^W\\ hmr^ ^f^-'i'if.^':- -^/...'-m JAHRBÜCHER für wissenschaftliche Botanik Dem Herausgeber WILHELM PFEFFER gewidmet von seinen dankbaren Schülern zur Feier des 50. Doktorjubiläums am 10. Februar 1915 und zu der des 70. Greburtstages am 9. März 1915 Sechsundfiinfzigster Band Mit 10 Tafeln und 59 Textfiguren Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger 1915 /^. Üi//l^ ■^hütrG.Brokesch Leipzig. Pfeffer-Festschrift JAHRBÜCHER für wissenschaftliche Botanik Dem Herausgeber WILHELM PFEFFER gewidmet von seinen dankbaren Schülern zur Feier des 50. Doktorjubiliiums am 10. Februar 1915 und zu der des 70. Creburtstages am 9. März 1915 Sechsundfünfzigster Band Mit 10 Tafeln und 59 Textfiguren NEW YOKH •SOTANiCA*. t^AKDe«, Leipzig V erl ag von Gebrüder 1915 B 0 r n t rae ger KT Druck von E. Buchbinder (H. Duske), Nenruppin. Der Gedanke an Ihren 70. Geburtstag am 9. März 1915 hatte in Ihren Schülern den lebhaften Wunsch erweckt, diesen Tag aus- zuwählen, um Ihnen das Gefühl warmer Dankbarkeit auszudrücken, das alle bewegt, die das Glück gehabt haben, unter Ihrer Leitung zu arbeiten. Wir bewundern in Ihnen nicht nur den Bahnbrecher und erfolgreichsten Forscher auf dem Gebiete exakter Pflanzeu- physiologie, wir lieben und verehren auch iu Ihnen den großen Lehrer, der in unermüdlicher Hingabe in uns die Keime wissen- schaftlicher Forschungen gefördert und entfaltet hat. Schüler, die heute in allen Weltteilen verbreitet sind, hatten die Absicht, jeder nach seinen Kräften eine Arbeit zu liefern, um Ihnen dadurch ihren warmen Dank zu bezeugen für alles, was Sie für die Wissen- schaft und für Ihre Schüler geleistet haben. Mitten in den Vorbereitungen brach der schwere Krieg aus, den Deutsehland um seine Existenz und seine ganze Kultur durch- zukämpfen hat. Manche von den Jüngeren wurden zu den Fahnen gerufen. Andere wurden durch die Einwirkung des ganzen Kriegs- zustandes auf das gesamte Leben verhindert, ihre Arbeit fertig zu stellen. Arbeiten von Schülern, die den uns jetzt feindlichen Völkern angehören, fielen von selbst fort. Es wurden Stimmen laut, den Plan einer Festschrift überhaupt fallen zu lassen. Aber wir anderen, seien es Deutsche, Österreicher, seien es Angehörige neutraler Länder: wie Nordamerika, Schweden, Däne- mark, Holland, hielten daran fest, auch trotz des Krieges, trotz der vielen damit verbundenen Hemmungen und Schwierigkeiten unseru Plan durchzuführen. So überreichen wir Ihnen diesen Festband, wenn auch in bescheidenem Umfange, als ein kleines Zeichen treuer Dankbarkeit und liebender Verehrung für Sie, unsern Meister und Lehrer. Inhalt Seite Hans Fitting", Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. Mit 3 Kurven 1 Einleitung 1 Abschnitt I. Allgemeine Methodik 4 A. Herstellung der Lösungen 4 Konzentrationsdifferenzen zwischen den einzelnen Lösungen , . 5 B. Das Objekt 8 Exomose aus den Zellen 10 Abschnitt II. Die Geschwindigkeit der Aufnahme von Kalisalpeter . . 13 Abschnitt III. Abnahme der Permeabilität für "Wasser unter dem Einflüsse des Salpeters 30 Abschnitt IV. Ursachen der Permeabilitätsänderungen 39 Abschnitt V. Die Permeabilitätsverhältnisse der B/ioeo- Zellen für andere Salze 47 Kaliumsalze 47 a) Kaliumchlorid 47 b) Kaliumbromid 48 c) Kaliumchlorat 49 d) Kaliumsulfat 49 Natriunisalze 49 a.) Xatriumnitrat 49 b; Chlornatrium 49 Lithiumsalze 49 a) Lithiumnitrat 49 b) Lithiumchlorid 50 Magnesiumsalze 50 a) Magnesiumsulfat, b) Magnesiumchlorid, c) Magnesiumnitrat . 50 Strontiumsalze 50 a) Strontiumnitrat, h) Strontiumchlorid 50 Kalziumsalze 50 a) Kalziumchlorid, h) Kalziumnitrat 50 Bariumsalze 51 a) Bariumnitrat, b) Bariumchlorid 51 Abschnitt VI. Diskussion der Tatsachen 51 Abschnitt VII. Zusammenfassung der Ergebnisse 60 Literatur - 63 yjJJ Inhalt. Seite David M. Mottier. Beobachtungen über einige Farnprothallien mit Bezug auf eingebettete Antheridien und Apogamie. Mit 3 Textfiguren 65 Das Material und die Methoden . 66 Beobachtungen und Ergebnisse in Beziehung auf eingebettete Antheridien . 69 Über Apogamie 70 Literatur 83 Friedrieh Czapek. Ausblicke auf biologische Adsorptionserscheinungen ... 84 Abschnitt I 84 Abschnitt II 91 Abschnitt III 94 Abschnitt IV 98 Abschnitt V 102 Abschnitt VI 106 Abschnitt VII 109 Rudolf Lieske. Beiträge zur Kenntnis der Ernährungsphysiologie extrem atmo- sphärischer Epiphyten 112 Asche- Analysen 118 Literatur 122 Otto Gertz. Über die Schutzmittel einiger Pflanzen gegen schmarotzende Cuscuta 123 Literatur 153 Adolf Sperlich. Gesetzmäßigkeiten im kompensierenden Verhalten parallel und gegensinnig wirkender Licht- und Massenimpulse. Mit 7 Textfiguren . . . 155 Methode 157 Über die Eeaktionsweise von Avena auf gesonderte Massen- und Licht- impulse von Intensität und Dauer, wie sie in der Folge gegenein- ander in Aktion treten sollten 168 Die Versuche mit antagonistischen Licht- und Massenimpulsen . . . . 174 I. Auf der Suche nach kompensierenden Reizmengen 174 IL Über Kompensationen länger andauernder Massenimpulse gleicher Intensität und über das Verhalten der Keimlinge bei Licht- mengen oberhalb und unterhalb der Kompensationspunkte . . . 179 III. Der Kompensationspunkt ist ein sehr empfindliches Maß für Licht- mengen 183 IV. Hat auf die Kompensation die zeitliche Verteilung der Lichtzufuhr einen Einfluß oder kommt nur die Lichtmenge in Betracht? . . 185 V. Vergleich zwischen dem spezifischen tropistischen Effekte einiger Lichtmengen und deren Effekte bei antagonistischer Massenwirkung 186 VI. Die Gesetzmäßigkeit in der Kompensation länger andauernder Massenimpulse 189 VII. Wie kommt die Kompensation zustande? — Weitere Frage- stellungen 193 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 194 F. C. T. Faber. Physiologische Fragmente aus einem tropischen Urwald . . 197 • Zusammenfassung 219 Inhalt. IX Seite F. M. Andrews. Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. Mit Doppel- Tafel I und 2 Textfiguren 221 Apparat 223 Experimenteller Teil 226 Closterium inonilifennn 229 Nukleolus 237 Urtica dioica 239 Torenia asiatica 242 Tradescantia virginica 243 Zusammenfassung 251 Figuren-Erklärung 253 Richard Härder. Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen . . 254 Methodik 257 Allgemeine Atmungsergebnisse 260 Durchschnittswerte der Atmung der untersuchten ^leeresalgen (Tab. 1) 261 Beziehung zwischen Oberfläche und Atmung bei flächenförmigen Algen (Tab. 2) 264 Vergleich der von Kniep und vom Verfasser gefundenen Atmungs- größen (Tab. 4j 270 Spezielle Beobachtungen 270 Wirkung der Temperatur auf die Atmung der Algen (Tab. b) . . . 271 Wirkung des Wundreizes auf die Atmung (Tab. 6) 272 Einfluß verschiedener Algenteile und verschiedenen Alters auf die At- mung (Tab. 7i 274 Wirkung der Fruktitikation auf die Atmung (Tab. 8j 275 Atmung von Standortmodifikationen von Fucus platycarpus (Tab. 9; . 276 Atmung von Enteromorplia nach verschieden starker Assimilation (Tab. 10) 277 Der Atmungskoeffizient -^ 278 ,, ..,> . . Assimilation „„„ Der Koeffizient — r- 279 Atmung Wirkung der Temperatur auf die Assimilation (Tab. 11) 280 Der Koeffizient — rr bei verschiedener Temperatur '^Tab. 12) . -282 Atmung Anhang I. Protokolle der allgemeinen Atmungswerte 282 Anhang II. Protokolle der Versuche über die AVirkung der Temperatur auf Assimilation und Atmung 295 Anhang III. Protokolle der Versuche über die Wirkung der Besonnung auf die Atmung 297 Anhang IV. Tabelle der Titerwerte "/loo Na^SjOg 298 Literatur 298 A. H. Reg'inald Buller. Die Erzeugung und Befreiung der Sporen bei Coprinus sterquilinus. Mit Tafel II u. III und 2 Textfiguren 299 I. Vorbemerkungen 299 II. Untersuchungen an Coprinus sterquilinus 301 III. rntersuchungen über den Bau der Fruclitkörper bei Agaricineen . . 316 IV. Zusammenfassung der Hauptresultate 324 Figuren-Erklärung 325 George Peirce. Ein multipler Klinostat, Mit 2 Textfiguren 330 X Inhalt. Seite H. 0. Jliel. Untersuchungen über die Auflösung der Tapetenzellen in den Pollen- säcken der Angiospermen. Mit Tafel IV und V 337 UntersuchuDgsmethoden 340 Anthurium cristallinum Linden 341 Galtonia candicans (Bak.) Dcne 342 Hyacinthus arnethystinus L 342 Iris squalens L 343 ülmus montana AVith 344 Arabis alpina L 344 Linum austnacum L 345 Geranium 346 Aesculus hippocastanum L 347 Lavatera trimestris L 347 Tilia ulmifoiia Scop. und platyphyllos Scop 349 Passiflora sp 349 Gaura Lindheimeri Engelni 349 AnthHscus silvestris (L.) Hoffni 350 Syringa vulgaris L 350 Spigelia splendens Wendl 351 Polemonium caeruleum L 351 Cobaea scandens Cav 352 Thunbergia alata Boj 353 Galium o-uciata L 353 Lonicera caerulea L 354 Sambucus ebulus L 355 Vibunium lantana L 355 Valeriana officinalis L 355 Knautia silvatiea fL.) Dub 356 Cucurbita pepo L 357 Campanula rotundifolia L 358 Acicarpha tnbuloides Juss 359 Doronicuni grandiflonim Lani 359 Zusammenfassung der Resultate 360 Literatur 362 Figuren-Erklärung 363 Douglas Hoiig-liton Campbell. Die Verbreitung gewisser Lebermoose der ma- laiischen Region 365 Jungermanniales 369 Hermann Ritter von Guttenberg-. Anatomisch-physiologische Studien an den Blüten der Orchideengattungen Catasetum Rieh, und Cycnoches Lindl. Mit Tafel VI und VII und 6 Textfiguren 374 A. Anatomischer Teil 375 1. Catasetum 375 2. Cycnoches 388 B. Experimenteller Teil 396 1. Die Reizbarkeit 396 a) Catasetum 396 b) Cycnoches 399 Inhalt. XI Seite 2. Der Schleudermeclianismus 403 3. Der Trennung.svorgang 409 C. Zusammenfassung 413 Figuren-Erklärung 415 M. Koernicke. Über die Wirkung verschieden starker Röntgenstrahlen auf Keimung und Wachstum bei den höheren Pflanzen. Mit 4 Textfiguren . . 416 P. Boysen- Jensen. Über synthetische Vorgänge im pflanzlichen Organismus. IL Vorkommen, Bedeutung und Bildung des Rohrzuckers bei der Kei- mung von Pisiim sativutn 431 I. Einleitung 431 II. Methodik 432 III. Über die in den Erbsenkotyledonen vorkommenden Zuckerarten . . 434 IV. Vorkommen und Bedeutung des Rohrzuckers bei der Keimung von Plsum. sativum 435 V. Schluß 444 E. B. Copeland. Über das Saftsteigen. Mit 1 Textfigur 447 Haus Knicp. Über den (iasaustausch der Wasserpflanzen. Ein Beitrag zur Kritik der Blasenzälilmethode 4C0 1. Der Sauerstoffgehalt der Gasblasen bei verschiedener Stärke des Blasen- stroms 462 2. Der Einfluß der Wasserbewegung auf die Blasenabgabe 481 3. Die üntei'brechung des Blasenstroms durch zeitweilige Verdunkelung und der Wiederbeginn desselben 490 4. Eine neue Methode zur Feststellung der (minimalen) Lichtintensität, die zum Eintritt der Assimilation nötig ist 504 Literatur 510 Frederick C. Newoombe. Das Verhalten der Windepflanzen in der Dunkelheit 511 Einleitung 511 Versuche 513 Verteilung des Wachstums im verdunkelten und im beleuchteten Stamm . 520 Zusammenfassung 526 Johannes Buder. Zur Kenntnis des Thiospirilkim jenense und seiner Reaktionen auf Lichtreize. Mit 10 Textfiguren 529 I. Einleitung 529 IL Historisches über den Organismus 531 III. Morphologisches 533 IV. Vorkommen in der Natur und Kultur im Laboratorium . . . . 537 V. Allgemeines über Bewegungsweise und Reizbeantwortung der Thio- spirillen 540 VI. Verhalten der Geißel bei der Bewegung der Chromatien und Thio- spirillen 544 a) Technik der Beobachtung 544 b) Chromatium 548 c) Thiospirillum 553 XII Inhalt. Seite VII. Näheres über die Beantwortung von Lichtreizen 558 a) Abhängigkeit des Eeaktionsausfalles bei Veränderung des Eeiz- niittels 559 b) Ansammlung in Lichtfalle 561 c) Polare ITnterschiede der Reizbeantwortung 568 VIII. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 579 Angeführte Literatur 583 C. Correns. Über eine nach den Mendel sehen Gesetzen vererbte Blattkrankheit (Sordago) der Mirabilis Jalapa. Mit Tafel VIII und 11 Texttiguren . . . 585 Anatomisches 588 Vererbung 597 Versuchsreihe I 598 Versuchsreihe II 599 Versuchsreihe III 601 Versuchsreihe IV 602 Höhe und Gewicht der sordidae 605 Ergebnisse 609 Figuren-Erklärung 615 0. Renner. Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der Wasser- bewegung. Mit Tafel IX und 4 Textfiguren 617 I. Theoretisches zur Energetik der Wasserversorgung 617 1. Osmotischer Druck, hydrostatischer Druck, Dampfdruck . . . . 619 2. Wasserverschiebung im Parenchym 623 3. Gefäßwasser in Berührung mit Parenchym 626 4. Die bei der Wasserversorgung wirksamen Energiepotentiale . . . 629 5. Der Energieumsatz bei Transpiration und Wasserhebung .... 634 6. Osmotischer Druck und Transpiration 639 IL Messung der Kohäsion des Wassers mit Hilfe des Ringes am Fai*n- sporangium 647 1. Die Semipermeabilität der Annulusmembranen 650 2. Die Dampfspannung im Annulus vor dem Springen in Luft . . 655 3. Die Spannungen bei Lebermooselateren 660 4. Die Kohäsion des Wassers 661 Zusammenfassung einiger Ergebnisse 663 1. Theoretisches 663 2. Experimentelles 664 Literatur 665 Figuren-Erklärung 667 HngO Miehe. Beiträge zum Windeproblem. Mit Tafel X und 5 Textflguren . 668 I. Einleitung 668 II. Beobachtungen an Akebia quinata 669 1. Das Winden an horizontaler Stütze 669 2. Einfluß des Lichtes 670 3. Der Verlauf des horizontalen Windens im einzelnen 671 4. Die Torsionen 674 5. Werden auch Stützen umwunden, die unter den Horizont geneigt sind? 676 Inhalt. XTTT Seite 6. Sind die Triebe von Akebia durch Berührung reizbar? .... 677 7. "Winden an aufrechter Stütze 677 8. Klinostatenversuche 680 III. Beobachtungen an anderen Windepflanzen 682 IV. Kurze Zusammenfassung und Erörterung 685 E. Pantanelli. Über lonenaufnahme 689 I. Einleitung 689 II. Unabhängigkeit der Aufnahme von Kation und Anion 693 a) Versuche mit SülJwasserpflanzen 695 b) Versuche mit Keimpflanzen 696 c) Versuche mit Hefezellen 693 d) Versuche mit Meeresalgen 700 e) Übersicht 702 III. Änderung der chemischen Reaktion der Außenlösung infolge der lonentrennung 706 IV. Gegenseitige Beeinflussungen der Ionen bei der Aufnahme . . . 710 V. Die lonenauf nähme in balancierten und unbalancierten Lösungen . 712 VI. Einfluß der Konzentration 714 VII. Verlauf der lonenauf nähme 717 VIII. Über die Mechanik der Salzaufnahme 722 IX. Schlußfolgerungen 729 Literatur 730 Georg Klebs. Über Wachstum und Ruhe tropischer Baumarten. Mit 4 Textfiguren 734 Tertninalia catappa (Combretaceae) 738 Theobroma cacao (Sterculiaceae) 752 Albizzia stipulata iMimosaceae) 761 Sterculia macrophylla (Sterculiaceae) 765 Pithecolobium Saman (Mimosaceaej 771 AUgemeineti 783 Literatur 792 Verzeichnis der Druckschriften von W. Pfeffer (1865 bis März 1915) 793 Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers und ihre in den Botanischen Instituten zu Tübingen und Leipzig unter seiner Leitung aus- geführten oder auf seine Anregung begonnenen Arbeiten . . 805 Terzeichnis der Tafeln Tafel I. Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. F. M. Andrews. Tafel II und III. Die Erzeugung uud Befreiung der Sporen bei Goprinns sterquilinus. A. H. Keginald Buller. Tafel IV und V. Untersuchungen über die Auflösung der Tapetenzellen in den Pollen- säcken der Angiospermen. H. 0. .Juel. Tafel VI und VII. Anatomisch -physiologische Studien an den Blüten der Orchideen- gattungen Catasetum Eich, und Cycnoches Lindl. Hermann Ritter von Guttenberg. Tafel VIII. Über eine nach den Mendel sehen Gesetzen vererbte Blattkrankheit (Sor- dago; der Mirabilis Jalapa. C. Correns. Tafel IX. Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der Wasserbewegung. 0. Eenner. Tafel X. Beiträge zum Windeproblem. Hugo Mi ehe. Alphabetisch nach den Namen der Verfasser geordnetes Inhaltsverzeichnis Seite F. M. Andrews. Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. Mit Doppel- Tafel I und 2 Textfiguren 221 P. Boyscn - Jensen. Über synthetische Vorgänge im pflanzlichen Organismus. II. Vorkommen, Bedeutung und Bildung des Rohrzuckers bei ber Keimung von Pisurn sativum •i31 Johannes Bllder. Zur Kenntnis des Thiospirillumjenense und seiner Reaktionen auf Lichtreize. Mit 10 Texttiguren 529 A. H. Reg'iuald BuUer. Die Erzeugung und Befreiung der Sporen bei Coprirms sterquilintis. Mit Tafel II u. III und 2 Textfiguren 299 Douarlas Housjhton Campbell. Die Verbreitung gewisser Lebermoose der ma- laiischen Keirion 365 E. B. Copeland. Über das Saftsteigen. Mit 1 Textfigur 447 C. Correns. Über eine nach den Mendel sehen tiesetzen vererbte Blattkrankheit (Sordagoj der Mirabilis Jalapa. Mit Tafel VIII und 11 Textfiguren ... 585 Friedrich Czapek. Ausblicke auf biologische Adsorptionserscheinungen ... 84 F. C. V. Faber. Physiologische Fragmente aus einem tropischen Urwald . . 197 Hans Fitting. Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. Mit 3 Kurven 1 Otto (iertz. Über die Schutzmittel einiger Pflanzen gegen schmarotzende Cuscuta 123 Hermann Ritter von Guttenberg. Anatomisch-physiologische Studien an den Blüten der Orchideengattungen Catasehim Eich, und Cycnoches Lindl. Mit Tafel VI und VII und 6 Textfiguren 374 Richard Härder. Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen . . 254 H. 0. Jnel. Untersuchungen über die Auflösung der Tapetenzellen in den Pollen- säcken der Angiospermen. Mit Tafel IV und V 337 Georg Klebs. Über Wachstum und Euhe tropischer Baumarten. Mit 4 Textfiguren Hans Kniep. Über den Gasaustausch der Wasserpflanzen. Ein Beitrag zur Kritik der Blasenzählmethode 460 M. Koernicke. Über die Wirkung verschieden starker Röntgenstrahlen auf Keimung und Wachstum bei den höheren Pflanzen. Mit 4 Textfiguren . . 416 Rudolf Lieske. Beiträge zur Kenntnis der Ernährungsphysiologie extrem atmo- sphärischer Epiphyten 112 XVI Verfasser -Verzeichnis. Seite Hug-o Mielie. Beiträge zum "Windeproblem. Mit Tafel X und 5 Textfiguren . 668 David M. Mottier. Beobachtungen über einige Farnprothallien mit Bezug auf eingebettete Antheridien und Apogamie. Mit 3 Textflguren 65 Frederick C. Newcombe. Das Verhalten der Windepflanzen in der Dunkelheit 511 E. Pantanelli. Über lonenaufnahme 689 George Peirce. Ein multipler Klinostat. Mit 2 Textfiguren 330 0. Renner. Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der Wasser- bewegung. Mit Tafel IX und 4 Textflguren 617 Adolf Sperlich. Gesetzmäßigkeiten im kompensierenden Verhalten parallel und gegensinnig wirkender Licht- und Massenimpulse. Mit 7 Textfiguren , . . 155 Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. Von Hans Fitting. Mit 3 Kurven. Einleitung. Unter welchen Bedingungen Salze in die lebende Zelle ein- dringen, unter welchen vorübergehend oder dauernd ihre Aufnahme verweigert Tvird und wovon die Geschwindigkeit der Aufnahme ab- hängt, all das ist bekanntlich noch nicht geklärt. Mancherlei Beob- achtungen der letzten Jahre, z. B. über den Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität des Protoplasten (Lepeschkin, 1909a, b und Tröndle, 1910) scheinen ja jetzt ziemlich allgemein als wertvolle Stützen für Pfeffers sehr ansprechende Yermutung zu gelten, der lebende Organismus dürfte bei seinen wechselnden Bedürfnissen vielfach mit Modifikationen der diosmotischen Eigenschaften seiner Plasmahäute arbeiten. Wenn auch in den letzten Jahren Mit- teilungen über solche Permeabilitätsänderungen sich bedeutend gegen früher gemehrt haben, ja fast Mode geworden sind, so ist doch die Zahl der wirklich einwandfreien Beobachtungen noch immer ganz verschwindend klein: die meisten Untersuchungen näm- lich, von denen einige zunächst in sehr exakter und bestechender Weise Permeabilitätsänderungen zu beweisen scheinen, vermögen teils wegen methodischer Fehler, teils wegen der Vieldeutigkeit der Ergebnisse einer eingehenden Kritik nicht standzuhalten. Das gilt ebenso sehr von den oben erwähnten Arbeiten Lepeschkins und Tröndle s über Permeabilitätsänderungen durch Belichtung (vgl. schon Benner, 1912), wie von den Untersuchungen Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 1 2 Hans Fitting, Lundegärdhs (1911) vor allem über solche für Wasser durch den Einfluß von Salzen, wie weiter bekanntlich von den Arbeiten Nathansohns (1903, 1904) und Meurers (1909) über solche für Salze unter dem Einflüsse eben dieser Salze (vgl. z.B. Ruhland, 1909 a, b), um von anderen ganz abzusehen. Die interessanten quan- titativen Versuche von Oster ho ut (1912, 1913) endlich, wobei Permeabilitätsänderungen aus Veränderungen der elektrischen Leit- fähigkeit des Gewebes erschlossen w^erden, scheinen mir ebenfalls zu vieldeutig, als daß sich allein darauf ein befriedigender Beweis gründen ließe; sie beschäftigen sich mit der Permeabilität für ein Salz bei An- oder Abwesenheit anderer Salze, um daraus eine Einsicht in das Wesen des sogenannten Antagonismus von Salzen zu gewinnen. Unter diesen Umständen ist es bei der fundamentalen Wichtig- keit dieser Fragen des Zellebens nicht unangebracht, ja geradezu notwendig, nach anderen Methoden zu suchen, die in einwand- freierer und eindeutigerer Weise Aufschlüsse darüber zu geben vermögen und die es zugleich aussichtsreicher erscheinen lassen, tiefer in alle die zahllosen Probleme experimentell einzudringen, die hier, z. B. auch über Stoffaufnahmeregulationen, auftauchen. Vor allem schien es mir auf Grund von mancherlei theoretischen Überlegungen zur Vertiefung unserer Einsicht zunächst am wich- tigsten und förderlichsten, mit einer brauchbaren Methode die Geschwindigkeit des Eindringens von Salzen und anderen Stoffen in lebende Protoplasten während aufeinander folgender kür- zerer Zeitabschnitte zu bestimmen. Bestand doch dabei, schien mir, am ehesten Aussicht, Aufschluß über die paradoxe und noch keineswegs geklärte Tatsache zu gewinnen, daß Salze, die nach- weisbar von den Protoplasteu aufgenommen werden, doch dauernde Plasmolj^se hervorrufen! Immer hatte ich schon vermutet, daß sich dafür die älteste aller Methoden, womit man die Permeabilität ge- löster Stoffe hat nachweisen können, die plasmolytische, vornehm- lich werde brauchbar gestalten lassen. Diese Annahme hat nach mehrjähriger Arbeit und nach sehr vielen, in der Mangelhaftigkeit der bisher gebräuclilichen Methodik begründeten Mißerfolgen und Irrgängen, die mich indes nicht entmutigen konnten, eine, wie ich glaube, volle Bestätigung gefunden. Es kam eben Alles darauf an, die Versuchstechnik genügend zu vervollkommnen, geeignete Ver- suchsobjekte zu finden und in eingehendster Weise zu studieren. Ein solches lernte ich schließlich vor allem in den Blättern von Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 3 Ehoeo discolor, also in einem der klassischen Objekte für Plasraolyse- versuche, kennen. Daß deren Oberhautzellen für viele Salze durch- lässig sind, ist ja schon oftmals beobachtet worden; ich brauche nur an die Arbeiten von de Yries (1888), Janse (1888) und Rysselberg-he (1898) zu erinnern. Freilich widersprechen sich die darüber vorliegenden Angaben. Das beruht aber, nach meinen Untersuchungen, wie weiterliin zu zeigen sein wird, nur auf inter- essanten Verschiedenheiten, die in der Permeabilität der Proto- plasten bestehen. Als Maßstab für die Salzaufnahme diente mir, namentlich wenn bei den Versuchen Konzentrationen unterhalb der plasmolytischen Grenzkonzentrationen verwendet wurden, die Veränderungen dieser Grenzkonzentrationen für das gleiche Salz oder meist die Ge- schwindigkeit des Rückganges der Plasmolj'se, den man bisher fast ausschließlich zur qualitativen Ermittelung des Eindringens von Stoffen benutzt hatte, in aufeinander folgenden Zeitabschnitten. Der Grundgedanke der Methode ist hierbei der: werden Zellen mit gleichen osmotischen Drucken nebeneinander in Lösungen steigender Konzentrationen übertragen, worin sie also versclüeden stark plasmolysiert werden, nnd geht danach die Plasmolyse zurück, so ist der Rückgang bis zu einem, nach Beginn des Versuches in schwächeren Konzentrationen beobachteten Grade der Plasmolyse ein Anzeichen dafür, daß die Konzentrationsdifferenz zwischen den beiden Lösungen während dieses Zeitabschnittes in die Zellen ein- gedrungen ist. Die Bestimmung der ., Permeabilitätskoeffizienten" in der Weise, wie es Lepeschkin und Tröudle getan haben, hat sich als ganz unbrauchbar, ja geradezu als irreführend er\Wesen, wie ich in einer späteren Arbeit zeigen werde. Vorbedingung zum Gelingen der Versuche ist natürlich, daß man Zellen von gleichem osmotischem Drucke in größeren Mengen zur Verfügung hat. Das ist nun bei Rhoeo discolor in wünschenswertem Maße der Fall. Die Geschwindigkeiten der Salzaufnalime sind aber, zum mindesten bei meinen Versuchsobjekten, von so geringer Größenordnung, daß die plasmolytische Methode nur nach mancherlei Verfeinerungen für ihre Bestimmung verwendet werden konnte. So liefern meine Untersuchungen zugleich eine eingehende Kritik der plasmolytischen Methode in ihrer bisherigen Anwendung. 4 Hans Fitting, Abschnitt I. Allgemeine Methodik. A. Herstellung der Lösungen. Die Lösungen habe ich durch Verdünnung von Stammlösungen, die ein Mol oder Bruchteile eines solchen der Substanz im Liter Flüssigkeit enthielten, mittels zweier Büretten in der üblichen Weise wie Normallösungen, also „volumnormal" hergestellt. Alle Substanzen wurden so rein wie möglich verwendet, z. B. die Salze „pro analysi Kahlbaum" aus frischen Originalpackungen. Zur Auf- nahme der 20 ccm Lösungen dienten kleine, runde Kristallisier- schalen von 4,2 cm lichtem Durchmesser und 3 cm Höhe, mit 40 ccm Inhalt und mit 2 cm breit übergreifenden Glasdeckeln. Genauigkeit der Messungen. Die Büretten (nach Schell- bach mit blauem Emailstreifen) lassen eine Genauigkeit der Ab- lesung zu bis auf V4 Teilstrich = V40 ccm in maximo. Ist n der Grammolekülgehalt der Ausgangslösung, so wird dadurch, wenn man sie verdünnt, eine Ungenauigkeit bis zu + n/800 GM bei sorgfältigem Arbeiten bedingt; also bei einer Ausgangslösung von 0,25 GM = + 0,0003125 GM. Fehler durch Kontraktion der Lösungen. Wie sich später zeigen wird, mußte mit sehr geringen Konzentrationsdifferenzen gearbeitet werden. Um die bei manchen Versuchen eventuell stören- den Fehler, die durch die Veränderung der Kontraktion bei der Verdünnung entstehen, möglichst zu vermeiden, habe ich die Stamm- lösungen bereits so verdünnt wie möglich gewählt, so z. B. bei Kalisalpeter 0,25 GM. Nach Kohlrausch und Hallwachs (1894) kann man die Kontraktion des Wassers bei verschiedener Konzen- tration der Lösungen durch folgende Formel berechnen: m • (* — 8 00 pl pl pl n 2 „ 0 0 0 V2 pl pl pl n 2 „ 0 0 0 V pl pl pl r, 16 „ 0 0 0 0 V2 v-v. pl V 8 „ 0 0 0 0 V3 V3-74 pl Der anfänglichen, wenn auch nicht sehr großen Permeabilität steht die fast völlige Undurchlässigkeit am Ende des Versuches gegenüber. Eine genauere Untersuchung hat dann die Abnahme der Per- meabilität außer allen Zweifel gestellt, wie die folgenden Versuche wohl zeigen, die eine Auswahl aus vielen sind. Ich habe versucht, die Permeabilitätsverhältnisse auch in Kurven auszudrücken. Die Kurven sind so entstanden, daß ich für jedes Plättchen die Salzaufnahme geschätzt habe, und zwar nach den Graden der anfänglichen Plasmolyse in den aufeinander folgenden Lösungen. Berücksichtigt wurden bei der Schätzung nur die Plättchen, die bei den aufeinander folgenden Ablesungen eine Abnahme der Plas- molyse erkennen ließen. Es sind, wie die Tabellen lehren, in auf- einander folgenden Stunden immer neue Plättcheu, bei denen dies der FaUist. Da nach anderen, noch mitzuteilenden Versuchen mit Sicher- heit anzunehmen ist, daß sich diese im weiteren Verlaufe eines Ver- suches berücksichtigten Plättchen in der ersten Zeit nach Versuchs- beginn ganz ebenso ^vie die zuerst für die Berechnung verwendeten verhalten, so habe ich die Kurvenstücke, die für jene gelten, einfach an die entsprechenden Stellen der Kurvenstücke angeschlossen, die für die anfangs verfolgten Plättchen berechnet sind. Ich vnW an einem Schema das Verfahren noch verständlicher zu machen suchen. Angenommen, es wären folgende Beobachtungen gemacht worden: Nr. der Plättchen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Nach 0,1 0,102.3 0,105 0,1075 0,11 0,1125 0,115 0,1175 0,12 0,1225 0,125 GM 15 Min. 0 SJ 1' /2 'U 00 pl pl pl pl pl pl weit. 15 n 0 0 gv 1 i2 V. X pl pl pl pl pl „ 30 n 0 0 0 gy V. 'L X cc pl pl pl „ 60 n 0 0 0 0 gy % V. 7* X X pl r, 60 n 0 0 0 0 0 0 gv . V2 V. 'U X „ 60 n 0 0 0 0 0 0 0 V Va V. 'U „ 60 n 0 0 "0 0 0 0 0 gV V V3 V2-V. „ 60 n 0 0 0 0 0 0 0 0 SJ V V. 20 Hans Fitting, Zunächst wird die Menge des eingedrungenen Salzes berechnet für die Plättchen 2 — 5, die anfangs allein den Rückgang der Plas- molyse erkennen lassen. Bei der Annahme, die fast stets berech- tigt ist, daß der osmotische Druck in benachbarten Plättchen an- nähernd gleich ist, kann man aus der ersten Ablesung, 15 Minuten nach Versuchsbeginn, ableiten, daß der Zunahme der Plasmolyse von gv zu V2, von V2 zu ^U und von ^U zu 00 jedesmal eine Konzentrationszunahme der Lösungen um 0,0025 GM Salpeter entspricht, und kann man ferner mit hinreichender Genauigkeit schließen, daß einem darauf folgenden Rückgänge der Plasmolyse von V2 auf gv, von ^U auf V2, von » auf ^U die Aufnahme einer entsprechenden Menge Salz gleichkommt. Nach der ersten Stunde des Versuches sind diese 2 — 4 Plättchen, da sie keine weitere Veränderung zeigen, erledigt. Inzwischen haben andere Plättchen, die zuvor in allen Zellen Plasmolyse zeigten, angefangen, ihre Plasmolyse auszugleichen : bereits eine halbe Stunde nach Versuchs- beginn Plättchen 7, eine Stunde nach Versuchsbegiun 8 usw. Ich verfahre nun so, daß ich die gewiß berechtigte Annahme mache, in allen diesen Plättchen wäre anfangs die Aufnahme des Salzes nach den Kurven erfolgt, die ich für die ersten Plättchen errechnet habe, ohne freilich diese hypothetischen Kurvenstücke zu zeichnen. Ich lasse also die Kurvenstücke für die Plättchen 7, 8 usw. da beginnen und an die Kurvenstücke für die Plättchen 2 — 6 an- schließen, wo ihr Anfang hinzuzeichnen wäre, wenn man auch jene hypothetischen Anfänge hinzufügen würde. So kann ich also aus den Kurvenstücken, die für verschiedene Plättchen gelten, eine einheitliche Kurve konstruieren, zusammensetzen, die der Ausdruck ist für die Permeabilität der Epidermiszellen in den aufeinander- folgenden Zeiteinheiten. Bedenken, die man gegen dies Verfahren geltend machen könnte, werden später noch zerstreut werden. Es ist wohl unnötig, zu sagen, daß diesem Verfahren bloß eine be- schränkte Genauigkeit zukommen kann. Immerhin ist sie groß genug, um es als brauchbar bezeichnen zu können. Die Zahlen am Ende und am Anfange eines jeden Kurven- stückes entsprechen in den Versuchsprotokollen den Zahlen der Plättchen, nach denen das betreffende Kurvenstück gezeichnet ist. Um die einzelnen Kurvenstücke besser hervortreten zu lassen, habe ich solche Strecken, die sich eigentlich decken würden, nebeneinander gezeichnet. Die erste Viertelstunde des Aufenthaltes in den Lösungen habe ich bei den Kurven nicht Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 21 berücksichtigt, weil dafür die Beobachtung direkte Anhaltspunkte nicht geben kann. Versuch 52. Hamburg, 25. Juni 1912. Die Plättchen hatten vor dem Versuche 18 Stunden in Wasser gelegen. Nr. der Plättchen 1 _ _ . .,^^,1 2 3 4 5 6 7 8 m der Flg. 1 J 0,11 0,1125 0,115 0,1175 0,12 0,1225 0,125 0,1275 0,13 0,1325 0,135 0,1375 Nach GM KNO3 15 Min. 0 vbisVa V2- 7. 7. 00 pl pl pl pl pl pl pl weit. 15 V 0 gv Vs- V, vbis^/2 8/ u OD pl pl pl pl pl pl „ 30 „ 0 0 V V Vs V2-V« <^ pl pl pl pl pl „ 60 1) 0 0 gy gr v V. V4 X pl pl pl pl „ 60 „ 0 0 0 0 0 V V. 7.-X X pl pl pl „ 60 11 0 0 0 0 0 gv vbisVs «/,-x V. pl pl pl „ 180 „ 0 0 0 0 0 0 0 V. v.-% X X pl 0.00z; 1 GA. 0,002S opois 1 \ 1 0002S ^ 3 O.OOM 1 \ ^~-~. 8 ooozs \ It 1 0002; 5 B Fig. 1. Hier ist die Abnahme der Durchlässigkeit ganz auffallend. Würde das Salz während des ganzen Versuches so schnell ein- dringen, wde in den beiden ersten Viertelstunden oder während der ersten ganzen Stunde des Versuches (= etwa 0,0075 GM), so müßte der Rückgang nach weiteren 6 Stunden etwa betragen 0,0075 • 6 = 0,045 GM, sich also erstrecken bis etwa zu der Lösung 0,1175 -j- 0,45 = 0,1625 GM, wovon aber gar keine Rede ist. 22 Hans Fitting, Selbst wenn man die Aufnahme Wcälirend der ersten Stunde sehr vorsichtig unter Außerachtlassung der Viertelstunde vor der ersten Ablesung bloß zu 0,005 GM einschätzen will, so müßte bei gleich bleibender Permeabilität der Rückgang der Plasmolyse sich nach 6 weiteren Stunden erstrecken bis zu der Konzentration 0,1475 GM, was aber auch nicht der Fall ist. Versuch 53. Bonn, 6. Oktober 1913. Die Plättchen hatten vor dem Versuche 1 Stunde in Wasser gelegen. Nr. der Plättchen j 12 3 4 5 6 7 8 in der Fig. 2 J 0,1 0,102.5 0,105 0,1075 0,11 0,1125 0,115 0,1175 0,12 0,1225 0,125 weit ach GM KNO » 15 Min. 0 gy v.. 7. CK Pl pl pl pl pl pl pl 15 „ 0 0 V Va -V.. % 00 CO pl pl pl pl pl 30 „ 0 0 0 0 Vs V^ % OD pl pl pl pl 60 „ 0 0 0 0 0 V Vs V. V. CO pl pl 60 „ 0 0 0 0 0 gV V V3 -V. V. CO pl pl 60 „ 0 0 0 0 0 0 gV Va -Vs v.-v. V.-oo pl pl 60 „ 0 0 0 0 0 0 0 Va V2 V* v-^ 00 0,0025 1- t- G-M. 0.002s 1 \ s 00025 \ 1 ^7 0.0025 ^ 3\\ OOOJS \ 5\. \\ ^^ 8 " 5 oooas ^-=: 0,0025 8 2 3 Fig. 2. 5 Sldn. Während zwischen der ersten und zweiten Ablesung ein Rück- gang der Plasmolyse um 0,0025 GM, in der ersten Stunde des Versuches um 0,0075 GM stattfindet, in dieser ersten Stunde also mindestens ebenso viel Salz eingedrungen ist, drang schließlich höchstens noch 0,0025 GM Salz pro Stunde in die Protoplasten ein. Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 23 Versuch 54. Bonn, 7. Oktober 1913. Die Plättchen hatten vor dem Versuche lY^ Stunde in Wasser gelegen. Nach 0,105 0,1075 ( ),1 0,1125 0,115 0,117S 0,12 0,122 5 0,125 0,13 0,135 0,14 GM KN03 15 Min. 0 V V. — V* 00 pl Pl pl pl pl pl pl pl weit 15 t) 0 gv V, — 'A 00 OD Pl pl pl pl pl pl pl )) 30 71 0 0 T V« V. 00 oo pl pl pl pl pl n 60 V 0 0 0 gv Va 'U 'U-'U pl pl pl pl pl n 60 17 0 0 0 0 gv V3 V V4 pl pl pl n 60 „ 0 0 0 0 0 0 0 V2 pl pl pl V 60 11 0 0 0 0 0 0 0 vbisVs 00 pl pl „ 60 n 0 0 0 0 0 0 0 gv Vs-V. pl pl „ 60 71 0 0 0 0 0 0 0 0 V bis Va 00 pl T) 60 t1 0 0 0 0 0 0 0 0 V V. pl 71 60 TI 0 0 0 0 0 n 0 0 0 V* pl n 60 11 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Vs pl 60 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 00 Auch liier meder hat die Permeabilität abgenommen. Anfangs sind bloß 30 Minuten nötig, um die Plasmol3'se von V2 — ^U auf v sinken zu lassen, zuletzt aber für den Rückgang von Vs — V2 auf v und für den von ^/i auf Vs je 2 Stunden. 0,001S CM O.OOIS 0,0015 i 1 \ » ^ ^ 5 — V --— ■V 3 5 10 Sldn. Fig. 3. Ich habe mich darauf beschränkt, drei solche Kurven liier mitzuteilen. Man sieht daraus, daß die Durchlässigkeit anfangs schnell, dann immer langsamer sinkt! Die dritte Kurve (Fig. 3) unterscheidet sich von den beiden ersten dadurch, daß die Zellen dieses Blattes von vornherein eine verhältnismäßig geringe Per- meabilität für das Salz erkennen ließen. So ist der Abfall in 24 Hans Fitting, der Durchlässigkeit weit geringer, als in den beiden anderen. Das Protokoll, das der Kurve zugrunde liegt, habe ich hier nicht besonders mitgeteilt; der Versuch fand am 10. Oktober 1913 statt. Die bei den bisher mitgeteilten Versuchen verwendete Methode hat den Nachteil, daß die Abnahme der Permeabilität an vielen voneinander mehr oder weniger entfernt liegenden Plättchen be- urteilt werden muß. Die Durchlässigkeit könnte ja von vornherein an verschiedenen Teilen der Mittelrippe verschieden gewesen sein, wie ich es im Winter tatsächlich gelegentlich beobachtet habe! Deshalb habe ich diese Ergebnisse ergänzt durch Versuche, wobei die Permeabilitätsabnahme an den gleichen Plättchen ermittelt wurde, und zwar so, daß ich die Plättchen eine Anzahl Stunden nach Versuchsbeginn in höhere Konzentrationen übertragen habe, worin von neuem eine Plasmolyse eintrat. Versuch 55. Bonn, 8. Oktober 1913. Die Plättchen hatten vor dem Versuche 45 Minuten in Wasser gelegen. 0,11 0,1125 0,115 0,1175 0,12 0,1225 0,125 0,1275 0,13 0,1325 0,135 Nach GM KNO3 15 Min. 0 gv V. pl pl pl pl pl pl pl pl weit. 15 V 0 0 gv 00 pl pl pl pl pl pl pl „ 30 n 0 0 0 V 'U pl pl pl pl pl pl „ 60 n 0 0 0 0 gv 74 ^ pl pl pl pl „ 60 n 0 0 0 0 0 V3-^2 V4 OD pl pl pl „ 60 » 0 0 0 0 0 0 Vs-V. Vr-74 OD pl pl „ 60 7) 0 0 0 0 0 0 V Vs V.-V4 pl pl „ 60 )) 0 0 0 0 0 0 0 V Vs 00 pl „ 60 1) 0 0 0 0 0 0 0 0 V V4 00 „ 60 n 0 0 0 0 0 0 0 0 0 V2 V. tVs stunden nach Versuchsheginn wurden die Plättchen übertragen aus 0,105 0,1075 0,11 0,1125 0,115 GM KNO. in 0,145 0,1475 0,15 0,155 0,16 nach 15 Min. 0 gy V4 pl pl nach weit. 15 „ 0 V 'L-<^ pl pl « . 15 „ 0 V V-^ pl pl « n 15 „ 0 gV 'U-^ pl pl n )) 60 „ 0 0 % pl pl „ 60 „ 0 0 V2-V4 pl pl Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 25 Versuch 56. Bonn, 10. Oktober 1913. Die Plättchen hatten vor dem Versuche 1^/^ Stunde in Wasser verweilt. 0,1025 0,105 0,1075 0,11 0,1125 0,115 0,1175 0,12 0,1225 0,125 0,1275 Nach GM : KNO3 15 Min. 0 &v V2 v-^ pl pl pl pl pl pl pl weit . 15 n 0 0 V bis \ ^s V3-V. pl pl pl pl pl pl pl n 30 71 0 0 0 0-V3 00 pl pl pl pl pl pl n 60 n 0 0 0 V Va-'A V. 00 pl pl pl pl n 60 7) 0 0 0 0 O-V2 V, 8 /4 00 pl pl pl n 60 n 0 0 0 0 gv V 7. 00 pl pl pl n 60 n 0 0 0 0 0 0 V2-74 V-x pl pl pl n 60 „ 0 0 0 0 0 0 Vs V. 00 pl pl n 60 n 0 0 0 0 0 0 V3-V3 V2 V. CD pl n 60 71 0 0 0 0 0 0 V V 7. 7. 00 8 Stunden 30 Minuten nach Versuchsbeginn wurden die Plättchen Übertrager i aus 0,0975 0,1 0,1025 0,105 0,1075 0,11 0,1125 0,115 GM KNO3 in o,ir Ib 0,12 0,1225 0,125 0,1275 0,13 0,1325 0,135 nach 15 Min. 0 0 0 V V2 v,-v. ^ °c 00 nach weit. 15 71 0 0 V " 7,-00 pl pl pl pl n „ 15 71 0 gv V bis Vs 00 pl pl pl pl n n 15 71 0 gv V bis Vj 00 pl pl pl pl n n 60 71 0 0 V 'U 00 pl pl pl Versuch 57. Bonn, 7. Oktober 1913. Die Plättchen hatten vor dem Versuche 1 Stunde im Wasser gelegen. 0,105 0,1075 0,11 0,1125 0,115 0,1175 0,12 0,125 0,13 0,135 0,14 Nach GM KNOs 15 Min. 0 V V. -V. 00 pl pl pl pl pl pl pl eil :. 15 „ 0 gv V, -7. 00 00 pl pl pl pl pl pl 77 30 „ 0 0 V V. 74 00 00 pl pl pl pl „ 60 „ 0 0 0 gv V. 7* 7.-74 , pl pl pl pl 71 60 „ 0 0 0 0 0 73 V 74 pl pl pl 71 60 „ 0 0 0 0 0 0 0 '/. pl pl pl 71 180 „ 0 0 0 0 0 0 0 0 V bis Vs 00 pl 7 stunden nach Versuchsbeginn wurden die Plättchen übertragen aus 0,1 0,1025 0,105 0,1075 0,11 0,1125 GM KNO3 nach in 0,13 0,1325 0,135 0,1375 0,14 0,1425 15 Min. V3 Vs 73-^ % v-^ 00 pl weit. 15 » V2 7. OD pl pl pl „ 15 11 V3-7* 3/,_CC QC pl pl pl ,, 15 71 V.-7* 7,-x OD pl pl pl ;i 60 71 V. 7* 00 pl pl pl 11 60 71 Vs-V« V.-'U 3/ pl pl pl T 60 71 Vs-V2 V-7. 7. pl pl pl 26 Hans Fitting. Versuch 58. Bonn, 9. Oktober 1913. Die Plättchen hatten vor Versuchsheginn 2 Stunden in Wasser gelegen. 0,1175 0,12 0,1225 0,125 0,1275 0,13 0,1325 0,135 0,1375 Nach GM KNO3 15 Min 1. 0 gv 3/,-X pl pl pl pl pl pl weit. 15 „ 0 0 V. Pl pl pl pl pl pl . 30 „ 0 0 gv 7*-=^ pl pl pl pl pl . 60 „ 0 0 0 1/ /s QC pl pl pl pl V 60 „ 0 0 0 0 Vs-V. V. V. pl pl r 60 „ 0 0 0 0 V2 V« Vs 7. 00 « 60 „ 0 0 0 0 Vs gv 0 V bis ■ % 7* „ 60 „ 0 0 0 0 g^ 0 0 0 , 1 u Vs „ 120 „ 0 0 0 0 0 0 0 0 0 8 Stunden nach Versuchsbeginn wurden die Plättchen übertragen aus 0,105 0,1075 0,11 0,1125 0,115 0,1175 0,12 0,1225 GM KNO, nach in 0,13! 25 0,135 0,1375 0,14 0,1425 0,145 0,147 5 0,15 15 Min. gy V Vs V. V V V V2 eit. 15 „ gV Ve V4 % V V V« 00 « 30 „ gv Vs-V. V.-7. v-v. gv gv V3 00 „ 60 „ 0 Vs V. V3 0 0 V 7* Auch in diesen Versuchen also tritt die Abnahme der Durch- lässigkeit klar zutage! Eine völlige Unterdrückung der Permea- bilität habe ich dabei freilich nicht beobachtet. Sie läßt sich aber erreichen, wenn man nur die Plättchen genügend lange Zeit, 12 bis 20 Stunden, in den Salzlösungen läßt. Jedenfalls wird durch so lange Einwirkung des Salzes die Durchlässigkeit so weit herab- gesetzt, daß man bei darauf vorgenommener Plasmolysierung im Verlaufe von 2 Stunden gar keine Veränderung im plasmolytischen Zustande mehr wahrnehmen kann. Dieser Zustand aufgehobener Durchlässigkeit wird bei den Blättern verschieden schnell erreicht. Bei dieser Gelegenheit sei darauf hingewiesen, daß die Zellen in Kalisalpeter erst nach 36-^-48 Stunden auffällig geschädigt werden, vorausgesetzt, daß man sie wenig mit der Pinzette anfaßt und sie auch sonst so wenig wie möglich stört. Übrigens zeigen die vorhin mitgeteilten und ihnen ähnliche Versuche zugleich, daß die Permeabilität in den Plättchen, die bei der ersten Übertragung in die Kalisalpeteiiösungen steigender Konzentration nicht plasmolysiert worden waren, nicht anders wie in den plasmolysierten verändert worden ist, woraus zu ent- nehmen ist, daß die Plasmolyse und die damit verbundene Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 27 Veränderung der Plasmahäute (etwa durch Zerreißung von Plasmafäden) einen deutlichen Einfluß auf die Permeabili- tätsveränderung nicht hat. Sehr eigenartig und auffällig ist bei den Plättchen, die nach- träglich in höhere Kalisalpeterlösungen übertragen wurden, daß der Vorgang der Plasmolyse sich zeitlich völlig gegen früher geändert hat: Während bei der ersten Übertragung in die Lösungen die Plasmolyse schon nach V4 Stunde ihr Maximum erreicht zu haben pflegt, um dann sofort wieder abzunehmen, wird sie bei der zweiten Übertragung in die plasmolysierenden Lösungen auch noch in der zweiten, ja selbst in der dritten Viertelstunde bedeutend verstärkt. Diese Tatsache ist so wichtig, daß ich sie noch weiter durch Versuche belegen will. Versuch 59. Bonn, 20. November 1913. Plättchen 4 Stunden in HjO. 0,1 (1,1(125 O,!^.'! 0,1075 0.11 0,1125 0,115 0,1175 0,12 0,1225 GM KNOg Nach 15 Min. 0 0 0 v gv '/, — 7* ^ Pl P^ pl weit. 15 „ 0 0 0 gv 0 Y, cc pl pl pl r 30 „ 0 0 0 0 0 0 V.J V2 ^ pl Nach 8 Stunden aus diesen Lösungen in 0,1275 0,13 0,1325 0,135 0,1375 0.14 0,1425 0,145 0,1475 0,15 GM KNO3 nach 15 Min. 0 gv gv v V3 \', V3 V3 V-2 % weit. 15 „ 0 72 V2 Vi X X X pl pl pl „ 30 „ 0 V2 V2 \2-V, X X X pl pl pl Versuch 60. Bonn, 18. November 1913. Plättchen 15 Minuten in H^O. 0,09 0,0925 0,095 0,0975 o,l o,lo25 0,105 0,1075 0,11 GM KNOs weit. 15 „ 0 0 V V2~Vt ^ pl pl P^ P^ „ 30 „ 0 0 0 Vs— Va ^.4 Pl pl pl Pl Nach 10 stunden aus diesen Lösungen in 0,1075 0,11 0,1125 0.115 0,1175 0,12 0,1225 0,125 0,1275 GM KNOg nach 15 Min. 0 0 0 gv gv Vs S'^ V2 ^ weit. 15.0 0 0 V V^ V* ^L ^ Pl „ 30 „ 0 0 0 V V2 Vi Vi ^ pl 28 Hans Pitting, Versuch 61. Bonn, 19. November 1913. Plättchen 15 Minuten in HjO. 0,1075 0,11 0,1125 0,115 0,1175 0,12 0,1225 GM KNO3 Nach 15 Min. 0 gv V2— V4 ^ Pl P^ P^ weit. 15 „ 0 0 V3 "A CO pl pl „ 30 „ 0 0 gv V2— V4 V4 ^ Pl Nach 8 Stunden aus diesen Lösungen in 0,1275 0,13 0,1325 0,135 0,1375 0,14 0,1425 GM KNO3 nach 15 Min. 0 0 0 0 0 gv V2 weit. 15 „ 0 0 0 gv Vs V2 V* „ 30 „ 0 0 0 gv \ls V2 °o Versuch 62. Bonn, 17. November 1913. Plättchen 25 Minuten in H2O. 0,1 0,1025 0,105 0,1075 0,11 0,1125 0,115 0,1175 GM KNO3 Nach 15 Min. 0 0 Vs V2 Pl P^ P^ P^ weit. 15 „ 0 0 Vs V2 pl pl pl pl „ 30 „ 0 0 0 V bis Vs ^ pl Pl Pl Nach 10 Stunden aus diesen Lösungen in 0,125 0,1275 0,13 0,1325 0,135 0,1375 0,14 GM KNO3 nach 15 Min. 0 gv Vs V2 ^U ^ ^ weit. 15 „ 0 ^/g 00 pl pl pl pl „ 30 „ 0 V2 ^ pl pl pl pl Die Zunahme der Plasmolyse entspricht in fast allen Versuchen, die ich gemacht habe, 0,005 — 0,0075, einige Male sogar bis 0,01 GM Kahsalpeter! Es ist nicht ganz einfach, sich darüber klar zu werden, worauf diese Verlangsamung der Plasmolyse beruht. Von vornherein wird man geneigt sein, an eine Veränderung der Eigen- schaften des lebenden Plasma zu denken. Zwei Möglichkeiten muß man dann aber in Betracht ziehen: 1. Die Permeabilität hat bloß für das Salz abgenommen. Dann würde die Zunahme der Plasmolyse in diesen Versuchen darauf beruhen, daß die Zeitspanne einer Viertelstunde zu kurz ist, um den Wasserausstrom aus den Zellen bis zum Gleichgewichts- zustande mit der Außenlösung zu ermöglichen: am Ende der ersten Viertelstunde würde die Außenlösung dem Zellsaft immer noch um 0,005 — 0,01 GM nach meinen Zahlen überlegen sein. Wäre das aber so, so würde der schnelle Rückgang der Plasmolyse in den Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 29 Versuchen, wo die Schnitte zum ersten Male mit der Salzlösung in Berührung kommen, nur mit der Annahme verständlich werden, daß im Laufe der ersten Versuchs Viertelstunde, also vor der ersten Ablesung-, viel mehr Salz einströmt als in der zweiten und in den folgenden. Aus dem Rückgange der Plasmolyse hatte ich für die zweite Versuchsviertelstunde die Menge des eingedrungenen Salzes auf etwa 0,0025 GM geschätzt. Nimmt man für die erste ebenso viel an, so würde nach ihrem Ablaufe die Außenlösung noch immer um etwa 0,005—0,01 minus 0,0025 = 0,0025—0,0075 GM kon- zentrierter sein als der Zellsaft, müßte also die Plasmolyse dann nicht, wie es doch tatsächlich der Fall ist, ab-, sondern zunehmen. Soll die Plasmolyse abnehmen, so müßte in der ersten Viertelstunde nach Beginn des Versuches etwa 0,005 — 0,01 GM Salz eingedrungen sein. Dann würde die Abnahme der Permeabilität in der aller- ersten Zeit der Salzeinwirkung ganz besonders groß, ja geradezu rapid sein. Das aber wäre von allerhöchstem Interesse. Der Verlauf der Kurven, die für die Abhängigkeit der Permeabilitäts- abnahme von der Einwirkung des Salzes gelten, macht die Annahme zwar zweifellos möglich, daß das Salz in der ersten Viertelstunde viel schneller als in der zweiten eindringt: haben wir doch schon gesehen, daß die Durchlässigkeit allmählich abnimmt; die Unter- schiede in den Geschwindigkeiten des Durchganges z\nschen der zweiten, dritten und vierten Versuchsviertelstunde sind aber immer so klein, daß eine anfänglich sehr große Verlangsamung recht wenig wahrscheinlich ist! 2. Man muß also auch daran denken, daß unter dem Einflüsse des Salpeters die Permeabilität der Plasmahaut nicht bloß für das Salz, sondern auch für Wasser abgenommen haben könnte. Beide Möglichkeiten bedurften weiterer genauerer Unter- suchung. Die erstere läßt sich leider kaum, selbst bei sehr viel Umsicht prüfen mit Hilfe der isotonischen Koeffizienten, die damit zum ersten Male in den Gesichtskreis meiner Untersuchungen rücken. Ich will mich deshalb hier auf eine Untersuchung der zweiten Annahme beschränken, indem ich die Behandlung der Frage nach den isotonischen Koeffizienten mir für eine besondere Arbeit vorbehalte. 30 Hans Fitting, Abschnitt III. Abnahme der Permeabilität für Wasser unter dem Einflüsse des Salpeter. Ob eine solche Abnahme vorkommt, habe ich auf folgende Weise festzustellen gesucht. In einer ersten Versuchsreihe habe ich die Plättchen einer Längsreihe abwechselnd a) sofort in die Salpeterlösungen (um 0,005 GM) steigender Konzentrationen gebracht, um verscliiedene Grade der Plasmolyse zu erhalten und zugleich die Grenzkonzen- tration zu ermitteln, b) nach einem Aufenthalte von 8 — ^12 Stunden in einer Salpeterlösung von 0,075 GM in die Salpeterlösungen steigender Konzentration übertragen, zum gleichen Zwecke, wie bei a. War das plasmolytische Gleichgewicht hergestellt, so wurden die Schnitte mit plasmolysierten Zellen bei a 15 — 30 Mnuten nach Beginn des Versuchs, im Falle b etwas später in Wasser über- geführt, um die Zeiten festzustellen, die zum Rückgang der Plas- molyse nötig sind. Die Unterschiede in diesen Zeiten waren zwischen a und b so gering, daß sich aus diesen Versuchen nichts entnehmen ließ. Bei a dauerte der Rückgang etwa 3 — 5 Minuten, bei b etwa 4 — 8 Minuten. Offenbar war bei dieser Versuchs- anordnung das Konzentrationsgefälle zu groß, um Unterschiede, falls vorhanden, deutlich werden zu lassen. Deshalb habe ich die Versuche nach diesem Mißerfolge in der Weise abgeändert, daß die Plättchen zum Ausgleiche der Plasmolyse nicht in Wasser, sondern in eine hypotonische Salpeterlösung über- tragen wurden, die nicht allzu sehr von der Grenzkonzentration verschieden war. Nötig ist es natürlich, daß die zur Deplasmolyse verwendeten Salpeterlösungen bei Gruppe a und b annähernd gleichen Abstand von den Grenzkonzentrationen haben. Die mitgeteilten Protokolle, eine Auswahl aus vielen gleichen Versuchen, bedürfen einer sorgfältigen Betrachtung. Versuch 63. Ohne längeren Aufenthalt in KNO3 ging die Plasmolyse in einer Salpeterlösung, die um 0,01 GM schwächer als die Grenzlösung ist, zurück in 4—6 Minuten, wenn die Konzen- trationsdifferenz zwischen den plasmolysierenden Lösungen und der zur Deplasmolyse verwendeten 0,025—0,06 GM betrug. In dem Plättchen, das in einer der Grenzkonzentration näheren Lösung plasmolysiert worden war (0,095), dauerte der Rückgang wie in den späteren Versuchen ein wenig länger (6—7 Minuten). (Fortsetzung des Textes siehe S. 36.) Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 31 I— I »-5 a o o > So c. '^ o «e i^ >^ c ^ CO ü f3 > >■ o 'S« -H C C •»* O «D •^ o o c- I ^ o o 2 CD rH 2 > CS IM »o o in g s p s >n o >« o iH tH (M 8 « I ^ 32 Hans Fitting, 1—1 c5 ^ a o CD ü E3 t> O i^ o M -^ f-i (N 2 ^ c; > > ,^ o" ^~ „•^ QO ^-' — .c^ d 's lO in 00 05 -* o 5 « o" — :z; w g CS in t- o 5- ■3 "p. 8 8 uj >« o "^ •pH (N i£S Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 33 05 1-3 Ö ä o pq iß S-i 5~~ fco ® in o (N 00 © bO g = = = 0 ■* 0 04 g :: = = o ■^ o 0 rt tH (M (N rt - > &0 o •* o »« ^ .ri (N « ® I I 00 in o >o o »o >2 (M (N «S e<5 '1' ^ ^ « O O 35 o ^ = ^ = 00 o »n o S == - == ift 00 tH « « (» t> ^ « c- O lO o >o ;r--s ® 36 Hans Fitting, Bei den Schnitten, die in der Salpeterlösung 14 Stunden ver- weilt hatten, hatte sich die Grenzkonzentration von 0,085 GM auf etwa mindestens 0,125 GM verschoben. Also sind während dieser Zeit eingedrungen etwa 0,04 GM KNO3. Demnach würde eine Salpeterlösung, die um diesen Wert konzentrierter genommen wird als die vorher zur Deplasmolyse verwendete, etwa die Lösung 0,115 GM, jetzt für die Aufhebung der Plasuiolyse zu wählen sein, um ähnhche Konzentrationsgefälle wie vorher zu bekommen. Ich habe aber mit Absicht das Konzentrationsgefälle noch etwas größer genommen, in einem Falle die Lösung 0,1 und dreimal die Lösung 0,105. An und für sich geht die Deplasmol3^se um so schneller vor sich, je größer das Gefälle ist. Gleichwohl war der Rückgang der Plasmolyse (10 — 15 Minuten) auffallend gegenüber den Kontroll- schnitten verlangsamt! Dabei betrug der Unterschied zwischen den Lösungen, aus denen die Plättchen in 0,105 GM übertragen wurden, mit der Grenzkonzentration 0,03 — 0,045 GM, also so viel wie bei den Vergleichs versuchen. Versuch 64. Ohne Vorbehandlung mit Salpeter betrug die Grenzkonzentration etwa 0,11 GM. Die Plasmolyse ging in Sal- peterlösungen, die um 0,01—0,015 GM schwächer sind, zurück in 5, allerhöchstens 10 Minuten, nur einmal erst nach 15 — 20 Minuten. Bei längerem Aufenthalt der Plättchen in 0,075 GM KNO3 hat sich die Grenzkonzentration verschoben von 0,11 GM zu etwa 0,13 GM, also ist in die Protoplasten eingedrungen 0,02 GM KNO3. Obwohl ich die zur Deplasmolyse benutzte Lösung nicht entsprechend stärker genommen, sondern die gleichen Lösungen, ja noch ein wenig schwächere verwendet habe als vorher, ging die Plasmolyse doch ganz auffallend langsamer zurück als in den Schnitten, die nicht in Salpeter gelegen hatten! Jetzt sind zur Deplasmolyse 25 — 30, ja noch mehr Mnuten nötig! Versuch 65. Die Grenzkonzentration betrug bei den nicht vorbehandelten Plättchen etwa 0,085 GM. In 0,075 GM ging die Plasmolyse zurück in 7 — 12 Minuten. Nach Aufenthalt der Schnitte in Salpeter hat sich die Grenz- konzentration auf etwa 0,12 GM, also um etwa 0,035 GM ver- schoben. Der zuerst für die Deplasmolyse verwendeten Lösung würde jetzt also eine solche von etwa 0,11 GM entsprechen. Ob- wohl ich Lösungen benutzt habe, die schwächer waren, ging jetzt die Plasmolyse bedeutend langsamer zurück als zuvor. Jetzt waren dazu 20—30 und noch mehr Minuten nötig! Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 37 Versuch 66. Die Gesamtkonzentration lag bei den Plättchen, die sofort phismolysiert wurden, ungefähr bei 0,085 GM. Die Plas- molyse ging in jener Salpeterlösung, die um 0,01 GM schwächer war als die Grenzkonzentration, zurück nach 5 — 10 Minuten, mit Ausnahme der Plättchen, die in einer der Grenzkonzentration sehr nahen Lösung plasmolysiert worden waren. Nach einem 13 stündigen Aufenthalte in 0,075 GM hatte sich die Grenzkonzentration auf 0,11 GM, also um 0,025 GM verschoben. Der zuerst für die De- plasmolyse verwendeten Lösung würde also jetzt eine solche von etwa 0,1 GM entsprechen. Obwohl ich noch weniger konzentrierte Lösungen wählte, ging die Plasmolyse doch viel langsamer zurück. Versuch 67. Auch hier ist die Verlangsamung der Deplasmolyse nach dem Aufenthalte der Schnitte in der Salpeterlösung auffällig. Aus diesen Versuchen kann man jedenfalls soviel ersehen, daß die Verzögerung, mit der das plasmolytische Gleichgewicht in plas- molysierenden Salpeterlösuugen nach vielstündigem Aufenthalte in hypotonischen Salpeterlösungen erreicht wird, nicht ausschließlich darauf zurückgeführt werden kann, daß die Permeabilität für das Salz wesentlich abgenommen hat. Vielmehr beruht sie, zum Teil wenigstens, auch darauf, daß noch andere Veränderungen in den Zellen vor sich gegangen sind. Welcher Art die nun freilich sind, läßt sich ganz eindeutig nicht entscheiden. Die Deplasmolyse in hypotonischen Salzlösungen ist ja ein ziemlich verwickelter Vor- gang. Damit er sich vollziehe, muß folgendes sich abspielen: 1. In den Zellräumen außerhalb der plasmolysierten Proto- plasten muß die Salpeterkonzentration abnehmen. Das ist nur möglich, wenn das Salz durch die Zellmembranen nach außen diffundiert. 2. Der Zellsaft muß Wasser aufnehmen, das die Plasmahäute zu durchdringen hat. 3. Dem damit verbundenen Ausdehnungsbestreben des Plama darf die Plasmahaut der Zelle keine Widerstände entgegenstellen. Die Deplasmolj'se könnte sich also verzögern durch die Abnahme 1. der Permeabilität der Zell- haut für das Salz, 2. der Durchlässigkeit der Plasmahaut für Wasser oder 3. der Dehnbarkeit der Plasmahaut. Zu bedenken ist dabei freilich, daß an dem schnelleren Rück- gange der Plasmolyse in den Zellen, die zuvor nicht in Kalisalpeter gelegen hatten, auch die Permeabilität der Protoplasten für das Salz teilhaben könnte. Daß dieser Faktor in solchem Sinne wirk- sam sein muß, ist selbstverständlich; denn wenn nicht nur Salz- molektile nach außen, sondern auch nach innen in die Protoplasten Qg Hans Fittins:, abströmen, so muß die Salzkonzentration der die kontrahierten Protoplasten umspülenden Lösung abnehmen und entsprechend die Deplasmolyse beschleunigt werden. Doch scheint mir sicher, daß die größere Permeabilität der Protoplasten in den Schnitten, die nicht mit Salpeter vorbehandelt sind, allein den auffälligen Unter- schied in der Geschwindigkeit der Deplasmolyse nicht erklärt. Bei diesen Zellen ging ja die Deplasmolyse in 5, höchstens 12 Minuten vor sich, d. h. in einer Zeit, während der nur ganz wenig (weniger als 0,0025 GM) Salz in die Zelle permeieren kann. Und doch war der Unterschied in der Geschwindigkeit der Deplasmolyse sehr groß auch bei solchen Zellen, die stark, d. h. mit viel stärkeren Lösungen als die Grenzkonzentrationen plasmolysiert waren. Ferner: würde jener Faktor eine beachtenswerte Rolle spielen, so sollte man eigentlich erwarten, daß die mit Lösungen, die der Grenzkonzentration sehr nahe liegen, schwach plasmolysierten Zellen schneller deplasmolysiert würden, als die in stärkeren Lösungen plasmolysierten. Gerade das Gegenteil aber war auch bei den nicht mit Salz vorbehandelten Zellen der Fall! Die Annahme, etwa eine Verringerung der Dehnbarkeit der Plasmamembranen sei Schuld an der Verlangsamung der Deplas- molyse, ist recht wenig Avahrscheinlich. Könnte nämlich die Plasmamembran dem durch die Wasseraufnahme auf sie ausgeübten Zuge nicht mehr oder nur noch unvollkommen folgen, so würde sie zerreißen, wie man es tatsächlich gelegentlich beobachtet. Die durch die Wasseraufnahme angestrebte Volum Vergrößerung und die osmotischen Kräfte sind zu groß, als daß dagegen von der sehr zarten Plasmahaut eine nennenswerte Gegenwirkung ausgeübt werden könnte. Gegen die Annahme, daß die Plasmahaut durch die lange Einwirkung irgendwie fester geworden ist, spricht zudem die Leichtig- keit, mit der sich in kurzer Zeit ohne alle Faltungen der Plasmahäute in solchen Zellen immer noch normale Plasmolyse l)ewirken läßt! Dagegen ist eine Entscheidung zwischen den beiden anderen Annahmen zurzeit nicht möglich. Von ihnen ist die eine von ebenso großem Interesse vne die andere! Daß die Durchlässigkeit von Kolloidmembraneu für diffundierende Lösungen durch Salze und andere Verbindungen verändert werden kann, ist bekannt (vgl. Zangger 1908, Bechhold und Ziegler 1906, Waiden 1892, Traube 1867, S. 141 ff.). Wir wissen gar nichts darüber, ob auch die Zellulosemembranen durch längere Einwirkung von Salzen so verändert werden können, daß sie nachher für das Salz schwerer Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 39 durchlässig sind. Iniineihiu ist diese Annahme viel weniger wahr- scheinlich als die andere, daß es die Plasmahaut selbst ist, deren Durclilässigkeit auch für Wasser veränderlich ist. Denn für die Plasmahaut habe ich ja eine Abnahme der Durchlässigkeit für andere Stoffe exakt bewiesen. Wirft man nun noch einmal einen Blick auf die in diesem Abschnitte mitgeteilten Versuche, so wird man sehen, daß schon von vornherein, ohne längere Behandlung der Zellen mit dem Salze, Unterschiede in der Schnelligkeit der Deplasmolyse bemerkbar sind: Gut vergleichbar sind die Versuche 63, 65 und 66, weil bei ihnen die Grenzkonzentrationen einander nahezu entsprechen und die zur Deplasmol3'se verwendete Lösung die gleiche ist (0,075). Im Ver- suche 63 ging die Plasmolyse viel schneller zurück als bei 66 und besonders auffällig als bei 65. Folgt man mir in der Annahme, daß die Durchlässigkeit der Plasmahäute auch für Wasser ver- änderlich ist, so liegt die Interpretation nahe, daß die Zellen ebenso wie nach meinen Messungen für das Salz so auch für Wasser von vornherein schon verschieden durchlässig sind! Mit solchen Verschiedenheiten dürfte es zusammenhängen, daß der plasmolytische Gleichgewichtszustand bei der Übertragung frischer, nicht mit Salpeter vorbehandelter Schnitte zwar oft schon nach 12 — 15 Minuten, manchmal aber erst nach 15 — 20 Minuten, ja noch später erreicht wird, wenn auch die Zellen solcher Blätter zugleich für Salpeter weniger durchlässig zu sein pflegen. Abschnitt IV. Ursachen der Permeabilitätsänderungen. Ist nun auch durch meine bisherigen Versuche eine Abnahme der Durchlässigkeit der Plasmahaut sicher festgestellt, so läßt sich mit ihnen doch noch nicht genügend exakt beweisen, daß diese Abnahme gerade dem Einflüsse des Salzes zuzuschreiben ist. Die Permeabilitätsänderung könnte ja auch eine Folge sein 1. der Ver- Avundung, die mit der Herstellung der Schnitte notwendig verbunden ist, 2. der Einwirkung des flüssigen Mediums, in dem sich die Schnitte während der Versuche befinden, 3. der verminderten Zu- fuhr von Sauerstoff in den Lösungen. Hier war noch eine weitere Klärung nötig. Freilich scheinen schon meine früher mitgeteilten Versuche darauf hinzudeuten, daß hauptsächlich das Salz selbst als wirk- ^Q Hans Fitting, samer Faktor in Betracht kommen muß: denn längerer Aufenthalt der Zellen in Wasser beeinflußte die Permeabilität, falls überhaupt, so doch sehr viel weniger als solcher in den Salpeterlösungen. Freilich läßt sich aus ihnen noch nicht deutlich sehen, ob nicht auch die anderen genannten Faktoren wenigstens einen gewissen Einfluß auf die Durchlässigkeitsverhältnisse haben! Eine genaue Untersuchung auch dieser Fragen war um so notwendiger, weil manchmal der Aufenthalt in Wasser tatsächlich die Permeabilität etwas zu ändern schien! Sie hat ergeben, daß es nicht gleich- gültig ist, in welcher Jahreszeit man mit den Blättern arbeitet: Im Winter, wo die Durchlässigkeit so wie so sehr viel geringer ist als im Sommer, kann schon allein die Verwundung oder der längere Aufenthalt der Schnitte in Wasser eine bemerkbare Senkung der Permeabilität zur Folge haben, falls bei den Zellen überhaupt eine solche noch deutlich nachweisbar ist. In der „guten" Jahres- zeit indessen hat weder die Verwundung, noch der Aufenthalt im destill. Wasser für die Durchlässigkeitsverhältnisse eine auffällige Bedeutung, von seltenen Ausnahmefällen abgesehen. Das habe ich sehr sorgfältig mit folgender Versuchsanordnung feststellen können: Aus den Mittelrippen gut entwickelter Blätter habe ich, wie bisher, zwei Parallelreihen von quadratischen Plättchen geschnitten. Die Plättchen der einen Reihe wurden abwechselnd folgendermaßen behandelt. Die eine Serie (A) wurde nach einem 3 IVIinuten langen Aufenthalt in Wasser sofort in plasmolysierende Salpeterlösungen übertragen ; die Plättchen der zweiten Serie (B) w^urdeu unter stren- ger Einhaltung ihrer Reihenfolge mit der Epidermisseite nach unten auf eine feuchte Schicht Filtrierpapier, die auf einem Objektträger ausgebreitet war, gelegt; der Objektträger kam für längere Zeit in einen feuchten Raum. Nach dem Aufenthalte im feuchten Räume wurden diese Plättchen wie die der ersten Serie behandelt. Die der ersten Serie entsprechenden Plättdien der Parallelreihe (C) wurden ebenso lange, wie die der zweiten im feuchten Raum, je in besonderem Gläschen in destill. Wasser, die der zweiten ent- sprechenden (D) desgl. in eine 0,075 GM -Salpeterlösung ebenfalls unter strenger Einhaltung ihrer Reihenfolge übertragen, um danach erst plasmolysiert zu werden. Ich teile die Protokolle über einige dieser Versuche hier mit. Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 41 Versuch 68. Bonn, 19. April 1914. Serie A. Sofort plasmolysiert. 0,085 0,09 0,095 0,1 0,105 0,11 0,115 GM KNO3 Nach 15 ilin. 0 gv oo ao pl ao pl weit. 15 „ 0 0 Ys — "A 3C GO X pl „ 30 „ 0 0 V V,— »/, Qo V^ pl » 60 „ 0 (. 0 0— V3 gv gv Vs-'/i Serie B. 16 Stunden im feuchten Raum, dann in 0,09 0,095 0,1 0,105 0,11 0,115 GM KNO3 nach 15 Min. 0 72 — % V4 — ^ °° pl pl weit. 15 „ 0 V, Va— ^4 7« <» oo „ 30 „ 0 '00 V V OD „ 60 „ 0 0 (1 0 0 gv Serie C. 15 Stunden in destill. Wasser, dann in 0,085 0,09 0,095 0,1 0,105 GM KNO3 nach 15 Min. 0 gv oo pl pl weit. 15 „ 0 0 y^ — oo pl pl „ 30 „ (» 0 Vs <^ pl „ 60 „ u 0 0 V2 74—00 Serie D. 15 Stunden in 0,075 GM KNOg, dann in 0,115 0,12 0,125 0,13 0,135 GM KNO^ nach 15 Min. 0 v bis Vs ^' ^/i v bis Ys weit. 15 „ 0 V4 Vs pl V2-74 .. 30 „ 0 V, Vs pl V2-74 » 60 „ 0 Vo— 74 V pl V2-74 Bonn, 16. April 1914. 0,11 cc 74 () Serie B. 17 Stunden in feuchtem Raum, dann in 0,105 0,1075 0,11 12 Iz 12 Versuch 69. Serie A. Sofort plasmolysiert. 0,105 0,1075 Nach 15 Min. v 'U weit. 15 „ 0 V bis Vs ,. 30 „ 0 0 nach 15 Min. 0 weit. 15 „ 0 „ 30 „ 0 0,1125 0,115 GM KNOg pl pl 00 00 Vs Vs-74 1 0,1125 0,115 GM KNO3 74-^ pl 0 0 0 V2 Serie C. 16 Stunden in destilliertem Wasser, dann in 0,09 0,0925 0,095 0,0975 GM KNO3 nach 15 Min. gv V2 74 Pl weit. 15 „ 0 v bis Vs V3— V2 '^ „ 30 „ 0 0 0 Vs—V* 42 Hans Fitting, Serie D. 16 Stunden in 0,075 GM KNOg, dann in 0,125 0,1275 0,13 0,1325 0,135 0,1375 GM KNO, nach 15 Min. 0 Vs ^-•-^- 0 00 'U weit. 15 „ 0 'U Pl 0 pl pl „ 30 „ 0 7. Pl 0 pl pl „ 30 „ 0 'L pl 0 pl pl In anderen Versuchen wurde zur Vereinfacliung" die eine Serie (B im feuchten Raum) fortgelassen, da sich zeigte, daß auch der Aufenthalt in Wasser, wo ja zugleich die Verwundung Einfluß hat, die Permeabilität nicht wesentlich verändert. Übrigens sei erwähnt, daß die Serien A, B, C, D nicht immer die vorher er- wähnten Beziehungen zueinander hatten: mant-hraal entstammten die Serien A und B, resp. C und D einer, manchmal A und C, resp. B und D einer der Längsreihen. Versuch 70 i_ Bonn, 19. April 1914. Serie A . Sofort plas imolysiert. 0,09 0,095 0,1 0,105 0,11 GM KNOi Nach 15 Min. 0 V2-V4 00 pl pl weit. 15 „ 0 V2-V4 00 pl pl „ 30 „ 0 V3-V3 V. 00 pl ,, 60 „ 0 V V 00 pl Serie B. 16 stunden 1 in destilliertem Wasser, dann 1 in 0,(19 0,095 0,1 (1,1(15 (1,11 0,115 (iM KNO. nach 15 Min. 0 0 V pl pl pl weit. 15 „ 0 0 g^ pl pl pl „ 30 „ 0 0 0 3/,-^ pl pl » 60 „ 0 0 0 V3 X pl Serie C. 16 stunden in 0,(175 GM KXO3, dann in 0,145 0,15 0,155 0,16 0,1 (]5 GM KNOg nach 15 Min. 0 V bis V, pl pl pl weit. 15 „ 0 Vo-V* pl pl l'l >, 30 „ 0 V-7. pl pl pl » 60 „ 0 Versuch 71 V-V4 pl Bonn, 20. pl April pl 1914. Nach 15 Min weit. 15 „ . >, 30 „ „ 60 ,. Serie A. Sofort plasmolysiert. 0,09 0,0925 0,095 0 gv V, 0,0975 0,1 V bis Vg 0 0 V4 Vs 0 0,1025 pl 00 V3 0 0,105 GM KNO3 pl V4 Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die leliende Zelle. 43 Serie B. 16 Stunden in destilliertem Wasser, dann in 0,0875 0,09 0,0925 0,095 0,0975 gV 00 7-2— V4 0 ^U 0 (t 0 0 *^* 0 0 Serie C. IG Stunden in 0,075 GM KXO3, dann in 0,12 0,125 0,1275 0,13 0,1325 nach 15 Min. 0 7-, ^U S^ 7* — ^ nach 15 Min. 0 V weit. 15 „ 0 0 „ 30 „ 0 0 » 60 ,, 0 0 weit. 15 „ 0 „ 30 „ 0 „ 60 „ 0 3/ g^ cc V bis 7, CO V bis 7. CO gv 0,1 pl 0 0,185 gv gv gv 0 0,105 GM KXO3 0,14 GM KNO3 pl pl pl pl Jioun, 23. April 1914. Versuch 72. Serie A. Sofort plasmolysiert. 0,0875 0,09 Nach 15 Min. 0 7, weit. 15 „ 0 72 „ 30 „ 0 gv „ 60 „0 0 0,0875 0,09 nacli 15 Min. 0 ^/3—^U weit. 15 „ 0 7> „ 30 „ 0 V „ 60 „0 0 Serie C. 16 Stunden in 0,075 GM KNOg, dann in 0,1125 0,115 0,1175 . . . 0,13 nach 15 Min. 0 ^/^ 0 gv weit. 15 „ gv so 0 72 „ 30 „ gv QO 0 7, 0,0925 0,095 0,0975 GM KNO, V. pl pl 72-74 pl pl 0 pl pl 0 CO 7. m Wasser, dann in 0,0925 0,095 0,0975 GM KNO. X pl pl QC pl pl 72-7. pl pl 0 00 pl 60 0 72 0,1325 GM KNO3 pl pl pl pl Versuch 73. Bonn, 17. April 1914. Serie A. Sofort plasmolysiert. 0,085 0,09 0,095 0,1 0,105 GM KNO, Nach 15 Min. 0 72-7* pl pl pl weit. 15 „ 0 ^^-^'. X pl pl „ 30 „ 0 gv X X pl „ 60 „ 0 0 % 3 /4 pl 44 Hans Fitting, Serie B. 13 stunden in destilliertem Wasser, dann in 0,085 0,09 0,095 0,1 0,105 GM KNO3 nach 15 Min. 0 74 Pl pl pl weit. 15 „ 0 v-v. oc pl pl „ 30 „ 0 gV V2-V4 CO pl ,, 60 „ 0 0 0 V bis Vs 00 Serie C. 13 Stunden in 0,075 GM KNO3, dann in 0,12 0,125 0,13 0,135 0,14 GM KNO, nach 15 Min. 0 0 V Vs 7-°^ weit. 15 „ 0 0 V3 v-^ pl „ 30 „ 0 0 Vs «A-oo pl „ 60 „ 0 0 gy V4-«> pl Versuch 74. Bonn, 20. April 1914. Serie A, Sofort plasmolysiert. 0,08 0,0825 0,085 0,0875 0,09 0,0925 0,095 0,0975 0,1 GM KNO3 Nach 15 Min. 0 gv v« V -7. V4 pl pl pl weit. 15 „ 0 0 0 V V3-V.3 V2-7. 74-=^ OD pl „ 30 „ 0 0 0 0 gv V V. V V.-74 „ 60 „ 0 0 0 0 0 0 gv 0 Va-V. nach 15 Min. 0 Vs v-^ weit. 15 „ 0 gV V3-74 „ 30 „ 0 0 Va ., 60 „ 0 0 V Serie B. 15 Stunden in destilliertem Wasser, dann in 0,085 0,0875 0,09 0,0925 0,95 0,0975 0,1 0,1025 GM KNO3 oc ])1 pl pl pl 3/4— oc 00 pl pl pl Vs-V. 74 00 00 pl gV 0 ^/., ^4 V 00 Serie C. 15 Stunden in 0,075 GM KNO3, dann in 0,1 0,1025 0,105 0,1075 0,11 nach 15 Min. 0 0 0 v Vs weit. 15 „ 0 0 gv Vs— 74 V2 „ 30 „ 0 0 gy V3-74 vi „ 60 „ 0 0 0 y ^/^ cc cc Solcher Versuche habe ich noch mehrere mit gleichen Ergeb- nissen gemacht. Sie lehren, daß die Hemmung der Permeabilität tatsächlich vor allem der Einwirkung des Salzes zuzuschreiben ist. Im Winter habe ich nun aber, wie schon erwähnt, mehrfach auch im feuchten Räume oder in Wasser eine auffallende Abnahme der Permeabilität beobachtet. Beispiel: 0,115 0,12 GM KNO, 74 00 CO pl 00 pl Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 45 Versuch 75. Bonn, 18. November 1913. A. Sofort plasmolysiert. 0,09 0,0925 0,095 0,0975 0,1 0,1025 0,105 0,1075 GM KNOj Nach 15 Min. 0 gv ^ ' bis Vs V, pl pl pl pl weit. 15 „ 0 (1 V %-y, 00 pl pl pl „ 30 „ 0 0 0 Vs-V, V, pl pl pl B. 8 Stunden in destilliertem Wasser, dann plasmolysiert. 0,09 0,0925 0,095 0,0975 0,1 0,1025 0,105 GM KNO, Nach 15 Min. 0 gy V.-V, 'U OD 00 pl weit. 15 „ 0 gv Va-V, 7. 00 X pl „ 30 „ 0 0 Vs-V« V-7. GC OD pl Ich hielt es deshalb für notwendig, in der guten Jahreszeit den Einfluß, den die Verwundung oder der Aufenthalt in Wasser auf die Permeabilität haben könnte, in sehr zahlreichen Versuchen noch weiter genau zu prüfen. In der Zeit vom 14. April bis zum 20. Mai 1914 habe ich jedesmal an einem neuen Blatte 20 Versuche folgender Art gemacht: Die Plättchen einer Längsreihe wurden abwechselnd sofort (nach 5 Minuten Aufenthalt in Wasser) und nach einem Aufenthalt von 13 — 18 Stunden in Wasser plasmolysiert. In diesen 20 Versuchen war bei 16 kein deutlicher Unterschied in der Schnelligkeit der Salzaufnahme zwischen den sofort plas- molysierten und den anderen Plättchen wahrzunehmen, höchstens drang in der ersten Beobachtungsviertelstunde etwas Salz weniger ein, wenn die ZeUen längere Zeit zuvor in Wasser gelegen hatten. Nur bei \äer Versuchen war der Einfluß des Aufenthaltes in Wasser größer. Ich führe die beiden hier an, wo dieser Einfluß am deut- lichsten war. Versuch 76. Bonn, 22. April 1914. A. Sofort plasmolysiert. 0,0825 0,085 0,0875 0,09 0,0925 0,095 GM KNOg Nach 15 Min. gv Vs" V« ^ pl Pl Pl weit. 1 5 „ 0 V bis ^j, oo pl pl pl „ 30 „ 0 gv V OD pl pl „ 60 „ 0 0 0 V2 '/s pl B. 13 stunden in destilliertem Wasser, dann in 0,0825 0,085 0,0875 0,09 0,0925 0,095 GM KNO3 nach 15 Min. 0 0 i/^ oo co pl weit. 15 „ 0 0 V2 00 CO pl „ 30 „ 0 0 Vs— V2 GD 00 pl „ 60 ., 0 0 0 Va — 00 ^'4— =c pl 46 Hans 1 Fitting, Versuch 77. Bonn, 11. Mai 1914. A. Sofort plasmolysiert. 0,085 0,0875 0,09 0,0925 0,095 0,0975 0,1 GM KNOj Nacli 15 Min. 0 gV V3-V2 '!-^ Pl pl pl weit. 20 „ 0 0 V3-V2 v-^ Pl pl pl „ 30 „ 0 0 gV V 'U CO pl „ 60 „ 0 0 0 0 V V. V. B. 14 Stunden in destilliertem Wasser, dann in 0,085 0,0875 0,09 0,0925 0,095 0,0975 0,1 GM KNO, nach 15 Min. 0 gV V. 3/ :'4 00 pl pl weit. 20 „ 0 0 1/ 1/ 13 12 % 00 pl pl „ 30 „ 0 0 V V2-V4 X pl pl „ 60 „ 0 0 0 gV V* CO pl Man sieht sofort, mit dem Einfliisse des Salzes können sich irgend welche mit der Yersuchsanordnung- sonst verbundene Fak- toren auch nicht entfernt messen! Worauf es beruht, daß manch- mal auch solche Faktoren einen geringen Einfluß haben, das wird sich wohl erst sagen lassen, wenn der Einfluß der Außenfaktoren auf die Permeabilitätsverhältnisse festgestellt ist. Um zu sehen, ob die Einwirkung der Verwundung mehr als die des Wassers dabei in Betracht kommt, habe ich Mitte und Ende Mai 1914 auch noch einmal in 7 Versuchen die Durchlässigkeit von Plättchen mit- einander verglichen, von denen die einen im feuchten Räume, die anderen längere Zeit in Wasser verweilt hatten. Die Permeabilität war aber in allen so gleich mit den sofort plasmolj^sierter Zellen, daß sich daraus nichts anderes entnehaien läßt, als daß weder die Verwundung noch der Aufenthalt in Wasser die Permeabilität herabsetzt. Somit dürften nunmehr folgende Sätze als gesichert hinzu- stellen sein: 1. Die Verwundung hat in der Hegel keinen Einfluß auf die Permeabilität für das Salz. 2. Auch der längere Aufenthalt in Wasser setzt die Durch- lässigkeit in der guten Jahreszeit gewöhnlich nicht oder doch nur ganz unbedeutend herab. 3. Die bedeutende Abnahme der Permeabilität, die man da- gegen fast ohne Ausnahme in den Salpeterlösungen feststellen kann, beruht auf der Anwesenheit des Salzes! Wichtige neue Fragen schließen sich hier an, die einer weiteren sorgfältigen Untersuchung bedürfen: Welche Salzkonzentrationen Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 47 beeinflussen die Permeabilität und wie ist die Geschwindigkeit der Permeabilität abhängig von der Salzkonzentration? Ich hoffe, dar- über später berichten zu können. Abschnitt V. Die Permeabilitätsverhältnisse der Mhoeo-ZeWen für andere Salze. Ich habe die Untersuchung nicht auf Kalisalpeter beschränkt, sondern auch die Durchlässigkeit für andere Salze in gleicher Weise wie bei jenem Salze, wenn auch nicht so eingehend geprüft. Wo nichts anderes vermerkt ist, ging ich stets von 0,25 GM- Lösungen aus und betrugen die Konzentrationsdifferenzea zwischen den Lösungen, wie bei Kalisalpeter, 0,0025 GM der Salze. Für alle Versuche dienten womöglich die Präparate pro analysi Kahl- baum. Kaliumsalze. a) Kaliumchlorid. Die Permeabilitätsverhältnisse entsprechen ganz denen für Kali- salpeter: das Salz dringt sehr schnell in die Protoplasten ein, so daß die Plasmolyse bereits nach 15 Minuten zurückzugehen beginnt; nach einigen Stunden nimmt die Durchlässigkeit unter der Ein- wirkung des Salzes ganz bedeutend ab. Die Durchlässigkeit ist der für Salpeter so ähnlich, daß es mir an Hand meiner Versuche nicht möglich ist, zu sagen, welches Salz etwa dem anderen in dieser Hinsicht überlegen ist. Auch darin besteht Übereinstimmung zwischen beiden Salzen, daß die Permeabilität von vornherein bei den Blättern verschieden sein kann und daß Aufenthalt der Zellen in Wasser die Durclilässigkeit für die Salze meist gar nicht, manch- mal aber doch ein wenig beeinflußt. Über die Permeabilität und ihre Abnahme mögen folgende Versuche orientieren. Versuch 78. Hamburg, 21. Juni 1912. Nach 17 stunden Wässerung in HjO. 0,1075 0.11 0.1125 (1.115 0,1175 0,12 0,1225 0,125 (tM KCl Nach 1 5 Min. 0 V bis Vs 'L pl pl pl pl pl weit. 15 „ 0 0 Vs v* V. pl pl pl ,, 30 „ 0 0 gv T bis ^ /g V3-V2 X 'L pl „ 60 „ 0 0 0 0 Vs V4 7* pl „ 60 „ 0 0 0 0 V bis Vs 74 Vs-V* pl „ 180 „ 0 0 0 0 YbisVs V-V4 vbisVs pl 48 Hans Pitting, Versuch 79. Hamburg, 19. Juni 1912. Plättchen 23 Stunden in destilliertem Wasser. 0,1 0,1025 1,105 0,1075 0,11 0,1125 0,115 0,1175 GM KCl Nach 15 Min. 0 gV v-v. 'U V* OD pl pl weit. 15 „ 0 0 'U 00 'L 00 pl pl „ 30 „ 0 0 74 X 7* 00 pl pl „ 60 „ 0 0 V2-% 7* V2 s 00 pl „ 60 " 0 0 Vs-V. ^A-% V3 V« 7. pl Versuch 80. E [ambure , 21. Juni 1912. 17 Stunden in BLjO. 0,102" 0,105 0,1075 0,11 0,1125 0,115 0,1175 0,12 0,1225 0,125 Nach GM KCl 15 Min. 0 V Vs 7. 00 pl pl pl pl pl weit. 15 „ 0 0 g^ Vs-7. 7. V. pl pl pl pl „ 30 „ 0 0 gV V3-V2 V.-74 ^ 00 pl pl pl „ 60 „ 0 0 0 0 V gv 7. 00 pl pl „ 60 „ 0 0 0 0 0 0 V. Vs- Vs 00 pl „ 60 » 0 0 0 0 0 0 Va-V. 0 V2 pl „ 180 " 0 0 0 0 0 0 V 0 0 pl Versuch 81. E [ambure \ 18., Juni 19" L2. 20 Minuten in HjO. 0,1075 0,11 0,1125 0,115 0,1175 0,12 0,1225 0,125 0,1275 0,13 0,1325 Nach GM KCl 15 Min. V Vb 7.-C0 pl pl pl pl pl pl pl pl Bit. 15 „ 0 g^' vbisVs 7.-^ 00 pl pl pl pl pl pl » 30 „ 0 gv Vs-V. 7*-^ 00 pl pl pl pl pl » 60 „ 0 0 V. 7. OD pl pl pl pl » 60 „ V3 V2 7. 00 pl pl pl » 120 „ V Vs-V« V, 7. 'U-^ pl pl . 60 „ gv YbisVs Vs-V. 7. 7. pl pl „ 180 „ 0 gy g^' V.-7. V2-7. X pl „ 14 Stdn. 0 0 0 'I^U 7.-% 00 pl b) Kaliumbromid. Die Durchlässigkeitsverhältnisse sind ganz so wie bei KNO3 und KCl. Die Plasmolyse beginnt schon nach 15 Minuten zurück- zugehen. In die permeabelsten Zellen mrd in der ersten Stunde etwa 0,0075—0,01 GM Salz aufgenommen. TJntersuchung'en über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 49 c) Kaliumchlorat. Wie bei den vorig-en Salzen. Die Plasmolj^se geht schon nach 15 Minuten zurück. In der ersten Stunde dringen etwa 0,005 bis 0,0075 GM Salz ein. d) Kaliumsulfat. Ausgangslösung 0,125 GM K2SO4. Konzentrationsdifferenzen der verwendeten Lösungen: 0,0025 oder 0,00125 GM. Auch für dieses Salz besteht eine gewisse Durchlässigkeit, doch ist sie viel geringer, als für die bisher besprochenen Kalium- salze. Daß die Permeabilität für dieses Salz viel geringer ist als für KNO3 , habe ich durch vergleichende Versuche an einem und demselben Blatte wiederholt festgestellt. Der Rückgang der Plas- molj^se beginnt nach 15 — 30 Minuten und die Permeabilität nimmt allmählich ab. Längere Wässerung der Schnitte setzt sehr häufig, doch nicht immer, die Durchlässigkeit für das Salz stark herab: es kommt dann nicht selten vor, daß die Zellen wohl noch für KaUsalpeter, nicht mehr aber für das Sulfat durchlässig sind. Natriumsalze. a) Natriumnitrat. Auch für dieses Salz sind die Zellen permeabel, doch, scheint es, ein wenig weniger als für Kaliumnitrat: in der ersten Stunde wurde bei den durchlässigsten etwa 0,0025 — 0,005 GM Salz durchgelassen. Nur bei diesen begann der Rückgang der Plasmolyse nach meinen Beobachtungen schon nach 15 Minuten, sonst erst später. Bei längerer Fortsetzung der Versuche nahm die Durchlässigkeit nach einiger Zeit ab, nach einer ähnlichen Kurve, wie bei den Kalisalzen. b) Chlornatrium. Die Perraeabilitätsverhältnisse entsprechen in allen Stücken fast völlig denen für Kalisalpeter. In der ersten Stunde permeieren etwa 0,005 — 0,0075 GM Salz, also, scheint's, etwas weniger als bei diesem. Auch Wässerung beeinflußt wie bei Salpeter. Lithiumsalze. a) Lithiumnitrat. Auch dafür besteht Permeabihtät, doch wesentlich geringere als für Salpeter. In der ersten Stunde permeieren etwa 0,0025 GM. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. ** 5Q Hans Fitting, Die Plasmolyse g:ing entweder schon 15 Minuten nach Versuchs- be^nn zurück oder ^viirde auch noch während der zweiten Yer- suchsviertelstunde verstärkt. Aufenthalt der Plättchen in Wasser setzte die Durchlässigkeit nur sehr wenig herab. Die Durchlässig- keit auch für dieses Salz scheint nach einiger Zeit abzunehmen. b) Lithiumchlorid. Alles wie bei dem Nitrat. Falls Unterschiede in der Durch- lässigkeit zwischen beiden Salzen vorkommen, so sind sie von so kleiner Größenordnung, daß sie nur durch einen sehr genauen Ver- gleich beider Salze untereinander zu erkennen sein werden. Magnesiumsalze. a) Magnesiumsulfat, b) Magnesiumchlorid, c) Magnesiumnitrat. Bei dem ersten Salze war die Ausgangslösung 0,333 GM. Die Konzentrationsdifferenzen zwischen den Lösungen betrugen 0,00333 GM. Eine Durchlässigkeit, auch nur in geringem Grade, habe ich bei meinen Versuchen mit allen diesen Salzen und den verwendeten, den plasmolytischen Grenzkonzentrationen nahe liegen- den Lösungen niemals feststellen können. Das plasmolytische Gleichgewicht wird bei allen Magnesiumsalzen erst 30 — 40 Minuten nach Versuchsbeginn erreicht. Strontiumsalze, a) Strontiumuitrat, b) Strontiumchlorid. Wie bei den vorigen keine Permeabilität. Nur zweimal sah ich bei den Versuchen mit dem Nitrat einen ganz geringen Rück- gang der Plasmolyse. Kalziumsalze, a) Kalziumchlorid, b) Kalziumnitrat. Ich beobachtete keine Permeabilität. Das plasmolytische Gleichgewicht wird erst 30—40 Minuten nach Versuchsbeginn er- reicht. Gleiches gilt übrigens für die Strontiumsalze. rntersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 51 Bariumsalze. a) Bariumnitrat, b) Bariumchlorid. Keine Permealnlität. Das plasmol3'tische Gleichgewicht wird erst 30 — 50 Minuten nach Versuchsbeginn erreicht. In Bariura- nitratlösungen beginnen die Zellen 1 — IV2 Stunden nach Versuchs- beginn abzusterben, ohne daß zuvor die Permeabilität erhöht worden wäre. — Aus den Versuchen geht hervor, daß in den verwendeten, den plasmolytischen Grenzkonzentrationen nahen Konzentrationen eine nachweisbare Permeabilität nur besteht für die Alkalisalze, nicht dagegen für die Salze des Magnesium und der Erdalkalien, viel- leicht Strontium manchmal ausgenommen. Von Einfluß auf die Durchlässigkeit der Protoplasteu sind aber nicht allein die Kationen, sondern manchmal auch die Anionen, oder die Salzmoleküle: das Kaliumsulfat permeiert ja weit langsamer als die übrigen unter- suchten Kaliumsalze. Alle Salze, die permeieren, haben die Eigentümlichkeit, die Durchlässigkeit für dasselbe Salz nach einiger Zeit stark herab- zusetzen. Meine Beobachtungen sind noch zu unvollständig, um erkennen zu können, ob die Ionen der Salze in ähnlicher Reihenfolge ver- schieden stark permeabel sind und die Permeabilität herabsetzen, wie sie andere Vorgänge in kolloiden Systemen beeinflussen. Nur sehr eingehende und mühsame vergleichende Untersuchungen werden hier unsere Einsicht vertiefen können. Abschnitt VI. Diskussion der Tatsachen. Meine Versuche haben endlich den lange gesuchten exakten Nachweis für die alte, in neuester Zeit von manchen Seiten freihch in Ermanglung von Beweisen wieder bezweifelte Vermutung er- bracht, daß die Plasmahäute unter der Einwirkung von Salzen ilire Permeabilität für die gleichen Salze verändern und zwar ver- mindern. Zugleich zeigen sie, daß von vornherein die Durch- lässigkeit der Zellen einer Pflanze für ein bestimmtes Salz ver- schieden sein kann. Das Alles gilt nicht nur für einige wenige Salze, sondern für alle, für die auf plasmolytischem Wege über- haupt eine ausgesprochene Durchlässigkeit festgestellt werden 4* 52 Hans Fitting, konnte. Es scheint sich also um eine ganz allgemeine Wirkung der Salze zu handeln. Yon Interesse ist dabei zugleich, daß es gelungen ist, die plasmolytische Methode durch verschiedene Ver- besserungen so weit zu vervollkommen, daß es damit möglich ge- worden ist, die Permeabilität und ihre Veränderungen im einzelnen selbst quantitativ samt ihrem Zeitfaktor recht genau zu verfolgen, fast vom ersten Augenblicke an, wo das Salz mit den Zellen in Berührung kommt. Nur für die erste Viertelstunde nach Versuchs- beginn fehlen noch die nötigen Daten, die indes vielleicht auf anderem Wege, wenn freilich zurzeit noch nicht ganz sicher, bei- gebracht werden können. Ich will schon hier erwähnen, daß Gründe für die Annahme sprechen, es werde in der ersten Versuchsviertel- stunde nicht wesentlich mehr, sondern etwa ebenso viel Salpeter aufgenommen, wie in der zweiten (0,0025 GM). Ich werde darüber in einer weiteren Arbeit berichten. Irgendwelche Anhaltspunkte für die Bichtigkeit der Behauptung Nathansohns (1903, 1904), die Salzaufnahme werde eingestellt, wenn ein bestimmtes Verhält- nis zwischen Außen- und Innenkonzentration erreicht sei, haben meine Untersuchungen nicht erbracht. So genau läßt sich jetzt mit der plasmolytischen Methode bei geeigneten Objekten arbeiten, daß man noch die Aufnahme von 0,025 °/o Salz mit Sicherheit messen kann! Das ist insofern wichtig, weil die plasmolytische Methode bei richtiger Anwendung mit völliger Exaktheit zu erkennen gestattet, daß in dem kompli- zierten System kolloidaler Membranen, aus denen die Pflanzenzellen bestehen, ganz allein das Plasma als maßgebend bei den be- obachteten Erscheinungen in Betracht kommt. Man darf ja nicht vergessen, daß bei Permeabilitätsfragen auch die die Protoplasten nach außen abschließenden Zellulosehüllen als veränderliche Größen vorhanden sind, wenn ihr Einfluß auch nur gering zu sein scheint. Ebenso wie wir wissen, daß festere kolloide Membranen, als welche wir doch ohne allen Zweifel die Zellulosemembranen aufzufassen haben, auf die Diffusion verschiedener gelöster Stoffe im Vergleich mit Wasser ganz verschieden stark verlangsamend zu wirken ver- mögen, so scheint auch aus verschiedenen Untersuchungen hervor- zugehen, daß bei kolloidalen Membranen die Diffusionskoeffizienten bestimmter Stoffe durch die Anwesenheit anderer, z. B. auch von Salzen, weitgehend beeinflußt werden können, mit anderen Worten, daß bei ihnen die Permeabilität für bestimmte Lösungen durch An- wesenheit anderer verändert werden kann (vgl. z. B. Traube, 1867, Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 53 S. 141, Zangger, 1908, Bechliold und Ziegler, 1906, Waiden, 1892). Solange wir nun über die Permeabilitätsverhältnisse der Zell- membranen so unvollständig T\ie gegenwärtig unterrichtet sind, ist jede Versuehsanordnung zum Nachweise namentlich von geringeren Permeabilitätsänderungen im Plasma nicht eindeutig, bei der auch mit der Möglichkeit von Durchlässigkeitsänderungen in den Zell- membranen gerechnet werden muß. Diese Fehlerquelle fällt nun bei der plasmolytischen Methode fort, wenn man sie richtig anwendet, d. h. wenn man nicht die sog. „Permeabilitätskoeffizienten" bestimmt oder die Geschwindig- keit untersucht, mit der die Plasmol3'se eintritt, sondern wenn man feststellt, wie schnell die Deplasmolj'se erfolgt. Da nach Kon- traktion der Protoplasten der Raum zwischen den Zellmembranen und den Protoplasten von der Salzlösung erfüllt ist, so kann der teilweise oder völlige Rückgang der Plasmolyse nur auf der Per- meabilität des Plasma für das Salz und können von vornherein vorhandene Verschiedenheiten in der Geschwindigkeit des Rück- ganges nur auf Differenzen in dieser Durchlässigkeit (oder zugleich für Wasser) beruhen. Nur muß gezeigt werden, daß nicht eine regulatorische Erliöhung des osmotischen Druckes in den Zellen an dem Rückgange der Plasmolyse Schuld ist. Dieser Nachweis war bei den Zellen von Ehoeo discolor aber unschwer zu erbringen. So darf auch das interessante Ergebnis als gesichert gelten, daß die Permeabilität des Plasma für die Salze oder zum mindesten einen Teil von ihnen überhaupt und zumal jahreszeitlich ver- schieden ist. Weit weniger eindeutig lassen sich aus den Geschwindigkeiten, mit denen die plasmolytische Kontraktion der Protoplasten nach Zusatz der permeablen Salze ihr stärkstes Maß erreicht, Schlüsse auf die Größe der Durchlässigkeit der Plasmamembranen ziehen. Man könnte ja meinen: Wird bei einem und demselben Salze das Maximum der Kontraktion schneller in einem Blatte erreicht als in einem anderen, so sei dies el)enfalls ein Beweis für Yerschieden- heiten in der Durchlässigkeit für das Salz; denn die schnellere Beendigung der Kontraktion müsse ja die Folge davon sein, daß bei größerer Permeabilität der Plasmahaut die Deplasmolyse schneller einsetzt als bei geringerer. Habe ich doch tatsächlich beobachtet, daß bei nachweisbar gi^ößerer Durchlässigkeit die Deplasmolyse eher beginnt als bei schwächerer! Zu bedenken ist dabei aber, daß hier auch andere Möglichkeiten in Betracht gezogen werden 54 Hans Fitting, können und daß tatsächlich nach meinen Untersuchungeu die Ver- hältnisse wesentlich verwickelter sind. Die Kontraktion bei der Plasmolyse beruht ja erstens auf einem Wasserentzuge aus den Protoplasten. Ist also etwa mit der geringeren Permeabilität des Plasma für das Salz auch eine geringere für Wasser verbunden, so wird offenbar die Plasmolyse langsamer fortschreiten müssen, als bei größerer Permeabilität für Wasser. Ferner setzt die Kon- traktion bei der Plasmolyse als Vorbedingung voraus, daß die plasmolytische Lösung durch die Zellulosemembranen in den Zell- raum vordringt. Kommen nun Unterschiede in der Durchlässigkeit der Membran für das vSalz vor, so \\drd auch dadurch der Fort- gang der Plasmolyse beeinflußt werden können. Daß derartige Dinge wirklich in Betracht kommen, geht aus meinen Versuchen hervor, in denen ich untersucht habe, mit welcher Geschwindigkeit die Deplasmolyse a) nach kurzer, b) nach längerer Einwirkung von Kalisalpeter vor sich geht. Es zeigte sich da eine sehr auffällige Verlangsamung unter dem Einflüsse des Salzes. Übrigens habe ich auch schon, ohne die Zellen mit dem Salze vor- behandelt zu haben, in der Geschwindigkeit der Deplasmolyse deutKche Unterschiede beobachten können, die zugleich darauf hin- weisen, daß nicht erst der Einfluß des Salzes, etwa durch eine wesentliche Veränderung der Plasmamembranen, an der Verlang- samung Schuld zu sein braucht. Schon bei der Mtteilung dieser Versuche habe ich darauf hingewiesen, daß durch die Salzlösung ebenso gut eine Abnahme der Durchlässigkeit der Zellmembran für Wasser wie eine Abnahme der Permeabilität des Plasma für Wasser bewirkt sein könnte. Bei unseren gegenwärtigen Kennt- nissen freilich, namentlich nachdem eine Permeabilitätsverringerung des Plasma für das Salz sicher erwiesen ist, scheint die letztere Annahme wohl plausibler, die man denn auch zur Erklärung der interessanten Tatsache vorziehen dürfte, daß die Plasmolyse in verschiedenen Blättern verschieden schnell ihr Maximum erreicht. Es wäre im Anschlüsse an diese Beobachtungen hier auch auf die mit einer völlig anderen Methodik ausgeführten Untersuchungen vonLundegärdh liinzuweisen, wenn ich nach eingehendem Studium seiner Arbeit den Eindruck gewinnen könnte, daß seine Methodik Ergebnisse gezeitigt hat, die auch nur einigermaßen untereinander übereinstimmend oder in dieser Hinsicht eindeutig sind. Meine orientierenden Versuche mit mancherlei anderen Ver- suchsobjekten, z. B. mit den Zellen der Blätter der Hymenophyllacee Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 55 Trichomanes radicans und denen der Koleoptilen von Avena sativa, die auch für manche Salze durchlässig- sind^), weisen darauf hin, daß die von mir für Ehoeo ermittelte Abnahme der Permeabilität infolge der Einwirkung eben dieser Salze nicht eine vereinzelte Ausnahmeerscheinung, sondern weiter verbreitet ist. Jedoch muß ich hier darauf verzichten, sie jetzt schon mitzuteilen, weil es wie bei Rhoeo erst eines sehr genauen Studiums der betreffenden Ob- jekte bedarf, ehe sich aus meinen Beobachtungen ganz eindeutig auf eine solche Permeabilitätsabnahme schließen läßt. Wie man die Permeabilitätsverringerung unter dem Einflüsse der Salze auffassen soll, läßt sich ohne weitere Untersuchungen ebenfalls noch nicht genau sagen. Man könnte ja meinen, sie sei der Ausdruck der beginnenden Schädigung der Protoplasten durch die Salze. Dann also würde der mit weiterer Schädigung bekannt- lich verbundenen Erhöhung der Durchlässigkeit zunächst eine bisher unbekannt gebliebene Permeabilitätshemmung vorausgehen. Jedoch spricht nicht zugunsten dieser Auffassung die Tatsache, daß merk- würdigerweise Schädigungen anderer Art, wie z. B. Einwirkung größerer Leuchtgasmengen, die Verwundung der Gewebe bei Her- stellung der Schnitte, sowie die plasmotytische Kontraktion und die damit bekanntlich verbundene Zerreißung von Plasmodesmen die Permeabilität nicht ausgesprochen herabsetzen. Gegen die Annahme einer Schädigung als permeabilitätsheramender Ursache spricht zudem die oben erwähnte Tatsache, daß schon von vorn- herein, ohne zuvorige Einwirkung der Salze, die Permeabilität „normaler" Zellen für ein Salz recht verschieden sein kann! Eine sichtbare Schädigung macht sich übrigens zum mindesten in den hypotonischen Salpeterlösungen erst nach 36 — 48 Stunden bemerk- bar, also sehr viel später, als de Vries (1885, S. 531) für hypo- tonische angibt. Seine Beobachtung, daß bereits eine Stunde nach Übertragung der Zellen in solche Salpeterlösungen Störungen darin auftreten der Art, daß sie nach dieser Zeit das Auswaschen in Wasser nicht mehr vertragen, kann ich nicht bestätigen. Vielleicht 1) Ein besonders günstiges Versuchsobjekt ist vielleicht die von de Vries so viel verwendete Cureuma rubricaulis. Doch ist es mir trotz vieler Bemühungen erst letzten Herbst gelungen, eine kleine, unter diesem Namen in Leyden kultivierte Pflanze zu erhalten, deren Blätter und Blattscheiden indessen fast gar nicht rot gefärbt sind. Ich konnte zudem von dieser Pflanze bisher keine Teile für die Untersuchung opfern. Ich wäre für jeden Hinweis dankbar, wie ich in den Besitz der echten Form gelangen könnte. 56 Hans Fitting, sind meine Salzlösungen reiner gewesen. Übrigens scheint die „autonom" oder durch die Einwirkung eines Salzes entstandene Abnahme der Durchlässigkeit zugleich eine Abnahme der Per- meabilität für andere Salze und auch für Wasser nach sich zu ziehen. Über alle diese Fragen wird erst eine sehr sorgfältige Untersuchung der Abhängigkeit der Permeabilität von den Außen- faktoren Klarheit schaffen können. Versuche darüber habe ich schon begonnen. Sehr beachtenswert ist die Beobachtung, die übrigens ebenfalls noch durch weitere Versuche zu verfolgen bleibt, daß im Gegensatze zu Tröndles und Lepeschkins Angaben das Licht einen Einfluß auf die Permeabilität nicht gezeigt hat. Bei dieser Gelegenheit will ich nicht versäumen, darauf hinzuweisen, daß ich nach eingehender Beschäftigung mit der plasmol3'tischen Methode und mit den damit zusammenhängenden Fragen diesen Untersuchungen äußerst skeptisch gegenüberstehe, namentlich des- halb, weil die Methode der Bestimmung von „Permeabilitäts- koeffizienten" so, wie sie dort angewendet ist, irreführend ist, da sie bekannte Tatsachen der physikalischen Chemie nicht hinreichend berücksichtigt. Ich werde darauf bei einer anderen Gelegenheit zurückkommen. Vielleicht kommt man zu einer richtigeren Auffassung der Permeabilitätsbeeinflussung durch die Salze und zugleich der Ver- schiedenheiten in der Durchlässigkeit unbeeinflußter Zellen für diese, wenn man nicht in erster Linie an eine Schädigung der Plasmahäute, sondern einfach an physikalisch-chemische Verände- rungen dieser Häute unter dem Einflüsse der Salze und an solche von vornherein bestehende Unterschiede denkt. Stellt man sich die Plasmamembranen vor als durch Berührung mit der Umgebung an der Plasmagreuzfläche entstandene kolloidale Oberflächenschichten, deren Eigenschaften in gleicher Weise von der Zusammensetzung des Plasma wie von denen der Umgebung abhängig sind, und weiter, daß die Zusammensetzung der Plasmamembranen einen Gleichgewichtszustand in diesem verwickelten Systeme zusammen- und gegeneinander wirkender Faktoren darstellt, eine Annahme, die durch das sonstige Verhalten des lebenden Plasma nahegelegt wird, so ergibt sich auch mit Notwendigkeit die Vorstellung, daß die Plasmamembran durch Einführung eines neuen Faktors in der Umgebung in geringerem oder größerem Maße ihre Eigenschaften ändern muß; bei Einwirkung eines Salzes etwa dadurch, daß eine Salz-Eiweiß „Verbindung" entsteht, oder, wie wahrscheinlicher, daß Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle 57 die kolloidale Beschaffenheit der Plasmamembranteilcheu sich ändert. Wissen wir doch durch die Untersuchungen mehrerer Forscher (Pfeffer 1877, S. 134ff.; 1890, S. 239; de Vries 1885; Küster 1909, 1910), daß durch längere Einwirkung von Salzlösungen die Plasmahäute sich tatsächlich sichtbar phj^sikahsch-chemisch, manch- mal sogar, wie es scheint, reversibel verändern. Von sehr großer Bedeutung wird- nun die Lösung der Frage sein, ob und wie auch organische Substanzen^), für die das Plasma nachweisbar durchlässig ist, etwa Glyzerin-) oder Harnstoff, und im besonderen kolloidale Stoffe, die Permeabilität für diese Stoffe und für Salze zu ändern vermögen, lluhland (z. B. 1912) hat ja durch Versuche zu beweisen versucht, daß für Kolloide die Plasma- membran als Teilchensieb wirkt, eine Annahme, von Traube (1867) ausgesprochen, die in neuerer Zeit, wie mir indes scheint, nur auf Grund von theoretischen Erwägungen für die kolloidalen Lösungen auch von Perrin (1900, S. 542) wieder aufgegriffen worden ist. Nimmt man in den Plasmamembrauen solche Poren an, die ziem- lich weit sein dürften, da sie kolloidale Teilchen leicht passieren lassen, so müßte es den Salzen ein Leichtes sein, mit ihren sehr viel kleineren Teilchen durch die Haut zu permeieren. Undurch- lässigkeit oder Abnahme der Durchlässigkeit wäre dann nur so verständlich, daß unter dem Einflüsse der Salze bald sofort, bald allmählich, je nach der chemischen Natur des Salzes, die Poren verkleinert und für die Salzmoleküle oder -ionen verstopft werden. Dann aber müßte die Membran auch für die Kolloide unwegsam geworden sein. Auf die Literatur, die sich mit der Veränderung der Permeabilität für Kolloide unter dem Einflüsse von Salzen be- faßt, brauche ich hier nicht eingehen, da darin, soweit ich sehe, entscheidende Beobachtungen für die hier aufgeworfenen Fragen nicht zu finden sind. Sollten aber die Kristall oide auf prinzipiell 1) Von großem Interesse und meinen Beobachtungen mit Salzen vergleichbar wäre die Angabe von Kuhland (1912b, S. 232) für die Blätter der Zuckerrübe : „Eecht bemerkenswert ist die bei allen Plasmolysen gemachte Erfahrung, daß bereits nach ein- stündiger Versuchszeit eine Verringerung der anfänglichen Permeabilität für Monosaccharide eintritt", wenn sie nicht aus den „Permeabilitätskoeffizienten" erschlossen wäre. Diese Koeffizienten führen aber, wie ich an anderer Stelle zeigen werde, irre und lassen Schlüsse auf die Permeabilitätsverhältnisse nicht ohne weiteres zu. 2) Für Glyzerin findet sich bei de Vries (1888, S. 252) die Bemerkung, daß die Permeabilität „im plasmolytischen Zustande allem Anschein nach geringer ist, als vor der Plasmolyse". Auf eine Abnahme der Durchlässigkeit des Plasma unter dem Ein- flüsse des Glyzerins läßt sich daraus noch nicht ohne weiteres schließen. 58 Hans Fitting, andere Weise wie die Kolloide, etwa nach dem Prinzipe auswählender Löslichkeit die Plasmamembranen durchdringen, so Wcären Unter- schiede in dem Einflüsse beider auf die Permeabilität der Plasma- häute nicht unmöglich. Auch darüber hoffe ich weiterhin berichten zu können, da meine Methode solche Untersuchungen jetzt ohne Schwierigkeit exakt durchführen lassen wird. Der Nachweis der Permeabilitätsabnahme für die Salze unter ihrer eigenen Einwirkung ist jedenfalls theoretisch in mancher Hinsicht nicht bloß für die Pflanzen-, sondern auch für die Tier- physiologie von Interesse, wie es auch wichtig ist, daß die Proto- plasten sich anfangs für eine Anzahl Salze als recht durchlässig erwiesen haben. Mancherlei Beobachtungen über Stoffaufnahme- vorgänge, wie z. B. die Speicherung von Salzen nur bis zu einer bestimmten, der Außenkonzentration unterlegenen Konzentration (vgl. z. B. Fitting, 1911, S. 262 ff., und die freilich sehr anfecht- baren Arbeiten von Nathansohn, 1903, 1904 und Meurer, 1909), dürften damit verständlich werden^). Auch eröffnet sich jetzt endlich einmal eine Einsicht in die paradoxe Tatsache, daß Salze, die die Pflanze nachweisbar braucht und in ihr Plasma aufnehmen muß, eine irreparable Plasmolyse hervorrufen. Allerdings ist dabei zu beachten, daß diese Tatsache nach meiner Arbeit, wenigstens bei bestimmten Pflanzen und gewissen Salzen, offenbar nur cum grano salis gilt: näm- lich für verhältnismäßig grobe Versuchsanordnung, wie sie bisher aus Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse gewöhnlich angewendet worden ist, für Konzentrationen, die die Grenzkonzentrationen be- reits beträchtlich überschreiten. Dann nämlich vermag die immer- hin nachweisbare Aufnahme von Salz die Plasmolyse nicht bis zu dem Zeitpunkte rückgängig zu machen, wo die Permeabilität bereits nahezu gleich Null geworden ist. Merkwürdig ist aber, daß nur die Alkalisalze, dagegen nicht Magnesium- und Erdalkalisalze mit meiner ja so sehr feinen Methode nachweisbar permeieren, obwohl zum mindesten auch das Magnesium nach unseren gegenwärtigen Kenntnissen in der Zelle gebraucht wird. Wenn auch eine hin- reichende Aufnahme ohne plasmolytisch nachweisbare Permeabilität denkbar ist, so liegt der Gedanke doch nahe, ob nicht vielleicht das Magnesium und ebenso die anderen, nicht permeierenden Erd- alkalien in solchen Konzentrationen, wie ich sie verwendet habe, 1) Die Ansicht Ruhlands (1909b, S. 41), die Salze würden bis zum Konzentra- tionsgleichgewicht aufgenommen, scheint keine allgemeine Gültigkeit zu haben. Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 59 SO schnell nach Berührung mit den Zellen die in geringem Maße bestehende Permeabilität herabsetzen, daß sie schon bis zum Be- ginn der Beobachtungen auf Null gesunken ist. Doch ist dieser Hypothese meine Beobachtung vorläufig wenig günstig, daß zwar die Permeabilität nach Eliuwirkung der permeablen Salze schnell zu sinken beginnt, bis auf Null aber erst nach vielen Stunden fällt. Zur Entscheidung dieser Fragen würde es von großer Wichtigkeit sein, festzustellen, was weiterhin noch geschehen soll, ob z. B. die Magnesiumsalze in sehr geringen Konzentrationen, etwa zu einer osmotisch wirksamen, sonst aber indifferenten Lösung zugesetzt, nicht doch plasmolytisch nachweisbar permeieren und wie die Alkalisalze in sehr geringen Konzentrationen die Permeabilität be- einflussen. Für alle diese Fragen dürfte die plasmolytische Methode in ihrer nun verfeinerten Form noch sehr wertvolle Ergebnisse liefern. Sie wird nach meinen Untersuchungen von keiner anderen an Genauigkeit übertroffen und wird auch die Frage zu lösen er- lauben, ob die für so viele Pflanzenzellen behauptete Impermeabilität für Alkalisalze wirklich so groß ist, daß keine Deplasmolyse in den Lösungen solcher Salze erfolgt. Welche mchtigen Probleme der Stoffaufnahme dabei auftauchen, nach wieviel Seiten hier weitere Erkenntnisse Licht ausstrahlen lassen könnten, darauf brauche ich an dieser Stelle nicht noch einmal hinzuweisen. Das ist schon oft genug geschehen. Meine Beobachtungen sind der sogenannten Lipoidtheorie der Stoff aufnähme nicht günstig, das brauche ich wohl nicht noch besonders hervorzuheben. Möglich, daß schnell eindringende Stoffe, wie Chloroform, Alkohole usw., wegen ihrer Löslichkeit in Lipoiden schnell diffundieren ; die ganzen Permeabilitätsverhältnisse der Zelle können aber jedenfalls nicht von diesen Stoffen beherrscht werden! Daß die anfängliche Permeabilität der Ehoeo-ZeWen für die Alkali- salze nicht schon Folge einer Schädigung des Plasma durch die Salze ist, wie Hob er in seiner letzten Auflage der „Physikal. Chemie der Zelle und Gewebe" für ähnliche Fälle vermutet, bedarf wohl weiter keines Beweises ; gerade die nachweisbar stärker schädigen- den Erdalkalisalze sind ja impermeabel! Schließlich möchte ich noch ganz kurz darauf hinweisen, daß meine Untersuchungen manche merkwürdigen, in der Literatur vor- liegenden Angaben nicht zu bestätigen vermocht haben, so z. B. auch nicht die Angabe von Bysselberghe (1898), daß der os- motische Druck in den Zellen von Rhoeo, wenn man sie in ßQ Hans Fitting, Lösungen osmotisch wirksamer Substanzen bringt, nach dem Web ersehen Gesetze regulatorisch gecändert wird. Abschnitt VII. Zusammenfassung der Ergebnisse. Es wurde der Versuch gemacht, mit Hilfe der plasmolytischen Methode an geeigneten Versuchsobjekten die Geschwindigkeit zu bestimmen, mit der Salze während aufeinanderfolgender Zeit- abschnitte in die lebenden Protoplasten eindringen. Es zeigte sich dabei, daß diese Methode nach mancherlei Ver- besserungen viel leistungsfähiger zur Lösung dieser Frage ist, als man auf Grund unserer bisherigen Kenntnisse annehmen konnte. Es ist vor allem nötig: 1. die Konzentrationsdifferenzen zwischen den verwendeten Salzlösungen genügend fein abzustufen (etwa 0,0025 GM), 2. genau festzustellen, in welchen Intervallen und von welchem Zeitpunkte an nach Übertragung der Zellen in die Lösungen man die Ablesungen vornehmen muß, 3. sich über die Fehlergrenzen der Methode ganz klar zu werden, 4. Versuchsobjekte zu finden, die neben einer nachweisbaren Permeabilität für Salze möglichst genau gleiche osmotische Drucke in benachbarten Zellen entwickeln und die sich gut plasmolysieren lassen, und 5. diese Versuchsobjekte vor Beginn der Versuche nach allen Richtungen kennen zu lernen, z. B. auch auf das Vorkommen von Exosmose aus den Zellen in die Lösungen zu prüfen. Es zeigt sich, daß allen Anforderungen in hohem Maße die Epidermiszellen der Blätter von Rhoeo discolor genügen. Die Versuche mit Kalisalpeter hatten folgende Ergebnisse: Die Plasmolyse tritt sehr schnell ein, erreicht ihr Maximum meist schon nach 15 Minuten; dann beginnt sie infolge nachweisbarer Aufnahme des Salzes zurückzugehen. In der Zeitspanne zwischen der ersten Ablesung, 15 Minuten nach Versuchsbeginn, und der zweiten, d. h. während 15 Minuten, dringen in die permeabelsten Zellen etwa 0,0025 GM Salz ein, in den darauffolgenden 30 Minuten 0,0025 — 0,005 GM, in der ersten Stunde nach Versuchsbeginn mindestens etwa 0,0075—0,01 GM. Die Permeabilität für das Salz ist nicht in allen Blättern gleich groß; vor allem ist sie auffallend jahreszeitlich verschieden, im Sommer groß, im Winter oft fast gleich Null. Auf die Durchlässigkeit haben Laboratoriumsluft, Leuchtgas, selbst in ziemlich großen Mengen, die Verwundung bei Anfertigung der Schnitte, längerer Aufenthalt der Zellen in Wasser, Untersuchungen über die Aufnalime von Salzen in die lebende Zelle. ßl die Plasmolyse als solche und Lichtschwankungen so gut \de keinen oder überhaupt keinen Einfluß. Nur im Winter setzte gelegent- lich die Verwundung oder längerer Aufenthalt der Zellen in Wasser die an und für sich schon geringe Permeabilität manchmal merkbar herab. Jedoch sinkt die Permeabilität für das Salz bei längerem Auf- enthalt der Zellen in den Salzlösungen langsam und zwar so stark, daß sie nach 12 — 20 Stunden nahezu Null geworden ist. Diese Abnahme wird durch das Salz hervorgerufen. Sie beginnt, wie meine Kurven zeigen, bereits in oder mindestens nach der ersten Stunde. Sie ist umso auffälliger, je größer die Permeabilität zu Beginn der Versuche war. Überträgt man die Zellen aus hypotonischen Salpeterlösungen, worin sie längere Zeit verweilt hatten, in hypertonische, so erreicht die Plasmolyse viel später ihr Maximum als bei den nicht vor- behandelten Zellen: im Gegensatz zu diesen, wo es nach 15 Minuten erreicht ist, erst nach V2 — ^U Stunden. Diese Tatsache läßt sich nicht einfach mit der Abnahme der Permeabilität für das Salz er- klären. Genauere Untersuchung zeigte nämlich, daß bei normalen und bei den, obige Zeit in hypotonischen Salzlösungen vorbehan- delten Zellen die danach durch hypertonische Salpeterlösungen er- zielte Plasmolyse in Wasser verschieden schnell zurückgeht, näm- lich bei jenen sehr ^iel schneller als bei diesen. Solche Unter- schiede, wenn auch von geringerer Größenordnung, ließen sich übrigens auch oft schon und zwar zwischen den Blättern ohne solche Vorbehandlung der Zellen nachweisen. Aus diesen Versuchen geht hervor, entweder daß durch den Einfluß der Salpeterlösungen auch die Zellmembranen für das Salz schwerer durchlässig werden oder daß die Permeabilität der Plasmamembranen auch für Wasser stark herabgesetzt wird und daß Unterschiede in dieser Hinsicht schon von vornherein zwischen den Blättern bestehen können. Ganz entsprechende Permeabilitätsverhältnisse und den gleichen Einfluß auf die Durchlässigkeit habe ich feststellen können für die anderen geprüften Kaliumsalze (Chlorid, Chlorat, Sulfat, Bromid), ferner für die Salze des Natrium (Nitrat, Chlorid) und des Lithium (Nitrat, Chlorid). Die Kaliumsalze permeieren etwa ebenso schnell wie die Natriumsalze, viel schwächer die Lithiumsalze. Dagegen konnte ich mit der plasmolytischen Methode gar keine Permeabilität für die Salze des Magnesium (Sulfat, Nitrat, Chlorid), Kalzium (Chlorid, Nitrat), Barium (Nitrat, Chlorid) und in der Regel keine 62 Hans Fitting, des Strontium (Nitrat, Chlorid) nachweisen. Aber nicht allein vom Kation hängt die Durchlässig-keit ab: das Kaliumsulfat permeiert von Anfang an viel langsamer als die übrigen Kaliumsalze. Orientierende Versuche mit anderen Objekten weisen darauf hin, daß der durch meine Methode einwandfrei erwiesene Einfluß der Salze auf die Permeabihtät des Plasma weiter verbreitet ist. Gründe für die Annahme, die Permeabilitätsabnahme sei auf eine Schädigung der Protoplasten durch die Salze zurückzuführen, liegen zurzeit nicht vor. Meine Versuche geben Aufschluß darüber, woher es kommt, daß die Plasmolyse in Salzlösungen, die die Zelle aufnehmen muß, so oft nicht zurückgeht. Sie zeigen ferner, daß eine Speicherung von Salzen nicht bis zum Oleichgewichtszustande mit der Außen- lösung fortzuschreiten braucht. Sie sind der Lipoidtheorie der Stoffaufnahme nicht günstig. Bonn, Botanisches Institut der Universität, im JuK 1914. Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen in die lebende Zelle. 63 Literatur. 1906. Bechhold, H. und Ziegler, J., Die Beeinflußbarkeit der Diffusion in Gallerten. Zeitschr. f. physikal. Chemie, Bd. .56, 1906, S. 105 ff. 1911. Fitting, H., Die Wasserversorgung und die osmotischen Druckverhältnisse der Wüstenpflanzen. Zeitschr. f. Botanik, Bd. 3, 1911, S. 209 ff. 1888. Janse, J. M., Die Permeabilität des Protoplasma. Verslag. en Mededeel. Koninkl. Akad. Wetensch. Amsterdam Afd. Natuurkunde, III. Reihe, Bd. 4, 1888, S. 332 ff. 1894. Kohlrausch, F. und Hallwachs, W., Über die Dichtigkeit verdünnter wässe- riger Lösungen. Annal. d. Physik, Bd. 53, 1894, S. 14 ff. 1910. Küster, E., Über Veränderungen der Plasmaoberfläche bei Plasmolyse. Zeitschr. f. Botanik, Bd. 2, 1910, S. 689 ff. 1909. — — , Über die Verschmelzung nackter Protoplasten. Ber. d. Deutsch. Bot. Gesellsch., Bd. 27, 1909, S. 589 ff. 1909a. Lepeschkin, W. W., Zur Kenntnis des Mechanismus der photonastischen Varia- tionsbewegungen und der Einwirkung des Beleuchtungswechsels auf die Plasma- membran. Beihefte z. bot. Zentralbl., Bd. 24, I, 1909, S. 308 ff. 1909 b. — — , Über die Permeabilitätsbestimmung der Plasmamembran für gelöste Stoffe. Ber. d. Deutsch. Bot. Gesellsch., Bd. 27, 1909, S. 129 ff. 1911. Lundegärdh, IL, Über die Permeabilität der Wurzelspitzen von Vicia Faba unter verschiedenen äußeren Bedingungen. Kungl. Svenska Vetenskabs-akad. Hand- lingar, Bd. 47, 1911, Xr. 3. 1909. Meurer, R., t'ber die regulatorische Aufnahme anorganischer Stoffe durch die Wurzeln von Beta imlgaris und Daums Carola. .Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 46, 1909, S. 503 ff. 1913. Molisch, H., Mikrochemie der Pflanze. Jena 1913. 1903. Nathansohn, A., Über Regulationserscheinungen im Stoffaustausch. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 38, 1903, S. 242 ff. 1904. — — , Über die Regulation der Aufnahme anorganischer Salze durch die Knollen von Dahlia. Ebenda, 1904, Bd. 39, S. 607 ff. 1904b. , Weitere Mitteilungen über die Regulation der Stoffaufnahme. Ebenda, Bd. 40, 1904, S. 403 ff. 1912. Oster hout, W. J. V., The permeability of protoplasm to ions and the theory of antagonism. Science, Bd. 35, 1912, p. 112 ff. 1913. , Some quantitative researches on the permeatility of plant cells. The plant World, Bd. 16, 1913, p. 129 ff. 1900. Perrin, J., Parois semi-permeables. Rapports congr. internat. de physique Paris, Bd. 1, 1900, p. 531 ff. 187 7. Pfeffer, W., Osmotische Untersuchungen. Leipzig 1877. 1890. , Zur Kenntnis der Plasmahaut und der Vakuolen. Abhandl. d. math.- phys. Kl. d. kgl. sächs. Gesellsch. d. Wiss., Bd. 16, 1890, S. 187 ff. 1912. Renner, 0., Über die Berechnung des osmotischen Druckes. Biol. Zentralbl., Bd. 32, 1912, S. 486 ff. 1909a. Ruhland, W., Zur Frage der lonenpermeabilität. Zeitschr. f. Botanik, Bd. 1, 1909, S. 747 ff. 1909b. , Beiträge zur Kenntnis der Permeabilität der Plasmahaut. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 46, 1909, S. 1 ff. 64 Hans Fitting, Untersuchungen über die Aufnahme von Salzen usvr. 1912a. Euhland, "W., Studien über die Aufnahme von Kolloiden durch die pflanzliche Plasmahaut. Jahrb. f. wiss. Bot, Bd. 51, 1912, S. 376 ff. 1912 b. , Untersuchungen über den Kohlenhydratstoffwechsel von Beta vulgaHs (Zuckerrübe). Ebenda, Bd. 50, 1912, S. 200 ff. 1898. Eysselberghe, F. van, Keaction osmotique des cellules vegetales ä la concen- tration du milieu. Mem. couronn. Acad. royal. des sciences de Belgique, 8°, Bd. 58, 1898, S. 1 ff. 1867. Traube, M., Experimente zur Theorie der Zellenbildung und Endosmose. Archiv f. Anatomie, Physiologie u. wiss. Medizin, Jahrg. 1867, S. 87ff. 1910. Tröndle, A., Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmahaut. Jahrb. f. wiss. Bot, Bd. 48, 1910, S. 171 ff. 1884. Vries, Hugo de, Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 14, 1884, S. 427 ff. 1885. , Plasmolytische Studien über die Wand der Vakuolen. Jahrb. f. wiss. Bot, Bd. 16, 1885, S. 465 ff. 1888. — — , Ueber den isotonischen Coeffizient des Glycerins. Bot. Zeit., Bd. 46, 1888, S. 229 ff. 1892. Waiden, P., Über die Diffusionserscheinungen an Niederschlagsmembranen. Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 10, 1892, S. 699 ff. 1908. Zangger, H., Über Membranen und Membranfunktionen. Ergebn. d. Physiologie, Bd. 7, 1908, S. 99 ff. Beobachtungen über einige Farnprothallien mit Bezug auf eingebettete Antheridien und Apogamie. Von David M. Mottier. Mit 3 Textfiguren. Im Jahre 1908 hat Miss Caroline A. Black unter der Auf- sicht des Verfassers eine Reihe Experimentaluntersuchungen über die Prothallieu von zwei ziemlich weit verbreiteten tropischen Farnen, nämlich: Dryopteris stipularis (Willd.) Maxon und Dryopteris mollis (Jacq.) Hieron. (Nephrodium mollc) mit Bezug- auf die Erscheinung- der Apogamie augestellt. Diese Arbeit erschien wünschenswert, da Yamanouchi (1908) in der zuletzt genannten Spezies die Ent- deckung der Entwicklung von apogamen Sporophvten mit der ha- ploiden Anzahl von Chromosomen verkündigt hatte. Yamanouchi gelangte zu diesen apogamen Embryonen dadurch, daß er die Pro- thallieu im direkten Sonnenlicht kultivierte und die Befruchtung ausschloß, indem er die Pflanzen von unten bewässerte und ver- hinderte, daß irgend eine Flüssigkeit von oben auf die Pflanzen fiel. Miss Black wiederholte zuerst Yamanouchis Experimente mit Dryopteris stipularis, soweit es aus der Beschreibung der von diesem Verfasser angewandten Methoden möglich war, mit dem Resultat, daß keine apogamen Embryonen, sondern anstatt dessen sonderbar eingebettete Antheridien zugleich mit normalen männlichen Organen gefunden w^irden. Man hat auch gewisse andere Eigentümlichkeiten in bezug auf die Entwicklung der Arche- gonien bemerkt. Angesichts dieser Tatsachen wurde beschlossen, die Beobachtungen auf Drijopteris mollis, die Spezies, die Yama- nouchi genau untersucht hatte, auszudehnen mit dem Resultate, daß eingebettete Antheridien, die identisch mit denen in Dryo- pteris stipularis gefunden worden waren, auch in dieser Spezies Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. ^ ßg David M. Mottier, vorkamen. Die Experimente wurden mit beiden Spezies im Laufe des Winters, des Frühlings und des Frühsommers wiederholt. Kein einziger apogamer Embryo war in den beiden Arten zu entdecken, auch war kein Gebilde weder makroskopisch noch mikroskopisch wahrzunehmen, das irgendwelche wirkliche Ähnlichkeit mit einem von den apogamen Gebilden aufgewiesen hätte, die in der gesamten zugänglichen Literatur über dieses Thema abgebildet oder be- schrieben worden sind. Weil es notwendig war, die Prothallien unter normalen Be- dingungen auf trockenerem Boden zu ziehen, um die Befruchtung auszuschließen, so folgerte man, daß die eingebetteten Antheridien sich unter der Wirkung der Trockenheit und des direkten Sonnen- lichtes entwickelt hätten. Während der vier letzten Jahre hat der Verfasser im Laufe des Winters, Frühlings und Frühsommers Reihen von Prothallien- kulturen der beiden oben erwähnten Spezies und auch die von Matteuccia Struthiopteris (L.) Todora (Onoclea Struthiopteris Hoffm.) unter Beobachtung gehalten. Der Zweck dieser Forschungen war, wenn möglich, zu bestimmen, ob die eingebetteten Antheridien durch die Wirkung der Trockenheit oder des direkten Sonnenlichtes oder durch beides hervorgebracht worden waren und außerdem festzustellen, ob apogame Auswüchse bei Dryopteris moUis sich entwickeln ließen, und sollte das der Fall sein, unter welchen Kulturbedingungen. Die dabei angewandten Methoden und die erlangten Resultate werden in den folgenden Zeilen auseinander- gesetzt werden. Das Material und die Methoden. Durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Alois Frey wurden sporentragende Wedel von Dryopteris mollis (,.Nephrodium molle") aus den Gewächshäusern des Lincoln Parks in Chicago bezogen. Dies ist eine sehr weitverbreitete tropische Spezies, die in Treib- haus-Farnkrautpflanzungen häufig gezogen wird. Man hat diese Pflanze in den Gewächshäusern des Lincoln Parks mit dem Namen „Nephrodium molle" bezeichnet. In den Sporen der oben be- sprochenen Wedel hat Miss Black das Material für ihre Unter- suchung gefunden, und von diesen hat sie mehrere prächtige Exem- plare gezüchtet, deren Sporen das Material zu der folgenden UnteTsuchung lieferten. Dryopteris stipidaris wurde aus Kuba bezogen. Beobaclitungen über einige Farnprothallien usw. 67 Herrn Professor Carl Christen sen in Kopenliageu wurden Herbarium-Exemplare dieses „Nephrodium motte-' zugeschickt. Er hat die Identität dieser Pflanzen mit Dryopteris mollis (Jacq.) Hieron. ^) festgestellt. Die Prothallien wurden auf sterilisierter Erde (leaf mould) in Blumentopfuntersätzen gezogen. Wasser wurde den Pflanzen stets vermittels Bewässerung von unten zugeführt. Um die Flüssigkeits- menge hinlänglich zu regulieren, wurde der Boden des die Erde enthaltenden Untersatzes 3 — 5 mal durchlöchert. Dieser Untersatz wurde in einen zweiten, etwas größeren gesetzt. Das in den äußeren Untersatz ge- gossene Wasser drang allmählich durch den inneren und danach durch die Erde hinauf. Die in den äußeren Untersatz eingegossene Wassermeuge regelte den Feuchtigkeits- oder Trockenheitsgehalt der Erde. Um die Verdun- stung zu regulieren und um fremde Sporen aus- zuschließen, wurde jede Kultur mit einer hohen Glasglocke bedeckt. Ein etwa 4 cm dicker Holz- klotz wurde unter den Rand der Glasglocke ge- legt, um die Ventilation zu regulieren und um die Glasglocke derart zu neigen, daß das Hinunterfallen der sich auf der unteren Seite der Kuppel bilden- den Wassertropfen verhindert wurde (Fig. 1). Die Erde wurde stets derart vom Rande zurückgedrängt, daß ein kleiner Graben gebildet wurde, der sich zwischen der Erde und dem Rande um den ganzen Untersatz erstreckte. Dieser Graben erwies sich aus mehreren Gründen sehr nützlich. FaUs die Oberfläche der Erde Fig. 1. Apparat zur Kultur von Prothallien. 1) Kg]. Danske Vidensk. Selsk. Skrift, VII, 10, 191—192, 1913. Index Filicum. Supplementum, S. 26, 1906—1912. gg David M. Mottier, die Neigung zeigte zu schnell auszutrocknen (ein Zustand, der sich nach kurzer Zeit einstellte, wenn die Kulturen dem hellen Sonnen- licht ausgesetzt wurden), so konnte man das Aufsteigen der Feuch- tigkeit in der Erde sehen und dadurch verhindern, daß die Ober- fläche zu naß würde. Man fand nicht nur, daß verschiedene Feuchtigkeitsverhältnisse in derselben Kultur vorhanden waren, sondern auch Verschiedenheiten in der Beleuchtung: denn die Pro- thalhen auf dem südlichen Abhang des Grabens genossen die direkten Sonnenstrahlen, während diejenigen auf dem nördlichen Abhang sich etwas im Schatten befanden, besonders in den frühe- ren Stadien des Wachstums. Die Erde im Graben war immer feuchter, als die auf der ebenen Oberfläche. Es war gewöhnlich genügend Feuchtigkeit im Graben vorhanden, um die Befruchtung zu sichern. Andererseits konnte man der ebenen Oberfläche der Kultur eine Wassermenge zuführen, die für das langsame Wachsen der Prothallien hinreichte, aber nicht genügte, um ihre Befruchtung zustande zu bringen. Kulturen, .die ich gegenwärtig unter Beob- achtung habe, zeigen am 13. März, 5 Monate nach dem Aussäen, folgende Resultate der Feuchtigkeitsregulation. In dem Graben bringen fast alle Prothallien normale Sporophyten hervor, wovon viele 5 oder 6 Blätter tragen, und von diesen haben die gTößeren eine Länge von 5 — 6 cm. Auf der ebenen Oberfläche dagegen ist kein einziger Sporophyt unter den Hunderten von Prothallien zu sehen. Die Mehrzahl dieser Prothallien ist in einem gesunden Zustande. Einige haben eine Breite von .5 — 8 mm. Sie fahren fort Geschlechtsorgane zu entwickeln. Die Kulturen wurden fortwährend nebeneinander unter Beob- achtung gehalten, bei wechselnden Beleuchtungs- und Feuchtigkeits- Verhältnissen, die von einem etwas trockenen Boden und direktem Sonnenlicht zu solchen, die für diese Prothallien normal waren, übergingen. Unter „normalen Zuständen" versteht man gute dif- fuse Beleuchtung mit etwas direktem Sonnenschein frühmorgens oder spätnachmittags und einen einheitlich feuchten Erdboden. Um eine diffuse Beleuchtung zu bekommen, wurde entweder eine be- schattete Stelle im Gewächshaus gewählt oder das direkte Sonnen- licht dadurch ausgeschlossen, daß man Stücke von dünnem, weißen Seiden- oder Filtrierpapier auf die äußere Seite der Glasglocke klebte. Die Zucht von Farnprothallien, die den direkten Sonnen- strahlen ausgesetzt werden, mit genügend trockener Erde und Luft, um die Befruchtung auszuschließen, bietet im Spätherbst und im Beobachtungen über einigre Farnprothallien usw. 69 Wiuter keine großen Schwierigkeiten, aber wie weiter unten ge- zeigt wird, ist es fast unmöglich, dieselben in Indiana im Spät- frühling und im Sommer zu ziehen. Beobachtungen und Ergebnisse in Beziehung auf eingebettete Antheridien. Aussaaten von Dnjopteris stipularis und Dryopteris mollis wurden zu verschiedenen Malen im Laufe des Herbstes, Winters und zu Anfang des Frühlings gemacht. Die Kulturen wurden in Doppelreihen, jede unter drei verschiedenen Bedingungen gezogen, nämlich: erstens in einer normalen (d. h. idealen) Umgebung, zweitens im direkten Sonnenlicht und drittens unter Verhältnissen, wo das direkte Sonnenlicht, wie schon oben erwähnt, vermittels dünnen weißen Papiers ausgeschlossen wurde. Die beiden letzteren Kulturen standen immer nebeneinander auf demselben Tische. Die Befruchtung wurde bei all diesen Kulturen soweit wie möglich verhindert. Mele auf oben erwähnte Weise gezüchtete Prothallien dieser beiden Spezies wurden sorgfältig in Paraffin eingebettet, dann geschnitten und gefärbt. Eingebettete Antheridien wurden (wie es Miss Black schon beschrieben hat) in beiden Spezies von Dryopteris und unter den verschiedenen Kulturverhältuissen entwickelt. Das heißt, sie kamen vor bei Prothallien, die unter normalen Verhältnissen gezogen wurden, bei denen, die dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt und im Graben gut bewässert wurden, ferner bei den trockener gehaltenen und unmittelbar beleuchteten Kulturen und ebenso bei denjenigen, die eben feucht genug ge- halten wurden, um entweder im direkten Sonnenlicht oder im Schatten gedeihen zu können. Die von dem Verfasser beobachteten Antheridien stimmen morphologisch vollständig mit den von Miss Black beschriebenen überein (1. c. Fig. 8, 9, 15, 16). Die Pro- thallien mit tiefliegenden Antheridien brachten auch immer solche hervor, die vollkommen normal schienen. Eigentümlichkeiten in den Archegonien, die den von Miss Black abgebildeten glichen, wie z. B. tiefliegende Ei- und Bauchkanalzelle, wurden auch be- merkt. Die Trockenheit mag ja die Erzeugung der eingebetteten Antheridien erleichtern, aber ob sie dies als unmittelbares Reiz- mittel oder l)loß durch die Verlängerung des Lebens der Prothal- lien be^^irkt, kann man nicht mit Sicherheit feststellen. Auf jüngeren Prothallien wurden keine eingebetteten Antheridien ent- 7Q David M. Mottier, deckt, sondern zum größten Teil auf denen, die ein etwas massives Archegonialpolster entwickelt hatten. Alter und Größe der Pflanze trugen wohl zur Hervorbringuug solcher Gebilde bei. Aber da eingebettete Antheridien sich auch auf Pflanzen fanden, die unter normalen Bedingungen gezogen worden waren, so ist es nicht wahrscheinlich, daß sie sich bloß unter der Wirkung der Trocken- heit entwickelt haben. Unter normalen Verhältnissen werden sich Prothallien von diesen beiden Arten von Dryopteris finden, bei denen die Befruchtung keines Eies stattgefunden hatte, mit dem Ergebnis, daß die Pflanzen außergewöhnlich groß geworden sind. Es haben sich tiefliegende Antheridien in diesen Prothallien ge- funden. Es wäre zu erwähnen, daß auch Übergänge von voll- kommen normalen zu typisch eingebetteten Antheridien vorkommen. Angesichts der erwähnten Tatsachen darf man mit Recht den Schluß ziehen, daß bei Dryopteris stipularis und Dryopteris mollis unter den älteren Prothallien die Neigung besteht, tiefliegende Antheridien nebst normalen männlichen Organen hervorzubringen, und daß diese Gebilde nicht notwendigerweise unter der Wirkung der Trockenheit zur Entwicklung gelangen. Über Apogamie. In bezug auf die Apogamie, die in den aus normalen Sporen entwickelten Prothallien bewirkt wird, wie es schon W. H. Lang und andere beschrieben haben, sind diese Untersuchungen von Interesse, insofern sie beweisen, daß apogame Sporophyten in ge- wissen Farnen nicht als Ergebnisse von Verhältnissen, denen man dieses Phänomen bisher zugeschrieben hat, erzeugt werden. Bevor wir in eine ausführlichere Beschreibung dieser Beobachtungen und Ergebnisse eintreten, wäre es wohl ratsam, eine bündige geschicht- liche Übersicht über die dabei in Betracht kommende Phase der Apogamie zu geben, erstens um die morphologischen Tatsachen, auf denen die Erkennung eines apogamen Auswuchses gegründet ist, klar darzulegen und zweitens, um im allgemeinen den Umfang der Gattungen und Arten zu bestimmen, bei denen diese Abnor- malität schon berichtet worden ist. Apogame Auswüchse in apo- sporen Prothallien werden dabei nicht in Betracht gezogen. Farlows Untersuchungen über Pteris eretica (1874) ver- danken wir die erste genaue Beschreibung des Ursprungs eines apogamen Sporophyts in einem Farnkraut. Auf aus Sporen ge- Beobachtungen über einige Farnprothallien usw. 7]^ Züchteten Prothallien fand Farlow Farnkräuter, die als vegetative Auswüchse aus dem archeg-onialen Meristem entsprungen waren. Auf diesen Prothallien wurden keine Archegonien bemerkt, es waren aber Antheridien vorhanden. Ein paar Jahre später hat de ßary (1878) Farlows Beob- achtungen bestätigt, und die Apogamie in drei anderen Formen: Aspidium filix mas crisiafum, A. filix mas genuinuni und A. fal- catum beschrieben. Bei all diesen Formen wurden die verwende- ten Prothallien aus Sporen gezogen. Auf diesen Prothallien ist entweder das eine oder das andere der Geschlechtsorgane unvoll- kommen entwickelt oder auch gar nicht vorhanden. De Bary gibt den Zeitverlauf zwischen dem Aussäen der Sporen und dem Erscheinen des apogamen Auswuchses nicht an, aber er bemerkt, daß diese Gebilde sich in Pteris cretica erst dann entwickeln, nachdem die Gametophyten regelmäßig herzförmig geworden waren und eine Breite von etwa 2 mm hatten, oder zur Zeit der Erschei- nung der ersten Archegonien. Die primären Auswüchse entstehen als kleine Anschwellungen auf dem archegonialen Meristem dicht hinter der Herzbucht. In der apogamen Anschwellung kommen zuweilen Tracheiden vor. Die von Farlow und de Bary unter- suchten Pflanzen wurden unter normalen Verhältnissen gezogen. Ihr morphologisches Heweismaterial ist klar und unbestreitbar. Im Jahre 1898 beschreibt Lang die Ent\^äcklung von apo- gamen Auswüchsen auf den Prothallien der folgenden Arten und Varietäten: zwei Varietäten von ScoJopendrhmi vulgare Sm., nament- lich Var. ramulossiswmm Wall, und Var. marginale; Nephrodium düaiatum Desv., Var. coronans Barnes; Aspidium acideatum Sev., A^ar. multifidum Wall., A. angulare Willd., Var. foUosum multi- fidum und Var. acutifolium multifidum : Athyrium niponicum Mett. normale Form und Var. cristatum; drei Varietäten von Filix- femina Bernh., percristatnm Cousens, Var. cruciata-cristatum und Var. coronatum Lowe; Polypodiwn vulgare L., Var. grandiceps Fox; Aspidium frondosum Lowe und Varietäten von gekämmt und nor- malen Formen von Nephrodium Filix- mas. In fast all diesen Farnen haben sich die apogamen Auswüchse als zylindrische Fort- sätze direkt aus der Spitze der Prothallien oder aus der Unter- fläche unmittelbar liinter der Spitze oder als Archegonialhöcker entwickelt. Diese Auswüchse erschienen bei alten Prothallien, die wenigstens 2 Jahi-e oder noch länger unter Kultur gestanden hatten, denn normale Embryonen wurden bei allen Arten hervor- 72 David M. Mottier, gebracht, wenn die Verhältnisse es zuließen. Mit einer einzigen Ausnahme wurde die Apogamie in Längs Kulturen als Ergebnis fortgesetzter Kultur, zeitweilig sogar im direkten Sonnenlicht, zu- stande gebracht, während welcher Zeit die normale Befruchtung dadurch verhindert wurde, daß man den Zugang flüssigen Wassers von oben abstellte. Der einzige Fall von unmittelbarer Apogamie, d. h. einer Apogamie, die entstanden ist, ohne daß der Einfluß äußerer Bedingungen irgendwie wahrnehmbar gewesen wäre, hat sich bei Nephrodium pseiido-mas Var. polydachjlum Dadds gefunden. Lang deutet darauf hin, daß der zylindrische Höcker (cylindrical process), den man in längere Zeit gezogenen Kulturen findet (der zylindrische Höcker ist eine dii-ekte Fortsetzung des Mittelpolsters), ebenso wie das dicke massive Mittelpolster sich zweifellos unter der Einwirkung größerer Trockenheit entwickelt hat, da dieser Höcker eine diesen Bedingungen besser angepaßte Form ist. Hier wäre es wohl von Interesse, zu erwähnen, daß einige der zylindrischen Höcker Blätter und Wurzel entwickelten, wäh- rend andere Sporangien nebst Rani enta trugen. Tracheiden kom- men auch vor. Nach Längs Abbildungen zu schließen, scheint es, daß die Wurzeln, einige Fälle ausgenommen, spät zum Vor- schein kamen, wenn sie sich überhaupt entwickelten. Unter den Arten, bei denen Apogamie von Farmer und Digby (1907) beschrieben worden ist, ist Lastrea pseudo-mas Var. poly- daetyla Wills die einzige, bei der die Prothallien aus Sporen er- zeugt wurden. Bei dieser Art zeigen die Prothallien keine üppige Entwicklung von Antheridien, und Archegonien sind gar nicht vor- handen. Es wurde beobachtet, daß in gewissen Zellen der jüngeren Teile der Prothallien, in den Flügeln sowohl als in den dickeren Teilen, die Kerne in benachbarte Zellen liinübergingen und sich dort mit den Kernen dieser Zellen vereinigten. Diese Verschmel- zung von Kernen wird von den beiden Verfassern als Ersatz für den Geschlechtsakt angesehen. Der Embryo erscheint zuerst als Anschwellung ähnlich dem von Nephrodium pseudo-mas Var. poly- dactylum Dadds, wie es Lang (1. c, 1898, S. 214) beschrieben hat. Lang erwähnt das Vorkommen von zweikernigeu Zellen in den meristematischen Gegenden der Prothallien von Scolopendrium vul- gare, bei denen keine Andeutungen einer vorhergehenden Teilung wahrnehmbar waren (1. c. Fig. 21, 22). Obgleich wir hier eigentlich nichts mit der Entstehung von apogamen Strukturen auf Prothallien, die auf einen aposporen Ur- Beobachtungen über einige Farnprothallien usw. 73 Sprung zurückgehen, d. h. Auswüchse vom Rande der Blätter des Sporophyts sind, zu tun haben, so wären doch wohl die Fälle von Athyrium Filix-femina Var. clarissima Bolton und Scolopendrium vulgare Var. crispum Drummondae erwähnenswert. Bei diesen Pflanzen entsprangen die apogamen Embrj onen aus der Zelle im Archegonium, die der Eizelle entspricht. Diese aposporen Pro- thallieu unterscheiden sich dadurch von normalen, daß sie die diploide Anzahl von Chromosomen haben, obgleich sie Antheridien mit freibeweglichen Spermatozoiden und Archegonien von ähnlichem Bau wie bei den normalen Prothallien hervorl)ringen. Solche „Eier" könnten natürlich nicht befruchtet werden, und man dürfte sie wohl mit Recht merkwürdige Fälle von phjsiologischem Paralle- lismus nennen. Im Jahre 1908 veröffentlichte Woronin einen Bericht über die apogame Entstehung von Farnen bei Pellaea niva (Prt.) (Noio- ehlaena niva) (Desv. Hk. Bk.), P. tenera, P. flavens (Notochlaena flavens), N. Eclioniana und N. sinuata, deren Prothallien aus Sporen gezogen worden waren. Es waren lauter Fälle der direkten Apogamie, d. h., sie wurden unter normalen Bedingungen der Kultur entwickelt. Das Problem bietet keine Schwierigkeiten dar, da sich keine Archegonien auf den apogamen Prothallien entwickelten. Eine langausgedehnte Kultur war auch nicht nötig, da apogame Triebe in einer verhältnismäßig kurzen Zeit erschienen, z. B. bei Pellaea flavens in 5 Wochen nach der Aussaat. Wie in den von Lang beschriebenen Fällen, so entspringen auch apogame Sprosse aus Höckern, die unmittelbar aus der Herzbucht oder aus An- schwellungen, die sich dicht hinter derselben befanden, heraus- wuchsen. Woronin nennt den apikalen Auswuchs „ein verküm- mertes Blatt", woraus man wohl schließen darf, daß das Gebilde abgeplattet und weniger massiv gewesen sei, als der von Lang beschriebene zylindrische Fortsatz. Wurzeln entwickelten sich immer spät, häufig erst nach dem zweiten oder sogar dritten blatt- ähnlichen Gebilde, oder nachdem der Stammscheitel zum Vorschein gekommen war. Die von Heilbronn (1910j an Cystopteris fragüis Bernhardi forma pohjapogama m. angestellten Beobachtungen sind von be- sonderem Interesse ; denn bei dieser Varietät entwickeln sich apo- game Auswüchse auf gewissen Prothalhen im Laufe des Frühlings und des Sommers, während normale Embryonen auf anderen im Laufe des Winters erzeugt werden. Heilbronn schreibt die Ent- 74 David M. Mottier, Wicklung der apogamen Sporophyten der inteusiA-eren Soinmer- beleuchtung zu. Die in Frage stehenden Prothallien wurden schein- bar aus Sporen gezogen, da man sie in einer Kultur fand, die von einer in Südtirol (im Schlerugehiet) gesammelten Sporenaussaat von Asplenium Ruta Muraria erlangt wurden. Die Prothallien von Cystopteris waren von denen von A. Ruta Muraria leicht zu unter- scheiden durch ihren größeren Umfang sowie durch größere Zellen und Kerne (mitotische Figuren von diesen waren in den lebenden Zellen leicht zu sehen) und auch durch die zahlreichen Drüsen- haare, die teilweise auf lappigen Vorsprüngen getragen wurden. Nach Schnitten von Jüngeren Exemplaren zu schließen, schien es drei Möglichkeiteu des Ursprungs der apogamen Auswüchse zu geben: 1. „Unregelmäßige Zellwucherungen treten an beliebigen Stellen des Prothalliums , meist an dem oft verbreiteten Mittel- polster auf und führen zur Höckerbildung; 2. umgebildete Anthe- ridien und 3. umgebildete Archegonien werden zu apogamen Höckern." Irgend einer von diesen Höckern kann den Ausatz zu einem apo- gamen Sproß bilden. Wenn sich ein archegonialer Höcker damit verbindet, so löst sich die das Ei darstellende Zelle gewöhnUch auf. Eine auffallende Eigentümlichkeit dieser Prothallien ist es, daß mehrere apogame Höcker sich zuweilen auf demselben Indi- viduum entwickeln. Eine kurze Darstellung der Art und Weise, wie Heilbroun seine Pflanzen behandelte, dürfte das Verständnis seiner Resultate erleichtern. Die Sporen keimten im Januar und die Prothallien vou Cystopteris wurden im März isoliert. Nach etwa einem Monat erschienen die ersten Farnblätter, aus dem Höcker hervorwachsend. Dies geschah bei 70 "/o der ProthalHen. Im Mai waren die noch übrig bleibenden 30 °/o im Besitz von Höckern, aber von diesem Monat an bis Oktober nahmen die Höcker an Größe zu, und sie entwickelten sich zu zylindrischen Höckern mit normalen Antheridien und Archegonien. In einer großen Anzahl von Fällen entstanden normale Embryonen aus be- fruchteten Eiern. „Daraus entwickelten sich gauz normale Pflänz- chen, deren Primärblätter genau die gewöhnliche, niedrig entwickelte Hemmungsform darstellen und denen einer normalen Cystopteris fragilis vollständig gleichen." Aus diesen Beobachtungen schließt Heilbronn, daß Cysto- pteris fragilis forma polyapogama die Fähigkeit besitzt, sowohl normale als auch apogame Embryonen zu entwickeln, daß diese beiden Fortpflanzungsweisen im innigsten Verhältnis zu den Jahres- Beobachtungen üher einige Farnprothallien usw. 75 Zeiten stehen, und daß der Unterschied zwäscheu der Lichtiutensität des Winters und des Sommers das vorwiegend bestimmende Ele- ment bei dieser Fortpflanzung ausmache. Bei ..Nephrocliinn molle- hat Yamanouchi apogame Embryonen beschrieben auf Prothallien, die aus Sporen entstanden waren. Die Prothallien wurden in Töpfen gezogen, die in Wasser ent- haltende Untersätze gestellt waren. Auf diese Weise hat man das Bewässern von olieu vermieden. Die Kulturen wurden dem direkten Sonnenlieht bei einer Zimmertemperatur, die zwischen 28° und 32'^' C schwankte, ausgesetzt. Diese Prothallien wuchsen langsam, verglichen mit solchen, die unter normalen Bedingungen gezogen wurden. In etwa 5 oder 6 Wochen nach dem Aussäen konnte man schon apogame Auswüchse erkennen und nach Ver- lauf von weiteren 3 oder 4 Wochen hatten diese schon Blätter gebildet. Die apogame Sporophyten entwickelnden* Prothallien brachten nach Yamanouchi nur selten Archegonien hervor, die Polstergegend aber war häufig mit Antheridien bedeckt. Die Prothallien waren von den normalen nicht zu unterscheiden. Yamanouchi schildert die Entwicklung des apogamen Sporophjlis wie folgt (1. c, S. 300): „Sporoph^-tic outgrowths begiu very early from cells in the region where later the cushion arises, so that the development of the sporophytic outgrowth and the gradual completion of the cushion proceed side by side for a while. WTien the prothaUium has assumed the characteristic heart shape, mth a cushion near the sinus and an extensive lateral growth on either side, the sporophytic outgrowth is usually in a well advanced stage." Y a m a n 0 u c h i führt den spornphytischen Auswuchs auf eine einzige auf der Oberfläche befindliche Zelle oder auf mehrere Zellen zurück, die sich durch Größe und übermäßigen Wuchs der Kerne auszeichnen. Irgend eine von diesen gi'oßen auf der Oberfläche liegenden Zellen bringt die Blattscheitelzelle des Blattes hervor. Das von Yamanouchi zur Erklärung des Ursprungs eines apogamen Auswuchses beigebrachte Beweismaterial kann den Ver- fasser nicht davon überzeugen, daß ersterer seine Sache bewiesen hat, denn die ganze Reihe von morphologischen Abstufungen kann nicht als genügender Beweis dafür betrachtet werden, daß er es mit einem apogamen Sporophyt zu tun hatte. Was seine Textfig. 3 (1. c, S. 301) betrifft, so ist gar kein Beleg dafür vorhanden, daß die schattierte Zelle sich zu einem apogamen Auswnichse ent- 76 David M, Mottier, wickeln werde. Ebensowenig- dürfte man behaupten, daß der schattierte Teil der Textfig. la und Ib (I.e.) sich zu apogamen Sporophyten entwickelt haben würde. Solche Erscheinungen sind in den Prothallieu von nicht -apogamen Farnen zu sehen. Man könnte mit Recht die Frage aufwerfen, welche Berechtigung haben wir für den Schluß, daß (1. c.) Fig. 28, Taf. X eine Stufe in der Entwicklung eines apogamen Auswuchses sei, da es an den für den Beweis nötigen Stufenfolgen fehlt? In der Gesamtliteratur über Apogamie, die ich durchgelesen habe, hat sich in den Figuren, die dasselbe Entmcklungsstadium von jungen apogamen Auswüchsen erläutern, nichts gefunden, was Yamanouchis Fig. 29 entspräche. Diese Figur liefert in der Tat weder einzeln genommen noch im Zusammenhang mit all den anderen den Beweis der Apogamie. Sie unterscheidet sich keineswegs von ähnlichen Stufen normaler Embryonen, außer daß vielleicht eine scharf bezeichnete Scheidungs- linie zwischen Fuß- und Prothalliumgewebe besteht. Ich habe vor mir normale Embryonen von Dryopteris mollis, viel jüngere als der von Fig. 29 Yamanouchis, bei denen kein Unterschied zwischen Fuß- und Prothalliumzellen zu erkennen ist, so fein abgestuft ist ihr gegenseitiger Übergang. Bei einigen normalen, immer noch etwas kugelförmigen Embryonen besteht der einzige erkennbare TJnterscliied zwischen Prothallieu- und Fußzellen in den größeren Zellkernen bei den letzteren. Nach einiger Zeit verschwinden diese Unterschiede. In den zugänglichen Abhandlungen über apogamische Auswüchse wird ferner beschrieben und abgebildet, wie diese 1 — 3 sichtbare Blätter und in einigen Fällen einen ausgeprägten Stamm- scheitel treiben, bevor die Rudimentärwurzel sich zeigt. Der Ver- fasser ist gar nicht überzeugt, daß die von Yamanouchi dar- gestellten Gebilde, welche Anlagen zu apogamen Auswüchsen sein sollen, es wirklich sind. R. F. Allen (1911) beschreibt bei Aspidimn falcatum die Bildung von apogamen Sporophyten auf vermutlich unter normalen Bedingungen gezogenen Prothallien. Die apogamen Auswüchse erschienen gewöhnlich, als die Prothallien 5 oder 6 Monate alt waren. Das Prothallium wie auch der Sporophyt enthalten die- selbe Chroiiiosomenzalil , nämlich 60 — 65. Im sich entwickelnden Sporangium unterscheidet man gewöhnlich 16 Sporenmutterzellen, die paarweise verschmelzen. Die acht auf diese Weise gebildeten Zeileil erfahren dann die gewöhnlichen Tetradenteilungen, wodurch endlich 32 Sporen entstehen. Beobachtungen iUier einige Farnprotliallien usw. 77 Eine Zusaminenfassiing- der oben erwähnten Arbeiten zeigt, das Vorhandensein der Apogamie bei unmittelbar aus Sporen entwickelten Farnprothallien in einer ziemlich langen Reihe von Arten der Poly- podiaceen, aber nur in verhältnismäßig wenigen Fällen wurde dieser Ursprung als Resultat besonderer Kulturbedingungeu nachgewiesen. Um klar zu machen, daß eine länger ausgedehnte Kultur (d. h., viel länger als zu der Entwicklung normaler Embryonen erforderlich wäre) in direktem Sonnenlicht nebst Befruchtungsverliinderung keine Apogamie bei solchen Arten herbeiführt, die denen, die diese Fällig- keit besitzen, ziemlich nahe verwandt sind, und um die Wirkung unmittelbarer Beleuchtung auf gewisse Farnprothallien näher zu erläutern, dürften die Ergebnisse der Beobachtungen des Verfassers nicht ohne Interesse sein. Wie schon oben erwähnt, wurden die ProthaUien mehrerer Arten unter verschiedenen Beleuchtungsverhältuissen und auch während der verschiedenen Jahreszeiten kultiviert. Die Kulturen wurden in einem Gewächshauso gezogen, das sich von Norden nach Süden hin streckt, und das fast den ganzen Tag dem direkten Sonnenschein ausgesetzt ist. Die Lage des Gewächshauses ist der Erhaltung einer diffusen Beleuchtung sehr günstig, da es von der südlichen Seite eines weißen Kalksteingebäudes nicht weit entfernt ist. Dieses Gebäude fungiert gewissermaßen als Zurückstrahier und vermehrt dadurch das diffuse Licht im Gewächshaus. Während der Zeit, wo man künstliche Heizung nötig hatte, schwankte die Temperatur, sonnige Tage ausgenommen, von 18" bis 22° C. In der Sonne pflegte die Temperatur auf 24" oder 25" C zu steigen. Im Spätfrühling und Frühsomnier stieg manchmal die Temperatur bei klarem Wetter bis auf 35» C. Vom Mai bis zum Oktober mußte man das Dach weiß anstreichen, um Pflanzen im Gewächshaus ziehen zu können. Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß es in Indiana un- möglich ist, während der warmen Sommermonate ProthaUien von vielen Farnen im direkten Sonnenlicht zu ziehen. Um die Wirkung von direktem Sonnenlicht nebst der damit verbundenen Temperatur- erhöhung auf Kulturen im Frühling und Frühsommer zu bestimmen, wurde die folgende Reihe von Experimenten angestellt. Man über- ließ Aussaaten von Dryopteris mollis, D. stipularis und Matteuccia Striithioptens ilirer freien Entwicklung im direkten Sonnenlicht bis zum Erscheinen der ersten grünen Triebe. Darauf wurde die Hälfte der Töpfe in normale Verhältnisse versetzt. Unter normalen 78 IJavid M. Mottier, Veiiiältnisseu ließ die Entwicklung- der Prothallieu wenig zu wünschen übrig. Die Pflanzen aber, die dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt worden waren, sahen verkümmert aus, blieben klein und trugen, was die große Mehrheit anbetrifft, nichts als An- theridien. Eine verhältnisnicäßig kleine Anzahl entwickelte Arche- gonien. Der Zeitraum der Kultur erstreckte sich vom frühen März bis Mitte Mai. Mit der vorrückenden Jahreszeit starben die im direkten Sonnenlicht gezogenen Kulturen l)is zum Boden ab. Es ist unmöglich zu bestimmen, ob diese Beschädigung von heller Beleuchtung oder hoher Temperatur herrührt. Der Verfasser war außerstande, Prothallien im direkten Sonnenlicht zu ziehen und zugleich die höheren Temperaturen zu vermeiden. Heilbronn berichtet, daß Kulturen bei einer zwischen 27'^ und 29^ C schwanken- den Temperatur Schaden litten und nach anderthalb Monaten ein- gegangen seien, teilweise durch die Verwüstungen von Cyanophyceen ; bei einer Temperatur von 34*' l)is 36° C starben sie nach kurzer Zeit ab. Heilbronn spricht auch davon (1. c, S. 29), daß die Prothallien von Aspidinm flix mas var. grandiceps unter der Wirkung des direkten Sonnenlichts leiden. Man erinnere sich auch daran, daß Yamanouchi (a.a.O., S. 296) seine Kulturen bei einer Tem- peratur von 28" bis 29 '^ C züchtete. Er erwähnt weder die Jahres- zeit noch wie lange die Kulturen täglich dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt wurden. Lang sagt (1. c, S. 189), daß seine Kulturen während des Jahres 1896 im hellen Sonnenlicht des Gewächshauses zu Kew gezogen, aber Anfang 1897 nach Glasgow gebracht und von nun an in einer Wohnstube in Farnkästen (fern cases) auf- bewahrt worden seien. Prothallien, die unter normalen und zugleich optimalen Ver- hältnissen gezogen sind, zeigen in der früheren Zeit ihres Wachs- tums gewisse Abweichungen von denen, die dem direkten Sonnen- licht ausgesetzt worden sind; aber wenn diese Pflanzen älter werden, pflegen diese Unterschiede weniger stark ausgeprägt zu sein, wenn sie nicht völlig verschwinden. Die Abweichungen sind verschiedener Art bei verschiedenen Individuen. Unter einer Glas- glocke bei normalen Verhältnissen gezogen, pflegen die Prothallien, sobald sie regelmäßig herzförmig geworden sind, so zu stehen, daß die Herzbucht senkrecht nach oben gerichtet ist. Dies ist der Fall, besonders auf der flachen Oberfläche des Bodens, es bleibt sich gleich, ob sie dicht zusammen wachsen oder nicht. Auf den schrägen Seiten des Grabens zeigten die Pflänzchen eine bestimmte Beobachtungen ülier einige Farnprothallieii usw. 79 Neigimg dazu, wagerecht zu stehen, d. h. rechtwinklig zu dem Substrat. Von den dem direkten Sonnenlicht ausgesetzten Kulturen gilt dasselbe, aber in geringerem Grade. Wie Fig. 2 u. .3 zeigen, haben die im Schatten gezogeneu Pflanzen zuerst die regelmäßige Herzform, während die dem direkten Sonnenlicht ausgesetzten dazu neigen, breiter in transversaler Richtung und mehr abgerundet in den äußeren Umrissen zu werden. Fig. 2. Prothalliuni (Dryopteris molUsJ bei normalen Bedingungen gezüchtet. Sobald das Ai'chegonialpolster einigermaßen entwickelt ist und Archegonien zu erscheinen beginnen, nimmt das Mittelpolster eine mehr horizontale Lage an, und wenn die Pflanzen an Größe zu- nehmen, schmiegen sie sich fest an den Boden, vorausgesetzt daß sie nicht zu dicht zusammengedrängt sind. Wenn sie dicht zu- sammengedrängt stehen, so wachsen fast alle Pflanzen schief auf- wärts, dagegen wenn sie ^iel Platz haben, wachsen sie so, daß das Polster sich eng an die Erde schmiegt, ja so eng, daß sie von den Rhizoiden heruntergezogen zu sein scheinen. Die Flügel 30 David M. Mottier, andererseits stehen scliief nach oben g-erichtet, indem sie einen spitzen Winkel mit dem Erdboden bilden und sich in außerordent- lichen Fällen dermaßen biegen, daß ihre Ränder senkrecht nach oben gerichtet sind. Je älter die Prothallien, desto ausgeprägter ist die Neigung des Polsters, sich fest an die Erde zu schmiegen, obgleich in dieser Hinsicht die Schwankungen in derselben Kultur ziemlich stark sind. Bei Dryopteris mollis tragen alle Prothallien Archegonien auf dem Polster, während Antheridien sich sowohl auf dem Polster als mif den Flügeln entwickeln, auf letzteren in größerer Anzahl. Fig. 3. Prothallium (Dryopteris mollis) in direktem Sonnenlicht gezüchtet. Wenn man die obenerwähnte Stellung der Pflanzen auf der Erde und auch die Lage der Antheridien berücksichtigt, die auf einem höheren Niveau stehen als die Archegonien, und noch dazu auf einer Fläche, die gegen diese abfällt, so ist die Schwierigkeit einer länger fortgesetzten Kultur, falls die Befruchtung verhindert werden soll, sehr leicht zu verstehen. Auf diesen Prothallien entwickeln sich, wie langsam sie auch wachsen mögen, beständig neue Arche- gonien und Antheridien, und das bloße Bewässern von unten bildet keinen genügenden Schutz gegen die Befruchtung. Es stellte sich heraus, daß man sehr vorsichtig verfahren mußte, wollte man es Beobachtungen über einige Farnprothallien usw. g]^ verhindern, daß die Unterseite der Prothallien mit einer gerade genügenden Menge flüssigen Wassers in Berührung kam, das das Öffnen der Geschlechtsorgane und den Eintritt der Spermatozoiden bewirken könnte. Während einer 20jährigen Erfahrung im Züchten v(»n Farnprothallien hat der Verfasser das Bewässern von oben, um die Befruchtung zu sichern, nur selten nötig gefunden. Nur bei solchen Arten wie Matteuccia Stnithiopteris, bei der eine starke Neigung zur Dioecie in den Prothallien sich zeigt, ist das Bewässern von oben nötig geworden. Wenn die Erde eine genügende Feuchtig- keit besitzt, so daß Wasserhäutchen um die Erdpartikelchen herum mit Hilfe der Lupe sichtbar werden, dann wird eine genügende Menge flüssigen Wassers durch Kapillarität und durch Taubildung, besonders nachts, an der Oberfläche vorhanden sein, um die Be- fruchtung früher oder später zu sichern. Um die Befruchtung aus- zuschließen, müßte die Erde so trocken gehalten werden, daß man keine glitzernden Wasserhäutchen auf den Erdpartikelchen mit Hilfe der Lupe bemerken könnte. Es ist auch ratsam, die ver- dichtete Feuchtigkeit der inneren Fläche der Glasglocke abzutrock- nen, besonders abends, falls man die Erde während des Tages etwas zu stark angefeuchtet hatte. Die Verhinderung der Befruchtung durch das Regulieren der Wassermenge läßt sich leichter an Kul- turen bewerkstelligen, die unter normalen Verhältnissen gezogen sind, oder bei solchen, die gegen die direkten Sonnenstrahlen durch dünnes weißes Papier, welches an der Glasglocke befestigt ist, geschützt werden. Bei denen, die dem direkten Sonnenlicht aus- gesetzt sind, ist das Problem schwieriger infolge des schnellen Austrockneus der Oberfläche der Erde. Wenn die Erde im direkten Lichte ein wenig zu trocken wird, so muß man achtgeben, daß man einerseits nicht zu viel Wasser hinzufüge, w^odurch die Be- fruchtung leicht herbeigeführt werden könnte, und andererseits, daß man die Pflanze nicht beschädigen oder absterben lasse; denn diese Prothallien können andauerndes Austrocknen nicht vertragen. Indessen ist es doch gelungen, Prothallien Monate hindurch in einem gesunden Zustande zu erhalten, ohne die Befruchtung herbei- zuführen, sowohl unter normalen Verhältnissen, als auch im direkten Sonnenlicht. Bei einigen Kulturen wurde eine solche Wassermenge hinzugetan, die gerade dazu ausreichte, ein gleichmäßiges, jedoch sehr langsames Wachstum zu sichern. Die Pflänzchen erlangen in manchen Fällen eine verhältnismäßig ansehnliche Größe, indem sie einen Durchmesser von 8 — 9 mm haben; zuweilen findet man noch Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. O 82 David M. Mottier, größere Exemplare. Bei gewissen anderen Kulturen wurde eine Wassermenge hinzugefügt, welche knapp dazu ausreichte, um ein sehr langsames Wachstum oder gar keines zu ermöglichen. Bei diesen starben manche Prothallien ab, während andere am Leben blieben, aber sich Wochen hindurch im Stillstand befanden. Bei Kulturen, die Hunderte von Prothallien enthielten und jede Stunde dem direkten Sonnenlicht vom 10. Oktober bis zum 20. März aus- gesetzt wurden, wurde kein einziger apogamer Embryo und nur ganz wenige normale gefunden. Bei gewissen Kulturen, in welchen Embryonen erschienen, wurde jedes Prothallium entfernt, sobald der Embryo mit Hilfe der Lupe zu erkennen war, und darauf hin zum Untersuchen fixiert, geschnitten und gefärbt. Unter der großen Anzahl der beobachteten Embryoneu hat man keinen einzigen ge- funden, der aus einem unbefruchteten Ei entstanden wäre. Selbst in den wenigen Fällen, die Eigentümlichkeiten aufweisen, war nichts vorhanden, welches andeuten konnte, daß sie auf apogame Weise entstanden wären. Durch die Ergebnisse sämtlicher Kulturen bin ich davon über- zeugt, daß die Apogamie bei Dryopteris mollis (Jacq.) Hieron. durch Züchten der Prothallien im direkten Sonnenlicht nicht zustande gebracht werden kann, auch wenn die Befruchtung stets aus- geschlossen wird. Bis zu dem gegenwärtigen Zeitpunkt hat eine verlängerte Kultur weder bei Dryopteris mollis, Dryopteris stipu- laris, noch bei Matteuccia Struthiopteris die Entwicklung von apo- gamen Auswüchsen ermöglicht. Es wurden viele teratologische Erscheinungen bei älteren Prothallien in einigen von den Kulturen beobachtet, aber ihre ausführliche Beschreibung würde bei weitem die Grenzen dieser Abhandlung überschreiten. Häufig wieder- kehrende Phänomene waren die Adventivsprosse herzförmiger Lappen, die aus den Flügelrändern hervortraten, und die Ent- wicklung von Geschlechtsorganen auf der oberen sowohl, als auf der unteren Seite des Polsters. Beobachtungen über einige Farnprothallien usw. 33 Literatur. Allen, R. F.: Studies in spermatogenesis and apogamy in Ferns. Trans. Wis. Acad. Sei. etc., 17, 1—44, 1911. Black, Caroline A. : The development of the imbedded antheridium in Dryopteris stipularis ("Willd.) Maxon and „Nephrodiutn mollc" . Bull. Torr. Bot. Club, 36 557—571, 1909. De Bary, A.: lieber apogame Farne und die Erscheinung der Apogamie im Allgemeinen. Bot. Ztg., 36, 449, 1878. Farlow, W. (x. : An asexual growth from the prothallus of Pteris cretica. Quart. .Journ. Mic. Sei., 14, 266—272, 1874. Farmer, .T. B. and Digby, L. : Studies in apoapory and apogamy in ferns. Ann. Bot., 21, 161—199, 1907. Heilbronn, A.: Apogamie, Bastardierung und Erblichkeitsverhältnisse bei einigen Farnen. Flora, 101, 1—42, 1910 (Neue Folge, Bd. 1). Lang, W. H. : On apogamy and the development of sporangia upon fern prothallia. Phil. Trans. Roy. Soc. Bot. 190, 187—238, 1898. Woronin, Helene Wesselowska: Apogamie uud Aposporie bei einigen Farnen. Flora, 98, 101—162, 1908. Yamanouchi, S.: Apogamy in Nephrodium. Bot. Gaz., 45, 289 — 318, 1908. Ausblicke auf biologische Adsorptionserscheinungen. Von Friedrich Czapek. Bis zur neuesten Zeit wurde das Feld der physikalisch-chemi- schen Biologie ausschließlich von der Lehre A^om osmotischen Drucke, auf den Grundlagen der experimentellen Arbeiten W. Pfeffers und der Deduktionen von Van 't Hoff beherrscht. In dem Ausbau, welchen ihr die Arbeiten eines Arrhenius, Wilhelm Ostwald und N ernst gegeben haben, dient sie uns noch heute trotz mancher Einwände als feste Basis für die weitere Forschung- auf dem Ge- biete der Molekel und Ionen im Zustande der Lösung. Die Kolloid- chemie hat uns aber ein neues Gebiet erschlossen, in welchem besonders die Eigenschaften jener Teilchen zu erforschen sind, deren Größenordnung zwischen den größten bekannten Molekeln und den bereits mikroskopisch sichtbaren Körperpai-tikeln (den Mikronen) liegt. Innerhalb des Reiches der Kolloide enden die Anwendungen der Lehre vom osmotischen Druck, und wir treten hinüber zur Vorherrschaft der Grenzflächen- und Kapillarphänomene, unter deren wichtigste Tatsachen diejenigen gehören, welche wir als „Adsorptionserscheinungen" zusammenfassen. Es ist angesichts der überragenden Bedeutung, welche die Kolloide für den Aufbau und die Funktionen der lebenden Zelle besitzen, unmittelbar klar, welche Wichtigkeit den biologischen AdsorptionserscheinuDgen zukommt. Die folgenden Ausführungen sollen den Umfang dieser Phänomene schärfer feststellen und das Interesse auf einige allgemein beachtenswerte Gesichtspunkte in der Adsorptionsbiologie hinlenken. I. Der Begriff „Adsorption" hat manche Wandlung im Laufe der Zeit erfahren. Er ist eigentlich von der „Absorption" der Gase durch Flüssigkeiten ausgegangen, welche Henry in seiner grund- Ausblicke auf biologische Adsorptionserscheinungen. 85 legenden Untersuchuno; 1803 klargestellt hat: Erscheinungen, die wir heute einfach als Lösung der Gase in Flüssigkeiten beschreiben, und die voll in das Reich des osmotischen Druckes fallen. Wie bekannt, fand Henry, daß bei konstanter Temperatur die Kon- zentration des in der Flüssigkeit gelösten Gases im Lösungs- gleichgewichte direkt proportional ist dem Drucke im Gasraum. Es ist also für jede Temperatur der Quotient aus der in der Flüssigkeitsvolum eiuheit gelösten Gasmenge und dem Drucke im Gasraum eine konstante Größe. Da wir mit Van't Hoff für ge- löste Stoffe die strenge Geltung des Boyle -Mariotteschen Gesetzes annehmen, so läßt sich der Henry sehe Satz unmittelbar auf die Lösungsverteilung eines in zwei aneinandergrenzenden, nicht misch- baren Flüssigkeiten löslichen Stoffes übertragen. Dieses Gesetz begründeten Berthelot und Jungfleisch 1872 allgemein für Lösungen, und N ernst stellte 1891 in seinen Untersuchungen über den „Verteilungssatz" die exakte Beziehung dieser Erscheinungen zu der Lehre vom osmotischen Drucke her. Die Frage, ob das Gesetz von Henry auch für jene Fälle gilt, wo Gase von porösen festen Körpern aufgenommen werden, legte sich bereits 1814 Th. de Saussure zur Beantwortung vor. Seine Untersuchung ergab mit Sicherheit, daß hier jener Satz nicht gilt. Infolgedessen hat man in der Folge das Verschlucken von Gasen durch poröse und feingepulverte feste Köri3er als „Adsorp- tion" von der Gasaufnahme in Flüssigkeiten unterschieden. Obwohl im Laufe der Zeit quantitative Versuche über derartige Vorgänge mehrfach angestellt wurden, ließ eine allgemeine theoretische Be- handlung derselben bis zur neuesten Zeit auf sich warten, da Wilhelm Ostwald und besonders H. Freundlich einfache Wege zur Vergleichung solcher Erscheinungen auffanden. An Stelle der linearen Abhängigkeitsbeziehung zwischen Gasdruck und Lösungs- konzentration im Henry-Satze sehen vdr bei der Gasaufnahme durch feste Körper allgemein auffallend starke Wirkungen bei An- wendung geringer Konzentrationen des „Adsorbendums" und kleiner Mengen des „Adsorbens", und relativ schwache Effekte bei Ver- wendung sehr großer Quantitäten. Dies läßt sich leicht an der Adsorption von Jod durch feste Stärke nachweisen. Bringt man in einer Serie von Röhrchen ver- schieden große Stärkemengen, von ^12 Messerspitze bis zur 6 fachen Menge, mit 5 ccm Wasser und 5 ccm gesättigtem Jodwasser zu- sammen und schichtet das gleiche Volum Toluol darüber, so erkennt 86 Friedricli Czapek, man an der Färbung' des Toluols, daß die kleinsten Stärkemengen nicht viel weniger Jod fixiert haben wie die mittleren Mengen; erst sehr große Stärkemengen nehmen wieder merklich mehr Jod auf, wie das Blässerwerden der gefärbten Toluolschicht anzeigt. In diesen starken Wirkungen kleiner Adsorbensmengen haben wir die erste bedeutsame Erscheinung vor uns, welche au biologische Adsorptionen geknüpft ist. So ^-ird es möglich, daß die Pflanzen- wurzeln aus äußerst verdünnten Nährlösungen sich hinreichend mit den nötigen Stoffen versorgen können, was nach einem proportio- nalen Verhältnis in der Stoffaufnahme in viel ungünstigerem Maße der Fall sein würde. Mit dieser Eigenart der Adsorptionsvorgänge hängen andererseits die bedeutenden Wirkungen kleinster Gift- mengen, me Kupfersalzen, Anilinfarben, zusammen, welche so über- raschend stark sind, daß einst C. Nägeli dieselben als „oligo- dynamische Erscheinungen" und Phänomene ganz besonderer Art kennzeichnen wollte. Die Adsorption der Gase durch feinverteilte feste Körper zeigt uns aber auch noch eine zweite wichtige Eigen- schaft von Adsorptionsvorgängen durch ihre Abhängigkeit vom Feinheitsgrade des Adsorbens, d. h. von der Größe der Berührungs- fläche des Adsorbens mit dem Adsorbendum. Für die Sj-steme „Gas -Flüssigkeit" und „ Gas - Porösfester Körper" ist die Unterscheidung zwischen Lösungsgesetz und Ad- sorptionsgesetz ohne weiteres leicht möglich. Hingegen bestehen häufig Zweifel, namentlich bei den Biologen, wie jene Fälle zu deuten seien, in welchen kolloide Lösungen als Lösungsmittel oder Adsorbentien auftreten. Bis in die letzten Jahre wurden die Lösungsverteilungen auf eine echte Lösung und ein flüssiges Kolloid allgemein als Spezialfälle des Henry-Berthelotschen Prinzipes aufgefaßt, und H. H. Meyer und Baum z. B. waren bei ihren so wichtigen Untersuchungen über die Aufnahme der Narkotika in die Zelle dieser Anschauungsweise derart sicher, daß sie es in manchen Fällen für unnötig hielten, sich durch die Bestimmung des Löslichkeitsquotieuten für Fett und Wasser in stark ver- schiedenen Konzentrationsbereichen genau zu vergewissern, ob der Yerteilungssatz tatsächlich gilt. Nicht anders wurde die Jodstärke durch Küster nach dem Verteilungsprinzipe als „feste Lösung" gedeutet. Da es immerhin vorkommt, daß die Abhängigkeit zwischen Lösungsquotient und Konzentration bei konstanter Tem- peratur innerhalb kleinerer Konzentrationsintervalle nur geringe Abweichungen von einem Mittelwerte zeigt, so versteht man, wie Ausblicke auf biologische Adsorptionserscheinuiigen. 87 solche Versuchsergebnisse als mit dem Henry- Satze überein- stimmende Tatsachen betrachtet werden konnten. In allen diesen Fällen lehrt jedoch die umfassende Verfolg-ung der Löslichkeits- beziehungen, daß die Isothermen keine linearen, sondern angenähert parabolische Abhängigkeitsfunktionen darstellen. Sie folgen der- selben Beziehung, welche H. Freundlich aus den Chappuisschen Beobachtungen über Gasadsorption durch Kohle abgeleitet hat. Die pro Volumeinheit aufgenommene Substanzmenge ist hier überall nicht der ersten Potenz, sondern einer echten Bruchpotenz der zurückbleibenden Substauzkonzentratiou proportional, wobei der Potenzexponent oft um 0,5 liegt. Daher findet man häufig an- genähert die Relation c = k • V Ci. Allgemein wird diese Beziehung 1 in der Form c =^ k • Ci ** wiederzugeben sein, wobei u meist Werte zwischen 1 und 5 annimmt. Diese empirische Feststellung wäre ein Behelf zur Unterscheidung von echter Lösungsverteilung und Adsorption. Ein zweites Büttel zur Charakterisierung der Adsorptionsvorgänge in Flüssigkeiten wäre die experimentelle Größenänderung der Grenzfläche zwischen Dispersionsmittel und dispersem Stoff. Bei Kolloidlösungen läßt sich der Dispersitäts- grad häufig durch Zusätze oder andere Beeinflussungen ändern und so die Grenzfläche verringern oder vergrößern. Doch fehlen dies- bezügliche Experimentaluntersuchungen noch ganz, und es liegen die ^"erhältnisse hierbei so wenig übersichtlich, daß wir diese Methode der Adsorptionsuntersuchung noch nicht weiter berück- sichtigen können. Aber auch die graphische Kennzeichnung der Reaktions- Isotherme ist für Adsorptionen nicht immer eindeutig zu geben. Wenn wii' nach dem Vorgange von Nernst, auf den weiter unten entwickelten Prinzipien fußend, den Verteilungssatz für die Lös- lichkeit eines Stoffes in zwei aneinandergrenzenden sich nicht mischenden Lösungsmitteln allgemein in seiner Gültigkeit prüfen, so dürfen wir das Gesetz in seiner einfachen Form nur dann als zutreffend ansehen, wenn in beiden Lösungsmitteln eine bestimmte Menge der löslichen Substanz gleich viele gelöste Teilchen bildet. Bilden sich jedoch in dem einen Lösungsmittel einfache Molekel, in dem anderen Doppelmoleküle, so wird das Lösungsgleichgewicht nicht durch die Beziehung Ci/c2 = k wiedergegeben werden. Man wird vielmehr statt co, da in dem betreffenden Lösungsmittel die Zahl der normalen Molekel nach dem Dissoziationsgesetz der 88 Friedrich Czapek, Quadratwurzel aus der Konzentration proportional ist, V C2 ein- zuführen haben, und die konstante Beziehung muß lauten: Ci/Vc2 = kl. Formal ist dies aber dieselbe Relation, wie sie an- nähernd für viele Adsorptionsvorgänge gefunden wird. Da überdies bei der experimentellen Feststellung von Yerteilungsgleichgewichten infolge der niemals vollständig auszuschließenden partiellen Mischung beider Lösungsmittel Ungenauigkeiten nicht zu vermeiden sind, so ist es begreiflich, daß die Abgrenzung von Lösungs- und Adsorp- tionsvorgängen in flüssigen Medien große praktische Schwierig- keiten darbieten kann. Die Erkenntnis dieses Sachverhaltes hat V. Georgievics in jüngster Zeit veranlaßt, auch die erwähnten Effekte von Molekularaggregierung in Lösungen aus dem Ge- biete der echten Lösungserscheinungen auszuschließen und dem Reiche der Adsorptionserscheinungen zuzuteilen. Wir werden uns jedoch diesem Vorgehen ebensowenig anschließen können, wie der in der Biologie sehr häufig unterlaufenden Vermengung typischer Adsorptionsvorgänge mit der Lösungsverteilung. Es wäre daher nach einem anderen brauchbaren Mittel zur Scheidung der Bereiche von Löslichkeit und Adsorption Umschau zu halten. Wir verweisen auf die Anwendung des N ernst sehen Prinzipes der relativen Löslichkeitserniedrigung. Der Henry -Satz läßt sich, wie Nernst zeigte, direkt auf die gegenseitige Löslich- keit zweier Flüssigkeiten, die sich nicht in jedem Verhältnis mischen, anwenden. Grenzt etwa eine Ätherschicht an Wasser, so gilt offenbar für die Löslichkeit des Äthers in Wasser dasselbe Verhältnis, als wenn sich Ätherdampf im Wasser verteilen würde, d. h. die im Wasser lösliche Äthermenge ist dem jeweiligen Dampf- drucke des Äthers proportional L = k • P. Ist nun eine im Äther gelöste Substanz vorhanden, so ändert sie die Löslichkeit des Äthers in Wasser so, daß die nunmehrige Löslichkeit Li ( L. Wir be- zeichnen den Quotienten — = — - mit Nernst als relative Lös- Li lichkeitserniedrigung. Wenn, wie oben angenommen, der Henry -Satz gilt, so muß ^~^' = k . ^~^' , wo ^~^' die Li Pi Pi relative Dampfdmckerniedrigiing der Lösung bedeutet. Nach dem Raoultschen Satz ist aber — =— ^ = -^^, wobei n die Zahl der Pi N Moleküle des gelösten Stoffes und N die Molekelzahl des Lösungs- mittels ist. Daher muß ~ ' ebenfalls = ^ (Nernst), oder Li N ^ j^ . Ausblicke auf biologische Adsorptionserscheiiiungen. 89 wenn wir die den Molekülzahlen bei gleicher osmotischer Leistung- reziproken Molekulargewichte M und Mi einführen, so wird die IX- T •• 1- 1,1 -4. • A • L — Li M (Lösungsmittel) relative Loslichkeitserniedngung — = = ,,. \ — - — ^-— -- — - — - ^ Li Ml (gelöste Substanz)" So gibt uns die relative Löslichkeitserniedrigung eine einfache Be- ziehung zum Molekularge\\ichte des Zusatzstoffes. Diese Ableitung gilt zunächst für Nonelektrolyte. Ist der Zusatzstoff in seinem Lösungs- mittel dissoziiert, so hat man unter Benutzung der Umrechnungs- p p formel a = -, ttt^^ wobei P der beobachtete, Po der theoretische (n— 1) Po osmotische Druck, n die Zahl der aus einem Molekel entstehenden Ionen und a der Dissoziationsgrad ist, die Ionisierung zu berück- sichtigen. Umgekehrt müssen Salzzusätze zu Wasser auch die Löslichkeit des Wassers im Äther mit derselben Al)hängigkeit vom Molekular- gewicht herabdrücken, was man schon durch die dilatometrische Yergleichuug des Äthervolumens erkennen kann. Stoffe von hohem Molekulargewicht werden die geringste Löslichkeitserniedrigung erzeugen, und von Kolloiden wird man eine solche Wirkung praktisch nicht mehr erwarten dürfen. Kommt es aber in einem bestimmten Fall doch vor, daß ein Kolloidzusatz die Löslichkeit der einen Flüssigkeit a in der an- grenzenden Flüssigkeit b herabsetzt, so kann ein solches Verhalten nicht durch den Henrj'-Satz erklärt werden, und wir haben eine neue Erscheinung der Affinität zwischen Kolloid und Flüssigkeit a vor uns, die nicht zu den Löslichkeitserscheinuugen gehört, sondern als Adsorption aufzufassen ist. Bis zu einem gewissen Grade läßt sich ein solcher Effekt durch den folgenden Versuch veranschaulichen. Eine Serie Reagenz- gläser enthält Wasser auf Chloroform geschichtet in gleichen Mengen, und in jeder Probe die gleiche Menge Jod auf beide Lösungsmittel verteilt. Fügt man nun zu diesen Proben die gleichen prozentischen Mengen von NaCl, CaCl2, AICI3, Rohrzucker hinzu, wobei man eine Vergleichsprobe ohne Zusatz läßt, so ist zu beobachten, daß sich das Chloroform nach NaCl-Zusatz am dunkelsten durch Jod anfärbt, etwas weniger in der Probe mit CaCl2, noch weniger in der AI CI3 -Probe; die Probe mit Zucker- zusatz unterscheidet sich hinsichtlich der Verteilung des Jod praktisch nicht mehr von der Probe ohne Zusatzkörper. Diese Er- scheinung folgt also dem Molekulargewicht des Zusatzkörpers. Man 90 Friedrich Czapek, müßte demnach, wenn kein neuer Faktor hinzutritt, erwarten, daß alle Kolloide, welche wir unserem System Jodwasser-Jodchloroform hinzufügen, die Verteilung nicht beeinflussen. Dies ist aber nur insoweit richtig, als keine Adsorption von Jod durch den Zusatz- körper stattfindet. Fügen wir Dextrin zu, so erfolgt eine weitere Verarmung der Chloroformphase an Jod gegenüber der zusatzfreien Probe, und noch mehr äußert sich dieser Effekt beim Hinzufügen von Stärke- oder Eiweißlösung. Dieses Phänomen läßt sich vom Standpunkte des Henry-Nernstschen Prinzipes nicht mehr er- klären. Wir brauchen eine neue Vorstellung, um die Affinität der kolloidh altigen wässerigen Phase zum Jod zu beschreiben, nämlich den Begriff der Adsorption. Solche Versuche lassen sich unmittel- bar dazu benutzen, um die Jodbindung durch ein gelöstes Adsorbens analytisch zu bestimmen. Eine lineare Abhängigkeit der Jod- aufnahme vom Molekulargewicht der Zusatzsubstanz existiert in diesem Bereiche nicht mehr. Wohl aber hat die Kolloiddispersität einen großen Einfluß, und jeder Faktor, welcher die Grenzflächen- ausdehnung zwischen Jodlösung und Kolloid herabsetzt, drückt auch die Adsorption herab. Ebenso lassen sich die Adsorptions- vorgänge stören, wenn man einen Stoff Irinzufügt, welcher vom Kolloid stärker adsorbiert wird als die erst vorhandene Substanz. Wir müssen diese Erscheinungen der Adsorptionsverdrängung noch später eingehend würdigen. Diese so gewonnene klare Abgrenzung von Lösungs- und Adsorptionserscheinungen hat auch den Vorteil, daß sie uns zeigt, wie wenig zum Adsorptionsbegriff der Charakter der Irreversibilität gehört. Da nuiu häufig bei der Adsorption von Farbstoffen, Eiweißkörpern, Fermenten usw. durch feste Adsor- bentien findet, daß der adsorbierte Stoff gar nicht mehr oder nur stark verändert vom Adsorbens getrennt werden kann, so ist der Adsorptionsbegriff in der Biologie nicht selten willkürlich auf solche nicht umkehrbare Prozesse eingeschränkt worden. Primär dürfte wohl jede Adsorption sowie jeder Lösungsvorgang reversibel sein. Da aber an den Grenzflächen eine bedeutende Konzentra- tions- resp. Druckerhöhung herrscht, so unterlaufen hier leicht Veränderungen des adsorbierten Stoffes, welche dazu führen, daß die Substanz nicht mehr intakt wiedergewonnen werden kann. Solche Folgeerscheinungen sind wohl von dem eigentlichen Ad- sorptionsprozeß physikalisch zu sondern. Adsorptive Vorgänge werden nach dem Gesagten nur unter Beteiligung von solchen gelösten Teilchen als Adsorbens stattfinden, AusMicke auf biologische Adsorptioiiserscheiiiuiigen. ^1 welche oberhalb der Größenordnung von Molekülen liegen, also von Aniikronen oder Subniikronen. Das Adsorbendum können natürlich sowohl Ionen, als Molekel, als Molekiüarverbände dar- stellen. Es ist bisher noch nicht bestimmt worden, bei welcher Teilchengröße die Adsorptionswirkungen aufhören. Doch würde sich die Beobachtung der abnehmenden Jodbindung durch die aus Stärke hydrolytisch abgespaltenen Kohlenhydrate: lösliche Stärke- Amylodextrin - Erythrodextrin - Achroodextrin zur Verdeutlichung dieses Zusammenhanges eignen, insofern nicht die Abnahme der Jodbindung noch von anderen Umständen als von der Teilchen- größe abhängt. Auch die von Zsigmondy eingeführte „Goldzahl" der Kolloidlösungen gewährt Anhaltspunkte dafür, welchen Grad die adsorptiven Wirkungen erreichen. Die Bestimmung der ad- sorbierten Jodmenge durch Stärkelösung verschiedener Konzentration würde sich ferner dazu eignen, um Adsorptiousiutensität und Teilchengröße zu verfolgen, wenn nicht der Umstand hindernd in den Weg träte, daß sich die Teilchengröße von Kolloidlösungen mit steigender Verdünnung ändern kann. So spielen die Adsorptionserscheinungen in kolloiden Lösungen dieselbe Rolle, welche den wahren Lösungserscheinungen in os- motischen Lösungen zukommt. Daraus erhellt die fundamentale Bedeutung der Adsorptionsphänomene für die sich in den kolloiden Medien der Zelle abspielenden Vorgänge. II. So wie das Reich der Adsorption in den osmotisch wirksamen echten Lösungen seine Grenze findet (bereits in semikolloiden Lösungen dürften wahre Lösungsphänomene die Hauptrolle spielen), so stößt es auf der anderen Seite an die Oberflächenerscheinungen an, welche sich als Kapillaritätsphänomene, Oberflächen -Verdich- tungserscheinungen, Hautbild ungeu usw. ohne nennenswerte Grenz- flächenentfaltung einstellen. Wir wollen diese Erscheinungen als „Porenadsorption" der „Kolloidadsorption" zur Seite stellen. An der Porenadsorption treten zw^ei Kardinalsymptome der Ad- sorptionsphänomene ohne weiteres klar hervor: 1. Die Steigerung der Geschwindigkeit des Vorganges und die Erhöhung der adsor- bierbaren Quanten mit der Vergrößerung der wirksamen Oberfläche durch Zerkleinern des festen Adsorbens; 2. Die Konzentrations- steigerung oder Druckerhöhung der adsorbierten Substanz in der Q2 Friedricli Czapek,- Grenzschicht, welche zur Kondensation von Dämpfen oder rascher Verbrennung von Gasen Anlaß geben kann. Die Abhängigkeit der adsorbierten Substanzmenge von der Konzentration im um- gebenden Medium bei konstanter Temperatur wird auch hier durch 1 die Beziehung c = kci"" angenähert wiedergegeben. Setzt man nach Freundlich statt c den Quotienten aus der adsorbierten Substanzmenge durch die Menge des Adsorbens ( j und wendet die Adsorptionsgleichung in der logarithmierten Form: log 1 j = — log ci + log k au, so lassen sich alle experimentell bestimmbaren Daten der Isotherme graphisch in einer geraden Linie wiedergeben. Bayliss hat gezeigt, daß die Adsorption von Kongorot durch Filtrierpapier weitergeht, wenn man das Adsorbens allmählich zu- fügt, als wenn die ganze Menge auf einmal zugesetzt wird. Diese äußerlich an den aus der Serobiologie her bekannten Danysz- Effekt erinnernde Erscheinung ist insofern noch weiterer Unter- suchung bedürftig, als man nicht weiß, ob es sich sicher um eine Verschiebung des Endzustandes handelt, oder ob nicht doch nur eine Geschwindigkeitsänderung der Reaktion vorliegt. Da sich allgemein Stoffe, welche die Oberflächenspannung ihres Lösungsmittels gegen Luft herabsetzen, nach den thermo- dynamischen Untersuchungen von Willard Gibbs an der Ober- fläche anreichern, so haben wir zu erwarten, daß besonders kapillar- aktive Substanzen der Porenadsorption unterliegen. Dies läßt sich für Alkohole, Ester, Ketone, Fettsäuren usw. durch Kohlenpulver- Adsorption experimentell leicht bestätigen. Michaelis und Rona haben auch nachgewiesen, daß ein stärker kapillaraktiver Stoff dem Gibbs scheu Theorem entsprechend alle schwächer aktiven Substanzen von der Grenzfläche des Adsorbens entfernt (Adsorp- tionsverdrängung). Diese Erfahnmg läßt sich auch dazu be- nutzen, um adsorbierte kapillaraktive Stoffe unbekannter Natur hinsichtlich des Grades ihrer Oberflächenaktivität genauer zu be- stimmen. Sie müssen nämlich von allen stärker kapillaraktiven Stoffen bei einer bestimmten Konzentration, welche eben der kritischen Grenzflächenspannung entspricht, verdrängt werden. Alles dies sind Fälle von positiver Adsorption. Andererseits hat man bei Stoffen, welche die Oberflächen- spannung ihres Solvens erhöhen, eine Verminderung der Konzentra- Ausblicke auf biologische Adsorptionserscheinungen. 