllt waren. Der ganze Apparat befand sich während der Versuche unter einem Dunkelkasten. Die Stöße wurden, abgesehen von einem Versuch, auf den unteren, nicht mehr wachstumsfähigen Teil des Stengels ausgeübt. Die Versuchspflanzen wurden die ganze Reaktionszeit über ge- stoßen. Die Resultate sind in folgender Tabelle zusammengestellt: Tabelle 46. Capsella, Blütensprosse. Reaktionszeit Reaktionszeit der Geschüttelten der Kontrollpflanzen Min. Min. 38 (3) 30 (3) 41 (4) 34 (4) 42 (3) 40 (4) 52 (4) 47 (4) 50 C4) 46 (4) 50 (4) 48 (4^§ Mittel 46 (22) 42 (23; Tabelle 47. Sisymbrium officinale, Blütensprosse. 42 (3; I 32 (3) 40 (4) I 46 (4) 27 (4) 34 (4) 37 (4) 32 (4) 35 (2) 31 (4^ 39 ;4) 36 '4) Mittel 36 (21) 35 (,23^ IQ^ H. Bach, In dem mit § bezeichneten Versuch wurden die Versuchs- pflanzen so gestoßen, daß die Stöße den vorderen, noch wachstums- fähigen Teil des Sprosses trafen. Dabei ist zu bemerken, daß eins der geschüttelten Objekte sich durch Aufwärtskrümmung bald von der stoßenden Glasröhre entfernte und nun nicht weiter ge- stoßen wurde. Wie aus den Tabellen ersichtlich, erhielt ich auch bei dieser Versuchsanstellung kein Resultat zugunsten einer Ver- kürzung der Reaktionszeit bei den gestoßenen Versuchs- pflanzen. — Um nun dem Vorwurf zu entgehen, mein S. 96 und 97 be- schriebener Schüttelapparat sei in seiner Wirkungsweise vielleicht von dem Haberlandtschen verschieden gewesen, konstruierte ich ein Zusatzstück, mit dem zusammen mein Apparat genau dem von Haberlandt benutzten entsprach. Der Stempel der Stoßstange stieß durch die runde Öffnung eines Tisches auf einen durch drei Eisenstangen in ihm ohne Reibung senkrecht nach oben und unten beweglichen Aufsatz, der in seiner Mitte einen Stab trug, an dem die für die Befestigung der Versuchspflanzen nötigen Teile angebracht waren. Das obere Ende des Stabs war von einer metallenen Hülse umgeben, in der der Stab sich nur in senkrechter Richtung auf- und abwärts be- wegen konnte, so daß auf diese Weise und außerdem noch durch die drei oben erwähnten Eisenstangen des Aufsatzes die Gerad- führung des ganzen Aufsatzstückes gesichert war. Bei jeder Umdrehung der Turbine wurde das Aufsatzstück mit den Versuchspflanzen in die Höhe gestoßen und fiel dann durch sein eigenes Gewicht wieder auf den Tisch zurück, in dem es sich bewegte. Die Versuchspflanzen befanden sich bei den mit diesem Appa- rat angestellten Versuchen nicht in den Töpfen, in denen sie ge- zogen worden waren; sie waren vielmehr in derselben Weise zu den Versuchen vorbereitet, wie es schon bei den Versuchen S. 68 beschrieben worden ist. Um Schwingungen und mechanische Ver- biegungen während des Schütteins zu verhindern, waren die Ver- suchspflanzen von Vicia Faha auf einem Brettchen so befestigt, daß sie mit der beim Schütteln nach unten gerichteten Seite einem festen Widerlager aus Kork anlagen. Das ganze Brettchen mitsamt den Versuchspflanzen wurde auf den Schüttelapparat gesetzt. über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit usw. 105 Nach einigen Versuchen mit Keimsprossen von Vicia Faha in diffusem Licht zog ich es auch hier vor, die Versuchspflanzen während des Schütteins zu verdunkeln. Die Resultate sind in folgenden Tabellen zusammengestellt. Tabelle 48. Sisymbrium ofßcinale, Blütensprosse. Amplitude Dauer Reaktionszeit Reaktionszeit des Schütteins der Geschüttelten der Kontrollpflanzen mm Min. Min. Min. 1 5 46 (2) 34 (2) iV, 20 36 (3) 31 (4) 6 10 33 (4) 48 (4) 6 10 40 (2) 39 (3^ 6 20 ' 47 (3) 48 (3) 6 20 51 (4^; 46 3j Mittel 42 il8) 41 U9; Tabelle 49. Vicia Faha, Keimsprosse. 1 10 53 (4; 61 (4' 4 5 54 (3) 60 ^4^ über 3 5 60 (7"^ 56 (8) 27. 5 54 (6) 57 (7) unter 1 10 81 {9,^ 82 {ß) 0,5 10 65 (7) 64 (7) 2V. 11 65 (6) 67 (Q'^ über 1"., 15 55 (7) 60 (7) 3 20 87 (6) 77 (7) ■p 20 80 (5) 80 (4) 3 20 67 (7) 83 (7) 2'/. 20 82 (6) 86 (6) 0.5 20 64 ('6'' 66 (6' unter 1 20 67 (9 7 2 ('8 Mittel 67 (%V 69 (89) Also auch hier wieder dasselbe Resultat wie in allen bisherigen Versuchen. Mit demselben Apparat wurden auch noch Versuche über das Verhalten der Wurzeln beim Schütteln angestellt. Die Wurzeln (von Vicia Faha und Fhaseolus), in Sägespänen kultiviert, wurden zum Gebrauch vorsichtig aus dem Keimbett herausgezogen, mit Wasser abgewaschen und der Reihe nach in senkrechter Lage an mit Kork überzogene Leisten gesteckt, so daß sie zum größten Teil in ein unter den Leisten stehendes Gefäß mit Wasser tauchten. 106 H. Bach, Waren zwei Leisten so mit Wurzeln besteckt, so kam die eine nach Drehung um 90*^, so daß nunmehr die Wurzeln also genau horizontal standen, in den feuchten, dunklen B,aura eines Zinkkastens. Die andere wurde in ein mit feuchtem Filtrierpapier ausgeschlagenes Holzkästchen geschoben und zwar ebenfalls so, daß die Wurzeln horizontal lagen. Das Kästchen war am Schüttel- apparat angebracht. Das Schütteln konnte nun sofort beginnen. Nach dem Schütteln kamen die Wurzeln zu den Kontrollwurzeln in den Zinkkasten und wurden ebenso wie diese während der Re- aktionszeit öfters mit dem Wasserzerstäuber besprengt. Eine Vor- kehrung, Schwingungen oder Verbiegungen der Wurzeln beim Schütteln auszuschließen, wurde hier nicht angebracht, da einerseits die benutzten Wurzeln bei der geringen Länge, die sie hatten, noch vollständig steif waren, anderseits bei einer gegen derartige Schwingungen durch ein festes Widerlager getroffenen Vorkehrung die Gefahr thigmotropischer oder traumatropischer Beizungen sehr groß gewesen wäre. Die mit den Wurzeln von Vicia Faba erhaltenen Resultate sind in folgender Tabelle zusammengestellt. Tab eile 50. Vicia Faba, Keimwurzeln. Amplitude (Zahl der Stöße pro Sekunde) Dauer Reaktionszeit Reaktionszeit des Schütteins der Geschüttelten der Kontrollpflanzen mm Min. Min. Min. 0,2 — 0,3 (8 — 9) 5 65 (4) 60 (3) unter 0,5 (5 — 6» 5 76 (5) 71 (6) „ 0,5 (5 — 6; 10 63 (5) 66 (,4) „ 0,5 (4-5) 3 80 (6) 69 (6) 0,5 (4) 5 68 (3) 75 (3) 0,5 (3—4) 10 66 (3) 62 (3) 1% (4) 5 72 (4) 75 (6) über 2 (7) 7 74 (4) 84 (4) „ 2 (9) 15 84 (2) 65 (4) 2% (7) 20 93 (4) 74 (4) 3 (4) 10 67 (4) 79 (5) 3 (3-4) 5 61 (5) 63 (5) 3 (5 — 6) 20 64 (10) 1 64 (8) Mittel 70,8 (59) 70,0 (61) Wie aus der Tabelle hervorgeht, ist auch hier das allgemeine Ergebnis, daß das Schütteln keinen Einfluß auf die Reaktionszeit über die Abhiingigkeit der geotropischen Präsentations- luul Reaktionszeit, usw, 107 hat, bestätigt. Doch kommen hier sowohl bei den geschüttelten, als bei den ungeschüttelten Wurzeln größere Verschiedenheiten vor, die sich aber bei einer größeren Zahl von Versuchen immer derart ausgleichen, daß trotzdem das angegebene Resultat herauskommt. Diese größeren Verschiedenheiten beruhen wohl darauf, daß die Wurzeln eben gegen alle möglichen störenden Einflüsse viel empfind- licher sind als die bei den Versuchen in ihrem natürlichen Medium beobachteten Sprosse. Ebensowenig aber, wie sich eine Verkürzung der Reaktionszeit bei den geschüttelten Wurzeln von Vicia Faba konstatieren läßt, ebensowenig kann mau auch auf Grund der angeführten Ver- suche behaupten, daß durch zu starkes Schütteln infolge einer Shockwirkung eine Verlängerung der Reaktionszeit hervorgerufen werde, während nach Haberlandt (1903, S. 493) zu rasches Schütteln resp. Stoßen einen schädigenden Einfluß auf die geo- tropische Sensibilität auszuüben scheint. Spezielle Angaben darüber finden sich in Haberlandts (1906, S. 349) zweiter Arbeit, wo gesagt wird: „Wenn das Schütteln nur 5—10 Minuten lang dauerte, die Anzahl der Stöße bloß 5 per Sekunde, und die Stoßhöhe nur Bruchteile eines Millimeters betrug (0,2 — 0,3 mm), dann trat die geotropische Krümmung der in horizontaler Stellung geschüttelten Wurzeln fast immer bedeutend früher ein, als die der vertikal und der nicht geschüttelten Wurzeln". In einer Richtung konnte ich jedoch diese Angaben Hab erlandts bestätigen, nämlich insofern sich bei meinen Versuchen mit Wurzeln von Phaseolus bei Überschreiten der von Haberlandt angegebenen Grenzen eine Verlängerung der Reaktionszeit der geschüttelten Wurzeln gegenüber der der ungeschüttelten Kontrollwurzeln beob- achten ließ. Die Resultate sind in folgender Tabelle zusammengestellt. Tabelle 51. Phaseolus muUiporus, Keimwurzeln. Amplitude (Zahl der Dauer Eeaktion.szeit Reaktionszeit Stöße pro Sekunde) des Schütteins der Geschüttelten der Kontrollpflanzen mm Min. Min. Min. 0,3 (8-9) ö 78 (6) 1 - 15; 0.3 -5) 10 58 (4 ' 69 (5^' unter 0,5 (4) 3 73 {-! 75 (5^ 0,5 (i' 5 54 .3) 54 '3) 0,5 U-b) 7 74 ^5'' 83 (4) 0,5 4—5' . 10 69 4 59 (3- Mittel 69, G ,29) 71,8 ,25) 108 H. Bach, Fortsetzung der Tabelle 51. Amplitude (Zahl der Dauer Eeaktionszeit Eeaktionszeit Stöße pro Sekunde) des Schüttelns der Geschüttelten der Kontrollpflanzen mm Min. Min. Min. IV2 (4-5) 5 88 (5) 69 (5) über 2 (7) 15 78 (5) 65 (6) „ 2 (4) 5 62 (6) 73 (6) 274 (6-7) 15 93 (5) 87 (5) „ 3 (6-7) 20 132 (4) 90 (4) 3 (6) 15 111 (6) 64 (6) 3 (6 — 7) 20 100 (6) 61 (7) Mittel 93,6 ^37) 71,3 (39) In der ersten Hälfte der Tabelle sind diejenigen Versuche aufgeführt, in denen das Schütteln die von Haberlandt an- gegebenen Grenzen nicht überschritt. Sie ergaben also wieder dasselbe bisher immer festgestellte Ergebnis der Bedeutungslosigkeit des Schütteins. In der zweiten Hälfte der Tabelle finden sich Versuche mit Überschreitung der von Haberlandt angegebenen Grenzen und hier konnte also, in Übereinstimmung mit dem genannten Forscher, ein schädigender Einfluß des zu starken Schütteins konstatiert werden. 2. Untersuchungen über die Beeinflussung der Präsentationszeit durcli Scliütteln. Zur Untersuchung der Präsentationszeit wurden die Versuchs- pflanzen, nachdem sie die gewünschte Zeit geschüttelt, resp. ruhig horizontal exponiert worden waren, am Klinostaten gedreht und zwar meist im Dunkeln, die Wurzeln in diffusem Licht. Bei den Wurzeln war weiter noch eine Vorkehrung nötig, um sie während der Drehung in dampfgesättigtem Raum zu halten. Dies wurde so erreicht, daß sie sich auf der schon S. 81 beschriebenen Scheibe des Zentrifugalapparates unter dem Glasbehälter befanden. Die Scheibe mit den Wurzeln konnte auf die Khnostatenachse auf- gesetzt werden. über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit usw. 109 a) Versuche mit Objekten, die auch von Haberlandt benutzt wurden. Tabelle 52. Cajysella, Blütensprosse. (Versuche mit meinem Schüttelapparat.) stoßhöhe 2 — 15 mm. Zahl der Stöße pro Sekunde 0 — 10. Dauer der Induktionszeit 20 15 5 4 3 2 l'/.^ Min. Zahl der geprüften geschüttelten (Kontroll-) 8 9 44515 4 Pflanzen US; jOJ (40) (6) (28) ,30^ (ö) Zahl d. gekrümmten geschüttelt. (Kontroll-) 8 9 41 5 13 4 Pflanzen (12) (10) (36) (4) (22) (21) (2) Präsentationszeit der geschüttelten (Kontroll-) Pflanzen: unter 3 Min. Aus der Tabelle geht unzweideutig hervor, daß sowohl für ge- schüttelte als für ungeschüttelte Objekte die Präsentationszeit unter 3 Minuten liegt. Die Pflanzen wurden hier, wie auch in allen folgenden Ver- suchen, immer während der ganzen Induktionszeit geschüttelt. Unterhalb 3 Minuten wurde nur noch mit ungeschüttelten Exemplaren eine größere Reihe von Versuchen angestellt, da es bei dieser kurzen Zeit seine Schwierigkeiten hatte, mit den ge- schüttelten Pflanzen alle nötigen Manipulationen auszuführen. Haberlandt gibt als Präsentationszeit der geschüttelten Sprosse den gleichen Wert wie ich an, nämlich 3 Minuten, dagegen beträgt nach ihm die normale Präsentationszeit 25 Minuten, während aus meinen Versuchen unzweideutig ein viel kleinerer Wert folgt, ein Wert, der jedenfalls nicht größer ist, als der für die geschüttelten Pflanzen festgestellte. Tabelle 53. PJantago lanceolafa, Blütensprosse. (Versuche mit meinem Schüttelapparat.) stoßhöhe 3 und 15 mm, Stöße schnell und stark. Dauer der Induktionszeit 4 3 ,Miii. Zahl der geprüften geschüttelten (Kontroll-) Pflanzen 22 29 (28) (37) Zahl der gekrümmten geschüttelten (Kontroll-) Pflanzen 16 23 (17^ (27) Präsentationszeit der geschüttelten (Kontroll-) Pf lauzen : 3 Min. Die von Haberlandt angegebene Präsentationszeit von 3 Mi- nuten für die geschüttelten Pflanzen harmoniert also wieder mit meinen Resultaten, dagegen ist die von ihm angegebene normale Präsentationszeit von 15 Minuten viel höher als die von mir gefundene. 110 H. Bach, Tabelle 54. Vicia Faha, Keimwurzeln. (Versuche mit dem Haberlandtschen Schüttelapparat.) stoßhöhe 0,25 bis über 3 mm. Zalil der Stöße pro Sek. 4 — 10. Dauer der Induktionszeit 10 Zahl der geprüften geschüttelten (Kontroll-) Pflanzen . 10 7 6 5 Min 7 22 75 43 (7) 1 7) (75) (45) 5 11 39 19 (6) (15) (40) (20) Zahl der gekrümmten geschüttelten (Kontroll-) Pflanzen Präsentationszeit der geschüttelten (Kontroll-) Pflanzen: 6 Min. Tabelle 55. Phaseolus muUiflorus, Keimwurzeln. (Versuche mit dem Haberlandtschen Schüttelapparat.) stoßhöhe unter 0,5 bis 3 mm. Zahl der Stöße pro Sek. 4 — 8. Stoßhöhe unter 1 mm Stoßh. 1 mm u. darüber Dauer der Induktiouszeit 8 7 8 Min. Zahl der geprüften geschütt. (Kontroll-J 41 45 32 Pflanzen (79) (45) Zahl der gekrümmt, geschütt. (Kontroll-) 21 19 12 Pflanzen (57) (22) Aus den Tabellen geht wieder klar hervor, daß die Präsen- tationszeit für geschüttelte und ungeschüttelte Wurzeln von Vicia Fdba und Phaseolus gleich ist, nämlich 6 resp. 7 — 8 Minuten. Außerdem ist ein schädigender Einfluß zu starken Schütteins bei Vicia Faba nicht zu beobachten, während derselbe, wie bei der Untersuchung der Reaktionszeit, bei Keimwurzeln von Phaseolus hervortritt, indem zu stark geschüttelte "Wurzeln bei 8 Minuten die Präsentationszeit noch nicht erreicht haben, während die weniger stark geschüttelten bei derselben Reizungsdauer in mehr als der Hälfte der Exemplare eine Krümmung aufweisen. Übrigens scheint bei PA a.seo/i/5 -Wurzeln, wie aus der Tabelle hervorgeht, auch schon ein Schütteln mit einer Stoßhöhe unter 1 mm einen hemmenden Einfluß auszuüben. Haberlandt exponierte die Wurzeln von Vicia Faha und Phaseolus 7 und 5 Minuten und erhielt in den meisten Fällen noch Krümmungen. Die von mir gefundenen Präsentationszeiten von 6 resp. 7 — 8 Minuten kommen diesen Werten ziemlich nahe, nur fand ich auch hier wieder die Präsentationszeit für geschüttelte und un- geschüttelte Wurzeln gleich groß. Haberlandt scheint mit den Wurzeln dieser beiden Pflanzen selbst gar keine Versuche über die normale Präsentationszeit angestellt zu haben, wenigstens gibt er iüv Vicia Faha als Vergleich nur die von Czapek aufgestellte Prä- sentationszeit von 50 Minuten an. über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und Reaktionszeit usw. Hl b) Versuche mit Objekten, die von Haberlandt nicht benutzt wurden. Tabelle 56. Vicia Faba, Keimsprosse im Topf. (Versuche mit meinem Schüttelapparat.) Stotihöhe 3 — 40 mm, Stöße sehr schnell. Dauer der Induktionszeit 7 0 ö Min. Zahl der geprüften geschüttelten (Kontroll-) Pflanzen 4 23 7 (4> (23) (7) Zahl der gekrümmten geschüttelten (Kontroll-) Pflanzen .... 4 18 ö (4) (17) (5) Präsentationszeit der geschüttelten fKontroU-) Pflanzen- unter 5 Min. Tabelle 57. Vicia Faba, Keimsprosse, abgeschnitten. (Versuche mit dem Haberlandt sehen Schüttelapparat.) stoßhöhe unter 0,5 bis S'/a mm, Zahl der Stöße pro Sek. 4 — 9. Dauer der Induktionszeit 12 10 9 8 7 Min. Zahl der geprüften geschüttelten (Kontroll-) Pflanzen ..6 21 13 33 14 i7) (19' 13) i'3l) (14) Zahl der gekrümmten geschüttelten (Kontroll- ) Pflanzen 6 14 11 21 b •X) (U) (12) (19) (11) Präsentationszeit der geschüttelten (Kontroll-) Pflanzen: 7 — 8 Min. Wie aus den Versuchstabellen hervorgeht, gilt auch hier der Satz, daß die Präsentationszeit für geschüttelte und ungeschüttelte Versuchspflanzen gleich groß ist. Daß die in den Töpfen geprüften Versuchspflanzen eine ziemlich kleinere Präsentationszeit aufweisen als die abgeschnittenen, hängt wohl damit zusammen, daß die letzteren in der kühleren" Jahreszeit im geheizten Zimmer, die ersteren im Juli im ungeheizten Raum zur Verwendung kamen. — Endlich stellte ich auch noch einige Versuche mit Setaria und Panicum an, um auch einige der von Darwin untersuchten Pflanzen zu prüfen. Hatten die Keimpflanzen eine genügende Länge (1 — 4 cm) erreicht, ein Stadium, in dem die Koleoptile noch nicht durch- brochen ist, so wurden die Töpfe mitsamt den Hülsen aus schwarzem Papier (vgl. Kapitel I) an den Schüttelapparat resp. den Khno- staten gesetzt. Auch die Versuche mit diesen Pflanzen ergaben wieder das- selbe Resultat, nämlich daß die Präsentationszeit bei geschüttelten und ungeschüttelten Pflanzen gleich ist; und zwar beträgt sie nach den wenigen von mir angestellten Versuchen für Panicum etwa 10, inr Setaria etwa 12 Minuten. Auch in der Stärke der Krümmung 112 H- Bach, ließ sich kein in die Augen fallender Unterschied zugunsten der geschüttelten Pflanzen beobachten, wobei allerdings aus dem schon oben angeführten Grunde auf eine genaue Messung derselben in Graden verzichtet wurde. Besonders achtete ich auch auf das Zurückgehen der Krümmung, weil mir in den Versuchstabellen von Darwin sehr auffiel, nach wie langer Zeit erst von ihm vielfach die Krümmungen gemessen Avurden. So wurde bei Setaria die Krümmung nur in 4 unter 12 Fällen schon nach 1 Stunde 2 Minuten bis 2 Stunden 35 Mi- nuten gemessen, in den übrigen 8 Fällen dagegen erst nach 3 Stunden 6 Minuten bis 7 Stunden 21 Minuten, d. h. nach einer Zeit, nach der in meinen Versuchen spätestens die Krümmung schon wieder zurückgegangen war. Dabei ist zu bemerken, daß Darwin die Schwerkraft außer in zwei Fällen, wo sie 15 — 20 Minuten wirkte, meist sehr viel kürzer, nämlich nur 5 — 12 Minuten auf die Ver- suchspflanzen hat einwirken lassen. "Wie es unter diesen Um- ständen zu erklären ist, daß Darwin die Krümmung in 5 Fällen noch nach 3 Stunden 6 Minuten bis 7 Stunden 21 Minuten messen konnte, ist mir nicht erklärlich. D. Versuchsresultate und Folgerungen für die Statolithen- hypothese. Ganz allgemein hat sich in meinen Versuchen bei allen an- gewandten Schüttelmethoden und bei allen Versuchspflanzen ergeben, daß Schütteln mit oder ohne Stöße ohne jeglichen Ein- fluß auf die Länge der Präsentations- und Reaktionszeit ist, abgesehen von den "Wurzeln von Phaseolus, bei denen sich ein zu heftiges Schütteln in einer Verlängerung der Präsentations- zeit und der Reaktionszeit geltend macht. Inwieweit meine Versuchsresultate mit denen Haberlandts übereinstimmen, ist schon oben ausgeführt. Im allgemeinen besteht zwischen beiden ein mir unerklärlicher Widerspruch. Doch glaube ich in den angeführten Versuchstabellen ein genügendes Beweis- material für die Richtigkeit meiner Behauptung gegeben zu haben, während Haberlandt sich mit der Angabe von nur sehr wenigem Material begnügte. Diese meine Befunde stehen nicht im Widerspruch mit der eingangs dieses Kapitels schon erwähnten Erklärung Nolls, der ja in den Schüttelversuchen im Prinzip nichts anderes als Zentrifugal- über die Abhängigkeit der geotropiscben Präsenf atioiis- und Reaktionszeit usw. 113 versuche sieht. Ebenso wie bei den Zentrifugalversuchen durch Steigerung der Zentrifugalkraft von 1 auf 111 g keine deutliche Verkürzung der Reaktionszeit beobachtet werden konnte, so auch nicht bei den Schüttelversuchen. Daß auch die Präsentationszeit der geschüttelten Pflanzen gegenüber der der ungeschüttelten nicht kürzer ist, läßt im Vergleich mit den bei den Zentrifugalversuchen erhaltenen Resultaten den Schluß zu, daß die durch das Schütteln erzeugten Zentrifugalkräfte sehr gering sind, was ja bei den meist angewandten kleinen Schwingungsamplituden auch nicht weiter auffallend ist. Mit diesem Ausfall meiner Versuche ist auch diese von Haberlandt in seiner ersten Arbeit (1903, S. 500) als indirekter Beweis bezeichnete, auf den Schüttelversuchen basierende Stütze der Statolithenhypothese hinfällig geworden. Es fehlt daher auch heute noch an jedem strikten Beweis für die genannte Hypothese über die Schwerkraftempfindung bei den Pflanzen. Der den Resultaten Hab er 1 an dt s widersprechende Ausfall meiner Versuche ist aber natürlich ebensowenig ein Beweis gegen die Hypothese. Ein solcher ist (vgl. Jost, 1904, S. 277) bei dem gegenwärtigen Stand derselben überhaupt sehr schwer denkbar. Vielleicht ließe sich ein solcher noch aufbauen auf den Resul- taten, die Piccard (1904, S. 94 ff.) bei seinen Zentrifugalversuchen, ihre Richtigkeit vorausgesetzt, erhielt. Doch habe ich in dieser Richtung noch keine Versuche anstellen können. Kapitel VII. Mikroskopische Bestimmung der Reaktionszeit. Bisher wurden die Reaktionszeiten mit bloßem Auge geprüft. Es könnte nun aber der Einwand gemacht werden, daß vielleicht die Reaktion schon sehr viel früher, nur dem unbewaffneten Auge nicht sichtbar, beginne. Unter diesen Umständen schien eine Prüfung dieser Frage erwünscht, um ein Urteil darüber zu ge- winnen, inwieweit die makroskopisch zu beobachtende Reaktionszeit den tatsächlichen Beginn der Krümmung angibt. Veranlaßt wurden diese Versuche durch Moisescus „Kleine Mitteilung über die Anwendung des horizontalen Mikroskops zur Bestimmung der Reaktionszeit" (1905, S. 364 ff.). Verfasser beobachtete an 1 — 3 cm langen Keimwurzeln von Lupinus albus, Zca Maijs, Cucurbita, Vicia safiva, mit Hilfe des Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 8 11^ H. Bach, Horizontalmikroskops (23 Teilstriche = 1 mm) den Beginn der Re- aktion und gibt als Resultat seiner Beobachtungen an, daß die Wurzelspitze sofort nach dem Horizontallegen dauernd sinkt, was er als Folge der geotropischen Krümmungsbewegung in der Aktionszone ansieht. Bei einigen Wurzeln kann nach den Angaben des Verfassers die genauere Messung der Reaktionszeit gestört sein durch deutliche autonome Wachstumsoszillationen. „Diese Oscillationen kann man leicht unterscheiden, und solche Wurzeln können zum Zwecke der Messung der Reaktionszeit nicht gebraucht werden." Wenn diese Angaben Moisescus richtig sind, so fällt also für die mikroskopische Beobachtung der Begriff der Reaktions- zeit vollständig weg, da ja nach dem Horizontallegen schon in der ersten Minute die Krümmung beginnt. Doch wird damit, wie aus- drücklich hervorgehoben werden muß, der Wert der makroskopisch zu beobachtenden Reaktionszeit für die Feststellung von Gesetzen in der Reizphysiologie in keinerlei Weise vermindert. Denn zur Feststellung dieser Gesetze dient ja immer nur ein Vergleich der unter verschiedenen Bedingungen makroskopisch beobachtbaren Reaktionszeiten, also relativer Werte; der absolute Wert derselben ist jedoch vollständig gleichgültig. In meinen eigenen Versuchen beschäftigte ich mich zuerst mit der mikroskopischen Untersuchung der Reaktionszeit von Sprossen (Vicia Faha). Daß ich zunächst mit diesem Material und nicht mit Wurzeln arbeitete, hatte seinen Grund darin, daß ich bei Sprossen sicherere Resultate erwartete, da hier die Krümmungs- bewegung nach oben geht und damit eine Fehlerquelle vermieden wird, die bei Wurzeln durch etwaiges passives, mit geotropischen Krümmungen nicht zusammenhängendes Sinken gegeben sein kann. A. Versuche mit Keimsprossen. Während es bei Wurzeln sehr leicht ist, auf die äußerste Spitze scharf einzustellen, stößt man bei Keimsprossen aus nahe- liegenden Gründen auf Schwierigkeiten. Hier ist es nicht möglich, mit genügender Deutlichkeit auf das Ende des Sprosses selbst ein- zustellen. Daher versuchte ich es zunächst mit sehr feinen, in das Ende des Stengels senkrecht zur Längsachse eingestochenen Glas- kapillaren, auf deren oberes, in die Luft ragendes Ende dann ein- gestellt wurde. Diese Methode ist aber mit zwei Mängeln behaftet: über die Abhängigkeit der geotvoiiischen Präsenfations- und ■Reaktionszeit usw. 115 Erstens sind die Versuche nicht vollständig einwandfrei, da durch die, wenn auch nur gerinfügige Verwundung immerhin merkliche Störungen veranlaßt werden könnten; Zweitens hebt sich bei der eintretenden geotropischen Krüm- mung das Ende der Kapillare nicht in einer geraden Linie, sondern beschreibt einen Bogen, so daß namentlich die nach dem ersten Beginn der Krümmung abgelesenen Werte gegenüber den realen, um die sich das Ende gehoben hat, zu klein ausfallen. Aus diesen Gründen wurde die genannte Versuchsanordnung schon nach ganz wenigen Vorversuchen wieder fallen gelassen und nun bei den folgenden eine Methode derart angewandt, daß an das Ende des Stengels eine mit einem Haken versehene Glaskapillare angehängt und nun auf das untere freie Ende derselben eingestellt wurde. Bei dieser Methode waren beide oben genannten Fehlerquellen ausgeschlossen, die zweite deshalb, weil das Ende der Kapillare infolge der Schwerkraft immer genau senkrecht nach unten hing und so um dieselben Werte nach oben stieg, wie der Keimling selbst. Das Gewicht der Kapillare selbst konnte nicht in Betracht kommen, da es äußerst klein war. Auch das bei den späteren, höheren Graden der Krümmung nicht zu vermeidende Abrutschen der Kapillare konnte ich außer Betracht lassen, da der Verlauf der Krümmung immer nur in den ersten Stadien beobachtet wurde, in denen eine derartige Gefahr vollständig ausgeschlossen war. Während des Versuchs wurde teils wegen des fortschreitenden Wachstums, teils aus anderen Gründen, öfters eine Neueinstellung der Kapillare nötig. Bei einer ersten Reihe von Versuchen suchte ich ein even- tuelles mechanisches Sinken der Versuchspflanzen noch dadurch unmöglich zu machen, daß ich den Sproß kurz hinter seinem Ende auf einer Glasstange auflegte ; in einer zweiten Versuchsreihe fiel diese Unterstützung weg. Die verwendeten Pflanzen besaßen eine Länge von 6 — 8 cm. Alle Versuche wurden ausgeführt bei einer Temperatur von 19 — 21" in diffusem Licht. Die Zeit, die verging, bis nach dem Horizontallegen die erste Einstellung geschehen war, betrug meist 2 Minuten. Von da an wurde der Verlauf der Krümmung meist von 5 zu 5 Minuten kon- trolliert. Bei der zur Beobachtung benutzten mikroskopischen Skala kamen 33 Teilstriche auf 1 mm. Die von mir augewandte Ver- größerung war also noch stärker, als die von Moisescu verwendete. S* 116 H. Bach, 1. Die Tersuchspflauzen siud unterstützt. Bei 4 unter 16 Versuchen beobachtete ich zunächst trotz der Stütze ein Sinken des Sprosses. Die Aufrichtung begann nach 22, 35, 17, 34 Minuten; im Durchschnitt nach 27 Minuten. Makroskopiach konnte der Beginn der Krümmung bei denselben Pflanzen beobachtet werden nach 55, 51, 47, 49; im Durchschnitt nach 50,6 Minuten. Bei 8 Versuchen trat ziemhch lange überhaupt keine Bewegung ein, oder sie betrug vor der im folgenden angeführten Zeit nicht mehr als einen Teilstrich der Skala. Der Eintritt der Aufwärts- krümmung überhaupt, resp. einer fortschreitenden Aufwärtskrümrauug erfolgte in diesen Versuchen nach 27, 22, 30, 33, 37, 39, 18, 46 Minuten; im Durchschnitt nach 31,5 Minuten. Makroskopisch konnte in diesen Versuchen die Krümmung kon- statiert werden nach 46, 44, 35, 68, 58, 60 V2, 38, 70 Minuten; im Durchschnitt nach 52,4 Minuten. Bei 4 Versuchen endlich war schon bei der ersten Beobachtung, 5 Minuten nach der ersten Einstellung, eine Aufwärtskrümmung sichtbar. Makroskopisch beobachtete Reaktionszeit: 42, 55, 40, 42; im Durchschnitt 44,7 Minuten. 2. Die Versuclispflanzen siud nicht unterstützt. Bei 5 von 6 Versuchen wurde zunächst ein Sinken der Ver- suchspflanzen beobachtet. Die Aufwärtskrümmung begann nach 12, 34, 14, 32, 12; im Durchschnitt nach 21,2 Minuten. Makroskopisch war der erste Beginn der Krümmung sichtbar nach 31, 44, 47, 58^/2, 42; im Durchschnitt nach 44,5 Minuten. Bei 1 Versuch begann die Aufwärtskrümmung schon bei der ersten Beobachtung, 5 Minuten nach der ersten Einstellung. Ma- kroskopisch war die Reaktion nach 52 Minuten sichtbar. Daß in dieser zweiten Versuchsreihe eine so relativ große Zahl von Versuchspflanzen zunächst sich senkte, ist wohl zum Teil darauf zurückzuführen, daß hier eine Unterstützung fehlte; aber auch nur zum Teil, wie aus der ersten Versuchsreihe hervorgeht, in der trotz der Unterstützung auch bei 4 unter 16 Versuchen zunächst ein über die Abhängigkeit der geotropischen Präsentations- und 'Reaktionszeit usw. 117 Sinken zu beobachten war. Das anfängliche Sinken in diesem Fall kann seinen Grund nur in Nutationen des Sprosses haben. Aus allen Versuchen der ersten und zweiten Reihe geht augen- scheinlich hervor, daß auch bei mikroskopischer Beob- achtung die Reaktion bei Sprossen von Vicia Faha nicht sogleich nach dem Horizontallegen, sondern nach etwa 27—30 Minuten beginnt (makroskopische Reaktionszeit 44,5 bis 52,4 Minuten). Wo die Aufwärtsbewegung sofort nach dem Hori- zontallegen beginnt, dürfte sie nach den angeführten Versuchen, ebenso wie die öfters beobachtete anfängliche Abwärtsbewegung, auf Nutationen zurückzuführen sein. Eine Andeutung für die Richtigkeit dieser Annahme bietet einer der 4 Versuche der ersten Reihe mit sofortigem Beginn der Aufwärtskrümmung. In diesem Versuch erfolgte nämlich in den ersten 16 Minuten eine Aufwärtskrümmung um 4 Teilstriche. Hierauf trat 5 Minuten Stillstand ein. In den nächsten 5 Minuten ging die Krümmung auf 3 Teilstriche zurück, um erst nach Verlauf von weiteren 5 Minuten, d. h. 31 Minuten nach dem Horizontallegen, dauernd und ausgiebig zuzunehmen. B. Versuche mit Keimwurzeln. Ich arbeitete mit 2,3 — 4 cm langen Keimwurzeln von Lupinus albus, die auch Moisescu in seinen Versuchen benutzt hat. Die Versuchsanordnung war dabei dieselbe wie bei ihm: Die Versuchs- pflanzen wurden mit Nadeln auf einen Kork gesteckt, der auf einer Glasplatte aufgekittet war. Diese Glasplatte konnte auf ein innen mit feuchtem Filtrierpapier ausgeschlagenes Präparatenglas von rechteckigem Querschnitt aufgesetzt werden. Die Wurzeln be- fanden sich also in einem dampfgesättigten Raum. Ich habe auch hier wieder zwei Reihen von Versuchen an- gestellt, eine mit und eine ohne Unterstützung der Versuchswurzeln. In den Versuchen mit Unterstützung lagen die Wurzeln mit dem größten Teil ihrer Länge auf einem Glasklötzchen auf, so daß in 3 Versuchen 1 — 2 mm, in allen übrigen dagegen 3—5 oder mehr mm der Spitze über den Glasklotz hinausragten. Es wurden hier meist 2 Versuche nebeneinander gemacht. Zu den einen Versuchen wurde das schon bei den Sprossen verwendete Mikroskop benutzt, in dem 33 Teilstrichen auf 1 mm kamen, zu den anderen ein Mikroskop, dessen Vergrößerung etwas schwächer war, so daß ca. 20 Teilstriche 1 mm ausmachten. 118 H- ^*''^' Die erste Einstellung auf die Spitze der Wurzel erfolgte hier meist schon Vs — 1 Minute nach Versuchsbeginn. 1. Die Versuchswurzeln sind unterstützt. Bei 5 von 23 Versuchen wurde zunächst eine Aufrichtung der Wurzeln beobachtet. Das Sinken trat ein nach 16 Vä, 25 V2, 30, 27, 17; im Mittel nach 23,2 Minuten. Makroskopisch sichtbar war die Krümmung nach 36V2, 40V2, 35, 38, 27 ; im Mittel nach 34,2 Minuten. Bei 5 weiteren Versuchen war vor der im folgenden an- gegebenen Zeit Stillstand oder es zeigte sich eine Aufwärts- oder Abwärtsbewegung, die einen Teilstrich der Skala nicht übertraf. Die dauernde Abwärtsbewegung trat ein nach 33, 31, 31, 27V2, 26; im Mittel nach 29,7 Minuten. Makroskopisch war die Senkung zu beobachten nach 39, 41, 41, 32 V2, 31; im Mittel nach 36,9 Minuten. In 10 Versuchen war eine Abwärtsbewegung schon bei der ersten Beobachtung 5 Minuten, in 3 Versuchen bei der zweiten Beob- achtung 10 Minuten nach der ersten Einstellung zu konstatieren. Als makroskopische Reaktionszeit ergab sich in diesen Versuchen 36, 28V2, 42, 25V2, 26V2, 32V2, 37, I6V2, 26, 27 Minuten; im Durchschnitt 29,7 Minuten. 2. Die Versuchswurzeln sind nicht unterstützt. Bei 6 unter 11 Fällen beobachtete ich zunächst eine Aufwärts- bewegung der Wurzeln. Die Abwärtsbewegung begann nach I7V2, 3IV2, 29, 36, 3IV2; im Mittel nach 29,1 Minuten. Makroskopisch konnte die Krümmung beobachtet werden nach 3OV2, 46V2, 44, 41, 41 V2; im Mittel nach 40,7 Minuten. In einem weiteren Versuch derart konnte ich die Krümmung makroskopisch nach 31 Minuten beobachten, d. h. zu einem Zeit- punkte, bis zu dem ich mikroskopisch überhaupt noch kein Sinken sah. Dies ist wohl so zu erklären, daß die Wurzel bis zu dieser Zeit in älteren Teilen eine aufwärts gerichtete Nutation ausführte, die die geotropische Abwärtskrümmung der Spitze mikroskopisch nicht zur Erscheinung kommen Keß, während dieselbe makroskopisch ohne weiteres beobachtet werden konnte. rber die Abhängigkeit der geotropischen Präsentatioiis- und 'Reaktionszeit usw. 119 Bei 3 Versuchen wurde schon bei der ersten Beobachtung, 4V2 — 5 Minuten nach der ersten Einstellung, die Senkung beob- achtet. Makroskopische Reaktionszeit 25, 35, 33; im Mittel 31 Minuten. Bei 2 Versuchen endlich wurde 4Vo — 5 Minuten nach der ersten Einstellung zunächst ein Sinken, dann ein Steigen und nach 32 V2 resp. 22 Minuten (vom Horizontallegen aus gerechnet) abermals ein Sinken beobachtet. Makroskopische Reaktionszeit: 42 Minuten (nur in einem Ver- such sicher beobachtet). Insgesamt wurde also bei den Wurzelversuchen in 11 unter 34 Fällen zunächst ein Steigen der Wurzel beobachtet. Zu sinken begannen diese nach 23,2 — 29,1 Minuten. In 5 Fällen fand zunächst gar keine oder eine 1 Teilstrich der Skala nicht übersteigende Bewegung statt. Das Sinken begann nach 29,7 Minuten. In 2 Fällen folgte auf das anfängliche Sinken ein Steigen und dann das endgültige Sinken 32Vä resp. 22 Minuten nach dem Horizontallegen. Zusammen sind es also 18 Fälle, in denen der endgültigen Abwärtsbewegung eine Ruheperiode oder ein Steigen oder ein Sinken und ein Steigen vorausging. Dagegen erfolgte in 16 Fällen schon bei der ersten, resp. zweiten Beobachtung, 5 resp. 10 Minuten nach der ersten Ein- stellung die Abwärtsbewegung. Auch diese Versuche sprechen also gar nicht einheitlich und überzeugend für die Angaben Moisescus, daß die Wurzeln die Abwärtskrümmung sofort nach dem Horizontallegen beginnen. Viel- mehr erhält man auch aus diesen Versuchen mit Wurzeln wieder den Eindruck, daß auch bei mikroskopischer Beobachtung eine gewisse Zeit (für Wurzeln 23,2 — 29,7 Mi- nuten), die allerdings im allgemeinen kürzer ist, als die makro- skopisch zu beobachtende Reaktionszeit (mit 29,7 — 42 Minuten), vergeht, ehe die geotropische Abwärtskrümmung sicher und anhaltend einsetzt. Der in vielen Fällen mikroskopisch beobachtete sofortige Beginn der Abwärtskrümmung dürfte auch bei Wurzeln, ebenso wie die öfter zu beobachtende anfängliche Aufwärtskrümmung, aul Nutationen zurückzuführen sein. 120 ^- ^^^^1 Kapitel VIII. Zusammenstellung der wichtigsten Ergebnisse. 1. Gegenüber den Angaben Haberlandts und Czapeks habe ich in meinen Versuchen über die Präsentationszeit bei opti- maler bis Zimmertemperatur im allgemeinen viel geringere Werte erhalten. Während nämlich Czapek als vermutUches Minimum der Präsentationszeit 15 Minuten angibt, fand ich dieselbe z. B. für ab- geschnittene Blütensprosse von Capsella unter 2 Minuten. Das Maximum der von mir beobachteten Präsentationszeit mit ca. 20 bis 25 Minuten findet sich bei den Keimsprossen von Liipmus albus. 2. Bezüglich des Unterschieds in der Präsentations- und Re- aktionszeit, der durch verschiedene Länge der Versuchspflanzen bei Vicia Faha bewirkt wird, ergaben meine allerdings nur orientierenden Versuche das Resultat, daß sehr kurze Keimlinge gegenüber solchen von mittlerer und bedeutender Länge eine starke Vergrößerung der Präsentations- und Reaktionszeit aufweisen. Dagegen scheint der Unterschied für mittlere und längere Keimpflanzen ziemlich un- bedeutend zu sein. 3. Einen großen Einfluß auf die Länge der Präsentations- und Reaktionszeit übt bei Keimsprossen von Vicia Faha die Höhe der Temperatur aus, und zwar eben Temperaturgrade zwischen 14 und 36", die nach Czapeks, allerdings an anderen Versuchspflanzen erzielten Ergebnissen fast keinen Einfluß haben sollen. 4. Diese Abhängigkeit von der Temperatur ist für die Prä- sentations- und Reaktionszeit eine ähnliche und gestaltet sich so, daß von 14" an mit dem Steigen der Temperatur eine fortgesetzte Verkürzung der Präsentations- und Reaktionszeit Hand in Hand geht, bis beide bei etwa 30" ihr Minimum erreichen, das für die Prä- sentationszeit etwa Vt, für die Reaktionszeit etwa Vs des Wertes bei 14" beträgt. Bei einer weiteren Steigerung der Temperatur über 30" tritt dann wieder eine Verlängerung der Präsentations- und Reaktions- zeit ein. 5. Werden Versuchspflanzen vor den Versuchen längere Zeit in Temperaturen zwischen 4 — 10" gehalten, so zeigt sich eine Nach- wirkung dieses Aufenthalts in der Kälte in einer Verlängerung der Präsentations- und Reaktionszeit, auch wenn die Induktion und Reaktion in günstiger Temperatur erfolgen. über die Abhängigkeit der gentropiscben Präsentations- und Eeaktinnszeit usw. 121 6. Was den Einfluß der verschiedenen Dauer der Schwerkraft- einwirkung betrifft, so läßt sich feststellen, daß die Reaktionszeit bei einer Induktion von der Dauer der Präsentationszeit oder wenig darüber nicht länger ist als die Reaktionszeit, die sich bei dauernd exponierten Pflanzen beobachten läßt. Die Reaktionszeit hat also schon bei Einwirkung der Schwer- kraft während der Dauer der Präsentationszeit ihr Minimum en-eicht. 7. Ebenso läßt sich durch Steigerung der einwirkenden Kraft von 1 auf 111 g eine nennenswerte Verkürzung der Reaktionszeit nicht erzielen. 8. Dagegen wachsen mit der Verringerung der einwirkenden Kraft unter 1 g die Präsentations- und Reaktionszeit, und zwar die letztere anfangs langsam, später sehr rasch. 9. Während Zentrifugalkräfte über 1 g auf die Reaktionszeit nicht verkürzend einwirken, zeigt die Präsentationszeit für Keim- sprosse von Vicia Faha bei einer Steigerung der Zentrifugalkraft von 1 auf ca. 27 g eine Abkürzung von 8 auf Vi Minute. 10. Betreffs der Einwirkung der Schwerkraft auf Versuchs- pflanzen, die mit der Vertikalen verschiedene Winkel bilden, läßt sich feststellen, daß das Verhältnis der Präsentationszeiten für Ab- lenkungswinkel über 30*' etwa dem Verhältnisse der Sinus der be- treffenden Ablenkungswinkel entspricht. Von 30^ abwärts beginnt die Präsentationszeit rascher zu wachsen als es der Sinuswert des betreffenden Winkels verlangte. Ein eigentümliches Resultat ergibt sich beim Vergleich der Präsentationszeiten, die bei kleinen Zentrifugalkräften erhalten wurden, mit den in den Ablenkungsversuchen bestimmten Werten, wenn man die der Winkelablenkung entsprechenden Sinuswerte von g einsetzt. Es zeigt sich nämlich dabei, daß etwa von 0,7 g an mit dem weiteren Abfallen der einwirkenden Kraft die aus den Zentrifugalversuchen bestimmten Präsentationszeiten sehr viel rascher wachsen, als die in den Ablenkungsversuchen beobachteten. Ein Versuch, dieses merkwürdige Resultat zu erklären, findet sich in Kapitel V. 11. Dagegen läßt sich die Länge der Reaktionszeiten in den verschiedenen Winkellagen in kein entsprechendes Verhältnis zur Sinuskurve setzen; denn sie ist innerhalb der Winkel von 15 — 90" ziemlich gleich groß. 12. Ein Schütteln mit oder ohne Stöße hat keinen Einfluß, weder auf die Länge der Reaktions- noch auf die der Präsentations- 122 ^- ^**'''' zeit. Beide Zeiten sind vielmehr bei den von mir untersuchten Versuchsobjekten für geschüttelte und ungeschüttelte Pflanzen immer etwa gleich groß. 13. Meine Versuche über den mikroskopisch teststellbaren Beginn der Reaktionszeit bei Sprossen und Wurzeln führte zu dem Resultat, daß die mit Hilfe des Mikroskops bestimmte Reaktions- zeit zwar kürzer ist als die makroskopisch zu beobachtende, dabei aber immer noch eine ziemliche Länge besitzt. Bei Versuchen, in denen sofort nach dem Horizontallegen die Krümmungsbewegung eintritt, dürfte dieses Resultat wohl auf Nutationen zurückzuführen sein. 14. Aus allen diesen Ergebnissen muß man den Schluß ziehen, daß die Reaktionszeit in der Reizphysiologie nicht ohne weiteres als Maß für die Größe der Erregung verwendet werden darf. Als solches kann dagegen bei tropistischen Vorgängen, ab- gesehen von der Intensität der Krümmung, vielleicht noch besser die Grröße der Präsentationszeit dienen. 15. Die Reaktionszeit ist nämlich von gewissen, schon sehr kleinen Beträgen der Induktionsgröße an ausschließlich abhängig von der Krümmungsbefähigung der Pflanze. So ist es zu erklären, daß sehr junge Versuchspflanzen von Vicia Faha später reagieren als ältere, und daß durch die Temperatur die Reaktionszeit sehr wesentlich beeinflußt werden kann, nicht dagegen durch noch so hohe Steigerung der Erregung, wie sie z. B. durch hohe Zentri- fugalkräfte erreicht wird. Tübingen, Botanisches Institut der Universität, 12. Juli 1906. Herrn Privatdozent Dr. H. Fitting, auf dessen Veranlassung und unter dessen Leitung vorliegende Arbeit ausgeführt wurde, danke ich auch hier noch einmal herzlich für die rege Förderung, die diese Arbeit jederzeit durch ihn erfuhr. Ebenso möchte ich meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. V. Vöchting für das mir stets entgegengebrachte Wohlwollen meinen herzlichen Dank sagen. über die Abhängigkeit der geotropischen Präsontations- und T^eaktionszeit usw. 123 Literatur-Verzeichnis. Czapek, F., 1895, TJntersnchungen über Geotropismus (.Tahrb. f. wiss. Bot., Bd. 27, S. 243 ff.). — 1898, Weitere Beiträge zur Kenntnis der geotropischen Reizbewegungen (.Tahrb. f. wiss. Bot., Bd. 32, S. 175 ff.). — 1906, Die Wirkung verschiedener Neigungslagen auf den Geotropismus (.Tahrb. f. wiss. Bot., Bd. 43, S. 145 ff.). Darwin, F., 1903, The Statolith-theory of Geotropisni (Proc. of the "Roy. Soc, Vol. 71, S. 362 ff.). — and Pertz, D. F. M., 1904, Notes on the Statolith Theory of Geotropism (Prnc. of the Eoy. Soc, Vol. 73, S. 477 ff.). Fitting, H., 1905, Untersuchungen über den geotropischen Reizvorgang (Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 41, S. 221 ff.). Haberlandt, G., 1902, Über die Statolithenfunktion der Stiirkekörner (Ber. d. deutsch. bot. Ges., Bd. 20, S. 189 ff.). — 1903, Zur Statolithentheorie des Geotropismus (Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 38, S. 447 ff.). — 1906, Bemerkungen zur Statolithentheorie (.Tahrb. f. wiss. Bot., Bd. 42, S. 321 ff.). Jost, L., 1902, Die Perzeption des Schwerereizes in der Pflanze (Biol. Centralbl., Bd. 22, S. 161 ff.). — 1904, Referat über „Tondera, F., Beitrag zur Kenntnis des funktionellen Werts der Stärkescheide" (Bot. Zeitg., Bd. 62, II, S. 276 ff.). Moisescu, N., 1905, Kleine Mitteilung über die Anwendung des horizontalen Mikro- skops zur Bestimmung der Reaktionszeit (Ber. d. deutsch, bot. Ges., Jahrg. 23, S. 364 ff.). Ncmec, B., 1902, Die Perzeption des Schwerkraftreizes bei den Pflanzen (Ber. d. deutsch, bot. Ges., Bd. 20, S. 339 ff.). Noll, F., 1903, Referat über „Haberlandt, G., Zur Statolithentheorie des Geotropismus" (Bot. Zeitg., Bd. 61, II, S. 131 ff.). Pfeffer, W., 1904, Pflanzenphysiologie, 2. Aufl. (Bd. 2, S. 93). Piccard, A., 1904, Neue Versuche über die geotropische Sensibilität der Wurzelspitze (Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 40., S. 94 ff.). Richter, 0., 1906, Über den Einfluß verunreinigter Luft auf Heliotropismus und Geo- tropismus (Sitzungsber. d. Kais. Ak. d. Wiss. i. Wien, Math. nat. Kl. ; Bd. 115, Abt. I). Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blütenpflanzen und ihrer Beeinflussbarkeit. Von C. Correns. Mit 4 Textfiguren. Seit mehreren Jahren bin ich mit Versuchen über die Vererbung der Geschlechtsformen höherer Pflanzen beschäftigt, über die ich schon einige Male (1904, 05, b, 06)^) berichtet habe. Sie führten, wie ich hier nur kurz angeben will, zur Aufstellung zweier Gesetze : daß a) jede Geschlechtsform Keimzellen mit der ihr eigenen Geschlechtstendenz hervorbringt, und daß b) die Tendenz der (phylogenetisch jüngeren) eingeschlechtig gewordenen Form über die Tendenz der (phj'logenetisch älteren) zwitterig gebliebenen Form , dominiert. Dieses zweite Gesetz ist nur ein Spezialfall des schon früher von mir formulierten Gesetzes (05, a, S. 482), daß das Merkmal der phylogenetisch höherstehenden Sippe über das korre- spondierende der tieferstehenden dominiert. Beide Gesetze zu- sammen bewirken z. B., daß bei einer gynodioecischen Art die Nachkommenschaft der zwittrigen Pflanzen nahezu ganz aus Zwittern und die Nachkommenschaft der weiblichen nahezu ganz aus weib- lichen Individuen besteht. Vorher wußte man nur, was Darwin (77, S. 301) durch einen Versuch mit Ihymus gezeigt hatte, „daß die Art der äußeren Einflüsse die Form nicht unabhängig von der Vererbung bestimme". Bei diesen Versuchen ergaben sich von selbst eine Anzahl Tat- sachen, die mit dem Vererbungsproblem in engerem oder lockererem Zusammenhang stehen, und von denen ich hier einige mitteilen will. Die meisten beziehen sich auf das einstweilen am eingehendsten studierte Objekt, Satureia hortensis, doch sind auch andere Ver- suchspflanzen herbeigezogen. — Ich habe mir Mühe gegeben, die 1) Vgl. auch die Mitteilung Kaunkiaers (06), dessen Ergebnisse sich bei mir (06, S. 459) mit meinen verglichen finden. Zur Kenntuis der Geschlechtsfonnen polygamer Blutenpflanzen usw. 125 vorhandene Literatur gut zu benutzen; doch kann mir bei ihrer Zer- streuung manches entgangen sein. — Die Behandlung des Haupt- problems vorliegender Arbeit, des Verhaltens der gynomonoecischen Individuen unter gewöhnlichen und veränderten Bedingungen, habe ich schon in meiner ersten Mitteilung (04, 8. 514) in Aussicht gestellt. Satureia kortensis ist früher (Darwin, 77, S. 303, A. Schulz, 90, S. 196) schlechtweg als gynodioecisch angesehen worden; es sollten also bei ihr außer weiblichen Pflanzen noch zwittrige vor- kommen. Willis (92, a, S. 350) hat dann gefunden, daß es auch hier zwittrige Pflanzen mit einzelnen weiblichen Blüten gibt, also gynomonoecische, nachdem schon Breitenbach (84, S. 207) dasselbe für Satureia moniana angegeben hatte ^). Meine Untersuchungen, bei deren Beginn mir nur Darwins Angaben bekannt waren, haben mich nach und nach davon über- zeugt, daß es bei unserer Art — oder wenigstens bei deren mir vorliegenden Sippen — überhaupt keine auch nur annähernd rein zwittrigen Individuen gibt, sondern nur solche, die im Lauf ihrer Entwicklung zwittrige und zahlreiche weibliche Blüten tragen, also gynomonoecisch sind, und "solche, die ganz ausschließlich weiblich sind (05, b, S. 458)^). Es ging das zuerst aus einem Versuch von 1905 hervor, bei dem ich 39 „zwittrige" und 36 weibHche Pflanzen von Anfang bis gegen Ende der Blütezeit in kurzen Intervallen, Stock für Stock, immer wieder untersuchte, und wird durch die Beobachtungen, die ich heuer an 390 „zwittrigen" und 104 weiblichen Pflanzen in gleicher Weise angestellt habe, nur bestätigt. — Die gynomonoecischen Individuen bilden wahrscheinlich eine ziemlich einheitliche Klasse, trotz des Vorhandenseins verschiedener „Linien". Bei völlig gleichen äußeren Bedingungen würde am Ende der Blütezeit die Verhältnis- zahl der überhaupt gebildeten zwittrigen und weiblichen Blüten bei allen Pflanzen nicht zu verschieden ausfallen. Jedenfalls sind sie von den weiblichen Individuen durch eine weite, durch keine wirklichen Übergänge überbrückte Kluft getrennt, und es scheinen auch keine gynomonoecischen Stöcke vorzukommen, die sich der 1) Breiteubachs Beobachtungen beziehen sich nicht auf S. hortensis, wie Knuths Handbuch, (Bd. II, Teil II, S. 240) angibt. 2) Eine knappe Bezeichnung solcher Pflanzen existiert noch nicht, man könnte sie „gynomouodioecische" nennen. 126 ^' Correns, rein zwittrigen Urform nähern würden. Ich komme auf diese Frage nochmals zurück (S. 143)'). Die scharfe Grenze zwischen den eingeschlechtigen und den mehr oder weniger zwittrigen Stöcken, die wir bei Satureia gefunden haben, wird nicht bei allen polygamen Pflanzen zu finden sein^). So verhält sich z. B. Origanum vulgare nach den Beobachtungen Willis' (92, b) vor allem insofern anders, als es keine ganz rein weiblichen Stöcke zu besitzen scheint. Ahnlich scheint es unter den Androdioecisten bei Geuni inicrmedimn zu sein. Die Zählungen, die ich an 18 Pflanzen vorgenommen habe und als Tabelle L im Anhang (S. 171) wiedergebe, zeigen nur zwischen 52 "/o und 22% männliche Blüten eine größere Lücke. Trotzdem weisen auch hier die Pro- zentzahlen sehr deutlich auf die Existenz von zwei Typen, einem mehr zwittrigen und einem mehr männlichen, hin^). Und wenn ich auch während zwei Jahren einzelne Individuen nur männliche Blüten tragen sah, so ist es nicht ausgeschlossen, daß in Zukunft doch noch einzelne mehr oder weniger zwittrige Blüten an ihnen gefunden werden. Die Nachkommenschaft der verschiedenen Geschlechtsformen erbringt den Beweis, daß es sich bei ihnen um erblich fixierte Unterschiede handelt, daß sie, um mit Burck (05) die bequeme moderne Bezeichnung zu gebrauchen, durch „Mutation" entstanden sind. Damit ist noch nichts darüber gesagt, ob ein Endstadium, wie es z. B. bei Satureia hortcnsw die weibliche Pflanze ist, aus der zwittrigen Urform mit einem großen Sprung oder mit mehreren, entsprechend kleinen entstanden ist. Diese Frage, die sich kaum so leicht beantworten lassen wird, halte ich für weniger wichtig, denn ich finde das Wesen der „Mutation" mit Naegeli nicht in der Weite des Schrittes, sondern in seiner Erblichkeit. Eine Abänderung muß, wie ich früher ausgeführt habe, sprungförmig sein, wenn sie erbhch sein soll; ein wirklich „gleitendes" Entstehen neuer Sippen oder Linien kann es meiner Meinung nach gar nicht geben. 1) Ich halte es nur für wenig wahrscheinlich, aber nicht für unmöglich, daß es gynomonoecische Linien der 8. hortensis gibt, die sich mehr der zwittrigen Urform oder der weiblichen Form nähern. 2) Bei Thymus vulgaris stehen sich nach Raunkiaer (06, S. 36) völlig zwittrige und dreierlei weibliche Stöcke gegenüber, die sich im Grade der Rückbildung der — stets sterilen — Antheren unterscheiden. 3) Sie umfassen übrigens nicht sämtliche Blüten der verschiedenen Stöcke, be- sonders nicht alle der mehr zwittrigen ; es wurde aber keinerlei bewußte Auswahl getroffen. Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blütenpflanzen usw. 127 Mit dem Nachweis, daß die Geschlechtsformen „Mutanten" sind, werden selbstverständlich alle die verschiedenen „biologischen" Theorien über ihre Entstehung, die seit H. Müller aufgestellt wur- den, noch nicht oder nur teilweise widerlegt. Es ist ja nur die Frage, wie sie entstanden sind, beantwortet, nicht, warum sie sich, einmal entstanden, vorteilhaft erweisen oder sich wenigstens neben der Stammform halten konnten. Auf diese Theorien einzugehen ist hier nicht meine Absicht, obschon auf manche einschlägige Frage das Experiment bereits Antwort gegeben hat. Weitere Versuche müssen auch der Behandlung der sehr komplizierten Frage voraus- gehen, wie das Zahlenverhältnis der verschiedenen Geschlechtsformen auf einem gegebenen Standort zustande kommt und die Unterschiede, die hierin bei derselben Art zwischen verschiedenen Gegenden be- stehen können'), wieviel z. B. auf Differenzen in der Erblichkeit der Formen zurückzuführen ist, wieviel auf Vorteile im Kampf ums Dasein, wieviel auf ungleiche Befruchtungschancen, wieviel auf Eigentümlichkeiten des Standortes, wieviel auf den Zufall bei der Besiedelung des Standortes usw. Bei der Entstehung einer neuen Geschlechtsform handelt es sich um einen phylogenetischen Fortschritt, eine progressive Mu- tation (05, a, S. 460, Anm. 5) nach de Vries' Terminologie. Für die Mutante mit Burck (05, 06) die Bezeichnung „Zwischenrasse" zu gebrauchen, soweit sie nicht völlig konstant ist, scheint mir schon deshalb unannehmbar, weil das zu der Konsequenz führen 1) Bei Satureia hortensis fand z. B. A. Schulz (90, S. 303) bei Halle 15 bis 20 7o weibliche Pflanzen, ich in Leipzig (04, S. 508) gerade umgekehrt 80 7o- Einige größerere Zählungen bei Gynodioecisten hat in letzter Zeit Raunkiaer (05, S. LXXXVIII, 06, S. 35) ausgeführt, die, weil an wohl nicht allgemein zugänglicher Stelle veröffentlicht, hier kurz wiedergegeben sein mögen. Zahl der Stöcke zwittrig in 7o weiblich in V„ gynomonoecisch in 7o gefüllt in 7„ Silene Otites . . 1000 83,5 16,5 — — Silene inflata 300 60 40 — — Thymus Serpyllum 200 59 41 - — Knautia arvcnsis a) b) 1292 200 85,3 64 11 34 3,7 Succisa pratensis 167 85,6 9,6 -A 2,4 Bei solchen Zählungen ist es kaum möglich, auf die Änderung des Geschlechts während der Blütezeit Rücksicht zu nehmen. Yon Silene Otites kenne ich übrigens, wie Schulz, (aus Mitteleuropa) nur männliche oder weibliche, keine zwittrigen Pflanzen. 128 ' C. Correus, würde, aus den männlichen und den weiblichen Pflanzen eines Di- oecisten, wie Bryonia dioica einer ist, zwei verschiedene Elementar- arten zu machen (vergl. auch S. 165). I. Die Periodizität in der Blütenbildung überhaupt. An den 390 gynomouoecischen Pflanzen der Saturcla hortensis wurden heuer bei zehn Revisionen nach und nach 20406 Blüten untersucht und an den 109 rein weiblichen Pflanzen 7327 Blüten, zusammen also 27 733^). Vom 29. Juni ab, wo die erste Blüte be- merkt wurde, untersuchte und notierte ich bis zum 9. Juli nur täglich die Blüten der neu erblühenden Stöcke; am 10. wurden zum ersten- mal sämtliche Pflanzen untersucht, und diese Untersuchung wieder- holte ich alhvöchentlich am gleichen Tage. Wenn nötig, wurde auch der folgende Tag zu Hilfe genommen; nachmittags fielen im Sommer die Blüten schon gelrne ab, es wurde deshalb nur vormittags revi- diert. Die letzte, zehnte Untersuchung mußte am 4. September vorgenommen werden. — Die Pflanzen gehörten zu 12 Versuchen (06, S. 462, Tabelle 1, Versuch 1, 3, 4, 5; S. 463, Tabelle 2, Ver- such 7 — 14) und waren aus den Saattöpfen zu 4 oder 12 in große Töpfe pikiert worden. Stellt man für die beiderlei Stöcke die Zahlen, die bei den einzelnen Revisionen gefunden wurden — ohne Rücksicht auf das Geschlecht der Blüten bei den gynomonoecischen Pflanzen — zu- sammen, wie es in der im Anhang mitgeteilten Tabelle A geschehen ist (S. 166), und entwirft die zugehörigen Kurven, wie sie Fig. 1 zeigt, so lehrt der erste Blick, daß die Blütenbildung während der Blütezeit nicht einfach erst zu- und dann abnimmt, sondern daß, von einigen kleineren Abweichungen abgesehen, zwei Gipfel vorhanden sind, einer in der Mitte (31. Juli) und einer am Ende (4. September) der Beobachtungszeit. Leider konnte der weitere Verlauf nicht festgestellt werden; es bleibt also dahingestellt, ob sich vom 4. Sep- tember ab die Kurve im großen und ganzen gleichmäßig oder mit einem oder einigen weiteren Gipfeln senkte. Die gynomonoecischen Pflanzen (ausgezogene Kurve a) und die weiblichen Pflanzen (punktierte Kurve b) verhalten sich im wesent- lichen sehr ähnlich. Daß bei jenen der zweite, bei diesen der erste Gipfel höher ist, ist vielleicht zufällig. Wenigstens war auch bei 1) Die Ergebnisse des Jahres 1905 sind nicht, mitverwendet worden, weil die Revisionen nicht in g-auz regelmäßigen Abständen ausgeführt worden waren. Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blutenpflanzen usw. 129 einigen der Einzelversiiche, die meist etwa 36 Individuen umfaßten und zu denen die gynomonoecischen Pflanzen gehörten, der erste Gipfel höher, wie bei den weiblichen; auch ist für diese letzteren die Zahl der Beobachtungen (7327) wohl noch etwas klein. Wir haben hier also einen Fall von periodischem Blühen vor uns, wie es ja, in viel auffallenderer Weise freilich, zB von \ zo 15 1 \ 1 / i / "^ 'j \ y \ \""> fO \ ^s — ~~-^-*--^ '/ 5 ^ -^^t::^- ^ • /? /. w. Y. n. Zählung W. TE. ß. Fig. 1. Saturcia hortensis, Blütenzahlen zwischen dem 29. Juni und 4. September bei den gynomonoecischen (ausgezogene Kurve) und den weiblichen (unterbrocbene Kurve) Stöcken, in Prozenten der Gresamtzahl. Buchenau für Juncus, wonFr.'M.üUer für Marica (Cypella) nach- gewiesen wurde und durch äußere und innere Ursachen bedingt ist. Es läßt sich unter anderem auch bei Mirahilis Jalap(f beobachten, wo es mir bei meinen Bastardierungsversuchen auffiel; hier sind auch die Ursachen wohl ziemlich durchsichtig. Die Blüten stehen in Dichasien. Würde die Entwicklung jedes Dichasium ganz regel- Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV '<^ 130 C. Correns, mäßig sein, und würde jede Blüte von ihrer ersten Anlage bis zum Tage ihrer ephemeren Entfaltung gleich lang brauchen, so würden Blütentage mit blütenlosen Perioden ganz regelmäßig wechseln. Schon dadurch, daß der Sproß des /5 -Y orblattes gefördert ist, müssen sich aber Verschiebungen ergeben; dazu kommen andere, durch innere, korrelative, und äußere Einflüsse bedingte Abweichungen in der Ent- wicklung der Achsen und der Einzelblüten. So wird die Periodizität viel weniger deutlich, aber nicht ganz verwischt. Daß die äußeren Einflüsse zwar ein Faktor, aber nicht der alleinige sind, zeigt ein Ver- gleich der Kurven für die einzelnen Stöcke während desselben Zeit- abschnittes. — Ahnlich, nur noch komplizierter^), werden die Ver- hältnisse bei Satureia liegen. II. Die Ubergangsformen zwischen zwittrigen und weiblichen Blüten. Wie bei anderen gynodioecischen Pflanzen^) sind auch bei Satnreia hortensis zwischen die ty]nschen Zwitterblüten mit den voll- kommen tauglichen vier Staubgefäßen der Labiaten und die typisch weiblichen mit vier Rudimenten verschiedene Übergangsformen ein- geschoben. Bei ihnen sind entweder die Staubgefäße nicht völlig rudimentär, sondern nur mehr oder weniger „kontabeszent", und zwar sämtliche Antheren einer Blüte etwa in gleichem Grade, oder es kommen völlig rudimentäre und vollkommen ausgebildete Staub- gefäße in derselben Blüte zusammen vor, oder es sind endlich rudi- mentäre und kontabeszente, kontabeszente und normale oder gar alle drei zugleich vorhanden, wobei sich die eine Theka einer Anthere anders verhalten kann als die andere. Der Ausdruck „kontabeszent" rührt von C. F. Gaertner (44, S. 116 usw.) her, ist bei mir aber etwas enger gefaßt. Er bezeichnet auch jetzt eine „Degeneration" der Antheren, die sehr verschiedene Grade erreichen kann, aber, wenigstens bei Satureia, von der wirklich rudimentären Ausbildung in den echten weiblichen Blüten, die Gärtner einbegriff, scharf geschieden ist, oder doch viel schärfer als von der normalen Ausbildung der Staubgefäße. Solche Antheren enthalten mehr oder minder fertige Pollenkörner, während es bei den Rudimenten der weiblichen Blüten, wenigstens in den von mir 1) Schon durch die zwei serial in jeder Blattachsel stehenden Sprosse! 2) H. Müller, 73, S. 325 (Clinopodium vulgare), 81, S. 532 (Dianthus), Ludwig, 79, S. Aii (Flantago lanceolata), Magnus, 81, S. 137 (Succisa pratensis), Möwes, 83, S. 203 (Gleckoma, Thymus, Mentha), Schulz, 85, 88, 90 (zahlreiche Arten), Breitenhach, 84 und Willis, 92 (verschiedene Labiaten usw.). Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blütenpflanzen usw. 131 untersuchten Fällen, wohl noch zur Ausbildung der Pollenmutter- zellen kommt, dann aber die Entwicklung stockt und endHch die Theka einsinkt. Gewöhnlich unterscheiden die kontabeszenten An- theren sich schon durch ihre Größe von den rudimentären; in zweifelhaften Fällen habe ich früher (05, S. 455) das Mikroskop an- gewandt und nach den Pollenkörnern gesucht. Dies war heuer bei der Zahl der zu untersuchenden Blüten nicht möglich; ich be- schränkte mich, nach den früheren Erfahrungen, auf den Vergleich mit den Rudimenten in den Blüten echter weibHcher Stöcke. Irr- tümer in der Bestimmung mögen also hie und da unterlaufen sein; im großen und ganzen werden sich aber der kontabeszente (ge- schrumpfte) und der rudimentäre Zustand auseinander halten lassen, trotz mancher zweifelhaften Fälle; auch das Ergebnis eines später zu beschreibenden Versuches, bei dem alle sich öffnenden Blüten entfernt wurden, spricht dafür (S. 153). „Kontabeszente" Staubgefäße habe ich bei Satureia in allen genauer untersuchten Fällen mit Sicherheit nur auf gynomonoeci- schen Pflanzen, also neben typischen Staubgefäßen, nie auf echten weiblichen gesehen. Kontabeszente und rudimentäre Staubgefäße sind nur graduell, nicht prinzipiell verschieden ; beide sind Entwicklungshemmungen der normalen Staubgefäße, nur setzt die Hemmung bei diesen früher ein, als bei jenen (05, S. 455) ^), und ist wohl auch anderer Art. Außer den kontabeszenten und rudimentären wurden wieder- holt auch Staubgefäße gefunden, die noch stärker als in den typi- schen weiblichen Blüten, bis auf fädige Rudimente ohne Anthere, reduziert oder petaloid ausgebildet waren; hier und da fehlte ein Staubgefäß ohne Spur. Gelegentlich wurde auch das fünfte Staub- gefäß in rudimentärem Zustand gefunden. Es liegt die Frage nahe, ob sich bei ungleichmäßiger Ausbildung der Staubgefäße in derselben Blüte alle vier gleich verhalten, oder ob bestimmte häufiger von der Rückbildung betroffen werden. Schon Moewes (82, S. 205, Aum.) gibt, gestützt auf ein für heutige Be- griffe viel zu spärliches Material von Thymus Serpißum, an „daß, wenn sich in einer Blüte zwei fehlgeschlagene Staubgefäße finden, 1) Hier und da sieht es so aus, als ob der Besuch von Thrips Ursache des Kon- tabeszentwerdens sein könnte; ich habe aber gefunden, daß sich die kontabeszent werdenden Antheren schon vor der Öffnung der intakten Blüte von den normalen unterscheiden. 132 C. Correns-, sie fast immer gleichnamig sind". Nur einmal fand er eine Blüte, „wo ein längeres und ein kürzeres Staubblatt gänzlich fehlten, während die beiden anderen sich normal ausgebildet zeigten". Willis hat (92, b, S. 20) diese Angabe im ganzen für richtig erklärt, seine eigenen Zahlen stimmen aber nicht recht dazu. „Out of 265 abnormal flowers, 179 had the abortion symmetrical. Of these, 142 were female, 26 had the two anterior (long) stamens missing, and 11 the two posterior (short)." Man darf aber doch die 142 weib- lichen Blüten, in denen alle vier Staubgefäße abortierten, nicht einrechnen; bei ihnen kann ja die Rückbildung nicht anders als „symmetrisch" sein. So bleiben bei Willis nur 37 Fälle symme- trischer Rückbildung gegenüber 86 Fällen unsymmetrischer übrig. Für Satureia liortensis haben meine Beobachtungen ergeben, daß jedes der vier Staubgefäße, für sich genommen, die gleichen Chancen hat, zu verkümmern. Das Material besteht aus 474 Blüten mit teilweise rückgebildetem Androeceum, ohne Wahl aus einer noch größeren Zahl derartiger Fälle herausgegriffen, und stammt teils von den schon erwähnten, zehnmal revidierten 390 Pflanzen (Material I), teils von den Samentöpfen, die den nicht für jene Versuche benutzten Rest der Aussaat enthielten (Material II), teils von einem später zu besjjrechenden Versuch (S. 149), bei dem vom 22. Juli bis 11. September 8 Pflanzen täglich revidiert wurden (Material III). Tabelle 1 gibt zunächst an, wie sich das Gesamtmaterial auf die drei Hauptklassen: A mit einem, B mit zwei, C mit drei fehlgeschlagenen Staubgefäßen, verteilt. Dabei sind unter „fehl- geschlagen" hier wie im folgenden kontabeszente, rudimentäre, petaloid ausgebildete und fehlende Staubgefäße zusammengefaßt. Tabelle 1. A I B C Zahl der Blüten mit 1 1 2 3 fehlgeschlagenen Staubgefäßen A, B, C zusammen Material I n n „ III ... . 45 30 72 91 11 71 92 11 51 228 52 194 Material I bis III . . 147 173 154 474 Willis (92, a, S. 350) für Origanum vulgare 1« 46 31 95 Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blütenpflanzen usw. 133 Die drei Klassen sind ungleich groß, wenn auch unter sich ähnhcher als jene von Willis, die ich zum Vergleich darunter- gesetzt habe, und die übrigens gleichsinnige Unterschiede zeigen (B > C > A). Daß bei Material II die erste Klasse am größten ist, hängt wohl damit zusammen, daß es ausschheßlich aus den ersten Blüten der betreffenden Pflanzen besteht, während Material I und III sich fast über die ganze Blütezeit verteilen. Wir fassen zunächst die drei Blütenklassen zusammen und geben in einer Diagrammform, die sich wohl von selbst erklärt, an, wie oft jedes der vier Staubgefäße rückgebildet war (oder ganz fehlte). hinten 125 123 _, ^ . , _ hnks — — rechts Material I. 123 132 vorn Die beiden vorderen Staubgefäße waren demnach 255 mal, die beiden hinteren 248 mal rückgebildet; der Unterschied ist genau derselbe wie zwischen der linken (248) und der rechten Hälfte (255) der Blüten. 21 124 _^ ^ . , TT — I- Material II. 21 22 Hier waren die vorderen Staubgefäße 43 mal, die hinteren 45 mal betroffen, die rechte Hälfte der Blüte dagegen 46 mal, die linke 42 mal. Material III. Versuchspflanzen: A 21 21 23 23 (' 20 23 21 26 B 22|26 18 ' 19 D 18 13 1.Ö 16 zusammen 91 83 77 84 43 Blüten 48 Bluter 1 43 Blüten Kontrollpflanzen 33 Blüten. a 2 1 b 1 3 c 4 3 (1 5 4 zusammen 12 11 0 1 2 2 3 4 f) 4 10 11 4 Blüten r> Bluter 1 9 Blüten ;i Blüten. Auch hier ist der Unterschied zwischen vorn und hinten in der Blüte nicht viel anders, als der zwischen rechts und links, und überhaupt so gering, daß er zufälhger Natur sein wird. Das bisher mitgeteilte beweist, daß sämthche 4 Staubgefäße, jedes für sich, gleich zum Schwinden neigen, es geht aber aus ihm noch nicht hervor, ob alle mögUchen Kombinationen gleich gut verwirklicht werden können. 134 C. Correns, Schlägt in der Blüte nur ein Staubgefäß fehl, so sind vier Fälle möglich, wie sich das untaugliche, u, und die tauglichen, t, anordnen können. Sie müssen, wenn sich, wie wir oben fanden, alle Staubgefäße wirklich gleich leicht rückbilden, gleich häufig sein; das ist auch tatsächlich so gut der Fall, als es die Zahlen erwarten lassen können, die ziemhch klein sind, obschon jetzt die dreierlei Materialien zusammengefaßt sind. [ '' t t I u t Mögliche Fälle: '^ t I t t I t t t t t t I u beobachtet: 34 mal 36 mal 32 mal 46 mal; Der — immerhin vorhandene — Unterschied zwischen vorn und hinten in der Blüte (78 : 70) ist kleiner als der zwischen rechts und links (82 : 66). Schlagen in der Blüte zwei Staubgefäße fehl, so sind sechs Fälle möglich, und wenn auch, wie wir sahen, jedes der Staubgefäße für sich allein gleich leicht rudimentär wird, ist damit noch nicht gesagt, daß alle diese sechs Kombinationen gleich oft vorkommen müssen. t _t^ t t tu u u t t Möghche Fälle: — — beobachtet: 36 mal . 39 mal 46 mal 37 -mal 7 mal 8 mal. Man sieht sofort, daß zwei gleichnamige Staubgefäße (kurz und kurz oder lang und lang) nicht öfter (73 mal) rückgebildet waren, als zwei benachbarte ungleichnamige (kurz und lang, 85 mal), und daß die zwei vorderen, längeren nicht öfter (36 mal) betroffen wurden, als die zwei hinteren, 'kürzeren (37 mal). Die beiden diagonalen Stellungen der abortierenden Staubgefäße wurden dagegen auffällig selten beobachtet. Ein Zufall liegt nicht vor, dafür ist der Abstand der beiden Zahlen von den übrigen zu groß, und sie selbst dabei unter sich zu ähnlich, es müssen also diese Kombinationen wirklich schwieriger realisierbar sein. Der Grund ist wohl in dem zu suchen, daß bei ihnen die beiden rudi- mentär werdenden Organe am weitesten auseinander stehen. Wenn endlich drei Staubgefäße in der Blüte fehlschlagen, so sind wieder vier verschiedene Fälle möglich. Mögliche Fälle: beobachtet: 34 mal 40 mal 39 mal 43 mal. t u u t u u u u u u u u t XI u t Zur Kenntnis der Geschlcclitsformen polygamer Blütenpflanzen usw. 135 Auch hier ist kein wirklicher Unterschied zwischen den mög- lichen Fällen nachweisbar; jedenfalls ist der Unterschied zwischen rechts (83) und links (73) kaum kleiner wie der zwischen vorn (82) und hinten (74). Man wird also sagen können, daß an und für sich jedes Staub- gefäß gleich leicht rudimentär wird, daß aber, wenn eines einmal betroffen wird, die beiden direkt angrenzenden größere Chancen haben, auch fehlzuschlagen, als das vierte, diagonal gegenüber- liegende Staubgefäß. Auch bei jenen gynomonoecischen Individuen der Scäbiosa Columharia, die Blüten mit teilweise reduziertem Androeceum zeigten, fand ich keines der vier Staubgefäße besonders betroffen; es liegen mir aber einstweilen nur wenig Beobachtungen vor. Bei den gynomonoecischen Individuen der Silenen, in deren Blüten die Staubgefäße nur teilweise fehlgeschlagen waren (Silene inflata, orientalis, dichotoma), war dagegen, nach meinem freilich auch noch nicht sehr umfangreichen Material, ein bestimmter Quirl des obdiplostemonen Androeceum, der episepale, stärker von der Rückbildung getroffen. Ein Beispiel möge genügen. Bei einer Pflanze von Silene orientalis wurden nach und nach 55 Blüten untersucht. 23 hatten lauter untaughche, 3 lauter taugliche An- theren, bei 29 waren 1 bis 9 Antheren ausgebildet, am häufigsten 2 (9 mal) und 1 (8 mal); 3 und 4 taugliche Antheren wurden je 3 mal, 5 und 6 je 2 mal, 7 und 9 je 1 mal beobachtet, 8 überhaupt nicht. Die Stellungsverhältnisse wurden nur bei 26 von diesen Blüten genau untersucht; statt der 260 tauglichen Antheren, die sie günstigsten- falls hätten ausbilden können, waren nur 72 vorhanden, und zwar 26 episepale und 46 epipetale. Die Bevorzugung der epipetalen hängt vielleicht damit zusammen, daß sie an der Basis mit den — stets erhaltenbleibenden — Fetalen verwachsen sind, im Grunde also von der Ernährung. Für die entsprechenden Blüten der gynomonoecischen Pflanzen des Oeranium pratense und G. silvatieum liegen mir auch nicht viel Beobachtungen vor, soviel ist aber sicher — und geht auch aus Fig. 4 (S. 162) hervor — , daß beide Kreise des Androeceums ge- troffen werden. Denkt man daran, daß sonst bei den Labiaten immer das- selbe Staubgefäßpaar, das hintere, die Tendenz zum Schwinden hat, und daran, daß bei den Caryophyllaceen und Geraniaceen eben- 136 C. Correng, falls immer derselbe Staubgefäßquirl, der epipetale, zum Schwinden neigt ^), so wird man zunächst erwarten, daß sich auch bei den Zwischenstufen zwischen zwittrigen und weiblichen Blüten diese Tendenz geltend mache. Wenn das nicht der Fall ist, so geht daraus, meiner Ansicht nach, hervor, daß das Weiblichwerden der Zwitterblüte und die Entstehung von Sippen mit geringerer Staub- gefäßzahl (wie zB. Salvia, Drypis und Erodium solche sind) ^) zwei verschiedene Prozesse sind. Würde die Satureia hortensis diandrisch wie Salvia, so hätten wir eine neue Elementarart, wird sie (über das gynomonoecische Stadium) weiblich, so haben wir eine neue Geschlechtsform. Wie zu erwarten ist, lassen sich auch bei androdioecischen Pflanzen Zwischenformen zwischen zwittrigen und männlichen Blüten finden, und zwar die korrespondierenden Stufen: entweder sind die Fruchtblätter alle nicht ganz rudimentär und zwar in derselben Blüte in gleichem Grade, oder es kommen sterilbleibende, selbst ganz rudimentäre und fertile gemischt im selben Köpfchen vor, und das in sehr verschiedenen Verhältnissen. Untersucht wurde Oeum mtermedium. lil. Die Periodizität in der Ausbildung der verschiedenen Blüten. Die weiblichen Stöcke der Satureia hortensis werden uns hier nicht beschäftigen, da ja ihre Blüten alle während der ganzen Blütenzeit gleichwertig waren, dagegen wollen wir bei den gyno- monoecischen untersuchen, wie sich die verschiedenen Blüten nach der Zeit ihres Auftretens verhalten. Ich habe schon früher (05, S. 458) angegeben, daß die gynomo- noecischen Stöcke zunächst fast rein zwittrig sind, daß aber nach und nach immer mehr teilweise und ganz weibliche Blüten auftreten, so daß die Stöcke schließlich nur mehr solche besitzen und, wenigstens physiologisch, rein weiblich sind. Die Beobachtungen dieses Sommers haben das im Grund bestätigt, aber noch gelehrt, daß zu aller- erst etwas mehr von den nicht oder nicht ganz zwittrigen Blüten 1) Von dem in seiner systematischen Stellung unsicheren, kronlosen Colohfinthus mit alternisepalen Staubgefäßen (Eich 1er, Blütendiagramme, II, S. 108) können wir hier absehen. 2) Auf diesem Wege ist offenbar jene Sippe der Sinapls arvcnsis, bei der Göbel (04, S. 750) durch schlechte Ernährung vom Boden aus die Neigung der beiden kurzen Staubgefäße zur Rückbildung sehr steigern konnte. Zur Kenntnis der Geschlechtsformen pnlyganier Blütenpflanzen usw. 137 gebildet werden können, so daß im allgemeinen deren Kurve zu- nächst etwas fällt, um dann allmählich bis zum Schluß anzusteigen'). Das Material war dasselbe, über das schon im I. Abschnitt (S. 128) berichtet wurde; es bestand also aus 390 Pflanzen in Töpfen, die alle Wochen, vom 10. Juli bis 4. September, einmal revidiert wurden ; diesen 9 allgemeinen Untersuchungen ging eine erste voraus, die bei jeder einzelnen Pflanze an dem Tage vorgenommen wurde, an dem sie die erste Blüte zeigte. Die 10 Einzelversuche, auf die sich die 390 Pflanzen verteilten, sind zunächst zusammengefaßt. Für die in den Anhang verwiesene tabellarische Zusammen- stellung (B, S. 166) und für die umstehend gegebene graphische Darstellung wurden neben den beiden Hauptblütenformen, der zwittrigen (I) und der weiblichen (IV), zwei weitere unterschieden, die zwittrige mit teilweise kontabeszenten oder rudimentären Staub- gefäßen (II), und die zwittrige mit lauter kontabeszenten Staub- gefäßen (III). Während jene Blüten, zum mindestens in einzelnen Theken, wenigstens anscheinend normalen Pollen lieferten, also noch zu den Zwitterblüten im weitesten Sinne gerechnet werden konnten, waren diese physiologisch zu den weiblichen Blüten zu rechnen. Die Kurven sprechen für sich. Man sieht auf den ersten Blick, daß jede der vier unterschiedenen Blütenformen ihre eigene Kurve mit besonderem Gipfel hat. Nur vollkommene Zwitterblüten und nur echte weibliche Blüten sind bei keiner Revison beobachtet worden. Die Kurve der reinen Zwitterblüten steigt zunächst noch an, um erst in der Mitte der Beobachtungszeit ihren Gipfel zu erreichen und dann gleichmäßig fast auf Null zu sinken. Ihre anfängliche Depression beruht im wesentlichen auf dem Auftreten unvollkommener Zwitterblüten, deren Kurve eine „halbe" ist, wie die der weib- 2) Inzwisclien hat auch Burck (06, p. 798, 801) Satureia hortensis als Ver- suchsobjekt gewählt und (nachdem ich das oben geschilderte Verhalten schon beschrieben hatte) mit aller Bestimmtheit den diametral entgegengesetzten Verlauf der Kurve behauptet: „. . . begins its period of flowering with producing bisexual flowers only, tliat not until later, when the plant has grown strenger, a few female flowers appear araong the bisexual ones, that their number gradually increases in the following days untill a defi- nite maximum is reached, after which it gradually decreases again until at the end of its flowering-period the plant again produces bisexual flowers only" (von mir gesperrt). Dagegen hat er aus seinen Beobachtungen au audromonoec Ischen Umbelliferen ganz richtig den Schluß gezogen, daß in Dolde und Döldchen die Zwitter- blüte stets den Platz innehabe, der mit Hinsicht auf die Ernährung aui vorteilhaftesten sei. 138 C. Correns, liehen Blüten. Die Zwitterblüten mit lauter kontabeszenten Staubgefäßen treten nur kurze Zeit, gegen das Ende der Beob- achtungszeit, dann aber auf einmal sehr stark hervor^). F u Zählung Fig. 2. Satureia hortensis. Kurven der viererlei Blütenklassen der gynomonoecischen Stöcke, von Ende Juni bis Anfang September, nach den Prozentzahlen (für die bei jeder Zählung überhaupt gefundenen Blüten berechnet) konstruiert. Kurve a = reine Zwitterblüten (Klasse I). „ & = Zwitterblülten mit teilweise verkümmerten Staubgefäßen (Klasse II). ^ c = Zwitterblüten mit lauter kontabeszenten Staubgefäßen (Klasse HI). d = echte weibliche Blüten (Klasse IV). 1) Erst nach Abschluß aller Beobachtungen wurden die für jeden Stock getrennt notierten Ergebnisse zusammengestellt, dadurch wären die Folgen einer Voreingenommenheit bei der Bestimmung der Blüten, die ja nur bei Klasse III und IV einen Einfluß hätte haben können, sehr reduziert worden. In der Tat habe ich den charakteristischen Ver- lauf der Kurve c für Klasse III erst beim Zusammenstellen erkannt. Zur Kenntriis der Geschlechtsformen polygamer Blütenpflanzen usw. 139 Hätten die Beobachtungen auch nach dem 4. September fort- gesetzt werden können, so hätten sich die Verhältniszahlen nicht mehr viel geändert. Die Kurve der echten weiblichen Blüten wäre noch etwas gestiegen, um dann, vielleicht mit kleinen Schwankungen, 90 weiter zu verlaufen; es wären stets noch ganz verkümmerte Zwitterblüten und einzeln unvollkommene und typische Zwitterblüten aufgetreten. Es lehren das zunächst die Beobachtungen, auf die die Kurven der Fig. 3 (S. 151) konstruiert sind (Kurve h bezieht sich auf die echten weiblichen, Kurve a auf die echten weibhchen und vollkommen verkümmerten Zwitterblüten zusammen); sie reichen aber auch nur eine Woche weiter. Dagegen wurden 1905 die Be- obachtungen bis gegen Ende September ausgedehnt, und heuer die am 11. September abgebrochenen Anfang Oktober nochmals auf- genommen, ohne daß bei dem gleichmäßigen Verhalten aller Stöcke, die noch blühten, genaue Zählungen gemacht wurden. Die 390 Pflanzen, die die Daten für die Fig. 2 geliefert haben, gehörten 10 verschiedenen Versuchen an. Einer davon stellte nur 3 Individuen (Vers. 11, 06, S. 463), die anderen neun meist 36. Ob- wohl so das Material ziemlich klein ist, habe ich doch für jeden dieser 9 Einzelversuche die bei den Revisionen ermittelten Zahlen besonders zusammengestellt und berechnet. Die Tabellen (C bis F) stehenimAnhang(S. 167), sie geben, der Kürze halber, nur die Prozent- zahlen. Es geht aus ihnen hervor, daß in jedem Einzelversuch die Kurven stets im großen und ganzen denselben Verlauf haben. Fast immer fällt der Gipfel der reinen Zwitterblüten (Tabelle C) auf die fünfte Zählung (31. Juni), nur zweimal auf die vierte (Vers. 1 u. 9), der Gipfel der echten weiblichen (Tabelle P) stets auf die zehnte, der Gipfel der Zwitterblüten mit lauter kontabeszenten Staubgefäßen (Tabelle E) stets auf die neunte (28. August); bei den unvollkommen zwittrigen Blüten liegt bei zwei Versuchen (9, 12) der Gipfel bei der zweiten statt bei der ersten Zählung. Im speziellen zeigen freihch die Kurven der Einzelversuche Verschiedenheiten, die wahr- scheinlich nicht alle rein zufälliger Natur sind, doch sind die Gesamt- zahlen der Blüten jedes Versuches (zwischen 1757 und 3114) für eine genaue Entscheidung wohl zu gering. Einstweilen liegen mir für keine andere gyno- oder andromonoe- cische Pflanze so umfangreiche Beobachtungen vor; es scheint mir aber sicher, daß der Verlauf der Kurve der echten Zwitterblüten überall im Prinzip ähnlich ist. Vergleichen wir zB. Ocranium 140 C. Correns, pratense, für das ich in Tabelle 2 einige Beobachtungen zusammen- gestellt habe. Sie beziehen sich auf eine Pflanze, die 1905 von Anfang bis zu Ende der Blütezeit fast täglich kontrolliert worden war. Die Blüten waren teils rein zwittrig, teils rein weiblich, teils zeigten sie taugliche und untaugliche Staubgefäße neben- einander. Tabelle 2. Mai Juni Datum 22. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 1- 2. 3. 4. 6. 7. Zahl der Blüten .... 4 3 3 7 7 11 14 18 11 16 15 17 12 2 Zahl der tauglichen Antheren 0 4 5 6 28 95 133|l65 91 145 1501170 82 10 Prozentzahl d. taugl. Anther. 0 13 17 9 40 86 95 92 83 91 100100 75 50 Die letzte Zeile gibt an, wie viele von den Staubgefäßen, die bei der gegebenen Blütenzahl überhaupt möglich sind, normal aus- gebildet waren, in Prozenten; 100% bedeutet also, daß sämtliche Blüten normal zwittrig, 0%, daß sie alle weiblich waren. Die Kurve der normalen Staubgefäßbildung fängt also bei dem gynomonoecischen Geranium pratense mit 0 an, steigt all- mählich auf ein Maximum und senkt sich gegen das Ende der Blütezeit wieder; sie ist der Kurve der normalen Zwitterblüten bei Satureia hortcnsis spiegelbildlich gleich: Bei Geranmm wird die Mehrzahl der weiblichen Blüten am Anfang, bei Satureia am Ende der Blütezeit gebildet; dazwischen liegt stets das Maximum der Zwitterblüten'). Dieser Unterschied zwischen Geranium und Satureia muß erblicher Natur sein, auch wenn Ernährungsdifferenzen bestimmen, ob eine Blütenanlage zwittrig oder eingeschlechtig wird; vererbt wird dann eben, daß das eine Mal mehr die ersten, das andere Mal mehr die letzten Blüten schlechter ernährt werden. Von Bedeutung ist wohl auch der frühere Beginn und die relativ kurze Dauer der Blütezeit des Geranium der Satureia gegenüber, schon der äußeren Einflüsse wegen. Ahnlich wie bei Geranium wird auch bei den gynomonoecischen Stöcken der Silene inflata (05, S. 454) die Kurve verlaufen-), wo jedenfalls die ersten Blüten am meisten weiblich sind, ferner bei 1) Eine kleine Verschiebung würde die Kurven der Zwitterblüten, wie sie Satureia und Geranium. zeigen, zu halben machen; auch solche Fälle sind bekannt. 2) Und wohl auch, nach den Beobachtungen von ßünthart (04, S. 207) bei Scubiosa liicichi, soweit die Köpfchen gynomonoecisch sind. Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blutenpflanzen usw 141 Plantago lo.ncro/affi, wo umgekehrt in den gynomonoecischen Ähren stets die letzten, oft auch die allerersten Blüten weiblich sind, bei Echium vulgare, und nicht anders ist es auch bei den andro- monoecischen Stöcken des (leum Intennedium. Ja der Verlauf der Kurve scheint auch bei den trimonoecischen Pflanzen der gleiche zu sein, wobei dann wohl gewöhnlich die erstgebildeten Blüten weib- lich, die letztgebildeten männlich sind, und die Zwitterblüten da- zwischen stehen, wie es zB. bei Dimorphotheca plüvialis unter den Kompositen^), hei Ldaea unter den Juncagineen-) und bei gewissen Myriophyllum -Arten^) der Fall ist^). In den eben genannten Fällen (bei DiniorpJiotheca, Lilaea, Myriophyllum) fällt die zeitliche Entwicklung der Blüten mit ihrer räumlichen Aufeinanderfolge an der einfachen Abstammungsachse zusammen. Auch bei Geum intennedium ist noch leicht fest- zustellen, daß der Ort in der sehr locker trugdoldigen Infloreszenz bestimmt, ob die Blüte zwittrig oder männlich ausfällt. Ist der Stock nur schwach andromonoecisch, so sind im allgemeinen an jedem Blütensproß die ersten und mittleren Blüten zwittrig, die letzten männlich, ist er stärker andromonoecisch, so treten gleich zuerst auch einige männliche Blüten auf, und bei stark andromonoe- cischen, fast rein männlichen Stöcken sind nur noch einige Blüten, zwischen lauter männlichen, zwittrig. Bei den Labiaten ist das 1) Das geben schon die systematischen "Werke, zB. Hoffmann (1901, in Engler u. Prantl, Natürl. Pflanzenfam., IV. Teil, 5. Abt., S. 306) richtig an; ob auch die cT Blüten in der genetischen Spirale ganz regelmäßig auf die 2 folgen, wie diese auf die ?, oder ob kleine Unregelmäßigkeiten vorkommen, habe ich noch nicht genau geprüft, wahr- scheinlicher ist letzteres. — M. von Üxküll -Gyllenband (Ol) hat aus ihren Unter- suchungen das Gesetz abgeleitet, im Kompositenköpfchen stünden die zwittrigen Blüten immer zentral, und bei Trimonoecie sei die Keihenfolge von außen nach innen: 9i di $• Dimorphotheca ist ihr leider unbekannt geblieben; Leontopodium und Annphalis, für die speziell obiges Verhalten angegeben wird, wären vielleicht doch einer erneuerten Untersuchung wert. 2) Hierony mus, in Engler u. Prantl, Natürl. Pflanzenfam., II. Teil, Abt. 1, S. 226. 3) Petersen, Halorrhagidaceae, ibid. III. Teil, Abt. 7, S. 234. 4) Hieraus könnten sich dann durch völliges Schwinden der zwittrigen Blüten die Infloreszenzen mancher monoecischer Pflanzen entwickelt haben, bei denen die weiblichen Blüten unten, die männlichen oben stehen. Das umgekehrte Verhalten (männliche Blüten unten, weibliche oben) könnte aus einer Trimonoecie mit der Reihenfolge cf i $. ^ entstanden sein, für die ich freilich gerade kein Beispiel wüßte. Beiderlei Verhalten der Inflores- zenzen kann jedoch auch aus der polygamen Grundform mit halben Kurven (Anm. 1, S. 140) abgeleitet werden, der andro- oder gynomonoecischen, indem die zunächst noch zwittrigen Blüten später eingeschlechtig werden. So mag sich zB. Akehia verhalten. 142 C. Correns, nicht so deutlich; sicher ist aber, daß hei Satureia in jedem Halb - quirl die Mittelblüte zwittrig, die Seitenblüten gerne weiblich sind ^) — wie das schon A. Schulz (88) für verschiedene andere Gattungen angibt — , daß ferner die alleruntersten, blütenärmeren Halbquirle jedes Sprosses, und auch wohl die obersten, mehr weibliche Blüten hervorbringen, als die dazwischenliegenden^). Es wird auch kein Zufall sein, daß bei den gynomonoecischen Pflanzen der erste Gipfel der Gesamtblütenproduktion mit dem Gipfel der Zwitterblüten, der zweite mit dem der weiblichen Blüten zusammenfällt, wie ein Vergleich von Fig. 1 mit Fig. 2 sofort lehrt. Der Ort in der Infloreszenz entscheidet wohl nur dadurch über die Natur der Blüte, daß er die Entwicklungsbedingungen günstiger oder ungünstiger gestaltet, und zwar entstehen bei günstiger Ernährung die zwittrigen, bei ungünstiger die eingeschlechtigen, männlichen oder weiblichen Blüten^). Denn daß es sich bei den eingeschlechtigen Blüten um Entwicklungshemmungen zwittriger handelt, kann nicht bezweifelt werden; es widerspricht das auch nicht einer Entstehung durch progressive Umbildung*). Daß die erstgebildeten Blüten eines Sproßsystemes durchaus nicht immer die besternährten sind, zeigt ihr nicht seltenes Ver- sagen, das ich zB. bei Bryonia oft beobachtete, wo die Knospen der ersten Infloreszenzen gerne vor der Entfaltung absterben. Das Aufspüren des Zeitpunktes, wo das Auseinandergehen in der Entwicklung bei dem normalen Staubgefäß der Zwitterblüte und dem rudimentären der weiblichen auch äußerlich kenntlich wird, 1) Ich fand nicht nur die einfachen Wickel, die in der Literatur für Saturcia angegeben werden (Eichler, Blütendiagramme, Bd. I, S. 231), sondern auch Doppel- wickel, wenngleich mit Förderung aus dem ß -Vorblatt. 2) So einfach, wie Breitenbach (81, S. 206) die Sache für Nepeta angibt: „am unteren Ende des Zweiges nur große hermaphroditische, an der Spitze nur kleine weibliche Blüten", liegt sie jedenfalls nicht. 3) Burck (06, S. 811) nimmt für die Q Blüten das Gegenteil an. Düsings Annahme (84), besonders gute Ernährung bedinge die Ausbildung des weiblichen, schlechte die des männlichen Geschlechts, hat mit unserem Problem kaum etwas zu tun, schon deshalb, weil es sich hier nicht, wie bei Du sing, um den Gegensatz männlich-weib- lich, sondern um jenen eingeschlechtig - zwittrig handelt. 4) Wenn, wie am auffallendsten bei Catasetiim, nicht bloß eine Reduktion, sondern auch eine wirkliche Umbildung der Blütenhülle mit der Ausbildung der eingeschlechtigen Form zusammenfällt, stößt es die prinzipielle Richtigkeit obigen Satzes nicht um. Wenn dagegen bei den weiblichen Köpfen der Knauti« die Randblüten weniger strahlen, als bei den zwittrigen Köpfen, so liegt wohl nur ein einfacher Ernährungseinfluß vor. Zur Kenntnis der Geschlechtsforraen polygamer Blütenpflanzen usw. 143 stößt bei Satureia insofern auf Schwierigkeiten, als man bei den gynomonoecischen Pflanzen eigentlich nie ganz sicher ist, wozu ein Entwicklungsstadium gehört. Soviel scheint aber, wie schon bemerkt wurde (S. 131), sicher, daß es auch in den rudimentären Antheren noch zur Ausbildung der Pollenmutterzellen kommt. Sicherer und auch bequemer ist die Entwicklung zB. bei Silene dichotoma zu verfolgen. Da sieht man, daß sich die Blüten der weiblichen Stöcke von denen der zwittrigen schon auf einem sehr frühen Stadium unterscheiden; Knospen mit etwa 1 mm langem Kelch zeigten schon entweder das Gynaeceum oder das Androeceum merklich stärker entwickelt. In den Antherenrudimenten der weiblichen Blüten kommt es auch noch zur Ausbildung der Pollenmutterzellen. Die raschere Entwicklung des Gynaeceum in den weiblichen Blüten hält auch weiterhin an und bedingt, daß bei ihnen die Dichogamie viel schwächer ausgeprägt ist, d. h. daß das Zeitintervall zwischen Aufblühen und weiblichem Stadium sehr abgekürzt ist. Das ist schon Willis bei einem Teil seiner O riganumStöcke aufgefallen und ist auch bei Silene inflata, Dipsaceen und Geraniaceen sehr deutlich. Die ganze Frage nach dem Einfluß innerer und äußerer Fak- toren auf die Geschlechtsausbildung wird am Schluß des nächsten Abschnittes nach der Besprechung der Experimente nochmals be- rührt werden (S. 153), hier soll noch ein anderes Problem gestreift werden: ob es in der gynomonoecischen Individuenklasse der Sa- tureia hortensis „Linien" (im Sinne Johannsen's) gibt, die sich deutlich hervorheben. In Tabelle 3 (S. 143) sind für jeden der schon wiederholt ver- werteten 9 Versuche die Zahlen der Blüten in den vier unter- schiedenen Klassen zusammengestellt. Jeder Versuch umfaßt Pflanzen anderer Herkunft; bei Versuch 3, 4, 8, 9, 10, 14 stammen sie von je einer Pflanze ab, bei 12 und 13 von je drei, bei 1 von ziemlich vielen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Versuchen sind ziem- lich beträchtlich, und für die zwittrigen und weiblichen Blüten wenigstens sind die Zahlen so groß, daß die Differenzen kaum zu- fälliger Natur sind. Die äußeren Einflüsse trafen alle Pflanzen annähernd gleichmäßig, und da das Material der verschiedenen Versuche verschiedener Herkunft ist, werden die Unterschiede wohl erblich sein, „Liniencharakter" haben. Wir haben schon gesehen (S. 139), daß solche Linien wahrscheinlich auch nach dem Verlauf der Kurven für die einzelnen Blütenklassen (nicht bloß für die 144 C. Corren«, Zahlen der überhaupt in eine Klasse gehörenden Blüten) unter- schieden werden müssen, und an anderer Stelle (06, S. 473) habe ich wahrscheinlich gemacht, daß sich auch nach der Prozentzahl, in der die Pflanzen neben ihresgleichen auch die andere Geschlechts- form hervorbringen, erblicli verschiedene Linien unterscheiden lassen. Tabelle 3. Nummer des Versuclis (06, S. 462 u. Ge- samt- zahl Klasse I rein zwittrig Klasse II bio N p ■lll Klasse III ^ "S o Kl. IV echt weib- lich Klasse I rein zwittrig zwittrig, E Antheren z. T. ^ verkümmert *-i Klasse III .^ * i »^^ g Kl. IV echt weib- lich 463; ^ " ^M inVo in7o in7o in 7. 8 1862 1183 139 166 374 63,5 7,5 8,9 20,1 0 1918 1147 115 228 428 59,8 6,0 11,9 22,3 10 1757 971 96 139 551 55,3 5,5 7,9 31,3 12 2131 1335 95 167 534 62,7 4,5 7,8 25,1 13 2005 1255 88 265 397* 62,6 4,4 13,2 19,8 14 1927 1225 120 181 401 63,6 6,2 9.4 20,8 1 3074 1916 71 305 819 61,6 2,3 9,8 26,3 S 3625 1961 115 259 1290 54,1 3,2 7,1 35,6 4 1062 1229 66 195 472 62,5 3,3 9,9 24,4 Mitl^ 60,2 4,7 9,3 25,9 Mii limum 54,1 2,3 6,4 19,8 Ma: dmum 62,7 7,5 13,2 35,6 Innerhalb des einzelnen Versuches wird man bei den Einzel- pflanzen teils wieder Linienunterschiede erwarten dürfen, teils weit- gehende Übereinstimmung, wenn sie derselben Linie angehören. Bei den oben verwendeten Versuchen wurden von ieder Pflanze etwa 50 Blüten untersucht, wohl eine zu geringe Zahl, um darauf Schlüsse bauen zu können. Ein größeres Material liegt mir nur für 8 Pflanzen vor, die, zu Versuch 1 gehörig, zu einem besonderen Experiment (S. 149) verwendet und vom 22. Juli bis 11. September täglich untersucht wurden; es ist in der nebenstehenden Tabelle 4 zusammengestellt. Vergleichbar sind untereinander nur die mit großen und die mit kleinen Buchstaben bezeichneten Pflanzen. Diese sind schon wegen der relativ kleinen Zahlen wenig beweisend; jene zeigen dagegen eine ganz auffällige Übereinstimmung, aus der wohl die Zugehörigkeit zu einer Linie hervorgeht. Zur Kenntnis der Geschlechtsfornien polygamer Blütenpflanzen usw. 145 Tabelle 4. Klasse I Klasse II Klasse III Kl. IV Zeichen Gesamt- der zahl der rein ttrig, fäße imme echt weib- Klasse I Klasse 11 Klasse III Kl. IV Pflanze Blüten zwittrig zwi aubge verki «so lich * M OQ Ol in 7„ in7o i>i 7„ in 7„ a 467 329 14 19 105 70 3 4,1 22 b 290 207 8 29 46 71 3 10 16 (■ 185 185 16 17 76 63 5 f. 2H (1 486 314 20 45 107 65 1,1 9,2 22 A 824 458 55 5 306 56 7 0,6 37 B 737 418 42 3 274 57 6 0,4 37 C G63 362 53 3 245 55 8 0.5 37 D G43 345 40 4 254 54 6 0,6 39,5 IV. Die Beeinflus^ng der Periodizität durah Eingriffe von außen. Nachdem sich herausgestellt hatte, daß sich unter den gewöhn- lichen Entwicklungsbedingungen bei den gynomonoecischen Stöcken der Sat}(reia das Zahlenverhältnis der verschiedenen Blütenklassen während der Blütezeit stetig verschiebt, als Ganzes genommen aber doch ziemlich konstant ist, tauchte die Frage auf, ob sich durch Abänderung der Entwicklungsbedingungen Verschiebungen erreichen lassen. Daß die Antwort bejahend ausfallen würde, war bestimmt vorauszusagen. Zunächst sei aber bemerkt, daß die weiblichen Pflanzen der Satureia allen Versuchen der Art widerstanden haben. Obwohl sie auch die Anlage enthalten müssen, zwittrige Blüten hervor- zubringen, war diese doch nicht zur Entfaltung zu bringen. Die weiblichen Pflanzen der Satureia verhalten sich also genau wie die weiblichen Individuen einer dioecischen Art, die man auch noch nicht hat „umstimmen" können (vgl. dazu Strasburger, 1900). Wenn die weibliche Form noch nicht so rein ausgeprägt ist, was nach Willis' Beobachtungen bei Origanum der Fall zu sein scheint, mögen äußere Einflüsse wirksamer sein. Wenn aber dieser Forscher einen als weibUch aus dem Freien in den Garten verpflanzten Stock zwar weiterhin weiblich blühen, im Jahre darauf jedoch zunächst soviel Zwitterblüten tragen sah, wie ein normaler zwittriger Stock hervorbringt, so war nach dem, was wir jetzt wissen, der Stock Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 1*^ 146 ^- Correns, gewiß gynomonoecisch und beim Versetzen schon im weiblichen Stadium gewesen, und nicht richtig weiblich; er wurde nach Willis ja auch im zweiten Jahre schließlich wieder im wesentlichen weiblich und blieb so bis zum Schluß der Blütenzeit. Dagegen hält es nicht schwer, nachzuweisen, daß sich bei den gynomonoecischen Pflanzen das Verhältnis der verschiedenen Blüten ändern läßt. Diese ungleiche Beeinflußbarkeit wird da- durch auffälHg, daß sich, wie ich nachgewiesen habe, die beiden Geschlechtsformen, die gynomonoecische und die weibliche, in der Treue, mit der sie sich auf die Nachkommen überliefern, nicht wesentlich unterscheiden (04 — 06). Plastizität unter den äußeren Einflüssen und Vererbungstreue laufen also nicht parallel. Eine solche Beeinflußbarkeit hat schon Gaertner (44, S. 124) bei der (gynodioecischen) Silene nocfiflora angenommen: Als er von drei fruchtenden Individuen, die von Anfang an nur normale Zwitter- blüten getragen hatten (?), alle Kapseln weggschnitt, bildeten sich binnen 14 — 20 Tagen eine Menge neuer Blüten, von denen aber bei weitem der größte Teil „kontabeszierte" Staubgefäße besaß. Später wurden mehr normale Blüten gebildet, und schließlich waren nur mehr solche vorhanden. Daß hier Ernährungseinflüsse wirkten, ist sicher. Später hat zB. H. Müller (81, S. 42) die Ausbildung der männlichen Blüten bei Veratrum alhum auf „geschwächten Nahrungs- zufluß" zurückgeführt, und F. Ludwig (85, b, S. 234) für einen Teil der „Gynodimorphisten" angegeben, daß Entziehung der Boden- nahrung, Dichtsaat oder die Fruchtbildung eine Reduktion der Korolle und der Staubgefäße zur Folge habe, die zur Kleistogamie, oder zum Gynodimorphismus, zu monoecischem oder dioecischem, führe. „Bei nachträglicher Zuführung reichlicher Nahrung (oder indirekt bei Ausjäten der Dichtsaat, bei Entfernung der Frucht- zweige) kommen nicht selten wieder normale offene Zwitterblüten zum Vorschein". Auch Willis (92, b) hat den Versuch gemacht, bei Oriyanum durch Umwickeln mit Bindfaden die Bildung anormaler Blüten zu veranlassen, und konnte einen gewissen Erfolg verzeichnen, dessen Deutung mir nicht ganz klar zu sein scheint^). Fast gleich- 1) Ausgehend von der Beobachtung, daß sich bei Origanum weibliche und Über- gangsblüten am häufigsten an den Seitenzweigen fanden, band er 10 Tage vor Beginn der Blüte einen Bindfaden fest in der Mitte um die Hauptachse der Infloreszenz, um so „lack of nutriment" in der oberen Hälfte hervorzurufen. Die obere Hälfte der Inflores- zenz der einzigen Pflanze, die diese Prozedur aushielt, brachte unter 137 Blüten 17, die Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blütenpflanzen usw. 147 zeitig hat aber Yöchting (93, S. 17 des S.-A.) bei seinen be- kannten Versuchen über den Einfluß des Lichtes auf die Gestaltung und Anlage der Blüten für Mhnulus Tilingi exakt festgestellt, daß die unter dem Lichtentzug eintretende Reduktion die Staubgefäße stärker trifft, als das Gynaeceum. Bei Saturcia haben mich schon Beobachtungen an den Kul- turen der Jahre 1904 und 1905 den Einfluß der Gesamternährung auf das Geschlecht der Blüten kennen gelehrt. Sie sind z. T. in Tabelle 5 (S. 147) zusammengestellt. Wenn die Pflanzen, die bei der einmaligen, sehr spät (Anfang bis Mitte September, 04, S. 510) durchgeführten Untersuchung weiblich gefunden wurden, im Durchschnitt zwergig waren und doch dieselben Anlagen besaßen, wie die großen, zwittrigen Pflanzen — die annähernd gleiche Nachkommenschaft beweist das — , so muß der (nicht erbliche, nur) durch äußere Bedingungen veranlaßte ZAvergwuchs und die Bildung der weiblichen Blüten in Zusammen- hang stehen, dieselbe Ursache haben. Tabelle 5. Nachkommen ± zwittriger Pflanzen, Durchschnittgewicht einer Pflanze Nachkommenschaft 1905 1904 bei einmaliger Untersuch, gefunden: ± zwittrig 1 weiblich Mit normalen Zwitterblüten, Zwitter- blüten mit geschrumpften Antheren und weiblichen Blüten 15,7 g (107 Pflanzen) i 246 3 Mit Zwitterblüten mit geschrumpften Antheren und weiblichen Blüten 7,7 g (110 Pflanzen; 1 Nnr mit weiblichen Blüten 2,0 g riSS Pflanzen) 152 24 1906 wurde ein Teil der Sahir eia-'KQ\m[\ngQ in Töpfe pikiert, der Rest mußte sich in den Saattöpfen dichtgedrängt (bis zu 260 Pflanzen in einem Topf von 17 cm lichter Weite) weiter- entwickeln. Es konnten also relativ gut genährte und schlecht ge- nährte Individuen verglichen werden; nur jene wurden wiederholt genau geprüft, diese nur einmal nach der ersten Blüte revidiert, dann entfernt. Das Ergebnis ist in Tabelle 6 zusammengestellt. untere unter 98 eine nicht zwittrige Blüte hervor. Die Operation entspricht ungefähr einem Ringelschnitt, dessen Erfolg sich nur beurteilen ließe, wenn die photosynthetische Leistungsfähigkeit der beiden Abschnitte bekannt wäre. 10* 148 C. Coirens, Tabelle 6. Nummer des Versuches Pikierte Pflanzen Pflanzen der Saattöpfe (06, S. 462 u. 463) + zwittrig weiblich ± zwittrig weiblich 1 66 — 151 11 3 64 — 129 5 9 37 — 27 1 10 36 — 261 8 12 38 — 173 15 13 38 — 152 5 14 H6 - 27 — 315 — 920 45 Wenn die 45 weiblich gefundenen Pflanzen in den Saattöpfen alle wirklich der Anlage nach weiblich gewesen wären, so hätten auch unter ihren 315 gut ernährten Geschwister - Pflanzen etwa 15 weibliche gefunden werden müssen. Denn daß gute Ernährung auf echt weibliche Pflanzen ohne Einfluß bleibt, sie nicht zwittrig macht, steht fest. Statt dessen waren es lauter ± zwittrige Pflanzen. Die schlechte Ernährung in den Saattöpfen mußte also wenigstens bei einem guten Teil der 45 die Ausbildung weiblicher statt zwitt- riger Blüten verursacht haben, einige mögen wirklich, auch der Anlage nach, weiblich gewesen sein. Wiederholt ließ sich auch bei Süene Inf ata und Geum inter- medium beobachten, daß im ersten Jahr, in dem die Pflanze zur Blüte kam, die Zahl der eingeschlechtigen Blüten größer ausfiel als im zweiten, wo sie schon mehr erstarkt war. Ich konnte aber auch bei Satureia, direkt die Ausbildung weiblicher Blüten veranlassen, genauer gesagt, den Eintritt des weiblichen Stadium der gynomonoecischen Pflanze beschleunigen, und die Folgen dieses Eingriffes wieder aufheben. Eine Anzahl Pflanzen aus den Freilandbeeten, die nach der ersten Blüte als ± zwittrig bestimmt worden waren, wurden einzeln eingetopft und in dem leeren Kalthaus unter das Tablett, fast genau unter die Kante, die von Ost nach West verläuft, in einer Reihe aufgestellt. Sie befanden sich so, gegenüber den im Freien kultivierten Pflanzen, in stark herabgesetzter Beleuchtung, erhielten vor allem kein direktes Sonnenlicht. Als sie nach etwa einem Monat (Anfang August) gut eingewurzelt waren, trugen sie lauter weibliche Blüten oder zwittrige mit lauter kontabeszenten Antheren (Klasse III), nur bei einer Pflanze fand ich eine ZAvitterblüte von normalem Bau. Gleich- Zur Kenntnis . der Individuen (genauer gesagt, Blütenstände) zwittrig, am 16. Oktober '/a^, am 27. Oktober Vi.,. Auch die zahlreichen Angaben, die A. Schulz später gemacht hat (90, S. 172 — 177), stimmen im wesentlichen dazu; sie zeigen bei den einen Arten eine Zunahme der eingeschlechtig befundenen Individuen gegen das Ende der Beobaohtungszeit, bei den anderen ein Gleichbleiben der Ver- hältniszahl, das verschiedene Ursachen haben, zB. durch einen zu zeitigen Abschluß der XTntersuchungen (oder ein von Satureia ab- weichendes, etwa fTr/rr;/m/><- ähnliches Verhalten der Art) bedingt sein kann. B, Die Größe und Blütenzahl der zwittrigen und ein = geschlechtigen Stöcke. Darwin (77, S. 303) hat seine eine „zwittrige" Pflanze von Sütiire/a /lorfensis „rather larger" als die zehn weiblichen gefunden, und meine Wägungen von 161 und 548 Stöcken im Jahr 1903 (04, S. 509) haben sogar ein auffallend höheres Durchschnitts- gewicht für die gynomonoecischen Stöcke gegeben (2,8 g statt 1,5 g); einzelne weibliche können größer sein als alle gerade vorhandenen gynomonoecischen. Ganz so groß wie die zitierten Wägungen ihn angeben, wird der Unterschied in AVirklichkeit nicht sein; ich hatte noch nicht recht auf die durch schlechte Ernährung veranlaßte Änderung des Geschlechts der gynomonoecischen Pflanzen geachtet. Ein Unterschied zugunsten der letzteren wird aber doch wohl vor- handen sein^). Umgekehrt war zB. bei Geum intermednmi auch ohne Wägungen ganz deutlich, daß die fast ganz zwittrigen Pflanzen am größten, die (fast) völlig männlichen am schwächsten waren*'). 1) Sie würden einen Verlauf der Kurve der Zwitterblüten verlangen, wie wir ibn bei Geraiiium (S. 140) fanden, oder doch eine fast gleichschenklige Kurve. 2) Stets vorhandene und genau entsprechende Unterschiede zwischen zwittrigen und weiblichen Pflanzen gibt zB, F. Ludwig (85, S. 108) für Digitalis ambigua und pnrpurea an. ^ Dagegen hat A. Schulz (90, S. 126) bei Lycapus umgekehrt gerade die weiblichen Pflanzen auffallend kräftiger entwickelt gefunden. 3) Schon H. Müller (81, S. 42) hat bei Veratrum album beobachtet, daß die schwächsten Pflanzen rein männlich waren, was übrigens Schultz (88, S. 101) bei V. Lobelianam nur teilweise zutreffend fand. Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blutenpflanzen usw. 157 Was die Zahl der Blüten anbetrifft, die eine Pflanze hervor- bringt, so hat Willis (92, b, S. 351) angegeben, daß bei Glechoma die Weibchen durchschnittlich mehr trugen als die zwittrigen Stöcke; einmal fand er im Mittel 2,40 und 2,16, einmal gar 3,15 und 2,16 Blüten pro Stock. Auch aus meinen Zählungen bei Satureia hortensis geht ein merklicher Unterschied zugunsten der weiblichen Pflanzen hervor. An den oft erwähnten 390 gynomonoe- cischen Pflanzen fand ich bei den zehn Revisionen 20406 Blüten, pro Pflanze also 52,3, an den 104 weiblichen Pflanzen dagegen 7327 Blüten, pro Pflanze also 70,4 Im Anhang sind als Tabelle K die Beobachtungen für die einzelnen Versuche zusammengestellt. Streng genommen steht aber Versuch 7 ganz für sich, die sechs Pflanzen hatten denselben Baum im Topf wie sonst zwölf; ferner ist aus Gründen, auf die ich hier nicht eingehen will, Versuch 5 eigentlich nur mit Versuch 1 und 3, Versuch 11 dagegen mit Ver- such 8 bis 10 und 12 bis 14 zu vergleichen. Aber auch dann sind die Weibchen im Vorteil^). Dieser Vorteil steht mit der geringeren Größe der weiblichen Pflanzen nur in scheinbarem Widerspruch (abgesehen davon, daß nicht von denselben Pflanzen Gewicht und Blütezahl bestimmt worden war); ich halte es für wahrscheinlich, daß er nichts ihnen Spezifisches ist, sondern mit dem geringeren Fruchtansatz der weib- lichen Pflanzen, auf den wir gleich eingehen werden, zusammenhängt, der ähnlich, wenn auch nicht so drastisch, wirken muß, wie in dem früher geschilderten Versuch das Wegschneiden aller offenen Blüten auf die gynomonoecischen Pflanzen. Bei Geum fand ich dagegen die (fast rein) männlichen Stöcke entschieden armblütiger als die fast rein zwittrigen-), trotzdem hier die Natur das bei /Satureia angestellte Experiment, die Frucht- bildung zu verhindern, selbst macht; hier handelt es sich gewiß um einen sekundären Geschlechtscharakter. C. Die Fruchtbarkeit der gynomonoecischen und weiblichen Stöcke. Bei Satureia fand Darwin (77, S. 303). nach jo einem 1) Besonders lehrreich scheint Versuch 11, weil sich hier 3 jjynonionoei-isi'lie und 43 weibliche Geschwisterpflanzen gegenüberstehen; diese haben durchschnittlich 57, jene 3G Blüten, sie sahen aber überhaupt merklich schwächer aus. 2) Aus den Gesamtzahlen der Blüten, die in Tabelle L im Anhang für 18 Pflanzen gegeben werden, geht das nicht hervor, weil besonders bei den stark zwittrigen Pflanzen lange nicht alle Blüten gezählt worden waren. 158 C. Correns, Exemplar, die weibliche Pflanze doppelt so fruchtbar wie die „zwittrige", das Gewichtsverhältnis der Früchtchen war 100 zu 43. Meine in viel größerem Maßstabe (mit 89 gynomonoecischen und 236 weiblichen Stöcken) angestellten Zählungen der reifen Früchtchen ergaben umgekehrt, daß die gynomonoecischen Pflanzen durch- schnittlich doppelt so viel Früchtchen tragen als die weiblichen (04, S. 509). Daß das Zahlenverhältnis der gynomonoecischen Pflanzen, die ja allein den nötigen Pollen liefern können, und der weiblichen auf dem Standort eine sehr wichtige Rolle bei dem Fruchtansatz spielen muß, ist selbstverständUch. Ich habe aber seinerzeit schon hervor- gehoben, daß darin meine weiblichen Stöcke vor denen Darwins im Vorteil waren; für sie standen doppelt so viel Pollenlieferanten bereit als für jene ^). Wenn der Beobachtung Darwins nicht bloß ein Zufall zugrunde liegt, erklärt sie sich vielleicht durch eine Neigung zur Selbststerilität bei den gynomonoecischen Pflanzen, die sich dann, wenn nur ein Exemplar vorhanden ist, wie bei dem Ver- suche Darwins, natürlich verraten muß^). Meine ^S'a^Mrem - Sorte ist jedoch zum mindesten nicht ausgesprochen selbststeril; gesackte Individuen brachten spontan Früchte. Ich habe aber den Grad dieser Fruchtbarkeit noch nicht genauer bestimmt; er kann übrigens ja von Stock zu Stock sehr stark variieren. Darwin fand auch bei anderen gynodioecischen Labiaten die weibliche Form fruchtbarer, so bei Ihijmus Serpyllum im Verhältnis 100 : 45, bei Thymus vulgaris im Verhältnis 100 : 58. Er wog nur die Gesamtmenge Früchtchen, die eine bestimmte Anzahl Pflanzen beiderlei Art gab; erst Errera und Gevaert (1879, S. 154) haben dann gezeigt, daß die Früchtchen des Thymus Serpyllum bei beider- lei Stöcken gleich schwer sind, so daß sich die von Darwin er- mittelten Zahlen tatsächlich auf die Quantität und nicht die Qualität der gebildeten Früchtchen beziehen. A. Schulz fand „die gleiche Anzahl Samen der weiblichen Form doch schwerer, allerdings nicht bedeutend, als die der hermaphroditischen" (88, S. 82), er konnte bei der weiblichen Form außerdem (85, S. 153) 1) Als Bestäubungsvermittler habe ich außer Hymenopteren auch wiederholt Kohl- weißlinge beobachtet, wie schon H. Müller. 3) Schon Schulz (88, S. 82; hat die Folgen der Selbstbestäubung mit heran- gezogen zur Erklärung der geringeren Fruchtbarkeit der zwittrigen Stöcke von Thymus Chamaedrys ; sie können aber, sobald mehrere derartige Stöcke am Standort vorhanden sind, keine große Rolle mehr spielen, Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blütenpflanzen usw. 159 durch direkte Zählung wirklich mehr gute Früchtchen feststellen, als bei der zwittrigen; hier waren zwischen 16 und 74 7o, dort zwischen 40 und 82 7o taughch. An der Existenz eines solchen Unterschiedes in der Quantität der gebildeten Samen bei anderen Gynodioecisten als Satureia ist also kaum zu zweifeln. Meiner schon früher geäußerten Meinung nach (84, S. 516) handelt es sich dabei ^) nicht, wie die Ansicht Darwins und last aller Autoren ist, um eine gesteigerte Fruchtbarkeit der weiblichen Pflanzen, sondern um eine herabgesetzte Fruchtbarkeit der „zwittrigen", die durch eine Umwandlung auf die männliche Ge- schlechtsform hin, durch eine gewisse Andromonoecie, bei allen Indi- viduen oder doch bei einem Teile derselben, bedingt ist^). Bei Sa- tureia hortensis, bei der nur gynomonoecische und weibliche Stöcke vorkommen, ist dann leicht verständlich, daß kein wirklicher Unter- schied in der Fruchtbarkeit vorkommt^); auch der von mir beobachtete ist gewiß nur zufälliger Natur und beruht auf ungenügender Be- stäubung, ^ei Thymus dagegen, wo nach den Angaben Delpinos (67) und Ogles (70, S. 54) neben den weiblichen, den gynomo- noecischen (wohl auch rein zwittrigen) und den andromonoecischen sogar rein männhche Exemplare vorkommen, ist dann die geringere Fruchtbildung eines Teiles der nicht weiblichen Exemplare (und auch die Abstufung in der Fruchtbarkeit) selbstverständlich. Soviel ich sehe, hat nur A. Schulz (88, S. 82) an diese Er- klärungsweise gedacht: „Es ist möglich, daß dieses Verhältnis auf die Ausbildung einer männlichen Form, wie sie Delpino und Ogle schon ausgebildet fanden, hinweist, indem sich dieselbe zuerst nicht in einer morphologischen, sondern einer physiologischen Ver- kümmerung des Stempels kundgibt". Das von Schulz festgestellte etwas geringere Durchschnitts- gewicht der Früchtchen, die auf den „zwittrigen" Stöcken gereift waren, mag auf dieselbe Ursache zurückführbar sein, indem die Ei- 1) Soweit nicht Selbststerilität der zwittrigen Stöcke in Frage kommt. 2) Selbstverständlich muß die Änderung erblich sein, eine „Mutation", wie man jetzt sagt; die herabgesetzte Fruchtbarkeit, die für die Erhaltung der neuen Geschlechts- form schädlich sein muß, wird aufgewogen sein durch die größere Vererbungskraft der auch in den männlichen Keimzellen vorhandenen, neuen Anlagen gegenüber denen in den Keimzellen der zwittrigen und auch in denen der weiblichen Stöcke (OG, S. 473). 3) Ebenso fand A. Schulz (90, S. 54) bei den Alsineen in den Kapseln der weib- lichen Blüten weder mehr noch schwerere Samenkörner als in jenen der Zwitterblüten ; männliche Blüten sind hier nur für Honkenya peploifles bekannt, während Gynomonoecie und Gynodioecie ja sehr häufig sind. 160 C. Correns, Zellen der andromonoecischen Pflanzen teilweise nicht ganz so tauglich und die Embryonen dann nicht so kräftig ausgefallen sein können ^). Es ist aber auch vielleicht möglich, daß nicht alle gewogenen Nüßchen darauf geprüft wurden, ob sie nicht taub seien ; eine relativ größere Zahl tauber bei den „zwittrigen" Stöcken würde nicht wundernehmen. D. Die Größe der Hülle bei zwittrigen und einge- schlechtigen Blüten. Es wurde schon von Mohl (63, S. 326) hervorgehoben und ist nun allbekannt, daß bei den Gynodioecisten die Blumenkronen der weiblichen Stöcke kleiner zu sein pflegen als die der zwittrigen^). Auch bei Satureia liortensis ist das der Fall, doch ist ihre Größe überhaui)t sehr variabel. Ich konnte zwar nicht großblumige und kleinblumige Sippen unterscheiden, wie etwa h^i Silene diehotoma und besonders bei Silene orientalis, wo die Pflanzen mit den größten Blüten zwittrig, die mit den kleinsten weiblich waren, wo es aber weibliche Pflanzen mit Blüten gab, die alle viel größer waren als die gewisser ganz zwittriger Individuen^); es war bei Satureia nur an derselben Pflanze die Blütengröße starken Schwankungen unter- worfen^). Sehr auffällig ist der Unterschied zwischen den zwittrigen und weiblichen Blüten der gynomonoecischen Stöcke, wenn man die Extreme vergleicht, doch gibt es auch hier stets zwittrige Blüten, die kaum größere Kronen besitzen als eine weibliche Blüte. Solche Schwankungen in der Blütengröße sind aber auch bei den rein weiblichen Stöcken vorhanden, und zwar in noch weiteren Grenzen ; die kleinsten Blüten sind hier so groß wie die kleinsten weiblichen 1) Ich weise darauf hin, daß nach meinen Beobachtungen an Mirahilis (1901, S. 432) die Früchte, die durch Bestäubung mit vielen Pollenkörnern entstanden waren, mehr wogen als jene, zu deren Erzeugung nur ein Koru verwendet worden war; es be- weist das eine Konkurrenz der Pollenkörner untereinander, und daß (bei deren Ausschluß) das schwächere Pollenkorn eine schwächere Frucht gibt. Ähnlich könnte eine etwas ge- schwächte Eizelle einen leichteren Embryo geben. 2) Vaucher's Histoire physiologique des plantes d'Europe, die im III. Band auch derartige Angaben enthält, konnte ich nicht vergleichen. 3) Ähnliche Unterschiede in der Blütengröße verschiedener Individuen, unabhängig von den Geschlechtsverhältnissen, sind bei Sileneen und Alsineen längst bekannt (Schulz, 90, S. 35, 52). 4) Für Thymus hat A. Schulz solche Schwankungen schon 1885 (S. 153) messend verfolgt; er fand zB. für die Breite der Blüte bei den $ Pflanzen 2,5 bis 5,8 mm, bei den 0 2 bis 4,3 mm. Zur Kenntnis der Gesohlechtsfornien polygamer Blütenpflanzen usw. 161 an den gynomonoecischen Stöcken, die größten zuweilen fast so groß wie die größten zwittrigen. Es sind das dann jene Blüten, die ihrer Stellung nach an den gynomonoecischen Stöcken sicher zwittrig und besonders großhüUig gewesen wären. Mit der Stellung an der Pflanze ist einer der Faktoren be- zeichnet, der die Größe der Kronen bestimmt, und der im wesent- lichen auf Ernährungseinflüsse hinausläuft. Ihm gegenüber tritt, wenigstens bei Sahirda, die Gesamternährung stark zurück. Die früher (S. 147) erwähnten Kümmerlinge hatten nicht auffäUig kleinere Blüten. Ein dritter, wichtiger Faktor ist aber wohl das Fehlschlagen des Androeceum, das auf korrelativem Wege eine Verkleinerung der Krone bedingt. Wenn seine Wirkung auch nicht absolut die größte ist, bedingt es allein doch die Differenz, die nach ihrer Stellung gleichwertige Blüten gleich gut genährter gynomonoeci- scher und weiblicher Pflanzen immer noch zeigen. Schon Darwin (77, S. 308) hielt für wahrscheinlich, „daß eine Tendenz zum Ver- kümmern von den Staubgefäßen auf die Blumenblätter übergehe." Lehrreich dafür scheinen mir die Mittelbildungen zwischen zwittrigen und weibUchen Blüten, mit teils untauglichen, teils tauglichen An- theren, bei manchen choripetalen Gynodioecisten. In sehr hübscher Weise sieht man den Zusammenhang hei Gera n mm prafense. Hier sind, wenigstens bei den von mir kultivierten Exemplaren, die Blüten der zwittrigen Pflanzen durchschnittlich 40 mm breit, die rein weib- lichen Blüten der stark gynomonoecischen Pflanzen — stets ganz rein weibliche habe ich noch nicht gefunden — etwa 30 mm. Bei den zahlreichen vermittelnden Blüten, die 1 bis 9 taugliche Staub- gefäße, und die untauglichen in verschiedenen Stadien der Rück- bildung, enthielten, war oft äußerst deutlich, wie die Blumenblätter unter und bei den tauglichen Staubgefäßen viel größer waren als jene unter und bei den untauglichen. Fig. 4 (S. 162) zeigt das an 8 Blüten, die von drei verschiedenen Stöcken stammen, deutlich; die Blumenblätter sind nach Lichtpausen auf photographischem Papier genau kopiert, die zugehörigen Staub- gefäße — taugUche weiß, untaughche punktiert bis schwarz, je nach dem Grade der Reduktion - nach Skizzen an den zugehörigen Stellen, wie bei einem Diagramm, eingetragen. Ahnlich wie Geranium pratense verhielt sich auch G. silva- ticum in meinen gynomonoecischen Exemplaren. Damit scheint mir der Beweis für den Zusammenhang zwischen dem Abortieren der Staubgefäße und der Reduktion der Krone wirklich Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 11 162 C. Correns, erbracht; daß jenes das i)rimäre, dieses das sekundäre ist, kann kaum in Zweifel gezogen werden. Höchstens wäre an eine Ab- hängigkeit beider Vorgänge von derselben Ursache zu denken^). Doch verhalten sich hierin nicht alle Gynodioecisten gleich. Bei den Silenen zB., die ich untersucht habe, läßt sich die Korrelation Fij^-. 4. (rcranhiiii prakiisc. Jiliitt'ii dreier gyiuniiuiinecisclier Stücke, den Zusanuneiihang der Ausbilduuj;' der liliuiien- blätter mit dem Fehlschlagen der Antheren zeigend. 1) Auf den ersten Elick spricht die Tatsache, daß bei den Bastarden mit sterilen Staubgefäßen die Kronen mindestens nicht kleiner als bei den Eltern zu sein iifiegen, da- gegen, daß die Keduktion der Staubgefiiße das prinüire sei. Bei einer näheren Überlegung wird man sich aber überzeugen, daß bei den Bastarden doch noch ganz andere Verhält- nisse vorliegen können. Zur Kenntnis dei' GesclilechtsfornuMi polygamer Blütenpflanzen usw. 163 nur zwisclien dem Androeceura und der Krone als Ganzem nach- weisen, nicht zwischen den einzelnen Staubgefäßen und Blumen- blättern, wenigstens nicht ohne genaue Messungen, über die ich zurzeit nicht verfüge, und dasselbe ist bei Sympetalen Gynoedioe- cisten der Fall. Willis gibt für Origanmn eine mittlere Größe der Blütenhülle bei Blüten mit nur teilweise verkümmerten Staubgefäßen an, und so wird sich auch Satureia verhalten, obschon die so wie so vorhandenen Schwankungen in der Größe das mehr oder weniger verdecken müssen. Wenn eine Korrelation zwischen der Ausbildung des Androe- ceum und der Krone deren Größenmaß bestimmt, so wird es auch leicht verständlich, warum, wie Mo hl (63, S. 326) auch schon wußte und jetzt allgemein bekannt ist, die Krone der männlichen Blüten bei Andromonoecisten und Androdioecisten ebenso groß oder doch nur unbedeutend kleiner ist als die der Zwitterblüten '), ebenso warum, wie bereits Sprengel gelegentlich der Besprechung von Valeriana clioica hervorhob, die männlichen Blüten der Monoecisten und Dioecisten größere Hüllen haben als die weil)lichen Blüten. Einzelne Ausnahmen, von denen Alehia (jninaia die bekannteste ist, werden sich wohl irgend wie erklären lassen (vgl. zB. Ludwig, 85, b, S. 232). Anhangsweise mag hier erwähnt sein, daß ich bei gynomonoe- cischen und weiblichen Kümmerlingen von Satureia relativ häufig Pelorien fand, stets ICndblüten von radiärem, seltener bilateralem Bau'''), und ebenso bei gynomonoecischen und weiblichen Pflanzen die Umwandlung einzelner Staubblätter in Blumenblätter; bei den zwittrigen Pflanzen eher häufiger als bei den weiblichen. Jedenfalls ist bei Satureia keine besondere Neigung der weiblichen Pflanzen zur Füllung nachweisbar, wie sie Ludwig (79, S. 448) für die Gynodioecisten angenommen hat. Die Umwandlung aller Staub- gefäße in Blumenblätter muß natürlich die betreffende Pflanze weiblich machen, wie es zB. bei K)iaatia arvensis oft vorkommt. Einer solchen vollkommen gefüllt blühenden Pflanze kann man aber nicht mehr ansehen, ob erst die Rudimente der Staubgefäße oder schon die tauglichen Staubgefäße petaloid wurden. Bei teilvveiser Füllung, wie sie bei Satureia vorkommt, ist jedoch eine Entscheidung 1) Man könnte auch hier wie anderswo nach einer Vergrößerung der Blüten- hülle durch Kompensation suchen. 2) An den gut ernährten Pflanzen sah ich nicht eine. Gewölmlicli nininit man aber mit Teyritsch an, daß besonders gute Ernährung der ganzen l'flanze die Teldrien- hildung begünstige. 11* ]^(j4 C. Correns, möglich, und hier fällt sie zugunsten der gegenseitigen Unab- hängigkeit von Füllung und Gynodioecie aus, da wir sahen, daß die weiblichen Pflanzen anscheinend nicht einmal häufiger, geschweige denn ausschließlich Füllungerscheinungen zeigen. In anderen Fällen mögen die Vererbungserscheinungen Aufschluß geben können'); Versuche mit gefüllter Kiumtia arvensis und PUmtago lanceolata sind schon im Gang. — Auch eine statistische Untersuchung könnte über diese Frage etwas Licht verbreiten; sie müßte zeigen, ob Füllung durch Umwandlung der Staubgefäße bei den Gattungen und Familien, die zur Gynodioecie neigen, wirklich häufiger ist, als bei den übrigen. Ihr Ausfall scheint mir nicht sicher voraussagbar, eher negativ zu sein Daß die Blüten der weiblichen Stöcke der Gynodioecisten anders gefärbt wären als die der zwittrigen, habe ich nicht beob- achten können, auch bei Kiiautia arvensis nicht, für die Gunthar t (04, S. 209) speziell angibt, die Blüten der zwittrigen Stöcke seien anfangs rotviolett, die der weiblichen besäßen meist schon von An- fang den bläulichen Farbenton. Ich finde, je nach der Herkunft der Sippe, die Blütenfarbe zwischen (violettlich)-rosa und lila schwankend, aber unabhängig vom Geschlecht der Stöcke. Daß dieser Unterschied erblich ist, habe ich festgestellt. Wo mit dem Altern der Blüten eine Umfärbung der Krone eintritt, ist es leicht verständlich, daß die rascher reifenden weiblichen Blüten (S. 143) die definitive Färbung rascher annehmen als die zwittrigen. Bei der, wie ich hoffe, genügend durchsichtigen Gliederung dieser Arbeit halte ich es nicht für nötig, zum Schlüsse nochmals alle Ergebnisse hierher zu setzen, sondern will nur hervorheben, daß für unser Hauptproblem, die Wirkung „äußerer" Einflüsse im weitesten Sinne auf die Blütenbildung polygamer Blütenpflanzen, die Untersuchungen das Resultat ergeben haben, das ich schon in meiner ersten Mitteilung über die Gynodioecie (04) angedeutet hatte : Unempfindlichkeit der eingeschlechtlich (bei Safvre/a weiblich) gewordenen Geschlechtsform, Beeinflußbarkeit der ± zwittrigen Form in dem Sinne, daß der Anlage nach zwittrige Blüten eingeschlechtig 1) Wenig wahrscheinlich wäre es zB., daß die gefüllte Form der Knnulia arvensis aus der weiblichen hervorgegangen sei, wenn die einfach blühenden Pflanzen, die unter der sonst gefüllt blühenden Nachkommenschaft (06, S. 471) gewiß vorhanden sein werden, zwittrig und nicht weiblich wären. Zur Kenntnis der Gesclilechtsfornieu polygamer Blutenpflanzen usw. 165 (weiblich) werden können. Dabei bewirkt schlechte Ernährung die Ausbildung der eingeschlechtigen Blüten. Es zeigt sich das einmal bei der Entwicklung unter den nor- malen, d. h. den Durchschnittsbedingungen der Freilandkultur da- durch, daß die ersten und letzten, nach Stellung und Anlagezeit benachteiligten Blüten eingeschlechtig werden, dann bei Eingriffen von außen: Schlechte Versorgung vom Substrat aus und abgeschwächte Beleuchtung bewirken die Umbildung der Zwitterblüte zur einge- schlechtigen, Verhinderung der Fruchtbildung die Ausbildung von Anlagen, die sonst zu weiblichen hätten werden müssen, zu Zwitter- blüten. Ob aber mehr die ersten (Oeranium) oder mehr die letzten (Satureia) Blüten eingeschlechtig werden, hängt von erblichen Ver- schiedenheiten ab, durch die die Ernährung das eine Mal so, das andere Mal so gelenkt wird. Die mehr oder weniger zwittrigen Stöcke der untersuchten polygamen Pflanzen verhalten sich also ähnlich wie die fakultativ kleistogamen nach den Versuchen von Vöchting (93) und Goebel (04). Der Unterschied zwischen der gynomonoecischen, plastischen Form und der weiblichen, starren unserer Satureia ist um so auf- fälliger, als sich, wie ich nachgewiesen habe, die beiden Formen hinsichtlich der Vererbungstreue ziemlich gleich verhalten: Beide bringen nicht ganz rein sich selbst, sondern auch noch die andere Form hervor, in einem geringen, wohl als „Linien "Charakter schwan- kenden Prozentsatz. Daß ich nicht mit Burck in den gynomonoecischen und andromonoeeischen Pflanzen Zwischenrassen im Sinne der Mutationstheorie sehen kann, habe ich schon hervorgehoben. Zu der bereits früher (S. 127) betonten, für mich unannehmbaren Konsequenz kommt, daß auch die Tatsachen selbst nicht dazu stimmen. Nach De Vries (Mutationstheorie, Bd. I, S. 635) entfaltet sich die semilatente Anlage unter den günstigeren Ernährungs- hedingungen, auch wenn sie auf eine Reduktion zurückzuführen ist. Danach müßten bei der gynomonoecischen Satureia die weiblichen Blüten an den Stellen bester Ernährung stehen (was Burck ja auch wirklich behauptet hat;, uud nicht umgekehrt die zwittrigen Blüten. Die Anlage für die Zwitterblüten kann hier nicht seniilatent sein, sonst könnte doch nicht die ganze Nachkommenschaft fast ausschließlich wieder aus mehr oder weniger zwittrigen Pflanzen bestehen, abgesehen davon, daß unter normalen Entwicklungsbedingungen die Zwitterblüten numerisch überwiegen. Bei Gilim müßte man annehmen, daß bei den ganz überwiegend zwittrigen Stöcken die Anlage für die männlichen Blüten, bei den ganz überwiegend männlichen Stöcken die Anlage für die Zwitterblüten semilatent sei. Dann müßten aber die männlichen Blüten bei 166 C. Correns, den fast ganz zwittrigen Pflanzen da in der Infloreszenz stehen, wo bei den fast ganz männlichen Pflanzen die zwittrigen Blüten stehen; sie müßten ihre Plätze getauseht haben. Daß das durchaus nicht der Fall ist, haben wir gesehen (S. 141); im Prinzip ist die Stellung stets die gleiche. Eine weitere Besprechung der Ansichten vonDeVries liegt nicht in meiner Absicht, es soll mir gezeigt werden, weshalb sie jedenfalls hier nicht anwendbar sind. Tabellarischer Anhang. I. Satureia horiensis. Tabelle A. Gesamtzahl der gezählten Blüten (S. 128). Datum d. Zählg. 29. 6.-9. 7, 10. 7. 17. 7. 24. 7. 31. 7.^ 7.8. 14. 8. 21. 8.J28. 8.| 4.9. Blüten der gyno- mon. Pflanzen . 446 518 674 < 2456 3293 2G50 2687 2037 1071 3674 in Prozent .... 2,2 2/j 3,S 12,0 l(i,l 13,0 13,2 10,0 9,7 18,0 Blüten der weib- lichen Pflanzen 11.0 1C3 217 ! 87.0 1609 777 9Ö9 838 { 669 1155 in Prozent .... l,ß 2,2 3,0 1 1,9 \ 22,0 10,6 12,4 lt,4\ 9,1 15,8 Tabelle B. Die Zahlen der vier Blütenklassen (T bis IV) der gynomonoecischen Stöcke bei den zehn Revisionen, für alle zehn Versuche zusammen (S. 137). Datum der Zählung Gesamt- zahl der Blüten I rein zwittrig II zwittrig, + kon- tabeszent III zwittrig, ganz kon- tabeszent IV echt weib- lich I in 7« II in 7o III in °/„ IV in 7« 29.6.-9.7. 446 347 1 95 — 4 78 21 — 0,9 10. 7. 518 424 : 82 12 82 16 2,3 — 17. 7. 674 612 i 40 17 90,9 5,9 1,2 0,7 24. 7. 2456 2230 70 31 125 90,8 2,9 1,3 5,1 31. 7. 3293 3118 1 58 44 72 94,7 1,8 1,3 2,2 7. 8. 2650 2209 146 115 180 83,4 5,5 4,3 6,8 14. 8. 2687 2002 126 162 397 74,5 4,7 0,0 14,8 21. 8. 2037 965 106 251 715 47,4 5,2 12,3 35,1 28. 8. 1971 349 177 794 651 17,7 9,0 40,3 33,0 4. 9. 3674 22 13 486 3153 0,6 0,4 13,2 85,8 zusammen : 20406 12278 913 1912 5303 100 100 100 100 in %: 10(» 60,2 4.7 9,3 25,9 Zur Kenntnis der Gescliloxhtsfornicn polygamer Blütenpflanzen usw. 167 Tabelle C: Zahlen der rein zwittrigen Bliifen (Prozentzahlen) bei den zehn Revisionen der gvnonio- noecischen Stöcke, für die neun Versuche getn^nnt i S. l.'J'.tj.'; Eevision I i ^^ ni lY Y VI YII YHI. IX X 1 00 04' OG I>7 OG SS 80 41 12 3 77 70 0 2 04 08 82 74 34 S,G 0,4 Versucli 4 S 52 4S 80 83 02 90 08 85 98 87,5 00 72 70 75 50 55 15 27 0,3 1,8 rOG, S. 4G2 ;i ;iü 70 92 94 90 74 71 47 18 0,3 Kl 85 8G 80 07 89 78 C9 50 . 2J5 0,7 u. 4G3) 12 81 70 93 93 96 87 76 50 18 0,5 13 85 70 90 8G 96 00 83 55 17 — 14 70 78 87 03 96 70 72 55 31 2,5 zusauini. inkl. V ers. 1 1 7S 82 00,0 00,8 94,7 83,4 74,5 47,4 17,7 Ü,G Tabelle D. Zahlen der zwittrigen Blüten mit teilweise fehlgeschlagenen Staubgefäßen (Prozentzahlon) bei den zehn Revisionen der gynomonoecischen Stöcke, für die neun Versuche getrennt (8. 130). Revision -• I- , II III 1 .1^^- V _ yl YII |V]II IX X r 1 9,6 4,8| 1,9 1 1 4 4 G,3 0,5 3 21 21 4,3 1 0,0 4,4 4 4,7 5 ",1 Versuch 4 48 20 8 2 — 0.3 7,3 3.3 4,G 8 45 17 8,8 4,7 0,0 14 2,0 5 11 0,9 roc, S. 4C2 0 0,8 18 4,8 0,7 5,1 9,8 3,5 7,2 17 0,7 10 15 1 12 11 4,2 1,4 0,0 0,4 0,4 12 0,3 n. 403) 12 19 1 2U 1 3,5 3,7 0,8 5,G 0,8 , r,,3 G,5 — 13 15 8,5 7,5 5,8 0,C 3,0 2,0 ' 5,8 12 — 14 24 17 10 29 2 15 G,4 5 0,2 1,3 zusamm. inkl. V .rs.ll 21 IG 5.0 2,9 1,8 5,5 4,7 5,2 0,0 0,4 Tabelle E. Zahlen ilcr zwittrigen Blüten mit lauter kontabeszenten Staubgefäßen (Trozcntzahlcn) bei den zehn Revisionen der gynonionoecischen Stöcke, für die neun Versuche getreiuit (S. 130). Revision I i 11) III lY Y VI YII j YIII IX X 1 -1 .,0 1 0,6 1 2 7 ' 24 55 9,5 3 — 1 — 3,3 1,5 0,7 6,8 7,1 9,1 33 3,8 Versuch 4 8 I 3,9 0,6 1,7 2,0 4,0 10 3,3 14 4 50 34 10 28 (OG, S. 402 0 — 3,6 3,6 1,0 3,4 5,2 3,5 15 36 20 10 — 2 9 1,8 1,1 3,5 4,3 0,98 20 1 1 n. 4G3) 12 — ' 12 3,5 — 0,5 5,3 5,1 16 43 4,7 13 — 12 2,5 1,3 1,7 3,6 5,3 11 40 2.G 14 5 2,3 0.4 l.G 4.2 6,8 S 31 23 zusamm. inkl. V ei-s. 11 — 2,3 1,2 1,3 1,3 4,3 6,0 12,3 40,3 13,2 1) Die drei gynonionoecischen Pflanzen, die bei Versuch 11 neben 33 weiblichen auftraten, sind hier und bei den drei folgenden l'abellen weggelassen. 168 0. Correns, Tabelle F. Zahl der echten weiblichen Blüten (Prozentzalilen) bei den zehn Revisionen der gyno- monoecischen Stöcke, für die neun Versuche getrennt (S. 139;. Revision I II III IV V VI VII VIII IX X 1 — — 3 0,6 1 7,9 9 31 27 90 3 1,4 — — 3,0 0,9 6,4 15 52 53 96 Versuch 4 8 7 : 1 6,5 1,2 4,2 6,8 9,3 12,5 27 33 36 30 28 90 68 (06, S. 462 J 9 — — — 3,9 1,4 11 23 31 28 70 u. 463) 10 - — — 27 8,7 12 21 34 33 88 12 — — — 3 2,4 2,6 12 28 32 95 13 — — 7,2 2 3,2 9,4 28 22 74 14 - — — 4 0,6 2,4 15 32 29 73 zusamm. inkl. V ers. 11 0,9 — 0,7 5,1 2,2 C,8 14,8 35,1 33 85,8 Tabelle H. Zahlen der vier Blütenklassen bei vier Kontrollpflanzen (S, 149 u. Fig. 3). I II III IV I II, III III IV Ge- samt- zahl der Blüten zwittrig zwittrig, Staub- gefäße ± ver- kümmert zwittrig, Staub- gefäße alle konta- beszent weib- lich in 7o u. IV in 7o u. IV in 7. Kurve a in 7. Kurve b 22. 7.-24. 7. 63 55 4 — 4 87,3 12,6 6,3 6,3 25. 7.-27. 7. 111 105 5 — 1 94,6 5,4 0,9 0,9 28. 7. — 30. 7. 99 93 2 2 2 93,9 6,1 4,0 2,0 31. 7.-2. 8. 140 132 4 3 94,3 5,7 5,0 2,1 3., 4., 6. 8. 128 114 1 9 89,1 9,9 7,8 7,0 7. 8.-9. 8. 120 101 — 12 84,2 15,8 10,0 10,0 10. 8.— 12. 8. 125 85 9 23 68,0 32,0 25,6 18,0 13. 8. — 15. 8. 142 121 1 19 85,2 14,8 14,1 13 16. 8. — 18. 8. 89 76 1 1 11 85,4 14,6 13,5 12 19. 8. — 21. 8. 114 93 2 17 81,6 18,4 16,7 15 22. 8.-24. 8. 54 30 4 16 55,5 44,5 37,0 30 25. 8.-27. 8. 45 16 7 16 35,6 64,4 51,0 36 28. 8. — 30. 8. 74 10 11 39 14 13,5 86,5 71,6 19 31. 8.-2. 9. 51 2 28 20 3,9 96,1 94,1 39 3. 9.-5. 9. 79 2 ^ 19 57 2,5 97,5 96,2 72 6. 9.-8. 9. 49 — — 1 48 — — 100,0 98 9. 9.-11. 9. 54 — — 1 53 — 100,0 98 1536 1035 58 HO 334 67,4 71,1 II allein 3,7 28,9 III allein 7,2 21,7 Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blutenpflanzen nsw. 169 Tabelle G. Zahlen der vier Blütenklassen bei vier Pflanzen, denen die offenen Blüten täglich ge- nommen wurden (S. 149 u. Fig. 3). Ge- I II III IV I 11, III III, IV IV samt- zwittrig, zwittrig, u. IV zahl zwittrig Staub- Staub- weib- der gefäße ± konta- gefäße ganz kon- lich j m 7o in 7„ in "/u in 7ü Blüten beszent tabeszent Kurve e Kurve d 22.7.-24. 7. 69 68 1 98,6 1,4 1,4 1,4 25. 7.-27. 7. 96 96 — — — 100 — — — 28. 7.— 30. 7. 93 86 6 1 92,5 7,5 1,1 — 31.7.-2.8. 145 126 5 — 14 85,7 14,3 9,6 9,0 3., 4., C. 8. 161 133 11 — 17 82,6 17,4 10,6 10,6 7. 8.-9. 8. 151 9 7 9 — 45 64,2 35,8 29,8 29,8 10. 8. — 12. 8. 208 141 16 2 49 68,1 31,9 24,5 23,0 13. 8.— 15. 8. 263 169 10 — 78 64,3 35,7 29,7 29,7 16. 8. — 18. 8. 181 127 14 1 39 70,2 29,8 22,1 21,6 19. 8. — 21. 8. 211 129 13 1 68 61,1 38,9 32,7 32,2 22. 8.-24. 8. 318 174 29 2 113 54,7 45,3 36,2 35,5 25. 8.-27. 8. 118 56 9 4 49 47,5 52,5 44,9 41,5 28. 8. — 30. 8. 133 48 14 — 71 36,1 63,9 53,4 53,4 31. 8.-2. 9. 183 50 24 2 107 27,3 72,7 59,6 58,5 3. 9. — ö. 9. 163 33 7 1 122 20,4 79,6 75,5 74,8 6. 9.-8. 9. 160 29 9 1 127 17,5 82,5 77,1 76,5 9. 9.-11. 9. 208 21 8 — 179 11,7 88,3 86,1 86,1 2867 1583 190 15 1079 55,2 44,8 II allein 6,0 38,2 in allein 0,6 37,0 Tabelle J. Zahl der Stöcke, die an einem bestimmten Tage ihre ersten Blüten öffneten (S. 155). Nummer d. Versuchs a 3 S Juni .Juli u. 4Ü3) S^ 29. 1 30. i.