93 tion an der Grenzfläche zu erwarten: eine negative Adsorption, wie sie voraussichtlieh bei Salzlösungen und Kolile erfolgt. Im Pflanzenorganismus hat die Porenadsorption vor allem eine Bedeutung bei der Aufnahme, Festhaltung und Speicherung von Wasser. Damit im Zusammenhange findet sich eine große Zahl von Strukturen ausgebildet, welche man als Porenadsorptions- Mechanismen, Poren-Mechanismen, zusammenfassen kann. Schon den biologischen Typus des Moospolsters kann man hierzu rechnen, wie sich derselbe auch bei Luftalgen, Flechten, manchen Pilzen, aber auch bei phanerogamen Hochgebirgspflanzen und einzelnen Xerophyten in bekannter Art ausgebildet findet. Dicht nach den Radien einer Halbkugel gelagerte Stämmchen mit zahlreichen kleinen Blättchen gewähren bei einer minimalen Außenfläche des Polsters innerhalb der Porenräume eine gewaltige Grenzfläche, welche zur kapillaren Speicherung periodisch reichlich zur Verfügung stehenden Wassers dient. Aber auch der Hyphenfilz von Pilzen und Fucaceen mag als Porenadsorptions- Mechanismus gedeutet werden, da der Aufbau dieses Gewebes mit seinen vielen Hohlräumen viel weniger für einen Austausch wässeriger Lösungen direkt von Zelle zu Zelle, als zwischen den Zellreihen im kapillären Hohlraumsystem spricht. Als intracelluläre Porenadsorptions -Mechanismen sind die Spiral- faserzellen der Sphagnumarten, die Velamenzellen der Orchideen- luftwurzeln, sowie üie Wandverdickungen aller Gefäße und Trache- iden (deren unvollkommenste Erscheinung die Zäpfcheurhizoiden der Marchantiaceen darstellen) zusammenzufassen. Der Verholzungs- prozeß, der so gewöhnlich die Wände derartiger Zellen betrifft, bedingt geringere Quellbarkeit der Membran, was für die Einengung des Wasserstromes auf die leitenden KapUlarröhrengebilde von ökologischer Bedeutung ist. Besteht die Rolle der Porenmechanismen im Wasserhaushalte der Pflanze wesentlich in regulierenden, den periodischen Feuchtigkeits- überschuß und Feuchtigkeitsmaugel ausgleichenden Funktionen, so mag in anderen Fällen die erhöhte Konzentration des Adsorl)eudums an den Grenzflächen biologisch wichtig werden. So wäre zu er- wägen, ob nicht der Bau des Schwammparenchyms der Laubblätter mit der Funktion der Kohlensäureaufnahme aus der Luft derart zusammenhängt, daß man die erhöhte Kohlensäurekonzentration an den Grenzflächen nicht außer acht lassen darf. 94 Friedrich Czapek, III. Im Stoffwechsel der Pflanze spielt jedoch nur die Kolloid- adsorption eine dominierende Eolle. Hier sind wieder zwei Er- scheinungsgruppen zu würdigen: die Adsorptionserscheinungen an den Zellwänden und die Adsorptionserscheinungen im Zellplasma und dessen Kontenten. Sie entsprechen den physikalischen Typen der Geladsorption und der Adsorption in Solen. Pflanzliche Zellhäute sind allgemein dort am w^asserreichsten und am stärksten quellungsfähig, wo es auf einen intensiven Stoffaustausch ankommt. Dies ist nicht nur für Löslichkeitsbeziehungen und Diffusions- geschwindigkeiten, sondern auch für die Adsorption in Membran- gelen von ausschlaggebender Bedeutung. Nicht immer sind hier Lösung und Adsorption scharf getrennt worden. Besonders für den Gasdurchtritt durch Zellhäute hat man noch gar nicht die Rolle von Adsorptionen in Erwägung gezogen, sondern hat solche Vorgänge wesentlich als Lösungsphänomene angesehen, welche dem Henryschen Satze unterworfen sind. Immerhin legt uns die Tat- sache, daß gerade die am stärksten koerziblen Gase von der Zell- membran am leichtesten aufgenommen werden, den Gedanken nahe, daß möglicherweise der ganze Prozeß als Gasadsorption aufzufassen ist. Einschlägige Untersuchungen fehlen aber noch. Flüssigkeitsaufnahme und Flüssigkeitsdurchtritt durch Zell- membranen stehen in so enger Beziehung zu den Quellungs- erscheinungen, daß man in denselben nur Modifikationen des Quellungszustandes sehen kann. Trotz der großen theoretischen Fortschritte, welche die Lehre von der Quellung seit den grund- legenden Versuchen von F. Hofmeister über die „mechanischen Affinitäten" von Salzlösungen zu quellenden Leimplatten und seit den gedankenreichen Ausführungen von K. Spiro über „physi- kalische Selektion" gemacht hat, ist es derzeit noch sehr schwierig, die Bereiche von Lösliclikeits- und Adsorptionsbeeinflussungen in quellbaren Gelen auseinander zu halten. Dies liegt zum Teil an unseren unzureichenden Kenntnissen über die physikochemische Natur quellbarer Gele. Immerhin scheint Wo. Pauli im Recht zu sein, wenn er meint, daß zwischen Gelen und Solen keine wesent- liche Differenz bestehen kann mit Ausnahme der bei Gelen relativ geringen Verschieblichkeit der Teilchen, von der wir aber nicht wissen, wie sie zustande kommt. Daß in den Gelen Schwamm- oder Netzstrukturen im Sinne der von Bütschli begründeten Ausblicke auf l)iologische Adsorptionserscheinungen. 95 „Wabentheorie" als besondere Eigentümlichkeit vorkommen, wird durch die fortschreitende kolloidchemische Erforschung- der Gele immer unwahrscheinlicher. Es erscheint mir richtiger, die Physiko- chemie der Gele und Sole von gemeinsamen Gesichtspunkten aus zu behandeln. Die von F. Hofmeister entdeckte Quellungs- beeinflussung von Leimplatten durch Salze ist zweifellos ebenso als ein Löslichkeitsphänomen, eine „lyotrope Erscheinung" im Sinne von H. P^reundlich, zu deuten, wie die in vieler Hinsicht sehr analog vor sich gehende Aussalzung von Eiweiß-Solen. Denn alle jene Neutralsalze, welche am stärksten eiweißfällend wirken: die mehrwertigen Kationen einerseits, andererseits die Anionen der Schwefelsäure, Zitronensäure, Weinsäure, setzen die Quellung am stärksten herab. Andererseits haben Rhodanide, Chloride, Nitrate, welche nur schwach eiweißfällend wirken, einen mehr minder aus- geprägt quellungsfördernden P^influß. Man kann solche Vergleiche sehr anschaulich und ziemlich genau mit Hilfe einer kleinen Wage anstellen, welche unterhalb der kleinen zur Aufnahme der Tariergranaten dienenden Schälchen eine Vorrichtung zum Befestigen von Gallertwürfelchen besitzt. Tariert man zwei in Wasser gequollene Gallertwürfelchen genau aus und läßt dieselben an der Wage befestigt in die zu vergleichen- den Salzlösungen eintauchen, so lassen sich nach genügend langer Zeit, sobald man die Gefäße mit den Salzlösungen beseitigt hat, die Gewichtsdifferenzen ohne weiteres feststellen. Tauchte eines der Würfelchen in Wasser ein, das andere in Salzlösung, so erfährt man den Grad der Vermehrung oder Verminderung der Quellung. Auch die Farbstoff aufnähme durch gequollene Gelatine zeigt uns dadurch, daß sie (bei Methylenblau und Gelatine) umso stärker eintritt, je wasserreicher das Gel ist, daß es sich um Lösungs- erscheinungen handelt. Es fällt auf und scheint dieser Ansicht zu widersprechen, daß sich gequollene Gelatine mit Methylenblau oder Methylviolett bei Gegenwart von Sulfatlösung (welche die Quellung herabsetzt, also die Gelatine wasserärmer macht) viel stärker anfärbt, als Gelatine mit rein wässeriger Farbstofflösung. Hingegen nimmt Gelatine, welche in Rhodankalium stark gequollen ist, aus einem anderen Lösungsmittel Methjdenblau nur sehr wenig auf. Daß es sich trotzdem in solchen Fällen um lyotrope Wirkungen und nicht um Adsorptionsverdrängungen handelt, ersieht man dar- aus, daß auch aus einer Methylenblau-Chloroformlösung mehr Farb- stoff in Sulfatlösung übertritt als in reines Wasser. Dies sind 96 Friedrich Czapek, demnach alles Fälle von Lösung-sverteilung. (Versuche von Dr. Helene Nothmann-Zuckerkandl.) Wie aber Wo. Pauli für die Eiweiß -Sole gezeigt hat, daß man die Adsorptionserscheinungen mit Neutralsalz -Ionen nur bei Anwendung- möglichst elektrolytfreier Kolloidlösung und verdünnter Salzlösung rein zur Anschauung bringen kann, so ist es offenbar auch bei den quellbaren Gelen. Deren Analogie mit den Solen äußert sich auch hier in vollkommener Weise. Wenn eine Eiweiß- lösung durch wochenlange aseptische Dialyse von den vorhandenen Elektrolyten möglichst weitgehend befreit wird, so gewinnt sie nach Paulis Erfahrungen eine Reihe charakteristischer Eigen- schaften: leichte Koagulierbarkeit, geringe Viskosität und großen elektrischen Leitungswiderstand. Fügt man ein wenig Säure oder Alkali hinzu, so ändern sich diese Eigenschaften sehr stark: die Gerinnungsfähigkeit nimmt ab, Viskosität und Leitfähigkeit hin- gegen wachsen bis zu einem Maxioium. Aus diesen Gründen spricht Pauli von nicht ionisiertem und von loneneiweiß. Das unelektrische Eiweiß zeigt nun viel ausgeprägter Adsorption von Neutralsalz -Ionen als das Ionen- Eiweiß, welches in vieler Hin- sicht den echten Lösungen näher steht und lyotrope Erschei- nungen in den Vordergrund treten läßt. Die Versuche von R. Chiari aus Paulis Institut haben gezeigt, daß die ausdialy- sierte Gelatine manche Vergleichspunkte mit dem unelektrischen Eiweiß bietet. Ein Hinzufügen von sehr wenig Säure oder Alkali bewirkt außerordentliche Steigerung der Quellung. Voraussichtlich wird auch bei der unelektrischen Gelatine die Salziouenadsorption am stärksten sein, während die elektronegativ aufgeladene Säure- gelatine und die elektropositive Alkaligelatine vor allem Adsorptions- erscheinungen mit entgegengesetzt geladenen anderen Kolloiden auf- weisen wird. Im ganzen läßt sich demnach nicht voraussetzen, daß die Zellhaut- Gele wichtige adsorptive Funktionen im Stoffwechsel aus- üben. Sie werden vielmehr gelöste Stoffe wahllos dem Zellplasma zuführen, um so leichter, je stärker ihr Quellungsgrad ist. Nur im Laufe langer Zeit werden Adsorptionen relativ stark wirksamer mehrwertiger Ionen zu erreichen sein. So häufen sich in alten Zellmembranen Kalzium und Magnesium, besonders aber auch Eisen und Mangan an. Da Verdrängung durch stärker adsorbierbare Substanzen nicht möglich ist, so bleiben diese Stoffe in ungestörter Bindung liegen. Ausblicke auf biologische AdsorptionserscheinuDgen. 97 Hingegen müssen wir eine biologische Rolle jenen adsorbierten Elektrolyten zuschreiben, welche bei der intrazellulären Abscheidung von Gelen in Adsorptionsverbindung ausfallen. So ist es durch die Studien von Samec wahrscheinlich geworden, daß Elektrolyt- Adsorptionen, und zwar Phosphationenbindung, beim Unlöslich- werden der Amylumkolloide eine gewisse Bedeutung besitzen. Schließlich hal)en wir auch die Bindung von kolloiden Lösungen durch Gele zu den Adsorptionserscheinungen zu rechnen. Der- artige Vorgänge kommen u. a. in Betracht bei der Aufnahme von Enzymen durch feste Kolloide. Es ist wohlbekannt, wie empfind- lich der Nachweis von Pepsin geführt werden kann durch Adsorp- tion desselben an mit Salzsäure imprägnierten Fibrin- oder Elastin- flöckchen, selbst in der verdünntesten Lösung. Auch die Färbungen von Zellwänden sind als Adsorption kolloider gefärbter Materialien aus der Gruppe der Tannoide, Phlobaphene usw. zu betrachten. Selbst hochmolekulare Alkaloide wie das Berberin können in Gel- membranen festgehalten werden. So wirkt die Adsorption hier wenigstens im Dienste der Stoffverteilung in der Pflanze und zur Festlegung anderwärts nicht mehr verwertbarer Körper- bestandteile. Wenigstens in gewissem Maße müssen wir unsere Betrach- tungen über Gel-Adsorption auch auf die Adsorptionswirkungen durch Kolloide des Humusbodens und auf die Erreichung der hier adsorbierten Stoffe durch die nahrungsuchende Pflanze ausdehnen. Zweifellos wird es bei der Gewinnung stark adsorbierbarer Sub- stanzen, wie der Ammonium-Ionen darauf ankommen, die Adsorp- tionsverbindungen derselben nach dem Verdrängungsprinzip zu lösen. Dabei kommt die elektronegative Ladung der Membran- kolloide der Wurzelhaare, die „Säureausscheidung der Wurzeln" wesentlich in Betracht, um jene wichtigen Kationen für die Pflanze zu sichern. Es ist nicht erst nötig eine Säurewirkung durch Wurzelsekrete und Diffusion auf Distanzen hinaus zu entfalten, sondern die hochquellbaren elektronegativ aufgeladenen Zell- membranen erfüllen hier wohl voll den Zweck, die Umsetzung der Bodenbestandteile zu erreichen. Daß es nicht auf förmliche Säure - Sekretion ankommt, scheint aus der Erfahrung hervorzugehen, daß wohl die angepreßt wachsenden Wurzeln auf Lackmuspapier Rötung erzeugen, die ausgeschiedenen Flüssigkeitstropfen jedoch nicht sauer reagieren. Dies wäre durch Adsorptionswirkung elektro- negativer Zellwandkolloide zu erklären. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. ' 98 Friedrich Czapek, Eine weit ausblickende Untersuchung von Bau mann und Gully hat erst vor wenigen Jahren die fundamentale Bedeutung von Gel -Adsorptionen für den Stoffwechsel des Erdbodens ge- bührend gewürdigt. Es ist nun allerdings nicht entschieden, ob man berechtigt ist das Vorhandensein von kolloidalen „Humus- säuren" im Boden vollständig in Abrede zu stellen, wie dies die beiden genannten Forscher taten. Aber wenn es auch solche hoch- molekulare Säuren im Boden gibt, so spielen Adsorptionsverbindungen derselben mit anderen Bodenkolloiden eine weitaus bedeutungs- A^ollere Rolle, als man bisher angenommen hatte, und auch die Bindung basischer Bodenbestandteile ist augenscheinlich nur zum geringen Teile salzartiger Natur, vielmehr zum größten Teile louen- adsorption durch elektronegative Kolloide. Deshalb ist es begreif- lich, daß man in der praktischen Moorkultur durch Adsorptions- sättigung mit Kalk für die Aufnahme der Metallkationen durch die Pflanze viel günstigere Bedingungen schafft, und hierdurch erfolg- reiche Feldwirtschaft anbahnt. IV. Kolloidadsorption durch flüssige kolloide Adsorbentien ist mit Unrecht bisher meistens nur da in Betracht gezogen worden, wo es sich um irreversible oder reversible Fällungserscheinungen, Ausflockungen, handelt ; es muß betont werden, daß auch Lösuugs- adsorptionen zu berücksichtigen sind. Schon die Sättigung kol- loider Flüssigkeiten mit Gasen wird man dahin zu prüfen haben, ob hier der einfache Heurj'-Satz gilt, oder ob vielmehr aus stark verdünnten Gasen relativ stärkere Aufnahme stattfindet, als unter erhöhtem Gasdrucke. Solche im Absorptiometer leicht ausführbare Versuche fehlen aber noch, und so ist es unentschieden, ob die Gassättigung kolloidaler Zellflüssigkeiten als reine Lösungserschei- nung oder als Gasadsorption zu deuten ist. Ebenso ist es un- bekannt, wie solche Erscheinungen von der Konzentration der Sole abhängen und wie etwa Salzzusätze zum Kolloid die Gasaufnahme zu fördern oder zu hemmen imstande sein mögen. Im übrigen wii'd man hinsichtlich der Adsorptionserscheinungen in Kolloidflüssigkeiten einmal durch den Grad der Dispersität, und dann durch die lyophile Natur der Sole grundsätzliche Differenzen zu erwarten haben. Es wird sich empfehlen, die Adsorptionen durch Suspen- soide von jenen zu trennen, welche sich an Emulsoiden abspielen. Ausblicke auf biologische A(l80^ptiousel•i^cheinullgell. 99 Siispensoido KoUoidfllissigkeiten, in denen ultramikroskopisch auflösbare Partikel: „Snbmikronen" eine Hauptrolle spielen und bei denen die Ij^opliilen Eigenschaften zurücktreten, werden uns typisch durch Platinsol, Goldsol und andere Metallsole vertreten. Sole dieses Typus fehlen auch in der lebenden Zelle nicht, doch wird der kolloidchemische Charakter des lebenden Protoplasma wesentlich durch die lyopliilen Eiuulsoide bestimmt. Wie die Metallsole oder feinst verteiltes Mastixharz zeigen, gibt es hier stetige Übergänge zu den mikroskopisch auflösbaren Suspensionen nicht mehr kolloi- daler Natur. Auch nach ihrem physikalischen Verhalten sind die Suspensoide ultramikroskopisch feine Suspensionen fester Partikel in einer Flüssigkeit. Bei intravitalen Gerbstoffällungen in Pflauzen- zellen durch Koffein lassen sich innerhalb des Zellraumes alle möglichen Übergänge zwischen grob tröpfchenartigen Fällungen bis zu mikroskopisch nicht mehr auflösbaren Ausscheidungen, je nach der Konzentration der vorhandenen Gerbstoffmenge beobachten. Bei geringen Gerbstoffquantitäten sieht man mikroskopisch nur die braunrote Farbe von Suspensoiden in durchfallendem Licht, ohne die Partikel selbst unterscheiden zu können. Im Zellsaft dürften manche kolloide Kontenta in derartiger Verteilung vor- kommen, was noch näherer Untersuchung bedarf. Aller Wahr- scheinlichkeit nach werden auch in Milchsäften ultramikroskopisch auflösbare Kolloidpartikel neben der groben Tropf chensuspension (Emulsion) vorkommen. Bei allen solchen Kolloiden spielen nun Adsorptionen eine gi'oße Rolle. Besonders bekannt ist die Erscheinung, daß Sus- pensoide durch kleine Elektrolyt mengen ausgeflockt werden, ein Verhalten, das sie mit nichtkolloiden Suspensionen teilen. Hier- bei spielt die elektrische Ladung der Kolloidpartikel und jene der zugesetzten Ionen eine entscheidende Rolle, indem sich nach dem von Hardy aufgestellten Grundsatz stets nur ungleichnamig ge- ladene Partikel und Ionen ausfällen. Das Phänomen wird nach Hardy und Predig als elektrokapillare Erscheinung aufgefaßt. In dem Momente, in welchem Elektroneutralität hergestellt wird, erreicht die Oberflächenspannung an der Kolloidgrenzfläche ihr Maximum, und es wird die bei der Koagulation stattfindende Ober- flächenverkleinerung und die Absonderung des Kolloids am schnell- sten stattfinden. Umgekehrt wird jeder Faktor, welcher die Potentialdifferenz zwischen Kolloidpartikeln und Dispersionsmittel erhöht, die Adsorption fördern. Dementsprechend koaguliert der 2QQ Friedrich Czapek, aus elektroiiegativen Harzkolloiden bestehende Milclisaft auf Zusatz von verdünntem Ammoniak oder anderen elektropositiven Ionen, beziehungsweise elektropositiven Kolloiden. In allen solchen Suspensoiden ist das Quantum der dispersen Substanz, wie von den Edelmetallsolen bekannt ist, äußerst gering gegenüber der Masse des Dispersionsmittels. Deswegen werden auch kaum die durch ihre Menge bedeutungsvollen Plasmasubstanzen vorherrschend in einer derartigen Verteilung in der lebenden Zelle zu erwarten sein. Einer eingehenden Betrachtung bedürftig sind bestimmte Ad- sorptionserscheinungen zwischen Suspensoiden und Emulsoidkolloiden lyophiler Natur, die man als „Bildung von Schutzkolloiden" bezeichnet, weil die Stabilität des sonst leicht veränderlichen Sus- pensoids hierdurch bedeutend erhöht wird. Wie bekannt, benutzt man organische Sole mit Vorteil bei der Herstellung von dauer- haften kolloiden Metallösungen oder Solen von Hydroxyden oder Sulfiden. Die „Einhüllungsh5^pothese", wie sie sich zurzeit des meisten Beifalles erfreut, nimmt an, daß das Emulsionskolloid Schutzhüllen um die Submiki'onen des anderen Kolloids bildet, wobei es sehr wichtig ist, daß das Schutzkolloid Lösuugsaffini- täten zum Dispersionsmittel besitzt, welche dem anderen Kolloid abgehen. Ein wichtiges physiologisches Beispiel hierfür sind die Fett- emulsionen. Während es nicht gelingt, in ganz reinem Wasser neutrales Fett in mehr als Spuren zu verteilen und bald Ent- mischung erfolgt, ist die Herstellung einer dauerhaften Emulsion ohne weiteres möglich, wenn man etwas Alkali zufügt und so ein geringes Quantum von wasserlöslichem Seifenkolloid erzeugt. Auch im Protoplasma sind offenbar die zahllosen mikroskopisch und ultramikroskopisch unterscheidbaren Tröpfchen durch solche Schutz- kolloide in ihrem dispersen Zustand erhalten. Derartige „Schutz- hüllenbildungen" wären nicht möglich, wenn nicht Adsorptions- affinitäten zmschen den beiden Kolloiden vorhanden sein w^ürden. Man darf annehmen, daß auch hier der elektrische Ladungssinn entscheidet und daß nur ungleichnamig elektrische Teilchen die Adsorptionsverbindung eingehen. Im Neutralfett dürften Spuren vorhandener freier Fettsäuren hinreichen, um das Kolloid negativ aufzuladen; adsorbiert werden daher die elektropositiv geladenen Alkaliseifen. Das amphotere Eiweiß wird in der Zelle sehr aus- giebig zu Adsorptionen an elektronegative und elektropositive Sus- Ausblicke auf biologische Adsorptionserscheinuiigen. 101 pensioiiskolloide verwendbar sein und auf diese Art eine große Rolle als Scliutzkolloid spielen. Ein Fall von Schutzkolloidwirkung liegt auch wahrscheinlich in der blauen Jodstärke vor. Da alle Einwirkungen, welche wie Alkoholzusatz, Jodkalium die Dispersität des Stärkekolloids herab- setzen, auch einen roten Färbungsumschlag der Jodstärkelösung herbeiführen, so kann man annehmen, daß sich dabei die Größe der Jodteilchen verringert, bis sie endlich die Größenordnung der Molekel erreicht und die braunrote Farbe der Jodjodkaliumlösung oder Jodtinktur auftritt. Analog den Goldsolen hat das gröber kolloid verteilte Jod eine blauviolette Färbuug und die Stärke hat nur die Funktion, die Vereinigung der Partikel des kolloiddispersen Jod als „Schutzkolloid" zu verhindern. In dieser Anschauungs- weise wäre es begTündet für Glykogen oder Erythrodextrin, die Jod mit braunroter, beziehungsweise weinroter Farbe lösen, eine geringere Schutzkolloidwirkung anzunehmen, die in der höheren Dispersität begründet ist. Schließlich wird im Achroodextrin die Teilchengröße der Kohlenhydratlüsung so gering, daß eine Schutz- kolloidwirkung nicht mehr zustande kommen kann. Dem Gesagten ist zu entnehmen, daß man nur mit Vorsicht aus einer roten Jod- reaktion eines Kohlenhydrates auf dessen Identität mit Gkkogen oder Amylodextrin schließen darf, da man ja in jeder Stärkelösung eine rote Jodreaktion in beliebiger Intensität durch Jodkalium zusatz erzeugen kann. Die Schutzwirkung bei Fettkolloiden zeigt sich sehr augen- fällig in den Veränderungen von Nährgewebszellen während der Keimung. In ungekeimten Samen ist das Fett in kolloider Form im Plasma verteilt und ^ird offenbar durch Schutzkolloide in kolloiddisperser Form erhalten. Sobald aber durch das Eingreifen fettspaltender Enzyme freie Fettsäuren in erheblicherer Menge auftreten, wird die Isoelektrizität gestört und das Schutzkolloid ist nicht mehr ausreichend, um das Zusammenfließen der submikro- nischen Tröpfchen zu hindern : die Fetttropfen werden mikroskopisch sichtbar. Der Prozeß schreitet nun weiter bis zur völligen Ent- mischung von Fett und dem übrigen Zellinhalte. Auch im ruhen- den Nährgewebe gelingt es, durch Wasserzusatz zu den Schnitten, die Schutzkolloide zu entfernen und die nämliche Entmischungs- Mirkung eintreten zu lassen. ]^Q2 Friedrich Czapek, V. Emulsoid-Sole, d. i. kolloide Lösungen amikronischer Dis- persität und lyophilen Charakters, spielen im lebenden Protoplasma als aufbauende Faktoren die allergrößte Rolle. Die Lebens- erscheinungen der Zelle sind wesentlich durch die physikalischen Eigenschaften solcher Bestandteile bestimmt. Die Emulsoide um- fassen das Grenzgebiet der Kolloide gegen die echten Lösungen, welche dem Gasgesetze unterworfen sind. Sie gehen stetig über in Lösungen von gTößerem osmotischen Druck und hoher Dis- persität (Semikolloide) und schließhch in molekulardisperse Lösungen. Ein gewisser Teil der Partikel in den Solen selbst dürfte bereits in den Bereich der Größenordnung der Einzelmolekel fallen. Die Feststellung von Adsorptionserscheinungen unterliegt hier oft be- deutenden Hindernissen durch den stark lösungsartigen Charakter solcher Kolloidflüssigkeiten, welcher durch die große Affinität der Kolloidpartikel zum Lösungsmittel bedingt ist. So ist es, me be- kannt, nicht mehr möglich, Eiweißlösungen durch kleine Elektrolyt- niengen zu flocken und nur große Salzmengen scheiden durch ihre Einwirkung auf das Dispersionsmittel das Eiweiß aus. Dies sind rein lyotrope Wirkungen. Es sei nochmals erwähnt, daß die quell- baren Gallerten von Leim oder Kohlenhydraten ganz parallele Er- scheinungen in ihrem Verhalten zu Xeutralsalzen aufweisen, so daß sich solche Gallerten und lyophile Emulsoide physikalisch sehr nahe stehen, so\\ie andererseits lyophobe Suspensoide und die porös- amorphen festen Ausscheidungen von festem unquellbarem Kolloid, die man auch hier als Gele bezeichnet. Wir wollen die Kolloidadsoi-ptionen an Emulsoiden nach der Art dei- adsorbierten Stoffe in Ionen-, Molekular- und Kolloid- adsorptionen gliedern. Das Studium der lonenadsorption in Eiweiß -Solen hat im Anschlüsse an die Arbeiten von Hardy besonders in den Unter- suchungen von Wo. Pauli zu bemerkenswerten Anschauungen in der Physikochemie der Proteine geführt. Wenn man eine native Eiweißlösung durch Dialyse möglichst von beigemengten und rever- sibel absorbierten Elektrolyten befreit, so gewinnt das Präparat Eigenschaften, welche es in charakteristischer Weise von dem ursprünglichen Eiweiß unterscheiden. Der elektrische Leitungs- widerstand wächst enorm an, die Viskosität sinkt bis auf ein be- stimmtes Minimum, und die Koagulierung durch Erhitzen oder Ausblicke auf biologische Adsorptionserscheinungen. 103 durch Alkohol ist viel ausgeprägter imd leichter zu erreichen als beim uativen Eiweiß. In diesem „unelektrischen Eiweiß-Sol" ist der lonengehalt bis auf einen minimalen Betrag an negativen Ionen zurückgegangen und praktisch ist solches Eiweiß Nonelektrolyt. Fügt man zu solchem Eiweiß eine Spur Lauge oder Säure hinzu, nur bis zum Betrage von 1 — 3 Millimol, so ändert das Sol seine physikalischen Eigenschaften bedeutend. Außer dem Eintritt einer ausgeprägten elektrischen Leitfähigkeit, welche uns das Entstehen von Ionen anzeigt: Eiweiß -Anionen bei Laugenzusatz, Eiweiß- Kationen bei Säui-ezusatz, beol)achtet man eine enorme Erhöhung der Viskosität und eine Verringerung der Koagulationsfähigkeit durch Hitze oder Alkohol. Dieser Zustand wird ionisiertes Eiweiß genannt. Beide Zustände sind reversibel ineinander überzuführen, wenn die Säure oder Lauge nur in sehr geringer Konzentration und nicht zu lange Zeit eingewirkt hat. Von Interesse ist es, daß sich im lebenden Plasma Verände- rungen hervorrufen lassen, welche augenscheinlich dem Übergang von unelektrischem in loneneiweiß entsprechen. Versuche von Dr. Bore seh in unserem Laboratorium zeigten, daß in ausgetretenem Protoplasma von Vaucheria (welches in passend konzentrierter Van't Hoff-Lösung relativ sehr lange seine normale Beschaffen- heit behält) kleine Alkalizusätze eine deutliche Quellung erzeugen, die sich durch Auftreten von Tröpfchen in Brownscher Bewegung verrät. Diese Veränderung geht nach Auswaschen des Alkali nach einiger Zeit zurück. Wahrscheinlich hat man hier elektro- negatives (Alkali) Eiweiß aus unelektrischem Plasmaeiweiß erzeugt, ein Vorgang, der reversibel ist. Aus verschiedenen Gründen ist anzunehmen, daß im Proto- plasma sowohl unelektrische als ionisierte Eiweiß-Sole vorkommen, und von dem relativen Mengenverhältnisse beider Stoffgattungen müssen die phj'sikalischen Eigenschaften des Zellprotoplasmas in hohem Maße beeinflußt werden. Nonelektrolyteiweiß und lonenprotein unterscheiden sich auch in sehr bestimmter Weise hinsichtlich der Adsorption von Salzionen. Da das lonenprotein in seinen Eigenschaften viel mehr lösungs- ähnlich ist, als das unelektrische Eiweiß, so darf man voraussetzen, daß in dem letzterem die lonenadsorption viel ausgeprägter möglich ist. So ist es auch tatsächlich gefunden worden. Setzt man zu ausdialysiertem Eiweiß eine geringe Menge von Neutralsalz, so ward die Koagulationstemperatur merklich erhöht und die Viskosität \Q^ rriedrich Czapek, erniedrigt (Wo. Pauli). Das Salzeiweiß ist dann stabiler als das salzfreie Nonelektrolyteiweiß. Da sehr geringe Salzmengen bei der Herbeiführung dieser Veränderung relativ viel wirksamer sind als größere, so ist die Annahme einer Salzeiweißadsorptionsverbindung nahegelegt, womit auch sonst alle Momente bei solchen Erschei- nungen stimQien. Nur Elektrolyte, nicht aber Nichtleiter (Zucker, Harnstoff) sind in diesem Sinne wirksam. Während bei den Albu- minen sowohl das Nonelektrolyteiweiß wie die Salzadsorptionsver- bindungen löslich sind, ist das Nonelektrolyt- Globulin unlöslich und dessen lonenadsorptionsverbindungen wasserlöslich. Es ist also möglich, daß Salzionen in der Zelle durch die Bildung von Globulinadsorptionsverbindungen bestimmte Eiweiß-Sole des Plasmas konstituieren helfen. Fügt man Aäel Salz zur Lösung eines Non- elektrolyteiweiß, so tritt außer der Adsorption die als Aussalzung bekannte Fällungserscheinung ein, welche mit echten Adsorptionen nichts mehr zu tun hat. Wenn man zu loneneiweiß, z. B. Säureprotein, kleine Zusätze von Neutralsalz fügt, so beobachtet man, wie Pauli zeigte, Sinken der Viskosität, Förderung der Hitzegerinnung und Alkoholfällbar- keit, demnach Veränderungen, welche nicht anders als durch Rück- gang der Ionisierung zustande kommen können. Die Zahl der elektroneutralen Eiweißteilchen vermehrt sich und diese adsorbieren die zugesetzten Salzionen. An lebenden Zellen lassen sich verschiedene dieser lonen- adsorptionen beobachten und erläutern. Szücs zeigte, daß Pflanzen- zellen in Gegenwart sehr verdünnter Lösungen von Aluminium- chlorid keine Schädigungen durch sonst unbedingt letale Konzen- trationen von Kupfersalzen erfahren, weil das dreiwertige AI-Ion stärker adsorbiert wird als die Cu-Ionen. Mit AI-Ionen gehen die Kolloide des Cytoplasmas von Spirogjjra starre Adsorptionsverbin- dungen ein, welche jede plasmolytische Kontraktion verhindern, so daß Fluri gemeint hatte, daß Aluminiumsalze das Cjioplasma durch Permeabilitätserhöhung unplasmolysierbar machen. Auch diese Adsorptionserscheinung ist reversibel. Ferner ist lonen- adsorption bei der Aufnahme von Alkaloidbasen und von vielen Anilinfarben in lebende Zellen nach den Ermittlungen von Szücs vorauszusetzen. Immerhin ist es bei den Farbstoffen, wie Methyl- violett oder Methylenblau, nicht leicht, Lösungs- und Adsorptions- erscheinungen im Zellplasma auseinanderzuhalten. Endler, welcher diese Verhältnisse unter meiner Leitung eingehend studierte, konnte Ausblicke auf biologische Adsorptionserscheinuugen. 105 aber doch herausfinden, daß die Beeinflussung der Aufnahme von Methylenblau durch gleichzeitig anwesende verdünnte Salzlösungen bei saurer Reaktion entgegengesetzt verläuft, wie bei alkalischer Reaktion, was bei reinen Löslichkeitsbeeinflussungen nicht zu er- warten wäre. Es dürfte sich somit wesentlich um Adsorptions- verdrängung von Farbstoff- und Salzionen handeln. Da die Umkehrung der Fällungsreihe der Salze gerade bei einer Säure- konzeutration von 1 Mol auf rund 7000 Liter erfolgt, so kann man daraus einen Rückschluf3 auf die Lage des isoelektrischen Punktes, auf Ladungssinn und Ladungsquautität der Plasmakolloide ziehen. Allerdings stirbt das Zellplasma bei Erreichung di(;ser Säuregrenze stets ab und es ist nicht möglich, dasselbe reversibel elektropositiv aufzuladen. An die Feststellung der lonenadsorption und der Bedeutung derselben für die Untersuchung der Plasmakolloide knüpfen sich manche fundamentale Fragen der Zellphysiologie, vor allem das Problem, wie Aufnahme von Elektrolyten und Durchtritt derselben in das Zellinnere zustandekommt. In der Pflanzenphysiologie wird dieser Vorgang meist als Lösungsdiffusion behandelt. Diese Vor- stellung verliert ihre unbeschränkte Gültigkeit sofort mit dem Nachweise, daß das Cytoplasma Nonelektrolyt- Proteine mit aus- geprägter Salzadsorption enthält. Ferner müßte die Salzaufnahme im Falle einer Diffusion echter Lösungen umso schneller erfolgen, je kleiner das Molekulargewicht der aufzunehmenden Salze ist, Avährend wir den Versuchen von Endler und von Szücs entnehmen müssen, daß umgekehrt die mehrwertigen Ionen der hochmolekularen Salze bei der Aufnahme bevorzugt werden. Dementsprechend wer- den ferner die am stärksten eiweißfällenden Anionen der lyotropen Reihe: Sulfate, Tartrate und Zitrate am schnellsten in die Zellen aufgenommen. Besonders bei Zellen, welche mit sehr verdünntem Kaliumcyanid oder Ammoniak behandelt worden sind, konnte Krehan in hierorts angestellten Untersuchungen die verstärkte Aufnahme der Sulfate und zweiwertigen Kationen in die Zelle sehr leicht an der auffällig erhöhten plasmolytischen Grenzkonzentration von Salzen mit solchen Ionen erkennen. Aus allen diesen Er- fahrungen w^äre der wichtige Grundsatz abzuleiten, daß bei Salz- aufnahme in lebende Zellen die lonenadsorption in den Plasma- kolloiden den entscheidenden Faktor darstellt, konform den auch von Pauli geäußerten Ansichten über die Stoffaufnahme in Zellen. Dies erklärt uns die Erscheinung, weshalb Salzionen mit hohem IQß Friedrich Czapek, Adsorptionswert wie Ca, AI, NH4, aber auch Alkaloid- Kationen rasch in die Zelle eindringen, w^ährend Kalium- oder Natrium- hydroxyd relativ langsam permeieren. Die großen Differenzen im Adsorptionswert der Salzionen legen uns ferner nahe, die Folgerung zu ziehen, daß das Leben der Zelle sehr stark von einer geeigneten Mischung der außerhalb der Zelle gebotenen Ionen abhängt, von einem „physiologischen lonengleich- gewicht". Die wohlbekannte Erscheinung des Ionen-Antagonismus muß voraussichtlich Ionen von verschiedenem Adsorptionswert be- treffen, und große Mengen schwächer adsorbierbarer Ionen werden durch kleine Mengen stark adsorbierbarer Ionen zu äquilibrieren sein. So ist es tatsächlich der Fall mit Natrium und Kalzium oder mit den Chlor- und Sulfationen. Die Vant 't Hoff sehe Mischung, das „künsthche Seewasser", ist nichts anderes als eine Gemeinschaft von Neutralsalzen, welche zum Plasmaeiweiß im Adsorptions- gleichgewicht stehen, d. i. seinen lonengehalt durch Adsorptions- verdrängung in keiner Weise ändern. Solche Wirkungen sind in der Pflanzenphysiologie bei jedem plasmolytischen Versuch zu ge- wärtigen, und streng genommen sollte die Untersuchung des os- motischen Zelldruckes mittels plasmolytischer Methoden ausschließ- lich mit der Vant't Hoff sehen Salzmischung und nicht mit reinem Kaliumnitrat oder Natriumchlorid vorgenommen werden. VI. Die Adsorption von Nonelektrolyten durch gelöste Kolloide ist theoretisch noch sehr wenig studiert worden. Ansätze finden sich erst in jüngster Zeit in den Untersuchungen von S. Loewe über die Aufnahme von Farbstoffen, Alkaloiden, Chloroform durch Fette. Die Ergebnisse dieser Arbeit lassen keinen Zweifel darüber, daß es sich in solchen Fällen nicht um Lösungsgleichgewichte und Lösungsverteilung handelt, sondern um typische Adsorptionen. Be- kanntlich hat schon 1899 H. H. Meyer für die Erscheinungen der Narkose an Tieren die Ansicht ausgesprochen, daß hierbei der Fettgehalt des Zentralnervensystems als lösendes Agens eine hervorragende Rolle spielt. Er faßte die Verteilung der Narkotika im Körper geradezu als einen Fall des Berthelotschen Verteilungs- satzes auf und maß die narkotische Wirkung der einzelnen Sub- stanzen nach der Größe der Quotienten aus deren Löslichkeiten in Fett und in Wasser, unter der Annahme, daß für jeden Stoff Ausblicke auf biologische Adsorptionserscheinuiigen. 107 dieser Quotient bei einer bestimmten Temperatur unabhängig von der Konzentration eine konstante Größe sei. Wenn man jedoch die Verteilung der Narkotika auf Fett und Wasser in weit ver- schiedenen Konzentrationsbereichen ]>rüft, so gelangt man, wie Loewe zeigte, zum Ergebnis, daß der Quotient CFett/Cwasser nicht dem Henry-Berthelot sehen Satze gemäß konstant ist, sondern für niedere Konzentrationen relativ höhere Werte, für hohe Kon- zentrationen relativ niedere Werte im Vergleiche zur Proportionali- tätsregel annimmt. Es folgen vielmehr die Konzentrationen in Fett und in Wasser, wie es sonst bei Adsorptionsvorgängen der FaU ist, einer annähernd parabolischen Abhängigkeitsbeziehung. Schon vor längerer Zeit hat .J.Traube auf ein weiteres beachtenswertes Moment aufmerksam gemacht, welches sich gleichfalls nicht aus der Annahme einer Lösungsverteilung erklären läßt. Die narkotische Wirkung homologer Alkohole und Ester nimmt nämlich in dem- selben Verhältnis zu, wie die Kapillaraktivität dieser Stoffe, so daß in Molen ausgedrückt von jedem höheren Glied einer Reihe nur der dritte Teil der Konzentration des nächst niederen Gliedes ge- nügt, um Narkose hervorzurufen. Damit war ausdrücklich auf eine Beteiligung von Grenzflächenphänomenen im Protoplasma bei der Narkose hingewiesen. Für Pflanzenzelleu hat, wie wohlbekannt, E. Overton auf die wichtige Tatsache zuerst aufmerksam gemacht, daß Plasmolyse durch eine große Zahl von organischen Verbindungen nicht zu er- reichen ist, offenbar deshalb, weil die Plasmahaut für jene Sub- stanzen in hohem Maße durchlässig ist. Overton betonte, daß gerade solche Stoffe ein derartiges Verhalten zeigen, welche, wie Alkohole, Ester und andere Narkotika oder wie Alkaloide, in Fetten gut löslich sind, und er suchte deshalb diese Permeabilität der Plasmahaut für solche Substanzen durch die Annahme fettartiger Bestandteile im Protoplasma verständlich zu machen. Hier wollen mr darauf liindeuten, daß das reichliche Permeieren jener Stoffe auf starke Adsorbierbarkeit derselben an Plasmakolloide zu beziehen ist, und daß jene Substanzen gerade solche sind, welche als stark kapillaraktiv und stark adsorbierbar bekannt sind. Dabei spielt ein Prinzip mit, welches Willard Gibbs dahin formuliert hat, daß in Systemen, worin gelöste Substanzen enthalten sind, welche die Oberflächenspannung des Lösungsmittels herabsetzen, jene Stoffe sich an der Oberfläche ansammeln müssen, welche die stärkste Erniedrigung der Oberflächenspannung bedingen. Deshalb müssen IQQ Friedrich Czapek, sich in kolloiden Systemen die kapillaraktiven gelösten Stoffe vor allem an den Grenzflächen ansammeln, d. h. an diesen positiv ad- sorbiert werden. In der Tat sind höhere Alkohole, Fettsäuren und andere stark kapillaraktive Stoffe durch Kohlenpulver stark ad- sorbierhar, und dem Gibbs sehen Satze entsprechend» kann man eine solche Substanz durch Hinzufüg-en einer stärker kapillaraktiven Substanz von den Grenzflächen verdrängen. So wird die Bestim- mung der Oberflächenspannung zu einem wichtigen Hilfsmittel in der Adsorptionsforschung. An Pflanzenzellen läßt sich leicht zeigen, daß die tödliche Wirkung homologer Alkohole der oben genannten Regel von Traube entspricht. Die Wirkung nimmt mit dem Molekulargewicht in gleichem Schritte zu wie die Kapillaraktivität. Wie ich in früheren Arbeiten dargetan habe, läßt sich aber die Traubesche Regel für Pflanzenzellen zu dem wichtigen Satze erweitern, daß alle kapillaraktiven Lösungen ihre Giftgrenze in äquikapillaren Konzentrationen erreichen, sobald sie nicht besondere Giftwirkungen schon in geringeren Konzentrationen entfalten, was bei den Fett- alkoholen, Ketonen, Estern der Fettreihe nur ganz vereinzelt der Fall ist. Stark fetthaltige Zellen folgen dieser Kapillaritätsregel nicht, sondern werden von den höheren Alkoholen erst in etwas höheren Konzentrationen bleibend geschädigt, als es nach der obigen Regel der Fall sein sollte. Diese Erfahrungen sprechen dafür, daß die Aufnahme und physiologische Wirkung aller dieser kapillaraktiven Stoffe wesentlich in das Gebiet der Grenzflächen- und Adsorptiouserscheinungen fällt. In der Plasmahaut müssen Substanzen vorhanden sein, welche sich mit den Narkoticis beladen und durch diese Adsorptionserscheinungen schließlich jene Ver- änderungen erfahren, welche den unabwendbaren Tod der Zell- plasmateile herbeiführen. Auf die Gründe, welche dafür sprechen, daß die bei solchen Adsorptionen wirksamen Plasmakolloide lipoid- artiger Natur sind, womit bis zu einem gewissen Grade Overtons Anschauungen über die Gegenwart fettartiger Stoffe im Plasma bewahrt bleiben, kann hier nicht näher eingegangen werden. Es sei nur bemerkt, daß von einer geschlossenen Lipoidmembran im Sinne Overtons nicht die Rede sein kann, sondern das Fett in kolloiddisperser Form vorliegen dürfte. Auch läßt sich Overtons Meinung nicht halten, daß die Plasmalipoide den Weg der Stoff- aufnahme in die Zelle darstellen. Es spricht vielmehr alles dafür, daß die Diffusion in die Zelle sich nur in hydroiden Medien ab- Ausblicke auf biologische Adsorptionserscheinungen. ]^09 spielt und auch die Narkotika nur soweit diffusionsfähig sind, als sie sich in den hydroiden Medien echt oder kolloidal lösen. Anderer- seits muß natürlich die Neigung dieser Stoffe, sich an den Grenz- flächen der Plasmakolloide anzusammeln, eine rasche Diffusion und Ausbreitung der Narkotika in der Zelle unterstützen. Daß beim Austausche wenig kapillaraktiver Nonelektrolyte, wie z, B. der Zuckerarten, wesentlich Adsorptionen mitspielen, ist nach dem Gesagten unwahrscheinlich. Indem solche Stoffe aber Alkaliverbindungen eingehen können, die ionisierbar sind oder komplexe Fettsäure- oder Eiweißverbindungen formulieren können, welche kapillaraktiv sind, so bieten sich viele Möglichkeiten, auch solche Substanzen in lonenadsorption oder Molekularadsorption überzuführen, ein Prozeß, welcher reversibler Natur ist und allent- halben Zucker regenerieren lassen kann. Voraussichtlich liegt die ökologische Bedeutung der vielen Pflanzeuglukoside ebenfalls auf diesem Gebiete, und als Säure- oder Phenolglukosid ist Zucker allenthalben fähig, an Elektro-Adsorptionen teilzunehmen. VII. Teilweise noch unvollkommen erforscht sind die Adsorptions- erscheinungen zwischen gelösten Kolloiden untereinander. Am meisten ist bekannt von der durch elektrische Eigenschaften wesent- lich bestimmten wechselseitigen Adsorption von Snspensoiden. Hin- gegen ist die Adsorption anderer flüssiger Kolloide durch Ij^ophile Sole, welche Vorgänge umfaßt, die offenbar in großer Zahl und Mannigfaltigkeit im lebenden Zellinhalte stattfinden, nur wenig bekannt. Man darf von einer Reihe biologischer Erscheinungen voraussetzen, daß dieselben hier hingehören. Dies sind z. B. die Absättigungserscheinungen zwischen Enzymen und Antienzymen. Schon vor längerer Zeit konnte ich angeben, daß die durch Anti- enzym in ihrer Wirksamkeit gehemmte Wurzelspitzen -Oxydase wieder wirksam wird, wenn man die inaktivierte Lösung auf 62° C erwärmt. Dies beweist uns, daß keine Enzymzerstörung vorlag, sondern wahrscheinlich eine Adsorptionsverbiudung, welche durch die Zerstörung des mehr thermolabilen Antienzyms wieder freies wirksames Enzym liefert. Allerdings sind jene Enzym- An tienzym- Bindungen streng spezifische Reaktionen, was sie von den gewöhn- lichen Kolloidadsorptionen unterscheidet. Adsorptionsverbindungen dürften auch vorliegen, wenn sich Enzyme vom Zellplasma nicht 1\Q Friedrich Czapek, oder nur unvollkommen abtrennen lassen, also wo man nach dem heute üblichen Sprachgebrauche von „Endoenzymen" spricht. Ob man das Recht hat, alle Agglutinationsreaktionen, Präzipitin- reaktionen, Antitoxin-Toxinbindungen in das Gebiet der Adsorptions- erscheinungen einzubeziehen, muß noch abgewartet werden. Jeden- falls hätte man hier überall spezifisch verlaufende Adsorptionen vor sich, für welche die chemische Struktur, wahrscheinlich der sterische Aufbau (Konfiguration) von Wichtigkeit ist. Da die Kapillar- aktivität bei Solen lyophiler Natur oft sehr ausgeprägt vorhanden ist, wie z. B. bei Alkalieiweiß, so darf man vermuten, daß starke Adsorptionsaffinitäten hier vorkommen können. In der Tat läßt sich Eiweiß durch Kaolin und andere Adsorbentien binden, und ähnliches dürfte bei flüssigen Adsorbentien vorkommen, wenngleich derartige Fälle erst unzureichend studiert sind. Solche reversible und irreversible Kolloidadsorptionen müssen ferner bei der Bildung von Grenzflächenmembranen im Protoplasma eine bedeutsame Rolle spielen. Durch die Adsorption von Salz- ionen, die speziell beim amphoteren EiAveiß weitgehende Bedeutung hat, nehmen die Sole den Charakter von elektrisch positiv oder negativ aufgeladenen Kolloiden an und müssen dementsprechend beim Eingehen von Adsorptionsverbindungen entgegengesetzt ge- ladene Kolloide an sich reißen. GeAAäß spielen elektrische Ladungs- differenzen aber auch bei den Funktionen der Schutzkolloide eine wichtige Rolle. Es ist zu erwarten, daß ferner die Mengenverhält- nisse beider Kolloide von Bedeutung sind, und im allgemeinen wird die Kolloidadsorptionsverbindung die Eigenschaften jenes Kolloids zeigen, welches im Überschusse vorhanden ist. So läßt sich ver- dünnte Eiweißlösung mit viel Mastixkolloid versetzt, wie Michaelis und Rona ausführten, ebenso wie Mastixsuspensoid allein, durch kleine Elektrolytmengen flocken, während das Mastixkolloid mit viel Eiweiß versetzt ein System von ausgeprägt lyophilen Eigen- schaften darstellt. Daher kommt es zur x\usbildimg mehrerer Fällungszonen bei niederer und höherer Elektrolytkonzentration. Wahrscheinlich gehört die von Szücs im hiesigen Institute beobachtete Tatsache in den Kreis dieser Erscheinungen, daß die charakteristische starre Beschaffenheit des Zellplasmas durch Aluminiumsalze bei sehr geringer Al"'-Konzentration eintritt, jedoch nicht bei höheren. Erst bei sehr hohen AI" --Konzentrationen sieht man wieder ein Starrwerden des Plasmas bewirkt werden. Sonst sind uns an der lebenden Zelle bisher einschlägige Fälle noch nicht Ausblicke auf biologische Adsorptidiisersclieiiiungen. 111 vor Aug-en g-ekomnieii. Wie man sieht, liaben solche Erscheiuimgen manche Analogien mit Komplexl)iklung-en bei chemischen Reaktionen. Mit diesen Andeutungen müssen wir uns derzeit begnügen. Geg-enüber dem geschlossenen Aufbau der Lehre von den osmotischen Erscheinungen in der Zelle bietet die Zellkolloidchemie, me aus unserer Darstellung hervorgeht, noch einen höchst un- fertigen Zustand dar. Wir müssen darauf gefaßt sein, in der Lehre von den Adsorptionen im biologischen Substrat des Protoplasmas noch manches fallen zu sehen, worauf wir jetzt vielleicht große Hoffnungen setzen. Außerordentlich viel Arbeit wird noch zu leisten sein, um die verläßlichen physikalischen Fundamente zu schaffen, auf denen sich ein bleibender Bau als die Lehre von den Biokolloiden erheben soll. Wichtig für die Physiologie bleibt aber die allgemeine Er- kenntnis, daß nur von einer gründlichen physikalischen Erforschung des Lebenssubstrates dauernder und wahrer Fortschritt zu er- hoffen ist. Der Verfasser erinnert sich oft und dankbar eines Wortes aus dem Munde des Meisters der pflanzenphysiologischen Forschung, das er vor nunmehr zwanzig Jahren während seiner Arbeitszeit im Leipziger Institute im Laufe der vielen lehrreichen wissenschaft- lichen Gespräche vernommen hat: daß in der Physiologie nichts sicher sei, was nicht dem Boden exakter physikalischer Methodik entsprossen ist." Prag, Juli 1914; Pflanzenphysiologisches Institut der deutschen Universität. Beiträge zur Kenntnis der Ernährungsphysiologie extrem atmosphärischer Epiphyten. Von Rudolf Lieske. Die Aufnahme des Wassers von Epiphyten ist schon oft Geg-en- stand eingehender Untersuchungen gewesen. Die bisher in der Literatur beschriebenen Versuche beziehen sich aber meist auf Beobachtungen an Gewächshauspflanzen. Die Bedingungen, unter denen die Pflanzen in unseren Gewächshäusern gedeihen, dürften nun aber keineswegs immer denen an ihren natürlichen Standorten entsprechen. Es seien daher im folgenden einige Versuche über die Wasseraufnahme von Epiphyten an ihren natürlichen Stand- orten mitgeteilt. Während meines Aufenthaltes in Brasilien im Winter 1912/13 bot sich mir eine vorzügliche Gelegenheit zur Ausführung der er- wähnten Untersuchungen. Im Botanischen Garten in Rio de Janeiro besteht eine natürliche Epiphyten -Vegetation von seltener Reich- haltigkeit. Das im Garten gelegene Laboratorium ist mit den modernsten Instrumenten ausgestattet und ermöglicht in bequemer Weise die Ausführung genauer Messungen. Zunächst wurden über die Funktion des Velamens epiphytischer Orchideen Versuche angestellt. Untersuchungen hierüber sind bereits in größerer Zahl angestellt worden. Die älteren Forscher nahmen, hauptsächlich veranlaßt durch den anatomischen Bau des Velamens, an, daß die Luftwurzeln imstande sind, den Wasser- dampf der Atmosphäre zu kondensieren und für ihren Stoffwechsel nutzbar zu machen. (Vgl. Unger, Chatin, Leitgeb.) Später vertrat man auf Grund physiologischer Versuche die Ansicht, daß das Velameu infolge seiner schwammigen Beschaffenheit lediglich dazu diene, tropfbar- flüssiges Wasser in größerer Menge möglichst rasch aufzusaugen. (Vgl. Duchartre, Schi m per, Goebel, Beiträge z. Kennluis d. Ernährungsphysiologie extrem atmosphärischer Epiphj'ten. 113 Nabokicli.) Durch keiue der angeführten Untersuchungen ist aber ein zwingender Beweis für die Richtigkeit der einen oder anderen Ansicht erbracht worden. Die Versuche wurden im Ge- wächshaus und teilweise nur mit Wurzeln, nicht mit ganzen, unver- letzten Pflanzen ausgeführt. Zur Entscheidung der Frage, ob die epiphytischen Orchideen an ihren natürlichen Standorten mit den Luftwurzeln Wasserdampf zu kondensieren vermögen oder nicht, wurden folgende Versuche ausgeführt. Zahlreiche Exemplare einer im Botanischen Garten häufigen, kleinen Ejiidendnnn- Art ^} mit gut ausgebildeten Luftwurzeln wurden von ihrem Standort losgelöst, teilweise mit, teilweise ohne das Substrat, an dem sie hafteten. Nur völlig unverletzte Exemplare wurden für den Versuch verwendet, da leicht beschädigte rasch eine beträchtliche Menge Wasser verlieren. Die Versuchspflanzen wurden dann teils an ihreiii natürlichen Standort im Garten, teils im Laboratorium aufgehängt, nachdem ihr Gewicht festgestellt worden war. Das Gewicht aller im Laboratorium am offenen Fenster auf- gehängten Exemplare nahm vom ersten Versuclistage an dauernd ab, nach Verlauf von 10 Wochen waren fast alle Pflanzen gänzlich vertrocknet. Alle im Freien befindlichen Versuchspflnnzen, die nicht vom Substrat getrennt worden waren, wuchsen normal weiter, ihr GeA\icht nahm dauernd zu. Die von der Unterlage losgetrennten Exemplare vertrockneten teilweise, trotzdem sie völlig unverletzt waren. Die Orchideen scheinen im Gegensatz zu den Tillandsien ein gewisses Substrat für die Ernährung nötig zu haben. Als zweiter Versuch wurden mehrere Exemplare derselben Orcliidee genau gewogen und in den Exsikkator gebracht. In ver- schiedenen Zeiträumen (1 — 6 Tage) wurde je ein Exemplar aus dem Exsikkator genommen, gewogen und im Lal)oratorium auf- gehängt. Je nach der Dauer des Aufenthaltes im Exsikkator war durch den Wasserverlust eine mehr oder weniger große Gewichts- abnahme eingetreten. Bei keiner der Pflanzen, die in vollkommen lebensfähigem Zustande aus dem Exsikkator genommen wurden, zeigte sich in der feuchten Laboratoriumskift eine Gewichtszunahme. Sie vertrockneten alle nach einiger Zeit. Zwei aus dem Exsikkator ^) Die Art konnte nicht nälier bestimmt werden, da Blüten nicht vorhanden waren. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. " 124 Kudolf Lieske, ins Freie gebrachte Exemplare erreichten nach einigen Tagen ihr ursprüngliches Gewicht und wuchsen weiter. Wenn die Luftwurzeln fähig wären, Wasserdampf zu konden- sieren, so ist nicht einzusehen, weshalb die Versuchspflanzen im Laboratorium vertrocknen mußten. Die Pflanzen hatten im Labora- torium einen Wassergehalt der Luft von 80 bis 100*^/0 zur Ver- fügung, genau wie an ihren natürlichen Standorten. Die Temperatur- unterschiede zwischen dem Versuchsort im Laboratorium und den wenige Meter davon im Freien befindlichen Versuchsorteu waren kaum nennenswert. Das Vertrocknen der Versuchspflanzen im Laboratorium kann daher nur auf den Mangel an tropfbar-flüssigem Wasser, das den Pflanzen im Freien in Form von Regen und Tau zur Verfügung stand, zurückgeführt werden. Weitere Versuche wurden mit epiphytischen Tillandsien an- gestellt, die im Botanischen Garten in Rio de Janeiro in großer Menge wachsen. Wie günstig das Klima dort für das Wachstum der Tillandsien ist, beweist die Tatsache, daß in der Nähe des Gartens melirere Telegraphendrähte ganze Reihen von Tillandsia strida tragen. Daß die extrem atmosphärisclien Tillandsien ihr Wasser aus- schließlich mit den Blattschuppen aufnehmen, ist eine allgemein bekannte und anerkannte Tatsache. Die Frage, ob die Tillandsien auch fähig sind, den Wasserdampf der x^tmosphäre auszunützen, ist ebenfalls schon bejaht worden. (Vgl. Reiche, \.) Zur Entscheidung der Frage, ob die Tillandsien fähig sind, Wasserdampf zu kondensieren, wurden folgende Versuche mit Tillandsia usneoides, T. strida und T. recurvata angestellt. Die Versuchspflanzen wurden gewogen und in den Exsikkator gebracht. Das Gewicht betrug bei T. usneoides T. strida T. recurvata am 9. X. 12 33,54 g 31,57 g 46,72 g 14. X. 12 30,15 „ 27,52 „ 42,18 „ 16.x. 12 29,78,, 26,35,, 40,90,, Verlust 3,76 g = 11,2^' ',, 5,22 g = 16,5^Vo 5,82 g = 12,4 '^/o. Der Versuch zeigt zunächst, daß die epiphj^tischen Tillandsien sehr gut gegen Wasserverlust geschützt sind, denn die im Verlauf von einer Woche im Exsikkator abgegebene Wassermenge ist ver- hältnismäßig gering. Beiträge z. Kenntnis d. Ernährungsphysiologie extrem atmosphärischer Epiphyteu. 115 Die Versuchspflanzeu wurden nunmehr möglichst schnell aus dem Exsikkator auf eine genaue Wage gebracht. Für Tülandsia usneoides, ein ansehnlicher, über 30 cm langer Schweif, ergaben sich folgende Gewichte: 16. X. vorm. 11 h 29,78 g 11,30 ., 29,95 „ 12 „ 30,01 ,, nachm. 1 ,, 30,04 „ 2 „ 30,00 „ 3 ., 29,98 „ 17. X. Yorm. 10 ., 29,90 ., Der Wassergehalt der Luft schwankte während der Beob- achtungsdauer zwischen 85 und 93 •'o. Es zeigt sich also bei Till, icsn., wenn sie aus dem Exsikkator in feuchte Luft gebracht A\ird, eine merkliche Gewichtszunahme (0,87 ^7o), was zweifellos auf Kondensation von Wasserdampf beruht. Der Vorgang ist aber für die Pflanze durchaus nicht spezifisch, denn alle Körper kondensieren auf ihrer Oberfläche nicht nur Wasserdampf, sondern überhaupt alle Gase. Wenn man einen Körper aus einer wasserfreien Atmosphäre in eine stark wasser- haltige bringt, erfährt er naturgemäß eine Gewichtszunahme, die um so größer ist, je größer seine Oberfläche ist. Ein Stück Holzkohle z. B. wog bei 26" und loo^lo Wasser- gehalt der Luft 18,8852 g. Es wurde im Trockenschrank bei 105" getrocknet. Nach dem Erkalten im Exsikkator wog es 17,5355 g, hatte also 7,15 °/o seines Gewichtes verloren. Es wurde nun an der Luft liegen gelassen und erreichte nach einiger Zeit durch Kondensation von Wasserdampf wieder sein ursprüngliches Gewicht. Die Kohle, aus dem Exsikkator gebracht, wog 17,5355 g nach 1 Stunde 17,5982 „ „ 2 Stunden 17,7523 „ ,, 5 ,, 18,0620 „ „ 24 „ 18,8026 „ Bei T. stricta und T. reciirvata konnte, nachdem sie aus dem Exsikkator genommen w^aren, eine Gewichtszunahme nicht gemessen werden. Das liegt natürlich daran, daß die Oberfläche dieser Arten im Vergleich zum Gewicht ganz wesentlich kleiner ist als bei T. usneoides. 116 Eudolf Lieske, Ernähruug-spliysiologiscli hat die Kondensation des Wasser- dampfes durch T. usneoides sicher keine Bedeutung. Es ist ja theoretisch sehr wohl denkbar, daß die Pflanze etwa mit Hilfe osmotischer Kräfte das auf der Oberfläche kondensierte Wasser für ihren Stoffwechsel nutzbar machen könnte. Es würde dann auf der Oberfläche neues Wasser aus der Atmosphäre niedergeschlagen, und die Pflanze könnte vielleicht ihren Wasserbedarf aus dem Wasserdarapf der Atmosphäre decken. Die Versuche ergaben aber, daß dies nicht der Fall ist. Das Gewicht von T. usneoides nahm, nachdem die Pflanze aus dem Exsikkator genommen war, in der stark wasserdampfhaltigen Luft nicht etwa bis zu dem Anfangsgewicht zu, sondern es fiel dauernd, nachdem die rein physikalische Kondensation des Wasser- dampfes beendet wai-. Nach Beendigung der beschriebenen Wägungen wurden die Versuchspflanzeu einmal kurz in Wasser untergetaucht. Nachdem sie einige Stunden im Freien gehangen hatten, so daß äußerlich kein Wasser mehr anhaftete, wurden sie gewogen. Es ergal) sich bei allen drei Arten eine l)eträchtliche Gewichtszunahme, das Ge- wicht der Pflanzen war größer als zu Anfang des Versuches. Hier- auf wurden die Pflanzen frei am offenen Fenster des Laboratoriums aufgehängt. Nach drei Wochen war bei allen Exemplaren eine beträchthche Verminderung des Gewichtes eingetreten, nach längerer Zeit vertrockneten sie ganz. T. usneoides Anfangsgewicht 33,54 g Nach Untertauchen in Wasser am 16. X. 37,10 „ am 3. XI. 25,18 „ Die Versuche zeigen also, daß die Tillandsien im Laboratorium bei immer offenen Fenstern vertrocknen, während sie nur wenige Meter davon entfernt im Freien ihren natürlichen Standort haben und üppig gedeihen. Die Temperatur schwankte während der Beobachtungsdauer im allgemeinen zwischen 20*^ und 28° C, die Feuchtigkeit zwischen 80 und 100%. Die Unterschiede zwischen Temperatur und Luft- feuchtigkeit im Garten und Versuchslaboratoriura waren nur gering. Es weisen übrigens auch die natürlichen Standorte der Epiphyten, je nachdem sie mehr oder weniger weit vom Erdboden entfernt T. stricia T . recurvata 31,57 g 46,72 g 31,65 „ 46,99 „ 22,05 „ 33,58 „ Beiträge z. Kenntnis d. Ernälirungsphysiologie extrem atmosphärischer Epiphyten. 117 siud oder mehr oder weniger frei in der Luft sich befinden, be- trächtliche Unterschiede von Temperatur und Wassergehalt auf. Diese Faktoren dürften also für die angeführten Versuchsergebnisse kaum ausschlaggebend sein. Es ist jedenfalls kein Grund ersichtlich, weshalb die Tillandsien ebenso wie die Orchideen vertrocknen müßten, wenn sie fähig wären, sich den Wasserdampf der Atmosphäre nutzbar zu machen. Der Wasserdampf und die vielleicht nötigen Temperaturschwankungen standen ihnen im Laboratorium ebenso wie im Freien zur Ver- fügung. Daß dem Wind, der im Laboratorium natürlich nur in sehr geringem Maße einwirken konnte, eine entscheidende Be- deutung zuzuschreiben wäre, ist kaum anzunehmen, da in der Natur die erwähnten Epiphyten oft an Standorten zu finden sind, an denen starke Luftströmuugen ausgeschlossen sind. Der wesentliche Unterschied der angewendeten Versuchsorte liegt ausschließlich in dem Gehalt der Luft an flüssigem Wasser. Aufnahme von Regen und Tau ist im Laboratorium natürlich aus- geschlossen. Für die Ernährung von Tillandsia usneoides scheint mir der Nebel von besonderer Bedeutung zu sein, den ich während meines Aufenthaltes in Rio de Janeiro jeden Morgen beobachten konnte. Die feinen Wassertröpfchen des Nebels, der vom Wind über die Pflanzen getrieben wird und der sich au anderen Gegenständen durchaus nicht immer als Tau niederschlägt, werden wahrscheinlich von den Schuppen der Tillandsia aufgesogen und bieten ihr täglich reiclüiche Wassermengen. Die Wassertröpfchen dürften in der- selben Weise von den Schuppen festgehalten werden wie die Staub- teilchen der Luft, was später noch näher liesprochen wird. Daß z. ß. auf dem Jaraguä, dem höchsten Berge des Hoch- landes von Säo Paulo, auf dem epiphytische, rosettenbildende Bromelia ceen in großer Menge wachsen, Tillandsia usneoides fast ganz fehlt, während sie in den Küstengebirgen sehr häufig ist, erklärt sich meiner Ansicht nach lediglich daraus, daß die tägliche, reichliche Nebelbildung der Küstenländer im Gebirge nicht auftritt. Reiche (1) berichtet über das Auftreten von Tillandsia usneoides in Chile: „Zu ihrem Gedeihen braucht sie einen beträcht- lichen Wasserdampfgehalt der Luft, wie er durch die der Küsten- region öder der Umgebung größerer Landseen charakteristischen Nebel geboten wird. Daß die Pflanze durch die eigentümliche Organisation der sie bekleidenden Schuppen imstande ist, den WQ Rudolf Lieske, Wasserdampf der Luft auszunutzen, braucht hier nicht erörtert zu werden." Diese Angaben über das Vorkommen der Tülandsia stimmen mit meinen Beobachtungen vollkommen überein. Daß Tülandsia usneoides den Wasserdampf der Luft nicht ausnutzen kann, sondern nur flüssiges Wasser, wahrscheinlich auch in feinster Verteilung als Nebel, hatten die beschriebenen Versuche ergeben. Wahr- scheinlich hält der Autor nur die Begriffe „Wasserdampf" und „Nebel" nicht scharf auseinander. Wenn auch durch vorstehende Versuche die Frage, ob Epi- phj^ten fähig sind, den Wasserdampf der Atmosphäre zu konden- sieren, nicht völlig entscliieden ist, so mrd es doch durch die- selben recht unwahrscheinhch gemacht, daß sie ihren Transpirations- verlust auch nur teilweise durch Kondensation von Wasserdampf decken können. Asche -Analysen. Daß viele Epiphyten ihre Nahrung ausschließlich aus der Luft beziehen, ist eine bekannte Tatsache. Die extremsten Vertreter dieser physiologisch so interessanten Gruppe sind zweifellos Tüland- sia usneoides, T. stricta und einige ähnliche, aber weniger häufige Arten. Diese Pflanzen gedeihen ohne jedes Substrat, frei in der Luft hängend. T. usneoides findet sich hauptsächlich an Baumästen hängend, die langen Schweife schweben frei in der Luft, oft nur durch wenig dünne Stränge festgehalten. Jedes Stückchen, vom Winde fortgeweht, wächst da weiter, wo es gerade hängen bleibt. Tillandsia stricta bildet im Gegensatz zu der eben erwähnten Art noch einige Haftwurzeln aus, mit denen sie an dem Substrat festgeheftet ist. Ich fand sie häufig auf glatten Cere-it^- Säulen, selbst auf den harten Stacheln von Kakteen und Palmen üppig wachsend. Das Vorkommen auf kupfernen Telegraphendrähten in Rio de Janeiro wurde bereits erwähnt. Daß die genannten Pflanzen auch ihre mineralischen Nährstoffe aus der Atmosphäre beziehen, unterliegt keinem Zweifel. Da ge- naue Angaben über üire Aschebestandteile in der mir zugängigen Literatur fast ganz fehlen, seien dieselben im folgenden für T. us- neoides und T. stricta mitgeteilt. Die veraschten Pflanzen stammen aus dem Botanischen Garten in Rio de Janeiro, wo sie auf fast allen Bäumen in großer Zahl wachsen. Das Material wurde ganz besonders sorgiältig ausgewählt, Beiträge z. Kenntnis d. Eniährungsphysiologie extrem atmosphärischer Epiphyten. 119 SO daß es ausgeschlossen war, daß die Mineralstoffe aus dem Sub- strat stammten. Für die Untersuchung von T. iisneoides wurde ein langer Schweif verwendet, der nur an einem dünnen Strange an einem glatten Ast befestigt war und frei in der Luft liing. Für die Untersuchung von T. stricta wurden mehrere Exemplare ver- wendet, die frei auf langen, nadeiförmigen Stacheln einer Palme gewachsen waren. Besondere Sorgfalt wurde darauf verwendet, den Pflanzen äußerlich anhaftenden Mineralstaub und fremde Pflanzen- teilchen zu entfernen, was durch Abspülen mit Wasser und Absuchen mit der Pinzette ausgeführt wurde. Zunächt wurde das Frischgewicht der Pflanzen festgestellt. Hierauf wurden sie im Trockenschrank bei 105" C getrocknet, dann gewogen und in einer großen Platinschale verascht. Die Analyse der Aschen wurde später in Heidell)erg ausgeführt. Eine Angabe von Reiche (2) über die Aschenbestandteile von T. Iisneoides, auf die im folgenden wiederholt Bezug genommen wird, sei hier zunächst mitgeteilt: ., Aschegehalt 10,09 ''/o. Inder Asche mirde gefunden: K2O 4,89%, NaaO 0,05%, CaO 3,45%, MgO 0,170o, AI2O3 18,20%, FeaOs 7,70%, SiOa 55,20% (! !), SO3 2,25%, P2O5 1,01%, Cl 0,67%, Kohleteilchen 0,50%, CO2 5,91 °/o. Die Asche ist also sehr reich an Tonerde-Silikat." Meine Untersuchungen ergaben folgende Resultate: T. usneoides T. stricta Frischgewicht . . . 250,13 g 120,50 g Trockengewicht . . 101,00 ,. 40,50 „ Asche 3,20 ,. 1,46 g Der Wassergehalt beträgt für beide Pflanzen ungefähr 60 "/o {T. usneoides 59,6 "/o, T. stricta 66,3*^/0), was für vegetative Sprosse verhältnismäßig gering ist. Auch in bezug auf den Aschegehalt stimmen beide Pflanzen annähernd überein. Er beträgt ungefähr 3Vo {T. usneoides 3,17 *^/o, T. stricta 3,61 "/o) des Trockengewichtes und ist im Vergleich zu anderen, terrestrischen Pflanzen als normal zu bezeichnen. Daß Reiche in seiner Untersuchung 10,09% Asche fand, ist auffällig und wird später noch näher erörtert. Die Analyse der Mineralbestandteüe ergab folgende Resultate: T. usneoides T. stricta K2O 11,8% 12,7% Na.O 31,9 „ 2,9 „ CaO 19,7 „ 23,8 „ T. vsneoides T. strida 0,1 % Spuren 5,2 „ 4,9 «/o 3,4 „ 1,5 „ 3,9 , 6,2 „ 19,2 „ 30,6 „ 0,6 „ 0,8 „ 11 1,8 „ 2,1 ., 4,8 „ 3,8 „ 14,0 „ 101,7 + Chlor 104,0 J20 Rudolf Lieske, MgO . . . FeaOs . . AI2O3 . . P2O5 . . . SiOa + Sand Kohle . . Cl . . . . SO3 . . . CO2 . . . Die gefundenen Zahlen sind in beiden Fällen ein wenig zu hoch, was wahrscheinlich auf Fehler in der Alkalibestimmung zurückzuführen ist, die wegen Mangel an Material nur einfach ausgeführt werden konnte. Die Chlorbestimmung von T. iisneoides mißlang und konnte nicht wiederholt werden. Die angegebenen Prozentzahlen sind auf eine Dezimale abgerundet, eine größere Genauigkeit ließ sich mit dem zur Verfügung stehenden Material nicht erzielen. Besonders interessant sind die für Kieselsäure und Aluminium gefundeneu Werte. Gerade die im Wasser fast unlöslichen Haupt- bestandteile des Erdbodens finden sich in größter Menge in der Tiilandsien-Asche. Reiche fand in seiner Analj'se noch viel größere Mengen, nämlich 55,20% SiOo und 18,20 "/o AI2O3. Ich vermute nun, daß die Kieselsäure und das Aluminium zum größten Teile überhaupt nicht in den Pflanzen enthalten waren, sondern daß sie denselben nur äußerlich anhafteten. Die von mir analysierten Pflanzen, die sorgfältig von anhaftendem Staub befreit worden waren, enthielten nur geringe Mengen von Aluminium und 30,6 bezw. 19,2*^/0 Kieselsäure, also bedeutend weniger, als von Reiche angegeben wurde. Die unter den Schuppen sitzenden, mikroskopisch immer nach- weisbaren Staubteilchen lassen sich natürlich niemals ganz ent- fernen und bedingen bei den Analysen den großen Prozentsatz von Erdmineralien. Daß der hohe Kieselsäuregehalt in der Ana- lyse von Reiche auf anhaftenden Staub zurückzuführen ist, scheint mir auch daraus hervorzugehen, daß der Aschegehalt auf 10,09 °/o (gegen 3,17*^/0) des Trockengewichtes angegeben wird, was außer- gewöhnlich hoch ist. Beiträge z. Kenntnis d. Emälirungsphysiologie extrem atmospliärisrlier Epiphyten. 121 Im Gegensatz zu den Angaben von Reiche ist in den vor- liegenden Untersuchungen der Kalkgehalt der Asche recht groß. Man könnte sich das einfach daraus erklären, daß der Erdboden in der Gegend, aus der das Material von Reiche stammt, haupt- sächlich aus Aluminium-Silikat besteht, während er in Rio de Janeiro stärker kalkhaltig wäre. Größere Kalkablagerungen habe ich aller- dings bei Rio de Janeiro nicht beobachten können, dagegen kann das Kalzium auch aus dem Meerwasser stammen. Aus den Analysen geht ferner hervor, daß die Blätter der untersuchten Tillandsien dasselbe Elektions vermögen für Mineral- salze besitzen wie die Wurzeln terrestrischer Pflanzen. Das Natrium z. B. steht den Tillandsien bei der unmittelbaren Nähe des Meeres und der fast immer starken Brandung au der Felsenküste sicher von allen Elementen am reichlichsten zur Verfügung und wird trotz seiner leichten Wasserlöslichkeit doch nur im Vergleich zum Kalium in verhältnismäßig geringer Menge aufgenommen. Kalium und Natrium sind als Chloride im Meerwasser ungefähr im Verhältnis 1 : 45 enthalten, in der Tillandsien -Asche finden sich die Oxyde der betreffenden Metalle nur im Verhältnis von 1 : 3 bez. 1 : 0,23. Auf welche Weise die extrem atmosphärischen Tillandsien ihre Mineralnährstoffe erhalten, ist noch recht wenig aufgeklärt. Daß sie dieselben nur in gelöster Form mit dem Wasser zugeführt be- kommen, ist bei dem hohen Gehalt der Aschen an unlöslichen Mineralien sehr unwahrscheinlich. Ich vermute, daß die Funk- tion der Blattschuppen nicht ausschließlich darin besteht, daß sie das Wasser aufsaugen, sondern daß sie vor allem auch dazu be- stimmt sind, die Staubteilchen der Luft festzuhalten. An dem von mir gesammelten Material konnte ich immer und meist in großer Menge Mineralstaub unter den Schuppen mikroskopisch nachweisen. Wie gut die Schuppen befähigt sind, Staubteilchen der Luft festzuhalten, kann man durch ein einfaches Experiment leicht fest- stellen. Wenn man in der Nähe eines aufgehängten Tülandsia- Sprosses Mineralpulver (etwa fein verteiltes Kalziumkarbonat) zer- stäubt und den Staub an der Pflanze vorbeibläst, so kann man nachher die Staubteilchen in großer Menge unter den Schuppen nachweisen, auch wenn man vor der Untersuchung den Sproß sorg- fältig mit reiner Luft abbläst oder mit Wasser abspült. Daß unter den Schuppen ähnlich me an den Wurzeln terre- strischer Pflanzen Stoffe ausgeschieden werden, die imstande sind, 122 Eudolf Lieske, Beiträge zur Kenntnis der Ernähruugsphysiologie usw. gewisse Bestandteile des Mineralstaubes zu lösen und für die Pflanze nutzbar zu machen, ist durchaus nicht ausgeschlossen. Schon die ausgeatmete Kohlensäure kann ja einen Teil des Staubes in wasserlösliche Form überführen. Weitere Untersuchungen werden hierüber Aufschluß geben. Für die Ausführung eines großen Teiles der Analysen bin ich Fräulein Gertrud Wiegand zu Danke verpflichtet. Heidelberg, Juli 1914. Literatur. Cliatin, Anatomie des plantes aeriennes de l'ordre des Orchidees. Mem. d. soc. d. scienc. nat. de Cherbourg, 1856, p. 7. Duchartre, Experiences sur la Vegetation des plantes epiphytes. Journal de la soc. imper. et centrale d'horticulture, 1856, p. 67. Goebel, Pflanzenbiologische Schildei-ungen, I.Teil, Marburg 1889, S. 188. Leitgeb, Die Luftwurzeln der Orchideen. Denkschriften d. Wiener Akademie, math.- nat. Klasse, Bd. 24, 1864, S. 179. Nabokich, t'ber die Funktionen der Luftwurzeln. Botan. Zentralbl., 1899, Bd. LXXX, S. 331. Reiche (IJ, Die Vegetation der Erde VIII, Pflan/.enverbreitung in Chile. Leipzif? 1907, S. 113. (2). Ebenda. Schimper, Die epiphytische Vegetation Amerikas, .Jena 1888, S. 46. Unger, Versuche über die Funktion der Luftwurzeln der Pflanzen. Sitzungsber. d. Wiener Akad., inath.-nat. Klasse, 1854, Bd. XII, S. 389. über die Schutzmittel einiger Pflanzen gegen schmarotzende Citseuta, Von Dr. Otto Gertz, Privatdozent an der l'niversität I.und. Die vorliegenden Untersuchnngeu wurden während des Sommer- semesters 1909 im pflanzen-physioloofisclien Institut zu Leipzig- und unter Leitung des Gelieimrats Prof. W. Pfeffer ausg-eführt. Sie beziehen sich auf die Frage, ob Organisationseigentümlichkeiten verschiedener Art, die bei gewissen Pflanzen vorkommen, eine ökologische Rolle spielen und zwar derart, daß sie infolge schäd- licher Einwirkung auf schmarotzende Cuscuta die Bedeutung von Schutzmitteln zur Abwehr von dieser Pflanze haben und infolge- dessen den betreffenden Pflanzen gewissermaßen eine natürliche Immunität beibringen. Diese Frage stellt sich sozusagen von selber ein infolge des Einblicks, den wir durch die- grundlegenden Unter- suchungen Stahls hinsichtlich der Bedeutung biologischer Schutz- mittel im Kampfe der Pflanzen ums Dasein bekommen haben. Für die Frage sind schon diejenigen Angaben von Interesse, die von Hildebrand, Wittrock, Blomqvist und noch einigen anderen Autoren gemacht worden sind, deren Mitteilungen ich bereits an anderer Stelle zusammengestellt habe (G-ertz, II, S. 5, 6). Diese Untersuchungen beziehen sich auf Pflanzenformen, die als Wirte für schmarotzende Cuscuta in der Natur angetroffen werden. Wie mir scheint, kann jedoch diesen Angaben keine zu große Be- deutung beigemessen werden, weil ein konstatiertes Vorkommen von Cuscuta auf der einen oder der anderen Pflanze keineswegs den entscheidenden Beweis dafür liefert, daß die fragliche Pflanze der wirkliche Wirt für Cuscuta ist. Besonders wenn sich derartige An- gaben auf Studien von Herbarmaterial gründen, kann der Verdacht 224 *^^^° (jertz, nicht ganz nnterdrückt werden, daß es sich manchmal nnr um Cuscuta- Sprosse handelt, die eine Pflanze umwunden und Haustorien auf dieser gebildet haben, die aber infolge giftiger oder anderer, Cuscuta nicht zusagender Eigenschaften ihre nahrungsaufnehmende Funktion eingestellt haben, so daß Cuscuta gänzlich oder wenigstens teilweise die Nahrung von einem sich in der Nähe vorfindenden Pflanzen- individuum anderer Art geschöpft hat, welches also die eigentliche Wirtspflanze darstellt. Einige Beobachtungen, die ich im folgenden näher beschreiben werde, bestätigen diese Vermutung. Die Entscheidung können in dieser Frage offenbar nur ver- gleichende Kulturversuche liefern. In der älteren Literatur liegen nur bei Peirce und Miraude Mitteilungen derartiger, in dieser Richtung zielbewußt durchgeführter Untersuchungen vor. So er- wähnt Peirce (S. 83) Kulturen von Cuscuta auf Euphorbia, Aloe, Juncus und Equisetum. In diesen Fällen entwickelte sich Cuscuta zwar bis zu einem gewissen Grade, aber es stellten sich im all- gemeinen früher oder später bei dem Schmarotzer kränkliche Symptome ein, die sich auf einen Einfluß der in den Wirtspflanzen vorhandenen, für Cuscuta schädlichen Substanzen, wie Mlchsaft (Euphorbia) und Schleim (Aloe), zurückführen ließen, die zu einer Vergiftung der Haustorien geführt hatten, oder auch durch einen Einfluß stark sklerifizierter Zellwände (Juncus und Equisetum) bedingt waren, welche den Haustorien erschwerten, die genannten Pflanzenteile zu durchdringen. Von Mirande besitzen wir ausführliche Untersuchungen über Cuscuta-Kiütnren auf Giftpflanzen mit besonderer Rücksicht auf die Bedeutung hier vorkommender spezifischer Substanzen als Schutzmittel gegen C?*5fMfa- Parasitismus. Die Untersuchungen Mirandes haben allerdings zu Ergebnissen geführt, die mit den von Peirce gewonnenen nicht in allen Punkten völlig überein- stimmen, und auch von den Beobachtungen einigermaßen abweichen, die ich selbst gemacht habe. Die bestehenden Widersprüche finden vielleicht darin eine Erklärung, daß Mirande andere Cuscuta- Arten gewählt hat als diejenigen, die in Peirce s und meinen Versuchen zur Verwendung kamen. Hinsichtlich der wichtigeren Punkte, in denen meine Untersuchungen die Beobachtungen Mirandes be- rühren, komme ich im folgenden auf diese Arbeit zurück. Auch Spisar scheint die hier berührte Frage bemerkt zu haben, aber er erwähnt in seinen Mitteilungen keine speziellen Beobach- tungen hierüber. über die Schutzmitte! einijjer Pflanzen ijeiien scliniarotzende Cuscufa. 125 Meine Kiütiin'ersuche machte ich in den Monaten Juni und Juli und zwar mit Cuscuta Gronovii Wilkl. Die verschiedenen Pflanzen, die als "Wirte dienen sollten, wurden in Töpfe eingepflanzt, und man brachte Cwscw^rt-Sprosse auf einfache Weise zum Schmarotzen dadurch, daß die wachsenden Sproßspitzen eines Cuscuta -Ydi^^ns auf den Wirtspflanzen zur Berülirung befestigt wurden. In einigen Fällen wurden die als Wirtspflanzen dienenden Topfgewächse durch abgeschnittene, im Wasser vegetierende Sprosse ersetzt, welche sich bei täglichem Wechseln des Wassers und bei sukzessiver Er- neuerung der Schnittflächen bis zu drei Wochen ganz gesund er- hielten. Weil es mir ein wenig schwierig schien, die Fehlerquellen ganz genau zu kontrollieren, die in der Einwirkung störender äußerer Einflüsse, vor allem von starker Insolation und Austrocknung, begründet waren, wurden meine Versuche nicht im Freien unter- nommen, sondern die Kulturen wurden ins CTewächshaus des La- boratoriums hineingestellt, wo ich nur dafür zu sorgen hatte, daß die Pflanzen nicht unter zu intensiver Sonnenbeleuchtung litten. Zunächst waren meine Versuche auf eine Untersuchung des Einflusses gerichtet, den ein Gehalt von stark saurem Zellsaft, ätherischen Ölen, Milchsaft und Alkaloiden auf Cuscuta ausübt. Als Versuchspflanzen, die infolge eines bedeutenden Gehaltes au freien organischen Säuren im Zellsaft als Wirtspflanzen für Cuscuta ungeeignet schienen, wurden zur Kultur folgende Pflanzen mit notorisch starker Azidität ausgewählt: Begonia metaUicaG.'^xmHi, Oxalis Valdiviensis Barn., Rumex domesticus Hn. und Bryophyllum calycinum Salisb. Begonia metallica wirkte als Wirtspflanze auf Cuscuta stark giftig. Nachdem die Cwsci^^a-Sprosse in Kontakt mit der erwähnten Begonia-Art gebracht worden waren, umwanden sie mit mehreren Drehungen die Stengelglieder und Blattstiele von ihr. Ein Einfluß der schädlichen Eigenschaften der Wirtspflanze zeigte sich speziell darin, daß die Cuscuta-Fäden immer dünn und zart blieben, und daß sie durch eine merkbare Umfärbung in Grün ein von dem normalen abweichendes Aussehen erliielten. Haustorien ent- wickelten sich zwar in verhältnismäßig bedeutender Anzahl auf den Haustorialsegmenten, aber nachdem diese die Wirtspflanze durch- bohrt hatten, stellten die Cuscuta-Si^rosse das weitere Wachstum ein. Als diese nach einiger Zeit von der Verbindung mit der Mutterkultur abgeschnitten wurden, so daß sie individuelle, allein 126 *^'^to Gertz, auf Begonia schmarotzende Cu5crung der Blattränder zu bemerken. Die Wirtspflanze zeigte keine Veränderung. Einen weiteren schädlichen Einfluß der Dämpfe des ätherischen Öles konnte ich nach einer Versuchszeit von 5 Tagen (120 Stunden) auf Cuscuta nicht nach- weisen, aber auf der Wirtspflanze war eine Einwirkung derselben deutlich zu sehen, indem Blüte, Knospen und jüngere Früchte ab- gestorben waren. Nach noch 6 Tagen (144 Stunden) zeigte sich Cuscuta im großen Ganzen von den Dämpfen unberührt, doch waren an einigen Stellen ihre Sproßspitzen braun gefärbt. Bei Impatiens dagegen waren die Blätter tot und abgefallen, und die Infloreszenz- zweige wurden auf einer größeren Fläche braun gefärbt und ab- gestorben befunden. Die weiteren Veränderungen, die eine längere Versuchszeit hier mit sich bringen würde, wurden nicht untersucht, weil nach einer Woche das Experiment abgebrochen wurde. Es ist jedoch schon aus dem Versuche deutlich ersichtlich, daß ein mit der Giftwirkung der früher geprüften Ätheröle analoger Effekt sich auch in diesem Falle geltend gemacht hätte, und es ist nicht zu bezweifeln, daß auch dieses Experiment zu vollständiger Kollabeszenz der Versuchskultur geführt hätte. Aber ein solches Ergebnis hätte eine bedeutend längere Zeit gebraucht als das der obigen Versuche, 136 Otto Gertz, in Anbetracht der weniger ausgeprägten Giftigkeit, die dem in diesem Versuche angewandten Pfefferminzöl zukam. Es verdient hinzugefügt zu werden, daß in den Versuchen Hellers mit Keimlingen von Sinapis und Brassica die Pflanzen schon nach 32 Stunden in einer Atmosphäre von Thymian- und Pfefferminzöl zugrunde gingen, daß aber Keimpflanzen von Mentha piperita nach 74 Stunden (Pfefferminzöl) starben, und daß eine Keimpflanzenkultur von Brassica erst nach 5 Tagen getötet wurde, wenn die Keimlinge den Dämpfen eines Mentha piperita-lndividimms ausgesetzt wurden. Die Versuche mit Coniiim maculatum L. als Wirtspflanze für Cuscuta Oronovii, auf welche ich im folgenden in anderem Zu- sammenhang näher eingehen werde, lenkten meine Aufmerksamkeit auf die Möglichkeit, daß schon den Koniinexlialationen dieser Pflanze einigermaßen die toxische Wirkung zugeschrieben werden könnte, die Conium auf schmarotzende Cuscuta ausübte. Diese Vermutung, daß das Koniin Eigenschaften besitze, welche mit denen der äthe- rischen Öle als analog anzusehen wären, fand ich durch die mit der genannten Substanz angestellten Versuche bestätigt. Ich operierte liier mit der reinen freien Alkaloidbase, einer wasser- hellen, ölähnlichen Flüssigkeit, die schon bei gewöhnlicher Tempe- ratur ein wenig flüchtig ist und einen durchdringenden, widerlichen Geruch besitzt. Während des Versuches veränderte sich die Substanz zum Teil chemisch, indem sich die l)etreffende , im An- fang farblose Flüssigkeit rasch gelb färbte, wahrscheinlich infolge einer Oxydation, und schließlich zu einem gelblichen, klebrigen Körper halbfester Konsistenz zusammentrocknete. Der Versuch wurde auf ähnliche Weise wie die vorhergehenden Experimente mit ätherischen Ölen ausgeführt. Ein abgeschnittener Im'patiens-^])vo^ mit einer kräftigen Ciiscw^a -Vegetation wurde unter einer Glasglocke den Dämpfen von Koniin in einem Glas- schälchen ausgesetzt Schon nach 30 Stunden hatten sich deut- liche Vergiftungssymptome eingestellt, indem bei Impatiens die Mehrzahl der Blätter braun gefärbt waren und schlaff herunter- hingen. Die Cit5cw^a- Sprosse zeigten dagegen keine Spur von Ver- färbung, sondern sie waren normal gefärbt und kräftig turgeszent. Nach einer Einwirkung von 72 Stunden wurde der Versuch ab- gebrochen. Alle Blätter, Blüten, Früchte und Knospen nel)st kleinen Infloreszenzzweigen von Impatiens waren dann braun und zum über die Schutzmittel einiger Pflanzen gegen schmarotzende Cuscuta. 137 Teil abgefallen, ihre Stengel und Blattstiele aber intakt, was mit den Blattspreiten derselben Pflanze, die in Wasser submers gehalten worden waren, auch der Fall war. Die Cuscuta -S\n-osse hatten während des Versuches überhaupt wenig gelitten. Die meisten Sproßspitzeu und Knospen waren zwar braun gefärbt, aber im übrigen zeigte sich die Pflanze gesund und turgeszent. Die während des Versuches gebildeten neuen Axillarsprosse waren eben- falls unbeschädigt. Die angeführten Versuche mit ätherischen Ölen verschiedener Art geben also eine Erklärung der rätselhaften Bedingungen, unter welchen meine üppigen und luxuriierenden C'uscw^a- Kulturen auf Elsholzia cristata zugrunde gingen. Obgleich nicht alle diese Versuche zu Ende geführt worden sind, haben sie gleichwohl feststellen können, daß die Auffassung, die ich vorher nur an- deutungsweise in bezug auf Elsholzia ausgesprochen habe, voll- kommen berechtigt ist, nämlich: daß Elshohia cristata durch ihre Fähigkeit, sich eine Atmosphäre von ätherischen Ölen zu schaffen, eine nicht unwesentliche Waffe gegen die Angriffe schmarotzender Cuscuta besitzt. Zwar haben die Versuche daneben ergeben, be- sonders diejenigen mit Thymianöl, daß eine bedeutende Resistenz gegen die Gift Wirkung dieser Dämpfe vorhanden ist. Diese Resistenz kann aber doch nicht verhindern, daß bei längerer Einwirkung Cuscuta schließlich zugrunde geht. Gerade der Vergleich zwischen dem Verlauf der Cuscuta -Kiütnr an Elshohia und den Versuchen mit Pfefferminzöl und Thymianöl, die im wesentlichen einen durch- gängig analogen Charakter haben, scheinen nicht gegen eine solche Schlußfolgerung zu sprechen. Mit den Versuchen auf Elshohia stimmten meine Versuche überein, in denen Dictamniis Fraxinella Pers. und Ruta graveolens L. als Wirtspflanzen für Cuscuta angewandt wurden. Weil jedoch der Verlauf hier nicht in derselben Weise wie in den Kulturen auf Elshohia untersucht wurde, verzichte ich, diese hier zu erwähnen. Auch Mira n de ist es aufgefallen, daß den ätherischen Ölen und nahestehenden chemischen Substanzen eine Bedeutung als biologische Schutzmittel gegen Cuscuta zukommt. Nach den Be- funden Mirandes (S. 119) vegetiert Cuscuta europaea mit Schwierig- keit auf Cheiranthus Cheiri, Cochlearia Ärmorica, Tropaeolum majus und Sinapis wegen der diesen Pflanzen zukommenden spezi- fischen Stoffe. Was die Labiaten wie Mentha, Origanum vulgare, ]^gg Otto Uertz, Ballota foetida, Nepeta cataria betrifft, sind diese nach Mir an de den kleinen Cuscuta-kvien überhaupt weniger schädlich als die vorhergehenden. In diesem Zusammenhang soll andererseits erwähnt werden, daß Cuscuta europaea nach Wittrock (S. 6, 8, 9) solche Pflanzen mit reichlicher Sekretion von ätherischem Öl als Artemis? a vulgaris L., A. Absinthium L. (auf der letzten Art als var. Schkuhriana Pfeiff.) und Hyssopus officinalis L. und Carum Carvi L. (als Cuscuta halophyta Fr.) als Wirte verwenden kann, wie auch, daß Cuscuta Epithymum gerade auf solchen Pflanzen, die an ätherischen Ölen reich sind, wie auf Thymus- Arten und ähnlichen, auftritt. Die letzterwähnten Angaben l^ezieheu sich allerdings auf andere Cuscuta- Äxten als die von mir untersuchte Cuscuta Oronovii. Es ist offenbar, daß man bei verschiedenen Cuscuta- Arten mit einer graduell verschiedenen Empfindlichkeit für die toxische Wirkung ätherischer Öle rechnen kann, einer Empfindlichkeit, die auch so gering werden kann, daß sie sich bei gewissen Cuscuta-Yovmen geradezu als Immunität in der genannten Hinsicht äußert, was jedenfalls mit Cuscuta Epithymum der Fall sein dürfte. Eine Be- obachtung, die entschieden hierauf hindeutet, wurde von Mirande hinsichtlich der Einwirkung des Milchsaftes auf Cuscuta gemacht, eine Frage, die ich im folgenden noch ausführlicher behandeln werde. Mirande (S. 119) ist es nämlich aufgefallen, daß die großen Cuscuta- Arten sich kaum auf Euphorbiaceen ansiedeln lassen, während Cuscuta europaea z. B. auf Euphorhia Cyparissias ein ephemeres Leben führt und Cuscuta Epithymum hier ganz gut leben kann. Schon Errera, Maistriau und Clautriau haben neben Stahl erkannt, daß die biologische Bedeutung der Alkaloide und anderer spezifischer Giftstoffe darin besteht, die Pflanzen, welche diese Substanzen als Zellinhalt führen, gegen Angriffe von Tieren oder Pflanzen zu schützen. Um zu untersuchen, inwiefern diese pro- phylaktische Funktion auch gegen Cuscuta- Angriiie wirksam sein könnte, stellte ich mehrere Versuchsreihen au, in denen sich als Wirtspflanzen für Cuscuta -Kultur die folgenden alkaloidführenden oder in anderer Hinsicht notorisch schädlichen Pflanzenformen an- wendete: Solanum nigrum L., Solanum tuberosum L., Atropa Belladonna L., Hyoscyamus niger L., Datura Stramonium L., Digitalis purpurea L., Conium maculatum L., Ranunculus arvensis über die Scliutzmittel einigei- Pflanzen g'ejren schmarotzende Cuseuta. 139 L., Tropaeoliim majus L., Papaver Argemone L., Papaver duhium L., Euphorbia Helioscopia L., Rhus Toxicodendron L. Bevor ich zu einer Besclireibuug- dieser Kulturversiiclie über- gehe, will ich einen Bericht über einige Hauptpunkte vorausschicken, die aus den Untersuchungen Mi ran des hervorgegangen sind. Diese sind in großem Maßstabe durchgeführt und hinsichtlich der hier vorliegenden Frage besonders ausführlich. In der Zusammenstellung seiner Versuchsresultate führt er mehrere Beobachtungen über Kulturen von Cuseuta europaea und Cuseuta japonica auf alkaloid- führenden Pflanzen an, die als Wirte einen ungünstigen Einfluß auf den Schmarotzer ausübten. Eingehender sind von Mirande die Kulturen von Cuseuta japonica auf folgenden Wirtspflanzen untersucht worden: Berheris aristata, Delphinium Staphisagria, Hyoscyamus niger, Aconitum Napellus und Amorpha fruticosa, in welchen Fällen die Wirtspflanzen entschieden schädlich, zum Teil sogar tötend wirkten. Die Kulturen derselben Cuseuta- kri auf Atropa Belladonna und Datura gaben dagegen, trotz der kräftig wirkenden Giftstoffe, die für diese Pflanzen eigentümlich sind, besonders üppige und luxuriierende Cuscuta- Vegetationen. In ph^'siologischer Hinsicht sind die Untersuchungen Mirandes noch andererseits von Bedeutung. Aveil hier ermittelt worden ist, inwiefern die in den Wirtspflanzen vorhandenen Alka- loide die Fähigkeit besitzen, durch die Zellen des Haustorialmj^cels in den Körper des Schmarotzers einzudringen. Solanum nigrum. Auf dieser Pflanze stellte ich mehrere Kulturen an, denen eine ausführliche Beschreibung ge"v\ädmet werden soll, weil die Ergebnisse den Beweis führen, daß sich Cuseuta hier durch einen Akt physiologischer Anpassung eine Immunität gegen- über den schädigenden Substanzen der Wirtspflanze erwerben kann. In einer Kultur zeigte Cuseuta, solange sie sich mit ihren Sprossen mit der Mutterkultur in Zusammenhang befand, eine kräftige, geradezu üppige Entwicklung. Die Cuscuta-Stengel bildeten mehrere Reihen flacher Windungen und erzeugten in reichlicher Menge Haustorien, die tief in die Gewebe der Wirtspflanzen hineindrangen. Als inzwischen 10 Tage nach dem Anfang des Versuches die auf Solanum befestigten Cuseuta -Si)YOSse von der Mutterpflanze ab- geschnitten wurden, trat unmittelbar eine auffallende Retardierung ein, und die Sprosse w^urden binnen kurzem deutlich grün. Nach 140 Otto Gertz, einiger Zeit begannen sich wieder Anläufe zu einem kräftigen Wachstum und reichlicher Neubildung- von Sprossen zu zeigen, und die Farbe der Cuscuta-TÜSinzeii wurde orangegelb, eine wieder- gewonnene höhere Vitalität andeutend. Als gegen Ende Juli ein Blühen eintrat, hatten sich auf Solanum die ursprünglichen Cuscuta- Sprosse zu Vegetationen mit völlig so üppigem und wucherndem Aussehen wie auf der normalen Wirtspflanze Impatiens ausgebildet. Andere Kulturversuche auf dieser Pflanze zeigten ein nicht weniger bemerkenswertes Verhalten. Die durch eindringende Hau- storien auf Solanum fixierten Cii^cw^a- Sprosse, deren Kontinuität mit der Mutterpflanze in diesem Falle nicht unterbrochen war, wurden nach einem anfangs eintretenden kräftigen Wachstum auf- fallend grün und stellten weiteres Wachstum ein, während basal vom Ansatzpunkte der fraglichen Sprosse auf Solanum axillare Seitensprosse von der Cwscuif«- Mutterpflanze auswuchsen, welche bedeutend üppiger und dicker als die grün gefärbten, auf Solanum schmarotzenden Sprosse waren. Diese Sekundärsprosse wuchsen danach auf Kosten und unter Einschränkung der auf Solanum schmarotzenden Primärsprosse zu kräftigen, sympodialen Si)roß- systemen aus. Offenbar lag in letzterem Falle ein Bestreben der Cv^cuta- Mutterpflauze vor, sich durch Entwicklung kräftiger Ersatzsprosse von den auf Solanum schnuirotzenden Primärsprossen unabhängig zu machen, deren Ernährung eine greifbar deprimierende Einwirkung von den giftigen Substanzen in den Zellen des Solanum -Stengels erlitten hatte. Wie allerdings aus dem vorher erwähnten Versuch ersichtlich ist, war bei den Cuscuta-S^^rossen, die von der Mutter- kultur abgetrennt worden waren und also individuelle, zum Schma- rotzen auf Solanum angewiesene Pflanzen darstellten, diese Her- absetzung der Vitalität vorübergehend. Vielleicht können wir mit Mirande (S. 106 ff.) dies in Zusammenhang damit stellen, daß nach einiger Zeit in den Zellen des Haustorialmycels eine regula- tive Veränderung der Permeabilität des Protoplasmas in bezug auf gewisse in Solanum befindliche Substanzen eingetreten ist. Hauptsächlich auf Grund meiner Beobachtungen in den Cuscuta- Kulturen auf Solanum nigrum habe ich im vorhergehenden — ohne damit die Bedeutung der Untersuchungen von Hildebrand, Wittrock und anderen Autoren herabsetzen zu wollen — hervor- gehoben, daß man auf rein floristische Beobachtungen und auf die Untersuchungen von den Studien des Herbariummaterials keinen über die Schutzmitte! eiiiii;er Pflanzen sre^en schmarotzende Cuscuta. 14X allzu gToßen Wert leg-eii darf. Gerade die eine meiner Solanum- Kulturen hat deutlich gezeigt, daß Cuscuta mit Haustorien an einer Pflanze befestigt sein kann, ohne ihre hauptsächlichste Nahrung von dieser zu holen, und daß eine ganz andere, in der Nähe sich befindende Pflanzenart die wirkliche Wirtspflanze darstellt. Die für Cuscuta charakteristischen physiologischen Eigentümlichkeiten, Selbstverdauung der basalen Sproßstücke und die Fähigkeit, zum Teil als autotrophe Pflanze zu assimilieren, sind ohne Zweifel auch in diesem Falle Faktoren, die in Betracht zu ziehen sind. An Solanum tuberosum gelang es, Kulturen von Cuscuta Gronovii aufzuziehen, doch bekamen diese nicht die üppige Aus- bildung, die die Kultaren auf Solanum nigrum auszeichnete, sondern boten deutliche pathologisclie Konnzeichen dar. Dies Verhalten wird einfach dadurch erklärt, daß ich als Wirtspflanze ganz junge, aus Kartoffelstücken aufsprießende Sprosse auswählte, deren Gehalt an Solanin, mit demjenigen älterer Solanum tuberosum -J^ümizen verglichen, relativ groß ist. Es kann also nicht befremden, daß in der Literatur mehrere Angaben (von Al»romeit [siehe Wittrock, S. 15], Wydler, Sorauer [S. 44]) über beobachtete Fälle vorliegen, wo Cuscuta europaea auf Solanum tuberosum schmarotzt hat, weil sich diese Angaben zweifellos auf völlig entwickelte Kartoffelstauden beziehen, w^elche einen reduzierten Solaningehalt haben und infolge- dessen w^eniger giftig wirken. Daß das Alkaloid der Atropingruppe, welches das wirksame Prinzip in Lycium harbarum L. (Czapek, 11, S. 309) darstellt, kein Hindernis für Cuscuta europaea zu sein scheint, diese frag- liche Pflanze als Wirt zu benutzen, geht aus einer Beobachtung Rostrups (S. 120) hervor. Mit gutem Erfolg benutzte Mirande (S. 85, 105) als Wirts- pflanzen für Cuscuta europaea, außer Solanum nigrum und S. tuberosum, sowohl S. Dulcamara L. als Physalis AlheJcengi L. und Nicotiana -Äxten. Peirce (S. 93) zog Cuscuta auf Solanum jas- minoides Paxt. auf. Atropa Belladonna. In Übereinstimmung mit den Befunden Mirandes (S. 85, 106) erzielte ich auf Atropa Belladonna üppige und kräftig entwickelte Ci<5Ci(fa -Vegetationen. Cuscuta schien hier besonders w^ohl zu gedeihen, und die Haustorien, welche in die Gew^ebe der Wirtspflanze eingedrungen waren, hatten kräftige axiale ]^42 *-**^^ öertz, Tracheidenbüudel ausgebildet, die iu histologische Yerbiudimg- mit dem Gefäßblmdelsystem der Wirtspflanze g-etreteu waren. Hyoscyamus niger. Während Cuscuta bei Kultur auf den vorher erwähnten Solanaceen zu verhältnismäßig- guter Entwicklung-, in einigen Fällen sogar iu luxuriierenden Formen gekommen war, so zeigten die auf Hyoscyamus niger aufgezogenen Cw^CM^a-Kulturen ein auffallend kränkliches Aussehen. Der Cnseuta-'^\wQ& führte um den Stengel der Wirtspflanze drei bis vier Windungen aus, und es entwickelten sich Haustorien in verhältnismäßig reichlicher Anzahl. Danach aber stellten sich die gewöhnlichen Vergiftungs- sj^mptome ein. Das Wachstum hörte auf, und die Sprosse wurden dünn und kräftig grün. Beinahe einen ganzen Monat hindurh erhielt sich die Cuscuta- Kultur in diesem hinsiechenden Zustande. Eine anatomische Unter- suchung ergab, daß die Mehrzahl der Haustorien braun gefärbt und abgestorben waren, daß aber einige — vielleicht sekundäre Ersatz- haustorien — am Leben geblieben waren und ein axiales Spiral- tracheidenbündel entwickelten, so daß sie sich einen Weg durch die Epidermis, das Kollenchym und das Rindengewebe nach dem geschlossenen Xylemzylinder bahnen konnten, wo ein reichlich ver- zweigtes Haustorialmycel entstand. Es lag also hier ein Fall vor, der eine deutliche Analogie zu den Verhältnissen zeigte, die ich z. B. in den Kulturen auf Begonia und Oxalis beobachtet hatte. Die in den Parenchymzellen der Wirtspflanze sich befindenden Alkaloide, Hyoscyamin nebst anderen Basen derAtropingruppe (Czapek. II, S. 304), hatten zur Vergiftung der meisten Haustorien geführt ^). Nur einige besonders kräftig aus- gebildete Haustorien hatten, vielleicht nach erworbener Immunität, nach dem Gefäßbündelgewebe der Wirtspflanzen vorzudringen ver- mocht, wo wahrscheinlich nur Absorption roher Nährsäfte eingetreten w^ar, die Cuscuta als fakultativ autotrophe Pflanze durch Photo- synthese in organische Substanz umgewandelt hatte. Nur so läßt es sich erklären, daß sich Cuscuta solange, wenn auch nur in stark hinsiechendem Zustande, hatte erhalten können. Zw^eifellos hatte die Selbstverdauung der älteren Teile des Cusczt^a-Sprosses von der Schnittfläche herauf mitgewirkt. l.j Es verdient doch näher untersucht zu werden, ob diese Wirkung auch einiger- maßen deni schleimigen Drüseusekret zuzuschreiben ist, das in reichlicher Menge von den Haaren auf Stengeln und Blättern des Bilsenkrauts ausgeschieden wird. (''her die Scluitziiiittel eiui'iei" Pflanzen irefren schmarotzeiidi' Ctiscuta. 143 lu den Kultuiversuchcu ]\lir;iudes (S. 105, 107) stellte sich heraus, daß Cuscuta japonica nicht auf Hyoseyamus zur Ent- wickhing- kam, sondern auf dieser Pflanze nur ein ephemeres Leben führte. Datura Stramonium. Unter allen toxische Eigenschaften be- sitzenden Pflanzen, die in meinen Versuchen als Wirte schma- rotzender Cuscuta fungierten, zeigte Datura die kräftigsten Gift- wirkungen. Unmittelbar nach ein oder zwei Windungen hörte das Wachstum auf, und die Versuchssprosse wurden merkbar grün und dünn. Haustorien kamen nur in geringer Anzahl und, wie es schien, mit großer Schwierigkeit zur Entwicklung. Ebenso wie es bei den vorher beschriebenen Versuchen mit Begonia, Oxalis und Hyoseyamus der Fall war, hielten sich diese auf Datura hin- siechenden Sprosse lange Zeit, und kleine akzessorische Blüten- knospen kamen auch zum Schluß in der Nähe der Haustorien zur Entwicklung. Die Schädlichkeit der Wirtspflanze war zweifellos durch ihren Alkaloidgehalt, durch das A tropin und Hyoscyamin (Czapek, II, S. 312), bedingt. Dieser Kulturversuch auf Datura ist auch andererseits von Interesse, weil sein Resultat in auffallendem Widerspruch zu den Ergebnissen steht, die Mirande (S. 55) in seinen Kulturen von C. japonica auf Datura- krXinx bekommen hat. Diese gaben nämlich üppige, beinahe luxuriierende Vegetationen. Es darf also diesen Versuchen zufolge als festgestellt betrachtet werden, daß ver- scliiedene Cuscuta- kvi^n eine verschiedene spezifische Empfindlich- keit gegen die schädlichen Eigenschaften gewisser Wirtspflanzen besitzen. Digitalis purpurea. Im Anfang entwickelte sich Cuscuta ver- hältnismäßig gut und bildete mehrere Systeme flacher Haustorial- windungen um den Stengel der Wirtspflanze. Aber nach etwa 10 Tagen stellte sie das Wachstum ein, und ihre Sprosse welkten ab. Eine anatomische Untersuchung ergab, daß Haustorien zwar in reichlicher Zahl die Rinde der Wirtspflanze durchbohrt hatten und nach dem geschlossenen Bastfaserzylinder des Stengels hervor- gedrungen waren, daß aber ihr weiteres Eindringen hier verliindert worden war. Die äußersten Zellagen des Bastgewebes, das die bedeutende Mächtigkeit von 5—7 Lagen erreichte, war freilich auf 14:4 ^^^° Gertz, lange Strecken vom Verbände mit den übrigen Zellkomplexen derart isoliert worden, daß hanstoriale Zellen sich zwischen die Zellen eingekeilt hatten; offenbar aber hatten jene nicht die Fällig- keit gehabt, das kräftige Bastgewebe vollständig zn durchdringen, um die Elemente des Phloems und Xylems zu erreichen. Besonders deutlich trat dieses Verhalten auf radialen Längsschnitten durch den Stengel der Wirtspflanze hervor. Es ist ja möglich, daß das in den Zellen der Wirtspflanze sich befindende Glykosid, Digitalin, durch seine Giftigkeit mit- gewirkt hat, aber die primäre Ursache des Absterbens der Kulturen dürfte jedoch in diesem Falle das mechanische Hindernis gewesen sein, das der Hartbastzylinder gegen die Versuche der Haustorien gesetzt hatte, um liistologische Kontinuität mit den nahrungsleiten- den Elementen der Wirtspflanze zu erreichen. Es ist nämlich durch die Beobachtungen Peirces (S. 84) und Kochs (S. 41) deutlich er- sichtlich, daß Cuscuta-S^YOSHB in ihrer Entwicklung eine bedeutende Verzögerung durch harte, mechanische Zellelemente erleiden. Eigene auf diesen Punkt direkt eingerichtete Versuche habe ich nicht unternommen. Von Interesse ist allerdings folgende Beobachtung Hildebrands (S. 94) über eine Cuscuta hipuliformis- Vegetation auf Phragmites communis L. : „Die an den Berührung- stellen aus der Cuscuta lupuliformis hervortretenden Saugwarzen hielten sich nur schwach an der Oberfläche der Grasstengel fest, vielleicht weniger deswegen, weil der Saft der Gräser dem Schma- rotzer nicht behagte, sondern wohl hauptsächlich aus dem Grunde, daß die Härte der kieseligen Oberhaut für die zartwandigen Zellen der Cw^cit^a- Saugwarzen nicht zu durchdringen war". Daß es Cuscuta schwierig fällt, den Stengel von Equisetum zu durchbohren, hat schon Peirce gezeigt. Doch liegen andererseits Angaben über CM5ct(^o-Parasitismus auf Equisetum von Wittrock (S. 14, 16) und König (vgl. Koch, S. 121) vor, sowie auch auf Juncus eompressus Jacq., Carex glauca Scop. und C. muricata L. von Bio mq vi st (S.'364). Conium maculatum. Auf dieser Pflanze wurde nur eine Cuscuta- Kultur gemacht, die leider schon nach 14 Tagen zugrunde ging. Cuscuta schien während dieser Zeit verhältnismäßig gut auf der Wirtspflanze zu gedeihen, doch war eine in die Augen fallende Tendenz zur Grünfärbung zu bemerken. Bei der anatomischen Unter- suchung ging hervor, daß die Haustorien durch das zwischen den i'bev die Schutzmittel piniger Pflanzen «regen schmarotzende Cuscuta. 145 subepidermaleu Kolleuchymbüudelii in deu Ecken des Steng-els liegende Chlorenchym in das Grundgewebe der Wirtspflanze hinein- gedrungen waren und axiale Tracheidenbündel nebst reich ver- zweigten und vorzugsweise im Phloeni sich ausdehnenden Hau- storialmycelien entwickelt hatten. Spuren von Desorganisation dieser Haustorialzellen durch das giftige Koniin beobachtete ich nicht. Daß die Kulturen zugrunde gingen, hatte zunächst seinen Grund in einer Ansiedlung von Blattläusen, welche in auffallendem Grade die Cz/^atfa -Vegetation beschädigte. Trotz des Bespritzens mit Parasitol, einer geringprozentigen, durch Auslaugen von Roh- tabak erhaltenen Infusion von Nikotin, ließen sich die Tierchen nicht vollständig vertreiben, und die von diesen verursachte Aphiasis führte wahrscheinlich zum Absterben der Kultur. Vielleicht war die Resistenz der Cuscuta-Siivosse in iliesem Falle schon früher durch die Einwirkung des Koniins herabgesetzt. Aber auch an vollkommen gesunden Cuscuta-Kulturen auf der normalen Wirtspflanze Impatiens parviflora, wo dieselbe Apliiasis in einigen Fällen auftrat, stellten die Blattläuse große Verwüstungen an, so daß die Gtsci^^rt-Kulturen in vielen Fällen verwelkten. Es wäre sehr interessant gewesen, das weitere Schicksal dieser Kulturen zu verfolgen, weil ich erwartete, hier eine Parallele zum ^MoZem -Versuch zu finden, eine Vermutung, die mir um so mehr begründet zu sein schien, als ein oben angeführter Versuch gezeigt hatte, daß Koniindämi)fe gewissermaßen eine analoge Giftwirkung wie Exhalationen ätherischer Öle besitzen. Zur Ermittelung der eventuellen Giftwirkung des Koniins wurde außerdem ein anderer Versuch gemacht. In diesem benutzte ich Füedermarkstäbchen, welche unter der Luftpumpe mit O,lpro- zentiger Wasserlösung des genannten Alkaloids (Mercks Prä- parat Coniin puriss. wasserhell) injiziert wurden. Zu der Koniin- lösung war eine Spur Glyzerin gesetzt, um ein Eintrocknen zu verhindern. In den Versuchen bekam ich zwar Haustorienbildung, aber Haust orialmycelien entwickelten sich nicht. Cuscuta schien während des Versuches keinen nachweisbaren Schaden erlitten zu haben, aber weil das Koniin sich ziemlich rasch vom Stäbchen ver- flüchtigte, konnte offenbar der Versuch keine Antwort auf die an- gestellte Frage geben. Cuscuta europaea ist von Mirande (S. 104) auf Cicuta virosa L. eingepflanzt worden, wo sie nur ein ephemeres Dasein führte. Jahrb. f. ^nss. Botanik. LVI. 10 J46 ^^^° Gertz, Ranunculus arvensis. Cnscuta gedieh vorzügiich auf dieser Pflanze, und die Kulturen zeigten ein besonders üppiges Aussehen mit stark ausgeprägter Gelbfärbung der Sprosse. Haustorien waren überall in die Gewebe der Wirtspflanze eingedrungen und hatten Kontinuität mit den Gefäßbündeln erreicht. Mit diesem Resultat harmonieren gut einige in der Literatur vorliegenden Mtteilungen ,• denen zufolge Cuscuta europaea und andere Cuscuta- Axt^n als Schmarotzer auf Arten von Ranunculus [arvensis L. (Sorauer, S. 44, König; vgl. Koch, S. 121), acris L. (Wittrock, S. 12), bulbosus L. (Blomqvist, S. 364)] und auf anderen Ranunculaceen, wie Clematis Vitalba L. (Wittrock, S. 12), Aconitum (Sorauer, S. 44) und Delphinium Ajacis L. (üppig wuchernd, Hildebrandt, S. 93) beobachtet wurden. Daß sich doch einige dieser Angaben ohne Zweifel auf mehr oder weniger kränkliche C^<5CMfrt-Indi^^duen beziehen, geht aus den Cuscuta-Kiütnren Mirandes (8. 105) auf Aconitum Napellus L., Delphinium ornatum Bouche und D. Staphysagria L. hervor, auf denen sich nämlich der Schmarotzer nur mit Schwierigkeit am Leben erhielt. Tropaeolum majus. Zeigte sich als Wirtspflanze für Cuscuta Gronovii wenig geeignet. Nach einigen Windungen unregelmäßiger, beinahe konvulsivischer Art um Stengel und Blattstiele von Tro- paeolum wurden die Cuscuta -Si^YOSse außerordentlich dünn und kräftig grün, und sobald sich Haustorien ausgebildet hatten, hörte alles weitere Wachstum auf. Eine anatomische Untersuchung ergab, daß die Mehrzahl der Haustorien tot waren. An einigen Stellen konnte doch festgestellt werden, daß sich lebende jüngere — viel- leicht Ersatzhaustorien — vorfanden, die außerdem in Kontinuität mit dem Gefäßbündelsystem der Wirtspflanze getreten waren. Fast überall in Rinde und Gefäßbündeln, wo die Haustorien eingedrungen waren, waren die Zellen der Wirtspflanze tot und hatten ein rot- braunes amorphes Pigment entwickelt, welches sowohl die Zell- membranen als die abgestorbenen Plasmareste tingiert hatte. Die Cuscuta-KultureTi erhielten sich in diesem Zustande mehrere Wochen. Die Ursache der ausgeprägt schädlichen Wirkung, die Tropaeolum als Wirtspflanze auf Cuscuta ausübte, dürfte ihrem Gehalt an ätherischem Öl zugeschrieben werden. Weil mir kein Präparat dieser Substanz zur Verfügung stand, konnte ich nicht experimentell ermitteln, inwiefern diese Vermutung berechtigt war. über die Schutzmittel einijrer Pflanzen gepen schmarotzende Cuscuta. 147 Wie ich oben erwähnt habe, fand Mirande (S. 119), daß Cuscuta europaea nnr mit Schwierigkeit auf Tropaeolum^) und auf einigen mit dieser übereinstimmenden Pflanzen, ^ie Cheiranthus, Cochlearia, Sinapis und Reseda, vegetierte. Papaver Argemoyie und Papaver dubium. Kulturversuche auf diesen Arten zeigten, daß Cuscuta eine bedeutende Entwicklung erreichte. Die Kulturen, welchen ich während mehr als 4 Wochen folgen konnte, waren groß und kräftig und trieben reichliche Blüten. Doch waren alle Sprosse grün gefärbt und entbehrten der kräftigen Anschwellung der haustorienproduzierenden Stengelglieder (Hausto- rialsegmente), die normale Cuscuta-KwWwY^w kennzeichnen. Die Entwicklung, welche die Cw^CM^a-Kulturen hier genommen hatten, war um so l)emerkenswerter, als die anatomische Unter- suchung ergab, daß sich bei Cuscuta deutliche Vergiftungssymptome eingestellt hatten. Die Haustorien waren nämlich stark braun ge- färbt und erinnerten an dunkle, s<'hwammartige Klumpen infolge ihres Überzugs von geronnenem Milchsaft. In den Haustorial- zellen waren gelbbraune, ölartige Tröpfchen zu sehen. In keinem Falle gelang es deutlich nachzuweisen — die Untersuchung wurde an einer .3 Wochen alten Cuscuta-KwMwr gemacht — , daß die Haustorien zu den Gefäßbündeln der Wirtspflanze vorgedrungen waren, sondern diese Saugfortsätze saßen wie in die Rinde der Wirtspflanze eingekeilte Zapfen, die keine Haustoiialmycelien aus- zubilden vermocht hatten. In diesem Zustande, in welchem die Haustorien nicht in erwähnenswertem Maße hätten normal funk- tionieren können, scheinen sie jedoch die Fähigkeit gehabt zu haben, sich verhältnismäßig lange Zeit am Leben zu erhalten. Der in den Wirtspflanzen sich vorfindende jVIilchsaft übt also eine schädliche Einwirkung auf eindringende CWcw^a -Haustorien aus. Andererseits verdient jedoch erwähnt zu werden, daß Cuscuta europaea auf Papaver somniferum L. (Hildebrand, S. 93) und auf Chelidonium majus L. (Wittrock, S. 12, 15) als Wirtspflanzen ge- wachsen ist. Es ist möglich, daß sich Cuscuta europaea hier, gleich wie gewissen anderen Wirtspflanzen gegenüber, abweichend von Cuscuta Qronovii verhält, und außerdem ist es nicht uuwahrschein- *) Offenbar ist es einem Versehen Mirandes zuzuschreiben, daß er auf der Seite 85 seiner Arbeit Tropaeolum als eine vorzügliche Wirtspflanze für Cuscuta europaea angegeben hat. 10* 148 Otto Gertz, lieh, daß, wie es in anderen Cuscuta-Knltm-en der Fall gewesen ist, be- sonders kräftig ernährte Cuscuta G^ronofii-Individuen auf einer schäd- lichen Wirtspflanze ein kümmerliches Dasein führen können, während weniger üppige Individuen derselben Pflanze auf ihr schnell absterben. Von Interesse sind in dieser Hinsicht zwei von Hildebrand (S. 93, 94) angeführte Beobachtungen: „Selbst an eine Pflanze von Papaver somniferum hatte sich die Cuscuta europaea gemacht; einen Fruchtstiel hatte sie zwar nur schwach umschlungen, aber in der Frucht selbst hatte sie jedoch von dem Schröpfen abgelassen, indem allem Anschein nach ihr der Milchsaft des Papaver nicht behagte. " Von einem von Cuscuta lupuliformis angegriffenen Chelidonium majus heißt es weiter: „Es wurden hier nicht nur die Stengel und Blätter von Cuscuta lupuliformis angesaugt, sondern auch die Früchte, und es l)lieb nicht nur bei diesem Ansaugen, sondern es kam auch zur Bildung von dicken Samenkapseln." Euphorbia Helioscopia. Meine Cuscuta -KxAiwv&n auf dieser Pflanze zeigten ein ausgeprägt kränkliches Aussehen, und betreffs der Haustorienentwicklung war eine wesentliche Übereinstimmung mit den elten beschriebenen Papav er -KwWwr^n zu sehen. Ich habe schon oben die Kulturversuche Peirces (S. 84, 95) und Mirandes (S. 105) auf Euphorbia Helioscopia h., E. Myrsinites L. und E. Lath//ris L. angeführt, aus welchen deutlich hervorgeht, daß die genannten Pflanzen als Wirte für Cuscuta nicht geeignet sind. Es soll hier hinzugefügt werden, daß sowohl Euphorbia palustris L. als auch eine Milchsaft führende Pflanze wie Cynan- chum Vincetoxicum R. Br. als Wirtspflanzen für Cuscuta europaea beobachtet worden sind (Wittrock, S. 9, 12). Zweifellos würde eine nähere Untersuchung der fraglichen Fälle gezeigt haben, daß die an diesen Pflanzenformen parasitierende Cuscuta früher oder später zugrunde geht. So war es wenigstens der Fall in der Kultur Mirandes (S. 85) von Cuscuta europaea auf Cynanchum Vince- toxicum. Daß Hildebrand (S. 92) Campanula rapunculoides L., die ebenfalls Milchsaft führt, als eine gute Nährpflanze für dieselbe Cuscuta-Art gefunden hat, kann dagegen nicht befremden, weil der Milchsaft dieser Pflanze giftiger Stoffe entbehrt. Kulturversuche auf Bhus Toxicodendron wurden auf abge- schnittenen, in Wasser stehenden Zweigen angestellt. Alle Cuscuta- Sprosse zeigten deutliche Grünfärbung. t'ber die Schutzmittel einij;er Pflanzen }re^'en selimarotzende Cuscuta. I49 Im Anst'hluß au die aiig:eführten Versuche solleu einige Ciis- cuta-KwMwY^n Erwähnung finden und zwar solche, die ich auf nichtg-iftigeu Wirtspfhinzeu ausgeführt habe. Diese Versuche scheinen mir nämlich in biologischer Hinsicht von Bedeutung zu sein, weil es sich hier zeigte, daß Cuscuta dank gewissen den Wirtspflanzen zukommenden Organisationseigentümlichkeiten anderer Art nicht zur Entwicklung kam. Die im Versuch vorliegenden experimentellen Bi'dinguugen sind zwar in der Natur nur selten realisiert, deuten aber jedoch auf eine Schutzfunktion gegen An- griffe schmarotzender Cuscuta hin. Die fraglichen Versuche be- ziehen sich auf Kulturen an Quercus, Pimis, Picea und Larix. Ein Jahressproß von Quercu^ rohur L. wurde abgeschnitten und in Wasser gesetzt und mit ihm ein Cuscu/rt- Stengel in Kontakt gebracht. Nach 3 Wochen, als die Blätter des Wirts- sprosses vergilbten und al)fielen, unterbrach ich den Versuch, und es stellte sich dann heraus, daß sich Haustorien in erheblicher Menge gebildet hatten, aber die dicken Zellwände der Epidermis- zellen und des kräftigen Hvpodermas im Stengel der Wirtspflanze nicht hatten durchdringen können, sondern nach der Seite gebogen worden waren. Vielleicht waren die Haustorien beim Versuche, die Oberfläche zu durchdringen, an dem glatten, auf dei- Länge geriffelten Q/^ercus-Stengel abgeglitten. Für diese Vermutung finde ich darin eine Stütze, daß Äi/ü- Sprosse, deren periphere Gewebe kaum von dickerer Konsistenz als die der Qi-cu5-Sprosse sind, vorzüg- liche Wirtspflanzen {\\v Cuscuta Gronovn darstellen (Gertz, I, S. 72; Spisar, I, S. 330j. Der reichliche Gehalt der Wirtspflanze (Quercus) an Gerbstoff braucht nicht berücksichtigt zu werden, weil die Perforation der Epidermiszellen , wie erwähnt, nicht zustande ge- kommen war. In Versuchen mit Sprossen von Picea omorica Pancic gelang es mir auch nicht zu konstatieren, daß die Haustorien in die Blätter hineingedrungen waren. Offenbar hatten das sklerenchymatische Hautgewebe und die sehr kräftigen sul)epidermalen Bastbelegungen ein rein mechanisches Hindernis gebildet. Auf dieselbe Weise fielen Versuche mit Pinus sylvestris L. aus. Die Ergebnisse, die aus den Kulturen auf Picea und Pinus sowie auch auf Larix enropaea DC. hervorgingen, sind noch für eine andere, mehr theoretische Frage von Bedeutung. Es konnte nämlich festgestellt werden, daß Haustorien rein lokal und zwar nur auf den Punkten der Haustorialsegmente, wo ein Kontakt mit einer 150 ^*^° Gertz, Nadel zustande gekommen war, gebildet wurden. Wenn die Cuscuta- Sprosse ihre windenden Bewegungen um die nadelbekleideten Sprosse der Yersuchspflanze ausführten, so legten sich diese nur auf den Punkten, die von den Nadeln berührt wurden, an die Wirts- pflanze an. Auf jedem solchen Punkte bildete sich dann ein Hau- storium, während die dazwischenliegenden Stengelteile haustorien- frei blieben. Noch deutlicher trat dieses Verhalten an einigen Picea-Zweigen hervor, wo ich die meisten Nadeln weggeschnitten hatte, so daß Cuscuta nur auf voneinander ziemlich entfernten Punkten Berührung mit der Stütze erreichte. Auch hier kamen nämlich Haustorien ausschließlich auf den Kontaktstellen hervor. An einem näher untersuchten Haustorialsegment wurden somit nur zwei Haustorien in einer Entfernung von 2 cm voneinander ge- funden, die liinsichtlich ihrer Lage den Berührungspunkten zweier Picf'a-Nadeln genau entsprachen. Die Versuche bestätigten also sehr deutlich die von Peirce (S. 74) gemachten Beobachtungen, daß die Haustorienbildung rein lokal auf dem Kontaktpunkte eintritt und daß eine Leitung dieses Reizes nicht stattfindet. Zum Schluß sollen andeutungsweise noch einige Versuche er- wähnt werden, Cw^cM^a-Kulturen auf Oleome violacea L., Chenopodium alhum L., Portulaca oleracea L., Allium sphaerocephalum L. und Myriophyllum proserpinacoides Gill. aufzuziehen. Von den erwähnten Pflanzen zeigten sich die zwei ersten und s])eziell Cleome violacea als Wirtspflanzen wenig geeignet, indem die Qiscuta - St^vossb grün gefärbt ^\^lrden, und ihr Wachstum merkbar verlangsamt wurde. Daß auch Cuscuta europaea schwierig vegetiert, wenn sie zum Schmarotzen auf Chenopodium -ArteB angewiesen ist, hat Mirande (S. 104) gefunden. In der Zusammenstellung Wittrocks (S. 12) werden Atriplex patula L. und ,,Chenopodia marina succu- lenta'-'- als Wirte für Cuscuta europaea angegeben. Auf Portulaca oleracea erzielte ich Cuscuta-KwltMY^w, die ver- hältnismäßig gut gediehen, weil sie ein üppiges Aussehen hatten und reichliches Blühen erreichten. Die Haustorien, welche tief in die Gewebe der Wirtspflanze hineindrangen, waren alle lebend, aber in den mycelialen Hyphenzellen beobachtete ich große Öltropfen. Auch meine Kulturen auf Allium sphaerocephalum lieferten verhältnismäßig kräftige Vegetationen. Allium sp. wird von Witt- rock (S. 14) als Wirtspflanze für Cuscuta europaea angegeben. über die Scbutzinittel einiger Pflanzen sogen srhmarotzende Guscuta. 15\ Daß ebenfalls Myriophyllum proserpinacoides mit ihren sub- niersen Sprossen sich als eine gute Nahrung-spflanze für Cusciita zeigte, habe ich an anderer Stelle (Gertz, III) beschrieben und mit dem von Glück (S. 113) beobachteten Verhalten der amphibi- schen Ciiscuta alba Presl, die auf Isoetes, Batrachium, Echinodorus, Cham und anderen Wasserpflanzen schmarotzen kann, in Zusammen- hang gebracht. Es dürfte eine schwierige Sache sein, auf der Basis des mit- geteilten Versuchsmaterials, das in einigen angeführten Fällen kaum etwas anderes als ein Ausgangspunkt für weitere Forschungen ist, eine zusammenfassende Behandlung der Frage nach den Schutz- mitteln verschiedener Pflanzenformen gegen Cw.9C?t#a-Parasitismus zu gel)en. Es geht jedoch aus der obigen Darstellung mit voller Evidenz hervoi-, daß mehrere in der Organisation der Pflanzen ge- gründete Eigentümlichkeiten als Schutzeinrichtungen in der ge- nannten Hinsicht zu betrachten sind. Um einen orientierenden Rückblick auf die in meinen Versuchs- reihen erhaltenen Resultate zu geben, mag zuerst hervorgehoben werden, daß die Wirkung, welche eine Wirtspflanze auf schmarotzende Cuscuta ausübt, sich unter gi-aduell verschiedenen Formen äußert. Als allgemeine Symptome, die die Cwscwia- Vegetationen auf Pflanzen kennzeichnen, die wenig oder gar nicht als Wirt(^ geeignet sind, sind stets eine mehr oder weniger reichliche Chlorophyllproduktion und eine stärkere oder schwächere Hemmung des Wachstums hervorgetreten. In einigen Fällen, wo diese pathologischen Ver- änderungen nur sehr leicht angedeutet waren, führte die Sjonbiose zu verhältnismäßig guter Entwicklung des Schmarotzers, welcher sogar reichliches Blühen und guten Fruchtansatz zeigte. In anderen Fällen dagegen deuteten die besonders kräftige Grünfärbung der schmarotzenden Sprosse, das außerordentlich retardierte Wachs- tum und die hochgradige Hemmung der Blütenbildung auf eine bedeutende Schwierigkeit dieses Schmarotzers, sich von der fraglichen Wirtspflanze zu ernähren, und schließlich zeigte in einigen Fällen die totale Kollabeszenz des Parasiten, daß die Wirtspflanzen die Existenz des Sclimarotzers aufs Spiel setzten. Es darf in bezug auf den letzten Punkt nicht unbemerkt bleiben, daß in meinen Versuchen nur selten dieser Fall realisiert war, daß die Wirkung der Wirtspflanze auf den Schmarotzer zu seinem Zugrundegehen führte, sondern daß Cuscuta vielmehr, vorausgesetzt, daß es ihr gelang, 152 Otto Gertz, einen mehr oder weniger intimen Kontakt mit dem wasserleitenden System der Wirtspflanze zu erreichen, lange Zeit ein hinsiechendes Dasein auf dieser führte. In der Hauptsache war dies drei be- merkenswerten Eigentümlichkeiten zuzuschreiben, die für die Or- ganisation von Cuscuta eigentümlich sind: nämlich Selbstverdauung der basalen Sproßteile, Fähigkeit, bis zu einem gewissen Grade als fakultativ autotrophe Pflanze, dank einer kräftig gesteigerten Chloro- phyllproduktion, durch Photosynthese selbst organische Nahrung zu bereiten, und, nach Mirande, Impermeabilität der Haustorial- zellen für gewisse giftige Substanzen. Die letzterwähnte Eigen- schaft darf jedoch noch als hypothetisch betrachtet werden, weil die Untersuchungen Mirandes in diesem Punkte nicht völlig be- weisend sind^). Hinsichtlich der Qualität der Mittel, die von verschiedenen Pflan- zen als Schutz gegen Ct/5c?(^a-Parasitismus in Anspruch genommen werden und diesen gewissermaßen eine natürliche Immunität ver- leihen, ersieht man aus dem Bericht über diejenigen Kulturversuche, die so vollständig durchgeführt worden sind, daß definitive Folgerungen aus denselben gezogen werden können, daß diese Mittel von heterogener Natur sind. Ein rein mechanisches Moment machte sich bei den Zweigen von Quercus, den Blättern von Picea und Pinus geltend, sowie vielleicht auch bei der Infloreszenzachse von Digitalis, wo sklerenchymatisch gebaute Zellen und im übrigen Elemente mit kräftiger Membranverdickung einen hemmenden Einfluß auf das Eindringen der Haustorieu ausübten. Die große Bedeutung eines hohen Aziditätsgrades, welche besonders bei Begonia und Oxalis studiert worden ist, dürfte auf einen Einfluß der ausgeprägten Giftigkeit des Wasserstoffions zurückgeführt werden. Dem Milchsaft (Euphorbia und vielleicht auch Papaver), den Alkaloiden (Daiura, wahrscheinlich auch Hyoscyamus) und im übrigen verschiedenen Substanzen mit giftigen Eigenschaften (Tropaeolum, Cleome) ist auf dieselbe Weise eine analoge prophylaktische Funktion zuzu- schreiben. Ein Einfluß von ätherischen Ölen wurde speziell im 1) Daß Cuscuta gleich wie Viscum album eine ausgeprägte Wahlfähigkeit be- züglich der Aufnahme von den Nährstoffen der Wirtspflanze besitzt und also in einigen Beziehungen von ihrer Wirtspflanze unabhängig zu sein scheint, geht aus den Analysen hervor, die über die chemische Zusammensetzung — vor allem was den Wasser- und Aschengehalt betrifft — des Körpers des Schmarotzers und der Wirtspflanze gemacht worden sind. Diese Frage ist besonders von Knop, Zöbl und König näher untersucht (vgl. Czapek, II, S. 814 und Koch, S. 121;. über die Schutzmittel einifier Pflanzen o:egen scliiuarotzeiide Cuscuta. 15S Versuche mit Elsholzia gefunden, wo das Resultat mit den direkt angestellten Yersucheu über die Giftwirkuug ätherischer Ölexhala- tioneu übereinstimmte. Besondere Aufmerksamkeit verdient ein Punkt, auf welchen ich schon im Bericht über die Pajjaver -Versuche hingewiesen habe, nämlich die nicht geringfügige Bedeutung, die dem Alter und dem Yitalitätsgrade der Ci^sc^^^a-Individuen zukommt, wenn sie sich an ungeeignete Wirtspflanzen anpassen sollen. Für eine endgültige Behandlung der Frage nach der Wirkung der biologischen Schutz- mittel sind demnach Beobachtungen an (7M5cirettchen festgemacht waren. Die Fig. 1 a zeigt, bis zu welcher Größe die Koleoptile in weiteren 18 — 24 Stunden nach der Überpflanzung in das Röhrchen heranwuchs, und Vei-gleiche mit Sämlingen, die in Sägemehl belassen oder in Erde pikiert wurden, zeigten, daß das Wachstum in jedem Falle gleichen Schritt hielt. Im dargestellten Stadium, also 18 — 24 Stunden nach der Verpflanzung in die Röhrchen kamen die Keim- linge in Gebrauch und zwar höchstens für weitere 8 Stunden. Es zeigten übrigens die in den Röhrchen wach- senden Pflanzen auch in den nächst- folgenden Tagen keine Wachstums- hemmung gegenüber den Keimlingen in anderem Sul)strate. NachEn-eichung einer Länge von 2 cm oder etwas später begannen alle mit recht ansehnlichen einfachen Nutationon und Zirkuinnuta- tionen, Erscheinungen, die nach den Erfahrungen Richters in reiner Luft stets eintreten. Das vorzeitige Aus- wachsen der Hypokotyle, das Xoack nach seinen Erfahrungen als Folge un- genügender Feuchtigkeit betrachtet^), konnte bei Keimung und Kultur in nicht allzuhoher Temperatur (um 17^'C) stets vermieden werden. Vor jedem Versuche fand die dritte Auslese statt, indem von den jeweiligen 50 Röhrchen meist nur 18 mit den gleichmäßigsten Pflänzchen in Verwendung kamen. Die Mani- pulation mit den Röhrchen ist eine sehi' angenehme, es wird hierbei jede Berührung des Keimlings, dessen Kontaktempfindlichkeit erst jüngst wieder Wilschke gezeigt hat-), ausgeschaltet. Fig. 1. 1) Noack, a. a. 0., S. 16 und 17. 2) Wilschke, Über die Verteilung der phototropischen Sensibilität in Gramineen- keimlingen und deren Empfindlichkeit für Kontaktreize. Sitzungsber. der Wiener Aka- demie, 1913, Bd. 122, Ab. I, S. 101 ff. \QQ Adolf Sperlich, Ich hatte gleich die Absicht, die Wirkung der Erdschwere durch den zentripetalen Trägheitswiderstand bei kreisförmiger Be- wegung („Fliehkraft") zu ersetzen und hierbei Wirkungen von 7 — 20 g in Anwendung zu bringen. Es sollte hierdurch eine kürzere Reizdauer und ein rascheres Verstärken der Krümmung ermöglicht werden und so der Unterschied bei Einwirkung variierter antagonistischer Lichtimpulse besser hervortreten. Als Zentrifuge benutzte ich einen Apparat, den ich in Inns- bruck unter Zugrundelegung der Einrichtung der elektrisch be- triebenen Klinostaten des Leipziger Institutes vom Mechaniker Karl Graß ausführen ließ. Unter Hinweis auf die Abbildung S. 511 in Bd. .50 dieser Jahrbücher möchte ich bemerken, daß sich die Klinostatenachse durch direkte Verbindung mit der Achse des Motors oder mit einer der ersten daran angeschlossenen, etwas verlangsamten Achsen leicht zu einer Zentrifugenachse umgestalten läßt, wenn nur das Lagergestell genügend fest und zitterfrei ge- baut ist. Dem wurde bei der Konstruktion Rechnung getragen^). Auf das eine Ende der horizontalen Botationsachse kam eine exakt zentrisch gebaute Scheil)e, auf welcher in 6 Kreisen 36 gebohrte Korke festgemacht waren. In diese wurden die vorhin beschriebenen Gläschen mit den Keimlingen gesteckt. Die angeschmolzenen Glas- stäbchen mußten freilich bei öfterer Versuchswiederholung wegen der Erweiterung der Korkbohrung nach Bedarf mit Watte umwickelt werden. Ich will gleich bemerken, daß diese Fixierung auch viel stärkeren Schleuderkräften, als sie bei meinen Versuchen in An- wendung kamen, tadellos standhält. Die Verteilung der Gläschen auf der Rotationsscheibe wird aus Fig. 2 bei B ersichtlich. Die gebohrten Korke sind zu je 6 in Entfernungen von 4, 6, 8, 10, 12 und 14 cm vom Mttelpunkte angebracht und zwar so, daß kein Gläschen ein anderes in radialer Richtung deckt. Die Wirkung der zugeführten Reizmengen wurde stets bei langsamer Rotation um die horizontale Klinostatenachse verfolgt, wobei die Pflanzen dieser parallel orientiert waren. Um nun den Übergang von der schnellen zur langsamen Klinostatendrehung möglichst geschwind und ohne Verlagerung der Versuchspflanzen durchzuführen, stellte ich neben den als Zentrifuge dienenden Klino- 1) Eine genaue Beschreibung dieses in seiner mannigfaltigen Verwendbarkeit be- sonders für kleine Institute recht empfehlenswerten, vom genannten Mechaniker sehr «xakt ausgeführten Apparates wird an anderer Stelle erfolgen. Gesetzmäßigkeiten im kompensierenden Verhalten usw. 161 stateu einen zweiten ähnlichen, doch nicht so vielseitig verwend- baren Klinostaten {K in der Figur) auf, dessen langsam rotierendes großes Transmissionsrad T mit der Zentrifugenachse verbunden werden konnte. Die Aufeinanderfolge der Handgriffe war bei diesen Versuchen folgende: Einsetzen der Gläschen mit den Keimlingen auf die zunächst horizontal auf dem Tische liegende Scheibe, An- lassen des Motors Mi , Anstecken der Scheibe an die langsam rotie- rende Achse, Stoppen des Motors l/i und gleichzeitige Lockerung des Siemens ri , Anlassen des Motors M2 , wobei zu möglichst prompter Erzielung der gewünschten Rotationsgeschwindigkeit zu- /, ;^?^ Fig. 2. nächst mehr Strom durchgelassen wurde, Regulierung durch Ein- schaltung des entsprechenden Widerstandes, nach Ablauf der fest- gesetzten Reizdauer Stoppen des Motors M2 und gleichzeitig starkes Bremsen der Achse, neuerliche Spannung des Riemens n unter gleichzeitiger Einschaltung des Motors Mi (Beginn der langsamen Drehung). Die Zeitmessung erfolgte mittels Stoppuhr, die stets gleichzeitig mit dem Anlassen von Motor Mo in Gang gesetzt wurde. Den Übergang von rascher zu langsamer Drehung konnte ich nach einiger Übung in 5 — 10 Sekunden bewerkstelligen. Geradeso wie die Massenwirkung für sich allein, mußten auch die Lichtmengen, die beim Zusammenarbeiten der beiden Reize in Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 11 2ß2 Adolf Sperlich, Anwendung kamen, in ihrer spezifischen Wirkung auf das Ver- suchsobjekt geprüft werden. Hierzu wurden die Keimlinge in ihren Gläschen senkrecht zur horizontalen Achse des Klinostaten K orientiert und rotierten, während Licht von entsprechender Inten- sität und Dauer einseitig und rechtwinklig auf sie fiel. Die Korke zur Aufnahme der Gläschen waren bei diesen Versuchen in Reihen zu 6 auf dickeren Korkleisten befestigt, diese wiederum in gewöhn- lichen Tongefäßen entsprechend eingegipst. Die Tongefäße kamen in bekannter Weise ^) in die mit rechtwinklig gebogenem Halter ausgestatteten Klinostatenringe. Für das gleichzeitige Zusammenwirken beider Reize war an folgende Versuchsanordnung zu denken: Einstecken der Gläschen nicht senkrecht auf die Rotationsscheibe, sondern unter einem be- stimmten Winkel und zwar stets in der Ebene des Scheibenradius und rasche Drehung unter gleichzeitiger senkrechter Beleuchtung der Rotationsscheibe. Von dieser allerdings sehr einfachen Ver- suchsanordnung wurde jedoch zunächst deshalb abgesehen, weil hierbei sowohl die Massen- als auch die Lichteinwirkung nur unter Winkeln erfolgen konnte, für welche die entsprechenden Reiz- momente jedes Agens wieder durch eigene Versuche hätten fest- gestellt werden müssen. Um bei der Verfolgung des Kompeusations- problems nicht neue Unbekannte zu den ohnedies reichlich vor- handenen hinzuzuführen, mußte eine Versuchsanordnung gefunden werden, die eine parallele, in bezug auf das Organ orthogonale und gegensinnige Reizrichtung ermöglichte. Dies wurde dadurch erreicht, daß jeder Keimling während der raschen Drehung auf der Zentrifuge in einer phototropischen Kammer stak, in welcher er von den rings um die Scheibe angeordneten Lampen (Fig. 2, Li Z/2 Z>3 Lx) einseitig und stets in der Richtung des Radius Licht empfing. Fig. Ic zeigt die Einrichtung dieser Kammern: ein 7 cm hohes und innen 15,25 mm weites, an einem Ende gut verschlossenes Röhrchen aus mattschwarzer Pappe, welches an einer Seite unter dem geschlossenen Ende einen 3 mm breiten und 25 mm langen Spalt für den Lichtzutritt trägt. Die Dimensionen des Pappröhrchens sind so gewählt, daß es gerade über das in der Korkbohrung steckende Gläschen und über den Kork selbst paßt und daß hierbei der untere Rand des Spaltes etwas über l) Vgl. Sperlich, Über Krümmungsursachen bei Keimstengeln und beim Mono- kotylenkeimblatte. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 50, 1912, S. 512. Gesetzmäßigkeiten im kompensierenden Verhalten usw. 163 den oberen Gläschenrand zu liegen kommt. Derart wird bei guter Zentrierung des Keimlings und senkrechtem Lichteinfall die ganze Koleoptile und nur diese von einseitigem, normal gerichtetem Lichte getroffen. Um eine Lockerung und Verlagerung des dunklen Röhrchens während der raschen Drehung zu verhindern, sind am unteren offenen Rande zwei feste Laschen angebracht, durch die mit kleinen Haken versehene Reißnägel gesteckt werden können. Diese befestigen das Röhrchen au der Korkplatte, mit der die ganze Rotationsscheibe gleichmäßig bedeckt ist. Die be- schriebene Versuchsanordnung erklärt auch die Wahl der Glas- röhrchen als Kulturgefäße, was zunächst dem Fernstehenden gewiß befremdlich erscheint. Bei den Versuchen mit antagonistischer Reizung durch Licht und Masse vermehrten sich die vorhin aufgezählten Handgriffe um folgendes: 1. Nach Befestigung der Gläschen mit den wohlzentrierten Keimlingen auf der horizontal auf dem Tische liegenden Scheibe wurden die Pappröhrclien dariibergestülpt und nach Bedai-f mit Nägeln befestigt. Es wurde genau darauf geachtet, daß der Spalt jeweilig in die Richtung des Radius fiel, der Keimling demnach bei der folgenden Rotation ausschließlich in radialer Richtung voll beleuchtet wurde. 2. Gleich nach Ablauf der schnellen Drehung erfolgte vorsichtig und rasch die Entfernung der Pappröhrchen, um die Beobachtung der Reaktion zu ermöglichen. Dies Abheben geschah während der langsamen Klinostatendrehung und war nach einiger Übung in 5 Minuten zu bewältigen. Um ein gegenseitiges Anstoßen und Verschieben der Dunkelröhrcheu beim Arbeiten zu verhindern, kamen bei den Versuchen mit zweifacher Reizung nicht alle 36 Plätze der Scheibe in Verwendung, sondern nur 18, wobei bald die Radien 4, 8 und 12 cm, bald die Radien 6, 10 und 14 cm benutzt wurden. Zu diesen Versuchen mußte eine Hilfsperson zu- gezogen werden, die auf ein gegebenes Kommando das Licht ein- und ausschaltete. Es ist leicht einzusehen, daß in jedem Versuche drei verschiedene Verhältnisse zwischen Licht- und Massenreiz hergestellt waren, indem die mit verscliiedenem Radius kreisenden Keimlinge infolge der abweichenden Entfernung von den Licht- quellen auch von versclüedener Lichtintensität getroffen wurden. Daß diese Einrichtung die Auffindung eines Kompensationspunktes wesentlich erleichtern mußte, ist klar. Es erübrigt noch, mit ein paar Worten auf die Beleuchtungs- weise und -dauer bei der raschen Drehung einzugehen. Aus einer 11* 164 ^--"-" ' " ^ ,_J ^^ /^ A'^^ ^^^ /6.SS " i8,93 - Fig. 4. der Zustand längstens eine weitere halbe Stunde mehr oder weniger stationär, und nach Ablauf von 2 Stunden, bei schwächerer Reizung auch viel früher, setzten die Keimlinge stets mit lebhafter Zirkumnutationsbewegung ein. Ein Ausgleich der Krümmung er- folgte innerhalb der Beobachtungszeit nur bei schwächerer Reizung und dementsprechend schwacher Krümmung, bei der Mehrzahl der Versuche konnte selbst nach 8 Stunden wohl eine Veränderung der Keimlingskonturen, niemals jedoch ein recht ansehnlicher Aus- Gesetzmäßigkeiten im kompensierenden Verhalten usw. 17 X gieich in der Krümniuiig uacligewiesen werden^). Eine Vorstellung- vom Krümmungszustand der Keimlinge eine und zwei Stunden nach einer Exposition von 2 Minuten gibt Fig. 4. Die Darstellung er- folgte auf Grund von Scliattenbildern, die bei rotem Licht direkt auf der langsam rotierenden Scheibe abgenommen wurden. Nach länger andauernden Reizen denke man sich die Keimlinge der kleineren Radien in einem Krümmungszustande, wie ihn in der Figur die Keimlinge mit größerem Rotationsradius zeigen, diese selbst aber etwa zu einem Viertel des Kreises gekrümmt. Eine stärkere Einkrümmung kam nicht zur Beobachtung. Nicht so klar und eindeutig waren die Resultate, die mit den phototropischeu Versuchen erzielt wurden. Es ist daher auch un- möglich, hier auf Fragen abschließend zu antworten, wie sie durch die Versuche Clarks-) und neuerdings wieder durch die Arisz'^) angeschnitten wurden. Peines jedoch will ich bemerken: der mo- torische Effekt scheint mir in seinem Gesamtverhalten von der Menge des zugeführten Lichtes viel weitergehend abhängig, als es sich aus den Ergebnissen der bisherigen Forschung ergibt. Da meine Versuche mir ein sicheres Urteil weder über die Abhängig- keit der Reaktionszeit noch über die Pendulationsvorgänge gestatten, die häufig vor dem Auftreten der endgültig im eingeschlagenen Sinne verharrenden Krümmung zur Beobachtung gelangen, möchte ich mich darauf beschränken, über den Grad und die Dauer der endgültigen Krümmung etwas zu sagen. Verlängert man in aufeinanderfolgenden Versuchen die Ex- positionszeit bei was immer für einer Lichtintensität, so wird in der Reaktion je nach dem gewählten Ausgangspunkte entweder ein 1) Weiter wurde der Vorgang nicht verfolgt. Über die Abhängigkeit der Aus- gleichsbewegung von dem erreichten Krümmungsgrade vgl. auch Simon, Untersuchungen über den autotropischen Ausgleich geotropischer und mechanischer Krümmungen der Wurzel; Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 51, 1912, S. 106 ff. Zum Studium autotropischer Aus- gleichsbewegungen scheinen die AveMa-Koleoptilen wegen der starken, im Dunkeln auf- tretenden Zirkumnutationen nicht sehr brauchbar. Auch das Baranetzkysche Phänomen der Gegenkrümmung TBaranetzky, t'ber die Ursachen, welche die Richtung der Aste der Baum- und Straucharten bedingen; Flora, Ergbd. 89, 1901), um dessen nähere Er- gründung sich erst jüngst Härder vergeblich bemüht hat (Härder, Über den auto- tropischen Ausgleich mechanisch aufgezwungener Krümmungen des Sprosses; Ber. der Deutsch. Bot. Ges., Bd. 32, 1914, S. 197), wurde mir durch entsprechende Drehung der ursprünglichen Krümmungsebene öfter vorgetäuscht. 2) Clark, 1913, a. a. 0. 3) Arisz, 1914, a. a. 0. J^72 Adolf Sperlich, Fallen bis zur schließlichen motorischen Indifferenz oder ein Steigen bis zum motorischen Maximaleffekte offenbar. Fallen und Steigen ergeben sich aus dem Grade der erzielten Krümmung, aus der Zahl der gekrümmten Individuen einer Yersuchsserie und schließlich, worauf noch niemals hingewiesen wurde, aus der Dauer des krümmenden Wachstums. Während gewisse Licht- mengen im Dunkeln eine nachträgliche Krümmung erzielen, auf welche schon nach 2 — 3 Stunden Zirkumnutationen und Ausgleichs- bewegungen folgen, beeinflussen andere Lichtmengen die Koleoptile derart, daß sie noch nach 8 — 12 Stunden streng in der einge- schlagenen Richtung, die Krümmung verstärkend, weiterwächst. Wir können also durch Variation der Lichtmenge ähnliche Ver- schiedenheiten im motorischen Effekte erzielen, wie sie 0. Richter bei ein und derselben Lichtinduktion durch reine und unreine Luft hervorrufen konnte^). Diese beiden Tatsachen zusammengenommen sind nebenbei ein Beweis für die Verschiebung der phototropischen Struktur durch Narkotika. Der motorische Effekt pendelt also, wenn wir zunächst von der Umschaltung des Krümmungssinnes absehen, bei Steigerung der Lichtzufuhr um zwei Punkte: die motorische Indifferenz und das Krümmungsoptimum. Dazu kommt für gewisse Lichtmengen noch die ümschaltung des Krümmungssinnes. Dies Variieren des motorischen Effektes ist im Prinzipe .seit Oltmanns' und ganz besonders seit Frings hei ms Untersuchungen wohlbekannt. Blaauw trachtete für das Eintreten der Indifferenz und der negativen Reaktion schließlich für das erneute positive Krümmungs- bestrebeu die Gültigkeit des Reizmengengesetzes zu erweisen, Clark entdeckte auch bei geringen Lichtintensitäten und kleinen Lichtmengen negativ phototropische Reaktionen, Arisz, wenn ich recht verstehe, ein Zunehmen und dann wieder Abnehmen des KrümmungsgTades bei Steigerung der Reizmenge bis zu 100 MKS, aus meinen Versuchen endlich, die bloß der Orientierung dienten, scheint heiTorzugehen, daß fortschreitende Lichtmengen schon vor Erreichung der von Blaauw und innerhalb der von Clark an- gegebenen MKS eine mehrmalige wellenförmige Zu- und Abnahme im motorischen Effekte bedingen. Alle diese Tatsachen bringen uns in der Erklärung des Phänomens nicht weiter, als Pringsheim auf Grund seiner Versuche gelangt ist. Ihm ist der schüeßliche 1) 0. Eichter, 1912, a. a. 0., S. 1203, Taf.-Fig. 8 u. 9. Gesetzmäßigkeiten im kompensierenden Verhalten usw. 173 Effekt bekanntlich die Resultierende aus der tropistischen Er- regung und der Stimmung, welche durch das Licht an sich verändert wird. Es ist hier nicht der Platz, auf die Prings- h ei m sehe Theorie im einzelnen und ihre Anwendbarkeit für alle gefundenen Tatsachen näher einzugehen, es sei nur bemerkt, daß eine Vertiefung unserer Einsicht vielleicht von Versuchen zu er- hoffen wäre, welche uns exakt zeigten, wieviel sich des einseitig A\arkenden Lichtes durch allseitiges Licht zur Erzielung be- stimmter, scharf faßbarer motorischer Effekte ersetzen läßt. Was bis heute an entsprechenden Versuchen vorliegt, ist nicht aus- reichend und birgt zudem in den Eesultaten noch ungeklärte Widersprüche ^). Für unsere folgenden Koiupensationsversuche war es mchtig, gesehen zu haben, daß, im Gegensatze zu dem stetig zunehmenden Effekte bei Steigerung der Massen Wirkung, das Licht bei Stei- gerung seiner Menge, sei es durch Erhöhung der Inten- sität, sei es durch Verlängerung seiner Wirkung, einen wellenförmigen Wechsel des motorischen Effektes be- dingt^). Wenn wir von schwachen Schwingungen absehen, auf die schon vorhin aufmerksam gemacht wurde, und deren exakte Verfolgung sich gewiß lohnte, so kann der Zeitpunkt für den Ein- tritt der endlich bleibenden Krümmung für die verwendeten Licht- mengen ^) mit 30 — eOlVIinuten angegeben werden. Eine Verstärkung der Krümmung bis zu einem Grade, wie er durch Massenmrkung erzielt wurde, konnte, wenn überhaupt, erst nach Ablauf von 2 Stunden oder noch viel später erreicht werden, oft zu einer Zeit, da der durch die Massenwirkung geschaffene Zustand offen- bar schon im Ausklingen begiiffen oder schon ganz ausgeklungen war. Mit Rücksicht auf diese Ergebnisse war eine Möglichkeit der Kompensation ausgeschlossen: die Kompensation während 1) Clark, a. a. 0., S. 750. Meines Erachtens ist die Äußerung des Verfassers, durch seine Versuche Pringsheims Theorie den Boden entzogen zu haben, zu weitgehend und solange verfrüht, als die Differenzen im Ausfalle der Pringsheimschen und seiner Versuche über Verlängerung bezw. Verkürzung der Präsentationszeit nicht geklärt sind. 2) Nach den Untersuchungen von M. M. Riß (Über den Einfluß allseitig und in der Längsrichtung wirkender Schwerkraft auf Wurzeln; Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 53, 1914) konnte in der Tat ein tonischer Einfluß diffuser Schwerewirkung für Intensitäten von 0,6 — 20 g nicht gefunden werden. 3) Es wurde die Mehrzahl der Lichtmengen geprüft, die sich bei den folgenden Versuchen angegeben finden, allerdings nicht intermittierend; vgl. übrigens die Bemerkung hierzu auf S. 164. 174 ^dolf Sperlich, der von den beiden antagonistischen Impulsen veranlaß- ten Bewegung. Die Versuche mit antagonistischen Licht- und Massenimpulsen. I. Auf der Suche nach kompensierenden Reizmengen. Die ersten Versuche mit antagonistischer Einwirkung der be- zeichneten Reize in verscliiedener Menge boten mehr oder weniger stets das gleiche Ergebnis: nach beiläufig einer halben Stunde Eintritt der zentripetalen Krümmung im Sinne des negativen Geo- tropismus, hierauf zunehmende Verstärkung dieser Krümmung, dann zwischen dreiviertel und einer Stunde Einsetzen der zentrifugalen Krümmungsbewegung im Sinne des positiven Phototropismus zu- nächst an der Spitze; auch diese Krümmung verstärkt sich, die Koleoptilen nehmen S-Form an und verbleiben entweder in dieser Lage oder erscheinen schließlich rein positiv phototropisch gekrümmt. Die soeben beschriebene Reaktion entspricht dem im vorhergehenden Abschnitte über den Verlauf der Einzelreaktionen Mitgeteilten voll- kommen. Von kleinen, nicht scharf kontrollierbaren Schwankungen abgesehen, laufen die beiden Reizprozesse ohne jede wechselseitige Störung so ab, als handelte es sich um zwei voneinander völlig unabhängige Mechanismen; vorerst tritt der geotropische Effekt ein, dann der phototropische. Den rascheren Verlauf des geotropischen Prozesses bis zum Erregungsmaximum hat bekanntlich schon Gruttenberg aus seinen Erfahrungen erschlossen^). Die Hoffnung, zum Ziele zu gelangen, war auf Grund dieser ersten Versuche ziemlich gesunken, erst ein zufälliges Ergebnis gab neuen Ansporn. Als sich Impulse von 8,2, 16,5 und 24,8 g und Lichtintensitäten von 380,5, 512 und 725,6 MK durch 60 Sekunden, bezw. 15,79 Sekunden 2) gegenüberstanden, blieb bei den Keimlingen im innersten Kreise und zum Teil im mittleren Kreise die geotropische Reaktion völlig aus, und nach einer Stunde setzte die phototropische Reaktion, sich in der Folge ver- stärkend, ein. Durch diesen mit gleichem Erfolge wiederholten Versuch war bewiesen, daß eine wechselseitige Einflußnahme der Prozesse erzielbar ist, freihch zunächst nur im Sinne der Unter- drückung des geotropischen Effektes. Ich schritt nun bei gleicher 1) V. Guttenberg, 1908, a. a. 0., S. 213. 2) Diese Zahl ergibt sich unserer Versuchsmethodik entsprechend aus 60 Sek. : 3,8; siehe die Erläuterung auf S. 166. Gesetzmäßigkeiten im kompensierenden Verhalten usw. 175 Massenwirkuiig- und Reizdauer zu Veränderungen der Lichtintensität nach oben und nach unten und erreichte für die Keimlinge im innersten und mittleren Kreise tatsächlich reine Kompensation. Die iQipulse, durch welche zum erstenmale die Unterdrückung jeder tropistischen Bewegung gelang, sind 8,2 und 16,5 g durch 60 Se- kunden gegen 307,0 bezw. 400 MK durch 15,79 Sekunden. Es galt nun weitere Kompensationspunkte zu suchen. Die nächstliegende Frage war die nach dem Verhalten der Pflanzen bei Verdoppelung der Dauer beider Reize; der Erfolg dieser Ver- suche war negativ. Weiter wurde daran gedacht, bei gleich bleibender Intensität von Licht und Massenwirkung und bei 2 Minuten währender Rotation die kompensierende Belichtungsdauer zu suchen. Sie wurde nach mehrmaligem Herumprobieren schließlich gefunden. Das Resultat kam allerdings unerwartet: bei Verdoppelung der Rotationszeit (2 Minuten) mußte, um Kompensation zu erhalten, die Dauer der Belichtung auf die Hälfte, das ist 7,89 Sekunden, reduziert worden; und wieder verhielten sich die Keimlinge im innersten Kreise gleich wie die des mittleren. Es stand somit fest, daß Belichtungen von kürzerer Dauer kompensatorisch wirksamer sein können als länger andauernde Belichtungen, und diese Erkenntnis im Zusammenhange mit den vorliin gewonnenen Erfahrungen über Fallen und Steigen des motorischen Effektes bei allmählich fortschreitender Belichtung ließen die Vermutung zu, es könnten auf ein und denselben Massen- impuls verschiedene Lichtmengeu kompensatorisch wirken. Die Versuche bestätigten diese Annahme. Zunächst wurde untersucht, ob sich eine Rotation von 60 Sekunden durch eine kürzere Be- lichtung kompensieren lasse (die betreffenden Intensitäten sollten stets gleich bleiben). Eine solche wurde, abwärts schreitend, bald gefunden: 3,94 Sekunden. Wieder entsprach dies nicht nur für den inneren, sondern auch für den mittleren Kreis der Versuchs- pflanzen. Eine Verlängerung der Belichtung über die Dauer der Rotation war, wie leicht einzusehen, bei der verwendeten Versuchs- methode ausgeschlossen, und so griff ich denn, um einen weiteren Kompensationspunkt nach oben zu finden, zur Erhöhung der Licht- intensität. Ich fand ihn für den mittleren Kreis mit 800 MK durch 15,79 Sekunden. Die bei den früheren Versuchen zutage getretene Gesetzmäßigkeit bezüglich der Reaktion der Keimlinge im inneren und mittleren Kreise findet demnach bei Veränderung der relativen Lichtintensitäten ihr Ende. Weitere Versuche wurden 176 ^dolf Sperlicli, in dieser Richtung- nicht ausgeführt; das Mitgeteilte genügt wohl, um sagen zu dürfen: ein und derselbe Masseninipuls und verschiedene Lichtmengen können sich in ihrem tropisti- schen Effekte wechselseitig* völlig aufheben. Damit ist freilich nicht gesagt, die Kompensation lasse sich in jedem Falle auf dieselben uns unbekannten Ursachen zurück- führen , vielmehr könnte die Art des wechselseitigen Eingreifens für jede Lichtmenge eine andere sein. Wir kommen auf diesen Punkt noch später zurück. Immerhin ist das Steigen und Fallen der wechselseitigen Beeinflussung zunehmender Lichtmengen und desselben Massenimpulses zusammengenommen mit dem entsprechen- den Verhalten zunehmender Lichtmengen in ihrem spezifischen motorischen Effekte ein Hinweis auf Beziehungen, die zwischen dem tropistischen und kompensatorischen Effekte des Lichtes be- stehen dürften. II. Über Kompensationen länger andauernder Massenimpulse gleicher Intensität und über das Verhalten der Keimlinge bei Lichtmengen oberhalb und unterhalb der Kompensationspunkte. Nachdem die im vorhergehenden Abschnitte mitgeteilten Tat- sachen feststanden, lag ein weites Feld experimenteller Betätigung offen. Von den vielen Fragen, die sich von selbst an die Ergeb- nisse knüpften, wurde zunächst folgende in Angriff genommen: wie verhalten sich die Reizzeiten für gleich bleibende Lichtintensitäten, wenn bei Verlängerung der gleichfalls konstanten Rotation von Minute zu Minute immer wieder vollkommene Kompensation eintreten soll. Die Intensitäten für Licht und Massenwirkung waren die gleichen wie bei den vorhin beschriebenen Versuchen. Für Rota- tionen von ein und zwei Minuten Dauer bestätigten die wieder- holten Versuche das bereits mitgeilte Ergebnis; der Effekt einer drei Minuten langen Rotation von konstanter Geschwindigkeit konnte durch eine Lichtzufuhr von 15,79 Sekunden mit aller Exakt- heit kompensiert werden. Wiederum verhielten sich die Keimlinge im innersten und mittleren Kreise gleich. Vergegenwärtigen mr uns das bisher Gefundene, wobei wir von den Lichtmengen, die den Rotationseffekt einer Minute aus- Gesetzmäßigkeiten im kompensierenden Verhalten usw. 177 löschen, nur die kleinste in Betracht ziehen, so ergibt sich, daß für Massenimpulse von 8,2 bezw. 16,5 g und Lichtintensitäten von 307,0 bezw. 400 IVIK dann Kompensation eintritt, wenn die be- treffenden Reizzeiten sich folgendermaßen verhalten (die erste Zahl gilt für den Massenreiz, die zweite für den Lichtreiz): 60 Sek. : 3,9 Sek.; 2 X 60 Sek. : 7,8 (= 2 X 3,9) Sek.; 3 X 60 Sek. : 15,7 (=z 2 X 7,8) Sek. Das Licht muß also bei fortschreitender Massen- wirkung zur Erzieluug eines konstanten Effektes zunächst von Stufe zu Stufe in doppelter Menge zugeführt werden. Schon auf der nächsten Stufe, also bei einer vier Minuten währenden Rotation, stimmt diese angenommene Gesetzmäßigkeit nicht mehr: eine Lichteinwirkung von 2 X 15,7 Sekunden erzielt die tropistische Indifferenz nicht. Ich übergehe die Schilderang der weiteren Bemühungen und will bemerken, daß sich schließlich auch für diese Stufe die Kompensation fand: 2ö,^ Sekunden. Will man diese Zahl zu den vorhergehenden in Beziehung bringen, so entspricht sie folgender Forderung: tu = 2 tn_i ""'^ \' °~^ Die Lichtmenge, die eine 4 Minuten währende Rotation kom- pensiert, beträgt somit nicht das Doppelte der vorhergehenden Stufe, sondern dieses vermindert um das arithmetische Mittel der zwei weiter zurückliegenden Kompeusatiousmengen. Bevor wir auf die Versuche übergehen, welche die Auffindung des Kompensations- punktes für weiter fortschreitende Massenwirkungen auf Grund der angeführten Formel zum Ziele hatten, sei die "Frage erörtert, ob es berechtigt ist, die für fortschreitende Massenwirkung gefundenen Kompensationen als auf gleiche Weise veranlaßte Erscheinungen anzusehen oder nicht. Die Annahme erscheint berechtigt, sofern es gelingt zu zeigen, daß die Kompensation auf jeder Stufe nach unten und oben, d. h. bei Verkleinerung und Vergrößerung des Lichtimpulses in äquivalente Reaktionserscheinungen übergeht. Dies ist nun, wie die folgende Tabelle (S. 178) zeigt, tatsächlich der Fall. In dieser Tabelle finden sich alle mit Rotationen von 1 — 4 Minuten Dauer ausgeführten Versuche kurz zusammengefaßt. Die vorhandenen Lücken auszufüllen, war mir vorderhand nicht möglich. Die Angaben beziehen sich stets auf die gleichen Inten- sitäten, also 8,2 g gegen 307,0 MK und 16,5 g gegen 400 MK. Auch bei den Versuchen mit 4 Minuten Rotation verhielten sich die Keimlinge des innersten Kreises genau so wie die des mittleren Kreises. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 12 178 Adolf Sperlich, " 2 ■ßS-2 O O j3 Uli > .— ^ sc 5 o o q:, ^ ^ 3 P, '^ =^ 'S g „ 5 a> .."ä 2 0« 5 - -^ =" •■' 2 'S 05 2 ?ä'5<ä' 5-? :j= = o s eis ä 3 ja- * 5 g S a. § 5S - -- "^ ^ ' ».2 2 X _2 Ä -o .2 ' tu .™ X •-. j3 -w -Hrt^ IH ja o ho ja OhÖ J3 rl ,i4 ^ JS rt -g &ii ■S-i3-ö .2j3 S P3 Co ajJ2 !> ja '3^ 2.2 ö :S ja N 'n rt ^ « I I o oj s a i; j=.2.S o «'S j3 O --■ c ^ o o ^ 1 4.» ^ T3 o C « -' CS T3 J^ Ji! ja o c J3 P3 o. ä S i> J3 o SC .!3 o c a. ja t« - P. 5i ca o'^^^ o 2 ■^ al § So -^ j: ja J.S •r, c * ^ -j Jö K . is 2 O j3 =■ O-Tj "> D o *^ .2 S 1 ^ c ■" .S « ^ S o Oäj5 0-3 Hau g o M 00 J) ? ^ 0 (UD jj m 0 Ph 1|8> , a £ ä 13 DJ ■^ 0 m « "^-tl Ü §-3-2 a CS otropisc folgend wird di schrittei ^ 0 öS m o S 53 •^3 "ü J^ 2-§P3 :* O 2 -3 '0-O;2 3 a'Ö'73 o so c ja •^-.2 o (i> to n tiD'^ <ü =^ Ol - ^ " ja =15 tlC-f? 05 O 60 . c« ^ J2_m ce +j S)'|- 2- o to:! g £ 2i3 g £ 6co'3-2 fcoS 0 ^ ^ g«a5 Ä ja 05 C5 ^ 0 ^.2 ■^ja a J<1 S o a 2 - p. O "-3 60 m 18 „ 2 „ 28 m 3 „ 40 Sek. 19 m 1 n 25 Sek. 45 m 6 „ 55 Sek. 16 m 1 „ 20 Sek. 4 ni 12 Sek. 8 m 70 „ 28Sek. Zunächst galt es, einige Anhaltspunkte über die Transpiration der krautigen Urwaldgewächse zu erhalten, die bis jetzt so gut wie ganz fehlen. Als Objekte für die verschiedenen Versuche wurden unter den krautigen Pflanzen folgende gewählt: Cijrtandra picta Bl. (Ges- neriaceae), Begonia rohusta Bl. (Begoniaceae), Campanumaea javanica Bl. (Campanulaceae), Trichosporum Horsfieldii Ktz. (Ges- neriaceae), Gomphostemma javanicum (Bl.) Bth. (Labiatae), Scutel- laria discolor Colebr. (Labiatae), Pilea angulata Bl. (Urticaceae), Elatostemma acuminatum Brogn., E. nigrescens Mig. (Urticaceae), Peperomia sp. (tjibodasana?), F. laevifolia (Bl.) Miq. (Piperaceae), Impatiens javensis Steud. (Balsaminaceae), Coleus sp. (galeatus?) (Labiatae), Sanicida montana Beinw. (Umbelliferae), Argostemma montana Bl. (Rubiaceae). Von kleinen strauchartigen Formen im Unterholz: Hypericum Hoolcerianum W. et Arn. (Guttiferae), Äcronichia laurifolia Bl. (E-utaceae), Medinüla laurifolia Bl. (Melastomataceae), Melastoma setigerum L. (Melastomataceae), Solanum verhascifolium L. (So- lanaceae), Strohilanthes filiformis Bl. (Acanthaceae), Ruhus lineatus Reinw. (Bosaceae). Im allgemeinen neigt man zu der Annahme, daß die Tran- spiration eine geringe sein muß, besonders da die Luftfeuchtigkeit eine sehr hohe ist. Wiesner ^) hebt hervor, daß eine „enorme Transpiration selbst bei der hohen Luftfeuchtigkeit in den Tropen sich einstellen kann und sich immer einstellt, wenn die Organe insoliert sind usw." 1) .1. Wiesner, Untersuchungen über die mechanische Wirkung des Eegens auf die Pflanze. Ann. d. Jard. Bot. de Buitenzorg, Vol. XV, S. 2 — 77. Physiologische Fragmente aus einem tropischen Urwald. 201 Wiesner stützt sieh dabei auf die Beobachtungen in Buitenzorg", wo die Luftfeuchtigkeit noch nicht einmal so hoch ist als im Ur- wald von Tjibodas; dagegen muß der Umstand berücksichtigt werden, daß im dichten Urwald nur selten eine Insolation stattfindet. Zwecks Ermittlung der Transpirationsgröße wurden die Ver- suchsobjekte in Töpfe gepflanzt und erst, nachdem sie gut an- gewurzelt waren, zum Versuch verwendet. Dazu kamen sie in gut sclüießende Zinkbehälter, die eine Verdunstung anderer Teile als der oberirdischen ausschlössen. Die so präparierten Pflanzen wurden im Urwald an ihrem natürlichen Standort auf eine empfindliche Wage gebracht und in bestimmten Zeitabschnitten gewogen^). Aus einer Reihe von Versuchen gebe ich hier nur die am meisten charakteristischen zahlenmäßig an: 10. Januar 1912. Elatostennna aciiminatiim. Die Pflanze besaß 8 ausgebildete Blätter und, wie die nach- trägliche Bestimmung lehrte, ein Lebendgewicht von 48 g und eine Gesamtoberfläche der transpirierenden Organe von ca. 80 qcm. Die Temperatur schwankte zwischen 18,9° bis 19 "^ C, relative Feuchtig- keit der Luft 99'^' o. Das Wetter war trüb, das Licht annähernd konstant. ie Pflanze gab ab Von 9—10 Uhr a. m. . • 0,02 g Wasserdampf „ 10-11 :5 11 . 0,03 „ 11 „ 11-12 n 11 . 0,01 „ n „ 12- 1 •1 p. m. . . 0,021 „ 11 „ 1- 2 11 11 . 0,022 „ 11 „ 2- 3 11 11 . 0,02 „ 11 Es betrug also die Transpiration pro qcm im Mittel während 6 Stunden etwas mehr als 0,001 g. 21. Januar 1912. Cyrtandra picta. Die Pflanze 4 besaß ausgewachsene Blätter mit einem Lebend- gewicht der transpirierenden Organe von ca. 160 g und einer Ober- fläche von ca. 120 qcm. Die Temperatur schwankte während des Versuches zwischen 18,4° bis 18,6° C, relative Feuchtigkeit der Luft 97°/o. Das Wetter war trübe, die Beleuchtung annähernd konstant. l) Zur Bestimmung der Transpirationsverluste kam eine empfindliche Transpira- tionswage in Anwendung. 202 F. C. von Faber, Die Pflanze gab ab: Von 9—10 Uhr a. m. * „ 10—11 „ „ 11—12 „ „ „ 12— 1 „ p. m. V 1 ■^ n :i 0,05 g Wasserdampf 0,05 „ 0,04 „ 0,03 „ 0,03 „ 0,04 „ Es betrug- also die Transpiration pro qcm während 6 Stunden im Mittel 0,002 g. 23. Januar 1912. Ttnpatiens Javensis. Die Pflanze besaß 5 ausgewachsene und 3 junge Blätter, ein Lebendgewicht der oberirdischen Teile von 18,2 g und eine Ober- fläche der Transpirationsorgane von ca. 50 qcm. Die Lufttemperatur schwankte zwischen 17,8° bis 17,3° C; relative Feuchtigkeit der Luft 95°/o. Die Beleuchtung war wechselnd, da die Sonne ab und zu schien, ohne aber die Pflanze direkt zu bestrahlen. Die Pflanze gab ab: Von 9—10 Uhr a. m. „ 10—11 „ V 11 12 „ „ „ 12— 1 „ p. m. V 1 2 „ „ 2 — 3 i),Ol g Wasserdampf 0,04 „ 0,08 „ 0,10 „ 0,02 „ 0,01 „ Die Transpiration betrug während 6 Stunden im Mittel pro qcm 0,005 g. 16. Dezember 1912. Strobilanthrs filiformis. Eine junge Pflanze mit 7 ausgewachsenen und 5 jungen Blättern, deren Lebendgewicht, wie die nachträgliche Bestimmung lehrte, 60,8 g betrug, mit einer Gesamtoberfläche der transpirierenden Organe von ca. 180 qcm. Die Temperatur schwankte zwischen 18,2 0 bis 18,3« C; relative Luftfeuchtigkeit 95^/0. Die Beleuchtung der Pflanze wechselte sehr, da die Sonne ab und zu durch die Wolken kam. Die Pflanze gab ab: Von 8—9 Uhr a. m. . . 0,031 g Wasserdampf • . 9—10 „ „ . . 0,02 „ „ 10—11 „ „ . . 0,091 „ Physiologische Fragmente aus einem tropischen Urwald. 203 Von 11 — 12 Uhr a. m. . . 0,14 g- Wasserdampf „ 12—1 ,. p.m. . . 0,056 „ „ „ 1—2 „ „ . . 0,02 „ Es betrug- die Transpiration also während 6 Stunden im Mittel pro qcm ca. 0,02 g. Diese wenigen xA.ngaben genügen, um zu beweisen, daß die Transpiration der krautigen und strauchartigen Urwaldpflanzen tatsächlich im tiefen Schatten, also au ihrem natürlichen Standort, sehr gering ist. Die letzten beiden Beispiele zeigen außerdem erhebliche Schwankungen der Transpirationswerte. Da die Tem- peratur während der in Frage kommenden kurzen Zeitabschnitte und auch die Luftfeuchtigkeit keine nennenswerten Schwankungen zeigten, so könnten die Schwankungen der Transpirationswerte vermutlich nur durch die wechselnde Beleuchtung verursacht worden sein. Diese Annahme findet ihre Bestätigung, wenn wir für die letzten beiden Versuche die Unterschiede in der Beleuchtungs- intensität berücksichtigen. So finde ich für deu Versuch vom 23. Januar (Versuch mit Impatiens javensis) die Beobachtung notiert, daß von 9 bis kurz nach 10 Uhr a. m. die Beleuchtung infolge der Bewölkung nur schwach war, während kui-z nach 10 bis ca. V2I Uhr p. m. die Sonne schien und daher auch die Be- leuchtung im Unterholz intensiver wurde; die Nachmittagsstunden waren wieder trübe. Vergleicht man diese Angaben mit den Zahlen im Versuch, so geht der Einfluß der intensiveren Beleuchtung unzweifelhaft hervor. Auch der Versuch vom 16. Dezember (mit Strohilanthes ßiformis) zeigt den Einfluß der Beleuchtung auf die Transpiration. An dem Tage kam nämlich die Sonne erst kurz vor 11 Uhr a. m. aus den Wolken, während es 10 Minuten nach 12 Uhr p. m. wieder trübe wurde. Auf diese nur kurz andauernde Steigerung der Intensität der Beleuchtung reagiert die Pflanze schon mit einer merkbaren Steigerung der Transpiration. Auf diese Weise kann die Verdunstung an sonnigen Tagen trotz des stark herabgeminderten Lichts im Unterholz größere Werte er- reichen, als mau dies anfänglich vermuten würde. Es ist daher auch anzunehmen, daß die Transpiration w^ährend der trockneren Zeit bedeutend größere Werte erreichen kann als in der feuchtesten Zeit des Jahres. Es gelang, eine Anzahl Pflanzen mit Beibehaltung ihrer natür- lichen Standorte im Unterholz vergleichsweise an einem trüben Wa s s e r d ampf abgäbe^) Trübes "Wetter Heiteres, sonniges Wetter 0,005 g 0,014 g 0,003 ,, 0,012 „ 0,002 „ 0,018 „ 0,008 ., 0,022 „ 204 F- C. von Faber, und an einem heiteren, sonnigen Tage zu untersuchen; die Resul- tate waren folgende: Trichosporu)» Horsfieldii-) Oomphostemnia javanicum ^) Trichosporum Horsfieldii^) Begonia robusia^) 0,008 Aus diesen Beobachtungen, die durch weitere Versuche aus- gedehnt werden könnten, läßt sich mit großer Sicherheit der Schluß ziehen, daß die krautigen und strauchartigen, im tiefen Schatten des Urwalds lebenden Pflanzen hinsichtlich ihrer Transpiration von der Beleuchtung sehr abhängig sind. Die Wasserdampfabgabe kann im Urwald schon durch geringe Steigerung der Intensität des diffusen Lichtes beträchtlich gefördert werden. Wiesner^) sagt mit Recht, daß man bei der Beurteilung der Trauspirationsverhält- nisse der Pflanzen des heißfeuchten Tropengebietes gewöhnlich nur an die dort herrschende, zumeist enorm hohe Luftfeuchtigkeit denke und dabei die von ihm schon seit langer Zeit konstatierte Steige- rung der Verdunstung grüner Pflanzenteile im Lichte, infolge Um- setzung des in das Chlorophyll einstrahlenden Lichtes in Wärme, vergesse. Ob hier allerdings nur die Wärme eine Rolle spielt oder das Licht noch eine andere spezifische Wirkung ausübt, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Gewöhnlich wird im Leben der Urwaldpflanzen stets mit Recht an den Kampf um das Licht gedacht, wobei man dann aber stets 1) Während 6 Stunden im Mittel pro qcm berechnet. 2) Eine Pflanze mit 6 ausgewachsenen Blättern; Lebendgewicht 60 g; Oberfläche ca. 90 qcm; Temperatur 18" bis 18,2" C; relative Feuchtigkeit 96% bei trübem, 94% bei heiterem Wetter. 3) Mit 8 ausgewachsenen und 3 jungen Blättern; Lebendgewicht 46 g; Oberfläche 70 qcm; Temperatur 18,6° bis 18,8*' C; relative Feuchtigkeit 98% bei trübem und 96% bei heiterem Wetter. 4) Mit 7 ausgewachsenen Blättern; Lebendgewicht 52 g; Oberfläche ca. 80 qcm; Temperatur 17,4" bis 17,7" C; relative Feuchtigkeit 98 "/^ bei trübem und 96 "/^ bei heiterem Wetter. 5) Mit 4 ausgewachsenen und 2 kleinen Blättern; Lebendgewicht 48 g; Oberfläche 130 qcni; Temperatur 18,8" bis 19,3° C; relative Feuchtigkeit 96"/o bei trübem und 94 "/„ bei heiterem Wetter. 6) A. a. 0., S. 325. Phj'siologische Fragmente aus einem tropischen Urwald. 205 die Bedeutung des Lichtes für die Assimilation im Auge hat. Dieser Kampf gewinnt nach dem oben Angeführten noch mehr an Bedeutung, wenn man dabei auch die fördernde Wirkung des Lichtes auf die Transpiration in Betracht zieht. Während beim tropischen Laubblatt, das „vorzugsweise dem intensiven, tropischen Sonnenlicht angepaßt zu sein scheint" (Haberlandt), die geringe Steigerung an Intensität des diffusen Lichtes keiue merkbare Wirkung auf die Transpiration ausübt, ist dies, wie T\ir gesehen haben, wohl mit dem Laubblatt der krautigen und strauchartigen Urwaldpflanzen der Fall. Diese Fähigkeit, auf schwache Lichtintensitätssteigerung mit einer stärkeren Transpira- tion zu reagieren, ist allerdings eine der zweckmäßigsten An- passungen in der tropischen Natur. Die Pflanzen sind dabei trotz der sehr erschwerten Transpirationsbedingungen doch noch im- stande, den nötigen Wasserdampf abzugeben. Wie verhalten sich nun die krautigen und strauchartigen Pflanzen hinsichtlich der Regulation ihrer Transpiration : von vorn- herein dürfte es wenig wahrscheinlich erscheinen, daß sie tatsäch- lich einer solchen bedürfen. Wie die Untersuchung ergibt, ist auch von einem Spaltenverschluß bei ihnen keine Rede, auch bei beginnendem Welken tritt er nicht ein. Stahl ^) weist schon auf die Tatsache hin, daß manche erdbewohnende Stauden der feuchten tropischen Wälder das Kobaltpapier bis zum völligen Eintrocknen verfärben. Fehlenden Spaltenverschluß fand ich unter den liier lebenden Pflanzen bei Amaranthus sp., Gomphostemma javanicum, Procris frutescens, Pilea frinerva, Elatostemma acuminatum, Cyrtandra picta, Impatiens javensis, Begonia rohusta, Peperomia laevifoUa, Strohilanthes ßiformis u. a. Der fehlende Spaltenverschluß würde auch des Nachts eine, wenn auch nur geringe Transpiration er- möglichen, doch die meist sehr hohe Luftfeuchtigkeit (bis zum Sättigungsgrad) und vor allem das Fehlen des Lichtes verliindert eine Abgabe von Wasserdampf. Bei einer Reihe von Vertretern des Urwalds ist dagegen eine Ausscheidung flüssigen Wassers wohl wahr- zunehmen. Eine Guttation wurde sowohl unter den Kräutern als auch unter den Sträuchern gefunden. Sicher wurde sie nachgewiesen h^i Impatiens javensis, Amaranthus sp., Elatostemma acuminatum, 1) E. stahl, Einige Versuche üher Transpiration und Assimilation. Bot. Ztg., 1894, Bd. I, S. 123. 206 ^- C. von Faber, Pe^erowiia- Arten, Cyrtandra picta, Scutellaria discolor, Strohüanthes filiformis, Medinilla laurifolia, Melastoma sp., Polygonum sp. Diese kurze Liste dürfte durch eine diesbezügliche spezielle Untersuchung noch erheblich bereichert werden. Das Ausscheiden flüssigen Wassers findet man in der feuchtesten Zeit nicht allein des Nachts, sondern häufig auch am Tage, wenn die Luftfeuchtigkeit, wie es nicht selten zu dieser Zeit passiert, den Sättigungsgrad erreicht. Die Menge des ausgeschiedenen Wassers, durch Wägungen genauer festgestellt, ist verglichen mit der Transpiration bedeutend größer. So verliert Elatostemma acuminatum am Tage bei trübem Wetter während 6 Stunden im Mittel pro qcm 0,002 g Wasserdampf, während dreier Nachtstunden (1 — 4 Uhr a. m.) 0,018 g Wasser im Mittel pro qcm; Peperomia laevifolia verlor am Tage im IVIittel pro qcm während 5 Stunden ca. 0,004 g Wasserdampf, dagegen während 4 Stunden (1,50 — 6 Uhr a. m.) in der Nacht nicht weniger als 0,026 g Wasser im Mittel pro qcm; Cyrtandra picta schied am Tage während 6 Stunden 0,002 g pro qcm Wasserdampf und nachts während derselben Anzahl Stunden 0,048 g im Mittel pro qcm Wasser aus. Wenn auch eine Anzahl dieser Gewächse das Wasser aus Hydathoden ausscheiden, so preßt doch eine nicht unbeträcht- liche Anzahl von solchen das Wasser aus den gewöhnlichen Spalt- öffnungen. Als solche führe ich an: Pilea angulata, Peperomia laevifolia, Impatiens javensis, Scutellaria discolor, Elatostemma acuminatum, Cyrtandra picta, Argostemma montana. Ein unver- kennbares Verhältnis besteht z-^ischen Transpiration und Guttation; Pflanzen, die am Tage wegen ungünstiger Witterung nur wenig Wasser durch Transpiration verloren haben, zeigen eine starke Guttation, umgekehrt hat eine ausgiebigere Transpiration auch eine geringere Guttation zur Folge. Nach alledem wird man die Annahme macheu können, daß die Guttation eine Art Ersatz für die geringe Transpiration darstellt. Die Pflanze sucht eben auf eine andere Weise die notwendige Wasserbewegung zu beschleu- nigen, w^enn die normale Transpiration zu gering ist. Aus dem- selben Grunde dürften auch die submersen Pflanzen in der Aus- scheidung flüssigen Wassers einen Ersatz für die fehlende Tran- spiration besitzen^). 1; Vgl. Burgerstein, Die Transpiration der Pflanzen. Jena 1904, S. 246. Physiologische Fragmente aus einem tropischen Urwald. 207 Die physiologische Bedeutung wurde bekanntlich von einigen Forschern (Volkens, Reinitzer) im Hinblick auf die großartige Fülle der Vegetation im dauernd dunstgesättigten Raum und des feuchtwarmen tropischen Urwalds in Frage gezogen. In bezug auf die krautartigen Pflanzen des tropischen Urwalds wurde hier oben schon die geringe Abgabe von gasförmigem Wasser und die ausgiebigere Ausscheidung von flüssigem Wasser betont. Fassen wir den Begiiff „Transpiration" im weiteren Sinne auf und ver- stehen wir darunter die Wasserabgabe sowohl in gasförmiger als in flüssiger Form, so müssen wir gestehen, daß die Transpiration der Urwaldgewächse nicht so gering ist, als man dies anfänglich vermuten würde, und daß bei diesen Pflanzen doch für die notwen- dige ausgiebige Wasserbewegung gesorgt ist. Die im ewig feuchten Wald lebenden Pflanzen besitzen natürlich auch verschiedene Ein- richtungen zur Förderung der Trauspiration. Eine sehr auffallende Form derselben sind die sog. Träufelspitzen, ein, wie StahU) richtig bemerkt, charakteristisches Merkmal der regenreichen west- javanischen Flora. Daß die Träufelspitzen tatsächlich das Ablaufen des Wassers von der Blattspreite befördern, unterliegt keinem Zweifel. Wie Stahl nachwies, setzt die langsame Verdampfung des Wassers auf der Blattoberfläche die Temperatur des Blattes herab und beein- trächtigt mithin wesentlich die Wasserdampfabgabe durch die Spalt- öffnungen. Ich möchte liier nodi auf die Möglichkeit hinw^eisen, daß die auf der Oberfläche der Blätter befindliche Wasserschicht das Licht reflektiert, also die Absorption der Licht- und Wärme- strahlen herabsetzt und damit auch die Transpiration vermindert. Ein Wasserüberzug kann, wie Baumert-) nachwies, die Gesamt- menge der auf das Blatt fallenden Lichtstrahlen um etwa 10 — 20°/o schwächen. Diese Verminderung der Lichtintensität ist für die in so ungünstigen Lichtverhältnissen lebenden Pflanzen sicher von großer Bedeutung. Auf die Bedeutung der Träufelspitzen für die Assimilation komme ich später noch zu sprechen. 1) E. stahl, Regenfall und Blattgestalt. Ann. d. Jard. Bot. de Buitenzorg. Vol. XI, 1893, S. 98. 2) K. Baumert, Experimentelle Untersuchungen über Lichtschutzeinrichtungen an grünen Blättern. Cohns Beiträge z. Biol. d. Pfl., Bd. 9, 1909, S. 83. 208 •^- ^- '^°° Faber, Soeben wurde schon auf die häufige Erscheinung des Saft- ausflusses bei den Urwaldpflanzen hingewiesen; im nachfolgenden komme ich nun auf diese in der Pflanze herrschenden Druckkräfte in Hinblick auf die Bäume des Urwaldes zurück. Bei näherer Beobachtung kann auch bei einer Reilie von Bäumen ein solcher Blutungsdruck nachgewiesen werden. Bedenkt man, daß im feucht- warmen Urwald die Bedingungen für das Bluten die denkbar günstigsten sind, so kann es nicht wundernehmen, diese Erscheinung häufig anzutreffen. Konnte bereits Molisch ^) in Buitenzorg das Bluten bei drei völlig belaubten Holzgewächsen nachweisen, so gelang es mir hier noch bei einer ganzen Reihe von Bäumen dasselbe Phänomen zu beobachten, und zwar waren dies in der feuchten Zeit 1912: Manglietia glauea Bl. (3163)^), Machilus rimosa Bl. (3159), Dysoxylum excelsum Bl. (3156), Ficus varie- gata Bl. (3162), Laportea Stimulans Miq. (3179), Celtis tetrandra Roxb. (3232), Vernonia arhorea Hmlt. (3217), Turpinia pomifera De. (3185). Während am Tage beim Abschneiden von Ästen bald nach der Verwundung der Saft aus der Wundfläche reichlich zu fließen beginnt, bemerkt man während der Nacht das Abtropfen des Saftes von den Blättern; diese Erscheinung kann häufig bei gün- stiger Witterung so stark werden, daß sie Regen vorzutäuschen vermag. Es sei hier besonders die Wasserabsonderung kurz nach An- bringung einer Wunde betont, so daß wir annehmen dürfen, ein normales und kein sogenanntes „lokales Bluten", also keine patho- logische Erscheinung vor uns zu haben. Einige Versuche mittels Manometern^) geben eine einigermaßen richtige Vorstellung von der Größe dieses Blutungsdruckes: 1) H. Molisch, tber das Bluten tropischer Holzgewächse im Zustande völliger Belaubung. Ann. d. .Tard. Bot. d. Buitenzorg, I. Suppl., 1897, S. 23. 2) Die Zahlen geben die Nummern der Bäume nach der Koordersschen Be- stimmung an. 3) Zur Anwendung kamen die für solche Versuche üblichen Manometer. Ihre Unterbringung sowie die dabei zu berücksichtigenden Vorsichtsmaßregeln, die Berech- nung der Uruckhöhe usw. setze ich als bekannt voraus. Vgl. dafür die Arbeit von Molisch (a. a. 0., S. 26) und von Figdor (Sitzber. d. Kais. Akad. d. Wiss. Wien, Bd. 107, 18d8). Die Manometer wurden in etwa 1 Meter Höhe vom Boden gerechnet angebracht. Physiologische Fragmente aus einem tropischen Urwald. MacJiiliis rimosa Bl. 209 Relative Druck Luft- Feuchtig- Datum Stunde in Temperatur keit Wetter Atmosphären ^) in "C der Luft in % 18. Februar 191 3 3 h p. m. + 2,64 17,4 95 trübe 4,49 h „ + 2,67 17,2 96 ,, 6,50 h „ + 2,82 17,1 96 ,, 9,20 h „ + 3,04 16,3 97 ,, 11 h „ + 3,40 16 98 bewölkt 19- „ .0,10 h a. m. + 4,08 13,5 99 11 8 h „ + 2,10 15,4 98 Sonnenschein 12,08 h p. m. + 0,86 18,2 95 11 3,10 h „ + 1,40 17,7 96 bewölkt 6 h „ + 2,20 17,4 96 trübe 8 h „ + 2,82 16,2 97 ,, 10,40 h „ + 3,16 15,4 97 bewölkt 20. „ b h a. m. + 5,20 14,2 99 trübe, regnerisch 8,50 h „ + 3,40 14,6 98 )) 12,50h p.m. + 1.02 15,7 97 ,, 4,40 h „ + 2,80 15,5 98 Regen 7,30 h „ + 3,45 14,7 98 ,, 11,50 h „ + 4,07 13,2 99 ,, 21. „ 5,10 h a. m. + 4,65 13 98 heiter 8,05 h „ + 2,07 14,7 97 bewölkt 1,15 h p. m. + 1,60 16 97 Eegen 6,08 h „ + 3,30 15,4 98 )i 10,05 h „ + 4.65 14,3 99 1) 22. 5,10 h a. m. + 5,80 14 100 11 Der Versuch zeigt, wie denn auch schon von Molisch beob- achtet wurde, daß nachts der Druck höher ist als am Tage. Der höchste Druck, den ich bei dieser Pflanze feststellte, war am letzten Tag des Versuchs ganz früh morgens, nämlich 5,80 Atm., die einen außerordentlich hohen Druck darstellen. Molisch konstatierte in Buitenzorg viel niedrigere Drucke, allerdings ist das Klima von Buitenzorg trockner als im Urwald. Figdor fand in Buitenzorg bei Schizolohium einen Druck von 8,2 Atm., wobei es sich nicht um einen normalen, sondern um einen pathologischen Vorgang handelte. Als höchsten Druck während der Versuche beobachtete ich bei: Manglietia glauca 6,8 Atm., Dysoxylum excelsum 5,2 Atm., Ficus 1) Die Zahlen geben den Atmosphären druck, nicht den der Quecksilbersäulen an. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVL 14 210 F. C. von Faber, variegata 5,6 Atm,, Laportea Stimulans 4,62 Atm., Celtis ietrandra 4,5 Atm., Vernonia arborea 6,4 Atm., Turpinia pomifera 3,8 Atm. Mit Ausnahme von Turpinia pomifera konnten in der feuch- testen Zeit des Jahres bei allen Versuchsbäumen nur positive Drucke festgestellt werden. Dies ist aber keineswegs in der trockneren Zeit der Falll. Ich lasse diesbezüglich den Versuch mit Machilus rimosa während dreier Tage im Juli 1913 folgen: Maehilus rimosa Bl. Eelative Druck Luft- Feuchtig- Datum Stunde in Temperatur keit Wetter Atmosphären in "C der Luft in % 4. Juli 1913 1,08 h p. m. — 0,90 19,2 90 Sonne 4 h „ — 0,40 18,9 90 )) 8 h „ + 1,10 17,2 94 bewölkt 10,05 h „ + 2,04 16,5 96 )) 5' 1) )i 5,10 h „ + 4,06 14 98 ,, 12,05 h „ — 0,56 18,4 92 Sonne 4,30 h „ + 1,80 17,6 95 Regen 10 h ., + 3,03 16,5 97 trübe 6- „ „ 5,08 h „ + 4,20 15,2 97 „ 11 h „ + 0,80 17,8 96 bewölkt Bei klarem sonnigem Wetter wurden also auch negative Drucke beobachtet. Erklärlich ist dies, weil die im Urwald wachsenden Bäume mit ihrem Laub aus dem feuchtesten Teil des Waldes hervorragen und Sonne und Wind ausgesetzt sind, alles Faktoren, die geeignet sind, die Transpiration zu erhöhen. Ich habe den letzten Versuch besonders hervorgehoben, um zu beweisen, daß sogar in dem feuchtesten Gebiete der Tropen bei sonnigem Wetter negative Drucke vorkommen. Nach Figdor^) kommen in den Tropen im Gegensatz zum gemäßigten Klima stets nur positive Drucke vor. Es muß hier aber bemerkt werden, daß Figdor, wie auch schon Mo lisch 2) vermutet hat, keinen normalen Blutungsvorgang, sondern ein durch Wundreiz verursachtes lokales Bluten, also mehr einen pathologi- schen Vorgang für einen normalen angesehen hat. Vor etwa 1) A. a. 0. 2) A. a. 0. Physiologisclie Fragmente aus einem tropischen Urwald. 211 anderthalb Jahren habe ich im Anschhiß an meine in Tjibodas ge- machten Beobachtungen auch in Buitenzorg Blutungsversuche an- gestellt und dabei u. a. auch die von Figdor benutzten Bäume untersucht (Schizolohium , Alhizzia, Casuarina, Cocos, Oreodoxa, Actinorkijtis , Spathodea und Conocephalus) , und zwar auch zur feuchtesten Zeit. Außer bei Conocephalus azureus wurde bei keinem der genannten Bäume ein normaler Blutungsdruck, d. h. ein positiver Druck, der sich kurz nach Anbringung des Manometers einstellt, beobachtet. Erst nach längerer Zeit stieg das Quecksilber be- trächtlich und zwar infolge des Wundreizes. Dieser lokale Druck beschränkte sich aber auch nur auf die Umgebung des eingebohrten Manometers, andere Stellen der Äste und des Stammes zeigten dagegen gleichzeitig negativen Druck. Der normale Blutungsdruck bei Conocephalus azureus erreichte auch während der feuchten Zeit in Buitenzorg nicht die beträchtliche Höhe, die Figdor für den lokalen Blutungsdruck angegeben hat, und zur Mittagszeit wurde fast immer negativer Druck beobachtet. Es war soeben schon von der vermutlich größeren Transpiration der Bäume im Urwald die Rede. Um diese richtig beurteilen zu können, müßte man die Transpiration in den Baumkronen selbst messen, was natürlich mit zu großen Schwierigkeiten verknüpft sein würde. Die Wasserverdunstung der Bäume im Verhältnis zu den am Boden wachsenden Kräutern muß schon deshalb bedeutend größer sein, weil Sonne und Wind in diesen Höhen ihren Einfluß geltend machen können, was bei den kraut- und strauchartigen Pflanzen nicht der Fall ist. Auch die Feuchtigkeit der Luft ver- mijjdert sich mit zunehmender Höhe über dem Erdboden beträcht- lich. Einige diesbezügliche Beobachtungen zeigten, daß die relative Feuchtigkeit oberhalb des Unterholzes^), also in einer Höhe von etwa 5 — 8 Metern, ungefähr 5°/o geringer ist als im Unterholz selbst 2). Im Anschluß an die Transpiration im Urwald sei liier kurz einiges über das Wachstum mitgeteilt, weil in den Tropen Wachs- tum und Transpiration eng miteinander verknüpft sind. 1) Als Unterholz bezeichne ich die zusammenhängende, aus Kräutern und niederen Sträuchem bestehende Pflanzendecke des Urwalds. In diesem Teil herrscht die größte Feuchtigkeit der Luft, an trüben Tagen den Sättigungsgrad erreichend. Man könnte diesen Teil die Dunstregion nennen, nicht zu verwechseln mit den sogenannten Nebelwäldern in der Nähe des Gipfels vom Vulkan. 2) Als Mittel aus 15 Messungen an verschiedenen Stellen des Waldes. 14* 212 F. C. von Faber, Das Wachstum ist in dem heißfeuchten Gebiete der Tropen im allgemeinen ein recht schnelles. Beispiele eines auffallend langsamen Wachstumes stellen im Gegensatz hierzu u. a. die Orchi- deen^) und Taeniophyllum Zollingeri^) dar. Wie diese Beispiele lehren, gibt es auch unter den denkbar günstigsten Wachstumsbedingungen noch Faktoren, die hemmend auf das Wachstum wirken können. Des Raummangels wegen gebe ich im nachfolgenden resümierend die Resultate meiner Untersuchungen wieder und hoffe später bei der Veröffentlichung der Buitenzorger Studien auf sie zurückzukommen. Um in der Frage der Wachstumsintensität Vergleiche ziehen zu können, wurden Pflanzen des Urwalds gewählt, die auch in Buiten- zorg im sogenannten Waldgarten unter Bäumen im Schatten an- gepflanzt sind, also unter Wachstumsbedingungen stehen, die denen der natürlichen Standorte am meisten gleichkommen. Es waren dies Hornstedtia paludosa, Peperomia reßexa, Elatostemma acumi- natum und Cyrtandra picta. Die Wachstumsmessungen sowohl in Buitenzorg als in Tjibodas, beide in der feuchtesten Zeit des Jahres^) vorgenommen, ergaben als Resultat, daß die Urwaldpflanzeu in demselben Zeitabschnitt einen größeren Gesamtzuwachs erreichen als die Buitenzorger Exemplare unter Schatten gezüchtet. Während der Gesamtzuwachs nachts in Buitenzorg ebenso groß, sogar etwas größer als in Tjibodas ist, finden wir ihn am Tage in Buitenzorg bedeutend kleiner als oben. Mittlerer Mittlerer Versuchspflanze Gesamtzuwachs Gesamtzuwachs , in bei Tag in der Nacht*) Tjibodas Buitenz. Tjibodas Buitenz. Tjibodas 1 Buitenz. Hornstedtia paludosa . 90,6 cm 72,2 cm 44,4 cm 28 cm 45,6 cm 44,2 cm Peperomia reflexa 6,26 „ 4,08 „ 3,12 „ 1,02 „ 3,14 „ 3,06 „ Elato&temrna acuminata 7,02 „ 6,81 „ 3,54 „ 2,86 „ 3,48 „ 3,95 „ Cyrtandra picta . 9,08 „ 9 „ 4,52 „ 4,28 „ 4,56 „ 4,72 „ \) Vgl. E. Pfitzer, Morphologie der Orchideen. Heidelberg 1882. 2) Vgl. J. Wiesner, Zur Physiologie von Taeniophyllum Zollingen. Sitzber. d. Kais. Akad. d. Wiss. Wien, Bd. 106, 1897, S. 77. 3) Die Messungen in Tjibodas geschahen vom 2. bis 30. November und in Buiten- zorg vom 1. bis zum 28. Februar desselben Jahres, und zwar zweimal täglich, einmal morgens um 6 Uhr und einmal abends um 6 Uhr. 4) Von 6 TIhr abends bis 6 Uhr morgens gerechnet. Physiologische Fragmente aus einem tropischen T^rwald. 213 Aus diesen Zahlen geht das stärkere Wachstum der Urwald- pflanzen deutlich hervor, am meisten bei der monokotylen Horn- stedtia paludosa und am wenigsten bei Cyrtandra pida. Dieses Resultat ist deshalb überraschend, weil man im allgemeinen an- nehmen würde, tue Buitenzorger Pflanzen unter günstigeren Be- dingungen zu finden als im Urwald. Die Temperatur ist in Buiten- zorg höher, das Licht für die Assimilation jedenfalls günstiger und die Ernährung vielleicht reichlicher, als dies im Urwald der Fall ist, wo so viele gleichartige Pflanzen auf einen beschränkten Raum angewiesen sind. Nur die relative Feuchtigkeit der Luft ist im Urwald höher als in der Regenzeit in Buitenzorg, welcher Umstand eventuell das intensive Wachstum der Urwaldpflanzen bewirken könnte. Aus der Tabelle ist besonders bei den Buitenzorger Exemplaren ein merkbarer Unterschied in der Wachstumsintensität zwischen Tag und Nacht ersichtlich, während diese Unterschiede im Urwald sehr klein und kaum bemerkbar sind. Eine ähnliche Periodizität wurde in den Tropen zuerst von Kraus ^) an dem Riesenbambus in Buitenzorg festgestellt, dann von Lock 2) ebenfalls an Bambus in Ceylon. Wie beide Forscher feststellten, wachsen die Bambusrohre nachts fast doppelt so schnell als am Tage. Lock wies durch eine Reihe eingehender Versuche nach, daß die von Kraus und von ihm beobachteten „Oszillationen" nicht, wie Kraus dies angenommen hatte, sogenannte autonome oder spontane seien, sondern von den stetigen Änderungen in dem Feuchtigkeitsgehalt der Luft und der damit in Zusammenhang stehenden Transpiration hervorgerufen werden. Weshalb meine Versuchspflanzen in Buitenzorg während der Nacht stärker wuchsen als am Tage, hat dieselbe Ursache wie bei den Bambusen, nämlich weil nachts die Luftfeuchtigkeit bedeutend größer und die Tran- spiration kleiner ist als am Tage. Licht und Temperatur dürften diesen bedeutenden Einfluß nicht ausüben. Werden nämlich die Pflanzen am Tage verdunkelt und sorgt man dabei für genügende Ventilation, so zeigt sich trotz der Verdunkelung das Wachstum am Tage schwächer als während der Nacht. Übrigens würden 1) Gr. Kraus, Das Längenwachstum der Bambusrohre. Ann. il. Jard. Bot. de Buitenzorg, Vol. XII, 1895, S. 196. 2) K. H. Lock, On the Growth of Giant Bamboos etc. Ann. of the Koy. Bot. Gard. Peradeniya, Vol. II, 1904—05, S. 211. 214 F- C. von Faber, auch die Urwaldpflanzeu den großen Unterschied zwischen Wachs- tum am Tage und während der Nacht aufweisen müssen, wenn das Licht die Ursache wäre. Die Temperatur ist in BuitenzOfrg während der Nacht niedriger als am Tage und kann auch schon deshalb nicht den Unterschied verursachen, dagegen ist die Luft- feuchtigkeit während der Nacht bedeutend höher als am Tage. Auch in der Regenzeit sind die Morgen nicht selten heiter und sonnig, und es erreicht die Luftfeuchtigkeit ein Minimum ; die Tran- spiration ist eine bedeutende zu nennen. In Tjibodas leben die Pflanzen unter wesentKch anderen Be- dingungen. Die meteorologischen Verhältnisse sind viel regel- mäßiger und ohne große Schwankungen in der Luftfeuchtigkeit zwischen Tag und Nacht, woraus sich auch das fast gleich starke "Wachstum am Tage und in der Nacht erklärt. Es sei an dieser Stelle noch eine Arbeit über Wachstum von Luftwurzeln in den Tropen angeführt, da diese Wachstumsmessungen auch im Urwald von Tjibodas angestellt wurden. Blaauw^) kommt bei seinen Messungen der Luftwurzeln von Cissiis puhiflora var. papulosa zu dem Schluß, daß diese nachts bedeutend stärker als am Tage wachsen und dieser Umstand durch den Feuehtigkeits- unterschied zwischen Tag und Nacht und die damit in Zusammen- hang stehende Schwankung in der Transpiration verursacht wird. Diese Befunde stehen nur scheinbar in Widerspruch zu den meinigen. Bedenkt man aber, mit welcher Pflanze Blaauw experi- mentierte, so erklärt sich der scheinbare Widerspruch leicht. Cissus ist eine Kletterpflanze, deren Blätter hoch oben in den Baumkronen leben, wo sie vielem Licht, häufig der Sonne und dem Winde ausgesetzt sind und somit auch kräftig transpirieren. Nur die Luftwurzeln steigen bis in die „Dunstregion" des Urwalds herab, doch wird deren Wachstum von der beblätterten Pflanze reguliert, weshalb sie, obwohl ebenso wie die krautigen Pflanzen unter ziemlich konstanten äußeren Bedingungen lebend, doch eine ausgesprochene Periodizität des Wachstums besitzen. Aus eigener Erfahrung kann ich noch einen anderen Fall er- wähnen, woraus der Einfluß der Transpiration auf das Längen- wachstum vielleicht noch frappanter hervorgeht, nämlich bei einer hier im Urwald lebenden Pflanze, Nepenthes melamphora. Diese l; A. H. Blaauw, Das Wachstum der Luftwurzeln einer Cissus-kxi. Ann. d. Jard. Bot. de Buitenzorg, Vol. XI, 1912, S. 266. Physiologische Fragmente aus einem tropischen Urwald. 215 interessante, mit Kannen zum Insektenfang ausgerüstete Pflanze, kommt hier besonders an zwei Stellen, bei den Wasserfällen von Tjibeurum und auf dem alten Wege nach dem Krater des Gedeh, in Massen vor. Nepenthes melamphora entwickelt z\Yei Arten von Sprossen^), Kurztriebe, die am Boden kriechend wachsen und Rosetten kannen- tragender Blätter besitzen, und Langtriebe, die Klettersprosse darstellen und hoch in die Bäume (bis 25 und 30 Meter) klettern. Wachstumsmessungen an beiden Arten von Sprossen, allerdings im Hinblick auf die Bildung von Kurz- und Langsprossen angestellt, zeigten bei den Klettersprossen eine überraschend deutliche Periodi- zität in Tag- und Nachtwachstum, während die Kurzsprosse, am Boden wachsend, eine solche ausgesprochene Periodizität nicht er- kennen ließen. Diese auffallende Periodizität findet bei den Kletter- sprossen wohl hierin ihre Erklärung, daß sie bis hoch in die Baum- krone gelangen, wo sie tagsüber einer viel trockneren Atmosphäre als des Nachts ausgesetzt sind. Die Kurzsprosse, in der „Dunst- region" des Waldes wachsend, sind diesen großen Schwankungen in der Feuchtigkeit der Luft nicht unterworfen. Auch die viel leistungsfähiger ausgebildeten Leitungsbahnen der lianenartigen Klettersprosse deuten schon auf eine regere Transpiration im Gegensatz zu den Kurzsprossen hin-). 1) Vgl. E. Heinricher, Zur Biologie von Nepenthes etc. Ann. d. Jard. Bot. de Buiteuzorg, Vol. V, 1906, S. 277. 2) Bei dieser Gelegenheit sei noch auf die Bedingungen zur Bildung von Kurz- und Klettersprossen bei Nepenthes besonders hingewiesen. Heinricher (a. a. 0., S. 291) ver- mutet, „daß einzelne Kurztriebe zu Lang- und bezw. Klettersprossen werden, und daß dieser Wechsel in der Sproßnatur von äußeren Bedingungen, die als Reize wirken, abhängig ist. Wahrscheinlich ist die den Blättern sich darbietende Gelegenheit, zu ranken, Stützen zu er- greifen, das veranlassende Moment, daß ein Kurzsproß zum Lang- und Klettersproß wird." Ich kenne im Urwald von Tjibodas haupteächlich zwei, schon vorhin erwähnte Stellen, an welchen Nepenthes melamphora in zahlreichen Individuen auftritt. .Jedem, der diese beiden Standorte (den lichten Wald bei den Wasserfällen von Tjibeurum und den dichten, sehr schattigen Wald auf dem alten Wege nach dem Krater) besucht, wird das ver- schiedene Aussehen der Pflanzen auffallen. Im lichten, bedeutend trockneren Wald sehen wir Nepenthes häufig als Kletterpflanze, die hoch in die Bäume wächst, während Kurz- sprosse nur seltener am Boden an den feuchtesten Stellen des Unterholzes vorkommen. An dem anderen Fundort dagegen beobachten wir umgekehrt viele Pflanzen nur mit Kurzsprossen, kleineren, nicht rankfähigen Blättern, kürzeren Kannen, im allgemeinen mit einem erheblich schwächeren Habitus als die Kletterpflanzen. Stützpunkte zur Ver- ankerung der Blätter gibt es an beiden Stellen genügend. Wie Experimente an Ort und Stelle zeigten, ist die Anwesenheit von Stützen, woran sich die Blätter festranken könnten. 216 F. C. von Faber, Das verhältnismäßig- schnelle Wachstum vieler tropischen Ur- waldkräuter setzt auch eine intensive Atmung- derselben voraus, was sie auch von den in gemäßigtem Klima wachsenden Schatten- pflanzen unterscheidet. Da die Atmung mit einem Stoffverbrauch verknüpft ist, muß die Assimilation, um trotzdem eine Massen- zunahme zu bewirken, ansehnlich sein. Die ausgezeichnete An- passung der im Urwald lebenden Pflanzen an das schwache Licht und die Möglichkeit, es durch verschiedene Einrichtungen möglichst auszunutzen, setzen sie instand, trotz der mangelhaften Beleuchtung noch intensiv zu assimilieren. Auf diese Einrichtungen ist schon von anderen Forschern häufig hingewiesen worden. An dieser Stelle sei die Träufelspitze im Dienste der Assimilation erwähnt. Von Baumert^) wurde die Vermutung geäußert, daß die Träufel- spitze als Ausdruck der Organisation eines Schattenblattes vielleicht in dem Bestreben liegt, das Wasser deshalb schnell zu entfernen, um die an sich schon geringe Lichtintensität zwecks größerer Assimilation möglichst auszunutzen. Wie schon betont, schwächt eine dünne Wasserschicht das Licht um 10 — 20°/o. Einige orien- tierende Versuche in Buitenzorg an einer Reihe von Blättern fielen, wenn auch nicht stets, doch häufig zugunsten dieser Annahme aus. nicht imstande, die Kurzsprosse in eine Klettersprosse umzuwandeln. Bei den früher er- wähnten Wachstumsmessungen fiel besonders der Unterschied in der Wachstumsgeschwindig- keit zwischen Kurz- und Klettersprossen und die Kürze der Internodien im Gegensatz zu denen der Langsprosse auf. Heinricher erwähnt schon diese gestauchten Internodien der Kurztriebe; genaue Wachstumsmessungen an Kurz- und Langtrieben haben das bedeutend schnellere Wachstum letzterer bestätigt, das Verhältnis ist etwa 1 : 3. Scheinbar übt das Licht einen bedeutenden Einfluß auf das Wachstum der Kurzsprosse aus, da eine Steige- rung der Lichtintensität eine Beschleunigung des Wachstums zur Folge hat. So sieht man denn auch an lichten Stellen des Waldes die Kurzsprosse bedeutend länger werden und die Literuodien nicht mehr gestaucht erscheinen, sondern hier eben tjbergänge zu Langsprossen bilden. Auch die Blätter ändern ihren Habitus mit der Intensität des Lichtes, ihre Spreite wird größer und das ganze Blatt nimmt mehr den Charakter eines Assimilationsorganes an, was bei den Blättern der Kurztriebe nur unvollständig der Fall zu sein scheint. Am auffälligsten entwickeln sich beim Wachstum im intensiveren Lichte die rankenartigeii Fortsätze der Blattspreiten. Da bei Lichtintensitätssteigerung auch die Feuchtigkeit der Luft ab- und die Temperatur zunimmt, so wäre es doch möglich, daß eine Kombination dieser Faktoren die beschriebene Wirkung ausübt, doch können dies nur eingehendere Experimente zeigen. Aus diesen Beobachtungen möchte ich vorläufig den Schluß ziehen, daß als direkt veranlassendes Moment zum Wechsel der Sproßnatur die Steigerung der Lichtintensität angesehen werden kann. Natürlich ist das Vorhandensein von Stützen eine weitere Be- dingung für das Klettern der Pflanze. 1) A. a. 0., S. 150. Physiologische Fragmente aus einem tropischen Urwald. 217 Die Untersuchung über die Ernährungstätigkeit der Blätter einer Anzahl krautartiger Pflanzen hat gezeigt, daß das Maximum der Stärkezunahme regelmäßig am Nachmittag erreicht wird und eine nächtliche Entleerung der Blätter von Stärke niemals statt- findet. Die Jodprobe, morgens früh vorgenommen, zeigte stets eine mehr oder weniger starke Bläuung des Mesophylls. Dieser Umstand liegt vermutlich in der langsamen Stärkewanderung und ist eine bei zahlreichen tropischen Pflanzen wiederkehrende Er- scheinung. So hat auch schon Costerus^) bei seinen Versuchs- pflanzen in Buitenzorg eine gänzliche Entleerung der Blätter bei Nacht niemals eintreten sehen. Das Quantum der während der Nacht abgewanderten Stärke ist verglichen mit der am Tage durch die Assimilation gebildeten klein. Da aber auch am Tage die Abwanderung stets fortschreitet, so kommt es trotzdem nicht zu einer gänzlichen Üljerfüllung des Mesophylls mit Stärke. Bei den krautigen Urwaldpflanzen, die zum größten Teil des Jahres unter ziemlich gleichen äußeren Bedingungen wachsen, ist dies erklärlich; eine plötzliche starke Bildung von Stärke durch Insolation kommt bei ihnen selten vor. Anders verhalten sich in dieser Beziehung die unter viel unregelmäßigeren Bedingungen wachsenden Pflanzen, bei denen am Tage durch Insolation eine starke Anhäufung von Stärke in den Blättern stattfindet und leicht zu einer Überfüllung des Mesophylls führen könnte. Nach den Beobachtungen von Costerus ist dies keineswegs der Fall, sondern es hält sich im Gegenteil die Menge der gebildeten und der ab- gewanderten Stärke ungefähr das Gleichgewicht, aber nur bei klarem sonnigen Wetter; bei trübem Wetter dagegen findet nach üim die Abwanderung bedeutend langsamer statt, so daß z. B. die Blätter von Delima sarmentosa am Nachmittag eines trüben Tages bedeutend mehr Stärke enthalten als an einem sonnigen Tag. Aus diesen und einigen anderen Beobachtungen ist der Forscher ge- neigt den wichtigen Schluß zu ziehen, daß in den Tropen das Licht den Transport der Stärke aus den Blättern beschleunigt. Costerus möchte auch das schwache Wachstum der Schatten- pflanzen aus diesem Grunde erklären, da bei schwachem Licht der Transport der Assimilationsprodukte nach den Orten des Verbrauchs 1) .J. C. Costerus, Sachs's lodine Experiment tried in the Tropics. Ann. d. Jard. Bot. de Buitenzorg, Vol. XII, 1895, S. 73. 218 F. C. von Faber, langsam stattfindet. Geg-en die Beobachtung-en von C oster us in Buitenzorg-, die ich bestätigen kann, ist nichts einzuwenden, doch müßten zunächst eingehendere Experimente mit einer größeren Anzalil von Pflanzen die Stichhaltigkeit seiner Interpretation zeigen. Ich stehe ilir aus dem Grunde allerdings etwas skeptisch gegen- über, weil die scheinbar schnellere Entleerung der Blätter von Stärke in der Sonne bei vielen Pflanzen auch auf andere Weise zu erklären ist. Bei ihnen ist der schnellere Transport bei In- solation nur ein scheinbarer, in Wirklichkeit nicht existierender. Zur weiteren Erklärung dieser Tatsache sei darauf hingewiesen, daß bei einer Reihe von tropischen Pflanzen der Spaltöffnungs- apparat für intensive Beleuchtung äußerst empfindlich ist und die Stomata bei Insolation bald mit einem gänzlichen Verschluß reagieren. Diese Pflanzen bilden diesbezüglich gerade einen Gegensatz zu den krautigen Urwaldpflanzen, denen, wie wir sahen, ein solcher Verschluß auch bei starker Insolation fehlt. Wie StahP) nach- gewiesen hat, findet bei geschlossenen Spaltöffnungen und bei normalem Kohlensäuregehalt der Luft der Assimilationsgaswechsel nicht mehr statt. Dies ist leicht bei den vorhin erwähnten Pflanzen nachzuweisen, wenn sie insoliert werden; der feste Verschluß des Spaltöffnungsapparats verhindert trotz günstiger Bedingungen zur Assimilation die Bildung von Stärke. Der Transport der vor- handenen Kohlehydrate ei-folgt aber trotzdem und vermindert das vorhandene Quantum, je länger die Insolation stattfindet. Am Abend eines sonnigen Tages wird bei diesen Pflanzen weniger Stärke in den Blättern gefunden als am Abend eines trüben. Man könnte dies auch bei Pflanzen, w^elche die Fähigkeit, ihre Spalt- öffnungen bei Insolation zu schließen, nicht besitzen, auch künst- lich bewirken, wenn man die Spaltöffnungen mit einem unschäd- lichen Wachsgemisch verschließt; ihre Blätter besitzen schon nach kurzer Zeit weniger Stärke als andere assimililationsfähige. Schließung des Spaltöffnungsapparats durch die Insolation wird wahrscheinlich durch eine Turgeszenzänderung erzielt, wie Pfeffer^) dies auch für die Variation der Spaltweite im allgemeinen an- genommen hat. 1) E Stalil, Einige Versuche über Transpiration und Afsyimilatioii. Bot. Ztg., Bd. I, 1894, S. 117. 2) W. Pfeffer, PflaDzenphysiologie, Bd. I, 1897, S. 176. Physiologische Fragmente aus einem tropischen Urwald. 219 Resümee. 1. Das Klima des Urwalds von Tjibodas ist, wie aus den meteoroloo^ischen Wahrnehmungen hervorgeht, ein sehr gleichmäßig-es. Die Luftfeuchtigkeit ist eine hohe und kann nicht selten den Sättigungsgrad erreichen, 2. An einer Anzahl von krautigen Pflanzen wurden an Ort und Stelle Beobachtungen angestellt und zwar zu- nächst hinsichtlich ihrer Transpiration. Der Verlust an gasförmigem Wasser ist bei ihnen im allgemeinen ein sehr geringer. Kleine Schwankungen in der Intensität des diffusen Lichtes sind bereits imstande, die Verdunstung bedeutend zu fördern. 3. Die Ausscheidung des flüssigen Wassers ist eine nachts häufige Erscheinung, die aber auch während der feuchtesten Zeit des Jahres tagsüber beobachtet wird und den Wasserverlust in gasförmigem Zustand bedeutend übertrifft. Die Guttation dürfte einen Ersatz für die ge- ringe Transpiration darstellen. Nicht allein Hydathoden, sondern auch die gewöhnlichen Spaltöffnungen sind im- stande, flüssiges Wasser hinauszupressen. 4. Das Bluten von Bäumen in völlig belaubtem Zu- stand ist eine für den Urwald häufige Erscheinung. Der Blutungsdruck kann dabei sehr hohe Werte erreichen. Während der feuchten Zeit werden nur positive Drucke, in der trockneren Zeit aber auch negative wahrgenommen. Es sind also sogar in den feuchtesten Teilen des regen- reichen West-Java nicht immer positive, sondern auch negative Drucke zu verzeichnen. 5. Der Gesamtzuwachs der krautigen ürwaldpflanzen erreicht in demselben Zeitabschnitt während der Regen- zeit höhere Werte als die derselben Spezies in Buitenzorg unter annähernd gleichen Wachstumsbedingungen gezüch- teten. Dies ist nur dem größeren Gesamtzuwachs am Tage im Urwald zuzuschreiben. Tag- und Nachtwachstum hält sich im Urwald ungefähr die Wage, ohne die durch die Schwankungen der Luftfeuchtigkeit bedingte Periodi- zität der Buitenzorger Versuchspflanzen aufzuweisen. Auch im Urwald kommt es zu einer solchen Periodizität, wenn die Sprosse aus der Dunstregion hinausragen. 220 ^- C. von Faber, Physiologische Fragmente aus einem tropischen Urwald. 6. Die Assimilation der Urwaldpflanzen ist dank ihrer Anpassung an das schwache Licht noch ausgiebig genug, um das verhältnismäßig schnelle Wachstum zu ermög- lichen. Das Maximum der Stärkezunahme findet stets am Nachmittag statt. Die Stärkeabwanderung geschieht so- wohl tags- als nachtsüber, aber niemals in dem Maße, daß eine gänzliche Entleerung der Blätter die Folge wäre. 7. Bei einer Reihe von tropischen Pflanzen wird durch Insolation ein gänzlicher Verschluß der Spaltöffnungen herbeigeführt und somit die Bildung von Stärke, trotz günstiger Assimilationsbedingungen, verhindert. Beider Beurteilung des Einflusses des Lichtes auf den Transport der Kohlenhydrate muß diesem Umstand Rechnung ge- tragen werden. Urwaldlaboratorium Tjibodas, Juli 1914. Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. Von F. M. Andrews, Associate Professor of Botany, Indiana Fniversitj', Bloomington, Indiana, U. S. A. Mit Doppel-Tafel I und 2 Textfiguren. Einleitung. Nur wenige Untersuchuugen an Pflanzen unter Anwendung einer sehr hohen Zentrifugalkraft haben bisher stattgefunden. Gerade so wichtig, wie es ist, zu beobachten, wie Pflanzen sich unter normalen Bedingungen verhalten, so wichtig ist es auch, festzustellen, was sie unter dem Einfluß der abnormsten oder widrigsten Bedingungen tun werden. Es ist sogar in manchen Fällen notwendig. Pflanzen für eine Weile abnormen Bedingungen zu unterwerfen, um ihr Reagieren auf gewisse Reize festzustellen. Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf das Wachstum der Pflanze ist von großer Bedeutung. Ihr Einfluß wurde zuerst von Knight^) klargestellt, der mit Samen experimentierte, die an horizontalen und vertikalen Rädern befestigt waren. Die von K night benutzten Räder hatten einen Durchmesser von 28 cm und rotierten mit einer Geschwindigkeit von 150 bis 250 Umdrehungen in der Minute^). Diese Bedingungen erzeugen eine zu geringe zentrifugale Wirkung, als daß sie manche Inhaltsbestandteile der Pflanzenzelle bewegen könnte. Einige Zellbestandteile würden zunächst überhaupt nicht durch eine so geringe Kraft in Bewegung gesetzt werden, aber bei anderen würde dies der Fall sein, wenn nämlich die Zentri- fugalkraft eine bis mehrere Stunden oder noch länger hintereinander 1) Knight, T. A., Horticultural Papers, 1840, p. 124. 2) Knight, T. A., a. a. 0., S. 125 und 126. 222 ^- ^^- Andrews, einwirkte. Da sich nun Knights Experimente ununterbrochen über „mehrere Tage" (a few days) erstreckten^), muß eine gewisse Verschiebung des Zellinhalts bei den von ihm benutzten Pflanzen stattgefunden haben. Selbstverständlich werden einige Zellsub- stanzen ihre Lage verändern und beständig nach der unteren Seite fallen, wenn die Zelle zu einer Rotation um ihre Achse gezwungen wird. Dies zeigten die Experimente von Dehnecke ^). Andere Körper, wie z. B. Kalziumoxalatkristalle, verhalten sich ebenso. Auch die mit genügend großen Stärkekörnern verbundenen Cliloro- plasten und Leukoplasten fallen, gleichwie die Kalziumoxalatkristalle in 10 — 20 Minuten nach der unteren Seite der Zelle ^). Die Be- w^egung dieser Körper verlangsamt sich mit fallender Temperatur'^). Die bei niederen Temperaturen vermehrte Viskosität des Proto- plasmas hat, wie Ewart zeigte, Einfluß auf die Fallgeschwindig- keit dieser Gebilde^). In einem jungen Stengelquerschnitt von Aristolochia Sipho zeigt sich die Stärkescheide teilweise mit Stärke- körnern gefüllt, die man mit Leichtigkeit veranlassen kann, ihre Lage in der Zelle zu verändern"). Dagegen sind manche Zellen derartig mit Stärke erfüllt, daß es sogar unter Anwendung sehr hoher Zentrifugalkraft unmöglich ist, ihre Lage in der Zelle zu verändern. Dies war der Fall mit eingeweichten Samen von Vicia sativa, selbst wenn eine Zentrifugalkraft von 4400 g. für eine Zeit- dauer von 2 Stunden in Anwendung kam '). Wo eine Verlagerung des Zellinhaltes stattfand, wie in einigen Samen anderer Pflanzen, war dies keiner der betroffenen Zellen verhängnisvoll. Wurden übrigens die Samen von Vicia sativa zur Keimung gebracht und dadurch eines Teils ihres Zellinhalts entledigt, so war es nunmehr leicht, Verlagerungen des Zellinhalts mittels Zentrifugierens zu erzielen. Ein weiterer Punkt von speziellem Interesse ist es, festzustellen, welche außerordentlich ungünstigen Bedingungen, die durch hohe 1) Knight, T. A., a. a. 0., S. 125. 2) Dehiiecke, C, Über nicht assimilierende Chlorophyllkörper, 1880, S. 10. Zitiert bei Pfeffer, W., PBanzenpliysiolog-ie, 2. Aufl., Bd. II, S. 789. 3) Pfeffer, W., Pflanzenphysiologie, Bd. II, S. 789. 4) Pfeffer, W., a. a. 0., S. 789. 5) Ewart, A. J., Protoplasmic Streaming in Plants, 1902, p. 16 — 20. 6) Strasburger, E., Lehrbuch der Botanik, 11. Aufl., 1911, S. 114. 7) Andrews, F. M., Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. Jahrb. f. wiss. Bot., 1902, Bd. 38, S. 11. Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. 223 Zentrifugalkraft hervorgebracht werden, Pfhmzen ertragen können. Es ist interessant, daß eingeweichte Samen durch eine Zentrifugal- kraft von 4400 g. weder getötet noch an ihren Zellen beschädigt wurden. Aber noch überraschender ist es, daß zartere Pflanzen- teile und sogar sehr zarte Pflanzen solche hohe Zentrifugalkräfte und grobe Behandlung aushalten können, ohne dabei getötet oder in vielen Funktionen völlig gehindert zu werden^). Ich werde an anderen Stellen dieses Aufsatzes auf diesen Punkt näher ein- gehen, wo direkte Experimente uns einige der betreffenden Tat- sachen zeigen werden. Außerdem kann man gewisse Untersuchungen an der Pflanzen- zelle nur machen, wenn die Inhaltsbestandteile durch eine zeitweise Einwirkung der Zentrifugalkraft verlagert worden sind. In einem früheren Aufsatze über Zentrifugalkraft-) habe ich Pfeffers An- gabe^) bestätigt, der bewies, daß die sogenannten Ölkörper nicht vollständig aus Öl bestehen, sondern teilweise aus einer Eiweiß- substanz aufgebaut sind, und also beim Zentrifugieren in Richtung der wirkenden Kraft geschleudert werden. Dasselbe gilt von dem Kern, der ein größeres spezifisches Gewacht hat als der Zellsaft, und von einigen anderen häufig anwesenden Zellbestandteilen. Dadurch, daß man die leichteren Zelleinschlüsse, wie Öl usw. von den schwereren, wie Proteinkörpern, Stärkekörnern und anderen abscheidet, ist es möglich, von gewissen Vorgängen, die von be- stimmten Bestandteilen innerhalb des Protoplasten ausgeführt werden, ein klares Bild zu erhalten. Apparat*). Der zu den Experimenten verwendete Apparat war eine modifi- zierte Form einer Milchzentrifuge, wie Textfig. 1 zeigt. Die Ma- schine ist auf einer Basis A montiert und kann vermittels der Stellschrauben B wagerecht eingestellt werden. Hierauf ruht ein Va Pf.-K. Motor C, der mit einer Riemenscheibe D versehen ist. Diese Riemenscheibe besitzt einen geschlossenen Riemen E, der 1) Andrews, F. M., a. a. 0., S. 24. 2) Andrews, F. M., a. a. 0., S. 34. 3) Pfeffer, W., Die Ölkörper der Lebermoose. Flora, 1874, S. 2. — Pfeffer, W., Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., Bd. H, S. 789. 4) Die in Textfig. 1 (S. 224) abgebildete Maschine wurde von F. Ludloff & Söhne, Berlin, erbaut. Textfig. 1 wurde nach ihrer Zeichnung gemacht. 224 F. W. Andrews, Über die Holle F zu dem vertikalen Schaft (7, der an seinem unteren Ende die konische Scheibe H trägt und von dort über die Rolle / zu dem Motor zurückläuft, und zwar in der durch die Pfeile angedeuteten Richtung. Der Schaft Q trägt auf seinem oberen Ende die Trommel I, welche 3000, 4500 oder 6000 Um- drehungen in der Mnute zu machen vermag. Bei Benutzung eines Fig. 1. elektrischen Motors übrigens, der mit verschiedenen Geschwindig- keiten laufen kann, ist es möglich, noch weitere Umlaufs Verände- rungen der Trommel pro Minute zu erhalten. Die Spannung des Riemens E wird vermittels der Stellung des Gewichtes / reguliert. Der Schaft Q läuft auf Kugellagern und wird durch elastischen Federdmck in seiner Lage erhalten. Der innere Durchmesser der Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pilanzen. 225 rotierenden Trommel beträgt 25 cm, und sie balanciert auf dem konischen Ende K des Schaftes. Die Trommel / wird beim Zentri- fugieren durch einen Deckel L geschlossen, der von zwei Verschluß- bogen M an seinem Platze gehalten wird. Die Geschwindigkeit wird mit Hilfe des Braunschen Geschwindigkeitsmessers N fest- gestellt. Auf dem Boden der Trommel befindet sich eine Aluminium- scheibe 0, 3,5 mm dick, die genau in den inneren Durchmesser der Trommel und um den hervorragenden Zylinder T paßt. Diese Aluminiumscheibe wiegt 400 g. Eine Holzscheibe von demselben Durchmesser und 24 mm Dicke, die ich in früheren Experimenten verwandte, wog 500 g. Die Aluminiumscheibe hat den weiteren Vorteil, mehr verti- kalen Spielraum in der Trommel zu ge- währen. Diese Alu- miniumscheibe trägt vier starke Messing- zylinder von glei- chem Gewicht (Text- fig. 10 und Text- fig. 2 A). Die Mes- singzylinder sind mit Bolzen (Textfig. 2 D) befestigt. Diese Mes- singzylinder sind in genau gleichen Ent- fernungen voneinan- der augebracht und tragen die später zu erwähnenden Glaszylinder. Die Aluminiumscheibe bietet Raum für acht von solchen Messingzylindern. Die vier hier benutzten können sämtlich vermittels der Löcher in der Aluminiumscheibe (Textfig. 2 B) leicht auf das Zentrum zu oder von ihm weg bewegt werden. Der- artig ließ sich die Intensität der Zentrifugalkraft durch Ausgleich der Länge des Radius und Veränderung der Umlaufsgeschwindigkeit der Trommel / in jedem gewünschten Grade verändern. Die Alu- miniumscheibe wurde an der Trommel / durch Metallbolzen (Text- fig. 1 8 und Textfig. 2 C) befestigt. Die benutzten Glaszylinder waren von zwei verschiedenen Größen und hatten 3 mm dicke Wände. Der größere hatte bei einer Länge von 55 mm einen Durchmesser von Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 15 Fip 226 F. W. Andrews, 35 mm. Der kleinere war 55 mm lang bei 22 mm Durchmesser. Die Messing-Zylinder auf der Aluminiumscheibe waren abnehmbar und von verschiedener Größe, so daß die verschiedenen Glaszylinder benutzt werden konnten. Gelegentlich konnte der kleine Glas- zylinder durch Vermittlung einer festen Korkhülle in dem großen Messingzylinder benutzt werden. Experimenteller Teil. Diese Untersuchung über die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Algen wurde teilweise unter Benutzung einer durch einen Wasser- motor angetriebenen Zentrifuge angestellt, was gestattete, die Ver- suche ununterbrochen über jede beliebige Zeitspanne auszudehnen. Oscillaria princeps wurde zuerst benutzt. Wenn die zur An- wendung kommende Kraft nicht sehr groß war, wurden die Exem- plare während des Zentrifugierens zwischen einem Objektträger und einem Deckglas in ihrer Lage erhalten. Die zentripetalen^) Enden der Fäden wurden mit Gips befestigt''^). Wenn diese An- ordnung benutzt werden konnte, gestattete sie die Exemplare direkt unter dem Mikroskop zu beobachten, ohne sie nach ihrer Herausnahme aus der Zentrifuge weiter zu beunruhigen. Auch fuhren sie in dieser Lage für viele Tage fort zu leben und konnten wiederholt beobachtet werden. In meinem ersten Experiment versuchte ich festzustellen, ob es möglich wäre, den Zellinhalt von Oscillaria princeps zu verlagern. Ich zentrifugierte daher die auf dem Boden der Glasz} linder an- gebrachten Exemplare 2 Tage und 4 Stunden lang mit einer Kraft von 1738 g.^). Diese Einwirkung jedenfalls verlagerte den Inhalt nicht. Auch das Wachstum der Fäden hatte nicht aufgehört, und die so charakteristischen Bewegungen dieser Pflanze waren nicht unterbrochen. Kurz, ich konnte nicht sehen, daß die Exemplare durch die lange und intensive zentrifugale Behandlung geschädigt worden seien, denn bei dem Vergleich mit den Kontrollexemplaren waren ihre Bewegungen ebenso kräftig und ihr Wachstum fast ebenso stark. Diesen Punkt werde ich in einer gesonderten Publi- 1) Ich gebrauche die Ausdrücke zentripetal und zentrifugal in dem gleichen Sinne, wie es in meinem frühereu Aufsatze, a. a. 0., S. 4 dargelegt wurde. ■2) Pfeffer, W., Über Anwendung des Gipsverbandes für pflanzenphysiologische Studien, 1892. 3) g. = Anziehungskraft der Erde. Die AVirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. 227 kation behandeln. Die Exemplare wurden sowohl quer zur Fadenrichtung wie längs zu ihr (wie oben) zentrifugiert, ohne daß eine Veränderung im Zellinhalt sichtbar war. Die geringe Größe der Zellen und besonders die Form des Chromatophors machen eine Verlagerung äußerst schwierig. Selbst die verschiedenen Granularsubstanzen, die häufig in der Zelle vorhanden sind, zeigten keinerlei Lageveränderung. Bei einem zweiten Versuch wurden die Fäden von OsciUaria prineeps 4400 g. für 2 Stunden und weiterhin 5843 g. für 3 Stunden unterworfen, aber es wurde keine Verlagerung des Inhalts erzielt. Bei einem dritten Experiment ließ man eine Stunde lang 13467 g.^) quer auf die Fäden wirken, ohne daß eine Verlagerung des Inhalts, Einstellung des Wachstums oder der gewohnten Bewegungen eintrat. Wenn OsciUaria zwischen Objektträger und Deckglas zentrifugiert wurde, wurden die Fäden meistens zerbrochen, aber sehr kurze, aus wenigen Zellen bestehende Stücke widerstanden oft einer Kraft von 1738 g. Bei Anwendung sehr hoher Zentrifugalkräfte, wie oben angeführt, war es notwendig, die Fäden direkt auf den Boden der Glaszylinder zu tun und sie transversal zu zentrifugieren, wie oben angegeben. Die Fäden waren dann in ihre scheibenförmigen Zellen auseiuandergebrochen, die vom Ende aus beobachtet werden konnten, aber keine Verlagerung des Inhalts war zu konstatieren. Die Widerstandsfähigkeit solcher zartgebauten Pflanzen ist einiger- maßen überraschend. Ebenso ist die Beobachtung von Interesse, daß bei allen Experimenten mit Zentrifugalkraft an OsciUaria, ihre charakteristischen Bewegungen weder aufhörten noch anscheinend verzögert wurden, obgleich die Zentrifugalkraft zwischen 1738 g. und dem hohen Betrage von 13467 g. wechselte. Dies wurde an Exem- plaren von OsciUaria festgestellt, die direkt auf den Boden der Glas- zylinder gebracht worden waren, auf deren Außenseite sich eine gra- duierte Skala befand. Die Maschine wurde für einige Sekunden zum Stillstand gebracht, und es konnte durch Beobachtung fest- gestellt werden, daß die für eine oder mehrere Stunden mit jedem Aufwand von Zentrifugalkraft zentrifugierten Exemplare sich eben- soweit bewegt hatten oder ausgestrahlt waren wie die Kontroll- exemplare in derselben Zeit. Diese Bewegungen können also unter großen Erschwerungen und gegen großen Widerstand ausgeführt werden, wenigstens gegen gewisse Arten von Hindernissen, wie 1) Erhalten durch eine hesondere Form elektrischer Zentrifuge. 15* 228 ^- ^ • -A^iidrews, z. B. seitlich einwirkende Zeutrifug-alkraft. Bei dem ersten Be- wegungsexperiment, als 1738 g. eine Stunde lang in Anwendung kamen, bewegten sich die zentrifugierten Fäden während dieser Zeit, resp. sie strahlten von dem Zentrum der geringen Faden- masse gleichmäßig nach allen Richtungen aus. Die Messung er- gab, daß sich die Fäden in der gewöhnlichen Art und Weise um 5 mm fortbewegt hatten. Die Kontrollexemplare hatten sich binnen derselben Zeit ebenfalls um 5 mm l^ewegt. Die allgemeine Anord- nung oder Erscheinung der Fäden, die in beiden Fällen von der sehr geringen zentralen Masse ausgestrahlt waren, wies bei den zentrifugierten und den Kontrollexemplaren nicht den geringsten Unterschied auf. In allen Fällen war die einzige Vorbedingung das Vorhandensein einer sehr dünnen AVasserschicht über den Exemplaren. Bei dem zweiten Experiment wurden die Exemplare ebenfalls 1 Stunde lang zeutrifugiert, jedoch mit einer Kraft von 5000 g. anstatt 1738 g. Der Bewegungsbetrag der zentrifugierten und der Kontrollexemplare war genau der gleiche. Beide bewegten sich während der einstündigen Dauer des Versuchs in strahlender Richtung um 5 mm von der geringen zentralen Masse liinweg. Dies zeigt, daß innerhalb der Versuchsgrenzen der Betrag der Be- wegung bei Anwesenheit einer Kraft von 5000 g. ebenso groß war, als wenn 1738 g. zur Anwendung kamen. Eine längere Zeitdauer als 1 Stunde kam nicht zur Anwendung, und es ist nicht fest- gestellt worden, welche Einwirkung, wenn überhaupt, dies auf die Bewegungen haben könnte. Bei dem dritten Experiment, in dem 13467 g. in Anwendung kamen, bewegten sich sowohl die zentrifugierten wie die Kontroll- exemplare um 2 mm während der halbstündigen Dauer des Ver- suchs^). So weit also die Experimente gehen, hat es sich als nicht möglich erwiesen, die Bewegung bei Oscillaria princeps durch Zentrifugalkraft zu hemmen oder ihren Betrag sichtlich zu verringern. Wenn eine Zentrifugalmaschine mit einer eingeschlossenen Trommel mehr als 1 Stunde bei sehr hoher Umdrehungszahl läuft, so hat die Trommel eine Neigung sich zu erhitzen. Dies wird durch die Reibung der schnell gedrehten Trommel mit der Luft ver- 1) Ernst Willy Schmidt hat kürzlich bei Spirogyra 11593 g. angewandt. „Das Vei'halten von Spirogyra-ZtW^u nach Einwirkung- hoher Zentrifugalkräfte". Ber. d. bot. Gesellschaft, Bd. 32, 1914, Heft 1, S. 42. Die "Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. 229 ursacht. Infolgedessen muß bei lange fortgesetzten Experimenten mit großer Geschwindigkeit die nötige Vorsorge getroffen werden, die Exemplare vor Temperaturen zu bewahren, die ihrem normalen Verhalten während der Dauer des Versuchs ungünstig sein würden. Closteniim monüiferum. Exemplare von Closterium monüiferum wurden zentrifugiert, indem einfach eine Anzahl der Pflanzen mit ein wenig Wasser in den Glaszj'linder getan wurden. Eine größere Anzahl Exemplare war leicht dadurch zu erhalten, daß eine beträchtliche Menge des sie enthaltenden Wassers filtriert wurde. Da die Exemplare in verschiedenen Stellungen lagen, wirkte die Zentrifugalkraft in sehr vielen Richtungen auf diese einzelligen Pflanzen ein. Die Inhalts- bestandteile wurden infolgedessen einmal nach einem Ende hin, das andere Mal an die Seiten oder diagonal verlagert, je nach der Rich- tung, in welcher die Zentrifugalkraft gewirkt hatte. Bei Closterium monüiferum genügt bereits die Einwirkung einer zentrifugalen Kraft von 1207 g. während der Dauer einer Minute, um eine Verlagerung des Zellinhalts zu bewirken. Wie Fig. 1, Taf. P) zeigt, ist überall der Zellinhalt von den Wänden an das zentrifugale Ende getrieben worden, während er im Zentrum in einer strangartigen Masse über ungefähr ^/s der Zellenlänge hin verblieben ist. Das Chlorophyll sowohl als auch die Gipspartikelchen, welch letztere lebhafte Brownsche Bewegung aufwiesen, waren ebenfalls verlagert. Eine vollständige Rückkehr des Zellinhaltes vollzog sich bei 22*^ C in 3 Tagen. Protoplasmabewegung kann unter normalen Verhältnissen bei Closterium monüiferum deutlich gesehen werden. Sobald die Zentrifugalmaschine angehalten wurde, und die Exemplare geprüft werden konnten, was ungefähr innerhalb von 2 ]\Iinuten geschah, konnte eine außerordentlich lebhafte Proto- plasmabewegung in allen Richtungen festgestellt werden. Ein Teil des Inhalts war sehr kompakt in das zentrifugale Ende der Zelle getrieben worden. Fig. 1, Taf. I zeigt ein feines Netzwerk. Dieses war vor dem Zentrifugieren nicht sichtbar, wohl aber unmittelbar danach. Es stellte eine sehr schöne Anordnung von transparenten, polygonalen, 1) Von hier ab sind in dieser Abhandlung die angeführten Figuren auf Taf. I zu finden. 230 ^- ^^ • Andrews, protoplasmatischen Platten dar, die so augeordnet waren, daß sie einer Honigwabe oder einer Schaumstruktur ähnlich waren. Die- selbe Erscheinung habe ich in Samenzellen von Phaseolus multi- florus beobachtet, wenn sie, nach erfolgtem Ankeimen, zentrifugiert worden waren ^). Das Überraschende ist, daß diese zarten honig- wabenartigen Strukturen durch die Zentrifugalkraft allein weder zerstört noch in das zentrifugale Ende der Zelle geschleudert wurden. Noch überraschender ist es, daß, wenn die schweren Zellbestandteile durch diese honig^v^abenartigen Strukturen hin- durchgeworfen wurden, die letzteren nicht zerstört-) wurden oder daß wenigstens sichtbare Risse in den zarten Lamellen nicht vorhanden waren. Wenn dieselbe Zelle, wie Fig. 1, Taf. I zeigt, zentrifugiert und alle Inhaltsbestandteile ein zweites Mal verlagert wurden, war keine Einwirkung auf diese Strukturen erkennbar. Bei vielen Exem- plaren von Closterium monüiferum war die Verlagerung des Inhalts vollständiger als es Fig. 1, Taf. I zeigt, indem die zentrale Portion sich nicht so weit gegen das zentrifugale Ende der Zelle hin er- streckte. Selten wurden die Zellen durch das Zentrifugieren und die Verlagerung ihres Inhalts getötet. Wenn nicht das letztere zufällig eintrat, so kehrte der Inhalt jeweils in seine ursprüngliche Anordnung zurück. Dieser Prozeß begann mit einem allseitigen Ausbreiten der zentrifugierten blasse. Diese zuerst sehr langsame Ausbreitung wurde allmählich geschwinder. Am Ende des ersten Tages bei 22" C war nur ungefähr Vio der entleerten Area der Zelle zurückgekehrt. Am zweiten Tage wurde ungefähr ein Drittel des entleerten Gebietes wieder eingenommen und, wie bereits mit- geteilt, hatte der Inhalt am Ende des dritten Tages überall seine ursprüngliche Anordnung in der Zelle wieder angenommen. Der sich ausbreitende Inhalt war anfangs nicht von der gewöhnlichen Dichtigkeit, aber zeigte diese allmählich, während der Prozeß fortschritt. Die Rückkehr des ZelHnhalts wurde in seiner Wieder- verteilung wesentlich durch die oben erwähnten schnellen Proto- plasmaströmungen unterstützt. Die Gipskristalle kehrten ebenfalls auf ihren früheren Platz in der Zelle zurück, obgleich sie, wie auch einige andere Bestandteile des Zellinhalts, eine Weile durch das sich bewegende Protoplasma in allen Richtungen transpor- tiert Avurden. Wenn der bew^egliche Zellinhalt dicht in ein Ende 1) Andrews, F. M., a. a. 0., S. 15. 2) Andrews, F. M., a. a. 0., S. 15. Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. 231 der Zelle getrieben worden war, so konnte festgestellt werden, daß er ungefähr ^Z? des Zellvolumens einnahm. Falls der Inhalt auf eine Seite der Zelle geschleudert war, so erfolgte seine Wieder- anordnung einigermaßen schneller, da in diesem Falle eine viel größere Oberfläche gegeben war, über die hin die Wiederanordnung eintreten konnte. Die durchschnittliche Zeit für die Wiederanord- nung des Zellinhalts bei 22" C betrug bei einer gToßen Anzahl von Exemplaren, deren Inhalt nach einer der Seiten zentrifugiert worden war, 2 Tage. Nachdem der Inhalt zurückgekehrt worden war, zentrifugierte ich dieselben Exemplare yon ClosteriummoniUferum aufs neue mit 1207 g. wie zuvor. Der Inhalt wurde in der erwarteten Weise verlagert. Das eine. Gefäß mit Exemplaren wurde ins Licht, das andere ins Dunkle gestellt. Der Inhalt kehrte bei allen Exemplaren zurück wie in dem vorigen Falle. Aber während bei den Exemplaren im Licht die Inhaltsbestandteile bei 22° C vollständig innerhalb von 3 Tagen zurückgekehrt waren, brauchten die im Dunkeln auf- gestellten ExeQiplare eine beträchtlich längere Zeit, indem voll- ständige Wiederverteilung des Inhalts erst binnen 5 Tagen erfolgte. Da bei den im Lichte stehenden Zellen nach dem zweiten Zentri- fugieren der Inhalt in derselben Zeit wie vorher zu seiner normalen Lagerung zurückkehrte, schien die Aktivität der Zellen unver- mindert geblieben zu sein. Die Zellen schienen durch diese Be- handlung nicht geschädigt zu sein. Ich- zentrifugierte dieselben Exemplare ein drittes Mal und stellte diejenigen, die im Lichte gewesen waren, wiederum ins Licht und die, die im Dunkeln gewesen waren, wieder ins Dunkle, um die Wirkung auf die Rückkehr des Zellinhalts zu beobachten. Der Inhalt kehrte bei den belichteten Exemplaren durchschnittlich in 3V2 Tagen zurück. Der Inhalt der ins Dunkle gestellten Exem- plare brauchte 10 Tage, um vollständig zurückzukehren. Während die ins Licht gestellten Exemplare einen sehr geringen Unterschied zeigten, machte sich bei den dunkel gehaltenen ein sehr ausgeprägter Unterscliied von 7 Tagen bemerkbar. Die Exemplare wurden einige Tage im Licht belassen und abermals zentrifugiert. Diesmal kehrte der Inhalt der Exemplare im Licht in 3 Tagen zurück, wie zuvor. Die im Dunkeln jedoch brauchten 12 Tage. Bei einem fünften Experiment wurden die Exemplare von Closterium monüiferum mit 1207 g. 1 Minute lang zentrifugiert. Der verlagerte Inhalt kehrte in den ins Licht gestellten Exemplaren abermals in 3 Tagen zurück. 232 ^- ^^ • Andrews, Die ins Dunkle gestellten Exemplare wurden 3 Tag-e darin gelassen und dann ins Licht gestellt. Der Inhalt hatte sich nur über un- gefähr Vs der entleerten Zellarea von neuem ausgebreitet. Nach- dem sie ins Licht gestellt worden waren, vollzog sich die vollstän- dige Rückkehr des Zellinhalts binnen weiteren 2V2 Tagen, also im ganzen in 5V2 Tagen. Man sieht hieraus, daß die ziemlich rohe Behandlung wiederholten Zentrifugierens und Verlagerns des Zell- inhalts die Zelle nicht sichtbar schädigte, wenigstens nicht irgendwie erheblich. Der Einfluß des Lichts beförderte eine schnellere Rück- kehr des Inhalts, und Dunkelheit hatte eine einigermaßen hemmende Wirkung, wie vorauszusehen war. In vielen Fällen genügte die Kraft einer kleinen Handzentrifuge, um bequem den Inhalt bei Closterium moniliferum zu verlagern. Der zur Inhaltsverlagerung in Pflanzenzellen benötigte I^etrag von Zentrifugalkraft hängt von der Anzahl g. und von der Betriebszeit ab. So waren z. B. 1207 g. erforderlich, um den Inhalt bei Closterium moniliferum zu ver- lagern, wenn die Zeit nur 1 Minute betragen sollte. Dagegen fand ich, daß bei 600 g. die zur Verlagerung des Inhalts erforder- liche Zeit mindestens 45 Minuten betrug. Ein noch geringerer Kraftbetrag würde dasselbe leisten, wenn die Zeit wiederum stark verlängert würde. Durch eine große Anzahl von Experimenten stellte ich fest, daß 100 g. der geringste Betrag von Zentrifugal- kraft ist, der lünreicht, um teilweise oder ganz den Inhalt der von mir benutzten Closterium moniliferum zu verlagern. Zu diesem Zwecke muß die Zentrifugalkraft auf die Zellen einen Tag und 15 Stunden lang ununterbrochen einwirken. Am Ende dieser Zeit war der Inhalt nur teilweise verlagert. Der Inhalt kehrte nach Einstellung des Zentrifugierens bei 22" C in einem Tage zurück. Man könnte annehmen, daß eine Verlagerung des Zellinhalts bei Closterium moniliferum ziemlich schwierig sei und zwar wegen der Form der Chloroplasten so^de der honigwabenartigen Lamellen- anordnung, die schon vor dem Zentrifugieren 'bestehen dürfte. Aber die dünnen Lamellen scheinen keinen großen Widerstand zu leisten, da der Inhalt leicht durch die ganze Masse hindurch- geworfen wird, me Sand durch Schaum, und ohne daß eine sehr beträchtliche Anzahl g. zur Anwendung kommt. Daß die honig- wabenartige Struktur immerhin einen gewissen Widerstand aufweist, zeigt Fig. 1, Taf. I. Bei der Betrachtung dieser Figur wird man bemerken, daß der Inhalt von den Seiten der Zelle durchaus nach dem zentrifugalen Ende befördert worden ist. Im Zentrum der Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. 233 Zelle jedoch hat die 1 Minute lange Einwirkung von 1207 g. den Inhalt nur teilweise verlagert, denn er bleibt in Form einer spitz zulaufenden Scäule auf eine Strecke von vollen zwei Dritteln der Zelllänge erhalten. Alter, Lebenskraft, vor allem Größe der Zelle haben Einfluß auf die zur Verlagerung des Inhalts erforderliche Anzahl von g. Da diese Faktoren variieren, variiert, wie ich bei verschiedenen Zellen gefunden habe, der zur Verlagerung des In- halts erforderliche Betrag von Zentrifugalkraft ebenfalls, und sogar bei derselben Zelle kann man Unterschiede feststellen. Die Rich- tung der Zentrifugalkraft ist in Fig. 1, Taf. I durch den Pfeil an- gezeigt. Selbst mit der höchsten Zentiifugalkraft, die ich erhalten konnte und die bei dem von mir benutzten Apparat 13467 g. be- trug, wurde die Hautschicht bei keiner der von mir untersuchten Pflanzen von der Zellwand abgerissen oder bewegt. Daß die Hautschicht und auch die feinen Plasmalamellen durch die Zentri- fugalkraft nicht abgerissen und an das zentrifugale Ende der Zelle geworfen werden, wird von Pfeffer^) folgendermaßen erklärt: „Daß ein sehr dünner Wandbelag und sehr feine Plasmalamellen sogar bei einer Zentrifugahvirkuug = 4400 g. erhalten bleiben, erklärt sich, wie hier nur angedeutet sein mag, daraus, daß die umgelagerten Massen gegen die Zellwand gestützt sind, also keinen Zug ausüben, daß ferner die Kohäsion der zudem der Zellhaut adhärierenden Wandschicht mit der Verdünnung dieser zunimmt, und daß die besagte Zentrifugalwirkung bei kürzeren Zellen nicht ausreicht, um die osjnotische Anpressung des Plasmaschlauches aufzuheben." Die Zellwand würde wahrscheinlich durch die Zen- trifugalkraft zerbrochen oder zerquetscht werden, ehe es gelänge, die Hautschicht von ihr zu trennen. Obgleich die 13467 g. bei diesen Versuchen häufig in Anwendung kamen, ist es interessant festzustellen, daß die Mehrzahl der Zellen durch solche harte Be- handlung nicht getötet und sogar nicht sichtbar geschädigt wurden. Um festzustellen, wie lange Zeit der Inhalt von Pflauzenzellen brauchte, um bei verschiedenen Temperaturen zurückzukehren, wurde das folgende Experiment angestellt. Die Pflanzen oder Pflanzenteile wurden für V2 Stunde mit einer Kraft von 5000 g. zentrifugiert, welche den Inhalt in all ihren Zellen verlagerte. Eine Pflanze oder ein Teil von jeder dem Experiment unterworfenen Pflanze wurde dann bei 25'^ und 15 ^ C ins Licht gestellt. In allen 1) Pfeffer, W., Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., 1904, Bd. II, S. 790. 234 ^' ^^ • Andrews, Zellen kehrte der Inhalt schließlich zurück. Die ganzen zentri- fugierten Pflanzen schienen sehr wenig- durch die Verlagerung ihrer Zellinhalte gelitten zu haben, am wenigstens diejenigen, die in der höhereu Temperatur gehalten worden waren. Dies Experiment, gleichme auch andere in dieser Abhandlung, zeigt klar, daß viele Pflanzen imstande sind, die günstigsten Bedingungen zu empfinden, selbst wenn die Zellinhalte vollständig verlagert sind und die Zelle einem ziemlich ernstlichen Shoek ausgesetzt war. Die neben- stehende Tabelle gibt die Pflanzen und die in jedem Falle zur Rückkehr des Zellinhalts nach dem Zentrifugieren erforderlich ge- wesene Zeit an. Alle Blätter und andere in dem obigen Experiment benutzten Pflanzenteile waren jung und kräftig. Die benutzten Früchte waren nicht reif. Man ersieht aus nebenstehender Tabelle, daß die Rückkehr des Zellinhalts nach dem Zentrifugieren bei ein und der- selben Pflanze weniger Zeit bei 25" als bei 15° C erforderte. In manchen Fällen wurde die Zeit auf die H;ilfte und mehr reduziert. Bei 25 "^ C erfolgte eine weit größere Reduktion der für die Rück- kehr des Zellinhalts nötigen Zeit, als man voraussetzen möchte. Während bei 15° C in vielen Zellen ein oder mehrere Tage er- forderlich waren, wurde der Betrag der nötigen Zeit bei 25° C manchmal bei derselben Pflanze auf eine verhältnismäßig geringe Anzahl von Stunden herabgesetzt. Die Früchte der Versuchs- pflanzen brauchten ziemlich lange Zeit, die im Falle von Cornus florida bei 25° C 5 Tage betrug. Die Blattzellen von Agave americana brauchten eine längere und die Blattzellen von Impa- tieyis Sultani eine ebensolange Zeit für die Rückkehr des Zell- inhaltes, als die Fruchtzelleu von Pyrus fforibunda und Crataegus coccinea. Eine überraschend lange Zeitspanne brauchte der Zell- inhalt von 'Begonia manicata zu seiner Rückkehr. Selbst bei 25° C waren 10 Tage erforderlich. Wenn die Blätter der in vor- stehender Tabelle genannten Pflanzen zentrifugiert und dann dunkel gestellt wurden, kehrte der Inhalt zurück, aber die für die Rück- kehr nötige Zeit war länger. Ganze etwa 7 cm hohe Pflanzen von Stellana media wurden in der Längsrichtung mit 5000 g. nur 15 Minuten lang zentrifugiert. Im Laufe dieser kurzen Zeit waren sämtliche Zelhnhalte verlagert. Wieder eingepflanzt kehrte in sämtliche Zellen der Inhalt binnen 5 Stunden zurück, und die Pflanzen fuhren fort zu wachsen. Der verlagerte Inhalt nahm bei kräftigen Exemplaren durchschnittlich Vs des Zellvolumens ein. Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. 235 Tage oder Stunden, die der Inhalt Name der Pflanze brauchte, um bei den folgenden Temperaturen zurückzukehren 15°C 25° C Thuya ocddentalis fBlättei ) . . . 4 Tage 1 Tag Pinus strobus (Blätter; . 3V2 Tage 18 Stunden Pinus austriaca (Blattei"; 3 Tage 2 Tage Pinus silvestris (Blätter) 4 Tage 2 Tage Picea pungens (Blätter; 3 Tage 2 Tage Picea excelsa (Blätter) . 4 Tage 2 Tage Picea nigra (Blätter) 3 Tage 1V2 Tage Taxus canadensis (Blätter) . . . 7 Tage 4 Tage Ginkgo biloba ('Blätter) 2 Tage 1V2 Tage Py}-us floribunda (Blätter) . . . 2 Tage - 1 Tag Pyrus floribunda CFrucht) 3 Tage 2 Tage Pyrus spectabilis (Blätter) 3 Tage 1 Tag Crataegus coccinea (Frucht) . . . 4 Tage 2 Tage Ricinus communis (Blätter) 27» Tage 1 Tag Hedera helix (Blätter) 2 Tage 20 Stunden Pavia flava (Blätter) 3 Tage 2 Tage Arctium lappa (Blätter) .... 2 Tage 1 Tag Lysimachia nummularia (Blätter) 18 Stunden 10 Stunden Tropaeolum rnajus (Blätter) . . . 1V2 Tage 8 Stunden Plantago lanceolata (Blätter) . 2 Tage 1V2 Stunden Begonia manicata (Blätter) . . . 30 Tage 10 Tage Ligustrum vulgare (Blätter) . 1 Tag 12 Stunden Geranium sanguineum (Blätter; . 2 Tage 1 Tag Philadelphus coronarius (Blätter) 2V2 Tage 1 Tag Viola palmata (Blätter) .... 1V2 Tage 1 Tag Setaria glauca (Blätter) .... 1 Tag 18 Stunden Comus florida (Frucht) .... 12 Tage 5 Tage Agave americana (Teil des Blattes) . 6 Tage 4 Tage Impatiens Sultani (Blätter) . . . 8 Tage 2 Tage Primula sinensis (Blätter) .... 2 Tage 7 Stunden Primula sinensis (Trichome) . 15 Stunden 5 Stunden Nasturtium officinale (Blätter) 1 Tag 8 Stunden Nasturtium officinale (Wurzeln) . 10 Stunden 3 Stunden Nasturtium officinale (Stengel) 18 Stunden 12 Stunden Marchantia polymorpha (Thallus) . 3 Tage 1 Tag Marchantia polymorpha ((Jemmen) . 2 Tage 10 Stunden Lunularia vulgaris (Thallus) . 4 Tage 2V2 Tage Lunularia vulgaris (Gemme n) . . 3 Tage 15 Stunden 236 F- ^^- Andrew», Diese kurze Dauer war übrigens, wie ich durch andere Experimente dieser Art gezeigt habe, hinreichend, das Wachstum der Pflanzen in gewissem Umfange zu stören. Ähnliche Experimente wurden an Salvinia natans angestellt, wo 5000 g. für 30 Minuten zur Anwendung kamen. Alle Zellinhalte der Haare bei den schwim- menden Laubblättern ^) wurden in einer kompakten Masse in das zentrifugale Ende der Zelle geworfen und nahmen dort ungefcähr Va des Zellvolumens ein. Die Rückkehr erfolgte in 5 Stunden. Die Zellinhalte der schwimmenden Laubblätter selbst wurden eben- falls verlagert und nahmen ^'-i der Zellvolumina ein. Die Rück- kehr erforderte einen Tag. Die Temperatur betrug 26° C. Die Pflanzen wurden durch dies Experiment, welches viermal wieder- holt wurde, um festzustellen, welche Wirkung hervorgebracht werden würde, nicht getötet, sondern nur leicht geschädigt. Die Zellinhalte kehrten in allen Zellen binnen derselben Zeit zurück wie zuerst. Ein einzelnes Experiment wurde mit Mimosa pudica angestellt, um zu sehen, welche Wirkung die Anwendung ziemlich hoher Zen- trifugalkraft auf ihre Bewegungen haben möchte. Demgemäß wurden einige junge, kräftige Pflanzen in der Höhe von 8 cm 1 Stunde laug der Quere nach mit einer Kraft von 5000 g. zen- trifugiert. Dies verlagerte den Zellinhalt in allen Teilen der Pflanze. Die Pflanzen wurden sofort wieder eingepflanzt. In V2 Stunde nach dem Zentrifugieren waren die Pflanzen imstande, auf eine leichte Berührung zu reagieren und hatten unter günstigen Be- dingungen wenige Stunden später anscheinend ihre normale Empfindhchkeit wiedererhalten. Sobald die Pflanzen nach dem Zentrifugieren zeigten, daß sie empfindlich seien, wurden meder Schnitte angefertigt und man konnte sehen, daß die Zellinhalte in einigen Parenchymzellen der Blättchen und in den Blattstiel- zellen oberhalb des Kissens noch nicht ganz zurückgekehrt waren. Die für vollständige Rückkehr des Inhalts benötigte Zeit betrug bei diesen Zellen 1 Stunde. Dies zeigt, daß der Zellinhalt nicht zurückzukehren braucht, bevor die Pflanze einen Reiz empfinden kann. Man möchte geneigt sein sich vorzustellen, daß eine solche Pflanze vielleicht dauernd invalide oder aber durch solch rauhe Behandlung getötet werden könnte. Nach einigen Tagen aber 1) Andrews, F. M. und Ellis, M. M., "Some Observations conceming the Eeac- tions of the Leaf Hairs of Salvinia natans". Bulletin of the Torrey Botanical Club, 1913, Vol. 40, p. 441— 445. Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. 237 waren die zentrifugierten Exemplare von Mimosa pudica gerade ebenso kräftig wie die Kontrollexemplare und schienen keine üblen Wirkungen des Experiments aufzuweisen. Nukleolus. Einer der Zwecke dieser Untersuchung- war, das Scliicksal des Nukleolus sicherzustellen. In meiner früheren Veröffentlichung zeigte sich, daß bei verschiedenen Pflanzen der Nukleolus aus dem Zellkern herausgeworfen werden kann^). In allen Fällen, in denen die zentrifugale Wirkung groß und lange genug fortgesetzt wurde, W'Urde der Kern gegen das zentrifugale Ende der Zelle hin ge- schleudert, der Nukleolus aus dem Kern herausgetrieben und ge- legentlich gegen das zentrifugale Ende der Zelle geworfen. Bei mit Safranin gefärbten Exemplaren konnte der Nukleolus nach dem Zentrifugieren als eine rote Kugel in der Zelle außerhalb des Kernes gesehen werden. Aber der aus dem Kern herauszentrifugierte Nukleolus kann auch in lebenden Zellen ohne Färbung gesehen werden. Viele der folgenden Experimente wurden durch verschiedene Färbemethoden variiert. Durch das Herauswerfen des Nukleolus aus dem Kern wird letzterer nicht getötet, und der Nukleolus bleibt eine beträchtliche Zeitdauer intakt, häufig ganze 27 Tage^). Er kehrt nie \deder in den Kern zurück, sondern löst sich allmählich auf und verschwindet. Ich erzog Sämlinge von Zea Mays in feuchter Luft, um ein dichtes Wachstum von Wurzelhaaren zu erzeugen. Diese Sämlinge hatten 2 — 3 cm lange Wurzeln und wurden in aUen Fällen mit einer Kraft von 5000 g. 2 Stunden hindurch zentrifugiert. Die Wurzeln wurden zuerst nach der Spitze zu zentrifugiert, aber bei dieser Methode wurden viele Wurzelhaare zerbrochen. Infolge- dessen wurden die Wurzeln quer zentrifugiert, wobei in den meisten Fällen die Zentrifugalkraft in Richtung der Spitze der Wurzelhaare wirksam w'ar. Die Sämlinge wurden für das transversale Zentri- fugieren in ihrer Lage gehalten, indem sie mit einer Seite in Gips eingebettet wurden und so auf der Unterseite eines kräftigen Korkes in den Glaszylindern gehalten wurden. In allen Experi- menten wurden die bew^egUchen Inhaltsbestandteile inkl. des Zell- 1) Andrews, F. M., a. a. 0., S. 36—37. 2) Andrews, F. M., a. a. 0., S. 37. 238 F- W. Andrews, kerns an das zentrifugale Ende der Haare geschleudert. Die Wieder- verteilung des Inlialts in den Wurzelhaareu fand in zwei Stunden statt. Manchmal übrigens erreichte der Kern nicht das zentrifugale Ende der Haare, da ihm eine Protoplasmamasse vorausging und das zentrifugale Ende des Haars auf eine Strecke hin ausfüllte. Der Kern war häufig auf eine Strecke hin in diese Protoplasma- masse eingebettet. Bei der Wiederverteilung des Inhalts blieb der Kern nicht stets an oder nahe der Spitze des Wurzelhaars, selbst wenn er vor dem Zentrifugieren sich nahe der Spitze befunden hatte. In manchen Fällen begab sich der Kern in dem Wurzelhaar in seine frühere Lage zurück. In andern Wurzel- haaren bewegte er sich zu dem zentripetalen Ende, während er vor dem Zentrifugieren an oder nahe der Spitze gewesen war. Diese die Lage des Kerns betreffenden Tatsachen bewahrheiteten sich in jungen und kräftig wachsenden Wurzelhaaren ebenso wie in alten, die zu wachsen aufgehört hatten^). In einem andern Ex- periment wurden die Wurzelhaare von der Spitze nach der Basis zen- trifugiert und zwar 2 Stunden mit 5000 g. wie vorher. Diese Kraft schleuderte allen beweghchen Inhalt von der Spitze der Haare zu der Basis, natürlich einschließlich des Zellkerns, der manchmal vor dem Zentrifugieren an oder nahe der Spitze des Haares sich be- fand. Hier wie zuvor kehrten in schnellwachsenden Haaren die Kerne nicht stets zu der Spitze zurück und verblieben dort. In manchen schnellwachsenden Haaren allerdings kehrte der Kern an die Spitze zurück, manchmal sogar ihr näher, als er vor dem Zentrifugieren gewesen war. Aber er kehrte nicht in allen Fällen zu der Spitze zurück, wenn er diese Stellung vor dem Zentrifugieren eingenommen hatte. In den meisten Wurzelhaaren kehrte er nur einen Teil der Strecke bis zur Spitze zurück. Dann nahm er ent- weder eine zentrale Haltung ein oder war der einen oder der andern Flanke ohne anscheinende Beziehung zu seiner früheren Stellung angelagert. Eine interessante Tatsache ist, daß, wo die Wurzel- haare von Zea Mays an der Wurzel sehr dicht standen, selbst 3000 g. sie nicht alle zerbrachen oder sie alle flach gegen die Wurzel trieben. Dies war der FaU, wo die Zentrifugalkraft direkt parallel zu der Längsachse der kurzen Haare einwirkte. Wie bei anderen Experimenten kehrte auch bei den Wurzelhaarzellen von Zea Mays der Inhalt in geringerer Zeit zurück, wenn nach der Ij Vgl. Haberlandt, G., Physiologische Pflanzenanatomie, S. 24. Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. 239 Flanke des Haars, als wenn nach einem der beiden Enden zentri- fugiert wurde. Dies geschah, weil im ersteren Falle mehr Kaum für die Wiederverteilung- war. War nach der Seitenwand zentri- fugiert worden, so brauchte es im allgemeinen ^U bis 1 Stunde zur Wiederverteilung des Zellinhalts. Der Nukleolus TAiirde aus dem Kern der Wurzelhaarzellen von Zea Mays bei zweistündiger Anwendung von 5000 g. in praktisch jedem Falle herausgeworfen. Dies konnte sowohl bei lebenden wie bei gefärbten Exemplaren festgestellt werden. In einigen Fällen, in denen der Nukleolus nicht aus dem Kern geworfen wurde, rückte er aus seiner ursprünglichen Stellung im Kern fort. Er lag dann entweder direkt an der Kernmembran oder ragte teilweise aus ihr heraus. Der Kern wurde durch die Zentrifugalkraft einigermaßen in seiner Form verändert, besonders dann, wenn der Nukleolus sich durch die Kernsubstanz bewegt, und im Falle des Heraus- geworfenwerdens die Kernmembran durchriß. Der Kern wurde durch diese Behandlung nicht getötet. Er nahm schließlich seine normale Gestalt wieder an und zeigte keine Spur der Ver- lagerung des Nukleolus. Der aus dem Kern herausgeworfene Nukleolus war in günstigen Fällen von Zeit zu Zeit sichtbar, und zwar so lange die Wurzelhaare lebten. In einigen Fällen be- gann der Nukleolus sich aufzulösen. Er trat nicht wieder in den ZeUkern ein und wurde nie neugebildet. Die Haare wurden durch das Zentrifugieren nicht getötet, sondern lebten so lange wie die Kontrollexemplare. Urtica clioica. Ich experimentierte w^eiter an Urtica dioica, um festzustellen, ob der Nukleolus aus dem Kern herausgeworfen werden könnte, und was die Wirkung davon sein möchte. Die Trichome dieser Pflanze sind auch vonMottier^) zentrifugiert worden. Es gelang ilim nicht, den Nukleolus aus dem Kern hinauszuwerfen, da er nur 1820 g. 1 — 2 Stunden lang benutzte. Große kräftige Schosse von Urtica dioica mit lebendigen Haaren können in Wasser gestellt 7 Tage am Leben bleiben und Proto- plasmaströmung zeigen. Ein Epidermisstreifen wurde entfernt und in dem Glaszylinder in der gewöhnlichen Weise mit Gips zwischen 1) Mottier, D. M., The Effect of Centrifugal Force upon the Cell. Annais of Botauy, 1899, Vol. 13, pp. 341—342. 240 ^- ^ ■ Andrews, Deckg-las und Objektträger befestigt. Der Epidermisstreifen war bog-euförmig angebracht, so daß die Zentrifugalkraft parallel zu der langen Achse der meisten Haare wirkte. Eiue Kraft von 5000 g wurde während 2 Stunden ununterbrochen angewandt. Weder Epidermisstreifen noch Haare zerrissen während des Experiments. Fig. 2, Taf. I zeigt eines der Haare mit dem an das zentrifugale Ende der Zelle getriebenen Zellinhalt. In kräftigen Exemplaren nimmt der Inhalt durchschnittlich etwa ^i des Zellvolumens ein. Die Haare wurden sofort geprüft, nachdem sie von der Maschine genommen worden waren, was etwa in 2 Minuten der Fall war. In allen Fällen war gleich nach dem Zentrifugiereu eine außer- ordenthch lebhafte Protoplasmastrcimung sichtbar. Der Kern war gegen das zentrifugale Ende der Zelle getrieben, derart, daß er oft in den engen Teil der Zelle eingeklemmt wurde (Fig. 2). Der Nukleolus wurde herausgeworfen, und bei günstigen Exemplaren konnte er (Fig. 2D) oft weiter unten gegen das zentrifugale Ende der Zelle hin inmitten des Zellinhalts gesehen werden. Der dis- lozierte Nukleolus war bei unmittelbarer Beobachtung nicht stets leicht zu sehen. Der Kern zeigte gelegentlich, besonders in ge- hörig gefärbten Exemplaren, die durch den Nukleolus bei seinem Passieren der Kernmembran gemachte Öffnung (Fig. 2). Infolge der schnellen Protoplasmaströmung fand die Wiederverteilung des Zellinhalts in 3 bis 5 Stunden statt. Fig. 3, Taf. I zeigt ein anderes Haar von Urtica dioica, wo der Nukleolus aus dem Kern herausgeworfen worden ist. Eine deut- liche Linie durch das Protoplasma hindurch ist sichtbar, verursacht offenbar durch den Nukleolus. als er seinen Weg tiefer nach dem zentrifugalen Ende der Zelle zu bahnte. Nach einiger Zeit ver- schwand diese Linie infolge der Protoplasmaströmungen. Fig. 3 zeigt an einem weiteren Fall, daß es nicht nötig ist, daß der Kern unbeweglich zwischen den Zellwänden festgehalten ^^Ird wie in Fig. 2, damit der Nukleolus liinausgeworfen werden kaün. In Fig. 3 ist eine große Menge von Protoplasma so dicht in das zentrifugale Ende der Zelle gepreßt worden, daß eine weitere Be- wegung des Kernes unmöglich war. Der Nukleolus jedoch, der ein weit höheres spezifisches Gewicht hatte, fuhr fort, seinen Weg weiter durch den dichten Zellinhalt zu forcieren. In Fig. 3 ist die schaum- artige Beschaffenheit des Protoplasmas an dem zentripetalen Ende des Yorgelagerten Zellinhalts angezeigt. — Kleine Zweige von Urtica dioica ebensowohl als Epidermisstreifen wurden nach dem Zentri- Die "Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. 24X fugieren in feuchte Kammern gebracht. Dasselbe geschah mit den Kontrollexemplaren. Die Exemplare lebten durchschnittlich 7 Tage. Dies ergab eine günstige Möglichkeit, das Verhalten der lebenden zentrifugierten Haare zu beobachten. Der Kern kehrte in einigen Fällen an seinen gewöhnlichen Platz an der Basis des Haars zurück und stellte seinen Zusammenhang mit dem Rest der Zelle durch protoplasmatische Verbindungen wieder her. In einigen andern Fällen nahm der Kern an der Basis des Haares eine wandständige Stellung ein. In sehr vielen Haaren kehrte der Kern nicht zur Basis des Haares zurück, sondern bewegte sich zuerst zu dem einen, dann zu einem andern Platze in dem Haar ohne Beziehung zu seiner gewöhnlichen Lage. Der Nukleolus trat nie wieder in den Kern ein. Auch wurde nie im Kern ein neuer Nukleolus gebildet, sondern er löste sich im Protoplasma auf. Trichome der jungen Zweige von Lycopersieum esculentum wurden ebenfalls für 2 Stunden mit einer Kraft von 5000 g. zen- trifugiert. Der bewegliche Zellinhalt wurde in einer dichten Masse nach dem zentrifugalen Ende der Zelle zusammengetrieben. Sobald das Präparat beobachtet werden konnte, war eine rapide Proto- plasmabewegung in allen Riclitungen sichtbar. Diese Bewegung verursachte eine Wiederverteilung des Protoplasmas binnen 1 Stunde. Vor dem Zentrifugieren lag der Kern in dem zentripetalen oder basalen Ende der Zelle. Bei der Wiederverteilung des Inhalts bewegte sich der Kern manchmal in seine ursprüngliche Stellung zurück, manchmal aber auch nur einen Teil des Weges. Der Nukleolus wurde aus dem Kern herausgeworfen (Fig. 4 u. 5, Taf. I). Er konnte meist im Protoplasma weiter gegen das zentrifugale Ende der Zelle zu liegend gesehen werden. In den Kern trat er nicht wieder ein, sondern wurde einfach von dem Protoplasma in der Zelle hierhin und dorthin geführt, bis er nicht länger unter- schieden werden konnte oder sich auflöste. Ein anderer Nukleolus wurde niemals gebildet. Die kleinen zentrifugierten Trichome wurden bei 21" C in einer feuchten Kammer gehalten. Sie fuhren 5 Tage fort zu leben und Plasmaströmung zu zeigen. Dies ge- währte reichliche Zeit, die Wirkung der Entfernung des Nukleolus auf den Kern zu beobachten. Der Kern war durch den Verlust seines Nukleolus anscheinend nicht geschädigt. Wie bei Urtica dioica war die kleine Öffnung in der Kernmembran, da wo der Nukleolus herausgeschleudert worden war, oft sichtbar fFig. 4). Diese Öffnung schloß sich indessen bald und ließ keine Spur ihres Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. lo 242 ^- W- Andrews, früheren Vorhandenseins zurück. Der Zellinhalt erfüllte in kräftigen Zellen, wie Fig. 5, wenn zentrifugiert, ungefähr Vis ihres Volumens. Die schnelle Wiederausbreitung des Zellinhalts bei Lycopersicum esculentum zeigt Fig. 5. Die Trichomzelle wurde unmittelbar nach dem Zentrifugieren für 2 Minuten beständig beobachtet. Während dieses kurzen Zeitraums haben sich die beweglichen Protoplasma- stränge über etwa ^/s der Zellänge ausgebreitet. Die Bewegung fand in allen Richtungen statt. Ich fand, daß 3000 g., die V2 Stunde lang einwirkten, den beweglichen Zellinhalt bei dieser Pflanze zu verlagern vermochten, aber nicht hinreichten, um den Nukleolus aus dem Zellkern herauszuwerfen. Torenia asiatka. Bei Torenia asiatka ragt bekanntlich das obere Ende des Embryosacks aus der Mikropyle heraus. Der gesamte Eiapparat ist lediglich von der dünnen Wand des Embryosacks bedeckt. Der Eiapparat ist infolgedessen leicht sichtbar. In den Synergiden liegt der Kern im oberen Teil und die Vakuole im unteren. In der Oosphäre ist dies Verhältnis umgekehrt^). Ich wünschte die Wirkung der Zentrifugalkraft auf die Kerne des Eiapparats festzustellen. Ganze Ovarien mit ihren zahlreichen Ovulis wurden 2 Stunden mit einer Kraft von 5000 g zentrifugiert. Diese Kraft trieb den Inhalt des Embryosacks in allen Fällen gegen sein zentrifugales Ende hin. Manchmal war der Inhalt hinreichend, um den nicht aus der Mikropyle herausragenden Teil dicht an- zufüllen. In manchen Fällen bildete der Inhalt des oberen Endes des Embryosacks eine Art Pfropfen in dem engen Teil und wurde nicht weiter gegen das zentrifugale Ende geworfen (Fig. 7, Taf. I). Gelegentlich wurde das hervorragende Ende des Embryosacks mehr oder weniger abgeplattet (Fig. 7). Wenn die Kraft in der Eichtung des dünnen Endes des Embryosacks angriff, wurde der Eiapparat gewöhnlich losgerissen und gegen das zentrifugale Ende geworfen (Fig. 6 und 7). Häufig wurde auch nur die Eizelle abgerissen. Oder es wurde, wie in Fig. 9, die Eizelle und eine der Synergiden teilweise zerrissen. In einigen andern Fällen wurden die Wände der Eizelle und Synergiden beträchtlich durch die Zentrifugalkraft 1) strasburger, E. und Koernicke, Max, Das botanische Praktikum. Fünfte Auflage, 1913, S. 619. Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. 243 ausgedehnt (Fig. 10). Die Wände des gesamten Eiapparates waren folglich einer beträchtlichen Ausdehnung fähig, ohne zu brechen, und waren stärker, als man voraussetzen möchte. Ich wünschte ferner die Einwii"kung der Zentrifugalkraft hauptsächlich auf den Inhalt des Eiapparates festzustellen. In allen Fällen wurde der Inhalt sowohl der Synergiden als auch der Eizelle iu das zentrifugale Ende geworfen. Bei reifen Exemplaren machte der Inhalt des Eiapparats ungefähr Ve des Volumens jeder Zelle aus. Die Kerne der Synergiden wurden durch die oben erwähnte Vakuole in ihrem unteren Ende hindurchgeworfen. Die Nukleoli wurden in fast allen Fällen aus den Kernen herausgeworfen und konnten im allgemeinen in dem zentrifugalen Ende der Eiapparat- zellen gesehen werden. Manchmal konnten sie wegen ihres ge- ringen Umfanges in dem umgebenden Protoplasma nicht gesehen werden. Vor dem Zentrifugieren konnte keine Protoplasmabewegung in dem Protoplasma des Eiapparates direkt gesehen werden. Nach- dem jedoch der Inhalt verlagert war, wie in Fig. 10, Taf. I, war oft in der Eizelle eine schwache Protoplasmabewegung sichtbar. Wenn der Eiapparat nicht von der Wand des Embryosacks los- gerissen worden war, breitete sich der Inhalt in allen drei Zellen im allgemeinen in 7 Stunden wieder aus. War dagegen der Ei- apparat selbst verlagert, wie in Fig. 6 abgebildet, so trat keine Wiederausbreitung des Inhalts ein, da die Zellen dann nur eine kurze Zeit am Leben zu bleiben schienen. Wirkte die Zentrifugal- kraft in Richtung des verbreiterten Endes des Embryosacks, so riß die Wand oft, und der Eiapparat mitsamt Inhalt wurde heraus- geschleudert. In manchen Ovulis wurde der außerhalb der Mikropyle liegende Teil des Embryosacks durch die zweistündige Wirkung einer Ivraft von 5000 g. abgerissen. Im allgemeinen verlagerten 3000 g. den Zellinhalt, wenn sie für mehrere Stunden in Anwen- dung kamen. Diese Kraft verursachte weder ein Zerreißen der Wände des Eiapparates noch eine Verlagerung der Nukleoli. Die Zellen des Eiapparates von Torenia asiatica sind also ungeachtet ihrer anscheinenden Zartheit imstande, einem überraschend hohen Betrage rauher Behandlung zu widerstehen. Der Nukleolus trat nicht wieder in den Kern ein und wurde nicht neugebildet. Tradescantia virginica. Da der Prozeß der Kern- und Zellteilung in den lebenden Zellen der Staub fädenhaare von Tradescantia virginica leicht direkt 16 * 244 ^- ^- J^ndrews, ' verfolgt und beobachtet werden kann^), war diese Pflanze für die folgende Untersuchung besonders gut geeignet. Für einige Ex- perimente wählte ich kleine ungestielte Knospen, deren Staubfaden- haarzellen entweder in Teilung begriffen oder zur Teilung bereit waren. Diese Knospen wurden in konischen Aushöhlungen in Kork angebracht und durch Gips festgehalten. Bei andern Experimenten wurden alle Teile der jungen Blüte entfernt bis auf einen Staub- faden mit seinen angewachsenen Haaren, deren Zellen in dem für die Teilung geeigneten Zustande waren. Dieser einzelne Staub- faden wurde mittels Gips zwischen Objektträger und Deckglas be- festigt. Diese letzte Methode, obschon keineswegs ebenso sicher oder bequem, war notwendig, um direkt und sicher das Verhalten des Zellkerns unter dem Einflüsse des Zentrifugierens beobachten zu können. Bei jeder der genannten Methoden wirkte die Zentri- fugalkraft auf die meisten Zellen der Staul)fadenhaare parallel zu ihrer Längsachse. Immer konnte dies nicht der Fall sein, da die Haare oft ineinander gewirrt oder so gelagert waren, daß die Zentrifugalkraft mehr oder weniger in einem Winkel zu der Längs- achse eines Teils der Zellen wirkte. Mein Zweck war zunächst, die allgemeine Wirkung der Zentri- fugalkraft auf den Zellinhalt festzustellen. Die Zellen wurden zuerst 1 Stunde lang einer Kraft von 5000 g. unterworfen. Sie wurden sodann schnell geprüft, was 2 bis 5 Minuten dauerte, wenn ganze Knospen zentrifugiert worden waren. Die meisten Zellen waren unverletzt. Wenn ein einzelner Staubfaden zwischen Objekt- träger und Deckglas zentrifugiert worden war, war etwa ein Viertel der Zellen verletzt oder getötet. Hieran trug also sicher nicht die Zentrifugalkraft allein die Schuld, sondern hauptsächlich die Manipulationen der Vorbereitung, so sorgfältig letztere auch aus- geführt werden mochte. — Jedenfalls waren alle beweglichen Inhaltsbestandteile in einer kompakten Masse in das zentrifugale Ende der Zelle geschleudert worden. Aktive Zirkulation des Proto- plasmas war unmittelbar sichtbar und erstreckte sich in allen Rich- tungen. So schnell waren die Strömungen des Protoplasmas, daß die Wiederverteilung durchschnittlich in 5 Minuten erfolgte. Der Zellkern kehrte nicht stets zu seiner ursprünglichen Lage zurück. 1) strasburger, E. und Koernicke, Max, Das botanische Praktikum. Fünfte Auflage, 191.3, S. 657. — Strasburger, E., Zellbildung und Zellteilung. Dritte Auf- lage, 1880, S. 109. — Lundegardh, H., Zur Kern- und Zellteilung an lebenden Ob- jekten. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 51, 1912, S. 263 fif. Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. 245 In den meisten Fällen bewegte sich der verlagerte Kern von dem zentrifugalen Ende der Zelle zurück und nahm dann irgendwo in der Zelle, ohne Beziehung zu seiner früheren Lage, wie man er- warten könnte, seinen Platz ein. In Zellen wie Fig. 11, Taf. I füllte der verlagerbare Inhalt etwa Vs des Zellvolumens aus. In jüngeren Zellen wie Fig. 12 füUte der Inhalt die Zelle nahezu voll- ständig an. Bei Tradescantia virginica hat der Zellkern oft mehrere Nukleoli. Ich unterwarf die StaubfadenhaarzeUen 5000 g. wäh- rend 2 Stunden. Der Inhalt wurde verlagert wie zuvor. In allen lebenden Zellen wurde der Kern nach dem zentrifugalen Ende geworfen. Manchmal erreichte der Kern das zentrifugale Ende nicht, dank dem Umstände, daß die Zelle bisweilen eng wird. Dann bheb der Kern zwischen den Zelhvänden stecken (Fig. 13 und 14, Taf. I). In anderen Zellen wurde der Kern durch eine ihm vorausgehende Protoplasmamasse festgehalten. Wie der Kern auch immer gehalten wurde, ob durch die Zellwände oder das Protoplasma, ob einer oder mehrere, die Nukleoli wurden stets aus dem Kern herausgeworfen. Das spezifische Gewicht der Nukleoli war groß genug, um sie w^ährend der 2 Stunden Zentrifugierens den ganzen Weg oder doch ziemlich den ganzen Weg durch das Protoplasma hindurchzuführen (Fig. 13, 14 und 15). Wie in anderen Zellen riß der Nukleolus die Kernmembran durch und hinterließ eine Öffnung, die häufig einige Zeit hindurch sichtbar blieb. Der Kern selbst wurde durch die starke Zentrifugalkraft bisweilen in seiner Gestalt verändert oder ab- geplattet (Fig. 15). Durch Anwendung von 5000 g. während 2 Stunden wurde der Kern nicht getötet. Er nahm schließlich seine frühere Gestalt wieder an und bewegte sich in vielen Fällen nach dem zentripetalen Ende der Zelle zurück. Der Nukleolus trat nicht wieder in den Kern ein, und ein neuer Nukleolus oder mehrere Nukleoli wurden nicht im Kern gebildet. Auf dem Objekt- träger befestigte Exemplare konnten 10 bis 24 Stunden lebendig erhalten und so von Zeit zu Zeit beobachtet werden. Ganze Knospen, die zentrifugiert und dann auf feuchtes Filtrierpapier in eine feuchte Kammer gebracht w^orden waren, blieben 10 Tage am Leben. Derart wurden die StaubfadenhaarzeUen eine beträchtliche Zeit hindurch geprüft. In allen Fällen wurde der Nukleolus in dem strömenden Protoplasma schließlich aus dem Gesicht verloren oder aufgelöst. Einzelne Haare wurden auch in einem Tropfen 246 F. AV. Andrews, einer Iproz. Zuckerlösung in die feuchte Kammer gebracht^), wobei die Exemplare für nahezu 24 Stunden lebendig und kräftig blieben. Obwohl die Nukleoli bei Tradescantia virginica von größerem spezifischen Gemcht als das Protoplasma sind, muß die Zentrifugal- kraft für einige Zeit einwirken, um sie vollständig aus dem Kern herauszuschleudern. Experimente, bei denen 5000 g. für Vs Stunde in Anwendung kommen, fallen in der Regel unbefriedigend aus. Die Entfernung des Nukleolus scheint keine Wirkung auf den Zellkern zu haben. Die Kernmembran ymd zerrissen, und der Nukleolus, indem er seinen Weg durch die Kernmasse bahnt, bringt offenbare Verletzungen hervor. Abgesehen von der allgemeinen Wirkung der Zentrifugalkraft auf den Kern selbst, ist diese Ver- lagerung des Nukleolus an sich hinreichend, zu zeigen, daß der Kern kein so zartes Gefüge hat, als man anzunehmen geneigt sein möchte. Daß der Kern imstande ist, seine Membran in verhältnis- mäßig kurzer Zeit wiederherzustellen und wie vorher weiterzuleben, sich zu teilen oder seine Funktionen auszuüben, beweist eine be- trächtliche Widerstandsfähigkeit gegenüber einem mechanischen In- sult. Die Entfernung des Nukleolus hindert nicht die Bildung der Chromosomen. Ein seines Nukleolus beraubter Kern kann sich genau in derselben Weise teilen wie ein Kern, der seinen Nukleolus behalten hat. Wenn der Nukleolus zur Ernährung dienen sollte, so können wir nicht sagen, daß dies für irgend eine besondere Struktur nötig wäre. Wenn der Nukleolus aus dem Kern herausgeworfen worden ist, so kann das Baumaterial natürlicherweise nicht ganz oder teil- weise von ihm genommen werden. Die Chromosomen und andere Kernstrukturen, die bei Abwesenheit des Nukleolus in durchaus normaler Weise gebildet werden, müssen aus anderen Quellen her- stammen. Strasburger sagt, als er von den Kernen der Staub- fadenhaare von Tradescantia virginica spricht: „Gleichzeitig neh- men die beiden Tochterkerne an Größe zu, und es liegt die An- nahme nahe, daß sie sich auf Kosten des umgebenden Cytoplasma ernähren""). Da der Nukleolus aus dem Kern herausgeworfen werden kann, scheint keine Rechtfertigung für Dixons Hypothese zu sein, daß er eine Rolle bei der Vererbung spielt^). Wagners Abhand- 1) strasburger, E., ZeUbildung und Zellteilung, 3. Aufl., 1880, S. 110. 2) strasburger, E., Das botanische Praktikum, 4. Aufl., 1902, S. 601. 3) Dixon, H. H., Annais of Botany, Vol. 13, 1899, pp. 269—278. Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. 247 lung sollte in diesem Zusammenhang verglichen werden^). Auch Nemee^) hat andere Gründe angegeben, weshalb der Nukleolus für die Erblichkeit nicht von Bedeutung ist. Da die Chromosomen in normaler Weise gebildet werden, auch wenn der Nukleolus aus dem Kern geworfen ist, so kann Georgevitchs^) Vorstellung, daß die Chromosomen direkt von dem Nukleolus herstammen, nicht korrekt sein. Auch Nemec hat gezeigt, daß diese Vorstellung Georgevitchs unrichtig ist*). In dieser Art ist häufig dem Kern und seinen Bestandteilen eine ungerechtfertigte Wichtigkeit bei- gelegt worden. Es ist sogar nicht zweifelsfrei festgestellt worden, daß der Zellkern selbst der Träger der erblichen Eigenschaften ist. Denn Pfeffer sagt: „Da mit dem Samenfaden (wie es scheint, in allen Fällen bei der Befruchtung) der Eizelle auch Cytoplasma zugeführt wird, so kann schon dieserhalb aus den bezüglichen Erfahrungen die Alleinherrschaft des Kernes mit Recht nicht gefolgert werden, und für das Dogma, daß der Kern der alleinige Träger der Erb- masse sei, ist ein zwingender Beweis überhaupt nicht erbracht worden"^). Verworn hat ebenfalls die verschiedenen Ansichten über die Bolle des Kerns bei der Vererbung besprochen^')- Auch die Diskussion von Nemec") über „Der Kern als Träger des Idio- plasmas" und die von ihm zitierte Literatur sollte zu Rate gezogen werden. Nemec sagt: „Die Hypothese, daß der Kern als alleiniger stofflicher Träger der Vererbung fungiert, w^irde von Strasburger (1884) und 0. Hertwig ausgesprochen, unzweideutig bewiesen wurde diese Annahme nicht" ^). Dixon^) stellt fest, Wilson zitierend, daß Haeckel diese Anschauung bereits 1866 ausgesprochen habe. Wilson sagt^°) „that Haeckel expressed this view as early as 1866 — only, however, as a speculation". 1) Wagner, Harold, The Nucleolus and Nuclear Division in the Koot-Apex of Phaseolus. Annais of Botany, Vol. 18, 1904, S. 29—55. 2) NSmec, B., Das Problem der Befruchtungsvorgänge, 1910, S. 466. 3) Georgevitch, P., Zur Nukleolusfrage. Beihefte zum Botan. Centralblatt, Bd. 23, 1908, S. 45—53. 4) Ngmec, B., a. a. 0., S. 323. 5) Pfeffer, W., Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., Bd. I, 1897, S. 46. 6) Verworn, Max, Allgemeine Physiologie, 3. Aufl., 1901, S. 529 — 536. 7) Nemec, B., a. a. 0., S. 461—483. 8) Nemec, B., a. a. 0., S. 46. 9) Dixon, H. H., a. a. 0., p. 269. 10) Wilson, E.B., The Cell in Development and Inheritance, 2»'^ Edition 1911, p. 7. 248 F- ^^^- Andrews, Die Einwirkung der Zentrifugalkraft auf die Kernteilung in den Zellen von Tradescantia virginica ist eine interessante Frage. Zu diesem Zwecke wurden die Zellen zunächst einer zweistündigen Zentrifugal Wirkung von 5000 g. unterworfen. Dieser Betrag der Kraft trieb den sich teilenden Kern an das zentrifugale Ende der Zelle. Die Chromosomen und die Spindel wurden ebenso vollständig nach dem zentrifugalen Ende der Zelle hingetrieben, wie es mit dem ganzen Zellkern vor der Teilung der Fall gewesen war. Bei Anwendung von 5000 g. wurden Spindel und Chromosomen in den meisten Fällen als eine unterscheidbare Masse an das Ende der Zelle geworfen. Bei einigen Zellen jedoch war dies nicht der Fall. Wenn die Chromosomen sich an den Polen befanden und die Spindel so verlagert wurde, daß sie mit ihrer Längsachse parallel an der Querwand des zentrifugalen Endes der Zelle lag, wurde die Spindel öfters nicht zerquetscht. Dies zeigt, daß sie eine starrere Struktur besitzt, als man voraussetzen möchte. Auch bei sich teilenden Wurzelzelleu von Vicia faba habe ich das gleiche beobachtet. Wenn sich jedoch die Chromosomen an der Äquatorial- platte befanden, wurde die Spindel in dieser Lage durch das Ge- wicht derselben platt gedrückt. Die Spindel wurde ebenfalls fast immer zerdrückt, wenn 5000 g. parallel zu ihrer Längsachse ein- wirkten, während die Chromosomen sich an den Polen befanden. Häufig wurde die Spindel dadurch zerquetscht, daß eine Protoplasma- masse auf sie niedergedrückt oder durch sie hindurchgeschleudert wurde. In allen Fällen, in denen die Zelle nicht getötet wurde, kehrte der Inhalt zurück, der Kern stellte sich gegebenenfalls wieder her und teilte sich schließlich in vielen Fällen, wenn die Zelle jung war. Da durch 5000 g. die Spindel im allgemeinen zerquetscht und der Kern meist arg beschädigt wurde, verminderte ich die Kraft. Durch zahlreiche Experimente fand ich heraus, daß der Kern einer Kraft von ungefähr 1107 g. widerstehen konnte, ohne in den meisten Fällen ernstlich beschädigt zu werden. Es ist überraschend, daß der sich teilende Kern auch nur 1107 g. aushalten kann, ohne gänzlich zerstört zu werden. Bei halbstündiger Anwendung von 1107 g. wurden Kern und Zellinhalt an das zentrifugale Ende der Zelle verlagert. In manchen Fällen bewegte sich der Kern nach dem zentripetalen Ende der Zelle zurück, ungefähr in seine frühere Stellung. Manchmal tat er dies nicht und verblieb an oder nahe dem zentrifugalen Zellende, und in manchen Fällen teilte er sich Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. 249 unter Bildung einer kurzen und einer langen Zelle. Dies ist auch durch Mottier^) bei derselben Pflanze festgestellt worden, und ich kann somit diesen Punkt bestätigen. Ich wünschte demnächst festzustellen, ob der Kern imstande sei, sich während des Zentrifugierens zu teilen. Um hierüber ins klare zu kommen, befestigte ich in der beschriebenen Weise einen einzelnen Staubfaden auf dem Objektträger, so daß das Prä- parat sowohl vor als nach dem Zentrifugieren beobachtet werden konnte. Ich wählte einen Staubfaden, dessen Haarzellen sich nicht teilten, aber jung und in teilungsfähigem Zustande waren. Ich zentrifugierte 3 Stunden ununterbrochen mit 1107 g. Bei Nach- prüfung der Haare fand ich, daß Kern und andere Zellinhalts- bestandteile sich an das zentrifugale Ende der Zelle begeben hatten. Der Kern einer jeden zur Teilung bereit gewesenen Zelle hatte sich nicht nur zu teilen begonnen, sondern hatte in den meisten Fällen seine Teilung zu Ende geführt und eine Zell wand gebildet. Daß der Kern unter solchen Umständen sich zu teilen vermag, zeigt eine überraschende Widerstands- fähigkeit des in Teilung begriffenen Kernes. Weitere Experi- mente wurden in derselben Weise mit 1107 g. angestellt, aber die Dauer des Zentrifugierens auf 2 Stunden beschränkt. Die Kerne teilten sich während des Zentrifugierens wie zuvor. Die Kontroll- exemplare vollendeten ihre Teilung durchschnittlich in 1 Stunde und 30 Minuten. Die zentrifugierten Kerne brauchten durchschnitt- lich 2 Stunden, um sich zu teilen. Morgan-) hat gezeigt, daß die Eier gewisser Tiere, wie die von Cumingia und Cerehratuliis, sich während des Zentrifugierens zu teilen vermögen. Eine derartige Teilung ist auf Taf. 2, Fig. U von Morgans Abhandlung abgebildet. Ich fand häufig, daß wenn ein Staubfadenhaar mit sich teilen- den Zellen auf einem Objektträger in die Maschine gesetzt wurde, die Kernspindel bogenförmig gekrümmt wurde (Fig. 16, Taf. I). Dies ist auch von Mottier^) gefunden worden. Er stellt fest, daß die bei der Teilung erzeugte Wand, wie auf seiner Fig. 7, nur wenig schief steht ^). Ich habe demgegenüber gefunden, daß l; Mottier, D. M., The Effect of Centrifugal Force upon the Cell. Annais of Botany, Vol. 13, 1899, p. 339. 2) Morgan, T. H., Journal of Experimental Zoology, 1910, Vol. 9, p. 610. 3) Mottier, I). M., 1. c, p. 338. 250 F- ^^ • Andrews, ein solcher sich teilender Kern eine mehr oder weniger schief stehende Wand bildete, entsprechend dem Betrage, um den sich die Kernspindel während des Zentrifugierens gedreht hatte. Oft war eine Abweichung der Wand um einen Winkel von 35^ (Fig. 22) oder von 45 "^ (Fig. 23) nicht ungewöhnlich. Die Fig. 16 bis 21 zeigen die Bildung der schiefen Wand. Fig. 21 zeigt eine ge- krümmte Spindel mit der fertigen diagonalen Wand. Die Spindel- fasern eines derartigen sich teilenden Kernes sind folglich von un- gleicher Länge. Die Zeichnung zeigt auch, daß die bei der Kern- teilung erzeugte Wand nicht den gleichen Abstand von beiden Polen zu haben braucht. In manchen Zellen wurde der in Teilung begriffene Kern während des Zentrifugierens um einen Winkel von 80^ gedreht. Der Kern lagerte sich dann in dem zentrifugalen Ende der Zelle derartig, daß die Längsachse seiner Spindel quer oder nahezu quer durch die Zelle hindurchging. Dann bildete der Kern bei seiner Teilung eine Wand, die beinahe in der Längs- richtung der Zelle stand (Fig. 24 und 25). Die schiefe Wand, die meine Fig. 16 bis 21 aufweisen, wurde bisweilen gebildet, während junge Staubfadenhaare ununterbrochen in der Maschine mit 1107 g. zentrifugiert wurden. Der Prozeß der Kernteilung wurde durchschnittlich um 40 Minuten über die gewöhnliche Zeitdauer hinaus verlängert. Der Kern teilte sich übrigens binnen kürzerer Zeit, wenn die Zellwand quer stand, als wenn der Kern eine schiefstehende Wand bildete. Lillie^) hat gezeigt, daß die Spindel des Eies von Chaetopterus durch Zentrifugieren bewegt werden kann und verschiedene Lagen im Ei einnimmt. Morgan-) hat dasselbe gezeigt. Morgan hat in seiner Abhandlung auch beschrieben, daß die Spindel durch Zentrifugalkraft gekrümmt werden kann, und hat dies Fig. 32 und 33 auf Taf. 6 abgebildet. Einige der Spindeln in meinen Experimenten wurden gelegent- lich durch 1107 g. zerstört, aber nur in wenigen Fällen. Lillie^) dagegen unterwarf die Spindel des Eies von Chaetopterus einer Zentrifugalkraft von „7800 revolutions in a minute at a radius of 6 cm", ohne die Spindel zu zerquetschen. 1) Linie, Frank R., Karyokinetic Figures of Centrifuged Eggs, An Experimental test of the Center of Force Hypothesis. Biological Bulletin, Vol. 17, p. 108 — 112. 2) Morgan, T. H., I. c, p. 624, 628, 634. 3) Linie, Frank E., 1. c, p. 111, Fig. 6. Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. 251 In manchen der Staubfadenhaare von Tradescantia virginica fand ich kernlose Zellen und andere mit zwei und manchmal sogar mit drei Kernen. Fig. 26, Taf. I zeigt fünf Zellen eines Staub- fadenhaares, von dessen Zellen zwei, a und h, keinen Kern haben, während eine andere Zelle c drei Kerne hat. Fig. 27 zeigt zwei Kerne in einer Zelle. Diese Erscheinung ist, wie Miehe in seiner bewundernswerten Arbeit gezeigt hat ^), auf Beschädigung zurückzu- führen. Arnoldi-) hat ebenfalls die x\nwesenheit der Hofmeister- schen Körper^) in der Eizelle der Abietineen auf diese Ursache zurückgeführt. Farmer^) hat ebenfalls dasselbe erwiesen. Nemec^) gibt in seinem Buch eine vortreffliche Schilderung von Kernen, die von einer Zelle zur andern wandern. Bei Tradescantia sterben die ihres Kernes beraubten Zellen (Fig. 26 a und &) eher als die Zellen, die einen oder mehrere Kerne besitzen (Fig. 26 c). In meinen Experimenten wandern die Kerne durch die Wände infolge von Beschädigung entweder bei der Präparation oder beim Zentri- fugieren. Fig. 28 und 29 zeigen Zellen, in denen der Kern nur halbwegs durch die Zellwand hindurch gegangen ist. Ich beob- achtete Kernwanderung in den Staubfadeuliaaren von Tradescantia virginica in keinem Falle, in dem die Zellen nicht ziemlich schwer beschädigt worden waren. Zusammenfassung. Die hauptsächlichsten Ergebnisse der in dieser Abhandlung dargestellten Untersuchungen können kurz wie folgt aufgezählt werden : 1. Das Zentrifugieren von Oscillaria princeps mit der höchsten zur Verfügung stehenden Zahl von g. verursachte keine Verlage- rung des Zellinhalts. Auch brachte es die Bewegungen der Pflanze weder zum Stillstand noch verlangsamte es sie sichtlich. 2. Die 1 IVIinute lang dauernde Einwirkung einer Zentrifugal- kraft von 1207 g. ist liinreichend , um den Inhalt von Closterium moniliferum zu verlagern. Nach dem Zentrifugieren zeigte sich 1) Miehe, Hugo, Über die Wanderungen des pflanzlichen Zellkernes. Flora, Bd. 88, 1901, S. 105. 2) Arnoldi, W., Beiträge zur Morphologie der Gymnospermen. Flora, Bd. 87, 1900. 3) Hofmeister, W., Vergleichende Untersuchungen, 1851. 4) Farmer, J. B., Nature, 1903, Vol. 68, p. 71. 5) Ngmec, B., a. a. 0., S. 237 ff. 252 ^- ^- Andrews, eine schaumartige Struktur und rapide Plasmabewegung. Der Zell- inhalt kehrte in allen Fällen zurück. Jedoch brauchte der Zellinhalt im Dunkeln eine längere Zeit für seine Rückkehr als im Licht. 3. Der verlagerte Zellinhalt kehrt bei den in Tabelle I auf- gezählten Pflanzen bei 25^ C in kürzerer Zeit zurück als bei 15° C. 4. Ganze zentrifugierte Pflanzen von Mimosa pudica erhielten ihre Empfindlichkeit teilweise in V2 Stunde zurück, obwohl der Zell- inhalt in einigen der Parenchymzellen der Blättchen und Stiele noch nicht vollständig zurückgekehrt war. 5. Der Kern wurde in jeder zentrifu gierten Zelle an das zen- trifugale Ende geschleudert. Er wurde durch das Zentrifugieren oder das Herauswerfen des Nukleolus nicht getötet oder sichtlich schwer geschädigt. Wenn sich der Kern vor dem Zentrifugieren an der Stelle des stärksten Wachstums befand und aus dieser Stellung vertrieben worden war, kehrte er manchmal an dieselbe Stelle zurück. In den meisten Fällen jedoch kehrte er nicht zu der Stelle des stärksten Wachstums zurück, sondern nahm nach dem Zentrifugieren irgend eine Lage in der Zelle ein ohne Beziehung auf seinen früheren Ort. 6. Wenn der Nukleolus aus dem Kern herausgeworfen worden war, trat er nicht wieder in den Kern ein und wurde auch nicht neugebildet. 7. Wenn der Nukleolus aus dem Kern herausgeworfen worden war, teilte sich der letztere in völlig normaler Weise. Während der Teilung benahm sich der Kern in jeder Hinsicht ebenso, als ob 'der Nukleolus vorhanden gewesen wäre. 8. Das Schicksal des durch Zentrifugalkraft aus dem Kern herausgeworfenen Nukleolus ist, daß er sich auflöst und in dem allgemeinen Zellinhalt verschwindet. 9. Der Kern der Staubfadenhaarzellen von Tradescantia vir- ginica kann sich während des Zentrifugierens teilen oder eine Zell- wand bilden, wenn eine Kraft von 1107 g. oder weniger zur An- wendung kommt. 10. Manchmal ist die durch einen zentrifugierten Kern ge- bildete Wand nicht quergestellt, sondern mehr oder weniger schief. In einigen wenigen Fällen wurde die Wand beinahe parallel der Längsachse der Zelle gebildet, indem die Spindel des sich teilen- den Kerns um einen Winkel von fast 80° gedreht wurde. Im Falle sich eine schiefe Wand bildete, waren die Spindelfasern von un- gleicher Länge. Die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. 253 Figuren - Erklärung. Tafel I. Fig. 1. ClosteHurn monilifet-um mit verlagertem Inhalt und protoplasmatischen Lamellen. Fig. 2 und 3. Haare von Urtica dioica mit verlagertem Inhalt und aus dem Kern herausgeworfenem Nukleolus. Fig. 4 und 5. Haare von Lycopersicum esculentum mit verlagertem Inhalt und Nukleolus. Fig. 6, 7, 8, 9 und 10. Torenia asiatica mit dem außerhalb befindlichen Teil des Embryosacks und dem Eiapparat nach dem Zentrifugieren. Fig. 11, 12, 13, 14 und 15. Zellen der Staubfadenhaare von Tradeseantia virginica mit verlagertem Inhalt und durch die Zentrifugalkraft aus den Kernen herausgeworfenen Nukleoli. Fig. 16, 17, 18, li), 20 und 21, Zellen der Staubfadenhaare von Tradeseantia virginiea mit durch Zentrifugalkraft gekrümmter Kcrnspindel und schief gebildeter Zellwand. Fig. 22 und 23. Zellen der Staubfadenhaare von Tradeseantia virginica mit ruhen- den Kernen nach der Teilung und schiefer Zelhvand. Fig. 24 und 25. Zellen der Staubfadenhaare von Tradeseantia virginica mit durch Zentrifugalkraft gedrehter Kernspindel und fast longitudinaler, der Längsachse der Zelle parallellaufender Zelhvand. Fig. 26 und 27. Zellen der Staubfadenhaare von T7-adescantia virginica mit einigen Zellen ohne Kern und andern Zellen mit mehr als einem Kern. Fig. 28 und 29. Zellen der Staubfadenhaare von Tradeseantia virginica mit durch die Zellwand wandernden Kernen. Die Richtung der Zentrifugalkraft wird durch die Pfeile angegeben. Alle Figuren bei 450facher Vergrößerung. Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen. Von Richard Härder. Die Atmung- der Meeresalgen ist bisher nur selten einer Unter- suchung- unterzogen worden. Genaue Studien fehlen mit Ausnahme einer Arbeit Knieps vollkommen, die Angaben in der Literatur beziehen sich fast stets auf gelegentliche Beobachtungen. Auch die im folgenden mitgeteilten Untersuchungen sind noch nicht in allen Punkten gründlich durchgeführt. Besonders die Be- ziehung zwischen Atmung und Assimilation bedarf noch weiterer Erforschung. Durch den Eintritt der kriegerischen Ereignisse im Sommer 1914 w^irde ich an ihrer Durcharbeitung verhindert. Ich hoffe jedoch später noch wieder darauf zurückkommen zu können. Die Mitteilung meiner bisher gemachten Beobachtungen scheint mir jedoch nicht überflüssig zu sein, da eine Kenntnis der Atmung der in Form und Farbe so mannigfaltigen Meeresalgen an sich schon interessant ist. Die ältesten Untersuchungen ü1)er die Atmung der Meeres- algen wurden von Garreau im Jahre 1851 mit Chara, Nitella und Conferva rivularis gemacht. Garreau fand im Dunkeln bei 18° C und ISstüudig-er Versuchsdauer, daß je 100 g Chara vulgaris 27,5 ccm COä, Nitella flexilis 29 ccm CO2 und Conferva rivularis Spuren CO2 abgaben. Garreau fand damit schon die von allen späteren Autoren stets wieder beobachtete außerordentliche Niedrig- keit des Gasaustausches der Meeresalgen. Die ersten Atmungsversuche mit Rotalgen (Rodymenia pal- mata und Lomentaria artieulata) machte mehr als ein Jahrzehnt später Rosanoff. Seine Angaben sind ohne großen Wert. Genauere quantitative Untersuchungen wurden erst von Bonnier und Maugin ausgeführt. Wie ihre Vorgänger arbeiteten Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen. 255 sie in dampfgesättigter Luft. Sie ließen Fucus (Pelvetia) canali- culatus unter einer Glasglocke eine bestimmte Zeitlang atmen und fanden durch Analyse der Luft unter der Glocke vor und nach dem Versuch den Atmungskoeffizienten 0,5. Bei nicht ganz sechs- stündiger Versuchsdauer bei 14^ bis 15*^ C wurden pro g Frisch- gewicht und Minute 0,006 ccm COo und 0,012 ccm 0^ aufgenommen. Die Anwendung des feuchten Raumes statt des Seewassers für die Atmungsversuche mit Algen ist natürlich nicht das Richtige. Für feinere büschelförmige Arten schon darum, weil die zum Teil recht empfindlichen Algen sich dabei unter zu abnormen Bedingungen befinden. Aber auch die derben, in der Natur im Gezeiteuwechsel zeitweise trocken liegenden Formen geben bei Untersuchung ihres Gaswechsels in Luft kein richtiges Bild desselben. Darauf weist Kniep hin. Er nimmt mit Recht an, daß nicht alle von der Pflanze produzierte Kohlensäure in die Luft gelangt, sondern daß ein Teil von dem Imbibitionswasser der Membranen zurückgehalten wird, solange die Alge nicht von Wasser umgeben ist. Der Koeffi- COo zient -^ muß danach in der Luft kleiner ausfallen als im Seewasser. Im dampf gesättigten Raum wurden auch Versuche über die Atmung von Meeralgen von Kolkwitz und Kylin (1) gemacht. Kolkwitz ließ bei Zimmertemperatur Furcellariu fastigiata und Chondrus crispus in kohlensäurefreier Luft atmen und be- stimmte die C02-Abgabe nach der Pettenkoferschen Methode. 25 g Frischgewicht Chondrus gaben in 2 Stunden 8 — 10 mg CO2 ab, grüne Exemplare, die nach Kolkwitz mehr an der Oberfläche wachsen als die roten und infolge des stärkereu Lichtgenusses mehr Stärke bilden können, obgleich sie schwächer assimilieren als die roten, bildeten einige mg CO2 mehr; Zostera marina atmete etwa doppelt so stark wie Chondrus. Kylin bediente sich zu seinen Versuchen des Thunberg- Wintersteinschen Mikrorespirometers mit den von Widmark an dem ursprünglichen Winter st einscheu Modell vorgenommenen Veränderungen. Kylin erhielt folgende Atmungskoeffizienten: Fucus vesicidosiis 0,78, Fucus serratus 0,74, AscophijUum nodosum 0,80 und Chondrus crispus 0,81. Auf weitere Einzelheiten seiner Untersuchungen komme ich weiter unten noch zu sprechen. Die PO- tiefer als 1 liegenden Koeffizienten -^ schreibt er den sauer- U2 256 Richard Härder, stoffarmen Eeservesubstanzen der Fucoideen zu — eine Erklärung, die für Chondrus nicht anwendbar ist. Atmungsversuche in Meerwasser wurden bisher nur von Hedvig Loven und Kniep ausgeführt. Loven machte eine nicht unerhebliche Anzahl von Versuchen mit einer größeren Zahl verschiedener Grün-, Rot- und Braunalgen. Sie brachte die Versuchsalgen in ein mit Wasser ganz gefiilltes, luftdicht verschlossenes Gefäß, dessen COä- und 02-Gehalt vor Be- ginn und nach Ende des Versuches bestimmt wurde. Sowohl Kj^lin wie Kniep weisen auf die Fehler ihrer Methode hin. Da- hin ist in erster Linie zu lange Ausdehnung der Versuche zu rechnen, wobei aller Sauerstoff im Wasser völlig verbraucht wurde und intramolekulare Atmung eintrat. Es scheinen sich aber auch noch anderweitige Fehler eingeschlichen zu haben, denn die Er- gebnisse sind so stark schwankend, daß \x\v die Ursachen dafür nicht nur in dieser Richtung suchen können. Der Atmungs- CO- koeffizient -^^ verhielt sich, um ein Beispiel herauszugreifen, für CO- Äscophyllum nodosum folgendermaßen: 102,2 g, 6 Stunden, -^^ 3,07; PO. PO 223,15 g, 62/3 Stunden, ^ 0,71; 69,5 g, 84 Stunden, -^ 22,13; Uä U2 die Versuchswassermenge betrug in allen drei Fällen 18,5 1. Im Prinzip die gleiche Methodik verwendet Kniep, jedoch wurden die Zeiten gegenüber den Loven sehen verkürzt. Die CO2- Bestimmung nahm Kniep nach der Methode Tornöes vor, die 02-Analyse nach Winkler. Gegenüber den bisher immer an- gewendeten Beziehungen auf das Frischgewicht macht Kniep Trockengewichtsbestimmungen seiner Versuchspflanzen, so daß eine exaktere Beziehung der Atmung zur tatsächlichen Substanz der Alge hergestellt wurde. Die Atmungsgröße folgender Algen wurde bestimmt: Viva Lactuca, Ulva Lima, Laminaria saccharina, Fucus serratus, Por- phijra laciniata, Chondrus crispus (Oberflächen- und Tiefenform), Furcellaria fastigiata, Polyides rotundus, Plocamium coccineum, Gigartina Teedii. Die grünen Flächenalgen atmeten am stärksten, unter Umständen zehn Mal so stark als die derben Formen der Braun- und Rotalgen. Porphyra und die feinbüscheligen Formen hielten sich etwa in der Mitte zwischen den beiden Extremen. Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen. 257 Atmungskoeffizienten wurden von Fucus serratus als 1,001, 0,975, 1,06, 1,012, 0,881, von Ulva als 0,946 und von Gigartina als 0,946 COo bestimmt. Der Koeffizient -^ liegt also um 1. Sehr interessant sind Knieps Versuche über die Wirkung der Dunkelheit und der Temperatur. Mehrere Monate verdunkelte Fucus Thalli atmeten noch nach dieser Zeit in allerdings etwas abgeschwächtem Maße. Bei Temperaturerniedrigung fand bei Fucus eine starke Verminderung der Atmung statt, die Assimilations- intensität dagegen war bei weitem nicht in demselben Maße herab- gesetzt, was in ökologischer Beziehung von Bedeutung ist. Darauf und auf weitere Einzelheiten der Kniep sehen Arbeit werde ich später noch eingehen. Methodik. Die Untersuchungen über den Gasaustausch der Meeresalgen wurden mit wenigen Ausnahmen im Frühjahr angestellt, zur Zeit, als sich die Algen im intensivsten Wachstum befanden. Alle ver- wendeten Pflanzen waren nicht ausgewachsen, zum Teil hatten sie erst weniger als die Hälfte ihrer endgültigen Länge erreicht. Wo die Vermutung bestand, daß auch ältere Exemplare mit zu den Versuchen verwendet wurden, ist das im Protokoll vermerkt. Ich benutzte nur frisch gedredgte oder bei Ebbe auf den Helgoländer Klippen frisch gepflückte Algen. Beim Transport wurden Berührung mit Metall, Erwärmung durch Sonne, dichte Lagerung und ähn- liche schädliche Faktoren vermieden. Es wurden nur tadellose Exem- plare verwendet, die mikroskopisch auf das Vorhandensein von Diatomeen oder anderer Epiph3'ten beziehungsweise Parasiten unter- sucht wurden. Ältere Pflanzenteile wurden nicht benutzt, son- dern von den jungen Teilen abgetrennt. Das geschah durch Abknipsen mit den Fingernägeln, wodurch die nach Oltmanns sehr schädliche Berührung mit Metall vermieden wurde. Dadurch entstand natürlich ein Wundreiz, der den Gasaustausch beeinflussen konnte. Genaue Untersuchungen zeigten, daß die Wirkung von Verwundungen auf die Atmung der Algen nur von untergeordneter Bedeutung ist. Da außerdem die Wundfläche in fast allen Fällen im Vergleich zur Gesamtmasse der Alge sehr gering war, konnte diese Fehlerquelle vernachlässigt werden. Die Abtrennung der zur Atmung zu verwendenden Teile geschah zudem schon einen Tag Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 17 258 Richard Härder, vor dem Versuch, so daß die Reizung mindestens größtenteils aus- klingen konnte. Bei allen Versuchen, bei denen die Temperatur des Versuchs- wassers höher war als die des Standortswassers, wurden die Algen meistens 1 Tag oder länger vorher ins Institut gebracht, um sie allmähhch auf die Versuchstemperatur zu bringen. Diese Vorsichts- maßregel schien notwendig, weil in anderen Fällen, z. B. von Iraklionow beobachtet worden ist, daß eine plötzliche Temperatur- erhöhung eine explosionsartige Verstärkung der Atmung bewirkte. Die Algen wurden in kühlen, gleichmäßig temperierten, gas- und rauchfreien Räumen in flachen Glasaquarien mit frischem See- wasser in gedämpftem Oberlicht aufbewahrt. Derbe Algen wie Fucus, Ascophyllum und ähnliche liielt ich in feuchter Luft. Das Versuchswasser wurde in der offenen See in großer Ent- fernung von der Insel Helgoland resp. vom Kieler Hafen ohne Be- rührung jnit Metall geschöpft. Sobald es an Land kam, wurde es durch sehr feinporige, gehärtete Papierfilter filtriert, um möglichst alle Planktonorganismen daraus zu entfernen. Dann wurde es in dunklen, 50 — 100 1 fassenden Ballons mehrere Tage bei Luftzutritt im Versuchsraum stehen gelassen, ehe es verwendet wurde. Alle Atmungsversuche wurden in 500 ccm fassenden weit- halsigen Flaschen aus schwarzbraunem, zum Teil außen schwarz lackiertem Glas gemacht. Die Flaschen wurden nach Einl)ringen des Wassers und der Alge sofort durch eingeschliffene Stöpsel luftdicht verschlossen und dunkel gestellt. Natürlich wurde darauf geachtet, daß keine Luftblasen eingeschlossen wurden. Während des Versuches wurde der Inhalt der Flaschen wiederholt durch- geschüttelt, um lokale Unterschiede in der Gasverteilung im Wasser, die durch die Atmung entstehen müssen, zu vermeiden. Bei einigen sehr kleinen, rasch zu Boden sinkenden Formen wurden aus Glas- stäben Stützetagen geschaffen zur besseren Verteilung der Algen. Außer den Algen atmen natürlich bei der angewandten Methode auch die an den Algen stets vorhandenen Bakterien. Da es aber keine Möglichkeit gibt, sie zu entfernen, müssen wir diesen Fehler als unvermeidlich hinnehmen. Die Assimilationsversuche wurden in derselben Weise, jedoch in weißen Flaschen oder viereckigen, durch aufgeschliffene Platten dicht verschließbaren Kuvetten gemacht. Als Lichtquelle benutzte ich elektrisches oder Gaslicht. Beiträge zur Kenntnis des Gasweclasels der Meeresalgen. 259 Bei der Untersnclnmg- der Einwirkung der Temperatur auf die Atmung und Assimilation wurden die Algen in Wasser gebracht, das in großen Gefäßen durch Umgeben mit Kältemischung auf die gewünschte Temperatur vorgekühlt worden war. Während der Ver- suche wäre eine erhebliche Temperatursteigerung eingetreten, wenn die Assimilations- bezw. Atmungsgefäße an der Luft gestanden hätten. Sie wurden darum in größere Gefäße mit Wasser gestellt, in denen durch Zugabe von Eisstücken oder Kältemischungeu die gewünschte Temperatur herrschte. Dieses Wasser und das um- gebende Gefäß absorbierten natürlich Licht, darum wurden auch alle Versuche bei höherer Temperatur unter ganz gleichen Außen- bedingungen gemacht, nur wurde natürlich kein Eiswasser ver- wendet. Die feineren, wattenbildenden Algen wurden zur Assimilation als Bäusche in die Flaschen gesteckt, flächenförmige dagegen auf Glasgitter vorsichtig lose aufgebunden, um eine gleichmäßige Licht- ausnutzung durch alle Exemplare zu erreichen. Die Wassermenge, welche die Gefäße füllte, war für jedo Flasche genau bestimmt. Sie wurde bei der Berechnung der Anal3'Se berücksichtigt. Nicht berücksichtigt wurde dagegen das Volumen der zum Versuch ver- wendeten Algen und die mit ihrem Einbringen in die Versuchs- flaschen bedingte Verringerung der Wassermenge. Die bei den Versuchen in Kechnung gezogenen Wassermengen sind also in allen Fällen etwas zu groß. Der dadurch entstehende Fehler ist bei der stets relativ geringen Algenmenge jedoch wohl zu ver- nachlässigen. Für Atmungsversuche konnte das filtrierte Seewasser direkt verwendet werden, für Assimilationsuntersuchungen war der Sauer- stoffgehalt jedoch zu groß. Es traten in dem Wasser schon nach kurzer Assimilationszeit Oo-Blasen auf. Ich brachte das für diese Versuche zu verwendende Wasser deshalb in große Flaschen aus dunklem Glas und hing Büschel von Fucus hinein. Infolge Licht- mangels assimilierte Fucus darin nicht, veratmete jedoch einen großen Teil des vorhandenen Sauerstoffs und reicherte das Wasser gleichzeitig mit CO2 an. Vor Benutzung zum Versuch "WTirde das Wasser filtriert. In anderen Fällen wurde das Wasser durch Aus- kochen gasfrei gemacht und dann durch Einleiten von Kohlensäure wieder mit genügenden Mengen letzteren Gases versehen. Der Gaswechsel wurde durch Analyse des Versuchswassers vor und nach dem Versuch gemessen. Nur in wenigen Fällen 17* 260 Kichard Härder, machte ich COa-Bestimmimgen, meistens begnügte ich mich mit der weit einfacheren Methode der O2- Bestimmung. Zur Sauerstoffanalyse benutzte ich die Methode von Winkler. Genauere Angaben darüber findet man in Abderhaldens Hand- buch der biochemischen Arbeitsmethoden oder in Treadwells Lehrbuch der analytischen Chemie. An dieser Stelle soll nur kurz das Prinzip der Methode in Erinnerung gerufen werden: das zu untersuchende Wasser wird in einer Flasche mit MnCU, Na OH und KJ versetzt. Dabei entsteht Manganohydroxyd, das allen in Wasser gelösten Sauerstoff an sich reißt und sich in H2Mn03 um- wandelt. Das Gefäß muß natürlich luftdicht verschlossen sein, weil sonst weitere Oxydation durch Luftsauerstoff stattfindet. Wird nun Salzsäure dazu gebracht, so bildet sich aus der manganigen Säure MnCU, H2O und Clo. Das freiwerdende Chlor bildet mit dem Jodkalium Chlorkalium und Jod wird frei. Durch Titration des J mit "/loo Natriumthiosulfatlösung (Indikator Stärke) läßt sich die ursprünglich im Wasser vorhanden gewesene Sauerstoff menge leicht ermitteln. Zur Kohlensäurebestimmung benutzte ich die von Henze in Abderhaldens Handbuch empfohlene Methode. Das Versuchs- wasser wird danach unter Luftabschluß ausgekocht bei Anwesen- heit von etwas verdünnter Schwefelsäure und einem Stückchen Aluminiumdraht. Durch die kochende Flüssigkeit wird ein CO2- freier Gasstrom geleitet, der die aus dem Wasser austretende Kohlensäure mit sich reißt und bei Durchleiten durch Petten- kofersche Röhren mit Barytwasser wieder abgibt. Durch Titra- tion mit "/lo HCl (Phenolphthalein als Indikator) läßt sich die Gesamtkohlensäure des Wassers bestimmen. Es bedarf wohl kaum einer Erwähnung, daß bei allen Analysen nur chemisch reine Reagentien verwendet und mit der größten Sorgfalt gearbeitet wurde. Allgemeine Atmungsergebnisse. Die genauen Ergebnisse der einzelnen Versuche sind in den Anhangstabellen wiedergegeben. Eine übersichtliche Anordnung der beobachteten Durchschnitts- werte der Atmung ist in Tabelle 1 zusammengestellt. Die Durchschnittsatmungsintensität der 43 untersuchten Meer- algen schwankt unter gleichen Außenbedingungen zwischen den Beiträge zur Kenntnis des Gasweclisels der Meeresalgeu. 261 Tabelle 1. Durchschnittswerte der Atmung der untersuchten Meeresalgen. ccm 0, -Ver- brauch pro Alge Farbe Form Wachstumsort Gramm Trocken- gewicht und Minute Scytosiphon lomentarius . braun hohle Eiemen flaches Wasser 0,04900 Phyllitis faseia .... braun Fläche Wassergrenze bis flaches Wasser 0,03813 Pogotrichum filifortnis braun zarte Büschel flaches Wasser 0,03467 Desmarestia viridis . . . braun derbe Büschel tieferes Wasser 0,02776 Ulothnx flacca grün zarte Büschel flaches Wasser 0,02685 Bhodomela subfusca . rot Büschel flaches Wasser 0,02683 Urospora penicillioides grün zarte Büschel flaches Wasser 0,02671 Viva Lactuca grün Fläche Wassergrenze bis flaches Wasser 0,02533 Monostroma Grevillei . . . gi'ün Fläche Wassergrenze bis flaches Wasser 0,02475 Chorda Filum braun hohle Kiemen flaches Wasser 0,02433 Dumontia filiformis . rot dünne Riemen flaches Wasser 0,02334 Enteromorpha cotnpressa grün Röhre bis Fläche Wassergrenze bis flaches Wasser 0,02333 Enteromorpha Lima . grün Fläche Wassergrenze bis flaches Wasser 0,02308 Ectocarpus siliculosus braun zarte Büschel flaches Wasser 0,02307 PoJysiphonia urceolata . rot zarte Büschel flaches Wasser 0,02162 Chordaria flagelliformis . . braun Riemen flaches Wasser 0,02150 Desmarestia acideata . . . braun Büschel tieferes Wasser 0,02076 Delesseria sanguinea . rot Fläche tieferes Wasser 0,01792 Cladophora arcta .... grün Büschel flaches Wasser 0,01520 Laminaria phyllitis ^) braun Fläche flaches Wasser 0,01512 Laminaria hyperborea braun derbe Fläche tieferes Wasser 0,01440 Porphyra leucostida . rot Fläche Wassergrenze 0,01434 Cladophora sericea grün zarte Büschel flaches Wasser 0,01425 Laminaria saccharina . . braun derbe Fläche tieferes Wasser 0,01333 Cladophora speeies grün zarte Büschel flaches Wasser 0,01235 Punetaria plantaginea braun Fläche flaches Wasser 0,01225 Delesseria simiosa rot Fläche tieferes Wasser 0,01111 Phyllophora Brodiaei rot Fläche tieferes Wasser 0,01115 Cystoclonium purpurascens . rot derbe Büschel tieferes Wasser 0,01082 Chorda tomentosa .... braun Eiemen flaches Wasser 0,01043 Ectocarpus tomentosus . braun Büschel flaches Wasser 0,01006 Delesseria alata .... rot Fläche flaches Wasser 0,008572 Cladophora rupestris . grün derbe Büschel Wassergrenze 0,008130 Plocamium coccineum rot Büschel tieferes Wasser 0,007725 Chondnis crisims .... rot derbe Fläche flaches bis tieferes AVasser 0,006402 Furcellaria fastigiata . . . rot Riemen tieferes Wasser 0,006367 Polyides rotundus .... rot Riemen tieferes Wasser 0,006042 Fucus serratus braun derbe Fläche Wassergrenze 0,005809 Fiicus vesiculosus .... braun derbe Fläche Wassergrenze 0,005717 Halidrys siliquosa .... braun derbe Riemen flaches bis tieferes Wasser 0,005545 Laminaria digitata braun derbe Fläche tieferes Wasser 0,003814 Fucus platycarpus braun derbe Fläche Wassergrenze 0,003161 (ans der Spritzzone) Ascophyllum nodosum braun derbe Riemen Wassergrenze 0,002335 ^) Als Laminaria phyllitis ist im folgenden immer der .Tugendzustand von Lami- naria saccharina bezeichnet (größte Länge 50 cm). 262 Ricliard Härder, Werten 0,049 und 0,0023 ccm O2 -Verbrauch durch 1 g Trocken- substanz in 1 Minute. Die stärkste Atmung ist also mehr als zwanzigmal größer, als die schwächste. Hohe Atmungsintensitäten sind jedoch selten, nur bei drei Algen ist der Durchschnittswert höher als 0,03, bei 1-1 liegt er zwischen 0,03 und 0,02, bei eben- falls 14 zwischen 0,02 und 0,01 und bei 12 unterhalb 0,01. Für die Stärke der Atmung von großer Bedeutung ist der Habitus der betreffenden Alge. Derbe, fleischige Formen atmen schwächer als feinere Pflanzen. Die unterste Stufe nehmen daher Ascophyllum, Halidrys, Fiicus- AYien und die ebenfalls oberflächen- kleinen Kotalgen Polyides und Furcellaria ein. Verfolgen wir unsere Tabelle weiter von unten nach oben, so sehen wir Algenformen folgen, bei denen der Habitus allein nicht maßgebend für die Intensität der Atmung sein kann. Als einen anderen Faktor müssen wir wohl die Wachstumsstärke ansehen. Je stärker das Wachstum einer Pflanze ist, desto stärker ist be- kanntlich im allgemeinen auch ihre Atmung. Die in unserer Tabelle folgenden Pflanzen sind Algen, deren Wachstumsgeschwindigkeit wohl gering ist, denn sie erreichen alle nur eine Größe von wenigen Dezimetern. Trotz zarten Baues mit großer Oberfläche atmen sie daher nur schwach. Mit geringer Wachstumsgeschwindig- keit können wir die schwache Atmung von Chondrus (bei dem auch noch der derbe Bau mitwirkt), Edocarpus tomentosus, Phyllo- phora Brodiaei, Delesserla alata und anderen erklären, weshalb aber Algen wie Chorda tomentosa, die 20 bis 100 cm lang wird und einen dichten Pelz von feinen Härchen besitzt, schwach atmen, ist nicht einzusehen. Auch die sehr starke Atmung von Scytosiphon, Phyllitis, Pogotrichum ist nicht für eine allgemeine Kegel verwendbar. Ich vermute, daß die eben genannten Algen sich in einem sehr starken Wachstumsstadium befanden und daher relativ stärker atmeten als die meisten anderen Algen. Das dürfte besonders für Scytosiphon zutreffen. Die Alge wird bis 60 cm lang, die jungen Exemplare, die ich benutzte, waren jedoch erst 5 bis 10 cm lang, also zweifellos in intensivem Wachstum begriffen. Möglich ist aber auch, daß die starke Atmung eine besondere Eigentümlichkeit der genannten Arten ist. Wie Tabelle 1 zeigt, gibt der Standort der Meeresalgen keinen sicheren Aufschluß über die Atmungsintensität. Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen. 263 Eine Reihe von Algen sind unter der Standortsbezeicbnung „Wasserg-renze" angeführt. Ich verstehe darunter alle Standorte, die bei normaler Ebbe trocken liegen. Eine exakte Grenze gegen das Vorkommen im flachen Wasser läßt sich hier nicht ziehen. Denn die Oberfläche liebenden Formen kommen sowohl an Brücken- pfählen, Mauern, Steinen wie auch an schwimmenden Gegenständen, wie Pontons, Seetonnen, Hummerkästen vor. Ani ersten Standort liegen sie während der Ebbe trocken, am letzten nicht. Immerhin ist die Flora der beiden Standorte doch etwas verschieden; einige Algen wie Forjphyra, Fuciis- Arten und andere kommen meist an Orten vor, die zur Ebbezeit trocken liegen, während z. B. Lami- naria phyllitis häufig die an der Wasseroberfläche schwimmenden Gegenstände bewächst. Als Algen des flachen Wassers bezeichne ich auch noch die Pflanzen, die bei gewöhnlichen Tiden nicht mehr auftauchen, dagegen bei Springtide und ebbeförderndem Wind trocken liegen. Man könnte erwarten, daß diejenigen Algen, welche die Re- gion der Gezeitengrenze besiedeln, also die halbe Zeit ihres Lebens direkt an der Luft liegen, auch ein starkes Sauerstoffbedürfnis hätten. Infolge der starken mechanischen Inanspruchnahme ihres Thallus ist dieser jedoch meistens sehr derb ausgebildet, die den Gasaustausch vermittelnde Oberfläche ist klein, und wir finden daher gerade einen Teil der am schwächsten atmenden Algen in dieser Zone. Das sind die Pflanzen, welche der Brandung be- sonders stark ausgesetzt sind (Fucus und ähnliche). An anderen Standorten, wo die Brandung weniger heftig ist, wachsen Algen mit nicht so derbem Bau (ülven und ähnliche), ihre Atmung ist ihrer relativ größeren Oberfläche entsprechend größer, nimmt je- doch durchaus nicht die erste Stelle in bezug auf die Intensität ein. Die nur in tiefem Wasser vorkommende Delesseria sanguinea atmet z. B. stärker als die an der Gezeitengrenze lebende Porphyra. Ein besonders starkes Sauerstoffbedürfnis ist also bei den Ober- flächenformen nicht vorhanden. Die Beziehung der Algenoberfläche zur Atmung konnte bei den flächenförmigen Algen einer etwas näheren Prüfung unter- zogen werden. Bei fast allen anderen Formen war es gänzlich unmöglich, eine genaue Oberflächenbestimmung zu machen. In der folgenden Tabelle 2 sind die Trockengewichte von je 100 qcm einer Anzahl Algen oiit flächenförmigem Thallus zusammengestellt. Je geringer das Gewicht der Flächeneinheit ist, desto größer ist 264 Kichard Härder, die Oberfläche der Alge im Vergleich zu den inneren Zellmassen. Ich stellte mir die 100 qcm-Flächen auf folgende Weise her: Ein Quadrat von 10 cm Seitenlänge wurde auf Papier gezeichnet und diese Fläche mit der Alge ausgelegt. Verwendet wurden dazu dieselben Teile wie zu den Atmungsversuchen, also z. B. von Fuchs nur die etwa 5 cm langen jungen Thallusenden, bei Lami- naria dagegen die wachsenden basalen Teile nahe am Stiel. Tabelle 2. Beziehung zwischen Oberfläche und Atmung bei flächen- förmigen Algen. O2 -Verbrauch Gramm durch Trock.-n- Rang nach Eang nach Alse 1 g Trocken- gewiclit von dem Flächen- der Atmungs- gewicht in 100 qcm gewicht intensität 1 Minute Frischfläche 1 Uha Laduca .... 0,025 0,0890 6 1 Monostroma Grevillei . 0,024 0,0697 1 2 Enteromorpha eompressa 0,023 0,0817 3 3 Enteromorpha Lima . 0,023 0,1055 7 4 Delesseria sanguinea . . 0,018 0,0849 4 5 Laminaria phyllitis . 0,015 0,1198 0,2666 9 6 Porphyra leucosticta . 0,014 0,0690 0,0754 2 7 Laminaria saccharina 0,013 0,3993 0,4718 11 8 Pundaria 0,012 0,3046 10 9 Delesseria sinuosa . 0,011 0,08750 5 10 Phyllophora 0,011 0,1538 8 11 Fucus x>io,tycarpus 0,0095 0,7310 0,7434 14 12 (aus der Spülzonej Chondrus crispus . 0,006 0,4561 12 13 Fucus serratus .... 0,0058 0,8491 1,0015 15 14 Fucus vesiculosus . 0,0057 0,8907 16 15 Laminaria digitata 0,0038 0,6688 0,7464 13 16 Die Zusammenstellung in Tabelle 2 zeigt uns, daß die Algen, die eine große Oberfläche haben, auch stark atmen. Bei der Be- urteilung dürfen wir uns nicht zu eng an die Zahlenwerte halten, Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen. 265 denn wie wir später noch sehen werden, ist die Atmung der Algen sehr starken Schwankungen unterworfen, so daß auch die O2- Durchschnittswerte unserer Tabelle noch etwas unsicher sind. Die Atmungsintensität von Monostro)na, Enteromorpha, Delesseria sanguinea steht in Einklang mit der Größe der Oberfläche dieser Algen. Im Vergleich zur Oberfläche zu hoch ist die Atmung von ülva. Das Trockengewicht ist hierfür weniger ausschlaggebend, denn die Gewichte der die größte Fläche besitzenden ersten sechs Algen bewegen sich innerhalb sehr enger Grenzen (0,069 bis 0,089), dagegen sollte man erwarten, daß die zweischichtige Ulva schwächer atmet als die einschichtige Monostroma, während das Umgekehrte der Fall ist. Auffallend ist auch die schwache Atmung von Porphyra. Nach dem Flächengewicht sollte die Alge nach Analogieschlüssen fast doppelt so stark atmen, als sie es wirklich tut. Den Grund dafür müssen wir vielleicht in einem relativ trägen Wachstum der Alge suchen. In später noch zu besprechenden Versuchen ließ ich junge Porphyren neben fast oder ganz ausgewachsenen atmen. Die Atmungsintensität war die gleiche. Da ich für alle Versuche bei allen Algen stets nur junge Pflanzen benutzte und diese fast immer stärker atmen als ältere, so muß für Porphyra im Vergleich mit anderen Algen ein verhältnismäßig zu niedriger Atmungswert resultieren. Der Atmuugswert von Delesseria sinuosa ist ebenfalls niedriger, als aus dem Flächengewicht zu erwarten ist. Es handelt sich liier aber um Ostseepflanzen, während alle anderen Versuchs- pflanzen aus der Nordsee stammen ; ein Vergleich ist deshalb nicht gut möglich. Die übrigen Algen fügen sich dem Schema ein bis auf Chondnis und die Laminaria- Arten. Bei Chondrus ist die Atmungstätigkeit sehr niedrig. Das kommt entschieden daher, daß die ausdauernde, kleine Pflanze nur sehr langsam wächst. Bei den Laminarien fällt der Unterschied in der Intensität der Atmung der verschiedenen Arten sehr auf. Daß die kleinen sehr stark wachsenden Laminaria phyUitis-'PÜSinzeii lebhaft atmen, ist nicht verA\^inderlich, daß sich aber die derbe Laminaria saccharina und, wie Tabelle 1 zeigt, L. hyperborea anschließen, ist etwas überraschend. Wenn man die riesigen Dimensionen der Laminarien (mehrere Meter) berücksichtigt, so kann man allerdings verstehen, daß in ihrem basalen Teil ein sehr lebhaftes Wachstum und damit verbunden eine starke Atmung stattfindet. Unverständlich bleibt dann aber der sehr niedrige Atmungswert von L. digitata, der 266 Richard Härder, trotz größerer Oberfläche hinter der Atmung von Fucus serratus und F. vesiculosus zurückbleibt. Ordnen wir die erhaltenen Atmuug-swerte nach Farbe und Form und berechnen daraus die Durchschnittswerte, so kommen wir zu den Zahlen der Tabelle 3. Die Zahlen drücken die Kubik- zentimeter 0-2 aus, die von 1 g Trockengewicht in 1 Minute ein- geatmet wurden. Den höchsten Durchschnittswert der Atmung erreichen nach Tabelle 3 die riemenförmigen Braunalgen. Ausschlaggebend dafür ist die hohe Atmung von Scytosiphon. Da die Zahl der hierher gehörigen Algen sehr beschränkt ist, ist der gefundene Wert ohne große Bedeutung. Anders ist es mit dem niedrigsten Durchschnittswert, den die derbthallösen Formen aufweisen. Er ist völlig sicherstehend. Rot- und Braunalgen ergeben ungefähr die gleiche Zahl. Vergleichen wir die Büschel- und die Flächenform, so sehen wir, daß die büschelförmigen Algen infolge der gegenüber der Flächenform günstigeren Oberflächengestaltung insgesamt etwas stärker atmen als diese. Dieses Verhältnis besteht auch bei zwei der UntergTuppen, den Braun- und den Rotalgen. Bei den Grün- algen atmen hingegen die flächenförmigen Algen stärker als die büscheligen. Unter den drei großen Algengruppen haben die Grünalgen den höchsten Durchschnittswert. Das kommt daher, daß derb- thallöse Formen nur bei den Rot- und Braunalgen vorkommen. Lassen wir die derben Formen beiseite, so erhalten wir als Durch- schnittswert der Atmung für die Grünalgen 0,021, für Rotalgen 0,015, für Braunalgen den höchsten Wert 0,022. Grün- und Braun- algen haben also im Frühling ungefähr die gleiche Atmungsstärke, die Rotalgen atmen dagegen etwas schwächer. Auf die Einzelheiten dieses Ergebnisses darf mau nun aber nicht allzuviel Gewicht legen. Die Unterscliiede sind gering und bei Wiederholung der Atmungsversuche zu anderen Jahreszeiten würden sich vielleicht andere Resultate ergeben. Wir wollen uns nun einer etwas genaueren Betrachtung der Einzelwerte zuwenden. Das Verhalten der flächenförmigen Algen haben wir schon besprochen bis auf Delesseria alata, die in Tabelle 2 fehlt, weil ich keine Flächengewichtsbestimmung von der Alge gemacht habe. Die Alge atmet sehr schwach. Der Grund dafür ist wohl sehr langsames Wachstum zur Zeit der Beobachtung. Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen. 267 CO t- th M ,-1 ic in 00 5^ ,H o o o o o_ o_ o^ o^ o^ cT o" cT cT o" -S e « - ^ t^^ o" cT ©" o" cT fq ß^ c^ o o^ o^ o_ o_ o^ cT cT o" o" o" d" e Ö s • -2 o "r* . S •^ e « • ■♦^ >s a. ?r s; r« 05 • ts « 'S g § CD CO t; o o o o © o ^ e 2 -w -« s u -.^ ,f» s o O hs Wh t- v CC CO q Ph q Oh O ffj ©a r-l t-l 1-1 O o o o o o © © © o o o © s s S ^e. Ä< e ?4( O &< = R R to t) o ©_^ ©^ © o_^ cT ©" ©*" ©" s S ?< B I I « « ic o --H '-1 O ;-l r^ als die Knieps JJlva Laetuea 0,0091 11,5—11,9 0,025 2,7 Enter omorpha Lima . 0.0113 12,0—16,9 0,023 1" 2,1 Laminana saccharina . 0,00126 12,0—16,9 0,013 10,3 Fums serratus . . . 0,00315 17,3—16,1 0,0058 !» 1,9 Porphyra laciniata . 0,00506 12,0 — 17,3 — o o — Porphyra leucosticta — — 0,014 ct; 2,8 Chond)-us crispus 0,00311 14,1—14,3 0,0064 ^ 2,1 Furcellaria fastigiata . 0,00117 13,6 0,0063 05 5,7 Polyides rotundus . 0,00081 13,6 0,0060 O 7,4 Plocamium coccineum . 0.00357 13,6 0,0077 2,2 Dieser Erklärung widerspricht nur das Verhalten von Ulva Laduca; da Kniep seine Versuche mit dieser Alge jedoch in Straßburg mit Material machte, das von Neapel gesandt worden war, ist eine Verminderung der Atmungstätigkeit der Pflanzen nach dem Transport denkbar. Außerdem ist der von mir gefundene Wert von Ulva vielleicht höher als man erwarten sollte, worauf ich schon oben hingewiesen habe. Ob die enorm viel höhere Atmung der derben Algen in meinen Versuchen auch auf jahreszeitlichen Schwankungen beruht, ist allerdings recht zweifelhaft. Den von Kniep gefundenen Unterschied in der Atmungsgröße von Polyides und Furcellaria habe ich nicht beobachtet. Spezielle Beobachtungen. Bei den allgemeinen Atmuugsversuchen konnte ich einige Be- obachtungen über Faktoren machen, welche die Stärke der Atmung beeinflussen. Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen. 271 Aa erster Stelle ist die Wirkung- der Temperatur zu be- rücksichtigen. Wie bei allen Pflanzen wird die Atmung der Meeres- algen durch Temperaturerniedrigung herabgesetzt. Bei den Meeres- algen ist dieses insofern von sehr großer Bedeutung, als nach Kniep die Assimilation nicht im selben Maße durch Temperatur- senkung vermindert ward. Tabelle 5 enthält eine Bestätigung von Knieps Beobachtung über die Einwirkung der Temperatur auf die Atmung der Algen. Es wurden Vergleichsversuche bei hoher und niedriger Temperatur mit dem gleichen Exemplar gemacht. Sehr stark wird die Atmung bei zwei nicht näher bestimmten Cladophora- Arten des Süßwassers durch die Temperatur beeinflußt. Die Atmungserniedrigung bei einem Temperaturfall von 20° C, wobei der Nullpunkt nicht erreicht wird, beträgt ungefähr ^U der Anfangsintensität. Bei Fueus wurde sie um mehr als die Hälfte vermindert bei einer Temperaturherabsetzung von + l^*^ C auf einige Grade unter 0° C. Da Fucus eine Meerespflanze ist und der Gefrierpunkt des Seewassers tiefer liegt als der des Süßwassers, so liegt diese Temperatur noch über dem Gefrierpunkt des die Alge umgebenden und ihre Membranen imbibierenden Wassers. Tabelle ö. Wirkung der Temperatur auf die Atmung der Algen. ProtokoH Nr. Alge Temperatur Atmung ccm 0^ in 1 Minute durch "C 1 g Frischgewicht 600 Fucus serratus . + 15.25 [-16,6 0,0006227 601 desgl. . . + 6 - + 2,5 0,0005127 602 desgl. . . + 16,5 [-16,5 0,0006030 605 d.'sgl. . . + 16,5 -+17 0,0005479 606 desgl. — 1 3 0,0002311 607 desgl. . . + 16,5 - +16,5 0,0005860 569 Cladophora X, Species aus Süßwasser . + 22,5 [-23 0,006777 570 desgl. . . + 2 -+ 4 0,001683 574 Cladophora Y, Species aus Süßwasser . . + 2,5 -+ 4 0,005574 575 desgl. . . + 20,5 (- 20,5 0,01848 580 desgl. . . + 20.25 [-20,5 0,005110 583 desgl. . . + 2 -+ 2 0,001685 272 Eichard Härder, Wurde eine Fucus-Fila^nze, die soeben bei niedriger Temperatur geatmet hatte, sofort in hohe Temperatur gebracht, so war ihre Atmung wieder normal. Das zeigen die Versuche 600 bis 607 in Tabelle 5. Iraklinow machte Angaben über eine explosions- artige Erhöhung der Atmung von Landpflanzen bei plötzlicher Temperatursteigerung. Bei Fucus ist eine solche Reizwirkung nicht vorhanden. Sehr starker Wundreiz wirkte als Shock, schwache Ver- wundung blieb ohne Einfluß auf die Atmung der Algen. Junge Pflanzen und vegetative Enden älterer Pflanzen von Fucus serratus zerhackte ich mit einem gut vernickelten sauberen Messer zu kleinen Würfeln von einigen mm Durchmesser. Die Atmung wurde da- durch um Vr. beziehungsweise V4 herabgesetzt. Weitere Versuche machte ich mit Zamman'a- Stielen. Von den Stielen wurden die obersten Zellschichten so dünn wie möglich abgeschält, um die Oberfläche möglichst wenig im Verhältnis zu den Innenzellen zu vermindern. Die Atmung sank dadurch um Vg. (Tabelle 6.) Tabelle 6. Wirkung des Wundreizes auf die Atmung. Proto- Oj veratmet von koll Alge Art der Verwundung 1 g Frischgewicht Nr. ^ in 1 Minute 63 Junge Pflanzen von Fucus serratus unverletzt 0,001273 64 desgl. - 0,001222 65 desgl. zerhackt zu Stücken von 1 — 3 mm Durchmesser 0,001007 66 desgl. desgl. 0,0009407 588 Vegetative Enden von Fucus serratus unverletzt 0,0005703 589 desgl. " 0,0005736 592 desgl. zerhackt wie Vers. 65/66 0,0004154 593 desgl. desgl. 0,0004562 86 Stiele von Laminaria unverletzt 0,00002932 87 desgl. " 0,00002683 88 desgl. geviertelt 0,00004051 89 desgl. » 0,00004181 90 desgl. geschält 0,00002479 91 desgl. „ 0,00002172 Beiti'äge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen. 273 An demselben Versuchsobjekt suchte ich Aufschluß über die Atmung' der inneren Teile der Algen zu erlangen. Wir haben gesehen, daß die derben, dickfleischigen Algen bedeutend schwächer atmen als die feinen oberflächegroßen Formen. Diese Tatsache wurde auch schon in beschränkterem Umfang von Kniep gefunden. Kniep diskutiert die dafür möglichen Gründe. Einmal kann mangelnde Diffusiousfähigkeit für die Atmungsgase eine Verlang- samung des Gasaustausches zwischen den inneren Zellen und dem umgebenden Wasser, eine schwächere Atmung der derben Algen gegenüber den feinen bedingen. Andererseits kann aber auch ein Unterschied in der physiologischen Funktion der äußeren und inneren Zellen bestehen. Es könnten die inneren Zellen aus Mangel an Atmungsmaterial, beschränkter Enzymtätigkeit oder ähnlichen Gründen trotz genügender Zufuhr und Abfuhr von Gasen schwächer atmen als die oberflächlichen. Um die Frage zu lösen, zerlegte ich die zylindrischen Laminaria- Stiele durch zwei senkrecht aufeinander stehende Längsschnitte in vier gleiche Teile. Die Oberfläche der unverletzten Stiele ist gleich der Oberfhiche des Zylinders 2 jtv {y -\-]i). Durch die Schnitte wird die Oberfläche vermehrt um 4 Rechtecke von der Fläche r h. Der Durchmesser der verwendeten Lammarm-Stielstücke betrug 1 cm, ihre Länge 7 cm. Setzen wir diese Zahlen in die Formeln ein, so erhalten wir als Oberfläche des unverletzten Stieles l^b jc oder 23,57 qcm. Die 4 Rechtecke haben eine Fläche von 14,0 qcm. Nach Versuch 86/87 (Tabelle 6) ist der mittlere Atmungswert für diese Fläche 0,00002808 ccm. Durch Schälen der Stiele, also durch eine Verletzung, welche der gesamten Oberfläche ent- spricht, wird nach Versuch 90/91 die Atmung auf 0,00002325 ccm herabgesetzt, also um Ve vermindert. Da die Fläche 23,57 qcm 0,00002808 ccm O2 aufnimmt, muß die Fläche der 4 Rechtecke von ,,^ 0,00002808-14 r^ • , ^- a- n nnm ^cq »«rv, 14,0 qcm — ccm 0> einatmen. \ on diesen 0,0001668 ccm ^ 23,57 müssen wir aber einen Verlust von V«; für den Wundreiz in An- rechnung bringen, so daß der theoretisch veratmete Sauerstoffwert 0,00001390 beträgt. Addieren mr diesen Wert zu dem von der Zylinderoberfläche aufgenommenen, so erhalten wir eine Sauerstoff- aufnahme von 0,00004198 cm durch 1 g Frischgewicht in 1 Minute bei dem geviertelten Stiel. Dieser Wert kann nur dann tatsächlich auftreten, wenn die Atmung der inneren und äußeren Teile völlig gleich ist. Aus Versuch 88/89 lesen wir den experimentell ge- Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 18 274 Eichard Härder, fundenen Mittelwert 0,00004116 ab, der außerordentlich gut dem geforderten Wert entspricht. Wir dürfen aus diesem Versuch den Schluß ziehen, daß die Atmung der inneren Teile der dicklauhigen Algen ebenso lebhaft ist wie die der äußeren Zellen, Die schwächere Atmung dieser Algen gegenüber den dünnlaubigen kommt nur durch die mangelhafte Diffusion der Gase im dicken Thallus zustande, wodurch eine hin- reichende Sauerstoffversorgung der zentralen Teile verhindert wird. Die Atmungstätigkeit der Algen ist, wie zu erwarten, vom Alter der Pflanzen und dem damit verbundenen Wachstums- zustand abhängig. Tabelle 7. Einfluß verschiedener Algenteile und verschiedenen Alters auf die Atmung. _ ^ Alge p Verwendete Teile Atmung o Verwendete Teile Atmung Fucus serratus 63 junge Pflanzen von wenig cm Länge 0,010 118 vegetative Enden großer Pflanzen 0,0068 Ascophyllum 156 wachsende Spitzenteile großer Pflanzen 0,0023 157 Teile aus den mitt- leren Partien der Pflanzen 0,0016 Desmarestia 281 dicht behaarte 0,022 122 Winterpflanze 0,0035 aculeata Sommerpflanze Laminaria 81 diesjähriges Laub 0,016 83 vorjähriges Laub 0,0088 hyperborea desRl. 84 dicsjäliri^er Stiel 0,0011 87 vorjähriger Stiel 0,00029 Fucus i-esiculosus 215 Laub 0,0069 152 Stiel 0,0014 Polyides rotundus 126 wachsende Spitzen des Thallus 0,0071 143 ganze Pflanzen 0,0050 Chond)-us crispus 55 junge Pflanzen von 1 — 2 cm Länge 0,0034 56 ältere verzweigte Pflanzen 0,0055 Porphyra 172 20 junge Pflanzen 0,012 173 1 große Pflanze 0,014 leucostictu vom gleichen Gewicht wie die 20 Pflanzen Bei fast allen Pflanzen ist die Atmung der jüngeren Teile wesentlich stärker als die der älteren (Tabelle 7). Das trifft nicht nur für die Laubteile zu, sondern ist ebenso auch bei jungen und Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen. 275 alten Stielen von Laminaria. Der junge Stiel, der allerdings auch dünner ist als der alte und somit eine größere Oberfläche besitzt, atmet vier Mal stärker als der alte. Ein so großer Unterschied in der Atmung verschieden alter Teile ist bei den anderen Algen nicht vorhanden mit Ausnahme von Desmarestia. Die Winterform der Pflanze ist völlig nackt und derb, die Sommerform ist dagegen mit einem dichten Ül)erzug feinster Härchen versehen, wodurch eine Atmungserhöhung um mehr als das Sechsfache entsteht. Bei Forphyra ist kein wesentlicher Unterschied in der Atmung junger und älterer Pflanzen vorhanden und bei Chondrus atmen sogar die älteren Pflanzen stärker als die jungen. Die älteren Pflanzen sind flächenfönnig und verzweigt, die jungen dagegen pfriemförmig und besitzen eine sehr viel kleinere Oberfläche als die alten, atmen daher schwächer. Der Einfluß der Oberfläche zeigt sich auch deutlich bei einem Vergleich der Atmung der Laminaria- und -FMCW5-Blätter und -Stiele. Die Atmung des Laubes ist bis 30 mal stärker als die des Stieles. Fruktifikation wirkt ebenfalls vermindernd auf die Atmung. Tabelle 8. Wirkung der Fruktifikation auf die Atmung. Alge Protokoll Nr. nicht fruktifizierend Protokoll Nr. fruktifizierend Polysiphonia urceolata Ghondnis crispus Fueus serratus . . ... 275 56 588 0.0017 0,0010 0,00057 246 93 591 0,00074 0,00060 0,00034 Bei Fucus wird nicht nur die durch die Fruktifikation ein- tretende Wachstumsverzögerung die Herabsetzung der Atmung ver- ursachen sondern auch die gleichzeitig damit verbundene Verkleine- rung der Oberfläche im Verhältnis zum Gewicht der Alge. 100 qcm Konzeptakeln wiegen nämlich frisch 12,5 g, die gleiche Fläche Thallusenden 7,7 g. Ein Unterscliied der Atmung in verschiedener Jahreszeit zeigt sich selbstverständlich zwischen Sommer und Winter. Bei Fueus serrahis, der einzigen darauf geprüften Alge, ist er auch schon zwischen Frühling und Sommer zu erkennen, und zwar ist infolge stärkeren Wachstums die Atmung im Frühjahr bedeutend 18* 276 Eicliard Härder, höher als im Sommer. Der Mittelwert von 5 im April angestellten Atmungsversuchen war 0,00072, Ende Juli war das Mittel von 6 Versuchen trotz höherer Temperatur 0,00058. Die niedrigste Atmuugsgröße im Frühjahr war 0,00070, die höchste im Sommer 0,00062. Eine weitere Abnahme gegen den Herbst ist zu er- warten, so daß dann die von Kniep beobachteten relativ niedrigen Atmungsgrößen auftreten. Von weiterer Bedeutung sind Standortsmodifikationen der Algen. Bei Fucus platycarpus wurden Atmungsversuche angestellt mit Pflanzen, die in der höchsten Spritzzone an den Felsen Helgo- lands wuchsen und mit seltenen Exemplaren aus der Fucus serratus- Zone, die nur bei sehr niedrigem Wasser trocken lagen. Ihr Thallus war sehr breit und fleischig, während die Exemplare der höchsten Spritzzone schmallaubig, lederig, eingeschrumpft und kümmerlich waren. Tabelle 9. Atmung von Standortmodifikationen von Fucus plahjcarpus. Pflanzen aus der Spritzzone (Vers. 155, 34) 0,003190 0.003146 Pflanzen aus der Spülzone (Vers. 217, 218) 0,009016 0,01026 Die Atmung der breitlaubigen Form war, wie Tabelle 9 zeigt, drei Mal so stark wie die der schmalblättrigen. Bei allen Algen kommen sehr große individuelle Schwan- kungen vor. Das zeigt eine Durchsicht der Gesamtprotokolle ohne weiteres (vgl. z. B. das Protokoll von Dumontia ftliformis). Auch aus Knieps Untersuchungen gehen sie bereits hervor. In manchen Fällen werden sie allerdings durch ungünstige Wirkung von Außenfaktoren veranlaßt sein. Bei verschiedenen zarten Algen war trotz sorgfältigster Behandlung die Atmung am zweiten Tage des Aufenthaltes im Laboratorium schon sehr stark vermindert, obgleich die Pflanzen äußerlich noch vollkommen gesund aussahen. Ein Teil dieser Schwankungen dürfte bis zu gewissem Grade auch von anderen Außenfaktoren abhängen. Die Untersuchungen hierüber sind noch nicht abgeschlossen, Beobachtungen an Entero- morpha compressa deuten jedoch darauf hin, daß die Assimila- tion der Algen vor dem Versuch für den Ausfall der Atmung von Bedeutung ist. In Tabelle 10 sind die Atmungswerte zu- sammengestellt, die an Algen gemessen wurden, von denen ein Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen. 277 Teil in der eingangs geschilderten Weise bei gedämpftem Oberlicht im Lichtschacht des helgoländer Aquariums einen Tag aufbewahrt war, während der andere Teil im April am Fenster im direkten Sonnenlicht gestanden hatte. Diese Algen waren dicht mit O2- Biasen bedeckt, die natürlich vor Versuchsbeginn sorgfältig ent- fernt wurden. Die Algen, die stark assimiliert hatten, absorbierten, wie Tabelle 10 zeigt, eine weit größere Sauerstoff menge in der Zeiteinheit, als die Exemplare, deren Lichtgenuß schwächer ge- wesen war. Tabelle 10. Atmung von Enteromorpha nach verschieden starker Assimilation. Versuch- Beleuchtung vor cm Oj-Absorption pro g Nr. dem Versuch Friscbgewicht in der Minute 167 gedämpft 0,001270 179 „ 0,001402 290 » 0,001213 291 " 0,001341 101 Sonne 0,002342 102 )> 0,002949 103 „ 0,002406 104 " 0,002403 Vergleichen wir die Atmungsgrößen der Meeresalgen mit denen von Süßwasser- oder Landpflanzen, so sehen wir, daß bei letzteren die Atmung wesentlich höher ist. Diese Beziehung ist von fast allen früheren Autoren behandelt, ich gehe deshalb nicht näher darauf ein. Einige Vergleichszahlen mit der Atmung von Süßwasseralgen möchte ich aber mitteilen. Die bereits oben er- wähnten beiden nicht näher bestimmten Cladophora-Arten des Süß- wassers atmeten durchschnittlich in 1 j\Iinute und bezogen auf 1 g Frischsubstanz bei etwas über 20" C 0,010 ccm O2 ein. Demgegen- über erscheint der Atmungswert der untersuchten marinen Clado- phoren (ohne Cladophora rupestris) mit durchschnittlich 0,0012 ccm O2 sehr niedrig. Die Temperatur bei den Versuchen mit den Meeres- algen war allerdings nur etwa 11- C, das ist aber ohne große Bedeutung, denn selbst bei + 3 "^ C ist der Durchschnittswert der Atmung der Süßwasser- CZrt(iop/zora immer noch wesentlich höher, nämlich 0,0029. 278 Kichard Härder, CO Der Atmungskoeffizient -t™. Das Hauptziel der vorliegenden Untersuchimgen war ein Ver- gleich der Atmungsintensität verschiedener Meeresalgen miteinander, das Verhältnis der ausgeschiedenen Kohlensäure zum aufgenommenen Sauerstoff wurde daher nur gelegentlich bestimmt. Drei bis vier Tage im Lal)oratorium aufbewahrte Thallusenden von Fucus vesiculosus (gesammelt in der Kieler Bucht) ließ ich in zwei Versuchen 8 Stunden lang im Dunkeln atmen. Es kamen 40 bis 50 g Frischgewicht in 1 1 Wasser zur Verwendung. Die Kohlensäurebestimmung wurde nach der in der Einleitung ge- schilderten Methode vorgenommen. Vor dem Versuch wurden zur Titration von 25 ccm Barytwasser, die den äderten Teil der Ge- samtkohlensäure enthielten, 40,8 ccm "/20 HCl verbraucht. Nach der Atmung waren dazu 39,9 bezw. 39,7 ccm nötig. Die Kohlen- säurezunahme betrug also 1,992 bezw. 2,491 ccm V20 HCl. 1 ccm "/20 HCl entspricht 0,5597 ccm CO2. Die verwendete Salzsäure war jedoch nicht genau V20 normal, sondern hatte auf Grund von Ein- 96 5 Stellung auf NH4()H den Titer ^-.- Setzt man diesen Wert ein, so erhält man für unsere l)eiden Versuche eine Gesamtkohlensäure- ausscheidung von 1,992 bezw. 2,491 ccm. Die Sauerstoffanalyse wurde nach Winkler gemacht. Der Titer des dabei verwendeten Thiosulfats l)etrug für Versuch 1 102,75 ccm NaaSoOa auf 10 ccm "/lo KsCräCv, für den zweiten Ver- such 104 ccm "/loo Na2S203. Vor dem Versuch war in dem Wasser eine Sauerstoffmenge enthalten, die 10,5 ccm unseres Thiosulfats verbrauchte, nach dem Atmungsversuch 6,8 bezw. 5,5 ccm. Unter Berücksichtigung des Titers ergibt das einen Sauerstoffverbrauch CO von 2,010 bezw. 2,684 ccm. Der Koeffizient -^ beträgt also O2 1 992 2 491 im ersten Versuch ^£r- = 0,991, im zweiten ~-^ = 0,928. 2,010 2,684 Auf analoge Weise wurde (A^ersuch 319) der Atmungskoeffi- zient für Pohjsiphonia elongata (Kiel) festgestellt. Das Verhältnis CO2 2,113 ^^ war —-- = 0,998. O2 2,116 Der Koeffizient liegt also sowohl bei der Braun- me bei der Rotalge sehr nahe an 1. Damit können wir die von Kuiep ge- fundenen Werte bestätigen. Beitrüge zur Kenntnis des Gasweclisels der Meeresalgen. 279 Am interessantesten ist die Kenntnis des Atmungskoeffizienten der Braunalgen, weil wir über die Reservesubstanzen dieser Algen noch nicht genau orientiert sind. Nach den Untersuchungen Kylins (2) sind die Reservesubstanzen verschiedener Phaeophj^ceen verschieden. Laminaria saccharina und digitata, Fucus vesiculosus und Ascophyllum enthalten einfache Zuckerarten, Dextrose und Lävu- lose, die das erste Assimilationsprodukt dieser Phaeophyceen dar- stellen. Außerdem kommt ein „dextrinähnliches Polj^saccharid" vor, das den Algen als Reservestoff (entsprechend der Stärke) dienen soll. Bei Laminaria ist es in reichlicher Menge vorhanden, bei Aseophylliim und Fucus weniger, weil letztere nicht unbe- deutende Massen Fett enthalten. Nach dem Ausfall des Koeffizienten müssen wir schließen, daß zunächst nicht die Fette, sondern nur die Kohlehydrate veratmet werden. Diese werden vielleicht erst angegriffen, wenn alle Kohle- hydrate verbraucht sind. Bei Verhinderung der Assimilation, deren erstes Produkt ja Zuckerarten sein sollen, würde zu erwarten sein, daß sich der Koeffizient nach längerer Verdunkelungszeit ändert. Daß das innerhalb der von mir angewendeten Versuchszeit von 8 Stunden noch nicht geschah, ist bei dem trägen Stoffwechsel der in Betracht kommenden Alge nicht verwunderÜch. r\ ly ££• • i. Assimilation Der Koeffizient ~j^~,-^- Für die Ökologie der Meeresalgen erfahren wir aus den mit- geteilten Atmungswerten nichts Wichtiges, obgleich es nicht aus- geschlossen scliien, daß Unterschiede in der Atmungsintensität eine entsprechende Anordnung der Algen zur Luft bedingten. Dafür ist von großer Bedeutung die Assimilation und, wie neuer- dings Kniep gezeigt hat, das Verhältnis der Atmung zur Assimi- lation. Kniep fand, daß bei Fucus die Atmung durch Temperatur- erniedrigung rascher sinkt als die Assimilation. Die Folge ist die Möglichkeit einer hinreichenden Ernährung der Algen in kalten nordischen Gewässern. Mit einer Nachprüfung und weiteren Bearbeitung dieses Ge- bietes war ich beschäftigt, als durch den Kriegsausbruch weitere Untersuchungen unmöglich wurden. Die wenigen Versuche, die ich anstellen konnte, möchte ich hier jedoch mitteilen, da sie eine 280 Eichard Härder, kleine Erweiterung- unserer Kenntnisse vom Gasaustausch der Algen bedeuten. Tabelle 11. Wirkung der Temperatur auf die Assimilation. 21,5—23,5 + 3,5 bis +2,5 + 0,003986 + 0,002693 + 0,0007810 + 0,0005132 + 0,002187 + 0,003469 In Tabelle 11 sind die Versuche zusammengestellt. Bei dem Versuch mit Fucus serratus sehen wir in der Kälte eine Sauer- stoffzunahme, die das 20 fache von der bei hoher Temperatur be- trägt. Das Resultat ist im ersten Augenblick höchst überraschend, läßt sich aber ganz einfach erklären. Leider machte ich bei dem Versuch keine Gewichtsbestimniung der verwendeten Pflanzen, so daß eine genaue Angabe der Assimilation von 1 g Gewicht un- möglich ist. Die Angabe bei Versuch 603 und 604 bezieht sich daher auf die Gesamtmenge der verwendeten Pflanzen. 10 g Frisch- gewicht wurden ganz sicher mindestens verwendet ; wenn wir also den AssimilationswTrt danach umrechnen würden, erhielten wir eine Zahl, die bei der hohen Temperatur erst mit der vierten, bei der niedrigen mit der dritten Stelle hinter dem Komma beginnt. Das ist ein sehr niedriger Wert, der hinter der Atmungsgröße bei gleicher Temperatur zurückbleibt. Aus dieser schwachen Assi- milation folgt, daß die Lichtintensität nahe der unteren Schwelle für die Assimilation stand. Bei hoher Temperatur findet die nor- male Atmung der Algen statt, die bei der geringen Lichtstärke 1) Die Lichtwerte bei den drei Versuchsgruppen mit Cladophora wurden nicht näher bestimmt. Sie sind in den drei Gruppen verschieden und nicht miteinander zu vergleichen. Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen. 281 des Versuches der x\ssimilation fast gleichwertig ist. Die Folge ist eine nur geringe O2- Zunahme im Versuchs wasser. Bei tiefer Temperatur hingegen findet, wie wir aus Tabelle 5 gesehen haben, eine starke Herabsetzung der Atmung statt. Würde die Assimi- lation im gleichen Maße erniedrigt werden, so würden wir im Ver- suchswasser eine Verminderung der Sauerstoffzunahme gegenüber dem Versuch bei höherer Temperatur finden. Da das nicht der Fall ist, ziehen wir den Schluß, daß die Assimilation nicht in gleichem Maße herabgesetzt wurde, wie die Atmung. Aus dem Versuch geht hervor, daß sich die Alge bei schwachem Licht bei niedriger Temperatur viel besser ernähren kann als bei höherer. , Bei noch etwas schwächerem Licht muß der Fall eintreten, daß bei hoher Temperatur überhaupt keine Aufnahme von orga- nischen Stoffen mehr stattfindet, weil der Abbau durch die Atmung stärker ist als die Zufuhr durch die Assimilation, während bei tieferer Temperatui- noch Speicherung von C -Verbindungen mög- lich ist. Daß Pflanzen mit einem derartigen Stoffwechsel prädestiniert sind, die kalten, lichtarmen Meere der Polarzone zu bevölkern, ist ohne weiteres verständlich. Eine Erklärung, warum nur bestimmte Algen im Eismeer vor- kommen, ist damit jedoch nicht gegeben. Man könnte annehmen, daß die eben besprochenen Eigenschaften den nicht in arktischen Gewässern lebenden Algen fehlen. Das ist aber nicht der Fall, wie die Versuche mit Süßwassercladophoren (Tabelle 10) zeigen. In Versuch 581/84 haben wir ein ganz gleiches Verhalten wie bei Fucus, in der Kälte stärkere Assimilation wie in der Wärme. In den anderen vier Versuchen war die Assimilation (wohl infolge höheren Lichtes) stärker; sie überwog auch bei höherer Temperatur die Atmung, und infolgedessen tritt bei niedriger Temperatur eine Verminderung der O2- Ausscheidung ein. Die Assimilation sinkt dabei um Vs ihres Wertes, die Atmung der gleichen Exemplare der Algen sank bei entsprechender Temperaturerniedrigung (Ta- belle 5) aber um ^'i des Wertes bei hoher Temperatur. Noch deutlicher tritt uns die Bedeutung der Temperatur für den Gaswechsel bei der Zusammenstellung in Tabelle 12 entgegen. Leider konnte ich dort nur die Versuche mit den Süßwasserclado- phoren aufnehmen, weil ich bisher nur mit diesen Pflanzen Assi- milations- und Atmungsversuche am selben Exemplar machte. 282 Richard Härder, Der Koeffizient Tabelle 12 Assimilation Atmung bei verschiedener Temperatur. Protokoll-Nr. Hohe Temperatur (20— 22''C) Protokoll-Nr. Niedrige Temperatur (2— 3,5°C) 567/69 572/75 581/80 0,003986 0,006777 0,0007810 0,01848 0,002187 0,005110 0,5882 0,04227 0,4280 568/70 573/74 584/83 0,002697 0,001683 0,0005132 0,0005574 0,003469 0,001685 1,603 0,9207 2,059 Bei hoher Temperatur fällt bei den angewandten Lichtmengen T- er- ■ . Assimilation j. ^ k^ m ^ der Koeffizient — v, zugunsten der Atmung aus, wahrend Atmung bei niedriger Temperatur das Umgekehrte eintritt. Nur bei der mittleren Versuchsreihe, wo wir es mit einer ganz besonders starken Atmung, deren Grund nicht zu ermitteln ist, zu tun haben, ist auch in der Kälte die Atmung noch etwas stärker als die Assimilation. Die Veränderung des Koeffizienten ist aber trotzdem deutlich. Die vorliegenden Untersuchungen wurden bereits im Jahre 1911 begonnen. Die mitgeteilten Atmungswerte hal)e ich vollkommen unabhängig von den inzwischen erschienenen Ergebnissen Knieps gewonnen. Die Versuche wurden in den botanischen Instituten der Universitäten in Kiel und Würzburg, der weitaus größere Teil an der biologischen Anstalt auf Helgoland ausgeführt. Dem Di- rektor der Anstalt, Herrn Geheimrat Heiucke, bin ich für die wiederholte Überlassung von Arbeitsplätzen sowie für die An- schaffung der für die Untersuchungen nötigen Arbeitsmittel zu großem Dank verpflichtet. Ferner danke ich den Herren Profes- soren Kniep, Kuckuck, Küster, Nordhauseu, Keincke und Schröder, die das Zustandekommen der Arbeit gefördert haben. Würzburg, Botanisches Institut Anfang August 1914. Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen. 283 Anhang I. Protokolle der allgemeinen Atmungsversuche. In den folgenden Tabellen sind die Protokolle einer g-roßen Zahl der angestellten Atmimgsversuclie wiedergegeben. Die meisten Rubriken sind ohne Erörterung verständlich. In der Rubrik „vorgewärmt" ist die Zeit angegeben, welche die Alge im Versuchszimmer vor der Atmung verbrachte. Das frisch ge- sammelte Material gelangte stets in längstens 4 Stunden ins Zimmer und konnte sich in der „Vorwäriiizeit" an die dortige Temperatur gewöhnen. Unter „O2 vor Versuch" und „O2 nach Versuch" ist die Sauerstoffmenge mitgeteilt, welche in 100 ccm des Versuchs- wassers vor resp. nach der Atmung der Algen enthalten war. Es ist jedoch nicht die direkte Sauerstoffmenge angegeben, sondern die Menge der zur Titration von 100 ccm Versuchswasser ver- brauchten Thiosulf atmenge. Ich verwendete "/u.o Thiosulfatlösung, von der 1 ccm 0,055825 ccm O2 entspricht. Die benutzte Lösung war jedoch nicht genau V'ioo normal, sondern schwankte. Der für die einzelnen Versuche gültige Titerwert ist aus Anhang IV er- sichtlich. Die Neueinstellung der in großen Mengen (10 1) her- gestellten Normallösung auf "/,o KsCraOT- resp. KJO3 -Lösung ge- schah nach Verlauf einiger Tage. Für die Zwischenzeit wurde der Wert aus der Differenz der vorhergehenden und der letzten Ein- stellung berechnet. Die Zahlen in der Abteilung Versuchsgefäß geben die Menge Wasser an, w^elche die verwendete Flasche enthielt. Dann folgen die aus den vorhergehenden Zahlen l)erechneten Kubikzentimeter Sauerstoff, die von den Algen in 1 Minute ver- atmet wurden, und zwar bezogen auf 1 g Frischgewicht und auf 1 g Trockengewicht. Die Algen sind in alphabetischer Reihenfolge geordnet. Die Versuche über die Wirkung der Besonnung und die Einwirkung der Temperatur auf die Atmung und die Assimilation sind gesondert am Schluß aufgezählt. 284 Eichard Härder, 1 ^^ Sil « pq 03 5 -'° 5-^ -o 'S N gl ig 1 d 1 1 Q d c 03 ca cj 1 C N ^ 0! SP?. :ctf J= hjE-l TI3 3t U) 'S) ^1 ZI et s Ca 'S) In 'S) 'S) 'S) fcc 1 CÖ CS s 'S) CS 'S) ig CS 5 1 ^^ a Q G )€ C5 Q o Q ö Q Q O OP- p CS Q O , o eo «D ^ »n a> 00 00 ö s 1 OJ O O « CO eo o CO t- iH CO eo 00 CO 00 1-1 o (M M CO US CS -# r-l CO oc 00 , . © ■* (N ^ CO * r*^ o o o o o o o o o o © © © © © © © f^ blO o o^ o o^ o o o^ o_ o^ © © © © © © © © o o~ o" o" cT d" o" o" cT ©" © © © © © © © © g^jas 'lä US US t~ o t^ t- t- t- Co" o t~ r- © t- 1—1 t>- l^ c— © -sqonsja a •<* CO 5D ■* CO •>* US eo •* eo CO •^ t- •<* CO US eo US \a US US US US US US US US US US lO US US US US r^ L CO O ^ 00 US US eo eo US US lO US o|^ 'o >o cn_ o> eo^ 0^ US 00_ 00_ ^ t^ oT oT oT o» ■«jT eo" US hT CO en OS OS 00 t- t- US leT N ^ ^ ^ urs US US in -* US (M (M US US US »o •>* ta US US "^ ■^^ "*_ 05 cn_ 9i "^ >*_ (N (N ©^ © 1-1 ©] 00 c- (N o g t^ s oT cT t-( r-t (N Od oiT oo" 00 OO ©~ o" n_ CC_ oo^ CO CO T— ( Y— ( 1-H 7-t 1— ( T-4 o o © cT 1— ( tH 1—1 CS © iH T-! ^H ^-< 1— t l-( •»-* l-( l-( i-t i-t tH 1-1 iH IWZ d o «c o o O o o o US US US US © © © OS US ■ «5 eo (M (N (N o~ IH "©" CO 1-1 © ^qoiAvaa 04 CO CO iH ■<* 00 t- CO >o ■<* US 00 CD iO t- fcc o t- US 00 O eo o CO ■«i< 1 1 (O • , =1 ba fcc bc bß 5 bc bß ^ bo : ca ;; :; •; c3 ;; p ;; 03 :; E E <ä E ee 03 S H H H H 05 H H s IN (N IN (M ^ 1-1 T-l ^ eo eo "* '^ •r-l ^ •* ^ (N «5 CO "lö" CO eo "eo" eo "eo" eo "eö"" "eö" "eö" eo "eö" eo CO CO ^— ) Y-H 1— t 1-H t-H r-l 1— ( th 1^ 1-1 1^ i—f 1— 1 1— ( 1—1 1— < iH s 05 o» CS OS iH OS OS CS OS CO CO •* ^ >* •* eo CO eö eo CO eö 'i 'i* lO US eö «o 5D US US <35 oi oö oö © © ,_; i_J OS OS eö ^ © (N T-H -3 6j>a iuou •r. :S •^•3 o f^ ■ 2ui => ^ ^3. S :>$:,> J3 ^ i a j>'3 M c § S c S- =^ « «SS 1:^ (i, aog Ph U.S 0 Q 0 Q 0 ■ Q Q Iz; 0 Q rH 00 00 e(5 0 00 00 00 O t- 00 t- 1-1 00 t- OD t- lO tH o o> '^ o o >n «5 ^ O O ^ rH tH o 0000000 o^ o^ o^ o_^ o^ o_ o_ o" o*" o" o" o~ cT o" >£5 0 «5 0 0 CO 0 in 0 CO 0 0 in t- 10 00 ^ 0 e(5 0 CO \a CO -* ^ in ^ CO CO CO s» o 53 o 05 lO CO «o 00 ^ OÄ in in rH o o IM (N co" aJ" 00 » in o CT rn" rH~ T-T 5^ in o o rH OJ -H rH I I I I 00^ in_ -*^ •>*^ «D 00 rn" J-*-*r !>. 00 00 (N c» rH «5 0 (N ■«*' »1 in (N O (N O in o «D 0000 eo (M in" «r eo^ in^ 00 in in (>r CO = 03' H CO '-< CO CO 05 CO •* ^ 0» H H H (N rH 9« bp a 'S c 3 f Ort aß 'S) licht mit Haarbüsch- eln besetzte, etwa 10 cm lange Enden der Aste. Nicht völ- lig diatonieenfrei. CJ Q 1-5 Q 1-5 n 03 > " Q O Q a ~ , _^ 1 CO 05 © a (3 «3 e<5 00 CO 1-H vH CO in in rH * CO © X -* X o in in 05 > ja -ß i IM S^ -f 00 IN in © IM ■^ ^H -* in 1— ( g o o 1 03 00 t- t- CS -* in X © eo © © IM .22 1 o © © 1-^ i-H i-H tH © 1-H 1— t l-H — M IM > v< o © © © © © © © © © © © © Pt< o © ©_ © © © ©^ o o © © ©^ ©__ 04 •* O o" ©" cT ©" © o" ©■ o ©" © ©" o" ©" g?j3-^ in »n^ in_ "t in t~ co" ■* ®" ©" 05 05 O -snonsja a eo CO t- in I'- in r— fl in in •A in in lO in ■^ »* in lO >n ^ ,' _c (M t- (M IH (M 05 in in in 'S © ifl t- ,H ^ iH © C5 CO 03 eo eO_ in^ o s cT to" co" oT oö" ©" ©- oö" i-T y^ y-< t^ tH T-l 1-1 ^ TH '"' ^ >o in ift ift lO 1 ^ t- in in in t~ IM in IM m '* O « "o o_ ^, o^ «^ ©^ '*^ -f © IM_ ©^ !M ©_ o s (Ti cT ■rT im" co" «T rt" eö" cfT eo" co" in" '-' '-' ^ ^ ^ ^ ^ IH '"' 1-1 ^ >«_ © ©^ CO C5 a> C5 m 1 1 1-1 ;:; ;^ (M IM © © oa K* in 1* in 1-1 ^ 1 2 N 1 H*_ T IM T CO T i T IN -v in^ T 1* in 1 in H oi~ ©r (m" '"' oT oT in' ■^ ^ '"' 1-1 i-T ;t8z fä O © © © © o IM in eo ■«* ■>* ■>* ->* 1—* bO CO >n CD in 05 © 05 CO CO CO eo 05 -U9i[ao.ix eo CO CO 1 IM CO ■* in CO CO 'S« ■«1< in o" ©~ _©_ © © © © © © © _©_ © luoiAvaS in^ m in fcc W >o in in M« in in co" oT ctT -* •«* in -qosuj (D ^ 3 fcc -♦^ **^ u bO ^ cä M cd od eä > -: 3 H ,H ^ ^ T^ Cd 's H H eo (N eo 1-1 CO CO eo CO "eö" CO CO eo eo "öT eo eo eo 1— 1 tH tH tH 1—1 1-1 1— t iH l-H 1—1 l-H 5 05 C-- Ci 05 o C5 c: C5 o 05 Ol 1-1 05 05 in cö eö Iji 1* •^ Wi in in in in in 1* »ö o 3 S = i-i =■ C d 2 sc'^ O ■r o = ^ c J 3 x; PL, e ■ = = ? — • • • :i o a~ ^ « 60 be a x* =5 W) m u 0» c m 2 !^ S !lD 5>| S c Q Q a ^ CO « PL| M w O Q o a O 5 -ai"^ S a ca. S 3 ■- hfl 3 ® " sola Sr-° S « S 5 P4 o 0! a) b£t T-l C5 T-l 00 00 SQ (N (N iH ä' SP äPc5§.2 äpSsSo" SP äP O SOiHM OT-O00O5iO Ost- ■5j<, (Ni-lOO iO00 00«O«OC:00 «»-liriT-i-^O es-* 00 (NN CO M'-i'-lOOSM--H lOOJ-r-l-^XO t-00 i-h' KlfNO OCOUMCOS'lCfS CfJO-rH'-'T-tM •Mi-H s oc-o oo_o_o^o_o^o_ oooooo oo o" o" cT o" o" o~ o~ o~ S o~ o" cT o" o" o" sT o" o" o~ in -* SS th aOCOOOnt-CO>£5 C3-^ (NrtOO CS-rM •rHcooooiai comcocoot— 00 ooit^-osN -^00 S^S^I^-hO wS^-rHT-lOai-li-l (NOlO-r^i-l -rti-l 00000 oooooco 00 00 O' 00 00000 0000000 00 000 00 ©00 00 000 ot-ot-i-i «ot-o»ot-t- ©i-i<*oot- 00 Ot- cooMOc- «oiftinioot— eo s«5t-cQ»n lao-gti Ha -üji f^ >n(Min (Nt-s<]»n •«ia t-co rt»a t— »at-ia t-iat-(N ia»a ia>a (NOO t-COS CS00t-O?tO00 OCCOOOOIN Oi-l i-4tH COIM »Ji-l'rtOi-iM CO(N «üCa NIM «ao 0a «DOS (MO <^^(^^e<^e<^co" eö^ssTiNeir-* >ai^ i*r'^oiN(N 11 I I I I I I I I i I I I I I I I TT TT oocooN-^ T^fOo^^w-^OT'i coia^^ooc^i^ »aic oia 00 00 OS iH N(N oeaea !noa ^,-i->i< iaei5 0 0 0 0 0 0 0 00 Ol CO 'dt ■* la la in 0 la >a (M eo «D 0 0 CO Ol Ol Ol oj la >a Ol 1 « ^ - SP ts ä" SP £ £ CS .^ CS CO H ^ H H tH ■>* •^ ^ 1-1 •^ -* ■r-l l-l o« CO ^ iH -H Ol -* rH 04 CO ^ ^ ^ CO OS OS «5 CS CO OS CO OS CO CS CO CO CS CO CS CO CS CO CS CO CS CO OS CO OS CO CS CO OS CO OS CO OS CO CS CO OS CO T-l CS CO CS "* lä la lO •*' "* la iC ur: in in -* -* la in la in la lä •^ ■-■ CO OS «5 ■<* >a eo CO CO •* in ^ Ol •* ':H ^1 Ol CO in ^ Ol -* tH ->* T-l Ol nn ^ t- CO in 04 CO 0 CO 0 on on CO CO CO CO ■* in c- 04 04 04 04 T-H 04 Ol 04 288 Ricliard Härder, -^ 1 r3 t S C O > g N 6jD c J s O > ig c CS 133 s CS 6 o 6ß 2 i'i (3) ^ o IE e PL4 Ol rt d.- 6 ^ PL, "S hI ä i1 ^ ^ ^ ^ ^ • 0) ^ ^ • ü r' ^ a> g 60 • OJ ^ QJ -C - Ö M m fcc bc bp m bp c bc w bD CS oä 1 o iJD a a CS > ►-3 » c3 J o bß CO P « P P P P 6 P R P o P cb P o P O P s « .d t- O <55 CO ^ t- c- ^ OS CO o 1* in CO CO (M 1* 1 u rH 00 CO 03 00 IN O l-H o 1 o CO c- 00 o 00 r^ 00 5 in (N -* (N CO l-H »n in 1 '^ (N ^— 1 v-H 1—4 .-H !N — H CO (N n •* -* _2*_ in in in in in in in in in in in in -« L ^ in o in iH ^ in in in o 3 o in o oT in >n^ eo" 00" 00 oT eO_ oT 00 otT 00^ q6~ in 1*" •^ t^ CO oö" in in "o" ,' .d o »n »c •n in in in in vn ■<* in t- i— -* »n Ir- ^-f o S ö i-H tH ffj "i. 5^ '^^ iM^ oo_ t^ 00^ t- l-H r: in in in in 00 CO •X CO X^ IM (M^ in X o_ -*^ oT oT t- t- t- t- t- rt" es" ^ oT ^ «vT * -* •* M< -* o OS o OS o o o o © © © © ' O in w CO CO CO CO (N o (M o 05 05 CO CO 1 OS CO CO in o CS 1 CO CO -U8I[00JX ■t-< 1 o ■^ ^ =g H H öS H t» H H ? '-' iH (N (M C4 9« Oi ■* tH ■i* T-l i-t 1-1 -H iH 1-1 iH 1-1 IN eo "«5~ eo CO ~eö~ CO "eö~ eo CO CO eo CO "wT" CO CO CO CO CO "cö" a r-H i-t vH tH 1— t T-* i-H l-H 1-^ 1—1 iH 1—1 1-1 ,-H i-< l-H 1—4 1— ( 03 « 05 C5 Ci C5 05 OS 05 OS OS OS OS OS CS OS OS OS CS s 1-H tH t^ ,—4 1^ 1— ( i_l 1 O CO CC CO CO CO Co' in in o in •^ ^ in in -*' ■* in in >* -=)< o »n lO »n in eö ■* CO 't OS OS in in OS OS ^ IN 1— t 1-1 1-s y-i l-H i-H 1— ( l-H l-H l-H l-H T-l l-H l-H 1-1 « • • s K g Oi Si< :; c ^ e CC o g^ « O s s « 's == = - " = = K = 's o ^ bo r^ o ä e ^ 03 s o O e e !» o o Ü) ■S !^ o "s s fei 6q ^ Kl ujä-qonsi8A CO 05 05 o o o CO o o in o 00 CO o 00 CO OS t- co OS O 05 IH OS CO CO 00 •<* CO 1 (M (N «5 CO CO CO CO (N S<1 IM IM l-H i-H IM N iH IN M Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen. 289 £-5 S 3-5 S) 21^ a — -t 1=^ ä ° "S 2 a a-a 3 g SCO te 3 p^ -C- n G N EL, N 0 N "^«■^■gl . "Sd 1 "ü cq3 5 P. 'bjO anzo von aus Zwia serra Sehr Form "So > CU tu «M-S N-Ö n tu «P^ >M O) o) li 0 a CD Q W « 0 « t- «0 0 CD «£> ö > P «o 05 « CO eo 00 «»^ «ß «0 00 CO «D 05 « 0 CO CO OD 0 -n >rt 0 iC in 05 •* 0 Cl Ci t— -* t- t- 1—1 t» C- iH 0 0 t- CO (N eo CO CO CO (M ITJ «0 t- t-» CD 0 •* t- in eo eo la in \a 0 0 0 >C in in 0 0 iCi 0 lO in 0 in in in in oq (N t- CO 00 S5 i-T -^^ -^jT »n in in in in in 00 t- -t* -* rs 05 •^ 0 1-H 05 05 1—1 1—1 c^ "^ ^ '-' -^ " (N Oi 64 0 0 05 0* 0 0 (N Oi 0 0 in in c 0 IN CN 0 0 : t- eo 'f CO CO 0 in -* •* 0 in 0 0 M CO 'Jt •^ CO 00 lH IH oa (N y-4 (N t-1 tU!/3 N U) c 0 41 3 t»-« M Q p w ■ Q M" Q Q Q Q ^ 1-5 P P 1-5 f- fl »o © CD ■^ OS ^ CO (N IN ^ »o n ■* CO US 1* CO 1 CO 00 1— 1 P o 1 1 1 i ' ' 3 © © ^ ^ 0 ' © .2 ^ o © © © © © © 0 © 2 c cT © © © _©_ © © © © X o CO 05 «5 t- -* IM eo N 00 CD ^ CO CO 03 eo 00 CO -* r- o US CO O 00 5■ aj o o o © © © © © © © © © 0 0 © © © « bC o o o o ©_ ©_ ©_ ©_ © © © © © 0 © © © O o" cT o* o" ©" ©" ©■ cT ©" ©" ©■ cT ©" © © © © g'BiaS i«^ us_ >o_ us_ Ift US US >o US^ " o t^ ,H ©" 05 t- ©" •<* cT ©■ c- r^ © eö" t^ -* t-^ -snoTisja A 1 e<5 in t- US CO CO ift (M Ift US -* CO eo »ft eo IN CO ^ O in >n US >n lO US US US US iQ US US Ift US US US US »n ■n US US >ft US j3 , ifl IN (N IN (M t- (N O» US 00 t- t- (N 1-1 N O ;-i tß c- o_ ■^ co_ ^ 05_ CO 00_ eo (N^ CO ©^ K*_ US H^ US^ o g t> ;3 03 oT cfT t^ (ß eö" CO" Ift" »ft" >o" us" rH ^ oT co" co" IH ©" "o~ ~ö' © "©" US 1 X m eo eo xO US eo eo US in US US US US US US l— US >n 00 00^ (N (N^ 00_ oo_ "^ -* C-J •>1< ■^ C5 ^^ 't. 00^ ©^ s cT cT CO oT oT oT cT cT ^ eo" eo" r4~ oT oT iN~ in" ^ '^ '^ '"' ■^ '^ '^ o in lO tr- c- ta^ >o_ »«_ (N ©_ 05 Oi (N (N CO 05 1 e y^ T T 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 c 1 \a 1 US « eo_ 1 US_ lO "^^ '*- 1 C5_ 1 ■^ 1 ■* IN 1 eo t-l 1— f (n" <ß US~ © o" US~ us" l-H l-H y-i oT C5 i-H 1-1 1— t ^H 1-H »H vH 1-1 1-1 1-^ -^ tjiaz c o o O US US © o Ift CO o (N ft »ft © © »ft Ift -Hosuj 1-1 iH * ~^ eo eo "eö" eo eo eo eo eo eo eo y^ y^ T-H y-i ^■H y-i y^ v-4 rH 1-4 1—1 1—1 1— t iH 1— 1 1— 1 s C3 a> C5 05 Oi o Oi CT> 05 Oi Oi 05 0; Oi 05 C5 a> 3 tH 1-1 1-1 »-1 T-l "-l •^ "-l ■^ -^ iH '-' i-i 1-1 ■^ ■^ '"' •*' t- t-^ eö eö t^ tr^ eo e<5 ■«* •<* •«»i ■«i! eö eö 1* 1* eö 00 «3 © © oö oö CO CO US ■>* x* US CO co' ^' -* (N « US 1-1 5<1 (N 1-1 1-1 '-I Beiträge zur Kenntais des Gaswechsels der Meeresalgen. 291 ta.g -ÖJ3 S ^^o S l-Sa I © ji © oa GJ t- SM § c = > ^ C O £ N sS » „ 0:§ Q < o i, o 1-3 Q < P 00 t- rt «5 ■n in in o Ci o ^ !>• «s o t- 1- o c -H o 05 «5 •^ •<* Cd 04 05 «n in in Ir- y^ «5 •^ r5 in >n in in in in in in in in in in »n lO in CO CO (N O -r-l CO o" in" icT «T in in in in h- t- t— t— in in in in CO e(5 «5 CO e< C 05 03 OJ 05 Oi C5 C5 Ci 05 in eo 04 ö eo CO CO CO CO CO eo CO eo CO — . C5 CS 03 C5 C5 — i-i -^ ■^ '-l — ' eo CO CO eo CO CO ^ ^ ^ ^ ^ ^ CO eo eo eo CO CO 19* 292 Richard Härder, 1 M 'S f > :?^ , || o S c 2 o z :K o ■| aj i so T> 'S > C3 C ;= g sä — ll ta 1 q="" -3 s "es S O S J3 n :« _ o T-l 5= in 5= .g N S NO s s 'S) . .5P "3) 1 Q ca o Ü5 CQ tt o Q CS Q « « c i j= • CO o O 1^ CO CO t- IN 00 00 in in M ■00 w^ ^ S<1 c^ Cl in in CO t- CO •— o -X. ^ ^^ ^ •* CO 1 c; Ol i^- 00 1—1 © ,-1 o ;s 1—1 1—1 — 1—1 ^H T-< 1—1 — ^-1 ^.. ^ ~ * o ^ — - 1 CO CO 1—1 © 3 ~ ~ o ^ o o C- o ~ o ^ © faE =1 ~^ = =, =" =^ ^„ ~ -^ ~ c o o c — o — o — — c - © ^ © © g«j33 o iC5 in lO in in in «5 t- •«* !>• Ol © t- eo !>• © t- © -sqonsiaA lO in «o ca « CO lO t- ■>* in ■* eo eo m in in in in in in in in in in in in in in in in '- * S c t> t- «O o o es 05 Ol Ol 00 Ol 00 00 o © '-' '^ '-' "-< in in •n 1 * -* ■<* in — CO Ol CO Ol in upe- tur «5 «5 1— t liH ^-i 1—4 1— Ol © (M IN IM (M 7 1 7 Y 7 Ol 1 7 7 1 Y 7 1 7 Y f^ '-• ■^ ■* in in (M in (M IM ■* IM CO [0O.tX «o «> (N CO in «5 CO 1 CO (M IN * -* ■* '^ •* in ■* ■* in in •* ■* ■* ■* r: r: -; -; C _: o — ^ (M ■* ■* ■^ M" ^" r-< 1—1 y^ — H 11^ • c • g * CO t- Oi 00 00 lO 0 yt ■* eo 0 CO 00 •* 0 CO CO 0 ->* CO t- lO 00 1 <^ o OS o -^ 1— t -* ■* t- 00 03 CO CO 1 0 m t- 05 (N «D t- 00 ■^ t- ■^ 00 00 •* 0 C5 (M -* eo t- 1^ tO 0 o 0 0 0 0 0 0 0 0 0 c 0 0 0 0 0 >c la « ift >ft »n in in »n »n »n in 0 0 t— h- OS v-< OS CO r- t- CO 0 CO -* r- 0 -* '^ t- 0 t- "* CO t- eo «5 ■^ lO CO t- CO 0 lO CO iO CO iC CO co CO (N (N co in in (N in ce ta lO 0 »n in lO 10 lO »« la ta lO in in »n in in in »n in in in in ta t-ocscO'^ittNOinins^it-cs in co t- ta in c- in t- ta ■* ta CO CO t- »n in ■^ ■* 0 in Oi (N 00 0 CO in 00 t- y-> CO CO OS ^ ea * •* ■* •>* in in iri lO -* -*" •>* -* »* -* •^ •^ •* 1* -* in OS OS - lO T-H (N N N (N CO S^ «e^ 05 (N »r ffT T-i (jT tH iH T-( 1-1 I I I I (N CO lO 00 -sqonsja^ g 04 (M IM (M (M S^ ^qoiAiaS -n8i[ooix <0 CO CO :jqoiAi9S -qosu^ O CN O »ft »C O ^ ^:g eO r-l 1-1 i-H ►« .& eo eo «5 «5 CO K5 r-1 i-H 1-1 1-1 tH iH O^ Oi o c^ o o u^-qonsia^ ffä TH iH 1-1 Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen. 295 E < CO < ^ E 1—1 « -^ ™ CO) c "o O o Q. o IM eo eo t- CO CO ■* o i— in 05 JS 00 ov t— 00 oo 00 CO 00 CO ZJ) a> o t- «D in in 'f rH CO ■^ 3 e<5 (N o 1— t o o in 00 in IM eo » (N in in in O in in o" 2 N sa 05_ in_ o CO o co^ "t. c» OS s o" oo" t^ (rT i-H (n" s " '"' 3 4? in in in o in S «5 t- o (M in (N in in o" eo_ « *i ■^ t- QO^ o_ eo 00 1 eo^ ► " " '^ hl 3 2 in *1 ©^ ■^ SQ •* in in in IN in TS a tn 3 3^ ec + 1 + + IM d" eo" + + ^ Ä 1 + 1 2 1 in 'Z iS 1 O o" 1 'Si 'Xi S :e8 > in in + oT eo + in + in o" IM in IM S >■ o ift in s 3 + CO 3^1 o t- (M + + OO in o" (M in eo" + H > 0) a> Ö in 00 o 1-H •* t— 00 cc CO C5 CO in > 3 " ^^ '"' ^^ ■^ Ji ^ o , Ä 't. ■^ •>*_ ■^ 1—4 1—4 1^ iH eo_ eo^ eo_ co_ O o bo •c bc 5 ^ ^ " i-T (M ^ t- C-^ t- Ö d d d T-H '"' '"' '"' '"' ■^ '"' '"' (N M Sq (M CS 02 :3 :3 JJl 1/2 Ir- o CO 3 in 3 in • in tS c3 9J o > s o > • c o > • -Sl s 'S o -SS S 'S. 's* O 'S e ^ ^ s Ol 'S) 0) 'S) S ^ 'S) o ö O) X! 'S) 0) 'S) S W o fi O w o n O W o fi t«- 00 05 O o >o urj 05 tc ^ t> 'T + ^ ;:: + I -M I a — TS o B S te ^ 9 04 Ol 94 CO CO CO -— o o § "S •r W S TS ~ w « •j^-sqonsja^^^ Beiträge zur Kenntnis des (iaswechsels der Meeresalgen. 297 E < a> CO o ca c CS x: c < o o 3 CO 09 _® o o Q. ai tC' 'S x> 3 P ^ 3 "3 "5 :cS •- 1 o a> s 3 O P5 o >- S oc 1 4> P o 3 tM CO ^ S^ C5 CD CO « 60 t- o T-< ■* •^ ^ O o .