|2.;3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. jlO.jll. 12. 13. jl4. 15.— 21. Gynomon. F flanz. ! ' 1 1 1 66 — — -|1 4 10 21 4 9 2 6 6 — 1 — ! 1 1 3 64 — — -!- 1 3 14 14 11 7 3 7 1 2 — — 1 4 35 — — — [ — 1 6 7 7 3 li 2 4i 3 1 — — — 8 36 1 1 1 4 4 3 5 4 1 2 2 1 1 2 1 2 1 9 37 — 1 2 5 3 6 6 5 4 4 1 — — — — 10 36 — — — — — 1 6 4 4 1 4 5 7 2 1 - 1 1 11 3 — — — — — — — — 1 — 1 — 1 — — ' — — 12 38 — — 1 2 8 6 11 2 1 2 4 1 — — — — — 13 38 — — 2 7 10 6 2 4 6 ll — — — — — 14 36 - 1 1 3 1 7 3 8 2 4 2 -i 1| 4 - — — — zusammen 389 1 3 7 13 30 45 88 48 40 28 30 28 12 7 1 4 4 in Prozent 0,26 0,77 1,8 3,3 7,7 11,0 22,0 12,3 10,3 T,2 7,T 7,23,1 1,8 0,201,0 1,0 170 C. Correns, Fortsetzuno- der Tabelle J. Nummer (1. Versuchs 3 i2 J u n i ,T u 1 i 463) :^p: 29. 30. 1. 2. 3. i. 5. c. 7. 8. 9. lÖ. 1 1 11.112. 13. 15. 15.— 21. weibliche Pflanzen :-■•! ' ! n f. 5 __^ : _ 1 — 11 l.f) Ib 9 4 2 1 4 1 — — .~" — 7 i; — — — 3 1 — — -- — 1 — 1 - — — — 11 ;{;{ — i — — — 4 2 11 2 5 2 3 2 1 1 — - — zusammen 104 — — 1 815 18 26 11 9 4 5 6 3 1 - — — Tabelle K. DurchschniUlichc Zahl der Blüten pro Stock bei Jen gynomonoecisclien und weiblichen Pflanzen (S. 157). Numnier des Versuchs (Od, S. -102 II. 4G:V) Zahl der Blüten pro Pflanze 7 11 zusammen Gynomonoecische Stöcke: Weibliche Slöcke: C5 C 33 1(14 4G70 7(;0 188S 73-27 1 CT 3074 4fi 3 C4 3025 57 4 35 1962 50 8 3G 18C2 52 9 37 1918 52 10 3C 1757 49 11 3 108 30 12 38 2131 56 13 38 2005 53 14 3G 1927 54 zusammen 300 20 4(H; 52 ü 72 12 7 5 7 70,4 Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blutenpflanzen usw. 171 II. Gcum intennedinm. Tabelle L. Zahl der zwittrigen, teilweise und ganz männlichen Blüten an 18 Stöcken') (S. 12C>. Nummer der Pflanze Gesamt- zahl zwittrig zwittrig, Gynä(!. ± reduc. männlich zwittrig in "/o zwittrig, Gynäe. ± rcduc. in 7« männlich in 7. 1 1 64 — 1 63 2 98 2 3C — 1 35 — 3 «7 3 G7 2 2 G3 3 3 94 4 r.4 2 1 51 4 2 94 5 73 1 0 63 1 12 86 C 14 1 1 12 7 7 86 7 33 4 2 27 12 6 82 8 169 25 19 125 15 12 74 9 194 24 29 141 12 15 73 10 130 28 11 91 22 8 70 11 77 30 1 46 39 1 60 12 94 37 8 49 40 8 r>2 13 59 44 2 13 75 3 22 14 7C 59 2 15 78 3 20 1") CO 40 11 9 67 18 15 10 88 71 5 12 1 80 6 14 17 C7 57 2 8 85 3 12 18 130 110 s 12 85 0 9 Literatiir-Verzeicliiiis. Breitenbach, W., 1884, Einige neue Fälle von Bluinen-Polymorphismus. Kosnms, Bd. II des VIII. Jahrg. S. 206. Burck, "W., 1905, Die Mutation als Ursache der Kleistogamie. Extrait du Kecueil des Travaux botanii|ues Neerlandais. Vol. 1, 2. — 190G, On jilants which in the natural State have the Charakter of eversporting varieties in the sense of the mutation theory. Kon, Akad. van Wetensch. te Amsterdam, Proceed., April 2 7, 1906. ('orrens, C, 1900, Über den Einfluß, welchen die Z-.iIil der zur Bestäubung ver- wendeten Pollenkörner auf die Nachkommenschaft hat. Ber. d. Deufscli. Botaii. Gesellsch., Bd. XVIII, S. 422. 1) Es sind, besonders bei den Pflanzen 13 bis 18, nicht alle Blüten gezählt worden; bei den untersuchten wurde aber keine bestimmte Wahl getroffen. 172 C'- Correns, Correns, C, 1904, Experimentelle Untersuchungen über die Gynodioecie. Ber. d. ])eutsch. Bot. Gesellsch., Bd. XXII, S. 506. — 1095 a, Einige Bastardierungsversuche mit anomalen Sippen und ihre allgemeinen Ergebnisse. .Jahrb. f. wissensch. Botanik, Bd. XLI, S. 458. — 1905 b, "Weitere Untersuchungen über die Gynodioecie. Ber. d. Deutsch. Bot. Ge- sellsch., Bd. XXIII, S. 452. — 1906 a, Ein Vererbungsversuch mit Dimorphotheca plnvialis. Ber. d. Deutsch. Bot. Gesellsch., Bd. XXIV, S. 162. — 1906 b, Die Vererbung der Geschlechtsformen bei den gynodioecischen Pflanzen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ge.sellsch., Bd. XXIV, S. 459. Darwin, Gh., 1877, The different Forms of Flowers. London. Delpino, F., 1867, SuH'opera „la distribuzione dei sessi nelle piante" del prof. Hilde- brand. Milano. Düsing, ('., 1884, Die Kegulierung des Geschlechtsverhältnisses bei der Vermehrung der Menschen, Tiere und Pflanzen. Jena. Errera, L. et Gevaert, G., 1878, Sur la .structure et les niodes de ft'condation des fleurs etc. Bull. Soc. roy. de botan. Belgique, t. XVII, S. 38 u. f. Gaertner, C. F., 1844, Versuche und Beobachtungen über die Befruchtungsorgane der vollkommeneren Gewächse usw. Stuttgart. Goebel, K., 1904, Die kleistogamen Blüten und die Anpassungsthenrlen. Biol. Centralbl. Bd. XXIV, S. 673, 737, 769. Günthart, A., 1904, Blütenbiologische Untersuchungen. No. 2. Beiträge zur Blüten- biologie der Dipsaceen. Flora, Bd. 93, S. 199. Ludwig, F., 1879, Über die Blütenformen von Plantagu lanceolata L. und die Erscheinung der Gynodioecie. Zeitschr. f. d. Ges. Naturw. III. Folge, Bd. 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Strasburger, E., 1900, Versuche mit dioecischeu Pflanzen in Kücksicht auf Geschlechts- verteilung. Biolog. Centralblatt, Bd. XX, S. 657 u. f. Uexküll-Gyllenband, M. v., 1901, Phylogenie der Blüteufornien und der öeschlechts- verteilung bei den Compositen. Biblioth. Botan. Heft 52. Vöchting, H., 1893, Über den Einfluß des Lichtes auf die Gestaltung und Anlage der Blüten. Jahrb. f. wissensch. Botanik, Bd. XXV, S. 149. Willis, J. C, 1892a, On Gynodioecism in thc Labiatae (First paperj. Proceed. of the Cambr. Philos. Soc. Vol. VII, Pt. VI, p. 349. — 1892 b, Gynodioecism in the Labiatae (Second paper). Ibid. Vol. VIII, Pt. I, p. 17. — 1893, On Gynodioecism (Third paper), with a preliniinary note upon the origin of this and similar phenoniena. Ibid. Vol. VIII, Pt. 111, p. 129. Die Leitung tropistischer Reize in parallelotropen Pflanzenteilen. Von Hans Fitting. Mit 26 Abbildungen im Text. Einleitung. Von allen Reizleitungsvorgängen , die bei den Pflanzen vor- kommen, sind zweifellos jene am merkwürdigsten, welche trop'stische Krümmungen auslösen. Denn sie bedingen nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität der Reizreaktion, und zwar in einer Weise, wie es bei keinem anderen Reizleitungsvorgange der Fall ist. Bei den tropistischen Reizvorgängeu wird ja bekanntlich nicht nur durch die Qualität der Transmission bestimmt, ob die Reaktion eine geo- tropische, photo tropische, traumatotrojiische usw. ist, sondern in jedem einzelnen Falle außerdem noch die Richtung, in der die Krüm- mung erfolgen soll. Die Richtung der Krümmung nämlich hängt, ab- gesehen davon, ob sie positiv oder negativ ausfällt, irgendwie von derjenigen Stelle des Perzeptionsorganes ab, an der der Reiz- anlaß hauptsächlich angreift. Danach ist also die tropistische Re- aktion eine Funktion der sensorischen und der duktorischen Pro- zesse des ganzen Reizvorganges. Wenn man diese Tatsachen überblickt, so drängt sich einem unmittelbar die Frage auf: In welcher Weise ist bei den Tropismen das Perzeptionsorgan mit der Reaktionszone so verkettet, daß der äußere Reizanlaß indirekt die Richtung der Krümmung bestimmen kann? Die Lösung dieses Problems würde in verschiedener Hin- sicht von großem Interesse sein. Es könnte dadurch eine gewisse Einsicht in den Transmissionsvorgang gewonnen werden und mög- licherweise auch einiges Licht auf die Vorgänge fallen, die sich in der Perzeptionszone bei der Perzeption abspielen und die duktori- schen Prozesse einleiten. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 12 178 Hans Fittiiig, Es ist bisher sehr wenig geschehen, dieses für die Reizphysio- lügie wichtige Problem der Reizverkettung aufzuhellen und die Frage- stellung soweit als möglich durch Versuche einzuengen. Einige mehr nebenher angestellte Versuche von Czapek (1898, S. 216 ff.), Nemec (1901 a, b, c) und Pollock (1900, S. 14ff.), durch welche eigentlich nur ermittelt werden sollte, ob die tropistische Reizleitung eine reine Längsleitung ist oder ob auch eine Querleitung vor- kommt, haben den Kern des Problems nicht berührt. Czapek beobachtete an Wurzeln, die er horizontal gelegt hatte, geotropische Krümmungen, nachdem sie in 2 mm Entfernung von der Spitze quer bis zur Mitte halb durchschnitten worden waren. Diese und ähnliche Versuche Nemecs, aus denen Nemec (1901a, S. 133 ff.) glaubte folgern zu können, daß der geotropische Reiz bei den Wurzeln von Vicia Faba in den „Fibrillenbündeln" des Pleroms geleitet werde, sind schon deshalb nicht einwandfrei, weil wir ja nicht sicher wissen, ob nicht auch in der Wachstumszone der Wurzel eine geotropische Perzeption möglich ist. Auch die analogen Versuche Polio cks über die Leitung des traumatotropen Reizes in der Wurzel von Vicia Faha, aus denen er nur schließt, daß die Reizleitung in der Längsrichtung ebensogut möglich sei wie in der Querrichtung, ge- statten noch keinen Einblick in die Reizverkettung; zudem sind sie ebenfalls nicht einwandfrei. Sie wären es nur, wenn ganz allein die Wurzelspitze, nicht aber die Streckungszone befähigt wäre, den traumatotropen Reiz zu perzipieren. Darüber fehlen aber sichere Aufschlüsse^). Ich fand bei einer Nachprüfung im Gegensatz zu Polio ck, daß bei Vicia Faba und anderen Pflanzen die Durchtrennung der einen Rindenhälfte in 2 bis 3 mm Entfernung von der Spitze bei einer sehr großen Zahl von Keimhngswurzeln schon genügt, um eine traumatotrope Krümmung auszulösen. Ich werde über diese Versuche im Verlaufe meiner Arbeit eingehender berichten. Gerade diejenigen Fragen, die für die Aufhellung des Problems der tropistischen Reizverkettung besonders wichtig sind, wurden also durch die bisherigen Versuche nicht präzisiert, noch wurde ihre Lösung angestrebt. Diese Erwägungen gaben mir in Anbetracht des großen Interesses, welches das Problem bietet, die Veranlassung, durch eigene Untersuchungen die Lücke nach Möglichkeit auszu- füllen. Von vornherein ließ sich sagen, daß die Wurzeln keine günstigen Objekte sind. Glücklicherweise braucht man nicht erst 1) Vergl. die Zusammenfassung bei Fitting 11305, S. 721. Die Leitung tropistischer Eeize in parallelotropen Pflanzenteilen. 179 ZU suchen, um geeignetes Material zu finden. Ch. Darwin (1881) und Rothert (1894) haben uns ein solches in den phototropisch empfindlichen Keimlingen der Gräser und anderer Pflanzen kennen gelehrt. Unter ihnen galt es diejenigen auszusuchen, mit denen sich leicht entsprechende phototropische Versuche anstellen lassen und die verhältnismäßig wenig durch Verwundungen beeinflußt werden. Schon eine Durchsicht der Arbeit Rotherts ließ erkennen, daß von seinen Versuchs])flanzen wohl die Coleoptilen von Ave}Ki saüva in jeder Hinsicht am geeignetsten sein würden. Denn bei ihnen wird, wie schon Rothert (1894, S. 191 ff.) zeigte, weder die phototropische Krümmungsfähigkeit und Empfindlichkeit noch auch die phototro- pische Eeizfortpflanzung (Rothert 1894, S. 64 ff.) durch Wundreiz wesentlich herabgesetzt. An diese Versuche konnte also eine ein- gehendere Untersuchung über das Wesen der Reizleitung mit Aus- sicht auf einigen Erfolg anknüpfen. Von Rothert ist in dieser Richtung nicht weitergearbeitet "worden. A. Experimenteller Teil. Abschnitt I. Allgemeine Versuchsmethodik. x4.1s hauptsächliches Versuchsobjekt diente mir sonach zu- nächst Avcna sativa , und zwar eine leicht keimende Hafersorte („weißer Riesenhafer von Ligowo"), die von Haage i\: Schmidt in Erfurt bezogen wurde. Die Anzucht geschah in gleicher Weise wie bei Rothert: Von den, der Spelzen befreiten und hierauf 24 Stunden lang in flacher Wasserschicht eingeweichten Körnern wurden nur diejenigen zur Aussaat ausgesucht, deren Würzelchen und Koleoptilen annähernd gleich weit ausgekeimt hatten. Diese Keim- linge wachsen im Dunkeln außerordentlich gleichmäßig bis zu der jeweils gcAvünschten Länge der Koleoptilen heran, wenn sie in fein gesiebte Gartenerde gepflanzt werden. Auch in den Belichtungs- methoden, die zum Nachweise der phototropischen Reizleitung dienten, konnte ich völlig Rothert folgen. Nur die allgemeine Versuchsanordnung mußte bald nach Beginn der Versuche in be- sonderer Weise gestaltet werden. Sogleich bei den ersten Versuchs- reihen traten nämlich immer wieder Schwierigkeiten ein, welche die Fortsetzung der Untersuchung gänzlich in Frage zu stellen schienen. Sie ließen sich aber schheßlich dadurch beheben, daß ich nur jüngere, 12* 180 Haus Fittiiig, 1 bis 2 cm lange Koleoptilen, die vor Versuchsbeginn dauernd in völlig gleichmäßigen, günstigen Außenbedingungen bei Zimmer- temperatur gehalten wurden, für die Versuche verwendete. Solche Keimlinge zu ganz bestimmter Tagesstunde zu erhalten, bereitet übrigens, einige Konstanz der Außenbedingungen vorausgesetzt, gar keine Schwierigkeit, wenn man nur die Körner jedesmal zu be- stimmter Stunde mit Wasser übergießt und zu bestimmter Zeit aus- säet. Außerdem erwies es sich als überaus zweckmäßig, die Versuche in möglichst optimaler Temperatur anzustellen. Ich verwendete deshalb stets als „phototropische Kammer" einen größeren, innen geschwärzten Wärmekasten, in dessen Schiebetür zwei durch einen Zwischenraum von 2,3 cm getrennte, große Glasplatten eingelassen waren. Die Temperatur wurde auf 29^ bis 31" gehalten. Den Auerbrenner stellte ich so auf, daß der Glühstrumpf, in gleichem Niveau wie die Koleoptilen, 20 bis 25 cm von der äußeren Glas- platte der Tür und ca. 40 bis 45 cm von den Keimlingen entfernt war. Die Tür wurde bis auf einen 2 bis 3 cm breiten, in ent- sprechender Höhe belassenen Spalt durch schwarzes Papier ver- dunkelt. Kontrollversuche zeigten, daß die Wärmestrahlen der Licht- quelle bei dieser Versuchsanordnung in keiner Weise störend wirken können. Über die Vorsichtsmaßregeln, die während der Operation der Keimlinge, sowie überhaupt während der Vorbereitung der Koleoptilen für die Versuche angewendet werden mußten, um einwandfreie Er- gebnisse zu erhalten, sei gleich an dieser Stelle noch folgendes be- merkt: Selbstverständlich ließ es sich nicht umgehen, die Keimlinge während dieser Zeit zu belichten. Ich sorgte nun durch Rotation der Kulturgefäße stets dafür, daß das Licht zunächst ca. 1 bis 2 Minuten lang allseitig gleichmäßig und hiernach während der weiteren Vorbereitungen ebenfalls allseitig oder von genau entgegengesetzter Seite wie in den nachfolgenden Versuchen einfiel. Um aber weiter dem Einwände von vornherein zu begegnen, es könnten meine Be- obachtungen teilweise doch auf einer einseitigen Belichtung während der Vorbereitung der Pflanzen für die Versuche beruhen, habe ich noch einige Versuche folgender Art angestellt: Kulturgefäße wurden aus dem Dunkelschrank herausgenommen, 10 Min. lang, d. h. länger als die Vorbereitung meiner Keimlinge im allgemeinen dauerte, ein- seitig behchtet und hierauf 5 bis 6 Stunden lang in den dunklen Wärmekasten gestellt. Andere Kulturgefäße wurden vor der ein- seitigen Belichtung 1 bis 2 Minuten lang am Lichte rotiert. In Die Leitung tropistisclirr Reize in parallelotropen rflanzenfeilen. 181 keinem Fall ließen die Keimlinge nach Beendigung der Versuche die geringsten phototropischen Krümmungen erkennen. Außerdem wurde, soweit es irgend angängig war, zu jeder Sorte von Versuchen eine genügende Anzahl von Kontrollversuchen angestellt, die an der Richtigkeit der Hauptergehnisse gar keinen Zweifel lassen. In fast allen meinen Versuchen wurden die Keimlinge irgend- wie, durch Quereinschnitte oder durch Spaltung der Spitze, ver- wundet. Dazu diente ein kleines, scharfes Messerchen oder eine Starnadel. Die Spitze läßt sich am leichtesten und gleichmäßigsten spalten, wenn man mit einer geschärften, dünnen Starnadel in der jeweils gewünschten Entfernung von der Spitze das Keimblatt durch- sticht und aufschlitzt. Um die gespaltene Spitze vor Austrocknung zu schützen, habe ich sie stets mit einseits zugeschmolzenen, ent- sprechend weiten Glasröhrchen bedeckt, die unter der Luftpumpe mit Wasser gefüllt worden waren. Die Umrißzeichnungen der Keimlinge, die in natürlicher Größe reproduziert sind, fertigte ich ebenso an wie Rothert (1894, S. 23 ff.). Doch habe ich mich darauf beschränkt, in den Figuren denjenigen Kontur wiederzugeben, der mit dem Bleistift direkt nach dem Original gezeichnet werden konnte. Der Lichteinfall ist stets von der rechten Seite her gedacht. Die Beleuchtungsgrenze ist durch zwei gerade Striche, die Wundstelle durch das Zeichen > angezeigt. Abschnitt II. Einfluß der verschiedenartigen Verwundungen auf die Koleoptilen von Avena. Ehe ich auf meine Reizleitungsversuche eingehe, wird es zu- nächst nötig sein, über Vorversuche zu berichten, die den Einfluß der verschiedenartigen, angewendeten Verwundungen auf die Koleop- tilen bei den geschilderten Versuchsbedingungen beurteilen lassen. In Rotherts Abhandlung (1894) fand ich darüber für meine Zwecke nicht ausreichende Angaben. A. Wie das Wachstum beeinflußt wird, lehren folgende Versuche. Versuch 1. Avena sativa. In einem Satze mit V2 ^is 1 cm langen, ctiolierten Keimlingen wurden gleidi lange Koleoptilen zu Paaren ausgesucht und markiert. In den einen Keimling jedes Paares wurde in der Mitte zwischen Basis und Spitze ein querer Einschnitt durch den halben Umfang gemacht. Nach 7 stündigem Aufenthalt in dem verdunkelten Wärmekasten bei 31° betrug die Länge der Koleoptilen, von der Oberfläche der Erd.- des Kulturgefäßes au gemessen, in cm : 182 Hans Fitting, bei Paar I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV unverwundet 2,2 2,15 2,1 2,05 2,05 2,05 1,9 1,9 1,9 1,85 1,8 1,8 1,65 1,6 1,45 verwundet 2,1 2,0 1,9 1,85 1,85 1,85 1,7 1,5 1,6 1,7 1,7 1,45 1,45 1,5 1,4 Unterschied 0,1 0,15 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 0,4 0,3 0,15 0,1 lo,35 0,2 0,1 0,05 Unterschied im Mittel: — 0,19 cm. Die weiteren Versuche, die in ganz gleicher Weise angestellt wurden, seien in einer Tabelle zusammengestellt. Ver- suchs- Art der Verwundung Ge- messene Mittlerer Unterschied in der Länge zugunsten der unverwundeten Koleoptilen, zahl Paare nach 7 Stunden 2 Ein querer Einschnitt durch den halben Umfang, 1 mm unterhalb der Spitze, 31°. 11 0,04 cm ' Bei Schluß der 3 Zwei quere Einschnitte von entgegen- gesetzten Seiten, je durcli den halben Umfang in der Mitte zwischen Basis und Spitze, 1 mm voneinander entfenit, 31°. 14 0,53 cm Versuche haben die Laubblätter bei der Mehrzahl der ver- wundeten Keim- 4 ebenso, 21°. 18 0,4 cm linge die Koleop- tilen durchbrochen. 5 Die Spitze in einer Länge von 1 mm durch LS 0,31 cm einen Quereinschnitt abgetrennt, auf die unter Berücksichtigung des Stümpfe mit Wasser gefüllte ölaskäppchen entfernten Spitzenstückes. gesetzt, 29°. C Spitzen der Koleoptilen in einer Länge von ca. 0,5 — 0,8 cm von der Schmalseite*) halbiert, 29°. 25 0,36 cm 7 ebenso von der Breitseite') halbiert, 29°. 22 0,2 cm 8 Spitzen ebenso von der Schmalseite hal- biert, die eine Hälfte abgeschnitten, 29°. 14 0,2 cm 9 Wie in 8, nach Halbierung von der 16 0,2 cm Breitseite, 29°. 1) Da die Koleoptilen der Gräser bekanntlich bilateral symmetrisch gebaut sind (vgl. Kothert 1894, S. 25 ff.), sn muß man zur Beurteilung des Einflusses von Längs- einschnitten auf Wachstum und phototropische Krümmungsfähigkeit die Orientierung der Einschnitte berücksichtigen. Spaltet man die Spitze der etwas abgeplatteten Koleoptile von der Breitseite, so erhält man zwei spiegelbildliche Lappen, deren jeder in der Mitte von einem Gefäßbündel durchzogen ist. Spaltet man dagegen von der Schmalseite, so werden beide opponierte Gefäßbündel selbst gespalten und bleibt kein nnvei'letztes Bündel erhalten. Dio Leitung tropistischcr Reize in parallelotropen Pflanzenteilen. 183 Das "Wachstum erstreckt sich in diesen Versuchen auch noch auf die gespaltenen Spitzenteile. Wird die Spitze nicht ganz genau median gespalten, so daß der eine Lappen den größeren Teil, der andere nur ein kleines Stückchen der eigentlichen Spitze besitzt, so findet man, daß nach 7 bis 8 Stunden der größere Lappen in seinem Wachstume dem kleineren stets um ca. 2 mm vorangeeilt ist! Wie man sieht, beeinflussen Einschnitte das Wachs- tum der Koleoptilen von Avena verhältnismäßig recht wenig. Ja selbst, wenn die ganze Spitze in einer Länge von 1 mm abgeschnitten wird, ist die Verlangsamung des Wachstums in den 7 Stunden nach der Operation nur un- bedeutend. Eine vorübergehende, völlige Wachstumshemmung habe ich wie Roth er t (1894, S. 195) an den Koleoptilen nach der Ver- wundung ebenso wenig mit Sicherheit beobachten können, wie eine spätere deutliche Wachstumsbeschleuniguug. Im übrigen ließ die Temperatur, die während der Versuche herrschte (20" und 29° bis 31"), keinen Einfluß auf den Erfolg der Verwundungen erkennen, B. Wenn auch das Wachstum der Koleoptilen durch einen queren Einschnitt kaum verlangsamt wird, so macht sich doch ein anderer Einfluß der Verwundung geltend, dessen Kenntnis für die Beurteilung der entsprechenden Reizleitungsversuche sehr wichtig ist. Macht man nämlich einen queren Einschnitt in der Mitte zwischen Basis und Spitze durch den halben Umfang der Koleoptilen, so findet man nach einigen Stunden sehr viele Keirahnge gekrümrat, und zwar in ganz gesetzmäßiger Beziehung zur Wundstelle, wie folgende Versuche zeigen: Versuch 10. Avena sativa. Ktiolierte Keimlinge vor Versuchsbeginn 1 bis IV2 cm lang. Bei 48 Koleoptilen wurde in der Mitte zwischen Basis und Spitze ein querer Einschnitt durch den halben Umfang gemacht, und zwar so, daß sich die Einschnitte in den beiden Hälften der Kultur- schale auf entgegengesetzten Seiten befanden. Temp. 32". 2 Stunden nach Versuchsbeginn sind die unverwundeten Koleoptilen, abgesehen von den üblichen, unregelmäßigen Nutationen (vergl. Rothert 1894, S. 27 ff.) gerade; von den verwundeten sind 24 gerade, 24 ausgesprochen wenn auch nicht sehr intensiv von der Wundstelle weggekrümmt. Die Krümmung erstreckt sieh hauptsäehlieh auf die von der "Wunde basalwärts gelegenen Teile, doch ist sie bei einigen Keimlingen auch in dem Spitzenteile wahrnehmbar. Einige Beispiele siehe in Fig. 1 a. 184 Hans Fitting, 8 Stunden nachYersuchsbeginn sind die unverwundeten Keimlinge gerade ; von den verwundeten sind 26 gerade, 22 nach der Wunde hin gekrümmt. Die Krümmung erstreckt sich nur auf den Basalteil und ist bei einigen Keimlingen ziemlich stark (Fig. Ib). Fig. 1 a. Fig. 1 b. Versuch 11. Avena sativa. Etiolierte Keimlinge 1 bis IV2 cm lang. Alles wie im vorigen Versuche. Es wurden 27 Koleoptilen verwundet. Temp. 32°. Nach 2 Stunden: Mehrzahl der verwundeten Keimlinge gerade, 6 bis 7 von der Wundstelle weggekrümmt. Nach 3V2 Stunden: ebenso. Nach 5 Stunden: Wie vorher sind noch einige Keimlinge von der Wundstelle weggekrümmt, einige (6 bis 8) sind nach der Wunde hin gekrümmt. Nach 8 Stunden sind von den 27 verwundeten Keimlingen 16 nach der Wunde hingekrümmt, 1 1 gerade. Die Krümmung ist ausgesprochen, wenn auch nicht sehr intensiv. Versuch 12. Avena sativa. Etiolierte Keimlinge 1 bis IV2 cm lang. Es wurden 20 Keimlinge in der Mitte zwischen Basis und Spitze, 27 1 bis 2 mm unter der Spitze durch einen (jueren Ein- schnitt verwundet. Temp. 32". Nach 3 Stunden sind die an der Spitze verwundeten Keimlinge gerade ; die Mehr- zahl der in der Mitte verwundeten ist von der Wunde weggekrümmt. Nach l^l„ Stunden sind von den an der Spitzt' verwundeten 17 gerade, 10 kaum merklieh nach der Wunde hingekrümmt. Von den in der Mitte verwundeten sind 15 gerade, 5 ausgesprochen nach der Wunde hingekrümmt. Es wurden noch weitere ähnliche Versuche ausgeführt, im ganzen mit 233 in der Mitte zwischen Basis und Spitze und mit 105 direkt unterhalb der Spitze veiwundeten Keimlingen. Nach 2- bis 3 stündiger Versuchsdauer war von den ersteren etwa die eine Hälfte ein wenig von der Wunde weggekrümmt, die andere Hälfte gerade; von den letzteren die Mehrzahl gerade. Nach 6- bis 7- stündiger Versuchsdauer waren von den in der Mitte verwundeten 149 (64 %) nach der Wundstelle hingekrümmt, 84 (36 %») gerade; von den unterhalb der Spitze verwundeten 40 (38 %) entsprechend gekrümmt, 65 (62 Vo) gerade. Das Ergebnis war übrigens für Zimmertemperatur (21 bis 23°) und 32° annähernd gleich. Die Leitimg trni)istischer Reize in parallelotropen Pflanzenteilen. 185 Ahnliche Versuche wurden auch in folgender Weise gemacht: Die Spitze der Koleoptilen wurde bis zu einer Länge von 0,7 cm gespalten (sowohl von der Schmalseite, als auch, in anderen Ver- suchen, von der Breitseite), die eine Hälfte entfernt und mit Wasser gefüllte Glasröhrchen auf die Koleoptilen gestülpt. Diese Keim- linge zeigten ganz das gleiche Verhalten wie die, in die nur ein Querschnitt gemacht worden war. Nach 8 stündigem Aufenthalt im verdunkelten Wärmeschrank waren von 45 Versuchskeimlingen 30 (67 Vo) nach der Wundstelle hingekrümmt, 15 (33 7o) gerade. Spaltet man die Spitze, ohne die eine Hälfte zu entfernen, so krümmen sich die Koleoptilen nicht. Bei vielen Keimblättern von Avena tritt also nach der einseitigen Verwundung zwischen Basis und Spitze zu- nächst eine, wenn auch nur geringe Wegkrümmung von der Wundstelle ein, die sich hauptsächlich in den basalen Teilen der Koleoptilen, manchmal aber auch im Spitzen- teil, geltend macht. Nach einigen weiteren Stunden er- folgt dagegen eine meist etwas ausgesprochenere Krüm- mung nach der Wunde hin und zwar im allgemeinen bei ähnlich vielen Keimlingen (60 — 70 %), wie sich zuvor ent- gegengesetzt gekrümmt hatten. Sie bleibt auf den basalen Teil beschränkt. Es ist das Wachstum demnach auf der verwundeten Seite gegenüber der unverwundeten voraussichtlich zuerst ein wenig be- günstigt, sodann benachteiligt. Der Gedanke liegt nahe, daß die erste Krümmung etwa der traumatotropischen Reaktion der Wurzeln zu vergleichen sein könnte. Es ist aber außerordentlich schwer, dies zu erweisen, und dies umso mehr, als das Wesen der trauma- totropen Krümmungen bisher nicht klar genug erkannt ist. Jeden- falls zeigen meine Versuche, daß der Keimlingsspitze keine besondere Bedeutung zukommt: Wird sie einseitig durch Einschnitte (oder durch Ansengen) verwundet, so tritt die Wegkrümmung von der Wundstelle nur höchst selten ein. Ausschluß der einseitigen Schwerewirkung am Khnostaten be- einflußt die Krümmungen so gut wie gar nicht; eine Verstärkung macht sich nicht geltend. Auch wenn die Einschnitte mehr als ^/-^ des Umfanges umfassen, wird übrigens die Krümmung nicht stärker. Ich habe es deshalb aufgegeben, diese immerhin unbedeutenden Krümmungsvorgänge weiter zu verfolgen. 186 Hans Fitting Verwundet man die Keimblätter nicht einseitig, sondern macht man in der Mitte zwischen Basis und Spitze doppelseitig je einen Einschnitt durch den halben Umfang, so krümmen sich die Koleop- tilen nicht in gesetzmäßiger Weise. Geprüft wurden in dieser Weise 50 Keimlinge. Sind die beiden Einschnitte ungleich, etwa so, daß der obere Vi, der untere 'Vi des Umfanges ausmacht oder umgekehrt, so beobachtet man nach 5 bis 6 Stunden bei einer Anzahl von Keimlingen eine geringe Krümmung nach der größeren Wunde hin. (J. Es mußte weiter darüber Klarheit gewonnen werden, wie sich die auf verschiedene Weise verwundeten Keimlinge im Ver- hältnisse zu den unverwundeten bei einseitiger Beleuchtung photo- tropisch krümmen. Es zeigte sich, wie nach Rotherts Beob- achtungen (1894, S. 204 ff.) zu erwarten war, daß sowohl bei Zimmertemperatur wie auch bei optimaler Temperatur ein querer, einseitiger Einschnitt auf der Vorderseite, der Hinterseite oder einer der beiden Flanken (bezogen auf den Lichteinfall) so gut wie gar keinen, doppelseitige Einschnitte bis zur Mitte nur einen ganz un- bedeutenden Einfluß auf den zeitlichen Beginn und auf die Intensität der Krümmung haben. An dekapitierten Keimlingen scheint die von Rothert erwiesene Regeneration der physiologischen Spitze (1894, S. 201) bei 30 bis 32 ** etwas eher zu erfolgen als bei Zimmer- temperatur. Doch ließ sich ein ganz sicheres Urteil darüber nicht gewinnen. Ebensowenig hat die Spaltung der Spitze ') bis zu 1 cm Länge von der Schmal- oder von der Breitseite einen wesentlich ver- zögernden Einfluß auf den Beginn und den Fortschritt der Krüm- mung. Ja selbst, wenn man die eine Hälfte entfernt^), wird zwar die Verzögerung ganz wenig größer, bleibt aber immer noch klein gegenüber solchen Keimlingen, denen man 1 cm der Spitze dekapitiert hat (vergl. den in Abschnitt V mitgeteilten Ver- such 29). Über die interessanten phototropischen Krümmungen der hal- bierten Spitzen soll später in einem besonderen Abschnitte berichtet werden. Die Ergebnisse dieses Abschnittes lassen sich etwa folgender- maßen zusammenfassen: 1) Vorausgesetzt, daß man mit "Wasser gefüllte Glaskäppchen über die verwundeten Teile stülpt. Die Leitung tropistischer Reize in parallelotropen Pflanzenteilen. "[87 A. Eine einseitige Verwundung der Koleoptilen durch einen queren Einschnitt, sowie Spaltung der Spitze der Keimblätter bis zu 1 cm Länge hemmt das "Wachstum des Kotyledo so gut wie gar nicht. Doppelseitige quere Einschnitte, je durch den halben Umfang der Koleoptilen, ebenso Dekapitation der Koleoptilen, be- wirken eine, wenn auch geringe, so doch ausgesprochene Wachstums- verlangsamung. B. Bei einseitiger Verwundung durch einen queren Einschnitt krümmen sich viele Koleoptilen zunächst in ganz geringem Maße von der Wundstelle weg, sodann nach einigen Stunden eine größere Zahl nach der Wundstelle hin. Doppelseitige, gleichstarke Ver- wundung hat keine Krümmung zur Folge. C. Mit einem oder zwei Quereinschnitten versehene Keimlinge krümmen sich bei 20° und bei 30 bis 32° ebenso oder fast ebenso schnell und ebenso intensiv phototropisch wie die unverletzten Keim- linge. Gleiches gilt für solche Koleoptilen, bei denen die Spitze auf eine Strecke von 1 cm gespalten wurde. Selbst Entfernung der einen Hälfte zieht nur eine geringe Verzögerung des Krümmungs- beginnes nach sich. Abschnitt III. Phototropische Reizleitung durch einseitig mit einem Querschnitte verwundete Keimblätter von Avena. Schon Roth er t hatte gezeigt (1894, S. 64 ff.), daß die photo- tropische Reizleitung durch eine Verwundung, bestehend in zwei queren Einschnitten, die zusammen „mindestens V3 der Gesammt- peripherie des Cotyledo" umfaßten, auf entgegengesetzten Seiten des Keimlings, nicht gehemmt wird. Nachdem es mir gelungen war, diese Angabe zu bestätigen, konnte ich an die experimentelle Prüfung meiner ersten Hauptfrage herantreten, ob die Reizleitung stets ungestört ist, mag nun die Verwundung — der Einschnitt — wie immer orientiert sein, und ob die Richtung der phototropischen Krümmung irgendwie auch von der Orientierung des Einschnittes oder lediglich von der Richtung des Lichteinfalles abhängig ist. Da es sich herausgestellt hatte, daß sich ein großer Teil der Keim- blätter einige Stunden nach einer einseitigen Verwundung ausge- sprochen nach der Wunde hinkrümmt, so war es notwendig, für derartige Reizleitungsversuche zunächst solche Keimlinge zu ver- wenden, bei denen der Einschnitt auf der Hinterseite oder auf einer der beiden Flanken (bezogen auf die Lichtquelle) gemacht worden 138 Hans Fittinfr. war. Die partielle Verdunkelung der Keimblätter wurde durch Papierröhrchen mit Deckel nach Rothert (1894, S. 20 ff.) oder durch Stanniolröhrchen ') (Rothert 1894, S. 56 ff.) bewirkt. A. Reizleituiig von der beleuchteten Spitze in die verdunkelte Basis. a) Reizleitung in Koleoptilen, in die auf der Hinter- seite ein querer Einschnitt gemacht worden war. Versuch 13. Avena sativa. Etiolierte Keimlinge, 1 bis IV2 CJ" lang. 10 Koleoptilen wurden in der Mitte zwischen Basis und Spitze auf der Hinter- seite durch einen queren Einschnitt so verwundet, daß bei 6 Keimblättern '/s, bei 3 ^/a, bei 1 ^^ des ümfanges durch- schnitten war. Der untere Teil der Keim- blätter wurde mit schwarzen Papier- röhrchen und Deckeln bis auf eine 3 bis 4 mm lange Spitze so verdunkelt, ^" ■ daß die Wundstelle nicht beleuchtet war. Temp. 30 ". Nach 8 Stunden sind die unverdunkelten Vergleichskeimlinge außerordentlich stark (vgl. Fig. 2 a), die ver- wundeten Keimlinge sämtlich z. Z. sehr stark in den basalen Teilen unterhalb der Wund- stelle lichtwärts gekrümmt (Fig. 2 b). Versuch 14. Avena sativa. Etiolierte Keimlinge, 1 bis IV2 cm lang. a) 18 Keimblätter wurden in der Mitte zwischen Basis und Spitze so verwundet, daß bei 4 Koleoptilen der Einschnitt Vai l>ei 14: *l^ des ümfanges umfaßte. Der Unter- teil wurde durch enganschließende Stanniolröhrchen bis auf einen 3 bis 5 mm langen Spitzenteil verdunkelt. 1) Bei der Verdunkelung mittelst Papierröhrclien und Deckel habe ich gegenüber "Rothert eine kleine Verbesserung angebracht, die empfehlenswert ist. Rothert machte den übergreifenden Rand seiner Papierdeckel überall gleich breit (6 mm). Wenn sich nun die Keimlinge stark krümmen, kann es wohl vorkommen, daß die Deckelwände hinten soweit von den Papierröhrchen emporgehoben werden, daß Reflexlicht von der Hinterseite und den beiden Flanken einfallen kann. Dies wird vermieden, wenn man den Rand des Deckels von der Vorderseite nach der Hinterseite allmählich breiter werden läßt, so, daß er vorn .5 bis 6 mm, hinten 9 bis 10 mm breit ist. Bei der Verdunkelung mit Stanniolröhrchen kommt es leicht vor, daß die Röhrchen durch das Wachstum der Keimblätter gehoben werden, so daß zwischen dem unteren Rand der Röhrchen und der Erde ein Teil der Koleoptilen direkt von Licht getroffen wird. Wenn nun auch Rothert schon gezeigt hat (1894, S. 62 ff.), daß dadurch eine Krümmung in den höher gelegenen Teilen nicht zustande kommt, so habe ich doch vorsichtshalber über die partiell verdunkelten Koleoptilen noch ein Papierröhrchen oder Stanniolröhi-chen von größerem Durchmesser in die Erde gesteckt. Die Leitniig tropistisclier Reize in iiarallelotropen Pflanzenteilen. 189 Avena sativa. b) 8 Keimblätter unverwundet, in gleicher Weise verdunkelt. c) 6 „ „ unverdunkelt. Temperatur 31". Nach 7 stündiger Beleuchtung wurden die Stanniolhüllt;n im Zwielicht so entfernt, daß das Licht seitlich zu der ur- sprünglichen Beleuchtungsrichtung einfiel. Es begann sofort durch Schnellbewegung eine Krümmung der verdunkelten Basalteile im i?inne der ursprünglichen Licht- richtung. Sie nahm während eines Va stündigen Aufenthaltes im Dunkelschranke noch zu. Nur waren die a, b, c wie in Fig. 3 a, b, c gekrümmt. Versuch 15 Etiolierte Keimlinge, 1 — iVj cm lang. a) 9 Keimblätter so verwundet, daß bei 3 Vai bei 4 ^/j, bei 2 '/♦ des ümfanges durchschnitten wurde. Verdunkelung durch Stanniol röhrchen wie in Versuch 14. b) 5 Keimblätter nicht verwundet, aber wie a ver- 1 ^ 3 ^-- dunkelt. c) 5 Keimblätter ver- wundet wie a, aber nicht ver- dunkelt. d) 5 Keimblätter weder verwundet noch verdunkelt. Temp. 31°. Nach 8 stündiger Beleuch- tung wurden die Stanuiolröhrchen wie in Versuch 14 entfernt und das Kulturgefäß eine Stunde lang im Dunkeln am Klinostaten um die horizontale Achse rotiert. Nun waren die a bis d wie in Fig. 4 a bis d gekrümmt. Im ganzen wurden in diesen und ähnliclien Versuchen geprüft: 72 verwundete und basal verdunkelte Koleoptilen; davon in ß Ver- suchen 38, bei denen die Verdunkelung durch Papierröhrchen, und in 3 Versuchen 34, bei denen sie durch Stanniolröhrchen bewirkt wurde. Von diesen 72 Keimlingen krümmten sich lichtwärts 65, und zwar (a) 21, bei denen der halbe Umfang durchschnitten wurde; (b) 34, bei denen der Schnitt 7;.. und (c) 9, bei denen er "'/i des Ümfanges umfaßte. Von den 7 Keimlingen, die sich nicht Hchtwärts krümmten, gehörten 2 zu Gruppe (a) und 5 zu Gruppe (c). Aus diesen Versuchen geht also hervor, daß durch einen Einschnitt auf der Hinterseite der Koleoptilen die Reizleitung nicht wesentlich gehemmt wird: Wie bei den unverwundeten, so erfolgt auch bei den derartig ver- 190 Hans Fitting, Fig. 5. Fig. G. wundeten Keimlingen in den verdunkelten Basalteilen unterhalb der Wundstelle eine ausgesprochene Krümmung nach der Lichtquelle hin, selbst dann, wenn man % bis Vi des Umfanges der Koleoptilen durchschneidet, obwohl durch die Verwundung eine gerade entgegengerichtete Krümmung angestrebt wird. Verdunkelt man mit Stanniol- röhrchen, so tritt ein entsprechendes Krümmungsbestreben auf, das an Stärke nicht wesentlich hinter dem der unverwundeten Keimlinge zurücksteht. b) Reizleitung in Koleoptilen, in die auf einer der beiden Flanken ein querer Einschnitt gemacht worden war. Im ganzen wurden untersucht mit seitlichen Einschnitten 155 Keimlinge und zwar in 12 Versuchen 120, die mit Stanniolröhrchen (vgl. Fig. 5), in 5 Ver- suchen 35, die mit Papier- röhrchen verdunkelt worden waren (vgl. Fig. 6). Es krümmten sich lichtwärts 153 Koleoptilen, davon 128, bei denen Vs, 23, bei denen V;i, 4, bei denen Vi des Umfanges durchschnitten worden war. Nicht phototropisch krümmten sich nur 2, bei denen der Einschnitt V2 des Umfanges umfaßte. Abgesehen von der phototropischen Krüm- mung machte sich bei einer ganzen Anzahl von Keimlingen auch die geringe seitliche Abweichung nach der Wundstelle hin geltend, die ich schon früher beschrieben habe. Niemals aber trat eine Krüm- mung nach der nicht verwundeten Seite ein. Also auch durch einen Einschnitt auf einer der Flanken der Keimblätter durch V2 bis Vi ihres Umfanges wird die phototropische Reizleitung nicht gehemmt. Die Krüm- mung ist ganz unabhängig von der Schnittrichtung; sie wird allein durch den einseitigen Einfall des Lichtes auf die Spitze bedingt. c) Reizleitung in Koleoptilen, in die auf der Vorder- seite ein querer Einschnitt gemacht worden war. Nach den bisher ermittelten Tatsachen über die Reizleitung in verwundeten Koleoptilen ist die Annahme von vornherein sehr be- gründet, daß der Reiz auch in solchen Koleoptilen geleitet wird, in die auf der Vorderseite ein Einschnitt gemacht ist. Ebenso mehr Die Leitung tropistischer Reize in parallelotropen Pflanzenteilen. 191 Vorsicht ist aber bei der Beurteilung solcher Versuche geboten, da ich gezeigt habe, daß schon durch die Verwundung eine, wenn auch meist nur geringe Krümmung nach der Wunde hin einzutreten pflegt. Versuch 16. Avena sativa. Etiolierte Keimlinge, 1 — l'/o cm lang. a) 13 Keimlinge mit Einschnitten auf der Vorderseite : bei 3 duicli '/ai l'ei 9 durch Va, bei 1 durch ^4 des Umfanges. Bis auf einen 2 bis 3 mm langen Spitzenteil durch Stauniolröhrchen verdunkelt. b) 12 Keimlinge, ebenso verwundet; Schnitt bei 3 durch '/a^ bei 8 durch 73 und bei 1 durch ^U des Umfanges; ganz verdunkelt, in den Basalteilen durch Stauniolröhrchen wie bei a, in den Spitzenteilen durch oben geschlossene Stanniolröhrchcu von etwas größerem Durchmesser, die das ganze Keimblatt glockenförmig überdeckten. Nach 7 stündiger einseitiger Beleuchtung bei 20° sind die a und b wie in Fig. 7 a und b, die ganz belichteten Kontrollkeimlinge wie in c gekrümmt. a Fig. 8. Versuch 17. Arena sativa. Etiolierte Keimlinge, 1 — 1 Va cui laug. a) 14 Keimlinge verwundet wie in Versuch 18. Die Einschnitte umfaßten '/s bis '/a des Umfanges. Verdunkelung bis auf ein 2 bis 3 mm langes Spitzchen durch Pa pi er- röhr chen mit Deckel. b) 10 Keimlinge ebenso verwundet, aber ganz verdunkelt: die Spitze durch oben geschlossene Stanniolkäppchen , die Basis durch Papierröhrchen und Deckel, in die die Stanniolkäppchen hineinreichten. Nach 6 stündiger einseitiger Beleuchtung bei 30° sind die a gekrümmt wie in Fig. 8, die b wie in Fig. 7 b. Im ganzen wurden in diesen und anderen Versuchen 78 Keim- linge geprüft, davon in 5 Versuchen 64. bei denen die partielle Verdunkelung durch Stanniolhülsen, in einem Versuche 14, bei denen sie mit Papierröhrchen bewirkt wurde. Von diesen 78 Keimlingen krümmten sich ca. 65 ausgesprochen stärker, ca. 13 ebenso stark wie die ganz verdunkelten unter dem Einflüsse der Verwundung. Bei denen, die sich stärker krümmten, waren 37 durch den halben, 26 durch Va, 2 durch Vj des Umfanges geschnitten. 192 Hans Fitting, Die Versuche lehren also augenscheinlich, daß auch dann, wenn der vordere Teil des Keimblattes durchschnitten wird, eine Reizleitung in die Basalteile stattfindet und daß durch diese Transmission eine phototropische Krümmung, unabhängig von der Schnittrichtung, in gleicher Weise wie bei den unverwundeten Keimlingen ausgelöst wird. Im übrigen werden die Versuche des nächsten Abschnittes in vieler Hinsicht eine willkommene Bestätigung dieser Versuche bilden. B. Kontrollversiiche zur Beurteilung' der Brauchbarkeit der bisher angewendeten Verdunkelungsmethoden. Man könnte bei den bisher besprochenen und den im weiteren Verlaufe meiner Arbeit noch mitzuteilenden Versuchen in Anbetracht der sehr großen Lichtempfindlichkeit der Keimlinge den Einwand machen, die Krümmung unterhalb der Wunde beruhe vielleicht auf einer geringen Belichtung dieser Teile durch Lichtstrahlen, die sich durch die Verdunkelungseinrichtungen oder auch innerhalb der Keim- blätter von der Spitze her eingeschlichen hätten. Um dem zuvor- zukommen, habe ich noch eine Reihe Kontrollversuche gemacht, wenn ich auch von vornherein meine Versuche für ebenso einwand- frei halte wie Roth er t die seinigen. a) Von diesen Versuchen seien zunächst einige mitgeteilt, die erkennen lassen, daß den Verdunkelungseinrichtungen nicht die Brauchbarkeit abgesprochen werden kann. Versuch 18. Ave na safiva. Etioliert-e Keimlinge, 1 — l'/, cm lang- 8 Koleoptilen wurden in folgender Weise verdunkelt (vgl. Fig. 9 a). Ynm basalen Teil wurde das Licht durch ein Papierröhrchen abgeblendet. Darauf wurde ein Deckel mit ca. 1 cm breitem, übergreifendem Kand gesetzt. In dem Deckel war ein Spalt von etwa 6 bis 10 mm Länge und 2 mm Breite gemacht(vgl. Fig. Ob), und in den hintersten Teil (bezogen auf die Lichtquelle) dieses Spaltes ein oben verschlosse- nes Stanniolröhrchen so eingeklemmt worden, daß sein unteres Ende 1 bis 2 mm weit in das Deckelinnere hineinragte. Dieses Stanniolkäpp- a \) eben wurde beim Verschluß des Papierröhrchens j'ig 9 mit dem Deckel über die Spitze des Keimblattes gestülpt. Die in dieser Weise armierten Keim- blätter konnten also nicht direkt von den parallel zum Deckel einfallenden Lichtstrahlen der Lichtquelle getroffen werden. Nur durch den Spalt im Deckel vermochte etwas Licht und zwar nur auf diejenigen Teile der Keimblätter einzufallen, die in dem Papier- röhrchen eingeschlossen waren. rr-J-l i. Die Leitung tropistischer Eeize in parallelotropen Pflanzenfeilen. 193 Die Keimlinge wurden 7 Stunden im Wärmeschrank bei 31° einseitig beleuchtet. Sie blielien während dieser Zeit ganz gerade. Die nicht verdunkelten Keim- linge waren dagegen sehr stark gekrümmt. Der Versuch wurde 4 mal mit gleichem Erfolge im ganzen an 31 KeimHngen ausgeführt. Davon blieben 28 gerade; nur 3 Stück, die aus den Deckeln herausgewachsen und von direkten Lichtstrahlen getroffen worden waren, waren gekrümmt. Versuch 19. Avena safiva. Etiolierte Keimlinge, 1 — 1V2 cm lang. Von 14 Keimlingen wurden die Licht- strahlen der Auerlarape durch schwarze Papierröhrchen ohne Deckel abgeblendet. Der Rand der Eöhrchen überragte die Keimlingsspitzen um V2 — 1 cm. Temp. 29°. Nach 4 Stunden sind die Keimlingsspitzen noch nicht über den Band der Röhrchen hinausgewachsen und sämtlich gerade, die nicht verdunkelten aber sind stark gekrümmt. Nach weiteren 3 Stunden sind die Koleoptilen, bis auf eine, etwas über den Rand der Papierröhrchen hinausgewachsen und infolgedessen lichtwärts gekrümmt. Ein Keim- ling, vom Rand des Röhrchens überragt, ist noch immer gerade. Versuch 20. Avena sativa. Etiolierte Keimlinge, 1 — 1V2 cm lang. "Wie im voi-igeu Versuche. Nur mit folgender Abänderung: Nach 4V2 Stunden sind die mit den Röhrcheu verdunkelten Keimblätter noch gerade. Die größeren werden mit neuen Röhrchen so umgeben, daß die Spitzen von ihrem Rande wieder um ca. 1 mm überragt sind. Nach weiteren 2\L Stunden sind nur diejenigen Koleoptilen gekrümmt, deren Spitzen über den Rand der Röhrchen hinausgewachsen waren. Alle diese Versuche zeigen, daß Licht, welches nicht direkt auf die Koleoptilen fällt, phototropisch bedeu- tungslos ist. Zudem läßt sich leicht nachweisen, daß sich die ver- wundeten Koleoptilen auch dann phototropisch mit ihren basalen Teilen krümmen, Avenn die Möglichkeit des Ein- schleichens von Licht durch die Verdunkelungsvorrich- tungen ganz ausgeschlossen wird. Man braucht nur die basalen Teile der verwundeten Keimblätter mit sehr fein gesiebter, staub- trockener Erde zu verdunkeln, um dies zu erreichen. Bei Rothert hatte ein solcher Versuch keinen Erfolg gehabt (1894, S. 65), wie Rothert meint, vielleicht infolge der austrocknenden Wirkung der Erde. Solche Versuche, wiederum im Wärmeschrank bei 29 ", habe ich im ganzen 8 angestellt. Bei dreien befand sich der Einschnitt auf der Vorderseite, bei dreien auf der Hinterseite und bei zweien auf einer der Flanken. Nach 6- bis 7 stündiger, einseitiger Be- leuchtung waren die Keimlinge bis auf ganz wenige Ausnahmen Jahrb. f. wIb«. Botanik. XLIV. 13 194 Hans Fittiiiu', (ca. 5 'Vo) nach der Befreiung von der zur Verdunkelung benutzten Erde ziemlich stark lichtwärts gekrümmt. Nur ein Versuch, bei dem sich die Einschnitte hinten befanden, blieb ganz erfolglos. Da Rothert seinen Versuch bei Zimmertemperatur gemacht hat, so war die Frage nicht uninteressant, ob sein negativer Erfolg etwa der tieferen Temperatur zuzuschreiben ist. In einem ähnlichen Versuche mit seitlich orientierten Einschnitten an den Keimlingen erhielt ich aber auch bei diesen Bedingungen wenn auch schwächere, so doch ausgesprochene phototropische Krümmungen. Daß in diesen Versuchen tatsächlich die lufttrockene Erde die Lichtstrahlen ab- hielt, zeigten alle diejenigen Keimlinge, die, im Wachstum noch zurückgeblieben, während der Versuche die Erde nicht durchbrochen hatten: sie blieben ganz ungekrümmt. — Auch indirekt läßt sich leicht beweisen, daß die Krümmungen der verdunkelten Basalteile nicht durch Lichtstrahlen ausgelöst werden können, die sich von außen in die Verdunkelungsvor- richtungen eingeschlichen haben: Man braucht dazu nur bei einem Teile der unterseits verdunkelten Koleoptilen die Spitzen durch Stanniolkäppchen bis nahe an den verdunkelten Basalteil zu ver- dunkeln und nach längerer, einseitiger Beleuchtung die Krümmung mit derjenigen der spitzenwärts nicht verdunkelten Keimblätter zu vergleichen. Versuch 21. Avcna sntiva. Etiolierte Keimlinge, IV2 — 2 cm lang. a) Bei 9 Keimlirgeu mit je einem Einschnitt, auf der Hinterseite in der Mitte zwischen Basis und Spitze (3 durch '/a, 4 durch ^3, 2 durch '/i des Umfanges) wurden die Basalteile außer- dem 3 bis 4 mm der Spitze durch Stanniolhülsen ver- dunkelt, so daß bei Versuchs- beginn nur eine Strecke von etwa Va — IV2 nim beleuchtet wurde. Diese Zone nahm mit dem Wachstum der Keim- blätter während des Versuches bis zu 4 mm zu. b) Bei 9 ebenso verwundeten Keimlingen wurde nur der basale Teil verdunkelt. c) Ebenso bei 6 nicht verwundeten Keimlingen. d) 6 Vergleichskeimlinge, nicht verwundet und un verdunkelt. Nach 7 stündiger, einseitiger Beleuchtung bei 30° wurden die Stanniolröhrchen ent- fernt und die Keimlinge in den Dunkelschrank gestellt. Eine Stunde später sind die Gruppen a, b, c, d wie in Fig. 10 a bis d gekrümmt. Die Leitung tropistifächer Reize in parallelntropen Pflanzenteileii. 195 Entsprechende Versuche führte ich neunmal im ganzen mit 92 verwundeten, unterwcärts und sjiitzenwärts verdunkelten Keim- lingen aus. Über ihre Ergebnisse gibt folgende Zusammenstellung Aufschluß : A. Auf der Hiuterseite verwundet 70 Keimlinge, davon die Basis mit Stanuiolröhrchen verdunkelt . „ „ „ „ Papierröhrchen und Deckel verdunkelt 52 B. Auf einer der beiden Flanken verwundet 22 Keimlinge, davon die Basis mit Stanniolröhrchen verdunkelt .... „ „ „ „ Papierröhrchen und Deckel verdunkelt Unterhalb der "Wunde nicht lichtwärts gekrümmt gekrümmt 18 16 2 52 49 .3 1.3 11 2 9 7 2 Summa 92 83 0 Die Versuche sind also durchaus eindeutig ausgefallen. Gleiches gilt von einem weiteren Versuche mit 7 in derselben Weise ver- dunkelten Keimlingen, in deren Vorderseite ein querer Einschnitt durch den halben Umfang der Koleoptile gemacht worden war. Die Verdunkelung der Basalteile gescliah mit Pajjierröhrchen und Deckel. Aus allen derartigen Versuchen muß man schließen: Die ein- seitige Beleuchtung einer kurzen, 3 — 4 mm unterhalb der Koleoptilspitze gelegenen Zone sowie das etwa durch die Verdunkelungseinrichtungen sich einschleichende Licht reicht nicht aus, um einigermaßen ausgeprägte photo- tropische Krümmungen in der verdunkelten Basis aus- zulösen. Der Unterschied in der Krümmung gegenüber den Keimblättern, deren Spitze nicht verdunkelt wird, kann also nur auf der einseitigen Beleuchtung der Spitze und der Reiztransmission von der Spitze beruhen. b) Weiter war schließlich zu untersuchen, ob nicht vielleicht das direkt einseitig auf die Spitzen der Koleoptilen einfallende Licht innerhalb der nicht undurchsichtigen Keimblätter sich so ungleich- mäßig ausbreiten könnte, daß auf diese Weise eine phototropische Reizung der verdunkelten Basalteile möglich wäre. Darüber geben die folgenden Versuche Aufschluß. Versuch 22. Ävena sativa. 0 Koleoptilen, l'/a — 2 cm lang, wurden so von Papierröhrchen umgehen, dal^ ihre Spitzen '/a mm unterhalb des oberen Handes sich befinden. Auf die Keimblattspitzeji werden entsprechend weite, einseitig zugeschmolzene, mit Wasser angefüllte Glasröhrchen von 1 — l'/s cm Länge so aufgesetzt, daß nur der untere, 2—3 mm lange Teil der Röhrchen von den Keimblattspitzen ausgefüllt ist. Die Papierröhrchen werden in ge- wöhnlicher Weise mit breitrandigen Papierdeckeln verschlossen, in deren Luch die Glas- 13* 196 li*'^^ Fitting, käppchen mit Reibung hineinpassen ^vgl. Fig. 9 a). Nach GVaStündiger, einseitiger Be- leuchtung bei 30° sind die 6 Keimblätter völlig gerade. Sie sind stark in die Länge gewachsen und haben die Glasröhrchen samt Deckel in die Höhe gehoben. Der Versuch wurde noch einmal in gleicher Weise und mit gleichem Erfolge wiederholt. Versuch 23. Avena sativa. 6 Koleoptilen, 1 — IV2 cm lang. Alles wie im vorigen Versuche. Nur werden in die oberen Teile der Glasröhrchen 1 cm lange, abgeschnittene Keimblattspitzen so gesteckt, daß die Schnittwunden direkt auf die Spitzen der Versuchskoleoptilen aufstoßen. Die Versuchskeimblätter sind wieder nur V2 — 1 "i"^ ^om direkt einfallenden Licht entfernt. Nach 7 stündiger, einseitiger Beleuchtung bei 30° sind alle Koleoptilen noch ganz gei"ade. Der Versuch wurde dreimal in gleicher Weise wiederholt. Ein- mal blieben alle 6 Koleoptilen gerade, das zweite Mal von 6 5, das dritte Mal von 6 4. Die übrigen 3 (l-|-2), die mit ihren Spitzen ein ganz klein wenig in den Bereich der direkten, einseitigen Beleuch- tung gekommen waren, waren schwach phototropisch gekrümmt. Ahnliche Versuche, ebenfalls mit negativem Erfolge, wurden schließlich in der Weise gemacht, daß die Koleoptilen mit engan- schließenden Stanniolröhrchen verdunkelt wurden, in deren oberes Ende abgeschnittene Keimblattspitzen gesteckt worden waren. Daraus ist ersichtlich, daß auch durch eine ungleich- mäßige Ausbreitung des Lichtes innerhalb der Koleopti- len von der beleuchteten Spitze zur verdunkelten Basis die phototropische Krümmung der Basis nicht erklärt werden kann. — Aus allen Kontrollversuchen geht also hervor, daß die angewendeten Verdunkelungsmethoden völlig einwand- frei sind. C. Reizleitiing- in verwimdeteii Koleoptilen von der einseits beleuchteten Spitze in die von entgegengesetzter Seite be- leuchtete Basis. Noch in anderer Weise läßt sich der Beweis erbringen, daß in den Keimblättern von Avena tatsächlich eine phototropische Reizleitung von der Spitze nach der Basis auch über eine verwun- dete Zone hinaus stattfinden kann, und zwar mit der Methode der doppelseitigen Beleuchtung, die schon Rothert (1894, S. 57 tf.) bei unverwundeten Keimlingen den zwingendsten Beweis für die Transmission des Reizes von der Spitze nach der Basis an die Hand gegeben hatte. Diese Versuche haben für uns sogar noch eine ganz besonders große Bedeutung. Die Leitung tropistisclier Keize in parallelofropen Pflanzenteilen. 197 Es mußte selbstverständlich auch bei diesen Versuchen wieder der Tatsache Rechnung getragen werden, daß die Reizleitung über die verwundete Stelle nach der Basis in optimaler Temperatur am besten zur Geltung kommt. Meine Versuchsanordnung war deshalb folgende: Im Dunkelzimmer wurde ein Thermostat von der Form aufgestellt, wie er bei Pfeffer (1904, S. 95) abgebildet ist, bestehend aus einem doppelwandigen Zinkgefäß, auf das eine Glasglocke gesetzt wird. Die Glocke kleidete ich innen mit mattem, schwarzem Papier aus, so daß das Licht auf einander entgegengesetzten Seiten nur durch zwei Spalte von genau gleicher Größe: 16 cm Länge und 3,5 cm Breite einfallen konnte, deren unterer Rand 2 cm von dem Rand der Glas- glocke entfernt war. Die Temperatur wurde auf 28 — 30'' gehalten. Der Thermostat befand sich in der Mitte zwischen zwei Auer- lampen, deren Brenner, ca. 2 m voneinander entfernt, in gleiches Niveau mit den Lichtspalten in der Glocke gebracht wurden. Die Kulturschalen stellte ich so auf, daß die Oberfläche ihrer Erde an- nähernd mit dem untern Rand der Spalte in gleicher Höhe lag. Die Keimlinge wurden durch schwarze Papierröhrchen verdunkelt. In letztere waren auf entgegengesetzten Seiten Längsausschnitte von 6 — 7 mm Breite gemacht worden, auf der einen Seite am oberen, auf der anderen am unteren Ende, so daß die beiden Ränder der Aus- schnitte sich auf gleichem Niveau befanden. Diese Papierröhrchen wurden so über die Keimlinge gestülpt, daß die Grenzen der ent- gegengesetzten Beleuchtungen wenige Millimeter unter die Spitzen der Koleoptilen zu liegen kamen und die Wundstelle von der glei- chen Seite das Licht erhielt wie die übrige Basis. Ausserdem wurde die Beleuchtung so gewählt, daß die Spitzen etwas weniger intensiv einseitig beleuchtet waren als die basalen Teile von der entgegengesetzten Seite. Versuch 24. Avena sativa. Etiolierte Keimlinge, 1 — lV2cm lang. Bei 6 Koleoptilen wurde in der Mitte zwischen Basis und Spitze ein Einschnitt durch 72 ^is 'U ^^^ TJmfangs gemacht. Die Keimlinge wurden so orientiert, daß die Wunden nach derjenigen Seite gerichtet waren, von der die Basis das Licht erhielt. Temperatur 29—30". Die Keinilingf krümmten sich zunächst mit der Spitze und mit der Basis nach den entsprechenden Lichtquellen, nach 4 — 5 Stunden aber begannen 2 Keimlinge sich im Basalteile auch unterhalb der Wundstelle im Sinne der beleuchteten Spitze umzukrünimen, nach 6 Stunden ebenso ein weiterer Keimling. Nach 8 stündiger Versuchsdauer hatte sich nichts wesentliches geändert. Von den 3 Keimlingen, die nicht dem Einfluß der Spitze unterlegen waren, war bei 2 : '/,, bei 1 : '/a des Keimlingsumfangs durchschnitten; 198 Hans Fitting, bei den 3 Keimlingen, die sich mit der Basis im gleichen Sinne wie die Spitze gekrümmt hatten, umfaßte der Schnitt die Hälfte des Urafanges. Versuch 25. Avena sativa. Etiolierte Keimlinge, 1 — l'/a cm lang. 6 Keimlinge, wie im vorigen Versuche vei-wundet. Bei 3 davon wurden Stanniol- käppchen auf die Spitzen gesetzt, so daß der untere Rand der Röhrchen mit der unteren Grenze der Spitzenheleuchtung annähernd zusammenfiel. Temperatur 28 — 30". Nach 6V2Stiindiger Versuchsdauer waren die unverdunkelten 3 Keimlinge mit Spitze und Basis nach derjenigen Lichtquelle gekrümmt, welche die Spitze einseitig beleuchtete. Die 3 Keimlinge dagegen, deren Spitzen verdunkelt worden waren, hatten sich nach der anderen Lichtciuelle gekrümmt. Man sieht aus diesen Versuchen, daß der Einfluß der Spitze auf die von der entgegengesetzten Seite beleuchtete Basis so groß ist, daß ihn selbst ein Einschnitt durch die Hälfte des Umfanges der Koleoptile nicht aufzuheben vermag. D. Indirekte Beweise für das Vorhandensein einer phototropischen Reizleitung in verwundeten Keimblättern. Obwohl durch die bisherigen Versuche bereits das Fortbe- stehen der Heizleitung über verwundete Stellen in einwandfreier Weise bewiesen ist, schien es doch wegen der großen Licht- empfindlichkeit der Keimlinge zweckmäßig, auch durch indirekte Beweise, ähnlich wie es Rothert (1894) für unverwundete Keim- linge getan hatte, das Vorkommen der Reiztransmission in ver- wundeten Keimblättern weiter zu erhärten, und zwar durch eine Untersuchung des Einflusses der Spitze auf die Krümmung der basalen Teile. Diese Versuche gestatten auch eine gewisse Einsicht in die Frage, Avie weit der phototropische Einfluß der Spitze auf die Basis durch einen Einschnitt durch V2 — ^U des Koleoptilum- fanges geschwächt wird. Rothert hat gezeigt (1894, S. 34 ff.), daß solche Koleoptilen, deren phototroj^isch besonders empfindliche Spitze verdunkelt wird, sich schwächer phototropisch krümmen als nicht verdunkelte, weil bei den ersteren die Reizleitung von der Spitze her fehlt. Es fragt sich also, ob nicht auch bei den verwundeten Keimblättern ein ähnlicher Einfluß der Spitze wahrgenommen werden kann. Versuch 26. Avena sativa. Etiolierte Keimlinge, 1 — 1V2 cm lang. a) 8 Keimlinge, nicht verwundet und nicht verdunkelt. Die Leitung tropistist-her Reize in parallelotroppn Pflanzenteilen. 199 b) 8 Keimlinge, bei denen in der Mitte zwischen Basis und Spitze ein verschieden orientierter Einschnitt durch '/, bis % des Umfanges gemacht war, nicht verdunkelt. c) 16 Keimlinge, unverwundet; aber die Spitzen auf 3—4 mm Länge mit Stanniol- käppchen verdunkelt. d) 13 Keimlinge mit Einschnitten wie bei b; Spitzenverdunkelung wie bei c. e) 13 Keimlinge, bei denen die Spitze in einer Länge von 3 — 4 mm dekapitiert worden war. Zimmertemperatur 23 ". Nach 3 Std. 30 Min. einseitiger Beleuchtung sind die a und b ziemlich stark, fast gleich, die c und d schwach, fast gleich, die e gar nicht gekrümmt. Nach 5 Stunden sind bei a — d die Krümmungen ver- stärkt, die a ebenso stark gekrümmt wie die b, die c fast ebenso wie die d, e an der Spitze gekrümmt. Nach 8 Stunden sind die a — e wie in Fig. 11 a — e gekrümmt. Von Gruppe c ist kein Keimling so inten- siv gekrümmt wie bei a und b, deren Krümmung gleich stark ist; von Gruppe d sind etwa 10 so intensiv" gekrümmt wie die c, nur 3 annähernd so stark wie die b. Von ihnen waren 2 auf der Vorder- seite Hbezogen anf die Lichtquelle), 1 auf einer Flanke verwundet. Im ganzen wurden auf solche Weise bei diesem und anderen 7 Versuchen, auch im Wärmeschrank bei 29 — 30^, 110 verwundete Keimlinge geprüft, bei denen die Spitzen verdunkelt waren. Von 45 auf der Hinterseite eiugeschnitt. krümmten sich 41 schwächer, 4 r stärker als die „ 41 „ „ Vorderseite „ „ „ 32 „ 9 ! nicht verdunk. „ 24 „ einer der Flanken „ „ „ 20 „ 4 1 Vergleichspflz. 110 93 17 (l-^Vo). Außerdem krümmten sich von 66 nicht verwundeten Keim- lingen, deren Spitzen verdunkelt worden waren, 60 schwächer, 6 (97o) ebenso stark wie die unverwundeten Vergleichspflanzen. In der Regel fiel die Krümmung der auf der Hinterseite verAvundeteu Keimlinge etwas schwächer als der auf der Vorderseite verwundeten ausi Dies steht jedenfalls mit der Tendenz der Koleoptilen, eine geringe Krümmung nach der Wundstelle hin zu machen, in engstem Zusammenhange. Dadurch wird es auch verständlich, daß bei den auf der Vorderseite verwundeten Keimlingen sich ein verhältnis- mäßig so großer Prozentsatz ebenso stark wie die unverdunkelten Vergleichskeimlinge gekrümmt hat. Der Einfluß der Verwundung allein erklärt freilich diese Ausnahmen nicht, wie schon die Tatsache 200 ^^ä"!^ Fitting, zeigt, daß auch von den auf der Hinterseite verwundeten, partiell verdunkelten Koleoptilen sowie von den überhaupt nicht verwundeten, aber partiell verdunkelten Versuchspflanzen stets einige sich ebenso oder annähernd ebenso stark wie die nicht verdunkelten Vergleichs- pflanzen krümmen. Abgesehen von dem Einflüsse der autonomen Nutationen dürften diese Fälle ungezwungen in individuellen Ver- schiedenheiten der Empfindlichkeit ihre Erklärung finden (vgl. aucli Rothert 1894, S. 38). Im übrigen fiel in allen diesen Versuchen die phototropische Krümmung bei den beiden nicht verdunkelten Gruppen der Keim- linge — den verwundeten und nicht verwundeten — und ebenso bei den entsprechenden Gruppen der Koleoptilen, deren Spitzen verdunkelt wurden, stets annähernd gleich intensiv aus. Aus diesen Versuchen läßt sich demnach entnehmen, daß die Reizleitung von der Spitze nach der Basis durch einen queren Einschnitt, der die Hälfte oder zwei Drittel des Umfanges der Koleoptile umfaßt, so gut wie gar nicht geschwächt oder gehemmt wird. Zugleich bilden sie einen neuen, wenn auch indirekten Beweis für das Fortbestehen der Reiztransmission nach der Verwundung. E. Geschwindigkeit der Reizleitung in den verwundeten Koleoptilen. Weiter blieb noch zu untersuchen, wie sehr die Reizleitung im Verhältnis zu den unverwundeten Keimlingen in den verwundeten Koleoptilen verzögert wird. Darauf lassen sich Schlüsse ziehen aus der Beobachtung, um wie viel später die Krümmung in den basalen und verdunkelten Teilen der verwundeten Keimblätter gegen- über den unverwundeten eintritt. Denn die tropistische Reaktion als solche wird ja bei den Haferkeimblättern durch den Einschnitt gar nicht irgendwie verlangsamt oder beeinflußt, wie schon Rothert zeigte und auch aus allen meinen, bisher mitgeteilten Versuchen klar hervorgeht. Schon die eben erwähnten phototropischen Versuche mit ver- wundeten und nicht verdunkelten Keimlingen weisen darauf hin. daß auch die Reizleitungsvorgänge durch den Einschnitt kaum oder gar nicht beeinflußt werden können. Dieser Schluß ist eben daraus zu ziehen, daß die Krümmung der verwundeten Koleoptilen in fast gleicher Weise wie bei den nicht verwundeten abläuft. Diese Koinzidenz ist nur dadurch möglich, daß abgesehen von der direkten Dio Leitung iropistisclier Eeize in parallelotropen Pflanzentoilen. 201 dauernd eine indirekte Reizung der basalen Teile durch Zuleitung des Reizes von der Spitze über die Wundstelle hinaus erfolgt. Immerhin mußte doch in besonderen Versuchen durch Aus- schließung jeder direkten Reizung noch geprüft werden, inwieweit die Reizleitung durch die Wunde aufgehalten oder gehemmt wird. Und zwar war diese Frage natürlich getrennt für die verschiedene Orientierung der Schnittwunden zu lösen. Da in den ersten Stunden nach der Operation bei den Keim- blättern die Tendenz zu einer, wenn auch nur sehr schwachen Krümmung von der Wundstelle weg besteht, so waren die ein- deutigsten Ergebnisse zu erwarten, wenn die Schnittwunde auf einer der beiden Planken angebracht wurde. Zur Verdunkelung der basalen Teile dienten in allen Versuchen schwarze Papierröhrchen mit Deckel; die Einschnitte befanden sich stets im Dunkeln. Zum Vergleiche wurde in derselben Kulturschale jedesmal eine gleiche Zahl unverwundeter Keimlinge in gleicher Weise unterwärts ver- dunkelt. Es empfiehlt sich, die Zurichtung der Pflanzen für die Versuche in möglichst gedämpftem Licht vorzunehmen, da helles Licht die Reizstimmung in den Keimlingen so verändert, daß der Beginn der Reizkrümmung in den verdunkelten Basalteilen wesentlich verspätet wird. Durch Vorversuche hatte ich zunächst festgestellt, daß durchschnittlich 2 Vi bis 2V.> Stunden nach Beginn der ein- seitigen Beleuchtung bei den unverwundeten Keimlingen mit Sicher- heit Anfänge einer Krümmung in den unteren, verdunkelten Teilen nachweisbar sind. Die eigentlichen Versuche, deren 7 mit verschiedener Reiz- dauer, zwischen 27* und 3 Stunden bei 28 bis 30-' im ganzen an 42 verwundeten Versuchspflanzen gemacht wurden, zeigten nun, daß, durch einen Einschnitt auf einer Flanke, der Beginn der Krümmung unterhalb der Wunde kaum merklich verlangsamt wird: schon dann, wenn bei den ersten unverwundeten Keimlingen der Anfang einer Krümmung sichtbar wurde, ließ er sich auch bei einigen der verwundeten Koleoptilen nachweisen. Auch schreitet die Reaktion bei beiden annähernd gleich schnell voran. Am Er- folge änderte sich auch dann nichts, wenn der Schnitt durch ^ ■^ des Umfanges hindurchging. Weiter wurden in 3 Versuchen 19 Keimpflanzen mit Ein- schnitten auf der Hinterseite und in 7 Versuchen 44 Koleoptilen mit Einschnitten auf der Vorderseite untersucht. Erstere Gruppe verhielt sich ganz so wie die Pflanzen mit Einschnitten anf einer 202 Hans Fitting, Flanke. Bei der letzteren Gruppe machte sich dagegen eine, wenn auch nur geringe Verzögerung des Reaktionsbeginnes und -fort- schrittes geltend. Stets aber gab es auch hier einige verwundete Keimblätter, die sich gleichzeitig mit den nicht verwundeten krümmten. Danach wird man die minimale Verzögerung der nach entgegengesetzter Richtung angestrebten „Verwundungskrümmung" zuschreiben müssen. Aus allen diesen Versuchen muß man folgern, daß die Verwundung die Reizleitung überhaupt nicht verlang- samt, mag der Einschnitt orientiert sein wie er will und mag er sich auf die Hälfte oder auf zwei Drittel des Koleoptilumfanges erstrecken. Wie die Reizleitung durch noch tiefere Einschnitte beeinflußt wird, habe ich aus naheliegenden Gründen nicht weiter verfolgt. E. Hat der durchschnittene Teil des Keimblattes noch eine Bedeutung- für die Reizleitung? Ehe weitere Schlüsse aus den Tatsachen möghch waren, blieb noch festzustellen, ob für die Reizleitung nicht auch die durch- schnittenen Teile der Keimblätter bedeutungsvoll sind. Man könnte ja meinen, daß an der Reizleitung vielleicht irgend welche Dift'usions- vorgänge beteiligt seien, die auch über die Wunde hinweg möglich sein könnten, oder daß der Kontakt des lebenden Plasmas an den beiden Wundrändern nicht belanglos sei. Schon bei den früheren Versuchen konnte ich mit Sicherheit beobachten, daß etwas derartiges nicht möglich ist. Zunächst sei darauf hingewiesen, daß die Keimblätter Hohlzylinder sind mit ziemlich kleinem Durchmesser der Zylinderwand, und daß das ein- geschlossene Laubblatt sich nach den Beobachtungen Rotherts (1894, S. 25 ff.), die ich nur bestätigen kann, nicht an der aktiven Krümmung beteiligt. Durchschneidet man die Koleoptilen in querer Richtung halb, so klaffen die Wundränder in der Regel sofort und entfernen sich während der Versuche noch weiter voneinander, woraus also ersichtlich, daß das Plasma an den Wundrändern von Versuchsbeginn an sich nicht berührt. Aber auch Diffusions- erscheinungen vom oberen zum unteren Wundrande sind nicht wohl möglich; denn vielfach quillt während des ganzen Versuches durch Wurzeldruck aus der Wunde Wasser heraus, das die Wunde vortrefflich ausspült. Gleichwohl bleibt die Krümmung nicht aus; Die Leitung tropistischer Eeizc in parallelotropen Pflanzenteilen. 203 wie sie auch in trocken gehaltenen Kulturen dann erfolgt, wenn die Wunde bald nach der Operation austrocknet. Trotz dieser Befunde schienen mir besondere Versuche wün- schenswert. Bei einer Anzahl Koleoptilen 'wurden Stanniolblättcheu tief in die Wunde hineingeschoben. Die Blättchen, die sich dabei auch in den Einschnitt des Laubblattes einklemmen, werden bald durch das etwas intensivere Wachstum dieses Blattes ein wenig in die Höhe gehoben: es tritt eine sehr zweckmäßige Verbiegung der Blättchen ein, wodurch sie von dem unteren Wundrand entfernt und gegen den oberen Rand der Wunde am Kotyledo gepreßt werden. Aus dem unteren Wundrande kann infolgedessen die Wasserausscheidung ungehindert vonstatten gehen. Auch bei diesen Keimlingen bleibt die Reizleitung von der Spitze völlig ungestört, wie auch der Einschnitt orientiert sein mag. Auch auf andere Weise ließen sich die Wundränder vonein- ander entfernen, ohne die Reizleitung aufzuheben: Ich machte nämlich auf ein und derselben Seite des Keim- blattes übereinander in 1 bis V/o mm Ent- fernung zwei quere Einschnitte durch den halben Umfang des Kotyledo und löste das zwischen ihnen liegende Stück des Kotyledo durch zwei Längsschnitte heraus. Die Ver- dunkelung der basalen Teile geschah durch p- ^^ Papierröhrchen oder Stanniolhülsen oder fein gesiebte, staubtrockene Erde. Die Wunde wurde wieder in jeder nur denkbaren Weise orientiert. Das Ergebnis ist folgendes: a) Verdunkelung mit Papierrührchen. Orientierung Zahl der Zahl der Versuchs- Davon phototropisch der Wunde Versuci\e keinilinge gekrümnil seitlich 2 7 -|- 7 7 -|- ö hinten 2 7 + 8 7 + 7 vorn IC t! bj Verdunkelung mit Stanniolhülsen, seitlich 2 16 + Vi Ij + 9 (vgl. Fig. 12). hinten 2 12 + 10 10 + 7 vorn 2 10 + 9 9 + 9 c) Verdunkelung mit fein gesiebter, trockener Erde, seitlich 4 12 + 14 + 12 + 3 7 + 11+7+ ;J hinten 2 G + 12 4+7 204 H«"s Fittiiig, Die phototropischen Krümmungen bleiben bei dieser Art der Verwundung meist hinter den Keimlingen mit einem einfachen Ein- schnitt zurück. Dafür kann ebenso sehr die größere Ausdehnung der Wunde, wie die größere Austrocknung der Wundfläche aus- schlaggebend sein. Eine Entscheidung, die sich durch einfache Versuche leicht treffen ließe, habe ich nicht versucht. Auch habe ich dem Reiz widerstanden, noch kompliziertere Arten der Ver- wundung zu prüfen. Diese Versuche zeigen: 1. daß auch dann, wenn man ein ganzes Stück von der Länge und Breite des halben Umfanges der Koleoptile aus dem Keimblatt heraus- schneidet, die Reizleitung nach der Basis bei jeder be- liebigen Orientierung der Wunde in normaler Weise er- halten bleibt, und 2. daß weder der Plasmakontakt an den Wundrändern noch auch irgend welche Diffusionsvorgänge über die Wunde hinweg als wesentlich für die Reizleitung in Be- tracht kommen können. Gr. Verhalten verwundeter Keimlinge bei all- seitiger Beleuchtung der Spitze und Verdunkelung der Basis. Die phototropische Krümmung der verdunkelten Basalteile kann unter dem Einflüsse der einseitig beleuchteten Spitze nicht schlecht- hin dadurch zustande kommen, daß (etwa nach einer reinen longi- tudinalen Fortleitung eines Erregungszustandes) in der basalen Reaktionszone der Unterschied zwischen der durch Zuleitung se- kundär erregten und unerregt gebliebenen Hälfte empfunden und zum Ausgangspunkt eines neuen Reizvorganges, mit der phototropischen Krümmung als Schlußglied, gemacht wird. Das lassen schon meine bisherigen Versuche bei einigem Nachdenken zur Genüge klar er- kennen. Somit konnte bei den nunmehrigen Versuchen keine un- erwartete neue Tatsache, wohl aber eine sehr willkommene Be- stätigung bisheriger Ergebnisse erhofft werden. Wäre nämlich jene Annahme wider Erwarten richtig, so müßte bei allseitiger, alleiniger Beleuchtung der Spitzen solcher Koleoptilen, die mit einem queren Einschnitt durch V2 bis V3 des Umfanges versehen sind, eine ausgesprochene „phototropische" Krümmung in den verdunkelten Basalteilen eintreten und zwar in entgegengesetzter Richtung wie derjenigen, von der aus der Einschnitt gemacht worden war. Denn die Spitze wird durch die Beleuchtung in einen Erregungszustand Die Leitung tropistischer Eeize in parallelotropen Pflanzenteilen. 205 versetzt, der sich nach der Basis wegen der Schnittwunde nicht allseitig, sondern nur einseitig ausbreiten kann. Bleibt dagegen diese Krümmung aus, so ist die Annahme falsch. Denn ein nega- tiver Erfolg behält in diesem Falle seine volle Gültigkeit, Aveil durch meine früheren Versuche ei-wiesen ist, daß die Wunde der Fort- leitung der Erregung keinen "Widerstand entgegensetzt und andere Nebeneinflüsse nicht in Betracht kommen. Die Versuche fanden wiederum im Wärmeschrank auf einem kleinen Ankerklinostaten bei 29 — 30 ^ statt. Die Basalteile der durch quere Einschnitte (durch Vs — Vs des Umfanges) verwundeten Koleoptilen wurden mit Papierröhrchen mit Deckel oder auch mit Stanniolhülsen verdunkelt. Bei verschiedenen Versuchen wurden auch Stanniolplättchen in die Wunden gesteckt. Die Spitzen der Koleoptilen empfingen 7 Stunden lang allseitig (durch Rotation auf dem Klinostatenteller) Licht von dem Auerbrenner. In allen drei Versuchen mit im ganzen 31 Keimblättern wurde niemals auch nur die geringste Krümmung der Basalteile von der Wundstelle weg beobachtet, obwohl sich der basale, verdunkelte Teil noch um 3 — 5 mm verlängert hatte. Wohl aber zeigte sich vielfach (im ganzen bei 19 Keimlingen = 61%) eine geringe Krüm- mung nach der Wundstelle hin, an Intensität der etwa gleich, die bei ganz verdunkelten, einseits verletzten Keimlingen auftritt. Danach also gibt allseitige Beleuchtung der Spitze keinen Anlaß zu „phototropischen" Krümmungen der ver- dunkelten Basis, wenn man durch einen queren Einschnitt den allseitigen Zusammenhang der Spitze mit der Basis in einen einseitigen verwandelt. — Die Ergebnisse dieses dritten Abschnittes lassen sich kurz etwa in folgender Weise zusammenfassen: 1. Die phototropische Reizleitung in den Koleoptilen von Aveiiti wird durch einen beliebig orientierten, queien Einschnitt durch die Hälfte bis drei Viertel des Kotyledoumfanges nicht aufgehoben. 2. Ja sie wird sogar durch solche Wunden weder dauernd ge- schwächt, noch vorübergehend gehemmt; auch werden die Reiz- leitungsvorgänge so gut wie gar nicht nachweisbar verlangsamt. 3. Der Einfluß der einseitig beleuchteten Spitze auf die von entgegengesetzter Seite beleuchtete Basis bleibt trotz eines Ein- schnittes durch die Hälfte des Koleoptilumfanges so groß, daß sich die Basis in gleicher Richtung wie die Spitze krümmt. 206 Hans Fitting, 4. Die Reizleitung erfolgt von der Spitze zur Basis auch dann noch, wenn man aus der Koleoptile ein Stück von der Länge und Breite ihres halben Umfanges herausschneidet. 5. Demnach können Diffusionsvorgänge über die Wunde oder der Plasmakontakt an den Wundrändern nicht für das Fortbestehen der Reizleitung in Betracht kommen. 6. Meine Versuche, aus denen sich diese Ergebnisse ableiten, sind, wie besondere Kontrollversuche lehren, eindeutig. Die Reiz- leitung läßt sich auch indirekt einwandfrei nachweisen. 7. Aus allen diesen Tatsachen muß man den Schluß ziehen, daß eine Gewebebrücke, die nur Vi bis Va des Koleoptilumfanges breit ist, mag sie orientiert sein wie sie will, allein zur erfolgreichen Leitung des phototropi-. sehen Reizes vollkommen ausreicht. 8. Da ferner allseitige Beleuchtung der Spitze keinen Anlaß zu „phototropischen" Krümmungen der verdunkelten Basis gibt, wenn man durch einen queren Einschnitt einen einseitigen Zu- sammenhang zwischen Spitze und Basis herstellt, so muß man weiter folgern, daß die phototropische Krümmung der Basis nicht einfach durch den Gegensatz einer erregten und einer nicht erregten Hälfte der Reaktionszone aus- gelöst werden kann. Abschnitt IV. Phototropische Reizleitung durch doppelseitig mit Quereinschnitten verwundete Keimblätter von Avenxi. Die ganz ungewöhnliche Unempfindlichkeit der Keimblätter gegen Verwundungen ließ die Hoffnung nicht unbegründet er- scheinen, das Problem der Reizverkettung noch weiter einengen zu können. Die mitgeteilten Versuche legten die Vermutung nahe, eine Reizleitung möchte auch dann noch erfolgen, wenn in die Koleoptilen von entgegengesetzten Seiten zwei quere Einschnitte je durch die Hälfte oder mehr als die Hälfte ihres Umfanges ge- macht worden waren. Darin habe ich mich auch nicht getäuscht. A. Reizleitung' von der beleuchteten Spitze in die verdunkelte Basis. Ich begann diese Versuche mit seitlich orientierten doppelten Einschnitten. Die Leituii;;- tropistischer Keize in parallelotropen Pflanzenteilen. 207 Versuch 27. Avena sativa. Etiolierte Keiinliuge, l'/s cm lang. Bei 13 Koleoptilen wurde in der Mitte zwischen Basis und .spitze auf entgegen- gesetzten Seiten seitlich je ein Einschnitt durch den halben Umfang gemacht, in ca. 1 mm Entfernung voneinander. Die basalen Teile wurden bis auf eine 2 — 3 mm lange Spitze durch Stanniolrühren verdunkelt. 9 in gleit-her Weise verwundete Vergleichspflanzen wurden mit Stanniolröhrchen völlig verdunkelt. Nach 6 stündiger, einseitiger Beleuchtung bei 29" wurden dit- Stanniolröhrchen ent- fernt und die Keimlinge eine Stunde lang in den Dunkelschrank gestellt. Nun waren die Koleoptilen wie in Fig. 13 ausgesprochen lichtwärts gekrümmt. Dagegen waren die verwundeten Vergleichskeimlinge nicht gekrümmt. Fig. 13. Fig. 14. In gleicher Weise wurden im ganzen in 15 Versuchen 109 Keimlinge geprüft. Davon krümmten sich ausgesprochen photo- tropisch 97, während 12 gerade blieben oder nur spurenweise Krümmung nach dem Lichte hin zeigten. Bei einigen der gekrümm- ten Keimblätter (14 — 15) umfaßte der eine Einschnitt sogar Va oder V4 des Koleoptilumfanges, der andere ^/-' — -Iz- Die ver- dunkelten Vergleichskeimlinge blieben stets ganz gerade. Bei 7 weiteren Koleoptilen waren die Einschnitte nicht seitlich, sondern schräg nach vorn und hinten orientiert. Gleichwohl trat auch bei* ihnen eine Krümmung nach der Lichtquelle hin ein. Nur in 2 Ver- suchen erhielt ich gar keine phototropischen Reaktionen bei ver- wundeten Keimlingen. Die Ursachen sind mir unbekannt. Hieran schlössen sich Versuche mit Keimblättern, in die vorn und hinten Einschnitte gemacht worden waren. Solcher Versuche setzte ich 11 an mit 122 Versuchspflanzen. Von ihnen waren 68 Keimblätter so verwundet, daß sich der obere Einschnitt auf der Vorderseite befand, 54 so, daß er auf der Hinterseite gelegen war. Von der ersteren Gruppe krümmten sich lichtwärts 59, von der letzteren 36 (vgl. Fig. 14). 2 Versuche ergaben überhaupt kein ausgesprochenes Resultat. Im einen war der obere Einschnitt vorn, im anderen hinten gelegen. Neben der Verdunkelung mit Stanniolröhrchen wurde in weiteren 9 Versuchen bei 76 doppelseitig verwundeten Keimlingen auch die Verdunkelungsmethode mit Papierröhrchen angewendet. 208 Hans Fitting, Die Gesamtheit der Versuche von Abschnitt IVa hat folgende Ergebnisse gezeitigt: Zahl der Vei- suchskeimlinge Phototropische Krümmung Keine oder Krümmung i "/o I. Gesamtzahl der 35 Versuche f ab- gesehen von 4 mißglückten) . IL a) Davon verdunkelt mit Stanniol- röhrchen h) Verdunkelt mit Papierröhrchen III. a) Seitliche Orientierung der Schnitte b) Einschnitte auf Vorder- und Hinterseite Davon a. oberer Einschnitt vorn ß. oberer Einschnitt li inten . 307 231 76 132 175 90 '85 251 192 59 113 138 77 61 56 39 17 17 22 19 14 37 21,1 13 14 24 28 18,2 Außerdem wurden, allein bei seitlicher Orientierung der Ein- schnitte, mit feingesiebter, trockener Erde verdunkelt die Basalteile von 38 Keimlingen. Davon krümmten sich in 3 Versuchen 23 phototropisch; 15, die sämtlich die Koleoptile mit dem Laubblatt durchwachsen hatten, blieben gerade (40 Vo)» Man sieht, daß bei Verdunkelung mit trockener Erde, aber auch bei Verdunkelung mit Papierröhrchen ein größerer Prozentsatz der Keimlinge sich nicht phototropisch krümmt als bei Verdunke- lung mit Stanniolhülsen. Das dürfte wohl damit zusammenhängen, daß die Wundstellen durch die enganliegenden Stanniolhülsen besser gegen Austrocknung geschützt sind als bei den anderen Methoden. Ist diese Annahme, wie ich glaube, richtig, so müßte es möglich sein, die Zahl der phototropisch reagierenden Koleoptilen durch Umhüllung der Wunden mit feuchter Watte oder Filtrierpapier zu vergrößern, wenn man mit Papierröhrchen verdunkelt. Ich habe den Versuch nicht gemacht. Auch habe ich die Frage nicht weiter verfolgt, wie weit die entgegengerichteten Einschnitte genähert werden können, ohne daß die Reizleitung unterbleibt. Das Ergebnis dieser Versuche läßt sich dahin zusammenfassen: Doppelte Einschnitte von entgegengesetzter Seite durch die Hälfte oder mehr als die Hälfte des Umfanges der Koleoptilen machen eine Reizleitung über die ope- rierte Stelle nicht unmöglich. Die Leitung tropistischer Eeize in parallelotropen Pflanzenteilen. 209 B. Indirekter Beweis für die Reizleitiing über die operierte Stelle. Er wurde wiederum durch Verdunkelung der Spitze geführt. Versuch 28. Avena sativa. Keimlinge 1V2 cm lang. a) 7 Keimlinge vorn und hinten durch je einen Einschnitt bis nur Mitte verwundet. b) 15 Keimlinge ebenso verwundet und die Spitzen auf 4— .5 mm mit Stanniolkäpp- ch'jn verdunkelt. c) 10 unverwundete Keim- linge entsprechend ver- dunkelt. d) 1 2 unvei'wundete Keim- linge, deren Spitzen in einer Länge von 4 mm abgeschnitten waren. e) Eine größere Zahl un- verdunkelter und nicht ver- wundeter Vergleichskeim- linge. Nach 4 stündiger, einseitiger Beleuchtung bei Zimmertemperatur (22 — 23") sind die a und e annähernd gleich, die b und c schwächer, aber ebenfalls nahezu gleich gekrümmt, die d sind gerade. Nach weiteren 4 Stunden einseitiger Beleuchtung sind die Krümmungen bei a — e wie in Fig. 15 a— e. Derselbe Versuch wurde einmal in gleicher Weise und mit gleichem Erfolge ausgeführt (Gruppen a 8, bll, cl3, dl2 Keim- linge, e wie im vorigen Versuche); außerdem noch dreimal bei 29" im Wärmeschrank mit ähnlichem , doch nicht so ausgesprochenem Erfolge. Bei 29" wird nämlich die Krümmung der an der Spitze verdunkelten und der nicht verdunkelten Keimlinge, namentlich nach längerer Versuchsdauer, recht ähnlich. Aus allen diesen Versuchen ist zu ersehen, daß die verwundeten Keimlinge, deren Spitzen verdunkelt werden, sich weniger intensiv krümmen als die nicht verdunkelten, woran nur das Fehlen der Reiztransmissioii bei den erste- ren Schuld sein kann. Da der Unterschied in der Krümmung bei den nicht verwundeten und den verwundeten unverdunkelten Koleoptilen und ebenso bei den nicht verwundeten und den verwundeten verdunkelten Keim- blättern verhältnismäßig gering ist, so wird man folgern müssen, daß die Reizleitung auch durch zwei eiitgegengerichtete Jahrb. f. wies. Botanik. XXiIV. 14 210 Hans Fitting, Einschnitte, die jede geradlinige Transmission unmöglich machen, relativ wenig geschwächt wird. Schließlich zeigen die Versuche aber ganz augen- scheinlich, daß die „jjhysiologische Regeneration" der besonders lichtempfindlichen Spitze, die Rothert nach Dekapitation der Koleoptilen beobachtet hatte (1894, S. 200 ff.), noch nicht (oder doch nur höchst unvollkommen) erfolgt, wenn jede geradlinige Verbindung zwischen Basis und Spitze aufgehoben ist. Nur völlige Entfernung der Spitze gibt den Anlaß zu dieser Regeneration. C. Geschwindigkeit der Reizleitmig bei Verwundung mit zwei queren Einschnitten. Die Versuchsanordnung war dieselbe wie in Abschnitt III, E. Das Ergebnis ist in folgender Tabelle zusammengestellt. Zahl der Ver- Orientierung Belichtungsdauer Basis phototro- Basis noch suchspflauzen der Einschnitte der 1 Spitze (Std.) pisch gekrümnit nicht gekrümmt 8 seitlich 4^0 1 8 — 8 i) 4>= 8 — 6 1) S'" 5 1 (Spitze durcli- wachsen) 11 1) 3'° 6 5 8 )) 3 5 3 7 n 3 2 5 10 vorn/hinten 3 4 6 0 seitlich 2 60 5 4 10 vorn/hinten 2 45 7 3 Die unverwundeten Keimlinge, deren Spitzen beleuchtet werden, krümmen sich etwa nach 2 Vi — 2V2 Stunden phototropisch. Temperatur 20°. Demnach wird die Reizleitung durch die Nötigung, in Ermangelung jeder geradlinigen Verbindung mehrfach in querer Richtung fortschreiten zu müssen, und durch die so schwere Verwundung geradezu auffallend wenig verlangsamt. Der Unterschied im Krümmungsbeginn bei ver- wundeten und nicht verwundeten Pflanzen beträgt 15 bis höchstens 30 Minuten. D. Verhinderung der Reizübermittelung innerhalb der Wunde. Bei einigen (3) Versuchen wurden wieder Stanniolplättchen in die Wunden gesteckt, um jede Übermittelung des Impulses über Die Leitung tropistischer Reize in iiarallelotropen Pflanzenteilen. 211 die Wunjdflächen unmöglich zu machen. Gleichwohl erfolgte in der verdunkelten Basis eine phototropische Krümmung, die freihch meist sehr gering blieb. Ich glaube, die Ursache besteht darin, daß durch die Stanniolplättchen eine genügende Wasserversorgung der Spitze verhindert wurde, die sonst mit Hilfe des durch Wurzeldruck aus der Wunde ausgeschiedenen Wassers leicht möglich ist. Man könnte ja auch daran denken, daß das Stanniol irgendwie schädlich wirkt. Doch haben Ghmmerplättchen, die man in die Wunde schiebt, ähnliche Wirkung. Die Ergebnisse dieses Abschnittes sind, kurz zusammengefaßt, folgende : 1. Eine phototropische Reizleitung in die verdunkelte Basis wird auch dadurch nicht aufgehoben, daß man jede geradlinige Ver- bindung zwischen der Perzeptions- und der basalen Reaktionszone durch doppelseitige quere Einschnitte je bis über die Mitte des Keimlings unmöglich macht. 2. Durch solche Verwundungen wird weder die Intensität der Reiztransmission wesentlich geschwächt noch wird ihre Geschwindig- keit erheblich herabgesetzt. Daraus muß man folgern: 3. Der phototropische Reiz breitet sich ebenso leicht in der Querrichtung wie in der Längsrichtung der Kole- optilen aus. 4. Welche Bahnen auch die Reizleitung einschlagen muß, die phototropische Krümmung ist immer ganz allein abhängig von der einseitigen Inanspruchnahme des Per- zeptionsorganes durch den Außenreiz. 6. Die Besonderheiten der tropistischen Perzeption müssen also irgendwie durch den Reizleitungsvorgang auf die Reaktionszone übertragen werden und hier die be- stimmt gerichtete Krümmung auslösen. Abschnitt V. Phototropische Krümmung und phototropische Reizleitung in gespaltenen Koleoptilspitzen. Obwohl die bisherigen Versuche das Problem der tropistischen Reizverkettung schon in ziemlich weitem Maße einzuengen gestatten, wie aus dem theoretischen Teile hervorgehen wird, so blieben der höchst interessanten Rätsel noch gar viele, in denen ein Ansporn, 14* 212 Hans Fittiiip, sie zu lösen, gegeben war. Die gelegentliche Beobachtung, daß eine Koleoptile, die aus unbekannter Ursache ihrer ganzen Länge nach einseitig aufgeschlitzt war, sich noch sehr lebhaft phototropisch krümmte, gab dazu in mancher Hinsicht eine willkommene Handhabe. A. Phototropische Krümmungen gespaltener Koleoptilspitzen. Zunächst regte jene Beobachtung direkt die Frage an, ob auch gespaltene Koleoptilspitzen sich noch phototropisch krümmen können. Die Methode der Spaltung ist schon in Abschnitt II be- sprochen. Um zu verhindern, daß die Vä — 1 cm langen Teilstücke austrocknen, ist es dringend notwendig, mit Wasser gefüllte Glas- käppchen über die gespaltenen Spitzen zu schieben. Sie haben zu- gleich die Annehmlichkeit, die aufgeschlitzten Lappen zusammen- zuhalten, die nach der Operation in einem flachen Bogen spreizend Fig. 16. Spitze der Koleoptilen halbiert, vordere Hälfte entfernt. Photo- tropische Krümmung der hinteren Hälfte nach 5 Std. Fig. 17. Spitze der Koleoptilen halbiert, hintere Hälfte entfernt. Photo- tropische Krümmung der vorderen Hälfte nach 5 Std. Fig. 18. Spitze der Koleoptilen halbiert , eine Hälfte entfernt. Phototropi- sche Krümmung der seitlich zum Lichtein- fall orientierten Hälfte, nach 4 Std. Fig. 19. Spitze d. Koleoptilen halbiert, eine HäKte entfernt, die andere verdunkelt. sich nach außen krümmen. Freilich wird eine phototropische Krümmung so nicht wahrnehmbar werden, sondern nur ein ent- sprechendes Krümmungsbestreben, das sich erst nach Entfernung der Glaskäppchen in einer sichtbaren Krümmung äußern kann. Das Ergebnis war gleich bei den ersten Versuchen so schlagend, daß die Richtigkeit seiner Deutung nicht zu bezweifeln ist, was bekanntlich von sonstigen Reizversuchen an verwundeten Objekten nicht immer behauptet werden kann: Auch die aufgeschlitzten Spitzen krümmen sich mit ihren Teilhälften ausgesprochen phototropisch. Gleichgültig ist es, wie die Spaitebene gelegen ist, ob rechtwinklig oder parallel oder schräg zur Richtung der Lichtstrahlen. Die Krümmung erfolgt stets in Richtung des Lichteinfalles. Die Versuche wurden in mannigfaltigster Die Leitung tropistisclier Reize in pavallelotropen Pflanzenteileii. 213 Weise variiert, indem der Einschnitt bald von der Breitseite, bald von der Schmalseite der Keimlinge gemacht wurde, bald beide Hälften stehen gelassen, bald die eine, vordere oder hintere oder seitliche, samt Laubblatt entfernt wurde. Der Erfolg war stets schlagend, wie die beigegebenen Figuren (16 — 19) ohne weiteres erkennen lassen. Doch muß man spätestens nach 3 — 5 Stunden beobachten, da die Krümmung der Lappen mit der Zunahme der Reaktion in der nicht verwundeten Basis später langsam wieder zurückgeht. Auch in Zimmertemperatur (20 — 22*^) läßt die Krüm- mung nichts zu wünschen übrig. Von Interesse waren namentlich auch solche Koleoptilen, bei denen die Spitze nicht ganz median gespalten und in zwei ungleich große Lappen zerfallen war: auch ziemlich schmale Streifen krümmten sich fast stets schon in den ersten Stunden nach der Operation phototropisch, sofern an ihnen nur ein kleines Stückchen der Keim- lingsspitze erhalten geblieben war. War dagegen der Schnitt an der eigentlichen Keimlingsspitze vorbeigegangen, so bleiben die spitzenlosen Lappen zunächst gerade. Diese Beobachtungen sind gewiß geeignet, die von Rothert zuerst nach- gewiesene Bedeutung des äußersten Spitzenstückes der Keimblätter in einem sehr interessanten Lichte erscheinen zu lassen, und dürften wohl zum Ausgangspunkt eingehenderer Studien über das Wesen des Spitzeneinflusses nicht schlecht geeignet sein. Mir lag nur daran, durch besondere Versuche noch die Vermutung zu erhärten, die sich an sie anschloß, daß nämlich auch die Teile gevierteiltei Koleoptilen sich noch phototropisch krümmen können. Dies ge- lang denn auch unschwer: Wiederum war es gleichgültig, wie die Lappen gegenüber dem Lichteinfalle orientiert wurden; fast stets krümmten sie sich phototropisch. Eine weitere Zerspaltung der Spitze scheitert an technischen Schwierigkeiten, zudem ist sie theoretisch bedeutungslos, da bei der Vierteilung so wie so meist einige Lappen schmäler als V4 des Koleoptilumfanges ausfallen, ohne damit ihre phototropische Krümmungsfähigkeit gänzlich ein- zubüßen. Abweichend von meiner bisherigen Disposition will ich gleich in diesem Zusammenhange erwähnen, daß ich auch bei anderen Graskeimlingen entsprechende, freilich nur ganz schwache Krüm- mungen nach Halbierung der Spitzen erzielt habe, so bei Weizen, Roggen und Gerste. Die Keimlinge dieser Pflanzen sind für weitere Versuche ungeeignet. 214 Hans Fitting, B. Phototropische Reizleitmig von den gespaltenen Koleoptil- spitzen in die nicht verwundeten Basalteile. Die im vorigen mitgeteilten Beobachtungen drängten die für die Lösung der tropistischen Reizverkettung sehr wichtige Frage auf, ob von den gespaltenen Spitzen aus auch noch eine photo- tropische Reizleitung möghch ist. a) Spaltung der Spitze bei Erhaltung beiderTeilhälften. Die Spitzen der Koleoptilen wurden, wie bisher, auf eine Länge von 1 — IV2 cm gespalten, bald von der Breitseite, bald von der Schmalseite ; hierauf wurden mit Wasser gefüllte Glaskäppchen über sie geschoben. Die basalen Teile der Keimblätter verdunkelte ich bis auf eine 3 — 5 mm lange Spitzenzone zunächst mit Papierröhrchen und Deckel. Die Glasröhrchen wurden dabei teils in die Löcher der Deckel hineingesteckt, teils wurden sie so auf die Koleoptil- spitzen gesetzt, daß ihr unterer Rand auf den Deckeln ruhte. Die einseitige Beleuchtung erfolgte entweder parallel oder rechtwinklig oder schräg zur Spaltrichtung der Spitze. "Fig. 20. Fig. 21. Der Erfolg war stets durchaus eindeutig: Li 15 solchen Ver- suchen bei 29-' im Wärmekasten mit 90 Koleoptilen krümmten sich nur 2 Keimlinge nicht phototropisch. Von diesen Koleoptilen war die Spitze bei 35 rechtwinkhg (Fig. 20), bei 45 parallel (Fig. 21) und bei 10 schräg zur Richtung der Lichtstrahlen durchschnitten. In einem weiteren Versuche bei Zimmertemperatur (23") mit 7 Kole- optilen, deren Spitzen rechtwinklig zum Lichteinfall aufgeschlitzt worden waren, krümmten sich nur 3 phototropisch. In drei Versuchen, in denen die Verdunkelung mit fein ge- siebter, trockener Erde erfolgte, krümmten sich von 50 Koleoptilen bei 29" 41 phototropisch, während 9 gerade blieben. Davon war die Spitze bei 16 parallel, bei 22 schräg und bei 12 senkrecht zum Lichteinfall gespalten worden. In zwei anderen Versuchen mit der gleichen Verdunkelungsmethode, bei denen die Spitzen der Koleoptilen Die Leitung tropistisclier Reize in parallelolropen Pflanzenteilen. 215 nur in ihrer äußersten Spitze beleuchtet waren, krümmten sich von 27 Koleoptilen immer noch 18, wenn auch schwach, phototropisch. Auch hier wieder ist die Reizleitung einem indirekten Beweise zugänglich. Zunächst ein Versuch, ohne jede Verdunkelung. Versuch 29. Avena sativa. Keimlinge iVj — 2 cm lang. a) 8 Koleoptilen, Spitze bis zu 0,7 cm Länge gespalten, mit Glasküppchen. b) 7 Koleoptilen, Spitze bis zu 0,7 cm Liinge gespalten, eine Hälfte abgeschnitten, Glaskäppcheu. c) 13 Koleoptilen, 0,7 cm unter der Spitze dekapitiert, Glaskäppcheu. d) 10 unverletzte Keimlinge. Nach 2 "' Stunden einseitiger Beleuchtung bei 22" sind nur die d, an der Spitze, gekrümmt. Nach einer weiteren Stunde sind die a und b schwach in den unverwundeten Basal- teilen gekrümmt; bei d ist die Krümmung auch auf die Basalteile fortgeschritten; die c sind gerade. Nach zwei weiteren Stunden ist die Krümmung bei a, b, d verstärkt, a und d sind fast gleich stark gekrümmt, b etwas schwächer; bei c hat die Krümmung kaum begonnen. Nach noch 2 Stunden ist die Krümmung bei a, b, d noch mehr verstärkt ; a, d sind gleich stark, b nur wenig schwächer gekrümmt. Der Versuch wurde fünfmal (dreimal bei 22**, zweimal bei 29°) mit gleichem Erfolge wiederholt. Im Vergleich dazu folgt ein Versuch, in dem ein Teil der verwundeten Koleoptilspitzen verdunkelt wurde. Versuch 30. Avena sativa. Keimlinge l'/ä — 2 cm lang. a) 10 Koleoptilen nicht verwundet. bj 13 Koleoptilen, Spitze bis zu 0,7 cm Länge gespalten, Glaskäppchen. c) 9 Koleoptilen, ebenso, die Spitze außerdem mit Stanniolröhrchen verdunkelt. d) 10 Koleoptilen nicht verwundet, aber wie c verdunkelt. e) 6 Koleoptilen, Spitze 0,5 cm lang dekapitiert, Glaskäppchen. Nach 2" Stunden einseitiger Beleuchtung bei 23° sind die a und b in den basalen Teilen ganz schwach gekrümmt, a ein wenig stärker als die Itehrzahl der b. c, d, e sind gerade. Nach 8 Stunden sind die a stark gekrümmt, ebenso stark durchschnittlich die I>; von den c sind bedeutend schwächer als a und b 7, etwa so stark wie die b 2 ge- krümmt. Die d sind etwa so stark wie die c, die e dagegen stärker als die v. und d gekrümmt. Der Versuch wurde noch zweimal mit 10 verwundeten und an der Spitze verdunkelten Koleoptilen wiederholt. Von ihnen krümm- ten sich 8 schwächer, 2 su stark wie die nicht verdunkelten Ver- gleichspflanzen. 216 Haus Fitting, Aus diesen Versuchen sieht man: Keimlinge, deren Spitzen man bis zu 1 cm Länge gespalten hat, krümmen sich ebenso schnell und intensiv wie unverwundete Vergleichskeimlinge , dagegen (ebenso wie die letzteren) schwächer, wenn man die gespaltenen Spitzenteile verdunkelt. Daraus aber muß man schließen: 1. Spaltung der Spitze hat weder auf die phototropi- sche Perzeption in der Spitze, noch auf den sich daran anschließenden Reizleitungsvorgang irgend einen hem- menden oder auch nur schwächenden Einfluß. 2. Auch von der gespaltenen Spitze aus ist ein photo- tropischer Reizleitungsvorgang nach der Basis möglich, wie auch immer die Spitzenhälften orientiert sind. b) Spaltung der Spitze mit Entfernung der einen Teil- hälfte. Fig. 22. Fig. 23. Da ich im Abschnitt II gezeigt habe, daß einige Stunden nach der Entfernung der einen Teilhälfte schon im Dunkeln eine Krüm- mung nach der entfernten Teilhälfte hin einzutreten pflegt, so mußten diese Versuche mit seitlich orientierter Teilhälfte begonnen werden. In 8 solchen Versuchen mit 110 Keimlingen, deren ba- sale Teile mit feingesiebter, trockener Erde verdunkelt wurden, krümmten sich phototropisch, z. T. stark (vgl. Fig. 22), 89 Kole- optilen; bei 21 fehlte entweder jede Krümmung oder sie war aus- schließlich nach der Seite hin gerichtet, wo die eine Spitzenhälfte entfernt worden war. In 7 entsprechenden Versuchen mit 86 Koleoptilen, deren er- haltene Spitzenhälften nach vorn gerichtet wurden, krümmten sich immer noch 29 (347(i) phototropisch (Fig. 23); ebenso viele ließen keine und 28 (33 "/o) eine der phototropischen gerade entgegenge- richtete Krümmung erkennen. In 4 weiteren Versuchen wurden die Spitzenhälften nach hinten gerichtet. Die 41 Versuchskoleoptilen krümmten sich sämtlich sehr ausgesprochen nach dem Lichte. Diese Krümmung kann jedoch Die Leitung tropistischer Reize in paralleloti-open Pflanzenteilen. 217 aus den vorhin genannten Gründen nicht schlechthin als photo- tropisch angesehen werden. c) Spaltung der Spitze, ohne Entfernung, aber mit Verdunkelung der einen Teilhälfte. Da ein Teil der eben mitgeteilten Versuche keine ganz ein- deutigen Ergebnisse geliefert hatte, woran eben hauptsächlich die Wundkrümmung Schuld war, wurde der Versuch gemacht, die eine Spitzenhälfte nicht durch Amputation, sondern durch Verdunkelung auszuschalten. Zu dem Zwecke wurde die Spitze in der bisherigen "Weise halbiert und über jede Teilhälfte ein mit Wasser gefülltes, entsprechend langes Glasröhrchen geschoben, deren eines mit schwarzem Papier beklebt oder mit Stanniol umhüllt worden war. Schiebt man die Röhrchen, die aus ganz dünnem Glas zu wählen sind, bis zum unteren Ende des Spaltes, wie es wünschenswert ist. um Vertrocknung der Lappen zu vermeiden, so pflegen die Spitzen- hälften unter einem ziemlich großen "Winkel zu spreizen. Dies läßt sich dadurch vermeiden, daß man die in gleicher Weise spreizen- den Röhrchen zusammenbindet. Ferner ist bei dem Aufsetzen der Röhrchen darauf zu achten, daß die beiden Hälften des Laubblattes zusammen mit dem einen Lappen der Koleoptile in das eine Glasröhrchen kommen. Tut man dies nicht, so werden die Glasröhrchen während des Versuches durch das wachsende Laubblatt von der Koleoptilspitze fortgeschoben. Außerdem em- pfiehlt es sich, das Laubblatt in dasjenige Glaskäppchen einzu- schließen, das beleuchtet werden soll. Das Resultat dieser Versuche, in denen die Verdunkelung wiederum durch feingesiebte Erde er- folgte, ist kurz folgendes: 1. Spitzenhälften seitlich orientiert. Zahl der Versuche 8. Von 84 Koleoptilen krümmten sich phototropisch 65, bheben gerade 16, trat eine seitUche Krümmung nach der beleuchteten Spitzenhälfte ein bei 3. 2. Beleuchtete Spitzenhälfte nach vorn gerichtet. Versuchszahl 5. Von 42 Koleoptilen krümmten sich photo- tropisch 27; gerade blieben 12, entgegengesetzt gerichtet krümmten sich 3. 3. Beleuchtete Spitzenhälfte schräg nach hinten gerichtet'). ') Aus naheliegenden öründen wurden hier die spreizenden Spitzenteile nicht zu- sammengebunden. 218 Hans Fitting, Versuchszahl 3. Von 26 Koleoptilen krümmten sich 23 photo^ tropisch; 1 krümmte sich seitlich, 2 blieben gerade. — Schließlich habe ich auch hier einen indirekten Beweis für die Reizleitung von der Spitze nach der Basis dadurch zu erbringen gesucht, daß ich die Basis beleuchtete, die Spitze aber, nach Ent- fernung der einen Hälfte, verdunkelte. Die Unterschiede in der Krümmung gegenüber den nicht verdunkelten Vergleichskeimlingen sind aber nicht groß genug, um als beweiskräftig angesehen werden zu können. Außerdem liegt es auf der Hand, daß ein solcher Be- weis nur für seitlich orientierte Spitzenhälften möglich wäre. Aber auch ohne einen indirekten Beweis sind die Versuche mit Beleuchtung nur einer Spitzenhälfte eindeutig genug, um sagen zu können: 1. Auch dann findet eine phototropische Reizleitung von der Spitze nach der Basis statt, wenn man nur die eine Spitzenhälfte beleuchtet. 2. Wie auch diese Spitzenhälfte zum Lichteinfall orientiert sein mag, die phototropische Krümmung der verdunkelten Basis ist stets nach der Lichtquelle hin gerichtet. 3. Eine Krümmung in Richtung der beleuchteten Spitzenhälfte findet in der Basis nicht statt. 4. Trotz der Schwere der Verwundung sind die posi- tiven Ergebnisse auffallend eindeutig. d) Spaltung der Spitze, ohne Entfernung, aber mit Verdunkelung der einen Teilhälfte und doppelseitiger Be- leuchtung der anderen. Um den dritten der eben ausgesprochenen Sätze noch auf andere Weise sicherzustellen, wurden in 4 Versuchen Koleoptil- spitzenhälften nicht einseitig, sondern von entgegengesetzten Seiten gleich intensiv beleuchtet. Es diente zu diesen Versuchen der in Abschnitt III C beschriebene Apparat. Von 33 Koleoptilen, deren Spitzenhälften seitlich zum Lichteinfall orientiert waren, blieben gerade 23; 7 krümmten sich nach der belichteten, 3 nach der ver- dunkelten Koleoptilhälfte. Daraus geht hervor, daß allseitige Beleuchtung einer Spitzenhälfte nicht genügt, um eine „phototropische" Krümmung in der verdunkelten Basis auszulösen, ein Re- sultat, das mit dem in Abschnitt III C gut übereinstimmt. — Die Leitung tropistischer Reize iu parallelotropen Pflanzenteilen. 219 Die Ergebnisse dieses Y. Abschnittes lauten in kurzer Zu«- sammenfassung : 1. Auch die einzelnen Teile halbierter oder gevierteilter Kole- optilspitzen von Avena krümmen sich noch ausgesprochen phototro- pisch^ wie auch diese Teile zum Lichteinfall orientiert sein mögen; vorausgesetzt, daß sie ein kleines Stückchen der Spitze besitzen. 2. Gleiches gilt für die halbierten Spitzen der Keimlinge des Weizens, des Roggens und der Gerste. 3. Eine phototropische Reizleitung findet fast ebenso leicht von der gespaltenen wie von der unverwundeten Koleoptilspitze aus in die verdunkelte Basis statt. 4. Diese Reiztransmission wird durch die Wunde ebenso wenig wie die Reizperzeption in der Spitze beeinflußt. 5. Eine phototropische Reizleitung erfolgt ferner dann noch nach der verdunkelten Basis, wenn man nur die eine Spitzenhälfte, gleichgültig, wie sie orientiert ist, beleuchtet. 6. Die phototropische Krümmung der Basis ist auch in diesem Falle nach der Lichtquelle hin gerichtet. 7. Dagegen macht sich keine Krümmung nach der belichteten Spitzenhälfte hin geltend; auch dann nicht, wenn man die Spitzen- hälften nicht einseitig, sondern allseitig beleuchtet. Abschnitt VI. Einfluß einiger Außenbedingungen auf die photo- tropische Relzieitung bei Avena, Schon alle bisherigen Ergebnisse meiner Untersuchun- gen machen den Schluß unabweislich, daß die phototropi- sche Reizleitung nur innerhalb der lebenden Substanz er- folgen kann. Dies wird namentlich der theoretische Teil meiner Abhandlung deuthch machen. Gleichwohl war es dringend er- wünscht, auch durch andere Tatsachen noch die Notwendigkeit der lebenden Substanz für die Reizübermittelung außer alle Frage zu stellen. Dies gelang mit Beeinflussung einer Zone der Reizleitungs- bahn durch äußere Umstände. Bei Ausarbeitung einer brauchbaren Methode war von vorn- herein darauf Rücksicht zu nehmen, daß der Teil der Reizleitungs- bahn, der zu diesem Zwecke verwendet werden konnte, zwischen Spitze und Basis gelegen, sehr lebhaft wächst. Dieser Umstand 220 Hans Fitting, veranlaßte folgende Versuchsanordnung, die sich in der Folge ganz ausgezeichnet bewährte. Da die Versuche wieder im Wärmeschrank vorgenommen werden sollten, so durchbohrte ich jeden der beiden Korke, welche die zwei kreisrunden Öffnungen a und h (vgl. Fig. 24) im Deckel meines Wärmekastens verschlossen, und befestigte in ihm eine kurze Glasröhre. Mit jeder Glasröhre wurde ein Gummischlauch (a', b') Fig. 24. entsprechender Länge verbunden, die in das Innere des Wärme- kastens hineinhingen. An den unteren Enden von ihnen waren zwei kurze, rechtwinklig gebogene Glasröhrchen befestigt. Ihr freier Schenkel war in eine Spitze ausgezogen. Dadurch, daß über sie ein etwa 12 cm langer Gummischlauch c geschoben wurde, war innerhalb des Kastens ein geschlossener Leitungskanal hergestellt, Die Leitung tropistischer Eeize in parallelotroppn Pflanzenteilen. 221 dessen beide Enden mit der äußeren Umgebung in Verbindung standen. Der Gummischlauch nun, der die quere Verbindung der beiden senkrechten Schläuche herstellen sollte, von 12 cm Länge und 0,4 cm lichter Weite, \Yurde in seiner Mitte mit einer Nadel quer durch- stochen. Hierauf wurden beide Löcher mit der glühend gemachten Nadel sehr vorsichtig so lange zu einer elliptischen Öffnung erwei- tert, bis ihre Hauptdurchmesser annähernd, doch nicht ganz den Hauptdurchmessern des Koleoptilquerschnittes entsprachen. Diese Löcher sollten zur Aufnahme des Keimblattes dienen. Es war nicht schwer, den Schlauch bis zu einem jeweils gewünschten Punkte über die Koleoptile zu schieben: Ich steckte einfach eine entsprechend weite Glasröhre durch die Schlauchlöcher, schob sie über die Koleoptile und zog sie hier- auf vorsichtig aus dem in seiner Lage festgehaltenen Gummischlauch heraus. Durch Vorversuche stellte ich fest, daß durch den Druck des Gummischlauches weder die phototropische Reaktions- fähigkeit noch die Reizleitung in die verdunkelte Basis irgendwie störend ^^s- 25. beeinflußt wird (vgl. Fig. 25). Die ' ^'^' ^'' Gummischlauches. J_ in Krümmung basalwärts verdunkel- Zurichtung der Versuchspflanze voll- ^^^. Keimlinge nach 7 stündiger zog sich in folgender, einfacher Weise: einseitiger Beleuchtung der Spitzen. Zunächst wurde der untere Teil durch ein Papierröhrchen und Deckel bis zu der zu beeinflussenden Zone der Reizleitungsbahn verdunkelt. Alsdann schob ich den Gummischlauch bis zum Deckel über die Koleoptile. Nun wurde das Kulturgefäß in den Wärmeschrank gestellt und durch vorsichtiges Hineinschieben der beiden zugespitzten Glasrohrenden in den Gummischlauch die dichte Verbindung aller Röhrenteile hergestellt (vgl. Fig. 24). Es empfiehlt sich, den Gummischlauch, der stets von schwarzer Farbe gewählt wurde, vor diesen Manipulationen durch Wasser zu ziehen, da man sich dadurch die Herstellung einer dichten Ver- bindung wesentlich erleichtert. Natürlicherweise muß für einen jeden verwendeten Gunimi- schlauch durch Vorversuche eingehend geprüft werden, ob die ein- gebrannten Löcher die entsprechende Weite haben, ob sie die Koleoptile nicht quetschen und ob sie anderseits auch nicht zu weit sind. Auf jeden Fall ist es während und nach dem Über- schieben des Schlauches über die Koleoptilen zu vermeiden, daß 222 Hans Fittiug, der Schlauch von oben her platt gedrückt wird, da sich dabei die Löcher verengen und die Koleoptile gequetscht werden kann. Selbstverständlich muß es verhindert werden, daß zwischen Gummischlauch und Verdunkelungsdeckel Licht auf die Koleoptile fallen kann. Dies erreichte ich dadurch, daß auf der Vorderseite und auf der Hinterseite des Deckels ein schräg sich erhebender Papierkragen befestigt wurde. Außerdem wurden gegen die Vorder- seite und gegen die Hinterseite der Röhre kleine schwarze Karton- stückchen von der Breite des Deckels angelehnt. Sollte der basale Teil der Koleoptile unterhalb der Gummi- röhre beleuchtet werden, so verwendete ich ebenfalls Papierröhrchen und Deckel, um der durch den Schlauch beschwerten Koleoptile eine Stütze zu geben. In die Papierröhrchen wurde ein entsprechend großer, klaffender Spalt geschnitten. Nach Beendigung der Versuche zog ich die rechtwinklig ge- bogenen Glasröhrchen wieder aus dem Gummischlauch heraus, entfernte das Kulturgefäß aus dem Wärmeschrank, schnitt die Koleoptile innerhalb der Erde unterhalb der Papierröhre ab und streifte die Gummiröhre vorsichtig von ihr herunter. Mit dieser Versuclisanordnung erreicht man es auf einfachste Weise, daß das Koleoptilstück, das sich innerhalb des Schlauches befindet, während des 8 — 9 Stunden währenden Versuches weiter wachsen kann, ohne daß der Leitungskanal irgendwie undicht wird. Freilich gestaltet sie exakte Versuche recht zeitraubend, weil sie es nicht wohl erlaubt, mehrere Koleoptilen in einem Versuche zu prüfen. Übrigens glaube ich nicht, daß sich andere Methoden er- sinnen lassen, mit denen dies leicht möglich wäre. Eben wegen dieser Langwierigkeit der Versuche habe ich mich auf die Unter- suchung weniger Außeneinflüsse beschränkt, die die eingangs dieses Abschnittes gestellte Frage zu lösen erlaubten. Ich muß es anderen überlassen, die Untersuchungen weiter auszudehnen. Zudem ist die Deutung der Ergebnisse nicht immer ganz einfach. — In dieser Hinsicht schien es nach reiflichen Erwägungen am wahrscheinlichsten, daß eine Untersuchung des Einflusses ver- schiedener Temperaturen oberhalb des Optimums auf die Reiztransmission an das gewünschte Ziel würde führen können. Bekanntlich werden die .Reizvorgänge in Temperaturen unterhalb des Supramaximums durch die eintretende Wärmestarre gehemmt, ehe der Tod eintritt. Dies konnte auch für die Reizleitung gelten, vorausgesetzt, daß sie durch die lebende Substanz vermittelt wird. Die Leitung tropistischer Beize in parallelotropen Pflanzenteilen. _223 Zur entsprechenden Erwärmung der in den Gummisclilauch ein- geschlossenen Koleoptilzone diente Wasser. Die Versuche wurden in der Weise angestellt, daß das eine Ende des Leitungskanals (außerhalb des Wärmekastens) mittels einer Guramischlauchver- bindung, die durch einen Schraubenquetschhahn beliebig ver- engt werden konnte, und einer mit Zweiweghahn verschließbaren Glasröhre an eine tubulierte, mit erwärmtem Wasser gefüllte 5- Liter Glasflasche angeschlossen wurde. Die Flasche ruhte auf einem Wasserbade. Auf dem anderen Ende des Leitungskanals wurde ein T-Glasrohr befestigt, in dessen eines Ende ein Thermo- meter (t) eingepaßt und an dessen anderem Ende ein langer, ab- leitender Gummischlauch angebracht war (vgl. Fig. 24). Durch entsprechende Erwärmung des Wassers, geeignete Stellung des Glashahnes und Quetschhahnes ließ sich der Wasserstrom so regu- lieren, daß er 7 — 9 Stunden an dem Thermometer mit gleicher Temperatur vorbeifloß. Die Schwankungen dürfen im allgemeinen höchstens 2" betragen. Freilich muß man mindestens jede Stunde kontroUieren und eventuell mit der Schraube des Quetschhahnes den Zufluß entsprechend korrigieren. Besondere Versuche zeigten, daß die Temperatur an der Stelle der Gummiröhre, wo sich die Koleoptile befindet, durchschnittlich 1 — 1V2^ je nach Strömungs- geschwindigkeit des Wassers, höher ist als das Thermometer an- zeigt. Die im folgenden mitgeteilten Zahlen sind danach entsprechend korrigiert worden. Die Ergebnisse dieser Versuche sind in der umstehenden Tabelle zusammengestellt. In 5 Vergleichsversuchen, in denen die Basis der Kole- optilen einseitig beleuchtet wurde, krümmten sich bei einer Wasser- temperatur von 39 — 42" alle 5 Keimlinge mit der Basis photo- tropisch. Schließlich muß darauf hingewiesen werden, daß in allen Versuchen die beleuchtete Spitze sich sehr ausgesprochen nach dem Lichte hin krümmte und daß bei sämtlichen Versuchen ein und derselbe Gummischlauch verwendet wurde. Die Versuche lehren, daß die phototropische Reiz- leitung durchschnittlich völlig gehemmt wird bei einer Tem- peratur von etwa 39 — 41", daß sie aber schon geschwächt wird von etwa 37° an, während die Tötungstemperatur für die Koleoptile (bei den obigen Versuchsbedingungen in Wasser) etwa von 43" an, die für das eingeschlossene Laub- 224 Hans Fitting, blatt durchschnittlich von 41" an gegeben sein dürfte. Indi- viduelle Abweichungen, die natürlich auch hier vorkommen, ändern an dem Ergebnis nichts. Das phototropische Krümmungsvermögen der Basis wird bei 39—42'^ nicht aufgehoben. Temperatur des Wassers ') 28"— 30" 33"— 36" 36"— 38" 37"— 40" 38"— 41" 39°— 42' 4(1"— 43' Zahl d. Versuche und der Versuchspflanzen Verdunkelte Basis Bemerkungen stark gekrümmt stark gekrümmt etwas weniger stark gekrümmt ziemlich stark gekrümmt 1 spurenweise gekrümmt 2 ziemlich stark gekrümmt 2 spurenweise gekrümmt 2 fferade 4 ziemlich stark gekrünunt spurenweise gekrümmt gerade Am Ende der Versuche ist das Laut- blatt innerhalb der Koleoptile abgestorben bei 2, Koleopt. — . Koleopt. — ■. desgl. 5, die Koleoptile bei 1. Der Erfolg dieser Wärmeversuche harmoniert nicht mit der Annahme, daß die Reizleitung von der lebenden Substanz unabhängig sei: Diffusionsvorgänge u. dgl. müßten mit Zunahme der Temperatur im Gegenteil beschleunigt werden; er findet, wie mir scheint, nur eine Erklärung unter der Voraussetzung, daß an der Reiztransraission die lebende Substanz aktiv beteiligt ist. Eben deshalb unterliegt der Reiz- leitungsvorgang der Wärmestarre. Noch überzeugender sind in dieser Hinsicht die folgenden Ver- suche, in denen eine entsprechende Zone der Reizleitungsbahnen in anderer Weise durch Außenumstände beeinflußt wurde. Sie sind viel schlagender ausgefallen, als ich im voraus glaubte annehmen zu dürfen. Meine Methode hat sich dabei dauernd aufs beste be- 1) Die angegebenen Zahlen sind die Grenzen, innerhalb deren die Temperatur an den Stellen der Leitungsröhre schwankte, wo sich die Koleoptile befand. Maßgebend ist also der mittlere Wert. Die Leitiiug tropistischer Reize in paraHelotropeii Pflanzenteileii. 225 währt. Diesen Versuchen lag der Gedanke zugrunde, ob es nicht auch mögUch sein möchte, die Reizleitung durch bestimmte chemische Körper zu verhindern, ohne jedoch die lebende Substanz zu töten. Solchen Versuchen wird freilich durch die geringe Durchlässigkeit der Kutikula für sehr viele Stoffe ein Hindernis bereitet. Deshalb mußten solche Körper gewählt werden, die verhältnismäßig schnell und leicht die Kutikula durchdringen. Dies ist nach J. K. Goebels Studien (1903) in erster Linie der Fall für Gase und Chloroform und von Salzen für Kalisalpeter und Kochsalz. Auch der Äthyl- alkohol diffundiert verhältnismäßig leicht. Mit diesen Körpern war es möglich, erstens zu prüfen, wie nicht oder wenig giftige Stoffe, etwa durch osmotische "Wirkungen, und wie sehr giftige Stoffe die ])hototropische Reizleitung beeinflussen. Die Versuche, deren Ergebnisse in der folgenden Tabelle zu- sammengestellt sind, verliefen ganz ebenso wie die Wärmeversuche : zunächst ließ ich 2^/-2 — 3 Stunden lang ohne BeHchtung der Keim- linge die Lösung oder das Gas auf eine kleine Zone in der oberen Hälfte des Keimblattes einwirken, sodann noch 6 — 7 Stunden bei einseitiger Beleuchtung der Keimblattspitze. Um zu sehen, ob und wie die Stoffe die phototropische Krümmungsfähigkeit der Basis hemmen, habe ich in einigen Versuchen stets auch die basalen Teile des Keimblattes, unterhalb der beeinflußten Zone, einseitig belichtet. Nach Abschluß der Versuche wurden die Keimlinge gezeichnet. In allen Fällen war die einseitig belichtete Spitze ausgesprochen phototropisch gekrümmt. Durch mikroskopische Betrachtung (Plasmaströmung!), oft auch durch Plasmolyse von Schnitten mit Kalisalpeter stellte ich fest, ob die Zellen der beeinflußten Zone abgestorben waren. Dies war niemals der Fall. Zwischen diesen Versuchen wurden hier und da stets wieder Kontrollversuche der Art gemacht, daß bei den Keimlingen, die ohne sonstige Be- einflussung mit der Gummiröhre armiert worden waren, die Spitzen einseitig belichtet wurden. Ich erhielt dabei stets, ohne Ausnahme, sehr starke phototropische Krümmungen in den verdunkelten Basal- teilen; der beste Beweis dafür, daß die Haferkeimlinge, die in solcher Weise behandelt werden, noch immer überaus gleichmäßig reagieren. Gleichwohl hätte ich gern etwas größere Versuchs- zahlen gewonnen. Man bedenke aber, daß die in Tabelle 2 und 3 mitgeteilten Versuche, abgesehen von den zwischendurch angestellten Kontroll -Versuchen schon 120 Versuchstagen entsprechen. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 15 226 Hans Fitting, Nur die Keimlingsspitze ein- seitig belichtet Spitze und Basis der Keim- blätter einseitig beleuchtet Zahl d. Ver- suche u. Keim- linge Phototropische Krümmung d. Basis Zahl d. Ver- suche u. Keim- linge Phototropische Krümmung d. Basis 'b 1 1 1 'S 's spurenweise nicht 1. Kalisalpeter: a) 2,5 7o h) 3% 5 8 13 3 2 1 3 1 2 4 12 3 3 c) 3,5 7o d) 3,5 7n nach 2V2 Std., bei Be- ginn der Belichtung, durch H2O ersetzt 3 (4) 1 2. Kochsalz: 1,5 7o, isosm. = 2,57o KNO3 2,03,, „ =3,5„KN03 5 5 5 5 2 2 3. Rohrzucker: 18 7o, isosm. = 3,5 7oKN03 4 3 1 4. Äthylalkohol: a) 2,4 7o (Gew.-7o), isosm. = 3,5 7oKN03 . . . b) 4 7o (Gew.-7o), isosm. = 5,8 7oKN03 . . . 7 8 2 (5) ^ 1 1 (2) 3 1 2 6 4 1 3 5. Chloroformwasser: Konzentr. HjO-Lösg. '), 1 vol : 4 vol H2O desgl., aber wie bei Id. . 6 3 1 "^ l'') 5 3 3 6. Kohlensäure - Gas: Konzentr 13 2 2 6 3 3 2 1 (10) 1) Nach Kunkel (1899, S. 435) löst sich von Chloroform in Wasser bei d" 0,987 7o, bei 41,6" 0,712 7o. 2) Das in diesem Versuche verwendete Chloroformwasser hatte schon zu zwei Ver- suchen gedient, daher es möglich ist, daß der Prozentgehalt an Chloroform wesentlich zurückgegangen war. Bei den weiteren Versuchen wurde die Lösung jedesmal neu zu- bereitet. Die Leitung tropistischer Eeize in parallelotropen Pflanzenteilen. 227 Wie man sieht, vermag Kohlensäuregas, das auf eine 3 — 4 mm lange Zone der Leitungsbahn einwirkt, die phototropische Trans- mission wohl etwas, aber doch nur wenig zu hemmen^). Um so auffälliger ist die Hemmung durch Chloroformwasser. Zur Beurteilung des Einflusses, der durch Kalisalpeter-, Koch- salz- und Athylalkohollösung ausgeübt wird, ist es notwendig, mit den osmotischen Verhältnissen der Keimblätter vertraut zu sein. Darüber geben folgende Beobachtungen Aufschluß. Bei Schnitten, die aus der oberen Hälfte der Koleoptilen genommen werden, beginnt die Plasmolyse in 2,5 — 3 'Vo Kalisalpeterlösung (2,7 Vo: Mittelwert aus vielen Messungen). Man muß jedoch bald nach der Übertragung der Schnitte in die Lösung beobachten. Nr. der bei Ver- In heißem Wasser (70 "J Keim- sucbsbeginn 10 h 11 h 2 h 5 h 7'»li abgetötet (zur Zeit der letzten blätter 91i Messung) 1 72 74 77 70 2 106 108 111 101 3 91 94 97 88 4 110 112 114 104 5 114 120 123 114 6 101 102 105 97 1 7 89 90 92 95 98 100 95 _^ 8 79 80 81 84 87 90 82 'S 9 73 74 75 79 91 99 90 10 105 106,5 107 110 113 114,5 105 11 108 96 12 106 98 13 88 78 14 117 106 15 105 94 da ich gefunden habe, daß die Durchlässigkeit des Plasmas der .lyewa-Keimblätter (oft oder immer?) ganz auffallend groß ist, noch größer als es nach Janse (1888) für einige Algen (zB. Chaeto- morpha) der Fall ist. In 3,5% Kalisalpeterlösungen sind die Plasmakörper nach 22 — 24 Stunden nicht abgestorben. Diese Messungen geben natürlich noch keinen Aufschluß über den zeit- lichen Beginn der Plasmolyse in unverletzten Keimlingen. Um nun zu sehen, wie sich solche in 3,5 % Kalisalpeterlösung verhalten. 1) Damit erfährt meine frühere Angabe (Fitting, 1907, S. 144) eine Ein- schränkung. 15* 228 Haus i'itting, trug ich mit Spirituslack zwei Marken an entsprechenden Stellen auf, maß den Abstand in der üblichen Weise mit dem Meßmikro- skop und setzte hierauf den Blumentopf in verkehrter Lage so auf ein Becherglas, daß die Keimblätter zu Vi ihrer Länge senkrecht nach abwärts in eine 3,5 ^U Kalisalpeterlösung tauchten. Die Messungen wurden in Intervallen wiederholt und bei drei Kulturen ausgeführt. Die erhaltenen Zahlen sind in der vorstehenden Tabelle (S. 227) gegeben. Die Messung wurde verschiedentlich noch kürzere Zeit nach dem Versuchsbeginn wiederholt, ohne anderen Erfolg. Man muß aus den ermittelten Zahlen also schließen, daß 3,5 7o Kalisalpeterlösung unverletzte Keimblätter^) von Aveiia- Keimlingen, die in der Erde wurzeln, nicht zu plasmoly- sieren vermag, ja daß solche Lösung nicht einmal das Wachstum stark hemmt. Ahnlich scheint es sich mit isosmo- tischen Kochsalzlösungen zu verhalten. Um so interessanter ist es unter diesen Umständen, daß durch 3,5 7o Kali- salpeterlösung und ebenso durch eine mit dieser Lösung isosmotische Kochsalzlösung die phototropische Reiz- leitung völlig aufgehoben wird. Die Durchgangsgeschwindig- keiten von KNO3 und Na Cl durch die Kutikula sind nach J. K. Goebel (1903, S. 28) nicht sehr verschieden. Ob es sich bei der Hemmung der duktorischen Vorgänge aber allein um eine osmotische Wirkung handelt, ist nicht sicher, da 2,5 Vo Kalisalpeter- lösung weit weniger als die isosmotische Kochsalzlösung die Reiz- 1) Für die richtige Beurteilung dieser Verhältnisse sind wichtig auch noch weitere Messungen an Keimblättern, die samt den Körnern von den Wurzeln getrennt und mit ihrer oberen Hälfte verkehrt in Siö'/oKNOg gehängt worden waren. Nr. der Keim- blätter bei Ver- suchsbeginu 9h 10 h 11 h 2 h 7 li In heißem Wasser (70") abgetötet 1 98 9C 96 99 101 92 ja 2 103 98 96 100,5 109 98 3 99 95 96 97,5 98 90 4 94 90 90 92,5 94 88 H 5 102 100,5 101 102 106 '.»9 . 6 83,5 86 86 89^5 93 Hl Bei solchen Keimlingen tritt also zunächst eine Verkürzung ein, worauf aber bald das Wachstum wieder aufgenommen wird. Die Leitung tropistischer Eeize in parallelotropen Pflanzeiiteilon. 229 leitung hemmt. Das bedarf weiterer Untersuchungen. Daß eine mit der 3,5 Vo KNOy -Lösung isosmotische Rohrzuckerlösung die Reizleitung nicht beeinflußt, wird mit der Tatsache verständlich, daß Rohrzucker die Kutikula sehr schwer passiert (J. K. Goebel, 1903, S. 28). Wodurch Äthylalkohol wirkt, läßt sich vorläufig nicht deutlich übersehen. Die Ergebnisse aller der Versuche, die ich in diesem Abschnitte mitgeteilt habe, werden nur mit der Annahme verständlich, daß die phototropische Reizleitung mit ak- tiver Beteiligung der lebenden Substanz vermittelt wird. Gerade solche Einflüsse, die auch sonst die Reizbarkeit der lebenden Substanz durch Wärmestarre, Trocken- starre oder Anaesthesie ungünstig beeinflussen, hemmen auch den Ablauf dieser Reiztransmission '). Bei dieser Sachlage ist es überaus merkwürdig, daß die Reizleitung durch noch so starke Verwundungen der Transmissions- zone so gut wie gar nicht beeinflußt wird! Abschnitt VII. Versuche über phototropische Reizleitung an anderen Objekten. Selbstverständlich wäre es wünschenswert gewesen, die Er- gebnisse meiner Versuche an den Haferkeimlingen bei anderen Objekten noch weiter zu kontrollieren, wenn sie auch so eindeutig und überzeugend ausgefallen sind, daß an ihrer Richtigkeit ein Zweifel wohl nicht möglich ist. Es könnte ja aber sein, daß die phototropische Reizleitung bei anderen Pflanzen in ganz anderer Weise und unter anderen Bedingungen erfolgt! Es lag nahe, zunächst an andere Graskeimlinge zu denken, so etwa an die Keimlinge des Roggens, des Weizens und der Gerste, die ähnlich unempfindlich gegen Verwundungen zu sein scheinen wie Ävena und die nicht weniger dünne Koleoptilen besitzen. Die Keimlinge der Gerste erwiesen sich aber wegen ihrer sehr geringen 1) Ich glaube, daß es mit einer Abänderung der Versuchsmcthode, die ich in diesem Abschnitte beschrieben habe, keine Schwierigkeiten machen wird, auch die wichtige Frage zu lösen, ob die Perzeptionsvorgänge in der gleichen oder in anderer Weise durch die Außenumstände beeinflußt werden wie die Eeizleitungsprozesse. Ferner dürfte sich nach gelegentlichen Beobachtungen mittels meiner Methode auch entscheiden lassen, durch welche Beeinflussungen einer lokalen Zone die durch die Belichtung der Keimlings- spitze ausgelöste Wachstunishemnnmg der basalen, nicht belichteten Keimblatteilc auf- gehoben werden kann. 230 Hans Fitting, phototropischen Krümmungsfähigkeit als ungeeignet. Bei denen des Roggens und des Weizens, die sich intensiver krümmen und bei denen durch Verdunkelung der Koleoptilspitze mit Stanniol- käppchen oder durch Verdunkelung des Basalteiles mit Papier- röhrchen in optimaler Temperatur der Nachweis leicht ist, daß eine Reizzuleitung von der Spitze her besteht, scheint die Empfindlichkeit bedeutend geringer zu sein als bei Avena. Infolgedessen bleibt die Krümmung des verdunkelten Basalteiles meist recht gering. Gleichwohl habe ich bei beiden Objekten einige Reizleitungsversuche mit solchen Koleoptilen gemacht, die durch einen Quereinschnitt bis zur Mitte in verschiedener Orientierung verwundet worden waren. Das Ergebnis war positiv. Doch waren die Krüm- mungen nicht so ausgesprochen, daß eine weitere Variierung der Versuche aussichtsreich erschien. Koleoptilen mit doppelten Quer- einschnitten krümmten sich nicht namhaft phototropisch. In Betracht gezogen, aber wegen allzu geringer Dicke ihrer Koleoptilen verworfen wurden die Keimlinge von Phalaris canariensis, Llymus arenarius, E. giganteus, Penicillaria spicata, Ceratochloa australis, Panicum sangiänale, Sorghum aegyptiacum, 8. saccharatum und S. nigrum. Auch die Hoffnungen, die ich auf Sorghum vulgare gesetzt hatte, erfüllten sich nicht. Rothert bespricht und bildet die Keimlinge einer Panicee ab (1894, S. 75 ff), „die im Amur- gebietunter dem Namen Gao-lan kultiviert wird und deren botanischer Name angeblich Sorghum vulgare ist" und die wegen der Größe, Dicke und wegen der phototropischen Eigenschaften ihrer Keim- linge brauchbar erscheint. Ich erhielt aber aus Kazan, woher Rothert seine Pflanzen bezog, und aus einer Reihe deutscher Gärten, so auch von Haage & Schmidt, unter dem Namen Sorghum vulgare immer eine offenbar ganz andere Pflanze, deren Keimlinge nicht dicker als diejenigen von Panicum und für meine Zwecke ganz ungeeignet waren, wenn auch die Krümmungsfähigkeit des Hvpokotyls und die Empfindlichkeit der Koleoptile durch eine Verwundung der letzteren nicht namhaft herabgesetzt zu werden scheint. Schließlich glaubte ich noch in den sehr dicken Keim- lingen von Zca Mags, die nach dem Paniceentypus gebaut sind, ein recht brauchbares Objekt gefunden zu haben. Abgesehen von sehr großen individuellen Differenzen und sehr störenden starken Nutationen wird aber bei ihnen durch einen queren Einschnitt in die Koleoptile das phototropische Krümmungsvermögen des ganzen Keimlings scheinbar ganz herabgesetzt. Die Leitung tropistischer Reize in parallelotropen Pflanzenteilen. 231 Unter den Keimlingen der Dikotylen fand ich keinen einzigen, den ich für meine Versuche hätte brauchen können. Da sie im allgemeinen sehr empfindlich gegen Verwundungen zu sein pflegen, so könnte man vielleicht versuchen, sie lokal zu tordieren. Es wäre nicht undenkbar, daß sich durch solche Versuche vielleicht einige Anhaltspunkte zur Beurteilung der Reiztransmission würden gewinnen lassen. Stengel erwachsener Pflanzen wurden bisher nicht von mir untersucht. Abschnitt VIII. Über die Leitung des traumatotropen Reizes in der Wurzelspitze. Ich war bemüht meine Versuche auch auf andere Tropismen auszudehnen. Leider gibt es verhältnismäßig recht wenige Planzen, bei denen man einen Erfolg erwarten kann. Günstige Objekte dürften in mancher Hinsicht, wegen der Trennung der Perzeptions- und Reaktionszone, die Tentakeln von Drosera sein. Doch habe ich aus verschiedenen Gründen mit dieser Pflanze nicht gearbeitet. Daneben kam eigentlich nur noch die Wurzelspitze in Betracht und zwar für die hydrotropische oder traumatotropische Reizleitung. Letztere bietet der Untersuchung die geringsten technischen Schwierig- keiten dar und erlaubt zunächst leicht ein Urteil, ob die Wurzeln überhaupt für solche Versuche geeignet sind. Einige Versuche liegen nur von Pollock (1900, S. 14 0".) vor. Aus ihnen läßt sich aber nicht viel entnehmen. Von Bedeutung sind für mich nur diejenigen Versuche mit Vicia Faba — seiner einzigen Versuchs- pflanze — , in denen sich die Wurzeln auch dann normal traumatotrop krümmten, als eine traumatotrope Reizleitung infolge eines queren Einschnittes nur in der Wurzelhälfte möglich war, die der gereizten Stelle opponiert war, also bei der Krümmung konkav wurde. Aber diese Versuche sind deshalb nicht einwandfrei, weil wir nicht sicher wissen, ob nicht auch die Streckungszone traumatotropisch empfindlich ist. Darüber fehlen sichere Aufschlüsse (vgl. die Zusammenfassung bei Fitting 1905, S. 721); zB. beobachtete Detlefsen (1882, S. 643 ff.) bei i^Vt^a- Wurzeln noch traumatotrope Krümmungen, wenn er 5 mm von der Spitze entfernt feine Quereinschnitte in die Wurzel machte! Es waren also bei allen verwendeten Pflanzen entsprechende Vorversuche nötig. Die Wurzeln wurden in der üblichen Weise in Sägespänen gezogen. Die Versuche selbst fanden in Wasser statt, teils bei Zimmertemperatur im Dunkelschrank, teils im VVärme- kasten. Sie sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt. 232 Hans Fitting, Vicia Faba Phaseolus multifl. Lupinus albus Keimwurzeln Keimwurzeln Keimwurzeln o "'S s .s o CO S >> u TS 11 traümato- gekrümmt ') - o > TS 'S PI ■^ a ^ Oi - _c es 's 3 CS 1 1 2 CS tS] ■1-2 a) Ein Einschnitt hinter der Spitze: hei 1 j Vicia 2-3 mm i von der Pkäaeohis i-2 „ -| Spitze - 26 680 275 40 23 517 173 33 14 42l' 172 41 :"-^ i-i ■■ 1^ - Lupmus 1-2 „ .1 entfernt. ^'-■' .'. •?. b) Ein Einschnitt hinter der ~ Spitze {wie bei ä) : - ' nach 4-5 Std.2) 107 41 ■. " nach 5 Std.. 2) "54 37 liach - 4,Std.2)' 66" ^8 • Nach 4— 6 Std. Spitze 11 262 ■ na2 cm, bezw. 5 X 0,8 cm. Die Verzweigung war unregel- mäßig und reduziert, die Farbe der Sprosse etwas dunkelgrün. Am 8. April erreichten die Antheridienstände eine Länge von 8 bis 12 mm; ihre Rezeptakeln hatten einen Durchmesser von 7 — 9 mm. Die Archegonienstände hatten dieselben Höhen und Breiten, doch erfolgte ihre Bildung und Entwicklung gewöhnlich einige Wochen später. Dieselben Folgerungen, welche sich bei der Untersuchung der isoliert erwachsenen Pflanzen ergeben, gelten auch für Sprosse, welche am Standort dicht beieinander wachsen. Anfangs Brut- körbchen und bald darauf Bildung von Geschlechtsorganen, das ist die allgemein geltende Regel. Dieses Resultat war auch bei den kleinsten und jüngsten Thalluslappen zu erzielen, selbst wenn sie kaum eine Größe von 2 X 0,7 cm erreicht hatten. Sehr häufig gehen die Sprosse ohne Brutkörbchenbildung direkt zur Bildung von Geschlechtsorganen über. Die auf Gartenerde versetzten Pflanzen sind gewöhnlich kräftiger, auch dunkler grün. Das Assi- milationsgewebe zeigt eine bedeutende Entwicklung. Die Spalt- öffnungen der Luftkammern sind etwas größer. Auch hier fordert die Bildung der weiblichen Infloreszenzen eine längere Lichtwirkung. 3. Der Einfluß erhöhter Lichtintensität in Verbindung mit erhöhter Feuchtigkeit. In den beiden ersten Jahren glaubte ich der Trockenheit die spezifische Rolle bei der Anlage und Entwicklung von Fortpflanzungs- organen zuschreiben zu müssen. Aber selbst in erhöhter Feuchtigkeit in Verbindung mit starker Lichtintensität ließen sich die Pflanzen zur Bildung von Infloreszenzen veranlassen. Wenn Marchantia- Kästen, welche mit einer Glasscheibe bedeckt und feucht gehalten sind, an einen hellen Standort gebracht werden, entwickeln sich die anfangs rein vegetativen oder nur Brutkörbchen tragenden Sprosse innerhalb 3 Monaten zu geschlechtlichen Lappen. An ungefähr 173 Pflanzen waren 85 7o rT und 3 7o $ Sprosse. Für die Anlage und Entwicklung der Archegonienstände kommt auch hier wieder eine längere Dauer der Lichtwirkung und vor allem eine größere Lichtintensität in Betracht. Zur Kenntnis der Entwicklungs-Physiologie von Marchantia polymorpha L. 279 4. Einige anschliesende Beobachtungen. In bezug auf die Bedeutung des Einflusses äußerer Verhältnisse möchte ich hier noch folgende Beobachtungen anführen: Das Längenwachstum der Infloreszenzstiele wird durch größere Feuchtig- keit sehr gesteigert. Die Blütenstände erreichen eine Länge von 6 bis 8 cm. Ganz ähnhch verhalten sich die Stiele in schwachem Licht. Dagegen wirken starke Beleuchtung und trockene Luft hemmend auf das Längenwachstum (S. 278). Ebenso instruktiv sind die Beobachtungen über die Ver- zweigungsart der Marchantia-STprosse. Bei geringer Lichtintensität in Verbindung mit großer Feuclitigkeit wächst der Thallus nahezu gabelig dichotom; bei starker Lichtintensität wird er sympodial. Werden dichotom gewordene Pflanzen in größere Helligkeit oder geringere Feuchtigkeit gebracht, so kehren sie zur alten Verzweigungs- art zurück. Dieselbe Erscheinung beobachtet man auch bei dem Übergange der rein vegetativen zur generativen Wachstumsweise. Gewöhnlich gabelt sich ein Scheitelpunkt zweimal, ehe ein fertiler Sproß an- gelegt wird. Von den vorhandenen Scheiteln ist es meist der innere, welcher zum Antheridien- oder Archegonienstand wird. Der äußere, sterile Gabelzweig überwächst sehr bald den fertilen Laubteil und setzt infolgedessen den Thallus sympodial fort. Eine Gesetzmäßigkeit läßt sich dabei jedoch nicht erkennen, denn die Blütenstände erscheinen oft regellos über den ganzen Thallus verteilt. Auch das Erscheinen der Spaltöffnungen hängt wesentlich von der Intensität des Lichtes ab. Werden junge Pflänzchen oder Brutkörper unter dem Einfluß schwachen Lichtes und feuchter Luft belassen, so ist nur geringes Wachstum zu beobachten. Die Bildung der Luftkammern kann monatelang — in einzelnen Versuchen 2 bis 3 Monate — unterbleiben. 