^ ,_^ IM ■* SQ n CO 05 •«* ■>* li S ^- ^H TM 1— ( 3^ (M (M IN a> o o o O O o 1-H o o o o o o o O o j. > CO * o o o — ' o o o &4 , o >ft in in in ^ ^ CS w t- CO o c- in" ^ C5 > 3 0) o «£> in in ■* CO t— CO to >n O in in in in in in J= « ' CJ 3 in «n in (N o ■«i< CO oc 00 CO o ■<* •^ > m 05 00 00 _ iC in ^ ■«* >n t^ t^ d ' c X (N o o — ^ ^ ■>-i > (M IN i-H Tl -H 1-1 -r-l ,-1 > 1-1 " (N in in -* ■* •^ ■* (U '^ 8^ (N (N CO CO CO CO 1 1 1 1 1 1 1 c :« 1 1 1 1 1 lO 00 (N N ■^ ■ a 1^ ■ o ■C 'S" bC bO in in in ^ o o o O ^ '"' ■^ '"' ■^ •*-> a ^ „ „ „ _ c „ „ o H " - - - ^ IH - w M CO CO CC CO CO CO i-H l-H *— ( 1-H ^H 1—1 1—1 1-H :S C5 O c: CT. Ci Oi o 03 3 ^^ "-^ r-H ^H — ' ■^- 1— < ^^ ■^ -* iC in -g" -* •»11 ■>* c; "■ in in "^ '^^ '"' " e -s ^H B 05 o =^ • • • • • „ * fee g fcc fcE sx fco bc tuD faß ^- o an ?^ ^ 0^ a> a> -< 1 ^ « ^ P o •j^-sqonsJ3j\^ C5 O 05 :: o eo o o ■TH i-l (N (M ^ ^ rt T-* 298 Richard Härder, Beiträge zur Kenntnis des Gaswechsels der Meeresalgen. Anhang IV. Tabelle der Titerwerte "/|oo NasSäOa. Versu chs-Nr. Titerwe 27- - 38 78,2 39- - 42 80,2 43- - 54 79,3 55- - 66 79,6 67- -100 79,9 112- -146 . 81,3 147- -158 81,6 159- -161 82,7 162- -189 83,0 190- -197 83,6 211- -218 84,6 225- -237 102,0 240- -291 96,6 558- -587 101,6 588- -607 108,2 bezogen auf 15 ccm KJOs^/ao (75 ccm "/loo Na2S2 03 würden zur Neutralisation ver- braucht werden) bezogen auf 10 ccm K2Cr2 07°/io (100 ccm Vioo NaaSäOs würden zur Neutralisation verbraucht werden) Literatur. Boiinier, G. et Mangln, L., Recherches sur la respiration des feuilles ä l'obscurite. Ann. d scienc. nat., 6. 8er., Bot. t. XIX, 1884, p. 249. Engelmann, W., Untersuchungen über die quantitativen Beziehungen zwischen Ab- sorption des Lichtes und Assimilation der Pflanzenzellen. Bot. Zeitg., Bd. 42, 1884. Garreau, De la respiration ihez les plantes. Ann. d. scienc. nat., 3. Ser., Bot. t. 15, 1851, p. 17. Henze, M., Untersuchungen an Seetieren. Abderhaldens Handbuch d. biochem. Arbeits- methoden, Bd. 3, S. 1084, Berlin u. Wien 1910. Iraklinow, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 51, 1912, S. 519. Kniep, H., Über Assimilation und Atmung der Meeresalgen. Intern. Revue d. ges. Hydrobiologie u. Hydrographie, Bd. 7, 1914. Kolkwitz, R., Beiträge zur Biologie der Florideen. Wiss. Meeresuntersuch., N. F., Bd. 4, 1900, Abt. Helgoland. Kylin, H., fl) Einige Versuche über die Atmung der Meeresalgen. Archiv, f. Botanik, Vol. 11, 1911. — — (2) Zur Physiologie der Meeresalgen. Hoppe-Seylers Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 83, 1913. Loven, Hedwig, Nägra Ron om Algernas Andning Bihang tili k. Svenska Vet. Akad. Handlingar, t. 17, Afd. III, 1891. Oltmanns, F., Morphologie und Biologie der Algen, Bd. II, Jena 1905. Richter, A. v., Farbe und Assimilation. Ber. d. deutsch, bot. Ges., Bd. 30, 1912. Rosanoff, Observations sur les fonctions et les proprietes des pigments de divers algues. Extrait des memoires d. la soc. imp. sc. nat. de Cherbourg, t. 17, 1868, p. 168. Die Erzeugung und Befreiung der Sporen bei Copi 'im IS stei'q i lilim is, Vou A. H. Reginald Buller. Prof. d. Bot. an der Universität Manitoha. Mit Tafel II u. III und 2 Textfigureu. I. Vorbemerkungen. Es ist bekannt, daß die Fruchtkörper der typischen Coprinus- arten (z. B. Coprinns comatus, C. picaceus, C. niveus, C. fimeta- rius, C. atramentarius, C. stercorarius, C. sterquUinus usw.), wenn sie reifen, sich einem sogenannten Verflüssigungsprozeß unter- ziehen, die zu einer Zerstörung des Hutes führt, wobei oft schwarze tintenähnliche Tropfen gebildet werden. Die biologische Bedeutung der Verflüssigung blieb bis zur Veröffentlichung des ersten Bandes meiner „Besearches on Fungi"^) (1909) völlig dunkel. In diesem Werk, das meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geh. Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Pfeffer, gewidmet ist, habe ich die Art und Weise der Erzeugung und Befreiung der Sporen bei Coprinus comatus ausführlich beschrieben-). Ich zeigte, daß bei dieser Gattung, wie bei den Copriuen überhaupt, 1. die Sporen auf jeder Lamelle nach- einander von unten nach oben reifen, 2. daß die Sporen auf jeder Lamelle nacheinander von unten nach oben in die Luft hinaus geschleudert werden und 3. daß die Verflüssigung ein Selbstver- dauungsprozeß ist, der auf jeder Lamelle von unten nach oben 1) A. H. R. Buller, Researches on Fungi. An Account of the Production, Liberation and Dispersion of the Spores of Hymenomycetes treated botanicallj' and phy- sically; also some Observation upon. the Discharge and Dispersion of the Spores of Ascomycetes and of Pilobolus. Longmans, Green and Comp. London 1909. p. 1 — 274, 5 Tafeln und 83 Figuren im Text. 2) 1. c. Kap. XIX, p. 196—215. 3QQ A. H. Eeginald Buller, fortschreitet und diejenigen Teile der Lamelle zerstört, die ihre Sporen schon abgeworfen haben und deren längeres Vorhanden- sein das Fallen der übrigen Sporen verhindern würde. So wurde klar, daß die Selbstverdauung bei der Befreiung der Sporen eine ganz bestimmte und sinnreiche Rolle spielt. Seit 1909 habe ich meine Untersuchungen über die Organi- sation der Fruchtkörper des Coprinus fortgesetzt und Näheres über deren Bau und Tätigkeit ans Licht gebracht. 1910 ver- öffentlichte ich eine Arbeit über Coprinus atramentarius, worin ich die Aufgabe und das sehließliche Los der großen Zystiden dieser Pilzart beschrieb^). Ich zeigte, daß die Vorrichtung zur Erzeugung und Befreiung der Sporen bei Coprinus atramentarius wesentlich die gleiche ist wie bei Coprinus comatus, daß die beiden Arten sich aber darin unterscheiden, wie die benachbarten Lamellen voneinander getrennt gehalten werden während des Reifens und Abw^erfens der Sporen. Bei Coprinus comatus werden die Ober- flächen der Lamellen dadurch auseinander gehalten, daß die La- mellenkanten so anschwellen, daß sie einen verdickten Rand bilden, während sie bei Coprinus atramentarius auseinander gehalten werden durch das Vorhandensein von zahlreichen Zystiden, die über die ganzen interlamellaren Räume verteilt sind und als Spreizen dienen. Bei Coprinus atramentarius sind die Lamellen ungewöhnlich breit, außerordentlich dünn, und daher gar nicht steif. Das Vorhandensein der Zystiden bei dieser Art ist durch- aus notwendig, um die gegenseitige Berührung benachbarter La- mellen zu verhindern, und ist ein wesentlicher Faktor bei einer erfolgreichen Erzeugung und Befreiung der Sporen. Ich machte darauf aufmerksam, daß die Lamellen bei Coprinus atramentarius parallelseitig sind, und stellte fest, was mir das Wichtigste scheint, daß bei den Co^nnw^-Arten das Reifen und Freiwerden der Sporen von unten nach oben an jeder Lamelle und die von unten nach oben fortschreitende Selbstverdauung der sporenfreien Partien der Lamellen als besondere Anpassung an die erfolgreiche Sporen- befreiung von parallelseitigen Lamellen zu betrachten sind. In einer weiteren Arbeit 2) (1911) zeigte ich, daß bei den 1) A. H. R. Buller, The Function and Fate of the Cystidia of Coprinus atra- mentarius together with some General Remarks on Coprinus Fruitbodies. Annais of Botany, Vol. XXIV, 1910, p. 613—629. 2") A. H. R. Buller, The Production and Liberation of Spores in the Uenus Coprinus. Trans, of the British Mycological Soc, 1911, p. 348 — 350. Die Erzeuguntr und Befreiung der Sporen bei Copnnus sterquilinus. 301 Coprinen — im Unterschied zu den meisten Agaricineen {Psalliota campestris usw.) — die Lamellen nicht auf den Reiz der Schwer- kraft reag-iereu, d. h. ag-eotropisch sind, außerdem, daß die Basi- dien dimorph sind. Die Basidien im Hymenium der meisten Coprimis- Arten (z. 13. Coprinns comatus, C. atramentarius, C. sterco- rarius, C. ephemenis usw.) sind zweierlei Art: lang; und kurz. Die lang'en und kurzen Basidien sind untereinander und zwischen den ParaphA'sen verstreut und bilden so ein schönes Mosaik. Ich legte dar, daß der Dimorphismus einen engeren Zusammenschluß der Basidien erlaubt, als es bei monomorphen Basidien möglich wäre, und daß dadurch der hymeniale Raum für die Sporenerzeugung nutzbar gemacht wird. Die Bedeutung des merklichen Auswuchses an den langen Basidien wurde so zum ersten Male klar. Immer- hin, meine Mitteilung war kurz und ohne Abbildungen. Während der letzten 10 Jahre habe ich die Art der Erzeu- gung und Befreiung der Sporen bei ca. 30 Coprinus-kview studiert und ca. 20 Arten in meinem Laboratorium kultiviert. Ich glaube jetzt, daß meine Ansichten für eine Deutung der Tatsachen bei der Einrichtung der Fruchtkörper von Coprinns zu ihrer Reife ge- langt sind, und werde deshalb diese Gelegenheit benutzen, sie bei der Beschreibung von Coprinus atramentarius vorzutragen. Die Abbildungen stellen zunächst dar: 1. den Dimorphismus der Basi- dien, 2. die Tatsache, daß in der Zone der Sporenabstoßung die langen Basidien ihre Sporen vor den kurzen abstoßen: 3. falsch gefallene Sporen, die an den Räudern der Lamellen haften, und 4. den Flüssigkeitstropfen, der an der Basis jeder Spore ausge- schieden wird, wenige Sekunden bevor die Spore heftig in die Luft geschleudert wird. II. Untersuchungen an Coprinus sterquilinus, Coprinus sterquilinus ist eiue der größten Allen und nahe verwandt der Spezies comatus, was sein Annulus, seine Schuppen und die Anatomie seiner Lamellen beweisen. Immerhin, im Unter- schied zu dieser Art, welche zwischen Gras aufwächst, ist Coprinus sterquilinus koprophil: er wächst auf Pferdedung. In England habe ich bei Birmingham Exemplare mit Fruchtkürpern angetroffen auf Pferdedung, der auf einem Felde ausgestreut war; in Kew Gardens auf Pferdedung, der auf Blumenbeeten lag; und bei London auf Pferdedung, der von der Straße geholt und teilweise in den 302 A. H. Reginald Buller, Boden eines Gartens eing-efülirt war. Ebenso erhielt ich aus Wales mit Mycelium infizierten Pferdedung. In Canada habe ich im Freien den Pilz noch nicht gesehen, aber bei anderen Gelegen- heiten schoß er in meinem Laboratorium plötzlich hervor auf Pferde- dungballen, die von den Straßen von Winnipeg aufgelesen waren. Massee schreibt, daß man den Pilz in Britannien, Frankreich, Deutschland, Spanien, Portugal, Schweden und Belgien findet^). Möglicherweise fällt seine Verbreitung mit der der Pferde zu- sammen. Die Fruchtkörper sind groß, von auffallender Erschei- nung und häufig; doch hat sich bis jetzt noch niemand die Auf- gabe gestellt, ihre Einrichtung für die Erzeugung und Befreiung der Sporen zu schildern. Im folgenden will ich versuchen, diese Lücke unserer Kenntnis auszufüllen. Coprinus sterquilinus ist ein typisches Beispiel für die den Coprinen eigentümliche Einrichtung, daß die Lamellen, während sie die Sporen abwerfen, einer Selbstverdauung anheimfallen. Der Pilz ist auch besonders für eine Detailuntersuchung geeignet dank der Leichtigkeit seiner Kultur, dank der ansehnlichen Größe der Basidien und Sporen. Bei meinen Exemplaren waren die Sporen 20 — 22 // lang und 11 — 12 // breit. Die Größe der Basidien und der anderen Lamellenelemente kann man aus den Maßstäben in Fig. 17 u. 18 auf Taf. ID erkennen. Ich habe Coprinus sterquilinus bei mehreren Gelegenheiten in Winnipeg erhalten, indem ich die Tatsache benutzte, daß die Sporen, ohne Schaden zu leiden, den Verdauungskanal der Pferde passieren können. Der Winter in Manitoba ist streng. Der Boden ist ge- wöhnlich von Mitte November bis Ende März mit Schnee bedeckt, und während dieser Zeit schwankt die Temperatur zwischen 0" und — 40° C. Pferdedungballen, die im tiefen Winter auf den Schnee der Straßen entleert werden, frieren gewöhnlich in wenigen Minuten hart und bleiben in cÜesem Zustand, bis die Frühjahrs- schmelze einsetzt. Außer der Unzahl von Bakterien enthalten die Pferdefäces immer auch die Sporen von einer Anzahl koprophiler Pilze. Diese Sporen sind mit dem Futter verschlungen worden und haben trotz ihres Durchgangs durch den Verdauungskanal ihre Lebensfähigkeit behalten. Wenn daher die Ballen auf den Straßen von Winnepeg gefrieren, so frieren die Sporen von ver- 1) G. Massee, A Revision of the genus Coprinus. Annais of Botany Vol. X. 1896. S. 139. Die Erzeugung und Befreiung der Sporen bei Coprinus sterquilinus. 303 schiedenen koprophilen Pilzen, die darin eingeschlossen sind, mit ein. Wenn solche gefrorenen Ballen von den Straßen zu irgend einer Zeit im Winter aufgelesen und im Laboratorium in eine be- deckte Kristallisierschale gelegt wurden, so fand man, daß im Laufe von wenigen Wochen auf ihnen die Fruchtkörper einer oder mehrerer Arten von Coprinus wuchsen; die häufigsten waren: C. ephemerus, C. radiatus, C. fimeta.rius. Unter anderen Arten trat mehrfach Coprinus sterquilinus auf. Es ist immer möglich zu erkennen, ob auf einem Ballen, der einige Wochen lang aufbe- wahrt ist, ein Fruchtkörper zu sprossen beginnt oder nicht, denn dann erscheint immer zuerst eine weiße flockige Schicht von Myce- lium außen an dem Ballen, indem sie ihn teilweise oder ganz be- deckt. Wenn ferner einzelne benachbarte Ballen infiziert sind, so breiten sich dicke weiße Myceliumstränge aus, welche die Myce- lien der verschiedenen Ballen miteinander verbinden (vgl. Fig. 1 u. 2, Taf. n). Auf einem Ballen entsteht immer nur ein Frucht- körper, und sehr oft saugt ein einzelner Fruchtkörper aus verschie- denen Ballen seine Nahrung. Das Vorhandensein der oberfläch- lichen Myceliumlage zusammen mit den verbindenden Mycelium- strängen hängt offenbar damit zusammen, daß der Pilz auch aus einem Substrat, das mehr oder weniger in kleine Portionen geteilt ist, große Fruchtkörper bilden kann. Um in einem einzelnen vegetativen Körper genügend Nahrung zur Bildung eines Frucht- körpers von durchschnittlicher Größe zusammen zu bringen, ist eine Einrichtung getroffen, welche die vorhandenen Mycelien mehrerer Dungballen zu einem System vereinigt. Eine Reinkultur von Coprinus sterquilinus herzustellen, ist eine leichte Sache, wenn man einmal einen Fruchtkörper hat. Ich ging gewöhnlich so vor: 12 oder 15 Pferdedungballen wurden in eine Kristallisierschale (18 cm breit und 6 cm hoch) gelegt, so daß sie den Boden bedeckten. Die mit einer Glasplatte bedeckte Schale wurde dann in einen Dampfsterilisator gesetzt und 45 Minuten lang in einer Temperatur von 100 "^ gehalten. Ich nahm sie her- aus und ließ abkühlen. Ich infizierte die Ballen, indem ich den Deckel hob und genau über jeden Dungballen einen Pilzhut, der eben Sporen entwickelte, einige Sekunden lang hielt. Gelegentlich schlug ich einen sichereren Weg ein. indem ich die Ballen mit den sporentragenden Lamellen bestrich. Noch eine andere Methode der Infektion wandte ich an: Der basale Teil des Stieles bleibt lebendig noch für einige Stunden, nachdem der übrige Teil des 304 -^- H- Regiiiald Buller, Fruchtkörpers zugrunde geg-augen ist. Ich fand nun, daß, wenn der basale Teil des Stieles in einzelne längliche Stücke zerteilt und jedes Stück zwischen zwei sterilisierte Dungballen gebracht wird, eine Infektion leicht durch die Hyphen zustande kommt. Noch bessere Resultate erlangt man, wenn man junge Stiele nimmt ^). Die Stielmethode der Infektion hat den Vorteil vor der Sporenmethode, daß bei ihrer Anwendung die Zeit zwischen In- fektion und Bildung von neuen Fruchtkörpern um 7 — 14 Tage ver- kürzt wird. Bei der Sporenmethode verstreichen 6 oder 7 Wochen, bis der erste Fruchtkörper gebildet wird, aber mit der Stielmethode nur 4 — 5 Wochen. Der junge Fruchtkörper beginnt seine Entfaltung auf einer oder mehreren von den weißen Mycelstnängen, die, wie schon er- wähnt, außen an den Dungballen erscheinen. Zuerst ist er nur ein kugeliger Hyphenknäuel, wenn er aber größer wird, nimmt er die Form eines Kornes an. Der obere Teil des Kornes wird gelb- lich und zeichnet sich durch eine leichte Einschnürung von dem unteren Teil ab, der bald anschwillt. Der obere Teil wird bald konisch und bildet den Hut, während der untere eine kugelige Gestalt annimmt und zu der geschwollenen Basis des Stieles wird (Fig. 1, Taf. II). Ungefähr eine Woche später hat der Hut seine Entwicklung begonnen, der Stiel verlängert sich rasch, der Hut breitet sich aus, und die Sporen werden in die Luft abgestoßen (Fig. 2—8, Taf. II). Die Spitze des Hutes hat im jüngsten Stadium ein graugelbes Aussehen, wenn der Hut aber an Größe zunimmt, beschränkt sich diese Färbung auf die Scheibe, wo sie erhalten bleibt, bis der Fruchtkörper zusammenbricht. Bevor der Stiel sich zu verlängern beginnt, sind die Seiten des Hutes glänzend weiß, wenn sie auch in feine Schuppen gespalten sind. Die allgemeine weiße Farbe des Hutes beginnt sich zu verändern, sobald der Stiel eine Länge von ca. 8 cm erreicht hat. Das schneeweiße Aussehen wird zu einem Silbergrau, dieses dann zu einem Blaurot. Das Botwerden des Hutes breitet sich aus auf die oberen freien Teile des Stieles und wird herbeigeführt durch einen roten Zellsaft, der sich in den betroffenen Teilen entwickelt. Der rote Zellsaft wurde in all 1) Die Stielmethode zur Herstellung reiner Kulturen wurde ausgearbeitet durch B. M. Duggar. Siehe: The Principles of Mushroom growing and Mushroom spawn making. U. S. Dep. of Agricult. Bureau of Plant Industry, Bull, no 85. 1905. Die Erzeugung und Befreiung der Sporen bei Coprinus sterquüinus . 305 den Zellen der Lamellen beobachtet, welche Basidien und Para- physen einschließen. Seine Bildung geht einer Entwicklung von schwarzem Pigment in den Wänden der Sporen voraus. Einer ähnlichen Bildung von rotem Zellsaft begegnet man bei Coprinus comatus. Bei dieser Art werden die Lamellen, wie man leicht beobachten kann, von unten nach oben rötlich und nachher, wenn die Sporen zu reifen beginnen, werden sie schwarz von unten nach oben. Die physiologische Bedeutung des roten Zellsaftes bleibt ein Problem einer späteren Untersuchung. Wenn der Stiel eine Länge von ca. 10 cm erreicht hat, werden — bei feuchten Bedingungen — oft einzelne Tropfen des roten Zellsaftes von den Rändern des Hutes abgesclüeden. Verlängert sich der Stiel weiter, so wird der Hut dumpfrot und endlich schwarz. Der Farben- wechsel ist vor allem darauf zurückzuführen, daß in den Wänden der Sporen ein schwarzes Pigment sich entwickelt; er rührt aber teilweise davon her, daß der rote Zellsaft allmählich in eine dumpf braune Farbe übergeht. In dem Stadium, das auf Fig. 5 — 8, Taf. II zu sehen ist, hat der Hut eine so dunkle Farbe, daß man ihn als schwarz bezeichnen kann. Der konisch-zylindrische Hut wird bei seiner Entfaltung zu- erst glockenförmig (Fig. 4, Taf. II), dann schirmförmig (Fig. 5 u. 6) und dann fast eben. Schließlich biegt sich sein Rand zu- rück (Fig. 7 u. 8). Die Scheibe bleibt gewöhnlich bis zum Schlüsse etwas nabeiförmig. Wenn man den entfalteten Hut von oben be- trachtet, so ist er schwarz, außer der braungelben Scheibe und den Schuppen, die gewöhnlich weiß, manchmal auch rötlich sind. Die Größenverhältnisse des reifen Hutes eines gutgewachsenen Fruchtkörpers mag man aus den Abbildungen auf Tafel II entnehmen. Wenn der Hut glockenförmig wird, erscheinen unterhalb der Schuppen längliche Streifen. Diese Streifen rühren davon her, daß sich die Lamellen nach unten zu zu spalten beginnen. Öffnet sich der Hut weiter, so werden aus den Streifen Furchen, die 1 — 2 mm tief und ebenso breit werden können, an der Peripherie des Hutes. Die unvollständige Spaltung der Lamellen an ihrer An- satzstelle — siehe den Vertikalschnitt auf Fig. 15, Taf. II — er- laubt dem Hut eine sehr rasche Entfaltung ohne eine entsprechende Zunahme des Hutfleisches. Gelegentlich teilen sich, wenn der Hut sich ausbreitet, einige Lamellen vollständig in zwei Hälften. Der Hut wird dann in ein Halbdutzend oder mehr Strahlen zerschlitzt. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 20 306 ■^- H. Reginald Buller, Entfleisch ist praktisch nicht vorhanden, ausgenommen an der Scheibe, wo sein Vorhandensein für eine Vorrichtung notwendig ist, die das Gewicht der Lamellen hält, während der Hut sich ausbreitet (vgl. Fig. 3—8, Taf. n). Die Lamellen sind 3 — 6 mm breit und 2,5 — 5 cm lang. Sie sind anfangs ganz weiß, dann rötlich, da sich in jeder Zelle der schon erwähnte Zellsaft bildet, und schließlich rotschwarz infolge der Bildung eines sehr dunkelbraunen Pigments in den Sporen. Der Farbenwechsel findet an jeder Lamelle von unten nach oben statt (vgl. Fig. 3, Taf. II). Die Form der Lamellen im Querschnitt zeigt Fig. 9, Taf. IL Die beiden Seiten einer Lamelle sind nicht ganz parallel, sondern leicht konvergent, vom Fleisch zum freien Rand gerechnet; aber anstatt am freien Rand scharf zu enden, wie bei Psalliota campestris, Marasmius oreades usw., geht jede Lamelle in einen verdickten Rand über (Fig. 9 u. 10, Taf. ü). Die verdickten Ränder der Lamellenkanten berühren einander, be- vor der Hut sich öffnet und solange die Entwicklung der Sterig- mata und der Sporen andauert (Fig. 11, Taf. II). Nahezu parallelseitige Lamellen mit verdickten Rändern kommen ebenso bei Coprinus comatus vor^). Hier, wie bei den eben be- handelten Arten, hat die Gestalt der Lamellen die Bedeutung, Raum zu schaffen für die Entwicklung der Basidien an den gegen- überliegenden hymenialen Oberflächen benachbarter Lamellen. Gegenüberliegende sporentragende Basidien dürfen nicht mitein- ander in Berührung kommen, oder es wäre eine gegenseitige Ver- mischung die Folge, die während der Bildung der Sporen schädlich sein würde. Nun sind bei diesen beiden Arten keine Zystiden an der Seite der Lamellen vorhanden. Bei Coprinus atramentarius, zeigte ich, wirken die Zystiden, die zwischen benachbarten Lamellen die interlamellaren Räumen durchkreuzen, als Schutzpfosten und halten so die Oberflächen benachbarter Lamellen, die sehr dünn und mechanisch schwach sind, in einer für die freie Entfaltung der Basidien notwendigen Enfernung voneinander^). Wenn keine Zystiden vorhanden sind, so müssen die interlamellaren Räume auf eine andere Weise erhalten bleiben. Dies ist erreicht bei Coprinus comatus und bei C. sterquilinus erstens durch die leichte Ausbreitung des Hutes, so daß die Lamellen, da wo sie mit dem 1) A. H. R. Buller, Eesearches on Fungi loc. cit. Taf. I, Fig. 5. 2) A. a. 0. in den Vorbemerkungen. Die Erzeugung und Befreiung der Sporen bei Copnntis sterquilinus. 307 Hutfleisch verbunden sind, in angemessener Entfernung vonein- ander stehen, und zweitens durch die Bildung von verdickten Rändern, dort wo die Lauiellen in der Nähe des Stieles zusammen- kommen (Fig. 9 u. 11, Taf. II). Ferner sind die Lamellen etwas dicker und entsprechend steifer, als bei Coprinus airamentarius u. a., wo die Z3"stiden als raumschaffende Organe wirken. So werden dadurch, daß die Lamellen voneinander getrennt w^erden — ein- mal am Fleisch des Hutes, und dann am Stiel — und daß die Lamellen genügend steif sind, um Versackungen in den mittleren Teilen zu verhindern, die für die freie Entwicklung der Basidien notwendigen Bäume erhalten. Der Stiel w^ächst sehr schnell in die Länge, einige Stunden bevor die Sporen ausgeworfen werden. Er geht von dem Zustand auf Fig. 2, Taf. II über in den auf Fig. 3, Taf. II im Laufe eines einzigen Abends. Als größtes Maß seines Wachstums wurde be- obachtet 1 cm pro Stunde. Der völlig ausgestreckte Stiel ist 9 — 15 cm lang. Er ist an der Basis verdickt, in seinem unteren Teil ist er ungefähr 0,5 — 1 cm dick und verjüngt sich etw^as nach oben (Fig. 2 u. 3, Taf. 11). Zuerst ist er weiß, w^rd aber in seiner oberen Hälfte während der Verlängerung rötlich und endlich schwärzlich. Das Schw^arz- werden des oberen Teües ist eine normale Erscheinung und nicht auf einen Zufall zurückzuführen. Ich hebe das hervor, weil Massee^) irrtümUch behauptet hat, daß der Stiel schwarz wird, wenn er zerquetscht wird. Ich habe mehrmals versucht, den Pilz durch Quetschung zur Schwärzung zu bringen, habe es aber nie- mals erreicht. Der Schaft des Stieles ist, wie bei allen anderen Coprinus-Xrten, hohl (Fig. 3, Taf. II) und zerbrechlich. Er hat, scheint es, seine Substanz zum äußersten Minimum reduziert, das gerade noch für seine stützende Aufgabe ausreicht. Die verdickte Basis des Stieles ist solid, weiß und einschließlich die losen HjT)hen, die ilin bedecken, hat er oft einen Durchmesser von 1,3 cm, wenn auch die mehr solide Partie nur 0,8 — 1,0 cm dick ist. Die Basis kann oben enden in einer ausgew^achsenen Hülle oder Scheide, in W'elchem Falle kein freier Bing gebildet wird (Fig. 2, Taf. II); gewöhnlich wird von der Basis des Hutes ein Bing am Stiel ge- bildet in einer Höhe von 1 — 2 Drittel der Gesamtlänge (Fig. 3, Taf. 11). Ich glaube, daß äußere Bedingungen der Kultur es be- 1) G. Massee, A Eevision of the genus Coprinus a. a. 0. S. 139. 20* 308 ^- ^- Reginald Buller, stimmen, ob ein Ring oder eine Scheide gebildet werden soll. Es kann sein, daß sehr feuchte Bedingungen der Bildung eines Ringes günstig sind und ziemlich trockene der Bildung einer freien Scheide; doch bedarf diese Annahme noch genauer Prüfung. Die Struktur des Hymeniums bei einer völlig entwickelten Lamelle gerade vor der Sporenentladung ist dargestellt in der Zone a der Fig. 17 u. 18, Taf. II. Die Elemente, aus denen das H^anenium zusammengesetzt ist, sind Basidien und Paraphysen. Zystiden sind an den Seiten der Lamellen nicht vorhanden. Die Basidien sind dimorph: wir können sie in zwei Gruppen teilen: lange und kurze. Bei der Entfaltung irgend eines kleines Bezirks des Hymeniums entwickeln sich die langen Basidien ein wenig schneller als die kurzen^). Die Zahl der kurzen Basidien ist der der langen annähernd gleich; doch herrschen die ersteren ein wenig vor. Die Zone a der Fig. 17 wurde aus Camera-lucida-Zeichnungen konstruiert, die denen auf Fig. 12 u. 13, Taf. II ähneln, wenn sie auch vergrößert sind. Fig. 12 stellt genau die Stellung der Sporen der langen und kurzen Basidien dar, entsprechend einem kleinen Bezirk des Hymeniums, während Fig. 13 die Anordnung der Basi- dien und Paraphysen gibt. In Fig. 13 sind die langen Basidien schattiert worden, die kurzen blieben unschattiert. Es ist wegen der optischen Schwierigkeiten unmöglich, eine Camera-lucida-Zeich- nung zu machen, welche die Sporen zugleich mit den Umrissen der Basidien und Paraphysen einschließt. Bei der Konstruktion der Zone a in Fig. 17 wurde deshalb zuerst eine Zeichnung wie in Fig. 13 gemacht und dann die Sporen oben an den Sterigmaten eingezeichnet. In der Zone a der Fig. 18 kann man leicht die langen Basi- dien (l) von den kurzen (s) unterscheiden. Die kurzen Basidien ragen nicht über die Paraphysen hervor, während die langen sich ca. 28 fi hinaus in die Luft fortsetzen. In der Zone a von Fig. 17 sind die Körper und Sporen der langen Basidien tiefer schattiert als die der kurzen. Ich bemerke, daß die Sporen hier wie in Fig. 12 oft zum Teil vertikal stehen über den Sporen der kurzen; aber der Vorsprung an den langen Basidien ist so beschaffen, wie 1) Ich werde die Bedeutung dieser für das Verständnis der Entwicklung der Coprinen interessanten Tatsache in dem nächsten Band meiner ,,Researches on Fungi" darstellen. Die Erzeun;uiig und Befreiung der Sporen bei Coprinus sterquilinus. 309 man in Fig. 18 sehen kann, daß die ersteren nicht die letzteren berühren können. Wenn man die Zone a betrachtet — auf Fig. 17 wie 18 — bei deren Zeichnung ich den höchsten Grad der Ge- nauigkeit zu erreichen suchte, so ist es augenscheinlich daß, wenn die Basidien monomorph anstatt dimorph wären, entweder ihre Zahl verringert werden müßte oder daß ein ernstliches An- einanderstoßen stattfinden würde. Dadurch, daß es zweierlei Art von Basidien gibt, kurze und lange, kann eine größere Anzahl von Basidien auf einen kleinen Bereich des Hymeniums zusammen- gedrängt werden, als es möglich wäre, wenn sie dieselbe Länge hätten. Wir können also annehmen, daß der Dimorphismus der Basidien eine für die Sporenbildung ökonomische Einrichtung ist und den Frnchtkörper als Ganzen leistungsfälliger macht. In einem Querschnitt durch eine Lamelle, wie er in Fig. 18, Taf. III gegeben ist, fallen die langen Basidien durch ihre Vorsprünge auf. Frühere Beobachter, wie Patouillard ^), Brefeld^) und Massee ^), haben die kurzen Basidien übersehen. Als ich Coprinus comatm und C. atramentarius studierte, habe auch ich unglücklicher- weise die kurzen Basidien übersehen und nur lange für das Hy- menium dieser Arten gezeichnet^). Die Zeichnungen auf Taf. H u. III dieser Arbeit berichtigen bis zu einem gewissen Grade diesen Fehler. Ich werde auch neue Zeichnungen für das Hymenium der oben genannten zwei Arten veröffentlichen in dem zweiten Bande meiner "Researches on Fungi", der zum Druck vorbereitet wird. Paraphysen sind überall im Hymenium der Co^rmw^- Arten vor- handen. Sie sind groß, verschmolzen und bilden ein zusammen- hängendes System. Sie trennen benachbarte Basidien voneinander. Ihr Vorhandensein im Hymenium von Coprinus sterquilinus zeigen deutlich Fig. 13, Taf. H und Fig. 17 u. 18, Taf. III. Die Notwendig- keit ihres Vorhandenseins erkennt man vielleicht leichter, wenn man für einen Augenblick sich vorstellt, daß alle Paraphysen weg- genommen würden und alle Basidien in Berührung miteinander kämen. Ein allgemeines Durcheinander wäre das Resultat. Die 1) N. Patouillard, Tabulae analyticae fungorum, Ser. 1, 1883 — 86; siehe die Figuren für Coprinus Palouillardii usw. 2) 0. Brefeld, Untersuchungen, Heft III, 1887, Tafeln iviv Coprinus stercorarius. 3) G. Massee, A Revision of the Genus Copnnus. Ann. of Bot., Vol. X, 1896, PI. XI, fig. 25. 4) A. H. R. Buller, Eesearches on Fungi, für Coprinus comatus, PI. III, fig. 14 — 16; Ann. of Bot. XXIX, 1910, PI. 50—51 für C. atramentarius. 310 A. H. Reginald Buller, Paraphysen wirken als notwendig'e Elemente in dem Hymenium einer jeden Coprinus- Art, indem sie als raumschaffende Org-ane gebraucht werden. Sie verhindern die Berührung benachbarter Basidien und ermöglichen so eine freie Ent\\'icklung und Befreiung der Sporen. Wenn, meiner Meinung nach, die Paraphysen eine raumschaffende Wirkung haben, so erfüllen sie doch eben so gut andere Funktionen. Sie stützen die Basidien und halten sie in einer zum Hymenium senkrechten Stellung. Sie versorgen wahrscheinhch die Basidien auch mit Wasser und vielleicht mit anderen Substanzen. Wie oben bemerkt, bilden die Paraphysen ein zusammenhängendes System. Sie verstärken die Festigkeit der Lamellen im Ganzen. Während der Entfaltung des Hymeniums erreichen die Basidien ihren maximalen Durchmesser in einem frühen Stadium. Die Para- physen sind zuerst schmal und werden weiterhin immer breiter. Sie können als die elastischen Elemente des Hymeniums angesehen werden. Durch Ausbreitung passen sie sich den Ansprüchen des Hymeniums bei Öffnung des Hutes an. Die Basidien, die zuerst Sporen bilden, finden sich immer an den untersten Teilen der Lamellen. Eine hymeniale Entwicklungs- welle rückt langsam vor, aufwärts an jeder Lamelle von der Basis bis hinauf. Die Sporen werden, während sie reifen, schwarz da- durch, daß sich in ihren Wänden ein ganz schwarzbraunes Pigment bildet. Deshalb werden die Lamellen zuerst an der Basis schwarz und die Schwärzung schreitet von unten nach oben an jeder Lamelle fort (vgl. Fig. 3, Taf. H). Wenn der Hut sich soweit ausgebreitet hat, wie Fig. 4, Taf. II zeigt, beginnt der Prozeß der Sporenabstoßung. Die ersten Sporen, die abgestoßen werden, sind die, welche an einer schmalen Zone sich befinden, die sich beiderseits längs, der untersten Kante jeder Lamelle erstreckt (s auf Fig. 5, Taf. IT). Diese Zone der Sporen- entladung bewegt sich aufwärts an jeder Lamelle fortschreitend von der Basis bis hinauf. Bei großen Fruchtkörpern fand man für die Zeit dieses Fortschreitens 8 bis 12 Stunden unter den Bedingungen des Laboratoriums. Gerade bevor die Sporen abgestoßen w^erden, unterliegt der verdickte Rand der Lamellenkante unter der Zone der Sporenbildung einer Selbstverdauung: er wird flüssig und ver- schwindet. Er kann deshalb nicht den freien Austritt der ersten zu entladenden Sporen behindern. Sobald eine schmale Zone (ca. 0,1 mm) längs der Basis jeder Lamelle dadurch sporenfrei geworden ist, daß die Sporen von den Basidien weggeschleudert wurden, so setzt Die Erzeugung und Befreiung der Sporen bei Copriniis sterquüinus. 311 sich der Prozeß der Selbstverdauun^, der, wie wir oben sahen, den Rand der Lamelle zerstört hat, nach oben hin fort. Die unteren Zellen, aus denen sich die Lamellen in den sporenfreien Zonen zusammensetzen, fallen zusammen und werden flüssig. Ich habe den Zerstörungsprozeß, der den Mykologen als Verflüssigung bekannt ist, Selbstverdauung ^) genannt; denn man hat einigen Grund aus Analogie zu schließen, daß die Lamellengewebe durch Enzyme zerstört werden, welche aus dem Zellsaft der absterbenden Lamellen frei werden. Diese Annahme ist gestützt worden durch die Arbeit von Weir''^), welcher gezeigt hat, daß der Hut einer Coprimis-krt ein Enzym enthält, welches geeignet ist, die Wände bestimmter Hyphen zu zerstören. Die Zone der Selbstverdauung, die in der oben beschriebenen Weise beginnt, steigt stufenweise an jeder Lamelle empor, die so von unten nach oben zerstört wird. Die Zone der Selbstverdauung folgt hart hinter der Zone der Sporeuabstoßung, geht aber nie in sie liinein. Sie befällt nur die Zone, die frei von Sporen geworden ist. Nachdem die Selbstverdauung begonnen hat, kann man auf der Oberfläche jeder Lamelle — parallel der Kante und V2 mm nach innen — fünf aufeinanderfolgende Zonen unterscheiden. Die Zonen, die auf Fig. 17 u. 18, Tai. III abgebildet sind, sind folgende: a) eine Zone von Basidien mit reifen Sporen, die sich aufwärts bis zur oberen Kante jeder Lamelle erstreckt, und die daher mehrere Millimeter hoch sein kann; b) eine Zone der Sporeuabstoßung, zusammengesetzt aus zwei Unterzonen; c) eine Zone sporeufreier Oberfläche, von der die Sporen eben entfernt sind; d) eine Zone der Selbstverdauung und e) ein dunkler, klebrig-flüssiger Streifen, der die Produkte der Selbstverdauung und eine Anzahl von Sporen enthält, die nicht auf die normale Art ausgestoßen wurden. Diese 5 Zonen behalten ihre relativen Abstände unverändert bei. Sie bewegen sich allmählich aufwärts, so daß sie im Laufe von 8 bis 12 Stunden die ganze Länge jeder Lamelle zurücklegen. Das Kürzerwerden der Lamellen infolge der Selbstverdauung ist abgebildet auf Taf. H durch die Fig. 5—8. In Fig. 5, Taf. II ist ungefähr Vs jeder Lamelle zerstört worden. Die Zone der 1) A. H. R. Buller, Eesearches on Fungi, a. a. 0., S. 200, ebenso The Function and Fate of the Cystidia of Coprinus atramentarius. A. a. 0., S. 619. 2) J. R. Weir, Untersuchungen über die Gattung Coprinus. Flora, Bd. 103, 1911, S. 271. 312 A. H. Eeginald Buller, Sporenabstoßung befindet sich gerade über der Lamellenkante, sie ist mit a bezeichnet. Gebrochene Linien zeigen die Form und die Stellung der Lamellen gerade nach dem Beginn der Sporenabstoßung an. Die ersten Sporen, die frei werden, befinden sich gerade über der Lamellenkante bei s. In Fig. 6, Taf. 11 ist ungefähr die Hälfte jeder Lamelle verschwunden, in Fig. 7, Taf. II ca. ^U und in Fig. 8, Taf. II fast die ganze Lamelle. In den letzten drei Figuren ist diagrammatisch dargestellt worden, wie die Sporen von der Lamellen- kante herabfallen und von einem leichten Wind weggetragen werden. Auf Fig. 15, Taf. II ist ein Yertikalschnitt durch drei Lamellen — in der Richtung o — p auf Fig. 6, Taf. II — zu sehen, während Fig. 16, Taf. II ein kleines Stück einer Lamelle in Flächenansicht darstellt. In beiden Figuren ist die Vergrößerung 15 fach. Die Pfeile zeigen die Richtung an, in der sich die Sporen bewegen, wenn sie von der Zone der Sporenabstoßung in ruhige Luft ge- schleudert werden. Die 5 Zonen, welche in der Nähe der Lamelleukante, die von Sporen frei wurde, unterschieden werden können, und welche auf Fig. 17 u. 18, Taf. III abgebildet sind, sollen nun genauer be- schrieben werden. a) Die Zone der Basidien mit reifen Sporen. Sie ist schon genügend beschrieben worden. Sie besteht aus langen und kurzen Basidien und aus Paraphysen, und bildet mit deren Anordnung ein schönes und raumsparendes Mosaik. b) Die Zone der Sporenabstoßung. Sie ist ca. 12 mm breit und besteht aus 2 Unterzonen: &i, eine obere Zone der Sporen- abstoßung für die laugen Basidien und &2 eine untere für die kurzen Basidien. Als ich die lebende Lamelle, welche Sporen ab- warf, in eine geschlossene Glaskammer aufhing und dann sorgfältig mit einem Horizontalmikroskop beobachtete, fand ich, daß in jeder schmalen Zone — parallel zu der Lamellenkante (Zone &i &i in Fig. 17, Taf. III) — die langen Basidien ihre Sporen zuerst abstoßen und erst, wenn alle Sporen dei- langen Basidien verschwunden sind, die kurzen Basidien die ihren abstoßen. Das ist eine schöne Verfeinerung in der Einrichtung des Hymeniums. Da die Sporen der langen Basidien oft teilweise senkrecht über den Sporen der kurzen stehen, ist es klar, daß, wenn es keine solche Ordnung der Sporenabstoßung gäbe, wie ich sie oben beschrieben habe, die Sporen der langen Basidien, wenn sie abgestoßen werden, oft gegen die Sporen der kurzen schlagen würden. Da die Sporen Die Erzeugung und Befreiung der Sporen bei Coprinus sterquilinus. 313 klebrig' sind, würde das zu einem ansehnlichen Verlust von Fort- pflanzungszellen führen. Aber dieser Nachteil ist beseitigt dadurch, daß die langen Basidien jeder Zone ihre Sporen zuerst abstoßen. Die Abstoßung- der Sporen von einem Basidium bei Coprinus sterquilinus geht in derselben Weise vonstatten wie bei den Hj^meno- myceten im allgemeinen. Die 4 Sporen eines jeden Basidiums werden heftig mehr oder weniger senkrecht von dem Hymenium vorgestoßen in den benachbarten Raum zwischen den Lamellen. Die 4 Sporen verlassen ihre Sterigmata nacheinander und werden nicht alle zusammen abgestoßen. Die Abtrennung kann leicht beobachtet werden, wenn man eine Lamelle, wie sie auf Fig. 6, Taf. II abgebildet ist, in eine geschlossene Glaskammer oder unter ein großes Becherglas legt, wo sie vor zu großem Wasserverlust geschützt ist, und von oben auf sie herabschaut. Man kann dann sehen, wie die Sporen ihre Basidien in der Zone der Sporen- abstoßung verlassen. Man wird l^asidien finden, die 4, einige, die 3 oder 2, andere, die eine oder gar keine Sporen mehr haben. Die Abstoßung aller 4 Sporen von einem Basidium braucht, wenn ein- mal der Prozeß begonnen hat, 1 — IV2 Minuten. Mit Hilfe eines Horizontalmikroskops, das ich 1909 beschrieben habe^), fand ich, daß die Sporen von dem Hymenium ungefähr 0,2 mm weit in den Raum zwischen den Lamellen geschleudert werden. Dann machen sie eine kurze Wendung, nach der sie bei ruhiger Luft senkrecht abwärts fallen. Die Flugbahn, die von den Sporen der Hymeno- myceten beschrieben wird, habe ich eine Sporabola genannt^). Für Coprinus sterquilinus sind 2 Sporabolen auf Fig. 14, Taf. II dar- gestellt und sechs weitere in Fig. 15, Taf. II. Aus Messungen der Fallgeschwindigkeit von Sporen verschie- dener Größe, die an anderer Stelle gemacht wurden^), kann ge- schätzt werden, daß die Geschwindigkeit des Sporenfalles bei Coprinus sterquilinus in ruhiger Luft ungefähr 4 mm/sec beträgt, wenn die Luft mit Wasserdampf gesättigt ist, und 2,5 mm/sec, wenn sie trocken ist. Die Verringerung der Fallgeschwindigkeit bei trockener Luft kommt daher, daß die Sporen durch Verlust an Feuchtigkeit rasch kollabieren. In der freien Natur hat eine sehr schwache Luftbewegung zur Folge, daß die Sporen weite Strecken 1) A. H. R. Buller, Researches on Fungi, loc. cit., p. 142. 2J A. H. R. Buller, Researches on Fungi, p. 185. 3) Ibid. p. 175. 314 A. H. Eeginald Buller, fortgetrag-en werden. Die Art, in der die Sporen die Unterseite des Hutes bei einem leichten Luftzug verlassen, ist dargestellt auf Fig. 6, 7 u. 8, Taf. H. Wenn ein Fruchtkörper in einem Becher- glas in aufrechter Stellung gehalten und nun die Luft unter dem Hut durch ein konzentriertes Lichtbündel eines elektrischen Bogeus beleuchtet mrd, so kann man den Fall der einzelnen Sporen mit bloßem Auge direkt beobachten^). Wieviel Sporen im ganzen an einem großen Fruchtkörper entwickelt werden, wurde nach der Zahl der Sporen berechnet, die auf einem kleinen Bezirk des H3'meniums produziert werden, und aus der Größe der Gesamtober- fläche der Lamellen. Bei einem Fruchtkörper mit einem 4 cm hohen Hut war die Anzahl der Sporen pro qmm der H3'menium- oberfläche 2900, und die Gesamtoberfläche des HjTiieniums ungefähr 34 500 mm-. Daraus ergibt sich, daß die Gesamtzahl der von dem Hut gebildeten Sporen ungefähr 100 000000 war. Nun ist noch ein Punkt bei dem Vorgang der Sporenbefreiung der Hymenomyceten zu erwähnen, den ich bis vor 3 Jahren über- sehen und bis jetzt noch nicht beschrieben habe. Ungefähr 5 — 15 Sekunden, bevor eine Spore abgestoßen werden soll, wird immer ein winziger Wassertropfen an der Basis jeder Spore ausgeschieden und zwar an der Seite, die der Achse der Basidien am nächsten ist, und an dem Punkt, wo die Spore mit dem Sterigma verbunden ist (vgl. Fig. 18, Zone 6). Fayod-) beol)achtete die Ausscheidung dieser Tropfen bei Galera tenera, aber er gab keine Abbildung davon. Meine eigenen Beobachtungen wurden gemacht, bevor ich mit Fayods Resultaten bekannt wurde. Kürzlich hat DieteF) ent- sprechende Tropfenausscheidungen für die Sporidien der Bostpilze beschrieben, bei denen die Teleutosporen ohne Ruheperiode keimen. Ich habe gefunden, daß bei allen Hymenomyceten (ca. 50 Spezies, die die Hauptgruppen repräsentieren) die Ausscheidung eines Flüssigkeitstropfens vor der Sporenabstoßung die Regel ist. Ich habe auch Dietels Beobachtungen auf einen Rostpilz ausgedehnt, bei dem die Teleutosporen eine Ruheperiode vor ihrer Keimung 1) Meine Lichtbündelmethode für das Studium des Sporenfalls von den Frucht- körpern der Hymenomyceten ist genau beschrieben in meinen Eesearches on Fungi S. 94 — 101. Sie kann mit gutem Erfolg bei Klassendemonstrationen angewendet werden. 2) M. V. Fayod, Prodrome d'une histoire naturelle des Agaricines. Ann. de sc nat., T.. 9, 1889, p. 272. 3} P. Dietel, Über die Abschleuderung der Sporidien bei den Uredineen. Myco- logisches Centralbl., Bd. 1, 1912, S. 355—359. Die Erzeuguntr und Befreiung der Sporen bei Coprinus sterquiliniis. 315 brauchen, uämlicli Puccinia graminis. So scheint es sehr wahr- scheinlich, daß der Prozeß der Sporenabstoßung bei Hymenom3^ceten und Uredineen derselbe ist. In dieser Hinsicht kann die Annahme der Homologie der Basidien der beiden Gruppen als wesentlich bestätigt gelten. Der am Nabel der Spore ausgeschiedene Wasser- tropfen hat bei Coprinus sterquilinus einen Maximaldurchmesser, der so groß ist wie ein Drittel des Sporendurchmessers. Die Tropfen sind in verscliiedenen Stadien ihrer Bildung in der Zone der Sporenabstoßung auf Fig. 17 u. 18, Taf. III abgebildet. Wenn eine Spore fortgeschleudert wird, so wird der Tropfen mitgenommen. Weitere Bemerkungen und Abbildungen über die Tropfenausschei- dung bei der Sporenabstoßung der Hvmenomyceten im allgemeinen bleibt einer Veröffentlichung an anderer Stelle vorbehalten. c) Die Zone der sporenfreien Oberfläche. Hier kann man beobachten, daß keine Sporen mehr vorhanden sind. Die Zone ist ungefähr 0,08 mm breit. Die langen und die kurzen Basidien und die Paraphysen kann man leicht voneinander unterscheiden. Keines der Elemente ist kollabiert. Die Sterigmata haben noch ihre ur- sprüngliche Form bewahrt. Rechts von der Zone in Fig. 17, Taf. IH sieht man eine Basidie, die zu kleine Sporen trägt und diese daher nicht abgestoßen hat. Diese 4 Sporen würden nach dem Abfall zu den vergeudeten Sporen an der Lamellenkaute hinzukommen. d) Die Zone der Selbstverdauung. Auf dieser schmalen Zone, die ca. 0,05 mm breit ist, kann mau die Zei-störung der Zelle be- obachten. Die Wände verlieren allmählich ihre scharfen Konturen, sie werden körnig und verschwinden als bestimmte Strukturen. Die am besten standhaltenden Teile des Hymeniums sind die äußersten Teile der Basidien, besonders der langen Basidien; aber schließlich verschwinden sie ebenfalls. e) Die Zone der Selbstverdauungsprodukte. Diese Zone, die sich an der Lamellenkante befindet, wechselt etwas in ihrer Breite. In dem auf Fig. 17 u. 18, Taf. III dargestellten Fall ist sie ca. 0,06 mm breit. Oben geht sie in die Zone der Selbstverdauung über. Längs ihrer oberen Kante enthält sie die körnigen Über- reste der Basidien, aber weiter unten verschwinden alle Spuren bestimmter Elemente. Längs ihrer unteren Kante befindet sich gewöhnlich eine ansehnliche Zahl von Sporen, die das Unglück hatten, nicht auf normale Weise abgestoßen zu werden. Wir können sie vergeudete Sporen nennen. Sie sind nicht fähig aus dem flüs- sigen Streifen zu entkommen, der sie umschließt, und fallen zu 316 A. H. Eeginald Buller, Boden, wenn der Friichtkörper im ganzen kollabiert. Die Zone der Selbstverdauungsprodukte dehnt sich allmählich immer weiter nach oben ans. Sie folgt der Sporenabstoßungszone in einer Ent- fernung von ca. \'2 mm. Die Flüssigkeit, aus der sie hauptsächlich besteht, verschwindet zum größten Teil zweifellos durch Verdunstung. Es ist ebenso möglich und in der Tat wahrscheinlich, daß ein Teil durch Kapillarattraktion längs der subhymenialen Schicht aufgesogen wird. Jedenfalls sammelt sie sich nicht so an, daß sie den Fall der ins Freie abgestoßenen Sporen hemmt. Die vergeudeten Sporen bilden möglicherweise nur 5"/o der Gesamtzahl, es sind immer relativ wenig im Vergleich mit denen, die frei in die Luft ge- schleudert werden. Die Zone der Selbstverdauungsprodukte hüllt, sobald sie kon- tinuierlich fortschreitet, langsam alle Sporen ein, die aus irgend einem Grunde nicht von ihren Sterigmaten abgestoßen wurden, als sie sich in der Zone der Sporenbefreiung befanden. Das Ein- schließen zweier Sporen ist in Fig. 17, Taf. III bei m und n gezeigt. Wenn ein Fruchtkörper seine Sporen in eine sehr feuchte Atmosphäre abstößt, sammeln sich am Rand des Hutes, wo die Abstoßung der Sporen aufhört, Tropfen einer dunklen tintenähn- lichen Flüssigkeit, die Selbstverdauungsprodukte, an (Fig. 7, Taf. II). Diese Tropfen, welche in Intervallen vom Hutrand herabtropfen, enthalten relativ wenig Sporen an ihrem untersten Ende. Die schwarze Farbe kommt nicht von den Sporen, sondern von einem braunen Farbstoff, der in den Tropfen gelöst ist. Durch eine Reihe eigens zu diesem Zweck angestellter Versuche fand ich, daß das Schwarzwerden der Flüssigkeit von der Gegenwart einer Oxydase herrührt, die wie eine Laccase oder Tyrosinase wirkt. Es ist nun genug gesagt worden, um zu zeigen, wie be- wundernswert die Fruchtkörper von Coprinus sterquilinus ein- gerichtet sind zum Zweck der Bildung und Befreiung der Sporen. Es ist augenscheinlich, daß die Anpassung der Struktur an die Funktion zusammen mit der Reproduktion genau so vollkommen ist bei Coprinus wie bei den Phanerogamen. III. Untersuchungen über den Bau der Fruchtkörper bei Agaricineen. Bei den Agaricineen finden wir zwei Typen von Fruchtkörpern, welche sich in bezug auf die Einrichtungen für die Bildung und Die P^rzeugung und Befreiung der Sporen bei Coprinus sterquilinus. 317 das Abwerfen von Sporen unterscheiden: der Psa^^io^a- Typus, welcher alle Arten von PsaUiota, Stropharia, Panaeolus, PhoUota und wahrscheinlich die meisten Agaricineen einschließt, und der Coprinus-Typus, welcher ungefähr 200 Arten von Coprinus umfaßt. Bei dem Psalliota-Typus ist das Hymenium während der Ab- stoßung der Sporen so gerichtet, daß jeder seiner Teile mehr oder weniger nach unten schaut (vgl. B und C in Textfig. 1). Diese Orientierung des Hymeniums wird durch die Kombination zweier Dinge bewirkt : 1 . Die Lamellen sind im Quer- schnittkeilförmig, 2. die Lamellen sind positiv geotropisch. Mit der Tatsache, daß jeder Teil des Hymeniums während der Abstoßung der Sporen nach unten schaut, verknüpft sich die andere Tatsache, daß jeder kleinste Teil der Oberfläche der La- mellen (jedes Quadrat- millimeter) Sporen her- vorbringt und sie ab- stößt während der gan- zen Trennungspeiiode. Sobald das Hymenium in der für die Abstoßungs- periode charakteristi- schen Art orientiert worden ist, beginnt das Abwerfen der Sporen. Der Fruchtkörper ist so organisiert, daß er als Ganzes bestehen bleibt, bis alle Sporen abgestoßen worden sind. Damit eine gegebene kleine Fläche des Hymeniums eine sehr große Menge Sporen hervorbringen und sie sicher abwerfen kann, treten die Basidien hervor und bringen ihre Sporen in Serien von aufeinander folgenden Generationen zur Reife. Der Fruchtkörper bleibt erhalten, bis alle Basidien ihre Funktion der Erzeugung und Abstoßung ihrer Sporen vollständig erfüllt haben. Fiff. 1. O mm.. 1 mwu Zv Querschnitt durch eine Lamelle. A ^ Coprinus atrametUariuK ; B = Collyhia platyphylla ; C ^ PsaUiota eampestris. Die Pfeile in B und C zeigen die Wurf- bahnen einiger Sporen, welche vom Hymenium in nihige Luft geschleudert werden. 313 A. H. Reginald Buller, Bei dem Coprinus -T\])us der Fruchtkörper muß man haupt- sächlich berücksichtigen, daß während der Abstoßung der Sporen das Hymenium nicht so orientiert ist, daß jeder Teil nach unten gerichtet ist. Das hat einen doppelten Grund: 1. die Lamellen sind im Querschnitt nicht keilförmig, 2. sie sind nicht positiv geotropisch. Bei Coprinus sterquilinus und C. comatus sind die Lamellen, abgesehen von ihrem verdickten Band, fast parallelseitig, während sie bei vielen anderen Spezies von Coprinus, z. B. bei C. atravfientarius ganz parallelseitig sind {A in Textfig. 1, S. 318). Der Bequemlichkeit halber bezeichnen wir von nun an die Lamellen des Coprinus-Ty^MS, als parallelseitige und diejenigen des Psalliota- Typus als keilförmige. Da die Lamellen von Coprinus parallelseitig und nicht geo- tropisch sind, können nicht alle Teile des Hymeniums nach unten schauen. Im günstigsten Falle können bei einer einzelnen Lamelle beide Seiten in vertikaler Ebene liegen, was aber selten vorkommt. Gewöhnlich ist die eine Seite der Lamelle ein wenig nach oben, die andere etwas nach unten gerichtet. Infolgedessen würde es für jede kleine Fläche des Hymeniums (jedes Quadratmillimeter) an der oberen Seite jeder Lamelle unmöglich sein, zu derselben Zeit Sporen erfolgTeich während der Abstoßungsperiode abzuwerfen. Sporen, welche von den Basidieu abgestoßen werden, würden wieder auf das Hymenium fallen. Daher ist die Art der Sporentrennung, welche wir bei dem Psalliota-'V\^\\9, gefunden haben, für die Frucht- körper vom Coprinus-l^y\)Vi^ ungeeignet. Das erfolgreiche Freiwerden der Sporen bei den nicht geo- tropischen, parallelsei tigen Lamellen des Coprinus-Ty^u^ wird durch folgende Einrichtung erreicht: 1. die Sporen reifen in einer Zone, die auf jeder Lamelle von unten nach oben fortschreitet, 2. die Sporen werden auch in der Beihenfolge von unten nach oben frei, 3. die sporenfreieu Teile der Lamellen werden, sobald sie in Er- scheinung getreten sind, durch Selbstverdauung zerstört. Infolge dieser Selbstverdauung der sporenfreien Teile von unten nach oben ist die Zone der Abstoßung immer nahe und parallel der Lamellen- kante gelegen, und die Sporen, welche von der oberen Seite der Lamelle losgelöst werden, können vom Fruchtkörper frei abfallen. Dies wird für Coprinus atramentarius in der beigefügten Textfig. 2 dargestellt. Hier steht die Lamelle um einen Winkel von 20° geneigt, und nun können alle Sporen unter dem Fruchtkörper in die Luft fallen Die Erzeugung- und Befreiung der Sporen bei Coprinus sterquilinus. 319 uucl vom Wind fortg:etrageii werden. Drei Stadien der Sporen- abstoßiing A, B und C sind abgebildet; aber in jedem ist die Ab- stoßungszone gerade oberhalb der Lamellenkante. Es ist klar, daß die Selbstverdauung ein notwendiger Faktor für das erfolgreiche Arbeiten des Fruchtkörpers vom Coprmw^- Typus ist; sie dient dazu, die sporenfreien Teile der Lamellen zu entfernen, die nicht nur nutzlos für den Fruchtkörper sind, sondern ein mechanisches Hindernis für das Abfallen der zurückbleibenden Sporen sein würden, besonders für diejenigen, die von den ol)e- ren Seiten der Lamellen ab- gestoßen werden. Mit diesen hauptsäch- lichen Einrichtungen bei dem Fruchtkörper des Coprinus- Typus sind noch andere ver- bunden, die feiner und weni- ger auffallend sind. Wir haben gesehen, daß die Spo- ren bei jeder Lamelle in der Reihenfolge von unten nach oben abgestoßen werden. Die Zone der Abstoßung ist schmal (ungefähr ] mm). Nun bildet diese Zone, wenn man sie in einem gegebenen Mo- ment an der Lamelle be- trachtet, ein enges Band von bestimmtem Flächen- raum. Die Sporen auf dieser Fläche werden alle im Laufe von wenigen Minuten abge- stoßen. Daraus folgt, daß bei den zunächstliegenden Basidien die Sporen annähernd zur gleichen Zeit reif und bereit zur Abtren- nung sein müssen. Büerin liegt ein deutlicher Unterschied zwischen dem Coprinus- und Psalliota-Tyinis. Bei dem ersteren müssen alle Basidien auf einem schmalen Streifen des Hymeniums (0,1 qmm) annähernd zur gleichen Zeit ihre Sporen ausgebildet und zur Ab- stoßung bereit haben, während das beim letzteren nicht so not- Fig. 2. Coprinus atramentarius. Zwei Lamellen in einem Winkel von 20", Sporen ab- stoßend. Die Wurfbahnen der Sporen, die die Zone der Sporenabtrennung bei ruhiger Luft verlassen, wer- den durch die Pfeile angezeigt. Infolge der Selbstver- dauung ist die Zone der Sporenabtrennung immer ge- rade über der freien Lamellenkante. 320 ^- H. Keginald Buller, wendig ist. Bei dem Psalliota-Ty Tßiis kommt es häufig' vor, daß der Zeitraum zwischen dem Reifwerden und der Abtrennung der Sporen auf den angrenzenden Basidien nicht einige Minuten, son- dern bis zu mehreren Tagen betragen kann. Mit der Tatsache, daß auf jedem schmalen Streifen des Hy- meniums von Coprinus alle Sporen fast zur gleichen Zeit zur Ab- stoßung bereit sein müssen, verbindet sich eine besondere Ein- richtung der Bestandteile des Hymeniums. Damit nebeneinander liegende Basidien zur selben Zeit fertige Sporen tragen können, ohne daß diese sich verdrängen, sind große Paraphysen nötig, um den nötigen Raum zu schaffen (spacial ageuts). Durch ihre Gegen- wart halten sie benachbarte Basidien in möglichst angemessenen Entfernungen auseinander. Da alle Sporen, welche auf irgend einer kleinen Fläche des Hymeniums abgestoßen werden, nabezu im selben Augenblick reif sein sollen, muß die Gesamtzahl der Basidien auf solch einer Fläche notwendigerweise sehr reduziert sein im Vergleich mit der Zahl der Basidien auf einer ähnlichen Lamellenfläche eines Frucht- körpers, der nach dem PsaUiot a-Tyims gebaut ist. Diese Reduktion wird indessen infolge des Dimorphismus der Basidien vermindert. Der Dimorphismus erlaubt ein engeres Zusammenstehen der Ba- sidien auf dem Hymenium, als es auf andere Weise möglich wäre. Auf diese Weise ist der Raum des Hymeniums für die Sporen- bildung gut ausgenutzt. Damit alle Sporen auf der Abstoßungs- zone sicher von dem Hymenium abfallen können, werden die Sporen der langen Basidien einige Minuten früher abgestoßen als die der kürzeren, von denen sie umgeben sind. Aus diesen Untersuchungen können wir schheßen, daß die große Menge der Paraphysen und der Dimorphismus der Basidien besondere Anpassuagsformen sind, die eine zweckentsprechende und zuverlässige Sporenbildung auf denjenigen Lamellen sichern, welche ihre Sporen in der Abstoßungszone von unten nach oben abwerfen; weiter stellt die Einrichtung, daß die langen Basidien ihre Sporen früher abwerfen als die kurzen Basidien, eine andere Anpassung dar, welche den Sporen, die von dichtbesetzten dimorphen Basidien erzeugt werden, die Möglichkeit gibt, sicher von den Lamellen abzufallen. Wir haben bis jetzt gesehen, daß die Anordnung, die Struktur und die Art der Funktion der Elemente des Hymeniums das Ziel haben, eine ökonomische und erfolgreiche Bildung und Abstoßung Die Erzeugung und Befreiung der Sporen bei Coprinus sterquüinus. 321 der Sporen von parallelseitigen und nicht geotropischen Lamellen zu sichern. Wir müssen nun die Frage stellen : Ist es von irgend einem Vorteil, daß die Lamellen parallelseitig und nicht keilförmig im Querschnitt sind? Bei dem Fruchtkörper des PsalUota-Typus sind die Lamellen keilförmig im Querschnitt. Daher sind sie am oberen Teil dicker als an ihrer freien Kante. Je höher solch eine Lamelle ist, um so größer muß ilire durchschnittliche Dicke sein. Da hei dem Coprinus-Typüs die Lamellen parallelseitig sind, besteht hier keine proportionale Beziehung zwischen der Höhe und der Dicke der Lamellen. Daraus folgt, daß, wenn wir zwei Fruchtkörper, einen vom Coprinus -Typns, den anderen vom PsalUota-Ty-pyis mit La- mellen von gleicher Oberfläche nehmen, die Menge der Lamellen- substanz bei dem erstereu geringer sein wird als bei dem letzteren. Gleich große Lamellen von Coprinus atramentarius und von Collißia platyphylla wurden verglichen (Textfig. 1 A und B). Es ergab sich, daß das Volumen von Collyhia 7 mal größer war als das von Coprinus. Bei einer Höhe von 7 mm (Textfig. 1, C) hatten die Lamellen von Psalliota eampestris ein 3 — 4 fach größeres Vo- lumen als diejenigen von Coprinus atramentarius. Da nun das Hymenium die Oberfläche der Lamellen überzieht, folgt, daß bei der gleichen Menge Lamellensubstanz die Fläche des Hymeniums bei C. atramentarius ungefähr 7 mal größer ist als bei Collyhia platyphylla und 3 — 4 mal größer als bei Psalliota eampestris. So kommen wir zu dem Schluß, daß die Parallelität der Lamellenseiten eine größere Oberfläche des Hymeniums pro Volumeneinheit der Lamelle herbeiführt als die Keilform. Bei dem Co^rmi<5- Typus wird die Lamellensubstanz also auf ein Minimum reduziert. Wenn man den Coprinus- und Psalliota-^y^Vi^ nach der rela- tiven Größe der Oberfläche des Hymeniums, welche sie bei gleicher Lamelleusubstanz hervorbringen, beurteilen will, so muß man zu- geben, daß der erste Typus dem letzteren überlegen ist. Aber es sind noch andere Dinge zu beachten. Die Parallelität der La- mellenseiten, welche eine besondere Art der Sporenbefreiung er- fordert, schließt zugleich eine Verminderung der Basidienzahl ein, welche auf der Flächeneinheit des Hymeniums hervorgebracht werden kann. Es wurde ein Vergleich der Sporenmengen von Stropharia seniiglohata und von Coprinus comatus, Spezies mit Sporen von annähernd gleichem Durchmesser, angestellt, indem wir von beiden gleich große Hymeniumflächen nahmen und die Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 21 322 ^- H. Reginald Buller, Gesamtzahl der Basidien auf ihnen feststellten. Die erhaltenen Zahlen wurden mit 4 multipliziert. Die Rechnung zeigte, daß Stropharia, welche den Psalliota -TyT^us repräsentiert, dreimal so viel Sporen erzeugt wie Coprinus. So sehen wir, daß, obgleich die Parallelität der Lamellenseiten eine Vergrößerung der Hy- meniumoberfläche bei Volumeneinheit erlaubt, sie zu gleicher Zeit eine ganz beträchtliche Reduktion der Sporenzahl mit sich bringt, welche auf der Flächeneinheit des Hymeniums erzeugt werden kann. Es ist daher unzweifelhaft, daß die parallele Anordnung sowohl Vorteile wie Nachteile bietet im Vergleich mit der keil- förmigen. Vergleicht man Fruchtkörper des Fsalliota-Ty^us mit gleich großen vom Coprm wsf-Typus, so bemerkt man außer den schon er- wähnten Verschiedenheiten noch einen auffallenden Unterschied in bezug auf den Pilzhut. Vergleichen wir den Längsschnitt der Fruchtkörper von Coprinus comatits und Psalliota campest ris, so können wir sofort sehen, daß die fleischige Masse des Hutes beim ersteren viel geringer ist als beim letzteren (A. H. R. Buller, Researches on Fungi, loc. cit. Plate I Fig. s 1 and 2). Bei Co- prinus comatus können die Lamellen infolge der besonderen Art der Sporenabstoßung ihre Sporen fallen lassen, wenn sie noch fast senkrecht stehen. Nur dadurch, daß die Lamellen kürzer und kürzer werden infolge ihrer Reduktion durch Selbstverdauung und daher immer leichter, werden sie allmählich nach oben gedreht, so daß ihre Überreste zusammen mit dem Hauptteil des fleischigen Pilzhutes eine Art von Schirm bilden. Wäre für irgend einen Teil des Hyme- niums jeder Lamelle eine solche Lage notwendig, daß er seine Sporen zu gleicher Zeit wie jeder andere Teil fallen lassen könnte, so müßte die fleischige Masse des Hutes unbedingt sehr groß sein. Die sehr langen Lamellen müßten mehr oder weniger horizontal ausgestreckt sein me bei Agaricus campestris. Bei diesem spannt sich der Hut vor der Abtrennung der Sporen so aus, daß die Längsachsen der Lamellen tatsächlich horizontal stehen. In dieser Stellung bleiben sie während der ganzen Abtrennungsperiode, die mehrere Tage dauert. Die Streckung der Längsachsen der La- mellen in horizontaler und die feste Lage ihrer Ebenen in verti- kaler Richtung erfordert eine große Masse des Pilzhutes. Ver- gleichen wir daher den ganzen Hut eines großen Exemplars von Coprinus eomatus mit demjenigen eines großen Exemplars von Psalliota campestris, so müssen wir sagen, daß bei dem ersteren Die Erzeugung und Befreiung der Sporen bei Coprinus sterquilinus. 323 die Hymeniumfläche bei gleichem Volumen des Hutes (Fleisch und Lamellen eingeschlossen) sehr viel größer ist als bei dem letzteren. Es steht fest, daß die Zahl der Sporen, welche auf der Flächen- einheit des Hymeniums erzeugt werden kann, bei dem Coprinus- T3^us — die Gleichheit der übrigen Elemente vorausgesetzt — um ^/s reduziert ist. Trotz dieser Betrachtung ist es wahrschein- lich, daß, wenn man zwei Pilzhüte, einen von Coprinus comatus, den andern von einer Spezies des Psalliota-Tyi^ns, die beide gleich große Sporen und gleiches Gewicht haben, beim Beginn der Sporen- abstoßung betrachten würde, der erstere eine sehr viel größere Menge Sporen hervorbringen würde als der letztere. Coprinus comaius ist eine der häufigsten Arten der Hymenomyceten. Das Vorwiegen und die große Zahl, in welcher Coprinus comatiis oft vorkommt, sind ein Beweis für seinen Erfolg im Kampfe ums Dasein. Zweifellos ist dieser Erfolg einer Anzahl von Faktoren zuzuschreiben, wie der Übermacht des Myceliuins über Konkurrenten usw. Aber auf jeden Fall scheint er Zeugnis abzulegen für die große Leistungsfähigkeit der Fruchtkörper in bezug auf Bildung und Befreiung der Sporen. Der Bau der Fruchtkörper des Coprinus- wie des Psalliota- Typus ist bei beiden in hohem Grade wirksam. Ich möchte daher nicht den einen höher als den andern stellen. Wir werden in- dessen mit Recht den Co/j?7n«5- Typus für den spezialisierteren betrachten, denn wir haben eine Menge Anhaltspunkte, daß er im Laufe der Entwicklung aus dem P^a^/eoifa- Typus entstanden ist. Vielleicht können wir auch beide Typen als nahezu gleich glück- liche Variationen desselben Themas betrachten. Die ^'atur hat gewissermaßen zwei Wege für dieselbe Aufgabe gefunden: nämlich für die Bildung und Befreiung der Sporen bei den Fruchtkörpern der Agaricineen. Die Tatsache, daß unter gewissen Bedingungen beide Arten der Fruchtkörper gleich erfolgreich sind, wird da- durch bestätigt, daß Fruchtkörper des Coprinus- wie des Psalliota- Typus oft nebeneinander vorkommen. Es ist nicht wahrscheinlich, daß Spezies vom Co^nnws- Typus jemals zu einem vollständigen Verschwinden der Spezies vom Psa7^iofa-T}q)us führen werden und umgekehrt. Es scheint eher wahrscheinlich, daß beide Typen fort- fahren werden, nebeneinander zu existieren, wie wir es beobachten bei Bäumen mit verschiedener Anordnung der Blätter, oder bei Kräutern mit verschiedenen Einrichtungen, um Nährstoffe für den Winter aufzuspeichern, mit verschiedenen Arten der Bestäubung 21* 324 ^- H. Reginald Buller, ihrer Blüten und mit verschiedenen Mitteln ihre Samen in der Natur zu zerstreuen. IV. Zusammenfassung der Hauptresultate. Coprinus sterquilinus besitzt Fruchtkörper, welche in ihren Einrichtungen für Bildung und Befreiung der Sporen denjenigen von Coprinus comatus gleich sind. Beide Spezies haben keine Zystiden an den Seiten der Lamellen, wohl aber verdickte Stellen an den Lamellenrändern. Diese Verdickungen leisten einen wich- tigen Dienst, indem sie gegenüberliegende Hymeniumflächen auf benachbarten Lamellen während der Entwicklung der Sporen aus- einander halten. Die Basidien der meisten Coprinus -kvi&ü. sind dimorph. Sie bestehen aus zwei verschiedenen Sorten, aus langen und kurzen Basidien. Der Dimorphismus erlaubt eine Anhäufung der Basidien und ermöglicht eine zweckentsprechende Sporenbildung. Die langen Basidien lassen in der Zone der Abstoßung ihre Sporen früher fallen als die kurzen. Große sterile Paraphysen sind wesentliche Bestandteile des Hymeniums der Co/??-mMs- Arten. Sie dienen dazu, aneinander grenzende Basidien zu trennen und ermöglichen dadurch diesen, ihre Sporen ohne gegenseitige Störung zu entwickeln. Einige Sekunden bevor eine Spore von dem Basidium der H3anenomyceten — Coprinus eingeschlossen — abfällt, wird ein kleiner Tropfen, dessen Durchmesser gewöhnlich halb so groß ist wie der der Sporen, am Nabel der Spore und dem Anheftungspunkt an das Sterigma ausgeschieden. Der Tropfen wird mit der Spore fortgetragen. Eine gleiche Ausscheidung findet nach Dietel auch bei den Uredineen vor der Abstoßung der Sporen statt. Ich habe diese Ausscheidung bei Puccinia graminis beobachtet. Die Art der Sporenbefreiung scheint demnach bei den Hymenomyceten und Uredineen die gleiche zu sein. Bei dem FsaUiota-Typns sind die Lamellen des Fruchtkörpers keilförmig im Querschnitt und positiv geotropisch. Daher schaut das Hymenium auf beiden Seiten jeder normal gerichteten Lamelle mehr oder weniger nach unten. Mit dieser Orientierung des Hy- meniums ist die Tatsache verbunden, daß jeder schmale Streifen des Hymeniums (jedes Quadratmillimeter) auf jeder Lamelle gleich- zeitig die Sporen während der ganzen Abstoßungsperiode erzeugt und abgibt. Auf jeder kleinen Fläche des Hymeniums kommen Die Erzeugung und Befreiung der Sporen bei Coprinus sterquilinus. 325 die Basidien zur Reife und stoßen ihi^e Sporen nacheinander ab, so daß die Bildung; und Befreiung der Sporen häufig- mehrere Tage lang fortdauert. Bei dem Fruchtkörper vom Coprinus -Ty^iis ist die Substanz, bestehend aus Stiel, Pilzhut und Lamellen, auf ein Minimum re- duziert. Die Reduktion der Lamellensubstanz ist auf die Paralle- lität der Lamellenseiten zurückzuführen. Die Lamellen sind nicht geotropisch. In der Natur schaut die eine Seite der Lamellen etwas nach oben, die andere ein wenig nach unten. Eine erfolgreiche Abstoßung der Sporen von den nicht geotropischen parallelseitigen Lamellen von Coprinus wird durch folgende Einrichtungen erreicht: 1. Die Sporen reifen und fallen ab in der Reihenfolge von unten nach oben. 2. Die sporenfreien Teile werden nacheinander von unten nach oben durch die Selbstverdauung zerstört. Infolge dieser Zerstörung ist die Zone der Sporenabstoßung auf jeder La- melle ein Bruchteil eines Millimeters der freien Lamellenhaut. Die Sporen werden mehr oder weniger geradeaus von ihren Sterigmaten in den Raum zwischen den Lamellen bis zu einer Entfernung von ca. 0,1 — 0,2 mm geschleudert, bevor sie anfangen, senkrecht zu fallen. Daher haben die Sporen an der oberen Seite der Lamelle, welche schief geneigt ist, wie an der unteren Seite keine Schwierig- keit, unter dem Pilzhut in die Luft zu gelangen, von wo sie dann durch den Wind fortgetragen werden. The University of Manitoba, Winnipeg. Figuren -Erklärung. Tafel II. Coprinus sterquilinus. Fig. 1. Junger Fruchtkörper auf Pferdedung sich entwickelnd. Die Sporen- bildung hat noch nicht begonnen. Myceliumstränge sind auf der Oberfläche des Sub- strats zu sehen. Nat. Gr. Fig. 2. Ein älterer Fruchtkörper auf einem Pferdeapfel. Der Stiel beginnt ge- rade sich zu strecken. Der Annulus bleibt an der geschwollenen Basis nach Art einer Volva zurück. Der ganze Fruchtkörper ist schneeweiß. Sporen sind auf den Lamellen entstanden, sie sind aber noch ungefärbt. Flockige Lagen und weiße Myceliumstränge sieht man auf der Oberfläche des Substrats. Nat. Gr. Fig. 3. Ein Fruchtkörper, dessen Stiel schon die volle Größe erreicht hat. In diesem Falle hat sich ein Ring und keine Volva gebildet. Der Pilzhut und der obere Teil des Stieles sind im Längsschnitt abgebildet. Infolge des Eeifwerdens der Sporen werden die Lamellen von unten nach oben schwarz. Nat. Gr. 326 ^-^^ Keginald Buller, Fig. 4. Längsschnitt durcli einen älteren Pilzhut. Da die Sporen alle reif, sind die Lamellen ganz schwarz. Die Abstoßung der Sporen beginnt gerade. Nat. Gr. Fig. 5. Längsschnitt durcli einen Pilzhut, ungefähr 1V2 Stunde nach der Ab- stoßung der Sporen. Sporen sind abgefallen, und die Selbstverdauung beginnt längs der Lamelleiikante bei a. Die punktierten Linien zeigen den Umriß und die Ausdehnung der Lamellen in dem Moment, als die Selbstverdauung begann, s, die untere Kante der Lamelle, wo die Abstoßung und die Selbstverdauung zuerst anfing. Ungefähr ein Yg jeder Lamelle ist bis jetzt zerstört. Nat. Gr. Fig. 6. Längsschnitt durch einen noch älteren Fruchtkörper ungefähr 3^2 Stunden nach Beginn der Sporenabstoßung. Der Hut ist jetzt helmförmig infolge der Ausdeh- nung. Die Lamellen sind durch die Selbstverdauung bis auf die Hälfte der ursprüng- lichen Größe reduziert. Die Sporen sind nach Art eines Diagramms gezeichnet, wie sie von den unteren Seiten der Lamellen abfallen und durch einen seitlichen Luftzug fort- getragen werden. Die Linie ap zeigt die Richtung, in welcher der Schnitt, dargestellt in Fig. 15, herausgenommen wurde. Nat. Gr. Fig. 7. Längsschnitt durch einen noch älteren Fruchtkörpor ungefähr 5 Stunden nach Beginn der Sporenabstoßung. Der Hut ist an der oberen Spitze fast flach ge- worden. Die Lamellen sind auf Y^ ihrer ursprünglichen Größe reduziert durch Selbst- verdauung. Die erschöpften Teile der Lamellen sind nach oben gebogen. An der rechten Lamelle sieht man einen braunen Tropfen, welcher bei der Selbstverdauung entstanden ist. Die Spon-n sind nach Art eines Diagramms gezeichnet, wie sie von den unteren Kanten der Lamelle abfallen. Nat. Gr. Fig. 8. Längsschnitt durcli einen Hut im letzten Stadium der Entwicklung, un- gefähr 7^8 Stunden nach Beginn der Sporenabstoßung und ungefähr 8 Stunden nach dem Stadium in Fig. 4. Die Lamellen sind durch die Selbstverdauung fast ganz verschwun- den. Das Abwerfen der Sporen hört auf. Die erschöpften Teile der Lamelle sind nach oben gedreht. Die wenigen Sporen, die noch abfallen, sind nach Art eines Diagramms gezeichnet. Nat. Gr. Fig. 9. Teil eines Querschnittes durch einen Hut in einem etwas früheren Stadium als in Fig. 2, den hohlen Stiel und sieben Lamellen zeigend. Zwischen jedem Paar aneinanderliegender Lamellen befindet sich ein freier Raum. .Jede Lamelle hat eine verdickte Kante nahe am Stiel. ^"/^ vergr. Fig. 10. Eine der Lamellen von Fig. 9, welche die Verdickung infolge der An- schwellung der Laraellenkante zeigt, ^''/j vergr. Fig. 11. Teile von drei Lamellen im Querschnitt wie in Fig. 9, ausführlicher die Struktur der verdickten Lamellenkanten zeigend, die verhindern sollen, daß sich die gegenüberliegenden Hymeniumflächen aneinander reiben. Die dimorphen Basidien ragen in den freien Raum zwischen den Lamellen. Jedes Basidium ist nach Art eines Dia- gramms dargestellt mit nur zwei anstatt vier Sporen. Zystiden fehlen. Die äußeren Zellen der verdickten Lamellenkante sind groß und steril. ®*/i vergr. Fig. 12. Eine Camera lucida Zeichnung einiger Sporen in Oberflächenansicht des Hymeniums. Die Sporen der langen Basidien sind dunkel, die der kurzen hell. Die Sporen der langen Basidien stehen teilweise senkrecht über den Sporen der kurzen Basidien. **''/j vergr. Fig. 13. Camera lucida Zeichnung der Basidien und Paraphysen auf einem kleinen Teil des Hymeniums in Oberflächenansicht. Die Sporen wurden vor dem Zeichnen durch Waschen entfernt. Die langen Basidien sind dunkel, die kurzen hell. Die Basi- dien sind durch sterile Paraphysen getrennt. **''/i vergr. Die Erzeugung und Befreiung der Sporen bei Coprinus .iterquilinus. 327 Fig. 14. Ein kleiner Teil des Hymeniums aus Fig. 18&, Taf. III genommen, um die Wurfbahn der Sporen zu zeigen. Das lange Basidium d hat alle Sporen abgestoßen. Das lange Basidium l ist im Begrifif, seine letzte Spore abzugeben. Ein Tropfen Flüssig- keit wird an der Spitze des Sterigma ausgeschieden. Die Wurfbahn, welche die Sporen bei ruhiger Luft hätten, wenn sie senkrecht vom Hymenium abgestoßen würden, ist durch die Linie mit Pfeil angegeben. Die maximale horizontale Weite des Wurfes be- trägt ungefähr 0,2 mm. Die besondere Form der Wurfbahn, welche der Verf. eine Sporabola genannt hat, ist begründet durch sorgfältige Messungen und Berechnungen, die er in seinen „Researches on Fungi" dargelegt hat. Es ist auch die Wurflinie des kurzen Basidiums o gezeichnet. Zwischen den Basidien befinden sich die Paraphysen p. p. **Vi vergr. Fig. 15. Längsschnitt durch drei Lamellen eines ausgespannten Hutes, welcher Sporen abstößt. Der Schnitt ist ausgeführt in der Richtung, welche durch die Linie op in Fig. 6 angedeutet ist. Die Lamellen sind in bestimmtem Abstand von oben nach unten durch ihre Medianebene gespalten. Die Wurfbahn einiger Sporen, welche in der Abtrennungszone abgestoßen werden, sind durch Pfeile angedeutet. **/i vergr. Fig. 16. Ein Teil einer Lamelle von Fig. 15 Toder Fig. 6 in der Gegend um die Linie a p) in Oberflächenansicht. Die Sporen werden von der Trennungszone gerade oberhalb der Lamellenkante abgestoßen. An dem äußersten Teil der Lamellenkante deutet eine schwarze Linie die vergeudeten Sporen an (Fig. 17, Zone e, Tafel III). Die helle Zone darüber umschließt die sporenfreie Zone und die Zone der Selbstverdauung. Die Basen der Pfeile zeigen die Lage der Abstoßungszone, die Pfeile selbst die Rich- tung, in welcher die Sporen bei ruhiger Luft fallen. Oberhalb der Pfeile ist die Lamelle mit Basidien bedeckt, die ihre Sporen noch nicht abgestoßen haben. ''Y^ vergr. Tafel III. Coprinus sterquilinus. Fig. 17. Diese Zeichnung entspricht dem Schnitt in Fig. 18. Sie zeigt das Aus- sehen eines Teiles der Oberfläche einer Lamelle, einschließlich die Lamellenkante, nach- dem die Sporenabstoßung und die Selbstverdauung begonnen haben (Fig. 5, Taf. II eine Flächenansicht irgend eines Stückes oberhalb der Lamellenkante bei a würde dieses Aussehen von Fig. 17 haben). Man unterscheidet fünf Zonen, parallel zur schrägen Lamellenkante : 1 . a — a Zone der Basidien mit reifen Sporen. Die Basidien sind dimorph, lang und kurz. Die Sporen der langen Basidien, welche dunkler schattiert sind, stehen zum Teil oft über den Sporen der kurzen Basidien. Die Paraphysen sind immer steril und verhindern ein gegenseitiges Verdrängen benachbarter Lamellen, 2. ftj — b^ und 6, — 5j Zone der Sporenabstoßung, wo die Basidien ihre Sporen in den Raum zwischen den Lamellen abgeben. Wir unterscheiden zwei Unterzonen, ö^ — b^^ Zone der Sporenabstoßung für die langen Basidien, b^ — b^ Zone für die kurzen Basidien. In der Unterzone ft^ — b^ werden die vier Sporen jedes langen Basidiums von ihren Sterigmata nacheinander abgestoßen, so daß an einigen noch drei, an anderen zwei oder eine Spore sitzt. Einige Sekunden bevor eine Spore abgestoßen wird, scheidet sich ein kleiner Tropfen Wasser aus an der Spitze des Sterigma. Dieser Tropfen ist dargestellt, als springe er unter einigen Sporen z. B. beim Basidium w gegen die Achse des Basi- diums vor. In der Unterzone fe^ — &j, haben die kurzen Basidien noch keine Sporen abgestoßen. In der Unterzone der Abstoßung der kurzen Basidien &j — &j tragen die langen Basidien l keine Sporen mehr. Man kann sie erkennen an der dunkleren Schat- tierung und an den leeren Sterigmata. Nur die kurzen Basidien s stoßen ihre Sporen 328 ^- H. Eeginald Buller, ab. Einige von ihnen besitzen noch drei, andere zwei oder eine Spore. Gerade vor der Abtrennung jeder Spore wird ähnlich wie bei den Basidien der Unterzone b^ — b^ ein Tropfen "Wasser an der Spitze jedes Sterigma ausgeschieden, siehe S. 314 c— c Zone der Basidien, welche alle Sporen abgestolSen haben. Beide Arten, die langen wie die kurzen Basidien haben ihre Sporen normal abgestoßen. Ein Basidiuni i hat noch seine vier Sporen. Die Sporen sind unreif und vereinigen sich eventuell mit den vergeudeten Sporen an der Lamellenkante, l langes Basidium, s kurzes Basidiuni, pp Paraphysen. 4. d — d Zone der Selbstverdauung. Die Paraphysen und Basidien sind undeutlich ge- worden. Die Zellwände sind in feine Körnchen zerfallen. Die Sporen m und n sind nicht mehr zur rechten Zeit abgestoßen worden und werden vergeudet wie die Sporen an der Lamellenkante, l langes Basidium, s kurzes Basidiuni, pp Paraphysen. 5. e — e Der flüssige Streifen an der Lamellenkante, der die Produkte der Selbstverdauung und die Sporen enthält, welche aus irgend einem Grunde nicht in normaler Weise abge- stoßen wurden. Am oberen Ende dieser Zone sind die zusammengefallenen Basidien undeutlich durch Reihen kleiner Kömer skizziert. In der Zone weiter unten sind die Produkte der Selbstverdauung homogener. An der Lamellenkante befindet sich eine Anzahl nicht abgestoßener oder vergeudeter Sporen. Einige haben ein normales Aus- sehen, während andere über oder unter normaler Größe, farblos oder unvollständig gefärbt sind. Sie bilden aber nur einen geringen Prozentsatz der Gesamtzahl der Sporen. Da die Zone nacli oben fortschreitet, wird sie auch die Sporen m und n einscliließen. Der Maßstab an der rechten Seite der Figur zeigt die Dimensionen jedes Teiles. Fig. 18. Diese Zeichnung entspricht der Oberflächenansicht von Fig. 17 und ist in gleicher Größe hergestellt, was einen genauen Vergleich ennöglicht. Sie zeigt das Aussehen eines Schnittes durch den unteren Teil einer Lamelle, einschließlich Laniellen- kante, nachdem die Sporenabstoßung und die Selbstverdauung begonnen haben, hym = Hymenium, sub = Subhymenium, tr = Trama (Mittelschicht;. Wie in Fig. 17 unter- scheiden wir fünf Zonen. 1. a Zone der Basidien mit reifen Sporen. Der Dimorphis- mus der Basidien ist sehr deutlich. An der rechten Seite der Figur wechseln immer lange Basidien mit kurzen ab. Obgleich eine Spore des langen Basidiums l teilweise über einer Spore des kurzen Basidiums s steht, ist eine Berührung unmöglich infolge des weiteren Hervorragens des langen Basidiums. pp = Pharaphysen. 2. b Zone der Sporenabstoßung, in welcher die Basidien ihre Sporen in den Eaum zwischen den Lamellen abwerfen. Sie besteht aus zwei Unterzonen: b^ Trennungszone der langen Basidien, b^ Trennungszone der kurzen Basidien. In der ersten hat das lange Basi- dium w zwei seiner Sporen schon abgestoßen, während es eben im Begrifl' ist, die beiden andern abzuwerfen. An der Basis dieser beiden letzten bildet sich ein Wasser- tropfen, der unterste Tropfen hat tatsächlich seine volle Größe erreicht, auf der gegen- überliegenden Seite der Figur ist ein langes Basidium im Begrifl", die letzte Spore ab- zustoßen. Dia Pfeile zeigen die Richtung an, in welcher die Spore geschleudert wird. Eine vollständige Wurfbahn ist auf Fig. 14 u. 15, Taf. II dargestellt. Die kurzen Basidien in der Unterzone b^ haben noch keine Sporen abgegeben. In der Unterzone 6j stoßen nur die kurzen Basidien ihre Sporen ab, die langen haben leere Sterigmata. Auf der linken Seite der Figur bei r hat das kurze Basidium eine Spore schon abge- worfen und ist eben dabei, die oberste abzustoßen. An der Basis der Spore wird gerade ein Wassertropfen ausgeschieden. Auf der gegenüberliegenden Seite der Figur hat ein. kurzes Basidium zwei seiner Sporen abgestoßen, die beiden andern fallen bald ab, da der Wassertropfen schon hervorgetreten ist. Die Pfeile zeigen wieder die Richtung, in der die Sporen geschleudert werden. Die Pfeile zeigen auch die Die Erzeugung und Befreiung der Sporen bei Cojjrinus sterquilimis . 329 Sporen an, die zunäclist abfallen. Die Sporen des langen Basidiums w auf der linken Seite werden abgestoßen vor denjenigen des kurzen Basidiums r. Das kurze Basidium v kann nun seine Sporen ohne Hindernis abstoßen, da die Sporen an benachbarten langen Basidien verschwunden sind. Die Reihenfolge, in welcher 8 Basidien auf der rechten Seite der Figur ihre Sporen abstoßen, ist durch die Nummern 1 bis 8 angezeigt, die den Basidien innerhalb der Klammer gegenüber stehen. 3. c, Zone der Basidien, die alle Sporen abgestoßen haben. / = langes Basidium, s = kurzes Basidium, p = Para- physen. Die einzelnen Teile sind noch nicht zusammengefallen. 4. d, Zone der Selbst- verdauung. Hier sind die Zellen undeutlich und verflüssigt. Die Zellwände werden körnig und verschwinden. Das vorspringende Ende des langen Basidiums l ist wenig oder fast gar nicht verändert, während das kurze Basidium s stark zusammengeschrumpft ist. p = eine verschwindende Paraphyse. 5. e, der flüssige Streifen der Lamellen- kante, welche die Produkte der Selbstverdauung und diejenigen Sporen enthält, welche aus irgend einem Grunde nicht normal abgestoßen wurden. An der oberen Seite dieser Zone sind die Umrisse der verschwindenden Basidien noch undeutlich durch Reihen kleiner Körner angedeutet. Einige von den vergeudeten Sporen, in der Flüssigkeit fest- gehalten, sehen normal aus, während andere zu klein, farblos oder nur teilweise gefärbt sind. Die vergeudeten Sporen bilden nur einen Bruchteil des Ganzen. Der Maßstab an der rechten Seite der Figur zeigt die Dimension jedes Teiles. Ein multipler Klinostat. Von George Peirce. Mit 2 Textfiguren. Iqi Jahre 1907 veröffentlichte Van Harreveld^) eine geschicht- liche Übersicht über die Entwicklung des Klinostaten. Darin richtete sich seine Kritik gegen alle Instrumente, die seinen eigenen vor- ausgingen. Sogar gegen die besten machte er Einwendungen, weil, wie er sagt, ihre Rotationsrate nicht einheitlich sei. Ob für ein Instrument, das für verhältnismäßig langsame Umdrehungen be- stimmt ist, eine absolute oder eine möglichst absolute Rotations- einheit nötig ist, mag in Frage gezogen werden. Jedenfalls aber gibt es schwerer wiegende Einwendungen als die von Van Harre- veld gemachten. Abgesehen von der fundamentalen Frage, ob eine Pflanze, die auf einem Klinostaten rotiert, überhaupt in einem genügend normalen Zustande ist, um uns zu berechtigen, aus ihrem Verhalten Schlüsse auf die Einflüsse zu ziehen, unter denen sie sich in ihren gewöhn- lichen, festen Stellungen befindet, sind keine Klinostate, die mir vor Augen gekommen sind oder von denen ich gehört habe, ein- wandsfrei, w^eil sie nur die Rotation einer einzigen Pflanze oder Kultur für jeden Versuch erlauben. Wenn wir den Klinostat über- haupt haben müssen, so benötigen wir einer ganzen Batterie; denn sonst ziehen wir aus einem einzigen Experiment einen allgemeinen Schluß. Die Wiederholung eines Experimentes kann seine Fort- setzung nur insoweit verbürgen, als es in gewissen, notwendiger- weise weiten Grenzen kontrolliert werden kann. Die Alternation zwischen mehreren oder zahlreichen Klinostaten ist gewöhnlich der Kosten wegen unausführbar. Ist Ungenauig- 1) Van Harreveld, Ph. 1)., Die Unzulänglichkeit der heutisen Klinostaten für reizphysiologische Untersuchungen. Eecueil des Travaux Bot. Neerlandais: III, 1907. Ein multipler Klinostat. 33J keit in eiuem Kliuostat gewiß ein Fehler, so ist es ebenso gewiß, daß, je billiger ein Klinostat ist, desto unzuverlässiger er ist. Wenn der Besitz eines Instrumentes von großer Genauigkeit einem botanischen Institute möglich ist, so kann es gewiß nur eins oder höchstens zwei solcher besitzen. Hat es mehrere oder zahlreiche, so müssen die meisten minderwertig sein. Gewöhnlich ist der Gang keiner zwei Instrumente gleich und das nicht einmal innerhalb verhältnismäßig weiter Grenzen. Das Resultat ist Un- genauigkeit, und die daraus entstehenden Fehler mehren sich mit der Zahl der Instrumente. Außerdem ist Zuverlässigkeit völlig so wichtig wie Genauigkeit. Dies gilt besonders von Experimenten, die sich über eine bedeutende Zeitlänge erstrecken müssen. Das Instrument muß nicht nur gleich- mäßig, sondern auch ununterbrochen gehen, widrigenfalls der Fehler um so verhängnisvoller ist, je länger das Experiment gedauert hat. Im Universitätsjahre 1905 — 06 benützte ich etwa 20 billige Klinostaten in einer Serie von Experimenten, die durch das Erd- beben vom 18. April 1906^) unterbrochen wurden. Im folgenden Jahre begann ich mit der freundlichen Unter- stützung von Dr. Durand, Professor der Maschinentechnik auf der hiesigen Universität, Versuche anzustellen mit einem einzigen Triebwerk, das bestimmt war, eine bedeutende Zahl von Pflanzen oder Kulturen gleichzeitig in Umdrehung zu setzen. Dieser Mechanismus ist seitdem nur wenig verändert worden; dagegen sind wiederholte Veränderungen bezüglich der Mittel der Kraft- übertragung von dem Uhrwerk auf die Drehscheiben gemacht worden. Es ist nicht nötig, hier auf diese Veränderungen und späteren Verbesserungen einzugehen. Der Apparat ist in seiner gegenwärtigen Form hauptsächlich in Verbindung mit gewissen damit erzielten Resultaten beschrieben worden^). Dagegen habe ich eine eingehende Beschreibung des multiplen Klinostaten bis auf diese Gelegenheit gespart und zwar zu Ehren des Entwerfers desjenigen Klinostaten, der, wie allgemein anerkannt, die meiste Befriedigung gewährt, nämlich desjenigen von Pfeffer. In der Vorbereitung für die Konstruktion eines multiplen Klino- staten, dessen Betrieb ich so gleichmäßig und so dauernd zuver- lässig als möglich machen w^ollte, bin ich durch Überlegung von den Wasser- und Elektrizitätsmotoren abgekommen, weil diese durch 1) Peirce, G. J., Annais of Botany, Bd. 20, 1906. 2) Dudley Memorial Volume, Stanford Universitj Publications, 1913. 332 George Peirce, Ströme betrieben werden, die nicht gleichmäßig- und vielleicht nicht einmal konstant sind. Die Natur meiner Versuche verlangte so- wohl eine konstante als auch eine gleichmäßige Kraft. Springfedern waren außer Frage, weil es sich um eine Kraft zur Bewegung von etwa 40 Drehscheiben handelte. Die einzig anzuwendende Kraft, die zugleich ununterbrochen, unveränderlich und einheitlich ist, war die Schwerkraft^). Diese konnte mittels Gewichte an Stahldrahtseilen von der Decke meines Laboratoriums herabhängend angewendet werden (s. Fig. 1 u. 2). Ein Ende des Seiles ist an einer Schraube im Querbalken der Decke befestigt. Das Seil geht dann durch einen Stahlflaschenzug, der an einen Eisenstab geschmiedet ist, auf dem die Gewichte aufgereiht sind (s. Fig. 1). Diese Gewichte sind Scheiben aus Guß- eisen und Blei. Ihr Totalgewicht beträgt etwa 215 kg. Von diesem Flaschenzug wird der Draht wieder nach oben geführt und geht durch eine zweite Stahlrolle, die an einer Schraube in der Decke hängt. Dann geht er wieder abwärts und wird an einer Trommel im Uhrwerk befestigt (Fig. 1). Die Achse dieser Trommel steht über den Rahmen des Uhrwerks und über die Kante des starken Tisches, an dem es festgeschraubt ist, vor. Das Ende der Achse ist viereckig und mit einer Kurbel versehen (Fig. 2), mit der das Uhrwerk aufgezogen wird. Durch das Aufwinden des Seiles auf die Trommel werden die Gewichte zur Decke emporgezogen. Die Trommel und die Kurbel werden durch den normalen Gang des Uhrwerks sowie durch einen gewöhnlichen Klammerhaken am Ab- winden verhindert. Das Uhrwerk wird nur einmal täglich auf- gezogen und läuft 28 Stunden. Die so gewonnene Kraft wird durch ein Triebwerk, wie es in den beiden Figuren erscheint, auf Zahnräder übertragen, die sich außerhalb des Uhrwerkrahmens am Ende einer der Achsen befinden (Fig. 2). Ein anderes Zahnrad- getriebe, das auf dem einen Ende einer horizontalen Welle sitzt, greift in jenes ein. Auf der entgegengesetzten Seite der Welle greift ein weiteres Räderwerk in ein entsprechendes Getriebe auf einer vertikalen Welle ein. Diese vertikale Welle trägt gezahnte oder einfache Rädergetriebe in angemessener Höhe, um in andere entsprechende Räder an der ersten Drehscheibe jeder Reihe ein- zugreifen. Die Drehscheiben sitzen auf Regalen, die in die Fenster- nische eingebaut sind (s. Fig. 1 u. 2). Das Fenster ist oben mit einem undurchsichtigen, unten mit einem durchscheinenden Stoffe 1) Peirce, Textbook of Plant Physiology, p. 280 et seq., 1903. Ein multiplex- Klinostat. 333 verhang-en. Die Kanten sämtlicher Drehscheiben sind gezahnt, und diese selbst sitzen in Kugelachsenbüchsen aus Gußstahl. Sie Fig. 1. Multipler Klinostat im Fenster des Laboratoriums. Zeigt den Mechanismus, den Regulator und die Gewichte. Von einer Blitzlicht -Photographie. 334 • George Peirce, werden so gestellt, daß sie ineinander eingreifen, ohne ineinander festzulaufen. Die Achse jeder Drehscheibe ist gekerbt und eine Schraube, die durch die Wand der Achsenbüchse geht und in die Einkerbung paßt, dient dazu, die Scheibe unter jedem möglichen Winkel festzuhalten. Wie die zwei Figuren zeigen, sind die Regale verschiebbar mit Ausnahme des obersten und untersten. In den Figuren erscheint das oberste Regal ohne Drehscheiben, es kann aber wie die übrigen mit solchen versehen werden. Jedes Regal trägt 10 Drehscheiben. Die Rotationsgeschwindig- keit jeder Scheibe auf ein und demselben Regal ist gleich, doch kann die Geschwindigkeit der Scheiben auf den verschiedenen Regalen gleich oder verschieden sein, je nach dem Getriebe, das angebracht wird. So drehen sich z. B. in meinem Apparat die Scheiben der untersten Reihe mit einer Geschwindigkeit von vier ganzen Umdrehungen pro Minute und diejenigen der obersten mit einer solchen von einer pro Minute. Wie Fig. 1 zeigt, gescliieht die Regelung des ganzen Apparates durch einen Fächerregulator. Die Verbindung dieses Regulators mit dem übrigen Mechanismus ergibt sich aus der Photographie. Es liegt auf der Hand, daß durch gegenseitiges Eingreifen jede Scheibe mit derselben Geschwindigkeit wie die ihr zunächst liegende, jedoch in entgegengesetzter Richtung rotiert, daß sich dagegen die alternierenden Scheiben in derselben Richtung bewegen. So ist es möglich, die Wirkung der Rotation in entgegengesetzter Richtung, z. B. in Beziehung auf die Zirkumnutation, auf eine bedeutende Zahl von Pflanzen gleichzeitig zu prüfen. Das Ulirwerk ist mit Bolzen an den Tisch geschraubt und dieser gleicherweise an den Fußboden befestigt. Um jenes vor Staub zu schützen, wird es gewöhnlich bedeckt. Das Getriebe ist großen- teils nach dem Normalmaß und für seinen besonderen Zweck zu- sammengesetzt. Der Rahmen, sowie die Scheiben und Büchsen mußten besonders gegossen werden. Der Leichtigkeit halber sind die Scheiben aus einer Legierung von Aluminium und Zink, Alzink, gemacht. Wie beide Figuren zeigen, ist eine Reihe der Drehscheiben so eingestellt, daß sie sich auf einer horizontalen Achse drehen. Die Kulturen werden durch Stäbe, die mit Haken versehen sind und die sich an geeigneter Stelle in mit Gewinden versehenen Löchern in die Scheiben einschrauben lassen, an Ort und Stelle gehalten. Dies läßt eine genau zentrale oder eine beliebig exzen- Ein multipler Klinostat. 335 trische Stellung' zu. Durch entsprechende Veränderungen in der Stellung der Regale und in dem Getriebe auf der vertikalen Welle Fig. 2. Multipler Klinostat. Zeigt Mechanismus. Transmission und Drehscheiben mit Kulturen. Von einer Blitzlicht-Photographie. 336 George Peirce, Ein multipler Klinostat. kann jeder beliebige Rotationswinkel zwischen der Vertikalen und der Horizontalen erlangt und festgehalten werden, und zwar nicht nur für eine Kultur, sondern für die ganze Reihe, Dies kann für jede Reihe von 10 Scheiben geschehen, ohne daß die andern Reihen dadurch beeinflußt werden. Ich habe absichtlich eine Angabe über die Dimensionen der einzelnen Teile des multiplen Klinostaten unterlassen, denn sie wurden durch den mir in meinem Laboratorium zur Verfügung stehenden Raum und durch den Umfang der Gefäße, die ich zu gebrauchen wünschte, bestimmt. Indem man von ungefähr 8 cm Durchmesser für die Dreh- scheiben ausgeht, kann man den übrigen Apparat den Verhältnissen jedes botanischen Institutes anpassen. Das Uhrwerk steht in meinem Laboratorium im rechten Winkel zu den Scheiben, die in Umdrehung versetzt weiden; dies ist jedoch nicht wesentlich. Es kann, soweit ich voraussehe, von jedem kompetenten Mechaniker hergestellt werden. Ich wünsche an dieser Stelle den Herren Universitätsmechanikern Stevens und Banham meine Anerkennung für die Hilfe auszu- sprechen, die sie mir während des ganzen Versuchsstadiums zuteil werden ließen. Sie haben mit Ausdauer und Gescliick die Ver- änderungen ausgeführt, die durch die Erfahrung im Laufe der Konstruktion notwendig oder wünschenswert erschienen. Da dieser Apparat auf experimentellem Wege hergestellt werden mußte, waren die Kosten bedeutend. Seine Herstellung für das gewöhn- liche botanische Institut sollte jedoch 800 Mark nicht übersteigen. Mittels eines solchen Mechanismus können 40 — 50 Drehscheiben und Kulturen gleichzeitig, mit gleicher oder ungleicher Geschwindig- keit und in derselben oder in entgegengesetzter Richtung in Um- drehung versetzt werden. Und so fallen die Einwendungen gegen den Einzelversuch, wenn auch oft wiederholt, weg. Wenn der Apparat gut konstruiert, richtig eingestellt und rein gehalten wird, so ist seine Rotation auffallend regelmäßig. Er ist so gut wie geräuschlos. Außerdem kann die gewonnene Kraft zu andern beliebigen Zwecken angewendet werden. Es gereicht dem Unterzeichneten zur Freude, diesen multiplen Klinostat seinem Lehrer, dem Herrn Geheimrat Professor Dr. Wilhelm Pfeffer ergebenst zu widmen. Dr. George J. Peirce, Professor der Pflanzenphysiologie an der Leland Stanford Junior Universität, Kalifornien. Untersuchungen über die Auflösung der Tapetenzellen in den Pollensäcken der Angiospermen. Von H. 0. Juel. Mit Tafel IV und V. In der Entwicklung der Sporangien bei den Gefäßpflanzen spielen die Tapetenzellen eine sehr wichtigfe Rolle, denn alle Nah- rung, die den heranwachsenden Sporen zugeführt wird, muß diese Zellschicht durchwandern. Daß es sich dabei um ein einfaches Durchfiltrieren gelöster Nährstoffe handeln sollte, ist kaum wahr- scheinlich. Der Reichtum der Tapetenzellen an Plasma und Kernen verleiht ihnen eine große Ähnlichkeit mit Drüsenzellen und läßt vermuten, daß in ihnen irgend eine Synthese von speziellen Nah- rungsstoffen vor sich geht. Auch ist es möglich, daß sie ein Enzym ausscheiden, das die Wandkomplexe der Tetraden auflöst, dies kann aber nur eine nebensächliche Aufgabe sein, denn jene Wandauflösung bildet nur eine sehr schnell vorübergehende Phase in der Entwicklung. In den meisten Fällen wird endlich die Ta- petenschicht vor der Sporeureife gänzlich aufgelöst. Es handelt sich dabei oft nicht um ein Absterben und Eintrocknen, sondern um eine totale Resorption dieser Zellschicht. Die Stoffmengen, die ihre Zellen enthalten, werden dabei ohne Zweifel verwertet. Daß sie nach außen, in die Gewebe der Antherenwandung abge- leitet w^erden sollten, ist wohl wenig wahrscheinlich, vielmehr ist anzunehmen, daß die von den aufgelösten Tapeteuzellen gelieferten Baustoffe in den Sporangienraum gelangen und beim Aufbau der Sporen in irgend einer Weise verwendet werden. Einen lebhaften Eindruck von der wichtigen Rolle der Tapeten- zellen bekommt man in denjenigen Fällen, wo diese Zellen ihre Selbständigkeit aufgeben und zu einer kontinuierlichen Plasma- Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 22 338 H. 0. Juel, masse mit eingestreuten Kernen zusammenfließen, in welcher die Sporenmutterzellen, bezw. Sporen eingebettet liegen. Ein solcher den Sporangienraum ausfüllender Plasmakörper wird von H annig (1911) Periplasmodium genannt. Dieser Forscher hat in einer Reihe von Abhandlungen sowohl eingehende eigene Untersuchungen über die Periplasmodiumbildung bei Equisetum und Azolla mitge- teilt, als auch eine Zusammenstellung von allem, was bis jetzt über Periplasmodien bei höheren Pflanzen überhaupt bekannt ist, gegeben. Man ersieht daraus, daß Periplasmodien bei allen unter- suchten Pteridophyten-Gattungen auftreten, nur mit Ausnahme der LjTopodineen, d. h. der Gattungen Lycopodium, Selaginella und Isoetes. Was die Psilotaceen betrifft, so bezweifelt Hannig (1911, S. 360), daß sie ein Periplasmodium bilden, obgleich Angaben von Bower und Wettstein dafür sprechen. Präparate von Fsüotwn, die ich verfertigt habe, zeigen aber, daß "hier ein wohlentwickeltes Periplasmodium vorhanden ist, dessen Ursprung ich jedoch nicht verfolgt habe. Bei Phanerogamen können Periplasmodien nur in den Mikro- sporangien auftreten. Bei den Gymnospermen sind sie in keinem Falle nachgewiesen worden. In Ix'zug auf die Angiospermen kommt Hannig (a. a. 0., S. 358) zu dem Resultate, ,,daß die Ta- petenzellen in der Regel aufgelöst werden und ein Plasmodium bilden." Er stützt sich hierbei fast ausschließlich auf Angaben von Strasburger. Er sagt nämlich: „Strasburger hat bei seinen ausgedehnten Untersuchungen eine große Reihe von Pflanzen aus den verschiedensten Familien (Potamogeton, Araceen, Lilia- ceen, Orchideen, Geraniaceen, Malvaceen, Passifloreen, Oenothereen, Polemoniaceen, iVcanthaceen, Dipsaceen, Cucurbitaceen und Kom- positen) untersucht und bei fast allen Plasmodiumbildungen be- sclirieben. Bei einigen wenigen (Ericaeeen, Boraginaceen, Labiaten, Valerianeen und Campanulaceen) ist die Plasmodiumbildung nicht beschrieben. Da aber keine besondere Angaben über ein Fehlen derselben vorliegen, so ist es wahrscheinlich, daß diese Fälle kein abM'eichendes Verhalten zeigen." Einiges Bedenken erweckt zwar bei Hannig der Umstand, daß bei den in späterer Zeit von ver- schiedenen Amerikanern ausgeführten Untersuchungen über Pollen- entwicklung, sowie in Coulter und Chamberlains „Morphology of Angiosperms" ein Periplasmodium bei Angiospermen im allge- meinen nicht erwähnt wird. Nur in zwei Fällen, bei der Aracee Symplocarpus und der Komposite Süphium, sind von diesen Ver- Untersuchungen über die Auflösung- der Tapetenzellen usw. 339 fassern Periplasmoclien beschrieben worden. Auch die Beschreibung von Lemna könnte in derselben Weise gedeutet werden. Dagegen ist nur in einem Falle, bei Sarracenia, ausdrücklich augegeben worden, daß Tapetenzellen nicht zwischen die Pollenköruer ein- wandern, dies Verhältnis könnte jedoch vielleicht weiter verbreitet sein. „Soviel steht trotzdem fest", schließt H annig, „daß das typische Verhalten bei den Pollenkörnern der Angiospermen die Auflösung der Tapete ist." Wahrscheinlich meint Hannig auch hier: Auflösung unter Bildung eines Periplasmodiums. Die Arbeiten von Strasburger, auf welche sich Hannig beruft, sind offenbar „Über den Bau und das Wachstum der Zell- häute" von 1882 und „Über das Wachstum vegetabilischer Zell- häute" von 1889. In diesen Abhandlungen wird nur von den folgenden angiospermen Pflanzen angegel)en. daß die Tapetenzellen ihre Selbständigkeit aufgeben und zwischen die Pollenkörner ein- wandern: Arum (1882, S. 111), /m (1882, S. 110), Geranium (1882, S. 94, 1889, S. 65), Malva, Althaea (1882, 8. 89, 1889, S. 60), Gaura (1882, S. 97), Oenoihera (1889, S. 39), Passiflora (1889, S. 57), Cohaea (1882, S. 108, 1889, S. 76), Thunhergia (1882, S. 105), Scabiosa (1882, S. 101), Cephalaria (1889, S. 69), Cucurbita (1882, S. 103, 1889, S. 72), Senecio (1882, S. 105, 1889, S. 50). Diese Untersuchungen Strasburgers sind vor der Einführung der Älikrotomtechuik ausgeführt. Welcher Methoden er sich be- dient hat, um die Auflösung der Tapetenzellen festzustellen, gibt er nicht an. In einer späteren Arbeit über Zell wände, „Die pflanz- lichen Zellhäute" (Jahrb. für \\iss. Botanik, 31, 1898), welche an Mikrotomschnitten ausgeführt ist, hat Strasburger keine An- gaben über Plasmodiumbildung in den Pollensäcken gemacht. Es ist aber unumgänglich notwendig, diese Verhältnisse an Mikrotomschnitten von gut fixiertem Materiale zu studieren. Frisches Material ist absolut untauglich. Wenn man nämlich den Inhalt eines Staubbeutels herauspreßt, bersten die Tapetenzellen und mischen ihren Inhalt mit den Pollenmutterzellen oder Pollen- körnern, wodurch ein Periplasmodium vorgetäuscht werden kann. Dies tritt sogar oft ein, wenn ein Staubbeutel bei der Fixierung verletzt wird. In einigen Schnitt Serien, z. B. von Picea und Ulmus, die keine Periplasmodien bilden, fand ich zwischen Pollenkörnern ziemlich ^iel Plasma mit zahlreichen Kernen. Eine nähere Unter- suchung zeigte dann, daß der betreffende PoUensack eine Wunde 22* 340 M. 0. Juel, hatte. Auch g-ewöhnliches Alkoholmaterial ist zu diesen ünter- suchimgeu ungeeignet, weil man mit dem Rasiermesser keine zu- sammenhängenden Schnitte davon bekommen kann, wenigstens nicht in den späteren Entwicklungsstadien. Es dürfte hieraus hervorgehen, daß die ganze Frage nach dem Verhalten der Tapeteuzellen in den Pollensäcken der Angio- spermen einer neuen Prüfung bedarf. Ich werde hier versuchen, einige Beiträge zu dieser Frage zu liefern. Zum Gegenstand der Untersuchung wählte ich vorwiegend Repräsentanten solcher Fa- milien, die Strasburger untersucht hat, um seine Angaben zu kontrollieren, dann aber auch einige andere beliebig gewählte Gattungen. Die Anzahl derselben ist recht bescheiden, ich hoffe aber hauptsächlich durch meine Arbeit anregend zu wirken, damit im allgemeinen dieser Frage mehr Aufmerksamkeit zugewendet wird, als bisher geschehen ist. Inwieweit Schlüsse über natürliche Verwandtschaftsverhält- nisse aus dem Vorkommen oder Fehlen eines Periplasmodiums gezogen werden kiinnen, darüber wird man sich erst dann eine Ansicht bilden können, wenn eine weit größere Anzahl von Fa- milien in bezug auf diesen Punkt untersucht worden ist. Es mag hier erwähnt werden, daß später über zwei neue Fälle von Periplasmodiumbilduug berichtet worden ist, nämlich von Murbeck (1902, S. 7) bei Ruppia und Holmgren (1913, S. 62) bei Butoimis. Untersuchungsmethoden. Das Blütenmaterial wurde, soweit möglich, so ausgewählt, daß mir von jeder Art eine Reihe von mehreren Entwicklungsstadien, von der Tetradenteilung an bis zur völligen Reife des Pollens, zur Verfügung stand. Bei Pflanzen mit sukzessiv aufblühenden Infloreszenzen ist dies leicht zu bewerkstelligen, indem man eine passende Reihe von Blüten aus einer einzigen Infloreszenz auf einmal aussuchen kann. Es ist aber schwieriger bei simultan blühenden Pflanzen, wie Ulmus oder Syringa, von welchen die Reihe durch mehrere aufeinanderfolgende Fixierungen hergestellt werden muß. Die Blütenknospen wurden vor der Fixierung unter der Lupe so vorsichtig . als möglich von den Perigon- blättern befreit. Zum Fixieren l)enutzte ich fast ausschließlich Essig-Alkohol (1 Teil Eisessig, 4 Teile abs. Alkohol), der sich für diese Unter- Untersucliuiis:en über die Auflösuiiy; der Tapetenzelleu usw. 341 siK'liimgeu recht gut bewährt hat, indem er schnell eindringt und gut und gleichmäßig fixiert. Die Schnittdicke war 10 ^m. Beim Aufkleben der Schnitte hätte ich gern das Eiweiß vermieden, wenn mir eine andere zuverlässige Methode bekannt gewesen wäre. Die Eiweißlösung wurde so dünn wie möglich aufgetragen, jedoch ließ sich nicht ganz vermeiden, daß kleine Ansammlungen von geronnenem Eiweiß hie und da auch in den Polleusäcken auf- traten. Die Gefahr, daß mau solche Eiweißfällungeu für natür- liche Inhaltkörper der Pollensäcke hält, ist jedoch nicht so groß, als man befürchten könnte, denn man lernt sie bald an ihrer charakteristischen Struktur erkennen, wenn man sie mit anderen solchen Ansammlungen außerhalb der Pollensäcke vergleicht. Die Schnittserien wurden zuerst mit Eisen-Hämatoxylin ge- färbt. Bei der Differenzierung wurde darauf geachtet, daß die Tapetenzellen einen passenden Färbungsgrad bekamen. Daß die übrigen Gewebe dabei zu stark entfärbt, die Pollenkörner oft noch ganz schwarz sind, hat wenig zu sagen. Dann wurde mit einer mäßig starken Lösung von Lichtgrün in Nelkenöl nachgefärbt, um eine gute Wandfärbung zu bekommen, was hier wichtig war, da es galt, die Auflösung der Tapetenzellen zu verfolgen. Das Nelken- öl wurde in Toluol ausgewaschen, indem das Präparat mehrere- male sehr rasch im Toluolgefäß auf und nieder getaucht wurde. Hierdurch wurde verhütet, daß das in Toluol unlösliche Lichtgrün in ausgefällter Form am Präparate haften blieb. Anthurium cristallinum Linden. (Fig. 1, Taf. lY.) Das Material stammt von einem Gewächshausexemplar. Leider fehlen mir jüngere Entwickluugsstadien, so daß ich die Tapeten- zellen nicht beschreiben kann. In meinen Präparaten enthalten die Pollensäcke schon junge Pollenkörner, die fibröse Schicht in der Antherenwaud ist schon ausgebildet. An der Peripherie des Pollensackes liegt eine Plasma- scliicht mit sehr großen Vakuolen, die vielleicht der Lage nach den einzelnen Tapetenzellen entsprechen. Innerhalb dieser liegt eine dichte Masse von Pollenkörnern. Zwischen der PoUenmasse und der Plasmaschicht ist keine Grenze zu sehen, der Pollen liegt offenbar direkt im Plasma, welches sich auch im Innern der Pollen- masse fortsetzt, wenn es auch hier spärlicher ist. Zahlreiche gut erhaltene, ziemlich große Kerne liegen im Wandplasma und zwischen 342 K- 0. Juel, den Pollenkörneru. Der Pollensack ist also von einem typischen Periplasmodiiim erfüllt (Fig. 1). Für Araceen sind Periplasniodien schon früher beschrieben worden, nämlich von Strasburg'er (1882, S. 111) bei Ariim macu- latum und von Duggar (1900, S. 90) bei Symplocarpus foetidiis. Galtonia candicans (Bak.) Dcne. In jungen Antheren mit Pollentetraden sind die Tapetenzellen stark radial verlängert, sie sind nicht besonders plasmareich und enthalten in jedem Ende eine große Vakuole, in der Mitte eine Plasmaausammlung mit zwei Kernen. Wenn die jungen Pollenkörner eben frei geworden sind, er- scheint das Plasma der Tapetenzellen etwas dunkler, sonst sind sie wenig verändert. Der Pollensack enthält jetzt zwischen den Pollenkörnern eine ausgefällte Substanz, die nicht sehr reichlich ist und einen von Lichtgrün gefärbten feinen Schaum bildet. Sie kann \äelleicht von den aufgelösten und dann beim Fixieren wieder gefällten Zellwandstoffen der Tetraden herrühren. Während der hierauf folgenden Vergrößerung des Antheren- faches werden die Tapetenzellen zuerst isodiametrisch, dann all- mählich sehr flach. Sie sind jetzt von dichtem und dunkel gefärbtem Plasma ziemlich gleichmäßig gefüllt. Die Substanz zwischen den Pollenkörnern hat jetzt au Menge und Dichtigkeit zugenommen, eine Sekretion aus den Tapetenzellen scheint daher stattgefunden zu haben. Sobald die Pollenkörner sich mit Reservestoffen zu füllen beginnen, erscheinen die Tapetenzellen sehr flach gedrückt. Ihr Plasma verschwindet zuerst, dann die Kerne, zuletzt werden auch die Wände aufgelöst. Während dieser Vorgänge verändert sich das Aussehen der Substanz im Antherenraum, ihr Maschenwerk wird gröber und unregelmäßiger, sie nimmt dann an Menge ab und verschwindet allmählich. Hyacintkus amethystinus L. (Fig. 2 u. 3, Tai. IV.) Ein jüngeres Stadium ohne Wandverdickungen in der fibrösen Schicht und mit ausgewachsenen, aber noch einzelligen Pollen- körnern zeigt gut erhaltene und von dichtem Plasma gefüllte Ta- petenzellen. Der Raum zwischen den Pollenkörnern wird von üntersuchunfren über die Auflösung der Tapetenzelleu usw. 343 einer feinwabig'en, einigermaßen plasmaähnlichen Substanz einge- nommen (Fig. 2). In einem späteren Stadium mit ausgebildeter fibröser Schicht und zweizeiligen Pollenkörnern sind die Tapetenzellen arm an Plasma geworden. Die ausgefällte Substanz bildet jetzt ein gröberes, aus dickeren Fäden zusammengesetztes Maschenwerk (Fig. 3). In einer fast reifen Anthere sind keine Spuren mehr zu sehen weder von jener Substanz noch von der Tapete. Da bei diesem Objekte die ausgefällte Substanz im Pollensack besonders reichlich auftritt, so versuchte ich ilire Natur durch einige Reaktionen zu prüfen. Vielleicht war aber das Material dazu nicht sehr geeignet, da es mit Platin-Chrom-Essig fixiert war. Konzentrierte Salpetersäure gab keine Reaktion, auch nicht Millons Reagens. Bei Kochen in Ammoniak schwillt die Sub- stanz, ohne sich zu lösen, durch Kochen in Kalilauge wird sie ziemlich vollständig gelöst. Jodjodkalium färbt die Substanz schwach gell)lich, während die Tapetenzellen braun werden, Chlor- zinkjod gil)t keine Blaufärl)ung der Substanz, aber auch die Zell- wände im Präparat wurden davon nicht gebläut. Auch einige Färbemittel wurden versucht. Safranin färbte die Substanz hellrot mit einem Stich ins Gelbe, während Plasma und Kerne kirschrot erschienen. Methylenblau färbte die Substanz rotviolett, Plasma und Kerne gleichzeitig blau. Orange gab keine Färbung. Kongorot färbte die Substanz recht kräftig, und die Färbung blieb noch nach längerem Stehen in starkem Alkohol erhalten, obgleich sie dann in den übrigen Teilen des Präparats fast verschwunden war. In den Dauerpräparaten ist die Substanz von Lichtgrün, nicht aber von Eisen-Hämatoxylin gefärbt, sie verhält sich also unge- fähr wie die Zellwände. Sie kann schwerlich aus Plasma oder Eiweißstoffen liestehen, sondern wahrscheinlich aus zellw^andähn- lichen Körpern. Die Färbung mit Kongorot deutet auf Zellulose, das Verhalten gegen Safranin und Methylenblau eher auf Pektin. Vielleicht sind beide Stoffe zugegen. Iris squalens L. Die Pollenbildung ist bei dieser Art schlecht. Jüngere Stadien wurden nicht untersucht. In einem Stadium, wo die Pollenkörner schon ziemlich entwickelt sind, enthalten die flachen Tapetenzellen 344 H- ö- Ju^i' noch Plasma und Kerne, stehen aber nicht mehr auf dem Höhe- punkt ihrer Entwicklung. Später findet man von der Tapete nur leere Wände, stark zusammengedrückt. Strasburger sagt (1882, S. 110) von /. sibirica: „Zur Zeit, da die Tapetenzellen ihre Selbständigkeit aufgeben usw." Wahr- scheinlich ist diese Angabe irrtümlich. TJhnus montana With. (Fig. 5 u. 6, Taf. IV.) Fixierung: Platin-Chrom-Essig. In einer Anthere mit einzelligen Pollenkörnern und dünn- wandiger hypodermaler Schicht (Fig. 5) sind die Tapetenzellen fast isodiametrisch und mit dichtem Plasma gefüllt. Später werden sie flacher, ihr Inhalt wird spärlicher und beginnt desorganisiert zu werden. In einem Stadium mit zweizeiligen stärkereichen Pollen- körnern und ausgebildeter fibröser Schicht (Fig. 6) sind von der Tapete meist nur tue leeren Wände übrig gebheben. An einigen Stellen in den Präparaten von dem jüngeren Ent- wicklungsstadium findet man zwischen den Pollenkörnern Plasma mit Kernen, das aus den Tapetenzellen stauimt. Das Plasma ist aber intensiv und homogen gefärbt, weil es beschädigt worden ist. Es handelt sich nämlich nicht um Periplasmodiumbildung, sondern uui die Folge einer Verwundung der Anthere bei der Fixierung. Durch die Verwundung sank der innere Druck im An- therenraum, und dies verursachte ein Platzen der Tapetenzellen an mehreren Stellen, so daß ihr Inhalt zwischen die Pollenkörner eindringen konnte. Arahis alpina L. (Fig. 4, Taf. JX.) Fixierung: Platin-Chrom-Essig; Färbung: Eisen-Hämatoxylin- Lichtgrün. Das jüngste untersuchte Stadium hat einzellige Pollenkörner, die In-podermale Wandschicht ist schwach ausgebildet. Die Ta- petenzellen sind fast isodiametrisch oder wenig abgeflacht und haben einen dichten ziemlich homogenen Inhalt. Zwischen den Pollenkörnern keine ausgefällte Substanz. In älteren Antheren mit zweizeiligen Pollenkörnern und ziem- lich ausgebildeter fibröser Wandschicht finde ich die Tapetenzellen zum größten Teil schon verschwunden. Die Pollenköruer liegen aber jetzt in einer Substanz eingebettet, die einem Vakuolen- Untersuchungen über die Auflösung der Tapetenzellen usw. 345 reichen Protoplasma außerordentlich ähnlich ist (Fig. 4). Kerne konnte ich in diesem Plasma nicht entdecken, wenn sie vorhanden sind, so treten sie jedenfalls nicht durch stärkere Färbung; her- vor, sie dürften daher entweder schon aufgelöst oder doch stark rückgebildet sein. Die Substanz färbt sich wie Plasma, also hellgrau, ohne grüne Färbung. Sie kann nichts anderes sein als der herausgeflossene Inhalt der Tapetenzellen. Daß es sich hier nicht um eine von der Tapete sezernierte Substanz handelt, geht sowohl aus ihrem Aussehen und ihrer Färbungsweise hervor, als auch aus dem Umstände, daß vorher, als die Tapetenzellen noch erhalten waren, keine Spur einer ausgefällten Substanz im Antherenrauni zu entdecken war. Sehr bald nach diesem Stadium ist die Anthere reif, die Scheidewand in der Theka reißt ein. Von jener Substanz ist dann nichts mehr zu sehen. Der Vorgang bei Arabis ist mit der Bildung eines Periplas- modiums in dem wesentlichen Punkte identisch: die Tapetenzellen fließen zu einer einheitlichen Masse zusammen, in welcher die Pollenkörner eingebettet sind. Es bestehen aber auch wichtige Unterschiede von einem echten Periplasmodium. Der Vorgang wird hier nicht durch Formveränderungeu der Tapetenzellen vorbereitet; kurz vor ihrer Auflösung sieht es "säelmehr so aus, als ob sie sich wie bei Ulmiis entleeren sollten. Ihre Auflösung geschieht auch zu einem so späten Zeitpunkt, daß eine Rückbildung ihres Inhalts schon begonnen hat, was sich besonders dadurch kundgibt, daß die Kerne nicht mehr sichtbar sind. Ein echtes Periplas- modium ist dies daher nicht. Linum austriacuiii L. (Fig. 7 u. 8, Taf. IV.) Ich beginne mit einem Stadium, das Tetraden mit dicken und von Lichtgrün stark gefärbten Wandkomplexen enthält. Die Ta- peteuzellen sind isodiametrisch oder ein wenig radial gedehnt und enthalten ein nicht sehr reichliches Plasma, das einen großen Saft- raum einschließt. Ein Stadium mit eben freigewordenen, sehr dünnwandigen Pollenkörnern. Die Tapetenzellen sind etwas reicher an Plasma geworden. Außer den Pollenkörnern enthält jetzt der Autheren- raum eine nicht sehr reichliche, sehr fein netzförmige oder wabige Substanz, die von Lichtgrün deuthch gefärbt ist. Ich vermute, daß sie aus den aufgelösten Tetradenwänden stammt. 346 ^- ^- J"®^' Späteres Stadium mit dickwandigerem, noch einkernigem Pollen. Die Tapetenzellen zeigen häufig eine nach innen gewölbte Wan- dung, an anderen Stellen sind sie flach und zusammengefallen, was aber \^elleicht durch die Fixierung hervorgerufen ist. Die Substanz im Antherenraume hat abgenommen und ist meist zu dünnen Häutchen zusammengeflossen. Ein folgendes Stadium zeigt zweizeilige Polleukörner, aber in der Antherenwand noch keine Differenzierung des Hypoderms. Die Tapetenzellen erscheinen zum großen Teil flachgedrückt, ärmer au Plasma und mit etwas rückgebildeten Kernen. Au einigen Stellen dagegen erheben sie sich und schieben sich zwischen die Pollenkörner ein. Auch kommt es vor, daß eine Partie der Ta- petenschicht zerflossen und in den Antherenraum eingedrungen ist, wo sie die Pollenkörner umgibt. Die Kerne erscheinen dabei dunkel und abgestorben (Fig. 8). Sobald in der Antherenwand die hypodermale Schicht sich zu differenzieren anfängt, sind die Tapetenzellen gänzlich verschwun- den. Auch ihr Plasma ist zum größten Teil resorbiert, im An- therenraum sind davon nur spärliche Reste vorhanden, meist in der G-estalt dünner Häutchen, die zwischen der Wand und den Pollenkörnern ausgespannt sind. Sobald die fibröse Schicht aus- gebildet ist, enthält der Autherenraum nichts als Pollenkörner. Auch bei Linum ereignet sich etwas, das einer Periplasmodium- bildung sehr nahe kommt. Das aus den Tapetenzellen heraus- fließende Plasma ist aber ohne Zweifel schon im Absterben be- griffen, und eine zusammenhängende, den Antherenraum ausfüllende Plasmamasse wird wahrscheinlich nie gebildet. Von einem wirk- lichen Periplasmodium kann daher auch bei Linum keine Rede sein. Geranium. Strasburger untersuchte G. cristatum und sanguineum und macht darüber 1882 (S. 94) folgende Angabe: „Ist das Pollenkoru in seiner äußeren Gestaltung vollendet, so geben die Tapeten- zelleu ihre Selbständigkeit auf und wandert ihr Plasma z^vischen die Pollenzellen ein. Auch bei Geranium hatten sich die Tapeten- zellen zuvor bedeutend vergrößert und die nächst äußere Zellen- schicht der Antherenwandung, wenn auch hier relativ spät, zerquetscht. Das Einwandern der Tapetenzellen zwischen die Pollenkörner erfolgt hier auf verhältuismäßig vorgerücktem Ent- wicklungsstadium.'" Untersuchungen über die Auflösung der Tapetenzellen usw. 347 Ich untersuchte G. silvaticum L. und Uvidum (Pers.) L'Her. Das teils mit Platin-Chrom-Essig, teils mit Zink-Essig- Alkohol fixierte Material lieferte aber nur ziemlich schlechte Präparate. Jedoch kann ich aus diesen Präparaten ersehen, daß kein wirk- liches Periplasmodium gebildet ^örd, sondern daß es sich hier ungefähr me bei Linum verhält. Das Zerfließen der Tapeten- zellen tritt, wie Strasburger es angibt, sehr spät ein, und fällt mit ihrer Desorganisation zusammen. Aesculus hippocastanum L. Fixierung: Platiu-Chrom-Essig. Im Stadium der Tetradenteilung ist der Antherenraum bei dieser Art ungemein groß. Die Pollenmutterzellen sind zwar recht zahlreich, füllen aber den Raum bei weitem nicht aus. Der übrige Raum enthält ziemlich viel von einer feinfädig-netzförmigen Sub- stanz, welche also hier in einem früheren Stadium als gewöhnlich auftritt. Die Tapetenzellen sind ziemlich groß und führen schon ein sehr dichtes und dunkles Plasma. Wenn die Pollenkörner ziemlich ausgewachsen sind, die fibröse Schicht aber noch keine Verdickungen zeigt, sind die Tapeten- zellen noch ziemlich gesund und inhaltsreich, die Substanz im An- therenraum ist dann verschwunden. Später verlieren die Tapetenzelleu allmählich ihren Inhalt und fallen zusammen. SchUeßlich bildet die Tapete nur ein dünnes Häutchen, in welchem die Kernreste als schwarze Punkte erscheinen. Lavatera trimestris L. (Fig. 9 — 11, Taf. IV.) In jungen Antheren mit Tetraden bildet die Tapete eine geschlossene und ebene Schicht von ziemlich isodiametrischen Zellen mit dichtem und dunkel gefärbtem Inhalt und zwei bis vier Kernen. In einem Stadium mit jungen Pollenkörnern, die schon mit Stacheln besetzt sind, enthält der Antherenraum eine spärliche, feinkörnige oder feinfädige, von Lichtgi^ün gefärbte Substanz, die vielleicht von den aufgelösten Tetradenwandungen stammt. Die Tapete zeigt die ersten Vorbereitungen zur Periplasmodiumbildung, indem sich ihre Zellen voneinander isoliert haben, so daß die Tapete keine geschlossene Schicht mehr darstellt. Die radialen 348 ^- 0- •T"'^^' und inneren Zellwände dieser Schicht sind dabei aufg'elöst worden (Fig. 9j. Ein späteres Stadium mit dickwandigen Polleukörnern. Die Substanz im Anthereuraum ist fast verschwunden. In den Ta- peteuzellen entstehen große Vakuolen im basalen Teil, das Plasma mit den Kernen sammelt sich dabei im entgegengesetzten Ende, wobei die Zelle sich oft schnabelförmig nach innen verlängert und z^dschen die Pollenkörner eindringt. Die Grenzen zwischen den einzelnen Zellen sind im allgemeinen noch zu sehen (Fig. 10). Etwas älteres Stadium, Pollenkörner noch einzellig und ziem- Hch arm an Inhalt. Die Tapetenzellen sind jetzt mit ihren Spitzen soweit vorgedrungen, daß sie sich von entgegengesetzten Seiten in der IVIitte begegnen. An der Peripherie sind ihre leeren basalen Teile noch zu erkennen, ihre plasmareichen und kernhaltigen Teile bilden einen zentralen Körper, in welchem die Pollenkörner ein- gebettet Liegen. Das Periplasmodium ist jedoch nicht fertig, denn an vielen Stellen sind Grenzen zwischen den einzelnen Zellen deutlich zu sehen. Sobald die Pollenkörner etwas inhaltsreicher gew^orden sind, die fibröse Schicht der Antherenwand aber noch keine Verdickungen zeigt, scheint das Periplasmodium im Höhepunkt seiner Entwick- lung zu stehen. Das Plasma bildet um jedes Pollenkorn eine dünne Schicht, die von seinen Stacheln durchbohrt wird und vde ein Sieb aussieht. Wo diese Plasmaschichten einander be- rühren, fließen sie zusammen. Jedoch findet man hie und da im Plasmodium Spalten, die darauf deuten, daß das Zusammen- fließen der Zellen nicht immer vollständig ist. Das Plasma ent- hält zahlreiche ziemlich unveränderte Kerne. Das Periplasmodium reicht bis an die Antherenwand, bildet aber hier an vielen Stellen nur eine dünne Haut, die von der zentralen Masse durch große leere Räume getrennt ist (Fig. 11). Sobald sich die Anthere ilu'er Reife nähert, die Pollenkörner mit Stärke gefüllt sind, und die fibröse Schicht ausgebildet ist, beginnt die Desorganisation des Periplasmodiums, seine Kerne sind schwarze Klumpen geworden, und sein Plasma ist grobkörnig. In der reifen Anthere ist vom Periplasmodium nichts mehr übrig. Ich untersuchte auch diese Verhältnisse bei einem Gewächs- hausexemplar von Hihiscus rosa sinensis L. Die früheren Ent- wicklungsstadien zeigen die eben bei Lavatera beschriebenen Ver- hältnisse. Das Periplasmodium ist aber sehr substanzarm und Untersucliungeii über die Auflösuno: der Tapetenzellen usw. 349 bildet ein Mascheuwerk von sehr dünnen Häutchen, dessen Maschen von den Pollenköruern ausgefüllt werden. Strasburger (1882, S. 89, 1889, S. 60) hat schon für Malva und Althaea angegeben, daß die Tapetenzellen ihre Selbständigkeit aufgeben und zwischen die Pollenkörner einwandern. Tilia ulmifolid Scop. und platyphyllos Scop. Junge Antheren von T. ulmifolia mit eben frei gewordenen Pollenkörnern haben eine Tapete von ziemlich isodiametrischen Zellen mit dichtem, dunkelgefärbten Inhalt. Ältere Stadien von T. platyphyllos zeigen Tapetenzellen mit erheblich spärlicherem Inhalt, während die Wände noch erhalten sind. In fast reifen Antheren sieht man hie und da leere Tapeten- zellen oder Fetzen von ihren Zellwänden. Fas;siflora sp. Das Material stammt von einem Gewächshausexemplar mit reichlicher Pollenlüldung. In den jüngsten untersuchten Antheren sind die Zellwände der fibrösen Schicht noch unverdickt, die Pollenkörner zweizeilig, aber arm an Inhalt. Die Tapetenzellen sind schon ziemlich flach und führen einen dichten, ziemlich kräftig gefärbten Inhalt und gut erhaltene Kerne. Im Antherenraum ist eine fein netzförmige, von Lichtgrün kräftig gefärbte Substanz reichhch vorhanden. In Antheren mit Wand verdickungen in der fibrösen Schicht und von Stärke gefüllten Pollenkörnern sind die Tapetenzellen noch flacher geworden. Sie sind weniger reich an Inhalt, ihre Kerne scheinen noch gesund. Die ausgefällte Substanz ist gröber und weniger dicht als vorher. Ältere Stadien konnte ich nicht untersuchen. Strasburger (1889, S. 57) behauptet, daß die Tapetenzellen bei F. caerulea üire Selbständigkeit aufgeben und zwischen die Pollenkörner ein- wandern. Ich muß al)er dies für weniger wahrscheinlich halten. Gaura Lindheimeri Engelm. Nach erfolgter Tetradenteilung in den PoUensäcken erscheinen die Tapetenzellen isodiametrisch und von stark färbbarem Plasma dicht gefüllt. 350 H. 0. Juel, In den folgeudeu Eutwicklungsstadien schrumpfen die Aii- thereu erheblich bei der Präparation zusammen, und die jungen Pollenkörner werden dabei ziemlich stark deformiert. In Antheren, deren fibröse Schicht schon großzellig ist, aber keine Wandver- dickungen zeigt, sind die Tapetenzellen stark zusammengedrückt, enthalten aber ein dichtes Plasma. Zwischen den Pollenkörnern treten jetzt von Lichtgrün gefärbte Fäden auf, wahrscheinlich sind dies die Yiscinfäden. Sobald die fibrösen Zellen der Antherenwand ihre Verdickungen bekommen haben, die Pollenkörner aber noch sehr inhaltsarm sind, hat in den Präparaten die Tapete sich häufig von der Wand losgelöst und bildet einen den Pollenhaufen dicht umschließenden Mantel. Ihre Zellen sind jetzt arm an Inhalt, stellenweise fast leer. Wenn diese Ablösung der Tapete kein Artefakt, sondern ein natürlicher Vorgang ist, und es sieht allerdings danach aus, so erinnert dies einigermaßen an das Verhalten bei den Poly- podiaceen. Strasburger behauptet, daß bei Oaura Inennis (1882, S. 97) und Oenothera hiennis (1889, S. 38) die Tapetenzellen ungefähr bei dem eben beschriebenen Entwicklungsstadium zwischen die Pollenkörner einwandern. Ich fand kein Anzeichen davon bei der untersuchten Art. P^twas später, wenn die Pollenkörner Reserve- stoffe zu speichern begonnen haben, sind die Tapetenzellen gänz- lich resorbiert. Die Visciufäden treten in den späteren Stadien wenig hervor, weil sie sich den Pollenkörnern anschmiegen und wenig färbbar sind. Änthriscus silvestris (L.) Hoffm. Im Tetradenstadium sind die Tapetenzellen isodiametrisch und mit stark färbbarem Plasma dicht gefüllt. Sie werden während der folgenden Entwicklung abgeflacht. In dem Stadium, wo die fibröse Zellschicht ihre Wandverdickungen bekommen hat, sind sie noch ziemlich reich an Inhalt. Erst zu einem Zeitpunkt, wo die Scheidewand der Theka aufgebrochen war, fand ich die Ta- petenzellen zum großen Teil fast leer. Ihre Zellwände waren da- bei gut erhalten. Syringa vulgaris L. In Antheren mit ausgewachsenen, aber einzelligen Pollen- körnern und ohne Wandverdickungen der fibrösen Schicht sind Untersuchungen über die Auflösung der Tapetenzellen usw. 351 die Tapetenzelleu nicht oder wenig abgeflacht und haben einen dichten und dunkelgefärbten Inhalt. Ältere Antheren mit fast reifen, stärkereichen Pollenkörnern und mit Verdickungen an den Wänden der fibrösen Schicht zeigen eine Tapete aus sehr flachen Zellen mit geringem und wenig färb- barem Zellinhalt. Nichts deutet also auf Periplasmodiumbildung. Spigelia splendens Wendl. Das Material stammt von einer Gewächshauspflanze mit guter Pollenbildung. Jüngere Antheren ohne Wandverdickungen in der fibrösen Schicht haben schon ziemlich flache Tapetenzellen, die noch ziem- lich reich an färbbarem Inhalt sind. Sobald die Wandverdickungen der fibrösen Schicht sichtbar sind, erscheinen die Tapetenzellen noch flacher und arm an Inhalt. In fast reifen Antheren sind sie zum großen Teil verschwunden, nur hier und da sieht man einige leere Zellwände, die dieser Schicht gehören. Folemoniuni caeruleum L. Außer meinen eigenen Präparaten untersuchte ich von dieser Art auch einige Präparate von Alkohol -Essig -Material, die mir Dr. G. Samuelsson freundlichst überließ. In jungen Antheren mit Tetraden ist die Tapete sehr schön und kräftig entwickelt. Wo diese Zellschicht am dicksten ist, sind ihre Zellen paHsaden- förmig, Sie führen einen dichten ziemlich stark färbbaren Inhalt. Wenn die jungen Pollenkörner frei geworden sind, erscheint die Tapete wenig verändert, nur sind ihre Zellen etwas niedriger ge- worden. In einem späteren Stadium, jedoch mit noch einzelligen Pollen- körnern und ohne Wandverdickungen in der fibrösen Schicht, sind die Tapetenzellen sehr abgeflacht, ihr Plasma erscheint etwas weniger dicht als vorher. Sobald die Pollenkörner zweizeilig geworden sind und die Wandverdickung der fibrösen Schicht eben angefangen hat, sind die Tapetenzellen au vielen Stellen schon verschwunden, an anderen Strecken sind sie erhalten, zusammengedrückt. Die Wände der Tapetenzellen sind bei Polemonium immer sehr zart, und in diesem Stadium kam es mir vor, als ob an einigen Stellen das Plasma 352 H. 0. Juel, aus gewissen Zellen lierausgeflossen wäre. Ich kann aber dies nur als eine zufällige Erscheinung auffassen. Cobaea seandens Cav. (Fig. 12 u. 13, Taf. IV.) Wenn die Kerne der Polleninutterzellen sich in der Prophase befinden, bildet die Tapete schon eine recht dicke Schicht aus schmalen, mehr oder weniger palisadenförmigen Zellen mit recht dichtem Zellinhalt und zwei oder mehreren kleinen Kernen. Im Tetradenstadium hat die Tapetenschicht noch an Dicke zuge- nommen, jedoch nicht gleichmäßig, da einige Partien weiter in den Raum hineinragen. Ihre Zellen sind jetzt breiter, die Kerne gTößer, das Plasma erscheint noch dichter. Das nächste Stadium zeigt schon große Pollenkörner mit an- gelegter Wandskulptur, die fil)röse Schicht hat noch keine Wand- verdickungen. Die Tapete hat jetzt ein sehr unregelmäßiges Aus- sehen, einige Zellen sind gegen die angrenzenden Pollenkörner flachgedrückt, andere zeigen eine nach innen gewölbte Kontur und haben sich seitlich voneinander isoliert, noch andere senden schlauchförmige Ausstülpungen zwischen die Polleukörner hinein (Fig. 12). Die Zellen haben einen dichten Inhalt und sind nicht vakuolisiert, und ihre Kerne sind gut erhalten. Die Zellwände sind dagegen dem Anscheine nach aufgelöst. Zwischen den Pollen- körnern findet sich ziemlich viel von einer fein netzförmigen Sub- stanz, die von Lichtgrün gefärbt ist. Wahrscheinlich ist es der- selbe Stoff, der sich an den Pollenkörnern niedergeschlagen hat, besonders am Boden der Gruben in der Exine. In einem etwas späteren Stadium sah ich einige Auswüchse der Tapetenzellen schon bis ins Zentrum vordringen. Wenn dies Hineinwachsen der Tapetenzellen seinen Höhepunkt erreicht hat, sind schon fibröse Verdickungen sowohl im Hypoderm als in den ein bis zwei folgenden Schichten vorhanden (Fig. 13). Das Plasma der Tapetenzellen füllt jetzt die engen Zwdschenräume zwischen den Pollenkörnern vollständig aus. Eine totale Verschmelzung der Tapetenzellen dürfte jedoch nicht erreicht werden, denn an mehreren Stellen in diesen Präparaten sah ich die sich begegnenden Schläuche der Tapetenzellen deutlich voneinander gescliieden. Die Kerne scheinen jetzt schon mehr oder weniger desorganisiert zu sein, und auch das Plasma zeigt eine gröbere Struktur, die einen be- ginneiiden Zerfall andeutet. In einem benachbarten Fache der- selben Anthere ist das Plasma schon zum größten Teil zu grob- Untersuchungen über die Auflösung der Tapetenzellen usw. 353 körnigen Massen zerfallen. Die ausgefällte Substanz liegt in diesen Antlieren fast nur als grobkörnige ScMcht am Boden der Gruben in der Exine. Strasburgers Angabe (1889, S. 76) über diese Art lautet folgendermaßen: „Zwar geben hier die Tapetenzellen erst relativ spät ihre ganze Selbständigkeit auf, doch kann man konstatieren, daß frühzeitig schon aus denselben C^'toplasma zwischen die jungen Pollenkörner eindringt.'" Wahrscheinlich meint er hiermit die hin- einragenden Ausstülpungen der Tapetenzellen. Thunbergia alata Boj. Das jüngste untersuchte Stadium zeigt in einigen Antheren Tetraden, in anderen eben freigewordene Pollenzellen. Der An- therenraum enthält schon eine mehr oder weniger deutlich netz- förmige, von Lichtgrün gefärbte Substanz, welche da reichlicher auftritt, wo die Tetradenwandungen aufgelöst sind, und welche wahrscheinlich von diesen stammt. Die Tapetenzellen sind zum größten Teil schon ziemlich flach; etwas radial verlängert sind sie aber an der Stelle, wo die Scheidewand eine plazentaähnliche Wucherung in den Antherenraum sendet. Sie sind überall von färbbarem Plasma dicht gefüllt. In Antheren mit zweizeiligen, al)er noch inhaltsarmen Pollen- körnern erscheinen die Tapetenzellen etwas zusammengedrückt. Ihr Inhalt ist weniger tlicht. Wenn die Pollenkörner sich mit Reservestoffen angefüllt haben und zu reifen beginnen, verlieren die Tapetenzellen allmählich ihren ganzen Inhalt, nur die Kerne bleiben lange erhalten. Die im Antherenraum ausgefällte Substanz verschwindet allmählich. So- bald die Scheidewand der Theka resorbiert worden ist, sind von den Tapeten nur hier und da Zellwandreste zu finden. Strasburger scheint eine Periplasmodiumbildung bei Thun- bergia anzunehmen, er sagt nämlich (1882, S. 105): „Die Tapeten- zellen von Thunbergia alata zeigen vor Aufgabe ihrer Gestalt schöne Kernfragmentationen.'' Meine Beobachtungen geben aber keinen Anhalt für diese Ansicht. Galimn cruciata L. (Fig. 14, Taf. Vj. Im Stadium der Tetraden sind die Tapetenzellen schon ziem- lich groß, isodiametrisch, und enthalten eine oder zwei größere Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 23 354 H. 0. Juel, Vakuolen. Nach der AiiflösiiDg der Tetraden tritt im Antheren- raum eine fädige, von Lichtgrün gefärbte Substanz auf. Sobald die Pollenkörner ausgewachsen sind, verändert sich das Aussehen der Tapetenschicht. Ilire Zellen sind sehr reich an stark färbbarem Plasma, dies ist jedoch nur in der inneren (an den Antherenraum grenzenden) Hälfte der Zelle gesammelt, die äußere Hälfte wird von einer großen Vakuole eingenommen (Fig. 14). Die Zellwände sind wahrscheinlich zum großen Teil aufgelöst, und die Zellen sind häufig seitlich voneinander isoliert. Das Plasma der Tapetenzellen wölbt sich nach innen hervor und entsendet hierbei zwischen die Polionkörner und in den Antherenraum Vor- sprünge von sehr wechselnder Gestalt. Diese erinnern an die Pseudopodien der Mj'xomycetenplasmodien. Zuweilen sieht man sie in einen dünnen Faden auslaufen, der am Ende zu einem kleinen Tropfen anschwillt. Die ausgefällte Substanz im Antheren- raum ist jetzt sehr spärlich geworden. Obgleich das eben beschriebene Entwicklungsstadium ganz so aussieht, als ob Vorbereitungen zur Bildung eines Periplasmodiums getroffen würden, so wird doch kein solches gebildet. Die Tapeten- zellen sinken nach dieser Phase wieder zusammen. In einem nur wenig älteren Stadium, wo die Verdickungsleisten der fibrösen Zellen kaum deutlich sind, bildet die Tapete eine sehr dünne Schicht von stark abgeflachten Zellen mit stark reduziertem Inhalt. Ihre freie Innenfläche scheint auch jetzt von keiner Zellwand be- kleidet zu sein. Im Antherenraum tritt wieder eine ausgefällte, mit Lichtgrün sich färbende Suljstanz auf. Ehe noch die Pollenkörner zweizeilig geworden sind, ist die ganze Tapetenschicht gänzlich verschwunden. Auch die ausgefällte Substanz ist dann resorbiert. "Was dies eigentümliche Verhalten der Tapete bei Oalium be- deutet, ist schwierig zu beurteilen. Es hat ja den Anschein, als ob ein Teil vom Plasma der Tapetenzellen in der Form von Pseudopodien oder Tröpfchen in den Antherenraum ausgegossen würde. Ich wage jedoch nicht zu behaupten, daß es sich so verhält. Lonicera caerulea L. (Fig. 15 u. 16, Taf. V.) Sobald die Tetraden gebildet sind, erscheint die Tapete als eine ebene und kontinuierliche Zellschicht aus ziemlich großen und inhaltreichen Zellen. Untersuchuugen über die Auflösung der Tapetenzellen usw. 355 Bald nachher, während der Tetradeuauflösiing-, beginnen die Vorbereitungen zur Periplasmodiumbildung. Die Tapetenzellen, die jetzt einen noch dichteren Inhalt führen, haben ihre Zellwände aufgelöst, so daß sie in den Präparaten leicht auseinanderfallen. Sie wölben sich nach innen hervor und senden hier und da schnabel- förmig:e Fortsätze zwischen die Pollenkörner hinein (Fig*. 15), Antheren mit großen, noch einzelligen Pollenkörnern enthalten schön ausgebildete Periplasmodien mit überall eingestreuten Kernen. In einigen, die offenbar jüngere Stadien darstellen, sind im Zentrum Grenzen zwischen den einzelnen Zellen zu sehen, in anderen ist aber die Verschmelzung vollständig (Fig. 16). Wenn die Polleakörner zweizeilig geworden sind und Ver- dickungsleisteu in den fibrösen Zellen aufzutreten anfangen, sind vom Plasmodium nur Fetzen zwischen den Pollenkörnern zurück- geblieben. Sanibucus ebiihis L. Mein Material von dieser Art ist unvollständig. In einem Stadium mit ausgewachsenen, aber inhaltarmen Pollenkörnern bildet die Tapete noch eine ebene und kontinuierliche Schicht von nur wenig abgeflachten, plasmareichen Zellen. In etwas älteren An- theren mit fibrösen Verdickungen der Wand ist die Form der Tapetenzellen kaum verändert, ihr Zellinhalt ist aber weit spär- licher geworden. Nichts deutet darauf, daß hier ein Periplasmodium gebildet werden sollte. Vihiirnum lantana L. Von dieser Art habe ich nur ältere Antheren mit fast reifen Pollenkörnern und mit Verdickungsleisten in der fibrösen Zell- schicht untersucht. In einigen sind die Tapetenzellen noch voll- kommen erhalten, sie sind aber ziemlich flach und enthalten fast kein Plasma. In anderen sind sie ganz zusammengedrückt und bilden eine dünne Haut, in welcher hier und da die schwarzen Kernreste eingeschlossen liegen. Also kein Periplasmodium. Valeriana officinalis L. (Fig. 17 — 19, Taf. V.) In jungen Antheren mit ungeteilten PoUenmutterzellen bildet die Tapete eine ziemlich ebene Schicht von fest zusammengefügten Zellen mit wenig dichtem und nicht besonders stark färbbarem Plasma. 23* 356 H. 0. Juel, Im Tetradenstadium sind die Tapeteuzellen etwas gTößer ge- worden, sie wölben sich häufig- nach innen hervor und haben sich zum Teil voneinander isoliert. Ihr Plasma enthält viele Vakuolen und erscheint noch heller als vorher (Fig. 17). In Anthereu mit ziemlich kleinen Pollenkörnern wird die Periplasmodiumbildung eingeleitet. Die Tapetenzellen senden jetzt Fortsätze aus, die sich zwischen die Pollenkörner hineinzwängen, sich dabei häufig verzweigen und recht wechselnde Gestalten an- nehmen können. Das Plasma dieser Fortsätze ist dicht und ho- mogen. Ein Teil der Zellkerne tritt in sie herein (Fig. 18). In einem nur wenig späteren Stadium scheint das Peri- plasmodium schon fertig gebildet zu sein. Jedoch sind die Zwischen- räume zwischen den Pollenkörnern in diesen Antheren noch so eng, daß es schwierig ist, festzustellen, ol) die Grenzen zwischen den Zellen überall schon verwischt sind. Die Kerne sind sehr zahl- reich und gleichmäßig verteilt, Wenn die Pollenkörner zweizeilig geworden, noch aber recht arm au Inhalt sind, und die fibröse Zellschicht aus ziemlich großen, jedoch dünnwandigen Zellen l)esteht, erscheint das Periplasmodium in seiner schönsten Entfaltung. Der Raum im Pollensack hat jetzt zugenommen, so daß die Pollenkörner nicht mehr so gedrängt liegen, und man sieht nunmehr deutlich, daß eine ununterbrochene Plasmamasse den ganzen Raum ausfüllt (Fig. 19). Die Kerne sind unverändert. In einem Stadium, wo Verdickungsleisten in der fibrösen Schicht auftreten, die Pollenköruer aber noch wenig Inhalt führen, ist das Periplasmodium schon in Rückbildung begriffen. Sein Plasma ist spärlich und zeigt Lücken, die Kerne bilden meist schwarze Klumpen. Sobald sich die Pollenzellen mit Reserve- stoffen angefüllt haben, ist vom ganzen Periplasmodium nichts mehr zu sehen. Knautia süvatica (L.) Dub. (Fig. 20, Taf. Y.) Wenn die Pollensäcke Tetraden enthalten, sind die Tapeten- zellen schon ziemlich groß, isodiametrisch, ziemlich reich an Zell- inhalt, aber mit einer großen Vakuole in der Mitte. Sobald die Pollenkörner nur halb erwachsen sind, liegen auf dem Querschnitt ihrer vier bis sechs in einem engen Kreis ge- ordnet; Die Tapetenzellen verlängern sich zentripetal und füllen radspeiclienförmig die Lücken zwischen den Pollenkörnern aus. Untersuclumgen über die Auflösung der Tapeteiizellen usw. 357 Ihre Spitzen begegnen sich im Zentrum, sie verschmelzen aber nicht, obgleich die Zellwände wahrscheinlich aufgelöst sind. Bei ausgewachsenen Pollenkörnern ist jene rad förmige An- ordnung im Pollensack nicht mehr erhalten. Ein gleichförmiges Plasma mit eingestreuten Kernen scheint den Raum zwischen den Pollenkörnern auszufüllen. Jedoch sind Grenzlinien hier und da zu sehen, welche offenbar die Bezirke der einzelnen Zellen angeben (Fig. 20). In späteren Stadien mit von Reservestoffen gefüllten Pollen- körnern ist das Periplasmodium mehr heterogen geworden, an einigen Stellen liegen Anhäufungen von dichtem Plasma, zwischen diesen treten größere Lücken auf. Die Grenzlinien im Plasma sind noch nicht vermscht. Von den Kernen findet man nur un- deutliche Reste. "Wegen der im Plasma sichtbaren Grenzlinien ist das Peri- plasmodium bei Knautia kein ganz typisches, steht aber einem solchen sehr nahe. Daß die Tapetenzellen zwischen die Pollenkörner einwandern, wird von Strasburger für Scabiosa caucasica (1882, S. 101) an- gegeben, bei Cephalaria tatarica (1889, S. 69) spricht er sogar von einem Plasmodium. Cuciirbita pepo L. (Fig. 22 u. 23, Taf. Y.) Die Wandkomplexe der Pollenmutterzelleu und Tetraden sind sehr dick, scheinen aber aus einer ziemlich schleimigen Substanz zu bestehen, welche den Raum bis zur Tapete ganz ausfüllt, und an der Peripherie oft vakuolig-netzartig erscheint. Die Tapete bildet keine ganz ebene Schicht, an der Mitte der radialen Wände sind ihre Zellen höher, sonst sind sie klein und niedrig. Sie sind noch nicht sehr reich an Inhalt. Wenn die Antheren größer geworden sind und ziemlich große, noch glatte Pollenkörner enthalten, ist die Tapetenschicht nicht dicker geworden, ihr ZelUnhalt hat aber zugenommen und ist dunkler gefärbt. Zwischen den Pollenkörnern liegt eine geringe Menge einer von Lichtgrün gefärbten Substanz, die ein unregel- mäßiges Netz- oder Wabenwerk bildet. Außerdem finde ich in diesen Präparaten kleine von Hämatoxj^Hn gefärbte Körner im Antherenraum. Diese scheinen aus den Tapetenzelleu am äußeren Rande des Pollensacks zu stammen, denn hier scheint die Tapete beschädigt worden zu sein (Fig. 22). 358 H. 0. Juel, Während der folgenden Ent\\'icklung werden die Tapetenzellen allmälilicli ärmer an Inhalt. Die im Antherenraum ausgefällte Substanz bekommt eine gröbere Struktur. Sobald die Pollenkörner mit Reservestoffen angefüllt sind, haben die Tapetenzellen ein wenig an Größe zugenommen, sie sind im allgemeinen gar nicht zusammengedrückt, haben wohl erhaltene, von Lichtginin kräftig gefärbte Zellwände, wohl erhaltene Kerne, sonst aber fast keinen Inhalt. Die ausgefällte Substanz erscheint jetzt als ein großzelliges Wabenwerk, dessen Hohlräume von den Pollenkörnern ausgefüllt werden. Die Wände dieser Hohlräume bilden ziemhch dünne Häutcheu einer homogenen, von Lichtgrün stark gefärbten Substanz, an den Knotenpunkten zeigt diese Sub- stanz eine netzartig-blasige Struktur (Fig. 23). Cucumis sativus zeigt im allgemeinen dieselben Verhältnisse. In ganz reifen Antheren dieser Art sind die Tapetenzellen zu einem Häutcheu zusammengesunken, in welchem Kernreste noch zu erkennen sind. Die ausgefällte Substanz ist dann verschwunden. Nach Strasburger sollen bei C. verrucosa (1882, S. 102) und C. pepo (1889, S. 72) die Tapetenzellen zwischen die Pollenkörner einwandern, er muß sich aber hierin geirrt haben. Campanula rotundifolia L. (Fig. 21, Taf. V.) Wenn die Kerne der Pollenmutterzellen sich in der Prophase befinden, enthalten die Tapetenzellen ein ziemlich dunkel gefärbtes Plasma, das den äußeren Teil der Zelle einnimmt, während der dem Antherenraum zugewendete Teil eine große Vakuole enthält. In Antheren mit sehr jungen und dünnwandigen Pollenkörnern sind die Tapetenzellen kaum verändert. Von einer ausgefällten Substanz ist dann im Pollensack kaum etwas zu bemerken. Sobald die Pollenkörner zweizelhg geworden sind, ist der In- halt der Tapetenzellen spärlicher. Die engen Lücken und Spalten zwischen den Pollenkörnern werden jetzt von einer sehr homogenen, von Lichtgrün gefärbten Substanz ausgefüllt. Wo im Präparate die Pollenkörner weggefallen sind, bleibt daher ein ziemlich regel- mäßiges, zierliches Wabenwerk zurück (Fig. 21). Etwas später, wenn die Pollenkörner mit Reservestoffen ge- füllt sind, und die fibröse Schicht ihre Wandverdickungen be- kommen hat, scheint die ausgefällte Substanz deutlich abgenommen zu haben. Die Tapetenzelleu sind dann ziemlich gut erhalten, al)er Untersuchungen über die Auflösung der Tapetenzellen usw. 359 ziemlich flachg'edrückt. lu noch älteren Antheren ist sowohl die Tapete als die ausgefällte Substanz verschwunden. Wie die schließ- liche Auflösung der Tapetenzellen vor sich geht, habe ich also nicht beobachtet, ein Periplasmodium wird aber jedenfalls nicht gebildet. Acicarpha trihuloides Juss. Während der Tetradenteilung sind die Tapetenzellen ungefähr isodiametrisch und von einem mäßig dichten Plasma gleichmäßig gefüllt. Wenn die Pollenkörner frei geworden sind, erscheinen die Tapetenzellen flacher, ihr Plasma dichter und dunkler. Später verlieren sie allmählich ihren Inhalt und werden zusammengedrückt, die Zellwände bleiben lange erhalten. Erst wenn die Antheren sich zu öffnen anfangen, verschwindet die Tapete ganz. Doronicum grandiflorum Lam. (Fig. 24 — 27, Taf. V.) Das jüngste untersuchte Entwickluugsstadium enthält Pollen- körner, die einzellig, aber schon mit Stacheln versehen sind. Die Tapete bildet kaum mehr eine kontinuierliche Schicht, ihre Zellen berühren einander auf dem Querschnitt fast nur an ihrer Basis. An ihrer freien Innenfläche scheinen sie nackt zu sein und zeigen hier sehr wechselnde Konturen. Einige wölben sich einfach nach innen hervor, andere zeigen hier eigentümliche Fortsätze, die ihnen ein gezähneltes Aussehen verleihen (Fig. 24). Zum Teil wenigstens dürfte die Berührung mit der stacheligen Oberfläche der Pollen- körner diese Zähnelung verursacht haben. In etwas älteren Antheren sieht man auf dem Querschnitte einige Tapetenzellen sich zu schlauchförmigen Fortsätzen ver- längern, die zwischen den Pollenkörnern gegen das Zentrum hinein- wachsen (Fig. 25). Aus einem Längsschnitt ersieht man, daß diese Auswüchse an den ziemlich langen Tapetenzellen nur lokal hervor- sprossen (Fig. 26). Ihr Auftreten ist natürlich von den Lücken zwischen den Pollenkörnern bedingt. Diese Auswüchse enthalten ziemlich viel Plasma und auch Kerne. Sie sind wahrscheinlich nicht von Zellwänden bekleidet. In Antheren, deren fibröse Schicht schon Andeutungen von Wandverdickungen zeigt, sind die Tapetenzellen der Form nach kaum verändert, sie haben aber fast ihren ganzen Zellinhalt, bis auf die Kerne, verloren (Fig. 27). Sie sind noch voneinander 360 H. 0. Juel, Überall getrennt und scheinen keine ZelhA'ände zu haben, denn ihre Grenzscliichten werden von Lichtgrün nicht gefärbt. Dies Stadium bezeichnet schon den Anfang der Desorganisation, denn in benachbarten Blüten, wo die Antheren sonst nicht weiter ent- wickelt sind, findet man nur undeutliche Reste der ganzen Tapete. Da also die TapetenzeUen ihre Selbständigkeit nie aufgeben, kann der Ausdruck Periplasmodium liier nicht ange])racht sein. Die Ähnlichkeit mit einem solchen ist jedoch groß, und ich wurde anfangs selbst davon getäuscht. Strasburger nimmt an, daß bei Senecio vulgaris (1882, S. 105, 1889, S. 50) die Tapetenzellen ihre Selbständigkeit aufgeben. Merrell (1900, S. 112) hat einige Silphium-XxiQM untersucht und beschreibt mit folgenden Worten die Auflösung der Tapete: „While these changes have been taking place the tapetum and middle layer have been disorganizing. In this wav a plasma is formed which gradually distributes itself among the pollen grains. The nuclei of the disorganized cells are ^isible for quite a long time." Ich habe selbst einige Präparate von Silphium perfoliatum ge- macht und konnte konstatieren, daß die Tapete sich ungefähr so wie bei Doronicion verhält. An einem Stadium, das dem in Fig. 25 dargestellten entspricht, sind die Grenzen zwischen den Tapeten- zellen mit ihren Vorsprüngen deutlich zu sehen. Ich halte es nicht für wahrscheinlich, daß in einem späteren Stadium eine Ver- schmelzung stattfindet. Zusammenfassung der Resultate. Die Vorgänge, die sich bei der Auflösung der Tapetenschicht in den Pollensäcken der Angiospermen abspielen, können ziemlich verschiedenartig sein. Als extreme Fälle können betrachtet werden: einerseits die Periplasmodiumbildung, andererseits die Entleerung der Tapetenzellen ohne vorhergehende Wandauflösung oder Gestalt- veränderung. Zwischen diesen Extremen gibt es aber einige Zwischenstufen. Ein Periplasmodium wird gebildet l)ei: Änthurium, Lavatera, Cohaea, Lonicera, Valeriana und Knautia. Bei der letzteren Gattung ist es vielleicht nicht ganz tA-pisch, weil die Grenzlinien zwischen den einzelnen Zellen nie gänzlich verwischt zu werden scheinen. Bei Cohaea dürfte eine totale Verschmelzung nie erreicht werden. Die Vorgänge, welche die Periplasmodiumbildung vor- rntersuchunjren über die Auflösung der Tapetenzellen usw. 3ß\ bereiten, sind im allgemeinen die folgenden: die Zellwände der Tapetenzellen werden aufgelöst, und die Zellen isolieren sich seit- lich voneinander, sie wachsen dann in der Gestalt von verschieden geformten Schläuchen zwischen die Pollenkörner in den Pollen- sackraum hinein, und erst wenn sie sich in der Mitte begegnet sind, tritt die Verschmelzung zu einem Plasmodium ein. Bei Lavatera konzentriert sich das Plasma um die einzelnen Pollenkörner, da- zwischen treten Lücken im Periplasmodium auf, bei den übrigen füllt das Plasmodium den ganzen Raum aus. Bei Doronicum verhalten sich die Tapetenzellen ganz so, als wenn ein Periplasmodium gebildet werden sollte, die Tapetenzellen behalten aber bis zum Ende ilire volle Selbständigkeit. Galium zeigt auch anscheinend Vorbereitungen zur Peri- plasmodiumbildung. Nach erfolgter Wandauflösung treiben die Tapetenzellen pseudopotheuähuliche Fortsätze z\\ischen die PoUen- körner hinein. Ob sie in dieser Weise einen Teil ihres Plasmas abstoßen, konnte nicht ermittelt werden. Der Prozeß wird dann rückgängig gemacht, die Tapetenzellen sinken zusammen und werden in gewöhnlicher Weise entleert. Bei Ardbis bleiben die Tapetenzellen lange unverändert. Erst in einem sehr späten Stadium werden die Zellwände aufgelöst, und die Plasmen fließen zu einem den Pollensackraum ausfüllenden Plasmakörper zusammen, in welchem aber die Kerne schon des- organisiert sind. Auch bei Linuni findet in einem sehr späten Stadium eine Wandauflösung der Tapetenzellen statt, die Desorganisation des Zellinhaltes tritt aber dabei sofort ein, so daß kein Plasmodium gebildet wird. Daß die Tapetenzellen ohne vorhergehende Gestaltsverände- rung oder Wandauflösung ihren Inhalt entleeren, wurde bei folgen- den Gattungen konstatiert: HyacintJius, Galtonia, Iris, Ulmus, Tilia, Aesculus, Gaura (wahrscheinlich Passiflora), Anthriscus, Syringa, Spigelia, Polemonium, Thunbergia, Samhucus, Vihurnum, Campanula, Cucurbita, Acicarplia. In den Pollensäcken treten oft zwischen den Pollenkörnern geformte Substanzen auf, öfters von netz- oder wabenförmiger Struk- tur. Nach ihrem Verhalten gegen Färbemittel zu schließen, sind sie nicht plasmatischer Natur, sondern eher mit den Zellwandstoffen verwandt. Wahrscheinlich waren sie in der lebenden Pflanze in gelöster Form da und sind bei der Fixierung ausgefällt worden. 362 H. 0. Juel, Jedoch werden sie oft bei verschiedenen Entwicklung'sstadieu in verscliiedenen Formen ausgefällt. Zum Teil dürften solche Sub- stanzen aus den aufgelösten Zellwandkomplexen der Tetraden stammen. Da sie jedoch oft in späteren Stadien in gesteigerter Menge auftreten, muß auch eine Sekretion aus der Tapetenschicht angenommen werden. Bei Cucurbita und Campanula stellt in späteren Entwicklungs- stadien die ausgefällte Substanz ein großzelliges Wabenwerk dar, dessen Maschen von den Polleukörnern ausgefüllt werden. Es ist wahrscheinlich, daß gewisse natürliche Abteilungen der Angiospermen sich durch Periplasmodiumbildung in den Pollen- säcken auszeichnen. Ein Beispiel davon liefern die Rubiales, denn Repräsentanten von vier Familien dieser Ordnung, Rubiaceae, Caprifoliaceae, Valerianaceae und Dipsacaceae, haben Periplas- modien oder zeigen Veränderungen in der Tapete, die daran er- innern. Andererseits ist es auffallend, daß in mehreren Fällen mehr oder weniger nahe verwandte Typen ein entgegengesetztes Ver- halten der Tapetenzellen zeigen. Als Beispiele hiervon können die Polemoniaceen (Cohaea, Polemonium) und Caprifoliaceen (Lonicera, Vihurnum) hervorgehoben werden. Botanisches Institut der Universität Upsala, September 1914. Literatur. Coulter und Chamberlain, Morpliolog;y of Angiosperms. New York 1903. Duggar, Studies in the development of tlie.pollen grain in Symplocatyus foetidus and Peltandra undulata. Botan. Gazette, Bd. 29, 1900. Hannig, über die Bedeutung der Periplasmodien. III. Kritische Untersuchungen über das Vorkommen und die Bedeutung von Tapeten und Periplasmodien. Flora, Bd. 102, 1911. Holmgren, Zur Entwicklungsgeschichte von Butomus umbellatus L. Svensk Botan. Tidskr., Bd. 7, Stockholm 1913. Merrell, A contribution to the life history of Silphium. Botan. Gazette, Bd. 29, 1900. Murbeck, Über die Embryologie von Rupina rostellata. Svenska Vet.-Akad. Handl., Bd. 36. Stockholm 1902. Strasburger, Über den Bau und das Wachstum der Zellhäute. Jena 1882. — Histologische Beiträge. II. Über das Wachstum vegetabilischer Zellhäute. .Jena 1889. Untersuchungen über die Auflösuna: der Tapetenzellen usw. 363 Figuren -Erklärung. Sämtliche Bilder sind Mikrophotogramme nach Mikrotomschnitten. Die Bilder sind bei den unten angegebenen Vergrößerungen aufgenommen, in der Reproduktion aber um Yjq verkleinert worden. Tafel lY. Fig. 1. Anthurium cristallinum. Periplasmodium im Polleuscak. 400 : 1. Fig. 2. Hyacinthus amethystinus. Junges Stadium mit inhaltreicher Tapete, fein netzförmiger Substanz zwischen den Pollenkörnern. 300 : 1. Fig. 3. Hyacinthus amethystinus. Älteres Stadium, Tapete fast entleert, aus- gefällte Substanz von grober Struktur. 300 : 1. Fig. 4. Arabis alpina. Spätes Entwicklungsstadium, das Tapetenplasma ist her- ausgeflossen und umhüllt die Pollenkörner. 400 : 1. Fig. 5. Ulmus montana. .Tunges Stadium. Tapetenzellen reich an Inhalt. 300 : 1. Fig. 6. Ulmus montana. Spätes Stadium. Tapetenzellen fast leer. 300 : 1. Fig. 7. Linum austriacum. Jüngeres Stadium, Tapetenzellen ziemlich gut er- halten. 300 : 1 . Fig. 8. Liimm austriacum. Älteres Stadium, Inhalt der Tapetenzellen zum Teil in den Pollensackraum herausgeflossen. 300 : 1. Fig. 9. Lavatera trimestiis. Früheres Stadium, Tapetenzellen seitlich voneinander isoliert. 300 : 1. Fig. 10. Lavatera trimesiris. Älteres Stadium, die Tapetenzellen beginnen zwischen die Pollenköruer hineinzuwachsen. 200 : 1. Fig. 11. Lavatera trimestris. Fertiges Periplasmodium. 120 : 1. Fig. 12. Cobaea scandens. Die Tapetenzellen wachsen zwischen die Polleukörner hinein. 140 : 1. Fig. 13. Cobaea scandens- Tapetenzellen überall zwischen die Pollenzellen her- vorgedrungen, wahrscheinlich ein Periplasmodium bildend. 140 : 1. Tafel V. Fig. 14. Galiu7n cniciata. Die Tapetenzellen senden pseudopodienähnliche Vor- sprünge zwischen die Polleukörner hinein. 400 : 1. Fig. 15. Lonicera caerulea. Zerfallene Tetraden, die Tapetenzellen haben ihre Wände aufgelöst und zeigen Gestaltveränderungen. 400 : 1. Fig. 16. Lonicera caerulea. Fertiges Periplasmodium. 400 : 1. Fig. 17. Valeriana officinalis. Tetradenstadiuni, die Tapetenzellen beginnen sich voneinander zu isolieren und sich hervorzuwölben. 400 : 1. Fig. 18. Valeriana officinalis. Späteres Stadium, die Tapetenzellen wachsen als verzweigte Schläuche zwischen die Pollenkörner hinein. 600 : 1. Fig. 19. Valeriana officinalis. Fertiges Periplasmodium. 400 : 1. Fig. 20. Knautia sylvatica. Periplasmodium, in welchem jedoch Grenzen zwischen den einzelnen Zellen sichtbar sind. 300 : 1. Fig. 21. Cami)anula rotundifolia. Eine im Pollensackraum ausgefällte homogene Substanz bildet ein Wabenwerk, deren Maschen die Pollenkörner ausfüllen. 250 : 1. Fig. 22. Cucurbita pepo. Sehr junge PoUenkörner , Tapetenzellen inhaltreich, ausgefällte Substanz fein netzförmig, außerdem kleine Kugeln im äußeren Teil, wo die Tapete wahrscheinlich beschädigt worden ist. 200 : 1. 364 H. 0. Juel, Untersuchungen über die Auflösung der Tapetenzellen usw. Fig. 23. Cucurbita pepo. Ziemlich reife Polleukörner, Tapetenzellen leer, die ausgefällte Substanz bildet ein großzelliges Wabenwerk, das die Pollenkömer einschließt. 120 : 1. Fig. 24. Doronicum grandiflorum. Jüngeres Eutwicklungsstadium, Tapetenzellen gezähnt, wahrscheinlich durch den Druck gegen die stacheligen Pollenkörner. 600 : 1. Fig. 25. Doronicum grandifloi-um. Späteres Stadium, die Tapetenzellen wachsen zwischen die Pollenkörner hinein. 400 : 1. Fig. 26. Doronicum grandiflorum. Dasselbe in Längsschnitt. 400 : 1. Fig. 27. Doroyticum grandiflo)-um. Noch älteres Stadium, Tapetenzellen fast ent- leert, keine Verschmelzung hat stattgefunden. 400 : 1. Die Verbreitung gewisser Lebermoose der malaiischen Region. Von Douglas Houghton Campbell. Die tropischen Länder des Ostens, besonders die Gebirgs- gegenden der großen vulkanischen Inseln von Java, Sumatra und den Philippinen sind außerordentlich reich an interessanten Leber- moosen, und obwohl schon einige Sammlungen dieser Pflanzen gemacht worden sind, so waren sie doch meist sehr unvollstän- dig, und die Lebermoos-Flora mancher Distrikte ist so gut wie unbekannt. Infolge der UnvoUständigkeit der Sammlungen be- schränkt sich die Kenntnis mancher Arten nur auf eine einzige Örtlichkeit oder auf weit voneinander getrennte Gegenden, z. B. die Blyttia Levieri von Java, Samoa, Tahiti und Hawai. Es ist klar, daß eine sorgfältigere Sammlung seitens der Botaniker, die die Lebermoose kennen, den Umfang weniger bekannter Arten bedeutend erweitern wird. Während zweier Besuche in der malai- ischen Region hat der Verfasser sich bemüht, gewisse Lebermoose, besonders der thallosen Formen zu sammeln, und einige Beobach- tungen wurden gemacht bezüglich ihrer Verbreitung. Das Resultat dieser Arbeit liegt hier im Auszug vor. Bei der Angabe der Örtlichkeiteu, wo die verschiedenen Arten bisher gesammelt worden sind, hat sich der Verfasser hauptsächlich auf die Arbeiten von Schiffner und Stephani gestützt. Im Frühling 1906 wurde ein dreimonatlicher Besuch auf Java gemacht, und die Lebermoose wurden an mehreren Orten gesammelt, besonders in der Nähe von Buitenzorg und auf der Bergstation von Tjibodas an den Abhängen der großen vulkanischen Masse vom Gedeh. Es ist fraglich, ob die Erde irgendwo eine reichere Lebermoos-Flora hat, als dieser Bergabhang sie aufweist. Manche 366 Douglas Houghton Campbell, neue Arten aus dieser Geg-eud sind beschrieben worden, und eine bedeutende Zahl ist bis heute nur von hier aus bekannt. Auf einer zweiten Reise nach Ostindien im Jahre 1912 — 13 wurde auch die malaiische Halbinsel, das nordöstliche Sumatra, Sarawak auf Borneo und die Insel Luzon auf den Philippinen besucht. Die Sammlung-en des Verfassers beschränkten sich im wesent- lichen auf die thallosen Lebermoose und schlössen verhältnismäßig nur wenige der viel zahlreicheren foliosen Arten ein. Die Ricciaceen sind in dem malaiischen Distrikt nur schwach vertreten; bis jetzt ist davon für die ganze Gegend nur ein halbes Dutzend Arten verzeichnet. Dies ist nicht merkwürdig, da diese Lebermoose sich am besten entwickeln in Ländern, wie wir sie an den Strandgebieteu des Mittelmeeres und den Küstenstrichen Kaliforniens finden, die eine ausgeprägte trockene Jahreszeit haben. Von 6 Arten der Riccia, die von Stephani dem malaiischen Distrikt zugeteilt werden, ist eine, E. canaliculata {^= R. fiuitans) kosmopolitisch, und von den andern ist eine, R. amboiniana, von Amboina und 3 Arten von -Java allein verzeichnet. Die größte und hervorragendste der letzteren ist die R. Treuhiana Schiff., die in den botanischen Gärten von Buitenzorg sehr gewöhnlich ist. Eine Art, die zu dieser zu gehören scheint, fand ich in Djokja, auf Java und ebenfalls in Kuchiiig, Sarawak (Borneo) und in Luzon in der Nähe des Mt. Banajao. Eine zweite kleinere, noch nicht festgestellte Art wurde gleichfalls in Kuching gesammelt. Die Targioniaceen sind durch eine einzige Art der Targionia vertreten; sie ist der weit verbreiteten T. hypophijlla sehr ähnlich, wird aber von Schiffner unter dem Namen T. clioica als eine neue Art beschrieben. Schiffner gibt für diese Pflanze nur eine Station an, den Berg Gunung Guntur bei Garoet in Java. Lang^) berichtet, daß er diese Art auch in Ceylon gefunden hat. Die eigentümliche Gattung Cyathodium, die auch zu den Targioniaceen gehört, ist durch ganz Malaisien weit verbreitet, es bedarf aber noch weiteren Studiums, die Arten festzustellen. Die hervorragendste ist die C. foetidissimum Schiff., die zuerst aus Java von Schiffner beschrieben, von ihm aber auch in Sumatra gefunden worden ist. Stephani gibt auch einen Standort in Java an. Lang^) 1) Lang, W. H., On tlie Morphology of Cyathodium. Anuals of Botany, Vol. 19, 1905. Die Verbreitung gewisser Lebermoot^e der malaiischen Region. 367 bemerkt, daß er diese Art in Maxwells Hill bei Taiping-, in den malaiischeu Bundesstaaten gefunden hat. Ich selbst habe diese Pflanze dort nicht gefunden, habe sie aber auf mehreren Stationen in Java gesammelt und in großer Zahl auch in Bandar Bahroe (Deli, Sumatra) getroffen. Sie wurde gleichfalls auf Mt. Maquiling bei Los Banos und an dem Fuß des Mt. Banajao auf den Philippinen gesammelt. Ich glaube, sie ist auch an anderen Orten auf den Phihppineu gesammelt worden und ist wahrscheinlich weit über die Inseln verbreitet. Eine zweite, viel kleinere Art findet sich in Java. Sie wird von Stephani als C. aureo-nitens angesehen. Sie wurde von mir sehr zahlreich in Djokja gefunden und wächst dort in den Spalten auf der großen Pagode von Boro-Boedoer. Augenscheinlich die- selben Arten wurden in den Batu-Höhlen, bei Kuala Lumpur, in den malaiischen Staaten gefunden. Lang, der diese Pflanze an demselben Ort gesammelt hat, nimmt an, daß sie identisch sei mit der cubamscheu C. cavernarum. Dieselbe oder eine sehr ähnliche Art ist sehr gewöhnlich bei Manila. Die Gattung Marchantia ist durch mehrere Arten vertreten und wird oft in großen Mengen getroffen. Einige Arten, z. B. M. emarcjinata und M. geminata sind gewöhnlich und weit ver- breitet, andere dagegen sind, wie es scheint, lokal. So ist M. Cataractanim Schiff, bis jetzt nur an einem Ort, Tjiburrum, einem Wasserfall auf Mt. Gedeh in Java, gesammelt worden, wo ich diese Pflanze im Jahre 1906 fand. Berichte über die gewöhnliche M. polymorpha liegen von ver- schiedenen Stationen der östlichen Tropen vor, aber sie ist wahr- scheinlich, in einigen Fällen wenigstens, mit anderen Arten ver- wechselt worden. Schiffuer erklärt, daß er sie in Java nicht hätte finden können, \newolil sie von jener Insel durch verschiedene Sammler gemeldet wurde. Ich sammelte in der Bergprovinz von Luzon, in der Höhe von ungefähr 2500 m, eine sehr große Marchantia, die von Stephani als M. polymorpha identifiziert wurde. Yon den anderen Gattungen der Marchantia ceen wird von Schiffner die kosmopolitische Rehoidia hemisphaerica aus Java und Sumatra gemeldet, sie ist auch aus verschiedenen anderen Orten in Asien bekannt. Fimhriaria ist in mehreren Arten in Java und Sumatra vertreten und ist wahrscheinlich ziemlich all- gemein durch den ganzen malaiischen Distrikt verbreitet. 368 Douglas Houghton Campbell, Die Plagiochasma ist nach Stephani in einer einzigen Art, der P. appendiculata, für Manila vertreten. Von allen tropischen Marchantiaceen ist die Dumortiera die am meisten charakteristische, sie -wird gewöhnlich in gToßen Mengen in den feuchten Dschungeln der Bergtropen gefunden. Die größte Art ist die D. trichocephala, die unter günstigen Bedingungen, wie die von Tjibodas, eine riesenhafte Größe erreicht. Diese Art ist sehr weit verbreitet, sie hat eine sehr große Ausdehnung durch die Tropen der alten "^"elt und erstreckt sich bis nach Hawai. Ein merkwürdiger Fall der Verbreitung dieser Art wurde auf Mt. Mattang in Sarawak beobachtet. Während sie sich in einer eng begi'enzten Zone bei einer Höhe von etwa 600 m außerordentlich zahlreich und üppig vorfand, konnte außerhalb dieser Zone kein Exemplar entdeckt werden. Die von dieser Pflanze bewohnte Zone hörte plötzhch auf, so daß im Umkreis von 20 m einer von dem Lebermoos völlig bewachsenen Bank nicht ein einziges Exemplar gefunden werden konnte. In den malaiischen Staaten ist die Pflanze selten. Ich fand sie nur an zwei Orten: bei den Kalksteinliöhlen „Batu Caves" bei Kuala Lumpur und an zwei Punkten auf Maxwells Hill bei Taiping. Eine zweite Art, D. velutina Schiff., findet sich sehr zahlreich bei Buitenzorg und an anderen Orten in den Niederungen von Java, sowie im westlichen Sumatra. Der Verfasser sammelte eine dritte, bisher noch nicht be- schriebene Art in Sarawak, Borneo, in der Nähe einiger Kalkstein- höhlen bei Bidi. Diese ist sehr viel schlanker als die anderen Arten. Nur die männlichen Pflanzen wurden gefunden. Wiesner eUa denudata (= W. Javanica Schiff.) ist eine interes- sante monotj^pische Gattung, die zuerst als eine Dumortiera be- schrieben w^urde. Während sie zweifellos dieser am nächsten verwandt ist, unterscheidet sie sich darin, daß derThallus die Struk- tur der typischen Marchantiaceen besitzt. Stephani hält die java- nische Pflanze, von Schiffner beschrieben, für identisch mit einer Pflanze des Himalayagebirges, die zuerst unter dem Namen Dumor- tiera denudata beschrieben wurde. Die javanische Pflanze ist an gewissen Orten auf Mt. Gedeh zahlreich, sie wurde von Schiffner auch in Sumatra gesammelt. Stephani berichtet, daß sie auch in Hawai und Japan vorkomme. Es ist höchst wahrscheinlich, daß sie auch in einigen Teilen des dazwischen liegenden Gebietes getroffen werden wird. Die Verbreitung gewisser Lebermoose der malaiischen Region. 369 Jungermanniales, Die große Mehrheit der Jungermanniales, die zu den foliosen Formen gehören, sind „Acrogynae". In der Tat enthalten einige der Genera unter den Acrogynae mehr Arten als alle thallosen Lebermoose zusammen. Die einzige Gattung Plagiochüa enthält nach Stephanis Aufzählung mehr als 700 Arten. Es wurde kein Versuch gemacht, die Verbreitung dieser foliosen Formen zu studieren. Unter den thallosen Jungermanniales (Anacrogynae) gibt es eine Anzahl Arten, die bis jetzt nur von wenigen Orten verzeichnet sind, und die den Verfasser besonders interessieren. Mehrere Gattungen, besonders die Metzgeria und Aneura enthalten zahl- reiche Arten, von denen einige eine sehr große Verbreitung haben. Die Aneura ist besonders zahlreich in den Tropen und einige der Arten haben sehr auffallende und sch(3ne Pflanzen. Die A. maxima ist vielleicht die größte der Gattung. Der dicke, fleischige Thallus hat zuweilen eine Breite von 15 mm. Diese Art ist in den Gebirgswäldern von Java gewöhnlich, und Schiffner erklärt, daß er sie auch im westlichen Sumatra gesammelt hat. In den Taiping- Hügeln, in den malaiischen Staaten und auch in Bandar Bahroe, in Delhi, Sumatra fand ich Pflanzen, die mir zu derselben Art zu gehören scheinen. An dem zuletzt genannten Ort entdeckte ich eine sehr große Art, die von Stephani A. gigantea genannt wird. Die Gattung Padomitrium, die zuweilen zu der Gattung Hy- menophytum gerechnet wird, die aber wahrscheinlich der Typus einer neuen Gattung ist, enthält 2 Arten, die P. phyllanthiis von Neuseeland, Australien und Tasmanien und die P. Malaccense Steph., die nach Stephani aus Siugapore, aber auch aus Neu- Caledonien bekannt ist. Ich fand diese Pflanze außerordentlich zahlreich auf mehreren Stationen in Sarawak, und sammelte sie gleichfalls an einer Stelle in Luzon. Sie sieht der Pallavicinia so sehr ähnlich, daß man vermutete, sie gehöre zu dieser Gattung, bis man die Fruchtpflanzen gesehen hatte. Sie war dann sogleich erkennbar an der Stellung der Fortpflanzungsorgane, die auf ventralen Zweigen getragen werden, ganz ähnlich wie bei Metzgeria. Die Pallavicinia (Blyttia) ist eine charakteristische Gattung der Tropen, und eine Menge Arten kommen in der malaiischen Region vor. Einige Arten, z. B. P. indic2i Schiff, sind weit ver- breitet, während andere eine viel lokalere Verbreitung haben. Die Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 24 370 Douglas Houghton Campbell, Abteilung Mitienia, die man vielleicht besser von der Pallavicinia trennt, hat ungefähr ein halbes Dutzend Arten, die, ähnlich den Blättern eines kleinen Farnkrauts, durch wiederholte Gabelung der aufrecht stehenden Schößlinge charakterisiert sind. Von diesen Typen ist vielleicht die P. Zollingeri aus dem Gebirgslaud von Java und Sumatra die bekannteste. Diese Pflanze wächst sehr üppig unweit der Höhen des Pangerango, auf Mt. Gedeh, wo sie von dem .Verfasser im Jahre 1906 gesammelt wurde. In den Philippinen wurde augenscheinlich dieselbe Pflanze an zwei Orten gefunden, auf Mt. Banajao auf einer Höhe von ungefähr 2000 m und in der Bergprovinz von Luzon. Die Exemplare von den Philippinen waren etwas kleiner als die in Java gesammelten, sonst aber erscheinen sie nicht verschieden von diesen. P. Levieri ist eine nicht ungewöhnliche Art in Java und Sumatra und ist auch verzeichnet von Tahiti und Hawai. Man wird sie wahrscheinlich auf dem malaiischen Arcliipel weit ver- breitet finden, doch ist sie nicht so leicht erkennbar wie einige der anderen Arten. Bei weitem die auffallendste Art von Pallavicinia ist die P. radiculosa. Sie ist nicht nur die größte Art der Gattung, sondern wächst auch in großen Mengen, so daß sie sehr leicht ins Auge fällt. Schiffner gibt für sie nur eine Stelle an in Java, in der Nähe einiger heißer Quellen — Ayer Panas — auf den Abhängen des Pangerango, in einer Höhe von 2140 m. Ich sam- melte diese Pflanze an diesem Ort in dem Jahre 1906 und 1913, fand aber auch eine große Menge derselben Art unter ähn- lichen Bedingungen wachsend, doch beinah auf dem Niveau des Meeresspiegels bei Taiping, in den malaiischen Staaten. Der Höhen- unterschied kann vielleicht dadurch erklärt werden, daß die heißen Quellen auf dem Pangerango die niedere Temperatur der Atmo- sphäre auf jener Höhe ausglichen. Die Pflanze ist auch von Borneo und Tenasserim in der Bucht von Bengalen verzeichnet. Die Gattung Symphyogyna ist für die malaiische Region weder von Schiffuer noch von Stephani verzeichnet. Der Verfasser hat in Java auf dem Gunung Goentoer, bei Garget, in einer Ritze z\\dschen Lavablöcken dieses Vulkankegels ein Lebermoos gesammelt, von dem man damals annahm, daß es eine Pallavicinia, wahrschein- lich eine P. Levieri sei. Eine neuere Untersuchung dieses Materials zeigt jedoch, daß es eine Symphyogyna ist, ob es aber eine be- schriebene Art ist oder nicbt, ist noch nif^ht festgestellt. Die Verbreitung gewisser Lebermoose der malaiischen Region. 371 Über die Verwandtschaft der Gattung Calycularia bestehen noch einige Zweifel. Die Art C. radiculosa Steph. ist zuerst aus Tjibodas, in Java, beschrieben. Diese Pflanze ist der Pellia nahe gestellt worden, sie steht aber der MörTcia viel näher, mit der sie nach Schiffner vereinigt werden sollte. Während Schiffner ihr nur Java als Wohnort zuschreibt, erklärt Steph ani, daß sie auch in Borneo und Samoa vorkomme. Ich fand sie in den malaiischen Staaten (Selangor) auf einer Höhe von ungefähr 4000 Fuß und gleichfalls auf den Taiping- Hügeln auf ungefähr gleicher Höhe. In Bandar Bahroe, in Sumatra, kommt sie ebenfalls vor, oder mög- licherweise eine andere verwandte Art, da die Exemplare etwas größer und stärker verzweigt waren als die von Java. Sie wurde auch auf den Philippinen gesammelt. Eine andere, viel größere, doch bis jetzt noch nicht bestimmte Art, wahrscheinlich auch eine Calycularia, fand sich sehr zahlreich in einer Höhe von ungefähr 2500 m in der Bergprovinz von Luzon. Die Gattung Makinoa ist nur durch eine einzige japanische Art, M. crispata, bekannt. Während der Verfasser auf den Philippinen war, fand er auf Mt. Banajao eine große Menge Exemplare, die anscheinend zu MaJcinoa gehörten. Sie wurden zur Feststellung an Stephani gesandt, welcher erklärte, daß es eine neue Art von Symphyogyna sei. Diese neue Art unterscheidet sich jedoch von Symphyogyna in der Struktur des Thallus, indem sie kein Leit- gewebe in der Mittelrippe hat. Keine Sporenkapseln wurden ent- deckt, aber sowohl die männlichen wie die weiblichen Pflanzen hatten Ähnlichkeit mit den Abbildungen von Makinoa bei Miyake. Eine ähnliche, vielleicht identische Form wurde in der Bergprovinz von Luzon in der Höhe von ungefähr 2000 m gefunden. Eins der merkwürdigsten Lebermoose ist die Treubia insignis, die zuerst von Goebel in Tjibodas, in Java, gesammelt wurde. Diese prächtige Pflanze wurde später in Sumatra gefunden, und dieselbe oder eine nahe verwandte Art wurde von Goebel in Neu- seeland entdeckt. Sie ist auch aus Tahiti und Samoa bekannt. Ich sammelte einige Exemplare auf Mt. Banajao in Luzon, aber die Exemplare waren nicht fruchttragend. Sie waren etwas kleiner als meine javanischen Exemplare, waren ihnen aber sonst ganz ähnlich. Ein anderes, sehr schönes und charakteristisches Lebermoos ist die Colobryum Blumii, die an gewissen Orten bei Tjibodas wie auch an anderen naheliegenden Stellen nicht ungewöhnlich ist. 24* 372 Douglas Houghton Campbell, Schiffner fand sie im westlichen Sumatra, sie wurde auch in Neu-Guinea gesammelt. Unter den Inseln des malaiischen Archipels ist Java am reichsten au Zahl und Mannigfaltigkeit der beschriebenen Arten der Leber- moose. Das gilt besonders vom westlichen Teil der Insel. Die Umgegend von Tjibodas, auf Mt. Gedeh, steht bisher an Reichtum der Lebermoos-Flora unübertroffen da. Sumatra hat, wie zu erwarten ist, viel mit Java gemein; viel- leicht mrd es, wenn es einmal gründlich erforscht ist, eine gleiche Fülle von Lebermoosen aufweisen. Borneo, wenigstens die Teile von Sarawak, die der Verfasser besucht hat, ist, verglichen mit Java, Sumatra und den Philippinen, merklich ärmer an Lebermoosen, Die Philippinen haben viel ge- mein mit Java und Sumatra und besitzen manche derselben Tj^pen. Unter den von dem Verfasser besuchten Regionen waren die malaiischen Bundesstaaten die ärmsten ; die Erd-Lebermoose waren hier äußerst gering an Zahl. Sogar in den Taiping-Hügeln. wo doch die Bedingungen für ein üppiges Wachstum dieser Pflanzen günstig zu sein scheinen, zeigten sie sich viel weniger zahlreich und mannigfaltig als auf den größeren Inseln des malaiischen Archipels. Bei dem Versuch, eine Erklärung zu finden für diese Spärlich- keit in den malaiischen Staaten, erwies sich der Charakter des Bodens als der wahrscheinlichste Grund. Die Gegend besteht großen- teils aus Granit, und der verwitterte Granit bildet einen Boden, der diesen Pflanzen nicht günstig zu sein scheint. Miss L. S. Gibbs, die auf Mt. Kina-Balu, im britischen Nord-Borneo, Lebermoose ge- sammelt hat, berichtet über eine ähnliche Spärlichkeit dieser Pflanzen auf jenem Granitberg, Es sind die Regionen vulkanischen Ursprungs, die den Erd- Lebermoosen die günstigsten Lebensbedingungen zu bieten scheinen. Wie bereits bemerkt, ist die Nachbarschaft von Tjibodas, in Java, auf den Abhängen der großen vulkanischen Masse von Gedeh, er- staunlich reich an Lebermoosen, und in allen feuchteren Teilen dieser rein vulkanischen Insel sind viele Arten zahlreich vorhanden. Sumatra, das hauptsächlich vulkanischen Ursprungs ist, und Luzon auf den Philippinen, sind merklich fruchtbarer an Leber- moosen als das nicht vulkanische Borneo und die malaiische Halb- insel. Im Zusammenhang damit mag bemerkt werden, daß ver- schiedene andere Regionen, in denen die Erd-Lebermoose besonders Die Verbreitung gewisser Lebermoose der malaiischen Region. 