5. Der Einfluß des Überganges aus Luft in Wasser. Die Pflanzen, der ich mich bei diesen Versuchen bediente, zeichneten sich durch reiche Verzweigung und große Brutkörbchen aus. Einige hatten Geschlechtsorgane in verschiedenen Entwick- lungsstadien. Die Sprosse wurden am 23. Januar 1905 in eine große, mit 0,1 % Knop-Lösung gefüllte Kristallisierschale versetzt und an einen schattigen Platz gestellt. Nach 14—18 Tagen ließ sich konstatieren, daß die neuentwickelten Brutkörbchen auffallend klein 280 Alfred Dachnowski, blieben. Eine weitere Neuanlage von Brutkörbchen, ferner eine Weiterentwicklung der vorhandenen, kleinen, papillenartigen Inflores- zenzen fand nicht statt. Die Sprosse verhielten sich rein vegetativ. Dagegen beobachtete ich Brutkörbchenbildung, sobald Kri- stallisierschalen mit solchen untergetauchten Pflanzen eine Zeitlang dem Licht ausgesetzt wurden. Einleitend ist bereits bemerkt worden, daß künstlich im Wasser untergetauchte Thallusstücke eine Zeitlang keine besonderen Unter- schiede im Wachstum gegen früher wahrnehmen lassen. Die später gebildeten Sprosse sind jedoch schmäler, die Luftkammern lang und weniger zahlreich, die Verzweigung der Sprosse ist reduziert, Rhi- zoiden sind sehr spärlich vorhanden und legen sich längs der Unter- seite an. Auf feuchten Boden versetzt und an einen schattigen Standort gebracht, wachsen solche Sprosse in derselben Weise weiter, wie es oben für diese Bedingungen angegeben wurde, sie verhalten sich der erhöhten Lichtwirkung gegenüber in entsprechen- der Weise. 6. Der Einfluß farbigen Lichtes. Zu diesen Versuchen benutzte ich kleine Kästen von 25 cm Länge, 20 cm Breite und 12,5 cm Höhe, welche mit roten und blauen Glasscheiben bedeckt waren. Die spektroskopische Unter- suchung des benutzten roten Glases zeigte, daß Rot und Orange deutlich durchgelassen und alle stärker brechbaren Strahlen völlig ab- sorbiert wurden. Das blaue Glas ließ Grün, Blau und Violett durch, absorbierte aber Orange und Rot. Das Resultat der Versuche im blauen und im roten Licht stimmte im wesentlichen mit jenem über- ein, das durch den Einfluß erhöhter Lichtwirkung erzielt wurde. Junge Pflanzen von schattigen und normalen Standorten wurden am 1. Februar 1904 in die Kästchen verteilt. Am 16. März zeigte die größere Zahl der Sprosse kleine Papillen. Am 18. A]iril zählte ich im blauen Licht 54 Thallusstücke, unter diesen waren 28 cf und 16 9 Sprosse. Von 13 auf Sand verj)flanzten Sprossen schritt keiner zur Bildung von Geschlechtsorganen. Brutkörbchen waren nicht vorhanden. In den Versuchskästchen für rotes Licht entwickelten sich 50 Thallusstücke mit 24 cT und 25 $ Sprossen. Von 13 auf Sand verpflanzten Sprossen kamen 5 zur Bildung von Antheridienständen.< Bemerkenswert war die relativ schwache Entwicklung der Sprosse. Die Lappen wiesen mancherlei Verkümmerungserscheinungen auf. Zur Kenntnis der Entwicklungs-Physiologie von Marchantia polymorpha L. 281 Sie zeigten eine Abnahme der Breite, Abschwächung der grünen Färbung, und reduzierte Verzweigung. Bei den auf Sand er- wachsenen Marchantien sind diese Unterschiede auffälliger. Trotz genauer Beobachtung möchte ich mich jedoch über die Tragweite der zwei letztgenannten Versuchsreihen — den Einfluß des farbigen Lichtes und den des Überganges aus Luft in Wasser — vorläufig noch nicht weiter aussprechen. Eine gewisse Schwierig- keit der Beurteilung liegt zum Teil darin, daß die Versuche nur einmal ausgeführt, zum Teil in dem Umstände, daß für dieselben die Kontrollpflanzen aus Versehen mit benutzt wurden. 7. Die fortdauernde Einwirkung der Bedingungen, unter denen entweder vegetatives Wachstum oder ge- schlechtliche Fortpflanzung eintritt. Wenn wir jetzt zur Frage übergehen, wie lange die Pflanzen unter genannten Bedingungen ihr Wachstum ungehindert rein vegetativ oder geschlechtlich fortsetzen können, so ist zunächst hervorzuheben, daß sich unter konstanten äußeren Verhältnissen, wie sie im Treib- haus zu finden sind, die Mehrzahl der Sprosse während der ganzen Zeitdauer der Untersuchung konstant verhielt. Besonders ist dies mit Marchantien der Fall, wenn dieselben unter dem Einfluß ver- minderter Lichtintensität in Verbindung mit erhöhter Feuchtigkeit stehen. Auch unter dem Einfluß gesteigerter Lichtintensität treten fast bei sämthchen Pflanzen die Geschlechtsorgane regelmäßig auf (Fig. 1 und 2, Tafel IV), als notwendige Folge des durch äußere Faktoren beeinflußten Entwicklungsganges. Die Versuche sind wiederholt mit Erfolg ausgeführt worden und erstreckten sich auf die Dauer von 9 — 11 Monaten. In diesem Jahre (1906) erzielte ich am 2. Januar Infloreszenzträger an geschlechtlichen Sprossen, welche Ende Oktober in der Nähe des botanischen Gartens gesammelt und Anfang November im Treibhaus erhöhter Lichtwirkung aus- gesetzt worden waren. 8. Die Entstehung der Sexualität. Über die Ursachen, welche der Entstehung der männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane bei Marchantia zugrunde hegen, habe ich wenig ermitteln können. Es ist mir bisher nicht gelungen, die Sprosse nur zur Antheridienbildung oder allein zur Archegonien- bildung zu veranlassen, abgesehen von der erwähnten Tatsache, daß bei erhöhter Lichtwirkung die männlichen Infloreszenzträger früher als die weiblichen auftreten. 282 Alfred Dachnowski, Es sei auch nur beiläufig erwähnt, daß das Geschlecht dieser Pflanzen bereits in den Brutknospen fest bestimmt zu sein scheint. Durch den Einfluß gesteigerter Lichtintensität gelang es mir, bei Brutkörpern männlicher Pflanzen schon 2V2 Monate nach der Aus- saat die Erzeugung von Antheridienständen zu erzielen. Einige der Pflänzchen hatten eine Größe von nur 7 mm X 2 mm. Sie waren einem Farnprothallium ähnlich und hatten je einen kleinen Anthe- ridienstand von 6 — 8 mm Höhe. VI. Die Befruchtung. Zur Frage nach den Bedingungen, unter denen die Befruchtung der Marchantien vor sich geht, habe ich folgendes mitzuteilen. Die Angaben von Strasburg er (29) und Goebel (6) sind zu- treff'end. Nähere Untersuchungen ließen erkennen, daß die Ge- schlechtsorgane erst dann die Reife erreichen, wenn die Stiele bedeutend ausgewachsen und verlängert sind. Die Entstehung der Stiele findet gleichzeitig mit der Anlage der Geschlechtsorgane statt. Das Offnen der reifen Antheridien erfolgt zuweilen am frühen Morgen, wenn die Pflanzen vom Tau benetzt sind; es gelingt die Befruchtung dann, wenn die Archegonien- und Antheridien- stände dicht nebeneinander wachsen. Doch gewöhlich erfolgt die Befruchtung während eines Regens, durch Tropfen, die auf die Scheiben der Antheridienstände fallen und ein Entleeren der reifen Antheridien zur Folge haben. Der ganze Inhalt derselben erscheint als weißes Wölkchen in den "Wassertropfen auf der Scheibe. Die Spermatozoiden werden außerhalb des Rezeptakulums, durch Auf- lösung der sie einschließenden Wandungen der Mutterzellen (Ikeno 8) frei. Ihre Überführung zu den Archegonien geschieht durch das Verspritzen solcher Tropfen, wobei sie auf die weiblichen Pflanzen gelangen und von der unteren Seite der Schirmstrahlen chemo- taktisch (Lidfors 17) angezogen werden. Die Entwicklung des Sporogons dauert 5 — 7 Wochen. Die Befruchtung geschieht besonders reichlich in Rasen, in denen männliche und weibliche Sprosse dicht durcheinander wachsen. Doch wurden wiederholt fruktifizierende weibliche Pflanzen weit entfernt von rf Sprossen gefunden. Es ist klar, daß Regentropfen in diesen Fällen nur noch ausnahmsweise die Vermittler der Be- fruchtung sind. Solche Rasen waren gewöhnlich an Orten anzu- treffen, welche bei hohem Wasserstande zeitweilig untergetaucht Zur Kenntnis der Entwicklungs-Physiologie von Marchantia polymorpha L. 283 vegetierten. Es ist wohl möglich, daß auf diese Weise Spermato- zoiden auf die weiblichen Pflanzen hinübergeschwemmt werden. Daß Tiere die Übertragung der Spermatozoiden besorgen, wie Kienitz- Gerloff, Goebel, Bolleter (1) u. a. für andere Pflanzen an- genommen haben, konnte nicht konstatiert werden. Da Parthenogenese keine seltene Erscheinung bei Pflanzen ist, so glaubte ich, jenem Phänomen auch für meine Fragestellung Gewicht beilegen zu sollen. Untersuchungen in dieser Hinsicht wurden im Jahre 1903 angestellt, und zwar an Sprossen, welche ich durch Erhöhung der Lichtintensität zur Anlage und Entwicklung von Archegonienständen nötigte. In vereinzelten Fällen wurde diese Form der ungeschlechtlichen Vermehrung bis zu einem gewissen Stadium künstlich erzeugt. Doch die bisherigen Beobachtungen sind so zweifelhaft, die Einwirkung der benutzten Nährlösungen war so verschieden, daß die Vermehrung durch natürliche Partheno- genese noch nicht konstatiert ist. VII. Zusammenfassung der Ergebnisse. 1. Die Wurzelhaarbildung der Brutkörper wird speziell durch Feuchtigkeit beeinflußt. Eine Einwirkung der Schwerkraft und des Lichtes läßt sich fast gar nicht erkennen. 2. Das Alter der Brutkörper kommt als wichtiges Moment für die Entwicklungsvorgänge in Betracht. Individuelle Unterschiede beruhen größtenteils auf der „Reife" der Brutknospen. 3. Die Dorsiventralität ist schon 10 — 20 Stunden nach der Aussaat fixiert und beruht auf wechselseitiger Beziehung zwischen bestimmend mitwirkenden, äußeren Faktoren und inneren „Reife "- Bedingungen. 4. Die plagiotrope Lage ist eine Funktionsbeziehung, die durch Beleuchtung beeinflußt wird und aus dem Zusammenwirken von Diaheliotropismus und negativem Geotropismus resultiert. Diageotro- pismus sowie den mit der Dorsiventralität verbundenen, autogen hypo- nastischen und den mit der Beleuchtung variablen epinastischen Krümmungsbestrebungen kommt nur eine unbedeutende Rolle zu. Feuchtigkeits- und andere variable Standortsverhältnisse kommen weit mehr in Betracht. 5. Unter gewöhnlichen Treibhaus -Bedingungen vermehrt sich Marchantia nur ungeschlechtlich durch Brutkörper. Bei Ver- 284 Alfred Dachnowski, ringerung der Lichtintensität in Verbindung mit erhöhter Feuchtig- keit kommt weder Brutkörperbildung noch die Anlage von Geschlechts- organen zustande. 6. Bei Steigerung der Lichtintensität und in direkter Be- leuchtung bilden sich die Fortpflanzungsorgane sehr zahlreich, selbst in Verbindung mit erhöhter Feuchtigkeit. 7. Eine höhere Lichtintensität und eine längere Wirkungs- dauer derselben sind eine notwendige Bedingung für die Bildung von Fortpflanzungsorganen. Gewöhnlich erscheinen zuerst die männlichen, etwas später die weiblichen Organe. 8. Dasselbe Resultat wird durch den Einfluß farbigen Lichtes — Rot und Blau — erzielt. 9. Übergang aus Luft in Wasser inhibiert die Bildung von Brutkörbchen und Fortpflanzungsorganen. 10. Bei konstanten Bedingungen, unter denen vegetatives Wachstum eintritt, verhalten sich die Thallusstücke rein vegetativ. Brutkörbchen und Fortpflanzungsorgane kommen nicht zur Ent- wicklung. 11. Bei konstanten Bedingungen für Fortpflanzungstätigkeit bilden die Thallusstücke Geschlechtsorgane. 12. Der Einfluß solcher Kombinationen, wie zB. Mangel oder Anhäufung an Nährstofifen und dichtes Wachstum der Individuen, ist anscheinend unbedeutend. Diese Bedingungen sind nicht so einflußreich wie Licht oder Feuchtigkeit und schattiger Standort. 13. Jede Geschlechtsform bringt Brutkörper mit der ihr eigenen Geschlechtstendenz hervor. 14. Längenwachstum der Infloreszenzstiele, Verzweigungsart der Sprosse, das Erscheinen von Spaltöffnungen, hängen wesentlich von der Einwirkung äußerer Verhältnisse ab. 15. Die Befruchtung erfolgt meist während eines Regens durch Verspritzen des auf der männlichen Infloreszenz befindlichen Wassers. 16. Natürliche Parthenogenese kommt nicht vor. Zum Schluß sei noch kurz auf Folgendes hingewiesen: Gehen wir von der Voraussetzung aus, daß ein Marchanfia-^mikörper ein embryonales Gewebe darstellt, so gelangt man durch die vorliegenden Versuche zur Anschauung, daß jedes Merkmal in der Entwicklung des Brutkörpers sich mehr oder weniger in räumlich und zeitlich getrennte Vorgänge auflösen läßt. Die Möglichkeit der Zerlegung Zur Kenntnis der Entwicklungs-Physiologie von Marchantia polymorpha L. 285 und Umänderung beruht, wie Klebs (12) so scharf hervorgehoben hat, darauf, daß diese Merkmale und Vorgänge durch äußere mit- wirkende Einflüsse bedingt werden, und sich mit Änderung der Außenfaktoren ändern. Die Veränderungen und zugleich die Wechselwirkungen, welche in der Pflanze als spezifische innere Be- dingungen der Entwicklungsvorgänge maßgebend sind und sich durch entsprechende vorhergehende Behandlung bis zu einem be- stimmten Grade regulieren lassen, werden durch weitere Unter- suchungen zu kennzeichnen sein. Universität Michigan, Ann Arbor, Juni 1906. Literatur-Verzeichnis. 1. Bolleter, E., Fegatetla conica (L.) Corda. Bot. Centralbl. (Beihefte), 1905, XVIII, 327—408. 2. Czapek, F., Weitere Beiträge zur Kenntnis der geotropischen Keizbewegungcn. Jahrb. f. wiss. Bot., 1898, XXXII, 175—308. 3. Frank, A.B., Die natürliche wagerechte Richtung von Pflanzenteilen. Leipzig, 1870. 4. Garjeanne, Über d. Mykorrhiza d. Lebermoose. Bot. Centralbl. (Beihefte), 1903, XV, 471—482. 5. Goebel, K., Zur vergleichenden Anatomie der Marchantiaceen. Arb. d. bot. Inst. Würzburg, II, 1880, S. 529. 6. — Organographie der Pflanzen. Jena, 1898 — 1901. 7. Hofmeister, Vgl. Untersuchungen der Keimung, Entfaltung und Fruchtbildung höherer Kryptogamen. 1851. 8. Ikeno, S., Beiträge zur Kenntnis der pflanzl. Spermatogenese: Die Sperm. von Marchantia polym. Bot. Centralbl. (Beihefte), 1903, XV, 65—88. ' 9. Kamerling, Z., Zur Biologie und Physiologie der Marchantiaceen. Flora, 1897, 84, 1—68. 10. Klebs, G., Über den Einfluß des Lichtes auf die Fortpflanzung der Gewächse. Biol. Centralbl., 1893, XIII, 641—656. 11. — Die Bedingungen der Fortpflanzung bei einigen Algen und Pilzen. Jena, 1896. 12. — AVillkürliche Entwicklungsänderungen bei Pflanzen. Jena, 1903. 13. — Über Variationen der Blüten. Jahrb. f. wiss. Bot., 1905, XLII, 155—320. 14. 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Tübingen, 188.5, I, 483 — 535. 23. — Pflanzenphysiologie, II. Leipzig, 1904, S. 680. 24. Prescher, Die Schleimorgane bei den Marchantiaceen. Sitzb. d. k. Akad. d. Wiss., "Wien, Math.-Naturw. Cl., 1882, LXXXVI, I. Abt., 132 — 158. 25. Rüge, Gr., Beiträge zur Kenntnis der Vegetationsorgane der Lebermoose. Flora, 1893, LXXVII, 279—312. 26. Sachs, J., Über orthotrope und plagiotrope Pflanzenteile. Arb. d. bot. Inst. Würzburg, 1879, II, 226 — 284, 27. Schiffner, Hepaticae. Engler-Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien. 28. Schostakowitch, W., Über die Reproduktions- und Regenerationserscheinungen bei den Lebermoosen. Flora, 1894, LXXIX, 350—384. 29. Strasburger, E., Die Geschlechtsorgane und die Befruchtung bei Marchaniia polym. .lahrb. f. wiss. Bot., 1870, VII, 409—422. 30. Underwood, L., M., Notes on the Hepaticae, I. Bot. Gaz., 1888, XIV, 191 — 198. 31. — The Evolution of the Hepaticae. Bot. Gaz. 1894, XIX, 347. 32. — Distribution of the N. Amer. Marchantiaceae. Bot. 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Siehe Text S. 271. Fig. 4. Entwicklung der Brutkörper von Marchantia polymorpha unter allseitig gleicher Beleuchtung auf dem Klinostaten. Siehe Text S. 262. Fig. 5. Klinostaten-Experimente. Rechts Uhrwerk mit starker Feder, links Uhr- werk mit fallendem Gewicht. Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. Von A. Ursprung. Nachdem ich früher^) an einigen wenigen Kraut- und Holz- pflanzen die Beteiligung lebender Zellen am Saftsteigen nachgewiesen hatte, unterwarf ich nachher die Buche einer eingehenderen Unter- suchung^), durch welche die früheren Resultate bestätigt und neue Aufschlüsse gewonnen wurden. Schon die ersten Studien hatten jedoch ergeben, daß das Verhalten verschiedener Pflanzen ein recht abweichendes sein kann, und daß daher vorläufig eine Verallge- meinerung ausgeschlossen ist. Es machten sich nun vor allem zwei Bedürfnisse geltend; die Untersuchungen mußten in die Tiefe und in die Breite geführt werden. Der ersten Forderung suchte ich vorläufig durch die Arbeit über Fagiis einigermaßen nachzu- kommen. Zur Erfüllung der zweiten Forderung bildet diese Ab- handlung einen kleinen Beitrag. Sie enthält die Resultate von Experimenten, die im Sommer 1906 an einer größeren Zahl von Holzgewächsen ausgeführt worden sind. Infolge hindernder äußerer Umstände konnten die Versuche nicht die beabsichtigte Aus- dehnung erhalten. Die Methoden sind im wesentlichen dieselben wie früher. Die Versuche wurden im Wald ausgeführt, alle Teile der Pflanzen, von denen keine Veränderungen angegeben wurden, blieben vollständig unversehrt. Die Stämmchen oder Aste wurden auf eine kürzere oder längere Strecke mit Dampf abgetötet, indem man durch ein 1) A. Ursprung, Untersuchungen über die Beteiligung lebender Zellen am Saft- steigen. Beih. z. Bot. Centralbl., 1904, S. 147. 2) Derselbe, Die Beteiligung lebender Zellen am Saftsteigen. Jahrb. f. wiss. Bot., 1906, S. 503. 288 A. Ursprung, Rohr, das um die abzutötende Strecke herumgelegt war, eine Viertei- bis eine halbe Stunde lang Wasserdampf leitete. Das Rohr selbst hatte den früher^) geschilderten Bau und stand in verschiedenen, längeren und kürzeren Exemplaren zur Verfügung. Oft wurde übrigens auch, wenn die zu tötende Strecke kurz war, ein einfacher aus Holz gefertigter Apparat oder das früher^) beschriebene Gabelrohr verwendet. Hand in Hand mit den Abtötungsversuchen ging die mikroskopische Untersuchung der abgetöteten und an- grenzenden Partie. Gewöhnlich wurden auch Ringelungsversuche ausgeführt, da dieselben, wie die Erfahrungen an Fagus gelehrt hatten, oft wertvolle Beiträge liefern. Die Untersuchungen erstrecken sich auf die folgenden Arten: Larix decidua, Picea excelsa, Pinus süvestris, Pinus strohus, Ahies alba, Prunus avium, Vihurnum lantana, Lonicera xylosteum, Sorbus aucuparia, Sorbus aria, Cornus sanguinea, Salix caprea, Acer pseudoplatanus, Acer campestre, Corylus avellana, Fraxinus excel- sior, Ulmus montana, Populus alba, Quercus robur, Robinia pseudacacia. Ich lasse nun der Reihe nach die Beschreibung der an den einzelnen Arten angestellten Versuche folgen. I. La fix decidua. Sämtliche Versuche wurden an Zweigen ausgeführt, die einen halben bis zwei Meter über dem Boden inseriert waren. Die Resul- tate sind tabellarisch zusammengestellt. Tabelle 1 enthält die Ab- tötungsversuche mit Wasserdampf. Es wurde jeweils angegeben die Länge des Zweiges, die Zahl der Nadelbüschel über der toten Strecke, die Länge der abgetöteten Strecke, die Lage der abge- töteten Strecke, der Zeitpunkt der Versuchsanstellung und der Verlauf des Versuches. Diese Versuche zeigen, daß bei partieller Abtötung die über der toten Strecke liegenden Nadeln nach kürzerer oder längerer Zeit dürr werden. Die Nadeln bleiben unter sonst gleichen Um- ständen um so länger turgeszent, je kürzer die tote Strecke ist. Bei einer Länge der toten Strecke von 80 cm konnten sie nach 10 Tagen, bei 10 cm Länge nach 14 Tagen, bei 3 cm Länge sogar nach anderthalb Monaten noch turgeszent sein. 1) A. Ursprung, a. a. 0., Beih. z. Botan. Centralbl., S. 15C. 2) Derselbe, a. a. 0., Jahrb. f. wiss. Bot., 1906, S. 532. Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 289 Tabelle 1. Länge der abgetöteten Strecke Entfernung der abgetüteten Strecke von der Astbasis ESI Ö 1,5 m 1,7 „ 400 10 SO cm 80 „ 0 ni 0 „ 28. V. 28. V. Nadeln nach 10 Tagen noch turgeszent, nach 14 Tagen halbdürr; die sofort ausgeführte anatomische Untersuchung zeigte sehr wenig Verstopfungen. Nadeln nach 10 Tagen etwas welk, nach 14 Tagen halbdürr, nach 19 Tagen dürr. 1,4 m 1,4 „ 1.1 n 1.2 „ 130 170 170 120 10 cm 10 „ 10 „ 10 „ 0,7 m 0,8 „ 0 „ 0 „ 2. V. 2. V, 2. V. 2. V. Die Nadeln blieben 14 Tage vollständig nor- mal, hierauf verfärbten sie sich etwas und waren nach 30 Tagen halbdürr. Die Nadeln blieben 1 Woche normal, begannen hierauf sich zu verfärben und waren nach 30 Tagen halbdürr, nach 36 Tagen dürr. Die Nadeln blieben 1 Woche normal, begannen hierauf schwach zu welken und waren nach 30 Tagen halbdürr. Die anatomische Unter- suchung ergab keine Verstopfungen. Verhalten wie im vorigen Fall. Die Nadeln waren nach 36 Tagen dürr. Die anato- mische Untersuchg. ergab dasselbe Resultat. 1,7 m 1,5. „ 420 10 10 cm 10 „ 0 in 28. V. 0 „ 28. V. Die Nadeln blieben 14 Tage normal, nach 19 Tagen waren sie halbdürr. Die Nadeln blieben 1 Woche normal, nach 10 Tagen waren sie welk, nach 14 Tagen halbdürr, nach 19 Tagen dürr. 0,7 m 0,9 „ 130 10 3 cm 3 „ 0 m 0 „ 25. VL 25. VI. Nach 7 Wochen begannen die Nadeln zu welken, nach 8 Wochen waren sie dürr. Nach 6 Wochen begannen die Nadeln zu welken, nach 7 Wochen waren sie dürr. Der Einfluß der Größe der transpirierenden Fläche, der bei den früher mitgeteilten Versuchen mit Fagus^) deutlich aufgefallen war, ist auch hier wieder zu erkennen. Aus einer Vergleichung der drei korrespondierenden Zweigpaare geht hervor, daß unter sonst gleichen Umständen die Nadeln etwas länger frisch blieben, wenn sie in größerer Zahl vorhanden waren. Bei kurzer toter Strecke war dies auch bei Fagus der Fall, bei der Abtötung auf 80 cm welkten dagegen bei Fagus die blattreichen Aste rascher als die blattarmen, während sie bei Larix, nach den vorliegenden 1) Die Erklärung dieser Erscheinungen ist in der bereits zitierten Abhandlung über Fagus (Jahrb. f. wiss. Bot., 1906) nachzusehen. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 19 290 A. TTrsprung, Versuchen ebenfalls länger turgeszent bleiben. Die bisher be- kannten Tatsachen machen es wahrscheinlich, daß der Trans- spirationssaugung bei Larix eine etwas größere Bedeutung zukommt als bei Fagus, da sie ihre Wirkung auf eine längere Strecke geltend machen kann. Es können aber auch individuelle Ver- schiedenheiten im Spiele sein, so daß es, bei der geringen Größe der vorhandenen Differenzen, jedenfalls geboten ist, noch eine größere Zahl entsprechender Versuche anzustellen. Ein Einfluß der Lage der toten Strecke ist aus den wenigen diesbezüglichen Ver- suchen nicht ersichthch. Dagegen scheint der Zeitpunkt der Ver- suchsanstellung einen wesentlichen Einfluß zu haben. In den Ex- perimenten vom 2. Mai waren die Nadeln bei 10 cm langer toter Strecke nach 30 Tagen halbdürr, bei den Experimenten vom 28. Mai dagegen schon nach 19 oder gar nach 14 Tagen. Es ist dies jedenfalls auf den verschiedenen Entwicklungszustand der Nadeln zurückzuführen. Was die Erklärung betrifft, so halte ich es für wahrscheinlich, daß die folgende Vermutung der Wahrheit nahe kommt. Da Anfangs Mai die jungen Nadeln noch sehr zart waren, aber doch schon eine bedeutende Größe erreicht hatten, so ist es wahrscheinlich, daß nicht nur die relative, sondern auch die absolute Transpiration stärker war als Ende Mai. Das längere Frischbleiben der jungen Nadeln wäre auf stärkere Saugung zurückzuführen und würde sich somit auf dieselbe Weise erklären lassen, wie das vor- hin erwähnte längere Frischbleiben des stärker belaubten Zweiges. In Tabelle 2 sind die Rindenringelungsversuche zusammenge-' stellt. Es wurde jeweils angegeben die Länge des Zweiges, die Zahl der Nadelbüschel über der geringelten Strecke, die Länge der geringelten Strecke, der Zeitpunkt der Versuchsanstellung und der Verlauf des Versuches. Zudem ist angeführt, ob die geringelte Stelle mit Lack oder Harz bestrichen oder nackt gelassen worden war. Vergleicht man diese Tatsachen mit der heute noch ziemlich allgemein verbreiteten Lehre von der Nichtbeteiligung der Rinde am Saftsteigen, so springt der Widerspruch sofort in die Augen. Schon früher hatte ich gezeigt, daß die Versuche, welche der Schluß- folgerung auf Nichtbeteiligung der Rinde zugrunde lagen, nicht beweiskräftig sind. Die Experimente mit Fagus führten zu dem Resultate, daß eine völlige Nichtbeteiligung sich nicht beweisen läßt, daß aber eine allfällige Einwirkung der Rinde nicht bedeutend sein kann und jedenfalls auf die jungen Teile beschränkt ist. Die neuen Versuche mit Larix liefern noch ungünstigere Ergebnisse. Abtütungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 291 Bei Entfernnng der Rinde bis nahe zur Astspitze blieben die Nadeln im günstigsten Falle ca. 15 Tage turgeszent, sie konnten aber schon nach 10 Tagen z. T. dürr sein. Das Bestreichen der geringelten Tabelle 2. 1 -5 "05 •v o r-l M ,— ^ Länge der geringelten Strecke Entfernung der geringelten Strecke von der Astbasis Schutz der geringelten Strecke , bc ^ es .■ti -a 1,1m 250 1 m 0 m nackt 7. Y. Nadeln nach 8 Tagen turgeszent, nach 15 Tagen welk, nach 25 Tagen dürr. 0,8 „ 180 0,7 „ 0 „ Baumwachs 7. V. Nadeln nach 15 Tagen turgeszent, nach 21 Tagen welk, nach 25 Tagen dürr. 0,9 „ 110 0,8 „ 0 „ Asphaltlack 29. V. Nadeln nach 10 Tagen schwach welk, nach 14 Tagen dürr. 1,1 „ 10 1,0 „ 0 „ „ 29. V. Nadeln nach 10 Tagen z. T. dürr, nach 14 Tagen dürr. 1,3m 200 0,1 m 0 m nackt 4. V. Nadeln nach 5 Tagen schwach welk, nach 1 1 Tagen dürr. Nur eine schmale periphere Zone besaß normale Trache- iden, die inneren waren meist mit braunen Massen verstopft. 1,3 „,480 0,1 „ 0 „ „ 4. V. Nadeln nach 5 Tagen schwach welk, nach 11 Tagen welk, nach 18 Tagen welk, nach 24 Tagen dürr. 1,1 . 10 0,1 „ 0 „ 4. V. Nadeln nach 8 Tagen turgeszent, nach 11 Tagen welk, nach 24 Tagen dürr. Entrindete Stelle 8 mm dick. Braune Verstopfungen im Spätholz. Zahl- reiche Luftblasen in den Tracheiden. 1,2 „ 10 0,1 „ 0 „ n 4. V. Nadeln nach 8 Tagen turgeszent, nach 11 Tagen welk, nach 18 Tagen dürr. 1,1 „ 10 0,1 „ 0 „ Asphaltlack 29. V. Nadeln nach 9 Tagen welk bis dürr, nach 18 Tagen dürr. 2,2 „ 600 0,1 „ 0 „ n 29. V. Nadeln nach 49 Tagen turgeszent, nach 27, Monaten dürr. 1,5m 240 0,1 m 0,8 m nackt 4. V. Nadeln nach 24 Tagen turgeszent; der Ast wurde hierauf abgeschnitten und untersucht. Entrindete Stelle 4 mm dick. Verstopfungen selten. Zahl- reiche Luftblasen. 1,8 „ 190 0,1 „ 1,1 n n 4. V. Nadeln nach 24 Tagen turgeszent, nach 28 Tagen dürr. 1,3 „ 10 0,1 „ 0,8 „ Asphaltlack 29. V. Nadeln nach 28 Tagen turgeszent, nach 30 Tagen dürr. 1,5 „ 406 0,1 „ 0,8 , n 29. V. Nadeln nach 49 Tagen, als die regel- mäßigen Beobachtungen abgebrochen werden mußten, turgeszent. Nach 73 Tagen waren die Nadeln dürr. 19* 292 A. Ursprung, Fortsetzung der Tabelle 2. fao p :c3 r5 'S N CS Länge der geringelten Strecke Entfernung der geringelten Strecke von der Astbasis Schutz der geringelten Strecke 1,2 m 300 0,01m 0 m nackt 25. VI. Nadeln nach 4 Monaten turgeszent. An der geringelten Stelle hatte sich ein Harzüberzug gebildet. 1,2« 10 0,01 „ 0 „ ,1 25. VI. Nadeln nach 4 Monaten turgeszent. 0,9 „ 300 0,01 „ 0,6 „ „ 25. VI. V „ 3V2 „ „ , nach 4 Monaten dürr. 0,9 „ 10 0,01 „ 0,6 „ V 25. VL Nadeln nach 3 Yj Monaten turgeszent, nach 4 Monateu dürr. 1,3 ni 200 Ringe ung von nackt 25. VL Nadeln nach 2 Monaten turgeszent, nach 1,0 „ 120 V2 cm Distanze 5 cm : Y bis zu Länge , in n von je an der Basis r Spitze. " 25. VL 3 Monaten welk, nach 4 Monaten dürr. Nadeln nach 2 Monaten turgeszent, nach 3 Monaten dürr. 0,9m 10 0,1m 0 m nackt 25. VL Eingelung erstreckt sich hier nur auf % des Umfanges. Nadeln nach 4 Monaten turgeszent. 1,2 „ 330 0,1 „ 0 „ „ 25. VL Eingelung erstreckt sich auf ^/^ des Umfanges. Nadeln nach 2 Monaten turgeszent. Weitere Kontrolle nicht möglich, weil der Ast abgerissen worden war. 1,1m 10 0,1m 0 m nackt 25. VL Eingelung erstreckt sich auf ^/^ des Umfanges. Eiudenstücke vom Holz losgelöst. Nadeln nach 22 Tagen tur- geszent, nach 48 Tagen dürr. 1,1 „ 300 0,1 „ 0 „ „ 25. VL Desgleichen, 2,5m 80 0,1m 2 m nackt 25. VI. Desgleichen. 1,5 „ 10 0,1 „ 1,1 „ n 25. VL Desgleichen. Strecke mit Lack oder Baurawachs veränderte das Resultat nicht in merkbarer Weise. War die geringelte Strecke nur 1 dm lang und an der Astbasis gelegen, so fand das Welken in der Regel ebenso rasch oder sogar noch rascher statt, als bei fast voll- ständiger Entfernung der Rinde. In zwei Fällen begannen die Nadeln schon nach 5 Tagen zu welken; gewöhnlich geschah es nach 9 — 11 Tagen und nur in einem Ausnahmefall blieben sie ca. IV2 Monate turgeszent. Ein Einfluß des Lacküberzuges konnte auch hier nicht nachgewiesen werden. Ob größere Differenzen in der Nadelzahl von Bedeutung sind, läßt sich aus den vorliegenden Versuchen nicht mit Sicherheit ersehen. Die größere Nadelzahl scheint in einigen Fällen das Welken zu verlangsamen, andere Abtötungs- und Riiigelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 293 Versuche sprechen aber dagegen. Befand sich die 1 dm lange ge- ringelte Strecke nicht an der Astbasis sondern in der Nähe der Astspitze, so erfolgte unter sonst gleichen Umständen das Welken langsamer. Statt 5 — 8 Tage blieben die Nadeln 24 - 28 Tage tur- geszent. Dieses Resultat war für mich auffallend, da das entgegen- gesetzte Verhalten nach den bisherigen Erfahrungen verständlicher gewesen wäre. Durch die Ringelung an der Basis wird eine viel geringere Verkleinerung der Querschnittfläche bewirkt, und zudem ist auch das über der Ringelung liegende Wasserreservoir bedeutend größer. Die in der Mehrzahl der Fälle größere Schädlichkeit der Basisringelung erklärt sich vielleicht dadurch, daß in der Regel bei den Versuchszweigen das ältere Holz zahlreiche Verstopfungen aufwies und daher für die Leitung weniger tauglich war. Wenn nun in den altern und Jüngern Zweigpartien annähernd gleichviel leitendes Gewebe vorhanden war, dann mußte allerdings durch die Ringelung der älteren Partien die Schädigung eine größere sein, weil eben infolge des stärkeren Zweigdurchmessers eine größere Holzfläche bloßgelegt wurde. In wie weit diese Vermutungen das Richtige treffen, kann nur durch ausführlichere Untersuchungen klargelegt werden. War die geringelte Strecke nur 1 cm lang, so blieben die Nadeln bis 4 Monate turgeszent, d. h. so lange als die Beobachtungen dauerten. Lehrreich waren die Versuche, bei denen in Abständen von 5 cm Ringelungen von je V2 cm Länge angebracht wurden. Das Turgeszentbleiben der Nadeln dieser Zweige zeigt, daß nicht etwa die Gesamtlänge der geringelten Strecke maßgebend ist. Eine große Zahl kurzer Ringelungen wird 2 Monate lang schadlos er- tragen, während eine einzige längere Ringelung, trotzdem sie kürzer ist, als die Gesamtlänge der kurzen Ringelungen, in viel kürzerer Zeit Welken verursacht. Wenn aber eine größere Ringelung einen ungünstigen Einfluß ausübt, so dürfen wir annehmen, daß dies in geringerem Grade auch bei einer kleineren Ringelung der Fall ist. Hieraus folgt, das die Transportkräfte nicht etwa nur an der Basis oder in der Krone des Stammes bezw. an der belaubten Spitze des Zweiges ihren Sitz haben, denn es wäre nicht einzusehen, wie dieselbe Kraft ein größeres Hindernis in dem einen Falle über- windet, in dem andern dagegen ein kleineres nicht; zudem würden nach den physikalischen Erfahrungen über die Bewegung Ja min - scher Ketten viele kleine Luftblasen viel schädlicher sein, als wenig größere, da eben der Widerstand, den eine Ja min sehe Kette der 294 ^- Ur Sprung, Verschiebung entgegensetzt, proportional ist der Zahl der Luftblasen, aber unabhängig von der Länge der Luftblasen. Wir kommen also auch hier wieder zu dem Resultat, daß die Transportkräfte über die ganze Länge der Zweige verteilt sind; schon früher hatten wir durch Abtötungsversuche dasselbe für Fagiis gefunden. Es be- stätigt sich somit die Schlußfolgerung, die Nägeli und Schwendener vor 30 Jahren im Mikroskop gezogen hatten, wonach die wasser- bewegenden Kräfte „auf zahlreiche naheliegende Punkte zu ver- teilen" sind. Wurde bei der 1 dm langen Basisringelung die Rinde nicht vollständig entfernt, sondern eine Rindenbrücke übrig gelassen, deren Breite V4 oder Ve des Umfanges betrug, so fand eine aus- reichende Wasserbeförderung statt. Dies zeigt, daß ein geringer Teil des Querschnittes genügend Wasser zu transportieren vermag, so lange er im normalen Zustand sich befindet. Früher hatten wir auf anderm Wege gefunden, daß bei Fagus zu einer ausreichenden Wasserleitung über eine 1 dm lange Strecke ein geringer Bruch- teil der Leitungsbahnen ausreicht, wenn in der betreffenden Partie die Holzzellen lebend sind. — Wurde die Rindenbrücke vom Holz losgelöst, so erfolgte das Welken rascher als im vorigen Falle, aber immerhin bedeutend langsamer als bei vollständigem Fehlen der Rindenbrücke. Dieses Resultat läßt sich verschieden deuten. Ein- mal erklärt es sich durch die Annahme, die Rinde bilde ein Stück der Leitbahn. Bekanntlich ließ Westermaier^) in seiner Kletter- hy])othese das Wasser vorwiegend in den Parenchymzellen des Holzes steigen. Schon Godlewski^) hatte gegen diese Hypothese den Einwand erhoben, daß sie auf die Abietineen nicht anzuwenden sei, weil das die Markstrahlen verbindende Holzparenchym fehle. Schwendener^) verteidigte Westermaier diesem Angriff gegen- über, indem er bemerkte, daß die Markstrahlen durch das Rinden- parenchym auch in der Längsrichtung verbunden seien. Ist die Westermaiersche Hypothese richtig, dann muß das Saftsteigen durch die Rindenringelung unterbrochen werden. Für 1 dm lange Basis- ringelungen trifft dies auch in den meisten Fällen annähernd zu, für 1) Westermaier, Zur Kenntnis der osmotischen Leistungen des lebenden Par- enchyms. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1883. 2) Godlewski, Zur Theorie der Wasserbewegung in den Pflanzen. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XV, Heft 4, 1884. 3J Schwendener, Untersuchungen über das Saftsteigen. Sitzber. d. Kgl. preuß. Akad. d. Wiss., 1886. Ahtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 295 gleichlange K-ingelungen in der Nähe der Astspitze gilt dieser Schluß kaum mehr, und bei Ringelungen von 1 cm Länge wird er völlig ungültig. Das abweichende Verhalten der dezimeterlangen Ringe- lungen mit und ohne Rindenbrücke würde zwar wieder für Wester- maier sprechen, und auch die Versuche mit losgelöster Rinden- brücke ließen sich zur Not in diesem Sinne deuten. Mehrere Experimente sprechen aber direkt gegen die vorausgesetzte Be- teiligung des Rindenparenchyms, und die eben erwähnten Versuche lassen sich auch auf andere Weise erklären. Das Resultat jener dezimeterlangen Basisringelung, bei der die Nadeln 1 V2 Monate turgeszent blieben, wie auch die Resultate sämtlicher in der Nähe der Spitze ausgeführten Ringelungen und der zentimeterlangen Ringelungen sind mit der Annahme eines endosmotischen Trans- portes durch das Rindenparenchym unvereinbar. Es geht dies sofort aus dem Verhalten abgeschnittener Zweige hervor, die nach den in Tabelle 3 zusammengestellten Experimenten schon nach wenigen Tagen welken. Tabelle 3. <1> fco s Zahl der Nadel- büschel Zeit der Versuchs- anstellung 1,3 m 1,3 „ 280 300 3. V. 3. V. Nadeln heginnen nach 5 Tagen zu welken, nach 12 Tagen sind sie dürr. Nadeln sind nach 5 Tagen schon ziemlich welk, nach 12 Tagen dürr. Die Zweige wurden einfach abgeschnitten und im Walde frei aufgehängt. Das verschiedene Verhalten der Nadeln, je nachdem die Rindenbrücke vorhanden ist, vom Holz losgelöst ist oder fehlt, läßt sich aber auch durch die Annahme einer Schutzwirkung der Rinde auf das Holz erklären. Diese Erklärung hat schon a priori den Vorzug, daß die zugrunde liegende Annahme sicher richtig ist. Durch die Entfernung der Rinde wird einmal eine schützende Hülle entfernt, und dadurch der Austritt von Wasser und der Eintritt von Luft erleichtert. Ferner erleiden hierdurch die benachbarten lebenden Holzzellen eine mehr oder weniger starke Schädigung, wie das allgemein bei den an eine solche Wundfläche angrenzenden lebenden Zellen der Fall ist. Unter der Rindenbrücke bleiben diese nachteiligen Veränderungen aus, und der Wassertransport kann 296 A. Ursprung, hier ungestört seinen Fortgang nehmen. Bei vollständiger Ringelung treten beide Schädigungen ein; die negativen Erfolge der Lack- überzüge zeigen jedoch, daß die Beschädigung des Holzparenchyms viel nachteiliger wirkt, als der seitliche Wasserverlust. Auch dieses Resultat deckt sich mit den Resultaten, die wir früher auf anderm Wege an Fagus gewonnen hatten. Wird die Rindenbrücke vom Holz losgelöst, so haben wir eine weniger starke Schädigung als bei ihrer vollständigen Entfernung; entsprechend erfolgt auch das Welken weniger rasch. Bedeutend rascher als bei der Rindenringelung erfolgte das Welken, wenn mit der Rinde auch ein Teil des Holzkörpers ent- fernt wurde. Bei den beiden in der folgenden Tabelle angeführten Versuchen erstreckte sich die Ringelung so weit in den Holzkörper hinein, daß der Astdurchmesser auf die Hälfte reduziert wurde. T abelle 4. fco a t- .p fco " fco y a bo :«] a Entfernung der geringelten Strecke von der Astbasis Schutz der ge- ringelt. Strecke ^ fco 2 fco a a CO O <1 > fco L P S p t-i "m •sl !S1 g 1,1 m 1,1 ,, 250 260 0,1 m 0,1 „ 0 m 0 m nackt 1 1 mm 10 „ 7. V. 7. V. Am folgenden Tag waren die Nadeln bereits welk, 1 nach 8 Tagen beinahe dürr; gänz- lich dürr erst nach 2 Wochen. Der Wassertransport erfolgt somit, wenigstens in den älteren Partien der ianx-Aste, in dem peripheren Teile des Holzkörpers. Die Lärche verhält sich in dieser Beziehung anders als die Buche, bei welcher nach gleich starker Ringelung die Blätter bis über 2 Wochen lang turgeszent bleiben konnten. Dies erklärt sich dadurch, daß bei der Lärche im Gegensatz zur Buche die Kern- bildung früher beginnt. Tabelle 5. fcH M 05 . ^ ^ i • - rP N] P -3 u ,P o Entfernung d oper. Streck von d. Astbas Größe des wegoperierte Sektors in Bruchteilen c Querschnitt a> o p . rP U o 0,8 m 100 0,1m 0 m Hälfte nackt 7. V. Nach 5'/-. Monaten 1 „ 280 0,1 „ 0 „ „ n 7. V. waren die Nadeln noch voll- 1,1 « 270 0,1 „ 0 „ drei Viertel n 7. V. ständig turgeszent. 1,1 . 300 0,1 „ 0 „ „ 11 7. V. Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 297 Wie früher bei Fagus, so wurden auch hier Versuche au- gestellt, hei welchen nicht eine periphere ringförmige Partie, sondern ein Sektor entfernt wurde, der bald die Hälfte, bald Vi des Quer- schnittes betrug (Tab. 5). Gleich wie bei Fagus, so vermag auch hier ein geringer Bruch- teil des Querschnittes auf eine Länge von 10 cm genügend Wasser zu leiten, wenn nur der übrig bleibende Teil intakt gelassen wird. Die vorliegenden Versuche mit Larix lassen sich folgender- maßen zusammenfassen: Ein ausreichender Wassertransport durch die Larix -Aste ist ohne die Beteiligung lebender Astzellen an der Hebungsarbeit un- möglich. Die Rinde ist besonders in den älteren Partien der Aste gewöhnlich von großem Einfluß auf das Saftsteigen. Wahrschein- lich dient sie aber weder als Leitbahn noch zur Erzeugung von Transportkräften (jedenfalls nicht im Sinne Westermaiers), sondern einfach als schützender Mantel. Die Wasserleitung erfolgt haupt- sächhch in den peripheren Teilen des Holzkörpers und bedarf so- wohl an der Astbasis wie auch an höher gelegenen Stellen der Mitwirkung der lebenden Zellen des Holzkörpers. Zur genügenden Leitung über eine dezimeterlange Strecke reicht ein geringer Bruch- teil des Querschnittes aus, solange derselbe unversehrt ist. Den von den lebenden Zellen herrührenden Kraftkomponenten kommt im Vergleich zu den rein physikalischen eine große Bedeutung zu, doch scheint die Transpirationssaugung hier über eine etwas größere Distanz zu wirken als bei Fagus. II. Picea excelsa. Sämtliche Versuche wurden an Zweigen ausgeführt, die einen halben bis zwei Meter über dem Boden inseriert waren. Tabelle 6 enthält die Abtötungsversuche mit Wasserdampf, Tabelle 6. * ^ s "S o OJ fco -^ ö _m W > ^ tS] 3 1,2 m\ 1800 1,3 0,1m 0 ra I 2000 0,1 „ 2. V. 2. V. Während eines Monates erhielten sich die Nadeln frisch und unverändert, begannen dann aber nach einigen Tagen abzufallen. Die Knospen entwickelten sich nicht, 298 A. Ursprung, Fortsetzung der Tabelle 6. 4) ^ bo 3 =* nung tütetei e von tbasis ■TS 1— 1 bjo Entfei der abge Streck der As 'S 1 ,i2 N S 700 0,1m 1,2 m 2. V. — 0,1 „ 1 „ 7. V 1,5 m 1,4 Die Nadeln blieben l'/o Monate normal, wurden dann dürr und fielen ab. Die darauf folgende Untersuchung zeigte weder ober- noch unterhalb der toten Strecke Verstopfungen. Die Knospen hatten sich nicht entwickelt. Die Nadeln veränderten sich hier bedeutend langsamer als bei Larix. Dies ist jedenfalls in erster Linie auf ihren derben Bau zurückzuführen, der sie vor Wasserverlust besser schützt und die Folgen ungenügender Wasserzufuhr erst spät erkennen läßt. Die Abtötungen in der Nähe der Astspitze scheinen besser ertragen zu werden als an der Astbasis. Es hat das seinen Grund vielleicht darin, daß die Wirkung der Transpirationssaugung in der Nähe der Spitze stärker ist. Nach den bisherigen Erfahrungen ist es gewiß berechtigt anzunehmen, daß auch bei Picea bei größerer Länge der toten Strecke das Absterben rascher erfolgt wäre. Daß über die tote Strecke noch Wasser befördert worden ist, geht aus den beiden folgenden Versuchen hervor, bei welchen die Aste abgeschnitten und im Wald aufgehängt wurden. Tabelle 7. 1» bD a r-H ro 'S "* ts] !^ u 'S Zeit der Versuchs- anstellung 1,3 m 1,2 „ 3200 2500 S.V. 3. V. [ Nach 12 Tagen begannen die Nadeln beim Berühren abzufallen. Wie lange den Nadeln bei den Abtötungsversuchen aus- reichend Wasser zugeführt wurde, ist nicht genau zu ermitteln, da die Nadeln eben infolge ihres derben Baues auf ungenügende Wasserzufuhr nur sehr schlecht reagieren. Jedenfalls sind aber auch hier die lebenden Astzellen zum Saftsteigen nötig. Über die Bedeutung der Rinde geben die folgenden Rinden- ringelungsversuche (Tab. 8) einigen Aufschluß. Die dezimeterlange Rindenringelung an der Basis wirkt hier viel weniger nachteilig als bei Larix, was wahrscheinlich auf die schwächere Verkernung zurückzuführen ist, die auch den älteren Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 299 Partien des Holzkörpers eine Beteiligung am Saftsteigen erlaubt. Bei größerer Länge der geringelten Strecke verdorrten aber auch hier die Nadeln nach relativ kurzer Zeit. Somit ist auch bei Picea das Vorhandensein der Rinde für eine ausreichende Wasser- zufuhr nötig. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat sie gleich wie bei Larix den Holzkörper zu schützen und dient daher weder als Leitbahn für das Wasser noch zur Erzeugung von Transportkräften. Tabelle 8. faß 1 'S ja es ts; '^ IS T3 1 beim Berühren abzufallen. Die Knospen J entwickelten sich nicht weiter. 1,3 m 1,1 « 2200 1800 0,1 ni 0,1 „ 0 ni 0 „ nackt ,1 3. Y. 3. V. Die Nadeln blieben beinahe 2 Monate un- verändert, hierauf verdorrten sie rasch. Die Knospen hatten sich unterdessen be- deutend entwickelt. Die Nadeln waren 2V2 Monate unverändert geblieben und dann langsam dürr ge- worden. Die Knospen hatten sich be- deutend entwickelt. Instruktiv ist das Verhalten der Knospen. Bei starker Rinden- ringelung wie bei partieller Abtötung hatten sie sich nicht ent- wickelt, wohl aber bei der Basisringelung. Dies ist ohne Zweifel darauf zurückzuführen, daß im letzteren Falle den Knospen noch längere Zeit genügende Wassermengen zugeführt werden konnten, während dies bei den übrigen Versuchen nicht möglich war. Bei den beiden folgenden Versuchen erstreckte sich die Ringelung soweit in den Holzkörper hinein, daß der Astdurch- messer auf die Hälfte reduziert wurde. Tabelle 9. 05 Entfernung der geringelten Strecke von der Astbasis ^ . 05 hr i -M 05 bO 05 -M jV B s> ho a :oS <15 05 :+i =* a >^'S »3 05 g bO a 'S 'S "H bo "^ <-' ±3 Kl jj" a "5 ja bo 05 > 'S 'S a 03 a 1,3 m 1700 0,1 m 0 m 1 2 mm nackt 7. V. Die Nadeln blieben beinahe 1 1 Monat unverändert, dann be- 1 gannen sie abzufallen. Die Knospen 1,3 „ 20UÜ 0,1 „ 0 „ 12 „ „ 7. V. hatten sich nicht entwickelt. 300 A. Ursprung, Die Wasserzufuhr war eine bedeutend geringere, als bei bloßer Rindenringelung. Immerbin begann das Absterben soviel später, als bei den entsprechenden Versuchen mit Larix, daß vermutlich zur Erklärung neben dem derben Bau vor allem auch die schwächere Verkernung herbeizuziehen ist. In Tabelle 10 sind Experimente zusammengestellt, in welchen nicht eine periphere ringförmige Partie, sondern ein Sektor ent- fernt wurde, der bald die Hälfte, bald Vd des Querschnittes betrug. Tabelle 10. a &r g d c» 03 03 'S aj -S 03 faß bo S ^ C3 03 a> 13 Ü .2 eis 03 03 P3 jd TS 03 1- ho . s »^ o 03 03 ^ O, ü O 03 03 i/2 03 •13 Größe d operierl tors in teuer Quersc CO p, o 03 C3 1,5 m 3000 0,1m 0 m Hälfte nackt 7. V. Nach 5V2 Monaten 1,2 . 2800 0,1 „ 0 „ n n 7. V. waren die Nadeln noch un- 1,1 „ 1000 0,1 „ 0 „ drei Viertel n 7. V. verändert. Die Knospen 1,1 „ 1400 0,1 „ 0 „ ,1 „ 7. V. hatten sich entwickelt. Das Resultat ist dasselbe wie bei Fagus und Larix, die Nadeln bleiben frisch. Die vorliegenden Versuche mit Picea lassen sich folgender- maßen zusammenfassen: Ein ausreichender Wassertransport durch die Picea -Aste ist ohne die Beteihgung lebender Astzellen an der Hebungsarbeit auf die Dauer unmöglich. Die Rinde ist von Bedeutung für das Saft- steigen ; wahrscheinlich dient sie aber bloß als schützender Mantel. Die Mitwirkung der lebenden Holzzellen zu einer ausreichenden Wasserleitung ist sowohl an der Basis wie in der Nähe der Spitze der Aste nötig. Zum genügenden Wassertransport über eine dezi- meterlange Strecke reicht ein geringer Bruchteil des Querschnittes aus, solange derselbe unversehrt ist. Den von den lebenden Zellen herrührenden Kraftkomponenten kommt im Vergleich zu den rein physikalischen eine große Bedeutung zu. Das Verhältnis dürfte aber an verschiedenen Stellen des Astes ein verschiedenes sein, indem die Transpirationssaugung an der Astspitze eine stärkere Wirkung scheint ausüben zu können als an der Astbasis. Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 301 III. Ahies alba. Sämtliche Versuche wurden an Zweigen ausgeführt, die einen halben bis einen Meter über dem Boden inseriert waren. Tabelle 11 enthält die Abtötungsversuche mit Wasserdampf. Tabelle 11. 1 < u -^3 'S -^ CO t? TS CO OJ . :cS Ol Entfernung der abgetüteten Strecke von der Astbasis ^ i 1 m 1,1 « 1800 2200 0,1m 0,1 „ 0 ni 0 „ 3. V. 3. V. Nach 1 Monat begannen die Nadeln sich zu ver- färben, sie wurden erst weißlich, dann gelb- braun. Die Knospen hatten sich nicht ent- wickelt. Bei der anatomischen Untersuchung konnten weder unterhalb noch oberhalb der toten Strecke Verstopfungen nachgewiesen werden. Wie oben, nur fehlt die anatomische Untersuchung. 0,9 m 0,9 „ IGO 400 0,1m 0,1 „ 0,6 m 0,5 „ 3. V. 3. Y. Wie oben. Wie oben, nur hatten sich 5 Knospen schwach entwickelt. Das Verhalten ist annähernd dasselbe wie bei Picea. Daß über die tote Strecke noch Wasser befördert worden ist, geht aus den beiden folgenden Versuchen hervor, bei welchen die Aste abgeschnitten und im Wald frei aufgehängt wurden. Tabelle 12. 'S -g § 0,9 m 0,7 „ 1800 1800 3. V. 3. V. Nach 12 Tagen ließen die Nadeln sich abstreifen. Die Nadeln von Abies sind derb wie diejenigen von Picea und zeigen eine ungenügende Wasserzufuhr nur sehr langsam an; es läßt sich daher nicht sagen, wie lange über die abgetötete Strecke eine ausreichende Wassermenge befördert wurde. Jedenfalls sind aber die lebenden Astzellen zu einem auf die Dauer ausreichenden Wassertransport nötig. Über die Bedeutung der B,inde geben die folgenden Rinden- ringelungsversuche einigen Aufschluß, 302 A. Ursprung, Tabelle 13. ÖO ö -< 'S ^ TS ,a CS CS! '^ TS in H .5 ^ Entfernung d. geringelten Strecke von der Astbasis rÖ CO "S 'S ja &J0 u S co-C 'S 1 1 m 0,8 „ 2300 700 0,9 m 0,7 „ 0 m 0 „ nackt Baum- wachs 7. V. 7. Y. Die Knospen begannen sich einige Tage nach der Kingelung stark zu entwickeln. Nach 3 Wochen hingen die meisten jungen Triebe schlaff herunter. Nach IV2 Mo- naten hatten sich die älteren Nadeln braungelb gefärbt. Verhalten wie im vorigen Fall. 0,9 m 2100 0,1m 0 m nackt 7. V. Verhalten wie vorhin, nur waren die Nadeln nach 1 Monat dürr. Die starken Ringelungen scheinen hier anfänglich etwas besser ertragen worden zu sein, als bei Picea., da sich die Knospen ordentlich entwickelten. Die dezimeterlange Basisringelung wirkte dagegen schädlicher als bei Picea. Ob dieses Verhalten die Regel bildet, läßt sich zurzeit nicht sagen, da der zweite Versuchsast nach einer Woche von fremder Hand abgerissen worden war. Jedenfalls ist auch bei Ahies die Rinde nötig, um auf die Dauer eine ausreichende Wasserzufuhr zu ermöglichen. Über die Funktion der Rinde gelten dieselben Vermutungen wie bei Picea und Larix. Bei den beiden folgenden Versuchen erstreckte sich die Rinden- ringelung so weit in den Holzkörper hinein, daß der Astdurch- messer auf die Hälfte reduziert wurde. " Tabelle 14. 1 * ^ . « hn O) M ^ s aj ■^ bo i .ii ,' q ho " &D " ^ TS fci js s "3 > bO o3 > "Öi :b3 < 'S ^5 cö z ts "^ n fco :c£ S öl < 2 u TS 02 'S CS o H^l-C TS < > co-c 1 m 1700 0,1m 0 m 8 mm nackt 7. V. Nach 5 Wochen begannen die Nadeln sich weißlich zu verfärben, nach 6 Wochen waren sie gelbbraun. Die Knospen entwick. sich nicht. 1 1 « 3200 0,1 „ 0 „ 10 „ „ 7. V. Verhalten wie im vorigen Fall. Die Knospen hatten sich hier nicht entwickelt, woraus ge- schlossen werden darf, daß die Wasserzufulir eine schlechtere war, als bei der Rindenringelung. Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 303 Tabelle 15 enthält die Versuche, bei denen ein Sektor ent- fernt wurde, der bald die Hälfte, bald drei Viertel des Quer- schnittes betrug. Tabelle 15. P -5 ■5 >5 ESI "^ !-l TS o fap 3 der operierten Strecke von der Astbasis Größe des weg- oper, Sektors in Bruchteilen d. Querschnitts d . o aj aj 'S 'S faO ö s 'S a 1 m 2600 0,1 m 0 m Hälfte nackt 7. V. Nach 5V2 Monaten waren die Nadeln noch unverändert; die Knospen hatten sich entwickelt. 1 » ä200 0,1 „ 0 „ n V 7. V. Verhalten wie im vorigen Fall. 0,9 „ 1500 0,1 „ 0 „ drei Viertel 7. V. Nach 2 Monaten wurde der Ast von fremder Hand abgerissen. Die Nadeln waren noch un- verändert ; die Knospen hatten sich entwickelt. 0,9 „ 1700 0,1 „ 0 „ n n 7. V. Verhalten wie im vorigen Fall. daß bei der Es ist mit aller Wahrscheinlichkeit anzunehmen Entfernung von 7i des Querschnittes die Nadeln auch längere Zeit unverändert geblieben wären. Die Resultate sind somit die- selben, wie bei den früheren Versuchspflanzen. Die vorliegenden Versuche mit Ahies lassen sich in derselben Weise zusammenfassen, wie bei Picea, nur ist hier über das Ver- hältnis der vitalen und physikalischen Kraftkomponenten an ver- schiedenen Stellen des Astes nichts bekannt. IV. JPinus silvestris. Die Versuche wurden an Zweigen ausgeführt, die einen halben bis drei m über dem Boden inseriert waren. Tabelle 16 enthält die Abtötungsversuche mit Wasserdampf. Tabelle 16. fao 'S . aj ^ § tot S :0 1—1 ho Entfernung der abgetöteten Strecke von der Astbasis Saß a> 0 ts g 0,6 m 0,G „ 150 155 0,1m 0,1 „ 0 m 0 „ 4. V. 4. V. } 1 Monat blieben die Nadeln unverändert, nach 7 "Wochen waren sie dürr. 0,7 m 0,6 „ 60 90 0,1m 0,1 „ 0,4 m 0,4 „ 4. V. 4.V. 1 1 Monat blieben die Nadeln unverändert, nach 7 Wochen waren sie dürr. 304 A. Ursprung, Das Verhalten ist annähernd dasselbe wie bei Ahies oder Picea, nur war die Lage der toten Strecke in dem vorliegenden Ver- suche ohne Bedeutung. Über die tote Stelle wurde jedenfalls äußerst wenig Wasser befördert, wie aus dem Verhalten eines ab- geschnittenen und im Freien aufgehängten Zweiges zu ersehen ist. Der Zweig war 75 cm lang, besaß 500 Nadelbüschel und wurde am 8. V. abgeschnitten. Noch nach 1 Monat waren die Nadeln zum größten Teile unverändert und ließen sich nur selten abstreifen; erst nach 7 Wochen waren sie dürr. Zu einem auf die Dauer ausreichenden Wassertransport ist jedenfalls auch hier die Mit- wirkung der lebenden Astzellen nötig. Über die Bedeutung der Rinde geben die folgenden Rinden- ringelungsversuche einigen Aufschluß. Tabelle 17. fcJO < Länge der ge- ringelt. Strecke Entfernung der geringelten Strecke von der Astbasis . «1 faO « &0 tS] Ö 0,7 m 0,7 „ 150 210 0,6 m 0,6 „ 0 m 0 „ Baum- wachs nackt 4. V. 4. V. 5 Wochen blieben die Nadeln unverändert; in 7 Wochen waren sie dürr. Die Knospen hatten sich nicht entwickelt. Verhalten wie im vorigen Fall. 0,7 m 0,7 „ 300 280 0,1 m 0,1 „ 0 „ 0 „ nackt 4. V. 4. V. 2'/2 Monate blieben die Nadeln unverändert; die Knospen hatten sich entwickelt. Nach 3'/2 Monaten waren die Nadeln dürr. Die Nadeln blieben IV2 Monate unver- ändert; die Knospen entwickelten sich nicht. Nach 2 Monaten waren die Nadeln bereits vollständig dürr. Die langen Ringelungen verliefen insofern ungünstiger als bei Ahies, als die Knospen nicht zur Entwicklung kamen. Die kurzen Ringelungen gaben in einem Falle ungefähr das gleiche Resultat wie die langen, im andern Falle dagegen blieben die Nadeln be- deutend länger frisch und die Knospen entwickelten sich. Zweifellos ist auch hier die Rinde nötig, um eine ausreichende Wasserzufuhr zu ermöglichen. Über die Funktion der Rinde gelten dieselben Vermutungen wie bei den früher besprochenen Coniferen. Bei den beiden folgenden Versuchen erstreckte sich die Ringe- lung so weit in den Holzkörper hinein, daß der Astdurchmesser auf die Hälfte reduziert wurde. Abtütungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 305 Tabelle 18. ^ ii ■* •*:§ ^ Ä ■< «'S fZi 0,8 m 400 0,5 „ 250 0,1m 0,1 „ 0 m 12 mm nackt 4. V. 4. V. Die Knospen hatten nach 3 Wochen etwas ausgetrieben, entwickelten sich aber nicht mehr weiter. 5 Wochen blieben die Nadeln un- verändert, hierauf begannen sie zu verdorren und waren in 7 Wochen vollständig dürr. Nach 1 Monat wurde der Ast von fremder Hand abgerissen. Bis dahin waren die Nadeln unver- ändert geblieben und die Knospen hatten etwas ausgetrieben. Die Holzringelung scheint hier anfänglich weniger nachteilig gewirkt zu haben als bei Ahies oder Picea, da die Knospen etwas ausgetrieben hatten. Es scheinen also die älteren Holzteile der Versuchsäste bei Pinus süvestris eine etwas größere Leitfähigkeit zu besitzen als bei den früher untersuchten Coniferen. Immerhin führten die Holzringelungen auch hier bedeutend rascher zum Ab- sterben als die Rindenringelungen. Tabelle 19 enthält die Versuche, bei denen ein Sektor entfernt wurde , der bald die Hälfte , bald ^U des Querschnittes betrug. Tabelle 19. g^r a-S-^ oj n & t>=3 0,8 m 0,7 „ 0,7 „ 0,7 „ 360 320 370 220 0,1 m 0,1 „ 0,1 „ 0,1 „ 0 m 0 „ 0 „ 0 „ Hälfte drei Viertel nackt 4. V. 4. V. 4. V. 4. V. Jahrb. f. wiss. Botanik. XMV. Nach ö'/o Monaten waren die Nadeln noch unverändert ; die Knospen hatten sich ent- wickelt. Verhalten wie im vorigen Fall. Desgleichen. Nach 1 Monat wurde der Ast von fremder Hand gebrochen. Die Knospen hatten sich ent- wickelt, die Nadeln waren unverändert. 20 306 A. Ursprung, Wie bei den früheren Versuchspflanzen, so ist auch hier ein kleiner Teil des Querschnittes ausreichend. Die vorliegenden Versuche mit Pinus süvestris lassen sich in derselben Weise zusammenfassen wie bei Ahies. V. I*inus Strohus. Die Versuche wurden an Zweigen ausgeführt, die 20 cm bis IV2 m über dem Boden inseriert waren. Tabelle 20 enthält die Abtötungsversuche mit Wasserdampf. Tabelle 20. «3 n 'S 03 0 t- 03 1-^ bo Entfernung der abgetöteten Strecke von der Astbasis . 6* Ö § ^^ 03 ^ z i il 0,5 m 0,5 „ 300 320 0,1 m 0,1 „ 0 m 0 „ 3 V. 3. V. Nach 1 Monat wurden die Nadeln gelblich, nach 6 Wochen waren sie braun. Die Knospen hatten sich nicht entwickelt. Die anatomische Untersuchung ergab keine Verstopfungen. Verhalten wie im vorigen Fall. 0,7 ni 0,7 „ 140 160 0,1 m 0,1 „ 0,4 m 0,4 „ 3. V. 3. V. Verhalten wie oben, nur wurden die Nadeln nicht braun, sondern gelbgrün und waren erst nach 2 Monaten dürr. Verhalten wie im vorigen Fall. Das Verhalten ist annähernd dasselbe wie bei Pinus süvestris, nur scheint die Abtötung in der Nähe der Zweigspitze die Wasser- versorgung weniger rasch zu hemmen. Dieselbe Beobachtung hatten wir schon früher bei Picea gemacht. Daß über die tote Strecke noch Wasser befördert wurde, geht aus den folgenden Versuchen hervor, in welchen die Aste abgeschnitten und im Wald frei auf- gehängt wurden. Tabelle 21. bo 03 rrt t/3 ^ .-3 ^ ^ -« ■*± ,a "3 •< ^■^ ."ä .a 5z; ^ g 0,9 m 430 S.V. 0,8 „ 360 3. V. > Nach 12 Tagen waren die Nadeln bereits halbdünn. Die Mitwirkung lebender Astzellen ist aber auch hier nötig, um auf die Dauer einen ausreichenden Wassertransport zu er- Abtütungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 307 möglichen. Wie die anatomische Untersuchung zeigte, läßt sich das Absterben nicht auf das Auftreten von Verstopfungen zu- rückführen. Über die Bedeutung der Rinde geben die folgenden Rinden- ringelungsversuche einigen Aufschluß. Tabelle 22. B Süd Entfernung der geringelten Strecke von der Astbasis 1 ® ba o «H kl TS M "S "y Ja ho « fl Zeit der Ver- suchsanstellung 0,6 m 0,7 „ 120 300 0,55 m 0,6 , 0 m 0 „ Baum- wachs nackt 7. V. 7. V. 1 Monat blieben die Nadeln unversehrt, hierauf begannen sie zu verdorren. Die Knospen entwickelten sich nicht. Verhalten wie im vorigen Fall. 0,9 m 0,6 „ 500 860 0,1 m 0,1 „ 0 m 0 „ nackt n 7. V. 7. V. Die Nadeln blieben l'/a Monate unversehrt, verdorrten dann aber rasch. Die Knospen entwickelten sich nicht. Verhalten wie im vorigen Fall. 0,8 m 120 0,1 m 0,4 m nackt 7. V. Die Nadeln waren nach 5 Wochen dürr. Die Knospen hatten sich nicht entwickelt. Die Ringelungen wirkten hier ungünstiger als bei Picea, Äbies und Pinus sÜvestris, indem die Knospen in keinem Falle zur Ent- wicklung kamen. Das Verdorren der Nadeln fand im allgemeinen ebenfalls rascher statt als bei Pinus silvestris. Die kurze Ringelung an der Spitze war bedeutend nachteiliger als diejenige an der Basis, im Gegensatz zu Larix. Dieses Verhalten ist a priori einleuchtend, weil der Querschnitt des Holzkörpers an der Basis am größten ist, und weil daher durch die Ringelung der innere Teil des Holzkörpers an der Basis weniger leiden wird als in der Nähe der Spitze. Die kurzen Basisringelungen waren viel weniger schädlich, als die langen Ringelungen, während die kurze Spitzenringelung ebenso nachteilig wirkte. Es ist somit zweifellos auch hier die Rinde nötig, um eine genügende Wasserzufuhr zu ermöglichen. Über die Funktion gelten dieselben Vermutungen wie bei den früher behandelten Coniferen. Bei den folgenden Versuchen erstreckte sich die Ringelung soweit in den Holzkörper hinein, daß der Astdurchmesser auf die Hälfte reduziert wurde. 20* 308 A. Ursprung, Tabelle 23. , Ü -SS 'S CO < N-g ^ n ho 1-^ 'S w hO_g TS 3^ ,a fac o n 'S 'S tS] P 0,7 m 300 0,1m 0 m 8 mm nackt 7. Y. Die Nadeln blieben 1 Monat versehrt und begannen hieran verdorren ; die Knospen wickelten sich nicht. un- f zu ent- 0,G „ 320 0,1 „ 0 „ 8 „ 7) 7. V. Verhalten wie im vorigen Fall Das Absterben erfolgte aucb bier bedeutend rascber als bei den entsprechenden Rindenringelungen. Tabelle 24 enthält die Versuche, bei denen ein Sektor entfernt wurde, der bald die Hälfte, bald drei Viertel des Querschnittes betrug. Tabelle 24. ho c < "1 ■D o ho s ö 1 ° 'S Oi II kl VI a> TS Größe des weg- oper. Sektors in Bruchteilen d. Querschnitts 'S s o 1 '^ fe 3 -§ p CS ' 0,5 m 120 0,1m 0 m Hälfte nackt 7. V. Nach 5'/2 Monaten waren die Nadeln noch unverändert. Die Knospen hatten sich in normaler Weise entwickelt. 0,5 „ 270 0,1 „ 0 „ ,; n 7. V. Verhalten wie im vorig. Fall. 0,5 „ 190 0,1 „ 0 „ drei Viertel „ 7. V. Desgleichen. 0,5 „ 100 0,1 „ 0 „ n „ 7. V. Desgleichen. Auf eine 1 dm lange Strecke ist also auch hier ein kleiner Teil des Querschnittes ausreichend, um eine genügende Wassermenge zu befördern. Die vorliegenden Versuche mit Pinus Strobus lassen sich in ähnlicher Weise zusammenfassen wie bei Pinus süvestris, nur scheint die Abtötung in der Nähe der Zweigspitze, ähnlich wie bei Picea, die Wasserversorgung weniger rasch zu hemmen, als die Abtötung an der Basis, und die Rindenringelungen wirkten etwas ungünstiger. Im Gegensatz zu Larix führte die Ringelung in der Nähe der Spitze rascheres Absterben herbei als die Ringelung an der Basis. VI. Pi^unus avium. Die Versuche wurden an Zweigen ausgeführt, die 1 — 2 m über dem Boden inseriert waren. Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 309 Tabelle 25 enthält die Abtötungsversuche mit Wasserdampf. Tabelle 25. Länge der abgetöteten Strecke Entfernung der abgetöteten Strecke von der Astbasis ■'S ja (D o N 3 1 m 0,9 „ 95 85 0,1 m 0,1 „ 0 ni 0 „ 4. V. 4. V. 1 Monat blieben die Blätter turgeszent, hierauf begannen sie zu welken. Verstopfungen waren selten. Nach 3 "Wochen waren die Blätter bereits etwas welk, nach 1 Monat dürr. Oberhalb der toten Strecke fanden sich nur ganz wenige Verstopfungen, unterhalb gar keine. Das Welken konnte somit unmöglich auf Ver- stopfungen zurückzuführen sein. 1,2 m 0,7 „ 35 55 0,1 m 0,1 „ 0,7 m 0,3 „ 4. V. 4. V. Nach 8 Tagen begannen die Blüten zu welken; nach 1 Monat waren sie dürr. Verstopfungen selten. Verhalten wie im vorigen Fall. 1 m 0,7 „ 170 10 0,03 m 0,03 „ 0 m 0 „ 25. VI. 25. VL 3 Wochen blieben die Blätter turgeszent. Nach 1 Monat waren sie welk bis dürr. Verhalten wie im vorigen Fall. Die Länge der toten Strecke, die allerdings auch nur innerhalb geringer Grenzen schwankte, schien hier nicht von Bedeutung zu sein. Bei 3 oder 10 cm langer Abtötung an der Basis blieben die Blätter 3 — 4 Wochen turgeszent. Bei Abtötung in der Nähe der Spitze erfolgte dagegen das Welken etwa nach 8 Tagen. Wir sehen, daß also auch bei Prunus avium, ähnlich wie bei Fagus, die von den Blättern ausgehende Saugwirkung nicht imstande ist, auch nur während relativ kurzer Zeit genügend Wasser über die tote Strecke zu befördern, selbst wenn die tote Strecke der Zweig- spitze ziemlich nahe liegt. Bei Picea wurde umgekehrt die Ab- tötung in der Nähe der Astspitze besser ertragen, dasselbe war auch, etwas weniger deutlich, bei Pinus Strohus zu beobachten. Bei Larix, Abies und Pinus silvestris ließ sich kein Unterschied be- merken. Das Verhalten von Prunus möchte ich dadurch erklären, daß einmal bei Abtötung in der Nähe der Spitze die Zahl der über der toten Stelle gelegenen Blätter kleiner und daher auch die Transpirationssaugung geringer war, und daß ferner der leicht ausnutzbare d. h. über der toten Strecke gelegene Wasservorrat be- deutend geringer war als bei Abtötung an der Astbasis. Wie rasch 310 A. Ursprung, das Welken frei im Walde aufgehängter Äste erfolgte, geht aus den folgenden Versuchen hervor. Tabelle 26. S Zeit der Versuchs- anstellung 0,6 m 0,6 „ 60 45 8. V. 8. V. Nach 4 Tagen waren die Blätter beinahe, vollständig dürr. Verhalten wie im vorigen Fall. nach 7 Tagen Wenn somit auch über die abgetötete Astbasis noch ziemlich Wasser transportiert wurde, so ist doch, da wesentliche Verstopfungen nicht vorhanden waren, die Mitwirkung der lebenden Astzellen an der Hebungsarbeit nötig, um auf die Dauer eine ausreichende Wasser* zufuhr zu ermöglichen. Über die Bedeutung der Rinde geben die folgenden Rinden- ringelungsversuche einigen Aufschluß. Tabelle 27. bO Länge der ge- ringelt. Strecke Entfernung der geringelten Strecke von der Astbasis 1 OJ bo o . « &0 öl "" a 0,8 m 0,6 „ 60 40 0,7 m 0,5 „ 0 m 0 „ nackt Baum- wachs 7. V. 7. V. 8 Tage blieben die Blätter vollständig tur- geszent, nach 15 Tagen waren sie welk, nach 25 Tagen dürr. Verhalten wie im vorigen Fall. 0,8 m 1 . 100 140 0,1m 0,1 „ 0 m 0 „ nackt 7.5. 7. 5. 3 Monate lang blieben die Blätter turges- zent und begannen hierauf langsam zu dorren. Die Blätter blieben beinahe 3 Monate tur- geszent, nach 3 V* Monat waren sie dürr. Der Unterschied zwischen der langen und kurzen Ringelung ist hier außerordentlig auffällig. Längere Ringelungen wurden viel weniger gut ertragen als bei Fagus, wo die Blätter 1 Monat u. noch länger turgeszent bleiben konnten. Die kurzen Basis- ringelungen lassen dagegen monatelang keine schädliche Einwirkung bemerken. Immerhin ist auch hier die Rinde unentbehrlich, um auf die Dauer einen ausreichenden Wasserzufluß zu ermöglichen. Über die Funktion gelten dieselben Vermutungen wie bei den Coniferen. Ahtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 311 Bei den folgenden Versuchen erstreckte sich die Ringelung soweit in den Holzkörper hinein, daß der Astdurchmesser auf die Hälfte reduziert werde. Tabelle 28. o r- t~t . to fao u lung gelte von es 2 8) 3 c 03 ^ fei >13 ^ -ö «2 S « » M •SS -3 g TS CC *-• "m -? 3;2 * Da SP 13 3| Entfe der gen Streck < TS =1 13 M ÖD 0,8 m 95 0,1 ra 0 m 6 mm nackt 7. V. 15 Tage blieben die Blätter voll- ständig turgeszent, obschon der Ast gebrochen war, hierauf be- gannen sie zu welken und waren nach 3 Wochen dürr. 0,8 „ 130 0,1 „ 0 „ 8 . n 7. V. Die Blätter blieben 1 — 2 Tage we- niger lang turgeszent, im übrigen war das Verbalten dasselbe; der Ast war ebenfalls gebrochen. Das Absterben erfolgt außerordentlich viel rascher als bei den entsprechenden Rindenringelungen ; der periphere Teil des Holz- körpers wird daher bei der "Wasserleitung eine wichtige Rolle spielen. Die folgende Tabelle enthält die Versuche, bei denen ein Sektor entfernt wurde, der bald die Hälfte, bald ^A des Quer- schnitts betrug. Tabelle 29. bo P 'S » Sh ^ o bo g £ g fe > 'S » !l 13 Größe des weg- oper. Sektors in Bruchteilen d. Querschnitts 'S 53 o ho t>l3 N 1 0,9 m 110 0,1m 0 m Hälfte nackt 7. V. Die Blätter blieben, obschon der Ast gebrochen war, 3 Wochen turgeszent, nach 4 weiteren Tagen waren sie dürr. 0,7 „ 65 0,1 „ 0 „ n n 7. V. Die Blätter waren, obschon der Ast gebrochen, noch nach 4 Monaten turgeszent 0,7 „ 130 0,1 „ 0 „ drei Viertel n 7. V. Verhalten wie im vorigen Fall. 0,5 „ 90 0,1 „ 0 „ n n 7. V. Die Blätter blieben, obschon der Ast gebrochen war, 3 Wochen turgeszent, nach weiteren 4 Tagen waren sie dürr. Auch hier reicht also ein kleiner Teil des Querschnittes aus, um eine genügende Wassermenge zu befördern, sobald in dem übrig 312 -^^ Ursprung, bleibenden Stück die peripheren Holzschichten intakt gelassen werden. Wenn in 2 Fällen die Blätter bald abstarben, so ist das die Folge der außerordentlich starken Reduzierung des wirksamen Querschnittes durch den Astbruch. Bei den beiden anderen Ver- suchsästen war die operierte Stelle zwar auch beschädigt, aber doch nicht in so hohem Maße. Die Resultate der vorliegenden Versuche mit Prunus avium lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Ein ausreichender Wassertransport durch die Prunus-AstQ ist ohne die Beteiligung lebender Astzellen an der Hebungsarbeit un- möglich. Besonders nachteilig wirkte die Abtötung in der Nähe der Spitze, was durch die schwächere Transpirationssaugung, infolge der Reduktion der Blattzahl, und durch das kleinere Wasserreservoir, infolge der Reduktion der über der toten Stelle gelegenen Astpartie, sich erklären dürfte. Auch die Rinde ist unentbehrlich. Wahr- scheinlich dient sie aber in der Regel weder als Leitbahn, noch zur Erzeugung von Transportkräften, sondern einfach als schützender Mantel. Die schädliche Wirkung der Holzringelungen im Ver- gleich mit den entsprechenden Rindenringelungen zeigt, daß die Wasserleitung in den basalen Zweigpartien in den peripheren Teilen des Holzkörpers erfolgt. Zur genügenden Wasserzufuhr über eine dezimeterlange Strecke reicht ein geringer Bruchteil des Quer- schnittes aus, so lange derselbe intakt gelassen wird. Von Be- deutung ist jedenfalls auch der Umstand, daß der Holzkeil in der peripheren Partie dicker wird, und das daher diejenigen Teile durch Austrocknen am wenigsten zu leiden haben, die in erster Linie am Saftsteigen beteiligt sind. VII. Viburnum lantana. Die Versuche wurden an Stämmchen ausgeführt. Tabelle 30 enthält die Abtötungsversuche mit Wasserdampf. Bei den geringen Differenzen in der Länge der toten Strecke war kein Unterschied im Verhalten der Blätter nachzuweisen. Ahnlich Avie bei Prunus so erfolgte auch hier das Welken rascher, wenn die tote Strecke nicht an der Basis, sondern näher bei der Spitze lag. Dieser Erscheinung dürfte in beiden Fällen dieselbe Ursache zugrunde liegen. Zu einer ausreichenden Wasserver- sorgung ist auch bei Viburnum die Mitwirkung der lebenden Stamm- zellen an der Hebungsarbeit erforderlich. Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. Tabelle 30. 313 a .•CS s s u 'S CQ r3 1 a> bJO g rch- r der ng 1 "^ 13 02 tS! ^ u TS ba-Z .9 ^ 'S -^ -«) £02-0 TS a s .s -SSW 3 'S •'S .p 0,7 m 46 0,1m 0 m 6 mm nackt 7. V. Nach 8 Tagen begann der Rand an einigen Blättern braun zu werden, aber erst nach 25 Tagen waren die Blätter dürr. 0,4 „ 22 0,1 „ 0 „ 5 „ n 7. V. Nach 8 Tagen begannen die Blätter zu welken, nach 15 Tagen waren sie dürr. Das "Welken erfolgt außerordentlich viel rascher als bei der entsprechenden Rindenringelung. Hieraus folgt, daß die Wasser- leitung im Holzkörper vor sich geht. Da das Mark verhältnismäßig sehr weit ist, so blieb an der geringelten Strecke nur noch ein sehr geringer Bruchteil des Holzkörpers übrig. Die folgende Tabelle enthält die Versuche, bei denen ein Sektor entfernt wurde, der bald die Hälfte, bald % des Querschnitts betrug. Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 315 Tabelle 34. OJ B ä^ B CS TS o 0,5 m 16 0,1m 0,5 „ 12 0,1 „ 0,5 „ 24 0,1 „ fco s fl S a S CO w 0 m Hälfte drei Viertel nackt 7. V. 7. V. 7. V. Nach 5 ',/, Monaten waren die Blätter noch völlig turges- zent, obschon der Ast ge- brochen war. Verhalten wie im vorigen Fall. Desgleichen. Auch bei Viburnum lantana reicht somit ein kleiner Teil des Querschnitts aus, um eine genügende Wassermenge zu befördern, sobald in dem übrig bleibenden Stück die Holzschichten intakt ge- lassen werden. Die Resultate der vorliegenden Versuche lassen sich in ähnlicher Weise zusammenfassen wie bei Prunus avium. Besonders auf- fallend ist die geringe Schädigung durch die Rindenringelungen. VIII. Lonicera xylostewifn. Die Versuche wurden an kleinen Stämmchen ausgeführt, belle 35 enthält die Abtötungsversuche mit Wasserdampf. Tabelle 35. Ta- •Ö 02 > ^ 0,6 m 45 0,1 m 0,7 0,8 45 05 0,1 0,1 0 m 4. V. Nach 4 Tagen waren die Blätter schwach, nach 5 Tagen deutlich welk. Die anato- mische Untersuchung ergab keine Ver- stopfungen. Verhalten wie oben, nur erfolgte die anato- mische Untersuchung erst nach 1 Monat, als die Blätter ganz dürr waren. Keine Verstopfungen. Nach 5 Tagen waren die Blätter welk, nach 1 Monat dürr. Keine Verstopfungen. Das Welken erfolgte hier sehr rasch, was einerseits auf die starke Reaktionsfähigkeit der Blätter, anderseits aber entschieden auf die große Bedeutung der lebenden Zellen beim Saftsteigen zurück- zuführen ist. Die Untersuchung zeigte keine Verstopfungen, so daß also das Welken einzig eine Folge zu schwacher Hebungsarbeit war. 4. V. 4. V. 316 A. Ursprung, IX. Sorbus aucuparia. Die Versuche wurden an kleinen Stämmchen ausgeführt. Ta- belle 36 enthält die Abtötungsversuche mit Wasserdampf. Tabelle 36. 6 S es u CS cq u Länge Br abgetöteten Strecke Entfernung er abgetöteten :recke von der Stammbasis "Ö CS .ti 'S ■73 ■=«2 N] = 1,3 m 17 0,1 m 0 m 4. V. Die Blätter blieben 34 Tage turgeszent, nach 48 Tagen waren sie dürr. 1,1 » 20 0,1 „ 0 „ 4. V. Die Blätter blieben 24 Tage turgeszent, nach 28 Tagen waren sie dürr. Oberhalb der toten Strecke fanden sich zahlreiche Ver- stopfungen; unterhalb fehlten sie. 1,4 m 10 0,1 m 1 m 4. V. Nach 8 Tagen welkten die Blätter. Über der toten Strecke fanden sich zahlreiche Gefäß- verstopfungen; unterhalb fehlten sie. 1,^ . 12 0,1 „ 1 . 4. V. Verhalten wie im vorigen Fall. Diese Versuche zeigen deutlich, daß zu einem ausreichenden Wassertransport auch hier die lebenden Stammzellen erhalten bleiben müssen. Dagegen ist aus den vorliegenden Versuchen nicht zu er- sehen, ob das Absterben infolge des Kräftedefizits oder nur wegen der zahlreichen Verstopfungen erfolgte. X. Sorbus aria. Die Versuche wurden an Zweigen ausgeführt, die in einer Höhe von 1 — 2 m über dem Boden inseriert waren. Tabelle 37 enthält die Abtötungsversuche mit Wasserdampf. Tabelle 37. bO s 'S T3 Länge der abgetöteten Strecke Entfernung der abgetöteten Strecke von der Astbasis fe 5 OJ CO 1,6 m 50 0,8 m 0 m l.VL Nach 15 Tagen waren die Blätter z. T. welk, nach 20 Tagen welk bis dürr. Oberhalb der toten Strecke fanden sicli, besonders im Frühholz, zahlreiche Verstopfungen; unter- halb fehlten sie. 1,7 „ 10 0,8 „ 0 „ l.VI. Nach 10 Tagen verfärbten sich die Blattränder braun. Zahlreiche Verstopfungen über der toten Strecke. Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 317 Fortsetzung der Tabelle 37. bo 1^ TS Länge der abgetüteten Strecke Entfernung der abgetöteten Strecke von der Astbasis Zeit der Ver- suchsanstellung 1,5 m 1,3 „ 40 10 0,1 m 0,1 „ 0,9 m 0.8 „ l.VI. 1. VI. Die Blätter blieben 15 Tage ganz turgeszent, nach 20 Tagen waren sie welk. Oberhalb der toten Strecke zahlreiche Verstopfungen, aber nur im Trühholz; verstopfte Zone 1 — 2 cm lang; unterhalb keine Verstopfungen. Blätter nach 20 Tagen turgeszent, nach 27 Tagen dürr. 0,8 m 0,9 „ 10 32 0,1 m 0,1 V 0 m 0 „ l.VI. l.VI. Blätter nach 20 Tagen turgeszent, nach 25 Tagen welk. Blätter nach 15 Tagen turgeszent, nach 20 Tagen welk. 0,5 m 0,9 „ 8 40 0,03 m 0,03 „ 0 m 0 „ 25. VI. 25. VI. Blätter nach 12 Tagen turgeszent, nach 26 Tagen dürr. Blätter nach 26 Tagen turgeszent. Bei verschiedener Länge der abgetöteten Strecke blieben die Blätter nicht gleich lang turgeszent; am längsten hielten sie sich bei der kürzesten Abtötung frisch und am kürzesten bei der längsten. Die Differenzen sind jedoch nicht so groß und nicht so regelmäßig wie bei Fagus. Dies dürfte in erster Linie auf die zahlreichen Verstopfungen zurückzuführen sein, da in diesem Falle ein größeres oder geringeres Defizit in der Hebungskraft bedeutungslos ist. Auch die Lage der toten Strecke, die bei anderen Pflanzen oft von großem Einfluß war, ist hier ohne Bedeutung. Die Tatsache, daß bei kurzer abgetöteter Zone die Blätter bis 26 Tage lang turgeszent zu bleiben vermochten, während sie bei langer toter Strecke schon nach 10 Tagen abzusterben begannen, läßt sich nicht durch Verschiedenheiten in der Verstopfung erklären. Wir werden hierdurch vielmehr zur Annahme gezwungen, daß auch bei Sorhus aria die lebenden Zellen an der Erzeugung der Hebungsarbeit mit- wirken. Tabelle 38. , bO H «Q n 1 m 1 « groß 10 6. VII. 6. VII. Am folgenden Tage waren die Blätter welk, nach 3 Tagen dürr. 318 A. Ursprung, Die Versuche über das Welken frei aufgehängter Sprosse (Tabelle 38) wurden im Laboratorium ausgeführt und dürften dabei etwas zu kleine Zahlen ergeben haben. Nach den Versuchen mit Zweigen anderer Pflanzen, die z. T. im Freien, z. T. im Laboratorium aufgehängt wurden, erfolgt das Welken im Laboratorium ungefähr dreimal so rasch. Wenn wir auch die obigen Zahlen verdreifachen, so fand das Welken immer- hin doch noch bedeutend rascher statt als bei den Abtötungsver- suchen, es mußte also über die tote Strecke noch Wasser trans- portiert worden sein. Über die Bedeutung der Rinde geben die folgenden Rinden- ringelungsversuche einigen Aufschluß. Tabelle 39. 03 fco :cs Tu i, pJU C bo 3-2 Entfernung der geringelten Strecke von der Astbasis ■ = 1,1 m 1,1 „ 200 10 0,1 m 0,1 „ 0 ni 0 „ 31. V. 31. V. Nach 26 Tagen begannen die Blätter zu welken, nach 28 waren sie dürr. Nach 28 Tagen begannen die Blätter zu welken, nach IV2 Monaten waren sie dürr. 2,1 m 100 0,1 m 1,4 m 31. V. Nach 7 Tagen begannen die Blätter zu welken, nach 26 waren sie dürr. Die anatomische Untersuchung ergab keine Verstopfungen. Am nachteiligsten wirkte die Abtötung auf eine kurze Strecke in der Nähe der Zweigspitze. Ob das langsame Absterben bei der. basalen Abtötung auf 80 cm Länge auf die größere Blattzahl oder auf andere, unbekannte individuelle Verschiedenheiten zurückzu- führen ist, kann nur durch eine größere Zahl analoger Versuche er- mittelt werden. Wie rasch das Welken frei aufgehängter Zweige erfolgt, geht aus den folgenden Versuchen hervor, die allerdings im Laboratorium ausgeführt wurden und daher, ähnlich wie bei Sorhus aria, etwas zu kleine Zahlen ergaben. Tabelle 42. . wi ei L 0 bo , , <» s n rC >■ := !- -S a 3 "e8 - § m .-K .a 02 < ^2 iJ SD 1,2 m 10 0,8 m 2,1 „ 55 0,8 „ 0 ni 0 „ bo .2 u 3 CS > 'S < 13 B CS 'S rä 31. V. 31 V. Blätter nach 8 Tagen dürr. Keine Verstopfungen. Nach 8 Tagen begannen die Blätter an der Astspitze zu welken; nach 17 Tagen waren noch ein paar Blätter turgeszent. Nach 27 Tagen waren alle Blätter dürr. 21* 324 A. Ursprung, Fortsetzung der Tabelle 48. 'S -« P • :« 'S Entfernung der abgetöteten Strecke von der Astbasis ^ i tsi s 1 m 1,1 . 22 6 0,1 m 0,1 „ 0 m 0 „ 31. V. 31. V. Blätter nach 17 Tagen turgeszent, nach 22 Tagen welk, nach 27 Tagen dürr. Blätter nach 17 Tagen turgeszent, nach 22 Tagen schwach welk, nach 27 Tagen z. T. dürr. 2 ni 1,2 „ 25 10 0,1 m 0,1 „ 1,6 m 0,9 „ 31. V. 31. V. Blätter nach 8 Tagen an der Astspitze welk. Nach 1 7 Tagen dürr. Zahlreiche Verstopfungen über der toten Strecke. Verhalten wie oben, nur fehlt die anatomische Untersuchung. Unter sonst gleichen Umständen wirkt die Abtötung um so schädlicher, je länger die abgetötete Strecke ist. Die Abtötung an der Astbasis wird — ceteris paribus — besser ertragen, als in der Nähe der Astspitze. Da das Absterben der Blätter auch dann erfolgt, wenn Verstopfungen fehlen, so sind auch hier die lebenden Zellen an der Hebungsarbeit beteiligt. Über das Welken der abgeschnittenen Sprosse geben die folgenden Laboratoriumsversuche Aufschluß, bei denen allerdings die Zahlen etwas kleiner sind, als bei entsprechenden Versuchen im Freien. Tabelle 49. Blätter schon am folgenden Tage welk, nach 3 Tagen dürr. Auch hier wurde über die toten Strecken noch "Wasser be- fördert. Über die Bedeutung der Rinde für das Saftsteigen geben die folgenden Rindenringelungsversuche einigen Aufschluß. Die langen Ringelungen wirken bedeutend schädlicher als die kurzen; bei den letztern scheinen die Basisringelungen besser er- tragen zu werden. Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 325 Tabelle 50. a •< cä pq ho o c ho 1-^ 'E Entfernung der geringelten Strecke von der Astbasis Schutz der ge- ringelt. Strecke Zeit der Ver- suchsanstellung 1 m 1 « 1 n 36 10 5 0,9m 0,9 „ 0,9 „ 0 m 0 „ 0 „ nackt n n 30. V. 30. V. 30. V. Blätter nach 9 Tagen turgeszent, nach 13 Tagen z. T. welk, nach 28 Tagen dürr. Blätter nach 9 Tag. welk, nach 13 Tag. dürr. Blätter nach 9 Tagen turgeszent, nach 13 Tagen welk, nach 18 Tagen z. T. dürr. 1,8 m 1,7 r, 60 10 0,1m 0,1« 0 m 0 „ nackt n 30. V. 30. V. Blätter nach 7 "Wochen turgeszent, nach 9 "Wochen welk, nach 11 "Wochen dürr. Verhalten wie im vorigen Fall. 1,3 m 30 0,1m 0,9 m nackt 30. V. Blätter nach 5 Yj "Wochen noch turgeszent, obschon der Ast gebrochen war; nach 7 "Wochen dürr. XIV. Acer campestre. Die Versuche wurden an Zweigen ausgeführt, die V2 bis 2 m über dem Boden inseriert waren. Tabelle 51 enthält die Abtötungs- versuche mit Wasserdampf. Tabelle 51. H fe S 02 na 1,7 m 140 1,5 „ 10 0,8 m 0,8 0 m 0 „ 31. V. 31. V. Blätter nach 8 Tagen welk, nach 12 Tagen z. T. dürr. Ziemlich viel Verstopfungen über der toten Strecke. Blätter nach 8 Tagen welk, nach 17 Tagen dürr. 1,1 m 0,9 180 10 0,1 m 0,1 „ 0 m 0 „ 31. V. 31. V. Blätter nach 12 Tagen turgeszent, nach 29 Tagen dürr. Periphere Verstopfungen über der toten Strecke. Blätter nach 1 7 Tag. turgeszent, nach 2 7 Tag. dürr. 1,3 m 1,9 . 10 45 0,1 m! 0,9 m |31. V. 0,9 m 0,8 „ 50 10 0,1 0,03 m 0,03 „ 1,3 „ 0 m 0 „ 31. V. 25. VI 25. VI, Blätter nach 8 Tagen welk, nach 12 Tagen dürr. Sehr wenige periphere Verstopfungen über der toten Strecke, keine Verstopfungen unterhalb. Blätter nach 8 Tagen welk, nach 17 Tagen dürr. Blätter nach 22 Tag. turgeszent, nach 2 Mon. dürr. Desgleichen. Bei Abtötung an der Basis erfolgt das Welken um so rascher, je länger die tote Zone ist. Besonders ungünstig wirkt die Ab- 326 A. Ursprung, tötung in der Nähe der Zweigspitze; das Welken erfolgte hier bei kurzer toter Strecke ebenso rasch wie bei der basalen Abtötung auf 80 cm Länge. Da das Absterben auch dann erfolgt, wenn nur sehr wenig Verstopfungen vorhanden sind, so haben wir auch hier eine Beteiligung der lebenden Zellen an der Hebungsarbeit anzunehmen. Über das Welken der abgeschnittenen Sprosse geben die folgenden Laboratoriumsversuche Aufschluß, die gleich wie die ent- sprechenden früheren Experimenten etwas zu kleine Werte liefern. Tabelle 52. Zeit der Versuchs- anstellung groß 10 6. VlI. 6. VII. 1 m groß [ 6. VlI. Blätter am folgenden Tage halbdürr, nach 3 Tagen dürr. 1 „ 10 I 6. VII. Blätter am folgenden Tage z. T. turgeszent, z. T. halbdürr, nach 3 Tagen dürr. Auch hier wurde also über die tote Strecke Wasser befördert. Tabelle 53 enthält die Rindenringelungsversuche. Tabelle 53. ? bo B CS eq 1 0^ (U M bo o U 1- = N 3 0,8 m| 0,8 „ 35 10 0,7 m 0,7 „ 0 m 0 „ nackt n 30. V. 30. V. Blätter nach 8 Tagen z. T., nach 17 Tagen ganz dürr. Blätter nach 12 Tagen turgeszent, nach 17 Tagen dürr. 1,1m 1,1 « 100 10 0,1m 0,1 „ 0 m o„ nackt n 30. V. 30. V. Blätter noch nach nahezu 3 Monaten tur- geszent. Blätter nach 38 Tagen turgeszent, nach 48 Tagen dürr. 1 m 1,3 „ 10 35 0,1 m 0,1 „ 0,5 m 0,8 „ nackt n 30. V. 30. V. Blätter nach 40 Tagen turgeszent, nach 48 Tagen dürr. Verhalten wie im vorigen Fall. Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 329 besonders wenn sie kurz waren, noch Wasser in ziemlicher Menge geleitet werden. Tabelle 57 (S. 328) enthält die Rindenringelungsversuche. Die langen Ringelungen sind nachteiliger als die kurzen. In einem Falle wurde die Ringelung an der Basis bedeutend besser ertragen, als die entsprechende Ringelung in der Nähe der Spitze. Bei den folgenden Versuchen wurde ein Sektor entfernt, der bald die Hälfte, bald ^U des Querschnittes betrug. Tabelle 58. bo < c3 CQ 13 Entfernung der operierten Strecke von der Astbasis Größe des weg- oper. Sektors in Bruchteilen d. Querschnitts o Zeit der Ver- suchsanstellung 2,5 m 3 „ 180 10 1 m 1 „ 0 m 0 „ Hälfte nackt n 6. VII. 6. VII. 1 m 1,5 „ 90 10 0,1m 0,1 „ 0 ni 0 „ Hälfte •n nackt n 6. VII. 6. VII. Blätter nach 4 72 Monaten 1,8 m 1,5 „ 150 10 1 m 1 „ 0 m 0 „ dreiviertel n nackt n 6. VII. 6. VII. turgeszent. 0,7 m 1 „ 50 10 0,1 m 0,1 „ 0 m 0 „ drei Viertel „ nackt n 6. VII. 6. VII. Die Resultate sind dieselben wie bei den entsprechenden Ver- suchen mit andern Pflanzen. XVI. Fraooimis excelsior. Die Versuche wurden an Zweigen ausgeführt, die Va — 5 m über dem Boden inseriert waren. Tabelle 59 (S. 330) enthält die Ab- tötungsversuche mit Wasserdampf. Die Blätter blieben um so länger turgeszent, je kürzer die ab- getötete Strecke war. Ein Einfluß der Lage der toten Strecke und der Zahl der Blätter ließ sich nicht bemerken, dagegen ist die Versuchszeit von Einfluß, indem unter sonst gleichen Umständen das Welken im Juni rascher erfolgte als im Juli, was jedenfalls auf das größere Alter und die damit verbundene derbere Beschaffenheit der Blätter zurückzuführen ist. Verstopfungen fehlten, so daß also auch hier eine Beteihgung der lebenden Zellen an der Hebungs- arbeit anzunehmen ist. 330 A. Ursprung, Tabelle 59. bo m tsi ^ TS ■^ 'S Entfernung der abgetöteten Strecke von der Astbasis Zeit der Ver- sucbsanstellung 1,2 m 1,7 „ 6 15 9 11 0,8 m 0,8 „ 0,8 „ 0,8 „ 0 m 0 „ 0 „ 0 „ 31. V. 31. V. 2. VII. 2. VII. Blätter schon am folgenden Tag etwas welk. Die nach 8 Tagen erfolgende anatomische Untersuchung ergab keine Verstopfungen. Verhalten wie oben; die nach 22 Tagen er- folgende Untersuchung ergab keine Ver- stopfungen. Blätter nach 1 Woche welk. Desgleichen. 1 m 1 n 14 23 0,1 m 0,1 „ 0 m 0 „ 31. V. 31. V. Blätter nach 8 Tagen welk. Blätter nach 8 Tagen welk, nach 2 2 Tagen dürr. 1,8 m 1,6 „ 15 17 0,1m 0,1 „ 1,2 m 0,9 „ 31. V. 31. V. Blätter nach 8 Tagen welk, keine Verstopfungen. Desgleichen. 1,1 m 0,6 „ 35 10 0,03 m 0,03 „ 0 m 0 „ 25. VI. 25. VI. Blätter nach 19 Tagen turgeszent, nach 22 Tagen welk, nach 26 Tagen dürr. Blätter nach 22 Tagen turgeszent, nach 26Tagen dürr. Über das "Welken der abgeschnittenen Sprosse geben die folgenden Laboratoriumsversuche Aufschluß. Tabelle 60. N(^ 1 m 1 „ groß 10 6. VII. 6. VII. > Blätter nach 1 Tag welk, nach 3 Tagen beinahe dürr. Hier wurde somit wenigsten über die kurzen toten Zonen mit Sicherheit noch Wasser befördert. Die folgende Tabelle enthält die ßindenringelungsversuche. Tabelle 61. bo =3 0,9 m 1 . 60 130 0,8 m 0,9 „ 0 in 0 „ nackt 30. V. 30. V. Blätter nach 2 Tagen schwach welk, nach 8 Tagen dürr. Verhalten wie im vorigen Fall. 1,2 ra 1,6 „ 10 i 0,1m 350 1,2 m 10 2,1 55 0,1 „ 0 m 0 „ nackt 30. V. 30. V. Blätter nach 2 Tagen turgeszent, nach 8 Tagen welk, nach 12 Tagen dürr. Verhalten wie im vorigen Fall. 0,1m 0,8 m nackt 0,1 „ 1,6 30. V. 30. V. Blätter nach 2 Tagen turgeszent, nach 8 Tagen dürr. Blätter nach 12 Tagen turgeszent, nach 17 Tagen dürr. Die langen Ringelungen wirken schädlicher als die kurzen. Ein Einfluß der Lage der Ringelung und der Blattzahl ist aus den vorliegenden Versuchen nicht mit Sicherheit zu entnehmen. Bei den folgenden Versuchen wurde ein Sektor entfernt, der bald die Hälfte, bald Vi des Querschnitts betrug. Tabe lle 66. bo 1 < u es CO NI ^ TS bo o Entfernung der operierten Strecke von der Astbasis' Größe des weg- oper. Sektors in Bruchteilen d. Querschnitts o 1,8 m 1,6 „ 200 10 1 m 1 „ 0 m 0 „ Hälfte n nackt n 5. VII. 5. VII. Blätter nach 4V„ turgeszent. 1 m 1,1 « 120 10 0,1m 0,1 „ 0 m 0 „ Hälfte nackt n n 5. VII. 5. VII. Monaten 1.2 m 1.3 „ 10 80 1 m 1 . 0 m 0 „ dreiviertel nackt 5. VII. 5. VII. 1,2 m 1 „ 80 10 0,1m 0,1 „ 0 m 0 „ drei Viertel n nackt n 5. VII. 5. VII. Die Resultate sind dieselben wie bei den entsprechenden Ver- suchen mit andern Pflanzen. XVIII. I*opulii8 alba. Die Versuche wurden an Zweigen ausgeführt, die 1 — 2 m über dem Boden inseriert waren. Tabelle 67 enthält die Abtötungs- versuche mit Wasserdampf. 334 A. Ursprung, Tabelle 67. 05 c TS Entfernung der abgetöteten Strecke von der Astbasis -^ OS N3 g 1,2 m 1,2 „ 60 10 0,8 m 0,8 „ 0 m 0 „ 2. VII. 2. VII. Das Absterben der Blätter begann am folgenden Tag. Keine Verstopfungen. Das Absterben der Blätter begann nach 2 Tagen. Keine Verstopfungen. 1,1 m 0,9 „ 110 10 0,1m 0,1 „ 0,6 m 0,4 „ 31. V. 31. V. Blätter nach 12 Tagen turgeszent, nach 17 Tagen welk, nach 22 Tagen dürr. Über der toten Strecke auf eine Länge von 1 cm ziemlich viel Verstopfungen, unterhalb keine. Blätter nach 12 Tagen turgeszent, nach 17 Tagen welk, nach 22 Tagen dürr. Wenige Ver- stopfungen über der toten Strecke. 0,8 m 1 n 110 10 0,03m 0,03 „ 0 m 0 „ 25. VI. 25. VI. Nach 12 Tagen begannen die Blätter abzusterben, nach 19 Tagen waren sie dürr. Verhalten wie im vorigen Fall. Das Absterben der Blätter erfolgte bedeutend rascher, wenn die tote Strecke 80 cm lang war, als wenn sie eine Länge von 10 oder 3 cm besaß. Da das Absterben auch beim Nichtvorhanden- sein von Verstopfungen erfolgte, so ist auf eine Beteiligung der lebenden Zellen bei der Erzeugung der Hebungskraft zu schließen. Über das Welken der abgeschnittenen Sprosse geben die folgenden Laboratoriumsversuche Aufschluß. Tabelle 68. Ol bD n 53 >^ |5 Zeit der Versuchs- anstellung 1 m 1 „ groß 10 6. VII. 6. VII. Blätter am folgenden Tage welk bis dürr, nach Verhalten wie im vorigen Fall. 3 Tagen dürr. Auch hier wurde somit über die kurzen toten Strecken Wasser befördert. Bei sämtlichen Rindenringelungsversuchen waren die Blätter nach 9 Tagen noch unversehrt. Weiter konnten die Beobachtungen nicht fortgesetzt werden, da die Aste von fremder Hand abgerissen worden waren. Bei den folgenden Versuchen wurde ein Sektor entfernt, der bald die Hälfte, bald V4 des Querschnitts betrug. Abtötrmgs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 335 Tabelle 69. .« CS u m < u -3 o. B o o s 33 m .2 ';i o:> c3 ja CO ^ m 3 C? Cd o, t3 o N != 2 m 1,5 n 1,3 m 1,1 « 2 m 2 „ 0,8 m 0,8 „ 160 10 1 m 1 , 0 m 0 „ 160 10 300 10 0,1 m 0,1 „ 1 m 1 . 0 m 0 „ 10 100 0,1 0,1 m 0 m 0 „ Hälfte Hälfte drei Viertel nackt 5. VII. 5.vn. nackt nackt drei Viertel nackt 5. VII. 5. VII. 5. VII. 5. VII. 5. VII. 5. VII. Blätter nach 4'/» Monaten turgeszent. Verhalten wie oben, obschon der Ast gebrochen war. Das Resultat ist somit dasselbe wie bei den entsprechenden Versuchen mit anderen Pflanzen. XIX. Quercus rohur. Die Versuche wurden an Asten ausgeführt, die in V2 bis 2 m Höhe über dem Boden inseriert waren. Tabelle 70 enthält die Abtötungsversuche mit Wasserdampf. Tabelle 70. 1= < •— u 'S s i3 "E Entfernung der abgetöteten Strecke von der Astbasis cu B S 0 1,7 m 10 0,8 m 0 m 15. VI. iBlätter nach 6 Tagen welk bis dürr. Zahlreiche 1,8 „ 120 0,8 „ 0 „ 15. VI. i Verstopfungen. 2 „ 10 0,8 „ 0 ,. 2. VII. Nach 5 Tagen begannen die Blätter abzusterben. Wenig zahlreiche Verstopfungen in den peri- pheren Gefäßen. 1,5 „ 100 0,8 „ 0 „ 2. VII. Blätter nach 7 Tagen turgeszent, nach 12 Tagen z. T. turgeszent z. T. dürr, nach 18 Tag. dürr. 1 m 160 0,1 m 0 m 15. VI. Blätter nach 1 1 Tagen turgeszent, nach 1 3 Tagen z. T. dürr z. T. turgeszent, nach 29 Tag. dürr. 1 . 10 0,1 „ 0 „ 15. VI. Blätter nach 6 Tagen turgeszent, nach 1 1 Tagen z. T. dürr, nach 29 Tagen dürr. 1,7 m 200 0,1 m 1 m 15. VI. Blätter nach 11 Tagen turgeszent, nach 13 Tagen z. T. dürr z. T. turgeszent, nach 29 Tag. dürr. 1,6 „ 10 0,1 „ 1 . 15. VI. Blätter nach 6 Tagen turgeszent, nach 1 1 Tagen z. T. dürr, nach 29 Tagen dürr. 1,5 m 50 0,03m 0 m 25. VI. Blätter nach 26 Tag. turgeszent, nach 45 Tag. dürr. 1 n 10 0,03 „ 0 „ 25. VI. Blätter nach 22 Tag. turgeszent, nach 26 Tag. dürr. 336 A. Ursprung, Die Blätter blieben im allgemeinen um so länger turgeszent, je kürzer die tote Strecke war. Ein Einfluß der Lage der toten Strecke ist aus den vorliegenden Versuchen nicht zu ersehen. Dagegen fand bei großer Blattzahl das Absterben langsamer statt. Besonders auffallend ist das relativ lange Frischbleiben der Blätter, wenn die tote Strecke nur 3 cm lang war. Aus dieser letzten Tatsache geht hervor, daß die Verstopfungen allein das Welken nicht ver- ursachen können, denn sonst müßte es, da die Verstopfungen innerhalb der toten Strecke fehlen, von der Länge der toten Strecke unabhängig sein. Wir kommen somit auch hier zum Schluß, daß eine Beteiligung der lebenden Zellen bei der Hebungsarbeit an- zunehmen ist. Über das Welken der abgeschnittenen Sprosse geben die folgen- den Laboratoriumsversuche Aufschluß. Tabelle 71. Blätter am folgenden Tage welk bis dürr, nach 3 Tagen dürr. 1 m groß 6. VII. 1 „ 10 6. VII. Wenn auch das Welken im Laboratorium etwas rascher er- folgte als im Freien, so mußte doch, wenigstens über die 3 cm lange tote Strecke, sicher noch viel Wasser transportiert worden sein. Tabelle 72 enthält die Rindenringelungsversuche. Tabelle 72. bO a u (U TS ^ CO ;3.a Entfernung der geringelten Strecke von der Astbasis i A4 ^ bp xn -c Zeit der Ver- suchsanstellung 1 m 1,1 . 110 10 0,9 m 1 . 0 m 0 „ nackt n 15, VI. 15. VI. Blätter nach 6 Tagen turgeszent, nach 13 Tagen dürr. Blätter nach 6 Tagen z. T. welk, nach 13 Tagen dürr. 2,1 m 1,7 „ 200 10 0,1m 0,1. 0 m 0 „ nackt 1) 15. VI. 15. VI. Blätter nach 6 Tagen turgeszent, nach 13 Tagen dürr. Verhalten wie im vorigen Fall. 2 m 1>8 „ ICO 10 0,1 m 1,2 m 1 „ nackt n 15. VI. 15. VI. Blätter nach 18 Tagen turgeszent, nach 21 Tagen z. T. dürr, nach 29 Tagen dürr. Blätter nach 22 Tagen turgeszent, nach 29 Tagen dürr. Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 337 Bei den Basisringelungen ist die Länge der geringelten Strecke nach den vorliegenden Versuchen ohne Einfluß, ebenso die Zahl der Blätter. Unter sonst gleichen Umständen werden hier die Ringelungen in der Nähe der Spitze viel besser ertragen, als die Ringelungen an der Basis. Bei den folgenden Versuchen wurde ein Sektor entfernt, der bald die Hälfte, bald ^U des Querschnitts betrug. Tabelle 73. 4> hl 3 iS es 00 a> TS :cS |5 O Entfernung der operierten Strecke von der Astbasis Größe des weg- oper. Sektors in Bruchteilen d. Querschnitts o -1 2,2 m 1,8 „ 200 10 1 m 1 n 0 m 0 „ Hälfte nackt n 5. VII. 5. VII. Blätter nach 4'/2 turgeszent 1,1 m 1 n 180 10 0,1m 0,1 „ 0 m 0 „ Hälfte n nackt •n 5.vn. 5. VII. Monaten 2,3 m 2,5 „ 120 10 1 m 1 n 0 m 0 „ dreiviertel n nackt n 5. VII. 5. VII. 1,1 m 1,5 „ 180 10 0,1m 0,1« 0 m 0 „ drei Viertel n nackt n 5. VII. 5. VII. Die Resultate sind dieselben wie bei den entsprechenden Ver- suchen mit anderen Pflanzen. XX. Mobinia lyseiidacacia. Die Versuche wurden an Asten ausgeführt, die in 1 — 2 m Höhe über dem Boden inseriert waren. Tabelle 74 enthält die Abtötungs- versuche mit Wasserdampf. Tabelle 74. •~ Ol M ho fi S 'S "^ 'S ?^ , S CO -o TS P4 t=-5 1,5 m 1,8 „ 10 100 0,8 m 0,8 „ 0 m 0 „ 15. VI. 15. VI. Blätter nach 6 Tagen dürr. Sehr wenige, peri- phere Verstopfungen. Blätter nach 6 Tagen dürr. 1,2 m 1,1 r, 40 0,1 m 10 |o,i „ 0,7 m 0,7 „ 15. VI. 15. VI. Jahrb. f. wisa. Botanik. XLIV. Blätter nach 6 Tagen turgeszent, nach 1 1 Tag. dürr, Blätter nach 6 Tagen welk. 22 338 A. Ursprung, Die kurzen toten Strecken wirken weniger nachteilig als die langen. Bei dem sehr spärlichen Vorkommen von Verstopfungen haben wir auch hier eine Beteiligung der lebenden Zellen an der Hebungsarbeit anzunehmen. Über das Welken der abgeschnittenen Sprosse geben die folgenden Laboratoriumsversuche Aufschluß. Tabelle 75. 93 fco a 1-1 TS Nach V2 Stunde waren die Blätter welk, nach 1 Tag dürr. iNach 1 Stunde waren mehrere Blätter deutlich welk, J nach 1 Tag waren die Blätter dürr. Es ist auffällig, wie außerordentlich rasch die Blätter welken. Wenn auch im Freien das Welken etwas langsamer stattfinden wird, so mußte immerhin über die toten Strecken noch Wasser transportiert worden sein. Tabelle 76 enthält die Rindenringelungsversuche. T abell e 76. 60 eä CO IS ^ u TT a) lin 0 bo Entfernung der geringelten Strecke von der Astbasis •3 'S S bO ^ S «2 X äZeit der Ver- suchsanstellung 1.1 m 1.2 „ 50 10 1 m 1,1« 0 m 0 „ nackt n 15. VI. 15. VI. [Blätter nach 6 Tagen dürr. 2 m 2 „ 180 10 0,1 m 0,1 „ 0 m 0 „ nackt „ 15. VI. 25. VI. Blätter nach 11 Tagen turgeszent, 13 Tagen dürr. Blätter nach 22 Tagen turgeszent, 26 Tagen dürr. nach nach 2 m 2 „ 10 75 0,1 m 0,1 „ 1,3 m 1,3 „ nackt n 25. VI. 25. VI. Blätter nach 8 Tagen turgeszent, 14 Tagen dürr. Blätter nach 22 Tagen turgeszent, 26 Tagen dürr. nach nach Die kurzen Ringelungen werden besser ertragen als die langen. Ein Einfluß der Lage der geringelten Strecken oder der Blattzahl ist nicht nachzuweisen. Bei den folgenden Versuchen wurde ein Sektor entfernt, der bald die Hälfte, bald Vi des Querschnitts betrug. Abtötungs- und Eingelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 339 Tab eile 77. u ho 2i 'Ti ie^-^ bD CS] ^ u 'S ■.7i u Entfernun er operier recke von CS < CO p< 03 ü o '« OJ 5 = .s -d o tS3 S 1,1 m 60 0,1 ni 0 m Hälfte nackt 6. VII. Blätter nach 4 Monaten tur- geszent, obschon der Ast gebrochen. 0,8 „ 10 0,1 „ 0 „ 6. VII. \ " " > Blätter nach 4 Mon. turgeszent. 1,3 „ 10 0,1 „ 0 „ drei Viertel n 6. VII. 1,1 „ 70 0,1 „ 0 „ n n 6. VII. Verhalten wie oben, obschon der Ast gebrochen. Das Resultat ist also dasselbe wie bei den entsprechenden Versuchen mit anderen Pflanzen. XXI. Fagiis silvatica. Mit Fagus-Asten wurden einige Versuche ausgeführt, bei welchen ein Sektor entfernt wurde, der bald die Hälfte, bald V4 des Querschnitts betrug. Tabelle 78. TS ■§ £ p ■ :cS t-i 0 Entfernung der operierten Strecke von der Astbasis Größe des weg- oper. Sektors in Bruchteilen d. Querschnitts u ^ bn t- P -2 :§ -S ^ U 5 m TS 15 cm 11 cm 9 « 11 n 10 „ 10 „ 9 n 10 „ 4 „ 6 „ 5 „ 7 „ Blätter nach 12 Tagen turgeszent, hierauf begannen sie abzufallen, 8 „ 9 „ nach 19 Tagen waren alle Blätter abgefallen. 11 r, 11 r, 7 V 8 „ 7 „ 9 „ 8 „ 10 „ 17 „ 12 „ Bei den entsprechenden 1 dm langen Abtötungen des Zweiges in der Nähe der Spitze waren die Blätter 17 Tage turgeszent ge- blieben. Bei Abtötung des Blattstiels wurde eine längere Beobachtung durch das Abfallen der Blätter unmöglich gemacht. Tabelle 80 enthält die Versuche mit Acer campestre. Abtötangs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 341 Tabelle 80. 03 1—1 'S .2 a> 'S bo ^ a &< 4,5 cm 5,5 cm 8 „ 6 5 n 4,5 „ 9 5 „ 8 „ 8 „ 5,5 „ 5 5,5 „ 6 „ Blätter nach 12 Tagen turgeszent, nach 19 Tagen waren die meisten Blätter abgefallen, die übrigen turgeszent. 6 „ 6 „ 4,5 „ 5,5 „ 3,5 „ 5,5 „ 4 „ 5,5 „ Bei den entsprechenden 3 cm langen Abtötungen der Aste waren die Blätter noch nach 22 Tagen turgeszent. Bei der Ab- tötung der Blattstiele wurde eine längere Beobachtung durch das Abfallen der Blätter unmöglich gemacht. Tabelle 81 enthält die Versuche mit Fraxinus excelsior. Außer der Länge des Blattes wurde noch die Zahl der Teilblätter angegeben, da ich häufig, um die Größe der transpirierenden Fläche zu variieren, einige Teilblätter entfernte. Tabelle 81. Ü u U Ol i^ fg 'S 30 cm 9 21 cm 3 30 „ 9 21 „ 3 19 „ 10 Blätter nach 12 Tagen 15 „ 1 Blätter nach 12 Tagen 25 „ 29 „ 17 . 10 8 8 turgeszent, nach 19 Tagen abgefallen. 20 „ 19 „ 17 „ 1 5 5 turgeszent, nach 19 Tagen abgefallen. 31 „ 5 30 „ 9 28 „ 5 25 „ 9 Bei den entsprechenden 3 cm langen Abtötungen der Aste waren die Blätter noch nach 19 — 22 Tagen turgeszent. Bei der Ab- tötung der Blattstiele wurde eine längere Beobachtung durch das Ab- fallen der Blätter unmöglich gemacht. Ein Einfluß der Größe der transpirierenden Fläche war nicht nachzuweisen. Es wurden weitere 342 A. Ursprung, 19 Versuche ausgeführt, die nicht im einzelnen angeführt werden sollen. Es wurde hierbei jeweils nur 1 Teilblatt übrig gelassen; bald ließ ich das apikale, bald das basale, bald irgend ein zwischen- liegendes Teilblatt stehen. Sämtliche Blätter blieben 12 Tage turgeszent; nach 15 Tagen waren viele Blätter an der Blattspindel- basis abgefallen, die übrigen welk. Es läßt sich nicht sagen, ob das Welken eine Folge des Defizits in der Hebungskraft ist. Die Lage des Teilblattes war nicht von Bedeutung. Entsprechende Versuche wurden ferner mit den Blättern von Robinia pseudacacia gemacht. Tabelle 82. n 3 1 -'S Nach 6 Tagen turgeszent, nach 8 Tagen welk, nach 11 Tagen dürr. „ 6 11 „ 11 8 „ „ 11 11 11 11 1) 6 „ )) 11 8 11 1, 11 11 11 Nach 8 Tagen turgeszent, nach 11 Tagen welk. 11 )i 9 )i )) 11 11 11 1) 8 1) 11 9 11 9 ti 6 „ )) 8 11 9 „ 6 „ 75 8 11 13 )) 6 1) 1) 8 » 13 n 8 ») 11 9 11 10 ,, 6 11 11 8 11 3 1) 8 )) 11 9 11 1 11 9 „ 11 11 11 1 » 9 !) " 11 11 Ein Einfluß der Größe der Transpirationsfläche ist nicht zu erkennen. Auch hier läßt sich aus demselben Grunde wie bei Fraxiyius nicht mit Sicherheit sagen, worauf das Welken zurückzuführen ist. In einer anderen Versuchsreihe wurde, gleich wie bei Fraxinus, jeweils nur ein Teilblatt übrig gelassen. Sämtliche Blätter waren nach 7 Tagen turgeszent und nach 12 Tagen dürr oder an der Basis der Blattspindel abgefallen. Die Lage des Teilblattes war nicht von Bedeutung. Auf die Besprechung des Verhaltens der einzelnen untersuchten Pflanzen lassen wir nun die vergleichende Betrachtung der erhaltenen Resultate folgen. Um die Übersicht zu erleichtern stellen wir die- Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 343 jenigen Experimente, die in großer Zahl vorliegen, und die bei den verschiedenen Arten einen abweichenden Verlauf zeigten, tabellarisch zusammen. Die Koniferen mit mehrjährigen Nadeln sind wegge- lassen, weil sie langsamer als die übrigen Versuchspflanzen auf Wassermangel reagieren und daher keine direkt vergleichbaren Resultate liefern. In der mit t überschriebenen Kolonne ist die Zahl der Tage angegeben, während welcher die Blätter turgeszent blieben; Kolonne d gibt an, in wie viel Tagen die Blätter welkten. Tabelle 83. Abtötung mit Wasserdampf auf Eindenringelung auf 80 cm 10 cm 10 cm beinahe 10 cm 10 cm an der Ast- an der Ast- in Nähe der die ganze an der Ast- in Nähe der basis basis Astspitze Astlänge basis Astspitze tag t4 u .SP "^ ^5 ^5 'S Ji t d t d t d t d t d t d t d t d t d t d t d t d Larix 10 19 9 19 14 — 7 19 9 36 — — 11 21 8 14 19 37 8 20 33 43 28 30 Prunus .... 25 35 — — — — — — 7 30 — — 8 25 — — 90 105 — — — — — — Viburnum . . Lonicera . . . Sorbus auciip. — — — — 24 3 29 30 38 — — — — 17 27 45 75 90 105 90 105 50 75 — — — — — — — — — — — — 7 27 — — — — — — — _ — — — — Sorbus aria . 13 — 8 — 15 — 20 — 15 — 20 27 10 37 10 12 37 — 37 44 37 — 21 — Cornus .... 9 45 — — 24 28 26 45 6 26 — 17 45 9 13 60 — 90 — 60 — 45 60 Salix 8 17 8 17 8 22 17 27 7 17 3 8 23 30 23 30 50 90 50 90 50 90 19 30 Acer jjseudopl. 7 27 4 8 17 27 17 30 7 17 7 17 9 28 8 16 50 80 50 80 40 50 — — Acer camp. . . 7 17 7 17 12 29 17 27 7 17 7 12 10 26 10 19 24 31 24 31 30 41 30 41 Corylus .... 5 20 — 28 44 16 26 15 26 16 26 6 17 12 17 90 - 38 48 40 48 40 48 Fraxinus. . . — — 2 — 7 22 7 22 — — 7 — — — 4 — 23 39 39 — — 23 30 Ulmus .... 1 8 1 8 8 22 8 22 4 8 7 12 1 8 — — 2 12 2 12 12 17 2 8 Fopulus . . . 1 — 1- - — — — 12 22 12 22 — - — — — - - — - — — — Quercus . . . 6 14 4- 11 29 6 29 11 29 6 29 6 13 5 13 6 13 6 13 18 29 22 29 Robinia . . . 2 6 2 6| — — — — 6 11 4 10 2 6 2 6 11 13 22 26 22 26 8 14 Bei der Abtötung auf 80 cm Länge blieben ühnus, Popuhis, Fraxmus und Rohinia nur 1 — 2 Tage turgeszent, während bei Prunus das Welken erst nach 25 Tagen erfolgte. AVeun wir die Versuchspflanzen in der Weise anordnen, daß wir zuerst diejenigen stellen, welche bei reichbeblätterten Asten am längsten turgeszent bleiben, und stufenweise zu den rascher welkenden fortschreiten, so erhalten wir die folgende Reihe: Prunus, Sorbus aria, Larix, Cornus, Salix, Acer pseudopl., Acer camp., Quercus, Corylus, Fraxinus, Robinia, Populus, Ulmus. 344 A. Ursprung, Die Geschwindigkeit des Absterbens der Blätter ist abhängig einmal von ihrer Empfindlichkeit und ferner von der Wasserzufuhr. Das raschere Absterben kann also durch eine größere Empfindlich- keit oder durch eine geringere Wasserzufuhr oder durch beide Momente zusammen hervorgerufen sein. Über die Empfindlichkeit der Blätter geben die Versuche mit den abgeschnittenen und auf- gehängten Asten einigen Aufschluß. Die Resultate lassen sich kurz zusammenfassen. Zieht man in Betracht, daß diese Versuche bei 3 Pflanzen im Freien, bei den übrigen im Laboratorium ausge- führt wurden, und daß in letzterem Falle das Welken etwa dreimal rascher erfolgte, so ergibt sich, daß das Welken überall ungefähr mit der gleichen Geschwindigkeit vor sich ging, die EmpfindHchkeit somit überall ungefähr dieselbe war'). Nur Rohinia besaß eine deutlich größere Empfindlichkeit. Wir gelangen somit zum Schluß, daß zum mindesten die größeren Difi'erenzen in der Zeit, die bei den verschiedenen Pflanzen zwischen der partiellen Abtötung des Astes und dem Absterben der Blätter verstrich, auf Unterschiede im Wassertransport zurückzuführen ist. Ein langsamerer Wasser- transport kann durch Zunahme der Widerstände in den Leitungs- bahnen, durch Abnahme der Transportkräfte und durch eine kom- binierte Wirkung beider Faktoren hervorgerufen werden. Eine Vermehrung der Leitungswiderstände erfolgt durch die Verstopfungen. Da nun die Verstopfungen in der Regel fehlten, und auch da, wo sie vorhanden waren, keine Spur von Proportionalität zwischen ihrer Stärke und der Schnelligkeit des Absterbens vorlag (Sorhus aria hatte viel Verstopfungen und blieb relativ lange turges- zent, Populus hatte keine Verstopfungen und starb rasch ab) so werden wir zur Annahme von Verschiedenheiten in den Transport- kräiten geführt. Die Transportkräfte sind zum Teil rein physikalischer, zum Teil vitaler Natur. Diejenigen vitalen Kräfte, die in den ab- getöteten Zellen ihren Sitz hatten, wurden durch die Abtötung ver- nichtet. Eine dauernde Veränderung der physikalischen Kräfte ist dagegen nicht anzunehmen. Hiernach beruht also das Kräftedefizit auf einer Verminderung der vitalen Kräfte. Dieses Kräftedefizit wirkte nun auf die verschiedenen Pflanzen verschieden schädlich, woraus folgt, daß es bei verschiedenen Pflanzen verschieden groß ist. Es erklärt sich dies durch die Annahme, daß das Verhältnis 1) Es ist klar, daß auf diesem Wege nur größere Differenzen nachgewiesen werden konnten. Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Holzpflanzen. 345 der physikalischen zur vitalen Komponente, oder die Hubhöhe der vitalen Kräfte bei verschiedenen Pflanzen verschieden ist. Je größer die physikalische Komponente ist, um so weniger wird — ceteris paribus — die Entfernung von vitalen Kräften schaden. Je größer die Hubhöhe der vitalen Kräfte ist, um so länger wird die Strecke sein, die ohne Schaden abgetötet werden kann. Das lange Turges- zentbleiben von Prunus und Sorhus aria würde also auf eine größere physikalische Komponente oder auf eine größere Hubhöhe der vitalen Kräfte, das rasche Absterben von Populus und Ulmus auf geringe Werte dieser beiden Faktoren zurückzuführen sein. Ein gewisser Aufschluß über den Einfluß der physikalischen Kräfte wäre von der Bedeutung der Blattzahl und eventuell auch von der Bedeu- tung der Lage der toten Strecke zu erhalten. Die vorliegenden Ver- suche führen aber in dieser Hinsicht zu keinem Resultat. Bei der Abtötung auf 10 cm Länge an der Ast- bezw. Stamm- basis erfolgt das Absterben der Yersuchspflanzen ebenfalls mit ver- schiedener Geschwindigkeit. Sie lassen sich, wenn man mit den am längsten turgeszent bleibenden beginnt, in die folgende Reihe anordnen: Sorhus aucuparia, Corylus, Viburnum, Cornus, Acer pseudopL, Sorhus aria, Larix, Acer camp., Quercus, Salix, Ulmus, Fraxinus, Lonicera. In dieser wie in der letzten Reihe stehen Fraxinus und Ulmus am Ende. Am abweichendsten ist das Verhalten von Corylus, die in der einen Reihe in der Nähe des Anfangs, in der anderen in der Nähe des Endes steht; da aber die Zahl der Versuche gering ist und wir immer mit individuellen Verschiedenheiten zu rechnen haben, so möchten wir hierauf kein zu großes Gewicht legen. Bei der Abtötung auf 10 cm Länge in der Nähe der Astspitze erhalten wir eine Reihe — Sorhus aria, Corylus, Populus, Quercus, La- rix, Prunus, Salix, Acerpseud., Acer camp., Cornus, Rohinia, Ulmus — in welcher die Pflanzen wieder eine andere Anordnung besitzen. Bei der Abtötung auf 3 cm Länge an der Astbasis ergibt sich die folgende Reihe: Larix, Salix, Sorhus aria, Quercus, Acer campestre, Corylus, Prunus, Fraxinus, Populus, Ulmus. Die Reihenfolge ist also in allen 4 Fällen verschieden. Als gemeinsames Merkmal finden wir überall das mehr oder weniger rasche Absterben der Blätter nach der partiellen Abtötung des Astes oder Stammes und die geringe Widerstandsfähigkeit der Ulme, die in allen 4 Reihen beinahe oder ganz am Ende steht. 346 -^- Ursprung, Die Bedeutung der Länge der toten Strecke ergibt sich am besten bei einem Vergleich der beiden extremen Fälle, d. h. bei 80 und 3 cm Länge. Wir geben das Verhältnis in ßruchform an, wobei der Zähler anzeigt, wie lange die Blätter bei 80 cm Länge turgeszent blieben, während der Nenner dasselbe für 3 cm Länge aussagt. Larix ^, Prunus fy, Sorhus aria yg, Salix ^%, Acer camp. YY, Corylus 2T? Fraxinus i%, Ulmus^, Populus ^\, Quer- cus 2\;- Mit einer Ausnahme (Prunus) blieben somit die Blätter länger — im Maximum 10 Mal länger — turgeszent, wenn die tote Strecke 3 cm statt 80 cm lang war. Diese Erscheinung erklärt sich durch die Zunahme des Defizits an vitalen Kräften mit zunehmender Länge der toten Strecke. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß das abweichende Verhalten von Prunus auf eine Verschiedenheit der übrigen äußeren Umstände sich wird zurückführen lassen (vielleicht auf die verschiedene Zeit der Versuchsanstellung). Über die Bedeutung der Lage der toten Streke (bei gleicher Länge) gibt die folgende Zusammenstellung Aufschluß. Der Zähler jedes Bruches gibt die Dauer des Turgeszentbleibens für Abtötung an der Astbasis, der Nenner für Abtötung in der Nähe der Ast- spitze an. Larix ^, Sorhus aria ^i, Cornus ^, Salix |, Acer pseudopl. -f-, Acer camp, ^--r, Corylus ff, Ulmus |, Quercus W. In der Regel fand also das Absterben bedeutend rascher statt (im Maximum 4 mal so rasch) wenn die Abtötung in der Nähe der Astspitze erfolgte. Die Rindenringelungen, die sich auf beinahe die ganze Länge des Astes oder Stammes erstreckten, ergaben bei den verschiedenen Pflanzen ebenfalls sehr abweichende Resultate. Wir können die Versuchspflanzen, wenn wir mit den am längsten turgeszent bleiben- den beginnen, in die folgende Reihe anordnen: Viburnum, Salix, Cornus, Larix, Sorhus aria, Acer camp., Acer pseudopl., Prunus, Corylus, Quercus, Rohinia, Ulmus. Die Extreme bilden Vihurnum, das 45 Tage turgeszent blieb, und Ulmus, die schon nach 1 Tag zu welken begann. Die Ulme ist also auch bei diesen Ringelungs- versuchen am wenigsten widerstandsfähig. Als Ursachen für das Absterben der geringelten Aste sind apriori 2 Faktoren denkbar, eine Vergrößerung der Leitungswiderstände und eine Verkleinerung der Transportkräfte. Die an Larix ausgeführten Versuche, bei welchen eine große Zahl kurzer Ringelungen angebracht wurde, so- wie die anatomischen Untersuchungen an Sorhus aria und der meist geringe oder ganz fehlende Einfluß der Lack- und Wachsüberzüge Abtötungs- und Ringelungsversuche an einigen Ilolzpflanzen. 347 zeigen, daß bei den untersuchten Holzpflanzen die Vergrößerung der Leitungswiderstände von keiner oder doch von nur unterge- ordneter Bedeutung sein kann. Eine wesentliche Verkleinerung der physikalischen Transportkräfte ist ebenfalls unwahrscheinlich. Wir werden somit dazu geführt die Schädlichkeit der Rindenringelungen in dem Absterben der lebenden Holzzellen und der dadurch be- dingten Verringerung der vitalen Kräfte zu suchen. Bei Eindenringelungen auf 10 cm Länge an der Astbasis oder in der Nähe der Astspitze erfolgte das Absterben langsamer; die Reihen, in welche wir die Versuchspflanzen nach der Geschwindig- keit des Absterbens anordnen können, sind aber sowohl vonein- ander, wie auch von der obigen Reihe verschieden, was zum Teil auf individuelle Ungleichheiten zurückzuführen sein wird, die bei einer größeren Versuchszahl verschwinden dürften. Gemeinsam ist dagegen auch hier die außerordentlich geringe Widerstandsfähigkeit der Ulme, die bei allen Ringelungsversuchen am raschesten zu- grunde ging. Um eine Übersicht zu gewinnen über den Einfluß der Länge der geringelten Strecke, führen wir hinter jeder Pflanze die Resul- tate der Ringelungen in Bruchform an. Der Zähler gibt an, wie lange die Blätter bei langer Ringelung turgeszent blieben, der Nenner gibt an, wie lange sie sich bei 10 cm langer Basisringe- lung turgeszent erhielten. LarixYi, Prunus ^ß^^, Viburnum^^, Sorhus aria If, CornusH, Salix fl, Acer pseudopl. 5%, Acer camp, y-", Corylus -^, Uhnus |, Quercus |, Rohlnia vi . Bei kurzer Ringelung bleiben somit die Blätter länger — im Maximum 15 Mal länger — turgeszent, als bei langer Ringelung; nur in einem Falle war kein Unterschied zu konstatieren. Die Bedeutung der Lage der geringelten Strecke geht aus den folgenden, ebenfalls in Bruchform angeführten Resultaten hervor; der Zähler gibt die Länge des Turgeszentbleibens bei 10 cm langer Ringelung an der Basis an, dei Nenner sagt dasselbe für die 10 cm lange Ringelung in der Nähe der Astspitze aus. Larix J;], Sorhus aria ff, Cornus f|, Salix |-J, Acer pseudopl. f [f, Acer camp, f^, Corylus ü, ülmus -^, Quercus i^s, Bohinia -H- Die Versuche führten zu sehr verschiedenen Ergebnissen, bald war die Basis- ringelung schädlicher, bald weniger schädlich, bald war überhaupt kein Unterschied vorhanden. Auch hier können erst dann weitere Schlüsse gezogen werden, wenn durch größere Versuchsreihen der Einfluß individueller Störungen eliminiert worden ist. 348 A. Ursprung, Die Holzringelungen erstreckten sich auf eine 10 cm lange periphere Partie des Holzkörpers und zeigten, daß die Bedeutung der Jüngern Holzschichten für das Saftsteigen zwar nicht überall dieselbe ist, daß ihnen aber immerhin bei manchen Pflanzen sicher die Haupt- rolle beim Wassertransport zufällt. Bei Larix und Pinus silvestris starben die Nadeln an den geringelten Zweigen ebenso rasch ab, wie an den abgeschnittenen. Da nach unsern jetzigen Kenntnissen die Schädlichkeit der Rindenringelung in erster Linie auf das Absterben der lebenden Zellen zurückzuführen ist, so müssen die Ringelungs- und Ab- tötungsversuche zu ähnlichen Resultaten führen, nur ist im allgemeinen durch die Ringelungen ein langsameres Welken zu erwarten, da eben auch das Absterben der Holzzellen langsamer erfolgt. Wir führen die entsprechenden Versuchsergebnisse wieder in Bruchform an. Der Zähler gibt an, wie lange die Blätter turgeszent blieben bei 80 cm langer Abtötung des Astes, der Nenner sagt aus, wie lange das Frischbleiben anhielt bei langer Rindenringelung. Larix \-l, Prunus ^, Sorbus aria yr, Cornus y-j, Salix ^^, Acer pseudopl. ^, Acer camp, xo, Corylus |, Ulmus j, Quercus |, Rohinia |. Die Versuche führen also zu dem erwarteten Resultat. Eine Ausnahme bilden nur Sorbus aria und Prunus. Bei Sorbus aria ist die Differenz aber nur gering und daher ohne Bedeutung; bei Prunus wäre das Verhalten durch neue Versuche nachzuprüfen. Wir sahen übrigens schon früher bei Besprechung der Bedeutung der Länge der toten Strecke Prunus eine Ausnahmestellung ein- nehmen. Bei der Abtötung und Ringelung in der Nähe der Ast- spitze entsprechen die Versuche vollständig dem erwarteten Resultate, und bei der Abtötung und Ringelung an der Astbasis ist dies, von 2 kleinen Ausnahmen abgesehen, auch der Fall. Die Bedeutung der Blattzahl läßt sich folgendermaßen zu- sammenfassen. Bei der Abtötung auf 80 cm Länge wirkte die größere Blattzahl, wo überhaupt ein Einfluß zu konstatieren ist, verzögernd auf das Absterben, in allen übrigen Fällen ist keine Regelmäßigkeit zu bemerken. Vollständig übereinstimmende Resultate lieferten dagegen die Versuche, bei welchen ein Sektor von der Hälfte oder drei Vierteln des Querschnittes entfernt wurde. Die Blätter blieben immer während der ganzen Dauer der Beobachtungen turgeszent. Da dies auch dann zutraf, wenn die operierte Strecke 1 Meter lang war, bei einer Länge des Astes von 1,2 Meter, so ist damit be- Abtötungs- tmd RingeluDgsversuehe an einigen Holzpflanzen. 349 wiesen, daß ein kleiner Bruchteil des Astquerschnittes genügt, um eine ausreichende Wasserversorgung der Blätter zu ermöglichen, sobald der übrig bleibende Astteil unversehrt gelassen wird. Ein Vergleich dieser Versuche mit den Rindenringelungen zeigt, daß die peripheren Holzschichten die Hauptrolle beim Saftsteigen spielen, indem eben eine kleine periphere Partie des Holzkörpers ausreicht, so lange sie noch unversehrt, d. h. in organischem Kontakt mit der Rinde ist. Daß die Ringelungsversuche nicht in dem Sinne einer direkten Beteiligung der Rinde am Saftsteigen — als Leitbahn oder als Erzeugerin von Hebungskräften — zu deuten sind, ist apriori wahrscheinlich, da der anatomische Bau und die allgemeinen ex- perimentellen Erfahrungen dagegen sprechen. Daß die Coniferen- rinde die ihr von Westermaier zugeschriebene Hebungsarbeit nicht leistet, wurde bei der Besprechung von Larix auseinandergesetzt. Die wichtigsten Resultate der vorliegenden Untersuchungen lassen sich in folgender Weise zusammenfassen: Die Ausdehnung der früher an Fagns ausgeführten Experimente auf 20 weitere Holzpflanzen zeigte, daß bei allen Versuchspflanzen eine Beteiligung der lebenden Zellen der Aste bezw. Stämme an der Erzeugung der Hebungsarbeit anzunehmen ist. Nur bei Sorlnis aueuparia ist die Funktion der lebenden Zellen am Saftsteigen noch nicht ermittelt. Die Wasserleitung findet hauptsächlich in den jüngeren Schich- ten des Holzkörpers statt. Die Rinde muß bei allen untersuchten Pflanzen vorhanden sein, um auf die Dauer einen ausreichenden Wassertransport zu er- möghchen; ihre Entfernung wirkt aber nicht überall gleich nachteilig. Die Bedeutung der Rinde für das Saftsteigen liegt wahrscheinlich in der auf die peripheren Holzpartien ausgeübten Schutzwirkung. Zu einem ausreichenden Wassertransport genügt ein geringer Bruchteil der Leitungsbahnen, falls in der betreö"enden Partie die Holzzellen lebend sind. Den von den lebenden Zellen herrührenden Kraftkomponenten kommt im Vergleich zu den rein physikalischen eine große Be- deutung zu. Die Westermaiersche Kletterhypothese ist auf die Coniferen nicht anwendbar. Freiburg (Schweiz), Oktober 1906. über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. Von Dr. Charlotte Ternetz. Mit 2 Textfiguren. Im Mai 1904 erschien in den Berichten der Deutsch. Bot. Gesellsch. meine vorläufige Mitteilung über einen torfbewohnenden Pilz, der befähigt ist, den atmosphärischen Stickstoff zu binden. Seit jener Zeit habe ich die Frage nach der Assimilation des molekularen Stickstoffes weiter verfolgt und auf andere Pilze aus- gedehnt. Das Ergebnis meiner Untersuchungen ist, wenigstens teil- weise, in vorliegender Arbeit niedergelegt. Mehrfach kam ich in die Lage, fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen, und habe dabei das herzlichste Entgegenkommen gefunden. Es freut mich, den verschiedenen Herren bei dieser Gelegenheit für die Förderung und Ermutigung, die sie mir bei meiner Arbeit so bereitwillig haben zuteil werden lassen, meinen aufrichtigen Dank abzustatten. Herr Prof. H. Kreis, Kantons -Chemiker in Basel, hat mich in die Methoden der Stickstoff- und Dextrosebestimmung eingeführt. Das Genus der untersuchten Pyknidenpilze wurde von den Herren Prof. G. Lindau und P. Hennings in Berlin fest- gestellt, und Herr Prof. A. Fischer, "Vorsteher der Basler botani- schen Anstalt, bewies mir sein Interesse durch Überlassung eines Arbeitsplatzes und durch Entgegenkommen in jeder Art während der ganzen Dauer meiner Untersuchungen. I. Einleitung. Die Frage, ob gewisse Pilze, wie manche Bakterien, befähigt seien, den molekularen Stickstoff zu assimilieren, hat sich mir auf- gedrängt, als ich die entotrophe Mykorhiza unserer einheimischen Jalirb. f. wies. Botanik. XLIV. 23 354 Charlotte Tenietz, Ericaceen untersuchte. Bei meinen Versuchen, den Pilz oder die Pilze, welche die Wurzelepidermis der Ericaceen bewohnen, zu isolieren und in Reinkulturen zu züchten, erhielt ich 8 verschiedene Pyknidenijilze, von denen zur Zeit 5 auf die Fähigkeit, den molekularen Stickstoff zu assimilieren, geprüft worden sind. Da gleich die ersten Vorversuche positive Resultate ergeben hatten, wurde die Frage nach dem Wurzelpilz der Ericaceen beiseite ge- lassen und dafür die Stickstoffassimilation der genannten 5 Pykniden- pilze eingehend untersucht. Nebenbei wurden auch Aspergillus niger und PenicüUuni glaucum in die Untersuchung einbezogen und für beide Pilze Bindung des atmosphärischen Stickstoffes nachgewiesen. Auf die ziemlich umfangreiche Literatur brauche ich hier nicht näher einzugehen, da die Entwicklung unserer Kenntnis der stick- stoffbindenden Organismen in älteren wie in neueren Arbeiten eine erschöpfende und übersichtliche Darstellung erfahren hat. Für die ältere Literatur verweise ich auf Pfeffers Pflanzenphysiologie ') so- wie auf das Sammelreferat von Jacobitz-), für die neuere auf die 1904 erschienene Arbeit von Keutner^) über die stickstoff- bindenden Bakterien des Meeres, auf das Referat von B. Heinz e'') und besonders auf die zusammenfassende Darstellung von J.Vogel''). il. Die Isolierung und Reinkultur der Pyknidenpilze. Wie schon in der Einleitung hervorgehoben worden ist, habe ich die stickstoffassimilierenden Pyknidenpilze gefunden, als ich versuchte, den Wurzelpilz unserer einheimischen Ericaceen zu isolieren. Ich war ausgegangen von der Frage nach der Funktion der endophyten Pilzknäuel der Ericaceen. Obschon die Frage nicht gelöst worden ist, bin ich doch genötigt, zum Verständnis des dabei 1) W. Pfeffer, Pflanzenphysiologie, 1897, Bd. I, S. 383 ff. 2) E. Jacobitz, Die Assimilation des freien elementaren Stickstoffs (Zusammen- fassende Darstellung nach der einschlägigen Literatur), Centralbl. f. Bact. II, Bd. 7, S. 783. 3) .1. Keutner, Über das Vorkommen und die Verbreitung stickstoffbindender Bakterien im Meere. Separatabdruck aus : Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen usw., Abt. Kiel, Neue Folge, Bd. 8. 4) B. Heinze, Sind Pilze imstande, den elementaren Stickstoff der Luft zu ver- arbeiten und den Boden an Gesamtstickstoff anzureichern? Annales Mycologici, 1906, Bd. IV, Nr. 1, S. 41. 5) J. Vogel, Die Assimilation des freien, elementaren Stickstoffes durch Mikro- organismen. Centralbl. f. Bact., 1906, IL Abt., Bd. 15, S. 33, 174, 215. über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 355 angewendeten Verfahrens etwas ausführlich von der Mykorhiza der Ericaceen zu reden. Die Pyknidenpilze sind auf folgende Weise erhalten worden: Möglichst kleine, 2 — 4 mm lange Stückchen von jungen Ericaceen- wurzeln wurden in 1 7o HCl und dann in sterilisiertem Wasser ge- waschen und in Petrischalen und feuchten Kammern auf Nähragar gelegt. Das Substrat bestand in der Regel aus 2 7o Agar und einem Zusatz von Torf- oder Rhododendronblätter- Dekokt, Ge- impft wurde mit den Wurzeln folgender Ericaceen: Andromeda poUfolia, Oxycoccus palustris, Calluna vulgaris, Erica carnea, Erica Tetralix, Vaccinium Myrtillus, V. Vitis Idaea, V. idiginosum ^). Die Pflanzen, deren Wurzeln zum Imi)fen verwendet wurden, stammten aus folgenden Gregenden: Torfmoor Jungholz bei Säckin- gen, Torfmoor bei Freiburg in der Schweiz, Botanischer Garten Basel, Freiburg i. B. Wo es möglich war, wurde die gleiche Pflanzenspecies in Exemplaren von verschiedenen Standorten untersucht. Die Feuchtkamraerkulturen wurden derart eingerichtet, daß das Auswachsen des Pilzes aus den Wurzeln direkt mit dem Mi- kroskop bei 500 — lOOOfacher Vergrößerung beobachtet werden konnte: es galt ja, den Mykorhizapilz zu isolieren! Die Feucht- kammerkulturen gelangen im allgemeinen sehr gut: schon nach 24 Stunden sproßte aus der Wurzel ein kräftiges, septiertes Mycel, das nach ein paar Tagen bräunliche Färbung annahm. Natürlich waren die Kulturen häufig verunreinigt, namentlich durch Penicillium glaucum und Mortierella Eostaßiskii. Traten diese Verunreinigungen gleich anfangs auf, so wuchs aus der Wurzel entweder gar kein Mycel, oder der Pilz stellte sein Wachstum unter Entleerung der Hyphen bald ein. Daß die in das Substrat wachsenden Pilzhyphen wirklich aus den in den Wurzel- zellen liegenden Knäueln hervorgegangen sind, ist sehr schwer festzustellen. Daß eine Hyphe von einem Knäuel herkommt, beweist noch nicht, daß sie auch aus ihm hervor- gegangen ist: eine gerade über dem Knäuel der Zelloberfläche anhaftende Spore kann ausgekeimt haben und das Auswachsen der Hyphe aus dem Knäuel vortäuschen. Im Profil liegende Zellen, aus denen Fäden austreten , geben auch nur in seltenen Fällen ein einigermaßen klares Bild: Die Durchbruchstelle in der äußern Zellwand läßt sich durch höhere und tiefere Einstellung des Mikroskopes schlechterdings nicht nachweisen; nur ein glücklicher Längsschnitt durch eine austretende Hyphe könnte Klarheit ver- schaffen. Damit wäre aber dann bloß erwiesen, daß eine Hyphe austritt; der organische 1) Außerdem versuchsweise mit Rhododendron ferrugincum , Vacc. maero- coccuvi, Erica arborea, Picea excelsa. 23* 356 Charlotte Ternetz, Zusammenhang mit dem Knäuel ließe sich höchstens durch Serienschnitte feststellen. Diese umständliche Methode hat aber bei der gegebenen Fragestellung nur selir wenig "Wert: "Wo durch Serienschnitte der Zusammenhang zwischen Pilzknäuel und äußeren Hyphen erwiesen ist, fällt die Möglichkeit, den Pilz weiter zu kultivieren, dahin. "Wo aber keine Serienschnitte gemacht werden, fehlt die nötige Sicherheit, daß der kultivierte Pilz auch wirklich der Mykorhizapilz ist. Am deutlichsten ist der Zusammenhang der jungen Hyphen mit dem Knäuel an denjenigen Stellen, "wo sich aus dem Knäuel ein vereinzeltes gebräuntes Fadenstückchen erhebt. Keimt dieses dann zufällig aus, so läßt sich der Zusammenhang mit Sicherheit konstatieren. Rechnet man aber alle die Eventualitäten zusammen, die ein sicheres Ergebnis unmöglich zu machen geeignet sind, -wie Verunreinigung der Kulturen, ungünstige Lage des Wurzelstückchens, zu dichte Knäuel, vertikales statt laterales Auswachsen der Hyphen — so ist die Wahrscheinlichkeit, klare Bilder zu erhalten, eine sehr geringe. Immerhin bin ich in der Lage, einige mit dem Zeichenapparat skizzierte Bilder von Feuchtkammerkulturen vor- zulegen, bei denen der Zusammenhang der neugebildeten Hyphen mit dem Pilzknäuel in der Zelle über jeden Zweifel erhaben ist. Vgl. Fig. 1—5. Dadurch, daß der Mykorhizapilz verschiedener Ericaceen arten in einem künstlichen Substrat zum Auswachsen gebracht wurde, war noch herzlich wenig erreicht. Es galt nun, den Pilz zu isolieren, in Reinkulturen zu züchten und auf sein physiologisches Verhalten zu prüfen. Diesem Vorhaben stellten sich aber große Schwierig- keiten entgegen. Da der Zusammenhang der äußeren Hyphen mit dem Hyphenknäuel der Zelle nur bei starker Vergrößerung nach- weisbar ist, mußte eigentlich eine Feuchtkammerkultur den Aus- gangspunkt für die Reinkulturen bilden. Ein einzelnes, aus einer endophyten Hyphe sprossendes Fadenstückchen zu isolieren, mißlang wegen der Kleinheit des Objektes. Eine Zelle samt Knäuel und ausgewachsenen Hyphen aus dem Wurzelstückchen zu trennen, war zwar weniger schwierig; doch gingen die Kulturen regelmäßig an den bei dieser Methode unvermeidlichen Verunreinigungen zugrunde. Nun hatten sich aber wiederholt in den oben beschriebenen Feuchtkammerkulturen Pykniden gebildet. Die bräunlichen Hyphen, auf denen die Pykniden saßen, stimmten in bezug auf Dimension und Aussehen mit den aus den Wurzeln auswachsenden überein. Die Vermutung lag daher nahe, daß die Pykniden zum Mykorhiza- pilz gehörten. Beweisen ließ sich die Richtigkeit dieser Vermutung über die Assimilation des atmosphäriselieii Stickstoffes durch Pilze. 357 jedoch nicht; denn in dem Gewirr von Pilzfäden war der Zusammen- hang der pyknidentragenden Hyphen mit dem endophyten Pilzknäuel nicht immer nachweisbar. Aber selbst wo sich die pyknidentragenden Fig. 1 — 5. Epidermiszellen aus Ericaceenwurzeln mit Hyphen, die in künstlichen Substraten ausgewachsen sind. Sämtliche Figuren sind mit dem Abbe'schen Zeichenapparat entworfen worden. Die braunen Hyphen der Pilzknäuel sind dunkel gehalten; von den neu ausgewachsenen Hyphen sind nur die Umrisse angegeben. 1. Voccinium Mi/rtillus. 1 : 680. 2 u. 3. Andromeda polifolia. l : 535. 4 u. 5. Calluna vulgaris. 1 : 535. Hyphen bis zum Wurzelstückchen zurückverfolgen ließen, durfte, nach dem früher Gesagten, nicht ohne weiteres auf die Zugehörig- keit der Pykniden zum Wurzelpilz geschlossen werden. Diese Frage konnte nur das Experiment beantworten. Wenn es gelang, durch 358 Charlotte Ternetz, Impfen mit Pyknosporen an pilzfreien Pflänzchen typische Mykorhiza- bildung zu veranlassen, so durfte die Zusammengehörigkeit der Pyk- niden und der endophyten Wurzelpilze als erwiesen betrachtet werden. Um auf diese experimentelle Weise Aufschluß zu bekommen, sind unzählige Versuche gemacht worden. Sie waren aber erfolg- los, weil es mir nie gelang, pilzfreie Ericaceen auf festem Substrat zu ziehen. Die zu den Versuchen erforderlichen Samen hatte ich an den- selben Standorten gesammelt, von denen die ausgewachsenen Pflanzen stammten. Die Samen wurden in l7o HCl oder l7o Formol oberflächlich steriUsiert^), in sterilisiertem Wasser abgewaschen und auf sterilen Torfscheiben in Glasdosen mit eingeschliffenem Deckel ausgesät. Der Torf war jeweilen zweimal mit einem Intervall von 1 — 2 Tagen bei 120^ keimfrei gemacht worden. Die benutzten Samen stammten von folgenden Ericaceen- Arten: Calluna vulgaris, Oxycoceiis palustris, Andromeda polifolia, Vaccinium Vitis Idaea, Vaccinium Myrüllus, Vaccinium uliglnosum. Im günstigsten Fall keimten die Samen nach 2 — 3 Tagen aus; oft aber waren hierzu ebenso viele Wochen oder gar Monate er- forderlich. Die Samen der Vaccinium -AxiQn. und der Andromeda waren meistens überhaupt nicht zum Auskeimen zu bringen. Wo- her diese Unregelmäßigkeit rührt, konnte nicht ermittelt werden. Das Sterilisieren scheint die Samen nicht zu schädigen, denn die sterilisierten keimten oft schneller aus, als gleichzeitig ausgesäte nicht sterilisierte. Am schnellsten und regelmäßigsten entwickelte sich Calluna vulgaris, auf die sich deshalb die Versuche auch hauptsächlich beschränkten. Wenn die C«/^?ma- Pflänzchen eine Höhe von 1 — 1,5 cm erreicht hatten, ergab die mikroskopische Prüfung, daß jede Spur von Verpilzung fehlte. Wurden die Pflänz- chen aber etwas später untersucht, wenn sie eine Höhe von 2,5 — 3 cm erreicht hatten, so konnte nicht ein einziges, wirklich pilzfreies Exemplar ausfindig gemacht werden, wenn auch die für Calluna vulgaris so typischen Pilzknäuel noch nicht überall vor- handen waren. Sie entstehen eben erst, wenn die Pflänzchen etwas älter geworden sind. Der Umstand, daß selbst in sorgfältig sterilisierten Kulturen und trotzdem der Deckel des Gefäßes nur bei der Aussat geöffnet 1) Die Samen wurden in Salzsäure, bezw. in Formol zentrifugiert. Die Sterili- sation ist aber, namentlich bei den Ca^/wna- Samen, wegen der anhaftenden Luft eine sehr unvollkommene. über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 359 worden war, Mykorhizabildung mit unvermeidlicher Sicherheit ein- trat, legte den Gedanken nahe, der Same selbst könnte schon in- fiziert sein. Die Untersuchung von Calluna Samen ergab, daß der Keimling vollständig pilzfrei ist, daß aber in den Samenschalen da und dort braune Hyphen vorkommen, wie man sie auch an den Wurzeln der Ericaceen, namentlich an etwas älteren Teilen vor- findet. Die Annahme, daß die Infektion der Ericaceen-Keimlinge nicht erst im Boden stattfinde, wurde noch durch einen andern Umstand gestützt: Die Samen der Andromcda polifolia keimen nämlich nicht selten aus, während sie sich noch in der (geöfi'neten) Kapsel befinden; dabei senken sich die Würzelchen in die Kapsel- wandung ein^). Die Untersuchung dieser auf der Mutterpflanze ausgewachsenen Keimlinge ergab, daß die trotz ihrer Kürze schon ziemlich stark verzweigten Würzelchen typische Pilzknäuel besaßen. Auf welchem Weg gelangt nun der Pilz in die Samenschale, bezw. in die Keimpflanze? Wird er, ähnlich wie der Pollen der anemophilen Pflanzen, durch den Wind mit kleinen Staubteilchen in die Blüte getragen, oder gelangt er vom Boden her in die Blüte, indem er die ganze Pflanze durchwächst? Bei Andromeda polifolia habe ich tatsächlich auch in oberirdischen Teilen braune Hyphen gefunden, nämlich in der abgestorbenen primären Rinde älterer Zweige. Da die Zweige von der ganz intakten Epidermis noch vollständig bedeckt waren, ist anzunehmen, daß die Pilzfäden vom Boden her durch das abgestorbene Rindengewebe emporgestiegen sind. Um aber innerhalb der Pflanze in die Blüte zu gelangen, müßte der Pilz notwendigerweise Achsenteile passieren, die keine leblosen Gewebe enthalten. Bekanntlich meidet aber der Myko- rhizapilz, wie durch verschiedene Forscher-) festgestellt worden ist, die chlorophyllführenden Zellen; auch die Elemente des Zentral- zylinders sind davon frei^). Mit diesen Angaben stimmt daher die Beobachtung vollständig überein, daß bei Andromeda weder im Blütenstiel, noch in der intakten primären Rinde Pilzfäden vor- kommen. Somit bleibt vorderhand die Annahme, es erfolge in den Blüten eine „Pilzbestäubung", die wahrscheinlichere. — 1) Das Auskeimen des Samens in der Kapsel habe ich bis jetzt nur an den Exemplaren des bot. Gartens beobachtet; die wildwachsenden Exemplare werden sich aber vermutlich nicht anders verhalten. 