373 reichlich auftreten, vulkanischen Ursprungs sind. Unter diesen mögen genannt werden: Japan, Hawai, Samoa und Neuseeland. Es bleibt noch zu untersuchen, ob dies mehr als ein bloßer Zufall ist: doch ist es wohl denkbar, daß in dem reichen vulka- nischen Boden gewisse Elemente vorhanden sind, die dem aus ver- witterten Granitfelsen bestehenden Boden abgehen, und die den Bedürfnissen der Lebermoose besonders entsprechen. Stanford University. April 1914. Anatomisch -physiologische Studien an den Blüten der Orchideengattungen Catasetum Rieh. und Cycnoches Lindl. Von Hermann Ritter von Guttenberg. Mit Tafel VI und VII und 6 Textfiguren. Gelegentlich meiner üntersuchung-en über den Bau der An- tennen bei einigen Catasetum- kvi^n^) hatte ich auch den anato- mischen Bau des Stipes von Catasetum callosum Lindl, an einigen Freihandschnitten studiert, darüber jedoch keine Angaben gemacht, da das mir zur Verfügung stehende Material zu knapp war, um in allen Punkten befriedigende Aufschlüsse zu gewähren. Die übrigen damals von mir untersuchten Arten hatten ihre PoUinarien bereits abgeschleudert, lebendes Material konnte ich mir überhaupt nicht beschaffen. Da aber schon eine oberflächliche Betrachtung der anatomischen Verhältnisse des Stipes erkennen ließ, daß hier recht ungewöhnliche Verhältnisse vorliegen^), trachtete ich in den letzten Jahren lebende Catasetum-WiüwzQYi zu erwerben, was mir durch das gütige Entgegenkommen der Herren Geheimräte Prof. Dr. G. Haberlandt und Prof. Dr. A. Engler auch gelang. Beiden Herren danke ich auch an dieser Stelle wärmstens für ihre Unter- stützung. Die Ausschleuderung der PoUinarien ist nicht auf die Gattung Catasetum lieschränkt, sondern findet sich auch bei den verwandten Gattungen Cycnoches und Mormodes. Von letzterer konnte ich 1) Guttenberg, H. von, tJber den Bau der Antennen bei einigen Catasetum- Arten. Sitzungsber. d. Kais. Akad. d. Wiss. in Wien, Mathem.-naturw. Klasse, Bd. CXVII, Abt. I, März 1908. 2) Auch Jost hat in seinen Vorlesungen über Pflanzenphysiologie (zuerst in der 1. Aufl., S. 528) darauf aufmerksam gemacht. Anatomiscli-physiologische Studien an den Blüten der Orcliideeugattungen usw. 375 bisher lebendes Blütenmaterial nicht bekommen, wohl aber konnte ich Blütenstände von Cycnoches maculatum Lindl. durch mehrere Jahre beobachten. Ergänzende Studien wurden ferner an Cycnoches stelliferimi Lodd. und Cycnoches chlorochüon Lindl. angestellt. Von Catasetum stand mir reichliches Blütenmaterial des Catasetum fimbriatum Lindl. zur Verfügung-. Überdies konnte ich einen Blüten- stand von Catasetum Trulla Lindl., zwei von Catasetum purum Nees et Sinn, und einen von Catasetum luridum Lindl. untersuchen. Es galt zunächst den anatomischen Bau des Stipes genau zu studieren, zu welchem Zwecke Freihand- und Mikrotomschnitte in der Längs- und Querrichtung dieses Organs angefertigt wurden. Dann trachtete ich auf Grund des anatomischen Baues und mit Hilfe verschiedener Experimente den Ursachen der elastischen Spannung im Stipes und der bei der Reizung eintretenden Schleuder- bewegung nachzugehen. Einen weiteren Gegenstand der Unter- suchung bildete der bisher noch unbekannte feinere Bau der Kleb- scheibe und die Natur des ausgeschiedenen Klebestoffes. Selbst- verständlich versäumte ich es auch nicht, weitere Beobachtungen über die Art der Reizbarkeit dieser Pflanzen anzustellen und schließlich bedurfte noch das die Insekten anlockende Futtergewebe bei der Gattung Cycnoches einer Untersuchung. Die Resultate dieser Studien, die ich noch fortzusetzen gedenke, soUen im folgen- den beschrieben werden. A. Anatomischer Teil. 1 . Catasetum. Bevor ich auf die anatomischen Verhältnisse näher eingehe, will ich den Blütenbau von Catasetum fimbriatum Lindl. in Kürze schildern. Die allgemeinen Bauverhältnisse der männlichen Cata- setum-Blüte sind seit den grundlegenden Untersuchungen Darwins^) ziemlich allgemein bekannt. Die Blüten von C. fimbriatum ähneln im ganzen der von Darwin als „Myanthus barbatus" beschriebenen Form, die nach den Untersuchungen Rolf es ^) mit der männlichen 1) Darwin, Ch., Die verschiedenen Einrichtungen, durch welche Orchideen von Insekten befruchtet werden. Übers, von J. V. Carus, 2. Aufl., Stuttgart 1877, Kap. 7. 2) Kolfe, R. A., On the Sexual Forms of Catasetum with special reference to the Researches of Darwin and others. Journal of the Linnean Society, Botany Vol. XXVII, 1891, p. 206—225, Plate VIII. 376 Hermann Ritter von Guttenberg, Blüte von Catasetum harhatum Lindl. identisch ist. Die paarigen Fetalen und das vor ihnen liegende Sepalum sind in der geöffneten Blüte steil aufgerichtet, von grünlicher Grundfarbe und mit schwarz- purpurnen Punkten reichlich bedeckt. Die senkrecht nach abwärts stehenden restlichen Kelchblätter sind von ähnlicher Form und gleicher Färbung. Die Lippe ist wesent- lich breiter als die von C. harhatum, bildet eine tiefe Grube und trägt davor einen Höcker. Der seitlich aufgerichtete, vorne herabge- schlagene Rand ist in lauge, schmale Fran- sen aufgelöst. Der mittlere Teil des Label- lums ist gelblichgrün bis orangegelb, die Ränder sind heller gefärbt, manchmal fast weiß. Am Grunde der Lippe treten schwarz- rote Flecken auf. Die gleichfalls rot punk- 'S tierte Säule trägt zwei lange symmetrische Antennen^) und ist zu einer langen Spitze ausgezogen, von welcher die Anthere mit einem schnabelartigen Fortsatz (dem Kon- nektiv?) herabhängt. Die Anthere enthält in ihren zwei Fächern je ein Pollinium und bildet über dem Stipes einen dachartigen Yorsprung. Die Pollinien sind mit je einem kurzen, sehr elastischen Band mit dem obe- ren Ende des Stipes verbunden, der aus den äußersten Scliichten des Rostellums besteht und sich bei der Blütenreife von diesem ab- löst. Der Stipes ist um das Rostellum so gebogen, daß die an seinem Ende befindliche Klebscheibe gegen die Rückenwaud der Narbenhöhle gewendet ist. Der rückwärtige Teil der Klebscheibe bleibt zunächst mit dem Rostellum verwachsen. Gute Abbildungen der ganzen Blüte, darunter auch eine farbige, Fig. 1. Catasetum fimbriattini Lindl. Längsschnitt durch die Säule einer blühreifen Knospe. Der Schnitt ist in der Nähe der Medianebene so geführt, daß ein Pollinium, seitlich ge- troffen, eben noch zu sehen ist. a = Anthere, p = Pol- linium, r = Eostellum, s = Stipes, k ^= Klebscheibe, n = Narbenhöhle, L == Labellum, S ^= Sepalum, beide abgeschnitten. Im Ro- stellum gibt die punktierte Linie die Trennungslinie zwi- schen Stipes und Klebscheibe einerseits und Rostellum an- dererseits an. Die gestri- chelte Linie trennt die Basis der Klebscheibe von der eigentlichen Klebmasse. .Vergr. 2,5. 1) Vgl. Haberlandt, G., Sinnesorgane im Pflan- zenreich zur Perzeption mechanischer Reize. 2. Aufl., Leipzig 1906, S. 63 ff. und Guttenberg, H. v., a. a. 0., S. 9—12, Taf. I, Fig. 5. Anatomisch-physiologische Studien an den Blüten der Orchideenfjattungen usw. 377 hat Forsch^) gegeben. Nebenstehend ist ein vergrößerter Längs- schnitt durch die Säule zur leichteren Orientierung beigefügt (Text- fig. 1). Eine leise Berührung der Antennen hat bekanntlich das Aus- schleudern des Stipes samt Klebscheibe und Pollinien zur Folge. Der früher um das Rostellum gebogene Stipes streckt sich dabei gerade, die Klebscheibe wird vorgeschleudert und bleibt am Rücken des die Blüte besuchenden Insektes haften, so daß dieses jetzt das ganze Pollinarium trägt. Beim Besuche einer weiblichen Blüte (diese wurde früher wegen ihres sehr abweichenden Aussehens als eigene Gattung „Monachanthiis" beschrieben) können die Pollinien in der klebrigen Narbenhöhle festhaften und von ihren Stielchen abreißen, worauf die Befruchtung eintreten kann. Auf Einzelheiten des Schleudermechanismus will ich hier noch nicht eingehen und nur vorausschicken, daß nach den bisherigen Untersuchungen zwischen einer im Stipes vorhandenen elastischen Spannung und einem Reizvorgang zu unterscheiden ist, welch letzterer durch die Berührung der Antennen hervorgerufen und in diesen bis zum Rostellum geleitet wird. Hier löst er dann — nach Darwin durch Auflösung der letzten Verbindungen zwischen Klebscheibe und Rostellum — den Bewegungsvorgang aus. Die Längsschnitte durch den Stipes wurden zum Teil an ab- geschleuderten Pollinarien angefertigt, es wurden aber auch Mkro- tomschnitte durch ganze Säulen hergestellt, welche Knospen ent- nommen waren, die knapp vor dem Aufblühen standen. Ist die Blüte einmal geöffnet, so ist es unmöglich. Schnitte durch das Rostellum anzufertigen, ohne daß der Stipes abspringt. Dieser Vorgang tritt nämlich, wie wir noch hören werden, auch dann ein, wenn man versucht eine offene Blüte zu fixieren. Die Mkrotom- schnitte wurden in der üblichen Weise in der Dicke von 10 und 15 jM hergestellt und zwar aus Material, das nach der Fixierung in Alkohol oder Chromessigsäure über Xylol in Paraffin eingebettet worden war. Zur Färbung diente das Flemmingsche Dreifarben- verfahren, mit welchem gute Resultate erzielt wurden. l) Porsch, 0., Die deszendenztheoretische Bedeutung sprunghafter Blüten- variationen und korrelativer Abänderungen f. d. Orchideenflora Südbrasiliens. Zeitschr. f. induktive Abstamm.- und Vererbungslehre, I, 1908/9, S. 223, Fig. 26. — Derselbe, Orchidaceae in Ergeb. d. botan. Expedition d. Kais. Akad. d. Wiss. nach Südbrasilien. Denkschriften d. Kai.<. Akad. d. Wiss., Bd. 79 1, Wien 1908, Taf. XIV, Fig. 11. 378 Hermann Eitter von Guttenberg, Wir wollen an den Längsschnitten zuerst ausschließlich den Bau des Stipes betrachten. Vor allem fällt an diesem die Form der nach außen gerichteten Epidermiszellen auf (Taf. VI, Fig. 1). Diese sind von ansehnlicher Größe und bestehen aus einem oberen fast quadratischen Teil und einem schlauchförmigen Fortsatz, der sich seitlich unter die benachbarten Zellen scliiebt. Diese Fort- sätze sind mit ihren Enden gegen die Säulenbasis gekehrt. Die Zellen werden von einer mächtigen Kutikula bedeckt, an welche sich stellenweise, besonders an den Zellgrenzen dicke kutinisierte Höcker anschließen, welche wohl einen festeren Verband mit den darunter liegenden Schichten bewirken. Die kutinisierten Membran- teile färben sich mit Sudan HI intensiv rot, werden durch Chlor- zinkjod gebräunt und sind in konzentrierter Schwefelsäure unlöslich. Interessant ist, daß sie sich an ]yiikrotomschnitten stellenweise los- lösen und nach außen einrollen. An der übrigen Membran können wir drei Schichten unterscheiden und zwar eine dicke auf die Kutikula folgende Lamelle, welche sich in die Radialwände fort- setzt, eine stark Lichtbrechende, das Lumen umkleidende Schicht und eine dritte Lamelle, welche zwischen den beiden genannten in der Außenwand zu unterscheiden ist und eine feine Streifung erkennen läßt. Der Inhalt der Zellen besteht aus einem kräftig entwickelten Protoplasten, der mehrere Vakuolen einschließt und einen großen Zellkern sowie zahlreiche Fetttröpfchen enthält. Über die chemische Beschaffenheit der Membran geben folgende mikrochemische Reaktionen Aufschluß. Chlorzinkjod färbt nur die Innenlamelle deutlich blau, die Zwischeulamelle nimmt einen grauen Ton an, die Außenlamelle und ihre Fortsetzungen in den Radial- wäuden bleiben weiß. Als bestes Färbungsmittel für diese Lamelle wurde Methj'lenblau erkannt, welches in dunkler Lösung angewandt, diese Membranpartien fast schwarz färbt. Dieselben Schichten werden bei längerem Liegen in wässeriger Rutheniumrotlösung rosa gefärbt: Kongorot dagegen tingiert nur die luuenlamelle. Andere Farbmittel geben weniger distinkte Färbungen. In kalter konzen- trierter Salzsäure lösen sich die Außenscliichten und die Mittel- lamellen der Seitenwände langsam auf; beim Erwärmen tritt die Lösung sofort ein und führt zur gänzlichen Isolierung dieser Zellen. Aus den angeführten Reaktionen läßt sich entnehmen, daß nur die Innenlamelle aus reiner Zellulose besteht. Dagegen geben die Außenscliichten ähnliche Reaktionen, wie sie für die Pektin- Anatomisch-physiologische Studien an den Blüten der Orchideensattunoen usw. 379 Stoffe beschrieben werden; sie sind also vielleicht diesen anzu- schließen. Auf die beschriebenen Epidermiszellen folgen — meist in fünf Lag-en — Elemente, die in der Längsrichtung- des Stipes gestreckt, dabei aber meist etwas wellig verbogen sind (Taf. VI, Fig. 1). Im Gegensatz zu den Epidermiszellen, an welchen ich niemals Tüpfel auffinden konnte, sind diese Zellen sehr reich getüpfelt. Auch an ihnen lassen sich verschiedene Scliichten unterscheiden und zwar eine kräftige mittlere Lamelle und ein zartes, das Lumen um- kleidendes Häutchen. Letzteres verhält sich wie die Innenlamellen der Epidermiszellen und tritt besonders bei Chlorzinkjodbehandlung durch Blaufärbung hervor. Die mittleren Lamellen bestehen aus derselben Substanz wie die der Epidermiszellen; sie geben die- selben Farbreaktionen und lösen sich gleichfalls in warmer kon- zentrierter Salzsäure sofort auf. An diese langgestreckten Zellen schließt sich jene Schichte des Rostellums an, welche als Trennungsgewebe fungiert und in der geöffneten Blüte bereits fast vollständig aufgelöst ist. Es handelt sich um plasmareiche, etwa isodiametrische Zellen, deren Wände einem Auflösungsprozeß unterliegen. Die Membranen sind zuni'Teil in den Mittellamellen voneinander getrennt, vielfach auch zerrissen und machen keinen homogenen Eindruck mehr, sondern erscheinen als feinste, aus kleinen Körnchen zusammengesetzte Fäden. Diese färben sich mit Chlorzinkjod braun und sind in Salzsäure löslich. In dem beschriebenen Auflösungszustand befinden sich etwa drei Zellagen, dann schließen sich weitere Zellen mit gleichfalls sehr zarten Wänden an, welche sich aber in Chlorziuk- jod bläuen. Diese Zellen gehören nicht mehr zum Stipes, sondern verbleiben nach dessen Abschleuderung am Rostellum, wo sie bald zugrunde gehen, sich bräunlich verfärben und jene verschrumpfte braune Masse bilden, die am Rostellum von Catasetum -Bliiten, welche ihre Pollinarien ausgeschleudert haben, stets zu sehen ist. Die tieferen Schichten des Rostellums bestehen aus derbwandigeren großen Parenchymzellen, die durch ein Gefäßbündel unterbrochen werden, w^elches in der Rückenwand der Säule aufsteigt, sich im Bogen über die Narbenhöhle wendet und dann im Rostellum bis zur Klebscheide verläuft. Zu erwähnen wäre noch, daß die Richtung der Enden der Epidermiszellen im oberen Ende des Stipes wechselt. Der Stipes ist — yne auch aus der Längsschnittfigur durch die Säule ent- 380 Hermann Ritter von Guttenberfc, nommen werden kann — unter dem dachartig'en Vorsprung der Anthere hakenförmig gebogen. Die früher beschriebene Epidermis überzieht auch diesen Teü, dabei stellen sich die schlauchförmigen Verlängerungen der Zellen nach uud nach senkrecht zur Ober- fläche, um nach dem Überschreiten der höchsten Spitze des Stipes allmählich wieder schräg zu werden, jedoch nach der entgegen- gesetzten Richtung wie früher. Auch die seitlichen Ränder des Rostellums sind von derartigen Epidermiszellen umkleidet. Am unteren Ende des Stipes, also dort, wo er an die Kleb- scheide grenzt, befindet sich ein schon von Darwin beschriebenes Gelenk, welches es ermöglicht, „daß der Stiel rückwärts und vor- wärts spielen kann, soweit es das nach oben gewendete Ende der Scheibe gestattet" (Darwin, a. a. 0., S. 157). Nach den Beob- achtungen Crügers^) an Catasetum tridentatum und dem zu- gehörigen weiblichen „Monachanthns viridis^^ liegt infolgedessen „wenn die Hummel umhergeht die Pollenmasse platt auf dem Rücken und den Flügeln : wenn das Insekt aber in eine weib- liche Blüte eintiitt, an der das Labellum immer nach oben gekehrt ist, fällt das Polliniuni .... durch sein eigenes Gewicht zurück und liegt an der Vorderfläche des Säulchens. Wenn das Insekt rückwärts aus der Blüte herausgeht, so werden die Pollinien vom oberen Rande der Narbenhöhle gefangen, welcher ein wenig von der Fläche des Säulchens vorspringt." Die anatomische Untersuchung der Gelenkstelle lehrte, daß hier die eigenartigen Epidermiszellen des Stipes fehlen. Dafür treten kleine, etwas nach außen vorgewölbte Zellen auf, deren Wände kräftig, aber doch viel dünner wie die der früher be- schriebenen Zellen sind. Die Außeuwanddicke vor allem beträgt nur etwa V5 von der der abgebildeten Epidermiszellen. An die äußerste Zellage schließen sich etwas gestreckte Zellen an, die gleichfalls wesentlich kleiner und zartwandiger sind als die entsprechenden Zellen des oberen Stipesteiles. Im ganzen beträgt die Dicke des Gelenkes etwa V3 der des übrigen Stipes. Die Ge- lenkstelle ist sehr kurz und scharf von der Klebscheibe und dem oberen Teile des Stipes geschieden. Sie kann, abgesehen von den erwähnten Dickenuuterschieden, auch deshalb gut funktionieren, weil an ihr die seitliche Einrollung des Stipes aufhört. 1) Crüger, H., A few Notes on the Feeundation of Orchids and their Morpho- logy. Journal of the Proceedings of the Linnean Society, Botany, Vol. VII, 1864, p. 127 to 135, Plate IX. Zitiert nach Darwin, a. a. 0., S. 176. Anatomisch-physiologische Studien an den Blüten der Orchideengattuugen usw. 381 All Querschnitten durch Säulen, welche ihren Stipes noch be- sitzen, erkennt man, daß dieser das Rostellum auch zu beiden Seiten umfaßt. Diese seitlichen Partien sind es, welche beim Ab- spring-en des Stipes sich so stark einkrümmen, daß sie an der Stelle, wo sie am breitesten sind, sich fast oder ,ganz berühren. Die Epidermiszellen erscheinen am Querschnitt ziemlich schmal und bilden liier ein palisadenartiges Gewebe (Taf. Yl, Fig. 2). Die schlauchförmigen Enden haben kreisrunden Querschnitt und lassen jetzt ihre Zusammengehörigkeit mit den Epidermiszellen nicht er- kennen. Auch die Querschnitte der folgenden Zellagen nähern sich der Kreisform. Überall ist das aus Zellulose bestehende Innen- häutchen leicht zu erkennen. Ein Oberflächenschnitt zeigt die in der Längsrichtung des Stipes gestreckten, mit geraden, sehr dicken Wänden aneinander grenzenden Epidermiszellen. Stellenweise treten längsverlaufende Furchen auf, die durch Einsenkung einer Reihe von Epidermis- zellen zustande kommeu. Wird ein Oberflächenschnitt von der Innenseite betrachtet, so lassen sich die schlauchförmigen Verlänge- rungen der Epidermiszellen gut beobachten. Der Stipes ist in bltihreifen Knospen meist schon mehr oder weniger vom Rostellum abgelöst. Die Lösung beginnt an der Ansatzstelle der Klebscheibe und reicht oft hoch hinauf; doch ist das obere Ende des Stipes mit dem Rostellum stets noch verwachsen. Die letzte Verbindung bildet ein meristemartiges Gewebe, welches am tiefsten Punkte der unter der Anthere liegenden Grube auftritt und hier an die Ge- webe des Stipes anschließt. Ebenso sind die seitlichen Ränder des Stipes bis zur Abschleuderung mit einem jugendlichen, gänzlich undifferenzierten Gewebe mit den Seiten des Rostellums verbunden. Auch die äußerste Zellage nimmt nicht den Charakter einer Epi- dermis an, sondern bleibt ganz zartwandig. Die sich loslösenden Teile des Stipes zeigen ein starkes Verlängerungsbestreben, welches sich in einer deutlichen Vorwölbung äußert. An das früher beschriebene Gelenk schließt sich die große Klebscheibe an. In jüngeren Knospen ist diese rückwärts noch ganz mit dem Rostellum verwachsen. Später tritt Auflösung einiger Zellagen in der in Textfig. 1 punktierten Linie ein. In Knospen, die knapp vor dem Aufblühen standen, fand ich die Klebscheibe nur mehr am oberen und an den seitlichen Rändern mit wenigen ZeUreihen mit dem Rostellum verbunden. Der ganze mittlere Teil der Scheibe war bereits völlig losgelöst. Die sich lösenden Zellen 382 Hermann Kitter von Guttenberg, bilden die Fortsetzung des Trennungsgewebes, welches am Stipes entlang läuft. Sie haben ebenfalls sehr zarte Wände, lassen liier aber deutlich erkennen, daß sie von einer Zellreihe abstammen, deren Elemente sich mehrfach tangential geteilt haben (Taf. VI, Fig. 3). Es handelt sich um lebende Zellen mit ziemlich kräftig entwickelten Protoplasten. Die in der blühreifen Knospe noch nicht aufgelösten Zellen an den Rändern der Klebscheibe sind etwas derbwandiger und noch ungeteilt. Sie bilden ein ziemlich festgefügtes, von wenigen Interzellularen durchsetztes Gewebe. An der Klebscheibe lassen sich schon makroskopisch zwei Teile unterscheiden: ein fester Sockel, der an die Trennungsschicht und an das Gelenk des Stipes grenzt, und eine breiige Masse, welche als Klebstoff dient. Nach der Ausschleuderung erstarrt diese Sub- stanz an der Luft sehr rasch und verfärbt sich bräunlich; in Wasser dagegen quillt sie auf und bleibt weich. Die Masse ist außer- ordentlich klebrig und haftet nach dem Erstarren sehr fest an der Unterlage. Es sei hier zunächst der Aufbau des Sockels beschrieben. An frischem Material sieht man, daß er aus ziemlich gleichartigen, außerordentlich reich getü])felten Zellen besteht (Taf. Yl, Fig. 3, 4), welche von einer fast homogenen, stark lichtbrechenden Substanz erfüllt sind. Diese verschwindet in absolutem Alkohol und be- sonders in Xylol ziemlich rasch und ist daher in den Mikrotom- schnitten nicht mehr vorhanden. Dafür erkennt man an diesen einen zarten Protoplasten und den Zellkern in jeder Zelle. Der stark lichtbrechende Inhalt färbt sich mit Sudan III und Alkanna- tiuktur intensiv, wird in Jodlösungen braun und ist wohl mit dem noch zu beschreibenden Stoff, der sich in der Klebmasse befindet, identisch. Die Zell wand erhält in Chlorzinkjod sofort eine schwarz- violette Färbung, besteht also aus Zellulose. Die Dicke des Sockels beträgt etwa 10 — 12 Zellagen, auf welche unvermittelt die Klebmasse folgt. Überträgt man von dieser Stückchen auf den Objektträger in Wasser und sorgt man durch einen leichten Druck auf das Deckglas dafür, daß sie nur eine dünne Schicht bildet, so erkennt man bei mikroskopischer Betrach- tung eine Menge dunkler Klümpchen, welche von vielen glänzenden Kügelchen durchsetzt und in einer farblosen, durchscheinenden Grundsubstanz eingebettet sind. Gelegentlich findet man auch Stellen, wo der Auflösungsprozeß noch nicht so weit fortgeschritten ist und man erkennt nun, daß die schaumigen Massen dem Zell- Anatomisch-pliysioloirisclie Studien an den Blüten der Orchideenjirattungen usw. 383 Inhalt entsprechen untl die durchscheinende Grundsuhstanz aus gequollenen Wänden besteht, deren Mittellamellen manchmal noch erhalten sind (Taf. VI, Fig-. 5). Auch Zellkerne kann man erkennen, die weiß und gänzlich strukturlos erscheinen. Ich versuchte zunächst über die chemische Natur des Zell- inhalts näheres zu erfahren und stellte zu diesem Zwecke folgende mikrochemische Reaktionen an. Kalter, absoluter Alkohol löst die Masse nur wenig, warmer Alkohol wesentlich rascher. In Chloro- form lösen sich die Kügelchen sofort, wobei sie zunächst zu großen, schaumigen Klumpen sich vereinigen, dann in kleine Tröpfchen zerfallen, die schließlich zerfließen. Weniger rasch erfolgt die Lösung in Xylol und Benzol. Konzentrierte Salzsäure löst lang- sam, viel rascher 10 "/o Kahlauge. In dieser sowie in Eau de Javelle, das etwas schwächer wirkt, werden die Massen erst gelb gefärbt. Sudan III und Alkannalösung färben lebhaft rot, Jod- lösungen dunkelbraun. Nach den beschriebenen Reaktionen handelt es sich wohl um einen harzartigen Körper, möglicherweise auch um Kautschuk, für welchen es eine eindeutige mikrochemische Reaktion bekanntlich bisher nicht gibt. Die für Harze charak- teristische Unverdorben-Franchimontsche Reaktion, nämlich Grünfärbung nach längerem Liegen in konzentrierter, wässeriger Kupferazetatlösung, gab kein klares Resultat. Es hatte sich nämlich nach einmonatlichem Liegen in der Flüssigkeit die Kleb- masse wohl makroskopisch grün gefärbt, doch war es bei mikro- skopischer Betrachtung nicht möglich, eine Färbung der Inhalts- massen nachzuweisen. Wir wollen uns nunmehr den gequollenen Zellwändeu zuwenden. Diese färben sich in Chlorzinkjod gar nicht und quellen in diesem Reagens noch weiter auf: von Farbstoffen geben Kongorot und Eosin die besten Resultate. In wässerigen Lösungen dieser Sub- stanzen färben sich die gequollenen Wände rosa, in Methylenblau nehmen sie eine schwach bläuliche Färbung an, in den Mikrotom- schnitten sind sie durch Orange gefärbt. Keinerlei Erfolg haben Kallose- Farbstoffe, wie AniHnblau und KoraUinsoda. Ein höchst eigenartiges Bild erhält man bei Zusatz von absolutem Alkohol. Die plötzliche Entwässerung hat ein momentanes Zusammen- schrumpfen der Wände zur Folge und man erkennt nun eine Menge kugeliger oder eiförmiger Körper, die zweifach oder dreifach zu- sammengesetzt sind und lebhaft glänzen. Die Kugeln liegen lose oder sind durch Fäden miteinander verbunden. Sie können durch oo^ Hermann Ritter von Uuttenberg, Wasser jederzeit wieder aufgequollen werden, quellen auch nach Vorbehandlung- mit absolutem Alkohol etwas in Xylol, Benzol und Chloroform. In Kalilauge sehwellen sie sehr stark an, ohne sich aber zu lösen. Erst die Betrachtung von Mikrotomschnitten durch Kleb- scheiben, welche Knospen entnommen waren, gab über die Natur dieser Körper Aufschluß. Man erkennt an diesen (Taf. VI, Fig. 4) entwässerten und in Kanadabalsam eingebetteten Schnitten noch vollkommen den zelligen Aufbau der Klebmasse und sieht, daß die Zellwände an genau gegenüberliegenden Stellen, ferner in den Zellecken halbkugelig aufquellen; so erklären sich die doppelt oder dreifach zusammengesetzten Kugeln. Diese hängen an den Schnitten noch überall zusammen, und zwar sind sie durch sehr feine Wand- partien miteinander verbunden, welche sich dann als Mittellamellen durch die Kugeln verfolgen lassen. Es gelingt jetzt auch, diese zarten Wände zu färben. Sie werden in Chlorzinkjod braun und färben sich gut mit Rutheniumrot, auch etwas mit Metlwlenblau. Diese Membraustücke bestehen also wohl aus leicht löslichen Pektin- stoffen und ermöglichen den Zerfall der Zellwände in einzelne Teile. Über die chemische Natur der Membrankugeln läßt sich Sicheres nicht aussagen. Jedenfalls wird man sie den verschleimten Pflanzen- membranen zuzurechnen haben und wenn wir uns an die Einteilung der Pflanzenschleime in Zellulose-, Pektin- und Kalloseschleime halten, so sind sie am ehesten den erstgenannten zuzuzählen. Gegen ihre Natur als Pektin- oder Kalloseschleime spricht vor allem die Tatsache, daß sie sich in den angeführten quellenden Reagentien niemals vollständig auflösen und ferner die charakte- ristischen Farl)enreaktionen nicht geben. Dagegen spricht die gute Färbbarkeit in Kongorot für Zelluloseschleim, ebenso das Ausbleiben der Färbung in Chlorzinkjod, welches allerdings manche Zellulose- schleime bläut, die andern Schleimarten aber braun färbt. Bemerkt sei noch, daß man an den harzfreien Mikrotomschnitten in den Zellen deutlich einen vakuolenreichen Protoplasten mit einem stark geschrumpften Zellkern erkennen kann. Betrachten wir jetzt die chemische Natur der Klebmasse im Zusammenhange mit der Aufgabe, welche diese zu erfüllen hat, so müssen wir sagen, daß die gebildeten Stoffe in hohem Maße ge- eignet sind, als Klebstoffe zu dienen. Zweierlei klebrige Substanzen, ein harz- oder kautschukartiger Körper und eine Schleimmasse werden gebildet, die beide bei Austrocknung rasch erstarren und Anatomisch-physiologische Studien an den Blüten der Orchideengattungen usw. 385 dann das außerordentlich feste Ankleben der Scheibe bewirken. Die Aufgabe der Schleimkugeln liegt meines Erachtens besonders noch darin, daß sie die Harzmassen zunächst auseinanderhalten und so verhindern, daß diese zu einem festen Klumpen zusammen- schmelzen. Daraus erklärt sich auch die lockere Beschaffenheit der frischen Klebsubstanz, welche erst beim Eintrocknen sich zu einer festen Masse verbindet. Die Pollinien sind, wie schon erwähnt wurde, mit dem Stipes durch je ein elastisches Band verbunden. Diese Bänder sind gelb gefärbt und tütenförmig eingerollt, wobei die Spitze der Tüte der Anheftungsstelle am Stipes entspricht. Wie schon Darwin angibt, erfolgt die Verbindung der Pollinien mit dem Stipes erst in einem ziemlich vorgeschrittenen Knospenstadium. Nach meinen Beob- achtungen kommt die Anheftung folgendermaßen zustande. Die Pollinien sind derart eingerollt, daß sie eine lange, etwas ab- geplattete Röhre biklen, welche auf der der Säule zugewendeten Seite der Länge nach geschlitzt ist. Im Innern dieser Röhre be- findet sich in jugendliclien Knospen ein Gewebezylinder, welcher durch den Schlitz mit der Antherenwand, die in diesem Alter noch undifferenziert ist, in Verbindung steht: in blühreifen Knospen da- gegen ist dieses Gewebe verschwunden, der Raum im Innern der Pollinien ist leer. An Zwischenstadien konnte ich erkennen, daß der ursprünglich meristematische Gewebezylinder bald degeneriert, die Verbindung mit der Antherenwand ■v\ird aufgelöst und es bleibt schließlich nur eine Gewebemasse am basalen Ende des Polliniums übrig. Hier ragt diese Masse aus dem Ende des PoUiniumschlitzes hervor und kommt nun — wohl durch das Wachstum der einzelnen Teile — mit dem Stipes in Verbindung und klebt an diesem an. Die mikroskopische Untersuchung der fertigen Bänder lehrt, daß sie aus weißen, stark gequollenen Zellwänden bestehen, zwischen welchen der ZeUinhalt in Form einer stark lichtbrechenden Masse auftritt, welche dieselben Reaktionen wie der Zellinhalt der Kleb- scheibenzellen gibt und wohl mit diesem identisch ist. Die Klebrig- keit der Bänder dürfte auf den Zellinhalt, die Elastizität auf die Beschaffenheit der Zellwände zurückzuführen sein. Die Elastizität ist eine so hohe, daß die Bänder auf ein Mehrfaches ihrer Länge gedehnt werden können, ohne daß die Elastizitätsgrenze über- schritten wird. Im Anschluß an die anatomische Beschreibung des Pollinariums seien noch einige anatomische Einzelheiten anderer Teile der Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 25 386 Hermann Ritter von Guttenberg, Catasetum-Blüte erwähnt. Den Bau der Antennen von Catasetum fimhriatum habe ich in meiner früher zitierten Arbeit beschrieben, ebenso das im Labellum vorhandene Futtergewebe, welches Eiweiß und Stärke enthält. Außer dem schon erwähnten Gefäßbündel, welches in das Rostellum mündet, verläuft noch ein zweites Bündel in der Medianebene an der Rückenwand der Säule bis in deren Spitze. Hier wendet es sich in spitzem Winkel um und setzt sich nach abwärts in die Anthere fort. An der Stelle des Umbiegens liegen zahlreiche, große, speichertracheidenartige Zellen mit vielen langgestreckten Tüpfeln,* welche senkrecht zur Längsrichtung der Elemente verlaufen. Die Zellen enthalten einen zarten plasmatischen Wandbelag mit Zellkern. Die Wände der Antherenfächer sind innen mit 4 — 5 Schichten von Zellen ausgekleidet, welche sehr kräftige Verdickungsleisten besitzen. Die Anordnung derselben ist ähnlich der für Lilium bekannten. Die Zellen der Pollinien sind durch kräftige Wände voneinander getrennt. In jeder Zelle ist der vege- tative und der generative Kern, letzterer meist von einer hyalinen Plasmapartie umgeben, leicht zu erkennen. Die Wände der peri- pheren Zellen sind nach außen zu stark verdickt und fast ganz kutinisiert. Die einzelnen Tetraden sind hier häufig etwas von- einander getrennt (vgl. die entsprechende Figur für Cycnoches, Taf. VI, Fig. 6). Zum Schluß sei noch bemerkt, daß die zum Ver- gleiche untersuchten Arten: C. callosum Lindl., C. Trulla Lindl., C. purum Nees et Sin. und C. luridum Lindl. im Bau des ganzen Pollinariums im wesentlichen mit C. fimhriatum übereinstimmen. Die Antennen der beiden erstgenannten Arten habe ich schon an früherer Stelle beschrieben. Bei C. purum sind sie sehr lang, an- nähernd parallel und fast ganz vom Labellum eingeschlossen; nur ihre Spitzen ragen über dieses vor. Die Lippe ist durch starke Vorwölbung des vorderen Endes und der Seitenränder soweit ver- schlossen, daß größere Insekten nur von der Säule aus, also über die Antennen, in die Höhlung des Labellums gelangen, wobei sie mit ihrem Rücken die Antennenspitzen streifen müssen. Die An- tennen sind glatt und bestehen aus lebenden, langgestreckten Ele- menten ; sie sind also dem ersten von mir seinerzeit beschriebenen T}T)us anzureihen. Das Labellum ist außen grün, innen braun gefärbt und enthält in der papillösen inneren Epidermis und den darunterliegenden Schichten in großer Menge Öltröpfchen und feinste Stärkekörnchen als Futter für die Blütenbesucher. Das Labellum ragt zufolge Ausbleibens der Torsion des Fruchtknotens fast senk- Anatomisch-physiolofcische Studien an den Blüten der Orchideenpattungen usw. 387 recht nach aufwärts, die Säule liegt horizontal und die übrigen, dunkelgrünen Blätter der Blüte bilden einen nach abwärts ge- wendeten Helm. C. luridum zeigt ähnliche Verhältnisse, doch ist hier der Fruchtknoten gedreht. Die Lippe liegt horizontal, ist vorne etwas herabgeschlagen, ihre Seitenränder sind aufgebogen. Alle übrigen Blätter der Blüte bilden einen Helm, welcher der Lippe seitlich fest anliegt und sie oben verschließt, so daß ein Insekt nur vom Vordereude der Lippe aus durch eine niedrige Öffnung in das Innere der Blüte gelangt. Die Grundfarbe der Blüte ist gelbgrün. Auf der Innenseite der paarigen Fetalen und der Sepalen finden sich zahlreiche rotbraune Flecken. Die Lippe ist außen grün, innen dunkelgelb, am Eingang aber rotbraun ge- färbt. Im Innern treten zahlreiche, vorspringende grüne Längs- leisten auf, unter welchen Gefäßbündel verlaufen. Die Prüfung auf Futterstoffe ergab wieder das Vorhandensein zahlreicher Öl- tröpfchen, besonders in der Epidermis. Stärke fehlte hier, doch ließ Fehlingsche Lösung deutlich erkennen, daß die Zellen reich- lich Zucker enthalten. Die Epidermiszelleu der Innenseite treten stellenweise auseinander, so daß Lücken und Furchen entstehen, welche das Benagen durch die Insekten wesentlich erleichtern dürften. In den tieferen Schichten des Labellums treten große mit Schleim erfüllte Zellen auf, die manchmal kleine Raphiden- bündel enthalten. Die langen symmetrischen Antennen liegen der Lippe zum größten Teile auf. Sie sind rotl)raun gefärbt und ähnlich wie die von C. purum gebaut. Allen untersuchten Catasetum-kviQn ist gemeinsam, daß die ganze Narbenhöhle nicht von einer festen Epidermis begTenzt, sondern mit losen Zellen ausgekleidet ist. Dies kommt dadurch zustande, daß die ursprünglich vorhandene Epidermis nebst 4 — 6 Lagen darunterliegender langgestreckter Zellen einem Auflösungsprozesse unterliegt. Die Wände quellen erst stark auf, dann lösen sich die weißlichen mittleren Schichten, bis die Zellen völlig isoliert sind. Demselben Lösungsprozesse unterliegen die inneren Schichten der Antennen. Sämtliche von mir beobachteten Arten besitzen einen intensiven angenehmen Geruch, der sehr an den Geruch der Stanhopea- kview erinnert. Bemerken möchte ich schheßlich, daß bei C. fimhriatnm und ebenso bei Cycnoches macnlatum jene Blüten, die ihr Pollinarium ausgeschleudert haben, sehr rasch, manchmal schon nach einem Tage, zugrunde gehen, wogegen ungereizte Blüten bis zu zwei Wochen, vielleicht auch noch länger, unverändert bleiben. Das 25* 388 Hermann Ritter von Uuttenber"'. Absterben besteht in einem raschen Verwelken, die Blätter der Blüte werden schlaff und sind bald zu dünnen braunen Häuten zusammengeschrumpft. Durch das Abschleudern des Pollinariums werden allerdings epidermislose Stellen der Blüte bloßgelegt, doch sind diese viel zu klein, um allein das rasche Verwelken zu er- klären. Es liegt vielmehr zweifellos eine interessante Reizerschei- nung vor, die ein näheres Studium verdient. Der ökologische Vor- teil des Vorgangs liegt auf der Hand: durch das Absterben der pollenlosen Blüten wird bewirkt, daß die Insekten sich nicht mehr diesen, sondern nur den noch pollentragendeu Blüten des Blüten- standes zuwenden. 2. Cycnoches. Auch die Gattung Cycnoches entwickelt zweierlei " Blüten, männliche und wei})liche. Bei der Sektion Eucycnoch es ^) unter- scheiden sich beiderlei Blüten hauptsächlich durch den Bau der Säule ; bei der Sektion Hete- ranthae dagegen sind männ- liche und weibliche Blüten völlig verschieden. Das von Darwin untersuchte und abgebildete (Fig. 39, S.188) C.ventricosum^) gehört zur ersteren Sektion, die von mir am eingehendsten stu- dierte Spezies C. maculatum LindPj zur letzteren. Die männlichen Blüten von C. macu- latum (Textfig. 2) bilden eine lange herabhängende Ähre. Se- palen und Fetalen sind, abge- Fig. 2. Cycnoches maculatum Lindl. Männliche Blüte in natürlicher Größe. Das Pollinarium ist abgeschleudert (Original). 1) Vgl. Rolfe, R. A., A Revision of the Genus Cycnoches. The Orchid Review, Bd. XVII, 1909, p. 269 ff. 2j Das nach Darwin abgebildete C. ventricosum ist von dem in Engler-Prantl Nat. Pflanzenfamilien, Bd. II. Abt. 6, S. 160 abgebildeten und beschriebenen C.ventncosum Lindl. völlig verschieden, da dieses nach der Abbildung zur Sektion Heteranthae gehört. Auch sind in Abbildung und Text männliche und weibliche Blüte stets verwechselt. 3) Vgl. Rolfe, R. A., Cycnoches maculatum. The Orchid Review, Bd. XVII, 1909, p. 273, Fig. 21. Anatomisch-physiologisclie Studien an den Blüten der OrcludeenjiattunKen usw. 389 ECL sehen vom Labellum, von ziemlich gleichem Aussehen. In der offenen Blüte sind sie stark nach rückwärts geschlagen, schließ- lich eingerollt. Sie sind gelbgrün gefärbt und mit zahlreichen schwarzroten Punkten versehen. An dem aufrecht stehenden oder etwas zurückgeschlagenen Labellum können drei Teile unter- schieden werden. Auf einem grün gefärbten festen Sockel (dem Hypochil) sitzt ein bogig nach rückwärts gekrümmtes elastisches Gelenk (Mesochil), welches ein derberes blattartiges Endstück (Epichil) trägt (vgl. den Längsschnitt Textfig. 3). Dieses End- stück läuft in eine lanzettliche zurückgeschlagene Spitze aus und besitzt im unteren Teile eine Grube. Die Ränder des Labellums springen hier zu beiden Seiten vor und tragen je 5 — 6 etwa 3 — 5 mm lange Zipfel; ein weiterer springt über die Grube in der Mitte vor. Zwei ähnliche, aber etwa doppelt so starke Vorsprüuge stehen nebeneinander an der Basis der Grube. Der unterste Teil des Labellums ist, wie erwähnt, gTün gefärbt, die übrigen Teile sind erst schneeweiß und werden später elfenbeinfarben. Rote Flecken treten besonders auf der Rücken- seite und am Hypochil, sonst nur ver- einzelt auf. Fig. 3. Schematischer Längs- Gegenüber der Basis des Labellums schnitt durch das Laheiium von entspringt die eigenartige Säule. Diese Cycnoches macuiatum. ist ungewöhnlich lang, bogig gekrümmt und trotz ihrer schlanken Form ziem- Ea = blattartiger Teil, Eb = grubiger Teil des Epichils, M = Mesochil (Gelenk), H = Hypochil, lieh kräftig. Sie ist grün gefärbt und g = Säuie, st = Blütenstiel, schwarzrot punktiert. An ihrem freien Sm = das mediane Sepaium, alle Ende, das infolge der starken Krümmung dem Labellum zugekehrt ist, trägt sie die Anthere, welche mit einem feinen fadenförmigen Band, das wohl als Fila- ment anzusehen ist, mit dem Säulenende in Verbindung steht. Zu beiden Seiten dieses Bandes springen zwei kleine blattartige Zipfel der Säule vor, die der Oberseite der Anthere auf hegen. Letztere ist zweifächrig und enthält zwei Pol- linien, welche auch hier mit kleinen elastischen Fortsätzen mit dem Stipes verbunden sind. Dieser besteht wieder aus den äußersten drei abgeschnitten. Das Epichil trägt oben den medianen Zipfel ;= z, unten den in Wirklichkeit etwas tiefer liegenden Zapfen = Z. Vergr. 2. 39Q Hermann Eitter von Guttenberg, Zellagen des Eostellums {vgl. Textfig. 4 und 5), ist sehr stark ge- bogen und vom Rostellum in der offenen Blüte bereits größten- teils losgelöst. Das bei Catasetum auftretende basale Gelenk fehlt liier gänzlich. Die Klebscheibe ist sehr groß und besitzt einen Lappen, der nach abwärts reicht und den Eingang in die Narben- höhle wie ein Vorhang verschließt. Von der Narbenhöhle führt ein offener Narbenkanal bis zur Basis der Säule. Über die Reizbarkeit und die besonders empfindlichen Stelleu soll erst später berichtet werden. Hier sei nur erwähnt, daß bei gewissen Berührungen des Säulenendes eine Abschleuderung des Stipes samt Ivlebscheibe und Anthere erfolgt, die mit großer Kraft vor sich geht. Die Klebscheibe löst sich zuerst. Sie fliegt erst nach oben, dann nach rückwärts, und der mit ihr verbundene Stipes nimmt die Pollinien samt der Anthere mit, wobei das früher be- schriebene zarte Filament entzweireißt. Die anfängliche Verbindung der Anthere mit der Säule gibt einen Drehpunkt für die Bewegung ab und ist für die bogige Flugrichtung des Pollinariums ausschlag- gebend. Ein vorzeitiges Abreißen des Filamentes wird dadurch verhindert, daß die steifen blattartigen Enden der Säule die Anthere herabdrücken. Hat man den Schleudervorgang durch entsprechende Berührung mit dem Finger ausgelöst, so trifft das Pollinarium diesen stets. Wie bei Catasetum erhärtet die Klebmasse nach dem Ausschleudern sehr rasch und haftet dann außerordentlich fest auf der Unterlage. Der Stipes ist nach dem Ausschleuderu so stark nach rückwärts gekrümmt, daß die Anthere der Rückseite der Kleb- scheibe aufliegt; nach 5 — 15 Minuten streckt er sich dann gerade und verbleibt in dieser Lage. Eine Einkrümmung der seitlichen Ränder des Stipes ist hier nur in geringem Maße zu beobachten, was damit zusammenhängt, daß dieser das Rostellum seitlich nur wenig umfaßt. Im Gegensatze zur Beobachtung Darwins an C. ventricosum konnte ich ein Abfallen der Anthere nach der Ge- radestreckung des Stipes nur selten beobachten; doch läßt sie sich stets sehr leicht abstreifen. Ich will nunmehr zur Beschreibung des anatomischen Baues der einzelnen Teile übergehen. Die anatomischen Verhältnisse des Stipes weichen auffallenderweise von den für Catasetum beschrie- benen nicht unerheblich ab. Auch bei Cycnoches ist eine mächtige Epidermis mit sehr starken Wänden vorhanden, doch fehlt diesen Zellen das für Catasetum so charakteristische schlauchförmige Ende ; überdies treten in der Epidermis nicht selten Teilungen auf Anatomisch-physiologische Studien an den Blüten der Orchideengattungen usw. 391 (Taf. VI, Fig. 7). Die genauere Untersuchung läßt auch hier, abgesehen von der derben Kutikula, drei Schichten erkennen. Das Lumen wird von einer Innenhimelle umkleidet, darauf folgt eine zweite Schicht, die hier aber nicht nur nach außen zu ent- wickelt ist, sondern sich deutlich rings um die Zelle verfolgen läßt. Oberseits setzt diese Lamelle direkt an die Kutikula an, und die dritte Schicht tritt nur in den Radialwänden auf, von welchen aus sie sich in die Mittellamellen der folgenden Zellen fortsetzt. Die für Catasetum beschriebene Streifung der zweiten Lamelle ist nur hin und wieder schwach zu erkennen. Das chemische Verhalten der einzelnen Schichten ist dasselbe wie bei Catasetum. Die innerste Lamelle gibt deutliche Zellulosereaktionen, die zweite färbt sich mit Chlorzinkjod schwächer, die dritte gar nicht. Diese ist wieder in Salzsäure leicht löslich, so daß -man durch Anwendung dieser Säure alle Zellen isolieren kann. Die Kutikula sowie auch die übrige Epidermisaußenwand zeigt an eingerissenen Epidermis- zellen das deutliche Bestreben, sich nach auswärts einzukrümmen. Die Zellen enthalten reichlich Plasma, das Fetttröpfchen und einen großen Zellkern einschließt. Die auf die Epidermis folgenden Zellen sind langgestreckt, dabei aber stets etwas wellig gebogen. Ihre innerste Membran- lamelle ist oft so dünn, daß sie nur nach Chlorzinkjodbehandlung durch Blaufärbung deutlich hervortritt. Dann folgt eine in der genannten Lösung ungefärbt bleibende Schicht, welche der mittelsten Lamelle in den Radiahvänden der Epidermis entspricht. Sehr auf- fällig ist, daß diese Mittelschichten zmschen sich reichlich Kutin- massen einschließen, welche teils miteinander verbunden, teils unterbrochen sind und häufig tüpfelartig gekerbt erscheinen, obwohl die Wände ziemlich wenig Tüpfel erkennen lassen. Daß es sich tatsächlich um Kutin handelt, läßt sich aus folgenden Reaktionen ziemlich sicher ableiten: Chlorzinkjod färbt braun, Sudan III rot, und konzentrierte Schwefelsäure vermag die Substanz auch beim Erhitzen nicht zu lösen. Überdies ist das Lichtbrechungsvermögen dem der Kutikula gleich. Die Aufgabe der Kutineinlagerung glaube ich darin erblicken zu sollen, daß sie die Transpiration des ab- geschleuderten Stipes auf der Innenseite herabsetzt. Diese besitzt keine Kutikula, auch fehlt der bei Catasetum durch Einrollung der Seiteuränder bewirkte Schutz. An die langgestreckten Elemente schließen sich kürzere, reicher getüpfelte an, dann folgt das Trennungsgewebe. Dieses ist auch 392 Hermann Eitter von Gruttenberg, bei Cycnoches äußerst zartwandig, unterscheidet sich aber von dem bei Catasetum auftretenden dadurch, daß es viele Zellagen ein- nimmt, welche allmählich zug^runde gehen. Auch erfolgt die Lösung nicht gleichmäßig, sondern es bleiben zwischen großen Lücken noch dünne fadenförmige Verbindungen zwischen Stipes und Rostellum erhalten, welche aus zugrunde gegangenen Zellen bestehen und erst bei der Abschleuderung zerrissen werden. An Querschnitten durch den Stipes, der bei Cycnoches das Rostellum seitlich nicht umfaßt (Taf. VII, Fig. 8), sind die anato- mischen Verhältnisse den für Caiasetinn beschriebenen sehr ähnlich; doch erkennt man auch hier deutlich die Kutinmassen zwischen den Zellen, ferner zeigen sämtliche Wände eine auffallende Quer- streifung. Das Trennungsgewebe reicht bis an den Rand. Die letzte Verbindung wird durch die ziemlich kräftige Epidermis der Rostellum-Seiten wände gebildet. Auch die Klebscheibe weicht in ihrem Bau einigermaßen von der für Catasetum beschriebenen ab. Unterschiede finden sich vor allem bei dem mit dem Stipes verwachsenen Sockel, der aus schräg- gestellten langen Zellen besteht, welche nicht so derb und weniger getüpfelt sind (Taf. VII, Fig. 9). Auf den Sockel folgt übergangs- los die Klebmasse. Diese zeigt frisch in Wasser beobachtet (Taf. Vn, Fig. 10) ein etwas anderes Aussehen als die von Cata- setum; hier sind nämlich die Schleimkugeln ohne weiteres zu er- kennen. Sie sind meist regellos gelagert, nur manchmal gelingt es noch, ihren Zusammenhang zu erkennen. Die Entstehung der Schleimkugeln ist, ude Mikrotomschnitte durch jüngeres Material lehren (Taf. Wl, Fig. 11), dieselbe wie bei Catasetum. Auch die Reaktionen sind die gleichen, wieder erfolgt in starkem Alkohol Schrumpfung, in Laugen Quellung usw. Die Inhaltsmassen sind undurchsichtig, die Tröpfchen kleiner. Chloroform löst sie sofort, auch die übrigen Reaktionen verlaufen wie bei Catasetum. Das Trennungsgewebe zwischen Sockel und Rostellum besteht aus zarten, reihenweise angeordneten Zellen. In der fertigen Blüte ist es zum größten Teile bereits aufgelöst. Als letzte Verbindung dient dann an den Rändern ein wenige Zellagen breites Gewebe dünnwandiger, ziemlich fest gefügter Parenchynizellen. Die Anthere, welche in der Knospe noch teilweise mit der Säulenspitze verwachsen ist (vgl. Textfig. 5), bildet einen kräftigen vorhangartigen Lappen, der fast bis zur Hälfte des Stipes reicht und jedenfalls dazu beiträgt, daß die Anthere mit den Pollinien Anatoniisch-physiolojcrische Studien an den Blüten der Orchideenjrattungen usw. 393 bei der Abschleuderuug mitgerisseu wird (Textfig. 4 uud 5). Das fadenförmige Filament enthält ein von der Epidermis und einigen Parenchymzellagen umgebenes Gefäßblindel, das hauptsächlich aus Tracheiden besteht. Dieses Bündel setzt sich in der Medianebene der Anthere bis an das Ende des beschriebenen Lappens fort. Es entstammt der Säule und verläuft an deren Unter- bezw. Außen- seite. Ein zweites, dem beschriebenen in der Säule paralleles Fig. 5. Etwas .seitlich der Medianlinie geführter Längs- schnitt durch das Säulenende einer Knospe vpn Cycnoches maculatum. p = Pollinium, b = blattartiger Anhang der Säule. Die übrigen Bezeichnungen und die Tren- nungslinien wie in Fig. 4. Vergr. 10. Fig. 4. Medianer Längsschnitt durch das Säulenende einer Knospe von Cycnoches maculatum Lindl. f = Filament, a = Anthere, rl = Riß- linie des Filamentes, s = Stipes, r ^ Rostel- lum, k = Klebscheibe, n = Narbenhöhle, M A; = Narbenkanal. Die Trennungslinien sind punktiert eingetragen. Das zwischen Stipes . und Rostellum gelegene Gewebe geht später zugrunde. Die Grenze zwischen Sockel und Klebmasse der Klebscheibe ist durch eine Strich- linie angedeutet, ebenso die Verwachsungslinie von Filament und Anthere. Yergr. 10. Bündel biegt in das Rostellum ein und endet in der Nähe der Klebscheibe. Die Rißlinie des Filamentes ist in Textfig. 4 ein- gezeichnet. Obwohl das Abreißen stets an derselben Stelle erfolgt, konnte ich an dieser keine anatomischen Besonderheiten nachweisen. Die Pollinien stellen unten offene Hohlkugeln dar; anatomisch gleichen sie denen von Catasetum (Taf. VI, Fig. 6). 394 Hermann Ritter von Guttenberg:, Schließlich bedarf noch das Labelliim einer genaueren Be- schreibung. Dieses wird meist von 13 Gefäßbündeln durchzogen, welche an der dünnen, durchsichtigen Gelenkstelle leicht zu sehen sind. Jedes Gefäßbündel mündet in einen der beschriebenen Vor- sprünge. Von den sieben obersten Zipfeln führen Bündelabzweigungen in die Spitze des Labellums. Die bisherigen Beobachtungen an Catasetiden und anderen Orchideen ^) machten es wahrscheinlich, daß auch hier das Labellum ein Futtergewebe enthalte. Eine Prüfung verschiedener Partien mit Millonschem Reagens und anderen zum Nachweis von Eiweiß benutzten Reageutien ergab keinen Erfolg. Ebensowenig konnte Zucker oder Stärke nachgewiesen werden. Dagegen enthalten fast alle Zellen des Labellums stark lichtbrechende Tropfen, die in besonders großer Menge in den be- schriebenen Voi'sprüngen auftreten; hier sind die etwas papillösen Epidermiszellen fast ganz davon erfüllt (Taf. VII, Fig. 11). Die Tropfen färben sich in Sudan III und Alkannatinktur intensiv rot, werden durch Osmiumsäure geschwärzt und sind in starkem Alkohol löslich. Es handelt sich anscheinend um ein fettes Öl, das geruch- los und nicht klebrig ist, wodurch es sich sofort von dem harzigen Inhalt der Klebscheibe unterscheidet. Letzterer nimmt auch in Sudan eine wesentlich gell)ere Färbung an. Die Zipfel enthalten ferner große, isoHerte Speichertracheiden mit feinen Spiralbändern, ähnlich denen, die in den Kannen von Nepenth.es vorkommen. Das gleichfalls anatomisch genau untersuchte Cycnoches stelli- ferum Lodd. stimmt mit C. macidatum weitgehend überein. Die männliche Blüte ist der der letztgenannten Spezies sehr ähnlich, nur ist sie wesentlich kleiner und nicht rot gefleckt. Der Bau der Säule und des Labellums zeigt so wenig Unterschiede, daß darauf nicht näher eingegangen zu werden braucht. Von Cycnoches chlorochüon Lindl. , das zur Sektion Eucycnoches gehört, standen mir nur eine in Alkohol konservierte und eine lebende Blüte zur Verfügung. Die Blüten sind ungewöhnlich groß (Gesamtlänge 13 cm, größte Breite 8 cm), ihre Blätter sind abgesehen vom La- bellum ziemlich gleich gestaltet, derb und von gelbgrüner Farbe. Das unbewegliche, 6 cm lange Labellum ist fleischig und steht fast aufrecht. Der obere schüsseiförmige Teil ist elfenbeinfarben, unten 1) Vgl. Haberlandt a. a. 0., S. 67. — Guttenberg a. a. 0. — Forsch, 0., Über zwei neue Insektenanlockungsmittel der Orchideenblüte. Österr. Botan. Zeitschrift, LV, 1905, S. 165 flf. — Derselbe, II. Weitere Untersuchungen über Futterhaare usw. Österr. Botan. Zeitschrift, LVI, 1906, S. 41 ff. Anatomisch-pliysiologisclie Studien an den Blüten der Orchideengattung:en usw. 395 springt ein schwarzgrüner, gefurchter Höcker vor (Textfig. 6j. Die Säule ist relativ kürzer und derber, im wesentlichen aber gleich gebaut wie die von C. maculatwn. Die anatomische Untersuchung des Pollinariums ließ keine besonderen Verschiedenheiten gegenüber C. maculatum erkennen. Der Stipes ist kräftiger, die Epidermis- Fig. 6. Cycnoches chlorochilon Lindl. Männliche Blüte in natürlicher Größe. Das Pollinarium befindet sich noch an der Säule (Original;. Zellen sind dünnwandiger, dafür aber die darunter liegenden Schichten stärker entwickelt. An der sehr großen Klebscheibe sind gleichfalls ähnliche Verhältnisse wie bei C. maculatum zu beobachten. Auch hier schließt die Scheibe die Narbenhöhle vollkommen zu. Das Labellum verbreitet einen starken, angenehmen, zimtartigen 396 Hermann Ritter von Guttenberg, Geruch. Es enthält sowohl im weißgelben Teile, besonders aber im grünen Höcker massenhaft Öl und reichlich feinste Stärkekörnchen in den Zellen. Die Epidermis des schüsseiförmigen Teiles ist ziem- lich derb, glänzend glatt und daher für die Insekten wohl nicht leicht zu benagen. Der grüne Höcker dagegen zeigt die Eigen- tümlichkeit, daß zwischen Epidermiszellen mit kräftigen Außen- wänden ganz zartwandige auftreten, welche bald einsinken und zugrunde gehen. Dadurch wird die Oberfläche gefurcht und so den Insekten das Anfressen erleichtert. In den tieferen Schichten des Labellums finden sich zahlreiche große eiförmige Speicher- tracheiden mit feiner Spiralverdickung. B. Experimenteller Teil. 1. Die Reizbarkeit. a) Catasetum. Nach den eingehenden Untersuchungen Darwins kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, daß die Abschleuderung des Stipes bei Catasetum durch einen Reizprozeß ausgelöst wird, der sich zunächst in der berührten Antenne abspielt und in dieser zum ßostellum geleitet wird. Darwin fand, „daß kein mäßiger Grrad von Gewalt, auf irgend einen Teil der Blüte ausgenommen auf die Antennen ausgeübt, irgend eine Wirkung hervorbringt" (a. a. 0., S. 160). „Die äußerste Spitze und die ganze Länge der Antennen sind sensitiv. Bei einem Exemplar von C. iridentatum genügte eine Berührung mit einer Borste; bei fünf Exemplaren von C. saccatum war eine sanfte Berührung mit einer feinen Nadel not- wendig; aber in den anderen Exemplaren war ein leichter Schlag erforderlich. Bei C. tridentatum war ein Luftzug und ein Strom kalten Wassers aus einer kleinen Röhre nicht hinreichend, ebenso- wenig in irgend einem Falle eine Berührung mit einem mensch- lichen Haar." Wichtig sind ferner Darwins Beobachtungen, daß bei Catasetum callosum zwei in heißes Wasser getauchte Blüten von selbst ihre Pollinien auswarfen, daß ferner ein dünner Strom fast kochenden Wassers ebensowenig wie auf die Antennenspitze geträufelte Schwefelsäure die Reizbew^egung auslösen. Gegen Darwins Angaben hat sich bisher wohl nur Hart^) 1) Hart, J. H., Bull. Mise. Inform. Roy. Bot. Gard. of Trinidad 2, 1896, nach dem Referat in Bot. Gazette, Bd. 22, 1896, S. 505. Anatomisch-physiologische Studien an den Blüten der Orchideengattungen usw. 397 gewendet, welcher faud, daß bei C. fimbriatum die Ausschleuderung der Pollinarien nicht nur bei Berührung- der Antennen, sondern auch bei Erschütterung: der Blüte, Entfernung- der Anthere, Druck auf die Säule und Reizung der Bänder der Narbenhöhle erfolgt, wenn sich die Blüte in einem vorgeschrittenen „Reifestadium" be- findet. Dazu ist zu bemerken, daß auch Darwin nicht leugnet, daß stärkere Erschütterungen usw. den Schleudervorgang auslösen können; vor allem ändert dies aber nichts an der Tatsache, daß die Antennen zufolge ihrer besonderen Empfindlichkeit als spezielle Perzeptionsorgane aufzufassen sind und daß, im Falle die Aus- schleuderung nach Berührung der Antennen erfolgt, tatsächlich ein Reizvorgang vorliegt. Dies bestätigt auch Jost^), der noch be- merkt, daß es ihm nicht gelang, durch Anprall eines Wasserstrahls eine Reizung der Antennen herbeizuführen. Die Ausführungen Darwins und der späteren Autoren lassen die Frage offen, ob bei Catasetum eine Art der Reizbarkeit vor- liegt, welche der von Mimosa an die Seite zu stellen ist, oder ob es sich um eine Empfindlichkeit ähnlich der der Ranken handelt, ob wir die Erscheinung also als eine seismonastische oder als eine thigmonastische aufzufassen haben. Meine eigenen Untersuchungen über die Reizbarkeit waren vor allem der Entscheidung dieser Frage gewidmet. Zunächst konnte ich sowohl bei C. fimbriatum als auch bei C. Trulla, C. callosum und C. purum bestätigen, daß ein durch ein menschliches Haar bewirkter „Kitzel", auch wenn er längere Zeit andauert, niemals die Ausschleuderung herbeiführt. Ebenso löst eine vorsichtige Berührung mit einer kräftigen Borste, einem Pinsel oder einer Nadel den Schleudervorgang nicht aus, solange man es vermeidet, einen Druck auf die Antennen auszuüben. Dagegen genügt bei C. fimbriatum der geringste Druck, der eine wenn auch noch so leichte Verbiegung der Antennen, vielleicht auch nur eine geringfügige Deformation der Epidermiszellen herbei- führt, zur Auslösung der Schleuderbewegung. Auch C. Trulla, C. callosum und ein Blütenstand von C. purum erwiesen sich als sehr empfindlich, viel weniger die Blüten des zweiten Exemplares von C. purum und die von C. luridum. Bei diesen bedurfte es einer kräftigen Verbiegung der Antennen, um die Abschleuderung des Pollinariums herbeizuführen. Sprechen schon die angeführten Versuche wenig dafür, daß es 1) .Tost, L., Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. 3. Aufl., 1913, S. 569/70. 398 Hermann Ritter von Outtenberg, sich bei Catasetum um Kontaktreizbarkeit handelt, so wird diese Möglichkeit durch folgendes an C. fimhriatum mehrfach angestellte Experiment meines Erachtens vollkommen ausgeschaltet. Wurde aus einer Pipette ein Wasserstrahl mit geringem Druck auf die Antennen geleitet, so trat keine Reizung ein, obwohl eine nach- folgende Berührung der Antennen deren Reizbarkeit bewies. Wurde der Wasserstrahl aber durch einen kräftigen Druck auf die Gummi- blase der Pipette plötzhch mit größerer Gewalt aus einer Entfernung von ca. 3 cm auf die Antennen geleitet, so erfolgte sofort Aus- schleuderung ^). Es unterliegt keinem Zweifel, daß die frei vor- ragenden Spitzen der Antennen durch den kräftigen Wasserdruck etwas verbogen werden. Die Reizung durch den Wasserstrahl erfolgte ferner auch dann, wenn ich die Blüte am Stiele so fest- hielt, daß sie selbst sich nicht bewegen konnte. Das Experiment läßt daher den sicheren Schluß zu, daß keine Koutaktreizbarkeit im Sinne Pfeffers vorliegt, daß die Erscheinung vielmehr als eine seismonastische anzusprechen ist. Die höhere Reizbarkeit der Antennenspitze hat daher ihren Grund vielleicht nur darin, daß die zarte Spitze leichter deformiert wird als die unteren Teile; ferner können die hier bei einigen Arten auftretenden Papillen die Deformation des Plasmas begünstigen. Auch folgender Versuch zeigt eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Verhalten von Mimosa. Hält man ein brennendes Streichholz unter die Antennen, so daß diese angesengt werden, so erfolgt Ausschleuderung. Dieser Ver- such scheint in einem gewissen Widerspruche mit den Angaben Darwins zu stehen, daß kochendes Wasser oder Schwefelsäure, auf die Antennen gebracht, keine Reizung herbeiführen. Leider konnte ich den Versuch an dem empfindlichen C. fimhriatum infolge Materialmangels nicht wiederholen. Bei C. purum ließen sich leicht Versuche vornehmen, da man nur das schubförmige Labellum mit den Flüssigkeiten zu füllen braucht. Übereinstimmend mit Darwin fand ich, daß dabei keine Reizung erfolgt, doch möchte ich, da die Versuche an den Blüten des wenig empfindlichen Exemplars von C. purum vorgenommen wurden, keine weiteren Schlüsse daraus ziehen. Sollte sich aber das Resultat auch bei den empfindlichen Formen bestätigen, so ist daran zu denken, daß der Zellentod durch Verbrennung jedenfalls ganz anders verläuft als der durch Ein- l) Nach Abschluß des Manuskripts untersuchte Blüten von Catasetum triden- tatum Hook, verhielten sich — entgegen der Angabe Darwins — ebenso. Anatomisch-physiologische Studien an den Blüten der Orchideengattunsen usw. 399 Wirkung- von Säure oder heißem Wasser herbeigeführte. In ersterem Falle dürfte es zu einer Explosion des Zellinhaltes kommen, die in den letzteren Fällen wohl fehlt. Sehr auffällig ist schließlich die Tatsache, daß eine lange dauernde Einwirkung von Chloroform oder Ätherdämpfen die Reiz- barkeit nicht aufhebt. Ich brachte abgeschnittene Blüten von C. fimhriatiim mit dem Stiel in Wassergläschen tauchend unter Glasglocken, nachdem ein größerer mit Äther oder Chloroform ge- tränkter Wattebausch daneben ausgelegt worden war. In beiden Fällen erwiesen sich die Blüten nach einstündiger Einwirkung der Narkotika als unvermindert reizbar. Dieses Resultat ist so auf- fällig, daß man, wenn nicht alle übrigen Versuche mit Bestimmtheit für eine Reizerscheinung sprechen würden, dazu neigen könnte, eine solche zu leugnen. h) Cycnoches. Ich komme nunmehr zur Beschreibung der Reizbarkeit von Cycnoches macidatum und C. stelliferum und will zunächst wieder Darwins Beobachtungen an der Gattung Cycnoches vorausschicken, bemerke aber noch, daß das von Darwin allein studierte C. ven- tricosum mit C. macidatum relativ weit verwandt ist, da es zu der sich durch ähnliche männliche und weibliche Blüten auszeichnenden Sektion Eucycnoches gehört. „Weder das Labellum, noch die Vor- ragungen an den Seiten der Narbe'', schreibt Darwin (a. a. 0. S. 190), „sind irgendwie sensitiv. Als ich aber bei drei Gelegenheiten für einen Augenblick das Filament zwischen den beiden blattartigen Anhängen berührte, wurde das Pollinarium in derselben Art und Weise und durch denselben Mechanismus wie bei Mormodes aus- gestoßen." Diese Beobachtung Darwins konnte ich an C. macu- latum und C. stelliferum nur teilweise bestätigen. Eine schwache Be- rührung des Filamentes an der angegebenen Stelle führte bei zahl- reichen Blüten zu keinem Erfolg. Ein leichter Druck auf dasselbe führte allerdings meist zur Abschleuderung. In diesen Fällen konnte ich aber mehrfach mit Sicherheit feststellen, daß zuerst die Anthere abspringt, das Filament also beim Aufdrücken reißt und der Stipes samt Klebscheibe auf diese Weise frei wird. Dann fliegt aber in einer für das Funktionieren des Apparates völlig ungeeigneten Weise die Anthere voran und die Klebscheibe hinten nach. In zwei Fällen wurde diese überhaupt nicht mitgerissen, sondern blieb am Rostellum haften. Manchmal trat allerdings auch der von Darwin beschriebene 400 Hermann Ritter von Uuttenberj;', Vorgang ein, d. h. es löste sich nach einem leichten Druck auf das Filament die Klebscheibe los. In einigen Fällen kam es dabei zur Abschleuderung des Pollinariums, in anderen löste sich der Stipes unter Zurückrollen ab, ohne daß die Anthere mitgerissen wurde. Nach diesen Versuchen glaubte ich die für die Reizung durch die Insekten bestimmte Stelle an anderen Teilen der Blüte suchen zu müssen und trachtete durch Druck, Stoß und Reibung der ver- schiedensten Partien, zunächst ohne jeden Erfolg, die Ausschleude- rung herbeizuführen. Nur wenn durch einen mäßigen Druck des Fingers auf das Säulenende, die Anthere oder den Stipes die ganze Säule herabgebogen wurde, kam es zur Explosion. Als ich aber einmal die Säule an der Stelle, wo sich die Narbenhöhle befindet, so zwischen Daumen und Zeigefinger nahm, daß ich auf die etwas vorgewölbten Seitenwände der Narbenhöhle einen leichten Druck ausübte, erfolgte momentan die Ausschleuderung und zwar viel rascher als bei Berührung des Filamentes. Weitere Beobach- tungen zeigten dann einwandfrei, daß der leiseste Druck auf die Wände der Narbenhöhle zur Abschleuderung führt, jedoch nur dann, wenn der Druck gleichzeitig von beiden Seiten erfolgt. Ein Druck auf eine Seitenwaiid allein führte den Schleudervorgang nur in seltenen Fällen und nur dann, wenn er ziemlich kräftig war, herbei. Es kann nun die Frage aufgeworfen werden, ob wir überhaupt berechtigt sind, bei Cycnoches von einer Reizerscheinung zu sprechen. Ich glaube die Frage bejahen zu dürfen, wenn auch strenge Be- weise, wie sie für Catasetum möglich sind, nicht so leicht erbracht werden können. Die Ausschleuderung auf Grund eines auf das Filament ausgeübten Druckes kann nur dann als Erfolg einer Reizung gedeutet werden, wenn sich zuerst die Klebscheibe löst. Andernfalls genügt wahrscheinlich der Druck, um die nicht allzu feste Verbindung der Elemente im Filament, welche wir überhaupt annehmen müssen, zu lösen. Auch die Ausschleuderung durch einen Druck auf das Ende der Säule, welcher diese herabbiegt, ist nicht als Reizvorgang anzusehen. Vielmehr wird dabei offensicht- lich die zwischen Stipes und Rostellum bestehende Spannung durch die Verbiegung vergi^ößert und führt so zum Zerreißen der Verbindungen und zur Abschleuderung. Wie steht es nun aber bei der Auslösung durch beiderseitige Berührung der Seiten- wände der Narbenhöhle? Hier genügt schon ein so schwacher Druck, daß von einer Deformation der Klebscheibe kaum, von einer solchen des Rostellums sicher nicht gesprochen werden kann. Anatomis(;h-physiologische Studien an den Blüten der Orchideengattungen usw. 401 Denn die „ empfindliche " Stelle liegt nicht zu beiden Seiten der Anheftungsstelle der Klebscheibe, sondern wesentlich tiefer in der unteren Hälfte der Narbenhöhle, ungefähr an der Stelle, wo bei Catasetum die Antennen entspringen. Hier scheint also tatsächlich Reizbarkeit vorzuliegen. Auch die Analogie des ganzen Vorgangs mit dem Verhalten von Catasetum deutet auf einen Reizvorgang. Besonders auffällig ist, daß die reizbaren Stellen von Cycnoches den Ansatzstellen der Antennen von Catasetum entsprechen. Ich habe mich ferner davon überzeugt, daß auch bei letzterem ein beiderseitiger schwacher Druck auf die Seitenwände der Narben- höhle an der angegebenen Stelle sofort zur Ausschleuderung führt. Wie bei Catasetum wurden Blüten 1 Stunde lang Äther- oder Chloroformdämpfen ausgesetzt und erwiesen sich nachher als reiz- bar. Wollte man dies aber als Beweis gegen das Vorhandensein echter Reizbarkeit anführen, so müßte man letztere auch für Catasetum leugnen. Schließlich sprechen noch die im letzten Ab- schnitte zu schildernden Versuche dafür, daß auch bei Cycnoches eine echte Reizerscheinung vorliegt. Es fragt sich nunmehr, wie man sich das Verhalten der In- sekten beim Besuche der Blüte von Cycnoches maculatum und ähnlichen Formen vorzustellen hat, und bei welcher Gelegenheit es dabei zur Abschleuderung des Pollinariums kommt. Da Beob- achtungen in der Natur noch nicht vorliegen, ist man auf Ver- mutungen angewiesen, und ich glaube, daß folgende Deutung die Wahrheit trifft oder ihr wenigstens zunächst kommt. Das Insekt trachtet die Futterstoffe der Lippe zu gewinnen. Zu diesem Zwecke könnte es sich auf die Säule setzen, die dabei herabgebogen würde. Das kann die Abschleuderung des PoUinariums zur Folge haben, welches dann der Ventralseite des Insektes anhaften würde. Dieses hätte aber seinen Zweck nicht erreicht, denn es hinge an der Säule, ohne zum Labellnm zu gelangen. Es ist daher viel wahrscheinlicher, daß sich das Insekt am Labellum selbst an- klammert, welches ihm dazu durch die vorragenden Zipfel aus- gezeichnete Gelegenheit bietet. In demselben Momente tritt aber das früher beschriebene Gelenk der Lippe in Funktion, und das Epichil sinkt soweit herab, daß die beiden kräftigen zangeuartigen mittleren Zapfen das Fußstück (Hypochü) des Labellums zwischen sich einklemmen und ein weiteres Herabsinken verhindern. Von dem guten Funktionieren dieser Sperrvorrichtung kann man sich durch Herabbiegen des Epichils leicht überzeugen. Da es sich Jahib. f. wiss. Botanik. LVI. 26 402 Hermann Eitter von Guttenberg, jedenfalls wie bei Catasetum um große Insekten (vielleicht auch um Euglossa- Arten) handelt, stößt das Tier mit dem rückwärtigen Ende an das dem Labellum zugekehrte Säulenende, und es ist an- zunehmen, daß das Insekt dieses mit den rückwärtigen Beinpaaren umklammert. Dabei muß die Ausschleuderung erfolgen und die Klebscheibe der Unterseite des Insektes angeheftet werden. Das auffällige Gelenk im Labellum und die beiden deutlich als Sperr- vorrichtung dienenden mittleren Zipfel lassen mir diese Deutung sehr wahrscheinlich erscheinen. Daß diese beiden Zapfen eine andere Funktion wie die übrigen besitzen, wird besonders bei C. stein ferum deutlich, da sie hier ganz grün gefärbt sind, sich also von den weißen restlichen Zipfeln sofort unterscheiden; auch bei C. maculatum weichen sie durch rote Punktierung meist von den übrigen etwas ab. Alle im vorstehenden gemachten Angaben beziehen sich auf männliche Blüten der Sektion Heteranthae. Über die Keizbarkeit der männlichen Blüte von C. chlorochüon kann ich vorläufig nichts Näheres mitteilen, da mir nur eine lebende Blüte dieses Vertreters der Sektion Eucycnoches zur Verfügung stand. Die Ausschleude- rung des Pollinariums erfolgte bei diesem Exemplar infolge eines Druckes auf das Säulenende, nachdem eine vorhergehende Berührung des Filamentes erfolglos gewesen war. Eine beiderseitige Berührung der Narbenkammer war nicht vorgenommen worden, da ich zu diesem Zeitpunkte meine darauf bezüglichen Beobachtungen an C. maculatum noch nicht gemacht hatte. Bei der weitgehenden Übereinstimmung der Bauverhältnisse halte ich es indes für sehr wahrscheinlich, daß die Eeizungsstellen dieselben sind wie bei der oben genannten Spezies. Dagegen müssen wir uns den Insekten- besuch wesentlich anders vorstellen. Die mit dem Futtergewebe ausgestattete Innenseite des Labellums ist im oberen, schüssei- förmigen Teil spiegelglatt, bietet den Insekten also keine Möglich- keit der Anklammerung. Sie könnten das Labellum höchstens vom Bande her benagen, wenn sie sich an diesem oder an der Bück- seite festhalten. Wohl aber können sie den futterreichsten Teil, nämlich den dunkelgrünen Höcker leicht anfressen, wenn sie sich vorne an diesem anklammern und rückwärts das gegenüberliegende Säulenende umfassen. Beides ist leicht möglich, da der Höcker, wie erwähnt, durch Furchen rauh und die Säule wesentlich kürzer und fester wie bei C. maculatum ist, so daß sie durch das Gewicht auch größerer Insekten nur wenig herabgebogen werden dürfte. Anatomisch-physiologische Studien an den Blüten der Onhideengattungen usw. 403 Auch in diesem Falle würde der Stipes der Unterseite des Insektes angeheftet. Es ergibt sich nun die Frage, ob die Pol- linien auf der Bauchseite ihres Trägers sich in einer für die Be- fruchtung der weiblichen Blüten vorteilhaften Lage befinden. Nach den Abbildungen weiblicher Blüten, die mir zur Verfügung standen (besonders zahlreiche Abbildungen Rolf es in der Zeitschrift "The Orchid Review") glaube ich diese Frage bejahen zu können. Das Labellum dieser Blüten hat die Form eines derben fast senkrecht aufgerichteten Blattes, das keinerlei Anklammerungspunkte für die Insekten erkennen läßt. Im unteren Teile ist meist ein ähnlicher, wenn auch schwächer entwickelter Höcker, wie in der männlichen Blüte von C. chlorochilon, zu bemerken. Die gegenüberliegende, fast horizontale, kurze, kräftige Säule dagegen kann dem Insekte sehr gut als Stützpunkt dienen. Drei am Ende der Säule befind- liche, hakenförmig zurückgekriiinmte Vorsprüuge düi-ften beim Rück- zuge des Insektes die an dessen Unterseite befindlichen Pollinien erfassen, von den Stielchen abreißen und so die Befruchtung sichern. 2. Der Schleudermechanismus. Wir haben bisher einen Punkt noch gänzlich außer acht ge- lassen, nämlich die Frage, wie die im Stipes vorhandene Spannung zustande kommt. Daß diese von der Reizerscheimmg unabhängig ist, hat schon Darwin angenommen und später besonders Haber- ia n dt ^) nachdrücklichst hervorgehoben. Die nächstliegende Annahme ist wohl die, daß im Stipes eine Gewebespannung vorliegt, die darauf beruht, daß die inneren Schichten zufolge eines höheren Turgors ein starkes Ausdehuungs- bestreben besitzen, das beim Freiwerden des Stipes dessen Gerade- streckung (bei Catasetum) oder Überkrümmung (bei Cycnoches) be- wirkt. Ähnliche Mechanismen sind ja bei Schleuderbewegungen anderer lebender Pflanzenteile mehrfach bekannt geworden. Ich erinnere nur an die Früchte von Impatiens und Cyclanthera, bei welchen Schwellgewebe mit hoher Turgorspannung und sehr elasti- schen Wänden auftreten. Diese Gewebe dehnen sich nach Auf- lösung der Trennungsschichten der Frucht plötzlich sehr stark aus und veranlassen so das explosive Aufspringen derselben. Für der- artige, durch Turgorspannung bewirkte Bewegiingen haben wir in 1) Haberlandt, G., a. a. 0., S. 65. 26* 404 Hermami Eitter von Gruttenberg, der Plasmolyse ein bequemes Prüfuugsmittel. Sowohl die Frucht- k läppen von Impatiens als auch die Fruchtwände von Cyclanthera werden nach starker Plasmolyse ganz weich und kehren entweder selbst in die ursprüngliche Lage zurück oder setzen wenigstens einer Rückkrümmung keinerlei Widerstand entgegen. Ganz anders liegen die Verhältnisse beim Stipes der Catasetiden. Da das Ver- halten von Catasetum und Cycnoches nicht ganz gleichartig ist, so sollen sie im folgenden zunächst getrennt besprochen werden. Auch stärkste Plasmolyse, herbeigeführt durch konzentriertes Glyzerin oder konzentrierte Kalisalpeterlösung, übt auf den Stipes von Catasetum keinerlei Wirkung aus. Er behält seine gestreckte Form bei, die Ränder bleil)en umgeschlagen und die Festigkeit der Ge- webe bleibt unverändert. Eine gewaltsame Krümmung, sei es in die ursprüngliche Lage oder in entgegengesetzter Richtung, wird beim Freiwerden des Stipes sofort wieder elastisch ausgeglichen. Ebenso verhalten sich Stipes, welche in kochendes Wasser getaucht oder mit Fixierungsinitteln behandelt werden. Die anatomische Untersuchung eines frisch abgeworfenen Stipes bringt dafür eine einfache Erklärung: die Zellen der Epidermis besitzen nach dem Abschleudern und zwar auch dann, wenn sie sicher durch den Schnitt nicht verletzt sind, aljgestorbene Protoplasten. Diese sind überall stark von der Wand abgehoben, so daß man zunächst an Plasmolyse denken möchte. Doch läßt sich weder durch Plasmo- lytika eine weitere Kontraktion bewirken, noch ist es möglich, durch Einlegen in Wasser die Schrumpfung rückgängig zu machen. Über die vermutliche Ursache dieser Erscheinung wird noch zu sprechen sein, hier sei nur noch bemerkt, daß die Zellen zweifellos eben erst — wahrscheinlich im Momente der Abschleuderung — abgestoßen sind, denn die Protoplasten zeigen keine Spur von Ver- trocknung und der Zellkern hat normales Aussehen. Auch ließen Schnitte durch blühreife Knospen erkennen, daß sich die Epidermis- zellen des Stipes vorher in kräftiger Turgeszenz befinden; Sproz. Kalisalpeterlösung bewirkte deutliche, aber nicht sehr weitgehende Plasmolyse. Die inneren Zellagen des abgeschleuderten Stipes ver- halten sich etwas anders. Auch hier sind manchmal die Proto- plasten etwas von der Membran abgehoben, doch konnte ich mehr- fach einw^andfreie Plasmolyse erzielen. Daß im Stipes auch ohne Turgor eine starke Spannung besteht, geht ferner aus folgendem Versuche hervor. Werden abgeschnittene offene Blüten in 96proz. Alkohol gebracht, so streckt sich nach Anatomisch-physiolopische Studien an den Blüten der Orchideenjjattungen usw. 405 geraumer Zeit (V4— 1 Stunde) der Stipes gerade, wobei sich die Klebscheibe vom Rostellum löst. Die Anthere wird aber nicht abgerissen und das Pollinarium nicht ausgeschleudert. Daß im plasmolysierten Stipes noch eine starke Spannung besteht, wurde auch bei C. Trulla, C. luridum und C. purutn beobachtet. Bei Cycnoches maculatum findet, wie erwähnt, nach der Ab- schleuderung zunächst eine starke Überkrümmung des Stipes statt, welche an der Luft nach einiger Zeit wieder zurückgeht. Die Geradestreckung erfolgt auch in plasmolysierenden Lösungen. Da- nach möchte man annehmen, daß die Überkrümmung durch höheren Turgor der Innenschichten herbeigeführt und dann durch Aus- trocknung oder Plasmolyse dieser Zellen wieder aufgehoben wird. Dem kann aber nicht so sein, denn auch in Leitungswasser ge- brachte Stipes strecken sich gerade. Nur bei Übertragung in ab- soluten Alkohol bleibt die schlingenförmige Krümmung erhalten. Dies kann nicht verwundern, da die Wände hier sofort erhärten und nun zur Rückbewegung ebenso unfähig sind wie die Wände von Schließzellen, die in absolutem Alkohol fixiert wurden. Die Rückbewegung des Stipes könnte ebenso durch ein allmähliches Kontraktionsbestreben der Membranen der tieferen Schichten wie durch ein Nachlassen im Kontraktionsbestreben der Epidermis herbeigeführt werden. Auch bei Cycnoches konnte es durch Eintauchen in plasmoly- sierende Lösungen oder siedendes Wasser nicht erreicht werden, die Steifheit oder die geradegestreckte Form des Stipes zu beein- flussen. Der anatomische Befund im abgeschleuderten Stipes war derselbe wie bei Catasetnm. Eine in kochendes Wasser geworfene Blüte warf ihr Pollinarium momentan aus, wobei zunächst unent- schieden bleiben muß, ob es sich um eine Wirkung auf den Stipes, die Klebscheibe oder auf die reizbaren Stellen handelte. Bei Fixie- rung in 50 — 96proz. Alkohol erfolgt wie bei Catasetum nach sehr langer Zeit, oft erst nach 1 — 2 Stunden eine Lösung der Kleb- scheibe und Geradestreckung des Stipes, ohne daß das Filament reißt. Auch bei Fixierung mit Chrom-Osmium-Essigsäure trat der selbe Erfolg jedoch noch später (nach 3 — 4 Stunden) ein. Eine in konzentriertem Glyzerin untergetaucht gehaltene frische Säule streckte gleichfalls nach V 2 Stunden den Stipes aus der Narben- höhle vor. Betrachten wir nunmehr Catasetum und Cycnoches gemeinsam, so läßt sich sagen, daß im gebogenen Stipes auch ohne Turgor 406 Hermann Ritter von tTuttenber^, eine starke elastische Spannung besteht. Doch ist diese nicht so stark wie die Spannung des lebenden Stipes bei der Abschleude- rung; plasmolysierte und tote Stipes haben wohl noch das Vermögen sich gerade zu strecken, nicht aber die Kraft, das Pollinarium aus- zuschleudern. Die Lösung der Klebscheibe vom Rostellum kann in diesen Fällen nur dadurch zustande kommen, daß durch die Einwirkung der genannten Reagentien eine allmähliche Lösung der letzten Verbindungen zwischen Klebscheibe und Rostellum eintritt. Eine anatomische Untersuchung dieser Stellen läßt erkennen, daß in der offenen Blüte sich auch jene Zellen zmschen Klebscheibe und Rostellum, welche in der blühreifen Knospe noch ungeteilt waren, geteilt haben. Die neu gebildeten Zellen haben dasselbe Aussehen wie die früher l)eschriebenen Elemente des Trennungs- gewebes. Die außerordentlich dünnen Wände, die in Lösung be- griffen erscheinen, sind zerrissen. Wir müssen also annehmen, daß die Reagentien eine Lockerung des Zellverbandes herbeiführen, ohne indes eine völlige Trennung der Elemente zu be^\irken. Diese Lockerung kann sowohl in einer chemischen Lösung der Mittellamellen als auch darin bestehen, daß durch die Plasmolyse ein Schrumpfen der früher gespannten Zellen eintritt, was gleich- falls eine teilweise Trennung der Mittellamellen, besonders in den Zellecken zur Folge haben muß. Schließlich ist der Zellverband nicht mehr stark genug, um dem Zuge des Stipes zu widerstehen, das Gewebe reißt und zwar nicht bloß in den Mittellamellen, sondern auch mitten durch die Zellwände, was bei deren außer- ordentlicher Zartheit ganz verständlich ist. Wir wollen nunmehr den Ursachen der Spannung, welche im Stipes auch ohne Turgor besteht, näher nachgehen. Da an eine Quellungserscheinung nach dem anatomischen Befund nicht zu denken ist, muß ungleichmäßiges Wachstum zur Erklärung des Spannungszustandes herangezogen werden. Die entspannte Lage ist sowohl für den Stipes von Catasetum als auch für den von Cycnoches schheßlich die geradegestreckte. Da bei Cycnoches mangels der seit- lichen Einrollung die Verhältnisse einfacher liegen, sei zunächst diese Gattung besprochen. Von vornherein kommen folgende beiden Erklä- rungsmöglichkeiten in Betracht: es kann in der Epidermis, besonders in der dicken Außenwand ein Kontraktionsbestreben vorliegen, oder es können die tieferen Schichten ein Ausdehnungsbestreben besitzen. Im ersten Falle wäre die Epidermis in ilirem Wachstum gegenüber den tieferen Scliichten des Rostellums zurückgeblieben. Anatomisch-physiolos^ische Studien au den Blüten der Orclüdeengattungen usw. 407 befände sich also in einem Zustande der Zugspannung, im zweiten Falle wären die unteren Zellagen in ihrem Wachstumsbestreben durch den Verband mit den übrigen Teilen behindert worden, so daß sie sich in Druckspannung l)efäuden. Der anatomische Befund spricht dafür, daß beides zutrifft. Wie schon früher erwähnt wurde, zeigt die Epidermisaußeuwand und besonders auch die Kutikula an eingerissenen Epidermiszellen ein auffälliges Bestreben, sich nach außen einzurollen. Es herrscht also in der Außenwand selbst schon eine Spannung. Ebenso krümmen sich Oberflächenschnitte des Stipes, die nur oder vorwiegend aus Epidermiszellen bestehen, unter Verkürzung zurück. Andererseits behalten die tieferen Zell- lagen im abgeschleuderten Stipes ihre geradegestreckte Gestalt auch dann, wenn man die Epidermiszellen durch Schnitte entfernt. Sie werden also nicht etwa von der Epidermis gespannt, sondern besitzen selbst ein Ausdehnungsbestreben ; üire Verlängerung drückt sich auch darin anatomisch aus, daß die ursprünglich wellenförmig gekrümmte Form nach der Abschleuderung mehr oder weniger ausgeglichen ist. Solange der Stipes an beiden Enden mit dem Kostellum zusammenhängt, kann dieses Ausdehnungsbestreben nur bewirken, daß die Epidermis noch weiter gedehnt wird und der Stipes sich im Treunungsgewebe vom Rostellum löst und so vor- wölbt, daß die Innenseite konkav wird, eine Erscheinung, die, wie erwähnt, an Quer- und Längsschnitten durch blühreife Knospen stets beobachtet werden kann. Bei Catasetum liegen die Verhältnisse im Prinzipe ebenso wie bei Cijcnoches, nur kommt noch das Umschlagen der Bänder als weitere Erscheinung hinzu. Dieses Zurückschlagen ist eine not- wendige Folge der Geradestreckung des früher eingekrümmten Stipes. Solange der Stipes sich am Rostellum befindet, liegen seine umgeschlageneu Räuder den Seiten des Rostellums an und schließen mit der Vorderfläche des Stipes einen Winkel von etwa 75 "^ ein. Bei der Geradestreckung ^ird auf die Ränder eine Zugspannung ausgeübt, die um so geringer ist, je mehr sich die Ränder der Vorderfläche nähern, je stärker sie also zurückschlagen. Dieser Vorgang läßt sich mit einem nach Art eines Stipes zurechtgebogenen Papierstreifen leicht nachahmen. Wir haben bisher nur über die im Stipes ohne Turgor be- stehende Spannung gesprochen, haben aber andererseits erfahren, daß diese lange nicht so stark ist wde die Spannung im lebenden Stipes ; nur die letztere fühlet zur Ausschleuderung des Pollinariums, 408 Hermann Ritter von Guttenberg, während erstere nichts anderes als eine Geradestreckung des Stipes unter Ablösung der Klebscheibe zur Folge hat. Es kann also keinem Zweifel unterliegen, daß der Turgor die im Stipes vorhandene Spannung wesentlich erhöht. Es ist ohne weiteres verständlich, daß ein kräftiger osmotischer Druck in den inneren Zellagen deren Ausdehnungsbestrebeu erhöhen muß. Andererseits hat es zunächst den Anschein, als ob ein starker Turgor der Epidermiszellen der Zugspannung der Epidermis entgegenwirken und sie eventuell auf- heben würde. Dies ist aber deshalb nicht richtig, weil die Epi- dermisaußenwände (besonders bei Catasetum) wesentlich dicker als die Innenwände sind und die Zellen daher ebenso wie eine Schließ- zelle bei steigendem Turgor das Bestreben haben müssen, sich so zu krümmen, daß die dickere, weniger dehnsame Seite zur Konkav- seite wird. Infolgedessen erzeugt der Turgor ein Krümmungs- bestreben, das der tatsächlich vorhandenen Krümmung entgegen- gesetzt ist und so gleichfalls die Spannung erhöhen muß. Voraus- setzung ist natürlich, daß sich die Gewebe des Stipes überhaupt im lebenden Turgeszenzzustande befinden. Wie schon früher er- wähnt wurde, konnte ich am noch nicht abgeschleuderten Stipes das Vorhandensein einer starken Turgorspannung durch Plasmolyse feststellen. Die Gründe, die dafür sprechen, daß die im abgeworfenen Stipes teilweise zu beobachtende Plasmolyse erst nach dem Ab- springen desselben eintritt, möchte ich erst im letzten Abschnitt erörtern. Die anatomische Untersuchung des Stipes von Catasetum und Cycnoches ergab als wichtiges Unterscheidungsmerkmal das Vor- handensein schlauchförmiger Fortsätze an den Epidermiszellen bei der erstgenannten Gattung. Daß diese Verlängerungen für den Schleudervorgang nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein können, geht ohne Aveiteres daraus hervor, daß sie bei Cycnoches fehlen; doch ist kaum anzunehmen, daß diese bisher bei keiner andern Epidermis beobachtete Erscheinung bedeutungslos sein sollte. Vermutlich haben die Fortsätze folgende Aufgaben zu er- füllen. Im spannungslosen Zustand des Stipes stehen sie von den Epidermiszellen, denen sie angehören, in fast rechtem Winkel ab. Dieser Winkel muß sich bei einer Verbiegung des Stipes ändern, und zwar wird er bei der E.ückki'ümmung in die ursprüngliche Lage gewaltsam vergrößert, bei entgegengesetzter Krümmung ver- kleinert. Im ersten Falle drücken die Fortsätze aufeinander, im letzteren auf die unter ihnen liegenden Zellen. Dadurch wird die Anatomisch-physiologische Studien an den Blüten der Orchideenjrattunjjen usw. 409 Spannung im gebogenen Stipes noch erhöht und so können die Fortsätze sowohl den Schleudervorgang fördern, als auch eine Überkrümmung des Stipes nach der entgegengesetzten Seite ver- hindern. Eine solche tritt ja tatsächlich bei Catasetum im Gegen- satze zu Cycnoches nicht ein. Freilich dürften dafür noch andere Gründe, so z. B. das Auftreten des umgeschlagenen Randes von Bedeutung sein. 3. Der Trennungsvorgang. Wir kommen schließlich noch zu der bisher ungelösten Frage, welcher Art die Veränderuugeu sind, welche der Reiz im Rostellum (einschließlich Klebscheibe und Stipes) herbeiführt, und die zur Trennung der Klebscheibe beziehungsw^eise des Stipes Veranlassung geben. Darwin war der Ansicht, daß bei der Berührung der Antennen „die Ränder der oberen Membran der Scheibe^), w^elche kontinuierlich mit der umgebenden Fläche im Zusammenhang stehen" (a. a. 0. S. 159), reißen. Wie das „Bersten" (a. a. 0. S. 162) dieser Zellen zustande kommt, darüber gibt Darwin keinen Aufschluß. Auch die späteren Autoren, die sich mit dem Objekte beschäftigt haben, lassen die Frage offen. Zunächst seien ganz allgemein die überhaupt in Betracht kommenden Erklärungsmöglichkeiten besprochen. Man muß dabei vor allem an der Tatsache festhalten, daß bei normaler Reizung zuerst eine Lösung der Klebscheibe vom Rostellum erfolgt. Dies kann seine Ursache darin haben, daß sich tatsächlich hier auf Grund der Reizung die letzten Verbindungen lösen; es könnte aber das Einreißen auch deshalb zuerst an dieser Stelle erfolgen, da die Zusammenhänge hier am schwächsten sind. Es ist nämlich von vornherein nicht ausgemacht, daß der Reiz eine Lösung der Verbindungen — sei es der Klebscheibe oder des Stipes selbst — bewdrkt, sondern es besteht auch die Möglichkeit, daß auf Grund des Reizes die Spannung im Stipes erhöht wird und dies den An- stoß zur Abschleuderung gibt. Wir wollen auf diese Möglichkeit gleich näher eingehen. Eine direkte Erhöhung der Spannung im Stipes könnte wohl nur durch eine Turgorsteigerung in seinen Zellen erzielt werden. Eine solche ist aber schon deshalb unw^ahr- scheinlich, da der Stipes nur mehr an seinen Rändern mit dem 1) D. i. des von mir als Sockel bezeichneten Teiles. 4-]_0 Hermann Eitter von Guttenberg, Eostellum in Verbindung steht, also schwerlich das zu einer Volum- zunahme nötige Wasser erhalten kann. Keinesfalls ist es vor allem möglich, daß diese Wasserzufuhr momentan erfolgt, und doch müßte man das annelimen, da die Abschleuderung im Momente der Berührung der Antenne eintritt. Nur an eine andere Eventualität wäre zu denken, für welche die anatomische Untersuchung schein- bar Stützpunkte bietet. Wir haben früher gehört, daß im ab- geworfenen Stipes sämtliche Epidermiszellen unter starker Schrump- fung der Protoplasten abgestorben sind. Des dabei austretenden Wassers könnten sich die darunter liegenden langgestreckten Zellen bemächtigen und damit eine Volumvergrößerung erreichen, da jetzt der Gegendruck und die osmotische Saugung der Nachbarzellen fehlen. Ausgeschlossen ist dies nicht, denn die tieferen Zellagen des Stipes sind nach der Abschleuderung z, T. sicher noch am Leben. Es fragt sich nur, ob wirklich durch ein gleichzeitiges Absterben der Epidermiszellen und eine angestrebte Volumzunahme der langgestreckten Zellen eine Erhöhung der Gesamtspannung bewirkt wird. Eine sichere Entscheidung darüber läßt sich meines Erachtens nicht gewinnen. Denn eine Volumzunahme der tieferen Zellagen muß wohl die Spannung erhöhen, andererseits glaube ich, daß das Rückkrümmungsvermögen der Epidermis durch Turgor- verlust vermindert wird. Denn wie schon früher erwähnt wurde, muß — vor allem bei Catasetum — infolge der dickeren Epidermis- außenwand der Turgor die Zellen besonders an ihren Innenwänden dehnen, wogegen die Außenwände konkav zu werden trachten. Erlischt der Turgor in der Epidermis, so hört diese Spannung auf, und es ist zweif(4haft, ob das erhöhte Ausdehnungsbestreben der inneren Zellagen ausreicht, um trotzdem die Gesamtspannung zu erhöhen. Ich halte dies nicht für wahrscheinlich und glaube, daß der Tod der Epidermiszellen nicht durch die Reizung, sondern erst nach dieser als Folge der bei der Abschleuderung eintretenden Form Veränderungen im Stipes eintritt. Bei der Abschleuderung, die zur Geradestreckung oder Überkrümmung des Stipes führt, werden die früher in Zugspannung befindlichen Epidermiszellen plötzlich stark komprimiert, ihr Volumen wird bedeutend verkleinert, und ich vermute, daß der starke Druck der Zell wände auf die Protoplasten diese zerstört. Dies wird durch folgende Beobachtung besonders wahrscheinlich gemacht. Drückt man den Stipes bei der Reizung mit dem Finger gegen das Rostellum, so daß er sich nur allmählich loslösen kann, so zeigt eine nachfolgende anatomische Anatomisch-physiologische Studien an den Blüten der Orchideengattungen usw. 411 Untersuchung:, daß zahlreiche Epidermiszellen noch am Leben sind und sich plasmolysieren lassen. Nehmen wir mithin an, daß der Reiz nicht direkt auf den Stipes einwirkt, so könnte dessen Spannung- doch dadurch erhöht werden, daß als Erfolg der Reizung: eine Turgorsenkung- im Ro- stelhim eintritt. Wenn sich dieses durch plötzliche Turgorabnahme verkürzt, so rücken die Endpunkte der Befestigung des Stipes und der Klebscheil)e einander näher, wobei die Krümmung des Stipes verstärkt und damit seine Spannung erhöht wird. Andererseits kann auch eine Turgorsenkung, die ausschließlich im Yerbindungs- gew^ebe zwischen Klebscheibe und Rostellum vor sich geht, zur Abschleuderung führen. Denn w^enn in diesen Zellen eine Turgor- abnahme eintritt, so werden sie sich infolge ihrer Kontraktion teil- weise in den Mittellamellen voneinander lösen und besonders an den Zellecken trennen. Damit kann die Festigkeit des Zusammen- hanges soweit herabgesetzt werden, daß sie dem Zuge des Stipes nicht mehr widerstehen kann und die Verbindung reißt. Tatsäch- lich zeigt das anatomische Bild nach der Abschleuderung an den Trenuungsstellen teils in den Mittellamellen voneinander gelöste, teils mitten durchgerissene Zellen. Die beiden Annahmen, daß der Schleudervorgang durch Turgor- senkung im Rostellum oder in den Rändern der Klebscheibe ein- geleitet wird, lassen sich bis zu einem gewissen Grade einer experimentellen Prüfung unterziehen, da es möglich ist, solche Turgorsenkungen künstlich herbeizuführen. Für meine Versuche verwendete ich mehrere Blüten von Catasetum purum und Cycnoches maculatum. Bei Catasetum gelingt es leicht, mit Hilfe einer zu- gespitzten Pipette etwas lOproz. Kalisalpeterlösuug in die Narben- höhle zu tropfen. Da die Säule bei dieser Art horizontal liegt oder etwas nach abwärts geneigt ist, bleiltt der Tropfen in der Narbenhöhle haften und fließt zur Klebscheibe. Nach 10 — 20 Sekunden erfolgte in allen Fällen spontan und mit voller Kraft die Ausschleuderung des Pollinariums^). Denselben Erfolg erzielte ich mit 90proz. Alkohol, wogegen ein Tropfen fast siedenden Wassers die Explosion momentan herbeiführte. Es gelingt also sow^ohl durch Plasmolyse als auch durch Abtötung der Zellen des Verbindungsgewebes zwischen Klebscheibe und Rostellum den 1) Das gleiche Resultat erhielt ich nach Abschluß des Manuskripts an Blüten von Catasetum tridentatuni Hook. 412 Hermann Eitter von Guttenberg, Schleudervorgang herbeizuführen, und es ist demnach kaum mehr daran zu zweifeln, daß auch bei der Berührung der Antennen der Reizerfolg in einer Turgorsenkung in diesen Zellen besteht. In welcher Weise dadurch eine Lockerung des Verbandes bemrkt wird, ^\^lrde bereits oben ausgeführt. Daß eine Turgorsenkung im Rostellum selbst eintritt, ist nicht anzunehmen, da sonst der Schleudervorgang nicht so rasch nach dem Eintropfen der Flüssigkeiten erfolgen könnte. Aus demselben Grunde ist es unwahrscheinlich, daß der Reiz in den letzten Verbindungen des Stipes mit dem Rostellum Veränderungen hervorruft. An diesen Stellen ist das Zerreißen wohl nur eine Folge des Rückkrümmungsbestrebens des Stipes nach Freiwerden der Kleb- scheibe. Weniger leicht gelingt, die Beweisführung bei Cycnoches, da hier der vorhangartige P''ortsatz der Klebscheibe die Narbenhöhle fast völlig verschließt. Ich trachtete mit Hilfe einer kapillar zu- gespitzten Pipette durch die kleine Öffnung Kalisalpeterlösung ein- zuspritzen. Die im Innern der Narbenhöhle vorhandene Luft ver- hindert aber das Ausbreiten des Tropfens. Nur in einem Falle hatte ich positiven Erfolg: einige Minuten nach der Einspritzung wurde das Pollinarium ausgeworfen. Wurde der rückwärtige Teil des Säulenendes in siedendes Wasser getaucht, ohne daß der Stipes mit dem Wasser in Berührung kam, so erfolgte nach sehr kurzer Zeit Abschleuderung: ebenso wenn unter das Säulenende eine Flamme gehalten wurde. In beiden Fällen läßt sich aber nicht entscheiden, ob die Tötung der Seitenwände der Narbenhöhle als Reiz wirkte, oder ob die Abschleuderung eine Folge des Absterbens der Klebscheibeuränder war. Immerlün wird man auf Grund der sonstigen Analogien mit Catasetum annehmen dürfen, daß auch bei Cycnoches der Erfolg der Reizung in einer Turgorsenkung in den Zellen des Klebscheibenrandes besteht. Es schließt sich also die Reizerscheinung bei den Catasetiden enge an die von Pfeffer beschriebenen Fälle an, in welchen als Folge eines Berührungs- reizes Turgorsenkungen eintreten. Daß in jenen Versuchen, in welchen die ganze Säule in das Plasmolytikum getaucht oder fixiert wurde, eine Abschleuderung nicht stattfindet, sondern nur nach geraumer Zeit eine Lösung der Klebscheibe vom Rostellum zu be- obachten ist, kann nicht verwundern. Denn in diesen Fällen wird gleichzeitig der Stipes seines Turgors beraubt und dadurch seine Spannung wesentlich herabgesetzt. Anatomisch-physiologische Studien an den Blüten der Orchideengattungen usw. 413 Was für Veränderungen der Reiz in den Antennen herbeiführt, konnte ich nicht ergründen. Sicher ist nur, daß liier eine Turgor- abnahme auszuschließen ist. Denn wie schon früher erwähnt wairde, führt Zerstörung der Antennen durch Schwefelsäure oder siedendes Wasser nicht zur Explosion. Ich habe ferner bei je einer Blüte des hochempfindlichen Exeniplares von Catasetum purum Glyzerin und Alkohol 96 "/o in das schuhförmige Labellum gebracht und die Flüssigkeiten läugere Zeit darin belassen, ohne daß der Schleuder- vorgang ausgelöst wurde. Ebensowenig läßt sich derzeit über die Reizleitung sagen. Wichtig für diese ist jedenfalls der Umstand, daß an den Wänden der langgestreckten meist prosenchymatischen Zellen der Antennen zweifellos reichlich Plasmaverbiudungen auf- treten. Denn man bemerkt bei der Plasmolyse, daß die Proto- plasten benachbarter Zellen stets an gegenüberliegenden Punkten an den Wänden festhafteu. Diese Haftpunkte sind so zahlreich, daß die Protoplasten bei der Plasmolyse \\ie gekerbt erscheinen. Die Reizleitung erfolgt bei Catasetum zweifellos von der Antenne auf kürzestem Wege zum Klebscheibeurande; denn es gelang mir wiederholt, die Antherenkappe vorsichtig zu entfernen und die Ab- schleuderung nachher durch Berührung der Antennen auszulösen. Bei Cycnoches wird man auch eine Reizleitung vom Filament zur Klebscheibe annehmen müssen, die wohl durch das Rostellum erfolgt. C. Zusammenfassung. Die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung lassen sich in folgenden Sätzen zusammenfassen: 1. Der Stipes besteht aus einer mächtigen Epidermis, deren Zellen bei Catasetum eigenartige schlauchförmige Fortsätze aufweisen, und mehreren Lagen langgestreckter Zellen. Sämtliche Wände sind sehr kräftig und aus mehreren Schichten zusammengesetzt, von welchen nur die innerste typische Zellulosereaktionen gibt. 2. Die Klebscheibe setzt sich aus zwei Teilen zusammen: einem Sockel, dessen derbe Zellen stark getüpfelt sind, und der Klebmasse, welche aus Schleimkugelu und harz- haltigen Klümpchen besteht. Erstere gehen aus den Wänden, letztere aus dem Inhalt der Zellen hervor, welche die Kleb- masse aufbauen. 414 Hermann Kitter von Guttenberg, 3. Zwischen Stipes und Klebscheibe einerseits und Rostellum andererseits befindet sich ein Trennungsgewebe, dessen Zellen allmählich durch Lösung der zarten Wände zugrunde gehen. In der geöffneten Blüte sind Stipes und Klebscheibe nur mehr an ihren Rändern mit dem Rostellum verbunden. 4. Auch die Gattung Cycnoches besitzt im Labellum ein Futtergewebe. Als Futterstoff kommt hauptsächlich das reichlich vorhandene fette Ol in Betracht. 5. Der Reizvorgang von Catasetum ist den seismonastischen Erscheinungen anzuschließen, da auch ein Wasserstrahl die Antennen zu reizen vermag. Auch bei Cycnoches sind wir berechtigt einen Reizvorgang anzunehmen. 6. Die Spannung im Stipes beruht zum Teile auf einer durch Wachstum begründeten Gewebespannung, da auch der tote Stipes seine Form und Festigkeit beibehält. Die Spannung wird aber durch den Turgor der beteiligten Zellen noch wesentlich erhöht. Zur kräftigen Abschleude- rung des Pollinariums ist das Vorhandensein des Turgors in den Zelk'u des Stipes notwendig. 7. Der Trennungsvorgang kommt dadurch zustande, daß auf Grund der Reizung der Antennen in den Zellen, welche die letzte Verbindung zwischen Klebscheibe und Rostellum herstellen, eine Turgorsenkung eintritt. Die dadurch l)edingte Kontraktion der Zellen führt zur Locke- rung des Verbandes, der dann nicht mehr imstande ist, dem Zuge des Stipes zu widerstehen, und reißt. Es geüngt durch künstliche Plasmolyse dieses Gewebes den Schleuder- vorgang auszulösen. Pflanzenphysiologisches Institut der Universität Berlin, Oktober 1914. Anatomisch-physiologische Studien an den Blüten der Orchideeugattungen usw. 415 Figuren - Erklärung. Tafel VI. Die Figuren sind — mit Ausnahme von Fig. 5, 10 und 11 — nach Mikrotom- schnitten durch Säulen blühreifer Knospen bei der Vergrößerung Zeiss Obj. E, Oc. 2 ge- zeichnet; Fig. 11 nach einem Freihandschnitt durch lebendes Material bei gleicher Ver- größerung, Fig. 5 und 10 nach frischem Material bei der Vergrößerung Zeiss Obj. 2 mm Imm., Comp. Oc. 4. Fig. 1. Catasetum flmbriatum. Längsschnitt durch den Stipes. Fig. 2. Catasetum fimbriaium. Querschnitt durch den Stipes. Fig. 3. Catasetum fimhriatum. Teil eines Säulenlängsschnittes, r =^ Zellen des Rostellums, t = Trennungsgewebe, s = Sockel der Klebscheibe. Fig. 4. Catasetum fimbriaium. Teil eines Säulenlängsschnittes, s ;=^ Sockel, k = Zellen der Klebmasse. Fig. 5. Catasetum Tndla. Zwei Zellen der Klebmasse in Wasser. Fig. 6. Cycnoches maculatum. Querschnitt durch den Band eines Polliniums. Fig. 7. Cycnoches maculatum. Längsschnitt durch den Stipes. Tafel VII. Fig. 8. Cgcnoches maculatum. Querschnitt durch den Stipes. Fig. 9. Cycnoches maculatam. Teil eines Säulenlängsschnittes, s ^ Sockel, k --= Zellen der Klebmasse der Klebscheibe. Fig. 10. Cycnoches maculatum. Zellen der Klebmasse in Wasser. Fig. 11. Cycnoches maculatum. Längsschnitt durch einen Zipfel des Labellums mit Futtergewebe und Speichertracheide. über die Wirkung verschieden starker Röntgenstrahlen auf Keimung und Wachstum bei den höheren Pflanzen. Von M. Koernicke, Bonn. Mit 4 Textfiguren 1). Gelegentlich eines Studienanfenthalts (Winter 1902/03) in Leipzig, den ich vor allem zur Arbeit im dortigen botanischen Institut verwendete und der für mich schon wegen der vielen Anregungen von hohem Wert war, die ich dem Leiter dieses In- stituts, dem Jul)ilar, verdanke, wurde ich auf die Frage nach der Wirkung von stark durchdringenden Strahlen auf den lebenden Organismus lüngelenkt. Im Anschluß an die damals gerade im Gange befindlichen Untersuchungen über den Einfluß von Röntgen- bezw. Radium strahlen auf menschliche und tierische Gewebe und Sexualzellen ^j, deren Ergebnisse auf einen wachstumshemmenden Einfluß dieser Strahlen hinwiesen, studierte ich die Wirkungen von Röntgen- und Radiumstrahlen auf die verschiedensten Lebens- tätigkeiten der Pflanze^), vor allem auf die Keimung und das 1) Die photographischen Vorlagen zu den Bildern, welche kurz vor dem Kriegs- ausbruch abgesandt worden waren, konnten bis zum Termin der Drucklegung nicht ausfindig gemacht werden. Statt ihrer sind z. T. Schemata reproduziert worden, welche die an den gegebenen Orten geschilderten Verhältnisse genügend klar erkennen lassen. 2) G. Perthes, Über den Einfluß von Eöntgen- und Eadiumstrahlen auf mensch- liche und tierische Gewebe und auf die befruchteten Eier von Ascaris megalocephala. Archiv für klinische Chirurgie, Bd. LXXI, 1903, Heft 4, S. 46 fif. Ferner: Derselbe, L'ber die Behandlung des Karzinoms mit Röntgenstrahlen und über den Einfluß der Röntgenstrahlen auf die Zellteilung. Münch. med. Wochenschrift, LI. Jahrg., 1904, Nr. 6, S. 282/3, und Versuche über den Einfluß der Röntgenstrahlen und Radiumstrahlen auf die Zellteilung. Deutsche med. Wochenschrift, XXX. .Jahrg., 1904, Nr. 17, S. 632 und Nr. 18, S. 668, 3) M. Koernicke, Über die Wirkung von Röntgenstrahlen auf die Keimung und das Wachstum. Ber. d. Deutsch. Botan. Gesellsch., Bd. XXII, 1904, S. 148 fif. — Der- über die Wirkun• (Licht etwas stärker). 20 Blasen in 13,8 Sekunden. Menge des in 2 Minuten aufgefangenen Gases: 51,4 Skalenteile, CO2- + Oo-Gehalt: 32,2 %i), N2- Gehalt: 67,8%. 3. Versuch (28. Juni). Ranunculus aquatiUs. Diffuses Tageslicht. 11.15 h. 20 Blasen in 13,1 Sekunden. Aufgefangene Gasmenge in 32,6 Sekunden: 82,9 Skalenteile. GO2- Gehalt: 2,0<^/o, O2 -Gehalt: 45,1%, No- Gehalt: 54,6%. 12.1*^ •*■ Licht hat infolge stärkerer Bewölkung in der Zwischen- zeit abgenommen. 20 Blasen in 18,4 Sekunden. Aufgefangen in 92 Sekunden: 79,2 Skalenteile. CO2- Gehalt: 2,2%, O2- Gehalt: 39,7%, N2- Gehalt: 60,3%. 1) Bei dieser Analyse wurde nur mit Kaliumpyrogallat absorbiert. Die Sauer- stoffmenge ist also um 1 — 2 % der Gesamtgasmenge geringer anzunehmen. 30* 468 Hans Kniep, 4. Versuch (8. Juli). Banunculus aquatilis. Diffuses Tageslicht. 405h. 20 Blasen iu 7,1 Sekunden. iVufg-efangen in 3 Minuten: 104,1 Skalenteile. CO2- Gehalt: ? O2- Gehalt: 42,7*^/0, N2- Gehalt: 57,3^/0. 4 20 h. Pflanze vom Fenster entfernt. 20 Blasen in 14,2 Sekunden. 4.^'^^- Licht in der Zwischenzeit unverändert. 20 Blasen in 14,2 Sekunden. Aufgefangen in 6 Mnuten: 90,4 Skalenteile. CO2- Gehalt: 1,5%, O2- Gehalt: 30,0%, Na -Gehalt: 70,0%. 4 55h. Pflanze wieder heller gestellt. 20 Blasen in 8,2 Sekunden. 4.''^^- 20 Blasen (wie 4."'>) in 8,2 Sekunden CO2- Gehalt: 1,6%, O2- Gehalt: 40,0%, N2- Gehalt: 60,0%. 5. Versuch (28. Juni). Hydrilla verticülata. Diffuses Tageslicht. i;[ ooh. 20 Blasen in 6,5 Sekunden. Aufgefangen in 2 Minuten: 81,8 Skalenteile. CO2- Gehalt: 2,2%, O2- Gehalt: 45,0%, N2- Gehalt: 55,0%. Zwischen 11."^" '> und 11.*^^ hat die Lichtintensität und folglich die Blasenzahl ahgenommen, kurz vor 11.^^^- ist sie wieder gestiegen. ]^j^45h. 20 Blasen in 6,3 Sekunden. Aufgefangen in 2 Minuten: 87,2 Skalenteile. CO2- Gehalt: 1,8%, O2- Gehalt: 44,1%, N2- Gehalt: 55,9%. Zwischen 11.*^^- und 2.^^^- hat die Pflanze unausgesetzt assi- miliert. Die Lichtintensität hat sich etwas verringert. 2.^^^- 20 Blasen in 6,3 Sekunden. (Blasen scheinen kleiner zu sein als zuvor). Aufgefangen in 2 Minuten: 83,8 Skalenteile. CO2- Gehalt O2- Gehalt Nä- Gehalt 1,1 %, 42,0 %, 58,0 %. t'ber den Gasaustausch der Wasserpflauzen. 469 3.^^ ^- Lichtiutensität hat in der Zwischenzeit weiter abgenommen. 20 Blasen in 6,5 Sekunden. (Blasen kleiner). Aufgefangen in 2 Minuten: 64,1 Skalenteile. COä- Gehalt: 1,3 «/o, O2- Gehalt: 39,9%, N2- Gehalt: 60,1%. 400 h. Pflanze etwas vom Fenster entfernt. 20 Blasen in 13 Sekunden. 4.^"'*- 20 Blasen in 13 Sekunden. Aufgefangen in 3,5 Minuten: 64,1 Skalenteile (in 2 Minuten also 36,6 Skalenteile). CO2- Gehalt O2- Gehalt Nä- Gehalt 0,6 Vo, 32,6 0/0, 67,4 %. 5 15h. Licht schwächer. 20 Blasen in 15,5 Sekunden. Auf- gefangen in 5 Minuten: 66,7 Skalenteile (in 2 ]\Iinuten also 26,7 Skalenteilej. COs-Gehalt: 1,3%, O2- Gehalt: 30,9%, N2- Gehalt: 69,1%. 5 20 h. ^yjj.j ^l^Q Pflanze dem Fenster wieder genähert. Die Blasenzahl steigt: 20 Blasen in 7,6 Sekunden. Das Licht nimmt langsam ab. b.^^^- 20 Blasen in 10,5 Sekunden. Aufgefangen in 4 Minuten: 78,0 Skalenteile (in 2 ^Vlinuten also 39,0 Skalenteile). CO2- Gehalt: 1,3%, O2- Gehalt: 36,2%, Nä-Gehalt: 63,8 7o. 6. Versuch (30. Juni). HydrÜla verücülata. Diffuses Tageslicht, trübes Wetter. 3.^0 ^- 20 Blasen in 25,6 Sekunden. Aufgefangen in 90 Sekunden : 142,2 Skalenteile. CO2- Gehalt: 1,7% O2 -Gehalt: 38,7% N2- Gehalt: 61,3% Nach 3.^^''- klärt sich das Wetter etwas auf. 470 Hans Kniep, 4 ook 20 Blasen in 14,4 Sekunden. Aufgefangen in 50 Sekunden: 96.1 Skalenteile. CO2- Gehalt: 2,0*^/0 O2- Gehalt: 42,1 °/o N2- Gehalt: 57,9% 4.^^^- Lichtintensität hat weiter zugenommen. 20 Blasen in 7,6 Sekunden. Aufgefangen in 45 Sekunden: 105,5 Skalenteüe. CO2- Gehalt: 1,2%, O2 -Gehalt: 45,0%, N2-Gehalt: 55,0%. 7 . Ve r s u e h (8. Juli). Potamogeton polygonifolius. Diffuses Tageslicht. 5.*^^^- 20 Blasen in 21,2 Sekunden. Aufgefangen in 2 Minuten : 92.2 Skalenteile. CO2- Gehalt: 1,8%, O2- Gehalt: 27,9%, Na -Gehalt: 66,6%. X 50 h. Licht schwächer geworden, 20 Blasen in 60 Sekunden. CO2- Gehalt: 1,8%, O2- Gehalt: 27,9 %, N2- Gehalt: 72,1 %. 8. Versuch (24. Juni). Heleodea canadensis. Diffuses Tageslicht. l.^"^- 20 Blasen in 7 Sekunden. Aufgefangen in 2 Minuten: 140,7 Skalenteile. CO2- Gehalt: 0,9%, O2- Gehalt: 49.6%, N2- Gehalt: 50,4 «/o. 4 30 h. ij{(.\yi in ^QY Zwischenzeit intensiver geworden. 20 Blasen in 5,2 Sekunden. Aufgefangen in 90 Sekunden: 96,4 Skalenteile (in 2 Minuten würden es somit sein 128,5). CO2- Gehalt: 0,6%, O2- Gehalt: 54,4 % i), N2- Gehalt: 46,6%. 1) Daß hier der Prozentgehalt an Sauerstoff größer ist als in der vorstehenden Analyse, obwohl die Blasenabgabe i.-^oh. schwächer war, rührt wohl daher, daß kurz vor 4.30 h. die Lichtintensität höher war und sich der Og- Gehalt der Interzellularluft noch nicht auf die etwas geringere Intensität eingestellt hatte. t'ber den Gasaustausch der Wasserpllanzen. 471 4.'**"'' Starke Bewölkung, Licht schwächer. 20 Blasen in 14,7 Sekunden. Aufgefangen in 5 Minuten: 77,2 Skalenteile (in 2 Minuten also 30,9 Skalenteile). COo- Gehalt: 1,2 0/0, Oo- Gehalt: 36,6*^/0, Nä- Gehalt: 63,4 ^'o. In der folgenden Zeit nimmt die Lichtintensität ständig ab. 6.^^^- 20 Blasen in 93,2 Sekunden. Aufgefangen in 6 Minuten: 20,4 Skalenteile (in 2 Minuten also 6,8 Skalenteile). CO2-+O2- Gehalt: 27,9^/0, N2- Gehalt: 72,1 «'/o. Von der Mitteilung weiterer Versuche, die alle das gewonnene Resultat bestätigen, sehe ich hier ab. Aus der Tatsache, daß der Sauerstoff gehalt der Gasblasen umso höher ist, je stärker die Blasen- abgabe ist, und umgekehrt, folgt, daß bei Veränderung der Lichtintensität die Blasenzahl langsamer zu- und abnimmt als die Assimilationsgröße. Hieran wird auch nichts geändert durch den Umstand, daß der mit den Gasblasen aufsteigende Sauer- stoff nicht der gesamte bei der Assimilation ausgeschiedene Sauer- stoff ist, sondern daß ein Teil au das umgebende Wasser abgegeben wird. Diese letztere Menge wird bei hohem Sauerstoffgehalt der Interzellularen sicher nicht geringer sein als bei niedrigem. Ich will indessen auf diesen Punkt hier noch nicht eingehen. Bevor wir an die Erklärung der Erscheinung herantreten, ist ein Einwand zu erledigen. Bei langsamer Blasenabgabe ist, wie aus obigen Versuchsdaten ersichtlich, die Zeit, während der die Gasblasen vom Analysenapparat aufgefangen werden, sich also in der unteren Erweiterung des Kapillarrohres ansammeln, entsprechend größer. Da es nun nicht möglich ist, den Analysenapparat mit einer Flüssigkeit zu füllen, deren Gasgehalt mit dem der aufgefangenen Gasblasen völlig im Gleichgewicht ist (aus dem einfachen Grund, weil der Gasgehalt der letzteren ja erst bestimmt werden soll), so wird man daran denken müssen, daß ein Diffusionsausgleich an- gestrebt wird, der um so mehr ins Gewicht fallen muß, je länger das Gas mit der Fttllflüssigkeit in Berührung ist. Man könnte daher meinen, der geringere Gasgehalt der laugsamer aufsteigenden Blasen sei zum Teil dadurch vorgetäuscht, daß während der längeren Auffangszeit mehr Sauerstoff durch Diffusion an die Füllflüssigkeit übergehe. Um diesem Einwand zu begegnen, wurden zahlreiche 472 Hans Kiiiep, Versuche in folgender Weise durchg-ef ührt : dieselbe Pflanze wurde (wie oben beschrieben) zuerst intensivem, dann schwächerem Licht ausgesetzt oder umgekehrt. Da im intensiven Licht die Blasen- ausscheidung lebhafter ist, ist auch die Zeit zum Auffangen einer bestimmten Gasmenge geringer. Die Analj'se wurde nun nicht sofort durchgeführt, sondern das aufgesammelte Gas blieb mit der Füllflüssigkeit in der unteren trichterförmigen Erweiterung so lange in Berührung, als die Differenz der Auffangszeit bei starkem und schwachem Lichte betrug. Die Zeit, während der das Gas mit der Füllflüssigkeit in Berührung war, war also in beiden Fällen die- selbe, trotzdem war das Versuchsergebnis bei intensivem Licht stets ein höherer Sauerstoffgehalt als bei schwachem. Wie haben wir dies nun zu erklären? Wir wollen dabei ein- mal von dem praktisch wohl nur äußerst selten verwirklichten, theoretisch aber einfachen Fall ausgehen, die Interzellularluft befände sich im völligen Diffusionsgleichgewicht mit dem umgebenden Wasser und dessen Gasspannung stehe ebenfalls im Gleichgewicht mit der Atmosphäre. Dann wird das Wasser bei 15** und 760 mm Druck 35^,0 Sauerstoff und 65 °/o Stickstoff absorbiert enthalten, die Interzellularluft müßte dieselbe Zusammensetzung haben wie die Atmosphäre. Wir fragen uns jetzt, was tritt ein, wenn die Pflanze plötzlich beleuchtet wird und zu assimilieren beginnt? — Es ist bekannt, daß dann sogleich im Innern infolge der Sauerstoff- abscheidung in die Interzellularen ein Überdruck entsteht; wenn dieser eine bestimmte Größe erreicht hat, beginnt aus der Schnitt- fläche die Blasenabgabe. Würde ausschließlich die in den Inter- zellularen befindliche Kohlensäure verarbeitet, so würde man, da der assimilatorische Quotient 1 ist, meinen können, daß ein Überdruck gar nicht zustande kommen könnte. Nun entstammt aber sicher der größte Teil der Kohlensäure dem Wasser, gelangt von hier aus durch Diffusion zu den chlorophyllführenden Zellen und wird dort zersetzt. Zweifellos wird auch ein Teil des gebildeten Sauerstoffs ins Wasser abgeschieden, es ist aber sehr fraglich, ob diese Menge der von dort stammenden CO2- Menge entspricht. Wenn die Pflanze sich in ruhigem Wasser befindet, so wird jedenfalls sehr bald ihre Oberfläche mit einer mit Sauerstoff gesättigten oder gar übersättigten Wasserschicht überzogen sein und die Gasabgabe wird dadurch infolge der Verringerung des Diffusionsgefälles erschwert. Die Diffusion des gelösten Sauerstoffs von dieser Oberflächenschicht in das umgebende Wasser ist ohne Zweifel über den Gasaustauscli der AYasserpflanzen. 473 viel geringer als die Neuproduktiou bei einigermaßen starker Assimilation. — Andererseits ist nun nach den Interzellularen die Gasabg-abe namentlich dann erleichtert, wenn sich im Innern ein in Bewegimg- befindlicher Gasstrom befindet. Damit dieser zustande kommt, muß aber schon ein Überdruck vorhanden sein, der an der Schnittfläche die Blasenabg'abe veranlaßt. Der wichtigste, diesen Überdruck bedingende Umstand besteht zweifellos in der ver- schiedenen Diffusionsgeschwindigkeit der einzelnen Gase im Wasser und den mit Wasser imbibierten Zellen. Nach Exner (1875) be- steht für N2 : O2 : CO2 in Wasser das Verhältnis der Diffusions- geschwindigkeiten 1:2,3: 54,8 ^). Der Partiärdruck der im Wasser ge- lösten CO2, der in der direkten Umgebung der Chloroplasten während der Assimilation eine Verminderung erfährt, wird infolge der hohen Diffusiousgeschwindigkeit dieses Gases sogleich wieder erhöht werden und sich, wenn die Assimilation schwach ist, konstant auf einer Höhe halten, die der des im umgebenden Wasser vorhandenen Teildrucks sehr nahe kommt. In diesem Falle wird von der in den Interzellularen befindlichen CO2 nur wenig aufgenommen werden. Anders steht es mit dem Sauerstoff. Derselbe wird sich wegen seiner viel geringeren Diffusionsgeschwindigkeit schnell in der Um- gebung der Chloroplasten anreichern. In dem an die Interzellularen direkt angrenzenden Imbibitionswasser muß somit sehr bald eine Sauerstoffspaunung herrschen, welche mit dem Partiärdruck des Sauerstoffs der Interzellularhift nicht mehr im Gleichgewicht steht; es muß Sauerstoff in die letztere abgegeben werden. Eine für diese Evasion gültige Regel hat Bohr (1899) aufgestellt. Nach dessen Untersuchungen, die sich allerdings nur auf Kohlensäure beziehen, vermutlich aber auch für andere Gase Geltung haben, besteht die Beziehung worin ß der Evasionskoeffizient ist, d. h. diejenige Anzahl ccm Gas, welche in 1 Minute durch 1 qcm Oberfläche die Flüssigkeit ver- läßt, wenn die Dichtigkeit des Gases (d. i. der Absorptionskoeffizient) in der Flüssigkeit gleich 1 ist. « (der Absorptionskoeffizient) ist bekanntlich die in der Volumeinheit (1 ccm) der Flüssigkeit bei 760 mm Druck gelöste Gasmenge. 7 ist der Invasionskoeffizient, d. h. die Anzahl ccm Gas, die in einer Minute unter 760 mm Gas- druck durch 1 qcm Oberfläche eintritt. Beiläufig bemerkt wurde die Evasion der CO2 aus dem Wasser in der Weise bestimmt, 1) Vgl. auch Hüfner, Wiedem. Ann., Bd. 60, 1897, S. 134. 474 Hans Kniep, daß über eine mit COi> gesättigte Wassermenge von bekanntem Volumen und bekannter Oberfläche ein CO2- freier Luftstrom ge- leitet wurde. Bohr fand für ß bei 0*^ und 760 mm Druck 0,077, für 7 unter gleichen Bedingungen 0,124. Die Gleichung gilt zweifellos auch für den Fall, daß zmschen Gas und Wasser Diffusionsgleichge wicht eingetreten ist, da letzteres darauf beruht, daß in der Zeiteinheit gleichviel Gas in entgegengesetzter Richtung die Flüssigkeitsoberfläche passiert. Dieser Gleichgewichtszustand, in dem praktisch Evasion und Invasion = 0 sind, hat nun für uns wenig Interesse. Wir haben es ja bei dem assimilierenden Helodea-SißroQ mit einem ständigen Ungleichgewicht zu tun. Normalerweise wird hier der Maximalwert der (direkt meßbaren) Evasion niemals erreicht, denn der würde eintreten, wenn die Interzellularluft völlig O2- frei wäre, was nie zutrifft. Auch der Minimalwert tritt bei dem assimi- lierenden abgeschnittenen Sproß nicht ein, denn in diesem Falle würde gar kein Sauerstoff an die Interzellularen abgegeben werden, mithin auch den Gasdruck hier nicht erhöhen können. Für diesen Minimalwert, der gleichbedeutend mit dem Diffusionsgleichgewicht ist, gilt nun nach dem Henryschen Gesetz die Beziehung: 1> worin « den Absorptionskoeffizient, p die Spannung des gelösten Gases, P die des ungelösten, in der Umgebung der Flüssigkeit be- findlichen ist (bei der gleichen Temperatur). Wenn auch eine experimentelle Prüfung der Frage nicht vor- liegt, so dürfte doch wohl die Annahme berechtigt sein, daß die Größe der (direkt meßbaren) Evasion proportional der Abweichung von der Größe des Diffusionsgleichgewichts zu- und abnimmt. Stellen wir uns vor, das Diffusionsgleichge wicht k ~ « würde in der Richtung größerer Evasion plötzlich dadurch gestört, daß P um den Betrag x vermindert wird, so wird offenbar die Evasion proportional der Größe p — (P — x) a vergrößert werden. Wir kehren nun zu unserer ursprünglichen Betrachtung zurück. Es gilt, wie wir sahen, zu erklären, weshalb bei schwacher Assimila- tion der Sauerstoffgehalt der Interzellularluft kleiner ist als bei starker. Die Gasblasen, die infolge des im Innern herrschenden Über- drucks an der Schnittfläche abgegeben werden, werden zunächst natürlich prozentualiter nur wenig mehr Sauerstoff enthalten, als in über den Gasaustausch der Wasserpflanzen. 475 der Interzellularluft vor dem Assimilationsbeginu enthalten war. Es werden fortgesetzt Stickstoff und Kohlensäure mitgerissen. Würden die beiden Gase nicht wieder ersetzt w^erden, so müßte allerdings bald ein ausschließlich aus Sauerstoffblasen bestehender Strom entstehen. Wir sehen von der Kohlensäure ab, die nur zu einem geringen Prozentsatz vorhanden ist und vermöge ihres hohen Diffusionskoeffizienten schnell wieder ersetzt werden kann. Es ist klar, daß auch der Stickstoff ersetzt werden muß, sobald der Prozent- gehalt des Stickstoffes in der Interzellularluft geringer wird, als der Spannung des im Wasser gelösten Stickstoffes entspricht. Wie Pfeffer (1871, S. 52) mit Recht hervorgehoben hat, wird ein Ausgleich der Gase (d. h. eine Annäherung an die Zusammen- setzung der Interzellularluft vor der Assimilation) umso voll- ständiger sein können, je langsamer die Blasenabgabe, je geringer also die Geschmndigkeit des interzellularen Gasstromes ist. — Steigt die Blasenzahl zu ansehnlicher Höhe, so wird pro Zeiteinheit sehr viel Stickstoff mitgerissen. Die Interzellularluft muß also stickstoffärmer werden und relativ mehr Sauerstoff enthalten. Je geringer die Stickstoffkonzentration wird, je mehr das Diffusious- gleichgewicht gestört wird, umso stärker wird andrerseits das Be- streben, den entfernten Stickstoff wieder zu ersetzen. Ein solcher Ersatz kann nur durch Evasion aus dem umgebenden Wasser er- folgen. Wir beobachten nun bald bei gleichbleibender Blasenabgabe ein konstantes Verhältnis zwischen N2 und O2, von dem Moment an nämlich, in welchem die in die Interzellularen durch Evasion aus dem umgebenden Wasser eintretende Nä- Menge ebenso groß ist als die in der gleichen Zeit mit dem Blasenstrom w^eg- gespülte. Bei starker Assimilation ist trotz des geringen Prozent- gehalts an N2 doch die absolute Menge des pro Zeiteinheit ab- gegebenen Nä größer als bei schwacher. Das zeigt der gleich mitzuteilende Versuch. Nur unter diesen Bedingungen ist es auch möglich, daß eine Konstanz des Mengenverhältnisses Nä : O2 bei fortdauerndem Blasenstrom erzielt wird, da eine absolut größere Menge N2 pro Zeiteinheit in die Interzellulare nur dann diffundieren kann, wenn das Diffusionsgefälle sich vergrößert. Ein Helodea-SproQ wurde von zwei 20 cm entfernt stehenden Nernstlampen beleuchtet^). Die in 12 Minuten abgeschiedene Gas- 1) Bei diesem wie bei allen Versuchen wurde natürlich dafür gesorgt, daß durch die Lampe keine Erwärmung des Versuchswassers eintrat, die das Eesultat hätte trüben 476 Hans Kniep, menge entsprach 146 Skalenteilen des Analysenapparats. Das Gas enthielt 60,3 °/o Stickstoff, entsprechend 88 Skalenteilen des Ana- lysenapparats. Darauf wurde die eine Lampe gelöscht und nach einiger Zeit (20 Min.) das Gas ^^iede^ aufgefangen und analysiert. Diesmal wurde in 12 Min. eine 62,3 Skalenteilen entsprechende Menge ausgeschieden, deren Stickstoffgehalt 69,2 '^/o betrug und 43,1 Skalenteile einnahm. "Wir sehen liieraus also: oliwohl der Stickstoffgehalt bei Be- leuchtung mit schwächerem Licht von 60,3 auf 69,4 °/o gestiegen ist, beträgt doch die absolute unter diesen Bedingungen abgegebene Ns- Menge nicht einmal die Hälfte der bei etwa doppelt so starker Beleuchtung abgegebenen. Ein Rückschluß von dem Nä-Gehalt der abgegebenen Gasblasen auf den N2-Gehalt der Interzellularluft und auf die Größe der N2-Evasion in die Interzellularen ist nun, das muß noch betont werden, nur unter einer Voraussetzung möglich, die nicht immer verwirklicht ist. E)s muß die Zusammensetzung der abgeschiedenen Gasblaseu unter gleichen Bedingungen eine konstante sein. Das ist immer erst einige Zeit nach der Beleuchtung mit Licht von konstanter Intensität der Fall. War die Lichtintensität und somit die Blasenzahl pro Zeiteinheit vorher geringer, der Ng- Gehalt der Blasenluft also höher, so wird gleich nach Einsetzen der stärkeren Beleuchtung der N«- Gehalt der Blasen begreiflicherweise nur um weniges geringer sein als vorher, allmählich aber bis zu einem konstanten Wert abnehmen. Die Konstanz ist erreicht, wenn durch Evasion in die Interzellularen immer ebensoviel ersetzt wird als an der Schnittfläche herausgespült wird. In unserem eben zitierten Versuch ist diese Gleichsetzung von Evasion des No und Abgabe in den Gasblasen in beiden Fällen, bei höherer und geringerer Intensität, zulässig, wie aus folgendem erhellt. Bei der höheren Intensität wurden 2 Analysen in einem Abstand von 13 Minuten ausgeführt. Die erste (oben zitierte) ergab 69,2 °/o Ng, die zweite 69,4 ^/o, also einen Wert, der sehr gut mit ersterem übereinstimmt. Ehe die erste Analyse ausgeführt wurde, war die Pflanze, wie oben angegeben, 20 Min. dem gleichen Licht exponiert worden. Diese Zeit reichte also zur Erzielung der Konstanz aus. Bei der können. Die Küvette mit der Pflanze war eingesenkt in einem gi'oßen, etwa 20 1 Wasser fassenden Glaskasten, in dem die Temperatur konstant gehalten wurde. Zur Kontrolle wurde die Pflanze öfter verdunkelt, wobei der Blasenstrom sofort aufhörte. l'bei' den Gasaustausch der Wasserpflanzen. 477 schwächeren Beleuchtung ergaben sich im Abstand von 18 Min. die Werte 60,6 und 60,3, die auch hinreichend übereinstimmen. Es bedarf nun kaum noch der Erwähnung, daß nach Erzielung der Konstanz (aber auch nur dann) die absolute Menge des in den Gasblasen austretenden Sauerstoffs ein direkter Ausdruck für den in der gleichen Zeit an die Interzellularen abgegebenen ist. Eben- so selbstverständlich ist es aber, daß dieser Wert nicht der Assimi- lationsgröße gleichgesetzt werden darf. Wie schon hervorgehoben, wird ja ein Teil des Sauerstoffs an das umgebende Wasser abge- geben und dabei handelt es sich, wie die Analyse ergibt, um Mengen, die keineswegs vernachlässigt werden dürfen. Die Methode, deren ich mich zu diesem Nachweis bediente, habe ich bereits an anderer Stelle (Handwörterbuch der Natur- wissenschaften, Bd. 7, 1912, S, 784: vgl. auch V. Gräfe, Ernährungs- phj-siologisches Praktikum der höheren Pflanzen, Berlin 1914, S. 109) kurz augegeben. Ich kann mich daher hier auf Mitteilung des nötigsten beschränken und tue das am besten an der Hand eines Versuchs. In eine 750 ccm Wasser fassende Küvette wurden sechs unverzweigte Helodea-S^rosse gebracht, die eine Gesamtlänge von 64 cm hatten. Die Sprosse hatten frische Schnittflächen, aus denen Blasenströme austraten: einer stellte im Verlauf des Ver- suchs die Blasenabgabe ein. Das Wasser war abgestandenes, kurz vor dem Versuch gut durchgeschütteltes Leitungswasser^). Die Oberfläche wurde mit Paraffinöl überdeckt, um das Heraus- diffundieren von Sauerstoff aus dem Wasser in die Atmosphäre möglichst zu verhindern. Vor und nach dem Versuch wurden be- stimmte Wassermengen (etwa 2 X 100 ccm) abgehebert und ihr Sauerstoffgehalt nach der Methode von L. W. Winkler (Ber. d. d. ehem. Ges. 1888, Bd. 21, S. 2843) bestimmt. Der Versuch dauerte 5 Stunden (12'' mittags bis 5^ nachmittags): die Küvette war an einem Westfenster dem diffusen Tageslicht ausgesetzt. Der Himmel war grau bewölkt. Vor dem Versuch enthielt das Wasser pro 100 ccm 0,88 mg 0, nach dem Versuch 1,41 mg. Es hat also eine Zunahme von 0,53 mg, auf den Endwert (= 1,41 mg) be- rechnet demnach von 37,6 ^l^ stattgefunden. Die absolute Zu- nahme an 0-2 in dem Wasser war somit 3,98 mg. Aus diesen und mehreren anderen Bestimmungen geht hervor, daß es sich um l) Es ist in diesem Falle nicht möglich, 1 proz. Bikarbonatlösungen zu verwenden, da sich deren Sauerstoifgehalt mit der Winklerschen Methode (s. o.) nicht bestimmen läßt. 478 Hans Kniep, Werte handelt, die nicht vernachlässigt werden dürfen, wenn es darauf ankommt, die absolute Assimilationsgröße zu bestimmen. Angelstein ist daher im Unrecht, wenn er (1910, S. 35) meint, es scheide sich aller Sauerstoff in Blasenform aus, wenn das um- gebende Wasser mit Sauerstoff gesättigt*) sei. Er sagt: „Bei einer intakten Pflanze herrscht im Innern ein hoher Druck, und damit steigt die Löslichkeit des Gases, so daß trotz der Sättigung des umgebenden Wassers ein Diffusionsgefälle herrscht. Bei einer angeschnittenen Pflanze dagegen, wie sie ja bei der Blasenzähl- methode allein in Betracht kommt, herrscht im Innern der Pflanze kein wesentlich höherer Druck als außen, die Löslichkeit ist auf beiden Seiten die gleiche. Ist also das umgebende Wasser mit Oä gesättigt, so ist das Diffusionsgefälle fast Null, aller abge- spaltene Sauerstoff scheidet sich in Blasenform aus, und die Methode liefert gute Werte." Sehen wir einmal ganz davon ab, ob im Innern einer angeschnittenen Pflanze der Gasdruck dem Atmo- sphärendruck annähernd gleichgesetzt werden darf oder nicht, und nehmen wir erstercs an. so leuchtet ohne weiteres ein, daß auch dann die Bedingungen für ein Diffusionsgefälle (Invasion von O2 in das umgebende Wasser) gegeben sein können, denn dieses hängt ja nicht vom Gesamt druck der Interzellularluft, sondern vom Partialdruck des Sauerstoffes ab und ist auch bei schwacher Assi- milation schon höher als in der Atmosphäre, mit der das Wasser im Diffusionsgleichge\\'icht steht. Das hat Angelstein anscheinend übersehen. — Alles das gilt indessen nur, wenn man annimmt, daß das direkt an die Interzellularen grenzende Imbibitionswasser den- selben Gasgehalt hat wie das Wasser außerhalb der Pflanze. Daß das irrig ist, und daß somit Angelstein schon von falschen Prämissen ausgeht, geht aber aus der näheren Betrachtung der Versuchs- bedingungen leicht hervor. Bei der Assimilation wird sich das Imbibitionswasser des Plasmas in der Umgebung der Chloroplasten sehr bald mit Sauerstoff sättigen. Damit ist gegenüber der Um- gebung ein Ungleichgewicht geschaffen, und es tritt eine Diffusion nach den Orten geringerer O2 -Konzentration ein. So gelangt der O2 auch an die die Interzellularen begrenzenden Membranen und wird hier an die Interzellularen abgegeben, sofern dort (was in der 1) Unter Sättijrung kann man hier wohl nichts anderes verstehen als das Gleich- gewicht des im Wasser gelösten Sauerstoffs mit dem der Atmosphäre, dessen Partialdruck ^/s Atm. beträgt. über den Gasaustausch der Wasserpflanzen. 479 Regel der Fall ist) der Partialdruck des Sauerstoffs so gering ist, daß die Bedingungen für eine Evasion gegeben sind. In gleicher Weise diffundiert aber der O2 von den Produktionszentren aus nach allen anderen Richtungen, also auch in das umgebende Wasser. Oben (S. 472) wurde schon darauf hingewiesen, daß sich an der Oberfläche der Pflanze der Sauerstoff anreichern muß und liier leicht eine Übersättigung entstehen kann, namentlich bei starker Assimilation, wo die Produktion von O-i im Verhältnis zu seiner Diffusionsgeschwindigkeit im Wasser sehr groß ist. So erklärt sich die Zunahme des Sauerstoffs im Wasser, das (gegenüber der Atmosphäre) ursprünglich mit O2 gesättigt ist. So erklärt es sich auch, daß selbst dann, wenn der O2- Gehalt des Wassers durch Einleiten von O2 erhöht und die Wasseroberfläche mit Paraffinöl bedeckt wird, im Wasser O2- Zunahme beobachtet wird. Um das zu zeigen, leitete ich in eine mit abgestandenem Leitungswasser gefüllte Küvette '^U Stunden lang aus einer Bombe Sauerstoff, in den letzten drei Minuten außerdem einen CO2- Strom, brachte dann sechs i/cZot?e«-Sprosse von 61,5 cm Gesamtlänge hinein und schloß die Oberfläche mit Paraffinöl ab. Das Wasser enthielt vor dem Versuch 2,78 mg O2 pro 100 ccm (=1,964 ccm 0 bei der Versuchstemperatur von 15 ** und 760 mm Druck). Nach 5- stündiger Versuchsdauer im diffusen Tageslicht, während der die Sprosse alle aus der Schnittfläche Gasströme abgegeben hatten, enthielt das Wasser 2,93 mg O2 (pro 100 ccm), die absolute Ge- samtzunahme betrug 0,74 mg (=0,525 ccm bei 15^ und 760 mm Druck). Anhangsweise sei noch erwähnt, daß auch in Wasser, das nicht mit Paraffinöl bedeckt ist, an dessen Oberfläche also ein Diffusionsausgleich stattfinden kann, eine deutliche O2- Zunahme festzustellen ist, wenn Äe/o6?ea- Sprosse, die an ihren Schnittflächen Gasblasen abgeben, darin assimilieren. Das rührt daher, daß die Diffusion des Oä nach der Oberfläche sehr langsam vor sich geht, so daß der Ausgleich noch nicht stattgefunden hat, wenn man am Ende des Versuchs Wasser abhebert und den O2- Gehalt be- stimmt. Man könnte vielleicht daran denken, daß man durch das Zählen und die Volumbestimmung der ausgeschiedenen Blasen einen völlig exakten Ausdruck der Assimilationsgröße bekommen müßte, wenn man dem vom Stickstoff völlig befreiten Versuchswasser so viel Sauerstoff zuführen würde, als es unter den gegebenen Temperatur- und Druck- 480 Hans Kniep, verliältuisseu zu fassen vermag^). Daneben müßte natürlich für eine ausreichende Kohlensäuremenge gesorgt sein. Das Versuchswasser wäre in einer eine konstante Menge CO2 enthaltenden Sauerstoff- atmosphäre aufzubewahren. Auch durch diese Versuchsanordnung kann indessen das Ziel nicht völlig erreicht werden, wie folgende Überlegung zeigt. Damit sich ein Blasenstrom entwickeln kann, muß im Innern der Pflanze (Interzellularsystem) ein Überdruck herrschen, der groß genug ist, um die der Blasenabgabe entgegen- stehenden Widerstände zu überwinden (näheres hierüber s. Ab- schn. 3 dieser Arbeit, S. 493). Angenommen nun, die Interzellu- laren enthalten reinen Sauerstoff, und das Versuchswasser stehe unter Atmosphärendruck. Der Gasstrom wird sich erst dann ent- wickeln, wenn in den Interzellularen ein etwas höherer als Atmo- sphärendruck herrscht. Nun ist nach dem Henry sehen Gesetz bekanntlich die Gasraenge, welche sich bei gegebener Temperatur in der Volumeinheit einer Flüssigkeit lösen kann, dem Drucke des ungelöst bleibenden Gases i)roportional. Erhöht sich also der Druck des Sauerstoffs in den Interzellularen, so muß auch das die Pflanze umgebende Wasser Sauerstoff absorbieren, woraus eben fol«!, daß tatsächlich nicht der gesamte bei der Assimilation produzierte Sauerstoff in die Interzellularen, sondern ein, wenn auch kleiner Teil davon an das Wasser abgegeben wird. Daran zwar, daß bei dieser praktisch allerdings nicht einfach durchzu- führenden Versuchsanordnung genauere Resultate erzielt werden als mit der gewr»bnlichen Zählmethode, besteht kein Zweifel. Fassen wir kurz zusammen, was sich aus diesem Abschnitt für die praktische Verwendbarkeit der Gasblasenmethode als quanti- tativer Methode ergibt: Unbestritten ist der Satz, daß Zu- und Abnahme der Blasenzahl unter völlig konstanten Außenbedingungen Zu- und Abnahme der Assimilationsgröße bedeutet. Beide Größen verändern sich aber nicht proportional, da der Sauerstoffgehalt der Gasblasen bei starkem Blasenstrom größer ist als bei schwachem. Nachdem sich gezeigt hat, daß diese Schwankungen des O2- Ge- halts sehr beträchtliche sind, müssen wir schließen, daß die Blasenzälilung als relativer Maßstab für die Assimilationsgröße nur innerhalb sehr enger Grenzen brauchbar ist. Man kommt der Wahrheit näher, wenn man den 0^- Gehalt der Gasblasen be- 1) Eine tJbersättigung muß natürlich peinlichst vermieden werden, da dadurc|i ein „physikalischer" Blasenstrom erzeugt wird. über den Gasau.stau.s(;h de:* Wasserpflanzen. 481 rücksichtigt, diese also analysiert. Auch dann dürften sich aber keine exakten Vero:leichswerte ergeben; da nämlich der dii^ekt an das Wasser abgegebene Sauerstoff bei ruhigem Wasser nur laug- sam wegdiffundiert, so wird jedenfalls bei starker Assimilation verhältnismäßig mehr Sauerstoff au die Interzellularen abgegeben als bei schwacher^). Um die absolute Größe der Assimilation bei verschiedeuen Lichtintensitäten kennen zu lernen, ist es nötig 1. das Volumen der in der Zeiteinheit in Blasenform abge- schiedenen Gasmengen und deren Sauerstoffgehalt zn kennen. Bleibt die Lichtintensität konstant, so bleibt auch die Blaseuzahl und der Sauerstoffgehalt konstant, es ist also nicht nötig, die gesamte während der Versuchszeit abgegebene Gasmeuge zu anahsieren, sondern man kann sich mit Stichproben begnügen. Wesentlich ist, wie wir oben sahen, daß die erste Analyse nicht sofort nach Be- ginn des Versuchs ausgeführt wird: 2. ist die Sauerstoffzunahme des Wassers in der oben an- gegebenen Weise titrimetrisch zu bestimmen. 2. Der Einfluß der Wasserbewegung auf die Blasenabgabe. Über den Einfluß der Wasserbewegung auf die Blasenabgabe gibt es in der Literatur Angaben, die völlig miteinander in Wider- spruch zu stehen scheinen. So geben Darwin u. Pertz (1896) an, daß unter diesen Bedingiingen der Blasenstrom beschleunigt wird, währeud Xathansohn (1907) die Beobachtung mitteilt, „daß das Überleiten einer Lösung über ein Objekt mit nicht allzu leb- hafter Blasenausscheidung diese gänzlich zum Stillstand bringt". Ehe ich zur Erklärung dieses scheinbaren Widerspruchs übergehe, will ich einige eigene Beobachtungen mitteilen. Wenn man Helodea-ST^rosse in einer Iproz. Kaliumbikarbonat- lösung, die in der üblichen Weise mit abgestandenem destilliertem Wasser hergestellt ist, assimilieren läßt und die Lösung umrührt oder, was auf das gleiche hinauskommt, die Pflanze bewegt, so hört entweder der Blasenstrom momentan auf, um alsbald wieder — zunächst in langsamerem Tempo — einzusetzen, oder er wird vor- übergehend stark verlangsamt. 1) Das gilt allerdings zunächst nur für völlig ruhiges Wasser; auf den Einfluß der Wasserbewegung komme ich im folgenden Abschnitt zu sprechen. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. ol 482 Hans Kniep, Alle Versuche wurden mit Helodea canadensis gemacht, in diffusem, während der kurzen Versuchszeit praktisch konstantem Tageslicht. Versuch 1. 20 Blasen in 6,8 Sekunden. Wasser mit Glasstah etwas bewegt. Der Blasenstrom hört einige Sekunden auf. Sofort nach Wiederbeginn werden die aufeinanderfolgenden Zeiten, in denen 20 Blasen aufsteigen, gemessen. Es er- gibt sich: 15,4 9,5 8,5 7,4 6,8 6,9 7,0 6,8 Sek. Das Wasser wird jetzt wieder bewegt, worauf der Blasenstrom wieder einige Sekunden aufhört. Nach Wiederbeginn ergaben sich folgende Zeitwerte: 14.8 9,6 8,4 7,4 6,8 Nochmals Bewegung des Wassers. Nach Wiederbeginn des Blasenstroms: 14,2 8.5 7,6 7,2 7,0 6,8 Versuch 2. 20 Blasen in 10,1 Sekunden. Wasser bewegt. Blasen- strom setzt 1,5 Sekunden aus, nach Wiederbeginn ergeben sich pro 20 Blasen folgende Zeiten: 14.9 11,5 10,6 10,1 10,2 Wasser bewegt. 1,6 Sekunden keine Blasenabgabe. Dann: 16,0 11,6 10,9 10,9 10,4 10,3 Wasser bewegt. 1,5 Sekunden keine Blasenabgabe. Dann: 15,2 11,3 10,7 10,6 10,2 10,4 Versuch 3. 10 Blasen in 18,1 Sekunden. Wasser bewegt. 3,5 Se- kunden keine Blasenabgabe. Dann: 23,0 18,6 18,1 18,0 Wasser bewegt. 6 Sekunden keine Blasenabgabe. Dann: 22.4 18,7 17,9 18,0 Wasser bewegt. 5,2 Sekunden. Keine Blasenabgabe. Dann: 23,2 19,2 18,5 18,5 18,5 Wasser bewegt. 3,5 Sekunden. Keine Blasenabgabe. Dann: 24,0 20,0 19,1 18,4 18,2 18,5 Versuch 4. 10 Blasen in 16.0 Sekunden. Wasser bewegt. 4,5 Se- kunden keine Blasenabgabe. Dann: 22.5 17,5 16,5 16,1 16,6 (ber den Gai*austausch der Wasserpflanzen. 483 Versuch 5. 20 Blasen in 10,5 Sekunden. Wasser bewegt. 1,9 Se- kunden keine Blasenabgabe. Dann: 14,0 11,5 10,7 10,5 Wasser bewegt. 1,5 Sekunden keine Blasenabgabe. Dann: 15,9 11,0 10,2 10,2 Versuch 6. 20 Blasen in 5,5 Sekunden. Wasser bewegt. 23,2 Se- kunden keine Blasen. Dann: 8,8 7,2 7,0 6,2 6,2 5,5 5,6 Wasser bewegt. 21,9 Sekunden keine Blasen. Dann: 8.5 7,2 6,2 6.2 5,7 5,6 5,7 Wasser bewegt. 21,5 Sekunden keine Blasen. Dann: 8,4 6,5 6,0 5,7 5,9 5,5 5,6 Versuch 7. 10 Blasen in 11,2 Sekunden. Wasser bewegt. 6,5 Se- kunden keine Blasen. Dann: 17,0 13,3 11,7 11,2 10,8 11,2 Wasser bewegt. 8,5 Sekunden keine Blasen. Dann: 18,0 13,8 13,0 12,5 12,1 13,1 11,5 11,6 12,0 Versuch 8. 20 Blasen in 4,9 Sekunden. Wasser bewegt. Der Blaseustrom wird nicht deutlich unterbrochen, jedoch ver- langsamt: 8.6 5,3 5,2 5,0 4,9 Wasser bewegt: 8,4 5,4 5,2 5,0 Wasser bewegt: 8,8 5,4 4,9 Versuch 9. 10 Blasen in 11,2 Sekunden. Wasser bewegt. 4,6 Se- kunden keine Blasen. Dann: 12,5 11,2 10,9 11,1 10,9 Wasser bewegt. 7,0 Sekunden. Keine Blasen. Dann: 12,7 11,9 11,4 11,3 11,2 11,2 Versuch 10. Anstatt der KHCO3- Lösung wurde abgestandenes Leitungswasser genommen. 20 Blasen in 9,2 Sekunden. Wasser bewegt. 2,1 Sekunden keine Blasen. Dann: 12 4 9,7 9,2 9,1 9,2 31* 484 Hans Kuiep, Wasser bewegt. 2,8 Sekunden keine Blasen. Dann: 11,4 9,6 9,1 Wasser bewegt. 3,8 Sekunden keine Blasen. Dann: 10,9 9,8 9,1 9,1 Die mitgeteilten und viele andere in derselben Weise durch- geführten Versuche stehen also in Einklang mit der Angabe von Nathan söhn und führten zu einem gegenteiligen Ergebnis \ne die Beobachtungen von Darwin und Pertz. Die Richtigkeit der letzteren will ich damit durchaus nicht in Zweifel ziehn; wir werden gleich sehen, wie sich der Widerspruch aufklärt. Was zunächst die Deutung meiner Versuche anlangt, so dürfte folgende Erklärnug den Tatsachen gerecht werden. Es ist schon nielu'fach hervorgehoben worden, daß bei der Assimilation der Sauer- stoff nur zum Teil in die Interzellularen, zum andern Teil in das umgebende Wasser abgegeben wird, und daß wegen der im ruhigen Wasser langsam vor sich gehenden Diffusion die Oberfläche der Pflanze von einer mit Sauerstoff gesättigten oder übersättigten Wasserschicht überzogen sein muß. Durch die Wasserbewegung wird nun diese Schicht weggesi)ült und durch O^-ärmeres Wasser ersetzt. Das hat zweierlei Konsequenzen: Einmal wird momentan von dem bei der Assimilation entstehenden O2 verhältnismäßig mehr nach außen, weniger nach den Interzellularen abgegeben. Zweitens wird von dem unter ziemlich hohem Partiärdruck stehenden O2 der Interzellularen etwas nach außen diffundieren. Beide Momente wirken dahin, daß der Gesamtdruck der Interzellularluft erniedrigt wird, und das führt vorübergehend zum Aussetzen bezw. Ver- langsamen des Blasenstroms. Gleichzeitig werden nun durch die Wasserbewegung Be- dingungen geschaffen, die gerade im entgegengesetzten Sinne wirken, den Gasblasenstrom also zu beschleunigen trachten. Wenn letzterer tatsächlich zeitweise verlangsamt wird, so rührt das nur daher, daß die verlangsamenden Faktoren die beschleunigenden überwiegen. Indem das die Oberfläche der Pflanze umgebende Wasser ersetzt wird, wird hier der O2 -Gehalt zwar herabgemindert, der COä-Gehalt aber erhöht. Damit wird die Assimilation und viel- leicht auch der COo-Gehalt der Interzellularen gesteigert. Diese beiden Momente bewirken also Erhöhung des Interzellulardrucks. Wie es kommt, daß dennoch eine Unterbrechung oder Verlangsamung des Blasenstroms resultiert, ist leicht verständlich. Die Diffusions- über den Gasaustausch der Wasserpflanzen. 485 g-escliwindigkeit der CO2 im Wasser ist imgleich viel größer (vgl. S. 473) als die des Sauerstoffs. Infolgedessen wird die verbrauchte COä immer sehr schnell wieder aus dem umgebenden Wasser er- setzt werden. Auch der in den im 1. Abschnitt mitgeteilten Analysen gefundene C02-Gehalt der Interzellularen beweist, daß an CO2 kein Mangel herrscht. Wenn also die Assimilation nicht sehr intensiv ist, so wird unter den Versuchsbedingungen der bei Bewegung des Wassers stattfindende CO2 -Ersatz und die damit zu- sammenhängenden Erscheinungen keine Rolle spielen, die irgend- wie ins Gewicht fällt. Es muß noch hervorgehoben werden, daß in allen obigen Ver- suchen der Blasenstrom sofort zum Stillstand kam, wenn die Pflanze verdunkelt wurde. Es handelte sich also immer um einen durch die Assimilation hervorgerufenen Gasstrom. Den gegenteiligen Effekt wie in obigen Versuchen, also Er- höhung der Strömungsgeschwindigkeit bei Bewegung des Wassers, erzielt man mit Sicherheit, wenn man frisches Leitungswasser wählt. Folgende Beispiele mögen das erläutern: Versuch 11. 20 Blasen in 10,7 Sekunden. Wasser bewegt; jetzt 20 Blasen in: 6,2 6,4 7,3 8,3 9,5 9,8 10,5 10,7 10,7 Sekunden. Wasser bewegt: 5.7 6,2 7,2 8,0 8,4 8,7 9,8 9,5 9,5 10,1 10,5 10,5 Wasser bewegt: 6,0 6,3 7,5 7,5 8,7 9,2 9,3 10,7 10,7 Versuch 12. 20 Blasen in 13,0 Sekunden. Wasser bewegt: 8,5 10,0 11,4 12,6 13,0 Wasser bewegt: 9.8 12,2 13,1 Versuch 13. 20 Blasen in 10,2 Sekunden. Wasser bewegt: 7,8 9,4 10,5 Versuch 14. 10 Blasen in 10,7 Sekunden. Wasser bewegt: 8,5 9,5 9,6 9,6 9,9 10,8 Wasser bewegt: 8,2 8,9 9,5 9,5 9,9 9,9 (Licht ist etwas stärker geworden). Wasser bew^egt: 6,0 7,9 8,3 8,4 9,2 9,3 9,5 486 Hans Kniep, Versuch 15. 20 Blasen iu 10,2 Sekunden. Wasser bewegt: 8.4 9,1 9,5 9,8 10,3 10,2 Wasser bewegt: 7,3 8,9 9,4 10,1 10,1 Wasser bewegt: 8,0 8,6 9,6 9,9 10,3 10,0 10,2 Wasser bewegt: 7.5 8,0 9,3 9,9 10,1 10,2 Für die Versuche 10 — 15 ist charakteristisch, daß nach Ver- dunkelung der Blasenstrom nicht gleich aufhört, sondern uur ver- langsamt wird und erst nach mehr oder weniger langer Zeit zum Stillstand kommt. Hier liegt also kein reiner ..Assimilationsstrom" vor, und darin liegt auch der Grund dafür, daß der Blaseustrom nach Bewegung des Wassers nicht, wie im Versuch 1 — 9 verlangsamt, sondern beschleunigt wird. Die Erklärung liegt auf rein physi- kalischem Gebiet. Das frische Leitungswasser pflegt sich im Zimmer sehr bald mit Gasen zu übersättigen, da seine Temperatur meist beträchtlich geringer ist als die Zimmertemperatur. Eine Folge da- von ist, daß sich an den Gefäßwänden und au der Oberfläche der Pflanze Gasblasen abscheiden; eine weitere tue, daß die ursprünglich (bei Einbringen der Pflanze in das Wasser) unter Atmosphären- druck stehende Interzellularluft einen Zuwachs aus dem umgebenden Wasser erfährt, da dessen Gasspannung höher ist als dem Atmo- sphärendruck entspricht. Dieser Druckzuwachs der Interzellularluft bedingt eine gesteigerte Gasaltgabe an der Schnittfläche, und da dadurch der Innendruck wieder vermindert wird, muß von neuem aus dem Wasser an die Interzellularen Gas abgegeben werden. So wird ohne Mitwirkung des Lichts der Gasblasenstrom zustande kommen können, wie das namentlich seit Devaux' Untersuchungen bekannt ist. Überläßt man die Pflanze im Dunkeln - ruhig sich selbst, so wird dieser Blasenstrom allmählich schwächer und hört schließhch auf ^). Die Zeit, nach der das auftritt, hängt naturgemäß in erster 1) Es ist selir wohl möglieb, daß in stark übersättigtem Wasser der Blasenatrom im Dunkeln sehr lange anhält. Die Beobachtung Van Tieghems flSeO;, daß dies mehrere Stunden dauern kann, ist wohl so zu erklären. .Jedenfalls ist Pantanelli (1904, S. 168) im Unrecht, wenn er meint, daß diese Angabe gewiß auf einer Täuschung beruhe. Zwar hat Van Tieghem seinen längere Zeit dem direkten Sonnenlicht ausgesetzten Pflanzen eine Wasserkühlung vorgeschaltet, es ist jedoch bei der Art der Versuchsanstellung in über den Gasaustausch der Wasserpflanzen. 487 Linie davon ab, wie stark das Wasser übersättigt ist. Durch den- selben Faktor wird auch liestiinmt, um wieviel die tatsächliche Blasenabgabe diejenig-e übertrifft, die dem reinen Assimilationsstroni entsprechen würde. Indem nun das in dem übersättigten Wasser befindliche Gas die Pflanze passiert und in die Interzellularen abgegeben wird, muß sich der Gasgehalt des Wassers in der direkten Umgebung der Pflanze gegenüber weiter entfernten Wassergebieten vermindern, da der Diffusionsnachschub im Wasser nicht so schnell vor sich geht, als daß sofort Ausgleich geschaffen würde. Der Umstand, daß es bei Anwendung größerer Wassermengen ziemlich lange dauert, bis der Punkt erreicht ist, wo der abgegebene Blasenstrom ein reiner Assimilationsstrom ist, beweist immerhin, daß die Diffusion ausreicht, um das Wasser in der direkten Umgebung der Pflanze im übersättigten Zustande zu erhalten, wenn auch hier, wie gesagt, die Übersättigung geringer ist als in weiterer Entfernung von der Pflanze. Eine Bewegung des Wassers ruft nun eine plötzliche Störung dieses Zustands hervor. Wie ohne weiteres ersichtlich, wird dadurch stärker übersättigtes Wasser in die direkte Umgebung der Pflanze gebracht, das schwächer übersättigte weggespült bezw. mit dem andern gemischt. Das muß eine Erhöhung des Blasen- stroms zur Folge haben, die auch tatsächlich beobachtet wird. Genau so wie bei Versuch 1 — 9 müssen unter diesen Be- ding-ungen der CO2- Gehalt und damit auch die Assimilation ein wenig erhöht werden. Dieser Einfluß addiert sich liier zu ersterem, er spielt ihm gegenüber aber wohl nur eine sehr geringe Rolle. Wenn wir die erwähnten Versuche von Darwin und Pertz mit Rücksicht auf diese Erörterungen ansehen, so werden wir, ohne fehlzugehen, annehmen dürfen, daß sie mit übersättigtem Wasser angestellt worden sind. In der Tat geben D. u. P auch bei den meisten Versuchen an, daß sie frisches Leitungswasser verwendet haben. Da wo abgestandenes Wasser benutzt wurde, war eben vermutlich die Übersättigung noch nicht ge^^^chen, oder es spielen Temperaturveränderungen mit, die sie von neuem herbeigeführt hat. Es ist ja klar, daß man denselben Effekt erzielen muß, wenn man ge-(aber nicht über-) sättigtes Wasser nimmt, das man etwas erwärmt. Ich hal)e auch unter diesen Bedingungen Versuche ge- liohem Grade zweifi'lhaft, ob diese ausgereicht hat, einer Teniperatursteigerung vorzu- beugen. 488 Hans Kniep, macht, die ganz der Erwartung entsprechend ausgefallen sind. In praktischer Beziehung erhellt daraus zugleich, daß man bei den Versuchen mit peinlichster Sorgfalt darauf achten muß, daß sich die Temperatur des Versuchswassers konstant hält. Schon eine Erwärmung um 0,2*^ pflegt die Gleichmäßigkeit der Resultate zu beeinflussen. Darwin und Pertz geben auch bereits der Meinung Ausdruck, daß die von ihnen beobachtete Erscheinung ein rein physikalisches Phänomen ist und führen als Beweis dafür an, daß man bei Pflanzen, die im Dunkeln die Blasenabgabe eingestellt haben, wieder einen Blasenstrom erzeugen kann, wenn man das Wasser bewegt. Solche Versuche gelingen in der Tat ohne Schwierigkeit, wenn das Wasser mit Gasen übersättigt ist. Auch die Annahme von Darwin und Pertz, daß es sich um Diffusionsvorgänge handelt, ist ganz richtig; wie sie sich das im einzelnen vorstellen, geben sie allerdings nicht näher an. Ich kann noch hinzufügen, daß man die Erscheinung auch bei abgetöteten Pflanzen beobachten kann, wenn man z. B. Wasser wählt, in das längere Zeit aus einer Boml)e Kohlensäure eingeleitet worden ist^). Unter diesen Bedingungen kann bei der lebenden Pflanze der „physikalische Blasenstrom" so stark sein, daß der Assi- milationsstrom demgegenüber fast verschwindet und man im Hellen und Dunkeln nur geringe Unterschiede der Blasenzahl beobachtet^). In einem Versuch, im welchem das Wasser mit CO^ stark ange- reichert und jnit Paraffinöl überdeckt-^), die Pflanze durch Zugabe einiger Subliinatkiistalle abgetötet war, habe ich den „physikali- schen Blasenstrom" volle 15 Tage beobachten können. Bei jedes- maliger Bewegung des Wassers trat Verstärkung des Stromes ein; gegen Ende der Versuchszeit wurde er langsamer und hörte schließlich auf: auch dann war es während einiger Zeit noch möglich, ihn wieder hervorzurufen, wenn das Wasser bewegt wurde. 1) Ähnliche Beobachtungen hat schon Van Tieghem (1869, S. 531) gemacht. 2) Es ist möglich, daß der hohe COj-Gehalt des Wassers eine narkotische Wirkung auf die Pflanze ausübt und die Assimilation hemmt. Aus den vorliegenden, ziemlich zahlreichen Untersuchungen über den Einfluß verschiedener COg-Spannung auf die Assi- milation geht jedenfalls hervor, daß die letztere mit zunelimendem COg- Gehalt zuerst ansteigt, dann aber wieder sinkt. 3)- Obwohl Paraffinöl Kohlensäure absorbiert, bildet es doch einen ganz guten Abschluß, da die Absorption sehr langsam vor sich geht. über den Gasaustausoh dei' Wasserpflanzen. 489 Die Pflanze hatte schon wenig-e Tage nach der Vergiftimg' völlig- bleiches Aussehen angenommen. Ich muß es dahingestellt sein lassen, ob die obige Erklärung ausreicht, um in diesem besonderem Falle die auffallend lange Gasabgabe restlos zu erklären. Vielleicht spielen hier noch be- sondere Tatsachen mit, die sich noch nicht übersehen lassen. Mit dem zuletzt von Ohno (1910) und Ursprung (1912) näher be- handelten Phänomen der Gasausscheidung aus Blättern hat die Erscheinung jedenfalls nichts zu tun. da die Versuchsbedingungen dort völlig andere sind. Für die Praxis ergibt sich aus dem Versuch die Lehre, daß man mit dem Einleiten von Kohlensäure in das Versuchswasser sehr vorsichtig sein muß, wenn es sich darum handelt, zu demon- strieren, daß der Assimilatiousstrom im Dunkeln aufhört. Vor- sichtiges Einblasen von COs-reicher Luft schadet zwar nichts, 'ist im Gegenteil, w^enn COü-armes Wasser vorliegt, förderlich, längeres Einleiten von COa, etwa aus einer Bombe, muß aber vermieden werden. Daß sich die Gasblasenmethode für die Untersuchung des Ein- flusses hoher COo- Spannungen auf die Assimilation wenig eignet, dürfte aus dem Gesagten ohne weiteres hervorgehen. Das läßt sich auch aus den Angaben Pantanellis (1904) ersehen, der sich der Methode zu diesem Zwecke bediente. Pantanelli hat u. a. auch festgestellt, daß bei starker COä-Zufuhr die ausgeschiedenen Blasen prozentualiter sehr viel CO2 enthalten. Er teilt trotzdem einige Versuchsreihen mit, in denen es „unter Vornahme gewisser Maßregeln gelang, schöne Kurven der CO-2- Einwirkung bei ver- scliiedener Lichtintensität zu gewinnen, ehe der physikalische Strom in Tätigkeit trat (S. 194).'- Welche Maßregeln das sind, Anrd leider nicht angegeben. Nach meinen Erfahrungen erscheint es mir sehr zweifelhaft, ob es möglich ist, mit Helodea- Sprossen in kohlensäurereichem Wasser zu arbeiten, ehe der physikalische Strom in Tätigkeit tritt. Angaben darüber, wann das geschieht, werden nicht gemacht. Infolge der sehr schnellen Diffusion der Kohlen- säure tritt letzterer jedenfalls sehr bald ein. — Übrigens ist es auch Pantanelli aufgefallen, daß durch Stöße (beim Verdunkeln usw.). also durch Bewegung der Pflanze oder des Wassers der Blasenstrom l)ei starkem CO2- Gehalt erhöht wird. Er vermutet, daß dies durch ., Aufrühren der eingeschlossenen Gase" bewirkt wird (S. 197). Diese Vermutung erledigt sich wohl durch die 490 Hans Kniep, obigen Erörterung-en (S. 486 dieser Arbeit). Aus der Bemerkung geht zugleich hervor, daß Pantanelli mit .Pflanzen gearbeitet hat, die im Dunkeln den Blasenstrom nicht eingestellt haben. Es soll mit dem Vorstehenden nicht gesagt sein, daß die Gas- blasenmethode für das Studium des Einflusses der CO2- Konzen- tration auf die Assimilation unter allen Umständen untauglich sei. Wenn es sich um eine konstante CO2- Menge im Yersuchsw^asser handelt, so kann der physikalische Strom als konstanter Faktor eingesetzt werden und die gefundenen Werte sind untereinander vergleichbar. Zu vermeiden ist dabei allerdings jede Erschütterung der Pflanze, die bei Entfernung und Annäherung au die Licht- quelle kaum zu umgehen ist. Wenn die Wirkung verschiedener COä-Konzentrationen verglichen werden sollen, so kann der physi- kalische Strom natürlich nicht als Konstante gesetzt werden. In diesem Falle muß er mindestens für jede Konzentration ermittelt und als Korrektur angebracht werden, was Pantanelli versäumt hat. 3. Die Unterbrechung des Blasenstroms durch zeitweilige Verdunkelung und der Wiederbeginn desselben. Wenn man den Blaseustrom eines assimilierenden Helodea- Sprosses durcli plötzliche Vcrdunkehmg unterl)richt und nach einiger Zeit mit derselben Lichtintensität wieder beleuchtet, so setzt die Blasenabgabe nicht sofort wieder ein. Der Wiederbeginn erfolgt vielmehr um so später, je länger die vorübergehende Verdunkelung ist. Voraussetzung dabei ist natürlich, daß der Blasenstrom am Licht ein reiner Assimilationsstrom ist, der bei Verdunkelung so- fort zum Stillstand kommt. Ehe ich versuche, die Erscheinung zu erklären, will ich einen Teil der Vei'suche mitteilen, die obigen Satz beweisen. Da sie alle übereinstimmend ausfielen, sehe ich von einer Wiedergabe sämtlicher Protokolle ab. Als Lichtquelle diente bei Versuchen, die nur kurze Zeit dauerten, das diffuse Tageslicht, sofern es sich als gleichmäßig genug erwies, also nur dann, wenn der Himmel völlig wolkenfrei oder von einem gleichmäßigen Wolkenschleier bedeckt war. Als beste Kontrolle für die Konstanz des Lichtes diente die Blasenzahl selbst, die häufig kontroüiert wurde. Außerdem verwandte ich zwei Auerbreuner. Um die infolge der Schwankungen des Gas- drucks eintretenden Intensitätsänderungen des Lichts auszuschalten, über den Gasaustausch der '\\'asserpflanzeu. 491 war den Brennern ein Gasdruckregulator (nach Moitessier) vor- geschaltet, der die Lichtschwankungen praktisch völlig ausgleicht. Einer Erwärmung des Versuchswassers war natürlich durch ge- eignete Kühlung vorgebeugt. Versuchsobjekt war Helodea cana- densis. Versuch 1. 20 Blasen in 4,8 Sekunden. Dauer der Verdunkelung in | Sekunden J 20 1) 20 80 180 300 600 Zeit bis zum Beginn des Blasen- » Stroms nach Wiederbelichtung; ! 4,1 4,0 9 13,2 17,2 25,8 in Sekunden f Versuch 2. 20 Blasen in 5,4 Sekunden. Bauer der Verdunkelung in 1 Sekunden J 20 20 40 40 80 300 300 600 Zeit bis zum Beginn des Blasen- i Stroms nach Wiederbelichtung; > 8 8,2 13,2 13,0 18,2 60,0 61,0 93,5 in Sekunden J Versuch 3. 20 Blasen in 8,0 Sekunden. Dauer der Verdunkelung in Sekunden Zeit bis zum Beginn des Blasen- stroms nach Wiederbelichtung; in Sekunden 15 j 15 12,6|12,6 30 21,5 30 60 • 60 20,7 35,5133,2 20,3 51,2 30 120 15 12,2 15 11,6 15 11,8 Versuch 4. 20 Blasen in 6,5 Sekunden. Dauer der Verdunkelung in \ Sekunden J 15 15 30 30 30 15 30 60 60 Zeit bis zum Beginn des Blasen- ^ Stroms nach Wiederbelichtung; | in Sekunden > 10,2 10,2 17,7 18,2 18,5 10,8 17,2 28,6 27,9 1) Aus Gründen, die erst im folgenden auseinandergesetzt werden können, sind die Werte für die Zeiten des Wiederbeginns des Gasstroms nur dann direkt miteinander vergleichbar, wenn der Sproß zwischen den einzelnen Dunkelperioden mehrere (mindestens 3) Minuten normal assimiliert. 492 Hans Kniep, Versuch 5. 20 Blasen iu 16,2 Sekunden. Dauer der Verdunkelung in Sekunden Zeit bis zum Beginn des Blasen- stroms nach 'W'iederbeliclitung; in Sekunden :i 30 60 60 60 30 120 30 120 30 6,2 9,6 9,8 10,0 6,1 14,2 5,9 14,5 6,1 120 15,0 Versuch 6. 20 Blasen in 8,5 Sekunden. Dauer der Verdunkelung in ^ Sekunden i 30 30 60 960 30 3600 Zeit bis zum Beginn des Blasen- \ Stroms nach Wiederbeleuchtung; / in Sekunden ) 6,5 6,9 11,5 73,5 6,5 139,5 Versuch 7. 20 Blasen in 6,7 Sekunden. Dauer der Ver- i dunkelung in Se- > 30 120 30 240 30 480 30 30 960 30 30 1920 30 30 künden f Zeit bis zum Be-1 ginn des Blasen- stroms nach Wie- 14,5 38,6 14,5 72,4 15,0 110,8 15,7 15,1 164,0 15,8 15,5 213,5 16,5 16,3 derbeliclitung 60 25,4 Aus diesen Versuchen geht, wie oben bemerkt, hervor, daß der Beginn der Gasblasenabgabe nach Beleuchtung um so später einsetzt, je länger die vorausgehende Verdunkelung war. Die nähere Durclisicht der Zahlen zeigt zugleich, daß keineswegs eine Proportionalität zwischen der Dauer der Verdunkelung und der Zeit bis zum Wiederbeginn des Gasstroms besteht. Letztere ist vielmehr relativ um so kürzer, je länger die vorausgehende Dunkel- periode gewesen ist. Es scheint, als nähern sich die Werte der Reilie II langsam einer konstanten Größe, die bei einer gewissen, ziemlich langen Dauer der vorausgehenden Verdunkelung erreicht wird, so daß dann eine weitere Verlängerung dieser Verdunkelungs- zeit ohne Einfluß auf die Zeit des Wiederbeginns des Gasstroms wäre. Ich habe versucht, die Verdunkelungszeit, bei der dieser maximale Wert für die Zeit des Wiederbeginns erreicht ist, fest- zustellen, bin dabei aber leider auf bisher unüberwindliche Schwierig- keiten. gestoßen. Nach zwei Stunden ist sie sicher noch nicht er- reicht. Wenn man die Versuche längere Zeit fortsetzt und lange über den Gasaustausch der "Wasnerptlanzen. 493 Dunkelperiodeu zwischensclialtet, so zeigt sich uiir zu oft, daß die Pflanze scliließlich pro Zeiteinheit nicht mehr die gleiche Zahl Gasblasen abgibt wie zu Beginn des Versuchs; die gewonnenen Zeitwerte lassen sich also nicht mehr vergleichen. Sehr leicht verändert sich unter diesen Umständen die Größe der Blasen, was auf eine, durch irgendwelche unkontrollierbaren Einflüsse hervor- gerufene Veränderung der Schnittfläche hindeutet. Zur Erklärung der Erscheinung gehen wir von folgender ein- facher Betrachtung aus. Damit an der Schnittfläche Blasen abge- geben werden, muß sich die Interzellularluft unter Überdruck be- finden, denn es müssen erstens die ßeibungswiderstände, die dem Blasenaustritt entgegenstehen, überwunden werden, zweitens das Gewicht der kapillaren Wassersäule, die an der Schnittfläche in die Interzellularkanäle eindringt, wenn innen Atmosphärendruck herrscht, drittens der Druck der über der Schnittfläche befind- lichen Wassersäule, der naturgemäß um so größer ist, je tiefer die Schnittfläche unter dem Wasserspiegel Uegt. Die beiden letz- teren Größen lassen sich leicht berechnen. Wir bezeichnen die Entfernung der Schnittfläche des Helodea-Si^rosses von der Wasser- oberfläche mit h, den Radius des kapillaren Interzellulargangs, aus dem die Gasblasen austreten, mit r, den Atmosphärendruck mit P, den Druck in den Interzellulargängen mit P' und das spezifische Gewicht das Wassers mit s. Dann gilt folgende Be- ziehung: P . r- jr + h s r'^-T + " . s . r- jr = F • r^ Ji, s • r worin h s r^ jt das Gewicht des über der Kapülaröffnung liegenden 2 a Wasserzylinders ist, ;«S'r-jr das Gewicht des in den Inter- zellulargang infolge der Kapillarität eingedrungenen Wasserzylinders. In letzterem Ausdruck ist a eine Konstante, die gewöhnlich Ober- 2 a flächenspannung genannt wird; der Ausdruck — wird auch als a^ bezeichnet, und diese Größe ist die KapiUaritätskonstante oder spezifische Kohäsion. Sie ist definitionsgemäß die Steighöhe einer gegebenen Flüssigkeit in einer Röhre vom inneren Durchmesser 1. Nach dem Gesetz von Juriu ist nun die Steighöhe einer Flüssig- keit in einer Kapillarröhre dem Radius der letzteren umgekehrt proportional. In unserem Falle hätten wir also für die Steighöhe a" 2 et zu setzen — = und das Gewicht des kapillar aufgesaugten r s • r 494 Hans Kniep, 2 a Zj^linders wäre • s • r- jr = 2 « • r jr. Aus obiger Gleichung ergibt sich für P': P' = P + hs + ~. r Davon sind s und die Konstante a bekannt, P, h und r direkt meßbar. Für letztere Größe fand ich als Durchschnittswert etwa 0,12 mm. Bei einer Temperatur von 16 "^ ist für Wasser « = 7,45 mg/mm. Nehmen wir den Druck P zu 760 mm Hg an, und setzen wir vor- aus, daß die Schnittfläche dei- Pflanze sich 30 mm unter der Ober- fläche befinde und r = 0,12 mm betrage, so ergibt sich für P' in mm Hg ausgedrückt P' = 771,3. Dieser Berechnung liegt die (gewiß berechtigte) Annahme zugrunde, daß die Wandung des kapillaren Interzellularkanals von Wasser vollständig benetzbar ist, daß also der Rand winkel der aufgesaugten Wassersäule = 0 ist. Sobald nun eine assimilierende Pflanze verdunkelt wird, muß der Überdruck in dem Interzellularsystem zurückgehen. Das ge- schieht durch Diffusion der Gase in das umgebende Wasser; parallel damit geht natürlich (Üe kapillare Aufsaugung von Wasser an der Schnittfläche. Man könnte nun meinen, daß der Ausgleich ziemlich schnell vor sich gehen müßte, und daß daher schon nach relativ kurzer Verdunkelung die Zeit des Wiederbeginns des Gasstroms bei darauffolgender Belichtung einen konstanten Wert erreichen müßte. Das ist, wie wir sahen, nicht der Fall. Bei näherem Zu- sehen ergibt sich auch sofort, daß die Diffusion nicht etwa auf- hört, wenn der Gasdruck im Innern im Gleichgewicht mit dem Außendruck steht, sondern daß sie weitergehen muß, bis im Innern ein Unterdruck entsteht. Das erhellt ohne weiteres, wenn man bedenkt, daß der Innendruck sich aus mehreren Partiärdrucken zusammensetzt, und die Diffusion der Gase eines Gemischs unab- hängig voneinander, proportional dem Gefälle der Partiärdrucke vor sich geht. Nach lebhafter Assimilation ist ja der Partiärdruck des Sauerstoffs, verglichen mit dem in der Atmosphäre (und im umgebenden Wasser, das bezüglich seines Gasgehalts als mit der Atmosphäre iui Gleichgewicht befindlich angenommen werden soll) sehr hoch, der des Stickstoffs sehr gering. Es muß also Sauer- stoff nach außen, in das umgebende Wasser, Stickstoff in um- über den Gasaustausch der Wasserpflanzen. 495 gekehrter Richtimg- diffundieren. Da nun ferner, wie wir bereits iii Abschnitt I (S. 473) sahen, die Diffusionsgeschwindig'keit des Sauerstoffs erheblich größer ist als die des Stickstoffs, so wird für Sauerstoff der Gleichgewichtszustand früher erreicht sein als für den Stickstoff, d. h. es wird in dem Gasgemisch so lange Unter- druck herrschen müssen, bis der Ausgleich auch für den Stickstoff ein vollständiger geworden ist. Man sollte daher erwarten, daß die Kurve für die Zeit des Wiederbeginns des Blasenstroms nach verschieden langer Verdunkelung, ehe sie in eine gerade Linie übergeht, eine Senkung unterhalb dieser Geraden erfährt. Ich habe dies aus obigen Gründen im Versuche leider nicht feststellen können. Fassen wir das eben Gesagte zusammen, so können wir wohl sagen, daß (Ue herangezogenen physikalischen Momente völlig aus- reichen, um das Ergebnis der Versuche 1 — 7 (S. 491 ff.) zu erklären; es bedarf jedenfalls nicht notwendigerweise der Annahme, die viel- leicht auf den ersten Blick nahe liegen könnte, daß die Pflanze durch Verdunkelung in ihrer physiologischen Beschaffenheit be- einflußt \\ird, derart, daß ihre Assimilationsfähigkeit nach Wieder- beleuchtung anfangs eingeschränkt ist und erst allmählich regene- riert wird (und zwar umso langsamer, je länger die vorausgehende Dunkelperiode war). Ausgeschlossen ist freilich die letztere An- nahme nicht; für sehr lange Verdunkelung ist es sogar sehr wahi- scheinlich, wenn nicht sicher, daß derartige Schädigungen eintreten. Das eine allerdings ist immer im Auge zu behalten: der Mangel der Blasenabgabe ist kein Zeichen dafür, daß die Pflanze nicht assimiliert. Wenn die Assimilation so gering ist, daß der in den Interzellularen entstehende Überdruck nicht ausreicht, um die oben genannten Widerstände zu überwinden, so werden eben keine Blasen aus der Schnittfläche abgegeben. Wenn demnach, wie das nach Verdunkelung aus den auseinandergesetzten Gründen der Fall ist, in den Interzellularen ein Unterdruck entsteht, so muß dieser, wenn die Assimilation wieder einsetzt, erst überwunden werden, es muß also einige Zeit vergehen, ehe der Blasenstrom beginnt. Zur Illustration der obigen Erklärung dienen nun noch eine Reihe von Versuchen, die ich hier folgen lassen will. Wenn man nämlich Dunkelperioden von gleicher Länge (z. B. 30 Sekunden) sehr schnell aufeinanderfolgen läßt, etwa mit einer Unterbrechung, die gerade genügt, um den Wiederbeginn der Blasenabgabe und deren Einstellung auf die ursprüngliche Höhe zu konstatieren, so beobachtet man die merkwürdige Erscheinung, daß die Zeit bis 496 Han.s Kniep, zum Wiederbeginn des Gasstroms immer kürzer wird, bis sie schließlich einen annähernd konstanten, minimalen Wert erreicht. Als Beweis hierfür dienen die folgenden Versuchsreihen: Versuch 8. 20 Blasen in 6,1 Sekunden. Jeweilige Dauer der intermittierenden Verdunkelung- 30 Sekunden. Zeit bis zum Wiederbeginn des Blasenstroms (in Sekunden): 5,0; 4,3; 4,2; 3,5; 2,9; 2,2; 2,3; 2,1; 2,1; 2,0. Nachdem der Wert 2,0 Sekunden erreicht war, wurde die Pflanze nicht sofort wieder verdunkelt, sondern ununterbrochen 5 Minuten beleuchtet. 20 Blasen (wie vorher) in 6,1 Sekunden. Darauf wieder intermittierende Verdunkelung von 30 Sekunden. Zeit bis zum Wiederbeginn des Blasenstroms: 3,5; 2,9; 2,7; 2,1; 1,8. Versuch 9. 20 Blasen in 10,9 Sekunden. Dunkelperiode 30 Se- kunden. Zeit bis zum Wiederbeginn des Blasenstroms (in Sekunden) : 17,0; 15,2; 16,0; 15,0; 15,0; 14,5; 13,4; 13,5; 13,5; 13,4; 12,2; 12,0. Versuch 10. 20 Blasen in 7,0 Sekunden. Dunkelperiode 30 Se- kunden. Zeit bis zum Wiederbeginn des Blasenstroms: 13,6; 12,0; 10,1; 9,9; 8,9; 8,5; 8,5; 8,4. Von jetzt ab 5 Minuten ununterbrochen beleuchtet. 20 Blasen in 6,8 Sekunden. Darauf wieder je 30 Sekunden intermittierend verdunkelt. Zeit bis zum Wiederbeginn des Blaseustroms : 14,0; 13,4; 11,8; 11,0; 10,2; 9,8; 9,5; 9,6; 9,6; 9,4; 9,3; i/jOj *7j0j »7j0» Jetzt 7 Minuten ununterbrochen beleuchtet. 20 Blasen in 6,8 Sekunden. Dann wieder je 30 Sekunden intermittierend ver- dunkelt. Zeit bis zum Wiederbeginn des Blasenstroms: 14,2; 13,5; 12,9; 11,7; 10,8; 10,3; 10,4; 10,3; 10,1; 10,1; 9,8. Versuch 11. 20 Blasen in 8,5 Sekunden. Dunkelperiode 30 Se- kunden. Zeit bis zum Wiederbeginn des Blasenstroms: 29,5; 27,6; 26,5; 25,8; 24,8; 24,8; 23,5; 22,3. Jetzt 2 Minuten ununterbrochen beleuchtet. 20 Blasen in 8,2 Sekunden. Dann wieder je 30 Sekunden intermittierend ver- dunkelt. Zeit bis zum Wiederbeginn des Blasenstroms: 22,9; 22,9; 21,9; 21,0; 21,1; 20,2. Andere, in ähnlicher Weise durchgeführte Versuche ergaben das gleiche Resultat. über den Gasaustausch der Wasserpflanzen. 497 Wenn wir uns nun nach der Erklärung dieser eigenartigen Erscheinung fragen, so könnte man vielleicht zunächst daran denken, daß eine Art Adaptation der Pflanze vorliegt, etwa in der Weise, daß die Assimilation, die nach einmahger Verdunkelung nicht sofort in voller wStärke einsetzt, nach mehrmaliger Wiederholung der Ver- dunkelung sogleich mit der der Lichtstärke entsprechenden Intensität beginnt, wodurch ein früheres Eintreten des Blasenstroms bedingt wäre. Eine solche Annahme ist jedoch von vornherein nicht sehr wahrscheinlich. Wenigstens liegen m. W. bisher keinerlei Tatsachen vor, aus denen zu schließen wäre, daß eine so kurze Verdunkelung von 30 Sekunden nach erstmaliger Einwirkung den Wiederbeginn der Assimilation erheblich beeinflußt; es wäre eher anzunehmen, daß das nach häufiger Wiederholung der Verdunkelung im Sinne einer Verringerung der Assimilation geschieht, und danach sollte man vermuten, daß sich in diesem Falle die Zeit bis zum Wieder- beginn des Gasstroms eher verlängere als daß sie sich verkürzt. Wie schon oben angedeutet, gewinnen ^viv eine völlig ungezwungene Erklärung für den Ausfall der Versuche, wenn wir an die ge- schilderten Diffusionsverhältnisse anknüpfen. Gehen wir von der ersten Dunkelperiode aus, so werden sich während der 30 Sekunden die Partialdrucke des Sauerstoffs und Stickstoffs der Interzellular- luft in der Weise verändern, daß ersterer ab-, letzterer zunimmt. Sobald nach darauffolgender Belichtung die Assimilation wieder einsetzt, erhöht sich der Sauerstoffdruck wieder, und die Blasen- abgabe beginnt in dem Augenblick, in dem der Gesamtdruck der Interzellularluft die Höhe erreicht, die er vor der ersten Verdunke- lung hatte. Da während der Verdunkelung die Interzellularluft stickstoffreicher geworden ist, wird jetzt anfangs ein stickstoff- reicheres und Sauerstoff ärmeres Gas ausströmen. Erst allmählich reichert es sich wieder zur ursprünglichen Höhe an Sauerstoff an (s. hierüber Abschnitt 1, S. 476). Soweit kommt es aber in unserem Versuch nicht, da sehr bald nach Beginn der Blasenabgabe von neuem 30 Sekunden verdunkelt wird. Das Gasgemisch ist also bei Beginn der zweiten Verdunkelung sauerstoffärmer und stick- stoffreicher als bei Beginn der ersten, dasselbe gilt für die dritte Verdunkelung im Vergleich zur zweiten, für die vierte im Vergleich zur dritten usf. Das Diffusionsgefälle für beide Gase wird dabei immer geringer, damit auch die pro Zeiteinheit diffundierenden Gasmengen und schließlich werden während der kurzen Zeit von 30 Sekunden nur noch sehr geringe Diffusionsänderungen statt- Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 32 498 Hans Kniep, finden. Wir verstehen so, weshalb nach wiederholter Verdunkelung die Zeit bis zum Wiederbeginn des Blasenstroms kürzer wird. Dieser Wiederbeginn tritt ein, wenn der Gesamtdruck des inter- zellularen Gasgemisches eine bestimmte Höhe erreicht, und diese Höhe wird umso früher erzielt, je höher der Druck am Ende der jeweiligen Dunkelperiode war. Diese letztere Druckhöhe hängt nun ab von der Verminderung des Drucks während der Verdunke- lung, und die Verminderung wiederum muß umso größer sein, je höher der Partialdruck des Sauerstoffs bei Beginn der Verdunkelung war. Dieser ist aber, wde wir sahen, am höchsten vor der ersten Verdunkelung und nimmt von Dunkelperiode zu Dunkelperiode etwas ab. Dazu kommt, daß der Stickstoffgehalt von Dunkelperiode zu Dunkelperiode etwas zunehmen muß, was eben bewirkt, daß der Gesamtdruck am Ende der späteren Duukelperioden höher ist als am Ende der ersten. Demnach muß die Zeit bis zum Wieder- beginn des Gasstroms nach wiederholter Verdunkelung abnehmen und sich, wie auch leicht einzusehen ist, langsam einem konstanten Wert nähern. Wenn diese Ausführungen richtig sind, so muß sich die Ver- änderung der Interzellularluft auch auf analytischem Wege fest- stellen lassen. Das ist auch der Fall, wie folgender Versuch be- weist. Ein Helodea-SproQ gab in 9,0 Sekunden 20 Blasen ab. (Beleuchtung 2 Auerbrenner. Gasdruckre^iilator. Kühlung. Die Temperatur des Versuchswassers schwankte zwischen 21° und 21,05° C.) Das aufgefangene Gas enthielt (nach Abrechnung der CO2) 37,74 °/o O2 und 62,26 Vo N2. Der Sproß wurde dann inter- mittierend 16 mal je 30 Sekunden verdunkelt, wobei die Zeit bis zum Wiederbeginn des Gasstroms von 12,5 Sekunden bis 7,5 Se- kunden abnahm. Dann wurde, um die Zusammensetzung der Inter- zellularluft im gleichen Sinne weiter zu ändern, zweimal je 2 Mi- nuten verdunkelt. Wiederbeginn des Blasenstroms nach 20 resp. 20.7 Sekunden. Darauf wiederum Verdunkelung von 30 Sekunden (zweimal). Wiederbeginn nach 6,8 bezw. 6,3 Sekunden. Dann wurde das ausströmende Gas sofort analysiert. Es ergaben sich 31,040/0 O2 und 68,96 °/o Na, also Abnahme des Gs-Gehalts um 17.8 "/o (auf den Anfangsgehalt an O2 berechnet). Der Sproß wurde dann sich selbst überlassen und assimilierte in gleicher Stärke weiter. Nach 15 Minuten wurde nochmals analysiert. Der O2- Gehalt betrug jetzt 36,94 °/o, war also fast bis zur ursprünglichen Höhe gestiegen. über den Gasaustausch der Wasserpflanzen. 499 Zum Überfluß mögen hier noch ein paar Versuche Erwähnung: finden, die eine Modifikation der Versuclie 1 — 7 (S. 491 f.) dar- stellen. Sie unterscheiden sich von letzteren darin, daß Licht von verschiedener Intensität angewandt wurde. Versuch 12. Diffuses Tageslicht. Wolkenfreier Himmel. 