2) J. M. Janse, Les Endophytes radicaux de quelques plantes javanaises. Extr. d. Ann. du Jard. Bot. de Buitenzorg, Vol. XIV, 1, 1896. 3) Fr. Johow, Die chlorophyllfreien Humuspflanzen nach ihren biologischen und anatomisch-entwicklungsgeschichtlichen Verhältnissen. Jahrb. f. wiss. Bot., 1889, S. 475. 360 Charlotte Ternetz, Doch auf welche Weise auch die Infektion vor sich gehen mag — sicher ist, daß ich bis jetzt niemals ganz pilzfreie Ericaceen auf festem Substrat erhalten habe und daß ich somit nicht ent- scheiden konnte, ob die Pykniden zu den endophyten Wurzelpilzen gehören oder nicht. Die Pyknidenpilze waren unterdessen in der bekannten Weise übertragen und in Reinkulturen gezüchtet worden, die Vorversuche hatten auf Bindung des molekularen Stickstoffes schließen lassen, so daß die Untersuchung dieser sekundären Frage in den Vorder- grund trat und die Identifizierung der Wurzelpilze beiseite ge- lassen wurde. Ob mir die Lösung dieser Hauptfrage je gelingen wird, ist, nach den bisherigen Ergebnissen zu schließen, äußerst zweifelhaft. Die ausführliche Angabe der Kulturmethode der Wurzelpilze scheint mir aber trotzdem berechtigt, ja notwendig, weil immerhin ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, daß wir es bei den Pyknidenpilzen tatsächlich mit den Wurzelendophyten der Ericaceen zu tun haben. Daß es sich aber bloß um eine Wahrscheinlichkeit handelt, wird, außer durch das früher Gesagte, noch durch einen andern Umstand erhärtet: Die Fruchtkörper- bildung tritt nur in einer verhältnismäßig sehr kleinen Zahl von Rohkulturen auf, nämhch dann, wenn die unvermeidHchen Ver- unreinigungen durch Bakterien und Schimmelpilze gering sind. In diesem Fall entstehen die Pykniden allerdings in kurzer Zeit, d. h. in 5 — 16 Tagen durchschnittlich. Bei einer Reihe von Versuchen impfte ich das Substrat nicht mit Wurzelstückchen, sondern mit Torf: eine Aufschwemmung von feinzerteiltem Torf wurde in Nähragar gebracht und das Gemisch in Platten gegossen. Bei der Untersuchung fanden sich dann wohl gebräunte Hyphen, die den aus den Pilzknäueln sprossenden durch- aus ähnlich sahen, aber niemals Fruchtkörper. Doch ist keines- wegs ausgeschlossen, vielmehr sogar wahrscheinlich, daß auch auf diese Weise die typischen Pykniden erhalten werden können. Nur ist die Versuchsanstellung weniger günstig, da bei der Infektion mit Torfstaub eine viel stärkere Verunreinigung des Substrates un- vermeidlich ist. Die Kultur der Pyknidenpilze bietet keinerlei Schwierigkeiten: sie gedeihen auf sehr verschiedenen Substraten, vorausgesetzt, daß diese weder stark sauer noch stark alkalisch sind. Ein Gehalt von 0,25 7o Apfelsäure oder Zitronensäure unterdrückt z. B. beim über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 361 ,^Oxycoceus-Y\\z'-'- die Weiterentwicklung, während 0,5 Vo Asparagin- säure das Wachstum verlangsamt, aber nicht verliindert. Die Zimmertemperatur scheint die optimale zu sein. Schon bei 22 — -24° C (Thermostat) entwickelt sich der „Ox?/coccm5- Pilz" in Flüssigkeiten nicht weiter. Die Pilze wurden sowohl auf festem Substrat — in Petrischalen und Reagensgläsern — als auch in Nährlösungen gezüchtet. Auf festem Substrat ist die Entwicklung ungleich stärker, wenn etwas gebundener Stickstoff zugesetzt wird. Die Pykniden ent- stehen aber auch ohne diesen Zusatz sehr bald, und zwar meistens in und auf dem Substrat, wie auch an der Wandung der Kultur- gefäße. In Flüssigkeitskulturen geht die Fruchtkörperbildung nur dann normalerweise vor sich, wenn den Pilzen gebundener Stickstoff zur Verfügung steht, oder, bei Abwesenheit von gebundenem Stick- stoff, wenn die Kulturen durchlüftet werden '). Damit soll nicht gesagt sein, daß sich in nicht durchlüfteten Kulturen ohne Stickstoff- verbindungen gar keine Pykniden bilden. Vereinzelte Fruchtkörper treten auch in diesem Falle auf, namentlich bei höherem Zucker- oder Phosphatgehalt (S. 375 u. folg. dieser Arbeit). Ihre Zahl ist aber im Vergleich mit Kulturen, die Stickstoffverbindungen ent- halten, verschwindend klein. Am besten charakterisieren sich die Pyknidenpilze in Reagens- glas - Strichkulturen. Sie zeigen dann punkto Wuchsform und Fruchtkörperbildung derartige Unterschiede, daß die einzelnen Arten schon mit bloßem Auge kenntlich sind. Auf festem Substrat lassen sich auch häufig Kristallausschei- dungen wahrnehmen. Meistens handelt es sich um kohlensauren oder Oxalsäuren Kalk; nur in einem Fall konnte Calciumphosphat nachgewiesen werden-). III. Systematische Stellung und Diagnostizierung der Pyknidenpilze. Die untersuchten 5 Pyknidenpilze gehören sämtlich dem Genus Fhoma^) [Fam. Hyalosporeae Sacc] an. Sie sind, nach dem Urteil der Herren G. Lindau und P. Hennings (Berlin) von allen bisher auf Ericaceen gefundenen Pyknidenpilzen verschieden. Daß sie 1) Ch. Ternetz, a. a. 0., S. 270. 2) W. Behrens, Tabellen. 3. Aufl., 1898, S. 153. Ä) Rabenhorst, Fungi imperfecti. 6. Abteilung, 1 u. 2. 362 Charlotte Ternetz, mit Phoma- Arten anderer Pflanzen identisch sind, ist zwar nicht ausgeschlossen, aber nach Ansicht von G. Lindau wenig wahr- scheinlich. Die Pilze werden deshalb in dieser Arbeit als vor- läufige neue Arten') angeführt und mit neuen Namen belegt. Was diese 5 Pyknidenpilze von den bisher auf Ericaceen ge- gefundenen Formen vor allem unterscheidet, ist die sehr geringe Größe der Sporen. Die Phoma Callunae Karst., die Phyllosticta Ericae Allescher, die Phoma Ericae Sacc. und die Phoma ohturata Sacc. haben alle Sporen von 10 — 15 fi Länge. Nur von der Phoma glomerosa Sacc. auf Blättern einer unbekannten peruvianischen Ericacee finde ich die Angabe, daß die Sporen „sehr klein" seien^). Die von mir untersuchten Phoma-Arten dagegen haben Sporen von 4 bis höchstens 5 // Länge. Die 5 Pyknidenpilze werden in dieser Arbeit unter folgenden Namen figurieren: 1. Phoma radicis Oxycocci von den Wurzeln von Oxycoccus palustris; 2. Phoma radicis Andromedae von den Wurzeln von An- dromeda poUfoUa; 3. Phoma radicis Vaccinii von den Wurzeln von Vacc. Vitis Idaea; 4. Phoma radicis Tetralicis von den Wurzeln von Erica Tetralix; 5. Phoma radicis Ericae von den Wurzeln von Erica carnea. Wenn die Namen ^) der Pilze einen Hinweis auf die Pflanzen, von denen sie isoliert worden sind, enthalten, so soll damit nicht angedeutet werden, daß die Pilze die Mykorhiza der betreffenden Ericaceenarten bilden. Im vorhergehenden Abschnitt ist schon mit aller Deutlichkeit hervorgehoben worden, daß mir der Nachweis der Identität dieser Pilze mit den Endophyten der Ericaceen in einwandfreier Weise nicht gelungen ist. Dennoch bleibt es unter allen Umständen auffallend, daß aus ein und demselben Moorbeet, wo Calluna vulgaris, Vaccinium Vitis Idaea, Erica Tetralix, Andromeda poUfoUa und andere Ericaceen in buntem Durcheinander wuchsen, von jeder der drei letztgenannten 1) de Vries, Mutationstheorie. II, S. 653. 2) Eabenhorst, Fungi imperfecti. 6. Abt., 1, S. 207. 3) Die Namenbildung wäre natürlich logischer, wenn der ganze Name der Ericaceenart beigefügt würde. Der Kürze halber wurde davon Umgang genommen, zu- mal es sich möglicherweise um schon bekannte Arten handelt. über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 363 Pflanzenarten ein ganz spezieller Pyknidenpilz isoliert worden ist, der sich von den Pilzen der benachbarten Ericaceen durch ganz bestimmte morphologische und physiologische Merkmale unter- scheidet. — Calluna vulgaris, Oxycoccus palustris und Vacc. Myrtillus waren vom Torfmoor Jungholz gebracht und nebeneinander in ein großes Tonbecken mit Torf vom Standort gepflanzt worden: von jeder der drei Pflanzenarten habe ich einen besonderen Pykniden- pilz isoliert. Vacc. Vitis Idaea von Freiburg in der Schweiz lieferte eine andere Pyknidenart, als die im bot. Garten in Basel wachsen- den Exemplare. In all den 6 Jahren aber, in denen ich mich mit diesen Pilzen beschäftigt habe, sind nicht ein einziges Mal zwei verschiedene Pyknidenpilze nebeneinander in der gleichen Rohkultur gefunden worden; wohl aber haben die Wurzeln der gleichen Ericaceenart bei Wiederholung der Versuche die gleiche Pyknidenart geliefert. Wenn also die Pyknidenpilze auch nicht mykorhizabildend sind, ist doch immerhin eine Kontaktsymbiose zwischen Wurzel und Pilz denkbar, wie sie Pfeffer^) zwischen höheren Pflanzen und Bak- terien für möglich hält. Nach Beijerinck-) fehlt im Heidesand der weitverbreitete Az otob acter ; er ist auch, wie Clostridiuyn Pasto- rianum, meines Wissens in Torfböden nicht nachgewiesen worden^). Vielleicht übernehmen an solchen Standorten die von mir isolierten Pilze die Bindung des Luftstickstoffes. Ob sie dabei in Symbiose leben oder nicht, ist erst von sekundärer Bedeutung. Ehe wir zur Diagnostizierung der untersuchten Pyknidenpilze schreiten, muß vorausgeschickt werden, daß allgemein gültige Diagnosen sich für keine der gefundenen Arten aufstellen lassen. Die Fruchtkörper variieren nämlich in Form, Größe und Anordnung je nach dem Substrat ganz beträchtlich, und die Sporen sind einander in bezug auf Form und Größe zu ähnlich, um sichere Unterscheidungsmerkmale abzugeben. Am schärfsten cha- rakterisieren sich die einzelnen Arten einerseits in stickstoffreien Nährlösungen, anderseits in den schon erwähnten Reagensglas-Stich- 1) "W. Pfeffer, Pflanzenphysiologie. Bd. I, S. 386. 2) M. W. Beijerinck, Über oligonitrophile Mikroben. Centralbl. f. Bact. 1901. II, Bd. 7, S. 561. Vgl. auch J. Keutner, a. a. 0., S. 6. 3) H. K. Chris tensen. Über das Vorkommen und die Verbreitung des Azoto- bacter chroococcum in verschiedenen Böden. Ein Beitrag zur Methodik der mikrobio- logischen Bodenforschung. Centralbl. f. Bakt. 1906. II. Abt., Bd. 17, S. 109, 161, 378. 364 Charlotte Ternetz, kulturen (vgl. S. 361). Bei der letzteren Methode ergeben sich im Wachstumsmodus des Mycels, in der Größe, Form und Anordnung der Fruchtkörper derartige Differenzen, daß sich die einzelnen Plioma- Species schon mit bloßem Auge unterscheiden lassen. Als Beweis hierfür möge Tabelle I dienen. Ta bell e I. Reagensglas -Strichkulturen. Sub- strat Alter der Kul- tur Tage Längen- ausdehnung des Mycels cm Länge der V. Pykniden bedeckten Zone (um die Impfstelle) cm Zahl der Pyk- niden Größe der Pykniden Bemerkungen 1. Ph. racl. Oxyc. 2. Ph. rad. Andr. 3. Ph. rad. Yaec. 4. Ph. rad. Tetr. 5. Ph. rad. Erieae o ■9 Im 1 o / 'ö c -73 O 'Tä o J3 + Im CO 19 19 19 19 19 10 11 12 8 8 2 10 10,5 0,7 7,5 ca. 40 1 viele \ Hun- J derte wenige ca. 400 groß') meist sehr klein meist sehr klein, aber etw. größer als bei 2 groß groß Pykniden in und auf dem Substrat. Pykniden in und auf dem Substrat, mauerförmige Conidien. Pykniden nur ober- flächlich. Substrat geschwärzt. Pykniden nur ober- flächlich. Die Unterschiede sind in die Augen springend. Während bei den Arten 2, 3 und 5 das Mycel fast in seiner gesamten Aus- dehnung sich mit Pykniden bedeckt, bilden die Arten 1 und 4 nur in sehr beschränkter Entfernung von der Impfstelle Fruchtkörper. Di§ Arten 2, 3 und 5 unterscheiden sich ihrerseits durch Größe und Zahl der Pykniden, 1 und 4 vor allem durch die Färbung des Substrates. Diese Unterschiede bestehen nicht etwa bloß in den ersten Wochen; sie treten im Gegenteil später (nach 4 Monaten) noch schärfer hervor. Verwendet man zu den Reagensglas-Strichkulturen ein anderes Substrat, z. B. Agar -{- Dextrose oder Agar -j- stickstofireie Nähr- lösung, so werden die makroskopisch wahrnehmbaren Unterschiede wieder ganz andere: die Pykniden bilden sich bei allen 5 Pilzen mehr oder weniger gleichmäßig zerstreut auf dem ganzen Substrat, wenn auch in sehr verschiedener Menge; die winzigen Fruchtkörper 1) „groß" = von der Größe eines kleinen Stecknadelkopfes. über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durcli Pilze. 365 der Phoma radicis Andromedae und der Ph. radicis Vaccinii um- geben sicli mit schwarzbraunen kurzzelligen Fäden und kommen dadurch den Pykniden der übrigen Kulturen an Größe gleich, das Substrat der Ph. radicis Oxycocci färbt sich rötlich, das der Ph. radicis Tetralicis durch und durch tiefschwarz. Die Diagnosen, die nun folgen, beziehen sich deshalb auf die Wuchsformen eines ganz bestimmten Substrates und haben nur für diese Geltung. Das Substrat besteht aus gleichen Teilen 2%-iger Agar -Lösung und Dekokt') von Rhodo- dendronblättern, kommt also noch am ehesten einem natürlichen nahe^). Die Angaben über die Verteilung der Pykniden beziehen sich auf Reagensglas -Strichkulturen. 1. Phoma radicis Oxycocci. Pykniden schwarzbraun, von sehr wechselnder Größe, zahlreich, in und auf dem Substrat, ca. 3 cm um die Impfstelle bedeckend. Größte Pykniden von der Größe eines kleinen Stecknadelkopfes, bei der Reife im Durchschnitt 176 — 196 /i lang, 176 — 196 a breit, im allgemeinen etwas länger als breit. Papille ziemlich schwach. Fruchtkörper immer einporig, Sporen in Ranken entleert. Die Ranken entleerung dauert 1 Stunde und länger. Ranke sehr fest, zerbricht in Stücke, ohne Sporen zu verlieren, ca. 16000 u (1,6 cm) lang, im Maximum 32 /t breit. Sporen hyalin 4 — 5 // lang, 2 u breit, stäbchenförmig, oft aber auch ganz schwach gekrümmt oder an einem Ende dicker, mit 2 Öltröpfchen an den beiden Polen. — Der Pilz bildet weder Conidien, noch besonders gestaltete Gemmen. Das Mycel wird im Alter dunkelbraun. Auf Agar -|- stickstoffreier Nährlösung werden die Fruchtkörper fast kohlig *und sind mehr oder weniger über das ganze Substrat zerstreut. Die Kultur färbt sich rötlich- braun, was einerseits von der braunen Farbe der Hyphen, anderseits von roten, unregel- mäßig sternförmigen Ausscheidungen im Substrat herrührt. 2. PJioma radicis Andromedae. Pykniden lange Zeit gelbbraun, erst später dunkel werdend, von ziemlich gleichmäßiger Größe, für das unbewaffnete Auge punkt- förmig, von den 5 P/iowa-Arten am kleinsten, sehr zahlreich, in und 1) 50 g frische Blätter verschiedener Varietäten des Rhododendron j)onticum L. in 1000 ccm aq. dest. 2 Stunden gekocht, filtriert, Filtrat auf 400 ccm eingeengt und wieder filtriert. 2) Gibt man statt dessen Torfdekokt, so ist die Entwicklung der l'ilze äußerst spärlich. 366 Charlotte Ternetz, auf dem ganzen Substrat regelmäßig zerstreut. Im Durchschnitt 78 // lang, die Papille eingerechnet, und 78 u breit; im allgemeinen aber eher etwas breiter als lang. Papille deutlich. Fruchtkörper einporig. Rankenentleerung selten zu beobachten. Dagegen treten die Sporen in Form einer Blase aus dem Fruchtkörper und bleiben, die Mündung verschließend, oft Tage lang vor der Papille liegen. Wo Rankenentleerung eintritt, zereißt die lockere Ranke gleich nach ihrem Austritt mit großer Vehemenz. Sporen hyalin, von wechselnder Größe, im allgemeinen dicker und kürzer als bei voriger Art; 4 ß lang, 2 — 2,6 /^i breit, aber zuweilen auch 5 fi lang, 2 /t breit. Oltröpfchen an den Polen fehlen. — Neben den Pykniden treten als zweite Fruktifikationsart mauerförmige Conidien^) auf, oft im engsten Zusammenhang mit den Fruchtkörpern. Conidien schwarzbraun, einzeln oder in Reihen und dann nur undeutlich voneinander abgesetzt. Auf Agar -|- Dextrose werden die Pykniden anscheinend viel größer, weil sich um sie ein dichtes Gewirr kohliger, engseptierter Fäden anlagert, die eine Art Gemmen- mycelium^) bilden. 3 Phoma radicis Vaecinii. Der vorigen Art außerordentlich ähnlich. Pykniden lange Zeit hellbraun, dann dunkel werdend, von ziemlich gleichmäßiger Größe, nur wenig größer, als bei voriger Art, sehr zahlreich, in und auf dem ganzen Substrat regelmäßig zerstreut. Im Durch- schnitt 76 u lang, die Papille eingerechnet, und 80 // breit, im allgemeinen breiter als lang. Papille deutlich. Fruchtkörper meist einporig, doch bilden sich auch zwei- und dreiporige Exemplare, ohne daß dadurch die typische Krugform eine Veränderung erlitte. Sporenranke sehr locker, die längste beobachtete 735 /< lang und im Maximum 30 /i breit. Sporen oft auch einzeln aus der Papille tretend. Sehr häufig über der Papillenmündung Sporenblasen, wie bei voriger Art. Sporen hyalin, unregelmäßig in Gestalt und Größe, eher ei- als stäbchenförmig, oft an einem Ende dicker, 5 /t lang (auch etwas weniger), 2 — 3 // breit. An einem oder beiden Polen Oltröpfchen. — Neben den Pykniden treten als zweite Fruktifikationsart mauerförmige Conidien von dunkelbrauner Farbe auf. Conidien einzeln oder in Reihen und dann scharf von- einander abgesetzt. 1) Zopf. Die Pilze, 1890, S. 35. 2) Zopf, a. a. 0., S. 77. über die Assimilation des atinospliärischen Stickstoffes durch Pilze. 367 In Agar und N- freier Nährlösung werden die Pykniden anscheinend viel größer, weil sich rings um sie ein Gewirr von schwarzbrannen, kohligen, engseptierten und un- regelmäßig gestalteten Fäden anhäuft. Auch sind dann, wenigstens in älteren Kulturen, die Sporen nicht mehr ganz hyalin, sondern blaßbräunlich. 4. Phoma radieis Tetralicis. Pykniden schwarz, kohlig, sehr wenig zahkeich, nur an der Oberfläche des Substrates, im engsten Umkreis um die Impfstelle, im Mittel 157 u lang, 137 n breit, Papille ziemlich undeutlich. Frucht- körper einporig. Sporenentleerung durch Ranken, die an der Austrittsstelle sehr dick sind, aber rasch abnehmen (Ranken ca. 7700 /i lang, an der Austrittsstelle 32«, im Hauptteil 16 /<, am Ende nur 6 /< breit). Sporen hyalin, schwächer lichtbrechend, als die der vier andern Arten, 5 /i lang (auch etwas weniger), 1,3—2 // breit. Keine Öltröpfchen an den Polen. — Der Pilz bildet weder Conidien, noch besonders gestaltete Gemmen. Das Mycel färbt das ganze Substrat tiefschwarz. 5. Phoma radicis Ericae. Pykniden schwarzbraun, von ziemlich gleichmäßiger Größe, zahlreich, an der Oberfläche des ganzen Substrates zerstreut. Der einzelne Fruchtkörper krugförmig, ohne deutlich abgesetzte Papille, 157 /i lang, 107 u breit. In älteren Kulturen merkwürdig zu- sammengesetzte Formen, indem ein Krug aus dem andern hervor- zusprossen scheint. Fruchtkörper ein- bis fünfporig. Sporen in einer dicken Ranke austretend, Ranke mindestens 3200 n lang, 35 II breit. Sporen hyalin, regelmäßig, kurz stäbchenförmig, 3,9 n lang, 1,3 (.1 breit, selten 4 n lang, 2 // breit. - Der Pilz bildet weder Conidien, noch besonders gestaltete Gemmen. Die in den obigen Diagnosen angegebenen Zahlen über die Größe der Fruchtkörper und die Länge und Breite der Ranken beanspruchen natürlich keine allgemeine Gültigkeit. Die Maßzahlen der Fruchtkörper sind angeführt worden, weniger, um die Dimen- sionen der Pykniden festzustellen, als um zu zeigen, wie variabel diese Dimensionen sind und wie wenig sie als diagnostisches Merk- mal verwertet werden können. So gering aber die Unterschiede zwischen den einzelnen Pilz- species auch sind, so beweist doch das konstante Auftreten dieser Unterschiede, daß wir es in der Tat mit verschiedenen Plioma- Arten zu tun haben. Gestützt wird diese Ansicht noch durch das 368 Charlotte Ternetz, ganz verschiedene Verhalten der einzelnen Formen in stickstoff- freien Nährlösungen. Bei reichlichem Luftzutritt und ziemlich hoher Dextrosekonzentration der stickstoffreien Kulturflüssigkeit bildet Phoma radieis Oxycocci viel Mycel und sehr viel reife Pyk- niden, Phoma radicis Vaccinii und Phoma radicis Andromedae be- deutend weniger Mycel und relativ sehr viel Pykniden, Phoma radicis Tetralicis sehr viel Mycel mit wenig oder gar keinen Pyk- niden, Phoma radicis Ericae viel Mycel mit vielen Pykniden, die aber die Reife in der gegebenen Kulturzeit (4 Wochen) nicht erlangen. Am geringsten sind die morphologischen Unterschiede zwischen Phoma radicis Andromedae und Phoma radicis Vaccinii. Sie beschränken sich auf geringe Größendifferenzen in den Fruchtkörpern, auf das Fehlen der polaren Oltröpfchen in den Sporen der ersten Art und auf kleine Verschiedenheiten in der Ausbildung der mauerförmigen Conidien. IV. Kulturen in stickstoffreien Nährlösungen. 1. Kulturmethoden. Da meine früheren Untersuchungen mich belehrt hatten, daß die von mir isolierten Pilze nur sehr geringe Mengen von Stick- stoff zu binden vermögen, wurde auf die Anlegung der Kulturen die peinlichste Sorgfalt verwendet, um wenigstens die Fehlerquellen zu vermeiden, die vermieden werden können. Die Versuche beschränkten sich ausschließlich auf N- freie Nährlösungen, da diese größere Sicherheit gegen Verunreinigungen bieten und für die Analyse viel handlicher sind. Das Trockengewicht der Pilze ließe sich überdies auf festem Substrat nicht bestimmen. Als N- freie Nährlösungen wurden zahlreiche Modifikationen der von Winogradsky^) für Clostridium^ Pastorianum empfohlenen verwendet. Dextrose 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 12, 20% KHaPOi 0,01 0,1 0,4 0,5 iVo MgSOi 0,002 0,02 0,2 7o GaCOa 0,01 0,1 1 47o 1) Winogradsky, Recherches sur rassim. de l'azote libre de l'atmosph. par les microbes. Arch. des sc. biolog. de St. Petersbourg, 1895. III, S. 297. Derselbe, Clostridium Pastorianum, seine Morphol. und seine Eigenschaften als Buttersäure- ferment. Centralbl. f. Bakt. 1902. II. Abtl., Bd. 9, S. 43 und 107. A. Pischer, Vorlesungen über Bakterien. 2. Aufl., S. 107. über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 369 [Statt CaCOa auch manchmal MgCO;,] NaCl I ^ FeSO, i ^l^"^'^" 25 50 100 150 ccm NH^-freies dest. Wasser. Als Kohlenstoff- Quelle wurde statt der Dextrose bisweilen auch Rohrzucker (2Vo, 10 7o) oder Mannit (2%) geboten. Die am häufigsten verwendete Nährlösung hatte folgende Zu- sammensetzung: 100 ccm NHa-freies dest. Wasser Dextrose 7Vo CaCOs 0,01% KH2PO, 0,5 7o NaOl " )uren. } Spi MgSOi 0,01 Vo FeS04 Die Chemikalien waren von Merck in Darmstadt als garantiert N-frei bezogen worden. Sie wurden sorgfältig untersucht und ihr N-Gehalt tatsächlich = 0 befunden (vgl. analyt. Belege, Analyse 1). Für jede einzelne Kultur wurden die Nährstoffe besonders ab- gewogen, das destillierte Wasser jedesmal ausgekocht und noch siedend zu den Nährstoffen gegeben. Dann wurde sofort im Auto- klav bei 120° sterilisiert und die Nährlösungen bis zum Erkalten im verschlossenen Autoklav belassen. Diese Vorsichtsmaßregeln sind durchaus geboten, um der Absorption von NH3 vorzubeugen, die verhältnismäßig nicht unbedeutend sein kann (vgl. analyt. Be- lege, Analyse 18). Die verwendeten Erlenmeyerkolben waren vor Gebrauch jeweilen 24 Stunden lang mit einem Gemisch von K2Cr2 07 -j- H2SO4 conc. gefüllt, dann mit heißem, destilliertem Wasser ausgewaschen und vor ihrer Verwendung staubfrei ge- trocknet worden. Aspergillus und Penicillium wurden stets durch möglichst wenige Conidien aus Reinkulturen (Strichkulturen in Reagensgläsern) übertragen, die Pyhniden -Filze hie und da durch Mycelflöckchen aus Reinkulturen in Erlenmeyerkolben, meist aber durch einen einzelnen Fruchtkörper oder durch Sporen aus reinen Strichkulturen in Reagensgläsern. Im letzteren Fall wurden einige Pykniden in sterilem destilliertem Wasser geschüttelt, worauf die Sporen in langen, makroskopisch deutlich sichtbaren Ranken austraten. Dann wurden einige Tropfen des sporenhaltigen Wassers in die Nähr- lösung übertragen. Daß die Kulturen, welche das Impfmaterial abgaben, auf ihre Reinheit geprüft wurden, ist wohl selbstverständlich, ebenso, daß nach Abschluß des Versuches an den N-freien Kulturen die Prüfung Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 24 370 Charlotte Ternetz, wiederholt wurde (mikroskopische Untersuchung mit Immersion, mit oder ohne Färbung mit Ziehlscher Karbol -Fuchsin -Lösung). Nur in sehr wenigen Kulturen traten Verunreinigungen durch Bak- terien auf. Häufiger waren solche durch Aspergillus niger und be- sonders durch Penicillium glaucum. Der kleinere Teil der Kulturen kam, durch Baumwollpfropfen verschlossen, unter Glocken, die geschliffenen Glasplatten luftdicht aufsaßen und durch Wasser abgesperrt wurden. Die eintretende Luft passierte 2 U Bohren mit in Na OH resp. in H2 SO4 getränkten Bimssteinstücken, um dem gebundenen Luftstickstoff den Zutritt zu wehren. Die meisten Kulturen aber wurden so angelegt, daß ein konstanter, langsamer Luftstrom durchgeleitet werden konnte. Zu diesem Zweck wurden 6 Halbliter -Erlenmeyerkolben, je 3 nebeneinander, mit Gabelröhren und Gummischläuchen an eine "Wasserstrahlpumpe gekoppelt. Jeder Kolben enthielt 100 bezw. 150 ccm Nährlösung und war in der oben erwähnten Weise ge- reinigt, sterilisiert und geimpft worden. Den Hals eines jeden Kolbens verschloß ein doppelt durchbohrter Kork, durch welchen eine kurze und eine bis unter die Flüssigkeitsoberfläche reichende Glasröhre führten. An beiden Glasröhren wurden bei den späteren Versuchen Kugeln geblasen, die, mit Baumwolle gefüllt, einen guten Abschluß gewähren und das Eindringen von Bakterien während des Aufstellens der Kulturgefäße verhindern^). Nun wurden je 3 der kurzen Glasröhren durch Gummischläuche und Gabelröhren mit der Pumpe verbunden, die langen auf gleiche Weise zu je dreien mit 2 hintereinander liegenden großen U-Röhren, die fast ganz mit Birassteinstücken und zu etwa V3 mit Na OH bezw. H0SO4 gefüllt waren. Zwischen der Schwefelsäure -Vorlage und den Gabelröhren wurde ein 10 cm langer Glaszylinder mit sterelisiertem Wattepfropf eingeschaltet. Zu den ersten Versuchen waren statt der U-Röhren Waschflaschen verwendet worden, bei denen aber die NHs-Absorption viel unvollkommener ist-). 1) Die Baumwollpfropfen in den Kugeln dürfen ja nicht zu fest sein, sonst ent- steht beim Sterilisieren ein Überdruck im Gefäß, die Flüssigkeit steigt im langen Rohr empor, durchtränkt die Baumwolle und macht so den Kolben unbrauchbar. 2) Eine gleichlange absorbierende Flüssigkeitssäule bietet überdies in einer Wasch- flasche bedeutend größeren Widerstand, als in einer U-Eöhre. Auch können die runden Blasen, die in der Waschflasche aufsteigen, nur an ihrer Oberfläche NH3 abgeben, während die Luft im Innern der Blase unverändert bleibt. In der U- Röhre ist nicht nur die absorbierende Oberfläche sehr viel größer, sondern die Luftblasen werden auch, indem über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 371 Alle Teile, die bei Kulturen Verwendung fanden, wurden vor Gebrauch tüchtig sterilisiert: Der Kolbenverschluß natürlich gleichzeitig mit dem Kolben im Autoklav, die Gummischläuche in 807o-igem Alkohol, die Gabelröhren in Chromsäure (K2Cr2 07 + H2SO4 conc.) und kochendem Wasser. Nach dem Impfen wurden sämtliche Verschlüsse mit Paraffin oder mit einem Gemisch von Kolophonium und gelbem Wachs zugegossen. Unter den 6 mit der Wasserstrahlpumpe verbundenen Kolben befand sich bei den späteren Versuchen stets eine Kontrollkultur,^ die vor dem Sterilisieren geimpft worden war und solange wie die übrigen Kulturen durchlüftet wurde. Leider ist bei den ersten Versuchen diese Vorsichtsmaßregel unterlassen worden. Bei der Verwertung der gefundenen Zahlen soll daher jedesmal eine An- merkung gemacht werden, wenn die Kontrollkultur fehlt. Ein solcher Kontrollversuch ist bei den durchlüfteten Kulturen durchaus erforderlich, weil trotz aller Vorsichtsmaßregeln im Laufe der Zeit eine Absorption von gebundenem Stickstoff stattfinden kann (vgl. analyt. Belege 18, 19). Daß dieser Stickstoff aber erst während der wochenlangen Durchlüftung in die Nährlösungen ge- langt, wird durch den Umstand bewiesen, daß die Kontrollversuche der nicht durchlüfteten Kulturen ohne Ausnahme N-frei bleiben (vgl. analyt. Belege 6, 8). 2. Wachtsums- und Fruktifikationsbedingungen. Von Einfluß auf das Gedeihen der untersuchten Pilze in N -freien Nährlösungen ist in erster Linie die C- Quelle. Rohr- zucker und Mannit sind in dieser Beziehung weniger günstig, als Dextrose, die deshalb fast ausschließlich als C- Quelle ver- wendet wurde. Die Schimmelpilze scheinen anspruchsvoller zu sein, als die Phoma-ÄTten; diese gediehen in 2% Bohrzucker- oder Mannitlösung noch ganz gut, während Äspergüliis und Penicülium bei Darbietung von 2 7o Rohrzucker nur äußerst kümmerlich wuchsen und zuweilen überhaupt nicht einmal auskeimten. Immerhin ist auch für die Phoma-Arten Dextrose wesentlich besser, als Mannit oder Rohr- zucker. Phoma radicis Oxycocci bildete z. B. bei Darbietung von 2 7o Dextrose in 28 Tagen 30 mg Trockensubstanz, bei 2'Vo Mannit in der gleichen Zeit nur 11,8 mg. sie sich zwischen den Bimssteinstücken durchzwängen, verändert und zerteilt, wodurch natürlich viel mehr Luft mit der Schwefelsäure in Berührung kommt. 24* 372 Charlotte Tenietz, Nun entwickeln sich zwar sämtliche Pilze am besten, wenn ihnen Dextrose geboten wird; doch bestehen zwischen den ver- schiedenen Arten bei gleichen Kulturbedingungen sehr große Diffe- renzen. Penicillium glaucum und Aspergillus nigerz. 3. entwickeln sich in den unter Glocken gehaltenen Kulturen, also bei stag- nierender Luft, nur wenig, bilden aber bald Conidien und bleiben nach 2 — 3 Wochen in der Entwicklung fast ganz stehen. In durchlüfteten Kulturen dagegen gedeihen sie vegetativ ungleich besser, während die Conidienbildung bei Penicillium relativ weniger ausgiebig ausfällt und bei Aspergillus sogar fast ganz unterbleibt ^). , Vergleichen wir damit einen der Pyknidenpilze, z. B. Phoma r. Oxycocei, so finden wir, daß er auch in stagnierender Luft aus- gezeichnet wächst und ein dichtes, bald braun oder schwarz werden- des Mycel bildet. Dieses bedeckt die Oberfläche der Nährlösung in einer bis 0,5 cm dicken, kompakten Schicht, so daß der Erlen- meyerkolben vollständig umgekehrt werden kann, ohne daß ein Tropfen der Nährlösung ausfließt. Während aber die beiden Schimmelpilze unter den gleichen Bedingungen nach wenigen Tagen zur Fruktifikation schreiten, bildet P/ioma radicis Oxycocei keine einzige Pyknide. Diese entstehen dann aber um so zahlreicher, wenn die Kultur durchlüftet wird. Vergleichen wir nun die Trocken- gewichte der drei oben erwähnten Pilze, so finden wir bei Kul- turen in stagnierender Luft folgendes Verhältnis {Penicillium = 1 gesetzt): Phoma r. 0. Asp. niger Pen. glauc. 7,6 2,3 1. In durchlüfteten Kulturen stellen sich die beiden Schimmel- pilze wesentlich günstiger und zwar nicht nur relativ, sondern auch absolut. Setzen wir das Trockengewicht von Penicillium = 1, so ergibt sich folgendes Verhältnis: 1) Diese Verschiedenheit zwischen den beiden Schimmelpilzen ist jedenfalls nicht so zu deuten, als ob Aspergillus infolge der günstigeren Kulturbedingungen die Conidien- bildung unterlasse. Die Ursache liegt vielmehr in dem Umstand, daß die Conidienträger von Aspergillus zarter sind und in der durch austretende Luftblasen fortwährend er- schütterten Flüssigkeit umfallen. Dadurch ist natürlich die Bildung der schwarzbraunen Sporen ausgeschlossen (Klebs, Phys. d. Fortpfl. S. 457). Durch mikroskopische Unter- suchung lassen sich im submersen Mycel zahlreiche umgestürzte Conidienträger nach- weisen, deren Sterigmen zu Fäden, manchmal sogar wieder zu Conidienträgern aus- gewachsen sind (Klebs, a. a. 0.), sodaß die abenteuerlichsten Gebilde entstehen. Auch durchwachsene Hyphen sind nicht selten, wobei es im Innern eines Conidienträgers bis zur Bildung eines neuen Trägers mit Sterigmen und Sporen kommen kann. über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 373 Phoma r. 0. Asp. niger Pen. glauc. 3,6 1,8 1. Immerhin bilden auch hier die Schimmelpilze bedeutend weniger Trockensubstanz, als Phoma r. 0., die unter den untersuchten Phoma-Arten betreffs Bildung von Trockensubstanz die Mitte hält Sämtliche untersuchten Pilze wachsen übrigens in stagnierender Luft so, daß die Mycelien von Anfang an möglichst die Flüssigkeits- oberfläche einnehmen, während sie in den durchlüfteten Kulturen entweder ganz oder doch während längerer Zeit submers bleiben. Bedingt wird diese Verschiedenheit in erster Linie durch die un- gleiche Sauerstoff- Versorgung. Bei den Phoma-Arten wirkt aber auch noch das Stickstoff- Bedürfnis mit, da in anaeroben, nicht durchströmten Kulturen die Mycelien ebenfalls, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt, die Flüssigkeitsoberfläche bevorzugen. Was nun die Fruktifikation anbelangt, so ist schon hervor- gehoben worden, daß die P/ioma -Arten in N-freien Nährlösungen steril bleiben können unter Bedingungen, bei denen die Schimmel- pilze noch reichlich Conidien bilden. Nun hängt aber, wie wir später sehen werden, die Größe der Stickstoff bindung wesentlich davon ab, ob Fruktifikation eintritt oder nicht. Es galt deshalb festzustellen, welche Faktoren für die Entstehung der Pykniden maßgebend sind. Am genauesten untersucht wurden die Verhält- nisse bei Phoma radicis Oxycocci. Das Ergebnis darf aber nicht ohne weiteres verallgemeinert werden, da die übrigen PÄoma- Arten z. T. nicht unwesentliche Abweichungen zeigen. Schon in meiner vorläufigen Mitteilung^) habe ich hervor- gehoben, daß der „Oxijcoccus -Vilz^^ , so gut er auch in N-freien Nährlösungen bei ruhender Luft gedieh, es doch niemals zur Frukti- fikation brachte. Diese Angabe war für den damaligen Stand der Untersuchungen vollkommen richtig, denn zu jener Zeit hatte ich den Pilz nur in Dextroselösungen von niedriger Konzentration (2%? 3 7o) gezüchtet. Die neueren Versuche haben die früheren Befunde bestätigt, wie aus nachfolgender Tabelle ersichtlich ist. Tabelle IL Nährlösung. 25 ccm NHj-freies dest. Wasser. Nicht durchlüftet. Dextrose 27o 47o 6% 87o 107, CaCOa 0,Ol7o KH^POj 0,1% NaCl MgSO, 0,027o FeSO, 1) a. a. 0., S. 270, l, } "P"^'^" 374 Charlotte Ternetz, Pilz Alter Konz. der Dext. Bemerkungen 1. ■ 2. 3. 4. 5- Phoma radicis Oxycocci 49 Tage 49 „ 49 „ 49 „ 49 „ 27o 6„ 8„ 10 „ Mycel gleichmäßig die Nährlösung erfüllend; keine Pykniden. Mycel bildet 8 mm breite, lockere Oberfläehenschicht, keine Pykniden. Mycel bildet 7 mm breite Oberflächenschicht, Luft- mycel; 3 — 4 winzige Pykniden. ^Oberfläehenschicht 5 — 6 mm dick, sehr kompakt, j starkes Luftmycel ; 3 — 4 kleine Pykniden. Bei einem Dextrosegehalt bis zu etwa 5 7o fehlt also in ruhen- der Luft die Pyknidenbildung gänzlich; bei höheren Konzentrationen bleibt sie ceteris paribus äußerst gering. Eine Erklärung dieser Erscheinung soll weiter hinten versucht werden; hier sei nur darauf hingewiesen, daß der Reichtum an organischen Kohlenstoff- Ver- bindungen für die Fruktifikation offenbar erst von sekundärer Be- deutung ist. Denn auch bei niedrigen Dextrosekonzentrationen oder bei Darbietung minderwertiger C- Quellen, wie Mannit, tritt reichlich Pyknidenbildung ein, wenn die Kulturen durch- lüftet werden. Was den unter Glocken abgesperrten Kulturen fehlt, ist also entweder der Sauerstoff oder der Stickstoff. Der Sauerstoff scheint auf den ersten Blick allerdings eine nebensächliche Rolle bei der Pyknidenbildung zu spielen, wie aus folgendem Versuch hervorgeht: 4 Reagensgläser wurden zu Vi mit N- freier Nährlösung gefüllt und derselben soviel KNO3 zugesetzt, daß jede Kultur 0,7 mg N erhielt. Nach dem Impfen kamen die Kulturen unter einen engen, oben geschlossenen Zylinder, der einer Glasplatte luftdicht aufsaß und durch Wasser abgesperrt wurde. Die in den Kulturgefäßen eingeschlossene Luftmenge betrug höchstens 3 ccm mit ca. 0,6 ccm Sauerstoff. Die Mycelfläche, die mit der Luft in Berührung trat, war höchstens 1 qcm groß. Aber trotzdem der Sauerstoffzutritt ein äußerst beschränkter war, bildeten sich in kurzer Zeit normale Pykniden aus. Die Kulturen in Halbliter -Erlenmeyerkolben dagegen, die wie üblich unter großen Glocken standen, aber bei sonst gleicher Nähr- lösung keinen gebundenen Stickstoff erhielten, blieben vollkommen steril, trotzdem ihnen das 130 fache an Sauerstoff zur Verfügung stand') und die Myceloberfläche mindestens 75 qcm betrug. 1) Die Halbliter -Erlenmeyerkolben enthielten neben 100 ccm Nährlösung noch 400 ccm Luft mit rund 80 ccm Sauerstoff und 320 ccm Stickstoff. über die Assimilation des atmosi)häri.schen Stickstoffes durch Pilze. 375 Steht also den Kulturen gebundener Stickstoff zur Ver- fügung, so fruktifizieren sie, trotz des sehr beschränkten Sauerstoff- Zutrittes, ganz normal, während sie bei relativ viel besserer Sauer- stoff-Versorgung steril bleiben, wenn ihnen nur molekularer Stickstoff geboten wird. Dieses Verhalten läßt sich ohne Schwierig- keit aus der Tatsache erklären, daß zur Bindung des Luftstick- stoffes eben sehr viel mehr Energie erforderlich ist, als zur Assimilation von Stickstoffverbindungen. Es ist aber einleuchtend, daß bei durchlüfteten Kulturen, wo der Sauerstoff direkt dem ganzen Mycel zugänglich ist, die Atmung eine viel ausgiebigere sein wird, als in stagnierender Luft, wo die kompakte Oberflächen- schicht die tieferliegenden Mycelpartien von der Luft gänzlich abschließt. Die Menge des verfügbaren Stickstoffes spielt bei dieser Er- scheinung offenbar eine ganz untergeordnete Rolle. Die 0,7 mg gebundenen Stickstoffes in den Reagensglaskulturen genügen zur Fruktifikation, die 400 rag Atmosphärenstickstoff ^) der Erlenmeyer- kulturen genügen nicht — oder besser gesagt, sie können nicht genügend verwertet werden, weil die zur Assimilation nötige Ener- gie fehlt. Um also durch reichliche Fruktifikation eine ansehnliche Stick- stoffbindung zu erzielen, muß den Kulturen viel Sauerstoff zur Verfügung gestellt werden. Für das bloß vegetative Wachstum ist dies durchaus nicht erforderlich; da zeigt sich der Organismus im Gegenteil sehr genügsam (vgl. S. 393). Nun ergibt sich aber aus Tabelle II, daß PJioma radicis Oxy- coeci auch in stagnierender Luft vereinzelte Pykniden bilden kann — dann nämlich, wenn die Dextrosekonzentration 5% überschreitet. Diese veränderte Sachlage schreibe ich aber nicht etwa direkt der besseren Ernährung zu, oder einem geringen Stickstoffgehalt der Dextrose, der sich erst bei höherer Konzentration geltend machte, sondern dem Umstand, daß der Pilz bei höherem Dextrosegehalt ein ausgeprägtes Luftmycel bildet"). Dadurch wird aber sowohl die assimilierende, als auch die atmende Oberfläche stark ver- 1) Die Halbliter- Erlenmeyerkolben enthielten neben 100 ccni Nährlösung noch 400 com Luft mit 320 ccm N, oder 1 1 N = 1,25440 g gesetzt, rund 400 mg N. 2) Daß das Luftmycel erst bei höherem Dextrosegehalt auftritt und mit steigender Konzentration zunimmt, führe ich darauf zurück, daß das dem osmotischen "Wert des Substrates angepaßte Mycel erst bei höherem Dextrosegelialt vor zu starker Transpiration genügend geschützt ist, um an die Luft wachsen zu können. 376 Charlotte Ternetz, größert. Wenn sich daher in nicht durchlüfteten Kulturen über- haupt Pykniden bilden, so entstehen sie nur an der Luft, d. h. an der Oberfläche des Mycels oder an der freien Gefäßwandung. Nun kommen aber für die Pyknidenbildung noch zwei weitere Faktoren in Betracht, nämlich das Kaliumphosphat und das Mag- nesiumsulfat der N-freien Nährlösung. Über den Einfluß des Phos- phatgehaltes gibt die nachfolgende kleine Tabelle Aufschluß. Tabelle III. Nährlösung. 25 ccm NH3- freies dest. Wasser. Dextrose 107o CaCOg 0,0 r/» KHjPO, 0,01 7o 0,1 7„ l7o • . . NaCl | MgSO, 0,02% FeSO, 1 Unter Glocken, nicht durchlüftet. Spuren Pilz KH,,PO, Entwicklung des Mycels nach 6 Tagen 7 Tagen 20 Tagen 62 Tagen Pykniden 1. 3. Phoma radieis Oxycocci 0,01 7o 0,1 „ 1 noch nicht nachweisb. noch nicht nachweisb. makrosk. sichtbar wenig ordentlich ordentlich sehr gut entwickelt ordentlich außerord. stark in allen 3 Kul- turen gleich stark 2 kleine Pykniden im Luftmycel. zieml. viel kleine Pykniden. sehr zahlr. kleine Pykniden. Die Dextrosekonzentration ist absichtlich so hoch (107o) gewählt worden, weil dann nach dem früher gesagten (S. 374, 375) Pyknidenbildung von vorne herein zu erwarten stand. Aus der Tabelle entnehmen wir die Tatsache, daß innerhalb der gegebenen Grenzen die Kulturen sich um so schneller ent- wickeln, je höher der Phosphatgehalt der Nährlösung ist. Diese Überlegenheit der phosphatreichen Kulturen besteht aber nur während der ersten 2 — 3 Wochen, später findet ein Ausgleich statt, so daß die Mycelien in bezug auf Masse nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind. Anders verhält es sich mit der Fruktifikation. Da können wir nur die unzweifelhafte und dauernde Überlegenheit der phosphatreicheren Kulturen konstatieren. Denn während bei 0,01 Vo Phosphat in 2 Monaten nur 2 Pykniden entstanden sind, haben sich in der gleichen Zeit bei 0,1 7o ziemlich viele, bei l'Vo sogar sehr zahlreiche Fruchtkörper gebildet. Mit steigendem Gehalt an KH2PO4 nimmt also innerhalb der gegebenen Grenzen die Fruchtkörperbildung zu. Ob diese günstige Wirkung der Phosphorsäure, oder dem Kalium, oder beiden Bestand- teilen des Salzes zuzuschreiben ist, habe ich nicht untersucht, da über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 377 es mir ja lediglich darauf ankam, die Fruktifikationsfähigkeit des Pilzes zu steigern. Durch ganz analoge Versuche wurde der Einfluß des MgSOi auf die Entstehung der Pykniden ermittelt. Wir finden die Er- gebnisse in Tabelle IV zusammengestellt. Tabelle IV. Nährlösung. 25 ccm NH3- freies dest. Wasser. Dextrose 107o CaCOa 0,01 7„ KH.,PO, 0,1 7o NaCl 1 „ > Spuren MgSOi 0,0027o 0,027o 0,27o • FeSOj Unter Glocken, nicht durchlüftet. Mg SO, Entwicklung des Mycels nach Pykniden riiz 6 Tagen 7 Tagen 11 Tagen 62 Tagen 1. 2. 3. Phoma ■ radicis Oxycocci 0,002 7o 0,02 „ 0,2 „ makrosk. sichtbar 1 makrosk. > nicht J sichtbar kräftig ordentlich schwach gut entw. gut entw. zieml. schwach in allen 3 Kul- turen gleich stark ziemlich viel norm. Pykniden. nicht halb so viel wie in 1. 3 oder 4 winzige Pykniden. Aus Tabelle IV ist ersichtlich, daß sich die Kulturen gerade entgegengesetzt verhalten, wie die der vorhergehenden Versuchsreihe, d. h. die Kultur mit minimalem Magnesiumgehalt entwickelt sich am schnellsten, diejenige mit maximalem am langsamsten. Aber auch hier gleichen sich die Unterschiede schon nach 2 Wochen nahezu, nach 2 Monaten vollständig aus. Dauernd bleiben wiederum nur die Unterschiede in der Pyknidenbildung: die Kultur mit mini- malem Mg -Gehalt weist ziemlich viele, z. T. große Fruchtkörper auf, diejenige mit mittlerem Gehalt nicht einmal halb so viel, die- jenige mit maximalem Gehalt bloß 3 oder 4, und dazu noch sehi- kleine Exemplare. Mit steigendem Gehalt an MgSOi nimmt also ceteris paribus und innerhalb der gegebenen Grenzen die Fruchtkörperbildung ab. So günstig aber auch die Konzentrationen des Phosphates und des Magnesiumsalzes gewählt sind — eine auch nur annähernd so reichliche Fruktifikation, wie in den durchlüfteten Kulturen, tritt in stagnierender Luft niemals ein. Die Pykniden bleiben meistens klein und erreichen nur selten die volle Reife. Das kann nach dem früher Gesagten nicht überraschen. Was ja diesen Kulturen fehlt, ist in erster Linie die Zuführung von Sauerstoff zu möglichst großen Teilen des Mycels. Und über den Sauerstoffmangel helfen 378 Charlotte Ternetz, auch die optimalen Phosphatkonzentrationen nicht hinweg. Der Pilz bringt wohl zahlreiche Fruchtkörperanlagen hervor; aber die Bildung der Sporen unterbleibt. — Endlich sei noch der Einfluß erwähnt, den der Dextrosegehalt der Nährlösung auf die Fruktifikation ausübt. Während bei allen Kulturen mit steigender Konzentration (bis zu 10 oder 12Vü) das Trockengewicht zunimmt (vgl. S. 390 dieser Arbeit), übt der Dextrosegehalt auf die Pyknidenbildung nur in den durchlüfteten Kulturen einen merklichen Einfluß aus: von 2% Dextrose ansteigend erreicht die Fruktifikation ihr Maximum bei etwa 8%? um von da an wieder abzunehmen. Fassen wir die gefundenen Resultate zusammen, so ergibt sich trotz der unvermeidlichen und z. T. sehr beträchtlichen individuellen Schwankungen für die Fruchtkörperbildung bei Phoma radicis Oxycocci, daß sie von der Menge des assimilierbaren Stickstoffes abhängt, daß sie mit steigender Dextrosekonzentration bis zu dem um 8Vo liegenden Optimum zunimmt und daß sie, ceteris paribus, in phosphatreicheren (bis zu iVo) oder in magnesiumärmeren (bis zu 0,002 7o) Nährlösungen eine Steigerung erfährt. 3. Assimilation des. atmosphärischen Stickstoffes. Die bisher veröffentlichten Untersuchungen über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze haben z. T. recht widersprechende Resultate zutage gefördert. Während Purie- witsch') Asj)ergiUus niger und PeniciUium glaucum die Fähig- keit zuerkannte, den molekularen Stickstoff zu binden, kam Fermi^) bei den nämlichen Organismen zum entgegengesetzten Resultat: nicht einmal qualitativ ließ sich Stickstoff nachweisen, wenn die Pilze in N-freier Nährlösung gezüchtet worden waren. Fermi zog daraus den Schluß, die fraglichen Organismen vermöchten über- haupt ohne Stickstoff zu gedeihen. Negative Resultate ergaben auch die Versuche von Brefeld^) mit einem Brandpilz, und der geringe Stickstoff- Gewinn (2,3 mg), den Gerlach und Vogel^) bei 1) Puriewitsch, Ber. d. deutsch, bot. Ges. 1895, S. 342. 2) C. Fermi, Stickstoffreie Mikroorganismen und Enzyme? Centralbl. f. Bakt. 1896, II. Abt., Bd. 2, S. 505. 3) Brefeld, Versuche über die Stickstoffaufnahme bei Pflanzen. 78. Jahres-Ber. d. Schles. Ges. f. vaterl. Cult. 1900, Zool.-bot. Sect., S. 27—38. 4) Ger lach und Vogel, Weitere Versuche mit Stickstoff bind. Bakt. Centralbl. f. Bakt. 1903, II. Abt, Bd. 10, S. C3C. über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 379 der Reinkultur eines Schimmelpilzes in N- freier Nährlösung er- zielten, wird von den beiden Forschern als innerhalb der Fehler- grenze liegend betrachtet. Zu positiven Resultaten kam in neuerer Zeit Saida^), der für Phoma Betae, Aspergillus niger und einige andere Pilze Assimilation von molekularem Stickstoff nach- gewiesen hat. Wir stehen also vor der Tatsache, daß den nämlichen Orga- nismen von den einen Forschern die Bindung von Luftstickstoff zugeschrieben wird, während andere ihnen diese Fähigkeit ab- erkennen. Die Ursache dieser Diskrepanz liegt z. T. darin, daß sich bei Wiederholung der Versuch durch verschiedene Experimen- tatoren abweichende Resultate ergeben haben, z. T. aber auch darin, daß Zahlen, die die einen als beweiskräftig anführen, von den andern als innerhalb der Fehlergrenze liegend abgelehnt werden. Nun ist die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes natur- gemäß zuerst bei denjenigen Organismen entdeckt worden, die diese Fähigkeit im höchsten Grade besitzen, bei den Bakterien. Durch die bahnbrechenden Arbeiten von Hellriegel^)und Winogradsky^), durch die Auffindung des Azotohader chroocoecum durch Beije- rinck^) ist uns die Kenntnis von Stickstoff- Sammlern allerersten Ranges vermittelt worden. Wenn durch Hellriegel und Wilfahrt^) ein Stickstoff- Ge- winn von über 900 mg, durch Winogradsky^), Beijerinck und van Delden'^), Gerlach und VogeP) Stickstoffgewinne von 40 — 120 mg festgestellt worden sind, so erscheinen daneben die durch Pilze erzielten Stickstoffgewinne von 3 — 10 mg allerdings verschwindend klein. Aber so unbedeutend an und für sich ein 1) Saida, Über die Assim. des freien Stickstoffes durch Schimmelpilze. Ber. Deutsch. Bot. Ges. 1902, Generalvers. Heft, S. 107. 2) Hellriegel, Untersuchung über die Stickstoffnahrung der Gramineen und der Leguminosen. 1888. 3) Winogradsky, Recherches sur l'assim. de l'azote libre de l'atmosphere par les microbes. Arch. sc. biol. St. Petersbourg. 1895, Tome III. 4) Beijerinck, Über oligonitrophile Mikroben. Centralbl. f. Bakt. 1901, II. Abt., Bd. 7, S. 561. 5) Hellriegel und Wilfahrt, Ber. d. Deutsch, bot. Ges. 1889, S. 141. 6) Winogradsky, a. a. 0. und Centralbl. f. Bakt. 1902, II. Abt., Bd. 9, S. 43 u. 107. 7) Beijerinck und van Delden, Über d. Assim. d. freien Stickstoffes durch Bakterien. Centralbl. f. Bakt. 1902, II. Abt., Bd. 9, S. 3. 8) Gerlach und Vogel, Stickstoffsammelnde Bakterien. Centralbl. f. Bakt. 1902, Bd. 9, S. 817 und 881. 380 Charlotte Ternetz, solcher Stickstoffgewinn auch sein mag, und so wenig die assimila- torische Tätigkeit der Schimmelpilze für die Landwirtschaft auch ins Gewicht fallen mag — für den Organismus selbst kann sie deswegen doch von fundamentaler Bedeutung sein. A priori ist kein Grund für die Annahme vorhanden, die Pflanzen schieden sich bezüglich ihrer Stickstoff-Ernährung in zwei prinzipiell scharf getrennte Gruppen: in solche, die nur Stickstoff- verbindungen, und in solche, die nur den molekularen Stickstoff verwerten können. Nach Pfeffer^) darf man vielmehr „auf Grund der Erfahrungen über andere Funktionen mit Sicherheit erwarten, daß die Befähigung zur Assimilation des freien Stickstoffs in einem graduell verschiedenen Maße ausgebildet ist, und daß sich Ab- stufungen zu denjenigen Organismen finden, in denen eine solche Assimilation nicht mehr zu bemerken ist". Die Frage ist nur, ob wir imstande sind, mittels der uns zu Gebote stehenden chemischen Methoden derartige minimale Stick- stoffmengen mit genügender Sicherheit nachzuweisen. Von den Forschern, die zu positiven Resultaten gelangt sind, wird dies ohne weiteres angenommen, von den andern ebenso bestimmt verneint. Aber meines Wissens enthält keine der veröffentlichten Arbeiten^) Angaben über die Zuverlässigkeit der allgemein üblichen Kjeldahl- schen Methode. Und doch hängt von diesem Faktor alles ab. Dazu kommt noch, daß bei so außerordentlich kleinen Stick- stoffmengen die chemischen Untersuchungen mit der peinlichsten Gewissenhaftigkeit ausgeführt werden müssen, daß wenigstens alle Fehler, die vermieden werden können, auch unbedingt vermieden werden, wenn nicht alles auf dem Spiele stehen soll. Und da es bei diesen Arbeiten in erster Linie auf fehlerfreie chemische Unter- suchungen ankommt, so ist die genaue Angabe der angewendeten Methode, der Hinweis auf die möglichen Fehlerquellen und eine möghchst unverkürzte Anführung der Analysen ebenso unerläßHch, wie bei irgend einer andern chemischen Arbeit. Denn nur auf diese Weise ist es für andere möglich, die Befunde gehörig nach- zuprüfen, übersehene Fehler aufzudecken und der Arbeit das Zu- trauen zu schenken, das sie verdient. Die Besprechung der chemischen Methoden und die analyti- schen Belege finden sich im folgenden Abschnitt zusammengestellt. 1) Pfeffer, Pflanzenpliysiologie. 1897, I, S. 384. 2) Die Arbeit von Thiele in den Mitteil. d. landwirtsch. Instit. d. königl. Univ. Breslau, Bd. III, 1905, Heft 2 war mir leider nicht zugänglich. über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 381 Hier sollen nur die Gesamtresultate erörtert werden. Bezüglich der in den Tabellen verwendeten Zahlen und der ihnen anhaftenden Fehler und Mängel sei ebenfalls auf die analytischen Belege ver- wiesen. Die Versuchsanstellung ist zu Anfang des III. Abschnittes eingehend besprochen worden, sodaß ich mich hier kurz fassen kann. Tabelle V. Nr. A. Die Schimmelpilze. Aspergillus niger. Nährlösung. 100 bezw. 50 ccm NH3- freies dest. Wasser. Dextrose 5 7» CaCOg 0,01 7„ KH,PO, 0,1 7u bezw. l7o NaCl 1 „ ■* ' " " > Spuren MgSO, 0,027o FeSOj Kulturen teils in ruhender Luft unter Glocken, teils durchlüftet. 100 ccm f während 40 Tagen „ .,. . . \ von N -Verbindung, freie 100 „ Kontrollvers., vor dem Sterilisieren geimpft ( j^^j^ durchgesogen. r 53 Tage unter Glocken Nr. 2. 50 ccm | in ruhender Luft; ,, 2x. 50 ,, Kontrollvers., vor dem Sterilisieren geimpft I Zutr. von N- Verbindung. ausgeschlossen. Nr. 3. lOOccm 17„KH,P0, f ^1'!''"^^^ "^^^'Z . . . < von N -Verbindung, freie „ 3x. 100 „ desgl., Kontrollvers., vor d. Sterihs. geimpft [ Luft durchgesogen. Resultate '). Nr. 1 X = 0,8775 mg N (4) „ 2 X = N-frei (G) „ 3 X = 1,2067 ragN"). 1. Ix. Nr. 1 (3) 41 Tage Nr. 2 (5J 53 Tage Nr. 3 (7) 55 Tage Trockengew. d. Mycels 106,3 mg 37,2 mg 75 mg N-Gehalt des Mycels . 0,7010 mg = 0,667o 0,5616 mg =1,45% 0,7024 mg=0,947„ N-Gehalt der Nährlösg 3,5100 „ ') 0,0000 „ 3,3696 „ Gesamtgehalt an N . 4,2110 mg 0,5G16 mg 4,0720 mg N-Gehalt d. Kontrollvers 0,8775 „ 0,0000 „ 1,2067 „ -) N-Gewinn 3,3335 mg 0,5616 mg 2,8653 mg Verarbeitete Dextrose 1220 mg nicht bestimmt 1971 mg Ass. N für 1 g verarb Dextrose 2,71 „ j) ■>■> 1,45 „ 1) Die eingeklammerten Zahlen verweisen auf die entsprechenden Analysen im folgenden Abschnitt. 2) Kontrollversuch 3x ist verunglückt; daher wurde das Ergebnis des Kontroll- versuches 1 X auf 55 Tage berechnet und in Abzug gebracht. 3) Der relativ hohe N-Gehalt der Nährlösung rührt davon her, daß das Mycel zuerst dekantiert wurde, wodurch natürlich die meisten Sporen ins Filtrat gerieten. 382 Charlotte Ternetz, In den Kulturen 1 und 3 bilden sich innerhalb 8 Tagen Conidien, in 2 etwas später; Kultur 3 wies aber mehr Conidien auf, als Kultur 1, was vielleicht dem höheren Phosphatgehalt zuzusehreiben ist. Aus Tabelle V ergeben sich folgende Tatsachen: 1. Aspergillus niger gedeiht in N-freien Nährlösungen, ob die- selben durchlüftet werden oder nicht. Doch ist das Wachstum in den durchlüfteten Kulturen 2 — 3 mal so stark. Relativ hoher Phosphatgehalt scheint die Bildung von Trockensubstanz ungünstig zu beeinflussen. 2. Je höher das Trockengewicht ist, um so geringer fällt sein prozentualer Stickstoffgehalt aus. 3. Der absolute Stickstoffgewinn ist außerordentlich gering, namentlich in den nichtdurchlüfteten Kulturen. Doch findet auch hier unzweifelhafte Stickstoffassimilation statt. 4. Das günstigere Ergebnis der durchlüfteten Kulturen ist jedenfalls nicht nur der reichlicheren Sauerstoff-Versorgung zu- zuschreiben, sondern auch der Zufuhr geringer Mengen gebundenen Stickstoffes. Daß der Pilz aber auch ohne diesen sich zu ent wickeln vermag, beweisen die Kulturen in ruhender Luft. Aspergillus niger und Penicillium glaucum. Tabelle VI. Nährlösung. 5ü ccm NHj-freies dest. Wasser. Dextrose 5% CaCO^ 0,01% KH.PO. 0,47„ NaCl { MgSO, 0,0027o FeSOj Kulturzeit 28 Tage. Nr. 4. Aspergillus niger l unter Glocken in ruhender „ 4 a. Penicillium glaucum | Luft. N -Verbindungen der „ 4 X. Kontrollversuch, vor dem Sterilisieren geimpft J Luft ausgeschlosssen. Resultate. 4x = N-frei (8). Nr. 4 (9) Nr. 4 a (10) Trockengewicht des Mycels 17,4 mg 7,5 mg N -Gehalt des Mycels 0,4212 mg = 2,42"/« 0,2106 mg = 2, S"/» Nährlösung N-frei N-frei Verarbeitete Dextrose ...... 596 mg 359 mg Assim. N pro 1 g verarb. Dextrose . . 0,707 mg 0,587 mg In beiden Kulturen im Verhältnis zu den armseligen Mycelien ziemlich reichliche Conidienbildung. > Spuren Über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 383 Tabelle VII. Nährlösung. 100 ccm NH3- freies dest. "Wasser. Dextrose 7% Ca CO., 0,01 % KH.,PO, 0,5 "/o NaCl MgSO, 0,01 7o FeSO, Kulturzeit 28 Tage. Nr. 5. Aspergillus niger 1 T> . .„. , Von N -Verbindungen freie Luft „ 5 a. Fenicilliiim glaucum \ ,, 5x. Kontrollversuch, vor dem Sterilisieren geimpft J Resultate. Kontroll versuch 5x nicht brauchbar, -weil verunreinigt. Nr. 5 (11) Nr. 5 a (12) Trockengewicht des Mycels 48,8 mg 28,3 mg N -Gehalt des Mycels 1,0530 mg = 2,15 "/„ 1,4040 mg = 4,96 % N- Gehalt der Nährlösung 0,8424 „ ') 1,4040 „ 'j Gesamtgehalt an N 1,8954 mg 2,8080 mg Verarbeitete Dextrose 1105,6 mg 740,8 mg Assim. N pro 1 g verarb. Dextrose . . 1,71 „ 3,8 „ In Tabelle VII ist möglicherweise der Gesamtgehat an Stickstoff etwas zu hoch angegeben, da der Kontrollversuch nicht in Abzug gebracht werden kann. Legt man den Kontroll versuch 1 x Tabelle V zugrunde, und nimmt man an, die Absorption der in der Luft enthaltenen N -Verbindungen verlaufe proportional der Durchlüftungszeit, so wären bei 5 und 5 a 0,1775 mg in Ahrechnung zu bringen und die Menge des ge- bundenen Stickstoffes pro 1 g verarbeiteter Dextrose = 1,55 bezw. 3,55 mg zu setzen. Den Tabellen VI u. VII entnehmen wir folgende Tatsachen: 1. Auch Penicillium glaucum ist in durchlüfteten wie nicht- durchlüfteten Kulturen zur Bindung des atmosphärischen Stick- stoffes befähigt, allerdings ebenfalls in sehr geringem Grade. 2. Die durchlüfteten Kulturen erweisen sich wiederum als für die Entwicklung viel günstiger. 3. Penicülium glaucum bildet unter den gebotenen Bedin- gungen nur halb soviel Trockensubstanz, wie Aspergillus niger. 4. Auch Penicillium glaucum kann, obgleich nur kümmerlich, ohne gebundenen Stickstoff fortkommen. Vergleichen wir die Aspergillus -KnUnTen von Tabelle VI u. VII mit denjenigen der Tabelle V, so scheint sich hieraus eine Bestätigung der (S. 382) ausgesprochenen Ver- mutung zu ergeben, daß höherer Phosphatgehalt die Bildung von Trockensubstanz beein- trächtigt. Berechnet man die Trockengewichte der verschiedenen Kulturen auf die gleiche Zeitdauer, so findet man folgende Verhältnisse: 1) Nährlösung abfiltriert, ohne zu dekantieren. 384 Charlotte Ternetz, Kulturen in ruhender Luft, 53 Tage alt. Nr. 2. 50 ccm Nährlösung, 5 7» Dextrose 0,1 "^ ^112^04 37,2 mg Trockensubst. Nr. 4. 50 „ „ 57o „ 0,4 7« „ 34 „ „ berechnet Durchlüftete Kulturen. Nr. ]. 100 ccm Nährlösung, 57« Dextrose 0,l7oKH,PO, 106,2 mg Trockensubst. Nr. 5. 100 „ „ 77o „ 0,5 7o „ 73,2 „ „ [ be- Nr. 3. 100 „ „ 5 7c, n 1 7o „ 55,9 „ „ J rechnet Die Zahlen gelten natürlich nur unter der Voraussetzung, daß die Bildung der Trockensubstanz der Zeitdauer proportional sei. Diese Annahme ist aber erst durch den Versuch zu bestätigen. Aus den oben angeführten, allerdings wenig zahlreichen Ver- suchen ergeben sich folgende Tatsachen: Aspergillus niger und PeniciUium glaucum sind beide zur Bin- dung des molekularen Stickstoffes befähigt, allerdings nur in sehr geringem Grade. Im Gegensatz zu Puriewitsch ^) und in (teil- weiser) Übereinstimmung mit Saida^) ist Wachstum und Stick- stoffassimilation auch dann beobachtet worden, wenn gebundener Stickstoff in der Nährlösung fehlte. Die im großen und ganzen doch nur kümmerliche Entwick- lung der Mycelien in N-freien Nährlösungen, wie auch der Umstand, daß die Fähigkeit, den atmosphärischen Stickstoff zu binden, nur in sehr geringem Maße vorhanden ist, legen den Gedanken nahe, es handle sich hier um einen Notbehelf der beiden Organismen: Wenn kein gebundener Stickstoff vorhanden ist, verstehen sie es, sich auch mit molekularem Stickstoff zu behelfen. Das sehr viel bessere Gedeihen der beiden Schimmelpilze in durchlüfteten Kulturen ist, wie schon erwähnt, z. T. jedenfalls daraus zu erklären, daß die Nährlösungen trotz der Vorlagen sehr geringe Mengen von Stickstoffverbindungen aus der Luft absorbieren. Daneben mag aber auch die viel ausgiebigere Sauer- stoff-Versorgung eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Die Pilze bedürfen zur Festlegung des sehr inaktiven molekularen Stickstoffes natürlich mehr Energie, als zur Assimilation von Stick- stoff-Verbindungen. In durchlüfteten Kulturen ist aber, im Gegen- satz zu den nichtdurchlüfteten, der ungehinderte Sauerstoffzutritt zu allen Teilen des Mycels möglich, wodurch die Atmung, d. h. die Beschaffung von Energie, eine wesentlich ausgiebigere sein dürfte. 1) Puriewitsch, a. a. 0., S. 342. 2) Saida, a. a. 0., S. 107. über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 385 Ob der atmosphärische Stickstoff auch dann assimiHert wird, wenn das Substrat ausreichende Mengen von Stickstoffverbin- dungen enthält, habe ich nicht untersucht. Angesichts der offen- baren Schwierigkeit, den molekularen Stickstoff zu binden, ist a priori nicht einzusehen, warum die beiden Schimmelpilze sich mit dem gebundenen Stickstoff nicht begnügen sollten^). Bei Darbietung von kleinen Dosen von Stickstoffverbindungen hat Saida-) u.a. iär Aspergillus niger, Puriewitsch^) iüv Aspergillus niger und Penieillimn glaucum Stickstoff- Anreicherung gefunden. B. Die JPhotna- Arten. Um das verschiedene Verhalten der einzelnen Phoma-Arten bei der Kultur in N-freien Nährlösungen zu charakterisieren, finden sich in Tabelle VIII eine Reihe von Parallelkulturen zusammen- gestellt. Tabelle VIII. Nährlösung. 100 ccm NHa-freies dest, Wasser. Dextrose 7 7» Mg CO, 0,01 "/„ KH,PO, 0,57o NaCl 1 ^ * ' ° > Spuren MgS04 0,01 FeSO.i Kulturzeit 28 Tage. Von Stiekstoffverbindungen freie Luft in ununterbrochenem, langsamem Strom durchgeleitet. Nr. 1. Phoma raäicis Oxycocci, „2. „ „ Andromedae, „3. „ „ Vaccinii, „4. „ „ Tetralieis, „5. „ „ Ericas, „ 6 X. Kontrollversuch, vor dem Sterilisieren geimpft. Eesultate. Kontrollversuch Nr. 6x = 0,5616mgN (18). Nr. 1 (13) Nr, 2 (14) Nr. 3*) (15) Trockengew. des Mycels 87,2 mg 41,3 mg 21,6 mg N -Gehalt des Mycels. . 1,2636 mg= 1,457» 0,9828 mg = 2,387» 0,4914 mg= 2,277« N- „ der Nährlösg. 14,6016 „ 6,8796 „ 15,7248 „ Gesamtgehalt an N . 15,8652 mg 7,8624 mg 16,2162 mg N-Gehalt d. Kontrollvers. 0,5616 „ 0,5616 „ 0,5616 „ N-Gewinn 15,3036 mg 7,3008 15,6546 mg Verarbeitete Dextrose . 846,4 mg 668,5 mg 707 mg N-Gew.f.lgverarb.Dext. 18,08 „ 10,92 „ 22,14 „ 1) Saida, a. a. 0. S. 108. 2) Saida, a. a. 0. S. 112. 3) Puriewitsch, a. a. 0. S. 344. 4) Etwas durch Bakterien verunreinigt. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 25 386 Charlotte Ternetz, Nr. 4 (16) Nr. 5 (17) Trockengewicht des Mycels 177,2 mg') 324,6 mg') N-Gehalt des Mycels 0,7020 mg == 0,47„ 1,3338 mg = 0,41% N- Gehalt der Nährlösung 3,7908 „ 1,5444 „ Gesamtgehalt an N 4,4928 mg 2,8782 mg N-Gehalt des Kontroll Versuches 0,5616 „ 0,5616 „ N-Gewinn 3,9312 mg 2,3166 mg Verarbeitete Dextrose 1009,6 mg 1065,5 mg N-Gewinn pro 1 g verarheit. Dextrose . 3,99 „ 2,17 „ Die einzelnen PJi oma- Arten entwickeln sich in der angegebenen N- freien Nährlösung so ungleich, daß die Verschiedenheit der Spezies — mit zwei Ausnahmen — mit bloßem Auge leicht er- kennbar ist. Phoma rad. Oxycocci (l) und Phoma rad. Tctralicis (4) bilden schon nach 3 Wochen dichte, schwarze, gallertige Watten ; doch weist die erstere Art sehr zahlreiche, letztere relativ wenig oder auch gar keine Pykniden auf. Phoma rad. Tetralicis (4) ist überdies viel stärker gallertig, als die anderen Arten. Phoma rad. Andromedae (2) und Phoma rad. Vacc. (3) bilden ein bedeutend schwächeres, hellbraunes Mycel, das ganz submers bleibt, aber eine große Zahl von Pykniden aufweist. Diese beiden Arten lassen sich unter den gegebenen Kulturbedingungen makro- skopisch nicht voneinander unterscheiden. Phoma rad. Ericae (5) endlich bildet einen hellbraunen Mycel- schleier, in welchem sehr zahlreiche, schwarzbraune Knötchen ein- gelagert sind, die sich bei mikroskopischer Untersuchung als lose Conglomerate von Pykniden herausstellen. Phoma rad. Tetralicis (4) und Phoma rad. Ericae (5) scheinen übrigens unter den gegebenen Bedingungen und in der gegebenen Kulturzeit (4 Wochen) die Sporen nicht ausreifen zu können (vgl. S. 368). Der Tabelle VIII entnehmen wir folgende Ergebnisse: 1. Alle 5 P/«oma- Arten gedeihen in N-freier Nährlösung, doch bestehen bezüglich der Bildung von Trockensubstanz sehr bedeutende Unterschiede^). 1) Trockengewicht etwas zu hoch, da leider nicht alle Dextrose ausgewaschen worden war. 2) Das Trockengewicht von Ph. rad. Vacc. (3) ist ahnormal niedrig, da sonst in 4 "Wochen 70 — 90 mg Trockensubstanz erzielt werden. Die Ursache ist jedenfalls in der geringen bakt. Verunreinigung zu suchen, gegen welche der Pilz, wie die übrigen Photna-Arteu, sehr empfindlich ist. über die Assiiiiilatioii des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 387 2. Je höher das Trockengewicht ist, umso niedriger fällt im allgemeinen sein prozentualer Stickstoffgehalt aus. 3. Die Menge des gesamten assimilierten Stickstoffes ist un- abhängig von der gebildeten Trockensubstanz. Die beiden Phoma- Arten, die das höchste Trockengewicht aufweisen, haben am wenigsten Stickstoff gebunden. 4. Der assimilierte Stickstoff ist stets nur zum kleinsten Teil im Mycel enthalten; der Hauptertrag findet sich in der Nährlösung. 5. Der absolute Stickstoffgewinn ist, wie der Dextrosever- brauch, nur gering. Nach den in Tabelle VIII zusammengestellten Ergebnissen kann ich der Ansicht von J. Vogel') und B. Heinze''') nur bei- stimmen, daß von der Üppigkeit des Wachstums in N-freien Nähr- lösungen nicht ohne weiteres auf die Stickstoff binden de Energie des betreffenden Organismus geschlossen werden darf. Der im allgemeinen sehr niedrige Stickstoffgehalt der Mycelien und der relativ große Stickstoffreichtum der Nährlösungen rührt davon her, daß die sehr kleinen Pyknosporen das Filter passieren und in die Nährlösung übertreten^). Dadurch wird natürlich das Mycel seiner stickstoffreichsten Teile berauht. Denn wie bei Äzotobacter^), wird auch bei den untersuchten Pilzen der assimilierte Stickstoff lediglich iin Körjier des Organismus fest- gelegt. Wenn daher der Stickstoffgehalt in Prozenten des Trocken- gewichtes ausgedrückt werden soll, so ist der gesamte gebundene Stickstoff in Betracht zu ziehen. Dann ergehen sich sogar noch wesentHch höhere Zahlen, als bei den Bakterien. Bei Azotohader beträgt der Stickstoffgehalt 10 — 12 7o des Trockengewichtes, bei Phoma rad. Andromedae und Phoma rad. Oxycocci unter den ge- gebenen Bedingungen 17 und 18 7o. In Tabelle IX (S. 388) finden wir die untersuchten Pilze mit einigen der stickstoffbindenden Bakterien zusammengestellt. Ein Blick auf die fünfte Zahlenreihe der Tabelle IX ergibt die große Überlegenheit von Clostridium Pastorianum und Azotohader 1) J.Vogel, Centralbl. f. Bakt. 1906, IL Abt., Bd. 1.5, S. 17.5. 2) B. Heinze, Annales Mycologici. 190G, Bd. 4, S. 52. 3) Ch. Ternetz, a. a. 0., S. 272. 4) Gerlach und Vogel, Centralbl. f. Bakt., 1902, IT. Abt., Bd. 9. 5j B. Heinze, a. a. 0., S. CO. 25* S88 Charlotte Ternetz, chroococcum bezüglich der Fähigkeit, den atmosphärischen Stickstoff zu binden. Clostridium Americanum dagegen nähert sich in dieser Beziehung ganz der Phoma rad. Ändromedae, die unter den unter- suchten Arten punkto Stickstoffbindung etwa die Mitte hält. Tab eile IX. 1. 2. 3. 4. 5. 6. Name des assimilierend Organismus Dauer ei des Ver- suches Gebotene Dextrose Ver- arbeit. Dextr. N-Ge- winn Ass. N pro 1 g verarb. Dextr. Bemerkungen Tage S /o g mg mg Clostrid. Pastorianun ,•) 20 40 4 40 53,6 1,34 11 n ') 20 20 2 20 24,4 1,22 Clostrid. Ävieric") . 30 1,25 0,25 1,25 4,G 3,7 n n ' • 30 5 1 3,01 8,2 3,01 Azotohacicr chrooc. ^j 35 5 0,5 5 42,7 8,5G Mittel aus 2 Best. 1) r / 35 12 1,2 12 127,9 10,GG Aspergillus niger*) . 28 7 7 ',1 1,9 1,71 Penicillium glauc. *) 28 7 7 0,7 2,8 3,8 Phoma rad. Oxyc.^) 28 7 7 0,85 15,3 18,08 Phoma rad. Andr.^y 28 7 7 0,67- 7,3 10,92 y Phoma rad. Vaec.^) 28 7 7 0,71 15,7 22,14 nicht ganz bak- terienfrei Phoma rad. Tetr.^) 28 7 7 1 4 3,99 Phoma rad. Erieae^) 28 7 7 1,1 2,3 2,17 Betrachten wir aber das Verhältnis des assimilierten Stick- stoffes zur verarbeiteten Dextrose, wofür sich der zahlenmäßige Ausdruck jeweilen in der sechsten Kolonne findet, so ändert sich die Sachlage sehr wesentlich: Drei von den untersuchten Phoma- Arten stehen obenan, dann folgt erst Azotohader chroococcum, während Clostridium Pastorianum am Ende der Reihe steht, also sogar noch hinter den Schimmelpilzen zurückbleibt. Die untersuchten Pilze arbeiten demnach weit weniger energisch, als die typischen Stickstoffsammler, Clostridium Pastorianum und Azotohacter chroococcum, während sie dem Clostrid. Americanum zum Teil überlegen sind. 1) Winogradsky, Centralbl. f. Bakt., 1902, IL Abt., Bd. 9, S. 53 u. 54. 2) H. Pringsheim, Centralbl. f. Bakt., 1906, II. Abt., Bd. 16, S, 795. 3) Verlach u. Vogel, Centralbl. f. Bakt., 1902, IL Abt., Bd. 9, S. 818. 4) Vgl. Tabelle VII dieser Arbeit. 5) Vgl. Tabelle VIII dieser Arbeit. über die Assimilation des atmosphärischeh Stickstoffes durch Pilze. 389 Von den drei angeführten Bakterien arbeitet Azotohacter chro- cocctim weitaus am ökonomischsten; doch steht ihm in dieser Be- ziehung eine der fünf Fhoma- Arten gleich und zwei weitere über- treffen ihn sogar ganz bedeutend. Am ungünstigsten stellt sich das Verhältnis des assimilierten Stickstoffes zur verarbeiteten Dex- trose bei Clostridium Pastorianum, was ohne Zweifel mit der streng anaeroben Lebensweise dieses Bakteriums zusammenhängt. Alle übrigen in Tabelle IX angeführten Organismen, auch Clostr. Ame- ricanum, wachsen aerob, verstehen es also, den Sauerstoff der Luft als Energiequelle zu benutzen. Clostr. Fast, dagegen schöpft die zur Stickstoff -Assimilation erforderliche Energie einzig aus der Spaltung des gebotenen Zuckers. Es ist daher erklärlich, daß dieses anaerobe Bakterium bei der Festlegung von 53,6 mg Stick- stoff 40 g Dextrose verarbeitet, während Azotoh. chrooc. zur Bindung von 128 mg Stickstoff mit 12 g Dextrose auskommt. Azotohacter deckt eben seinen Energiebedarf z. T. durch die Sauerstoff- Atmung, was natürlich eine entsprechende Ersparnis an Zucker bedeutet. Noch ökonomischer in bezug auf den Zuckerverbrauch als Azotoh. chrooc. arbeitet ein anderer, ebenfalls streng aerober Orga- nismus, der Bacillus radieicola. Nach den schönen Untersuchungen von Maze^) assimilieren die Knöllchenbakterien in Reinkulturen auf festem Substrat und bei Darbietung von ca. 3,5 g Saccharose in 15 Tagen durchschnittlich 44 mg Stickstoff"). In Nährlösungen werden pro 1 g verarbeiteter Saccharose im günstigsten Fall 11,6 mg Stickstoff gebunden^). Allerdings muß dabei betont werden, daß die Verbrennungswärme des Rohrzuckers größer ist, als die des Traubenzuckers, ferner, daß Maze der Nährlösung Eiweiß zugesetzt hat, das vermutlich kohlehydrat- sparend wirkte. Aber auch im Vergleich mit diesem sparsamsten unter den stickstoffbindenden Bakterien behaupten zwei der Pyknidenpilze den Vorrang: Fhoma rad. Oxyc. assimiliert 18 mg, Fhoma rad. Vacc. sogar 22 mg*) Stickstoff pro 1 g verarbeiteter Dextrose. 1. M. Maze, Fixation de l'azote libre par le bazille des nodosites des leguniineuses. Ann. de l'Inst. Pasteur, 1897, t. 11, p. 44. Derselbe, Les microbes des nodosites des legumineuses. Ann. de l'Inst. Pasteur, 1898, t. 12, p. 1, 128. 2) Mittel aus Experiment I u. II, Maze a. a. 0., 1897, p. 48 u. 49. 3) Nach Maze a. a. 0., 1898, p. 7, berechnet. 4) Der durch Phoma rad. Vacc. erzielte hohe N-üelialt ist möglicherweise unter Mithilfe von Bakterien zustande gekommen; die bez. Zahlen sind also mit Vorbehalt auf- zufassen. Daß aber Phoma rad. Vacc. tatsächlich zu relativ hoher N-Bindung befähigt ist, beweisen die später (S. 391) zu besprechenden einwandfreien Versuche. 390 Charlotte Ternetz, Die relativ günstige Stellung der Phoma- Arten und der Schimmelpilze in Kolonne 6, Tabelle IX erklärt sich aus dem sehr geringen Dextroseverbrauch (Tabelle IX, Kolonne 4). Von den in der Nährlösung enthaltenen 7 g Dextrose werden nur 9 — 15 Vo ver- arbeitet, während die Bakterien im günstigsten Fall 60 — 68 7o (Clostr. Amer., Baeül. rad.), meistens aber die gesamte zur Ver- fügung stehende Zuckermenge zersetzen. Dieses verschiedene Ver- halten erklärt sich leicht aus dem Umstände, daß die Pilze, im Gegensatz zu den Bakterien, die Dextrose nicht vergären. Nun wird man aber mit Recht fragen, warum denn den Pilzen in den Nährlösungen überhaupt so viel Zucker geboten wurde, da sie doch offenbar sehr haushälterisch damit umgehen. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, daß die Dextrosekonzentration den absoluten Stickstoffgewinn wesentlich beeinflußt. Als Beweis diene Tabelle X. Tabelle X. Nährlösung. 100 ccm NH3- freies dest. Wasser. Dextrose 2, 4, 6, 8, 10 7o • • • • CaCOa 0,01"/o KHjPO, 0,57o NaCl 1 „ l ) Spuren MgSO, 0,Ol7o FeSOj Kulturzeit 28 Tage. Von N -Verbindungen freie Luft in* langsamem Strom durchgeleitet. Nr. 1 . Phoma racl. Oxycocci 2 7o Dextrose „ „ 4 „ „ I Resultate wertlos, da nicht alle Dextrose „ „ 6 „ „ J aus dem Mycel gewaschen wurde. 3. 4. 5. 6x. 10 „ 5 „ „ vor dem Sterilisieren geimpft. Resultate. Kontrollversuch 6x = 1,6848 mg N (19) Nr. 1 (20) Nr. 4 (21) Nr. 5 (22) Trockengew. des Mycels 30 mg 74,2 mg 79 mg 0,3510 mg=l,177o 1,4742 mg=l,997o 1,8954 mg= 2^4 7^ 5,0544 „ 13,8996 „ 8,3117 „ N-Gehalt des Mycels . N-Gehalt der Nährlösg Gesamtgehalt an N . N-Geh. d. Kontrollvers N-Gewinn Verarbeitete Dextrose N-Gew. f . 1 g verarb. Dext 5,4054 mg 15,3738 mg 10,2071mg 1,6848 „ 1,6848 „ 1,6848 „ 3,7206 mg 13,6890 mg 8,5223 mg 181 mg 845,6 mg 720 mg 20,55 „ 16,2 „ 11,83 „ Von den fünf in Tabelle X angeführten Parallelkulturen trat die rascheste Ent- wicklung ein bei Nr. 3 (67o Dextrose), die langsamste bei Nr. 5 (107o Dextrose). Nach 3 Wochen aber hatte eine Verschiebung stattgefunden in dem Sinne, daß mit zunehmendem Zuckergehalt auch die Mycelmasse mächtiger geworden war. Die Kulturen Nr. 1 und über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 391 Nr. 2 (2 und 4% Dextrose) blieben ganz submers; in den übrigen bildete sich trotz der Durchlüftung Oberflächenmycel und zwar um so mehr, je höher die Dextrosekonzen- tration war. Pyknidenbildung trat besonders reichlich bei Nr. 4 (6% Dextrose) und Nr. 5 (87o Dextrose) ein. Der Tabelle X entnehmen wir folgende Tatsachen: 1. Die Bildung von Trockensubstanz nimmt, ceteris paribus und innerhalb der gegebenen Grenzen mit steigender Dextrose- konzentration zu. 2. Die Assimilation des atmosphärischen Stickstofl'es erreicht bei ca. 8% Dextrose ihr absolutes Maximum'). 3. Das relative Maximum der Stickstoffbindung fällt mit dem niedrigsten Dextrosegehalt zusammen. Je weniger Zucker dem Pilz geboten wird, um so haushälterischer geht er damit um. Daß solche Versuchsreihen zuweilen auch von den obigen ab- weichende Ergebnisse zutage fördern können, liegt auf der Hand. Bei geringerem Phosphatgehalt z. B. verschiebt sich die optimale Konzentration der Dextrose nach oben (10%). Auch die indivi- duellen Schwankungen sind manchmal recht fühlbar, wie aus Ta- belle XI hervorgeht. Tabelle XL Nährlösung. 100 ccm NHg- freies dest. Wasser. Dextrose 57« CaCOj 0,01 7„ KH,PO, 0,1% NaCl \ MgSO, 0,57o FeSOj Kulturzeit 28 Tage. Von N -Verbindungen befreite Luft in langsamem Strom durchgeleitet. Nr. 1. Phoma rad. Vaccinü )i i ä* )i 11 1) „ 1 X. Kontrollversuch, vor dem Sterilisieren geimpft. Resultate. Kontrollversuch 1 x während des Durchlüftens verunglückt. Es wird daher der höchste bisher in einem Kontrollversuch gefundene N- Gehalt in Abzug gebracht. Nr. 1 (23) Nr. la (24) Trockengewicht des Mycels 97,5 mg 104,2 mg N -Gehalt des Mycels 0,5616 mg = 0,67o 0,6318 mg = 0,6 7o N- Gehalt der Nährlösung 10,8280 „ 8,0200 „ Gesamtgehalt an N 11,3896 mg 8,6518 rag N- Gehalt des Kontrollversuches . . . 1,6848 „ 1,6848 „ 9,7048 mg 6,9650 mg Dextroseverbrauch — *6* ™S Assim. N pro 1 g verarbeit. Dextrose . — 15 „ 1) Die Kulturen Nr. 2 und Nr. 4 hatten bedeutend weniger N gebunden. 392 Charlotte Ternetz, Die Stickstoff- Assimilation ist also verhältnismäßig recht be- trächthch, sodaß der in Tabelle VIII verzeichnete Ertrag von 15,6 mg N angesichts der höheren Dextrosekonzentration der Nähr- lösung möglicherweise doch durch den Pilz allein, ohne Mithilfe der geringen bakteriellen Verunreinigung erzielt worden ist. Nach allen bisher gemachten Erfahrungen ist Phoma rad. vaccinü die- jenige Art, die den Stickstoff am energischsten assimiliert. Bei einer Dextrosekonzentration von 5 7o vermag der am genauesten untersuchte Pyknidenpilz, Phoma rad. Oxycocci, in 28 Tagen bloß etwa 4 mg Stickstoff zu binden, während Phoma radicis Vaccinü in derselben Zeit durchschnittlich 8 mg fixiert. Es erübrigt nun noch zu untersuchen, ob eine geringe Zu- gabe von gebundenem Stickstoff zu der Nährlösung die Ent Wicklung der Pilze und die Bindung des Luftstickstoffes beeinflußt. Um diese Frage zu lösen, wurde der N- freien Nährflüssigkeit noch eine bestimmte Menge Rhododendronblätter-Dekokt zugesetzt. Die Ergebnisse dieses Versuches finden sich in Tabelle XII zu- sammengestellt. Tabelle XII. Nährlösung. 50 com NHj- freies (lest. Wasser, 50 ccm Rhododendronblätter-Dekokt. Dextrose 7 7« MgCO^ 0,0 l7o KHoPOi 0,5 7o NaCl 1 ^ - * ' '" > Spuren MgSO, 0,01 7„ FeSOj Kulturzeit 28 Tage. Von N -Verbindungen freie Luft in langsamem Strome durchgeleitet. Nr. 1. Phoma rad. Oxycocci, ,, 2. Phoma rad. Vaccinü, „ 3 a. Kontrollversuch, vor dem Sterilisieren geimpft. Resultate. Kontrollversuch Nr. 3x= 1,9374 mg N (25). Nr. 1 (26) Nr. 2 (27) Trockengewicht des Mycels 105,5 mg 74,2 mg N -Gehalt des Mycels 1,5865 mg = 1,5 7« 1,1653 mg = 1,6 7o N- Gehalt der Nährlösung 6,6268 „ 3,0326 „ Gesamtgehalt an N 8,2133 mg 4,1979 mg N- Gehalt des Kontrollversuches . . . 1,9374 „ 1,9374 „ N- Gewinn 6,2759 mg 2,2605 mg Dextroseverbrauch 872 mg 980,8 mg Assim. N pro 1 g verarbeit. Dextrose . 7,2 „ 2,3 „ Aus Tabelle XII entnehmen wir, daß der Zusatz von kleinen Stickstoffmengen in Form von Rhododendronblätter-Dekokt die über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 393 beiden Phoma-Arten entschieden ungünstig beeinflußt: Die Stickstoff- Assimilation wird wesentlich herabgedrückt und der Zuckerverbrauch gesteigert (vgl. Tabelle VIII). Damit ist natürlich nicht gesagt, daß Stickstoff- Verbindungen in anderer Form nicht doch eine Steigerung der Stickstoff-Assimi- lation bewirken können. Wenden wir uns noch kurz zur Besprechung der anaüroben Kulturen. Sie wurden mit Pyknidenpilzen ausgeführt, lediglich um zu ermitteln, ob sich die Bindung von molekularem Stickstoff auf diese Weise steigern lasse, und ob dabei die Zuckerarteu ver- goren würden. Die ersten Versuche wurden derart angestellt, daß durch die Kulturen statt eines Luftstromes ein Strom von Stickstoff strich. Der Stickstoff war nach der von Harcourt und Lupton^) ange- gebenen Methode hergestellt worden. Die Pilze entwickelten sich außerordentlich üppig; doch dürfen die Resultate nicht verwertet werden, da eine Nachprüfung des Gasometerinhaltes nach dem Li ebigschen Verfahren^) noch Beimengungen von Sauerstoff ergab. Bei den späteren Versuchen kamen die Kulturen unter große Glocken, die dem Rezipiententisch einer Wasserstrahlpumpe luftdicht aufsaßen und deren Sauerstoffgehalt durch Pyrogallol in alkal. Lösung absorbiert wurde. Die Versuchsanordnung ergibt sich aus umstehender schematischer Zeichnung (Fig. 6). Unter der dem Rezipiententisch luftdicht aufsitzenden Glocke befinden sich zwei Kulturen (AA) und ein Gefäß mit einer abgemessenen wässerigen Lösung von Pyrogallol (B). Die Glocke ist oben mittels eines durchbohrten Gummistopfens verschlossen, durch den ein Glasrohr in die Pyrogallol-Lösung hinabführt. Dieses Glasrohr ist oberhalb der Glocke rechtwinklig umgebogen und durch ein Gummistiick mit einem zweiten Glasrohr verbunden, das bis auf den Grund eines mit KOH -Lösung gefüllten Zylinders (C) eintaucht. Der Zylinder ist graduiert und enthält etwas mehr KOH -Lösung, als der Pyrogallol-Lösung in der Glocke entspricht. — Der Rezipiententisch ist einerseits mit der Wasserstrahl- pumpe, anderseits mit zwei Halbliter-Erlenmeyerkolben verbunden, von denen der eine (B) wässerige Pyrogallol-Lösung, der andere (C) eine entsprechende Menge Kalilauge enthält. Die beiden Erlenmeyerkolben sind mit doppelt durchbohrten Korken verschlossen, durch die je eine lange und eine kurze Glasröhre führen. Die beiden langen Röhren sind durch einen Kautschukschlauch verbunden. Sämtliche Verschlüsse werden mit einem Gemisch von gelbem Wachs und Kolophonium zugegossen. 1) Harcourt and Lupton, Referat. Arch. d. Pharmacie, 3. Reihe, Bd. 11, S. 453. Original: The Chicago Pharmacist, 1876, Vol. IX, Nr. 6, S. 196. 2) Fresenius, Quantitative ehem. Analyse II, S. 770 ff. 394 Charlotte Ternetz, Nun schließt man den Hahn 2 des Eezipienten, sowie den Quetschhahn 3 und evakuiert mit der Pumpe durch den geöffneten Hahn 1 bis auf '/lo Atmosphäre (Mano- meter in die Pumpe eingeschaltet), um die in der Nährlösung und in den Kolben ein- geschlossene Luft auszutreiben. Dann wird Hahn 1 geschlossen und Quetschhahn 3 ge- öffnet, wodurch natürlich die Kalilauge des Zylinders C in die Pyrogallollösung überfließt. Wenn soviel Lauge übergetreten ist, als der Pyrogallollösung unter der Glocke entspricht, wird Quetschhahn 3 geschlossen und Hahn 2 des Rezipiententisches ein wenig geöffnet. Der Luftdruck treibt nun die Kalilauge des Kolbens C langsam in den mit Pyrogallol beschickten Kolben B und sämtliche Luft, die in die Glocke eintritt, muß durch diese nun alkalische, d. h. absorptionsfähige Pyrogallol-Lösung streichen. Fig. 6. Dem angegebenen Versuch liegen folgende Berechnungen zugrunde: Nach Hempel') ist der zulässige Absorptionswert ^) eines Gemisches von 5 g Pyrogallol in 15 ccm Wasser -|- 120 g KOH in 80 ccm Wasser = 2 — 2V4 Volumen, d. h. 1 ccm der obigen Pyrogallol- Lösung absorbiert 2 — 2'/^ ccm Sauerstoff, bei Temperaturen von nicht unter 15" C. Inhalt der Glocke 4500 ccm, darin 21 Vol.-7o 0 = 945 ccm. Um diese zu ab- sorbieren, sind 472,2 ccm der von Hempel angegebenen Mischung notwendig. Es werden verwendet: 50 ccm Pyrogallol-Lösung, worin 17 g Pyrogallol und 450 ccm 60 "/o^ ige Kali- lauge, zusammen also 500 ccm. Die auf Vio Atmosphäre evakuierte Glocke enthält 450 ccm Luft mit 94,5 ccm Sauerstoff. Zur Absorption sind also erforderlich 47,25 ccm des Pyrogallol - Gemisches. Es werden 95 ccm verwendet (15 ccm Pyrogallol -|- 80 ccm KOH). Der Eest wird auf die beiden Erlenmeyerkolben verteilt: B erhält 35 ccm Pyrogallol-Lösung, C 370 ccm Kalilauge. An Stelle des absorbierten Sauerstoffes treten bei Atmosphärendruck natürlich 945 ccm Stickstoff, die in rund 1200 ccm Luft enthalten sind. Damit werden dem Pyrogallol weitere 252 ccm Sauerstoff zugeführt, also im ganzen 945 -j- 252 = 1197 ccm. Unter Annahme des äußersten zulässigen Absorptionswertes von 2V4 Vol. absorbieren die ge- botenen 500 ccm Pyrogallol aber nur 1125 ccm N. Der Versuch ist also nicht einwand- frei und es läßt sich daraus mit Sicherheit nur auf sehr geringes Sauerstoff- 1) W. Hempel, Gasanalytische Methoden. 3. Aufl., 1900. 2) Zulässiger Absorptionswert = der vierte Teil des empirisch bestimmten Wertes. über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 395 bedürfnis, nicht aber auf vollständige Anaerobiose schließen, trotzdem der Stickstoff in der Glocke etwas niedriger als Atmosphärendruck (ca 700 mm Hg) gehalten wurde und der empirisch gefundene Absorptionswert das Vierfache des den Berechnungen zugrunde gelegten theoretischen "Wertes beträgt. Derartige nicbtdurchlüftete „anaerobe" Kulturen wurden nur in geringer Zahl angelegt, da sich schon bei den ersten Versuchen herausstellte, wie unvergleichlich viel besser die Pilze bei Sauerstoff- zutritt gedeihen. So bildete z. B. Phoma racUcis Oxyc. in 8 Wochen bloß ca. 40 — 50 mg Trockensubstanz, während bei Luftzutritt das Trockengewicht 125 mg erreichte. Phoma rad. Vaec. wächst noch langsamer, vermag aber Pykniden zu bilden, was bei P/toma rad. Oxyc. nicht der Fall ist. Die Stickstoffbindung in den „anaeroben" Kulturen war eine äußerst geringe. Gärung trat niemals ein. Das gebotene CaCOs blieb unverändert. C. Znsamnieufassnug-. Von den Wurzeln fünf verschiedener Ericaceen sind fünf Pyk- nidenpilze isoliert und in dieser Arbeit als vorläufige neue Arten unter folgenden Namen angeführt worden : Phoma radicis Oxycocci, Ph. radicis Andromedae, Ph. radicis Vaccinii, Ph. radicis Tetralicis, Ph. radicis Ericae. Sämtliche fünf Phoma-Axien binden den atmosphärischen Stick- stoff, jedoch in sehr verschiedenem Grade. Die höchste Assimilationskraft besitzen Phoma radicis Vaccinii, Ph. radicis Oxycocci und Ph. radicis Andromedae. Diese drei Arten arbeiten zwar weit weniger energisch, als die meisten Stickstoff bindenden Bakterien, dafür aber viel ökonomischer: für 1 g verarbeiteter Dextrose werden 22, bezw. 18 und 11 mg Stickstoff fixiert. Von allen bekannten stickstoffbindenden Organismen liefern sie also den höchsten relativen Stick Stoff- Gewinn. Aspergillus niger und Penicillium glaucum sind ebenfalls zur Assimilation des freien Stickstoffes befähigt, jedoch nur in sehr geringem Grade. Sie stehen ungefähr auf gleicher Stufe mit den beiden übrigen Phoma -Krien: Ph. radicis Tetralicis und Ph. ra- dicis Ericae. Keiner der untersuchten Pilze bedarf zu seiner Entwicklung des gebundenen Stickstoffes. 396 Charlotte Teruetz, V. Analytische Belege. 1. Die chemischen Methoden. Wie aus dem vorhergehenden Abschnitt ersichtlich ist, sind die von den untersuchten Pilzen gebundenen Stickstoff- Mengen meist verschwindend klein im Vergleich zu dem durch Bakterien- tätigkeit erzielten Gewinn. Es fragt sich nun, ob wir imstande sind, mittels der Kjeldahl- schen Methode so geringe Stickstoffmengen mit genügender Sicher- heit nachzuweisen. Die Ansichten gehen in dieser Beziehung be- kanntlich weit auseinander. Da aber von dieser Frage alles abhängt, habe ich die Methode der Stickstoffbestimmung nach verschiedenen Richtungen hin auf ihre Genauigkeit geprüft und schicke den zu den Tabellen ge- hörigen analytischen Belegen eine Besprechung des angewendeten Verfahrens und der in Betracht kommenden Fehlerquellen vorauf. Die Stickstoffbestimmungen wurden ausnahmslos nach der in Hoppe - Seilers Phys. Chemie^) angegebenen Modifikation der Kjeldahlschen Methode ausgeführt. Der Verbrennung der orga- nischen Substanz ging auf offener Flamme im Kjeldahlkolben vor sich, unter Zusatz von 20 ccm (30 ccm) H2SO4 konz., I g CuSOi und 7 — 10 g K2SO4. Flüssigkeiten wurden vor Zusatz der Salze mit 20 ccm H0SO4 konz. eingeengt. Nach dem Erkalten wurde die Flüssigkeit mit NH3- freiem Wasser auf ca. 200 ccm gebracht und quantitativ in den kupfernen Destillationskolben übergeführt, dann ein Stückchen reines Zink zugesetzt, mit 80 — 100 ccm40Vo-iger Na OH alkalisch gemacht und in die mit Vio Normal-Schwefelsäure beschickte Vorlage überdestilliert. Für jede Analyse wurde der in den Reagenzien enthaltene Stickstoff" durch einen blinden Ver- such ermittelt und in Abzug gebracht. Bei dieser Methode sind folgende Fehlerquellen denkbar: 1. Unvollständiges Überführen des Stickstoffes der organischen Substanz in NH3. 2. Absorption von NH3 aus der Luft durch die Schwefelsäure und das destillierte Wasser. 3. Unvollständiges Überdestillieren des NH3. 1) Hoppe-Seilers Handbuch der physiologisch- und pathologisch - chemischen Analyse. 7 Aufl., Berlin 1903. über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 397 4. Ungenaue Bestimmung des Titers der '/lo Normallosungen. 5. Fehler der Büretten. 6. Unscharfer Farbenumschlag des Indikators. Die erste Fehlerquelle kommt für die vorliegende Untersuchung kaum in Betracht, da der Stickstoff der Eiweißkörper sich leicht in NHs überführen läßt'). Vorsichtshalber wurde aber nach be- endigter Verbrennung und vollständiger Klärung die Flüssigkeit stets noch ^li — V2 Stunde im Sieden erhalten. Der Absorption von NH3 durch die Schwefelsäure konnte nicht ganz vorgebeugt werden, trotzdem die H2SO4, in der üblichen Säureflasche verschlossen, unter einer Glocke aufbewahrt w^urde. die eine offene Schale mit Schwefelsäure enthielt. Der unvermeid- liche Fehler wurde aber jeweilen durch einen blinden Versuch er- mittelt und in Abzug gebracht. Das destilherte Wasser wurde in Flaschen aufbewahrt, die mit eingeschliffenen Glasstöpseln verschlossen waren. Trotzdem ließ sich nach ein paar Tagen regelmäßig ein geringer NH3- Gehalt nachweisen, der aber nach längerem Auskochen des Wassers wieder verschwand. Die nachfolgenden Versuche mögen als Belege dienen : a) Zu 100 ccm unausgekochtem dest. "Wasser, 2—4 Tage in verschlossener Flasche N N aufbewahrt, werden 15 ccm — H„SO. gegeben; zurücktitriert mit 14,9 ccm — Na OH 0,1 . 1,404 = 0,1404 mg N. 100 ccm unausgekochten dest. Wassers enthalten also 0,1404 mg N, aus absorbiertem NHg stammend. b) Zu .50 ccm ausgekochtem, in verschlossenem Gefäß erkaltetem Wasser (aus der N gleichen Flasche, wie in Versuch a) werden 10 ccm — H0SO4 zugesetzt; zurücktitriert N mit 10 ccm — Na OH. 10 Das ausgekochte Wasser ist also NHj-frei. c) Zu 150 ccm frisch dest. Wasser (l^ in verschlossener Flasche aufbewahrt) N N werden 20 ccm — H,SO. zugesetzt; zurücktitriert mit 20 ccm — Na OH. 10 - ^ ^ ' 10 Das frisch destillierte Wasser ist also NHj-frei. Bei den Analysen wurde deshalb stets mit der Möglichkeit einer NH3 -Absorption gerechnet, indem nur ganz frisch destilliertes Wasser zur Verwendung kam und die ersten Partien des Destillates verworfen wurden. In den relativ seltenen Fällen, wo ganz frisches 1) Fresenius, Quantitative ehem. Analysen. 1901, 6. Aufl., Bd. II, S. 728f, 398 Charlotte Ternetz, Wasser nicht zur Hand war, erfolgte vor Gebrauch Austreibung des etwa vorhandenen NH3 durch längeres Auskochen. Dem unvollständigen Überdestillieren des NH3 wurde durch starke Übersättigung mit Lauge und durch langes Destillieren vor- gebeugt. Es wurden jeweilen mindestens Vs der im Kupferkolben enthaltenen Flüssigkeit übergetrieben^). Das Destillat erkaltete, hermetisch verschlossen, unter einer Glocke, die eine Schale mit Schwefelsäure enthielt. Ganz besondere Sorgfalt wurde auf die Herstellung der titrierten Flüssigkeiten verwendet. Titriert wurde anfänglich mit ^/i, später ausnahmslos mit Vio-Normallösungen. Schwefelsäure und Natron- lauge wurden als Vi normal von Kahlbaum bezogen, mit NH3- freiem Wasser auf das 10 fache Volumen gebracht, der Titer der Schwefelsäure mit Na^ CO3 ^) in üblicher Weise nachgeprüft und event. korrigiert. Der Fehler betrug in der Regel 1 — 2 und nie mehr als 3—4 mg pro 1000 ccm, durfte also vernachlässigt werden. N N 1 ccm — H2SO1 entspricht = 1,404 mg Stickstoff. Die ~— Natron- N lauge wurde mit der - Schwefelsäure in genaueste Überein- stimmung gebracht. Zum Titrieren verwendete ich geeichte Geißler sehe Normal- büretten, die Ringgradierung und eine das Ablesen erleichternde Vorrichtung trugen. Vor Gebrauch wurden die Büretten natürlich mit einem Gemisch von K-2 Cr2 O7 -|~ Ha SO4 konz. sorgfältig gereinigt. Als Indikator diente eine sehr verdünnte Lösung (1 7oo) von Methylorange, das die angenehme Eigenschaft hat, auf CO2 nicht zu reagieren. Leider ist aber der Farbenumschlag, namentlich in Rot, kein scharfer, sodaß es zur exakten Titration einiger Übung bedarf. Deshalb stellte ich jedesmal vor dem Titrieren 2 Farbenmuster her: NH3- freies destilliertes Wasser wurde mit einem, seiner Menge entsprechenden, Indikatorzusatz und 1 — 2 Tropfen Vi 0 Normalsäure resp. Lauge versehen und während des Titrierens in einem bis zum Verschluß gefüllten Kolben aufbewahrt. Der Analyse der Pilzkulturen vorauf gingen eine Anzahl Ana- lysen mit Asparagin, von denen 2 als Beispiel angeführt werden mögen. 1) Fresenius, a. a. 0., II, S. 730. 2) Vor Gebrauch jedesmal bei dunkler Eotglut im Pt -Tiegel erhitzt. über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 399 a) 0,6224 g Asparagin krist. enthalten nach Berechnung 116,463 mg N = 18,710Vo. Gefunden wurden nach der Kjeldahl- schen Methode 18,441 7o. Fehler — 0,269%. b) 0,7191 g Asparagin krist. ergaben nach der Kjeldahlschen Methode 18,450 7o N. Fehler - 0,26 Vo- Die Analysen stimmten unter sich gut überein, ergaben aber zu niedrige Resultate, was z. T. daher rühren mag, daß das Aspa- ragin vor dem Abwägen nur im Exsikkator getrocknet wurde, also möglicherweise noch Luftfeuchtigkeit enthielt. Immerhin war das Resultat ein befriedigendes, zumal mittels der angewendeten Methode eher zu wenig als zuviel Stickstoff gefunden wurde. Nun hat Asparagin aber einen ziemlich hohen Stickstoffgehalt und überdies waren viel ansehnlichere Quantitäten verwendet worden, als Kjeldahl empfiehlt'). Die ersten probeweisen Analysen der Pilzkulturen dagegen ergaben außerordentlich geringe Mengen von Stickstoff. Um festzustellen, ob auch diese sich mittels der Kjel- dahlschen Methode noch nachweisen lassen, wurde folgender Ver- such gemacht: 0,0600 g Asparagin wurden mit der ehem. Wage abgewogen und mit NHs-freiem Wasser zu 200 ccm gelöst. Diese 0,03%-ige Lösung wurde hierauf in 6 Analysen untersucht, wie folgt: / 1 a. 50 ccm Asparaginlösung mit 15 mg Asparagin = 2,8065 mg N ■ l Ib. 50 „ „ „ 15 „ „ =2,8065 „ „ / 2 a. 10 ccm Asparaginlösinig mit 3 mg Asparagin ^ 0,561.S mg N ■ l 2b. 10 „ „ „3 „ „ =0,5613 „ „ ■ / 3 a. 5 ccm Asparaginlösung mit 1,5 mg Asparagin = 0,28065 mg N ■ ' 3b. 5 „ „ n li5 n n =0,28065 „ „ f 4 a. Blinder Versuch mit den Keagenzien ^ 4b. „ „ „ „ Die Flüssigkeiten der Versuchsreihe a waren mittels Meßkolben (50 ccm) und Pipetten, die der Versuchsreihe b mit der Bürette abgemessen worden. N N 1 a. 50 ccm — H,SO. vorgelegt, zurücktitriert mit 47,3 ccm — NaOH = 2,7 ccm gebund. 10 " 10 Ib. 50 „ „ „ „ „ 47,2 „ „ =2,8 „ 1. Mittel aus 2 Versuchen: 2,75 ccm gebunden. N N 2 a. 50 ccm — H.>SO. vorgelegt, zurücktitriert mit 48,9 ccm — NaOH=l,l ccm gebund. 10 " 10 2b. 50 „ „ „ „ „ 48,77 „ „ =1,23 „ 2. Mittel aus 2 Versuchen: 1,165 ccm gebunden. N N 3 a. 50 ccm — H, SO. vorgelegt, zurücktitriert mit 49,05 ccm —-Na OH = 0,05ccmgebund. 10 * 10 3b. 50 „ „ „ „ „ 49,1 „ „ =0,9 „ 3. Mittel aus 2 Versuchen: 0,925 ccm gebunden. 1) Fresenius, II, a. a. 0. 400 Charlotte Ternetz, N N 4 a. 50 ccm — HjSO^ vorgelegt, zurücktitriert mit 49,35 ccm --NaOH^O,65ccmgebund. 4b. 50 „ „ „ „ „ 49,2 „ „ =0,8 „ „ ') 4. Mittel aus 2 Versuchen: 0,725 ccm gebunden. 1. 2,75 — 0,725 ccm = 2,025 ccm: 2,025 • 1,404 = 2,8431 mg N statt 2,8065 mg. Fehler -(- 0,0366 mg. 2. 1,165 — 0,725 ccm = 0,440 ccm: 0,44 • 1,404 = 0,6177 mg N statt 0,5613 mg. Fehler -|- 0,0564 mg. 3. 0,925 — 0,725 ccm = 0,2 ccm: 0,2 • 1,404 = 2,2808 mg N statt 0,28065 mg. Fehler 4- 0,00015 mg. Aus diesen Versuchen folgt, daß sich mit der Kjeldahlschen Methode auch sehr kleine Mengen von Stickstoff mit annähernder Richtigkeit bestimmen lassen. Daß aber in diesem Fall peinlich genau gearbeitet werden muß, ist wohl selbstverständhch, da schon das kleinste Versehen relativ sehr große Fehler im Gefolge hat. Absolut sind die Fehler stets kleiner, als 0,1 mg. Eine wichtige Rolle bei den Analysen spielt der blinde Ver- such, der als Korrektiv für die stattgehabte NH3 -Absorption in Abrechnung gebracht werden muß. Nun fragt es sich aber, ob das jeweilige Ergebnis des blinden Versuches ohne weiteres als fest angenommen werden darf, oder ob Schwankungen stattfinden und innerhalb welcher Grenzen sie sich bewegen. Diese Frage sollten vier parallele Versuche mit den Reagentien entscheiden. 20 ccm II2SO4 konz., 1 g CuSO^, 7 g KjSO^ wurden wie üblich im Kjeldahlkolben erhitzt, nach dem Erkalten auf 200 ccm gebracht, quantitativ in den Kupferkolben über- geführt, ein Stückchen Zink zugesetzt, die Flüssigkeit mit 80 ccm 40''/o-iger Na OH alkalisch gemacht und destilliert. Die Ergebnisse waren folgende: N N 1. 50 ccm — HoSO. vorgelegt, zurücktitriert mit 49,35 ccm — NaOH 10 " 10 2. 50 „ „ „ „ „ 49,35 „ 3. 50 „ „ „ „ „ 49,35 „ 4. 50 „ „ „ „ „ 49,38 „ In drei von den vier Ftällen stimmten also die Resultate ganz überein, im vierten betrug die Abweichung 0,03 ccm der — Normallösung. Die Ergebnisse der blinden Versuche dürfen also un- bedenklich verwertet werden. 1) Eine so große Differenz zwischen zwei aufeinanderfolgenden blinden Versuchen war sonst nie zu beobachten (vgl. diese Seite, weiter unten). über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 40 1 Auf Grund der angestellten Versuche glaube ich mich zu dem Schlüsse berechtigt, daß sich die Kjeldahlsche Methode bei ge- wissenhafter Ausführung sehr wohl zur Bestimmung geringer Stickstoflfmengen eignet, daß aber die gefundenen Zahlen nur Näherungswerte sind. Die in der vorliegenden Arbeit aufgeführten Zahlen möchte ich nur in diesem Sinne aufgefaßt wissen. Nach dieser eingehenden Erörterung der chemischen Methode wollen wir uns nun der Analyse der Pilzkulturen zuwenden. Die in N-freien Nährlösungen gezogenen Kulturen wurden in der Regel nach 4 Wochen abgekoppelt, auf ihre Reinheit unter- sucht, dann mit ausgekochtem, siedendem Wasser Übergossen und alle Kolben, bis auf den gerade zu untersuchenden, im Autoklav bei 120° sterilisiert. Nach dem Erkalten wurden die Kolben mit gleichzeitig sterilisierten Korkpfropfen verschlossen, mit dem schon erwähnten Gemisch von Wachs und Kolophonium zugegossen und unter einer großen Glocke neben einer Schale voll Ha SO4 aufbewahrt. Aus der zu untersuchenden Kultur wurde die durch heißes Wasser verdünnte Nährlösung in einen wie üblich vorbereiteten Kolben abgegossen, das Mycel wiederholt mit heißem dest. Wasser gewaschen und dekantiert. Allfällig mitgerissene Mycelflöckchen wurden ruhig in der abdekantierten Flüssigkeit belassen. Wenn etwa 200 — 400 ccm (je nach dem Dextrosegehalt der Nährlösung) abgegossen waren, wurde das Mycel auf ein aschenfreies Filter ge- bracht, das zuvor bei 100 •* bis zur Gewichtskonstanz getrocknet worden war. Dann wurde mit der Pumpe abgesogen und noch mit ca. 100 ccm dest. Wasser nachgewaschen. Während des Filtrierens wurde der Trichter mit einem Uhrglas bedeckt. Das Filtrat wurde der abdekantierten Flüssigkeit in der Regel beigemengt und das Ganze auf ein bestimmtes Volumen ergänzt. Der Erlen- meyerkolben war zu diesem Zweck vor Gebraucti graduiert worden. Auf diese Weise erhielt ich einerseits die Hauptmasse des Mycels auf dem Filter, anderseits eine Art Filtrat, in dem aber kleine Mycelflöckchen nebst unzähligen Pyknosporen suspendiert waren. Wenn das Filtrat nicht sofort untersucht werden konnte, wurde es in der oben angegebenen Weise sterilisiert, verschlossen und aufbewahrt. Auf diese Weise wurde sowohl der Absorption von Jahib. f. wiss Botanik. XLIV. 26 402 Charlotte Tenietz, NHa aus der Luft, als auch der Verunreinigung durch Bakterien vorgebeugt ^). Das auf dem Filter aufgefangene Mycel wurde bei 100*^ bis zur Gewichtskonstanz getrocknet und sein Gewicht bestimmt. Daß aber die erhaltene Zahl nur einen Näherungswert darstellt, ist ein- leuchtend, angesichts der Methode, die zur Trennung von Nähr- lösung und Mycel angewendet wurde. Die kleinen Mycelflöckchen, die beim Abdekantieren mitgerissen wurden, und die Sporen, die das Filter passierten, verminderten das Trockengewicht, Anderseits ließen sich die in der Nährlösung entstandenen Niederschläge (An- wesenheit von Fe. Ca und Mg neben P2O5), sowie das gebotene CaCOs (MgCOs) mit Wasser natürlich nicht wegschaffen-). Ein allfälliger Stickstoffgehalt des aschenfreien Filters, das mit dem Mycel analysiert wurde, ließ sich durch die Kjeldahlsche Methode nicht feststellen (vgl. Analyse 2). Die Untersuchung der abdekantierten Nährlösung war sehr mühsam und zeitraubend, da der hohe Dextrosegehalt (5 — lOVo) durch das Wachstum der Pilze nur ganz wenig vermindert worden war (S. 388). Die Nährlösungen überschäumten daher leicht und die Verbrennung beanspruchte viele Stunden. Deshalb wurde je- weilen nur in einem kleinen Bruchteil der Nährlösung der Stick- stoffgehalt ermittelt und daraus der Gesamtgehalt berechnet, ein Verfahren, das nach meinen Untersuchungen über die Genauigkeit der Kjeldahl sehen Methode durchaus zulässig ist. Um das Verhältnis zwischen verarbeitetem Zucker und assimi- liertem Stickstoff feststellen zu können, wie dies Winogradsky^) für Clostrid. Pastorianum, Gerlach und VogeP) für Azotohacter chroococcum, Maze^) für Bacillus radicicola getan haben, wurde die vom Mycel abfiltrierte Nährlösung auf ihren Zuckergehalt ge- 1) Die Mycelien erschweren ihrer gallertigen Beschaffenheit wegen das Filtrieren ungemein; man kann einen ganzen Tag filtrieren, und doch noch Zucker im Rückstand finden. Daß dies der Fall ist, zeigt sich aher erst beim Trocknen (d. h., wenn es zu spät ist) durch das Braunwerden des Filters. Durch das Dekantieren mit heißem Wasser hingegen bringt man die Dextrose verhältnismäßig leicht und in kurzer Zeit weg. Na- türlich ist auch die Gefahr der NHg-Absorption bei stundenlangem Filtrieren größer, als wenn der ganze Prozeß bloß Yj — ^|^ Stunde beansprucht. 2) Auswaschen mit verdünnten Säuren ist nach meiner Erfahrung der NHg-Ab- sorption wegen nicht zulässig. 3) Winogradsky, Centralbl. f. Bakt. 1902, II. Abt., Bd. 9, S. 43ff. 4) Ger lach und Vogel, Centralbl. f. Bakt. 1902, IL Abt., Bd. 9. 5; Maze, Ann. de l'Inst. Pasteur. 1897, Bd. 11, 1898, Bd. 12. tiber die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 403 prüft. Zu diesem Zweck wurden dem Filtrat 25 ccm entnommen, mit Bleiessig geklärt, Pb, Fe, Mg und Ca durch NaoCOs aus- gefällt und das Filtrat auf ein bestimmtes Yolumen ergänzt. Wo nicht viel ungelöste organische Substanz in der Nährlösung ent- halten oder diese stark verdünnt war, wurde zuweilen auch nur durch ein doppeltes Filter filtriert. Je 25 ccm der so vorbereiteten Nährlösung wurden nach der gewichtsanalytischen Methode von Allihn ^), meistens nach der Kehlhoferschen-) Modifikation unter- sucht und aus dem Ergebnis der Dextrosegehalt der gesamten abfiltrierten Nährlösung berechnet. Bei Parallelkulturen mit ver- schiedenem Dextrosegehalt wurden die Nährlösungen derart ver- dünnt, daß alle prozentualiter annähernd gleichviel Zucker und stets weniger als 1 "/o enthielten. Natürlich erheben aber auch die Dextrosebestimmungen keinen Anspruch auf absolute Genauigkeit, da die zu den Nährlösungen verwendeten Substanzen nur mit der Handwage abgewogen wurden. Zudem nimmt die Dextrose ziemlich viel Feuchtigkeit aus der Luft auf^), wird also, je nach der Be- schaffenheit der Luft, größeren oder geringeren Wassergehalt besitzen. Über den Grad von Genauigkeit, den die angeführten Dextrose- bestimmungen beanspruchen dürfen, geben die folgenden Versuche Aufschluß : 1. Allihnsche Methode*). 0,5622 g luftfeuchte Dextrose zu 100 ccm gelöst. 25 ccm fällen 306,5 mg CugO = 272,16 mg Ca = 141,1 mg Dextrose. 100 ccm enthalten also 564,4 mg statt 562,2 mg. Fehler = + 2,2 mg = 0,4%. 2. Kehlhofersche Modifikation*). 25 ccm einer Dextroselösung fällen 104,8 mg Cug 0. Daraus berechnet: 93,0 mg Cu = 47,4 mg Dextrose. Nach Keduktion und Erkalten im H-Strom gewogen =^ 92,8 rag Cu^47,4 mg Dextrose. 2. Zahlenbelege. Bemerkungen. Um einer unnötigen Verschwendung der titrierten Flüssigkeiten vorzubeugen, wurden zu dem vorgelegten Volumen von '/lo ^"ornialsäure stets noch 50 bis 100 ccm (je nach größerem oder geringerem Quantum der Säure) NH3- freies dest. 1) Fresenius, a. a. 0., II, S. 595. 2) G. Amhühl, Zur gewichtsanal. Zuckerbestimmung nach Felilng- Allihn. Che- miker-Zeitung, 189 7, Nr. 16. 3) Luftfeuchte Dextrose = 1,9730 g, bei 100 " bis zur Gewichtskonstanz getrocknet = 1,8331 g. Wasserverlust = 0,1399 g = 7 "/o «^c luftfeuchten Dextrose. 4) CugO-Ausfällung sehr gut auswaschen! 26* 404 Charlotte Ternetz, "Wasser zugesetzt. — Der verschiedene N- Gehalt der blinden Versuche rührt z. T. daher, daß die konz. Schwefelsäure von verschiedenen Bezugsquellen stammt, z. T. aber daher, daß (in Übereinstimmung mit den Analysen) bald 20, bald 30 com H2SO4 zur Verbrennung im Kjeldahl-Kolben verwendet wurden. Sämtliche Zahlen, auch die Titerwerte, wurden vor der Drucklegung nochmals nachgerechnet. 1. Analyse der Nährstoffe. 4,5 g Dextrose, 0,15 g KH2PO4, 0,03 g MgSOj, 1,5 g CaCOg, (Na Gl + FeSOJ Spuren. 20 ccm N/10 HoSOi vorgelegt, zurücktitriert mit 19,8 ccm N/n, NaOH. 0,2 • 1,404 = 0,2808 mg N Blinder Vers. = 0,2808 „ „ Nährstoffe = 0,0000 mg N. 2. Analyse der asehenfreien Filter. 20 ccm N/joHoSOi vorgelegt, zurücktitriert mit 19,8 ccm N/joNaOH. 0,2 • 1,404 = 0,2808 mg N Blinder Vers. = 0,2808 „ „ Filter = 0,0000 mg N. 3. Mycel = 106,3 mg, 10 ccm N/i„ H2SO4 vorgelegt, zurücktitriert mit 9,1 ccm N/ioNaOH. 0,9 • 1,404 = 1,2636 mg N Blinder Vers. = 0,5616 „ „ Mycel = 0,7010 mg N. Nährlösung'): 35 ccm der auf 350 ccm gebrachten Flüssigkeit untersucht. 10 ccm N/ioHoSO^ vorgelegt, zurücktitriert mit 9,35 ccm N/ipNaOH. 35 ccm = 0,65 • 1,404 = 0,9126 mg N — 0,5616 = 0,3510 mg N, 350 ccm = 3,5100 mg N. Dextrose. 50 ccm des auf 350 ccm gebrachten Filtrates werden auf 150 ccm ergänzt. 25 ccm davon fällen 175,8 mg Cu = 90 mg Dextrose. Filtrat = 7 • 6 • 90 = 3780 mg Dextrose. Verarbeitet: 5000 — 3780 mg = 1220 mg. 4. 10 ccm der auf 125 ccm gebrachten Flüssigkeit untersucht. 10 ccm N/joHjSOi vor- gelegt, zurücktitriert mit 9,55 ccm N/m NaOH. 0,45 • 1,404 = 0,6318 mg N — 0,5616 = 0,0702 mg N'O. 12,5 • 0,0702 = 0,87 75 mg N. 5. Mycel = 37,2 mg. 16 ccm N/i^ H, SO^ vorgelegt, zurücktitriert mit 15,1 ccm. 0,9 . 1,404 = 1,2636 mg N — 0,7020 = 0,5616 mg = 1,45 7o- Nährlösung. 10 ccm der auf 150 cem gebrachten Flüssigkeit untersucht. 12 ccm N/ioHaSOi vorgelegt, zurücktitriert mit 11,5 ccm N/,o NaOH. 0,5 • 1,404 = 0,7020 mgN — 0,7722 mg= 0. Nährlösung N-frei. 6. 10 ccm der unverdünnten Nährlösung (50 ccm) untersucht. 12 ccm N/joHoSO^ vor- gelegt, zurücktitriert mit 11,5 ccm N/i^ NaOH. 0,5 • 1,404 = 0,7020 mg N — 0,7722 = 0. Nährlösung N-frei. 7. Mycel =^ 75 mg. 20 ccm N/,o HjSO^ vorgelegt, zurücktitriert mit 18,9 ccm N/i(,NaOH. 1,1 • 1,404 = 1,5444 — 0,8420 = 0,7024 mg N = 0,947,. Nährlösung auf 300 ccm gebracht, davon 25 ccm untersucht. 20 ccm N/,o HjSOj vorgelegt, zurücktitriert mit 19,3 ccm. 0,7 • 1,404 = 0,9828 mg N — 0,7020 = 0,2808 mg. 300 ccm = 12 • 0,2808 = 3,3696 mg N. 1) Um Platz zu sparen, wird der blinde Versuch ohne besondere Nennung ein- fach in Abzug gebracht. 2) Fällt eigentlich in die Fehlergrenze (vgl. S. 400). über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 405 Dextrose. V12 (25 ccm) der auf 300 ccm gebrachten Nährlösung zu 100 ccm ergänzt, davon fällen 25 ccm = 124 mg Cu = 63,1 mg Dextrose. Filtrat = 4 • 12 • 63,1 = 3028,8 mg Dextrose. Verarbeitet: 5000 — 3028,8 = 1971,2 mg Dextrose. 8. 25 ccm der auf 125 ccm gebrachten Nährlösung untersucht. 50 ccm N/ioHjSOi vor- gelegt, zurücktitriert mit 49,3 ccm N/iaNaOH. 0,7 • 1,404 = 0,9828 — 1,0530 = 0. Nährlösung N-frei. 9. Mycel = 17,4 mg. 50 ccm N/joHoSO^ vorgelegt, zuriicktitr. mit 48,95 ccm N/,„NaOH. 1,05 . 1,404 = 1,4742 mg N — 1,0530 = 0,4212 mg N = 2,42 7o- Nährlösung auf 200 ccm gebracht, davon 25 ccm untersucht. 50 ccm N/,o H2SO4 vorgelegt, zurücktitriert mit 49,3 ccm N/,(,NaOH. 0,7 • 1,404 = 0,9828 — 1,0530 = 0. Nährlösung N-frei. Dextrose. Von der auf 200 ccm gebrachten Nährlösung werden 50 ccm auf 100 ccm ergänzt; 25 ccm davon fällen 230,51 mg Cu = 119 mg Dextrose. Filtrat = 4 »4 «119 =^ 1904 mg Dextrose. Verarbeitet: 2500 — 1904 = 596 mg Dextrose. 10. Mycel = 7,5 mg. 50 ccm N/,o Hj SO4 vorgelegt, zurücktitriert mit 49,1 ccm. 0,9 «1,404 = 1,2636 mg N — 1,0530 = 0,2106 mg N = 2,807o. Nährlösung auf 250 ccm gebracht, davon 25 ccm untersucht. 50 ccm N/j„ HjSO^ vorgelegt, zurücktitriert mit 49,3 ccm. 0,7 • 1,404 = 0,9828 mg N — 1,0530 = 0. Nährlösung N-frei. Dextrose. Von der auf 250 ccm gebrachten Nährlösung fällen 25 ccm= 401,76 rag Cu = 214,1 mg Dextrose. Nährlösung = 2141 mg Dextrose. Verarbeitet: 2500 — 2141 ;= 359 mg Dextrose. 11. Mycel = 48,8 mg. 50 ccm N/mHoSOj vorgelegt, zurücktitr. mit 48,55 ccm N/10 Na OH. 1,45 . 1,404 = 2,0358 mg N — 0,9828 = 1,0530 mg N = 2,15 V». Nährlösung auf 400 ccm gebracht, davon 100 ccm untersucht. 50 ccm N/ipHaSO^ vorgelegt, zurücktitriert mit 49,15 ccm N/,o NaOH 0,85 • 1,404 = 1,1934 mg N — 0,9828 = 0,2106 mg N. 400 ccm = 4 • 0,2106 = 0,8424 mg N. Dextrose. 25 ccm der auf 400 ccm gebrachten Nährlösung zu 100 ccm ergänzt; 25 ccm davon fällen 180,32 mg Cu = 92,1 mg Dextrose. Nährlösung = 4 • 16 • 92,1 = 5894,4 mg Dextrose. Verarbeitet: 7000 — 5894,4 = 1105,6 mg Dextrose. 12. Mycel = 28,3 mg. 50 ccm N/10H0SO4 vorgelegt, zurücktitriert mit 48,3 ccm N/,„ NaOH. 1,7 • 1,404 = 2,3868 mg N — 0,9828 = 1,4040 mg N = 4,967o. Nährlösung auf 400 ccm gebracht, davon 100 ccm untersucht. 50 ccm N/joHjSO^ vorgelegt, zurücktitr. mit 49 ccm. 1 • 1,404 = 1,4040 mg N — 1,0530 = 0,3510 mg N. 400 ccm = 1,4040 mg N. Dextrose. 25 ccm der auf 400 ccm gebrachten Nährlösung zu 100 ccm ergänzt; 25 ccm davon fällen 191,2 mg Cu = 97,8 mg Dextrose. Nährlösung := 4 • 16 • 97,8 = 6259,2 mg Dextrose. Verarbeitet: 7000 — 6259,2 = 740,8 mg Dextrose. 13. Mycel = 87,2 mg. 27 ccm N/iqHjSO^ vorgelegt, zurücktitriert mit 25,05 ccm. 1,95 • 1404 = 2,7378 mg N — 1,4742 = 1,2636 mg N = 1,2636 mg N = 1,4.570. Nährlösung auf 400 ccm gebracht, davon 25 ccm untersucht. 40 ccm N/joHoSO, vorgelegt, zurücktitriert mit 38,1 ccm. 1,9 • 1,404 = 2,6676 mg N — 1,7550 = 0,9126 mg N. 400 ccm = 16 • 0,9126 = 14,6016 mg N. Dextrose. Von der auf 400 ccm gebrachten Nährlösung 50 ccm auf 100 ccm er- gänzt; 25 ccm davon fällen 364 mg Cu = 192,3 mg Dextrose. Nährlösung := 4 •8«192,3 = 6153,6 mg Dextrose. Verarbeitet: 7000 — 6153,6 = 846,4 mg Dextrose. 14. Mycel = 41,3 mg. 25 ccm N/njHjSOi vorgelegt, zurücktitriert mit 23,25 ccm N/,oNaOH. 1,75 • 1,404 = 2,4570 mg N — 1,4742 ^ 0,9828 mg N = 2,38 7g- 406 Charlotte Ternetz, Nährlösung auf 350 ccm gebracht, davon 25 ccm untersucht. 30 ccm N/10H0SO4 vorgelegt, zurücktitriert mit 28,4 ccm N/,(,NaOH. 1,6 • 1,404 = 2,2464 mg N — 1,7550 = 0,4914 mg N. 350 ccm = 14 • 0,4914 = 6,8796 mg N. Dextrose. Von der auf 350 ccm gebrachten Nährlösung 50 ccm auf 125 ccm ergänzt; 25 ccm davon fällen 344 mg Cu = 180,9 mg Dextrose. Nährlösung = 5 • 7 • 180,9 = 6331,5 mg Dextrose. Verarbeitet: 7000 — 6331,5 = 668,5 mg Dextrose. 15. Mycel = 21,6 mg. 25 ccm N/ioHjSO^ vorgelegt, zuriicktitriert mit 23,6 ccm. 1,4 • 1,404 = 1,9656 mg N — 1,4742 = 0,4914 mg N = 2,27%. Nährlösung auf 350 ccm gebracht, davon 25 ccm untersucht. 30 ccm N/igH.jSO^ vorgelegt, zurücktitriert mit 27,95 ccm N^o Na OH. 2,05 • 1,404 = 2,8782 mg N — 1,7550 = 1,1232 mg N. 350 ccm = 14 • 1,1232 = 15,7248 mg N. Dextrose. Von der auf 350 ccm gebrachten Nährlösung 50 ccm auf 125 ccm ergänzt; davon fällen 25 ccm ;= 342 mg Cu = 179,8 mg Dextrose. Nährlösung = 5«7 • 179,8 = 6293 mg Dextrose. Verarbeitet: 7000 — 6293 = 707 mg Dextrose. 16. Mycel = 177,2 mg. 25 ccm N/ioHaSOi vorgelegt, zurücktitriert mit 23,45 ccm N/,„ NaOH. 1,55 • 1,404 = 2,1762 mg N — 1,4742 = 0,7020 mg N = 0,4 7o. Nährlösung auf 450 ccm gebracht, davon 25 ccm untersucht. 25 ccm N/i(,H2S04 vorgelegt, zurücktitriert mit 23,6 ccm N/,oNaOH. 1,4 • 1,404 = 1,9656 mg N — 1,7550 = 0,2106 mg N. 450 ccm = 18 • 0,2106 = 3,7908 mg N. Dextrose. Von der auf 450 ccm gebrachten Nährlösung 50 ccm auf 100 ccm ergänzt; davon fällen 25 ccm ■-= 317,56 mg Cu ^ 166,4 mg Dextrose. Nährlösung = 4 • 9 • 166,4 = 5990,4 mg Dextrose. Verarbeitet: 7000 — 5990,4 = 1009,6 mg Dextrose. 17. Mycel =^ 324,6 mg. 25 ccm N/ioH„SOi vorgelegt, zürücktitriert mit 23 ccm N/i„NaOH. 2 • 1,404 = 2,808 mg N — 1,4742 = 1,3338 mg N = 0,4l7(,. Nährlösung auf 550 ccm gebracht, davon 25 ccm untersucht. 25 cmmN/mHaSO^ vorgelegt, zurücktitriert mit 23,7 ccm N/,oNaOH. 1,3 • 1,404 = 1,8252 mg N — 1,7550 = 0,0702 mg N'). 550 ccm = 22 • 0,0702 = 1,5444 tag N. Dextrose. Von der auf 550 ccm gebrachten Nährlösung 50 ccm auf 125 ccm er- gänzt; davon fällen 25 ccm = 210,34 mg Cu = 107,9 mg Dextrose. Nährlösung = 5 • 11 • 107,9 ^^ 5934,5 mg Dextrose. Verarbeitet: 1065,5 mg Dextrose. 18. 25 ccm der auf 200 ccm gebrachten Nährlösung untersucht. 26 ccmN/ioH2S04 vor- gelegt, zurücktitriert mit 24,9 ccm N/i» NaOH. 1,1 • 1,404 = 1,5444 mg N — 1,4742 = 0,0702 mg N'). 200 ccm =^ 0,5616 mg N. 19. 25 ccm der auf 150 ccm gebrachten Nährlösung untersucht. 20 ccm N/k, HaSO^ vor- gelegt, zurücktitriert mit 19,25 ccm N/mNaOH. 0,75 • 1,404 == 1,0530 mg N — 0,7722 = 0,2808 mg N. 150 ccm = 1,6848 mg N. 20. Mycel = 30 mg. 20 ccm N/i„ H2SO4 vorgelegt, zurücktitriert mit 19,2 ccm N/,o NaOH. 0,8 • 1,404 = 1,1232 mg N — 0,7722 = 0,3510 mg N = 1,17 7„. Nährlösung auf 300 ccm gebracht, davon 25 ccm untersucht. 25 ccm N/,(,H2S04 vorgelegt, zurücktitriert mit 24,15 ccm N/,o NaOH. 0,85 • 1,404 = 1,1934 mg N — 0,7722 = 0,4212 mg N. 300 ccm =- 5,0544 mg N. Dextrose. Von der auf 300 ccm gebrachten Nährlösung fällen 25 ccm = 291 mg Cu = 151,6 mg Dextrose. Nährlösung = 12 • 151,6 = 1819,2 mg Dextrose. Verarbeitet: 2000 — 1819,2 = 180,8 mg Dextrose. l) S. Anm. 1, S. 404. über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes durch Pilze. 407 21. Mycel^74,2 mg. 50 ccm N/,o HjSOi vorgelegt, zurücktitriert mit 48,45 ccm N/.oNaOH. 1,5.5 • 1,404 = 2,1762 mg N — 0,7020 = 1,4742 mg N = 1,99 7o- Nährlösung auf 550 ccm gebracht, davon 25 ccm untersucht. 20 ccm N/,o H2SO4 vorgelegt, zurücktitriert mit 19,05 ccm N/m Na OH. 0,95 • 1,404 = 1,33.38 mg N — 0,7020 = 0,6318 mg N. 550 ccm = 22 • 0,6318 = 13,8096 mg N. Dextrose. Von der auf 550 ccm gebrachten Nährlösung werden 50 ccm auf 150 ccm ergänzt; davon fällen 25 ccm = 211 mg Cu = 108,4 mg Dextrose. Nähr- lösung = 6 • 11 • 108,4 = 7154,4 mg Dextrose. Verarbeitet: 8000 — 7154,4 = 845,6 mg Dextrose. 22. Mycel = 79 mg. 50 ccm N/10H2SO4 vorgelegt, zurücktitriert mit 47,85 ccm N/,o NaOH. 2,15 • 1,404 = 3,0186 mg N — 1,1232 = 1,8954 mg N = 2,4 "/o. Nährlösung auf 400 ccm gebracht, davon 25 ccm untersucht. 25 ccm N/joHoSO^ vorgelegt, zurücktitriert mit 24,13 ccmN/ioNaOH. 0,87 • 1,404 = 1,22148 mg N — 0,7020 = 0,51948 mg N. 400 ccm = 16*0,51948 = 8,3117 mg N. Dextrose. Von der auf 400 ccm gebrachten Nährlösung 25 ccm auf 100 ccm ergänzt; davon fällen 25 ccm = 278,9 mg Cu = 145 mg Dextrose. Nährlösung = 4 • 16 • 145 = 9280 mg Dextrose. Verarbeitet : 10 000 — 9280 = 720 mg Dextrose. 23. Mycel = 97,5 mg. 11 ccm N/m H2SO4 vorgelegt, zurücktitriert mit 10 ccm N/n, NaOH. 1 . 1,404 = 1,404 mg N — 0,8424 = 0,5616 mg N = 0,6 %. Nährlösung auf 350 ccm gebracht, davon 17,5 ccm untersucht. 10 ccm N/ioHoSO^ vorgelegt, zurücktitriert mit 9,2 ccm N/mNaOH. 0,8 • 1,404 = 1,1232 mg N — 0,5818 = 0,5414 mg N. 350 ccm = 20 • 0,5414 = 10,8280 mg N. 24. Mycel = 104,2 mg. 10 ccm N/ioHoSO^ vorgelegt, zurücktitriert mit 9,25 ccm N/10 Na OH. 0,75*1,404 = 1,0530 mg N —0,4212 = 0,6318 mg N = 0,6 7„. Nährlösung anf 325 ccm gebracht, davon 16,25 ccm untersucht. 10 ccm N/ioHjSO^ vorgelegt, zurücktitriert mit 9,3 ccm N/io NaOH. 0,7 • 1,404 = 0,9828 mg N - 0,5818 = 0,4010 mg N. 325 ccm = 20 • 0,4010 = 8,0200 mg N. Dextrose. V20 der auf 325 ccm gebrachten Nährlösung auf 150 ccm ergänzt; davon fällen 25 ccm = 74 mg Cu =^ 37,8 mg Dextrose. Nährlösung = 6 • 20 • 37,8 = 4536 mg Dextrose. Verarbeitet: 5000 — 4536 = 464 mg Dextrose. 25. 25 ccm der auf 150 ccm gebrachten Nährlösung untersucht. 50 ccm N/joH^SO^ vorgelegt, zurücktitriert mit 49,07 ccm N/,o Na OH. 0,93 • 1,404 = 1,3057 mg N — 0,9828 mg = 0,3229 mg N. 150 ccm = 6 • 0,3229 = 1,9374 mg N. 26. Mycel = 105,5 mg. 50 ccm N/ioHoSOi vorgelegt, zurücktitriert mit 48,25 ccm N/,oNaOH. 1,75' 1,404 = 2,4570 mg N — 0,8705 = 1,5865 mg N = l,57o- Nährlösung auf 400 ccm gebracht, davon 100 ccm untersucht. 50 ccm N/ioHaSO^ vorgelegt, zurücktitriert mit 48,2 ccm N/10 NaOH. 1>8 • 1,404 = 2,5272 mg N — 0,8705 = 1,6567 mg N. 400 ccm = 4 • 1,6567 = 6,6268 mg N. Dextrose. Von der auf 400 ccm gebrachten Nährlösung 25 ccm auf 250 ccm ergänzt; davon fällen 25 = 74,79 mg Cu = 38,3 mg Dextrose. Nährlösung^ 10 • 16 . 38,3 = 6128 mg Dextrose. Verarbeitet: 7000 — 6128 = 872 mg Dextrose. 27. Mycel = 74,2 mg. 50 ccm N/mHaSOi vorgelegt, zurücktitriert mit 48,55 ccm N/joNaOH. 1,45 • 1,404 = 2,0358 mg N — 0,8705 = 1,1653 mg N = 1,6 7o- Nährlösung auf 450 ccm gebracht, davon 100 ccm untersucht. 50 ccm N/joHoSOj vorgelegt, zurücktitriert mit 48,9 ccm N/,oNaOH. 1,1 • 1,404 = 1,5444 mg N — 0,8705 = 0,6739 mg N. 450 ccm = 4,5 • 0,6739 = 3,0326 mg N. 408 Ch. Ternetz, Über die Assimilation des atniospliär. Stickstoffes durch Pilze. Dextrose. Von der auf 450 ccni gebrachten Nährlösung 25 com auf 200 com ergänzt; davon fällen 25 com = 81,63 mg Cu=^ 41,8 mg Dextrose. Nährlösung = 8*18 • 41,8 = 6019,2 mg Dextrose. Verarbeitet: 7000 — 6019,2 = 980,8 mg Dextrose. Literatur-Verzeichnis. 1. Ambühl, G., Chemiker-Zeitung 1897, Nr. 16. 2. Behrens, W., Tabellen. 3. Aufl., 1898. 3. Beijerinck und van Delden, Centralbl. f. Bakt., 1902, II. Abt., Bd. 9. 4. Beijerinck, M. "W., Centralbl. f. Bakt., 1901, IL Abt., Bd. 7. 5. Brefeld, 78. Jahresber. d. Schi. Ges. f. vaterl. Cult., zool.-bot. Sektion. 6. Christensen, H. R., Centralbl. f. Bakt., 1906, II. Abt., Bd. 17. 7. Fermi, C, Centralbl. f. Bakt., 1896, IL Abt., Bd. 2. 8. Fischer, A., Vorlesungen über Bakterien. 2. Aufl., 1903. 9. Fresenius, Quantitative ehem. Analysen. 1901, Bd. 2. 10. Gerlach u. Vogel, Centralbl. f. Bakt., 1902, IL Abt., Bd. 9, 11. Dieselben, Centralbl. L Bakt., 1903, IL Abt., Bd. 10. 12. Harcourt & Lupton, The Chicago Pharmacist, 1876, Vol. IX, Nr.6. Referat, Arch. d. Pharmacie, 3. Reihe, Bd. 11. 13. Heinze, B., Annales mycologici, 1906, Bd. 4, Nr. 1. 14. Hellriegel, Untersuchungen über die Stickstoff nahrung der Gramineen und Legu- minosen. 1888. 15. Hellriegel u. Wilfarth, Ber. d. Deutsch. Bot, Ges., 1889. 16. Hempel, "W., Gasanalytische Methoden. 3. Aufl., 1900. 17. Hoppe - Seilers Handbuch d. Physiol. u. Pathol.-chem. Analyse. 7. Aufl., 1903. 18. Jakobitz, Centralbl. L Bakt., IL Abt., Bd. 7. 19. Janse, M., Ann. du Jard. Bot. de Buitenzorg, Vol. XIV, 1, 1896. 20. .lohow. Fr., .lahrb. f. wiss. Bot., 1889. 21. Keutner, J., "Wissenschaftl. Meeresuntersuchungen, Abt. Kiel, Neue Folge, Bd. 8. 22. Klebs, G., Physiologie der Fortpflanzung. 23. Maze, M., Ann. de l'Inst. Pasteur, 1897, t. 11 und 1898, t. 12. 24. Pfeffer, W., Pflanzenphysiologie, 1897, Bd. 1. 25. Pringsheim, H., Centralbl. f. Bakt., 1906, IL Abt., Bd. 16. 26. Puriewitsch, Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1895. 27. Rabenhorst, Fungi iraperfecti. 6. Abt., 1 u. 2. 28. Saida, Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1902, Generalversammlungsbeft. 29. Ternetz, Gh., Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 1904. 30. Vogel, .L, Centralbl. f. Bakt., 1906, IL Abt., Bd. 15. 31. De Vries, Mutatationstheorie, IL 32. Winogradsky, Arch. des sc. biol. de St. Petersbourg, 1895, t. III. 33. Derselbe, Centralbl. L Bakt., 1902, II Abt., Bd. 9. 34. Zopf, Die Pilze. 1890. über den Einfluss des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger nebst Bemerkungen * über die Mechanik der Blausäure -Wirkung. Von H. Schroeder. Mit 2 Textfiguren. Schon mehrfach ist darauf hingewiesen worden, welch hervor- ragende Bedeutung das Studium des Einflusses von Körpern be- kannter chemischer Konstitution auf den Ablauf von Lebensvor- gängen für die Physiologie besitzt, da durch dieses Studium auch Aulschlüsse über den Mechanismus (Chemismus) der Lebensfunk- tionen (Partial-Funktionen), wie er sich unter normalen Umständen abspielt, mit Bestimmtheit zu erhoffen sind '). Speziell aussichtsvoll erscheinen in dieser Hinsicht Versuche mit Giften, weil diese eine besonders energische Wirkung auf den Protoplasten ausüben. Doch ist für derartige weitgehende Schlüsse die eingehende Kenntnis der Mechanik des Gift -Eingriffes unerläßhche Vorbedingung, und es kann nicht geleugnet werden, daß in dieser Beziehung die Tier- physiologie der Pflanzenphysiologie aus naheliegenden Gründen weit voraus ist. Anderseits dürfte aber eine ganze Anzahl der Befunde an Tieren, bei der weitgehenden Übereinstimmung der grundlegenden Lebenserscheinungen in beiden Reichen, sofern es sich um all- gemeine oder Protoplasmagifte handelt, mit genügender Vorsicht auf pflanzliche Organismen sich übertragen lassen. Es wird sich bei diesen — physiologischen — Studien vor- wiegend um die sogenannten dynamischen Gifte handeln, die eine 1) Z.B.Pfeffer, Studien zur Energetik der Pflanze. 1892, S. 195, u. J. Geppert, Über das Wesen der Blausäure -Vergiftung. Zeitschr. f. klinische Mediz., Bd. l.'i, 1889, S. 208, 307, speziell S. 2U. 410 H. Schroeder, oder mehrere Partialfunktionen verlangsamen, sistieren oder auch über die Norm hinaus beschleunigen, was alles eine Störung der Harmonie des Lebensgetriebes zur Folge hat, die, sofern dem Or- ganismus nicht Mittel zu Gebote stehen, durch entsprechende Regula- tionen den Ablauf der anderen — primär nicht beeinflußten — Partialfunktionen den neuen Verhcältnissen zu akkommodieren, mit der Zeit zu einer bleibenden Schädigung führen muß. Dieses Studium von chemischen Einflüssen ^) auf Lebens- erscheinungen verspricht nach meiner Auffassung zum mindesten den gleichen Erfolg, wie das der Wirkung physikalischer Faktoren. Denn alle sinnfälligen Vorgänge am Organismus sind in letzter Linie bedingt durch chemische Prozesse im Protoplasten ^), und für derartige chemische Umsetzungen sind chemische Agentien — abgesehen von Gruppen -Reagentieu wie Säuren usw. — spe- ziellere und damit zuverlässigere Reagentien als die in der Regel gleichartiger wirkenden physikalischen Faktoren. Die geeignetste von den für eine derartige Untersuchung in Frage kommenden Funktionen dürfte die Sauerstoff-Atmung sein. Denn einmal kann man sich durch Messen des 0 -Verbrauches und der CO2- Produktion jederzeit und fortlaufend ein Bild von ihrem Ablauf machen, ohne genötigt zu sein das Objekt zur Untersuchung zu zerstören und dann, weil die Atmung, verglichen z. B. mit dem Wachstum oder Reizerscheinungen, eine elementare Funktion ge- nannt werden darf, womit natürlich nicht gesagt ist, daß ich sie für eine einfache Größe halte. Mit der Wahl der Atmung war die der Blausäure oder des ebenso wirkenden Cyankaliums nahegelegt. Denn es war durch die Bemühungen einer Reihe von Physiologen^) eine starke Hem- mung sowohl des 0-Konsumes als der CO2 -Produktion bei mit Blausäure vergifteten Tieren festgestellt worden, und eine ähnliche 1) Also Giftwirklingen, vgl. die Definition des Begriffes „Gift" bei Pfeffer, Physiologie. Bd. II, S. 332. 2) Sachs, Stoff und Form der Pflanzenorgane. Ges, Abhandl., Bd. II, S. 1159, 1200 und physiolog. Notizen I. Flora, Bd. 75 (1892), S. 1; auch Goebel, Organo- graphie, S. 39 und die Abhandlungen von Loew u. Fischer. Flora, Bd. 94 u. 95; ferner Czapek, Annales of Botany, Vol. 19, 1905, S. 75; Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 43. 3) Claude Bernard, Leoons sur les effets des substances toxiques etc. Paris, 1857, S. 193. — W. Preyer, Die Blausäure. Bonn, 1868 u. 1870. — F. Hoppe-Seyler in seinen medizin. -chemischen Untersuchungen. Heft I, S. 140, Virchows Archiv, Bd. 38, 1867, S. 433. — C. Gaethgens, Zur Lehre der Blausäure -Vergiftung. Hoppe-Seylers mediz.-cbem. Untersuchungen, Heft III, S. 325 uud besonders J. Geppert a. a. 0. über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 411 Beeinflussung der Pflanzenatmung durch A. Mayer'), ferner der Hefe durch denselben sowie Schönbein-) und Fiechter^) wahr- scheinhch gemacht^). Es war somit zunächst meine Aufgabe, in einwandfreier Weise zu prüfen, ob in der Tat die Pflanzenatmung in ihren beiden fort- laufend kontrollierbaren Phasen durch Cyankalium, das aus äußeren Gründen bevorzugt wurde, in derselben Weise verlangsamt wird, wie die Atmung von Tieren. Dabei hatten die Versuche nur dann Wert, wenn die Herabsetzung lediglich eine transitorische war, wenn also nach Entfernung des Giftes, eventuell nach einer Er- holungspause, die Rückkehr der normalen Atemgröße beobachtet werden konnte, da sonst zu befürchten war, daß das gewonnene Bild durch sekundäre Absterbeerscheinungen getrübt werde. Wenn sich nun diese starke transitorische Depression bestätigte, was in der Tat zutraf, so ergab sich sofort die interessante Folgerung: ist es möglich, auf diese Weise die Atmung vorübergehend völlig, d. h. innerhalb der Fehlergrenze der Methodik, still zu legen und weiter- hin: kann diese Sistierung über einen längeren Zeitraum ausgedehnt werden, auch hier natürlich ohne dauernde Schädigung des Or- ganismus ? Bei der Diskussion der Resultate wird dann auch die Frage zu erörtern sein, ob die Hemmung der Atmung das Primäre bei der Giftwirkung der Blausäure bezw. des Cyankahums ist und außer- dem, ob anderweitige Nebenwirkungen, die mit dieser Schwächung der Atmung in keinem direkten Kausalzusammenhang stehen, erkennbar sind. Methodik. a) Allgemeines. Bei meinen Versuchen sah ich von der Verwendung höherer Pflanzen ganz ab, da bei diesen die Darreichung des Giftes be- deutende Schwierigkeiten bot. Ein Aufsaugenlassen einer wässerigen Blausäure- oder Cyankaliumlösung durch abgeschnittene Pflanzen- 1) über den Einfluß der Blausäure auf Pflanzenatmung. Landwirt. Versuchs- stationen, Bd. 23, 1879, S. 335. 2) Zit. nach Schaer, Über die Einwirkung des Cyanwasserstoffes usw. Festschr. f. Nägeli u. Kölliker, Zürich, 1891. 3) Über den Einfluß der Blausäure auf Ferment -Vorgänge. Diss. Basel, 1875. 4) Vgl. auch J. Loeb, Biochemische Zeitschr., Bd. I, S. 183; Pflügers Archiv, Bd. 113, S. 487. 412 H. Sehroeder, teile — die Methodik A. Mayers bei seinen Versuchen mit Tro- paeolum^) — erschien bedenklich. Denn es mußte dann, wie auch Mayer selbst ausführt, mit der MögUchkeit gerechnet werden, daß basalwärts gelegene Zellen geschädigt, vielleicht sogar schon getötet waren, bevor die höher gelegenen mit dem Gifte überkaupt in Be- rührung kamen. Dies mußte eine Abnahme der Atmungsintensität herbeiführen, die dadurch zustande kam, daß nur noch eine geringere Anzahl von Zellen atmete. Ahnliche Bedenken konnten auch gegen die Benutzung von Blausäuregas geltend gemacht werden; außer- dem wäre aber seine Anwendung bei meiner gleich zu beschreibenden Methode der Messung des 0-Verbrauches gänzlich ausgeschlossen, bei Bestimmung der C02-Produktion nur mit Schwierigkeiten durch- führbar gewesen, da der Cyanwasserstoff von den benutzten Laugen absorbiert werden mußte. Diese Schwierigkeiten ließen sich um- gehen, wenn Pilzmycelien zur Untersuchung benutzt wurden, die den Vorzug hatten, daß das Gift — in Form von Cyankalium — in der Nährflüssigkeit gelöst zugeführt werden konnte. Es war dann bei den von mir vornehmlich gebrauchten Pilzdecken ohne oder doch nur mit wenigen Conidien die Mehrzahl der Zellen un- mittelbar von der Giftlösung umspült und zu den nicht direkt mit dieser in Berührung befindlichen Teilen war jedenfalls nur ein ganz kurzer Weg innerhalb des Mycels zu durchlaufen. Daneben hatte man bei der Verwendung einer größeren Flüssigkeitsmenge die Gewißheit einer annähernd konstanten Giftkonzentration für die Ver- suche von kürzerer Dauer '^). Auch darf behauptet werden, daß das Cyankalium rasch in das Zellinnere eindrang, denn seine Wirkung war ausnahmslos unmittelbar nach der Applikation in vollem Um- fange nachweisbar; und ebenso bot seine Entfernung durch Waschun- gen keine Schwierigkeit^). Von den in Vorversuchen geprüften Pilzen erwies sich Äs- pergillus niger am geeignetsten, derselbe bildet leicht zusammen- hängende Decken, atmet auch schon bei Zimmertemperatur mit genügender Intensität und ist nicht imstande, Gärung in größerem Maßstabe hervorzurufen, was bei den Besonderheiten, die Gärungs- organismen in mehrfacher Hinsicht bieten, von Wichtigkeit er- 1) a. a. 0. 2) Nicht aber dann, wenn die Versuche über einen längeren Zeitraum ausgedehnt wurden; s. S. 431. 3) Über das Eindringen der Blausäure in die Zellen vgl. 0 verton. Studien über Narkose, Jena 1901, S. 106. über den Einfluß des Cyankaliunis auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 413 scheint. Dagegen bildete PenicilUum glaucum, wie es mir zu Gebote stand, keine festen Decken von genügender Größe, was bei dem Auswaschen und Wechsel der Nährlösung unerläßlich war, und Mucor stolonifer atmete zu schwach, um in den kurzen Inter- vallen von einer halben bis einer Stunde die Gasbestimmung mit hinlänglicher Genauigkeit zu gestatten. Ich hielt mich darum aus- schließlich an Aspergillus niger. Zur Kultur benutzte ich Kristallisierschalen, die bis zum Versuch mit Glasdeckel geschlossen wurden oder — bei der Messung der Kohlensäureproduktion — Kochkolben mit Watte Verschluß. Bei ersteren erwies es sich als zweckmäßig, den Deckel öfter zu lüften, um die angesammelte Kohlensäure zu entfernen; wenigstens wuchsen die so behandelten Mycelien stets rascher als solche, die dauernd geschlossen blieben. Zur Herstellung der Nährlösung wurden 40 g Rohrzucker, 5 g Asparagin, 0,2 g Monokahumphosphat, 0,1 g Kaliumnitrat und 0,1 g Magnesiumsulfat mit Leitungswasser zum Liter gelöst und ein Tropfen Eisenchloridlösung zugefügt. Die Lösung wurde ohne jeden Zusatz (NL.) oder in folgenden Modifikationen benutzt: NL. I mit Kalilauge neutralisiert, bis zu ganz schwach alkali- scher Reaktion. NL. II mit 2 — 3 Tropfen Phosphorsäure angesäuert. NL. III mit einer Prise Magnesiumcarbonat in Substanz versetzt, um ein Sauerwerden zu verhüten. Zu der Mehrzahl der Versuche wurde NL. II benutzt, übrigens ist bei jedem Versuch angegeben, welche Lösung angewandt wurde. Die Kultur wurde auf der Modifikation vorgenommen, die bei den Versuchen ge- boten wurde. Es wurde bei Lichtabschluß und Zimmertemperatur kultiviert. Allerdings dauerte es bei dieser für Aspergillus niederen Temperatur 10 Tage und mehr, bis genügend starke Decken herangewachsen waren, dagegen waren die so gezüchteten Mycelien fast völlig frei von Sporen und hatten außerdem vor dem Versuch keinen Wechsel der Außenbedingungen durchzumachen, wie es bei der Kultur bei höherer Temperatur der Fall gewesen wäre. Bei Versuch 94, der bei höherer Temperatur im Wärmezimmer angestellt wurde, war die Decke auch dort gewachsen. Bei den Versuchen selbst wurde zunächst die Decke auf frische, sterile Nährlösung übertragen und so die normale Atem- größe bestimmt, dann wurde sie auf die gleichfalls keimfreie, cyan- 414 H. Schroeder, kaliumhaltige Lösung versetzt und darauf — nach dem Auswaschen — abermals auf unbenutztes Substrat gebracht. Es wurde dadurch erreicht, daß in allen Fällen Nähr- und Atemmaterial in aus- reichender Quantität zur Verfügung stand, sowie einer Anhäufung nachteiliger Stoffwechselprodukte vorgebeugt. Das Auswaschen er- folgte derart, daß zunächst die cyankaliumhaltige Lösung möglichst vollkommen abgegossen und hiernach der Pilz 4-— 6 Mal auf isotone Salpeterlösung versetzt wurde, auf der er jeweils kurze Zeit verblieb, um das Austreten der Giftreste aus den Zellen zu gestatten^). Schließhch erfolgte noch ein ein- bis dreimaliges Nachwaschen mit Nährlösung. Was den Entwicklungszustand anbetrifft, der die große Kurve der Atmung beherrscht, so waren meine 10 — 14 Tage alten Decken, infolge der Kultur bei niederer Temperatur, noch nicht an dem Punkte angelangt, an dem ein Abfall der Kurve eintritt. Es konnte darum auch nach der Erholungspause in der Regel eine Rückkehr der früheren Atmungsintensität erreicht werden. Wurde sie über- schritten, so war dies mit Zuwachs erklärbar^), blieb dagegen die Atemgröße dauernd gegen die vor der Behandlung mit dem Gift gefundene zurück, so mußte mit einer bleibenden Schädigung ge- rechnet werden. Der Einfluß, den die unbedeutenden, während der Versuche vorkommenden Temperaturschwankungen, sowie die wechselnde Intensität der Beleuchtung (auch selbst Wechsel zwischen hell und dunkel) ausüben, ist zu gering, um gegenüber den durch Cyan- kalium bewirkten Ausschlägen in Frage zu kommen^). b) Bestimmung des Sauerstoffkonsums. Zur Bestimmung des 0 - Konsums bediente ich mich eines Apparates, der nach dem gleichen Prinzip wie die von Garreau'*), 1) Kosinski, Die Atmung bei Hungerziiständen usw. bei Aspergillus. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 37, S. 142. '.') Siehe Versuch 16 (Tabellen S. 460). 3) Siehe Kolkwitz, Über den Einfluß des Lichtes auf die Atmung der niederen Pilze. .Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 33, 1899, S. 127. — Maximow, Über den Einfluß des Lichtes auf die Atmung der niederen Pilze. Centralbl. f. Bakt., II. Abt., Bd. 9, 1902, S. 193, 261. — Elfving, Studien über die Einwirkung des Lichtes auf Pilze. Helsingfors, 1890. 4) Garreau, Ann. d. sciences natur., III. serie tonie 15, 1850, p. 5; tonie 16, 1851, p. 271, über den Einfluß des Cyankaliunis auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 415 Wolkoff und Mayer ^), Godlewsky-), Stich") und anderen be- nutzten zusammengestellt war. Ich brachte nämlich den zu unter- suchenden Organismus mit einem Absorptionsmittel für die gebildete Kohlensäure in einen durch Quecksilber abgesperrten Luftraum und beobachtete die Volum-Abnahme gleich O -Verbrauch durch Messung des Steigens der Quecksilbersäule im Skalenrohr^). Zur näheren Erläuterung der speziellen Anordnung darf ich mich unter Hinweis auf die bei- stehende Skizze kurz fassen. Eine starkwan- dige niedere Glasglocke mit breitem feingeschliffe- nen Rand wurde mittels eines durch Zusammen- schmelzen von 50 Teilen Kolophonium mit 10 Teilen festem und 40 Teilen flüssigem Paraffin hergestellten Kittes ^) gasdicht auf eine gleich- falls sorgfältig abge- schliffene Glasplatte auf- gesetzt. Unter der Glocke befanden sich: 1. das Absorptionsgefäß für die Kohlensäure, eine flache Glasschale, die mit 20 bis 30 ccm einer 10% -igen Natronlauge beschickt wurde. Dieses Quantum (20 ccm) genügt, um theoretisch 1,1 g Kohlendioxyd, das sind ca. 560 ccra*^) Fig. 1. 1) Landwirtsch. Jahrb., Bd. III, 1874, S. 489. 2) Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 13, 1882, S. 491. 3) Flora, Bd. 49, 1891, S. 1. 4) Genauer Volum und Druckabnahme; zumal bei den Verhältnissen meiner Appa- rate ein Steigen des Quecksilbers um 1 cm eine scheinbare Volumabnahme von nur ca. 1 ccm darstellt, unter Berücksichtigung der Druckverminderung von 10 mm Hg. aber eine wahre Volumverringerung von etwas über 6 ccm bedeutet. 5) Dieser Kitt dichtete zuverlässig bis zu 24 — 25 "C, bei hohci-en Temperaturen kamen zuweilen Undichtigkeiten vor. 6) Litergewicht der Kohlensäure, zu 1,96 g genommen (nach Hempel, Gas- analytische Methoden, S. 181). 416 H. Schroeder, ZU binden. Da selbst bei melirmaligem Erneuern der Luft, was nur bei einigen der ersten Versuche vorkam, niemals mehr als 100 ccm Sauerstoff verbraucht wurden, und dies für die von mir benutzte Nährlösung bei Aspergillus ungefähr der gleichen Kohlen- säureproduktion entspricht^), so wurde höchstens Ve der Lauge beansprucht. Es schien darum unnötig, stärkere Konzentrationen anzuwenden, bei deren Benutzung eine Schädigung der in die Luft ragenden Teile der Pilzdecke durch zu starkes Austrocknen zu be- fürchten war. In der Regel wurde die Lauge schon erneuert, nachdem sie nur 20 — 30 ccm Kohlensäure absorbiert hatte. 2. Die Kristallisierschale mit Nährlösung und der Pilzdecke. Sie enthielt durchweg 150 ccm Nährlösung und stand alsdann der Flüssigkeits- spiegel, abgesehen von der darauf schwimmenden Pilzdecke, nur 1,5 — 2 cm unter dem oberen Rand der Glasschale, was im Hin- blick auf die rasche und gleichmäßige Kohlensäureabsorption zweck- mäßig schien. Die Kulturschale stand mit genügendem Raum für den Gasaustausch über dem Absorptionsgefäß. In den Tubulus der Glocke wurde ein doppelt durchbohrter Gummistopfen eingepreßt und in dessen eine Bohrung ein mit Gummischlauch und Klemmschraube verschließbares kurzes Knie- rohr, in die andere das Skalenrohr derart eingekeilt, daß die Dichtigkeit dieser Schlüsse außer jedem Zweifel stand. Das Skalen- rohr hatte die abgebildete Form mit einer Skalenlänge von 18 cm eingeteilt in mm und einen Durchmesser von ca. 1 cm an der Skala. Sein freies Ende tauchte in einen kleinen Glaszylinder mit Queck- silber. Über der Quecksilberkuppe im Inneren befand sich stets eine 1 — 2 cm hohe Wasserschicht, um eine Schädigung der Kultur durch die Quecksilberdämpfe zu verhüten. Während des Versuches wurde der ganze Apparat in ein geräumiges Wasserbassin, das je nach der Höhe der Füllung 35—50 1 Wasser enthielt, versenkt. Dadurch wurden plötzliche Temperaturschwankungen verhindert, sowie der gasdichte Abschluß bedeutend erleichtert. Eine genaue Kenntnis der Fehlergrenzen der beschriebenen Apparatanordnung ist notwendig besonders zur Entscheidung der Frage, ob unter dem Einfluß des Giftes die Atmung tatsächlich, d. h. also innerhalb der Grenzen der Versuchsfehler, sistiert ist oder ob sie, natürlich mit sehr starker Abschwächung, noch andauert^). 1) Versuch 17 u. 93 der Tabellen. 2) Vgl. über die Versuchsfehler Godlewsky, a. a. 0., S. 7. über den Einfluß des Cyankaliuuis auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 417 Sie wurden darum unter Zugrundelegung der gefundenen Diffe- renzen bei den Einzelmessungen usw. zunächst rechnerisch bestimmt. Ich begnüge mich, um nicht allzu weitläufig zu werden, mit der Mitteilung der Ergebnisse. Der durch ungenaue Ablesungen *) (es waren deren jeweils drei erforderlich, um V und P berechnen zu können) bewirkte Fehler erreichte im Maximum, d. h. bei der Annahme, daß der Ausschlag immer in dem gleichen Sinne erfolge, bis zu 0,45 ccm. Ungefähr von derselben Höhe war die durch ungenaue Temperatur- bestimmung hervorgerufene Differenz, was vornehmlich dadurch ver- anlaßt wurde, daß es etwa 2 — 4 Stunden dauerte, bis die Luft unter der Glocke die Temperatur des Wasserbades angenommen hatte. Bestand also von vornherein eine Differenz oder schwankte die Temperatur des Wasserbades, so mußte mit diesem Fehler gerechnet werden. Leider habe ich denselben zuerst unterschätzt, so daß eine ganze Anzahl von Versuchen, vorwiegend die im Sommer angestellten, zur Entscheidung der Frage, ob eine Sistierung stattgefunden habe, nicht benutzt werden können. Vernachlässigt werden dürfen einmal die durch unrichtige Volumbestimmung verursachten Ausschläge, die ca. 3 7o der ge- fundenen Volumabnahme betragen, und ebenso der durch die ein- gebrachte Luftkohlensäure hervorgerufene Fehler von weniger als 0,2 ccm für die ganze Dauer der Beobachtungsserie. Durch ihre physiologische Wirkung könnte auch die kontinuier- liche Abnahme des Sauerstoff- Partiärdruckes in dem Apparate als Fehlerquelle in Betracht kommen, die verhältnismäßig rasch einmal infolge des andauernden 0 -Konsums durch den Pilz und dann durch die Abnahme des Gesamtdruckes infolge der Kohlensäure- absorption in der Lauge eintritt. Die stärksten in meinen Versuchen beobachteten Abnahmen habe ich in den beiden folgenden Tabellen zusammengefaßt. Die erstere ergibt, daß in (ibereinstimmung mit den Befunden an anderen Organismen''') ein Sinken des 0-Teildruckes auf ca. 75 mm Hg — also auf etwa die Hälfte des normalen Wertes — auf die Größe des Sauerstoffkonsumes ohne Einfluß ist. 1) Die Ablesungen erfolgten mit dem Horizontal-Fernrobr. 2) Pfeffer, Physiologie. Bd. 1, S. 547. — Verworn, Allgemeine Physiologie, S. 293; ferner die zitierten Arbeiten von Godlewsky (S. 33, 44, 54, Separat- Abzug) und Stich, Flora, Bd. 74, 1891, S. 1. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 27 418 H. Schroeder, Tabelle 1. Gesanitdruck 0-Partiärdruck 0 - Konsum zu Beginn | am Ende des Beobachtungsinteryalles T am Ende des Intervalles pro V» Stunde Yersuch 1. 735 728 17,9 132,5 ') 4,0 711 704 18,0 104 4,0 Vers. 9, 10. 746,5 711,5 21 105 5,5 711,5 702 21,05 94 5,9 Versuch 16. 738,5 722,5 24,6 113 8,6 722,5 700,5 24,5 96 8,6 706,5 690,5 24,4 75,5 8,5 Noch weitere Abnahme führte dann eine Verminderung des 0 -Verbrauches herbei, wie aus folgenden Versuchen hervorgeht. Tabelle 2. Gesanitdruck T 0 - Partiärdruck 0 - Konsum zu Beginn am Ende zu Beginn am Ende pro V» Stunde Vers. 1. 732,5 767 696 679,5 18,4 18 102') 90,2 18 9,7 6,3') Nach energischem Lüften stieg dann der 0- Konsum auf 6,4 und dann nach ^U Stunden wieder normal auf 9,5. Ebenso ver- liefen Versuche 2 und 11. bei denen die O - Partiärpressung bis 3 und 6 mm Hg sank, bei rascher Erholung in Nr. 2; Nr. 11 wurde nicht weiter verfolgt. Es ergibt sich daraus, daß ein kurzes Sinken^) des 0-Druckes unter 75 mm Hg eine Abnahme des Konsumes bewirkt, die eine rasch vorübergehende gleichsinnige Nachwirkung hat. Außerdem zeigen die Versuche noch, wie weitgehend die letzten Spuren von Sauerstoff vom Organismus aufgezehrt werden. 1) Bei der Berechnung des O-Partiärdruckes wurde auch der 0-Konsum von dem Moment des Verschließens der Glocke bis zur ersten Ablesung, aus den späteren Befunden interpoliert, in Rechnung gestellt (s. Godlewsky, a. a. 0., S. 8). 2) Im unmittelbaren Anschluß an das vorausgegangene Intervall, es wurde nur die zum Ausgleich der Druckdifferenz notwendige Gasmenge zugelassen. 3) Im Durchschnitt aus 9 Stunden, also wohl zuerst normal und dann viel geringer. 4) Über die Wirkung längeren, vollkommenen Entzuges s. Kostytschew; Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 40, S. 563 speziell, S. 575, 582 — 590. über den Einfluß des Cyankaliums Aui die Atmung \on Aspergillus ni(j er usw. 419 Da mit Ausnahme der angeführten Fälle eine derartige Ab- nahme nicht vorkam, wurde ein Fehler durch diesen Faktor nicht bedingt. Übrigens verlief die Atmung im abgeschlossenen Luftraum unter der Glocke ungefähr mit der gleichen Intensität wie im Pettenkof er- Apparat bei konstanter Lüftung'). Die Berechnung erfolgte nach der bekannten Formel: VT (P - b) 760 760 (1 + a t) die zur rascheren Berechnung der ganzen Beobachtungsreihen folgendermaßen umgeformt wurde: log V?,, - log ^ + log (P - b) + log VJ ^ log -^. Letzterer Logarithmus wurde den Tabellen von Landolt und Börnstein direkt entnommen. b bedeutet die Tension des Wasserdampfes bei der abgelesenen Temperatur; wenn letztere während der Dauer des Versuches nur ganz unmerklich schwankte (etwa um Vio bis Vio°), so wurde von ihrer Einführung abgesehen, da, wie Kontrollrechnungen ergaben, diese Ungenauigkeit gegenüber den anderen Fehlern nicht ins Ge- wicht fällt. Der Druck P wurde gefunden aus dem herrschenden Luftdruck, vermehrt um den Druck der auf der äußeren Queck- silberfläche lastenden Wassersäule und vermindert um die Niveau- differenz der beiden Quecksilberspiegel. Das Volum V ist der Inhalt der Glocke abzüglich der eingestellten Gegenstände und Flüssigkeiten, sowie der von Wasser und Quecksilber erfüllten Teile der Skala. c) Bestimmung der Kohlensäureproduktion. Die produzierte Kohlensäure wurde nach dem von Pfeffer modifizierten Pettenko ferschen Verfahren gemessen; die umstehende Figur zeigt die gewählte Anordnung des näheren. Der Luftstrom passierte zuerst zwei große U-Röhren (A, A), enthaltend mit kon- zentrierter Kalilauge (40%) getränkte Bimssteinstücke, sodann eine Kontrollflasche (B) mit Barytwasser und danach die Erlenmeyer- Kolben (Cu. D, D); dieselben waren beim Studium der normalen Atmung mit Wasser, während der Periode der Giftwirkung mit 1) Bei Pettenkofers Anordnung 15 — 20 mg COj pro Stunde und unter der Glocke 7 — 12 ccm 0. = 13,8 — 23,6 mg CO^ für das gleiche Intervall. 27* 420 H. Schvoeder, einer wässerigen Cyankalium- lösung bis wenig Millimeter unterhalb des Gummistopfens gefüllt. Es hatte die Lösung in C (200 ccm) die doppelte und in D, D (je 100 ccm) die gleiche Giftkonzentration, wie die Flüssigkeit, auf die der Pilz während des Versuches ge- bracht wurde; dadurch sollte eine ungefähre Konstanz in dem Cyankaliumgehalt der Nährlösung erreicht werden. Da aber l^ei Abwesenheit jeg- licher Spur von Kohlensäure in der passierenden Luft kein nennenswertes Herüberdestil- lieren von Blausäure stattfin- den konnte, wurden diese Ge- fäße (C u. D, D) bei den letz- ten Versuchen weggelassen. Wie ein Vergleich der Resul- tate lehrt, wurde ein Fehler dadurch nicht veranlaßt. Auf diese Kolben folgte das Kul- turgefäß (E), ein gewöhnlicher Kochkolben, mit der Pilzdecke. Zwischen dies Kulturgefäß und die Barytröhren mußte, um eine Titerabnahme durch über- gehende Blausäure zu ver- hüten, ein Absorptionsmittel für letztere eingeschaltet wer- den. Ich wählte dazu Vio- normal Silbernitrat - Lösung und beschickte damit zwei kleine Kölbchen (F, F) der abgebildeten Form, die hinter- einander geschaltet wurden. Im ersten bildete sich jedes- über den Einfluß iles Cyankaliunis auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 421 mal ein Niederschlag von Cyansilber, während die Lösung in dem zweiten vollkommen klar blieb, was mir die Gewißheit ver- schaffte, daß keine Blausäure in die Bai7tröhren gelangte. Die Absorptions - Röhren enthielten je 100 ccm Barytlauge, wovon jeweils 25 ccm, also ein Viertel, zur Titration benutzt wurde. Schließlich wurde bei einigen der Versuche noch eine Kontroll- flasche (J) mit Barj^twasser vorgelegt, da in derselben jedoch nie- mals Trübungen auftraten, wurde in der Folge von ihrer Einschal- tung Abstand genommen. Um gasdichtes Abschließen zu erleichtern, waren die Gefäße B, C, D u. D und ebenso E und F, F unter Wasser gesetzt, so daß nur eine geringe Anzahl der Schlüsse sich außer Wasser befand. Auch wurden plötzliche Temperatur- schwankungen auf diese Weise unmöglich gemacht. Das Saugen der Luft erfolgte durch einen Tropfenaspirator nach Stamm er. Der so erzeugte Luftstrom war ausreichend konstant und passierten etwa 3 1 die Stunde. Genaue Messung desselben erschien unnötig, da Fehler in der gefundenen Kohlensäuremenge, die durch Unter- schiede in der Luftgeschwindigkeit verursacht sein konnten ^), gegen- über den durch das Gift bewirkten Ausschlägen verschwinden. Im übrigen wurde beim Füllen der Röhren, dem Titrieren usw. mit allen schon mehrfach beschriebeneu Kautelen gearbeitet. Allgemeines über die Fehlerquellen der benutzten Methode findet sich bei Pfeffer'-), an dessen Vorschriften ich mich hielt. Die Titerabnahme der Barytlauge infolge der Manipulation betrug bis zu 1,2 mg Kohlensäure, was mit den Angaben Pfeffers^) (1,1 mg im Maximum) und Kosinskis*) (0,7 mg im Durchschnitt) gut über- einstimmt. Unter Verweisung auf diese Arbeiten bleibt es mir darum nur noch übrig, den Einfluß der durch meine spezielle Aufgabe bedingten Abweichungen von der Anordnung Pfeffers auf die Resultate kurz zu betrachten. Dabei erscheint es zweck- mäßig, zunächst die normale Atmung getrennt von den Pe- rioden der Giftwirkung zu behandeln, während das Erholungs- 1) Vgl. Pfeffer, Untersuchungen aus dem botan. Institut zu Tübingen. Bd. 1, S. 641, Anmerkung. 2) A. a. 0. und Beiträge zur Kenntnis der Oxydationsvorgäuge in lebenden Zellen, Seite 501. 3) Oxydationsvorgänge, S. 502, 503. 4) Kosinski, Die Atmung bei Hungerzuständen usw. bei Aspergillus niger. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 37, 1902, S. 138. 422 H. Schroeder, Stadium bald nach der einen, bald nach der anderen Methode studiert wurde. Im ersteren Falle (normale Periode), wurde unter Einschaltung sämtlicher Vorlagen (C, D, D mit Wasser, F, F mit Silbernitrat) sowie des Kulturkolbens mit der Pilzdecke V2 — IV2 Stunden kohlen- säurefreie Luft durch den Apparat gesaugt. Dadurch wurden die vor der Pilzdecke befindlichen Flüssigkeitsmengen in den Kol- ben (7, D, D annähernd kohlensäurefrei oder doch so arm an diesem Gase, daß sie während des Versuches nennenswerte Mengen davon nicht mehr abgeben konnten, und die zwischen Kulturgefäß und Pettenkofer- Röhren befindliche Silbernitratlösung entsprechend dem Partiärdruck der Kohlensäure mit dieser gesättigt, so daß ein Gleichgewichtszustand zwischen Absorption und Verflüchtigung ein- trat, gleichmäßige Atmungsintensität des Pilzes und ungefähr konstanten Luftstrom vorausgesetzt. Die gleichen Erwägungen haben auch für die unter der Pilzdecke befindliche Nährlösung Geltung. Bei dem Studium des Ganges der Atmung unter dem Einfluß des Giftes konnte dagegen nicht wie oben auf Konstanz aller Be- dingungen hingearbeitet werden, da das Verhalten in der ersten Stunde unmittelbar nach dem Zufügen des Cyankaliums studiert werden mußte; und ebenso war für die Periode der Erholung das Bild nur dann vollständig, wenn bei einigen der Versuche die Atmung sofort nach der Entfernung des Giftes beobachtet wurde. Beidemal wählte ich dann den folgenden Modus. Zunächst wurde der ganze Apparat mit Ausnahme des Kulturkolbens mit dem Pilze, der durch einen Nebenschluß ausgeschaltet war, durch minde- stens halbstündiges in der Regel längeres Durchsaugen von kohlen- säurefreier Luft gänzlich von diesem Gase befreit. Damit waren, ganz wie bei dem Vorstehenden, Störungen durch die mit den Flüssigkeiten eingebrachte Kohlensäure vermieden, und brauche ich darum auf die Gefäße C, D, D, die diesmal Cyankaliuralösung enthielten, keine Bücksicht mehr zu nehmen. Anders die Flaschen F, F, dieselben wirken, da sie zwischen Pilzdecke und Barytröhren eingeschaltet waren, auch durch Absorption der von der Pilzdecke ausgeatmeten Kohlensäure. Doch glaube ich, daß dieser Fehler nicht sehr ins Gewicht fällt, da nach dem Gesetz von Henry ein Gas nur seinem Partiärdruck entsprechend absorbiert wird, und danach um so weniger zurückgehalten, je weniger gebildet wu-d bezw. je geringer der Gehalt der Luft an Kohlensäure über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 423 ist. Außerdem waren die in Frage kommenden Flässigkeitsmengen (zusammen 90 ccm) auch zu gering, um einen großen Fehler her- vorzurufen. Endlich kann ich auch die Versuchsresultate selber anführen, die ergaben, daß die Titerabnahme der Barytlösung in der ersten Stunde der Beobachtung nicht kleiner war, als in der zweiten, was doch der Fall sein mußte, wenn die zuerst gebildete Kohlensäure in merkbarer Weise durch die Silberlösung zurück- gehalten wurde. Ebenso die Versuche, ohne die Flaschen C und D, D, in denen, um ein vollständiges Bild der Erholung zu be- kommen, während dieser Periode auf die eben beschriebene Weise. gearbeitet wurde, d. h. also durch Durchsaugen von kohlensäure- freier Luft eine vollkommene Entfernung dieses Gases angestrebt wurde. Es machte sich alsdann sofort nach Entfernung des Giftes und Wiedereinschalten der Decke auf giftfreier Nährlösung eine schwache COä-Produktion bemerkbar, die mit großer Gleichmäßig- keit anstieg. Allerdings bedingt hier bei steigender COo-Produktion die eingeschaltete Flüssigkeit einen geringen Fehler, da dann der Partiärdruck des Kohlendioxydes und damit auch die Absorption wächst, doch glaube ich, daß derselbe bei den geringen in Be- tracht kommenden Drucken und der kleinen Flüssigkeitsmenge vernachlässigt werden darf. Analoges ließe sich über den Einfluß der Nährlösung (150 ccm) sagen. Denn auch diese hätte in der ersten Stunde mehr Kohlensäure absorbieren müssen, als in der zweiten, was nicht beobachtet wurde. Die Kulturflasche mit dem Pilz wurde unmittelbar vor Beginn des Versuches durch energisches Lüften mittels einer Wasserstrahlluftpumpe von der angesammelten Atmungskohlensäure befreit, so daß damit also nur etwa 150 ccm Zimmerluft mit ca. 0,150 mg Kohlensäure eingebracht wurden und außerdem noch eine Spur in der Flüssigkeit gelöst. Daß die Pilz- decke selber nicht viel von diesem Gase enthielt, erweisen wieder die Versuchsresultate. Zur Erläuterung des Gesagten sei mir gestattet, auf Versuch 9 hinzuweisen, in dem bei ganz gleicher Vorbehandlung in der ersten Stunde der Giftperiode eine Titerabnahme von 1,3 '), in der zweiten — wo also Konstanz eingetreten sein mußte — von 0,7 zu ver- zeichnen war; während in der unmittelbar anschließenden Erholungs- periode die Abnahme 3,0 in der ersten und 3,5 in der zweiten Stunde betrug. Somit glaube ich mich zu der Annahme berechtigt, 1) Titerstellung der Säure : 1 ccm = 1 mg CO^ 424 H Schroeder, daß die Fehlergrenze von 1,2 mg Kohlensäure bezw. eine dieser Menge entsprechende Titerabnahme, durch die eingeschalteten Apparate eine wesentliche Verschiebung nicht erfuhr. Auch kann ich endlich noch einen blinden Versuch mitteilen, bei dem, ab- gesehen davon daß die Pilzdecke fehlte, alles so angeordnet war wie sonst. Er ergab eine Titerabnahme von 1,1 ccm Säure in der ersten und 0,6 ccm in der zweiten Stunde, was sich mit obigen Angaben deckt. Besprechung der Versuche. Ich beginne mit den typisch abgelaufenen Versuchen sowohl für den 0-Konsum als für die COä-Produktion, danach folgt eine kurze Übersicht über die zahlreichen zur Entscheidung der Frage nach einer eventuellen Giftgewöhnung angestellten. Die sich er- gebenden allgemeinen Folgerungen und Ausblicke bilden dann den Schluß, wobei noch einige zur Aufklärung speziell interessierender Punkte ausgeführte Versuche mitgeteilt werden. Bei der Bestimmung des Sauerstoffverbrauchs ist dieser gleich der Volumabnahme gesetzt und in Kubikzentimetern bei 0" C und 760 mm Druck angegeben. Um vergleichbare Daten zu geben, ist in einer besonderen Kolumne der Konsum pro halbe Stunde, das gewöhnliche Beobachtungsintervall, mitgeteilt. Bei der Messung der Kohlensäureausscheidung bedeuten die Angaben Milligramm Kohlendioxyd pro Stunde. Über jedem Versuch findet sich die mittlere Temperatur, bei der er stattfand, die Dauer der Einwirkung des Giftes, sowie die Giftdosis mitgeteilt. Letztere ist in Gramm Cyankalium auf 150 ccm Nährlösung angegeben und bedeutet, da diese Flüssigkeitsmenge jeweils dem Pilz geboten wurde, die absolute Giftmenge. Die Konzentration ist daraus ohne weiteres zu be- rechnen. Das benutzte Cyankalium war ungefähr 50^/oig bei den Versuchen 1 bis 16; bei den späteren stärker, ungefähr 90 — lOOVoig- Da es mir nicht darauf ankam, die tödliche oder lähmende Dosis genau zu bestimmen, was auch bei den großen individuellen Ver- schiedenheiten bedeutende Schwierigkeiten geboten hätte, sah ich davon ab, bei jedem einzelnen Versuche die zeitraubenden Ti- trationen auszuführen. Die mit einem Stern versehenen Versuche sind wegen mangel- hafter Temperaturmessung nur qualitativ benutzbar. Für alle weiteren Einzelheiten verweise ich auf die beigefügten Tabellen. über den Einfluß des ('yankaliuius auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 425 A. Sauerstoff konsum. Versuch 1. Temp. 18" C. Gabe: 0,0164 g KCN. NL. Dauer der Giftwirkung: Niciit genau bestimmbar (siehe S. 431). Volum- Abnah me Intervall pro V2 Stunde 22. II. 04. 12''— 1'° 8,1 4,05 j85_205 4,0 4,0 3»5_405 4,0 4,0 KCN — zugesetzt : 420 _ ^60 1,7 1,7 460_520 1,8 1,8 5="-_5so 2,7 2,7 5'"- G'" 3,0 3,0 ß?0_650 4,3 4,3 ßM_ 7=" 4,6 4,6 ^■JO __ gh.. 24,3 4,9 und dann nach einem vorübergehenden Sinken auf 3,2 ccm infolge 0-Mangels (S. 418) am folgenden Tage wieder 4,8 ccm 0-Konsum pro halbe Stunde. Die Atmung wurde mithin auf 42" o der Norm herabgesetzt. Versuch 2. Temp. 18" C. Gabe: 0,1412 g KCN. NL. Dauer der Einwirkung: 1 Stunde. Volum-Abnahme Intervall pro '/2 Stunde 23. II. 04. 3°"— 3*" qSO jOO 4"'_4" 44^_5i8 c36 _ /7O6 6*^—6^ e36_glO 8'"— 10" 10"°— 24. II. 9'" 3,4 4,2 3,4 4,2 Zufügen von KCN : + 0,3 — 0,2 1 + 0,1 — 0,6 6,3 11,2 69,5 5,0 + 0,3 — 0,2 Ausgewaschen : + 0,1 — 0,6 1,9 3,0 3,0 3,0 Das Plus-Zeichen deutet hier und später eine scheinbare Volum-Zunahme, wohl durch Fehler in der Temperatur- Bestimmung bedingt. 0,-Mangel. lO'"— 11"-'' 3,6 3,6 Hier war also eine vollkommene Sistierung erreicht; der Versuch wird darum bei der Diskussion der Frage nach dem Stillstand der Atmung besprochen werden. 426 H. Schroeder, Versuch 6. Temp. 17,5°C. Gabe: 0,1412 g KCN. NL II. Dauer der Einwirkung: l'/j Stunden. Volum-Abnahme Intervall pro Vz Stunde 10. III. 04. g20_f,fO 3,1 3,1 O'»— 10^" 4,9 4,9 KCN-Zusatz: 10»'-11'« 0,05 0,05 11'"— 1 1'" 0,3 0,3 11'^- 12°' 0,5 0,5 Ausgewaschen : 12'"— 12" 1,9 2,3 J23i £05 2,6 2,6 jo:._2« 7,7 2,4 Auf dem Stand von 2,5 ccm pro V2 Stunde blieb die Atmung bis 4 Uhr 20 Min. und ebenso von 9 — 10 am folgenden Vormittag. Es hatte also ein Sinken auf 7% der Norm stattgefunden. Versuch 94. Temp. 24,3" C. Gabe: 0,200 g KON. NL. Dauer der Einwirkung: 3'/, Stunden. Volum-Abnalime Intervall pro Vz Stunde 14. I. 05. 10'»— 10«° 5,9 5,9 10*"- 11'° 5,9 5,9 KCN-Zusatz : ll'°— 11" 1,2 1,2 11"- 12'° 1,0 1,0 12'*— 12''' 0,9 0,9 12'°— 1" 1,2 0,6 j6B 2^^ 1,1 1,1 Mithin ein Absinken auf 18 7ü- Versuch 92. Temp. 18° C. Gabe: 0,200 g KCN. NL III. Dauer der Einwirkung 3 Stunden. Volum-Abnahme Intervall pro /g Stunde 22. XI. 04. 11"— ir° 4,8 4,8 11"— 12" 5,6 5,6 KCN-Zusatz : 2«- 3" 0,3 0,3 3i»_3»6 0,2 0,2 3"'4'' 0,4 0,4 4>6_4*5 0,1 - 0,1 4*^-5'' 0,7 0,7 über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 427 Volum - Abnahme Intervall pro '/a Stunde Ausgewaschen : 22. XI. 04. 5"- 6" 0,6 0,6 g,5_gOä 6,5 1,8 23. XI. 04. 0"'' — o" 3,3 3.3 9"- 10"' 4,6 4,6 10"'- 10" 4,0 4,0 Also ein Herabgehen auf 6 Va Vo- Versuch 86. Temp. IG" C Gabe: 0,200 g KPN. NL. II. Dauer der P^inwirkung: 3 — 3 Va Stunden. Volum- Abnahme Intervall pro '/, Stunde 15. XII. 04. O«»— 10™ 2,0 2,0 nr 10'" 3,0 3,0 10'"- 11 3,4 3,4 KCN-Zusatz: 11'»- 11*° verunglückt. 11*"- 12'° 0,6 0,6 12'"— 12'" 0,3 0,3 12*"— 1'" 0,5 0,5 t 10 .40 0,1 0,1 1*"— 2'" 0,3 0,3 Ausgewaschen, (Von 2" ab auf giftfreier Lösung) : 3-"- 3'" 1,3 1,3 q60 .20 2,0 2,0 4="-5=" 3,2 1,6 16. XII. 04. g5i_965 5,7 2,0 KCN-Zusatz : 10*'— 10" 0,7 0,7 10''— 11" 0,8 0,8 11"- 11" 0,3 0,3 11"- 12-' 0,5 0,5 12''- 12" 0,7 0,7 Ausgewaschen. ("Von l"" ab auf giftfreier Lösung) : 2"- 3-' 2,2 2,2 3''— 3" 1,6 1,6 4-"-4^' 2,5 2,5 Also ein Sinken auf 13 bezw. 21 7o- Diesem letzteren Versuche entspricht noch eine größere Anzahl anderer, die bei der Diskussion der Frage nach der Giftgewöhnung mitgeteilt werden sollen. 428 H. Schroeder, Versuch. 96. Tenip. 17,5" C. Gabe: 0,800 g KCN. NL. Dauer der Giftwirkung: 2 Stunden. Volum-Abnahme Intervall pro V2 Stunde 13. II. 05. 9''- 9" 9"- 10" 10"— 10" 2,7 3,3 4,9 2,7 3,3 4,9 KCN-Zusatz: 11""— 11'° 0 0 11"' -12"' 0,2 0,2 12"'- 12'» 0,4 0,4 J2«5_i05 0,5 0,5 Ausgewaschen : ^ JO o"" 0,9 0,9 2«» 2" 1,8 1,8 2'"- 3" 4,8 2,4 Dann sukzessive 2, 2; 2, 2; 2, 1; und am folgenden Vormittag 1, 5; 3, 0; 2, 3; und 3,2. Die Atmungsintensität unter dem Einfluß des Giftes (stärkste benutzte Dosis) betrug also etwas über 7 7o der Norm. Zum Schluß dieser Reihe füge ich noch einen Versuch an, bei dem die Nährlösung bei derselben Zusammensetzung wie ge- wöhnlich an Stelle von Rohrzucker Traubenzucker enthielt. Das Resultat stimmt vollkommen mit dem der übrieen überein. Versuch 88. Temp. 17" C. Gabe: 0,200 g KCN. NL. (Mit Traubenzucker.) Dauer der Einwirkung: 2 Stunden. Volum- Abnahme Intervall pro V2 Stunde 12. XII. 04. 11»»— 2"" 19,9 3,3 KCN-Zusatz : 220 2^» 0,5 0,5 260 _. 320 0,5 0,5 320_360 0,5 0,5 36o_^ao 0,2 0,2 Ausgewaschen 4«)_52o 0,6 0,6 520_560 1,0 1,0 560_g20 1,6 1,6 13, XII. 04. g30_lQ8fl 4,6 2,3 über den Einfluß des Cyaakaliuins auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 429 B. Kohlensäureproduktion. Genau in der gleichen Weise wurde auch die COi-Produktion herabgesetzt, wie die folgenden Versuche ergeben. Vorausschicken möchte ich denselben, daß sie durchgängig weit größere Überein- stimmung zeigen, als die zur Messung des 0-Konsums angestellten, und daß Versuche, deren Deutung eine gewisse Schwierigkeit bietet und die für jene Anordnung noch zu besprechen sind, hier über- haupt nicht vorkommen. Versuch 3. Gabe: 0,100 g KCN. NL III. Dauer der Einwirkung: 2 Stunden. 14. VII. 04. 11*'"— 12" Normal 21,05 mg CO., pro Stunde 4.W fjM 1 q Qc KCN ' " " " " 5-- 6» i ■ • 5,85 „ „ „ „ Versuch 2. Gabe: 0,200 g KCN. NL III. Dauer der Giftperiode: 2 Stunden. 18,45 mg CO2 pro Stunde 13. VII: 04. 11 — 12 Normal 18,45 ^~^ 1 KCN. 5 — 6 J 1,23 0,85 14. YII. 04. 95o_]o5) Normal 22,65 Also ein Rückgang bis in die Grenzen der Versuchsfehler. Versuch 5. Gabe: 0,200 g KCN. NL III. Dauer der Einwirkung- 2 Stunden. 3. XL 04. jio 2'" Normal 21,5 mg CO, pro stunde 2«- 3« 3«-4« [ KCN. 2,1 2,7 ,1 n ), )i n n ,) 4M_5K 1 8,0 1) „ n 11 6»' —7'" Normal 13,2 1) n n n 5. XL 04. 4So_ 530 1 24,3 V n n n Versuch 6. Gabe: 0,200 g KCN. NL IIL Dauer der Einwirkung: 2 Stunden. 7. XL 04. g'^'-lO^ Normal 19,5 mg C0„ pro Stunde 1 2" I jj^^-tjg- 2,9') „ nun 2^^-3'^ J ■ 1,8') „ „ „ „ ^ Normal ''^ " " " 5**- 6'=^ ) 13,0 „„ „ 1) Es fallen Spuren von BaCOg aus, da es versäumt wurde, die Flasche mit der Pilzdecke zu lüften. 2) Die Barytlösung blieb vollkommen klar. 430 H. Schroeder, Versuch 7. Gabe: 0,200 g KCN. NL III. Dauer der Einwirkung: 2 Stunden. 9. XI. 04. 12°'—!'" Normal 14,4 mg COo pro Stunde (2,4) ')„ „ „ 1,8 n n n n 3™ - 4" 4^-5" 6"^- 7" KCN. 6,3 Versuch 9. Gabe: 0,400 g KON. NL. Dauer der Einwirkung: 2 Stunden. 11. II. 05. 9'^— 10'* Normal 14,8 mg COo pro Stunde ir«_12'» 12»— 1'" KCN. 1,3 „ 0,7 „ r „ n 2—3 3,0 „ „ „ „ 3 — 4 3,5 „ n „ T, 4 — 5 • Normal 4,5 „ n n n 5 — 6 4,5 „ n 1, n 12. II. 05. 10'°— 11»» 19,0 „ n n n Versuch 10. Gabe: 0,400 g KCN. NL. Dauer der Einwirkung: 2 Stunden. 19. II. 05. 9^*— 10" 11*"— 12'" I 12*"- 1" J 30i_404 I 20. II. 05. 10' '-11'» J Normal 13,1 mg COa pro Stunde KCN. 1,9 1,7 " „ „ „ „ „ « 2,8 „ n „ Normal 6,2 !, n „ )) 8,6 n „ n Ve r s u c h 11. Gabe: 0,400 g KCN. NL. Dauer der Einwirkung: 2 Stunden. 26. II. 05. ll'«— 12'" Normal 9,1 mg CO, pro Stunde 2»0_ Olli 1 1 1 ^ •* KCN. ^'^ -^ " " 3'"- 4" i 0,8 „ „ „ „ 27. II. 05. 9^"— 10^" Normal 8,1 „ „ „ „ Es tritt mithin bei all diesen Versuchen, wenn man zunächst von der Frage der Sistierung gänzlich absieht, unter der Einwirkung des Cyankaliums eine sehr starke Depression sowohl des 0-Konsums wie der CO^-Produktion ein, so daß beide Phasen des Gasaustausches — ohne Rücksicht auf Fehlerquellen, die den Ausschlag vergrößern — auf 5 — 6Vo (auch weniger, Versuch 2) des normalen Wertes herabgesetzt werden. Es ergibt diese Tatsache dann auch sofort die Berechtigung meiner früheren Ausführung, daß die durch die eingetretene Temperaturänderung, sowie die möglicherweise durch 1) Ungenau, da kurze Zeit infolge falscher Hahnstellung von Kohlensäure nicht befreite Luft durchpassierte. über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 431 Wechsel zwischen Licht und Dunkelheit verursachten Schwankungen den erhaltenen Ausschlägen gegenüber vernachlässigt werden dürfen. Diese starke Atmungsdepression als Absterbeerscheinung zu deuten ist unzulässig, denn einmal tritt sie ausnahmslos unmittelbar nach dem Zufügen des Giftes in voller Stärke ein, derart, daß sie schon im ersten Beobachtungsintervall sich in ihrer ganzen Aus- dehnung zu erkennen gibt; und dann konnte, worauf ganz besonders Wert gelegt werden muß — abgesehen von wenigen noch zu be- sprechenden Versuchen — eine vollkommene Erholung nach Ent- fernung und Auswaschen des Giftes früher oder später beobachtet werden. Diese Erholungsperiode ist für die COa-Produktion be- sonders sorgfältig im Versuch 9 studiert worden. Derselbe zeigt mit großer Schärfe das sofort nach dem Verbringen der Decke auf giftfreie Lösung einsetzende, langsame Ansteigen von 0,7 mg letzte Stunde der Giftperiode auf 3; 3,5; und 4,5; 4,5, während am nächsten Vormittag die normale COs-Produktion wieder Platz gegriffen hatte. Dasselbe Bild ergeben für den 0-Verbrauch be- sonders schön Versuch 861 mit 0,3 ^) 1,3; 2,0; 1,6 und Versuch 2 mit iO;2 0,1; 0,6; 1,9; 3,0. Weniger deutlich z. B. Versuch 6, wo sofort nach Entfernung des Giftes die Atmung mit etwa der Hälfte der früheren Intensität einsetzte, und dauernd auf diesem niederen Stande verblieb. Hier muß schon, wie in einer Anzahl noch zu erwähnender Versuche, mit einer bleibenden Schädigung gerechnet werden. Zu Versuch I, bei dem ein Abgießen der mit Cyankalium versetzten Lösung nicht vorgenommen wurde und trotzdem die normale, ja eine dieselbe überschreitende Atmung wieder eintrat, ist Folgendes zu bemerken. Die Nährlösung war in diesem Falle schwach an- gesäuert, wodurch bewirkt wurde, daß die geringe Menge Blausäure sehr bald in die Kalilauge überdestillierte, ein Vorgang, der durch die, wenn auch nur in stark herabgesetztem Maße, gebildete Kohlen- säure beschleunigt werden mußte. Die Folge davon war, daß die Nährlösung sehr bald giftfrei • wurde und dann in den normalen Verhältnissen naturgemäß auch die frühere Atmungsintensität wieder erreicht wurde. Überschritten wurde die Norm nach meinem Dafür- halten aber nicht, denn die Steigerung von 4 auf 4,6 mag mit der Temperaturerhöhung begründet werden und die Zahl 4.9 am fol- genden Tag mit dem Wachstumszuwachs in 24 Stunden (ver- \) Die durch Umrahmung hervorgehobenen Zahlen stellen Angaben für die Gift- periode dar, während die andern sich auf normale Perioden beziehen. 432 H. Schroeder, gleiche Versuch 16 der Tabellen). Es wurde somit eine Steigerung der Atmungsintensität nach Entfernung des Giftes weder in diesem noch in einem anderen Falle mit Bestimmtheit beobachtet und findet wohl unter dem Einfluß von Blausäure bezw. Cyankalium überhaupt nicht statt. Daß das Wiederanwachsen des Gasaustausches zur früheren Größe wirklich als eine Rückkehr der Atmung des gesamten Mycels bezeichnet werden muß und nicht etwa durch ein Auswachsen von überlebenden Teilen, die durch irgend einen Zufall vor der Zerstörung durch das Gift bewahrt blieben, oder ein Aus- keimen von Sporen oder endlich gar durch Bakterienentwicklung vor- getäuscht wurde, ergibt sich aus folgenden Erwägungen. Die Rück- kehr zur Norm vollzieht sich sehr rasch, so daß die Zeit, in der dieses angenommene Wachstum sich vollziehen müßte, im Versuch 861 nur etwa 1^/2 Stunden; bei Versuch 92 zwölf Stunden; im Versuch 2 etwa 4 — 5 Stunden betragen dürfte, während bei den Versuchen 6 und 86 II, wo eine eigentliche Erholungsperiode nicht vorhanden war, gar keine Zeit dafür übrig bleibt. Dasselbe gilt in vollem Umfange für die COä-Produktion, wie unter anderem besonders schön die Ergebnisse des Versuches 9 beweisen. Ein so. schnelles Auswachsen übeilebender Teile, daß dadurch die beobachtete starke Atmung erklärt werden könnte, muß in einem derart kurzen Zeiträume als unmöglich bezeichnet werden. In noch höherem Maße gilt dies für Bakterienentwicklung aus der Decke anhängenden^) Sporen oder vegetativen Stadien, wobei noch zu berücksichtigen ist, daß weder die Temperatur (Zimmertemperatur) noch das Nährsubstrat (neutrale oder saure Lösung) eine rasche Vermehrung der Bakterien begünstigte. Ein Versuch bestätigte in vollem Maße die Richtigkeit dieser Aus- führung. Ich wählte den Pilz des Versuches 12, bei dem die Rückkehr zur normalen Atmungsintensität besonders lang auf sich warten ließ. Derselbe hatte vor der Vergiftung 7,7 ccm Sauerstoff pro V2 Stunde verbraucht. Die Giftperiode selbst ist wegen un- genügender Temperaturmessung nur qualitativ benutzbar und ergab die gewöhnliche starke Depression. Nach Entfernung des Giftes wurden die folgenden Werte für den Sauerstoffverbrauch für die V2 Stunde gefunden: 0,7; 0,2; 0,2; und während der Nacht aus 15 Stunden berechnet 1,2 (durch 0-Mangel; Partiärdruck ca. 30 mm Hg, siehe S. 418). Am folgenden Vormittag endlich 5,6 aus IV2 stün- diger Beobachtung berechnet. Dann wurde die Decke, nachdem 1) Die zugefügte Nährlösung war immer steril. über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 433 sie längere Zeit in der Nährlösung kräftig hin und her geschwenkt war, entfernt und dieselbe Lösung ohne die Decke wieder unter die Glocke gebracht. Die danach gefundenen Zahlen für die Volum- änderungen sind: + 0,4; 0,0; -|- 0,3; — 0,06 (aus 14 Stunden gleich 1,6); — 0,47 (aus 7 Stunden gleich 6,0). Es war also eine ganz minimale Atmung 0,06 etwa l"/o des unmittelbar vorher bei Gegenwart der Decke gefundenen Wertes 16 Stunden nach Weg- nahme des Pilzes d. h. also volle 18 Stunden von dem Zeitpunkte an, wo die Decke auf die untersuchte Nährlösung versetzt wurde, zu beobachten. Im Verlauf von abermals 6 — 7 Stunden, d. h. also nach 22 — 23 (bezw. 24 — 26) Stunden stieg dann der Sauerstolf- konsum auf 0,47 ccm also etwa 8% der Norm. Es hatte sich aber auch bis dahin aus den beim energischen Abschwenken der Decke in der Nährlösung verteilten Sporen bereits wieder eine dünne Pilzhaut auf der Flüssigkeit gebildet, weshalb der Versuch nicht weiter fortgesetzt wurde. Seinen Zweck, mir ein Bild von dem Ein- fluß des von auskeimenden Sporen oder sich entwickelnder Bakterien- vegetation verursachten Fehlers zu geben, hat er trotz der erwähnten ungenauen Temperaturmessung erfüllt, indem er zeigte, daß ein Wiederanwachsen der Atmung zur Norm innerhalb 24 Stunden (und noch mehr) durch die angeführten Faktoren nicht vorgetäuscht werden kann, und zwar sind die Ergebnisse derart, daß sie jede andere Deutung mit völliger Bestimmtheit ausschließen. Die Umkehrung der eben durchgeführten Betrachtung ergibt auch ohne weiteres die für die Erklärung der Mechanik der Blausäurewirkung bedeutungsvolle Tatsache, daß die Atmungs- depression wirklich dadurch zustande kommt, daß jede einzelne Zelle unter dem Einfluß des Giftes mit geringerer Intensität atmet als vorher und nachher, und nicht etwa dadurch, daß bei gleicher Atmungsintensität der Einzelzelle die Anzahl der atmenden Zellen eine Abnahme erfahren hat. Vor kurzem haben Polowzoff^) und Nabokich^) darauf aufmerksam gemacht, daß ein großer Teil der Kohlensäure, die bei Untersuchungen über die Atmung keimender Samen usw. ge- funden worden ist, durch die Tätigkeit von Spaltpilzen gebildet worden sei. Dieser Einwurf trifft für meine Versuche, wie die 1) Zit. nach Nabokich; vgl. auch Bot. Centralbl., Bd. 93, 1903, S. 462. 2) Über den Einfluß der Sterilisation der Samen auf die Atmung. Ber. d. deutsch. Bot. Ges., Bd. 21, 1903, S. 279. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 28 434 ö. Schroeder, obigen Darlegungen ergeben, nicht zu; denn bis zu Beginn des Versuches hatte ich eine Reinkultur in Händen und die Keime, die unzweifelhaft während desselben in die Nährlösung gelangten, konnten sich unmöglich so rasch vermehren, als es erforderlich ist, wenn ein nennenswerter Bruchteil des gefundenen Gasumsatzes ihrer Tätigkeit zugeschrieben werden soll. Will man aber trotzdem diese unwahrscheinliche Annahme machen, so kommt man über die Folgerung nicht hinaus, daß eben die Atmung der Bakterien genau in der gleichen Weise beeinflußt wurde, wie die von Aspergillus. Ich lasse nunmehr diejenigen Versuche folgen, in denen der Pilz längere Zeit (9 — 21 Stunden) auf der Giftlösung verblieb. Versuch 15*. Temp. 24" C. Gabe 0,100 g KCN. NL. III. Dauer der Einwirkung 21 Stunden. Volum -Abnahme Intervall pro Va Stunde 6. VII. 04. 10^-10='* 5,6 ccm 5,6 ccm 10»- 12=' 22,9 „ 7,6 71 KCN -Zusatz: 4"'_4<» + 0,2 ccm + 0,2 ccm 4«o_5io + 0,1 n + 0,1 )) 5.o_540 — 0,5 11 — 0,5 1, 5"- 6'" — 0,3 n 0,3 n 6'o_ -7. VII. 8=" 2.3,5 n 0,8 v g20_9JO 1,7 n 0,8 I, 9=»— 10=' 3,2 I, 1,6 1, 10='— 12" 7,2 n 1,5 n Ausgewaschen : 325_355 2,9 ccm 2,9 ccm 355_42ö 4,4 n 4,4 „ 425—46* 2,9 n 2,9 fl Versuch 13*. Temp. 25 "C. Gabe 0,200 g KCN. NL.III. Dauer der Einwirkung 1 4 V« Stunden. Volum - Abnahme Intervall pro Va Stunde 17. VI. 04. 6-5—6'^ 4,5 ccm 4,5 ccm KCN -Zusatz: 72J_7S3 + 0,3 ccm + 0,3 ccm 7"— 18. VI. 8^ — 2,2 „ - 0,09 „ 83o_9üo + 0,2 „ + 0,2 „ gOO—lO»" + 0.3 „ + 0,15,, über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 435 Volum ■ Abnahme Intervall pro '/« Stunde A jsgewaschen : 18. VI. 04. 10''— G*" — 0,3 ccm — 0,02 ccm c«_ -19. VI. 9" — 29,3 „ 1,0 „ 900_gM 2,1 „ 2,1 „ 9*— 10"° ■ 1,8 „ 1,8 „ 10"»-103J 1,5 „ l,f> „ 1q3o_2o:. 14,7 „ 2,1 n Diese beiden Versuche leiden unter mangelhafter Temperatur- bestimmung. Sie ergeben beide eine nur sehr unvollkommene und langsame Erholung. Zu Versuch 15, bei dem eine schwache Atmung schon vor der Entfernung des Giftes sich allmählich verstärkend wieder auftrat, ist dasselbe zu bemerken wie S. 431 zu Versuch I und genügt darum der Hinweis auf das dort gesagte. Im Gegensatz zu den beiden eben mitgeteilten Versuchen konnte in den nunmehr folgenden eine Erholung überhaupt nicht beobachtet werden. Versuch 99. Temp. IC — n^C. Gabe 0,200 g KCN. NL. Dauer der Einwirkung 19 Stunden. Volum- Abnahme Intervall pro 7» Stunde 14. IL 05. 2-''— 2'* 325_3:,5 3,7 ccm 3,4 „ 3,4 „ 3,7 ccm 3,4 „ 3,4 „ KCN -Zusatz: 4io_44o 0,2 ccm 4«_54o .0,6 „ 54o_6« 0,9 „ 6«o_ -15. IL 9" 3,6 „ 9,o_940 0,4 „ 9'"— 10'° 0 „ 10'"— 10« 0 „ lO'O-ii'o 0,1 „ Ausgow ischen : 11«— 12" 0 ccm 12''- 12" 0,2 „ 12»— 2" 0,4 „ 2n_44i 0,6 „ 4*). -16. IL 8'' 4,3 „ gJl,_lQ0O 0,05 „ 0,2 ccm 0,3 n 0,45 n 0,13 n 0,4 „ 0 n 0 n 0,1 n 0 ccm 0,2 n 0,1 „ 0,15 n 0,13 n 0,02 n 28* 436 H. Schroeder, Versuch 100. Temp. 18" C. Gabe: 0,500 g KCN. NL. Dauer der Einwirkung: 9 Stunden. Sehr dicke Decke Volum Abnahme Intervall pro Vz Stunde 20. IL 05. 1005_io« 2,4 2,4 1035_llM 3,7 3,7 KCN- Zusatz: ll^*"— 11*"' 0,2 0,3 11«-._1« 1,6 0,4 l4-._2.5 0,2 0,2 2n_2« 0,3 0,3 245_3l5 0,3 0,3 315_345 0,3 0,3 345 _ 4 15 0,2 0,2 4'5_5n 0,6 0,3 5l5_8.5 1,0 0,17 Ausgewaschen: 8W_ -21. IL 9'" 5,4 0,2 9 10 2'" 1,6 0,16 210 4«'- 0,7 0,2 4«"- -22. IL 9™ V. 9,3 0,3 Versuch 97. Temp. 18". Gabe: 0,400 g KCN. NL. Dauer der Einwirkung: 19 Stunden. Volum -Abnahme Intervall pro V2 Stunde 13. IL 05. 2^—3^ 12,8 6,4 KON -Zusatz (Destilliertes Wasser): 3»_4io verunglückt 4to_44a 0,9 0,9 4«- 5'" 0,7 0,7 5'»- 5» 0,9 0,9 5«— 8°5 1,1 0,2 S'^*— 14. IL 9"'' + 1,2 9""'— lO* 0 0 Ausgewaschen : 11 — 12 + 0,5 12-2^^ 0,02 23D_33J + 0,3 3io_43o + 0,2 4^°— 15. IL 9 '5 — 1 über deu Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 437 Also bei längerer Dauer der Giftwirkung trat niemals eine voll- kommene Erholung ein. Versuch 15 zeigt ein Wiederanwachsen der Atmungsintensität auf 50% der Norm; jedoch ist gerade bei ihm die lange Dauer der Einwirkung nicht mit Bestimmtheit er- wiesen, aus den S. 431 und 435 angeführten Gründen. Bei Versuch 13 konnte nach 24 Stunden eine Atmung von etwa 40% der normalen Stärke beobachtet werden, also eine starke dauernde Schädigung, während die Versuche 99, 100 u. 97 überhaupt kein Wiederauftreten der Atmung zeigten. Denn der geringfügige Sauer- stoffkonsum, der z. B. bei Versuch 100 etwa 24—36 Stunden nach Entfernung des Giftes zu bemerken war, kann im Hinblick auf die Ergebnisse des Versuches 12 ganz gut mit einem Auskeimen von Sporen erklärt werden, wie S. 432, 433 des näheren ausgeführt wurde. Das Studium des Verhaltens von Aspergillus niger bei längerer Dauer der Giftwirkung bestätigt also vollkommen die bekannte Tatsache, daß eine größere Giftdosis bei nur kurzer Einwirkung weniger schädigt als eine verhältnismäßig geringe bei längerer Dauer '). Zum Beweise vergleiche man nur die eben erwähnten Versuche mit den früher aufgeführten; besonders mit Nr. 96 für den 0 -Konsum und Nr. 9, 10 u. 11 für die CO2- Produktion, in denen Dosen von 0,4 — 0,8 g Cyankalium bei 2 stündiger Einwirkung ohne dauernde Schädigung ertragen wurden, während bei längerer Berührung schon 0,2 g tödlich wirkten. Die Frage, ob diese energische Wirksamkeit damit erklärt werden kann, daß die an- dauernde Herabsetzung oder Sistierung der Atmung für sich allein unter den gegebenen Bedingungen das Leben vernichtet, oder ob daneben noch ein zweiter langsamer verlaufender Eingriff des Cyan- kaliums angenommen werden muß, der den Tod herbeiführt, wird später zu diskutieren sein. Zu Versuch 97 muß noch bemerkt werden, daß hierbei das Gift nicht in einer Nährlösung, sondern in destilliertem Wasser gelöst, verabreicht wurde, so daß das endliche völlige Ausklingen der Atmung auch auf Mangel an Nähr- bezw. Atmungsmaterial zurückgeführt werden könnte. Dieser Annahme widerspricht aber Versuch 95, wo innerhalb von 3V2 Stunden auf destilliertem Wasser fast 26 ccm Sauerstoff durch den an Intensität langsam abnehmenden Atmungsprozeß verbraucht wurden, mithin Oxydationsmaterial in genügender Menge für einen derartigen Konsum im Mycel vor- 1) Vgl. auch Overtou, Studien über die Narkose. Jena, 1901, S. 105 u. 106. 438 H. Schroeder, banden war. Beim Versetzen auf Nährlösung stieg der Sauerstofif- konsum sofort wieder, nachdem er überhaupt nur auf 60 — 70% der Norm zurückgegangen war. Im Versuch 97 dagegen wurden bei 19 stündigem Verbleib auf destilliertem Wasser mit Cyankalium nur 3,3 ccm Sauerstoff aufgenommen, woraus also gefolgert werden darf, daß das Absterben in diesem Versuch nicht durch Nahrungsmangel herbeigeführt wurde. Zu diesem Schluß berech- tigen auch die Angaben K o s i n s k i s '), der Aspergillus niger 24 Stunden und länger auf mit den vorher benutzten Nährlösungen isotonen Salzlösungen verweilen ließ und wohl einen starken Rück- gang der Atmung, niemals aber ein Absterben innerhalb dieser Zeit beobachtete. Einige Versuche, in denen ein einmal mit Cyankalium be- handelter Pilz, nachdem er sich wieder erholt hatte, bei einer zweiten Applikation einer sonst wirksamen Dosis überhaupt nicht mehr reagierte, veranlaßten mich, eine Reihe von Versuchen zur Aufklärung der Frage anzustellen, ob eine Giftgewöhnung stattfinde. Ein solches Verhalten zeigte vor allem der Pilz von Versuch I. Nachdem seine Atmung unter Einfluß von 0,0164 g KCN in 150 ccm NL. vorübergehend auf 50 Vo der Norm gesunken war, zeigte er überhaupt keine Empfindlichkeit mehr, und wurde sein Sauerstoffkonsum weder durch 0,0800 g KCN am folgenden Tage, noch später durch 0,1412 g (nach 4 und 5 Tagen) beeinflußt. Ich teile diese Beobachtungen nicht ausführlicher mit, da ich bei diesen ersten Versuchen noch nicht alle Nebenumstände genügend berück- sichtigte, wie Reaktion der Nährlösung, Entwicklungszustand des Pilzes, vielleicht auch Reinheit, Bakterienfreiheit, der Kultur usw. Ganz ähnlich verliefen die Versuche 9, 10 und 92, über die Einzelheiten in den angefügten Tabellen sich finden, hier begnüge ich mich, die Zahlen für den Sauerstoffkonsum für die halbe Stunde anzugeben, wobei wiederum die umzogenen Ziffern die Giftperiode bedeuten. Versuch 9, 10. 1., 2. V. 04. 5,4 6,1 1+0,5 +0,1 + 03 — 3,5 4,4 4,7 3,1 |3^j Versuch 92. 22. XI. 04. 4,8 5,6 0,3 0,2 0,4 0,1 0,7 0,6 1,8 3,3 4,6 23. XI. 04. 4,0 4,2 4,4 5,2 Neuer KCN- Zusatz 5,5 6,2 1) Die Atmung bei Hungerzuständen usw. bei Aspergillus niger. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 37, S. 137. über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 439 Da beim Öffnen jeder Geruch nach Blausäure fehlte, wurde der Pilz lediglich auf neue Nährlösung übertragen, das Auswaschen unterblieb jedoch. Am folgenden Vormittag sah der Pilz sehr schlecht aus, war ohne Turgeszenz und atmete nicht mehr (Volum- abnahme in einer halben Stunde 0,1 ccm). Der erste der eben angeführten Versuche bewog mich nun, eine ganze Anzahl ähnlicher anzustellen, zu denen auch Nr. 92 gehört. Sie ergaben mit Ausnahme der eben angeführten überein- stimmend, daß eine Gewöhnung an das Gift in der kurzen Zeit der Versuche nicht stattfindet. Zunächst zwei im Sommer angestellte Versuche, die ich, da sie wegen der ungenauen Temperaturmessung nur qualitativ be- nutzbar sind, unter Hinweis auf die Tabellen in derselben kurzen Form hier wiedergebe, wie die letzt besprochenen. Versuch 11. 6. VI. 04. 3,9 6,5 6,9 [+1,3 0 — 0,l| +1,6 7. VI. 04. 0,1 0,6 1,6 2,5 6,05 7,2 6,2 1+0,4 —0,3 0,3 1 2,4 Versuch 14. 30. VI. 04. 1. VII. 04. 2,5 4,5 !+l,f 0,5 +0,3 +0,3 1,2 1,0 2,2') 2,8") 3,2 5,0 jO 0 1,1 0,6 0,5 Im folgenden Versuch wurden zwei gleichalte, ganz genau unter den gleichen Verhältnissen gezüchtete Decken nebeneinander unter- sucht, derart, daß am ersten Tage im Versuch A der eine Pilz 3 Stunden lang mit Cyankalium behandelt wurde, der andere nicht. Am zweiten Tage, nachdem sich der vergiftete Pilz vollständig erholt hatte, wurden 300 ccm einer cyankaliumhaltigen Nährlösung hergestellt und jede der Decken mit 150 ccm derselben in Be- rührung gebracht. Versuch 86. Temp. 16''C. Gabe: 0,200 g KCN. NL. II. Dauer der Einwirkung: A 3 und 2V2 Stunden, B 2' .^ Stunden. Volum -Abnahme Volum -Abnahme Intervall pro V2 Std. Intervall pro 'A Std. A. B. 15. XII. 04. 9™- 10«"- -10"" -10*' 2,0 2,0 3,0 3,0 10*'- -11"" 3,4 3,4 1 9^"- 12'-^ 11,5 2,8 1) Sauerstoff -Mangel. 440 H. Schroeder, Volum - Abnahme | Volum - Abnahme Intervall pro '/a Std. Intervall pro '/j Std. Ä. B. KCN- Zusatz: 15. XII. 04. 11^"-11^" verunglückt 11-"'- 12'° 0,6 0,6 12'"— 12'" 0,3 0,3 ]^2^" i'" 0,5 0,5 ^10 -. 40 0,1 0,1 1^—2'" 0,3 0,3 Ausgewaschen: „20 „50 O O 1,3 1,3 3-™_4=» 2,0 2,0 4="- 5'" 3,2 1,6 16. XII. 04. 8"— 0" 5,7 2,!) 9""- 10"" 7,1 3,55 KCN -Zusatz: KCN -Zusatz: 10'"— 10" 0,7 0,7 10'"— 11'" 0,9 0,9 10"— 11" 0,8 0,8 11'"- 11'" 0,6 0,6 11'"— 11" 0,3 0,3 ll'"-12'" 0,4 0,4 11"— 12" 0,5 0,5 12'"— 12'" 0,6 0,6 12"— 12" 0,7 0,7 12'°— l'" 0,5 0,5 Ausgewaschen : Ausgewaschen : 2"-3'' 2,3 2,3 3'"- 3'" 1,9 1,9 3='- 3" 1,6 1,6 3'"-4'" 2,5 2,5 3-_ ^- 2,5 2,5 4'»_4'"' 2,1 2,1 Genau in der gleichen "Weise wurde im folgenden Versuch verfahren. Versuch 90. Temp. 18° C. Gabe: A 0,150 u. 0,200 g KCN. B 0,200 g NL. II. Dauer: A 2'/i und 3 Stunden, B 2'/2 Stunden. Volum - j ibnahme Volum - Abnahme Intervall pro Vs Std. Intervall pro V2 Std. A. B. 8. XII. 04. 10"'— 11" 1 9,0 0,150 gKCN: 3,0 11'*— 12™' 1 12,9 •1,3 12'°— 12'" 0,5 0,5 12'"-!'" 0,4 0,4 l'"_l^" 0,4 0,4 Ausgewaschen : 9. XII. 04. 9"— 11" 1 13,9 0,200 g KCN: 4,6 9"— ll" 1 16,9 0,200 g KCN: 5,6 11«_2« 5,7 1,0 12"-2'^ 4,1 0,8 über den Einfluß des Cyankaliunis auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 441 Das nämliche Resultat ergab endlich Versuch 91 mit folgen- den Zahlen: 2. XII. 04. 3,5 3,6 | — 0,6 0,9 0,5 1 1,3 1,8 3. XII. 04. 3,2 2,9 3,6 3,6 |l,l 1,8 0,4 1,9| Hierbei war merkwürdigerweise am Ende der ersten Giftperiode der Geruch nach Blausäure verschwunden, am Ende der zweiten noch sehr stark vorhanden. Eine Gewöhnung an das Gift fand also nicht statt, denn gerade die Fälle, in denen mit besonderer Sorgfalt und vergleichend Pilze auf der gleichen Entwicklungsstufe untersucht wurden, ergaben un- zweifelhaft die gleiche Empfindlichkeit für die vorbehandelte und die nicht vorbehandelte Decke. Doch glaube ich nicht, daß in den zuerst mitgeteilten Fällen allein der Unterschied im Entwicklungs- zustand für die Abweichung verantwortlich gemacht werden kann. Man könnte auch annehmen, daß unter dem Einfluß des Giftes Säuren (Milchsäure könnte sich ja aus Zucker ohne O2 -Aufnahme und CO2- Abgabe bilden) gebildet wurden, die irgendwie eingreifen. Aber es bleibt damit unerklärt, warum in anderen Fällen das Er- gebnis nicht das gleiche war. Die Frage, ob unter dem Einflüsse des Cyankaliums tatsächlich ein vorübergehender vollkommener Stillstand der Atmung möglich ist, kann natürlich nur mit der Einschränkung beantwortet werden, daß ein Zurückgehen bis in die Fehlergrenzen festgestellt wurde. Dabei hegt die Hauptschwierigkeit darin, daß es sich als unmöglich herausstellte, die Periode der Giftwirkung über einen längeren Zeit- raum auszudehnen, da dann eine vollkommene Erholung nicht mehr eintrat. Je länger aber die Beobachtungsintervalle waren, um so geringer wurde der Einfluß der Versuchsfehler, besonders des durch ungenaue Temperaturmessung veranlaßten, während bei den kürzeren Perioden, an die ich mich allein halten kann, die Abweichungen sich in höherem Maße fühlbar machen. Für die Entscheidung der vorliegenden Frage kommen nur die gänzlich einwandfreien Versuche in Betracht und war gleicherweise Bedingung, daß eine vollkommene Erholung folgte. Diesen strengsten Anforderungen genügen von den Versuchen zur Bestimmung des 0-Konsumes 2, 6, 86 A u. B, 90 A u. B, 92 1, 94 u. 96. Es mußten somit vor allem, wie schon mitgeteilt, die sämt- lichen im Sommer angestellten Versuche als nicht hinreichend exakt ausgeschlossen werden. Im folgenden wird es genügen, wenn ich 442 H. Schroeder, nur die Perioden der Giftwirkung ins Auge fasse und für die weiteren Angaben auf früher mitgeteiltes, sowie die angefügten Ta- bellen verweise. Mit Sicherheit wurde ein die Fehlergrenzen überschreitender 0-Konsum gemessen im Versuch 94 (Volumabnahme während der Giftperiode 5,4 ccm), der im Raum für konstante Temperatur des Leipziger botanischen Institutes angestellt wurde und bei dem alle benutzten Gegenstände und Flüssigkeiten durch vorherigen zwölf- stündigen Aufenthalt in demselben Raum und auf der gleichen Höhenlage auf die Temperatur des Wasserbades gebracht wurden. Ebenso bei Versuch 921 (Volumabnahme 1,7 ccm) in dem das Wasser des Bassins vor dem Einbringen der Glocke auf Zimmertemperatur erwärmt wurde und alsdann während des Ver- suches und auch noch drei Stunden danach seine Temperatur nicht änderte. Wahrscheinlich auch in 86 A u. B und 90 A u. B mit Volum- abnahmen von 1,8; 3,0; 3,0 u. 1,3; 5,7; 4,1 während der Gift- perioden. Doch darf anderseits bei diesen letztgenannten Versuchen keinesfalls diese ganze Volumabnahme auf Rechnung des O-Konsums gesetzt, werden, sondern nach den Ergebnissen der Kontrollversuche müssen mindestens 1,7 — 1,8 ccm davon auf das Konto der Ver- suchsfelder geschrieben werden. Der Fehlergrenze sehr nahe, wenn er nicht in dieselbe fällt, kommt Versuch 96, Volumabnahme 1,1 ccm, von denen wenigstens 0,8 ccm auf Rechnung der Fehler gehören. In den Versuchen 2 und 6 endhch blieb die Volumabnahme innerhalb des Rahmens der Versuchsfehler. Überblickt man demnach die Resultate der Versuche zur Be- stimmung des O-Konsums, so ergibt sich, daß eine Sistierung nicht mit aller Schärfe nachgewiesen werden konnte. Denn die Versuche, in denen ein an sich unbedeutender aber doch zuverlässig die Fehler- grenze überschreitender 0-Konsuni blieb, machen diejenigen zweifel- haft, in denen die Volumabnahme auf oder unter diese Grenze sank ; zumal einige der mit den größten Kautelen angestellten Versuche gerade zu den ersteren gehören. Doch möchte ich nicht unter- lassen, auch darauf aufmerksam zu machen, daß in den Versuchen 6 und 96 tatsächlich Wasser- und Quecksilberniveau im Steigrohr bis zu ^U Stunden vollständig stillstanden und nur durch die Be- rücksichtigung der etwas steigenden Temperatur des Wasserbades die gefundene geringe Volumabnahme berechnet wurde. Da aber, über den Einfluß des C'yankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 443 wie schon mehrfach mitgeteilt, der Ausgleich durch das dicke Glas sich nur sehr langsam vollzog, spricht dies wieder zu gunsten einer tatsächlichen Sistierung, besonders in Versuch 96, wo die ganze Schwankung während der Giftperiode knapp einen Teilstrich betrug. Möglicherweise verhält es sich mit dieser Atmungssistierung durch Cyankalium resp. Blausäure wie mit der Lähmung des Wachs- tums durch erhöhte Temperatui-, d. h. liegt hier wie dort der Punkt, bei dem, lediglich Stillstand und der, bei dem bereits eine dauernde Schädigung eintritt, sehr nahe zusammen, sodaß gewissermaßen nur ein ganz verschwindendes Intervall für die Beobachtung bleibt. Da außerdem noch die individuelle Widerstandsfähigkeit sehr ver- schieden ist, bleibt es mehr oder minder einem gewissen Zufall überlassen, ob man gerade den richtigen Punkt (Dosis) trifft. Anderseits könnte man aber auch an Oxydationen denken, die nicht eigentlich vital sind, und bei denen ausschließlich schon früher gebildete Sauerstoff-Affinitäten gesättigt werden. Etwa an Oxy- dationen, wie sie auch postmortal eintreten können und in der Tat eintreten. Vielleicht deuten darauf die Versuche 99, 100, in denen keine wirkliche Erholung eintrat, aber doch nach Auswaschen des Giftes noch längere Zeit eine kontinuierliche geringe Volumabuahme zu bemerken war. Dieselbe war auch annähernd von der gleichen Größe, wie die während der Giftperiode abgelesenen, und ging mit der Zeit — die Beobachtung konnte hierbei viel länger aus- gedehnt werden — beträchtlich über die Fehlergrenzen hinaus, um dann, wenigstens im Versuch 99 (Versuch 100 wurde nicht weiter beobachtet) langsam auszuklingen. Schließlich könnte auch noch an eine Mitwirkung der Konidien gedacht werden. Ich habe eingangs mitgeteilt, daß die von mir benutzten Decken nur hier und da Konidienfleken zeigten. Immer- hin aber waren solche doch vorhanden und bei der größeren Wider- standsfähigkeit von Ruhezuständen, wie Samen usw.') könnte der Sauerstoffkonsum auf deren Rechnung gesetzt werden, besonders da sie auch weniger unmittelbar mit dem Gifte in Berührung kamen. Vergleichen wir damit die Ergebnisse der Versuche nach der Methode von Pettenkofer-Pfeffer, so finden wir auch in diesem Falle die Übereinstimmung größer. Unzweifelhaft bis in den Bereich der Fehlergrenze ging die Kohlensäureproduktion zurück in den Versuchen 2, 9 und 11 mit folgenden Titerabnahmen des Baryt- wassers : 1) Siehe S. 455. 444 H. Schroeder, Versuch 2 I. Stunde ],23 II. 0,85 Versuch 9 I. 1,30 II. 0,7 Versuch 1 1 I. 1,1 II. U,8 Sie betrug in einem Kontrollversuch, in dem nur die Pilzdecke fehlte, während KCN in der Nährlösung vorhanden war, I. Stunde 1,1 II. Stunde 0,6 und darf die Fehlergrenze durch die Manipulationen, wie noch weitere Versuche lehrten, maximal mit 1,2 mg angenommen werden. Nur unbedeutend wird diese Zahl überschritten in den Versuchen 7 (II. Stunde) 1,8') und Nr. 10 mit 1,9 bezw. 1,7 mg. Wie leicht derartige Unregelmäßigkeiten eintreten können, lehrt Versuch 6, in dem es versäumt wurde, das Kulturgefäß mit der Pilzdecke durch kurzes intensives Lüften von der angesammelten Kohlensäure zu befreien. Es ergab sich dann eine Titerabnahme von 2,9 für die erste und 1,8 für die zweite Stunde. Dasselbe mag im ersten überhaupt angestellten Versuch (1) der Fall sein, in dem diese Fehlerquelle noch nicht genügend beachtet wurde. Es bleibt noch Versuch Nr. 5 mit 2,1 und 2,7 Titerabnahme. Es schlagen also alle Fehler nur nach der einen Seite aus, was aber, wie Pfeffer des näheren ausgeführt hat, als er bei der Prüfung der Frage, ob eine postmortale CO2 -Ausscheidung stattfinde, einer ähnlichen Sachlage gegenüberstand-), lediglich durch die Methode selbst bedingt ist, bei der eine Abweichung nach der anderen Richtung, Zunahme des Titers, nur durch Flüssigkeitsverdunstung in der Barytröhre hervorgerufen werden könnte. Für die An- nahme einer solchen fehlt aber besonders bei der Berücksichtigung der Konzentration der vom Luftstrom passierten Flüssigkeiten jede Voraussetzung. Somit kann mit Bestimmtheit behauptet werden, daß die CO2- Produktion in dem größeren Teil der Versuche bis in die Grenze der unvermeiclhchen Fehler zurückging. Ich würde auch nicht an- stehen, dieses Zurückgehen als vollständige Sistierung anzusprechen, wenn nicht die Versuche zur Bestimmung des 0 -Konsums zu einer gewissen Vorsicht mahnten. Es erinnern meine Ergebnisse an die 1) In der ersten Stunde (2,4) wurde infolge falscher Hahnstellung ganz kurze Zeit nicht von Kohlensäure befreite Luft durchgeleitet. 2) Oxydationsvorgänge. S. 503. über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 445 Befunde Fiechters^), der fand, daß die Sauerstoffatmung der Hefe auf Trockensubstanz bezogen gegen Blausäure zehnmal resistenter ist als das Gärungsvermögen (COä-Produktion), und der darum einen Zustand der Hefenzelle annimmt in dem sie gärungsunfähig ist, aber noch atmet. Mit der Reserve, die durch die vorausgehenden Überlegungen geboten erscheint, möchte ich darum die Resultate dahin zusammen- fassen, daß es wohl gelingt, die Kohlensäureausscheidung zu sistieren, daß dies aber für den Sauerstoffkonsum nicht mit Sicherheit möglich war und somit die Möglichkeit bleibt, daß gewisse Oxydationen noch im Mycel ablaufen, die aber nicht bis zur Bildung von Kohlen- dioxyd führen, sondern bei denen die Oxydation schon früher, etwa auf der Stufe von Milchsäure, Oxalsäure und dergl. Halt macht. Es konnte hier eine definitive Entscheidung nicht getroffen werden, da die Zeit der Giftwirkung und mithin mit Rücksicht auf den geringen 0-Konsum auch die Menge dieser event. gebildeten Substanzen viel zu klein gewesen wäre, um einen sicheren Nachweis zu gestatten; besonders wenn sie, wie etwa Oxalsäure bei Asparagin- ernährung auch normaler Weise entstehen^). Immerhin kam ich in einzelnen Fällen der Atmungssistierung so nahe, als es die Yersuchsanordnung und die Widerstandsfähigkeit des Materials zu- ließen; und der Einwand, daß eine praktisch unmeßbare Atmung stattgefunden habe, läßt sich auch bei weiterer Verfeinerung der Methodik niemals ganz beseitigen, zumal da eine länger dauernde Giftwirkung ausnahmslos den Tod zur Folge hat. Beiläufig möchte ich noch mitteilen, daß im großen und ganzen die jüngeren Stadien prompter reagierten, sich empfindlicher zeigten als ältere. Die Mechanik der Blausäure- bezw. Cyankaliumvergiftung. Die Versuche, die Giftigkeit einer Substanz einfach mit dem Hinweis auf ihre chemischen Qualitäten zu erklären, führen zur Zeit noch nicht zum Ziele. Gewiß, wenn wir einen erschöpfenden Einblick in den Mechanismus des Lebensgetriebes besäßen, müßte sich der Einfluß eines Stoffes von bekannten chemischen Eigen- schaften voraussagen lassen, aber auch nur dann, und bekanntlich 1) über den Einfluß der Blausäure auf Fermentvorgänge. (Basel 1875.) S. 42. 2) Siehe Emmerling: Zentralbl. f. Bakteriologie usw. II. Bd. 10, S. 273 und Weliuier: Botan. Zeitung (1891), S. 2.33. 446 H. Schroeder, sind wir davon noch so ungemein weit entfernt, daß es sich heute nicht einmal mit Sicherheit voraussagen läßt, ob dieses End- ziel jeder Physiologie jemals erreicht werden wird. Bei diesem Status ist es also unerläßlich, ein Gift physiologisch eingehend zu untersuchen und danach erst hat der Vergleich mit seinem chemischen Verhalten Berechtigung. Es hängt ja auch die chemische Wirkung eines Stoffes nicht nur von seinen Qualitäten ab, sondern ebenso von denen des Körpers, auf den er und der damit auch auf ihn einwirkt. Ich erinnere z. B. nur an das Verhalten des Wasserstoff- superoxydes, das, obwohl in der Regel ein Oxydationsmittel, doch eine Anzahl von Oxyden bezw. Superoxyden reduziert und von ihnen reduziert wird; also je nach der Natur der mit ihm in Reaktion tretenden Körper eine ganz verschiedene Wirkung äußert^). Es erhellt daraus schon die Unsicherheit von Vorhersagen auf Grund rein chemischer Befunde, zumal wenn man sich klar macht, daß nicht auf ein Geraenge von in einem Gleichgewichtszustand befind- lichen Stoffen eingewirkt wird, sondern ein Eingriff in ein rastloses Getriebe von Auf- und Abbau, Oxydation und Reduktion erfolgt. Als Beispiel, wie ungleich chemisch einander sehr nahe stehende Körper im Organismus umgewandelt werden und damit auch ge- wirkt haben, sei noch das Verhalten des Schwefels im Gegensatz zu dem des Selens und Tellurs angeführt. Denn während ersterer zumeist als Schwefelsäure oder Sulfat, also stark oxydiert, aus- geschieden wird, tritt umgekehrt bei Darreichung von Selen- oder Tellursäure eine Reduktion derart ein, daß Selen und besonders Tellur in elementarer Form in den Geweben abgelagert werden, von denen das letztere noch langsam in Tellurmethyl umgesetzt wird^). Ein jeder Versuch, die Wirkung der Blausäure auf den Or- ganismus zu erklären, muß vor allem der Tatsache gerecht werden, daß sie für alle Lebewesen ohne Ausnahme ein tödliches Gift ist. Damit wird die vorübergehend von Hoppe-Seyler^) angedeutete Möglichkeit, ihre Wirkungsweise sei analog der des Kohlenoxydes, indem sie, wie dieses durch die Bildung von Kohlenoxydhaemo- 1) Vergl, hierüber die Arbeiten von Baeyer und Villiger in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft Bd. .33 (1900) S. 2488 und Bd. 34 (1901) S. 749 und 2769. 2) Hofmeister: Archiv für experiment. Phatologie und Pharmakologie Bd. 33, S. 198, zitiert nach Kunkel: Handbuch der Toxikologie (Jena 1899) Bd. I, S. 365. 3) Zitiert nach Gaethgens: Zur Lehre der Blausäurevergiftung. Hoppe-Seylers: Medizin. -ehem. Untersuchungen Heft 3, S. 328 u. 329. über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 447 globin, gleicherweise durch das Eingehen einer Verbindung mit dem Haemoglobin die Regeneration des Oxyhaemoglobins verhindere oder herabsetze und damit den Tod infolge von Sauerstoffmangel herbeiführe, zu eng. Sie wird außerdem durch die Beobachtung widerlegt, daß diese in vitro darstellbare Verbindung im Blute mit Blausäure vergifteter Organismen nicht gefunden werden konnte*). Heute findet man darum in den Lehrbüchern der Toxikologie, die gleichfalls auf Hoppe-Seyler^) zurückgehende, durch die experimen- tellen Arbeiten von Gaethgens^) und namentlich Geppert^) ge- stützte Annahme, die Blausäure bewirkte eine innere Erstickung der Gewebezellen bei Anwesenheit von überschüssigem Sauerstoff, da durch ihre Gegenwart die Oxydationsfähigkeit der Gewebe ge- lähmt werde, was sich in vermindertem 0 -Verbrauch und herab- gesetzter C02-Produktion äußert. So konstatierte Geppert in einzelnen Fällen ein Zurückgehen bis auf ca. 25 "/o des normalen Wertes für den 0-Konsum. Diese Resultate dürfen nach früheren Untersuchungen Prevers^) unbedenklich auf Frösche (Poikilotherme) übertragen werden, da Zillessen •^) nachgewiesen hat, daß der Unterschied, der in der Farbe des arteriellen Blutes von Warm- und Kaltblütern in späteren Stadien der Blausäurevergiftung be- merkbar wird, nur durch die Verschiedenheit der Körpertemperatur hervorgerufen wird und sich durch Erwärmen der Frösche beseitigen läßt^). Ganz in derselben Weise werden pflanzHche Organismen ergriffen, wie die mitgeteilten Versuche für Aspergillus niger mit aller Schärfe ergeben, und wie von Schönbein, A. Mayer^) und Fiechter^) für Hefe angegeben wird. Für nicht beweisend halte ich die Versuche A. Mayers mit Tropaeolum*") aus den S. 412 angeführten Gründen und vor allem darum, weil eine Erholung nicht beobachtet wurde. Auch seine Versuche mit Elodea*') haben 1) Hoppe-Seyler, In seinen niedizin.-cheni. Untersuchungen Heft 2, S. 207; auch Kunkel: Toxikologie S. 504. 2) Medizin. -ehem. Untersuchungen: Heft 1, S. 140. 3) Hoppe-Seylers medizin.-chem. Untersuchungen: Heft 3, S. 325. 4) Zeitschrift für klin. Medizin Bd. 15 (1889), S. 208 u. 307. 5) Die Blausäure (Bonn 1870), S. 57. 6) Zeitschrift für physiolog. Chemie Bd. 15 (1891), S. 403. 7) Vgl. auch J. Loeb, Biochemische Zeitschrift Bd. I, S. 183 (Seeigeleier). 8) Landwirt. Versuchsstationen Bd. 23, S. 339 ff.. 9) Einfluß der Blausäure auf Fermentvorgänge. Diss., Basel 1875, S. 14 — 32. 10) a. a. 0. S. 375 — 337. li; a. a. 0. S. 338. 448 H. Schroeder, nur unter der Voraussetzung Gültigkeit, daß man aus dem Aufhören der Plasmaströmung auf die Lähmung der Atmung schließen darf. Daß die Resistenz bei ganz gleichartiger Wirkung im einzelnen sehr verschieden ist, darf nicht Wunder nehmen und läßt sich ganz ungezwungen damit erklären, daß eben die Organismen gegen eine starke Depression der Atmung nicht alle in gleicher Weise empfindlich sind, wie dies auch Preyer (1. c. S. 58) für Warmblüter und Frösche durchführt^). Verhältnismäßig starke Dosen bezw. lange Einwirkung scheinen Samen zu erlauben, wovon noch die Rede sein soll. Außerdem werden für die Erklärung der Giftwirkungen die Beobachtungen an Enzymen von Bedeutung sein. Denn während die hydrolysierenden wie Pepsin^), das proteolytische Enzym der Nepenthes Kannen^), Hefenendotryptase*), ferner Diastase^) sich gegen Blausäure derart widerstandsfähig erwiesen, daß z.B. Fiechter wie Hahn es offen lassen, ob die beobachtete schwache Wirkung nicht einfach als Säurewirkung zu deuten sei, sind Katalasen [des Malzauszuges '^), des Blutes^), des Hefepreßsaftes ^) in Abrussamen- extrakt^), Rizin^^), Emulsin und Pankreasferment^^)] gegen dieses Gift ungemein empfindlich, ebenso Zymase^^). Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine Zerstörung des Fermentes, sondern nur um dessen vorübergehende Inaktivierung, und wenn die Blausäure entfernt wurde — etwa durch Luftdurchleiten — kehrte die frühere Wirksamkeit zurück. Es erscheint mir die Tatsache beachtenswert, 1) Einige Tatsachen über die Empfindlichkeit verschiedener Organismen gegen Blausäure finden sicli bei Loew, Natürliches System der Giftwirkungen (München 1893), Seite 54. 2) Fiechter a. a. 0. S. 9 und Schützenberger, Compt. rend. T. 115 S. 208 (zit. nach Hahn, siehe unten). 3) Vines Annales of Botany Bd. 11 (1897), 8. 571, 572. 4") Hahn, In Buchner und Hahn Zymasegärung (München 1903) S. 315. 5) Fiechter a. a. 0. S. 12. G) Schaer, Über Einwirkungen des Cyanwasserstoffes usw. auf Enzyme, auf keim- fähige Pflanzensamen und auf niedere Pilze (Zürich 1891), S. 6. Dort auch die älteren Angaben Schönbeins. 7) Schönbein, Journal für prakt. Chemie I, 105, S. 202 (zit. nach Bredig anorgan. Fermente S. 68). 8) Buchner, Zymasegärung S. 76. 9) Schaer, a. a. 0. S. 7. 10) Schaer, a. a. 0. S. 10. 11) Jakobson, Zeitschrift für physiolog. Chemie Bd. 16, S. 366. 12) Buch n er, Zyma.segärung S. 181. über den Einfluß des C'yankaliums auf die Atmung von Aspergillus nigcr usw. 449 daß gerade die Hydroperoxyd zerlegenden Enzyme, also auch wohl die für den Atmimgsprozeß wichtigen Peroxydasen, ebenso wie Zymase besonders stark und transitorisch gelähmt werden, genau in der gleichen Weise wie die Atmung selber, dagegen die anderen Enzyme nicht oder nur unbedeutend ergrififen werden. Ich halte es darum für nicht unwahrscheinlich, daß der Wir- kung auf die Atmung und der auf die Katalasen die gleichen Vor- gänge zugrunde liegen, ohne daß es zurzeit möglich wäre, etwas Bestimmteres darüber auszusagen, besonders auch deshalb, weil die Rolle, die die Oxydasen, Peroxydasen usw. beim Atmungsprozeß spielen, trotz eifriger Bemühungen einer ganzen Anzahl von Forschern noch zu wenig aufgeklärt ist. Kontrovers scheint dagegen die Frage, ob auch die Blausäure- Lähmung anorganischer Wasserstoffsuperoxyd-Katalysatoren (kolloi- daler Metallösungen usw.') auf die gleichen Ursachen zurückzuführen sei, zumal im Hinblick auf die Angaben von A. S. Loevenhart"), daß Blausäure auch beschleunigend auf die Wasserstoffsuperoxyd- Zersetzung und auf damit verbundene Oxydationen wirkt, nämlich dann, wenn diese durch Eisen oder Kupfer bezw. deren Salze be- wirkt werden. Außerdem gibt Liebermann^') als charakteristischen Unterschied zwischen den aus Organismen gewonnenen Katalasen und anorganischen Katalysatoren des Wasserstoffsuperoxydes an, daß letztere aktivierten Sauerstoff enthielten, erstere nicht. Aber abgesehen von diesen Spekulationen bleiben zunächst noch zwei Fragen zu beantworten. I. Ist diese durch das ganze Organismenreich zu beobachtende Atmungslähmung durch Blausäure wirklich primäre Giftwirkung oder erst sekundär die Folge einer solchen. Und II. falls dies zu- trifft, kann damit allein die Giftigkeit der Blausäure genügend erklärt werden, oder sind Gründe zur Annahme vorhanden, daß noch ander- weitige Nebenwirkungen auftreten, die nicht als direkte Folgen dieser Atmungshemmung anzusehen sind. Zur Beantwortung der ersten Frage sind Beobachtungen an Blausäure allein nicht ausreichend, sondern mußte tunlichst ein anderer die Atmung gleichfalls aber nicht primär beeinflussender 1) Bredig, Anorganische Fennente (Leipzig 1901), S. 68. 2) A. S. Loe venhart, Über die Beschleunigung gewisser Oxydationsreaktionen durch Blausäure. Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft Bd. 39 (190G;, S. 130. 3) Liebermann, Beitritge zur Kenntnis der Fernientwirknngen. Pfliigers Archiv Bd. 104 (1904) S. 119 u. 17G. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. -'*' 450 H. Schroeder, Stoff zum Vergleich herangezogen werden. Einen solchen erblicke ich im Athyl-x\ther. Die Literatur ergibt für dieses Gift eine starke Steigerung des respiratorischen Gasaustausches bei Pflanzen als Nachwirkung; außerdem während der Giftperiode eine Steigerung für kleinere Dosen, eine Abnahme für größere. Ganz besonders muß ich die Resultate Kosinskis^) erwähnen, da sie gleichfalls an Aspergillus niger gewonnen wurden. Kosinski fand die größte Steigerung (25,5 Vo) der COo-Produktion — nur diese wurde ge- messen — bei einem Gehalt der Nährlösung von 0,5 Vol.-7o Äther, bei 2Vo gleichfalls eine Zunahme von 15,9 Vo, bei 3 7o annähernd Gleichbleiben (Abnahme 3,8 "/o), dagegen bei 5 "/o eine starke Hemmung um etwa 40 7o, während bei 7 und 87o nur noch Spuren von Kohlensäure ausgeschieden wurden. Diesen Rückgang halte ich mich für berechtigt, im Gegen- satz zu dem unter dem Einfluß der Blausäure wahrgenommenen, als typische Absterbeerscheinung (Sekundär- Wirkung) und nicht als primäre Giftwirkung zu deuten. Daran wird natürlich durch die Tatsache, daß bei nicht zu weit vorgeschrittenem Vergiftungs- stadium eine Erholung eintreten kann, nichts geändert. Es spricht für meine Annahme schon der Versuch 58 Kosinskis (Gabe 5 Vol.-Vo Äther), in dem während der Giftperiode die Kohlen- säureausscheidung von 4,3 auf 3,6; 3,2; 2,9 mg pro Stunde sukzessive zurückging, während sie vor dem Giftzusatz 6,2 mg betragen hatte. Übereinstimmende Resultate ergaben eigene Versuche. Es wurde dabei lediglich die COo-Abgabe gemessen, nach dem Verfahren von Pettenkof er- Pfeffer in der üblichen Anordnung. Vor die U-Röhren mit Kalilauge wurden zwei große (annähernd Liter-) Flaschen mit Atherwasser der gleichen Konzentration, wie in der Nährlösung des Pilzes, vorgelegt und alle halben Stunden ausgewechselt. Um zu verhüten, daß überdestilHerender Äther Baryumhydroxyd ausfälle -) und dadurch eine Abnahme des Titers herbeigeführt werde, wurde in die Pettenkofer-Röhren mit Äther gesättigtes Barytwasser eingeführt. Dasselbe konnte jedoch nur dann zur Verwendung gelangen, wenn die Nährlösung des Pilzes stark ätherhaltig war und auch die beiden oben er- wähnten Vorlagen angehängt wurden. Sonst erhielt man durch Ätherverdunstung einen Fehler, der sich bei dem ersten Versuch, 1) a. a. 0. 2) Pfeffer, Oxydationsvorgänge, S. fiOS. über den Einfluß des Cyankaliunis auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 451 in dem der Pilz anscheinend nicht mehr atmete, als eine Zunahme des Titers zu erkennen gab. Versuch 3. Gabe: 7% (Vol.) Äther. Dauer der Einwirkung: 1 Stunde. 2. XII. 04. 11=^-12=^ Normal 15,7 mg CO, 250_350 7 7o Älhei 3,7 „ „ 4''^-5'= Normal 1,0 „ „ Versuch 4. Gabe: 7 7o (Vol.) Äther. Dauer der Einwirkung: 1 Stunde. 5. XII. 04. 10""— U"" Normal 16,4 mg CO^ 2'"— 3"' 77o Äther 1,7 „ „ 4''=-5"= 1 1,1 „ „ 5'"— 6=" \ Normal 0,6 „ „ 6, XII. 04. 4 — 5 J 1,0 „ „ - Versuch 5. Gabe 6°/o (Vol.) Äther. Dauer der Einwirkung: 2 Stunden. 23. IL 05. 9==— 10'' Normal 13,3 mg CO2 11^-12" ! 67o Äther ^'« « " 12=«_l=» I 1,2 „ „ "^ ^ Normal '^''^ " " 25. IL 05. 10 — 11 J 1,0 „ „ Am 26. II. der Pilz untergetaucht, tot. Da die Decke nach den Versuchen jedesmal schlaff, ohne Turgeszenz, war, konnte trotz des bekannten raschen Eindringens von Äther in lebende Zellen an eine Schädigung durch Differenzen des osmotischen Druckes gedacht werden, die besonders beim Aus- waschen — höherer Druck im Innern — gefährlich sein konnten^). Es wurde darum in Versuch 4 durch ganz allmähliches Ersetzen der Ätherlösung durch normale Nährlösung ein schroffer Übergang vermieden, ohne daß sich ein Unterschied gegenüber den anderen Versuchen ergeben hätte. Auch war der Pilz in der Regel schon vor dem Auswaschen ohne Turgor. Mit den angeführten Versuchen stimmt noch überein Versuch 2, bei dem die Atmung während der Ätherperiode selbst nicht be- obachtet wurde, aber auch durch zweistündiges Verweilen auf 77oiger Ätherlösung eine so weitgehende Schädigung eintrat, daß nach 24 Stunden nur 3,0 bezw. 2,8 mg Kohlensäure ausgeschieden wurden. 1) Vgl. die Versuche Kosiuskis Nr. 22, 23, 24. 29* 452 H- Scliroeder, Es trat also in keinem einzigen der untersuchten Fälle eine vollkommene Erholung in der Weise ein, wie ich sie beim Cyankalium beobachten konnte. Somit gewinnt Kosinskis Vermutung, die bei seinen Versuchen nach 24 Stunden wieder festgestellte COo-Aus- scheidung sei durch Konidienauskeimung hervorgerufen, bedeutend an Wahrscheinlichkeit. Daß er alsdann höhere Zahlen erhalten mußte als ich — leider hat er für diese Erholung Quantitatives nicht mitgeteilt — ist einleuchtend, da er bei günstigeren Tem- jjeraturen (30 — 35" C.) züchtete, und seine Decken schon 3 — 4, zuweilen sogar nur 2 Tage nach der Sporenaussat benutzen konnte, während die meinigen erst nach 10 Tagen dazu brauchbar waren'). Außerdem war in den Atherversuchen niemals wie beim Cyan- kalium die Hemmung unmittelbar nach dem Zufügen des Giftes in voller Stärke vorhanden. Besonders die Versuche mit schwächeren Gaben Nr. 5 mit 6 % und Kosinskis Versuch Nr. 58 (5%) zeigen sehr schön eine allmähliche Abnahme, die schließlich zum Ausklingen führt, im deutlichen Gegensatz etwa zu Versuch 3 mit 0,100 g KCN nach der Pettenkofer-Methode. Es ergeben sich mithin folgende Differenzen in der Wirkung der beiden Substanzen. Cyankalium: 1. Die lähmende Wirkung tritt unmittelbar nach dem Zufügen des Giftes in voller Stärke auf. 2. Es wird, wenn die Giftperiode nicht zu lange Zeit (etwa 2 — 4 Stunden) gedauert hat, vollkommene Erholung beobachtet. Äther: 1. Die Herabsetzung der Atmung ist bei geringen Dosen eine langsame, derart, daß in jedem folgenden Beobachtungs- intervall weniger COo ausgeschieden wird als im vorausgegangenen. 2. Wenn die COa -Abgabe unter dem Einfluß des Giftes ganz aufgehört hatte, trat nie mehr eine vollkommene Erholung ein. Diese Differenzen, die für die Atherwirkung typische Absterbe- bilder liefern, berechtigen mich zu dem Schlüsse, daß die Wirkung des Äthers auf die Atmung keine primäre sondern eine sekundäre Erscheinung sei, daß also die Atmung infolge anderweitiger Schädi- gung herabgesetzt werde. Der gleiche Gegenpatz veranlaßt mich. 1) Beiläufig will ich noch darauf hinweisen, daß der Vergleich der Ätherversuche ohne Erholung mit den Cyankaliumversuchen mit vollkommener Erholung ein weiteres Argument für meine Ausführungen zu liefern geeignet ist, daß die Eückkehr der Atmung zur vorherigen Intensität nicht durch Konidienauskeimung usw. vorgetäuscht, sondern tatsächlich als ein Wiedererwachen der Atmung jeder Einzelzelle anzusehen ist. über den EiufluLl des Cyaukaliuiiis auf die Atimuig von Aspergillus niger usw. 453 auch die Wirkung des Cyankaliums als primäre anzusprechen, d. h. hier wird zunächst die Atmung gelähmt und dadurch andere Vor- gänge nachträglich in Mitleidenschaft gezogen. Die Unterscheidung wird durch die Tatsache nicht gestört, daß bei größeren Dosen auch die Wirkung des Äthers auf die Atmung augenblicklich bemerkbar Avird, denn dies trifft bei staiken Gaben für fast sämthche Gifte zu und ist, wenn eine Erholung nicht ein- tritt, zur Erklärung der Wirkungsweise nicht verwertbar. Weiter sprechen noch für eine primäre Wirkung des Cyankaliums auf den respiratorischen Gaswechsel die schon erwähnte Gleich- artigkeit in der Wirkung auf alle Lebewesen, sowie die Hemmung der Katalasen und Zymase. In bezug auf letztere ist von Interesse, daß Zymasegärung und Gärung durch lebende Hefe in der gleichen Weise beeinflußt werden. Da die Arbeiten Buchners uns die Berechtigung geben anzunehmen, auch die letztere sei nur eine intrazellulare Zymasegärung, so dürfen wir schließen, daß die Lähmung der Hefegärung nur der Ausdruck einer Zymaselähmung innerhalb der Zelle, wie wir dieselbe auch außerhalb kennen, also primäre und nicht sekundäre Giftwirkung sei. Somit kommen wir zur letzten Frage: Genügt diese Herab- setzung der Atmung allein zur Erklärung der Giftwirkung der Blausäure? Zu ihrer Beantwortung wollen wir uns vergegenwärtigen, daß 1. kurze Einwirkung auch wiederholt und bei starker Dosis in allen Fällen ertragen wurde; 2. daß längere Berührung mit dem Gift jedoch ausnahmslos den Tod zur Folge hatte. Ferner die Frage stellen: gelten diese Sätze auch für die Sistierung der Atmung durch andere stoffliche oder physikalische Einflüsse. Von letzteren kämen in erster Linie Wasserentzug (voll- kommene Trockenheit) und Herabsetzung der Temperatur in Betracht. Und es ist liinlänghch bekannt, daß, von speziellen Anpassungen abgesehen, der Atmungsstillstand ^) als Folge dieser Faktoren viel länger als 12 oder 24 Stunden andauern kann; natürlich mit der Reserve, daß der betreffende Organismus diesen tiefgreifenden Be- einflussungen (Austrocknen, Abkühlen) überhaupt zu widerstehen vermag. Aber diese Sistierungen unterscheiden sich ganz prinzipiell 1) Es werden diese Ausführungen nicht alteriert, wenn man an Stelle von Stillstand nur Lähmung bis unter die Grenze der Nachweisbarkeit annehmen will. 454 H. Schroeder, von den vorbesprochenen. Denn es ist anzunehmen, daß bei voll- kommener Trockenheit oder genügend erniedrigter Temperatur alle Umsetzungen innerhalb des Organismus vollkommen suspendiert sind. Dies trifft aber für die Blausäurelähmung, wie schon die Widerstandsfähigkeit verdauender Enzyme lehrt, jedenfalls nicht zu*). Und es ist klar, daß, was für eine Lähmung der Atmung bei Stillstand aller sonstigen Umwandlungen Geltung hat, nicht für eine solche bei weiterem Ablauf anderer Prozesse zutrifft. Für Sistierung der Atmung durch Nahrungsmangel könnten analoge Überlegungen angestellt werden. Doch ist mir nicht bekannt, ob überhaupt für Aspergillus experimentelle Daten über diesen Punkt vorliegen. Kosinski hat in seinen Versuchen schon vor dem völligen Erlöschen der Atmung die Decken auf neue Nährlösung verbracht. Es bleibt somit nur noch das Verhalten bei Abschluß von Sauerstoff. Hierbei setzt bekanntlich zunächst die intramolekulare Atmung ein und während derselben nehmen eine ganze Anzahl sonstiger Prozesse ihren anscheinend ungestörten Fortgang^). Erst nach dem Erlöschen derselben kann von einem Atmungsstillstand, in dem Sinne wie vorstehend, gesprochen werden. Neuerdings hat Kostytschew ■^) durch langes Ausdehnen der Perioden des Sauer- stofientzuges diesen Punkt für Aspergillus niger erreicht und konnte feststellen, daß selbst nach 24 stündiger Sistierung der COä-Ab- spaltung die Atmung bei Sauerstoffzutritt wieder einsetzt. Aller- dings nur für ältere Kulturen, während jüngere weit weniger wider- standsfähig waren und durch den Mangel an Sauerstoff sehr bald getötet wurden, wenigstens bei Ernährung mit Chinasäure, die in den bezügl. Versuchen verwendet wurde. In Übereinstimmung damit 1) Vgl. hierzu auch Bertel, Berichte der Deutsch. Botan. Gesellsch. Bd. XX, 1902, S. 458, wonach die Chloroform-Narkose die Wirkung proteolytischer Enzyme nicht beeinträchtigt. 2) Pfeffer, Physiologie, Bd. I, S. 580, 581. Den dort mitgeteilten, bei Sauerstoff- abschluß weiter ablaufenden Vorgängen wäre noch hinzuzufügen: Enzymbildung, God- lewski & Polzeniuss, Über die intramolekulare Atmung usw.. Bull, de L'Academie des .Sciences de Cracovie, 1. April 1901, S. 251. — Eiweißzerfall, allerdings in etwas anderer Weise als bei Sauerstoffzutritt, Godlewski, Ein weiterer Beitrag zur Kenntnis der intramolekularen Atmung, ebda. 1. März 1904, S. 141. — "Wachstum, Nabokich, Beihefte z. botan. Zentralblatt, Bd. XIII, S. 272; vgl. auch Wieler ebda. S. 431. — Keimung, Godlewski, Ein weiterer Beitrag usw. (s. oben), S. 131. — Loeb, Membran- bildung bei Seeigeleiern, Biochem. Zeitschr., Bd. I, S. 191. 3) Jahrb. f. wissensch. Botan. Bd. 40, 1904, S. 563. über den Einfluß des Cyankaliunis auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 455 stehen die Angaben Du des'), daß eben gekeimte Sporen und Mycelien von ca. 1 mm Länge von Aspergillus — also ganz junge Stadien — bei Sauerstoffentzug nur ca. 4 Stunden am Leben bleiben und auch dies nur bei Ernährung mit Zucker, während bei Kultur auf anderen Stoffen der Tod schon früher eintritt. Auch hier stieg mit fortschreitender Entwicklung die Resistenz, denn die 1 mm langen Mycelien waren widerstandsfähiger als gerade ausgekeimte Sporen. Altere Stadien (Kulturen von 4 und mehr Tagen bei 32" C.) hielten aber bei Kostytschew, wie angegeben, lange Zeit auch nach dem Aufhören der intramolekularen C02-Abspaltung im sauer- stofffreien Räume aus. Doch war die Erholung bei sehr aus- gedehnter Stickstoffperiode selten eine vollkommene, auch dann nicht, wenn die große Atmungskurve entsprechend in Rechnung ge- setzt wird, so daß in vielen Fällen mit einer mehr minder starken, dauernden Schädigung gerechnet werden muß. Insofern nun, als bei Sauerstoffmangel auch nach dem Auf- hören der intramolekularen Atmung der Stillstand im Gasaustausch länger ertragen wurde als der durch die Wirkung des Cyankaliums veranlaßte, sprechen diese Resultate Kostytschews für eine schädigende Nebenwirkung der Blausäure. Doch können sie aus den angeführten Gründen nicht als vollkommen entscheidend an- gesehen werden. Im Gegensatz zu vegetativen Stadien zeigt ruhendes Plasma, wie es in Samen, Sporen usw. vorhanden ist, sich gegen Blausäure verhältnismäßig resistent. Es folgt dies aus Versuchen von Schaer -), der feststellen konnte, „daß Blausäure trotz mehrtägigen Kontaktes die Keimkraft der Samen nicht bleibend, sondern nur während der Dauer der Berührung mit demselben beeinträchtigt" ^). Allerdings ging der Prozentsatz der keimfähigen Samen etwas zurück, so daß auch Schaer zur Annahme einer bleibenden Schädigung gelangt, die sich aber bei manchen Samen (z.B. Trifolium, Vicia, Triticum, Lolium, Cannabis) nur unbedeutend äußert. In einem Falle (Daucus) wurde für ganz verdünnte (ca. Vio %o Lösungen) eine fördernde Wirkung wahrgenommen, während das gleiche Objekt gegen höhere Konzentrationen ziemlich empfindlich war. Eigene Versuche führten 1) Flora. Bd. 92, 1903, S. 205 spez. 227, 228. 2) tJber Einwirkungen des Cyanwasserstoffs, des Chloralhydrats und Chloralcyan- hydrins auf Enzyme usw. Festschrift für Xägeli und Kölliker, Zürich 1891, S. 125. 3) a. a. 0. S. 15 (Separat- Abzug). 456 ^* '''chroeder, im wesentlichen zum gleichen Ergebnis (Hemmung der Keimung nur für die Dauer der Berührung), so daß ich auf ihre Wiedergabe verzichten kann, sie bestätigten auch die entsprechenden alteren Befunde Schaers') für Pilzsporen an dem mich vorwiegend in- teressierenden Aspergillus ^). Zusammenfassung. 1. Durch Cyankalium wird die Atmung von Aspergillus niger — wie von Pflanzen und Tieren überhaupt — ganz bedeutend deprimiert. 2. Diese Lähmung erstreckt sich auf beide Phasen des Gas- austausches und zwar derart, daß die Kohlensäureproduktion bis auf einen innerhalb der Fehlergrenze der Methodik gelegenen Be- trag zurückgellt, so daß man hier von einer vollkommenen Sistierung reden kann. Dagegen konnte der Oo-Konsum nicht mit Sicherheit bis unter diese Grenze herabgedrückt werden, es muß darum mit einem geringen Rest einer Sauerstoffaufnahme gerechnet werden. Ob aber diese geringe Aufnahme als vitaler Vorgang anzusehen ist oder ein rein chemisches Geschehen darstellt, konnte nicht ent- schieden werden. 3. Es ist mithin das vorübergehende Aufhören einer nach- weisbaren CO;i-Produktion kein zuverlässiges Kennzeichen des Todes, vielmehr kann das Leben auch vegetativer Entwicklungsstadien kürzere Zeit ohne diese bestehen^). 4. Die durch Cyankalium verursachte Herabsetzung der Atmung kann nur als der Ausdruck eines verminderten Gasaustausches jeder einzelnen Zelle gedeutet werden und war, wenn die Dauer der Giftperiode keine zu große war, von vollkommener Erholung gefolgt. 5. Es handelt sich dabei um eine primäre Einwirkung der Blausäure auf den Atmungsprozeß und nicht um eine Absterbe- erscheinung. 6. Im Gegensatz dazu ist die Lähmung der Kohlensäure- produktion durch geeignete Dosen von Athyläther nicht als Primär- wirkung, sondern als Folge anderweitiger Eingriffe, also als Ab- 1) Zit. in obiger Abhandlung, S. 21. 2) In Übereinstimmung damit steht die Angabe von J. Loeb, daß KCN auf be- fruchtete Seeigeleier schon nach 24 stündigem Verweilen tödlich wirke, während unbefruchtete nach 2 Tagen noch normal entwicklungsfähg waren. Biochem. Zeitschr., Bd. I, S. 201. 3) Vgl. hierzu die mehrfach zitierte Arbeit von Kostytschew. über Jen Einfluß des Cyankaliunis auf ilie Atmung von Aspergillus uiger usw. 457 sterbe -Erscheinung anzusehen. Nach gänzHcher Sistierung konnte bei diesem Gift eine wirkliche Erholung niemals beobachtet werden. 7. Größere Cyankaliumgaben bei kurzer Einwirkung schädigen weniger, als kleinere Dosen bei längerer Berührung; das Maximum der Giftperiode war, wenn noch eine vollständige Erholung folgen sollte, etwa mit 4 Stunden erreicht. 8. Eine Gewöhnung an das Gift findet in der kurzen Zeit der Versuche nicht statt. Es wird also durch die vorliegenden Versuche, die durch das Tierexperiment gewonnene Erkenntnis, daß die Blausäure die Fähig- keit der Gewebezellen, den gebotenen Sauerstoff zu Oxydationen zu benutzen, für die Dauer der Berührung mindestens sehr stark herabsetzt, mit aller Schärfe für einen niederen pflanzlichen Organismus bewiesen. Da bei diesem Sauerstoffüberträger wie Blut bezw. Hämoglobin und auch speziell empfindliche Organe (Herz, Atmungszentrum), die immerhin Komplikationen bedingen, fehlen, können die mitgeteilten Versuche als besonders exakter Beweis für die obige Auffassung gelten, zumal da sichergestellt wurde, daß die Depression der Gesamtatmung tatsächlich durch den Rückgang der Atmungstätigkeit jeder Einzelzelle zustande kommt. Vorhegende Arbeit wurde im Leipziger botanischen Institut ausgeführt und ist es mir Bedürfnis, Herrn Geheimrat Pfeffer auch an dieser Stelle für vielfache Anregung und Belehrung zu danken. Nachträgliche Anmerkung. Die Publikation der vorstehenden Abhandlung hat sich aus äußeren Gründen längere Zeit verschoben und war das Manuskript schon im Sommer 1906 vollendet. Wo angängig, habe ich auf später erschienene Schriften noch aufmerksam gemacht bezw. deren Resultate verwertet. Besonders muß ich aber noch an dieser Stelle auf zwei Ver- öffentlichungen vonJ. Loeb hinweisen^), in denen derselbe angibt, daß auf das Seeigelei Sauerstoff-Entzug in folgenden Fällen genau ebenso wirkt, wie verdünnte Cyankaliumlösung. 1. Durch beide Mittel wird die Furchung des befruchteten Eies gehemmt; 2. ebenso die Reifung und damit der baldige Tod des un- befruchteten Eies; 1) Biochem. Zeitschr., Bd. I, S. 183 u. Pflügers Archiv, Bd. 113, 190G, S. -187. 458 H. Schroeder, 3. auch der von dem Autor als schwarze Cytolyse bezeichnete Zerfall von Eiern, die zu lange mit hypertonischem Seewasser be- handelt waren; 4. endlich bleibt die Parthenogenese anregende Wirkung hyper- tonischen Seewassers bei Gegenwart von KCN aus. Es ergibt sich auch daraus eine, wenn auch nicht notwendiger- weise vollständige Hemmung von Oxydationsvorgäugen durch Cyan- kalium und die Harmlosigkeit geringer Gaben bei nicht zu langer Einwirkung. Ol) die verderbliche Wirkung bei größeren Dosen auf der Bildung einer nicht reversibeln Verbindung oder Komplikation beruhen, wird offen gelassen. Außerdem habe ich auf einige andere uns interessierende Angaben aus den vorstehenden Arbeiten durch Anmerkungen hingewiesen. Die weitereu Folgerungen, die J. Loeb aus seinen Befunden für den Befruchtungsvorgang zieht, hier zu besprechen, habe ich natürlich keine Veranlassung. Tabellen. I. Sauerstoff konsiim. a) Die „blinden" Versuche zur Bestimmung der Fehlergrenze. Versuch 7. 11.— 14. III. 04. Barometer 12. III. 755 mm, 13. III. 754 mm, 14. III. 754 mm Hg. Ablesungen Berechnungen Sauei-stoffkonsum H,0 Hg Innen Hg Auß. T "C. Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro V2 Std. merkungen Niveau 11. m. lO*" 4,4 3,675 2,7 17,2 430,474 760 397,14 10'" 4,3 3,55 2,7 (17,2) 430,599 761,25 397,918 + 0,778 — 2™ 4,175 3,4 2,7 16,9 430,756 762,75 399,423 4- 1,505 — 4«o 4,2 3,5 2,7 16,9 430,725 761,75 398,860 — 0,663 0,16') ^05 13,7 13,0 1,45 17 418,793 655 332,260 Das Hg in die Höhe b" 12. III. 9™ 13,675 13,9 12,975 13,175 1,45 1,45 17,05 17,0 Eine Ide 418,824 418,542 e tiefei 655,25 653,25 332,333 331,154 + 0,073 — 1,179 -f-0,04 — 0,04 gesaugt z. gleichzeit. Prüfung der Dich- tigkeit des Ab- 12^° 13,9 13,2 1,45 16,95 418,542 653 331,105 — 0,049 — 0,01 schlusses 320 13,9 13,175 1,45 16,9 418,542 653,25 331,315 + 0,210 + 0,04 13. III. 920 13,95 13,2 1,45 16,2 418,479 653 332,260 + 1,145 + <»,03 14. III. g.O 13,9 13,2 1,45 15,6 418,542 653 333,319 + 1,059 + 0,05 1) Etwas abgerundet. über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 459 Versuch 85. 15. XII 04. Barometer 747 mm Hg. Ablesungen Berechnungen Sauerstoffkonsum H^O Hg Innen Hg Auß. T "C. Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro Va Std. merkungen Niveau 12^ Eingestellt 10,2 12^^ 5,025 4,175 2,2 16,2 429,189 747 390,869 j,,. 5,125 4,275 2,2 16,3 429,063 746 390,040 — 0,829 0,8 j45 5,15 4,3 2,2 16,35 429,032 745,75 389,790 — 0,250 0,25 glä 5,2 4,325 2,2 16,4 428,969 745,5 389,372 — 0,418 0,4 3" 5,2 4,375 2,2 16,4 428,969 745 389,106 — 0,266 0,1 Versuch 98. 15. u. 16. II. 05. Barometer 761 mm Hg. Ablesungen Berechnungen Sauerstoffkonsum H^O Hg Innen Hg Auß. T °C. Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro Vz Std. merkungen Niveau 15. II. 11°" Eingestellt 1 1 ^'^ 3,375 2,9 1,* 17,4 441,410 766 410,179 n-'" 3,3 2,85 1,1 17,3 441,504 766,5 410,673 + 0,494 — 1 r'^ 3,3 2,85 1,4 17,35 441,504 766,5 410,577 — 0,096 — 0,2 11"'° 3,3 2,85 1,4 17,35 441,504 766,5 410,577 0 0 12°' 3,3 2,8 1,4 17,3 441,504 767 410,946 -f 0,369 + 0,7 12™ 3,325 2,8 1,4 17,3 441,473 767 410,916 — 0,030 — 0,06 12'= 3,325 2,85 1,4 17,25 441,473 766,5 410,744 — 0,172 — 0,3 12* 3,325 2,875 1,4 17,25 441,473 766,25 410,607 — 0,137 — 0,3 ^05 3,325 2,875 1,4 17,2 441,473 766,25 410,699 -f 0,092 + 0,2 2.0 3,4 2,9 1,4 17,2 441,379 766 410,472 — 0,227 — 0,1 4« 3,45 2,95 1,4 17,0 441,313 765,5 410,524 4-0,052 + 0,01 16.11. g30 3,75 3,25 1,25 16,3 440,936 761 409,046 — 1,478 — 0,1 11- 11= 12^ b) Bestimmung des Verhältnisses CO, : 0^. Versuch 17. Eingestellt ll" 5,25 3,95 2,55 17,5 459,792 743,5 414,207 5,9 4,55 2,45 17,6 459,071 736,5 409,389 4,818 4,8 6,6 5,3 2,35 17,65 458,294 728 403,774 5,615 5,6 J5,2 Ohne Absorptionsmittel für CO2 eingestellt 12'*°. Oo-Konsum überstieg CO3- Produktion: 12* 1= 8,25 7,05 2,05 17,9 495,522 707,5 423,521 8,2 7,00 2,05 18,1 495,578 707 422,843 0,778 0,3 8,2 7,00 2,05 18,15 495,578 707 422,740 0,103 0,1 j 0,2 Also ca. 5,2 ccm Sauerstoff konsumiert und etwa 0,2 ccm weniger CO, produziert, so daß COj : O2 = 5 : 5,2 =- 1 : 1,04 ist, 460 H. Scbroeder, Versuch 93. 21. XL 04 Barometer 751 mm Hg. Ablesungen Berechnungen Sauerstoffkonsum H2O Hg Innen Hg Auß. T Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro Vs std. merkungen Niveau J.5 Eingestellt ohne Absorptionsmittel für Kohlensäure j40 9,5 8,25 1,8 18,2 494,135 701,7 (418,186) — — l^"' 9,55 8,3 1,8 18,2 494,079 701,2 417,834 2'-"' 9,65 8,4 1,8 18,2 493,968 700,2 417,131 0,703 0,7 1 Oo-Kon- 24.-. 9,75 8,5 1,8 18,2 493,857 699,2 416,428 0,703 0,7 1 sum großer als CO..- ) Produkt. 3,.-. 9,85 8,6 1,8 18,2 493,746 698,2 415,726 0,702 0,7 33.. Mit Natronlauge eingestellt 3" 4,9 3,85 2,1 18,2 460,181 747,9 415,674 4" 5,25 4,15 2,1 18,2 459,812 744,9 413,639 2,035 2,0 4^^' 5,6 4,55 2,1 18,2 459,464 740,9 411,061 2,578 2,6 b" 6,00 4,9 2,1 18,2 458,960 737,4 408,628 2,453 2,5 Versuch 16. Zunahme der Atmung in 24 Stunden. 6. u. 7. VII. 04. Barometer 754 mm Hg. Abi esungen Berechnungen Sauerstoffkonsum H3O Hg Innen Hg Auß. T "C. Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro V2 Std. merkungen Niveau 6. VII. lO'' Eingestellt 10^' 7 5,6 4,3 24,2 386,202 757,5 343,058 U'' 7,7 6,3 4,2 24,3 385,365 749,5 338,408 4,650 4,65 11'' 8,7 (7,3) 4,0 24,4 384,172 — — 12'' 9,7 8,3 3,9 24,35 382,978 726,5 325,598 12,810 6,4 7. VII. gOT Eingestellt 2.T.. 7,4 6,4 1,2 24,1 380,304 748,5 339,118 3'" 8,4 7,4 (4,1) 24,7 385,110 738,5 332,368 6,750 6,75 3'' 9,7 8,7 3,9 24,6 383,558 722,5 323,793 8,575 8,6 4"- 11,1 10,1 3,7 24,5 381,887 706,5 315,181 8,612 8,6 4^« 12,45 11,5 3,5 24,4 380,275 690,5 306,666 8,515 8,5 über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 461 11. II. 05. Versuch 95. Atmung auf destilliertem Wasser. Barometer 752 mm Hg. Ablesungen Berechnungen Sauerstoffkonsum H,0 Hg Innen Hg Auß. T Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro V, Std. merkungen Niveau 9«. Eingestellt 945 5,05 4,3 2,65 18,4 380,001 755,87 346,653 10'= .5,55 4,8 2,55 18,4 379,413 749,87 343,311 3,342 3,3 lO'" 6,2 5,4 2,45 18,4 378,637 742,87 339,342 3,909 4,0 11'' 6,9 6,2 2,4 18,45 377,801 734,37 334,554 4,778 4,8 ir' Auf destilliertem Wasser eingestellt 12"" 4,95 4,1 2,65 18,45 380,130 754,28 345,944 12^ 5,55 4,7 2,6 18,5 379,413 748,78 342,037 3,307 3,3 jOO 6,3 5,45 2,5 18,5 378,518 740,28 337,864 4,773 4,8 1^ 6,9 6,1 2,4 18,5 377,801 732,78 333,733 4,131 ■ 4,1 200 7,5 6,725 2,3 18,55 377,085 725,53 329,052 4,081 4,1 2 30 8,1 7,3 2,25 18,6 376,369 719,28 326,049 3,603 3,6 3OO 8,75 7,9 2,2 18,6 375,592 712,78 322,369 3,080 3,7 330 9,2 8,4 2,1 18,0 375,055 706,78 319,136 3,233 3,2 340 ^ Nieder auf Nährlösung versetzt; eingestellt 4'^ 5,2 1 4,4 2,6 18,5 379,831 751,78 344,418 4« 5,825 5,0 2,5 18,5 379,085 744,78 340,472 3,946 3,9 5'= 6,5 5,7 2,45 18,4 378,279 737,28 336,253 4,219 4,2 22. II. 04. Die Cyaukalinmvorsnche. Versuch 1. KCX-Gabe: 0,0164 g auf 150 ccm NL. Ablesungen Berechnungen Sauerstoff konsum Hg Innen Hg Außen T »C. Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro V^ Std. merkungen Niveau 12^' j3. 335 4»= 5,6 6,05 7,175 8,75 9,3 2,375 2,15 2,05 1,85 1,75 17,6 17,8 17,9 18,0 18,05 419,75 418,43 417,77 415,79 415,10 747,75 735 728,75 711 704,5 380,160 372,015 368,028 356,999 352,990 8,145 3,987 11,027 4,009 4,1 4,0 3,7 4,0 In diesem ersten Versuche fehlte die Wassersiiulc über der Queck- sillterkuppe 6™ 7" „:.i. KCN- Zusatz: 4,0 2,6 18,1 405,034 760 4,8 2,55 (18,05) 404,812 757,5 5,05 2,55 18,2 464,535 755 5,45 2,55 18,2 464,091 751 5,9 2,5 18,2 463,591 746 0,5 2,45 18,2 462,925 739,5 7,1 2,35 18,2 4 62,259 732,5 1(1,4 2,0 18.4 458.590 (;9(; 427,210 425,462 423,675 420,980 417,668 413,350 408,770 384,510 1,739 1,787 2,695 3,002 4,312 4,580 24,200 1,7 1,8 2,7 3,0 4,3 4,0 4,9 462 H. Schroeder, 23. u. 24. II. 04. Versuch 2. KCN-Üabe: 0,1412 g auf 150 ccm NL. Ablesungen Berechnungen Sauerstoffkonsum H2O Hg Innen Hg Auß. T "C. Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro 'U std. merkungen Niveau 23. II. 330 4*' 5,025 5,5 6,075 4,4 4,85 5,425 2,475 2,4 2,325 18,05 18,05 — 18,0 18 451,422 450,895 450,257 751,75 746,5 740 418,782 415,405 411,243 3,377 4,162 3,4 4,2 KCN- Zusatz: 9,249]754 9,3121754,5 9,2181754,25 Ausgewaschen : 5,375 4,15 2,45 18 419,249 754 390,165 5,325 4=,1 2,45 18 419,312 754,5 390,484 + 0,319 + 0,3 5,400 4,125 2,45 18 419,218 754,25!390,269 — 0,215 — 0,2 ^36 5,1 4,1 2,4 17,95 451,339 754 411,572 g06 5,075 4,05 2,4 18 451,367 754,5 411,685 + 0,113 + 0,1 g36 5,2 4,15 2,4 18 451,228 753,5 411,096 — 0,589 -0,6 glO 6,05 4,95 2,375 18 450,284 745,25 404,718 6,278 1,9 10°" 7,625 6,6 2,075 17,85 448,536 725,75 393,563 11,155 3,0 10»° 5,4 4,4 2,4 17,85 451,005 751 409,792 Neu eingest. 24. II. 940 15,3 14,375 1,1 16,8 440,016 638,251340,303 69,489 3,0 0.,-MaDgel 955 4,875 4,1 2,2 16,8 451,589 752 420,889 Neu eingest. 10'' 5,7 4,875 2,075 (16,9) 450.C73 743 415,008 5,881 3,0 11'^ 6,2 5,375 2,025 16,8 450,118 737,5 411,429 3,579 3,6 Versuch 6. Barometer nicht abgelesen; angenommen 751 mm (mittlerer Stand von Leipzig). 10. u. 11. III. 04. KCN-Gabe: 0,1412 g auf 150 ccm NL. Ablesungen Berechnungen Sauerstoffkonsum H.,0 Hg Innen Hg Auß. T »C. Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro V2 Std. merkungen Niveau lO.lIL 9=» 5,05 4,00 2,5 16,6 451,394 755 414,805 950 5,5 4,4 2,45 16,65 450,895 750,5 411,734 3,071 3,1 lO"'» 6,1 5,05 2,375 16,8 450,229 743,25 406,792 4,942 4,9 KCN -Zusatz : jqSS 5,05 4,025 2,625 16,8 427,657 756 393,156 11°' 5,05 4,0 2,625 16,9 427,657 756,25 393,105 0,051 0,05 11^' 5,075 4,025 2,625 16,95 427,626 756 392,852 0,253 0,25 12°^ 5,125 4,075 2,625 17,05 427,563 755,5 392,346 0,506 0,5 über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 463 Fortsetzung des Versuches 6. Ablesungen Berechnungen Sauerstoffkonsum H20 Hg Innen Hg Auß. T »C. Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro Vo Std. merkungen Niveau Ausgewaschen : 12'" 5,1.') 4,05 2,3 17,25 461,283 753,5 !421,750 12'= 5,45 4,3 2,25 17,2 460,050 750,5 419,8.53 1,917 2,3 J05 5,8 4,625 (2,20) 17,3 460,562 746,75 417,236 2,597 2,6 2« 6,75 5,6 2,1 17,6 459,507 736 409,494 7,742 2,4 250 5,175 4,05 2,275 17,6 461,256 752,25 420,317 320 5,5 4,375 2,25 17,7 460,895 748,75 417,796 2,521 2,5 350 5,875 4,7 2,225 17,7 460,479 745,25 415,427 2,369 2,4 4=0 6,2 5,05 2,175 17,8 460,118 741,75 412,915 2,512 2,5 11. III. goo 10,4 3,6 2,3 17,4 455,456 757 426,431 925 10,8 3,9 2,25 17,4 — — — — — 950 11,2 4,25 2,2 17,4 454,568 749,5 421,384 5,047 2,5 1. u. 2. V. 04. Versuch 9 u. 10. Giftgewöhnung. Barometer I.V. 753,5. 2. V. 751. Ablesungen Berechnungen Sauerstoff- konsum H.,0 Hg Innen Hg Auß. T »C. Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro Vo Std. merkungen Niveau l.V 11^ 8,45 7,00 2,95 21,1 460,020 753 423,579 2=0 12,3 10,75 2,55 21,0 456,247 711,5 396,512 27,067 5,4 2=0 13,2 11,65 2,5 21,05 455,348 702 390,439 6,073 6,1 11^ 12' 0,200 g KCN auf 150 NL. 320 8,5 7,35 2,95 21,2 460,565 753 423,382 350 8,45 7,3 2,95 21,1 460,620 753,5 423,860 + 0,478 Die Zunahme 4^0 8,425 7,275 2,95 21,175 460,648 753,75 423,919 -t- 0,059 Rechnung A. Ausgewaschen. Eingestellt 4". Temperatur- Ausgleiches 4« 7,8 (6,9) 3 21,2 461,342 756 415,240 zu setzen. 5^ 7,9 (6,9) 3 21 461,231 756 415,550 ~t- 0,316 550 8,4 (7,4) 2,95 21 400,676 750,5 411,901 — 3,595 3,6 6* 8,95 7,95 2,9 21,2 460,065 744,5 407,002 4,359 4,4 g35 9,3 (8,3) (2,85) 21,1 459,677 740,5 405,246 2,356 4,7 2. V. 10'" 7,8 6,9 3 20,4 401,342 750 426,944 11=" 8,7 (7,7) 2,85 20,4 460,343 746,5 420,000 6,288 3,1 0,200 g KCN auf 150 NL. 11 9,0 2,7 |20,4 457,790[720 403,483 12,1 10,7 2,6 20,4 456,569i708 395,700 7,783 3,9 464 H. SchroeJer, Versuch 11. Giftgewöhnung. 6., 7. u. 8. VI. 04. Barometei' 757 mm Hs Ablesungen Bei echnun ^en Sauerstoffkonsum H,0 TTp- TTp- Be- Zeit Innen Auß. T »C. Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro Va Std. merkungen Niveau 6. VI. g35 Eingestellt g4S 7,5 5,85 4,3 25,4 453,675 758 400,726 10'" 7,9 G,35 4,2 25,5 453,231 752 396,855 3,871 3,9 12^ 12,85 11,15 3,7 25,1 447,736 '699 364,276 32,579 6,5 12'' 7,8 6,2 4,2525,2 453,342 760 414,960 124 8,7 7,15 4,1 25,2 452,343 749 408,053 6,907 6,9 2=0 250 32« 300 5^" 6*' 6"* 7 VI. 10'" 11'" 11'" 2"' 30.. 4'' 4- 5'' g55 7'" . VII. 0,200 g KCN auf 150 NL. Eingestellt l' 6,8 5,8 4,3 25,3 454,452 759,5 402,450 6,5 5,5 4,3 25,35 454,785 761,5 403,730 6,5 5,5 4,3 25,35 454,785 761,5 403,730 6,5 5,55 4,3 25,25 454,785 761 403,670 Ausgewaschen : 6,8 6,6 6,6 6,7 7,1 7,5 7,05 8,7 9,75 7,05 8,75 5,0 4,3 25,2 454,452 759 402,392 5,4 4,4 25,3 454,664 762 404,006 5,45 4,4 25,2 454,664 761,5 403,940 5,55 4,4 25,2 454,563 760,5 403,303 5,9 4,3 25,35 454,119 756 400,132 6,3 4,25 25,2 453,675 751,5 397,597 6,35 4,3 25 454,174 752 398,739 7,85 3,95 25,2 452,343 733,5 386,620 8,85 3,8 25,2 451,177 722 379,378 6,2 7,9 4,25 24,6 3,95|24,6 Eingestellt 454,230] 752 ]412,230 452,2871 732,5 |399,823 + 1,280 0 + 1,614 — 0,066 0,637 3,171 2,535 12,119 7,242 12,407 0,06 0,07 0,6 1,6 2,5 6,05 7,2 6,2 T-Ausgleich 0,200 g KCN auf 150 NL. Eingestellt 3'" 0,7 5,5 4,3 25 454,503 760,5 403,737 6,6 5,4 4,3 25,1 454,664 761,5 404,159 6,7 5,55 4,3 24,8 454,563 760 403,884 6,7 5,55 4,3 24,95 454,563 760 403,566 7,0 5,9 4,2 25,1 454,230 755,5 400,488 7,8 6,6 4,2 25,15 453,342 748,5 395,774 Utcr Ende der Skala; 17,6 2,3 21,3 441,132 619,5 323,365 Dg-Star.l Iierechnet 17,1 2,3 25,25 441,687 624,5 319,443 -f 0,422 — 0,275 — 0,3 0,318 0,3 3,078 1,0 4,714 2,4 72,409 2,9 3,922 2,0 Oo- Mangel über den Einfluß des Cyankaliams auf die Atmung von AnpcrgUlus niger usw. 465 Versuch 12. 15.— 18. VI. 04. Barometer 16. VI. 756 mm, 17. VI. 757 mm, 18. VI. 75G mm Hg Ablesungen Be •echnun gen Sauers off- H..0 /^ - Innen Hg Äuß. T »C. Be- Zeit Volum Druck corrig, Volum Inter- vall pro '/. Std. merkungen Niveau 15. VI. 9^ Eingestellt 934 G,8 j 5,95: 4,3 25,2 436,459 762 i388,923 10°* 7,5 6,6 4,2 25,2 435,580 754,5 383,313 5,610 5,6 11»* 10,7 9,6 3,5 25,4 431,561 717,5 360,156 23,157 7,7 Am 16. VI. 9*' 0,200 g KCX auf 150 ccm Nährlösung zugefügt und bis 11^' damit in Berührung gelassen. Die Zahlen der Giftperiode sind wegen mangelhafter Temperatur-Bestimmung nicht benutzbar. Die Atmungsdepression war aber die gewöhnliche. Stand des Wasserniveaus: 6,15, 5,85, 5,65, 5,6, 5,55 in halbstündigen Intervallen; also Volum-Zunalime durch T-Ausgleich: ein sicheres Anzeichen einer höchstens minimalen Atmung. Ausgewaschen 12"''; eingestellt 3"' 3>,. 6,0 4,9 .3,85 25 465,340 764 415,272 34. 5,9 4,8 3,85 25,1 465,451 765 415,709 -f 0,437 4'^ 6,0 4,9 3,85 25,1 465,340 764 414,982 — 0,727 0,7 4« 6,05 5,0 3,85 24,95 465,284 763 414,767 — 0,225 0,2 5'^ 6,0 4,95 3,85 25,2 465,340 763,5 414,546 0,221 0,2 17. VI. 16,3 15,2 2,7 25,4 453,906 650,5 347,664 66,828 2,1 g35 6,4 5,3 3,85 25,4 464,986 761 425,811 Neue Nährlösg. 11"^ 8,6 7,6 3,55 25,4 462,454 735 409,103 16,708 5,6 4>^ 430 50« 6,1 6,1 5,25 5,2 3,8 3,8 25,2 25,2 Eingf 465,229 465,229 jstellt 761 761,5 413,046 413,421 + 0,375 Die gleiche Nähr- lösung wie in der unmittelbar vorstehenden Reihe. aber 5:» gOO 18. VI. 8*' 6,0 6,0 0,8 5,2 5,15 5,9 3,8 3,8 3,75 25,2 25,2 23,1 465,340 465,340 464,452 761,5 762 752,5 413,425 413,705 412,090 -|- 0,004 -|- 0,280 — 1,615 — 0,06 ohnePilzdeeke; zur Entschei- dung der Frage nach Bakterien bczw. Sporen- entwicklung 8. S. 432. 3'" 7,6 6,8 3,7 23,2 463,564 743,5 406,029 — 6,061 — 0,5 Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 30 466 H. Scbroeder, Versuch 13. Längere Einwirkung: 17. 18. 19. VT. 04. Barometer: 17. VI. 757 mm, 18. VI. 75G mm, 19. 75.5 mm Hg. Ablesungen Berechnungen Sauerstoffkonsum HjO Hg Innen Hg Auß. T "C. Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro Vj Std. merkungen Niveau 17. VI. c"> Eingestellt 6'« 6,9 6,1 4,2 25,4 428,333 759 391,291 6" 7,45 6,65 4,0 25,4 427,643 751,5 386,800 4,491 4,5 0,200 g KCN auf 150 NL. Eingestellt 7'" 7" 6,7 5,8 4,3 25,4 428,585 763 481,143 ^63 6,7 5,775 4,3 25,3 428,585 763,25 381,477 + 0,334 18. VI. 8*' 7,6 6,65 4,2 23,1 427,454 752,5 379,263 — 2,214 0,09 9™' 7,2 6,3 4,25 24,3 427,957 756,5 379,420 + 0,237 Temperatur 10"* C,9 6,0 (4,3) 25,3 428,333 760 379,077 + 0,257 Ausgewaschen; eingestellt 10"^ 10^" 6,3 5,65 4,35 25,3 429,087 764 382,312 e« 6,. 5 5,8 4,3 24,8 428,§36 762 382,051 — 0,259 — 0,02 19. VI. gOO 11,25 10,55 3,4 22 422,870 704,5 352,760 29,291 1,0 g30 11,1 10,45 3,4 23,4 423,058 705,5 350,692 2,068 2.1 jqOO 11,4 10,65 3,35 23,5 422,682 703 348,914 1,778 1,8 lO'» 11,6 10,9 3,3 23,25 422,430 700 347,449 1,465 1,5 j^.3 6,75 6,0 4,3 23,35 428,522 759 |383,101 2"- 8,6 7,9 (3,9) 23,75 426,198 736 368,374 14,727 2,1 Versuch 14. Gif tgewöhnung: 30. VI., 1. 2. VII. Barometer: 30. VI. 753 mm, 1. VII. 755 mm, 2. VII. 751 mm Zeit Ablesungen H,0 Hg Hg Innen [Auß. I ^ -I "C. Niveau Berechnungen Volum Druck corrig. Volum Sauerstoff konsum Inter- vall pro V, Std. Be- merkungen 30. VI. g40 gö5 10-^ ll" 6,75 5,5 4,2 24 459,507 762 411,096 7,1 5,85 4,2 24,1 459,119 758,5 408,589 8,3 7,1 3,95 23,9 457,787 743,5 399,525 2,507 9,064 Temperatur 4,5 über den Einfluß des Cyankaliums auf die Aimung von Aspergillus nigcr usw. 367 Fortsetzung des Versuches 14. Ablesungen Berechnungen Sauerstoff- konsum H^O Hg Innen Hg Auß. T . i n ^ Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro V„ Std. merkungen Niveau l.VII. 9'° 10"* 10°' 10" 11" 4'" 4"'" 2. VIT. 9'" 12'-'" Mit 0,200 g KCN auf 1.50 NL; eingestellt ll' 12'"* G,.') 5,3 4,3 23,8 459,715 7G5 12^" G,2 5,0 4,3 24 460,118 768 3"" 6,6 .5,4 4,3 23 459,674 764 3^0 6,225 5,025 4,3 24 460,090 767,75 6,65 5,45 4,2 24 6,65 5,45 4,2 23,8 7,3 6,1 4,0 24 7,5 6,25 4,0 24 14,85 13,6 2,8 24 15,2 14 2,75 24 413,184 414,980 414,477 414,816 3^ ausgewaschen; eingestellt 5" 423,802 424,085 418,421 417, 3SG 363,381 360,619 459,618 7G2,5 459,618 762,5 458,897 754 458,675 752,5 450,516 667 450,128 662,5 1,796 0,503 0,339 6,8 5,7 4,1 23,8 7,25 6,15 4,1 24 8,525 7,475 3,85 24 Neu eingestellt 459,452 458,952 457,537 759 754,5 738,75 421,986 418,747 408,743 3,239 10,004 Mit 0,200 g KCN auf 150 NL; eingestellt 4" B I 5,6 unverändert 6,65 8,6 9,1 6,4 8,4 8,9 4,2 23,4 •t 23,5 23,4 (4,1) 23,8 (3,8) 23,9 3,7 23,5 460,562 7C1 460,562 761 460,562 761 459,618 752 45 7,454 729 456,899 723 412,754 412,539 412,754 406,052 391,212 388,228 -0,283 4,723 1,2 1,035 1,0 54,005 2,2 2,762 2,8 3,2 5,0 + 0,115 — 0,115 — 6,702 1,1 14,840 0,6 2,984 0,5 Tempe- ratur Mangel 6. u. 7. VII. 04. Versuch 15. Längere Einwirkung. 0,100 g. Barometer 6. VII. 754 mm, 7. VII. 754 mm Hs Ablesungen Berechnungen Sauerstoff- H^O Hg Hg Innen lAuß. T "C. Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- pro vall Vo Std. merkungen Niveau 6.vn. 10'" Eingestellt 10-'' 6,9 5,75 4,15 24,2 464,341 758,5 413,027 10'' 7,65 6,5 4,0 24,1 463,508 749,5 407,452 5,575 5,6 12'' 10,7 9,5 3,45 24,2 4 60,123 714 384,532 22,920 7,6 30* 468 H. Scliroeder, Fortsetzung des Versuches 15. Ablesungen Berechnungen Sauerstoff- kon SU ni H,0 Hg Hg Innen lAuß. T "C. Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro V, Std. merkungen Niveau 0,100 g KCN auf 150 NL; eingestellt 3' 4'" 6,1 5,25 4,25 24,2 465,229 764,5 417,191 4«' 6,1 5,25 4,25 24,1 465,229 764,5 417,401 5'" 6,1 5,2 4,25 24,2 465,229 765 417,472 540 6,25 5,35 4,25 24,0 465,162 763,5 416,998 ß.O 6,125 5,3 4,25 24,3 465,201 764 416,664 7. VII. g2ü 9,3 8,4 3,7 24,3 461,677 727,5 393,151 gSü 9,5 8,6 3,6 24,2 461,455 724,5 391,500 10^^ 9,9 9,0 3,5 24,2 461,011 719,5 388,338 12« 10,85 9,95 3,85 24,3 459,956 708,5 381,128 3.. 355 4'' 4- Ausgewaschen; eingestellt 3° 5,85 5,7 4,1 24,2 465,906 758,5 414,420 6,3 6,1 4,1 24,15 465,006 754,5 411,513 6,85 6.7 4,0 24,1 464,396 747,5 407 110 7,2 7,05 3,9 24,1 464,007 743 404,244 + 0,210 + 0,071 — 0,474 0,5 — 0,334 0,3 23,513 0,8 1,651 0,8 3,162 1,6 7,210 1,5 2,907 2,9 4,403 4,4 2,866 2,9 15. u. 16. XII. 04. Versuch 86A. Giftgewöhnung. Barometer 15. XII. 747 mm, 16. XII. 755 mm Hg. Ablesungen Berechnungen Sauerstoff- konsum H,0 Hg Hg Innen Auß. T »C. Be- Zeit Volum Druck e?f^- Volum Inter- vall pro V, std. merkungen Niveau 15. XII. gL.5 g3., 10"" 10» 11°" 4,225 4,575 4,900 5,3 3,875 4,175 4,5 4,8 2,45 2,3 2,275 2,25 15,9 15,95 15,95 15,975 Eingest 418,693 418,264 417,846 417,343 eilt 749,75 745,25 741,75 738,50 383,290 381,332 378,357 374,987 1,958 2,975 3,370 2,0 3,0 3,4 Mit 0,200 g KCN auf 150 NL; eingestellt ll" 11* 12' 12' 1" 1' 4,725 3,75 2,2 16,05 451,755 747,5 411,987 4,8 3,825 2,2 16,1 451,672 746,75 411,395 4,825 3,85 2,2 16,15 451,644 746,5 411,113 4,85 3,9 2,2 16,25 451,616 746 410,637 4,9 3,9 2,2 16,3 451,561 746 410,492 4,925 3,95 2,2 16,3 451,533 745,5 410,186 0,592 0,6 0,262 0,3 0,496 0,5 0,145 0,1 (1,306 0,3 über Jen Einfluß des l'yaukaliunis auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 469 Fortsetzung des Versuches 86 A. Ablesungen Bei •eohnungen Sauerstoff- konsum H^O Hg 1 Hg Innen lAuß. T "C. " Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- jiro vall 7. Std. merkungen Niveau Augewaschen; eingestellt 3'° 3'^' 4,4 3,65 2,2 16,4 452,116 748,5 419,999 3"' 4,6 3,85 2,2 16,4 451,894 746,5 418,671 1,328 1,3 4^"' 4,9 iA 2,15 16,4 451,561 743,5 416,681 1,990 2,0 5"" 5,3 4,55 2,1 16,4 451,117 738,5 413,472 3,209 1,6 16.XI1. g50 Eingestellt 8-" 4,825 3,775 2,35 15,8 419,440 756,75 387,784 g..3 5,7 4,6 2,2 15,9 418,341 748 382,039 5,745 2,9 Mit 0,200 g KCN auf 150 NL. eingestellt um lO" lO-"'^ 4,55 3,8 2,35 16 419,785 756,5 387,610 10" 4,675 3,9 2,35 16 419,628 755,5 386,949 0,661 0,7 11-'' 4,775 4,0 2,35 16,1 419,503 754,5 386,134 0,815 0,8 1 1 " 4,825 4,05 2,35 16,1 419,440 754 385,815 0,319 0,3 1 2'-'' 4,9 4,1 2,35 16,2 419,346 753,5 385,290 0,525 0,5 12'-' 4,925 4,15 2,3 16,3 419,314 752,5 384,561 0,729 0,7 Ausgewaschen; eingestellt 2°" JJOO 5,0 3,875 2,35 16,775 419,220 755,25 392,409 325 5,3 4,2 2,3 16,775 418,843 751,5 390,110 2,289 2,3 3.,., 5,6 4,45 2,3 16,775 418,466 749 388,462 1,648 1,6 4== 5,975 4,8 2,25 16,8 417,995 745 385,953 2,509 2,5 15. u. 16. XII. Versuch 86B. (jiftgewöhnung Barometer: 15. XII. 747 mm, 16. XII. 755 mm Hg. Ablesungen Berechnungen Sauerstoff- konsum H2O Hg Hg Innen Auß. T "C. Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro '/..Std. merkungen I Niveau 15.XII. 9^" Eingestellt g.r. 4,6 3,9 i 2,45 15,85 377,908 748,5 335,421 12'^ 6,2 5,525 2,05 16,1 376,097 728,25 3'33,915 11,506 2,8 16.XII. 8" Eingestellt 9"" 4,55 3,9 2,4 15,9 380,467 756,5 '350,062 10"" 5,65 5,025 2,1 15,95 379,254 742,25 343,553 7,109 3,55 470 H. Schroeder, Fortsetzung des Versuches 86 B. Ablesungen Berechnungen Sauerstoff- konsum H2O Hg Innen Hff Be- Zeit Auß. T "C. Volum Druck corrig. Volum Inter- \ pro vall '/..Std. merkungen Niveau 10" 11"' 11'" 12'" 12^" 1'" 3'" 3«, 4"' 4'" Mit 0,200 g KN auf 150 NL. eingestellt iim lo'' 4,6 ' 3,925 2,45 16,0 380,408 756,25 351,138 4,7 4,0 2,4 16,1 380,288 755 350,274 4,75 4,1 2,4 16,15 380,228 754 349,665 4,8 4,1 2,35 16,2 380,169 753,5 349,294 4,85 4,175 2,35 16,3 380,109 752,75 348,724 4,875 4,2 2,35 16,5 380,079 752,50 348,255 Ausgewaschen ; eingestellt 3°" 4,925 3,75 2,35 16,85 380,020 757 349,751 5,25 4,05 2,3 16,85 379,731 753,5 347,838 5,575 4,4 2,2 16,85 379,343 749 345,368 5,9 4,725 2,15 16,85 378,955 745,25 343,254 0,864 0,9 0,609 0,6 0,371 0,4 0,570 0,6 0,469 0,5 1,913 2,470 2,114 1,9 2,5 2,1 12. u. 13. XII. 04. Versuch 88. NL. mit Traubenzucker. Barometer: 12. XII. 753,5 mm, 13. XII. 738,5 mm Hg. Ablesungen Be •eclinuneren Sauerstoff- konsum H 0 1 ^S Hg ^ 1 Innen Auß. T °c;. Be- Zeit Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro V, Std. merkungen Niveau 12.XII. lO'» ir 2"" 4,75 7,4 3,875 6,55 2,3 2,0 16,4 16,9 Einges 419,664 416,335 teilt 754,05 724,30 385,562 365,701 19,861 3,3 2-" 3"' 3'" 4-" 4^' 5-" b"' 6'-'" 13.XII, 9''^ 9*' 10^' Mit 0,200 g K.CN auf 150 NL eingestellt 2' 4,0 3,625 2,3 17,05 420,606 757,25 394,408 4,125 3,7 2,3 17,05 420,449 756,5 393,871 4,2 3,775 2,3 17,1 420,355 755,75 393,392 4,275 3,85 2,3 17,05 420,260 755,00 392,913 4,3 3,9 2,3 17,05 420,229 754,5 392,717 Ausgewaschen ; eingestellt 4^" 4,0 3,8 2,3 17,05 420,606 754,5 392,976 4,175 3,875 2,3 17,05 420,389 753,75 392,383 4,3 4,0 2,25 17,05 420,229 752 391,415 4,5 4,2 2,2 17,05 419,978 749,5 389,789 0,537 0,479 0,479 0,196 0,593 0,968 1,626 0,5 0,5 0,5 0,2 0,6 1,0 1,6 Einge stellt ,05 J3,875 2,3 15,6 420,523 739 379,853 ,525 |4,35 2,2 15,7 419,947 733,25 375,262 4,591 I 2,3 über den Einl'luü des L'yaiikaliuiiis auf die Atmung von Aspergillus niger usw. 471 u. 9. XII. Versuch 90 A. U i f t g e w ö li n u n g. Barometer 8. XII. 747,5 mm, 9. XII. 748 mm Hg. Ablesungen Berechnungen Sauerstoff- konsum H,0 Hg Innen Hff Be- Zeit Auß. T »C. Volum Druck corrig. Volum Inter- vall pro Vs Std. merkungen Niveau 3. XII. 9" 10"' 4,8 6,225 3,975 5,45 2,3 2,15 18,4 18,35 Eingestellt 417,471 748,251385,005 416,681 732,00 376,007 8,998 3,0 12' 12^ 1' 1* 11^'^ ,,45 Mit 0,150 g KCN auf 150 ccm NL; eingestellt 12' 4,625 3,7 2,35 18,4 417,691 751,5 386,893 4,675 3,775 2,35 18,45 417,628' 750,75 386,382 0,511 0,5 4,725 3,8 2,3 18,45 417,565 750 385,937 0,445 0,4 4,75 3,85 2,3 18,5 417,534; 749,5 385,584 0,353 0,4 9. XII. Ausgewaschen 1"*: g3.S Eingestellt 94. 5,175 1 4,925 2,25 17,85 417,000 748,25 385,313 11'^ 6,4 j 6,2 2,1 17,9 415,462 724,00 371,387 13,926 4,6 Mit 0,200 g KCN auf 150 NL; eingestellt ll' 4,325 I 3,175 5,075 I 3,9 2,35 18,1 2,25 |l8,45 418,068 417,126 756,75 748,5 382,380 376,641 5,730 0,95 Versuch 90 B. Giftgewöhnung. 8. u. 9 XII. 04. B aromet 3r wie oben. Ablesungen Berechnungen Sauerstoff- kousum H,0 Hg Innen Hg Auß. T "C. Be- Zeit Volum Druck ™^; Inter- vall pro Vj Std. merkungen Niveau 8. XII. 10^ 11"" 12*' 4,850 6,55 4,200 5,9 2,55 2,3 18,2 18,25 Eingestellt 463,616 748,8 428,184 461,729 729,3 415,264 12,920 4,3 12'^ 2'' 9. XII. 945 4,825 4,275 2,55 Eingestellt 17,7 463,644 748,6 420,202 1 1'" 7,15 6,45 2,2 17,85 461,063 723,3 403,299 16,903 I 5,6 Mit 0,200 g KCN auf 150 NL; eingestellt 12"' 5,6 4,8 2,2 II8 380,314' 748 343,907 6,05 5,15 2,0 |18,35 379,239 742,5 ,339,782 4,125 0,8 472 H. SchroeJer, 2. u. 3. Xll. 04. Versuch 91. Giftgewöhnung. Barometer 2. u. 3. XII. 748 mm Hg. Zeit Ablesungen H.,0 Hg Innen Hg Auß. Niveau Berechnungen Volum Druck corrig. Volum Sauerstoff- konsum Inter- vall pro Be- merkungen 2. XII. ir 11"" 12"" 3 10 4'» 4^" 3. XII. lü'" 10'" 1 1'" 11™ l'" 255 3" 3'' Eingestellt 9" 6,275 6,7 7,15 5,050 2,4 16,7 453,225 738,5 407,021 5,475 2,3 16,75 452,753 733,25 403,556 3.465 5,9 2,2 16,85 452,253 728 399,979 3,577 Mit 0,200 g KCN auf 150 NL; einge.stellt 2' 4,8 5,0 5,2 Ausgewaschen ; eingestellt 5'""' 4,0 2,6 17,35 454,862 750 413,713 4 2 2,6 17,375 454,640 748 412,387 1,326 4,425 2,55 17,4 454,418 745,25 410,599 1,788 1 Eingestellt 10'" 4,925 4,05 2,6 16,45 454,723 751 415,052 5,275 4,4 2,55 16,45 454,335 744,5 411,880 3,172 5,7 4,825 2,45 1C,5 453,863 740,25 408,964 2,916 6,15 5,275 2,35 16,55 453,363 734,75 404,324 3,640 8,00 7,125 2,00 16,7 451,310 712,75 390,895 14,429 Mit 0,200 g KCN; eingestellt 2' 3,5 3,6 5,025 4,2 • 2,6 17,2 454,612 748 412,653 5,1 4,275 2,6 17,25 454,529 747,25 412,059 0,594 0,6 5,2 4,325 2,5 17,25 454,418 745,75 411,115 0,944 0,9 5,25 4,4 2,5 17,25 454,362 745 410,643 0,472 0,5 1,3 1,8 3,2 2,9 3,6 3,6 Beim Otfnen ohne Geruch nach KCN 4,125 3,9 2,6 16,775 455,611 751 424,073 4,25 4,025 2,55 16,8 455,472 749,25 422,956 1,117 1,1 4,475 4,25 2,5 16,8 455,223 746,5 421,173 1,783 1,8 4,55 4,3 2,5 (16,85) 455,139 746 420,779 (0,394) (0,4) 4,575 4,4 (2,4) 16,9 455,112 744 419,515 1,264 1,9 Versuch 92. Giftgewöhnung. 22., 23. u. 24. XL 04. Barometer 743 u. 741 mm Hg. Ablesungen Zeit H,0 Hg Innen Hg Auß. Niveau T "C. Berechnungen Volum Druck corrig. Volum Sanerstoff- konsum Inter- vall pro '/.,Std, Be- merkungen 22. XL 11-" jj55 12'' Eingestellt ll' 5,25 5,9 6,6 3,95 2,55 17,5 459,792 743,5 414,207 4,55 2,45 17,6 459,071 736,5 409,389 4,818 5,3 2,35 17,65 458,294 728 403,774 5,615 4,8 5,6 über den Eiiifluli des C'yaiikaliuiiis auf die Atniiiiig von Af<})er(jillti.'< lüger usw. 473 Versuch 92. Giftgewöhuung: 22., 23. u. 24. XI. 04. Barometer: 743 u. 741 uim Hg. Ablesungen Bereclinungefl Sauerstoff- konsum H,0 /^ Innen Hg rr, Auß. 1 „r, Be- Zeit Volum Druck ^™^- Volum Inter- | pro vall '4 Std. merkungen Niveau Ohne Absorptionsmittel für C0„, zur annähernden Bestimmung des Atmungskoi'ffizienten; neu eingestellt 12^'' 12' 1^ 2^ 5*^ 6.6 8* 23. XI. 9«5 935 10^ ll'» 11^» 12'" 155 24D 315 345 24. XI 10« 11^^ 8,25 7,05 2,05 17,9 8,2 7,00 2,05 18,1 8,2 7,00 2,05 18,15 495,522| 707,5 423,521 495,578} 707 1422,843 495,5781 707 |422,740 Mit 0,200 g KCN eingestellt 2^^ - 0,778 0,103 also fast 1 . (siehe T). 2« 4,45 3,75 2,5 18,25 460,680i 742,5 421,820 NLIII 315 4,5 3,8 2,5 18,25 460,625 742 421,486 0,334 0,3 3« 4,55 3,875 2,5 18,25 460,569 741,75 421,292 0,174 0,2 3» 4,6 3,825 2,5 (18,3) 460,514 741,75 421,242 Bei kiinstl. Licht abgelesen 4« 22. II. Mit 0,500 g KCN auf 150 NL; eingestellt ll'^ 4,55 3,7 2,15 17,7 464,620 763,1 429,410 4,625 3,775 2,1 17,7 464,537 701,85 428,607 0,803 — 4,075 3,8 2,1 17,7 464,481 761,6 428,450 0,157 0,3 4,8 3,925 2,1 18,05 464,342 760,35 426,842 1,008 0,4 4,825 3,95 2,1 18,1 464,314 760,1 426,596 0,246 0,2 4,85 3,975 2,1 18,15 464,286 759,85 426,327 0,209 0,3 4,9 4,0 2,1 18,2 464,231 759,6 426,031 0,290 0,3 4,9 4,025 2,1 18,175 464,231 759,35 425,743 0,288 0,3 4,95 4,1 2,1 18,15 464,176 758,60 425,510 0,233 0,2 5,05 4,2 2,1 18,1 464,003 757,6 424,935 0,575 0,3 5,275 4,4 2,1 17,9 463,813 755,6 423,964 0,971 0,2 — T-Ausp^leich Ausgewaschen ; eingestellt 8^' 4,0 3,675 2,2 17,8 464,560 763,85 429,582 5,6 4,6 2,05 16,9 463,450 753,10 424,197 5,385 0,2 5,8 4,8 2,05 17,1 463,338 751,10 422,550 1,647 0,2 5,875 4,85 2,05 17,25 463,255 750,60 421,881 0,009 0,2 7,25 6,3 1,9 16,6 461,729 734,00 412,02 9,261 0,3 IL Kolüensäiireprodiiktioii. Nr. 2. 13. u. 14. VII. 04. Gabe: 0,200 g auf 150 ccm NL. 7pit Behandlung T COa-Produktion Bemerkungen Intervall pro 1 St. 13. VIT. 10—11 11 — 12 2,-.._3.-.5 4 — 5 5 — 6 14. VII. 8""- 9"" 9^"— 10°' Luft durchgeleitet; ab 10^ Pilz angeschloss. Normal | | 18,45 | 18,45 ('O2 freie Luft durchgeleitet 1,23 I 1,23 0,85 ! 0,85 Apparat mit Pilz gelüftet Normal 1 22,65 ] 22,05 \ 0,200 g KCN i auf 150 NL Die COo - Produktion ist hier stets in Milligramm (.'0._. angegeben. 478 H. Sehroeder, Nr. 3. 14. VII. 04. Gabe: 0,100 g auf 1.50 cem NL. Zeit Behandlung CO, -Produktion Intervall | pro 1 St. Bemerkungen 11"°— ll'" 11''— 12'^ 4->"_5-'" CO, freie Luft durch Apparal und Pilz Normal j 1 21,05 1 21,05 Apparat CO, frei gemacht 0,100 g KCN 5""— 6'" J auf 150 NL 3,85 5,85 3,85 5,85 Nr. 5. u. 5. XI. 04. Gabe: 0,200 g auf 150 NL. Zeit Behandlung CO, -Produktion Intervall | pro 1 St. Bemerkungen 3. XI. 4. XL 12 — 1 jio_2io 2"— 2'' 243_3« 343_^45 4^5 ^53 3«_43o 430 r^" — 5 7. XL 04. CO, freie Luft durch Apparat mit Pilz 21,5 Normal | 17,5 | 21,5 j Apparat CO.j frei gemacht \ 0,200 g KCN i auf 150 NL 17,0 18,1 2,1 2,7 2,1 2,7 Ausgewaschen : Normal 18,35 18,55 13,2 13,2 Luft durch Apparat und Pilz Normal 1 10 1 24,3 \ 24,3 Nr. 6. Gabe: 0,200 g auf 150 NL. Zeit Behandlung T COa- Produktion Bemerkungen Intervall | pro 1 St. g50_950 CO, freie Luft durch Apparat und Pilz g'"— 10'° Normal 18,4 19,5 10,5 12=*"— 1=' Apparat CO., frei gemacht 1='— 2" 0,200 g KCN auf 150 NL 18,8 2,0 2,0 Es fällt etwas BaCOg aus, da versäumt wurde, Pilz und Nährlösung vor dem Einschalten zu lüften. 2"'— 3" , 18,8 1,8 1,8 Baryt -Wasser völlig klar. Ausgewaschen : 3"' — 4" CO.^ freie Luft durch Apparat und Pilz 4"— 5" Normal | 10 7,C 7,6 5"— 6" 11 18,9 13 13 über den Einfluß des Cyankaliiiiiis auf die Atmung von Aspergillus nigcr usw. 479 Nr. 7. 9. XL 04. Gfabe: 0,200 g auf 150 NL. Zeit Behandlung ^ CO.,- Produktion Bemerkungen Intervall | pro 1 St. 11 — 12 CO., freie Luft durch Apparat und Pilz 1 2"5 1 05 Normal 18,G 14,4 14,4 24J_32o Apparat CO^ frei gemacht Pilz u. KCN 5 Min. an der Wasserstrahlpumpe geliift. 3»_43o ( 0,200 g KCN 18,8 2,4 2,4 Wenig Min. infolge falsch. Hahnstellung gew. Luft ) auf 150 NL durchgesaugt 43o_53o 18,9 1,8 1,8 Ausgewaschen : 5«_cP6 COä freie Luft durch Apparat und Pilz gO3_705 Normal 6,3 C,3 Nr. 9. 11. n. 12. IL 05. Gabe : 0,400 g KCN auf 150 NL Zeit Behandlung T CO2- Produktion Bemerkungen Intervall | pro 1 St. 11. IL 8«— 9'^ COa freie Luft durch Apparat und Pilz 9"— 10'* Normal 1 14,8 14,8 10«_n33 Apparat C'Oo Vei gemacht Pilz an Luftpumpe f. kurze Zeit Il30_i230 12»— 1*" ( 0,400 g KCN J auf 150 NL 1,3 1,3 0,6G8 0,7 j Baryt -AVasser völlig klar Ausgewaschen : 2 — 3 Normal 2,980 3,0 3—4 n 3,5 3,5 4—5 11 4,5 4,5 5—6 „ 4,5 4,5 12.11. 10"— 10'° C0„ freie Luft durch Apparat und Pilz 10--«_ii3o Normal 19 19 Nr. 10. 19. IL 9*5—9» 9^—10' 10=5— 11* 11« 12« 12«— 1« CO2 freie Luft durch System mit Pilz Normal 1 18,5 1 13,1 | 13,1 App. COo frei gemacht; Pilz 5 Min. gelüftet ( 0,400 g KCN I 18,5 I auf 150 NL I 18,5 1,9 1,7 1,9 1,7 19. u. 20. IL 05. Gabe: 0,400 g KCN. Zeit Behandlung T CO2- Produktion Bemerkungen Intervall pro 1 St. 480 H. Schroeder, Fortsetzung von Nr. 10. Zeit Behandlung COo- Produktion Intervall | pro 1 St. Bemerkungen Ausgewaschen : o04 j04 4«4 _ rj04 20. II. 9*"— 10" lO'O—ll" Normal 18,4 2,8 6,2 2,8 G,2 ('Oo freie Luft durch Apparat mit Pilz Normal | 18,8 | 8,G | 8,6 26. u. 27. II. 05. Versuch 11, Gahe: 0,400 g KCN. Zeit Behandlung T CO,-Produktion Intervall | pro 1 St. 26.11. 10*»— ll'" 11'»— 12'" CO2 freie Luft durch Apparat und Pilz Normal 1 16,6 | 9,1 | 9,1 2'"— 2" 240_340 3*"— 4*" Apparat CO3 fr 10,400 g KCN 17,4 Jauf 150 NL. 17,4 ii gemacht 1,1 1,1 0,8 0,8 Barytwasser ganz leicht getrübt. Barytwasser völlig klar. 27.11. 9''-9'" 9E0_jQ60 Ausgewaschen : COa freie Luft durch 1 Normal 16,8 Apparat und Pilz 8,1 1 8,1 7. IL 05. Versuch 8. Blind d. h. ohne Pilzdecke. Gabe: 0,200 g KCN (zur Bestimmung der Fehlergrenze). Zeit Titerabnahme entspricht mg CO2 Bemerkungen 7. TL 2^"— 3°' q05 qlS q55 Abb 4B6_gB6 CO, freie Luft durch Apparat 15 17 Ohne Nährlösung. + NL mit 0,200 g KCN auf 150 ccm. 1,1 0,6 womit außerdem erwiesen ist, daß bestimmbare QuantitiUen KCN nicht in die Barytröhren übergehen. Versuche mit Äther: Versuch 2» 21. u. 22. XL 04. Gabe: 7 Vol.-7o Äthyl-Äther. NLIL Zeit Behandlung T COo-Produktion Bemerkungen Tntervall | pro 1 St. 21. XL 3™ -5'" 7 7o Äther nicht gemessen S'*' schien sehr geschrumpft. 5"^ ohne Turgessenz. 22. XL 3—4 Luft durchgesaugt mg alte Decke geimpft am 4. XL, viel Sporen. 4io_50o Normal 1S,1 2,5 I 3.0 5"'-6'» n 18,1 2,8 2,8 auf neue NL IL H. Schroeder, Üter den Einfluß des Cyankaliunis auf die Atmung usw. 481 Versuch 3. 2. u. 3. XII 04. Gabe: 7 Vol.-7o- NLII. Zeit Behandlung T CO.,-Produktion Bemerkungen Intervall | pro 1 St. 2. XII. 10**— ll'® Luft durcligesaugt mg 11^-12*^ Normal 17,1 15,7 15,7 260_3M 7 7o Äther 17,3 3,7 3,7 412_512 Normal 1,0 1,0 3.XTT. 3*'-4'» n verunglückt 5. u. 6. XII. 04. Versuch 4. Gabe: 7 Vol.-°/o- Langsames Auswaschen. Zeit Behandlung CO, -Produktion Intervall j pro 1 St. Bemerkungen ö.XIL 10"»- 10 lO*"— 11 j45 2"^ 208_3iB 6. XII. COj freie Luft durchgesaugt Normal | 17,6 | 16,4 | 16,4 gelüftet Äther 7 7„ I | 1,7 | 1,7 Äther -Lösung allmählich durch 1 % Salpeterlösung ersetzt: 4«- 5' 5*'-6 3—4 4—5 70 Normal 18,6 1,1 1,1 0,6 0,6 gelüftet 1,0 1,0 Der Pilz schon beim Herausnehmen, also vor Beginn des Auswaschens geschrumpft Versuch 5. 24. u. 25. [I. 04. 6 Vol.-7o Äther. Zeit Behandlung T CO, -Produktion Intervall j pro 1 St. 24. II. 9^~ 9^ CO2 freie Luft durchgesaug t 9^—10» Normal 17, 13,3 13,3 11»- 12'* 12»_i» \ ) 6 7„ Äther 17,1 17,2 5,8 1,2 5,8 1,2 135_340 Ausgewaschen und gelüftet Pilz untergetaucht 3«._443 Normal | ( 3,2 | 3,2 25.11. 9^—10"° CO, freie Luft durchgesaugt 10 — 11 Normal 17,2 1,0 1,0 Am 26. Pilz untergetaucht, tot. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 31 über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden- Frage. Von Eduard Strasburger. Mit Tafel V bis VII und 1 Textfigur. Durch experimentelle Eingriffe verschiedener Art können Zell- teilungsvorgänge unterbrochen werden, ohne daß eine dauernde Schädigung der Protoplasten damit notwendigerweise verbunden sei. Tochterkernanlagen, die unter solchen Umständen einer noch un- geteilten Mutterzelle zufallen, pflegen weiterhin in einen einzigen Kern zu verschmelzen, der doppelt so viel Chromosomen wie unter normalen Verhältnissen führt. Eine besondere Tragweite schien dieser Vorgang neuerdings zu gewinnen, weil ihm eine autoregulative Reduktion der Chromosomenzahl folgen und die normalen Ver- hältnisse wieder herstellen sollte. B. Nemec glaubte zum mindesten diesen autoregulativen Vorgang als wahrscheinlich hinstellen zu dürfen, und zwar sollte er auf dem Wege einer echten Reduktions- teilung sich vollziehen. Traf das zu, so war es nicht ohne weit- gehendere Bedeutung, unter anderem auch für das Problem der mutmaßlichen Pfropfhybriden. Entsprechende Untersuchungen hatten bereits ergeben, daß auch diese Organismen eine normale Chromosomenzahl führen, während man die doppelte der normalen bei ihnen zu erwarten hatte, falls eine vegetative Verschmelzung diploider Kerne ihnen den Ursprung gab. Nunmehr konnte aber, so schien es auch hier, eine autoregulative Herabsetzung der Chrorao- somenzahl zur Hilfe herangezogen werden. Daher ich das Bedürfnis empfand, mir über die Vorgänge, die auf künstlich veranlaßte Verschmelzungen diploider Kerne in den Protoplasten folgen, ein eigenes Urteil zu bilden. Wir haben die von B. Nemec in dieser Richtung gemachten Angaben uns vorerst zu vergegenwärtigen. über die Individualität der Chromosomen nnd die Pfropfhybriden-Frage. 483 B. Nemec^) sah an Keimwurzeln von Pisum sativum — und an diese will ich mich hier zunächst halten — nachdem er sie chloralisiert, ausgewaschen und hierauf weiter kultiviert hatte, die durch Kernverschmelzungen veranlaßte Doppelzahl der Chromosomen allmählich weniger häufig werden und schließUch schwinden -). Über die Ursache dieser Erscheinung spricht sich Nemec nur vorsichtig aus. Er faßt drei Möglichkeiten ins Auge^). Es könnte sein, meint er, daß die doppelkernigen Zellen der untersuchten Wurzeln aus dem meristematischen Teil des Vegetationkegels in die hintere Streckungs- und Dauerzone übergetreten seien. Nicht minder wäre es möglich, daß Initialzellen, die den eigentlichen Vegetationspunkt ausmachen, falls sie zweikernig werden, ihre Funktion einbüßen. Endlich könnte eine autoregulative Reduktion der Chromosomenzahl der Doppelkerne auf die Hälfte in Betracht kommen. Daß letzterer Vorgang in den chloralisierten Wurzeln sich vollziehe, würde schwer zu beweisen sein. Denn zur Feststellung einer heterotypischen und homöotypischen Teilung seien die untersuchten Objekte wenig ge- eignet. Nemec vermag nur Fälle für Pisum anzuführen, „welche eine stattgehabte B,eduktion wahrscheinlich machen können". „In einigen Zellen, in welchen man nach allen sonstigen Anzeichen eine Teilungsfigur mit doppelter Chromosomenzahl erwarten könnte, gab es je eine Figur mit der normalen Ghromosomenzahl". „Ich meine", so schließt Nemec seine Auseinandersetzung, „diese Fälle machen eine Reduktion der Chromosomen recht wahrscheinlich"^). Damit wären aber, meint Nemec, im vegetativen Gewebe, in meriste- matischen Zellen, dieselben Vorgänge gegeben, „welche sonst mit der Entwicklung der Sexualprodukte und mit der Befruchtung zu- sammenhängen. Man könnte schließen, daß die Fähigkeit zur Kern- verschmelzung und zur gesetzmäßigen Modifikation der Chromosomen eigentlich allen normal einkernigen Zellen zukomme, daß aber diese Fähigkeit unter normalen Verhältnissen bloß bei der geschlecht- lichen Fortpflanzung sich zu äußern Gelegenheit habe". Das von Nemec befolgte Verfahren bestand darin, 2 — 3 cm lange Keimwurzeln von Pisum sativum bei einer Tem])eratur von 20" C. 1 cm tief in 0,75 7o ige Chloralhydratlösung zu tauchen und 1) über die Einwirkung des Chloralhydrats auf die Kern- und Zellteilung. Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XXXIX, 1904, S. 668. 2) a, a. 0., S. 687 u. 689. 3) a. a. 0., S. 723. 4) a. a. 0. S. 724. 81* 484 Eduard Strasturger, diese 1 Stunde lang einwirken zu lassen. Ein Teil der cUoralisierten Wurzelspitzen wurde hierauf fixiert, die übrigen Keimpflanzen in Wasser von 18 — 21° C. 1 Stunde lang gewaschen. BQerauf folgte wiederum die Fixierung einer Anzahl von Wurzelspitzen, während die anderen Pflänzchen in feuchte Sägespäne kamen, um erst nach 3, 5V2, 17, 20, 27 und 41 Stunden ihre Wurzeln an das Fixativ abzugeben. Als solches diente Pikrin-Eisessig-Schwefelsäure. Die Objekte wurden in toto mit Parakarmin durchgefärbt, in Paraffin eingebettet und geschnitten. Die Untersuchung der sofort nach der Chloralisierung fixierten Wurzeln lehrte, daß die ruhenden Kerne unverändert waren, in den Teilungsfiguren aber die Spindelfasern und Verbindungsfäden be- sonders gelitten hatten. Das führte vielfach, wie schon den eine Stunde nach der Chloralisierung fixierten Wurzeln zu entnehmen war, zur Bildung zweikerniger Zellen. In chloralisierten Wurzeln, welche 20 Stunden lang in Sägespänen verweilt hatten, fand man zweikernige Zellen vorwiegend in den der Streckungszone nahe liegenden Teilen; in den jüngeren Partien waren sie seltener. Hin- gegen wiesen letztere hier und da in besonders langen Zellen je einen großen Kern auf, der sich zuweilen eingeschnürt zeigte und meist schon ein Spirem führte. Es ließ sich kaum bezweifeln, daß ein solcher Kern der Verschmelzung von zwei Kernen, die infolge gestörter Zellteilung derselben Zelle zugefallen waren, seine Ent- stehung verdankte. — Durch abnorme Rekonstruktion gestörter Kernteilungen bildeten sich in den chloralisierten Wurzelspitzen auch Zellen mit mehreren ungleich großen Kernen. Diese hatten verschieden viel Chromosomen für ihre Wiederherstellung er- halten. Doch traten Nemec solche Bilder nur in den ersten Stunden nach der Chloralisierung entgegen; 20 Stunden später waren, allem Anschein nach, auch solche Kerne zu einem einzigen verschmolzen. Im Spindelstadium zeigten die großen Kerne in ihrer Kernplatte 28 Chromosomen statt 14, also die doppelte Zahl der normalen. Sind zwei getrennte Kerne in einer Zelle vertreten, so weist jeder von ihnen die Normalzahl der Chromosomen auf. Teilungen solcher zweikerniger Zellen liefern drei Zellen, von denen die mittlere zweikernig, die beiden andern einkernig sind. Die Scheidewände können dabei abnorme Orientie- rung erhalten, die beiden Kerne der mittleren Zelle sich auch zu einem einzigen vereinigen. — In Wurzeln, die erst 27 Stunden nach der Chloralisierung fixiert wurden, ließen sich Teilungen mit doppelter über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 485 ^ Chromosomenzahl in den Kernen und so auch zweikernige Zellen nur noch recht selten antreffen. In einer ziemlich großen, schon einmal erwähnten Zelle, in der, im Hinblick auf ihre Größe, ent- weder zwei Kerne oder ein Doppelkern wäre zu erwarten gewesen, fand Nemec eine Teilungsfigur mit nur 14 Chromosomen. „Es ist zwar schwierig, auf einen Fall eine kategorische Behauptung auf- zustellen, aber mir scheint es", schreibt Nemec'), „möglich zu sein, daß in dieser Zelle eine Reduktion der Chromosomen vor sich ge- gangen ist". — In Wurzelspitzen, die er nach 41 Stunden unter- suchte, fand Nemec in allen Teilungsfiguren nur die Normalzahl der Chromosomen vor. — Schließlich be- merkt Nemec noch, daß die chlor alisierten Wurzeln, die unter normalen Verhältnissen weiter kultiviert werden, zunächst ein stark herabgesetztes Wachstum zeigen, das erst etwa im Verlaufe von 60 Stunden auf die normale Höhe steigt. In den ersten 24 Stunden er- scheint außerdem die Streckungszone der Wurzelspitze bedeutend verdickt, „welche Verdickung jedoch all- mählich in den neuen Zuwachszonen verloren geht." Ich schalte nebenan das Bild der Teilungsfigur ein, von der Nemec meint, daß sie für eine Reduktion der Chromosomenzahl spreche. In Wirklichkeit läßt sich für eine solche Annahme nur geltend machen, daß sich in der betreffenden Zelle, ihrer Größe entsprechend, eine größere Chromosomenzahl unter den gegebenen Verhältnissen ei'warten ließ. Die Chromosomen selbst verraten in nichts, daß sie einer Reduktionsteilung ihren Ursprung verdanken. Etwas anderes wäre es, wenn sie in diesem Stadium der Anaphase Paare bilden möchten, aus denen man auf eine Längsspaltung in den Prophasen des betreffenden Teilungsschrittes, ohne darauf folgende Trennung der Längshälften in den Metaphasen, schließen könnte. Gerade in dem dargestellten Zustand der Anaphase pflegen ja die beiden Längshälften jedes Chromosoms, welche durch die Eigenart einer Reduktionsteilung demselben Tochterkern zugewiesen werden, sich besonders zu markieren. Das beigefügte Bild verrät aber derartige Verhältnisse nicht; es spricht somit weit mehr gegen als für eine stattgehabte Reduktionsteilung. Hätte eine Verminderung der o Fig. 125, S. 688. Jahrb. f.wiss.Bot., Bd. XXXIX. 1) a. a. 0., S. 688. 486 Eduard Strasburger, Chromosomenzahl hier also wirklich stattgefunden, so würde das gegebene Bild eher den Gedanken anregen können, daß sie in einer anderen Weise als bei heterotypischer Reduktionsteüung sich voll- zogen habe. B. Nemec verfolgte bei der Untersuchung seiner chloralisierten Wurzeln vornehmlich den Zweck, festzustellen, daß es keine Ami- tosen sind, die durch die Cliloralisierung ausgelöst werden. Zu diesem Ziel, das er völlig erreichte, genügte das von ihm ange- wandte Fixierungsverfahren, sowie auch eine Durchfärbung der Objekte in toto. Seine Bilder zeigen anderseits, daß seine Fixierung und Färbung für das Studium karyokinetischer Einzelheiten durch- aus unzureichend war. Da ich nun gerade in diese den Schwer- punkt meiner Untersuchung verlegen wollte, so sorgte ich für ent- sprechend vollkommene Fixierung und Färbung des Materials. Die Fixierung erfolgte mit Chrom- Osmium-Essigsäure, die Färbung mit Safranin- Gentiana- Orange oder mit Eisenhämatoxylin. Letzteres Verfahren wurde schließlich fast allein angewandt und lieferte im Anschluß an die möglichst sorgfältig ausgeführte Fixierung Bilder, wie sie in diesem Augenblick vollkommener wohl nicht zu erreichen sind. Das zeigte im besonderen der Anblick der gespaltenen Chromosomen, deren Längshälften so scharf gegeneinander ab- setzten, als wären sie mit Feder und Tinte gezogen. Als Untersuchungsmaterial dienten die Hauptwurzeln von Erbsenkeimlingen. Um ganz sichere Vergleiche zu ermöglichen, wurde die Chlo- ralisierung dieser Wurzeln ganz nach der Nemec sehen Vorschrift ausgeführt; ebenso das darauffolgende Auswaschen der Objekte und deren weitere Kultur. Außer der Fixierung nach 3, 5V2. 17, 20, 27 und 42 Stunden wurde eine solche auch nach 24 und 35 Stunden vorgenommen. Normale Wurzelspitzen aus Parallelkulturen, gleich- zeitig fixiert, dienten wiederholt zur Kontrolle. Die Schnitte in den Serien waren 10 Tausendstel Millimeter dick. Von den 27 Stunden nach der Chloralisierung fixierten Wurzeln kamen auch einige Quer- schnittserien zur Darstellung. Überhaupt erwies sich der letzt- genannte Zeitpunkt der Fixierung als der wichtigste für die Lösung der gestellten Aufgabe, so daß entsprechendes Material wiederholt für die Untersuchung vorbereitet wurde. Negative Ergebnisse wiegen eine positive Angabe nur bei ent- sprechender Häufung auf. Danach hatten sich meine Beobachtungen zu richten. Ihre Zahl ist so groß, daß ich bestimmt behaupten über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 487 kann, daß heterotypische Reduktionsteilungen in chloralisierten Erbsenwurzeln nicht vorkommen. — Wie wir sahen, war die ent- gegengesetzte Nemecsche Behauptung nur auf einen Fall gestützt und die Natur dieses Falles außerdem sehr fraglich. Daher meine ich, daß die Angabe über autoregulative Herabsetzung der Chromo- somenzahl in chloralisierten Erbseuwurzeln durch heterotypische Reduktionsteilung endgültig aus der Literatur gestrichen werden darf. In chloralisierten Wurzeln, deren Fixierung nach 3 und 5 V2 Stunden erfolgte, fanden sich alle jene Zustände vor, wie sie Nemec eingehend und richtig geschildert hat'). Ich finde seiner Schilderung nichts Wesentliches hinzuzufügen. Man hat in solchen Wurzeln die Folgen aller Störungen, welche die Chloralisierung auf die im Gang befindlichen Teilungsvorgänge von Kernen und Zellen aus- übte, vor Augen. Da sind zweikernige Zellen besonders häufig zu sehen, in welchen die Kerne einander dicht berühren, während sie doch aber auch getrennt bleiben können. Die Zelle zeigt durch ihre Dimensionen an, daß sie zur Teilungsgröße herangewachsen war, sie kann auch den Anfang einer Scheidewandbildung aufweisen. Kerne, die vor Beginn der Metaphasen in ihrem Teilungsvorgang gestört wurden, können unregelmäßig konturierte Körper darstellen, die so aussehen, als wäre ihre amitotische Teilung im Gange. Unter Umständen hat das Chloralhydrat auch den Zerfall solcher Mutter- kerne oder der in Rekonstruktion begriffenen Tochterkerne in eine Anzahl ungleich großer Teilkerne veranlaßt. Kerne, welche die Chloralisierung im Ruhestadium antraf, haben sichtbare Verän- derungen nicht erfahren, sind aber doch insoweit beeinflußt worden, daß sie erst nach längerer Erholung sich zu teilen vermögen. Daher die nach 3 und 5V2 Stunden fixierten Wurzelspitzen durch den Mangel an Teilungsfiguren ausgezeichnet sind. Denn nur ganz vereinzelt trifft man Kerne in Prophasen an, keinesfalls solche, die über das Spindelstadium hinausreichen. Nach 20 Stunden stellt sich das Bild ganz anders dar. Da sind die mit mehr als einem Kern versehenen Zellen weit seltener geworden, dagegen fallen einzelne Zellen durch ihren großen Kern und gleichzeitig dann meist auch durch bedeutendere Dimensionen auf. Einzelne der großen Kerne trifft man mit vermehrter Chromo- somenzahl in Teilung an. Noch ausgeprägter treten solche Er- scheinungen nach 27 Stunden hervor. 1) a. a. 0., S. 671, 672. 488 Eduard Strasburger, Auf die an den zuletzt genannten Wurzeln gemachten Be- obachtungen soll nun des näheren eingegangen werden. Da B. Nemec angibt^), daß in chloralisierten Erbsenwurzeln, die er nach 27 Stunden fixiert hatte, die Zahl der mit doppelter Chromo- somenzahl sich teilenden Kerne in starker Abnahme schon begriffen war, so mußten ßeduktionsteilungen in noch vorhandenen Doppel- kernen hier besonders oft zur Ansicht gelangen. War doch auch die Figur, die Nemec für die Anaphase einer Reduktionsteilung halten möchte, einer solchen Wurzel entnommen^). Eine hetero- typische Reduktionsteilung ist mir nun, trotzdem ich viel hunderte von Doppelkernen in Teilung sah, niemals begegnet. Ich fand sie nicht in den nach 27 Stunden nach der ChloraUsierung fixierten Wurzeln, und ebensowenig, wie ich gleich hinzufüge, in denen, die nach 20, 24, 35 und 42 Stunden in die fixierende Flüssigkeit ge- langten. Wie Kernplatten und Spindeln aussehen, zeigen unsere Figuren 1, 2 und 3, Taf. V. Die Kernspindel (Fig. l) lag in genau medianem Längsschnitt vor, und ich habe in sie auch nur jene Chromosomen eingetragen, die bei ganz geringer Veränderung der Einstellung in die Erscheinung traten. Diese Kernplatte war, trotz ihrer hohen Chromosomenzahl, sehr regelmäßig ausgestaltet, und es fiel in ihr schon auf den ersten Blick eine paarweise Gruppierung der längsgespaltenen Elemente auf. Ich habe die bei höherer Einstellung gezeichneten Chromosomen dunkler markiert als die tieferen. Das erste Chromosom links deckt mit seiner (in dem Bilde) unteren Längshälfte die obere Hälfte des tiefer gelegenen. Beide präsentieren sich im Präparat in ihrer ganzen Länge. Das zweite und das dritte Paar von links waren schräg orientiert, auch die beiden Elemente jedes Paares nicht übereinstimmend. Ahnlich verhält es sich mit den letzten beiden Paaren an der rechten Seite, während in dem dritten Paare von rechts die beiden Chromosomen nebeneinander liegen. Von allen den Paaren, ausgenommen dem ersten auf der linken Seite, kamen nur begrenzte Stücke zur Dar- stellung. Die Schärfe, mit der die beiden Längshälften jedes Chromosoms sich zeichneten, der Mangel jeder irgendwie erkenn- baren Quellung an ihnen, zeugte für die vorzügliche Fixierungsart. Die eben beschriebene Kernplatte sieht keinesfalls wie eine heterotypische Reduktionsplatte aus, doch könnte meine Schilderung 1) a. a. 0., S. 687. 2) Fig. 125 S. 688 a. a. 0., das von mir zuvor reproduzierte Bild. über die Indmdualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 489 immerhin den Gedanken erwecken, daß ihr Bau zu einer Art Re- duktionsteihmg sich verwenden ließe. Denn die paarweise Gruppierung der Chromosomen ist bisher in typischen Kernplatten nicht auf- gefallen, sie könnte somit eine besondere Einrichtung hier vorstellen, durch die erreicht wird, daß, wie bei der heterotypischen Reduktions- teilung, ganze Chromosomen sich voneinander trennen und ihre beiden Längshälften demselben Pol zuführen. Das ist nun nicht der Fall, vielmehr wandern die Längshälften jedes Chromosoms nach entgegengesetzten Polen. Die paarweise Zusammenfügung der Chromosomen ist in dieser Kernplatte durch- aus verschieden von jener in heterotypischen Reduktionsplatten. Wir werden uns weiterhin mit ihr eingehend beschäftigen und nach einer Erklärung für sie suchen. Sind für typische Kernplatten paar- weise Lagerungen der Chromosomen bisher nicht angegeben worden, so liegt der Grund nur darin, daß man sie nicht beachtet hat. Man braucht nur die Bilder der Kernplatten typischer Teilungen in früheren Publikationen durchzusehen, um sich zu überzeugen, wie häufig in Wirklichkeit ihre Elemente eine solche Anordnung verraten. So auffällig wie in unserer Fig. 1 ist freilich die Sache nur selten. Das lehren auch schon unsere Figg. 2 und 3, Taf. V, die gleich Fig. 1 syndiploide Kernplatten — wie ich sie des weiteren nennen will — zeigen. In beide Kernplatten, die in ihrer ganzen Ausdehnung, bei etwas schräger Lage, zur Beobachtung vorlagen, habe ich sämtliche Chromosomen eintragen können, da sie in dem- selben Schnitt sich befanden. In der Keroplatte Fig. 3 war die Längsspaltung der Chromosomen gegen Fig. 2 etwas weniger weit fortgeschritten. Daß die Längshälften der Chromosomen in Fig. 3 nicht so scharf wie in Fig. 2 voneinander absetzten, war anderseits zum Teil durch die Fixierung bedingt, die in diesem Falle unvoll- kommener ausfiel. Dessen ungeachtet zeichnete ich diese Kern- platte und nahm sie unter meine Figuren auf, weil sie mir in unmittelbarer Nähe des Vegetationspunktes einer 27 Stunden nach der Chloralisierung fixierten Wurzel entgegentrat. An diese Tat- sache werde ich weiterhin zu erinnern haben. In die aus einem einfach diploiden Kern hervorgegangene Spindel (Fig. 4) habe ich nur die gleichzeitig bei medianer Ein- stellung sichtbaren Chromosomen eingetragen. Von einer paarigen Anordnung der Chromosomen ist dabei nichts zu bemerken. Diese Figur wurde auch gezeichnet, bevor ich auf die Erscheinung auf- merksam wurde, und sie sollte nur dazu dienen, einen Vergleich der 490 Eduard Strasburger, Durchmesser von diploiden und syndiploiden Kernspindeln meiner Präparate zu gestatten. In Fig. 5 ist eine syndiploide Kernplatte zu sehen, mit be- ginnendem Auseinanderrücken der Längshälften der Chromosomen. Nur die gleichzeitig sichtbaren Chromosomen sind eingetragen. Ein weiter fortgeschrittenes Stadium des Auseinanderrückens, bei ebenfalls syndiploider Kernplatte, führt die Fig. 6 vor. Doch besonders instruktiv sind die Polansichten der diploiden wie der syndiploiden Kernplatten. Solche Ansichten trifft man nur ganz vereinzelt in den Längsschnitten der Wurzeln an. Wenn man ihnen dort aber begegnet, können sie unter Umständen sehr willkommene Bilder liefern. Denn sie pflegen alsdann, wie unsere Fig. 18, Taf. V zeigt, in der Längsrichtung der Zellen gestreckt zu sein. Um Polansichten von Kernplatten in großer Zahl studieren zu können, zog ich aber Querschnitte der Wurzeln zu Hilfe. Ich weise hier zunächst auf meine Figg. 8 bis 15, Taf. V hin, die eine entsprechende Zahl diploider Kernplatten, also Kernplatten mit der normalen Chromosomenzahl, vorführen. Da stellt man als- bald fest, daß diese Normalzahl, wie auch Nemec richtig angibt, 14 beträgt'). Diese Zahl erfährt nur ganz selten in den chlo- ralisierten Wurzeln eine Ausnahme, deren Grund später zu nennen sein wird. Untersucht man normale Wurzeln, d. h. Wurzeln, die nicht chloralisiert worden waren, auf diese Verhältnisse, so kann man oft Hunderte von Kernplatten durchmustern, ohne einer anderen Zahl als 14 zu begegnen. Doch wird man darauf zu achten haben, daß die Chromosomen sich gelegentlich gegenseitig decken können oder auch untereinander zusammenhängen, was sich hier aber meist leicht erkennen läßt. Schwieriger war seinerzeit die Sicherstellung der konstanten Zahl der Chromosomen in den diploiden Kernen von Galtonia und Funkia^), weil dort die an sich verschiedene Länge dieser Chromosomen im Einzelfall die Entscheidung darüber, ob nur ein Chromosom vorliegt oder zwei, ja selbst mehr der Chromo- somen vereinigt blieben, erschwert. Außerdem schienen bei FunTcia noch besondere Verhältnisse obzuwalten, auf die ich zurück- kommen will. l) Seinerzeit meinte Dr. Zornig im hiesigen Institut nur sechs Chromosomen paare in den Gonotokonten der Erbse zu finden (Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XLI, 1905, S. 149), während Wm. A. Cannon (The Spermatogenesis of Hybrid Peas (Bull, of the Torrey Bot. Club, Vol. XXX, 1903, S. 519) bereits 7 angab. 2) Vgl. meinen Aufsatz, Typische und allotypische Kernteilung, Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XLIl, 1906, H, 17. über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 491 Beim Studium nicht chloralisierter Vergleichswurzeln der Erbse fiel es auf, daß auch in diesen, wenn auch nur vereinzelt, syndiploide Zellen, beziehungsweise Zellreihen vorkommen können. Meist trifi"t man diese Erscheinung in den äußersten Zellschichten der Wurzel- spitze an, doch sind sie auch in deren Innern nicht ganz ausge- schlossen. Die untersuchten Wurzeln waren im Gewächshaus in feuchten Sägespänen erzogen worden. Welche störenden Einflüsse, Verwundung durch kleine Tiere oder dergleichen mehr, die Bildung von syndiploiden Kernen im Einzelfall veranlaßten, muß ich dahin- gestellt lassen. Daß verschiedene Ursachen diese Erscheinung be- dingen können, ist besonders durch die Arbeiten von Hugo Miehe ^) und B. Nemec^) bekannt. In den so überaus schön und gleichmäßig ausgebildeten Kern- platten der Erbsenwurzel ist, sobald man erst einmal auf das in Betracht kommende Verhalten aufmerksam wurde, weiterhin gar nicht mehr zu übersehen, daß die Chromosomen Paare bilden. Nicht die Größenunterschiede sind es hier, welche Anknüpfungs- punkte für diese Beobachtung schaffen, vielmehr ihre gegenseitige Lagerung. Die Vorstellung, daß dergleichen zu erwarten sei, hatte ich seinerzeit auf Grund theoretischer Erwägungen gefaßt und eben deshalb Galtonia und Funkla zur Untersuchung gewählt, weil mir deren verschieden große Chromosomen Anknüpfungspunkte für das Bestehen der Paare gewähren konnten. Das Ergebnis lautete bereits dahin: „daß die elterlichen Chromosomen in den Kernen der sporo- phyten Generation nicht zwei gesonderte Gruppen bilden, daß viel- mehr die homologen Chromosomen in gegenseitiger Nähe sich be- finden" ^). Ich habe mit Absicht eine größere Zahl von Kernplatten der Erbsenwurzel hier gezeichnet, damit sie ein Bild der möglichen Verschiedenheiten gewähren. Ich war bemüht, jedes Chromosom in Lage, Gestalt und Größe genau wiederzugeben und führte jede Zeichnung im Anblick des Präparats gleich fertig zu Ende. Es dürfte auffallen, daß in diesen Polansichten der Kernplatten die Längsspaltung der Chromosomen nicht so sichtbar ist wie in den Seitenansichten, so daß man zunächst meinen könnte, sie sei weniger 1) über die Wanderung des pflanzlichen Zellkerns. Flora, Bd. 88, 1901, S. 105. 2) Im besonderen die aufeinander folgenden Mitteilungen über ungeschlechtliche Kernverschmelzungen in den Stzber. d. böhm. Gesellsch. d. Wissenschaften in Prag, 1903 und 1904 und zuletzt in den Studien über die Kegeneration, 1905, S. 200. 3) Typische und allotypische Kernteilung, a. a. 0. S. 19, 4:92 Eduard Strasburger. weit fortgeschritten. Tatsächlich hängt das aber nur damit zu- sammen, daß in dieser Ansicht die beiden Längshälften der Chro- mosomen einander decken. — In Fig. 8, Taf. V, die wir nunmehr auf die Lagerungsverhältnisse ihrer Chromosomen prüfen wollen, ist an der rechten Seite die Anordnung zu Paaren unverkennbar. In der linken Hälfte fällt sie nicht auf, weil die homologen Chromo- somen hier nicht in eine entsprechende, ihre Beziehungen deutlich machende seitliche Lage rückten. An dem obersten Paar links zeigen zwei Chromosomen ihre Zusammengehörigkeit aber dadurch an, daß sie an einem Ende sich berühren. Auch die untersten zwei Chromosomen im Bilde markieren sich noch ziemlich gut als Paar, während das bei den zwei über ihnen befindlichen Chromo- somen nicht der Fall ist. Das rechte Chromosom dieses Paares könnte ebenso gut auch dem rechts von ihm gelegenen zugezählt werden, von dem es fast berührt wird. So gibt denn gleich diese erste von uns betrachtete polare Ansicht einer Kernplatte das Maß an, nach dem wir unsere Ansprüche au die Deutlichkeit der Paaren- bildung zu richten haben. TatsächUch folgen die homologen Chro- mosomen in dem den Knäuel bildenden, aus dem Gerüstwerk eines Kerns herausgesonderten Faden fortlaufend aufeinander (Fig. 41 und 42, Taf. VII) und erst eine später stattfindende Gruppierung bringt sie in eine mehr oder weniger parallele sie als Paare kenn- zeichnende Lage. Diese Orientierungsbewegung kann aber durch verschiedene Ursachen verhindert werden, und in dem Maße als sie unterbleibt, ist die Zusammengehörigkeit der homologen Chro- mosomen weniger markiert oder ganz unkennthch. — Sehr schöne Gruppierung in Paaren zeigt die Fig. 9, Taf. V an ihrer unteren und oberen Seite, hingegen nicht in dem dazwischen liegenden Abschnitt. In letzterem ist das linke Paar gespreizt als solches dennoch deutlich zu erkennen, weil seine beiden Glieder an dem einen Ende zusammenhängen. Die beiden Chromosomen des rechten Paares sind zwar annähernd parallel gelagert, doch ziemlich stark auseinander gerückt und getrennt durch das eine zwischen sie hinein- ragende Glied des zuvor genannten Paares. — In Fig. 10 lassen sich die zusammengehörigen Glieder auch unschwer erkennen. Zwei Paare zeigen die Verbindung ihrer Chromosomen an den Enden. — Auffallend schön traten fast alle Paare in Fig. 15 hervor. — Weniger gut in Fig. 12, wo die Entscheidung über das, was zu- sammengehört, zum Teil nicht sicher zu treffen war. Zwei Chro- mosomen an der rechten Seite dieser Figur hatten eine gleichsinnige über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 493 Drehung um ihre Achse ausgeführt, durch welche ihre Längs- spaltung in der Polansicht sichtbar wurde. Diese zwei Chromosomen sind einander so ähnlich, daß ich sie für die homologen Glieder eines Paares halten möchte, ungeachtet sie dies durch ihre Lage nicht verraten. — Auch aus der Fig. 15, Taf. V ergibt sich nur für einen Teil der Chromosomen die Zusammengehörigkeit hinreichend deutlich aus der Lage. — Eine peripherische Zelle des Periblems, die im Querschnitt sich ziemlich stark abgeflacht zeigte (Fig. 11), wies an der einen Seite ihrer Kemplatte, der rechten im Bilde, die Paare deutlich auf, während an der anderen Seite die Chromosomen stark zusammengedrängt lagen, wodurch die tatsächlich vorhandene Paar- bildung verdeckt wurde. — Die Figg. 12 und 13 führen noch zwei andere Kombinationen vor, die einer weiteren Erläuterung nicht bedürfen. Ein entschieden seltener Fall liegt in Fig. 7 vor, wo die Chromosomen aller Paare, ein Paar nur ausgenommen, sich an dem einen ihrer Enden verbunden zeigen. In einem Teil dieser Paare ist auch die übliche Umbiegung unterblieben, so daß sie nur wenig gekrümmte, ja zum Teil fast gerade, entsprechend lange Stäbchen darstellen. Auch in der Seitenansicht wird durch ein derartiges Verhalten ein eigenes Aussehen der Kernplatte verliehen, diese scheint alsdann nur wenige Chromosomen zu führen. Es können solche Chromosomen zugleich verschiedentlich an den Spindelfasern emporgerichtet sein und den fremdartigen Habitus der Kernplatte noch erhöhen. Unter Umständen sind diese sich so verhaltenden Chromosomen auch dicker, sie sehen wie gequollen aus und dann wird es deutlich, daß sie keinen ganz normalen Zustand darstellen. In den syndiploiden Kernplatten (Fig. 17 und 18, Taf. V) zählt man, wie auch B. Nemec schon festgestellt hat, 28 Chromosomen. Man wird zahlreiche Polansichten solcher Kernplatten durchmustern können, bevor man auf eine Abweichung von der Zahl (Fig. 16) stößt. Da eine solche Ausnahme einen ganz bestimmten Grund hat^), der die Regel nur bestätigt, so kann man behaupten, dass in Erbsenwurzeln auch die Verschmelzungsprodukte der Kerne die Zahl der in den Verband eingetretenen Chromosomen festhalten. Studiert man nun näher den Aufbau solcher syndiploider Kern- platten in Polansichten, so wird man auch in ihnen die paarweise Gruppierung der Chromosomen wiederfinden (Fig. 17 und 18, Taf. V). Die weitere Frage, die sich dann aufwirft, ist die, ob nicht auch 1) Vgl. weiter S. 495. 494 Eduard Strasburger, in einem solchen phylogenetisch nicht vorgesehenen Verschmelzungs- produkt die homologen Paare einander aufsuchen und ob nicht daraus Gruppierungen zu je vier Chromosomen sich ergeben. Da die Chromosomen der Erbsenkerne einander annähernd gleichen und aus ihrem Aussehen sich somit keine Anknüpfungspunkte zu ihrer Unterscheidung ergeben, so werden auch Fälle zur Beobachtung kommen, vfo man auf eine nähere Zusammengehörigkeit von vier Chromosomen, die der Zufall annähernd parallel zueinander stellte, schließen könnte. Eine entsprechende Häufung der Beobachtung lehrt aber, daß es sich in solchen Fällen wirklich nur um eine zu- fällige Erscheinung handelt, welche diese Gruppierung veranlaßte. Im übrigen bekommt man in aolchen syndiploiden Kernplatten nur Chromosomenpaare, nicht Doppelpaare zu sehen. Durch die Ver- einigung der beiden elterlichen Chromosomen sind augenscheinlich die durch ihre Homologie veranlaßten Anziehungen in diploiden Keinen ausgeglichen, und es bleibt keine ungesättigte Affinität übrig, um die homologen Paare von zwei diploiden Kernen zusammen- zuführen. Während die Vereinigung der haploiden Kerne im Ge- schlechtsakte auf chemotaktischen oder sonstigen Wirkungen beruhen mag, die sich zwischen den Chromosomen geltend machen, ist allem Anschein nach eine sich vollziehende Vereinigung von Kernen in einer durch Zufall mehrkernig gewordenen Zelle, ein Vorgang anderer Art. Ich möchte fast meinen, daß diese Verschmelzung, die ja meist erfolgt, wenn auch nicht immer zu erfolgen braucht, den Kernen aufgezwungen wird durch den Protoplasten, weil dieser normaler Weise nur auf einen Kern zentriert ist. Der Umstand, daß die Verschmelzung der Kerne in bestimmten Fällen auch unter- bleiben kann und daß sie dann in gleichen Abständen im Proto- plasten, gleichsam auf verschiedene Brennpunkte, sich verteilen, scheint mir meine Ansicht nur zu stützen. Dann zeigt sich eben deutlich, daß eine Anziehung zwischen diesen diploiden Kernen fehlt und daß sie an sich die Neigung haben, sich auf besondere Aktionssphären zu verteilen, falls nicht stärker wirkende zentralistische Bestrebungen des Protoplasten sie daran hindern. Ich komme nach alledem zu dem Ergebnis, daß die diploiden Kerne, die in chloralisierten Erbsenwürzeln miteinander verschmelzen, sich nicht gegenseitig durchdringen, vielmehr als solche getrennt in dem Synkaiion verharren. Die Kernspindel, die aus einem Synkarion der chloralisierten Erbsenwurzel angelegt wird, ist dessenungeachtet, wie wir das an über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 495 unseren Bildern schon konstatieren konnten, regelmäßig ausgebildet (Fig. 1, 2 und 3, Taf. V). Man sieht ihr als solcher nicht an, daß sie aus einem syndiploiden Kern hervorging, und nur ihre Größe und die bedeutende Chromosomenzahl, die sie führt, verraten ihren Ursprung. Das Kinoplasma bestimmte augenscheinlich wieder diese einheitliche Ausgestaltung der ganzen Teilungsfigur, und die Spindelfasern haben für die gleichmäßige Verteilung der Kernplatten- elemente gesorgt. Die aus solchen Kernplatten hervorgegangenen Tochterkernanlagen können einen einzigen Tochterkern bilden, der außer seiner Größe und Chromosomenzahl nichts Auffälliges dar- bietet. Doch oft vollziehen sich während der Abgrenzung der Tochterkernanlagen Trennungen, die den mangelhaften inneren Zu- sammenhang in ihnen verraten und die häufig zur Entstehung von je zwei Tochterkernen führen, auch die Bildung einer größeren Zahl von Kernen veranlassen können. Es ist, als wenn mit Schwund der Spindelpole der zentrierende Einfluß schwände, der alle die vorhandenen Chromosomen einheitlich zusammenhielt. Besonders häufig erfolgt es dann, daß die zusammengehörenden Chromosomen als je ein Kern abgegrenzt werden, daß aus der syndiploiden An- lage somit zwei normale diploide Kerne hervorgehen. Es kann aber, wenn auch weit seltener, eine größere Anzahl kleinerer un- vollwertiger Kerne entstehen oder ein normalwertiger Kern und einige kleine unvollwertige Kerne, oder ein überwertiger und ein unterwertiger Kern. Ich habe den Eindruck gehabt, als wenn diese Erscheinungen nicht sowohl durch Abstoßung unter den Bestand- teilen der beiden Kerne, als vielmehr durch Mangel der Anziehung unter ihnen veranlaßt wären. Durch gegenseitige Abstoßung könnte nicht gut ein überwertiger und ein unterwertiger Kern aus der Anlage hervorgehen. Der Mangel an Anziehung läßt aber sekundäre Einflüsse wechselnder Art zur Geltung kommen, die vom Cytoplasma ausgehen. Aus den geschilderten Erscheinungen erklärt es sich also, daß man, wenn auch nur äußerst selten, einer überwertigen Kernplatte begegnet') wie Fig. 16, Taf. V, die mehr als die nor- male, aber doch nicht ganz die doppelte Zahl an Chromosomen führt. In dem abgebildeten Falle waren 18 Chromosomen vor- handen. Wie ein Teilungsbild aussehen kann, das ungleichwertige Kerne liefert, zeigt unsere bei schwächerer Vergrößerung dargestellte Fig. 19, Taf. V. Da sind in der mittleren Zelle neben den beiden 1) Sie gehörte einer Exodermiszelle an. 496 Eduard Strasburger, breiteren Anlagen für Tochterkerne auch zwei schmälere zu sehen, aus denen kleinere Kerne hervorgehen würden. Ihren Ursprung fand diese Teilungsfigur in einem syndiploiden Kern, wie ihn die nächst tiefere Zelle der Figur führt. In einer Zellreihe (Fig. 21, Taf. V), die ich ebenfalls bei schwächerer Vergrößerung abgebildet habe und die zu oberst einen normal diploiden Kern aufweist, sieht man in der syndiploiden Reihe, die nach abwärts folgt, zwei Zellen, in welchen neben einem größeren Kern ein kleinerer liegt. — Kernplatten mit einer unter der normalen gelegenen Chromosomen- zahl, die aus solchen kleinen Kernen hervorgehen müßten, trifft man nur äußerst selten an, was damit zusammenhängt, daß solche kleinen Kerne bei der nächsten Mitose wieder in die größere Teilungsfigur aufgenommen oder, ohne in den Teilungszustand einzutreten, resor- biert oder auch wohl aus dem Protoplasten herausgedrängt werden. Der Fall einer Teilungsfigur mit nur wenigen Chromosomen wird uns durch die Figur 22 b, Taf. VI in der Anaphase vorgeführt. In derselben Zelle ist unten, am Rande einer großen Vakuole, ein zweiter im Zerfall begriffener Kern zu sehen. Die Lage, in der sich diese Zelle im Periblem der Wurzel befand, ist aus der Fig. 22 a, Taf. VI zu entnehmen. Man bemerkt, daß sie seitlich von einer Zellreihe abgegliedert wurde, die zum Teil noch syn- diploide Kerne führt und deren Ursprung auf solche Kerne zurück- zuführen ist. In Fig. 20 b, Taf. V, hat man ein Beispiel vor Augen, wo ein Kern von der Teilung ausgeschlossen wurde und in Re- sorption begriffen, in dem Verbindungsfadenkomplex, dem Phragmo- plasten, wie ihn einst Errera nannte, der anderen Teilungsfigur liegt. Die Zugehörigkeit dieser Zelle zu einer syndiploiden Zell- reihe ergibt sich aus der Fig. 20 a, Taf. V. In Fig. 23 b, Taf. VI, der wir nunmehr unsere Aufmerksamkeit zuwenden wollen, tritt uns eine Zelle mit syndiploidem, in Prophase befindlichem Kern entgegen. Zwei aus der Teilung eines dem Anschein nach kleineren Kerns hervorgegangene Tochterzellen sind, mitsamt geringer Cyto- plasmamassen, von dem großen Protoplasten abgegrenzt worden und bereits in Zerfall begriffen. Die Schrumpfung ist an dem links gelegenen Protoplasten weiter als an dem rechten fortgeschritten. Die Fig. 23 a stellt diese Zelle im Verband mit angrenzenden Zellen dar. Allem Anschein nach fehlt auch vegetativen haploiden Kernen die Neigung, sich zu durchdringen, wenn der Zufall sie in einer über die Individualität der Ckromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 497 Zelle zusammenführt und der Protoplast sie zwingt, sich zu ver- einigen. Ungeachtet jedes Chromosom nur in Einzahl in solchen Kernen vertreten ist, geht, wie ich aus den vorhandenen Angaben schließen möchte, den homologen Chromosomen jener Grad der Affinität ab, der sie zur Paarenbildung veranlassen könnte. Zum mindesten für Spirogyra legen die vorhandenen Schilderungen, so- weit sie hierzu überhaupt ausreichen, die Vermutung nahe, daß es zu einer innigen Verschmelzung ihrer Kerne bei einer vegetativen Vereinigung nicht kommt ^). Selbst wo eine Zusammenführung haploider Kerne in vegetativen Zellen an Stelle eines Befruchtungs- aktes getreten ist, kann es an jener sexuellen Affinität der Chro- mosomen und der daraus folgenden gegenseitigen Durchdringung der äußerlich verschmelzenden Kerne fehlen. Ein Beispiel hierfür geben die Uredineen ab, die zwei Teilungsfiguren in den Zellen jener Generation bilden, die aus der vegetativen Vereinigung von zwei haploiden Kernen in derselben Zelle hervorgeht^). Recht be- lehrend wäre die Klarlegung des Verhaltens der Kerne in den Zellen solcher Farnsporophyten, die apogam an haploiden Pro- thallien entstehen. Sie nehmen, wie durch J. B. Farmer und J. E. S. Moore ^) bekannt wurde, ihren Ursprung aus haploiden Prothalliumzellen, in welche benachbarte haploide Kerne einwandern, um mit deren Kernen diploide Produkte zu liefern. Die ausführ- liche Abhandlung, welche diesen Vorgang und andere apogamische Erscheinungen bei Farnen behandelt, ist soeben von J. B. Farmer und L. Digby veröffentlicht worden*), doch erteilen die Bilder keine Antwort auf die von mir hier aufgeworfene Frage. Das hängt damit zusammen, daß diese Frage die Autoren selbst nicht be- schäftigt hat, sie ihr daher auch eine besondere Aufmerksamkeit nicht zuwenden konnten, daß außerdem die Chromosomen der untersuchten Farne so zahlreich sind und so gedrängt liegen, daß es ihrer paarigen Zusammengehörigkeit nicht eben leicht fallen 1) Ich möchte hierzu im besonderen auf C. van Wisselingh, Über abnormale Kernteilung, Bot. Zeitg,, I. Abt., 1903, S, 238 und J. J. Gerassimow, Über die Größe des Zellkerns, Beih. z. bot. Zentralbl., Bd. XVIII, 1904, S. 48 hinweisen. 2) Es genügt, wenn ich an dieser Stelle Vernon H. Blackmans Arbeit, On the Fertilisation, Alternation of Generations and General Cytology of the Uredineae, in Ann. of Bot., Bd. XVIII, 1904, S, 323, anführe. 3) On the Cytology of Apogamy and Apospory, I Preliminary Note on Apogaray, Proceed, of Roy Soc, Bd. LXXI, 1903, S. 457. 4) Studies in Apospory and Apogamy in Ferns. Ann. of Bot., Bd. XXI, 1907, S 161. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 32 498 Eduard Strasburger, würde, sich in parallelen Anordnungen zu äußern. Anderseits ist in den diesbezüglichen Kernteilungsbildern *) auch nichts von irgend einer Sonderung der Chromosomen in zwei gesonderte Gruppen zu bemerken, so daß man aus diesen Bildern weit eher auf eine gegen- seitige Durchdringung der haploiden Kerne in dem diploiden Pro- dukt, als auf das Gegenteil schließen möchte. Doch wir treten nunmehr an das besonders wichtige Ergebnis heran, zu dem B. Nemec in seinen Untersuchungen gelangt zu sein meint, daß nämlich in den chloralisierten Pisum -Wurzeln jene Kernteilungen, die eine doppelte Chromosomenzahl aufweisen, all- mählich verschwinden, so daß man in Wurzelspitzen, „welche 42 Stunden nach der Chloralisierung fixiert wurden, keine Teilungen mit doppelter Chromosomenzahl mehr antrifft" ^). — Wir haben im vorausgehenden festgestellt, daß es nicht heterotypische Reduktions- teilungen sind, auf welche diese Erscheinung zurückgeführt werden könnte, da solche Teilungen nicht stattfinden. Weiter gelangten wir zu dem Ergebnis, daß von den durch Nemec erörterten Mög- lichkeiten, aus denen sich die beobachtete Verminderung der syn- diploiden Teilungsfiguren ergeben kann, jene zutrifil, die mit dem Übertritte der doppelchromosomigen Kerne in die Streckungszone und das Dauergewebe rechnet. Das trifft aber nur für Wurzeln zu, in welchen, nach der Chloralisierung, Doppelkerne nicht im Meristem der Wurzelspitze selbst zustande kamen. Nemec meint nun, dort fänden Kern- und Zellteilungen nur ziemlich selten statt; auch ließe sich annehmen, daß Meristemzellen, wenn sie zweikernig wurden, „wegen ihrer geringeren Teilungsfähigkeit nach der Chloralisierung, die Funktion der Initiale verlieren und normale Nachbarzellen die- selbe aufnehmen". Übrigens treten diese Möglichkeiten bei Nemec in seinen weiteren Erörterungen zurück, da ihm Reduktionsteilungen, als Ursache der ganzen Erscheinung, „recht wahrscheinlich" sind^), somit andere Annahmen überflüssig machen. In Wirklichkeit ergibt sich aus den Beobachtungen, wenn deren Zahl hinreichend groß ist, daß man in den Spitzen chlorali- sierter Wurzeln syndiploide Teilungsfiguren um so länger nach der Chloralisierung antrifft, je näher solche doppelkernigen Zellen am Vegetationspunkt entstanden. So wurde die in Fig. 3, Taf. V dar- 1) a. a. 0., Taf. XIX, Fig. 57 und 60. 2) a. a. 0., S. 723. 3) a. a. 0., S. 724. über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfbybriden-Frage. 499 gestellte syndiploide Kernspindel, nur drei Zellen weit vom orga- nischen Scheitel, einer Wurzel entnommen, die 27 Stunden nach der Chloralisierung in das Fixativ gelangte. In dieser Wurzel, wenn sie weiter gewachsen wäre, hätte man jedenfalls lange noch syndiploide Teilungsfiguren nachweisen können. So traf ich denn solche auch in manchen der erst 35 und 42 Stunden nach der Chloralisierung fixierten Wurzeln an. Die Figuren 22 u. 23, Taf. VI führen uns anderseits doppelkernige Zellen aus der Streckungszone von Wurzeln vor, welche wir 27 Stunden nach der Chloralisierung fixiert hatten. Hier waren somit, wie diese Bilder lehren, zahl- reiche Zellen dieser Art in das ältere Gewebe übergegangen. Fig. 24, Taf. VI entstammt einer Stelle, die etwa 1,5 mm, Fig. 23 einer anderen, die etwa 2 mm vom Vegetationspunkte entfernt lag. Beide Bilder stellen Rindenzellen dar. Die Größe der doppel- kernigen Zellen überwiegt zunächst noch deutlich die der ein- kernigen, und das bleibt auch weiterhin so, doch mit der Ein- schränkung, daß die Unterschiede sich immer mehr abschwächen. Die mit der Doppelzahl der Chromosomen ausgestatteten Kerne neigen in steigendem Maße dazu, nachdem sie aus der Sphäre aktiver Teilungstätigkeit getreten sind, gelappte, an Amitosen er- innernde Gestalten anzunehmen, die auch wohl zu einer völligen Trennung der Bestandteile führen können. Tatsächlich wirken aber auch bestimmte Einflüsse dahin, die Zahl der bei der Chloralisierung zunächst entstandenen doppel- kernigen Zellen ein wenig einzuschränken. Nicht alle diese Zellen gelangen somit in ältere Wurzelteile. Wie wir zuvor schon fest- stellten, daß unterwertige Kerne öfters der Resorption anheim- fallen, oder daß sie aus dem ursprünglichen Zelleib herausgedrängt werden und dann zugrunde gehen, so konnten wir unter Umständen konstatieren, daß ähnliche Schicksale übermächtige Zellen zu treffen vermögen. Denn es kommt nicht eben selten vor, daß Zellreihen mit syndiploiden Kernen von einer absterbenden Zelle unterbrochen werden, deren Kern Zeichen der Desorganisation verrät. Diesen Eindruck machte beispielsweise die unterste Zelle der mittleren Zeile in Fig. 26, Taf. VI. Ihr Kern erschien sehr inhaltsarm, während bläschenförmige Gebilde gleichzeitig das ihn umgebende Cytoplasma durchsetzten. Die Zelle war sehr lang, dem Anschein nach unfähig, sich noch zu teilen. Auch die nächst höher gelegene überlange Zelle, mit zwei unsymmetrisch verteilten, etwas ungleichen Kernen, konnte nicht mehr als völlig gesund gelten. Ihre über 82» 500 Eduard Sfrasburger, einer syndiploiden Zelle stehende Nachbarin zur Linken, war zur Zeit der Fixierung schon tot. Es machte den Eindruck, als hätte ein hypertrophisches Wachstum hier zu Funktionsstörungen geführt. Das Bild war einer 35 Stunden nach der Chloralisierung fixierten Wurzel entnommen. Ebenso zeigt die Fig. 27, Taf. VI unten rechts eine abgestorbene Zelle, die nur noch Inhaltsreste führt. Daß diese Zelle syndiploid war, erkennt man an ihrer Größe und an dem Verbände, in dem sie steht. Die Figuren 28 und 29, Taf. VI aus chloralisierten Wurzeln, die nach 27 Stunden fixiert wurden, weisen je eine abgestorbene, schon geschrumpfte Zelle in den zur Darstellung ausgewählten Längsreihen auf. In Fig. 28 ist die be- treffende Zelle zum größten Teil schon resorbiert. Ähnlich in dem durch Fig. 30 vergegenwärtigten Falle. In Fig. 31 ist eine im Beginn der Resorption begriffene, sowie eine andere zur Seite ge- drängte und schon fast verschwundene Zelle zu sehen; endlich in Fig. 32 drei aneinander stoßende, abgestorbene -Zellen. Auf sie folgt nach unten eine großkernige Zelle. Ob diese abgestorbenen Zellen auch syndiploid gewesen sind, ließ sich freilich nicht mehr entscheiden. Wiederholt fiel mir auf, daß, wenn syndiploide Kerne infolge der Chloralisierung, besonders nahe am Vegetationspunkt entstanden waren, Störungen dort sich besonders häufig einstellten, und unter Umständen das Absterben einer ganzen Anzahl von Zellen veranlaßten. Die Fig. 33, Taf. VI führt uns eine abgestorbene Zelle an der Grenze von Periblem und Plerom, aus einer 27 Stunden nach der Chloralisierung fixierten Wurzel vor. Doch auch in Wurzelspitzen, die solche extreme Erscheinungen nicht aufweisen, pflegt das Vorhandensein zweikerniger Zellen in den betroffenen Zellreihen zum mindesten Orientierungsstörungen der Scheidewände zu veranlassen. B. Nemec hat bereits angegeben, daß, wenn in zweikernig gewordenen Zellen die Kerne, ohne ver- schmolzen zu sein, in Teilung eintreten, sie dies gleichzeitig tun'). Das führt zur Entstehung je einer oberen und unteren einkernigen und einer mittleren zweikernigen Zelle. Von dieser mittleren Zelle können nun die beiden Kerne verschmelzen oder auch getrennt bleiben und den Vorgang ihrer gleichzeitigen Teilung wiederholen. Öfters wurden bei solchen Teilungen die Phragmoplasten schräg zur Längsachse der Zelle gestellt und die Scheidewände ent- sprechend verschoben. Besonders stark machen sich die Ab- 1) a. a. 0., S. 684. über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 501 weichuiigen in der Anordnung der Scheidewände geltend, wenn syndiploide Zellen eine ungewohnte Breite erlangen. Dann wird auch wohl eine diploide Zelle in derselben Längsreihe quer gedehnt und veranlaßt, sich der Quere und nicht der Länge nach zu teilen. Demgemäß sieht man öfters eine breite syndiploide Zellreihe sich in zwei diploide fortsetzen. Übrigens können solche durch syn- diploide Kerne erzeugte, im normalen Bau nicht vorgeseheneu Zell- erweiterungen Spannungen veranlassen, die zu einer Trennung be- nachbarter Zellreihen und zu seitlichen Verschiebungen innerhalb der einzelnen Reihe selbst führen. Beides ist in unserer Fig. 34, Taf. VI zu sehen. — Wegen sonstiger Unregelmäßigkeiten, Ver- dopplung der Reihen u. dgl. m. wären die Figuren 21, 24, 25, 32, Taf. VI zu vergleichen. Ein ganz eigenes Bild bot eine Zellreihe dar, die ich einer Wurzel entnahm, die 27 Stunden nach der Chlo- ralisierung fixiert wurde. Zu oberst in dem ihr entnommenen Bilde (Taf. VI, Fig. 35 a) ist ein syndiploider Kern im Teilungs- zustand zu sehen; darunter die verdoppelte Zellreihe mit normal diploiden Kernen, hierauf zu unterst wieder nur eine bedeutend vergrößerte Zelle mit einer großen Zahl kleiner Kerne. Diese Zelle ist in Fig. 35 b bei stärkerer Vergrößerung wiederholt. Als Beispiel einer extremen Ablenkung der Teilungsfiguren füge ich noch die Fig. 36, Taf. VI hinzu, während ich für alle sonstige Mannigfaltigkeit möglicher Teilungsvorgänge in den chloralisierten Wurzeln auf die Bilder verweise, die B. Nemec in den Text seiner Abhandlung eingeschaltet hat. Eine überwältigende Summe von Tatsachen, die meiner An- sicht nach eine andere Deutung nicht zulassen, spricht nach dem heutigen Stande unseres Wissens für die Individualität der Chromo- somen. Trotz dieser Fülle an Beweismaterial dürfte der hier vor- liegende Fall, welcher zeigt, daß auch durch Chloralhydrat ver- anlaßte, also künstlich erzeugte Synkarionteu an der ihnen zugewiesenen Chromosomenzahl festhalten, eine weitere willkommene Bestätigung dieser Vorstellung bilden. Die Chromosomenzahl be- steht eben auch unter solchen Verhältnissen fort, weil sie erblich fixiert ist. Der Schwerpunkt der Erscheinung liegt trotzdem eigentlich nicht in dieser Zahl, vielmehr in der Konstanz der jedem Kern zukommenden Erbeinheiten. Ich habe meine Ansichten hier- über in dem Aufsatz über typische und allotypische Kernteilung^) 1) Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLII, 1905, S. 18, 49. 502 Eduard Strasburger, entwickelt und zu begründen gesucht. Wo die Zahl der Chromo- somen stetig oder nur gelegentlich infolge unterbliebener Trennung gegebener Einheiten eine Änderung erfährt, spricht das nicht gegen die Individualität der Chromosomen. Ebensowenig wird die Indi- vidualitätslehre dadurch erschüttert, daß in einzelnen Fällen auf bestimmten Entwicklungszuständen eine Segmentierung der Chromo- somen sich vollzieht und in einer, ebenfalls erblich fixierten Weise, deren Zahl sich ändert. Das geschieht beispielsweise in einem auf die Synapsis folgenden Stadium in den Pollenmutterzellen von Funkia Sieholdiana '). Endlich darf gegen die Individualitätslehre der Chromosomen auch nicht jener ganz eigenartige Fall heran- gezogen werden, der sich bei den Ascariden während der Ei- furchung abspielt. Da hat bekanntlich Th. Boveri ^) nachgewiesen, daß die Chromosomen der somatischen Kerne ihre verdickten Enden abstoßen. Nur die für Urgeschlechtszellen bestimmten Kerne be- halten diese Enden bei. Die Chromosomen der somatischen Kerne werden zugleich in eine weit größere Zahl kleinerer Chromosomen zerlegt. Dieser letzte Vorgang gehört der von mir schon erörterten Kategorie von Erscheinungen an^). Die angeschwollenen Enden der Chromosomen im Ascaridenei, die aus den somatischen Kernen entfernt werden, sind als Stütze für die qualitative Verschiedenheit in einzelnen Chromosomen angerufen worden. Ich selbst trete auch für die qualitative Verschiedenheit der Teile eines Chromosoms ein, zugleich auch für die Verschiedenheit der einzelnen Chromosomen. Zu letzterer Vorstellung will es nun nicht gut stimmen, daß die Chromosomen im Ascarisei an den beiden Enden eine Verdickung aufweisen und daß allen diesen Chromosomen übereinstimmend eine solche Verdickung zukommt. Nachdem ich nun in den Kernen von Marsilia *) in extremer Weise erfahren habe, wie viel Substanz, die sicher nicht Erbsubstanz ist, in die Chromosomen vor der Teilung aufgenommen werden kann, darf ich mir die Frage 1) Typische und allotypische Kernteilung, a. a. 0., S. 19, Kiichi Miyacke, Über ßeduktionsteilung in den Pollenmutterzellen einiger Monokotylen, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLII, 1906, S. 90 u. 103. 2) Die Entwicklung von Ascaris niegalocephala mit besonderer Rücksicht auf die Kernverhältnisse, Festschrift für Carl von Kupffer, 1899, S. 415 ff. und Ergebnisse über die Konstitution der chromatischen Substanz des Zellkerns, 1904, S. 26. 3) Von M. Nußbaum wird er als Beweis gegen die Individualität der Chromo- somen verwertet. Arch. f. mikr. Anat. u. Entwicklungsgesch., Bd. 59, 1902, S. 670. 4) Apogamie bei Marsilia. Flora, Bd. 97, 1907, S. 173. über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 503 aufwerfeii, ob jene Enden, die von den Ascaris- Chromosomen ab- gestoßen werden, wirklich auch Träger von Erbeinheiten sind, ob sie nicht vielmehr nur spezifische Nahrungsstoffe darstellen, die es im besonderen den Urgeschlechtszellen zu sichern gilt. Die von Th. Boveri gemachte Wahrnehmung, daß die Endanschwellung der Ascaris-Chromosomen in sehr verschiedener Stärke ausgebildet sein können, spricht eher gegen ihre Chromosomennatur, so auch der Umstand, daß sie im ruhenden Kern ihre Selbständigkeit als solche bewahren. Daß sie anfangs, wie der sicherlich echte, den mittleren Teil jedes Chromosoms einnehmende Abschnitt längs- gespaltet werden, fällt zunächst für ihre Chromosomennatur in die Wagschale. Doch mit ihrer Ablösung von diesem mittleren Ab- schnitt verlieren sie ihre Fähigkeit zur Längsspaltung, so daß dann auch Boveri von ihnen meint, sie hätten die Chromosomenqualität eingebüßt'). Man könnte aber auch sehr wohl sich vorstellen, daß ihre zu Anfang sich vollziehende Längsspaltung ihnen durch den Teilungsapparat, dessen Einfluß sie unterlagen, aufgezwungen wurde. — Die neuliche Veröffentlichung von S. Gutherz ^) aus dem O. Hertwigschen Institut, über Heterochromosomen, sowie von Katherine Foot und G. C. Strobelt über das „akzessorische Chromosom" von Änasa tristis^), haben in mir auch Zweifel er- weckt, ob alles das, was unter dem Namen Chromosom zunächst noch geht, zu den echten Chromosomen gehört und Träger von Erbeinheiten ist. Mir scheint es fast, als wenn bestimmte Ab- weichungen in dem Verhalten solcher Heterochromosomen sich besser begreifen ließen, wenn man sie in eine andere Kategorie von Gebilden, etwa in jene der Nukleolen verlegen könnte. Faden- förmige Streckung im besonderen ist durchaus noch nicht für die Chromosomennatur von Gebilden, die ein sich teilender Kern auf- weisen kann, entscheidend. So nehmen die Nukleolen in den Pro- phasen der Marsüia-Kerne die Gestalt perlschnurförmig gegliederter Chromosomen an'). Neuerdings fand Jules Berghs, daß bei 1) Festschrift, S. 418 u. 421. 2) Zur Kenntnis der Heterochromosomen, Arch. f. niikr. Anat. u. Entwicklungs- geschichte, Bd. 69, 1906, S. 491. 3) The „accessory Chromosome" of Anasa tristis. Biolog. Bull. Vol. XII, 1907, S. 119. Hinzu kommt noch aus dem R. Hertwigschen Institut die Arbeit von A. Wassillief über die Spermatogenese von Blatta germanica. Arch. f. mikr. Anat. usw., Bd. 70, 1907, S. 12 u. a. a. 0. 4) Vgl. die verschiedenen Kernbilder auf den Tafeln in dem 2suvor zitierten Aufsatz. 504 Eduard Strasburger, Spirogyra außer den Chromosomen ein Bestandteil des Nucleolus in fadenförmiger Differenzierung zur Teilung schreitet^). Immer wieder muß betont werden, daß jenes Festhalten an der Zahl der Chromosomen, das uns so allgemein in der organischen Welt entgegentritt, nur ein sichtbarer Ausdruck ist für die theore- tisch zu fordernde Konstanz in der Zahl der Erbeinheiten, die jeder Kern besitzen muß. Diese letzte Voraussetzung wird auch durch eine Änderung der Chromosomenzahl, wo diese sich einstellen kann, nicht erschüttert. Für sie zeugen, meiner Ansicht nach, klar auch die nicht seltenen Beispiele nahe verwandter Arten einer Gattung, die sich durch ihre Chromosomenzahl unterscheiden. Die als Schlagwort dienende Bezeichnung „Individualität der Chromo- somen" ist somit in der Fassung, die ich ihr gebe, nur der Aus- druck für die Theorien, die mit einer beständigen Zahl von Erb- einheiten operieren. Die konstante Zahl der Chromosomen, welche die Beobachtung uns vorführt, ist nur der sichtbar werdende Aus- druck für die Konstanz dieser der direkten Beobachtung sich ent- ziehenden letzten Einheiten. Unwissenschaftlich wäre es bei alledem, zu behaupten, daß die auf die Zahlenkonstanz der Chromosomen sich stützenden Theorien der Vererbung, sich für alle Zeit behaupten werden, oder daß sie gar die Lösung des Vererbungsproblems bringen. Es ist vielmehr nur daran festzuhalten, daß sie in diesem Augenblick der beste Ausdruck für den Stand unseres Wissens bilden. Daß an unsere morphologischen Feststellungen die physiologischen Befunde der Vererbung so gut sich anschließen lassen, so vor allem die Mendelsche Merkmalspaltung, ist gewiß eine sehr erfreuliche Tat- sache. Die entgegengesetzten Anschauungen bauen sich hingegen weit mehr aus negativen Größen auf. Sie weisen auf die schwachen Seiten der Individualitätshypothesen hin, auf etwaige Widersprüche, die sie birgt, endlich auch auf Erscheinungen, die sie nicht zu er- klären veimag. Solche auf negative Größen gestützten Anschauungen sind an sich wenig fruchtbar, haben immerhin einen hohen kritischen Wert. Für mich fielen besonders ins Gewicht die von M. Nuß- baum gemachten Einwände, weil sie von Beobachtungen ausgehen, die mit der „Individualität der Chromosomen absolut unvereinbar" sein sollen^). Da M. Nußbaum selber in hervorragender Weise 1) Le Noyau et la Cinese chez le Spirogyra „La Cellule", L. XXIII, 1906, S. 55. 2) Befruchtung und Vererbung, Anat. Anz., Bd. XXVIII, 1906, S. 413. über die Individualität der Chromosomen nnd die Pfropfhybriden-Frage. 505 an der Arbeit beteiligt war, dem wir deu jetzigen Aufbau unserer Vorstellungen auf dem Gebiete der Vererbung verdanken, so ver- langen Anschauungen, die er vertritt, auch volle Beachtung. M. Nußbaum gibt an, daß die Beobachtungen, die er gelegentlich der künstlichen Teilung der Infusorien anstellte, entscheidend in der betreffenden Frage seien. Man könne die Gastrostyla vorax, die vier Makro- und vier Mikro-Nuclei besitzt, so zerlegen, daß drei Paare wegfallen, ohne die charakterisierten Eigenschaften des In- fusors zu schädigen. Bei der Encystierung von Stylonychia und Gastrostyla fände anderseits die Vereinigung der einzelnen Makro - und Mikro-Nuclei zu einem Makro- und Mikro-Nucleus statt. Für die TeilungsYorgänge sei es wahrscheinlich, daß eine ähnliche Ver- schmelzung ihnen vorausgehe. — Kernverschmelzungen sprechen, meiner Auffassung nach, durchaus nicht gegen die Individualität der Chromosomen. Die Vorgänge, die ich hier eingehend für die chloralisierten Wurzeln von Pisum geschildert habe, beweisen das auf das Bestimmteste. In M. Nußbaums Abhandlung „über die Teilbarkeit der lebendigen Materie"') finde ich die Angabe: „Für die Erhaltung eines Infusoriums ist es gleichgültig, ob man es der Länge, der Quere nach oder in schrägen Richtungen zerteilt. Wenn nur dem Teilstück Kernsubstanz erhalten bleibt, so restituiert es, abhängig von der Temperatur, in höchstens 24 Stunden, seine ur- sprüngliche Form. Schon nach 20 Minuten sind an den Schnitt- rändern neue Cilien gesproßt und am Tage nach der Verstümmelung des Muttertieres hat jedes der kernhaltigen Teilstücke wiederum vier bis sechs Nuclei und Nucleoli und alle die Art charakterisierenden Wimper anhänge. Die Entscheidung, ob die Erhaltung des Nucleus oder des Nucleolus allein, oder ob das Vorhandensein beider, diesen Erfolg sichert, ist vorläufig eine offene Frage". Einige Seiten weiter heißt es"): „Aus meinen und Grubers Versuchen geht nun mit Evidenz hervor, daß die Restitution eines Bruchstückes von einem geeigneten Infusorium immer erfolgt, sobald nur ein Teil der Kerusubstanz dem abgetrennten Leibesstück erhalten bleibt." Die Heranziehung von A. Gruber erfolgt im besondern in Hinblick auf seine mit S t e n t o r angestellten Teilungsversuche ■'). BeiStentor ist der Kern rosenkranzförmig. Jedes Stück des künstlich zerteilten 1) Archiv für mikrosk. Anat. u. Entwicklungsgesch., Bd. XXVI, 1886, S. 514. 2) a. a. 0., S. 519. 3) A. Grub er, Beitr. zur Kenntn. d. Physiol. und Biol. der Protozoen, Ber. i. Naturf.-Gesellsch. zu Freiburg i. B., Bd. I, 1886, Heft 2, S. 12. 506 Eduard Strasburger, Infusors ist regenerationsfähig, sobald es ein Stück des Rosen- kranzes erhält. Die der Arbeit beigefügten Bilder zeigen mehrere Glieder des Rosenkranzes in den Teilstücken. — Man braucht nur anzunehmen, daß der rosenkranzförmige Kern in Wirklichkeit eine Reihe von Kernen darstellt, um den Widerspruch mit der Indi- vidualitätslehre der Chromosomen aufzuheben. Daß die Glieder des Rosenkranzes vor jeder Kernteilung verschmelzen zu einer bohnentormigen Masse'), kann nicht gegen die Natur des Rosen- kranzes als Synkarion entscheiden, da ja auch bei anderen mehr- kernigen Infusorien eine Kernverschmelzung dem Teilungsvorgang vorausgeht, den die Kerne somit im Zustande eines Synkarions ausführen. — Als unverträglich mit der Individualitätstheorie der Chromosomen führt M. Nußbaum -) auch die Fälle an, in welchen auf Amitoseu wieder Mitosen folgen sollen. Es könnten dafür im . wesentlichen nur die Angaben von Alexander Nathausohn^) über Sjnrogyra in Betracht kommen, für welche die Richtigkeit der Deutung aber von verschiedenen Seiten schon entschieden in Ab- rede gestellt wurde. In Wirklichkeit handelte es sich in den äthe- risierten Spirogyren von A. Nathanson um dieselben Erscheinungen, mit denen sich diese Arbeit in den chloralisierten Erbsenwurzeln zu beschäftigen hatte. Der einzige Fall im Pflanzenreich, den ich als sichergestellt gelten lassen kann, in welchem mitotische Kernteilung auf amitotische folgt, ist der von K. Shibata^) in den Knöllchen von Podocarpns beobachtete. In den von dem endotrophen Pilz befallenen Wirtszellen vermehrt sich der Kern durch Einschnürung. Während der Pilzverdauung runden sich die so entstandenen Kerne ab und nehmen, wenn das Pilzmycel bis auf Reste geschwunden ist, ein ganz normales Aussehen an. Solche Kerne trifft man weiterhin oft in inniger gegenseitiger Berührung. Ob diese zur Verschmelzung der Kerne führt, blieb unentschieden. Während die meisten Kerne der in Betracht kommenden Zellen sich desorgani- sieren, trifift man auch „ungemein hypertrophierte Kerne" an, die in eine typische Mitose eintreten. K. Shibata zählte in diesen Teilungsfiguren 12 Chromosomen, dieselbe Zahl wie im Meristem 1) A. Gruber a. a. 0., S. 13. 2) a. a. 0., 1906, S. 414. 3) Physiologische Untersuchungen über amitotische Kernteilung, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXV, 1900, S. 48. 4) Cytologische Studien über die endotrophen Mykorrhizen, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXYII, 1902, S. 646. über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 507 von Podocarpiis -Wurzeln. Die aus der Teilung hervorgegangenen Kerne gehen ebenfalls alsbald zugrunde. Das ändert natürlich nichts an der Tatsache, daß eine mitotische Teilung hier auf eine amitotische folgt. So etwas ist an sich somit möglich. Ich nehme bis auf weiteres an, daß die Teilungsfigur, in der K. Shibata 12 Chromosomen zählte, einem Kern angehörte, der einer Ver- schmelzung aller zuvor durch Fragmentation in der Zelle entstan- denen Teilkerne seine Entstehung verdankte. Es könnten hier möglicherweise auch Teilungsfiguren angetroffen werden, die weniger Chromosomen führen, in Fällen nämlich, wo die Desorganisation des einen oder anderen Teilkerns in der Zelle dem Verschmelzungs- vorgang vorausging. Denn es dürften dann, so muß ich annehmen, die zurückgebliebenen Kerne nicht imstande sein, die fehlenden Chromosomen zu ergänzen. Ich hoffe, daß es mir gelingen wird, das nötige Untersuchungsmaterial zu erlangen, um diesen Punkt klarzulegen. — Da schließlich alle Kerne der Podocarpus-^nöWchen, also auch die, welche zur Mitose zurückkehren, der Zerstörung an- heimfallen, so vermögen auch diese Gebilde nicht, ein sonst sehr erwünschtes Versuchsobjekt abzugeben, an welchem man die Folgen des Fehlens einzelner Chromosomen an dem Entwicklungsprodukt studieren könnte. Mit solchen unvollwertigen Kernen an einem ge- eigneten Objekt experimentieren zu können, hätte aber mehr Be- deutung, als etwaige Versuche mit überwertigen Kernen, wie sie B. Nemec anzustellen und in ihren Wirkungen zu verfolgen hofft'). Doppelte Chromosomenzahl, das bemerkt auch B. Nemec, „hat an sich keine Bedeutung für die formative Tätigkeit einer embry- onalen Zelle". Wir sehen, daß sie auch in der Erbsenwurzel, sofern nicht etwa die Größenzunahme der betroffenen Zellen Störungen verursacht, nicht abnorm zu wirken braucht. Die synhaploiden Zellen apogamer Pteridophyten - Prothallien bequemen sich der doppelten Chromosomenzahl sehr gut an, ja sie können zur Bildung doppelchromosomiger Geschlechtsprodukte sogar schreiten ^). Eine besondere Schwierigkeit sollte der Auffassung, daß die Chromosomen die Träger erblicher Eigenschaften sind, aus einer Anzahl von J. Loeb^) angestellter Versuche erwachsen. Denn 1) über die Bedeutung der Chromosomenzahl. Vorl. Mitt., Bull, intern, de l'Acad. des sc. de Boheme, 1906, Sonderabzug S. 3, 4. 2) Vgl. das weitere in meinem Aufsatz über Apogamie bei Marsilia, Flora, Bd. 97, 1907, S. 167, dort die Literatur. 3) J. Loeb, Vorlesungen über die Dynamik der Lebenserschein., 1906, S. 7, 255. 508 Eduard Strasburger, Loeb kommt zu dem Ergebnis, daß für die ersten Stadien des Embryo das Ei bestimmend sei und daß die Sperraatozoiden zunächst, wenn nicht ausschließlich so doch wesentlich, nur entwicklungs- erregend wirken. Erst auf späteren Stadien soll sich der vererbende Einfluß der Spermatozoiden geltend machen. So auch hat E. God- lewski ') kernlose Eibruchstücke eines Seeigels mit Crinoiden- sperma befruchtet und aus ihnen Larven von rein mütterlichem Charakter erhalten. Im letzten Falle machen sich bestimmende Einflüsse des Cytoplasma auf den Entwicklungsgang in besonders auffälliger Weise geltend. Das beweist aber meiner Ansicht nach nicht, daß die Wirkungssphäre der Spermatozoiden einzuschränken sei, und daß die Chromosomen nicht die einzigen Träger der erb- lichen Eigenschaften seien, vielmehr zeigt es nur an, welchen Ein- fluß das Milieu auf die Leistungen dieser Chromosomen auszuüben, vermag. Wird doch einer diploiden Nucellarzelle bestimmter An- giospermen bei Adventivkeimbildung, wenn sie in den angrenzenden Embryosack vordringt, also in eine für andere Entwicklungsvorgänge maßgebende Umgebung gelangt, eine Ausbildung nach Keimesart aufgedrungen. Zwingen doch Parasiten bei Gallenbildungen ihrem Wirt ganz spezifische Neubildungen auf. In diesem Sinne habe ich zu der angeregten Frage in der „Ontogonie der Zelle seit 1875" Stellung genommen''^) und eine in mancher Beziehung ähnliche Be- einflussung der Tätigkeit der Chromosomen durch das Cytoplasma in dem sie sich befinden, nimmt auch Carl Rabl in seiner Leipziger Antrittsrede über „Organbildende Substanzen und ihre Bedeutung für die Vererbung" an^). Als eine nicht unwichtige Stütze der Individualität der Chro- mosomen erscheint mir deren Anordnung zu Paaren, wie ich diese nun eingehend in den Erbsenwurzeln studieren konnte. Es ist klar, daß eine solche Anordnung in haploiden Kernen nicht vorhanden sein kann, da letztere jedes Chromosom nur einmal führen. Würde sie auch dort dem Beobachter entgegentreten, so müßte die Deutung, die ich ihr in diploiden Kernen gebe, sehr fraglich er- scheinen. Irgend eine Angabe in der Literatur, aus der sich auf eine paarweise Gruppierung der Chromosomen in haploiden Pflanzen- kernen schließen ließe, ist mir aber nicht bekannt. Gäbe es Ur- 1) E. Godlewski jun., Untersuchungen über die Bastardierung der Echiniden- und Crinoiden-Familie. Arch. f. Entwickl.-Mech., Bd. XX, 1906, S. 639. 2) Progressus rei botanicae, 1906, Bd. I, S. 123. 3) Am 21, Juni 1906 in der Aula der Univ. Leipzig gehaltenen Antrittsvorlesung. über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 509 Sachen, die eine solche Gruppierung dort zu veranlassen vermöchten, so könnten sie sich auch in den Kernplatten der Reduktionsteilung äußern. Denn es pflegen ja im Pflanzenreich die beiden Chromo- somen jedes Paares in der Kernplatte der Reduktionsspindel so eng aneinander geschmiegt zu sein, daß sie wie ein einziges Element in die Erscheinung treten. Die Kernplatte wird dadurch in ihrem Aufbau gleichsam haploid und könnte somit auch andere Ursachen für Paarungen, falls solche wirksam sein sollten, außer jenen, die ich auf die Homologie der Chromosomen zurückführe, veiTaten. Das ist aber nicht der Fall. — Ich zog die Reduktionsplatte als Beleg heran, weil ihr Aussehen an fast unzähligen Bildern geprüft werden kann, die sie in polarer Ansicht vorführen. Für haploide Kerne sind polare Kernplattenansichten nur selten zur Veröffentlichung gelangt, sie werden in Zukunft zu berücksichtigen sein. Paarweise Gruppierungen der Elemente wären aber auch in den Kernplatten der Reduktionsteilung zu erwarten, wenn die Vorstellung zutreffen sollte, die sich 0. Rosenberg') neuerdings über das Zahlen- verhältnis der Chromosomen in den beiden von ihm untersuchten Drosera -Arten bildete. Drosera rotundifolia besitzt in ihren ha- ploiden Kernen 10, Drosera longifolia 20 Chromosomen. Ich sprach mich seinerzeit dahin aus-), daß zwei Chromosomen der Drosera longifolia, einem Chromosom der Drosera rotundifolia entsprechen. Der Bastard zwischen den beiden Drosera -Arten führt 30 Chromosomen in seinen diploiden Kernen. Wäre meine Ansicht richtig, meint 0. Rosenberg, so müßten bei der Chro- mosomenpaarung in den Gonotokonten des Bastards, in Vor- bereitung der Reduktionsteilung, zwei von Drosera longifolia ab- stammende Chromosomen zu einem von Drosera rotundifolia treten. Das sei aber nicht der Fall, vielmehr kopuliere nur ein Chromosom von Drosera longifolia mit einem von Drosera rotundi- folia', zehn Chromosomen von Drosera longifolia bleiben ungepaart. Daher O. Rosenberg annehmen möchte, daß ein Chromosom von Drosera longifolia einem von Drosera rotundifolia entspricht, daß, in einem Worte, die homologen Chromosomen von Drosera longifolia in den Gonotokonten doppelt, somit also, wie auch hinzuzufügen wäre, in den somatischen Kernen vierfach vertreten sein. Damit ließe sich aber, im Anschluß an die hier entwickelten Vorstellungen, 1) Erblichkeitsgesetze und Chromosomen. Särtryck ur Bot., Stud. tillägnade F. R. Kjellman, 1906, S. 237. 2) Typische und allotypische Kernteilung, a. a. 0., S. 29. 510 Eduard Strasburger, erwarten, daß etwa sichtbar werdende Beziehungen der homologen Chromosomen in den diploiden Kernen einer Drosera longifolia sich durch Gruppierungen zu vier in den haploiden Kernen, zu zwei in den Reduktionsplatten, verraten würden. Ich glaube nicht, daß das in diesen oder in anderen entsprechenden Fällen zu er- warten sei, und ich halte an der Annahme fest, daß zwei Chromo- somen von Drosera longifolia einem Chromosom von Drosera rotundi- folia entsprechen, und daß man sich somit jedes Chromosom der Drosera rotimdifolia bei Drosera longifolia quer geteilt zu denken habe. Eine soeben erschienene Arbeit des hiesigen Instituts von Fr. Laibach hat ergeben, daß nahe verwandte Cruciferen in der Zahl ihrer Chromosomen bedeutende Verschiedenheiten zeigen^). Dabei stellten die nachgewiesenen Zahlen durchaus nicht die Multipla einer einzigen Zahl dar, die man dann etwa als Grund- zahl sich vorstellen könnte. In meinem Aufsatz über tyi^ische und allotypische Kernteilung habe ich bereits erwähnt, daß Fr. Roth im hiesigen Institut bei Rumex Äcetosella doppelt soviel Chromo- somen als bei Rumex Acetosa fand. Ich kann jetzt angeben, daß es sich um die Zahlen 16 und 8 handelt und hinzufügen, daß für Rumex scutatus Fr. Roth bei weiterer Untersuchung 16 und für Rumex cordifolius nicht weniger als etwa 40 Chromosomen fest- stellte. O. Rosenberg erörtert die Möglichkeit, ob nicht in Drosera longifolia die Verdoppelung der Chromosomenzahl, im Vergleich mit Drosera rotimdifolia dadurch bedingt worden sei, daß eine Aquationsteilung und Verschmelzung der Tochterkerne erfolgte^). Auf solche Gattungen, wo die Verschiedenheiten der Chromosomenzahl nicht Multipla der kleinsten vorkommenden Zahl betragen, ist die Rosenbergsche Vorstellung überhaupt nicht an- wendbar. Sie ist auch an sich schon höchst unwahrscheinlich, weil sie eine Vermehrung gleichwertiger Chromosomen bedingen würde, wie sie augenscheinlich durch die Reduktionsteilung verhindert werden soll. Eine Vermehrung gleichwertiger Chromosomen würde auch, unter sonst gleichen Bedingungen, eine bedeutende An- schwellung der Kerne zur Folge haben und solche Größenunter- schiede in extremen Fällen veranlassen, wie sie tatsächlich nicht 1) In Jen diploiden Kernen von Stenophragma 10, von Alyssum, Iberis, Sisym- brium 16, Lunaria 24,' Capsella, Brassica 32. Die Frage nach der Individualität der Chromosomen im Pflanzenreich, Beitr. zum Bot. Zentralbl., Bd. XXII, 1907, Abt. I, S. 5. 2) a. a. 0., S. 239. Üler die Individualität der Chromosomen nnd die Pfropfliybriden-Frage. 511 bestehen. Daß im Reduktionskern des Drosera-BsLstardes ein Chro- mosom der Drosera loncjifolia mit einem Chromosom der Drosera rotundifolia sich vereinigt, und daß nicht zwei Chromosomen dies tun, muß somit einen anderen Grund als den von O. Rosenberg angenommenen haben. Bei Betrachtung der Rosenbergschen Bilder der Reduktionsteilung in den Pollenmutterzellen von Dro- sera longifolia und Drosera rotundifolia fällt auf), daß, wenn ein vermeintliches Drosera longifolia-Chromosom sich einem ver- meintlichen Drosera rotundifolia-Chromosom angelegt hat, für die Anfügung eines zweiten Chromosoms an der entsprechenden Seite des letzteren kein Raum mehr vorhanden ist. Ein wesentlicher Größenunterschied zwischen den in Betracht kommenden Chromo- somen ist in den Rosenbergschen Reduktionsbildern des Bastardes nicht zu sehen. Das könnte als Stütze für die Rosenberg sehe Auffassung, daß jedes Chromosom der Drosera longifolia zweimal vertreten sei, dienen, wenn nicht die Größe der Chromosomen vor- nehmlich durch die in sie aufgenommenen Stoffe bestimmt wäre, gegen welche die Masse der Erbeinheiten bedeutend zurücktritt^). Es mögen aber, wenn ein Chromosom von Drosera rotundifolia sich mit einem annähernd gleich großen, im Verhältnis zu ihm nur halbwertigen Chromosom der Drosera longifolia vereinigt hat, die gegebenen Affinitäten zur Heranziehung der zweiten Hälfte nicht mehr ausreichen. Auch eine andere Angabe enthält die letzte Mitteilung von O. Rosenberg^), die noch der Klärung bedarf. Die Pollenkörner von Drosera rotundifolia und von Drosera longifolia sind nach Form und Größe voneinander zu unterscheiden. Die Nachkommen jeder Pollenmutterzelle bleiben bei der einen wie der anderen Art miteinander vereinigt, bilden somit Tetraden. Die Tetraden des Bastards Drosera longifolia und Drosera rotundifolia zeigen im allgemeinen vier gleiche Komponenten, welche der Drosera longi- folia entsprechen. Es kommen aber auch Tetraden vor, welche zwei Pollenzellen von Drosera rotundifolia und zwei von Drosera longifolia aufweisen. Rosenberg stellt sich vor, daß: „wegen der unregelmäßigen Bindung der Chromosomen in der Synapsis und der folgenden Spindelbildung die Tochterkerne oft Chromosomen von 1) über die Tetradenteilung eines Drosera-Bastardes, Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch., 1904, Taf. IV. 2) Vgl. dazu auch meine Angaben bei MarsiUa. Flora, Bd. 97, 1907, S. 173. 3) Erblichkeitsgesetze und Chromosomen, a. a. 0., S. 241 ff. 512 Eduard Strasburger, dem Vater sowohl als auch der Mutter enthalten" und dann die Form der Pollenkörner in der Tetrade übereinstimmend ist. Es könne aber doch vorkommen, daß alle Chromosomen der Drosera rotundifolia in einem der Tochterkerne des ersten Teilungs- schrittes vereinigt werden „und dann folglich die Drosera longifolia- Chromosomen alle, oder wenigstens zum großen Teil, den andern Tochterkern bilden". Die von O. Rosenberg beobachteten Vor- gänge der Reduktionsteilung in den Pollenmutterzellen des Bastardes hatten ergeben ^), daß zehn Doppelchromosomen in die Kemplatte der Reduktionsspindel eintreten, zehn ungepaarte Chromosomen zwischen den Spindelfasern zerstreut bleiben. Bei der Teilung gelangt je die Hälfte der Doppelchromosomen der Kernplatte in die Tochterkernanlagen. Einzelne in der Nähe befindliche ungepaarte Chromosomen werden, nach Zufall, in die Tochterkernanlagen mit eingezogen. Die anderen bleiben im Cytoplasma zurück und bilden dort, besonders wenn sie zu zwei oder drei zusammenliegen, Zwergkerne. „Die Chromosomen im C}iioplasma werden bald auf- gelöst und in späteren Stadien ist nichts mehr davon zu sehen". Bei diesem Sachverhalt sollte man meinen, daß Drosera longi- folia, die einen Teil ihrer Chromosomen einbüßt, gegen Drosera rotundifolia im Nachteil sein sollte und ist es daher auffällig, „daß die Pollentetraden der Bastarde im allgemeinen denjenigen von Drosera longifolia glichen". Ich möchte nun diese Erscheinung unter denselben Gesichtspunkt bringen, von dem aus ich seinerzeit^) die von C. Correns festgestellte Tatsache^), daß in Ifelandrium- und Ejnlohium-'Bsista.rden die Pollenkörner einander gleichen, un- geachtet sie verschieden bei den Eltern sind, mir zu erklären suchte. Ich sprach dort den entscheidenden Einfluß auf die Gre- staltung der Pollenwandung den Tapetenzellen des Bastards zu. In dieser Vorstellung haben mich seitdem gemachte Erfahrungen und weitere Überlegungen nur bekräftigt, wie dies aus meinem soeben veröffentlichten Aufsatz über Apogamie bei Marsilia zu ent- nehmen ist^). In dem Dro^era-Bastard ließe sich auf solche Weise das Dominieren des einen Pollentypus unschwer begreifen, umsomehr 1) Über die Tetradenteilung usw., a. a. 0., S. 48, 49. 2) Über Befruchtung, Bot. Ztg., II. Abt., 1901, S. 363. 3) Öregor Mendels „Versuche über Pflanzen-Hybriden" und die Bestätigung ihrer Ergebnisse durch die neuesten Untersuchungen, Bot. Ztg., II. Abt., 1900, S. 232, Anmerk. 1. 4) Flora. Bd. 97, 1907, S. 180 ff. über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 513 als wie 0. Rosenberg angibt^), bei der Mehrzahl der Pollen- körner des Bastardes der Inhalt abzusterben pflegt, und also wohl frühzeitig schon in seiner Lebensäußerung gelähmt wird. Wo letzteres aber nicht zu früh geschah, da gelingt es, wie das Ergebnis zeigt, in diesem Falle der anderen Pollenform, sich, vom inneren Protoplasten aus, Geltung zu verschaffen, und dann werden, so wie es die Spaltung der Erbanlagen bei der Reduktionsteilung verlangt, zwei Pollenkörner nach dem Drosera rotundifoUa-Tjims ausgebildet. Die in den Kernplatten der diploiden Kerne der Erbsenwurzel nachzuweisende Anordnung der Chromosomen zu Paaren ist nicht nur eine Stütze der Individualität der Chromosomen, sondern auch ihrer Verschiedenheit. Denn die Annahme liegt doch nahe, daß zwei Chromosomen deshalb zueinander halten, weil sie von den anderen verschieden sind, miteinander aber übereinstimmen. Wo die Chro- mosomen, wie bei Galtonia oder Funkia, verschieden groß sind, bekräftigen sie diese Voraussetzung dadurch noch, daß sie ihrer Größe entsprechend sich paaren. Wir konnten an unserem Objekt feststellen, daß die homologen Chromosomen, die zu Paaren einander genähert bleiben, im Gerüstwerke des Kerns aufeinander folgen (Taf. VII, 'Fig. 41 u. 42). Sie müssen sich gegeneinander umlegen, um in die so häufig beobachtete parallele Lage zu gelangen. Diese in gewöhnlichen somatischen diploiden Kernen sich einstellende Erscheinung . ist aber geeignet, auch auf die Vorgänge Licht zu verbreiten, die sich vor der Synapsis in den Reduktionskernen der Gonotokonten vollziehen. Wir konnten^) dort oft eine mehr oder weniger deutliche Bildung von Paaren' wahrnehmen, die auf eine sehr frühzeitige Zusammenfügung der homologen Chromosomen hinwies. Sie vollzieht sich in diesen pflanzlichen Gonotokonten noch vor der erfolgten Sonderung der Chromosomen, und im be- sonderen auch, bevor letztere durch Aufnahme von Nährsubstanzen an körperlicher Masse gewannen. So vorbereitet treten die Chromo- somen in die Synapsis ein, um sich dann aus dem Knäuel zu langen dünnen Doppelfäden auszuspinnen. Wichtige Gründe sprechen für die Annahme, daß in den gestreckten Chromosomen die homologen 1) über die Tetradenteilung usw., a. a. 0., S. 49 und Erblichkeitsgesetze usw., a. a. 0., S. 242. 2) E. Strasburger, Charles R. Allen, Kiichi Miyake und James Bertram 0 verton, Histologische Beiträge zur Vererbungslehre, Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XLII, Heft I, Juli 1905, S. 1—153. Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 33 514 Eduard Strasburger, Abschnitte einander gegenüber zu liegen kommen. Damit dies möglich sei, müßten die beiden Chromosomen in dem Doppelgebilde entgegengesetzt orientiert sein. Das mußten wir aber auch schon für die Chromosomenpaare in den Kernplatten der somatischen Kerne annehmen, wo die parallele Lage der beiden Chromosomen durch ihr einseitiges Zusammenklappen bedingt wird. Über die Vorstellung, die ich mir von der Wechselwirkung zwischen den ge- streckten Chromosomenpaaren gebildet habe, wie auch von den Vorteilen der Streckung, durch welche diese Wechselwirkung er- leichtert werden muß, sind meine früheren Publikationen zu ver- gleichen^). Wie ich sehe, haben A. und K. E. Schreiner sich über die Vorgänge, die sich zwischen den gestreckten, homologen Chromosomen nach der Synapsis abspielen, an den von ihnen unter- suchten tierischen Objekten eine ganz ähnliche Vorstellung wie ich gebildet^). Es ist ihnen die Übereinstimmung mit meiner Arbeit in den Jahrbüchern, die sie zitieren, nicht aufgefallen. Die Teilungsfiguren in den Wurzelspitzen meiner Erbsenkeim- linge waren so gut fixiert und zum Teil so gut in der Haematoxylin- färbung differenziert, daß ich nicht umhin konnte, ihnen einige Aufmerksamkeit zu widmen. Ich will hier nicht von neuem die Literatur des Gegenstandes erörtern, verweise vielmehr hierfür auf meinen Aufsatz über typische und allotypische Kerntheilung^) und die seitdem von Victor Gregoire veröffentlichte Untersuchung über die Struktur der chromosomatisclien Elemente im Ruhezustande und bei der Teilung in Pflanzenzellen*). Letztere bringt Bilder aus der Wurzel von Allium, die sich im wesentlichen mit jenen decken, die V. Gregoire für die Wurzel von TrilUum zuvor ent- worfen hatte ^). Ich beabsichtige nicht, die schwierige Frage hier wieder aufzurollen, ob distincte Elemente die durch ihre Zusammen- 1) Typische und allotypische Kernteilung, Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XLII, 1906, S. 40. Das Heft im Juli 1905 erschienen. Dann in der populär gehaltenen Schrift: Die stofflichen Grundlagen der Vererbung im organischen Reich 1905. 2) Neue Studien über die Chromatinreifung der Geschlechtszellen, Archives de Biologie, T. XXII, 1905. Erschienen 190C, S. 469. 3) Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XLII, 1900, S. 3. 4) La structure de l'element chromosomique au repos et en division dans les cellules vegetales (Racines d'Alliam) in „La Cellule", Bd. XXIII, 1900, S. 313. 5) La reconstruction du noyau et la formation des chromosomes dans les cineses somatiques, I. Racines de Trillium grandiflorum et tfelophase homoeotypique dans le Trülium cernuum, in „La Cellule, B. XXI, 1903, S, 7. über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 515 fügung die Grundlage zu jenen „Chromatinscheiben" abgeben könnten, die man auf späteren Teilungsstadien in den Chromosomen unterschieden hat, im Gerüstwerke des ruhenden Kerns bereits nachweisbar sind, vielmehr will ich nur erörtern, ob solche ge- sonderte Scheiben auf bestimmten Entwicklungstadien in den Chro- mosomen überhaupt bestehen. Nach V. Gregoire soll das nicht der Fall sein, die von W. Pfitzner^) zuerst, und zwar schon 1880, für die Chromosomen der Epidermiszellen der Salamander- larve gemachte und durch Abbildungen gestützte Angabe somit nicht zutreffen. V. Gregoire hatte die Güte, mir Präparate von seinen TiiUiiiDi- und yl^/ium- Wurzeln zu zeigen, welche seinen Abbildungen durchaus entsprachen. Traf ein solches Verhalten für alle Fälle zu, so müßte auch die neue Figur für Zell- und Kernteilung, die ich kürzlich für unser Lehrbuch der Botanik^) entworfen hatte, eine Korrektur erfahren. Das stellte sich aber als nicht notwendig heraus. Die Bilder in der Erbsenwurzel deckten sich mit meiner für das Lehrbuch schematisierten Darstellung. Das kann mau meinen Figg. 37, 38a u. b, 39a u. b und 40, Taf. VII, entnehmen, für deren Richtigkeit ich einstehe. Die färbbare Sub- stanz, in den sich zur Längsteilung vorbereitenden Chromosomen, sammelt sich in Abständen zu Scheiben an, in welchen ich die Anwesenheit jener Erbeinheiten vermute, die von der färbbaren Substanz ernährt werden sollen, um sich hierauf zu teilen. Die in Fig. 37 abgebildeten Chromosomenstücke gehören einem Kern an, den das Messer beim Schneiden öffnete. Dabei riß es die Chromo- somen zum Teil auseinander und zog einige bis über die Kerngrenze hinaus. In Fig. 38 a habe ich mehrere Chromosomen bezw. Chro- mosomenstücke aus einem anderen Kern zur Darstellung gebracht, in welchen stellenweise eine Verschiebung der stärker färbbaren Massen bei der Fixierung stattgefunden hatte. Eine besonders auffäUige Stelle an diesem Bild zeichnete ich in Fig. 38 b, bei Stärkstmöglicher Vergrößerung, aus freier Hand ab. An dem so dargestellten Chromosom erscheinen einzelne Abschnitte etwas an- geschwollen und die färbbare Substanz aus ihnen verdrängt. Dafür kann sie sich nebenan zu größeren zusammenhängenden, sich dunkler färbenden Massen ansammeln. Ich schließe nun nicht etwa daraus, 1) über den feineren Bau der bei der Zellteilung auftretenden fadenförmigen Differenzierungen des Zellkerns, Morphol. Jahrb. Bd. VII, 1880, S. 289. 2) VUI. Aufl., 1906, S. 70. 33* 516 Eduard Strasburger, daß das Linin des Chromosoms einen hohlen Schlauch bilde, der von geformten Pangenen und einer zähflüssigen Nährsubstanz stellen- weise angefüllt ist, vielmehr stelle ich mir das Chromosom als Lininstrang vor, in welchem sich die Einschlüsse so verschieben können, wie die Mikrosomen in einem Hyaloplasmastrang des Cyto- plasma. Ja, die Übereinstimmung mit dem Cytoplasma mag noch weiter gehen und auch ein solcher Lininstrang dichter an seiner Oberfläche sein als in seinem Innern. Es kann ein Chromosom so viel färbbare Substanz führen, daß diese alle besonderen Ver- teilungen seiner Einschlüsse unkenntlich macht, dann wird sich ein solches Chromosom bei der Längsteilung wie ein scheinbar homo- genes Band spalten. Das ist aber sicherlich auch in der vegetativen Sphäre nicht immer der Fall. Bei der deutlichen Sonderung der Einschlüsse in Scheiben, die mein Objekt an günstigen Stellen zeigte, war auch die Teilung der sich elliptisch streckenden und hanteiförmig einschnürenden dunkler tingierten Abschnitte des Chromosoms sicher zu verfolgen. Das zeigt beispielsweise die Fig. 39 a, Taf. VII, die die bei 1600facher Vergrößerung mit der Kamera möglichst genau wiedergab, worauf ich das Bild noch stärker vergrößerte und ein Chromosom aus freier Hand in Fig. 39 b wiedergab. Schließlich führt uns noch die Fig. 40, Taf. VII, einige Chromosomen aus einer annähernd fertiggestellten Kernplatte vor, deren Chromatinscheiben ihre Teilung im wesentlichen schon vollendet hatten. Was mich bestimmt hatte, so eingehend die Kernteilungen in den chloralisierten Erbsenwurzeln zu studieren, war zunächst der Wunsch, festzustellen, ob wirklich die sich dort abspielenden Vor- gänge Anknüpfungspunkte zur Klärung der Propfhybridenfrage ge- währen würden. Schien es doch in der Tat, als wäre so etwas möglich, nachdem B. Nemec eine autoregulative Herabsetzung der aus Kernverschmelzung hervorgegangenen Doppelzahl der Chromo- somen auf die normale, als recht wahrscheinlich dort angegeben hatte. Da konnten somit ja auch die einfach diploiden Kerne, die in den für Propfhybriden gehaltenen Pflanzen nachgewiesen waren, autoregulativ aus einem syndiploiden Anfangsstadium zu diesem einfach diploiden Zustand gelangt sein. Daß Reduktionsteilungen nach Art der heterotypischen in den chloralisierten Wurzelspitzen nicht existieren, haben wir nunmehr festgestellt. Wir konnten weiter nachweisen, daß die Mehrzahl der syndiploiden Kerne in über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 517 chloralisierten Wurzeln fortbesteht und in ihr Dauergewebe über- geht. Mit jenen sich gelegentlich in chloralisierten Wurzeln voll- ziehenden Teilungsvorgängen, die zu einer Reduktion der Chromo- somenzahl dadurch führen, daß nicht alle Chromosomen in die Tochterkernanlagen aufgenommen werden, ließe sich für das Problem der Propfhybriden nichts anfangen. Denn in den Kernen der für Propfhybriden gehaltenen Pflanzen müssen, ungeachtet dessen, daß sie einfach diploid sind, die sämtlichen Erbeinheiten der beiden Ursprungspflanzen vertreten sein, da sonst diese nicht vollgestaltig aus einzelnen Knospen des Hybrids hervorsprossen könnten. Mit einer ganz unbestimmten Herabsetzung der Chromosomenzahl, wie sie bei Abtrennung beliebiger Kernstücke sich vollzieht, wäre somit hier nicht geholfen, ebensowenig wie durch eine vollständige Trennung der beiden im syndiploiden Kern vereinigten diploiden Kerne von- einander während der Telophasen. Nur eine echte heterotypische Reduktionsteilung könnte zum Ziel führen, weil sie zwei Kerne liefern würde, in welchem jedes der in Betracht kommenden Chromo- somen in Einzahl sich befände. Das wären dann Kerne von eben solcher Zusammensetzung wie sie ein echter geschlechtlich erzeugter Bastard aufweist. Da ich in dem Aufsatz über typische und allotypische Kern- teilung meiner Schilderung der Kerne in den Sproßvegetations- punkten von Laburnum vulgare, von Cytisus ]jurpureus und von Labiüimm Adami, Figuren nicht beifügte, so lasse ich solche hier folgen. Es führt Fig. 43, Taf. VII einige Zellen vom linken oberen Rande') eines Sproßvegetationskegels von Laburnum vulgare vor. Die zur Darstellung gewählte Stelle zeigt, wie verschieden die Größe der Kerne in den Präparaten sein kann. Die Figuren 44 und 45 geben die Ansichten von Kernen in Diakinese aus einem eben solchen Vegetationskegel. Die mit a und b in 44 und so auch die drei mit a, b und c in 45 bezeichneten Bilder gehören zu- sammen. Sie wurden in verschiedener Tiefe und gleichzeitigen Änderungen der Einstellung gezeichnet, zum Zweck der Feststellung der Chromosomenzahl. Die Figuren 46 u. 47 führen zwei Kernspindeln in Seitenansicht aus einem Vegetationskegel derselben Pflanze vor; 1) Es fehlte auf Taf. VII an Raum, um die in den Figuren 43, 49, 51, 63, 65, 67 und 71 dargestellten Zellen genau in diejenige Lage zu bringen, die sie an den be- treffenden Vegetationspunkten innehatten und die zu ihrem gegenseitigen Vergleich er- wünscht gewesen wäre. Vgl. darüber die Figui-en-Erkläruug. 518 Eduard Slrasburger, die Fig. 48 mehrere Zellen einer jungen Blattanlage mit hervor- wachsendem Haar. Der Nucleolus im Kern solcher Haarzellen zeichnet sich stets durch auffällige Größe aus. — Die Fig. 49 führt einige Zellen vom linken oberen Rande des Vegetationskegels von Cytisus ^lurpureus vor. Die Fig. 53 zeigt einen Kern von einer Staubblattanlage derselben Pflanze in Diakinese (a), wobei die zweite angefügte Ansicht (b) die erste ergänzt, um über die Chro- mosomenzahl zu orientieren. In Fig. 51 sind einige Zellen der obersten Zellschichten des Yegetationskegels von Lahurtnim Ädami zu sehen, wobei eine Zelle mit Kernspindel. Die Fig. 52 wurde einem älteren Teile desselben Vegetationskegels entnommen. Ich zeichnete sie, weil sich ihr Kern in Diakinese befand und über die Chromosomenzahl Auskunft erteilte. Die beiden Kernbilder dieser Figui' (a u. b) gehören zusammen und ergänzen sich gegenseitig. Ich schließe auch noch das Bild einer Pollenmutterzelle von Lahurnum vulgare au, die den Reduktionskern in Diakinese zeigt (Fig. 53, Taf. VII). Die Chromosomenpaare habe ich wieder in zwei zusammengehörende Bilder eingetragen. Ihre Zahl läßt sich auf annähernd 24 bestimmen. Die Zahl der Chromosomen in den Kernen, sowohl von La- hurnum vulgare wie von Cytisus purpureus und Laburnum Adami, schätzte ich seinerzeit schon auf annähernd 48 ab. Diesmal zog ich auch die Wurzeln von Lahurnum vulgare und von Cytisus purpureus in den Kreis meiner Untersuchungen. Der Bau dieser Wurzeln stimmt im wesentlichen mit jenem der Erbsenwurzeln überein. Auch hier sind am Vegetationspunkt Perom, Periblem, Dermatogen und Calyp trogen nicht deutlich gegen- einander abgesetzt. Die Kerne der Zellen sind mittelgroß, mit durchschnittlich denselben Schwankungen im Durchmesser wie in den Vegetationskegeln der Sprosse. Ahnlich auch zeichnet sich das Kernkörperchen, sowohl in allen meristematischen Zellen als auch in älteren Zellen des Wurzelkörpers durch bedeutende Dimensionen aus (Fig. 54, Taf. VII). In den Kernen der Hauben- zellen nimmt es hingegen rasch an Umfang ab (Fig. 55), um schließlich meist völlig zu schwinden (Fig. 56). Im übrigen sind die Kerne nicht inhaltreich. Man kann ganz allgemein in den Präparaten feststellen, daß, je größer das Kernkörperchen ist, um so größer auch der helle Hof erscheint, der es umgibt, durch die zugleich das Kerngerüst gegen die Kernwandung zurückgedrängt wird. Das lehrt deutlich der Vergleich unserer Figuren 54, 55 und 56, Taf. VII. über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 519 In Fig. 56, die eine ältere Haubenzelle darstellt, deren Kern ohne Nucleolus ist, fehlt auch ein Hohlraum, der sonst den Nucleolus umgibt und das Gerüstwerk füllt die Kernhöhle gleichmäßig aus. Ich führe demgemäß jene Hohlräume, in denen das Kernkörperchen in den Präparaten liegt, auf die Wirkung des Fixierungsmittels zurück. Daß die Hohlräume sich erst bei Einwirkung des Chrom- säuregemisches bilden, habe ich in meinen Studien „über typische und allotypische Kernteilung", für Phascolus vulgaris und Solcmum tuberosum bereits direkt feststellen können '). Die Ausbildung des Hohlraumes kann eine Ausdehnung des ganzen Kernes veranlassen. Doch zeigen auch, abgesehen davon, die Kerne in den Laburnum- und Purp ureus -Wurzeln nicht unbedeutende Größenunterschiede, die sich nicht auf Wirkung des Fixierungsmittels zurückführen lassen. Über die Zahl der Chromosomen geben weder die Seiten- ansichten der Kernplatten noch deren Flächenbilder eine sichere Auskunft. Denn die zahlreichen Chromosomen sind zu klein und zu dicht aneinander gedrängt, um zweifellose Abzahlungen zu ge- statten. Nur das Stadium der Diakinese, das die Chromosomen an der Kernwandung verteilt zeigt, läßt einigermaßen zuverlässige Bestimmungen zu. Ich kam hierbei auf die Zahl 48, so wie dies zuvor für die Kerne der Sproßscheitel geschah. Daß diese Zahl sich sehr wohl in Einklang mit Seiten- und Polansichten der Kern- platten bringen läßt, lehren unsere Figuren 57 bis 60, Taf. VII, von denen Fig. 57 eine Kernspindel in Seitenansicht aus der un- mittelbaren Nähe des Vegetationskegels der Wurzel von Laburnum vulgare bringt, Fig. 61 die Polansicht der Kernplatte aus der Wurzel von Purpureus, Fig. 62 die schräge Ansicht einer Kernplatte und Fig. 60 das beginnende Auseinanderweichen der Tochterchro- mosomen, beide ebenfalls aus Purpureus -Wurzeln. Das Untersuchungsmaterial der Wurzeln von Laburnum vulgare und von Cytisus purpureus entnahm ich aus Samen erzogenen Keimpflanzen. Für Laburnum Adami, der keine Samen bildet, war diese Möglichkeit ausgeschlossen. Von Lahurnwm und von Purpureus lassen sich aber auch Wurzeln der Basis von Stecklingen entlocken und ich versuchte daher auf solchem Wege mir Wurzeln von Adami zu verschaffen. Doch Versuche mit solchen Adami- Stecklingen schlugen bisher fehl. An der Basis dieser Stecklinge wurde zwar ein kräftiger Callus erzeugt, doch es entsprangen ihm 1) Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XLII, 1906, S. 31. 520 Eduard Strasburger, keine Wurzeln. Daß der Callus selbst stärker war als bei Lahurnum und bei Purpureus, bat an sieb nichts Auffälliges, da bekanntlicb Stecklinge, die keine Wurzeln bilden, vielfach gesteigerte Callus- bildung aufweisen. Es lag mir nahe, Chloralisierungsversuche auch mit Lahurnum- und Purpur eus -Wurzeln anzustellen, um in den Erzeugern des Adami selbst, das Verhalten der durch die Chloralisierung ver- anlaßten Kernverschmelzungen zu studieren. Zunächst wurden Keimwurzeln von Lahurnum und Purpureus genau so wie zuvor die Erbsenwurzeln behandelt. Es stellte sich aber heraus, daß die 0,75 Vo ige Chloralhydratlösung bei einstündiger Behandlung die erwartete Wirkung auf die Lahurnum- und Purpureus -Wwrzelu nicht ausübte. Fünf Stunden nach der Chloralisierung fixierte Wurzeln hatten meist schon zahlreiche neue Kernteilungen, hin- gegen weder doppelkernige Zellen noch Verschmelzungsprodukte von Kernen nachzuweisen. — Wir setzten nun die Chloralisierungs- versuche derart fort, daß einerseits die Dauer der Einwirkung bei 0,75 7o iger Chloralhydratlösung verlängert, anderseits bei ein- stündiger Behandlung die Konzentration der Lösung gesteigert wurde. Ich kann mich hier auf den Bericht über den extremsten Fall beschränken, bei welchem 1 Va Vo ige Chloralhydratlösung bei einstündiger Wirkung zur Anwendung kam. Die äußerste Grenze der anzustellenden Versuche war damit erreicht, da nur ein geringer Prozentsatz der Wurzeln eine solche Behandlung zu überdauern vermochte. Die nachteilige Wirkung des Reagens ließ sich äußer- lich an den Wurzeln erst etwa nach Ablauf eines halben Tages deutlich erkennen. Daher viele Wurzeln, die zuvor fixiert und in Schnittserien verlegt wurden, alle Kerne ihrer jugendlichsten Gewebe- teile verändert zeigten. Diese Veränderung veranlaßte eine gleich- mäßige Durchfärbung des gesamten Kerninhalts mit Eisenhäma- toxylin. Sie war dadurch bedingt, daß die Nucleolarsubstanz sich gleichmäßig durch die ganze Kernhöhle verteilt hatte. Die Kerne älterer Zellen der Wurzelhaube und des Wurzelkörpers zeigten diese Veränderung nicht; ihre Nucleolen waren in gewohnter AVeise abgegrenzt und dementsprechend auch nur allein dunkel gefärbt. Kernteilungen, welche die Chloralisierung in der Wurzel angetroffen hatte, blieben sistiert und offenbarten in ihrer Färbung Absterbe- erscheinungen. Neue Kernteilungen stellten sich in solchen Wurzeln nicht ein. über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden- Frage. 521 Schnittserien durch Wurzeln, welche die Behandlung ohne tödliche Folgen überstanden hatten, zeigten auch an den Vegetations- punkten Kerne mit gut abgegrenzten Nucleolen. Schon in Wurzeln, die fünf Stunden nach der Chlorahsierung fixiert worden waren, konnte man eine größere oder geringere Zahl neuer Kernteilungen antreffen. Hingegen suchte man nach zweikernigen Zellen meistens vergeblich. Hieraus ergab sich der sehr wahrscheinliche Schluß, daß die Chloralisierung in diesen Wurzeln eine im Gang befindhche Kernteilung entweder so stark schädigt, daß sie zu irgend welcher Rekonstruktion der Anlagen nicht mehr fähig ist, oder so wenig beeinflußt, daß sie zu Ende geführt werden kann. Die bedeutenden Größenunterschiede, welche die Kerne der Laburnum- und Pur- pur eus -Wurzeln nach ihrer Fixierung zeigen können, erschweren im Einzelfall die Entscheidung darüber, ob man es mit einer Yolumenzunahme infolge von Verschmelzung oder einer Einwirkung des Reagens zu tun habe. Anderseits ist mir nicht eine Kernplatte in den zahlreichen, vornehmlich nach 5 und nach 27 Stunden fixierten Wurzeln entgegengetreten, bei der ich mit Bestimmtheit auf eine syndiploide Chromosomenzahl hätte schließen können. Bemerkt sei anbei, daß die nur einfach diploiden Kernplatten von Purpureus, die ich in meinen Figuren 58 bis 60, Taf. VII, zur Darstellung brachte, einer mit l Vä Vo Chloralhydrat eine Stunde lang behandelten und nach 27 Stunden fixierten Wurzel entnommen waren. Auch nach jenen zusammengesetzten, an amitotische Teilungsbilder erinnernden Kernen, wie man sie in der Streckungszone entsprechender Erbsen- wurzeln zu sehen bekommt, sucht man in Laburnum- und Purpureus- Wurzeln, die man 27 Stunden nach der Chloralisierung fixierte, vergebens. Die Verteilung der ganz vereinzelten zweikernigen Zellen in den Zellenzügen dieser Wurzeln ist anderseits eine solche, daß man annehmen muß, es seien in einem gegebenen Zellenzuge aus den zweikernig gewordenen Zellen immer wieder zweikernige Zellen hervorgegangen, so zwar, daß eine zweikernige Zelle bei der Teilung jedesmal wieder eine neue mittlere zweikernige Zelle und zwei terminale einkernige Zellen lieferte. Sicher lehrte aber diese Untersuchung der c\i\ov2i\miQ\:iQn Laburnum- und Purpur cusWurLeXn, daß eine Neigung zur Verschmelzung diploider Kerne in diesen Wurzeln nicht vorhanden ist, daß sie somit nicht die Vorstellung fördern, daß man eine besondere Beanlagung zu solchen Ver- schmelzungen an Orten der Neubildung bei Laburnum und Pur- pureus annehmen dürfe. 522 Eduard Strasburger, Daß die Sproßvegetationspunkte von Lahurnum Adami die Vorstellung nicht stützen, daß diese Pflanze eine Pfropfhybrid sei, hatte ich in meinem Aufsatz über typische und allotypische Kern- teilung bereits entwickelt. Die hier beigefügten Kerne aus den Sproßvegetationspunkten dieser Pflanze und ihrer Eltern, des La- hurnum vulgare und Cytisus purpureus, bringen hier dafür die Belege. Gleichzeitig hat die Heranziehung der chloralisierten Lahurnum- und Piirpureus -Wurzeln das Gebiet der Vergleichungen noch ei'weitert, und zwar ebenfalls mit negativem Erfolg für die ge- stellte Frage. Das anregende Lahurnum J.r«rria- Früchte enthielten nur wenig Samen. Manche unter ihnen waren völlig steril. Weit fertiler fand ich die an den i?i^0«rr/rt-Bäumchen erwachsenen reinen Orangen. Reine Cedraten bekam ich nicht zu sehen. Die Samen aus den gemischten Früchten, die ich untersuchte, konnten poly- embryonal sein oder auch nur einen Keim führen. So auch die Samen aus den rein entwickelten Orangen. Im botanischen Garten zu Florenz befindet sich eine ganze Anzahl junger Pflanzen, die Prof. Baccarini aus Samen von Bizzarrien erhielt. Es dürfte aber noch manches Jahr vergehen, bevor diese Pflanzen die Frucht- reife erlangen. Figuren -Erklärung. Sämtliche Figuren nach Mikrotomschnitten. Die Erbsen- und Cijtisus-Wurzeln wurden mit Chromosmiumessigsäure, die anderen Objekte mit Alkohol fixiert. Als Färbungsmittel für alle Präparate diente Eisenhämatoxylin. Die Figuren 1—42 stellen Zellen mit Kernen, beziehungsweise letztere allein, aus chloralisierten Wurzeln der Erbse dar. Die Figuren 26 und 27 entstammen Wurzeln, die 35 Stunden nach der Chloralisierung fixiert wurden, alle anderen solchen Wurzeln, 1) Die Pflanzen-Mischlinge, 1881, S. 522. 2) Über Polyembryonie, Jenaische Zeitschr. f. Naturwiss., Bd. XII, 1878, S. 654. 3) a. a. 0., S. 656. 554 Eduard Strasburger, die nach 27 Stunden in das Fixativ gelangten. Die schwächer vergrößerten Figuren wurden bei 400facher, die stärker vergrößerten, mit Ausnahme von 38b und 39b, bei 1 600 facher Vergrößerung mit der Camera gezeichnet. Die Figuren 38 b und 39b stellte ich bei noch stärkerer Vergrößerung aus freier Hand her. Nur die Figuren 7 — 17 sind Querschnitten durch Wurzeln entnommen, alle anderen nach Längsschnitten durch Wurzeln dargestellt, deren Scheitel in dem mikroskopischen Bilde vom Beobachter abgewendet war. — Es handelt sich im allgemeinen in den Figuren um Zellen des Periblems oder des Pleroms; im einzelnen gebe ich diesen ihren Ursprung, als belanglos in der Figuren- erklärung nicht an; wo es nötig erschien, ist er schon im Text verzeichnet worden. Dort sind auch alle eingehenden Angaben über die einzelnen Figuren zu vergleichen. Tafel V. Fig. 1 — 4. Kernspindeln, davon 4 diploid, die anderen syndiploid. Die Fig. 3 aus dem Plerom, nur etwa drei Zellen vom Vegetationspunkt entfernt. Fig. 5. Beginn des Auseinanderweichens der Tochterchromosomen. Fig. 6. Ein weiteres Stadium des Auseinanderweichens des Tochterchromosomen. Fig. 7 — 15. Diploide Kernplatten in Polansicht. Fig. 16 — 18. Syndiploide Kernplatten in Polansicht. Fig. 19 — 21. Trennung der Anlagen während der Anaphase, Ausschaltung von Kern teilen. Tafel VI. Fig. 22 — 36. Verschiedene Beispiele von Störungen in den Zellanordnungen, der Beseitigung einzelner Protoplasten und von Lückenbildung im Gewebe. Die Figuren 24 und 25 sind der Streckungszone, die anderen jüngeren Wurzelteilen entnommen, die Fig. 33 der Vegetationsspitze selbst. Die mit a und b bezeichneten Figuren gehören zusammen und stellt b eine stärker vergrößerte Zelle aus a dar. Tafel VIL Fig. 37 — 39. Chromosomen, bezw. Chromosomenabschnitte aus aufeinander folgenden Stadien der Prophasen in den Wurzelspitzen. Fig. 40. Einzelne Chromosomen aus einer annähernd fertiggestellten Kernplatte. Fig. 41 u. 42. Knäuelstadium, welches die Aneinanderfolge der Chromosomen zeigt. Die Figuren 43 — 60 beziehen sich auf Laburnum vulgare, Cytisus purpureus und Laburnum Adami. Fig. 43. Eine Zellgruppe am Rande des Sproß -Vegetationskegels von Laburnum vulgare. Diese Figur wäre nach rechts zu neigen. Fig. 44 a u. b. Eine Zelle aus dem Sproß -Vegetationskegel von Laburnum vulgare, in der fünften Schicht von oben. Derselbe Kern bei verschiedenen Einstellungen. Fig. 45 a u. b. Eine Zelle aus der obersten Schicht des Sproß -Vegetationskegels von Laburnum vulgare; derselbe Kern in a bei oberster, in b bei mittlerer, in c bei tiefster Einstellung. Fig. 46 u. 47. Kernspindeln aus dem älteren, bezw. jüngsten Teile des Sproß- scheitels von Laburnum vulgare. Fig. 48. Zellen der äußersten Zellschicht einer jungen Blattanlage, die eine Zelle in ein Haar auswachsend, von Laburnum vulgare. Fig. 49. Eine Zellgruppe aus der Oberfläche eines Sproß -Vegetationskegels von Cyiims ptirpureus. Müßte ganz schwach nach links geneigt sein. über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. 555 Fig. 50 a u. b. Eine Zelle aus der "Wandung einer Antherenanlage von Cytisus purpureus. In a und b derselbe Kern bei verschiedenen Einstellungen. Fig. 51. Partie aus der Außenseite eines Sproß -Yegetationskegels von Labiirnum Adami. Eine Zelle mit Kernspindel. "Wäre stark nach rechts zu neigen. Fig. 52 a u. b. Eine Zelle aus einem etwas älteren Teile des Sproßscheitels von Lahurnum Adami. In a und b derselbe Kern bei verschiedenen Einstellungen. Fig. 53 a u. b. Eine Pollenmutterzelle von Lahurnum vulgare in Diakinese, bei verschiedenen Einstellungen. Fig. 54. Eine Periblemzelle des "Wurzelscheitels von Laburnum vulgare. Fig. 55. Eine ältere Haubenzelle der "Wurzel von Laburnum vulgare. Fig. 56. Eine alte Haubenzelle der Wurzel von Laburnum vulgare. Fig. 57. Eine Kernspindel aus dem Vegetationskegel der "Wurzel von Laburnum vulgare aus nächster Nähe des Vegetationspunktes. Fig. 58. Eine Kemplatte in Polansicht aus einer "Wurzelspitze von Cytisus pur- pureus, die eine Stunde lang mit iVs^/oiger Chloralhydratlösung behandelt und dann nach 27 Stunden fixiert wurde. Fig. 59. Kernplatte aus einer ebensolchen "Wurzelspitze wie in Fig. 58 in schräger Ansicht. Fig. 60. Kernspindel im Beginn des Auseinanderweichens der Tochterchromsomen aus einer ebensolchen "Wurzelspitze wie die beiden vorhergehenden. Die Figuren 61 — 71 beziehen sich auf Cedrate, Pomaranze, Apfelsine und Bizzarria. Fig. 61. Eine Pollenmutterzelle der Cedrate mit Diakinese im Beduktionskem. Fig. 62. Eine Pollenmutterzelle der Cedrate mit Reduktionsspindel. Fig. 63. Partie von der Außenseite eines Sproß -Vegetationskegels der Cedrate. "Wäre schwach nach rechts zu neigen. Fig. 64. Kernspindel in der Zelle einer jungen Blatlanlage der Cedrate. Fig. 65. Partie von der Außenseite eines Sproß -Vegetationskegels der Pomaranze. "Wäre schwach nach rechts zu neigen. Fig. 66. Kernspindel in der Zelle einer jungen Blattanlage der Pomaranze. Fig. 67. Partie von der Außenseite eines Sproß -Vegetationskegels der Bizzaria. "Wäre stark nach links zu neigen. Fig. 68. Differenzierung der Spindel und Kernplatte in der Zelle einer jungen Blattanlage der Bizzarria. Fig. 69. Fertige Kemspindel einer ebensolchen Zelle wie in Fig. 68. Fig. 70. Kernspindel in einer älteren Zelle einer Blattanlage der Bizzarria. Fig. 71. Partie von der Außenseite eines Sproß -Vegetationskegels der Apfelsine. "Wäre stark nach rechts zu neigen. über Richtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluss äusserer und innerer Faktoren. Von M. Nordhausen. Die Untersuchungen, über die in den folgenden Zeilen berichtet werden soll, gingen von der Frage aus, welchen Einfluß Verletzungen der Hauptwurzel auf die Richtung und das Wachstum der Seiten- wurzeln ausüben. Vor allem war der Fall ins Auge gefaßt worden, die Wurzel einseitig zu verwunden bezw. ihres Spitzenteiles zu be- rauben. Neue sich anschließende Probleme brachten aber eine nicht unwesentliche Veränderung und Erweiterung der behandelten Materie mit sich, so daß schließlich eine Reihe von Einzelstudien entstanden, die trotz äußerer Selbständigkeit ihren inneren Zu- sammenhang untereinander nicht verleugnen dürften. In diesem Sinne wurde die Frage des Ersatzes der Hauptwurzel durch die Seitenwurzel behandelt, ferner der Einfluß von Wassermangel und traumatischen Einflüssen studiert, sowie der Versuch gemacht, den von Noll festgestellten Einfluß von Wurzelkrümmungen auf das Wachstum der Nebenwurzeln unserem Verständnis näher zu bringen. I. Der Ersatz der Hauptwurzel durch die Seitenwurzeln. Durch die Entfernung eines Teiles der Hauptwurzel werden bekanntlich in der Pflanze Wachstumsprozesse ausgelöst, die auf einen Ersatz des Verlorenen hinzielen. Unsere Kenntnisse über diesen Gegenstand basieren auf Beobachtungen, die namentlich aus allerjüngster Zeit stammen und deren nicht unbeträchthche Zahl*) 1) Th. Ciesielski S. 21, K. Prantl, J. Sachs I, S. 622, Ch. u. Fr. Darwin S. 159, G. Lopriorel, 11, A. Boirivant, S. Simon, W. F. Brück, B. N6mec VI, ö. Stingl S. 219. Jahrb. f. wisa. Botanik. XLIV. 36 558 M. Nordhausett, sich wohl aus dem Umstände erklärt, daß Wurzeln, speziell die von Keimpflanzen, zu den günstigsten Objekten für das Studium der jetzt besonders im Vordergrunde des Interesses stehenden Re- generationserscheinungen gehören. Auch die folgenden Unter- suchungen bewegen sich in diesen Bahnen und sollen im speziellen einen Beitrag zur Frage nach der Ersatzreaktion seitens der Neben- wurzeln bieten. 1. Die Abhängigkeit der Ersatzreaktion von der Beschaffenheit der Wurzel und Größe des entfernten Spitzenteiles. Der Ersatz der Hauptwurzel vollzieht sich nach den vorliegenden Beobachtungen, je nachdem ein kleineres oder größeres Stück der Wurzel entfernt wird, in verschiedener Weise. Wird nach Simon (S. 140) V2 — V4 mm von der Wurzelspitze beseitigt, so tritt „direkte" Regeneration ein, d. h. es kommt zu einem vollständigen Ersatz des Fehlenden, indem sich sämtliche Gewebe des Zentralzylinders an der Ersatztätigkeit beteihgen. Ein ähnliches Resultat, sog. „partielle" Regeneration, wird erzielt, wenn die Hauptwurzel um ein etwas größeres Stück bis zu ca. 1 mm dekapitiert wird, nur mit dem Unterschiede, daß die Ersatztätigkeit von einem der Haupt- sache nach durch Auswachsen des Perikambiums entstehenden Ringwall ausgeht, wobei gelegentlich statt eines deren mehrere Ersatzvegetationspunkte gebildet werden können. In allen übrigen Fällen, wo mehr als ca. 1 mm entfernt wud, tritt, sofern überhaupt eine Reaktion erfolgt, eine Nebenwurzel an Stelle der Hauptwurzel. Hier haben unsere Untersuchungen anzuknüpfen. Abgesehen von vereinzelten Angaben älterer Autoren haben sich mit dieser Aufgabe bereits Boirivant und neuerdings Brück genauer beschäftigt. Die Arbeit des ersteren, die gleichzeitig die anatomischen Verhältnisse berücksichtigt und von Brück eingehend gewürdigt worden ist, kann allerdings ihrer ungenügend präzisierten Versuchsbedingungen wegen nur geringes Interesse beanspruchen^). Dagegen werde ich auf die Untersuchungen Brucks, die nebenbei 1) Aus den Abbildungen und dem Text der Boirivantschen Arbeit geht hervor, daß z. T. unzweckmäßige Wachstumsbedingungen , wie z. B. Wasserkulturen angewandt wurden. Es kann daher nicht überraschen, daß seine Beobachtungen sich mit denen Brucks und meinen eigenen meist nicht in Einklang bringen lassen, ganz zu schweigen von einigen, selbst allgemeinen Erfahrungssätzen widersprechenden Angaben, die auch schon Brück mit Recht moniert hat. über Richtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 659 bemerkt zu einer Zeit veröffentlicht wurden, als der größte Teil dieses Abschnittes im Experiment abgeschlossen war, näher ein- zugehen haben, da sich in einigen Punkten nicht unwesentliche Differenzen zwischen unseren Resultaten herausstellten. An der Hand meiner eigenen Beobachtungen sollen diese im einzelnen näher erörtert werden. Die von mir angewandte Versuchsmethodik unterscheidet sich kaum wesentlich von der Brucks. Die Verstümniehing der Wurzel geschah mittels eines scharfen Rasier- messers. Benutzt wurden junge Keimpflanzen und zwar in. erster Linie von Lupinus albus und Vicia Faba^); Pisam, Phascolus, Helianthus und Zea Mays dienten neben- her zur Ergänzung. Die angequollenen Samen wurden sowohl vor als auch während des Experimentes ausschließlich in feingesiebter Gartenerde kultiviert. Es muß dies deshalb besonders betont werden, als hierdurch vielleicht meine durchschnittlich besseren Reaktions- erfolge gegenüber Brück ihre Erklärung finden. Wenig günstige Erfahrungen habe ich mit Kulturen in Wassser, dampfgesättigter Luft und Sägespänen gemacht. Keiner be- sonderen Erwähnung bedarf es, daß der individuellen TJngleichartigkeit, wie sie bekanntlich Keimwurzeln eigen ist, durch Wiederholung eines jeden Versuchs mit einer außergewöhnlich großen Zahl von Pflanzen Rechnung getragen werden mußte. Als Maßstab des Regenerationserfolges diente abgesehen von der meist größeren Stärke und Wachstumsintensität der Ersatzwurzeln in erster Linie die Ablenkung der Nebenwurzeln aus ihrer Normalrichtung. Da es mir darauf ankam, nicht nur in quali- tativer, sondern auch in quantitativer Hinsicht einen Vergleich der Ersatzreaktion an- zustellen, wurden auch Winkelmessungen vorgenommen, deren Ausführung mittels eines Transporteurs in ähnlicher Weise und unter gleichen Vorsichtsmaßregeln wie bei Brück (S. 17) erfolgte. Zu beachten war dabei, daß, wie schon Sachs I (S. 620) angibt, die geo- tropischen Grenzwinkel mit der Entfernung von der Hauptwurzelbasis sich verkleinern, sowie an dieser selbst meist einige Besonderheiten aufweisen. Einer störenden Einwirkung äußerer Faktoren wurde durch möglichste Konstanz des Wassergehalts des Bodens sowie der Temperatur vorgebeugt. Ein direkter Einfluß des Lichtes auf die Wurzel war schon durch die Versuchsanordnung ausgeschlossen. Die Resultate bestätigten zunächst die Beobachtung Brucks, daß meist sehr vollkommener und ergiebiger Ersatz stattfindet, so- bald nicht mehr als ein Teil der ca. 1 cm langen Wachstumszone entfernt wird. Für gewöhnlich sind es mehrere (2 — 7) Nebenwurzeln, die neben- und übereinander angeordnet sich erhebhch steiler zum Horizont einstellen und zwar um so mehr, je näher sie sich der Wunde befinden. Direkt an der Wunde bezw. aus der Wundfliiche selbst hervorbrechende Seitenwurzeln stellen sich meist vollkommen vertikal ein, so daß nicht selten „direkte" Regeneration vorgetäuscht wird^). Bisweilen sind die Ersatzwurzeln, namentlich von Vicia Faha verbändert. Die abgelenkten Wurzeln sind auf eine Zone von 1) Brück arbeitete vorzugsweise mit dieser Pflanze, 2) Gelegentlich können sich die Ersatzwurzeln über die Vertikale hinaus krümmen. 36* 560 M- Nordhausen, ca. V2 — Vi cm, bei Vicia dagegen nur auf wenige mm verteilt. In der Nähe der Wunde stehen sie gedrängter als sonst und zeichnen sich durch größere Dicke und Länge aus. Da Anlagen in der Wachstumszone ursprünglich nicht vorhanden waren, so handelt es sich hier meist um vollständige Neubildungen. Durchschnittlich von denen Brucks abweichende Resultate ergab die zweite Gruppe von Versuchen, wo über die Wachstums- zone hinaus dekapitiert worden war. Brück hatte folgendes ge- funden: ganz gleichgültig, ob viel oder wenig von der Hauptwurzel entfernt wird, tritt bei ca. 70 Vo der Pflanzen überhaupt keine Ersatz- reaktion ein. Bei den übrigen 30% wachsen die Seitenwurzeln selbst in der Nähe der Wunde anfänglich in normaler Richtung weiter, krümmen sich jedoch später allmählich oder plötzlich ab- wärts, so daß ihre Spitzen Winkel von 40 — 10" mit dem Lot bilden, ja selbst die Vertikale vollständig erreichen. An der Reaktion ist innerhalb der einzelnen Orthostiche höchstens nur die der Wunde zunächst gelegene Nebenwurzel beteiligt, äußerst selten tritt noch eine weitere, darüber befindliche hinzu. Um den Unterschied in dem Verhalten der inner- bezw. außer- halb der Wachstumszone dekapitierten Wurzeln verständlich zu machen, stellt ferner Brück (S. 23) den Satz auf, „daß gleichzeitig mit der Anlage einer Nebenwurzel unter normalen Bedingungen, schon bei den ersten Zellteilungen die den Seitenwurzeln inhärente geotropische Induktion erfolgt", die durch anderweitige Eingriffe (Dekapitieren) gar nicht oder nur schwer umgestimmt werden kann. Da innerhalb der wachsenden Zone solche Anlagen noch nicht vorhanden sind, soll hier die Umstimmung durch Dekapitation in gleichem Maße erfolgreich sein, als sie oberhalb dieser Zone mehr oder weniger ausbleibt. — Nach meinen Erfahrungen ist dieser Satz schon mit Rücksicht darauf, daß Nebenwurzelanlagen sich anatomisch -mikroskopisch meist erst im Abstände von ca. 3 — 4 cm von der Spitze nachweisen lassen, viel zu eng gefaßt und nur soviel dürfte von ihm zu Recht bestehen, daß die Umstimmung der An- lagen um so leichter vor sich geht, je jünger sie sind. Die eigenen Beobachtungen Brucks beweisen übrigens, daß selbst ältere Anlagen noch reaktionsfähig sind. Brück (S. 19) betont ausdrücklich, daß es für den Reaktions- erfolg gleichgültig ist, wie viel von der Wurzel entfernt wird. Vom teleologischen Gesichtspunkte aus muß dies zunächst überraschen. Nehmen wir z. B. eine Pflanze, deren Keimwurzel auf ca. 1 cm über Eichtung und "Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfloß usw. 561 verkürzt ist, so würde dem angegebenen Zahlenverhältnis ent- sprechend eine Änderung in der Wachstumsrichtung der Seiten- wurzeln meist nicht erfolgen. Diese würden also annähernd hori- zontal, flach unter der Erdoberfläche entlang wachsen und nur in höchst unvollkommener Weise ihrer Funktion nachgehen können. Ja es ist anzunehmen, daß selbst, wenn späterhin Nebenwurzeln zweiter Ordnung gebildet würden, die ganze Operation von der Pflanze kaum überstanden wird. Tatsächlich lehren meine Beobachtungen aber, daß die Angaben Brucks nur einen Spezialfall umfassen. Wird nämlich die Hauptwurzel über ein gewisses Maß hinaus ver- kürzt, so nimmt die Ersatztätigkeit an Intensität nicht unbeträchtlich zu, ebenso wie jüngere Wurzeln sich reaktionsfähiger erweisen als ältere. Die Verhältnisse liegen somit etwas komplizierter, aber auch zweckentsprechender, als es nach Brück scheinen möchte. Einige Beispiele mögen dies speziell für Lupinus unter gleichzeitiger Be- rücksichtigung von Vicia Faha erläutern, wobei im voraus be- merkt sei, daß beide Pflanzen sich im Prinzip gleich verhalten, die letztere jedoch in ihrem Reaktionsvermögen durchschnittlich hinter Luphms zurückbleibt. a) Angenommen, es werde eine längere Lupinenwurzel von ca. 9 — 12 cm Länge, deren Seitenwurzeln noch nicht hervorgebrochen, jedoch am basalen Ende bereits als kleine Kuppen erkennbar sind, um ein Stück von 1, 2, 3, 4 oder 5 cm verkürzt, so tritt in ana- loger Weise, wie Brück angibt, überall die gleiche Wirkung ein, d. h. einesteils erfolgt Ersatz, anderenteils bleibt er vollständig aus^). Für Ltqnnus lautet das entsprechende Zahlenverhältnis 70 : 30, für Vicia gelten übereinstimmend mit Brück die reziproken Werte 30 : 70. Die Ersatzwurzeln, deren Zahl durchschnittlich, wenn vorhanden, 1 — 4, event. bis zu 6, jedenfalls mehr als Brück angibt, betragen kann, stehen sowohl neben- als übereinander und zeigen die verschiedensten Neigungswinkel zum Lot, nicht selten unter Annahme vollständiger Vertikalstellung. Die stärkst geneigten Wurzeln stehen wiederum der Wunde am nächsten; jedoch kann bei schwacher Reaktion das äußerste Wurzelende bisweilen ganz frei von Neben- bezw. Ersatzwurzeln bleiben. Plötzliche Richtungs- änderungen, wie sie Brück als Regel anführt, sah ich nur selten, viel- mehr erfolgte die Ablenkung in meist gleichförmigem, sanftem Bogen. 1) Gelegentlich finden sich in der Nähe der "Wunde etwas kräftigere, jedoch nicht abgelenkte Nebenwurzeln. 562 ^' Nordhausen, Sobald die Hauptwurzel auf weniger als 3— 4 cm — letztere Zahl gilt speziell für Vicia — verkürzt wird, ändert sich das Bild. Die Zahl der nicht reagierenden Individuen wird allmählich immer kleiner, schließlich verschwinden diese ganz. Auch die Reaktion selbst wird stärker, besonders hinsichtlich der Größe der von ein- zelnen Ersatzwurzeln erreichten Ablenkungswinkel. Einige weitere Besonderheiten sollen später erörtert werden. Bleibt von der Hauptwurzel nur noch ein Stumpf von weniger als V2 cm übrig, so beginnt die Reaktion wohl infolge von Wachstumsstörungen wieder undeutlich zu werden^). b) Zum Vergleich mit dem vorstehenden mögen kürzere Wurzeln von ca. 6 — 7 cm Länge (5 — 6 cm für Vicia Faba) dienen. Werden sie um ca. 1 — 2 cm verkürzt, so zeigt sich zunächst dieselbe Wirkung wie unter gleichen Verhältnissen bei a, d. h. ein Teil der Individuen reagiert, der andere bleibt passiv; die letzteren machen jedoch nur noch ca. 10 7o des benutzten Materials aus. Die Reaktionsfähigkeit ist also im Vergleich zu den älteren Wurzeln durchschnittlich größer geworden; sie wächst aber noch bedeutend, sobald die Verkürzung auf weniger als 4 — 3 cm gesunken ist-). Mit ganz seltenen Ausnahmen reagieren schließlich sämtliche Pflanzen. Die Ablenkungswinkel werden steiler, die Vertikale wird häufig von mehreren Ersatzwurzeln gleichzeitig erreicht. Die Zahl der abgelenkten Nebenwurzeln nimmt überhaupt zu, so daß bei einer Verkürzung auf 3 — 2 cm und darunter schheßlich sämtliche Seitenwurzeln erheblich steiler zum Horizont stehen als normal. c) Werden zu den Versuchen Wurzeln von geringerer Länge als ca. 5 cm verwandt, so ist ein Unterschied zwischen Dekapitation inner- bezw. außerhalb der wachstumsfähigen Zone meist nicht mehr festzustellen. Die Reaktion tritt stets ein und zwar in bezug 1) Es sei daran erinnert, daß die Nebenwurzeln von Yieia in vier bis sechs, die von Lupinus in zwei Reihen stehen (vgl S. 596, Anm. 1). Bei letzterer kommen jedoch an der Hauptwurzelbasis noch zwei weitere, kreuzweise zu den ersteren orientierte Reihen hinzu. Diese „Extrawurzeln", wie sie kurz benannt seien, gelangen an intakten Pflanzen nur selten und in geringer Zahl, bei stärkerer Dekapitation jedoch in größerer Menge zur Ausbildung, so daß hierdurch die Zahl der Ersatzwurzeln noch obendrein erhöht wird. Sie sind denselben Ablenkungsgesetzen wie die übrigen Nebenwurzeln unterworfen, nur haben sie von vornherein mit ca. 45' einen kleineren Normal-Grenzwinkel als jene mit ca. 70 — 90", so daß sie zum Ersatz besonders prädestiniert erscheinen. 2) Es braucht kaum liervorgehoben werden, daß sämtliche Zahlenangaben nur An- näherungswerte bedeuten, die individuellen Schwankungen unterworfen sind. über Eichttmg und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 563 auf Größe der Ablenkungswinkel und Zahl der reagierenden Neben- wurzeln in maximaler Form. Die Reaktionen der auf 1,5 — 2 cm verkürzten jüngeren und älteren Keimwurzeln zeigen neben einigen gemeinsamen Zügen einige deut- liche Unterschiede. Während in beiden Fällen sämtliche Neben- wurzeln stark gefördert sind^), füllt bei dem Typus b und c die Reaktion weit intensiver aus. Nicht nur, daß hier die Ncben- wurzeln überhaupt an Zahl erheblich zugenommen haben-), sind diese sämtlich selbst an der Grenze des Hypokotyls schon um mindestens 45 — 50*^ abgelenkt. Nach der Wunde zu wird der geotropische Grenzwinkel allmählich immer noch kleiner, bis schließ- lich daselbst die Vertikale vollständig erreicht wird. Nicht selten brechen Ersatzwurzeln direkt aus der Wunde hervor und stellen sich in die Verlängerung der Hauptachse. Bei dem Typus a ist unter sonst gleichen Verhältnissen zwischen älteren und jüngeren Nebenwurzeln genauer zu unterscheiden. Letztere finden sich hauptsächlich in nächster Nähe der Wunde, seltener weiter oben und sind nachträglich angelegt oder aus ruhenden Anlagen, wie sie an der Basis der intakten Keimwurzel sich stets nachweisen lassen, hervorgegangen. Entsprechend ihrer geringen Zahl ist allerdings der korrelative Zuwachs an Neben- wurzeln somit nur unerheblich, im Gegensatz zu dem Typus b u. c, wo im übrigen die Verhältnisse ähnlich lagen, nur daß die Alters- unterschiede der Nebenwurzeln sich mehr oder minder verwischten. Diese jüngeren Nebenwurzeln stellen sich, so weit sie in größerer Nähe der Wunde vorkommen, sehr steil bis vertikal abwärts oder wenn sie direkt aus der Wundfläche hervorbrechen, direkt in die Verlängerung der Hauptachse^). Die älteren, bereits längeren Nebenwurzeln können häufig auch sämtlich, allerdings nur in ganz geringem Maße steiler gerichtet sein. Stärker abgelenkt sind sie aber ebenfalls nur direkt an der Wunde, ohne jedoch jemals die Vertikale zu erreichen. Die eigentliche Ersatzreaktion im engeren 1) Die Förderung der Ersatzwurzeln im engeren Sinne tritt dementsprechend, namentlich im Anfang, wenig hervor. Übrigens zeigt auch der Wurzelstumpf korrelativ verstärktes Dickenwachstum. 2) Diese korrelative Zunahme der Nebenwurzel erfolgt übrigens schon bei wesentlich geringerer Verkürzung der Hauptwurzel. 3) Vielleicht als Folge der Konkurrenz der übrigen Ersatzwurzeln stellen sie bis- weilen ihr "Wachstum nachträglich wieder ein. 564 ^' Nordhausen, Sinne konzentriert sich daher im Gegensatz zum Typus b u. c nur auf ein kleines wenige mm langes Stück des Hauptwurzelstumpfes. Es sei erwähnt, daß Boirivant (S. 317) durch Dekapitation eine Ablenkung von bereits ausgewachsenen Nebenwurzeln beob- achtet haben will, eine Möglichkeit, die ich nicht ohne weiteres bestreiten möchte. Gleichzeitig spricht er von Neubildungen von Ersatzwurzeln, die aus der "Wunde hervorbrechen. Beides zeigt, daß er hauptsächlich mit sehr stark verkürzten Wurzeln gearbeitet zu haben scheint. Vielleicht erklärt sich hieraus auch die Differenz zwischen seinen und den Beobachtungen Brucks, der offenbar nur längere, relativ wenig verkürzte Wurzeln benutzt hat. Zusammengefaßt ergeben unsere Beobachtungen somit folgendes Bild. Die Ersatztätigkeit ist maximal, sobald bei der Dekapitation ein Stück der Wachstumszone übrig bleibt. Wird ein größeres Stück der Hauptwurzel entfernt, ganz gleichgültig ob viel oder wenig, so sinkt der Erfolg auf ein Minimum, sofern noch ein längeres Stück der Hauptwurzel bestehen bleibt. Die Reaktion steigt all- mählich zu einem zweiten Maximum an, sobald der Wurzelstumpf über ein gewisses Maß hinaus verkleinert wird. Unter gleichen Bedingungen reagieren jüngere Wurzeln stets intensiver als ältere, so daß bei Zusammentreffen optimaler Bedingungen die oben ge- nannten Abstufungen zugunsten einer stets eintretenden, sehr inten- siven Ersatztätigkeit zurücktreten. Es erscheint hiernach teleologisch betrachtet einigermaßen be- greiflich, daß unter Umständen eine Ersatzreaktion ganz unterbleibt, sobald nämlich durch die Länge des Wurzelstumpfes die Ausbildung einer genügenden Zahl von Nebenwurzeln gewährleistet ist, zumal die weiter unten stehenden bekanntlich ihrer steileren Normalstellung zum Horizont wegen so wie so tiefer in den Erdboden gelangen. Während aber bei der Dekapitation innerhalb der Wachstumszone die Reaktionsfähigkeit, offenbar als Folge des jugendlichen Charak- ters der Gewebe lokal eine größere ist, wird bei sehr starker Ver- kürzung der Hauptwurzel der Erfolg einem besonders intensiven, inneren Reizimpuls zugeschrieben werden müssen '). Die in letzterem Falle für den Ersatz in Betracht kommenden Nebenwurzelanlagen sind ihres vorgerückten Alters wegen allerdings nicht mehr so re- aktionsfähig, wie in jungen Stadien, trotz der gegenteihgen Angaben 1) Die nur nebensächliche Mitwirkung eines äußeren Faktors, nämlich eine Er- schwerung der "Wasserzufuhr, soll später erörtert werden, vgl. S. 591. über Eichtung und "Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 566 B r u c k s bleiben sie indessen zu recht erheblichen Richtungs- änderungen befähigt (s. Boirivant a. a. O.). Das ganze Reaktions- vermögen der Wurzeln wird überhaupt von Brück viel zu niedrig eintaxiert, sowohl in bezug auf Zahl der Ersatzwurzeln als auch Länge der „Reaktionszone", wie der Kürze wegen die Strecke be- nannt sei, auf der von der Wunde aus noch Ersatzwurzeln an- getroffen werden. In einzelnen Fällen betrug sie allerdings nui' wenige mm, meist jedoch Vi — Vi cm, in besonders günstigen Fällen aber bekanntlich bis zu 3 cm. Brück hat den Versuch gemacht, die Maximalgrenze der Reaktionszone dadurch zu bestimmen, daß er den Wurzelstumpf mehr oder minder hoch hinauf eingipste, um nachzuprüfen, wann oberhalb des Verbandes noch Ablenkung der Nebenwurzeln eintritt. Die gefundenen Maximalwerte von 3 — 3,3 cm geben indessen eine ganz unzutreffende Vorstellung, insofern, als mit dem Gipsverbande, wie später noch auszuführen sein wird, ein ganz neuer Faktor in Wirksamkeit tritt. Übrigens ging Brück bei diesen Ver- suchen von der unhaltbaren Annahme einer Portleitung des „Verwundungsreizes" aus (S. 26 a. a. 0.), vgl. S. 584. 2. Das geo- und autotropische Verhalten der Ersatz wurzeln. Die Ursache der Richtungsänderung, der die Nebenwurzeln in Ausübung der Ersatztätigkeit unterworfen sind, wird in der Literatur in gleicher Weise wie für entgipfelte Sprosse auf eine Änderung ihrer geotropischen Eigenschaften zurückgeführt (vgl. Pfeffer II, S. 612). Näher untersucht scheint diese Frage indessen nur für Wurzeln zu sein. So findet sich bei Czapek I (S. 1253), allerdings ohne speziellere Angaben, die Notiz, daß auf dem KUnostaten ein Ersatz der Hauptwurzel ausbleibt. Offenbar ohne Kenntnis hiervon hat auch Brück (S. 22) Klinostatenversuche mit eben solchem ne- gativen Resultat angestellt^). Eine Nachprüfung dieser Angaben lieferte mir jedoch ein wesentlich anderes Ergebnis, so daß es nötig wurde, die Frage nach den Ursachen der Richtungsänderung etwas eingehender zu behandeln. a. Klinostatenversuche. Unzweideutig konnte ich fest- stellen, daß überall, wo nach früheren Erfahrungen eine Reaktion überhaupt zu erwarten war, trotz Ausschaltung einseitiger Schwer- kraftswirkung auf dem Klinostaten, mehr oder minder ergiebige Ersatztätigkeit seitens der Nebenwui-zeln , d. h. Einstellung in die Richtung der Hauptachse stattfand. Diese verhef in ähnlicher Weise wie unter normalen Verhältnissen; sie hei jedoch unregel- 1) Die „echte" Regeneration der Wurzelspitze geht nach Simon (S. 126) auf dem Klinostaten in normaler Weise vor sich. 566 M. Nordhausen, mäßiger und durchschnittlich etwas geringer aus. Die besten Er- folge wurden, wie zu erwarten war, mit Wurzeln erzielt, die inner- halb der Wachstumszone dekapitiert worden waren. Eine voll- ständige Parallelstellung der Ersatzwurzeln zur Hauptachse trat hier ferner auch zeitweilig bei stärkerer Dekapitation sehr häufig ein; dagegen blieb die Reaktionszone kürzer als sonst. In der Nähe der Wunde waren die Nebenwurzeln häufig gefördert, auch wenn eine Ablenkung fehlte. Mit Rücksicht auf die angedeuteten Widersprüche wurde auf die Versuchsmethodik besondere Sorgfalt verwandt. Die Pflanzen gelangten sofort nach der Operation in Erde und wurden bei paralleler Stellung der Hauptwurzel zur Drehungsachse auf dem großen Pf ef ferschen Klinostaten mit 18 — 20 Min. Umdrehungsgeschwindigkeit rotiert *)• Der Mißerfolg Brucks beruht offenbar darauf, daß er die Wurzeln auf dem Klinostaten in feuchter Luft hielt (a. a. 0., S. 32). Die negativen Resultate, die ich unter gleichen Umständen ebenfalls erzielte, scheinen vor allem auf einem hydrotropischen Einfluß der feuchten Wandungen des Glaszylinders zu beruhen. Die Angaben Czapeks konnten mangels genauerer Präzisierung der Versuchsbedingungen nicht kontrolliert werden. Meine Versuche lehren jedenfalls in einwandsfreier Weise, daß die Richtungsänderuiig der Ersatzwurzelu unabhängig von ihrem Geotropismus durch innere Richtkräfte, d. h. durch eine Änderung ihrer autotropischen Eigenschaften hervorgerufen werden kann. Der geringere Reaktionserfolg gegenüber normal kultivierten Pflanzen spricht aber auch für eine Mitwirkung des Geotropismus, die aller- dings auf Grund der definitiven Stellung der Ersatzwurzeln zum Lot keines weiteren Beweises bedarf. Das Verhältnis beider Ursachen wird noch deutlicher durch b) Versuche mit Änderungen der Orientierung der Wurzeln zur Schwerkraftsrichtung, wobei Autotropismus und Geotropismus in verschiedener Richtung wirken. Dies gilt z. B. für die inverse Lage. Sachs I (S. 622) hat bereits festgestellt, daß in diesem Falle die Nebenwurzeln in der Nähe der Wundfläche sich im Gegensatz zu den übrigen steil abwärts bis fast zur Ver- tikalstellung krümmen, was zunächst nur die Bedeutung des Geotro- pismus beweist. Die Einstellung in die neue Gleichgewichtslage kann aber nach meinen Beobachtungen sehr verschieden schnell erfolgen. Bei den gewöhnlichen Nebenwurzeln geschieht dies so frühzeitig, daß sie bereits ziemlich genau in der neuen Richtung aus der Mutterwurzel hervorbrechen. Die auch hier geförderten 1) Es wurden mit Lupinus, Vicia Faba, Helianthus und Pisum im ganzen 150 erfolgreiche Versuche angestellt, denen nur 22 Versuche Brucks gegenüberstehen. über Richtung und "Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 567 Ersatzwurzeln dagegen gelangen bald schneller, bald langsamer durch Abwärtskrümmung in ihre definitive Stellung. Direkt an der Wunde richten sie sich aber bei intensiver Reaktion anfänglich meist unter Verkleinerung ihres ursprünglichen Neigungswinkels zur Hauptachse mit ihrer Spitze zenithwärts, ja erreichen dabei sogar nicht selten die Vertikale, um späterhin im Bogen steil abwärts weiter zu wachsen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß diese Erscheinung nur durch den Antagonismus zwischen Eigenrichtung und Geotropismus hervor- gerufen wird. Aus inneren Ursachen sind die Ersatzwurzeln be- strebt, sich in die Verlängerung der Hauptachse einzustellen, während ihr Geotropismus sie in entgegengesetzter Richtung abzulenken sucht. Ahnlich wie unter gewöhnlichen Verhältnissen sind die inneren Richtkräfte jedoch nur anfänglich wirksam (vgl. Pfeffer II, S. 597), während der Geotropismus späterhin ausschließlich die Richtung bestimmt. Von der Individualität der einzelnen Pflanze bezw, "Wurzel hängt es dann ab, welche der beiden Richtkräfte beim Hervorbrechen der Ersatzwurzeln die Überhand gewinnt; vielfach scheinen sie sich die Wage zu halten, da ich Ersatzwurzeln beob- achtete, die zunächst ein Stück horizontal fortwuchsen und sich erst später abwärts bogen, während unter gleichen Bedingungen in der Normalstellung die Krümmung sofort einsetzte. Abgesehen von gewissen Komplikationen liegen die Verhältnisse ähnlich, wenn dekapitierte Keimwurzeln horizontal gelegt werden. Brück (S. 28) hat derartige Ver- suche ausgeführt, ihnen jedoch eine offenbar unrichtige Deutung gegeben. Er brachte Wurzeln, die innerhalb der Zuwachszone dekapitiert worden waren, einesteils sofort nach der Operation, anderenteils, nachdem sie vorher in normaler, aufrechter Stellung solange verweilt hatten, bis Ersatzwurzeln gebildet waren, in die Horizontallage. Im letzten Falle kehrten die Ersatzwurzeln sehr schnell wieder in ihre typische Vertikalrichtung abwärts zurück; im ersteren Falle dagegen wuchsen die später aus der Wunde hervor- tretenden „Ersatz wurzeln" annähernd horizontal weiter, d.h. sie verhielten sich „wie Neben- wurzeln unter normalen Betlingungen". Seine Erklärung basiert auf dem bei Horizontal- stellung der Hauptachse zu beobachtenden Verhalten der Nebenwurzeln, wie es zuerst von Sachs I (S. 624), zuletzt von Schober an intakten Pflanzen genau studiert worden ist, aber auch für dekapitierte Wurzeln Gültigkeit besitzt. Während nämlich die der Oberseite sehr schnell ihren geotropischen Grenzwinkel erreichen, kehren die vertikal abwärts gerichteten Seitenwurzeln der Unterseite nur sehr langsam und unvollkommen, bisweilen sogar über- haupt nicht in die plagiotrope Normalstellung zurück. Nach Biucks Ansicht übernehmen die letzteren somit in ihrer Gesamtheit die Funktion der Hauptwurzel und machen bei Verlust des Vegetationspuuktes der letzteren einen Ersatz überflüssig. Dementsprechend sollen die aus der Wunde hervortretenden jüngsten Seitenwurzelu in normaler Richtung, d. h. plagiotrop weiterwachsen, sofern nicht durch vorhergehende, aufrechte Stellung der Hauptachse ihr positiver Geotropismus und somit ihre Eigenschaft als Ersatzwurzel bereits fixiert war. 568 ^- Nordhausen, Brück sucht diese Erklärung durch einen dritten Versuch zu stützen. Intakte Keimwurzeln wurden zur Hemmung des Wachstums an ihren Spitzen eingegipst und so- lange in horizontaler Lage in Erde helassen, bis Nebenwurzeln gebildet waren. Wurde nunmehr der Gipsverband entfernt und die Pflanzen in denselben Anordnung weiter kul- tiviert, so wuchsen die Hauptwurzeln „zunächst horizontal und gingen dann mit dem Lote einen Winkel ein, der dem der Nebenwurzel spezifischen entspricht" (S. 30 a. a. 0.). Hier sollten die abwärts wachsenden Nebenwurzeln der Unterseite gewissermaßen die Hauptwurzel selbst überflüssig gemacht haben, so daß diese den geotropischen Charakter normaler Neben wurzeln annahm. — Leider hat Brück bei diesem letzten Erklärungs- versuch die Beobachtung Nemecs (I, S. 244) unberücksichtigt gelassen, daß Wurzelspitzen, die einige Zeit im Gipsverbande gelegen haben, wohl wachstumsfähig bleiben, jedoch ihr geotropisches Perzeptionsvermögen zeitweilig einbüßen. Die Hauptwurzel mußte demnach ihrer Lage entsprechend zunächst horizontal weiter wachsen, hätte sich aber zweifellos mit der Wiederkehr der geotropischen Sensibilität später allmählich abwärts gekrümmt. Hat somit der letzte Fall mit unserer Frage nichts zu schaffen, so handelt es sich bei den Versuchen mit dekapitierten Wurzeln nach den bekannten Erfahrungen um das Spiel und Gegenspiel von Autotropismus und Geotropismus der Ersatzwurzeln. Haben diese bereits eine gewisse Länge erreicht, so gewinnt der letztere vollkommen die Ober- hand, gleichgültig ob die Hauptachse vorher vertikal gestanden hatte oder nicht. In den ersten Entwicklungsstadien hatte dagegen die veränderte Eigenrichtung den Ausschlag gegeben. Bei meinen eigenen Versuchen, die ich mit Lupinenwurzeln') ausführte, die um •/j — 5 cm verkürzt worden waren, hatten sich die Ersatzwurzeln nicht nur geotropisch abwärts gekrümmt, sondern waren auch gleichzeitig unter dem Einfluß innerer Richtkräfte bald mehr, bald minder der Verlängerung der Hauptachse zugebogen. Das letztere konnte unter Umständen so weit gehen, daß dicht an der Wunde bezw. aus der Wundfläche selbst hervorbrechende Ersatz wurzeln sich tatsächlich in die Verlängerung der Hauptachse, also horizontal einstellten, wie dies Brück richtig besclirieben, jedoch falsch gedeutet hat. Inwieweit die Ersatztätigkeit dekapitierter Nebenwurzeln erster Ordnung durch solche zweiter Ordnung von autotropischen Eegulationen beeinflußt wird, habe ich nicht untersucht. Daß Ersatz dieser Art überhaupt stattfindet, hat bereits Noll II (S. 388), allerdings unter bestimmten Voraussetzungen festgestellt. Brück (S. 31) konnte auf Grund von Klinostatenversuchen wiederum nur eine Wirkung des Geotropismus kon- statieren. Seine Versuche sind aber zu dürftig (vgl. a. a. 0., S. 32, Anmerk. 