20 Blasen in 16,9 Sekunden. 30 Sekunden verdunkelt. Wieder- beginn des Blasenstroms nach 7,1 Sekunden. Der ^e^o^ea-Sproß wird jetzt durch einen schräg vorgehaltenen dunklen Schirm beschattet. 20 Blasen in 24,1 Sekunden. 30 Se- kunden verdunkelt. Wiederbeginn nach 9,9 Sekunden. Verdunke- lung nach 2 Minuten wiederholt. Wiederbeginn nach 9,4 Sekunden. Beschattung entfernt. 20 Blasen in 18,1 Sekunden. 30 Se- kunden verdunkelt. Wiederbeginn nach 7,2 Sekunden. Verdunke- lung nach 2 Minuten wiederholt. Wiederbeginn nach 6,8 Sekunden. Nochmals beschattet. 20 Blasen in 27 Sekunden. 30 Sekunden verdunkelt. Wiederbeginn nach 10,7 Sekunden. Verdunkelung nach 2 Minuten wiederholt. Wiederbeginn nach 10,2^) Sekunden. Versuch 13. Diffuses Tageslicht. Wolkenfreier Himmel. 20 Blasen in 5,0 Sekunden. 30 Sekunden verdunkelt. Wieder- beginn nach 9,0 Sekunden. Verdunkelung nach 3 ]\Iinuten wieder- holt. Wiederbeginn nach 9,2 Sekunden. Beschattet. Jetzt 20 Blasen in 7,5 Sekunden. 30 Sekunden verdunkelt. Wiederbeginn nach 15,7 Sekunden. Verdunkelung nach 3 Minuten wiederholt. Wieder- beginn nach 15,2 Sekunden. Beschattung entfernt. 20 Blasen in 5,1 Sekunden. 30 Sekunden verdunkelt. Wiederbeginn nach 8,9 Sekunden. Versuch 14. Diffuses Tageslicht. Wolkenfreier Himmel. 20 Blasen in 11,7 Sekunden. 30 Sekunden verdunkelt. Wieder- beginn nach 5,4 Sekunden. Verdunkelung nach 3 Minuten wieder- holt. Wiederbeginn nach 5,2 Sekunden. Beschattet. Jetzt 20 Blasen in 29,0 Sekunden. 30 Sekunden verdunkelt. Wiederbeginn nach 15,7 Sekunden. Verdunkelung nach 3 Minuten wiederholt. Wieder- beginn nach 15,2 Sekunden. 1) Obwohl in diesem Versuch die zweite Verdunkelung in allen Fällen von der ersten durch einen Zeitraum von 2 Minuten getrennt war, erfolgte doch der Wiederbeginn des Blasenstroms früher als nach der ersten, ein Zeichen, daß 2 Minuten noch nicht ausreichen, um die Zusammensetzung der Interzellularluft zu regulieren. 32* 500 Hans Kniep, Aus diesen 3 Versuchen geht hervor, daß bei schwächerer Lichtintensität der Wiederbeginn des Blasenstroms nach einer vor- übergehenden Verdunkelung von 30 Sekunden verzögert wird. Das Ergebnis war vorauszusehen, denn es ist ohne weiteres klar, daß bei geringer Lichtintensität der Druck in dem Interzellularsystem infolge der geringeren Sauerstoffproduktion langsamer zunimmt. Als Maßstab für die Assimilationsgröße bietet die Zeit des Wieder- beginns bei verschiedener Lichtintensität gegenüber der einfacheren Blasen Zählung keine Vorteile, da das Verhältnis dieser Zeiten bei verschiedenen Lichtintensitäten etwa dasselbe ist wie das Verhältnis der Blasenzahlen. In dieser Hinsicht ist also die Methode mit ebenso großen Fehlern behaftet wie die Blasenzählmethode, über die im Abschnitt I näheres mitgeteilt worden ist. Noch eine, unter Umständen praktisch wichtige Konsequenz ergibt sich aus den in diesem Abschnitt mitgeteilten Resultaten. Die Druckverminderung in den Interzellularen, die während der nach stattgefundener Assimilation einsetzenden Verdunkelung sich geltend macht, muß, wenngleich in schwächerem Maße, auch ein- treten, wenn an Stelle der Verdunkelung eine schwächere Beleuch- tung tritt. Ist diese Beleuchtung noch so groß, daß sie Blasen- ausscheidung veranlaßt, so ist zu erwarten, daß der Blasenstrom zuerst eine Depression erfährt, die ihn auf ein niedrigeres Niveau herabdrückt als der beleuchtenden Lichtstärke entspricht. Sehr bald wird dann eine Erhöhung der Blasenzahl bis zu einem kon- stanten Werte eintreten. Auf Grund der oben (S. 494) gescliilderten Diffusionsverhältnisse ist das leicht einzusehen. Sofort nach Ver- minderung der Lichtintensität sucht sich der relativ hohe Sauer- stoffdruck in den Interzellularen durch Diffusion durch die Pflanze in das umgebende Wasser auszugleichen. Dieser Druckverminde- rung T\irkt zwar die (gegenüber der ursprünglichen geringere) Neuproduktion von O2 und eine schwache Zufuhr von Stickstoff aus dem umgebenden Wasser entgegen, doch ist die Druckverminde- rung so groß, daß sie den Blasenstrom zunächst auf ein ziemlich tiefes Niveau herabdrückt, von dem aus dann (wenn das große Diffusionsgefälle des Sauerstoffs in der Richtung des umgebenden Wassers alhiiählich abgenommen hat) langsam eine Steigerung bis zu einer konstauten Höhe zu beobachten ist. Ich habe diese Er- scheinung mit Pflanzen, die auf Verdunkeln durch sofortiges Ein- stellen, der Blasenabgabe reagierten, ausnahmslos beobachtet und teile hier nur einige beliebig herausgegriffene Versuche mit. über den Gasaustausch der Wasserpflanzen. 501 Versuch 15. Helodea canadensis. Die Beleuchtung-sintensität wurde durch schnelles Verschieben der Lichtquelle (100- kerzige Wotanlampe) geändert. Entfernung der Lichtquelle von der Pflanze 10 cm. 20 Blasen in 7,2 Sekunden. Entfernung der Lichtquelle von der Pflanze 20 cm. 20 Blasen in 22,4; 15,0i); 13,2; 12,8; 12,6; 12,5; 12,2; 12,2; 12,2 Sekunden. Entfernung der Lichtquelle 10 cm. 20 Blasen in 6,4; 6,7; 6,9; 7,0; 7,3; 7,6, 7,4; 7,3; 7,0; 7,4; 7,2; 7,2 Sekunden. Entfernung der Lichtquelle 20 cm. 20 Blasen in 18,0; 13,4; 12,2; 11,5; 10,9; 11,1: 11,1; 10,8; 11,0; 10,8; 11,0 Sekunden. Entfernung der Lichtquelle 10 cm. 20 Blasen in 6,1; 6,3; 7,0; 7,0; 7,4; 7,2; 7,1; 7,0; 7,0 Sekunden. Entfernung der Lichtquelle 20 cm. 20 Blasen in 16,7; 12,9; 11,3; 10,5; 10,8; 10,8 Sekunden. Versuch 16. Helodea canadensis. 100-kerzige Wotanlampe. Entfernung der Lampe 20 cm. 5 Blasen in 9,8 Sekunden. Entfernung der Lampe 12,5 cm. 5 Blasen in 4,7; 5,3; 5,4; 5,4; 5,4 Sekunden. Entfernung der Lampe 20 cm. 5 Blasen in 13,3; 11,4; 10,4; 10,2; 10,0; 10,1; 9,8; 9,8; 10,0; 9,8 Sekunden. Entfernung der Lampe 12,5 cm. 5 Blasen in 4,4; 4,8; 4,9; 5,2; 5,2; 5,4; 5,2; 5,4; 5,4 Sekunden. Entfernung der Lampe 20 cm. 5 Blasen in 13,4; 11,3; 10,4; 10,2; 9,9; 9,9; 9,8; 9,8 Sekunden. Entfernung der Lampe 12,5 cm. 5 Blasen in 4,6; 4,8; 5,1; 5,2; 5,4; 5,4; 5,3; 5,4 Sekunden. Versuch 17. Helodea canadensis. 100-kerzige Wotanlampe. Entfernung der Lampe 10 cm. 20 Blasen in 4,6 Sekunden. Entfernung der Lampe 15 cm. 20 Blasen in 9,8; 7,9; 6,7; 6,3; 6,5; 6,2: 6,2; 6,2 Sekunden. Entfernung der Lampe 10 cm. 20 Blasen in 3,9; 4,1; 4,3; 4,4; 4,4; 4,4; 4,4 Sekunden. Entfernung der Lampe 15 cm. 20 Blasen in 10,0; 8,1; 6,2; 5,8; 5,7; 5,7; 5,7; 5,7 Sekunden. 1) Die Zählungen wurden so schnell wie möglich hintereinander gemacht, etwa in Abstanden von 2 Sekunden, die zum Notieren der gefundenen Werte nötig sind. 5Q2 Hans Kniep, Entfernung der Lampe 10 cm. 20 Blasen in 3,3; 3,9; 4,2; 4,4; 4,2; 4,2: 4,2 Sekunden. Entfernung- der Lampe 15 cm. 20 Blasen in 9,6; 8,4: 7,2; 6,5; 5,8; 5,5; 5,5; 5,7 Sekunden. Versuch 18. Helodea canadensis. 100 -kerzige Wotanlampe. Entfernung der Lampe 10 cm. 20 Blasen in 6,8 Sekunden. Entfernung der Lampe 20 cm. 20 Blasen in 12,9; 10,6; 9,7; 8,9; 8,7; 8,6; 8,6; 8,5; 8,6 Sekunden. Entfernung der Lampe 10 cm. 20 Blasen in 5,6; 6,2; 6,3; 6,4; 6,7; 6,8; 6,7; 6,8 Sekunden. Entfernung der Lampe 20 cm. 20 Blasen in 12,0: 10,2; 9,3; 8,7: 8,6: 8,5: 8,6 Sekunden. Entfernung der Lampe 10 cm. 20 Blasen in 6,0; 6,5; 6,8; 6,8: 6,8 Sekunden. Entfernung der Lampe 20 cm. 20 Blasen iu 14,4; 10,2; 8,9; 8,5; 8,6 Sekunden. Ähnliche Versuche führten alle zu dem gleichen Ergebnis, daß bei plötzlicher Abschwächuug der Lichtintensität die Blasenzahl zuerst stark verlangsamt wird und dann bis zu einer konstanten Höhe steigt. Es soll hier nur noch ein A^ersuch mitgeteilt werden, der zeigt, daß, wenn die Abschwächuug der Lichtintensität genügend groß ist bezw. die Pflanze aus irgend welchen physikalischen oder physiologischen Gründen nur einen schwachen Blasenstrom abgibt, man es leicht erreichen kann, daß nach der Intensitätsverminde- rung die Pflanze während längerer Zeit aufhört. Blasen auszu- scheiden, dann aber der Blasenstrom mit langsam zunehmender Energie wieder einsetzt. Die Erklärung liierfür ergibt sich aus dem oben Gesagten von selbst. Versuch 19: Helodea canadensis. 100 -kerzige Wotanlampe. Entfernung der Lampe 15 cm. 20 Blasen in 7,3 Sekunden. „ ,. ,, 25 „ Es werden während 31,0 Se- kunden keine Blasen abgegeben; dann 20 Blasen in 34,4: 27,6; 27,6: 25,4; 23,8; 24,2; 25,0: 24,4 Sekunden. Entfernung der Lampe 15 cm. 20 Blasen in 6,4; 6,9; 6,8; 7,1: 7,0; 7,2; 7,2 Sekunden. Noch eine zweite Erscheinung, auf die oben nicht hingewiesen wurde,- tritt in den Versuchen zutage. Nach plötzlicher Steige- rung der Lichtintensität nimmt der Blasenstrom plötzlich sehr über den Gasaustausch der 'WasserpUanzen. 503 stark zu, um alsbald auf ein konstantes Niveau herabzusinken. Es tritt also genau das Umgekehrte ein als nach Abschwächung der Lichtintensität. Die Erklärung hierfür dürfte folgende sein: Bei Einsetzen der starken Beleuchtung ist der Partialdruck des Sauerstoffs in den Interzellularen infolge der vorausgehenden schwachen Assimilation verhältnismäßig gering. Dadurch wird die Sauerstoffaufnahme in die Interzellularen wegen des starken Gefälls in Richtung der Interzellularen bei plötzHch einsetzender verstärkter Assimilation erleichtert. Der bei der Assimilation pro- duzierte Sauerstoff muß also zu einem höheren Prozentsatz nach innen, zu einem geringeren in das umgebende Wasser abgegeben werden, als das der Fall sein würde, wenn im Innern von vorn- herein ein höherer Sauerstoff druck herrschte. Daher die momen- tane Steigerung und das schnell folgende Sinken des Blasenstroms bei plötzlicher Erhöhung der Lichtintensität. Man wird an den beobachteten Erscheinungen nicht vorbei- gehen dürfen, wenn man sich der Gasblasenmethode bedienen will, um den Einfluß verschiedener Lichtintensität auf die Assimilation zu untersuchen. Bei Reinke (1883), der das getan hat, findet sich S. 715 die Bemerkung, daß die Versuchspflanzen in jeder Intensität '/ä — 1 Minute verweilten, ehe abgelesen wurde. Das dürfte nicht in allen Fällen zur Einstellung der Blasenzahl auf ein konstantes Niveau hinreichen. Pantanelli schreibt (1904, S. 177), daß in seinen Versuchen beim plötzlichen Übergang von starkem zu schwachem Licht in der Mehrzahl der Fälle die Blasen- zalil zuerst unterhalb den den neuen Beleuchtungsbedingungen entsprechenden Wert sank, in 21,2 "/o der Fälle dagegen war sie zuerst größer und sank erst allmählich. Im umgekehrten Ver- suche fiel das Resultat meist so aus, wie ich es auch gefunden, in 26,1 "/o der Fälle war die Blasenzahl aber beim Übergang zur höheren Intensität anfangs zu niedrig. Demgegenüber muß ich hervorheben, daß meine Resultate immer einheitlich ausgefallen sind. Wie sich der Widerspruch aufklärt, läßt sich begTeiflicherweise mit Bestimmtheit nicht sagen. Daß die Versuchsbedingungen Pantanellis nicht ganz einheitliche waren, unterliegt wohl keinem Zweifel. Ich will hier nur auf eine Möglichkeit hinweisen, die Pantanellis Ergebnis erklären könnte. Pantanelli hat die Beleuchtung mit verschiedener In- tensität nicht durch Bewegung der Lichtquelle (was in diesem Falle nicht möglich war), sondern der Pflanze erzielt. Dabei statt- 5Q4 Hans Kniep, findende leichte Erschütterungen könnten es z. B, bewirkt haben, daß beim Übergang zu stärkerem Licht die Blasenzahl zunächst gering ausgefallen ist (vgl. Abschnitt 2 dieser Arbeit). Ob die Pflanzen in Pantanellis Versuchen bei Verdunkelung immer durch sofortiges Einstellen des Blasenstroms reagiert haben, ist nicht angegeben. Angenommen, das Versuchswasser sei in einigen Fällen ein wenig mit Gasen übersättigt gewesen, so hört die Blasenausscheidung nach Verdunkelung nicht momentan auf: bei Erschütterung der Pflanze oder Bewegung des Wassers tritt dann vorübergehend Erhöhung der Blasenzahl ein. So ist es möglicher- weise zu erklären, daß bei plötzlicher Entfernung von der Licht- quelle der Blasenstrom in 21,2 "/o der Fälle zuerst stärker war, als der verminderten Lichtintensität entspricht. 4. Eine neue Methode zur Feststellung der (minimalen) Licht- intensität, die zum Eintritt der Assimilation nötig ist. Die Frage, welche Lichtintensität gerade hinreicht, um die Assimilation hervorzurufen oder besser, die Pflanze zur Produktion einer Sauerstoff menge zu veranlassen, welche den 0^- Verbrauch bei der Atmung gerade kompensiert, hat in physiologischer und ökologischer Hinsicht ein gewisses Interesse. Eingehendere Unter- suchungen, die sich speziell dieser Frage widmen, liegen m. W. nicht vor. Narh Kreuslers Angaben beträgt die bei der Atmung abgegebene Kohlensäuremenge etwa den 10. — 40. Teil derjenigen, die bei gemäßigtem Tageslicht von der Pflanze zersetzt wird. Es ist zu erwarten, daß der Wert bei verschiedenen Pflanzen sehr verschieden ist. Nehmen wir an, daß die Assimilation proportional der Lichtintensität zu- und abnimmt, so würde eine Intensität, die dem 10. — 40. Teil des gemäßigten Tageslichtes gleich ist, dem Punkt entsprechen, bei welchem Assimilation und Atmung sich gerade das Gleichgewicht halten, und ein äußerlich nachweisbarer Gasaustausch nicht stattfindet. Um diesen Punkt zu bestimmen, war man bisher auf die quantitative Analyse und diejenigen Methoden angewiesen, die dazu dienen, die Produktion geringer Sauerstoffmengen nachzuweisen (Bakterienmethode, Indigomethode, Aufleuchten des Phosphors, Oxyhämoglobinspektrum, Leuchtbakterien). Jede dieser Methoden hat ihre Vorzüge und Nachteile; die Phosphormethode eignet sich z. B. nur für in Luft befindliche Objekte, die Indigo- und Bakterien- über den Gasaustauscli der Wasserpflanzen. 505 methode nur für Wasserpflanzen ; letztere hat außerdem den Nach- teil, daß die Bestimmung des Grenzwertes dem subjektiven Er- messen überlassen ist und es sehr schwer ist, auch bei möglichst gleichmäßigem Bakterienmaterial zu exakten Werten zu gelangen. Aus den im vorigen Abschnitt mitgeteilten Versuchen ergibt sich nun eine neue Methode, die allerdings nur für Wasserpflanzen mit Interzellulars3'stem brauchbar ist, aber den Vorteil hat, bei sehr einfacher Handhabung recht exakte Werte zu geben. Wir haben gesehen, daß es bei einem Helodea-S-proQ nach einer bestimmt bemessenen Verdunkelung und darauffolgender Be- leuchtung eine bestijiimte Zeit dauert, l»is der Überdruck in den Interzellularen durch die Assimilation so weit gestiegen ist, daß die Blasenabgabe l)eginnt. Diese Zeit hängt in erster Linie ab von der Lichtintensität und nimmt, wie wir sahen, zu, wenn letztere schwächer wird. Wenn man nun die Pflanze, anstatt sie plötzlich zu verdunkeln, plötzlich mit einer Intensität beleuchtet, die sehr schwach ist, so wird sich äußerlich zunächst derselbe Effekt ergeben wie bei Verdunkelung: der Blasenstrom wird momentan aufhören. Ob aber bei dieser geringen Lichtintensität auch die Assimilation aufhört, das ergibt sich erst, w'enn man wieder mit der ursprünglichen, stärkeren Intensität belichtet und bestimmt, welche Zeit nunmehr bis zum Wiederbeginn des Blasenstroms verstreicht. Ist diese Zeit kürzer als nach Verdunkelung, so hat die Pflanze bei der schwachen Intensität assimiliert, denn dann ist der Druck in den Interzellularen während der Einwirkung des schwachen Lichts nicht auf das Niveau gesunken, das er bei Dunkelheit erreicht, weil eine, wenn auch geringe Sauerstoff- prodiiktion stattgefunden hat. Ist die Zeit ebenso lang als nach Verdunkelung, so hat die Pflanze nicht assimiliert, und es gilt nun, diejenige Intensität zu finden, bei welcher die Zeit bis zum Wiederbeginn des Gasstroms gerade ein w'enig kürzer ist als nach Verdunkelung. Sie ist als die minimale Lichtiutensität anzusprechen, bei der die Sauerstoffabgabe an absolutem Wert die Sauerstoff- aufnahme bei der Atmung eben übertrifft \). 1) Man könnte vielleiclit den Einwand erheben, daß bei sehr schwacher Assimi- lation eventueU gar kein Sauerstoff in die Interzellularen, sondern allein direkt nach außen, in das umgebende Wasser abgegeben wird und infolgedessen auch dann, wenn die Zeit bis zum Wiederbeginn des Blasenstroms nach schwacher Beleuchtung sich als ebensogroß ergibt wie nach Verdunkelung, doch eine geringe Assimilation bei der schwachen Beleuchtung stattfinden könnte. Abgesehen davon, daß diese Eventualität 506 Hans Kniep, Ich habe zunächst einige ganz rohe Versuche gemacht, um die Brauchbarkeit der Methode zu erweisen. Ein Helodea -SproQ, der 20 Blasen in 7,9 Sekunden abgab, wurde 15 Sekunden verdunkelt. Wiederbeginn des Blasenstroms nach 11,8 Sekunden. Nunmehr wurde nach einigen IVIinuten ein schwarzer Schirm vorgehalten, der den Sproß zwar beschattete, aber doch noch viel Licht von der Seite zuließ. Der Blasenstrom hörte bei der Beschattung ebenso wie nach der Verdunkelung sofort auf. Nach Wegnahme des Schirms begann er aber wieder nach 4,5 Sekunden, also 2,62 mal früher als nach gleichlanger Ver- dunkelung. Derselbe Sproß begann bei 30 Sekunden langer Ver- dunkelung mit der Blasenabgabe nach 21,0 Sekunden: wurde er an Stelle der Verdunkelung 30 Sekunden beschattet, so setzte der Gasstrom nach 7,5 Sekunden ein. Das Zeitverhältnis ist hier 2,8, also etwa dasselbe wie oben ^). In einem anderen Versuch war die Beschattung schwächer, jedoch noch völlig ausreichend, um sofortige Unterbrechung des Blasenstroms herbeizuführen. 20 Blasen in 6,5 Sekunden. Wieder- beginn des Blasenstroms nach 60 Sekunden langer Verdunkelung in 27,9 Sekunden, nach 60 Sekunden langer Beschattung in 6,0 Sekunden. Hier hat also während der Beschattung eine ziem- lich starke Assimilation stattgefunden, ohne daß es zur Blasen- abgabe gekommen ist. Weitere Versuche wurden, um für die absolute Größe der Lichtintensität und die durch die Beschattung bewirkte Ab- schwächung derselben einen Maßstab zu gewinnen, in folgender Form angestellt. Als Lichtquelle diente eine 100 -kerzige Wotan- lampe. Der Helodea-S\)roß befand sich in einem lichtdicht schließenden Kasten, an dessen Vorderseite eine Durchbrechung in Gestalt eines kassetteuartigen Rahmens in der Größe 13X18 cm augebracht war. Zur völligen Verdunkelung des Sprosses wurde in diesen Rahmen eine schwarzlackierte Eiseublechplatte eingesetzt. Zur Beschattung dienten verschiedene Rauchgläser von bekannter Lichtdurchlässig- selir unwalirsclieiulich ist, müßte sicli auch in diesem Falle eine Beschleunigung des Wiederbeginns geltend machen, weil die Sauerstoffabgabe in das umgebende Wasser eine Verlangsamung der Uasdiffusion aus den Interzellularen in der gleichen Richtung be- dingen muß. l) Eine genaue Übereinstimmung war bei der Art der Versuchsanstellung nicht zu erwarten, läßt sich aber ohne große Schwierigkeit erzielen. über den (iasaustau.sch der AVasserpflanzen. 507 keit ^). Um ilie Verdunkelung und Beschattung- plötzlich eintreten lassen und unterbrechen zu können, war dafür gesorgt, daß die Kassette schnell ein- und ausgeklappt werden konnte. Der erste Versuch, den ich in dieser Weise machte, war folgender: Lichtquelle in 30 cm Entfernung von der Pflanze. 20 Blasen in 11,5 Sekunden. Wiederbeginn der Blasenabgabe nach 30 Sekunden Verdunke- lung in 20,3 Sekunden. Wiederbeginn der Blasenabgabe nach 30 Sekunden Beschattung mit Scheibe III in 10,8 Sekunden. Wiederbeginn der Blasenabgabe nach 30 Sekunden Beschattung mit Scheibe V in 15,3 Sekunden. Der Blasenstrom erreichte bei voller Beleuchtung immer meder die gleiche Höhe. ZA\ischen den einzelnen Verdunkelungs- bezw. Beschattungsperioden assimilierte die Pflanze stets mehrere (4 — 6) Minuten bei voller Intensität: es ist oben (S. 497) erörtert worden, weshalb das nötig ist. Nach einer Beschattung mit Scheibe III (die 97 *^/„ des Lichts durchläßt) hört die Blasenabgabe bereits sofort auf. Der Versuch zeigt, daß die Pflanze trotzdem noch ziemlich stark assimiliert, da die Blasenausscheidung nach Be- leuchtung mit der vollen Intensität schon nach 10,8 Sekunden wieder einsetzt, während das nach Verdunkelung fast doppelt so lange dauert. Auch in dem bis auf 2,5 "/o abgeschwächten Licht (Scheibe V) ist die Assimilation noch deutlich. In einem zweiten Versuch befand sich die Lampe in 25 cm Entfernung von der Pflanze. Temperatur des Versuchswassers 15,6 ^ 20 Blasen in 9,6 Sekunden. Wiederbeginn der Blasenabgabe nach 15 Sekunden Verdunke- lung-) in 8,6 Sekunden. Wiederbeginn der Blasenabgabe nach 15 Sekunden Beschattung mit Scheibe V in 6,4 Sekunden. 1) Die Hauclitrläser habe ich von der Firma KrüK in Hamburg bezogen, die die- selben auch geeicht hat. Die Lichtdurchlässigkeit der 5 mir zur Verfügung stehenden Gläser betrug (in 7o): 41 (I); 27 (U); 17 (III;; 7 (IV): 2,5 (V). 2) Dieser Verdunkelungsversuch muß zur Kontrolle während der Versuchsreihe häufig wiederholt werden. Die einzelnen nach Beschattung gewonnenen Werte für den Wiederbeginn des Blasenstroms sind natürlich nur dann miteinander vergleichbar, wenn die Zeit des Wiederbeginns nach Verdunkelung sich als konstant erweist. Für das Auge unmerkbare Schwankungen des elektrischen Stroms können da schon äußerst störend wirken. 508 Hans Kniep, Wiederbeginn der Blasenabgabe nach 15 Sekunden Beschattung mit Scheibe m und V in 7,9 Sekunden. Wiederbeginn der Blasenabgabe nach 15 Sekunden Beschattung mit Scheibe IV und Y in 8,2 Sekunden. Hinter Scheibe I schied die Pflanze noch Blasen aus, wenn auch viel langsamer als bei voller Beleuchtung. Hinter allen übrigen Scheiben dagegen fand keine Blasenabgabe mehr statt. Nach Beschattung mit Scheibe H oder IH wurde der Blasenstrom allerdings nicht momentan unterbrochen, sondern es wurde von der beschatteten Pflanze noch eine Blase abgeschieden. Das kommt daher, daß die Abnahme des Gasdrucks in den Interzellu- laren hier ziemlich langsam erfolgt und sich im ersten Moment noch die Wirkung des vorher hohen Drucks geltend machen kann. Wir sehen aus dem Versuch, daß selbst bei Beschattung mit Scheibe IV und V noch Assimilation stattfindet, wenn auch der Wert 8,2 dem Wert 8,6, der der völligen Verdunkelung entspricht, schon nahe kommt. Da Scheibe IV 7 °/o, Scheibe V 2,5 °/o Licht durchläßt, so \\ird die Pflanze bei Kombination beider Scheiben von einer Lichtinteusität beleuchtet, die nur 0,17 °/o der vollen Beleuchtung beträgt. Da die Entfernung der 100 -kerzigen Lampe von der Pflanze 25 cm betrug, so wirkte bei voller Beleuchtung eine Intensität von 1600 Kerzen, bei Beschattung mit Scheibe IV und V eine solche von 2,8 Kerzen. Letztere Intensität hegt vom Minimum, bei dem die Assimilation gerade die Atmung überwiegt, nicht mehr weit entfernt. Der Versuch zeigt zugleich schlagend, wie verkehrt es wäre, anzunehmen, daß Aufhören des Blasenstroms und Aufhören der Assimilation gleichbedeutend sei. Wir sahen, daß der Blasenstrom bereits hinter Scheibe II aufhört, die noch 27 °/o des Lichts der Wotanlampe durchläßt, während die Pflanze noch bei 0,17 °/o, also bei einer nahezu 160 mal schwächeren Intensität deutlich assi- miliert. Zwei weitere Versuche, in denen anstatt 15 Sekunden 20 Se- kunden verdunkelt bezw. beschattet wurde, ergaben folgendes: a) 20 Blasen in 14,6 Sekunden. Lichtintensität 1600 Kerzen. Wiederbeginn des Blasenstroms nach Verdunkelung in 7,3 Sekunden. Wiederbeginn des Blasenstroms nach Beschattung mit Scheibe IV und V ,, 6,6 „ über den (iasaustausch der "Wasserpflanzen. 509 b) 20 Blasen iu 17,5 Sekunden. Lichtintensität 1600 Kerzen. Wiederbeginn des Blasenstroms nach Verdunkelung in 12,6 Sekunden. Wiederbeginn des Blasenstroms nach Beschattung mit Scheibe IV und V „ 10,8 „ Hier ist die Differenz, also die Assimilation der beschatteten Sprosse noch größer. Der Grenzwert ist sicher individuellen Schwankungen unterworfen und ohne Zweifel auch von der Art der Vorbehandlung der Pflanzen abhängig. Die von mir ver- wandten Pflanzen waren in einem an einem Nordfenster aufge- stellten Aquarium kultiviert worden. Die Versuche wurden im November ausgeführt. Es war zunächst nur meine Absicht, eine Orientierung zu ge- winnen. Über weitere Versuche zur genaueren Bestimmung des Assimilationsminimums und andere Anwendungsmöglichkeiten der Methode soll später berichtet «werden. Würzburg, Botanisches Institut. 510 Hans Kiiiep. Über den Gasaustausch der WasserpHanzeu. Literatur. 1. Angelstein, U. 1910. Untersuchungen über die Assimilation submerser Wasser- pflanzen. Cohns Beitr. z. Biol. d. Pfl. Bd. 10, S. 87 (auch Diss. Halle;. 2. Bohr, Chr. 1899. Definition und Methode zur Bestimmung des Invasions- und Evasionskoeffizienten bei der Auflösung von Gasen in Flüssigkeiten. Ann. d. Phys. u. Chem., N. F., Bd. 68, S. 500. 3. Bonnier, G. und Mangin, L. 1884. Recherches sur la respiration des tissus sans chlorophylle. Ann. scienc. nat. Botanique, 6. Serie, Bd. 18, S. 293. 4. Cloez, S. und Gratiolet, P. 1851. Recherches experimentales sur la Vegetation des plantes submergees. Ann. de chimie et de physique, 3. Serie, Bd. 32, S. 41. 5. Darwin, Fr. und Pertz. D. F. M. 1896. On the Effect of Water Currents on the Assimilation of aquatic Plants. Proc. of the Cambridge Philosoph. Society, Bd. IX, Teil II, S. 76. 6. Daubeny, Ch. 1836. On tlie Action of Light upon Plauts, and of Plants upon the Atmosphäre. Philos. Transactions London, Jahrg. 1836, Teil I, S. 149. 7. Devaux, H. 1889. Le mecanisme des echanges gazeux chez les plantes aquatiques. Ann. scienc. nat. Botanique, 7. Serie, Bd. 9, S. 35. 8. Exner, F. 1875. Über den Durchgang dfer Gase durch Flüssigkeitslamellen. Ann. d. Phys. u. Chem., Bd. 155, S. 321. 9. Kniep, H. 1912. Pliotosynthese. Handwi.rterb. d. Natura., Bd. 7, S. 781. 10. Kreusler, T'. 1885. Über eine Methode zur Beobachtung der Assimilation und Atmung der Pllanzen und über einige diese Vorgänge beeinflussende Momente. Landwirtsch. .Jahrb., Bd. 14, S. 913 ff. 11. Krogh, A. 1908. On the Mikro-Analysis of Gases. Skand. Archiv, f. Physiol., Bd. 20, S. 279. 12. Nathansohn, A. 1907. Über die Bedingungen der Kohlensäureassimilation in natürlichen Gewässern, insbesondere im Meere. Ber. üb. d. Verh. d. kgl. sächs. Ges. d. Wiss., Leipzig, Bd. 59, S. 711. 13. Ohno, N. 1910. Über lebhafte Gasausscheidung aus den Blättern von Nelwmho nucifera. Zeitschr. f. Bot., Bd. 2, S. 641. 14. Pantanelli, E. 1904. Abhängigkeit der Sauerstoffausscheidung belichteter Pflanzen von äußeren Bedingungen. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 39, S. 107. 15. Pfeffer, W. 1871. Die Wirkung farbigen Lichts auf die Zersetzung der Kohlen- säure in Pflanzen. Arb. d. bot. Inst. Würzburg, Bd. 1, S. 1. 16. Reinke, J. 1883. Untersuchungen über die Einwirkung des Liclites auf die Sauerstoffausscheidung der Pflanzen. Bot. Zeitg., Bd. 41, S. 697. 17. Ursprung, A. 1912. Zur Kenntnis der Gasdiffusion in Pflanzen. Flora, Bd. 104, S. 129. 18. Van Tieghem, P. 1869. Respiration des plantes submergees ä la lumiere d'une bougie, lieu de formation des gaz. Comptes Rendus de l'Ac. d. scienc. Paris, Bd. 69, S. 482. Das Verhalten der Windepflanzen in der Dunkelheit. Von Frederick C. Newcombe. University of Michigan. Einleitung. Die Untersuchung:, welche in dieser Abhandlung beschrieben wird, beschäftigt sich nicht mit den Ursachen von dem Winden der Pflanzen, sondern vielmehr mit den Tatsachen ihres Verhaltens in der Dunkelheit und des Verhaltens derselben Pflanzen, nachdem sie wieder dem Lichte ausgesetzt worden waren. Der Literatur nach warPalm^) der erste, der den Effekt der Entfernung des Lichtes auf das Winden der Pflanzen untersuchte. Er zog den Schluß, daß die Pflanzen ohne Licht nicht winden können. In demselben Jahre gab Mo hl-) eine Untersuchung heraus, in welcher er Überzeugungen aussprach, die sich wesentlich von denen Palms unterschieden. Er benutzte Ipomoea purpurea, Pharbitis hispida und Phaseolus vulgaris und behauptete, daß diese winden würden, bis sie im Dunkeln einen Zustand des Ver- hungerns erreichten. Er meinte, daß sie aufhörten zu winden, weil sie zu wachsen aufgehört hätten. Nach Verlauf von beinahe vierzig Jahren wandte sich Du- chartre^) dieser Frage zu. Er trug Windepflanzen der Dioscorea 1) Ludwig H.Palm, Über das Winden der Pflanzen, 1827. Preisschrift, Stutt- gart. Leider habe ich das Original nicht zu Gesicht bekommen, auch habe ich nicht die Namen der Pflanzen, deren sich Palm bediente, finden können. 2) Hugo von Mohl, Über den Bau und das Winden der Ranken- und Schling- pflanzen. 1827, Tübingen. 3; P. Duchartre, Experiences relatives ä l'influence de la lumiire sur l'en- roulement des tiges. Comp. rend. Acad. Sc. Paris, Vol. CXI, p. 1142, 1865. 5J2 Frederick C. Newcombe, hatatas vom offenen Garten in einen dunkeln Keller, hin und her, und fand, daß sich diese Pflanze, nachdem sie einige Tage im Keller geblieben war, senkrecht neben der Stütze erhob und so aufhörte, zu winden. Es wurden mehrere Pflanzen dieser Art benutzt, und stets ergab der Versuch dasselbe Resultat. Da Dios- corea hatatas einen großen Vorrat an Nahrung in ihrer knolligen Wurzel hat, so konnte sie viele Tage lang in Duchartres Keller wachsen; aber als derselbe Versuch an der Mandevillea suaveolens angestellt wurde, starben die Pflanzen bald in der Dunkelheit. Diese Schwierigkeit \\^rde jedoch beseitigt, indem man nur den oberen Teil der Pflanze in einen Zylinder von Zink einschloß und den untern Teil zur Bildung des Nahrungsvorrates dem Lichte ausgesetzt ließ. Bei dieser Behandlung starb die Spitze des be- deckten Stammes ab, nachdem er ein Wachstum von 10 cm in der Dunkelheit erzielt hatte, aber der Stamm brachte einen Zweig her- vor, der in der Dunkelheit nicht wand, jedoch schnell die Fähigkeit zu winden erlangte, nachdem der bedeckende Zylinder entfernt wurde. Mit Ipomoea purpurea gelangte Duchartre zu demselben Resultat wie Mohl; er fand, daß diese Pflanze bis zu ihrem Ab- sterben wand, zwei Wochen, nachdem man sie der Dunkelheit übergeben hatte. Im Jahre 1865 stellte Sachs ^), ohne sich auf irgendwelchen näheren Aufschluß einzulassen, die bloße Behauptung auf, daß Phaseolus mvltiflorus und Ipomoea purpurea sich an gänzlich etio- lierten Internodien gerade so um die Stützen in der Dunkelheit wanden, wie ähnliche Pflanzen im Lichte. Mehrere Jahre später, nachdem de Vries^) in Sachs' Labo- ratorium eine Untersuchung über Windepflanzen zu Ende geführt hatte, mäßigte Sachs ^) in seinem Lehrbuch seine frühere Äuße- rung, indem er nun die endgültige Meinung aussprach, daß grüne Pflanzen in normalem Zustande fortfahren, in der Dunkelheit zu winden, aber das Rotieren und Klettern einstellen, sobald sie etioliert werden. De Vries experimentierte ausschließlich mit Dioscorea hata- 1) Julius Sachs, Wirkung des Lichtes auf die Blütenbildung unter Vermitte- lung der Laubblätter. Bot. Zeit., Bd. 23, S. 119, 1865. 2) Hugo de Vries, Zur Mechanik der Bewegungen von Schlingpflanzen. Arbeit. Bot. Inst. Würzburg. Bd. 1, S. 327, 1873. 3) Julius Sachs, Lehrbuch der Botanik, 1874. Das Verhalten der Windepflanzen in der Dunkelheit. 513 tas, und bestätigte die Ergebnisse Duchartres, denn er fand, daß diese Pflanze wand, solange der Sproß grün blieb, aber weder Zirkuninutation noch Torsion noch Winden zeigte, nachdem der Sproß etioliert worden war. In meiner eigenen Untersuchung^) wurde dargelegt, daß die windenden Stämme des Asparagus plumosus, nach der Aus- schließung des Lichtes, einige Tage fortfahren zu winden, allmäh- lich aber den Radius ihres Umlaufes verkürzen, und endlich das Winden völlig einstellen, indem die Sprosse ihre Aufwärtsbewegung als orthotrope Glieder fortsetzen. Nach dem Bestand des gegenwärtigen Beweismaterials zu ur- teilen, fahren alle Pflanzen, mit denen Untersuchungen angestellt worden sind, fort, einen Tag oder ein paar Tage zu winden, nach- dem das Licht ausgeschlossen worden ist. Ipomoea purpurea, Pharhitis hispida und Phaseolus vulgaris setzen das Winden fort, bis das Verhungern sie vermutlich nötigt, das Wachsen einzu- stellen. Ipomoea haiatas und Asparagus plumosus hören auf, in der Dunkelheit zu winden, während sie noch kräftig wachsen* Das Verhalten der Mandevillea suaveolens wurde durch das einzelne Experiment Duchartres nicht sicher festgestellt, aber die eine dazu benutzte Pflanze wand in der Dunkelheit nicht. Versuche. Die in allen folgenden Versuchen befolgte Methode war diese, außer wo sie anders angegeben wird: Die Pflanzen, welche der Untersuchung dienen sollten, wuchsen kräftig, entweder in großen Töpfen oder in Beeten. Die unteren Teile der Pflanzen wurden bis zu einer Höhe von 20 cm bis 40 cm im Lichte gelassen, und nur der obere, fadenförmige Teil des Sprosses wurde in eine lichtdichte Bedeckung eingehüllt. Diese Bedeckung war gewöhn- lich ein Zj^linder aus schwarzer Pappe, ungefähr 15 cm im Durch- messer, in welchen in verschiedenen Höhen Fenster geschnitten waren, durch welche man Beobachtungen anstellen konnte. Diese Fenster waren, außer während der Zeit der Beobachtungen, durch größere Blätter schwarzen Pappdeckels verschlossen. Um diesen Zylinder am unteren Ende lichtdicht zu machen, wurde er in einen 1) F. C. Newcombe, Sensitive Life of Asparagus jjlumosus. Beih. Bot. Cen- tralbl., Bd. 31, S. 13, 1913. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 33 ^\^ Frederick C. Newcombe, Blumentopf gestellt, welcher auf einem großen Ring eines Stativs ruhte. Das Loch im Boden des Blumentopfes wurde bis zu etwa 3 cm Durchmesser vergrößert, und durch dieses Loch ließ man den Stamm der Pflanze gehen. Das Loch um den Stamm der Pflanze und die Rinne zwischen dem Pappzylinder und dem Topfe wurden mit schwarzer Watte verstopft. Als eine weitere Vorsichtsmaß- regel bedeckten 3 — 5 cm Erde den Boden des Topfes inwendig, und der schwarze Pappzylinder wurde in diese Erde hineingedrückt. Um die Überheizung im Sonnenlicht zu verhindern, wurde der schwarze Zylinder mit gioßen Blättern weißer Pappe bedeckt, wo- bei man jedoch einen Luftraum zwischen den beiden Zj-lindern ließ. Asparagus plumosus Baker var. nanus. Da das Verhalten dieser Pflanze in einer früheren Schrift M erwähnt worden ist, soll hier nur das allgemeine Ergel)nis berücksichtigt werden: Die Pflanze bildet, nachdem sie ein oder mehrere Jahre alt ist, lange kletternde Sprosse, welche keine Zweige oder assimilierende Nadeln entwickeln, bis der Sproß sich dem Ende seiner Verlänge- rung nähert. Das Winden kann entweder links- oder rechts- drehend sein. Die Enden von vier solcher Sprosse wurden in Zylinder aus schwarzer Pappe eingehüllt : die Zylinder waren unten mit schwarzem Tuche verschlossen, welches an das untere Ende des Zylinders und an den Sproß gebunden war, um das Licht ganz auszuschließen. Oben waren sie mit schwarzen Pappdeckeln verschlossen. Die ersten Stützen waren Bambus-Stengel von 5 mm bis 10 mm im Durchmesser: sobald sieh die Pflanzen über die Stützen erhoben, wurden ihnen Schnüre, 2 mm im Durchmesser, zum Klettern angeboten. Der erste Sproß war beinahe bereit zum Winden, als er be- deckt wurde. Er wurde 20 Tage lang im Dunkelzylinder gehalten während er sich verlängerte. Seine Gesamtverlängerung während dieses Zeitraums betrug 108,5 cm. Er kletterte gar nicht die Stütze liinauf, sondern erhob sich in ziemlich gerader Richtung parallel mit der angebotenen Stütze. Die Versuche wurden im August im Gewächshause angestellt, bei einer Temperatur, die öfters bis auf 30 '^ C stieg. Die Pflanze wuchs kräftig, als der Deckel entfernt wurde; und, nachdem man sie 4 Tage lang dem Lichte ausgesetzt hatte, begann sie das normale Winden. 1) F. C. Newcombe, Sensitive Life of Asparagus plumosus. Beili. Bot. Cen- tralbl., Bd. 31, S. 13, 1913. Das Verhalten der Windepflanzen in der Dunkelheit. 515 Die zweite Pflanze war im Winden begriffen, als man sie in einen Zylinder einschloß, setzte das Winden 3 Tage lang in der Dunkelheit fort, und erhob sich dann weitere vier Tage senkrecht neben ihrer Stütze, als ein Zufall dem Versuch ein Ende machte. Der eingeschlossene Sproß verlängerte sich 9 cm während der letzten 4 Tage im Zylinder. Der dritte Sproß war am Winden, als er eingeschlossen wmrde, wand sich dann während 4 Tage, erhob sich 53 cm während dieses Zeitraums, und erhob sich dann noch weitere 35 cm senk- recht neben seiner Stütze. Der Versuch war am zwanzigsten Tage nach dem Bedecken bei gutem Wachstum des Sprosses be- endigt. Das Winden stellte sich ungefähr 72 Stunden nach der Entfernung des Zylinders wieder ein. Myrsiphyllum asparagoides, Willd. Diese gewöhnliche Ge- wächshauspflanze ist, wie ihre schon berücksichtigte Verwandte, sowohl rechtswindend wie auch linkswindend. Der Diameter ihres Kreislaufs beträgt gewöhnlich 1 bis 3 cm. Ihre assimilierenden Phyllocladien bleiben unentfaltet über eine gipfelständige Strecke von einigen Zentimetern. Alle Versuche an diesen Pflanzen wurden in Februar und März veranstaltet, daher war die Temperatur des Gewächshauses im Durchschnitt 7°C oder 8° C niedriger als bei den Versuchen mit Asparagus. Fünf Pflanzen, welche sich um Stützen von 5 mm bis 7 mm Durchmesser wanden, wurden mit Dunkelzylindern bedeckt; nach 24 Stunden waren alle noch im Winden begriffen; aber 55 Stunden nachdem sie bedeckt worden waren, hatten alle aufgehört zu winden. Vier zeigten senkrechte Richtungen von 5 bis 10 cm Höhe, und die fünfte zeigte eine gerade Richtung von 10 cm, in einem Winkel von 30^0 von der Senkrechten. Die Deckel wurden von allen Pflanzen um 5 Uhr nachmittags entfernt, und am nächsten Tage um V2I2 Uhr vormittags hatten zw^ei Sprosse das Winden wieder begonnen, einer war noch in die Höhe gerichtet, und die zwei andern waren in dem warmen Sonnenschein verwelkt. Alle Pflanzen wuchsen kräftig, als die Deckel entfernt wurden, wie die täglichen Beobachtungen bewiesen. Drei andere Pflanzen dieser Art wurden ein Jahr später als die fünf vorhergehenden benutzt. Alle drei waren im Winden begriffen als sie bedeckt wurden. Die erste Pflanze stellte das Winden 48 Stunden nach dem Bedecken ein, und wand während der 33* 516 Frederick C. Newcombe, nächsten 4 Tage im Dunkeln gar nicht mehr. Drei Tage lang nach der Entfernung des Deckels fuhr der Sproß fort, aufrecht zu wachsen, fing aber am vierten Tage an zu winden. Was diese Pflanze und die zwei folgenden betrifft, so ist die langsame Wieder- aufnahme des Windens wahrscheinlich dem Wolkenwetter während jener Zeit zuzuschreiben. Die zweite Pflanze stellte das Winden einen Tag nach dem Bedecken ein, und wuchs 33 cm aufrecht bis zum 9. Tage, an welchem der Deckel entfernt wurde. Nachdem der Sproß 3 Tage lang dem Lichte ausgesetzt worden war, nahm er das Winden wieder auf, aber am nächsten Tage bei Wolkenwetter wuchs er wieder aufrecht, und setzte das Winden erst 3 Tage später ^^1eder fort. Die dritte Pflanze stellte das Winden 2 Tage nach dem Bedecken ein, wuchs dann während der folgenden 9 Tage 15 cm in wellenförmiger Richtung in die Höhe. Spätere Wiederaufnahme des Windens wurde nicht probiert. Phaseolus vulgaris Linn. Diese Pflanze erzeugt bekanntlich, wenn sie sich der Windezeit nähert, einen fadenförmigen Stamm von 15 bis 20 cm Länge, an welchem sich die Blätter erst spät entfalten. Sie klettert linkswindend. Es wurden nur drei dieser Pflanzen benutzt, und zwar im Dezember, wo es sehr wenig Sonnenschein gibt. Die Ergebnisse sind also nicht so gut, wie man es erwarten könnte. Sechs Tage lang nach dem Bedecken setzten die 3 Stämme ilir Winden um die Draht-Stützen, 4 mm im Durchmesser, fort. Das Winden hörte am siebenten oder achten Tag auf, und wurde während der 5 folgenden Tage, währenddessen der Deckel benutzt wurde, nicht erneuert. Das Wachstum im Dunkeln, nachdem das Winden aufgehört hatte, betrug 6 bis 8 cm. Eiue Pflanze zeigte eine senkrechte Strecke von 6 cm, eine andere eine senkrechte Strecke von 8 cm, und die dritte eine gerade Strecke von 4 cm, über welcher die Spitze in einer Länge von 2,5 cm sich von der Senkrechten um 20'' neigte. Diese 3 Pflanzen wurden 10 Tage lang nach der Entfernung des Deckels beobachtet, aber, trotzdem die etiolierten Stämme in ein dunkles Grün übergingen, war sehr wenig Verlängerung und gar kein Winden bemerkbar. Phaseolus multiflorus, Willd. Diese Art windet nach links, die apikale Strecke von 10 bis 12 cm ist fadenförmig und entfaltet Das Verhalten der Windepflanzen in der Dunkelheit. 517 ihre Blätter nicht. Es wurde nur dieser fadenförmige Teil in den Zylinder eingeschlossen, während eine beträchtliche Masse des ausgebreiteten Laubes im Lichte unter dem Zylinder gelassen wurde. Pflanze 1, im Winden begriffen als sie bedeckt wurde, begann, nach 24 stündigem Aufenthalt im Dunkeln, ihre letzte Windung gerade zu machen. Diese Pflanze wurde 16 Tage lang im Dunkeln behalten und machte nach dem Bedecken nur eine ganze Windung. Sie gab alle Versuche zu klettern auf, nachdem sie 3 Tage lang im Dunkeln gewesen war. Ihre ganze Verlängerung im Dunkeln betrug 135 cm. Größtenteils wuchs sie parallel mit der Draht- stütze, welche 2 mm im Durchmesser hatte. Ihre Spitze w^ar für den größten Teil der letzten 10 Tage gänzlich aufrecht. Wenn sie nicht aufrecht war, waren die gipfelständigen 15 mm in einem Winkel von 30 "^ bis 60 "^ mit der senkrechten Strecke nach unten geneigt. Um zu verhindern, daß diese große Länge des Stammes von dem senkrechten Draht wegfiel, wurde der Stamm an ver- schiedenen Stellen und zu verscliiedenen Zeiten an dem Drahte festgebunden. Pflanze 2, im Winden begriffen als sie an demselben Tage wie Pflanze 1 bedeckt wurde, verhielt sich ähnlich, verlängerte sich 123 cm in dem Zylinder innerhalb der 16 Tage, die sie bedeckt war, und machte nur eine ganze Windung gleich nachdem sie der Dunkelheit ausgesetzt worden war. Diese eine Windung war eine lange Spirale, nicht weniger als 30 cm in vertikaler Höhe. Auf 50 cm oberhalb dieser letzten Strecke war der Lauf wellenförmig, nicht windend, und für die letzten 43 cm war der Stamm vertikal und gerade, indem die apikalen 15 mm meistenteils aufrecht waren, aber sich zuweilen sogar 60^ von der Senkrechten wegneigten. Wie die vorhergehende Pflanze wand sie mit Unterbrechungen, nachdem sie bedeckt w^orden war, stellte aber nach 3 Tagen in der Dunkel- heit jeghches Winden ein. Pflanze 3 wurde wie Nr. 1 und 2 behandelt, wurde aber nur 10 Tage lang im Dunkeln behalten. Sie machte eine senkrechte Verlängerung von 70 cm nach dem Bedecken, begann unregel- mäßige Nutation 3 Tage nach dem Bedecken, machte in den ersten 3 Tagen dreieinhalb Windungen um die Drahtstütze, verfolgte so- dann einen wellenförmigen Lauf ohne zu winden, und w^uchs end- lich die letzten 34 cm parallel mit dem Drahte, mit meistenteils aufrechter Spitze. 518 Frederick C. Newconibe, Pflanze 4 war zu derselben Zeit und während desselben Zeit- raums in der Dunkelheit. Sie machte 4 lauge spiralige Windungen während der ersten 3 Tage nach dem Bedecken; schwankte einige Tage lang hin und her an dem Drahte vorbei, ohne zu winden, und wuchs die letzten 33 cm parallel mit dem Drahte, indem sie für 15 mm ihre Spitze 45^ von der vertikalen Richtung wegneigte, als der Deckel endlich entfernt wurde. Ihr ganzes Wachstum in dem Zylinder betrug 83 cm. Die zwei letzten Pflanzen erneuerten das Winden 24 Stunden nach der Versetzung in das Licht. Senecio scandens Buch-Harn. Diese Art bringt sowohl win- dende wie nichtwindende Sprosse hervor. Die windenden Sprosse klettern linkswindend: nachdem sie unter Gewächshausbehand- lung eine Höhe von 40 cm bis 100 cm, oder mehr, erreicht haben, stellen sie die Verlängerung ein und beendigen ihr Wachstum in einem Büschel von Infloreszenzen. Bei zwei Pflanzen wurden die oberen windenden Teile in Dunkelzyhndern eingeschlossen im März, als die Temperatur im Gewächshause zwischen 12^0 nachts und 28^0 bei Sonnenschein wechselte. Nach 3 Tagen in der Dunkelheit wurde das Winden unregelmäßig. Die eine Pflanze stellte endlich das Winden nach 9 Tagen im Dunkeln ein, die andere nach 15 Tagen. Da die Pflanzen über die stützenden Drähte hinauswuchsen, wurden die Drähte 1,5 mm im Durchmesser verlängert. Die Pflanzen fuhren fort kräftig zu wachsen, wanden aber nicht, und die Deckel wurden 24 Tage, nachdem sie über die Pflanzen gebracht worden waren, entfernt. Eine Pflanze wuchs 49,5 cm in der Dunkelheit, wovon die letzten 15 cm parallel mit dem Drahte liefen. Die zweite Pflanze wuchs 40 cm nach dem Bedecken, wo- bei die letzten 11 cm gerade waren. Die dritte Pflanze, welche 13 Tage nach dem Bedecken ihre erste Windung machte, wuchs 12 cm aufrecht in den letzten 11 Tagen ihres Aufenthaltes in der Dunkelheit. Keine Pflanze hatte ihr Wachstum im Dunkeln ein- gestellt. Eine der vorhergehenden Pflanzen erneuerte ihr Winden nach 3 Tagen im Lichte, die andere nach 4 Tagen im Lichte. Beide Pflanzen entwickelten Blätter und Blumenknospen nach 7 Tagen im Lichte und beendigten so ihre Verlängerung. Zwei andere Senecio-I'üainzen wurden im Dezember bedeckt. In 3 Tagen hatten beide das Winden eingestellt. Nach weiteren Das Verhalten der Windepflanzeu in der Dunkelheit. 519 2 Tagen im Dunkeln hatte sich keine von beiden um den Draht, 4 mm im Durchmesser, gewunden. Eine Pflanze hatte einen geraden distalen Teil, 82 mm lang, welcher sich in einem Winkel von 30" von dem Drahte wegneigte. Die andere hatte eine aufrechte Strecke von 60 mm. Die Deckel wurden 5 Tage nach der Anwendung entfernt, und die Pflanzen fingen wieder an zu winden 3 Tage nachdem sie dem Lichte wiedergegeben worden waren. Drei andere Pflanzen wurden am 31. Januar mit den Dunkel- zylindern bedeckt. Nach 4 Tagen war die Zirkumnutation in zweien unregelmäßig geworden, und 6 Tage nach dem Bedecken zeigten alle 3 Pflanzen, daß sie, schon geraume Zeit vorher, das Winden eingestellt hatten. Zwei dieser Pflanzen fuhren laugsam zu wachsen fort (die Temperatur \\\ar fortwährend niedrig, von 10" bis 15° schwankend), 13 Tage nach dem Bedecken, als die Deckel entfernt wurden. Nach 10 Tagen im Lichte erneuerten sie das Winden, aber zögernd, indem sie bald den Draht völlig oder teilweise umschlangen, bald sich zu einem Wachstum von einigen Zentimetern parallel mit dem Drahte aufrichteten. Die dritte Pflanze wurde 23 Tage lang im Dunkeln aufbewahrt und wuchs kräftig während dieser ganzen Zeit, indem sie 74 cm an Länge zunahm. Sie nutierte unregelmäßig in den 15 mm ihrer Spitze, wand aber nicht in der Dunkelheit während der letzten 19 Tage. Sie wuchs noch kräftig, als der Deckel entfernt wurde. Sieben Tage nach Entfernung des Deckels erneuerte der Stengel das regelmäßige Winden um den Draht. Ipomoea - bona - nox Linn. Diese Pflanzen haben die all- gemeine Gewohnheit des Wachsens ihrer ])esser bekannten Ver- wandten, Ipomoea purpiirea. Von drei windenden Pflanzen bei einer Temperatur von 15° bis 26°, wurden die oberen 15 bis 20 cm in Dunkelzylindern eingeschlossen. Eine Pflanze wurde nach dem Bedecken täglich beobachtet. Sie wand 5 Tage lang im Dunkeln, und machte am letzten Tage, im Vergleich mit den älteren, eine sehr lange und steile Windung. Darauf erhob sich die Spitze aufrecht am Drahte entlang. Die anderen zwei Pflanzen wurden 10 Tage lang nach dem Bedecken nicht beobachtet. Sie hatten sich während dieses Zeit- raums ungefähr einen Meter verlängert, und über die Hälfte dieses Wachstums war aufrecht und parallel mit dem Drahte. Man darf also annehmen, daß das Winden 4 oder 5 Tage nach dem Be- 520 Frederick C. Newcombe, decken eingestellt wurde. Alle drei Sprosse waren in kräftigem Wachstum begriffen, als die Deckel entfernt wurden. Ipomoea purpiirea Roth. Bei drei Pflanzen der Ipomoea purpurea wurden die oberen Teile in Dunkelzylindern einge- schlossen und durften so wachsen und sich um senkrechte eiserne Drähte, 2 mm im Durchmesser, winden. Dieser Versuch wurde im Mai und Juni im Gewächshause ausgeführt, wo die Tempe- ratur zwischen 15° und 30" schwankte. Man ließ die windenden Stengel 17 Tage im Dunkeln wachsen, in welcher Zeit sie um 120 cm bis 135 cm zunalinien. Drei andere Pflanzen unter den- selben Umständen ebenso behandelt wuchsen 28 Tage lang in den Zylindern und fügten ihren ursprünglichen Windungen 180 bis 210 cm zu. Als der Versuch beendigt wurde, waren die sechs Pflanzen noch im Wachsen begriffen, und hatten das Winden noch nicht völlig eingestellt, obgleich gute Anzeichen vorhanden waren, daß das Winden aufgehört haben würde, falls man den Versuch lange genug fortgesetzt hätte. Auch ist noch zu bemerken, daß die Beobachtungen der letzten 3 Wochen, gewisser Umstände halber, nur unvollständig gemacht werden konnten. Am 7. und 8. Tage, nachdeui man die Sprosse in die Zylinder getan hatte, zeigten drei der sechs Pflanzen die Schraube steiler als vorher, die Spitzen hatten ihren charakteristischen, zurückge- bogenen Haken verloren und an Stelle desselben war ein aufrechter Teil des Stammes für 3 — 4 cm mit dem Drahte parallel aufge- treten; diese senkrechte Strecke, welche in eine 1,5 bis 2 cm lange Spitze auslief, neigte sich ungefähr 45 "/o von der vertikalen Richtung. Mit einem so beschaffenen Stamm wie dieser ist das Klettern uuiuöglich, und die drei Sprosse stellten einstweilen das Winden ein, erneuerten es aber bald wieder. Verteilung des Wachstums im verdunl-<^i<^a-Eigenschaft überhaupt zeigt, sie jahr- aus, jahrein streng beibehält. Beim Austreiben sind zunächst die Sprosse normal, dann treten, wie bei Sämlingen, die braunen Sprenkel flecken auf. Äußere Einflüsse wirken, soweit meine Er- fahrung reicht, kaum auf das Auftreten ein. Umgekehrt habe ich nie eine Pflanze, die im ersten Jahre die normale Belaubung zeigte, in späteren Jahren sordida werden sehen. über eine nach den Mendel sehen Gesetzen vererbte Blattkrankheit (Sordago) usw. 599 Eine nähere Untersuchung- zeigte nun bald, daß die Sordago erblich ist und dabei ganz einfach den Mend eischen Gesetzen folgt. Traten sordidae und normale Pflanzen in der durch Selbst- befruchtung erzielten Nachkommenschaft einer normal aussehenden Pflanze auf, so ließ sich leicht feststellen, daß die sordidae etwa V4 der Gesamtzahl ausmachten, die normalen Pflanzen aber etwa V4. Daraus ließ sich schon schließen, daß die betreffende normal aus- sehende Pi- Pflanze eine Heterozygote (normal -|- sordida) gewesen war, und daß der normale Zustand über die Sordago dominiert. Bestätigt wurde das durch das weitere Verhalten der Nachkommen- schaft. Die sordidae gaben bei Selbstbestäubung ausschließlich nur ihresgleichen, waren also Homozygoten; die normal aussehen- den Geschwisterpflanzen verhielten sich verschieden: etwa Vs von ihnen gab nur normale Nachkommen, die anderen ^/s dagegen wieder je eine sordida auf drei normale Pflanzen usw. Es handelt sich also um tj^pischeu Monohybridismus; das sordida -M.eYkm?i\ ist rezessiv, und zwar so vollständig, daß ich, zurzeit wenigstens, die normalen Homozygoten und die Heterozy- goten nicht unterscheiden kann. Das Gesagte mag durch Mitteilung einiger Versuchsreilien be- legt werden^). Versuchsreihe I. Die Versuche gingen von einer völlig normal aussehenden, hell- und dunkelgrün gescheckten (variegata) Pflanze von niedrigem Wuchs (f. nana) aus (2675), von der zwei Äste zur Selbstbestäubung in Gazesäcke eingeschlossen worden waren. Alle Nachkommen, 71 an Zahl, waren wieder variegata, dagegen hatten nur 52 nor- males Laub, 19 (etwa 27 ^,0) waren sordidae. Von 23 beliebig herausgegriffenen, normal aussehenden Pflanzen wurde wieder nach Selbstbestäubung die Nachkommenschaft auf- gezogen. Das Ergebnis bringt Tab. 1 (S. 600). Von den 23 normalen Pflanzen der zweiten Generation waren also 8 Homozygoten und 15 Heterozygoten, also 35 und 65 "/o statt 33,3 und 66,6*^/0, wie es das Spaltungsgesetz verlangt.. 1) Es wurden Versuche der letzten Jahre ausgesucht, weil diese größere Zahlen umfaßten. 600 C. Correns, Tabelle 1. Nr. des Gesamt- zahl Davon Nr. des Versuches Gesamt- zahl Davon Versuches sord. 7o sord. 7o 12311 28 — 12310 45 13 29 12313 7 — — 12312 27 7 26 12321 85 — — 12314 44 10 23 12324 48 — — 12315 20 5 25 12325 44 — — 12316 30 8 27 12327 55 — — 12317 14 5 36 12330 38 — 12318 28 7 i 25 12332 56 — — 12319 12320 12322 42 40 45 17 40 Zusammen 361 — ■ — 15 38 11 24 12323 17 5 29 12326 54 14 26 12328 46 7 15 12329 20 5 25 12331 38 11 29 Zusammen 510 140 27 Zählt man alle Pflanzen der dritten Generation, die von den 15 Heterozygoten abstammen, zusammen, so sind es 510; davon waren 140, also 27 "/o (statt 25°/o) sordidae. Einige Versuche gaben, wie zu erwarten^), neben variegata- Pflanzen auch einzelne dunkelgrüne typicae; darauf ist in der Tabelle keine Rücksicht genommen. Versuchsreihe II. Ausgangspunkt war eine Pflanze (1017), die sonst auf hell- grünem Grund (chlorina) schwach dunkelgrün gesprenkelt (also variegata) und völlig normal belaubt war, aber auch einen dunkel- grünen (typica) Trieb besaß. 4 Äste, darunter auch der dunkelgrüne, wurden zur Selbstbestäubung gesackt^). Das Ergebnis ist in Ta- belle 2 für die vier Äste getrennt zusammengestellt. 1) Vgl. die Anm. auf S. 587. 2) Wegen des Verhaltens der verschiedenen Grünfärbung, speziell der „Amphotero- gonie" des dunkelgrünen und der variegata - Äste, sei auf die Abhandlung: Der tJber- gang aus dem homozygotischen in einen heterozygotischen Zustand im selben Individuum bei buntblättrigen und gestreiftblühenden üfiVa&iZis- Sippen, Berichte d. Deutsch. Botan. Gesellsch., Bd. 28, S. 418 (1910), verwiesen, sowie auf die „neuen Vererbungsgesetze", S. 69 (1912). über eine nach den Mendel sehen Gesetzen vererbte Blattkrankheit (Sordago; usw. ßOl Tabelle 2. Aussehen Nr. des Ver- suchs Ge- samt- zahl- normal sordida des Astes ^ i ^ s i i i (3 «/oder Gesamt- zahl variegata 11256 5 1 3 1 5 — — — — — variegata 11257 40 6 23 — 29 2 9 — 11 27,5 variegata 11258 33 4 22 1 27 1 5 — 6 18 dunkelgrün . 11259 13 1 1 8 10 — — 3 3 25 Zusammen 91 71 20 22 Von den Nachkommen der Pflanze 1017 waren also, ganz un- abhängig von der Laub färbe, 22 "/^ sordidae und der Rest normal. Bei allen vier Versuchen war eine Anzahl dieser normalaus- sehenden Pflanzen, zusammen 33, zur Selbstbestäubung gesackt worden. Die Nachkommenschaft ist in Tabelle 3 zusammengestellt. Tabelle 3. •:; 1 ■ ..^,. . ^^^^ Fortsetzung von Versuch Nr. des Versuchs -2 il /o Fortsetzung von Versuch Nr. des Versuchs C8 s C3 05 Vo r 12252 18 — — 12255 28 8 29 11256 1 12253 29 — — 12256 27 8 29 1 12254 21 — 12258 25 4 16 12257 26 — 11257 ■. 12361 60 12 20 12259 39 — — 12263 26 4 15 11257 \ 12260 43 — 12264 16 4 25 12262 36 — — 12265 17 3 18 11258 ! 12267 25 — 12266 20 3 15 12268h 27 — — 12268 & 10 1 10 1 12272 39 — 11258 12269 30 5 17 11259 \ 12275 20 — 12270 18 3 17 12276 23 — l 12271 *1 7 17 1 12279 33 — — 12273 12274 12277 22 51 26 3 13 5 14 zusammen 13 Vers. 379 — — 25 19 11259 12278 12280 27 91 6 25 22 27 12281 21 5 23 12282 61 10 16 12283 33 8 24 zusammen 20 Vers. 651 137 21 602 C. Correns, Es waren also von den 33 untersuchten, normal aussehenden Pflanzen der 2. Generation 20, d. h. 61 ^/q, Heterozygoten, statt 66,6 "/o, wie zu erwarten war. Zählt man die Nachkommenschaft dieser 20 Heterozygoten zusammen, so sind es 651 Pflanzen; davon waren 137, also 21%, sordidae (statt 25 °/o), der Rest war normal. Der Versuch 12 256 wurde 1914 fortgesetzt. Wie aus Tab. 3 ersichtlich, hatte er unter 27 Individuen 8 sordidae gegeben. Nach der Laubfarbe waren es gewesen: davon normal sordidae 7 chlorinae (hellgrün) 4 3 14 variegatae (hell und dunkelgrün) 12 2 6 typicae (dunkelgrün) 3 3. 11 Pflanzen waren zur Selbstbestäubung gesackt worden, 2 chlorinae, 3 variegatae und 6 typicae, teils normale Indi- viduen (3), teils sordidae (8). Das Resultat der Aussaat bringt Tab. 4. Tabelle 4. ■n _S Aussehen der Stammpflanze normal sordida 5 1 et i » 38 — — — — 38 — — 38 100 Die drei Pflanzen mit normaler Belaubung haben sich dem- nach als Heterozygoten herausgestellt; sie weisen zusammen unter 1) Bei diesem einen Versuch war die Abgrenzung der ehlorina von der variegata wohl nicht sorgfältig genug vorgenommen worden. über eine nach den Mendelschen Gesetzen vererbte Blattkrankheit fSordago) usw. 603 ihren 117 großg-ezogenen Nachkommen 26 sordidae, also etwa 22 °/o auf. Die 8 sordidae haben alle wieder ausschließlich ihresgleichen hervorgebracht, zusammen 254 Pflanzen, wobei das sordida -'Merkmal z. T. wieder mit verschiedener Farbe des Laubes kombiniert auftrat. Versuchsreihe III. Hier stelle ich einige Versuche zusammen, aus denen die Konstanz isolierter sordidae hervorgeht. Es handelt sich dabei teils um variegatae, teils um dunkelgrüne Pflanzen. Tabelle 5. sordidae typicae sordidae variegatae Nr. Gesamt- Aus- davon Nr. Gesamt- Aus- davon des Versuchs zahl sehen varieg. des Versuchs zahl sehen typic. 12293 13 sord. 2 12284 11 sord. 12294 13 11 5 12283 30 1 12298 15 „ 4 12286 32 — 12299 7 „ 2 12287 32 " — 12300 11 » 3 1228S 20 1 12301 17 26 " 4 4 12289 37 — 12302 Zusammen 162 sord. ■2 12304 26 „ 3 12306 18 „ 2 12307 17 „ 3 12309 14 „ 1 Zusammen 177 sord. 33 12303 6 „ — 12305 12 — 1230S 8 „ — Zusammen 26 sord. — Versuchsreihe IV. Obwohl durch das regelmäßige Spalten der Nachkommenschaft heterozygotischer Individuen eigentlich schon sichergestellt ist, daß die Sordago sowohl durch die männlichen als durch die weib- lichen Keimzellen vererbt wird, habe ich 1912 doch noch besondere Versuche angestellt, bei denen dieselbe sordida-ViXdi^zQ einmal die Eizellen und einmal den Pollen lieferte. Es war eine t^^pisch 604 C. Correns, grüne Pflanze (2745), deren Konstanz hinsichtlich der Sordago bekannt war, die aber in der Laubfarbe eine Heterozygote (typica -|- variegata) war. A. Im einen Fall wurde sie mit dem Pollen einer konstant normalen, dunkelgrün aussehenden Pflanze (2760) bestäubt, die ebenfalls eine Heterozygote typica -\- variegata war. (Nach Selbstbestcäubung hatte sie 1912 z. B. unter 70 normalen Säm- lingen 48 dunkelgrüne und 22 hellgrüne (variegata und chlorina) gegeben.) Die 20 großgezogenen Bastarde der Kombination sordida $ -\- normal cT hatten alle normale Blätter, 17 waren typisch grün, 2 variegata und 1 chlorina. Hellgrüne Nachkommen waren zu erwarten, da ja beide Eltern hinsichtlich der Laub färbe hetero- zygo tisch waren. Von drei tjrpisch gi'ünen Bastarden wurde nach Selbstbestäubung die Nachkommenschaft aufgezogen. Das Ergebnis bringt Tab. 6. Tabelle 6. Nr. des Ver- Ge- samt- zahl normal sordida suches chlor. var. typ. zu- sammen chlor. rar. typ. zu- sammen 7o 14098 14099 14100 48 44 61 6 3 26 — 32 Kl 41 35 32 51 1 4 8 — 12 4 6 13 12 10 27 27 16 Zu- sammen IT) 3 118 35 23 Die zweite Generation der drei Bastarde bestand also zu 27, 27 und 16°/o aus sordidae, zusammen aus 23°/o. 2 Bastarde waren hinsichtlich der Laubfarbe heterozygotisch, ihre Nachkommenschaft zeigt deshalb das Sordago-Merkmal sowohl wieder mit der typisch grünen Farbe als mit dem variegata- und c/i^nna-Merkmal kom- biniert. B. Im zweiten Falle wurde eine normal aussehende, typisch grüne Pflanze (2755) verwendet, die aber, wie der Erfolg der Selbstbestäubung lelirte, sowohl liinsichtlich der Laubfarbe als der normalen Beschaffenheit der Blätter heterozygotisch war^). Sie 1) Unter 11 Nachkommen war freilich nur eine sordida gewesen und zwei variegatae. über eine nach den Mendel sehen Gesetzen vererbte Blattkrankheit (Sordago) usw. 605 wurde mit dem Pollen derselben sordida (2745) bestäubt, die zum Versuch A verwendet worden war. Von den 14 großgezogenen Bastarden waren 7 normal und 7 sordidae, lag doch die Rück- kreuzung einer Heterozygote (2755) mit der rezessiven Sippe vor. Von den normalen Pflanzen war eine, von den sordidae waren zwei variegatae, der Rest typisch grün. Wieder wurde von drei normal aussehenden, typisch grünen Bastarden nach Selbstbestäubung die Nachkommenschaft aufge- zogen. Tabelle 7 bringt das Ergebnis. Tabelle 7. Nr. des Ver- suches Ge- samt- zahl normal sordida chlor. var. 1 typ. zu- sammen chlor. var. typ. zu- sammen 7o 14101 14102 14103 j 14104 ) 45 4.T 104 — 10 25 — — 34 — — 80 35 24 80 1 9 11 24 10 11 24 22 24 23 Zu- sammen 194 149 45 23 Die 3 Bastarde gaben also 22, 24 und 23°/o sordidae, zu- sammen 23*^/0. Der eine war hinsichtlich der Laubfarbe heterozy- gotisch, er zeigte sowohl unter den variegatae wie den typisch grünen Nachkommen sordidae. Das in den 4 Versuchsreihen angeführte Beweismaterial wird genügen, um zu zeigen: 1. daß das Sordago -Merkmal im strengsten Sinne erb- lich ist; 2. daß die Vererbung den Mendelschen Gesetzen folgt, 3. daß das Sordago-Merkmal durch eine einzige Anlage (ein Gen) bedingt ist; 4. daß es dem normalen Zustand gegenüber rezessiv ist. Die Versuche, das sordida-M.erkma\ mit dem albomaeulata- Merkmal zu verbinden, schlugen, wohl nur zufällig, alle fehl. Unter den 11 Bastarden, die ich durch Bestäuben einer oXbomacu- ?a^a-Pflanze (3158) mit dem Pollen einer sordida (3084) erhalten ß06 C- Correns, hatte, war kein einziger weißgesprenkelt; auch die umgekehrte Bestäubung {sordida 3084 mit dem Pollen von alhomaculata 3158) lieferte nur (5) grüne Pflanzen. Letzteres war nach dem Ver- halten der alhomaculata'^) von vornherein nicht anders zu erwarten. Die Verbindung der Mirabilis Jalapa sordida mit der normalen M. longifiora gelang unschwer und lieferte normale Bastarde; die 2. Generation ist noch nicht aufgezogen, ich zweifle nicht, daß sie Spaltung zeigen wird. Höhe und Gewicht der .sordidae. Es ist schon hervorgehoben worden (S. 586), daß die sordida- Pflanzen merklich niedriger und wesentlich leichter sind, als die normalen Individuen der gleichen Abkunft. Auch hierfür seien einige Belege in Tabellenform angeführt-). Die Versuche selbst, die das Material lieferten, sind uns schon in den vorhergehenden Tabellen begegnet. Bei jedem Versuch und jeder Pflanzenklasse sind (soweit möglich) drei Werte für Höhe und Gewicht gegeben, der Wert für die schwächste (Mi.) und stärkste Pflanze (Ma.) und, fettgedruckt, das arithmetische Mittel (Me.) aus den Einzelwerten für alle zu dem Versuch, resp. zu der Pflanzenklasse gehörigen Individuen. (Maxima und Minima in Höhe und Gewicht fielen durchaus nicht immer auf die gleichen Pflanzen). Vorausgestellt ist bei jeder Pflanzenklasse die Zahl der 1) Zur Kenntnis der Eolle von Kern und Plasma bei der Vererbung. Zeitschr. f. indukt. Abstam. und Vererbungslehre, Bd. II, S. 331 u. f. (1909). Eine Berechti- gung der Kritik, die Lundegärd (Ein Beitrap; zur Kritik zweier Vererbungshypo- thesen, Pringsh. Jahrb. Bd. 48, S. 301 u. f. 1910) an dieser Arbeit geübt hat, kann ich, auch nach dem Ausfall weiterer Experimente, nicht anerkennen. 2) Die Messungen und Wägungen wurden im September an einjährigen Pflanzen vorgenommen, wenn in unserem Klima die Entwicklung für das .Jahr zum Stillstand gekommen war. Gemessen wurde bei den einen Versuchen an den im Boden stehenden Pflanzen der Abstand von der Erdoberfläche bis zu den Hüllkelchspitzen in der Mitte des Busches, bei den andern an den abgeschnittenen, senkrecht herabhängenden Pflanzen der Abstand zwischen dem Anfang der Eübe und den Hüllkelchspitzen. Bei stärker ungleich- seitig entwickelten Büschen wurde ein Mittelwert jrenommen. Der Natur der Sache nach sind die Maße ziemlich unjrenau; es wurde deshalb in den letzten .fahren weniger gemessen als gewogen. Dabei wurden die dicht über den Eüben abgeschnittenen Pflanzen mit der untersten Gabelung an einer Federwage aufgehängt, die direkt je 10 g abzulesen erlaubte; eine Schätzung von Grammen war möglich. Die Wage wurde von Zeit zu Zeit mit Gewichten auf ihre Genauigkeit geprüft und bis zuletzt stets gut brauchbar gefunden. über eine nach den Mendelschen Gesetzen vererbte Blattkrankheit (Sordagoj usw. 607 Individuen, aus der der Mittelwert berechnet wurde. Die letzte Kolonne zei^ das mittlere Gewicht der sordidae, wenn das mitt- lere Gewicht der zum selben Versuch gehörigen Pflanzen der gleichen Laubfarbe zu 100 angenommen wird. Die Tab. 9 (S. 609) ist aus Versuchen zusammengestellt, deren Pflanzen sich alle unter möglichst gleichen Bedingungen ent- wickelt haben, so daß die Werte der einzelnen Versuche unter- einander gut vergleichbar sind, was für Tab. 8 (S. 608) nicht zu- trifft, wo nur die Werte jedes einzelnen Versuches für sich ver- glichen werden dürfen. Beide Tabellen lehren, daß 5orc/i-i '"i »H »-H lOlA'^OOlMOi-l'^ CO ef> \a oi \a o OOOOOOOO O O C) O O O O Oi CY^ CO »-( 0(5 X~4 lO >0 '^ <Ä> M< »O ^t* ^ I ^ 00 w eo eo »o «« © 94 «I ei (M 09 CO CO in IN ift CO ^ 90 ^ ^ os *-( fo >o c> •* cv * «c s >s cv c<* 00 <-v cv CO 0» cn CO cn CO o> j 0 •n 1 1 S >o lO "* •^ «5 »o 1 ^ti "* •<* 1 1 TS ■p» V !>• D» l^ *1 GO Ä »o OD «« \fi to a ^ s »1 «« »1 (N ■* « ^ tH *1 »1 (N e© Ol i i O !3l •^ 00 >o "^ 1 00 "* >c 1 1 60 a »-< *-< 00 CV) 1 >H 1 1 *> X u- ^H •^ ■>* ~ — - C-. 0 ■* CO 0 A y— *. ■■^ .- o >s '? o O «8 o »o l,-~ o 'n >o i« c> »o •O ^ c ^ cS Oi CO «O '-i <Ä ■^ 00 1 n? ^ '^ ^ CVJ 05 Co 00 CO Co 1 1 "08 ^ ta «s t» t>» lÄ ">* Si e« 91 w^ .- - 1^ «o la ^ c -*> »1 OD -* 3C w rC ^c O iH tH ^H «M ^H -ri -- ^H vH ^H ^H ^ s oi »o o »o O c> 0 »«< to 00 s »o »o ^ ■»^ 1 1 iD C3 (M ^^ C-. 0 0 ■* <35 ta CO 00 00 eo •* (N ^ CO 0 *— -t ■>! IS 3 (M 03 j >-l >o O «> » (N "* »a »3 !^ < c> »s >o 1 Cj Mi 0 1 1 G S »-I l~l ■M ^ cv> Oi 1 »»l l-H ^ 1 1 u 1= 00 lO ^ eo •* o> ^ 0 CD ■* -* 0 _a n; 0) M CS "O OD :/: i^ 50 »0 •>> CO 0( c> 1 1 :0 1 S «5 'V . to -* «s oo 0 «0 »« ©1 o S ■«* -* ■* "* e© 10 -^ "* "* >* ■* ■* O 'ä ^) *-( ^ CO •^i ■* «o CO VD "* 1 { i^t ^ CO 00 oi "* ■* o 0 'K 05 CO CO C2 CS IN CO •H< 1—1 IN -^ CO rs ^H -* 71 n: (M — ^ v; o S 1 t i ^ ^ "■ .2 1 ? -; ^ an 3 1 ^. s ^. 5i S5 1 ^ ^ sw O ^ ^ — . — — _ — ^.^ *> "?^ 00 Oi CS i~( O) CO ** ö 1 Oi C; o 0 0 0 Ci s O o ^l *-( '-H »"H ■^ 1 ^ *H ^ ^ ■^ '* '* ^ ^. '* 3 a h ^ > ■'-i ■»i ■<~H 1^ '-i >H i-H N s S ;7 ^ Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 39 (510 ^- t'orrens, Eine zweite Mög-lichkeit wäre, daß die Verzwerg'ung- der sordidae durch einen besonderen Hemmung'sfaktor bedingt wird, ähnlich den Faktoren, die bei den Sippen humüis und nana — zu denen die meisten mit Sordago behafteten Linien gehören — den niedrigen resp. zwergigen Wuchs bedingen. Dieser Faktor müßte aber, im Gegensatz zu den eben genannten humüis- und na na -Faktoren, mit dem Sordago -Faktor fest verkoppelt sein. An und für sich genügt die eine und die andere Annahme den Tatsachen; es kann aber kaum einem Zweifel unterliegen, daß die erste die innere Wahrscheinlichkeit für sich hat, wonach der Zwergwuchs also eine direkte Folgeerscheinung der Krankheit ist. Ergebnisse. Die Sordago scheint mir in verschiedener Hinsicht von Inter- esse zu sein. Zunächst einmal das Krankheitsbild selbst: Die Lokalisation der eigentlichen Erkrankung auf die Palisaden, und hier wieder auf einzelne Flecken der Palisadenschicht, die Abtötung und das Zerdrücktwerden der einen, das Anschwellen der anderen Zellen, schließlich das Absterben und Zusammensinken des ganzen Fleckes mit der darüber liegenden Ei)idermis, und der teilweise Ersatz durch auswuchernde, tieferliegende Zellen: all das sind Züge, die in ihrer Gesamtheit bei keiner andern mir bekannten Pflanzen- krankheit wiederkehren . Dann die Art, wie das einzelne Individuum die Krankheit erwirbt. Sie kann nicht direkt von einer Generation auf die folgende durch das Plasma übertragen werden, etwa wie die aZ&o??iacw?afa-Eigenschaft, und sie kann auch nicht ansteckend (in- fektiös) sein. Beides ist schon dadurch ausgeschlossen, daß die Sordago genau nach den Mendelschen Gesetzen vererbt wird. Es muß also für ihr Auftreten eine bestimmte Anlage, ein Gen, verantwortlich sein^). Eine weitere Möglichkeit wäi-e, daß es sich nur um die Ver- erbung einer scharf ausgesprochenen Disposition zur Erwerbung der Krankheit handelte, und daß diese selbst jedesmal wieder neu, von jedem dazu disponierten Sämling, erworben werden müßte. 1) Dabei kann an dieser Stelle unentschieden bleiben, ob die Sordago durch die Anwesenheit oder durch das Fehlen einer Anlage bedingt ist. l'ber eine iiacli den Mendelsclien Gesetzen vererbte Blattkrankheit (Sordago) usw. ßU durch eine Infektion mit einem Kranklieitserreger. Eine solche Annahme ist aber außerordentlich unwahrscheinlich. Würde die Infektion von außen erfolgen, so müßte der Krankheitserreger bei uns überall im Boden vorhanden sein, obwohl es sich um den Befall einer in Zentralamerika beheimateten Pflanze handelt. Denn die Sordago trat in Leipzig und Münster i. W. auf jedem Boden auf, in den die Sämlinge gesetzt wurden. Auch wäre es sehr wunderbar, daß die Infektion stets, bei den hunderten von Nach- kommen von sordida-Yüniizen, die ich aufgezogen habe, eingetreten wäre, und mit ganz geringen Schwankungen in dem Grade der Erkrankung. Eher ließe sich denken, daß es sich um einen Er- reger handelte, der dem Samen regelmäßig mitgegeben würde, etwa so wie das Bacferinm folikola nach Miehe bei Ardisia crispaia oder das Mycohaderium Ruhiacearum nach von Faber bei Pavetta. Dann müßte dieser Erreger aber stets, bei kranken und bei gesunden Pflanzen, vorhanden sein; denn nur dann wäre die Vererbung der Krankheit auch durch den Pollen bei der Be- fruchtung, ihre Latenz während der ersten Generation und ihr Wiederauftreten in der zweiten Generation möglich. Bei den ver- schiedensten Sippen müßte er dann bei Selbstbestäubung von Generation zu Generation weitergegeben werden, ohne je aktiv zu werden, um sich, sobald durch eine fremde Keimzelle die Disposi- tion vererbt worden ist, bemerkbar zu machen und die Sordago hervorzurufen. Wahrscheinlich ist das alles ge^dß nicht ^) ; dazu kommt noch, daß sich ein solcher Erreger niemals finden ließ, weder an frischem noch an fixiertem Material, ol)wohl genau nach ihm gesucht wurde. Er müßte also submikroskopische Größe haben. Wir dürfen deshalb ruliig annehmen, daß die Krankheit als solche, nicht eine Disposition dazu, durch eine Anlage ver- erbt wird. Wer von vornherein den Begriff „Krankheit'' auf die Fälle beschränkt, bei denen man entweder äußere Einflüsse oder In- fektionen als Ursache feststellen kann, und einen Fall von Varie- tätenbildung sieht, sobald für eine Krankheit echte Vererbung 1) Mir ist wenigstens kein Fall bekannt, wo ein derartiger Organismus regelmäßig von Generation zu Generation weitergegeben würde, ohne irgend eine Einwirkung zu zeigen, wie es bei den stets gesunden Sippen der Fall sein müßte, und ebensowenig ein Fall, bei dem der übertragene Organismus eine so weitgehende Schädigung des beher- bergenden Organismus gerade in den vegetativen Teilen bedingen würde, wie sie die sordida -Füa,nzei\ zeigen. 39* ß-j^2 C. CoiTens, durch eine Anlage nachgewiesen ist, ohne Eücksicht auf die anderen Merkmale der Erkrankung, wird auch die Sordago nicht als Krank- heit anerkennen. Eine solche Beschränkung des Begriffes schließt natürlich eine Diskussion von vornherein aus. Pflanzenkranklieiten von so ausgesprochenem Charakter, wde die Sordago eine ist, nicht durch äußere Einflüsse hervorgerufen, nicht infektiöser Natur und auch nicht direkt übertragbar, sondern erblich im engeren Sinne des Wortes und den Mendel sehen Ge- setzen folgend, sind bis jetzt freilich wohl kaum bekannt. Eine chlorina-, variegata- oder alhomarginataSi^^Q ist so w^enig wirk- lich „krank", wie etwa eine nana -Sippe oder die mancherlei Mon- strositäten, die „mendelu". Zurzeit müssen wir uns zum Menschen wenden^), wenn wir etwas Ähnliches finden wollen (Stoffwechsel- krankheiten, etwa Polyurie oder Diabetes, manche Nervenkrank- heiten usw.); ich glaube aber, daß sich auch im Pflanzenreich noch mancher ähnliche Fall wird finden lassen. Schließlich hat die Sordago -Kranklieit noch ein theoretisches Interesse dadurch, daß ihre Vererbungs weise in besonders drastischer Weise den Wert einer Hvi)othese zeigt, die in der modernen Ver- erbungslehre eine große Rolle spielt, der sogenannten Presence- und Absence-Theorie^). Es bleibt sich dabei völlig gleich, ob die Krankheit als solche vererbt wird, oder nur die Disposition für sie (was, wie wir sahen, sehr unwahrscheinlich ist). Nach der genannten Hypothese ist von den zwei Eigenschaften, die ein meudelndes Merkmalspaar bilden, die eine durch die An- wesenheit einer bestimmten Anlage, eines „Genes", für das be- treffende Merkmal l)edingt, die andere durch das Felilen dieser Anlage. Bei dem durch Mendel selbst klassisch gewordenen Paare : gelbe Kotyledonen — grüne Kotyledonen der Erbsen, wäre beim einen Elter die gelbe Farbe durch die Anwesenheit einer Anlage bedingt, die, kurz gesagt, aus Grün Gelb macht, die grüne Farbe beim andern Elter durch das Fehlen dieser An- lage, infolgedessen eben das Grün unverändert zum Vorschein kommt. Dann ist es auch ohne weiteres klar, daß der Bastard \) Eine Zusammenstellung z. B. hei Plate, Vererbungslehre, S. 304 u. f. 1913). 2) Ich habe darauf schon in dem Referat für die Sitzungsberichte der Versamm- lung Deutscher Naturforscher und Arzte hingewiesen. Übei' eine nacli den Mendelsclien Gesetzen vererbte Blattkranklieit (Sordago) usw. 613 zwischen einer „grünen" und „gelben" Erbsensippe gelbe Kotyle- donen hat: die von der einen Keimzelle übertragene, \drklich vor- handene Anlage für Gelb macht sich dem Grün gegenü])er eben geltend. „Grün" bekommt er von beiden Eltern, .,Gelb" noch dazu von dem einen. Das Merkmal, für das eine Anlage, ein Gen, vor- lianden ist, muß (mehr oder weniger) dominieren resp. prävalieren; umgekehrt schließt dann die Presence- und Absence- Hypothese aus dem Dominieren oder Prävalieren des einen Merkmals eines Paares, daß für dieses Merkmal eine Anlage vorhanden ist. Nichts ist natiirlich leichter, als diese Anschauung auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden und zu sagen, daß die Krank- heit durch das Fehlen einer Anlage zustande komme, deren An- wesenheit den normalen Zustand der BLätter bedinge. Es ist da- mit ja nur der Sachverhalt anders ausgedrückt. Es fragt sich aber, ob die Annahme hier überhaupt — nicht bloß auf dem Papier — möglich, oder doch nur etwas wahrscheinlich sei. Bei einiger Überlegung wird mau das nicht zugeben können. Stehen wir auf dem Boden der Deszendenzlehre — und diesen Standpunkt wird man im allgemeinen zugeben — so müssen wir doch annehmen, daß der phylogenetische Fortschritt darauf beruht, daß zu den vorhandenen Anlagen (Genen) neue hinzukommen, oder daß die vorhandenen Anlagen abgeändert werden. Halten wir uns an den ersten Fall, dem gegenüber der zweite für unsere Be- trachtung nichts Neues bietet. Aus einer Sippe mit den Anlagen n^)-|-A.-|-B + C-|-D entsteht eine neue, jüngere, phylogenetisch höher stehende dadurch, daß eine neue Anlage E dazu kommt, daraus eine noch höher stehende Sippe durch das Hinzutreten einer Anlage F usw. Aus Sippe I: n + A + B-l-C-f-D wird Sippe II: n + A + B + C-i-D-l-E, daraus Sippe III: n -j- A -f B + C+D + E + F usw. Wirkt nun eine der vorhandenen Anlagen nicht mehr, so sinkt damit die Sippe in dem fraglichen Punkte, auf den sich die Anlage l)ezieht, z. B. in der Blütenfarbe, auf eine frühere phylogenetische Stufe herab. Dafür bleibt es sich gleich, ob die Anlage nur in- aktiv (latent) wird oder, wie es die Presence- und Abseuce-Hypo- these annimmt, einfach ganz wegfällt. Aus der Anlagengarni- tur n-fA-fB-|-C + D + E + F ist dann z. B. die Anlagen- 1) n bedeutet hier und im folgenden natürlich eine ungenannte, gleichbleibende Zahl Anlagen. Q\4: ^" t'orrens, garuitiir u + A + B + D4-E-|-f (Gen F inaktiv) oder n + A 4-B-|-C + D-|-E (Gen F wegg-ef allen) geworden. Das heißt nichts anderes, als daß die Sippe IV dann, in dem bestimmten Punkt, z. B. der Blütenfarbe, wieder so aussieht wie Sippe II, also so, wie sie früher einmal ausgesehen haben muß. In manchen Fällen — z. B. bei dem schon genannten Merk- malspaar: grüne Kotyledonen — gelbe Kotjdedonen der Erbsen — paßt nun die Presence- und Absence-Hjpothese zu dem, was die Deszendenzlehre verlangt, ausgezeichnet. Denn Grün — dem die Anlage für Gelb fehlen soll — ist sicher phylogenetisch (und ontogenetisch noch heutzutage) die Vorstufe des Gelb. Andere Fälle, und besonders auffallend die Sordago, stimmen dagegen gar nicht. Wendet man die Presence- und Absence-Hypo- these hier an, so muß man daraus, daß der normale Zustand dominiert, schließen, daß der sordida-Zustaud durch das Fehlen einer An- lage bedingt sei. Die Sordago müßte also, was den Bau des Blattes anbetrifft, einen i»hylogenetisch älteren Zustand darstellen, einen Zustand, den die Mirahilis Jalapa auf ihrem phylogenetischen Werdegang einmal durchlaufen hätte. Der gesunde Zustand verdeckte heutzutage diesen ki-ankhaften. Nun ist die Sordago eine so ausgesprochen pathologische Erscheinung, daß die be- fallenen 50?-6?/(^«e-Pflanzen eben noch existenzfähig sind. Niemand wdrd schon deshalb in ihnen phylogenetische Vorstufen der heutigen, normalen Mirahilis Ja^a^j «-Sippen sehen wollen, und damit ist eben gesagt, daß die Presence- und Absence-Theorie in unserem Falle völlig versagt. Das tut sie überhaupt in all den Fällen, in denen das rezessive Merkmal so beschaffen ist, daß sein Träger nicht als phylogenetische Vorstufe des Sippe aufgefaßt werden kann, die das dominierende (oder prävalierende) Merkmal entfaltet zeigt ^). Nur sind diese Fälle selten so einfach, eindeutig und schlagend, wie der, den uns die sordagokranken Mirabilis liefern. So viel ich sehe, lassen sich gegen diese Argumentation, für unseren speziellen Fall und überhaupt, nur zwei Einwendungen machen, die wenigstens diskutierbar sind. Einmal könnte man 1) Ich habe schon früher auf solche Fälle aufmerksam gemacht (einige Bastardierungsversuche mit anomalen Sippen usw. Jahrbücher f. wiss. Bot., Bd. 41, S. 458 u. f. ri905). i'ber eine nach den Mendel sehen Gesetzen vererbte Blattkrankheit rSordagoj usw. 615 denken, daß die Keilieufolge, in der die neuen Aulagen zu den alten hinzukommen, beim Weg'fallen oder Inaktivwerden von Ein- fluß wäre. Um bei dem oben verwendeten Schema zu bleiben, wäre es von Bedeutung-, ob aus der Garnitur der Sippe III: n -4- A -j- B-|-C + D-|-E-i-F F wegfiele oder C oder A ; im ersteren Falle entstünde die phylogenetische Vorstufe, im anderen etwas Abnormes. Man beachte aber, daß bei ein- und derselben Sippe eine ganze Reihe von Anlagen für Blüten- und Laubfärbung, für den Wuchs usw. inaktiv werden oder wegfallen können, bald einzeln diese oder jene, l)ald zu mehreren oder vielen, ohne daß etwas Anomales entstünde, während doch eine Anlage die letztentstandene (F), eine die nächstältere (E) usw. sein muß. Daraus kann man schließen, daß die Reihenfolge des Entstehens der Anlagen keine Rolle beim Erfolg des Schwindens spielen kann. Mau könnte ferner annehmen, es handle sich bei der Sordago nicht um eine einzelne Anlage, sondern um einen Komplex seinerzeit zusammen aufgetretener, verkoppelter Anlagen, von denen eine, aus ilirem Verbände herausgelöst, eben durch ihr Fehlen den Sordago-Zustand bedinge, der von den übrigen Au- lagen, ohne diese eine, hervorgerufen würde, während zur Hervor- bringung des normalen Zustandes des Blattes alle Anlagen im Verband vorhanden sein müßten. Die phj'logenetische Vorstufe würde nur dann wieder zum Vorschein kommen, wenn alle An- lagen auf einmal wegfallen oder inaktiv würden, wie sie auf ein- mal aufgetreten wären. Eine solche Annahme steht aber voll- kommen in der Luft: ich kenne wenigstens keinen Fall, wo von verkoppelten Anlagen der Wegfall einer Anlage einen krankhaften Zustand hervorrufen würde. Sordago und ähnliche Merkmale müßen durch besondere An- lagen hervorgerufen werden, die neu, als progressive Mutationen aufgetreten sind. Solche Sippen, die ilirer Beschaffenheit nach einen blind endigenden, kurzen Ast am Stammbaum bilden, von dem aus es nicht weiter geht, können den normalen gegenüber dominieren (z. B. die Calycanthemie bei Campanula Medium) oder rezessiv sein (eben die Sordago, manche Krankheiten des Menschen). Auf die einen paßt die Presence- und Absence-Hyi3othese, auf die andern nicht. Will man an der Deszendenzlehre festhalten, so gibt es also Fälle, die der Presence- und Absence - Hypothese direkt widersprechen: will man an der Presence- und Absence- Hypothese festhalten, so mag man die Deszendenzlehre ruhig ganz 616 C. Correiis, Über eine nach den M ende Ischen Gesetzen vererbte Blattkrankheit usw. aufgeben. Im übrigen lassen sich auch andere experimentelle Ergebnisse gegen die genannte Hypothese anführen, worauf ich zurückzukommen vorhabe. Berlin-Dahlem, Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie im November 1914. Figuren- Erklärung. Tafel VIII. Fig. 1 und 2. Sordagok ranke Blätter von Mirabilis Jalapa, Naturgröße. Photogr. Dr. Lenz. Fig. 3. Quersclinitt durch ein sordagokrankes Blatt, 0 = Ober-, U = Unterseite. Bei S die zusammengefallenen Palisaden. Zeiß Syst. D, Ok. 4. Photogr. Dr. Windel. Fig. 4. Ähnlicher Querschnitt, 0 = Ober-, U = Unterseite. Von x bis x' hat Wuchergewebe aus der Sammeizellschicht die abgestorbenen Palisaden (und die Epi- dermis) verdrängt. Darüber abgestorbene Palisaden zwischen normalen, an der Grenze bei X eine sehr stark angeschwollene Zelle, etwa ähnlich der in Fig. 3 B im Text ab- gebildeten. Zeiß Syst. D. Ok. 4. Photogr. Dr. Windel. Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der Wasserbewegung. Von O. Renner. Mit Tafel IX und 4 Textfigureu. I. Theoretisches zur Energetik der Wasserversorgung. Die im folgendeu initg-eteilten Übeiiegungen betrachten die Energetik der Wasserbewegiiug von dem rein physikalischen Staudpunkt der Kohäsionstheorie aus. Solche ins einzelne gehende Deduktionen, ^ne sie andere Autoren schon früher angestellt haben, scheinen mir jetzt um so eher erlaubt, als ich der Überzeugung bin, daß die Richtigkeit des Kerns der Kohäsionsh^-pothese unwider- leglich und ausreichend beAnesen ist. In der dritten Auflage von Josts Vorlesungen, deren jeweilige Stellungnahme zu den aktuellen Fragen im allgemeinen als autoritativ angesehen wird, sind die Schlüsse, die ich aus meinen Experimenten ziehe, in der Haupt- sache nicht abgelehnt. Jost schreibt aber (S. 95): „Wenn man nachw^eisen könnte, daß solche Saugkräfte (von mehreren Atmosphären) im intakten Baum existierten, ohne daß die Blätter welk sind, und w^enn diese Kräfte dauernd erhalten blieben, dann würde das stark für die Kohäsionstheorie sprechen. Einstweilen fehlt es an solchen positiven Beweisen für diese Theorie." Dem gegenüber weise ich darauf hin. daß ich über Unterdrucke von 5 Atmosphären im Holz bewurzelter Sträucher, und zwar in regnerischer Jahreszeit, berichtet habe^). In trockener Zeit sind die Saugkräfte, wie das zeitweilige Welken zeigt, jedenfalls noch höher, sie bleiben also in wechselnder Größe solange erhalten, als die Pflanze sie eben nötig hat. Wie 1) 1912 b, S. 578. 39 = Q\Q 0. Renner, mächtig- die von den Blättern anstehenden Saugkräfte werden können, das zeigt besonders schlagend das Auftreten von „Hitzerissen" am lebenden, nicht vertrocknenden Banm^). Man wird sich später einmal darüber wundern, daß die Er- scheinung des Welkens bewurzelter Pflanzen mit all ihren Eigen- tümlichkeiten: Fortdauer starken Wasserverlustes ohne Vertrocknen, Möglichkeit augenblicklicher Wiederherstellung des Turgors bei ge- nügender Wasserzufuhr, nicht als eindeutiger, ausreichender Beweis für die Richtigkeit der Kohäsionshypothese anerkannt worden ist, nachdem sie einmal als solcher erkannt war-). Die erschlafften Parenchym Zellen müssen eine Saugkraft von mehi-eren Atmosphären entfalten. Die Gefäße in der Blattspreite müssen mindestens teil- weise wassergefüllt sein, wenn das Blatt bei starker Transpiration stundenlang well^ bleibt statt zu vertrocknen. In Berührung mit den erschlafften Parenchymzellen muß das Wasser in den Gefäßen negativ gespannt sein. Dieses Gefäßwasser muß, um in den gespannten Zustand zu geraten und sich darin zu erhalten, in Zusammenhang mit Wassersäulen stehen, die ununterbrochen bis in die Wurzel reichen. Das sind Selbstverständlichkeiten, die aus der Betrachtung der physikalischen Gleichgewichte mit unausweich- licher Notwendigkeit sich ergeben, die aber im folgenden einmal ausführlicher erörtert werden müssen, weil die Literatur sie vor- läufig noch nicht als Selbstverständlichkeiten anerkennt. Was an dem Gebäude der Kohäsionstheorie noch fehlt, ist allein der anatomische Nachweis der zusammenhängenden Wassersäulen. Nun wird von niemand 1)estritten, daß tätige Leitbahnen neben Wasser auch Gasblasen enthalten, und zwischen den luftführenden Elementen das Netz der ganz mit Wasser gefüllten Gefäße zu verfolgen, ist natürlich sehr schwer. Der Mangel dieses unmittelbaren Nachweises hat aber kein Gewicht neben der regelmäßig zu wiederholenden Beobachtung von Leistungen, die ohne Kohäsionswirkung im Wasser unmöglich sind^). Über dieKohäsion des Wassers in Pflanzen- zellen wird unten und demnächst ausführlicher an anderer Stelle berichtet werden. Die Erscheinungen des Blutungsdrucks sind zweifellos in ihrem Endergebnis für die Wasserversorgung hochbedeutsame Vorgänge*). 1) Renner 1914a, S. 552; daselbst Literatur. 2) Renner 1912 b, S. 576. 3) Renner 1911. 1912 b. 1912 c. 4) Vergl. Renner 1914 a, z. B. S. 554. Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der Wasserbewegung. 619 Die. beim Bluten wirksaineii Energiepotentiale dürften aber, mit der SaugMirkung- der Blätter verglichen, bescheidene Größe haben. Das komplizierende Eingreifen des Blutungsdruckes ist deshalb im folgen- den nirgends berücksichtigt, trotzdem es. soweit es sich um Wurzel- druck handelt, sehr leicht in Rechnung zu stellen wäre. 1. Osmotischer Druck, hydrostatischer Druck, Dampfdruck. Eine mit einer osmotisch wirksamen Lösung gefüllte, oben offene, unten mit einer semipermeablen Membran verschlossene Röhre tauche aufrecht stehend mit dem unteren Ende in ein Gefäß mit reinem Wasser (Textfig. 1, rechts). Das Ganze befinde sich in einem luftdicht ab- geschlossenen Raum, in dem überall die gleiche, konstante Temperatur herrscht. Dann steigt die Lösung in der Röhre so weit, bis der hydrostatische Druck am Grund der Säule gleich dem osmotischen Druck der Lösung ist; genau genommen ist die Höhe der Flüssigkeitsäule von dem spezifischen Gewicht des Lösungsmittels, nicht der Lösung, abhängig^), weil die Kon- zentration der Lösung nicht auf der ganzen Länge der Säule gleich ist. Die Verhält- nisse der Dampfspannung in der einge- schlossenen Atmosphäre liegen, wenn sich . Gleichgewicht eingestellt hat, so : über der Wasserfläche am Grunde der Röhre herrscht der Sättigungsdruck des Wasserdampfes bei der gegebenen Tempe- ratur, mit der Entfernung von der Wasserfläche nimmt der Teildruck des Dampfes ebenso ab wie der Gesamtdruck der Atmosphäre, und in der Höhe der freien Oberfläche der aufgestiegenen Lösung muß der Dampfdruck in der Atmosphäre gleich dem der Lösung sein. Man kann also sagen, die osmotisch wirksame Lösung steigt so hoch, bis ihr Dampfdruck mit dem der umgebenden Atmosphäre übereinstimmt. Neben der Röhre mit der Lösung haben wir nun eine zweite, die mit dem unteren offenen Ende in das Wasser taucht und oben mit einer fein porösen, für Wasser, aber nicht für Gase durch- Fiff. 1. 1) Literatur bei Kenner 1912 a, S. 493. Q20 ^- I^e"iier, lässigen Membran abgeschlossen ist. Genügende Tiefe des Wasser- beckens angenommen, halten wir die Röhre erst bis zn der Membran ins Wasser eingetancht (Fig. 1, Mitte). Dann ziehen wir die Röhre heraus (Fig. 1. links). Falls die Kohäsion des Wassers und die Festigkeit der Membran ausreichen, können wir die Membran so weit von der Wasserfläche entfernen, wie wir wollen, der Dampf- druck in der Membran muß doch bei jeder Länge der Röhre mit dem in der umgebenden Atmosphäre im Gleichgewicht sein; wenn nicht, könnten \sär ja ein perpetuum mobile zweiter Art konstruieren. Mit der Entfernung von der Wasserfläche nimmt natürlich nicht bloß der Dampfdruck, sondern auch der hydrostatische Druck in der Wassersäule ab. Die Erniedrigung des hydrostatischen Drucks ist die Ursache der Verminderung des Dampfdrucks. Geben wir nun der oben geschlossenen Röhre mit Wasser die- selbe Länge wie die Steighöhe der Lösung in der oben offenen Röhre beträgt (wie in der Figur), so ist der Dampfdruck in der wassergetränkten Membran gleich dem der Lösung, weil beide gleich der Dampftension in der umgebenden Atmosphäre sind. Der osmotische Druck der Lösung sei 10 Atm., dann ist die vSteighöhe 10« 10, .33= 103,3 m; wir setzen ja den osmotischen Druck gleich dem hydrostatischen Druck einer Säule, die wir aus reinem Wasser bestehend uns denken. In der ebenso langen Wassersäule, die an der wassergetränkten Meml)ran hängt, statt wie die Lösung auf der semipermeablen Membran zu stehen, muß der hydrostatische Druck vom Grund, d. h. von der Wasserfläche, bis zur Membran ebenfalls um 10 Atm. abnehmen, entsprechend dem Gemcht der aufgehängten Säule. Am Grund ist der Druck -\-l Atm., über der Membran beträgt er also — 9 Atm. Allgemein entspricht in unserem Schema einem osmotischen Druck von P Atm. in einer Lösung, ein negativer Druck von (P — 1) Atm. in reinem Wasser, und die Dampftension einer Lösung vom osmotischen Druck P Atm. ist gleich der Dampfspannung reinen Wassers, das einen negativen Druck von (P — 1) Atm. besitzt. Einem osmotischen Druck von 1 Atm. z. B. entspricht reines Wasser, in dem der Barometerdruck durch Hebung auf 10 m eben aufgehoben, der hydrostatische Druck Null ist. Bei hohen Werten sind osmotischer Druck und negativer Druck, die beide gleiche Dampfdruckerniedrigung hervorbringen, praktisch gleich. Wird auf die Membran, unter der ein negativer Druck von 9 Atm. herrscht, ein Tropfen Wasser aufgesetzt, der unter Barometer- Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der "Wasserbewegung. 621 druck steht, so wird das Wasser mit derselben Kraft vou 10 Atm. eingesogen, wie wenn reines Wasser durch Vermitthing einer semi- permeablen Membran mit einer Lösung in Berührung kommt, die einen osmotischen Druck von 10 Atm. entwickelt. Wie in der Röhre mit reinem Wasser, so nimmt auch in der Steigröhre mit Lösung der Dampfdruck vou oben nach unten zu. Oben ist die Dampfspannung gegenüber dem Sättigungsdruck des Wassers vermindert, unten, an der semipermeablen Membran, ist die Lösung im Gleichgewicht mit reinem Wasser, hat also denselben Dampfdruck. Die Erhöhung der Dampftension wird natürlich durch die Zunahme des hj'drostatischen Drucks verursacht. Eine Lösung vom osmotischen Druck P, die unter einem hydrostatischen Druck von der gleichen Größe P steht, hat also dieselbe Dampfspannung Avie das reine, unter Barometerdruck stehende Lösungsmittel, keine niedrigere; die Wirkung der osmotischen Konzentration ist durch den hydrostatischen Druck aufgehoben^). Auch an jeder anderen Stelle in der Steigröhre unter der Oberfläche ist der Dampfdruck höher als dem osmotischen Druck der Lösuug entspricht. Wenn P der osmotische Druck ist, T der hydrostatische Druck au der entsprechenden Stelle, so entspricht die Dampftension einem osmo- tischen Druck von der Höhe (P — T). Die zuletzt betrachteten Beziehungen interessieren uns nur in ihrer Anwendung auf die lebende Zelle. Eine Zelle vom osmotischen Druck P liege in reinem Wasser, dann herrscht Gleichgewicht, wenn die Dampfspannungen sich ausgeglichen haben. In der Vakuole ist durch gelöste Körper der Dampfdruck zunächst erniedrigt, aber durch den Turgordruck T. den die gespannte Zellwand auf den Inhalt ausübt und der gleich P ist, ist er wieder zur Dampf tension des reinen Wassers erhöht. Ebenso ist die Dampfspannung des Wassers in der Zellhaut gleich der des umgebenden Wassers, weil die Membran vollkommen gequollen, gesättigt ist. Wird die Zelle in nicht dampfgesättigte Luft gebracht, so ver- liert sie so lange Wasser, bis der Dampfdruck in der Membran dem in der Luft gleich geworden ist. Mit der Zellhaut setzt sich der Zelhnhalt ins Gleichgewicht. Der osmotische Druck des Zellsafts soll durch Regulation auf der Höhe von P Atm. konstant erhalten werden. Der Turgordruck ist durch den Wasserverlust von T auf 1) Bei Tammann finde ich den Satz: „Der osmotische (ileichgewichtsdruck macht die Dampfspannung der Lösung gleich der Dampfspannung des Lösungsmittels" (S. 179). 622 0- Renner, ^ Ti Atm, vermindert, die Dampfspannung des ganzen Systems muß also einem osmotischen Druck von (P — Ti) Atm. entsprechen. Reinem Wasser gegenüber entwickelt die Zelle jetzt eine Saugkraft von (P— Ti) Atm. Jede maximal turgeszente Zelle besitzt also den Dampfdruck reinen Wassers, gleichgültig wie hoch der osmotische Druck des Zellsaftes ist, und erst bei vollkommenem Verlust der Turgeszenz sinkt die Dampftension der Zelle auf die Größe, die dem osmotischen Druck des Zellsaftes entspricht ^). Die quantitative Wirkung des osmotischen Drucks auf die Dampfspannung berechnet sich nach der Formel^) , p P . M ^ P . M . p In — = T^^TTTi ü — n^ ^^^^ ungenauer p — pi — p, 1000 . s . R . T "^— ^ i- 1- loQo . s . R . T- Dabei bedeutet p den Sättigungsdruck des Wassers: pi den Dampf- druck der Lösung: P den osmotischen Druck der Lösung in Atmo- sphären; M das Molekulargewicht des Lösungsmittels, also 18: s das spezifische Gewicht des Lösungsmittels, also 1 ; R die Gas- konstante in Literatmosphäreu, also 0,0821; T die absolute Tempe- ratur. Bei T = 293° (t = 20°) ist ]) = 17,54 mm Hg. Für P = ]00 Atm. l)erechnet sich dann (nach der ersten Formel) pi zu 16,28 mm Hg. Der Dampfdruck ist also bei einem osmotischen Druck von 10(i Atm., und somit auch bei einem negativen Druck von 99 Atm.. um 7.2 % erniedrigt^). 1) Dixon hat diese Beziehung in der Hauptsache richtig, docii noch niclit ganz exakt dargestellt (Progr. S. 7). 2) Xernst, S. 136. 3) Keinganum berechnet, dal! im Askenasyschen Versuch das Quecksilber auf 105 m steigen würde, wenn die verdunstende Gipsplatte bei 17° in Luft von 90 % Dampfsättigung sich befände. Das heiüt, ein negativer Druck von 138 Atm. (1423 ni Wasser) erniedrigt die Dampfspannung des Wassers bei 17" um 10 "/q. — Nathan- sohn (S. 157) hat aus den 105 m Quecksilber 150 m Wasser gemacht. — Hulett ('S. 461 i findet im Askenasj-schen Versuch die Geschwindigkeit des Quecksilberaufstiegs bei einer Höhe der Quecksilbersäule zwischen 565 und 589 mm zu 1,56, von 857 bis 878 mm zu 1,40, von 838 — 857 mm sogar zu 1,26. Der Quecksilberaufstieg zeigt die Größe der Verdunstung des Wassers von der porösen Platte an, aber die Verringerung der Verdunstung mit zunelimender Höhe der Quecksilbersäule ist viel zu bedeutend, als daß sie auf Erniedrigung des Dampfdrucks infolge der negativen Spannung des Wassers zu- rückzuführen sein könnte, wie Hulett meint. Wahrscheinlich weicht das Wasser in den groben Poren des Gipses ziemlich weit von der Oberfläche zurück, wenn das Queck- silber höher steigt. Der Dampfdruck braucht dann nicht vermindert zu sein, aber die Diffusion des Dampfes durch die engen Röhren ist verlangsamt. Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der Wasserbewegung. 623 In einer Parenchymzelle, deren Zellsaft einen osinotischen Drnek von 100 Atm. entwickelt, tritt diese Verminderung- der Dampf- spannung erst bei vollständiger Aufhebung- des Turgors ein. 2. Wasserverschiebung in Parenchym. Pfeffer hat die energetischen Verhältnisse bei der osinotischen Saugung in Parenchymzellen in einer Weise klargelegt (1892, 1897), daß man meinen sollte, die von ihm gewonnene und mit- geteilte Erkenntnis hätte unverlierbarer Besitz der Physiologie bleiben müssen. In Wirklichkeit ist aber seine exakte Fassung in der ganzen neueren Literatur durch unscharfe, wenn nicht un- richtige Darstellungen ersetzt worden. Die von mir bisher ge- übte, der Polemik sich enthaltende Verfechtung der Pfefferschen p]insicht hat nicht den gewünschten Erfolg gehabt, es ist deshalb nötig, den springenden Punkt in aller Schärfe hervorzuheben. Ganz kurz ist das schon an anderer Stelle geschehen^). Pfeffer schreibt-): „Natürlich kommt für die Wasseranziehung nur die Senkung des Turgors unter den Gleichgewichtszustand, nicht aber die absolute Höhe der Turgorkraft in Betracht. Jedoch ist es selbstverständlich, daß mit fortschreitendem Wasserverlust in einem Gewebe die Zellen mit geringerer osmotischer Energie bereits kollabieren, während die Zellen mit höherer Energie noch straff erscheinen. " In den neueren Darstellungen ist überall darauf Gewicht ge- legt, daß durch Wasserverlust in der Zelle der osmotische Druck steigt. Jost^) spricht von Wasserbewegungen, „die durch Störung des osmotischen Gleichgewichts zustande kommen und so lange dauern müssen, als Konzentrationsunterschiede zwischen den ein- zelnen Zellen bestehen." Nathansohn sagt z. B. S. 53: „Ist ursprünglich der osmotische Druck überall gleich, so wird er zu- nächst bei den verdunstenden Zellen eine gemsse Erhöhung er- fahren. Dadurch werden diese in die Lage versetzt werden, den unter ilmen liegenden Wasser zu entziehen." Ganz ähnlich drückt sich Livingston*) aus. Bei Pringsheim steht neben allerhand 1) Kenner, 1914 a, S. 550. 2) Physiologie L, S. 195. Ganz ähnlich 1892, S. 259. 3) Vorlesungen. 1. Aufl. S. 58; 3. Aufl. S. 67. 4) 1903, 8. 96; ob er auch später noch (1913, S. 174J unter increase in osmotic forces dasselbe versteht, ist nicht ganz klar. g24 ^- Renner, einwandfreien Sätzen z. B. der Passus (S. 107): „Solange eine osmo- tische Potentialdifferenz l3enaclibarter Zellen besteht, wird bis zum Ausgieich der Konzentrationen ein Wasserstrom in umgekehrter Richtung unterhalten." Hier ^\1e in dem Zitat aus Jost müßte nur das Wort Konzentration durch Sättigung ersetzt werden, dann wäre nichts zu beanstanden. Bei Hannig- l)eruht die ganze Frage- stellung-, die ihn bei dem Vergleich der osmotischen Drucke in Wurzel und Blatt leitet, auf der unzutreffenden Annahme, Unter- schiede im osmotischen Druck der Zellen könnten zu einer Wasser- verschiebung führen. Die Steigerung des osmotischen Druckes, die bei Turgorver- minderung sich einstellt, ist neben der Turgorsenkung ganz un- wesentlich und keineswegs die Ursache dafür, daß die Zelle ihren Nachbarzellen gegenüber saugfällig wird. Oben (S. 621) ist der Einfachheit wegen angenommen, daß der osmotische Druck trotz dem Wasserverlust konstant bleibt. Sehen wir jetzt von dieser Vereinfachung ab, so ändert sich doch sehr wenig. Der osmotische Druck der turgeszeuten Zelle sei 10 Atm., die Volumverminderung der Zelle bei vollständigem Ei'schbiffen betrage 10 °/o, dann er- höht sich infolge der Konzentration des Zellsaftes der osmotische Druck auf etwa 11 Atm. Ebensogroß ist die Saugkraft der ge- welkten Zelle. Durch das Welken ist also der osmotische Druck um 1 Atm. gestiegen, von 10 auf 11, die Saugkraft aber um 11 Atm., von 0 auf 11. Zwei aneinanderstoßende Zellen dürfen so verschiedene osmotische Drucke haben wie sie wollen: so lange das Plasma für die Stoffe des Zellsafts impermeabel ist und so lange die Zellen wassergesättigt sind, findet kein Wasseraustausch statt^). Wird das Plasma permeabel, so wandert Zellsaft von der Zelle mit höherem osmotischem Druck zu der mit niedrigerem, bis zum Aus- gleich der Konzentrationen: die Wasserverschiebung erfolgt in diesem Fall in umgekehrter Richtung, als die oben genannten Autoren durch Konzentrationsunterschiede zustande kommen lassen wollen. Wird aber bei impermeablem Plasma von den beiden Zellen die mit niedrigerem osmotischem Druck welk, so entzieht sie der anderen Zelle Wasser, trotzdem diese höheren osmotischen Druck hat. Die Dehnung der Zellwand unter der Wirkung des Turgor- 1)' Pfeffer 1892, S. 259. Das sagt auch Pringsheim ausdrücklich (S. 107). Theoretisclies und Experimentelles zur Kohäsionstlieorie der Wasserbewegung. 625 drucks ist eine Funktion der Dehnbarkeit; danach hängt auch die Turg-orsenkung-, außer vom osmotischen Druck und vom Wasser- verlust, von den elastischen Eigenschaften der Zellhaut ab. Bei vollkommen starrer Wandung ist keine Turgorsenkung möglich. Je dehnbarer die Wand ist, desto mehr Wasser muß die Zelle verlieren, um eine Turgorsenkung oder Saugkraft von einer be- stimmten Größe zu erreichen. Oder wenn wir das Sättigungs- defizit ^) definieren als die — etwa in Prozenten ausgedrückte — Differenz zwischen dem bei voller Turgeszenz möglichen und dem jeweils gegebenen Wassergehalt, so bedeutet ein Sättigungsdefizit von gewisser Größe je nach der Dehnbarkeit der Zellwand eine verschieden große Turgorsenkung. Zellen mit verschieden dehn- baren Wänden kommen bei verschiedenem Wasserverlust ins Gleich- gewicht, und Gewebe, deren Membranen sehr nachgiebig sind, eignen sich deshalb besonders dazu, für andere Gewebe Wasser zu speichern und es im Notfall an diese Gewebe abzugeben. In Parenchj^men läuft demnach der Wasserstrom gegen das Ge- fälle der Turgorsenkung^), und soll in einer Richtung ein Wasserstrom unterhalten werden, so muß ein Gefälle der Turgorsenkung in um- kehrter Richtung hergestellt sein. Von einer 5-gliedrigen Zellreihe nehme allein die untere Wand der untersten Zelle Wasser auf, die Außenwand der obersten Zelle soll allein transpirieren. Der Wasserverlust soll so groß sein, daß der Filtrationsstrom zur Über- windung einer Zelle eine Druckdifferenz von 0,2 Atm. erfordert. Zunächst schöpft die aufnehmende Zelle aus reinem Wasser; dann ist in dieser ersten Zelle die Turgorsenkung 0,2 Atm., in jeder folgenden um ebenso viel mehr, also 0,4, 0,6, 0,8, in der 5. Zelle 1 Atm. Schöpft nun die unterste Zelle aus einer Lösung, die einen osmotischen Druck von sagen wir 2 Atm. besitzt, so muß in dieser Zelle der Turgor mindestens um so viel mehr gesenkt sein, also die Turgorsenkung im ganzen 2,2 Atm. betragen, und in der 5. Zelle beträgt sie 3 Atm. Jetzt wäre aber die unterste Zelle erst im statischen Gleichgewicht mit der Lösung. Um der Lösung dauernd Wasser zu entziehen, muß der Turgor noch weiter er- niedrigt werden, und zwar um so weiter, je rascher die Wasser- 1) Renner, 1911, S. 241. 2) Nicht gegen das Gefälle des Sättigungsdefizits, wie ich 1914 a, S. 550 versehent- lich geschrieben habe. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 40 g26 0. Eenuer, aufnähme vor sich geht. An der Oberfläche der aufnehmenden Zelle wird jedenfalls die Konzentration der umspülenden Lösung erhöht, weil der Lösung Wasser entzogen wird und nicht augenblicklich durch Diffusion der Verlust sich ersetzt. Die Wasseraufnahme einer Wurzel z. B., die aus einer Salzlösung schöpft, verlangt in der Wurzel eine um so höhere Saugkraft, je stärker die Transpiration ist. Experimentelle Belege, die vor dieser theoretischen Einsicht gewonnen wurden, habe ich seit längerer Zeit in Händen. Hohe Saugkraft von Parenchymen verträgt sich sehr gut mit scheinbar unverminderter Turgeszenz^). Bei einem osmotischen Druck von 20 Atm., wie er in Blättern ganz gew'öhnlich ist, wird eine Turgorsenkung von 5 oder 10 Atm. sich äußerlich noch gar nicht bemerkbar machen. Denn daß ein Turgordruck von 10 Atm. vollkommen ausreicht, die Parenchyme zu straffen, zeigen die Pflanzen, die keine höheren osmotischen Drucke haben. Die hohe osmotische Energie, die wir in den allermeisten Pflanzen finden, scheint demnach viel weniger den mechanischen Bedürfnissen als der Wasserversorgung zu dienen. 3. Gefäßwasser in Berührung mit Parenchym. Dixon schreibt (Progr., S. 60, und ähnlich S. 52): „Die osmo- tischen Kräfte werden im allgemeinen für die Hebung des Wassers nicht herangezogen, sondern der durch Verdunstung aus den Wänden entstehende Zug wird quer durch den Zellraum fortgepflanzt. Dieser Zug besteht im Lösungsmittel, während der osmotische Druck durch die gelösten Substanzen ausgeübt wird .... Wenn der Zug größer wird als der osmotische Druck, verliert die Zelle ihren Turgor . . . Solange die Blätter turgeszent sind, muß der osmotische Druck der Zellen so groß oder größer als die Spannung im Gefäßwasser sein; ist er größer, so wird der Drucküberschuß von der gespannten Wand aufgenommen." Diese Stelle hat Hannig (S. 194, 203) zu der Ansicht verleitet, man müsse experimentell entscheiden, ob die l) Darauf ist liinzuweisen g'egenüber Bemerkungen, die Pfeffer (1892, S. 260) maclit: „Es möge nochmals betont werden, daß, sofern die transpirierenden Blätter in liohen Bäumen sich dem maximalen Sättigungszustand zu nähern vermögen, als Betriebs- mittel hohe Imbibitionskräfte ausgeschlossen sind" und „doch macht es den Eindruck, als ob bei reichlicher Wasserversorgung der Wurzeln und bei mäßiger Transpiration die am Gipfel hoher Bäume befindlichen Blätter nur wenig von dem maximalen Turgeszenz- zustand abweichen." Theoretisches und Experimentelles zur Koliäsionstheorie der Wasserbewegung'. 627 Imbibitionsenergie der Membranen oder die osmotische Energie des Zellsaftes die Hubkraft bei der Wasserbewegung liefere. Aber Pfeffer hat schon 1892 (S. 258) die einzig mögHche Entscheidung, die keiner experimentellen Prüfung bedarf, getroffen und wieder- holt in seiner Physiologie^): „In der Pflanze setzen sich die wasser- anziehenden Wirkungen von ZeUsaft und Zellwand unter allen Um- ständen ins Gleichgewicht." Das heißt für unsere Frage, daß die osmotische Energie des Zellsaftes genau so wirksam ist wie die Imbibitionsenergie der Zellwand. In noch näherer Beziehung zu dem in der Überschrift des Abschnitts genannten Gegenstand sagt Pfeffer an einer anderen Stelle^): „Mit dieser Energie (nämlich der Energiegröße, die der Senkung des Turgors entspricht) wirken die umgebenden Zellen gegen das wasserleitende Xylem". Wie groß die Energie der Turgorsenkung ist, wissen wir; es bleibt zu untersuchen, in w^elchem Zustand das Gefäß wasser, das immer im Gleichgewicht mit dem umgebenden Parenchym ist, sich je nach der Turgeszenz des Parenchyms befindet. Dixon spricht immer meder davon, daß der Turgor einer Zelle nur aufgehoben werde, wenn auf die Zelle eine der osmo- tischen Energie des Zellsafts überlegene w^asseranziehende Kraft wirke; z. B. ein negativer Druck im Gefäßwasser, der höher ist als der osmotische Druck in der Parenchymzelle. In Wirklichkeit vermindert sich der volle Turgor der Zelle, sobald der Druck des Gefäßwassers unter den Barometerdruck sinkt; und wenn der negative Druck in den Gefäßen gleich dem osmotischen Druck im Parenchym (annähernd, s. unten) vdrd, ist der Turgor im Parenchym vollständig vernichtet; das alles gilt auch für einen Zustand, in dem Transpiration fehlt. Die Unterscheidung zwischen Lösungsmittel und gelösten Stoffen, wie sie Dixon einführt, läßt sieht rechtfertigen, erleichtert aber die Anschauung kaum. Es kommt einfach auf die Dampf- spannung an. Nach der Erniedrigung des Dampfdrucks bemißt sich das Wasseranziehungsvermögen der imbibierten Zellwand, des Zellsafts und des Gefäßwassers, und im Zellsaft wird, wenn wir vom normalen, d. h. turgeszenten Zustand der Zelle ausgehen, die Dampftension erst erniedrigt durch Senkung des Turgors. Dabei ist es gleichgültig, ob die Erniedrigung des Turgors erfolgt, weil 1) Bd. I, S. 144. 2) Physiologie, Bd. I, S. 195. Ähnlich 1892, S. 260. 40^ g28 ^- Renner, der Zelle überhaupt kein Wasser mehr zugeführt wird, wie einer einzelligen Alge auf einer Baumrinde, oder weil die Wasserauf- nahme einer Parench3^mzelle infolge negativer Spannung des Gefäß- wassers erschwert ist. Bei der Alge wird man zunächst nicht von negativer Spannung des Wassers im Zellsaft reden, und bei der Parenchj'mzelle gewinnt man mit dieser Fiktion auch nichts. Man kann allerdings, wie Hulett im Anschluß an Noyes tut (S. 362), sich vorstellen, daß das Wasser durch Auflösung osmotisch wirksamer Stoffe in Zugspannung versetzt mrd. Dann beruht die Erniedrigung der Dampfspannung auch bei einer Lösung auf dem negativen Druck, unter den das Wasser gerät, und es wird doppelt leicht verständlich, daß durch positiven hydrostatischen Druck, dem die Lösung ausgesetzt wird, die Dampfspannung wieder erhöht wird. Diese Hypothese scheint mir aber, wenigstens auf den ersten Blick, mit der Tammannschen Theorie vom Binnendruck ^) im Widerspruch zu stehen, derzufolge der Binnendruck im Lösungs- mittel umgekehrt durch gelöste Stoffe erhöht wird, und die sich weitreichender Anerkennung erfreut-). Jedenfalls ist die Hyi)Othese von Noyes und Hulett für die Betrachtung der lebenden Zelle überflüssig, und dasselbe gilt von dem erwähnten Gedanken Dixons, der sich an die genannte Hypothese anschüeßen ließe. Der osmotische Druck einer Parenchymzelle sei 20 Atm., dann ist im Zustand höchster Wasserfülle die Turgorspaunung eben so hoch, und im Gefäßwasser herrscht der Barometerdruck; dieser Zustand wird z. B. erreicht, wenn wir ein abgetrenntes Blatt in Wasser legen. Sinkt nun der Turgordruck um 5 Atm., so muß, wenn Gleichgewicht herrscht, auch der hydrostatische Druck in den Gefäßen um 5 Atm. erniedrigt sein, also auf — 4 Atm. Gefäß- wasser und Parenchymzelle üben nun dieselbe Saugkraft von 5 Atm. auf Wasser aus. Allgemein sei der osmotische Druck des Zellsafts P, der Turgor- druck T, der hydrostatische Druck des Gefäßwassers H, die Saug- kraft des Systems S, dann ist T — P = H — 1 oder H = T — P+1, und S = P — T 3= 1 — H. 1) Tanimaun selber spricht kurz „über die Beziehungen des inneren Druckes zur Dampfspannung" (S. 179 u. f.). 2) Vgl. z. B. Nernst, S. 249, 418. Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der Wasserbewegung. 629 Bei vollständig-em Welksein herrscht also in den Gefäßen eines Blattes, solange sie wassergefüllt sind, ein negativer Druck von (P— 1) Atiii. 4. Die bei der Wasserversorgung wirksamen Energiepotentiale. Nathansohn (S. 55, 56) sagt sehr anschaulich, die Pflanze be- gebe sich in das Potentialgefälle zwischen dem Wasser der Erdober- fläche und dem ungesättigten Dampfe der Luft und nütze es für die Wasserhebung aus. Natürlich kann nicht eine Dampfdruckdifferenz zwischen dem Wasser in den Wurzeln und dem in den Blättern die treibende Kraft für die Wasserverschiebung im Pflanzenkörper sein. Nehmen wir einmal den idealen Fall an, daß Boden, Pflanze und Atmosphäre genau dieselbe Temperatur haben, so könnte ein kon- tinuierliches Gefälle der Dampfspannung zwischen den Wurzeln und den Blättern zwar hergestellt werden, aber die Druckdifferenz zwi- schen Wurzel und Gipfel beliefe sich auf wenige Millimeter Queck- silber, während doch alle Widerstandsmessungen im Holz, Filtrations- ströme von der erforderlichen Geschwindigkeit vorausgesetzt, nötige Druckdifferenzen von vielen Atmosphären ergaben. Gewöhnlich sind aber die Temperaturverhältnisse gar nicht der- art, daß ein stetiges Gefälle der Dampftension von unten nach oben vorhanden sein könnte. Hat z. B. der Boden einmal eine Tempe- ratur von 10° C, die Luft 25*^0 und nur 60 "/o relative Feuchtig- keit, so beträgt der Dampfdruck im Boden 9,2 mm, in der Atmo- sphäre 0,6 • 23,8 = 14,3 mm Hg; das Dampfdruckgefälle läuft also von oben nach unten, und trotzdem wird die Pflanze ungestört fort- fahren Wasser zu heben und an die Luft abzugeben. Wenn wir den Dampfdruck im Auge behalten, so besteht in der Pflanze ein Gefälle nicht der absoluten Größe der Dampfspannung, sondern des relativen Dampfdrucks, d. h. des Verhältnisses zwischen der wirklich vorhandenen Tension und dem bei der gegebenen Temperatur mög- lichen Sättiguugsdruck. Es sei durch Welken am Gipfel die Dampf- spannung um 7"^/o vermindert, entsprechend einer Saugkraft von 100 Atm., dann fäflt der relative Dampfdruck vom Boden bis zum Gipfel von 100 "/o auf 93°/o. Die absolute Dampfteusion kann dabei von unten nach oben abnehmen oder zunehmen, das Gefälle kann stetig oder unstetig sein, es kann sogar im Stamm seine Richtung ändern, je nach den Temperaturverhältnissen. Aber wie wir gesehen haben, gehen Veränderungen in der Dampftension Hand in Hand 630 0- Renner, mit Veränderungen des hydrostatischen Drucks. Was bei beliebigem Wechsel der Temperatur von unten nach oben stetig abnehmen kann, ist der hydrostatische Druck im Gefäßwasser, und die Differenz der hydrostatischen Drucke zwischen unten und oben ist nach Dixon die treibende Kraft bei der Wasserbewegung innerhalb der Pflanze. Wenn Nathansohn (S. 60) schreibt: „Die treibende Kraft für die Bewegung bleibt die Spannungsdifferenz zwischen dem unge- sättigten Wasserdampf der Luft und der Dampftension des Wassers in den Geweben", so meint er damit augenscheinlich nur die Ent- bindung von Wasserdampf aus den transpirierenden Flächen, die ja tatsächlich den Anstoß zum Transpirationsstrom gibt. Für die Bewegung des dampfförmigen Wassers kommt natürlich nur eine Dampfdruckdifferenz in Betracht. Unter der Wirkung von Dampf- spannungsunterschieden hebt sich das Wasser als Dampf aus dem feuchten Erdboden in hohe Schichten der Atmosphäre. Nimmt das Wasser seinen Weg dabei zunächst, wenn es die Erde verläßt, durch Pflanzenkörper, so müssen viel bedeutendere Druckkräfte auftreten, weil es hier in flüssiger Form gehoben wird. Nach dem Austritt aus der Pflanze setzt das Wasser seinen Weg erst als Dampf fort. Im statischen Gleichgewicht, wenn die Pflanze nicht transpi- riert, hängt die Wassersäule ruhig an der die Oberfläche bildenden Membran, und die Abnahme des hydrostatischen Drucks von der Wurzel zum Gipfel entspricht allein der Höhe der Pflanze. Die Druckabnahme beträgt also bei einem 100 m hohen Baum nur 10 Atm., demnach der negative Druck in den Blattgefäßen 9 Atm. Transpiriert die Pflanze, so ist ein dynamisches Gleichgewicht her- gestellt, wenn aus dem Boden ebensoviel Wasser in die Wurzel eintritt, als aus den Blättern entweicht. Die Druckdifferenz, die diesen Filtrationstrom treibt, muß um so größer sein, je größer die zu befördernden Wassermengen und je größer die Widerstände des Bodens und der Leitbahnen sind. Der hydrostatische Druck im Boden ist unveränderlich gleich 1 Atm., die erforderliche Druck- differenz kann also nur durch Erniedrigung des hydrostatischen Drucks in den Blättern hergestellt werden. Um bei dem 100 m hohen Baum Transpiration von einer gewissen Größe zu decken, müsse der Filtrationstrom mit einem Druckunterschied von 50 Atm. getrieben werden; dann muß der Druck in den Gefäßen der Blätter auf — 59 Atm. sinken. Betrachten wir für dasselbe Beispiel die Verhältnisse des Dampfdrucks, so finden wir im statischen Gleichgewicht die Dampf- Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der Wasserbewegung. 631 tension des Wassers im Blatt eines 100 m hohen Baumes noch nicht einmal um 1 ^/o vermindert, entsprechend dem negativen Druck von 9 Atm, Die umgebende Luft muß also ebenfalls mehr als 99 "/o relative Feuchtigkeit haben, wenn weder Transpiration noch Kon- densation erfolgen soll. Soll aber in dem Baum ein Transpirations- strom unterhalten werden, der im Blatt eine negative Spannung von 59 Atm. und demgemäß eine Dampfdruckerniedrigung auf ungefähr 96 *^/o des Sättigungsdrucks erfordert, so muß die relative Dampf- spannung in der Luft noch unter 96 °/o sinken. Das Dampf druck- gefälle zwischen Blatt und Luft muß ebensoviel Wasser in Dampf- form beseitigen, als das Gefälle des hydrostatischen Drucks zwischen Boden und Gipfel flüssiges Wasser durch den Pflanzenkörper treibt. Wasser besitzt in einer nicht wasserdampfgesättigten Atmo- sphäre Arbeitsfähigkeit (freie Energie), weil es Dampf entwickelt, der bei seiner Ausdehnung Arbeit leisten kann. Diese Energie kann dazu benutzt werden, Wasser selber — in flüssiger oder in Dampfform — zu heben. Die Potentialdifferenzen zwischen Wasser von verschiedener Dampfspannung müssen denselben Energiewert haben, einerlei ob wir das flüssige Wasser oder den Wasserdampf betrachten. Wir vergleichen zur Veranschaulichung eine Differenz des hydrostatischen Drucks von 100 Atm. oder 76 000 mm Hg mit der zugehörigen Differenz der Dampfspannungen, die bei 20° 17,54 — 16,28 = 1,26 mm Hg beträgt (vgl. oben S. 622). Um 1 g Wasser auf 1033 m zu heben, ist eine Arbeit von 1033 Metergramm oder 1033 : 427 cal. = 2,42 cal. nötig. Am an- schaulichsten ist für unseren Fall die Vorstellung, daß eine Wasser- säule von 1033 m Höhe und 1 qcm Querschnitt um 1 cm gehoben wird, wobei das obere Zentimeter oder Gramm während der Hebung für Transpiration verfügbar wird : so ist die Arbeit die gleiche wie bei der freien Hebung eines Gramms um 1033 m. Dieselbe Arbeit wird auch in einer niedrigeren Pflanze geleistet, wenn 1 g gegen einen Filtrationswiderstand von 100 Atm. befördert wird. Bei der Verdunstung wird Dampf von höherer auf niederere Spannung gebracht, also ausgedehnt. Die Arbeit, die dabei geleistet w^erden kann (und ebenso die bei dem umgekehrten Vorgang, bei der Kompression, aufzuwendende Arbeit) ist für 1 Mol, also bei Wasser für 18 g: 1,985 . T • In— cal. (Nernst, S. 54), Pi wobei T die absolute Temperatur, p den Anfangs- und pi den End- 632 0- I^enuer, druck des Dampfes bedeutet. Für t = 20" C, p = 17,54 mm, pi — 16,28 mm berechnet sich der Arbeitswert zu 2,42 cal, für Vis Mol oder für 1 g-. Die beiden verglichenen Potentialdifferenzen stellen also tat- sächlich den gleichen Energiewert dar. Im Grunde beruht ja die Berechnung des osmotischen Drucks aus der Dampfdruckerniedri- gung auf nichts anderem als der nach thermodynamischon Prinzipien gemachten Annahme der Gleichheit der beiden Arbeitsgrößen. Die verschiedene Größe der auftretenden Kräfte, der Druckdifferenzen, hängt mit der verschiedenen Dichte des Wassers in den beiden Aggregatzuständen zusammen. Der Dampfdruckunterschied in unse- rem Beispiel ist 1,26 mm Hg; die Differenz der hj^drostatischeu Drucke ist 100 Atm. oder 76 000 mm Hg; das Verhältnis zwischen beiden Differenzen ist 60 300. 1 c])m Wasserdampf von 17,54 mm Hg Druck wiegt 17,3 g, 1 cbiii von 16,28 mm Hg Druck wiegt 16 g; das Gewicht eines Kul>ikmeters von mittlerem Druck ist 16,65 g oder 0,01665 kg; 1 cbm Wasser wiegt 1000 kg; das Ver- hältnis zwischen beiden Gewichten ist 60100. Wenn das Wasser als zusammenhängende Säule gehoben oder gegen einen hohen IleibungsA\iderstand bewegt wird, so daß es in Zugspannung gerät, geht an der Dampfspannkraft so viel Arbeits- fähigkeit verloren, als bei der Hebung und Filtration Arbeit geleistet wird. Im Fall eines statischen Gleichgewichts, etwa bei einer negativen Spannung des Wassers von 100 Atm. und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 92,8 °/o (bei 20° C) ist das ganze Potential des Dauipf drucks verschwunden, in ein gleichwertiges hydrostatisches Potential umgewandelt. Das Wasser hat oben die Überlegenheit des Dampfdrucks gegenüber der nicht gesättigten Atmosphäre ganz eingebüßt und dafür potentielle Energie gewonnen, die für das oberste Gramm den Wert von 1033 Metergramm darstellt. Für die Betrachtung eines d3^namischen Gleichgewichts, wobei Verdunstung stattfindet, nehmen wir an, daß die Luftfeuchtigkeit 80 "/o beträgt. Bei 20" ist dann die Dampfdruckdifferenz zwischen Wasser und Luft 17,54 — 14,03 = 3,51 mm Hg. Wenn das Wasser aus einer Schale oder von einer vollkommen turgeszenten Zelle verdunstet, wird diese ganze Dampfdruckdifferenz bei der Verdun- stung wirksam. Muß aber das Wasser in einer Askenasyschen Röhre oder in einer Pflanze gegen einen Zug von 100 Atm. für die Verdunstung nachgeschoben werden, so wird ein Teil der Potentialdifferenz zwischen Wasser und Luft für die Schaffung Theoretisches und Experimeulelles zur Kohäsionstheorie der Wasserheweguii^. 633 eines hydrostatischen Potentials verbraucht. Einem neg'ativen Druck von 100 Atm. entspricht bei 20° eine Dampfdruckclifferenz von 17,54 — 16,28 = 1,26 mm Hg;. Um ebensoviel wird die ursprüng- liche Dampfdruckdifferenz vermindert, sie sinkt von 3,51 mm auf 16,28 — 14,03 = 2,25 mm Hg. Dieser Rest des Dampfspannungs- uuterschieds bleibt allein für Verdunstung- verfügbar. Allgemein wird von dem primären Potential, das in der Dampf- druckdifferenz zwischen Wasser und Atmosphäre gegeben ist, ein um so gi'ößerer Teil in «ine dem flüssigen Wasser gegenüber wirk- same Form gebracht, je größer der beim Wassernachschub zu über- windende Widerstand ist. Bei der Pflanze ist das Mittel zur Um- formung des Potentials die quellbare Zellmembran, die wohl für Wasser, aber nicht für Wasserdampf (und Luft) durchlässig ist. Ein Ungleichgewicht zwischen den Dampfdrucken an der Oberfläche der Membran und in der Atmosphäre wird durch Entquellung der Membran so weit vermindert, bis ein dynamisches (jleichgewicht hergestellt ist. Dabei ist zunächst in der submaximal gequollenen Membran ein Potential der Quellungsenergie geschaffen. Mit der Membran setzt sich die Vakuole der lebenden Zelle ins Gleichgewicht, wol)ei ein osmotisches Potential entsteht. Mit der submaximal turges- zenten Parenchymzelle setzt sich das Gefäßwasser ins Gleichgewicht, wobei ein hydrostatisches Potential erzeugt wird. Die in der Pflanze in die Erscheinung tretende Zugkraft ändert bei den Umwandlungen des Potentials, vom Gefälle abgesehen, ihre Größe nicht, weil sie dauernd auf flüssiges Wasser zu wirken hat. Erst in der letzten Form wird das Potential auf weite Strecken hin wirksam, wie die Pflanze es nötig hat. Ein Potential der Imbibitionsenergie arbeitet im quellbaren Körper selber auf weite Strecken viel zu langsam, wegen der riesigen Widerstände für die Wasserbewegung. Ein osmotisches Potential im Parenchymgewebe ist schon leistungsfähiger, aber auch noch nicht leistungsfähig genug. Erst ein hydrostatisches Potential von derselben Größe wie das Imbibitions- und das osmo- tische Potential erzwingt in zusammenhängenden Wassersäulen gegen die Schwerkraft und gegen die Widerstände der seitlichen Reibung und der — nicht sehr zahlreichen — zu passierenden Wan- dungen eine Wasserverschiebung von der nötigen Geschwindigkeit. Bei niedrigen Pflanzen ist der Aufwand von Arbeit bei der Beförderung des Wassers von der Wurzel zu den Blättern wahr- scheinlich gering gegenüber der Arbeit, die bei der Aufnahme des Wassers aus dem Boden geleistet wird, und selbst bei hohen ß34 ^- Kenner, Bäumen ist die Arbeit beim Wassererwerb sicher noch immer be- trächtlich neben der Hebungsarbeit. Auch die Wasseraufnahme muß, wenn Wurzeldruck fehlt, durch die Saugung der Blätter bewirkt werden. Die Kohäsion des Wassers im leitenden Gewebekörper erlaubt, das durch die Imbibitionsenergie der transpirierenden Mem- branen geschaffene Potential mit verhältnismäßig geringem Verlust auf die Wurzel zu tibertragen, die Wurzel arbeitsfähig zu machen. Imbibition ist, wie schon Sachs erkannt hat, die treibende (genauer ziehende) Kraft bei der Wasserbewegung. Insofern bleibt seine Imbibitionstheorie noch heute bestehen. Daß die Pflanze das Imbibitions-Potential mit Hilfe der kohärenten Wasserfäden umzuformen und damit erst leistungsfällig zu machen vermag, diese Einsicht ist das Verdienst der Kohäsionshy])Othese. Es soll aber nicht vergessen werden, daß die Kohäsionstheorie nichts als eine umgeformte und damit leistungsfähigere Imbibitionstheorie ist. In der Dixon sehen Darstellung der Kohäsionstheorie ist die Ein- schaltung des osmotischen Systems der Parenchymzelle zwischen trausi)irierender Membran und Gefäßwasser in ihrer Wirkung nicht ganz scharf erfaßt; die hier nötigen Korrekturen waren im An- schluß an Pfeffers Überlegungen auszuführen, und die sich hier- aus ergebende Wichtigkeit des auch ex])erimentell til)erall gefundenen Sättigungsdefizits in allen transpirierenden Geweben habe ich seit 1911 verfochten. 5. Der Energieumsatz bei Transpiration und Wasserhebung. Dixon hat zu berechnen vei'sucht (Progr. S. 60), welches der Energie vei'bi'auch ist, wenn die Wassei'hebung ebenso wie die Transpiration durch die Wärme der umgebenden Atmosphäre be- stritten wird. Daß die Energiequelle ftir die bei der Verdunstung geleistete Arbeit die Wärme der Atmosphäre ist, bezweifelt ja niemand. Aber für die Wasserhebung nimmt nur die Kohäsions- theorie dieselbe Energiequelle in Anspruch, während die vita- listischen Theorien hierfür die Blutungskräfte der lebenden Zellen heranziehen. Dixon meint, wenn Wasser gehoben werde, dann werde in der Verdunstung so viel Arbeit (Wärme) gespart, als die Hebung Arbeit erfordere. Wenn zur Hebung des Transpirationsstroms lun 10 m im Baum 2 Atm. nötig sind, so macht das bei einem 100 m hohen Baum für 1 g Wasser 200 Metergramm oder weniger als Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der Wasserbewegung. 635 0,5 eal. Die Verdanipfiing:s\värme von 1 g- Wasser ist 584 cal. Die Hebung- erfordert ungefähr den tausendsten Teil der zur Ver- dunstung nötigen Energie, folglich soll bei der Hebung auf 100 m */iooo weniger transpiriert werden, als wenn keine Hebung statt- findet. Bei höheren Widerständen wäre das Verhältnis ein etwas anderes, aber immer würde der gesamte Energieumsatz mit Hebung ebenso groß ausfallen wie ohne Hebung. Diese Betrachtung ist gar zu summarisch und führt zu einem unrichtigen Ergebnis. Für eine exakte Erörterung müssen wir zwei Fälle auseinander- halten. 1. Ein Wärmezufluß aus der Atmosphäre in die Pflanze wird erzwungen nur durch das Dampfdruckpotential. Das geschieht im Dunkeln, wo die Pflanze sich unter die Temperatur der Luft abkühlt, vorausgesetzt, daß die Atmungswärme vernachlässigt werden darf. Wenn die Pflanze durch Änderung des eigenen Dampfdrucks das primäre Energiepotential zu verändern vermag, wird auch die thermische Potentialdifferenz zwischen Pflanze und Atmosphäre verändert. 2. Der Pflanze fließt aus der Atmosphäre dauernd strahlende Energie zu in einer Menge, mit der die Pflanze sich abfinden muß, ohne die Möglichkeit, durch eine Zustands- änderung dieses Energiepotential zu verändern. Das geschieht im Licht, vor allem im direkten Sonnenlicht. Bei 20" und 80 ^o Luftfeuchtigkeit wird im Dunkeln die Ver- dunstung beherrscht durch die Dampf druckdifferenz^) 17,54 — 0,8« 17,54 = 17,54 — 14,03 = .3,51 mm Hg. Wird nun das Wasser auf 1033 m gehoben oder stellt sich an der Oberfläche der Pflanze in- folge schlechter Wasserversorgung ein negativer Druck von 100 Atm. her, so wird der Dampfdruck in den Interzellularen von 100 "/o auf ungefähr 93°/o vermindert, von 17,54 auf 16,28 mm (vgl. oben S. 622). Die Transpiration ist jetzt beherrscht durch die Differenz 16,28 — 14,03 = 2,25 mm. Statt 3,51 g werden also nur 2,25 g tran- spiriert, es werden somit 1,26 g (oder 36*^/0) gespart. Dafür müssen aber die 2,25 g gegen einen Zug von 100 Atm. gehoben werden. Die bei der Hebung geleistete Arbeit ist 2,25 • 1033 = 2324 Meter- 1) Genauer durch ein von dieser Differenz und vom Bewegungszustand der Luft abhängiges Gefälle des Dampfdrucks. Wir müssen natürlich für die folgenden Be- trachtungen den Bewegungszustand der Luft als konstant annehmen und können dann für Vergleichszwecke die Entfernung zwischen den Punkten größter und kleinster Spannung als konstant vernachlässigen, also das Gefälle ersetzen durch die Differenz. Vgl. dazu Renner, 1910. ß36 ^' I^enner, g-ramm oder 5,47 Kalorien. Die bei der Transpiration eingesparte Arbeit beträgt aber 1,26 • 584 ^ 736 Kalorien. Der gesamte Energieverbranch ist demnach bei hoher negativer Spannnng; ge- ringer als bei voller Turgeszenz; zwischen der Euergieersparnis bei der Transpiration und dem Energieaufwand bei der Hebung besteht keine Beziehung. Die Berechnung ist noch nicht ganz genau, weil die Tempe- ratur des transpirierenden Blattes nicht berücksichtigt ist. Der Wärmezustrom aus der Atmosphäre, der die Verdunstung unter- hält, wird dadurch erzwungen, daß das Blatt sich unter die Tempe- i'atur der Umgebung abkühlt. Wird nun die Transpiration infolge der Dampfdruckerniedrig:ung vermindert, so steigt die Temperatur des Blattes und damit auch die Dampfspannung. Die Ersparnis an verdunstetem Wasser fällt also etwas geringer aus als oben berechnet. Aber das Verhältnis zwischen der bei der Transpiration ersparten und der bei der Hebung aufgewendeten Arbeit wird nicht wesentlich verändert. Im zweiten Fall, bei kräftiger Bestrahlung der Pflanze, dürfen die Temperaturverhältnisse nicht außer acht gelassen werden^). Die auf 1 während wir sie bei 20" zu 7,2 "/j gefunden haben. 2) Ein osmotischer Druck von 50 Atm. drückt bei 20" die Dampfspannung von 17,54 auf 16,87 mm, also um 3,8 "/o herab. Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstlieoric der AVasserbewegung. 641 Experimentelle Daten, die wir hier heranziehen können, hat vor allem Livingston^) beigebracht. Er findet in einer größeren Versuchsreihe die Verminderung der relativen Transpiration, (d. h. des Verhältnisses zwischen der Transpiration einer Pflanze und der Verdunstung eines Evaporimeters), wie sie an warmen, trockenen Tagen gegen Mittag sich einstellt, im Durchschnitt zu 49 ''/o. Bei E. B. Shreve findet an beblätterten Zweigen gar eine Erniedri- gung der relativen Transpiration im Mittel von 227 auf 78 statt (S. 36), die Verminderung beträgt also 66 °/o. Wie viel von dieser Verringerung auf Engerwerden der Spaltöffnungen zurückzuführen ist, läßt sich noch nicht sicher entscheiden. Daß aber bei Blättern mit ausgiebiger stomatärer Transpiration die regulierende Tätigkeit der Spaltöffnungen an der Herabdrückung der relativen Transpi- ration einen wesentlichen Anteil hat, scheint mir zweifellos, im Gegensatz zu Livingston-). Shreve hat nämlich die Verände- rung der Spaltweite gleichzeitig mit dem Gang der relativen Tran- spiration beobachtet und, wenigstens vormittags, eine recht nahe Übereinstimmung gefunden (vgl. S. 40, Exp. XIV, XVI). Die Be- rechnung der Diffusionskapazität einer Spaltöffnung ist sehr un- sicher^), schon die Messung der mittleren Spaltweite mühsam*), 1) 1906, S. 42; 1912, S. 311. 2) Livingston u. Brown, 1912, S. 311. — Livingston vertritt, ebenso wie Shreve, augenscheinlich den Standpunkt von Lloyd (1908), daß die Spaltöffnungen die Transpiration nicht zu regulieren vermögen. Ich habe die Schlüsse von Lloyd mit aus- führlicher Begründung abgelehnt (1910), und Experimente von Darwin und Pertz haben dasselbe Ergebnis gehabt (1911, S. 141) wie die meinigen. Lloyd hat jetzt seinen Standpunkt von Grund aus geändert (1912, 1913), ohne sich aber mit mir aus- einander zu setzen und ohne zuzugeben, daß er seine frühere Auffassung verlassen hat. Während er früher bewiesen zu haben glaubte, daß die Transpiration durch die Sto- mata nicht reguliert wird, sagt er jetzt, der Wassergehalt werde durch die Spalt- öffnungen nicht konstant erhalten. Das letztere scheint mir durch seine Versuche be- wiesen. Aber daß seine frühere Auffassung irrtümlich war, halte ich fest. Der Fehler wäre dadurch zu vermeiden gewesen, daß Lloyd nach Livingstons Vorgang die rela- tive Transpiration bestimmt hätte, nicht nur die absolute. L"nd wenn Lloyd selber das eingesehen haben .sollte, so zeigen doch die Arbeiten von Livingston und besonders von Shreve (S. 44), daß die betreffenden Autoren noch in dem Lloydschen Irrtum von 1908 befangen sind. Es wäre sehr zu wünschen, daß über einen außerordentlich ein- fachen Gegenstand, der in jeder Anfängervorlesung behandelt wird, durch offene Diskussion endgültige Einigung hergestellt würde. 3) Vgl. Renner 1910. 4) Auch die von Darwin und Pertz angegebene Porometermethode, deren Prinzip von den Autoren noch gar nicht analysiert worden ist, verlangt eine sehr kritische Handhabung. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 41 642 0. Eenner, und die aus den linearen Dimensionen des Porus abgeleiteten Ver- hältniswerte für die Diffusionskapazität sind deshalb nicht als ganz zuverlässig zu betrachten. In der folgenden Tabelle sind nach den Zahlen von Shreve (S. 41, 42) die Verhältniswerte der Spaltweiten und der zugehörigen relativen Transpirationsgrößen nebeneinander gestellt. Die Übereinstimmung ist, abgesehen von dem Ende des Versuchs XVI, gar nicht schlecht. Und wenn auch, wie gesagt, auf die Zahlen kein fester Verlaß ist, so ist es doch äußerst wahrscheinlich, daß die Veränderung der Spaltweite wenigstens mit eine Ursache der Veränderung der relativen Transpiration ist. Spalt- relative Verhältnis weite Transpiration der der relativen Spaltweite Transpiration Exp. XIV 3,6 0,181 100 100 1,6 0,079 44 43 1 2,2 0,124 61 68 4,4 0,302 100 100 Exp. XVI 2,5 3,1 0,205 0,215 57 70 67 70 3,3 0,108 75 38! Nach Shreve zeigen aber auch blattlose Zweige, deren Spalt- öffnungen immer geschlossen sein sollen (S. 41), den normalen Gang der relativen Transpiration. Das Maximum der relativen Transpiration (Mittel aus zwei Versuchen, S. 36) ist 0,155, das Minimum 0,069. die Herabdrückung also 56 "/o. Das wäre ohne Mitwirkung der Stomata derselbe Erfolg, wie in dem oben zitierten Experiment XIV, wo die Verminderung 57°/o beträgt. Nun ist bei einem Blatt mit offnen Spalten immerhin auch noch eine kuti- kuläre Transpiration da, und wenn am selben Blatt die stomatäre Komponente durch die Schließzellen und die kutikuläre auf eine gleich zu untersuchende Weise annähernd im selben Verhältnis herabgedrückt werden, dann ist der Gang der relativen Transpira- tion mit und ohne Spaltöffnungen derselbe. Bei den blattlosen Zweigen müssen wir jedenfalls zu der Deutung greifen, die Livingston überall anwenden möchte. Livingston schließt: die Spaltöffnungen sind es nicht, die die relative Transpiration herabdrücken: Konzentrationen, die den Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der Wasserbewegung. 643 Dampfdruck um 49 ^/o eruieclrig-en, gibt es auch nicht ; folglich muß ein anderes Moment wirksam sein. Und dieses findet er in einem leichten Austrocknen der Membranen^). Daß es allein die Zell- wände sind, die von ihrem Quellungswasser verlieren, ist sehr unwahrscheinlich. Die Verminderung des Wassergehalts, die im Laufe des Tages mit zunehmender Evaporation sich an den tran- spirierenden Organen allgemein einstellt^), betrifft also sicher auch die Zellräume und führt ja tatsächlich an sehr warmen trockenen Tagen nicht selten zu vorübergehendem deutlichem Welken. Eine Zunahme des Sättigungsdefizits bezw. der Turgorsenkung mit der Zunahme des Wasserverbrauchs ist auch im Interesse des Wasser- ersatzes unvermeidlich, weil erst das Sättigungsdefizit die Saug- kraft liefert. Solange wir annehmen, daß der Quellungszustand der ganzen Zellwand mit dem Dampfdruck des Zellsaftes im Gleichgewicht sei, können wir eine Verminderung der relativen Transpii^ation um 50 "/o oder mehr unter den Bedingungen der Versuche nicht et- klären, auch nicht bei vollem Welken. In den hier allein ver- wertbaren Experimenten von Shreve mit blattlosen Zweigen war kein sichtbares Welken erreicht, der osmotische Druck betrug sicher nicht mehr als 100 Atm., die Erniedrigung der Dampf- tension im Zellsaft behef sich also höchstens auf wenige Prozent. Die Transpiration hätte dadurch um nicht viel mehr Prozent ver- mindert sein können, weil die relative Feuchtigkeit der Luft zu nur 10 "^/o registriert ist. Die bisher gemachte Annahme über die Imbibition der Mem- bran gilt aber streng nur für solche Zustände, in denen die ZeU- haut im statischen Gleichgewicht mit der Atmosphäre sich befindet, also keine Transpiration statthat. Sobald die Zelle Wasser abgibt, muß innerhalb der ZeUwand ein Potential vorhanden sein, das das Wasser mit ausreichender Geschwindigkeit durch die Membran treibt. Die Zellhaut darf also nicht auf ihrer ganzen Dicke gleich- mäßig imbibiert sein. Nur in der innersten Schicht hat die Zell- wand den Dampfdruck des Zellsaftes, nach außen nimmt die Dampfspannung ab. Das Gefälle der Wassersättigimg muß um so 1) „iucipient drying" bei Livingston und Brown, 1912, S. 311, 314; Livingston, 1913, S. 172; vorher von Livingston (1911b, S. 419) „incipient wil- ting" genannt. Noch früher habe ich (1910, S. 516) von Austrocknen der Wände bei beginnendem Welken gesprochen. 2) Livingston u. Brown, 1912; Lloyd 1912, 1913; Shreve 1914. 41* g44 0. Renner, steiler sein, je rascher das Wasser durch die Membran filtriert und je größer der Filtrationswiderstaud der Membran ist. Am wirksamsten wird dieser Faktor deshalb bei kutikulari- sierten Zellhäuten. Grewöhnliche Epidermen transpirieren merkbar, auch wenn ihnen Spaltöffnungen ganz abgehen, die Kutikula ist also gequollen, wenn auch wenig. An einem vollkommen turges- zenten Blatt muß die Kutikula wassergesättigt sein, wenn der ab- solute Wassergehalt auch gering ist^). Wenn nun Transpiration einsetzt, muß die Kutikula im ersten Augenblick ebenso stark transpirieren wie jede andere Zellhaut, weil in ihr der Sättigungs- druck des Wassers herrscht. Aber schon ein geringer Wasser- verlust verlangt zu seiner Deckung bei der schwachen Imbibition und den riesigen Filtrationswiderstäuden ein steiles Druckgefälle in der Außenwand. Die Zelle kann deshalb fast maximalen Turgor haben, die Dampfspannung an der Oberfläche der Kutikula ist trotzdem weit erniedrigt. So erklärt sich der gute Transpirations- schutz, den die Kutikula auch einem wohl turgeszenten, etwa ab- geschnitten in Wasser stehenden Blatt gewährt. Das Dampf- druckgefälle in der Membi-an hat nur für den Wassertransport durch die Membrau aufzukommen, in ihrer innersten Schicht kann die Außenwand reichlich imbibiert sein. Bei bewurzelten Pflanzen wird aber der Turgor im transpi- rierenden Parenchym immer beträchtlich gesenkt, um den Wasser- strom bis zu den verdunstenden Zellhäuten zu unterhalten. Die innerste Schicht der Epidermisaußenwand ist jetzt mit der nicht mehr voll turgeszenten Zelle im Gleichgewicht, das Sättigungs- gefälle in der Membran beginnt also schon an einem tieferen Punkt. Der Filtrationswiderstand der ganzen Wand ist außerdem durch die Entquellung erhöht, das Gefälle in der Wand muß also auch noch steiler werden als an der turgeszenten Zelle. So nimmt der Dampfdruck an der Oberfläche der Kutikula mit zunehmender evaporierender Kraft der Atmosphäre immer mehr ab, und damit die relative Transpiration. Was für Zellen mit kutikularisierten Außenwänden ohne weiteres einleuchtet, daß an der Oberfläche die Dampfspannung weit unter die des Zellsaftes sinken kann, das könnte nun, wenn schon in geringerem Maß, auch für die gewöhnlichen Zellulose- wände des Parenchj^ms gelten, an denen die „innere Transpiration" 1) Vgl. dazu Living-ston, 1913, S. 168. Theoretisches und Experimentellps zur Kohäsionstheorie der Wasserhewegung. 645 in die Interzellularen stattfindet. Eine Druckdifferenz von einer Höhe, die im äußersten Fall dem osmotischen Druck des Zellsaftes entspricht, besorgt aber den Transport des Wassers durch das Parenchym der Wurzel, durch die Gefäße zu den Blättern und hier wieder durch einige Parenchymschichten bis zu den Inter- zellularen, und dabei filtriert das Wasser durch zahlreiche Zell- wände. Vorausgesetzt, daß die Beschaffenheit der an die Inter- zellularen grenzenden Wände dieselbe ist wie im übrigen Parenchym, genügt also eine sehr geringe Druckdifferenz, um das Wasser zu guter Letzt durch die letzte Zellulosehaut in den Interzellular- raum zu treiben; die betreffende Membran wird folglich außen ziemlich ebenso stark iml)ibiert sein wie innen. Demnach ist es recht fraglich, ob ein „beginnendes Austrocknen" im Sinne Livingstons, nach unseren Festsetzungen eine Senkung der Im- bibition unter das Gleichgewicht mit dem Zellsaft, auch an den die Interzellularen begrenzenden Zellwänden eintreten kann; und an diese scheint Livingston vorzugsweise zu denken^). Es dürfte jetzt auch klar geworden sein, daß Livingstons beginnendes Austrocknen nicht, wie er tut-), mit meinem Sätti- gungsdefizit ^) gleich zu setzen ist. Das Sättigungsdefizit ent- spricht der Turgorsenkung und liefert das Energiepotential für die Wasserversorgung bis zu den oberflächlichen Membranen hin; die dadurch bedingte Dampfdruckerniedrigung kann im äußersten Fall dem osmotischen Druck des Zellsafts entsprechen. Das be- ginnende Austrocknen liefert, soweit es über das Gleichgewicht mit dem Zellsaft hinausgeht, das Energiepotential für die Wasser- filtration durch die oberflächlichen Wände und ist mit Sicherheit bis jetzt nur von der Epidermis bekannt. Alles in allem müssen wir sagen: durch die Potentialgefälle in den transpirierenden ZeUwänden, deren Größe wir noch nicht kennen, werden die Dampfdruckverhältnisse so kompliziert, daß wir über die Wirkung hoher Zellsaftkonzentrationen auf die Tran- spiration keine zahlenmäßigen Angaben machen können. Das Minimum der Wirkung bei vollem Welken, entsprechend der Dampf- druckerniedrigung im Zellsaft (was aber keineswegs proportionale 1) Ebenso meint Fitting (S. 260): „Namentlich die sog. innere Transpiration dürfte auf einen sehr niedrigen Betrag dadurch (nämlich durch hohe Zellsaftkonzentra- tion) herabgedrückt sein. 2) 1913, S. 172. 3) Vgl. oben S. 625. g46 ^- Kenner, Verminderung der Transpiration bedeutet, sondern meistens be- trächtlichere), kennen wir. Wie aber der Dampfdruck an der Oberfläche der verdunstenden Zellwäude bei starker Transpiration dadurch beeinflußt wird, können wir nicht schätzen. Natürlich kann die relative Transpiration (man sollte Tran- spii^ation nie mehr ohne gleichzeitige Messung der Evaporation bestimmen), außer durch Spaltenverengerung und durch primäre Dampfdruckerniedrigung in der Membran, auch durch Verände- rungen in den Eigenschaften des Plasmas hervorgerufen werden^). Davon wissen wir aber noch nichts, und die für die Transpiration unmittelbar maßgebende Folge solcher Veränderungen wäre immer letzten Endes eine Veränderung des Dampfdrucks in der Membran. Wir können jetzt vielleicht auch dem Problem der starken Schleimbildung bei Xerophyten eine neue Ansicht abgewinnen. Verschleimte Epidermis z. B. ist viel häufiger als man im allge- meinen annimmt'-). Neger sagt darüber (S. 156): „Kolloide Sub- stanzen (Schleim usw.) geben in flüssigem Zustand üir Wasser nur langsam ab. Demnach kann es keinem Zweifel unterliegen, daß der in den Oberhautzellen vieler Pflanzen vorkommende Schleim die Wasserabgabe einschränkt." Älit solchen „zweifellosen" Fest- stellungen tut sich die Ökologie, wie wir sie bis jetzt haben, noch immer viel zu leicht. Sie begnügt sich oft, anstatt zu wissen, mit einem Meinen, das bald zu einem durch keinen Zweifel getrübten Glauben wird. Aus diesem Zustand kann die Ökologie nur her- auskommen, wenn sie sich ans Rechnen gewöhnt, denn in solchen Dingen ist ein Wissen erst da, wo Zahlen sind. Oerade in der Ökologie sind ja die quantitativen Verhältnisse alles, noch mehr als in der unangewandten Ph^^siologie. Kolloide in flüssigem Zustand, also kolloidale Lösungen, geben ihr Wasser ab entsprechend ihrem Dampfdruck, und der ist wenig erniedrigt. Aber der Schleim liegt ja nicht an der Oberfläche, sondern im Innern der Zelle, und kann in dem kom- plizierten System der l)ewurzelten Pflanze ganz andere Wirkungen haben als in einer Glasschale. 1) Vgl. Livingston und Brown, S. 317. 2) Viele Beispiele z. B. bei Soler eder, Systematische Anatomie der Dikotyle- donen, 1899. Aus meiner Assistentenzeit bei Pi'of. Radlkofer ist mir bekannt, daß verschleimte Epidermis bei tropischen Sapindaceen außerordentliche Verbreitung hat, desgleichen bei Moraceen; vgl. Eenner, Beiträge zur Anatomie und Systematik der Artocarpeen und Conocephaleen, Englers Jahrb., 1906, Bd. 39, S. 324. Theoretisches und Experinientiiles zur Koliäsionstheorie der Wasserbew eguiig. 647 In einer Epidermiszelle, deren Innenwand verschleimt ist, be- wegt sich bei hoher Turgeszenz das Transpirationswasser ver- hältnismäßig leicht durch die stark imbibierte Schleimmembran. Wird die Zelle welk, so verliert die Schleim membran von ihrem Wasser verhältnismäßig mehr als die anderen Teile der Wandung, eben wegen ihrer hohen Quellbarkeit. In diesem Zustand wirkt die Schleimauflage der Innenwand wie eine kräftige Verdickung; als solche stellt sie sich ja z. B. in Alkohol auch dar. Schon innerhalb dieser Wand ist eine gewisse Druckabnahme nötig, um das Wasser mit der nötigen Geschwindigkeit nach außen zu be- fördern. Die Epidermis wird also stärker welk als es einer nicht verschleimten Oberhaut in Berührung mit Parenchym von einem gewissen Turgeszenzgrad begegnen würde, und das führt zu einer Verminderung der kutikularen Transpiration (vgl. S. 644). Eine dicke, nicht verschleimte Epidermisinnenwand wirkt im selben Sinn, doch dauernd, nicht wie die verschleimte nur bei schwie- riger Wasserbeschaffung. Bei Zellen mit Schleim im Zellsaft wird das Welken ähnliche Folgen haben, Erhöhung des Filtrations- widerstaudes^). Bei der Wasserversorgung ist eben alles Dynamik, nichts Statik. Diese Betrachtungen sind aber erst physiologische Orientie- rung, noch keine Ökologie. Für die Ökologie ist das Ausmaß der Wirkung ausschlaggebend, in unserem Fall der Umstand, ob die Wasserersparnis eine praktisch ins Gewicht fallende Größe erreicht. Darüber wissen wir gar nichts, wir können nicht einmal annähernd schätzen, und deshalb müssen wir uns zu dem Geständnis be- quemen, daß die ökologische Bedeutung der Schleimbildung noch unbekannt ist. II. Messung der Kohäsion des Wassers mit Hilfe des Rings am Farnsporangium. Für die Kohäsionstheorie der Wasserbewegung ist es natürlich von großer Bedeutung, welche Zerreißungsfestigkeit das in den Leitbahneu eingeschlossene Wasser hat. In der botanischen Literatur wird diese Festigkeit des Wassers nach dem Vorgang von Dixon allgemein als Kohäsion bezeichnet. Physikalisch scheint der Begriff 1) Bei meiner Darstellung der Xerophyten (1914b, S. 674) war ich auf diesen Punkt noch nicht aufmerksam geworden. ß48 ^- I^enner, Kohäsion ganz mangelhaft definiert zu sein. Er wird bald gieich- bedeutend mit Binnendruck gebraucht, bald ungefähr im gleichen Sinn wie Oberflächenspannung^). So ist es begreiflich, daß viele Autoren den Ausdruck Kohäsion auf Flüssigkeiten überhaupt nicht anwenden^). Wir Botaniker können aber, eben weil der Be- griff nicht scharf umgrenzt ist, dem Schlagwort Kohäsionstheorie zuliebe bei dem Terminus bleiben, mindestens so lange wir nicht wissen, was eigentlich geschieht, wenn in einer wassererfüllten Pflanzenzelle eine Gas- oder Pampfblase auftritt und den Zusammen- hang der Wasserfüllung aufhebt. Es sind ja mindestens vier Möglich- keiten ins Auge zufassen. Der Riß kann auftreten : 1. im Innern der Wasserfüllung a) infolge Überwindung der Zugfestigkeit (des Binnendrucks) des Wassers, b) infolge Ausscheidung eines vorher gelöst gewesenen Gases; 2. zwischen Wasser und Wand a) infolge Überwindung der Adhäsion des Wassers an der Wand, b) infolge Eindringens von Luft durch die Wand. Die von verschiedeneu Autoren und mit Hilfe verschiedener Methoden am Wasser experimentell bestimmten Werte für die Ko- häsion weichen weit voneinander ab. Jul. Meyer hat bei anschei- nend sehr exakten Versuchen mit seinen „Flüssigkeitstonometern" im besten Fall 34 Atm. gefunden. Dixon dagegen will mit einer ganz ähnlichen Methode-') auf 158 Atm. (1909 b, S. 42) und neuer- dings gar auf 207 Atm. gekommen sein (1914, S. 233); die Berechnung der Druckwerte ist aber sehr umständlich und eine anschauliche Vorstellung von der Höhe der auftretenden Spannungen geben die Experimente deshalb nicht. Die viel durchsichtigeren Resultate von Meyer lassen die Festigkeit des Wassers geringer erscheinen, als daß die Kohäsionstheorie sich damit begnügen könnte, denn falls die in Pflanzen vorkommenden osmotischen Drucke von 100 Atm. für die Wasserversorgung voll ausgenutzt werden sollen, muß die Kohäsion des Wassers mindestens diesen Wert von 100 Atm. er- reichen. 1) Die Tabellen von Landolt-Börn. stein z. B. kennen nur die „spezifische Kohäsion" (S. 112), die aus der Oberflächenspannung abgeleitet ist. 2) Z. B. Nernst, Jul. Meyer. Ursprung, der den letztgenannten Autor aus- führlich zitiert, setzt den Ausdruck Kohäsion ein, wo Meyer von dem erreichten negativen Druck spricht. 3) Nach der Darstellung von Ursprung (S. 397) muß man notwendig annehmen, die Ablehnung der Berthelotschen Methode richte sich auch gegen D i x on. Daß Dixon diese Methode viel sorgfältiger handhabt, deutet Ursprung in der Anmerk. 3 nur eben an. Theoretisches uml Experiiiicntelks zur Kohäsionstheorie der Wasserbeweffung. 649 Gegen die bisher versuchten Bestimmungen samt und sonders ist der Einwand zu erheben, daß sie mit Gefäßen aus anderem Material arbeiten als die pflanzlichen Zellwände sind. Einmal kann die Adhäsion des Wassers an den imbibierten Zellhäuten größer sein als an Glas. J. Meyer weist mehrfach darauf hin, daß seine Bestimmungen die eigentliche Zugfestigkeit des Wassers noch gar nicht treffen. Er sagt z. B. S. 23: „Der Entstehungsort der Blase, also die Bruchstelle, befand sich, so oft ich die Erscheinung zu beobachten Gelegenheit hatte, niemals im Inneren der Flüssigkeit selbst, sondern an der Berührungsstelle Flüssigkeit — Glas"; und weiter S. 27: „Das Ergebnis dieser 165 Messungen ist also, daß ein Grenzwert der negativen Drucke, der der Zugfestigkeit der untersuchten Flüssigkeit entspricht, bisher nicht erreicht werden konnte.'' Zweitens befinden sich die im Wasser gelösten Gase unter verschiedenen Bedingungen, je nachdem das Wasser in Glas" oder in eine Pflanzenzelle eingeschlossen ist. Dei- Punkt ist wichtig, weil die meisten Autoren betonen, hohe negative Drucke ließen sich nur mit luftfreien Flüssigkeiten erzielen; Dixon allerdings hat seine höchsten Werte mit luftgesättigtem Holzsaft erhalten (1914). Die im Gefäßwasser gelöste Luft kann, wenn das Lösungsvermögen des Wassers für Luft sicli einmal verringert, durch die Gefäßwand nach außen diffundieren und braucht sich nicht in der Gefäßzelle in Gasform auszuscheiden. In einer Glasröhre ist das ganz anders. Im Askenasyschen Versuch z. B. ist das Wasser nur auf der Quer- schnittfläche des Gipspfropfens mit der Luft in Berührung, der Gasaustausch zwischen Atmosphäre und Wasser auf dem Weg der Diffusion deshalb sehr erschwert. Und in allseits geschlossenen Glasröhren, wie Dixon und Meyer sie verwenden, besteht gar kein Verkehr zwischen Wasser und Atmosphäre. Wir müssen also Wasser beobachten, das im Innern von Pflanzen- zellen in Zugspannung versetzt wird. Dazu eignen sich am besten die sogenannten Kohäsionsmechanismen, weil wir hier an einer auf- fallenden Beweguugsreaktion erkennen, wann der Zusammenhang in der Wasserfüllung der Zelle aufgehoben wird. Ob dabei der Biß im Wasser selber oder zwischen Wasser und Zellwand auftritt, ob also die Kohäsion oder die Adhäsion zuerst überwunden wird, braucht uns vorerst nicht zu beschäftigen. Das schönste Beispiel eines Kohäsionsmechanismus ist der Bing (Annulus) am Sporangium der Polypodiaceen. Bei Wasserverlust werden die dünnen Außenwände der Bingzellen eingedrückt, die Seitenwände einander genähert, gQQ 0. Renner, der g:esamte äußere Umfang- des Auuulus verkleinert, und dadurch am schwächsten Punkt in der Fortsetzung- des Ringes, am Stomium, die Sporangienwand aufgerissen^). Bei fortschreitendem Wasser- verlust wird die vorher konvexe Außenseite des Rings konkav, bis die Wasserfüllung der Ring-zellen reißt, die Zellen mit einem Ruck ihre ursprüng-liche Gestalt annehmen, der Außenumfang- des Annulus seine ursprüngliche Länge wiedergewinnt und damit der ganze Ring in die Ausgangsstellung zurückschnellt. Es handelt sich nun bloß darum, die Spannung des Wassers in dem Augenblick zu be- stimmen, bevor die eingedellte Außenwand sich aus ihrer Zwangs- lage losreißt und nach außen springt. Während der ganzen De- formation bis zu diesem Augenblick hat ja das Wasser den Zug der adhärierenden Membran auszuhalten, und daß das keine geringe Spannung ist, läßt sich bei der Stärke der Deformation an den kleinen Wandflächen von vornherein annehmen. Zur Bestimmung der Spannung stehen zwei Wege offen: 1. die Ausnutzung der Semipermeabilität der Wände der Annuluszellen, 2. die Ermittlung des Dampfdrucks durch Vergleich. 1. Die Semipermeabilität der Annulusmembranen. Den wassererfüllten Ring kann man bekanntlich statt durch Austrocknenlassen auch durch Einlegen in wasserentziehende Mittel zum Springen bringen, wie es Glyzerin, starker Alkohol und Salz- lösungen sind. Die Wände der Ringzellen sind also für diese Flüssigkeiten viel weniger leicht durchdringlich als für Wasser. Aber sie sind dafür nicht vollkommen undurchlässig. Denn die Blasen, die in den Ringzellen beim Springen in Luft oder in einer der Flüssigkeiten aufgetreten sind, verschwinden in den genannten Flüssigkeiten mit der Zeit; bei Glyzerin dauert das mehrere Tage, bei Salzlösungen viel kürzere Zeit. Und wenn in verdünntem Glyzerin oder in Salzlösungen der Annulus sich nur deformiert hat ohne zu spnngen, so geht die Deformation langsam zurück. Die Ausnahmestellung, die der Rohrzucker in seinem Verhalten gegen alle semipermeablen Membranen einnimmt, ließ vermuten, 1) Der Riß läuft bei den mir bekannten Polypodiaceen nur im Stomium zwiscben den beiden ZeUen, auf den Backen des Sporangiums geht er quer durch die Zellen durch, ohne sich an die Zellgrenzen zu lialten. Das wird gewölmlicli un- genau abgebildet. Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der Wasserbewegung. 651 daß er auch durch die Annuluswände nicht eindringt. Tatsächlich wird in starken Zuckerlösungen die Deformation in vielen Tagen nicht rückgängig gemacht, und in Luft gesprungene Annuli be- halten, wenn sie in starke oder schwache (bis zu 10 °/o herunter) Zuckerlösung eingetragen werden, die Blasen viele Tage lang. Rohr- zucker dringt also gar nicht ein. In einer Ilohrzuckerlösung, die 2 Gewichtsteile Zucker auf 1 Teil Wasser, also 5,8 Mole im Liter Wasser, enthielt, deformierten sich reife Sporangien von Polystichum filix mas, Scolopendrium off'icinarum und Pteris quadriaurita (Gewächshausnmterial) sehr stark, ohne aber im allgemeinen zu springen (Fig. 3, 10, 12, 13, Taf. IX). Nur die Sporangien von Polystichum filix mas var. decorum, die im Freien schon geöffnet und wohl etwas vermttert waren, sprangen größtenteils in dieser Lösung. Die Sporangien der ge- wöhnlichen Form von Filix mas wurden auch in etwas verdünnteren Lösungen beobachtet, und zwar in solchen, die auf 1 Teil Wasser 1,12 bezw. 1,5 Teile Rohrzucker enthielten. Die Deformation war hier natürlich beträchtlich schwächer, wie Fig. 1 und 2, Taf. IX (zu vergleichen mit Fig. 3), zeigen. Sporangien desselben Sorus verhalten sich, wohl je nach dem Reifezustand, recht verschieden. Am raschesten und stärksten krümmen sich die Annuli von schon geöffneten, also ganz reif gewesenen Sporangien. Die noch ge- schlossenen reißen in den schwächeren Lösungen manchmal gar nicht auf (Fig. 1) oder sehr spät, also wohl erst wenn die Liisung unter dem Deckglas durch Verdunstung vom Rand konzentrierter geworden ist. Der dünnwandige Annulus von Scolopendrium krümmt sich viel stärker als der der beiden anderen Arten, auch vor dem Springen in der Luft. Fig. 12, Taf. IX, zeigt einen solchen voll- kommen zum Ring zusammengebogenen Annulus von Scolopendrium in der stärksten Zuckerlösung; damit ist Fig. 13, Taf. IX. von Filix mas zu vergleichen. L"m die Reihe der Stadien voll zu machen, sind in Fig. 4. Taf. IX noch Sporangien nach dem Springen in Glyzerin wiedergegeben: sie sind fast geschlossen und der gas- förmige Inhalt der Ringzellen erscheint dunkel. In sehr stark deformierten Ringzellen zeigt der Inhalt innerhalb der konzentrierten Zuckerlösung ein optisches Verhalten, das mit- unter den Anschein erweckt, als ob schon Gasblasen vorhanden wären. Bei Zugabe von Wasser schließt sich aber das Sporangium, ohne daß die „Blasen" sich dehnen, vielmehr zeigen die Zellen sich vollkommen wassererfüllt. Glyzerin bringt solche Annuli auch CK 9 0. Eenner, prompt zum Spring-en, ebenso kann man durcli Drücken aiifs Deck- glas die Spannung vollends soweit steigern, daß das Wasser reißt. Weiter unten wird mitzuteilen sein, daß auch Annuli, in denen schon Blasen aufgetreten sind, unter gewissen Umständen nicht vollständig zu springen vermögen. Aber bei der gescliilderten Er- scheinung ist es ganz sicher noch nicht zur Zerreißung des Zell- wassers gekommen. Andererseits kann der Brechungsindex des Wassers durch die Zugspannung nicht in merklicher Weise verändert sein. Mit der Steigerung des positiven Druckes nimmt nämlich nach Röntgen der Brechungsindex außerordentlich wenig zu, und nach J. Meyer ist der Dilatationskoeffizient des Wassers gleich dem Konipressionskoeffizienten. Daß der Zellinhalt dunkel erscheint, fast (wenn auch nicht ganz) so dunkel wie die Gasblasen in zer- sprungenen Zellen, hängt also wohl mit der sehr starken Krümmung der Außenwände zusammen. Der Brechungsindex der dicken Zuckerlösung ist von dem des Wassers beträchtlich verschieden, es kann deshalb wohl zu einer totalen Reflexion kommen. Nach tagelangem Verweilen in der stark deformierenden konzentriertesten Zuckerlösung (in einem verschlossenen Gläschen, nicht unter dem Deckglas) führten die Sporangien bei Glyzerin- zugabe unvollkommene Springbewegungen aus, wobei in den Ring- zellen zweifellose Blasen sichtbar wurden. Die Annuli blieben aber auf der Außenseite stark konkav, die Wände waren nicht imstande sich vollständig auszufüllen, wohl infolge von Überdehnung (vgl. unten S. 658). Die Deformation des Anuulus kommt zum Stillstand, wenn der Dampfdruck im Füllwasser der Riugzellen gleich der Dampf- tension der Lösung geworden ist. Der Dampfdruck des Füllwassers kann von vornherein erniedrigt sein durcli gelöste Stoffe, und bei der Deformation steigt die Konzentration der Lösung, wenn eine solche vorhanden ist. Wir müssen also fürs erste erfahren, welcher osmotische Druck in den Zellen im Zustand starker, schon nahe ans Springen hinreichender Deformation herrscht. Bei sehr hohem osmotischem Druck im Innern ist mit wasserentziehenden Mitteln nicht einmal eine schwache Deformation zu erreichen; Sporangien, die in 70proz. Alkohol gelegen haben, ändern in absolutem Alkohol und in Glyzerin ihre Form gar nicht. Lebend waren von den verwendeten Sporangien nur die von Pteris quadriaurita zur Hand. Im reifen, zum Springen bereiten Annulus enthalten die Zellen noch einen lebenden Plasmabelag, Theoretisches und Experimentelles zur Kobäsionstheorie der Wasserbewegung. 653 der auf der Innenwand am stärksten ist; hier liegt auch der Zell- kern. Der osmotische Druck des Zellsaftes läßt sich natürlich mit Zucker nicht bestimmen, weil dieser nicht durch die Zellwand bis zum Protoplasten permeiert. Eine Mollösung- von Kalisalpeter plasmolj^siert die Zellen kräftig. Die Substanzen des Zellsaftes oder ein Teil davon könnten auch in der toten Zelle von der Wand festgehalten werden, wie die Wand dem Zucker den Eintritt verwehrt. Daß das Füllwasser der toten Annuluszelle Stoffe in Lösung enthält, hat schon Prantl (1886) wahrscheinlich gemacht. Prantl glaubt das rasche Verschwinden der „Luftblasen", wenn der ge- sprungene Annulus in Wasser gebracht wird, auf osmotischen Druck in den toten Ringzelleu zurückführen zu müssen und beobachtet tatsächlich, daß die Blasen, wie in Wasser, so auch in 3proz. CaCU-Lösung verschwinden, aber in Sproz. und noch konzentrier- teren Lösungen des Salzes erhalten bleiben. Zuverlässiger ist jedenfalls die Verwendung von Rohrzucker. Sporangien von Pteris quadriaurita wurden lebend in Luft zum Springen gebracht, dann nach Zusatz SOproz. Zuckerlösung ^) rasch beobachtet. Die Blasen, die zuerst die Zellen ganz ausfüllten, verkleinerten sich beträchtlich, einzelne verschwanden sogar ganz. Die Zellen vermochten also der Lösung, die als solche nicht per- meiert, Wasser zu entziehen. In 40*^/o Zucker blieben die Blasen größer, in 50 ^'/o Zucker waren zwischen der Blase und den Zell- wänden in den Ecken nur dünne Plasmamassen sichtbar. Diese verloren an Volumen noch weiter bei Zugabe von sehr konzentrierter Zuckerlösung oder von Glyzerin. Durch Kochen der Sporangien in destilliertem Wasser wird der osmotische Druck der Ringzellen etwas vermindert. Gekochte Sporangien, in Luft zum Springen gebracht, behielten in 30 und 40*^/0 Zucker größere Blasen als Sporangien, die vor dem Springen noch lebten. Auch in 20 "/o Zucker blieben die Blasen noch ziem- lich groß. In 10 'Vo Zucker dagegen verschwanden die allermeisten. In sehr verdünnter Salzsäure gekochte und dann in destilliertem Wasser ausgewaschene Sporangien unterschieden sich nicht von den in Wasser gekochten. Der osmotische Druck der toten, nicht deformierten, vollkommen von Flüssigkeit erfüllten Ringzellen entspricht also etwa lO^lo 1) 30 7o bedeutet 30 g Zucker auf 100 g Wasser; ebenso sind die folgenden Kon- zentrationsangaben zu verstehen. 654 0. Eenner, Rohrzucker. Im Zustand stärkster Deformation ist der osmotische Druck höchstens bis zum Grieichge wicht mit 30*^/0 Rohrzucker er- höht; das entspricht einem osmotischen Druck von etwa 24 Atm., weil die Lösung 0,9 Mol auf 1 1 Wasser enthält^). Denn in dieser Lösung ist neben den großen Blasen ja nur noch eine dünne Flüssigkeitsschicht erhalten. In Sporangien von Scolopendrium, die ein Jahr lang in 70proz. Alkohol aufbewahrt waren und dann in destilliertem Wasser ge- kocht wurden, ist der osmotische Druck noch niedriger. Aus ge- sprungenen Annulis verschwinden die Blasen zwar in Iprozentiger Zuckerlösung, sie bleiben aber in den meisten Zellen sehr groß bei 4tägigem Liegen in 10 "/o Zucker. Wird gesprungenen Sporangien Wasser zugesetzt, so werden die Bla- sen rasch kleiner und verschwinden zuletzt. Bei Übertragung in Iproz. Zuckerlösung wird das endliche Ver- schwinden der in Wasser schon ver- kleinerten Blasen kaum verlangsamt. In 5 °/ 0 Zucker dagegen dehnen sich die klein gewordenen Blasen beträcht- lich, und in 10*^/0 geht die Dehnung so weit, daß sie die meisten Zellen bis in die äußersten Ecken ausfüllen (Textfig. 2); 10 g Zucker auf 100 g Wasser sind etwa 0,3 Mol auf 1 1 Wasser, und diese Konzentration gibt einen osmotischen Druck von etwa 7,5 Atm.^). Der osmotische Druck der Zuckerlösung, die 1,12 Teile Zucker auf 1 Teil Wasser enthält, beträgt nach Berkeley und Hartley-) etw'a 102 Atm. Um die osmotischen Drucke der stär- keren Lösungen durch Extrapolation annähernd zu finden, habe ich die von Berkeley und Hartley angegebenen Werte in ein Koordinatensystem eingetragen (Textfig. 3), die Schnittpunkte der Koordinaten mit Hilfe des Kurvenlineals verbunden und die Kurve nach oben verlängert. So ergeben sich für Lösungen, die 1500 Fig. 2. Teil eines Annulus von Scolo- jjendrium, in Rück(»nansicht. Die Wände sind schwarz ausgezogen, die Gasblasen in den Zellen sind schraffiert, a = in I proz., 6 = in Sproz., c = in lOproz. Zuckerlösung. Der Zustand a ist vorübergehend. Die weitere Ver- kleinerung der Blasen wurde dadurch verhindert, daß das Sporangium aus der Lösung a in die Lösung 6 ge- bracht wurde. Die Zustände h u. c sind stabil. 1) Renner, 1912 a, S. 491, nach Morse. 2) Vgl. Renner, 1912 a, S. 496. Theoivtisclios und Experinu'utelles zur Koliäsionstheorie der AVassevbewegung. 655 bezw. 2000 Teile Rohrzucker auf 1000 Teile Wasser enthalten, osmotische Drucke von 148 bezw. 210 Atm. Der osmotische Druck in den deformierten Annuluszellen ist also dem osmotischen Druck der konzentrierten Rohrzuckerlösung- gegen- über verschwindend niedrig. Die Erniedrigung der Dampftension in den Ringzellen muß demnach zum allergrößten Teil durch nega- tiven Druck des Füllwassers, an dem die eingedrückte Zellwand zerrt, zustande kommen. Der negative Druck ist gleich dem os- motischen Druck der Zuckerlösung, also im äußersten Fall etwa 200 Atm., und dabei springen die Sporangien im allgemeinen noch nicht einmal. Mit noch kouzentrierteren Rohrzuckerlösungen ist wegen ihrer sirupartigen Beschaffenheit nicht angenehm zu arbeiten. Gesättigte Kochsalzlösung, die noch höheren osmoti- schen Druck hat (vgl. unten), bringt ganz reife Sporangien von Pteris quadriaurifa, le- bende wie gekochte, zum Springen, 0,9 -gesättigte Lö- sung deformiert sie nur stark, und die Deformation geht bald zurück. Das Koch- salz dringt also ziemlich leicht ein und kann zu genauer Be- stimmung der Zugspannung beim Springen nicht ver- wendet werden. (^rarnm 5p 6i6 im Liter Wasser 1125 M13 1500 Fig. 3. 2. Die Dampfspannung im Annulus vor dem Springen in Luft. Wir können uns von der Semipermeabilität der Annuluswände, die den meisten Stoffen gegenüber mangelhaft ist, leicht unabhängig machen. Dazu brauchen wir die wassergesättigten Sporangien nur in einem geschlossenen Raum über Lösungen beliebiger Stoffe unterzubringen. Dann destilliert Wasserdampf so lange aus dem Annulus zur Lösung, bis der Dampfdruck an der Oberfläche der Zellwände mit der Dampftension der über der Lösung liegenden g56 ^- Renner, Luft sich ausgeglichen hat. Im stationären Zustand ist die Dampf- spannung an der Oberfläche der Ringzelleu gleich der des Füll- wassers; nur solange die Verdunstung kräftig ist, kann die Zell- wand trockener sein, als dem Spannungszustand des Füllwassers entspricht (vgl. oben S. 643). Auf dem Boden kleiner Glasschälchen mit abgeschliffenem Rand (Durchmesser etwa 30 mm, Höhe 15 — 20 mm) wurde ein kurzes Stück Glasstab oder Glasröhre mit Siegellack befestigt und auf den Stab mit Kanadabalsam ein Deckglas aufgeklebt, das dicht unter den Schalenrand zu liegen kam (Textfig. 4). Wurde nun in das Schäfchen eine Lösung eingegossen, auf das Deckglas eine Anzahl wassergesättigter Sporangien gebracht und dann auf den mit Yaselin bestrichenen Schalenrand eine dünne Glasplatte luft- dicht aufgelegt, so konnten die Annuli noch bei mittelstarker Ver- größerung bequem beobachtet werden. In den Schälchen stellt „ sich rasch der der Lösung zukommende Dauipfdruck her und die Sporangien deformieren sich bei geringer Luft- feuchtigkeit rasch, bei hcUierer lang- samer, bis zur Erreichung des Gleich- lllllllllllllllllllllilfllülllMllllHl '^' ■ gewichts. Über Rohrzuckerlösungen ist die Deformation, wie zu er- warten, ebenso groß wie in ihnen; Fig. 10, Taf. IX stellt Sporangien von Filix mas in der stärksten Zuckerlösuug dar, Fig. 14, Taf. IX darüber. Salzlösungen geben mit der zweiten Methode stärkere Krümmung als mit der erst beschriebenen, wo das Permeieren des Salzes stört, außerdem bleibt die Deformation in der Atmosphäre der Schälchen konstant, sie geht nicht zurück. Eine gesättigte Kalisalpeterlösung, deren osmotischer Druck etwas über 100 Atm. beträgt^), bringt die meisten Sporangien von Filix mas — nur mit diesen wurden die vergleichenden Beobach- tungen ausgeführt, weil sie flach sind und deshalb oft auf der Breitseite liegen bleuten — zum Aufreißen und deformiert manche Ringe auch deutlich, doch nie bis zum Konkavwerden der Außen- seite (Fig. 9, Taf. IX). Noch niedrigere Luftfeuchtigkeit wurde mit Kochsalzlösungen hergestellt, und zwar durch verschiedene Verdünnung einer gesättigten Lösung, nachdem ermittelt war, daß über der gesättigten Lösung die Sporangien aller drei Arten fast 1) Renner, 1912 a, S. 500. Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der Wasserbewegung. 657 ausnahmslos springen. Die den Lösungen zukommenden osmotischen Drucke mögen gleich beigefügt werden, die Berechnung folgt weiter unten. Vs- gesättigte NaCl-Lösung^); osmotischer Druck 96 Atm. Die Sporangien reißen größtenteils auf (Fig. 5, Taf. IX) und krümmen sich ungefähr so weit wie über der gesättigten KNOs- Lösung (Fig. 9, Taf. IX) und wie in Zuckerlösung von der Konzentration 1,12 : 1 (Fig. 1). V2- gesättigte NaCl- Lösung; Druck 153 Atm. Der Kücken der Sporangien wird deutlich konkav, etwa so wie in Zuckerlösung von der Konzentration 1,5 : 1. Man vgl. Fig. 6, Taf. IX (über NaCl) mit Fig. 2, Taf. IX (in Zucker). Vö-gesättigte NaCl-Lösung: Druck 279 Atm. (Fig. 8, Taf. EX). Die Sporangien deformieren sich sehr stark, noch stärker als in Zuckerlösung von der Konzentration 2:1. Vereinzelte Sporangien springen nach längerem Liegen im Schälchen; die Fig. 8, Taf. IX zeigt ein solches geschlossenes Sporangium. 0,9 -gesättigte NaCl-Lösung; Druck 323 Atm. Alle Sporangien springen. Man sieht, wie die Stärke der Deformation wieder mit der Konzentration der Lösung ganz regelmäßig zunimmt und wie über den Salzlösungen die Krümmung des Annulus ebenso stark ist wie in Zuckerlösungen von der gleichen osmotischen Energie. Die Grenzwerte der Spannung vor dem Springen, die uns am meisten interessieren, liegen bei den beiden anderen untersuchten Arten noch höher als bei Polystichum filix mas. Über 0,9 -gesättigter NaCl-Lösung springen nämlich die Sporangien von Scolopendrium und von Pteris quadriaurita (lebende wie gekochte) nur zum Teil. Sogar über NaCl 0,95 -gesättigt (osmotischer Druck 350 Atm.) bleiben von Scolopendrium noch immer manche Sporangien un- gesprungen. Noch nach IV2 Tagen führen diese Sporangien, wenn der Deckel vom Schälchen abgenommen wird, Springbewegungen aus, wenn auch unvollkommene (vgl. unten). Selbst über gesättigter 1) D. h. eine Lösung, die aus 1 Volumteil gesättigter Lösung und 2 Teilen Wasser hergestellt ist. Der Salzgehalt, auf 100 g Wasser bezogen, ist deshalb nicht genau gleich dem dritten Teil des Gehalts der gesättigten Lösung, und die unten angegebenen Werte für den Salzgehalt (S. 662) und für den osmotischen Druck stimmen nur angenähert. Das ist aber ohne Belang, weil der Grenzwert der Spannung erst mit der gesättigten Lösung erreicht wird und der Grad der Deformation durch geringe Unterschiede des osmotischen Drucks nicht beeinflußt wird. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 42 (358 0. Eenner, NaCl-LösuDg (osmotischer Druck 368 Atm.) wurden unter sehr zahlreichen Sporangien von Scolopendrium nach 1^2 Tagen einmal ganz wenige deformiert gefunden, die beim Zutritt trockner Luft sprangen. Die Schälchen wurden bei diesen Grenzbestimmungen in Schachteln mit Watte eingepackt, um Temperaturunterschiede zwischen verschiedenen Teilen des Schälchens und rasche Temperatur- schwankungen zu vermeiden; es hatte sich nämlich gezeigt, daß bei Zuckerlösungen von wenigen Prozenten die Deckplatten der frei auf dem Tisch stehenden Schälchen sich mit Wasser beschlugen, also kälter waren als die Flüssigkeit. Werden deformierte Sporangien durch Abheben des Deckels vom Schälchen der trocknen Luft ausgesetzt, so schreitet die De- formation weiter bis zum Springen. Über ^'a - gesättigt NaCl und über gesättigt KNO3 erfolgt normales Springen noch, wenn die Sporangien 6 Tage lang deformiert gelegen haben; ob nach noch längerer Zeit, wurde nicht untersucht. Bei den höheren Konzen- trationen (von '/a- gesättigt XaCl aufwärts) springen die Annuli nicht mehr, wenn die Zwangslage einen Tag gedauert hat. Beim Offnen des Schälchens machen sie nur kleine ruckförmige Bewegungen, l)ei denen die Deformation um einen geringen Beti'ag vermindert wird. Fig. 7 stellt einige Sporangien von Scolopendrium dar. die erst IV2 Tage über 0,9-gesättigter NaCl-Lösung gelegen haben und dann der trockenen Luft ausgesetzt worden sind. Ein Sporangium ist fast geschlossen ; es war augenscheinlich im Schälchen früh ge- sprungen. Das zweite ist noch deutlich deformiert; es war vielleicht später gesprungen. Bei den 3 übrigen, die noch sehr stark deformiert sind, ist das unvollkommene Springen erst beim Offnen des Schäl- chens eingetreten. Bei diesen Bewegungen zerreißt aber die Wasser- füllung wie beim vollständigen Springen; denn wird jetzt Wasser zugegeben, so schließen sich die Sporangien, und alle Ringzellen er- weisen sich von Blasen erfüllt. Durch die lang dauernde starke Defor- mation und Austrocknung werden also, ebenso wie bei langem Liegen in sehr konzentrierter Zuckerlösung (vgl. S. 652), die mechanischen Eigenschaften der Zellwände so verändert, daß sie die Einfaltung nicht mehr rasch auszugleichen vermögen, wenn der Widerstand des Füllwassers beseitigt ist. Einige Wochen später war die De- formation in Luft weit zurückgegangen. Wird zu deformierten Sporangien, bevor sie zu springen ver- mögen, Wasser zugesetzt, so schließen sie sich rasch, doch nicht ruckförmig, ohne daß in den Ringzellen Blasen erscheinen; das Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der Wasserbewegun?. 