1) und leiden wiederum an dem bekannten Fehler, so daß die Frage nicht als gelöst betrachtet werden kann. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist aber anzunehmen, daß nicht nur hier, sondern auch an oberirdischen Sprossen innere ßichtkräfte bei derartigen Regenerations- erscheinungen eine mitwirkende Rolle spielen (vgl. Pfeffer II, S. 612). Zusammenfassend sei nochmals festgestellt, daß die Riclitungs- änderungen der Ersatzwurzeln auf auto- und geotropischen Regu- lationen beruhen, von denen die letzteren die endgültige Wachstums- richtung bestimmen^). 1) Die Pflanzen wurden derart orientiert, daß die Nebenwurzelreihen bald auf den Flanken, bald oben bezw. unten standen. 2) Hierdurch erklärt es sich wohl auch, daß bei normaler Stellung der Hauptachse die Ersatzwurzeln sich gelegentlich im Anfang über die Vertikale hinaus krümmen können, wie es auf S, 559, Anmerk. 1 festgestellt wurde. über Eichtung und "Wachstum der Seitenworzeln unter dem Einfluß usw. 569 3. Von den Ursachen der Regeneration'). Es war bisher gezeigt worden, in welcher Weise der Verlauf des Regenerationsprozesses durch innere Faktoren beherrscht wird. Nunmehr soll der Versuch gemacht werden, die Faktoren etwas näher zu präzisieren, die mit der Dekapitation der Wurzelspitze in Wirksamkeit treten und im speziellen die Ersatztätigkeit auslösen. Es wird damit ein Gebiet berührt, dessen Studium schon seit längerer Zeit von den verschiedensten Seiten in Angriff genommen ist. Die bisher vorliegenden Resultate differieren allerdings ent- sprechend der Heterogenität des Beobachtungsmaterials ziemlich erheblich; sie stimmen jedoch in dem einen sehr wichtigen Punkte überein, daß nämlich der Nachdruck überall weniger auf eine Wirkung von Wundreizen, als auf die Bedeutung von Korrelations- vorgängen im weitesten Sinne zu legen ist. A. Die Bedeutung der Ernährung und spezifischer Hemmungsreize. Allgemein findet man in der Literatur dort, wo nach den Ursachen der Regeneration geforscht wird, in erster Linie die Be- deutung der Ernährung berücksichtigt. Mit der Entfernung eines der intensivsten Verbrauchspunkte plastischen Materials, wie es z. B. in unserem Falle der Hauptvegetationspunkt der Wurzel darstellt, wird naturgemäß ein Teil des Nährmaterials disponibel und kommt tatsächlich, wie das meist stärkere Wachstum der Ersatzwurzeln zeigt, auch den Ersatzorganen zugute"). Damit ist nun allerdings die Frage, ob in der besseren Ernährung die primäre Ursache der Regeneration zu sehen ist, noch nicht erledigt. In der Literatur wird diese Frage seit Sachs (III, S. 527, II, 281)^) in verschiedenem Sinne beantwortet. Während von neueren Untersuchern, z. B. Goebel (III, S. 420; V, 227) in seinen Bryophyllumstudien den 1) Die Bezeichnung Regeneration wird von mir hier in dem allgemeinen Sinne für jedwede Ersatztätigkeit gebraucht, vgl. Morgan, S. 24; Goebel II, S. 3C. Im engeren Sinne handelt es sich im Gegensatz zur „echten" Regeneration (Restitution, Küster, S. 8) um Reproduktionsvorgänge (Pfeffer II, S. 204). 2) Bei sehr starker Verkürzung der Wurzel kann auch der Sproß daran parti- zipieren, was sich durch besonders kräftiges Wachstum desselben kundtut. In bezug auf eine gleiche Wirkung, hervorgerufen durch Wachstumshemmung, vergleiche man Köhler, S. 35. Den umgekehrten Fall, d. h. Entfernung des Sproßgipfels und beschleunigtes Wachstum der Wurzel nach vorübergehender Hemmung zitiert Hering, S. 139, nach Untersuchungen S t o n e s. 3) Vgl. auch Darwin, S. 160. 570 ^- Nordhansen, Stoffwechselvorgängen besondere Bedeutung zuerkennt, nimmt z. B. McCallum auf Grund seiner Untersuchungen an Phaseolus in diesem Punkte eine ablehnende Haltung ein. Nemec VI, S. 232 weist ihnen bei der echten Regeneration der Wurzelspitze, die er durch seitliche Einschnitte in das Meristem des Vegetationspunktes erzielte, zum Teil die Rolle einer formalen Bedingung an. Zweifellos spielt auch bei der Ersatztätigkeit der Seitenwurzeln nach meinen Erfahrungen die Ernährungsfrage nur eine unter- geordnete Rolle. Die Anstauung des ausschließlich aus den Reserve- vorräten des Samens stammenden Nährmaterials am dekapitierten Wurzelende muß sich in jedem Falle vollziehen, sobald nicht die allgemeinen Lebensfunktionen gestört sind. Die Verschiedenheiten im Verlaufe der Regeneration, das Auftreten bezw. Fehlen einer Ersatzreaktion unter sonst vollkommen gleichartigen Bedingungen, wie es im ersten Abschnitt beschrieben wurde, kann unmöglich hierdurch erklärt werden. In der Nahrungs zufuhr nach dem Wurzel- ende kann es ferner praktisch kaum einen Unterschied ausmachen, ob von einer längeren Keimwurzel ein Stück von Vi oder 1 Va cm entfernt wird. Selbst wenn im ersteren Falle von vornherein eine größere Reaktionsfähigkeit angenommen wird, bliebe es doch un- verständlich, warum hier maximaler Ersatz eintritt, während im zweiten Falle 30 oder gar 70 7o der Wurzeln sich passiv verhalten. Das Alter der Nebenwurzelanlagen kann ebenfalls nicht so wesent- lich ins Gewicht fallen, da selbst an viel älteren Stellen noch recht erhebliche Ablenkung erfolgt^). Überhaupt ist zu berücksichtigen, daß Ablenkung und Wachs- tumsförderung der Nebenwurzeln sich nicht immer decken. Sowohl Ablenkung ohne Förderung als auch Förderung ohne Ablenkung sind zu beobachten. Letzteres tritt z. B. regelmäßig ein, sobald die Hauptwurzel über ein gewisses Maß hinaus verkürzt wird, so daß dann nicht nur die Ersatzwurzeln, sondern auch ein großer Teil der übrigen Nebenwurzeln besonders kräftiges Wachstum zeigen (vgl. S. 563,). Dieses Maß liegt erheblich höher als das, welches nach früheren Erfahrungen Steilerstellung sämtlicher Seiten- wurzeln zur Folge hat; für mittlere Lupinenwurzeln konnte ich ca. 5— 6 cm als Maximallänge des Wurzelstumpfes feststellen. Daß 1) Der Versuch, durch Entfernung der Kotyledonen eine Reduktion der Nahrungs- zufuhr zu hewirken, wurde nicht ausgeführt. Jedenfalls erzielte McCallum (S. 105) hierdurch hei den Axillarknospen von Phaseolus den gleichen positiven Erfolg, wie auch auf tierphysiologischem Gehiete analoge Erfahrungen vorliegen, (Morgan S. 28). über Richtung und "Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usnv. 571 übrigens die Wachstumsförderung der Nebenwurzeln schlechthin, auch ohne Ablenkung, eine zweckmäßige Ersatzreaktion darstellt, bedarf keiner weiteren Erörterung. SchließUch sei daran erinnert, daß bei sehr starker Verkürzung der Keimwurzel die am meisten abgelenkten Ersatzwurzeln direkt an der Wunde häufig zum mindesten im Anfang im Wachstum sogar gehemmt waren, was vermutlich auf eine Wirkung des Wundreizes bezw. der Konkurrenz der übrigen Nebenwurzeln zurückzuführen ist. Mit der geringen Bedeutung der Ernährungsfrage stehen einige weitere Versuchsergebnisse in Einklang, die noch in anderer Hinsicht nicht unwichtig erscheinen. Werden an einer intakten Keimwurzel vor Ausbildung der Seitenwurzeln die Leitbahnen des Zentralzjlinders durch eine seitlich angebrachte Verletzung teilweise unterbrochen oder gestört, so tritt auf der Wundseite, meist dicht oberhalb der Wunde an einer oder selbst mehreren Nebenwurzeln Abwärts- ki'ümmung bis selbst zur völligen Vertikalstellung ein '). Eine Wachstumshemmung der Hauptwurzel selbst fand abgesehen von speziellen Ausnahmen nicht statt, was mit Rücksicht auf spätere Ausführungen besonders hervorgehoben sei. Die abgelenkten Seiteu- wurzeln behielten auch späterhin ihre neue Wachstumsrichtung bei, nur ganz selten kehrten sie früher oder später plötzlich wieder in die Normalstellung zurück. Im allgemeinen hatte also eine inhärente Induktion des betreffenden Vegetationspunktes stattgefunden. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß es sich hier um eine partielle Ersatzreaktion handelt, die von der Fortnahme oder selbst Inaktivierung des zu ersetzenden Organs völHg unabhängig ist. Eine Unterbrechung der Leitbahnen löst bekanntlich häufig Regenerationsvorgänge aus (vgl. u. a. Mc Call um, S. 252). Die Wirkung der bekannten Ringelung der Rinde, ferner von Knickungen bezw. Quetschungen, wie sie Elfving (S. 492) und Darwin (S. 159) an Sproßachsen bezw. Wurzeln beobachtet haben, sind in diesem Sinne zu deuten. Entsprechend zeigen in unserem Falle die begleitenden Nebenumstände große Ähnlichkeit mit den bei vollständiger Dekapitation beobachteten. Die Ersatzwurzeln sind häufig, wenn auch nicht immer gefördert. In geringem Ab- 1) In korrelativem Zusammenhang damit steht, daß häufig dicht unterhalb der Wunde die Nebenwurzeln selten anzutreffen sind und in extremen Fällen sogar auf längeren Strecken fehlen. 572 ^- Nordhausen, stände der Wundstelle vom "Wurzelhals können bei stärkeren Ein- griffen sämtliche Nebenwurzeln oberhalb der Wunde dichter gestellt und kräftiger ausgebildet sein, ohne jedoch, mit Ausnahme der eigentlichen Ersatzwurzeln, ihre Normalrichtung notwendigerweise verändert zu haben. Die Reaktion folgt im übrigen in bezug auf Alter und Lage der Wundstelle den bekannten Regeln, bleibt jedoch an älteren Stellen ganz aus, wenn die Wunde nicht besonders groß war. Innerhalb der Wachstumszone ist der Erfolg etwas unregelmäßig, doch wenn vorhanden, stets maximal. — Die zu den Versuchen notwendigen Wunden wurden in Form von Querein- schnitten oder Nadelstichen angebracht, die ihrer scharfen Ab- grenzung wegen die stets erfolgende, mikroskopische Kontrolle über die Abmessung der Wunde sehr erleichterten. Dabei zeigte es sich, daß eine Reaktion noch dann eintreten konnte, wenn selbst nur wenige Zellen des Zentralzylinders getroffen worden waren; sie fehlte, wenn letzterer intakt blieb. Wie schon erwähnt, konnte Nemec (VI, S. 13) durch seitliche Einschnitte in das Meristem der äußersten Wurzelspitze bis zu 1 mm Abstand Neubildung eines Vegetationspunktes oberhalb der Wunde hervorrufen. Durch mannigfache Versuchsvariationen hat er (VI, S. 236) ferner versucht, die Gewebe näher zu präzisieren, deren Unterbrechung für den Erfolg von ausschlaggebender Bedeutung ist, und diese Eigenschaft im Perikambium verwirklicht gefunden. Naturgemäß kann dieser Schluß in Anbetracht der großen Ver- schiedenheit der Gewebe auf unseren Fall nicht ohne weiteres An- wendung finden ; betreffs der geringen Bedeutung der Rinde besteht indessen schon Übereinstimmung. Um die Frage nach der Bedeutung der einzelnen Gewebe- partien innerhalb des Zentralzylinders für unseren Fall weiter zu verfolgen, sind allerdings die Wurzeln mit mehrstrahligem Bau nicht geeignet, da Phloem und Xylem selbst durch kleine Wunden meist gleichzeitig verletzt werden. Dagegen gestatten die diarchen Lupinenwurzeln, soweit sie noch nicht sekundär verdickt sind, einige Modifikationen des Versuchs. Der Zentralzylinder von Lupimis alhus zeigt noch mehr als die äußere Peripherie der ganzen Wurzel auf dem Querschnitt die Form einer gestreckten Ellipse, deren Schmalseiten von dem Xylem, deren Langseiten von dem Phloem eingenommen werden. Die Mitte wird von einem, namentlich im Basalteil ziemlich mächtigen Markgewebe ausgefüllt. Mit einiger Übung gelingt es nun, durch seitliche Quereinschnitte oder Stich- über Richtung und AVacbstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 573 wunden Phloem und Xylem unabhängig voneinander zu verletzen. Man kann sogar durch einen senkrecht zur Längsachse geführten Stich mittels einer feinen Glasnadel beide Phloem- oder beide Xylemteile günstigenfalls gleichzeitig durchbohren, vorausgesetzt, daß das Mark an der betreffenden Stelle einen nicht zu kleinen Raum einnimmt^). Naturgemäß erweist sich bei mikroskopisch- anatomischer Nachprüfung, wie sie stets erfolgte, nur ein Bruchteil der Versuche als einwandsfrei und brauchbar. Zunächst könnte man geneigt sein, die Frage nach der Be- deutung des Phloems bezw. Xylems in bezug auf unser Problem insofern als überflüssig zu betrachten, als Vöchting (S. 87) durch Ringelung an sekundär verdickten Wurzeln der Pappel usw. Wurzel- bezw. Sproßbildung am apikalen bezw. basalen Pol festgestellt, also die Frage bereits zugunsten des Phloems entschieden hat. "Wenn auch aus seiner Darstellung nicht hervorgeht, daß als Haupt- charakteristikum der Ersatzbildung im engeren Sinne eine Richtungs- änderung der betreffenden Ersatzwurzeln eingetreten war, so be- stätigen doch meine Versuche einesteils seine Angaben, indem eine Verletzung des Phloems Ersatzbildung hervorrufen konnte, wenn sie besonders kräftig ausgefallen war. Wichtiger jedoch ist, daß auch ein- oder beiderseitige Verwundung oder selbst geringfügige Störung der Xylemelemente allein genügten, um innerhalb derselben Ortho- stiche oberhalb der Wunde Ersatztätigkeit auszulösen. Häufig waren dabei außer einigen jugendlichen Primärgefäßeu nur wenige Zellen verletzt, so daß wichtige Stoffleitungsbahnen keinesfalls in irgendwie erheblichem Maße zerstört waren. Es beweist dies, daß auch unabhängig von Ernährungsstörungen die Aufhebung der Kontinuität gewisser Zellreihen den Anstoß zur Regeneration geben kann. Eine Funktionsstörung der Wasserleitungsbahnen kommt dabei insofern nicht in Betracht, als an jüngeren Wundstellen, z. B. an der oberen Grenze der Wachsturaszone, Gefäße noch nicht diffe- renziert bezw. fertig ausgebildet waren -). Hauptsächlich kann es sich also nur um lebende Zellen anderer Art handeln. Diese näher zu bestimmen war allerdings nicht durchführbar, möglicherweise wirkt auch das den Xylemstreifen vorgelagerte Perikambium mit. Eine 1) In Anbetracht der schon erwähnten anatomischen „Anomalien" empfiehlt es sich nicht, die Wunde zu nahe an das Hypokotyl heranzurücken. 2) Wakter (S. 99) glaubt das Austreiben der Blattknospen von Bryophyllum calycinum auf Störungen der Wasserbewegung in den Leitbahnen zurückführen zu müssen. Vgl. die öegenäußerung Goebels III (S. 418). Jthib. f. wiss. Botanik. XLIV. . 87 574 ^- Nordhauseu, bevorzugte Rolle kann das letztere allerdings nicht spielen, wie die weniger erfolgreichen Verwundungsversuche des Phloems beweisen. Um das gleiche Ziel zu erreichen, müssen, wie schon angedeutet, die Verletzungen des Phloems wesentlich größer sein. Einseitige oder zwei opponiert stehende, kleinere Wunden bleiben meist wirkungs- los^). Erst bei erheblichen Störungen tritt auch hier, und dann unter Umständen sehr kräftiger Ersatz ein und zwar beiderseits oder nur auf der Seite, die der Wunde am nächsten gelegen ist. Unter Umständen war gleichzeitig die Unterbrechung der Nährstoff- zufuhr nicht unbedeutend, so daß die Hauptwurzelspitze im Wachs- tum mehr oder minder gehemmt sein konnte ^). Da aber eine Wachstumshemmung des Hauptvegetationspunktes, wie noch später auszuführen sein wird, ebenfalls eine Ersatzreaktion auszulösen vermag, so ist hier eine definitive Entscheidung in bezug auf die Ursachen nicht immer leicht zu treffen. Jedenfalls sind einzelne der früher angeführten Nebenerscheinungen sicher auf eine An- stauung des Nahrungsstromes zurückzuführen, ebenso wie ich es für wahrscheinhch halte, daß die Ersatzreaktion durch bessere Er- nährung begünstigt wird. Als ziemlich feststehend betrachte ich aber auch die Bedeutung des Zusammenhanges von Phloem- elementen, die nicht in direktem Dienste der Stoffleitung stehen, auch schon mit Rücksicht auf die bei vollständiger Dekapitation gemachten Erfahrungen. Die nach dem vorstehenden besonders wichtige Bedeutung der Kontinuität der Xylemstränge für die Regeneration ist mit Rück- sicht auf die Hauptfunktion des Wurzelsystems teleologisch leicht verständlich. In diesem Verhalten der Wurzeln braucht aber keines- wegs ein Gegensatz zu dem der Sprosse gesehen zu werden, für die bekanntlich nach Han stein und Vöchting die Kontinuität des Phloems ausschlaggebend ist; denn der Versuch, ausschließlich durch Unterbrechung des Xylems unter Vermeidung der durch Wassermangel gleichzeitig hervorgerufenen Störungen Organersatz hervorzurufen, ist meines Wissens bisher noch nicht gemacht worden. 1) Dies näher zu verfolgen, hatte ich bei den im Abschnitt III ausgeführten Ver- suchen hinreichend Gelegenheit (vgl. S. 603 Anm.). 2) Unterhalb einer solchen Wunde kann eventuell die Nebenwurzelbildung selbst auf größere Strecken unterbrochen sein. Dies braucht jedoch nicht notwendigerweise immer auf Ernährungsstörungen zu beruhen; vielmehr dürfte eine Korrelativwirknng der oberhalb der Wunde stehenden Ersatzwurzeln vorliegen, denn ähnliches läßt sich, wenn auch in geringem Grade beobachten, sobald das Xylem allein schwach verletzt wird. über Richtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 575 Überhaupt erscheint es mir vorläufig noch zweifelhaft, ob die Ein- heit des Organismus durch die Kontinuität eines der beiden Teile, Phloem oder Xylem allein aufrecht erhalten werden kann. Die Argumente Erreras (S. 128), der diese Fähigkeit für das Xylem von Picea excelsa in Anspruch nimmt, sind nicht als beweisend zu betrachten. Wenn dieser Autor durch Ringelung des Stammgipfels im Gegensatz zu den bekannten Erfahrungen keine Ersatzreaktion der Seitenzweige erzielte, so braucht dem nur der gleichfalls nega- tive Erfolg einer vollständigen Dekapitation der Wurzelspitze, wie er nach unseren Erfahrungen gar nicht so selten ist, gegenübergestellt zu werden. Beides beweist nur, daß die Reaktions- bezw. Regene- rationsfähigkeit noch von anderen Bedingungen abhängt, die erst im einzelnen Falle festgestellt werden müssen. Indem ich somit aus meinen Versuchen den Schluß ziehe, daß die Ernährung als primäre Ursache der Regeneration nicht wesent- lich in Betracht kommt und die Unterbrechung gewisser Zellreihen des Zentralzylinders z. T. jedenfalls im Sinne einer Ernährungs- störung nicht gedeutet werden kann, möchte ich mich dem von McCallum (S. 261) und Errera (S. 132, 133) fast gleichzeitig ausgesprochenen Gedankengange anschließen, daß nämlich unter normalen Verhältnissen die zwischen Haupt- und Seitentrieben be- stehenden Korrelationen bis zu einem gewissen Grade auf spezifische Hemmungsreize zurückzuführen sind, die in unserem speziellen Falle durch die oben genannten Zellbahnen vermittelt werden^). Eine Unterbrechung solcher Bahnen, die nach McCallum (S. 253, 254) auch durch lokale Anästhesie (Äther) hervorgerufen werden kann, würde den Fortfall dieser Hemmung und somit die Ausbildung von Organen bezw. Differenzierung neuer Eigenschaften nach sich ziehen, die sonst unterbheben wäre. Wie im einzelnen die Reizübertragung vorzustellen ist, entzieht sich unserer Beurteilung; McCallum (S. 261) denkt an eine eventuelle Mitwirkung der Plasmaverbindungen, Errera (S. 138) vermutet die Existenz von besonderen Hemmungs- stoffen. Daß im übrigen der Reizzustand der ganzen Pflanze den Endeffekt mehr oder weniger beeinflussen wird und somit die In- tensität der Reaktion Schwankungen unterliegt, bedarf keiner weiteren Erörterung. Die Qualität der Neubildung, die von inneren Faktoren ab- hängt (vgl. Goebel V, S. 230), stellt sich in unserem Falle als ein 1) Die nicht genauer detaillierte Auffassung N^mecs, (YI, S. 245) dürfte sich hier wohl leicht einordnen lassen. 87* 576 ^- Nordhausen, gradueller Übergang zwischen Haupt- und Nebenwurzel, nicht nur physiologisch, sondern auch anatomisch (Boirivant) dar. B. Der Einfluß von Wachstumshemmungen des Haupt Vegetationspunktes . Für das Studium der Regenerations - bezw. Korrelations- erscheinungen haben sich bereits vielfach als besonders wertvoll und erfolgreich Versuche erwiesen, die unter Vermeidung von Ver- letzungen, wie sie die Fortnahme eines Teiles der Pflanze mit sich bringt, ausschließhch durch Unterdrückung gewisser Organfunktionen die Pflanze veranlassen, Ersatz für die inaktivierten Teile zu schaffen. Als eines der einfachsten Mittel, dieses Ziel zu erreichen, dient der Gipsverband^), der von verschiedenen Autoren, wie z. B. Pfeffer I, Hering, Goebel IV, Winkler, McCallum mit Erfolg benutzt wurde. Speziell an Wurzeln konnte Pfeffer (I, S. 357) feststellen, daß „durch Umhüllung eines 10 mm langen Spitzenteiles der Wurzel von Faha mit Gips eine kräftigere Ausbildung der heranwachsenden Nebenwurzeln und ein verstärkter Geotropismus dieser veranlaßt" wird. Da außer dieser kurzen Notiz über diesen Gegenstand keine genaueren Mitteilungen vorliegen^) — neuerdings nur hat Köhler (S. 4) bei mechanischer Hemmung der Hauptwurzelspitze in einem engen Spalt, ähnlich wie Duhamel (S. 106) vor ca. 140 Jahren, beiläufig eine Funktionsübernahme seitens der Nebenwurzeln beob- achtet, wobei aber traumatische Einflüsse nicht ausgeschlossen waren — so erschien mir eine erneute kritische Untersuchung des Einflusses von Wachstumshemmungen nicht unangebracht. Die Versuche wurden so eingerichtet, daß die an ihrer Spitze mit einem mehr oder minder hohen Gipsverband versehenen Keimwurzeln von üblicher Länge in Erde solange kultiviert wurden, bis die oberhalb des Verbandes hervortretenden Seitenwurzeln sich in ihren geotropischen Grenzwinkel eingestellt hatten. Alsdann wurde d«r Verband vor- sichtig entfernt'; und die Pflanzen, eventuell nach Anfertigung einer Skizze, in gleicher 1) Von anderen Maßnahmen seien Verdunkelung oberirdischer Pflanzenteile, Goebel, II (S. 647) und "Wasserstoffatmosphäre (Sauerstoffausschluß), McCallum (S. 246) genannt. 2) In bezug auf „echte" Regeneration der Wurzelspitze hat Nemec, VI (S. 8) mit dem Gipsverband keinen Erfolg erzielt (vgl. S. 578, Anm. 1). Brück hat den Gips- verband nur zu anderen Zwecken verwertet. 3) Die Versuchsmethodik, die auf diesen Punkt besonders Rücksicht zu nehmen hatte, wich etwas von der Pf ef ferschen ab. Meist wurde gleichzeitig mit der Wurzel ein dieser lose anliegender dünner Glasstreifen mit abgeschliffenen Rändern von ca. '/a — '/« cm Breite und einer der Verbandzone entsprechenden Länge in den Gipsverband eingeschlossen. über Richtung und Wachstum der Seitenmirzeln unter dem Einfluß usw. 577 Orientierung in Erde weiter kultiviert. Dies war nötig, um in jedem Falle die unver- änderte Wachstumsfähigkeit der Wurzelspitze nachprüfen zu können; außerdem sollte, wenn möglich, das weitere Verhalten der Nebenwurzeln verfolgt werden. Praktisch war ein Umpflanzen ohne Störung der Stellungsverhältnisse der Seitenwurzeln allerdings nur bei Lupinus infolge deren zweizeiliger Anordnung möglich, indem die Wurzeln in einen schmalen Erdspalt eingesenkt wurden, der durch seitliches Andrücken der Erde leicht wieder geschlossen werden konnte. Überhaupt erwies sich auch sonst wieder Lupinus entschieden geeigneter und reaktionsfähiger als die ebenfalls benutzten Fdba-, Phaseolus- und Pisum-Tila,nzen, weshalb mit ihr vorzugsweise gearbeitet wurde. Die Resultate bestätigten die Angabe Pfeffers. Dicht über dem Verbände stellte sich häufig eine oder selbst mehrere Seiten- wurzeln, ähnlich wie bei der Dekapitation steiler zum Horizont, nur blieb die Reaktion wesentlich schwächer. Die Vertikale wurde niemals erreicht, die Zahl der abgelenkten Ersatzwurzeln blieb kleiner und verteilte sich mit Ausnahme ganz junger Keimwurzeln meist auf eine sehr kurze Zone oberhalb des Verbandes. Die Ab- lenkung erfolgte auch unabhängig von mechanischen Hindernissen für gewöhnlich in flachem Bogen, was offenbar mit der allmählich einsetzenden Reizung zusammenhing. Überhaupt trat die Reaktion, namentlich bei Faba, F/mscolus und Pisum, weniger bei Lupinus unregelmäßiger ein und fehlte evtl. im Gegensatz zu einer ent- sprechenden positiven Dekapitationswirkung ganz. Die Ersatzwurzeln waren häufig kräftiger ausgebildet; bei kurzen Keimwurzeln galt dies auch für sämtliche überhaupt gebildete Nebenwurzeln, die außerdem dichter gedrängt standen. Mit der Länge der Verbandzone nimmt im allgemeinen die Reaktion ab. Sie war am ki-äftigsten, wenn noch ein Stück der Die spätere Entfernung des Gipses vollzog sich hierdurch leicht und ohne nennenswerten Verlust an Material. Die Herstellung des Verbandes geschah in der Weise, daß der Glasstreifen mittels ein paar Tonfüßchen von 1 — 1,5 cm Höhe in horizontaler Lage auf eine Glasunterlage in Form eines Tischchens montiert und hierauf die zu benutzende Wurzel mit ihrem Spitzenteil der Länge nach gelegt wurde. Mit einem Guß konnte nunmehr das Ganze in Gips eingeschlossen werden. Nicht unvorteilhaft war es, während des Gusses noch einen zweiten Glasstreifen auf die Wurzel zu legen, so daß diese zwischen zwei Glas- platten zu liegen kam. Statt Glasstreifen konnten auch Glimmerplättchen verwertet werden. Um Behinderungen der Seitenwurzeln durch den Gipsblock zu vermeiden, wurde noch ein anderes Verfahren eingeschlagen, indem die Wurzeln in mit Gipsbrei angefüllte dünne Glasröhren eingeführt wurden. Dieser Verband nahm nur sehr wenig Raum in Anspruch, hatte jedoch den Nachteil, daß seine Entfernung nicht ohne beträchtliche Ver- luste an Versuchsmaterial vonstatten ging, da die Glasröhren vorher gesprengt werden mußten. Diese Methode diente daher ausschließlich zur Kontrolle. — Im ganzen wurden ca. 250 erfolgreiche Versuche angestellt. 578 M- Nordhausen, Zuwachszone frei blieb'), konnte jedoch bei entsprechend langem Verbände in einer Entfernung von über 5 cm von der Spitze be- obachtet werden. Bemerkenswerterweise behielten die abgelenkten Ersatzwurzeln ihre Wachstumsrichtung dauernd bei, auch wenn inzwischen die Hauptwurzel, nach Befreiung aus dem Verbände, ihr Wachstum wieder aufgenommen hatte. Letztere, wuchs für gewöhnlich sehr üppig weiter und überflügelte die Nebenwurzeln sehr bald; nur selten stellten sie ihr Wachstum, offenbar infolge der Konkurrenz der Ersatzwurzeln nachträglich wieder ein. Klinostatenversuche lehrten, daß auch hier die Ablenkung nicht allein auf Änderung der geotropischen , sondern auch der auto- tropischen Eigenschaften der Nebenwurzeln zurückzuführen ist. Bei der vorstehenden Zusammenstellung der Resultate sind bereits einige Einzel- heiten kritisch berücksichtigt worden, auf die hier noch etwas näher eingegangen werden muß. Innerhalb des Gipsverbandes kann bisweilen ein Teil der Wurzelhaube, gelegentlich auch wohl des eigentlichen Wurzelmeristems, absterben. Das Verlorene wird aber nach Entfernung des Verbandes durch „echte" Regeneration sofort ersetzt. Einen Einfluß auf die Stellung der Nebenwurzeln übt eine derartige Verletzung jedoch nicht aus, wie schon Brück (S. 18) festgestellt hat. Wichtiger dagegen ist der folgende Fall. Ähnlich wie der Wurzelstumpf bei der Dekapitation zeigt das verbandfreie Stück speziell der Faba- Keimwurzeln häufig ein korrelativ stark gefördertes Dickenwachstum, namentlich wenn die Wurzel relativ kurz ist. Da innerhalb des Verbandes eine Dickenzunahme ausgeschlossen war, so markierte sich naturgemäß die Übergangsstelle in Form eines Absatzes, der bei kleineren Unebenheiten des oberen Gipsrandes eventuell nur einseitig, dann aber besonders stark hervortrat. War es schon auffällig, daß in letzterem Falle die abgelenkten Neben- wurzeln diesen Absatz als Ursprungsort häufig bevorzugten, so zeigte ein anatomischer Längsschnitt auch entsprechende Unebenheiten im Verlauf des Zentralzylinders bezw. der Leitbahnen, die nach den früheren Erfahrungen sehr wohl als Ursache der Ablenkung in Beti'acht kommen konnten, eventuell auch rein mechanisch in diesem Sinne wirkten. Die Richtigkeit dieser Annahme wurde durch folgende zwei Kontrollversuche bestätigt. Keimwurzeln von mittlerer Länge wurden im Abstände von ca. 2,5 cm von der Spitze mit einem 1,5 cm hohen ringförmigen Gipsverbande versehen. Eine Einwirkung auf die Nebenwurzeln ergab sich hierbei allerdings nicht, was insofern erwartet werden mußte. 1) In diesem Falle wurden die Pflanzen mit Rücksicht auf die nachträgliche Streckung der Hauptwurzel ausnahmsweise bei Lichtabschluß im Wasser kultiviert, das zur Konservierung des Verbandes mit Gips gesättigt worden war. — Der schon von Nömec (VI, S. 8) ohne Erfolg ausgeführte Versuch, die aufrechte Wurzelspitze in einer Länge von Vj — */4 imu allein einzugipsen, wurde von mir in einer anderen Form mit gleich negativem Resultat wiederholt. Zu diesem Zwecke wurde der 1 cm lange Spitzen- teil in Gips eingeschlossen, jedoch dicht unterhalb des Vegetationspunktes mittels Ton eine seitliche Öffnung ausgespart. Das Meristem wölbte sich an dieser Stelle stark vor und sah, äußerlich betrachtet, einer kleinen Ersatzwurzel täuschend ähnlich. Tatsächlich war jedoch ein neuer Vegetationspunkt nicht angelegt worden. über Eicbtung und "Wachstum der Seitenwnrzeln unter dem Einfluß usw. 579 als ein erheblicher Dickenunterschied in oben genanntem Sinne mangels einer Wachstums- hemmung tatsächlich ausgeblieben war. War dagegen das Dickenwachstum der Wurzel korrelativ dadurch gefördert, daß bei sonst gleichen Bedingungen die Wurzelspitze um 1,5 cm dekapitiert worden war, so trat oberhalb des Verbandes nicht selten merkliche Ablenkung der Nebenwurzeln ein. Ein Einfluß der Verstümmelung kam nicht in Betracht, denn dieser erstreckt sich, falls überhaupt vorhanden, bekanntlich bei Faba nur auf wenige Millimeter, während in dem Versuche der untere Rand des Verbandes 1 cm von der Wunde entfernt blieb. Entsprechend waren auch am oberen Ende dieses Zwischen- stückes normal gestellte Nebenwurzeln stets eingeschaltet. — Hieraus ergibt sich also die Notwendigkeit, alle die Wurzeln, bei denen die oben beschriebenen Wachstumsdifferenzen sith besonders merklich machen, unberücksichtigt zu lassen; zum mindesten hat eine Kontrolle der anatomischen Verhältnisse stets Platz zu greifen, wenn man sich vor Irr- tümern bewahren will. Im Gegensatz zu Faba war, wie schon angedeutet, dieser Übelstand bei Lupinus nur selten und in geringem Grade zu fürchten, dafür ergab sich hier eine andere Schwierigkeit. Wie bereits Pfeffer CI, S. 356) angibt, rücken die Nebenwurzelanlagen innerhalb des Gipsverbandes nach der Hauptwurzelspitze vor. Während aber z. B. bei Faha und Pisiim das Wachstum dieser Anlagen sehr bald sistiert wird, wachsen nach meinen Erfahrungen an Lupinus nach längerer Versuchsdauer die älteren von ihnen nicht selten mehr oder minder weiter, indem sie unter scharfer Biegung nach abwärts sich zwischen Rinde und Gips oder häufiger durch die Rinde selbst einen Weg bahnen, wobei Längen bis zu 1 und selbst 2 mm erreicht werden können. Wohl gemerkt, geschieht dies selbst in dem festesten Verbände, auch wenn sicherheitshalber keine Glasstreifen mit ein- geschlossen worden waren')- Da solche Nebenwurzeln bisweilen in die Nähe des Zentral- zylinders gerieten, so war die Möglichkeit einer Störung immerhin ins Auge zu fassen, wenngleich allerdings nur die Rinde verletzt wurde, sowie eine sichtbare Wundreaktion fehlte. Zur Kontrolle wurden dieselben Versuche, wie oben bei Faba, angesetzt und zwar sowohl mit intakten als auch dekapitierten Wurzeln. Die Dekapitation hatte den Zweck, die Bildung und das eigenartige Wachstum der Nebenwurzeln zu fördern. Eine Ablenkung dieser oberhalb des Verbandes blieb jedoch aus. War somit auch eine un- günstige Beeinflussung der Versuchsresultate ausgeschlossen, so blieben doch der größeren Sicherheit wegen die Fälle, bei denen die beschriebene Erscheinung sich besonders be- merkbar machte, unberücksichtigt. In Verbindung mit der Frage, wie lange eine Wachtstums- hemmung andauern muß, um eine Ersatzreaktion der Nebenwurzeln hervorzurufen, lassen sich die oben beschriebenen Komplikationen speziell bei Lupinus — die anderen Pflanzenarten eigneten sich weniger gut — sogar ganz vermeiden. Wh*d nämlich der Verband noch vor Sichtbarwerden irgend welcher Seitenwurzeln an der Pflanze, also zu einer Zeit, wo jene Störungen im Innern derselben noch gar nicht eingetreten sein konnten, entfernt, so erfolgt trotzdem auch nachträgUch eme deutliche Ablenkung der Ersatzwurzeln und 1) In nicht genügend hartem Gips können nach Pfeffer (I, S. 357) ganz allgemein die Nehenwurzeln sich zwischen Rinde und Verband hindurchzwängen. 580 ^- Nordhausen, zwar mit einer Intensität, die der der frühereu Versuche nicht oder kaum nachstand. Versuchsserien, bei denen mit einer Verbandhöhe von ca. 2 cm operiert wurde, zeigten günstigstenfalls bereits nach einer Einwirkung von 40 Stunden eine schwach erkennbare Reaktion, die sich bei etwas längerem Aufenhalt im Verbände von 3 — 4 Tagen wesentlich verstärkte. Im ersteren Falle befanden sich abgelenkte Nebenwurzeln ungefähr in der Mitte der Verbandzone, bei längerer Versuchsdauer rückte die Reaktion nach dem oberen Rande vor bis schließlich über denselben fort. Entsprechend nimmt die Zahl der reagierenden Nebenwurzeln zu, wenngleich mit individuellen Schwankungen. Die Nebenwurzeln des Neuzuwachses waren überall normal gestellt und dienten als Maßstab für die Ablenkung. Waren ausnahmsweise bereits oberhalb des Verbandes Nebenwurzeln sicht- bar geworden, bevor dieser entfernt wurde, so zeigten trotzdem die aus der Verbandzone hervorbrechenden Nebenwurzeln meist eine steilere Stellung, was auch bei Pisum und Faha beobachtet wurde, wenngleich hier Ausnahmen häufiger vorkamen. Auch hier behielten die Ersatzwurzeln die neue AVachstums- richtung dauernd bei. Die eigentliche Ablenkung erfolgte aber beachtenswerterweise zu einer Zeit, als die Reizursache bereits längst beseitigt war, so daß hiermit ein Beispiel typischer Nach- wirkung vorliegt. Den bisherigen Beobachtungen an Keimwurzeln, deren Spitzenteii allein eingegipst war, seien vergleichsweise die Erfahrungen gegenübergestellt, die ich mit vollständig im Verbände ruhenden Wurzeln machte. Wurden diese nach ca. 9 — 10 Tagen aus dem Verbände befreit und in Erde weiter kultiviert, so zeigte sich im Verhalten der Neben- wurzeln zwischen Lupinus einerseits und Faha u. a. Pfl. andererseits ein auffälliger Unterschied. Die Nebenwurzeln von Faha standen annähernd normal, wie dies offenbar auch Brück (S. 26) beobachtet hat. Bei Lupinus aber traten folgende Unterschiede auf. Die älteren Nebenwurzeln hatten sich entsprechend den bereits beschriebenen eigen- artigen Wachstumsverhältnissen innerhalb des Verbandes, die bei der relativ langen Ver- suchsdauer naturgemäß in extremem Maße hervortraten, anfangs meist steil abwärts gerichtet. Spätei'hin wuchsen sie aber in sanftem Bogen, dessen Konkavseite zenithwärts gerichtet war, allmählich in die plagiotrope Noi'malstellung hinein. Die jüngeren, durch den Verband nicht veränderten Nebenwurzeln dagegen traten anfänglich in ungefähr normaler Eichtung hervor, nahmen aber dann sehr bald in kurzem Bogen, mit der Konkavseite nach unten, eine steilere Stellung zum Horizont an. Sie ließen das typische Bild der abgelenkten Ersatzwurzeln erkennen. Der Unterschied zwischen Faba und Lupinus ist offenbar so zu erklären, daß im ersteren Falle das Wachstum sämtlicher Wurzelvegetationspunkte gehemmt war, während im zweiten Falle dies streng genommen nur für die Hauptwurzel galt, da die Nebenwurzeln sich ja tatsächlich, wenn auch sehr langsam, weiter entwickelt hatten. über Kichtung und "Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 581 Auf eine solche Differenz im Wachstum der Haupt- und Seitenwurzeln dürfte es aber in letzter Linie bei dem ganzen Vorgange nur ankommen. Trotz ihrer Kleinheit genügte sie für Lupinus, um diese die Hemmung des Hauptvegetationspunktes als Keiz empfinden zu lassen. Bei Faba l)estand eine solche Differenz überhaupt nicht, die "Wachstums- hemmung des Hauptvegetationspunktes konnte somit auch nicht als Heiz wirken. Speziell die letzten sowie auch frühere Versuche lassen er- kennen, daß die Länge des Gipsverbandes eine ganz andere Rolle spielt als eine entsprechend bemessene Dekapitation, wie auch trotz großer Ahnhchkeit keine vollständige Parallele im Verlauf beider Reaktionen besteht. Eine Ablenkung der Nebenwurzeln wurde noch im Abstände von ca. 5,5 cm von der Spitze bei gleicher Verbandlänge erzielt, vermutlich ist dies aber in Anbetracht der Reaktionsfähigkeit selbst älterer Anlagen noch nicht die äußerste Grenze. Die Reizübertragung dürfte so vorzustellen sein, daß durch Hemmung des Hauptvegetationspunktes die nächstgelegenen Anlagen, die ja sehr schnell innerhalb des Verbandes vorrücken '), durch mehr oder minder inhärente (dauernde) Induktion gewisser- maßen zu „primären** Ersatzwurzeln gestempelt werden, die ihrer- seits wieder, bei gleichzeitiger Wachstumshemmung durch den Verband, durch höher gelegene Nebenwurzeln sekundär ersetzt werden. — In ähnhcher Weise konnte Mc Call um (S. 253) an isolierten Sproßstücken durch Eingipsen des Basalendes die Bildung Ton Adventivwurzeln nach dem apikalen Pol verschieben. — Das gleiche hat Brück mit dem bereits früher auf S. 565 erwähnten Eingipsen dekapitierter Hauptwurzeln erzielt. Seine Absicht, die Reaktionszone des „Verwundungsreizes" zu bestimmen, wurde damit aber nicht erreicht. Während die Hauptwurzel durch den Gipsverband in ihrem Wachstum vollständig gehemmt wurde, werden sich ihr in der Natur häufig Hindernisse in den Weg stellen, die, wenn auch nicht dauernden Stillstand-), so doch zum mindesten vorübergehende Verlangsamung des Wachstums zur Folge haben. Um deren Ein- wirkung auf die Nebenwurzeln zu studieren, wurden einige Versuche mit plastischem Ton ausgeführt, einem Material, dessen Konsistenz durch seinen Wassergehalt in leichter Weise variiert werden kann und in bezug auf seine Mitwirkung auf das Wachstum der Wurzeln bereits von Pfeffer (I, S 324) genau untersucht ist. 1) Nach Pfeffer (I, S. 356) sind bereits in zwei Tagen Anlagen in 6 mm Abstand von der Spitze zu erkennen. 2) Vgl. Duhamel (S. 106). 582 ^- Nordhausen, Im Sachsschen Keimkasten mit verdunkelten Glasscheiben wurde eine ziemlich feuchte Tonschicht mit einer Lage Gartenerde überdeckt und in diese Lupinenkeimlinge eingepflanzt. Die Wurpelspitzen wurden von vornherein zur Fixierung ca. 1 cm tief in die Tonschicht eingesenkt. Wenn in diesem Falle eine Änderung in dem Verhalten der Nebenwurzeln nicht konstatiert werden konnte — höchstens an der Grenze zwischen Ton und Erde standen sie bisweilen kaum merklich steiler — so entspricht dies auch dem hier kaum merklichen Widerstände des Tones, der die Waclistumsgeschwindigkeit nicht sichtlich beeinflußt hatte. Um den Widerstand zu vergrößern, kamen Verbände zur Anwendung derart, daß beiderseits offene Glasröhren von verschiedener Dicke mit wasserreicherem bezw. ärmerem Ton gefüllt und in diese die Wurzeln entweder mit einem 1 — 2 cm langen Spitzenteil oder fast der ganzen Länge nach eingebettet wurden. Der Widerstand vergrößerte sich naturgemäß in umgekehrtem Verhältnis zum Eöhrendurchmesser. Die so präparierten Pflanzen — es wurde nur mit Lupintis gearbeitet — wurden in Erde kultiviert und meist schon kurz vor dem Hervorbrechen der Nebenwurzeln oberhalb des Verbandes aus diesem befreit') und wieder in Erde gesetzt. Sie wuchsen daselbst normal weiter, ein Zeichen, daß eine Schädigung durch die vorhergehende Behandlung nicht eingetreten war; Im extremsten Falle, bei Anwendung von relativ wasserarmem Ton und Glasröhren von Vi cm lichter Öffnung war der Widerstand so groß, daß die Hauptwurzeln sich in fünf Tagen nur um 1 — 2 cm verlängert hatten. Die Wirkung sehr festen Tones war der eines Gipsverbandes gleich, bei sehr hinger Verbandzone sogar noch stärker. Direkt ober- halb sowie innerhalb der Verbandzone fanden sich steil abwärts ge- richtete Nebenwurzeln. Mit dem Widerstände verringerte sich auch die Reaktion. Bei nicht zu starker Hemmung zeigten sich abgelenkte Nebenwurzeln nur noch etwas oberhalb der Stelle, wo zu Beginn des Versuchs sich die Wurzelspitze befunden hatte ^). Alle übrigen Nebenwurzeln, einschließlich der in dem Neuzuwachs in Ton später- hin angelegten waren normal gestellt. Nach Pfeffer (I, S. 328) tritt selbst schon in ziemlich weichem Ton anfänglich ein meist mehrere Stunden währender Wachstums- stillstand ein. bevor sich die Wurzeln den neuen Bedingungen an- gepaßt haben. In wasserarmem Ton vollzieht sich nach meinen Beobachtungen das stark gehemmte Wachstum sogar stoßweise, wie aus der äußeren mehrfach abgesetzten Form der Wurzel ge- schlossen werden muß. Kommt somit ein zeitweiliger, vollständiger Wachstumsstillstand als Ursache sicher mit in Betracht, so dürfte doch eine plötzliche Verlangsamung des Wachstums der Hauptwurzel- spitze dieselbe Wirkung ausüben. Eine scharfe Scheidung ist, wie aus dem Vorstehenden ersichtlich, kaum durchführbar. 1) Engere Glasröhren mußten zu diesem Zweck vorsichtig gesprengt werden. 2) Bei vorübergehender, nur kurze Zeit anhaltender Einwirkung eines erheblicheren Tonwiderstandes blieb die ursprüngliche Zuwachszone meist ganz frei von Seitenwurzeln. über Richtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 583 Bei dem Wachstum der Wurzeln in Ton kommen nach Pfeffer (I, S. 327) neben rein mechanischen Einflüssen durchschnittlich kaum wesentliche Störungen*) anderer Art in Betracht. Etwas anders liegen die Verhältnisse bei denjenigen unserer Versuche, wo dünne Glasröhren mit relativ wasserarmem Ton den größten Teil der Hauptwurzel ein- schlössen. Sauerstoffmangel dürfte allerdings auch hier vielleicht nur eine untergeordnete Rolle spielen, da ja tatsächlich die Wurzeln sehr gut reagierten; jedenfalls würde dieser Faktor ebenfalls nur im Sinne einer Wachstumshemmung gewirkt haben. Dagegen muß an- genommen werden, daß die Wasserversorgung der Pflanze sich etwas schwieriger gestaltete, obwohl direkt sichtbares Welken nicht eingetreten war. Dieser Punkt gewinnt aber insofern an Bedeutung, als im Abschnitt II gezeigt werden kann, daß unter diesen Um- standen die Nebenwurzeln leicht eine stärkere Neigung zum Horizont annehmen. Tat- sächlich war, wie schon angedeutet, die Reaktion auffallend stark, so daß annähernd sämtliche Nebenwurzeln sich besonders steil zum Horizont einstellten, wie es selbst im Gipsverbande nicht beobachtet wurde. Speziell die Ergebnisse dieser Versuche dürften daher nicht allein auf das Konto der Wachstumshemmung zu schreiben sein. Der Inhalt des vorliegenden Abschnittes kann der Haui)tsache nach dahin zusammengefaßt werden, daß unabhängig von irgend welchen traumatischen Einflüssen eine Ersatzreaktion der Neben- wurzeln durch mechanische Hemmung oder Verlangsamung des Wachstums der Hauptwurzel ausgelöst wird und zwar auch dann, wenn jene Faktoren nur relativ kurze Zeit, d. h. im Minimum ca. 40 Stunden eingewirkt hatten. Dementsprechend kann die Reaktion noch zu einer Zeit eintreten, wenn die Hemmung selbst schon beseitigt und durch normale Wachstumsbedingungen ersetzt ist. Die Induktion der Ersatzwurzeln ist inhärent und beruht auf Umstimmung des geo- und autotropischen Verhaltens der Nebenwurzeln. Zweifellos handelt es sich bei der Inaktivierung des Haupt- vegetationspunktes um die Aufhebung ursprünglich vorhandener spezifischer Reizwirkungeu (Korrelationen), die durch die in dem vorhergehenden Abschnitt näher präzisierten Zellbahnen vermittelt werden. Die Frage nach der Bedeutung der Ernährung tritt hier fast noch mehr als bei der Dekapitation in den Hintergrund. Aller- dings muß in gleicher Weise als Folge der Sistierung des Haupt- wurzelwachstums mit Notwendigkeit Anstauung von Nährmaterial stattfinden, wie dies durch die Förderung der Nebenwurzeln bestätigt wird. Daß diesem Umstände aber keine maßgebende Bedeutung zukommt, beweist der durchschnittlich wesentlich geringere Erfolg 1) Wie immer bei einer Änderung des Mediums stellte sich auch im Ton eine geringfügige Anschwellung der Hauptwurzel ein, die jedoch zu Bedenken keinen Anlaß gab (vgl. S. 588). 584 M. Nordhausen, der Ersatztätigkeit. Folgerichtig müßte auch sonst erwartet werden, daß gerade die älteren Nebenwurzelanlagen, die außerhalb des Verbandes sich ungehindert entwickeln können und dementsprechend als Attraktionszentren bezw. Verbrauchsorte für die disponibel ge- wordenen Nährstoffe in erster Linie in Betracht kommen, besonders schnell und leicht reagieren, während gerade im Gegenteil die jüngsten, durch den Verband besonders stark gehemmten Anlagen zu allererst beeinflußt werden. In demselben Maße, wie bei der Dekapitation ein Ersatz des Vegetationspunktes selbst angestrebt wird, ist von vornherein an- zunehmen, daß eine Wachstumshemmung nur dann Erfolg hat, wenn das Meristem der Wurzelspitze im engeren Sinne davon be- troffen wird. Um dies zu prüfen, wurde der Versuch angestellt, allein die Streckungszone mit Ausschluß des ca. 1—2 mm langen Spitzenteils einer Lupinenwurzel einzugipsen. Tatsächlich blieb eine Ablenkung aus, sobald nicht Verletzungen des Meristems oder ander- weitige Störungen mitwirkten ^). Zu erwähnen ist hierbei, daß selbst nach frühzeitiger Entfernung des Verbandes d. h. vor Erscheinen der übrigen Nebenwurzeln, die Verbandzone selbst mehr oder minder ganz frei von Seitenwurzeln blieb. Die Beobachtung Nßmecs (I, S. 244), daß nach längerem Verweilen im Gips- verbande die geotropische Perzeptionsfähigkeit der Wurzelspitze mit dem Schwinden der „Statolithenstärke" aufgehoben wird, könnte die Vermutung nahelegen, daß die in der Ersatztätigkeit der Nebenwurzelu gipfelnde Wirkung des Verbandes speziell auf dem Verlust des Orientierungsvermögens der Wurzel zur Schwerkraftsrichtung beniht. Ein Zusammenhang zwischen beiden Erscheinungen kann aber insofern nicht bestehen, als die von Nömec beschriebene Wirkung erst nach 9 — 11 Tagen eintritt, während die Ersatz- reaktion schon mit 1 — 2 Tagen beginnt. C. Die Bedeutung des Wundreizes. Die Frage, in wie weit der Wundreiz bei der Ersatzreaktion dekapitierter Wurzeln als auslösender Faktor in Betracht kommt, wurde mit Absicht an den Schluß meiner Ausführungen gestellt, da ihre Beantwortung sich nach dem Vorstehenden von selbst er- 1) Infolge der Dickenzunahme der freiliegenden Wurzelteile machten sich nament- lich bei längerer Versuchsdauer an den Rändern des Verbandes die für Faba bereits beschriebenen Absätze (S. 578) bemerkbar, die abgesehen von Veränderungen im Innern leicht von Verletzungen des außerordentlich spröden Meristems begleitet waren. Um dies nach Möglichkeit zu verhindern, wurde der Verband schon nach mehreren Tagen, sobald die neue Wachstumszone normale Länge erreicht hatte, abgenommen und die Pflanze wie gewöhnlich in Erde weiter kultiviert, über Eicbtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 586 ledigt. Entsprechend den Erfahrungen von Goebel (IV, S. 133), Nemec (VI, S. 230/31), McCallum (S. 243), Bums u. Hedden (S. 386) u. a. kann ihm auch hier eine wesentliche Bedeutung nicht beigemessen werden. Geht schon aus den Versuchen des Absatz B hervor, daß er zum mindesten nicht direkt notwendig ist, so zeigt die Wirkung von seithchen Wunden, speziell bei Lupinus, daß Verletzungen schlechthin keinen Erfolg haben, wenn nicht ganz besondere Nebenbedingungen, die aber auf ganz anderem Gebiet liegen, erfüllt sind. II. Die Orientierung der Nebenwurzeln unter dem Einfluß mangelhafter Wasserversorgung. Wenn Keimpflanzen derart kultiviert werden, daß die Haupt- wurzeln sich ganz oder teilweise in nicht vollständig mit Wasser- dampf gesättigter Atmosphäre befinden und auch sonst weder durch häufiges Benetzen noch in anderer Weise besonders reichlich mit Wasser versorgt werden, kann man beobachten, daß ein großer Teil der späterhin auswachsenden Nebenwurzeln mehr oder minder steil abwärts wächst, unter erheblicher Verkleinerung ihres normalen Neigungswinkels zum Lot. Zunächst wird naturgemäß die Er- klärung plausibel erscheinen, daß infolge der aus dem Wasser- mangel resultierenden Erschlaffung ein mechanisches Herabsinken stattgefunden hat, wie auch tatsächlich durch Einlegen in Wasser mit zunehmender Sättigung ein teilweiser Ausgleich der Krümmung erfolgen kann'). Indessen liegen nach meinen Beobachtungen die Verhältnisse unter Umständen wesentlich komplizierter, denn wenn z. B. eine derart behandelte Lupinenpflanze noch vor Sichtbar- werden der Nebenwurzeln in feuchte Erde gesetzt und in normaler Weise weiter kultiviert wird, erscheint das Schlußresultat kaum wesentlich verändert. Es muß also ein Faktor vorliegen, der die Richtung bezw. das geotropische Verhalten der Nebenwurzeln in ähnlicher Weise zu beeinflussen vermag, wie dies für andere Fälle bereits bekannt ist. So bewirkt nach Stahl (S. 393) und Czapek (I, S. 1245) das Licht, ferner nach Sachs (I, S. 624) und Czapek (I, S. 1252) höhere Temperatur eine Verkleinerung des geotropischen Grenzwinkels der Nebenwurzeln. Sachs (I, S. 609) und neuerdings Brück (S. 6) haben ferner gezeigt, daß abhängig vom Medium 1) Nach meinen Erfahrungen vermögen selbst stark angewelkte Nebenwurzeln noch weiter zu wachsen. 5g6 M. Nordhausen, die Seitenwurzeln in dampfgesättigter Luft fast horizontal, in Wasser und noch mehr in feuchter Erde dagegen steiler abwärts gerichtet sind. Auf diese Faktoren mußte naturgemäß bei den speziellen Ver- suchen, die zur Klärung der erwähnten Erscheinung vorgenommen wurden und aus später zu nennenden Gründen sich zunächst aus- schließlich mit Lupinus albus befaßten, Rücksicht genommen werden. Lichtabschluß und gleichförmige Temperatur waren Vorbedingung für alle Experimente. Die soeben zitierte Wirkung der Kultur- medien Luft, Wasser, Erde konnte ich nach den Angaben von Sachs und Brück bestätigen, wenn auch Lupinus nicht ganz so ausgeprägte Unterschiede wie Yicia Faha, das von Sachs benutzte Beispiel, erkennen läßt. Diese Bestätigung möchte ich deshalb besonders hervorheben, als bezüglich des Einflusses der Luft der Anschein erweckt werden könnte, als ob die eingangs skizzierte Reaktion damit in Widerspruch stände. Tatsächlich handelt es sich aber, wie schon jetzt festgestellt sei, um zwei durchaus ver- schiedene Vorgänge. Die Horizontalstellung der Nebenwurzeln im Sachs sehen Sinne kommt nur in dampfgesättigter Luft bei aus- reichender Wasserzufuhr zustande. Wassermangel spielt dabei keine Rolle, ein Punkt, der für die noch zu besprechenden Kontroll- versuche von großer Wichtigkeit ist. Als prinzipiell verschieden ist aber die von mir beschriebene Reaktion dadurch charakterisiert, daß bei ihr inhärente Induktion der Nebenwurzelanlagen vorliegt, die durch spätere Einflüsse nicht ohne weiteres verändert werden kann, während in sämtlichen oben angeführten Beispielen, mag es sich um Licht, Temperatur oder Beschaffenheit des Kulturmediums handeln, eine den jeweiligen Bedingungen entsprechende Reaktion der ausgewachsenen Nebenwurzel ausgelöst wird, die jederzeit variiert werden kann und auf lokaler Induktion beruht'). Noch ein anderer Punkt muß zuvor erörtert werden. Sachs (I, S. 623) glaubte speziell für Vicia Faha häufig feststellen zu können, daß die Nebenwurzeln in feuchter Erde steiler als in trockener stehen. Brück, der die Beziehungen des Mediums zur Orientierung der Seitenwurzeln ziemlich genau verfolgt hat, erwähnt hiervon überhaupt nichts. Jedenfalls konnte ich ebensowenig wie Czapek (I, S. 1252/53) an demselben Material eine durch- 1) Nach Czapek (I, S. 1246) ist für das Licht die Wurzelspitze als Ort der Eeizperzeption anzusehen. über Eiclitung uud Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 587 greifende Regel konstatieren, was vielleicht auf die individuell außerordentlich variabeln Stellungsverhältnisse der Faha-'Nehen- wurzeln (vgl. Sachs, I, S. 620) zurückzuführen ist. Wichtiger ist jedoch, daß z. B. Lupinus und Pliaseolus multiflorus derartige Unterschiede in merklicher Weise überhaupt nicht erkennen lassen. Um jedoch vor Irrtümern ganz sicher zu sein, wurde allgemein, wenn nicht anders vermerkt, mit möglichst konstanten mittleren Feuchtigkeitsverhältnissen der Erde gearbeitet. Unter Berücksichtigung aller dieser Vorsichtsmaßregeln gestaltete sich die speziellere Versuchsanordnung wie folgt. Mit Erde gefüllte Kästen, deren Böden mit kleinen Löchern versehen waren, wurden in der Weise mit Keimpflanzen beschickt, daß die ca. 1 — 2 cm langen Keimwurzeln aus den Löchern ganz oder teilweise hervorragten. Die Kästen wurden auf entsprechend große und tiefe Glashäfen gesetzt, in denen durch eine am Boden befindliche Schicht Wasser oder durch feuchtes Fließpapier sowie durch Regulierung des Luftzutrittes eine mäßig feuchte Atmosphäre unterhalten wurde. Zur Erzielung eines guten Wachstums wurde die Luftfeuchtigkeit stets so hoch gewählt, wie es sich nur irgend mit den Zwecken der Versuchsanordnung vereinbaren ließ. Der in Luft befindliche Teil der Wurzel kam mit Wasser niemals direkt in Berührung, jedoch wurde durch Befeuchten der Erde für die nötige Wasserzufuhr Sorge getragen. Soweit nicht ein Teil der Wurzel sich in der Erde befand, wurde die Aufnahme des Wassers durch das Hypo- kotyl bezw. die Kotyledonen vermittelt. Nach 3 — 4 Tagen, also reichlich lange vor dem Hervorbrechen der Nebenwurzeln, wurden die Pflanzen mit ihren Hauptwurzeln vollständig in Erde gesetzt und unter normalen Bedingungen weiter kultiviert. In einfacherer Weise wurde dasselbe Ziel erreicht, indem die Keimwurzeln in dünne Glasröhren von 0,5 cm lichtem Durchmesser') und ca. 10 cm Länge ganz oder teilweise hineingesteckt und mit diesen in Erde gepflanzt wurden. Meist noch bevor die Wurzel- spitze das untere Glasröhrenende passiert hatte, d. h. nach ca. 3 Tagen ^), wurden die Versuchsobjekte in der bekannten Weise ebenfalls umgepflanzt. Da bekanntlich das Hypokotyl der Lupinenkeimlinge sich streckt, so war zur Vermeidung von Störungen der Versuchsanordnungen nötig, das untere Ende derselben bezw. die Wurzel an dem Boden der Kästen resp. an den Glasröhren zu fixieren, was mittels einer kleinen Portion Gips oder durch Einklemmen von Watte geschah. Das Resultat war fast stets dasselbe. An dem Teil der Haupt- wurzel, der sich in Luft befunden hatte bezw. durch Wachstum daselbst entstanden war, zeigte der größte Teil der Nebenwurzoln eine erhebliche Verkleinerung des geotropischen Grenzwinkels, wobei Abweichungen bis zu 50 "^j ja ausnahmsweise fast vollständige Yertikalstellung konstatiert werden konnte. Die Ablenkung war meist beim Austritt aus der Mutterwurzel sichtbar, um jedoch 1) Bei den später noch zu besprechenden, kräftigeren Wurzeln, z. B. Phascolns, Faha, kamen Reagensröhrchen, die oben mit einem durchbohrten Kork verschlossen waren, zur Anwendung. 2) Ein nur wenige Stunden andauernder Zustand sehr starken Welkseius rief keine Wirkung hervor. 588 ^' Nordhausen, allmählich noch zuzunehmen, so daß die betreffenden Nebenwurzeln bogenförmig nach unten gekrümmt waren. Fast alle Nebenwurzeln reagierten ziemlich gleich gut, wobei zu berücksichtigen ist, daß die jüngsten von ihnen während des Aufenthaltes in Luft kaum der Anlage nach vorhanden gewesen sein konnten. Nur die ältesten Nebenwurzeln am Wurzelhals zeigten seltener eine Veränderung. Dies dürfte auf eine geringere Reaktionsfähigkeit der älteren An- lagen zurückzuführen sein, eventuell auch damit zusammenhängen, daß die Anlage dieser Wurzeln auf einen Zeitpunkt fiel, wo sich Wassermangel an jenen Stellen noch nicht fühlbar gemacht hatte. Hatte der Wurzelhals dauernd mit feuchter Erde in Berührung gestanden, so zeigten die Nebenwurzeln daselbst mit Ausnahme einer kurzen Übergangszone normales Verhalten; sie waren dann auch besonders reichlich und kräftig ausgebildet. Die einmal ab- gelenkten Nebenwurzeln behielten ihre Wachstumsrichtung dauernd bei, jedenfalls wurde eine Rückkehr in die Normalstellung selbst bei über 10 cm langen Wurzeln nicht wahrgenommen. Während des Aufenthaltes der Wurzeln in Luft machten sich, abgesehen von einigen darauf hinzielenden Spezialversuchen, Welkungserscheinungen in störendem Maße nicht bemerkbar. Die Wurzeln zeigten außer einer unwesentlichen Anschwellung an der Stelle der ursprünglichen Wachstumszone, wie sie nach Mer (I, II) stets bei Änderungen des Mediums eintritt, normales Aussehen. Sie waren ziemlich lebhaft weiter gewachsen und hatten in den 3 — 4 Tagen eine Längenzunahme von bis zu 9 — 10 cm erreicht. An den einzelnen Tagen war allerdings die Wachstumsgeschwindig- keit ziemlich ungleich gewesen. Anfänglich kaum unter „normal", nahm sie mit größerer Länge und Zunahme der freien tran- spirierenden Oberfläche erheblich ab und wäre wahrscheinlich bei weiterer Ausdehnung des Versuchs schließlich ganz auf Null ge- sunken ^). Nach Übertragung in Erde wurde das Wachstum der Hauptwurzel wieder sehr schnell und in normaler Weise aufge- nommen. Die somit in jedem Falle vorübergehend eintretende größere oder geringere Wachstumshemmung stellt nun aber einen Faktor dar, der für die Kritik der vorliegenden Versuche von besonderer 1) Die Nebenwurzeln sind in dieser Beziehung nicht so empfindlich und können selbst dann noch auswachsen, wenn der Hauptvegetationspunkt das Wachstum bereits ein- gestellt hat. über Eichtung und 'Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 589 Wichtigkeit ist. Nach früher gesammelten Erfahrungen (Abschn. I) wird bekanntlich durch künstUche Wachstumshemmung der Haupt- wurzelspitze, beispielsweise durch den Gipsverband, eine Ersatz- reaktion der Nebenwurzeln ausgelöst, die sich durch gleichsinnige Ablenkung nach unten kenntlich macht. Es wird daher der genaue Nachweis zu erbringen sein, daß ein Zusammenhang zwischen beiden Erscheinungen nicht besteht. Die folgenden Versuche geben hierüber Aufklärung. Mußte es schon bei den bisherigen Versuchen auffallen, daß die Verteilung der ab- gelenkten Nebenwurzeln in unserem Falle sich auf ein so ungewöhnlich großes Stück des Mutterorgans erstreckte, wie es bei einer "Wachstumshemmung in entsprechendem Maße niemals beobachtet wurde, so trat dies noch mehr in solchen Versuchen hervor, wo bei sonst gleicher Versuchsanordnung statt mit 1 — 2 cm langen Keimwurzeln, von vornherein mit solchen von 5 — 7 cm Länge gearbeitet wurde. Letztere befanden sicli der ganzen Länge nach in Luft und dementsprechend trat auch die "Wachstumshemmung schneller ein, so daß sie sich in dem bekannten Zeitintervall von 3—4 Tagen durchschnittlich nur um ca. 2 — 2,5 cm verlängerten'). Das Resultat ergab eine „Eeaktionszone" (wenn von einer solchen gesprochen werden darf), die sich bis zu der erheblichen Länge von 5 cm von der ursprünglichen "Wurzelspitze aufwärts erstreckte, während nach Analogie der Gips- und Dekapitationsversuche noch nicht einmal 1 cm erwartet werden durfte. Eine noch bessere Entscheidung ließ sich mittels einer Modifikation des letzten Versuchs treffen, indem nämlich die 5 — 7 cm langen Wurzeln zuvor um reichlich 1 cm, d. h. um die volle wachstumsfähige Zone dekapitiert wurden, so daß bei ihnen und in gleicher "Weise bei den Kontrollpflanzen dieselbe Hemmung vorlag. Das Ergebnis war, daß bei ersteren fast sämtliche Nebenwurzeln steiler standen, während die Kontrollpflanzen, mit Ausnahme der bekannteu, minimalen Ersatzreaktion (S. 561) am dekapitierten Ende keine Veränderung in der Stellung der Seitenwurzeln aufwiesen. Dementsprechend war im ersteren Falle die Ersatzreaktion nicht scharf von der Eeaktion der übrigen Nebenwurzeln zu trennen. Die Kontrollversuche wurden hier wie in allen übrigen Fällen genau wie die Hauptversuche ausgeführt, nur mit dem Unterschiede, daß während des zeitweiligen Aufenthaltes der "Wurzeln in Luft auf gleichzeitige reichliche "Wasserversorgung geaclitet wurde. Hierbei erwiesen sich die Lupinenwurzeln als außerordentlich empfindlich, so daß es anfänglich einige Schwierigkeiten bereitete, die "Wasserzufuhr bezw. die Dampf- sättigung der Luft ausreichend zu gestalten, um späterhin in Erde völlige Normalstellung der Nebenwurzeln zu erzielen. Im Interesse einer Entscheidung der Frage, inwieweit überhaupt ein spezifischer Einfluß der Luft vorliegt, stellte ich dabei allerdings die wichtige Vorbedingung, daß das bei derai-tigen Versuchen sonst übliche Benetzen der "Wurzeln mit "Wasser nicht zur Anwendung kam. In größeren Gefäßen ließ sich z. B. der "Wasserdampfgehalt der Luft meist nicht ausreichend hoch genug erhalten, selbst wenn sie vollständig mit feuchtem Fliel'ipapier ausgeschlagen waren, im übrigen aber durch besonders reichliche Bewässerung der die Hypokotyle bezw. die "Wurzelbasen umgebenden Erde für entsprechend stärkere Wasserzufuhr gesorgt wurde. Kleinere Gefäße boten 1) Erschwerend kam hinzu, daß die Wurzeln sich bedeutend schwieriger den neuen Bedingungen anpassen konnten. Jahrb. f. wiss. BotanUt. XLIV. 38 590 M. Nordhausen, hierin weniger Schwierigkeiten. Letztere ließen sich aber ganz beseitigen, wenn die Ver- suche so eingerichtet wurden, daß die Wurzeln, sei es in intaktem oder dekapitiertem Zu- stande, gleichzeitig '/2 cm mit ihrem Spitzenteil in Wasser tauchten')- Mit Ausnahme der Ersatzwurzeln in der Nähe der Wunde an dekapitierten Exemplaren standen alsdann die Nebenwurzeln vollkommen normal. Blieben die Wurzeln ausnahmsweise dauernd in Luft und entwickelten daselbst ihre Nebenwurzeln, so standen letztere entsprechend der Sachs sehen Eegel fast genau horizontal. Die angeführten Tatsachen beweisen also zur Genüge, daß die beschriebene Reaktion nichts mit den Folgeerscheinungen einer Wachstumshemmung zu tun hat. Die Kontrollversuche lehren ferner, daß ein spezifischer Einfluß der Luft nicht in Betracht kommt, sondern nur ein größerer oder geringerer Wassermangel den Ausschlag gibt. Wurden Lupinenkeimlinge dauernd in trockener Erde kultiviert, so konnte allerdings ein merklicher Unterschied in der Stellung der Nebenwurzeln gegenüber Kulturen in feuchter Erde weder im Sachsschen Sinne, wie schon von früher her feststand, noch im Sinne der oben beschriebenen Reaktion zunächst festgestellt werden. Bezüglich der letzteren braucht dies indessen keineswegs auf einem spezifischen Einfluß des festen Substrates, im Gegensatz zur Luft, beruhen, denn an anderer Stelle beschriebene Kulturversuche in wasserarmem Ton (vgl. S. 583) sprechen für eine ganz analoge Wirkung eines festen Mediums. Der Mißerfolg dürfte vielmehr seine Erklärung in der Schwierigkeit finden, die untere, immerhin extreme Feuchtigkeitsgrenze von Anfang an und auf die Dauer gleichmäßig zu gestalten. Wurde z. B. unter Verhinderung jeglichen Wasserverlustes durch Transpiration fast lufttrockene Erde benutzt, so verwelkten die Pflanzen sehr bald oder es trat zum mindesten sofortiger Wachstumsstillstand ein. War der Wassergehalt des 1) Unter diesen Umständen war späterhin das untere Ende der Wurzeln außer- ordentlich diclit mit Nebenwurzeln besetzt, wie dies in ähnlicher Weise bereits für die Wurzelbasis festgestellt werden konnte, wenn diese im Gegensatz zu den übrigen Teilen der Wurzel dauernd mit Erde in Berührung gestanden hatte und ursprünglich von jugendlichem Charakter gewesen war. — Ln übrigen war die Zahl der Nebenwurzeln bei vorübergehendem Aufenthalt in dampf gesättigter Luft normal, in weniger feuchter Luft dagegen geringer. An ursprünglich jüngeren Strecken der Hauptwurzel konnten sie sogar fast ganz fehlen bezw. bereits vorhandene jüngere Anlagen korrelativ unterdrückt werden, wenn ein größerer Teil der Hauptwurzel dauernd mit feuchter Erde in Berührung ge- standen hatte, jene dagegen selbst nur vorübergehend sich in Luft befunden hatten. Letztere konnte dabei sogar einen ziemlich hohen Gehalt an AVasserdampf besitzen (vgl. Noll II, S. 380;. über Richtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 591 Bodens aber nur um ein geringeres höher, so erreichten die Wurzeln sehr bald eine Länge, die ihrerseits zu neuen Kom- plikationen insofern Anlaß gab, als entsprechend große Erdvoluraina in ihrem Feuchtigkeitsgehalt nicht ausreichend schnell reguliert und gleichförmig gehalten werden konnten. Unter Vermeidung des letzten Übelstandes konnten trotzdem deutliche Differenzen mit jüngeren Pflanzen, deren Hauptwurzeln auf 1,5 — 2 cm Länge verkürzt waren, erzielt werden. Diese wurden in mäßig feuchter Erde in der Weise kultiviert, daß einesteils das Hypokotyl und die möglichst von der Samenschale befreiten Koty- ledonen über die Erdoberfläche hervorragten und somit der Trans- spiration ausgesetzt waren, anderenteils die ganze Pflanze sich mehrere cm tief in der Erde befand, bezw. durch Nachschütten von lockerer Erde für die ersten Tage vor der Berührung mit der Außenluft und somit vor Wasserverlust durch Transpiration geschützt waren. Abgesehen von der in beiden Fällen vor- handenen intensiven Ersatzreaktion (vgl. S. 562) standen die Nebenwurzeln in ersterem Falle merklich steiler, als in letzterem. Eine Mitwirkung des Hydrotropismus war im ersteren Falle aus- geschlossen, denn durch wiederholtes Besprengen mit Wasser wurde die obere Erdschicht stets feucht erhalten. - Der Erfolg ist offen- bar so zu verstehen, daß durch die Verkürzung der Hauptwurzel die Wasserversorgung an sich schon erschwert war und durch das Hinzutreten der Transpiration direkt Wassermangel entstand. Hin- sichtlich der früher beschriebenen Dekapitationsversuche ist dies insofern liemerkenswert, als bei starker Verkürzung der Haupt- wurzel das Moment der Wasserversorgung jedenfalls nicht außer acht gelassen werden darf, wenngleich die ihr entsprechende In- tensität der Ersatzreaktion in erster Linie inneren Ursachen zu- geschrieben werden muß. Die Annahme, daß die beschriebene Richtungsänderung der Nebenwurzeln durch mangelhafte Wasserversorgung veranlaßt wird, läßt erwarten, daß Kulturen in Lösungen osmotisch wirksamer Sub- stanzen infolge Erschwerung der Wasseraufnahme zu ähnlichcnj Erfolge führen. TatsächHch trifft dies auch zu. Li analoger Weise stellten sich die meisten Nebenwurzeln steiler zum Horizont gegen- über solchen von Kontrollpflanzen, die während der gleichen Zeit- dauer sich in gewöhnlichem Leitungswasser befunden hatten. Als Medium zeigten sich in Übereinstimmung mit Beobachtungen 38* 592 M. Nordhausen, ßeinhardts (S. 8) Lösungen von Rohrzucker denen anorganischer Stoffe, wie NaCl, NaNOs u. a., wesentlich überlegen. Letztere, obwohl noch relativ am günstigsten, riefen bei der zu den Ver- suchen notwendigen Konzentration häufig Wachstumsstörungen her- vor, die die Zuverlässigkeit der Resultate in Frage stellten. Die unter Lichtabschluß kultivierten Pflanzen tauchten mit ihren Wurzeln voll- ständig in die Lösungen ein. Die Kotyledonen und das hypokotyle Glied wurden in möglichst feuchter Atmosphäre gehalten und nach Bedarf durch feuchte "Watte oder Erde, namentlich für den Anfang vor zu starkem Wasserverlust geschützt, hezw. mit Wasser versorgt. Der Konzentrationsgrad der Eohrzuckerlösung wurde am besten auf ca. 10 — 157o festgesetzt'); 5% w^r zu gering, 20°/o hatte bereits zu starke Wachsturashemmung der Hauptwurzel zur Folge"). Ein wenig störender Übelstand war die relativ geringe Halt- barkeit der Zuckerlösung. Da Sterilität praktisch nicht durchführbar war, so wurde nur auf peinlichste Sauberkeit geachtet, im übrigen sicherheitshalber schon im Verlauf von zwei bis drei Tagen die Lösung unter gleii^hzeitiger Reinigung der Kulturgefäße gewechselt. Gleichzeitig kam mir aber die Beobachtung zustatten, daß die Nebenwurzelbildung in der Lösung nicht abgewartet werden brauchte, was sich naturgemäß stets längere Zeit hinzog. Analog der schon früher festgestellten, frühzeitig erfolgenden inhärenten Induktion trat auch hier eine Art Maximaleffekt bereits nach drei bis vier Tagen ein. Die Pflanzen konnten also unbeschadet des Erfolges nach diesem Zeitpunkt in gewöhnlicher Erde bis zum definitiven Hervorbrechen der Nebenwurzeln weiter kultiviert werden. Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, daß zur Verhütung von Schädigungen der Versuchsobjekte das Umpflanzen nach kurzem Abspülen der anhaftenden Lösung zunächst in relativ trockene Erde erfolgte, deren Wassergehalt erst ganz allmählich auf das normale Maß gebracht wurde. Gelangten die Nebenwurzeln innerhalb der Zuckerlösung zur vollständigen Ausbildung, so beruhte die Ablenkung nicht etwa auf mechanischer Schwerewirkung, wie besonders hervorgehoben sei, denn ihre Festigkeit war stets so groß, daß sie bei nicht zu großer Länge selbst in Luft ihre Stellung zum Mutterorgan nicht veränderten. Das Resultat war in beiden Fällen das gleiche, der größte Teil der Nebenwurzeln war nach unten abgelenkt, nur in den älteren Teilen war der Erfolg unregelmäßiger, obwohl speziell die in nächster Nähe des Hypokotyls entspringenden Nebenwurzeln, abgesehen von den sog. Extrawurzeln (vgl. S. 562) häufiger fast Vertikalstellung an- nahmen. In den jüngsten Teilen ^), namentlich in dem Zuwachs inner- halb der Lösung war allerdings, oftenbar als Folge der eigenartigen Wachstumsbedingungen, die Nebenwurzelbildung stärker reduziert. 1) NaCl bezw. Na NO3 wurden nur in Lösungen bis zu maximal 1,25 bezw. 0,85% angewandt, deren osmotische Wirkung durchschnittlich wesentlich hinter der der Rohr- zuckerlösung zurückblieb. 2) Nach Reinhardt (S. 11) findet in 207o Rohrzucker noch Nebenwurzelbildung statt, die jedoch bei 24"/,,, wie überhaupt bei längerer Andauer von Plasmolyse unter- bleibt (vgl. Noll, IT, .391, 392). 3) Die Hauptwurzel zeigte z. T. wieder die bekannte Anschwellung (vgl. S. 588). über Richtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 593 Da der Neuzuwachs der Hauptwurzeln innerhalb der Zucker- lösung namentlich bei größerer Länge derselben, ziemlich gering war — er betrug in drei bis vier Tagen meist nur ca. 1,5 — 2 cm — so mußte hier noch mehr als bei den Luft -Versuchen die eventuelle Bedeutung der Wachstumshemmung berücksichtigt werden. Ver- suche, die in analoger Weise wie dort mit längeren Wurzeln (5 — 8 cm) in intaktem oder um 1 cm dekapitiertem Zustande aus- geführt wurden, boten jedoch gleichfalls absolut keinen Anhaltspunkt für einen störenden Einfluß dieses Faktors^). Aus den Kulturversuchen in Luft bezw. wasserentziehenden Lösungen und den entsprechenden Kontrollreihen geht mit voller Sicherheit hervor, daß ein spezifischer Einfluß des Mediums an sich als Ursache für die Änderung des geotropischen Verhaltens der Nebenwurzeln nicht in Betracht kommt. Es muß daher zweifelhaft bleiben, ob hierin eine gewisse Parallele zu einer Beobachtung Sachs' (I, S. 444), die später namentlich von Nemec (III, S. 89 und II) verfolgt worden ist, gesehen werden kann, wonach invers gestellte Keimwurzeln in Luft bezw. Wasser unter Änderung ihres geotropischen Verhaltens, anstatt wie in Erde sich sofort vertikal abwärts zu krümmen, dauernd plagiotrop schräg abwärts weiter wachsen. Jedenfalls darf als erwiesen betrachtet werden, daß allein, wenn auch in geringem Grade unzureichende Wasserversorgung den Reizanstoß zu der beschriebenen Reaktion gibt. Gewissermaßen empfindet die Pflanze das ungenügende Funktionieren der Wurzel und reagiert in zweckentsprechender Weise dadurch, daß sie die Nebenwurzeln steiler in das Substrat entsendet^). Es resultiert hierbei eine im Prinzip ähnliche Reaktion, wie sie auf anderem Wege vermittels einer komplizierten Reizkette, z. B. durch Verlust der Hauptwurzelspitze zustande kommt. Speziell bei den Kulturversuchen in Luft war die Keimwurzel ihrer Haupt funktion insofern mehr oder weniger entzogen, als das unbedingt nötige "Wasser der Pflanze nur 1) Gegenüber Wachstumsstömngen infolge von Giftwirkung oder zu hoher Lösungs- konzentration zeigten sich die Nebenwurzeln wiederum (vgl. S. 588, Anm. 1) weit weniger empfindlich als die Hauptwurzeln (vgi. Reinhardt, S. 11). Beispielsweise konnte in l7o Na Gl -Lösung, d. h. einer für unsere Zwecke zu niedrigen Konzentration häufig ein, Wachstums-stillstand des Hauptvegetationspunktes konstatiert werjjen, während die Neben- wurzeln langsam, jedoch ohne wesentliche Richtungsänderung weiter wuchsen. Auch hieraus geht der im speziellen Falle geringe Einfluß der Wachstumshemmung liervor. 2) Inwieweit hierduixh beispielsweise die Ökologie der Halophyten und Xerophyten berührt wird, muß weiteren Untersuchungen überlassen bleiben, 594 ^- Nordhausen, durch die oberirdischen Teile bezw. die Wurzelbasis zugeführt wurde. Dies könnte zu der Vermutung Anlaß geben, daß im speziellen die Untätigkeit der Wasserleitungsbahnen innerhalb der Wurzel für den Erfolg verantwortlich zu machen sei. Dies trifft jedoch nicht zu. Beispielsweise wurden analog den früheren Versuchen 7 — 8 cm lange, intakte oder um 1 cni verkürzte Wurzeln so orientiert, daß ihr Spitzenteil 0,5 — 1 cm in Wasser tauchte, während der gesamte übrige Pflanzenkörper von ziemlich trockener Luft umspült war'). Das den Transpirationsverlust deckende Wasser mußte mithin die Hauptwurzel der Länge nach passieren. Trotzdem fand späterhin, nachdem die Pflanzen in üblicher Weise nach 3 — 4 Tagen in Erde übergeführt waren, die bekannte Ablenkung statt. Eingangs war darauf hingewiesen worden, daß sämtliche im vorstehenden Abschnitt mitgeteilten Beobachtungen zunächst nur für Lupinus albus Geltung besitzen. Dieselben Versuche wurden auch mit Phaseolus multifiorus und Vicia Faba ausgeführt, jedoch zeigte nur erstere Pflanze ein ähnliches, wenn auch nicht so in- struktives Verhalten wie Lupinus^). Faba ließ, soweit Luft- und Erdkulturen in Betracht kamen, keine bestimmten Gesetzmäßigkeiten erkennen, in Rohrzucker waren die Resultate, vielleicht nur schein- bar, günstiger^). Offenbar sind die schon erwähnten individuellen Differenzen in den Stellungsverhältnissen der Nebenwurzeln die Ursache des Mißerfolges. Inwieweit den festgestellten Regeln all- gemeinere Verbreitung zukommt, werden weitere Untersuchungen zu erweisen haben. III. Über traumatropische Krümmungen der Seltenwurzeln als Folge von Verletzungen der Hauptwurzel. Traumatropische Krümmungen werden bekanntlich, wie zuerst von Darwin (S. 164) beobachtet und später von Spalding u. a. 1) Bei den dekapitierten Pflanzen waren besondere Vorkehrungen zur Anfeuchtung der Luft überhaupt nicht nötig. Die intakten Pflanzen mußten dagegen vor zu starkem AVasserverlust geschützt werden, da die Wurzelspitze nicht hinreichend Wasser aufsaugte bezw. weiterleitete. Letztere wuchs übrigens trotz der Berührung mit Wasser so gut wie gar nicht weiter, wenn der Wassermangel besonders groß war. 2) Bezüglich der Versuche mit Phaseolus sei bemerkt, daß die an der Wurzel- basis bekanntlich sehr frühzeitig zum Durchbruch gelangenden großen Nebenwurzeln sich für unsere Beobachtungen nicht eigneten und meist zur Vermeidung von Störungen entfernt werden mußten. Sie sind so wenig geotropisch empfindlich (vgl. Czapek I, S. 1201), daß, wenn sie z. B. durch mechanische Hindernisse aus ihrer Richtung ab- gelenkt wurden, sie meist in der neuen Richtung weiter wuchsen, so daß jede Kontrolle über ihre Richtungsbestrebungen verloren ging. 3) ^afto -Wurzeln vermögen übrigens höhere Lösungs-Konzentrationen zu ertragen als Lupinus. über Richtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 595 näher festgestellt wurde, an Wurzeln hervorgerufen, wenn deren Spitzen innerhalb einer Zone von ca. 1 — 2 mm durch Schnitt-, Brand- oder Atzwunden seitlich verletzt werden. Meist schon nach wenigen Stunden tritt in der Streckungszone eine Krümmungs- bewegung nach der von der Wunde abgekehrten Seite ein. Der Ort der Reizperzeption ist der eigentliche Wurzelkörper, speziell das Periblem (Spalding, S. 432, Mac Dougal, S. 320), während die Wurzelhaube nicht beteiligt ist. Hiervon wohl zu trennen ist eine andere Krümmungsbewegung, die in entgegengesetztem Sinne verläuft und eintritt, sobald die Wachstumszone außerhalb der erwähnten 1 — 2 mm verletzt wird. Alsdann bildet die Wurzel einen Bogen, inmitten von dessen Konkavseite sich die Wunde befindet. Im Gegensatz zu dem ersten Falle als Beispiel eines typischen Reizvorganges, handelt es sich hier um eine Art „mechanischen" Prozesses, die durch Spannungs- bezw. Wachstumsunterschiede infolge einseitigen Turgorverlustes bezw. von Wachstumsstörungen der verletzten Gewebe verursacht wird. Beide Krümmungsarten können, wie sich unschwer nachweisen läßt, nicht nur an der Hauptwurzel, mit der bisher hauptsächlich gearbeitet wurde, sondern auch an Nebenwurzeln hervorgerufen werden. Bei Gelegenheit anderweit besprochener Versuche machte ich die Beobachtung, daß traumatropische Krümmungen an Seiten- wurzeln auch dann auftreten können, wenn der sie auslösende Reiz von einer Wunde ausgeht, die räumlich getrennt von ihnen sich an der Hauptwurzel befindet. Der Vorgang ist kurz folgender: Wird eine Keimwurzel außerhalb der Streckungszone ^) seitlich an einer Stelle, wo noch keine Seitenwurzeln äußerlich erkennbar sind, verletzt, so krümmen sich diese, soweit sie späterhin seitlich an der Wundstelle auswachsen, von der Wundseite fort. Die gleiche Reaktion kann, wenn auch in geringerer Intensität, selbst in einiger Entfernung von der Wunde bis zu 1 cm und noch darüber be- obachtet werden. Es unterhegt keinem Zweifel, daß es sich hierbei um echte traumatropische Krümmungen handelt. Die folgenden Zeilen werden über die Ergebnisse meiner diesbezüghchen Unter- suchungen Aufschluß geben. 1) Mit Rücksicht auf die nachträglieh auftretende, bereits genannte mechanische Krümmung der Hauptachse bleiben Verletzungen der Wachstumszone selbst hier ganz außer Betracht. Über sie wird erst im Abschnitt IV in anderem Zusammenhange be- richtet werden. 596 ^- Nordhauseu, Als Versuchsobjekte dienten meist ca. 2 — 6 cm lange Keimwurzeln von Lupinus albus, Pisum sativum, Zea Mays und Vicia Faba, die zur Ei-zielung möglichst kräftigen Wachstums ausschließlich in feingesiebter Gartenerde kultiviert wurden. Um das Wachstum der Seitenwurzeln zu fördern, empfiehlt es sich bisweilen, die Keimwurzeln zu dekapitieren, ein Verfahren, das jedoch nur dort zulässig ist, wo es sich um Be- stätigung bereits bekannter Tatsachen handelt. Ganz besondere Sorgfalt erheischte die Auswahl des Versuchsmaterials. Nur vollkommen gerade gewachsene Wurzeln durften benutzt werden, eine Bedingung, die meist von in Wasser oder feuchten Sägespänen (soweit sie hier am Platze erhältlieh waren) gezogenen Pflanzen nicht erfüllt wurde. Auch das Saatmaterial bot nach dieser Eichtung zeitweilig große Schwierigkeiten, so daß beispielsweise im Winter nur wenige Versuche ausgeführt werden konnten. Maßgebend für diese Einschränkungen waren die von Noll (II) beschriebenen Änderungen der Wachstumsrichtung der Seitenwurzeln unter dem Einfluß von Krümmungen der Haupt- wurzeln, auf die im Abschnitt IV noch näher einzugehen sein wird. Aus gleichem Grunde wurde auch darauf geachtet, daß nicht nachträglich infolge der Wunde selbst nocTi solche Unregelmäßigkeiten entstanden. Wie erwähnt, sind diese aber außerhalb der Wachstumszone nicht zu fürchten und kommen höchstens bei sehr starken Verletzungen gelegentlich einmal vor. Schon allein der Widerstand der Erde dürfte auch Krünmiungs- bestrebungen dieser Art bis zu einem gewissen Grade vereiteln. Die Reaktionsfähigkeit war bei den angeführten Pflanzen nicht gleich und entsprach ungefähr der ihnen oben gegebenen Reihenfolge. Lupinus erwies sich aber noch, wie schon bei früheren Gelegenheiten, infolge des diarchen Baues des Zentralzylinders den übrigen tri- bis polyarchen Wurzeln überlegen und soll daher den folgenden Ausführungen, wo nicht anderes vermerkt, zur Grundlage dienen. Da es nämlich, wie vorweggenommen sei, im wesentlichen auf eine Verletzung des Zentralzylinders ankommt, bietet sich aus der übersichtlichen Anordnung der Phloem- und Xylemelemente der Vorteil, unter mög- lichster Schonung der übrigen Wurzelgewebe der Wunde die vorteilhafteste Lage zu geben. Entsprechend der zweizeiligen') Anordnung der Seitenwurzeln kam hierfür ausschließlich die Phloemflanke in Betracht, während gleichzeitige Verletzungen des Xylems möglichst vermieden wurden. Bei den anderen Wurzelarten war diese Scheidung naturgemäß nicht durchführbar und mußte dem Zufall überlassen bleiben. Die Verletzungen selbst wurden am besten in Form von Brandwunden mittels eines heißen, zugespitzten Glasstabes oder Höllensteinätzungen ausgeführt; Stich- und Schnitt- wunden erwiesen sich weniger geeignet. Die meist punktförmige Wundstelle wurde, wo nicht anderes bemerkt, so klein wie möglich gewählt, um unnötige Zerstörungen der Ge- webe zu verhüten, speziell auch, um nicht in der Nähe etwa schon vorhandene Nebenwurzel- anlagen selbst zu treffen. Die Wunden wurden nur einseitig angebracht; zwei opponiert l) Streng genommen ist diese Auffassung nach van Tieghem nicht ganz zu- treffend. Trotz diarchen Baues des Zentralzylinders stehen die Nebenwurzeln inosfern eigentlich in vier Zeilen, als sich an jeden Xylemteil mehr oder minder deutlich nach rechts und links von ihm verschoben je zwei Reihen anschließen. Bei Lupinus albus ist nach 'meinen Erfahrungen diese Verschiebung bezw. vierzeilige Anordnung jedoch nur in größerer Entfernung vom Hypokotyl deutlich sichtbar; an kürzeren Wurzeln, wie sie für unsere Versuche ausschließlich in Betracht kommen, ist sie nur ausnahmsweise zu erkennen und kann zu fehlerhaften Beobachtungen keinen Anlaß geben, zumal die Ablenkung nach der Stellung der übrigen Nebenwurzeln beurteilt wird. über Richtung und Wachstum der Seiteuwurzelii unter dem Einfluß usw. 597 stehende Verletzungen riefen keine Veränderung hervor. Am Schluß jeden Versuches wurde die Ausdehnung und Orientierung der Wunde stets unter dem Mikroskop an Schuitt- präparaten genau nachgeprüft. Angenommen, es sei unter den angegebenen Voraussetzungen eine ca. 5 cm lange Lupinenwurzel auf einer Phloemflanke 2 cm von der Spitze seitlich verletzt worden, so vergingen durchschnittlich 4 — 7 Tage, bis die Nebenwurzeln hervorbrachen und damit auch das Resultat äußerlich sichtbar wurde. Unter Zuhilfenahme mikro- skopischer Präparate ergab sich folgendes Bild. Die Wunde hatte, wie beabsichtigt, nur das Phloem des Zentralzylindcrs affiziert, dagegen das Xylem sowie die Nebenwurzelanlagen völlig intakt ge- lassen; dementsprechend war das Wachstum der Nebenwurzeln selbst für gewöhnlich durchaus normal verlaufen. Schon innerhalb des Mutterorgans hatten sich aber diese meist ziemlicli energisch von der Wunde fortgekrümmt, ja bisweilen erschien schon die Insertions- stelle am Zentralzylinder in entsprechendem Sinne schief angesetzt. Außen verliefen die Nebenwurzeln ebenfalls mehr oder minder bogen- förmig geki'ümmt, so daß ihre Spitze bis zu 90", ja in extremen Fällen bis zu '^U Kreisbogen abgelenkt worden war. Nicht nur innerhalb der Wundzone sondern auch ober- und unterhalb der Wundstelle waren die Seitenwurzeln traumatropisch gekrümmt und zwar um so schwächer, je weiter sie von jener ent- fernt waren, ßemerkenswerterweise verlief jedoch die Ablenkung für gewöhnlich nicht in der Verlängerng der direkten Verbindungs- linie zwischen Wunde und Wurzelansatz, d. h. strahlenförmig von der Wundstelle fort, sondern die Nebenwurzeln waren meist ohne wesentliche Veränderung ihres Neigungswinkels zum Lot seitlich in horizontaler Richtung von der Wundflanke abgebogen. Ferner konnte eine ungleiche Fortleitung des Reizes innerhalb der Haupt- wurzel festgestellt werden. Basipetal erstreckte sich die Wirkungs- zone nur auf ganz wenige Millimeter, so daß hier nur wenige oder gar keine abgekrümmten Nebenwurzeln angetroffen wurden. Akro- petal ließ sich dagegen die Reaktion stets in einer Entfernung von 1/2 — 1 cm, in ganz extremen Fällen sogar bis zu mehreren Zenti- mentern verfolgen. Der Grad der Krümmung war naturgemäß von der Individualität der einzelnen Nebenwurzeln abhängig, so daß innerhalb desselben Reizfeldes sich gelegentlich auch vereinzelte, nicht reagierende AVurzeln fanden. Dementsprechend war die Grenze des Reizfeldes bezw. der Reaktionszone nur annähernd festzustellen. Bisweilen konnte überhaupt jeder Erfolg ausbleiben. 598 M. Nordhausen, Die Größe der Wunde ist von wesentlichem Einfluß auf die Intensität der Reaktion. Mikroskopische Querschnittsbilder durch die Wundzone lassen sogar eine gewisse Parallele zwischen dem Vernarbungsprozeß an der Hauptwurzel und der traumatropischen Ablenkung der Nebenwurzeln erkennen, die als Beweis für die Reizuatur des ganzen Vorganges gelten kann. In beiden Fällen tritt eine Art Maximalefifekt ein, wenn ein größeres Stück des Zentralzylinders verletzt wird, d. h. im speziellen Beispiel von Lupinus ein Phloemteil unter geringer Affizierung der angrenzenden Xylemgruppen. Nicht wesentlich geringer ist der Erfolg, wenn nur das Phloem oder selbst nur das Perikambium bezw. die Endodermis allein verwundet wird, mithin die Wunde gerade noch den Zentral- zylinder streift. Auch hier ist der Wundheilungsprozeß sehr inten- siv. Besonders instruktiv ist aber die Wirkung von Wunden, die ausscließlich die Rinde treffen, den Zentralzylinder dagegen völlig intakt lassen. Werden von der äußeren Rinde nur wenige Zelllagen verletzt, so tritt keine traumatropische Reaktion ein ; aber auch der Vernarbungsprozeß entspricht einem Minimum : Nur die nächst- gelegenen Zellen strecken und vergrößern sich in der Richtung nach der Wunde, Zellteilungen finden dagegen wenig oder gar nicht statt (Hy])ertrophie nach Küster, S. 65). Dringt jedoch die Wunde bis in die Nähe des Zentralzylinders vor, so zwar, daß noch ver- schiedene (1 — 6) Zellagen der inneren Rinde intakt bleiben, so setzt sofort in diesen ein reger Wundheilungsprozeß unter reichlicher Zellteilung ein (Hyperplasie, Küster, S. 153), der meist auch auf das Perikambium, eventuell auch die Endodermis übergreift, ja in ersterem häufig schon früher als den angrenzenden Rindenzellen beginnt^). Mit diesem Moment, d. h. mit der Wundreaktion des Perikambiums ist das Auftreten der traumatropischen Reaktion der Nebenwurzeln eng verknüpft. Letztere stellt sich also ein, wenn der Zentralzylinder selbst verletzt wird oder ein von der verletzten Rinde ausgehender Wundreiz das Perikambium so stark affiziert, daß in diesem, wenn auch nur wenige Wundteilungen entstehen. Offenbar spielt auch im ersteren Falle das Perikambium die Hauptrolle. Mit den vorstehenden Ausführungen in Einklang stehen einige weitere Beobachtungen. Wie schon festgestellt wurde, sind mechanische Verletzungen durch Stich und Schnitt nicht so 1) Vgl. Lopriore (11, S. 253). über Eichtung und Wachstuui der Seitenwurzel u unter dem Einfluß usw. 599 wirkungsvoll als Brand- und Atzwunden. Erstere verheilen aber auch bekanntlich weit leichter und schneller als jene und zwar unter geringerem Aufwand von Zellteilungen. Letztere sind, wie ich mich unter dem Mikroskop überzeugen konnte, nur auf die der Wunde nächsten Zellagen lokalisiert, so daß der Wundreiz offenbar nicht nur zeitlich, sondern auch räumlich ziemlich eng begrenzt blei])t. Im Gegensatz zu den Brand- und Atzwunden fehlten auch meist größere Partien abgestorbenen, braungefärbten Gewebes. Die Annahme Küsters (S. 188), daß bei dem Wundreiz Zersetzungsprodukte der toten Zellelemente mitwirken, erscheint hiernach wohl berechtigt. Es ist ferner nicht gleichgültig, ob der Zentralzylinder von einem Quer- oder Längsschnitt getroffen wird. Ist schon nach früherer Angabe im ersten Falle die traumatropische Wirkung nicht besonders groß, so fehlt sie im zweiten Falle häufig ganz. Dies ist insofern verständlich, als auf die gleiche Querschnittszone be- zogen der erst genannte Verwundungsmodus viel mehr Zellen des Perikambiums bezw. des Zentralzylinders tangiert als der zweite. Für die Fortleitung des Reizes in der Längsrichtung ist dieser Umstand ebenfalls maßgebend, da angenommen werden muß, daß jene in Anbetracht der Längsstreckung der Zellelemente des Zen- tralzylinders um so leichter vonstatten geht, je mehr Zellreihen sich daran beteiligen bezw. traumatisch affiziert sind. Als Ort der Reizperzeption ist somit in erster Linie, wenn auch vielleicht nicht ausschließlich, das Perikambium zu bezeichnen. Es bleibt die Frage zu erörtern, auf welchen Bahnen der Reiz bis zur Nebenwurzel gelangt. Da bekanntlich die ersten Anlagen der Nebenwurzeln aus dem Perikambium hervorgehen, so ist die An- nahme naheliegend, daß dieses auch die Fortleitung des Reizes übernimmt. Sicher wird wohl aber auch mit der Mitwirkung anderer Zellelemente des Zentralzylinders, speziell des Phloems zu rechneu sein, denn namentlich in bezug auf die Reizleitung in der Längs- richtung erscheinen die relativ kurzen Perikambiumzellen gegenüber der langgestreckten Form jener Zellelemente als nicht so geeignet. Die bessere Leitfähigkeit des Reizes in akropetaler Richtung steht übrigens im umgekehrten Verhältnis zu den diesbezüglichen Eigen- schaften des Wurzelmeristems; in diesen wird nach Nemec (IV, S. 46) der Wundreiz in basipetaler Richtung leichter fortgeleitet. Zum Studium der Ausbreitung der Reaktion in der Quer- richtung eignen sich die tri- bis pentarchen Wurzeln von Pisum und Faha meist noch besser als Lupinus. Unter sonst gleichen Vor- (500 ^i- NorJhauseii, aussetzungen (vgl. S. 597) sieht man dort die stärkste Ablenkung an den, von der Wunde aus betrachtet, auf den Flanken der Hauptwurzeln inserierten Nebenwurzeln und zwar, wie es scheint, auf der hinteren Hälfte augenfälliger als auf der vorderen. Be- merkenswert ist jedoch, daß, wie schon früher angedeutet, die Kriimmungsrichtungen bei den einzelnen Nebenwurzeln, sofern sie einer anderen Querzone als die Wunde angehören, nicht strahlen- förmig nach allen Seiten divergieren, vielmehr die Ablenkung meist seitlich ohne wesentliche Änderung des Neigungswinkels zum Horizont von der Wundflanke fort stattfindet. In extremer Weise tritt dies hervor, wenn eine Xylemflanke der Hauptwurzel von der Wunde getroffen wird, was übrigens bei entsprechender Modi- fikation des Versuches auch für Lupinus gilt. An den Neben- wurzeln derselben Orthostiche ist alsdann naturgemäß eine seitliche Ablenkung überhaupt nicht zu erwarten, aber auch in vertikaler Richtung tritt eine traumatropische Reaktion äußerst selten ein. Nur wenn ganz dicht unterhalb der Wunde eine Nebenwurzel ent- springt — ein übrigens seltener Fall') — kann diese etwas steiler zum Horizont stehen. Ganz anders liegen aber die Verhältnisse dicht oberhalb der Wunde. Hier finden sich sehr häufig Neben- wurzeln, die nach unten, d. h. scheinbar nach der Wunde zu ab- gelenkt sind. Dabei handelt es sich indessen um die schon früher beschriebene „Ersatz"reaktion, die mit unserem Fall nichts zu tun hat, zum mindesten aber vermöge ihrer größeren Energie ihr entgegenstehende traumatropische Krümmungsbestrebungen um- kehren mußte. Zur Erklärung dieses eigenartigen Verhaltens werden vor allem die geotropischen Eigenschaften der Nebenwurzeln berücksichtigt werden müssen, die jeder Einwirkung, den Neigungswinkel zum Erdradius bezw. zur Hauptachse zu verändern, Widerstand ent- gegensetzen. Da die Nebenwurzeln bezw. deren Anlagen niemals selbst verletzt wurden, so blieben jene Richtkräfte auch dauernd wirksam und unverändert. — Im Gegensatz hierzu tritt bei den typischen traumatropischen Krümmungen, wie sie durch seitliche Spitzenverletzung von Hauptwurzeln erzielt werden, nach Czapek (II, S. 202) und Nemec (VI, S. 336) gleichzeitig zeitweilige Schwächung bezw. Unterdrückung der geotropischen Sensibilität ein, was für den Ausgang der Reaktion naturgemäß von Bedeutung 1) Vgl. S. 574, Anm. 2, über Richtung: und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 601 ist. — Je nachdem der Krümmungsimpuls direkt in vertikaler oder schräg seitlicher Richtung wirkt, wird er daher mehr oder minder ganz bezw. zum mindesten seine Vertikalkomponente nach dem Parallelogramm der Kräfte aufgehoben, so daß nur die Horizontal- komponente übrig bleibt. Allerdings müßte sich der letzteren jene noch etwas hypothetische, radial nach außen wirkende Richtkraft entgegenstellen, die von Noll (I) als Exotropie beschrieben, jedoch von Czapek (I, S. 1206) bestritten wird'). Wenn nicht direkt gegen ihre Existenz, so spricht günstigenfalls nur für einen kaum nennenswerten Einfluß der Exotropie der Umstand, daß in unserem Falle eine Ausgleichs- bezw. eine Rückkrümmung der seitlich ab- gelenkten Nebenwurzeln in die Radialrichtung mit ganz ver- schwindenden Ausnahmen nicht stattfand (vgl. S. 618). Diese Aus- nahmen lassen sich aber eventuell ebensogut auf autotropische Ausgleichsbestrebungen zurückführen. Für den Fall, daß Wunde und Nebenwurzeln der gleichen Orthostiche angehören, d. h. über- bezw. untereinander stehen, er- wachsen der Fortleitung des Wundreizes in direkt vertikaler Richtung wahrscheinlich außerdem noch dadurch Schwierigkeiten, daß infolge des beiden vorgelagerten Xylems für die Reizleitung nur wenige Zellen disponibel bleiben. Ob übrigens der Reiz in der Längs- und Querrichtung verschieden schnell fortgeleitet wird, wie dies Nemec (IV, S. 66) für das Wurzelmeristem beobachtet hat, konnte nicht entschieden werden. Die bisher angeführten Beobachtungen knüpften an den be- stimmten Spezialfall an, wo nämlich die Wunde an einer kürzeren Wurzel ca. 2 cm von der Spitze angebracht worden war. Durch das Alter der Wundstelle bezw. der Nebenwurzelanlagen wird indessen das Resultat nicht unwesentlich modifiziert. Solange diese Anlagen noch in der Entstehung begriffen oder ganz jung und äußerlich wenig erkennbar sind, erfolgt die Reaktion in der bisherigen opti- malen Form. Es entspricht dies ungefähr einer Entfernung der Wunde bis zu 4 (5) cm von der Spitze — die Wachstumszone selbst bleibt hier aus bekannten Gründen unberücksichtigt. — Sind die Anlagen an der Wundstelle jedoch in ihrer Entwicklung weiter fortgeschritten und treten womöghch als Anschwellungen äußerlich hervor, so ergeben sich selbst bei größeren Wunden gradatim immer 1) Vgl. Brück, S. 32. 602 M. Nordhausen, unregelmäßigere Resultate. Seitliche Krümmungen fehlen in dem bisherigen Sinne schließlich ganz oder sind auffälligerweise häufig in nicht unbeträchtlichem Maße der Wunde zugekehrt, so bald die Wunde besonders ausgedehnt war. Entsprechend nimmt auch die Reizleitung ab, so daß reagierende Nebenwurzeln, ganz gleichgültig in welcher Richtung die Ablenkung erfolgt, zuletzt nur noch in nächster Nähe der Wunde oder in ganz geringer Entfernung akro- petal verschoben vorkommen. Die Abnahme des Reaktionserfolges mit dem Alter der An- lagen erscheint zunächst auffallend. Da nach S pal ding eine traumatropische Krümmung nach direkter Verletzung der Wurzel- spitze bereits innerhalb weniger Stunden einsetzt, sollte anzunehmen sein, daß in unserem Falle eine Nebenwurzelanlage um so besser reagiert, je schneller sie dem Reizimpulse zu folgen vermag. Während an den ganz jungen Stellen meist 4 — 7 (8) Tage'), an den älteren aber nur 1-2 Tage bis zum Hervorbrechen der Neben- wurzeln vergehen, müßte somit in letzterem Falle eine kräftigere Reaktion erwartet werden. Zur Erklärung dieses Umstandes kommen verschiedene Punkte in Betracht. Ich möchte zunächst anknüpfen an die zuletzt er- wähnten Krümmungen der Seitenwurzel nach der Wunde hin, wie sie bei stärkerer Verletzung älterer Stellen auftreten. Da solche Wurzeln, wie schon angedeutet, keineswegs immer in direktem Kon- takt mit der Wunde stehen, so können auch mechanische Ursachen als Folge der Spannungsänderungen des Rindengewebes an den Wund- rändern jedenfalls nicht immer maßgebend sein. Sie werden aber ohne weiteres verständlich, wenn die Frage aufgeworfen wird, in- wieweit überhaupt die traumatropische Ablenkung der Nebenwurzeln mit etwaigen durch die Wunde veranlaßten Ernährungsstörungen im Zusammenhang steht. Grerade bei der Zukrümmung ist dies nämlich ganz offensichtlich der Fall. Der Zentralzylinder zeigte zurzeit, als die Wunde angebracht wurde, noch kein sekundäres Dickenwachstum, dagegen schon weitgehende Differenzierung der Leitelemente. War nun beispielsweise der eine Siebteil einer Lupinen- wurzel erheblicher verletzt worden, so wurde damit auch die Zufuhr plastischen Materials einseitig gestört, was sich um so fühlbarer machen mußte, als der Stoffverbrauch der gerade im Beginn der 1) Unter aussclilioßlicher Berücksichtigung der Krümmungen im Innern der Haupt- wurzelriiide würden sich diese Zahlen um ein weniges reduzieren. über Richtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 603 Streckung stehenden Nebenwurzel ein besonders hoher sein dürfte. Einseitig schlechtere Ernährung und entsprechend einseitige Wachs- tumshemmung der daneben bezw. akropetal sich anschließenden Nebenwurzeln, soweit sie mit dem betroffenen Phloemteil in Konnex stehen, folgt hieraus mit notwendiger Konsequenz und kommt in einer Zukrümmung der Nebenwurzel nach der Wundflanke zum Ausdruck, wie überhaupt deren Gesamtwachstum geschwächt erscheint. An jüngeren Stellen der Hauptwurzeln spielen diese Verhältnisse von vornlierein nur eine kleinere Rolle, insofern als die Differenzierung der einzelnen Gewebe noch nicht soweit vorgeschritten ist und der Defekt eventuell bis zum Hervorbrechen der Nebenwurzeln zum Teil repariert werden kann. Wenn trotzdem aber die Krümmung selbst bei stärkeren Wunden nach der entgegengesetzten Seite erfolgt, so ist dies ein Beweis, daß nicht Ernährungsstörungen sondern spezifische Reizvorgänge als Ursache in Betracht kommen'). Dies geht nocli daraus hervor, daß bei mehrstrahligen Hauptwurzeln auch solche Seitenwurzeln sich negativ traumatropisch krümmen, die nicht direkt Anschluß an einen verletzten Phloemstrang haben. Aber auch an älteren Stellen wird, abgesehen von dem extremen Falle einer Zu- krümmung zur Wunde, der nur schwache Ausfall der negativ trauma- tropischen Reaktion durch Ernährungsstörungen für gewöhnlich zum kleinsten Teil bedingt; dies geht daraus hervor, daß Wunden, die den Zentralzylinder in der üblichen Weise nur wenig oder überhaupt nicht direkt angreifen, ganz erfolglos bleiben. Tatsächlich kommt für eine Erklärung noch ein zweites Moment hinzu, nämlich besondere Verhältnisse, die die Perzeptionsfähigkeit für den Wundreiz an älteren Stellen nicht unwesentlich beschränken. Be- züglich der schon früher festgestellten Parallele zum traumatropischen Ablenkungsvorgange fällt besonders die außerordentlich geringe Regenerationsfähigkeit des Rindengewebes auf. Atzwunden, die bis zur Berührung der Endodermis nach innen vordringen, rufen weder in der inneren, noch äußeren Rinde wesentliche Veränderungen hervor'^). Das Perikambium bleibt unter solchen Umständen meist völlig passiv. Hierbei spielt die Funktion der, im Gegensatz zu 1) Es sei bemerkt, daß überall, wo es sich um Verlctzunsen des Plilonms haiidolt, selbst bei stärkeren Wunden eine „Ersatzreaktion", d. h. Ablenkung nach unten, relativ selten eintritt (vgl. S. 574). 2) Die Behauptung Massarts (S. .50), daß außerhalb der Wachstumszone die Rinde gegenüber Verwundungen nicht mehr zu reagieren vermag, ist bereits von Lopriore fix, S. 203) als unzutreffend zurückgewiesen worden. Meine Beobachtungen bestätigen 604 M. Nordhausen, unserem früheren Beispiel, jetzt fertig ausgebildeten Endodermis als „Schutzscheide" eine nicht unwesentliche Rolle. Auf Querschnitten war häufig zu beobachten, daß sich die Atzwirkung an der Peripherie des Zentralzylinders nach beiden Seiten tangential ausdehnte, jedoch infolge der Verkorkung der Endodermiszellwände weder in diese selbst einzudringen noch in ihr bezw. dem angrenzenden Perikam- bium Veränderungen hervorzurufen vermochte. Wurde dagegen die Endodermis gleichfalls zerstört, so traten in den benachbarten Geweben des Zentralzylinders reichliche Wundteilungen auf, die aber meist nur auf die allernächste Umgebung lokalisiert blieben. Erwachsen somit der Perzeption des Wundreizes im Peri- kambium infolge der besonderen Eigenschaften der Rinde und der Endodermis Schwierigkeiten, so macht sich auch das Alter und die Beschaffenheit der Nebenwurzelanlagen in gleichem Sinne geltend* Solange diese sich in den ersten Entwicklungsstadien befanden, war es erklärlich, daß der Reiz ohne Schwierigkeit zu dem Meristem, das ja gewissermaßen noch einen Teil des Perikambiums darstellte, ge- langen konnte. Die älteren Anlagen dagegen zeigen bereits annähernd die Form einer normal differenzierten Wurzelspitze. Für sie gelten naturgemäß die bekannten, von Spalding angegebenen Regeln, d. h. nur eine direkte Verletzung der äußersten Spitze vermag eine Reizkrümmung auszulösen. Dies traf in unseren Versuchen aber niemals zu und war bekanntlich mit Absicht vermieden worden. Nach allem läßt sich also feststellen, daß der geringe trau- matropische Erfolg von Wunden an älteren Wurzelstellen der Hauptsache nach bedingt ist durch Verhältnisse, die die Fortleitung des Reizes nach dem die Reaktion ausführenden Teil der Neben- wurzel ungünstig beeinflussen, die Reaktionsfähigkeit selbst dürfte sich nur unwesentlich mit dem Alter verändern, denn selbst aus- gewachsene Nebenwurzeln vermögen, wie eingangs erwähnt, sich traumatropisch zu krümmen, wenn sie an der Spitze verletzt werden. Es war früher schon konstatiert worden, daß an jungen Stellen der Hauptwurzel angebrachte Wunden selbst dann traumatropische Krümmungen der Nebenwurzeln auslösen, wenn die letzteren da- selbst, wie z. B. kurz hinter der Wachstumszone, ursprünglich kaum dies durchaus. Anderseits kann es aher nach obigem auch nicht überraschen, daß die Nebenwurzeln beim Durchbruch durch die Hauptwurzelrinde in dieser keine Wundtei langen mehr her^'orrufen, wie es Olufsen (S. 278) als besonders bemerkenswert hinstellt. über Richtung und "Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 605 der Anlage nach vorhanden gewesen waren. Entsprechend der in- zwischen weitergehenden Entwicklung erfolgt die Reaktion selbst aber erst nach 4 — 7 (8) Tagen und zeigt somit den Charakter einer typischen Nachwirkung. Wie ist dieser Vorgang zu verstehen? Entweder liegt eine frühzeitige Induktion des Meristems der Neben- wurzelanlagen vor, die sich bis zum Eintritt der Reaktion latent erhält, oder aber der Wundreiz selbst wirkt kontinuierlich. Zweifel- los ist die Frage in ersterem Sinne zu entscheiden, denn einige Tage vor dem Sichtbarwerden der Nebenwurzeln wurde erfahrungs- gemäß der Reiz überhaupt nicht mehr perzipiert. Außerdem vernarben kleinere Verletzungen, wie sie sich bei diesen Versuchen noch als wirksam erwiesen, so schnell, daß von einem anhaltenden Wundreiz nicht die Rede sein kann. Die soeben angeschnittene Frage beansprucht insofern ein weitergehendes Interesse, als sie in gleicher Formulierung bereits von Spalding (S. 438) in bezug auf die bekannten traumatropischen Krümmungen bei direkter Verletzung der Wurzelspitze aufgestellt und von Burns und Nemec (VI, S. 350) allerdings mit ver- schiedenem Resultat behandelt worden ist. Wenn nach Spalding Keimwurzeln sofort nach seitlicher Verletzung der Spitze in einen Gipsverband eingeschlossen werden, führen sie trotzdem, sobald nach ca. acht Tagen der Verband entfernt wird, traumatropische Krümmungen aus. Um allein die Krümmung, jedoch nicht das Wachstum zu verhindern, ließ Burns die Wurzeln sofort nach der Operation durch enge Glasröhren wachsen, aber selbst nach einer Längenzunahme von 6 cm trat bei Austritt aus der Röhre, d. h. nach mehreren Tagen der gleiche Krümmungserfolg ein. Unter gleichzeitiger Berücksichtigung anatomischer Untersuchungen schließt Burns daraus, daß, solange die Wunde noch nicht vernarbt ist, ein dauernder traumatischer Reiz von ihr ausgeht. Diese Schlußfolgerung ist jedoch, wie schon Nemec (VI, S. 351) mit vollem Recht betont, durchaus nicht bindend, denn eine länger andauernde Induktion kann insofern sehr wohl in Betracht kommen, als bei der späteren Krümmung tatsächlich noch direkte Nach- kommen der ursprünglich in Reizzustand gesetzten Meristemzellen in der Streckungszone mitwirken. Nemec kommt auf Grund von eingehenden Versuchen, die zum Teil von mir mit gleichem Erfolge wiederholt wurden, zu dem offenbar richtigen Resultat: „daß der traumatische Reiz schon vor einer völligen Regeneration ver- schwindet und zwar etwa gleichzeitig mit dem Einsetzen der spe- Jahtb. f. wiss. Botanik. XLIV. 39 606 ^' Nordhausen, zifischen Vernarbungs- oder Regenerationsprozesse". Hiermit steht es z. B. im Einklang, daß nach meinen Erfahrungen auf dem Klino- staten, wo störende Gegenwirkungen des Geotropismus ausgeschlossen sind, die traumatropischen Krümmungen bereits nach ca. 24 (selten 36) Stunden ihr Maximum erreichten. Im Gegensatz zu Bums zieht Nemec (VI, S. 354) den weiteren Schluß, „daß infolge einer einseitigen Verwundung des Wurzelmeristems die motorische Zone der Wurzel mit einem Impuls zur Krümmung ge- laden wird, welcher jederzeit, wo der Wurzel die Krümmung er- möglicht wird , die Reaktion ohne weitere Zuleitung eines Reizes von der Wunde herbeiführen kann". Diesem Satz entsprechen vollkommen die hier an Nebenwurzeln gemachten Beobachtungen. IV. Zur Erklärung des von Noil beschriebenen Einflusses von Wurzelkrümmungen auf Wachstum und Orientierung der Seitenwurzeln. Mehrfach schon hatte sich Gelegenheit geboten, auf die eigen- artigen Wachstumsverhältnisse der Nebenwurzeln an gekrümmten Strecken des Mutterorgans hinzuweisen, die von NoU (II) entdeckt und niiher beschrieben worden sind. Bekanntlich handelt es sich darum, daß an den betreffenden Stellen die Nebenwurzeln auf der Konvexseite besonders gefördert, auf der Konkavseite mehr oder minder unterdrückt werden, auf den beiden Flanken dagegen sich nach der Konvexseite, d. h. nach außen krümmen. Es ist gleich- gültig, welcher Art die Krümmung ist, ob mechanischen oder tro- pistischen Ursprungs, nur gilt als Voraussetzung, daß die gekrümmte Wurzelstrecke ursprünglich frei von Nebenwurzelanlagen war. Ohne Schwierigkeit kann man sich durch Nachprüfung mit dem ver- schiedenartigsten Material von der Richtigkeit dieser Tatsachen überzeugen. Noll (II, S. 390) hat sich bemüht, dieselben Erscheinungen auch auf anderem Wege experimentell hervorzurufen und zwar unter besonderer Berücksichtigung der Gewebespannungen, ohne jedoch zu einem positiven Resultat zu gelangen. Mangels einer anderen Erklärung und mit Rücksicht auf das Vorkommen der gleichen Gesetzmäßigkeiten bei einzelligen, nicht gewebebildenden Organismen glaubte er daher der Pflanze ein besonderes Empfindungs- vermögen für ihre eigenen Formverhältnisse zuschreiben zu müssen, das er Morphästhesie nennt, indem er hierunter gleichzeitig die über Richtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. (507 bekannten Erscheinungen der Exotrophie, Rektipetalität usw. zu- sammenfaßt. Die Frage, ob es nicht doch möglich sei, die soeben genannten Wachstumsvorgänge auch unabhängig von Krümmungen der Haupt- wurzel experimentell hervorzurufen, nahm für mich greifbarere Gestalt an, als ich im Anschluß an den Abschnitt III Versuche mit einseitiger Verletzung der Hauptwurzel innerhalb der Wachstums- zone ausführte. Gelingt es nämlich, die unter gewöhnlichen Ver- hältnissen als Folge der Wunde sich stets einstellenden Krümmungen der Hauptachse zu vermeiden, so sieht man gegenüber der Wunde stets ein oder mehrere Nebenwurzeln besonders krüftig ausgebildet, wiihrend sie seitlich von der Wunde nach jener Seite, d. h. von der Wunde fort abgelenkt sind; es entstehen also an dieser Stelle Bilder, die im Prinzip den von Noll beschriebenen durchaus ent- sprechen. Trotz der unter ganz ähnlichen Bedingungen von Noll erzielten, negativen Resultate drängte sich mir die Vermutung auf, daß sämtliche Erscheinungen auf gleichen Ursachen beruhen müssen. Im folgenden soll dieser Gedanke näher geprüft, sowie des weiteren über einige andere Versuche berichtet werden, die etwa zur Lösung der Frage beitragen können. 1. Die Wirkung und Bedeutung- seitlicher Wunden. Die sich mit der Wirkung einseitiger Wunden beschäftigenden Versuche haben einige Ähnlichkeit mit den im Abschnitt III be- schiiebenen. Die Verletzungen wurden meist einzeln als punktförmige Atz-, Brand- oder Schnittstellen unter Anwendung von Höllenstein bezw. eines heißen, zugespitzten Glasstabes oder als leichte Quer-, seltener Längseinschnitte angebracht. Querschnitte fanden jedoch die häufigste Verwendung, da sie schon allein ihrer scharfen Be- grenzung wegen sich als besonders geeignet erwiesen, wie überhaupt die Ausdehnung und Tiefenabmessung der Wunde an mikroskopischen Quer- und Längsschnittpräparaten stets nachgeprüft wurde. Zur Regulierung der Schnittiefe wurde die Messerklinge, in ähnlicher Weise wie Noll (II, S. 391) angibt, mit einer Hemmleiste aus Paraffin oder Siegellack versehen. Wenngleich es aus später zu nennenden Gründen darauf ankam, die Wunde so klein wie möglich unter strenger Schonung des Zentralzylinders zu wühlen, zeigte es sich für den Erfolg als unwesenthch, ob dieser verletzt wurde oder nicht. In letzterem Falle konnten allerdings, wie von -früher her bekannt, Wundteilungen leicht auch im Perikambium eintreten, 3'J* ßQg M. Nordhausen, doch ist selbst dies, wie besonders hervorgehoben werden muß, zum Erfolge durchaus nicht notwendig. Diese Bedingung wird namentlich von Wunden erfüllt, die ca. V4 — V2 der Rindendicke einnehmen. Im übrigen braucht, wie es scheint, die Verletzung um so kleiner zu sein, je jünger die betreffende Wurzelstelle ist. Für gewöhnlich wurde der Abstand der Wunde von der Wurzel- spitze V2 — 1 cm, selten zum Vergleich etwas größer gewählt. Näher an die Spitze heranzugehen, war deshalb nicht empfehlenswert, als abgesehen von sonstigen KompHkationen durch die nachträgliche Streckung der Wundstelle störende Anomalien im anatomischen Bau der Wurzel entstanden. Als Versuchsmaterial dienten die mehrstrahligen Keimwurzeln von Faba und Pisum, vor allem aber die diarchen Lupinenwurzeln. Bei letzteren war naturgemäß das Resultat von der Lage der Wunde abhängig, je nachdem die beiden Nebenwurzelreihen seitlich von dieser oder mit ihr in derselben Medianebene lagen. Im ersten Falle konnte nur die Ablenkung, im zweiten Falle nur die Förderung der Nebenwurzeln beobachtet werden '). Der wichtigste Teil der Versuchsanordnung galt der Verhütung von Krümmungen der Hauptwurzel. Nach Spalding (S. 424) tritt bekanntlich im Gegensatz zu der echten traumatischen eine sogen, „mechanische" Krümmung ein, sobald die Wachstumszone außer- halb des 1 — 2 mm langen Spitzenteils verletzt wird. Auch diese Krümmung, auf deren Konkavseite die Wunde liegt, ruft, wie man sich leicht überzeugen kann, die beschriebenen Wachstumseigen- tümlichkeiten der Nebenwurzeln hervor und zwar bemerkenswerter- weise in gleichem Sinne, wie wenn sie künstlich verhindert wird. Um daher keinen Täuschungen zu verfallen, war die peinlichste Sorgfalt bei der Kontrolle der Wurzeln nach Schluß des Ver- suches nötig. Bei Anbringung eines einzelnen leichten Querschnitts genügte häufig schon der Widerstand des Kulturmediums, um eine Auswahl vollkommen gerade gebliebener Wurzeln sjiätei"hin treffen zu können, vorausgesetzt, daß die Objekte unverzüglich nach der Ope- ration unter Benutzung vorgebohrter Löcher in Erde gesetzt und diese vorsichtig fest- gedrückt wurde. Offenbar durch den Druck der beiden Wuudränder konnte sogar ge- legentlich eine minimale Krümmung nach der entgegengesetzten Seite eintreten, so daß die Wunde auf der Konvexseite stand, was für die Beurteilung der Versuchsresultate eher günstig als schädlich war. Brand- und Ätzwunden waren unter gleichen Umständen nicht zu verwerten; ilire größere Flächenausdehnung rief zu energische Krümmungs- bestrebungen hervor. 1) Über die anatomischen Verhältnisse der Lupinenwurzeln vgl. S. 572, über Kichtung und Wachstum der Seiteiiwurzeln unter dem Einfluß usw. 609 Sicherer gelaugte ich zum Ziel unter zeitweiliger Anwendung mechanischer Hilfs- mittel, die ohn^ das Längen- und Dickenwachstum zu behindern, seitliche Krümmungen ausschlössen. Besonders gut bewährten sich einige cm lange Strohhalmstücke, in welche die Wurzelspitze sofort nach der Operation gesteckt wurde. Mit diesem Verbände blieben die Objekte 2—3 Tage in Erde, um späterhin nach Entfernung derselben in normaler Weise (in Erde) weiter kultiviert zu werden. Vorsicht beim Umpflanzen war jedenfalls noch geboten, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Spannungstendenzen sich für gewöhnlich ausgeglichen hatten, und nachträgliche Formänderungen infolge des vorgerückten Alters der betreffenden Stellen sowieso keinen Einfluß mehr hätten ausüben können. Die Verband- dauer noch weiter auszudehnen, war im Interesse einer Verhütung von Druckschäden nicht rätlich. Strohhalme haben vor Glasröhren den Vorzug, daß sie der Dickenzunahme der Wurzeln elastisch etwas nachgeben, event. auch von diesen der Länge nach gesprengt werden, was ihrer Haiiptfunktion jedoch keinen Abbruch tut, da abgesehen von ihrem faserig -festen Gefüge der Widerstand des umgebenden Erdreichs ganz erheblich mitwirkt'). Im Gegensatz zu Glasröhren können sie daher von Anfang an so dünn gewählt werden, daß tatsächlich jede, selbst die geringfügigste Krümmung verhindert wird. Nur ein kleiner Übelstand macht sich dabei in bezug auf die Beobachtung seitlicher Ablenkungen der Nebenwurzeln bemerkbar. Ähnlich wie bei partieller Berührung mit Luft (vgl. S. 590, Anm. 1) fällt die spätere Nebenwurzelbildung an den Verbandstellen relativ spärlich aus, so daß die Quantität des Beobachtungsraaterials zu wünschen übrig ließ. Im Gegensatz hierzu hebt sich die lokale Förderung der Nebenwurzeln auf der der Wunde entgegen- gesetzten Seite um so schärf&r hervor. Dem letzterwähnten Übelstande wurde in anderer Weise abgeholfen. Aus einer reichlich 0,5 — 1 cm dicken Gipsplatte wurden viereckige Klötze von ca. 10 — 15 cm Länge und 1,5 cm Breite herausgeschnitten und in der Mitte der einen völlig glatten Längsfläche mit einer der Dicke der Wurzeln entsprechenden Rinne von halbkreisförmigem Querschnitt versehen. Mit Rücksicht auf die größere Dicke der Wurzelbasis wurde die Rinne an einem Ende entsprechend erweitert. Die Wurzel wurde nach der Wundoperation ihrer ganzen Länge nach in die Rinne gelegt, und zwar so, daß die zu erwartenden Krümmungs- bestrebungen sich möglichst in der senkrecht zur Gipsfläche stehenden Ebene vollziehen nmßten. Das ganze wurde mit einem schmalen Streifen eines besonders zarten, leinwand- artigen Stoffes (der aus Baumwollfasern bestand) an der Wurzelbasis bginnend, spiralig fest umwickelt, so daß die Ränder sich gegenseitig deckten. Stoff und Gips waren vorher angefeuchtet worden. Die Wurzeln der so behandelten Pflanzen, die in üblicher Weise bei normaler Stellung in Erde kultiviert und nach 2 — 3 Tagen aus dem Ver- bände befreit wurden, wuchsen vollkommen gerade innerhalb der Rinne weiter, während der Stoffstreifen infolge seiner Elastizität Deformationen der Wurzel verhinderte*). Da Wasser überall an die Wurzel ungehindert gelangen konnte, so war die Nebenwurzel- bildung vollkommen normal. 1) Bisweilen ist es geradezu empfehlenswert, die Strohhalme vor Gebrauch unter rollender Bewegung zwischen den Fingern leicht zusammenzudrücken und so mit kleinen Längsrissen zu versehen. Sie vermögen sich so der Wurzel leichter anzuschmiegen, namentlich wenn diese nach der Basis zu etwas an Dicke zunimmt. 2) War es zu besonderen Zwecken nötig, die Wurzeln längere Zeit im Verbände zu belassen, so empfahl es sich zur Vermeidung von Druckschäden die Bandagen ge- legentlich zu erneuern. 610 ^' Nordhausen, Mit den beschriebenen Maßnahmen sind jedoch noch nicht alle Vorsichtsmaßregeln erschöpft. Fertigt man nach vollständiger Beendigung des ganzen Versuchs einen die Wundstelle halbierenden medianen Längsschnitt durch die Hauptwurzel an, so kann man selbst an äußerlieh völlig gerade erscheinenden "Wurzeln nicht selten eine, wenn auch vielfach kaum merkliche Krümmung des Zentralzylinders allein feststellen, derart, daß dessen Kontur auf der Wundseite konkav, auf der entgegengesetzten Seite konvex verläuft. Da zweifellos anzunehmen war, daß hierdurch die gleichen Wirkungen wie bei vollständig gekrümmten Wurzeln im N oll sehen Sinne ausgelöst werden, da ja die Nebeuwurzeln vom Zentralzylinder entspringen, so mußten naturgemäß derartige Fälle unberücksichtigt bleiben und eine strenge Auswahl völlig einwandsfreier Exemplare getroffen werden. Unter Berücksichtigung aller besprochenen Kautelen ergaben sich am Schluß beispielsweise für Lupimis folgende Resultate. Nebenwurzeln, die genau seitlich von der Wunde standen, waren von dieser fort nach der entgegengesetzten Seite gekrümmt und zwar sowohl innerhalb als auch außerhalb der Hauptwurzelrinde. Der Wunde genau gegenüber war anderseits eine, selten mehrere Seiten- wurzeln inseriert, die sich durch Stärke, Länge und frühzeitiges Her- vorbrechen den Normalwurzeln gegenüber als besonders gefördert erwiesen. Ihre Wachstumsrichtung war durchschnittlich normal, ver- einzelt erschienen sie ein wenig stärker zum Horizont geneigt. Die fördernde Wirkung der Wunde erstreckte sich streng genommen nur auf die ursprüngliche Zuwachszone der Keirawurzel, d. h. bis zu einer Entfernung von ca. 1 cm von der Spitze. Bis zu einem gewissen Grade ließ sich aber ein Einfluß darüber hinaus bis zu 1,5, eyent. sogar 2 cm insofern feststellen, als ganz regelmäßig sich direkt der Wunde gegenüber eine Nebenwurzel vorfand, die im ül)rigen allerdings vollkommen normales Aussehen hatte. Namentlich an spärlich mit Seitenwurzeln besetzten Stellen war diese lokale Be- vorzugung besonders in die Augen springend. In noch größerer Entfernung von der Spitze fiel auch diese Wirkung fort. Bezüglich der seitlichen Ablenkung der Nebenwurzeln ließ sich eine scharfe Grenze des Wirkungsbereichs nicht ziehen, da die bekannte, äußer- lich ähnlich beschaffene traumatische Reaktion an ihre Stelle trat. Näheres hierüber wird noch später zu besprechen sein. Wurden innerhalb der Wachstumszone mehrere Querschnitte übereinander in etwa je 1 mm Abstand oder, wenn auch mit weniger gutem Erfolge, ein Längsschnitt von entsprechender Ausdehnung angebracht, so war die Zahl der abgelenkten Nebenwurzeln in gleichem Maße größer bezw. solche überhaupt nur einseitig orientiert, während die Wundseite frei von ihnen blieb. In letzterem Falle machte sich also nicht nur eine Förderung auf der entgegengesetzten über Kichtung und Wachstum der Seitenwuizeln unter dem Einfluß usw. 611 Seite, sondern auch -eine Hemmung der Nebenwurzelbildung auf der Wundseite selbst l^emerkbar, die sich der nachträglichen Streckung jener Stellen entsprechend schließlich auf ein größeres Stück verteilte. Die Fähigkeit, Nebenwurzeln auf der Wundseite zu bilden, war jedoch der Wurzel keineswegs verloren gegangen, denn sobald z. B. einer der unteren Quereinsclinitte den Zentral- zylinder ausnahmsweise ein wenig tangierte, trat eventuell dicht ober- halb desselben, also mitten zwischen den Schnittwunden eine der bekannten starkgeneigten „Ersatzwurzeln" auf. Wurden beide Xylemstreifen mit zwei genau opponiert stehenden Schnitten versehen, so unterblieb die Wirkung. Differierten die Einschnitte in der Höhe, so trat entsprechend beiderseitige För- derung der Nebenwurzeln ein; allerdings war unter solchen Um- ständen die Krümmungstendenz der Hauptwurzel aus leicht er- klärlichen Gründen so stark, daß deren Unterdrückung nur selten in einwandfreier Weise gelang. Für beiderseitige Verletzung der Phloemflanken gilt in allem das gleiche. Die Wurzeln von Pisum und Faba zeigten in allen Punkten dasselbe Verhalten, nur traten entsprechend der anderen Verteilung der Nebenwurzeln Ablenkung und Förderung gleichzeitig auf"). Außerdem war gemäß der größeren Zahl von Orthostichen die Zahl der gleichzeitig reagierenden Nebenwurzeln durchschnittlich eine etwas größere. Am meisten gefördert war z. B. stets die Neben- wurzel, die der Wunde genau gegenüber stand. Es wird nunmehr die Frage zu erörtern sein, welche Ursachen im speziellen den beschriebenen Vorgängen zugrunde liegen. Mit Rücksicht auf die Versuchsanordnung tritt naturgemäß die Mög- lichkeit traumatischer Einflüsse in den Vordergrund. In bezug auf die seitliche Krümmung der Nebenwurzeln liegen die Verhältnisse tatsächlich zunächst auch nicht so eindeutig. Aus Abschnitt III ist bekannt, daß außerhalb der Wachstumszone eine seitliche Verletzung der Hauptwurzel traumatropische Fortkrümmung der Nebenwurzeln von der Wundflanke fort zur Folge hat. Da in unserem Falle die Ablenkung in gleichem Sinne erfolgte, so erscheint naturgemäß die Annahme naheliegend, daß auch für die Wachstumszoue selbst die- selben Gesetzmäßigkeiten obwalten. Hiergegen sprechen einige deutliche Differenzpunkte beider Reaktionen. 1) Bis zu einem gewissen Grade ließ sich dies auch bei Lupinus erzielen, wenn die Wunde zwischen einem Phloem- und Xyleniteil, d. h. diagonal orientiert war. g|2 ^^' Nordliausen, Zunächst ist zu berücksichtigen, daß Nebenwurzelanlagen inner- halb der Zuwachszone ganz fehlen, mikroskopisch sich sogar erst in wesentHch größerer Entfernung von der Spitze (3 — 4 cm, vgl. S. 615) nachweisen lassen. Gleichzeitig verläuft der Vernarbungs- prozeß an diesen jungen Stellen, namentlich wenn Schnittwunden vorliegen, die für traumatropische Versuche sich nach früheren Angaben überhaupt wenig eignen, außerordentlich schnell, so daß die erst später auftretenden Nebenwurzelanlagen kaum noch von einem Wundreiz getroffen werden können. Noch hinzu kommt, daß die Wunden selbst bei viel geringerer Größe, im Gegensatz zum Abschnitt III, auch dann noch wirksam sind, wenn der Zentral- zylinder völlig intakt bleibt und selbst das Perikambium sich nicht an den Wundteilungen beteihgt, ein Punkt, der für den Eintritt der traumatropischen Reaktion direkt Bedingung war. Die Reaktion beschränkt sich nur auf die eigenthche Wundzone, d. h. die be- kannte Fortleitung des etwaigen Wundreizes in der Längsrichtung fehlt. Dies ist insofern bemerkenswert, als die Befähigung der Zuwachszone zu derartigen Reizleitungeu durch die typische trauma- tropische Krümmung der Hauptwurzel infolge Spitzenverletzung bekanntlich erwiesen ist. Ist somit fast mit vollkommener Gewißheit zu schließen, daß die fraghche Ablenkung nicht traumatischer Natur ist, so erscheint mir vor allem ausschlaggebend der Umstand, daß die unter gleichen Verhältnissen auftretende und zweifellos durch die gleichen Ursachen bedingte Förderung der der Wunde gegenüber liegenden Neben- wurzeln, wie sofort zu beweisen sein wird, vom Wundreiz vollkommen unabhängig ist. Daß letzterer allerdings unter Umständen die Organ- bildung nicht unwesentlich zu beeinflussen vermag, beweisen die folgenden Beobachtungen Vöchtings (S. 88, 89). Wird die Rinde sekundär verdickter Wurzelstücke von Populus düatata durch tiefe bis auf das Holz gehende Längsschnitte verletzt, „so bilden sich in der Regel auf dem durch die Verwundung hervorgerufenen Callus zahlreiche Adventiv-Knospen". Auch kann an Zweigstücken, ent- gegen der bestehenden Polarität, an dem Basalende eine Knospe zum Austreiben gebracht werden, wenn deren Ansatzstelle durch die untere, das Zweigstück begrenzende Schnittfläche leicht getroffen wird. Vöchting sieht in letzterem Falle die Ursache „in der erhöhten Tätigkeit, welche in der Nähe der Knospen bei der Ver- narbung stattfindet"; „die Nahrungszufuhr zu der letzteren kommt auch der ersteren zugute". Im engeren Sinne kann diese Er- über Richtung uud ■Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 613 klärung nun zwar auf unseren Fall schon insofern keine Anwendung finden, als es hier zu einer Calhisbildung überhaupt nicht kommt. Eher müßte angenommen werden, daß der Wundreiz direkt auf das Perikambium als Ursprungsstelle der Nebenwurzelanlagen anregend wirkt. Aber auch diese Möglichkeit erweist sich als unvereinbar mit den speziell an Lujrinus gewonnenen Erfabrungen. Wird eine der Phloemflanken allein unter sonst gleichen Bedingungen ver- wundet, sei es mit oder ohne Störung des Zentralzylinders, so tritt bekanntlich eine Förderung der Nebenwurzeln nicht ein, obwohl sie doch der Wunde näher stehen als in dem typischen Falle; d. h. eine Verwundung der Wurzel bezw. des Zentralzylinders schlecht- hin hat keineswegs immer Erfolg. Wird dagegen eine Xylemflanke, selbst unter vollständiger Schonung des Zentralzylinders, verletzt, so macht sich eine Wirkung nicht etwa, wie erwartet werden müßte, in allernächster Nähe der Wunde, d. h. an derselben Orthostiche geltend, vielmehr findet die Reaktion räumlich ziemlich entfernt davon auf der entgegengesetzten, intakten Wurzelseite statt'). Unbedenklich kann also dem Wundreiz jede direkte Mitwirkung abgesprochen werden. Um einem Mißverständnis vorzubeugen, sei dieser Stelle gleich die Besprechung eines Versuches angegliedert, der in anderer Hinsicht einiges Interesse bot. Wurde auf der Phloemflanke einer Lupinenwurzel ein kurzer medianer Längsschnitt oder mittels einer feinen Glasnadel in radialer Eichtung ein Einstich so tief geführt, daß zum mindesten das Mark des Zentralzylinders getroffen oder noch besser ganz durchbohrt wurde, so zeigten sich auf beiden Seiten rechts und links von der Wunde stets je eine bis mehrere geförderte Nebenwurzeln. Gleichzeitig war an der Hauptwurzel selbst eine Veränderung vor sich gegangen, die meist schon äußerlich in Gestalt einer tonnenförmigen Auftreibung hervor- trat. Vor allem war aber stets an einem medianen Längsschnitt die gleiche Veränderung an den Konturen des Zentralzylinders zu erkennen. Hierbei handelte es sich zum Teil wohl um eine mechanische Druckwirkung des am Wundheilungsprozesse beteiligten Mark- gewebes im Innern des Zentralzyliuders, zum Teil um Wachstumsvorgänge, die bei späterer Gelegenheit noch zu besprechen sein werden (vgl. S. 624). Es war nun genau zu ver- folgen, wie die Verteilung der geförderten Nebenwurzeln überall den konvex gekrümmten Grenzflächen des Zentralzylinders im N oll sehen Sinne entsprach, gleichsam als wenn jede Hälfte desselben für sich einer gebogenen Wurzel angehörte. Dementsprechend standen die betreffenden Nebenwurzeln eventuell auch dicht ober- bezw. unterhalb der Wunde. Da sie ferner meist normale Stellung zum Lot aufwiesen, so konnte es sich auch nicht um jene bekannte „Ersatzreaktion" handeln, die allerdings in einzelnen Fällen mit ihren charakteristischen Eigentümlichkeiten eintrat, sobald nämlich besonders, viel Gewebe zerstört oder gleichzeitig ein Xylemteil verletzt worden war (vgl. S. 571). Eine Verwechselung war jedenfalls nicht möglich. 