659 gespannte Wasser in den Zellen entwickelt natürlich hohe Saug- kraft. Auch in dampfgesättigter Luft, ohne Berührung mit flüssigem Wasser, schließen sich deformierte Sporangien, freilich langsam. Feuchte Luft in der Nähe der Sporangien läßt sich in der Weise herstellen, daß man nach Abheben des Schalendeckels die Sporangien rasch mit einem Deckglas bedeckt und vom Rand her destilliertes Wasser einfließen läßt. Stellenweise bleiben dann Luftinseln, in denen unbenetzte Sporangien hegen. Die Schließbe^vegung wird dadurch ermöglicht, daß vom Wasser Dampf zur Annulusmembran destilliert, dort sich kondensiert und an das Lumen der Ringzellen weitergegeben wird. Das dauert so lange, bis Wasser, Membran und Füllwasser den gleichen Dampfdruck haben, d. h. bis der Annulus vollkommen wassergesättigt ist. Die rasche Einstellung des Rings auf che jeweilige Feuchtig- keit der Atmosphäre ist am bequemsten in der Weise zu beoljachten: von Schälchen, die ^'s- oder V2- gesättigte Na Gl -Lösung enthalten und in denen die Sporangien noch nicht zu weit deformiert sind, braucht man nur den Deckel unter dem ]\Iikroskop mehr oder weniger weit zu lüften und wieder dicht aufzusetzen, um das rasche Zunehmen und Zurückgehen der Krümmung zu verfolgen. Die Annuli verhalten sich ganz wie hygroskopische Körper, deren Bewegungen durch Quellung und Entquellung hervorgerufen werden. Ein Unterschied besteht ja auch nur darin, daß im Annulus die wassererfüllten Räume mikroskopisch sichtbar sind, in einem quellbaren Körper nicht. Und die Reaktionen des Rings sind auch nur durch das Vorhandensein eines quellbaren Körpers, der Zellwand, ermöglicht, denn mit Hilfe der Quellungsenergie der Wand wird die Zugspannung des Füllwassers herbeigeführt. Die Wirkung hohen osmotischen Druckes in den Ringzellen läßt sich \neder leicht demonstrieren. Sporangien werden mehrere Tage lang in einer Salzlösung untergetaucht gehalten. Die Lösung dringt in dieser Zeit in die Ringzelleu bis zum Gleichgewicht ein, und wenn jetzt die Sporangien rasch in Wasser abgew^aschen und auf die Deckgläser in den Schälchen gebracht werden, so ist die Lösung in den Zellen gefangen und erniedrigt den Dampfdruck des Annulus. Die Deformation über einer gegebenen Lösung geht deshalb weniger weit als bei Sporangien, die vor dem Versuch in destilliertem Wasser gelegen haben. Annuh von Filix mas, die eine Normallösung von Kalisalpeter enthalten, deformieren sich über 0,9 -gesättigt Na Gl noch ganz kräftig, aber lange nicht bis 42* ßßO ^- Renner, zum Springen (Fig. 11, Taf.IX). Sporangien, die mit V4- gesättigter Na Cl- Lösung getränkt sind, reißen über 0,9 -gesättigt NaCl nur eben erst auf. 3. Die Spannungen bei Lebermooselateren. Von den übrigen Kohäsionsmechanismen wurden nur noch die Elateren einer Jungerraanniacee (Lophozia spec.) geprüft. Mit Einlegen in osmotisch wirksame Flüssigkeiten ist diesen Schleuder- zellen nicht beizukommen, weil ihre Membranen, bezw. die un- verdickten Flächen der Wand, allen geprüften Stoffen, auch dem Rohrzucker, den Eintritt ohne weiteres gestatten. Wassererfüllte Schleuderzellen führen bei Zugabe von Glyzerin oder konzen- trierter Zuckerlösung keine Bewegungen aus, und in Luft ge- sprungene Elateren lassen in Glyzerin die Blasen in einigen Minuten verschwinden, in Rohrzuckerlösung langsamer. Daß die Elateren lösliche Stoffe enthalten, die nicht durch die Wand per- meieren können, ist nach diesem Verhalten des Rohrzuckers sehr unwahrscheinlich. Die zweite beim Farnsporangium angewandte Methode ist auch auf die Elateren anwendbar. Der Inhalt reifer Sporogone, die in 70proz. Alkohol aufbew^ahrt waren und dann einen halben Tag in destilliertem Wasser gelegen hatten, wurde in den beschriebenen Schälchen auf die Deckgläser ausgestrichen. Die Elateren einer und derselben Probe verhalten sich viel ungleichmäßiger als die Farnsporangien. Schon über gesättigter Kalisalpeterlösung springen ganz vereinzelte Zellen, die meisten bleiben tagelang zusammengedreht liegen. Über 0,8 -gesättigt NaCI über Nacht liegende Elateren sind zum allergrößten Teil gesprungen, einzelne sind noch zusammengedreht und springen erst beim Öffnen des Schäfchens. Sogar über 0,9 -gesättigt NaCl sind nach einiger Zeit einzelne Zellen noch deformiert, die beim Abnehmen des Schalen- deckels springen. Wahrscheinlich haben bei dem kleinen Volumen der Schleuder- zellen geringfügige Schwankungen der Temperatur und damit der relativen Luftfeuchtigkeit ausgiebige Wirkung. Außerdem können aber auch Unterschiede der Wandbeschaffenheit zwischen den Zellen vorhanden 'sein. Die orientierenden Versuche zeigen aber, daß die Spannung in den Elateren vor dem Springen von derselben Größen- ordnung ist wie bei den Farnsporangien. Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der Wasserbewegung. (j61 4. Die Kohäsion des Wassers. Im äußersten Fall ist das gespannte Wasser in den Ring-zellen mit gesättigter Natrium chloridlösung im Gleichge-wdclit (bei Scolo- pendrium). Der osmotische Druck im Annulus ist gerade bei Scolopendrium sehr niedrig (vgl. S. 654), wir dürfen also den negativen Druck im Annulus vor dem Springen fast gleich dem osmotischen Druck der Kochsalzlösung setzen. Eine bei 18" gesättigte Kochsalzlösung enthält 35,77 g NaCl auf 100 g Wasser; im Liter Wasser sind das 6,11 Mole NaCP). Die Dampfspannung einer bei 0*^ gesättigten Lösung, die auf 100 g Wasser 35,5 g NaCl enthält, ist von Dieterici^) bei 0" zu 3,504 mm Hg gemessen; der Sättigungsdruck reinen Wassers bei 0" beträgt 4,620 mm Hg. Der osmotische Druck der Lösung be- rechnet sich aus der Dampfdruckerniedrigung nach der Formel (vgl. oben S. 622): oder ungenauer p = lOOC ) -K M . '1' .InP Pi p = 1000 .R. •T^ P Pi M R ist wieder gleich 0,0821, T = 273 (t = 0°), M = 18, p = 4,620, pi = 3,504. Danach ist der osmotische Druck der gesättigten Kochsalzlösung bei O*' 343 Atm. und bei 18" 365,5 Atm. Die bei 18° gesättigte Lösung entwickelt bei dieser Temperatur einen osmotischen Druck von 368 Atmosphären^). Als genau können diese Werte aber aus verschiedenen Gründen nicht gelten (vgl. Nernst; Renner 1912a). In der folgenden Tabelle (8. 662) sind einige weitere Werte, nach Dieterici berechnet, zusammen- gestellt und für Konzentrationen, die uns interessieren, die Werte interpoliert. Das Wasser im Annulus hält demnach häufig eine Zugspan- nung von über 300 Atm. aus, ohne zu reißen, und in Ausnahme- fällen einen Zug von etwa 350 Atm. Was dann beim Springen des Ringes überwunden wird, ob das die Zugfestigkeit des Wassers 1) Die Lösung hat die Dichte 1,2; im Liter Lösung sind also 317 g oder 5,42 Mole NaCl enthalten. Diese Zahl gibt Shull an (S. 189). 2) Aus Landolt-Börnstein, S. 360, entnommen. 3) Shull (S. 189) gibt 375 Atm. an. 662 0. Renner, ist oder etwas anderes, haben wir bis jetzt nicht erörtert. Wäre es die Zugfestigkeit, so müßten wir immer sehr nahe beieinander- liegende Werte erhalten; denn die osmotischen Drucke in den Ringzellen sind so niedrig, daß die Unterschiede zwischen diesen Drucken erst recht unbedeutend sein müssen. Wir sehen aber die Sporangien bald bei 0,8 gesättigt NaCl schon springen, bald bei gesättigt NaCl noch nicht springen; der Druckunterschied beläuft sich hier auf etwa 80 Atm. Es ist also so gut wie sicher, daß selbst mit den höchsten Spannungswerten die Grenze der Zug- festigkeit des Wassers noch gar nicht erreicht ist, ebenso wie in den Versuchen von J. Meyer. Sättigungrs- grad g NaCl GM Dampfdruck Osmot. in 100 ? ' in 1000 g bei 0° in Druck bei 18" HgO HgO mm Hg in Atm. 1 35,77 1 6,11 368 1 35,5 6,07 3,504 365,5 0,95 33,98 5,81 350 0,9 32,19 5,50 323 29,25 5,0(1 3,722 285,5 0,8 28,62 4,89 279 0,5 17,81» 3,06 153 17,50 3,00 4,125 149 0,333 11,92 2,04 96 11,70 2,00 4,301 94 Daß der Gasgehalt des Füllwassers das Reißen bedingt, ist nicht wahrscheinUch. Es liegt deshalb nahe, bei der Verschieden- heit der Spannungen vor dem Springen an eine Wirkung der Wandbeschaffenheit zu denken. Das ließe sich etwa in der Weise prüfen, daß man ermittelte, ob jedem Sporangium seine bestimmte Springspannung zukommt. Dabei bleibt offen, ob die Adhäsion zwischen Wasser und Wand variiert, oder ob Luft von außen, bei verschiedenen Überdrucken, durch die Zellwand eindringt. Falls die negative Spannung, die in einer wassererfüllten Pflanzen- zelle auftreten kann, eine Funktion der Wandbeschaffenheit ist (von der selbstverständlich notwendigen Starrheit der Wand ab- gesehen), hängt die Ausgiebigkeit von Kohäsionswirkungen im Pflanzenkörper von den Zellwänden ab, sie kann also bei ver- schiedenen Zellformen verschieden sein. Untersuchungen über Theoretisches und Experimentelles zur Kolüisionstheorie der Wasserhewegung. 663 diesen Gegenstand sind schon ziemlich abgeschlossen und werden demnächst mitgeteilt werden. Das eine ist jedenfalls durch die Beobachtungen am Farn- sporangium sichergestellt, daß die Zugfestigkeit des Wassers nicht bloß ausreicht, die Anforderungen der Wasserversorgung im Sinn der Kohäsionstheorie zu decken, sondern viel größer ist. Ob aber in den Gefäßen die Kohäsion des Wassers ähnliche Werte erreicht, bleibt noch zu ermitteln. Zusammenfassung einiger Ergebnisse. 1 . Theoretisches. Voll turgeszente Zellen besitzen den Dampfdruck reinen Wassers. Auf die Größe, die d,em osmotischen Druck des Zell- safts entspricht, sinkt die Dampftension erst bei vollem Welken der Zelle. Bei den höchsten osmotischen Drucken, die von Pflanzen- geweben bekannt sind (100 Ätm.), beläuft sich die Erniedrigung der Dampfspannung auf 7°/o. Wasserverschiebung in Parenchymen ist abhängig von Unter- schieden im Turgeszenzgrad der Zellen, unabhängig von Unter- schieden im osmotischen Druck. Wenn in einem ganz welken Blatt der osmotische Druck des Parenchyms P x4.tm. beträgt, herrscht in den angrenzenden Ge- fäßen eine Zugspannung (eiu negativer Druck) von (P — 1) Atm. In negativ gespanntem Wasser ist die Dampfspannung ebenso er- niedrigt wie in einer Lösung. Die bei der Wasserversorgung tätigen Euergiepotentiale im Pflanzenkörper sind Potentialdifferenzen der Imbibitionsenergie, der osmotischen Energie und des hj^drostatischen Drucks. Diese Potentiale entstehen durch Umformung eines Teiles des Energie- potentials, das in der Dampfdruckdifferenz zwischen Oberflächen- zellen und Atmosphäre gegeben ist. Der Rest des primären Potentials bleibt allein für die Transpiration verfügbar. Der gesamte Energieumsatz bei der Transpiration ist bei der welken Pflanze, wenn das Wasser gegen beträchtliche Widerstände zur Oberfläche gebracht werden muß, kleiner als bei der voU- turgeszenten (von Regulation durch die Spaltöffnungen ist dabei gß4 0. Renner, ganz abgesehen). Die bei der Hebung des transpirierten Wassers geleistete Arbeit ist viel kleiner als der durch Verringerung der Transpiration gesparten Verdampfungswärme entspricht. Bei gleicher prozentualer Erniedrigung der Dampfspannung ist die prozentuale Verringerung der Transpiration um so größer, je höher die relative Luftfeuchtigkeit ist. Bei hohen Filtrationswdderständen der Dampf abgebenden Membranen, also vor allem in den kutikularisierten Außenwänden der Epidermis, sinkt bei lebhafter Transpiration die Dampfspan- nung an der Membranoberfläche weit unter die Dampftension des Zellsafts. 2. Experimentelles. Die Zellwände des Annulus am Farnsporangium (z. B. von Polystichum filix mas) sind für Rohrzucker vollkommen imper- meabel. Ebenso undurchlässig ^sind sie für unbekannte Stoffe im Zellinnern. In den toten Ringzellen erhält sich deshalb ein ge- wisser osmotischer Druck. Salzlösungen dringen rascher oder langsamer ein. In konzentrierten Rohrzuckerlösungen, die viel höheren os- motischen Druck haben als der Inhalt der Ringzellen, deformiert sich der Annulus bis zu einem von der Konzentration der Zucker- lösung abhängigen Gleichgewichtszustand. Wenn fast reines Wasser im Gleichgewicht mit einer Lösung ist, also dieselbe Dampfspan- nung wie die Lösung besitzt, muß das Wasser in Zugspannung versetzt sein. Die eingedellten Außenwände der Ringzellen zerren an dem Füllwasser und erzeugen, wenn das Sporangium in einer Lösung von 2 Teilen Zucker auf 1 Teil Wasser liegt, einen nega- tiven Druck von etwa 200 Atm., ohne daß das Wasser reißt. Werden Sporangien in einem abgeschlossenen Raum über Lösungen von Zucker oder von Salzen, demnach in einer nicht wasserdampfgesättigten Atmosphäre, untergebracht, so deformieren sie sich je nach der Feuchtigkeit der Luft, also je nach dem osmotischen Druck der Lösung, verschieden weit. Im Gleich- gewicht ist die Zugspannung des Füllwassers der Ringzellen wieder gleich dem osmotischen Druck der Lösung. Die Zugspannung, der das Füllwasser auf diese Weise unter- worfen werden kann, ohne zu reißen, beträgt häufig 300 Atm. Über gesättigter Kochsalzlösung, die einen osmotischen Druck von Theoretisches und Experimentelles zur Kohäsionstheorie der Wasserbewegung. 665 368 Atm. entwickelt, springen die allermeisten Sporangien. Aus- nahmsweise bleiben auch über dieser Lösung einzelne Sporangien deformiert, ohne zu springen. Die Kohäsion des Wassers in diesen Zellen ist damit im äußersten Fall zu etwa 350 Atm. bestimmt. München, Weihnachten 1914. Literatur. 1905. 11. T. Brown and Escombe, Researches on some of the phj'siological processes of green leaves. Proceed. Roy. Soc. London, Ser. B, vol. 76, p. 29. 1905. II. T. Brown and Wilson, On the thermal emissivity of a green leaf in still and moving air. Ebenda, p. 122. 1908. Clapp, A quantitative study of transpiration. Bot. Gaz., 45, p. 254. 1911. Darwin and Pertz, On a new method of estimating the aperture of stomata. Proceed. Roy. Soc, Ser. B, vol. 84, p. 136. 1909a. Dixon, Transpiration and the ascent of sap. Progr. rei bot. III, p. 1. 1909 b. — , Note on the tensile strength of water. Sc. Proceed. Roy. Dublin Soc. Auch in Notes from the bot. school of Trinity College, Dublin, vol. 2, p. 38. 1914. — , On the tensile strength of sap. Sc. Proceed. Roy. Dubl. Soc, vol. 14, p. 229. 1911. Fit fing, Die Wasserversorgung und die osmotischen Druckverhältnisse der Wüsten pflanzen. Zeitschr. f. Bot., 3, S. 209. 1912. Hannig, Untersuchungen über die Verteilung des osmotischen Drucks in der Pflanze in Hinsicht auf die Wasserleitung. Berichte d. Deutsch. Bot. Ges., 30, S. 194. 1903. Hulett, Beziehung zwischen negativem Druck und osmotischem Druck. Zeitschr. f. phys. Chemie, 42, S. 353. 1913. Jost, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. 3. Auflage. 1912. Landolt-Börnstein-Roth, Physikalisch-chemische Tabellen. 4. Auflage. 1903. Livingston, The röle of diffusion and osmotic pressure in plants. Chicago. 1906. — , The relation of desert plants to soil moisture and to evaporation. Carnegie Inst. Washington, Publ. N. 50. 1911a. — , The relation of the osmotic pressure of the cell sap in plants to arid habitats. Plant World, vol. 14, p. 153. — • Kritisches Referat über Fittings Wüstenarbeit. 1911b. — , Light intensity and transpiration. Bot. Gaz., vol. 52, p. 417. 1913. — , Osmotic pressure and related forces as environmental factors. Plant Woi'ld, vol. 16, p. 165. 1912. Livingston und W. H. Brown, Relation of the daily march of transpiration to variations in the water content of foliage leaves. Bot. Gaz., vol. 53, p. 309. 1908. Lloyd, The physiology of stomata. Carnegie Inst. Wash., Publ. Nr. 82. 1912. — , The relation of transpiration and stomatal movements to the water - content of the leaves in Fouquieria splendens. Plant World, vol. 15, p. 1. ßgß 0. Eenner, 1913. Lloyd, Leaf water and stomatal movement in Gossypium and a method of direct Visual Observation of stomata in situ. Bull. Torrey Bot. Club, vol. 40, p. 1. 1911. Jul. Meyer, Zur Kenntnis des negativen Druckes in Flüssigkeiten. Abb. d. Deutsch. Bunsen-Ges., Nr. 6. 1910. Nathansohn, Der Stoffwechsel der Pflanzen. Leipzig. 1913. Neger, Biologie der Pflanzen. Stuttgart. 1913. Nernst, Theoretische Chemie. Stuttgart, 7. Auflage. 1892. Pfeffer, Studien zur Energetik der Pflanze. Abli. Säclis. Ges. Wiss. Leipzig, Bd. 18. 1897. — , Pflanzenphysiologie, Bd. 1, Leipzig. 1886. Prantl, Die Mechanik des Rings am Farnsporangium. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., Bd. 4, S. 42. 1906. E. Pringsheim, AVasserbewegung und Turgorregulation in welkenden Pflanzen. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 43, S. 89. 1896. Reinganum, Über durch isotherme Destillation zu erzeugende Druckdifferenzen. Wiedenianns Annalen d. Physik u. Chemie, Bd. 59, S. 764. 1910. Renner, Beitrüge zur Physik der Transpiration. Flora, Bd. 100, S. 451. 1911. — , Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung. Flora, Bd. 103, S. 171. 1912 a. — , Über die Berechnung des osmotischen Druckes. Biolog. Centralbl., Bd. 32, S. 486. 1912 b. — , Versuche zur Mechanik der Wasserversorgung. 1. Der Druck in den Leitungsbahnen von Freilandpflanzen. Ber. d. Deutsch. Bot. (Jes., Bd. 30, S. 576. 1912 c. — , Versuche zur Mechanik der AVasserversorgung. 2. Über Wurzeltätigkeit. Ebenda, S. 642. 1914a. — , AVasserversorgung der Pflanzen. Handwiirterbuch der Naturw. , Bd. 10, S. 538. 1914b. — , Xerophyten. Ebenda, S. 664. 1914. Edith B. Shreve, The daily march of transpiration in a desert perennial. Carnegie Instit. Wash., Publ. Nr. 194. 1913. Ch. A. Shull, Semipermeability of .sead coats. Bot. Gaz., 56, p. 169. 1909. Stahl, Zur Biologie des Chlorophylls. .Tena. 1907. Tammann, Über die Beziehungen zwischen den inneren Kräften und Eigen- schaften der Lösungen. Hamburg. 1913. Ursprung, Zur Demonstration der Flüssigkeitskohäsion. Berichte d. Deutsch. Bot. Ges., 31, S. 388. 1909. Warming, Oecology of Plauts. Oxford. Theoretisches und Plxperinientelles zur Kohäsionstheorie der W'asserbewegung. 667 Figuren - Erklärung. Tafel IX. Die Figuren sind sänitlicli mit einem Zeil.ischen mikropbotographischen Apparat aufgenommen, bei aufrecht stellendem Mikroskop. Die Anpassung des Apparats als Vertikalkamera ist in den Werkstätten von "Winkel besorgt worden. Fig. 1 — C, 8 — 11, 1.5, 14 von Polystichum filix mas. Fig. 7 und 12 von Scolopendritim officinatiim. 1. Sporangien in Zuckerlösung von der Konzentration 1,12 Teile Zucker auf 1 Teil Wasser; osmot. Druck 100 Atm. 2. Sporangien in Zuckerlösung 1,5:1; osmot. Druck 148 Atm. 3. Sporangien in Zuckerlösung 2:1; osmot. Druck 210 Atm. 4. Sporangien in Glyzerin gesprungen, die Ringzellen dunkel, von Dampf erfüllt. 5. Sporangien in Luft über ^/g- gesättigter NaCl- Lösung: osmot. Druck 96 Atm. 6. Sporangien in Luft über ^ j ^- g^&'&iiigin NaCl- Lösung; osmot. Druck 153 Atm. 7. Sporangien von Scolopendrium in trockener Luft, vorher 1^2 Tage in Luft über 0,9 -gesättigter NaCl-Lö.sung (osmot. Druck 323 Atm.) 8. Sporangien in Luft über 0,8 -gesättigter NaCl-Lösung; osmot. Druck 279 Atm. 9. Sporangien in Luft über gesättigter KNOj-Lösung; osmot. Druck über 100 Atm. 10. Sporangien in Zuckerlösung 2:1; osmot. Druck 210 Atm. 11. Sporangien mit einer Normallösung von KNO3 getränkt, dann in Luft über 0,9 - gesättigter NaCl - Lösung. 12. Sporangium \ on Scolopendrium nach mehrstündigem Liegen in Zuckerlösung 2 : 1 . 13. Sporangium von Polystichum nach mehrstündigem Liegen in Zuckerlösung 2 : 1. 14. Sporangien in Luft über Zuckerlösung 2:1; osmot. Druck 210 Atm. Beiträge zum Windeproblem. Von Hugo Miehe. Mit Tafel X und 5 Textßguren. I. Einleitung. Das Winden g:ehöit zu den am wenigsten befriedigenden Kapiteln der Reizphysiologie der Pflanzen. Trotz zahlreicher Unter- suchungen und vieler wichtiger Einzelbeobachtungen gibt es heute keine allgemein anerkannte Theorie des Windens und eine Dar- stellung des Windens, die sich nicht auf eine der vorhandenen Hypothesen festlegen will, muß sich etwa mit dem nackten Satze bescheiden: die Windepflanze legt sich in spiraligen Windungen um die Stütze. Gleichwohl gibt es einige ganz allgemein wieder- holte Behauptungen, die als feststehend angesehen und auch viel- fach als die Grundlage für theoretische Vorstellungen gewählt worden sind, wie z. B. der fast zu einem Dogma gewordene Satz, daß die Windepflanzen nicht an wagerechten Stützen zu winden vermöchten, daß am Klinostaten das Winden unmöglich sei usw. Es war gerade die Ansicht von der Unmöglichkeit des Um- windens wagerechter Stützen, die mir nicht allgemein genug be- gründet zu sein schien. Ich wurde in diesem Zweifel durch manche Beobachtungen bestärkt, die ich in Java machte. Ich bemerkte oft, daß Lianen an ziemlich stark geneigten Stützen entlang wanden und eine von der ökologischen Seite ausgehende Überlegung schien jener Beobachtung entgegen zu kommen. Keimpflanzen, Einjährige und Stauden müssen möglichst rasch in die Höhe steigen, jeder andere Weg als der senkrechte ist ein Umweg für sie. Holzige Lianen hingegen breiten sich in dem Buschwerke und den Baum- kronen nach allen Seiten aus und müssen es. Da man bisher als Versuchspflanzen überwiegend Keimpflanzen bevorzugt hatte, schien es mir aussichtsreich, einmal holzige Lianen Beiträge zum Windeproblem. 669 ZU untersuchen. Ich habe somit in erster Linie die mir im Bo- tanischen Garten zu Leipzig erreichbaren holzigen Windepflanzen auf die einfache Frage hin geprüft: gibt es unter ihnen solche, die an wagerechter Stütze entlang winden können? Die einfache Beobachtung natürlicher Situationen, wie sie die Windepflanzen im Garten darbieten, ist, wie bereits H. v. Mohl^) betont, trügerisch, da durch Wind, Begen, Schwere die ursprüng- liche Lage von Stütze und Pflanze verändert werden kann. Man muß also die Sprosse gesondert zu passend und dauerhaft ein- gerichteten Stützen führen. Das geschah einfach in der Weise, daß in der Nähe der Stützen, Spaliere usw., an denen die Lianen wuchsen, Pfähle eingeschlagen und an ihnen und den betreffenden Gerüsten lange Blumenstöcke in bestimmten Lagen angenagelt oder festgebunden wurden. Neben der vorwiegend gewählten wage- rechten Lage habe ich, wenn auch nicht systematisch, andere Lagen geprüft. Lebhaft wachsende Sprosse wurden dann aus dem Wirr- sal des Lianendickichtes vorsichtig herausgezogen und so an den Stäben mit Bast befestigt, daß der Spitzenteil frei blieb. Die Pflanzen wurden dann sich selber überlassen und mehrere Male täglich kontrolliert. Es war ein glücklicher L^mstand, daß gleich unter den ersten Versuchspflanzen sich eine und zwar die einzige befand, welche wirklich an horizontaler Stütze sicher und dauernd zu winden vermochte. Es war Akehia quinata. Ich habe mich dann haupt- sächlich mit diesem Objekt befaßt und werde dementsprechend mit der Mitteilung der an dieser Pflanze gewonnenen Versuchs- ergebnisse beginnen, indem ich die übrigen Beobachtungen später in einer mehr summarischen Form erwähnen werde. II. Beobachtungen an ALebia quinata. 1. Das Winden an horizontaler Stütze. Das Exemplar von Akehia quinata im Leipziger Botanischen Garten bekleidet, an einem Spalier gezogen, eine nach Westen gew'andte, etwa 3 m hohe Wand. Junge, üppig wachsende Triebe wurden vom Juni bis in den August hinein au horizontale Stützen 1) H. V. Mohl, Über den Bau und das Winden der Eanken- und Schlingpflanzen. Tübingen 1827. (370 Hugo Miehe, geleitet und etwa an der Grenze der Wachsturaszone mit Bast befestigt. In allen diesen ziemlich zahlreichen Versuchen war das Ergebnis das gleiche: Die Triebe wanden sich ganz regelmäßig und stetig um die Stäbe bis zum Ende und sehritten so je nach üirer Länge bis zu 2 m in horizontaler Richtung vor. Sie verloren die Stütze nie. Die einzige Unregelmäßigkeit, die gelegentlich, aber selten, beobachtet wurde, war die, daß der Trieb umkehrte und sich in entgegengesetzter Richtung um den Stab samt den um ihn ge- schlungenen unteren Teil des Sprosses wand. Doch geschah dies mit der gleichen Sicherheit T\ie vorher. 2. Einfluß des Lichtes. Obwohl die Stäbe der ersten Versuchsreihe (je nach den ört- lichen Verhältnissen) entweder senkrecht oder in anderen Rich- tungen von der Wand abgingen, die Triebe sich also unter etwas verschiedenen Beleuchtungsverhältnissen befanden, so war doch während eines Teils des Tages, hauptsächlich vormittags, die Be- leuchtung derart, daß sich die Windesprosse, indem sie von der Wand hinweg ins Freie wuchsen, einem Lichtgefälle entgegen- bewegten. Es erhob sich somit die Frage, ob diese Lichtverhält- nisse von Einfluß auf den Erfolg der Versuche wären, und damit die Notwendigkeit, die Richtung des Windens noch weiter . zu variieren. Ich ließ einen besonders langen, aus dem Spalier losgelösten Trieb so an einem Stabe wachsen, daß er von Westen her etwa auf eine Länge von 1,50 m nach dem Dunkel der Wandbekleidung fortschreiten mußte. Zwei andere wurden an Stäben l)efestigt, welche dicht vor der Wand i)arallel zu ihr gerichtet waren. Der eine Sproß mußte sich so von Süden nach Norden, der andere von Norden nach Süden bewegen. Schließlich wurde am Rande des ziemlich stumpfen Daches des Verbindungsganges, an dessen Wand unsere Akebia wuchs, ein Stab so angebracht, daß der an ihm befestigte Sproß von den Morgenstunden bis zum Abend von der Sonne beschienen wurde. Er wurde von Osten nach Westen orientiert. Alle diese Versuche hatten das gleiche Ergebnis: das Winden ging in derselben Weise vonstatten, wie in den ersten Versuchen. Etwa das Winden begünstigende Beleuchtungsverhältnisse an dem Beiträge zum AViiideproblem. 671 natürlichen Standorte konnten also nicht die Ursache des horizon- talen Windens sein. An den Einfluß der Beleuchtung- zu denken, wurde durch die Versuche von Yoß^) nahegelegt. Er beobachtete nämlich, daß Bowiea volubüis (aber nicht z. B. Phaseolus multi- ßorus, Convolvulus sephim) durch einseitig-e Beleuchtung dazu ge- l)racht werden konnte, an einer um 25° über den Horizont ge- hobenen Stütze zu winden, was sie unter gewöhnlichen Licht- verhältnissen nicht vermochte. Wenn auch kein Versuch mit streng allseitiger Beleuchtung angestellt wurde, so glaube ich doch auf Grund der oben angeführten Experimente mit ziemlicher Sicher- heit den Einfluß des Lichtes aus dieser Diskussion ausschalten zu dürfen (siehe aber S. 683 u. 686). Es lag in diesem Zusammenhange nahe, zu prüfen, wie die Pflanze in horizontaler Richtung bei vollständigem Lichtentzuge winden würde. Der einzige zu diesem Zwecke angestellte Ver- such, in welchem ich einen Trieb in einer Tonröhre entlang wach- sen ließ, verlief nicht ganz befriedigend, da sich die Dichtung später als nicht zureichend erwies. Ein Winden war nicht ein- getreten; doch möchte ich auf diesen Versuch kein Gewicht legen. 3. Der Verlauf des horizontalen Windens im einzelnen. Nachdem die Tatsache festgestellt war, daß ein dauerndes und normales Winden auch an horizontaler Achse möglich ist, scliien es mir wichtig, die Einzelheiten dieses Vorganges so genau wie möglich zu verfolgen. Zu diesem Zwecke beobachtete ich dauernd die Bewegungen des Gipfelteiles some vermittels auf- getragener Tuschemarken die Drehung des Triebes. Die fortlaufende Beobachtung der schlingenden Spitze wurde durch Reihenskizzen unterstützt, die über längere Zeiträume hin die einzelnen Phasen festhielten. Ich bediente mich dazu eines aus einer großen photographischen Kamera von Herrn Dr. Buder in sehr zweckmäßiger Weise hergerichteten Zeichenapparates. So ist unter anderen die Reihenskizze Fig. 1 entstanden. Außerdem habe ich eine Serie photographischer Aufnahmen hergestellt, die auf der Tafel X wiedergegeben sind. An der Hand dieser Tafel will ich eine kurze Beschreibung des Verlaufes des Windens geben, 1) W. Voß. Neue Versuche über das Winden des Pflanzenstengels. Bot. Ztg. Bd. 60, 1902, S. 231. 572 Hugo Mi%he, indem ich in bezug auf feinere Einzelheiten auf das Studium der Bilder selber verweise. In I liegt der Gipfel in Form eines mäßig gekrümmten Hakens über der Stütze, aber nicht locker, sondern er drückt leicht federnd gegen den Stab da, wo er ihm anliegt. Zwischen II und III ist die Spitze, die sich in // schon etwas gestreckt hatte, plötzlich über den Stab geglitten und hat sich in die Höhe gedreht und zwar, wie man z. B. durch Vergleich der Blättchen sehen kann, im Sinne einer Linksdrehung. Sie läßt sich durch die Annahme einer Rechtstorsion erklären, die infolge des Widerstandes des Stabes zu einer Spannung führte, die sich plötzlich durch das Ab- gleiten des Gipfels in einer entgegengesetzten Drehung ausghch. Nunmehr wendet sich der inzwischen halbkreisförmig gewordene Gipfel von IV bis V von links nach rechts, bis er bei V nach vorn und unten zeigt. Dann hebt sich die fast kreisförmige Schlinge, indem sie sich etwa um den Stab als Achse dreht, durchläuft bei VI die horizontale Ebene und wandert bei VII so über die Stütze, daß die Spitze dicht über den Stab streift. Sehr häufig, wie das z. B. in Fig. 1, Phase 5 u. 6" zu sehen ist, federt sie auch hier eine längere Zeit gegen den Stab, um schließlich mit einem plötzlichen Ruck darüber hinweg zu gleiten. Jetzt streckt sich, von unten her be- ginnend, der Gipfel mehr und mehr (VIII u. IX), bis er bei X in flacher Krümmung dem Stabe aufliegt, also in eine Stellung gelangt, die der anfänglichen bei / entsi)richt. Doch sieht man jetzt deutlich die Andeutung einer langen Schraubenwinduug. Hier mußte wegen der einbrechenden Dunkelheit die Serie abgebrochen werden. Wie das folgende Bild zeigt, bat sich während der Nacht die eben er- wähnte lockere Schraube um den Stab gelegt, während sich der Gipfel in Form eines Halbkreises wagerecht unter dem Stabe hervor nach vorn geschoben hat (XI). Dieser begann sich nun ganz ähnlich wie bei VI wieder hakenförmig zu heben (XII), bildete wieder die sehr charakteristische Schleife, die eine Weile mit zu- nehmender (absolut al>er nicht sehr bedeutender) Kraft gegen den Stab federt (XIII), bis sie, sich weiter hebend, mit einem kleinen Ruck über ihn binweggleitet (XIVj. Dann gleicht sich die Krüm- mung zu einem flachen Bogen aus, der sich über den Stab zu legen strebt (XV, XVI). Doch mißlang dies, die Spitze ging über den Stab hinweg (XVII) und das Spiel mußte sich von neuem wiederholen, wie es die Stadien XVIII— XX zeigen. Ob in der folgenden Nacht abermals ein solches Abgleiten stattfand oder das Beiträge zum Wiudeproblem. 673 Stadium XXI die unmittelbare Fortsetzung des vorhergehenden ist, läßt sich nicht entscheiden; genug, bei XXI sehen wir den inzwischen stark verlängerten Gipfel auf einem Wege ähnlich dem bei VI—X und XIV—XVII zurückgelegten. Diesmal fällt er mit Fig. 1. Akehia quinata, an wagerechter Stütze windend; 14 aufeinander folgende Stadien. 5 Uhr 43 schnellt der vorher in flachem, fast horizontalem Bogen gegen den Stab federnde Gipfel über diesen hinweg. einem ziemlich langen Bogen richtig über den Stab (XXIII), um dann bei XXIV sich wieder unterhalb hervorzuschieben, wobei wiederum eine, allerdings zum guten Teil durch den Stab ver- deckte Andeutung der neuen Windung sichtbar wird. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 43 674 Hugo Miehe, In diesem Falle hatte also der Sproß etwa 2 Tage zur Her- stellung- eines festen Windeumganges gebraucht. Da ich bei anderen Exemplaren in 18 Tagen zehn, in 12 sechs, in 8 fünf Umläufe feststellte, scheint ein Zeitraum von etwas weniger als 2 Tagen das gewöhnliche zu sein. Natürlich wird dies von all- gemeinen Wachstumsbedino^ungen abhängen. Da die übrigen, mit der Zeichenkamera hergestellten Skizzen- serien nichts wesentlich Neues bieten, so kann ich hier mich da- mit begnügen, auf eine von ihnen hinzuweisen (Fig. 1). 4. Die Torsionen. Das zweite wichtige Phänomen, dem ich besondere Aufmerk- samkeit zuwandte, sind die, man kann fast sagen berüchtigten Torsionen. Sie sind oft in der Literatur erwähnt, ohne daß, wie ich glaube, ihnen die gebührende Bedeutung beigemessen wurde. Ich trug in kurzen Abständen auf der konvexen Seite der Win- dungen und auf dem ja meist bogig gekrümmten Endteil bis zur Spitze feine Tuschepunkte auf, legte also eine Linie, deren ursprüng- licher Verlauf jederzeit ziemlich gut feststellbar war, fest und verfolgte dauernd während der Bewegungen die Verschiebung der Punkte. Ich habe solche Beobachtungen immer von neuem wieder- holt und in manchen Fällen über viele Stunden ausgedehnt, so daß ich alle Phasen der oben an Hand der Skizzen erläuterten Bewegung: studieren konnte. Das allgemeine Ergebnis läßt sich in wenige Worte zusammenfassen. Ich vermochte immer nur eine Drehung des Stammes im entgegengesetzten Sinne des Windens zu bemerken, d. h. also, da Akehia ein Linkshänder ist, eine im Sinne des Uhrzeigers verlaufende Torsion^). Zur Veranschaulichung lasse ich an der Hand einiger (ohne Hilfe der Zeichenkamera entworfener) Skizzen, die in Fig. 2 dar- gestellt sind, ein Protokoll folgen, das die Verschiebung der Marken in den einzelnen Internodien angibt. Die Internodien sind von der Basis her mit römischen Ziffern, die Knoten mit Buchstaben bezeichnet. Beginn: 11 Uhr. Marken überall von a an auf der konvexen Flanke angebracht. 1) Die Ausdrücke links und rechts beziehen sich auf die Lasre eines Beobachters, der von der Spitze der Pflanze nach der Basis schaut. Beiträge zum Windeproblem. 675 11 Uhr 30 Min. Die Marken sind iu /// am Uberrücken auf die untere Flanke. Die Spitze ist schräg: nach rückwärts gewandt. Fig. 2. 11 Uhr 45 Min. IV— VI folgen nach, die Marken sind im Sinne einer Kechtsdrehung weiter nach der unteren Flanke g-e- rttckt. Am stärksten in V und VI, die sich ganz einheit- 43* gyg Hugo Mi ehe, lieh verhalten. /// etwas weiter gedreht. Die Spitze schräg nach hinten. 12 Uhr 15 Min. In IV— VI sind die Marken auf der Seite an- gelangt. In /// nimmt die Torsion gegen c allmählich ab. Spitze schräg nach hinten. 12 Uhr 45 Min. Nicht wesentlich verändert. In V und VI ist die Drehung etwas weiter gegangen. 4 Uhr 30 Min. Jund II unverändert, wie auch vorher; III von c nach d zunehmend bis V4 rechts gedreht; 17 etwas mehr als V4 rechts gedreht; FV2 bis ^U rechts gedreht; F/ desgl., an der Spitze fast ^U ^). Die Spitze liegt locker an dem Stabe. 5 Uhr 30 Min. / und // unverändert. III etwas über V4; IV bis V2, V 3/4, VI über ^U, oben fast V4. Alles Rechts- drehung. Die schräg nach hinten und abwärts gewandte Spitze liegt der Stütze federnd an. 8 Uhr. / und // unverändert. III V4 bis fast V2; IV V2 bis Vi-, V und VI ^4 bis '^k. Aus diesen Aufzeichnungen geht hervor, daß die Internodien, die eben eine fertige Windung gemacht haben, d. h. also I und // eine merkliche Drehung nicht mehr zeigen. Ob bei noch genauerer Messung gegen c hin nicht noch eine ge^visse Torsion nachweisbar ist, bleibe dahingestellt. Kräftiger werden sie in dem folgenden Internodium, ///, d. h. in dem untersten des sich frei bewegenden Gipfels. Internodium IV ist noch stärker gedreht und in den beiden Spitzeninternodien sind die Marken während der 9 Stunden gar um den ganzen Stamm gewandert. Dabei zeigt sich aber ein auffallender Unterschied. Während in den unteren Internodien III und IV die Marken entsprechend einer allmählich zunehmenden Torsion eine spiralige Linie beschreiben, zeigt die Spitzenregion gewöhnlich eine im wesentlichen ziemlich gemeinsame Verschiebung der Marken. 5. Werden auch Stützen umwunden, die unter den Horizont geneigt sind? Da Äkehia quinata so sicher an wagerechter Stütze zu winden vermochte, erhob sich die Frage, ob und bis zu welchem Grade 1) Inwieweit immer eine wirkliche Drehung vorliegt, wollen wir hier uuerörtert lassen. Hier ist nur der Kürze halber dieser Ausdruck für jede seitliche Verschiebung der Marken gebraucht. Beiträge zum Windeproblem. 677 auch unter den Horizont geneigte Stützen umwunden werden können. Ganz leichte Neigungen unter den Horizont, wie sie sich bei meinen Versuchen gelegentlich unabsichtlich herstellten, beeinträchtigten das Winden nicht. Als ich aber einen Stab, an dem ein Sproß bisher 6 normale Windungen ausgeführt hatte, aus seiner wage- reehten Lage um etwa 15*^ senkte, vermochte der Trieb nicht mehr zu fassen, sondern entwickelte sich zu einer jener langen Peitschen, wie sie überall aus dem Spalier heraushängen. Dementsprechend wurden auch senkrecht nach abwärts gerichtete Stäbe nicht um- wunden. 6. Sind die Triebe von Äkebia durch Berührung reizbar? Auch diese Frage läßt sich ganz kurz beantworten. Ich rieb freie aus dem Spalier hervorragende Triebe mit einem Hölzchen und wiederholte diese Behandlung in bestimmten Zeiträumen. Eine Krümmung im Sinne der Reizung war nie zu beobachten. Eben- sowenig bemerkte ich einen Erfolg, als ich den Gipfel eines auf- recht windenden Sprosses so an seiner Stütze in die Höhe schob, daß die Spitze bis zur ersten sich anlegenden Windung über das Ende des Stabes hinausragte, und dann einen Stab von Zeit zu Zeit in die Spirale steckte und auf und ab bewegte. Das Ende streckte sich in der üblichen Weise gerade. 7. Winden an aufrechter Stütze. Obgleich die Beobachtung des Windens an aufrechter Stütze nichts wesentlich Neues ergab, ist es doch vielleicht nicht tiber- flüssig, zum Vergleich das Wesentliche hier mitzuteilen. Die frei aus dem Spalier herausragenden Triebe sind ziemlich gerade bis zu dem Gipfel, der etwa halbkreisförmig gekrtimmt ist. Wie die Fig. 3 zeigt, bleibt dieser Haken auch beim Winden er- halten. Dieses selbst stellt sich im wesentlichen als ein Umwandern des mit seinem gekrümmten Teil der Stütze fest anliegenden Hakens um die Stütze dar, wobei sich der Bogen kontinuierlich höher schiebt, aber als Bogen bestehen bleibt. Gelegentlich kann sich aber auch das Ende mehr oder weniger heben, so daß es zeitweilig wagerecht liegt oder sich sogar noch etwas höher aufrichten kann. Doch sind diese Streckungen nur selten und vorübergehend; vor allem erfolgen sie nicht in regelmäßigen Rhythmen oder überhaupt 678 Hugo Miehe, notwendig- nach einer gewissen Zeit. Bei vielen dauernd beob- achteten windenden Sprossen traten sie während der Zeit der Beobachtung überhaupt nicht ein. Äkehia „greift" also sicher nicht im Schwendenerschen Sinne. Tuschepunkte, die auch an den aufrecht windenden Sprossen angebracht wurden, ließen in ihren allmählichen Verschiebungen auch hier ausnahmslos erkennen, daß sich der Sproß nach rechts, d. h. also im entgegengesetzten Sinne der Windebewegung dreht. rvE Fig. 3. Akebia quinata, 10 aufeinander folgende Stadien des Windens an aufrechter Stütze. Auch die Verteilung der Drehung entsprach ganz der bei den wagerecht windenden Exemplaren. Von der ersten fest angelegten Windung an wuchs die Torsion innerhalb 24 Stunden in allmählich zunehmendem Maße bis etwa zu der dem Stabe anliegenden Zone auf ^k an. Das äußerste Endstück war meder einheitlich, und zwar auch um ^U, gedreht, doch begann hier wenigstens bei dem diesen Angaben zugrunde liegenden Protokoll die Drehung später als bei dem basalwärts anschließenden Stücke. Dieses, d. h. also Beiträge zum Wiudeproblem. 679 das der Stütze bogig anliegende Stück, zeigte am frühesten eine Verschiebung der Marken. Schließlich muß ich hier noch auf eine Beobachtung aufmerksam machen, die nach der durch die Torsion bewirkten Spannung zu erwarten ist, die ich aber in der Literatur nirgend betont fand. Der überhängende Gipfelteil liegt nämlich mit seinem bogigen Teil der Stütze federnd an. Zieht man den Bogen in der Ebene seiner Krümmung zur Seite, so schnellt er in dem Augenldick, wo die Spitze von der Stütze abgleitet, wie ein Uhrzeiger herum, und zwar im entgegengesetzten Sinne des Uhrzeigers, d. h. gleichsinnig mit der Windebewegung und gegenläufig gegen die Torsionsrich- tung. Eine Drehung von etwa 45" kann so ganz leicht erreicht werden, gelegentlich sogar etwas mehr. Ich kann aber hier gleich einschalten, daß die ebenfalls hakig gebogenen Gipfel von Dioscorea- Arten, deren äußerst geschwind wachsende Triebe sich sehr kräftig auf ein der längeren Wachstumszone entsprechendes größeres Stück torquieren, sich sogar über 90° zurückdrehten, wenn sie in der oben angegebenen Weise von der Stütze losgelöst wurden. Wenn wir die Fig. 1 und die Taf. X mit Fig. 3 vergleichen, ,so fällt sofort die ^iel größere Länge des in Bewegung befindlichen Gipfelteiles und sein viel lockerer Anschluß an die Stütze bei den wagerecht windenden Sprossen auf. Während an senkrechter Stütze sich der Sproß, ihr dicht anliegend, kontinuierlich emporschiebt, ist an der wagerechten Stütze zeitweilig der gesamte in Windebewegung begriffene Gipfelteil weit von ihr entfernt. Ferner ist die Kompli- ziertheit der Stadien auffallend gegenüber dem einförmigen Bilde, das sie am aufrechten Stabe bieten. Der Hakenkrümmung des Gipfels, die hier, von gelegentlichen Hebungen abgesehen, immer beibehalten wird, stehen dort viel mannigfaltigere Formen gegenüber. Bald ist der Gipfel in flachem Bogen gestreckt (Taf. X, X), bald in ziemlich scharfem Knick basalwärts gekrümmt (yil), bald in flacher Spirale gebogen (XVIII) usw. Auch verdient die regelmäßig auf- tretende vorbereitende flache Spiralkrümmung am Stabe, auf die ich bereits früher (S. 673) aufmerksam machte und die z. B. bei X gut zu sehen ist, Erwähnung. Schließlich ist das zum Teil mit den oben besprochenen Besonderheiten zusammenhängende häufige Abgleiten von der Stütze bemerkenswert, das beim aufrechten Winden nur ganz selten einmal (z. B. bei Wind und an zu dicken Stützen) eintritt. Trotzdem ist, wie noch einmal betont werden mag, das Ergebnis hier wie dort das gleiche: feste, straff anliegende 680 Hugo Miehe, Windungen. Leider habe ich bisher versäumt, Angaben über die Zeitdauer der Windungen und ihre durchschnittliche Höhe beim aufrecht klimmenden Sproß zu sammeln und sie mit den ent- sprechenden Daten bei den wagerechten zu vergleichen. Auffallend ist aber ein etwa vorhandener Unterschied sicher nicht. 8. Klinostatenversuche. Von besonderem Interesse ist die Frage, wie sich Ahehia am Klinostaten verhält. Die Versuche machten insofern besondere Schwierigkeiten, als ich gezwungen war, an den Trieben des Frei- landexemplars zu operieren. Fip. 4. Akebia quinata am Klinostaten. Der Pfeil bezeichnet den Beginn des Versuches. Klinostatenversuch 1. Ich löste einen sehr kräftigen Trieb so weit wie möglich, etwa 3 m aus dem Spalier los, leitete seinen Gipfel an den Fuß eines langen, geraden und runden Holzstabes und ließ ilin zunächst ein Stück an ihm heraufklettern. Alsdann wurde von oben her ein Messingrohr von genügender Weite über den Stab und den Gipfel geschoben und etwa 50 cm unterhalb desselben mit Gips angefüllt. Auf diese Weise war der Sproß an dieser Stelle unverrückbar und ohne irgend welche Verletzung mit dem Stabe verbunden. Darauf wurde (vgl. Fig. 4) das obere Ende des Stabes in die Klemmschraube des Klinostaten eingeführt und befestigt, während das untere Ende an der Stelle des Messing- rohr-Gipsverbandes auf ein Lager gelegt wurde. Dies bestand aus Beiträge zum AVindeproblem. 681 einem gebogenen Stück dicken G-lasstabes, das mit Siegellack auf einer hölzernen Unterlage befestigt war. Über den Klinostaten war ein mit einem Schlitz versehener hölzerner Kasten gestülpt, der noch mit einem großen Stück Wachstuch eingehüllt wurde. Dieser Schutz bewahrte trotz gelegentlicher heftiger Regengüsse das Ulirwerk rollkommen vor Rost. Die ganze Apparatur w^urde auf einem langen Tische genau wagerecht aufgestellt. Der über 2 m lange untere Teil des Sprosses wurde wie ein Gewinde locker an einem Pfahle aufgehangen. Die Umdrehungszeit des Klinostaten wurde mit Hilfe eines Ansatzstückes auf 3 Stunden 20 Minuten eingestellt. Da durch die Drehung der Klinostatenachse der untere Teil des Triebes gezwirnt wurde, mußte sie von Zeit zu Zeit zu- rückgedreht werden, um eine Verletzung zu verhüten. Dies geschah anfänghch alle 6 — 10 Stunden, d. h. nachdem das Uhrwerk zwei bis drei Umdrehungen vollführt hatte. Da sich aber später herausstellte, daß der basale Sproßteil ganz gut eine größere Zahl von Drehungen aushalten konnte, brauchte die Rückdrehung erst in wesentlich längeren Intervallen vorgenommen zu werden (etwa alle 15 bis 20 Stunden). Zweckmäßig war es dann, den freien Teil jedesmal etwas im entgegengesetzten Sinne zu zwirnen. An der Stelle, wo die jüngste fertige Windung in den beweglichen Gipfelteil über- ging, wurde an dem Stabe eine Marke angebracht. Beginn des Versuches 1.3. Juli 1914, mittags 12 Uhr. Schon einige Stunden nach Beginn des Versuches zeigte sich eine auffällige Erscheinung. Die hakenförmige Endkrümmung glich sich ganz allmählich zu einem ganz flachen Bogen aus. Diese Form wurde im großen und ganzen während der Dauer des Ver- suches beibehalten, doch war es merkwürdig, daß zeitweilig auch einmal eine stärkere Krümmung wieder eintrat. Die Folge der starken Verflachung der Endkrümmung war die, daß die Spitze häufig von dem Stabe abglitt und dann der ganze obere Sproßteil nach unten hing. Besonders geschah dies naturgemäß, wenn er durch die Klinostatendrehung nach abwärts schaute. Doch brachte ihn dann die weitere Drehung der Achse wieder nach oben und in näheren Kontakt mit dem Stabe, so daß nie eine dauernde Los- lösung statthatte. Wie die Fig. 5 zeigt, kann auch unter Ausschaltung der ein- seitigen Schwerewirkung ein Winden zustande kommen. Der Sproß hatte bis zu dem am 20. Juli erfolgten Abbruch des Versuches zwei vollständige Windungen ausgeführt. Sie waren ganz eben- ßD2 Hugo Miehe, mäßig und lagen dem Stabe dicht an, waren aber insofern abnorm, als sie ganz auffallend steil waren. Während die von dem Sprosse vorher angelegten Windungen etwa 10, 5, 12, 5, 12, 13 cm hoch waren, waren die beiden am Klinostaten vollendeten 18 und 19 cm hoch. Auch während der Drehung wurden Marken am Sprosse an- gebracht. Dabei zeigte sich, daß die sonst ganz gesetzmäßige Rechtstorsion nicht immer scharf hervortrat, zeitweilig sogar ganz vermißt wurde. Ich bemerkte sogar zuweilen eine entgegengesetzte Torsion. Nach dem Abbruch des Versuches wurde der Stab wieder auf- recht hingestellt. Die in den folgenden Tagen angelegten Win- dungen waren abnorm niedrig (2, 5, 2, 3 cm). Klinostatenversuch 2 verlief ganz ähnlich ^^^e der erste. Der Versuchssproß war diesmal vorher an wage rechter Stütze gezogen. Der Versuch lief vom 20. bis zum 27. Juli, während welcher Zeit wiederum zwei vollständige Windungen ausgeführt wurden. Die erste war sehr steil (19 cm hoch), die zweite mit 11 cm Umgangshöhe wesentlich kürzer. Die nach dem Versuch ausgeführten Windungen waren wiederum auffallend flach. Die Torsionen waren ebenso unregelmäßig wie oben. Desgleichen trat auch hier das öftere Loslassen ein. Dabei habe ich hier notiert, daß der abgeglittene Teil gelegentlich eine deutliche, wenn auch schwache, Schrauben- windung zeigte. Ganz kurz erwähnen will ich nur noch einen vom 27. Juli bis zum 19. August laufenden Klinostatenversuch mit einer Topf- pflanze von Akehia. Abgesehen davon, daß die auch hier sehr langen Windungen etwas lockerer, „unordentlicher" als bei den vorigen Versuchen waren, ist nichts Bemerkenswertes hinzuzufügen. Höchstens verdient die Beobachtung Erwähnung, daß die unter der Wirkung der Drehung l)ald senkrecht von der Achse abspreizen- den Blättchen zuweilen das im übrigen auch hier oft eintretende Abgleiten erfolgreich verhinderten. III. Beobachtungen an anderen Windepflanzen. Außer Akehia quinata habe ich noch eine Reihe anderer z. T. holziger, z. T. einjähriger Pflanzen oder Stauden auf ihr Verhalten an wagerechten oder schrägen Stützen untersucht. Ich gebe die Resultate in aller Kürze wieder. Beiträg:e zum Wiiuleproblem. 683 a) Periploca graeca. An 45° geneigten Stützen winden die Sprosse sicher und elegant, an wagerechten krümmen sich die Gipfel ziemlich kräftig in die Höhe, verlieren den Anscliluß und krümmen sich halbkreisförmig nach rückwärts. Nachdem dann meist die Andeutung einer Spirale sichtbar geworden ist, findet eine Geradestreckung statt, so daß schließlich ein senkrecht vom Stabe in die Höhe strebendes und am Ende die übliche hakenför- mige Krümmung der freien Triebe zeigendes Sproßende resultiert. Ein langer, ziemlich weit unten aus dem Spalier hervorkommen- der Trieb wurde in eine seichte Erdgrube geleitet, hier in flachem Bogen aufwärts gebogen und an einem Stabe befestigt. Nachdem dann die Grube mit Erde gefüllt war, wurde ein aus zwei Stücken zusammengekittetes Kanalrohr über den Stab gestülpt, das unten durch Anhäufelung von Erde lichtdicht an den Boden und oben mittels eines verklebten Blumentopfes ebenfalls lichtdicht geschlossen wurde. Nach 11 Tagen zeigte sich folgendes: Die erste seither ge- bildete Windung war fast normal, dann folgte eine sehr steile Windung. Die folgende war ebenso steil, lag aber oben nicht mehr an. Das ganze obere Ende einschließlich der Triebspitze war fast vollkommen gerade und lag parallel neben der Stütze. Der Trieb war vollständig etioliert. Periploca vermag also im Dunkeln nicht normal zu winden. b) Celastrum scandens erwies sich als träger Klimmer. Ein Fassen erfolgte weder an wagerechter noch an geneigter Stütze. c) Menispermum canadense, in zwei Exemplaren untersucht, vermochte an wagerechter Stütze nicht zu ^\inden, die Sprosse krümmten sich rasch aufwärts. Dagegen klommen die Pflanzen an Stützen, die 45 und sogar 30° über den Horizont gehoben waren, gut hinauf. Dabei war es sehr merkwürdig, daß bei dem einen Exemplar (einer erwachsen kahlen Sippe) die jüngste Spirale sehr häufig oberhalb des Stabes angelegt und erst nachher durch weitere Drehung der tieferen Partie um die Stütze geschoben wurde. d) Wistaria sinensis sowie e) eine nicht näher bezeichnete Aristolochia des Gewächshauses stiegen sehr elegant noch an um 35° gehobenen Stützen liinauf, versagten jedoch ganz an wage- rechten. f) Phaseolus muUiflorus, Freilandexemplar. Anfänglich über- wand die Feuerbohne noch eine Neigung von etwa 35° gut, später jedoch, nach 8 Tagen, verlor der Trieb die Stütze und richtete sich go^ Hugo Mielie, senkrecht auf. An wagerechtem Stabe sofort scharfe senkrechte Aufkrümmung. g) Äpios tuberosa verhielt sich an wagerechtem Stabe wie die Feuerbohne; 35° tiberwand von drei Trieben nur einer. Ob in diesem Falle die Orientierung nach Süden günstig war, lasse ich vorläufig dahingestellt. h) Humidus Liipuhis krümmte sich von wagerechter und um 4.5° gehol)ener Stütze sofort scharf nach oben. i) Dioscorea sativa, Freilandexemplar. Die starken Triebe kletterten an 45 Grad-Stützen leicht hinauf, vermochten jedoch horizontale Stangen dauernd nicht zu über- winden. Sie machten meist 2, einmal sogar 3 Windungen, ver- loren aber dann wieder die Stütze. Über die Torsionen, die hier sehr kräftig sind, habe ich folgendes notiert: Die Torsion wird zuerst sichtbar in der Zone des stärksten Wachstums, die mit der Stelle zusammenfällt, wo sich eine neue Windung vorbereitet. Sie setzt sich aber auch nach unten noch ziemlich weit fort. Nach 20 Stunden war die Verschiebung der Marken folgende: Spitze, aus den jüngsten Internodien bestehend, Vi; 2. Internodium ^U — V2; 3. Internodium V2 — Vi; 4. Internodium V4 — 0. Alles Rechtstorsion entsprechend der linksläufigen Windebewegung. Die hakenförmige Spitze schnellte, losgelöst, sehr, kräftig zurück (vgl. S. 679). Die Höhe der Windungen erleidet keine auffällige nachträg- liche Veränderung. k) Dioscorea discolor wurde im Gewächshause an einen straff gespannten horizontalen Draht geleitet. Sie machte meist 2 Win- dungen und verlor dann den Diaht. Die starke Torsion ist links- läufig, die Pflanze ist ein Rechtswinder. Zurückschnellen des End- hakens sehr kraftvoll. 1) Dioscorea reticulata (?), die am gleichen Orte ebenfalls an horizontalem Drahte gezogen wurde, verhielt sich sehr interessant (vgl. Fig. 5). Nach 5 schönen Windungen verlor sie den Draht. Der Sproß wurde jetzt wieder angelegt (nicht angebunden) mit dem Erfolge, daß er alsbald weitere 4 elegante Windungen aus- führte. Jetzt verlor der Gipfel wieder die Stütze, streckte sich gerade und machte, inzwischen stark herangewachsen, unregel- mäßige Schwingungen, in deren Verlauf er abermals, und zwar diesmal spontan, mit dem Draht in Berührung kam. Er kletterte nun wieder an ihm ein Stück entlang, worauf sich das Spiel von Beiträge zum Wiiideproblem. 685 früher wiederholte. Es dauerte aber jetzt länger, bis er wieder „faßte". Es folgten dann 4 Windungen und nach einer geringen, sich durch ein kurzes, gerades Stück dokumentierenden Unter- brechung noch 4 weitere. Jetzt, d. h. nach 30 Tagen, w^urde der Versuch abgebrochen, m) Hoya carnosa machte im Gewächshause an wagerechter Stütze 2 sehr lange Windungen, worauf der Gipfel mit einer kräftigen Rechtsdrehung von der Stütze abschnellte. Hoija windet links. Nähere Untersuchung scheint erwünscht. Die eben mitgeteilten Beobachtungen lassen sich dahin zu- sammenfassen, daß keine Pflanze wie Akebia imstande ist, dauernd wagerechte Stützen zu umschlingen, daß aber etliche insofern eine Art Übergang zu Akebia bilden, als sie 2, 3, sogar 4 bis 5 nor- male Windungen an horizontaler Achse ausführen können. Fig. 5. Dioscorea reticulata, nachdem sie 30 Tage an wagerechtem Draht ge- klettert war. Der Trieb ist abgeschnitten photographiert; die großen Blätter sind vorher entfernt. Der Pfeil bezeichnet den Yersuchsbeginn. Allgemeiner ist die Fähigkeit verbreitet, Neigungen von 45" zu überwinden. Mit Ausnahme des Hopfens, der ganz, und von Phaseolus und Apios, die teilweise versagten, erwiesen sich alle Versuchspflanzen als dazu befähigt. IV. Kurze Zusammenfassung und Erörterung. Eine an die Literatur anschließende, ausführliche theoretische Diskussion der oben mitgeteilten Beobachtungen wurde durch den Krieg vereitelt, der den Verf. bald zum Heeresdienste rief. Die folgenden Bemerkungen mögen daher als vorläufige Betrachtungen aufgefaßt werden, die durch weitere experimentelle und theoretische Studien Vertiefung, Erweiterung, wahrscheinlich sogar Korrektur erfahren müssen. 686 Hugo Miehe, Das Problem ist: mit welchen Mitteln erreicht die Winde- pflanze die feste, pressende, schraubige Umschling-ung der Stütze. Daß es ein eigenartig- gelenkter Wachstumsvorgang ist, ist allgemein anerkannt. Bei weiterer Analyse scheint man mir von zwei Seiten auszugehen. Die einen heften den Blick auf die merk- würdige kreisende Bewegung des freien Gipfels und fassen das Umschlingen als das direkte Resultat des Umstandes auf, daß diese Zirkumnutation an der Stütze einen Widerstand findet. Die anderen suchen die in fortschreitenden Spiralen erfolgende schlin- gende, würgende Bewegung zu verstehen und vernachlässigen das Kreisen der freien Peitschen entweder ganz oder betrachten es als eine abgeleitete, durch die besonderen Bedingungen des Nichtfassens gegebene Erscheinung. Ich neige der letzten Auffassung zu. Beide Prozesse hängen natürlich zusammen, aber das Kreisen muß durch die Windebewe- gung aufgeklärt werden, nicht umgekehrt. Auch die für die letzte Auffassung ins Feld geführte biologische Funktion scheint mir sehr überschätzt zu werden. Eine direkte Folge des Kreisens kann jedenfalls das Schlingen nicht sein; das sieht man schon daran, daß ja viele freie Umläufe erst auf eine Windung kommen. Was das Sichherumlegen der Sprosse angeht, so darf man wohl auf Grund unserer Versuche hinter die Theorie, daß dies ein geotropisch geleiteter Vorgang ist, ein Fragezeichen machen. Aller- dings zunächst mit einiger Wahrscheinlichkeit nur bei Akehia qui- nata. Ob man die Theorie für die übrigen Pflanzen beibehalten will, ist eine Meinungssache. Man würde sie aber auch ebenso gut vom Standpunkte der AJcehia aus in gleichem Sinne beurteilen können. Damit ist nicht gesagt, daß die Schwerkraft überhaupt nicht als wirkender Faktor in das Winden eintritt. Zur Vorsicht nötigt nämlich der Ausfall der Klinostatenversuche, die zwar eine Art Winden zeigten, jedoch ein abnormes. Ich suche den Grund dafüi- in der weitgehenden Geradestreckung des normal gekrümmten Gipfels, die das sichere Fassen vereitelt. Es muß al)er nicht die ausgeschaltete einseitige Schwerewirkung sein, die diesen Erfolg hat. Auch die einseitige Lichtwirkung war in meinen Versuchen aufgehoben, und daß in der Dunkelheit Aufrichtung des Gipfels eintritt, lehrte ja das Verhalten von Periploca. Hier hätten erneute Versuche ein- zusetzen (einseitige Beleuchtung von der Spitze am Klinostaten *). 1) Voss (a. a. 0.) hat schon ähnliche Versuche gemacht. Wurde Bowiea volubilis an wagerechter Klinostatenachse von vorne her heleuchtet, so machte sie in (! Tagen Beiträge zum Windeproblem. 687 Ich bin geneigt, der hakenförmigen Überkrünimung eine be- sondere Bedeutung zuzuschreiben, selbst dann, wenn sie nicht überall so ausgeprägt ist, wie bei ATcehia und vielen anderen Ob- jekten. Sie scheint mir mit dem zweiten Faktor zusammenzu- wirken, der das Winden ermöglicht, nämlich der stark entwickelten Torsion, die die Schlingpflanze als eine besonders gesteigerte Eigenschaft auszeichnet. Die energische gegenläufige Torsion des Stammes kann nur dann zu einem, und zwar sehr straffen Um- schlingen führen, wenn die Spitze gekrümmt oder wenigstens nicht vollkommen gerade ist. Man kann sich diesen Prozeß durch fol- genden Versuch anschaulich machen, der natürlich nicht für den gesamten Vorgang des Windens ein Schema sein soll. Gibt man einem Gasschlauch dadurch, daß man in sein oberes Ende ein Stück Bleirohr einführt, ein Hakenende, so kann man ihn sofort in festen, bleibenden Windungen um einen Stab legen, wenn man ihn in der entgegengesetzten Richtung torquiert und um den Stab herumlegt. Das geht nicht ohne eine endständige Krüm- mung. Es geht auch nicht, wenn man etwa den Schlauch gleich- läufig zwirnt. Löst man den Haken von dem Stabe, so schnellt er ebenso selbstverständlich zurück, wie es der Gipfel von AJcehia oder Dioscorea tut und er liegt ebenso federnd vorher dem Stabe an, wie dieser. Man kann diesen Versuch mit dem gleichen Er- folge auch an einem freien Windesproß anstellen. Zwirnt man ihn in einer Richtung und legt ihn in entgegengesetzter um einen Stab, so ])leiben die Windungen sofort liegen, sofern eine hakige Endkrümmung vorhanden ist. Beseitigt man diese oder zwirnt man gleichläufig mit der künstlichen Windung, so gleitet der Sproß sofort beim Loslassen ab. Wenn man die Taf. X und die Fig. 1 betrachtet, so könnte man zu der Vorstellung kommen, daß das Erfassen der Stütze dann eintrete, wenn der inzwischen lang genug gewordene End- teil nach geotropischer Aufkrümmung mit Hilfe der jetzt ebenso wie in aufrechter Lage verlaufenden Kreisbewegung an den Stab stößt. Doch wird man bei näherer Überlegung und Berücksichti- gung der sämtlichen Stadien bald finden, daß damit weder ohne weiteres das horizontale Winden auf das vertikale zurückgeführt worden ist, noch allein auf diesem Wege verständlich gemacht werden kann. zwei volle, fest anliegende Windungen unter antidromer Torsion. Bei seitlicher Be- leuchtung fand jedoch kein Winden statt. gog Hugo Miehe, Beiträge zum Windeproblem. Ich möchte also folgende Auffassung des Windevorganges zur Diskussion stellen: Der Gipfel ist, wahrscheinlich aitiogen, über- gekrümmt und hält sich dauernd in dieser Form, indem stets die obere Flanke stärker wächst. Durch autonome Torsion des Stammes, die in der Zone des stärksten Wachstums am energischsten ist, entsteht eine Spannung, die das Hakenende federnd gegen die Stütze drückt und es an ihr beim Wachstum emporgleiten läßt. Durch den Widerstand des Hakenendes wird gleichzeitig die spiralige Krümmung der nächst tieferen Partie eingeleitet, die sich dann an die Stütze anlegt und schließlich durch Wachstum fixiert wird. Ein solches Winden würde an wagerechter Achse ebenso gut vonstatten gehe^i, wie an aufrechter, vorausgesetzt, daß zwei Um- stände nicht hindernd eingreifen, nämlich eine länger dauernde Geradestreckung des Gipfels und zweitens starker negativer Geo- tropismus. Das erstere tritt nun tatsächlich bei Akebia nicht ein, obwohl zeitweilige Streckungen stattfinden und dann Abgleiten herbeiführen. Was das zweite Moment anlangt, so ist es meines Erachtens hauptsächlich dafür verantwortlich zu machen, daß bei den meisten Windepflanzen die wagerechte Stütze bald verlassen wird. Erfolgt die negativ-geotrope Aufrichtung rasch und energisch, so verliert die Pflanze die Stütze, ist die Reaktion träge und schwach, so gescliieht dies nicht, oder wenigstens nur vorüber- gehend und unvollkommen, so daß der Fortgang des Windens nicht gestört wird^). Es ist sogar denkbar, daß bis zu einem gewissen Grade der negative Geotropismus günstig wirkt, indem er (indirekt durch Herstellung bestimmter Lichtrichtung oder direkt?) zeitwei- lige stärkere Einkrümmung des Endes bewirkt. Schließlich sei wieder betont, daß diese Überlegungen zunächst nur für Akebia gelten sollen. Es ist sehr wohl denkbar, daß sich verschiedene Pflanzen verschiedener Mittel beim Winden bedienen. Es darf nicht verhehlt werden, daß manche Phasen des wage- rechten Windens dieser Auffassung noch Schwierigkeiten bereiten. Vor allem würde es aber notwendig sein, von dem hier vorgetra- genen Standpunkte aus das Herumschwingen des nicht fassenden Gipfels zu verstehen. Es ergeben sich da recht bedeutende Schwie- rigkeiten, die ich in vollem Umfange anerkenne und über die ich bisher nicht zu einer bestimmten Ansicht kommen konnte. 1) Auch die Torsion könnte modifizierend eingreifen, indem sie die Wirkung der Schwerkraft abschwächt. über lonenaufnahme. Von E, Pantanelli. I. Einleitung. Erscheiuungen, welche nur auf einer ungieichen lonenaufnahme beruhen können, sind bei der Salzaufnahme durch Pflanzenorgane längst bekannt. Die Wasser- und Sandkultureu zeigen alltäglich, daß mindestens drei solche Erscheinungen allgemein aufzutreten pflegen : 1. Aus der gebräuchlichen Knop-Pfefferschen Nährlösung nehmen die Wurzeln das Nitration schneller als K- und Ca-Ionen auf, so daß die Nährlösung bald alkalisch wird: später werden auch K und Ca absorbiert, wodurch eine neutrale oder auch schwach saure Reaktion wieder hergestellt wird. Liefert man NaNOs an Stelle von KNO3, so tritt die Alkalibildung noch schärfer hervor; da das Na-Ion von den meisten Sandpflanzen nicht oder wenig absorbiert wird, so kann die Alkaleszenzsteigerung der Nährlösung bis zum Notleiden und Sterben der Pflanzen führen (Knop, 1862: Krüger, 1905—1910: Maze^ 1913—1914). 2. Bei Darbietung von anorganischen Ammonsalzen wird von den meisten Pflanzen das NHi-Ion viel schneller als das Anion aufgenommen, wodurch eine so starke Ansäuerung der Nährlösung einsetzt, daß die Pflanzen bald eingehen, sofern man durch Kreide- zusatz die befreite Schwefelsäure nicht bindet (Knop, 1860 — 1862: Rautenberg und Kühn, 1864: Maze, 1899; Prjanischnikow, 1901—1912: Kossowitsch 1904; Schulow, 1904—1912; Nathan- sohn, 1904; Nagaoka, 1904; Söderbaum, 1905; Aso und Baha- dur, 1907: Ehrenberg, 1908; Hall, GiminghamundMiller, 1908; Hutchinson und Miller, 1909—1911; Pantanelli und Se- verini, 1910—1911; Maschhaupt, 1911: Maze, 1913—1914). Dieselben Erscheinungen treten bei Schimmelpilzkulturen auf (Niki- tinsky, 1904; Cohn und Czapek, 1906; Ritter, 1914, u. a. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 44 ggQ E. Paiitanelli, 3. Aus löslichen Phosphaten werden HP04-Ionen bis zum völligen Verbrauch innerhalb einiger Stunden absorbiert, so daß zunächst das neutrale, dann das basische Phosphat zurückbleibt und stetiger Zusatz freier Phosphorsäure notwendig ist, um die nachteilige Wirkung der Alkaleszenz zu vermeiden (Knop, 1860). K-, Mg-, Ca- und Fe-Ionen werden dabei sehr langsam. Na meistens kaum aufgenommen. Darauf beruht die chlorotische Wirkung der löslichen Phosphate bei Wasserkulturen, die von der Crone durch Benutzung unlöslicher Phosphate zu vermeiden suchte; da- durch wird eigentlich nur eine Verzögerung der Phosphataufnahme erzielt, die Chlorose hängt aber nicht von der schnellen Aufnahme des Phosphatsalzes, wie meistens angenommen wurde, sondern vom Alkalisch werden der Lösung ab. Diese Erscheinungen deuten schon auf eine ungleiche lonen- aufnahme hin; der Einwand von Ruhland (1909), daß „diese An- gaben dringend einer Nachprüfung von modernen mikrobiologischen Gesichtspunkten aus bedürfen", kann nunmehr fallen, da die Ver- suche von Maze (1899 und 1913—14), Kossowitsch (1904), Hut- chinson und Miller (1910—11), Severini und mir (1910 — 11), Schulow (1912) und die Untersuchungen an Schimmelpilzen mit sterilen Kulturen ausgeführt wurden. Ich kann sogar liiuzufügen, daß bei Reinkulturen die erwähnten Erscheinungen viel schärfer hervortreten, da sich entwickelnde Mikroorganismen das normale Wahlvermögen der Wurzeln bald störend beeinflussen. Trotz der hohen Bedeutung dieser Tatsachen für die Zell- physiologie sind entsprechende Versuche nur von Nathansohn und M eurer, Sella und mir ausgeführt worden. Die erstgenannten Forscher brachten Scheiben aus knolligen Wurzeln von Dahlia, Helianthus, Beta und Daucus in reine Lösungen eines einzigen Salzes und bestimmten die Aufnahme der einzelnen Ionen durch chemische Analyse des Preßsaftes (Nathansohn, 1903) oder der Außenlösung (Nathansohn, 1904, Meurer, 1909). Die Wurzel- scheiben nahmen dabei Kation und Anion in ungleicher Menge, und zwar bis zu einer Gleichgewichtskonzentration auf, die für beide Ionen ungemein stark abweichen konnte. Nathansohn war nach dieser Feststellung offenbar beängstigt, wie die Zelle gegen die elektrostatischen Anziehungskräfte so weit arbeiten könnte, und suchte eine Erklärung in der gleichzeitigen Ausscheidung anderweitiger Ionen aus der Zelle, wodurch das Neutralbleiben der Außenlösung unter allen Umständen, und zwar regulatorisch über loneuaiifnahme. 691 gesichert werden dürfte. Meistens soll es sich um die Ausscheidung von Ca- und Mg-Iouen handeln. Gegen diese Schlüsse sind vou Kuhland (1908 — 09) Ein- wände erhohen worden. Er hält die Versuchsmethode von Nathan- sohn und Meurer für unzuverlässig, da 1. die Salzlösung nur äußerst langsam und graduell in das Innere der Wurzelscheiben gelangt; 2. ein unbekannter Bruchteil der Lösung in den Zwischen- zellräumen verbleibt; 3. die Wurzelscheiben während des Versuches eine langsam anwachsende Schädigung erfahren. Der erste Einwand ist für unsere Frage von geringem Inter- esse, da der Gesamt- und JVlittelwert der Aufnahme durch das graduelle Eindringen nicht beeinflußt wird ; es ist nur eine Frage der Versuchsdauer. Der zweite Einwand scheint mir wichtiger, obwohl er eigentlich nur den absoluten Wert des Gleichgewichts- quotienten z\\ischen Preßsaft und Außenlösung, nicht das Wesen der Tatsache trifft. Der dritte Einwand ist auch zu berücksich- tigen; man kann sich nicht verhehlen, daß infolge der schweren Verwundung und des submersen Lebens eine Änderung der Zell- permeabilität eintreten könnte; allerdings dürfte es sich eher um eine Zunahme als um eine Herabsetzung der Permeabilität handeln, Vkie es von Nathansohn gefordert wird. Daß Zufluß fremder Elektrolyte oder nicht balancierter Lösungen breite Schwankungen der Permeabilität herbeiführen kann, wurde neuerdings von Oster- hout (1912) gezeigt^). Diese Tatsache kann aber auch zugunsten der Nathan söhn sehen Auffassung verwertet werden. Die massenhafte Einströmung von Salzen in den Versuchen Nathansohns und Meurers beweist auch, daß es sich kaum um eine bloße Verteilung zwischen Protoplasma resp. Zellsaft und Außenlösung vermittels einer semipermeablen Wand (Nathan- sohn, 1902 — 1905), wohl aber um Adsorptiouserscheinungen han- delte, woran die Zellkolloide einen hervorragenden Anteil hatten. Diese Mögliclikeit ist später auch von Nathan söhn zugegeben worden (1910, S. 113). Die Natur der Objekte und das Versuchs- verfahren gestatten aber nicht einzusehen, in wie weit Adsorption an toten Flächen mitspielte. 1) Beobachtungen über Salzpermeabilität waren schon früher von van Ryssel- berghe (1899—1901;, Vandervelde (1901), Pantanelli (1905), Raciborski (1905), Lepeschkin (1909), Fluri (1910J und Lundegärdh (1911; auf verschiedenem Wege gemacht worden. 44* gQO E. Pantanelli, Trotz der iiiethodisclien Unsicherheit behalten die Beobach- tungen von Nathansohn und Meurer als Tatsachenmaterial ihren Wert bei. Der Einwand von Ruhland, die Ca- und Mg-- Abgabe sei lediglich eine von der Salzaufnahme unabhängige Folge der Beschädig-ung der Zelle, richtet sich eigentlich nur gegen die Be- obachtung Nathansohns, daß die Zelle durch regulatorische lonen- abgabe die neutrale Reaktion der Außenlösung zu gewähren sorgt. Gegen eine ungleiche lonenaufnahme bringt Ruhland keine eigene Beobachtung, denn der einzige nach dem Meurer sehen Verfahren ausgeführte Versuch von Ruhland (1909, S. 753) bestätigt die Möglichkeit einer ungleichen lonenaufnahme. Auch die Möglichkeit von chemischen Umsetzungen zwischen dargebotenen und absorbierten Ionen spricht gegen eine ungleiche lonenpenetration nicht; so lange keine Fällung entsteht und die Dissoziation nicht sehr weit zurückgeht, kann man von einer Um- setzung zwischen nebeneinander freien Ionen nicht reden. Neuerdings spricht sich auch Osterhout (1912) für die Mög- lichkeit einer ungleichen lonenaufnahme aus; er führt aber keine eigene Beobachtung an. Schon 1909 haben S<'lla und ich ungleiche Absorption von Kation und Anion an Kürbiskeimlingen festgestellt. Normal ab- sorbierende Organe eignen sich zu solchen Versuchen viel besser als Gewebestücke, wie auch die Kulturversuche von Severini und mir (1910 — 1911) gezeigt haben. Es wurde dabei konstatiert, daß schnell eindringende Ionen um so rascher aufgenommen werden, je stärker dissoziiert das entsprechende Salz ist; ferner, daß Am- moniumionen um so weniger schädigen, als das Verhältnis der Amnion- und Anionaufnahme sich der Einheit nähert, da die An- säuerungsgefahr verringert wird. Das gleiche gilt für KNO3, NaNOa und Ammoniumtartrat, deren Lösungen infolge ungleicher lonenaufnahme bald alkalisch werden. Seitdem haben Colin und de Rufz de Lavison (1910) die Aufnahme beider Ionen aus CaClo und BaCb, Plate (1914) aus Maugansalzen verfolgt : dabei wurden beide Ionen im gleichen Ver- hältnis aufgenommen. Da aber diese Versuche, wie auch meine früheren, zu lange dauerten, so sind sie im Lichte meiner neueren Erfahrungen für unsere Frage nicht brauchbar. Überhaupt bedurfte die ganze Frage der lonenaufnahme einer erneuten Prüfung mit chemischen Methoden an geeigneten Ob- jekten, wie sie wohl nur unter normal absorbierenden Organen zu über loneiiauf nähme. 693 findeu sind, lu vorlieg-ender Arbeit ist eine gedrängte Übersicht meiner Untersuchungen gegeben: für nähere Angaben über die Ausführung der Versuche, Methoden und Literatur muß ich auf die ausführlichere Dnrstellung in italienischer Sprache hinweisen. II. Unabhängigkeit der Aufnahme von Kation und Anion. Bei diesen Versuchen ging ich von der Vorstellung aus, daß ein Wahlvermögen nur bei ganz normalen Organen zu beobachten ist, während ein sehr mäßiger Zusatz von Anaestheticis das Wahlvermögen transitorisch, d. h. ohne irreversible Störung der mittleren (statischen, normalen, regulierteuj Permeabilitätsverhältnisse des Plasmas, auf- heben dürfte. Daß dieser Ausgangspunkt nicht unkorrekt Avar, ist neuerdings von Beobachtungen amerikanischer Forscher erwiesen; Osterhout (1913) fand, daß verdünnte Anaesthetica die elektro- lytische Leitfähigkeit der Gewebe verringern; da die Erscheinung l)ei sorgfältigem Ar1»eiten reversibel ist, so sieht Osterhout mit Recht darin eine typische Xarkosewirkung, während die bei länge- rer Wirkungsdauer oder höherer Konzentration einsetzende, irre- versible Zunahme der Permeabilität auf einer von der Giftwirkung des Narcoticums bedingten, heillosen Schädigung beruhen dürfte. Höber (1907), Lepeschkin (1911) und Lillie (1911—1913) führen die Herabsetzung der Permeabilität für Salze und Farbstoffe bei der Einwirkung von Narcoticis auf die Ansammlung von Lipoiden in der Plasmahaut zurück; darauf beruht wahrscheinlich auch die von Kisch (1913) beobachtete Abnahme des Sauerstoffverbrauches bei der Narkose. Weitere Erfahrungen bezüglich eines Antagonis- mus zwischen Anaestheticis und Salzen verdankt man Hibbard (1913) und Krehan (19U). Bei meinen Versuchen wurde jedes Salz unter sonst gleichen Bedingimgen ohne und mit einem genau bestimmten Zusatz (0,05 ^q) von Chloralhydrat dargeboten. Wird das eine Ion bei der Aufnahme bevorzugt, so läßt sich das Wahlvermögen der Zelle bei diesem Vorgange auch durch Ver- gleichung von Salzen nachweisen, welche ein Ion gemeinsam haben, während das andere Ion einmal ein willkommenes, das andere Mal ein nicht begehrtes ist. Darum wurden meine Versuche meistens mit solchen Salzpaaren an demselben Material gleichzeitig ausgeführt. Die Objekte wurden derart gewählt, daß bei ihnen die wähle- rische Absorption von Ionen aus der Außenwelt zu einer der aQA E. Pantanelli, normalen und ständig g-eübten Funktionen gehörte und eine strenge Bewachung ihres Zustandes in jedem Augenblick möglich war. Man ließ sie nur kurze Zeit in den Salzlösungen verweilen, um sekun- däre Stoffwechselvorgänge möglichst auszuschalten. Von der Verwendung reiner, unbalancierter Lösungen in destilliertem Wasser wurde Abstand genommen; Na-, K-, Li- und Mg-Salze wurden in kalkhaltigem Leitungswasser, die Salze der übrigen Kationen in Regenwasser gelöst: für Meeresalgen wurden die mit Eegenwasser hergestellten Salzlösungen im Verhältnis von 1 : 10 dem Seewasser zugesetzt. Wir werden später sehen, inwie- weit die Anwendung unbalancierter Lösungen die Resultate be- einflussen kann. Die Lösungen wurden vor und nach Berührung mit dem Ver- suchsobjekt chemisch analysiert (Verfahren von Nathansohn [1904], Meurer, Sella und mir). Osterhout (1913) traut der quanti- tativen chemischen Methode nicht, da Adsorptionserscheinungen (in der Zellwand?) täuschen können, im Grunde ein von Ruhland bereits erhobener Einwand. Diese Fehlerquelle kann nur das absolute, nicht das relative Ergebnis beeinflussen, solange man nicht mit Hansteen-Cranner (1912 — 1914) annimmt, daß auch die Zellwand infolge eines Fettsäuregehaltes eigene selektive Per- meabihtät besitzt. In diesem Falle, da die Zellwand leblos ist, hätten wir, etwa wie bei der toten Samenhülle des Getreidekornes nach Brown (1909) und Schröder (1911), mit statischen Eigen- schaften der Zellwand zu tun, welche vom physiologisch gelenkten Wahlvermögen des Plasmas nicht schwer zu trennen wären; ohne- hin zeigen die plasmolytischen Erfahrungen aller Forscher, zuletzt von Lundegärdh (1911), daß für die meisten Salze die Zellwand der Absorptionszellen völlig permeabel ist^). Die in der äußerst dünnen Zellwand der Absorptionsorgane zurückgehaltene lonenmenge kommt nicht in Betracht; an eine Injektion der Interzellularräume mit Salzlösung ist bei unserer Versuchsanordnung nicht zu denken. Übrigens muß man bei der Bestimmung einzelner Ionen die chemische Methode unbedingt benutzen: die von Osterhout be- vorzugte, in der Tat sehr elegante und bequeme elektrische Messung zeigt nur die Summe der lonenvariationen an. 1) Bei den Membranen der Torfmoose haben Baumann und Gully (zit. nach Czapek, 1913, S. 48) eine ungleiche Adsorption von Kationen und Anionen beobachtet. über lonenaufnahme. 695 Keiner unter meinen Vorgängern hat die Variationen des Volumens der Außen- flüssigkeit berücksichtigt, obwohl ich bereits vor zehn Jahren (1905) gezeigt habe, daß die Wasseraufnahme durch normaltätige Wurzeln von der Salzaufnahme völlig unabhängig ist; später ist diese Beobachtung von Hansteen (1910), Pouget und Chouchak (1910 bis 1912), Schreiner und Skinner (1910), Lundegärdh (1911) und Hasselbring (1914) auf verschiedenem Wege bestätigt worden. Auch bei der Versuchsanorduung von Nathansohn^j und Meurer sind Veränderungen des Volumens der Außenlösung zu er- warten, welche die Aufstellung einer Bilanz der Aufnahme auf Grund der Analyse der Außenflüssigkeit illusorisch machen können. Bei den hier zu berichtenden Versuchen wird die Wasseraufnahme oder -abgäbe absichtlich verschwiegen, weil die betreffenden Erfahrungen in anderem Zusammenhang zu besprechen sein werden. Um diese Fehlerquelle auszuschalten, wurde die Außenflüssig- keit am Ende jedes Versuches auf das ursprüngliche Volumen mit destilliertem Wasser zurückgebracht, wenn sie verringert war; hatte dagegen eine Wasserausscheidung statt- gefunden, so wurde die entsprechende Verdünnung bei der Analysenberechnung berück- sichtigt. Die Salzlösungen wurden durch wiederholte Analyse auf die angegebene Konzen- tration (Anzahl Mol im Liter) eingestellt. Die Bestimmung der einzelnen Ionen erfolgte nach den üblichen Methoden: K wurde als Chloroplatinat bestimmt. Na aus der Differenz berechnet, Li als LigPO^ (in Abwesenheit von Mg und Ca) gefällt, NH^ durch Destillation mit 0,01 Mol NaOH ge- wonnen, Ca als Oxalat, Ba als Sulfat, Mg als MgNH^PO^ • 6 aq, Zn, Mn, Fe, Cu, As als Sulfide, AI als Phosphat abgeschieden, Cl, Br, .1 und CN mit AgNOg titriert, NOg durch i'berführung in NO nach der Schulze-Wagnerschen Methode gewonnen, HPO^ mit Magnesiamixtur, Weinsäure mit Bleiessig, Oxalsäure mit CaClg gefällt. .Jede Lösung wurde vor und nach dem Versuche analysiert. Bei der ungeheuren Anzahl von Be- stimmungen wurde ich von meiner Frau Enrica eifrig unterstützt. a) Versuche mit Süßwasserpflanzen. Ich benutzte eine submers lebende Elodea canadensis, und eine oberflächlich schwimmende Wasserpflanze, Azolla caroliniana. Die erstere dürfte gelöste Stoffe durch ihre Gesamtoberfläche, besonders bei jüngeren Sprossen, aufnehmen (vgl. Snell, 19Ö7), die letztere besitzt zahlreiche Wurzeln, welche, wie das Verhalten zu Farbstoffen zeigt, die Hauptrolle bei der Aufnalime spielen. Von Azolla wurden soviel Pflänzchen auf die Lösung sorgfältig gelegt, als es der Raum der benutzten Doppelschale mit 250 ccm Flüssigkeit gestattete; von Elodea wurden je 10 g frische, 5 cm lange Sproßspitzen mit vernarbter Schnittwunde in 250 ccm Lösung getaucht. Der Versuch dauerte in jedem Falle 2 Stunden. TJm Eaum zu ersparen, führe ich nur die Ergebnisse der Versuche mit Azolla an. Elodea wurde nur in Lö- sungen von CaClj, BaClj, K.^SO^ und (NH4)S0^ geprüft, da die Gegenwart der Luft- kanäle im Stengel die absoluten Angaben unsicher machen konnte. Die Eesultate deckten sich übrigens mit den von Azolla bis auf einige Einzelheiten. Es werden hier, wie bei den folgenden Objekten, nur Versuche mit gleichen oder sehr nahen Konzentrationen angeführt CTab. I). 1) Bei einigen Versuchen an Codium (1902) hat Nathansohn die Wasseraufnahme berücksichtigt. 696 E. Pantanelli, Tabelle I. Azolla earulmiana. 250 ccm. 2 Stunden. Temp. : 16 — 18^. Konzen- tration Mol. : Liter Absorbierte mg-Ionen Kation Anion Ver- liältnis Kation Auion 0,05 °i 0 Chloralhydrat Äqui- valent- ver- hältnis Salz Absorbierte nig-Ionen Kation Anion Ver- hältnis Kation Anion CaCl^ . . 0,05 0,26 0 — 0,27 0 — 0,5 BaClj . . 0,05 0 0 — 0,039 0,34 0,12 0,5 KNO3. . 0,05 1,89 0,91 2,07 1,25 0,4 3,14 1 AKXOj^g . 0,0125 0,16 0,23 0,7 0,38 0,18 1,28 0,33 KjjSO^. . 0,025 2,67 2,5 1,07 2,17 2,81 0,7 7 2 (NHJ.SO, 0,025 0,17 2,28 0,075 0,11 2,30 0,048 2 MgSO^ . 0,025 3,58 2,48 1,45 3,94 2,38 1,65 1 ZnSO^ . 0,025 0,76 0,61 1,25 0,16 0,73 0,22 1 MnSO^ . 0,025 0,49 0,48 1,02 0,67 0,51 1,32 1 FeSO^ . 0,025 0,30 0,44 0,68 0,44 0,44 0,93 1 A1,(S0,)3. 0,0125 0,95 0,062 15,3 0,71 0,23 3,09 0,66 b) Versuche mit Keimpflanzen. Zu diesen Versuchen wurden zylindrische, halbliterige, innerlich gut glasierte Steingutgefäße mit seitlichen Handgriffen benutzt. Solche Gefäße gestatten eine ständige Beobachtung der Wurzeln nicht, sind aber viel bequemer als Glasgefäße, da eine Umhüllung vermieden, der Ti'ansport bequemer und ein eventuelles Überspritzeu der Nährlösung besser überwacht wird; außerdem wird die Glasur von Salzlösungen kaum angegriffen, während aus Glasgefäßen das l'bertreten von Alkali in Berührung mit Ammonsalzen u. a. unvermeidlich ist. Der Deckel jedes Gefäßes war ebenfalls aus glasiertem Steingut, besaß einen 5 ccm tief übergreifenden Eand, und paßte zu jedem Gefäß in der Breite ziemlich genau, so daß ein Verlust durch Verdunstung ausgeschlossen war, wie Kontrollversuche zeigten. Der Deckel war von 13. mit einem 2 cm hervorragenden, 1 cm breiten Tubulus ver- sehenen Löchern durchbohrt; in jedem Gefäß wurden 12 Keimpflanzen gezüchtet. Der frei bleibende Tubulus diente während der Kultur zur Einfüllung der Nährlösung oder zum Einblasen von Luft, während des Absorptionsversuches war er verkorkt. Nachdem die Keimlinge in der Kultur mit Yio Pfefferscher Nährlösung ein reiches "Wurzelsystem entwickelt hatten, wurde der Deckel samt Pflanzen aufgehoben, in einem Bassin auf langsam fließendes Leitungswasser vorsichtig gehalten und nacli 2 Minuten auf das die Versuchslösung enthaltende Gefäß übergestülpt. Als Versuchsobjekte dienten Keimpflanzen von Gartenbohne, Lupine, Kichererbse und Feldbohne. Nur die Tabellen der beiden letzten Pflanzen sind hier beigefügt (Tab. II und IIIj, da mit Gartenbohnen und Lupinen nur einige Salze geprüft wurden. In Tulpen- gefäßen mit 300 ccm Leitungswasser gezüchtete Speisezwiebeln ergaben bei Übertragung in verschiedene Salzlösungen im wesentlichen dieselben Resultate wie die erwähnten Keim- pflanzen. über lonenaufnahme. 697 Beim Arbeiten mit "Wurzeln muß man ihre trotz Einhaltung möglichst gleicher Kulturbedingungen oft ungleiche Entwicklung berücksichtigen; um diese Fehlerquelle möglichst auszuschalten, bestimmte ich das Trockengewicht der Wurzeln am Ende des Versuches und führte die Absorptionswerte für je 100 ccm Außenlösung auf 100 mg AVurzeltrockensubstanz zurück. Unter den erwähnten Kulturbedingungen erhält man bei den genannten Pflanzen in 30 Tagen ein "Wurzeltrockengewicht von etwas mehr als 0,5 g pro 500 ccm Nährlösung, was die Umrechnung besser rechtfertigt. Tabelle IL Cicer arietinum. 500 ccm. 8 Stunden. Temp.: 15 — 17". 30-tägige Keimpflanzen. "Werte für 100 mg Wurzeltrockeng-ewicht in 100 ccm. Konzen- tration Mol.: Liter Absorbierte mg-Ionen Kation Anion Ver- hältnis Kation Anion 0,05 "i '° Chloralhydrat Äqui- valent- ver- hältnis Salz Absorbierte mg-Ionen Kation Anion Ver- hältnis Kation Anion KCl . . 0,025 0,35 0,23 1,54 0,22 0,34 0,64 1 KBr 0,025 0,23 0 — 0,074 0,026 2,85 1 K.I. 0.025 0,74 0,60 1,23 0.7 7 0,67 1,15 1 KCN (•,02.0 0.6 0,84 0,71 0,3 0,53 0,57 1 CaCl, 0,02 ö 0.025 0.14 0,18 0,40 0,45 0,89 0.5 BaClg 0,025 0,29 0,8 0,36 0,81 0,81 1,00 0,5 KNO3 0,025 2,74 1,95 1,43 2,74 1,5 1,82 1 NH.XOs . 0,025 0 1.4 — 0,41 0,58 0,79 1 MgCNOa)^. 0,025 0.99 1,72 0,58 0,82 1,39 0,59 U,5 BaCNOgjj . 0,025 0,16 1,92 0,083 0,36 1,44 0,25 0,5 Aiaxoj), . 0.0125 0,68 2,31 0,29 0,65 1,80 0,36 0,33 KoSO^. . 0,025 1,82 0,51 3,58 1,79 0,59 3,01 2 Mg SO, . 0,025 1.57 0,43 3,66 1,35 0,52 2,65 1 ZnSO,. . 0,0125 0.64 0,45 1,42 0,46 0,23 2,0 1 MnSO, . 0,0125 0,11 0,36 0,31 0,19 0,26 0,72 1 Fe SO, . . 0,0125 0,31 0,43 0,72 0,23 0,26 0,88 1 CuSO,. . 0.0125 0,35 0,52 0,67 0,24 0,41 0,59 1 A1,(S0,)3. 0,0125 0,38 0,80 0,48 0,26 0,78 0,33 0,66 KHjPO, . 0,025 0,38 0,34 1,12 0,25 0,27 0,93 1 KjHPO, . 0,025 0,29 0,61 0,48 0,16 0,38 0,42 2 KjHAsO,. 0,025 0,60 0 — 0,43 0,076 5,73 2 (NH,y IP04 0,025 0 i 1,56 — 0,81 1,07 0,76 2 Ein schwieriger Punkt war, hier wie bei den übrigen Objekten, die mittlere Ver- suchsdauer festzustellen. Versuche über die zeitliche Aufnahme hatten gezeigt, daß manche Ionen ungeheuer rasch in die Zelle eindringen, andere etwas langsamer, daß aber die Penetrationsschnelligkeit von der Konzentration stark beeinflußt wird. Um die mittlere Erscheinung herauszugreifen, wurden bei den hier zu berichtenden Versuchen ungefähr 698 E. Pantanelli, die gleichen niederen Konzentrationen gewählt und die Versuchsdauer auf 8 Stunden fixiert, da eine maximale lonenaufnahme gegen Ende dieser Zeit meistens erreicht wird, bei manchen Ionen schon zum zweiten Mal nach der Berührung der "Wurzeln, wie es später zu erörtern sein wird. Tabelle III. Vicia Faba. 500 ccm. 8 Stundeu. Temp.: 15—17". 30-tägige Keimpflanzen. Werte für 100 mg- Wurzeltrockengewicht in 100 ccm. 0,05 7 Q Chlorathydrat Konzen- tration Mol -Liter Absorbierte nig-Ionen Kation Anion Ver- hältnis Kation Anion Äqui- valent- ver- hältnis Salz Absorbierte mg-Ionen Kation Anion Ver- hältnis Kation Anion CaClj . . . 0,025 0,18 1,62 0,11 0,26 0,75 0,35 0,5 BaCIg . . . 0,025 0,53 2,5 0,29 0,99 1,16 0,85 0,5 KNOg. . . 0,025 1,43 1,26 1.13 1,05 0,96 1,09 1 NH^NOg . . 0,025 0 1,14 (1 0,25 0,41 0,61 1 CaCNOj), . . 0,025 0,13 2,21 0,0G 0,48 2,02 0,24 0,5 BaCNOjjg . . 0,025 0,18 0,87 0,21 0,54 0,2 2,7 0,5 MgCNOa)^ . 0,025 2,68 4,11 0,65 2,15 3,6 0,39 0,5 Al(NOs), . . 0,0125 0,64 2,69 0,24 0,43 2,2 0,19 0.33 Mg SO, . . 0,025 1,88 0,11 17,74 0,5 0,41 1,22 1 ZnSO,. . . 0,0125 0,50 0,5 1," 0,52 0,59 0,88 1 KH,PO, . . 0,025 0,58 3,37 »1,17 0,51 2,88 0,18 1 K2HPO4 . . 0,025 0,88 2,53 0,35 0,87 2,56 0,34 2 (NH,)jHPO, . 0,025 0,45 2,51 0,18 0,95 2,64 0,36 2 (NH^),HAsO^ 0,025 0,63 0,79 0,80 1,77 0,81 2,19 2 c) Versuche mit Hefezellen. Untersuchungen über Aufnahme einiger Salze bei Hefezellen sind von Paine (1911) angestellt worden, der aber das Verhalten der einzelnen Ionen nicht verfolgt hat, so daß seine Beobachtungen unsere Frage nicht berühren; schon früher hatten S welle ngrebel (1905) und ich (1905—1906) die starke Permeabilität der Hefe- zellen für verschiedene anorganische Salze festgestellt^). . Um ein homogenes Material zu benutzen, züchtete ich A\'einhefe der Rasse Barbira in je 1 1 Nährlösung unter Durchlüftung (Methodik bei Pantanelli, 190.")j; nach 4 Tagen l) Nach Herzog und Betzel (1910) handelt es sich bei der Aufnahme von CHClg und HgClj in Hefezellen um eine typische Adsorption, während Formaldehyd eine irreversible chemische Bindung eingeht. über lonenaufnahnie. 699 war die Gärung bei 25" vorüber, worauf die Satzhefe nach Entfernung der klaren Flüssigkeit und Zusatz von Leitungswasser wiederholt abgeschleudert wurde. Die Zellen waren dann reich an Protoplasma und Glykogen; jede Kultur lieferte etwa 10 g frische Hefe, die auf 40 ccm mit Regenwasser gebracht und je 20 ccm des Breies mit 20 ccni der betreffenden Salzlösung mit oder ohne Chloralhydrat gemischt wurde. Der Kontakt dauerte 10 Minuten unter kräftigem Schütteln, worauf das Ganze auf ein trockenes, gewogenes Hartfilter von Schleicher und Schüll gegossen wurde. Da- mit war eine ziemlich befriedigende, rasche Trennung der Hefezellen von der Lösung und die Ermittlung des Hefetrockengewichtes bezweckt. Der Zustand der Zellen wurde vor und nach dem Versuch durch Plasmolyse mit CaClg (Pantanelli, 1905) und Behandlung mit nichtvitalen Farbstoffen kontrolliert. In der Tabelle IV sind die Konzentrationen des fertigen Gemisches angegeben. Tabelle IV. Weinhefe B arber a. 10 Minuten. Temp.: 14 — Iß*^. Konzen- tration Mol. -Liter Absor mg-I Kation bierte men Anion Ver- hältnis Kation Anion 0,05 0/ 0 Chloralhydrat Äqui- valent- ver- hältnis Salz Absor mg-I Kation bierse onen Anion Ver- hältnis Kation Anion KCl . . . 0,25 2,24 0,29 7,73 1,40 0,55 2,55 1 KBr 0,05 0,44 0,06 7,46 0,084 0,12 0,7 1 K.T 0,05 0,89 0 — 0,55 0,29 1,9 1 KCN 0.05 0,20 0,25 0,8 0,095 0,16 0,59 1 CaClj, 0,1 0,52 0,45 1,16 0,29 0,53 0,55 0,5 BaClg 0,1 0,29 0,1 2,9 0,77 0,40 1,93 0,5 KNO3 0,25 2,04 1,8 1,13 1,01 1,12 0,90 1 CaCNOg)^ 0,1 1,87 2,98 0,63 1,44 0,29 4,97 0,5 BaCNOa)^ 0,1 0,81 2,0 0,41 1,01 0,19 5,32 0,5 Mg{m,\ 0,05 0 1,52 — 0,68 0,67 1,01 0,5 Zn(N03)2 0,05 1,05 1,18 0,89 3,09 1,04 2,97 0,5 CuCNOg), 0,025 0 0,086 — 0,2 0 — 0,5 K.jSO^ 0,1 1,02 1,17 0,87 0 0,72 — 2 Mn SO^ 0,05 0,67 0,17 3,94 0 1,23 — 1 Fe SO, 0,05 0,34 0,32 1,00 0 1,31 -— 1 CuSO^ 0,025 0 1,0 — 0,5 0,093 5,38 1 AI, (SO,), 0,05 0,87 1,26 0,69 3,03 1,40 2,16 0,66 K.jHPO, 0,25 5,7 3,49 1,63 5,9 3,46 1,70 2 Kj HASO4 0,1 2,27 1,61 1,41 1,61 1,80 0,89 2 (NH,)2HP0, 0,25 3,88 2,77 1,4 2,12 2,56 0,82 2 (NHj,HAsO, 0,1 1,47 0 — 0,51 0,74 0,69 2 (NH,)2 tart. 0,25 2,17 0,52 4,17 0,42 0,13 3,23 2 (NH,).3 ox al. 0,05 1,16 0,053 21,9 0,11 0,52 0,21 2 700 E. Pantanelli, d) Versuche mit Meeresalgen. Zahlreiclie Versuche über AufDahme von NaNOs wurden von Nathausohn (1901 — 1902) an Codium tomentosum angestellt; er kam dabei im wesentlichen zum Ergebnis, daß die Aufnahme der NOs-Ionen zunächst sehr schnell, dann immer hmgsamer fort- schreitet und vor Erreichung des Diffusionsgleichgewichtes abge- brochen mrd. Die Aufnahme der NO.s -Ionen zeigte sich von der der Na-Ionen ziemlich unabhängig; Nathan söhn suchte diese Tat- sache durch Austritt einer entsprechenden Menge Chlorioneu aus der Alge zu erklären; auch SOd-Ionen kamen aus Codium nach Über- tragung in SOi-freie Lösungen bis zu einem Drittel heraus. Leider war die Alge unglücklich gewählt, da sie große, mit der Umgebung frei kommunizierende Hohlräume besitzt (Jost). Außerdem wTirden unbalancierte Lösungen benutzt, und es wurde ül)er das Verhältnis der angewandten Alge zum Volumen der Außenlösung nichts gesagt. Übrigens hat Nathansohn in jener Arbeit die Möglichkeit einer gesonderten lonenaufnahme nur flüchtig berücksichtigt. Tabelle V. Ulva Lactuca. 0,05 7 „ Chloralhydrat Konzen- tration Mol.-Liter Absorbierte msr-Ionen Kation Anion Ver- hältnis Kation Anion Aqui- valent- ver- hältnis Salz Absorbierte mg-Ionen Kation Anion Ver- hältnis Kation Anion CaCl^ . . . 0,025 3,29 2,79 1,18 2,74 3,78 0,72 0,5 BaClj* . . 0,025 0,54 1,61 0,34 1,29 2,79 0,46 0,5 KNO, . . . 0,05 2,24 2,22 1,01 2,12 2,07 1,02 1 NH.NOj . . 0,05 0,63 1,88 0,34 0,44 1,52 0,29 1 Ca(N02)3 . . 0,025 3,65 2,32 1,57 3,10 1,88 1,65 0,5 Ba(X03)2^= . 0,025 0 0,11 0 0,13 0,69 0,19 0,5 KjSO, . . 0,025 1,48 0,18 8,22 0,58 0,11 5,27 2 (NHJ,S0, . 0,025 0,25 0,51 0,49 0,38 0,29 1,31 2 Mg SO, . . 0,025 5,19 0,73 7,11 4,06 0,26 15,62 1 ■ ZnSO^ . . . 0,025 0,75 0,38 1,97 0,82 0,18 4,56 1 KH,PO, . . 0,025 1,0 0,69 1,45 0,87 0,67 1,30 1 (NH,),HPO,^^ 0,025 1,2 0,63 1,90 0,95 0,65 1,46 2 (NHjo.tart. , 0,025 0,56 1,37 0,41 0,31 1,24 0,25 2 (NHJa oxal.* 0,025 (1,25 0,18 1,39 0,19 0,58 0,33 2 über lonenaufnahme. 701 Ich wählte Algen, die man aus dem Neapler Golfe mit Leichtigkeit rein, epipliyten- arm und in beliebiger Menge beziehen kann : Ulva Lactuca, Valonia utricularis, Cysto- sira amentacea, Dktyota dichotoma, Phyllophora nervosa, Criyartina acicularis, Cryjjto- nemia Lomation. Ausgezeichnet war für diese Versuche Valonia utricularis, die man nur vom September bis Februar in gutem Zustande aus den Grotten von Posillipo erhält. Die macrojjhysa- Form ist noch günstiger, es bietet aber große Schwierigkeit, diese in ausreichender Menge aus 50 — 90 m tiefen Korallbänken herauszudretschen, so daß ich nur wenige Versuche mit ihren 2 — 5 cm dicken Zellen ausführen konnte. Für die zunächst zu berichtenden Versuche ließ man je 10 g frische, mit reinem Seewasser gut gereinigte Alge in 100 ccm Lösung 2 Stunden verweilen. Icli mußte eine mittlere Versuchsdauer einhalten, um vergleichbare Angaben zu gewinnen; diese Zeit war aber für einige Ionen zu lang, für andere zu kurz gewählt, wie wir im Kap. VIT sehen werden. Außerdem geht die lonenaufnahme bei Valonia, Ulva und Didyota sehr schnell, bei den übrigen vielschichtigen Algen etwas langsamer vor sich. Von Ulva kamen mehrere 8 cm lange, 4 cm breite, bereits vernarbte Streifen aus verschiedenen Individuen, von Valonia mehrere gleich große Blasen, von den übrigen Algen mehrere Sprolospitzen in jedes Versuchsgefäß; die erhaltenen Zahlen waren also Mittelwerte. Das Seewasser des Neapler Golfes entspricht in osmotischer Hinsicht einer etwa 0,6 niol. Lösung, wenn man die Forchhammersche Analyse zugrunde legt (vgl. Bethe, 1908j. Ich beobachtete aber, daß die meisten Meeresalgen bei der Übertragung in ein Tabelle VI. Valonia utricularis. 0,05 »/ g Chloralhydrat Konzen- Absorbierte Ver- Äqui- Salz tration Mol.-Liter mg-I( Kation )nen Anion hältnis Kation Anion Absorl mg-I Kation bierte jnen Anion Ver- hältnis Kation Anion valent- ver- hältnis CaCla . . . 0,025 i,"* 1,41 3,33 4,15 3,44 1,21 0,5 BaCl,* . . 0,025 1,03 1,77 0,58 1,86 2,79 0,67 0,5 KNO3. . . 0,05 2,03 2,06 0,99 1,83 1,47 1,24 1 LiNOg . . 0,05 2,37 2,33 1,02 3,58 1,98 1,89 1 NH^NOg . . 0,05 0,40 2,76 0,14 0,52 1,83 0,28 1 Mg(NOs),. . 0,025 2,14 2,30 0,93 1,30 1,65 0,79 ■0,5 Ca(N03)2 . . 0,025 2,44 2,53 0,96 2,0 2,12 0,94 0,5 BaCNO«)., . . 0,025 1,26 2,32 0,54 1,28 1,66 0,7 7 0,5 K^SO^ . . 0,025 1,78 0,52 3,42 1,44 0,68 2,12 2 (NHJ.,S0, . 0,025 0 0,31 0 1,07 0,71 1,51 2 Mg SO, . . 0,025 2,64 0,93 2,84 1,85 1,09 1,70 1 ZnSO, . . 0.025 1,78 0,28 6,36 1,74 1,94 0,90 1 KHjPO, . . 0,025 0,97 1,55 0,63 0,96 1,41 0,68 1 (NH,),HPO,* 0,025 1,04 1,82 0,57 1,09 1,70 0,64 2 (NHJ2 tart. . 0,025 0,86 1,29 0,67 0,55 1,10 0,5 2 (NH^)2 oxal. . 0,025 0,44 0,14 3,01 0,43 0,60 0,72 2 702 E. Pantanelli, dem Seewasser isosmotisches Gemisch leiden, während ihre Resistenz bedeutend erhöht wird, wenn man etwas schwächere Konzentrationen benutzt. Da NaCl im Seewasser vom Neapler Golfe zu 3,03% vorkommt und die übrigen Salze nur 0,83% ausmachen, so wählte ich als Konzentration der zuzusetzenden Salzlösung 0,5 Mol für Univalente, 0,25 Mol für bivalente Salze; eine 0,5 Mol Kochsalzlösung enthält 2,925 "/o- Je 10 ccm der Salzlösung wurde mit 90 ccm Seewasser oder, wenn eine Fällung mit den Sulfat-, Karbonat oder Calciumionen des Seewassers entstehen konnte, mit 90 ccm 0,5 Mol NaCl vermischt; diese Gemische sind in den Tabellen mit einem Sternchen bezeichnet. Es wird also zunächst nur über Versuche mit balancierten Lösungen berichtet; die Versuche mit unbalancierten Lösungen werden später erörtert. Cystosira amentacea wurde nur in künstlichen Gemischen geprüft (Kap. III); die übrigen Algen verhielten sich wie TJlva und Valonia, wenn auch manche spezifische Eigenheiten bezüglich der lonenauswahl zu- tage traten. e) Übersicht. 1. Unter 130 Koiiibiuatiouen von Pflanzen und Salzen wurde eine annähernd äquivalente Aufnahme beider Ionen nur in 13 Fällen beobachtet und zwar in: KNO3: Viva, Vdlonia ZnS04: Vicia LiNOs: Valonia MnS04: Azolla Mg(N03)2: Cicer FeSOi und AUCSOi)»: Ba(N03)a: Valonia Hefezellen A1(N03)3: Cicer K2HPO4: Lupinus K2SO4: Gigartina (NH4)2HP04: Viva. Sieben unter diesen Salzen lieferten giftige Ionen, zwei waren alkaliseh, in beiden Fällen war eine Veränderung der Plasma- durchlässigkeit zu erwarten. Die übrigen drei Salze (KNO3, Mg (N03)2 undK2S04) bestanden aus ernährungsphysiologisch wichtigen Ionen. Für diese Fälle könnte man an die Absorption undisso- ziierter Moleküle denken: da aber dieselben Salze von anderen Pflanzen oder in anderen Konzentrationen oder auch von denselben Pflanzen unter äußerlich gleichen Bedingungen bei anderen Ver- suchen eine recht ungleiche lonenauf nähme ergaben, so könnte man die äquivalente Aufnahme beider Ionen als reinen Zufall betrachten ; sie kommt durch die Realisierung verscliiedener Bedingungen, wie Konzentration, Versuchsdauer, Bedarf einzelner Ionen, Beeinflussung der Permeabilität usw. zustande. Jedenfalls ist sie so selten, daß sie gegen die Annahme einer gesonderten Absorption beider Ionen kaum heranzuziehen ist. 2. Bald wurde das Kation, bald das Anion je nach ihrer Natur und Wirkung, nach dem spezifischen Wahlvermögen usw. in größerer Menge absorbiert. über louenauf nähme. 703 K wurde aus den meisten Salzen stärker als das Anion auf- genommen; es kam aber auch das Gegenteil vor, so bei Feldbohnen aus KH2PO4 und K2HPO4, bei Kichererbsen aus K2HPO4, bei Hefezellen aus KCN, KXO3 und KäSOi. Li drang in Valonia gleich schnell wie NO3 ein. NH4 wurde überhaupt nicht oder in viel geringerer Menge als das Anion von grünen Pflanzen und Meeresalgen absorbiert, doch fehlte es hier auch nicht an den Ausnahmen, wie das Ver- halten des Phosphates und Arsenates bei Feldbohnen lehrt. Hefe- zellen nahmen NH4 gern, jedoch weniger als HPO4 auf. Ca und Ba traten schneller als Cl, langsamer als NO3 ein. Bei Cicer und Vicia wurde aber Cl stärker als Ca und Ba absorbiert. Mg wurde von Hefezellen überhaupt nicht, sonst aber stärker als NO3 und SO4, Zn, Mn, Fe und AI bald mehr, bald weniger, Cu weniger als SO4, Cu weniger, Zn mehr als NO3 aufgenommen. Unter den Anionen drang NO3 in den meisten Fällen in größerer Menge als das Kation ein, besonders in Begleitung giftiger oder unwillkommener Ionen, bei Gegenwart von K oder Mg blieb es aber meistens zurück. HPO4 wurde immer mehr als das Anion (K, NH4) aufgenommen; dagegen wanderte HAsO^ in viel geringerem Maße als K oder XH4 ein. SO4 trat bei Erdpflanzen und Meeresalgen in sehr geringer Menge, meistens viel weniger als das entsprechende Anion ein; bei Hefezellen kam aber das Gegenteil vor. Cl wurde von Elodea, Azolla, AUiiim, Phaseolus, Hefezellen und Meeresalgen recht wenig und zwar viel weniger als Ca, Ba und K, von Cicer, Vicia und Liipimis aber stärker als Ca und Ba absorbiert. Br und J drangen überhaupt nicht oder viel weniger als K in Hefezellen und Cicer-Keimhnge ein; CN wurde dagegen sehr wenig, aber immer mehr als K absorbiert. Das Weinsäureanion trat bei Meeresalgen schneller, bei Hefe- zellen langsamer als NH4 ein; das Oxalsäureanion drang nicht oder in sehr bescheidener Menge ein. Interessant sind auch einige die absolute Aufnahme betreffende Beobachtungen, wie die reiche Absorption von Ca bei Meeresalgen, die beschränkte Absorption desselben Kations bei Leguminosen, die geringe Aufnahme von SO4 und NH4, das Nichteindringen in Hefezellen des von grünen Pflanzen gierig absorbierten Mg usw. 7Q4 E. Pantanelli, Natürlich gelten diese Beobachtungen vorläufig nur für die ge- nannten Versuchsbedingungen ^). 3. Mit Chloralhj'drat schwach narkotisierte Pflanzen nahmen meistens weniger Kation als völlig tätige, wenn es sich um solche Kationen handelte, die in gleichartige, nicht narkotisierte Zellen eindringen. Für schwer perm eierende Kationen galt aber oft das Gegenteil. Wir sind daher noch nicht imstande, die allgemeine Gültigkeit des von Höber (1907), Lillie, Osterhout und anderen Forschern aufgestellten Salzes zu erkennen, wonach Anaesthetica die Permeabilität für Elektrolyte verringern. Der Widerspruch läßt sich möghcherweise dadurch erklären, daß die antagonistisch wirksame Konzentration des Narkotikums je nach der lonennatur schwankt; für schädliche Kationen dürfte sie tiefer hegen als für unschädliche, weil die direkte Beobachtung lehrt, daß die toxischen Wirkungen von Kation und Anaestheticum sich oberhalb einer bestimmten Konzentration addieren. Da ander- seits die toxische Konzentration je nach der Pflanzenart schwankt, so war eine gleichsinnige Beeinflussung giftiger Ionen durch Chloralhydrat bei meinen Versuchen kaum zu erwarten. Eine Erklärung für die ungleiche Beeinflussung der Aufnahme seitens des Chloralhj'drates würde sich auch aus der Berück- sichtigung der hydrolytischen Spaltung der Schwermetallsalze er- geben (Kap. VIII). Bei den angewandten Konzentrationen von Salz und Anaesthe- ticum wurde die Aufnahme folgender Kationen in abnehmender Reihe von Chloralhydrat verringert: K > Mg > Ca > Nm > AI > Zu > Fe > Mn, während nach der Förderung der Aufnahme eine zweite Reihe aufzustellen wäre: Ca < Mg < Li < KSi < Zu < AI < Mn < Fe < Ba < Cu. Wir finden mehrere Kationen in beiden Reihen, da z. B. Mg von Hefezellen, Ca von Cicej- und Vicia, NH4 von den meisten grünen Pflanzen unter schwacher Narkose in beträchtlicherer Menge als unter normalen Bedingungen aufgenommen wurden. Die Hemmung, resp. Förderung durch Chloralhydrat wird übrigens auch von der Anionennatur beeinflußt. 1) Das Nichteindringen eines lones bei der verfolgrten Versuchsmethode schließt natürlich nicht aus, daß bei längerem Kontakt beträchtliche Mengen absorbiert werden können; Vgl. Kap. VII. über lonenaufuahme. 705 Dieselben Erscheinungen traten bei der Anionauf nähme auf; nach der Einwirkung des Chloralhydrates ließen sich die Anionen bei den angewandten Konzentrationen in folgende Reihen ordnen: Hemmung der Aufnahme durch Chloralhydrat : tart. > NO3 > PO4 > SO4 > CX. Förderung der Aufnahme durch Chloralhydrat: SO4 < Cl < Br < J < ASO4 < oxal. Solche Beeinflussungen waren manchmal ganz erheblich; so wurde K von Hefezellen bei Gegenwart von Chloral üljerhaupt nicht absorbiert, während Mg, Cu, J, ASO4, Oxalsäure nur in die schwach narkotisierte Hefezelle eindrangen; ähnliches geschah für Ba bei Azolla und Viva, für KH4 bei Cicer und Valonia, für Br und AsOi bei Cicer usw. Halten wir nur den physiologischen Erfolg im Auge, so finden wir unter den von schwach narkotisierten Zellen spärlicher auf- genommenen lauter ernährende oder irgendwie nützliche Ionen, während die schädlichen oder im weiteren Sinne die von der völlig tätigen Pflanze nicht begehrten Ionen in narkotisierte Zellen leichter eindrangen. Wir haben also im Vergleich der Absorptionseigen- schaften einer Zelle mit dem Verhalten einer gleichen, schwach narkotisierten eine schnelle Methode, um die von einer Pflanzen- art begehrten resp. verschmähten Ionen aufzufinden, sofern man nur die statischen (habituellen) Eigenschaften studieren will, d. h. ohne die ernährungsphysiologischen Komplikationen zu berück- sichtigen. 3. Da die Permeabihtät bei schwacher Narkose für beide Ionen eines Salzes oft in entgegengesetztem Sinne schwankt, so kann bei Gegenwart von Chloralhydrat ein dem Grenzwert etwas näheres Aufnahmeverhältnis oder eine äquivalente lonenaufuahme erreicht werden. Vgl. ZnSOi und FeSOi bei Azolla, CaCl bei Älliiim, Mg(N03)u', A1(X03)3 und KH.POi bei Cicer, KNO3, A1(N03)3 und (NH4)2HAs04 bei Vicia, CaCb bei Hefe, ZnS04 bei Valonia usw. Man kann sich aber durch Vergleich verschiedener Versuche oder ungleicher Konzentrationen überzeugen, daß die Annäherung des Aufnahmeverhältnisses an den Grenzwert lediglich eine Folge der ungleichen Beeinflussung der Aufnahme beider Ionen durch das Anästhetikum ist, keineswegs aber auf erhöhter Aufnahme undissoziierter Salzmoleküle beruht. Bei der starken Verdünnung ist auch eine Verringerung der Ionisierung durch Chloral ausge- Jahrb. f. wiss. Botanik, LVI. 45 yng E. Pantanelli, schlössen; übrigens dürfte dieser in wässeriger Lösung hydrolysierte Stoff die lonensumme erhöhen. Wir kommen also zum Schlüsse, daß eine äquivalente Auf- nahme beider Ionen eher von schwach narkotisierten Zellen, wo das Wahlvermögen vorübergehend aufgehoben ist, als von der völlig tätigen Zelle zu erwarten ist. 4. Trotz des Bestrebens des lebendigen Protoplasten, den Eintritt schädlicher Ionen zu verliiuderu, wurde zuweilen eine er- hebliche Penetration giftiger Ionen beobachtet; dann aber gestattete die mikroskopische Kontrolle eine Störung der Permeabilitätsver- hältnisse nachzuweisen. Das geschah z. B. bei Azolla, Cicer und Vicia in ZnSO^, bei Hefezellen in BaCU- und Zn(N03)2, bei ülva und Valonia in BaClo und Ba(N03)o. Noch mehr hatte das Wahl- vermögen in Lösungen von BaCU -|- Chloral bei Ällium, Vicia, Ulva und Valonia, bei Ba(N03)2 -f- Chloral bei Ulva und Valonia, von MnSOi + Chloral und FeSOi -j- Chloral bei Hefezellen, von (NH4)2HP04 + Chloral bei Vicia, von Zn(N03)2 + Chloral bei Hefezellen usw. gelitten. Andererseits können einige Pflanzen erhebliche Mengen solcher Ionen aufnehmen, welche für andere Arten giftig sind; eine syste- matische Untersuchung des spezifischen Wahlvermögens gegenüber allen möglichen Ionen gehört alier nicht in den Eahmen dieser Arbeit. IM. Änderung der chemischen Reaktion der Außenlösung infolge der lonentrennung. Die ungleiche Aufnahme beider Ionen eines Salzes muß eine Änderung des H-Ionen- resp. OH-Ionengehaltes der Außenflüssig- keit herbeiführen. Eine große Reihe von Erfahrungen an Wasser-, Sand- und Pilzkulturen zeigt, daß in manchen Fällen eine deutliche Ansäuerung resp. Alkaleszenzsteigerung der Außenlösung statt- findet. Die Ausscheidung von Ca- und Mg- Ionen, welchen trotz der Einwände Ruhlands nach den übereinstimmenden Angaben von Nathanson, Meurer, Niklewski (1909), True und Bart- lett (1912), Maschhaupt (1911) sehr wahrscheinlich eine regula- torische Bedeutung zukommt, schließt nicht aus, daß unter Um- ständen eine Änderung des H"*" -Gehaltes in der Außenlösung meß- bar wird, um so mehr als die lonenausscheidung erst als Folge der ungleichen Einwanderung anderweitiger Ionen einsetzen dürfte. über lonenaufiiahme. 707 Entsprechende Versuche sind von mir an Keimpflanzen der Feldbohne und Lupine und an Cystosira amentacea angestellt worden. Bei Keimpflanzen konnten die Ausschläge durch Titrierung- nach- gewiesen werden, um so mehr als alle Salze in Regenwasser ge- löst wurden, um den störenden Einfluß der Bikarbonate zu ver- meiden. Tabelle VII. Yicia Faha. 8 Stunden. 500 ccm. Temp. 16 — 18^. 30-tägige Keimpflanzen. Werte für 100 mg Wurzeltrockengewicht in 100 ccm Lösung-. Auf- *^cnoniiii6iicr Absorbierte Variation der Prozentsatz mg-I onen Gesamtsäure starken Basen Salz Konzentration Kation Anion Kation Anion ccm ^/j^Q norm. ccm ^/;^o norm. CaClj 0,05 mol. 3,6 16,2 0,18 1,62 -4,8 + 3 -f- Cliloralhydrat 5,1 7,5 0,26 0,43 -5,2 + 2,25 BaCIä 0,05 mol. 10,7 11,6 0,53 1,16 — 0,75 + 0,375 + Chloralhydrat 17,9 25,0 0,99 2,50 — 0,9 + 0,375 Ca(N08)2 0,05 mol. 2,6 36,9 0,13 3,69 — 5.4 + 1,5 „ -\- Chloralhydrat 19,5 29,3 0,98 2,21 — 4,95 + 1,5 Ba(N0g)2 0,05 mol. ^,7 41,9 0,23 4,19 — 3,45 + 1,5 „ -f Chloralhydrat 7,0 19,0 0,35 1,90 — 3,15 + 2,25 MgSO^ 0,05 mol. 37,5 2,1 1,88 0,11 + 0,3 -1,5 + Chloralhydrat 9,2 8,3 0,46 0,41 + 0,6 — 0,75 ZnSO^ 0,05 mol. 5,0 6,7 0,25 0,33 — 0,75 -1,5 + Chloralhydrat 8,0 8,4 0,40 0,42 + 0,75 — 3,75 (NHjjHPO, 0,05 mol. 45,1 54,6 4,51 2,76 + 1,5 + 0.75 + Chloralhydrat 45,1 46,4 4,51 2,34 + 0,75 — 0,75 (NHjoHAsO, 0,05 mol. 15 12,5 1,5 0,63 — 0,75 — 2,25 -f Chloralhydrat 16,5 14,7 1,65 0,73 + 0,75 -2,0 Bei Bohnenkeimlingen (Tab. VII) nahm die Gesamtsäure (mit Vio normal Na OH und Lackmus titriert) in Lösungen von CaCl2, Ca(N03)2 und Ba(N03)2 ab, wo das Anion stärker als das Kation absorbiert wurde; in Lösungen von Sulfaten, Phosphaten und Arsenaten, wo das Kation mehr oder ungefähr gleich stark wie das Anion aufgenommen wurde, nahm die Azidität zu. Eine strenge 4.5* yOg E. Pantanelli, Proportion zwischen loueuabsorption und Variationen der Azidität war nicht zu beobachten; die schwach narkotisierten Wurzeln ver- hielten sich uno:efähr wie die völlig tätigen. Die Kontrolltitration mit HoSOi und Methylorange (starke Basen) zeigte eine Steigerung der starken Basen (Ca, Ba) dort an, wo die Säure (Cl, XO3) abnahm und umgekehrt (Mg aus MgSO^). Ausnahme machten ZnSO^ und (NHi)2HAs04, wo Gesamtsäure und starke Basizität gleichzeitig abnahmen, und (NH4)oHP04, wo Ge- samtsäure und starke Basizität gleichzeitig zunahmen. Im ersten Falle hatten wahrscheinlich die Wurzeln schwache Basen ausge- schieden, um die schwache Azidität der Salze zu neutralisieren: im zweiten Falle dürften aber schwache Säuren ausgetreten sein, um die Alkaleszenz des Ammonphosphates zu neutralisieren. Man könnte darin ein Bestreben der Zelle sehen, eine günstige H"''-Konzentration in der Außenlösung ^^eder herzustellen, um so mehr als bei Gegenwart von Chloral die Reaktion ausblieb; bei den übrigen Salzen hätte ihre Verwirklichung vielleicht längere Zeit erfordert^). Die Lupinenkeimlinge zeigten ungefähr dasselbe Verhalten. Die ungleiche louenaufnahme ruft zunächst eine Änderung des H"''-Ionengeh altes der Außenflüssigkeit hervor, welche im Zurück- bleiben eines Ions des dargereichten Salzes ihre nächste Erklärung findet (vgl. Kap. VIII). Cystosira amentacea. Eine lauge Versuchsreihe wurde mit je 25 g dieser Alge in Gemischen von 125 ccm 0,5 Mol. NaCl und 125 ccm 0,5 resp. 0,25 Mol. des betreffenden Salzes ausgeführt. Alle Salzlösungen wurden mit Regenwasser hergestellt; K, Na, Li und Mg waren also nicht balanciert. Jeder Versuch dauerte zwei Stunden. Ich l)estimmte den H-Ionengehalt vor und nach dem Kontakt mit Hilfe der Indikatorenreihe nach Sörensen, außer bei den letzten fünf Salzen, welche mit Vio normal H2SO4 und Alizarin direkt titriert wurden (Tab. VIII). Da ich mich sehr kurz fassen muß, so sei nur bemerkt, daß in Gemischen mit Chloriden die Zunahme der H- Ionen von der Mehraufnahme von K, Ca und Ba und von einer schnellen Ein- w^anderung der Na -Ionen abhängen mußte, während Cl meistens zurückblieb. Ij Vgl. die Erfahrungen über Aufnahme von Ammonphosphat bei Severini und mir (1910); die Versuche von Nathansohn und Meurer dauerten einen Tag und darüber. über lonenaufnahme. 709 o Eh a SS ^1 3a o ! o o -? --? o -j o 1 lO 1 r. r. C-l 1 31 'l Ol o o o ^ O o o o O :^ ~ ~ o o N ^^ •M (N ■M -M -N 00 ■r-i ^ rN 3<1 * • M • • o 1 a S OS 1-1 la o CS ^ C5 Ci =5 c. o CS lO o cv ro n C-J w C-l C-» >> M - - \_ 1 O l_^ 1 o 1^ i l_ o 1 l 1 1 o 1 o J^ ~ ~ -~ ~ ~ — " ~ ~ ~" " ~ ~ — ~ '-^ ^ '- sä • • • • • • • • • • • • • • • • • • ' »< > 1 -M « (N o O S-1 (M 34 !M 34 >n 34 ^^ [- CO eo CO 1-H !X> eo ■* (M Tl« 34 CO ^ ■M 00 CO ü o ! O * — ' O o o O O '— ^ O o o O r^ © rv p vf s >o 0) - O o » -r CO in t^ — ■^ 31 X Ci CO -" c: -< O — c- — ^ c~. O o O o -■- — CO CO CO 3* (N ■<* !N (N (N (54 o 0-. o "l" 1 1 1 ^' 7^ _L O 1 o o o o O o o o o 7 o o o •N «o ■N so ■^ •M :M 34 34 3>1 in !}i y^ c- 00 CO CO %z CO ^ 34 •* 34 CO 1* 04 CO 00 CO l-H o o '••• ~ ^ "■'^ ^ c o 00 « in nc >! CO CO c-. ~ CO X in CO lO o -* ^ c- S^l — Oi 14 ^- CO CO C-. 3-1 c: — E ) <5 ■^ o o — 00 CO •* o — ' o ~ o ^~' 34 ■^^ ~ CO o a in •^ rr^ X •^ C-. — in in o t--* •:o ■«n in t- :M CO X *-* ■■S> c- ■^ ■* * ■-2 O Ci 3-1 X c ^ •^ CO rt" ■^ ja ~~ :£" _;■ ■M rt" ^' ~ 34 CO •* 31 34 S4 ^ ;^ -^ < __ O b in .n in in in ^ in ^_ in in in in in in lO *3 t-i in ■M ■N in fl -\- Seewasser 25,3 19,6 0,64 0,99 — — — , rein . . . 19,1 37,0 4,97 18,52 — — — — Mg (N 03)2 -\- Seewasser 7(.,7 64,8 5,34 3,24 — — — — , rein . . . 50,0 21,0 12,49 1,52 — — — — ('NH4)2S0^+Seewasser 10,66 3,76 0,53 0,21 4,88 9,17 0,24 0,51 „ , rein . . . 32,26 7,31 16,12 1,83 4,0 9,58 2 2,40 Zn SO4 -|- Seewasser . 24,18 11,39 0,60 0,63 — — — — „ , rein. . . . 28,8 26,08 7,2 6,10 — — — KHjPO« + Seewasser 28,4 58,6 0,97 1,47 — — — „ , rein . . . 9,2 21,1 2,31 5,28 — — "" — Weitere Versuche mit Gemischen von 5 Teilen 0,.5mol. NaCl und 5 Teilen halb- oder viertelmolekularer Salzlösung im Vergleich zum Seewassergemisch führten zu denselben Ergebnissen : nur war die Permeabilitätszunahme für NH4, Zn, Li und SO4 in reinen Lö- sungen viel größer, was im Lichte der Autagonismustheorie auf dem Vorhandensein der unbalancierten Na-Ionen beruhen konnte (Tab. X). 714 E. Pantanelli, Tabelle X. Valonia utricularis. 10 g in 100 ccm. 2 Stunden. Temp. 16—18". Salzlösung 50 ccm + 50 ccm Aufo^enommeuer Prozentsatz Absorbierte m^-Ionen Aufnahme- Verhältnis Kation Anion Kation Anion LiNOg -1- Seewasser . . . 47,4 ' 46,7 11,9 11,7 1,02 „ + NaCl . . 100 46,8 25,0 11,7 1,12 NH4NO3 -\- Seewasser 8,89 45,9 22 2 11,5 0,19 + NaCl . . 9,33 38,7 2,3 9,7 0,24 Ca(N03)2 -j- Seewasser 67,8 50,6 8,88 12,6 0,70 + NaCl . . 22,0 48,0 2,75 12,0 0,23 Ba(N03)2 + Seewasser 25.3 39,2 3,2 9,9 0,32 -f NaCl . 19,3 30,6 2.42 7,6 0,32 Mg(N0g)2 -|- Seewasser 70,7 64,8 10.81 10,2 0,67 + NaCl 49,7 42,8 6,21 10,8 0,53 (NH4)2S04 + Seewasser 10,88 3,74 2,7 0,53 5,09 -j- NaCl . 13,64 11,03 3,4 1,38 2,46 MgSO^ + Seewasser . 51,93 9,14 7,94 1,30 6,11 „ + NaCl . . 49,2 33.5 0,16 4,18 1,47 Zn SO4 -(- Seewasser . 24,11 11,39 3,0 1,62 1,85 „ -f-^aCl . . 32,37 50,0 4,04 6,26 0,65 Wie dem auch ist, so zeig'en doch unsere Versuche, daß eine getrennte (wählerische) Aufnahme von Kation und Anion auch in unbalancierten Lösungen erfolgen kann; das Wahl vermögen wird nur quantitativ, nicht aber dem Sinne nach verschoben. VI. Einfluß der Konzentration. Für die ernährungs wichtigen Ionen NO3, PO4, K und NH4 existiert nach Schreiner und Skinner (1910), Pouget und Chouchak (1910 — 12) ein Konzentrationsoptimum, welches die maximale Absorption durch Keimpflanzen gestattet; in stark ver- dünnten Lösungen geht die Absorption sehr träge vor sich und herrscht meistens Exkretion; bei ultraoptimaler Konzentrations- steigerung läßt die Absorption nach. Nach True und Bartlett (1912) kommt eine bestimmte Konzentration von Ca(N03)2 und Mg(N03)2 oder einem Gemische beider Salze vor, wo die Absorption über lonenaufualime. 715 von der Ausscheidung balanciert wird; unterhalb dieser Konzen- tration überwiegt die Ausscheidung, oberhalb die Absorption, welche schließlich ein tiefes Sinken der Außenkonzentration unterhalb des Gleichgewichtswertes herbeiführt. Interessant sind auch die Be- obachtungen von de Rufz de Lavison (1911), welche die Im- permeabilität des Protoplasmas für eine Reihe schädlicher Salze in stark verdünnten Lösungen dartun, während dieselben Salze in etwas stärkerer Konzentration das Plasma völlig permeabel machen : bei kurzer Wirkungsdauer wird diese reversible Permeabilitätszu- nahme ohne Schädigung überwunden. Nach M eurer ändert sich das Aufnahmeverhältnis beider Ionen mit der Konzeutration; meistens wird aus verdünnten Lösungen eine relativ größere lonenmenge als aus konzentrierten aufgenommen. Allerdings waren alle von M eurer untersuchten Ionen unschädlich. Zahlreiche Beobachtungen über den Einfluß der Konzentration auf das Aufnahmeverhältnis beider Ionen wurden von mir im Laufe dieser Untersuchungen gemacht, als es sich um das Herausfinden der geeignetsten Konzentration handelte; später habe ich diesen Punkt speziell betreffende Versuche mit Kichererbsen, Bohnen, TJlva und Valonia ausgeführt, wovon nur die Versuche mit Cieer hier ausführlich behandelt werden sollen (Tab. XI, S. 716). Die absolute Aufnahme von Ca, Ba, Mg, Mn, K, NO3 und SO4 stieg stetig bei einer Konzentrationszunahme von 0,01 auf 0,2 Mol, d. h. von niederen bis auf beinahe plasmolytische Konzentra- tionen; für NHi, Cl und PO4 finden wir bei einer Konzentration von 0,1 Mol eine geringe Herabsetzung der absoluten Absorption, die dann bei weiterer Konzentrationssteigerung -sNiederum zunimmt. Eine nähere Betrachtung zeigt, daß die Aufnahme aller Ionen im Gebiete von 0,01 bis auf 0,1 Mol zunächst rasch, dann immer lang- samer mit der Konzentration zunimmt, bis eine geringe Konzen- trationssteigerung (in der Nähe von 0,1 Mol) überhaupt keine Förderung, bei einigen Ionen (NH4, Cl, PO4) sogar eine geringe Herabsetzung der Absorption bedingen würde. Wächst aber die Konzentration oberhalb 0,1 Mol weiter, so nimmt die Absorption aller Ionen mederum sehr stark zu und nur gegen 0,2 Mol ist ein Nachlassen bei einigen Ionen (Ca, K, Cl, NO3, PO4, SO4) nochmals zu beobachten. Oberhalb 0,1 Mol sind aber die Konzentrationen für Cicer beinahe plasmolytisch und können jedenfalls nicht lange ertragen werden, so daß dieses obere Aufnahmegebiet kaum mehr als das normale betrachtet werden kann. 716 E. Pantanelli. Tabelle XL Cicer arietinum. 500 ccm. 8 Stunden. Temp. 15 — 17*^. Werte für 100 mg Wurzeltrockeng-ewicht in 100 ccm. Konzen- Aufgenommener Absorbierte Aufgenommener Absorbierte tration Prozentsatz mg-Ionen Prozentsatz mg-Ionen mol. Liter Kation Anion Kation Anion Kation Anion Kation Anion CaCl^ BaCU 0,2 10,8 8.6 2,13 3,44 0,15 10,4 6,5 1,56 1,95 0,1 8,5 3,1 0,85 0,62 18.4 4,2 1,84 0,84 0,075 8,9 4,9 0,67 0,74 8.9 6,1 0,62 0,91 0,05 10,2 4,5 0,51 0,45 5,6 10,8 0,28 1,08 0,025 19,2 4,0 0,48 0,20 7,3 11,8 0,18 0,59 0,01 25,0 3,5 0,25 0,07 8,4 8,1 0,08 0,16 NH.NOg Ba :N03)2 0,2 5,6 27,6 1,12 5,52 0,15 4,2 27,5 0,63 4,13 0,1 3,4 28,0 0,34 2,80 7,8 25,2 0,78 5,04 0,075 6,0 26,8 0,45 2,01 4,5 23,4 0,33 3,51 0,05 7,6 24,3 0,38 1,22 4,0 19,9 0,20 1,99 0,025 4,1 21,0 0,10 0,52 5,1 8,8 0,13 0,44 0,01 0 14,5 0 0,15 4,9 4.6 0,05 0,09 Mg SO, MnSO, 0,2 72,8 15,5 14,55 3,10 0,15 58,6 13,4 8,70 2,01 0,1 51,5 12,9 5,15 1,26 30,0 18,0 3,00 1,80 0,075 47,2 14,0 3,54 1,05 24,7 17,5 2,33 1,31 0,05 45,1 14,3 2,26 0,71 22,9 17,2 1,15 0,86 0,025 44,0 13,1 1,10 0,33 20,8 11,5 0,52 0,29 0,01 25,0 12,4 0,25 0,12 19,4 2,9 0,19 0,03 KHj PO, (NH^j^HPO, 0,2 29,0 41,5 5,80 8,30 29,8 41,3 11, 90 8,26 0,15 27,0 39,2 4,05 5,88 22,4 37,8 6,72 5,67 0,1 21,8 32,4 2,18 3,24 19,1 28,0 3,82 2,80 0,075 22,4 44,1 1,68 3,31 27,0 39,2 4,05 2,94 0,05 21,1 47,5 1,05 2,37 30.9 44,9 3,09 2,25 0,025 16,5 . 43,0 0,41 1,07 20,1 43,0 1,01 1,08 0,01 8,7 35,4 0,09 0,35 5,0 39,5 0,11 0,40 über lonenauf nähme. 717 Die relative (prozentische) Aufnahme ergibt ungefähr dasselbe Bild, nur scheiden dabei die Ionen in mehrere Gruppen, je nach der Konzentration, wo die maximale Absorption erreicht wird. Für Ca und Ba liegt sie bei 0,01—0,025, für NHi und PO4 bei 0,05, für K und Cl bei 0,075, für Mg- und NO3 bei 0,1, für SO4 bei 0,1 — 0,15 Mol. Die "Werte der relativen Aufnahme ergeben im Gebiete von 0,01 bis auf 0,1 Mol eine gute Adsorptionsisotherme; oberhalb 0,1 Mol scheint eine zweite Adsorptionsisotherme vorzu- liegen, wenn auch meine Beobachtungen bei höherer Konzentra- tion unzureichend sind. Der physiologisch normalen AbsoriJtion entspricht aber nur die erste Adsorptionskurve; Pouget und Chouchak, Szücz und Czapek hatten die Absorptionssteigerung bei zunehmender Konzentration verschiedener Salze bereits als typische Adsorptionsisothermen gedeutet. Haben diese Kurven für alle Ionen eine ähnliche Gestalt, so fallen dagegen Kardinal- und Wendepunkte auch für die Ionen eines und desselben Salzes kaum zusammen, ein Beweis, daß Kation und Anion gesondert adsorbiert werden. Die Mehraufnahme des Kations (Ca, Ba, Mg) oder des Anions (NO3, PO4) war bei allen Konzentrationen im gleichen Sinne zu beobachten; die starken Änderungen des Auf nähme Verhältnisses oberhalb 0,1 Mol waren wohl von der Permeabilitätsäuderung der Wurzelzelleu beim Ver- weilen in konzentrierten Lösungen bedingt, was mit den Erfah- rungen an unbalancierten Lösungen im Einklang steht. Die übrigen Versuchsobjekte ergaben im wesentlichen dieselben Ergebnisse. VII. Verlauf der lonenaufnahme. Durch Verfolgung der Deplasmolyse wurde die Durchtritts- schnelligkeit verschiedener Salze von Janse (1888), van Byssel- berghe (1899—1901), Pantanelli (1903—1904), Lundegärdh (1911), Osterhout (1912) wiederholt untersucht; Pfeffer (1877) hat auch die momentane Penetration von Säuren und Laugen, Janse von NO3, van Rysselberghe von XO3, Cl und SO4 mikro- chemisch festgestellt. Dabei wurde allgemein angenommen, daß die ganzen Salzmoleküle hereintraten: erst die Untersuchungen von Nathan söhn und Meurer haben die ungleiche Aufnahme- schnelligkeit der Ionen erwiesen. Von Codium wurden NO3, Cl, SO4, Na innerhalb einer Stunde zum größten Teil ausgetauscht; yj^g E. Pantauelli, bei den Versuchen mit Knollen- und Wurzelscheiben machten Nathansohn und Meurer die erste Beobachtung meistens nach 1 — 2 Tagen. Die übrigen Autoren (Pantanelli und Sella, Colin und de Rufz, Plate) untersuchten die Veränderungen der Außen- lösung erst nach mehreren Tagen. Wir haben schon gesehen, daß lonendurchtritt in wenigen Stunden, bei Hefezellen in wenigen Minuten erfolgt; man könnte danach denken, daß zunächst das ganze Salzmolekül hereindiffun- dierte, dann aber infolge einer Doppelunisetzung in der Zelle das eine Ion festgehalten, das andere sofort, und zwar in Form eines anderweitigen Salzmoleküls ausgeschieden wurde. Nach diesem auch von Ruhland ausgedachten Mechanismus würden die be- obachteten Konzentratiousveränderungen in der Außenlösung ohne Heranziehung der lonenpermeabiMtät zu erklären sein. Es war daher von großer Wichtigkeit, den zeitlichen Verlauf der lonen- auf nähme zu verfolgen. Ich führe hier nur einige Versuche mit Bohnenkeimlingen und Valonia an, weil die Besprechung dieser äußerst komplizierten Vorgänge in der Kürze schwer wiederzugeben ist; Versuche an Weizeukeimlingen und Ulva mit verschiedenen Salzen lieferten dieselben allgemeinen Ergebnisse. Es wurden kleine Kulturen mit je drei Keimpflanzen in 150 ccm Lösung benutzt; um zuverlässige Werte zu erhalten, wurden jedesmal die Flüssigkeiten von drei Kulturen vermischt, auf genau 150 ccm gebracht und analysiert. Es waren z. B. von Vicia 21 Kulturen für jeden Versuch notwendig (Tab. XII). Trotz der recht ungleichen lonenaufnahme haben die Kurven für Kation und Anion meistens dieselbe Gestalt. K, Br, Ba, NO3 drangen sofort in die Zelle ein, so daß die maximale Absorption in der ersten Stunde bereits erreicht war; darauf wurden diese Ionen zum Teil wieder ausgeschieden und nach 4 — 16 Stunden war ihr Gehalt in den Zellen auf ein Minimum gesunken, um nachher wiederum langsam zu steigen. Na und PO4 traten zuerst ziemlich schnell, dann aber langsamer ein und erreichten erst nach 4 — 8 Stunden das Maximum; dann setzte Exkretion ein und nach 32 — 64 Stunden fing die Aufnalune wiederum an. Ca, Zn und SO4 wurden dagegen zunächst langsam, später etwas schneller absorbiert ; das Maximum war gegen die achte Stunde erreicht, dann fand Ausscheidung und am zweiten oder dritten Tage wiederum Auf- nahme statt. über loneuaufnahme. 719 Tabelle XII. Vicia Faha. 150 ccm. Temp. 14—16". Werte für 100 mg. Wurzeltrockengewiclit in 100 ccm Lösung. Versuchs- dauer Aufgenommener Prozentsatz Kation j Anion Absorbierte mg-Ionen Kation i Anion Aufgenommener Prozentsatz Kation l Anion Absorbierte mg-Ionen Kation 1 Anion 1 Stunde 2 Stunden 8 „ 16 32 „ 64 1 Stunde 2 Stunden 4 16 32 64 59,4 34,6 37,3 41,3 46.7 34.8 40,3 5,8 12,4 26,7 32,9 21,8 27 2 1 stunde 0 2 Stunden 0 4 ,, 3.5 8 6,9 16 „ 12,3 32 16,2 64 18,1 0,05 mol. KBr 0,025 mol. NagHPO^ 30,2 2,97 21.2 1,73 ' 22,7 1,87 24,7 2,07 26.4 2,34 18,7 1,74 19,9 2,02 0,025 mol. Ca(N08)2 70,2 0,08 53,8 0,15 50,0 0,31 56,3 0,67 65,8 0,82 , 52,5 0,55 63,4 0,63 1,51 1,0G 1,14 1,24 1,32 1,44 1,50 3,51 2,69 2,50 2,82 3,29 2,63 3.17 53,7 58,3 65,6 70,4 56,0 65,5 75,7 72,1 46,2 43,1 42,2 40,1 44,9 46,8 84,6 2,69 86,3 2,92 89,6 3,28 77,8 3,52 75,5 2,80 1 72,5 3,28 77,0 3,89 0,025 mol. Ba(N0j)2 62,3 1,80 41,1 1,15 38,2 1,08 34,5 1,05 42,4 1,00 48,6 1,12 57,0 1,17 ' 0,025 mol. fNH^joSO^ 0,025 mol. ZnSO^ 12,4 0 0,31 1,4 9,8 0,03 14,5 0 0,36 9,0 12,7 0,22 17,7 0,18 0,44 35,8 13,0 0,85 24,0 0,35 0,60 49,4 19,1 1,23 20,0 0,61 0,50 43,7 14,9 1,09 21,2 0,81 0,53 46,6 15,8 1,14 26,3 0,90 0,66 53,7 17,8 1,34 2,12 2,16 2,24 1,95 1,89 1,81 1,93 3,11 2,05 1,91 1,73 2,12 2,43 2,85 0,25 0,32 0,33 0,48 0,37 0,39 0,45 Es ist ZU bemerken, daß NHi in den ersten Stunden absolut nicht einwanderte, später aber in stetiger Weise absorbiert wurde, wodurch 1. die Unhaltbarkeit der Annahme einer Molekülabsorption unter sofortiger Ausscheidung des unwillkommenen Ions und 2. die verschwindend geringe Bedeutung einer interzellularen lonen- adsorption erwiesen werden. yOO ^- Pantanelli, Ferner zeigen diese Versuche, daß 3. Kation und Anion ge- sondert aufgenommen werden, 4. das Konzentrationsgefälle sich in beiden Richtungen stetig ändert, 5. jedes Ion bis zu einer be- stimmten Konzentration aufgenommen, dann teilweise ausgeschieden, dann wiederum absorbiert A\ird usw. Der Vorgang vollzieht sich daher nach Art einer gehemmten Pendelschwingung, sofern keine ernährungsphj^siologische Komphkationen oder toxische, die Permea- bilität irrreversibel verändernde Wirkungen eingreifen^). Was hier besonders wichtig erscheint, ist die völlige Un- abhängigkeit der lonenauf nähme trotz einer so verwickelten Re- aktion; wir erkennen jetzt auch, warum bei längerer Versuchs- dauer ein äquivalenter Verbrauch beider Ionen in l)estimmten Fällen zu beobachten ist: Ionen, die man nach mehreren Stunden oder Tagen in der Außenflüssigkeit findet, waren vielleicht ab- sorbiert und wiederum ausgeschieden worden oder es wurde das eine Ion sofort, das andere erst später, aber zuletzt bis zur Äquivalenz aufgenommen. Es absorbierten z. B. Weizenpflanzen aus 1 Liter 0,05 mol. NaNOa: nia: Ionen Na mg Ionen NO,, Verhältnis in den ersten 24 Stunden: 14,21 30,21 0,47 „ „ weiteren 48 „ : 12,69 0 — „ •• •• 72 „ : 1,75 0 — _ in 6 Tagen: 28,65 30,21 0,95 Die Versuche mit Valonia, deren Zellsaftvolumen und -Zu- sammensetzung mit Sicherheit ermittelt werden können, gestatten einen tieferen Einblick in diese merkwürdigen Erscheinungen zu werfen (Tab. Xni). 1 g frischer FaZonia-Schläuche enthält fast genau 1 ccm Zellsaft. A. Meyer (1891) hat eine Analyse des Zellsaftes von Valonia geliefert", ich lasse einen Vergleich seiner Angaben mit meinen Bestimmungen an der zu den hier berichteten Versuchen gebrauchten Valonia folgen. 10 ccm Zellsaft enthielten: nach A. Meyer (1891) nach mir (1914) K 143,6 mg 113,6 mg Na 4,7 „ 34,9 „ % 2,4 „ 5,12 „ PO4 1,21 „ 1,37 „ SO4 17,99 ,, 18,12 „ Cl 131,2 „ 148,7 „ 1) Eeversible Schwankungen der Permeabilität nach Zusatz von Elektrolyten sind von Osterhout (1912) beobachtet worden; vgl. auch Lepeschkin (1908 — 09), Tröndle (1909 — 10), Fluri (1910), Lundegärdh (1911) und meine früheren Er- fahrungen an Schimmelpilzen (1904), Hefezellen (1905 — 06), Mucor (1906 — 07) usw. über lonenaufnahme. 721 Ein empfindlicher Unterschied ist nur beim K und Na zu verzeichnen; die Summe der mg-Ionen war aber im wesentlichen dieselbe (7,9 und 9,0), ein merkwürdiges Bei- spiel der Konstanz des Wahlvermögens bei dieser Siphonee. Tabelle XIK Valonia utricularis. 10 g in 100 ccm Lösung. Ternp. 16 — 18*^. Versuchs- dauer Aufgenommener Prozentsatz Absorbierte mg-Ionen Aufgenommener Prozentsatz Absorbierte mg-Ionen Kation Anion Kation Anion Kation Anion Kation 1 Anion 0,5 mol. KBr 0,25 mol. CaClj 15 Min. 10,0 3,8 4,97 1,89 11,4 0 2,84 0 30 „ 10,3 3.8 5,13 1,89 22,3 . 0,09 5,59 0,04 1 Stunde 14,7 2,9 7,33 1,46 37,9 0,2 9,48 0,10 2 Stunden 15,9 2,1 7,96 1,06 40,5 2,0 10,13 1,01 4 „ 14,7 1,7 7,33 0,83 40,6 1,4 10,15 0,71 24 5,:i 2.1 2,65 1,06 40,7 1,2 10,17 0,61 0,5 mol. NH^XOg 10 ccm 0,25 mol.(NHjjSO^ -|- 90 ccm Seewasser 15 Min. 2,5 8,1 1,24 4,03 0 0 0 0 30 „ 3,0 7,5 1,50 3,77 0 3,8 0 0,21 1 Stunde 3,5 9,0 1,75 4,81 0 3,1 0 0,17 2 Stunden 4,0 10,7 3,0 5,33 4 2,5 0,2 0,14 4 6,5 14,0 3,22 7,0 7 1,9 0,35 0,11 24 8,5 12,2 4,23 6,8 10 2,8 0,5 0,15 10 ccm 0,25 mol. MgSO^ + 90 ccm 10 ccm 0,25 mol. KHjPO^ -f" ^0 ccm Seewasser Seewasser 15 Min. 27,9 3,5 2,10 0,20 21,9 42,5 0,74 1,06 30 „ 25,7 4,6 1,94 0,26 24,5 53,0 0,83 1,33 1 Stunde 19,5 3,9 1,47 0,22 28,6 61.5 0,97 1,54 2 Stunden 14,6 4,3 1,10 0,24 41,9 83,1 1,42 2,08 4 „ 19,6 1,9 1,48 0,11 29,3 64,1 1,0 1,60 24 10,3 2,3 0,78 0,13 13,2 29,6 0,45 0,74 Die angeführten Versuche genügen zum Nachweis, daß auch bei Valonia die Penetration des Kations vollkommen unabhängig vom Verbrauche des Anions verläuft. SO4, Br und Cl wurden z. B. zunächst schwach absorbiert, dann mederum ausgeschieden, ob- wohl die Außenkonzentration beträchtlich höher war. Mg trat sehr schnell ein und hatte innerhalb 15 Minuten eine höhere Kon- zentration innerhalb als außerhalb der Zelle erreicht; dieser An- Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 46 722 ^- Pantanelli, häufung folgte aber Ausscheidung-, dann wiederum Aufnahme usw. Wir haben hier ein Beispiel sehr ungleicher Regulation der Extra- meabilität im Vergleich zur Intrameabilität. NH-t drang zunächst nicht ein, während doch das SO4 ein- wanderte; später fing auch die Ammoniakabsorption an und verlief langsam bis zur Überschreitung des Gleichgewichtes in 24 Stunden. Aus der reinen NHiNOs-Lösung, wo die Ammonkonzeutration be- deutend höher war, begann die Aufnahme von XH4 sofort und setzte ununterbrochen fort; trotz der absolut stärkeren Aufnahme war aber nach 24 Stunden das Gleichgewicht noch nicht erreicht. Ca, K, NO3, PO4 wurden schnell und viel über dem Diffusions- gleichgewicht absorbiert bis zu einem Maximum, das gegen die zweite bis vierte Stunde fiel; darauf kamen diese Ionen langsam wieder heraus, die Anhäufung war aber nach 24 Stunden noch erhalten. Solche überaus schnelle Anhäufungserscheinuugen von im Zell- saft nachweisbar keine Fällung eingehenden Ionen und der ganze Verlauf der Aufnahme zeigen, daß es sich kaum um Diffusions- vorgänge, wohl aber um Adsorption handelt. Denn nur im Falle einer Adsorption können die bereits aufgenommenen Ionen an die Außenflüssigkeit gegen die Diffusionskraft, d. h. unter Arbeits- leistung (aktive Ausscheidung) abgegeben werden, wie es im Kap. VIII näher erörtert wird. Die Aufstellung der erwähnten Bilanzen der Aufnahme und Ausgabe, als wäre die Trennungsschicht zwischen Binnen- und Außenlösung ganz indifferent, hat also nur insofern eine Bedeutung, als sie die Erkennung der Anhäufung, der „aktiven"' Ausscheidung und der ungleichen Intra- und Extrameabilität gestattet, die mit einer Diffusions- oder Verteilungstheorie der lonenaufnahme un- vereinbar sind. VIII. Über die Mechanik der Salzaufnahme. Bei der Darstellung der empirischen Feststellungen habe ich von lonenaufnahme und lonenaustausch vorläufig gesprochen, um die Tatsachen unter Vermeidung längerer Ausdrücke kurz und klar zu beschreiben. Wir wollen jetzt näher betrachten, ob eine lonenpermeabilität physikalisch verständlich ist und welche Folgen eine solche lonenscheidung haben würde. über lonenaufnalime. 723 1. Eine Trennung: und gesonderte Aufnahme der einzelnen Ionen ist in Anbetracht der ungeheuer starken elektrostatischen Anziehungskraft ohne Lieferung eines entsprechenden Energie- quantums nicht denkbar. Doch wird die Entfernung eines einzigen Ions aus der Lösung auch ohne Kraftzufuhr möglich, wenn es zusammen mit einem aus dem Wasser stammenden H"*"- oder OH~-Ion verschwindet, was man als Absorption der ganzen Basen- oder Säuremoleküle auffassen könnte (Osterhout 1912). Als Folge sammeln sich in der Außenlösung H^- oder OH~-Iouen an, je nachdem Kationen (Basen) oder Anionen (Säuren) weggenommen wurden. Das Avird von der Erfahrung bestätigt. Bei einer solchen Aufnahme der freien Base und freien Säure in äußerst starker Verdünnung und in ziemlich weiter Unabhängigkeit voneinander würde der äußere und der physiologische Effekt ganz derselbe bleiben, als ob die Zelle die freien Kationen und Anionen auf- genommen hätte, da in der Zelle jedes Ion sofort neue Gleich- gewichte mit den dort vorhandenen Ionen eingeht und die H"*"- und OH~-Ionen bald Gelegenheit finden, sich zu Wassermolekülen wiederum zu vereinigen. Auch ein einfacher lonenaustausch durch Diffusion im Sinne Nathansohns ist unter Voraussetzung gleicher Durchlässigkeit denkbar. 2. Unsere Beobachtungen, insbesondere die über Anhäufung einzelner Ionen weit oberhalb des Diffusionsgleichgewichtes, über den zeitlichen Verlauf der Aufnahme und über den Einfluß der Kon- zentration haben nachge\desen , daß es sich kaum um Diffusions- vorgänge handeln kann; es hegen vielmehr typische Adsorptionen an die Plasma- oder allgemein gesagt an die Zellkolloide vor, wobei es zunächst gleichgültig erscheint, ob sich die Plasmakolloide im Hydrogel- oder im Hydrosolzustande befinden (Ostwald, 1911 und Lottermoser, 1911). Eine ähnliche Auffassung wird übrigens von Szücs (1910—12), Endler (1911—12), Czapek (1913) und anderen Forschern vertreten, welche sich in neuerer Zeit mit Adsorptions Vorgängen beschäftigt haben. Hätte man ein ganz reines, von H- und OH-Ionen freies Adsorbens und eine ganz reine Lösung eines nicht hydrolysierten Salzes vor sich, so wäre sehr wahrscheinlich keine Salzadsorption zu beobachten (vgl. Estrup 1912 — 14), oder im Falle einer gering- fügigen Adsorption dürften beide Ionen im gleichen Verhältnis 46* "724 ^- Pantanelli, adsorbiert werden, wenn auch diese Forderung bisher in äußerst seltenen Fällen experimentell begründet wurde. Bei den von mir und den übrigen Physiologen angewendeten Salzlösungen in Berührung mit lebendem Plasma hat man aber mit einem OH- und H-Iouen führenden Adsorbens (vgl. Endler 1912) und mit Elektrolytgemischen immer zu tun, da die meisten Salz- lösungen hydrolysiert sind und durch bereits gelöste oder vom Versuchsobjekt ausgeschiedene Kohlensäure an lonenarteu bereichert werden. Eine weitere Anzahl von Gleichgewichtskombinationen kommt bei Anwendung mehrerer Salze, wie von balancierten Lösungen, Nährlösungen usw. hinzu. Damit sind aber die Be- dingungen für eine lonentrennung auf der Oberfläche jeder Plas- mamizelle gegeben. Bekanntlich genügen Spuren von H- oder OH-Ionen, um eine Membran für wandernde Ionen permeabel zu machen (Elektroendosmose nach Perrin und Girard, 1907 bis 1912), und zwar entscheidet der Sinn der Membranladung über den Durchtritt von Kationen oder Anionen. Ist das Plasma negativ geladen oder enthält die Außenlösung OH-Ionen in solchem Überschuß, daß sich die Plasmaoberfläche sofort negativ lädt, so sammeln sich in beiden Fällen Kationen auf der Grenzschicht an (vgl. Endler, 1912) und werden H- Ionen in entsprechender Menge in der Lösung befreit (Ansäuerung) ; das Gegenteil geschieht, wenn sich das Plasma positiv gegen die Lösung lädt. Die Ionen treibende, resp. trennende Energie wird dabei vom Adsorptions- potential selbst geliefert, me es heute kaum mehr zu bezweifeln ist (vgl. Michaelis, 1909, S. 71; Freundlich, 1909, S. 245). Eine ungleiche Adsorption beider Ionen kann also schließlich in jedem Falle eintreten; denn die Unabhängigkeit der Kation- und Anionaufnahme stellt nur den einfacheren Fall bei der Salz- adsorption dar (Estrup, 1914). Der weitere Nachschub von Ionen zum Ersatz der zuerst adsorbierten minimalen Ionen mengen wird dann vom Diffusions- potential besorgt. 3. Da aber gleichsinnige Ionen sich bei der Adsorption innerhalb weiter Grenzen gegenseitig ersetzen und einander ver- tauschen können, wofür auch experimentelle Beweise vorhegen, so lassen sich die beobachteten kompensatorischen Ausscheidungen leicht erklären; ein vollständiger Austausch wird aber nur bei gleicher Durchlässigkeit des Plasmas in beiden Richtungen für die vertauschten Ionen möglich sein. Ebenso findet auch die über lonenaiif nähme. 725 gegenseitige Hemmung der Aufnahme bei antagonistischen Kationen in der oft zu beobachtenden gegenseitigen Herabsetzung der Ad- sorption eine Erklärung (Michaelis und Rona, 1908). Die physi- kalischen Erfahrungen gestatten auch vorauszusehen, daß Austausch und Antagonismus gleichsinniger Ionen einer weitgehenden Ab- stufung je nach dem Konzentrationsverhältnis fähig sind. 4. Da die Adsorptionsvorgänge sehr rasch verlaufen, so ist rasche Aufnahme der adsorptionsfähigen Ionen zu erwarten, wie ich sie in der Tat für manche Ionen feststellen konnte. In anderen Fällen wurde aber eine im Vergleich zu physikalischen Adsorptionen enorm langsame Aufnahme konstatiert, und für einige Ionen verlief der Vorgang derart, als ob sie erst bei langer Berührung mit dem Plasma die Fähigkeit allmählich erlangt hätten, sich adsorbieren zu lassen. Eine einheitliche Vorstellung über diese scheinbar wider- sprechenden Tatsachen läßt sich durch nähere Betrachtung des Absorptionsvorganges im Plasma selbst gewinnen. Wir haben im Plasma ein heterogenes System aus Hydrogelpartikeln oder -Maschen und Hydrosolflüssigkeiten vor uns, wobei man von den sehr wahr- scheinlich allgemein vorhandenen, fein verteilten Lipoiden zunächst absehen kann; die Grenzschichten dürften hauptsächlich aus einem, wenn auch stark gequollenen Hydrogel infolge der unvermeidlichen Haptogenmeinbranbildung bestehen (Pfeffer, 1877, 1890: Le- peschkin, 1913). Die verschiedenen Phasen befinden sich unter einem w^echselnden Quellungsdruck, w^eil in jedem Moment der Quelluugsgrad durch die lonenverteilung zwischen und innerhalb der einzelnen Phasen bestimmt wird; sobald aber die elektrische Ladung schwankt, kann eine Vergrößerung ebenso wie eine Ver- ringerung des Quellungsgrades stattfinden, wie zahlreiche Erfah- rungen über lonenwirkung auf Quellung und Entquellung der Gele erwarten lassen. Dabei spielen aber die befreiten H- oder OH-Ionen wiederum die Hauptrolle. Kommt z. B. negativ ge- ladenes Plasma in Berührung mit Kaliumsulfat, so steuert K aus den besagten Gründen hinein, die hydrolytisch gespaltenen OH-Ionen bewirken aber gleichzeitig eine plötzliche Zunahme der Quellung; d. h. Wasser wird auch mit absorbiert. 5. Die Wasserabsorption kann in bestimmten Fällen die lonenaufnahme übertreffen; es tritt dann die sogenannte negative Adsorption des gelösten Stoffes ein. Schon 1905 habe ich die Unabhängigkeit der Wasser- und Salzaufnahme bei Keimpflanzen "726 E. Pantanelli, nachge^iäesen (vgl Pfeffer, 1897, S. 111): obwohl meine Beob- achtung späteren Forschern entgangen, ist doch ihre Richtigkeit von Hansteen (1910), Schreiner und Skinner (1910), Pouget und Chouchak (1910—12), Lundegärdh (1911) und Hassel- bring (1914) bestätigt worden. Mittels kryoskopischer Messung habe ich dann 1911 die negative Adsorption von Stoffen im lebenden Plasma erAdesen. Obwohl die zuerst von Lagergren (1899) angegebene negative Adsorption von Hägglund (1910) geleugnet wurde, so kann man ihre Existenz nach den neueren Forschungen von Herzog (1908—12), Estrup (1912—14), Pomplun (1912), Schmidt-Walter (1912) und Oryng (1913) nicht mehr bezweifeln: an quellbaren Adsorbeutien beobachtet man sie natürlich viel besser. Negative Adsorption dürfte in allen Fällen eintreten, wo Ionen nicht oder sehr langsam durchtreten, während doch die Wasser- aufnahme fortschreitet. Als Gegenstück ist eine Quellungsabnahme, d. h. Wasserabscheidung bei der lonenaufnahme denkbar; ohne Messung des Volumens der Außenlösung würden wir dann keine oder eine scheinbar negative lonenadsorption angeben. 6. Negative Adsorption durch Quellung kann auch erst als Folge einer sekundären lonenwirkung erfolgen, wobei bereits auf- genommene Ionen gezwungen werden, das Plasma wiederum zu verlassen: ein derartiger Mechanismus würde schon genügen, um die Ausscheidung einer lonenart in eine Lösung zu erklären, wo seine Partialkonzentration höher als im Plasma ist. Aus den Ver- suchen ül)er Quellung in Salzlösungen ist es nämlich bekannt, daß infolge negativer Adsorption die Außenlösung bis zum Auskristalli- sieren des Salzes konzentriert werden kann. Die Quellungsenergie genügt, um derartige ..aktive" Ausscheidungen gegen das Diffusions- potential zu verwirklichen. Da übrigens auch die Quellung ein Adsorptionsvorgaug ist (Pfeffer, 1892), so handelt es sich bei der gegenseitigen Beeinflussung von Salz- und Wasseraufnahme immer nur um Adsorptionsgleichgewichte, die durch Verwendung derselben Betriebskraft hergestellt werden. 7. Die Berücksichtigung des unter dem spezifischen lonen- einfluß in weiten Grenzen modifizierbaren Quellungszustandes des adsorbierenden Plasmas gestattet nicht nur alle möglichen Fälle von relativer Ionen- und Wasserabsoqjtion zu erklären, sondern zeigt auch, warum so große Unterschiede in der Aufnahmeschnelligkeit der einzelneu Ionen zu beobachten sind. Quellungserscheinungen über lonenaufnahme. 727 vollziehen sich in der Tat um so träg-er, je g-eringer das Quellimgs- potential, d.h. je näher dem Solzustande das Gel ist, wie das der Fall gerade bei den Plasmabestandteilen ist; je nach der spezifischen Wirkungsintensität und der Richtung der Grieichgewichtsverschiebung der wirksamen Ionen nimmt die Quellungsschwankung verschiedene Zeit in Anspruch, mit der Änderung des Quellungszustandes variieren aber auch lonengehalt des Absorbens und Adsorptions- bedingungen stetig. Während die ausgelöste Quellungsvariation langsam verläuft, vollziehen sich lonenaustausch und Entladung äußerst rasch, wo- durch ganz neue Faktorenkonstellationen entstehen, die in be- stimmten Fällen den vorher ausgelösten Wirkungen entgegen- arbeiten. Die erste Quellungsvariation muß dann aufhören und durch eine neue, oft in entgegengesetztem Sinne ersetzt werden: das Prinzip von Aktion und Reaktion, welches besonders bei physio- logischen Erscheinungen eine hervorragende Rolle spielt, fordert sogar, daß in allen Fällen eine Variation der Quellung, überhaupt der physikalischen Plasmazustände von entgegengesetzten Be- strebungen gefolgt \nrd. Aus dem Unterschied in der Schnelligkeit des lonenaustausches und der dadurch bedingten Quellungsvariation des Adsorbens, die ihrerseits eine neue lonenverteilung herbeiführt, erklärt sich, warum trotz der ungeheuer schnellen lonenwanderung die beobachteten Schwingungen bei der Aufnahme sich doch in meßbarer Zeit ab- spielen, um so mehr als nicht der ganze vorhandene lonenvorrat auf einmal verbraucht wird, sondern nur die hydrolytisch ge- spaltenen minimalen lonenmengen nach und nach ins Bereich der wirksamen 01)erflächenkräfte gelangen. 8. Nach dem Gesagten erübrigt es sich, den Fall der laugsam steigenden Permeabilität für bestimmte Ionen näher zu betrachten, denn das setzt nur eine Änderung der spezifischen Reaktion der Plasmakolloide voraus, die bei der unvermeidlichen chemischen Modifikation der Plasmabestandteile unter dem Einfluß bestimmter Ionen wohl zu erwarten ist (vgl. auch Luudegärdh (1911). 9. Die oft beobachtete gegenseitige Beeinflussung von Kationen und Anioneu desselben Salzes findet auch in einer ungleichsinnigen Wirkung auf den physikaUschen Zustand des Plasmas ihre nächste Erklärung, wobei die entgegengesetzten Wirkungen gleichzeitig oder zeitlich getrennt sein können. 'J28 ■^* Pantanelli, 10. Natürlich sind alle Adsorptionserscheimmgeu im lebenden Plasma, so auch die lonenadsorptionen, beim ununterbrochenen chemischen Stoffwechsel mit chemischen Bindungen und Auflocke- rungen stark verknüpft, welche auch an dem oft zu konstatierenden Überschreiten der erwarteten Gleich g-ewichte schuld sind. 11. Die entwickelten Vorstellungen passen zunächst für den einfachsten Fall einer kolloiden Plasmamasse in Berührung mit der Außenlösung; infolge des Vorhandenseins größerer molekular- disperser Phasen innerhalb der Plasmamasse, die man als Vakuolen bezeichnet, kommen noch zahlreiche Komplikationen hinzu, und es ist z. B. eine Aktion und Reaktion auch auf der inneren Plasmaober- fläche bei jedem Wechsel der lonenverteilung in der Plasmamasse zu erwarten. Die Binnenlösung kann auch durch chemische Bin- dungen mit eingreifen, die sich auf der Außenfläche des Plasmas nicht abspielen, und in diesem Sinne findet die ältere Anschauung von Janse (1888) über die Unabhängigkeit von Intra- und Extra- permeabilität eine Anwendung; das ungleiche Verhalten unserer Ob- jekte bei der Aufnahme und Ausscheidung des nämlichen Ions zwingen zur Wiederaufstellung der Auffassung der Permeabilität als einer Resultante aus der jederzeit antagonistisch wirkenden Intra- und Extrapermeabilität. Die physikalisch-chemischen Er- fahrungen über Adsorption lehren hier auch, daß die Entfernung des adsorbierten Stoffes nicht immer im gleichen Grade oder unter dem gleichen Kraftaufwande wie die vorausgehende Adsorption möglich ist, wenn z. B. chemische Bindung nachfolgt. 12. Ich möchte nun meine Darlegung mit deui Hinweis schließen, daß die direkte Feststellung der Adsorptionsnatur der Salzaufnahme und die sich ergebenden Energie- und Zustandsände- rungen der hydrotropen Plasmakolloide mit der gleichzeitigen Auf- nahme der lipoidlöslichen Stoffe in die emulgierten Lipoide ganz gut vereinbar ist, wie die Beeinfhissung der lonenaufnahme durch verdünnte Auaesthetica zeigt. Das lebende Plasma verfügt also dank seiner Emulsionsnatur über zwei ganz verschiedene Mechanismen, die Adsorption in der Wasser durchtränkten Phase und die Auflösbarkeit in der Lipoidphase, um lipoidunlösliche ^) und lipotrope Stoffe gleichzeitig zu absorbieren, während seine mit dem chemischen Stoffwechsel und dem physika- lischen Stoffaustausch stetig variable elektrische Ladung die lonen- 1) über Zuckeradsorption bei Hefezellen vgl. Eubner, 1913. i'ber lonenauf nähme. 729 aufnalime in weiten Grenzen zu variieren gestattet. Unter solchen Variationen können diejenigen, die vom physiologfischen Standpunkte aus nützlicli erscheinen, als Regulationen aufgefaßt werden; es ist wohl ein l)edeutender Fortschritt, daß man solche Erscheinungen auch vom physikalischen Standpunkte aus rechtfertigen kann. Fügen wir die Mechanik der Kolloidaufnahme durch Ultra- filtration hinzu, wie es dank den Untersuchungen von Ruhland (1912 — 14) in höchstem Maße plausibel wurde, so können wir das gleichzeitige Spiel der drei Mechanismen : 1. Adsorption wasser- löslicher Stoffe, einschl. Ionen; 2. Lipoidlöslichkeit; 3. Kolloid- filtration als die normale Ausrüstung der Zelle betrachten, um allen Anforderungen des Stoffaustausches gerecht zu werden. iX. Schlußfolgerungen. I. Die Salzaufnahme durch lebendes Plasma ist ein Adsorp- tionsvorgang. II. Nicht die ganzen Salzmoleküle, sondern die einzelnen Ionen werden gesondert adsorbiert. III. Kation und Auion werden meistens in recht ungleicher Menge adsorbiert, nicht nur die Adsorptionsisotherme, sondern auch die Zeitkurve ist für die Aufnahme beider Ionen sehr verschieden. IV. Die Annahme einer gesonderten Absorption von freier Base und freier Säure ist überflüssig, da die natürHche elektrische Ladung der Plasmakolloide das zur lonentrennung führende Ad- sorptionspotential schafft. Übrigens würde sich das Bild auch beim ausschließlichen Durchtritt von Säure- und Basenmolekülen kaum ändern. V. Die lonenadsorption ist von der Wasseradsorption (Quellung) ganz unabhängig; die weitgehende Möglichkeit der negativen Ad- sorption in den Plasmakolloiden ist erwiesen; dadurch wird auch die Betriebskraft für die „aktive" lonenausscheidung gewonnen. VI. Die Aufnahmeschnelligkeit variiert mit der lonennatur; langsam permeierende Ionen erlangen bei langer Berührung die Fälligkeit, vom Plasma sich adsorbieren zu lassen. VII. Die zeitliche Aufnahme der Ionen vollzieht sich nicht geradlinig, sondern nach Art einer gehemmten Schwingung. Die Ursache dieser merkwürdigen Erscheinung dürfte in dem Umstände liegen, daß die von der lonenaufnahjue bedingte Quelluugs Variation der Plasmagele weit langsamer als die Herstellung des louengleich- 730 ^- Pantanelli, gewichtes verläuft, so daß die Reaktion erst später als die Aktion und unter schon veränderten Bedingungen einsetzt. Vin. Oberhalb einer bestimmten Konzentration bewirken alle Ionen eine Steigerung der spezifischen Permeabilität, wodurch ein neues Adsorptionsgebiet eröffnet wird. IX, Das Bestehen einer gesonderten Intra- und Extrapermea- bilität für Ionen wird direkt gezeigt. X. Schwache Narkose verringert die Aufnahme der meisten, doch nicht aller Ionen; physiologische, d. h. unbestimmte Faktoren scheinen dabei mitzuwirken, denn es wird die Aufnahme nützlicher Ionen von schwacher Narkose verringert, die von schädlichen Ionen oft gefördert. Neapel, k. Botanisches Institut und Zoologische Station. Literatur. Aso und Balladur, Bull. Coli. Agric, Tokyo, Bd. VII (1907), p. 39. Bechhold und Ziegler, Zeitschr. f. physik! Chemie, Bd. LVI (1906j, S. 105. Benecke, Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., Bd. XXV (1907), S. 322— .337. Bethe, Arch. f. ge.s. Physiol., Bd. CXXIV (1908), p. 541. Brown, Proceed. Roy. Soc, Serie B., LXXXI (1909), p. 82— 93. Chouchak, Comptes rendus, Bd. OL VI (1913), p. 1696—1701; 1784 — 1787. Colin et De Rufz de Lavison, Comptes rendus, Bd. CL (1910), p. 1074. Rev. gen. Bot, Bd. XXII (1910), p. 337 — 344. Czapek, Biochemie der Pflanzen, II. Aufl., 1913. De Rufz de Lavison, Rev. gen. Bot.. Bd. XXII (1910), p. 225—241; Bd. XXIII C1911), p. 177—211. Ann. Sc. Natur., Bot., (9j, Bd. XIV (1911), p. 97—193. Drevs, Regulation des osmotischen Druckes in Meeresalgen. Diss. Rostock, 1896. Ehrenberg, Landwirtsch. Versuchsst., Bd. LXIX (1908), S. 259. Endler, Biochem. Zeitschr., Bd. XLII (1912), S. 440— 469; Bd. XLV (1912), S. 365 bis 411. Estrup, Kolloid-Zeitschrift, Bd. XI (1912), S. 8; Bd. XIV (1914), S. 8—29. Fluri, Flora, Bd. IC (1909), S. 82—126. Freundlich, Kapillarchemie, 1909. Girard, Comptes rendus, Bd. CXLVIII (1909), p. 1047 — 1050; 1186; Bd. CL (1910), p. 1446. Hägglund, Kolloid-Zeitschr., Bd. VII (1910), S. 31. Hall, Gimingham und Miller, Proceed. Roy. Soc B, Bd. LXXX (1908), S. 196 bis 211. Hansteen-Cranner, Jahrb. f. wiss. Botan., Bd. XL VII (1910), S. 289 — 376: Bd. LIII (1914), S. 536—599. über loiienaufnahme. 731 Hasselbring, Botan. Gaz., Bd. LYII (1914), p. 52— 53. Herzog, Kolloid-Zeitschr., Bd. II, Suppl. 2, S. III (1908). Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. LVII (1908), S. 315. — und Betzel, Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. LXYII (1910), S. 309. — und Adler, Kolloid-Zeitschr., Bd. VIII (1911), S. 209. Hibbard, Centralbl. f. Bakteriol., Bd. II, XXXVIII (l913), S. 302—308. Höber, Arch. ges. Physiol., Bd. CXX (1907), S. 492; Physik. Chemie der Zelle. 3. Aufl., 1913. Hutchinson und Miller, .lourn. Agric. Science, Bd. III (1909), p. 179. Centralbl. f. Bakt. II, Bd. XXX (1911), S. 513 — 547. Janse, Versl. en Med. Kon. Ak. Wet., Amsterdam, Xat. (3), Bd. IV (1888), p. 332. Kisch, Zeitschr. f. Biol., Bd. LX (1913), S. 399— 456. Knop, Landwirtsch. Versuchsstat., Bd. II (1860), S. 75; Bd. III (1861), S. 295; Bd. IV (1862), S. 137. Kohn und Czapek, Beitr. z. ehem. Pliys. u. Path., Bd. VIII (1906), S. 302— 312. Kossowitsch, Russ. .lourn. f. exper. Landw., Bd. II (1901), S. 635; Bd. V (1904), S. 598. Krehan, Lotos, Bd. LXII (1914), S. 52—56. Krüger, Landw. Jahrbücher, Bd. XXXIV (1905), S. 761. Centralbl. f. Agr. Chemie, 1910, S. 835—837. Lagergren, Bihang t. Sr. Ak. Wet. Handl., Bd. XXIV, 2., N. 4 und 5 (1899). Bei- blätter Ann. d. Physik, Bd. XXIII (1899), p. 544. Lepeschkiu, Beihefte z. Bot. Centralbl., Bd. XIX (1906), S. 409—452; Bd. XXIV (1909), S. 308—356. Ber. d. Deutsch. Botan. Ges., Bd. XXVIa (1908), S. 198 bis 214; 231—237; 724—735; Bd. XXVIII (1910), S. 91—103; 383—393; Bd. XXIX (1911), S. 181—190; 247-261; 349—355. Kolloid-Zeitschr.. Bd. XIII (1913), S. 181. Lillie, Amer. .lourn. Physiol., Bd. XXIX (1912), S. 37-2-397; Bd. XXX (1912), S. 1—17; Bd. XXXI (1913), S. 255—287. Lottermoser, Zeitschr, f. Elektrochemie, Bd. XVII (1911), S. 806. Lundegärdh, Svenska Vet. Ak., Handl., Bd. XL VII (1911), p. 3 — 254. Mac Cool, Mem. Cornell Univ., Agr. Exp. Sta,, 1913, p. 121 — 216. Maschhaupt, Verslag Landboukund. Onderz. Ejikslandbouwproefstat. 1911, S. 50 — 93. Masius, Dissert. Leipzig, 1908. Maz6, Ann. Inst. Pasteur, Bd. XI (1897), p. 125; Bd. XIV (1900), p. 26; Bd. XXVII (1913), p. 1093—1143; Bd. XXVII (1913), p. 651-681; Bd. XXVIII (1914), p. 21—47. Comptes rendus, Bd. CXXVII (1898), p. 1061; Bd. CLII (1911), p. 452 bis 456; Bd. CLIV (1912), p. 1711—1714; Bd. CLVII (19.13), p. 495—498: Bd. CLIX (1914), p. 271—274. Meurer, Jahrb. f. vriss. Botan., Bd. XLVI (1909), S. 503—567. Meyer, Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. IX (1891), S. 77—79 Michaelis, Dynamik der Oberflächen, 1909. — und Bona, Biochem. Zeitschr., Bd. XV (1908), S. 196; Bd. XVI (1909), S. 489. Morawitz, Kolloid-Zeitschr., Bd. VI (1910), S. 259. Kolloidchem. Beihefte, Bd. I (1910), S. 301. Nagaoka, Bull. Coli. Agric, Tokyo, Bd. VI (1904), p. 285. Nathansohn, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXXVIII (1902), S. 241 ; Bd. XXXIX (1903), S. 507—645; Bd. XL (1904), S. 403—442. Ber. d. Deutsch. Botan. Ges., Bd. XIX (1901), S, 509: Bd. XXII (1905), S. 556—560; Der Stoffwechsel der Pflanze, 1910. ygo E. Pantanelli, Nikitiuski, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XL (1904), S. 11—30. Niklewski, Ber. d. Deutsch. Botan. Ges., Bd. XXVII (1909), S. 224. Oryng, Kolloid-Zeitschr., Bd. XIII (1913), S. 14—16. Osterhout, Botan. Gaz., Bd. XLII (1906), p. 127 — 134; Bd. XLIV (1907), p. 259 bis 272; Bd. XLV (1908), p. 117—124; Bd. XLVI (1908), p. 53—55; Bd. XLVII (1909), p. 148-149; Bd. XLVIII (1909), p. 98— 104; Bd. LIV (1912), p. 522 bis 536; Bd. LV (1913), p. 446—551; Bd. LVIII (1914), p. 178—186; 272 bis 276; Univ. California Publ., Botany, III (1908), p. 331— 337: Science, Bd. XXXIV (1911), p. 187—189; 350—352; 571—576; Bd. XXXV (1912), p. 112—115; Bd. XXXVIII (1913J, p. 408—409; Bd. XXXIX (1914), p. 292—293. Ostwald, Arch. ges. Physiol., Bd. CXI (1906), p. 581—607. Van Bemmelens Gedenk- boek (1911), p. 267. Paine, Proc. Roy. Soc, B., Bd. LXXXIV (1911), p. 289—307. Pantanelli, .Jahrb. f. wiss. Botan., Bd. XL (1904), S. 303— 369. Annali di Botan., Bd. II (1905), p. 345—324; Bd. III (1905), p. 113—134; Bd. IV (1906), p. 1 bis 46; Bd. V (1906), p. 227 — 268; 355—416. Landwirtsch. Jahrbücher, Bd. XXXV (1905), S. 665. Arch. Farmacol. sperim., Bd. XII (1911), p. 225. — und Sella, Rendic. Acc. Lincei, (5), Bd. XVIII (1909), IL Sem., p. 481—488. — und Severini, Staz. sper. agr., Bd. XLIII (1910), p. 449—544; Bd. XLIV (1911), p. 873 — 908. Perrin, .lourn. Chimie Physique, Bd. TI (1904), p. 601. Pfeffer, Osmotische Untersuchungen. 1877. Plasmahaut und Vakuolen, 1890; Pflanzen- physiol., Bd. I (1897). Plate, Rendic. Accad. Lincei, (.i), Bd. XXIII (1914), I. Sem., p. 839—844. Pomplun, Dissert. Halle, 1912. Pouget et Chouchak, Rev. gen. Chimie, Bd. Xlli (1910). .Tourn. f. exp. Landw., Bd. XI (1910), p. 825 — 831; Bd. XIII (1912), p. 823 — 828; Comptes rendus, Bd. CLIV (1912), p. 1709—1711. Prjanischnikow, Landwirtsch. Versuchsstat., Bd. XLVI (1901), S. 132; Bd. LXV (1906), S.23; Ber. d. Deutsch. Botan. Ges., Bd. XXII (1904), S. 184— 191; Bd. XXIII (1905), S. 2; Bd. XXVI (1908j, S. 717; Bd. XXVI (1909), S. 716—724. Land- wirtsch. Versuchsst. LXXV (1911), S. 357—376. Raciborski, Bull. Acad. Sciences, Cracovie, Juli 1905. p. 461 — 471. Rautenberg und Kühn, Landw. Versuchsstat., Bd. VI (1864), S. 335. Richter, Mitt. d. Naturwiss. Ver. Univ. Wien, Bd. IX (191 Ij, S. 14. Ritter, Biochem. Zeitschr., Bd. LX (1914), S. 370—377. Rubner, Sitzungsber. d. Preuß. Akad. d. Wiss., Bd. VII (1913), S. 232—241. Ruhland, Jahrb. f. wiss. Botanik, Bd. XLVI ('1908), S. 1—54; LI (1912), S. 376 bis 431; LIV (1914), S. 391 — 447. Zeitschr. f. Botanik, I (1909), S. 747— 762. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., Bd. XXVI a (1908), S. 772—782; Bd. XXX ri912), S. 139— 141; Bd. XXXI (1913), S. 304— 310; 553 — 556; 578—580. Biol. Cen- tralbl.. Bd. XXXIII (1913). S. 337—351. Kolloidzeitschr., Bd. XIV (1914), S. 48 u. 49. Schmidt, Zeitschr. f. physik. Chemie, Bd. LXXIV (1910), S. 689. Schmidt-Walter, Kolloidzeitschr., Bd. XIV (1914), S. 242— 253. Schreiner und Skinner, Bot. Gaz., Bd. L (1910), S. 1 — 30. Schroeder, Flora, Bd. CII (1911), S. 186—208. Schulow, .Tourn. f. exper. Landw., Bd. III (1904^ S. 711—719; .XI (1912), S. 205. über lonenauf nähme. 733 Snell, Flora, Bd. XCVIII (1907j, S. 213—249. Söderbaum, Landw. Versuchsstat., Bd. LXIII ri905), S. 247. Szücs, Anz. d. Wiener Akad. f. Wiss., Bd. CXIX (1910), S. 285 u. 286; 737—773. .Jahrb. f. wiss. Botanik, Bd. LH (1912), S. 85 — 142; LH (1913;, S. 269 — 332. Tröndle, Jahrb. f. wiss. Botanik, Bd. XL VIII (1910), S. 171—279. True und Bartlett, U. S. Dep. Agr., Bur. Plant. Ind., Bull. 231 (1912), 36 pp. Vandevelde, Onderzoekingen over Plasmolyse. Brügge, 29. IX. 1901 (Y. Vlaamscher Kongreß f. Natur- und Geneeskunde). V£,n Rysselberghe, Mem. Acad. Belg. , Bd. LTIII (1899). Bull. Acad. Belgique, 1901, S. 173—221. Recueil Inst. Bot. Bruxelles, Bd. VI (1905), p. 157—217. über Wachstum und Ruhe tropischer Baumarten. Von Georg Klebs. Mit 4 Textüguren. Während die periodischen Bewegungen der Püanzen, z. B. die Tag- und Nachtstellung-en der Blätter und Blüten, seit den bahn- brechenden Arbeiten Pfeffers ein sehr genau bearbeitetes Gebiet der allgemeinen Physiologie darstellen, sind die Probleme, die sich an die periodischen Entwicklungsvorgänge knüpfen, noch heute ein Tummelplatz schroff widerstreitender Meinungen. Allerdings liegen die Beweise bereits klar dafür vor, daß die in der freien Natur periodisch verlaufenden Entwicklungsprozesse bei niederen Pflanzen, Algen und Pilzen im notwendigen Zusammenhange mit ihrer Um- gebung stehen. Aber diese Tatsachen, wie viele andere, die bei höheren Pflanzen bereits festgestellt worden sind, haben noch nicht die Vorstellung beseitigt, nach der die Entwickelungsprozesse der höheren Pflanze wesentlich allein von ihrer erblichen Struktur be- stimmt werden. Diese Annahme ist gerade durch das Verhalten der tropischen Bäume anscheinend gestützt worden, seitdem Treub, Haberlandt (1893) und besonders Schimper (1898) nachgewiesen hatten, daß solche Bäume in einem ziemlich gleichmäßigen warmen und feuchten Klima periodisch wachsen und ruhen. In einer Arbeit von 1911 habe ich auf Grund meiner Be- obachtungen und Versuche in Buitenzorg den Nachweis geführt, daß die Periodizität durch äußere Einwirkungen verändert werden kann, und daraus die Folgerung gezogen, daß sie überhaupt von der Außenwelt abhängig ist. Als dann Volkens (1912) seine wichtigen Beobachtungen aus Buitenzorg ausführlich veröffentlichte und meine Auffassung zurückwies, habe ich 1912 einige Resultate meiner Versuche mit tropischen Pflanzen in Heidelberg bekannt l^ber Wachstum und Euhe tropischer Bauinarten. 735 gemacht. Sie zeigten zwei wesentliche Ergebnisse: 1. es gibt eine ganze Anzahl Tropenpflanzen: Kräuter, Stauden, Sträucher, Bäume, die ein ganzes Jahr ununterbrochen fortw^achsen — es waren 8 verschiedene Arten. Ich kann noch drei andere hin- zufügen: Blechnum hrasüiense als Vertreter der Farngruppe, ferner Lantana camara, ein in Java überall verbreiteter Strauch, und der ebenfalls dort gemeine Phyllanthus piilcher. 2. es gibt Tropenpflanzen, die als ältere Bäume in Java monatelang ruhen, als jüngere Pflanzen entweder ständig das ganze Jahr wachsen oder nur im Zusammenhang mit der geringen Lichtintensität eine Zeitlang in unserem Winter ruhen. Aber auch diese Tatsachen haben den Glauben an eine be- stimmte erbliche Periodizität nicht erschüttern können, wie aus den Arbeiten von Drude (1913), W. Magnus (1913) u. a. her- vorgeht. In der neuesten Arbeit von Simon (1914) findet man wieder ein reiches Material von Beobachtungen, die das periodische Verhalten zahlreicher Tropeubäume in Java schildern. Die von mir festgestellten Tatsachen werden nicht näher berücksichtigt, mein Erklärungsversuch wird abgewiesen, und an seine Stelle tritt wieder die erbliche Periodizität. Aus den Arbeiten von Schimper, Volkens, Simon lernen wir kennen, daß tropische Bäume im Klima von Westjava ab- wechselnd wachsen und ruhen. Ferner erfahren wir, daß das Treiben resp. die Ruhe in keinem erkennbaren Znsammenhang mit Licht, Feuchtigkeit und Temperatur steht. Es ist schon heute klar, daß es auf dem Wege, den diese Forscher beschritten haben, aussichtslos ist, eine Erklärung der Periodizität zu geben. Das Ergebnis ist auch in dieser Beziehung rein negativ. Simon ist keinen Schritt weiter gekommen als Schimper, nur daß die Zahl der Einzelfälle sehr vermehrt worden ist. Ich habe schon mehrfach hervorgehoben, daß diese Annahme einer erblichen Peri- odizität nur auf unzureichender Kenntnis der Beziehungen von Pflanze und Außenwelt beruht, daß sie auch unter diesen Um- ständen keinen Erklärungswert besitzt — eine Auffassung, die Volkens (1912, S. 142) eigentlich auch teilt. Die Frage nach dem Wesen der Periodizität bleibt genau so offen, als wenn man sagen würde, wir kennen die Gründe der Periodizität nicht. Man kann nun ganz vorurteilsfrei das Problem in Angriff nehmen, indem man einfach festzustellen versucht, wie das Wachstum der Sprosse tropischer Pflanzen unter bekannten und ygg Georg Klebs, dabei vielfach veränderten Bedingimg-en verläuft. Auf diesem Wege ist es wirklich möglich, die Reaktionsweisen der gegebenen spezifischen Struktur einer Pflanze im Verhältnis zur Außenwelt zu erkennen. Je weiter diese Kenntnis fortschreitet, um so besser wird man dann auch später das Verhalten unter den Bedingungen der freien Natur verstehen lernen. Aus diesem Grunde habe ich seit Sommer 1911 die Unter- suchungen an tropischen Pflanzen, besonders Baumarten, konse- quent weiter geführt. Im Laufe der Jahre habe ich mit zahlreichen Pflanzen gearbeitet mit sehr verschiedenem Resultat, weil nicht jede Tropenpflanze sich unter den Bedingungen meines Gewächs- hauses immer gut entwickelt. Aber gerade eine Anzahl der Arten, mit denen ich bereits in Buitenzorg experimentiert hatte, haben sich als geeignet erwiesen. Wegen des beschränkten Raumes, der der Abhandlung zur Verfügung steht, bespreche ich nur eine kleine Anzahl der Versuchspflanzen. Das Instituts-Gewächshaus, das aus einer kühleren und einer wärmeren Abteilung besteht, liegt nach Süden. Im Sommer sind bei dem hohen Sonnenstande die Beleuchtungsverhältnisse sehr gut, an sonnigen Tagen mußten während der heißen Stunden Schatten- decken angewandt werden; zugleich wurde stark gelüftet. Im Winter dagegen war die Lage uiclit gut, weil ])ei dem niedrigen Sonnen- stande gegenüberliegende Häuser den Zutritt der Sonne nur wenige Stunden gestatteten. Das Gewächshaus wurde im Winter wie Sommer geheizt. Als Beispiel für die Temperaturverhältnisse gebe ich die Zahlen für das Jahr 1913, die auf den täglichen Messungen mit Hilfe eines Maximum -Minimum -Tliermometers beruhen (siehe Tab. 1). Die für das Wachstum sehr entscheidenden Minimum-Tempe- raturen bewegten sich zwischen 19 — 20" in den Wintermonaten, 21 — 24" in den Sommermonaten. Die Feuchtigkeit der Luft war im ganzen Winter sehr hoch, am Tage 70 — 80 "/o, in der Nacht 80 — 95°/o; während des Sommers konnte sie bei starker Lüftung am Tage zeitweilig bis auf 50 — 60 "/o sinken, während sie in der Nacht 80— 95"/o betrug. Die Pflanzen wurden zum Teil frei in einen Erdhügel gesetzt — eine Methode, die sich sehr bewährt hat. Ich benutzte mit wenigen Ausnahmen die Tablette, die auf der Südseite lag. Die Wurzeln verbreiteten sich vielfach in den Nachbarhügeln., so daß auch hier ein Konkurrenzkampf um die Nährsalze zwischen benach- über Wachstum und Ruhe tropischer Baumarten. 737 barteu Pflanzen eintrat. Die Erde verändert sich mit der Zeit, namentlich im Winter bei der großen Feuchtigkeit, bei der die Cyanophyceen sehr gut gedeihen. Von Zeit zu Zeit wurde die Erde aufgelockert und gewöhnlich im Herbst und Frühling bei möglichster Schonung der Wurzeln durch frisch gedüngte Erde ersetzt. Tabelle 1. Temperaturen in der warmen Abteilung des Instituts- Gewächshauses im Jahre 1913 in C". Monat Durchschnitts- Mittleres Mittleres Absolutes Absolutes Temperatur Maximum Minimum Maximum Minimum Januar . 24 27,1 20,9 30,6 15,9 Februai 24,2 28,7 19,7 35,4 17,3 März 25,5 30,4 20,6 38,7 18,7 April 26,5 32,3 20,8 39,8 17,6 Mai. 28,6 35,6 21,7 42,6 19,4 Juni 3U 36 23,8 42 20,5 Juli. 29,.-) 35,9 23,1 44,2 20,4 August 28,8 35,6 22,1 45,2 18,2 September . 25,9 30 21,8 39,5 19,4 Oktober . 25,2 29,7 20,7 33,4 19 November . 28,4 27,1 19,7 30,6 18,5 Dezemb er . 21,9 24,5 19,3 31,2 14,4 Ich bestimmte in erster Linie das Wachstum durch tägliche Messungen der Blätter. Ich maß die Blätter durch Anlegung eines Millimeterstabes. Bei Blättern von Terminalia, Theohroma lassen sich die Messungen genau genug ausführen, der Fehler beträgt nicht mehr wie +1 mm. Dagegen bei den stark geteilten Blättern, z. B. von Älbizda, Fithecolobium steigt der Fehler auf + 2 mm. Für die Zwecke meiner Untersuchung ist die Genauig- keit ausreichend, die wesentlichen Resultate würden nicht ver- ändert werden bei genaueren Wachstumsmessungen. Die Messungen wurden täglich am Morgen ausgeführt, im Sommer zwischen 8^/2 und 9 ühr, im Winter zwischen 9 und 9V2 Uhr. Eine Unterbrechung erfuhren die Messungen gewöhnlich durch eine Beise im April und August (1912 auch im September, 1914 keine Unterbrechung). Vor der Reise wurden die letzten jungen Blätter bezeichnet, nach der Reise das Resultat des Zuwachses Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 47 ygo Georg Klebs, bestimmt. Bei den näher besprocheneu Pflanzen findet in den genannten Monaten stets das Wachstum statt; die eigentlich kri- tische Zeit ist wegen des Lichtmangels der Winter. Da die Angaben der täglichen Messungen viel zu umfangreich sind, so werde ich mich im folgenden auf gewisse Resultate, die sich auf das Blattwachstum beziehen, beschränken. Ich gebe die Zahl in Tagen an, die das Blatt von einer gemessenen Anfangs- größe bis zu seiner Endgröße gebraucht hat. Ich berechne daraus die durchschnittliche Zuwachsgröße pro Tag — eine Zahl, die eine gute Vorstellung von den verschiedenen Wachstumsgrößen , z. B. zu verschiedenen Zeiten des Jahres gibt. Terminalia vatcippa (Fig. 1, S. 740) (Combretaceae). Dieser in Java einheimische und überall kultivierte Baum ist an seinem ursprünglichen Standort nahe der Meeresküste höchstens für eine Woche blattlos (Koorders und Valeton IX, S. 26). Im Garten von Buitenzorg erfolgte nach den Beobachtungen von Yol- kens (1912, S. 13) an 20 Bäumen ein starker Laubabfall Ende Februar bis Mitte März, worauf durch Treiben der Knospen die neue Belaubung entstand. Ende Juli wurde das Laub wieder rot, und nach den Beobacbtungen von Smith, die Volkens an- führt, warfen die Bäume zum zweiten Male ihre Blätter ab und belaubten sich darauf von neuem. Ich konnte im Winter 1910/11 feststellen, daß ein 13aum des Gartens von Ende Dezember bis Mitte Februar völlig ruhte; die Entblätterung eines Zweiges am 7. XII. 10 hatte keinen Erfolg (Klebs, 1912, S. 261). Terminalia ist auch von Simon (1914, S. 88 — 90) untersucht worden. Abgesehen von mancherlei Verschiedenheiten bei den ein- zelnen Individuen bestätigte Simon die Beobachtungen von Vol- kens. Teils im Januar, teils im Februar oder März warfen die Bäume ihr Laub ab und trieben ziemlich gleichzeitig die neuen Blätter aus. Über ein zweites Treiben wird nichts berichtet. Da- gegen gibt Wright (1905, S. 441) an, daß Terminalia zweimal im Jahre in Ceylon das Laub abwirft und dann treibt, das erste Mal Januar bis Februar, das zweite Mal August bis September. Im Winterhalbjahr 1910/11 standen mir in Buitenzorg eine Menge Topfexemplare von Terminalia zur Verfügung. Sie waren etwa zweijährig und seit der Keimung nicht umgepflanzt. Das über Wachstum und Ruhe tropischer Baumarten. 739 Verhalten war sehr charakteristisch. Die meisten Exemplare gingen nach der Bildung einiger neuer Blätter zur Euhe über oder ruhten gerade, als ich sie untersuchte. Ich konnte die Ruhe beseitigen, indem ich die alten Blätter entfernte oder ihr Abfallen durch Ver- dunkelung bewirkte (Klebs, 1911, S. 35). Nach einiger Zeit des Wachstums gingen die Exemplare von neuem zur Buhe über, konnten aber wieder durch Entblätterung zu einer neuen Blatt- bildung veranlaßt werden. Diese jüngeren Topfpflanzen verliielten sich demgemäß ganz anders als die älteren Bäume des Gartens. Ich gebe die Beobachtungen an den beiden Exemplaren, die ich nach Heidelberg schickte und hier weiter untersuchte. Pflanze I. An diesem Exemplar hatte ich aus anderen Gründen eine halb- seitige Ringelung (1 cm) gemacht, die übrigens in einigen Wochen verheilte. Es war die einzige Pflanze unter zwölf, die bei sehr langsamem Wachstum keine Ruhe zeigte; als Beispiel gebe ich die Messungen zweier Blätter. AnfanjjTS- End- Zuwachs Zeit Zuwachs Datum der Beobachtung^! „ , . große grölse lu cm in Tagen pro Tag 12. XL 10 bis 11. 1. 11 2,6 — 13,9 = 11,3 60 0,2 18. XII. 10 ., 7.11.11 1 — 13,9 = 12,9 51 0,23 Pflanze IL Am 27. X. 1910 hatte die Pflanze 7 Blätter, das jüngste von 2 cm Länge: bis zum 3. I. entwickelten sich 3 neue Blätter: 31. X. 10 bis 6. XII. 10 2 —14,5 = 12,5cm; 36 Tg.; pro Tg. 0,3cm 28. XI. 10 ., 22.XIL10 2 —13,8 = 11,8 „ ; 24 „ ; „ „ 0,5 „ lO.Xn.lO ,, 3. 1.11 1,8—12,4 = 10,6 ,. : 24 „ : „ ., 0,4 „ Das jüngste Blatt w^uchs seit dem 22. XII. nicht weiter; am 3. I. war die Pflanze ganz in Rulie. Am 3. I. wurde sie ent- blättert; am 11. I. traten 3 junge Blätter hervor: 5,6; 3,6; 2,6 cm lang. Sie entwickelten sich bis zum 7. IL zu Längen von 14,9; 18,8; 12,6 cm, dazu kamen 3 neue Blätter. Die Pflanzen wurden dann in einen Ward sehen Kasten gepflanzt und reisten darin nach Heidelberg. \) Da die Tabellen iu der ganzen Arbeit nach dem gleichen Schema gemacht worden sind, wiederhole ich diese Bezeichnungen nicht mehr. 47* 740 Georg Klebs, Zur Orientierung über die Blattgröße gebe ich einige Messungen der Gesamtlänge an den Blättern von Topfpflanzen sowie einiger Blätter eines erwachsenen Baumes: Durchschnitts- 1 20 Blätter Topfpflanzen 17,2 cm, Min. 13,8, Max. 23,6 I 7 .. älterer Bäume 27,5 „ „ 22 „ 32 länge Pflanze I in Heidelberg. Ende April 1911 wurde die Pflanze in einen Topf mit neuer Erde gesetzt; sie begann ein kräftiges Treiben, das im Mai und Fig. 1. Tenninalia catappa. Pflanze aus Buitenzorg, 24. VI. 1911 frei im Gewächshaus (Heidelberg) ausgepflanzt, 11. X. 1911 in finen Topf gesetzt. Am 11. VII. 1912 photogr.; V20- Juni fortging. Am 24. VI. 1911 wurde sie in einen Erdhügel im Gewächshaus frei ausgepflanzt. Täglich wurde das Blattwachstum gemessen, d. h. die Länge von der Stielbasis bis zur Spitze: 30. AT:. llbislS. Vn. 11 7,2— .34,4 = 27, 2 cm; 8Tg.; pro Tg. 1,5cm 4.^TI. 11 „ 16. ^^I.ll 3,8—29,4 = 25,6 7.Vn. 11 „ 22. Vn.ll 2,1—34,6 = 32,5 9. VII. 11 „ 26. Yll.n 1,4—34,6 = 33,2 14. vn.ll „ 29. ^TI.ll 1,2—33,3 = 32,1 17.Vn.ll „ 2.VIIL11 1,2—29,4 = 28,2 14 )5 r 55 55 1,8 15 5? T 5? 55 2,1 17 n 1 55 55 2 15 1' 5 55 55 2,1 16 55 5 5) 55 1,8 über Wachstum und Ruhe tropischer Baumarteii. 741 Der Sommer 1911 war wegen der langen Zeit sonniger Tage sehr günstig' für die Tropenpflanzen, günstiger als die Regenzeit in Java. Die Blätter waren sogar größer als an dem erwachsenen Baum in Buitenzorg; der tägliche Zuwachs übertraf den der Topf- pflanzen in Buitenzorg (0,2 — 0,5) um das 4 — 10 fache. Am 9. Till, wurde das letzte jüngere Blatt bezeichnet, am 11. IX. der Zuwachs im August bestimmt. Es hatten sich in der Zeit 4 bereits fertige und 4 jüngere Blätter entwickelt. Außerdem hatten sich die im Juli angelegten zwei Seitensprosse sehr stark gestreckt, es war ein 3. (26 cm) entstanden mit einem sekundären Trieb von 31,3 cm. Die Hauptachse war um 12 cm verlängert. Es begannen die täglichen Messungen: ll.IX. llbis 24.IX. 11 6,5— 31,4 = 24,9 cm; 13Tg.: pro Tg. 1,9cm 11. IX. 11 „ 29. IX. 11 3,1—37,6 = 36,5 ,, : 18 „ : „ „ 1,9 „ Leider war das Gewächshaus zu niedrig für die stark gestreckte Pflanze, ich mußte am 11. X. 1911 sie fortnehmen und in einen Topf setzen, der tiefer gestellt wurde. Trotz großer Vorsicht beim Umpflanzen wurde das Bäumchen etwas welk, das Wachstum stand für 6 Tage still, setzte dann wieder ein: 17. X. bis 29. X. 7—21,7 = 14,7 cm; 12 Tg.; pro Tg. 1,2 cm. Die beiden nächsten Blätter wuchsen aber seit dem 29. X. nicht mehr: der Hauptsproß trat in Buhe ein. Einer der Seitensprosse zeigte noch Wachstum bis zum 13. XI.; dann ruhte das ganze Bäumchen. Ich entblätterte den Seitenzweig am 13. XI., sein jüngstes Blatt fing bald darauf an zu wachsen und verlängerte sich von 3,1 cm bis 6,7, d. h. um 3,6 cm in 25 Tagen; pro Tag 0,14 cm. Es entstand außerdem ein junger Seitensproß, dessen erstes Blatt bis zum 29. XII. sich um 2,1 cm verlängerte (pro Tag 0,15 cm). Ende Dezember bis Anfang Januar wurden die Blätter gelb und fielen ab: An den Seiten- sprossen blieben die jüngeren Blätter erhalten und wuchsen weiter. Blätter der Seitensprosse: 30.XIL 11 bis 20. 1.12 8,2—15 = 6,8 cm: 21 Tg.: pro Tg. 0,3 cm 2. 1.12 „ 9.n.l2 2,4—22,1 = 19,7 „ ; 38 „ : „ „ 0,5 „ 23. 1.12 „ 12.n.l2 3,9—21,8 = 17,9 „ ; 20 „ ; „ „ 0,9 „ Mit steigender Lichtmenge nahm das Wachstum deutlich zu. Mitte Januar begann der Hauptsproß nach einer Ruhezeit von 2V2 Monaten neue Blätter zu bilden. •742 Georg Klebs, 16. 1.12 bis 9. 11.12 4 — 28,9 = 24,9 cm; 24 Tg.; pro Tg. 1 cm 29. 11.12 .. 18. III. 12 3,5—25,5 = 22 „ ; 18 „ : „ „ 1,2 „ 7.III.12 „ 30.in.l2 2,6—27,7 = 25,1 „ ; 23 „ : „ „ 1,1 „ Ende März fielen die letzten älteren Blätter ab, das Bäumchen war frisch belaubt. Während des Aprils bildete der Hauptsproß 4 große fertige Blätter, alle Seitensprosse hatten 3 oder 4 neue Blätter entfaltet: 7. V. 12 bis 15. V. 12 7,8—29,1 = 21,3 cm: 8 Tg.; pro Tg. 2,1 cm 6. V. 12 „ 22. X. 12 2,2—29,5 = 27,3 „ ; 16 .. ; „ „ 1,7 „ 16. V. 12 .. 1. VI. 12 4,3— 32.3 = 28 „ : 16 „ : „ „ J,8 „ Das jüngste Blatt, 1,6 cqi laug, wuchs vom 16. VI. ab nicht mehr, der Hauptsproß ruhte, bis am 1. VII. das Blatt sein Wachstum wieder aufnahm, während gleichzeitig neue Blätter er- schienen. Dagegen entwickelten sich die Seitensprosse ohne Buhe bis zum Ende des Versuches am 20. VII. 1912. Die Pflanze I hatte, als Ganzes betrachtet, vom Mai 1911 bis Juli 1912 ununterbrochen Wachstumserscheinungen gezeigt. Der Hauptsproß hatte nach der Versetzung in einen Topf eine längere Buheperiode von 2 V/2 Monaten durchgemacht zur Zeit der gering- sten Lichtmenge, dann eine kurze Ruheperiode von 14 Tagen, gerade zur Zeit größter Lichtuienge. Zur weiteren Prüfung dieses Verhaltens diente die zweite Pflanze. Pflanze IL Diese Pflanze (s. S. 739) war ebenfalls nach ihrer Reise von Java im April 1911 in frische Erde gesetzt worden, sie wuchs darin den ganzen Sommer, genaue Messungen wurden zu dieser Zeit nicht augestellt. Am 11. November 1911 wurde sie frei in einen Erdhügel des Gewächshauses gesetzt und täglich gemessen: 16. XI.llbisl2.XILll 2,9— 27,6 = 24,7 cm: 26 Tg.: pro Tg. 0,9 cm 20.XIL11 2,1-29,2 = 27,1 „ ; 24 „ ; „ „ 1,1 „ XILll 3,9-31,2 = 27,3 „ : 23 „ ; „ „ 1,2 „ L12 2,7—26,8 = 24,1 „ ; 29 „ ; „ „ 0,8 „ L12 2,6—26,6 = 24 .. : 31 „ ; „ „ 0,8 „ L12 1,8—26,6 = 24,8 „ ; 29 „ : „ „ 0,8 „ IL 12 2 -34,5 = 32,5 „ : 31 „ ; „ „ 1 „ IL 12 2,5-31,9 = 29,4 „ ; 27 „ ; „ „ 1,1 „ n.l2 2,2-39,7=37,5 „ : 26 „ ; „ „ 1,4 „ IIL12 3,8—38,5 = 34,7 „ ; 19 „ ; „ „ 1,8 „ 26. XL 11 .. 20. 2. XILll „ 25. 7. XILll „ 15. 22. XILll ., 22. 29. XILll „ 27. 8. L12 „ 8. 20. 1.12 ,. 16. 2. U.12 „ 28. 17. n.i2 ,, 7. über Wachstum und Ruhe tropischer Baumarten. 743 21. IL 12 bis 10. III. 12 4,4—36,4 = 32 cm ; 18 Tg. pro Tg. 1 ,8 cm 1 7 24. 11.12 „ 16. in.l2 2,9—38,4 = 35,5 „ ; 21 4. ni.l2 „ 22. III. 12 2,4—35,4=^33 „ : 18 „ : „ „ 1,8 „ 9. III. 12 „ 25. III. 12 3 —42,5 = 38,5 „ ; 16 „ : „ „ 2,4 „ 12. III. 12 „ 29. III. 12 3,4—39 =35,6 „ ; 17 „ ; „ „ 2,1 „ 15.111.12 „ 30. III. 12 3,3—31,8 = 28,5 „ : 15 „ : „ „ 1,9 „ 19. ni.l2 „ 31. III.12 3,5—32,9 = 29,4 „ ; 12 „ ; „ „ 2,3 „ Diese zweite Pflanze, die frei ansgepflanzt worden war, hatte die kritische Zeit der geringen Lichtmenge im Winter ohne zu ruhen überstanden; der Hauptsproß war ununterbrochen ge- wachsen nur mit starker Yeriangsamung November bis Januar, während im Februar mit steigender Lichtmenge das Wachstum lebhafter wurde. Die Pfhinze II hatte auch im Gegensatz zu I keinen Laub- abfall im Winter gezeigt, abgesehen von ganz vereinzelten un- periodisch abfallenden Blättern, Im Laufe des Aprils 1912 entstanden 5 ausgewachsene und einige jüngere Blätter. Sehr kräftig entwickelten sich die Seitensprosse, 4 an der Zahl (Länge = 38, 38, 36, 29,5 cm), dazu 3 kleinere, alle wurden entfernt, um die Breitenausdehnung einzuschränken. Neue tägliche Messungen: 1. Y. 12 bis 11. V. 12 6,7—34 = 27,3 cm: 10 Tg.; pro Tg. 2,7 cm 8. V. 12 „ 19. V. 12 7,4—39,5 = 32,1 4,3—28 = 23,7 4,7—38,6 = 33,9 7,1—35,9 = 28,8 3,7-36 =32,3 2,6—41,9 = 39,3 12 9. V. 12 11. V. 12 18. V. 12 20. V. 42 31. V. 12 9.Y1. 12 19.VL 12 V. 12 V. 12 V. 12 Yl. 12 VI. 12 11 V ? 77 77 2,9 11 « > 7' 77 2,1 14 57 7 77 77 2,4 12 .. : „ 77 2,4 13 ;) 7 57 7? 2,5 17 !) 7 77 77 2,3 11 77 7 77 57 2,9 14 .^.^ 71 77 2 19. 22. 25. 30. 2. 17. 20. VL 12 11,6—43,4 = 31,8 3.YII. 12 5,8—34,5 = 28,7 Die Pflanze befand sich in kräftigster Entwicklung zur Zeit der größten Lichtmenge: ein Vergleich des Wachstums zur Zeit geringerer Lichtmenge zeigt es unmittelbar: Durchschnittslänge der Blätter: Nov. bis Jan. = 29,3 cm, Mai „ Juni = 36,8 „ Durchschnittszuwachs pro Tag: Nov. bis Jan. = 0,9 „ Mai .. Juni = 2,4 „ in. 25,6, „ 28 Max. 34,5 „ 44,4 „ 0,8 ,7 2 77 1,2 „ 2,9 744 Georg Klebs, Auch die Bildung- von Seitensprossen ging- sehr lebhaft vor sich, sie wurden bis auf 2 entfernt. Im Juli 1912 war das Bäumchen wieder zu groß für das Gewächshaus geworden, ich mußte es in einen Topf setzen am 10. VII, nachdem es länger als ein Jahr ununterbrochen gewachsen war. Die Messungen selbst erstreckten sich auf 8 Monate. Die Versetzung war mit einer starken Verletzung der Wurzeln verbunden: innerhalb 3 Tagen warf die Pflanze ilire älteren Blätter ab. Doch begann das Wachstum bereits am 18. VII. und ging fort während der Monate August bis September. Es wurde fest- gestellt, daß der Hauptsproß in dieser Zeit 11 neue Blätter ge- bildet hatte, daß ferner 4 neue Seitensprosse, 2 mit sekundären Zweigen, entwickelt worden waren. Die weiteren Messungen er- gaben : 4. X. 12 bis 23. X. 12 1,7—38,4 =-- 36,7 cm; 19 Tg.: pro Tg. 1,9 cm ll.X. 12 „ 30. X. 12 5,3—42,5 = 37,2 „ ; 19 „ ; „ „ 1,9 „ ll.X. 12 „ 31. X. 12 3,8—39,2 = 35,4 „ ; 20 „ ; „ „ 1,7 „ 20.X. 12„ 6. XL 12 11,3— 36,4 = 25,1 „ ; 17 „; „ „ 1,5 „ Während das Wachstuui im Oktober noch ziemlich lebhaft war, hörte es mit dem 7. Nov. auf. Sowohl der Hauptsproß wie auch die Seitensprosse ruhten bis 4. L, d. li. ca. 2 Monate. Die Pflanze verhielt sich also in frei ausgepflanztem Zustand den Winter vorher ganz entgegengesetzt wie als Topfpflanze in diesem Winter, sie zeigte das gleiche Verhalten wie die Pflanze I im Topf, nur daß bei dieser einige Seitensprosse ein kümmerliches, durch Entblätterung etwas befördertes Wachstum aufwiesen. Im Laufe des Oktobers fielen auch einige Blätter ab. Anfang Januar be- gann erneutes Wachstum. 4. L 13 bis 23.L13 5,5—27,8 = 22,3 cm: 19 Tg.: pro Tg. 1,3 cm 4.L13 ., 23.L13 4,7—24,2 = 19,5 „ ; 19 „ : „ „ 1 „ 9. L13 ,, 24. L13 6,6—20,2 = 13,6 „ ; 15 „ ; ,, „ 0,9 „ Das jüngste Blatt des Hauptsprosses wuchs seit dem 16. I. nicht mehr, der Vegetationspunkt ruhte bis 5. IL ca. 14 Tage. 5. n. bis 23. n. 4 —25,5 = 21,5 cm; 18 Tg.; pro Tg. 1,2 cm 5. IL „ 26. IL 3,6-29,5 = 25,9 „ ; 21 „ ; „ „ 1,2 „ 10. IL „ l.m. 4,2—38,5 = 34,3 „ ; 19 „ ; „ „ 1,8 „ 8. in. „ 22.IIL 3,8—27 = 23,2 „ ; 14 „ ; „ „ 1,7 „ über Wachstum und Ruhe tropischer Bauinarten. 745 Vom 22. III. bis 30. IV. 1913 entstanden 5 neue Blätter; außerdem hatten sich 3 Seitensprosse entwickelt (Länge = 27, 26,8, 23,5) mit je 5 Blättern. Diese Sprosse wurden entfernt: 1. V. 13 bis 23. V. 13 2,8-40,5 = 37,7 cm; 22 Tg.: pro Tg. 1,7 cm 1. V. 13 „ 25. V. 13 2,3—41,8 = 39,5 3. V. 13 „ 30. V. 13 4,5—34,9 = 30,4 26. V. 13 „ 23. VI. 13 3,2—36,6 = 33,4 26. V. 13 „ 24. VI. 13 2,5—29,7 = 27,2 ;24 ;i7 ; 28 : 29 1,6 1,8 1,2 0,9 Das Vv'achstum nahm deutlich ab, der Hauptsproß trat in eine Ruhe von 10 Tagen ein, während die Seitensprosse weiter wuchsen. So wuchs ein Blatt eines solchen vom 2. VI. bis 1. Vni. von 2,4 auf 32,1 cm (pro Tag 1 cm). Anfang Juli begann der Hauptsproß wieder sein Wachstum: 10. VII. bis 31. VII. 3 —30,6 = 27,6 cm; 21 Tg.; pro Tg. 1,3 cm 15. Vn. „ 5. VIII. 3,9—30,2 = 26,3 „ ; 21 „ ; „ „ 1,2 „ Während des Augusts bildete der Hauptsproß 3 neue Blätter, dazu einen neuen Seitentrieb mit 4 Blättern. Ein älterer Seiten- sproß hatte im August 4 neue Blätter entfaltet. Das Wachstum ging fort bis zum 13. September und hörte dann auf, obwohl der September sehr sonnig war. Die Lichtabnahme konnte nicht die Ursache der Ruhe sein. Da die Pflanze über ein Jahr in dem Topf mit der gleichen Erde intensiv gewachsen war, so konnte Nährsalzmangel der Grund für die frühe Ruhe sein. Ich ent- fernte vorsichtig die alte Erde und ersetzte sie durch neue am 18. X. Im Laufe des Oktobers fand ein starker Laubab- fall statt. Nach einer Ruhezeit von IV2 Monaten (Seitensprosse ruhten auch) begann das Wachstum am 3. November, also zu einer Zeit sehr ungünstiger Lichtmenge, veranlaßt durch die neue Erde. 3. XI.13bis24. XL13 2,9— 22,4 = 19,5cm; 21Tg. 6. XL 13 „ 14.XIL13 2 —32,8 = 30,8 17.Xn.l3 ., 12. L14 5,5—27,5 = 22 17.Xn.l3 „ 17. 1.14 3,4—28 =24,6 3. L14 „ 17. L 14 14,9— 27,7 = 12,8 3. L14 „ 19. 1.14 13,1—24,8 = 11,7 Am 21. I. 1913 trat bei dem Hauptsproß Ruhe ein, während die Seitensprosse weiter wuchsen. Das jüngste Blatt des Haupt- 21 Tg. pro Tg 0,9 cm 38 „ V 5) 0,8 „ 26 „ » V 0,8 „ 31 „ ?? n 0,8 „ 14 „ » V 0,9 „ 16 „ « V 0,7 „ 746 Georg Klebs, Sprosses hatte bis 13. I. eine Läng:e von 5 cm erreicht nnd blieb unverändert bis 31. 1. 1914 (Ruhezeit 18 Tage). Dann erfolgte wieder Wachstum: 31. I.14bis 1.111.14 5,3—9,4= 4,1 cm; 28 Tg.: pro Tg. 0,15 cm 11.111.14 „ 30.III.14 2,7—20,8 = 18,1 „ : 19 „ ; „ „ 0,9 „ ll.in.l4 ,. 31.III.15 1,4—24,5 = 23,1 „ ; 20 „ ; „ „ 1,1 „ Im Laufe des Aprils entstanden 5 bis zum Ende des Monats ausgewachsene Blätter und 2 jüngere: 29. IV. 14 bis 17. V. 14 2,8—29,5 = 26,7 cm: 18 Tg.: pro Tg. 1,5 cm 2 ' «I ii 11 1)1 8 11 ', 11 11 2,D 6. V. 14 „ 2. VI. 14 1,8—32,1 = 30,3 27. V. 14 „ 4. VI. 14 8,9—30 =21,1 27. V.14 „ 13. VI, 14 3,5—31,2 = 27,7 ,. ; 17 „ : „ „ 1,6 „ Das Wachstum des Hauptsprosses stand wieder still. Das jüngste Blättchen am 12. VI. 1 cm bUeb unverändert l)is 21. VI. — eine Ruhezeit von 9 Tagen. Dann ging das Wachstum l)is zum Winter ununterl)rochen weiter: 22. VI. 14 bis 7. VII. 14 1,4— 31,5 = 30,1cm: 15Tg.;proTg.2 cm 2. VII. 14 „ 21. VII. 14 2,5- -37,9 = 35,4 )i 19 11 11 11 1,8 17. VII. 14 „ 31. VII. 14 4,2- -34,4 = 30,2 11 14 11 W 11 2,1 19. VII. 14 ., 3. VIII. 14 5,4- -33,1 = 27.7 V 14 11 11 11 2 5. VIII. 14 „ 23. VIII. 14 6,1- -32,2 = 26,1 r ; 18 11 1 « 11 1,4 20. VIII. 14 „ 11. IX. 14 3,2- -23,3 = 20,1 » ; 22 11 11 V 0,9 26. VIII. 14 „ 17. IX. 14 6,4- -27,5 = 21,1 11 ; 21 11 1 11 )i 1 16. IX. 14 „ 2. X.14 6,7- -34,2 = 27,5 V ; 16 11 11 11 1,7 20. IX. 14 „ 10. X.14 5,8- -34.4 = 28,6 V ; 20 » 11 11 1,4 3. X.14 „ 20. X.14 14,2- -39 = 24,8 11 ; 17 11 1 « 11 1,7 9. X.14 .. 16. XI. 14 4,3- -21,4 = 17,1 11 : 38 7' • V 5? 0,4 Vom 17. XI ab fand kein Wachstum mehr statt, das Bäumchen ging zur Winterruhe über. Da die Messungen an dem Bäum- chen II am 11. XL 1911 begonnen hatten, so war das Wachstum an ihm während drei Jahre beobachtet worden. Es fällt auf, daß die Zuwachsgröße während der Monate Juli, August, September sehr ungleich war, viel schwankender als bei den früheren Messungen. Man muß dabei berücksichtigen, daß die Pflanze wieder ein volles Jahr in der gleichen Erdmenge in- tensiv gewachsen war. Infolgedessen mußte der Nährsalzgehalt schon relativ erschöpft sein, und deshalb mußte der Konkurrenz- kampf der Hanpt- und Seitenspross^ eine wichtige Rolle spielen. Solange die Pflanze frei ausgepflanzt war, wuchsen auch die Seiten- rber AVachstiuii und Euhe tropischer Baumarten. 747 sprosse sehr lebhaft. Im Topf war das Verhältnis geändert. Während der kurzen Ruhezeiten des Hauptsprosses wuchsen Seitensprosse weiter: Andererseits ruhte einer oder der andere von ihnen, während der Hauptsproß wuchs. Genauer verfolgte ich das Verhalten der Seitensprosse in den Monaten Juni bis November 1914. Ich beobachtete das Wachstum an drei Seiten- sprossen von 4, die ich überhaupt hatte stehen lassen. Ich bezeichne sie mit A, B und C : A und B sind Seitentriebe des Hauptsprosses, C ein solcher von A. Seitensproß A. Er war während der kurzen Ruhezeit des Hauptsprosses im Juni fortgewachsen. 14. VI. bis 29. VI. 3,8—27,3 = 23,5 cm; 15 Tg.; pro Tg. 1,6 cm. Dann ruhte er, da das jüngste Blatt von 30. VII. bis 13. VII. (13 Tage) unverändert blieb. Es folgte eine Zeit des Wachstums: 14. \^I. bis 31. VII 2,5—29,6 == 27, 1 cm; 17 Tg.; pro Tag 1,6 cm. Das folgende Blatt wuchs vom 25. VII. bis 6. VIII. nur von 2,7 bis 3 cm und ruhte dann vollständig bis 9. IX (also ca. 1 Monat)! erneutes Wachstum: 10. IX. bis 4. X. 3,3—22,1 = 18,8 cm; 24 Tg.: pro Tg. 0,8 cm 16. IX. „ 14. X. 3,1—35,5 = 32,4 „ ; 28 „ ; „ „ 1,1 „ Dann trat Ruhe ein: das jüngste Blatt ruhte bereits vom 7. X. ab bis zum 26. X. (19 Tage). Vom 27. X. ab begann erneutes Wachstum, ging aber nur bis zum 4. XI. weiter, worauf Winter- ruhe eintrat. Seitensproß B. Sein Blattwachstum ging ebenfalls während der Ruhezeit des Hauptsprosses fort in der ersten Hälfte des Juni. Messungen vom 17. VI: 17. VI. bis 3. Vn. 6,9—34,8 = 27,9 cm; 16 Tg.; pro Tg. 1,7 cm 7. VII. „ 31. ^^I. 1,6—37,7 = 36,1 „ ; 24 „ ; „ „ 1,5 „ Dann ruhte das Wachstum; das jüngste Blatt 1,9 cm blieb unverändert vom 27. VII. bis 8. VIIL, 12 Tage. 9. VIIL bis 29. VIIL 3 —26,5 = 23,5 cm; 20 Tg.; pro Tg. 1,1 cm 21. VIIL „ 7. IX. 5,6—25,7 = 20,1 „ ; 17 „ ; „ „ 1,2 „ 24. Vm. „ 10. IX. 4 —15,9 = 11,9 ., ; 17 „ ; „ ,, 0,7 ,. 12. IX. „ 5. X. 2 —32,7 = 30,7 „ ; 23 „ ; „ „ 1,3 ,. 16. IX. „ 10. X. 4,3—24,7 = 20,4 „ ; 24 „ ; „ „ 0,8 „ 748 Georg Klebs, Das folgende Blatt war in der ersten Zeit nicht gemessen worden, es erreichte am 22. X. seine Endgröße von 32 cm, das Wachstum hörte auf. Das nächste Blatt 2,2 cm ruhte bis in den Winter hinein. Seitensproß C (Seitentrieb von A). Seit Anfang Juli war dieser Zweig im Wachstum begriffen: 9. Vn. bis 28. VII. 4,5—27,4 = 22,9 cm; 19 Tg.; pro Tg. 1,2 cm 25. vn. „ 4. VIII. 8,6—30,7 = 22,1 „ ; 10 „ ; „ „ 2,2 „ l.VIII. „ 21. VIII. 2,8—28 =25,2 „ ; 20 „ ; „ „ 1,2 „ Dann ruhte das Wachstum, das jüngste Blatt (1,4 cm) blieb unverändert vom 21. VIII. bis 9. IX. C19 Tage): dann streckte es sich: 10. IX. bis 30. IX. 2—28,2 = 26,2 cm; 20 Tg.; pro Tg. 1,3 cm es folgten 3 neue Blätter, eines wurde zufällig verletzt, die beiden anderen wurden gemessen: 3. X. bis 13. X. 14,2—22 = 7,8 cm; 10 Tg.; pro Tg. 0,8 cm 11. X. „ 4. XL 2,4—35,0 = 33,1 „ ; 24 „ ; „ „ 1,4 „ Dann trat vom 4. XI. Winterruhe ein. Das periodisch wechselnde Verhalten der Seitensprosse wird viel deutlicher hervortreten, wenn ich die beobachteten Zeiten kurz zusammenstelle. Dabei will ich als Ruheperiode diejenige Zeit bestimmen, die von dem Aufhören des Wachstums des letzten Blattes bis zum merklichen Wachstum des folgenden jüngsten Blattes verläuft, obwohl dieses sich schon eine Zeit vorher in Ruhe befand. Für die Seitensprosse A und B begann die Messung im Juni, für C erst im Juli 1914. Ruhezeit Wachstumszeit Hauptsproß 31. 1. 14 bis 13. VI. 14 4V2M. 14. VI. bis 21. VI. 7 Tg. 22. VI. 14 ., 16. XI. 14 4V4 „ 17. XI. Winterruhe. Seitensproß A 14. VI. 14 bis 29. VI. 14 15 Tg. 30. vn. bis 13. VII. 13 Tg. 14. VII. 14 ., 6. VIII. 14 23 „ 7. VIII. „ 9. IX. 33 Tg. 10. IX. 14 ., 14. X. 14 34 „ 15.x. „ 27.x. 12 Tg. 27. X. 14 „ 4. XI. 14 8 „ 5. XI. Winterruhe. über Wachstum imd Ruhe tropischer Bauniarteu. 749 Seitensproß B 17. YI. 14 bis 31. VII. 14 44 Tg. 9. Vni. 14 „ 22. X. 14 74 „ 1. YIU. bis 8. Vlll. 7 Tg. 23.x. Wintemihe. Seitensproß C 9. VII. 14 bis 21. Vin. 14 43 Tg. 22. Vin. bis 9. IX. 19 Tg-. 10. IX. 14 „ 4. XL 14 55 5. X. Winterruhe. Aus dieser Tabelle erkennt man, in welchem Maße die ein- zelnen Sprosse mit Ruhe und Wachstum abwechselten. Die Peri- oden waren sowohl für den gleichen Sproß (z. B. A) sehr ungleich an Länge wie auch für die 3 Seitensprosse untereinander. Diese ruhten auch vielfach zu verschiedenen Zeiten. Temperatur. Feuch- tigkeit der Luft und Lichtmenge waren für das ganze Bäumchen gleich. Die Gründe für das Verhalten von Haupt- und Seiten- sprossen können nur in dem Boden liegen. Der Topf wurde regelmäßig und reichlich mit Wasser versehen: es ist nicht gerade wahrscheinlich, daß das zugeführte Wasser dem Bäumchen nicht gentigt hätte; aber bei den zahlreichen großen Blättern könnte immerhin die durch den Stamm zugeführte begrenzte Masse Wasser eine gewisse Rolle gespielt haben. In erster Linie wird aber die begrenzte und relativ bereits erschöpfte Nährsalzmenge der über ein Jahr alten Topferde die Entscheidung geliefert haben. Diese Nährsalzmeuge mußte sich auf die verschiedenen Vegeta- tionspunkte der Sprosse verteilen. Am stärksten beansprucht der Hauptsproß die Nährsalze; nur für kurze Zeit wurde er zur Ruhe verurteilt. Was er übrig ließ, fiel dem Konkurrenzkampf der Seitensprosse anheim, der aus dem Hin- und Herschwanken von Ruhe und Wachstum deutlich hervorgeht. Vorhin wurde mehrfach bemerkt, daß ich Seitensprosse erster und auch zweiter Ordnung entfernte; ich ließ im ganzen nur vier von ihnen stehen. Die Zalü der Seitensprosse war sehr verschieden in den Zeiten sehr intensiven Wachstums im frei ausgepflanzten Zustand und in den Zeiten des Lebens im Topfe. Im ersten Jahre vom 11. XI. 11 bis 11. VH. 12 (8 Monate) hatte ich 22 Seiten- sprosse entfernt, 3 stehen lassen — im ganzen waren es 25. In den 27 Monaten des Topflebens (11. VE. 12 bis 11. XI. 14) ent- fernte ich 20 Seitensprosse und ließ einen stehen — 21 in Summa. Daraus ergibt sich, daß das Bäumchen im Topf in gleicher Zeit 750 '^ßoi'g ^i^P*' (8 Monate) clurchscliuittlich etwa viermal wenig-er Sprosse g-ebildet hatte als frei ausg-epflanzt. Nachdem das Bäumchen II Mitte November zur Ruhe über- gegangen war, wurde es am 30. XI. aus dem Topf genommen, in dem es ein volles Jahr gewachsen war. Das Wurzelsystem wurde durch Wasserspülung von der alten Erde befreit und in neue ver- setzt. Einer der längeren Seitentriebe wurde gleichzeitig entfernt. Die Pflanze ertrug das Einpflanzen sehr gut, ohne zu welken. Am 8. XII begann der Hauptsproß merkbar zu wachsen, er trieb im Laufe des Dezembers zur Zeit der geringsten Licht- menge 6 neue Blätter^). Aus den Messungen ergibt sich das wesentliche Resultat, daß der Vegetationspunkt einer Terminaiia catappa wie derjenige zahl- reicher anderer Pflanzen die Potenz zu einem ununterbrochenen Wachstum besitzt. Frei ausgepflanzt, unter günstigen Boden- bedingungen wächst die Spezies sogar fort in der kritischen Zeit geringster Lichtmenge unseres Winters. Die Wachstumsgröße, gemessen durch die Endgrciße der Blätter und die durchschnittliche tägliche Zuwachsgrciße ist zur Winterszeit wesentlich geringer als zur Zeit der größten Lichtmenge im Sommer. Sobald aber die Pflanze sich in einem Topf mit begrenzter Erdmenge befindet, zeigt sie in unserem Klima einen ausgesprochenen Wechsel von Wachstum und Ruhe. Wir können dabei zweierlei Formen der Periodizität unterscheiden: 1. Längere Ruheperiode zur Zeit geringster Lichtmenge. Pflanze I ruhte im Winter 11/12 am Hauptsproß, von Ende Oktober bis Mitte Januar ca. 2S'2 Monate. Pflanze 11, die im Winter 11/12 frei ausgepflanzt, ständig fort- wuchs, ruhte im Topf, Winter 12/13, von Anfang November bis Anfang Januar 2 Monate. Aber im folgenden Jahre verhielt sich die Pflanze etwas anders, sie ruhte bereits im Winter 13/14 von Mitte September bis Anfang November IV2 Monate. Bei dieser Ruhe, September — Oktober kann die geringe Licht- menge allein nicht entscheidend gewesen sein, sondern diese frühe Ruhe muß zugleich durch die starke Erschöpfung des Bodens hervor- gerufen worden sein. Dafür spricht auch die relativ frühe Aufhebung 1) Nachtrag bei der Korrektur. Die Pflanze wuchs ununterbrochen den ganzen Januar 1915, ohne die kurze Ruheperiode zu dieser Zeit wie 1913 und 1914 zu zeigen; sie verhielt sich in dieser Beziehung wie im Januar 1912. über Wachstum und Kulie tropischer Baumarten. 751 der Eulie bei noch sehr ungünstiger Lichtnienge im November, das weitere Wachstum sogai" im Dezember — eine unmittelbare Folge des Ersatzes der alten Erde durch neue, frisch gedüngte am 18. X. Der Beweis für die Richtigkeit dieser Auffassung ergab sich aus dem Verhalten der Pflanze im dritten Winter. Kaum war sie bis November in der alten Erde zur Ruhe gekommen, als sie am 30. XI in neue Erde versetzt wurde. Die Folge war neues Wachstum im Dezember, ebenso im Januar 1915. Wir erkennen daraus, daß die beiden wichtigsten Faktoren: Licht (C-Assimilation) und Nährsalze in richtigem Verhältnis zusammenwirken müs- sen, um Wachstum zu bewirken und daß sowohl die quanti- tative Verminderung des einen als auch die des anderen Faktors zur Ruhe führen muß (Klebs, 1914, S. 68). 2. Kurze Ruheperioden des Hauptsprosses. Die am längsten untersuchte Pflanze II zeigte solche kurzen Ruhezeiten und zwar in den beiden aufeinander folgenden Jahren ziemlich zu gleicher Zeit. 24. I. 13 bis 5. IL 13 11 Tage, 24. VI. 13 bis 4. VI. 13 11 Tage, 21. L 14 l)is' 31. I. 14 10 Tage, 13. VI. 14 bis 22. VL 14 9 Tage. Eine wirkliche Erklärung für den Zeitpunkt und die Dauer der Ruhe weiß ich nicht zu geben. Der Gedanke, daß hier viel- leicht doch „Nachwirkungen" von der Mutterpflanze her mitgewirkt hätten, muß deshalb von vornherein abgewiesen werden, da die gleiche Pflanze, so lange sie frei ausgepflanzt war, keine Spur einer solchen Periodizität aufwies ^t. Dieses Verhalten trat doch nur bei begrenzter Nährsalznienge auf und war zugleich mit der Er- scheinung verbunden, daß withrend der Ruhezeit des Hauptsprosses die Seitensprosse gerade wuchsen. Das Bäumchen als Ganzes wnichs, abgesehen von der Winterruhe (s. vorhin), ununterbrochen fort. Andererseits zeigen während des Wachstums des Haupt- sprosses die Seitensprosse einen auffallenden Wechsel von Ruhe und Wachstum, der aus dem Konkurrenzkampf um die begrenzte Nährsalzmenge zu verstehen ist (s. S. 749). Vergleichen wir jetzt mit den gegebenen Resultaten die Be- obachtungen von Volkens in Buitenzorg, von Wright in Ceylon, nach denen Terminalia zweimal im Jahre kurze Zeit treiben und sonst ruhen soll, so ergibt sich allerdings eine außerordentliche 1) Vgl. Anmerkung S. 750. 17^2 Greorg Klebs, Verschiedenheit des Verhaltens. Es gibt, soweit ich die Sache übersehen kann, keine andere Möglichkeit als anzuerkennen, daß das Verhalten in Biiitenzorg oder Ceylon nur aus dem Verhält- nis der Bäume zu dem bestimmten Klima und Boden jener Tropengebiete zu verstehen ist. Niemals aber kann das Verhalten in den Tropen, das nur einen Einzelfall unter anderen möglichen Fällen darstellt, der Ausdruck einer erblich fixierten und von der Außenwelt unabhängigen Periodizität sein, wie das noch neuerdings von Simon trotz aller meiner Einwände und Nachweise so be- stimmt behauptet wird. Theohroina cacao (Fig. 2) (Sterculiaceae). Nach den Beobachtungen von Smith (1909, S. 274) treibt der Kakaobaum im Klima von Ceylon fünfmal im Jahr. Anders ver- hielten sich einzelne Bäume in Buitenzorg nach den Untersuchungen von Volkens (1912, S. 65). An einem Baum zeigten sich einzelne treibende Sprosse am 13.1.; 14.11.; 28.11.; 16. VI.; I.V.; 10. V.; 13. VI. Am 20. Juni stellte sich ein allgemeines Treiben ein, bei dem die überwiegende Zahl der Endknospen und ein Teil der Seitenknospen in wenigen Tagen (?) ihre Blätter ausbildeten. Wie Sir de Moncey Volkens mitgeteilt hat, trat ein zweites all- gemeines Treiben am 4. Oktober ein. Ich beobachtete im Winter 10/11 in Buitenzorg eine Anzahl junger Keimlinge (Aussaat vom 10. VIII. 10), die meist zu 4 — 6 in einem Topf standen und kümmerlich aussahen. Diejenigen Pflänzchen, welche ruhten, reagierten auf Entblätterung mit der Bildung neuer Blätter. Ein Topf mit 4 Keimlingen wurde am 26. XII. 10 mit 0,05 °/o Knoplösung begossen, sie standen unter einer Veranda vor Regen geschützt. Am 2. I. 11 waren bei einem Exemplar die ersten neuen Blätter bemerkbar, von denen das eine bis zum 9. I. eine Länge von 14,7 cm erreichte. Währenddessen hatten auch die anderen Exemplare neu getrieben, sie wurden am 7. n. in den Wardschen Kasten gesetzt, um nach Heidelberg zu reisen. Einen anderen Topf stellte ich am 27. X. 10 dunkel; die Blätter fielen ab. Am 12. XI. hell gestellt, entwickelten die Exem- plare neue Blätter, bis am 25. XII. Ruhe eintrat. Ich entblätterte die Pflanzen am 13. I., und am 19. I. zeigten sich bereits die neuen Blätter. Wir sehen hier ein mit Terminalia übereinstimmendes tJber Wachstum und Ruhe tropischer Baumarten. 753 Verhalten der ärmlich ernährten Topfpflanzen, indem sie ab- wechselnd treiben und ruhen. Aus der Ruhe konnten sie durch Entblätterung oder durch Knopsche Lösung zu neuem Treiben ver- anlaßt werden. Von den nach Heidelberg gesandten Exemplaren wurden zwei im Laufe der nächsten Jahre genauer untersucht. Fig. 2. Theobroma cacao. Junge Pflanze aus Buitenzorg, 19. VII. 1911 frei ausgepflanzt im Gewächshaus Heidelberg, 5. X. 1912 in einen Topf gesetzt; photogi'.; Vis- Pflanze L Sie wurde am 11. VII. 1911 frei ausgepflanzt in das Gewächs- haus in einem Zeitpunkt, wo sie gerade im Treiben begriffen war. Wie Volkens (1912, S. 65) hervorhebt, werden die Blätter ge- wöhnlich in Schüben von je 4—5 ziemlich gleichzeitig angelegt. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 48 754 Georsr Klebs, Nach der Beendig-img des Wachstums soll eine notwendige Ruhe eintreten. Ich bestimmte die Gesamtlänge der Blätter von der Basis des kurzen Stieles bis zur lang ausgezogenen Spitze der Spreite. Zuerst tritt zwischen den schmalen Nebenblättern ein hellgrünes lineales Blättchen hervor, das sich dann abwärts krümmt und das bald den Unterschied von Stiel und Spreite erkennen läßt. Die Spreite biegt sich nach unten, so daß sie einen scharfen Winkel mit dem Stiel macht. In der ersten Zeit wachsen beide Teile, bis dann der Stiel zuerst sein Wachstum beendet. Die Spreite, noch lange durch ihre lichtgrtine Farbe ausgezeichnet, beendet schließ- lich ihr Wachstum und wird dunkler grün. Das letzte Blatt des vorhergehenden Blattschubs endigte sein Wachstum am 14. VII. Der neue Schub begann sofort sich zu zeigen. 17.Vn.llbis31. VII. 11 0,9— 25,5 = 24,6 cm; 14 Tg.; pr. Tg. 1,7cm 20.VIL11 „ l.VIII.ll 1,7—25,3 = 23,6 „ ; 12 22.^^1.11 ,. 2.^aiT.ll 1,3—24,9 = 23,6 „ ; 11 25.VII.11 „ 3.VIII. 11 1,9—21,5 = 19,6 „; 9 26.Vn.ll „ 3.VIIL 11 1,2—20,3 = 19,1 „; 8 28.VII.11 „ 7.VIII. 11 1,2—16,7 = 15,5 „ ; 10 1,9 .. 2.1 „ 2.2 „ 2.4 „ 1.5 „ Innerhalb des Schubes bemerkt man eine langsame Abnahme der Blattgröße, dagegen bis auf das letzte Blatt eine Zunahme der Zuwachsgröße. Am 7. bis 9. VIII. erschienen 3 neue Blätter; bis 10. IX. hatten sich 6 fertige Blätter entwickelt, während das eine bis zum 15. IX. zu einer Länge von 20,9 cm heranwuchs. Unterdessen trat ein neuer Schub hervor: 17. IX. 11 bis 6.x. 11 1,1—32,1 = 31 cm 19. IX. 11 „ 6.x. 11 1,3— 39,6 = 38,3 „ 19. IX. 11 „ 9.x. 11 1,2— 35,4 = 33,3 „ 21. IX. 11 „ 9.x. 11 1,5—29,4 = 27,9 „ 25. IX. 11 ,, 10. X. 11 1,7—30 =28,3 „ Das 6. Blatt wurde nicht täglich gemessen es erreichte eine Länge von 28,1 cm. Infolge der Erstarkung der ganzen Pflanze war die Blattgröße im September gegenüber dem Juli gestiegen. Das 7. Blatt, zufällig verletzt, wurde beiseite gelassen. Es ent- stand Mitte Oktober ein neuer Blattschub von 7 Blättern, von 19 Tg. pr. Tg. 1,6 cm 17 „ „ 5, 2,2 „ 20 „ 1 7 18 „ » » 1,5 5, 15 „ 1 9 „ 11 ^1"^ 11 über Wachstum und Euhe tropischer Baumarten. 755 0. n. n 21. II 10. n. ,5 25. II 14. II. „ 27. n 4. m. „ 28. m. 4. m. ,5 28. m. 14. m. „ 30. III 18. m. n 30. III ; 13 Tg.; ; 14 5, , ; 16 „ , ; 15 5, , ; 13 5, , ; 24 » , ; 24 » , ; 16 „ , ; 12 M , pr. Tg. denen aber nur 2 gemessen wurden, da 3 verletzt wurden, 2 ver- kümmerten. 25. X. 11 bis 11. XI. 11 4,8—37,4 = 32,6 cm; 17 Tg.; pr. Tg. 1,9 cm 2. XL 11 „ 19. XI. 11 2,4—35,8 = 33,4 „ ; 17 „ ; pr. „ 2 „ Am 19. XL trat Ruhe ein bis 6. XIL = 17 Tage. Am 6. XL begannen deutlich 2 neue Blättchen zu erscheinen, sie vertrockneten in einigen Tagen. Am 10. XII. trat das 3. hervor, das am 30. XII. abfiel. Das 4. erschien am 30. XIL, das 5. — 7. am 9.1. Eines der Blättchen wuchs vom 5. I. bis 22. I. von 1,5 cm auf 8,2 cm, (pro Tag 0,4 cm). Am 13. I. zeigten sich das 8. — 10. Blättchen, die auch später vertrockneten. Der Vegetationspunkt des Sprosses starb Ende Januar ab, in Verbindung mit dem Treiben von 3 neuen Seitensprossen, von denen der eine gemessen wurde. Die Achse streckte sich vom 2. IL bis 21. LT. von 1 cm auf 15 cm; ihre Blatt- anlagen entwickelten sich normal, aber nicht in einem Schub, sondern nacheinander. 3. IL bis 21. n. 4,1— 25,7 = 21,6 cm; 5. n. „ 19. n. 2,2—25,3 = 23,1 1,7—33,9 = 32,2 2,2—27,7 = 25,5 2,2—23,6 = 21,4 0,5—36,2 = 35,7 0,7—29,8 = 29,1 1,1—28,3 = 27,2 1 —24 = 23 Die beiden anderen Seitensprosse ebenso me 2 neu entstehende wurden entfernt; am 29. III. fielen weitere Blätter ab. Im Laufe des Aprils hatte der jetzige Hauptsproß 4 neue Blätter und 6 neue Seitensprosse mit jungen Blättern entwickelt. Die Seitensprosse wurden bis auf einen wieder entfernt. Am Haupt- sproß beendete das letzte Blatt sein Wachstum am I.V., an dem Seitensproß ging es weiter bis 3. V. Es folgten neue Blätter. Hauptsproß: 0,9—20,4 = 19,5 cm; 2,3—20,9 = 18,6 1,5—20,8= 19,3 1,5—19,4=: 17,9 1 —23,5 = 22,5 1,4—20,2 = 18,8 48^ 1,6 cm 1,6 5, 2 « 1,7 „ 1,6 „ 1,5 » 1,2 » 1,7 „ 1,9 5, 8. V. bis 23. V. 16. V. „ 27. V. 17. V. „ 30. ^T[. 2.VL „ 13. VI. 7. VI. 5, 21. AT 14. VI. n 28. VI. 15 Tg. pr. Tg. 1,3 cm 11 „ „ 1,7 „ 13 „ „ 1,5 „ 11 „ « 1,6 „ 14 „ ., 1,5 „ 14 „ „ 1,3 „ 756 Georg Klebs, Seitensproß: 5. VI. bis 22. VI. 0,6—28,1 =27,5 cm; 17 Tg. pr. Tg. 1,6 cm 15. VI. „ 26. VI. 2,4—23,3 = 20,9 „ ; 11 . 1 9 11 11 ^1^ 11 25. VI. „ 10. vn. 1,2-22,2 = 21 „ ; 15 „ 1 4 11 11 ■'-5^ 11 28. VI. „ 13. \LL 1,1—24,6 = 23,5 „ ; 15 „ 11 11 1,6 11 Im Juni entwickelten sich neue Seitensprosse in den Achseln der älteren. Seit Ende Juli wurden keine Messungen mehr gemacht, nachdem die Pflanze ein volles Jahr mit Ausnahme einer Ruhepause von 17 Tagen ununterbrochen gewachsen war. Die Pflanze wurde im Oktober, wo sie noch lebhaft trieb, in einen Topf gesetzt, sie starb später ab. Pflanze IL Diese ebenfalls aus Buitenzorg stammende, etwa zweijährige Pflanze war sehr klein geblieben, sie hatte eine Länge von 20 cm und trug 7 Blätter. Am 5. Oktober 1912 wurde sie frei ausgepflanzt; am 11. X. wurde das erste Blättchen sichtbar, dem bis 20. X. zwei andere folgten. Die Blättchen wuchsen etwas, vertrockneten aber bis 9. XL Es trat genau der gleiche A^organg ein wie bei Pflanze I zur Winterszeit, nur mit dem wichtigen Unterschied, daß die Pflanzen überhaupt nicht ruhte. Unaufhörlich entstanden kleine neue Blättchen, die etwas wuchsen und dann abstarben. Am Hauptsproß entstanden langsam nacheinander bis 9. XII. zehn junge Blatt- anlagen, dann starb der Vegetationspunkt ab. Es entwickelten sich Seitensprosse, von denen einige nach Bildung einiger Blättchen ab- starben und durch neue (im Januar) ersetzt wurden. Von diesen wurde der stärkste genauer in seinem Wachstum verfolgt. Im Laufe des Dezembers fielen einige wenige alte Blätter ab. Am 18. IL \\airde die alte Erde des Hügels vorsichtig entfernt und durch neue ersetzt. Im Februar entfalteten sich einige der angelegten Blätter. 3. 11.13 bis 21. 11.13 2,2— 13,3= 11,1 cm: 18 Tg.; pr. Tg. 0,6 cm 22. IL 13 „ 22. III. 13 0,5— 6,8 = 6,3 ,. ; 28 „ ; „ „ 0,2 „ Im Laufe des Aprils entwickelten sich 4 Seitensprosse zu kräftig beblätterten Trieben, ich ließ im Mai nur einen als künf- tigen Hauptsproß stehen, dessen Blätter gemessen wurden: 17. V. 13 bis 27. V. 13 0,9— 9 = 8,1 cm; 10 Tg. 17. V. 13 „ 24. V. 13 2,2—10,9 = 8,7 „ ; 7 „ 28. V. 13 „ 2. VL 13 4 —10,8 = 6.8 „ ; 5 „ pr. Tg. 0,8 cm 1 9 r> 11 -^1^ 11 1 S » n ■■■)" 11 1. VL 13 „ 13. YI. 13 0,6— 9,2 = 8,6 „ ; 12 „ ; „ „ 0,7 über Wachstum und Ruhe tropischer Baumarten. 757 11. VI. 13 bij ;20. VI. 13 2,2- -12,9 = 10,7 cm 9 Tg. pr. Tg. 1,2 cm 18. VI. 13 « 26. VI. 13 1,8- -11,5= 9,7 „ ; 8 „ , „ „ 1,2 » 21. VI. 13 „ 4. vn. 13 1,1- -14,3 = 13,2 „ ;13 „ „ „ 1 « 27. Yl. 13 5, 11. vn. 13 0,9- -14,5 = 13,6 „ ,14 „ „ „ 0,9 „ 30. Yl. 13 „ 15. VII. 13 0,7- -16,2 = 15,5 „ ; 15 „ » „ 1 ,5 4.T[I. 13 „ 22. vn. 13 0,6- -13,5 = 12,9 „ , 15 „ „ » 0,8 „ 16.VII. 13 „ 26. VII. 13 3,1- -14,6 = 11,5 „ ;io „ , „ „ 1,1 „ 27.VII. 13 „ 9.\T:II. 13 0,8- -21,1 = 20,3 „ 12 „ » „ 1,7 „ 30. Vn. 13 „ 10.\ail. 13 1,2- -22,8 = 21,6 „ ;ii „ „ „ 1,9 » 31.Vn. 13 „ lo.vm. 13 1,1- -18,8 = 17,7 „ ,11 „ „ „ 1,7 „ Vergleicht man diese Werte mit jenen, die bei Pflanze I zur gleichen Sommerszeit, allerdings in dem günstigeren Sommer 1911, beobachtet wurden, so erkennt man, daß die Pflanze II weniger kräftig wuchs. Die Blätter waren deutlich kleiner, der tägliche Zuwachs geringer. Im Laufe des Augusts wurde das Wachstum lebhafter, die Blätter erreichten größere Längen. Es waren im August 7 Blätter fertig ausgebildet (2 davon Ende Juli angelegt). Ihre Längen = 18,6; 26,9; 27,7; 26,4; 23,6; 21,2; 19,1. Hier trat die Zunahme, dann Abnahme der Größe innerhalb eines Blattschubes deutlich hervor. Dazu kamen 4 im Wachstum begriffene Blätter. Die Hauptfrage war, wie die Pflanze sich im Winter verhalten würde. Zunächst entfalteten sich die Blätter normal: 10. IX. bis 19. IX. 13 0,9— 28,8 = 27,9 cm: 0,9—27,1 = 26,2 ,, 1,1—18,1 = 17 ., 1,2—21,2 = 20 „ 0,7—20,1 = 19,4 „ 1,1—30,3 = 29,2 „ 1,7—35,5 = 33,8 „ 0,7—25,8 = 24,1 -, 0,9—19,2 = 18,3 „ 1,3—28,5 = 27,2 „ 0,9—25,3 = 24,4 „ 1,2— 5,4= 4,2 „ 0,7— 2,5 = 1,8 „ Während in den Monaten September und Oktober noch leb- haftes Wachstum der Blätter stattfand, die übrigens nicht in regel- mäßigen Schüben, sondern sukzessive angelegt wurden, nahm 11. IX. „ 28. IX. 13 17. IX. „ 4. X. 13 19. IX. „ 6. X. 13 25. IX. 5. X. 13 30. IX. „ 20. X. 13 6. X. n 23. X. 13 7. X. w 25. X. 13 12. X. „ 29. X. 13 19. X. „ 3. XI. 13 23. X. „ 9. XL 13 10. XL 11 22. XI. 13 10. XL „ 22. XI. 13 9' rg.; pr. Tg. 2,1cm 17 „ , „ „ 1,5 „ 17 „ , „ „ 1 „ 17 „ , „ 5, 1,2 „ 10 „ 11 „ 1,7 „ 20 11 11 „ 1,4 „ 17 11 „ „ 1,9 „ 18 „ „ „ 1,4 „ 17 „ „ « 1 „ 15 „ „ „ 1,8 „ 17 „ 5, „ 1,6 „ 12 „ „ „ 0,3 „ 12 « „ „ 0,15,, ygg Georg Klebs, es mit dem November infolge der Abnahme der Lichtmeng-e stark ab. Jetzt begann wieder der Kampf der Pflanze mit dem Nach- teil der zu geringen Lichtmenge. Unaufhörlich legte der Vege- tationspunkt neue Blätter an, die nach geringer Verlängerung ab- starben und abfielen. Ich erwähne kurz die Termine des Er- scheinens und die Zahl der Blättchen. 3. XL 3; 24. XL 3; 26. XL 3; 27. XI. 1; 6. XIL 2; 8. XIL 3; 10. XU. 2; 14. XH. 1; 21. XII. 1; 24. XII. 3 — im ganzen 22 Blätter im November und Dezember. In diesen Monaten fand auch ein stärkerer Laub- abfall statt, indem langsam nacheinander 25 alte Blätter abfielen. Von Ende Dezember ab wurde das Wachstum der jungen Blätter ein wenig stärker: 27. Xn. 13 bis 18. L 14 1,3—19,3 = 18 cm; 22 Tg.; pr. Tg. 0,6 cm andere Blattanlagen fielen frühzeitig ab. 18. L bis 8. IL 0,9— 22,5 = 21,6 cm; 21 Tg.; pr. Tg. 1 cm 21. L „ 8. IL 1 —25,5 = 24,5 „ ; 18 „ ; „ „ 1,4 „ 22. L „ 9. n. 1 —22,5 = 21,5 „ ; 18 „ ; „ „ 1,2 „ 3 andere Blättchen fielen bis 12. IL ab. 13. IL bis 1. in. 0,9— 25,8 = 24,9 cm; 16 Tg.; pr. Tg. 1,5 cm 14. IL „ l.m. 1,1-17,8 = 16,7 „ ; 15 „ ; „ „ 1,1 „ Am 2 . in. traten 2 Blättchen auf, die später abfielen. 12. III. bis 30.111. 0,6— 31,1 = 30,5 cm; 18 Tg.; pr. Tg. 1,7 cm 15. III. „ 31. III. 1,2—34,8 = 33,6 „ ; 16 „ ; „ „ 2,1 „ 15. iil. „ 31. III. 0,8—31,6=30,8 „ : 16 „ ; „ „ 1,9 „ Im Laufe des Aprils 1914 entwickelten sich 6 neue kräftige Blätter; noch lebhafter wurde das Wachstum im Sommer: 2. V. bis 17. V. 14 1,3— 27,4 = 26,1 cm; 15 Tg.: pr. Tg. 1,6 cm 4. V. „ 20. V. 14 1,4—23,7 = 22,3 9. V. „ 23. V. 14 1,3—24,9 = 23,6 . 27. V. „ 18. R^14 0,9—51,1 = 50,2 9. Yl. „ 20. Yl. 14 2 —42,2 = 40,2 . 9. VI. „ 20. VI. 14 2 —33,3 = 31,3 , 9. VL „ 20. VI. 14 1,6—31,7 = 30,1 11. VI. „ 21.^T:. 14 1,3—27,2 = 25,9 11. VL „ 22. Yl. 14 1,2—24,6 = 23,4 15. VI. „ 23. VL 14 2,7—22 = 19,3 16 « j 51 5' I54 14 51 ? 55 55 1,7 22 ?? ) 55 55 2,2 11 « ? 55 55 3,6 11 ?1 ? 55 55 2,8 11 « > 55 35 2,7 10 ,, ; 55 55 2,6 11 ?? ? 55 55 2,2 8 5? 3 55 55 2,4 über Wachstum und Ruhe tropischer Bauuiarteii. 759 Die Pflanze war im intensivsten Treiben begriffen, in einem Grade, wie es auch bei Pflanze I nicht beobachtet worden war. Die Länge eines Blattes erreichte 50 cm, der durchschnittliche tägliche Zuwachs den Wert von 3,6 cm. Das Wachstum ging ununterbrochen weiter. Am 23. VI. zeigte sich das erste Blättchen eines neuen Schubes, der bis zum 14. VII. vollendet war; die Länge der aufeinanderfolgenden Blätter = 27,2: 36,3; 39,3; 30,9; 29; 29; 19,8 cm. Am 13. VH. sah ich das erste Blättchen des nächsten Schubes, es wurden wieder 7 Blätter angelegt, von denen aber nur 4 zur Entfaltung gelangten. Länge am 31. VIL = 35,8; 22,2; 23,8; 13,1. Der Sproß hörte mit seinem Wachstum auf im Zusammenhang damit, daß seit 23. VII. 3 Seitensprosse an ihm sich stärker ent- wickelten, von denen ich nur einen stehen ließ. An dem sich langsam streckenden Triebe entstanden im August sukzessive 16 neue Blätter, von denen sich aber nur die ersten 8 zu ansehn- licher Länge streckten: 25,7; 26,1; 28,8; 23,6; 24,2; 26,1; 25,8. Das Wachstum nahm nach dem 8. Blatte ab, die Blätter erreichten bis zum 9. IX. eine Länge von 7,6; 7,7; 4,4; 4,5; 2,4; 2.2 cm und vertrockneten bald. Gleichzeitig erfolgte ein auffallend lebhaftes Treiben von neuen Seitensprossen; an dem letzten Trieb entstanden im August 8 neue Triebe, im September wuchsen auch die Kjiospen an den älteren Trieben hervor. Möglicherweise hing diese Tätigkeit damit zu- sammen, daß ich im August die Erde mehrere Male mit Dung- wasser (Taubenkot seit längerer Zeit mit Wasser angesetzt) be- goß. In dieser Zeit starker Sproßbildung, d. h. vor allem der Streckung der Achsen wird korrelativ die Ausbildung der Blatt- anlagen in hohem Grade behindert, da der Zustrom der Nährstoffe zu ihnen sehr eingeschränkt ist. Ich nahm am 11. IX. die meisten Seitensprosse fort. An der Spitze des obersten Triebes entstanden Mitte September 8 Blätter, die bis zum 30. IX. nur geringe Längen erreichten und abfielen. Erst die vom 2. X. ab gewachsenen Blatt- anlagen entfalteten sich zum großen Teil normal. Gleichzeitig trieb der Sproß nahe der Spitze einen neuen Trieb mit sukzessive ent- stehenden 7 Blättern, die im Laufe des Oktobers zu kräftiger Aus- bildung gelangten. An der ganzen Pflanze waren Mitte Oktober 9 Sprosse in Blattbildung begriffen. Die Pflanze II hatte vom 5. Oktober 1912 bis Ende Ok- tober 1914, also volle 2 Jahre, ununterbrochen getriebe n IQQ ' Georg Klebs, Theodroma cacao treibt in Ceylon nach Smith 5 mal im Jahr, in Java nach Volke ns 2 mal allgemein, in einzelnen Zwischen- zeiten nur an 'gewissen Zweig'systemen. Junge Topfpflanzen in Buitenzorg zeigten im Winterhalbjahr abwechselnd Treib- und Euheperioden ; sie ließen sich aus der Ruhe zum Treiben durch Entblätterung oder durch Ncährsalzlösung erwecken (s. S. 752). Ganz anders verhielten sich die jungen aus Buitenzorg stammen- den Pflanzen im Gewächshaus in Heidelberg. Bei Pflanze I un- unterbrochenes Wachstum während eines Jahres mit Ausnahme einer Ruhezeit von 17 Tagen im November; bei Pflanze II un- unterbrochenes Wachstum von 11. X. 1912 bis Ende Oktober 1914, also volle 2 Jahre. Folglich existiert in der spezifischen Struktur der Iheohroma keine Einrichtung dafür, daß nach einem vorher- gehenden Wachstum notwendig Ruhe eintreten müsse. Wenn tat- sächlich Ruhepausen z. B. in den Tropen erfolgen, so muß der Grund in den besonderen Außenbedingungen liegen. Im Vergleich zu Terminalia fallen bei Theohroma zwei Unter- schiede auf. Diese Art vermag nicht zur Zeit geringster Licht- menge in unserem Klima (genauer gesagt, in dem bestimmten Ge- wächshaus von Heidelberg) ihre Blätter zur normalen Ausbildung zu bringen. Sie erzeugt unaufliörlicli junge Blätter, die im No- vember, Dezember sehr frühe abfallen. Ferner besteht bei den Vegetationspunkten der Sprosse der Theohroma die Neigung, nach einigem sehr verschieden langem Wachsen abzusterben ; sie werden durch Seitensprosse ersetzt — ein Vorgang, der bei einheimischen Bäumen, Linde usw., die Regel ist — . Dieses Absterben erfolgt besonders zur Zeit geringster Lichtmenge; es wurde aber auch beobachtet im Sommer in Verbindung mit sehr intensiver Bildung von Seitensprossen. Die ziemlich gleichzeitige Bildung von Blättern in einem Blatt- schube (Volkens) ist für Theohroma charakteristisch — aber wie jedes andere Merkmal gebunden an bestimmte äußere Bedingungen, durchaus nicht notwendig unter allen Umständen eintretend. Die Blattschübe traten in Heidelberg am ausgeprägtesten im Sommer ein, wenn die Streckung der Blätter sehr lebhaft war, diese relativ sehr groß wurden. Die starke Längenzunahme, bei der viel Nahrungssubstanz in Anspruch genommen wurde, hält möglicher- w^eise die jungen Blattanlagen zurück, so daß diese sich erst strecken können, w^enn das Wachstum des Blattschubes abnimmt. Daraus w^ürde sich auch das Verständnis für die andere Art der über Wachstum und Euhe tropischer Baujiiarten. 761 Blattbildung ergeben, bei der die Blätter ganz sukzessiv wie bei den meisten einheimischen Bäumen entstehen. Wir bemerken dieses langsame Nacheinander in der Entstehung während des ganzen Winters, in dem die Blattstreckung sehr stark gehemmt ist, ferner während des Frühjahrs, in dem die Blattstreckung noch relativ langsam vor sich geht, schließlich auch im Sommer für den Fall, daß die Streckung der Äste sehr lebhaft ist, die dann eine gewisse Hemmung auf die Entwicklung ihrer Blätter ausübt. Alhizzia stiptildta (Mimosaceae). Dieser Baum ist nach Koorders (K. u. V. I, S. 305) in Java besonders in Mitteljava mit deutlich periodischem Klima verbreitet. Er steht zur Zeit des trocknen Ostmonsuns (unserer Sommerzeit) monatelang kahl. Nach Simon (1914, S. 107) ruhten größere Exemplare in Buitenzorg zwischen Januar und Juli etwa 2 bis 3 Monate ; die einzelnen Individuen trieben zu verschiedenen Zeiten von April bis Juli. In Ceylon steht nach Wright (1905, S. 499) die Art 9 — 21 Tage blattlos im Februar und treibt darauf neue Blätter. Ganz entgegengesetzt verhielten sich die jungen Exemplare, die ich in Buitenzorg Winter 10/11 untersuchte. Die jungen Topf- pflanzen wuchsen von Oktober bis Mitte Februar (Abschluß der Beobachtung) ununterbrochen fort. Alhizzia stipulata wie mo- luccana waren die einzigen Baumarten (unter 20 Arten), die in den kleinen Töpfen dieses Verhalten aufwiesen (Klebs, 1911, S. 34). Ich stellte einige Versuche an, hauptsächlich um den Ein- fluß des Lichtes zu prüfen. Eine Topfpflanze wurde am 27. X. 10 dunkel gestellt. Sie warf in 2 — 3 Tagen ihre sämtlichen Blätter ab und zeigte bis 12. XI. keine Neubildung. An diesem Tage hell gestellt, entwickelte sie in wenigen Tagen neue Blätter. Am 2. XII. stand das Bäumchen in vollem Laube. Es wurde am 24. XII. 10 wieder ins Dunkle gebracht mit dem gleichen Erfolg schneller Ent- blätterung ohne merkbares Wachstum. Am 28. XII. beleuchtet, bildete die Pflanze in wenigen Tagen Blätter an der Spitze wie aus zahlreichen Seitenknospen. Ich wiederholte den Versuch mit einer zweiten Topfpflanze mit dem gleichen Resultat. Gegenüber den Beobachtungen Simons ist hervorzuheben, daß ein jüngerer Baum im Leguminosenquartier des Buitenzorger 762 Georg Klebs, 14 T^. pro Tg 1,7 cm 16 „ » 11 1,4 „ 14 „ 5) 11 1,6 „ 10 „ n « 2,4 „ 8 „ V 11 2,1 „ 18 „ r 11 1,4 „ 17 „ n n 1,5 „ 14 „ 1» 11 1,8 „ Gartens ebenfalls von Oktober bis Februar (jedenfalls auch weiter) ununterbrochen wuchs. Messungen des Blattwachstums wurden erst am 28. XI. begonnen und dauerten bis 4. I. 11. Das Bäumchen hatte eine Höhe von ca. 2 m; an einem Seitenzweig wurden die Messungen ausgeführt. Die Sproßachse hatte sich vom 1. XII. bis 21. I. von 8,2 auf 85,6 cm, d. h. um 77,4 cm verlängert — pro Tag durchschnittlich 1,5 cm. Ich gebe die Messungen einiger Blätter, deren Länge bestimmt wurde, von der Stielbasis bis zur Spitze der obersten Fiedern: S.Xn.lObis 17.XIL10 3 — 27, 6 = 24,6 1 3.XIL 10 „ 19.XII. 10 2,8— 25,5= 22,7 5.XII.10 „ 19. XII. 10 4,3— 27,1 = 22,8 9.Xn.lO „ 19. XII. 10 2,8— 26,8 = 24 ll.Xn.lO „ 19.Xn. 10 4,5— 21,5= 17 16.XII.10 „ 3.1. 113,7—29,0 = 25,3 17. XU. 10 „ 3.1. 113,8—29,5 = 25,7 21.Xn. 10 „ 4.1. 116,7—32,2 = 25,5 Die täglichen Messungen, bei denen das Blatt gestreckt werden mußte, schädigten die empfindlichen Blätter etwas. Denn ich be- merkte, daß an nicht gemessenen Zweigen die Blätter eine Länge von 40 — 50 cm erlangten. Untersuchungen in Heidelberg. Ich benutzte dazu junge Keimlinge (Aussaat Februar 1911). Ein solcher 5,2 cm hoch wurde am 20. VII. 11 frei ausgepflanzt. Blattmessungen: 14.Vn. 11 bis 20.YII. 11 2,9— 7,5 = 18.Vn. 11 „ 26.VII. 11 0,9— 8,2 = 23.Y1L11 „ 3. Vm. 11 0,4— 10,4 = 28.Vn.ll „ 6.VIIL110,6— 9,8 = s.vm.ii „ 9.vnLii 0,7— 10 = Die Pflanze wuchs allmählich stärker: im Laufe des Augusts erreichte sie, am 9. IX. gemessen, eine Höhe von 38,8 cm, d, h. das 7 fache der Länge bei Beginn der Verpflanzung; Blattwachstum : 10. IX. bis 24. IX. 1,2—20,8 = 19,6 cm; 14 Tg.; pro Tg. 1,4 cm 17. IX. „ 28. IX. 2 —25 r= 23 „ ; 11 „ ; „ „ 2,1 „ 26. IX. „ 6. X. 3,6—27,5 = 23,9 „ ; 10 „ ; „ „ 2,4 „ Im September erreichte der tägliche Zuwachs bereits die Werte, die an dem jungen Baum in Buitenzorg beobachtet worden waren. 4,6cm; 6 Tg.; pro Tg. 0,7cm ' ,3 „ ; 8 „ ; „ „ 'J," 11 10 „ j 11 „5 ,5 5, 0,9 „ Q 9 • Q ■ 1 ",3 „ ; b ,, ; „ „ 1,0 „ über Wacliistum und Ruhe tropischer Bauiaarten. 763 Im Oktober stellte ich aus anderen Gründen Versuche mit der Pflanze an, wobei ich an jungen Blättern teils die Fiedern der einen Seite, teils die beider Seiten entfernte. Ich gehe nicht Aveiter darauf ein, weil sich keine besonderen Resultate ergaben; das Wachstum der betreffenden Blätter wurde nur stark verringert. Am 16. X. 11 nahm ich die Pflanze von ihrem Platz und setzte sie in einen Topf. Die Neubildung von Blättern ging zunächst ungestört weiter, das letzte gemessene Blatt erreichte am 27. XII. seine Endgröße (23,6 cm). Das folgende, 13 cm, wuchs aber seit dem 20. XJI. nicht mehr — die Pflanze ruhte bis 15. I. 12. In dieser Zeit der geringsten Lichtmenge warf die Pflanze auch den größeren Teil der Blätter al). Ich entfernte am 15. 1. die drei letzten Blätter — es begann sofort das Wachstum des jüngsten Blattes: 16. I. 12 bis 10. IL 12 1,6—15,3 = 13,7 cm; 25 Tg.; pro Tg. 0,5 cm 31. L 12 ., 20. n. 12 1 —14 =13 „ ; 20 „ ; „ „ 0,65 „ 15.11.12 „ 23.11.12 1,1—16,8 = 15,7 „ ; 10 „ ; „ „ 1,5 „ Mit zunehmender Lichtmenge wuchs die Pflanze stärker und trieb von nun ab ununterbrochen weiter; besondere Messungen wurden nicht angestellt. Dagegen untersuchte ich im folgenden Winter, ob die Ruhe- zeit im Dezember nicht ebenso wie bei Terminalia durch gute Bodendüngung beseitigt werden könnte. Ein anderes Exemplar (gleichaltrig), das bisher in einem kleinen Topf kultiviert worden war, wurde am 20. XII. 12 in einen großen Topf mit gut gedüngter Erde versetzt. 21. XI.12bis l.Xn.12 4,3— 8 = 3,7 cm; 9 Tg. ; pro Tg. 0,4 cm 21. XI.12 „ 11.XII.12 0,7— 10,2 6.Xn.l2 „ 28. XIL 12 0,7— 7,7 16.Xn.l2 „ 16. 1.13 0,6—10,5 8. L13 „ 3. 11.13 0,7— 8,3 1. IL 13 „ 21. n.l3 0,7— 8,5 Das im November frisch eingepflanzte Bäumchen wuchs un- unterbrochen den ganzen Winter nur mit stark verminderter Geschwindigkeit. Es gab demnach keine Ruhezeit, und zugleich zeigte die Pflanze keinen deutlichen Laubabfall. Eine zweite Frage, die mich interessierte, betraf den Einfluß des Lichtes. In den Dunkelversuchen in Buitenzorg hatte ich kein Wachstum bemerkt, ohne allerdings Messungen anzustellen. Daher wiederholte ich den Versuch. = 9,5 „ ; 20 „ ; „ ?5 0,5 = 7 „ ; 22 „ ; ?? n 0,3 — Q Q ; 31 „ ; ») r 0,3 = 7,6 „ ; 26 „ ; ?? n 0,3 - 7,8 „ ; 20 „ ; 51 n 0,4 yß^ Georg Klebs, Ein drittes Exejiiplar war in einem kleineu Topf seit einiger Zeit gewachsen; am 13. V. 1912 begann ich die Messungen: 13. V. bis 30. V. 1,6—23,5 = 21,9 cm; 17 Tg.; pro Tg. 1,3 cm. Am I. VI. wurde die Pflanze an ihrem Platz im Gewächshaus durch einen schwarzen Pappzylinder verdunkelt. In den nächsten Tagen fielen, wie in Buitenzorg die Fiedern, dann die Spindeln ab. Bei Beginn des Versuches waren zwei Blattanlagen vorhanden, 6,6 und 1,1 cm lang. Das erste Blättchen streckte sich bis zum 6. VI. bis auf 10,6 cm, das zweite wuchs nach 24 Stunden (2. Yl.) bis auf 1,4 cm und blieb dann unverändert — der Vegetationspunkt ruhte. Am 7. VI. wurde diese Pflanze hell gestellt und fing in den ersten 24 Stunden au zu wachsen: 8.VI. 12bisl8. VI. 12 2 —22,1 = 20,1 cm; 10 Tg. 15. VI. 12 „ 24. VI. 12 4,8—19,8=15 „ ; 9 „ 20. VI. 12 „ 1. VII. 12 1,4—20,6 = 19,2,, ; 11 „ 25. VI. 12 „ 7. VII. 12 2 —20 =18 „ ; 12 „ pro Tg. 2 cm V 55 -'■5'-* 55 V 55 ■'■»" 55 1 f^ 55 55 -'■5" 55 Am 8. VII. wurde die Pflanze von neuem verdunkelt; in wenigen Tagen wurde sie blattlos. Die jungen Blätter, 4,9 und 1,1 cm, streckten sich in den ersten 24 Stunden auf 5,5 und 1,2 cm, wuchsen dann aber nicht mehr. Am 13. VII. hell gestellt, begann die Pflanze sofort zu wachsen. Der Aufenthalt im Dunkeln bewirkt bei Alhizzia stipulata einen schnellen Eintritt der Ruhe. Beleuchtung regt sofort wieder zum Wachstum an. Es fragte sich, ob hier eine besondere Licht- wirkung vorliege, ähnlich wie bei der Buche, oder ob wesentlich nur der Mangel an aufgespeicherten Assimilationsprodukten Schuld daran wäre. Ich nahm die Pflanze II, die sehr kräftig heran- gewachsen war, und setzte sie am 15. V. 1913 noch in neue Erde, in der sie sehr lebhaft sich entwickelte. Am 9. VI. 13 wurde die Pflanze unter einen großen Dunkel- zylinder gestellt. Das jüngste Blatt war 1,4 cm lang. Die älteren Blätter fielen in den nächsten Tagen ab, die Pflanze stand am 12. VI. kahl. Aber das Wachstum ging weiter. 9.AT:. 13bis22.VI. 13 1,4— 11,8 = 10,4 cm; 11 Tg.; pro Tg. 0,9 cm 12. VI. 13 „ 24. VI. 13 1,2—18,4 = 17,2 „ ; 12 „ ; „ „ 1,4 „ Dabei fielen während des Wachstums der jungen Blätter einige ihrer Fiedern ab. Noch eine dritte Blattanlage wuchs im Dunkeln bis auf 16,5 cm — dann trat Ruhe ein. Das jüngste Blatt wuchs über Wachstum und Euhe tropischer Baumarteii. 765 seit dem 24. VI. nicht mehr. Am 3. VII. hell gestellt, begann die Pflanze von neuem zu wachsen. Es hängt sehr wahrscheinlich von dem Vorrat an Assimilations- produkten ab, ob die jungen Blätter im Dunkeln eine Zeitlang wachsen oder nicht. Im allgemeinen speichert Alb. stipulata bei nicht sehr üppiger Bodenernährung zu wenig auf; außerdem beraubt der schnelle Abfall aller älteren Blätter die Pflanze vieler brauch- barer Stoffe, so daß schnell die Ruhe eintritt. Eine Nachwirkung des Aufenthaltes im Duukeln in bezug auf den Beginn des Wachs- tums Heß sich nicht erkennen, da die Pflanze im Licht sofort ihr Wachstum wieder aufnahm. Die Untersuchungen in Heidelberg haben meine Beobachtungen in Buitenzorg in allen Punkten bestätigt und erweitert. Alhizzia stipulata besitzt zweifellos die Potenz zu fortdauerndem Wachstum, sie wächst sogar ununterbrochen bei geringer Lichtmenge im Winter Heidelbergs, vorausgesetzt, daß sie vom Boden aus reichlich ernährt wird. Sobald das nicht der Fall ist, bewirkt die Lichtmenge des No- vembers und des Dezembers eine Ruhezeit. W^iyü. Alhizzia monatelang kahl bleibt und sehr wahrscheinlich dabei ruht wie zur Trockenheit in Mitteljava, sich belaubt und wächst zur Regenzeit, so liegt hier die Abhängigkeit der Periode von dem Wechsel des Klimas, speziell der Feuchtigkeit klar vor Augen. Wenn ältere Bäume im regen- feuchten Klima von Westjava nach Simon 2 — 3 Monate ruhen, so kann man mit großer Wahrscheinlichkeit vermuten, daß diese Ruhe mit einer gewissen Verminderung der Nährstoffsalzzufuhr nach vorhergehender starker Inanspruchnahme zusammenhängt. Ein periodischer Wechsel von Ruhe und Wachstum läßt sich bei Alhizzia stipulata jederzeit hervorrufen durch den Wechsel von Licht und Dunkelheit. Die Ruhe im Dunkeln tritt um so schneller ein, je weniger gut der allgemeine Ernährungszustand der Pflanze ist. Sterculia macrophylla (Fig. 3, S. 767) (Sterculiaceae). Dieser in Java verbreitete Baum wirft nach Ko Orders (K. u. V. n, S. 144) einige Tage vor dem Blühen im Mai seine Blätter ab. Auch Volkens (1912, S. 13) gibt an, daß diese wie andere Arten zur Zeit unseres Frühlings kahl werden und darauf sich neu belauben. Für St. macrophylla var. falco gibt dagegen Simon 766 Georg Klebs, (1914, S. 121) an, daß der Baum erst Ende Juni kahl wurde und dann sich belaubte. Aus den Beobachtungen der beiden Forscher geht nicht hervor, ob die Spezies ein- oder zweimal im Jahre treibt. Ich untersuchte im Winter 10/11 in Buitenzorg eine Anzahl junger Pflanzen (Aussaat 9. ATII. 09); sie befanden sich seit ihrer Keimung im gleichen Topf. Ich gebe einige Versuche mit ihnen genauer an. Pflanze I zeigte Oktober 1910 kein Wachstum; sie wurde 21. X. dunkel gestellt und nach Verlust ihrer Blätter hell Am 9. XTT. waren junge Blätter sichtbar — im ganzen fünf; sie er- reichten bis 4. I. 11 die Längen: 20,1; 27,4; 22,3; 18,1; 9,9 cm. Die Länge wurde bestimmt von der Basis des Stieles bis zur Spitze des mittleren größten Lappens des bandförmig geteilten Blattes. Da keine neuen Blattanlagen vorhanden waren, entblätterte ich die Pflanze am 4. L; am 19. I. erscliieu das erste junge Blatt, und im Laufe des Februars folgten neue. Pflanze II wurde im Ruhezustand am 27. X. 10 verdunkelt, am 12. XI. ohne Blätter hell gestellt. Sie fing erst am 1. XII. an zu treiben, es entstanden vier neue Blätter, die bis zum 31. XII. folgende Längen erreichten: 35,6; 27,3; 22,9; 14,1 cm. Die Pflanze ruhte bis zum 13. f., an welchem Tage ich sie entblätterte; bei ihr dauerte es ungefähr einen Monat, bis die neuen Blätter erschienen. Pflanze in befand sich im November in Ruhe, sie wurde am 28. XI. frei in ein Beet ausgepflanzt. Am 14. XII. trat ein deut- liches Treiben von fünf Blättern ein: Längen von drei = 32,9; 33,6; 26,4 cm bis zum 4. I. An diesem Tage nahm ich die fünf Blätter fort: am 11. I. erschienen bereits vier neue Blätter. Pflanze IV wurde am 27. X. entblättert, die jungen Blätter erschienen am 4. XJ., blieben aber klein. Am 6, XII. wurde der Topf mit der wieder ruhenden Pflanze durch tägliche Zuführung von 0,1 Knoplösung ernährt. Am 21. XII. trat ein neuer Blatt- schub hervor, der sich bis zum 4. I. fertig ausbildete. Zwei der Blätter erreichten im Vergleich zu den bisher gemessenen Blättern die auffallende Größe von 44,8 und 41,8 cm. Am 11. I. wurde die Pflanze entblättert, vom 22. I. ab nur mit Wasser begossen. Ende Januar erschienen die neuen Blätter. Die jungen, ärmlich ernährten Pflanzen zeigten nach den Ver- suchen die Neigung, nach Erzeugung eines Blattschubes in Ruhe überzugehen. Man konnte sie wieder zum Wachstum erwecken tiber Wachstum und Ruhe tropischer Baumarten. 767 durch Entblätterung oder Verpflanzen in frische Erde oder Be- gießen mit Nährsalzlösung. Durch Kombinationen dieser Methoden konnte die gleiche Pflanze im Laufe von 3 Monaten dreimal zum Treiben gebracht werden. Eines der Versuchsexemplare (nicht sicher welches) wurde nach Heidelberg gebracht. Es befand sich in vollem Treiben seit Mai und wurde am 8. VII. 1911 frei ausgepflanzt. Neben 3 be- Fig. 3. Sterculia macrophylla. .Junge Pflanze aus Buitenzorg, am 8. VII. 1911 frei ausgepflanzt im Gewächshaus Heidel- berg, am 11. X. 1911 in einen Topf gesetzt; photogr. 10. VII. 1912; Via- reits ausgewachsenen Blättern fanden sich 3 Anlagen, die gemessen wurden : 8. Vn. bis 26. VII. 1,4—30 = 28,6 cm; 18 Tg.: pro Tg. 1,6 cm 8. vn. „ 26. vn. 1,1—28,6 = 27,5 ., : 18 „ ; „ „ 1,5 „ 27. vn. „ 9.Vni. 0,7—42,8 = 42,1 „ ; 13 „ ; „ „ 3,3 „ Am 28. VII. erschienen 2 neue Blattanlagen, am 3. Vin. eine 3., die während des Augusts heranwuchsen, in welcher Zeit 5 neue ygg Georg Klebs, Blätter sich entwickelten mit Längen von 35; 64,1; 62,7; 49,7; 29,6 cm, Größen, die zum Teil die in Buitenzorg beobachteten Werte weit übertrafen. Außerdem zeigten sich 2 neue Blättchen: 10. IX. bis 1. X. 1,2—61,9 = 60,7 cm; 21 Tg.; pro Tg. 3 cm Am 17. IX. entstanden 3 neue Blätter, am 2. X. und 5. X. wieder je ein neues. Die Pflanze hatte in den 5 Monaten Mai bis Oktober ununterbrochen neue Blätter getrieben. Während die Pflanze in Buitenzorg je einen typischen Blattschub erzeugte, bei dem die jungen Blätter fast gleichzeitig angelegt wurden, hat sich dieser Charakter im Sommer 1911 im Heidelberger Gewächs- haus stark verändert, da die Blätter im Laufe der Monate nach- einander angelegt wurden. Der Stamm der Pflanze hatte sich im gleichen Sommer sehr mächtig entwickelt, so daß die jungen Blätter an das Glasdach anstießen. Ich mußte die Pflanze am 11. X. in einen Topf setzen und tiefer stellen. Das Wachstum hörte sofort auf, das letzte junge Blatt, 1,4 cm, veränderte sich nicht und fiel später ab. Die Buhe dauerte bis Anfang Februar 1912; es entstanden dann 3 neue Blätter; 2 gemessen: 15. n. 12 bis 16. III. 12 1 —31,5 = 30,5 cm; 30 Tg.; pro Tg. 1 cm 16. IL 12 „ 14. m. 12 1,3—44,1=42,8 „ ; 27 „ ; „ „ 1,6 „ Während dieses Treibens fielen allmählich die alten Blätter ab. Am 5. III. wurden wieder 3 neue Blattanlagen sichtbar, von denen eines sich gut entwickelte; am 21. III. erschienen 2, am 29. IV. 5 neue Blätter; eines gemessen: 2.V. 12 bis 27. V. 12 1,2—76,2 = 75 cm; 25 Tg.; pro Tg. 3 cm Am 13. V. wurden 3 Blätter sichtbar „ ly. V. „ o „ „ 1 VT 3 Das letzte jüngere Blatt entwickelte sich vom 1. VI. ab nicht weiter — es trat Ruhe ein bis 27. VI. Am 25. VI. düngte ich den Topf mit Wagnerschem Düngsalz. Vom 27. VI. ab entfaltete sich das junge Hlatt: 27. VI. bis 9. VII. 2,7 — 60,4 = 57,7 cm; 12 Tg.; pro Tg. 4,8 cm Anfang JuH traten 7 junge Blätter ziemlich gleichzeitig auf, die sich schnell streckten, das jüngste unter ihnen beendigte am 13. Vn. sein Wachstum. Dann trat wieder Ruhe ein bis 1. X., zwei neue ganz kleine Blattanlagen blieben unentwickelt und starben ab. über Wachstum und Ruhe tropischer Baumarten. 7G9 Am 1. X. erschien ein neuer Blattschub, aber die sämtlichen jungen Blätter hörten nach kurzem Wachstum damit auf und starben nach einiger Zeit ab, zweifellos infolge zu geringer Licht- menge. Im Laufe des Novembers und Dezembers fielen die Blätter nacheinander ab, am 29. Xu. war die Pflanze kahl. Anfang März 1913 trat ein neuer Blattschub hervor; es ent- wickelten sich 13 Blätter. Am 27. V. erschien ein 2. Blattschub, der bis Mitte Juni ausgewachsen war. Ich nahm aus dem Topf vorsichtig die alte Erde fort und ersetzte sie durch neue. Die Pflanze wurde auch in den kühleren Teil des Gewächshauses gestellt. Das Bäumchen ruhte von Mitte Juni 1913 bis Mtte April 1914, d. h. 10 Monate. Im Laufe des Oktobers begann der allmähliche Blattabfall; am 26. XII. 1913 war die Pflanze kahl. Mitte April 1914 trat der neue Blattschub von 9 Blättern auf, die ihr Wachstum am 10. Mai abschlössen. Ich machte am 10. V. am oberen Teil des Stammes Einschnitte und umgab die Stelle mit feuchtem Moos, um Wurzelbildung zu veranlassen. Vielleicht wirkten diese Einschnitte dabei mit, daß am 5. VI. ein 2. Blatt- schub entstand, der bis zum 26. VI. fertig ausgebildet war. Von dieser Zeit ab ruhte die Pflanze, wahrscheinlich ruht sie bis zum folgenden Frühjahr April 1915. Nach tUesen Ergebnissen zeigt Sterculia macrophylla sehr auf- fällige Variationen ihrer Wachstums weise je nach den Bedingungen, unter denen sie lebt. Ältere Bäume in Buitenzorg im Jahr einmal (vielleicht auch zweimal) treibend, sonst ruhend. Junge Exemplare im Topf in Buitenzorg im Winter- (Regen-) halbjahr nach der Bildung eines Blattschubes ruhend; erneutes Treiben nach Entblätterung oder nach Verpflanzung ins freie Gartenland oder durch Begießen des Topfes mit Nährsalzlösung. Zwei- oder dreimaliges Treiben vom November bis Februar (4 Monate). Junges Exemplar in Heidelberg. Frei ausgepflanzt, ununterbrochenes Wachstum von Juni bis Oktober 1911 — 5 Monate. Keine deutlichen Blattschübe, suk- zessiv entstehende Blätter. Nach Versetzung im Topf Ruhe während der Winterszeit 1911/12, von Anfang Oktober bis Anfang Februar — 4 Monate. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 49 J'JQ Georg Klebs, Treiben von Anfang Februar 1912 bis Anfang Juni — 4 Monate. Keine deutlichen Blattschübe. Ruhe vom 1. Juni bis 27. Juni — 26 Tage. Treiben mit Bildung eines Blattschubes im Juli — 16 Tage. Euhe vom 18. Juli bis 1. Oktober 1912 — 2V2 Monate. Treiben eines Blattschubes im Oktober, Blattanlagen ver- kümmernd. Ruhe im Winter 1912/13 von Anfang Oktober bis Anfang März — 5 Monate. Treiben eines neuen Blattschubes Anfang März bis Ende April 1913 — ca. 3 Wochen. Ruhe von April bis Ende Mai 1913 — ca. 4 Wochen. Treiben von Ende Mai bis Mitte Juni — ca. 3 Wochen. Ruhe Sommer und Winter 13/14, von Mitte Juni bis Mitte April 1914 — lü Monate. Treiben von Mitte April bis Anfang Mai 1914 — ca. 3 Wochen. Ruhe vom 1(). Mai bis 5. Juni — 26 Tage. Treiben Anfang Juni bis Ende Juni — 3 Wochen. Ruhe von Ende Juni 1914 bis wahrscheinlich April 1915. Die interessanteste Erscheinung tritt uns in der Tatsache ent- gegen, daß je länger die Pflanze sich im Topf mit be- grenzter Erdmenge befand, um so länger die Ruhezeiten wurden. Im ersten Jahr nach der Versetzung in den Topf erfolgte noch ein längeres Treiben im Frühjahr und Sommer ohne deut- liche Blattschübe und der Versuch eines Treibens im Oktober. In den darauffolgenden l)eiden Jahren gab es nur noch 2 durch eine kurze Ruhezeit getrennte Blattschübe, den größten Teil des Jahres (10 Monate) ruhte das Bäumchen. Es ist nicht unwahr- scheinlich, daß es bei nicht gewechselter Erde im folgenden Jahre nur noch einmal treibt und sich dann verhält wie ältere Bäume in Java. Ich hatte keine ganz jungen Exemplare zur Verfügung, um zu prüfen, wie solche, frei ausgepflanzt, sich während unseres Winters verhalten. Indessen halte ich es für wahrscheinlich, daß diese großblätterige Art bei der geringen Lichtmenge nicht ver- mag zu dieser Zeit neue Blätter zu erzeugen. über 'Wachstum und Ruhe tropischer Baumarten. 771 Pithecolohium Saman (Fig. 4, S. 774) (Mimosaceae). Dieser aus Amerika stammende Baum ist in Java vielfach an- gepflanzt. Volkens (1912, S. 64) hat 4 kräftige Bäume im Garten von Buitenzorg untersucht und vom 14. Januar bis 1. Juli keinerlei Veränderungen bemerkt. Im Juli begann der bis dahin vollbelaubte Baum seine Blätter abzuwerfen. Unter Berücksichtigung der Be- obachtungen von Smith hält Volkens es für wahrscheinlich, daß der Baum im Juli kahl wird und sich Anfang August neu belaubt. Diese Art würde danach nur einmal im Jahr während kurzer Zeit treiben. In Ceylon fallen nach Wright (1905, S. 441) die Blätter gewöhnlich im Januar und Februar; die neuen Blätter erscheinen im Februar und März. Ein Keimling (Aussaat Anfang 1912) wurde am 28. X. 1912 frei ausgepflanzt, er war in vollem Treiben begriffen. Das junge Blatt endigt wie bei anderen Mmosaceen (auch Alhizzia) in eine nackte Spitze, dem Ende der Spindel. Nachdem es 1 — 2 cm lang geworden ist, krümmt sich das Blättchen bei weiterem Wachstum etwas S- artig nach unten, biegt sich dann stark konkav, bis es, länger geworden, sich schief aufrecht erhebt und seine Fiederäste entfaltet. Ich habe auch hier die Gesamtlänge des Blattes be- stimmt als die Entfernung von der Basis des Blattgelenkes bis zur Spitze der obersten Fiederu. Die Messungen begannen am 1. XL 1912. 1 13 24 XL 12 bis 17. XI. 12 0,8— 15,4 = 14,6 cm; 16 Tg, XI. 12 „ 27. XI. 12 1,2— 15,1 = 13,9 XL 12 „ 3.Xn.l2 3,4—15,7 = 12,3 29. XI. 12 „ 15.Xn. 12 3,6— 18,4= 14,8 5.XIL12 „ 5. L 13 1,2— 15,1 = 13,9 28.Xn.12 „ 16. L13 2—17,8 = 15,8 8. 1.13 „ 9. n. 13 0,7— 13 =12,3 8. n.l3 ., 21. n.l3 3—15,9 = 12,9 11. n.l3 „ 27. IL 13 1,2— 16,4=15,2 Die Pflanze war demgemäß den ganzen Winter ununter- brochen gewachsen, wenn auch zu dieser Zeit geringer Licht- menge der tägliche Zuwachs im Durchschnitt bis auf 0,4 cm sank. Am 28. n. beobachtete ich einen Stillstand von 3—4 Tagen am 49* 16 Tg. ; pro Tg. 0,9 cm 14 „ 1 V ., 1 „ 9 . n „ 1,2 „ 16 „ 55 „ 0,9 „ 31 „ n „ 0,4 „ 19 „ n 75 0,8 „ 32 „ V ,5 0,4 „ 13 „ ; 5? 5, 0,9 „ 16 „ 55 55 o,y „ 772 Georg Klebs, Hauptsproß, während ein basaler Seitensproß ungestört weiter wnichs. Am Hauptsproß: 5. m. bis 16. m. 1,3—12,6 = 11,3 cm; 11 Tg.; pro Tg. 1 cm 12. III. bis 22. III. 5,4—17,6 = 12,2 cm; 10 Tg.; pro Tg. 1,2 cm Im Laufe des Aprils entstanden 8 neue Blätter, die auch länger wurden als im Winter; noch deutlicher trat das in den Sommer- monaten hervor: 29. IV. 13 bis 17. V.13 5— 23,8 = 18,8 cm; 18 Tg.; pro Tg. 1 cm 29. IV. 13 „ 24. V.13 1,9—27 =25,1 „ ; 25 „ ; „ „ 1 „ 10. V.13 „ 28. V.13 2,8—29,6 = 26,8 „ ; 18 „ ; „ „ 1,5 „ 18. V. 13 „ 4. VI. 13 3,7—33,6 = 29,9 „ ; 17 „ ; „ „ 1,7 „ 19. V.13 „ 4. VI. 13 1,8—33,6 = 31,8 „ ; 16 „ ; „ „ 1,9 „ 27. V.13 „ 6. VI. 13 3,9—34,9 = 31 „ ; 10 „ ; „ „ 3,1 „ 27. V.13 „ 18. VI. 13 1,5—31,5 = 30 „ ; 14 „ ; „ „ 2,1 „ 27. V.13 „ 10. VI. 13 0,9—33,4= 32,5 „ ; 14 „ ; „ „ 2,3 „ 3. VI. 13 „ 17. VI. 13 2,7—29,9 = 27,2 „ ; 14 „ ; „ „ 1,9 „ 6. VI. 13 „ 21. VI. 13 2,9—26,3 = 23,4 „ ; 15 „ ; „ „ 1,5 „ 9. VI. 13 „ 21. VI. 13 2,9—20,8= 17,9 „ ; 12 „ ; „ „ 1,5 „ 15. VI. 13 „ 30. VI. 13 1,5—33,1 = 31,6 „ ; 15 „ ; „ „ 2,1 „ 21. VI. 13 „ 2. VII. 13 3,5—33,2 = 29,7 „ ; 11 „ ; „ „ 2,1 „ 24. VI. 13 „ 7.Vn. 13 3,4—33,9 = 30,5 „ ; 13 „ ; „ „ 2,3 „ 24. VI. 13 „ 9.Vn. 13 1,1—33,5 = 32,4 „ ; 15 „ ; „ „ 2,1 „ 27. VI.13 „ 15.Vn.l3 2—32,1 = 30,1 „ ; 18 „ ; „ „ 1,7 „ l.Vn.l3 „ 20.Vn. 13 2,2—30,5 = 28,3 „ ; 19 „ ; „ „ 1,5 „ 9. VII. 13 „ 29.VIL13 1,7—33 = 31,3 „ ; 20 „ ; „ „ 1,5 „ Die Pflanze war für den Platz zu gi'oß geworden, ich mußte sie in einen Topf am 29. M;I. 13 setzen. Vergleicht man das Wachstum im November bis Ende Februar mit demjenigen von Mai bis Juli, so ergibt sich im Zusammenhang mit dem Wechsel der Lichtmenge ein großer Unterschied des Blatt- wachstums. Nov. bis Febr. 15,9 cm; Min. 13 ; Max. Mai „ Juli Durchschnitts- f Nov. bis Febr. Zuwachs pro Tag 1 Mai „ Juli Durchschnittslänge 15,9 cm; Min. 13 ; 31,3 „ ; „ 20,8; 0,8 „ ; „ 0,4; 1,8 ,, ; „ 1,5; 18,4 34,9 1,2 3,1 Infolge der starken Verletzung der Wurzeln beim Versetzen warf die Pflanze in 2—4 Tagen ihre sämtlichen Blätter ab. Die jüngsten Blätter, anfangs schlaff, wurden vom vierten Tage ab straff und begannen von neuem ihr Wachstum. über Wachstum \uul Kühe tropischer Baumarten. 773 Während des Augusts entstanden 9 fertige BLätter und 4 junge, von denen das letzte bis zum 24. IX, ausgewachsen war (Länge = 27,6 cm). Die neu angelegten Blätter (3,7 und 1,6 cm) wuchsen aber bereits seit dem 12. IX. nicht mehr. Der Hauptsproß ging zur Buhe über. Dagegen ging das Wachstum an dem basalen Seitensproß weiter: 23. IX. bis 13. X. 2,9—31,5 = 28,6 cm; 21 Tg.: pro Tg. 1,3 cm 23. IX. „ 9. XL 1,8-19,4 = 17,6 „ ; 47 „ ; „ „ 0,4 „ Das Wachstum verlangsamte sich im Oktober sehr auffällig; am 9. XL ruhte auch der Seitensproß. Ich schnitt am 18. XL seine Spitze ab, es bildete sich in einem Monat eine Seitenknospe (deutlich am 13. XII.), deren erstes Blättchen bis zum 11. I. 1914 auf 3,1 cm wuchs, dann abstarb. Das zweite Blättchen verlängerte sich äußerst laugsam vom 22. XII. bis 20. IL, d. h. in 2 Monaten um 6,9 cm (pro Tag 0,1 cm). Der Hauptsproß zeigte am 11. IL 1914 nach einer Kuhe- zeit von 5 Monaten neue Blattbildung, die von nun ab fort- dauerte. Messungen wurden nicht weiter ausgeführt. Im März wurden die seit August gebildeten Blätter zum größeren Teil ab- geworfen. Ende Oktober 1914 war die Pflanze noch im Wachstum begriffen, da 5 junge Blätter an der Spitze sich befanden. Der Stamm hatte eine Länge von 2,45 m erreicht. Ich schnitt ihn am 28. X. 1914 bis auf einen basalen Teil von 45 cm ab, entfernte die alte Erde und setzte das Wurzelsystem in frische Erde. Auffallend war, daß die bei dieser Spezies vorhandenen N- bindenden Wurzel- knöUchen nur in geringer Zahl und ausschließlich in der obersten Erdschicht vorhanden waren. Nahe der Schnittfläche saß ein junger Seitentrieb, der am 6. XI. sein Wachstum wieder aufnahm und von jetzt ab trotz der geringen Lichtmenge im November und Dezember fortwuchs, während im Jahr vorher, 1913/14, die Pflanze in dieser Zeit bereits lange ruhte. Dieses Winterwachs- tum 1914/15 war genau wie das von 1912/13 durch die starke Nährsalzzufuhr bedingt; durch sie wurde die hemmende Wirkung der geringen Lichtmenge beseitigt. Pithecolohium Sanian zeigt im wesentlichen das gleiche merk- würdige Verhalten wie Terminalia. Frei ausgepflanzt wuchs die Pflanze den ganzen Winter wie Sommer ununterbrochen; in einem Topf mit begrenzter Erdmenge mußte sie im folgenden Winter eine lange Ruhezeit durchmachen; im dritten Winter wuchs sie nach Entfernung des Hauptsprosses ununterbrochen an einem yy^ Georg Klebs, Seitentrieb nach Versetzung in einen Topf mit frischer Erde. Es gelang mir, von der Pflanze Stecklinge zu machen, so daß ich eine Reihe Versuche anstellen konnte, um das Verhältnis der Spezies zur Außenwelt genauer festzustellen. Stecklingspflanze 1. Ein Zweig wurde am 9. \TI, 13 in Sand gesteckt (Schwitz- kasten), am 6. VIII. in Erde, 1. X. in einen kleinen Topf gesetzt. Im November 1913 zeigte die Pflanze kein deutliches Wachstum. Fig. 4. Pithecolobium Saman. Steckline: am 9. VII. 1913 in Sand (Schwitzkasten), 6. VIII. 1913 in einen Topf mit Erde, Gewächshaus Heidelberg; photogr. am 5. IX. 1913. Die Wurzeln wurden ausgewaschen und am 17. XI. in ein Glas mit 0,1 pro z. Knoplösung gebracht. In wenigen Tagen bil- deten die alten an ihrer Spitze nicht mehr wachsenden Wurzeln neue weiße. Bis zum 26. XI. zählte ich 18, bis 30. XI. 30 neue Wurzeln. Das Blattwachstum setzte am 24. XI. ein und ging ununterbrochen, wenn auch entsprechend der geringen Lichtmenge sehr langsam vor sich bis 30. XII. An diesem Tage wurde die Pflanze wieder in einen Topf gesetzt; am 4. I. brachte ich sie in den elektrischen Lichtraum (1000 -Kerzenlampe über AVachstum und Euhe tropischer Bauiiiarten. 775 s. Klebs, 1914, S. 7). Das Wachstum hörte trotz der kon- tinuierlichen Beleuchtung- sofort auf, höchstwahrscheinlich, weil die Trockenheit der Luft und die damit verbundene Tran- spiration zu stark war; die Blätter fielen auch ab. Am 13. I. 14 wurde die Pflanze in das feuchte kühlere Gewächshaus gebracht, wo sie sich wieder erholte und neue Blätter bildete. Ende April 1914 befand sich die Pflanze in lebhaftem Treiben. Am 27. IV. 14 wurde das Wurzelsystem von der Erde durch Auswaschen befreit und in gewöhnlichen Flußsand (nicht ge- reinigt) gesetzt. Das Wachstum ging anfangs fort: 27. IV. bis 23. V. 1 —16,4 = 15,4 cm; 26 Tg.; pro Tg. 0,6 cm 18. V. „ 3. VI. 1,6-13,2 = 11,6 „ ; 16 „ ; „ „ 0,7 „ 27. V. „ 17. VI. 1,5- 9,2 = 7,7 „ ; 21 „ ; „ „ 0,3 „ Es hatten sich drei Blätter gebildet mit deutlicher Abnahme der Größe, ebenso war der tägliche Zuwachs gesunken, das Wachs- tum hörte am 17. VI. auf. Das jüngste Blatt 0,7 cm ruhte bereits seit dem 6. \T;. Am 22. VI. wurde der Topf mit der ruhenden Pflanze mit einem halbierten Zinkdeckel bedeckt, durch dessen zentrales Loch der Stengel hervorragte und dann in ein genau passendes Glas mit O,lproz. Knoplösung gestellt. Die Salzlösung trat von unten in den Sand hinein. Nach 48 Stunden am 24. VI. hatte sich das junge Blättchen bereits von 0,7 auf 1 cm verlängert: 24. VL bis 3. VII. 1,1—11,7 = 10,6 cm; 9 Tg.; pro Tg. 1,2 28. VI. „ 7. VII. 0,9—12,2 = 11,3 „ ; 9 „ ; „ „ 1,25 7. VIL „ 14. Vn. 2,5—14,8 = 12,3 „ ; 7 „ ; „ „ 1,7 Die Größe der Blätter wie die Zuwachsgröße nahmen deutUch zu. Am 17. vn. wurde der Sand durch Wasser abgespült und das Wurzelsystem in ein Glas mit destilliertem Wasser ge- bracht. Das Wachstum ging zunächst ungestört vor sich, die vorher angelegten zwei Blätter erreichten noch eine Länge von 15,9 und 15,7 cm. Die bei Beginn des Versuchs angelegten Blätter dagegen nahmen sofort in ihrem Wachstum ab: 18. vn. bis 1. Vni. 14 1,4—9 = 7,6 cm; 13 Tg.; pro Tg. 0,6 cm 29. VIL „ 21. Vm. 14 1 —8 = 7 „ ; 23 „ ; „ „ 0,3 „ Am 21. VIII. hörte jedes Wachstum auf; das jüngste Blätt- chen, 0,7 cm, ruhte bereits seit 13. VIII. 776 Georg Klebs, Am 1. IX. wurde das Wasser in dem Gefäß durch 400 ccm stickstofffreie Salzlösung von 0,1% ersetzt (1 Teil Mono- kaliumphosphat, 1 Teil Magnesimnsulf at , 4 Teile Chlorkalzium). Das jüngste Blättchen fing in einigen Tagen ganz langsam an sich zu strecken: 5. IX. bis 16. IX. 1,5—7,6 = 6,1 cm; 11 Tg.; pro Tg. 0,5 cm 16. IX. „ 2. X. 1,4-4,4 = 3 „ ; 16 „ ; „ „ 0,2 „ Das dritte Blättchen zeigte seit 29. IX. keine Veränderung. Durch die Nährsalze, wie Kali, Phosphorsäure, Magnesiumsulfat, Kalk, wurde das Wachstum zweifellos angeregt, aber es war von vornherein gering und hörte infolge N- Mangels schon innerhalb vier Wochen auf. Das zweite Blatt, 4,4 cm, hatte überdies keine normale Ausbildung erfahren, da die Fiederblättchen sich nicht völlig entfalteten. Am 13. X. wurden an Stelle der N- freien Lösung 400 ccm N-haltiger Knoplösung zugesetzt. Sehr langsam fing das Wachstum wieder an: 15. X. bis 28. X. 14 0,9— 6,6 = 5,7 cm; 22. X. „ 3. XI. 14 1,7—14,9 = 13,2 30. X. „ 8. XL 14 0,9—12,8 = 11,9 Das Wachstum hatte demgemäß trotz des Oktoberlichtes ein- gesetzt und allmählich zugenommen. Am 7. XI. wurde die Pflanze in reinen Sand versetzt. Das Wachstum ging zunächst weiter: 7. XL bis 24. XI. 5,7—11,4 = 5,7 cm 17 Tg.; pro Tg. 0,3 7. XI. „ 14. XIL 0,8—16 = 15,2 „ 37 „ ; „ „ 0,4 Am 14. XIL 14 hörte jedes weitere Wachstum auf, jedenfalls auch mitbedingt durch die geringe Lichtmenge. Das Verhalten der Pflanze lehrt unzweideutig, daß durch Minderung oder Steigerung des Nährsalzgehaltes ein periodischer Wechsel von Ruhe und Wachstum her- vorgerufen werden kann. An den Wurzeln der Pflanze be- fanden sich keine N-bindenden Knöllchen, so daß sie ganz auf die Nährsalze angewiesen war. Stecklingspüanze 2. Sie war gleichzeitig mit 1 am 9. VII. 13 in Sand gesteckt worden; sie hat viel später (am 18, IX.) Wurzeln gebildet und zeigte an dem Vegetationspunkt bis 29. IX. kein Wachstum. An 13 Tg. pro Tg. 0,4 cm 12 „ ; 5, 5, 1,1 „ 9 „ ; „ „ 1,3 „ über Wachstum und Ruhe tropischer Baumarten. 777 diesem Tag:e wurde der Steckling aus dem Sande herausgenommen und mit seinen jungen Wurzeln in ein Gefäß mit 0,lproz. Knop- lösung gesetzt. Schon in den nächsten Tagen entstanden neue Wurzeln. Das jüngste Blättchen, 0,7 cm, fing am 6. X. an zu wachsen. Am 18. X. wurde die Nährsalzlösung durch frische er- setzt, das Wachstum wurde lebhafter: 6. X. 13 bis 1. XI. 13 0,7—13,4 = 12,7 cm; 26 Tg. 19.x. 13 „ 3. XL 13 0,8—11 =10,2 „; 15 „ 29.x. 13 „12. XI. 13 2,1— 16,3 = 14,2 „ ; 14 „ 31.x. 13 „18. XI. 13 0,9—13,1 = 12,2 „ ; 18 „ pro Tg. 0,5 cm 0 7 » „ -•- „ 0 7 Während die Mutterpflanze im Topf zu dieser Zeit am Haupt- sproß ruhte (s. S. 00), wuchs der Steckling in der Nährsalzlösung weiter. Er wurde am 18. XI. frei ausgepflanzt. In den beiden ersten Wochen war das Wachsen der Blätter kaum merklich, während höchstwahrscheinlich die Wurzeln lebhaft wuchsen. Dann begann trotz der geringen Lichtmenge des De- zembers auch das Blattwachstum: 30. XL 13bisl2. 1.14 1,8—8 = 6,2 cm: 29. XI. 13 „ 27. 1.14 0,6—10,1= 9,5 „ 17. L 14 „ 12. IL 14 0,8—15,2 = 14,4 „ 29. I. 14 „ 17. IL 14 0,7—13,6 = 12,9 „ 16. IL 14 „ 28. IL 14 1,5—21,1 = 19,6 „ 18. IL 14 „ 4. III. 14 2,4—19,5 = 17,1 „ 27. IL 14 „ 16. III. 14 1,3—18,3 = 17 „ 15. III. 14 „ 31. III. 14 1,9—21,9 = 20 „ Aus der Tabelle ersieht man, wie die junge Pflanze nach dem Auspflanzen allmählich erstarkte, zur Zeit geringer Lichtmenge im Dezember bis Januar langsam wuchs, dann aber vom Februar ab sich kräftiger entwickelte. Die Pflanze wuchs nun ununterbrochen weiter — ein deutlicher Blattabfall fand nicht statt. Ich gebe noch die Zahlen für die Zeit günstiger Lichtmenge Mai— Juni: 1. V. 14 bis 15. V.14 2,5—22,7 = 20,2 cm: 2. V.14 „ 18. V.14 0,9—25,7 = 24,8 „ 10. V.14 „ 20. V.14 1,7—24,2 = 22,5 „ 16. V.14 „ 30. V.14 3,7—26 =22,3 „ 20. V.14 „ 29. V.14 3,7—23,7 = 20 „ 27. V.14 „ 5.VL14 3,4— 30,4 = 27 „ 29. V.14 „ 8.\T14 1,9—30,3 = 28,4 „ 43 ^ fg- pro Tg 0,14 cm 29 „ 5, 5, 0,3 „ 26 „ ), „ 0,5 „ 19 w „ 0,7 „ 17 ?, „ 1,2 „ 14 „ „ 1,2 „ 17 „ 1 „ 16 „ 7, 1,3 „ 14 Tg. pro Tg. 1,4 cm 16 „ n „ 1,5 „ 10 „ „ H 2,2 „ 14 „ „ „ 1,6 „ 9 „ „ „ 2,2 „ 9 „ „ „ 3 „ 10 „ » 5, 2,8 „ yro Georg Klebs, 2. VI. 14 bis 15. VI. 14 2,4—29,4 = 27 cm; 13 Tg.; pro Tg". 1,9 cm 5.VI.14 „ 19.VI.14 2,1— 31,8 = 30,7 „ ; 14 „ ; „ „ 2,2 „ 9.VI.14 „ 22.VI.14 2,1— 33,2 = 31,1 „ ; 11 „ ; „ „ 2,8 „ Vergleich des Blattwachstums im Sommer und Winter: r Dez. bis März = 16 cm; Min. 8 ; Max. 21,1 Durchschnittslänge I ^^. ^^ j^^. ^ ^7,7 „ : „ 22,7; „ 33,2 Durchschnitts- f Dez. Ws März = 0,8 „ ; „ 0,14; „ 1,3 Zuwachs pro Tag | Mai „ Juni = 2,1 „ ;. „ 1,4 ; „ 3 Die Werte stimmen im wesentlichen überein mit jenen, die an der Mutterpflanze zu den entsprechenden Zeiten erhalten wurden (s. S. 772). Die ungemein kräftige Pflanze mit 20 frischen Blättern wurde am 22. VI. herausgenommen und in einen kleinen Topf gesetzt, der mit reinem Sande gefüllt war. Der Sand war mit Salzsäure behandelt, dann lange ausgewaschen und schließlich geglüht worden. DasWurzels3'stem war dicht mit zahlreichenWurzelknöllchen besetzt. Die Pflanze wurde für 8 Tage in den ganz feuchten Schwitz- kasten gestellt, so daß das Welken nicht eintrat. Nur zwei der ältesten Blätter warfen ihre Fiedern ab. Anfangs ging das Wachstum fort, das letzte nicht ausgewachsene Blatt, am 22. VI. 16,8 cm lang, streckte sich bis zum 26. VI. auf 22,3 cm. Das jüngere Blatt 3,9 cm wuchs bis zum 26. VI. auf 5,6 cm. Dann hörte das Wachstum auf, das jüngste Blatt 1,3 cm veränderte sich nicht. Am 30. VI. wurde der Topf frei in das Gewächshaus gestellt. Die Pflanze zeigte zunächst kein Wachstum. Erst vom 8. VII. bis 16. VII. fand eine ganz geringe Verlängerung des jungen Blattes statt, indem es von 5,6 auf 6,3 cm wuchs; die unteren Fiedern entfalteten sich, die oberen dagegen nicht. Das jüngste Blatt zeigte nichts von Wachstum. Nach 3 Wochen fingen die unteren bisher grünen Blätter an gelbe Fiedern zu bekommen, die auch abfielen, während die Wurzeln augenscheinlich sehr lebhaft wuchsen, da sie sogar über den Sand nach außen vortraten. Am 19. VII., d. h. 4 Wochen nach dem Versetzen in Sand, begann ein deutliches Wachs- tum. Das jüngere Blatt (s. oben) erlangte nur eine Länge von 10,4 cm, blieb dabei unentfaltet. Dann folgten normal ausge- bildete Blätter: über Wachstum und Ruhe tropischer Baumarten. 779 28. VII. 14 bis 20.VIIL 1,6- -19,8 = 18,2 cm 23 rg. pro Tg- . 0,8ci 1.VIIL14 n 22.Vni. 1 - -23,6 = 22,6 5" 21 55 55 55 1,1 55 13.Vm.l4 ii 27. vm. 1,1- -22,6 = 21,5 „ 14 55 55 55 1,5 „ 17.yiII.14 V 4. IX. 1,5- -21 = 19,5 7^ 18 55 55 55 1 ,5 23. VIII. 14 ?) 13. IX. 1,4- -19,7 = 18,3 55 21 55 55 55 0,9 , 29.Vin.14 ?) 17. IX. 1 - -20,9 = 19,8 55 19 55 55 55 1,0 „ 7. IX. 14 » 29. X. 1,2- -20 = 18,8 55 22 55 55 55 0,8 „ 11. IX. 14 ■>j 9. X. 1,1- -18,7 = 17,6 55 30 55 55 55 0,6 „ 17. IX. 14 55 20. X. 1,1- -19,2 = 18,1 55 33 55 55 55 0,5 „ 30. IX. 14 1> 30. X. 1,1- -27,4 = 26,3 55 30 55 55 55 0,9 „ 14. X.14 75 2. XI. 1,2- -15 = 13,8 55 21 55 5' 55 0,6 „ 25. X.14 55 3. XI. 2,1- - 7,2 = 5,1 55 9 55 55 55 0,5 „ Am 3. XI. hörte jedes Wachstum auf, da auch das jüngste Blättchen, 1,1 cm lang, bereits seit 29. X. ruhte. Das Verhalten dieses Stecklings erscheint sehr auffällig, wenn man es mit demjenigen von Steckling- 1 vergleicht. Bei diesem ging das Wachstum in den ersten 4 Wochen in Sand oder reinem Wasser weiter, bis allmählich Ruhe eintrat. Hier bei Steckling- 2 war in den ersten 4 Wochen nach der Versetzung in Sand so gut wie kein Wachstum bemerkbar; g-leichzeitig fand ein deutlicher Blattabfall statt. Dann aber begann das Wachstum von neuem, stieg an, nahm langsam ab und erhob sich sogar noch etwas im Oktober, bis es dann schließlich aufhörte. Jedenfalls hat die Pflanze ca. 3^2 Monate hindurch im Sande neue Blätter gebildet. Die Erklärung für dieses relativ langandauernde Wachstum ohne Nährsalzzufuhr ergibt sich in erster Linie aus der Tatsache, daß die Pflanze vor der Versetzung in Sand ung-emein kräftig herangewachsen war und im Zusammenhang damit an den Wur- zeln zahlreiche X-bindende Knöllchen besaß. Ob die Knöll- chen N -Verbindungen stark gespeichert hatten oder ob sie noch fortfuhren, im Sande Stickstoff zu binden, kann ich nicht wissen. Was die übrigen Salze anbetrifft, so könnte man daran denken, daß sie auch bis zu einem gewissen Grade gespeichert worden w^ären, aber es kann noch dazu kommen, daß kurz vor dem Ab- fall der älteren Blätter in den ersten 4 Wochen die betreffenden Salze aus ihnen in den Stamm gewandert sind — ein Vorgang, der auch bei unseren Bäumen vor dem Laubabfall stattfindet (Sw^art, 1914). yoQ Georg Klebs, Stecklingspflanze 3, Am 9. Vin. 13 wurde gleichzeitig mit 1 und 2 ein Zweig in Sand gesteckt, am 6. YIII. in einen Topf mit Erde versetzt. Die Pflanze wuchs seit der Zeit fort; das Blattwachstum wurde seit Mitte September gemessen: pro Tg. 1,3 cm 0 ^ 0 4 17. ES. bis 29. IX. 13 7,7— 24,3 = 16,6 cm; 12 Tg.: 17. rX. „ 5. X. 13 1,4—19,6 = 18,2 „ ; 18 21. IX. „ 14. X. 14 1,1—13,4 = 12,3 „ ; 23 2. X. „ 3. X. 13 1,3—13,2 = 11,9 „ ; 32 Auch hier sehen wir wieder die Abnahme des Wachstums im Oktober — November. Seit 3. XI. ruhte die Pflanze, blieb dabei frisch grün. Am 30. XII. schnitt ich die obere Hälfte der Pflanze fort; am 18. I. entwickelte sich ein junger Trieb, der seit Februar lebhafter wuchs, noch stärker im April — Mai. Am 8. V. 1914 nahm ich die Pflanze aus ihrem Topf; an dem kräftigen Wurzelsystem saßen viele Knöllchen. Die Pflanze wurde in Wasser (Leitung) gesetzt, das täglich eine Zeitlang erneuert wurde, weil die Knöllchen sich zersetzten. Das Wachstum ging in der ersten Zeit fort; ein Blatt verlängerte sich vom 8. V. bis 16. V. von L5,9 — 19,9 cm. Das junge Blatt, 2,5 cm, streckte sich in den ersten 4 Tagen auf 3,3 cm und veränderte sich nicht mehr; seit 16. V. ruhte die ganze Pflanze. Infolge der Entfernung der WurzelknöUchen rief der Mangel an Nährsalzen im Medium Ruhe hervor. Am 23. V. wurde die Pflanze in Erde gesetzt; schon nach 24 Stunden fing das junge Blättchen, das 10 Tage geruht hatte, an zu wachsen. Das Wachstum ging bald lebhaft vor sich. Die frisch beblätterte Pflanze wurde am 13. VI. halbdunkel gestellt, unter der Tablette des Gewächshauses, an einen Ort, wo Pothos aurea noch eben wachsen konnte. In diesem schwächeren Licht ging das Wachstum fort: 14. VL bis 22. VI. 10,4— 23,2 = 12,8 cm; 8 Tg.; pr. Tg. 1,6 cm 14. VI. „ 26. VL 2,6—23,7 = 21,1 „ ; 12 „ ; „ „ 1,7 „ 28. VL „ 14. VIL 1,2—17,4 = 16,2 „ ; 16 ., ; „ „ 1 „ Nach 3 Wochen nahm das Wachstum, wie das letzte Blatt zeigt, ab. Am 14. Yll. wurde die Pflanze ganz verdunkelt. Das jüngere Blatt 5,6 cm verlängerte sich in den beiden ersten Tagen nur bis 8 cm und wuchs dann nicht mehr. Das jüngste Blatt 0,2 cm veränderte sich überhaupt nicht. Nach 4 Tagen über Wachstum und Ruhe tropischer Baumarten. 781 wurden die Fiederblättchen gelb und fielen ab, nach 7 Tagen stand die Pflanze kahl. Später hell gestellt, erholte sie sich nicht mehr, sondern starb ab. Stecklingspflanze 4. Ein im Frühjahr 1914 in Sand gesteckter Trieb wurde am 18. Vn. in Erde verpflanzt. Der Steckling bildete im Sommer bis in den Herbst hinein Blätter. Am 6. Oktober setzte ich den Topf in den ungeheizten Glasgang, der zwei Gewächshäuser verband und dessen Temperatur von der Außenwelt abhing. In der Zeit vom 6. X. bis 22. X. war nach den Messungen an einem Maximum- Minimumthermometer Durchschnittliche f Maximum -Temperatur 19,5° abs. Max. 23« I Minimum- .. 10,7« „ Min. 8« Die maximalen Temperaturen am Tage wären für das Wachs- tum ausreichend gewesen, aber füi' den Stillstand waren die Mni- mumteraperaturen in der Nacht maßgebend. Als ich am 22. X. die Pflanze in das warme Gewächshaus brachte, dessen durch- schnittliche j\Iinimumtemperatur 19,5« betrug, verlängerte sich das jüngste Blatt in den ersten 24 Stunden. Das Wachstum ging fort, bis ich den Topf am 31. X. wieder in den Gang stellte, dessen Minimumtemperatur am 1. XI. 12«, am 2. XI. 9« betrug. Dann hörte das Wachstum sofort auf, die Blätter wurden auch etwas welk, am folgenden Tage straff, blieben aber unverändert bis 7. XI., an welchem Tage ich den Topf in das warme Gewächshaus zurück- brachte. Hier trat nach Abfall der Blätter Absterben ein. Wie vorauszusehen war, ist es möglich, durch einfachen Wechsel niederer und höherer Temperatur abwechselnd Ruhe und Wachs- tum hervorzurufen. Pithecolohium Saman ist unter den vielen tropischen Baum- arten, die ich im Laufe der Jahre geprüft habe, bisher das beste Versuchsobjekt, an dem sich die Abhängigkeit der Periodizität von der Außenwelt nachweisen läßt. Die Versuche mit dieser Art sind auch besonders geeignet, das Verhalten der anderen besprochenen Pflanzen klarzulegen. In dem feuchtwarmen Klima in Buitenzorg soll Pithecolohium nach dem Blattabfall im Juli und August nur einmal im Jahre treiben, auch für Ceylon wird das einmalige Treiben angegeben, nur daß es im Februar— März eintritt (s. S. 771). Wie wenig diese Beobachtungen uns Aufschluß geben über die Potenzen der spezi- 782 '^«org Klebs, fischen Struktur, zeigen die Untersuchungen in Heidelberg, die sämt- lich an einem Individuum und den von ihm herrührenden Stecklingen ausgeführt worden sind, so daß der Einwurf — es handle sich um die Mitwirkung von Rassenunterschieden — nicht gemacht werden kann. Fithecolohium besitzt zweifellos ebenso wie Terminalia, Theo- broma, Alhizzia u. a. die Potenz, ununterbrochen fortzuwachsen; sie tut es auch in unserem Winter trotz der geringen Lichtmenge, nur daß in dieser Zeit das Wachstum stark verringert ist. Bei der Mutterpflanze betrug im Durchschnitt die Länge der Blätter im Sommer 31,3, im Winter 15,9 cm, also ziemlich das Doppelte, der tägliche Zuwachs im Sommer 1.8, im Winter 0,8 cm, etwas mehr als das Doppelte. Dieses ununterbrochene Wachstum erfolgt aber nur bei reichlicher Nährsalzzufuhr in frei ausgepflanztem Zustand, Ein Steckling verhielt sich unter den gleichen Bedingungen genau ebenso. Die gleiche Pflanze seit Juli in einem Topf mit be- grenzter Erd menge zeigte eine ausgesprochene Periodizität. Der Hauptsproß ruhte im folgenden Winter 5 Monate. Die verminderte Lichtmenge in Verbindung mit der relativ beschränkten Nährsalzaufnahme übte diese Wirkung aus. Aber die gleiche Pflanze wuchs im dritten Winter ihres Heidelberger Lebens ununterbrochen im November und Dezember, nachdem sie am 28. X. 1914 in eine neue Erde versetzt, und der obere Teil des Stammes abgeschnitten worden war. Man kann aber auch unter sonst sehr günstigen Außen- bedingungen des Lichtes, der Temperatur, der Feuchtigkeit einen periodischen Wechsel von Ruhe und Wachstum hervorrufen, wenn man den Nährsalzgehalt des Mediums, in dem die Wurzel lebt, stark einschränkt. Am klarsten treten die Resultate der Versuche hervor bei solchen Pflanzen, die keine N-bindenden Wurzelknöllchen besitzen. Zur Veranschaulichung gebe ich kurz die Daten des einen am längsten durchgeführten Versuches an. Ich nehme als Anfang der Ruhe den Zeitpunkt an, in welchem das letzte wachsende Blatt stillsteht; das jüngste Blatt ruhte immer schon eine Zeitlang früher. Wachsen seit Januar 1914 bis Ende April in Erde, 27. IV. Flußsand. Wachsen bis 17. VI. — Ruhe bis 22. VI., 22. VI. Sand mit Nährsalzlösung (Knop 0,1 "/o). Wachsen vom 24. VI. bis 17. VII. 17. VII. destilliertes Wasser, i'ber Wachstum und Ruhe tropischer Baumarten. 783 Wachsen bis 21. VIII. — Ruhe bis 1. IX. 1. IX. Nährsalzlösimg- o,l ^/o ohne N- Verbindungen, Wachsen bis 29. IX. — Ruhe bis 13. X. 13. X. Nährsalzlösung- mit N- Verbindungen, Wachsen vom 15. X. bis 7. XI. 7. XI. reiner Sand, Wachsen bis 14. XII. — Ruhe. Die Wachstumszeiten in nährsalzreichem Medium wie die Ruhezeiten in nährsalzarmem hätten je nach dem Datum des Ver- suchs kürzer oder länger sein können. Allgemein aber gilt, daß nach dem Versetzen aus nährsalzreichem in ein nährsalzarmes Medium das Wachstum eine Zeitlang noch fortgeht; nach vorher- gehender Ernährung in Erde sogar 7 Wochen, nach einer solchen in nährsalzhaltigem Sand 5 Wochen. Andererseits begann nach Versetzung aus nährsalzarmem in ein nährsalzreiches Medium das Wachstum stets nach 24 — 48 Stunden. In jenem Falle, wo nach sehr kräftiger vorhergehender Er- nährung bei freier Auspflanzung zahlreiche X-bindende Knöllchen an den Wurzeln saßen, konnte das Wachstum in nährsalzarmem Sande nach einer 4 wöchentlichen Ruhepause 3 V2 Monate andauern. Allgemeines. Wenn mau die Resultate der Beobachtungen an den fünf untei*suchten , unter sich sehr verschiedenartigen Baumarten der Tropen überblickt, so erkennt man, daß die Wachstumsweise ebenso wie irgend ein anderer physiologischer Vorgang oder irgend eine Formbildung mannigfachen Variationen (oder, wie man vielfach sagt, Modifikationen) unterworfen ist. Der Umfang und die Grenze werden bestimmt durch die spezifische Struktur. Sie enthält mit ihren zahlreichen Potenzen den erbhchen Faktor, der auch für unsere gewöhnlichen Versuche als konstant vorauszusetzen ist. Die Entscheidung, welche von den Potenzen in einem gegebenen Falle verwirklicht wird, kann, rein theoretisch betrachtet, nicht wieder von der spezifischen Struktur allein abhängen (Klebs, 1903, S. 26). Wenn man diese Ll)erlegungen nicht anerkennt, so beuge man sich vor den Tatsachen. Sie beweisen, daß die verschiedenen Variationen der Wachstumsweise durch verschiedenartige äußere Bedingungen hervorgerufen werden. Bei einer Pflanze wie Pithe- colobium kann man mit der gleichen Sicherheit Wachstum oder '7QA Georg Klebs, Ruhe bewirken wie bei einer Vancheria Zoosporenbildung oder ge- schlechtliche Fortpflanzung oder wie bei einer chemischen Sub- stanz den flüssigen oder festen Zustand. Aus diesen Tatsachen ergibt sich die Folgerung, daß das Ver- halten einer Pflanzenspezies an einem bestimmten Ort z. B. im Garten von Buitenzorg auch nur der sichtbare Ausdruck der Reak- tionen ist, die an der spezifischen Struktur durch den an dem Standort herrschenden Bediugungskomplex hervorgerufen werden. Es gibt nicht eine bestioimte Periodizität, es gibt zahlreiche Formen periodischen und unperiodischen Verhaltens, und das bleibt richtig, auch wenn wir im Augenblick nicht imstande sind, den Bedingungskomplex bis ins einzelne zu analysieren. Die entscheidende Tatsache, die als Grundlage für jede Theorie der Periodizität dienen muß, liegt in dem Nachweis, daß die Vege- tationspunkte der untersuchten tropischen Baumarten die Potenz zu einem unbegrenzten Wachstum besitzen, genau so wie zahlreiche einheimische Baumarten, wie selbst die Buche (Klebs, 1914). Die tropischen Baumarten sind für diesen Nachweis sehr viel geeigneter als die unsrigen. Denn sie vertragen länger und besser eine höhere Temperatur auch bei relativ geringer Licht- menge im Winter. Volkens (1903, 1912, S. 49—50) hat zuerst auf das Vor- kommen lange Zeit fortwachsender Bäume in den Tropen auf- merksam gemacht, wie Alhizzia moluccana und Felicium decipiens. Berthold (1904, S. 243) hat in Göttingen ein jahrelang fort- dauerndes Wachstum bei Ficus elastica beobachtet, der in den Tropen längere Zeit ruhen kann. Ich habe (1911, 1912) auf eine große Anzahl lange fort- wachsender tropischer Pflanzen hingewiesen. In dieser Arbeit ist der Nachweis geführt worden, daß Baumarten wie Terminalia catappa, Theobrotna cacao, Alhizzia stipulata, Pithecolobium Sa- man unter den geeigneten Bedingungen Jahre hindurch ununter- brochen wachsen können. Jede von diesen wie andere Pflanzen haben aber ebenso die Potenz zu ruhen. Es ist im allgemeinen leichter die Ruhe hervor- zurufen als beständiges Wachstum. Wenn daher Simon (1914, S. 150) glaubt besonders betonen zu müssen, daß auch Alhizzia moluccana in irgend einem älteren Exemplar ruhte, so ist das nichts weniger als überraschend, vielmehr selbstverständlich. Ich wies bereits nach (1911, S. 41), dSiQ Alhizzia moluccana bei Licht- über A\'aclistum und Euhe tropischer Baumarten. 78t5 inan^el zur Ruhe übergeht. Ebenso könnte sie auch durch an- dere Faktoren, vor allem Nährsalzmangel, dazu veranlaßt werden. Man könnte einwerfen, daß die Verscliiedenheit des Verhaltens mancher Arten in Java, Ceylon, Heidelberg auf spezifischen Diffe- renzen der beobachteten Individuen (Rassen) beruhen. Das könnte der Fall sein bei den von Wright, Volkens, Simon unter- suchten Exemplaren. Meine Versuchspflanzen waren zum Teil die gleichen wie in Buitenzorg. Vor allem treten die verschiedenen Formen des Wachsens bei dem gleichen Individuum oder bei Stecklingen der gleichen Pflanze hervor. Auf der andern Seite verhalten sich die verschiedenen Individuen der gleichen Art, z. B. von Terminalia, Theohroyna, Albüzia unter wesentlich gleichen Bedingungen auch tatsächlich gleich. Über- haupt sind die Reaktionen, me sie sich im Wachsen oder Ruhen darbieten, im Prinzip nicht wesentlich verschieden bei den niedrig- sten wie höchsten Pflanzen. Die Verschiedenheiten der erblichen Strukturen zeigen sich doch nur darin, daß diese ein verschie- denes Verhältnis zu der Außenwelt besitzen, so daß die gleiche Reaktion bei zwei Pflanzenarten eben durch verschiedenen Einfluß bedingt wird. Terminalia kann noch bei einer Lichtintensität an- dauernd neue Blätter entfalten, bei der Theobroma nur kümmer- liche Anlagen zu bilden vermag, bei der Eriodendron ruhen muß. Wenn also wirklich zwischen Individuen der gleichen Spezies Unterschiede des Verhaltens existieren, die man selbst als spezifisch bezeichnen müßte, so würde eben doch nur die Relation zu einer bestimmten Außenwelt verschieden sein. Jedes Individuum würde mau zum Wachstum oder zur Ruhe bringen können, man müßte nur für jedes die dafür geeigneten Bedingungen herausfinden. Das häufig so verschiedenartige Verhalten einzelner Individuen, worauf alle Tropenforscher seit Schimper liinge wiesen haben, ist aber gar kein Beweis für das Vorhandensein spezifischer Diffe- renzen, weil die möglichen oder sogar wahrscheinlichen Differenzen der Bodenfaktoren bisher nicht berücksichtigt worden sind. Für den Nachweis des fortdauernden Wachstums sind junge Individuen von mir benutzt worden. Wright (1905, S. 512) so- wohl wie ^^olkens (1902) haben beobachtet, daß junge Exemplare sich in bezug auf den Laubabfall verschieden von älteren verhalten. So sind z. B. „junge Exemplare von Tectona grandis immergrün, ältere wechseln ihr Laub nach genügender Erstarkung in regel- mäßigen Perioden" (Volkens, 1. c, S. 124). Bei Albizzia moluceana Jahrb. f. wias. Botanik. LVI. 50 7gß Georg Klebs, soll sich nach Volke ns (S. 50) neben der unperiodischen Blattbildung- noch eine periodisch sich vollziehende Steigerung- der blatterzeug'enden Tätigkeit einstellen. Simon (1914, S. 142) schließt sich dieser Meinung an, er erwähnt später die Beobachtungen Hubers (1898), nach denen junge Hevea-Bänme in der Jugend häufiger treiben als im Alter, und er kannte auch meine Versuche, in denen sehr junge Bäume in der Jugend beständig trieben, während sie im Alter monatelang ruhten. Wie kommt Simon dazu, diese Zunahme der Kuhezeiteu als eine Steigerung der Blattbildung auf- zufassen, während sie doch tatsächlich eine Abnahme ist? Die Auf- fassung von Volkens und Simon bedeutet überhaupt nur den Versuch einer Umschreibung des Problems, sie geht auf die Gründe der Erscheinung nicht ein. Ich habe eine Erklärung dafür gegeben, indem ich darauf hinwies, daß die Wachstumsbedingungen für die älteren Bäume nicht das ganze Jahr optimal sein können (Klebs 1912, S. 275). Die Beobachtungen an einheimischen Holzpflanzen (s. Klebs, 1914, S. 105) stimmen mit den Erfahrungen an Tropen- bäumen durchaus überein. Ein junges Exemplar mit einem oder ganz wenigen Vegetationspunkten erhält reichlich Wasser und Nähr- stoffe aus dem Boden. Die vielen Tausende Knospen eines älteren Baumes, der dabei seit Jahrzehnten an dem gleichen Standort ge- wachsen ist, womöglich in unmittelbarer Nähe anderer Konkurrenten, erhalten nicht durch das ^^'urzels3'Stem und den Stamm fortdauernd die ausreichende Menge von Wasser und Nährsalzen. Man kann diese Auffassung nicht klarer und sicherer beweisen als durch die in dieser Arbeit gegebenen Versuche, in denen die gleiche junge Pflanze in gut gedüngtem l^oden beständig fortwuchs, in nälirsalz- armem Medium zeitweilig ruhen mußte. Da das Wachstum von einer ganzen Anzahl Faktoreu abhängt, so kann Ruhe unter selir verschiedenen Umständen eintreten, je nachdem die Quantität eines oder mehrerer Faktoren bis zu einem für jede Spezies verschiedenen Minimum herabsinkt. So bewirkt eine Erniedrigung der Temperatur bei sonst günstigen Bedingungen einen Stillstand des Wachstums, Erhöhung seinen Wiedereintritt (Fühecolobium, S. 781); ebenso kann der Wechsel der Feuchtigkeit der Luft die entsprechenden Vorgänge herbeiführen. Bei den Ver- suchen in Heidelberg habe ich in erster Linie den Einfluß der beiden Hauptfaktoren : Licht und Nährsalze berücksichtigt unter der Vor- aussetzung, daß Wärme, Feuchtigkeit der Luft, Wassergehalt des Bodens in ausreichendem Maße wirksam waren. über Wachstum und Ruhe tropischer Bauniarten. 787 Die Bedeutung- des Lichtes für die Entwicklung der Laubtriebe, die Wirkung der Lichtverniinderung auf das Absterben von Knospen, das zu einer starken Zweigreduktiou führt, ist von Wiesner (1907, S. 145) eingehend untersucht worden. Berthold (1904, S. 244) hat für den besonderen Fall von Ficus elastica die Abnahme der C-Assimilation als Grund für den Knospenschluß im November an- genommen. In unserem Klima nimmt die Lichtmenge (Intensitcät und Dauer) in dem letzten Viertel des Jahres sehr stark ab (Wiesner, 1907, S. 21; Klebs, 1914, S. 59), sie erreicht Ende Dezember ihr Minimum. Der Einfluß dieser Lichtverminderung tritt bei den Tropenpflanzen sehr auffcällig hervor. Je nach der Spezies kann man folgende Verschiedenheiten des Verhaltens beobachten für den Fall guter Nährsalzversorgung aus dem Boden: 1. Die Pflanze bildet während des ganzen Winters ununter- brochen neue Blätter, die auch zur Entfaltung kommen, nur daß die Größe der Blätter wie auch die Größe des täglichen Zuwachses vermindert ist, so bei Terminalia (S. 743), Alhizzia (S. 762), Pithe- colobium (S. 772). 2. Die Pflanze bildet ununterbrochen Blätter, aber diese kommen während der Monate November bis Januar nicht zur normalen Ent- faltung; Theohroma cacao. 3. Die Pflanze kommt während der Mx)nate mit geringer Licht- menge zur Ruhe. Zu der letzten Gruppe gehört sehr wahrscheinlich Sterculia macrophylla, da die Blattaulagen sich bereits im Oktober nicht mehr entfalten konnten. Aber es fehlt noch der Versuch mit einem frei ausgepflanzten Exemplar. Regelmäßig kamen frei ausgepflanzte Individuen von Eriodendron anfractuosum (Klebs, 1912, S. 262) in den Wintermonaten zur Ruhe. (Näheres in einer späteren Arbeit). Die wachstumshemmende Wirkung einer Lichtverminderung beobachtet man auch im Sommer; am stärksteu tritt sie hervor bei völliger Verdunkelung, in der Alhizzia wie Piihecolobium schnell zur Ruhe kommen. Aus den Versuchen mit Alhizzia (S. 764) folgt, daß das Licht keine so spezifische Wirkung ausübt, wie bei der Buche (Klebs, 1914). Vielmehr ist es höchstwahrscheinlich, daß der Stillstand der C-Assimilation der Grund für den Eintritt der Ruhe ist. Alhizzia vermag im Dunkeln eine Zeitlang fortzuwachsen, so- fern sie vorher gut ernährt war und Reservestoffe in sich auf- gespeichert hatte. 50* 7gg Georg Klebs, Von großem Interesse für das ganze Problem der Periodizität ist die Tatsache, daß das Verhältnis zu der gleichen Lichtmenge sich ändert, wenn die Pflanze sich in einem Topf mit begrenzter Erdmenge befindet. In diesem Falle tritt bei den untersuchten Arten in unserem Winter Ruhe ein, bei Alhizzia stipulata 3 Wochen, bei Pithecolohium 5 Monate, bei Terminalia IV2 bis 2'/2 Monate. Es bildet sich also unter diesen Umständen eine ausgesprochene Periodizität aus: langes Wachsen vom Februar bis in den No- vember, eine Ruhezeit vom November bis Januar. Bei der Entstehung der Ruheperiode können ver- minderte Lichtmeuge und begrenzte Nährsalzmenge zu- sammen wirken. Ein Verständnis für die zunächst sehr auffallende Erscheinung, daß Nährsalzzufuhr die hemmende Wirkung des Lichtes aufheben kann, ist doch jnöglich, wenn man an das Verhalten der Buche denkt (Klebs, 1914, S. 61 usw.). Denn bei dieser Baumart, die nach schneller Blattentfaltung im April bereits im Mai zur Ruhe übergeht, läßt sich ein lang andauerndes Wachstum erreichen bei kontinuierlicher elektrischer Beleuchtung. Diese wirkt, abgesehen von dem besonderen Lichteinfluß für das Austreiben (vielleicht Bildung der Eiweißstoffe), deshalb, weil die C- Assimilation im Ver- hältnis zur Atmung (Dissimilation) eingeschränkt ist. Bei reich- licher Zufuhr von Nährsalzen befinden sich diese im Verhältnis zu den Kohlehydraten in der für das Wachstum geeigneten Menge. In der freien Natur ist im Mai und Juni die C-Assimilation sehr intensiv, die Kohlehydrate befinden sich in einem Überschuß gegenüber der durch die Wurzel aufnehmbaren Nährsalzmenge, und die Folge davon ist die Bildung der Ruheknospen. Bei den tropischen Pflanzen im Heidelberger Gewächshaus haben wir den gleichen Vorgang wie im elektrischen Lichtraume bei der Buche. Die Lichtmenge der Wintermonate genügt gerade, um bei reichlicher Nährsalzmenge das geeignete Konzentrations- verhältnis von dieser und der C-Assimilation herbeizuführen. Ist aber die Nährsalzmenge selbst gering, so kann dieses Verhältnis auch bei verminderter Assimilation nicht erreicht werden — die Pflanze ruht. Man wird jetzt die Frage auf werfen, ob nicht in den Tropen, z.B. in Buitenzorg, zu gewissen Zeiten auch die C-Assimilation mancher Baumarten zu intensiv werden kann, so daß diese wie unsere Buchen deshalb eine Zeitlang ruhen müssen. über Wacli.sfuiii und Rulie Ironischer Bauuiarten. 789 Aus nieiuen Untersuclmugeii in Heidelberg- läßt sich bisher keine sichere Antwort auf diese Frage gewinnen. Hier müßten wohl Versuche in den Tropen gemacht werden. Aber auch unter völlig ausreichenden Lichtverhältnissen kann Ruhe eintreten, wenn die Nährsalzmenge des Bodens zu gering wird. Bei dem Topfexemplar von Terminalia trat 2 mal im Jahre eine kurze Ruhepause des Hauptsprosses ein, während die Seiten- sprosse weiter wuchsen. Das läßt sich durch die Annahme ver- stehen, daß infolge vorhergehenden lebhaften Wachstums eine gewisse Erschöpfung au Xährsalzen eingetreten ist, bis wieder langsam der Zufluß aus dem Boden soweit steigt, um erneutes Wachstum zu erregen. Dabei spielt auch der Konkurrenzkampf der Haui)t- und Seitensprosse eine Rolle. Gerade bei den letz- teren zeigte sich ein periodischer Wechsel von Wachstum und Ruhe (s. S. 747), der eine Folge der l)egrenzten Nährsalzmenge war, da diese nicht für das gleichzeitige Wachsen aller Vegetationspunkte genügte : Aus diesem Verhältnis der Pflanze zu der relativ kleinen Erdmenge im Topf ergab sich auch die interessante Tatsache, daß Sterculia macroplujlla, je länger sie im gleichen Topf blieb, um so kürzere Wachstums- resp. um so längere Ruhezeiten aufwies (S. 770). Mangel an Nährsalzen hatte Berthold (1904, S. 242) als möglichen (irund für den Eintritt der Ruhe liei Winterknospen einheimischer Bäume angegeben. In seinen wichtigen Unter- suchungen über das Wachstum tropischer Pflanzen hat Smith (1909, S. 288) darauf hingewiesen, daß in Ceylon das häufigere Treiben der Baumarten während der Trockenzeit auf der stärkeren Zufuhr von Nährsalzen infolge gesteigerter Transpiration beruht. Andererseits führt Smith die in der Regenzeit bemerkbare Ab- nahme der Blattproduktion bei der Teepflanze auf den Mangel an Nährsalzen infolge zu geringer Transpiration zurück. Wie es sich auch damit in Wirklichkeit verhalte, meine Versuche an tropischen Pflanzen in Buitenzorg und Heidelberg lehrten den ent- scheidenden Einfluß des Bodens auf die Periodizität; ich legte daher dem Nährsalzgehalt des Bodens große Bedeutung bei. Es ist etwas verwunderlich, daß diese Auffassung eine solche schroffe Ablehnung durch Jost (1912) erfahren hat und daß auch neuerdings Simon genau den Pfaden von Jost folgt. Es erweckt den Anschein, als wenn diese Physiologen nie wirklich Pflanzen kultiviert hätten. Jeder praktische Landwirt oder Gärtner weiß, 790 Georg Klebs, was für einen außerordentlichen Einfluß die Menge der Nährsalze auf die Wachstunisg-escliwindigkeit wie auf die ZuwaclisgTöße aus- übt. Seit Lieb ig weiß man, daß, wenn nur ein Nälirsalz sich in einem Minimum befindet, das Wachstum aufhören muß. Daraus folgt notwendig, daß auch die Wachstumsdauer von den Nährsalzen abhängen muß. Die Versuche bestätigen doch nur das, was man theoretisch hätte voraussagen können. Um die Bedeutung der Nährsalze in den A^ersuchen von mir und Lakon (1912) noch stärker herabzudrücken, bezeichnet Jost sie als bloße „Reize" und setzt sie direkt in eine Reihe mit den nar- kotisierenden Substanzen, wie Äther und Chloroform. Simon (1914, S. 170) stimmt wieder ohne jedes Bedenken der Ansicht von Jost zu. Diese bedeutet doch sicher keine Aufklärung, sondern nur eine Verwirrung der Sachlage. Der Äther ist eine Substanz, die nichts mit dem Wachstum als solchem zu tun hat, er wirkt bei der Verkürzung der Ruheperiode mit, vielleicht durch irgendwelchen indirekten Einfluß, z. B. auf die Mobilisierung der aufgespeicherten Stoffe. Dagegen bei der Wirkung der Nährsalze handelt es sich um die «luantitative Steigerung eines schon vorher vor- handenen und absolut notwendigen Wachstumfaktors. Man kann schließlich diese Wirkung der Nährsalze als Reiz bezeichnen — aber einmal wird an ihrer Bedeutung nicht das Mindeste geändert, und zweitens ist diese Bezeichnung nur irre- führend, weil das Wesen der Sache — eben die quantitative Steigerung — dadurch nicht klar ausgedrückt ist. Simon (1914, 8. 179) hat noch einen anderen Einwand mir gegenüber erhoben. Ramann und Bauer (1912, S. 67) wiesen nach, daß verschiedene Baumarten, wie Ahorn, Rot-, Weißtanne usw., die einzelnen Nährsalze dem Boden zu ungleichen Zeiten und in wechselnder Menge entziehen. Diese verschiedene Nährsalz- aufnahme soll durch „innere Faktoren" allein (?) bewirkt werden. Daraus schließt Simon, daß die Pflanze nicht die Fähigkeit besitze, dem Boden dauernd Nährstoffe in größerer Menge zu entnehmen. Nun beweisen die Beobachtungen an den von mir untersuchten Tropenbäumen, daß diese tatsächlich das Vermögen besitzen, die für dauerndes Wachstum ausreichende Nähr- salzmenge aufzunehmen, sofern diese ihnen geboten ist. Denn sonst könnten sie doch unmöglich fortwachsen. Es ist also nicht einzusehen, was die Beobachtungen von Ramann und Bauer gegenüber den festgestellten Tatsachen beweisen sollen. über Waclistum uud Kühe tropischer Baumarten. 791 Schon wiederholt habe ich (Klebs, 1911, S. 53, 1902, S. 275) hervorgehoben, daß die Bodenfrage sehr verwickelter Natur ist. Ich sagte: „Es kommt nicht bloß auf die Menge der einzelnen Nähr- salze an, sondern auch auf das Verhältnis ihrer Mengen, auf den Einfluß der physikalischen Struktur des Bodens, ferner auf Bakterien und Pilze, die Verwesung und Zersetzung bewirken, auf die Aus- scheidungsprodukte der Wurzeln und auch auf die gegenseitige Ein- wirkung der nebeneinander wachsenden Pflanzen/' Auch in einem Topf mit begrenzter Erdmenge müssen bei längerer Wachstumszeit einer Pflanze alle möglichen Änderungen des Bodens eintreten, Dinge, die wir heute noch nicht übersehen können. Es wäre denk- bar, daß auch bei an und für sich gut ausreichender Nährsalzmenge solche Änderungen das Wachstum zeitweilig hemmen können, vor allem dann, wenn das Wurzelsystem in seiner Aufnahmefähigkeit irgendwie beschränkt wird. Sowie durch einen Faktor die Bildung der jungen Wurzeln verlangsamt oder ganz beliindert ist, muß die Aufnahme der Nährsalze zurückgehen ; sie kann soweit eingeschränkt werden, daß Ruhe eintritt. Ich führte das kümmerliche Wachstum junger Tec^onri-Pflanzen in meinem Gewächshaus während des Winters auf zu große Nässe des Bodens zurück (1912, S. 277). Es ist sehr möglich, daß das eigentümliche Verhalten unserer einheiuiischen Bäume im Berggarten von Tjibodas (Java) auf den gleichen Grund zurückzuführen ist (Klebs, 1911, S. 53). Aber unter allen mannigfaltigen Faktoren des Bodens ist eben doch die Menge der Nährsalze weitaus am entscheidendsten. Es handelt sich gar nicht mehr um eine Hypothese, die man, wie Simon es noch tut, beliebig verwerfen kann, sondern um sichere Tatsachen, die man anerkennen muß. Die Versuche mit Pitlie- colohium zeigen einwandfrei (s. S. 782), daß durch Entziehung der Nährstoffe allmählich Ruhe, durch Hiuzufügung schnell wieder Wachstum hervorgerufen wird. Man kann auf diesem Wege an der gleichen Pflanze den periodischen Wechsel von Ruhe und Wachstum mehrere Male hervorrufen. Die vielen Fragen, die sich an den Einfluß der N;ihrsalze knüpfen, können vorläufig noch nicht beantwortet werden, da sie kaum in Angriff genommen worden sind; meine eigenen Unter- suchungen werden fortgesetzt. Wir beginnen eben erst das Problem der Periodizität physiologisch zu bearbeiten, nachdem der Nachweis ihrer Abhängigkeit von der Außenwelt sicher geliefert worden ist. Die weiteren Untersuchungen werden auch mit darüber entscheiden, 792 Georg Klebs, Über Wachstum und Ruhe tropischer Baumarteu. in welchem Grade es möglich sein wird, die äußeren Bedingungen genau zu erkennen, die eine bestimmte tropische Baumart zwängen, in ihrer Heimat, z. B. in Java, zeitweilig zur Buhe überzugehen. Vorläufig muß man sich mit gewissen Andeutungen begnügen, wie ich sie früher und hier gegeben habe. Die in den Tropen arbeitenden Forscher finden darin vielleicht die Anregung, den Problemen dort in bestimmter Richtung nachzugehen. Literatur. Berthold, G., Untersuchungen zur Physiologie der pflanzlichen Organisation. Leipzig, II, 1904. Drude, ()., Die Ökologie der Pflanzen. Braunschweig 1913. Haberlandt, S., Botanische Tropenreise. Leipzig 1893. Huber, .1., Beitrag zur Kenntnis der periodischen Wachstumserscheinungen bei Hevea brasiliensifi. Bot. Centralbl. 1898. .Tost, L., Besprechung der Arbeit von Klebs: Rhythmik etc. Zeitschr. f. Bot., III, 1912, 8. G43. Klebs, G., Willkürliche Entwicklungs-Änderungen bei Pflanzen. .lena 1903. , Über die Rhythmik in der Entwicklung der Pflanzen. Heidelberg Akad. 1011. — — , Über die periodischen Erscheinungen tropischer Pflanzen. Biol. Centralbl., 1912. — — , Über das Verhältnis der Außenwelt zur Entwicklung der Pflanzen. Heidelberg. Akad., 1913. — — , Über das Treiben der einheimischen Bäume, speziell der Buche. Heidelberg. Akad. Abb. 1914. Koorders, S. H. und Valeton, Bidrag tot de Kennis der boomsorten op .Tava. Pars I — XII, 1894—1910. Lakon, O., Die Beeinflussung der A\'interruhe der Holzgewächse durch die Nährsalze. Zeitschr. f. Bot., 1912. Magnus, W. , Der physiologische Atavismus unserer Eichen und Buchen. Biol. Centralbl., 1913. Pfeffer, W., Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., Bd. II, Leipzig 1904. Raniann, E. und Bauer, H., Trockensubstanz, Stickstoff" und Mineral.stoffe von Baum- arten während einer Vegetationsperiode. .lahrb. f. wiss. Bot., Bd. 50, 1912. Schimper, F. W., Pflanzengeographie auf physiologischer Grundlage. .Tena 1898. Simoni S. V., Studien über die Periodizität der Lebensprozesse der in dauernd feuchten Tropengebieten heimischen Bäume. .Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 54, 1914. Smith, A. U. , On the Internal Temperature of Leaves etc. Ann. R. Bot. Gard. Pera- deniya, IV, 1909. Swart, Vic, Die Stoffwanderung in ablebenden Blättern. Inaug.-Diss. .lena 1914. Volkens, G. , Der Laubwechsel tropischer Bäume. Ver. f. Beförd. Gartenbau 1903. , Laubfall und Lauberneuerung in den Tropen. Berlin 1912. Wiesner, .1., Der Lichtgenuß der Pflanzen. Leipzig 1907. Wright, H., Foliar Periodicity of Endemie and Indigenous Trees in Ceylon. Ann. R. Bot. Gard. Peradeniya, II, 1905. Verzeichnis der Druckschriften von W. Pfeffer. 1865 bis März 1915. 1865. 1. Über einige Derivate des Glj^zerins und dessen Über- führung in Allylen. Inaugural- Dissertation, Göttingen, 8°; 30 Seiten. 1867—68. 2. Aus der Mooswelt der Alpen. Jahrb. Schweizer Alpenklub IV, S. 454—477. 1868. 3. Bryologische Reisebilder aus dem Adula. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft, Graubündens Neue Folge, XIII, S. 44—82. 4. Didymodon Theobaldii, eine neue Moosart. Ebenda XIH, S. 83—88, Tafel I— II. 5. Zwei Mißbildungen von Laubmoosfrüchten. Ebenda XIII, S. 150—157, Tafel n. 1869. 6. Über Bildung von Korolle und Androeceum der Primu- laceen. Sitzungsber. der Naturforschenden Freunde, Berlin, 21. Dez.; Bot. Zeitung, XXVm, 1870, S. 143. 7. Bryogeographische Studien aus den rhätischen Alpen. Als Sonderabdruck herausgegeben 1869; dann in Bd. XXIV der Neuen Denkschriften der allgemeinen schweizerischen Gesellschaft für die gesaraten Natiirwissenschaften, Zürich 1871, 40, 142 Seiten. 50** yoA Verzeichnis der Urucksclirit'teii von W. rtetier. 1871. 8. Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensäure in Pflanzen. Arbeiten des botanischen Institutes in Würzburg, heraus- gegeben von J. Sachs, Bd. I, Heft 1, S. 1—76, 3 Holz- schnitte ; separat als Habilitationsschrift zur Erlangung der venia docendi bei der Philosophischen Fakultät Marburg, März 1871. 9. Studien über Symmetrie und spezifische Wachstums- ursachen. Arbeiten des botanischen Institutes in Würzburg, Bd. I, Heft 1, S. 77—98, 1 Holzschnitt. 10. Zur Frage über die Wirkung farbigen Lichtes auf die Kohlensäurezersetzung. Bot. Zeitung, XXIX, S. 319-323. 11. Entwickelung des Keimes der Gattung Selaginella. Botanische Abhandlungen aus dem Gebiete der Morphologie und Physiologie, herausgegeben von J. Hanstein, Bonn, Bd. I, Heft 4, 80 Seiten, Tafel I— VI. 12. Über geformte Eiweißkörper und die Wanderung der Eiweißstoffe beim Keimen der Samen. Aus den Sitzungsberichten der Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Naturwissenschaft zu Marburg, Nr. 9, Dez. Bot. Zeitung, XXX, S. 276—279, 299-302. 1872. 13. Über die Wirkung der Spektralfarben auf die Kohlen- säure-Zersetzung in Pflanzen. Aus den Sitzungsberichten der Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Naturwissenschaft zu Marl>urg, Nr. 4, S. 65; ferner Annalen der Physik und Chemie, 1873, Bd. 148, S. 86—99. 14. Die Wirkung der Spektralfarben auf die Kohlensäure- Zersetzung in Pflanzen. Bot. Zeitung, XXX, S. 425—439, 449—462, 465—472. 15. Bemerkungen zu A. Schmidt Mitteilungen über die Mittellinie der Naviculeen. Tageblatt der 45. yersammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Leipzig; Bot. Zeitung, XXX, S. 743. Verzeichnis der Dnickschrifteu von W. Pfeifer. 795 16. Über das Öffnen und Schließen der Blüten. Verhandlungen der botanischen Sektion bei der 45. Versammlung- deutscher Naturforscher und Ärzte zu Leipzig; Bot. Zeitung, XXX, S. 733. 17. Über Wasserbewegung im x-Vnschluß an einen Vortrag von Sorauer. Verhandlungen der 45. Versammlung deutscher Naturforscher zu Leipzig; Bot. Zeitung, XXX, S. 749. 18. Untersuchungen über Reizbewegung. Aus den Sitzungsberichten der Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Naturwissenschaft zu Marburg, Nr. 9, Oktober, S. 129; Bot. Zeitung, XXX, S. 877—882. 19. Zur Blütenentwicklung der Primulaceen und Ampe- lideeu. Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik, Bd. VIII, S. 194 bis 214, Tafel XIX— XXII. 20. Untersuchungen über die Proteinkörner und die Be- deutung des Asparagins beim Keimen der Samen. Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik, Bd. VIII, S. 429 bis 571, Tafel XXXVI— XXXVIII. 1873. 21. Über Öffnen und Schließen der Blüten. Aus den Sitzungsberichten der Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Naturwissenschaft, Marburg, Nr. 1, Februar, S. 1; Bot. Zeitung. XXXI, S. 239—240, 247—250. 22. Physiologische Untersuchungen. 1. Untersuchungen über Reizbarkeit der Pflanzen. 2. Unter- suchungen über Öffnen und Schließen der Blüten. Leipzig. 8^ 216 Seiten, 1 Tafel. 23. Über die Beziehung des Lichtes zur Rückbildung von Eiweißstoffen aus dem beim Keimen ge- bildeten Asparagin. Tageblatt der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Wiesbaden; Bot. Zeitung, XXXH, S. 235. 24. Über die Beziehung des Lichtes zur Regeneration von Eiweißstoffen aus dem beim Keimungs- prozeß gebildeten Asparagin. Monatsberichte der Akademie Berlin, S. 780. jgg Verzeichnis^ der Druckschriften von W. Pfeffer. 1873—74. 25. Über Fortpflanziing des Reizes bei Mimosa pudica. Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik, Bd. IX, S. 308—326. 1874. 26. Die Ölkörper der Lebermoose. Flora, Bd. XXXH, S. 2—25, Tafel I. 27. Über periodische Beweg-ungen der Blätter. Aus den Sitzimgsberichten der Niederrheinischeu Gesellschaft für Natur und Heilkunde, Bonn, 9. Februar. 28. Hesperidin, ein Bestandteil einiger Hesperideen. Bot. Zeitung, XXXII, S. 529. 29. Die Produktion organischer Substanz in der Pflanze. Land\\irtschaftliche Jahrbücher, Bd. III, S. 1 — 16. 30. Die Bildung stickstoffhaltiger Substanz in der Pflanze. Landwirtschaftliche Jahrbücher, Bd. III, S. 437—448. 1875. 31. Heckeis Ansichten über den Mechanismus der Reiz- bewegungen. Bot. Zeitung, XXXIII, S. 289—291. 32. Die periodischen Bewegungen der Blattorgane. Leipzig, 8°, 176 Seiten. 33. Über die Bildung des Priniordialschlauches. Aus den Sitzungsberichten der NiedeiTheinischen Gesellschaft für Natur- u. Heilkunde, Bonn, 5. Juli 1875; Bot. Zeitung, XXXni, S. 660. 34. Über das Zustandekommen eines hohen osmotischen Druckes in Pflanzenzellen durch endosmotische Wirkung. Aus den Sitzungsberichten der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- u. Heilkunde, Bonn, 2. August 1875; Bot. Zeitung XXXIV, S. 74. 35. Über die Entstehung hoher hydrostatischer Druck- kräfte in Pflanzenzellen. Verhandlungen der Naturforscher- Versammlung zu Graz 1875; Bot. Zeitung, XXXIH, S. 733. Verzeicliiii.-< der Üruckscliriften von W. Pfeffer. 797 1876. 36. Besprechung- von E. Heckel: Du mouvement vegetal, Paris 187.5. Bot. Zeitung, XXXIV, S. 9. 37. Die Wanderung- der organischen Baustoffe in der Pflanze. Landwirtschaftliche Jahrbücher, Bd. V, S. 87 — 130. 1877. 38. Osmotische Untersuchungen. Studien zur Zellmechanik. Leipzig, 8", 236 Seiten, 5 Holzschnitte. 39. Über fleischfressende Pflanzen und über die Ernährung durch Aufnahme organischer Stoffe überhaupt. Landwirtschaftliche Jahrbücher, Bd. VI, S. 969—998. 1878. 40. Das Wesen und die Bedeutung der Atmung in der Pflanze. Landwirtschaftliche Jahrbücher, Bd. VII, S. 805—834. 1881. 41. Pflanzenphysiologie. Ein Handbuch des Stoffwechsels und Kraftwechsels in der Pflanze. 2 Bände. I. Bd. Stoffwechsel. IL Bd. Kraftwechsel. Leipzig, 8^ I, 383 Seiten, 39 Holzschnitte: II, 474 Seiten, 43 Holzschnitte. 1883. 42. Lokomotorische Richtungsbewegungen durch chemi- sche Reize. Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft, Bd. I, S. 524—533. 1884. 43. Lokomotorische Richtungsbewegungen durch chemi- sche Reize. Untersuchungen aus dem botanischen Institut zu Tübingen, herausgegeben von W. Pfeffer, Leipzig, Bd. I, Heft 3, S. 363—482. 798 Verzeichnis der Druckschriften von W. Pfeffer. 1885. 44. Zur Kenntnis der Kontaktreize. Untersuchungen aus dem botanischen Institut zu Tübingen, Leipzig, Bd. I, Heft 4, S. 483—525, 1 Holzschnitt. 45. Über intramolekulare Atmung unter Zugrundelegung der von W. P. Wilson ausgeführten Versuche. Untersuchungen aus dem botanischen Institut zu Tübingen, Leipzig, Bd. I, Heft 4, S. 636—685. 1886. 46. Über Aufnahme von Anilinfarben in lebende Zellen. Untersuchungen aus dem botanischen Institut zu Tübingen, Leipzig, Bd. II, Heft 2, S. 179—331, Tafel IL 47. Kritische Besprechung von de Vries: Plasmolytische Studien über die Wand der Vakuolen nebst vor- läufigen Mitteilungen über Stoffaufnahme. Bot. Zeitung, XLIV, S. 114—125. 48. Über Stoffaufnahme in die lebende Zelle. Tageblatt der 59. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Berlin und Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft, Bd. IV, S. 30. 1887. 49. Bezugsquelle und Preis einiger Apparate. Bot. Zeitung, XLV, S. 27—31. 1888. 50. Über chemotaktische Bewegungen von Bakterien, Flagellaten und Volvocineen. Untersuchungen aus dem botanischen Institut zu Tübingen, Leipzig, Bd. II, Heft 3, S. 582—661. 51. Über Anlockung von Bakterien und einigen anderen Organismen durch chemische Reize. Humboldt, Bd. VII, Heft 6. 1889. 52. Loew und Bokorny's Silberreduktion in Pflanzen- zellen. Flora, Bd. XLVH, S. 46—54. Verzeiclniis: der Driakscliriiteii von W. Pfeffer. 799 53. Über Oxydationsvorgänge in lebenden Zellen. Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft, Bd. VII, S. 82. 54. Beiträge zur Kenntnis der Oxydationsvorgänge in lebenden Zellen. Abhandlungen der mathemat. -physischen Klasse der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Leipzig, Bd. XV, Nr. 5, 375 Seiten. 55. Über die im botanischen Institut angestellten Untersuchungen des Herrn P. Eschenhagen betreffend den Einfluß der Konzentration des Nährmediums auf das Wachs- tum der Schimmelpilze. Berichte der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften, mathemat. -physische Klasse, Leipzig, Bd. XLI, 2L Okt., S. 343—346. 1890. 56. Ein neuer heizbarer Objekttisch, nebst Bemerkungen über einige Heizeinrichtungen. Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie und für mikro- skopische Technik, Bd. VII, 8. 1 — 17, 5 Holzschnitte. 57. Über Aufnahme und Ausgabe ungelöster Körper. Abhandlungen der mathemat. -physischen Klasse der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Leipzig, Bd. XVI, Nr. 2, 149 Seiten. 58. Zur Kenntnis der Plasmahaut und der Vakuolen nebst Bewegungen über den Aggregatzustand des Protoplasmas und über osmotische Vorgänge. Abhandlungen der mathemat. -physischen Klasse der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Leipzig, Bd. XVI, Niy2, 185 Seiten. 1891. 59. Über die von Herrn Dr. Weh m er im botanischen Institut aus- geführten Untersuchungen, betreffend: Die Bildungs- bedingungen der Oxalsäure in Pilzen. Berichte der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften, mathemat. -physische Klasse, Leipzig, Bd. XLIII, 2. Febr., S. 24—27. gQQ Verzeichnis der Druckschriften von W. Pfeffer. 60. über den Einfluß von Zugkräften auf die Festigkeit und die Ausbildung mechanischer Gewebe in Pflanzen. Nach Untersuchungen von R. Heglers. Berichte der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften, luathemat.-physische Klasse, Leipzig, Bd. XLIII, 7. Dezember, S. 638—643. 1892. 61. Studien zur Energetik der Pflanze. Abhandlungen der mathemat.- physischen Klasse der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Leipzig, Bd. XVni, Nr. 3, 276 Seiten. 62. t^ber Anwendung des Gipsverbandes für pflanzen- physiologische Studien. Herichte der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften, matheniat.-physische Klasse, Leipzig, Bd. XLTV, 5. Dezember, S. 538—542. 1893. 63. Druck- und Arbeitsleistung durch wachsende Pflanzen. Abhandlungen der mathemat. -physischen Klasse der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Leipzig, Bd. XX, Nr. 3, 474 Seiten, 14 Holzschnitte. 64. Über Untersuchungen des Herrn Dr. Miyoshi aus Tokio, betreffend die chemotropischen Bewegungen von Pilzfäden. Berichte der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften, mathemat.-physische Klasse, Leipzig, Bd. XLV, 6. März, S. 319—324. 65. Über die Ursachen der Entleerung der Reservestoffe aus Samen, auf Grund der von Herrn Barthold Hansteen im botanischen Institut ausgeführten Unter- suchungen. Berichte der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften, mathemat.-physische Klasse, Leipzig, Bd. XLV, 8. Juli, S. 421—428. 66. Die Reizbarkeit der Pflanzen. Verhandlungen der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte, Leipzig, allgemeiner Teil, S. 1 — 31. Verzeichnis der Druckschriften von W. Pfeffer. 801 67. L'irritabilite chez les plantes. Revue scientifiqiie, Paris, LH, S. 737 — 744. 68. De l'irritabilite chez les plantes. Arcliives des Sciences pliysiques et naturelles Geneve, III. Pe- riode, t. XXX, S. 1—25. 69. Herausgabe von J. G. Koelreuter: Vorläufige Nachricht von einigen das Geschlecht der Pflanzen be- treffenden Versuchen und Beobachtungen nebst Biographie und Würdigung der Verdienste des Verfassers. Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften, Leipzig, Nr. 41. 1894. 70. Über Arbeitsleistungen der Pflanzen. Verhandlungen der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte, 65. Versammlung, 1893, II, 1, Leipzig, S. 145. 71. Über die geotropische Sensibilität der Wurzelspitze nach den von Dr. Czapek im Leipziger Institute an- gestellten Untersuchungen. Berichte der köuigl. sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften, niathemat.-phj'sische Klasse, Leipzig, Bd. XL VI, 2. Juli, S. 168—172. 72. Geotropic Sensitiveness of the Root-tip. Annais of Botauy, London, vol. Vm, S. 317—320. 1895. 73. Ein Zimmer mit konstanten Temperaturen. Berichte der Deutscheu Botanischen Gesellschaft, Bd. XIU, S. 49—57, 1 Holzschnitt. 74. Berichtigung über die korrelative Beschleunigung des Wachstums in der Wurzelspitze. Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik, Leipzig, Bd. XXVII, S. 481—483. 75. Über Elektion organischer Nährstoffe. Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik, Leipzig, Bd. XXVHI, S. 205—268. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 51 gQ2 Verzeichnis der Druckschriften von W. Pfeffer. 76. Über ein Zimmer mit konstanten Temperaturen. Berichte der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften, mathemat.-physische Klasse, Leipzig-, Bd. XLVn, S. 52. 77. Über elektiven Stoffwechsel. Berichte der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften, mathemat.-physische Klasse, Leipzig, Bd. XLVH, S. 324. 1896. 78. Einleitende Betrachtungen zu einer Physiologie des Stoffwechsels und Kraftwechsels in der Pflanze. Akademische Dissertation Lipsiae, 49 Seiten. 79. Über die vorübergehende Aufhebung der Assimi- lationsfähigkeit in Chlorophyllkörpern auf Grund der im botanischen Institut von Herrn Ewart ausge- führten Untersuchungen. Berichte der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften, mathemat.-physische Klasse, Leipzig, Bd. XLVIII, L Juni, S. 311—314. 80. Über die lockere Bindung von Sauerstoff in gewissen Bakterien, welche von Herrn Ewart untersucht wurde. Berichte der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften, mathemat.-physische Klasse, Leipzig, Bd. XLVILT, 27. Juli, S. 379—383. 81. Über die Steigerung der Atmung und der Wärme- produktion nach Verletzung lebenstätiger Pflan- zen; traumatische Reaktionen, welche von Herrn Dr. H. M. Richards näher studiert wurden. Berichte der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften, mathemat.-physische Klasse, Leipzig, Bd. XLVHI, 27. Juli, S. 384—389. 82. Über die im botanischen Institut ausgeführten Untersuchungen des Herrn Townsend über den Einfluß des Zell- kerns auf die Bildung der Zellhaut. Berichte der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften, mathemat.-physische Klasse, Leipzig, Bd. XLVIII, 7. Dezember, S. 505—512. Verzeichnis der Druckschriften von "W. Pfeffer. 803 83. Über regnlatorisclie Bildung von Diastase auf Grund der von Herrn Dr. Katz im botanischen Institut aus- geführten Untersuchungen. Berichte der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften, mathemat.-physische Klasse, Leipzig, Bd. XLYIII, T.Dezember, S. 513— 518. 1897. 84. Pflanzeuphysiologie. Ein Handbuch der Lehre vom Stoffwechsel und Kraftwechsel in der Pflanze. 2. völlig umgearbeitete Auflage, I. Bd., Stoffwechsel, Leipzig, 8°, 620 Seiten, 70 Holzschnitte. 1898. 85. The Nature and Significance of functional Metabolism in the plant. Proceedings of the Royal Society, London, LXHI, Cronian Lecture, S. 93—101. 1899. 86. Über die Erzeugung und die physiologische Bedeu- tung der Amitose nach Untersuchungen des Herrn AI. Nathansohn. Berichte der mathemat.-physischen Klasse der königl. sächsi- schen Gesellschaft der Wissenschaften, Leipzig, 3. Juli, Bd. LI, S. 4—12. 1900. 87. Die Anwendung des Projektionsapparates zur De- monstration von Lebensvorgängen. Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik, Leipzig, Bd. XXXV, S. 711—745, 7 Textfiguren. 1900—1906. 88. The Physiology of Plauts translated by Ewart. Oxford, Bd. I, 1900; Bd. II, 1903—1906. 1901—1904. 89. Pflanzeuphysiologie. IL Band, Kraftwechsel. (Vergleich I. Bd., 1897), erste Hälfte des H. Bandes (1901), zweite Hälfte 1904, Leipzig, 8^ 986 Seiten, 91 Textfiguren. 51* gQ^ Verzeichnis der Druckschriften von W. Pfeffer. 1905—1912. 90. Physiologie vegetale. Etüde des echanges de substance et d'energie dans la plante; traduit par J. Friedel, Paris, T. I, 1905, II 1, 1908, 112, 1912. 1907. 91. Untersuchiingeu über die Entstehung der Schlafbe- wegungen. Abhandlungen der mathemat.- physischen Klasse der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Leipzig, Bd. XXX, Nr. 3, 259 Seiten. 92. Über die Ursache der Schlafbewegung. Naturwissenschaftliche Rundschau, Bd. XXII, S. 618. 93. Über die Entstehung der Schlafbewegungen bei Pflanzen. Tageblatt der Verhandlungen der Gesellschaft deutscher Natur- forscher und Ärzte, 79. Versammlung, Dresden, Teil II, 1 S. 219. 1908. 94. Die Entstehung der Schlafbewegungen bei Pflanzen. Biologisches Centralblatt, Leipzig, Bd. XXVIII, S. 389—415. 1909. 95. Die botanischen Institute. Festschrift zum 500jährigen Jubiläum, Leipzig, 8°, 8 Seiten, 3 Pläne, 1 Tafel. 1911. 96. Der Einfluß von mechanischer Hemmung und von Belastung auf die Schlafbewegung. Abhandlungen der mathemat. -physischen Klasse der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Leipzig, Bd. XXXII, Nr. 3, S. 163—295, 31 Textfiguren. Die Schüler Pfeffers und ihre in den Botanischen Instituten zu Tübingen und Leipzig unter seiner Leitung ausgeführten oder auf seine Anregung begonnenen Arbeiten. Äkermann, Äke (Luud), 1914/15 i). **Ambronn, H., Kustos am Herbarium bis 1887, a.o. Professor 1889 — 99. ^Andrews, Frank Marion (Vienna U. S.A.), 1900/01 und 1901 — 0 2. Über die Wirkung der Zentrifugalkraft auf Pflanzen. — Dissert. Leipzig 1903 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXVIII, (1903), S. 1. *Artari, Alexander (Moskau), 1899. Bachmann, Fritz (Plauen i.V.), 1908 — 11. Beitrag zur Kenntnis obligat anaerober Bakterien. — Dissert. Leipzig 1912 — Centralblatt f. Bakteriol. Abt. II, Bd. 36, S. 1. ^) Die Jahreszahlen hinter den Namen beziehen sich auf die Tätigkeit im Leip- ziger Botanischen Institute. Dabei bedeuten zwei durch Schrägstrich verbundene Zahlen, z. B. 1901/02 ein Semester (das betr. Winter-Sem.). Durch geraden Strich verbundene Zahlen entsprechen mehreren Semestern. Bei den Schülern aus der Tübinger Zeit steht, da sich der genaue Zeitraum ihrer Tätigkeit nicht mehr ermitteln ließ, nur das Wort Tübingen. In die Liste sind außer den Schülern im engeren Sinne auch alle Dozenten, Kustoden und Assistenten aufgenommen worden, die an den von Pfeffer geleiteten In- stituten tätig waren. Die Namen der Herren, die als Professoren oder Dozenten an einer reichsdeutschen Hochschule wirken oder gewirkt haben, sind mit zwei Stern- chen **, die der an ausländischen Hochschulen tätigen Herren mit einem Sternchen * versehen. gQg Verzeichnis der Schüler "\V. Pfeffers. *Ball, Oscar Melville (Miami U.S.A.), 1901—03. Der Einfluß von Zu«: auf die Ausbildung von Festi- gungsgewebe. — Dissert. Leipzig 1904 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXIX, (1904), S. 305. Bäßler, Friedrich (Leipzig), 1906—08. Über den Einfluß des Dekapitierens auf die Richtung der Blätter an orthotropen Sprossen. — Dissert. Leipzig 1909. — Botan. Zeitung Bd. 67 (1909). Barladean, Alexis (Bessarabien), 1910 — 12. Bartetzko. Hugo (Königshtitte), 1906—08. Untersuchungen über das Erfrieren von Scliimmelpilzen. — Dissert. Leipzig 1909 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XLYII, (1910), S. 57. Barth, Richard (Leipzig), 189 3 — 94. Die geotropischenWachstuniskrünimungeu der Knoten. — Dissert. Leipzig 1894. **Benecke, Wilhelm (Straßburg), Assistent 1892—93. Ein Beitrag zur mineralischen Nahrung der Pflanzen. — Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. 12, (1894), S. (105). Die zurErnährung der Schimmelpilze notwendigen Metalle. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXVIII, (1895), p. 487. Mechanismus und Biologie des Zerfalls der Konju- gatenfäden in die einzelnen Zellen. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXH, (1898), S. 453. Berthold, Erich (Bodenbach) 1912 — 15. Beyse, H. (Aschersleben), 1890. Bitter, Georg (Bremen), 1898. Blochwitz, Adalbert (Dresden), 1901. Boysen-Jensen, P. (Kopenhagen), 1908. La transmission de l'irritation phototropique dans l'Avena. Acad. roy. de Danemark Bull. 1911. Über die Leitung des phototropischen Reizes in der Avenakoleoptile. — Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. XXXI, (1913\ S. 559. Verzeichnis der Schüler TT. Pfeffers. 807 Brenner, Widar (Helsingfors), 1913 — 14. **Bruck, Werner Friedrich (Breslau), 1901 — 03. Untersucliungen über den Einfluß von Außenbedingungen auf die Orientierung- der Seitenwurzel. — Dissert. Leipzig 1904 — Zeitschr. f. allg, Physiologie 1904. Brunchorst, J. (Bergen, Norwegen), Tübingen, zeitweise Assistent. Über Wurzelanschwellungen von Alnus und den Elae- agnaceen. — Unters, aus dem Botan. Inst. Tübingen. Bd. II, (1886), S. 151. Brunn, Julius (Altona), 1904—06. Untersuchungen über Stoßreizbarkeit. — Dissert. Leipzig 1908 — Beitr. zur Biologie d. Pflanzen Bd. 9 (1908). Bruns. E., Assistent 1894—95. Bücher, Hermann (Kirberg), 1903 — 05. Anatomische Yeränderungen bei gewaltsamer Krümmung und geotropischer Induktion. — Dissert. Leipzig 1906 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XLIII, (1906), S. 271. Büchner, Emil (Leipzig), 1898 — 1900. Zuwachsgrößen und Wachstumsgeschwindigkeiten bei Pflanzen. — Dissert. Leipzig 1901. **Buder, Johannes (Berlin), Assistent seit 1910, Privat- dozent seit 1911. *Buller, Reginald (Birmingham), 1897—98. Die Wirkung von Bakterien auf tote Zellen. — Dissert. Leipzig 1899. Burgeff, Hans (Geisenheim», 1909 10. Burkhard! Walter (Xeugersdorf), 1908 — 11. Die Lebensdauer der Pflanzenhaare, ein Beitrag zur Biologie dieser Organe. — Dissert. Leipzig 1912. * Butkewitsch, W. (Tula, Rußland), 1900—01. Umwandlung der Eiweißstoffe durch die niederen Pilze im Zusammenhange mit einigen Bedingungen ihrer Ent- gQg Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers. mcklung. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXVHI, (1903), S. 147. * Campbell, Douglas H. (Ü.S.A.), Tübingen. The staining- of living Niiclei. — Unters, aus dem Botan. Inst. Tübingen Bd. II, (1888), S. 569. ^Celakovsky, Ladislav (Prag), 189 0. Über die Aufnahme lebender und toter verdaulicher Körper in die Plasmodien der Myxomyceten. — Flora Bd. 75 (Ergänzungsband), (1897), S. 182. Chapin, Paul (Easthampton U.S.A.), 1900 — 02. Einfluß der Kohlensäure auf das Wachstum. — Dissert. Leipzig 1902 — Flora Bd. 91 (1902), S. 348. *Chudiakow. Nicolaus von (Kiew), 1891 — 92, Assistent 1893 bis 1894. Beiträge zur Kenntnis der intramolekularen Atmung. — Dissert. Leipzig 1894 — Landw. Jahrbücher, (1894), S. 333. Untersuchungen über die alkoholische Gährung. — Landw. Jahrbücher, (1894), S. 391. Clark, (England), Tübingen. Über den Einfluß niederer Sauerstoffpressung auf die Bewegungen des Protoplasmas. — Ber. d. Deutsch. Botan. Gesellsch. Bd. 6 (1888), S. 273. Copeland, E. B. (Monroe Wisc. U.S.A.), 1895/96. Einfluß von Licht und Temperatur auf den Turgor. — Dissert. Halle 1896. **Correns, Carl (München), 1891—92, von 1899 — 1910 a.o. Professor in Leipzig. Über die Abhängigkeit der Reizerscheinungen höherer Pflanzen von der Gegenwart freien Sauerstoffs. — Flora Bd. 75, (1892), S. 87. *Czapek, Friedrich (Prag), 1893 — 94. Untersuchungen über Geotropismus. — Jahrb. f. \viss. Botanik Bd. XXVH, (1895), S. 243. Verzeichnis der Sclüiler AV. Pfeffers. 809 *Demoor, Jean (Brüssel), 1892. Contribiition ä l'etude de la Physiologie de la cellule. — Archives de Biologie Bd. XIII (1894). Derschau, Max von (Dortmund), 1890 — 93. Einfluß von Kontakt und Zug auf rankende Blatt- stiele. — Dissert. Leipzig 1893. Diakonow, N. W. (Rußland), Tübingen. Intramolekulare Atmung. — Ber. d. Deutsch. Botan. Gesellsch., (1886), S. 2. (Vorl. Mitteilung der später anderweitig erschienenen Abhandlungen). *Dietz, SändOP (Budapest), Tübingen. Beiträge zur Kenntnis der Substratrichtung der Pflanzen. — Unters, aus dem Botan. Inst. Tübingen Bd. II, (1888), S. 478. Dorn, Otto (Werdau i./S), 1910 — 13. Beiträge zur Kenntnis von der Durchbohrung pflanzlicher Membranen durch Pilzhyphen. — Dissert. Leipzig 1914. Dude. Max (Zittau), 190 0/02. Über den Einfluß des Sauerstoffentzugs auf pflanzliche Organismen. — Dissert. Bern 1903 — Flora Bd. 92, (1903), S. 205. *Duggar, M. (U.S.A.), 1899. Physiological Studies with reference to the Germination of certain fungous Spores. — Botan. Gazette Bd. XXXI, (1901), S. 38. Engelmann, Walther (Rußdorf i. S.-A.), 1911 — 14. ^Eriksson, Jacob (Stockholm), Tübingen. Über Wärmebildung durch intramolekulare Atmung der Pflanzen. — Unters, aus dem Botan. Inst. Tübingen, Bd. I, (1881), S. 105. Eschenhagen, Franz (Stolpen), 1888 — 89. Über den Einfluß von Lösungen verschiedener Kon- zentrationen auf das Wachstum von Schimmelpilzen. — Dissert. Leipzig 1889. Q\() Verzeichnis der Schüler AV. Pfeffers. *Ewart, Alfred J. (Liverpool), 1894—96. On assimilator}^ Inhibition iu chlorophylloiis Plants. — Dissert. Leipzig- 1896 — Journ. of the Linuean Society Bd. 31, (1896), S. 429. On the Evolution of Ox^-g-en froui coloured Bakteria. — Journ. of the Linnean Society Bd. 33, (1897). Faber, Friedrich v. (Amsterdam), 1903. Fehiner, (St. Polten, Österreich), Tübing-en. Ficker, Johannes (Dresden), 1908 — 10. " Studien über die Dauer des Orientierungsvermögens der Laubblätter. — Dissert. Leipzig 1911. **Fischer, A., Assistent 1887—89, Privatdozent 1882—89 a.o. Professor 1889 — 1902. Einfluß der Schwerkraft auf die Schlafbewegungeu der Blätter. — Botan. Ztg., (1890). Nr. 42—44. Glykose als Reservestoff der Laubhölzer. — Botan. Ztg., (1888), Nr. 26. **Fitting, Hans (Halle a. S.), 1901/02. Untersuchungen über den Haptotropismus der Ranken. (Vorl. Mitteil.). — Ber. d. Deutsch. Bot. Gesellsch. Bd. XX, (1902), S. 373. Untersuchungen über den Haptotropismus der Ranken. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXVin, (1903), p. 545. Weitere Untersuchungen zur Physiologie der Ranken nebst einigen neuen Versuchen über die Reizwirkung bei Mimosa. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXIX, (1904), S. 424. Frankfurt, Saiomon (Wilna), 189 6. Freundlich, Helmut (Biebrich), 1905—07. Untersuchungen über die Entwicklung und Regeneration der Gefäßbündel in Kotyledonen und Laubblättern. — Dissert. Leipzig 1909 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XL VI, (1909), S. 137. Frleling, Rudolf (Oelde i. Westfalen), seit 1912. Verzeichnis der Schüler ^y. Pfeffers. 811 Fritzsche, Alfred (Würzen), 1908 — 10. Untersuchungen über die Lebensdauer und das Absterben der Elemente des Holzkörpers. — Dissert. Leipzig. 1910. Fritzsche, Kurt (Liebschwitz), 189 7 — 98. Über die Beeinflussung der Circumnutation durch ver- schiedene Faktoren. — Dissert. Leipzig 1899. *Gertz, Otto (Lund, Schweden), 1906. Fysiologiska undersökningar öfver slägtet Cuscuta. — Botaniska Notiser (1910), S. 97. Gießler, Rudolf, Assistent 1895 — 1900, Kustos seit 1900. Göbel, Johannes Kurt (Roßweiu), 1900 — 02. Über die Durchlässigkeit der Kuticula. — Dissert. Leipzig. *Goodale, George Lincoln (Cambiidge, Ü.S.A.), Tübingen. Grabendörfer, zeitweise Assistent in Tübingen. *Gran, Haakon «Christianiai, 1896—97. Gräntz, Friedrich (Chemnitz), 1895 — 98. Über den Einfluß des Lichtes auf die Entwicklung einiger Pilze. — Dissert. Leipzig 1898. **Guttenberg. Hermann Ritter von (Triest), 1906/0 7. Über das Zusammenwirken von Geotropismus und Heliotropisnius in parallelotropen Pflanzenteilen. — Jahrb. f. wissensch. Botanik. Bd. XLV, (1908), p. 193. Über das Zusammenwirken von Geotropismus und Heliotropismus und die tropistische Empfindlichkeit in reiner und unreiner Luft. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XLVn, (1910), S. 762. Haacke, Otto (Eythra), 1889—91. Über die Ursachen elektrischer Ströme in Pflanzen. — Dissert. Leipzig 1892 — Flora Bd. 75 (1892), S. 455. Hahmann, Curt (Marienberg i. Sa.), 1909 — 12. Über Wachstumsstörungen bei Schimmelpilzen durch verschiedene Einflüsse. — Dissert. Leipzig 1913. 312 Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers. Hallbauer, Walter (Leipzig), 1907 — 09. Über den Einfluß allseitiger mechanischer Hemmung- durch einen Gripsverband auf die Wachstumszone und die innere Differenzierung der Pflanzen. — Dissert. Leipzig 1909. *Hansgirg, (Prag), 1889. Phytodj'namische Untersuchungen. Prag 1891. *Hansteen. Barthold (Christiania), 1892 — 93. Über die Ursachen der Entleerung der Reservestoffe aus Samen. — Flora Bd. 70 (1894 Ergänzungsband). Härder, Richard (Hamburg), 1913/14. Über den autotropischen Ausgleich mechanisch auf- gezwungener Krümmungen des Sprosses. — Ber. d. Deutsch. Bot. Gesellsch. Bd. XXXII, (1914), S. 197. Hartmann. Friedrich (Helmsgrün), 1910 — 12. Beiträge zur Kenntnis der Festigkeits- und Dehnbar- keitsverhältnisse bei Pflanzensprossen. — Dissert. Leipzig 1913. Hassak, Carl (St. Polten), Tübingen. Über das Verhältnis von Pflanzen zu Bikarbonaten und über Kalkinkrustation. — Unters, aus dem Botan. Inst. Tübingen Bd. II. (1888), S. 465. Haupt, Hugo (Görlitz), 1899 — 01. Zur Sekretionsmechanik der extrafloraleu Nektarien. — Dissert. Leipzig 1900 — Flora Bd. 90 (1902), S. 1. ** Hauptfleisch. P. (Greifswald), 1890—91. Untersuchungen über die Strömung des Protoplasmas in behäuteten Zellen. — Dissert. Leipzig 1892 — Pringsh., Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXIV, (1892), Heft 2. *Heald de Forest, Fred (U.S.A.), 1896—97. Gametophytic Regeneration as exhibited bj- Mosses and Conditions for the Germination of cryptogam Spores. — Dissert. Leipzig 1897. Verzeiclinis der Schüler ^y. Pfeffers. 813 **Hegler, Robert (Eßling-eu), 1889—90, Assistent 1890—92. Über den Einfluß des mechanischen Zugs auf das "Wachstum der Pflanze, — Dissert. Leipzig 1893 — Beitr. z. Biologie d. Pflanzen Bd. Yl (1893). Heinich, Kurt (Xoßwitz), 1904—06. Über die Entspannung des Markes im Gewebeverbaude und sein Wachstum im isolierten Zustand, — Dissert. Leipzig 1908 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XL VI, (1908), S. 207. Heller, Arthur (Stendal), 1901—03. Über die Wirkung ätherischer Öle und einiger ver- wandter Körper auf die Pflanze. — Dissert. Leipzig 1903 — Flora Bd. 93, (1904). Hering, Franz (Döbraj, 1894—95. Über Wachstuniskorrelationen bei mechanisch gehemmtem Wachstum. — Dissert. Leipzig 1896 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXIX, (1896), S. 135. Hering, Georg (Bischofswerda ), 1901 — 03. Untersuchungen über das Wachstum invers gestellter Pflanzenorgane. — Dissert. Leipzig 1904 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XL (1904), S. 499. Hilbrig, Johannes (Zittau), 1897 — 99. Über den Einfluß supramaximaler Temperatur auf das Wachstum der Pflanzen. — Dissert. Leipzig 1900, Hilburg, C, zeitweise Assistent in Tübingen. Über Turgescenzänderungen in den Zellen der Be- wegungsgelenke. — Unters, aus dem Botan. Inst. Tübingen, Bd. I (1881), S. 23. Holman, Richard (Alleghany U.S.A,), 1912 — 14, Hosseus, Kurt (Stromberg), 1901 — 02, Beeinflussung der autonomen Variationsbewegungen durch äußere Faktoren. — Dissert. Leipzig 1903. 814 Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers. *Hryniewiecki, B. (Dorpat), 1904—06. Untersuchungen über den Rheotropismus der Wurzeln. — Schriften der Naturf. Gesellsch. d. Univ. Jurjeff (Dorpat) (1908), 144 S. (Russisch mit deutscher Zusammenfassung). Hume, A. (Plvmouth U.S.A.), 1908. Irmscher, Edgar (Dresden), 1909 — 11. Üljer die Resistenz der Laubmoose gegen Austrocknung und Kälte. — Dissert. Leipzig 1912 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. L (1912), S. 387. Issatschenko (Petersburg), 1896. * Iwanoff. L. (Moskau), 1902—04. Das Auftreten und Schwinden der Phosphorverbindungen in der Pflanze. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXVI (1901), S. 355. Jensen. (Kopenhagen), 1892. Jentsch. Arno (Lohmen), 1913—15. *Jentys, Stephan (Dublany b. Lemberg), Tübingen. Über den Einfluß hoher Sauerstoffpressungen auf das Wachstum der Pflanzen. — Unters, aus dem Botan. Inst. Tübingen Bd. II, (1888), S. 419. *Jönsson, B. (Lund). Tübingen. *Johannsen. W. (Kopenhagen), Tübingen. Über den Einfluß hoher Sauerstoffspannung auf die Kohlensäureausscheidung einiger Keimpflanzen. — Unters, aus dem Botan. Inst. Tübingen Bd. I, (1885), S. 686. Josing, Eugen (Breslau), 1899 — 1900. Der Einfluß der Außenbedingungen auf die Abhängig- keit der Protoplasmaströmung vom Licht. — Dissert. Leipzig 1901 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXVI (1901), S. 197. *Juel, 0. H. (Stockholm), 1899. Untersuchungen über den Rheotropismus der Wurzeln. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXIV (1900), S. 507. Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers. 815 Kaiser, Johannes Friedrich (Jocketa i.V.), 1904 — 05. Vergleichende Untersucliungen über den Einfluß von Abtrennungen und Verwundungen auf die geotropische Reaktion von Pflanzenorganen. — Dissert. Leipzig 1907. **Karsten, Georg (Rostock), 1891; 1892 — 95 Privatdozent. Katz, J. (Leipzig), 1896 — 97. Die regulatorische Bildung von Diastase durch Pilze. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXI, (1898), S. 599. *Keeble, Fredericl< (Cambridge, England), 1893. Keller, Ida (ü.S.A.j, 188 7—88. Protoplasmaströmung im Pflanzenreich. — Dissert. Zürich 1890. Kerstan. Karl (Markneukirchen), 1904 — 06. Über den Einfluß des geotropischen und heliotropischen Reizes auf den Turgordruck in den Geweben. — Dissert. Leipzig 1907 — Beitr. z. Biologie d. Pflanzen Bd. IX (1907), 8. 163. **Klebs, Georg (Xeidenburg, Ostpr.), Tübingen, zeitweise Assistent. Über die Organisation einiger Flagellaten-Gruppen und ihre Beziehungen zu Algen und Infusorien. — Unters, aus dem Botan. Instit. Tübingen Bd. I (1883), S. 233. Beiträge zur Morphologie und Biologie der Keimung. — Untersuch, aus dem Botan. Inst. Tübingen Bd. I (1885), S. 536. Über die Organisation der Gallerte bei einigen Algen und Flagellaten. — Unters, aus dem Botan. Inst. Tübingen Bd. II (1886), S. 333. Beiträge zur Physiologie der Pflanzenzelle. — Unters, aus dem Botan. Inst. Tübingen Bd. II (1888), S. 489. Klemm. Paul, Assistent 1888 — 1903. Beitrag zur Erforschung der Aggregationsvorgänge in lebenden Pflanzenzellen. — Flora 1892, S. 395. Über die Aggi^egationsvorgänge in Crassulaceenzellen. — Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. X, (1892), S. 237. g]^ß Verzeichnis der Schüler "VS'. Pfeffers. Desorganisationserscheinungen der Zelle. — Jahrb. f. wlssensch. Botanik Bd. XXVni, (1895), S. 627. *Klercker, J. E. F. af (Stockholm) — Tübingen, Leipzig, 1889. Studien über Gerbstoffvakuoleu. — Dissert. 1888 — Bihang tili K. Svenska Yet. Akad. Handlingar Bd. 13, Afd. III Xo. 8. **Kniep, Hans (Jena), 1904—05, Assistent 1905—06. Untersuchungen über die Chemotaxis der Bakterien. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XLIII, (1906), S. 215. Köhler, Paul (Würzen), 1903—05. Beiträge zur Kenntnis der Eeproduktions- und Regene- rationsvorgäuge bei Pilzen und der Bedingungen des Ab- sterbens mycelialer Zellen von Aspergillus niger. — Dissert. Leipzig 1907 — Flora Bd. 97, (1907), S. 216. Köhler, Richard (Altenburg), 189 9 — 1901. Über die plastischen und anatomischen Veränderungen bei Keimwurzeln und Luftwurzeln, hervorgerufen durch partielle mechanische Hemmungen. — Dissert. Leipzig 1902. **Koernicke, Max (Bonn), 1903/04. Üljer die Wirkung von Röntgenstrahlen auf die Kei- mung und das Wachstum. — Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. XXII, (1904), S. 148.* *Kosanin, Nedeljko (Yionica, Serbien), 1901 — 02. Über den Einfluß von Temperatur und Ätherdampf auf die Lage der Laubblätter. — Dissert. Leipzig 1905. Kosaroff, Peter (Slivno, Rußland), 1894—96. Eiufluß verschiedener äußerer Faktoren auf die Wasser- aufnahme der Pflanzen. — Dissert. Leipzig 1897. Kosinski, Ignacy (Jaslo, Bulgarien), 1898 — 1900. Die Atmung bei Hungerzuständen und unter Einmr- kung von mechanischen und chemischen Reizmitteln bei Aspergillus niger. — Dissert. Leipzig 1901 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXVII, (1902), S. 137. Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers. 817 Kretzschmar, Paul (Leipzig), 1900 — 02. Über Entstehung und Ausbreitung- der Protoplasma- strömung infolge von Wundreiz. — Dissert. Leipzig 1903 — .Jahrb. f. ^^issensch. Botanik Bd. XXXIX, (1903), S. 273. *Krzemieniewski, Severin (Krakau), 1909. Ein Beitrag zur Kenntnis der phototaktischen Bewe- gungen. — Anz. d. Akad. d. Wiss. zu Krakau, Abt. ü, (1909), IL Semester, S. 859. **Küster, Ernst (Breslau), 1896/97. Kunath, M., Assistent 1894—97. Kunstmann, Hugo (Freystadt i. Schles.), 1892 — 94. Über das Verhältnis zwischen Pilzernte und verbrauchter Nahrung. — Dissert. Leipzig 1895. Kurzwelly, Walter (Leipzig), 1900—01, Assistent 1901—05. Über die Widerstandsfähigkeit trockener pflanzlicher Organismen gegen giftige Stoffe. — Dissert. Leipzig 1903 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXVIII, (1903), S.290. *Kylin, Harald (Upsala), 1912 — 13. Über Enzymbildung und Enzj^mregulation bei einigen Schimmelpilzen. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. LIII, (1914), S. 465. Lange, Theodor (Dohna i. Sa.), 1889—91. Beiträge zur Kenntnis der Entwicklung der Gefäße und Tracheiden. — Dissert. Leipzig 1891. — Flora Bd. 74, (1891), S. 393. **Lehmann, Ernst (Dresden), 1907. Zur Kenntnis des anaeroben Wachstums höherer Pflan- zen. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XLIX, (1911), S. 61. Leonhardt Walter (Meissen), 1911 — 14. Über das Durchbrechen und das Verhalten von Sprossen bei zu hoher oder viel Widerstand bietender Erdbedeckung. — Dissert. Leipzig 1915 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. LV, (1915), S. 91. Jahrb. f. wiss. Botanik. LVI. 52 Q1Q Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers. *Lepeschkin, Wladimir (Moskau), 1900 — 01. Bedeutung" der "Wasser absonderudeu Organe für die Pflanzen. Flora Bd. 90 (1902), S. 42. *Lidforss, Bengt (Lund), 189 3 u. 190 6. **Lieske, Rudolf (Dresden), 1908—10. Von 1910—11 Assi- stent. Beiträg'e zur Kenntnis der Physiologie von Spirophyllum ferrugineum Ellis, einem tjq)isrlien Eisenbakterium. — Dissert. Leipzig 1911 — Jahrb. f. wiss. Botanik Bd. XLIX (1911), S. 91. Untersuchungen über die Physiologie eisenspeichernder Hyphomyceten. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. L (1912), S. 328. Untersuchungen über die Physiologie denitrifizierender Schwefelbakterien. — Sitzungsber. d. Heidelberger Akad. d. Wissensch., Biolog. "Wissensch. 1912, 6. Abhandl. Lind, Karl (Griedelbach), 1896 — 97. Über das Eindringen von Pilzen in Kalkgesteine und Knochen. — Dissert. Leipzig 1899 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXII, (1899), S. 603. Lindner, Johannes (Altenburg, S.-A.), 1912 — 14. Über den Einfluß günstiger Temperaturen auf gefrorene Schimmelpilze. (Zur Kenntnis der Kälteresistenz von Aspergillus niger.) — Dissert. Leipzig 1915 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. LY, (1915), S. 1. Lippe, Erich (Dresden), seit 1912. *Liro, Ivar (Helsingfors), 1907—09. Über die photochemische Chlorophyllbildung bei den Phanerogamen. — Annales Acad. scientiarum Fennicae Ser. A, tom. I (1908). Lode, Alfred (Dresden), seit 1913. Lohse, Robert (Chemnitz), seit 1914. Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers, 819 *Lundegärdh, Henrik (Stockholm), 1912/13. Einige Bedingungen der Bildung und Auflösung der Stärke. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. LIII (1914), S. 421. Luxburg, Hermann Graf von (Würzburg), 1902 — 04. Untersuchungen über den Wachstumsverlauf bei der geotropischen Bewegung. — Dissert. Leipzig 1905 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XLI, (1905), S. 399. *Mac Dougal (Minnesota, U.S.A.), 189 5. The Mechanism of Movement and Transmission of Im- pulses in Mimosa and other sensitive Plauts. — Botan. Gaz. XXII, (1896), S. 293. *Mc. Kenney, Rudolf (Philadelphia), 1900/01. Observations ou the Conditions of Light Production in luminous Bacteria. — Dissert. Basel 1902 — Proceedings of the Biological Society of Washington Vol. XV, (1902), S. 213. *Mägoosy-Dietz siehe Dietz. Mann, Bruno (Thurm), 1903—05. Untersuchungen über die Zellhautbildung um plasmoly- sierte Protoplasten. — Dissert. Leipzig 1906. *Massart, Jean (Brüssel), 1892. *Maurizio, Adam (Lemberg), 1909/10. =^Maximoff, Nicolai (St. Petersburg), 1899 u. 1903. Mayenburg, Ottomar von (Schönheide), 1899 — Ol. Lösungskonzentration und Turgorregiüation bei den Schimmelpilzen. — Dissert. Leipzig 1901 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXVI, (1901), S. 381. Medisch, Marc (Charkow), 1910—11. Meischke, Paul (Groitzsch), 1897—98, Assistent 1898—1900. Über die Arbeitsleistung der Pflanzen bei der geo- tropischen Krümmung. — Dissert. Leipzig 1898 — Jahrb. f. wissensch. Botanik B.d. XXXHI, (1899), S. 397. 52* g2Q Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers. Meiser, Paul (Stolpen i. Sa.), seit 1913. Meissner, Curt (Leipzig), 1900—02. Akkommodationsfähigkeit einiger Schimmelpilze. — Dis- sert. Leipzig 1902. Meurer, Reinhard (Dresden), 1906—08, Assistent 1908—14. Über die regulatorische Aufnahme anorganischer Stoffe durch die Wurzeln von Beta vulgaris und Daucus Carota. — Dissert. Leipzig 1909 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XL VI, (1909), S. 503. Meyer, Johannes (Hamburg), 1910 — 13. Die Crataegomespili von Bronvaux. — Dissert. Leipzig 1915 — Zeitschr. f. induktive Abst. u. Vererbungslehre Bd. 13, (1915). **Miehe, Hugo (Braunschweig), 1899— Ol, Assistent 1901—10, Privatdozent 1902—08, a.o. Professor seit 1908. Über koiTelative Beeinflussung des Geotropismus einiger Gelenkpflanzen. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXVII, (1902), S. 527. *Miyoshi, Manabu (Tokyo), 1891—95. Über den Chemotropismus der Pilze. — Botan. Ztg. 1894, S. 1. Über Reizbewegungen der Pollenschläuche. — Flora Bd. 78, (1894), S. 76. Die Durchbohrung von Membranen durch Pilzfäden. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXVIH, (1895), S. 269. Mogk, Walter (Leipzig), 1908 — 10. Gefallen in Frankreich im September 1914. Untersuchungen über Korrelationen von Knospen und Sprossen. — Dissert. Leipzig 1913 — Archiv f. Ent- mcklungsmechanik Bd. 38, (1914). *Moisescu, Nicolai (Bukarest), 1904—5. Kleine Mtteilung über die Anwendung des horizontalen Mikroskopes zur Bestimmung der Reaktionszeit. — Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. XXIII, (1905), S. 364—367. Verzeichnis der Schüler "\V. Pfeffers. 821 Untersuchimg-eu über den Autotropismus der Keim- wurzeln. Leipzig (G-. Fock), 1906, (8 Seiten). Morgenstern. Richard (Schellenberg), 1910 — 12. Über den mechanischen Ausgleich der durch Verhinde- rung der g-eotropischen Krümmung in den Pflanzen ent- standenen Spannungen. — Dissert. Leipzig 1913. — Cohns Beiträg:e z. Biologie Bd. XII, (1913). ^Mottier, David M. (U.S.A.), 189 7—9 8. The Effect of centrifugal Force upon the Cell. — Ann. of Botany Bd. XIII. (1899), S. 325. Müller, C. (Dobrowitz, Osterreich), 1888 — 89. Über die Entstehung von Kalkoxalatkristallen in pflanz- lichen Zellmembranen. — Dissert. Leipzig 1890. Müller, Friedrich (Glauchauj, 1907 — 11, Assistent seit 1912. Untersuchungen über die chemotaktische Reizbarkeit der Zoosporen von Chytridiaceen und Saprolegniaceen. — Dissert. Leipzig 1911. — Jahrb. f. ^^issensch. Botanik Bd. XLIX, (1911), S. 421. Müller, Gottfried (Glashütte i. S.), 1910 — 13. Beiträge zur Keimungsphysiologie. — Dissert. Leipzig 1915 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. LIV, (1914), S. 529. Munk. Max (Jux in Württemberg). 1913/14. **Nathansohn, Alexander (Brzezany, Österreich), 1897—1900, Assistent 1903—09, Privatdozent 1902— 09, a.o. Pro- fessor seit 1909. Beiträge zur Kenntnis des Wachstums der trachealen Elemente. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXII, (1898), S. 671. Physiologische Untersuchungen über amitotische Kern- teilung. — Dissert. Leipzig 1900 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXV. (1900), S. 48. (zusammen mit Pringsheim, E.): Über die Summation intermittierender Lichtreize. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XLV, (1908), S. 137. g22 Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers. Nedokutschaeff, Nicolai (Jeletz, Rußland), 1902—03. Über die Speicherung der Nitrate in den Pflanzen. (Vorl. Mitt.) — Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. XXI, (1903), S. 431. Neubert Ludwig (Leipzig), 1908—10. Geotropliismus und Kamptotrophismus bei Blattstielen. — Dissert. Leipzig 1911. — Beiträge z. Biologie d. Pflanzen Bd. X, (1911». Neubert, Richard Oswald (Oberstützengrün), 1900 — 02. Untersuchungen über die Nutationskrümmungen des Keim])lattes von AUium. — Dissert. Leipzig 1903 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXVIII, (1903), S. 119. *Newcombe, Frederick Carl iFlint, U.S.A.), 1892—9. The Effect of mechanical Resistance on the Growth of Plant Tissues. — Dissert. Leipzig 1894. The Influence of mechanical Resistance on the Develop- ment and Life-period of Cells. — Botanical Gazette Bd. XIX, (1894). S. 149. The Cause and Conditions of Ivsigeuous Cavity-formation. — Ann. of Botany Bd. 8, (1894), S. 403. Nikitinsky, Jacob (Moskau), 1902—03. Über die Beeinflussung einiger Pilze durch ihre Stoff- wechselprodukte. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XL, (1904), S. 1. *Niklewski, Bronislaus Stephan (Hohensalza), 1902 — 05. Untersuchungen über tUe Umwandlung einiger stickstoff- freier Reservestoffe während der Winterperiode der Bäume. — Dissert. Leipzig. Über die Wasserstoffoxydation durch Mikroorganismen. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XL VIII (1910), S. 311. *Nilsson-Ehle, Hermann (Lund), 1909/10. Noack, Kurt (Stuttgart), 1910 — 12. Beiträge zur Biologie der thermophilen Organismen. — Dissert. Leipzig 1913 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. LI, (1913), S. 593. Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers. 823 Nobel, Rudolf (Zweinauudorf b. Leipzig), seit 1914. **Nordhausen, Max (Berlin), 1897 — 98. Beiträge zur Biologie parasitärer Pilze. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXIII, (1899), S. 1. Ockel, Walter (Ebingen), 1898 — 1900. f 1900. *Ohno, Naoge (Tokyo), 1904 — 07. Über das Abklingen von geotropischen und heliotropischen Reizvorgängen. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XLV, (1908), S. 601. *Oliver, F. W. (London) — Tübingen. Fortleitung des Reizes bei Narben. — Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. (1887), S. 162. Paäl, Ärpad (Budapest), 1913 — 14. Über phototropische Heizleitungen. (Vorl. Mtt.) — Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. XXXII, (1914), S. 503. *Pantanelli, E. (Rom), 1902—03. Zur Kenntnis der Turgorregulation bei Schimmelpilzen. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XL, (1904), S. 303. *Peklo, Jaroslav (Prag), 1909 — 10. *Peirce, George J. (Cambridge, Mass. U.S.A.), 1893 — 94 und 19 04. A Contribution to the Physiologie of the Genus Cuscuta. — Dissert. Leipzig 1894 — Ann. of Botany Bd. VIII, (1894), S. 53. Das Eindringen von Wurzeln in lebendige Gewebe. — Botan. Ztg. 1894 Bd. 52, S. 169. Perekalin, Boris (Moskau), 1910. Pfundt, Max (Stauchlitz), 1906 — 08. Der Einfluß der Luftfeuchtigkeit auf die Lebensdauer des Blütenstaubes. — Dissert. Leipzig 1909 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XLVII, (1909), S. 1. Pollock, James B. (U.S.A.), 189 7—98. The Effect of Shock on longitudinal Growth of Plant Organs. — Science N. S., Bd. XIIL (1901), S. 251. 324 Verzeichnis der Schüler "W. Pfeffers. Popovici, Alexandru P. (Jassy, Rumänien), 1899. Der Einfluß der Veg-etationsbeding-ungen auf die Länge der wachsenden Zone. — Botan. Centralbl. Bd. LXXXI, (1900), S. 33. *Porodko, Theodor (Lotice, Bußland), 1903 — 04 u. 1907. Studien über den Einfluß der Sauerstoffspannung auf pflanzliche Mikroorganismen. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XLI, (1905), S. 1. Nimmt die ausgewachsene Region des orthotropen Sten- gels an der geotropischen Krümmung teil? — Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. XXVI a, (1908), S. 3. **Pringsheim. Ernst (Breslau), 1904 — 06. Wasserbewegung und Turgorregulation in welkenden Pflanzen. — Dissert. Leipzig 1906 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XLIII, (1906), S. 89. und Nathansohn, A. Siehe diesen. Pulst, Karl (Berlin), 1898 — 1900. Die Widerstandsfähigkeit einiger Schimmelpilze gegen Metallgifte. — Dissert. Leipzig 1902 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXVII, (1902), S. 205. *Purlewitsch, K. (Kiew), 1896. Über selbsttätige Entleerung der Reservestoffbehälter. (Vorl. Mitteilung.) — Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. 14, (1896), S. 207. Phjsiologische Untersuchungen über die Entleerung der Reservestoffbehälter. — Jahrl». f. wissensch. Botanik Bd. XXXI, (1898), S. 1. Rabe, Franz (Xeuhaldensleben), 1903 — 05. Über die Austrocknungsfähigkeit gekeimter Samen und Sporen. — Dissert. Leipzig 1905 — Flora Bd. 95 (Er- gänzungsband, 1905), S. 253. Rawitscher, Felix (Frankfurt a. M.), 1913 — 14. **Renner, Otto (Xeu-Ulm), 1907. Experimentelle Beiträge zur Wasserversorgung. — Flora Bd. 103, (1911), S. 173. Verzeichnis der Schüler TV. Pfeffers. 825 * Richards, Herbert M. (U.S.A.), 1895/6. The Respiration of wounded Plants. — Ann. of Botany Bd. X, (1896), S. 531. Die Beeinflussung des Wachstums einiger Pilze durch chemische Reize. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXX, (1897), S. 665. The Evolution of Heat by wounded Plants. — Ann. of Botany Bd. 11, (1897), S. 29. Richter. Johannes (Pegau), 189 2 — 94. Über Reaktionen der Characeen auf äußere Einflüsse. — Dissert. Leipzig 1894. — Flora Bd. 78, (1894), S. 399. Risse. Fritz (Dresden), seit 1912. * Ritter, Georg (Moskau), 189 5/6 u. 1898/9. Die Abhängigkeit der Plasmaströmung und der Geißel- bewegung vom freien Sauerstoff. — Flora Bd. 86, (1899), S. 329. *Rosenvinge. L. K. (Kopenhagen) — Tübingen. *Rothert, W. (Kasan, jetzt Krakau), 1891/2 u. 1900. Über die Fortpflanzung des heliotropischen Reizes. — Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. X, (1892), S. 374. Über Heliotropismus (1894). — Cohns Beiträge z. Bio- logie der Pflanzen Bd. VII, (1896), S. 1. Beobachtungen und Betrachtungen über taktische Reiz- erscheinungen. — Flora Bd. 88, (1901), S. 371. Zur Terminologie der taktischen Reizerscheinungen. — Botan. Ztg. Bd. LX (D), (1902), S. 17. Über die Wirkung des Äthers und Chloroforms auf die Reizbewegungen der Mikroorganismen. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXIX, (1904), S. 1. van Rysselberghe, F. (Brüssel), 1898/99. Influence de la temperature sur la permeabilite du proto- plasma vivant. — Bullet, de l'Academie royale de Belgique (Classe des sciences) Xo. 3, (1901), S. 173. 826 Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers. Sammet, Robert (Mumsdorf), 1902—04. Untersuchungen über Chemotropismus und verwandte Erscheinungen bei Wurzeln, Sprossen und Pilzfäden. — Dissert. Leipzig 1905 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XLI, (1905), S. 611. Schaller, K., Dr. phil., Assistent 1897 — 98. **Schiliing, August (Hessen), 1894. Der Einfluß von Bewegungshemmungen auf die Arbeits- leistungen der Blattgelenke von IVIimosa pudica. — Habi- litationsschrift für die technische Hochschule in Darmstadt, 1907. Jena (1907), 20 Seiten. Schmidt, Alexander (Limbach i. Sa.), seit 1913. Schmidt, Georg (Berlin), 1895—98. Über die Atmung ein- und mehrjähriger Blätter im Sommer und im Winter. — Dissert. Leipzig 1902. Schmidt, Richard Hermann (Steinhorst b. Rostock), 1889 — 90. Über die Aufnahme und Verarbeitung von fetten Ölen durch Pflanzen. — Dissert. Rostock 1891 — Flora Bd. 74, (1891), S. 300. Schnee, Friedrich (Hettstedt), 1904—06. Über den Lebenszustand allseitig verkorkter Zellen. — Dissert. Leipzig 1906. Schönfeld, Erich (Borna), 19 11 — 13. Über den Einfluß des Lichtes auf etiolierte Blätter. — Dissert. Leipzig 1913. Schreiter, Rudolf (Dresden), 1906—08. Über Heliotropismus der Stengelknoten. — Dissert. Leipzig 1909. **Schroeder, Heinrich (London), 1903 — 05. Über den Einfluß des Cyankaliums auf die Atmung von Aspergillus niger nebst Bemerkungen über die Me- chanik der Blausäure Wirkung. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XLIY (1907), S. 409. Verzeichnis der .Scliüler W. Pfeffers. 827 Schröder, G., — Tübingen, 1885/86. Über die Austrocknungsfähigkeit der Pflanzen. — Unters, aus dem Botan. Inst. Tübingen Bd. n, (1886), S. 1. Schröder. Richard (Moskau), 1902. Schröter, Alfred (Leipzig), 1902—03. Über Protoplasmaströmung bei Mucorineen. — Dissert. Leipzig 1905 — Flora Bd. 95 (Ergänzungsband, 1905), S. 1. Schtscherback. Johann (Odessa), 1907 — 09. Die geotropische Reaktion in gespaltenen Stengeln. — Beihefte z. Botan. Centralbl. Bd. XXY, 1. Abt. (1910), S. 358. Schubert, Walter (Anuaberg), 1907—09. Über die Resistenz exsiccatortrockener pflanzlicher Or- ganismen gegen Alkohol und Chloroform bei höheren Temperaturen. — Dissert. Leipzig 1909 — Flora Bd. 100, (1910), S. 68. Schüller. Felix (Dresden), 1897 — 98. Ül)er die L'nnvaudlung der Kohlehydrate während der Jahresperiode in den Halbsträuchern und perennierenden Kräutern. — Dissert. Leipzig 1898. Schuster, Georg (Schindlers werk), 1910 — 12. Über den Einfluß der Sauerstoffpressung auf die Proto- plasuiaströmuug. — Dissert. Leipzig 1913. Schütze, Johannes (Dresden), 1904 — 06. Die Beeinfhissung des Wachstums durch den Turges- zenzzustand. — Dissert. Leipzig 1908. Schütze. Rudolf (Chemnitz), 1908 — 09. Über das geotropische Verhalten des Hypokotyls und des Kotyledons. — Dissert. Leipzig 1910 — Jahrb. f. wlssensch. Botanik Bd. XL^TH, (1910), S. 379. **Schwarz, Frank (G-raz), Tübingen, zeitweise Assistent. Die Wurzelhaare der Pflanzen. — unters, aus dem Botan. Inst. Tübingen Bd. I, (183), S. 135. Zur Kritik der Methode des Gasblasenzählens an sub- niersen Wasserpflanzen. — Untersuchungen aus dem Botan. Inst. Tübingen Bd. I, (1881), S. 97. Q93 Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers. Der Einfluß der Schwerkraft auf das Läng-enwachstum der Pflanzen. — Unters, aus dem Botan. Inst, Tübingen Bd. I, (1881), S. 53. Schwarze, Walter (Leipzig), seit 1913. *Senn, Gustav (Basel), 1900—01. Die Gestalts- und Lage Veränderungen der Pflanzen- chromatophoren. Leipzig 1908. *Shibata, Keita (Tokio), 1910 — 11. Untersuchungen über lockere Bindung von Sauerstoff in gewissen farbstoffbildenden Bakterien und Pilzen. — Jahrb. f. wissensch. Botan. Bd. LI, (1912), S. 179. Sierp, Hermann (Bochum), 1913. **Simon, Siegfried (Berlin), 1902—06, Assistent 1906—08. Untersuchungen über das Verhalten einiger Wachstums- funktionen sowie die Atmungsfähigkeit der Laubhölzer während der Ruheperiode. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XLin, (1903), S. 1. Untersuchungen über die Regeneration der Wurzelspitze. — Dissert. Leipzig 1904 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XL, (1904), S. 103. Experimentelle Untersuchungen über die Differenzierungs- vorgänge im Callusgewebe von Holzgewächsen. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XLV (1908), S. 351. *Spalding, M. Volney (Ann-Arbor U.S.A.), 1893—94. The traumatropic Curvature of Roots. — Dissert. Leipzig 1894 — Ann. of Botany Bd. 8, (1894), S. 423. *Sperlich, A. (Innsbruck), 1910/11. Über die Krümmuugsursachen bei Keimstengeln und beim Monokotylenkeimblatte nebst Bemerkungen über den Photo- tropismus der positiv geotropischen Zonen des Hypokotyls und über das Stemmorgan bei Cucurbitaceen. — Jahrb. f. wissensch. Botan. Bd. L (1912), S. 502. Stange. Bernhard (Suiza), 1888—91. Über chemotaktische Reizbewegungen. 1. Die Zoosporen der Saprolegniaceen. 2. Die Myxamöben der Myxomy- ceten. — Botan. Ztg. (1890), Nr. 7—11. Verzeichnis der Schüler AV. Pfeffers. 829 Beziehungen z\\ischen Substratkonzentratiou , Turg-or und Wachstum bei einig-en phanerog-amen Pflanzen. — Dissert. Leipzig- 1892 — Botau. Ztg. (1892), Nr. 16—27. Stark, Peter (Freiburg i. Br.), seit 1914, Assistent seit 1915. Steyer, Karl (Reiuholclshein), 1898 — 1900. Reizkrümmungen bei Pliycomyces nitens. — Dissert. Leipzig 1901. Stich, Conrad (Leipzig), 1888—90. Atmung der Pflanzen bei verminderter Sauerstoff Spannung und bei Verletzungen. — Dissert. Leipzig 1890 — Flora Bd 74, (1891), S. 1. Stone, G. E. (Leicester U.S.A.), 1890—92. *Svedelius, Nils E. (Upsala), 1912. Swart, Nikolaus, Assistent 1909 — 11. *Swingle, Walter J. (U.S.A.), 1898. SzüOS, Joseph (Györ, Ungarn), 1912 — 13. Theremin. Bernhard (Landeshut), 1893—96. Thiele, Rudolf (Halle), 189 3 — 95. Die Temperaturgrenze der Schimmelpilze in verschiedenen Nährlösungen. — Dissert. Leipzig 1896. Tittmann, Hermann (Leipzig), 1892 — 96. Phj-siologische Untersuchungen über Kallusbildung an Stecklingen holziger Gewächse. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXVE (1894), S. 164. Beobachtungen über Bildung und Regeneration des Periderms, der Epidermis, des Wachsüberzuges und der Kutikula einiger Gewächse. — Dissert. Leipzig 1897 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXX (1897), S. 116. **Tobler, Friedrich (Berlin), 1899 — 1900. *Townsend, Charles (Saline, U.S.A.), 1895 — 97. Der Einfluß des Zellkerns auf die Bildung der Zell- haut. — Dissert. Leipzig 1897 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXX (1897), S. 484. g3Q Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers. The Correlation of Growth uncler the Influence of In- juries. — Ann. of Botany Bd. 11, (1897), S. 509. Trebitz, Ernst (Aachen), 1903-05. Beiträge zur Kenntnis der Ergrünung-sbedingungen der Pflanzen. — Dissert. Leipzig 1905. Treboux, Oktave (Pernau), 1899 — 01. Einige stoffliche Einflüsse auf die Kohlensäureassimi- lation bei submersen Pflanzen, — Dissert. Leipzig 1903 — Flora Bd. 92 (1903), S. 49. True, Rodney Howard (Greenfield, Wisconsin, U. S.A.), 1893 bis 1895. On the Influence of sudden Changes of Turgor and of Temperature on Growth. — Dissert. Leipzig 1895 — Ann. of Botany Bd. IX, (1895). S. 365. Trülzsch, Otto (Reichenbach i.V.), 1910 — 12. Über die Ursachen der Dorsiventralität der Sprosse von Ficus pumila und einiger anderer Pflanzen. — Dissert. Leipzig 1914 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. LIY, (1914), S. 1. Trzebinski, Joseph (Warschau), 189 9 — 19 00. Über den Einfluß verschiedener Reize auf das Wachs- tum von Phycomyces nitens. — Anz. d. Akad. d. Wiss. zu Krakau, 1902, S. 112. Ulehia, Vladimir (Strasnice, Mähren), 1912 — 13. Voegler, Carl (Ronneburg), 1889—91. Beiträge zur Kenntnis der Reizerscheiuungen an Samen- fäden der Farne. — Dissert. Leipzig 1891 — Botan. Ztg. (1891), S. 641. Voigt, Erich (Riesa a. E.), 1911 — 14. Wacker, Johannes (Groeningen), 1896 — 97. Die Beeinflussung des Wachstums der Wurzeln durch das umgebende Medium. — Dissert. Leipzig 1898 — Jahrb. f. mssensch. Botanik Bd. XXXII, (1898), S. 71. Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers, 831 Wächter, Wilhelm (Poppenbühl), 1903—05. Uutersuchuug-en über den Austritt von Zucker aus den Zellen der Speicherorgane von Allium Cepa und Beta vulgaris. — Jahrb. f. wdssensch. Botanik Bd. XLI, (1905), S. 165. **Warburg, 0. (Hamburg), Tübingen. Über die Bedeutung der organischen Säuren für den Lebensprozeß der Pflanzen (speziell der sog. Fett- pflanzen). — Unters, aus dem Botan. Inst. Tübingen Bd. IL (1886), S. 53. Waslelewski, Waldemar von (Bonn), 1899-1900. **Wehmer, Carl (Freiburg a. d. Elbe), 1890 — 91. Entstehung und physiologische Bedeutung der Oxalsäure im Stoffwechsel einiger Pilze. — Botan. Ztg. (1891), Nr. 15—38. Zur Zersetzung der Oxalsäure durch Licht- und Stoff- wechselwirkuug. — Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. 9, (1891), S. 218. Über den Einfluß der Temperatur auf die Entstehung freier Oxalsäure in Kulturen von Aspergillus niger. — Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. 9, (1891), S. 163. Weinert, Johannes (Brauuschweig), 1907 — 08. Untersuchungen über Wachstum und tropistische Be- weguugserscheinungen der Bhizoiden thallöser Leber- moose. — Dissert Leipzig 1909 — Botan. Ztg. Bd. 67, (1909), S. 201. Weyland. Hermann (Frankfurt a. M.), 1911 — 12. Wiedersheim, Walter (Genua), 1902—0 3. Studien über photonastische und thermonastische Be- wegungen. — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XL (1904), S. 230. **Wieler, A. (Hamburg), Tübingen; Assistent in Leipzig 1888 — 92. Die Beeinflussung des Wachsens durch verminderte Partiärpressung des Sauerstoffs. — Unters, aus dem Botan. Inst. Tübingen Bd. I (1883), S. 189. 832 Verzeichnis der Schüler W. Pfeffers. Das Bluten der Pflanzen. — Beiträge z. Biologie der Pflanzen Bd. VI, (1893), S. 1. Die Jahresperiode des Blutens. — Tharandter forstl. Jahrbuch Bd. 43, (1893), S. 156. * Wilson, W. (U.S.A.) — Tübingen. The Cause of the Excretion of Water on the Surface of Nectaries. — Unters, aus dem Botan. Inst. Tübingen Bd. I (1881), S. 1. Winkler, Albert (Mühlau), 1910 — 12. Über den Einfluß der Außenbedingungen auf die Kälte- resistenz ausdauernder Gewächse. — Dissert. Leipzig 1913 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. LH (1913), S. 5. Winkler, Ewald (Wendischbora), 1900— Ol. Krümmungsbewegungen von Spirogyra. — Dissert. Leipzig 1902. Winkler, Gerhard (Zwickau), 1913 — 14. Gefallen in Frank- reich im Oktober 1914. **Winkler, Hans (Oschatz), 1896-98. Untersuchungen über die Stärkebildung in den ver- schiedenartigen Chromatophoren. — Dissert. Leipzig 1898 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXXII, (1898), S. 525. Wohllebe, Herbert (Dresden), 1908 — 10. Untersuchungen über die Ausscheidung von diastatischen und proteolytischen Enzymen bei Samen und Wurzeln. — Dissert. Leipzig 1911. *Wulff, Thorild., (Göteborg, Schweden), 1902. Zehl, Bernhard, 1905—07. Die Beeinflussung der Giftwirkung durch die Tempe- ratur, sowie durch das Zusammengreifen von zwei Giften. — Dissert. Leipzig 1907 — Zeitschr. f. allgem. Ph3^sio- logie Bd. YIII, (1908), S. 140. Zinsser, Oskar, 189 3 — 9 5. Über das Verhalten von Bakterien, insbesondere von Knöllchenbakterien in lebenden pflanzlichen Geweben. — Dissert. Leipzig 1897 — Jahrb. f. wissensch. Botanik Bd. XXX, (1897), S. 423. Jahrh. f.w.JBotnnik BdMJ r. M.Andrews del. TaMI 20 14 B u Pnotolitii E.Laue Berlin.. Jahrb. f. w. Botanik. Bd.lW .H.R.Euller del Tafel F 10 II i?5 .ÄL A.H.R.BuUer del. TafelM Photoiith. E.Laue Berlin. L. ;■": (fWe—^ ?>. ../tf// f> i^'~: ■.^^, 13 Jahrb. f. w. Botanik, Bd. L\'I J<-4^- .* ' ff ■. ' ■ t. ''S ^ " \^':m*^ 20 •«»■ <• 0 O. Juel phot. Lichtdruck von Albert Frisch, Berlin W. 19 Tafel V ^ F *. # m 9 c0:%.iß 23 2(3 24 Jahrh. f. w. Botanik. Bd.lM Figl. O /'Oll uTittenterg del. Tafel VI Jah7'h. f. w. Botanik. Bd.LM Tafel m. ng.9. Fig. 8. Fig.11. .'OD Giittonberq del. I lahrb. f, w. Botanik. Bd. LVl Tafel \ail Lichtdruck von Albert Frisch, Berlin \V. Jahrb. f. iviss. Botanik. Bd. LVI f . •/* 0 ^4* '- •. \' \'ir . fA^^^l/ •* r" •' '■" ''ÜIS>^^' '■.^^/i> ■'i; 7/ r^^%" V;1,' :, '?>i~ 0 -j J-4l ?