1) An diesem Tatbestande ändert auch eine ganz seltene Ausnahme nichts, die auf S. 626 (Anm.) noch besprochen werden soll. gl4 M. Nordhausen, Eine direkte Einwirkung des Wundreizes liegt also auch hier nicht vor. In Über- einstininiung damit konnte ich nicht selten an intakten Wurzeln von Fnba, die in Wasserkultur gezogen worden waren, ganz ähnliche Anschwelhmgen mit lokaler Förderung der Nebenwurzeln beobachten, wobei der Zentralzylinder sich in gleicher Weise verändert zeigte. Beide Beobachtungen lassen die wichtige Schlußfolgerung zu, daß Krümmungen der Wurzel- oder richtiger der Zentralzylinderoberfläche auch dann eine Förderung der Nebenwurzelbildung im Nollschen Sinne zur Folge haben können, wenn die Symmetrie- verhältnisse der ganzen Wurzel dadurch nicht verändert werden. Mit Bestimmtheit kann also definitiv behauptet werden, daß die Wachstumseigentümlichkeiten der Nebenwurzeln an den Wund- stellen nicht durch den Wundreiz hervorgerufen werden. Berück- sichtigt man nun, daß ebendaselbst ohne Anwendung von Verbänden Krümmungen der Hauptwurzel entstanden wären, die dieselben Erscheinungen in gleichem Sinne verursacht hätten, so ergibt sich wohl zwanglos eine gemeinsame Beziehung in Gestalt von Spannungs- differenzen im Wurzelgewebe, die Noll allerdings berücksichtigt, jedoch zugunsten der Morphästhesie ablehnen zu müssen geglaubt hat. Eine Änderung der Gewebespannung tritt in jedem Fall ein, wenn die Wurzel einseitig verletzt wird, ganz gleichgültig, ob die Krümmung zustande kommt oder durch besondere Maßnahmen verhindert wird. Änderungen der Gewebespannung spielen auch bei anderen Krümmungsarten eine Rolle. Wie allerdings im einzelnen sich die Verhältnisse gestalten, wird erst später nach Zusammenstellung weiteren Tatsachenmaterials ausgeführt werden können. Trotz seiner schon erwähnten negativen Erfahrungen mit Gewebe- spannungen greift übrigens auch Noll (III, S. 403) neuerdings auf Spannungsverhältnisse zurück, nur werden diese mit Rücksicht auf Beobachtungen an einzelligen Organismen in die Hautschicht des einzelnen Protoplasten verlegt, womit der Morphästhesie eine greif- barere Basis gegeben wird. Meines Erachtens steht diese Annahme aber mit jenen negativen Erfahrungen in einem gewissen Gegensatz. Man sollte meinen, daß Änderungen im Spanuungszustande eines Gewebes sich auch in dem der Protoplasmahautschicht der einzelnen Zelle wiederspiegeln müßte, sofern die Annahme solcher Spannungen überhaupt zulässig ist. Meine positiven Resultate würden daher nicht ohne weiteres im Gegensatz zu der neuesten Auffassung Nolls stehen brauchen. Die Ablehnung der Gewebespannung als kausales Moment begründet Noll mit dem Ausfall zweier Versuchsserien, von denen die eine auf dem gleichen Prinzip der Ver- letzung der Hauptwurzel wie in meinen Versuchen aufgebaut ist. Ich will versuchen, über Richtung und Wachstum Jer Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 615 die Differenzen unserer Kesultate aufzuklären. Um die Rindenspannung einseitig zu ver- ändern, wurden die Wurzeln von Noll (II, S. 390) durch seichte Quer- oder Längs- einschnitte verwundet oder duixh vorübergehende Plasmolyse lokal zum Absterlien gebracht. Dabei fällt auf, daß strengere Vorkehrungen gegen etwaige Krümmungsbestrebungen der Wurzeln, wie sie sich als Folge tatsächlich vorhandener Spannungen hätten einstellen müssen, nicht getroffen wurden. Da dies von Noll zweifellos berücksichtigt worden wäre, so ist anzunehmen, daß die beabsichtigten Spannungsdifferenzen nur in unzureichender Weise erzielt wurden. Als Grund kommt offenbar das Alter der behandelten W^urzel- stellen in Betracht. Nach Sachs (I, S. 435, 437) und Pollock (S. 48) ist die Ge- webespannung') in der intakten Wurzel außerhalb der Wachstumszone sehr gering und kehrt sich an älteren Stellen sogar um. An gleichen Stellen rufen aber auch Wunden nach S pal ding (S. 428) keine, nach meinerf eigenen Beobachtungen nur bei ganz be- sonders starker Einwirkung noch sog. „mechanische" Krümmungen hervor. Ein wesent- licher Erfolg ist demnach bei dieser Versuchsanstellung von vornherein nur in der Wachstuniszone zu erwarten, zumal vor allem durch Änderung der Wachstumsgeschwindigkeit der einzelnen Gewebe eine beträchtliche Verstärkung der Wirkung hinzukommt (vgl. S. 624). Soweit aus seiner Darstellung hervorgeht, hat Noll wohl nur mit solchen etwas älteren Stellen gearbeitet, wozu eine Berechtigung insofern vorlag, als erfahrungsgemäß der Einfluß von künstlichen Krümmungen intakter Wurzeln sich soweit erstreckt, als Nel)en- wurzelanlagen noch nicht vorhanden sind. Nach Figur 2 (Noll a. a. 0.) dürfte diese Strecke mehrere Zentimeter betragen, was sich mit meinen mikroskopischen Befunden von durchschnittlich 3—4 cm^) für Lupinus deckt, wenngleich nach dem Resultat der früher beschriebenen Dekapitationsversuche zu urteilen, die Anlagestellen wohl schon etwas früher prädestiniert sein dürften. Zweifellos haben aber auch Spannungsdifferenzen von gleicher Größe eine um so stärkere Wirkung, je jünger die betreffende Wurzelstelle ist. Jedenfalls beweisen die bekannten Erfolge von geotropischen und anderen tropistischen Krümmungen, daß Spannungsdifferenzen schon allein innerhalb der Wachstuniszone völlig ausreichen. Wenn anderseits gewaltsame Krümmungen der ganzen Wurzel, wie Noll gezeigt hat, noch an solchen älteren Stellen eine Wirkung hervorrufen, wo seitliche Wunden versagen, so ist dies in Anbetracht der im ersten Falle tatsächlich erzielten, sehr beträchtlichen Spannungs- differenzen ohne weiteres verständlich. Der Unterschied unserer Versuchsresultate dürfte sich somit ohne Schwierigkeit aufklären. 2. Transpiration sversiiclie. In gleicher Weise wie bei den letzt besprochenen Versuchen erzielte Noll negative Resultate, als er durch schwache Transpiration den Wassergehalt und damit die Turgorspannung innerhalb der einen Längshälfte der Wurzel herabzusetzen versuchte. Auch diese Versuche wurden von mir wiederholt und zeitigten nach einigen anfänglichen Mißerfolgen überraschend günstige positive Resultate, wie dies nach den bisherigen Erfahrungen auch erwartet werden mußte. 1) Es handelt sich hier stets um Längsspannnngen. 2) Die Grenze läßt sich nicht ganz scharf ziehen, da sie von der Wachstums- geschwindigkeit der Wurzel abhängt. gl g M. Nordhausen, Versuche dieser Art, über deren Bedeutung für unser Problem dem eben gesagten kaum etwas hinzugesetzt werden braucht, haben mit der Schwierigkeit zu kämpfen, wirksame Feuchtigkeitsunter- schiede auf einem der Wurzeldicke entsprechenden Abstand von nur 1 — 2 mm praktisch herzustellen. Allem Anschein nach ist diese Bedingung in den N oll sehen Versuchen nicht hinreichend erfüllt worden. Noll (II, S. 393) legte die Wurzeln der Länge nach horizontal auf feuchte Erde und drückte sie so tief in diese hinein, daß nur die eine Längshälfte mit der Luft, deren Feuchtig- keitsgehalt durch besondere Vorkehrungen reguhert wurde, in Be- rührung stand. Die Wurzelspitze wurde ganz mit Erde bedeckt. Es ist klar, daß bei diesem Verfahren sich einerseits direkt über der Erdfläche eine ziemlich wasserdampfreiche Atmosphäre an- sammeln mußte, während anderseits die Wasserzufuhr auf der Unterseite nicht ausreichte, um eine weitergehende Steigerung der Verdunstung auf der Oberseite ohne Gefährdung der Pflanze zu- zulassen. Demzufolge scheinen auch hier wieder Krümmungs- bestrebungen der Wurzel, wie sie als teilweiser Gradmesser tat- sächhch vorhandener Spannungsdifferenzen gelten müssen^), nur in geringem Maße vorhanden gewesen zu sein, da außer der Belastung der Wurzelspitze mit Erde keine Vorkehrungen dagegen getroffen waren. Nach meinen mit Lupinus und Faba gemachten Erfahrungen erwies sich folgende Versuchsanstellung als recht geeignet: Schmale Glasstreifen oder Gipsklötze') von ca. 10 — 20 cm Länge und 1,5 — 2 cm Breite wurden einseitig mit 4 — 8 Lagen feuchten Fließpapiers helegt und auf diese die ca. 4 — 6 cm langen Keimwurzeln ihrer vollen Länge nach montiert, derart, daß der "Wurzelhals mit dem einen Ende der Unterlage abschloß. Die Befestigung geschah so, daß der ca. V2 cm lange Spitzenteil und der Wurzelhals mit je einem schmalen (ca. V2 cm breiten) angefeuchteten Leinwandstreifen samt der Unterlage mehrmals umwickelt wurde, was gleichzeitig dem Zwecke einer reich- licheren Wasserzufuhr diente. Die Wurzelspitze war in ihrem Wachstum hierdurch nicht gehindert. Um den mittleren, für den Versuch allein in Betracht kommenden Teil der Wurzel gerade und in stetem Kontakt mit dem feuchten Fließpapier zu erhalten, wurde er mit einem ca. 7i~ 1 Dim schmalen, ganz dünnen Streifen aus Eaphiabast, gleichzeitig mit der Unterlage, in einer Spirale umwickelt, deren Windungen je ca. 1 cm Abstand voneinander hatten. Noch sicherer wurden etwaige Verhiegungen dadurch ausgeschaltet, daß die Wurzel der ganzen Länge nach mit Gelatine auf der obersten Fließpapierschicht befestigt wurde. Am bequemsten geschah dies, indem ich zunächst einen mit Gelatine- lösung getränkten Fließpapierstreifen von dem Umfange der Unterlage an die noch freie 1) Bekanntlich krümmen sich auf feuchter Unterlage freiliegende Wurzeln, indem sie jener ihre Konvexseite zukehren. 2) Diese waren % — 1 cm dick und vor Gebrauch mit Wasser getränkt. über Richtung und "Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 617 Wurzel anklebte und beides erst dann auf der Fließpapierunterlage befestigte. Wenn auch die feuchten Fließpapierstreifen allein schon ziemlich fest aneinander adhärierten, so wurde die oben erwähnte Leinwandwickelung außerdem noch angewandt. Die Gelatine- gallerte trocknete niemals ein, so daß Wasser vom Fließpapier nach der Wurzel ungehindert passieren konnte. So vorbereitet wurden die Präparate in steil aufrecliter Stellung gegen die Innen- wandung einer flachen, mit etwas Wasser beschickten Glasschale gelehnt, so daß das Fließpapier bezw. der Gips von untenher stets feucht erhalten blieb. Das ganze wurde zum Schutz in einen großen, oben offenen Glashafen gesetzt. Die umgebende Atmosphäre brauchte nur einen geringen Feuchtigkeitsgehalt zu besitzen, der nur im Notfalle durch par+jelles Bedecken der Glashafenöffnung mit einer Glasplatte erhöht wurde. Sonstige Vorkehrungen zur Anfeuchtung der Luft waren nicht nötig. Um zu verhindern, daß die Wurzelspitzen etwa mit der Zeit in das Wasser hineinwuchsen, wurden sie gegebenenfalls kurz vorher dekapitiert. Es braucht kaum betont zu werden, daß dies, wenn überhaupt nötig, stets in einem solchen Abstände von der Tuchwicklung, die die ursprüngliche Lage der Wurzelspitze markierte, gescliali, daß anderweitige Störungen nicht zu befürchten waren. Ganz besonderen Wert lege ich auf die Maßnahme, daß nach 2 — 3 Tagen schon die Pflanzen stets aus dem Verbände befreit und nach Entfernung der anhaftenden Gela- tine wie gewölmlich normal in Erde weiter kultiviert wurden. Nebenwurzeln waren als- dann nur an den älteren Partien teilweise schon als helle Punkte in durclifallendem Lichte erkennbar. Hierdurch wurde bezweckt, die Nebenwurzeln selbst niemals direkt mit Luft oder Wasser in Berührung zu bringen, und somit sekundäre Einwirkungen des Mediums auszuschließen. Nur so konnte die weitgehendste Übereinstimmung mit den an gekrümmten Wurzelstrecken bestehenden Verhältnissen erreicht werden. Besonders hervorgehoben sei, daß durch den Transpirationsprozeß absolut keine Schädigung der Wurzeln eintrat; diese zeigten vollkommen normales, weißes Aussehen'). Selbst bei Faha waren an der ziemlich empfindlichen Epidermis unter dem Mikroskop keine abgestorbenen Zellen zu erkennen. Das Schlußergebnis war bei Faha stets das gleiche, bei Lupi- niis dagegen bot sich, je nachdem eine Phloem- oder Xylemflanke das Fließpapier berührte, ein anderes Bild. Ich beginne mit dem zweiten Fall von Lupinus. Dort, wo die Wurzel infolge der Lein- wandwicklung allseitig mit Wasser versorgt worden war, d. h. dicht am Wurzelhals und an der ursprünglichen Wurzelspitze, waren die Nebenwurzeln beiderseits gleichmäßig ausgebildet, allerdings mit dem Unterschiede, daß sie an der jüngeren Stelle besonders dicht ge- drängt standen (vgl. S. 620). Am Wurzelhals waren nur die bereits im Anfang angelegten Nebenwurzelanlagen ausgewachsen. Auch an den älteren Stellen des für uns wichtigen Zwischenstücks standen aus gleichem Grunde die Nebenwurzeln beiderseits, jedoch l)lieben sie, je mehr sie sich dem unteren Ende näherten, auf der ursprüng- lichen Transpirationsseite an Größe und Zahl zurück, ohne jedoch 1) Nur der freiliegende Teil der ursprünglichen Wachstumszone war bisweilen in der bekannten Weise, jedoch nur ganz minimal angeschwollen (vgl. S. 588). 618 M. Nordhansen, ein abnormes Aussehen zu zeigen, wie dies Noll bei seinen Ver- suchen häufig beobachtete. Von 2,5 — 1,5 cm Entfernung von der ursprünglichen Wurzelspitze an bis zur unteren Leinwandwicklung fehlen schließlich daselbst Nebenwurzeln bezw, deren Anlagen über- haupt ganz oder sind zum mindesten äußerst selten. Auf der ent- gegengesetzten Seite sind Nebenwurzeln überall reichlich und sehr kräftig ausgebildet. Ihre Zahl ist daselbst absolut größer als unter normalen Verhältnissen, während die Gesamtsumme alle Neben- wurzeln kaum verändert, vielleicht um ein wenig hinter der normalen Durchschnittszahl zurückstehen dürfte. Für die 4 — 5 strahligen i^a/^a- Wurzeln gilt zunächst das gleiche, außerdem sind aber die Nebenwurzeln der Flanken nicht nur äußerlich, sondern vorzugsweise schon innerhalb der Haupt- wurzelrinde nach der ursprünglichen Wasserseite hin seitlich zum Teil sehr stark im Winkel von 45 — 90° abgelenkt, genau wie dies Noll (II, auf S. 402) für gekrümmte Wurzeln abbildet. Besonders deutlich tritt dies an mikroskopischen Querschnittsbildern hervor, die im übrigen keine wesentlichen anatomischen Veränderungen er- kennen ließen. Die Orthostichen erscheinen daher auf der Wasser- seite um so dichter gedrängt, je mehr die entgegengesetzte Seite von Nebenwurzeln entblößt ist. — Seitliche Ablenkungen der Neben- wurzeln allein wurden an Lupinus beobachtet, wenn deren eine Phloemseite mit dem feuchten Medium in Berührung gestanden hatte'). Alle diese Ablenkungen wurden übrigens, so weit beob- achtet, in keinem Falle wieder ausgeglichen, was jedenfalls kaum mit der Wirkung der Exotropie im Sinne Nolls in Einklang steht (vgl. S. 601). Im ganzen boten somit die vollkommen geraden Wurzeln genau dasselbe Bild, wie es für gekrümmte Wurzelstrecken bekannt ist; die Transpirationsseite entspricht der Konvexseite der Krümmung. Die mitgeteilten Resultate sind in verschiedener Hinsicht be- merkenswert. Die Wirkung verteilte sich auf eine größere Strecke als bei den Wundversuchen, d. h. sie ging über die Wachstumszone hinaus, ohne allerdings bis zu der durch mechanische Krümmungen erreichten Maximalgrenze zu gelangen. Abgesehen von der noch später zu erörternden, ausgleichenden Wirkung des künstlichen Verbandes dürfte dies so zu erklären sein, daß die im Experiment 1) In gleicher "Weise wie hei früheren Gelegenheiten kommt, die seitliche Ver- schiehung (deviation) im Sinne van Tieghems nicht in Betracht. über Richtung und Wachstum der Seifenwurzeln unter dem Einfluß usw. 619 bezweckte Einwirkung erst ganz allmählich zur Geltung kam, während inzwischen die Nebenwurzelanlagen nach der Wurzelspitze vorrückten. Soweit solche im Beginn des Versuchs vorhanden waren, wurden sie am Auswachsen in keiner Weise verhindert. Jedoch machte sich an ihnen, sofern sie eben erst im Entstehen begriffen waren, und noch mehr an den später angelegten Nebenwurzeln der Einfluß der Versuchsbehandlung in Form einer Nachwirkung sowohl in bezug auf Wachstumsförderung als auch seitliche Ablenkung geltend. Mit Absicht war bekanntlich streng vermieden worden, daß die Neben- wurzeln selbst während der Behandlung mit den ungleichartigen Medien in Berührung kamen. Die jüngsten von ihnen vollzogen den größten Teil ihrer Entwicklung sogar unter ganz normalen Wachstumsbedingungen in Erde. Dabei kann es sich nur um spezifische Reizvorgänge handeln, die eine dauernde Induktion der jungen Vegetationspunkte bewirken, wie dies an gekrümmten Wurzel- strecken ja auch der Fall ist. Schlechthin von einer einseitig besseren oder schlechteren Ernährung kann nicht die Rede sein, sonst müßten beispielsweise die ungünstigen Verhältnisse der Trans- spirationsseite an den Nebenwurzeln der Flanken dadurch zum Aus- druck kommen, daß deren schlechter ernährte Längshälfte im Wachs- tum zurückbliebe und somit eine Krümmung veranlaßte, die den tatsächlichen Befunden zuwider in umgekehrter Richtung verliefe. Im übrigen dürften Korrelationen den Gegensatz zwischen Förde- rung und Hemmung wahrscheinlich noch verstärken. Die seitliche Ablenkung der Nebenwurzeln könnte fast den Eindruck erwecken, als ob es sich um hydrotropische Reizwirkungen handelte, die von der ungleichen Verteilung des Wassers in der Rinde ausgehen. Abgesehen davon, daß es zweifelhaft erscheinen muß, ob die ganz jungen Nebenwurzelanlagen innerhalb der Mutter- achse schon derartige Reize zu perzipieren vermögen, steht aber die Dauer der Nachwirkung mit den Erscheinungen des Hydro tropismus, soweit sie bis jetzt bekannt sind, in Widerspruch. Differenzen im Wassergehalt der beiden Hauptwurzelhälften bestanden allerdings zweifellos, denn solche und damit eine Änderung der Gewebe- spannungen zu veranlassen, war ja das Ziel der Versuchsanordnung gewesen. Als ein mehr zufälliges Zusammentreffen kann es wohl aber vorläufig nur angesehen werden, wenn auch an geotropischen und traumatropischen Krümmungen der Hauptwurzel von Kraus (S. 212) und Pollock (S. 45) ein höherer Wassergehalt der Konvex- seite konstatiert worden ist (was übrigens vielleicht allgemeine g20 ^- Nordhausen, Gültigkeit für gekrümmte Wurzelstrecken hat). Möglicherweise bietet sich aber hierin eine zukünftige Handhabe, um noch auf anderem Wege als den No 11 sehen Formspannungen der Hautschicht die Wirkungsweise der Gewebespannungen, die ja zunächst nur als provisorische Erklärung gelten können, verstehen zu lehnen. 3. Über einige weitere Beobachtungen. Die einseitige Ablenkung der Nebenwurzeln setzt einen Anta- gonismus zweier Längshälften und damit eine Änderung der Symmetrieverhältnisse der Hauptwurzel im weitesten Sinne voraus (vgl. S. 625). Für die Förderung bezw. Hemmung der Neben- wurzeln dürfte diese Bedingung jedoch nicht zwingend sein, wie schon die Beobachtung an tonnenförmig angeschwollenen Stellen der Hauptwurzel bei völlig gerader Hauptachse lehrte (S. 613). Es widerspiicht auch nicht der Annahme, daß Differenzen im Spannungs- zustande einzelner Gewebepartien als Ursache in Betracht kommen, wenn diese Unterschiede statt in der Quer- auch in der Längs- richtung d. h. nicht neben- sondern übereinander bestehen. Hierbei kann ich mich auf einige Beobachtungen berufen, die bereits an anderen Stellen gelegentlich erwähnt wurden. Werden Keimwurzeln vorübergehend, auf 2 — 3 Tage, in der Weise behandelt, daß ein Teil in feuchter Erde oder Wasser, der andere in möghchst nicht ganz dampfgesättigter Atmosphäre sich befindet (S. 590), und noch vor Erscheinen der Nebenwurzeln in Erde weiter kultiviert, so tritt späterhin sowohl in quantitativer als qualitativer Hinsicht auf den erstgenannten Strecken eine starke Förderung, auf den letzteren dagegen mehr oder mindere Hemmung bezw. vollständige Unterdrückung der Nebenwurzeln ein, sofern es sich um ursprünglich ganz junge Strecken der Hauptwurzel handelte. Übrigens erweist sich die Pflanze in dieser Hinsiehst selbst nur geringen Feuchtigkeitsdifferenzen gegenüber als außerordentlich empfindlich^). — An den mit Wasser bezw. Erde in Berührung stehenden Teilen der Keimwurzel ist naturgemäß die Gewebe- spannung erheblicher als an den der Luft ausgesetzten Strecken, wo immerhin, selbst in scheinbar dampfgesättigter Atmosphäre nicht vollständige Wassersättigung und maximaler Turgordruck herrschte. Bekanntlich werden auch zur besseren Demonstration von Gewebe- spannungen die betreffenden Pflanzenteile vorher in Wasser gelegt. 1) Vgl. Noll (IT, S. 380), ebenso die Erfahrungen unseres Abschnittes II. über Richtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 621 — Die gleiche Wirkung wie Luft übt beispielsweise nach meinen Erfahrungen (S. 592) eine 10— 15 7üige Rohrzuckerlösung auf os- motischem Wege aus. Ein weiteres Beispiel bietet das Verhalten der Wurzeln im Gipsverbande. Wird eine Wurzel eingegipst, so tritt bekanntlich nach Pfeffer (I, S. 311) bereits nach 2—3 Tagen Entspannung der Zellhäute und in entsprechendem Maße Ausgleich der vorhanden gewesenen Gewebespannung ein (I, S. 291). Praktischen Wert für uns hat der folgende Versuch (S. 584). Die Wurzelspitze wurde auf eine Länge von ca. 1,5 cm in Gips eingeschlossen, jedoch blicl) zur Verhütung eines Wachstumsstillstandes der äußerste ca. 1,5 bis 2 mm lange Spitzenteil frei. Nach 2 — 3 Tagen wurde der Ver- band entfernt und die Wurzel wie schon vorher in Erde weiter kultiviert. Stets war die ursprüngliche Wachstumszone ganz oder annähernd frei von Nebenwurzeln geblieben. Wie wichtig es hierbei ist, einen Wachstumsstillstand der Wurzel zu verhindern, lehren schon die Versuche Pfeffers (I, S. 356) mit vollständig eingegipsten Wurzeln. Als Gegenmaßnahme des pflanzUchen Organismus rücken nämlich die Nebenwurzelanlagen innerhalb des Verbandes schließlich sogar bis dicht an die Wurzelspitze heran. Dies beweist aber nur, daß die Wurzel befähigt bleibt, innerhalb des Gipsverbandes selbst bei längerer Einwirkung desselben Nebenwurzelanlagen zu bilden, vorausgesetzt, daß neue Reizimpulse hinzukommen. Jedenfalls kommt in unserem Falle nicht etwa das Moment einer Wachstums- störung in Betracht, denn in 2 — 3 Tagen würde diese namentlich in bezug auf das Dickenwachstum nur unerheblich gewesen sein. — Ziemlich ähnlich liegen die Verhältnisse, wenn Keimwurzeln von Erde in konsistenteren Ton übergeführt werden (S. 582, Anm. 2). An der ursprünglichen Wachstumszone ist die Nebenwurzelbildung gehemmt, um späterhin in dem Neuzuwachs wieder normale Werte anzunehmen. Inzwischen hat sich aber auch die Wurzel an die neuen Wachstumsbedingungen angepaßt. Inwieweit es möglich ist, im Gegensatz zu den vorstehenden Gipsversuchen nach Analogie der auf der Konvexseite mechanisch gekrümmter Wurzeln sich abspielenden Vorgänge lokal durch mechanische Zugwirkung in der Längsrichtung an den jüngsten Teilen der Keimwurzel eine Förderung der Nebenwurzeln hervor- zurufen, muß dahingestellt bleiben. Versuche dieser Art scheiterten hauptsächlich an der Schwierigkeit, ohne Verletzung bezw. Hemmung Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. 40 ß22 ^^- NorJliausen, des Wachstums der Wurzel genügend feste Angriffspunkte für die Zugkräfte zu gewinnen. 4. Die Bedeutung der Spannungsverliältnisse der Gewebe. Die Aufgabe, die eigenartigen Wachstumsverhältnisse der Nebenwurzeln an gekrümmten Strecken der Hauptwurzel auf experi- mentellem Wege unter Ausschluß von Krümmungen nachzuahmen, dürfte in den bisher beschriebenen Versuchen als im Prinzip erreicht gelten. Da von dem Gedanken ausgegangen war, lokale Änderungen der Gewebespannung hervorzurufen, wie sie in analoger Weise an gekrümmten Wurzeln bestehen dürften, so handelt es sich nunmehr darum, deren Wirkungsweise und Bedeutung im einzelnen einer vergleichenden Betrachtung zu unterziehen. Im Gegensatz zum Sproß befindet sich bekanntlich nach Sachs (I, S. 437), Pollock (S. 48) u. a. in den jüngeren Teilen, vor allem der Wachstumszone der intakten geraden Wurzel der Zentralzylinder unter negativer Zug-, die Rinde unter positiver Druckspannung. Dieses Spannungsverhältnis ändert sich in verschiedener Weise, so- bald die Wurzel gekrümmt ist. Zum Vergleich sollen zwei für unser Problem besonders wichtige und hinreichend bekannte Fälle, nämlich eine mechanische und eine tropistische Krümmung einander gegenübergestellt werden. (Vgl. das Schema auf S. 623). An einem spannungslosen Zylinder ruft bekanntlich eine mecha- nische Krümmung auf der Konvexseite Zugspannung, auf der Konkavseite Druckspannung hervor. Auf die in der Wurzel bereits bestehenden Spannungsverhältnisse hat dies nach einfacher Über- legung den Einfluß, daß die positive Spannung der Rinde auf der Konvexseite entweder aufgehoben, oder, was häufiger der Fall ist, negativen Charakter annimmt. Die Konkavseite dagegen erfährt eine wesentliche Erhöhung ihres positiven Spannungszustandes. Die negative Spannung des Zentralzylinders wird in der erstgenannten Hälfte verstärkt, in der zweiten aufgehoben bezw. in positive Spannung übergeführt. In bezug auf die Spannungsverhältnisse an tropistisch ge- krümmten Wurzeln will ich den neuesten Untersuchungen Pollocks (S. 48) folgen. Pollock hat seinen Beobachtungen traumatropische Krümmungen zugrunde gelegt, die, wie ich mich speziell überzeugt habe, in gleicher Weise wie geotropische Krümmungen auf die Nebenwurzeln im Nollschen Sinne einwirken, ebenso wie die Krümmungsmechanik nach Mac Dougal (S. 318) bei beiden die über Richtung und Waclistum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß us\r. 623 Schema eines medianen Längs- schnittes durch die Wurzel gleiche ist. Danach wird auf der Konvexseite die Spannung zwischen Rinde und Zentralzylinder verstärkt, auf der Konkavseite vermindert bezw. umgekehrt, d. h. im ersten Falle werden die Vorzeichen -|- bezw. — verstärkt, im zweiten Falle umgekehrt, bezw. tritt Re- duktion auf 0 ein. Ein Vergleich der beiden Krümmungsarten nach dem bei- gegebenen Schema lehrt, daß an gleichen Krümmungsstellen die Spannungszustände der Rinde ent- gegengesetzte Vorzeichen aufwei- sen, die des Zentralzylinders da- gegen gleich lauten, d. h. negativ auf der Konvex-, positiv bezw. 0 auf der Konkavseite sind. Da das Verhalten der Nebenwurzeln aber bekanntlich bei beiden Krüm- mungen in bezug auf die äußeie Form das gleiche ist, so kann aus- schließlich nur der Spannungs- zustand des Zentralzylinders den Ausschlag gegeben haben. — In einfacherer Weise kann dies auch folgendermaßen ausgedrückt werden. Die oben zitierten Angaben Pollocks besagen, was schon von anderer Seite wahrscheinlich gemacht wurde (Mac Dougal, S. 362, Pfeffer, II, S. 666), daß eine tropistische Krümmung hauptsächlich durch die Aktivität der Rinde allein zustande kommt, während der Zentralzylinder nur eine passive Rolle spielt. Für letzteren bezw. seine Spannungszustände besteht also ein Unterschied betreffs der Ursachen der Krümmung überhaupt nicht; er ist stets mechanisch gebogen. Die oben gefolgerte Bedeutung des Zentralzylinders ist in An- betracht der Entstehungsweise der Nebenwurzeln aus dem Peri- kambium ohne weiteres verständlich und steht mit den bisherigen Erfahrungen vollkommen in Einklang. Da aber an seiner Peripherie bezw. in der Nähe der Rinde die Spannungsdifferenzen sich am schärfsten ausprägen müssen, so glaube ich unbedenklich den Schluß ziehen zu dürfen , daß in letzter Linie die relativen Spannungszustände des Perikambiums das Verhalten der Nebenwurzeln bestimmen. Naturgemäß ist der Spannungszustand Zentralzylinder 5' + — — -f- + 0-f 0 — 0 — 0 + — + normal mechanisch gekrümmt tropistisch gekrümmt g24 ^' Nordhausen, des Zentralzylinders mehr oder minder von dem der benachbarten Rinde abhängig und eine lokale Änderung des letzteren wird meist eine solche des ersteren nach sich ziehen, was zum Teil eine der Voraussetzungen für das Gelingen einiger unserer Versuche bildete. Dabei ist stets zu berücksichtigen, daß, wie schon aus der Wirkung der Nebenwurzeln und der Ausdrucksweise wie Förderung, Hemmung, Ablenkung hervorgeht, nicht absolute, sondern nur relative Werte für den Spannungszustand d. h. also Spannungsdifferenzen innerhalb des Zentralzylinders bezw. Perikambiums maßgebend sein können. Spannungsunterschiede dieser Art mußten z. B. in unseren Ver- suchen entstehen, sobald durch Transpiration oder wasserentziehende Mittel eine lokale Herabsetzung des Turgors, speziell in der Rinde oder auch in sämtlichen Geweben bewirkt wurde, oder in anderer Weise, z. B. durch Gipsverband ein Ausgleich der Gewebespannung direkt stattfand. Die Differenz war um so merklicher, als gleich- zeitig andere Teile der Wurzel, z. B. durch Berührung mit Wasser oder feuchter Erde sich im höchsten Sättigungszustande und somit unter maximalen Spannungsverhältnissen standen. Eine lokale Verletzung der Rinde bewirkte, daß diese und gleichzeitig die benachbarten Partien des Zentralzylinders entspannt wurden. Dasselbe gilt erst recht, wenn gleichzeitig etwa auch der Zentralzylinder selbst einseitig verletzt wurde. Hinzu kommt aber noch, daß, wie schon Sachs (I, S. 436) feststellte, infolge der Wunde in den angrenzenden Gewebeteilen, speziell also im Zentralzylinder, eine Verlangsamung des Wachstums eintritt. Notwendigerweise ergibt sich hieraus auf der entgegengesetzten Seite eine Erhöhung der Spannung zwischen dem Zentralzylinder und der daselbst im Wachstum kaum oder gar nicht alterierten Rinde, zumal wenn ein Ausgleich der resultierenden Krümmungsbestrebungen durch die mechanischen Hilfsmittel unserer Versuche inhibiert wurde '). Ganz allgemein wird somit gesagt werden dürfen, daß überall dort, wo eine Erhöhung oder Herabsetzung der negativen Spannung des Perikambiums lokal eintritt, sich eine För- 1) Liegt kein mechanischer Widerstand vor, so kommt es zu der bekannten „mechanischen" Krümmung Spaldings (S. 428) (Pfeffer, II, S. 591). Die gleichen Verhältnisse kommen zum Teil auch bei dem auf S. 613 beschriebenen Versuch mit in Betracht, wo eine Stichverletzung des Markes beiderseitige Wachstumsförderung der Nehenwurzeln hervorrief. Die tonnenförmige Erweiterung ist teilweise der Ausdruck für KrümTuiingsbestrehnngen der beiden Wurzelhälften, die gegeneinander gerichtet sind. Dies gilt aber nur für den Fall, daß die Wunde innerhalb der Wachstumszone angebracht war. über Kichtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß ubw. 625 derung bezw. Hemmung der Nebenwurzelbildung einstellt, wobei der Mitwirkung von Korrelationen ein gewisser Spielraum gelassen werden muß. Zweifelhaft könnte es vielleicht erscheinen, ob in gleich allgemeiner Form ausgesprochen werden darf, daß eine Ablenkung der Nebenwurzeln von Punkten niederer zu solchen höherer Spannung stattfindet, oder ob dieser Vorgang unter sonst gleichen Bedingungen auschließlich senkrecht zur Hauptachse unter Voraus- setzung von Spannungsdiiferenzen in den beiden Längshälften vor sich gehen kann. Auf jeden Fall ist wohl bei beiden Vorgängen anzunehmen, daß die Reaktion der Nebenwurzeln um so intensiver ausfällt, je größer die Spannungsdifferenz und, mit besonderem Bezug auf die Ablenkung, je stärker das Spannungsgefälle ist. Diese Bedingung ist naturgemäß in maximaler Form weit leichter in der Quer- als in der Längsrichtung erfüllt. Eine Ablenkung der Nebenwurzeln innerhalb der Vertikalebene wäre somit schon aus diesem Grunde nur in geringem Grade zu erwarten, wahr- scheinlich würde sie aber gegebenenfalls durch geotropische Ein- flüsse sogar ganz unterdrückt werden. Tatsächlich konnte ich aber unter Vermeidung dieser Einflüsse als Ergänzung der N oll sehen Beobachtungen feststellen, daß an scharf gebogenen "Wurzeln, deren Krümmungsebene horizontal lag, die Nebenwurzeln zu Beginn und am Ende der Krümmung nach deren Gipfel mehr oder minder deutlich abgelenkt waren, somit der obenstehende Satz auch hier Gültigkeit besitzt. Inwieweit übrigens der Ablenkungsvorgang noch von Querspannungen abhängt, muß mangels geeigneten Tatsachen- materials dahingestellt bleiben^). 1) Beiläufig sei bemerkt, daß seitlicher Druck auf die Orientierung der Neben- wurzeln keinen merklichen Einfluß ausübt, sofern er nicht in direkt schädigender Form angewandt wird. Versuche dieser Art wurden so ausgeführt, daß entweder zwei Holz- oder Gipsklötzchen mittels gespannter Gummischnüre auf die dazwischen liegende Wurzel drückten oder die vorher schwach angewelkten Wurzeln in einen schmalen parallel- wandigen Spalt innerhalb eines Gipsblockes gelegt und dem aus ihrer eigenen Dicken- zunahme resultierenden Drucke ausgesetzt wurden. Nach mehreren Tagen wurden die Pflanzen in normaler Weise weiter kultiviert. Die Wurzeln zeigten nur Deformationen; Xebenwurzeln wurden auch an den Druckstelleu angelegt und zeigten auch späterhin normales Verhalten. Nach Köhler (S. 39) ist nur die Zahl der Nebenwurzelanlagen daselbst etwas geringer. Die gegenteiligen Erfahrungen, die Lopriore (II, S. 258) mit ziemlich primitiven Versuchen machte — der Druck erfolgte zwischen den Kotyledonen — beruhte wohl schon auf erheblichen Wachstumsstörungen; die Nebenwurzelbildung wurde an den Druckstellen zeitweilig verhindert. 526 ^^- Nurd hausen, Noll (II, S. 382 — 384) hatte bereits festgestellt, daß bei einer Unikehrung einer geotropischen Krümmung das Verhalten der Nebenwiirzeln sich mehr oder minder nach der neuen Form richtet; ferner, daß eine vorübergehende mechanische Krümmung einer Wurzel mit darauffolgender Geradestreckung überhaupt keinen Einfluß auf jene ausübt. Nach eigenen Erfahrungen kann ich hinzufügen, daß letzteres auch für solche Wurzeln gilt, die unter Anwendung früher beschriebener Methoden (S. 609) gezwungenermaßen in horizontaler Richtung geradeaus gewachsen waren. Dies gibt mir Gelegenheit, den Einfluß des Widerstandes, den eine Wurzel in ihren Krümmungsbestrebungen findet, auf die in ihr vorhandenen Gewebespannungen zu diskutieren. An einem spannungslosen, gekrümmten Zylinder hat eine gewaltsame Geradestreckung zur Folge, daß auf der ursprünglichen Konkavseite Zug- auf der Konvexseite Druck- spannung entsteht. Beispielsweise müssen sich an geotropisch gekrümmten Wurzeln diese Spannungsverhältnisse mit den bereits vorhandenen kombinieren, ganz gleichgültig, ob es tatsächlich zu einer vorübergehenden Krümmung kommt, oder diese bereits im Keime erstickt wird. Unter Berücksichtigung der schon erwähnten Tatsache, daß der Zentral- zylinder sich bei einer tropistischen Krümmung passiv verhält, liegen für ihn die Ver- hältnisse insofern sehr einfach, als es sich um Rückgängigmachung einer mechanischeü Krümmung unter Ausgleich der aus ihr resultierenden Spannungsdifferenzen handelt. Diese sind also am Schluß ebensowenig vorhanden, wie an einer vollkommen geraden Wurzel. In der Rinde dagegen waren bereits Spannungsunterschiede mit gleichem Vor- zeichen vorhanden, es tritt also Addition beider ein, so daß schließlich auf der Oberseite, d, h. der ursprünglichen Konvexseite stark positive, auf der Unterseite stark negative Spannung bestehen muß. Verglichen mit den tatsächlichen Befunden zeigt dies wiederum, daß ausschließlich der Spannungszustand des Zentralzylinders für das Verhalten der Nebenwurzeln maßgebend ist. Bei den früher beschriebenen Versuchen muß sich naturgemäß der Einfluß von Vorkehrungen, die eine Krümmuug der Wurzel verhindern sollten, ebenfalls bemerkbar machen und zwar entweder durch Verstärkung (was allerdings wohl nur selten ist und zum Teil bei seitlicher Verwundung eintreten kann)') oder durch Abschwächung der eventuell gerade für die Reaktion wichtigen Spannungen. In letzterem Falle liegen in- dessen die Verhältnisse so, daß in Anbetracht der zur Ei-zielung von Spannungsdifferenzen rein lokal und andauernd wirkenden Eingriffe, sowie der Elastizität der Gewebe eine völlige Aufhebung jener selbst im ungünstigsten Falle nicht eintreten kann, wenngleich naturgemäß der Erfolg meist nicht so stark ausfällt, als wenn eine Krümmung zugelassen worden wäre. Im Zusammenhange mit dem obenstehenden dürfte ein seiner großen Seltenheit wegen bisher nicht erwähnter Vorgang seine Erklärung finden. Wird eine Lupinenwurzel auf der Xylemflanke der Wachstumszone punktförmig in geringem Maße mit Ausschluß des Zentralzylinders verletzt und in der bekannten Weise behandelt (S. 609), so kann bei vollständigem Ausschluß einer Krümmung ausnahmsweise nicht nur auf der entgegen- gesetzten Seite genau gegenüber der Wunde, sondern auch direkt unterhalb, noch seltener auch direkt oberhalb der Wunde an derselben Ortliostiche eine geförderte Nebenwurzel auftreten. Die Richtung dieser war normal; eine Ersatzreaktion kam somit nicht in Frage. Zur Erklärung diene folgende Betrachtung. Durch die lokale Zerstörung des 1) Ihr steht aber auf der entgegengesetzten Wundseite eine ausgleichende Wirkung gegenüber. über Richtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfluß usw. 627 Rindengewehes und der Rindenspannung wird das angrenzende Stück des Zentralzylinders, gleich einer von einem Widerstand befreiten, gespannten Feder bestrebt sein, sich infolge seiner ursprünglichen negativen Spannung zu kontrahieren. Da die Versuchsanordnung eine entsprechende Krümmung der Wurzel aber nicht zuließ, so hätte strenggenommen, wenn es sich um starre Körper handelte, die Spannung nach wie vor bestehen bleiben müssen. Da aber die Gewebe hinreichend elastisch sind, so konnte ein Ausgleich dadurch zustande kommen, daß das betreffende Stück des Zentralzylinders sich kontrahierte bezw. entspannte auf Kosten einer Zugwirkung, die auf die nächsten ober- bezw. unterhalb der Wunde angrenzenden Partien des Zentralzylinders ausgeübt wurde, so daß hier eine lokale Erhöluing der negativen Spannung eintrat. Was aber in der vorstehenden Darstellung kaum meßbare Größen bedeutet, nimmt greifbarere Werte an unter der verstärkenden Mitwirkung der schon früher besprochenen Wachstumshemmungen infolge der Wunde, die in gleichem Sinne Spannungsänderungen hervorrufen, so daß unter besonders günstigen Bedingungen die lokale Erliöhung der negativen Spannung des Zentralzylinders daselbst eine entsprechende Reaktion der Nebenwurzeln auslösen kann. Es sei übrigens bemerkt, daß eine „mechanische" Krümmung der Hauptwurzel, die durch einseitige "Verletzung der Zuwachszone hervorgerufen wird, in Erde, als Folge von deren Widerstand, die Form einer einseitigen, ungefähr halbkreisförmigen Ausbuchtung an der sonst mehr oder minder geradebleibenden Hauptachse annimmt. Die Ansatzstellen dieser Ausbuchtung stellen wiederum für sich Krümmungen dar, die nach der entgegen- gesetzten Seite gerichtet sind. Haupt- und Nebenkrümmungen zeigen dann meist ijii Nollschen Sinne lokale Förderung der Nebenwurzeln. An gekrümmten Stellen der Wurzel lassen sich bekanntlich, wie schon Ciesielski (S. 18) feststellte, Unterschiede im ana- tomischen Bau der beiden antagonistischen Flanken nachweisen. Diese sind aber nach Noll (II, S. 398) und meinen eigenen Be- obachtungen geringfügig und fehlen in dem Zentralzylinder, jeden- falls stehen sie mit dem Verhalten der Nebenwurzeln in keinem Zusammenhang. An Sprossen dagegen können unter gleichen Um- ständen bisweilen recht beträchtliche und charakteristische Än- derungen im anatomischen Bau eintreten, die uns insofern besonders interessieren, als nach den neuesten Untersuchungen Büchers bei ihrem Zustandekommen Faktoren mitwirken, die eine gewisse Ähn- lichkeit mit den hier beschriebenen aufweisen. An gewaltsam ge- krümmten Sprossen lassen sich nämlich anatomische Differenzen zwischen Konvex- und Konkavseite in gleichem Sinne nachweisen wie an Sprossen, die in horizontaler Lage künstlich an der geo- tropischen Aufrichtung gehindert wurden. Die Konvexseite der ersteren entspricht der Oberseite der letzteren. Bücher bezeichnet diese Reaktionen als Geotrophismus und Kamptotrophismus und führt sie auf eine spezifische Schwerkraftswirkung sowie auf gleich- sinnige Spannungsverhältnisse der Gewebe zurück. Da Teilerfolge nur durcli einfachen Druck, dagegen nicht durch einfachen Zug 528 ^- Nordhausen, erzielt werden konnten, so legt Bücher den Schwerpunkt auf das Vorhandensein von Spannungsdifferenzen, d. h. auf das gleichzeitige Bestehen von Druck und Zugspannung. Inwieweit zwischen diesem und unserem Problem eine gewisse Verwandtschaft besteht, wird allerdings erst näher zu untersuchen sein. 5. Zweigbildung und Krümmung der Hauptachse an nicht gewebebildenden Organismen. Als wichtigstes Argument gegen die Bedeutung von Gewebe- spannungen hatte Noll (II, S. 411) an der Hand von Abbildungen erläutert, daß die Verzweigung von Zellfäden bezw. einzelligen Organismen wie z. ß. Moosrhizoiden, Algen und Pilzhyphen den gleichen Gesetzmäßigkeiten wie die Wurzeln unterworfen sind, d. h. daß auf der Konvexseite von Krümmungen eine Förderung der Zweigbildung eintritt. Daß hierin ein prinzipieller Widerspruch nicht notwendigerweise gesehen werden braucht, hatte ich schon an anderer Stelle betont und dabei auf die Möglichkeit einer Ver- mittlung durch die gerade von Noll (III, S. 404) angenommenen „Formspannungen" im Protoplasmaschlauch der einzelnen Zelle hingewiesen. Zurzeit kann ich aber überhaupt noch nicht dieses Argument resp. das oben genannte Tatsachenmaterial als durchaus beweis- kräftig anerkennen. Noll (II, S. 412) hat selbst namenthch an dem Beispiel einer höheren Pflanze mit der Eventualität gerechnet, daß eine Krümmung der Hauptachse nicht Ursache, sondern Folge einer Zweigbildung sein kann. Diese Eventualität wird aber für einzellige Organismen bezw. Zellfäden fast zu einer Gewißheit, die allgemeine Gültigkeit beanspruchen darf, so lange nicht für jeden einzelnen Fall einwandfreie Gegenbeweise vorliegen, wie sie zurzeit aber jedenfalls fehlen. Im Anschluß an Berthold (S. 636) hatte ich für mono- siphone Algen bereits anderen Orts (S. 402) feststellen können, daß eine seitliche Auszweigung in der Mutterzelle notwendigerweise als Folge des hydrostatischen Turgordrucks eine rein mechanische Krümmung^) hervorrufen muß, deren Konvexseite mit dem Zweig- ansatz zusammenfällt. Bedingung ist nur, daß der Durchmesser der Seitenachse nicht zu sehr von dem der Hauptachse abweicht. 1) Wahrscheinlich unter korrelativer Mitwirkung von Wachstums Vorgängen. über Richtung und Wachstum der Seitenwurzeln unter dem Einfhiß usw. 629 Dies gilt nicht nur für regelmäßig verzweigte Thallome, sondern auch dort, wo die Verzweigung nur gelegentlich oder unter be- sonderen Umständen eintritt, wie z. B. bei den Konjugations- schläuchen bezw. Rhizoidbildungen von Spirogym, Mougeotia ') usw. Einen sehr charakteristischen Fall beobachtete ich seinerzeit in Neapel, als ^ryopm-Pflänzchen (Br. plumosa) bei aufrechter Stellung seitlich und zwar annähernd senkrecht zur Verzweigungs- . ebene der Fiedem belichtet wurden. Die Pflänzchen befanden sich in kurzen Glasröhren. Bisweilen bildete sich dann mitten auf der belichteten Seite der Hauptachse ein nauer kräftiger Haupt- vegetationspunkt, der mit dem ersten Beginn der Vorwölbung eine nicht unerhebliche Krümmung oder Knickung der Mutterachse in dem oben beschriebenen Sinne hervorrief. Solange der Seitensproß sich noch nicht als solcher scharf abhob, erschien somit die Krümmung der Mutterachse zunächst als das primäre, während sie tatsächlich nur den Beginn der Zweigbildung darstellte, die sich z. B. auch durch lokale Veränderung der Farbe kennzeichnete. Genau dieselben physikalischen Gesetze müssen notwendiger- weise auch bei der Verzweigung der Moosrhizoiden und Pilzhyphen, die Noll genauer studiert hat, mitwirken. Seine Angaben vermögen auch nicht die sich hieraus ergebenden Konsequenzen zu entkräften. Aus der von Noll (II, S. 413) beigefügten Abbildung eines Pilz- mycels geht hervor, daß die Anlage der Seitenäste dicht unterhalb des Vegetationspunktes der Mutterachse stattfinden kann. Das Widerstandsmoment der als Nährsubstrat benutzten Gelatine kann demzufolge auch nicht erheblich ins Gewicht fallen. Anderseits darf es aber auch nicht überraschen, daß, wenn das soeben er- wähnte Widerstandsmoment ein größeres ist, oder das oben ge- nannte Verhältnis der Durchmesser von Zweig- und Mutterachse nicht besteht, Krümmungen der Hauptachse nicht überall dort vorkommen, wo Zweigbildung stattgefunden hat. Inwieweit übrigens noch eine ungleiche Verteilung der Nährstoffe im Substrat die Zweigbildung im Noll sehen Sinne beeinflußte, sei dahingestellt. Diese Beispiele dürften für den Nachweis genügen, daß zurzeit von dem Verhalten der einzelligen Organismen bezw. von Zellfliden ein Aufschluß über die uns interessierenden Fragen nicht erwartet werden kann, da zu ihrer Erklärung die oben besprochenen physi- kaUschen Gesetzmäßigkeiten durchaus genügen. Ob daneben auch 1) Um nur ein Beispiel herauszugreifen, sei auf die soeben von Pascher (S. 113) veröffentlichte Mitteilung hingewiesen. (330 ^^- Nordhausen, ein Einfluß der Krümmung auf die Zweigbildung im Sinne der N oll sehen Morphästhesie besteht, muß erst durch genauere Unter- suchungen festgestellt werden. V. Zusammenfassung. In den vorstehenden Kapiteln haben wir eine Reihe von Faktoren kennen gelernt, die das Wachstum der Seitenwurzeln in mannig- facher und meist zweckmäßig erscheinender Weise beeinflussen. Dabei verdient ein Punkt besonders hervorgehoben zu werden. Die Nebenwurzeln sind der Einwirkung einer Reihe von Faktoren unter- worfen, die sich, wie z. B, bei der Temperatur, Licht, Kulturmedium usw. als eine direkte, räumlich und zeitlich begrenzte darstellt. Eine Änderung dieser Bedingungen hat sofort eine solche im Verhalten der Wurzeln zur Folge. In anderen Fällen dagegen gibt uns der fertige Zustand der Nebenwurzeln in bezug auf Orientierung am Mutterorgan, Richtung zum Lot bezw. zur Hauptachse und andere Eigenschaften Zeugnis von Einflüssen, die bereits längst der Ver- gangenheit angehören Die Wirkung ist teilweise eine indirekte, insofern als die Nebenwurzeln zu jener Zeit häufig kaum oder noch gar nicht der Anlage nach vorhanden waren. Sie stellt sich als eine nachhaltige dar, insofern als die Anlagen bezw. die Wurzeln die ihnen aufgeprägten Eigenschaften über den Zeitpunkt der Einwirkung hinaus dauernd beibehalten. Dies gilt nicht nur für die bereits bekannten Wurzelkrümmungen, sondern auch für den Einfluß vorübergehender Trockenheit, Wachstumshemmung, trau- matischer Einwirkungen, vollständigen oder partiellen Ersatzes der Hauptwurzel usw. In allen Fällen ist das Wachstum der Neben- wurzeln in weitgehendstem Maße von inhärenten Induktionen beherrscht. Einige wichtigere Ergebnisse seien im folgenden zusammen- gestellt : 1. Die Entfernung eines mehr als 1 — 2 mm langen Stückes der Hauptwurzel hat eine Ersatzreaktion seitens der Nebenwurzeln zur Folge, die sich in bezug auf Intensität und Qualität von inneren Bedingungen, die mehr oder weniger den Bedürfnissen der Pflanze Rechnung tragen, abhängig erweist. Dekapitation innerhalb der Wachstumszone löst, wie schon Brück feststellte, sehr rege Ersatz- tätigkeit aus. Wird dagegen darüber hinaus ein Stück der Haupt- wurzel entfernt, ganz gleichgültig ob viel oder wenig, so tritt ein über Richtung und Wachstum der 8eitenwarzeln unter dem Einfhiß usw. 631 Reaktionsminimum ein bezw. fehlt jeglicher Erfolg, sofern ein längeres Stück der Keimwurzel bestehen bleibt. Verkleinerung des Wurzelstumpfes über ein gewisses Maß hinaus hat wiederum ein Maximum zur Folge. Unter sonst gleichen Bedingungen reagieren kürzere (jüngere) Wurzeln stets kräftiger als längere (ältere). 2. Die Richtungsänderung der Ersatzwurzeln beruht im Gegen- satz zu den Anschauungen Brucks und Czapeks auf geo- und au to tropischem Stimmungswechsel. 3. Die Ersatztätigkeit tritt unabhängig von Verwundungen ein und ist durch Korrelationen in weitestem Maße bedingt. Sie wird durch Wachstumshemmnng, speziell des eigentlichen Vegetations- punktes, selbst dann ausgelöst, wenn diese vorübergehend nur ca. 40 Stunden eingewirkt hatte. Partieller Ersatz erfolgt auch ohne Störungen oder Eingriffe am Vegetationspunkt, wenn gewisse Zell- bahnen innerhalb des Zentralzylinders durch seitliche Wunden unter- brochen werden und zwar nicht nur im Phloem, sondern ganz be- sonders auch im Xylem, Ernährungsstörungen spielen dabei als Ursache nur eine untergeordnete Rolle. Es wurde daher mit McCallum u. a. die Existenz spezifischer, die Organbildung der intakten Pflanze regulierender Reizwirkungen bezw. Hemmungsreize angenommen, deren Vermittlung durch bestimmte Bahnen lebender Zellen erfolgt. Die Induktion der Ersatzwurzeln erwies sich als dauernd inhärent, auch wenn der Hauptvegetationspunkt dauernd oder späterhin wieder normal funktionierte. 4. Gewisse Wurzeln (Lupinus-, Phaseolus) reagieren auf vorübergehende Erschwerung der Wasserversorgung zur Zeit, wo Nebenwurzeln noch nicht oder kaum vorhanden waren, nachträglich durch Steilerstellung der letzteren zum Horizont. Diese Wirkung wird meist schon durch 2 — 4tägigen Aufenthalt in nicht völHg dampfgesättigter Atmosphäre oder wasserentziehenden Medien (Rohr- zuckerlösung) hervorgerufen, auch dann, wenn die spätere Aus- bildung und das Wachstum der Nebenwurzeln selbst sich unter normalen Kulturbedingungen in Erde vollzieht. 5. Seitliche Verletzungen der Hauptwurzel, vor Sichtbarwerden der Nebenwurzeln angebracht, bewirken traumatropische Ablenkungen dieser von der Wundseite fort. Durch Reizleitung, die sich in akropetaler Richtung leichter als in basipetaler vollzieht, können auch fernerstehende Seitenwurzeln in Mitleidenschaft gezogen werden. Bedingung ist eine, wenn auch nur indirekte Affizierung des Zen- tralzylinders bezw. des Perikambiums. 632 ^* Nordhausen, 6. Der von Noll konstatierte und durch Morphästhesie erklärte Einfluß von Krümraungen der Hauptwurzel auf das Wachstum der Nebenwurzeln in Gestalt von Förderungen und seitlichen Ab- lenkungen, beruht auf Änderungen im Spannungszustande des Zen- tralzylinders, speziell des Perikambiums. Im Gegensatz zu den Erfahrungen Nolls lassen sich dieselben Wirkungen durch ent- sprechende Eingriffe wie Verletzungen, Herabsetzung des Turgors usw. unter Ausschluß von Formänderungen experimentell hervor- rufen. Dabei braucht, wie in dem typischen Falle, die Einwirkung nur eine vorübergehende zu sein, während das Wachstum der Neben- wurzeln selbst sich unter regulären Verhältnissen abspielt. Die äußerlich ähnlich erscheinenden Gesetzmäßigkeiten bezüglich der Verzweigung einzelliger Organismen und Zellfäden beruhen, soweit sich bis jetzt feststellen läßt, auf anderen Ursachen; ein Rückschluß auf die Vorgänge an Wurzeln ist daher nicht ohne weiteres statt- haft. Mit der Annahme von Formspannungen im Sinne Nolls scheinen die angeführten Beobachtungen jedoch nicht in Wider- spruch zu stehen. Literatur -Verzeichnis. Berthold, G., Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Meeresalgen. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 13, 1882. Boirivant, A., Kecherches sur les organes de remplacement chez les plantes. Ann. des sc. nat., 8. ser., bot. 6, 1897. Brück, W. F., Untersuchungen über den Einfluß von Anßenbedingungen auf die Orientierung der Seitenwurzeln. Zeitschr. für allgem. Physiologie, Bd. III, 1904, Separatum. Bücher, H., Anatomische Veränderungen bei gewaltsamer Krümmung und geotropischer Induktion. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 43, 1906. Burns, G. P., Regeneration and its relation to traumatropism. Beihefte z. Bot. Central- blatt, Bd. XVIII, Abt. I, 1904. Burns, G. P. und Hedden, M. E., Conditions influencing regeneration of hypocotyl. Beihefte z. Bot. Centralbl., Bd. XIX, 1906. 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Der besseren Übersichtlichkeit halber ist in Fig. 7 das gleiche Resultat in einer Kurve wiedergegeben, auf deren Abszissenachse die Größe der Winkel ß und auf deren Ordi- natenachse die Zeit verzeichnet ist, die bis zur Drehung der Versuchsgefäße um 90» ver- strichen ist, von welcher an gerechnet also die Einwirkung der Beleuchtung in Richtung II beginnt. Die Kurve zeigt deutlich den ab- nehmenden Einfluß der in Richtung II er- folgenden Beleuchtung. Wir lesen aus ihr ferner ab, daß diese Abnahme nicht pro- portional der Zeit erfolgt, denn sonst müßte die Kurve natürlich eine gerade Linie darstellen. Etwa von lYi Uhr an schreitet die Abnahme des Einflusses von Beleuchtung II rapide fort, bis dahin zeigt das allmähliche An- steigen der Kur- ve eine relativ schwache Wir- kung der Be- leuchtung I an. Wir dürfen aus dem Verlauf der Kurve schlie- ßen , daß etwa von 3V2 Uhr an, also 15 Stunden nach Eintritt der Befruchtung eine Verände- rung der durch Beleuchtung I induzierten Vor- gänge nicht mehr möglich ist, die Polarität also stabil ist dieser Zeit hatten die Eier noch nicht gekeimt. 2% \ N, 2'A N \, I-^-c \ \ IVi \ IZ'/i \ \ \ ll-^/i \ UV* \ lO-^A \ lO^i: 9'/t 10 20 Fig. 30 iO 50 60 7. Erklärung im Text. SO Zu 692 Hans Kniep, Wir sehen also, daß die nach 13 Stunden und später einge- leitete Beleuchtung noch imstande ist, den Ort, an dem der Keim- schlauch angelegt wird, zu verschieben. Der nach dem Ausfall des oben S. 686 mitgeteilten Versuchs naheliegende Schluß, daß die Beleuchtung von der 12. oder 13. Stunde nach der Befruchtung an auf die Mehrzahl der Eier wirkungslos ist, erweist sich hiernach also als unrichtig. Natürlich läßt sich bei 13 stündiger Verdunkelung und darauffolgender einseitiger Beleuchtung eine Wirkung des Lichtes nicht wahrnehmen, da die Eier hier eben auch dann nach den verschiedensten Richtungen wachsen, wenn das Licht auch die Richtung, die sie bei fortdauernder Verdunkelung eingenommen hätten, etwas verschiebt. Wurden in dem eben zitierten Versuch die Eier nach statt- gehabter zweistündiger Präsentation verdunkelt, so keimten sie in der Beleuchtungsrichtung. Hieraus folgt, daß innere Bedingungen speziell die im Dunkeln sich zweifellos geltend machenden Gegen- reaktionen die Keimungsrichtung dann nicht mehr beeinflussen können. Das Licht dagegen kann dies, wie wir aus dem letzten Versuch sahen, es wirkt also stärker. Dies alles läßt sich nur dann verstehen, wenn wir annehmen, daß das Licht nicht einen oder mehrere Prozesse plötzlich in später unwandelbarer Weise gewissermaßen explosionsartig auslöst, sondern daß die Induktion der Polarität während mehrerer Stunden eine labile ist, in dem Sinne, daß die Anlage des Keimschlauchs zwar nicht mehr beliebig nach jedem anderen Orte verlegt werden, daß aber eine von der Wirkungsdauer des Lichtes abhängige Ver- schiebung statthaben kann. Außer von der Dauer der Beleuchtung hängt diese Erscheinung wohl ohne Zweifel noch von der Intensität des Lichtes ab, und es ist wahrscheinlich, daß man bei stärkerer Beleuchtung in Richtung II auch eine größere Verschiebung der Anlagestelle vom Keimschlauch wird erreichen können. Die Begriffe „stabile" und „labile" Induktion der Polarität be- dürfen noch einer näheren Bestimmung. Von ersterer wird man dann reden, wenn es nicht möglich ist, die einmal eingeleitete Reaktion zu verändern. Streng genommen darf hier nur von einer Stabilität gegenüber der Lichtwirkung die Rede sein, denn es wäre möglich, daß das, was durch die veränderte Beleuchtung nicht mehr erreichbar ist, durch irgend welche anderen, vielleicht ganz anders in die plasmatischen Vorgänge eingreifenden Einflüsse erzielt werden könnte. Besonders zu betonen ist, daß nur die Reaktion Beiträge zur Keimungs- Physiologie und -Biologie von Fuchs. 693 und die ihr kurz vorhergehenden Vorgänge hier in Frage kommen. Die obigen Versuche haben bewiesen, daß die Perzeption noch längere Zeit nach Ablauf der Präsentationszeit stattfinden kann. Dieses Ergebnis war nach Analogie mit anderen Reizvor- gängen vorauszusehen. Da das Plasma zu dieser Zeit an den ver- schiedensten Stellen noch befähigt ist, den Lichtreiz zu perzipieren, so kann, wie die mitgeteilten Versuche ergaben, die zuerst einge- leitete Reaktion noch verändert werden. Hierin besteht das „labile" der ersten Induktion. Einige Zeit vor der Keimung vermag das Licht aber die Keimungsrichtung nicht mehr zu verändern. Daraus ist indessen keineswegs zu schließen, daß nun ein anders gerichteter Lichtreiz nicht mehr perzipiert werden könnte. Es folgt nur, daß der zweite Reizvorgang nicht mehr fähig ist, den ersten zu beein- flussen, perzipiert wird der Reiz mit großer Wahrscheinlichkeit. Ob eine Wirkung sich im letzteren Falle vielleicht darin ausspricht, daß der Keimungsvorgang verzögert wird, darüber liegen mir leider keine Angaben vor^). Es handelt sich danach also um die Schaffung eines Zustandes im Plasma, der, zuerst leicht veränderlich, all- mählich eine festere Form annimmt und aufhört, durch Licht- wirkung beeinflußbar zu sein. Wir nennen ihn polaren Bau und er manifestiert sich äußerlich durch einen bestimmt lokalisiei'ten Wachstumsvorgang, die Sprossung des Rhizoids. Es liegt indessen kein zwingender Grund vor, anzunehmen, daß dieser Wachstumsvor- gang an sich in einer direkten Beziehung zur Lichtwirkung steht. Auch die Tatsache, daß das Licht die Keimung beschleunigt, kann nicht als Beweis hierfür angesehen werden, denn es ist ebensogut möglich, daß das Licht den polaren Bau schneller und vollständiger induziert als das im Dunkeln geschieht, und daß dadurch gewisser- maßen für das Wachstum der Weg besser gebahnt ist. Wir haben nunmehr die Frage aufzuwerfen, wie sich die Eier verhalten, wenn sie intermittierend oder dauernd an zwei diametral gegenüberliegenden Punkten beleuchtet werden. Man könnte ver- muten, daß dann die Keimung überhaupt ausbleibt, wie ja auch ein von zwei Seiten gleich stark beleuchteter Keimling nicht helio- tropisch reagiert. Dem ist aber nicht so, sondern die Fucus-^ier l) Es sei an dieser Stelle auch auf die Analogie hingewiesen, die die besprochene Erscheinung mit dem geotropischen Keizvorgang parallelotroper Pflanzenteile besitzt, über welchen Fittings eingehende Untersuchungen in vielen wichtigen Punkten Auf- klärung gebracht haben. Vgl. Fitting, Unters, üb. d. geotrop. Reizvorg., Jahrb. f. wiss. Bot, Bd. XIL, 1905, S. 378. 694 Hans Kniep, keimen dann senkrecht zu beiden Lichtrichtungen. Ich habe hier- über mehrere Versuche angestellt, zumeist mit Fucus serratus, die beiden anderen Arten zeigen die Erscheinung aber auch. Die Versuchsanordnung war folgende: Zwischen zwei 55 cm voneinander entfernten Auerlampen wurde der Indifferenzpunkt der Licht- intensität bestimmt und hier das Versuchsgefäß aufgestellt. Dessen Längsachse mußte natürlich genau in die Verbindungslinie der beiden Lichtquellen fallen. Es war außerdem darauf zu achten, daß die befruchteten Eier nicht zu dicht gesät waren, damit sie sich nicht gegenseitig beschatteten. Die Gefäße wurden teils 2, teils 6 Stunden nach der Befruchtung der Eier^) dieser Beleuchtung ausgesetzt und ihrer Wirkung solange überlassen, bis die Keimung und erste Zellteilung eingetreten war. Die Seitenwände der 12 cm langen und 2,5 cm hohen parallelepipedischen Grefäße waren mit schwarzen Pappleisten beklebt, welche vorn und hinten um 2 cm über die Gefäße hinausragten. In allen Versuchen hatte die überwiegende Mehrzahl der Eier in der zur Verbindungslinie der Lichtquellen senkrechten Richtung gekeimt. Die Prozentzahlen stimmten nicht immer genau überein. Sie betrugen in den verschiedenen Versuchen [81,5, 80,3;]'^) [81,4, 80,4;] 90. Diese Keimlinge lagen nun nicht allein in der ursprünglich bestimmten physikalischen Indifferenzlinie, sondern in einer mehrere Zentimeter langen Fläche. Das mag zum Teil darauf zurückzuführen sein, daß die Unterschiedsempfind- lichkeit der Keimlinge für verschiedene Lichtintensitäten keine sehr große ist, zum anderen Teil aber kam es ganz sicher daher, daß die physikalische Indifferenzzone nicht konstant war. Leider standen mir keine Mittel zur Verfügung, die Gasschwankungen auszuschalten ; und wenn auch zwei in der Form möglichst gleiche Glühstrümpfe ausgewählt wurden, so war es doch nicht möglich, die physikahsche Indifferenzzone in derselben Linie zu erhalten. Der höchste Wert, den die physiologische Indifferenzzone erreichte, war 9 cm, der niedrigste 6 cm. An den Grenzen dieses Gebiets wuchsen die Keimlinge in mehr oder weniger schräger Richtung zum Licht, nur wenige, unempfindliche senkrecht dazu. Einige wuchsen bereits hier vom stärkeren Lichte weg, eine Richtung, die alle außerhalb des Übergangsgebietes liegenden einschlugen. — Ich habe diese Versuche in etwas modifizierter Form wiederholt, indem ich die Eier nicht 1) "Während dieser Zeit hat das Licht, wie wir sahen, keinen Einfluß auf die Eier. 2) Die eckigen Klammern bedeuten, daß die beiden entsprechenden Versuche gleich- zeitig in 2 übereinanderstehenden Gefäßen angestellt wurden. Beiträge zur Keimungs- Physiologie und -Biologie von Fuchs. 695 gleichzeitig von beiden Seiten beleuchtete, sondern die einseitiger Beleuchtung ausgesetzten Gefäße von Viertel- zu Viertelstunde um 180 iJ drehte. Die 2 cm langen Kulturschalen waren bis zur 9. Stunde nach der Befruchtung der Eier dunkel gehalten worden, von da an wurden sie 5 Stunden lang in der eben angegebenen Weise beleuchtet, darauf wieder verdunkelt. Als Lichtquelle diente das Tageslicht eines Nordfensters. Als Resultat ergab sich, daß in einem Gefäß 78 7o, in dem anderen 76 7o der Eier senkrecht zur Einfallsrichtung des Lichtes gekeimt hatten. Häufig beobachtete ich bei all diesen Versuchen Keimlinge mit zwei gegenüberliegenden Rhizoiden, in zwei Kulturen waren deren 6 7o vorhanden. Diese waren immer so orientiert, daß ihre Längsachse mit der Licht- richtung einen rechten Winkel bildete. Da derartige abnorme Keimlinge oft auch, wenngleich in weit geringerer Zahl in den dunkel gehaltenen Kontrollkulturen auftraten, so möchte ich es noch nicht für absolut sicher halten, daß die Bedingungen des Versuchs ihre Entstehung verursucht haben. Daß niemals alle oder nahezu alle der in der physiologischen Indifferenzzone liegenden Keimlinge senkrecht zur Richtung der Lichtstrahlen keimten, sondern einige immer eine mehr oder weniger schiefe Lage dazu einnahmen, ist wohl zum Teil eine Folge davon, daß bei einigen Eiern die Wirkung der inneren Bedingungen über- wiegt und diese sich ähnlich wie die im Dunkeln keimenden ver- halten. Auch bei dauernder einseitiger Beleuchtung beobachtet man ja solche Fälle ^), allerdings gewöhnlich in nicht so großer Zahl. Das mag daher rühren, daß im obigen Versuche die Ver- suchsbedingungen nicht so präzise sind und schon geringe Reflexionen und Beschattungen einen störenden Einfluß ausüben können. Es muß auch daran erinnert werden, das bei Gegenbeleuchtung die Zone des Eies, die theoretisch kein Licht empfängt, ein Kreis ist, während bei einseitiger Lichtwirkung ein Punkt am wenigsten Licht erhält. Dadurch kommt es, daß man oft Keimlinge sieht, die nach oben wachsen. Diese fallen natürlich öfter um und kommen dadurch in behebige Richtungen zu liegen. Wir sehen durch diese Versuche das sich schon aus den früher mitgeteilten ergebende Resultat bestätigt, daß die Keimung an der- jenigen Stelle des Eies erfolgt, die am wenigsten Licht empfängt. 1) Vgl. hierüber K. Eosenvinges und Farmer und Williams' Angaben, a. a. 0., S. 640/41. 696 Hans Kniep, Hieraus scheint hervorzugehen, daß es nicht die Richtung des Lichts sondern die Intensität der Beleuchtung ist, welche bei der Perzeption die ausschlaggebende Rolle spielt. Die erste Querwand der unter diesen Bedingungen befindlichen Keimlinge stand übrigens, was ebenfalls bemerkenswert ist, parallel zur Strahlenrichtung. Es müßte interessant sein, zu untersuchen, ob es bei Fucus möghch ist, die Keimung durch bestimmte Lichtwirkung ganz zu unterdrücken. Man wird vermuten können, daß dies, wenn über- haupt, dann am ehesten geschehen wird, wenn die Eier allseitig gleich stark beleuchtet werden. Die Erfüllung dieser Bedingung dürfte praktisch am leichtesten dadurch erreicht werden, daß man die gleichzeitige Wirkung der allseitigen Beleuchtung durch eine Summationswirkung ersetzt und die Eier auf einer gleichmäßig rotierenden Scheibe dreht. Da mir kein Klinostat zur Verfügung stand, habe ich diesen Versuch leider nicht ausführen können. Ob ein Analogieschluß mit Equisetum zulässig ist, mit dem ja Stahl ähnliche Versuche angestellt hat, müßte erst bewiesen werden, da jedenfalls die Intensität der inneren formativen Kräfte auf das Resultat von großem Einfluß ist. Indem ich nun dazu übergehe, für die Beurteilung der Frage, wie die Einwirkung des Lichtes zu denken ist, weitere Tatsachen anzuführen, möchte ich zunächst eins hervorheben. Man hat sich diese Wirkung meist so vorgestellt, daß man dem Licht einen richtenden Einfluß auf die Kernspindel zuschrieb und sich nun fragte, wie dieser zustande kommen kann. Sowohl K. Rosenvinge legt hierauf Gewicht, wie auch Giesenhagen *), wenn er den wesentlichsten Einfluß des Lichtes in der Drehung des ursprünglich polar gebauten Kernes sieht. Dieser Annahme schließt sich neuer- dings auch Küster^) an, der auf die Auerbachsche Beobachtung solcher Kerndrehungen und die Untersuchungen von Roux über die Bestimmung der Medianebene des Froschembryos hinweist. Man hat hierbei wohl vielfach die Vorgänge bei Equisetum im Auge gehabt und sie mit Fucus analogisiert. Nun liegen aber, wie bereits hervorgehoben wurde, die Verhältnisse bei Fucus doch etwas anders, was mir vielfach übersehen worden zu sein scheint. Schon im IL Abschnitte dieser Arbeit habe ich darauf hingewiesen. 1) K. Giesenhagen, Studien über die Zellteilung im Pflanzenreiche, Stutt- gart, 1905, S. 41. 2) E. Küster, Normale und abnorme Keimungen bei Fucus, Ber. d. deutsch, bot. Ges., 1906, S. 522 ff. Beiträge zur Keimungs- Physiologie und -Biologie von Fucus. 697 daß die Eizellen gewöhnlich keimen, ehe der Kern sich teilt ^). Die erste Scheidewand wird erst gebildet, wenn der Keimschlauch eine nicht unbeträchtliche Länge erreicht hat. Sie steht senkrecht zur Richtung des gerade fortwachsenden Rhizoids, gleichgültig ob die Keimung bei Licht oder im Dunkeln stattgefunden hat. Hieraus geht hervor, daß zwischen dem Anlageort des Keim- schlauchs und der Richtung der Kernspindel eine korrelative Be- ziehung besteht. Was aber das primär induzierte ist, darüber folgt zunächst noch nichts. Nur insofern als dieser Anlageort schon längere Zeit vor der Zellteilung determiniert ist, würde es vielleicht näher liegen, ihn als das primäre anzusehen. Man hat nun meist stillschweigend vorausgesetzt, daß die Kernteilungsrichtung zu der Polarität der Zelle in engster Abhängigskeitsbeziehung stehe. Alle eben erwähnten Ansichten gehen von dieser Vorstellung aus. Sie gehen sogar vielfach noch weiter und nehmen an, daß die Richtung der Kernspindel resp. des polaren Kerns das ursprüngliche, die Polarität der Zelle eine Folge davon sei. Meiner Ansicht nach bedarf dies umsomehr einer Begründung, als es tatsächlich vor- kommt, daß die erwähnte Beziehung zwischen beiden Vorgängen eine ganz andere ist, ohne daß die Wirkung des Lichtes auf das Austreiben des Rhizoids dadurch eine Änderung erfährt. Ich er- innere an folgendes: Es kommt öfter vor, daß die erste Querwand eine schiefe Lage einnimmt und der Keimschlauch trotzdem genau an der Schattenseite hervorsproßt. Dieses Verhalten habe ich be- sonders bei der Untersuchung der höheren Temperatur auf die Keimung beobachtet. Ich brachte Eier von Fucus semitus zwei Stunden nach der Befruchtung in den auf 25^ angeheizten Thermo- taten, der an einer Seite durch eine Glastür verschlossen war, und beleuchtete die Kulturen durch eine in ^U m Entfernung aufgestellte Auerlampe. Nach 24 Stunden wurden die Eier wieder in Zimmer- temperatur (15 ") gebracht und weiter einseitig beleuchtet. Die Untersuchung am nächsten Tage ergab, daß eine große Anzahl der Eier gekeimt, viele sich nur geteilt hatten; von ersteren wuchsen 1) Vgl. hierzu auch Farmer und "Williams, a. a. 0., S. 640: „In normal eases the rhizoid rudiment appears, the oospore beconiing pearchaped, the nucleus then divides and shortly afterwards the first division wall is found at righi angles to the long diameter of the sporeling." In Thurets Kulturen scheint allerdings die Keimung meist der Teilung gefolgt zu sein, doch hat er auch das umgekehrte Verhalten beobachtet. Da T huret seine Untersuchungen in der Bretagne angestellt hat, so dürfte wohl die höhere Temperatur der Grund dieses Verhaltens gewesen sein (vgl. Abschn. III dieser Arbeit). 698 Hans Kniep, 76 Vo in der Lichtrichtung und darunter befanden sicli mehrere, bei welchen die erste Quermembran eine zur Keimschlauchrichtung schräge Lage einnahm (vgl. Fig 8 a). Auch die zweite Wand wurde oft abnorm angelegt, wie Fig. 8?) zeigt ^). Es scheint danach also, als ob durch die höhere Temperatur die Beziehungen zwischen Keimschlauchanlage und Teilungsrichtung gelockert wären. Trotz- dem wird die Polarität der Zelle in normaler Weise bestimmt. Auch Rosenvinge und Küster haben derartige schief- gerichtete Querwände beobachtet, trotzdem hält letzterer daran fest, daß „beim typischen Verlauf der Furchung sich mit der Bildung der ersten Querwand die „Entscheidung" über das Entwicklungs- schicksal der beiden Eihälften verbindet". Wie ich schon betont habe und wie auch aus Winklers Versuchen hervorgeht, ist diese Entscheidung schon früher gefallen. Bei der Diskussion der a. h. a. l). Fig. 8. Erklärung im Text. Fig. 9. Erklärung im Text. eben genannten Abnormitäten sieht sich Küster zu der Annahme veranlaßt, „daß die Faktoren, welche das lokale, zur Rhizoidbildung führende Wachstum bestimmen, nicht schlechterdings dieselben sind wie diejenigen, welche der Kernspindel der ersten Querwand die Richtung geben". Hierüber kann gewiß kein Zweifel sein. Sollte das aber nicht dafür sprechen, daß der primäre Einfluß des Lichtes sich auch bei normalen Eiern direkt auf das Plasma er- streckt, in diesem die Polarität induziert, also den Ort, an welchem die Rhizoidbildung stattfindet, determiniert, und daß erst als Folge dieser Determinierung die Kernspindel eine der Lichtrichtung parallele Lage einnimmt, weil gewöhnlich zwischen diesem spezifisch charakteri- sierten Plasmabezirk und dem Kern enge korrelative Beziehungen bestehen? Nach dieser Auffassung wäre bei schief gerichteter erster Querwand eine Störung dieser Beziehungen anzunehmen, die mit dem polaren Bau an sich nichts zu tun haben, und die Schwierig- keiten, die sich aus der Durchführung derjenigen Ansichten ergeben, 1) Vgl. auch S. 683. Beiträge zur Keimungs- Physiologie und -Biologie von Fucus. 699 welche dem Kern bei diesen Vorgängen die dirigierende Rolle zu- schreiben, fallen weg. Es kommt, wie wir sahen (Abschn. III), auch öfter vor, daß gekeimte Eier sich in der Mitte treffende, um 120 o divergierende Wände und drei Kerne besitzen (Fig. 9 a). Bei einem Ei von Fucus serrafus, das sich auf diese Weise geteilt hatte, lag sogar eine Wand in der Längsachse des Keimschlauchs und teilte diesen in zwei Teile (Fig. 9 h). Was nun übrigens das von Küster zitierte Beispiel Roux' betrifft, wonach beim Froschei die erste Teilung gewöhnlich in der Kopulationsrichtung von Spermakern und Eikern erfolgt, so ist das für die Erklärung der Kräfte, die die Kernspindel richten, von hohem Interesse, ist aber für die Symmetrie der Gestaltung des sich ent- wickelnden Embryos, denn darauf kommt es hier doch an, keines- wegs notwendigerweise ausschlaggebend, denn wir wissen, daß die Medianebene des letzteren oft auch mit der zweiten, in einem Drittel der Fälle sogar mit gar keiner der Furchungsebenen zu- sammenfällt^). Fänden also bei Fucus derartige Kerndrehungen wirklich statt, so wären wir meines Erachtens in der eigentlichen Erklärung des Problems der Polarität noch um nicht viel weiter, ehe nicht gezeigt wäre, daß wirklich die spezifische Differenzierung des Plasmas vom Kern ausgeht. Es scheint mir darum, ehe Kern- drehungen bei Fucus nicht nachgewiesen sind, vorläufig ratsamer, von der einfacheren Vorstellung, daß das Licht in erster Linie das Plasma beeinflußt, auszugehen, das auch deshalb, weil schlechter- dings nicht einzusehen ist, weshalb der Kern eine absolut fixierte Polarität besitzen muß, während wir doch wissen, daß diese im Plasma durch äußere Bedingungen veränderlich ist-). Wir haben uns jetzt die Frage vorzulegen, ob die korrelative Beziehung zwischen der Anlage des Rhizoids und der Kernteilung erst mit der Keimung induziert wird, oder schon vorher besteht. Darüber geben Versuche Aufschluß, die schon im IL Abschnitte kurz mitgeteilt worden sind. Dort wurde nämlich gezeigt, daß man befruchtete Eier durch Übertragung in hypertonisches Seewasser verhindern kann, Rhizoiden zu treiben, ohne daß die Teilung aus- geschlossen wird. Bringt man nun solche, im Drei- oder Vierzellen- stadium befindliche Eier, die bis dahin im Dunkeln gehalten wurden, 1) Vgl. Morgan, Eegeneration, 2. Aufl. (deutsch) v. Moszkowski, 1007, S 348. 2) Über die Ahhängigkeitsbeziehungen zwischen Kern- und Zellteilung, vgl. auch Pfeffer, Physiologie, Bd. II, S. 44 ff. u. S. 140. 700 Hans Kniep, zurück in hypotonisches Seewasser und setzt sie einseitiger Be- leuchtung aus, so zeigen die austreibenden Rhizoiden an, daß die Polarität in den Eiern schon induziert war und das Licht keinen Einfluß mehr hat. Das Austreiben erfolgt, nachdem noch einige Teilungen stattgefunden haben, nach Richtungen, die zu der des Lichtes in keiner Beziehung stehen. Gewöhnlich bilden sich unter solchen Umständen mehrere Rhizoiden an einem Keimling, die natürlich infolge ihres negativen Phototropismus alsbald in der Lichtrichtung wachsen. Wenn wir die obigen Erwägungen berück- sichtigen, so ist die plausibelste Erklärung dieser Erscheinung wohl die, daß der Kern zum polaren Bau des Plasmas, noch ehe die Keimung stattgefunden hat, in enger Abhängigkeitsbeziehung steht, daß letzterer die Teilungsrichtung des Kerns auch dann bestimmen kann, wenn die Hervorsprossung des Rhizoids unterdrückt wird. Mit derselben Erklärung steht es in Einklang, daß Eier, die durch höhere Temperatur oder Konzentration am Keimen vei'- hindert wurden, die erste Teilungswand meist senkrecht zum Lichte stellen. Die Teilung findet ja hier erst viel später als unter nor- malen Bedingungen statt, und es ist anzunehmen, daß zu dieser Zeit die Polarität in der Zelle schon induziert ist. Werden Eier, welche unter den oben angegebenen Bedingungen kultiviert worden sind, nach der ersten oder den beiden ersten Teilungen langsam in hypotonisches Meerwasser übergeführt und dann von der Gegenseite beleuchtet, so treiben sie nun an der beleuchteten Seite Rhizoiden. Ich komme nunmehr zu der Frage, wie wir uns im einzelnen die Wirkung des Lichtes vorstellen können. Da werden diejenigen, welche eine stoffliche Veränderung als Ursache formativer Vorgänge für wahrscheinlich halten, geneigt sein, sich der Ansicht von Herbst ') anzuschließen, welche auch Winkler-) für möglich hält. Hiernach würden durch die Lichtwirkung diejenigen Substanzen, welche die Bildung des Keimschlauchs einleiten, nach der am wenigsten be- leuchteten Stelle des Eies getrieben und damit die Polarität be- stimmt. Durch die darauf folgende Teilung der gekeimten Eizelle würden diese dann in eine basale und apikale Hälfte gesondert, von denen sich letztere durch den Mangel „rhizoidbildender Substanzen" auszeichnen würde. Wenn das richtig ist, so wäre zu vermuten, 1) C. Herbst, Biol. Zentralbl., a. a. 0., S. 732. 2) H. Winkler, Einfl. äuß. Faktoren auf d. Kernteilung von Cytosira harhaia, Eer. d. deutsch, bot. Ges., 1900. Beiträge zur Keiniungs- Physiologie und -Biologie von F^UCUS. 701 daß die letztere Zelle nicht imstande ist, einen Keiraschlauch zu treiben ^). Es lag also nahe, zu untersuchen, wie sich die apikale Zelle verhält, wenn man die Rhizoidzelle abtötet. Um dies zu erreichen, kann man auf verschiedene Weise verfahren. Ich versuchte zuerst, die Operation mit einer heißen Nadel auszuführen. Diese Methode ist, wenn man mit ihr bei einiger Übung auch sicher zum Ziele kommt, doch recht langwierig und mühevoll. Aus diesem Grunde bediente ich mich bei meinen Versuchen ausschließlich einer anderen, die es gestattet, momentan eine beliebig große Zahl der Keimlinge in der gewünschten Weise zu verletzen. Wenn man nämlich das Meerwasser, in dem sich die Keimlinge befinden, durch Zugabe von destilUertem oder Brunnenwasser (natürlich bei ständiger Kontrolle unter dem Mikroskop) plötzlich soweit verdünnt, daß der Salzgehalt auf ein V» seines ursprünglichen Wertes (also auf 10 — 12Vuo) herabgesetzt wird, so sieht man, wie augenblicklich die Keimschläuche an der Spitze platzen und ein Teil ihres In- haltes sich entleert. Die Wand der apikalen Zelle, welche letztere von der Basal -(Keimschlaucli)- Zelle trennte, rundet sich dann ab und wenn man sogleich beginnt, langsam normales Meerwasser zu- fließen zu lassen, so gelingt es leicht, die Apikalzelle am Leben zu erhalten, während die Basalzelle infolge der erlittenen Schädigung schnell abstirbt. Der Grund, weshalb die Basalzelle immer an der Spitze platzt, ist darin zu suchen, daß hier die Wachstumszone liegt, die dort gebildete Zellulose folglich am jüngsten und gegen den durch die Herabsetzung der Konzentration des Außenmediums hervorgerufenen starken relativen Innendruck am wenigsten wider- standsfähig ist. Ob außerdem vielleicht noch der Umstand mit- spielt, daß die Basalzelle an sich einen höheren Turgor hat als die Apikalzelle, lasse ich dahingestellt. Es ist zu beachten, daß die Erhöhung des Salzgehalts nach Abtötung der Basalzelle nicht zu schnell erfolgt, da das Volumen der Apikalzelle nach Wegfall des ursprünglich von der Basalzelle ausgehenden Druckes sich natürlich etwas vergrößert und bei plötzlicher Zugabe der konzentrierteren Lösung eine starke Plasmolyse eintreten würde, wodurch natürlich die Zelle geschädigt werden könnte. Läßt man dagegen das Meer- 1) Ich rede hier nur von normal keimenden Eiern ; auf die schon von Rosen vinge und Küster erwähnten Doppelt- und Dreifachkeimungen und die Bedingungen der Ent- stehung dieser Abnormitäten komme ich unten kurz zurück. Jahrb. f. wisa. Botanik. XLIV. 45 702 Hans Kniep, wasser sehr langsam zufließen und erhöht die Konzentration zu- nächst auf Vs der ursprünglichen (d. h. auf 20 — 22 700) und dann ganz langsam im Verlauf mehrerer Stunden oder sogar Tage auf SOVooj so kann die Zelle ihren Turgor regulieren, behält ihre runde Form und erleidet keinerlei Schädigung. Die in der Kultur vorhandenen abgestorbenen Plasmareste verfallen natürlich leicht der Zersetzung und bilden für Bakterien einen guten Nährboden. Es ist deshalb unbedingt nötig, das Wasser täglich zweimal zu wechseln. Bei Beachtung dieser Vorsichts- maßregeln gedeihen die Kulturen aber sehr gut und ich habe sie viele Wochen lang, bis ich die Versuche abbrechen mußte, am Leben erhalten, ohne daß in einigen auch nur ein Keimling zu- grunde gegangen wäre. Die Versuche, die ich anstellte, waren nun folgende: 1. Fucus vesieulosus. 2 Stunden nach der Befruchtung wurden die Eier dauernder einseitiger Beleuchtung ausgesetzt (Auerlampe, zwischen dieser und dem Kulturgefäß Wasserkühlung). Die Eier keimten fast alle an der vom Licht abgewandten Seite; nachdem die meisten Keim- linge sich im Zweizellenstadium befanden (andere hatten zwar einen Keimschlauch getrieben, aber die erste Querwand noch nicht an- gelegt), wurde die Basalzelle bei der Mehrzahl in der oben be- schriebenen Weise abgetötet'). Darauf wurde die Konzentration wieder langsam erhöht und das Kulturgefäß an seinen alten Platz zurückgestellt, nun aber von der entgegengesetzten Seite beleuchtet. Die Temperatur betrug während des Versuchs 18—20*'. Nach IV2 Tagen ergab die Beobachtung, daß die Keimschläuche der un- verletzt gebliebenen Eier infolge ihres negativen Phototropismus sich alle nach der ihrer ursprünglichen Wachstumsrichtung entgegen- gesetzten Seite gewandt hatten. Von denjenigen Eiern, die sich zur Zeit der Versuchsanstellung noch im einzelligen Zustand be- funden hatten, deren Keimschläuche aber geplatzt waren, waren die meisten abgestorben. Von den übrigen waren dagegen die Apikaizellen fast alle noch am Leben und hatten begonnen, sich zu teilen. Die meisten hatten eine Querwand gebildet, deren Rich- 1) Das Platzen des Keimschlauchs erfolgt natürlich nicht hei allen Keimlingen zugleich. Einige sind gewöhnlich ziemlich widerstandsfähig und es ist ratsam, nicht deren Platzen abzuwarten, sondern die Konzentration vorher langsam wieder zu erhöhen, da sonst der Aufenthalt in der hypotonischen Lösung für die anderen schädigend wirken kann. Beiträge zur Keimuiigs- Physiologie und -Biologie von t^ueiis. 703 tung bei vielen, allerdings durchaus nicht bei allen zu der Lage der ersten Querwand (Mittelwand) des unverletzten Keimlings senk- recht stand. In den folgenden Tagen fanden weitere Teilungen statt, die mit denen der normalen, unverletzten Keimlinge gleichen Schritt hielten. Nach 6 Tagen hatte eine große Anzahl dieser aus den Apikaizellen hervorgegangenen Zellkörper Keimschläuche ge- trieben. Nach 8 Tagen ergab die Zählung, daß von den verletzten Eiern 80 7o am Leben waren (die übrigen 20 "/o waren größtenteils die oben erwähnten, bei Ansetzen des Versuchs noch ungeteilten Keimlinge), von denen 64^0 gekeimt hatten. Um letztere genauer untersuchen zu können, tötete ich sie durch langsames Zufügen von Alkohol ab. ersetzte dann das Meerwasser (in dem sich durch den Alkohol ein weißer Niederschlag bildet) langsam durch Süß- wasser und fügte zu diesem eine mit Kahlauge versetzte Kongo- rotlösung. Die sich rot färbenden Membranen quellen dann, und man kann sehr gut die einzelnen Zellen voneinander unterscheiden, was im lebenden Zustande außerordentlich schwer ist, und den Ursprung der Keimschläucbe verfolgen. Einige andere Versuche, die etwas modifiziert wurden, führten zu ähnlichen Ergebnissen, wie aus folgendem hervorgeht. 2. Fucus vesiculosus. Die Versuchsanordnung war dieselbe wie im vorigen Versuch. Der Unterschied bestand nur darin, daß die Abtötung der Basal- zellen erst geschah, nachdem sich alle Keimlinge geteilt hatten. Ferner wurde die Beleuchtungsrichtung nach der Verletzung nicht geändert. Es gelang in diesem Versuch, sämtliche Apikaizellen am Leben zu erhalten und zur Keimung zu bringen. 3. Fucus serratus. Die Eier wurden sofort nach der Besamung verdunkelt und 2 Tage unberührt gelassen. Nach dieser Zeit hatten alle gekeimt; die Längsachsen der Keimlinge waren natürlich ganz verschieden gerichtet. Die Keimlinge befanden sich meist im Zweizellenstadium, einige hatten das Dreizellenstadium schon erreicht, nur wenige hatten sich noch nicht geteilt. Darauf wurden sie in die niedere Konzentration gebracht, dadurch in der besprochenen Weise verletzt und wie oben angegeben weiter behandelt. Von denen, die schon im Dreizellenstadium waren, blieben die beiden apikalen Blastomeren erhalten und rundeten sich etwas ab. In einigen Fällen gelang es, 45» 704 Sans Kniep, außer der Basalzelle die eine dieser Blastomeren abzutöten und die andere zu erhalten, doch habe ich eine Keimung dieser letzteren bisher leider nicht sehen können. Es ist möglich, daß sie ein- treten kann, vermutlich dauert sie aber länger als bei den Keim- lingen, bei denen allein die Basalzelle abgetötet wurde. Um genauer beobachten zu können, welche der operierten Keimlinge zu erneuter Keimung kamen, vor allem um zu wissen, ob es solche waren, die im Zwei-, oder solche, die im Dreizellenstadium verletzt worden waren, entwarf ich von mehreren auf der Unterseite des Glasgefäßes bezeichneten Stellen mit dem Zeichenapparat Skizzen, so daß sich die Entwicklung jedes einzelnen Keimlings leicht verfolgen ließ. Die Eizellen setzen sich ja schon mehrere Stunden nach der Be- fruchtung auf dem Substrat fest, so daß es gänzlich überflüssig ist, besondere Mittel zu ihrer Anheftung in Anwendung zu bringen. Sofort nach Rückübertragung in die Konzentration von 20 %o ^) wurde die Kultur nun einseitiger Beleuchtung (Auerlampe, Wasser- kühlung) ausgesetzt. Nach 8 Tagen hatte die Mehrzahl der ver- letzten Keimlinge Rhizoiden gebildet. Sie wurden nun abgetötet und in der oben beschriebenen Weise gefärbt. 4. Fueus serratus. Der Versuch wurde in gleicher Weise wie voriger angesetzt. Anstatt nach der Verletzung beleuchtet zu werden, wurde indes die Kultur sofort wieder verdunkelt. Das Ergebnis war genau dasselbe wie in Versuch 3, auch die Zeit, nach der zum ersten Male ge- keimte Rhizoiden zu sehen waren, war die gleiche. Nur im äußeren Aussehen der Keimlinge zeigte sich ein geringer Unterschied, indem die dauernd verdunkelten heller gefärbt (etioliert) waren. Das Plasma erschien etwas weniger körnig, was jedenfalls von dem Ver- brauch der Nährstoffe herrührte. 5. An letzter Stelle seien hier noch einige Versuche kurz erwähnt, die mit 5—8 Tage alten Keimlingen von Fucus vesiculosus und serratus angestellt wurden. In diesem Stadium haben die Rhizoiden schon eine beträchtliche Länge erreicht und sind durch schräg verlaufende Zellwände in mehrere Zellen geteilt. Unterwirft man diese Keimlinge derselben Behandlung wie diejenigen der Versuche 1 — 4, so platzt ebenfalls die basale Spitzenzelle, in diesem Falle also die unterste Zelle des durch schräg verlaufende Wände 1) Die Konzentration 307oo wurde erst im Laufe einiger Tage erreicht. Beiträge zur Keimungs- Physiologie und -Biologie von Fuciis. 705 in mehrere Zellen gegliederten Rhizoids. Bei längerem Aufenthalt in der hypotonischen Lösung kann man auch eine oder zwei der darauffolgenden Zellen zum Platzen bringen, doch ist es nicht aus- ^•^^. Fig. 10. Regeneration von Rhizoiden aus dem der ursprünglichen Apikalzelle des zweigeteilten Keimlings entspreclienden Zellkomplex. Der Rest der toten, geplatzten Basalzelle und das ausgestoßene Plasma sind noch sichtbar. geschlossen, daß die Keimlinge dann schon etwas geschädigt werden. Die Weiterentwicklung geschieht hier nicht in der Weise, daß der apikale Zellkörper neue Rhizoiden treibt, sondern daß die über der 706 Hans Kniep, abgetöteten Spitzenzelle liegende Zelle nuimiehr in Spitzenwachstum eintritt und die Führung übernimmt. Es liegt hier also ein Fall von Regeneration im engeren Sinne ') vor. Überblicken wir nun die obigen Versuche, so stellt sich als deren wichtigstes Ergebnis das heraus, daß die normalerweise als Mutterzelle des Thallus fungierende Apikalzelle unter gewissen Be- dingungen zur Rhizoidbildung gezwungen werden kann. Daneben scheinen mir zwei andere Punkte von Wichtigkeit zu sein. Die Betrachtung der Fig. 10 lehrt nämlich erstens, daß in den meisten Fällen mehrere Keimschläuche gebildet werden, zweitens, daß diese Keimschläuche immer an derjenigen Hälfte des Zellkörpers ent- stehen, welche der abgetöteten Keimschlauchzelle am nächsten liegt, gleichgültig, ob die Keimlinge nach der Verletzung verdunkelt oder nach vorheriger Verdunkelung einseitig beleuchtet waren oder ob sie in der Richtung der ursprünglichen Beleuchtung oder in der entgegengesetzten dauernd beleuchtet wurden. Ich gehe zunächst auf die oben hervorgehobene allgemeine Frage ein. Die Tatsache, daß die Apikalzelle im Zweizellenstadium befindlicher Keimlinge nach Abtötung der Basalzelle zu keimen imstande ist, spricht meines Erachtens nicht zugunsten der Ver- mutung von Herbst, welcher, wie schon erwähnt wurde, sich die Wirkung des Lichtes so vorstellt, daß diejenigen Substanzen, die zur Bildung des Rhizoids führen, infolge von negativem Heliotro- pismus nach der Schattenseite, die, welche zur Bildung des Thallus führen, wegen ihres positiven Heliotropismus zur Lichtseite trans- portiert werden-). Wenigstens wäre, wenn die Theorie zuträfe, doch wohl die wahrscheinlichste Annahme die, daß mit Abtötung der Basalzelle die „keimschlauchbildenden Substanzen" beseitigt wären und die Apikalzelle füglich nicht die Fähigkeit hätte, Rhi- zoiden zu treiben. Ich will allerdings nicht bestreiten, daß es möglich wäre, durch Hilfshypothesen die Herbstsche Annahme zu retten, doch glaube ich, daß die auf diesem Wege gewonnene Er- klärung stets etwas Gezwungenes haben wird. So könnte man z. B. sagen, daß durch den Einfluß des Lichtes nicht alle „keimschlauch- bildenden Substanzen" nach der Schattenseite getrieben werden, 1) Pfeffer, Pflanzenphysiologie II, S. 204. 2) Zwar bezieht sich Herbst mit dieser Annahme nur auf die Stahlschen Ex- perimente mit Equisetum-Sporen, er dürfte aber wohl auch die sich analog verhaltenden Fucus-Eier dabei im Auge gehabt haben. Beiträge zur Keimungs- Physiologie und -Biologie von Fuchs. 707 sondern ein Teil in dem Bereiche der durch die spätere Kernteilung und Membranbildung abgegrenzten Apikalzelle verbleibt. Wenn das so wäre, dann müßte man das Austreiben des Keimschlauchs an der am meisten beschatteten Stelle durch die Annahme einer dort besonders starken Anhäufung der Substanzen erklären. Das wäre allerdings durch die postulierte negative Phototaxis der Sub- stanzen plausibel zu machen. Grrößer werden die Scliwierigkeiten aber, wenn wir erklären sollen, weshalb die freigelegte Apikalzelle bezw. der aus ihr hervorgegangene Zellkomplex meist mehrere Rhizoiden treibt, wo doch die Menge der rhizoidbildenden Sub- stanzen in ihr nur eine relativ geringe sein kann. Hier müßten wir uns also schon zu der Hypothese flüchten, daß diese Stoffe be- fähigt sind, sich durch Autoassimilation zu vermehren. Zu alledem kommt nun noch, daß die Existenz der rhizoidbildenden Stoffe selbst weit davon entfernt ist, bewiesen zu sein. Ich würde be- kannten Tatsachen widersprechen, wenn ich behaupten wollte, daß Stoffe nicht imstande wären, Reizvorgänge einzuleiten. In dem hier in Betracht kommenden Falle scheint mir jedoch, abgesehen von den eben berührten Schwierigkeiten ihre Annahme schon deshalb von geringem Nutzen zu sein, weil sie weniger geeignet sind, das Problem zu fördern, als es zu verschieben. Das eigentliche Problem würde doch erst beginnen, wenn wir uns vorstellen sollten, wie diese Stoffe nun die Polarität bestimmen; dabei kann es sich aber nur um strukturelle Veränderungen handeln. Es ist hierzu eine gewisse Energiemenge nötig, und ich glaube, es ist, ehe nicht ganz be- stimmte Gründe für die Anwesenheit der rhizoidbildenden Sub- stanzen sprechen, zweckmäßiger, anzunehmen, daß das Licht direkt diese Energie liefert. Behalten wir im Auge, daß es sich bei der Induktion der Po- larität und bei der Keimung um Vorgänge handelt, die nach be- stimmten Gesetzen verlaufen und an bestimmten Stellen im Plasma lokalisiert sind. Die Gesetze, denen sie unterworfen sind, sind abhängig von den inneren und äußeren Bedingungen, unter denen sich der Organismus (in diesem Falle die keimende Eizelle) be- findet. Auch die Lokalisation wird dadurch beherrscht. Verändert sich die Struktur des Protoplasmas, so werden sich auch diese Vor- gänge verändern können. Sie werden sich aber ihrer Natur (Qualität) nach keineswegs verändern müssen, sondern der Ein- fluß der Strukturveränderung braucht nur soweit zu gehen, daß ihre Verlaufsrichtung eine andere wird, daß ihnen andere Bahnen vor- 708 Hans Kuiep, geschrieben werden. Dieser letztere Fall ist bei Fucus verwirklicht. Es ist ganz gleichgültig, ob wir den Eiern an und für sich eine Polarität zuschreiben, die bei der Keimung im Dunkeln zum Aus- druck kommt, oder nicht, jedenfalls muß das Licht in der "Weise auf die befruchtete Eizelle wirken, daß diejenigen Vorgänge, welche die Keimung einleiten, an einer ganz bestimmten Stelle lokalisiert werden. Damit dies möglich ist, muß an dieser Stelle die Struktur des Plasmas eine Veränderung erleiden, wodurch sie von ihrer Umgebung unterschieden wird. Der Einfluß des Lichtes kann sich aber nicht allein auf diese eine Stelle erstrecken. Das wird schon verständlich, wenn wir bedenken, daß es eine lange Reihe von Vorgängen, von der Perzeption an gerechnet bis zur Reaktion, ist, die sich aufeinander folgen und darum Einrichtungen geschaffen sein müssen, welche jenen die Tendenz aufprägen, in einer be- stimmten Richtung zu verlaufen. Mit großer Wahrscheinlichkeit geht es aber aus der Tatsache hervor, daß die befruchteten Eier auch im Dunkeln und zwar in beliebigen, d. h. für uns nicht kon- trollierbaren Richtungen keimen. Das Licht muß also, indem es die Keimung in der Strahlenrichtung veranlaßt, diejenigen Prozesse, die ohne seine Wirkung zur Keimung führen würden, beeinflussen, indem es entweder deren Zustandekommen verhindert oder es so lenkt, daß die Keimschläuche an dem vom Licht abgewandten Pole entstehen. Auch dieser Satz behält natürlich seine Gültigkeit, un- bekümmert darum, ob a priori eine Polarität vorhanden ist oder nicht. Da nun das Austreiben des Rhizoids bei Lichtabschluß bei den verschiedenen Keimlingen an ganz verschiedenen Stellen, bei Lichtwirkung aber an einer bestimmt definierten stattfindet, so ergibt sich, daß die Lichtwirkung jedenfalls die ganze Zelle betrifit (ob direkt oder indirekt, ist eine zweite Frage) und dieser eine zunächst labile, kurz vor der Keimung aber schon stabile polare Beschaffen- heit aufprägt. Es verbindet sich mit dieser Annahme durchaus nicht die Forderung, das Plasma als ein absolut starres System aufzufassen. Auch ein festflüssiger Körjier kann in dem Sinne eine bestimmte Struktur haben, daß er dem Verlauf verschiedener Vorgänge eine Richtung aufzwingt, und sich so verändern, daß (wie das bei den J^wcw5- Eiern kurz vor der Keimung der Fall ist) es nicht mehr möglich ist, diese Verlaufsrichtung zu variieren. Wenn auch ein- zuräumen ist, daß in dem körn erreichen Endoplasma regellose Beiträge zur Keimungs- Physiologie und -Biologie von Fucus. 709 Bewegungen vorkommen können'), so besitzt jede Zelle in dem hyalinen Ektoplasma doch eine Substanz, der sehr wohl eine be- stimmt definierte Struktur zukommen kann. Ich möchte das ganz besonders gegenüber den Erörterungen Morgans betonen. Morgan^) hält die „Idee einer physikalischen Grundlage der Organisation" für unhaltbar, da das Plasma durch- einandergemischt und die angenommene Ordnung seiner Elemente völlig zerstört werden kann. Er sucht die Polarität durch seine Hypothese der „graduellen Schichtung der verschiedenen chemischen Substanzen, welche das Substrat für die Wirkung der eigentlich formbestimmenden Faktoren bilden", zu erklären und stellt sich vor, daß beispielsweise die Regeneration eines in zwei Teile zer- schnittenen Regenwurms, wo am vorderen Pole der Schwanzhälfte ein neuer Kopf, am hinteren Pole der Kopfliälfte ein neuer Schwanz entstellt, so zustande kommt, daß die köpf bildenden Substanzen vom Kopfe nach dem Schwänze zu fortschreitend abnehmen, der der Schnittfläche zunächst gelegene Teil der Schwanzhälfte also im Vergleich zu den übrigen Teilen derselben am meisten kopfbildende Substanzen besitzt und so einen Kopf regeneriert. Dasselbe würde umgekehrt für die schwanzbildenden Substanzen der Kopfhälfte gelten. Diese Vorstellung ist jedenfalls eine sehr rohe. Die ein- fache Überlegung, daß Kopf und Schwanz doch aus spezifisch ver- schiedenen, in bestimmter örtlicher Beziehung zueinander stehenden und voneinander korrelativ abhängigen Organen und Gewebearten aufgebaut sind, zeigt, daß man, von organbildenden Substanzen aus- gehend, doch auch von diesen verschiedene annehmen und ihnen ferner eine bestimmte Anordnung zuschreiben müßte. Dann hätten wir also die Struktur, die Morgan zu umgehen sucht. — Ganz abgesehen davon, daß die Forderung, daß eine quantitative Verschiedenheit die Ursache einer qualitativen wird, eine keineswegs selbstverständliche ist, kommt noch dazu, daß der von Morgan gegen die Strukturhypothese erhobene Einwand, wenn er zutreffend wäre, seine eigene Hypothese richten würde. Wie steht es denn, wenn wir die Morgansche Betrachtung auf die einzelne Zelle an- wenden? Sollten da nicht, da das Protoplasma „durcheinander- gemischt" werden kann, auch die organbildenden~Stoffe von dieser 1) Keineswegs aber vorkommen müssen! Auch hier könnten bestimmte, mit den Keizvorgängen in ursächlichem Zusammenhang stehende Eichtungsbewegungen auftreten. Vgl. dazu auch Pfeffer, Pflanzenphysiologie II, S. 636. 2) Morgan-Moszkowski, Regeneration. Leipzig, 1907, S. 378 ff. 710 ' Hans Kniep, Mischung betroffen werden? Und doch wissen wir ganz bestimmt, daß eine einzelne Zelle einen stabilen polaren Bau haben kann. Das gilt von dem sich zur Keimung anschickenden, ungeteilten Fticus-'Ei, das gilt auch von den einzelnen Zellen eines Cladophora- Fadens, wie Miehe^) nachgewiesen hat. Bedürfte es dabei noch einer eingehenden Begründung, daß in einem einzelnen Protoplasten ein bestimmter struktureller Bau vorhanden sein muß, dem in vielen Fällen eine große Stabilität eigen ist, so brauchte nur auf die zahl- losen Beispiele in der Reizphysiologie der niederen und höheren Organismen hingewiesen werden, die sich nur unter dieser Voraus- setzung verstehen lassen. Daß zum Zustandekommen einer Struktur Lageveränderungen, vielleicht unter Umständen auch größere Wanderungen einzelner Teilchen angenommen werden müssen, ist ganz selbstverständlich. In dieser Beziehung von stofflichen Veränderungen zu reden, kann natürlich kein Widerspruch mit dem eben dargelegten sein. Auch bestimmte Verschiedenheiten der Teilchen, sowohl der Form wie der Beschaffenheit nach müssen vorhanden sein. Das kann aber alles die Einwände nicht beeinträchtigen, die soeben gegen die Morgansche Annahme geltend gemacht wurden, für welche übrigens zum Teil auch die oben im Anschluß au die Hypothese rhizoid- bildender Substanzen gemachten Bemerkungen zutreffen. Ich komme jetzt zur Besprechung des zweiten der oben hervor- gehobenen Versuchsergebnisse. Wir sahen, daß nach Abtötung der Keimschlauchzelle ein Austreiben neuer Rhizoiden aus dem der Apikalzelle entstammenden Zellkomplexe erfolgt und daß dies selbst dann an dessen ursprünglichem Basalpol geschieht, wenn die Apikalzelle sofort nach der Operation von dieser Seite beleuchtet wird. Diese Zelle ist also, soweit sich bis jetzt urteilen läßt, stabil polar induziert. Ich habe nie an dem entgegengesetzten (apikalen) Pole Keimschläuche sprossen sehen; natürlich ist es nicht aus- geschlossen, daß dies als vereinzelte Ausnahme vorkommen mag. Ich lasse hier zunächst die Erscheinung, daß an den operierten Keimlingen fast immer mehrere Rhizoiden regeneriert werden, außer acht, da ich darauf unten kurz zurückkommen werde. Nachdem der Versuch die Befähigung der Apikalzelle zur Wurzelbildung gezeigt hat, haben wir zuerst zu fragen, aus welchem 1) H. Mi ehe, Wachstum, Regeneration und Polarität isolierter Zellen. Ber. d. deutsch, bot. Ges., 1905, S. 257. Beiträge zur Keimungs- Physiologie und -Biologie von Für US. 711 Grunde dieselbe ausbleibt, wenn die Verbindung der beiden Primür- zellen erhalten bleibt. Daß auch in letzterem Falle die „Potenzen" ') für die Rhizoidbildung in beiden Zellen vorhanden sein müssen, kann keinem Zweifel unterliegen, es bleibt also als Erklärung nur die, daß von einem einmal gebildeten Keiraschlauch Hemmungsreize ausgehen, die einer weiteren Rhizoidbildung entgegenwirken, und durch deren Ausbleiben die „indifferenten Anlagen" (Vöchting) oder „schlummernden Potenzen" geweckt werden. Allerdings ge- schieht dies nicht sofort, die Apikaizelle beginnt, wie wir sahen, vorerst, sich zu teilen, und erst nach Verlauf von 6—8 Tagen beginnt das Hervorsprossen der Rhizoiden. Diese Verzögerung darauf zurückzuführen, daß die Apikalzelle nicht genügend Nährstoffe enthält, um sofort Keinischläuche zu treiben, ist nicht angängig, denn wir sahen ja, daß die Regeneration in verdunkelten Kulturen zu derselben Zeit beginnt, wie in beleuchteten. Es müssen hier also andere Umstände ausschlaggebend sein. Daß die vorüber- gehende Konzentrationsänderung der Grund ist, erscheint ebenso- wenig wahrscheinlich. Wenn man nämlich Eizellen, die in kon- zentriertem Meerwasser, ohne zu keimen, bis zur ersten Teilung fortgeschritten sind, in Iproz. Seewasser überträgt und dann die Konzentration auf 30 7oo erhöht, so keimen sie am nächsten Tage. Es will mir daher wahrscheinlicher dünken, daß die ursprünglich von der Basalzelle ausgehende Hemmung noch ziemlich lange nach- wirkt und erst allmählich durch die „Aktivierung der Keimungs- potenzen" überwunden wird. Beweisen läßt sich das allerdings ebensowenig wie die andere Möglichkeit, daß der Wundreiz die Keimung irgendwie verzögert'^). Vielleicht müssen erst komplizierte Regulationen stattfinden, ehe die Keimung eintreten kann. Diese Bemerkungen können sich nur auf die Keimung selbst beziehen, nicht auf die polare Struktur, denn die muß spätestens von der Verletzung des Keimlings an in der Apikalzelle stabil vor- handen sein, sonst wäre es nicht möglich, daß die Rhizoiden an der beleuchteten Seite hervorsprossen. Daß die Keimung nicht ein- zutreten braucht, obwohl die Polarität längst fixiert ist, das haben ja Versuche bewiesen, bei denen erstere eine Zeitlang durch hyper- tonisches Meerwasser verhindert wurde, während sich die Versuchs- objekte im Dunkeln befanden. Die Eier keimten bekanntlich nach 1) Dieser Ausdruck ist im Sinne von Klebs zu verstehen. 2) Hierüber s. auch S. 712. 712 Haus Kuieii, Übertragung in normales Seewasser bei einseitiger Beleuchtung in ganz beliebigen Richtungen. Es ist somit durch obiges Ergebnis die Annahme wahrscheinlich gemacht, daß nach einmal stattgefundener stabiler Induktion der Polarität in der noch ungekeimten Zygote jede Zelle des jungen Keimlings einen polaren Bau besitzt und damit hätten wir einen Fall realisiert, der theoretisch schon bei anderen Pflanzen postuliert worden ist. Ich brauche hier nur an Vöchtings allbekannte Untersuchungen zu erinnern. Ich darf hier indessen einige Einwände nicht übergehen, die dagegen erhoben werden könnten. Als erster ist die Möglichkeit eines Kontaktreizes, der von dem der Apikalzelle anliegenden toten Plasmarest der Basalzelle ausgeübt werden könnte, anzuführen. Diese Möglichkeit erscheint mir aus folgendem Grunde ausgeschlossen. Bei der Keimung normaler Eier ist eine solche Kontaktwirkung niemals zu erkennen. Sie müßten dann alle nach der Unterlage zu, auf der sie liegen, keimen; das ist aber keineswegs der Fall. Auch wenn sie seitlich irgend einem Körper anliegen, so hat diese Be- rührung, sofern von diesem Körper nicht andere, die Polarität in- duzierende Eeize ausgehen^), keinerlei Einfluß auf die Keimungs- richtung. Daß also eine solche Kontaktwirkung bei den verletzten Keimlingen sogar entgegen der Wirkung des Lichtes stattfinden sollte, erscheint danach ausgeschlossen. Zweitens wäre an eine chemische Reizung, die von dem ab- gestorbenen Plasmarest ausgehen könnte, zu denken. Um darüber Aufschluß zu erlangen, habe ich folgenden Versuch angesetzt. Be- fruchtete Eier werden durch Übertragen in stark verdünntes Meer- wasser abgetötet und zu einer Kultur soeben befruchteter Eier gemischt, so daß fast jedes lebende Ei direkt neben ein oder mehrere tote zu liegen kam. Es zeigte sich keinerlei Beeinflussung der Keimungsrichtung von selten der abgetöteten Eier. Auch dieser Einwand kann somit wohl als abgetan gelten. Der dritte Einwand betrifft den traumatischen Reiz, der bei der Abtötung der Basalzelle auf die Apikalzelle ausgeübt wird. Diesen Einwand zu beseitigen ist mir nicht gelungen, da ich die diesbezüglichen Versuche leider abbrechen mußte, ehe sie ein definitives Resultat ergeben hatten. Wenn ich trotzdem mehr zu der Annahme neige, daß auch dieser Reiz nicht polaritätsbestimmend 1) Hierüber ist Abschnitt V zu vergleichen. Beiträge zur Keimungs- Physiologie und -Biologie von Fucus. 713 wirkt, so geschieht das aus folgenden Gründen. Einmal müßte an- genommen werden, daß der traumatische Einfluß sehr intensiv wäre, da auch die sfthr starke Lichtwirkung einer 20 cm entfernten Auer- lampe nicht hinreicht, ihn zu überwinden. Zwar ist ja nicht gesagt, daß Wundreiz und Lichtreiz in gleicher Weise perzipiert werden müßen, sie müßen aber doch allermindestens das Endglied der Reizkette gemeinsam haben. Mehr als dies scheint mir folgende Überlegung zu sagen. Wir sahen oben, daß bei der Induktion der Polarität durch das Licht dieses nicht nur einen bestimmt um- schriebenen Bezirk, sondern jedenfalls das ganze strukturfähige Plasma beeinflussen muß. Dies werden wir uns am einfachsten so vorstellen können, daß eben die ganze Zelle eine polare Struktur erhält und infolgedessen jeder Teil derselben, wenn er isolierbar und keimfähig wäre, sein oder seine Rhizoiden an der Stelle bilden müßte, welche ursprünglich dem ßasalpole zugekehrt war. Daß diese polare Struktur mit der Querteilung der Eizelle durch die Mittelwand aufgehoben werden sollte, ist nicht anzunehmen, denn es hat sich aus Versuchen ergeben, daß die Apikaizelle sie trotz mehrfacher Teilungen beibehält. Es wäre demnach der polare Bau der isolierten Apikalzelle als eine Folge des ursprünglich dem Ei induzierten sehr wohl denkbar. Nunmehr ist noch eine dritte, oben bereits angeführte Frage zu erledigen. Wie erklärt es sich, daß aus dem Apikalzellen- komplex mehrere Keimschläuche hervorsprossen? Ich ziehe es vor, die Frage gleich allgemein zu fassen und diejenigen Fälle mit ein- zubegreifen, in denen bei unverletzten Eizellen ebenfalls eine Ent- stehung zahlreicher Rhizoiden hervorgerufen wurde. Bereits Thuret') hat beobachtet, daß bei Pelvetia und Hhiumthalia normalerweise mehrere Rhizoiden entstehen. Später haben darauf auch Kolderup Rosenvinge^) und Oltmanns^) hingewiesen. Die genannten Forscher haben auch bei Fucus, namentlich Fucus scrratus in Ausnahmefällen ein ähnliches Ver- halten gesehen, auch Farmer und Williams^) teilen ent- sprechende Beobachtungen mit. Neuerdings hat Küster wieder die Bildung von 2 — 3 Rhizoiden bei Fucus platijcarpus und serratus beschrieben. Ihm ist es auch gelungen, durch längere 1) Thuret et Bornet, Etudes phycologiques, Paris, 1878. 2) K. Rosenvinge, a. a. 0., S. 31. 3) Oltmanns, Beiträge zur Kenntnis der Fucaeeen, 1889, S. 24. 4) Farmer und "Williams, a. a. 0., S. 641. 714 Hans Kuiep, Einwirkung einer hypertonischen Lösung den Prozentsatz derselben bis auf 15 zu steigern. Ich habe bereits im II. Abschnitte dieser Arbeit mitgeteilt, daß ich zu meinen Resultaten auf ähnlichem Wege gelangt bin. Der Prozentsatz der Keimlinge mit mehreren Rhizoiden war aber in meinen Kulturen durchgehends höher und betrug bis 70. Auch war die Zahl der Keimschläuche sehr oft beträchtlich größer; mehrfach konnte ich deren 12 beobachten. Hervorheben muß ich hierbei, daß sich immer eine Polarität deutlich geltend machte. In der weitaus größten Mehrzahl der Fälle sproßten alle Keimschläuche von einer Seite des Keimlings aus. Sehr selten sah ich, daß unter vielen einer am entgegengesetzten Pole lag. Niemals war aber die Verteilung eine derartige, daß, wenn eine größere Anzahl Rhizoiden vorhanden war, diese etwa einigermaßen gleich- mäßig um den Zellkörper des Keimlings verteilt gewesen wären, oder daß ungefähr die eine Hälfte an der einen, die andere Hälfte an der anderen Seite gekeimt hätte. Auch bei Eiern, die sich während dreier Wochen in andauernder Teilung befunden hatten und erst dann Rhizoiden bildeten, war die Polarität nicht zu ver- kennen. Wie schon Thuret richtig angibt, teilt sich bei Pelvetia und Hhnanthalia die befruchtete Eizelle erst mehrfach, ehe die Keim- schlauchsprossung beginnt, während bei Fucus, wie wir sahen, das Verhalten anders ist. Ob es gelingt, auch jene Formen zur Keimung zu bringen, ehe sie sich teilen, muß ich dahingestellt sein lassen; es wäre möglich, daß man das durch Verringern der Seewasser- konzentration erreichen könnte '). Da es mir gelang, auch bei Eiern, bei denen die Rhizoidbildung durch den Aufenthalt in höherer Temperatur gehemmt war, während sie sich geteilt hatten, nachträglich mehrere Keimschläuche zur Entwickelung zu bringen, so glaube ich folgern zu dürfen, daß die Natur des äußeren Reizes bei der Entstehung mehrerer Rhizoiden nicht das Ausschlaggebende ist, daß es vielmehr auf die Reaktion ankommt. Diese besteht nun darin, daß das zeitliche Verhältnis zweier differenter Vorgänge ver- schoben ist. Beide Vorgänge, Keimung sowohl wie Teilung, werden verlangsamt, erstere aber mehr als letztere, und es kann sogar so- 1) Einen Analogiefall zu dieser Erscheinung bildet die Beobachtung Buchtiens (Entwicklungsgesch. d. Protli. v. Equisctum, Bibl. bot., 1887, S. 17), der angibt, daß Eqiitsetum- Siioren in einer 3 7tio Salze enthaltenden Nährlösung einen kugelförmigen Zell- kürper bilden, während unter normalen Bedingungen bekanntlich die kleine, ulirglasförmige Zelle der zweigeteilten Spore einen Schlauch treibt. Beiträge zur Keimungs- Physiologie und -Biologie von Fucus. 715 weit kommen, daß erstere ganz verhindert wird und das befruchtete Ei sich trotzdem teilt. Diese Verlangsamung wird durch Rück- übertragung in normale Bedingungen wieder aufgehoben und daher treibt das geteilte Ei Rhizoiden. Je weiter die Teilung fort- geschritten ist, umso größer ist durchschnittlich die Zahl der Rhizoiden; aus diesem Grunde ist anzunehmen, daß ein Zusammen- hang zwischen beiden Erscheinungen besteht. Es dürfte nicht allzu schwer sein, sich von diesem Zusammen- bange auf Grund der obigen Erörterungen eine Vorstellung zu machen. Danach gehen von einem Keimschlauch bei dessen Ent- stehung Hemmungsreize aus, welche der Bildung weiterer Keim- schläuche entgegenwirken. Wenn die Keimung zu einer Zeit erfolgt, zu der die Eizelle noch ungeteilt ist, so kann sich hier die Hemmung leicht nach allen Richtungen fortpflanzen und einen Reizzustand induzieren, der auch dann, wenn nachträgliche Teilungen eintreten, erst nach längerer Zeit ausklingt ^) und weitere Wurzelbildung ver- hindert. Ist dagegen die Zelle zur Zeit der Rhizoidbildung schon geteilt, so sind der Fortpflanzung dieser Hemmungsreize mehr Widerstände entgegengesetzt; denn wenn auch Plasmaverbindungen vermutlich eine Kontinuität im ganzen Zellkörper herstellen, so ist doch immerhin die Fortpflanzungsmöglichkeit eine beschränktere. Wenn also die Entstehung der Keimschläuche in der geteilten Ei- zelle sukzedan erfolgt, und das ist der gewöhnliche Fall, so würden wir annehmen können, daß die von den zuerst entstehenden Wurzel- hyphen ausgehenden Hemmungsreize, wenn sie die übrigen Zellen erreichen, nicht stark genug sind, um hier das Austreiben weiterer Rhizoiden auszuschließen. Alles dies hätte natürlich „im Rahmen der Polarität" zu ge- schehen. Nun kommt es aber, wie schon Rosenvinge mitgeteilt und abgebildet hat, vor, daß befiuchtete Eizellen an zwei gegenüber- liegenden Stellen Keimschläuche treiben und die Mittelwand sich dann senkrecht zur Längsachse stellt, also zwei Keimschlauchzellen trennt. Hier haben wir also eine Ersxiheinung vor uns, die daher kommt, daß der polare Bau der Eizelle nicht in normaler Weise induziert wurde. Auch Farmer und Williams und Küster haben derartige abnorme Keimlinge gesehen, ich habe sie ebenfalls 1) tJber den normalen Verlauf der Entwicklung der i'^wews- Keimlinge vgl. 01t- manns Beitr. z. Kenntn. der Fucaceen, Bibl. bot., 1889, S. 8 ff. Danach wächst die einfache Hauptwurzel eine Zeitlang fort, bis aus dem schon zu einem ansehnlichen Zell- körper herangewachsenen Keimling an der Basis mehrere Wurzelhyphen hervorsprossen. 716 Hans Kniep, in Kulturen aller drei untersuchten Fuciis- Arien häufig beobachtet. Am seltensten scheinen sie bei Fuciis vesiculosus aufzutreten, bei Fucus platycarpus und Fucus serratus zählte ich mehrfach bis zu 6 Vo- Wie schon gesagt (S. 695) treten sie besonders in Kulturen auf, deren Eier von zwei Seiten beleuchtet worden waren. Doch reichen meine Versuche nicht aus, um bestimmt behaupten zu können, daß diese Bedingung ihre Entstehung wirklich begünstigt. Ich muß diese Frage noch offen lassen. Interessant wird es übrigens auch sein, die weitere Entwicklung dieser Gebilde zu verfolgen ^). Es sei mir am Schluß dieses Abschnittes noch ein kurzes Wort zu der Frage gestattet, ob die Eizelle ursprünglich, d. h. im un- befruchteten Zustand oder kurz nach der Befruchtung, wenn keine polaritätsinduzierenden äußeren Reize auf sie einwirken, polar oder apolar gebaut ist. Schon mehrfach wurde betont, daß unsere gegen- wärtigen Kenntnisse eine definitive Entscheidung hierüber nicht erlauben. Ich würde es also für müßig halten, hierüber zu dis- kutieren, wenn nicht einige Bemerkungen K. Rosenvinges und Giesenhagens mich veranlaßten, einiges hinzuzufügen. K. Rosenvinge stellt sich die Sache so vor, daß die Eier, während sie noch im Oogonium und in der Mutterpflanze ein- geschlossen sind, polar gebaut sind, daß sie aber vor der Be- fruchtung, wenn sie sich abrunden, apolar werden und daß dann bei der Keimung unter Ausschluß äußerer richtender Faktoren kleine zufällige Unregelmäßigkeiten im konzentrischen Bau das labile Gleichgewicht stören und somit eine Polarität induzieren"). In diesem Gedankengange erblickt Giesenhagen^) einen logischen Widerspruch. Er sagt: „Man hat sich mit K. Rosenvinge zu- nächst die Oospore vor der Keimung als einen durchaus regelmäßig gebauten, konzentrischen Körper vorzustellen, der nach keiner Richtung hin in seiner Organisation eine Verschiedenheit aufweist. Erst durch den Einfluß äußerer Verhältnisse wird das labile Gleich- gewicht zwischen den Teilen gestört und dadurch die konzentrische Struktur in eine bipolare umgewandelt. Bleibt nun aber der Einfluß der äußeren Verhältnisse ausgeschlossen, so sollen zufällige Unregel- 1) Die Angabe von Farmer und Williams, daß Doppel keime hauptsächlich bei einseitiger Beleuchtung auftreten, kann ich nicht bestätigen. Auch K. Kosen ringe be- obachtete dieselben bei Fticus ebensowohl in Licht- wie in Dunkelkulturen. 2) K. Rosenvinge, a. a. 0., S. 33/34. 3) K. Giesenhagen, Studien üb. d. Zellteilung, 1905, S. 42. Beiträge zur Keimungs- Physiologie und -Biologie von Fucus. 717 mäßigkeiten in der konzentrischen Struktur die Umwandlung der konzentrischen Organisation in eine bipolare herbeiführen. Es ist doch nicht einzusehen, woher diese von der Außenwelt unabhängigen Unregelmäßigkeiten kommen könnten, wenn sie nicht schon von Anfang an in der Struktur vorhanden wären. Wenn aber solche Unregelmäßigkeiten, gleichviel ob groß oder klein, in der Struktur immer vorhanden sind — und es unterliegt beim Ausfall der Kulturen unter Ausschluß der Einwirkung äußerer Faktoren keinem Zweifel, daß sie stets vorhanden sein müssen — , so ist auch die Oospore im ruhenden Zustande anisotrop, sie besitzt in der exzentrisch ge- gelegenen Unregelmäßigkeit eine polare Organisation und ihre Polarität ist eine aus den vorhergehenden Entwicklungsschritten übernommene Eigenschaft. Es bleibt nur die Tatsache bestehen, daß die Orientierung der Pole, welche bei der Keimung unter Aus- schluß der äußeren Umstände sichtbar wird, bei Pelvetia canalicidata wenigstens in keiner regelmäßigen räumlichen Beziehung steht zu der Orientierung, welche die Zelle in dem Oogonium hat." Hierzu ist folgendes zu bemerken: Daß in der äußerlich zentrisch gebauten Eizelle Unregelmäßigkeiten vorkommen, ist ganz gewiß, und zwar wird das nicht nur eine, sondern es werden viele sein. Ob diese aber den polaren Bau ausmachen, das scheint mir erst sehr des Beweises zu bedürfen. Ich glaube wenigstens, daß der polare Bau doch komplizierter ist, als daß er sich durch kleine, zufällige Un- regelmäßigkeiten beeinflussen ließe. Zudem ist gerade diese Zu- fälligkeit etwas, was sicher nicht in dem von Rosenvinge an- gedeuteten Sinne zutrifft, denn wir sahen, daß die Entscheidung darüber, an welcher Stelle das Rhizoid angelegt wird, an ein ganz bestimmtes Entwicklungsstadiuni der Oospore geknüpft ist, und es ist nicht möglich, durch äußerlich herbeigeführte Unregelmäßigkeiten, wie einseitige Beleuchtung, vor diesem Entwicklungsstadium die Polarität zu induzieren. Wenn ich daher dieErklärungRosenvinges für zu einfach halte, so scheint mir doch der dagegen angeführte Einwand Giesenhagens nicht stichhaltig zu sein. Danach müßte die Polarität von vornherein schon da sein, weil es nicht denkbar ist, daß von der Außenwelt unabhängige strukturelle Veränderungen in der Eizelle plötzlich auftreten. Nicht die a priori vorhandene Existenz der Polarität können wir, meine ich, behaupten, sondern nur die Befähigung zu ihrer Induktion muß gegeben sein. Sich vorzustellen, daß erstere dann nicht nur auf aitiogenem, sondern auch auf autogenem Wege, d. h. bei Konstanz der äußeren Faktoren, Jahrb. f. wiss. Botanik. XLIV. -16 718 Hans Kniep, entstehen kann, dürfte keine Schwierigkeit bieten. Wir kennen ja sehr viele Veränderungen in der Reizstimmung (auch diese kann nur in der Struktur beruhen), die bei Konstanz der äußeren Be- dingungen erfolgen, so die geotropische Umstimmung des Blütenstiels von Papaver nach der Anthese, der Umschlag von positiver Hydrotaxis in negative, die bei den Myxomyceten in einem gewissen Entwicklungsstadium eintritt, ja die ganze Ontogenese eines In- dividuums kann als eine Kette solcher autogener Veränderungen angesehen werden. Fig. 11 n 11. h. Thallusrand und junge Keim- linge von Fueus serratus. Ich habe soeben auf die Tatsache hingewiesen, daß die Ein- wirkung des Lichtes erst von einer bestimmten Zeit nach der Be- fruchtung an möglich ist und daß sich hieraus ergibt, daß es ganz bestimmte, während der Wirkungszeit sich abspielende Vorgänge sind, in die das Licht eingreift, der Zustand des Eies vor dieser Zeit mithin, da er da nicht in dieser Weise beeinflußt werden kann, ein anderer sein muß. Wir sahen, daß von der 10. oder 11. Stunde nach der Befruchtung an bis zu der Zeit, wo das Licht keinen Einfluß mehr hat, die Polarität mehr oder weniger veränderlich, also in gewissem Sinne labil ist. Nach dieser Zeit ist sie stabil, Beiträge zur Keimungs- Physiologie und -Biologie von Fucus. 719 vorher kann das Ei nur entweder ebenfalls stabil polarisiert oder apolar sein. Eine labile Polarität in obigem Sinne ist aus- geschlossen. Im ersteren Falle müßten wir eine Verwandlung stabiler in labile Polarität, im zweiten die Induktion labiler, sich später stabilisierender Polarität durch innere oder äußere Faktoren in dem ursprünglich apolaren oder möglicherweise bei der Be- fruchtung apolar werdenden Ei annehmen. Beide Annahmen wären prinzipiell nicht ausgeschlossen. V. Chemische Einflüsse. Wenn man in eine Petrischale flüssigen, etwa lV2proz. Agar- Agar ausgießt, bis der Boden mit einer dünnen Schicht bedeckt ist, darauf kurz vor dessen Erstarren kleine Stücke eines frischen Fig. 12. Tballusstück von Fucus vesiculosus und junge Keimlinge von Fucus serratus. Fucus -ThaWus legt, sodaß diese festhaften, dann in das darüber- geschichtete Wasser befruchtete Fucus -'Eier aussät und die ganze Kultur dunkel stellt, so beobachtet man nach Verlauf eines Tages eine eigenartige Erscheinung: alle in der Nähe des Thallus liegenden Eier keimen auf diesen zu (s. Fig. 11). Es ist dabei nicht erforderlich, daß die Eier vorher das Tballusstück berührt haben; auch ist es gleich- gültig, welche Lage sie zur Schwerkraft einnehmen, ob sie dem Thallus auf- oder seitlich anliegen. Somit bleibt nur übrig, eine Induktion der Polarität durch irgend welche Stoffe, die vom Thallus aus in das umgebende Medium diffundieren, anzunehmen. Es ist für den Ausfall des Versuchs ferner ziemlich gleichgültig, ob man Thallusstücke und Eier von derselben Art nimmt, oder ob der Thallus von Fucus vesiculosus stammt und die Eier von Fucus serratus oder umgekehrt (s. Fig. 12). Nur bei Verwendung von Fucus 46* 720 Hans Kniep, spiralis (Thallus) und Fucus serratus (Eier) hatte ich den Eindruck, als ob die Reaktion nicht so präzis wäre, wenngleich auch hier eine deutliche Einwirkung der diffundierenden Stoffe nicht zu verkennen war. Es ist ferner gleichgültig, oh der Rand der Thallusstücke, dem sich die Keimhnge zuwenden, eine Schnittfläche oder die unverletzte Seitenwand des Thallus ist. Es muß sich also um einen (oder mehrere?) Stoff handeln, der durch die Außenmembran diffundieren kann. Außerdem muß das ein Stoff sein, der unter Lichtabschluß im lebenden Thallus produziert wird. Davon überzeugt der folgende Versuch. Tötet man Thallusstücke durch schnelles Erhitzen in einer kleinen Menge Meerwasser ab (der eintretende Tod ist an der plötzlich auftretenden Grünfärbung sofort zu erkennen) und stellt mit diesen den analogen Versuch an, so zeigt sich, daß die Keimlinge ihnen gegenüber unempfindlich sind. Nur in vereinzelten Fällen habe ich Bilder erhalten, aus denen man mit einigem guten Willen eine chemische Reizwirkung herauslesen könnte, da jedoch natürlich ein Teil der Eier immer nach dem Thallus zu keimt, so ist die Grenze, wo die chemische Wirkung angenommen werden muß, sehr schwer zu ziehen. Niemals habe ich jedenfalls Bilder bekommen, die denen glichen, welche sich bei Verwendung lebender Thallusstücke ergaben. Vermutlich ist diese Erscheinung identisch mit der schon von anderen gelegentlich gemachten Beobachtung, daß befruchtete Eier, wenn sie einander sehr nahe liegen, aufeinander zukeimen. Ver- mischt man z. B. die Eier, noch ehe sie die Oogonienhäute ver- lassen haben, mit den Spermatozoiden und läßt dann die Kultur ruhig stehen, so öffnen sich die Oogonien nachträglich, die be- fruchteten Eier kommen einander sehr nahe zu liegen, und man sieht fast niemals einen Keimschlauch nach der Peripherie zu entstehen, sondern dieselben wenden sich nach dem Innern des Komplexes res]), nach den benachbarten Eiern. Das ist schon Rosenvinge bei Ascophyllum nodosum, Fucus vesiculosus und Fucus spiralis aufgefallen. Rosenvinge fand ferner, was ich be- stätigen konnte, daß auch einseitige Beleuchtung die Keimungs- richtung in diesem Falle nicht im Sinne der Lichtrichtung zu beeinflussen vermag. Was die Erklärung der Erscheinung betrifft, so nimmt er an, daß es der Sauerstoffmangel im Innern des Ei- komplexes ist, der induzierend wirkt. Bei Versuchen im Dunkeln ließe sich das durch den Sauerstoffverbrauch bei der Atmung wahr- scheinlich machen. Da aber bei Licht die Erscheinung in un- veränderter Form auftritt, so ist hier die Hilfsannahme nötig, daß Beiträge zur Keimungs- Physiologie und -Biologie von Fucus. 721 in eben befruchteten Eiern die Assimilation nur schwach ist und die Atmung dieselbe überwiegt. Rosenvinge^) wurde zu dieser Auffassung durch Versuche geführt, aus welchen er die Wirkung des Sauerstoffs als polaritätsbestimmend schließen zu müssen glaubte. Daß er hierin einem Irrtum verfallen ist, hat schon Winkler ^) wahrscheinlich gemacht, der die Versuche Rosenvinges kritisiert und nachgewiesen hat, daß bei Cystosira dem Sauerstoff die oben genannte Rolle nicht zukommen kann. Ich bin deshalb der Mühe überhoben, das Für und Wider dieser Ansicht nochmals abzuwägen und brauche nur hinzuzufügen, daß ich die Versuche Winklers auch mit Fucus wiederholt habe und sie hier bestätigen konnte. Was nun tatsächlich der Reizstoff ist, müssen spätere Unter- suchungen feststellen. Meine, allerdings bisher wenig umfangreichen Versuche sind erfolglos gewesen. Es ist noch hinzuzufügen, daß der betreffende Stoff nicht nur die Polarität induziert resp. richtet, sondern auch die Keimung beschleunigt. In Kulturen, die ich an- setzt hatte, um die Keimungszeit zu messen, zeigte sich, daß die- jenigen Stellen, an denen mehrere Eier dicht beisammen lagen, die Hervorstülpung des Rhizoids früher erfolgte als bei den isoliert liegenden. Die Zeitdifferenz scheint nicht sehr konstant zu sein, sie betrug eine bis mehrere Stunden. Auch in dieser Hinsicht ist die chemische Wirkung also der des Lichtes ähnlich. Ein weiterer Berührungspunkt bietet sich in der Betrachtung des tropistischen Verhaltens der Rhizoiden. Im vorigen Kapitel habe ich bereits erwähnt, daß sie negativ photo tropisch reagieren. Sie erweisen sich nun ferner als positiv chemotropisch. Man kann das daran er- kennen, daß Keimschläuche, die sich im Laufe ihres Wachstums einem im Wasser liegenden Thallusstück nähern, in ihrer Wachstums- richtung abgelenkt werden und sich diesem zuwenden. Sogar gegen den eigenen Zellkörper sind sie empfindlich. Das zeigte sich bei folgendem Versuch. Eine Kultur befruchteter Eier von Fucus vesiculosus wurde bis kurz vor der Keimung einseitig beleuchtet, sodaß ihre Polarität stabil induziert war. Sodann wurde das Ver- suchsgefäß um 90'^ gedreht. Die hervorsprossenden Keimschläuche krümmten sich sofort negativ hehotropisch. Bei vielen traten kleine Überkrümmimgen ein, die trotz fortdauernder, gleichgerichteter Be- leuchtung nicht wieder ausgeglichen wurden, sondern die Rhizoiden 1) Rosenvinge, a. a. 0., S. 27. 2) Winkler, Ber. d. deutsch, bot. Ges., 1900. 722 Hans Kniep, wandten sich nun dem Zellkörper zu, dem sie entsprungen waren, schmiegten sich ihm an und umwuchsen ihn. Die Frage, ob die chemische Wirkung und die Lichtwirkung insofern identisch sind, als sie alle Glieder der E,eizkette gemeinsam haben, oder ob sie auf verschiedenen Perzeptionsakten beruhen, ist mit dem Vorstehenden noch nicht gelöst. Sie wird sich ent- scheiden, wenn wir genau die Bedingungen kennen, von denen beide abhängig sind. Sollte nun vielleicht der Nachweis der gegenseitigen Polari- sierung verschiedener Zellen derselben Spezies vermöge ihrer chemischen Qualitäten angetan sein, auf das allgemeine Problem der Polarität einiges Licht zu werfen? Es ist bekanntlich eine un- entschiedene Frage, ob bei den höheren Pflanzen die Meristemzellen des Vegetationspunktes polar oder apolar gebaut sind. Vöchting, der schon in seinen früheren Schriften die Ansicht vertreten hat, daß sie stabil polar seien, hat neuerdings^) wieder seinen Standpunkt näher präzisiert und die Gründe, die für und gegen seine Annahme sprechen, gegeneinander abgewogen. Er kommt dabei zu dem Er- gebnis, daß eine andere Annahme als die der inhärenten Polarität bei höheren Pflanzen auf große Schwierigkeiten stößt. Dagegen neigt Pfeffer'^) mehr zu der Auffassung, daß die Meristemzellen ursprünglich apolar oder wenigstens labil polar sind, und daß ihnen durch das mit ihnen in Verbindung stehende ausgebildete stabil polare Gewebe immer erst wieder der polare Bau aufgeprägt wird. Es wäre also eine korrelative Beziehung von differenziertem und embryonalem Gewebe anzunehmen. Welcher Art diese sein könnte, darüber äußert sich Pfeffer nicht. Wäre es unter Berücksichtigung der obigen Ergebnisse nicht möglich, daß das neu hinzuwachsende Zellenmaterial durch chemische, von dem differenzierten Gewebe ausgehende Einflüsse polarisiert würde? Da es meiner Ansicht nach noch nicht an der Zeit ist, über diese komplizierten inneren Vorgänge einigermaßen bestimmte Vorstellungen zu entwickeln, so möchte ich diese Annahme nur mit größtem Vorbehalt äußern. Ich verkenne auch nicht, daß ihre Durchführung einige Hilfsannahmen erfordert. So müßten wir voraussetzen, daß die Stoffe, welche die strukturelle Verschiedenheit im letzten Grunde auslösen, vorzugs- 1) H. Vöchting, Über Regeneration u. Polarität bei höheren Pflanzen. Bot. Ztg., 1906, I, S. 101 ff, 2) Pfeffer, Pflanzenphysiologie II, S. 193. Beiträge zur Keimungs- Physiologie und -Biologie von Fucus. 723 weise eine bestimmte Wanderungsrichtiing einschlagen ^). Die Vor- stellung, daß alle neu entstehenden Zellen diesem polarisierenden Einflüsse unterworfen sind, hat weiterhin zur Konsequenz, daß auch die in den Konzeptakeln gebildeten Geschlechtszellen auf gleiche Weise einen stabil polaren Bau annehmen würden. Da die Eier nun nach der Befruchtung zum mindesten in einem bestimmten Entwickelungsstadium ganz gewiß nicht stabil polar sind, so müßten wir entweder annehmen, daß schon bei ihrer Entstehung Vor- kehrungen getroffen sind, welche sie dem polarisierenden Einfluß der Umgebung entziehen (sie stehen bei ihrer Bildung im Oogonium bekanntlich nur in relativ lockerem Zusammenhang mit dem übrigen Gewebe), oder daß sich ihr stabil polarer Bau später (etwa bei der Befruchtung) in einen apolaren bezw. labil polaren verwandelt. Beides wäre, wie schon oben angedeutet wurde, prinzipiell nicht ausgeschlossen. Es bedarf nach dem Gesagten noch einer Begründung, weshalb ich mehr dazu neige, der Pfeffer sehen Auffassung den Vorzug zu geben. Dabei ist in erster Linie zu betonen, daß beide Ansichten keineswegs in ausgesprochenem Gegensatz stehen. Vöchting polemisiert gegen die Annahme der Apolarität der Meristemzellen bei den höheren Pflanzen und betont mit Recht, daß hierfür positive Belege nicht vorliegen. Er beruft sich unter anderem auf die Kambiumzellen, für die jene Voraussetzung „zu der seltsamen Folgerung führen würde, daß bei den Arten, die nacheinander mehrere Kambiumringe, bald in der sekundären, bald in der ])rimären Rinde, erzeugen, aus apolarem Gewebe polares, aus diesem wieder apolares entstände, und so fort" -). Dieser und andere Gründe führen Vöchting zu dem Ergebnis, daß die Polarität eine erbliche Eigenschaft der höheren Pflanzen ist, und daß die Vorstellung, daß bei einigen (embryonalen) Zellen apolarer Bau vorkommen sollte, auf große Schwierigkeiten stößt. Nun ist aber hervorzuheben, daß auch Pfeffer diesen apolaren Bau keineswegs behauptet, sondern aus den vorliegenden Tatsachen nur folgert, daß die Meristem- zellen sich hinsichtlich ihrer Polarität von dem differenzierten Ge- webe unterscheiden müssen, indem sie nicht wie jene stabil polar sein können. Wollen wir uns von jeder, auch der kleinsten Über- 1) Es bedarf wohl keiner Auseinandersetzung, daß die Annahme mit der Hypothese der organbildenden Stoffe nichts gemein hat. 2) Vöchting, a. a. 0., S. 142. 724 Hans Kniep, Beiträge zur Keimungs-Physiologie und -Biologie von Fueus. schreitung des nach unserem jetzigen Wissen als tatsächlich An- erkannten frei halten, so dürfen wir hinzufügen: indem ihr polarer Bau nicht jederzeit und unter allen Umständen dem des fertigen Gewebes gleicht. Mir scheint bei Vöchting diese Unterscheidung zwischen stabiler und labiler Polarität nicht genügend durchgeführt zu sein. Die strukturelle Grundlage beider muß verschieden sein, um eine Vererbung, wie sich Vöchting die Übertragung denkt, im strengen Sinne kann es sich also nicht handeln, denn die Meristemzellen müssen innerlich einen anderen Bau besitzen als die übrigen, und inwieweit diese Verschiedenheiten bei der Annahme labiler Polarität für erstere, stabiler für letztere gehen, das wissen wir nicht. Vorhanden sind sie aber ganz gewiß, und deshalb liegt auch, prinzipiell genommen wenigstens, die Annahme nicht außer- halb des Bereichs der Möglichkeit, daß die Meristemzellen in einem gewissen Stadium apolar sind. Zum mindesten müssen wir aber annehmen, daß in der Natur periodische Umwandlungen von stabil in labil polare Zellen und umgekehrt vorkommen. Ein schönes Beispiel hierfür ist Fucus, dessen Eier in einem bestimmten Stadium nach der Befruchtung von äußeren Bedingungen beeinflußbar sind, während nach Ablauf dieser Zeit die Pflanze stabil polarisiert ist. Erst wenn aus deren Eiern wieder Oosporen hervorgehen, wiederholt sich die Erscheinung. Ebenso scheinen sich, soweit sich bis jetzt urteilen läßt, die EquisetumSporen zu verhalten; das ist deshalb noch von besonderem Interesse, weil hier die Befruchtung ausgeschaltet ist. Jahrb. f.w. Botanik M.UK Taf.T. BachmaTin del. Lith-Anst.v. E.A.Fuiike , Leipzig . Jahrb. f.w.Botanik Bd.JLJV. rnf.R. Bachinaim del. Lith.Anst.v. EAFunke, leipzio Jahrb. fir.BaU/ink Bd MW. 1. J. Reis rtimann, Ti , d N. gez . Taf.M. ^k^\\l -%^^ Lüh.Anst.Y E.APunke.Leipz Jahrb. f. iv. Botanik, Bd. XLIV. Taf. IV Ja/irö. f.'/D.Jiatanik, lid.XLfl. ^ S2» ^ ^^^ .ü^'*~^ \w 77. 12. 16. 13. 77. -c!:£. Strasiurger del. k" {f K«?=' s^^- 7S. 19. 20 b. Ta/.'K 10. 20a. 27. £.L(uie, ZitA. Inst. Berlin,. JaJirb. fm.Botanik, Bd. XLIK 2ZcL. ZZh. Z3(L. 23 i. 26. 28. e-i-''^^'" ■I'' r' 27. t- 37. rf SV^T-C» ./" 2S. 30. Ei- Strasiurger dd. 33. :-j 3z. ^f] nu VI. 2'/. Z5. w 3t. 35 h. 3öa. 36. ?»1; ■ ■\ -s' ■ -^ ^^ £.Za.iis, liiA . Inst. Ber-ii/i . Jahrb. fro. Botajiik.BdJ^IV. ' .♦ 38a. .^ "'' 37. \ ^ r^ . w 381. ,_ 39 b.. ' *^ " ••; .- /r ^. V.?. y/' V5a. \\ ..^J, >'ÄN ^.S. ^? -^. Strasburg er deZ. Tu flu. W'^T^lW i:^L i i^ Ä J 1m^ ttSt. tSc. t7. >t" 50 i. A Sf. Y 57. 52. £•6". 5S. 56. M 7/. %^m ::J& B.ZoaLe,ZitA ./nsi.j5erlz>i.